Das allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch: Mit Kommentar [10., verm. u. verb. Aufl. Reprint 2020] 9783112387726, 9783112387719


204 83 96MB

German Pages 1059 [1071] Year 1890

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Recommend Papers

Das allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch: Mit Kommentar [10., verm. u. verb. Aufl. Reprint 2020]
 9783112387726, 9783112387719

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Das allgemeine

Deutsche Handelsgesetzbuch nebst bcm

Preußischen Einführungsgesetze vom 24. Juni 1861

und der Instruktion vom 12. Nezember 1861«

Für den praktischen Gebrauch aus den Quellen erläutert Vl'lt

D. MaKomee und S. Meyee.

Zehnte, vermehrte und verbesserte Auflage.

Berlin.

Verlag von I. Guttentag (D. Collin).

1890.

Das allgemeine

Deutsche Handelsgesetzbuch.

Mit Kommentar herausgegeben Di? 11

H. Makomee, Rechtsanwalt und Notar.

Zehnte, vermehrte und verbesserte Auflage.

Berlin. Verlag von I. Guttentag (D. Collin).

1890.

Vorrede zur ersten Auflage. Aas allgemeine deutsche Handelsgesetzbuch ist auf Grund des Preußischen Ent­ wurfs in drei, und soweit es das Seerecht angeht, in zwei Lesungen berathen und festgestellt worden. Die Schlußredaktion hat Gesetzeskraft erhalten. Der Preußische Entwurf, dessen Motive veröffentlicht worden sind, hat hiebei die wesentlichsten Aenderungen erlitten, so daß diese Motive nicht überall zu den nunmehr mit Gesetzes­ kraft ausgestatteten Bestimmungen paffen. Dennoch ist in jenen Motiven ein reich­ haltiges Material zur Erklärung des H.G.B. enthalten. Bei den Berathungen der Nürnberger und Hamburger Konferenz sind fast zu jedem Artikel des Prcuß. Entwurfs Streichungs- und beziehungsweise Abänderungs­ anträge gestellt worden; die Begründung dieser Anträge findet sich in den veröffent­ lichten Konfercnzprotokollen. Man kann sagen, daß die Feststellung fast jedes einzelnen Artikels aus einem besonderen Kampfe hervorgegangen ist, und daß sowohl die Nothwendigkeit einer gesetzlichen Regulirung der betreffenden Materie über­ haupt als die Möglichkeit einer allgememen Bestimmung für ganz Deutschland in jedem einzelnen Falle erwogen worden ist. Neben diesen Erwägungen allgemeinerer Natur finden sich in den Protokollen überwiegend auch die besonderen Erörterungen der einzelnen Abänderungsanträge, imb zwar die Gründe, welche für und gegen die Feststellung der einzelnen Artikel in einem bestimmten Sinne und in einer konkreten Faffung geltend gemacht worden sind. Der Natur von Konferenzprotokollen entspricht es, daß zuvörderst der Inhalt der Debatten über die verschiedenen Anträge angegeben, und sodann das Resultat der Abstimmung vermerkt ist. Bei dieser Beschaffenheit der Protokolle ist es jebod) häufig sehr schwer zu erkennen, welches die Gründe gewesen sind, aus denen die Mehrheit sich für einen bestimmten Antrag erklärt hat. Nicht immer ist anzunehmen, daß sie der Begründung des Antragstellers beipflichtete. Dadurch besteht eine be­ sondere Schwierigkeit für die kritische Aussonderung der Gründe, von welchen nach Lage der Protokolle anzunehmen ist, daß sie muthmaßlich der Absicht der Konferenz bei Annahme gewißer Bestimmungen entsprechen. Diese Untersuchung wird um so mehr erschwert, als in den verschiedenen Berathungen wiederholt zu den einzelnen Artikeln neue Anträge gestellt und Beschlüsse gefaßt worden sind. Trotzdem ergiebt sich aus der Vergleichung und Prüfung Alles deffen, was zu einer bestimmten Materie angeführt worden ist, ein reichliches Material zur Er­ kenntniß der von der Konferenz schließlich angenommenen Prinzipien und zum Verständniffe der gewählten Fassungen. Dem Praktiker, welcher int einzelnen Falle Aufklärung über eine gesetzliche Bestimmung sucht, und derselben häufig schnell bedarf, ist es nicht immer zuzumuthen, daß er sich in diese weitschichtiaen Materialien, welche über die Ent­ stehung des Gesetzes Aufschluß geben, vertiefe. Es liegt auch die Gefahr nahe, daß er wegen der wiederholten Aenderungen, welche die einzelnen Materien erlitten haben, sich bei der Prüfung einer vereinzelten Frage verirre, und Prinzipien oder Gründe, welche zwar einmal geltend gemacht und von der Konferenz gebilligt, nach­ her aber in Folge anderweitiger Beschlüsse verlaßen worden sind, für die richtigen annehme.

VI Die vorliegende Bearbeitung des Handelsgesetzbuchs soll jenen Irrthümern möglichst Vorbeugen. Unter steter Bezugnahme auf die Preuß. Motive und die Konferenzprotokolle, und unter möglichster Benutzung der in denselben gewählten Ausdrucksweise ist es versucht worden, zu den einzelnen Artikeln Alles das zusammen zu stellen, was sich aus diesen Quellen zur Erläuterung des Handelsgesetzbuchs in seiner gegenwärtigen Gestalt ergiebt. Das Bestreben war vorzüglich darauf ge­ richtet, dasjenige auszuscheiden, was in der Schlußredaktion keinen gesetzlichen Aus­ druck erlangt hat, sowie dasjenige anzuführen, was zur Aufklärung der angenommenen Prinzpien dienlich schien. Hiebei war aber gerade des Ausgeschiedenen, also von der Konferenz nicht Angenommenen mehrfach zu gedenken, sei es, daß die Ablehnung die Folge einer Annahme entgegengesetzter Grundsätze war, sei es, daß die Konferenz mit der Ablehnung nur bezweckte, die angeregte Frage offen zu lassen. Ein solcher aus den Gesetzesquellen geschöpfter Kommentar schien um so mehr für den praktischen Gebrauch des Handelsgesetzbuches angemessen, als dasselbe nicht eine Kodifikation aller gesetzlichen Bestimmungen innerhalb eines bestimmt um­ schriebenen Rechtsgebietes darstellt, sondern sich mehr wie eine Novelle zu dem Civil­ rechte der verschiedenen deutschen Staaten verhält. Die Einfügung in dasselbe wird durch die Kenntniß der Motive, welche den Gesetzgeber bei Annahme- der einzelnen Bestimmungen geleitet haben, wesentlich erleichtert. Es kommt hinzu, daß das Handelsgesetzbuch nicht die systematische und konsequente Entwickelung einiger wenigen Grundprinzipien enthält, sondern — und hierin besteht sein besonderer Vorzug — daß es von den bereits bestehenden rechtlichen Ueberzeugungen und Rechtsanschauu'ngen der Handelswelt ausgcht und diese zu rechtlichen Satzungen gestaltet. Diese Ent­ stehungsart hat aber zur Folge, daß nicht aus jeder Bestimmung selbst, und auch nicht aus ihrem Zusammenhänge mit den übrigen immer, der innere Grund derselben erhellt. Ohne Kenntniß der ratio legis ist die sachgemäße Anwendung eines Gesetzes selten möglich, und am wenigsten dann zu erwarten, wenn das Gesetz, wie es im vorliegenden geschehen, von Grundsätzen ausgeht, welche ganz oder doch sehr erheblich verschieden sind von denjenigen, welche bisher gegolten haben. Diese Rücksichten sind die Veranlassung zur Herausgabe des vorliegenden Kom­ mentars gewesen, welcher sich im Wesentlichen auf Exzerpte aus den vorhandenen Gesetzesquellen beschränkt. Woher die einzelnen Erläuterungen geschöpft sind, ist jedesmal angegeben worden, um die Aufsuchung der Quellen ‘ zu erleichtern, wo sic erforderlich scheint. Wörtliche Anführungen aus denselben waren jedoch wegen der Beschaffenheit der Quellen in der Regel unmöglich; es liegen daher fast in jedem Falle Bearbeitungen vor. Es darf die Hoffnung ausgesprochen werden, daß durch die gegenwärtige Zusammentraguna des vorhandenen Materials künftigen Kommentarien vorgearbeüet ist, welche theils die Einfügung des Handelsgesetzbuchs in das sonst geltende Civil­ recht, theils die Vergleichung desselben mit den Handelsgesetzbüchern anderer Länder, und namentlich dem Code de commerce, zum besonderen Vorwurfe haben. Es sei schließlich die Bemerkung gestattet, daß der Erstunterzeichnete wesentlich die vier ersten Bücher, und der Zweitunterzeichnete vorzugsweise das fünfte Buch (Vom Seehandel) bearbeitet hat.

H. Makower.

S. Meyer.

Vorrede zur zweiten Auflage. Die erste Auflage dieses Buchs erschien unmittelbar nachdem das A.D. H.G.B. in Preußen Gesetzeskraft erlangt hatte ; sie bezweckte, durch passende Auszüge aus den umfangreichen Quellen so wie durch eine übersichtliche Zusammenstellung derselben die großen Gesichtspunkte leicht erkennbar zu machen, von denen das neue, bedeutsame Gesetz ausgegangen ist. Bei der gegenwärtigen Auflage — deren Bearbeitung von dem Unterzeichneten allein vorgenommen wurde — ist der Versuch gemacht worden, einen Schritt weiter zu gehen. Unter freierer Benutzring der Gesetzesquellen zur Verdeutlichung bessert, was der Gesetzgeber hat bestimmen wollen, ist besonderer Werth darauf gelegt worden, die einzelnen Rechtssätze scharf auszusondern und die Voraussetzungen anzugeben, von welchen die Anwendbarkeit der einzelnen Bestimmungen des Handelsgesetzbuchs abhängig erscheint. Hierbei sind die entstandenen Streitfragen berücksichtigt, und zum Theil ist ihre Lösung versucht worden. Zum anderen Theile hat man die Lösung derselben der weiteren Entwickelung des Handelsrechts durch Theorie und Praxis überlassen zu müssen geglaubt. Bei der neuen Bearbeitung hat ferner das Streben vorgewaltet, an das ältere Recht anzuknüpfen und — soweit dies jetzt schon angeht — zu zeigen, wie das Handelsgesetzbuch mit dem in den altländischen Provinzen Preußens geltenden Civil­ rechte in Einklang zu bringen ist. Zu diesem Zwecke find die sämmtlichen veröffent­ lichten Entscheidungen des Obertribunals, welche das Gebiet des Handelsrechts be­ rühren, geprüft und soweit sie noch jetzt von Erheblichkeit sein dürften, unter An­ gabe ihres wesentlichen Inhalts angezogen worden. Endlich hat die Benutzung der neueren handelsrechtlichen Literatur insoweit stattgefunden, als diese zur Herbeiführung eines besseren Verständnisses des Gesetz­ buchs angethan schien; Citate sind in der Regel nur dann erfolgt, wenn Abhand­ lungen über Detailfragen anzuführen waren, deren Auffindung, weil in verschiedenen Zeitschriften zerstreut, schwierig wäre. Die angegebenen Ziele konnten — wie ich nicht verkenne — bei der Neuheit des Handelsgesetzbuchs, bei seiner eingreifenden Aenderung des bisherigen Rechts und der häufig hervortretenden Kollision mit dem sonstigen Civilrechte, sowie bei dem Mangel einer Durcharbeitung desselben in gerichtlichen Entscheidungen und bei den durch wissenschaftliche Bearbeitungen immerhin noch spärlich gewährten Hülfsmitteln nur verfolgt, aber nicht erreicht werden, zumal nicht, wenn man in den engen Schranken eines für die Praxis bestimmten, und deshalb übersichtlich zu erhaltenden Kommentars verbleiben wollte. Wenn indeß diese erneute Bearbeitung jenen Zielen sich auch nur genähert hat, so wird dieselbe — wie ich hoffe — eine billige Be­ urtheilung finden.

Berlin im Januar 1864.

H. Makower.

VHI

Vorrede zur dritten bis zehnten Auflage. Die seit der zweiten Auflage dieses Buchs ergangenen Urtheile des höchsten Gerichts­

hofs (des Obertrib. bis einschl. Bd. 81, des R.O.G. bis einschl. Bd. 25, u. des R.G. bis einschl. Bd. 22), welche zum besseren Verständniß des H.G.B. dienen oder Kon­ troversen desselben entscheiden, sind nachgetragen, und mehrere Aenderungen in den Noten vorgenommen. Die ZusammensteÜung der Urtheile bei den einzelnen Artikeln bezweckt, aus den Entscheidungen mehrerer concreter Fälle die Theorie des höchsten Gerichtshofes in dm einzelnen Materien erkennbar zu machen. ES ist selbst­ verständlich, daß die kurzen Auszüge nicht das Studium der vollen Urtheile ent­ behrlich machen, sondern nur die Aufsuchung derselben dann erleichtern sollen, wenn es darauf ankommt, die Meinung des höchsten Gerichtshofes über eine bestimmte Frage zu erforschen. Die seit Emanation des H.G.B. erlasienen Gesetze, welche mit demselben in naher Verbindung stehen, sind theils in erkennbarer Weise dem Texte eingefügt, theils in einem Anhänge nachgetragen. Das In Halts -Verzeichniß giebt hierüber näheren Auffchluß. Das Register endlich erleichtert die Auffindung derjenigen Materien, welche in den Noten behandelt sind und mit dem Texte der Gesetze manchmal nur in loser Verbindung stehen. Berlin im Juli 1889.

Abkürzungen. H.G.B. — Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch. P. = Protokolle der Kommission zur Berathung eines Allgemeinen Deutschen Handelsgesetz­ buchs.

Herausgegeben

Kunsthandlung.

von I. Lutz.

Würzburg, Verlag der Stahel'schen Buch- und

1858.

Pr. Entw. — Entwurf eines Handelsgesetzbuchs für die Preußischen Staaten. Verlag der Kgl. Ober-Hofbuchdruckerei.

Entwurf.

M.



Entwurf eines Handelsgesetzbuchs für

Motive.

Erster Theil:

Berlin, 1859.

die Preußischen Staaten.

Verlag der Königlichen Ober-Hofbuchdruckerei.

Zweiter Theil:

Berlin, 1859.

M. z. Einf.-Ges. = Motive zum Entwurf des Einführungsgesetzes zum Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch.

K.B. A. — Kommissionsbericht des Hauses der Abgeordneten über den Entwurf eines All­

gemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs.

(Nr. 223, 224, 225, de 1861.)

K.B. H. — Kommissionsbericht des Herrenhauses zu demselben Entwürfe. (Nr. 134, de 1861.)

M. = Motive zum G. v. 18. Juli 1884. Einf.-Ges. — Einführungsgesetz.

I. Abschnitt:

Wo dieses ohne Zusatz citirt worden, ist darunter der 1. Titel,

„Bestimmungen für alle Landestheile der Monarchie" enthaltend, ver­

standen. Einf.-Ges. (A.L.R. und A.G.O.) — Einführungsgesetz.

1. Titel, II. Abschnitt.

mungen für die Landestheile, in welchen das Allgemeine Landrecht und die

Bestim­

Allgemeine

Gerichtsordnung Gesetzeskraft haben. Einf.-Ges. (gem. R.) — Einführungsgesetz.

1. Titel, III. Abschnitt.

Bestimmungen für

die Landestheile, in welchen das gemeine Deutsche Recht gilt. Einf.-Ges. (Köln.) — Einführungsgesetz.

1. Titel, IV. Abschnitt.

Bestimmungen für den

Bezirk des Appellationsgerichtshofes zu Köln. Jnstr. — Instruktion des Justizministers vom 12. Dezember 1861.

(Just.Min.Blatt 1861

S. 328 bis 374.)

Entsch. — Entscheidungen des Königl. Geheimen Obertribunals, herausgegeben im amtlichen Auftrage.

Berlin.

Str. — Striethorst, Archiv für Rechtsfälle aus der Praxis der Rechtsanwälte des Königl.

Obertribunals.

Berlin, Verlag von I. Guttentag (D. Collin).

R.O.H. — Entscheidungen des Reichs-Oberhandelsgerichts, herausgegeben von den Räthen des

Gerichtshofes.

Erlangen.

Steg. — Stegemann, die Rechtsprechung des Deutschen Oberhandelsgerichts zu Leipzig.

Berlin, Verlag von I. Guttentag (D. Collin).

X

Abkürzungen.

R.G. — Entscheidullgen des Reichsgerichts in (Zivilsachen, herausgegeben von den Mitgliedern deS Gerichtshofes. Leipzig, Verlag von Veit & Co.

Centralorgan — Centralorgan für den deutschen Handelsstand.

Köln, sodann Elberfeld.

C.P.O. — Civilprozeßordnung für das Deutsche Reich. v. Gerber — v. Gerber, System des deutschen Privatrechts.

8. Auflage.

Goldschmidt — Goldschmidt, Handbuch des Handelsrechts.

Jena, 1863.

Erlangen, 1864.

v. Hahn — v. Hahn, Kommentar zum Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuche. Braun­ schweig, 1862. 1; Aufl. Die Citate aus den späteren Auflagen sind als solche besonders bezeichnet. Kayser — Kayser, Gesetz, betr. die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktien­ gesellschaften v. 18. Juli 1884. Berlin, 1884. Kaltenborn — Berlin, 1851.

Kaltenborn,

Grundsätze

des

praktischen

Europäischen

Seerechts.

K.O. — Konkursordnung für das Deutsche Reich.

Koch — Koch, Kommentar zum Allgemeinen Landrecht Band III, Abth. 2, Verlag von I. Guttentag (D. Collin). Renaud = Renaud, das Recht der Aktiengesellschaften.

Berlin, 1863.

Leipzig, 1863.

Renaud K.G. — Renaud, das Recht der Kommanditgesellschaften.

Leipzig, 1881.

Ring — Ring, das Reichsgesetz, betr. die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktien­ gesellschaften v. 18. Juli 1884. Berlin, 1886. Thöl — Thöl, das Handelsrecht in Verbindung mit dem Allgemeinen Deutschen Handels­ gesetzbuche. 4. Auflage. Göttingen 1862.

Ullr. = Ullrich, Sammlung von seerechtlichen Erkenntnissen.

Hamburg, 1861.

v. Völderndorff, das Reichßgesetz, betr. die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften vom 18. Juli 1884. Erlangen, 1885. Die anderweitigen Citate werden auch ohne Erklärung der bei ihnen vorgenommenen Abkürzungen verständlich sein. Citate, welche nur den Band und die Seite angeben, beziehen sich auf die Entscheidungell des Reichsoberhandelsgerichts bezw. des Reichsgerichts.

Inhalt l. Einleitung. II. Bundesgesetz, betreffend die Einführung der allgemeinen deutschen Wechselordnung, der Nürnberger Wechsel-Novellen und des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetz­ buchs als Bundesgesetze, vom 5. Juni 1869 (B.G.BI. S. 379).

UL Das Allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch. I n f) a (t d e o s c l b c n :

Allgemeine Veftimmungen .

Erstes Luch.

Vom Haudelsstaude.

Erster Titel.

4— 11

Bon Kaufleuten dem Handeln eg Mei. Handelsfirmen

Zweiter Titel. Dritter Titel.

Ben Bon

Vierter Titel.

Von

den Handelsbüchern

Fünfter Titel.

Von

den Prokuristen und Handlungcbevellmaci"

Zweites Luch,

41— 56

57— 65 84

Sechster Titel. Von den Handlungsgehilfen Siebenter Titel. Von den Handelsmäklern oder Sensalen

von Leu Handelsgesellschaften.

Erster Titel. 'Von der offenen Handelsgesellschaft. Erster Abschnitt.

Zweiter Abschnitt. einander

Dritter Abschnitt. Personen

89

Von der Errichtung der Gesellschaft

Den dem Rechtsverhältnisse der Gesellschafter un 90—109

Den dem Rechtsverhältnisse der Gesellschaft zu dritten

110—122

Vierter Abschnitt. Von der Auflösung der Gesellschaft und dem An­ treten einzelner Gesellschafter aus derselben Fünfter Abschnitt. Sechster Abschnitt. schafter

123—132

Don der Liquidation der Gesellschaft

133—145

Von der Verjährung der Klagen gegen die 146-149

Zweiter Titel. Von der Kommanditgesellschaft. Erster Abschnitt. Don der Kommanditgesellschaft im Allgemeinen Zweiter Abschnitt.

Von der Kommanditgesellschaft

150—172

auf Aktien 173—206

besondere

Dritter Titel. Von der Aktiengesellschaft. Erster Abschnitt. Allgemeine Grundsätze Zweiter Abschnitt.

Rechtsverhältnisse der Aktionäre

Dritter Abschnitt.

Rechte und Pflichten des Vorstandes

Vierter Abschnitt.

Auflösung der Gesellschaft

Fünfter Abschnitt.

Schlußbestimmungen...............................................................

207—215

-

216—226 227—241

-

242—248 249

Inhalt.

XII

Drittes Duch.

Non der stillen Gesellschaft und von der Vereinigung zn

einzelnen Handelsgeschäften für gemeinschaftliche Nechnung.

Erster Titel. Bon der stillen Gesellschaft Artikel 250—265 Zweiter Titel. Bon der Vereinigung zu einzelnen Handelsgeschäften für gemeinschaftliche Rechnung - 266—270 Viertes Duch.

Von den Handelsgeschäften.

Erster Titel. Von den Handelsgeschäften im Allgemeinen. Erster Abschnitt. Begriff der Handelsgeschäfte Zweiter Abschnitt. Allgemeine Bestimmungen über Handelsgeschäfte . Dritter Abschnitt. Abschließung der Handelsgeschäfte Vierter Abschnitt. Erfüllung der Handelsgeschäfte Zweiter Titel. Vom Kaufe Dritter Titel. Von dem Kommissionsgeschäfte Vierter Titel. Von dem Speditionsgeschäfte Fünfter Titel. Von dem Frachtgeschäfte. Erster Abschnitt. Vom Frachtgeschäfte überhaupt Zweiter Abschnitt. Von dein Frachtgeschäfte der Eisenbahnen insbesondere Fünftes Duch.

-

271—277 278—316 317—323 324—336 337—359 360—378 379—389

-

390—421 422—431

-

-

432—449 450—477 478—527 528—556 557—664 665—679 680—701

-

702—735 736—741 742—756 757—781

-

782—809 810—815

-

816—823 824—857 858—885 886-898

-

899—905 906—911

Nom Seehandrl.

Erster Titel. Allgemeine Bestinunungen Zweiter Titel. Von dem Rheder und von der Rhederei Dritter Titel. Von dem Schiffer Vierter Titel. Von der Schiffsmannschaft Fünfter Titel. Von dem Frachtgeschäfte zur Beförderung von Gütern Sechster Titet. Von dein Frachtgeschäfte zur Beförderung von Reisenden Siebenter Titel. Von der Bodmerei Achter Titel. Von der Haverei. Erster Abschnitt. Große (gemeinschaftliche) Haverei und besondere Haverei Zweiter Abschnitt. Schaden durch Zusammenstoß von Schiffen... Neunter Titel. Von der Bergung und Hülfsleistung in Seenoth . Zehnter Titel. Von den Schiffsgläubigern Elfter Titel. Von der Versicherung gegen die Gefahren der Seeschifffahrt. Erster Abschnitt. Allgemeine Grundsätze Zweiter Abschnitt. Anzeigen bei beut Abschlüsse des Vertrage- ... Dritter Abschnitt. Verpflichtungen des Versicherten aus dem Ver­ sicherungsverträge .............................................. Vierter Abschnitt. Umfang der Gefahr Fünfter Abschnitt. Umfang des Schaden-:Sechster Abschnitt. Bezahlung des Schadens Siebenter Abschnitt. Aufhebung der Versicherung und Rückzahlung der Prämie ..... ‘....................................................... Zwölfter Titel. Von der Verjährung

-

-

s

Anhang 1. 2. 3. 4.

5. 6. 7.

8.

9.

10.

11. 12. 13. 14. 15.

Preuß. Einf. - G. zum A.D.H.G.B. vom 24. Juni 1861. (G.S. S. 449.) Allg. Sers, und Instruktion betr. die Ausführung dieses G. v. 12. Dezbr. 1861. (J.M.Bl. S. 328—374.) Allg. Sers., betr. die Führung des Schiffsregisters v. 25. März 1868. (J.M.B1. S. 95.) Verordnung, betr. die durch die Eins, des A. D. H.G.B. nöthig gewordene Ergänzung der Gesetze über die gerichtlichen Gebühren und Kosten, vom 27. Jan. 1862. (G.S. S. 33.) Allg. Vers., betr. dm Ansatz der Gerichtskosten in Handels- und Schifffahrtsangelegenheitm v. 26. September 1864. (J.M.Bl. S. 270.) Auszug aus dem Preuß. Ausf.-G. zum dmtschen Gerichtskostengesetze, v. 10. März 1879. (G.S. S. 145.) Einf.-G. zum A. D. H.G.B. für das König reich Hannover v. 5. Oktbr. 1864. (Han­ növersche G.S. S. 213.) Verordnung, Betr. die Eins, des A. D. H.G.B. in die Herzogthümer Holstein und Schleswig v. 5. Juli 1867. (G.S. S. 1133.) Verordnung, betr. dieKommanditgesellschaften auf Aktien in den durch die Ge­ setze v. 20. September u. 24. Dezember 1866 (G.S. S. 555, 876) mit der Preuß. Monarchie vereinigten Landestheilen, mit Ausnahme der vormals Königlich Baierischen Enklave Kaulsdorf, v. 24. August 1867. (G.S. S. 1645.) G. betr. die Einführungsbestimmungen zum A. D. H.G.B. für das Jadegebiet und die Einführung verschiedener seerechtlicher Vorschriften in dasselbe v. 9. März 1870. (G.S. S. 248.) Bundesgesetz betr. die Kommanditgesellschaften auf Aktim und die Aktiengesellschaften v. 11. Juni 1870. (B.G.Bl. S. 375.) G. betr. die Eins. d. A. D. W.O. u. des A. D. H.G.B. in Elsaß-Lothringen v. 19. Juni 1872. (G.Bl. für Elsaß-Lothringen Nr. 14, S. 213.) G. über die Handelskammern v. 24. Februar 1870. (G.S. S. 134.) Auszug aus dem Preuß. G. über die Zuständigkeit der Verwaltungs- u. der Verwaltungkgerichtsbehörden v. 1. August 1883. (G.S. S. 237.) Bundesg., betr. die vertragsmäßigen Zinsen v. 14. Novbr. 1867. (B.G.Bl. S. 159.)

(Dieses G. ist im Texte hinter Art. 292 abgedruckt.)

16.

Reichßges., betr. die Umwandlung von Aktien in Reichswährung v. 16. Dezember 1875 (R.G.Bl. S. 317.)

17. 18.

Bankgesetz v. 14. März 1875. (R.G.Bl. S. 177.) Preuß. G. wegen Ausstellung von Papieren, welche eine Zahlungsverpflichtung an jeden Inhaber mthalten, v. 17. Juni 1833. (G.S. S. 75.) Bundesg. über die Ausgabe von Papiergeld v. 16. Juni 1870. (B.G.Bl. S. 507.) ReichSg., betr. die Jnhaberpapiere mit Prämien v. 8. Juni 1871. (R.G.Bl. S. 210.) ReichSg., betr. die Ausprägung von Reichsgoldmünzen v. 4. Dezember 1871. (R.G.Bl. S. 404.)

(Dieses G. ist im Texte hinter Art. 207 a abgedruckt.)

19. 20. 21.

XIV

Inhalt.

Münzgesetz v. 9. Juli 1873. (R.G.Bl. S. 233.) Reichsg., betr. die Ausgabe von Reichskassenscheinen v. 30. April 1874. (R.G.Bl. S. 40.) Reichsg. über den Markenschutz v. 30. November 1874. (R.G.Bl. S. 143.) Bekanntmachungen des Bundesratbs zur Ausführung des G. über den Markenschutz. (Centralblatt für das deutsche Reich S. 123 de 1875 u. S. 418 de 1886.) 26. Reichsg., betr. das Urheberrecht an Mustern u. Modellen v. 11. Jan. 1876. (R.G.Bl. S. 11.) 27. Bestimmungen des Reichskanzleramts über die Führung des Musterregisters. (Centralblatt für das deutsche Reich S. 123 de 1876 u. S. 418 de 1886.) 28. Reichsg., betr. die Verbindlichkeit zum Schadensersatz für die bei dem Betriebe von Eisen­ bahnen, Bergwerken re. herbeigeführten Tödtungen und Körperverletzungen v. 7. Juni 1871. (R.G.Bl. S. 207.) (Dieses G. ist hinter Art. 423 abgedruckt.)

22. 23. 24. 25.

29. Bekanntmachung, betr. das Betriebs-Reglement für die Eisenbahnen Deutschlands v. 11. Mai 1874. (Centralbatt für das deutsche Reich Nr. 21.) 30. Verordnung, betr. die Registrirung von Seeschiffen v. 27. Februar 1862. (G.S. S. 61.) 31. Bundesg., betr. die Nationalität der Kauffahrteischiffe und ihre Befugniß zur Führung der Bundesflagge v. 25. Oktober 1867. (B.G.Bl. S. 35), in der Fassung des Reichsg. v. 23. Dezember 1888. (R.G.Bl. S. 300.) 32. Reichsg., betr. die Befugniß von Seefahrzeugen, welche der Gattung der Kauffahrtei­ schiffe nicht angehören, zur Führung der Reichsflagge v. 15. April 1885. (R.G.Bl. S. 89.) 33. Verordnung, betr. die Bundesflagge für Kauffahrteischiffe v. 25. Oktober 1867. (B.G.Bl. S. 39.) 34. Reichsg., betr. die Registrirung und die Bezeichnung der Kauffahrteischiffe v. 28. Juni 1873. (R.G.Bl. S. 184.) 35. Vorschriften über die Registrirung und die Bezeichnung der Kauffahrteischiffe v. 13. No­ vember 1873. (R.G.Bl. S. 367.) 36. Reichsg., betr. die. Küstenfrachtfahrt v. 22. Mai 1881. (R.G.Bl. S. 97.) 37. Reichsg., betr. die Prisengerichtsbarkeit v. 3. Mai 1884. (R.G.Bl. S. 49.)

(Die vorstehenden 8 Gesetze sind im Texte hinter Art. 438 abgedruckt.)

38. Verordn, zur Verhütung des Zusammenstoßens der Schiffe auf See v. 7. Januar 1880. (R.G.Bl. S. 1) nebst Verordn, v. 16. Febr. 1881. (R.G.Bl. S. 28.) 39. Verordn, über das Verhalten der Schiffer nach einem Zusammenstoß von Schiffen auf See v. 15. August 1876. (R.G.Bl. S. 189.) 40. G. betr. die Unrersuchung von Seeunfällen v. 27. Juli 1877. (R.G.Bl. S. 549.) 41. Seemannsordnung v. 27. Dezember 1872. (R.G.Bl. S. 409.) 42. G. betr. die Verpflichtung deutscher Kauffahrteischiffe zur Mitnahme hilfsbedürftiger Seeleute v. 27. Dezember 1872. (R.G.Bl. S. 432.) 43. G. betr. die Schiffsmeldungen bei den Konsulaten des deutschen Reichs v. 25. März 1880. (R.G.Bl. S. 181.) 44. Verordn., betr. die Schiffsmeldungen bei den Konsulaten des deuffchen Reichs v. 28. Juli 1880. (R.G.BI. S. 183.) (Die vorstehend unter Nr. 40 bis 44 bezeichneten G. sind im Texte hinter Art. 527 abgedruckt.)

45. Strandungsordnung v. 17. Mai 1874. (R.G.Bl. S. 73) u. Instruktion v. 24. No­ vember 1875. (Dieses G. ist im Texte hinter Art. 756 abgedruckt.)

I. Einleitung*). Der von der Deutschen Nation lebhaft gehegte Wunsch, ein einheitliches Recht zu erlangen, um in demselben ein neues starkes Band der Vereinigung aller Deutschen Staaten und Volksstämme zu besitzen, sieht seiner Erfüllung zunächst auf denjenigen

Rechtsgebieten entgegen, auf welchen die Jnteresien des Verkehrs das Bedürfniß der Rechtseinheit doppelt fühlbar machen und die Verschiedenheit des Rechts nicht in dem

Verhältniß der Familie und des Grundeigenthums eine tiefe Grundlage hat.

In

der Allgemeinen Wechselordnung besitzt Deutschland bereits ein Erstlingswerk der ein­ heitlichen Gesetzgebung, welches als eine der glücklichsten Schöpfungen unserer Zeit

anerkannt ist und von dem Handelsstande in Hinblick auf die früheren Zustände als eine Quelle des Segens betrachtet wird.

Das Gelingen dieses Werks ist ein Vorbild

für die noch ungleich bedeutendere Bestrebung gewesen, ein Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch zu Stande zu bringen; die Deutschen Staatsregicrungen haben

hierbei einen ähnlichen Weg zur Verständigung wie bei der Wechselordnung verfolgt, und Preußen kann sich einer ähnlichen Wirksamkeit für das gemeinsame Handels­ gesetzbuch, wie für die Wechselordnung rühmen.

Bereits in den Jahren 1836 und 1846 brachte die Württembergische Regierung bei Berathungen der Zollvereinsstaaten eine möglichst gleichmäßige Gesetzgebung im

Gebiete des Handelsrechts in Anregung.

Der erste Versuch,

zu

einem Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch die

Einleitung zu treffen, wurde von dem Reichsministerium der Justiz in Frankfurt

gemacht**), eine von demselben zur Fertigung eines Entwurfs berufene Kommission arbeitete über eine Anzahl von Materien des Handelsrechts Gesetzesvorschläge aus,

welche im Jahre 1849 im Druck veröffentlicht wurden. *) Diese Einleitung ist wörtlich den Motiven zuin Preußischen Einführungsgesetze entnommen. **) Die Anregung hierzu ging von dem Unterstaatssekretär Widenmann aus. Außer ihm befanden sich in der Kommission die Appellationsgerichtsräthe Grimm und Broicher aus Köln und der Professor Thöl aus Rostock. In einer Denkschrift, welche diese Kom­ mission am 12. Dezember 1848 dem Reichsministerium der Justiz einreichte, wird über das Prinzip, welches einer Kodifikation des Handelsrechts zu Grunde zu legen ist, Folgendes gesagt: „Im Allgemeinen wird dabei der Grundsatz festzuhalten sein, daß weniger ein neues Recht zu schaffen, als dasjenige in gesetzliche Normen zu bringen ist, was in dem Bewußtsein der zum Handelsstande gehörenden Personen bereits als Recht gilt. Es wird besondere Rücksicht darauf genommen werden müssen, daß Kauf­ leute als Richter das Gesetz werden in Anwendung zu bringen haben. Eine

XVI

Einleitung.

Nach Abänderung der Verhältniffe wurde dieser Gegenstand sehr bald von der Preußischen Regierung ausgenommen, theils weil in Preußen selbst das Bedürfniß

eines Handelsrechts für die ganze Monarchie sich sehr entschieden geltend gemacht hatte, theil» auch, weil in dem Umstande, daß bei der für Preußen erforderlichen

Legislation die so sehr von einander verschiedenen Recht-systeme des Mgemeinen

Landrechts, des gemeinen Rechts und des Rheinischen Rechts zu berücksichtigen find, eine Gewähr dafür vorlag, daß das Werk auch für die übrigen Deutschen Staaten

eine annehmbare Grundlage bilden würde.

Im Jahre 1850 wurden juristische Kommissorien mit der Vorbereitung eines Handelsrechts-Entwurfs besonders befaßt, und im Mai desielben Jahres die ver­

schiedenen

Gesichtspunkte

und

Prinzipien

in

Ministerialkonferenzen mit

Sach­

verständigen, welche au» dem Handel-stande der verschiedenen Provinzen dazu ent­

sendet waren, in spezielle Berathung genommen.

Die Sache wurde sodann nach

einer inmittelst durch die Bearbeitung der Konkursordnung veranlaßten Unterbrechung um so angelegentlicher verfolgt, als bei den Generalkonferenzen des Zollvereins von der Württembergischen und mehreren anderen Staatsregierungen der Wunsch an den

Tag gelegt worden war, daß die Preußische Regierung mit dem Entwurf eines Mgemeinen Deutschen Handelsrechts zum Zweck einer Vereinbarung der Deutschen

Staaten vorgehen möge.

Im Anfänge des Jahres 1856 waren die Vorarbeiten bis zur Zusammen­ stellung eines vollständigen Entwurfs gediehen, so

daß, als zu dieser Zeit die

Bayerische Regjerung in der Bundesversammlung die Herbeiführung eines Allgemeinen

Handelsgesetzbuchs für die Deutschen Bundesstaaten in Anregung brachte, in Aussicht gestellt werden konnte, daß nach Begutachtung des Entwurfs durch Rechtsgelehrte und

sachverständige Kaufleute ein fester Haltepunkt gewonnen sei, um zu Einleitungen überzugehen, welche analog dem bei der Berathung der Wechselordnung eingeschlagenen Verfahren zu treffen seien.

Die Bundesversammlung beschloß am 17. April 1856 die Niedersetzung einer

Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs eines Allgemeinen Handelsgesetzbuchs für die Deutschen Bundesstaaten und lud die Bundesregierungen ein. Rechtsgelehrte Hauptaufgabe wird es sein, das Handelsrecht von denjenigen rein positiven Vor­ schriften des gewöhnlichen Civilrechts zu befreien, welche auf Gründen be­ ruhen, die dem Handel fremd sind, und welche in Handelssachen nur deshalb an­ gewendet worden sind, weil eS nicht gelungen war, die Nothwendigkeit einer Ausnahme von der Regel, oder vielmehr die Nichtanwendbarkeit der Regel auf die Verhältniffe des Handels bei den Rechtsgelehrten ur Anerkennung zu bringen." Der gedachte Entwurf enthält folgende Titel: 1) Von Kaufleuten und Handels­ geschäften 2) Von der Form der Verträge und von den Beweismitteln in Handelssachen überhaupt, und von den Handelsbüchern insbesondere. 3) Von Handelsgesellschaften. 4) Von dm Börsen und von den Mäklern. 5) Von dem Kommissionär, dem Spediteur und dem Frachtführer. Den einzelnen GesetzcSvorschlägen sind die Motive beigefügt. Vgl. Entwurf eines allgemeinen Handelsgesetzbuchs für Deutschland. Frankfurt a. M., I. D. SauerläntcrS Verlag, 1849.

XVII

Einleitung.

oder Sachverständige dahin abzuordnen, sie wählte am 18. Dezember desselben Jahres die ©tobt Nürnberg zum Sitz der Konserenz und es wurde zugleich insbesondere

vereinbart, daß, dem Vorgänge der Wechselrechtskonferenzen entsprechend, die Be­ schlußfassung

durch

einfache Stimmenmehrheit

stattfinden

und

jeder

einzelne

durch einen Bevollmächtigten in der Dersammlnng vertretene Staat eine Stimme haben solle.

Inzwischen wurde der Entwurf eines Handelsgesetzbuchs für Preußm vollendet und in den Ministerien, sowie in besonderen Konferenzen, welche in dm Monaten Oktober bis Dezember 1856 stattfanden, einer eingehenden Berathung unterworfen.

Hierbei warm sowohl eine Anzahl von Kauflmtm aus dm verschiedmen Provinzen und sonstige Fachmänner des Handels- und Seerechts, als auch Richter und Rechts­ anwälte aus verschiedenen Landestheilen der Monarchie thätig.

Mit Rücksicht auf

die Ergebnisse der Beratzung ist sodann der Prmßische Entwurf nochmals bearbeitet und festgestellt worden*).

Die Handelsrechtskonfermz in Nürnberg wurde am 15. Januar 1857 eröffnet. Bei ihr waren durch Bevollmächtigte vertretm die Staatsregierungen von Oestreich,

Prmßm, Bayern, Sachsen, Hannover, Württemberg, Baden, Kurhessen, Großherzog-

thum Hessen, der Sächsischen Herzogthümer, von Nassau, Braunschweig, MecklenburgSchwerin, Anhalt-Dessau, Lübeck, Frankfurt, Bremen und Hamburg **).

Außer den

*) In den Vorbemerkungen (S. V) zu diesem Entwürfe wird über die Quellen desselben,

abgesehen

vom Allgemeinen Landrechte,

Folgendes gesagt:

»Bei der Aufstellung des Ent­

wurfs sind neben dem reichen wissenschaftlichen Material der neueren Zeit die Gutachten, Erinncmngen und Anträge der Kaufmannschaften, sowie die in dm Sammlungen der deutschen

Gerichtspraxis niedergelegten Entscheidungen der deutschen Gerichtshöfe und die in auswärtigen Staaten eingeführtm Handelsgesetzbücher beachtet und einer sorgfälttgm Prüfung unterzogm worden.

Unter letzterm ist zunächst das französische Handelsgesetzbuch zu erwähnen.

Dasselbe

ist für die Rheinprovinz bestehendes Recht; es gilt, theils in ursprünglicher Gestalt, theils in

Ueberarbeitung, in großen und verkehrSreichm Ländergebieten, und eS steht seinem Hauptinhalte die Gewähr einer langen Erfahrung zur Seite, wenngleich im Einzelnen mehrfache Lücken und Mängel der Abhülfe bedürfm.

In gleicher Weise ist die Bmutzung dcS Holländischen

Handelsgesetzbuchs vom Jahre 1838 hervorzuheben, welches wegen der ausgedehnten Handels­

erfahrungen der Holländischen Natton und ihres lebhaften Verkehrs mit Deutschland von hoher Wichtigkeit ist.

Endlich ist unter dem bmutzten Material noch daS Spanische Handelsgesetz­

buch vom Jahre 1829, sowie die erste Abtheilung deS Entwurfs eines allgemeinen Handels­ gesetzbuchs für Dmtschland

von der durch daS Reichsministerium der Justiz niedergesetzten

Kommission, ingleichen der Entwurf eines Handelsgesetzbuchs für Württemberg vom Jahre 1839

und ein für Oestreich über einzelne Materien deS Handelsrechts im Jahre 1848 abgefaßter

Entwurf zu erwähnen.'

**) Als Bevollmächtigte erschienen namentlich: A. von Oestreich: Dr. Ritter v. Raule, Präsidmt deS k. k. Handelsgerichts zu Wien,

und Dr. Schindler, SektionSrath im k. k. Handelsministerium zu Wien. B. von Preußm: Dr. Bischoff, Geh. Justizrath auS Berlin (später Dr. Heimsöth,

Geh Oberjustizrath und SmatSpräsidmt am AppellationSgericht zu Köln, unb Geh. Justizrath

Dr. Pape aus Berlin, demnächst Präsidmt des ReichS-OberhandelSgerichtS zu Leipzig).

C. von Bayern: Dr. Seuffert, Direktor des Kreis- und Stadt-, dann des HandelsaPpellationSgerichtS zu Nürnberg.

Lakower, HandelD-esetzhuch. 10. ÄufL

ß

xvm

Einleitung.

Bevollmächtigten der einzelnen Staaten war eine erhebliche Zahl ausgezeichneter

Männer des Kaufmannsstandes von den verschiedenen Regierungen, insbesondere auch von der Preußischen Regierung, als Sachverständige zu den Konferenzen gesendet**); durch die rege Theilnahme derselben wurde die Versammlung in lebendiger An­ schauung des kaufmännischen Rechtsbewußtseins und der dem Handelsleben zusagenden

Rechtsnormen erhalten.

Die Konferenz beschloß, den Preußischen Entwurf zur Grund­

lage der Berathungen zu

nehmen**),

dabei

auch dem von der Oestreichischen

Regierung vorgelegten Entwurf volle Beachtung zuzuwenden; sie wählte den Preußi­

schen Bevollmächtigten zum Referenten, während sie dem Bevollmächtigten von

Oestreich, soweit nicht der als Ehrenpräsident gewählte Staatsminister von Bayern

den Vorsitz führte, die Präsidialfunktionen anvertraute. Nach 98 Sitzungen wurde am 2. Juli 1857 die Berathung der ersten drei Bücher des Preußischen Entwurfs (welche im Wesentlichen den vier ersten Büchern

des in Nürnberg zuletzt festgestellten Entwurfes entsprechen) in erster Lesung beendigt, und eine zweimonatliche Vertagung der Konferenz beschlossen, damit eine von dem D.

vom Königreich Sachsen:

Georgi, Staatsminister a. D.

aus Mylau, und

Dr. Tauchnitz, Appellationsgerichtsrath aus Leipzig. E. von Hannover: Dr. Thöl, Professor aus Göttingen (später Dr. Leonhardt, Oberjustizrath aus Hannover). F. von Württemberg: Dr. v. Gerber, Universttätskanzler und Professor aus Tübingen. G. von Baden: Ammann, Ministerialrath aus Karlsruhe. H. vom Kurfürstenthum Hessen: Schuppius, Obergerichtsrath aus Kassel. I. vom Großherzogthum Hessen: Franck, Ministerialrath aus Darmstadt. K. vom Großherzogthum Sachsen, Herzogthümern Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg und Sachsen-Coburg und Gotha (später auch von Anhalt-Dessau): Dr. v. Hahn, Pro­ fessor aus Jena, jetzt Rath am Reichsgericht. L. von Nassau: Vollpracht, Präsident des Finanzkollegiums aus Wiesbaden. M. von Braunschweig: Trieps, Obergerichtsrath. N. von Mecklenburg-Schwerin: Dr. Mann, Senator aus Rostock. O. von Lübeck: Dr. Haltermann, Richter aus Lübeck. P. von Frankfurt: Dr. Müller, Senator aus Frankfurt. Q. von Bremen: Dr. Heinecken, Direktor des Handelsgerichts aus Bremen, und Gabain, Aeltermann, Mitglied des Handelsgerichts und der Handelskammer aus Bremen. R. von Hamburg: Dr. Halle, vormals Präsident des Handelsgerichts aus Hamburg, und de Chapeaurouge, vormals Richter am Handelsgerichte zu Hamburg (später Dr. Trümmer). Während der Verhandlungen haben die Personm der Bevollmächtigten mehrfach ge­ wechselt, insbesondere waren bei der Bearbeitung des Seerechts zum Theil andere Personen thätig, als bei der Berathung der ersten vier Bücher des Handelsgesetzbuchs. *) Für Preußen: der Kommerzienrath Warschauer aus Berlin und der Geh. Kommerzienrath Ruffer aus Breslau; und speziell für das Seerecht: der Kommerzienrath Rahm aus Stettin und der Navigations-Schuldirektor Albrecht aus Danzig. **) Dies geschah in Folge der Erwägung, daß der Preußische Entwurf mehr Materien umfasse als der Oestreichische (z. B. auch das Seerecht und einen Abschnitt über die Assekurranzen), und daß es bei legislativen Berathungen erfahrungsmäßig weit leichter sei, aus einem größeren Material etwa Entbehrliches auszuscheiden, als zu einer minder umfangreichen Grundlage Alles, was für wesentlich befunden werden könnte, hinzuzufügen. P. S. 6.

Einleitung.

XIX

Fassungsausschuß gefertigte Redaktion der bisherigen Beschlüsse den Regierungen

vorgelegt und das Material zur zweiten Lesung gesammelt werden konnte. Zu dieser zweiten Lesung trat die Konferenz am 15. September 1857 wieder

zusammen; sie schloß dieselbe in ihrer 176 ften Sitzung am 3. März 1858. Die Re­ sultate wurden sowohl den Regierungen vorgelegt, als auch nebst den Protokollen über die Berathung durch den Druck veröffentlicht.

Es wurde vorbehalten, nach

Berathung des Seerechts noch eine kurze dritte Lesung der vier ersten Bücher vor­ zunehmen. Als Ort für die Verhandlungen über das Seerecht wurde Hamburg gewählt

und die Bevollmächtigten der Regierungen von Oestreich, Preußen, Bayern, Hannover, der Sächsischen Herzogthümer, von Braunschweig, Mecklenburg-Schwerin, Oldenburg, Lübeck, Bremen und Hamburg traten dort am 26. April 1858 zusammen.

Das

Seerecht wurde ebenfalls auf der Grundlage des Preußischen Entwurfs und auf

das Referat des Preußischen Bevollmächtigten berathen; die erste Lesung war am 25. Oktober 1859 beendigt, und nachdem das Ergebniß der Verhandlungen den

mitgetheilt

Regierungen

und

zu

Material

das

einer nochmaligen

Berathung

gesammelt war, die zweite und letzte Lesung des Seerechts in der Zeit vom 9. Ja­ nuar

bis

zum

22. August 1860

durchgeführt

und

an

diesem

Tage

in

der

54 ften Sitzung der Konferenz beendet. Während der Dauer der Berathungen über das Seerecht wurde von einzelnen

Regierungen, insbesondere von Württemberg und von Bayern, in dem dringenden

Wunsche, das große Werk zu Stande jn bringen, eine sofortige unveränderte An­ nahme des aus der zweiten Lesung in Nürnberg hervorgegangenen Entwurf» der

ersten vier Bücher in Anregung gebracht.

Dabei war die Rücksicht auf baldige

Befriedigung des lebhaft gefühlten Bedürfnisses und die Ansicht leitend, daß der Entwurf schon so, wie er damals vorlag, sich zur allgemeinen Annahme empfehle, —

eine Ansicht, welche insbesondere auch der Preußische Handelsstand nach den durch

seine Organe an den Handelsminister erstatteten Gutachten theilte.

In Veranlassung jener Anregungen verständigte sich die Preußische Regienmg mit der Oestrcichischen und Bayrischen dahin, die sämmtlichen übrigen Regierungen cinznladen,

daß

sie

die

von ihnen gewünschten

wesentlichen Abänderungen

des

Entwurfs zweiter Lesung unter Beschränkung der Erinnerungen auf das geringste Maß und unter Vermeidung von Wiederholungen an die Konferenz einsenden möchten, und daß

die

Erinnerungen

dritte Lesung beschränkt

der

werde.

vier

ersten Bücher

Nachdem

das

auf die Erledigung dieser

Einverständniß

der

übrigen

Regierungen nicht zweifelhaft war, wurde auf den Antrag des Preußischen Bevoll­ mächtigten am 24. Oktober 1859 auch von der Konferenz in diesem Sinne beschlossen.

Die Erinnerungen der Regierungen gingen bis zum August 1860, dem Zeit­ punkt der Beendigung der Berathungen über das Seerecht, ein.

Allein die Zu­

sammenstellung derselben ergab, daß, während ein Theil der Regierungen, unter

anderen insbesondere auch Oestreich und Preußen, in Festhaltung des mit so vielen

Schwierigkeiten verbundenen Ziels, ein gemeinsames Gesetzbuch zu Stande zu bringen, b*

Einleitung.

XX

und in Würdigung des für die Gesammtheit daraus erwachsenden Vortheils sich den

MajoritätSbeschlüsien der Konferenz möglichst gefügt und gar keine oder doch nur sehr

wenige

Erinnerungen

eingebracht

hatten,

von

anderen Regierungen

au«

abweichenden GesichtSpunken in einer für die Einigung nicht zuträglichen Weise eine

sehr große Zahl von Erinnerungen aufgestellt war. Da« in sehr langwierigen Ver­ handlungen nach zweimaliger Lesung durch MajoritätSbeschlüsie der Bevollmächtigten

unter Mitwirkung der sachverständigen Kaufleute endlich gewonnene Resultat erschien durch die gegen die 394 Artikel erhobenen 500 Einwendungen wesentlich gefährdet.

Von der Absicht geleitet, den Wünschen der sämmtlichen Regierungen und den Bedürfnisien und berechtigten Erwartungen de« Handelsstandes entgegenzukommen,

führten die Regierungen von Oestreich, Preußen und Bayern, auf Anregung der

Preußischen Regierung, die Sache auf bett von anderen Seiten verlasienen Stand­

punkt zurück. Es wurde von den erwähnten drei Regierungen durch übereinstimmende Roten vom 12., 18. und 23. Oktober 1860

den sämmtlichen Bundesregierungen

vorgeschlagen, an dem vorliegenden Entwurf zweiter Lesung möglichst festzuhalten, in

eingreifende Veränderungen der Prinzipien und des organischen Zusammenhangs nicht einzugehen, Ansichten und Vorschläge, welche bereits in der Konferenz durch­

berathen worden, nicht zu nochmaligen Debatten und Abstimmungen wieder auf­ zunehmen,

und Bemängelungen von Fassungen

ohne praktische Bedeutung oder

sonstige unerhebliche Dinge nicht zum Gegenstand von Verhandlungen des Plenums der Konferenz zu machen.

Zu diesem Zweck fügten die genannten drei Regierungen

ihren Noten ein Verzeichniß derjenigen Erinnerungen bei, welchen gegenüber an dem in zweiter Lesung beschlossenen Entwurf festgehalten, und welche daher von der

dritten Lesung auszuscheiden wären, ferner ein Verzeichniß derjenigen Erinnerungen,

welche durch einen Redaktionsausschuß zu erledigen wären. Bei der drittelt Lesung der vier ersten Bücher, welche hierauf am 19. No­

vember 1860 in Nürnberg eröffnet wurde, stellte der Preußische Bevollmächtigte den Antrag, es möge der Abschluß des Werks in dem Sinne der erwähnten Noten erfolgen.

Nach Einsprache von anderen Seiten wurde von dem Präsidenten durch

Umfrage konstatirt, daß die Majorität der in der Versammlung vertretenen Regie­ rungen dem vorgeschlagenen Verfahren beigetreten war und daß außerdem noch eine

weitere Zahl von augenblicklich in der Versammlung nicht vertretenen Regierungen zugestimmt hatte.

Die dritte Lesung fand nunmehr in dem durch die Majorität

angenommenen Verfahren statt und auch die Dissentirenden nahmen, unter Wahrung

aller Zuständigkeiten ihrer Regierungen, an den Berathungen und Abstimmungen

regen Antheil*). Vor dem Abschluß dieser Arbeiten wurde zugleich wegen einer Verständigung

über das fünfte und sechste Buch des Preußischen Entwurfs, den kaufmännischen

Konkurs utib die Handelsgerichtsbarkeit betreffend, welche bisher nicht Gegenstand *) Ueber das bei der dritten Lesung eingeschlagene Verfabrcn vgl. P. S. 4493 ff. und Thöl: Zur Geschichte des Entwurfs eines allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuchs. Göttingen, Verlag der Dietrich'schen Buchhandlung, 1861.

XXI

Einleitung.

einer förmlichen Berathung gewesen waren, ausführlich verhandelt*).

Schon im

Verlauf der früheren Lesungen hatte es sich als unzweifelhaft herausgestellt, daß in dieser Beziehung

die große Verschiedenheit des

Prozeßrechts

und

der Gerichts­

organisation in den einzelnen Deutschen Staaten einer Einigung auf den Grundlagen des

Preußischen

Entwurfs

unüberwindliche

Schwierigkeiten

Die

entgegenstelle.

Preußische Regierung hatte diesen Theil ihres Entwurfs zurückgezogen und statt desien einen abgekürzten Entwurf ausarbeiten lasten, in welchem die rein prozestualischen Bestandtheile ausgeschieden und nur für das materielle Recht sehr wichtige

Punkte, über

welche

insbesondere bezüglich

des

kaufmännischen

Konkurses

eine

Einigung dringend wünschenswerth schien, in beschränkter Anzahl behandelt sind. Dieser Entwurf, welcher auch dem Handelsstande in Preußen mitgetheilt und von demselben beifällig begutachtet wurde, war Anfangs Juli 1860 den übrigen Regie­

rungen zugesendet und

zugleich

von

dem

Preußischen Bevollmächtigten

in

der

Konftrenz eingebracht worden. Jndesten ist auf Grund der am 15. Februar 1861 in Nürnberg hierüber eröffneten Debatten in eine spezielle Berathung dieses Entwurfs

ebenfalls nicht eingegangen worden.

Es machte sich die Ueberzeugung geltend, daß

das Bedürfniß zu einem gemeinsamen HandelS-KonkurSrecht und Handels-Prozeßrecht sich nur im Zusammenhang mit weit allgemeineren Aenderungen in den verschiedenen

Konkurs- und Prozeßgesetzgebungen überhaupt beftiedigen laste, und daß, so lange

nicht in einer Anzahl von deutschen Staaten das System der Pfand-, Hypotheken-

und Vorzugsrechte, sowie die Prozeßgesetzgebungen einer Reform unterworfen würden, die Versuche, ein den berechtigten Erwartungen entsprechendes gemeinsames HandelsKonkursrecht und Prozeßrecht zu vereinbaren, keinen Erfolg haben könnten.

Zu so

weit eingreifenden Aenderungen der verschiedenen Civilgesetzgebungen fehlten der Handelsrechts-Konferenz sowohl die Zuständigkeit, als auch die Vorarbeiten und Vor­ lagen, und sie hat, wie sehr sie auch die große praktische Wichtigkeit der Sache erkannte, es der Zukunft anheimgeben müsten, dieselbe zur Erledigung zu bringen,

nachdem die bis dahin glücklich gewonnenen Resultate der Einigung gesichert und zur praktischen Geltung gebracht sein würden**).

Am 12. März 1861 wurde die Konferenz in Nürnberg in

ihrer 589 ftcn

Sitzung geschlossen und der Entwurf des Handelsgesetzbuchs der Bundesversammlung und den Bundesregierungen vorgelegt.

Die Dauer der Verhandlungen dieser Konferenz und die umfangreichen Pro­ tokolle ihrer Berathungen beweisen die Schwierigkeiten,

welche bei dem Werke 511

•) Vgl. P. S. 5144, 5146. •*) Die ferneren Anträge: a. auch über andere Versicherungsgeschäfte als Sceassckueanzcii Bestimmungen aufzunchmcn, und b. festzusetzen, welche Bestimmungen des Seercchts auch auf die Flußschiffahrt auSzudehnen, wurden von der Versammlung abgelehnt, weil es wegen der Verschiedenheit der faktischen Vechältniffe unausführbar sei, gemeinsame Bestimmungen zu treffen. P. S. 5125, 5126. Die Versammlung war nach den mehr als vierjährigen Verhandlungen offenbar zu ermattet, um noch neue Materien in Angriff zu nehmen.

xxn

Einleitung.

überwinden waren, und die Sorgfalt, die Umsicht und den Eifer, mit denen die Aufgabe gelöst worden ist.

Bei der Betheiligung so vieler Staaten, deren innere

Verhältnisie mannigfaltig verschieden sind, bei

der

großen Verschiedenheit der in

Deutschland geltenden Rechtssysteme, in welche die Bestimmungen des gemeinsamen Handelsrechts sich einschieben müssen, bei der Mannigfaltigkeit der auf Handel und Gewerbe bezüglichen Einrichtungen in den einzelnen Staaten und bei der großen

Verschiedenheit der Interessen, welche, je nach dem Betriebe der Handelszweige, nach

der Oertlichkeit oder nach anderen Verhältnissen der einzelnen Staaten, nicht selten einander entgegenstehen und welche nur zu ost durch die leidenschaftlichen Kämpfe

de» Egoismus der Gesetzgebung hindernd in den Weg treten, mußte zu bewährter theoretischer und praktischer Sachkenntniß die über einen engeren Gesichtskreis sich erhebende Bereitwilligkeit hinzutreten: für die Gemeinschaftlichkeit des Rechts, für

den unschätzbar großen Vortheil, welcher durch dieselbe in jedweder Beziehung erreicht wird, das Sonderrecht und die Sonderinteressen, sowie die vielleicht richtigere Sonder­ ansicht bis zu einem gewissen Grade hinzugeben.

Die Preußische Regierung hat,

während die Befriedigung vorliegt, daß der Entwurf, welcher auf Preußen berechnet und zur erforderlichen Reform des Handelsrechts im gesammten Preußischen Staate

geeignet befunden war, in den wesentlichen Grundlagen angenommen worden ist, sich nicht minder auf jenem höheren Standpunkte bewähren zu müssen geglaubt.

Sie hat mit Vorlegung des Einführungsgesetzes den Vorgang gemacht, indem

sie mit Zuversicht der Nachfolge der übrigen Bundesstaaten entgegensehen kann. Das Gesetz, durch welches der von der Konferenz in Nürnberg berathene Ent­ wurf eines Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs für Preußen Gesetzeskraft er­

halten soll, ist nach den wesentlichsten Bestandtheilen eines EinführungSgesetzeS in

drei Titel gebracht, deren erster einführende Bestimmungen im engeren Sinne ent­

hält, während der zweite Titel die in Folge der Einführung aufgehobenen Gesetze

bezeichnet und der dritte Titel Uebergangsbestimmungen zum Gegenstände hat, welche

in Bezug auf die vor dem Eintritt der Gesetzeskraft begründeten Rechtsverhältnisse erforderlich erscheinen. In dem erwähnten ersten Bestandtheile des Gesetzes tritt in mehrfacher Be­

ziehung ein Unterschied desselben von sonstigen Einführungsgesetzen hervor.

Die große Zahl der Staaten und die Ausdehnung der Territorien, für welche das Handelsgesetzbuch bestimmt ist, sowie die Verschiedenheit der Gesetze und der Verhältnisse, welche in diesen Staaten und Landestheilen bestehen, hat es bei Ent­

werfung des Handelsgesetzbuchs in einzelnen Punkten unvermeidlich erscheinen lassen, dem Rechte der einzelnen Staaten einen gewissen Spielraum zu geben.

Theils aus

Gründen der inneren Zweckmäßigkeit, theils um eine sehr schwer zu erreichende Eini­ gung dennoch möglich zu machen, sind im Gesetzbuch bei mehreren Materien einzelne Bestimmungen getroffen, welche, statt unbedingt allgemeine Satzungen festzustellen,

auf die Landesgesetze (b. h. das gegenwärtig bestehende oder künftig entstehende

Recht des einzelnen Staates) hinverweisen, und diesen Landesgesetzen ausdrücklich gleich wie einem Bestandtheil des Handelsrechts für den einzelnen Staat die Geltung

xxni

Einleitung.

wahren; ferner sind aus denselben Gründen und Erwägungen in mehreren Materien Bestimmungen in dem Handelsgesetzbuch getroffen, frost welcher den Landesgesetzen

der einzelnen Staaten in Bezug auf gewisie Punkte für Gegenwart und Zukunft der Erlaß besonderer Vorschriften oder die Wahl zwischen einer oder der anderen Vor­

schrift vorbehalten wird.

Diese sowohl in Bezug auf die materielle Disposition als rücksichtlich des for­ mellen Ausdrucks hervortretende Eigenthümlichkeit des Handelsgesetzbuchs findet in

der besonderen Natur des auf ganz Deutschland berechneten, gleichwohl nur in dem einzelnen Staate besonders für diesen zu publizirenden Rechtsbuchs ihre Erklärung

und hat bereits in der Allgemeinen Deutschen Wechselordnung (Art. 2) ein Vorbild. Bei der Einführung des Handelsgesetzbuchs ist in Betracht zu ziehen, ob und in welcher Weise Veranlaffung vorliege, die betreffenden Stellen

durch gesetzliche Vorschriften in Preußen zu ergänzen oder die den Landes­

gesetzen belaffenen Vorbehalte in Anwendung zu bringen. Hierzu kommt der fernere Umstand, daß nach der Natur der Sache der Ein­

tritt des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs in das Rechtsganze der einzelnen

Staaten die in den letzteren sich vorfindenden auf das Handelsrecht bezüglichen Rechts­ normen nicht überall deckt und nicht genau innerhalb bestimmter Grenzen vollständig

aufhebt oder bestehen läßt.

Wenn dieser Gesichtspunkt überhaupt bei Einführung

neuer Gesetze und so auch hier bis zu einem gewiffen Grade der Wissenschaft und der

praktischen vernünftigen Gesetzesanwendung überlassen werden muß, so ist dies doch bei Einführung des Handelsgesetzbuchs weniger als bei Aenderungen, welche im Zusammen­ hang der Gesetzgebung des einzelnen Staates vorgenommen werden, der Fall.

einer Zahl von ausdrücklichen Gesetzesbestimmungen bedürfen.

Es wird

Ein Theil derselben

hat das Handelsgesetzbuch mit Rücksicht auf die Landesgesetze insoweit zu ergänzen, als besondere Einrichtungen zu treffen, oder Vorschriften zu geben sind, um Bestimmungen des Handelsgesetzbuchs in entsprechender Weise in Aus-

führung zu bringen, oder in Anschluß an das Handelsgesetzbuch Lücken ausgefüllt werden

müssen, welche durch Einführung des Handelsgesetzbuchs nach Maßgabe der Verhältnisse des besonderen Staats eintreten, oder Mißverständnissen vorzubeugen ist,

welche bei Anwendung des

Handelsgesetzbuchs aus der Besonderheit bestehender landesgesetzlicher Vor­

schriften zu besorgen sind; andere Gesetzesbestimmungen werden die bestehenden Gesetze modifiziren oder ab­ ändern müssen,

um sie dem System des Handelsgesetzbuchs anzupassen, ihren Anschluß an dasselbe zu vermitteln, oder die nunmehrige Gestaltung des Rechts genau

und nach festen Grenzen erkennbar zu machen. Die sämmtlichen bezeichneten Gesichtspunkte sind innerlich durchaus verwandter

Natur, bei manchen Gegenständen treffen mehrere derselben zusammen, und die auü ihnen

hervorgehenden Vorschriften, mögen sie das Handelsgesetzbuch für das Gebiet des einzelnen

XXIV

Einleitung.

Staats ergänzen, oder die Gesetze des letzteren in Folge des Handelsgesetzbuchs oder in

Anschluß an dasselbe modifiziern und abändern, gehören den einführenden Be­ stimmungen an, und sind deshalb in dem I. Titel des Gesetzentwurfs zusammengefaßt. Die verschiedenen Rechtssysteme, welche im Preußischen Staate bestehen, haben Unterabtheilungen dieses Titels nöthig gemacht.

Zwar ist vor Allem im Auge be­

halten, bei den hier neil zu treffenden Bestimmungen ein einheitliches Recht für die ganze Monarchie zu wahren, oder soweit irgend möglich herbeizufiihren, wie dies der

Inhalt des I. Abschnitts Artt. 2—18 darthut; verschiedene Punkte aber betreffen die Behandlung von Besonderheiten der in den einzelnen Landestheilen bestehenden Gesetz­

gebungen, oder es kommen Rechtsnormen oder RechtSverhältniffe in Betracht, in

welchen sich gegenwärtig eine Gleichmäßigkeit unmöglich herbeiführen

läßt.

Die

deshalb erforderlichen besonderen Vorschriften sind theils um Zweifel und Mißver-

ständnisie zu verhüten, theils damit die für die betreffenden Landestheile bestimmten Rechtsnormen sich sofort zusammenfinden, nach den Territorien der großen Rechts­

systeme des Allgemeinen Landrechts,

des gemeinen Rechts und des Rheinischen

Rechts in den Abschnitten II., III. und IV. zusammengestcllt.

Ueberall

ist bei

der Anordnung des Details, soweit möglich, die Materienfolge des Handelsgesetz­ buchs beibehalten und der Artikel des Handelsgesetzbuchs, auf welchen die betreffende

Bestimmung sich bezieht, erkennbar gemacht.

Dem entsprechend bilden denn auch die

Bestimmungen zum Seerecht einen besonderen und letzten Abschnitt. Die Vorbemerkungen über das Einführungsgesetz im Allgemeinen mögen nicht geschloffen werden,

ohne daß zur Darlegung des Standpunkts der Preußischen Re­

gierung, sowie zur richtigen Würdigung der Bestimmungen, welche das Einführungs­ gesetz im Einzelnen enthält, noch hervorgehoben werde: daß — entsprechend dem Verhalten Preußens in Bezug auf die All­

gemeine Deutsche Wechselordnung — in das Einführungsgesetz keine Bestimmung ausgenommen ist, durch welche die Aenderung

einer Bestimmung des Handelsgesetzbuchs eintreten würde. Es ist selbst jede deklaratorische Bestimmung über Punkte, in welchen eine

Vorschrift des Handelsgesetzbuchs materiell verschieden aufgefaßt werden oder zweifel­

haft erscheinen könnte, grundsätzlich vermieden morden, um die Lösung derartiger Zweifel zunächst btt gemeinsamen Deutschen Rechtswissenschaft und Rechtsprechung anheimzugeben.

Durch ein anderes Verhalten würde die Gemeinschaftlichkeit de»

Rechts, der Hauptzweck und der hauptsächlichste Nutzen des Gesetzbuchs, wesentlich

gefährdet werden*). *) In dem vorliegenden Werke sind die Bestimmungen des obengedachten Einfüh­

rung Sgesetzcs, soweit sie zur Zeit noch von praktischer Bedeutung erscheinen, bei den Stellen deS Handelsgesetzbuchs, auf welche sie sich beziehen, eingeschaltet worden. Um indeß den Ucberblick zu er­ leichtern, ist im Anhänge jenes Einführungsgesetz in seiner Gesammtheit besonders abgcdruckt.

Der obigen Einleitung mag hinzugefügt werden, daß durch das Bundesgesetz vom 5. Juni 1869

(B.G.Bl. S. 379) das H.G.B. zum Bundesgesetze, durch die Verfassung deS Deutschen Reichs zum RcichSgesetze erhoben, und dadurch vor jeder partikularrechtlichen Abänderung geschützt ist.

I.

Gesetz, betreffend

dte Einführ«»- der Allgemeine« Deutsche« Wechsel-Ord««»-, der Nürnberger Wechsel-Novelle« ««d de- Allgemeinen Deutsche« Handelsgesetzbuches als

Bundesgesetze. Bem 5.3ant 1869 (B.GBl. S. 379)»).

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen rc. verordnen im Namm des Norddeutschen Bundes, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrathes und des Reichstages, was folgt: §• 1. Die Allgemeine Deutsche Wechsel-Ordnung (Anlage A.) nebst den die Ergänzung und Erläuterung derselben betreffenden sogmannten Nümberger Novellen (Anlage B.), owie das Allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch (Anlage C.) werden zu BundeSSesetzen erklärt und als solche in das gejammte Bundesgebiet eingeführt, jedoch uneschadet der Vorschriften des Bundesgesetzes über die Naüonalität der Kauffahrteichiffe und ihre Befuaniß zur Führung der BundeSflagae vom 25. Oktober 1867 Bundesgesetzbl. S. 35 J und des Bundesgesetzes über die Aufhebung der Schuldhast vom 29. Mai 1868 (Bundesgesetzbl. S. 237.). §. 2. Die bei oder nach der Einführung der Wechsel-Ordnung, der Nümberger Novellen und des Handelsgesetzbuches in die einzelnen Bundesstaaten oder deren Landesthelle im Wege der Landesgesetzaebung erlaffenen Vorschriften bleiben als landesgesetzliche Vorschriften insoweit in Kraft, als sie nur eine Ergänzung und nicht eine Abänderung einer Bestimmung der Wechsel-Ordnung, der Nürnberger Novellen oder des Handelsgesetzbuches enthalten.

§■ 3. Insbesondere bleiben folgende auf die Einfühmna der Wechsel-Ordnung und des Handelsgesetzbuches sich beziehende landesgesetzliche Vorschriften in Kraft: A. in Ansehung der Wechsel-Ordnung: die Vorschriften der §§. 5. viS 7. der für die freie und Hansestadt Hamburg am 5. März 1849. in Bezug auf die Einsühruna der Allgemeinen Deutschen Wechsel-Ordnung publizirtm Verordnunaund der entsorechenden §§. 8. bis 10. der Königlich Preußischen Verordnung, betreffend die Einfühmna der Allgemeinen Deutschm Wechsel-Ordnung in die Herzogchümer Hol­ stein und Schleswig, vom 18. Mai 1867.; B. in Ansehung des Handelsgesetzbuches: 1) die Vorschriften, nach welchen unter Landesgesetzen im Sinne de» Handelsgesetzbuches nicht blos die förmlichen ») Dieses G. gilt auch für Baden, ganz Hessen und Württemberg; für Bayern vom 13. Mai 1871 ab. §. 2 ad I 3fr. 8 ®. bett, die Einführung Norddeutscher Bundesgesetze in Bayern vom 22. April 1871 (B.G Bl. S. 87) und Art. 4 Rr. 13 der ReichSverfaffung. Ma ko wer, Handelsgesetzbuch.

10. KuflL

j

2

I. Ges., betr. d. Eins. d. A. D. Wechselordng., d. Nürnb.Nov. u. d. A. D.H.G.B. v. 5. Juni 1869,

Gesetze, sondern das gesammte Landesrecht zu verstehen und in Ansehung der be­ treffenden Vorbehalte des Handelsgesetzbuches die Erlaffung maaßgebender Vor­ auf anderem Wege als auf dem Wege der förmlichen Gesetzgebung, soweit ch dem Landesrecht zulässig, nicht ausgeschloffen ist; 2) die Vorschriften, welche in Ansehung der Eintragungen in das Handelsregister noch andere al» die in dem Handelsgesetzbuch bestimmten Eintragungen zulaffen oder gebieten; 3) die Vorschriften, welche den Prokuristen zur Ertheilung von Konsensen vor den mit der Führung der Eigenthums- und Hypothekmbücher oder der Schuld- und Pfandprotokolle be­ auftragten Behörden und Beamten nur für den Fall befugt erklären, daß demselben diese Befugniß besonder» beigelegt ist; 4) die Vorschriften, welche bestimmen, daß die Vorschriften des Landesrechis über die rechtlichen Voraussetzungen für dm Erwerb des Eigenthums an unbeweglichen Sachen durch die Bestimmungen des Handelsgesetzbuches nicht berührt weroen; 5) die Vorschriftm, welche die Anwen­ dung des Artikels 295. des Handelsgesetzbuches insoweit beschränken, als sie die abweichmdm Vorschriftm, welche das bürgerliche Recht für die zur Eintragung in das Hyoothekmbuch bestimmten Schuldurkundm enthält, in Kraft erhalten; 6) die Vorschriften, welche die Artikel 306. und 307. des Handelsgesetzbuches auf Inhaber­ papiere, so lange dieselbm außer Kurs gesetzt find, für nicht anwendbar erklären; 7) die Vorschriften, welche bestimmen, daß unter Konkurs tm Sinne des Handels­ gesetzbuches auch das Fallimmt des Rheinischm Rechts und das Debitverfahren oe» Bremischen Rechts zu verstehm fei; 8) die Vorschriftm, welche bestimmm, daß durch die Artikel 313. vis 316. des Handelsgesetzbuches die im bürgerlichen Rechte in einem »eiteren Umfange begründete Zulassung des Zurückbehaltungsrechtes (Retmtionsrechteö) nicht berührt werden?).

R

§. 4. Als LandeSgefetze bleiben, auch insoweit sie Abänderungen des Handelsgesetz­ buches enthalten, tn Geltung: für das Großherzoathum Mecklenburg-Schwerin: die §§. 51. bis 55. der die Publikation des Handelsgesetzbuches betreffenden Verordnung vom 28. Dezember 1863.8); für die freie Hansestadt Bremen: die am 12. Februar 1866. publizirte, die Löschung der Seeschiffe betreffende obrigkeitliche Verordnung; für die freie und Hansestadt Hamburg: der §. 50. des am 22. Dezember 1865. publizirten Einführungsgesetzes zum Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch.

§. 5. Die in Gemäßheit der §§. 16. und 52. der unter dem 6. Juni 1864. von dem Smate der freien Hansestadt Sternen publizirten obrigkeitlichen Verordnung, betreffmd die Einführung des Allgemeinen Dmtschm Handelsgesetzbuches, den Privatglaubiaern eine» Handelsgesellschafters in Ansehung des Vermögm» einer Handels­ gesellschaft zu der Zeit, zu welcher dieses Gesetz in Geltung tritt, zustehendm Psandund Vorzugsrechte bleiben unberührt.

§. 6. Diese« Gesetz tritt am 1. Januar 1870. in Kraft.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem BundeS-Jnsiegel. Gegeben Schloß Babelsberg, den 5. Juni 1869.

(L. 8.)

Wilhelm. Gr. v. Bismarck-Schönhausen.

2) Im amtlichen Text steht: .werden". Es muß jedoch offenbar .wird" heißen. Entsch. de» R.O.H. Bd. 5, S. 189. ») Dgl. Entsch. des R.O.H. Bd. 5, S. 159.

Vgl.

n. Das

Mgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch.

Preuss. Einf.-Gesetz zum A. D. H. B. v. 24. Juni 1861 (G. 8. 8. 449). Art. 1. Der in der Anlage enthaltene, aus der Berathung von Kommissarien der Regierungen Deutscher Bundesstaaten hervorgegangene Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs erlangt in dem ganzen Umfange der Monarchie mit dem 1. März 1862. Gesetzeskraft. Mit demselben Zeitpunkte sollen zugleich die nachfolgenden EinführungsBestimmungen in Geltung treten1).

Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs. Allgemeine Bestimmungen. Artikel 1.

In Handelssachen kommen, insoweit dieses Gesetzbuch keine Bestimmungen

enthält^, die Handelsgebräuche^) und in deren Ermangelung das allgemeine bürger­

liche Rechts zur Anwendung. Pr. Entw. (Preußischer Entwurf) Art. 1. Entw. I. (Entwurf erster Lesung) Art. 1. Entw. II. (Entwurf zweiter Lesung) Art. 1.

Prot. S. 10—13. Prot. S. 884 f. Prot. S. 4507, 5058 s.

x) a. In den Erk. v. 9. Febr. u. 29. Nov. 1864 (Str. Bd. 53, S. 122 u. Bd. 56, S. 325) nahm das Obertr. an, daß, wenn ein Bertrag vor Einführung des H.G.B. abgeschlossen

worden, sich aber in seiner Dauer und Wirkung in die Zeit der bereits eingetretenen Herrschaft des H.G.B. erstreckt hat, bei Beurtheilung der aus demselben entstandenen Rechte und Pflichten beider Theile die zur Zeit seines Abschlusses geltenden Vorschriften der landrechtlichen Gesetz­

gebung, und nicht die des H.G.B. zur Anwendung zu bringen seien.

Diese Ansicht ist indeß

durch Erk. v. 30. Juni 1868 (Str. Bd. 70, S. 349) ausdrücklich reprobirt.

b. Ist unter der Herrschaft des H.G.B., den Formvorschriften desselben entsprechend, mündlich kontrahirt, so erleidet die formelle Gültigkeit dieses Vertrages nicht dadurch Abbruch, daß durch denselben der frühere, in Gemäßheit der damals zur Norm dienenden Bestimmungen des A.L.R. schriftlich abgeschlossene Vertrag Abänderungen erfahren hat. Der § 388,1,5 A.L.R.

findet auf den vorliegenden Fall des Wechsels der Gesetzgebung keine Anwendung (Erk. d. Obertr. v. 18. Okt. 1866, Str. Bd. 64, S. 285). — Vgl. Note 1, c zu Art. 317. c. Der §. 17 Einl. zum A. L. R. ist auf wesentliche Vertragsformen nicht zu beziehen; folglich werden Verträge, welche vor der Geltung des H.G.B. zur Rechtsgültigkeit der schrift­

lichen Form bedurften, aber nur mündlich geschlossen wurden, nicht durch Art. 317 des letzteren

gültig.

(R.O.H. Bd. 5, S. 255.)

2) a. Das H.G.B. enthält mit Absicht (P. 5058 ff.) keine Definition der „Handels­ sachen". Es gebraucht diesen Ausdruck nur an wenigen Stellen (Artt. 1, 9, 34). Im Wesent­ lichen sind darunter alle unmittelbar durch den Handel begründeten Rechtsverhältnisse des

Privatrechts zu verstehen. — Der Art. 2 des Einf.-Ges. ergänzt diese Lücke für Preußen.

b. Daß in Handelssachen die Bestimmungen des H.G.B., soweit solche vorhanden sind, zur Anwendung kommen, ist im Art. 1 nicht ausdrücklich gesagt, und brauchte nicht gesagt zu werden, da jene Bestimmungen eS selbst enthalten. Gleichgültig ist, ob ein Rechtssatz auf einer

ausdrücklichen Vorschrift des Gesetzes beruht, oder aus dem Sinne und Zusammenhänge der gesetzlichen Bestimmungen sich ergiebt. Der Art. 1 bestimmt vielmehr nur, inwieweit die subsidiären Rechtsquellen, die Handelsgebräuche und das allgemeine bürgerliche Recht, zur An­

wendung kommen; dies soll nur insoweit geschehen, als nicht das H.G.B. Bestimmungen enthält, sei es, daß dieses die betreffende Materie überhaupt nicht regelt (wie z. B. das Ver-

6

Allgemeine Bestimmungen.

Art. I.

sicherungSwesen) oder nur unvollkommen regelt (wie z. B. die Lehre vom Kauf). — AuS dem

Art. 1 ergeben sich folgende RechtSsätze: Beweisführers über die Beschaffenheit und den Inhalt der Urkunde als bewiesen angenommen werden". 31) a. Damit kein Kaufmann gezwungen werde, seine ganzm Bücher offen zu legen,

welche über seinen gesammtm Geschäftsverkehr oder Vermögensstand Auskunft geben, ist ver­

ordnet, daß von dem Inhalte der produzirten Bücher nur soweit er den Streitpunkt betrifft unter Zuziehung der Parteien Einsicht und Abschrift zu nehmen, und daß auch

dem Richter der übrige Inhalt der Bücher nur insoweit offen zu legen, als dies zur Prüfung ihrer ordnungSmäßigm Führung nothwmdig ist.

P. 944, 946.

Die beweispflichtige Partei hat

auS den Büchern die Stellen nachzuweisen, auf welche eS ankommt (9t.®. I, 424).

b. Der Art. 38 gilt für alle Fälle der Produktion von Handelsbüchern, mag dieselbe zur

Führung deS dem Eigmthümer der Bücher selbst obliegenden Beweises, oder auf Antrag des Gegners erfolgen.

P. 947.

c. Daß der Richter bei der Prüfung, ob die Bücher ordnungsmäßig geführt sind, Sach­ verständige zuziehen darf, versteht sich von selbst.

56

Erstes Buch.

Dom Handelsstande.

Art. 39. 40.

Artikel 39*). aufgehoben durch §. 13 Abs. 2 Nr. 2 Einf.-Ges. zur C.P.O. Derselbe lautete wie folgt: Artikel 39. Befinden sich die Handelsbücher, welche vorzulegen sind, an einem Orte, welcher nicht zum Bezirke des Prozeßrichters gehört, so muß der letztere das Gericht des Ortes, wo sich die Handelsbücher befinden, ersuchen, die Vorlegung der Bücher vor sich bewirken zu lassen, dabei nach den Bestimmungen des vorhergehenden Artikels zu verfahren und einen beglaubigten AuSzug mit dem über die Verhandlungen aufgenommenen Protokolle zu übersenden32). Pr. Entw. Art. — Entw. I. Art. 39. Entw. II. Art. 38.

Prot. S. 56. Prot. S. 947. Prot. L. -

Artikel 40. Die Mittheilung der Handelsbücher zur vollständigen Kenntnißnahme von ihrem ganzen Inhalte kann in Erbschafts- oder Gütergemeinschafts-Angelegenheiten, sowie in GesellschaftstheilungSsachen und im Konkurse, soweit es die Bücher des Gemein­ schuldners betrifft, gerichtlich verordnet werden n). Pr. Entw. Art. 38. Entw. I. Art. 40. Entw. II. Art. 39.

Prot. L. 60. Prot. S. 948. Prot. S. —

*) An dessen Stelle tritt die Bestimmung der C.P.O. § 399: »Wenn die Vorlegung einer Urkunde bei der mündlichen Verhandlung wegen erheblicher Hindernisse nicht erfolgen kann oder wegen der Wichtigkeit der Urkunde und der Besorgniß des Verlustes oder der Beschädigung bedenklich erscheint, so kann daS Prozeßgericht anordnen, daß die Vorlegung vor einen: seiner Mitglieder oder vor einem anderen Gerichte geschehe/ 32) a. Der Satz, daß ein Kaufmann nicht verpflichtet ist, in Prozessen seine Handels' bücher zu versenden, wenn sie sich an einem Orte befinden, der nicht zum Bezirke des Prozeß­ gerichts gehört, wurde angenommen, um der Gefahr des Verderbens oder Verlustes vorzubeugen, Stockungen im Geschäftsbetriebe zu vermeiden, und nicht den ganzen Inhalt der Bücher Dritten preiszugeben, wenn es nur auf Einsicht einzelner Stellen ankommt. Die Quelle dieser Be­ stimmung ist der Art. 16 code de commerce. b. Bei der ersten Lesung wurde der Zusatz angenommen, daß aus besonders dringenden Gründen der Prozeßrichter, auch wenn sich die Bücher außerhalb seines Bezirkes befinden, ver­ fügen könne, daß die Vorlegung der Handelsbücher bei ihm selbst erfolgen solle. P. 57. In zweiter Lesung wurde dieser Zusatz gestrichen, weil man annahm, daß sein Inhalt gefährlich sei und viele Streitigkeiten darüber veranlassen werde, ob dringende Gründe vorhanden seien, weshalb eS angemessener erscheine, Fälle der Att, wo ein Zeuge absolut ohne Einsicht der Bücher nicht abgehört und doch an daS Gericht dcS Kaufmanns nicht gebracht werden könne :c., gleich anderen Fällen anzusehen, in denen ein Beweismittel durch Zufall verloren gegangen sei. P. 948. Vgl. R.O.H. Bd. 15, S. 435. n) Der Art. 40 — entnommen dem Art. 14 c. d. c. — bezeichnet die Fälle, in welchen die Mittheilung der Bücher zur vollständigen Kenntnißnahme von ihrem ganzen Inhalte ver­ ordnet werden kann; hierin liegt der Gegensatz zu Art. 38. Die Anwendung deS Art. 40 unter­ liegt dem richterlichen Ermessen bei Würdigung deS concreten Falles (R.G. XX, 45).

Fünfter Titel.

Von den Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten.

57

Art. 41.

Fünfter Titel.

Von -en Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten. Artikel 41. Wer von dem Eigenthümer einer Handelsniederlassung (Prinzipal) beauftragt ist, in dessen Namen und für dessen Rechnung das Handelsgeschäft zu betreiben und

per procura die Firma zu zeichnen, ist Prokurist!). Die Bestellung des Prokuristen kann durch Ertheilung einer ausdrücklich als Prokura bezeichneten Vollmacht, oder durch ausdrückliche Bezeichnung des Bevoll­

mächtigten als Prokuristen, oder durch die Ermächtigung, per procura die Firma des Prinzipals zu zeichnen, geschehens).

a. Nur Kaufleute im engeren Änne (Artt. 4—6) kennen mit voller Wirkung Prokura

ertheilen, nicht aber die im Art. 10 bezeichneten Personen.

b. Derjenige, welchem Dienstverhältnisse zum

Prokura

ertheilt wird,

Vgl. Note 39, c. zu Art. 10. braucht nicht nothwendig

in einem

Eigenthümer der Handelsniederlassung zu stehen, Handlungs-

vorsteher oder Disponent zu sein; er kann z. B.

ein Verwandter sein, welcher die Voll­

macht erhält, in Abwesenheit des Prinzipals das, was die Handlungsgehülfen verlegen,

zu

P. 74.

zeichnen.

c. Verschieden vom Prokuristen ist der Institor (Handlungövcrwaltcr, Administrator), welcher zur beständigen Führung der Firma bestimmt ist. Ein solcher leitet und verwaltet das

Geschäft für Rechnung eines Dritten, aber mit der Stellung und den Rechten eines Prinzipals, zeichnet die Firma ohne Zusatz und hat Vollmacht für alle das Handlungsgewerbe betreffenden Rechtsgeschäfte (einschließlich der Bestellung von Prokuristen, sowie der Anstellung und Entlaffultg von Handlungsbediensteten).

Ein solcher Institor kommt (namentlich in Oesterreich)

dann vor, wenn der Prinzipal geisteskrank ist, oder wenn minderjährige Erben ein Geschäft fortsetzen und in ähnlichen Fällen.

P. 72, 75.

Auf solche Handlungsverwalter finden die Be­

stimmungen über die Prokuristen keine Anwendung; über ihre Befugnisse ist in das Handels­ gesetzbuch Nichts ausgenommen worden, weil sie keine abgegrenzte handelsrechtliche Persönlichkeit

haben; ihre ganze Stellung wird daher nach den allgemeinen civilrechtlichen Bestimmungen

jedes Landes zu beurtheilen sein.

P. 94.

In Preußen würde der einem geisteskranken Ge­

schäftsinhaber bestellte Pfleger die Befugnisse eines solchen Institor haben. d. Kann einer der nicht geschäftsführenden Sozien zum Prokuristen der Gesellschaft

bestellt werden?

Verneint in Busch, Arch. I, S. 147.

2) a. DaS A.L R. (§ 500, Th. II, Tit. 8) erforderte für die Ertheilung der Prokura Schriftlichkeit und gehörige Bekanntmachung,

hob diese Bestimmungen aber im Effekte durch

vielfache Ausnahmen auf (z. B. § 507 ibid.).

ES schien rathsamcr und zur Beförderung von

Treu und Glauben im Verkehre angemessener, das Erforderniß der. Schriftlichkeit für die

Gültigkeit der Prokura gänzlich fallen zu lassen. b.

Ist die Bestellung

einzelnen Dritten erklärt,

einer Person

M. 27.

zum

Vgl. Note 1, b zu Art. 317.

Prokuristen

auch

nur gegenüber

einem

im Uebrigen aber weder durch das Handelsregister noch durch

öffentliche Anzeigen (Zeitungen, Anschlag an der Börse),

noch

durch Anzeigen an Mehrere

(Cirkulare) bekannt gemacht, so kann sich doch jeder Andere auf diese Erklärung berufen. DieS

wurde

schon nach älterem Recht angenommen in dem Erk. des Obertr. v. 26. Febr. 1859

Erstes Buch. Nom Handelsstande. Art. 42.

58 Die

Prokura

kann

mehreren

Personen

gemeinschaftlich

ertheilt

werden

(Kollektivprokura)^).

Prot. e. 71 s. 93 f. Prot. S. 948 f. 951 s. Prot. L. 4630.

Pr. Entw. Art. 39. Entw. I. Art. 41. Entw. II. Art. 40.

Artikel 42. Die Prokura ermächtigt zu allen Arten von gerichtlichen und außergericht­ lichen Geschäften und Rechtshandlungen, welche der Betrieb eines Handelsgewerbes

mit sich bringt4); sie ersetzt jede nach den Landesgesetzen erforderliche Spezialvoll­

macht; sie berechtigt zur Anstellung und Entlastung von HandlungSgehülfen und Bevollmächtigten 5).

(Str. Bd. 33, S.28). — Ohne Einfluß aber ist es, daß ein einzelnes Geschäft, welches ein

angeblicher Prokurist geschloffen hat, von dem Prinzipal ratihabirt worden, wenn nicht in dieser nachträglichen Genehmigung — was quaestio facti ist — zugleich die Einwilligung liegt, daß

dieselbe Person auch ferner als Prokurist austreten solle. c. Im Abs. 2 des Art. 41 sind die verschiedenen Arten, wie ein Prokurist bestellt werden kann, angegeben.

Ein Antrag, den Abs. 2 zu streichen, um nicht andere Arten der Ertheilung

einer Prokura auszuschließen, wurde abgelehnt.

P. 4631.

Als zulässige Arten sind bezeichnet:

a) die Ertheilung einer ausdrücklich als Prokura bezeichneten Vollmacht;

ß) die ausdrückliche Bezeichnung des Bevollmächtigten als Prokuristen;

r) die Ermächtigung, per procura die Firma des Prinzipals zu zeichnen. Hieraus ergiebt sich, daß die Ermächtigung, per procura die Firma des Prinzipals zu zeichnen, nicht nothwendig eine ausdrückliche zu sein braucht; sie kann auch eine still­

schweigende sein, d. h. durch konkludente Handlungen ertheilt werden.

Tit. 4 A.L.R.)

(§§ 58, 59, Tb. I,

Vgl. P. 952.

3) a. Ob mehrere Personen, denen Prokura ertheilt ist,

nur gemeinschaftlich

zu den

Geschäften befugt sein sollen, zu welchen die Prokura ermächtigt, oder ob jede von ihnen selb­

ständig soll handeln dürfen, ist in jedem einzelnen Falle nach dem Inhalte der Prokura zu

bestimmen.

Wenn ersteres der Fall ist, so kann Keiner ohne den Anderen den Prinzipal ver­

pflichten, und zwar auch dann nicht, wenn bei dem Abschluffe eines Geschäfts Gefahr im Ver­ züge obwaltet.

(P. 950.)

b. Den Kollektivprokuren verwandte Rechtsverhältnisse s. in den Art. 86, Z. 4; 100, Abs. 1; 115 und 136. 4) Die Prokura ermächtigt zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Ge­ schäften und Rechtshandlungen, welche der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt, d. h., welche der Betrieb irgend eines Handelsgewerbes — nicht gerade des Geschäftes, welches der Prinzipal betreibt — mit sich bringen kann.

P. 91 u. 951, also auch zur Prozeßführung

(R.O.H. Bd. 21, S. 342), aber nicht zum Verkauf des ganzen Geschäfts, weil die Vollmacht zum Betriebe nicht die Vollmacht zur Aufgabe und Einstellung des Betriebes

Namens des Prinzipals in sich schließt (Bd. 23, S. 28). 5) a. Da die

Prokura jede

nach

den

Landesgesetzen

erforderliche

Spezialvollmacht

(§§ 99 ff., Th. I, Tit. 13 A.L.R.) ersetzt, so ist der Prokurist namentlich auch befugt,

Ver­

gleiche und Kompromiffe zu schließen, auf Rechte des Prinzipals Verzicht zu leisten, Wechsel­ verbindlichkeiten und Versicherungsverträge einzugcbcn 2C. M. 27. — Nach § 159 der C.P.O.

erfolgt die Zustellung in den durch den Betrieb

eines Handelsgewerbcs hervorgerufenen

Rcchtsstreitigkeiten an den Prokuristen mit gleicher Wirkung, wie an die Partei selbst.

Fünfter Titel.

Von den Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten.

Art. 43.

59

Zur Veräußerung und Belastung von Grundstücken ist der Prokurist nur ermächtigt, wenn ihm diese Befugniß besonders ertheilt ist6).

Pr. Entw. Art. 40. Entro. I. Art. 42. Entro. II. Art. 41.

Prot. S. 71. 77. 89 f. Prot. S. 950 f. Prot. S. — Artikel 43.

Eine Beschränkung des Umfanges der Prokura (Art. 42.) hat dritten Personen

gegenüber keine rechtliche Wirkung7). b. Die Prokura berechtigt zur Anstellung und Entlaffung von Handlungsgehülfen und

bevollmächtigten.

(Vgl. § 521, Th. II, Tit. 8 A.LR.)

Der Ausdruck .Bevollmächtigte' ist

hier (wie an einigen anderen Stellen, z. B. Artt. 41, 234) in weiterem Sinne zu ver­

stehen; er umfaßt diejenigen Personen,

welche

mit der Vollmacht

zum Abschlüsse

eines

einzelnen Handelsgeschäfts oder mehrerer einzelner Handelsgeschäfte versehen sind (Bevoll­

mächtigte im engeren Sinne, s. Art. 195, 297, 298), und diejenigen Personen, welche zum Be­ triebe eines ganzen Handelsgewerbes

einzelnen

oder zu einer bestimmten Art von Geschäften oder zu

Geschäften im Handelsgewerbe dauernd

bestellt sind (Handlungsbevollmächtigte

f. Art. 47), endlich auch die Prozeßbevollmächtigten (R.O.H. Bd. 21, S. 342).

6) a. Die Befugniß, Grundstücke des Prinzipals zu veräußern und zu belasten, ist fein naturaler Bestandtheil der Prokura.

Man hob hervor, daß Verfügungen über Im­

mobilien nicht zu den Handelsgeschäften (vgl. Art. 275), sondern zu den Geschäften Vormünder, der Bermögensverwalter re. gezählt zu werden pflegten.

der

P. 77.

b. Der Prokurist hat jene Befugniß nur, wenn sie ihm besonders ertheilt ist.

Das

Wort .besonders' ist statt des Wortes .ausdrücklich', welches im Entwürfe erster Lesung

stand, gesetzt worden, um auch eine thatsächliche Ertheilung der gedachten Befugniß möglich

.zu machen; dabei wurde jedoch bemerkt, daß es selbstverständlich gleichgültig fei, ob dies gleichzeitig mit der Prokuraertheilung oder in einem späteren Akte geschehe. P. 952. c. Wird einem Prokuristen die Befugniß zur Veräußerung oder Belastung von Grund­ stücken ertheilt, dann liegt nicht, wie Thöl (S. 202) meint, insoweit eine Handlungs­

vollmacht vor, denn eine solche kann nur innerhalb des Betriebes eines Handelsgewerbes

ertheilt werden (Art. 47), zu welchem die Veräußerung und die Belastung von Grundstücken

nicht gehören können, da sie keine Handelsgeschäfte sind (Art. 273, Abs. 1; Art. 275); vielmehr liegt dann insoweit eine einfache Vollmacht vor, welche dieselben Wirkungen hat, als wenn

sie einem Nichtprokuristen ertheilt wäre.

Dies hat zur Folge, daß auf eine solche besondere

Vollmacht weder die Grundsätze von der Prokura, noch die von der Handlungsvollmacht An­

wendung finden, insbesondere, daß sie in aller Weise mit rechtlicher Wirkung gegen Dritte

beschränkt werden kann, und daß sie nicht die sonst nach den Landeßgesetzen erforderlichen Spezialvollmachten ersetzt.

Wenn z. B. ein Prokurist zur Veräußerung eines Grundstückes

ermächtigt ist, so ist er dadurch noch nicht bevollmächtigt, daS Kaufgeld in Empfang zu nehmen

oder zu kreditiren (§§ 105, 106, 133, 134, Th. I, Tit. 13 A.L.R.).

Die Verweisung auf den

Art. 42, welche sich im ersten Absätze deS Art. 43 befindet, bezieht sich offenbar nur auf den ersten Absatz des Art. 42. d. Zum Erwerbe von Grundstücken und zu deren Entlastung bedarf der Prokurist seiner besonderen Ermächtigung.

7) a. Für diesen Rechtssatz wurde Folgendes geltend gemacht: die Vollmacht des Pro­

kuristen müsse anders aufgefaßt werden, als alle anderen Vollmachten; Bedingungen, Restriktionen, Zeitbestimmungen sonnten hierbei nicht geduldet werden,

«eines firmirenden Gesellschafters.

so wenig als bei den Befugnissen

Eine solche Vollmacht mache den Inhaber zum alter ego

des Prinzipals für dessen Geschäft, gleich dem firmirenden Gesellschafter.

unstatthaft sei, müsse eS auch bei dem Anderen sein.

Was bei dem einen

Bei beiden werde die Zulassung von

Erstes Buch.

60

Dom Handelsstande.

Art. 44.

Dies gilt insbesondere von der Beschränkung, daß die Prokura nur für gewisse Geschäfte oder gewisse Arten von Geschäften gelte, oder daß sie nur unter gewissen Umständen oder für eine gewisse Zeit oder an einzelnen Orten ausgeübt werden solle8). Prot. L. 74. 86. Prot. S. 952. 1425. Prot. S. 4630.

Pr. (kntw. Art. 43. 44. Enlw. I. Art. 43. Entw. II. Art. 42.

Artikel 44. Der Prokurist hat in der Weise zu zeichnen, daß er der Firma einen die Prokura andeutenden Zusatz und seinen Namen beifügt. Bei einer Kollektivprokura hat jeder Prokurist der mit diesem Zusatze ver­ sehenen Firmazeichnung seinen Namen beizufugen 9). Prot. S. 74 f. Prot. S. 952 s. Prot. g. —

Pr. Entw. Art. — Eutw. I. Art. 44. Entw. II. Art. 43.

Restriktionen, die trotz erfolgter Eintragung in die Register dem Publikum, namentlich in der Ferne, nicht immer bekannt sein könnten, zu Täuschungen führen.

Wo man in Prokuragesetzen,

wie z. B. in Hamburg, Restriktionen zugelaffen habe, sei deren Nachtheiligkeit hervorgetreten.

Der Eharakter deS Prokuristen bestehe hiernach in der illimitirten Vollmacht, Verbindlich­ keiten für den Prinzipal zu übernehmen und die Firma zu zeichnen.

Beschränkungen der

Prokura dürfe es nicht geben, sondern nur beschrankte Vollmachten, die wesentlich von

Prokuren verschieden seien und deren Inhaber auch nicht p. proc. die Firma, sondern nur

nomine“ oder „in Vollmacht" zeichnen dürften.

P. 74, 75. — Vgl. die analogen

Bestimmungen in den Artt. 116 u. 138.

b. Werden unstatthafte Beschränkungen der Prokina hinzugefügt, dann werden dieselben als nicht beigesetzt erachtet. P. 86. DieS hat zur Folge, daß dergleichen Beschränkungen, auch wenn sie dem Dritten bekannt waren, diesem gegenüber von keiner rechtlichen Wirkung sind.

(Str. Bd. 68, S. 349, Entsch. Bd. 59, S. 277).

Hiermit ist jedoch über die Frage,

welche Wirkung ein dolus des Dritten hat, noch nicht entschieden.

(R.G. IX, 149).

c. Beschränkungen der Prokura sind nur dritten Personen gegenüber von keiner recht­

lichen Wirkung; hierdurch sind Beschränkungen mit alleiniger Wirkung auf das Verhältniß des Prokurainhabers zum Prinzipal nicht abgeschnitten.

P. 86.

d. Die Prokura kann nicht dahin beschränkt werden, bestimmten Dritten gelten solle.

daß sie nur gegenüber einem

Wer Einem gegenüber zum Prokuristen bestellt ist, hat

Allen gegenüber Prokura. S. Note 2, b zu Art. 41. e. Kann eine Prokura Dritten gegenüber dahin beschränkt werden, daß der Prokurist

nur in Gemeinschaft mit einem Inhaber der Firma (bei K.-A.G.: mit einem persönlich hastenden Gesellschafter, und bei A.G.: mit einem Vorstandömitgliede) die Firma rechtsgültig

führen dürfe? Verneint von dem Handelsgericht zu Leipzig, bejaht in der Abhandlung B usch,

Arch. I, S. 275, vom R.O.H. Bd. 7, S. 412; Bd. 8, S. 340, u. vom Kammergericht (I ohow u. Küntzel Jahrbuch II, 20).

8) ES leidet keinen Zweifel, daß cs einem Prinzipal, welcher mehrere Geschäfte unter verschiedenen Firmen betreibt, gestattet ist, auch mit rechtlicher Wirkung gegen Dritte für

jedes dieser Geschäfte einen besonderen Prokuristen zu bestellen, und daß in diesem Falle jede der Prokuren nur insofern unbeschränkt ist,

als sie das Geschäft betrifft, für welches der

Prokurist zu firmiren befugt ist, daß sie auf daS Geschäft unter der anderen Firma sich

aber nicht erstreckt.

P. 952 und Jnstr. Th. I, § 41.

eine Zweigniederlaffung unter derselben Firma, derselben beschränkt werden.

Jnstr. 1. c.

Besitzt ein Kaufmann eine Haupt- und so

kann die Prokura nicht auf eine

Fünfter Titel.

Von den Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten.

Art. 45.

61

Artikel 45.

Die Ertheilung der Prokura ist vom Prinzipal persönlich oder in beglaubigter Form beim Handelsgerichte zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden io). Der Prokurist hat die Firma nebst seiner Namensunterschrift persönlich vor

dem Handelsgerichte zu zeichnen (Artikel 44.) oder die Zeichnung in beglaubigter Form einzureichen. Das Erlöschen der Prokura ist von dem Prinzipal in gleicher Weise zur Ein­

tragung in das Handelsregister anzumelden. 9) a. Der Art. 44 enthält eine Ordnungsvorschrift über die Art, wie der Prokurist, bezw. die Kollektivprokuristen zeichnen sollen; wird in anderer Art gezeichnet, so folgt daraus

noch nicht, daß auch unter allen Umständen die Handlung des bezw. der Prokuristen nicht

rechtsverbindlich sei.

P. 953.

Thöl (S. 202) bemerkt deshalb, daß der Art. 44 nur einen

Wunsch des Gesetzgebers, nicht einen Rechtssatz enthalte. Auch daß R.O.H. (Bd. 10, S. 57; Bd. 12, S. 134) nimmt an, daß der Art. 44 nur als eine zum Zwecke der Erleichterung des

Beweises gegebene Ordnungsvorschrift für schriftliche Erklärungen aufzufassen ist, jedoch weder für solche die einzig mögliche Form vorschreibt, noch ausschließt, daß die Prokuristen bezw. Kollektivprokuristen auch mündlich rechtßwirksame Erklärungen abgeben können. Vgl.

Note 14, a zu Art. 48. — Eine Wechsel Unterschrift wird daher dadurch nicht ungültig, daß von dem Prokuristen lediglich die Firma ohne Zusatz (R.O.H. in den citirten Urtheilen) oder

vlit dem bloßen Zusatze p. p. ohne seinen Namen (Bd. 18, S. 100) gezeichnet, oder daß die Firma, welcher der Prokurist seinen Namen unterschriftlich beigefügt hat, vorgedruckt

ist (R.O.H. Bd. 14, S. 319). b. Im Centralorgan 1862, S. 47 wird außgeführt, daß nach dem Wortlaut des Gesetzes der die Prokura andeutende Zusatz der Firma beigefügt werden müsse, also z. B.: p. p. A. et Co.

— B. und nicht: A. et Co., p. p. B. — dagegen hält Koch (Kommentar, Note 68 zu Art. 44) beide Formen für zulässig, und wohl mit Recht. Das Bedenken, es wird sich bei Einzelfirmen (z. B. A. p. p. B.) nicht erkennen lassen, welcher Name die Firma und welcher den Prokuristen bezeichne, erledigt sich dadurch, daß zuerst die Firma gezeichnet werden muß.

10) a. Die Eintragung aller anderen Vollmachten, welche nicht Prokuren sind, ist

nicht zugelassen, weil der dritte Kontrahent von solchen Bevollmächtigten immer die Vorzeigung

der Vollmacht verlangen, und für ein etwaiges lokales Bedürfniß der Publikation solcher Voll­ machten durch Anschlag an der Börse 2c. gesorgt werden kann. P. 88. b. Die Anmeldung muß bei dem Handelsgerichte des Bezirks, in welchem die Handels­ niederlassung ihren Sitz hat, ohne Rücksicht auf das Domizil des Prinzipals erfolgen; der

hierfür in den M. 29 angegebene Grund, die Wirksamkeit des Prokuristen sei gewissermaßen eine örtliche, vornehmlich in dem Bezirke, zu welchem das von ihm verwaltete Etablissement

gehört, in die Erscheinung tretende, ist nicht zutreffend, vielmehr ist die Bestimmung eine

Folge des Art. 19.

c. Der Besitz eines von den Registerbehörden über die Eintragung einer Prokura ertheilten Attestes begründet für den Prokuristen keinerlei Vermuthung für die Fortdauer seiner Prokura; dagegen beweist der Besitz einer Vollmachtsurkunde in der Regel den Fort­ bestand des Vollmachtsauftrages (§ 161, Th. I, Tit. 13 A.L.R.) und legitimirt daher den

Handlungsbevollmächtigten Dritten

gegenüber.

Hinsichtlich

der Wirkungen des Widerrufs

einer Vollmacht Dritten gegenüber vgl. die §§ 170, 171, 167, 168, Th. I, Tit. 13 A.L.R. und R.O.H. Bd. 4, S. 305.

d. Wird im Urkundenprozeß auß der durch einen Prokuristen erfolgten Zeichnung der Firma gegen diese geklagt, so muß in der Klage urkundlich nachgewiesen werden, daß der Prokurist zur Zeit der Zeichnung Prokura hatte (R.G. XIII, S. 372).

62

Erstes Buch.

Vom Handelsstande.

Art. 46. 47.

Die Betheiligten sind zur Befolgung dieser Vorschriften von AmtSwegen durch Ordnungsstrafen anzuhalten. Prot. S. 87 f. Pritt. S. 953. Pro». S. —

Pr. Seh». Art. 49. Seh». I. Art. 45. Seh». II. Art. 44.

Artikel 46. Wenn das Erlöschen der Prokura nicht in das Handelsregister eingetragen und öffentlich bekannt gemacht ist, so kann der Prinzipal daffelbe einem Dritten nur

dann entgegensetzen, wenn er beweist, daß es letzterem beim Abschluffe deü Geschäfts bekannt war. Ist die Eintragung und Bekanntmachung geschehen, so muß ein Dritter das

Erlöschen der Prokura gegen sich gelten lassen, sofern nicht durch die Umstände die Annahme begründet wird, daß er das Erlöschen beim Abschlüsse des Geschäfts weder

gekannt habe, noch habe kennen müssen"). Pr. Sehe. Art. 49. Seh». I. Art. 45. Sehe. II. Art. 45.

Put. S. 87. Put. S. 953. Put. S. —

Artikel 47.

Wenn ein Prinzipal Jemanden ohne Ertheilung der Prokura, sei es zum Betriebe seines ganzen Handelsgewerbes oder zu einer bestimmten Art von Geschäften

oder zu einzelnen Geschäften, in seinem Handelsgewerbe bestellt (Handlungsbevoll­ mächtigter), so erstreckt sich die Vollmacht auf alle Geschäfte und Rechtshandlungen, welche der Betrieb eines derartigen Handelsgewerbes oder die Ausführung derartiger

Geschäfte gewöhnlich mit sich bringt. Jedoch ist der Handlungsbevollmächtigte zum Eingehen von Wechselverbindlich­ keiten, zur Aufnahme von Darlehen und zur Prozeßführung nur ermächtigt, wenn

ihm eine solche Befugniß besonders ertheilt ist.

Im Uebrigen bedarf er zu den Geschäften, auf welche sich seine Vollmacht

erstreckt, der in den Landesgesetzen vorgeschriebenen Spezialvollmacht nichts). Pr. Seh». Art. 50. Seh». I. Art. 47. Sehe. II. Art. 46.

Prot. S. 88 f. Prot. S. 955.965 f. Prot. S. 4514 f. 4631.

n) Die Fassung des Art. 46 entspricht derjenigen der Abs. 2 u. 3 des Art. 25.

P. 954;

vgl. deshalb die Noten 27 u. 28 zu dem Art. 25. M) a. Ein Handlungsbevollmächtigter muß nicht nothwendig von dem Prinzipal selbst, er kann auch von dem Prokuristen bestellt werden.

(Art. 42, Abs. 1.)

Die

Bestellung und die Autorisation zu den im Abs. 2 d. Art. bezeichneten Geschäften setzt eine schriftliche Vollmacht nicht voraus (Str. Bd. 51, S. 335); sie kann auch stillschweigend

erfolgen (R.G. I, 9). In der Bestellung resp. Vollmacht muß indeß — nach der Ansicht deS Obertt. Str. Bd. 68, S. 134 — erkennbar gemacht sein, daß der Prinzipal' die betr. Person entweder mit dem Betriebe seines ganzen Handelsgewerbes oder mit der Führung einer gewissen Art von Geschäften oder einzelner Geschäfte in seinem HandelSgcwerbe betraut hat;

eine Vollmacht, die Nichts als die Ernennung zum Handelsbevollmächtigten schlechthin mit der

Ermächtigung zur Prozeßführung enthält, sei daher nicht ausreichend, um die ernannte Person.

Fünfter Titel.

Den den Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten.

Art. 45.

63

als Handlungsbevollmächtigten erscheinen zu lassen und sie zur selbständigen Führung von Prozessen, wenn diese auch aus Geschäften deS Handelsgewerbes hervorgegangen sind, zuzulassen. — Dieser Ansicht wird man sich nicht anschließen können; mögen auch die Grenzen deS Gewollten zweifelhaft sein, so ist doch das Gewollte zu ermitteln und jedenfalls die ausdrücklich erklärte Ermächtigung zur Prozeßführung nicht außer Acht zu lassen. — Der Umstand allein, daß ein Handlungsgehilfe unbefugt NamenS des Prinzipals gehandelt, es diesem mitgetheilt, und dieser keine Mißbilligung erklärt, also bloß sttllgeschwiegen hat, reicht nicht aus, eine ent­ sprechende Bevollmächtigung des Handlungßgehülfen anzunehmen (R.O.H. Bd. 10, S. 98). Anders wäre die Sachlage zu beurtheilen, wenn der Prinzipal durch Worte oder konkludente Handlungen die ihm mitgetheiltm Rechtshandlungen des Kommis als für sich rechtsverbindlich anerkannt hätte, und in diesem Anerkenntniß eine stillschweigende Bevollmächtigung zu finden wäre, oder das Stillschweigen nach Lage der Sache wider Treu und Glauben verstoßen würde. Einen Fall, in welchem bei wiederholter Erhebung von Geldern gegen Blanko­ quittung eine stillschweigende Bevollmächtigung angenommen wurde, s. R.O.H. Bd. 11, S. 33. — Ueber dm Umfang der Befugnisse eines Handlungsbevollmächtigten lassen sich nicht bestimmte Regeln aufstellen, vielmehr fällt die Entscheidung hierüber der Auslegung der in concreto ertheilten Vollmacht unter Berücksichtigung der sonstigen obwaltmdm Umstände an­ heim (Str. Bd. 60, S. 345, Bd. 76, S. 110), doch meint das Obertribunal (Str. Bd. 69, S. 348), daß die Wirkung der Vollmacht eines Handlungsbevollmächtigten für ein einzelnes Geschäft sich nicht auf dm ersten Abschluß deffelbm beschränke, sondem auch auf die später gepflogmm Unterhandlungen sowie auf die Ausgleichung von Schwierigkcitm bei der Aus­ führung des Vertrages bezogen werdm müsse, und ferner (Str. Bd. 70, S. 359), daß für den Umfang der gesetzlichm Befugnisse des Handlungsbevollmächtigten nicht die speziellen Ge^chäftsverhältnisse des Prinzipals, sondern der Geschäftsbetrieb in Handelsgewerben derselben Gattung (genus) maßgebend sei. Dieser Satz ist mit dem R.O.H. (Bd. 6, S. 154) dahin zu verstehen, daß nicht nur die speziellm Geschäftsverhältnisse des Prinzipals maßgebend sind, sondern schon der Gebrauch in Geschäftm derselbm Art genügt, um den Umfang der gesetzlichm Befugnisse eines Handlungsbevollmächtigtm zu ermessen. — Das R.O.H. (Bd. 10, S. 43) be­ merkt: daö Prinzip für die Erkundigungspflicht desjmigen, welcher mit einem Anderm kontrahirt, der als Handlungsbevollmächtigter auftritt, sei dies: daß der mit einem solchen Kontrahirmde, wenn keine besonderen Verdachtkgründe vorliegen, dem Institor trauen darf hinsichtlich der (wörtlich oder thatsächlich ausgesprochenen) Angabe desselben über dm Umfang seiner Vollmacht, und daß ein Mißbrauch seitens des Institor im Zweifel von dem Prinzipal zu vertreten ist. — Dem dritten Kontrahenten ist bei fortlaufender Geschäftsverbindung nicht zuzumuthen, sich in jedem einzelnm Falle nach der Fortdauer und dem Umfange der einmal ertheiltm Vollmacht zu erkundigen. (R.O. H. Bd. 10, S. 381.) Dem Dritten, welcher gegen dm ihm bekannten Inhalt der Vollmacht mit dem Handlungsbevollmächtigten konttahirt, steht kein Anspruch gegen dm Prinzipal zu (R.O.H. Bd. 12, S. 279), wohl aber, wenn er mit dem Bevoll­ mächtigten in dm Grenzen der diesem zustehendm gesetzlichen Befugnisse einen Vertrag abgeschlossen hat, mag der Bevollmächtigte hierbei auch die Grmzen der ihm vom Prinzipal ertheilten speziellen Vollmacht (z. B. aus Irrthum, R.G. I, 9) überschritten haben, wofern nur dem Dritten nicht bewiesm wird, daß er die Einschränkungm der Vollmacht kannte oder hätte kmnen müssen (R.O.H. Bd. 23, S. 352). — Der Art. 47 bezeichnet übrigens den Um­ fang der Vollmacht nicht nur Dritten gegenüber (Artt. 52, 55), sondem auch gegenüber dem Prinzipal (Str. Bd. 64, S. 260, R.O.H. Bd. 24, S. 197.) b. DieGeneral - Handlungsvollmacht unterscheidet sich ihrem gesetzlichen Umfange nach von der Prokura dadurch, daß der Gmeral-Handlungsbevollmächtigte nur zu solchm Geschäften und Rechtshandlungen für ermächtigt gilt, welche der Betrieb eines derartigen Handelsgewerbtö wie daS des Prinzipals gewöhnlich mit sich bringt, während der Prokurist zu allen Geschäften und Rechtshandlungen für ermächtigt gilt, welche der Betrieb irgend eines

64

Erstes Buch.

Vom Handelsstande.

Handelsgewerbes mit sich bringen kann.

Art. 46. 47.

Außerdem waltet zwischen der General-Handlungs­

vollmacht und der Prokura der Unterschied ob, daß die erstere, nicht aber die letztere, mit

rechtlicher Wirkung gegen Dritte Beschränkungen aller Art erleiden kann, endlich, daß nach

§ 159 der C.P.O. in den durch den Betrieb eines Handelsgewerbes hervorgerufenen Rechts­ streitigkeiten Zustellungen an den Prokuristen mit gleicher Wirkung, wie an die Partei selbst, erfolgen können. — Wie hier für Handlungsbevollmächtigte vorgeschrieben, so bedarf nach Preuß. Recht der Bevollmächtigte überhaupt zur W e ch s e l auSstellung für den Machtgeber

einer Spezialvollmacht (R.O.H. Bd. 22, S. 114). c. Das H.G.B. erwähnt zwar die Kcllektivprokuren (Art. 41, Abs. 3), spricht aber

nicht von Kollektiv-Handlungsvollmachten.

Auf die letzteren werden daher, in Ermangelung

von Handelsgebräuchen, die Vorschriften des allgemeinen bürgerlichen Rechts (§§201—210, Th. I, Tit. 13 A.8.R.) Anwendung finden. d. Es war beantragt, Bestimmungen über die Agenten in das Handelsgesetzbuch auf­ zunehmen.

Von mehreren Seiten wurde die Ansicht geltend gemacht, daß die Agenten nur

Spezialbevollmächtigte außerhalb eines Dienstverhältnisses seien, und daß die Wirksamkeit ihrer Handlungen gegenüber dem Auftraggeber nur nach Inhalt der ihnen für jeden einzelnen Fall ertheilten Aufträge bemessen werden könne (P. 88), daß ihnen in der Regel

auch gestattet sein müsse, neben den Geschäften eines einzelnen Auftraggebers für sich und für Dritte Geschäfte zu machen.

Gegen die Aufnahme von hierauf bezüglichen Bestimmungen

bemerkte man jedoch, daß der Ausdruck „Agent* keinen fixirten Begriff ausdrücke (ebenso

Str. Bd. 74, S. 183 und Steg. Bd. 2, S. 210, wo das R.O.H. ausspricht, daß die Befugnisse

eines Agenten durch daS H.G.B. nicht generell normtet, daß sie vielmehr nach den Umständen deS kontreten Falles zu bestimmen sind); je nach der Verschiedenheit der Vollmacht sei er bald Mandatar, bald Mäkler, bald Reisender; die Zivilrechtlichen Vorschriften vom Mandat seien ausreichend, und es sei die weitere Entwickelung des noch neuen Institutes der Agenten abzuwarten, bevor die Stellung derselben gesetzlich besonders geregelt würde. Bei der ersten

Lesung wurde beschlossen, eine Bestimmung in dem Sinne aufzunehmen, daß Handlungs­ bevollmächtigte, welche zur Zeit der Auftragsertheilung in keinem Dienstverhältnisse zum Auftraggeber stehen (Handelsagenten), denselben nur nach der für die einzelnen Fälle gegebenen

(jeweiligen) Vollmacht verpflichten, und nicht nach den Bestimmungen dieses Titels, sondern nach den allgemeinen bürgerlichen Gesehen zu beurtheilen sind.

P. 108.

In zweiter Lesung

wurde jedoch die Streichung der von der Redaktionskommission vorgeschlagenen Fassung be­

schlossen, weil manche Bestimmungen dieses Titels auch auf solche Personen Anwendung finden, welche nicht in einem Dienstverhältnisse zu dem Prinzipal stehen, und insbesondere selbständige Handelsagenten in den geeigneten Fällen nach Handelsrecht beurtheilt werden müßten. P. 963. Ueber die Befugniß der Agenten zum Abschluß

von Geschäften und zur Annahme von

Dispositionsstellungen s. Note 30 a zu Art. 298, über ihre Befugniß zur Empfangnahme von Zahlungen und zur Forderung von Provision für die in ihrem Agenturbezirke für das mandirende Handlungshaus, wenn auch von anderen Personen, gemachten Geschäfte s. Urth.

des Oberappellationsgerichts Celle v. 24. Nov. 1857 (Goldschmi dt, Zeitschr. I, S. 159, 161, ferner Steg. Bd. 2, S. 210, R.O.H. Bd. 13, S. 212, Bd. 19, S. 123).

Ist die Ermächtigung

des Agenten zu Verkaufsabschlüffen von dem Auftraggeber allgemein oder dem Dritten sveziell mitgetheilt, so kann letzterer die Fortdauer der Vollmacht bis zu einer abweichenden Anzeige,

oder bis ihm die Entziehung der Vollmacht anderweit bekannt wird, annehmen; ist die Bevoll­

mächtigung jedoch nicht angekündigt worden, so muß der Dritte beweisen, daß der Vertrags­ schluß deS Agenten den angeblichen Auftraggeber verbindet (R.O.H. Bd. 22, S. 374).

Der

Agent, welcher in Bezug auf von ihm vermittelte Geschäfte neue Aufträge von dem Dritten zur Uebermittelung an seine Auftraggeber übernimmt, handelt hierbei als Agent des Letzteren, nicht als Bevollmächtigter des Dritten (R.G. XII, 17). — Der wenn auch nur zur

Ver­

mittelung und nicht zum Abschlüsse bestellte Verkaufsagent hat in der Regel die Kredit-

Fünfter Titel. Don den Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten. Art. 46. 47.

65

Eins.-Ges. (A.L.R. u. A.G.O.) Art. 21. Die vormundschaftlichen Gerichte können in den Fällen des §. 624. Th. II. Tit. 18. des Allgemeinen Landrechts die Handlung entweder durch einen Prokuristen (Artikel 41. des Handelsgesetzbuchs), oder durch einen Handlungsbevollmächtigten mit einer allgemeinen Vollmacht (Artikel 47. des Handelsgesetzbuchs) fortsetzen lassen und in den Fällen der §§. 774. und 775. Th. II. Tit 18. des Allgemeinen Landrechts den Ehemann entweder als Prokuristen oder nur als Handlungsbevollmächtigten einsetzen. Wird für den Pflegebefohlenen ein Prokurist bestellt oder wird der Ehemann als Prokurist bestellt, so kommen die Artikel 41. bis 46. des Handelsgesetzbuchs zur Anwendung 13). Würdigkeit der von ihm zugebrachten Käufer zu prüfen und darüber zu berichten, letzteres

auch nach dem Abschlüsse noch, wenn die Kreditunwürdigkeit zu einer Zeit ihm bekannt wird, wo sein Auftraggeber sich noch sichern konnte.

Ihm liegt die Beweislast für die aufgewendete

Sorgfalt ob (R.O.H. Bd. 22, S. 124, R.G. XVIII, 112). - Wie jedes andere kontraktliche

Verhältniß kann auch ein Agenturverhältniß ebenso wirksam durch konkludente Handlungen wie durch ausdrückliche Verabredung, auch auf gewisse Zeiträume oder Geschäftsperioden, ent­

stehen (R O H. Bd 2, S. 333). — Eine kaufmännische Agentur ist als mit der Eröffnung des

Konkurses über daS Vermögen des Agenten für aufgehoben anzusehen (§. 19 Preuß. K.O. v. 8. Mai 1855, R.O.H. Bd. 2, S. 438, Steg. Bd. 2, S. 318, jetzt §. 20 der Deutschen

K.O). Ist sie auf unbestimmte Zeit übertragen, so kann sie jederzeit einseitig aufgehoben werden (R.O.H. Bd. 19, S. 259). — Die Provisi onsforderung des Agenten hängt

von der Uebereinkunft der Betheiligten ab; schrift

(Art. 290).

leben

liebliche

Zur Feststellung des

und Gewöhnliche Rücksicht

das Gesetz enthält

Vertragswillens

zu

nur

eine allgemeine Vor­

ist auf das

nehmen; ein Agent,

der

im

nicht

Geschäfts­

in eigenem

Namen abschließt, ist jedenfalls nicht Kommissionär; es findet auf ihn daher der Art. 371,

Abs. 2 weder unmittelbare noch analoge Anwendung;

er kann daher, auch wenn ein ver­

mitteltes Geschäft nicht zur Ausführung gekommen ist, Provision forbcm, falls dies nicht

von ihm verschuldet oder durch einen von ihm zu vertretenden Zufall veranlaßt und die Provision nicht vertraglich nur für ausgeführte Geschäfte zugesagt ist (R.O.H. Bd. 14, S. 429). dies auch im Falle des Widerrufs des zur Besorgung eines einzelnen Geschäfts

Vermittelungs-Auftrages und insbesondere dann gilt,

Ob

ertheilten

wenn der Widerruf vor Ablauf einer

zur Ausführung des Auftrags gewährten Frist erfolgt, hängt von der Feststellung ab, daß auch für einen solchen Fall die Provision nach dem Willen der Parteien gewährt werden sollte, da aus der Natur des Geschäfts eine Vermuthung für einen solchen Willen sich nicht ergiebt

(R.G. XXIT, 380). — Bei der Ermittelung des VertragSwillenS ist m. E. auch darauf Rücksicht

zu nehmen, ob ein einzelner Auftrag einem Agenten oder dem ständigen Agenten innerhalb des Kreises der ihm regelmäßig übertragenen Geschäfte ertheilt ist.

Der Letztere findet in dem

Lohn für ausgeführte Geschäfte zugleich eine Entschädigung für die von ihm zwar vermittelten, aber nicht zur Ausführung gelangten Geschäfte, und ihm gegenüber ist wegen der größeren Zahl der zur Vermittelung übertragenen Geschäfte nicht anzunehmen, daß der Auftraggeber

seine Willkür, das Geschäft auszuführen, so binden wollte, wie gegenüber dem für ein einzelnes Geschäft angegangenen Vermittler. — Ist dem Agenten eine Tantieme zugesagt, so mag derselbe zwar berechtigt sein, von dem Auftraggeber über die betr. Kaufverträge spezielle Rechen­ schaft und Auskunft und die Einsicht der Bücher zur Prüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Bücher zu fordern, nicht aber auch die Zustellung von Belägen zu verlangen, und kann

sich seiner Pflicht zur Herausgabe dessen, waS er für den Auftraggeber besitzt, gegenüber einer ihm zugestellten Abrechnung nicht mit dem allgemeinen Einwande, die Rechnung sei unvollständig,

entziehen (R.O.H. Bd. 18, S. 2). — Ueber die Agenten der Versicherungsgesellschaften s. Note c zu Art. 21. 13) Der Art. 21 des Einf.-Ges. bezweckt, den vormundschaftlichen Gerichten die Befugniß zu verleihen, an Stelle des im Landrecht §§. 624 ff. und §§. 774 ff., Th. II, Tit. 8 gedachten

Tt c. t o ’.r c r, Handelsgesetzbuch.

1 des Grundkapitals besitzen, verlangt werden, wenn von ihnen bestimmte Ansätze der Bilanz be­

mängelt werden.

Geschieht die Vertagung auf das s o begründete Verlangen der Minderheit,

dann gilt der Vorstand hinsichtlich der nicht bemängelten Posten der Bilanz als dechargirt. Findet die Minorität die von ihr gerügten Mängel nicht genügend aufgeklärt, so kann sie vom

Art. 222 a Gebrauch machen. b. Die Vorsteher haben einen Anspruch

auf Decharge nach gelegter Rechnung, um

nicht nach derselben noch während der ganzen Dauer der Verjährung außer wegen Arglist auch

Dritter Titel.

Von der Aktiengesellschaft.

Art. 239 d.

263

Artikel 239b.

Die Vorschriften der Artikel 185a, 185b, 185c über die Bilanz und den Reservefonds finden entsprechende Anwendung 24). wegen Irrthums oder wegen eines Rechenfehlers aus der Geschäftsführung zu haften.

Art. 239 a soll

Der

diesem Zwecke dienen, sucht aber eine gehörige Information der General­

versammlung zu sichern (M. 235 u. R.O.H. Bd. 22, S. 281, R.G. XVIII, 63.) - Mit Recht

hebt Simon, die Bilanzen der A.G. S. 8, hervor, daß die Genehmigung der Bilanz nicht nothwendig eine Entlastung des Vorstandes enthält; die Schlußworte des Art. 239 a enthalten in. E.

eine positive Bestimmung, welche über den Fall hinaus, für welchen sie gegeben ist,

nicht ausgedehnt werden darf. 2t) a. Der citirte Art. 185 a beläßt es bei dem Grundsätze des Art. 31, daß bei Auf­ nahme

der Inventur und Bilanz sämmtliche Vermögenßstückc und

Forderungen nach dem

(gemeinen) Werthe anzusetzen sind, welcher ihnen zur Zeit der Aufnahme beizulegen ist, daß zweifelhafte Forderungen nach ihrem wahrscheinlichen Werthe anzusetzen, uneinbringliche aber abzuschreiben sind. Er bestimmt jedoch mehrere Modifikationen für die Bilanzen derK.A.G. u. A.G.

1. Für Werthpapiere und Waaren, welche einen Börsen- oder Marktpreis haben,

darf höchstens der Kurs zur Zeit der Bitanzaufstellung angesetzt, niemals aber der Anschaffungs­ oder Herstellungspreis überschritten werden. Das R.G. XII, 8 bemerkt, daß die bloße Kursnotirung nach üblicher Weise gemäß den bestehenden Einrichtungen noch nicht beweist, daß die betreffenden Werthpapiere wirklich in einem Umfange, der einen wahren Marktpreis erzeugen konnte, und namentlich zu den angegebenen Kursen, gehandelt worden sind. 2. Auch für andere Vermögensstücke darf höchstens dieser letztere Preis angesetzt

werden. Grund der vorstehenden Bestimmungen ist, möglichst zu verhindern, daß ein zwar nominell vorhandener, aber thatsächlich noch nicht durch Verkauf realisirter Gewinn mit den Dividenden zur Vertheitung komme (M. 170). Da nur der höchste zulässige Ansatz bestimmt ist, so ist selbstverständlich ein geringerer zu veranschlagen, wo ein solcher nach der Sachlage (z. B. dem Kursrückgänge seit dem Tage dec Bilanzaufstellung) geboten erscheint (M. 171). —

Die Kommission des Reichstags (K.B. 25) erachtete es für durchaus zulässig, in Geschäftserwerbungs-Konten den Werth der übernommenen Kundschaft, wenngleich die Letztere kein selbst­ ständiges Aktivum sei, mit zu berücksichtigen, oder in einen: Erfindungs- oder Patentkonto den

Werth einer Erfindung oder das Recht auf Ausnutzung eines Patentes als Aktivum anzusetzen. 3. Für Anlagen und sonstige Gegenstände, welche nicht zur Wiederveräußerung, sondern

dauernd

511111 Geschäftsbetriebe der Gesellschaft bestimmt sind, darf der Anschaffungs- oder

Herstellungspreis auch

dann angesetzt werden, wenn sie zur Zeit der Bilanzaufnahme einen

geringeren Werth haben; es muß dann aber ein der Abnutzung gleichkommender Betrag in

Abzug gebracht oder ein entsprechender Erneuerungsfonds in Ansatz gebracht werden. Grund dieser Bestimmung, von welcher Gebrauch gemacht werden kann, aber nicht muß (da alsdann die Ziff. 2 zur Anwendung kommt, M. 172), ist, daß bei solchen Objekten nicht der Verkaufswerth, sondern der Nutzungswerth der ständigere und entscheidende ist, da sie nicht

zum Verkaufe Bestimmt sind und zum Theil gar keinen Verkaufswertb haben. Die mit der Zeit eintretendc Werthsverringerung muß durch Abschreibung auf dem Aktivkonto oder durch Bildung eines entsprechenden Erncuerungsfonds aus dem Passivkonto ausgeglichen werden

(M. 172).

Dieser Fonds ist, weil er nur den Minderwerth eines zum Erwerbszweige in das

Aktivum eingestellten Postens darstellt, grundverschieden von dem Reservefonds, welcher

eine Vermehrung des in dem Unternehmen steckenden Kapitals enthält; dagegen ist er analog dem Delcrederefonds, welcher gegenüber dem Nominalbetrag ausstehender Forderungen ein­

gestellt zu werden pflegt (vgl. Simon, die Bilanzen der A.G. S. 79 ff., R.G. XXII, 162). 4. Daß die Organisations- und Verwaltungskosten in der Jahresrechnung als Passiva aufzunehmcn, entspricht dem bisherigen Recht (M. 173).

Zweite- Buch.

264

Don den Handelsgesellschaften.

Art. 240.

Artikel 240. Erreicht der Verlust, welcher aus der Jahresbilanz oder einer im Laufe des

GeschüstsjahreS aufgestellten Bilanz sich ergiebt, die Hälfte des Grundkapitals, so

muß der Vorstand unverzüglich die Generalversammlung berufen und dieser davon

Anzeige machen w). 5. AuS der Vorschrift, daß der Betrag des GesammtkapitalS der Kommanditisten bezw.

der Aktionäre und der Betrag jedes Reservefonds unter die Passiva aufzunehmen ist, solgt daß bei Ueberpari-Emissionen nur der Nominalbetrag in die Bilanz aufzunehmen ist, daS Mehr aber alS Reservefonds (Art. 185b Zisf. 2) gleichfalls unter den Passiven erscheint. — Sind

bei einer Ueberpari-Emission die Aktien noch nicht voll gezahlt, so kann entweder der ganze

Nominalbetrag und das Mehr (letzteres als Reservefonds) unter die Passiva, der noch nicht eingeforderte Betrag als Forderung unter die Aktiva ausgenommen oder nur der eingezahlte

Betrag u. daS Plus (Art. 210 Abf. 3) unter den Passiven ausgenommen werden (M. 174). — Sind mehrere Reserve- oder Erneuerungöfondö vorhanden, dann sind dieselben getrennt in

die Bilanz aufzunehmen. b. Der dürfe Art. 185 b schreibt die Bildung eines Reservefonds zur Deckung eines auS der Bilanz sich ergebenden Verlustes vor.

(Art. 185 c Abs. 2).

Die Bildung anderer Reserven ist fakultativ

ES sollen diesem obligatorischen Reservefonds von dem jährlichen Rein­

gewinn mindestens 5°/o so lange zufließen,

als er den 10. oder statutenmäßig höheren Theil

deS Grundkapitals nicht überschreitet, und — gleichviel ob dieser Theil bereits erreicht ist oder

nicht — jedenfalls der Gewinn bei einer Emission von Aktien über pari.

Ein solcher Ge­

winn ist, nach der Ausführung in den M. 175, nicht im gewöhnlichen Geschäftslaufe erzielt und deshalb zur Vertheilung als Dividende ungeeignet. Selbstverständlich ist bei einer Verminderung

des Reservefonds unter das Maximum Bilanzen dasselbe wieder zu ergänzen.

sich

ergebender Verlust

(K.B. 26).

Ein nach

gedeckt und Art. 185c

Zweck angesammelt werden.

zu

durch

Zahlungen aus

demselben

bei

freit

folgenden

ES darf auS diesem Fonds aber nur ein aus der Bilanz nicht

eine Dividenden-Ausgleichung

bildender

entnommen werden

Spezialreservefonds kann für den letzteren

Der hier bestimmte obligatorische Reservefonds ist ein lediglich

buchmäßiger, so daß derselbe, falls nichts Anderes durch Statut oder Beschluß bestimmt ist,

nicht besonders angelegt und verwaltet zu werden braucht;

auch

müssen die Zinsen ihm nicht

zugeschrieben werden (K.B. 25).

c. Nach dem eiferten Art. 185 c sind die genehmigte Bilanz und die Gewinn- und Verlust­ rechnung

zu

veröffentlichen;

Decharge (K.B. 26).

es

bedarf nicht einer Veröffentlichung deS Beschlusses über die

Da jedoch der Art. 239b

den Art. 185c nur soweit auf Aktiengesell-

schaften für anwendbar erklärt, als er die Bilanz und den Reservefonds betrifft, hierunter aber die dort für K.A.G. gebotene Veröffentlichung der Gewinn-

u. Verlustrechnung

nicht fällt, so besteht m. E. für Aktiengesellschaften keine gesetzliche Verpflichtung, auch diese zu veröffentlichen, ein Unterschied, der zwar keinen inneren Grund für sich bat, auch schwerlich mit Bewußtsein statuirt, aber doch eine Folge der Fassung deS Gesetzes ist.

Art. 185c überläßt den Statuten namentlich auch, über die Bildung Reservefonds (Erneuerungsfonds

u. dgl.) zu bestimmen.

Der Abs. 2 deS

und Anlegung von

Es kann daher durch dieselben auch

die besondere Anlegung und Verwaltung des obligatorischen Reservefonds angeordnet werden.

25) Ist daS Vermögen der Gesellschaft so vermindert, daß die Hälfte oder ein größerer Betrag des Grundkapitals durch dasselbe nicht mehr gedeckt erscheint, so müssen die Vorsteher

oder Liquidatoren bei Ordnungsstrafe (Art. 249g, Abs. 2) unverzüglich eine Generalversammlung berufen und dieser von Lage der Sache Mittheilung machen.

Es ist gleichgültig,

ob sie diese

Höbe deS Verlustes aus der Jahresbilanz oder auS einer in sonstiger Veranlassung (;. B. bei großen Verlusten, Kursrückgängen) aufgenommenen Bilanz ersehen haben.

Zweck der Bestim­

mung ist, die Generalversammlung zu veranlassen, selbst zu entscheiden, was geschehen soll.

Dritter Titel.

Von derAktimgesellschaft.

265

Art. 241.

Sobald Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft eintritt, muß der Borstand die Eröffnung de» Konkurse» beantragen; dasselbe gllt, wenn au» der Jahresbilanz oder

einer im Lause de» Geschäftsjahre» aufgestellten Bilanz sich ergiebt, daß das Ver­ mögen nicht mehr die Schulden deckt«),

Artikel 241.

Die Mitglieder de» Vorstandes find au» dm von ihnm im Namen der Gesell­ schaft vorgmommmen Rechtshandlungm Dritten gegenüber für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft persönlich nicht verpflichtet.

Die Mitglieder de» Vorstandes habm bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eine» ordmtlichm Geschäftsmann» anzuwmdm.

Mtglieder, welche ihre Obliegmheitm verletzen, haftm der Gesellschaft soli­ darisch für dm dadurch entstandenen Schadm.

Insbesondere sind sie in den Fällm

de» Artikels 226 Ziffer 1 bi» 5, sowie in dem Falle einer nach der Zahlungs­

unfähigkeit oder Ueberschuldung der Gesellschaft (Art. 240 Abs. 2) geleisteten Zahlung

zum Ersätze verpflichtet. In den vorbezeichneten Fällm kann der Ersatzanspruch auch von dm Gläu­

bigem der Gesellschaft, soweit sie von dieser ihre Befriedigung nicht erlangm sönnen, selbständig geltend gemacht werden.

Die Ersatzpflicht wird ihnen gegenüber dadurch

*) a. Tritt die Zahlung» Unfähigkeit der Gesellschaft (insbesondere Zahlungseinstellung) ein, oder ergiebt eine aufgenommene Bilanz, daß das Vermögen der Gesellschaft, zu welchem

Reservefonds aller Art und noch einzuziehende Beträge auf die Aktien gehören, nicht mehr die

Gesellschaftsschulden deckt (Ueberschuldung), so sind die Vorsteher und Liquidatorm (Art. 244a

Abs. 2) bei strafrechtlicher Haftung (Art. 249 c Ziff. 2) zu dem Anträge auf Konkurseröffnung verpflichtet.

(2lrt. 241

Leisten sie dann noch Zahlungen,

Abs. 3)

und

unter

Umständen

wegen

so haftm sie eivilrechtlich der Gesellschaft Begünstigung auch strafrechtlich (§§. 214,

211 K.O.). b. Die deutsche K.O. besttmmt Folgendes:

§. 193.

Ueber das Vermögen einer Aktiengesellschaft findet das Konkursverfahren außer

den Falle der Zahlungsunfähigkeit in dem Falle der Ueberschuldung statt. Nach Auflösung einer AÜimgesellschaft ist die Eröffnung des Verfahrens so lange zulässig, als die Dertheilung deS Vermögens nicht vollzogen ist.

§. 194.

Zu dem Anträge auf Eröffnung des Verfahrens ist außer den Konkursgläubigem

jeb’8 Mitglied des Vorstandes und jeder Liquidator berechttgt. Wird der Antrag nicht von allen Mitgliedem deS Vorstandes oder allen Liquidatorm gesellt, so ist derselbe zugelaffen, wenn die Zahlungsunfähigkeit oder Ueberschuldung glaubhaft gmacht wird.

Das Gericht hat die übrigm Mtglieder oder Liquidatorm nach Maßgabe deS

§. 97 Abs. 2, 3 (der K.O.) zu hörm. c. Wird der Konkurs eröffnet, so hat der Gerichtsschreiber deS Konkursgerichts unter Bqeichnung des Verwalters beglaubigte Abschrift der Formel de» Eröffnungsbeschluffes der

Bchörde, welche daS Handelsregister führt, mitzutheilen (§. 104 der deutschen K.O.). Pr AuSf.Ges.

zu derselbm v. 6. März 1879) (G.S. S. 109) verordnet im §. 13:

öffmng des Konkursverfahrens ist in das Handelsregister einzuttagm.

DaS

Die Sr»

Die Eintragung erfolgt

aus Gmnd der der Registerbehörde gemäß §. 104 der deutschen K.O. mitzutheilmdm Abschrift

der Formel deß Eröffnungsbeschluffes vonAmtSwegen. der Eintragung unterbleibt.

Die öffmtliche Bekanntmachung

266

Zweites Buch.

nicht aufgehoben, daß

Von den Handelsgesellschaften.

die Handlung

auf einem

Art. 242.

Beschlusse der Generalversamm­

lung beruht.

Die Ansprüche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen verjähren in fünf Jahren n).

Vierter Abschnitt.

Auflösung der Gesellschaft. Artikel 242. Die Aktiengesellschaft wird aufgelöst28):

1. durch Ablauf der im GesellschastSvertrage bestimmten Zeit; 2. durch Beschluß der Generalversammlung; der Beschluß bedarf einer Mehr­

heit von drei Viertheilen des in der Generalversammlung vertretenen Grund­

kapitals.

Der Gesellschastsvertrag kann außer dieser Mehrheit noch andere

Erfordernisse aufstellen28);

3. durch Eröffnung des Konkurses?) **) a. Die Haftung der Mitglieder des Vorstandes ist analog derjenigen der Mitglieder des Aufsichtsraths (Art. 226 und die Noten zu demselben) regulirt, erstreck sich jedoch nicht auf

die bloße Sorgfalt bei der Kontrole (wie ausnahmsweise im Falle des Art. 209 h bei Prüfung der Gründungßvorgänge), sondern auf die Sorgfalt bei Eingehung und Ausführung der Ge-

schäfte und bei Leistung von Zahlungen nach Kenntniß der Zahlungsunfähigkeit oder Ueberschuldung der Gesellschaft (Art. 240, Abs. 2); sie haben daher der Gesellschaft für allen

Schaden einzustehen, welcher ihr aus der Unterlassung oder nicht gehörigen Erfüllung der ihnen nach dem Gesetze, den Statuten und Beschlüssen der Generalversammlung obliegenden Pflichten

erwächst (M. 237).

b. Der Art. 241

spricht nicht von

„dem Vorstande", wie die meisten vorher­

gehenden Artikel, sondern von „den Mitgliedern des Vorstandes"

und giebt dadurch zu

erkennen, daß die Bestimmungen, welche sie enthalten, nicht nur dann zur Anwendung kommen sollen, wenn der Vorstand in corpore handelt, sondern auch dann, wenn nur einzelne

Vorsteher handelnd austreten oder bei der GeschäftSftchrung die ihnen obliegende Sorgfalt

unterlassen.

Nach R.G. XII, 77 werden sie (sowie der Auffichtsrath, R.G. XHI, 51) von der

Haftung durch die Entlastung seitens der Generalversammlung nur Befreit, wenn dieser der Verstoß erkennbar gemacht war; in jener Entscheidung blieb dahingestellt, ob dies auch in dem Falle gilt, wenn die Decharge auf den Bericht einer Revisionskommission ertheilt war.

Mir scheint, daß diese Frage nicht allgemein, sondern nur nach den Umständen des Falles ent­ schieden werden kann. M) Bei der Auflösung der A.G.

muß

der

den Aktionären

zustehende

mäßige Antheil an dem Gesellschaftsvermögen (Art. 216) ausgekehrt werden.

verhältniß-

Die Liquidation

binbert nicht die Abtretung dieses Antheils an der communio an Andere durch Uebertragung

der Aktien. to) Dem einzelnen Aktionär oder einer Mehrheit derselben ist kein dem Art. 125

analoges Ktagerecht auf Auflösung der Gesellschaft gegeben (M. 239), namentlich deshalb nicht, weil der Aktionär sich durch Verkauf der Aktie

von seiner Mitgliedschaft befteien

kann. — Die für den Beschluß erforderliche Majorität entspricht der im Art. 215 angeord­

neten (K.B. 27).

Dritter Titel.

Von der Aktiengesellschaft.

Artt. 243. 244.

267

Wenn die Auflösung einer Aktiengesellschaft aus anderen Gründen erfolgt30),

so finden die Bestimmungen dieses Abschnittes ebenfalls Anwendung.

Artikel 243. Die Auflösung der Gesellschaft muß, wenn sie nicht eine Folge des eröffneten Konkurses ist, durch den Vorstand zur Eintragung in das Handelsregister (Art. 210,

212) angemeldet werden; sie muß zu drei verschiedenen Malen durch die hierzu

bestimmten öffentlichen Blätter bekannt gemacht werden. Durch diese Bekanntmachung müsien zugleich die Gläubiger aufgefordert werden,

sich bei der Gesellschaft zu melden-").

Artikel 244. Die Liquidation geschieht durch den Vorstand, wenn nicht dieselbe durch den Gesellschaftsvertrag oder einen Beschluß der Generalversammlung an andere Personen

übertragen wird.

Auf den Antrag des Aufsichtsraths oder von Aktionären, deren Antheile zusammen den zwanzigsten Theil des Grundkapitals darstellen, kann die Ernennung von Liquidatoren durch den Richter erfolgen.

Die Aktionäre haben bei Stellung

des Antrages glaubhaft zu machen, daß sie die Aktien seit mindestens sechs Monaten

besitzen. Die Anmeldung der ersten Liquidatoren zur Eintragung in das Handelsregister

(Art. 210, 212) ist durch den Vorstand zu machen. Die Abberufung der Liquidatoren kann durch den Richter unter denselben Voraussetzungen, wie die Bestellung erfolgen.

Liquidatoren, welche nicht vom Richter

ernannt sind, können auch durch die Generalversammlung vor Ablauf des Zeitraums, für welchen sie bestellt sind, abberufen werden-^). *) Darüber, inwieweit und mit welchen Befugnissen oder Verpflichtungen die Organe einer A.G. trotz eröffneten Konkurses neben dem Konkursverwalter fortbestehen, s. R.G. XIV, 417

30) Dahin gehört z. B. die Fusion (Art. 247). 31) Das Citat des Art. 212 ergiebt, daß die Auflösung auch bei den Handelsregistern der Zweigniederlassungen anzumelden ist. — Es war monirt worden, daß der Art. 243 unnöthiger-

weise eine zwiefache Art der Bekanntmachung durch die öffentlichen Blätter zur Folge habe,

eine durch den Vorstand und eine durch das Gericht. — Hierauf wurde erwidert: Dies sei ganz angemessen, denn hier handle es sich vorzugsweise um die Aufforderung an die Gläubiger,

sich zu melden, welche in Folge der Schlußbestimmung des Art. 209 häufig in ganz anderen Blättern werde bekannt gemacht werden, als die Einträge in das Handelsregister (Art. 14),

Das Gericht habe seine Blätter nach dem örtlichen Bedürfnisse zu wählen, die A.G. würden aber voraussichtlich ihre Blätter (abgesehen von dem jetzt obligatorischen Deutschen Reichs­

anzeiger) nach ihrem besonderen Bedürfnisse aussuchen.

P. 364. — Die Aufforderung an

die Gläubiger bezweckt, diese zur Wahrung ihrer Rechte zu veranlassen und die Gesellschafts­

organe in den Stand zu setzen, den Umfang der Ansprüche zu ermitteln, welche anzuerkennen oder zu bestreiten sind (R.Ö.H. Bd. 24, S. 254).

32) a. Die A.G. bleibt trotz des Eintritts in Liquidation in ihrer Organisation bestehen (R.O.H. Bd. 22, S. 137 und 243, R.G. III, 55).

Für die Thätigkeit des Vorstandes bleibt

nach der Anmeldung der Auflösung zum Handelsregister kein Raum übrig; von da ab fungiren

268

Zweites Buch.

Von den Handelsgesellschaften.

Art. 244a.

Artikel 244a. Auf die Liquidation finden, soweit nicht in diesem Abschnitte

ein Anderes

bestimmt ist, die für die Liquidation einer offenen Handelsgesellschaft gegebenen Be­

stimmungen entsprechende Anwendung 33). Die Liquidatoren haben die Rechte und Pflichten des Vorstandes und unter­ liegen gleich diesem der Ueberwachung des Aufsichtsraths.

Die Beschränkungen des

Artikels 232 und die im Artikel 234 zugelaffene Bestellung von Prokuristen finden nicht statt34).

Die Liquidatoren haben bei Beginn der Liquidation eine Bilanz aufzustellen.

Dieselbe ist von ihnen ohne Verzug in den hierzu bestimmten öffentlichen Blättern bekannt zu machen und zu dem Handelsregister einzureichen. Die Veräußerung unbeweglicher Sachen kann durch die Liquidatoren, sofern

nicht der Gesellschaftsvertrag oder ein Beschluß der Generalversammlung anders bestimmt, nur durch öffentliche Versteigerung bewirkt werden.

die Liquidatoren, welche

mit den früheren Mitgliedern des Vorstandes identisch sein

können. — Die Thatsache der Beendigung der Liquidation ist in das Handelsregister nicht einzutragen und die Firma nicht zu löschen (Iohow u. Küntze.l IIJ, 24, V, 34).

Da­

gegen haben die Liquidatoren nach Art. 245 Abs. 4 die Beendigung der Liquidation in den hierzu bestimmten öffentlichen Blättern bekannt zu machen.

b. Die Abs. 2 und 4 dieses Art. schaffen neues Recht, indem sie die Ernennung und Abberufung von Liquidatoren

durch den Richter auf Antrag des Aufsichtsraths oder von

Aktionären, deren Antheile zusammen '/20 des Grundkapitals darstellen, zulassen (K.I3. 28). ES soll dieses Recht dazu dienen, auch im Stadium der Liquidation schweren Mißbräuchen zu begegnen (M. 241). Die Abberufung eines vonr Richter ernannten Liquidators kann jedoch,

abweichend von Art 134, nur durch den Richter erfolgen (M. 242). 33) Es finden also auf die Liquidatoren einer A.G. Anwendung die Artt. 135, 136, 137, 138, 140, 144, die Artt. l 37, Abs. 4 und 140 jedoch mit der Maßgabe, daß an die Stelle des Konsenses aller einzelnen Gesellschafter die Zustimmung der Generalversammlung tritt. Die Artt. 141, 142, 145 sind durch die Artt. 245, 246 ersetzt. Der Fall des Art. 143

kann bei der A.G. nicht Vorkommen, da der Einlegende für seine Einlage Aktien erhalten hat (M. 243). — Die Liquidatoren sind insbesondere befugt, die noch rückständigen Einzahlungen

auf die Aktien nach ihrem Ermessen einzuziehen, ohne sich in Betreff der Nothwendigkeit oder Zweckmäßigkeit der Einziehung in einen Streit mit den

einzelnen Aktionären

einzulaffen

(Bd. 22, S. 137); ihnen allein liegt die Einziehung der Aktiva ob, und zwar für die Ge­ sellschaft, nicht für die einzelnen Aktionäre als condomini; eben deshalb können die Aktionäre auch nur durch Generalversammlungs-Beschluß ihnen Anweisungen ertheilen (R.O.H. Bd. 22, S. 243).

34) Insbesondere finden auf die Liquidatoren Anwendung die Artt. 231, 236, 240, 241,

nicht aber die Artt. 232 und 234, weil diese nur auf werbende Gesellschaften (M. 243).

paffen

Des Fortbestandes des Aufsichtsraths während der Liquidation ist absichtlich

gedacht (K.B. 28), um jeden Zweifel über die Pflichten desselben und die der Liquidatoren gegen denselben abzuschneiden. Bei Beginn der Liquidation ist die Bilanz bei Ordnungsstrafe

(Art 249 F Abs. 2) aufzustellen.

Die M. 243 bemerken, daß für die Aufstellung weiterer

Bilanzen nicht das Geschäfts-, sondern das Liquidationsjahr maßgebend ist.

Dritter Titel.

Don der Aktiengesellschaft.

Art. 245.

269

Artikel 245. Das Vermögen einer aufgelösten Aktiengesellschaft wird nach Tilgung ihrer

Schulden unter die Aktionäre nach Verhältniß ihrer Aktien vertheilt33).

Die Vertheilung darf nicht'eher vollzogen werden, als nach Ablauf eines Jahres von dem Tage an gerechnet, an welchem die Bekanntmachung in den öffent­

lichen Blättern (Art. 243) zum dritten Male erfolgt ist36). In Ansehung der aus den Handelsbüchern ersichtlichen oder in anderer Weise

bekannten Gläubiger und in Ansehung der noch schwebenden Verbindlichkeiten und streitigen Forderungen kommen die bei der Kommanditgesellschaft auf Aktien ge­

gebenen Bestimmungen (Art. 202) zur Anwendung3?). 3Ä) Selbstverständlich findet die Vertheilung nur unter Berücksichtigung der Vorzugs­

rechte der verschiedenen Gattungen von Aktien statt (K.B. 28). — Das R.O.H. (Bd. 3, S. 338; Bd. 17, S. 46) nimmt an, daß ein Aktionär die Theilung Legehren könne, sobald theilbare Vermögensobjekte vorhanden sind, d. h. sobald sich herausgestellt hat, daß ein Ver­

mögens Überschuß vorhanden ist. — Die Bestimmung hinsichtlich der Vertheilung ist jedoch keine zwingende, und daß Statut kann andere Bestimmungen treffen (RG. VII, 70).

36) Gegen den Abs. 2 des Art. 245 wurde angeführt, daß kein Grund bestehe, eine A.G. gegenüber ihren Gläubigern in eine bessere Lage zu versehen, als andere Gesellschaften.

Wenn

das Vermögen ausgetretener offener Gesellschafter fünf Jahre lang hafte, so sei nicht abzusehen,

weshalb eine A.G schon nach einem Jahre ihr Vermögen zu vertheilen berechtigt sein solle,

obschon sie wisse, daß sie noch Gläubiger habe.

Es sei sogar möglich, daß innerhalb Jahres­

frist nicht einmal alle Gläubiger bekannt seien, und viele Gläubiger noch gar nicht wüßten, daß und welche Forderungen sie gegen die A.G. hätten.

Namentlich gegenüber See-Assekuranz-

kompagnien sei dies leicht möglich. — Es wurde hiergegen jedoch geltend gemacht: Die Be­

schränkung der Frist sei im Interesse der Aktionäre nothwendig, weil bei ihnen bis zur Vertheilung des Vermögens eine kostspielige Verwaltung ohne nutzbringende Verwendung in

der Zwischenzeit

erforderlich

sei,

während

offene

Gesellschafter

Liquidation sofort ihr Geld entnehmen und benutzen könnten.

nach

formell

vollzogener

In- Preußen bestehe sogar nur

eine sechsmonatliche Frist (§. 29 @. v. 9. November 1843), und diese habe noch zu keinen Klagen

Veranlaffung gegeben.

Im Interesse der Gläubiger sei die Bestimmung, weil sonst das

Vermögen sofort unter die Aktionäre vertheilt Realisation ihrer Forderungen erschweren würde.

werden würde,

was

den Gläubigern die

P. 366. — Das im Art. 245 bezeichnete

Jahr bildet keine Präklusivfrist für die Anmeldung der Gläubiger; vielmehr haben alle vor der Beendigung der Vertheilung aufgetretenen Gläubiger Anspruch auf Befriedigung aus

dem vorhandenen Vermögen, und eß liegt ihnen nicht ob, nachzuweisen, daß noch vertheilbares Vermögen vorhanden ist, vielmehr hat der Beklagte einzuwenden und zu beweisen,

daß vor

der Meldung des Gläubigers die legale Vertheilung des Gesellschaftsvermögens und das Er­ löschen der Gesellschaft stattgefunden hat.

(R.O.H. Bd. 19, S. 164.)

37) Der Art. 245 bestimmt, wann Vertheilungen an die Aktionäre erfolgen dürfen, nicht aber wie und wann im Stadium der Liquidation an die Gläubiger zu zahlen ist; er bestimmt daher auch nicht, daß

befristete Forderungen derselben durch die Auflösung der

A.G. fällig werden oder vor dem Beginne der Vertheilung unter die Aktionäre baar auszuzahlen sind (ebenso R.G. IX, 15). Diejenigen Forderungen, welche zur Zeit der be­ absichtigten Ausführung einer Vertheilung noch befristet sind, gehören insbesondere dann, wenn der Zeitpunkt des Eintritts der Fälligkeit innerhalb einer kürzeren Frist nicht im Voraus zu bemessen ist, zu den „schwebenden Verbindlichkeiten" der Gesellschaft. Es kann daher

hinsichtlich solcher, so lange die Ausführung der Vertheilung (resp, des Reduktionsbeschlusses,

Art. 248) noch nicht begonnen, nur Unterlassung derselben bis zur Deposition oder Sicher-

Zweites Buch. Von den Handelsgesellschaften. Artt. 246. 247.

270 Nach

gelegter Schlußrechnung ist die Beendigung der Liquidation

von den

Liquidatoren in den hierzu bestimmten öffentlichen Blättern bekannt zu machend).

Artikel 246.

Die Handelsbücher der aufgelösten Gesellschaft find nach der Bekanntmachung

von

der Beendigung der Liquidation an einem

stimmenden ficheren Orte zur Aufbewahrung

von dem Handelsgerichte zu be­

auf

die Dauer von zehn Jahren

niederzulegenM).

Die Aktionäre und die Gläubiger können zur Einsicht der Handelsbücher vom Handelsgerichte ermächtigt werden 4°).

Artikel 247.

Bei der Auflösung einer Aktiengesellschaft durch Vereinigung derselben mit einer anderen Aktiengesellschaft (Art. 215) kommen folgende Bestimmungen zur An-

wendung: 1. Das Vermögen der aufzulösenden Gesellschaft ist solange getrennt zu ver-

waltm,

bis die Beftiedigung

oder Sicherstellung

ihrer Gläubiger

er­

folgt ist 4i).

stcllung der Forderung, und, wenn sie begonnen, Deposition oder Sicherstellung verlangt werden (R.O.H. Bd. 24, S. 254). — Der Auflösungsbeschluß und der Eintritt in Liquidation begründen für sich allein nicht ein Recht der Gegenkontrahenten der A.G., die Auflösung schwebender Bertragsverhältnifse zu verlangen, doch kann wegen Fortfalls der Produktiven Thätigkeit der Gesellschaft unter Umständen eine wesentliche Voraussetzung des VertragsverhältniffeS fortgefallen sein, und diese Aenderung einen Grund zur vorzeitigen Lösung deS Verhältnisses abgeben (R.G. V, 8). — Die Gesellschaft-organe, in erster Linie die Liquidatoren, haben zu prüfen, ob die bestellte Sicherheit eine angemessene ist (K.B. 28). 3*) Statt dieses Absatzes, welcher eine neue Anordnung (jedoch nur für A.G., nicht für K.A.G.) trifft, enthielt das H.G.B. in der früheren Fassung die Bestimmung: .Mitglieder deS Vorstandes und Liquidatoren, welche diesen Vorschriften entgegenhandeln, sind persönlich und solidarisch zur Erstattung der geleisteten Zahlungen verpflichtet.' Diese Bestimmung ist durch die Artt. 241, 244 a Abs. 2 entbehrlich geworden. ”) Zu den Handelsbüchern gehören nach der Ansicht der M. 244, welche sich auf Art. 145 berufen, auch die Handelsschriften. — Diese Ansicht erscheint in solcher Allgemeinheit wohl nicht zutreffend, da daS H.G.B. sowohl in jenem Artikel als auch sonst (Art. 33) die Briefe (Papiere) neben den Büchern erwähnt. Dagegen werden die Kopirbücher, welche die ab­ gesandten Briefe enthalten, in der That zu den Handel-büchern gezählt, nicht aber die empfangenen Briefe, Rechnungen, Frachtbriefe u. dgl. — ES ist selbstverständlich, daß die Aufbewahrung der Bücher auf Soften der Aktiengesellschaft stattzufinden hat. P. 367. *) Diese neue Vorschrift soll den Aktionären und den Gläubigern, sowie den Rechts­ nachfolgern derselben beim Nachweise eines berechtigten Interesses die Einsicht der Bücher auch nach beendeter Liquidation ermöglichen; der Richter wird aber vor Ertheilung der Ermächtigung da-Interesse deS Nachsuchenden zu Prüfen und zu erwägen haben, daß die Ver­ mögensinteressen Dritter, welche mit der A.G. in Verbindung standen, nicht ohne Noth bloß­ gestellt werden bütfen (M. 244). ") Fusion. — Die Bestimmung der Ziff. 1 ist zwingend. Es kann daher vertraglich etwa- Anderes nicht wirksam festgesetzt werden. Die Pflicht der getrennten Vermögens­ verwaltung ist eine gesetzliche Folge des Fusionsvertrages. — Fusion ist nicht Eintritt in

Dritter Titel. Bon der Aktiengesellschaft. Art. 248.

271

2. Der bisherige Gerichtsstand der Gesellschaft bleibt für die Dauer der ge­

trennten Vermögensverwaltung bestehen, dagegm wird die Verwaltung von

der anderen Gesellschaft geführt. 3. Die Mitglieder des Vorstandes und des AuffichtSrath» der letzteren Gesell­ schaft find den Gläubigern der aufgelöstm Gesellschaft für die Ausführung

der getrennten Verwaltung persönlich und solidarisch verantwortlich, die

Mitglieder des AuffichtSrathS, beider Gesellschaften

mit

soweit eine Vereinigung der Vermögen

ihrem Wissen und

ohne ihr Einschreiten er­

folgt ist«).

4. Die Auflösung der Gesellschaft ist zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden.

5.

Die öffentliche Aufforderung der Gläubiger der aufgelöstm Gesellschaft (Art. 243) kann unterlassen oder auf einen späteren Zeitpunkt verschobm

werden.

Jedoch ist die Vereinigung der Vermögen der beiden Gesellschastm

erst in dem Zeitpunfte zulässig, in welchem eine Vertheilung des Ver­ mögens einer aufgelösten Aktiengesellschaft unter die Aktionäre erfolgen darf

(Art. 245). Artikel 248«). Eine theilweise Zurückzahlung des Grundkapitals an die Aktionäre oder eine

Herabsetzung desselbm kann nur auf Beschluß der Generalversammlung und nur unter Beobachtung derselben Bestimmungen erfolgen, welche für die Vertheilung des Gesellschaftsvermögens im Falle der Auflösung maßgebmd sind (Art. 243, 245). Der Beschluß hat zugleich die Art, in welcher die Zurückzahlung oder Herabsetzung

Liquidation, insbesondere nicht in dem Sinne einer Beendigung der produktiven Seite des Geschäfts. Der Art. 247 (und namentlich die in demselben enthaltene Anordnung der ge­ trennten Verwaltung) ergiebt, daß die Rechtspersönlichkeit der aufgelösten Gesellschaft durch die neue Gesellschaft, soweit eS sich um die Gläubiger der ersteren handelt, fortgesetzt wird (R.G. IX, 16 ff.). «) Die Bestimmung, daß auch die Mitglieder deS AuffichtSrathS verantwortlich sind, enthält eine Neuerung gegenüber dem bisherigen Rechte; mit ihr correspondiren die Artt. 215 Abs. 4 und 226 Ziff. 5. — Zu beachten ist, daß hier nicht von dem Borstande oder Aufsicht-rathe, sondern von dessen betreffenden einzelnen Mtgliedern die Rede ist (M. 244). ") Der Art. 248 bezweckt den Schutz der Gesellschaft-gläubiger gegen die Gefährdung dmch vorzeitige Kapitalhrimzahlungen und durch Beseitigung aller Wtittel zu ihrer Be­ friedigung. Eine solche Garantie, wie sie der Art. gewährt, wurde für um so nöthiger erachtet, als bei den A.G. die Gesellschaft-gläubiger in keiner Weise den Personen, vielmehr nur dem zusammengeschossenen Vermögen vertrauen. P. 311. Vgl. Art. 203. — Der Art. 248 geht zwar von dem Falle einer gleichmäßigen Rückzahlung auf jede Aktie al- dem gewöhn­ lichen au», hat jedoch andere Fälle nicht ausgeschlossen (R.O.H. Bd. 18, S. 432). — Mit Recht hat daS R.O.H. «Bd. 24, S. 245) darauf hingewiesen, daß theilweise Zurückzahlung de» GmndkapitalS und Herabsetzung desselben nur unter Beobachtung derselben Bestimmungen wie für die Vertheilung deS Gesellschaft-vermögen- im Falle der Auflösung erfolgen dürfen, daj aber jene Fälle nicht wie diese da- Untergehen de- alten Recht-subjekte», sondern meisten» gerade dessen Erhaltung, wenngleich mit veränderter Organisation, bezwecken.

272

Zweites Buch. Von de» Handelsgesellschaften. Art. 249.

erfolgen soll, und die »u ihrer Durchführung erforderlichen Maßregeln festzusetzen"). Er muß, sofern der Gesellschaftsvertrag für die Beschlußfassung nicht noch andere Erfordernisse aufstellt, durch eine Mehrheit von drei Viertheilen des in der General­ versammlung vertretenen Grundkapital» erfolgen.

Sind verschiedene Gattungm von

Aktien ausgegeben, so bedarf es zu dem von der gemeinschaftlichen Generalversamm­ lung gefaßten Beschlusse der Zustimmung einer besonderen Generalversammlung der

benachtheUigten Aktionäre, deren Beschlußfassung derselben Vorschrift unterliegt. Der Beschluß ist in da» Handelsregister einzutragen; auf die Eintragung finden die Vorschriften im Artikel 214 Anwendung.

Vierter Titel.

Atrafbestimmuugeu.') Artikel 249. Persönlich hastende Gesellschafter, Mitglieder des Aufsichisraths und Liqui­ datoren einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, sowie Mitglieder des Vorstandes

") Dieser Satz enthält mehr als auf den ersten Blick ersichtlich ist Die Tragweite ist in den M. 245 auseinandergesetzt und von der Kommission des Reichstags (K.B. 28, 5) gebilligt. Die ersteren bemerken: Es handle sich darum, eine Schwierigkeit bei der Herabsetzung des Grundkapitals zu beseitigen. Auch für diese gelte die Grenze, daß die Minimalhöhe der Aktien ausnahmslos einzuhalten sei (Art. 207 a), und daß kein Aktionär genöthigt werden könne, -u den Zwecken der Gesellschaft und zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten mehr als den statutenmäßig zu leistenden Betrag beizutragen (Art. 219). Innerhalb dieser Grenzen müsse die Generalversammlung (jedoch ohne Befugniß zur Delegation) daS Recht haben, nicht nur die Zurückzahlung oder Herabsetzung deS Grundkapitals, sondern auch jede der Arten einer solchen (Herabsetzung des Nominalbetrags oder Verminderung der Zahl der Aktien durch Zurückerwerb und Vernichtung, Amortisation einer Anzahl, Zusammenlegung mehrerer zu einer Aktie von geringerem Betrage als deren Gesammtbetrag) und die zur Durchführung der gewählten Art erforderlichen Maßregeln zu beschließen. Dem gegenüber könne der einzelne Aktionär kein Sonderrecht geltend machen. Hieraus folge, daß, wenn bei einer beschlossenen Zusammenlegung von Aktien ein Aktionär die hierzu erforderliche Anzahl von Aktien nicht habe, er zu einer Veräußerung seiner hierzu unzureichenden Aktien oder zur Ueberlassung an die Gesellschaft gegen Entschädigung gezwungen werden könne. Der Reduktionsbeschluß könne und solle die erforderlichen Maßregeln mit verbindlicher Kraft auch für die diffentirenden Aktionäre festsetzen. Mit Rücksicht auf diese der Generalversammlung verliehene Macht sei ein solcher Beschluß mit besonderen schützenden Formen im Art. 248 versehen, selbst wenn schon das Statut die Zulässigkeit einer Zurückzahlung oder Herabsetzung des Grundkapitals vor­ gesehen habe. *) In diesem Titel sind die Strafbestimmungen für K.A.G. und A.G. zusammengefaßt. Für die zeitliche Anwendung dieser Strafbestimmungen auf frühere Fälle enthält §. 2 Abs. 2 des St.G B. die maßgebende Bestimmung. In den Fällen der Artt. 249 bis 249 d tritt kumulativ Gefängniß und Geldstrafe ein. Nach dem Maaße der daselbst und in den Artt. 249e und f bestimmten Strafen sind daher in allen diesen Fällen gemäß §. 74 Ziff. 2, §. 73 Ziff. 1 und §. 27 Ziff. 2 deS GerichtsverfaffungsgesetzeS die Strafkammern der Land­ gerichte zuständig.

Vierter Titel.

Strafbestimmungen.' Att- 249a.

273

und des Aufsicht-rath» und Liquidatoren einer Aktiengesellschaft werden, wenn sie

absichtlich zum Nachtheile der Gesellschaft handeln, mit Gefilngniß und zugleich mit Geldstrafe bis zu zwanzigtausend Mark bestraft.

Zugleich kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden»). Artikel 249a.

Mit Gefängniß

und

zugleich

mit Geldstrafe

bis

zu zwanzigtausend Mark

werden bestraft:

1.

persönlich haftende Gesellschafter oder Mitglieder de» AuffichtsrathS einer

Kommanditgesellschaft auf Mien, sowie Gründer, Mitglieder

de» Vor­

stände» oder de» Aufsicht-raths einer Aktiengesellschaft, welche behufs Ein­ tragung de« GesellschastSvertrage» in da» Handelsregister rückfichüich der

Zeichnung oder Einzahlung de» Gesammtkapital» der Kommanditisten oder de» Grundkapital» der Aktiengesellschaft oder der im Artikel 175 b oder

209b vorgesehenen Festsetzungen wissentlich falsche Angaben machen;

2.

diejenigen, welche rückfichüich der bezeichneten Thatsachen wissenüich falsche

Angaben in einer im Arttkel 180a, 218b vorgesehenen Ankündigung von Aktien machen;

3.

persönlich hastende Gesellschafter oder Mitglieder deü Aufsichtsraths einer Kommanditgesellschaft auf Aktten, sowie Mitglieder de» Vorstande» und de»

Aufsicht-rath» einer Aktiengesellschaft, welche behuf» Eintragung einer Er­ höhung de» Gesammtkapital» der Kommanditisten oder de» Grundkapital» der Aktiengesellschaft in da» Handelsregister (Art. 180h und 180i, 215a

und 215 b)

rückfichüich

der Zeichnung

der Einzahlung

oder Einzahlung

deü

bisherigen

oder rückfichüich

de» erhöhten Kapital» wiffenüich falsche

Angaben machen.

Zugleich kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.

Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt ausschließlich die Geldstrafe ein*). •) Dieser Art. bestimmt Strafen für die Untreue in Anlehnung an §.266 Ziff. 1

und 2 des St.G.B.

Die Komplementäre bezw. Vorsteher, die Mitglieder des AufsichtSrathS

und die Liquidatoren von KAG. und AG. sind, um Zweifel über die analoge Anwendung jmer Ziff. 1 zu vermeiden, hier ausdrücklich benannt, und eS ist der weitere Thatbestand aus

Ziff. 1 übernommen.

Die Anwendung d«S Art. 249 setzt nicht den Nachweis einer Absicht,

sich »der einem anderm einen VermögenS-Dortheil zu verschaffen, voraus(M. 250), wohl

aber den Nachweis des absichtlichen (wiffentlichen K.B. 34) Handelns zum Nachtheil der Gesellschaft.

') Dieser Art. bestraft wissentlich falsche Angaben: 1. behufS Eintragung des Statut- in daS Handelsregister feiten» Derjenigen, welche bei der Errichtung von KAG. und AG. nach dem Gesetze mitzuwirken

haben (insbesondere auch der Gründer), in Bezug auf die Zeichnung oder Einzahlung

des Gefammt- resp. Grundkapital», die den Gesellschaftem bezw. Aktionären ein­ geräumten Dorthelle, die nicht baar zu leistenden Einlagen und dm Gründungs­

aufwand, 2. hinsichtlich derselbm Thatsachen bei der öffenüichm Ankündigung, um Aktien in den Verkehr einzuführen, seitens der Emittenten, Aalower, Handelsgesetzbuch.

10. litfL

18

274

Zweites Buch.

Bon ben Handelsgesellschaften.

Art. 249 b.

Artikel 249b.

Persönlich hastende Gesellschafter, Mtglieder des AuffichtSrathS und Liquidatorm einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, sowie Mtglieder des Vorstandes

und de» Auffichtsraths und Liquidatoren einer Aktiengesellschaft werden mit Ge­

fängniß bi» zu einem Jahre und zugleich mit Geldstrafe bis zu zwanzigtausend Mark bestraft:

1.

wenn fie wissentlich in ihren Darstellungen, in ihren Uebersichten über den Vermögensstand der Gesellschaft oder in den in der Generalversammlung gehaltenen Vorträgen dm Stand der Verhältnisie der Gesellschaft unwahr

darstellm oder verschleiem;

2. wmn sie vor der vollen Leistung des Nominalbetrages der Mtien oder des in dm Mm der Artikel 175a Ziffer 2, 180h Absatz 2 , 209a Ziffer 2,

215a Absatz 2 festgesetzten Betrage« Aktien auSgebm;

3. wenn fie in dem Falle einer stattgefundenen Erhöhung des Gesammtkapitals oder des Grundkapitals vor Eintragung derselben in das Handels­

register (Art. 180i Abs. 3, 215c Abs. 3) Aktien oder JnterimSscheine ausgebm;

4. wenn fie auf einen geringeren Betrag als eintausend Mark gestellte Aktien

oder JnterimSscheine ausgeben, welche nicht die im Artikel 181a Absatz 3, 215 c Absatz 4 vorgeschriebenen Angaben enthalten.

Im Falle der Ziffer 1 kann zugleich auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte

erkannt werdm. Sind mildemde Umstünde vorhandm, so tritt ausschließlich die Geldstrafe ein«).

3.

behufS Eintragung einer Erhöhung

deS

Grundkapitals in daS Handels­

register seitens Derjenigen, welche nach den» Gesetze hierbei mitzuwirken haben,

in Bezug auf Einzahlung des bisherigen oder die Zeichnung oder Einzahlung des erhöhtm Kapital» (Gesichtspunkt der Neugründung).

Die Absicht de» Gesetze» ist eS: hier wie in Art. 249 d Ziff. 1 und 2 schon da» be­ trügerische Manöver an sich ohne Rücksicht auf den nachweisbaren Zusammenhang (Kausal­

nexus) mit der Schädigung al» strafbar zu erklären (M. 248).

ES ist eia anderer Thatbestand

al» im §. 263 St.G.B., weil eine JrrthumSerregung und dadurch herbeigeführte Der-

mögenSb eschädigung nicht Voraussetzung für die Anwendung de» Art. 249a ist (M. 251). —

In der ReichStag»-Kommisston (K.B. 34) wurde bemerkt, daß die Ziff. 1 d. Art. auch den Fall

trifft, wenn Gründer in der im Art. 209g erforderten (GründungS-)Erklärung

wissentlich

fasche Angaben machen, weil auch diese nach Art. 210 Ziff. 1 dem Richter zum Zwecke der

Eintragung der Gesellschaft überreicht werden muß. *) Dieser und der folgende Artikel wollen Pflichtwidrigkeiten der dieK.A.G. und A.G. leitenden Personen bestrafen, um die Erfüllung der betreffenden Pflichten zu sichern.

Die

Strafen sind milder als im Art. 249» normirt, weil eS sich hier nicht um eine betrügerische Täuschung der Akftonäre und de» Publikum» über die erheblichsten Grundlagen der Gesell­

schaft, sondem um Täuschungen handelt, welche die Gesellschaft weniger schädigen und bei einer

größeren Theilnahme der Aktionäre an der Kontrole leichter entdeckt werden können (M. 252). Im Falle der Ziff. 1 ist eS nach Abs. 3 zugelassen, auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte zu erkennen, um auch solche Handlungen angemessen bestrafen zu können, welche auS ehrloser

Gesinnung, namentlich auS gewinnsüchtiger Msicht hervorgegangen sind (M. ibid.).

Werter Titel. Strafbestimmungen. Artt. 249 c. 249 d.

B75

Artikel 249c.

Mit Gefängniß bi»

zu drei Monaten und zugleich mit Geldstrafe bis zu

fünftausend Mark werden bestraft: 1. die persönlich haftenden Gesellschafter, die Mitglieder de» Auffichtsraths

und die Liquidatorm einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, sowie hie Mitglieder des Vorstandes und de» Auffichtsraths und die Liquidatoren

einer Aktiengesellschaft, wmn länger al« drei Monate die Gesellschaft ohne

Aussichtsrath geblieben ist oder in dem letzteren die zur Beschlußfähigkeit erforderliche Zahl von Mitgliedern gefehlt hat;

2. die Mitglieder de» Vorstände» und die Liquidatorm einer Aktiengesellschaft,

wmn fie entgegm der Vorschrift de» Artikel» 240 Absatz 2 e» unterlassen haben, die Eröffnung de» Konkurse» zu beantragen. Sind mlldernde Umstände vorhanden, so ist auf die Geldstrafe ausschließlich

zu erkennen.

Die Strafe tritt nicht gegen denjenigm ein, welcher nachweist, daß die Be­

stellung oder Ergänzung des Auffichtsraths oder der Eröffnungsantrag ohne sein Verschulden unterblieben ist5).

Artikel 2494«).

Mit Gefängniß bis zu einem Jahr und zugleich mit Geldstrafe bi» zu zehn­

tausend Mark wird bestraft: 1. wer in öffmtlichen Bekanntmachungen wissentlich falsche Thatsachen vor­

spiegelt oder wahre Thatsachen entstellt, um zur Betheiligung an einem Attienuntemehmen zu bestimmen7); 2. wer in betrügerischer Abficht auf Täuschung berechnete Mittel anwendet, um auf den Kurs von Aktim einzuwirken«);

Zu Ziff. 2 ist in der Reichstags-Kommission (K.B. 35) konstatirt, daß die Ausgabe der einzelnen Aktien statthaft ist, sobald der für sie festgesetzte Betrag voll eingezahlt ist, nicht erst nach Bollbezahlung aller Aktim. 5) Im Abs. 3 diese» Art. ist ausnahmsweise der ExulpationSbeweiS zugelaffm (K.B. 35). •) Dieser Artikel wendet sich gegen Jeden, der in allgemein gefährdender Weise auf dem Gebiete des Aktienverkehrs Schwindeleim begeht (M. 253). ’) Die Ziff. 1 richtet sich insbesondere gegm die Werbung zur Betheiligung an einem Aktimunternehmm (K.A.G. oder A.G. de» In- oder Auslandes, K.B. 38) durch Täuschungen vermöge unrichtiger Prospekte in öffmtlichen Bekanntmachungm, insbesondere durch die Preffe. Eine Verantwortlichkeit für die Hervorhebung aller etwa wichtig erscheinenden Thatsachen in Prospckten ist im Gesetze nicht einmal civilrechtlich verlangt, well dem ©neu manchmal wichtig erscheint, waS dem Anderen unwesentlich ist. Die Strafbarkeit ist daher nicht an die Unterdrückung wahrer Thatsachen, sondern an die Vorspiegelung unwahrer Thatsachm oder die Entstellung wahrer Thatsachen geknüpft (M. 253). In der Ziff. 1 d. Art. ist daS Wort .wissentlich" auf einen Antrag Reichensperger (Reichstags-Prot. S. 1159) und der 4. Abs. d. Art. auf einen Antrag Windthorst, der in 2. Lesung (ReichStagS-Prot. S. 982) abgckehnt, in 3. Lesung (ReichStagS-Prot. S. 1160) angmommm wurde, zum Schutze der Zeitung- -Redakteure (K.B. 36) hinzugefügt. 8) Die Ziff. 2 sucht dem betrügerischen Einwirken auf dm KurS von Aktim (gleichviel 18*

Zweites Buch.

276

Von den Handelsgesellschaften.

Art. 249 e.

3. wer über die Hinterlegung von Aktien ober Jnterimsscheinen Bescheini­

gungen,

welche

zum Nachweise

des

Stimmrechts

in

einer

General­

sammlung dienen sollen, wissentlich falsch ausstellt oder verfälscht, oder von einer solchen Bescheinigung, wissend, daß sie falsch oder verfälscht ist, zur

Ausübung des Stimmrechts Gebrauch macht0). Zugleich kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt ausschließlich die Geldstrafe ein.

Ist die öffentliche Bekanntmachung ad 1 im Jnseratentheil einer periodischen Druckschrift erfolgt und der Verfasser des Inserates nicht nur unter demselben genannt, sondern auch in dem Bereiche der richterlichen Gewalt eines deutschen

Bundesstaates, so findet §. 20 Alinea 2 des Gesetzes über die Presse vom 7. Mai 1874 (Reichs-Gesetzbl. S. 65) keine Anwendung?)

Artikel 249e.

Wer sich besondere Vortheile dafür hat gewähren oder versprechen lassen, daß er bei einer Abstimmung in der Generalversammlung von Kommanditisten oder

Aktionären in einem gewissen Sinne stimme, wird mit Geldstrafe bis zu dreitausend Mark oder mit Gefängniß bis zu einem Jahre bestraft10 * *).* * * * * * 9 ob zur Zeit schon Aktienbriefe oder nur noch Jnterimsscheine existiren K.B. 38) durch auf Täuschung berechnete Mittel entgegenzutreten, seien diese darauf berechnet das Steigen oder Fallen des Kurses zu bewirken oder einen in Wirklichkeit nicht vorhandenen Kurs scheinbar zu erzeugen.

Objektiv wird hiernach die Amvendung auf Täuschung berechneter Mittel

zum Zwecke der Einwirkung auf den Kurs

und

subjektiv die betrügerische Absicht

verlangt, d. b. die Absicht sich oder einem Anderen dadurch einen rechtswidrigen Vermögens­ vortheil zu verschaffen oder Andere zu benachtheiligen (M. 254).

Deshalb ist die Ziff. 2 auf

daS bei Einführung neuer Papiere an der Börse vorkommende Abschließen fingirter Käufe und Verkäufe, um nur erst überhaupt einen Kurs festzustellen, ohne hinzutretende betrügerische

Absicht nicht anwendbar. — Ob die zur Täuschung angewendeten Mittel Erfolg gehabt haben, ist dagegen gleichgültig (K.B. 38). — Unter Kurs ist hier nicht blos der im amtlichen Kurs­

zettel notirte, sondern jede in die Oeffentlichkeit tretende Feststellung deß Durchschnittspreises einer Aktie zu verstehen (K.B. ibid.). 9) Die Ziff. 3 richtet sich gegen

das

betrügerische Einwirken

auf daß

Stimm-

verhältniß in den Generalversammlungen; die falscheAuSstellung oder Verfälschung von Bescheinigungen über die zur Ausübung des Stimmrechts erfolgte Hinterlegung von

Aktien oder Jnterimsscheinen, sowie die wiffentliche Benutzung solcher wird bestraft.

In

allen diesen Fällen liegt die Gefahr einer Fälschung des Mehrheitswillens vor; auf den Erfolg

kommt es nach dem Thatbestände nicht an.

Unter falscher Ausstellung wird sowohl die

subjektive als die objektive verstanden, also sowohl der Fall, daß die Fälschung die Person des zur Ausstellung Berechtigten betrifft als auch den Fall, daß der Berechtigte einen falschen

Inhalt bescheinigt hat.

Der Thatbestand der Urkundenfälschung oder des Betruges kann

konkurriren (M. 255). *) Dieses Alinea lautet: Ist die Druckschrift eine periodische, so ist der verantwortliche Redakteur als Thäter zu bestrafen, wenn nicht durch besondere Umstände die Annahme seiner

Thäterschaft ausgeschlossen wird. 10) Dieser Artikel ist dem §. 213 der R.K.O. nachgebildet, weil dort wie hier eine öffentliche Pflicht der in der bestimmten Gemeinschaft Befindlichen anerkannt wurde, ihre

Stimmen unbestochen von besonderen Vortheilen abzugeben (K.B. 39).

Er umfaßt nicht blos

Vierter Titel.

Strafbestimmungen.

Artt. 249 f. 249 g.

277

Artikel 249f.

Wer in der Generalversammlung die Aktien eines Anderen, zu dessen Ver­ tretung er nicht befugt ist, ohne dessen Einwilligung zur Ausübung des Stimmrechts benutzt, wird mit einer Geldstrafe von zehn bis dreißig Mark für jede der Aktien, jedoch nicht unter eintausend Mark, bestraft. Die gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher Aktien eines Anderen gegen Entgelt leiht und für diese das Stimmrecht ausübt, sowie denjenigen, welcher hierzu durch Verleihung der Aktien wissentlich mit­

gewirkt hat

Artikel 249g. Die persönlich haftenden Gesellschafter und die Liquidatoren einer Kommandit­

gesellschaft auf Aktien sind zur Befolgung der in den Artikeln 179, 185, 185 c, 190a Absatz 4 und 5, 193 Absatz 2 und 205 Absatz 3 enthaltenen Vorschriften von dem Handelsgerichte durch Ordnungsstrafen anzuhalten. In gleicher Weise sind die Mitglieder des Vorstandes und die Liquidatoren einer Aktiengesellschaft zur Befolgung der in den Artikeln 212, 213 f Absatz 4,

222 (Art. 190 a Abs. 4, 5), 222 a Absatz 3 und 4, 225 Absatz 1, 228, 233 Absatz 1, 238a Absatz 2, 239 Absatz 2, 239b (Art. 185c), 240 Absatz 1, 243 Absatz 1, 244 Absatz 3, 244a Absatz 3 und 247 Ziffer 4 enthaltenen Vorschriften anzuhalten 12).

§ 213). Die in den Artikeln 173, 173 a, 174 a, 175 Absatz 1 und 2, 175 a bis 177, 180 und 207, 207 a, 209 Absatz 1 und 2, 209 a bis 210 c, 213 a der neuen Fassung enthaltenen Bestimmungen finden auf Gesellschaften, welche vor dem Tage des Inkraft-

Aktionäre und Kommanditisten, sondern auch Bevollmächtigte und Vertreter, welche zur Aus­ übung des Stimmrechts befugt sind (M. 256). ii) Dieser Artikel ist durch die Reichstagßkommission hinzngefügt (K.B. 39); er richtet sich gegen die Benutzung von Aktien, welche man für Andere nur in Depot hat, ohne deren Zustimmung zur Ausübung des Stimmrechts, und gegen das Leihen und Verleihen von Aktien gegen Entgelt behufs Ausübung deß Stimmrechts. Nicht getroffen wird also die unentgeltliche Vertheilung von Aktien an mehrere Personen Zwecks Umgehung der Beschrän­ kungen, welchen etwa die Besitzer einer Mehrzahl von Aktien (Artt. 190, 221 Abs. 2) rück­ sichtlich der Ausübung des Stimmrechts für die mehreren Aktien unterliegen. Erlaubt bleibt ferner der Erwerb von Aktien zu dem Zwecke der Ausübung deß Stimmrechts tni Wege des Reportgeschäfts. Ab gelehnt ist ein Antrag, zu bestimmen, daß nur die Eigenthümer und die von diesen mit formeller Vollmacht versehenen Personen stimmen dürften, weil die leichte Art der Legitimationsbeschaffung als ein natürlicher Vorzug der Inhaberaktie festgehalten werden müsse (K.B. 39). 12) Dieser Artikel faßt die verschiedenen Fälle der zulässigen Ordnungsstrafen zusammen (M. 256). 13) Die §§. 2—7 enthalten Uebergangsbestimmungen, durch welche im Wesent­ lichen daß Gesetz auf die bei seinem Inkrafttreten bereits bestehenden Gesellschaften insoweit für anwendbar erklärt ist, als nicht deren Rechtsverhältnisse auf vertragsmäßiger Grundlage berufen und dadurch bereits begründete Rechte verletzt werden würden. Sofort anwendbar sind »'eine Bestimmungen insoweit sie zur Ergänzung von Vorschriften des bisherigen Rechts ergangen sind oder das öffentliche Recht berühren. Dahin zählen die M. 257 beispielsweise die Anordnungen hinsichtlich der Amortisation von Aktien (Art. 215 d Abs. 2), hinsichtlich der

278

Zweites Buch.

Nou dm Handelsgesellschaften.

tretens dieses Gesetzes angemeldet sind, aber erst an oder nach diesem Tage zur Eintragung in das Handelsregister gelangen, keine Anwendung, sofern schon vor dem bezeichneten Tage die Voraussetzungen erfüllt sind, an deren Nachweis die bisherigen Bestimmungen die Eintragung knüpfen**). Dasselbe gilt für diese Gesellschaften sowie für die schon bestehenden Gesell­ schaften von den Vorschriften der Artikel 180 a bis 180 e, 181 und 213 b bis 213 s16). Die Vorschrift im Artikel 181 a und 215 c über die Unzulässigkeit der Aus­ gabe von Interimsscheinen vor der Eintragung des Gesellschaftsvertrages in das Handelsregister findet auf die im ersten Absätze bezeichneten Gesellschaften An­ wendung1*).

§. 3. Auf eine Erhöhung des Gesammtkapitals der Kommanditisten oder des Grund­ kapitals bestehender Gesellschaften kommen die Bestimmungen dieses Gesetzes nicht zur Anwendung, sofern der auf die neu auszugebenden Aktien eingeforderte Betrag vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes geleistet istV). Zuständigkeit und Beschlußfassung der Generalversammlung (Art. 215 und 180g), des Beschlußrechts der Erschienenen (Artt. 221 Ms. 1 u. 186), der Anfechtung der Beschlüsse

(Artt. 222, 190a u. 190b), der Bestellung von Revisoren (Art. 222a), deS Klagerechts der Minorität (Art. 223, R.G. xviil, 61), des Rechts derselben auf Berufung einer General­ versammlung und Stellung von Anträgen (Artt. 237 u. 188), der Frist ihrer Berufung und

Tagesordnung (Art. 238), der Form der Protokolle (Art. 238a), hinsichtlich der Pflichten und Haftung von AufsichtSrath (Art. 225, 226 u. 204) und Vorstand (Artt. 240, 241), hinsichtlich

der Liquidation (Art. 244ff.) u. dgl. m. ") Die im Ms. 1 citirten Vorschriften über die Gründung und die Verantwortlichkeit

der Gründer finden — wie die M. 257 annehmm — selbstverständlich keine Anwendung auf die bei dem Inkrafttreten deS Gesetzes bereits bestehenden Gesellschaften; der Abs. 1

soll die Zweifel lösen, wann eine Gesellschaft als bestehend anjusehen ist, und bestimmt des­

halb positiv, daß auch eine bereits tut Eintragung angemeldete (wenngleich noch nicht

eingetragene) Gesellschaft alS bestehend »u betrachten ist, wofern materiell die Voraussetzungen vorhanden sind, an welche da« bisherige Recht die Eintragung knüpfte.

Wenn nun auch

Ms. 1 nur bestimmt, daß die in ihm citirten Artikel auf die so eben näher bezeichneten Gesell­ schaften feilte Anwendung finden, so «giebt sich hieraus, daß sie auf die Gesellschaften, welche

schon vor dem 14. August 1884 in das Handelsregister eingetragen worden sind, gleich­ falls un anwendbar sind. u) Der Abs. 2 erklärt zur Beseitigung von Zweifeln auf die bestehenden und im Sinne des

Ms. 1 angemeldeten Gesellschaften ferner für unanwendbar die Bestimmungen üb« die Haftung der Emittenten (Artt. 180 a, 213 b) und der Mitglieder deS AufsichtSrathS für die Prüfung

d« Gründung (Artt. 180b, 213 c), üb« die Vergleiche und Verzichte auf Ansprüche aus der Gründung (Artt. 180c, 213d), über die Verjährung solch« Ansprüche (Artt. 180d, 213 e), die Nachgründung, Erwerb von Anlagen und Immobilien (Art. 180 e, 213 f) und die Beschränkung

deS Komplementärs über feine Einlage »n verfügen (Art. 181). “) Der Abs. 3 dagegen erklärt das Verbot der Schlußbestimmung im Abs. 2 der

Artt. 181a u. 215c, ZnterimSscheine vor Eintragung des Statuts auSzugeben, auch auf die bestehenden und die im Sinne des Ms. 1 angemeldeten Gesellschaften für anwendbar.

1T) D« §. 3 erklärt die Bestimmungen dieses Gesetzes für unanwendbar auf Er­ höhungen deS Grundkapitals, sofern der auf die neu

auszugebenden

Aktien ein­

geforderte Betrag (auch nur einer ersten Rate, K.B. 39) vor dem Inkrafttreten deS

Gesetzes geleistet ist; eS genügt daher nicht, daß die Erhöhung beschlossen und die Aktien gezeichnet sind oder daß die bisher gesetzliche Mindestquote von 10% geleistet ist, wofern im

(UebergangSbestimmungen.)

Gesetz v. 18. Juli 1884.

L7S

§. 4. Die Vorschriften im Artikel 190 Absatz 1 und 4 (Art 221) über das Stimmrecht finden auf die bestehenden und die im §. 2 Absatz 1 bezeichneten Ge­ sellschaften nicht Anwendung, soweit der Gesellschaftsvertrag zur Zeit des Inkraft­ tretens dieses Gesetzes andere Bestimmungen enthält 18).

8- 5. Die bestehenden und die im §. 2 Absatz 1 bezeichneten Gesellschaften dürfen auf Grund des Artikels 222 Ziffer 3 der alten Fassung von dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ab die Zeichner nicht vollständig eingezahlter Aktien von der Haftung für weitere Einzahlungen nicht befreien und Interimsscheine, welche auf Inhaber lauten, nur insoweit ausstellen, als die Befreiung des Zeichners schon vor diesem Tage eingetreten ist 19). Erhöhungsbeschluß eine größere festgesetzt ist (M. 259). — Die Fassung des §. 3 ist keine

glückliche, denn beabsichtigt scheint nur zu sein, die Bestimmungen diese- Gesetzes über Er­

höhungen de- Gesummt-

oder Grundkapitals

(Artt. 180h,

215 a) für unanwendbar zu

erklären, wenn der auf die jungen Aktien eingeforderte Betrag vor dem 14. August 1884 geleistet ist. E contrario folgt hieraus, daß, wenn diese Zahlung nicht rechtzeitig erfolgt ist, jene Bestim­

mungen des neuen Gesetzes allerdings anwendbar sind, nicht aber sind es alle Bestimmungen desselben.

So wird z. B. der Art. 207 a (Minimalbetrag der Aktien von 1000 Mark) auf

Erhöhungen deS Grundkapitals bestehender Gesellschaften m. E. in allen Fällen u n anwendbar Herausgegeben vom Verein zur Wahrung der

sein. (Ebenso Laue. Gutachten. Berlin, 1885.

wirthschaftlichen Interessen von Handel und Gewerbe). korrekt lauten müssen:

Die Fassung des §. 3 hätte daher

Die Bestimmungen dieses Gesetzes über die Erhöhung deS Gesammt-

kavitalS der Kommanditisten oder des Grundkapitals

von Aktiengesellschaften kommen auf

bestehende Gesellschaften nicht zur Anwendung, sofern der auf die neu auSzugebenden Aktien

eingeforderte Betrag vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes geleistet ist. — Vgl. Jur. Wochenschrist 1885 S. 316.

i®) Der §. 4 erklärt die Bestimmungen in Art. 190 Abs. 1 u. 4 über daS Stimmrecht der Kommanditisten und Komplementäre, welche nach Art. 221 Abs. 2 auch für Aktionäre gelten, dann für unanwendbar auf die bestehenden und im Sinne des §. 2 Abs. 1 angemeldeten Gesellschaften, wenn das Statut zur Zeit des Inkrafttretens des Gesetzes andere Bestimmungen enthält. Nach jenem Zeitpunkt dürfen Aenderungen deS Statuts entgegen den neuen gesetzlichen Be-

stimmungen auch von den bezeichneten Gesellschaften nicht mehr vorgenommen werden.

Auch

würden statutarische Bestimmungen, welche etwa einzelnen, mit Stimmrecht nicht bekleideten

Mionären zugleich den Besuch der Generalversammlung verböten und dadurch daS Wider­

spruchsrecht derselben verhinderten, verlieren (M. 157, 260).

gegenüber der Vorschrift in Artt. 190a u. 222 ihre Kraft

Der §. 238

Abs. 1,

Inhalts dessen den Aktionären mindestens

2 Wochen zur Vorbereitung ihrer Theilnahme an der Generalversammlung frei bleiben müssen, ist auch auf die bestehenden und im Sinne des §. 2 Abs. 1 angemeldeten Gesellschaften trotz

etwaiger kürzerer im Statute bestimmter Fristen anzuwenden (K.B. 39). 19) Der Art. 222 Ziff. 3 deS H.G.B. gestattete die statutarische Bestimmung für Jnhaber-

attien, daß nach gezahlten 40% die Befreiung deS Zeichners von der Haftung für weitere Ein­ zahlungen zulässig sein sollte, und im Falle eingettetener Liberirung über die geleisteten Ein­

zahlungen JnterimSscheine auf Inhaber ausgestellt werden dürsten.

verbietet

die

Ausgabe

von Jnterimsscheinen

au porteur

Namen-Aktten der A.G. und K.A.G. (Art. 207 und 173).

DaS G. v. 18. Juli 1884

sowohl für

Inhaber-

als

für

Der obige §. 5 verbietet den be­

stehenden und den im Sinne des Abs. 1 §. 2 angemeldeten Gesellschaften vom Inkrafttreten

deS Gesetzes ab die Liberirung überhaupt und die Ausstellung von Jnterimsscheinen auf Inhaber dann, wenn die Liberirung nicht schon vor diesem Tage eingetreten ist.

Die Be-

$80

Zweite- Buch.

Bon den Handelsgesellschaften.

8- 6-

Die Vorschrift des Artikels 225 a der neuen Fassung findet auf die vor der Geltung des Handelsgesetzbuchs errichteten Gesellschaften keine Anwendung, soweit der Gesellschaftsvertrag nach Massgabe der früheren Vorschriften abweichende Be­ stimmungen enthält»). Die Vorschriften der Artikel 196 a, 232 finden auf Mitglieder des Vor­ standes einer bestehenden oder einer im §. 2 Absatz 1 bezeichneten Gesellschaft keine Anwendung, sofern die Bestellung des Mitgliedes vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes erfolgt ist 21). 8- 7.

Die Vorschriften im Artikel 185 b Ziffer 2 (Art 239b) über den Gewinn ans einer Erhöhung des Kapitals finden auf die bestehenden Gesellschaften schon für das beim Inkrafttreten des Gesetzes laufende Geschäftsjahr, die übrigen Vor­ schriften über Bilanz und Reservefonds (Art 185 a bis 185 c, Art 239 bis 239 b der neuen Fassung) erst vom Beginn des folgenden Geschäftsjahres Anwendung**). Für Werthpapiere und Waaren, welche die Gesellschaft schon in dem letzten Geschäftsjahre vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes besessen hat, kann an Stelle des Anschaffangs- oder Herstellungspreises der Betrag angesetzt werden, mit welchem sie in der Bilanz des vorbezeichneten Geschäftsjahres enthalten sind**). stimmung (Artt. 183a Abs. 2, 215c Abs. 3), daß weder Inhaber- noch Namen-Aktien vor der

Boll-ahlung auSgegeben werden dürfen, tritt sofort in Kraft (M. 260). *°) Der 1. Abs. d. Artikel- erklärt den Art. 225 a, welcher die Unvereinbarkeit der Mit­ gliedschaft in Aufsichtsrath

und Vorstand

bestimmt,

auf die

vor der Geltung des

Handelsgesetzbuch- errichteteten Gesellschaften für unanwendbar,

insoweit da- Statut

näher

zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes nach Maaßgabe der früheren Vorschriften abweichende Bestimmungen enthält, mögen dieselben vor Emanation des H.GB. oder auf Grund einer

Aufrechterhaltung

der früheren Vorschriften nach derselben getroffen sein.

Dagegen

können

diese alten Gesellschaften von jetzt ab sich jene älteren Vorschriften nicht mehr nutzbar machen (M. 262). — Nach Art. 1 deS Preuß. Einf.-Ges. zum Handelsgesetzbuch v. 24. Juni 1861

(G.S. S. 449) erlangte das letztere in dem ganzen damaligen Umfange der Monarchie Gesetzes­

kraft vom 1. März 1862 ab. S1) Der 2. Abs. d. Artikels erklärt die Artikel 196 a und 232 über die Modalitäten,

unter denen Mitglieder des Vorstandes

einer AG. Geschäfte in dem Handelszweige der

Gesellschaft betreiben und an einer anderen gleichartigen Gesellschaft sich betheiligen können, auf die bestehenden oder im Sinne deS §. 2 Abs. 1 angemeldeten Gesellschaften dann für un­

anwendbar, wenn die Bestellung des betreffenden Mitgliedes vor dem Inkrafttreten des Gesetzes

erfolgt ist.

Es sollen hiedurch jura quaesita geschont werden.

Als Neubestellung ist die

Wahl einer neuen Person oder die Wiederwahl der früheren Person anzusehen, wenn diese nach Ablauf deS Dienstvertrages gewählt wird, nicht aber wenn die Gesellschaft von einem

ihr zustehenden Kündigung-rechte Gebrauch zu machen unterläßt.

Sofort anwendbar ist aber

die Bestimmung deS Art. 196 a auf Komplementäre einer K A G. (M. 262.) w) Der Abs. 1 erklärt die Vorschrift der Artt. 185 b Ziff. 2 und 239 b, daß der Gewinn

aus Ueber- pari-Emissionen in den Reservefonds einzustellen, schon für daS beim Inkrafttreten

deS Gesetzes laufende Geschäftsjahr, dagegen die übrigen Vorschriften über Bilanz und Re­ servefonds (Artt. 185a bis 185c,

Artt. 239 bis 239b) erst vom Beginn des folgenden

Geschäftsjahres für anwendbar, daS erstere, weil der sofortigen Anwendung keine Bedenken entgegen stehen, das letztere, um den Schwierigkeiten des Ueberganges namentlich dann Rechnung zu fragen, wenn die Anfertigung der Bilanz für daS laufende Jahr bereits vorgeschritten ist.

*) Der Abs. 2 ist von der Reichstagskommission hinzugefügt (K.B. 25) und vom Plenum mit einer geringen Aenderung (Reichstags-Prot. S. 1160) gebilligt.

Nach Art. 185 a Ziff. 1

Gesetz v. 18. Juli 1884.

281

(llebergang-bestimmuugm.)

Werden in Gemässheit der Vorschrift im Artikel 185 a Ziffer 3 und 239 b dauernd zum Geschäftsbetriebe der Gesellschaft bestimmte Gegenstände unter Zu­ grundelegung des AnschaffungS- oder Herstellungspreises zu einem Betrage angeaetzt, welcher den Werth übersteigt, mit welchem sie in der Bilanz des letzten Geschäftsjahres vor dem 1. Oktober 1883 enthalten sind, so dürfen hierauf be­ ruhende Dividenden nur unter Beobachtung der Vorschriften gezahlt werden, welche für eine Herabsetzung des Kapitals der Kommanditisten oder des Grundkapitals sind 24). Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.

Gegeben Bad Gastein, den 18. Juli 1884.

Wilhelm.

(L. 8.)

Fürst von Bismarck. und 2 und Art. 239 b dürfen Wertpapiere und Waaren, welche einen Börsen- oder Markt­

preis Haben, Höchstens zum Börsen- und

Marktpreise zur Zeit der Bilanzaufstellung, und

andere Vermögensgegenstände zum gemeinen Werthe derselben Zeit,

alle diese Sachen aber

nicht über den Anschaffung-- oder

Herstellungspreis in die Bilanz ausgenommen

werden. — Dieser Absatz läßt nun zu,

daß an Stelle des AnschaffungS- und Herstellungs­

preises für Werthpapiere und Waaren, welche die Gesellschaft schon in dem letzten Geschäfts­

jahre vor dem Inkrafttreten deS Gesetzes hatte, der Betrag angesetzt werde, mit welchem sie in der Bilanz für jenes Geschäftsjahr berechnet waren. Der Grund dieserUcbergangs-

Bestimmung beruht darin, daß bereits länger dauernden Werthsteigerungen angeschaffter Werth­ papiere und Waaren billig Rechnung getragen und die Verwaltung nicht gezwungen werden

soll, entweder dieselben zu dem längst nicht mehr zutreffenden AnschaffungS- oder Herstellungs­

preise in die Bilanz einzustellen oder sie zu einer ihr beliebigen Zeit zu verkaufen,

um dm

Gewinn zur Erscheinung zu bring« (KB. 25, 39). 24) Der Abs. 3 will den bestehenden Gesellschaften gestatten, in Abweichung von ihrer

bisherigen Bilanzaufstellung von der Vorschrift im Art. 185 a Ziff. 3 und 239 b Gebrauch zu

machen, dauemd zum Geschäftsbetriebe

bestimmte

Gegenstände zum AnschaffungS- oder

Herstellungspreise unter Berücksichtigung der Abnutzung in die Bilanz einzustellen, wenn dieser Preis den Werth übersteigt, mit welchem sie in der Bilanz des letzten Geschäftsjahres

vor dem 1. Oktober 1883 angesetzt warm, welcher damals also als der gemeine Werth erachtet

war.

Es sollen dann aber zum Schutze der Gläubiger die auf einem solchen höheren Werth­

ansatze beruhenden Dividenden nur unter Beobachtung der Vorschriften, welche für eine Herabsetzung des Kapitals der Kommanditisten oder deS Grundkapitals maaßgebend sind (Artt. 203,

248), auSgezahlt werden dürfen.

288

Dritte- Buch. Von der stillen Gesellschaft x. Art. 250.

Drittes Buch.

Von der Men Gesellschaft und von der Vereinigung zu einzelne» Handelsgeschäften für gemeinschaftliche Rechnung. Erster Titel.

Von der stillen Gesellschaft'). Artikel 250.

Eine stille Gesellschaft ist vorhanden, wenn sich Jemand an dem Betriebe des Handelsgewerbes eines Anderen mit einer Vermögenseinlage gegen Ancheil an Gewinn

und Verlust betheiligt. Zur Gültigkeit des Vertrages bedarf es der schriftlichen Abfassung oder sonstiger Förmlichkeiten nicht.

Ur. Ent». Art. — Ent». I. Art. — Ent», n. Art. 236.

Urot. S. 287—294. Ural. S. 1081. 1085. 1156. 1166. Prot. S. — ,

*) a. Die Kommanditgesellschaft und die stille Gesellschaft haben miteinander gemein, daß sowohl der Kommanditist als der Me Gesellschafter sich an dem Verluste deS von der Gesellschaft betriebenen HandelSgewerbeS nur bi» »um Betrage ihrer Einlage betheiligen, während der oder die anderen Gesellschafter mit ihrem ganzen Vermögen hasten (Art. 150 u. Art. 250). Der Kommanditist wie der stille Gesellschafter giebt sein Geld »um Betriebe eines Handelsgewerbes, um statt fester Zinsm, je nach dem Resuttate deS Geschäftsbetriebes, Antheil am Gewinn zu haben oder den Verlust, jedoch nur bis »um Betrage seiner Einlage, mit zu tragen. Innerhalb dieser Grenze bewegen sich die vom Gesetze geregelten Formen der KommandUgesellschaft und der stillen Gesellschaft. — Wesentlich verschieden von einander sind diese Vereinigungen darin, daß abweichend von der Kommanditgesellschaft bei der deutschen stillen Gesellschaft nur nach Innen hin, im Verhältniß der Gesellschafter zu einander, nicht aber nach Außen hin, Dritten gegenüber, eine Gesellschaft besteht. Die stille Gesellschaft hat kein besondere» Vermögen, vielmehr geht das seitens de» stillen Gesell­ schafter» eingeschossene Kapital in da» Vermögen de» Geschäftsinhaber» (Komplementärs) über. Im Gegensatz hierzu tritt die KommandUgesellschaft auch nach Außen hin alS eine Gesell­ schaft mit gesellschaftlicher Firma auf; die Einlagm der Kommanditisten werden bei der Anmeldung »um Handelsregister (Arft. 151, Ziff. 4) mitgetheilt und die KommandUgesellschaft hat ihr selbständige» Vermögen, getrennt von dem Privatvermögen deS Komplementärs oder persönlich hastenden Gesellschafter» (Vgl. KB. A. S. 23.). Konsequenzen dieser Verschiedenheit sind namentlich, daß bei der stillen Gesellschaft keine gemeinsame Firma vorhanden ist (Artt. 251, 257), da» Vorhandensein der stillen Gesell-

Erster Titel.

Von der stillen Gesellschaft.

Art. 251.

283

Artikel 251. Der Inhaber des Handelsgewerbes betreibt die Geschäfte unter feiner Firma.

Eine das Verhältniß einer Handelsgesellschaft andeutende Firma darf btt»

selbe wegen der Beiheiligung eines stillen Gesellschafter» bei Ordnungsstrafe

nicht

annehmen?).

Prot 6. — Prot S. 1156. 1166. fnt 6. —

$r. (Fite. Art. — EM». I. Art. — «et*. n. Art. 237.

schäft überhauvt nicht kundgemacht werden soll (Artt 251, 260),

folgeweise eine

Ein­

tragung in daS Handelsregister unzulässig ist, daß kein Gesellschaftsvermögen vor­ handen ist, vielmehr die Einlage des füllen Gesellschafters in daS Eigenthum deS Komple­ mentärs übergeht (Art. 252), daß feine Einlage auch für die Privatschulden deS Komple­

mentär» hastet, weil eine Gesellschaft mit einem besonderm Fond» auch nach Außen hin nicht existirt, daß er aber mit allen Gläubigern deS Komplementär» im Konkurse desselben insowest konkurrirt, als seine Einlage den Betrag de» auf ihn fallenden Antheils am Verluste über­

steigt (Art. 258) u. s. w. — Wegen des Mangels einer gemeinschaftlichen Firma und eine»

gemeinschaftlichen Handlungsfonds ist die stift Gesellschaft zu dm Handelsgesellschaften im Sinne dieses Gesetzbuchs nicht gezählt worden (P. 1166); dies hat zur Folge gehabt, daß

man die Bestimmungen über die füft Gesellschaft aus dem zweiten Buche .von dm HandelSgesellschaften“ aussonderte und hierher übertrug.

Vgl. Note 1 vor Art. 150.

b. DaS A.8.R. handelte von der stillm Gesellschaft nur in dm §§. 651, 652, 795, Th. II,

Tit. 8 und im §. 250, Th. I, Tit. 17.

c. DaS R O H. Bd. 12, S. 100 führt aus, daß wenn der Wille der Kontrahentm eine stille Gesellschaft zu begründen auS dem Vertrage erijeft, die Abrede daß der Kapitaleinleger am Verluste nicht Theil nehmm solle, weil gesetzlich nicht unzulässig, die Annahme einer stillm Gesellschaft nicht ausschließe; eS fügt in dieser Entscheidung hinzu, daß in einem solchm

Falle der Einlegende .vermöge deS Gesetzes (vgl. Art. 259) gegen dm Verlust seiner KapitalS-

einlage nicht geschützt ist“

Dieser gelegentliche Zusatz hinsichtlich der Stellung deS Einlegers

zu dm Konkursgläubigern

des Inhabers des Handelsgewerbes befindet sich

in

einem

Streitfälle unter den Contrahenten, ergiebt aber immerhin, daß daS R.O.H. dm Einleger trotz des vertraglichen Ausschlusses der Haftung für den Verlust als stillm Gesellschafter auch

jmm Dritten gegmüber betrachtet

Derselbe müßte nach dm Abs. 1 u. 2 Art 259 die zurück­

empfangene Einlage zur Masse zahlen und könnte sie wie jeder andere Gläubiger voll liquidirm, da der Art. 258 bei dem verftaglichm Ausschlüsse jeder Haftung für dm Verlust der Gesellschaft unanwmdbar ist. — DaS R.G. III, 9 hat sich diesm Ausführungen in einem Prozesse, welcher

gleichfalls nur das Verhältniß zwischen dem Geschäftsinhaber und dem angeblichm stillm Soziu»

betraf, nicht angeschloffm, vielmehr mit Recht angenommen, daß die Abrede, Letzterer solle für dm Verlust nicht haften, zwar zulässig sei, daß aber in einem solchm Falle ex lege eine stift Gesellschaft

im Sinne dieses Titels

nicht vorliege,

deffm Bestimmungen

daher nicht

unmittelbar verwendbar frön, daß vielmehr zu prüfen sei, inwieweit nach dem Willen der Kontrahentm eine Unterwerfung unter die Vorschriften deS H.G.B. als vereinbart geltm

darf. — Hieraus ergiebt sich m. E. als Folge, daß die Artt. 258 u. 259 in dem gedachtm Falle

unanwmdbar sind, da sie positive Bestimmungm für dm Fall mthaltm, daß eine stille Gesell­

schaft gemäß Art. 250 vorliegt. — In einem Urtheile Bd. XX, 165 nimmt da» R.G. jedoch wieder an, daß der vertragliche Ausschluß der Haftung für erntn Verlust nicht mit dem Wesm der Mm Gesellschaft nach dem H.G.B. unvereinbar sei; eS vemeinte in dem gedachtm Falle die Existenz einer stillen Gesellschaft nach dem H.G.B. weil nebm dem Ausschlüsse der Haftung

für

einen Verlust

dem

Einleger feste,

lebmSlängliche Bezüge

eventuell (also nebmsächlich) ein Gewinnantheil zugesichert war.

Gerichtshof an, es liege ein creditum vor.

und

nur accefforisch und

In Folge deffm nahm der

Drittes Buch.

284

Bon der stillen Gesellschaft rc.

Artt. 252. 253. 254.

Artikel 252.

Der Inhaber des Handelsgewerbe« wird Eigenthümer der Einlage des stilbn Gesellschafters»).

Der stille Gesellschafter ist nicht verpflichtet, die Einlage über den vertrags­ mäßigen Betrag zu erhöhen, oder die durch Verlust verminderte Einlage zu tr«

ganzen.

Pr. 6it». Art. — 611».I. Art.— 61t». IL Art. 238.

Prot. 6. — Prot. 6.1081. 1082. 1088 s. 1156. 1166. Prot. 6. — Artikel 253.

Der stille Gesellschafter ist berechtigt, die abschriftliche Mittheilung der jähr­ lichen Bilanz zu verlangen und die Richtigkett derselben unter Einsicht der Bücher

und Papiere zu prüfen. Das Handelsgericht kann auf dm Anttag des stillen Gesellschafters, wenn

wichtige Gründe dazu vorliegen, die Mittheilung einer Bilanz oder sonstiger Auf­ klärungen nebst Vorlegung der Bücher und Papiere zu jeder Zeit anorbnen4* ). **

Prot. 6. «rot. @. 1156. 1166. Prot. 6. 4546.

8t. Ent». Art. — Ent». I. Art. — 61t». II. Art. 239.

Artikel 254. Ist über die Höhe der Betheiligung de« stillen Gesellschafters an Gewinn und Verlust nichts vereinbart, so wird dieselbe nach richterlichem Ermeffm, nöchigmfalls

unter Zuziehung von Sachverständigm festgestellp).

Pr. Ent». Art. — Ent». I. Art. — 6it». II. Art. -

Prot. S. — Prot. S. — Prnt. S. 4546.

») Zu Abs. 1 Art. 251 vgl. Abs. 1 Art. 16. *) Eine entgegensteh ende Verabredung wurde bei der stille« Gesellschaft als rechüich unmöglich angesehen.

@6 gehe nicht an — so wurde auSgeführt — dem Inhaber des Handels -

gewcrbeS den Geschäftsbetrieb und dm Abschluß aller Betträge für eigene Rechnung völlig

anheimzugeben, und gleichwohl anzunehmen, daß, wa- er erwerbe, ipso jure und ohne (Session

und Tradition Miteigenthum der stillen Gesellschafters werde, denn die Gesetze über Eigen-

thumSerwerb könnt« durch Berttag nicht abgeändert werben.

P. 1090.

4) a. Dgl. Art. 160 und die Noten »n demselben. b. In dritter Lesung (P. 4546) wurde allgemein anerkannt, daß der stille Gesellschafter

auch ohne Zustimmung drS Inhaber» de» Handelsgewerbes für eigme und fremde Rechnung

alle Handelsgeschäfte vomehmm

und an ankeren Handelsgesellschaften sich betheiligen darf;

die ausdrückliche Aufnahme einer dem Art. 159 analogen Bestimmung wurde jedoch nicht für nöthig erachtet, well e» im titel von der füllen Gesellschaft an einer dem Art. 157 ent­

sprechenden Verweisung auf dtt Vorschriften über die offene Gesellschaft überhaupt fehle.

$) Der Art. 254 ist m dritter Lesung (P. 4546) ausgenommen worden, um dm Zweifel auöjuschließm, ob nicht ein GesellschaftSderttag, in welchem über Berthellung von Gewinn und Verlust nichts bestimmt wordm, als nichtig anzusehm sei.

Vgl. Art. 162.

Erster Titel.

Von der stillen Gesellschaft.

Artt. 255. 256. 257.

285

Artikel 255. Am Schluffe eine» jeden Geschäftsjahre» wird der Gewinn und Verlust be­

rechnet und dem stillen Gesellschafter der ihm zufallende Gewinn auobezahlt. Der stille Gesellschafter nimmt an dem Verluste nur bi» zum Betrage seiner

eingezahlten oder rückständigen Einlage Antheil.

Er ist nicht verpflichtet, den be­

zogenen Gewinn wegen späterer Verluste zurückzuzahlen; jedoch wird, so lange seine

ursprüngliche Einlage durch Verlust vermindert ist, der jährliche Gewinn zur Deckung de» Verluste» verwendet.

Der Gewinn, welcher von dem Men Gesellschafter nicht erhoben wird, ver­

mehrt deffen Einlage nicht, sofern nicht ein Andere» vereinbart ist«)

«rot. 6. — «rot. 6.1081. 1088-1090. 1156. 1166. Prot. 6.4546.

fr. TM». Art. — 61t**. I. Art.— kM». n. Art. 240.

Artikel 256. Au» den Geschäften de» Handelsgewerbe» wird der Inhaber deffelben dem Dritten gegenüber allein berechtigt und verpflichtet.

St. Ent». Art. — km». L Art. — EM». IL Art. 241.

«rot. 6. — «rot. 6.1156. 1166. PeM. 6. — Artikel 257.

Der Name eine» Allen Gesellschafter» darf in der Firma de» Inhaber» de»

Handelsgewerbe» nicht enthalten sein; im entgegengesetzten Falle hastet der stille Gesellschafter den Gläubigern der Gesellschaft persönlich und solidarisch?).

St. EM». Art. — CM». L «ft — kM». n. «tt. 242.

«rot. 6. — «rot k. 1082. 1090. 1109. 1157. 1166. «rot 6. —

6) Der Abs. 3 de» Art 255 wurde in dritter Lesung ausgenommen, und seine Faffung

in Hinblick auf die entgegenstehende Bestimmung des Art. 106 gewählt

Man ging davon

aus (P. 4546), daß sein Inhalt der Natur der Mm Gesellschaft mtsprcche, und daß, wem» der stehengebltebene Gewinn deS stillm Gesellschafter» nicht al» ein bloße» Kreditum, sondem al» ein« Mehrung der Einlage angesehm

wrrdm solle, und somit die Wechselfälle von

Gewinn und Verlust rnittragm müsse, eine unzweideutige Willenserklärung de» stillm Gesellschafter» erforderlich wäre, zumal die jährliche Gewinnverteilung nach Maaßgabe de» Art 255 unverkmnbar al» eine definitive, unb nicht blo» provisorische anzusehen sei. —

Hieran» folgert da» R.O.H. Bd. 13, S. 65, daß von der Zeit an, zu welcher die Gewinn­ berechnung zur Kmntniß de» stillm Gesellschafter» gebracht ist, dieser sich gegmüber dem Komplemmtär in der Lage de» Gläubiger»

einer fälligen Forderung befindet, welche

dm Einwirkungm durch dm später« Gang de» Geschäft nicht unterliegt

Vgl. Note 15

zu Art. 265.

*) Vgl. Note 25 zu Art 168 und die Ausführung in dem vor dem H.G.B. ergangmm Ert de« Obertr. v. 9. August 1845 (Entsch. Bd. 12, S. 354). —Da» R.O.H. (Bd. 23, S. 55)

läßt e» dahin gestalt, ob der stillt Gesellschafter auch beim haftet, wem» er zur Benutzung

seine» Namm» seine Einwilligung nicht gegeben hat, erachtet ihn aber für verpflichtet wenn er

die Benutzung kennt und die persönliche Haftbarkeit auSschließm will, öffmtlich kund zu geben, daß sein Name ohne fein Willm in die Firma ausgenommm sei, oder die Auflösung der Mm

Gesellschaft (Art 262) heebeizuftihtm. Einwilligung entnommm werd«

Au- seinem bloß« Stillschweigen kann sonst die

) Zu den Artt. 430 u. 431 vgl. P. 5030-5037 und die §§. 65, 66 deS BetriebSregleinentS v. 11. Mai 1874 (im Anhänge).

502

Fünftes Buch.

Dom Seehandel.

Art. 432.

Fünftes Buch.

Bom Seehandel'). Erster Titel.

Allgemeine Bestimmungen. Artikel 432.

Für die zum Erwerb durch die Seefahrt bestimmten Schiffe, welchen das Recht,

die Landesflagge zu führen, zusteht, ist ein Schiffsregister zu führen. Das Schiffsregister ist öffentlich; die Einsicht deffelben ist während der gewöhn­ lichen Dienststunden einem Jeden gestattet 2). PrM. 6.1481-1483. Prot. S. 3696. 4185.

®r. EM». Art. 386. EM». I. Art. 397 tos. 1.

*) Es war beantragt worden (P. 3694), statt der Ueberfchrift .Vom Seehandel'

zu setzen: .Bon der Seeschifffahrt', da die Ueberfchrift .Vom Seehandel", um mit

Recht gewählt zu werden, voraussetzen würde, daß sich die ersten vier Bücher des H.G.B. ausschließlich auf bat Landhandel bezögen, diese Voraussetzung aber nicht zutreffe, und über­

dies das fünfte Buch nicht blos den Seehandel zum Gegenstände habe. Der Antrag wurde jedoch abgelehnt, nachdem bemerft war: Die Uebäfchrift: .Vom Seehandel' stehe mehr als

die beantragte mit den Ueberschrtsten der ersten vier Bücher in Einklang; unter Seehandel sei ferner nicht blos der Einkauf und Verkauf von Waaren, die über See gingen, zu verstehen, sondern eS gehörten dahin auch alle Rechtsverhältnisse, welche sich dadurch ergäben, daß Güter

über See versandt würden; die Ueberfchrift .Don der Seeschifffahrt' erscheine endlich zu weit,

indem v B. die politischen Beziehungen der Seeschifffahrt im fünften Buche gar nicht berührt seien. — Rach tz. 101 Ziff. 3 g bc6 Gericht-verfaffungsgesetzeS gehören diejenigen dm Land-

gerichtm in erster Instanz zugewiesmm bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in welchen durch die

Mage ein Anspruch geltend gemacht wird auS den Rechtsverhältnissen deS See­ recht», insbesondere aus dmjmigen,

welche auf die Rhederei, die Rechte und Pflichten des

Rheder», deS KorrefpondentrhederS und der Schiffsbesatzung, auf die Bodmerei und die Haverei, auf bat Schadensersatz im Falle des Zusomrnmstoßms von Schiffen, auf die Bergung und Hülfeleistung in Semoth und auf die Ansprüche der Schiffsgläubiger sich beziehen, vor die Kammern für Handelssachen. *) a. Der Pr. Entw. (Art. 385) enthielt an der Spitze dieses Buches» den Satz:

Seeschiffe im Sinne dieses Gesetzbuches sind nur solche Schiffe anzusehen, förderung von Personen oder Gütem dimm'.

„Als

welche zur Be­

In erster Lesung (P. 1483—1485) wurde die

Fortlaffung des Wortes .nur' aus dieser Definition beschlossen, und dadurch der Vorschrift daS Exklusive genommen.

In zweiter Lesung (P. 3694—3696) wurde der ganze Satz gestrichen,

weil sich ergab, daß die in demselben enthaltene Definition in mehrfacher Beziehung zu eng

Erster Titel. Allgemein« Bestimmungen,

Artt. 433. 434.

503

Artikel 433. Die Eintragung in da» Schiff-register darf erst geschehen, nachdem da» Recht,

die Lande»flagge zu führen, nachgewiesen ist.

Vor der Eintragung in da» Schiffsregister darf da» Recht, die Lande»flagge zu führen, nicht ausgeübt werden»).

Ur. Ent», «rt. 388. 390. 61t*. I. «rt. 398 W. 1.

®»L 6.1666. 1670—1672. fnt E. 3697. Artikel 434.

Die Landesgesetze bestimmen die Erforderniffe, von welchen das Recht eines

Schiff», die Landesflagge zu führen, abhängig ist.

Sie bestimmen die Behörden, welche das Schiffsregister zu führen haben. Sie bestimmen, ob und unter welchen Voraussetzungen die Eintragung in das

Schiffsregister für ein aus einem anderen Lande erworbenes Schiff vorläufig durch eine Konsulat-urkunde ersetzt werden kann 4).

Ur. 6et». «rt. 386. tot 6.1473-1481.1668-1670.1672.1673. EM». I. Art. 396. 397 «6f. 2. 398. «s. 2. -wt. S. 3696. war.

In Folge dessen wurde es nöthig, diejenigen Schiffe, deren Eintragung in das Schiffs»

register erfolgen soll, mit Rücksicht hierauf näher »u bezeichnen.

Diese nähere Angabe ist im

Art. 432 Abs. 1 enthalten; für die ium Erwerb durch die Seefahrt bestimmten nationalen

Schiffe soll ein Schiffsregister geführt werden.

Hiermit sind nicht nur solche Schiffe, welche

»um Transport von Personen und Gütern bestimmt sind, umfaßt, sondern auch die größeren »um

Fischfang bestimmten Fahrzeuge,

als Grönlandsfahrer u. dgl.,

andererseits sind

die

Kriegsschiffe, sowie alle anderen, nicht zu ErwerbSzwccken dienenden Schiffe ausgeschlossen.

Den Landesgesetzen ist außerdem die Ausschließung kleinerer Fahrzeuge (Küstenfahrer u. dgl.)

von der Eintragung in das Schiffsregister im Art. 438 vorbehalten. — Darüber, wann ein Schiff als zum Erwerbe durch die Seefahrt dienend zu erachten ist, im Gegensatze zu dem Erwerbe durch Schiffahrt auf Binnengewässern, s. R.G. XTTT, 72.

b.

Der Hauptzweck des Schiffsregisters beruht darin, die Grundlage für die Haupt-

Schiffsdokumente zu

bilden,

d. h. für diejenigen Urkunden, welche zum Nachweise der

Nationalität der Seeschiffe und des Rechtes derselben, die Landesflagge zu führen, erforderlich

sind (vgl. Jnstr. Th. II Einl).

Eine öffentliche Bekanntmachung der Eintragungen in das

Schiffsregister ist nicht vorgeschrieben worden, vielmehr wurde die Oeffentlichkeit der Register,

deren Einsicht Jedermann freigestellt ist, als für daS Bedürfniß ausreichend erachtet. Abs. 2 des Art. ist dem Abs. 1 des Art. 12 (von dem Handelsregister) nachgebildet.

Der

’) a. Nach dem Pr. Entw. (Art. 387) sollte der Eintragung des Schiffs in das Schiffs­ register auch die Prüfung der Seetüchtigkeit desselben vorangehen.

Don diesem Erfordemiß

ist Abstand genommm worden (P. 1670), well sich die Seetüchtigkeit bei älteren Schiffen nur

schwer ermitteln läßt, well der Begriff der Seefähigkeit ein höchst relativer, namentlich von

da

vorzuaehmenden Reise abhängiga ist, well feinet das Schiff nach da Resse untüchtig

geworden sein kann,

und endlich genügende Kontrole bei neuen Schiffen durch den Beilbrief,

bei neuen und älteren in da Regel durch die Affekuradeure geboten wird,

welche in ihrem

eigenen Interesse die Seetüchtigkeit untersuchen, und nach Klaffen fefftellen lassen.

— Dgl.

Jnstr. Th. II Einl. Ziff. 6 und §. 5. b.

Das Vorhandensein da materiellen Erfordernisse, von welchen das Recht eine»

Schiffes, die Landesflagge zu führen, abhängig ist (Art. 434 Abs. 1),

gewährt noch nicht die

Befugniß zur Ausübung jenes Rechts; dasselbe darf vielmehr nach Abs. 2 d. Art. erst dann auSgeübt toerben, wenn auch dem formellen Erfordernisse da Eintragung in das Schiffs-

regista genügt ist.

Vgl. P. 3696 und Jnstr. Th. II Einl. Ziff. 4.

504

Fünftes Buch.

Vom Sechandel.

Artt. 435. 436.

Artikel 485. Die Eintragung in da» Schiffsregister muß enthalten: 1) die Thatsachen, welche da» Recht de» Schiff», die Landesflagge zu führen,

begründen;

2) die Thatsachen, welche zur Feststellung der Nentität de» Schiff» und seiner Eigenthum»verhültniffe erforderlich find; 3) den Hafen, von welchem au» mit dem Schiff die Seefahrt

betrieben

werden soll (HeimathShafen, Registerhafen). Ueber die Eintragung wich eine, mit dem Inhalte derselben übereinstimmende

Urkunde (Certifikat) auSflefertigt4 5). 6

®r. Sita. Art. 388. Sita. I. Art. 399. 400 Ads. 1.

Pr»t. S. 1673-1683. 1686-1688. Prit. S. 3697. 3698. 3701. 3702. 3773.

Artikel 436. Treten in den Thatsachen, welche in dem vorhergehenden Artikel bezeichnet

find, nach der Eintragung Veränderungen ein, so müssen dieselben in da» Schiffs­ register eingetragen und auf dem Certifikat vermerkt werden.

Im Fall da» Schiff untergeht, oder das Recht, die Landesflagge zu führen, verliert, ist da» Schiff in dem Schiffsregister zu löschen und das ertheilte Certifikat zurückzuliefern, sofern nicht glaubhaft bescheinigt wird, daß es nicht zurückgeliefert

werden könne«).

®r. Ewa. Art. 388 A»s. 3. 6*tw. I. Art. 400 Abs. 2 n. 3.

Prit. S. 1688—1691. Prot. S. 3698. 3773.

4) Die im Art. 434 den Landesgcsctzcn vorbchaltencn Bestimmungen find für Preußen

in dem Eins.»Ges. Art. 53 bejw. §. 1, §. 2, §. 7 getroffen.

Es zeigte sich sogleich bei Beginn

der Berathungen über das fünfte Buch (P. 1478—1481, 1669—1672), daß sich über die im Art. 434 erwähnten Punkte keine gemeinsamen Bestimmungen treffen ließen. s) a. In erster Lesung (P. 1673—1683, 1686—1688) waren die einzelnen Punkte, auf

welche sich die Eintragung in das Schiffsregister zu erstrecken hat, genau fcstgestellt worden (Sntw. erster Lesung Art. 399).

In zweiter Lesung (P. 3696—3698, 3701, 3702) hat man

sich auf allgemeinere Bestimmungen rücksichtlich des Inhalts des Schiffsregisters beschränkt, und die Feststellung der Einzelheiten den Landesgesetzen überlassen. — Der Art. 53, §. 4a des

Einf.-Ges. enthält diese näheren Vorschriften für Preußen;

seine Fassung

entspricht

mit

wenigen Modifikafionrn dem gedachten Art. 399 des Entw. erster Lesung.

b. Der Abs. 2 des Art. 435 bestimmt, daß über die Eintragung eine mit dem Inhalte

derselben übereinstimmende Urkunde (Certifikat) ausgefertigt werden soll.

Dieses Certifikat

bildet das Hauptschiffsdokument; cS dient zum Nachweise der Nationalität des Schiffs und

tritt in Preußen an die Stelle des Beilbriefs.

Die Beibehaltung noch anderer Papiere

neben dem Certifikate, z. B. des Seepaffes, ist zwar (P. 1683) als nicht wünschenswerth be­ zeichnet, aber im H.G.B. durch keine ausdrückliche Bestimmung ausgeschlossen worden. 6) Hervorzuheben ist, daß es einer förmlichen Amortisation des Certifikais in den

Fällen, in welchen seine Zurücklieferung nothwendig ist, aber tvegcit Verlustes

nicht erfolgen

kann, nicht bedarf; es genügt die glaubhafte Bescheinigung der Unmöglichkeit,

zurückzuliefern.

dassell'e

Erster Titel.

Allgemeine Bestimmungen.

Artt. 437. 438.

606

Artikel 487.

Die Landesgesetze bestimmen die Fristen, binnen welcher die Thatsachen an­

zuzeigen und nachzuweisen find, welche eine Eintragung oder Löschung erforderlich machen, sowie die Strafen, welche für den Fall der Versäumung dieser Fristen oder

der Nichtbefolgung der vorhergehenden Vorschriften verwirkt find.

®t. ®rt*. Art. — feit*. I. «rt. 400 Wf. 4.

»rot. 6.1691. 1692. Pro». S. 3698. 3773. Artikel 438.

Die Landesgesetze können bestimmen, daß die Vorschriften der Artikel 432. bis 437. auf kleinere Fahrzeuge (Küstenfahrer u. s. w.) keine Anwendung finden.

®r. ent», «et. 61t*. I. Art. -

Prot. 6.1483—1485. Pwt. 6. 3695. 3772.

Preu88. Verordnung, betreffend die Registrirung vonSeeschiffen. Vom 27. Februar 1862 (6.8. 8. 61). Wir etc. verordnen, auf Grund der Bestimmung im Artikel 53. §. 10 des Ein­ führungs - Gesetzes zum Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch vom 24. Juni 1861 ... — was folgt: Die Artikel 432. bis 437. des Handelsgesetzbuchs und die §§. 1. bis 9. im Ar­ tikel 53. des Einführungsgesetzes zu demselben vom 24. Juni 1861. sollen keine An­ wendung finden: 1) auf solche, lediglich zur Küstenfahrt bestimmte Fahrzeuge, welche nicht mit einem festen Deck versehen sind; 2) auf die in den Regierungsbezirken Stralsund und Stettin zu Hause gehörigen Küstenfahrzeuge, welche ihre Reisen über das Küstengebiet des Regierungs­ bezirks Stralsund und des Usedom-Wolliner Kreises nicht ausdehnen.

Preuss. Ausführungsgesetz zum Deutschen Gerichtsverfassungs ­ gesetz. Vom 24. April 1878. (G.S. S. 230) tz. 25: Die Amtsgerichte sind zuständig: 1) für die auf die Führung .... der Schiffsregister bezüglichen Geschäfte7).8 Bundes-Gesetz, betreffend die Nationalität der Kauffahrteischiffe und ihre Befugniss zur Führung der Bundesflagge. Vom 25. Oktober 1867, (B G Bl. S. 35.)*) in der Fassung des Reichsgesetzes vom 23. Dezember 1888. 7) Vgl. J.M.Bl. S. 305 de 1879.

8) Dieses G. gilt auch für Baden, ganz Hessen und Württemberg; für Bayern vom

13. Mai 1871 ab (§. 2 ad I Nr. 2 G. betr. die Einführung der Norddeutschen Bundesgesetze in Bayem v. 22. April 1871, B.G.B. S. 87, und Art. 3 der ReichSverfaffung). Dasselbe G. ist nach dm beiden Richtungen, wann eine »Seefahrt* anzunehmm ist und welche Schiffe zu

dmjmigm gehörm, die .zum Erwerb durch die Seefahrt bestimmt sind", näher erläutert in dm 88-1 u. 2 der Vorschriften über die Registrirung und die Bezeichnung der Kauf­

fahrteischiffe vom 13. November 1873 (R-G-Bl. S. 367). — Der Text des G. v. 25. Oktober

1867 ist durch das Reichsgesetz v. 23. Dezember 1888 (RG.Bl. S. 300) in 8- 2 Abs. 2,

6

Nr. 5 u. 8-12 Abs. 2 Nr. 2 so geändert, wie obm durch gesperrten Druck erkennbar gemacht ist. Die Aenderung bezweckt, die Berechtigung der im Eigmthum deutscher juristischer Per-

fonrn befindlichen Kauffahrteischiffe zur Führung der Reichöflagge sicherzustellen', und den Ort der Errichtung der zur Flaggmführung berechttgtm Gesellschaften im Reichsgebiet als unwesmtlich fortzulassen, weil es bei der Bestimmung verbleibt, daß sie ihrm Sitz im deutschen

Reich haben muffen.

Zugleich ist die im Texte des früherm Gesetzes enthaltene Beschrän­

kung auf die in Preußen eingetragenen Genossenschaften als veraltet beseitigt.

506

Fünfte- Buch.

Storni Seehandel.

Art. 438.

§. 1. Die zum Erwerb durch die Seefahrt bestimmten Schiffe (Kauffahrtei­ schiffe) der Bundesstaaten haben fortan als Nationalflagge ausschliesslich die Bundes­ flagge zu fuhren (Artikel 54. und 55. der Bundesverfassung). §. 2 Zur Führung der Bundesflagjge sind die Kauffahrteischiffe nur dann be­ rechtigt, wenn sie in dem ausschliesslichem Eigenthum solcher Personen sich befinden, welchen das Bundesindigenat (Artikel 3. (der Bundesverfassung) zusteht. Diesen Personen sind gleicht zu achten solche juristische Per­ sonen, eingetragene Genossenschafften und Aktiengesellschaften, welche im Beichsgebiet ihren Sitz haben, sowie diejenigen Kommanditgesell­ schaften auf Aktien, welche im Reichsgebiet ihren Sitz haben, und deren persönlich haftende Gesellschafter sich sämmtlich im Besitz der Reichsangehörigkeit befinden. §. 3. Für die zur Führung der Bumdesflagge befugten Kauffahrteischiffe sind in den an der See belegenen Bundesstaaten Schiffsregister zu führen. Die Landesgesetze bestimmen die Behörden, welche das Schiffsregister zu führen haben. §. 4. Das Schiffsregister ist öffentlich; die Einsicht desselben ist während der gewöhnlichen Dienststunden einem Jedem gestattet. §. 5. Ein Schiff kann nur in das Schiffsregister desjenigen Hafens eingetragen werden, von welchem aus die Seefahrt müt ihm betrieben werden soll (Heimathshafen, Registerhafen)9). §. 6. Die Eintragung des Schiffes ün das Schiffsregister muss enthalten: 1) den Namen und die Gattung ders Schiffes (ob Barke, Brigg u. s. w.); 2) seine Grösse und die nach der Crrösse berechnete Tragfähigkeit10); 3) die Zeit und den Ort seiner Erbauung, oder, wenn es die Flagge eines nicht zum Norddeutschen Bunde geihörenden Landes geführt hat, den Thatumstand, wodurch es das Rechte, die Bundesflagge zu führen, erlangt hat und ausserdem, wenn thunlich, die Zeit und den Ort der Erbauung; 4) den Heimathshafen; 5) den Namen und die nähere Bezeichnung des Rheders, oder, wenn eine Rhederei besteht, den Namen und die nähere Bezeich­ nung aller Mitrheder11) und die.Grösse der Schiffspart eines 9) Der Heimathshafen, welcher vor der Einregistrirung nothwendig festgestellt sein muß,

gilt nach dem H.G.B. als das Domizil deS Schiffs und als der Mittelpunkt der Geschäfts-

führung deS Rheders, gleichviel wo dieser sein sonstiges Domizil hat (Artt. 435, 455, 475, 495 ff.).

u>) Unter »Tragfähigkeit* ist daS Gewichtsquantum zu verstehen, welches in das Schiff

verladen werden kann, ohne dasselbe zu gefährden.

Vgl. P. 1677—1680. — Vgl. die Bekannt­

machung deS Bundesraths, betr.die SchiffSvermessungS-Ordnung v. 5. Juli 1872 (R.G.Bl. S. 270) und v. 24. Oktober 1875 (CentralbL für das deutsche Reich Nr. 46 de 1875).

u) Eine genaue Angabe der Eigenthumsverhältniffe, namentlich die Bezeichnung aller Mitrheder in dem Schiffsregister ist zum Nachweise der Nationalität für unerläßlich gehalten

worden, und zwar nicht allein für den Fall deS Krieges, sondern auch für die Zeit des Friedens,

indem z. B. die Theilnahme an traktatmäßigem Vortheilen von der Persönlichkeit der einzelnen

Eigner abhängig sein kann.

Dagegen ist die Angabe des Domizils der Rheder für nicht er­

forderlich erachtet worden, weil dasselbe einerseits häufig gleichgültig, andererseits oft juristisch

zweifelhaft ist.

Durch ein solches

Erforderniß

würde

die Belästigung eintreten,

Wohnungsveränderungen das Register immer wieder berichtigt werden müßte.

1682.

— Nach

dem

Urtheile des

Reichsgerichts

v. 27. Juni

daß bei

P. 3699—3701,

1882 (Entscheid,

in Straf­

sachen VIT, 65) entscheidet das Ermessen der Registerbehörde im Einzelfalle, ob zur Eintragung »der näheren Bezeichnung*

auch der Wohnort des Rbeders gehört, und ferner, wenn

der

Wohnort eingetragen ist, ob auch jede spätere Veränderung des Wohnortes anzuzeigen und zu

vermerkn ist.

Jeden. Ist eine juristische Person Rheder oder Mitrheder, so ist ' der Ort, an welchem dieselbe ihren Sitz hat, einzutragen. Ist eine eingetragene Genossenschaft oder eine Handelsgesellschaft Rheder oder Mitrheder, so ist ausser dem Orte, an welchem die Genossenschaft oder Gesellschaft ihren Sitz hat, auch die Firma und, wenn die Gesellschaft nicht eine Aktiengesel 1schaft ist, der Name und die nähere Bezeichnung aller die Handelsgesellschaft bildenden Gesellschafter einzutragen; bei der Kommanditgesellschaft auf Aktien genügt statt der Ein­ tragung aller Gesellschafter die Eintragung aller persönlich haftenden Gesellschafter; 6) den Rechtsgrund, auf welchem die Erwerbung des Eigenthums des Schiffes oder der einzelnen Schiffsparten beruht; 7) die Nationalität des Rheders oder der Mitrheder; 8) den Tag der Eintragung des Schiffes. Ein jedes Schiff wird in das Schiffsregister unter einer besonderen Ordnungs­ nummer eingetragen. §. 7. Die Eintragung des Schiffes in das Schiffsregister darf erst geschehen, nachdem das Recht desselben, die Bundesflagge zu fuhren, und alle in dem §. 6. be­ zeichneten Thatsachen glaubhaft12) nachgewiesen sind. §. 8. Ueber die Eintragung des Schiffes in das Schiffsregister wird von der Registerbehörde eine mit dem Inhalte der Eintragung übereinstimmende Urkunde (Certificat) ausgefertigt. Das Certificat muss ausserdem bezeugen, dass die nach §. 7. erforderlichen Nachweisungen geführt sind, sowie, dass das Schiff zur Führung der Bundesflagge befugt sei. §. 9. Durch das Certificat wird das Recht des Schiffes, die Bundesflagge zu führen, nachgewiesen. Zum Nachweis dieses Rechts ist insbesondere ein Seepass nicht erforderlich. §. 10. Das Recht, die Bundesflagge zu fuhren, darf weder vor der Eintragung des Schiffes in das Schiffsregister, noch vor der Ausfertigung des Certificats aus­ geübt werden. §.11. Treten in den Thatsachen, welche in dem §. 6. bezeichnet sind, nach der Eintragung Veränderungen ein, so müssen dieselben in das Schiffsregister eingetragen und auf dem Certificate vermerkt werden. Im Fall das Schiff untergeht oder das Recht, die Bundesflagge zu führen, verliert, ist das Schiff in dem Schiffsregister zu löschen und das ertheilte Certificat zurückzuliefern, sofern nicht glaubhaft bescheinigt wird, dass es nicht zurückgeliefert werden könne. §. 12. Die Thatsachen, welche gemäss §. 11. eine Eintragung oder die Löschung im Schiffsregister erforderlich machen, sind von dem Rheder binnen sechs Wochen nach Ablauf des Tages, an welchem er von ihnen Kenntniss erlangt hat, der Register­ behörde zum Zweck der Verfolgung der Vorschriften des §? 11. anzuzeigen und glaub­ haft nachzuweisen, betreffenden Falls unter Zurücklieferung des Certificats. Die Verpflichtung zu der Anzeige und Nachweisung liegt ob: 1) wenn eine Rhederei besteht, allen Mitrhedern; u) Es soll durch ausdrückliche Hervorhebung des Erfordernisses eines glaubhaften Nach­ weises aller einzutretenden Thatsachen der Ansicht entgegengetreten werden, als ob bei dem einen

oder

Ges. 66, 67.

anderen

Punkte

ein

besonderer Nachweis

nicht

erforderlich sei.

M. z. Einf.-

2) wenn eine juristische Person, eine eingetragene Genossen­ schaft, eine Acti enge Seilschaft Rheder o^er Mitrheder ist, für dieselbe allen Mitgliedern des Vorstandes; 3) wenn eine andere Handelsgesellschaft Rheder oder Mitrheder ist, für dieselbe allen persönlich haftenden Gesellschaftern; 4) wenn die Veränderung in einem Eigenthums wechsel besteht, wodurch das Recht des Schiffes, die Bundesflagge zu führen, nicht berührt wird, dem neuen Erwerber des Schiffes oder der Schiffspart. §. 13. Wenn ein Schiff, welches gemäss der Bestimmung des §. 2. zur Führung der Bundesflagge nicht berechtigt ist, unter der Bundesflagge fährt, so hat der Führer des Schiffes Geldbusse bis zu fünfhundert Thalern oder Gefängnissstrafe bis zu sechs Monaten verwirkt; auch kann auf Konfiskation des Schiffes erkannt werden. §. 14. Wenn ein Schiff, welches gemäss §. 10. sich der Führung der Bundes­ flagge enthalten muss, weil die Eintragung in das Schiffsregister oder die Ausfertigung des Schiffscertificats noch nicht erfolgt ist, unter der Bundesflagge fahrt, so hat der Führer des Schiffes Geldbusse bis zu Einhundert Thalern oder verhältnissmässige Gefängnissstrafe verwirkt, sofern er nicht nachweist, dass der unbefugte Gebrauch der Bundesflagge ohne sein Verschulden geschehen sei. §. 15. Die im §. 14. angedrohte Strafe hat auch derjenige verwirkt, welcher eine nach den Bestimmungen des §. 12. ihm obliegende Verpflichtung binnen der sechswöchentlichen Frist nicht erfüllt, sofern er nicht beweist, dass er ohne sein Verschulden ausser Stande gewesen sei, dieselbe zu erfüllen. Die Strafe tritt nicht ein, wenn vor Ablauf der Frist die Verpflichtung von einem Mitverpflichteten erfüllt ist. Die Strafe wird gegen denjenigen verdoppelt, welcher die Verpflichtung auch binnen sechs Wochen nach Ablauf des Tages, an welchem das ihn verurtheilende Erkenntniss rechtskräftig geworden ist, zu erfüllen versäumt*). §. 16. Wenn ein ausserhalb des Bundesgebietes befindliches fremdes Schiff durch den Uebergang in das Eigenthum einer Person, welcher das Bundesindigenat zusteht, das Recht, die Bundesflagge zu führen, erlangt, so können die Eintragung in das Schiffsregister und das Certificat durch ein von dem Bundeskonsul, in dessen Bezirk das Schiff zur Zeit des Eigenthums Überganges sich befindet, über den Erwerb des Rechts, die Bundesflagge zu führen, ertheiltes Attest**), jedoch nur für die Dauer eines Jahres seit dem Tage der Ausstellung des Attestes und über dieses Jahr hinaus nur für die Dauer einer durch höhere Gewalt verlängerten Reise, ersetzt werden. So lange Landeskonsulate noch bestehen, ist zur Ausstellung des Attestes auch der Konsul des Bundesstaates befugt, welchem der Erwerber angehört, und in Er­ mangelung eines solchen Konsuls, sowie in Ermangelung eines Bundeskonsuls, der Konsul eines anderen Bundesstaates (Art. 56. der Bundesverfassung). §.17. (aufgehoben; derselbe lautete:). Den Landesgesetzen bleibt vorbehalten zu bestimmen, dass und welche kleinere Fahrzeuge (Küstenfahrer u. s. w.) zur Aus­ übung des Rechts, die Bundesflagge zu führen, auch ohne vorherige Eintragung in das Schiffsregister und Ertheilung des Certificats befugt seien13). *) Die Strafkammern sind nach §. 74 des Gerichtsverfassungsgesetzes als erkennende Gerichte

ausschließlich

zuständig

für

Zuwiderhandlungen

gegen

das

obige

G.

v.

25. Oktober 1867.

**) In Bezug auf dieses Attest vgl. die Allg. Dienst-Instruktion für die Konsuln des deutschen Reichs v. 6. Juni 1871 zu §. 30 G. betr. die Organisation der Bundeskonsulate,

sowie die Amtsrechte und Pflichten der BundcSkonsuln v. 8. Nov. 1867 (B.G.Bl. S. 137).

13) Vgl. §. 10, Art. 53 Einf.-Ges. und die vorstehend abgedruckte V. v. 27. Febr. 1862 (G.S. S. 61) sowie das nachfolgende G. betr. die Registrirung und die Bezeichnung der

Erster Titel.

Allgemeine Bestimmungen.

Art. 438.

509

§. 18. Die in Gemässheit des §. 2. zur Führung der Bundesflagge berechtigten Schiffe, welche in Folge der Vorschrift Artikel 432. fL des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs in das Schiffsregister eines Bundesstaates bereits eingetragen und mit CertÜicaten behufs Führung der Landesflagge versehen sind, brauchen zur Aus­ übung des Rechts, die Bundesflagge zu führen, von Neuem in das Schiffsregister nicht eingetragen und mit neuen Certificaten nicht versehen zu werden. §. 19. Die landesgesetzlichen Bestimmungen über die Führung der bisherigen Schiffsregister finden auch auf die nach diesem Gesetze zu führenden Schiffsregister Anwendung, soweit sie mit den Vorschriften desselben sich vertragen, und unbeschadet ihrer späteren Aenderung auf landesgesetzlichem Wege. §. 20. Gegenwärtiges Gesetz tritt mit dem 1. April 1868 in Wirksamkeit14). Für die Schiffe, welche gegenwärtig die Mecklenburg-Schwerinsche Landesflagge zu fuhren befugt sind, treten die Vorschriften des §. 2. über die Erfordernisse der Nationalität erst am 1. April 1869. in Geltung. Reichs-Gesetz, betr. die Befugniss von Seefahrzeugen, welche der Gattung der Kauffahrteischiffe nicht angehören, zur Führung der Reichs­ flagge v. 15. April 1885 (R.GEl. S. 89). §. 1. Seefahrzeuge, welche für Rechnung entweder von auswärtigen Staaten oder von Angehörigen solcher Staaten im Inlande erbaut worden, sind, so lange sie im ausschliesslichen Eigenthum der im §. 2 des Gesetzes, betreffend die Nationalität der Kauffahrteischiffe etc., vorn 25. Oktober 1867 (Bundes-Gesetzbl. 8. 35) bezeichneten Personen, Gesellschaften oder Genossenschaften sich befinden, befugt, die Reichsflagge als Nationalflagge zu führen. Derartige Fahrzeuge unterliegen, wenn sie von dieser Befugniss Gebrauch machen, den für Kauffahrteischiffe geltenden Vorschriften. §. 2. Die vorstehenden Bestimmungen finden auf deutsche Lustjachten, welche in die offene See gehen, gleichmässig Anwendung.

Verordnung, betreffend die Bundesflagge für Kauffahrteischiffe vorn 25. Oktober 1867. (B.G.Bl. S. 39.) Die Bundesflagge, welche von den Kauffahrteischiffen der Bundesstaaten fortan als Nationalflagge ausschliesslich zu führen ist (§. 1 des Gesetzes, betreffend die Nationalität der Kauffahrteischiffe und ihre Befugniss zur Führung der Bundesflagge vorn heutigen Tage), bildet ein längliches Rechteck, bestehend aus drei gleich breiten horizontalen Streifen, von welchen der obere schwarz, der mittlere weiss und der untere roth ist. Das Verhältniss der Höhe der Flagge zur Länge ist wie zwei zu drei. Die Bundesflagge wird von den Schiffen am Heck oder am hinteren Maste — und zwar in der Regel an der Gaffel dieses Mastes, in Ermangelung einer solchen aber am Topp oder im Want — geführt. Ein besonderes Abzeichen in der Bundesflagge oder einen Wimpel zu führen, ähnlich demjenigen der Kriegsmarine des Norddeutschen Bundes, ist den Kauffahrtei­ schiffen nicht gestattet Reichs-Gesetz, betreffend die Registrirung und die Bezeichnung der Kauffahrteischiffe. Vorn 28. Juni 1873. (R.G.BL S. 184.) Kauffahrteischiffe v. 28. Ium 1873 (R.G.BL S. 184), durch dessen §. 1 der obige §. 17 aufgehoben ist ") Vgl. die im Anhang abgedruckte Preuß. Jnstr. v. 12. De-br. 1861 (J.M.BL

S. 328, Th. H iL Allg. Sers. v. 25. Marz 1868 (J.M.BI. S. 95), betr. die Führung deSchiffSregisterS.

510

Fünftes Buch.

Vom

Seehandel.

Art. 438.

§. 1. An Stelle des §.17 des Gesettzes, betreffend die Nationalität der Kauf­ fahrteischiffe und ihre Befugniss zur Führung der Bundesflagge, vom 25. Oktober 1867 tritt die folgende Bestimmung: Schiffe von nicht mehr als 50 Kubikmeter Brutto-Raumgehalt sind zur Aus­ übung des Rechts, die Reichsflaggge zu fuhren, auch ohne Eintragung in das Schiffsregister und Ertheilung dees Certifikats befugt. §. 2. Die Aenderung des Namens eines in das Schiffsregister eingetragenen Schiffes soll nur aus ganz besonders (bringenden Gründen gestattet werden. Sie bedarf der Genehmigung des Reichskanzleir-Amts. §. 3. Jedes in das Schiffsregister eiingetragene Schiff muss: 1) seinen Namen auf jeder Seite des Bugs und 2) seinen Namen und den Namem des Heimathshafens am Heck an den festen Theilen in gut sichtbaren umd fest angebrachten Schriftzeichen führen. §. 4. Im Falle einer Zuwiderhandlung gegen die Vorschriften des §. 3 hat der Führer des Schiffes Geldstrafe bis zu einhiundertfünfzig Mark oder Haft verwirkt. §. 5. Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1874 in Kraft. Vorschriften über die Registrierung und die Bezeichnung der Kauf­ fahrteischiffe. Vom 13. November 18731. (R.G.M. S. 367.) §. 1. Als „Seefahrt“ im Sinne des §. 1 des Gesetzes vom 25. Oktober 1867 (Bundes-GesetzbL 8. 35) ist in den naclhstehend aufgeführten Revieren die Fahrt ausserhalb der dabei bezeichneten Grenzern anzusehen: 1) bei Memel ausserhalb der Mündung des JKurischen Haffs, 2) bei Pillau ausserhalb des Pillauer Tiefs, 3) bei Neufahrwasser ausserhalb der Mündung der ''Weichsel, 4) in der Putziger Wiek ausserhalb Rewa und Heistermest, 5) bei Dievenow, Swinemünde und Peenemünde ausserhalb der Mündungen dter Dievenow und Swine, sowie ausserhalb der nördlichen Spitze der Insel Usedom und der Insel Rüden, 6) bei Rügen östlich: ausserhalb der Insel Rüden und dem Thiessower Höft, westlich: ausserhalb Wittower Posthaus und der nördlichen Spitze von Hiddens-Öe, sowie ausserhalb des Bock bei Barhöft, 7) bei Wismar ausserhalb Jackeibergs - Riff, fflaonibal- Grund, Schweinskötel und Lieps, sowie ausserhalb Tarnewitz, 8) auf der Kieler Föhrde ausserhalb Stein bei Labö umd Bülk, 9) auf der Eckern Föhrde ausserhalb Nienhof und Bockmis, 10) bei Flensburg, Sonderburg und Apenrade ausserhalb Birknakke und Kekenis-Leuchtthurm, sowie ausserhalb TunditoftNakke und Knudshoved,

Erster Titel.

Allgemeine Pestimmungen.

Art. 438.

51t

11) bei Hadersleben ausserhalb Raadboved, Insel Aarö, Insel Linderum und Orbyhage, 12) bei Husum ausserhalb Nordstrand, 13) auf der Eider ausserhalb Vollerwiek und Hundeknoll, 14) auf der Elbe ausserhalb der westlichen Spitze des hohen Ufers (Dieksand) und der Kugelbake bei Döse, 15) auf der Weser ausserhalb Cappel und Langwarden, 16) auf der Jade ausserhalb Langwarden und SchilligshÖrn, 17) auf der Ems ausserhalb der westlichen Spitze der Westermarsch (Ütlands-Höm) und Ostpolder Siel. §. 2. Zu den „zum Erwerb durch die Seefahrt bestimmten Schiffen" im Sinne des §. 1 des Gesetzes vom 25. Oktober 1867 (Bundes-Gesetzbl. 8. 35) gehören: a) die zur grossen Seefischerei bestimmten Schiffe und b) die zum Schleppen anderer Schiffe bestimmten Fahrzeuge, welche Seefahrt betreiben. §. 3. „Fünfzig Kubikmeter Bruttoraumgehalt" im Sinne des §. 1 des Gesetzes vom 28. Juni 1873 (Keichs Gesetzbl. 8.184) ist zu rechnen: a) bei Segelschiffen gleich 22 Tonnen zu 1000 Kilogramm, b) bei Dampfschiffen gleich 15 Tonnen zu 1000 Kilogramm derjenigen Tragfähigkeit, welche in den vor dem 1. Januar 1873 für deutsche Schiffe ausgefertigten deutschen Messbriefen aufgeführt ist §. 4. Anträge auf Aenderung von Namen der in das Schiffsregister eingetragenen Schiffe sind an die zuständigen Schiffsregister-Behörden zu richten, welche dieselben mit denjenigen Bemerkungen, zu denen die Anträge ihnen etwa Anlass geben, dem Reichskanzler-Amt vorzulegen haben. §. 5. Die nach §. 3 des Gesetzes vorn 28. Juni 1873 (Reichs-Gesetzbl. 8.184) von den Schiffen zu führenden Namen sind hell auf dunkelem Grunde in lateinischer Druckschrift von solcher Grösse anzubringen, dass 1) die Höhe der kleinsten Buchstaben bei Schiffen unter 300 Kubikmeter Nettoraumgehalt mindestens 5 Zenti­ meter, bei Schiffen .von 300 bis 1000 Kubikmeter Nettoraumgehalt mindestens 7,5 Zentimeter, bei Schiffen von 1000 Kubikmeter Nettoraumgehalt und darüber min­ destens 10 Zentimeter, und 2) die Breite der die [Buchstaben bildenden Grundstriche mindestens */* der Höhe der Buchstaben beträgt.

Reichs-Gesetz, betreffend die Küstenfrachtfahrt. Vom 23.Mai 1881. (R.G.BI. S. 97.)

§. 1. Das Recht, Güter in einem deutschen Seehafen zu laden und nach einem anderen deutschen Seehafen zu befördern, um sie daselbst auszuladen (Küstenfracht­ fahrt), steht ausschliesslich deutschen Schiffen zu.

Fünftes Buch.

512

Dom Seehandel.

Art. 439.

§. 2. Ausländischen Schiffen kann dieses Recht durch Staatsvertrag oder durch Kaiserliche Verordnung mit Zustimmung des Bundesraths eingeräumt werden*). §. 3. Der Führer eines ausländischen Schiffes, welcher unbefugt Küstenfracht­ fahrt betreibt, wird mit Geldstrafe bis zu dreitausend Mark bestraft. Neben der Geldstrafe kann auf Einziehung des Schiffes und der unbefugt be­ förderten Güter erkannt werden, ohne Unterschied, ob sie dem Verurtheilten gehören oder nicht. Der §. 42 des Strafgesetzbuchs findet entsprechende Anwendung. §. 4. Bestehende vertragsmässige Bestimmungen über die Küstenfrachtfahrt werden durch dieses Gesetz nicht berührt **). §. 5. Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1882 in Kraft. Reichs-Gesetz, betreffend die Prisengerichtsbarkeit Vom 3. Mai 1884.

(R.G.BI. S. 49.)

§. 1. Die Entscheidung über die Rechtmässigkeit der in einem Kriege gemachten Prisen erfolgt durch besondere Behörden (Prisengerichte). §. 2. Der Sitz der Prisengerichte, ihre Zusammensetzung, das Verfahren vor denselben, sowie die Verpflichtung anderer Behörden des Reichs oder der Bundes­ staaten , in Prisensächen mitzuwirken, werden durch Kaiserliche Verordnung be­ stimmt***). Artikel 439.

Bei der Veräußerung eines Schiffs oder eines Antheils am Schiff (Schiffs­ part) kann zum Eigenthumserwerb die nach dm Grundsätzm des bürgerlichen Rechts

etwa erforderliche Uebergabe durch die unter dm Kontrahenten getroffene Vereinbarung ersetzt werden, daß das Eigenthum sofort auf dm Erwerber übergehen soll15).

Pr. Entw. Art. 389 Abs. 2. Entw. I. Art. 401.

Prot. S. 1692-1711. 1772—1773. Prot. S. 3702. 3703. 3712.

*) Zu diesem §. 2 erging die V. v. 29. Decbr. 1881 (R.G.Bl. S. 275):

.Das Recht,

Güter in einem deutschen Seehafen zu laden und nach einem anderen deutschen Seehafen zu

befördern, um sie daselbst auszuladen (Küstenfrachtfahrt), wird den Schiffm von Belgien, Brasilien, Dänemark, Großbritannien, Italien und Schweden-Norwegen eingeräumt/

**) Die gegenwärtigen vertragsmäßigen Bestimmungen, auf welche der §. 4 des obigen Gesetzes Bezug nimmt, sind in der Bekanntmachung des Reichskanzlers v. 29. Decbr. 1881

(R.G.BI. S. 276) näher angegeben; sie betreffen Oesterreich-Ungarn, Rumänien, Siam und Tonga. ***) Dgl. D. Bett, die Ausübung der Prisengerichtsbarkeit aus Anlaß der ostafrikanischen

Blokade v. 15. Februar 1889 (R.G.Bl. S. 5). 1S) a. Der Art. 439 enthält nur Bestimmungen über die Uebergabe eines veräußerten

Schiffs, nicht aber über die Form des Veräußerungsvertrages.

Die Ansichten über die

Frage, in welcher Form die Beräußerungsverträge abgeschlossen werden müßten, waren in der Konferenz sehr getheilt.

Die Einen verlangten im Interesse der Sicherheit des Verkehrs und

wegen der gewichtigen Folgen, die sich häufig an einen Verkauf u. dgl. knüpfen, zur Gültigkeit des Geschäfts notarielle oder gerichtliche Abschließung, Andere mindestens schriftliche

Form, noch Andere sprachen sich für völlige Formfreiheit aus, weil das Erforderniß der

Schriftlichkeit mit dem bestehenden gemeinen deutschen Seerechte und dem Geiste des ganzen deutschen Handelsgesetzbuchs in Widerspruch stehen würde, und ohnehin nur wenige Ver­

äußerungen vorkämen, welche nicht als Handelsgeschäfte zu betrachten seien; die Ansicht, daß

es in Betreff der Form der Veräußerungsverträge, sofern sie keine Handelsgeschäfte seien, bei

Erster Titel.

Art. 440,

Allgemeine Bestimmungen.

513

Artikel 440.

In allen Fällen der Veräußerung eines Schiffs oder einer Schiffspart kann jeder Theil verlangen, daß ihm auf seine Kosten eine beglaubigte Urkunde über die

Veräußerung ertheilt werdens).

«rot. S. 1701-1705. 1771. Prot. S. 3703.

Pr. Entw. Art. 389 Ats. 1. Entw. I. Art. 402.

den Vorschriften der einzelnen Landesgesetzgebungen belassen werden könne, und kein Bedürfniß

zur Abänderung weitgreifender Prinzipien derselben vorhanden sei, fand schließlich die Zu­ stimmung der Majorität.

Die Aufnahme einer besonderen Bestimmung hierüber wurde indeß

nicht für erforderlich erachtet (P. 1692—1702). — Im Geltungsbereiche des A. L.R. kommen daher, wenn nicht ein Handelsgeschäft vorliegt (Art. 317), bei Veräußerungen von Schiffen und Schiffßparten die allgemeinen Regeln des A. L.R. Th. I, Tit. 5 über die Form der Verträge

zur Anwendung. b. Der Art. 439 enthält eine Bestimmung, welche für diejenigen Länder von Bedeutung ist, in welchen die Uebergabe bei Veräußerungen zum Eigenthumserwerbe erforderlich ist; dieß ist im Geltungsbereiche des A. L.R. der Fall (Th. I, Tit. 10, §. 1).

Der Art. 439 ver­

ordnet, daß bei Veräußerungen eines (wenn auch nur vorübergehend sP. 3703,1712] zum See­

handel dienenden) Schiffes oder einer Schiffspart die Uebergabe durch die unter den Kontra­ henten getroffene Vereinbarung, daß das Eigenthum sofort auf dm Erwerber übergehen

soll, ersetzt werden kann.

Dadurch ist selbstverständlich eine Eigenthumsübertragung durch

reale oder symbolische Uebergabe nicht ausgeschlossen (P. 1704).

Um die Eigenthumßübertragung

an Schiffen, bei denen eine Uebergabe nicht immer oder häufig nur schwer ausführbar ist, zu

erleichtern, hatte das A. L.R. Th. II, Tit. 8, §. 1396 verordnet: »Wenn nicht das Gegentheil ausdrücklich bedungen worden, so wird angenommen, daß die Uebergabe durch Vollziehung^

des Kontrakts geschehen sei/

Der Art. 439 weicht hiervon insofern ab, als er keine solche

Präsumtion aufstellt: er verlangt vielmehr als Ersatz für die Uebergabe eine Vereinbarung, Es macht keinen Unterschied

daß das Eigenthum sofort auf den Erwerber übergehen solle.

(P. 1705), ob diese Vereinbarung gleichzeitig mit dem Deräußerungsvertrage, oder erst später erfolgt.

Auch scheint die Fassung des Art. 439 der Annahme nicht entgegen zu stehen, daß auch

bedingte Vereinbarungen (P. 1772) mit der gedachten Wirkung zulässig sind.

Würde z. B.

bedungen (P. 1704), daß daß Eigenthum auf den Käufer nach Bezahlung des Kaufschillings, aber dann sofort, d. h. ohne Weiteres, ohne besondere Tradition übergehen solle, so würde nach

Bezahlung des Kaufgeldes das Eigenthum in Folge jener Willenserklärung auf den Käufer

übergehen.

Der Antrag, statt des Wortes »sofort" zu setzen:

»durch die Vereinbarung",

damit die Frage, ob bedingte Traditionen zulässig sein sollten oder nicht, in bejahendem Sinne entschieden würde, ist zwar abgelehnt worden (P. 3703), aus dieser Ablehnung kann jedoch nicht geschloffen werden, daß eine Entscheidung in verneinendem Sinne beabsichtigt worden ist. —

Ueber die Form, welche zur Rechtsgültigkeit der gedachten Vereinbarung erforderlich ist, ent­ hält der Art. 439 keine Bestimmung.

Alle Anträge, welche darauf abzielten, eine bestimmte

Form für dieselbe vorzuschreiben, wurden abgelehnt (P. 1705).

Hieraus folgt, daß, wenn ein

Handelsgeschäft vorliegt, der Art. 317 Anwendung findet, und daß, wenn kein solches vorliegt,

die allgemein eivilrechtlichen Vorschriften über die Form der Verträge zur Anwendung kommen.

Dagegen Goldschmidt I, S. 807, welcher die formlose Vereinbarung überall als ge­ nügend ansieht. 16) Der Art. 440 verleiht in allen Fällen der Veräußerung eines Schiffs oder einer Schiffspart (d. h. der rechtsgültig

erfolgten Eigenthums-Uebertragung, R.O.H. Bd. 24,

S. 47) jedem Theile daß Recht, eine beglaubigte Urkunde auf seine Kosten zu verlangen.

Man erwog, daß nicht nur der Erwerber (P. 1702) eine öffentliche Urkunde behufs Regulirung deß Schiffsregisters müsse erlangen können, sondem daß auch der Veräußerer (P. 3703) in Ma ko wer, Handelsgesetzbuch.

10. Ausl.

33

514

Fünftes Buch.

Artt. 441. 442. 443.

Vom Seelhandel.

Artikel 441.

Wird ein Schiff oder eine SchiffSzpart veräußert, während da« Schiff auf der Reise sich befindet, so ist im Verhältniß Mischen dem Veräußerer und Erwerber in Ermangelung einer anderen Vereinbarung! anzunehmen, daß dem Erwerber der Gevinn

der laufenden Reise gebühre oder der Veerlust derselben zur Last solle17).

«rot. S. 1490-1492. 1636—1638. 1652. Wnt. S. 3705. 3738.

St. Eit». Art. 391. tos. 2. Elt». I. »rt. 404 «M. 3. 430.

Artikel 442. Durch die Veräußerung eine« Sichiff« oder einer Schiffspart wird in den persönlichen Verpflichtungen de« Veräußerer» gegen Dritte nicht« geändert1»).

«rot. S. 1616. 1636. 2933. W«t. S. 3738. 3774.

Hr. Elt». Art. — «M». L Art. 429.

Artikel 443. Unter dem Zubehör eine« Schiffs

sind alle Sachen begriffen, welche zu dem

bleibenden Gebrauch de« Schiff« bei der Seefahrt bestimmt sind.

Dahin gehören insbesondere auch ldie Schiffsboote.

welche in da« Schiff-inventar eingetragen

Im Zweifel werden Gegenstände,

find, al« Zubehör de« Schiff« angesehen11»).

r. Elt». Art. 391 tos. 1. •et». I. tot. 404.

«rot. S. 1485-1490. «rot. S. 3704. 3712.

I

die Lage kommen könne, einer solchen zu betdürscn.

Der allgemeine Ausdruck:

»beglaubigte

Urkunde" ist statt des engeren .gerichtlich oderr notariell beglaubigte Urkunde" gewählt worden (P. 1771), um nicht auSruschließen, daß von gesetzen

genügt,

nur

eine

von

dem Veräußerer da, wo dieS nach den Landes­

einer Adnninistrativbehörde

beglaubigte

Urkunde

auS-

gestellt werde.

1T) Der §. 1401, Th. II, Tit 8 A. L.M. bestimmte:

deS Verkaufs auf der Reise, so werden die

.Befindet sich das Schiff zur Zelt

Frachtgelder für diese Reise, bei dem Mangel

besonderer Verabredungen, al» ein Vorbehaltt des Verkäufer- angesehen." hält eine abweichende Interpretation-regel.

Der tot. 441 ent­

Wenn nichts Anderes bedungen ist, dann soll, wenn

ein Schiff oder eine Schiffspart veräußett nvird, während das Schiff auf der Reife sich befindet, im Verhältniß »wischen dem Deräuißerer und dem Erwerber angenommen werden, daß dem Erwerber der Gewinn der laufenden Reise gebühre oder der Verlust derselben »ur

Last falle.

Diese Bestimmung beruht auf dar Präsumtion, daß nach der Absicht der Kontra­

henten der Erwerber in da« Unternehmen, auf welches das Schiff ausgegangen ist, an die Stelle

des

Veräußerer- hat eintretrn wollen;

der

Erwerber trägt deshalb Gewinn und

der laufenden Reffe (P. 1490—1492,1636—1638, 3738).

Verlust

Von dem Verhältniß des Ver-

äußerer- und deS Erwerber- »u Dritten hamdelt der folgende tottkel.

u) Der tot 442 spricht nur von den

persönlichen Verpflichtungen deS Veräußerer-,

und enthält in Be»ug auf diese den Satz, dafß die Veräußerung eine- Schiffe- oder einer Part

an den Rechten deS Dritten nichts ändert (P). 2933). ")

Da» A.L.R. (Th. H, Tit. 8, §. 11397 und Th. I, Tit. 2, §. 91) bestimmte:

.Als

Zubehör eine» Schiffe- find alle dabei befindliche, und zu dessen Gebrauche bestimmte Anker,

Masten, Taue und andere SchiffSgeräthschastan, ingleichen Kanonen, nicht aber anderes Gewehr, und noch weniger Munitton oder Kriegöbedürffniffe, anznsehen", femer (DH. II, Tit. 8, §. 1398):

»Auch daS Boot wird als Zubehör des Schifffeö betrachtet"

In letzterer Beziehung steht der

Erster Titel.

Allgemeine Bestimmungen.

Artt. 444. 445.

51fr

Artikel 444.

Im Sinne dieses fünften Buche» gilt ein seeuntüchtig gewordene» Schiff 1) al» reparaturunfähig, wenn die Reparatur de» Schisst überhaupt nicht möglich ist, oder an dem Ort, wo da» Schiff sich befindet, nicht bewirk' stelligt, dasselbe auch nicht nach dem Hafen, wo die Reparatur aui-uführen

wäre, gebracht werden kann;

2) al» reparaturunwürdig, wenn die -osten der Reparatur ohne Abzug für den Unterschied zwischen alt und neu mehr betragen würden, al» drei

Viertel seine» früheren Werth».

Ist die Seeuntüchstgkeit während einer Reise eingetreten, so gilt al» der frühere Werth derjenige, welchen da» Schiff bei dem Antritt der Reise gehabt hat, in den übrigen Fällen derjenige, welchen da» Schiff, bevor e» seeuntüchtig geworden ist, gehabt hat oder bei gehöriger Ausrüstung gehabt haben mürbe20).

8t. (Fitw. Art. — (Fltw. I. Art. 760 A»s. 3.

Stet 6. — ß»t. S. 3994-3997.4069. 414L 4416. 4488. Artikel 445.

Zur Schiffsbesatzung werden gerechnet der Schiffer, die Schiffsmannschaft, sowie alle übrigen auf dem Schiff angestellten Personen**).

8t. (Fntw. I. Art. — Sitw. I. Art. —

Stet 6. — -rot. S. 3712.

Art. 443 mit dem A. LR. im Einklang, in ersterer Beziehung weicht er von demselben ab, indem

er sich aller Spezialisirungen enthält und nur da» Prinzip ausspricht, «ach welchem

beurtheilt werden soll, ob eine Sache al» Pertinenz de» Schiffe» anzusehen ist.

Rach de»

Abs. 3 desselben soll eine Sache, welche in da» Schiffsinventar eingetragen ist, im Zweifel als Zubehör de» Schiffe» angesehen werden.

*) Auf die im Art. 444 enthaltenen Definitionen der Reparaturunfähigkeit und der

Reparaturunwürdigkeit wird namentlich in den Artt. 453, 473, 542, 630, 632, 669 u. 877 Bezug genommen.

Die Definitton der ersteren ergab sich von selbst; ein Schiff ist reparatm-

unfähig, wenn die Reparatur deffelben objektiv oder relattv (nach dem Orte, wo e» sich be­ findet) unmöglich ist.

(Näher definirt ist die absolute und die relattve Reparaturunfähigkett

R.O.H. Bd. 16, S. 106 u. R.G. XXI, 87). keit ist der Gedanke leitend

Bei der Definition der Reparaturunwürdig­

gewesm, daß

ein Schiff reparaturunwürdig ist, wenn seine

Reparatur eine unverständige Maaßregel wäre.

Die Verständigkeit oder Unverständigkeit der

Maaßregel müßte eigmtlich nach dem Erfolge, d. h. nach dem Werthe nach beendigter Reparatur beurthttlt werden; au» praktischen Erwägungen hat man aber den Werth einer frühere« Zeit vor dem Unfälle al» maaßgebend erklärt.

Welcher Ort bei Ermittelung de» frühere«

Werth» maaßgebend sei« soll, ist nicht für alle Fälle entschieden wtben.

Zn der Regel wird

die» der Abgangshafen, beziehungsweise der Ort sein, wo sich da» Schiff befindet; die» ist

jedoch nicht ausdrücklich ausgesprochen worden, um die Berücksichtigung der Preisverhältniffe eine»

in

der Nähe

befindlichen größeren Hafen»

nicht

auSzuschließen (P. 4142).



Den

Reparaturkosten sind andere Kosten, insbesondere die der Geldanschaffung, nicht hinzuzurechnen

(R.O.H. Bd. 12, S. 404).

*) Der Art. 445 umfaßt auch die nur temporär zu SchiffSdienften auf dem Schiff« angestellten Personen (R.G. XHI, 117), die Lootsen und alle sonstigen von dem Rheder oder Führer des Schiffes verwendeten Personen, daher btt Anwendung der Artt. 451, 736 auch dir

Besatzung des angenommenen Schleppdampfers (R.G. XX, 86).

516

Fünftes Buch.

Dom Sechandel.

Art. 446.

Artikel 44621). Ein zum Abgehen fertiges (segelfertiges) Schiff kann wegen Schulden nicht

mit Beschlag belegt werden.

Diese Bestimmung tritt jedoch nicht ein, wenn die

Schulden zum Behuf der anzutretenden Reise gemacht worden ftnb22).23 24 Durch eine Beschlagnahme von bereits an Bord des Schiffs

befindliche!:

Gütern wegen Schulden kann deren Wiederausladung nur in denjenigen Fällen erwirkt werden, in welchen der Ablader selbst die Wiederausladung noch zu fordern

befugt wäre, und nur gegen Leistung desjenigen, was dieser alsdann zu leisten haben würdet). Eine zur Schiffsbesatzung gehörige Person kann wegen Schulden von dem

Zeitpunkt an nicht mehr verhaftet werden, in welchem das Schiff segelfertig ist 24). Prot. S. 1492-1496. Prot. S. 3706-3712. 3774-3778.

Pr. Entw. Art. 392. Entw. I. Art. 405.

2l) Der Art. 446 handelt von den Arrestexemtionen der, wenn auch nur vorübergehend (P. 3712), zum Erwerbe durch die Seefahrt dienenden Schiffe, der darin verladenen Güter

und der zur Schiffsbesatzung (Art. 445) gehörigen Personen. ”) Der Abs. 1 verbietet — entsprechend dem art. 215 code de commerce — die Be­

schlagnahme von Schiffen (Segel- oder Dampfschiffen, P. 3708), welche zum Abgehen fertig (segelfertig) sind; er enthält sich jedoch, abweichend von dem citirten art. 215, jeder näheren

Bestimmung darüber, wann ein Schiff als zum Abgehen fertig anzusehen ist, weil die Vor­ aussetzungen für die Segelfertigkeit je nach denl Zwecke der bevorstehenden Reise und je nach den örtlichen Verhältnissen der verschiedenen Häfen zu verschieden sind (P. 1496).

Das A.8.R.

(Th. II, Tit. 8, §.1409) erstreckte die Arrestfreiheit auch auf die im Laden begriffenen Schiffe;

diese

Ausdehnung deß

Schiffsprivilegiums

wurde

von

der Konferenz

abgelehnt

(P. 1492, 3708). — Die Arrestfreiheit der fertigen Schiffe ist im Abs. 1 jedoch nur wegen Schulden ausgesprochen und — gemäß art. 215 c. d. c. — eine Ausnahme für diejenigen Schulden statuirt, welche zum Behuf der an zu tretend en Reise gemacht worden sind; es

schien billig (P. 1492), eine Ausnahme zu Gunsten solcher Personen (Bäcker, Fleischer re.) zu­ zulassen, welche ihre Lieferungen in: letzten Augenblicke vor dem Abgänge deß Schiffs machen

müssen.

Der Antrag, die Beschlagnahme segelfertiger Schiffe nicht allein wegen Schulden,

sondern wegen aller Civilansprüche (Vindikationßansprüche u. dgl.) auszuschließen, wurde abgelehnt (P. 3709).

Dies steht mit dem älteren Preuß. Rechte (A.L.R. Th. II, Tit. 8,

§. 1419) im Einklänge. — Der Art. 446 ist durch die 'C.P.O. nicht berührt (§. 13 Einf.-Ges. zu derselben). 23) Der Abs. 2 läßt die Frage offen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Beschlagnahme von bereits an Bord des Schiffs befindlichen Gütern ohne Wiederausladung

zulässig ist (P. 3774—3778).

Nur die Frage entscheidet er, in welchen Fällen durch eine

Beschlagnahme wegen Schulden deren Wiederausladung bewirkt werden kann.

Dem Arrest­

sucher werden in dieser Hinsicht die Rechte beigelegt, welche dem Ablader selbst zustehen

(Artt. 581 ff.), aber nur wenn er auch die Verpflichtungen (Zahlung der Fautfracht, ganzen Fracht rc.) erfüllt, welche der Ablader zu erfüllen hatte, wenn er von seinem Rechte Gebrauch machen wollte. 24) Der Abs. 3 geht weiter als das bisherige Recht (§§. 1415, 1416, Th. II, Tit. 8 A.L.R.), indem er die Verhaftung wegen Schulden hinsichtlich aller zur Schiffsbesatzung (Art. 445) gehörigen Personen von der Segelfertigkeit deß Schiffes an ausschließt.

Der Abs. 3

erleidet auch bei Wechselschulden keine Ausnahme (Art. 2, §. 1 G. v. 27. Mai 1863, G.S. S. 357—359). Nachdem inzwischen die Personalhaft wegen Schulden reichßgesetzlich auf­

gehoben worden, ist auch die Haft zur Erzwingung des Offenbarungseides durch §.785,

Erster Titel.

Allgemeine Bestimmungen.

Artt. 447. 448. 449.

517

Artikel 447. Wenn in diesem fünften Buche die Europäischen Häfen den nichteuropäischen

Häfen entgegengesetzt werden, so sind unter den ersteren zugleich die nichteuropäischen Häfen des Mittelländischen, Schwarzen und Azowschen Meeres als mitbegriffen

anzusehen. Pr. Entw. Art. — Entw. I. Art. —

Prot. S. — Prot. S. 3712.

Artikel 448.

Die Bestimmungen des fünften Buches, welche sich auf den Aufenthalt des Schiffs im Heimathshafen beziehen, können von den Landesgesetzen auf alle oder

einige Häfen des Reviers des Heimathshafens ausgedehnt werden 25). Pr. Entw. Art. — Entw. I. Art. 448.

Prot. S. 1584. 1882. Prot. S. 3765-3767.

Einf.-Ges. Art. 54. Es bleibt Königlicher Verordnung vorbehalten, in Betreff einzelner Häfen zu verordnen, dass denselben für die Anwendbarkeit der Bestimmungen, welche sich auf den Aufenthalt des Schiffs in dem Heimathshafen beziehen, alle oder einzelne Häfen ihres Reviers gleichzuachten seien (Artikel 448. des Handelsgesetzbuchs) 26). Artikel 449.

Für die Postanstalten gelten die Bestimmungen des fünften Buches nur

insoweit, als nicht durch besondere Gesetze oder Verordnungen für dieselben ein

Anderes vorgeschrieben ist27). Pr. Entw. Art. — Entw. I. Art. 784.

Prot. S. — Prot. S. 4040-4041.

Biff. 3 der C.P.O. „gegen den Schiffer, die Schiffsmannschaft und alle übrigen aus einem Seeschiff angestellten Personen, wenn das Schiff zum Abgehen fertig (segclfertig) ist", für un­ statthaft erklärt. heitsarrest.

Diese Bestimmung gilt nack) §. 812 ibid. auch für den persönlichen Sicher­

25) Es ist in mancherlei Beziehungen von großer Bedeutung, ob das Schiff im Heimaths­ hafen oder außerhalb desselben sich befindet. (Artt. 495, 496, 681.) Es giebt aber Häfen,

deren ausgedehnte Reviere man rücksichtlich der Bedeutung des Aufenthalts im Heimathshafen dergestalt als zu ihnen gehörig und wie Theile von ihnen zu betrachten gewohnt ist, daß nicht unterschieden wird, ob das Schiff in einem solchen Hafen selbst oder ob es in einem Hafen des Reviers desselben liegt. Diese Gewohnheit ruht auf festwurzelnden Einrichtungen und Verhältnissen, welche ohne große Nachtheile sich nicht abändern lassen, und muß vom Gesetz­

geber wohl berücksichtigt werden, um der Praxis einen sicheren Leitfaden zu geben.

Die nähere

Bestimmung dieser Häfen ist aus Zweckmäßigkeitsrücksichten den Landesgesetzgebungen überlassen

worden.

(M. z. Einf.-Ges. 69.) - Vgl. z. B. G. v. 9. März 1870 §. 2 (G.S. S. 248) für

das Jadegebiet.

26) Dieselben Gründe, welche bei Art 53, §. 10 d. Einf.-Ges. (vgl. die vorstehende 9tote 20) die Veranlassung waren, den Erlaß näherer Bestimmungen königlichen Ver­

ordnungen vorzubehalten, sind auch hier maaßgebend gewesen. 27) Vgl. Art. 421, Abs. 2 und Noten 46, b u. c zu demselben.

Fünftes Buch.

518

Vom Seehandel.

Artt. 450. 451.

Zweiter Titel.

Von -em Rheder und von -er Rhederei. Artikel 450. Rheder ist der Eigenthümer eines ihm zum Erwerb durch die Seefahrt dienenden

Schiffs i). Pr. Entw. Art. — Entw. I. Art. 406.

Prot. S. 1496-1500. Prot. S. 3713. 3714. 3739.

Artikel 451. Der Rheder ist für den Schaden verantwortlich, welchen eine Person der

Schiffsbesatzung einem Dritten durch ihr Verschulden in Ausführung ihrer Dienst­ verrichtungen zufügt2). Prot. S. 1749. 2027—2033. 2921. Prot. S. 3729—3731.

Pr. Entw. Art. 407. Entw. I. Art. 323.

*) Das H.G.B. versteht unter der Bezeichnung: „Rheder" nur den Schiffseigner, nicht aber auch denjenigen, welcher ein Schiff gemiethet hat und sodann für seine Rechnung

fahren läßt oder weiter verfrachtet (den Ausrüster Art. 477). Das bloße Eigenthum an einem zur Seefahrt bestimmten Schiffe macht dell Eigenthümer jedoch nicht zürn Rheder; er erlangt diese Eigenschaft erst dadurch, daß er sich des Schiffes zum Erwerbe durch die Seefahrt wirklich, wenn auch nicht ununterbrochen, bedient (P. 1500). 2) a. Der Entw. zweiter Lesung enthielt in den Artt. 53, 117, 159 Bestimmungen,

welchen der Art. 451 nachgebildet ist.

In dritter Lesung (P. 4518, 4528, 4540) wurden jene

Bestimmungen gestrichen, der Art. 451 blieb aber bestehen, da eine dritte Lesung des fünftel:

Buchs nicht stattfand. — Das R.O.H. (Bd. 6, S. 397) erachtet den Art. 451 auch nicht für

analog anwendbar auf die Stromschifffahrt. b. Der Art. 451 erklärt den Rheder für den Schaden verantwortlich, welchen eine Person

der Schiffsbesatzung (Art. 445, d. h. eine im Dienste des Rheders zu Schiffszwecken thätige Person, also auch die Besatzung eines etlva angenomulenell Schleppdampfers, R.G. XX, 86)

einem Dritten (der selbst zur Schiffsbesatzung gehören kann, R.G. XIII, 119), durch ihr

Verschulden in Ausführung ihrer Dienstverrichtungen R.O.H. Bd. 13, S. 116] omittendo, P. 3731) zufügt.

(faciendo oder [unter Umständen, Die Fassung „durch ihr Verschulden

in Ausführung ihrer Dienstverrichtungen" soll erkennbar machen (P. 2029), daß der Rheder nur für diejenigen Delikte der zur Schifföbesatzung gehörenden Persoilen zu haften hat, welche mit der Ausführung ihrer Dienstverrichtungen in einem inneren Zusamurenhange stehen,

also für einen Schaden, der durch die Art und Weise, in welcher sie ihren Dienst verrichten,

veranlaßt wird (vgl. z. B. Art. 736), daß die Haftung des Rheders sich aber nicht auf solche Delikte der gedachten Personen erstreckt, welche bloß gelegentlich der Dienstverrichtungen

verübt werden.

Beispielsweise wurde bemerkt: Der Rheder hafte für den Schaden, welcher

dadurch entstehe, daß die Mannschaft eines Schiffs in einen: Hafen beim Befestigen des Schiffs das Tau so ungeschickt spanne, daß es andere Bote umstürze und in Folge hiervon die darin

befindlichen Güter zu Grunde gingen; der Rheder habe aber nicht für die Wittwe und die Waise:: desjenigen zu sorgen, der: sein Schiffsmann, nachdem er mit ihrn bei Ausführung seines Dienstes in Streit gerathen, weil vielleicht keiner dem anderen in: Hafen ausweichen wollte, getödtet

habe u. dgl. — Die Haftung des Rheders m den Fällen des Art. 451

ist nicht, wie nach

§. 1528, Th. II, Tit. 8 A. L.R., eine blos subsidiäre, sondern eine Prinzipale (P. 2028); die

Zweiter Titel.

Von dem Rheder und von der Rhederei.

Art. 452.

519

Artikel 4523*).*4 5 Der Rheder haftet für den Anspruch eines Dritten nicht persönlich, sondern er haftet nur mit Schiff und Fracht 4):

1) wenn der Anspruch

auf ein Rechtsgeschäft gegründet wird, welches der

Schiffer als solcher kraft seiner gesetzlichen Befugnisse, und nicht mit Bezug auf eine besondere Vollmacht geschloffen hat 5);

2) wenn der Anspruch auf die Nichterfüllung oder auf die unvollständige

oder mangelhafte Erfüllung eines von dem Rheder abgeschloffenen Ver­ trages gegründet wird, insofern die Ausführung des Vertrages zu

Dienstobliegenheiten des Schiffers gehört hat, ohne Unterschied, Haftbarkeit reicht jedoch nur soweit,

den

ob die

als der Schuldige selbst haftet (R.G. IX, 162, vgl.

jedoch X, 19) und erstreckt sich nur auf das Seevermögen (Art. 452 Ziff. 3), gegen welches

dem Beschädigten die Rechte eines Schiffsgläubigers (Art. 757 Ziff. 10) zustehen. c. Ueber die Frage, ob und inwieweit der Rheder für den Schaden haftet, welchen ein

von dem Schiffer angenonunener Lootse bei der Führung des Schiffes Dritten zufügt, ist keine allgemeine Bestimmung in das Gesetzbuch ausgenommen worden (P. 1782—1786, 2031—2033). Nur für einen besonderen Fall findet sich eine Vorschrift im Art. 740. Vgl.

R.O.H. Bd. 11, S. 332, R.G. XIII, 117.

3) Die Artt. 452 u. 453, Abs. 2 bezeichnen Fälle, in denen der Rheder nicht persön­ lich haftet, der Art. 454 verweist auf die folgenden Titel hinsichtlich der übrigen Fälle, in welchen der Rheder nicht persönlich, sondern nur mit Schiff und Fracht (fortune de mer) haftet. Insoweit daher aus den Bestimmungen dieses fünften Buches sich nicht ergiebt, daß

der Rheder nur beschränkt haftet, tritt die persönliche Haftbarkeit des Rheders mit seinem ganzen Vermögen ein (P. 2933, 3736).

4) a. Die nicht persönliche Haftung des Rheders kann verschieden aufgefaßt werden; entweder geht man von der Voraussetzung aus, daß an und für sich der Rheder mit seinem ganzen Vermögen haftet, aber das Recht hat, sich von dieser Haftung durch Aufgabe des See­

vermögens zu befreien (Abandonsystem), oder man geht von der Anschauung aus, daß die Verpflichtung des Rheders von Anfang an nicht über den Betrag des Seeverrnögens hinausgeht

(System der beschränkten Haftung).

Nach dem letzteren Systeme ist das der See an­

vertraute Vermögen der einzige Gegenstand der Exekution.

Fast alle neueren Gesetzgebungen,

welchen sich der Pr. Entw. angeschtossen hatte, haben das Abandonsystem angenommen; das H.G.B. hingegen hat das System der beschränkten, rein dinglichen Haftung bei allen

wichtigeren Materien durchgeführt.

b. Welche Wirkung es hat, wenn der Rheder nur mit Schiff und Fracht haftet, ergiebt der zehnte Titel dieses Buchs, insbesondere ergeben die Artt. 759 ff., welche Frachtbeträge von

dem Gläubiger in Anspruch genommen werden können.

Wiederholte Anträge, welche dahin ab­

zielten, daß im Falle eines Verlustes des Schiffes die Versicherungsgelder an Stelle des Schiffes den Schiffsgläubigern haften sollten, wurden abgelehnt (P. 1606—1610, 4168—4172).

Vgl. U tlr. S. 36. 5) Die Ziffer 1 umfaßt die Fälle, in denen gesetzlich von vornherein mit beschränkter

Haftung für den Rheder kentrahirt wird (Artt. 496—498). — Um ausnahnlsweise eine persön­ liche Haftbarkeit der Rheder über die fortune de mer hinaus zu begründen, genügt es noch

nicht, wenn die Rheder den Schiffer einfach beauftragt haben, eine Handlung vorzunehmen; sie müssen ihn vielmehr ermächtigt haben, in ihrern Namen, als ihr Bevollmächtigter eine Handlung

vorzunehmen, und er muß auch wirklich und erkennbar als ihr Bevollmächtigter gehandelt haben. Vgl. Art. 498. (P. 1614.)

Fünftes Buch.

520

Vom Seehandel.

Art. 453.

Nichterfüllung oder die unvollständige oder die mangelhafte Erfüllung von

einer Person der Schiffsbesatzung verschuldet ist oder nicht«); 3) wenn der Anspruch auf das Verschulden einer Person der Schiffsbesatzung

gegründet roirb6 7).8 9

In den unter Ziffer 1. und 2. bezeichneten Fällen kommt jedoch dieser Artikel nicht zur Anwendung, wenn den Rheder selbst in Ansehung der Vertragserfüllung

ein Verschulden trifft, oder wenn derselbe die Vertragserfüllung besonders gewähr­ leistet hat«).

Pr. Entw. Art. 406. 407.

Prot. S. 1572—1578.1585-1595.1606-1610. 1613-1615. 2921. Prot. S. 3731. 3732. 3904-3906. 3909-3913. 4153- 4159. 4168-4172. 4283-4286. 4468 -4470.

Entw. I. Art. 424.

Artikel 4539).

Seemanns-Ordnung §. 68. Der Rheder haftet für die Forderungen des Schiffers und der zur Schiffsmannschaft gehörigen Personen aus den Dienst- und Heuerverträgen nicht nur mit Schiff und Fracht, sondern persönlich. 6) Die Ziff. 2 umfaßt

hinsichtlich

der vom Rheder abgeschlossenen Geschäfte den­

jenigen Theil der Erfüllung, welcher zu den Dienstobligenheiten des Schiffers gehört.

Der

Dritte weiß bei Eingehung des Vertrages, daß der Rheder die Erfüllung nicht selbst be­

sorgen, vielmehr durch den Schiffer handeln wird.

Der Rheder haftet in solchen Fällen

beschränkt, ohne Unterschied, ob die Nichterfüllung rc. von einer Person der Schiffsbesatzung verschuldet ist oder nicht, weil er kein ausreichendes Mittel zu einer genügenden Kontrole derselben hat.

7) Die Ziff. 3 umfaßt die Fälle, in welchen der Rheder quasi ex delicto durch das Verschulden seiner Leute verpflichtet wird (Art. 451). — Die Haftung des Rheders aus den, sei es auch im Auslande, vom Schiffer abgeschlossenen Rechtsgeschäften sowie aus dem Ver­ schulden einer Person der Schiffsbesatzung ist stets nach dem Rechte des Heimathshafens zu beurtheilen.

Präsumtionen, welche das ausländische Recht in Collisionsfällen für das Ver­

schulden der Schiffsbesatzung ausstellt, sind gegenüber dem Rheder daher unwirksam (R.O.H.

Bd. 24, S. 87).

8) Trifft den Rheder selbst in Ansehung der Vertragserfüllung ein Verschulden, oder hat er die Vertragserfüllung besonders gewährleistet, so haftet er unbeschränkt, weil im ersteren Falle die in Note 6 angegebene ratio für die beschränkte Haftung nicht zutrifft, und

im letzteren Falle die Absicht gerade dahin geht, die beschränkte Haftung auszuschließen. * 9) Der aufgehobene Art. 453 lautete wie folgt: Der Rheder haftet für die Forderungen der zur Schiffsbesatzung gehörenden Personen

aus den Dienst- und Heuerverträgen nicht nur mit Schiff und Fracht, sondern zugleich persönlich.

Wenn jedoch das Schiff dem Rheder ohne sein Verschulden vor Vollendung der Reise ver­ loren geht, insbesondere

wenn es verunglückt, wenn es als reparaturunfähig oder reparaturunwürdig kondemnirt (Artikel 444.) und in dem letzteren Falle ohne Verzug öffentlich verkauft, wird,

wenn es geraubt wird, wenn es aufgebracht oder angehalten und für gute Prise erklärt wird, so haftet der Rheder für die Forderungen aus der nicht vollendeten Reise oder, sofern dieselbe

aus mehreren Abschnitten besteht, für die Forderungen aus dem letzten Reise-Abschnitt nicht persönlich.

Zweiter Titel.

Bon dem Rheder und von der Rhederei.

Artt.

454. 455.

521

Diese Bestimmung tritt an die Stelle des Artikels 453 des allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs10). Artikel 454. Die übrigen Fälle, in welchen der Rheder nicht persönlich, sondern nur mit Schiff und Fracht haftet, sind in dm folgenden Titeln bestimmt11). «rot. S. 2933. Prot. S. 3735. .

Pr. Entw. Art. 407. Entw. I. Art. 426.

Artikel 455. Der Rheder als solcher kann wegen eines jeden Anspruchs, ohne Unterschied

ob er persönlich oder nur mit Schiff und Fracht hastet, vor dem Gerichte des Heirnathshafms (Artikel 435.) belangt roerben12). Pr. Entw. Art. — Entw. I. Art. —

Prot. S. — Prot. S. 3742.

Der letzte Reise-Abschnitt beginnt in dem Hafen, in welchem das Schiff zuletzt Ladung

eingenommen oder gelöscht hat, und mit dem Zeitpunkt, in welchem mit dem Laden der Anfang gemacht oder die Löschung vollendet ist.

Ein Nothhafen wird als Ladungs- oder Löschungs­

hafen im Sinne dieser Borschrift nicht angesehen. Der Rheder ist in keinem der vorgenannten Fälle befugt, die etwa gezahlten Handgelder

und Vorschüsse zurückzufordern. Prot. S. 1617—1623. 1649—1662. Prot. S. 3746—3748. 3997. 4464—4469.

Pr. Entw. Art. 406 Abs. 2. Ent. I. Art. 426.

Zur Rechtfertigung der vorstehenden Bestimmungen hatte man Folgendes geltend gemacht:

Wenn dem Interesse der Schifffahrt nicht die höchste Gefahr erwachsen soll, so muß die Mannschaft ein namhaftes Risiko bei Ausführung der Reise laufen; das Ausharren der Mann­ schaft aus dem Schiffe, so lange noch irgend Rettung möglich ist, kann nur dann erreicht werden,

wenn sie das Bewußtsein hat, daß sie mit dem Aufgeben von Schiff und Ladung sich ihrerseits großer Vortheile entschlägt; weder der Verlust ihrer, gewöhnlich fast werthlosen Effekten, noch

das Aufhören des Heuervertrages durch den Untergang des Schiffs (Art. 542) würden der

Schiffsbesatzung genügende Veranlassung sein, die äußerste Anstrengung zur Rettung des Schiffes

zu machen

(P. 1619—1632.)

Zur Erreichung dieses Zweckes stellten die älteren Rechte die

Regel auf: die Fracht ist die Mutter der Gage; ist durch höhere Gewalt keine Fracht verdient,

so ist ist auch keine Heuer zu zahlen. Diese Regel erscheine rücksichtlich der bereits verdienten Heuer zu hart; es ist unbillig, daß der Schiffsmann, welcher beim Untergang des Schiffs vielleicht nichts als sein Leben gerettet hat, auch noch das Risiko für den Bezug der bereits verdienten Heuer trage. Im Art. 453 sind sowohl die Interessen des Rheders als die der Schiffsbesatzung gewahrt; die Gefahr, welche die Besatzung läuft, besteht darin, daß sie, falls

das Schiff verloren geht, den persönlichen Anspruch an den Rheder wegen der Heuer des

letzten Reiseabschnittes (der als ein Ganzes betrachtet wird) verliert; für ihr Interesse ist da­ gegen insofern gesorgt, als der Rheder für die bis dahin verdiente Heuer mit seinem ganzen

Vermögen aufkommen muß, wenn auch das Schiff zwar untergeht, aber erst, nachdem es den

Bestimmungshafen oder denjenigen Hafen erreicht hat, in welchem es zuletzt Ladung einnahm oder löschte. — Vgl. Artt. 525, 526 i. f., 552.

10) Die Gründe für die im Text enthaltene Abänderung des Art. 453 sind in der Note zu §. 68 der S.-O. angegeben. — In Streitigkeiten, welche sich auf das Rechtsverhältniß zwischen Rheder (oder Schiffer) und Schiffsmannschaft beziehen, kann die Entscheidung durch

den Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen allein erfolgen (§. 109, Abs. 3 Gerichts­ verfassungsgesetz).

n) Beim Mangel derartiger Bestimmungen haftet der Rheder persönlich mit seinem

ganzen Vermögey.

Vgl. Note 3 zu Art. 452.

552

Fünftes Buch.

Vom Seehandel.

Art. 504.

insoweit es den Verhältnissen entspricht, zu befolgen, sonst aber nach eigenem Er­ messen zu verfahren und überhaupt thunlichst dafür zu sorgen, daß die Ladungs-

betheiligten von solchen Vorfällen und den dadurch veranlaßten Maaßregeln schleunigst in Kennntniß gesetzt werden^).

Er ist in solchen Fällen namentlich auch berechtigt, die Ladung ganz oder zum Theil zu löschen, äußerstenfalls, wenn ein erheblicher Verlust wegen drohenden

Verderbs oder aus sonstigen Gründen anders nicht abzuwenden ist, zu verkaufen oder Behufs Beschaffung der Mittel zu ihrer Erhaltung und Weiterbeförderung

zu verbodmen 6v), sowie im Falle der Anhaltung oder Aufbringung zu reklamiren

oder, wenn sie auf andere Weise seiner Verfügung entzogen ist, ihre Wiedererlangung außergerichtlich und gerichtlich zu betreiben 6i).

Prot. S. 1891. 1892. 1897. 2408. 2461—2465. Prot. S. 3786. 3832. 3833. 4162.

Pr. Entw. Art. Entw. I. Art. 527 Abs. 1-3.

59) a. Der Art. 504 ist bestimmt, das Prinzip auszusprechen, daß der Schiffer während der Reise der gesetzliche Vertreter der Ladung ist und als solcher für das Beste derselben zu sorgen hat. Es ist deshalb deutlich hervorgehoben worden, daß er in denjenigen Fällen, welche besondere Maaßregeln im Interesse der Ladung erforderlich machen und die im Seeverkehr häufig vorkommen, ohne daß von den Interessenten Anordnungen getroffen werden können, nicht

bloß als negotiorum gestor der Ladungsinteressenten, sondern als deren gesetzlicher Mandatar anzusehen und für dieselben aufzutreten befugt ist.

(P. 2461.)

b. Die vorgängige Befragung oder nachträgliche Benachrichtigung aller Ladungsinteressenten ist oft unmöglich. Dies bat eine Beschränkung der Verpflichtung zur Befragung und Anzeige

auf die thunlichen Fälle nothwendig gemacht. Auch wenn das Schiff im Ganzen verchartert und vom Befrachter nachher auf Stück angelegt ist, ist der Schiffer zur Anzeige den Stück­

güterbefrachtern gegenüber verpflichtet, weil er rücksichtlich der Ladung auch als deren gesetz­ licher Mandatar anzusehen ist. (P. 2464.) 60) a. Analog dem Verkauf des Schiffs ist der Verkauf der Ladung; auch letzterer ist dem Zwecke, zu welchem die Reise unternommen wird, widersprechend; auch er kann deßhalb

nur durch die Gewalt der Umstände gerechtfertigt werden. Außer dem Falle, wenn die Ladung verkauft wird, mit ein Geldbedürfniß des Schiffs zu decken, sind solche Umstände vorhanden, wenn die Ladung beschädigt oder nicht zu erhalten ist, oder wenn sie in Folge eines Schiffs­ bruchs nicht an ihren Bestimmungsort geschafft werden kann. (M. 238.) — Verkauft der

Schiffer im Nothhafcn einen Theil der Ladung wegen Seebeschädigung, so ist trotzdem von derselben die volle Fracht zu zahlen, weil der Schiffer in jenem Falle als Vertreter der

Ladungsbetheiligten handelt.

(R.O.H. Bd. 25, S. 10.)

b. Die Befugniß zur Verbodmung der Ladung konnte dem Schiffer nicht abgesprochen

werden, da sie ein Minus darstellt gegenüber dem Rechte zum Verkaufe derselben. (P. 2465.) — Der Antrag, auch des Rechts der Verpfändung der Ladung Erwähnung zu thun, fand mehr­ fachen Widerspruch; von einigen Seiten deshalb, weil die Verpfändung wegen der bei Realisirung des Pfandes obwaltenden Umstände präjudizirlicher sein könne, als ein Verkauf, den der Schiffer

selbst zu besorgen habe; von anderen Seiten deshalb, weil die ausdrückliche Erwähnung des

Rechts der Verpfändung zu der irrigen Ansicht verleiten könne, daß der Schiffer in solchen Fällen den Eigenthümer persönlich zu verpflichten berechtigt sei und weil, wenn der Schiffer die

Persönliche Verbindlichkeit für das Geschäft übernehmen wolle, das Recht der Verpfändung aus dem des Verkaufs folge (P. 1. c.).

Der erwähnte Antrag wurde deshalb auch nicht weiter

verfolgt.

61) Wenn die Ladung angehalten oder aufgebracht, oder in anderer Weise der Verfügung des Schiffers entzogen ist (z. B. wenn beim Löschen ein Theil der Ladung gestohlen wird), so

Zweiter Titel.

Bon dem Rheder und von der Rhederei.

Art. 459.

523

Einstimmigkeit sämmtlicher Mitrheder ist erforderlich zu Beschlüssen, welche eine

Abänderung

des Rhedereivertrages

bezwecken oder welche den Bestimmungen des

Rhedereivertrages entgegen oder dem Zwecke der Rhedcrei fremd finb15 * *).* *

Pr. Entw. Art. 394. Entw. I. Art. 408.

-

Prot. S. 1500—1502. 1563. 1564. Prot. S. 3715.

Artikel 459. Durch Beschluß der Mehrheit farm16) für den Rhedereibetrieb ein Korrespon-

dentrheder (Schiffsdirektor, Schiffsdisponent) bestellt werden.

Zur Bestellung eines

Korrespondentrheders, welcher nicht zu den Mitrhedern gehört, ist ein einstimmiger

Beschluß erforderlich. Die Bestellung des Korrespondentrheders kann zu jeder Zeit durch Stimmen­

mehrheit widerrufen werden, unbeschadet der Rechte auf Entschädigung aus besthenden

Verträgen17) Prot. S. 1520—1522. Prot. S. 3715—3717.

Pr. Entw. Art. 398. Entw. I. Art. 409.

vorgängige Anhörung aller Mitrheder, Schriftlichkeit 2C.) ist nicht vorgeschrieben (ebenso

R.G. IX, 140); es kommt daher nur darauf an, daß die Mehrheit der Parten sich für den

Gegenstand der Beschlußfassung erklärt; sobald dies konstatirt ist, bedarf es einer weiteren Be­ fragung der übrigen Partenbesitzer nicht (R.O.H. Bd. 16, S. 388, Bd. 22, S. 292). 15) a. Es ist hier der regelmäßige Fall vorausgesetzt, daß alle Mitrheder Stimm-

berechtigung haben.

Haben Einzelne sich vertraglich ihres Stimmrechts begeben, so entscheidet

über die Frage, ob sie bei den in Rede stehenden Beschlüssen stimmberechtigt sind, der Inhalt des Vertrages und die aus demselben etwa erkennbare Absicht der Kontrahenten.

Wie es zu

halten sei, wenn der Vertrag keinen Anhalt für die Beurtheilung dieser Frage biete, war in

der Konferenz streitig.

Die Einen meinten, der Verzicht auf die Stimmberechtigung beziehe

sich im Zweifel auf alle von der Rhederei zu fassenden Beschlüsse, die Anderen waren der

Ansicht, daß die Verzichtenden bei Abgabe einer derartigen Erklärung gewiß nur an einen regelmäßigen, den Rhedereistatuten entsprechenden Verlauf der Geschäftsführung dächten. (P. 1563, 1564.)

b. Einstimmigkeit sämmtlicher Mitrheder ist nach Abs. 2 auch erforderlich zu Beschlüssen, welche dem Zwecke der Rhederei, d. h. dieser Rhederei fremd sind.

So würde z. B. (P. 1520)

die Verwendung der Schiffe, welche für Fahrten zwischen England und den Hansestädten be-

stimmt sind, zu Grönlandsfahrten einen einstimmigen Beschluß aller Mitrheder erfordern. — Ueber die Interpretation des Abs. 2 d. Art. s. R.O.H. Bd. 15, S. 160, R.G. IX, 141 (außer­

halb des Zweckes der Rhederei liegende Liberalitäten). 16) Nach dem Pr. Entw. (Art. 398) sollte die Rhederei immer verpflichtet sein, einen Korrespondentrheder zu bestellen.

Die Aufnahme dieser Bestimmung wurde jedoch abgelehnt,

weil das Institut nicht so ausgebildet und herkömmlich sei, um einen Zwang zu rechtfertigen, und weil diese Anordnung unter Umständen eine große Belästigung für die Rhederei enthalten,

zuweilen sogar etwas Unausführbares von ihr verlangen würde.

(Der §. 51 des mecklenburg-

schwerinschen Einf.Ges. zum H.G.B. hat abweichend hiervon diese Verpflichtung eingeführt,

und diese Abweichung ist durch §. 4 des Reichsges. v. 5. Juni 1869 aufrecht erhalten.) — Auch

der fernere Vorschlag, daß auf Antrag der Minorität zur Wahl eines Korrespondentrheders geschritten werden müsse, wurde, namentlich mit Rücksicht auf die umfassenden gesetzlichen Be­ fugnisse desselben, von der Konferenz abgelehnt.

(P. 1520, 1521.)

17) Die Bestimmung des Abs. 2 d. Art. hat zur Folge, daß ein Korrespondentrheder, welchem die Hälfte oder mehr als die Hälfte des Schiffs gehört, wider seinen Willen dieser

524

Fünftes Buch.

Dom Seehandel.

Art. 460.

Artikel 460. Im Verhältniß zu Dritten ist der Korrespondentrheder kraft seiner Bestellung befugt, alle Geschäfte und Rechtshandlungen vo^unehmen, welche der Geschäftsbetrieb

einer Rhederei gewöhnlich mit sich bringt18). Diese Befugniß erstreckt sich insbesondere auf die Ausrüstung, Erhaltung und

Berftachtung de» Schiff», auf die Versicherung der Fracht, der Au»rüstung»kosten

und der Havereigelder, sowie auf die mit dem gewöhnlichen Geschäftsbetrieb ver­

bundene Empfangnahme von Geldern.

Der Korrespondentrheder ist in demselben Umfange befugt, die Rhederei vor Gericht zu vertreten18). Er ist befugt, den Schiffer anzustellen und zu entlassen; der Schiffer hat sich

nur an dessen Anweisungen und nicht auch an die etwaigen Anweisungen der ein­ zelnen Mitrheder zu halten88). seiner Stellung nicht enthoben werden kann.

Dies hielt man nicht für gefährlich (P. 1522),

weil in der Regel nicht durch die mit großen Antheilen interessirten Mitrheder, sondem durch

die gering betheiligten, welch« bei gewagtm Geschäften nur einen kleinen Derlustantheil zu tragen haben, der Rhedcrei Gefahr droht. — Die freie Widerruflichkeit deS in der Bestellung liegenden Mandats, vorbehaltlich der Entschädigung auS bestehenden Verträgen, mtspricht der

Bestimmung des

Art. 54

Abs. 1.

AuS der Natur der Vollmacht ergiebt sich,

daß

auch

vertraglich auf den Widerruf nicht wirksam verzichtet werden kann (R.O.H. Bd. 23, S. 327). M) Der Abs. 1 d. Art. (vgl. Art. 42 Abs. 1) erklärt bett Korrespondentrheder im Ver hältniß zu Dritten für befugt, alle Geschäfte und Rechtshandlungen vorzunehmen, welche der Betrieb einer Rhederei, d. h. irgend einer Rhederei, gewöhnlich mit sich bringt (P. 1526). ES wurde anerkannt (P. 3794), daß der Dritte, welcher sich mit dem Korrespondentrheder in

einen Konttakt für Rechnung der Rhederei einlassen will, nicht verpflichtet ist, sich zu erkundigen,

ob der Korrespondenttheder die (nach Art. 463) etwa erforderliche Beschlußfassung von Seiten

der Rhederei veranlaßt hat oder nicht, sondern daß das betreffende Rechtsgeschäft gültig bleibt, der Korrespondenttheder einen Beschluß der

auch wenn der dritte Konttahent wußte, daß

Rhedcrei einzuholen unterlassen hat, warn nur die Gültigkeit beffeiben nach Art. 460 außer Zweifel ist.

“) Die Worte

.in

demselben Umfange'

wollen also sagen (P. 3743):

beziehen sich auf bat Abs. 1 d.

Art. und

Sowie der Korrespondenttheder Dritten gegenüber fräst seiner

Bestellung befugt ist, alle Geschäfte und Rechtshandlungen vorzunehmen, welche der Geschäfts­

betrieb einer Rhederei gewöhnlich mit sich bringt, ebenso erstreckt sich seine Befugniß, für die Rhederei Prozeffe zu führen, auf alle diese Geschäfte und Rechtshandlungen, auch wenn er das

einzelne Geschäft, auS welchem der Prozeß entsprungm ist, in Folge der ihm von den Rhedern

auferlegten Beschränkung nicht hätte vornehmen dürfen. Bd. 8, S. 342.

— Der Korrespondenttheder



Dgl. R.O.H. Bd. 7, S. 147;

ist befugt, braucht aber nicht wider seinen

SB Ulen die prozessuale Vertretung der Rhederei auf Verlangen eines Dritten zu übernehmen (R.G. I, 297,

wo dahingestellt blieb,

ob nach dem jetzt gültigen §. 159 C.P.O., welcher

nur die Generalbevollmächtigten und Prokuristen erwähnt, sich hierin etwaö geändett hat).

Ä)

ES ist unmöglich, den Schiffer wegen Abschluffes deS AnstellungSverttageS an alle

einzelnen Mttheder zu verweisen, und nothwendig, für den Fall Vorsorge zu treffen, daß

die schnelle Besetzung der Stelle des Schiffers wünschenSwetth

oder erforderlich wird; der

Korrespondenttheder ist deshalb für befugt erklärt worden, sowohl den Schiffer anzustellen, als auch ihn vorbehaltlich seiner Entschädigungsansprüche sofort vom Schiffe zu verweisen (P. 1528).

Vgl. Art. 42 Abs. 1.

Don dem Rheder «nd von der Rhederei.

Zweiter Titel.

Im Namen

Art. 461.

525

der Rhederei oder einzelner Mitrheder Wechselverbindlichkeiten

einzugehen oder Darlehen aufzunehmen, da» Schiff oder Schiff-parten zu verkaufen oder zu verpfänden oder für dieselben Versicherung zu nehmen, ist der Korrespon­ dentrheder nicht

befugt, es

sei denn, daß

ihm eine Vollmacht hierzu besonder»

ertheilt ist21).

Im klebrigen bedarf es zu dm Geschäftm und Rechtshandlungen, welche er

frost seiner Bestellung vorzunehmen befugt ist, der

in den

Landesgesetzen etwa

vorgeschriebmen Spezialvollmacht nicht. Prst. 6.1523—1533. 2621. Amt. 6.3715. 3743. 3794.

«r. Eit». Art. 399. Ent». I. Art. 410.

Artikel 461.

Durch ein Rechtsgeschäft, welches der Korrespondentrheder al» solcher inner­

halb der Grenzen seiner Befugnisse geschlossen hat, wird die Rhederei dem Drittm

gegmüber auch dann berechtigt und verpflichtet, wenn das Geschäft ohne Nmnung der eiiyelnen Mitrheder geschlossen ist. Ist die Rhederei durch ein von dem Korrespondentrheder abgeschlossenes Ge­

schäft verpflichtet, so hastm die Mitrheder in gleichem Umfange (Artikel 452.), al»

wmn da« Geschäft von ihnen selbst geschlossm wäre22). Pr. Elt». Art. Ent». I. Art. — 3I)

Prot. 6.1578-1581. Pmt. 6.3732-3735.4464—4466.4478-4480.

a. Für die zwar in eigenem Namen, aber im Interesse der Rhederei eingcgangenen

Wechselverbindlichkciten kann

der Korrespondentrheder Schadloshaltung verlangen, soweit er

nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen über negotiorum gestio u. dgl. hierzu befugt ist (P. 3716,

R.O.H. Bd. 25, S. 50). b. Der Korrespondcntrhedcr ist Vertreter der Rhederei und nicht der einzelnen Mit­ rheder; diesen bleibt eS überlassen, ihre Schiffspart zu versichem oder das Risiko zu übernehmen;

ohne diese Beschräickung der Befugnisse deS Korrespondentrheders könnte eS leicht kommen, daß

die garten doppelt versichert würden (Art. 792 ff.).

Hat der Korrespondentrheder ohne Vollmacht

daS Schiff oder einzelne Schiffsparten versichert, so ist die Gültigkeit dieser Versicherung nach

Art. 785 ff. zu beurtheilen.

(P. 1530, 1531.)

”) a. Der 1. Abs. d. Art. enthält die beiden Sätze, daß:

1. die Rhederei durch Rechtsgeschäfte, welche der Korrespondentrheder alö solcher, d. h. dem Dritten

erkmnbar als

ihr Vertreter' geschloffen

hat, direkt berechtigt und

verpflichtet wird, und 2. daß, wenn nur ausdrücklich erklärt ist oder aus den Umständen erhellt, eS sei für die Rhederei koatrahirt worden, nichts darauf ankommt, ob die Namm der einzelnen

Mitrheder gmannt wordm sind. Der Abs. 2 d. Art. spricht bat ferneren Rechtssatz auS, daß, wenn die Rhederei aus einem von

dem Korrespondentrheder abgeschlossenen Geschäfte verpflichtet wird, die einzelnen Mitglieder in gleichem Umfange haftm, als wmn sie selbst kontrahirt hättm.

Die Verweisung auf dm

Art. 452 ergäbt, daß sie im Falle der Ziff. 2 deffelbm nur mit Schiff und Fracht, dagegen im Falle der Schlußbestimmung deffelbm persönlich haftm müßten.

b. Der Art. 461

handelt nur von der Frage, wann und

wie weit die Rheder mi»

Rechtsgeschäften (insbesondere also auch aus DertragSverletzungm) des KorrespondmtrhederS verpflichtet werden; dagegen bestimmt

Delikte des Letzteren hasten.

er nicht auch über die Frage,

inwiefem sie für reine

526

Fünftes Buch.

Vom Seehandel.

Artt. 462. 463. 464.

Artikel 462. Eine Beschränkung

der

im Artikel 460. bcgeidjneten Befugnisse

des Kor­

respondentrheder» kann die Rhederei einem Dritten nur insofern entgegensetzen, als

sie beweist, daß die Beschränkung

dem Dritten zur Zeit de» Abschlüsse» de» Ge­

schäft» bekannt nmr28).

Pr»t. S. 1532. Prnt. E. 3717. 3795.

Pr. EM». Art. 400. Ent». L Art. 410 «df. 5.

Artikel 463. Der Rhederei gegenüber ist der Korrespondentrheder verpflichtet, die Beschrän­ kungen einzuhalten, welche von derselben für den Umfang seiner Befugnisse fest­ gesetzt find; er hat sich ferner nach den gefaßten Beschlüssen zu richten und dieselben

zur Ausführung zu bringen.

Im Uebrigen ist der Umfang seiner Befugnisse auch der Rhederei gegenüber

nach den Bestimmungen de» Artikels 460. mit der Maaßgabe zu beurtheilen, daß er zu neuen Reisen**) und Unternehmungen, zu sowie

zur

Anstellung

oder

Entlassung

außergewöhnlichen Reparaturen,

de» Schiffer»

vorher

die Beschlüsse

der

Rhederei einholen muß.**) Pr. E»t». Art. 399. CM». I. Art. 411.

Pret. S. 1532. -rot. S. 3717. 3718.

Artikel 464. Der Korrespondentrheder ist verpflichtet, in den Angelegenheiten der Rhederei

die Sorgfalt eine» ordentlichen Rheder» anzuwenden^). Ar. Eut». Art. — EM». I. Art. 412.

8iet S. 1535. Prot. €. 3719.

”) ES wurde wiederholt anerkannt (P. 1532, 3795), daß der Art. 462 sich nicht bloß auf den Fall bezieht, wenn die Vollmacht des Korrespondentrheders von Anfang an Dritten gegenüber eine beschränkte war, sondern auch auf später eintretende,

oder für einzelne Fälle

aufgestellte Beschränkungen, so daß er also z. B. auch in dem Falle Anwendung leidet, wenn

die Vollmacht des Korrespondentrheders »war eine unbeschränkte gewesen, aber wegen eines

Punktes ein besonderer Beschluß der Rhederei gefaßt und diesem gemäß der Korrespondmtrheder instruirt, gleichwohl aber gegen den gefaßten, dem Dritten bekannten Beschluß vom Korrespondentthedcr gehandelt worden ist.

*) Neu ist im Sinne d. Art. und des Art. 468 jede Reise, die nicht schon früher bc-

schlossen worden, die sich nicht als Ausführung oder Vollendung einer schon begonnenen dar­

stellt und die eine neue Ausrüstung »um Beginn der Fahrt erfordert (R.O.H. Bd. 22, S. 290). **) Da» R G. IX, 139 erachtet dm Korrespondentrheder auch hinsichtlich der Anerkennung und

Be»ahlung solcher Forderungen von Gläubigem, dcrm Höhe über das

im laufenben

Geschäftsbetriebe gewöhnlich Vorkommende hinauSgehm, als an die Beschlüsse der Rhederei

gebundm; derselbe Gerichtshof erkennt an (Bd. XI, 194), daß das Ermessen deS Korrespondent' rhederS al» BeweiSgmnd für die Zweckmäßigkeit einer von ihm für Rechnung der Rhederei gemachten Aufwendung zu erachten sei.

*•) Der Art. 464 legt dem Korrespondentrheder die Verpflichtung auf, in den Angelegenheitm der Rhederei die Sorgfalt eine» ordentlichen RhederS anzuwenden, ohne Unterschied

(P. 1536), ob er zugleich Mittheder ist oder besonders für seine Bemühungen honorirt wird, oder nicht. — Zu diesen Berpflichtungm wird unter Umständen auch die Versicherung der

Vorschüsse gehören (R.O.H. Bd. 15, S. 119).

Zweiter Titel.

527

Von dem Rheder und von bet Rhederci. Artt. 465. 466. 467.

Artikel 465.

Der Korrespondentrheder hat über seine die Rhröerei betreffende Geschäfts­ führung abgesondert Buch zu führen und die dazu gehörigen Beläge aufzudewahren. Er hat auch jedem Mitrheder auf deffen Verlangen Kenntniß von allen Verhältnissen zu geben, die sich auf die Rhederei, insbesondere auf da« Schiff, die Reise und die

Ausrüstung beziehen; er muß ihm jederzeit die Einsicht der die Rhederei betreffenden Bücher, Briefe und Papiere gestatten, |ret S. 1534—1536. -rot. S. 3719.

«t. Cat». Art. 461. 402. feit*. I. Art. 413.

Artikel 466.

Der Korrespondentrheder ist verpflichtet, jederzeit auf Beschluß der Rhederei derselbm Rechnung zu legen.

Die Genehmigung der Rechnung und die Billigung

der Verwaltung des Korrespondentrheder». durch die Mehrheit hindert die Minder­

heit nicht, ihr Recht geltend zu machen«»). Amt. E. 1537-1542. ßr»t. S. 3719. 3720.

Pr. Ent*. Art. 403. 404. feit*. I. Art. 414.

Artikel 467.

Jeder Mitrheder hat nach Verhältniß seiner Schiffspart zu den Ausgaben der

Rhederei, insbesondere zu den Kosten der Ausrüstung und der Reparatur de» Schiff»,

beizutragen. Ist ein Mitrheder mit Leistung seine» Beitrag» in Verzug und wird da»

Geld von Mitrhedern für ihn vorgeschossen«), so ist er denselben von Rechtswegen y) a. Die Verpflichtung des Korrespondentrheders, jederzeit auf Beschluß der Rhederei

derselben Rechnung zu legen, ergiebt sich aus seiner Stellung als Mandatar. b.

Der zweite Satz d. Art. wurde dahin erläutert (P. 3720):

Er sei nicht dahin zu

verstehen, daß die Minderheit das Recht haben solle, für ihren Theil die Gültigkeit eines vom Korrcspondentrhedcr eingegangcncn und von der Mehrheit genehmigten Geschäfts al» eines Ge­

Wmn also z. B. mit Zustimmung der Majorität die

schäfts der Rhederci anzufcchten. Auszimmerung

des Schiffs beschlossen worden, so könne

die Minorität ihrerseits nicht die

Rechnung bezw. die Verwaltung des Korrespondentrheders um deshalb beanstanden, weil nicht hätte aufgezimmert werden sollen. genommen

Daraus aber, daß für die Frage,

oder unterlassen werden solle,

ob ein Geschäft vor­

Majoritätsbeschlüsse für maaßgebend

erklärt

worden, folge noch nicht, daß dasselbe auch bezüglich anderer Fragen gelte, und insbesondere

auch bei der Frage,

ob der Korrespondentrheder für röten Rechnungsposten Ersatz zu leistet

habe oder von einem Ersatzansprüche freigrlaffen werden solle.

Ohne dieS der Minderheit

beigelegtc Recht könnte der Korrespondentrheder, wenn ihm mehr als dir Hälfte der Parten

zusteht, seine Rechnung selbst endgültig genehmigen und sich selbst aller Verantwortlichkeit ent»

schlagen.

Ebensowenig könne die nachträgliche Billigung einer von dem Korrespondentrheder

auftragswidrig

vorgenommenm Handlung seitens der Majorität der Minorität ihre bereit»

begründeten Entschädigungsansprüche entziehen; so werde z. B-, Schiff auf

wenn der Korrespondent daS

eine andere als die von der Rhederei befchloffene Reise auöseude,

derselbe dem

einzelnen Mitrheder die dadurch veranlaßte Erhöhung der Prämie für die Versicherung seiner

Part ersetzen müssen, auch wenn alle anderen Mitrheder hinterher die Abweichung vom früheren

Beschlusse genehmigen sollten.

*) Dies

ist

das

gewöhnlichste

Mittel,

die

Ausrüstung

des

Schiff»

rechtzeitig



bewirken; es genügt mit Rücksicht auf die Bestimmung deS Art. 471 Abs. 3 dem praktischen

528

Vom Seehandel.

günfteB Buch.

Art. 468.

zur Entrichtung von Zinsen") von dem Zeitpunkt der Vorschüsse an verpflichtet.

Ob durch einen solchen Vorschuß ein Psandrecht an der Schiffspart de» säumigen Mitrheder» erworben wird, ist nach den Landesgesetzen zu beurtheilen.

ein Pfandrecht nicht erworben ist,

wird durch

Vorschuß

den

ein

Luch wenn

versicherbare«

Interesse") hinsichtlich der Schiffspart für die Mtrheder begründet.

Im Falle

der Berfichemng diese» Jnteresie hat der säumige Mtrheder die Kosten derselben zu ersetzen").

Pr. 6et». Art. 395 «Hs. 1.396. @it*. I. Art. 415.

Pwt. 6.1504-1511. 2622-2624. Prot. 6.3721. 4234—4236. Artikel 468.

Wenn eine neue Reise") oder wenn nach

Beendigung einer Steife51) die

Reparatur des Schiff» oder wenn die Befriedigung 'eine» Gläubiger» beschlossen

worden ist, welchem die Rhederei nur mit Schiff und Fracht hastet, so kann jeder

hat, sich von der Leistung der

Mtrheder, welcher dem Beschluffe nicht zugestimmt

Bcdürfniffe.

Um jedoch

die Beschaffung der nicht cingezahlten Beiträge zu erleichtern, war

beantragt worden: den Mitrhedern das Recht einzuräumen, die Schiffspart des Säumigen zu

verpfänden und zu veräußern.

Man hielt indessen dafür, daß das Recht der Verpfändung

von wenig praktischem Werthe sein würde, weil sich voraussichtlich Niemand darauf einlaffcn werde, diesem Mtrheder ohne seine Dazwischenkunft blos

auf Grund

der Verhandlung der

übrigen Mitrheder und obschon diese selbst zu Vorschüssen nicht geneigt seien, zu kreditiren, und daß daS Recht deS Verkaufs der SchiffSvart deS Säumigen wider seinen Willen leicht zu Mißbräuchen führen könnte.

(P. 1510, 2622—2624.)

”) Vgl. Art. 95. **) Dgl. Artt. 782, 783. — Für die Zulassung der Versicherung spricht die Erwägung,

daß derjenige, welcher sich zu einem Vorschuß versteht,

gewöhnlich ganz besonders auf die

Sicherheit rechnet, welche ihm die Schiffspart zu bieten im Stande ist.

deS Schiffs würde ihm die im Schiff liegende Sicherheit, kommene sein, verloren gehen.

möge

Mt dem Untergänge

dieselbe auch keine

voll­

(P. 1510, 3089, 3720.)

•) Die Stellung diese» Art. setzt eS außer Zweifel, daß hier nur von Seeversicherungen

die 9tebc ist.

Wenn die Vorschüsse wider Willen des

Mitrheders gemacht oder bereits

anderweitig durch Auslieferung einer VersicherungSpoliee gedeckt sind, so bieten die allgemeinen

Grundsätze deS Rechts (exceptio doli u. dgl.) dem Schuldner hinreichenden Schutz

Aufbürdung mmöthiger Affekuranzkosten.

(P. 4235.)

gegen

Diese Kosten hat er nur zu zahlen,

wenn er sich im Verzüge befindet (R.O.H. Bd. 15, S. 162).

Aber die Versicherbarkeit

deS Interesse» ist durch einen Verzug nicht bedingt (RO.H. Bd. 15, S. 116, wo ob paritatem rationie ein solches Interesse auch für den in Vorschuß gegangenen Korrespondentrheder,

auch wenn er nicht Mtrheder ist, angenommen wurde). «) — d. h. eine solche, deren Ausführung nicht schon früher

(P. 3723). ii) Der Rücktritt auS der Gesellschaft durch Dereliktion Gefährdung der Interessen der Mitrheder nur zu

einer Zeit

beschlossen worden ist

de» Antheils kann ohne

geschehen,

wenn

die

früher

beschlossenen Unternehmungen bereit» abgewickelt sind, mag sich auch daS Schiff in einem

anderen, al» dem HeimathShafen befinden.

Muß da» Schiff in Folge von Unglücksfällen im

Nothhafen reparirt werden, so ist der Austritt aus der Gemeinschaft unstatthaft, weil solche Unfälle zu dem Risiko gehören, da» die Rheder mit der Zustimmung zur Reise bereits über­

nommen haben.

(P. 1511—1519.)

Ebenso R.O.H. Bd. 22, S. 295.

Zweiter Titel.

Von dem Rheder und von der Rhederei.

529

Art. 469.

zur Ausführung desselben erforderlichen Einzahlungen dadurch befreien, daß er seine Schiffspart ohne Anspruch auf Entgelt aufgiebt«).

Der Mitrheder, welcher von

dieser Befugniß Gebrauch machen will, muß

dies den Mitrhedern oder dem Korrespondentrheder innerhalb dreier Tage nach

dem Tage de» Beschlusses oder, wenn er bei

der Beschlußfassung nicht anwesend

und nicht vertreten war, innerhalb dreier Tage nach der Mittheilung de» Be­ schlusse« gerichtlich oder notariell kundgeben ^).

Die aufgegebene Schiff-part fällt den übrigen Mitrhedern nach Verhältniß der Größe ihrer Schiff-parten zu.

er. 6*tw. Art. 397. 407. 6*t*. I. Art. 416. 427.

Prot. E. 1511—1519. 1564. 1630. 2933. Pr,t. 6.3721—3724. 3736. Artikel 469.

Die Vertheilung des Gewinnes und Verlustes geschieht nach der Größe der Schiff-parten. ”) a.

Nach Art. 92 ist kein Gesellschafter vcrpstichtet, die Einlage über den vertrags­

mäßigen Betrag zu erhöhen; im Art. 468 ist dem Mitrhedcr ein Mittel geboten, nicht immer

zu neuen Einzahlungen gezwungen zu werden; ein solches Schutzmittel ist um so nöthiger, als

die Verbindung vom Einzelnen nicht aufkündbar ist.

Mehrere Seerechte enthalten noch einen

anderen Schutz der Minorität gegen die Beschlüsse der Majorität in dem

sog. Setzungs­

oder KiesungSrecht, d. i. in der Befugniß der Minderheit, das Schiff der Mehrheit zu

einem besttmmten Preise zu setzen, wofür diese nach ihrer Wahl zu nehmen oder hat.

zu geben

Unzweifelhaft ist cS den Mitthedem unbmommen, im Rhedereiverttage auszumachen, daß

ihnm gegenseittg daS Setzung-recht zustehen soll.

Art. 471

Mit Rücksicht auf die Bestimmung

deS

Abs. 3 bindet und berechtigt eine solche Vertrag-bestimmung auch den später ein­

tretenden Mitthedcr.

ES steht auch Nichts entgegen, da- Setzung-recht, da eS sich nur auf die

Verhältniffc der Mittheder zu einander bezieht und nicht contra legem ist, durch die ©in» führungsgefetze

einzuführen,

beziehungsweise

dasselbe beizubehalten; wo cs gilt, muß dessen

Beibehaltung ausdrücklich ausgesprochen werden, widrigenfalls eS als aufgehoben anzusehen ist.

In da- H.G.B. ist keine derartige Bestimmung ausgenommen worden, weil es nur noch in einzelnen Staaten im Gebrauche ist und die Gefahr nahe liegt, daß eS zu einer Tyrannei der

Minorität zum Nachtheil der Majorität führt, wenn nämlich die Minderheit sich im Besitze anderweitiger Mittel befindet, während die Mehrheit ihr ganze- Vermögen Im Schiffe stecken

hat. — Von einem Vorbehalt für die Lände-gesetzgebungen, dieses Recht einzuführen oder beizu­ behalten, ist Umgang genommen worden, weil da» Setzung-recht ein zu schwankender Begriff

sei und die einzelnen Modalitäten desselben zu wenig festständen.

3723.) — Vgl.

über

das

Setzungsrecht

die

Großherzogl.

(P. 1511—1519, 1566—1571,

Mecklenburg«Schwerinsche D.

v. 22. Oktober 1869 (abgedruckt in Goldschmidts Zeitschrift Bd. 16, S. 461). b.

Die Mittheder haften au» ihrem Rhedereiverhältniffe einander bezw. dem Kor-

refpondmttheder persönlich, können sich aber durch ihren alsbaldigen Verzicht auf ihre Part

liberiren (R.G. IX, 143).

Die bereits früher begründettn persönlichen Verpflichtungen und

Berechttgungen der Mittheder werden durch da» Aufgeben ihre- Antheil- jedoch nicht geändert. (P. 1513.)

”) Für den bei der Beschlußfassung nicht anwesenden und nicht vertretenen Mittheder läuft die dreitägige Frist erst von der Mittheilung de» Beschlusse- ab, selbst wenn er zufällig früher von demselben Kmntniß erhalten haben sollte; hat er einen Vertreter abgeordnet, so

wird ihm, da er den Verttettr im Vorau» instruiren tonnte, die Kenntniß seines Vertreter» so

angerechnet, als habe er in Person diese Kenntniß erlangt. R.O.H. Bd. 22, S. 293. Makower, Handelsgesetzbuch.

10. Aufl.

(P. 3722).

Vgl. den Recht-fall

Fünfte- Buch.

530

Berechnung

Die

des

Vom Seehandel.

und

Gewinnes

Art. 470.

Verlustes

und

die Auszahlung

des

etwaigen Gewinnes erfolgt jedesmal, nachdem das Schiff in den Heimathshaftn zurückgekehrt ist, oder nachdem es in einem anderen Hafen feine Reife beendigt hat und die Schiffsmannschaft entlassen ist"). Außerdem müssen auch vor dem erwähnten Zeitpunkte die eingehenden Gelder,

insoweit sie nicht zu

späteren Ausgaben oder zur Deckung von Ansprüchen ein­

zelner Mitrheder an die Rhederei erforderlich find, unter die einzelnm Mitrheder

nach Verhältniß der Größe ihrer SchiffSparten vorläufig vertheilt und auSgezahlt

werdm").

«rat 6.1505. 1537-1542. 2764—2766. Prsl. 6. 3724.

«r. 6*1». Art. 395 Ads. 2. 6*1». L Art. 417.

Artikel 470. Jeder Mitrheder kann seine Schiffspart jederzeit und ohne Einwilligung der

übrigen Mitrheder ganz oder theilweise veräußern"). Ein gesetzliches Vorkaufsrecht steht den Mitrhedern nicht ju87).

Es kann

3erdm; sie

braucht indeß nicht nothwendig von beidm Kontrahmtm in Person gemacht zu werd«, e»

kann sie vielmehr auch Einer im Namen und Auftrag de» Andern erstatten. Auftrag als vorhandm anzunehmen ist,

grundsätzen.

Wann ein solcher

unterliegt der Bmrtheilung nach allgemeinm Rechts­

(P. 3727.)

«) Die Natur der Sache «giebt, daß bei Veräußerungen ein« Schisstpart bei btt for­

mellen Behandlung der Geschäfte bis nach erfolgt« Anzeige d« Veräußerung d« Beräußer« al» Mitrheder anzusehen ist und al» solch« Stimmrecht hat.

Hieran» folgt, daß « die au»

den unter seiner Zuziehung gefaßten Beschlüffm sich ergebmdm V«bindlichkeitm gegm fich^ gelten laffm muß.

(P. 1551 ff.)

ti) Der Erwerber wird mit dem Zeitpunkt d« Erwerbung thatsächlich MitrhHer. ES folgt au» der Natur de» Miteigmthum», welche» die wesentliche Grundlage ba Rhederri bildet, daß er von dieser Zeit und nicht erst von da Anzeige de» Erwab» ab die aus sein«

Part fallenden Lasten tragm muß.

Eine Befreiung von denselben würde auch nur eine schein­

bare sein, weil er regelmäßig seinem Auktor Ersatz leisten müßte.

D« Veräußerer haftet

34*

532

Vom Seehandcl.

Fünftes Buch.

Artt. 472. 473.

Er muß die Bestimmungen des Rhedereivertrages, die gefaßten Beschlüsse und

eingegangenen Geschäfte

gleichwie

der Veräußerer gegen sich gelten lassen;

die

übrigen Mitrheder können außerdem alle gegen den Veräußerer als Mitrheder be­

gründeten Verbindlichkeiten in Bezug auf die veräußerte Schiffspart gegen den Er­ werber zur Aufrechnung bringen451)/ unbeschadet des Rechts des letzteren auf Gewähr­

leistung gegen den Veräußerer. Pr. Entw. Art. 409. Entw. I. Art. 419.

Prot. S. 1549-1557. Prot. S. 3726-3728. 3724. 3795-3799.

Artikel 472. Eine Aenderung in den Personen der Mitrheder ist ohne Einfluß auf den Fortbestand der Rhederei.

Wenn ein Mitrheder stirbt oder in Konkurs geräth44), oder zur Verwaltung

seines Vermögens rechtlich unfähig wird, fio hat dies die Auflösung der Rhederei

nicht zur Folge. Eine Aufkündigung von Seiten eines Mitrheders oder eine Ausschließung eines

Mitrheders findet nicht statt. Prot. S. 1548. 1557. Prot. S. 3728.

Pr. Entw. Art. — Entw. I. Art. 420.

Artikel 473. Die Auflösung der Rhederei kann durch Stimmenmehrheit beschlossen werden4»).

Der Beschluß, das Schiff zu veräußern, steht dem Beschlusse der Auflösung gleich46). den Mitrhedern gegenüber auch nach der Veräußerung bis zur Anzeige derselben, weil er formell noch als Mitrheder gilt.

(P. 3797.)

tt) Dieses Recht hat die Bedeutung einer Retentionsbefugniß zur Sicherstellung der Rhederei. (P. 1556.) 4‘) Nach dem A.L.R. (Th. II, Tit. 8, §. 1434) waren int Fall der Konkurseröffnung

über das Vermögen eines Mitrheders die übrigen Mitrheder sogleich befugt, sich mit seiner Kreditmaffe auseinanderzusehcn.

Die Auseinandersetzung geschah gemäß §§.36, 291 der Preuß.

Konkursordnung (Goltdammer, Kommentar zur Konkursordnung S. 139); der §. 291 eit. ist jetzt durch Art. 33 Einf.-Ges. aufgehoben; die Gläubigerschaft tritt an die Stelle deß in Konkurs gerathenen Mitrheders und ist wie dieser befugt, die Schiffspart zu veräußern.

Dies

gilt auch nach der K.O. für das deutsche Reich. 45) In einem faktischen Fortbetriebe der Seefahrt, welcher dem auf Auflösung der Rhedcrei

gerichteten Beschlusse nachfolgt, liegt ein neuer entgegengesetzter Beschluß.

(P. 1558.)

Ist der

Beschluß einmal rechtsgültig per majora gefaßt, so hat jeder Mitrheder ein Sonderrecht,

daß es "bei demselben verbleibe; dieses Recht kann ihm daher durch einen anderen Majoritäts­ beschluß nicht entzogen werden (R.O.H. Bd. 14, S. 421).

46) Selbstverständlich hört die Rhederei auf, wenn das gemeinschaftliche Schiff für alle

Mitrheder verloren geht oder das gesammte Eigenthum sich in einer einzigen Person konsolidirt. (P. 3728.) S. 420.

Der Verkaufsbeschluß involvirt den Auflösungsbeschluß, sagt das R.O.H. Bd. 14,

Das R.G. XI, 197 erachtet die für eine bestehende Rhederei gegebenen Bestimmungen

für das Stadium der Liquidation so weit als möglich ebenso für anwendbar, wie dies im Art. 476 für das Stadium der Vorbereitung vorgeschrieben ist und folgert hieraus, daß der

einmal eingesetzte Korrespondentrheder für die nothwendigen Liquidationsgeschäfte so lange

in Funktion bleibt, bis etwa die Majorität ihn abberuft.

Zweiter Titel.

Von dem Rheder und von der Rhederei.

Art. 474.

533

Ist die Auflösung der Rhederei oder die Veräußerung des Schiffs beschlossen, so muß das Schiff öffentlich verkauft werden47).

Der Verkauf kann nur geschehen,

wenn das Schiff zu einer Reise nicht verfrachtet ist48)49und * * 52in dem Heimathshafen oder in einem inländischen Hafen sich befindet48).

Ist jedoch das Schiff als reparatur­

unfähig oder reparaturunwürdig (Artikel 444.) kondemnirt, so kann der Verkauf deffelben, auch wenn es verfrachtet ist, und selbst im Auslande erfolgen^).

Soll

von den vorstehenden Bestimmungen abgewichen werden, so ist die Zustimmung aller Mitrheder erforderlich. Prot. S. 1557-1559. 1583—1584. Prot. S. 3728. 3729. 3997.

Pr. Entw. Art. 410. Entw. I. Art. 421.

Artikel 474. Die Mitrheder als solche haften Dritten, wenn ihre persönliche Haftung ein­ tritt, nur nach Verhältniß der Größe ihrer Schiffsparten 5i). Ist eine Schiffspart veräußert, so haften für die in der Zeit zwischen der Ver­ äußerung und der im Artikel 471. erwähnten Anzeige etwa begründeten persönlichen

Verbindlichkeiten rücksichtlich dieser Schiffspart sowohl der Veräußerer als der Er­ werber^). Pr. Entw. Art. 406. Entw. I. Art. 421.

Prot. S. 1612. 1613. Prot. S. 3729. 3795-3799.

47) Der öffentliche Verkauf ist der geeignetste Weg der Auseinandersetzung; für Preußen vgl. G. über die Zwangsvollstreckung in Immobilien v. 13. Juli 1883 (G.S. S. 131). 48) Wie jede freiwillige Auflösung einer Gesellschaft, kann auch der Verkauf des Schiffs

nur rechtzeitig geschehen; ist das Schiff zu einer neuen Reise verfrachtet, so muß vor dem Verkauf die eingegangene Verbindlichkeit erst erfüllt werden.

(M. *228.)

49) Die Bestimmung, daß der Verkauf nur geschehen kann, wenn das Schiff im Heimaths­

hafen oder in einem inländischen Hafen sich befindet, hat darin ihren Grund, daß Auktionen in auswärtigen Häfen höchst gefährlich sind; in kleineren Häfen finden sich selten mehrere Lizi­

tanten ein,

müssen.

und oftmals würde das Schiff weit unter seinem Werthe zugeschlagen werden

Dergleichen Verhältnisse könnten doloser Weise von treulosen Schiffern benutzt werden;

außerdem sind die Kosten öffentlicher Auktionen in mehreren ausländischen Häfen sehr hoch.

(P. 1559.)

Der Verkaufsbeschluß kann schon zu einer Zeit erfolgen, wenn das Schiff sich

noch in einem ausländischen Hafen befindet, aber die Ausführung des Beschlusses ist, abgesehen

von den im Art. 473 selbst zugelassenen Ausnahmen, so lange auszusetzen,

bis sich das Schiff

im Heimathshafen oder in einem inländischen Hafen befindet (R.O.H. Bd. 14, S. 420).

M) Im Falle dringender Nothwendigkeit steht sogar dem Schiffer die Befugniß zum Verkauf des Schiffes zu (Art. 499); die Mehrheit der Mitrheder kann daher selbstverständlich in dieser Beziehung nicht weniger Rechte haben, als der Schiffer.

(P. 3729.)

öl) a. Die Worte: „als solche" sollen andeuten, daß es sich hier ausschließlich um die Regelung derjenigen Verbindlichkeiten handelt, welche aus dem gewöhnlichen und regelmäßigen Geschäftsbetriebe der Rhederei hervorgehen; es wird hiermit denjenigen Fällen nicht präjudizirt, in welchen wegen besonderer Thatsachen,

z. B. wegen ausdrücklicher Vertragsbestimmungen

oder wegen Vergehen eine solidarische Haftbarkeit der Mitrheder angenommen werden muß. b. Der Grundsatz der ratenweisen Haftung hat, abweichend vom römischen Recht, in

der seerechtlichen Praxis und Jurisprudenz allgemeine Anerkennung gefunden. 52) Vgl. Note 39 zu Art. 471. — Daß der Veräußerer Dritten gegenüber bis zur Anzeige der Veräußerung haftet,

ist schon deshalb nothwendig, weil sich sonst leicht der Fall

ereignen könnte, daß der Dritte, um seine Befriedigung zu suchen, erst eine Irrfahrt nach Rhedern

Fünftes Buch.

534

Vom Seehandel.

Artt. 475. 476.

Artikel 475.

Die Mitrheder als solche können wegen eines jeden Anspruchs, ohne Unter­

schied, ob dieser von einem Mitrheder oder von einem Dritten erhoben ist, vor dem Gerichte des Heimathshafens (Artikel 435.) belangt werden.

Diese Vorschrift kommt auch dann zur Anwendung, wenn die Klage nur gegen einen Mitrheder oder gegen einige Mitrheder gerichtet ist.

Prot. S. — Prot. S. —

Pr. Entw. Art. — Entw. I. Art. —

Artikel 476.

Auf die Vereinigung zweier oder mehrerer Personen, ein Schiff für gemein­

schaftliche Rechnung zu erbauen und zur Seefahrt zu verwenden 53), finden die Artikel 457. 458. 467.54), der letztere mit der Maaßgabe Anwendung, daß er zugleich

auf die Baukosten zu beziehen ist, desgleichen die Artikel 472. und 474.55) und, sobald das Schiff vollendet und von dem Erbauer abgeliefert ist 56), außerdem die Artikel 470.

471.57) und 473.58). unternehmen müßte, namentlich wenn eine Schiffßpart in kurzer Frist mehrmals veräußert wird; rücksichtlich der Haftbarkeit des Erwerbers ist der Grundsatz, daß das Miteigenthum als die

wesentliche Grundlage der Rhederei anzusehen ist, beibehalten.

(P. 3799.)

Hält man die

Artt. 471 und 474 zusammen, so ergiebt sich der einfache Grundsatz, daß rücksichtlich der zwischen

der Veräußerung und ihrer Anzeige begründeten Verbindlichkeiten Veräußerer und Erwerber haften, und zwar sowohl im Verhältniß zu den Mitrhedern als zu Dritten. 53) — nicht auch um es nachher zu verkaufen.

(P. 1638.)

M) Die Frage, ob die Minderheit durch die Majorität gezwungen werden könne, größere als die versprochenen Beiträge einzuzahlen, damit das Schiff größer, als Anfangs beschlossen

war, erbaut werden könne, wurde bei Berathung des Art. 476 mehrfach verneint, da ein der­ artiger Beschluß auf eine Aenderung des Rhedereivertrages hinauslaufen würde. Die Aus­ dehnung der Ausnahmebestimmung des Art. 468 auf eine Gesellschaft zum Bau eines Schiffs

erschien bedenklich.

(P. 1645.)

M) Die Haftung der Mitglieder einer Gesellschaft zum Bau eines Schiffs Dritten gegen­

über ist dieselbe wie die der Mitrheder.

Die den Bau und den Schifffahrtsbetrieb betreffenden

Geschäfte greifen häufig so ineinander, und der Zeitpunkt, wann der Bau des Schiffs als voll­ endet anzusehen ist, ist oft so schwer zu ermitteln, daß eine anderweitige Regelung der Haft­ barkeit zu vielen Streitigkeiten führen würde.

torische Maaßregel anzusehen.

Der Bau des Schiffs ist nur als eine präpara­

Es entspricht dem System des H.G.B., das Nebengeschäft (hier

den Bau) nach denselben Grundsätzen wie das Hauptgeschäft zu beurtheilen.

Wer mit einer

derartigen Gesellschaft kontrahirt, glaubt kaum anders, als daß ihm die Mitglieder der künftigen

Rhederei auch nur wie die Mitglieder einer wirklichen Rhederei haften.

(P. 1638, 1643—1645.)

M) — auch wenn der Betrieb der Rheder ei noch nicht begonnen haben sollte. (P. 1647.)

57) Die Veräußerung eines Antheils eines Gesellschaftsmitgliedes während des Baus ist unzulässig, weil bei der Rhederei das Eigenthumsverhältniß der Mitrheder, bei dem Bau dagegen das Sozietätsverhältniß daß vorwiegendende ist.

Während dieser Zeit liegt das

Hauptgewicht in der Obligation des Betheiligten, zum Zustandekommen einer Rhederei mit-

zuwirken. hindern.

Die Substituirung eines Zahlungsunfähigen würde die Erreichung dieses' Zwecks

(P. 1645.)

58) Während der Bauzeit kann die Auflösung der Gesellschaft durch Majoritätsbeschluß nicht erfolgen.

Anderenfalls würde die Majorität ein Mittel erhalten, das Schiff zum Verkauf

und die Parten der Minderheit um ein verhältnißmäßig geringes Entgelt an sich zu bringen, da in der Regel für halbfertige Schiffe nur ein kleiner Erlös zu erzielen ist.

(P. 1648.)

Zweiter Titel.

Von den: Rheder und von der Rhederei.

Art. 477.

535

Der Korrespondentrheder (Artikel 459.) kann auch schon vor Vollendung des

Schiffs bestellt werden; er hat in diesem Falle sogleich nach seiner Bestellung in

Bezug auf den künftigen Rhedereibetrieb die Rechte^) und Pflichten eines Kor­ respondentrheders. Pr. Entw. Art. 393 Abs. 1. Entw. I. Art. 431.

Prot. S. 1498. 1499. 1638-1648. 1653. Prot. S. 3740.

Artikel 477.

Wer ein ihm nicht gehöriges Schiff zum Erwerb durch die Seefahrt für seine

Rechnung verwendet und es entweder selbst führt oder die Führung einem Schiffer anvertraut, wird im Verhältniß zu Dritten als Rheder angesehen 59 60). 59) — nicht auch in Bezug auf die Leitung des Baus und die Abschließung der erforder­ lichen Bauverträge. Zu diesem Behufe genügen die Vorschriften des Civilrechts über Be­ stellung gemeinsamer Mandatare.

(P. 1642—1644.)

60) a. Der Fall, wenn der Eigenthümer sein Schiff im Ganzen an Jemanden für eine

gewisse Reise verchartert, der dasselbe wieder an Andere auf Stückgüter verfrachtet, oder wenn er es an Jemanden für eine gewisse Zeit vermiethet,

bedarf keiner besonderen gesetzlichen

Regelung; in beiden Fällen ist der Schiffer in Wirklichkeit der Vertreter des Eigenthümers,

und führt in dessen Namen die Reisen des Schiffs aus; im ersten Falle ist der Hauptfracht­

kontrakt zwischen Miether und Eigenthümer vor Allem maaßgebend, im zweiten bleiben Kapitän und Mannschaft auf dem Schiffe und sind der Disposition und den Befehlen des Eigners

unterworfen.

Dieser Artikel behandelt daher nur die Fälle, wenn der Schiffer, gleichviel ob

ein neuer angenommen, oder der vom Eigenthümer eingesetzte beibehalten wird, nicht als Ver­ treter des Eigners, sondern des Ausrüsters anzusehen ist, z. B. wenn der bloße Körper des

Schiffs an Jemand vermiethet wird, der die Ausrüstung des Schiffs auf seine Kosten zu be­

sorgen und den Betrieb der Schifffahrt allein zu leiten hat, oder wenn dem Einen das Eigen­ thum, dem Andern die Nutznießung des Schiffs zusteht, oder wenn Jemand auf rechtswidrige

Weise ein Schiff in Besitz hat und dasselbe in See sendet.

(P. 1656.)

b. Der Ausrüster wird jedoch nur als Rheder angesehen wegen solcher Ansprüche, die

aus der Verwendung des Schiffs zum Erwerb durch die Seefahrt herrühren.

Die will­

kürliche Veräußerung des Schiffs schließt daher den Vindikationsanspruch des Eigenthümers

nicht aus; wohl aber ist der Ausrüster für befugt anzusehen, das Schiff im Auslande wegen absoluter Jrreparabilität zu verkaufen; seine persönliche Haftung Dritten gegenüber ist keine andere, als die des Rheders, und das Schiff wird verpflichtet, obschon es dem Ausrüster nicht

gehört.

(P. 3740.)

Diese, den Eigenthümer (insbesondere in dem Falle, wenn der Ausrüster

sich widerrechtlich in den Besitz des Schiffs gesetzt hat) sehr gefährdende Bestimmung ist zum Schutze der Schifffahrt getroffen worden.

Es wurde zur Rechtfertigung dieser Vorschrift

geltend gemacht, daß die Erforschung der Eigenthumsverhältnisse für den Dritten oft schwierig,

bisweilen unmöglich sei und eine außerordentliche Belästigung der Seefahrt und Gefährdung der Sicherheit derselben nach sich ziehen würde, und daß, wenn z. B. Jemand in der irrigen

Meinung, er sei Eigenthümer,

Schiffsgläubiger spreche;

ein Schiff ausgerüstet habe, die Billigkeit zu Gunsten der

gründe die Forderung sich auf einen Kontrakt, z. B. Bodmerei

im Nothhafen, so werde dadurch das Schiff dem rechtmäßigen Eigenthümer erhalten;

gründe

sie sick auf ein Delikt, z. B. Uebersegelung, so liege kein Grund vor, weshalb ein gestohlenes Schiff weniger haften solle, als eines, das sich im rechtmäßigen Besitze des Ausrüsters befinde. Endlich wurde darauf hingewiesen, daß die Fälle, in denen ein geraubtes oder gestohlenes Schiff

von einem Dritten benutzt werde und vom Eigenthümer verfolgt werden könne, in der Praxis äußerst selten vorkämen.

(P. 1660—1662.)

536

Fünftes Buch.

Vom Seehandel.

Artt. 478. 479.

Der Eigenthümer kann denjenigen, welcher au» der Verwendung einen Anspruch al» SchiffOgläubiger herleitet, an der Durchführung de» Anspruch» nicht hindem,

sofern er nicht beweist«), daß die Verwendung ihm gegenüber eine widerrechtliche

und der Gläubiger nicht in gutem Glauben war. Pr»t. €. 1655—1663. Pwt. 6.3740. 3741.

Pr.6it**. tot-

61t*. L Art. 432.

Dritter Titel.

Don dem Schiffer ). Artikel 478.

Der Führer des Schiffs (SchiffSkapitain, Schiffer) ist verpflichtet, bei allen

Dienstverrichtungen, namentlich bei der Erfüllung der von ihm auszuführenden Ver­ trüge, die Sorgfalt eines ordentlichen Schifstrs anzuwenden.

Er hastet für jeden durch

fein Verschulden entstandenen Schaden, insbesondere für den Schaden, welcher aus der

Verletzung der in diesem und den folgenden Titeln ihm auferlegten Pflichtenentsteht?). Prot. S. 1928-1930. Prot. 3748.3810.3830. 3834-3836.4159. 4160.

Seit», Art.433. tw. I. Art. 457 Ms. 1.

Artikel 479. Diese Haftung des Schiffers besteht nicht nur gegenüber dem Rheder, sondern

auch gegenüber dem Bestachter, Ablader und Ladungsempfänger, dem Reisenden, w) Dem Eigenthümer ist der Beweis, daß sich der Gläubiger in mala fide befindet (d. h., daß dieser Kenntniß von der Unbefugtheit der Verwendung des Schiffs gehabt habe),

auferlegt worden, weil man annahm, daß der Gläubiger seine bona fides fast niemals werde

beweism können.

(P. 1662.)

*) Der dritte Titel

Schiffer.

handelt

zunächst nur von dem durch

den Rheder angestelltm

Wiederholte Anttäge (P. 3810, 3830), welche darauf abzielten, auch die Stellung

desjenigen Schiffsmannes zu regeln, welcher kraft der Rangordnung in einem Nothfalle an die

Stelle des Schiffers tritt, wurden abgelehnt, weil man die allgemeinen Rechtsgrundsätze, ins­ besondere über die negotiorum gestio, für ausreichend hielt.

Ebenso hielt man es nicht für

erforderlich (P. 3834—3836), Bestimmungen darüber aufzunehmen, ob und inwieweit die Vor­

schriften dieses Titels auch dann zur Anwendung kommen, wenn der Schiffer zugleich Mit­ oder Meineigenthümer des Schiffs ist. ’) a. Die Civilgesetzgebungen bestimmen die Grade der culpa sehr

diesem Grunde ist der Grad

der

verschieden; aus

vom Schiffer bei Ausführung seiner Obliegenheiten

zu

prästirenden culpa nicht näher bezeichnet, vielmehr so wie in dm Artt. 282, 361, 380, 397

und 464 auch hier verfahren wordm. b. Durch

(P. 1928.)

dm zweiten Satz d. Art. soll klar gemacht werdm (P. 1930), daß die in

Betteff der Stauung der Ladung, der Beobachtung der Zollgesetze, der Joumalführung, Ver­ klarung u. dgl. aufgestellten Vorschriften eine civilrechtliche Bedeutung

habm, und eine

Verantwortlichkeit deS Schiffers für jedm aus der Vemachlässigung dieser Bestimmungen ent*

stehenden Schaden begründen. — Daher kann z. B. falsche Datirung deS KonnoffemmtS oder unrichtige Angabe deS Abladeplatzes ihn verantwortlich machm, wenn hierdurch Schaden ent­

steht (R.O.H. Bd. 25, S. 196).

536

Fünftes Buch.

Vom Seehandel.

Artt. 478. 479.

Der Eigenthümer kann denjenigen, welcher au» der Verwendung einen Anspruch al» SchiffOgläubiger herleitet, an der Durchführung de» Anspruch» nicht hindem,

sofern er nicht beweist«), daß die Verwendung ihm gegenüber eine widerrechtliche

und der Gläubiger nicht in gutem Glauben war. Pr»t. €. 1655—1663. Pwt. 6.3740. 3741.

Pr.6it**. tot-

61t*. L Art. 432.

Dritter Titel.

Don dem Schiffer ). Artikel 478.

Der Führer des Schiffs (SchiffSkapitain, Schiffer) ist verpflichtet, bei allen

Dienstverrichtungen, namentlich bei der Erfüllung der von ihm auszuführenden Ver­ trüge, die Sorgfalt eines ordentlichen Schifstrs anzuwenden.

Er hastet für jeden durch

fein Verschulden entstandenen Schaden, insbesondere für den Schaden, welcher aus der

Verletzung der in diesem und den folgenden Titeln ihm auferlegten Pflichtenentsteht?). Prot. S. 1928-1930. Prot. 3748.3810.3830. 3834-3836.4159. 4160.

Seit», Art.433. tw. I. Art. 457 Ms. 1.

Artikel 479. Diese Haftung des Schiffers besteht nicht nur gegenüber dem Rheder, sondern

auch gegenüber dem Bestachter, Ablader und Ladungsempfänger, dem Reisenden, w) Dem Eigenthümer ist der Beweis, daß sich der Gläubiger in mala fide befindet (d. h., daß dieser Kenntniß von der Unbefugtheit der Verwendung des Schiffs gehabt habe),

auferlegt worden, weil man annahm, daß der Gläubiger seine bona fides fast niemals werde

beweism können.

(P. 1662.)

*) Der dritte Titel

Schiffer.

handelt

zunächst nur von dem durch

den Rheder angestelltm

Wiederholte Anttäge (P. 3810, 3830), welche darauf abzielten, auch die Stellung

desjenigen Schiffsmannes zu regeln, welcher kraft der Rangordnung in einem Nothfalle an die

Stelle des Schiffers tritt, wurden abgelehnt, weil man die allgemeinen Rechtsgrundsätze, ins­ besondere über die negotiorum gestio, für ausreichend hielt.

Ebenso hielt man es nicht für

erforderlich (P. 3834—3836), Bestimmungen darüber aufzunehmen, ob und inwieweit die Vor­

schriften dieses Titels auch dann zur Anwendung kommen, wenn der Schiffer zugleich Mit­ oder Meineigenthümer des Schiffs ist. ’) a. Die Civilgesetzgebungen bestimmen die Grade der culpa sehr

diesem Grunde ist der Grad

der

verschieden; aus

vom Schiffer bei Ausführung seiner Obliegenheiten

zu

prästirenden culpa nicht näher bezeichnet, vielmehr so wie in dm Artt. 282, 361, 380, 397

und 464 auch hier verfahren wordm. b. Durch

(P. 1928.)

dm zweiten Satz d. Art. soll klar gemacht werdm (P. 1930), daß die in

Betteff der Stauung der Ladung, der Beobachtung der Zollgesetze, der Joumalführung, Ver­ klarung u. dgl. aufgestellten Vorschriften eine civilrechtliche Bedeutung

habm, und eine

Verantwortlichkeit deS Schiffers für jedm aus der Vemachlässigung dieser Bestimmungen ent*

stehenden Schaden begründen. — Daher kann z. B. falsche Datirung deS KonnoffemmtS oder unrichtige Angabe deS Abladeplatzes ihn verantwortlich machm, wenn hierdurch Schaden ent­

steht (R.O.H. Bd. 25, S. 196).

Dritter Titel.

Von dem Schiffer.

537

Art. 480.

der Schiffsbesatzung und demjenigen Schiff-gläubiger, dessen Forderung aus einem

Kreditgeschäft (Artikel 497.) entstanden ist, insbesondere dem Bodmereigläubiger*). Der Schiffer wird dadurch, daß er auf Anweisung de- Rheder- gehandelt hat, den übrigen vorgenannten Personen gegenüber von der Haftung nicht befreit3 4). 5 Durch eine solche Anweisung wird auch der Rheder persönlich verpflichtet, wenn er bei Ertheilung derselben von dem Sachverhältniß unterrichtet warb).

|reL S. 1928-1980» 2615. 2617. 2860. »rit. 6. 3748. 3749. 3787-3789. 3812-3815.

Pr. 6it». Art. 433. 6it». I. Art. 457 Abs. 2.

Artikel 480. Der Schiffer hat vor Antritt der Reife dafür ju sorgen, daß da- Schiff in seetüchtigem Stande, gehörig eingerichtet und ausgerüstet, gehörig bemannt und ver3) a. Da der Schiffer als der gesetzliche Mandatar des Rheders angesehen wurde, der

für seine Pflichtverletzungen zunächst nur dem Rheder als seinem Mandanten verantwortlich

sei und, abgesehen von

einigen besonders geregelten Berhältniffen, mit dritten Personen in

keinem diretten Verhältniffe stehe,

gegen den also

auch der Dritte auS bcn mit ihm ge­

schloffenen Verträgen nicht unmittelbar klagbar auftreten könne, so wurde eS für erforderlich gehalten (P. 2615), ausdrücklich zu bestimmen, daß der Schiffer für Pflichtverletzungen

nicht nur dem Rheder als seinem Mandanten, sondern auch dem Befrachter, Ablader rc. ver­

antwortlich sei.

Die spezielle Aufführung der Personen, dmm der Schiffer unmittelbar

Rede und Antwort zu stehen hat, wurde einer allgemeinen Fassung vorgezogen, damit nicht die Frage, inwiefern der Assekuradeur den Schiffer zu belangen befugt sei, zugleich mit­ entschieden werde.

b. Der Abs. 1 d. Art. bestimmt,

dah der Schiffer nicht nur gegenüber dem Rheder,

sondem auch gegenüber den anderen daselbst benannten Personen (aber auch nur diesen gegenüber, abgesehen von einer aquilischen Verschuldung R.G. X, 20) unmittelbar für jeden

Verstoß gegen die Vorschrift des Art. 478 hastet.

Die Ausdehnung seiner Haftbarkeit gegen

Bestachter, Ablader rc. auf alle Schiffsgläubiger ohne Ausnahme wurde in erster Lesung

(P. 2860) abgelehnt.

In zweiter Lesung (P. 3789) hat man jedoch die direkte Haftbarkeit deS

Schiffers auch gegenüber denjenigen Schiffsgläubigern, deren Forderungen aus einem Kredit­

geschäft (Art. 497) entstanden ist, ausgesprochen, weil man annahm, daß der Schiffer diesen Gläubigern gegenüber seine Haftbarkeit zu übersehen noch recht wohl im Stande sei.

c. In Streitigkeiten, welche sich auf daS RechtSverhältniß zwischen Schiffer und Schiffs­

mannschaft beziehen, kann die Entscheidung durch dm Vorsitzenden der Kammer für Handels­ sachen allein erfolgen (§. 109 Abs. 3 GerichtSverfaffungSgesetz). 4) Der 2. Abs. d. Art. ist eine Konsequmz deS im 1. Abs. d. Art. auSgesprochmm Grund­

satzes, daß der Schiffer nicht nur dem Rheder gegmüber, sondem auch dm übrigm gmanntm Personen direkt für Diligenz einzustehen hat; beim wmn der Schiffer in Folge von Unsällm

durch das Gesetz berufen wird, das Interesse aller Betheiligtm wahrzunehmm und als beten

gemeinschaftlicher Stellvertreter zu handeln, so folgt schon auS allgemeinm RechtSgrundsätzm, daß er in dieser Stellung den Befehlm und Anweisungm des RhederS, als eine- der Be­ theiligtm, nicht unterworfm ist.

(P. 3814.) — Vgl. Artt. 696, 733.

5) Hat der Rheder mit Kenntniß des Sachverhalts dem Schiffer ein Verfahrm vor-

gefchriebm, durch dessm Befolgung die Jntereffm der LadungSbetheiligtm u. f. w. verletzt sind,

so ist neben dem Verschulden des Schiffers auch ein eigenes Verschulden des RhederS vor-

handm, für welches er als der eigmtliche Konttahmt persönlich basten muß.

Weder die

Anweisung an sich, z. B. wenn sie erst nach Ausführung der Handlung deS Schiffers eingetroffm ist, noch die nachfolgmde Genehmigung einer vom Schiffer vorgmommmm Handlung begründm

die persönliche Haftbarkeit des RhederS.

Dieselbe tritt vielmehr nur dann ein, wenn die An­

preisung die Ursache der beschädigenden Handlung ist (P. 3815). — Dgl. Artt. 696. 733.

Fünfte- Buch.

638

Vom Seehandel.

Artt. 481. 482. 483.

prvviantirt ist, und daß die zum Ausweis für Schiff, Besatzung und Ladung er«

forderlichen Papiere an Bord find«). PrM. 6.1755. 1756. PrM. 6.3748. 3749. 416L

er. «Eite. Art. 412. Ente. L Art. 434.

Artikel 481.

Der Schiffer hat zu sorgen für die Tüchtigkeit der Gerathschaften zum Laden und Löschen, sowie für die gchörige Stauung nach Seemannabrauch, auch wenn die

Stauung durch besondere Stauer bewirkt roirb7).

Er hat dafür zu sorgen, daß das Schiff nicht überladen, und daß es mit dem

nöthigen Ballaste und der erforderlichen Garnirung versehen wird. PrM. 6.1756—1760. 1774-1776. Prot. 6.3749—3751.

er. EM». Art. 413. Elte. L Art. 435.

Artikel 482.

Wenn der Schiffer im Auslande die dort geltenden gesetzlichen Vorschriftm, insbesondere die Polizei«, Steuer- und Zollgesetze nicht beobachtet, so hat er den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Desgleichen hat er den Schaden zu ersetzen, welcher daraus entsteht, daß er

Güter ladet, von welchen er wußte oder wiffen mußte, daß sie Kriegskontrebande seien. Prot. 6.1760-1766. Prot. S. 3752.

Pr. EM». Art. 414. EM». I. Art. 437.

Artikel 483.

Sobald das Schiff zum Abgehen fertig ist, hat der Schiffer die Reise bei der ersten günstigen Gelegenheft anzutreten.

Auch rotmt er durch Krankheit oder andere Ursachen verhindert ist, das Schiff zu führen, darf er den Abgang oder die Weiterfahrt deffelben nicht ungebührlich auf­

halten; er muß vielmehr, wenn Zeit und Umstände gestatten, die Anordnung des s) a. Im HeimathShafea darf der Schiffer ohne Genehmigung des Rheder» keine »um Betriebe der Rhederei gehörigm Rechtsgeschäfte

vornehmen,

also auch keine SchiffS-

geräthschaften kaufen oder sonstige Ausgaben machen (Art. 495); dem Rheder gegenüber wirb er daher von Verantwortlichkeit frei, wenn er ihm einen etwa vorhandenen Mangel an der

Ausrüstung des Schiffes rechtzeitig anzeigt und auch ohne Abhülfe de» Mangel» auf Geheiß de» RhederS in See geht, Dritten, z. B. dem Ablader gegenüber, schützt ihn eine solche

Anzeige jedoch nicht (Art. 479). b.

(P. 1755.)

Ueber die Frist, innerhalb welcher der Schiffer die erforderlichen Papiere zu be­

schaffen hat, insbesondere darüber, ob er das Recht hat, noch eine Zeit lang nach Ablauf der

Ladcftist der Expedition wegen liegen zu bleiben (P. 2085—2087), ist mit Rücksicht auf die

Mannigfaltigkeit der Verhältnisse keine allgemeine Vorschrift getroffen worden. *) Der Schiffer hat für die gehörige Stauung der Güter nach Seemannsbrauch, d. I\ für das ordnungsmäßige Packen der Güter, so daß insbesondere die schweren untengelegt und

leckmde Güter nicht auf trockene gepackt werden, zu sorgen.

Auch hier gilt der Grundsatz deS

Art. 478, wonach er deligentiam prästiren muß, aber darüber hinaus nicht haftet. R.O.H. Bd. 19, S. 265.)

enthoben,

(Näheres

Seiner Verpflichtung, Sorgfalt anzuwenden, ist er auch dann nicht

trenn die Stauung durch besondere (Zwangs-) Stauer bewirft wird (P. 1756,

3750), oder unter Aufsicht von Inspektoren, welche von den Beftachtern gestellt werden, aber

der Inhalt seiner Verpflichtung wird dadurch gemindert (R.O.H. I. c., R.G. X, 20).

Dritter Titel.

Von dem Schiffer.

539

Art. 484.

Rheders einzuholen, diesem ungesäumt die Verhinderung anzeigen und

für die

Zwischenzeit die geeigneten Vorkehrungen treffen, im entgegengesetzten Falle einen anderen Schiffer einsetzen.

Für diesen Stellvertreter ist er nur insofern verantwortlich,

als ihm bei der Wahl deffelben ein Verschulden zur Last fällt v).

Pr. Erüw. Art. 415. feitw. I. Art. 438.

Prst. 6.1766-1770. frst 6.3752. Artikel 484.

Vom Beginn des Ladens an

bis zur Beendigung der Löschung darf der

Schiffer das Schiff gleichzeittg mit dem Steuermann nur in dringenden Fällen ver-

taffen; er hat in solchen Fällen zuvor aus den Schiffsoffizieren oder der übrigen Mannschaft einen geeigneten Vertreter zu bestellen.

Daffelbe gilt auch vor Beginn des Ladens und nach Beendigung der Löschung,

wenn das Schiff

in

einem nicht

sicheren Hafen

oder auf

einer nicht sicherm

Rhede liegt.

Bei drohmder Gefahr oder wenn das Schiff in See sich befindet, muß.der

Schiffer an Bord sein, sofern nicht eine dringmde Nothwendigkeit seine Abwesmheit

rechtfertigt^).

Pr. Elltv. Art. 416. Entv. I. Art. 439.

Prst. 6.1776-1781. Prst. 6. 3752-3753. 3892.

8) a. Handelt der Schiffer den Vorschriften d. Art zuwider, so wird er nicht nur dem Rheder, sondern auch dem Ablader rc. gegenüber verantwortlich (Art. 479). Die Unmöglich­ keit, die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen (z. B. wenn er so krank gewesen, daß er seiner Sinne nicht mächttg war), entbindet ihn aber selbstverständlich von der Verantwortlichkeit. (P. 1767.) b. Ueber die Fragen, ob und in welchen Fällen der Schiffer berechtigt und verpflichtet ist, sich eines Lootsen zu bedienen, und inwieweit er für die Führung des unter Leitung deS Lootsen stehenden Schiffs verantwortlich ist, waren die Meinungen in der Konferenz sehr ge­ theilt. Einige meinten, der Schiffer sei verpflichtet, dort, wo Gesetz, Gewohnheit oder Vorsicht es gebieten, einen Lootsen anzunehmen; in diesem Falle sei er von der Verantwortung für kessen Schiffsführung frei, sofern er nicht verabsäumt habe, wegen etwaiger Unfähigkeit deS Lootsen einzuschreiten oder die nöthige Auskunft zu ertheilen, oder den Anordnungen deffelben den entsprechenden Vollzug zu verschaffen. Andere meinten, daß, wenn der Schiffer, ohne zur Aufnahme eines Sootsen gesetzlich gezwungen zu sein, einen solchen an Bord nehme, der Kapitän die Leitung des Schiffs als verantwortlicher Führer behalte und der Lootse Nichts als ein frei gewählter Rathgeber sei, auf den der Schiffer seine Verantwortlichkeit nicht ohne Weiteres überttagen könne. Eine dritte Meinung ging dahin, daß eö, um dem Schiffer die Verantwortlichkeit abzunehmen, genügen müsse, wenn der Lootse, dessen er sich bediente, nur ein obrigkeitlich bestellter gewesen, gleichviel ob der Schiffer in dem konkreten Falle einen Lootsen anzunehmen gezwungen sei oder nicht. Noch Andere endlich waren der Ansicht, daß sich weder in Betreff der Verpflichtung, einen Lootsen anzunehmen, noch rücksichtlich der Haftbarkeit deS Schiffers für das Verfahren des Lootsen eine allgemeine Regel aufstellen lasse, und deshalb jeder einzelne Fall nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen zu entscheiden sei; die allgemeine Ver­ pflichtung des Schiffers, vorsichttg zu sein, genüge dem Bedürfnisse. Bon der Ausnahme einer Bestimmung über die erwähnten Fragen ist schließlich Abstand genommen worden, nachdem vorher beschlossen worden war, daß der Schiffer für die Versehen eines Lootsen, ben er an­ zunehmen gesetzlich verpflichtet war, nicht verantwortlich fei (P. 1781—1786, 2027—2033). Vgl. Art. 740.

540

Fünftes Buch.

Vom Seehandel.

Artt. 485. 486. 487.

Artikel 485. Wenn der Schiffer in Fällen

der Gefahr mit den Schiffsoffizieren einen

Schiffsrath zu halten für angemeffen findet, so ist er gleichwohl an die gefaßten

Beschlüffe nicht gebunden; er bleibt stets für die von ihm getroffenen Maaßregeln verantwortlich"). Prot. S. 1786-17-0. Prot. S. 3754.

Pr. Entw. Art. 419. Entw. I. Art. 440.



Artikel 486.

Auf jedem Schiffe muß ein Journal geführt werden, in welches für jede Reise alle erheblichen Begebenheiten, seit mit dem Einnehmen der Ladung oder des Ballastes begonnen ist, einzutragen fütb11 9 10 ).

Das Journal wird unter Aufsicht des Schiffers von dem Steuermann und im Falle der Verhinderung des letzterm von dem Schiffer selbst oder unter seiner Aussicht von einem durch ihn zu bestimmenden geeigneten Schiffsmann geführt"). .

Pr. Entw. Art. 420. Entw. I. Art. 441 Abs. 1.

Prot. S. 1790-1793. Prot. S. 3754. 3755.

Artikel 487. Von Tag zu Tag sind in das Journal einzutragen: die Beschaffenheit von Wind und Wetter; 9) Das A.L.R. (Th. II, Tit. 8, §. 1490) schrieb vor:

sich . . . niemals zu gleicher Zeit vom Schiffe entfernen."

„Schiffer und Steuermann bürfcit

Es giebt jedoch Umstände, unter

welchen Schiffer und Steuermann das Schiff verlassen müssen; namentlich ist nach einigen Zollgesetzen eine gemeinschaftliche Deklaration Beider am Lande erforderlich; das Gesetz hat

solchen Umständen Rechnung getragen.

(P. 1776 ff.)

Durch die Fassung des Art. 484 soll

deutlich gemacht werden (P. 3892), daß der Schiffer nicht befugt ist, das Schiff unter allen Verhältnissen einem Steuermann zu übergeben und sich davon zu entfernen, sondern daß er verpflichtet ist, auch in dieser Beziehung wie ein ordentlicher Schiffer zu verfahren. 10) Der Art. 485 stellt es in das Ermessen des Schiffers, wann er einen Schiffsrath halten will, und erklärt ihn auch dann als nicht gebunden an die gefaßten Beschlüffe, wenn

die Berufung deß Schiffsraths in Fällen der Gefahr erfolgt ist (P. 3754). Der Schiffer bleibt stets (er handle im Einverständnisse mit dem Schiffsrath oder gegen dessen Meinung) für die von ihm getroffenen Maaßregeln verantwortlich. 11) a. Das Schiffsjournal dient in Verbindung mit der Verklarung nicht allein zur Entlastung des Schiffers, sondern auch als Beweismittel in den Rechtsbeziehungen aller Interessenten von Schiff und Ladung; der Schiffer, welcher es zu führen unterläßt, macht sich

allen Interessenten gegenüber verantwortlich.

(P. 1791.)

b. Die Bestimmung des Endpunkts, bis zu welchem das Journal zu führen ist, bietet wegen der Verschiedenheit der Verhältnisse und Interessen, hinsichtlich deren die Journal­

führung nothwendig ist, große Schwierigkeiten; es ist deshalb über diese Frage, welche in jedem einzelnen Falle nach den Umständen zu beurtheilen ist, im Gesetze nichts bestimmt

worden.

(P. 1792.)

ia) Das Schiffsjournal dient auch zur Kontrolle des Schiffers; es ist deshalb zweck­

mäßig und stimmt mit der Praxis überein, daß nicht der Schiffer, sondern der Steuermann

das Journal führt; andererseits muß man dem Schiffer, der die privatrechtliche Verantwortung für die ordnungsmäßige Führung des Journals trägt, wenigstens die Aufsicht über die Journalführung einräumen.

Ist der Steuermann verhindert, so geht die Journalführung auf

den Schiffer oder einen von diesem zu bestimmenden Schiffsmann über.

(P. 3755.)

Dritter Titel.

Art. 487.

Von dem Schiffer.

541

die von dem Schiffe gehaltenen Kurses) und zurückgelegten Distanzen; die ermittelte Breite und Länge; der Wasserstand bei den Pumpen"). Ferner sind in das Journal einzutragm;

die durch das Loth ermittelte Wasiertiefe: jedes Annehmen eines Lootsen und die Zeit seiner Ankunft und

seines

Abganges;

die Veränderungen im Personal der Schiffsbesatzung; die im Schisfsrath gefaßten Beschlüsse"); alle Unfälle, welche dem Schiff oder der Ladung zustoßen, und die Be­

schreibung derselben"). Auch die auf dem Schiffe begangenen strafbaren Handlungen und die ver­ hängten Disziplinarstrafen, sowie die vorgekommenen Geburts- und Sterbefälle sind

in das Journal einzutragen. Die Eintragungen muffen, soweit die Umstände nicht hindern, täglich ge-

schehen"). Das Joumal ist von dem Schiffer und dem Steuermann zu unterschreiben >»).

Prot. S. 1794-1802. Prot. S. 3756. 3757. 3763.

Pr. Entw. Art. 420. Entw. I. Art. 441 Abs. 2-6.

M) Die Kurse des Schiffs sind einzutragen, d. h. die Richtungen des Schiffs, die es je

nach dm Strömungen des Meeres oder des Winde- nimmt und ändert, um einen gewissen Weg fahren und einhalten zu können; die Gründe der freiwilligen oder gezwungenen Ab­

weichung brauchm nicht angegeben zu werden.

(P. 1794.)

") In dieser Vorschrift liegt eine Hinweisung darauf, daß der Schiffer, um sich von der Seetüchtigkeit des Schiffs zu überzeugen, täglich mindestens einmal die zur Abwmdung

von Unglück in der Regel unentbehrliche Untersuchung der zugleich eine Kontrole, ob dies auch wicklich geschehen ist.

Pumpen vomehmen muß, und

(P. 1797.)

15) Die Gründe, weshalb der Schiffer von den gefaßten Beschlüssen abgewichen ist, brauchen nicht angegeben zu werden; solche Eintragungen würden zu weit führen und am Ende

mehr Nachtheil als Nutzen im Gefolge haben.

(P. 1795.)

16) Nicht blos eine allgemeine Bezeichnung ist einzutragm, sondem eine möglichst genaue

Beschreibung der Unfälle; hierzu gehört auch die Angabe der Ursachm, soweit diese bekannt sind.

(P. 1796.)

u) Nicht das Notizbuch (Kladde), worin der Regel nach von Stunde zu Stunde Notizen von dem wachthabmden Offizier gemacht werden, sondem das Journal ist das beweisfähige

Dokument, das nicht blos eine Reinschrift der Aufzeichnungen mthält, sondem häufig aus dem

Gedächtniß ergänzt wird.

Die möglichst täglichen Eintragungen in das Joumal sind noth­

wendig, um llngmauigkeiten und Unrichtigkeiten zu

verhindern, die auS nachträglichen Ein­

tragungen und dadurch entstehen können, daß der Schiffer oder Steuermann vor der Ein­

tragung stirbt.

(P. 1800.) — Die Eintragungen

sind täglich und zwar nach Tagen auS-

geschieden zu machen, sie brauchm jedoch nicht datirt zu werben.

18) Das Joumal braucht erst am Ende Stmermann unterschriebm zu werden.

der Reise

(P. 1801.) von dem

Schiffer und dem

Die Anträge, zu bestimmen, daß es täglich zu unter»

schreiben (P. 1800—1802), und nach Ankunft des Schiffes im Bestimmnngshafen zur Visimng vorzulegm

sei (P. 1803—1805, 3756), wurden

abgelehnt. — Das

Unterschreiben deS

Journals durch den Schiffer und den Steuermann hat nur die Bedmtung, daß Keiner von ihnen etwas erfahren hat, was mit dem Inhalt des Journals in Widerspmch steht. (P. 1801.)

542

Fünftes Buch.

Dom Seehandel.

Artt. 488. 489. 490.

Artikel 488»). aufgehoben durch §. 13 Einf.-Ges. zur C.P.O.

Artikel 489. Die Landesgesetze können bestimmen, daß auf kleinerm Fahrzeugm (Küstmfahrer u. dgl.) die Führung eines Journals nicht erforderlich fei. $r. (Eite. Art. — Prst. S. — Sutil. I. Art. — Prit. 6.3828. 3829. Eins.-Ges. Art 55. Es bleibt Königlicher Verordnung vorbehalten, zu bestimmen, auf welchen kleineren Fahrzeugen (Küstenfahrern und dergl.) die Führung eines Journals nicht erforderlich sein soll (Artikel 489. des Handelsgesetzbuchs).

Artikel 490. Der Schiffer hat über alle Unfülle, welche sich während der Reife ereignen, sie mögen den Verlust oder die Beschädigung des Schiffs oder der Ladung, das Einlaufen in einen Nothhafen oder einen sonstigen Nachtheil zur Folge haben, mit Zuziehung aller Personen der Schiffsbesatzung oder einer genügenden Anzahl der­ selben eine Verklarung abzulegen«»). 19) Der Art. 488 lautete:

Das Journal, wenn cs ordnmigsinäßig geführt und in dcr

Form unverdächtig ist, liefert für die Begebenheiten

der Reise,

soweit

darüber weder eine

Verklarung erforderlich (Artikel 490), noch die Beibringung anderer Beläge gebräuchlich ist, in

der Regel einen unvollständigen Beweis, welcher durch de» Eid oder andere Beweismittel

ergänzt werden kann.

Jedoch hat der Richter nach seinem durch die Erwägung aller Umstände

getöteten Ermessen zu entscheiden, ob dem Inhalte des Journale ein größeres oder geringeres

Maaß der Beweiskraft beizulegm sei. — An die Stelle d. Art. tritt der Grundsatz von der freien Beweiswürdigung des Richters §. 259 C.P.O.

*») a.

Verklarung ist die vor einer Behörde abgelegte Aussage des Schiffers und

der Mannschaft über die Umstände, welche dm Verlust oder die Beschädigung von Schiff oder

Ladung herbeigeführt oder beglestet haben, sie ist eine Verstärkung des Journals; bei Unglücks­ fällen soll dm Betroffenen noch eine höhere Sicherhrit gegeben werdm.

Dieselbe liegt darin,

daß auch die SchiffSlmle Zeugniß ablegen, und daß das Zeugniß nicht ein privatim nieder-

gefchriebmeS, sondern ein von einem Beamten aufgenommmeS ist.

(M. 232.)

hat die Derklamng auch ohne Aufforderung eines Betheiligtm abznlegm.

Der Schiffer

Sofern diese darauf

verzichten, oder wmn der Schiffer die Verklamng unterläßt und kein Btthelligter sie verlangt,

so habm die Behördm nicht von Amtswegen auf dieselbe zu bestehm; es steht auch Nichts

im Wege, daß der Schiffer eine an sich erforderliche Verklamng unterläßt, wmn er die Folgm

zu tragm vorzieht. b.

(P. 1810, 3758.)

Die gesammte Mannschaft zu verhören, wird nicht immer zulässig und erforderlich

sein, insbesondere wmn ein oder der andere SchtffSmann nicht mehr an Bord ist, oder rin

Theil

der Mannschaft nicht Augenzmge stark ist, um die Zuziehung

deS

Ereignisses (wat,

oder die Mannschaft eines

aller Mitglieder erforderlich oder nur möglich zu

Schiffes

zu

machm.

(P. 1816, 3757.) — Die Zuziehung der Passagiere hat man nicht für erforderilich

erklärt, weil dieS gegenüber der herrschendm Praxis eine bedenkliche Neuerung wäre.

c.

(P. 3764.)

Bei der bloßen Vermuthung eines Verlustes oder einer Beschädigung ist der

Schiffer zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet, Verklamng abzulegm; eS würben sonst häufig unnützerweise bedmtmde Kosten und große Vcrzögemngen entstehen.

(P. 1807,1809, 1843.)

Dritter Titel.

Von dem Schiffer.

Attt. 491. 492.

543

Die Verklarung ist ohne Verzug zu bewirkenund zwar: im Bestimmungshafen») oder bei mehreren Bestimmungshäfen in dem­ jenigen, welchen da« Schiff nach dem Unfälle zuerst erreicht;

im Nothhafen, sofern in diesem reparirt») oder gelöscht wird; am ersten geeigneten Orte, wenn die Reise endet, ohne daß der Bestim­ mungshafen erreicht wird.

Ist der Schiffer gestorben oder außer Stande, die Aufnahme der Verklarung zu bewirken, so ist hierzu r«) der im Range nächste Schiffsoffizier berechtigt und ver­

pflichtet.

«rot. 6.1806-1817. 1875. 1876. Pro«. 6. 3757-3759. 3760.

Pr. EM». Art. 422 Ads. 1. 6utw. I. Art. 443.

Artikel 491.

Die VerNarung muß einen Bericht über die erheblichen Begebenheiten der

Reise, namentlich eine vollständige und deutliche Erzählung der erlittenen Unfälle, unter Angabe der zur Abwendung oder Verringerung der Nachtheile angewendeten

Mittel enthalten»).

Pr. Ent». Art. 422 Ads. 3. Ent». I. Art. 444.

Prot. S. 1824. Pr«. 6.3759-3761. Artikel 492.

Im Gebiete dieses Gesetzbuchs») muß die Verklarung, unter Vorlegung de« Journals und eines Verzeichniffes aller Personen der Schiffsbesatzung >?), bei dem zuständigen Gericht angemeldet werden. ,l) Die Verklarung hat nur den gewünschten Werth, wenn sie möglichst schnell abgelegt wird; der Schiffer muß deshalb Alle« thun, was in seinen Kräften steht, um möglichst schnell

zum feierlichen Aft der Verklarung zu gelangen.

ES genügt nicht, daß er die Verklarung recht­

zeitig anmeldet, und sich dann entfernt, um erst nach Monaten zur wirklichm Ablegung der

Verklarung zurückzukommen.

(P. 1815.)

**) Unter dem Bestreben,

die Verklarung möglichst zweckmäßig einzurichten, darf der

Betrieb der Schifffahrt im allgemeinen nicht leiden.

Don diesem Gesichtspunkte aus ist über

den Ort der Verklarung statt der im Preuß. Entw. (Att. 422) enthaltenen Bestimmung, daß

der Schiffer in dem ersten Ott, wo dies geschehen kann, Verklarung ablegen muß, die hier getroffene gewählt.

Die Berechtigung, zu verklaren,

hafen, in den er nach Eintritt eines Unfalles einläust.

”) Der Ankauf Reparatur anzusehen.

hat der Schiffer in jedem Zwischen­ (P. 1811—1814.)

verloren gegangener Kleinigkeiten für die Ausrüstung ist nicht als

(P. 1813.)

*) — nämlich zur Verklarung auch derjenigm Begebenheiten, die vorgefallen sind, bevor

dem Schiffsoffizier die Verantwottlichkeit wegen der Führung des Schiffes oblag.

(P. 1875.)

*) Die Behörde, welche die Verklarung aufnimmt, hat diejenigm Umstände, welche die Beweiskraft derselben bedenklich erschttnen lassen, in dem Protokolle zu erwähnen.

Ueber die

Gülttgkeit und Beweiskraft der Urkunde hat das erkennende Gericht endgültig zu entscheiden. (P. 3759—3761.)

*) Das H.G.B. enthält keine Bestimmung, in welchen Formen und vor wem die Ver­ klarung im Auslande abzulegen sei. S. 143.)

(Vgl. KonsnlatSgesetz v. 8. November 1867, B.G.Bl.

Rücksichtlich der Kompetenz der Konsuln ist eS zwar unbedenklich, daß, sofem von

Verklarungen ausschließlich im Jnlande und im gegenseitigm Verhältnisse der Inländer Ge-

Dom Seehandel.

Fünftes Buch.

544

Art. 493.

Das Gericht hat nach Eingang der Anmeldung sobald als thunlich die Ver­

klarung aufzunehmen«).

Der dazu

anderaumte Termin

wird in geeigneter Weise öffentlich bekannt

gemacht, insofern die Umstände einen solchen Aufenthalt gestatten.

etwa sonst bei dem

Die Interessenten von Schiff und Ladung, sowie die

Unfälle Betheiligten«) find berechtigt, selbst oder durch Vertreter der Ablegung der Verklarung beizuwohnen.

Die Verklarung geschieht auf Grundlage des Journal»«).

Kann da» geführte

Journal nicht beigebracht werden oder ist ein Journal nicht geführt (Artikel 489.), so ist der Grund hiervon anzugeben.

Pr. EM». Art. 422 Ads. 2. 423. EM». I. Art. 445.

PrM. S. 1817-1824. 1826-1838. 1878. PrM. 6.3761-3762.

Artikel 493. Der Richter ist befugt, außer den gestellten noch andere Personen der Schiffs­ besatzung, deren Abhörung er angemeffen findet, zu vernehmen.

Er kann zum Zweck

brauch gemacht werden soll, ihre Aufnahme den deutschen Konsuln zu überlassen ist; zweifelhaft dagegen erscheint cS, ob der ausländische Richter die Gültigkeit und die volle Beweiskraft der­ artiger Urkunden anerkennen würde; nicht minder bedenklich ist es, in Ermangelung einer Ge­

richtsbehörde die Notare als die kompetente Behörde zur Aufnahme bezeichnen,

weil je nach der Verschiedenheit der Organisation

von Verklarungen zu

des Notariatswesens derartige

Verklarungen bald von größerem, bald von geringerem Werthe sind. — Ob für die im Aus­ lande abzulegenden Verklarungen die Regel: bestritten,

weil die Verklarungen wesentlich

locus regit actum zur Anwendung komme, ist

als Beweismittel

in Frage kommen, und von

manchen Gerichten bei Beurtheilung der Frage, ob die betreffende Verklarung ein taugliches

Beweismittel sei, die Prozeßgesetze des erkennenden Gerichts für maaßgebend gehalten werden.

Die Frage über die Beweiskraft ausländischer Verklarungen Wissenschaft anheimgegeben.

(P. 1819, 1863, 1865.)

ist deshalb der Praxis und der

Vgl. §. 403 C.P.O.

Ueber die Be­

weiskraft englischer Seeproteste in deutschen Rechtssachen s. R.O.H. Bd. 19, S. 100.

") Das

Verzcichniß soll zu dem Zwecke eingereicht werden,

stimmen könne, ob außer den gestelltm Personen noch andere

zu

damit der Richter be­ hören sind.

(Art. 493.)

(P. 3757. 3762.) *) Die wirkliche Ablegung der Verklarung ist auch seitens des Gerichts möglichst zu beschleunigen: Verzögerungen, welche durch die Natur der Sache geboten sind, also selbst nach

Befindm daS Zuwarten bis nach Vollendung der Löschung sollen nicht abgeschnitten werden. (P. 1831.)

«) Unter den .etwa sonst bei dem Unfälle Betheiligten"

sind: HülfSleute,

Berger,

(P. 3762.) — Durch die Zuziehung der Interessenten

Lootsen, Angesegelte rc. verstanden.

wird manche außerdem unterbleibende Aufklärung ertheilt, und Mißbräuchen, sowie Prozessen vorgebeugt.

Die Parteien habm die Befugniß,

und dessen Leute stellen zu lassen.

durch den Richter Fragen an den Schiffer

Ein Vorschlag: ihnen das Recht zuzugestehen, schriftlich

die von ihnen zu stellenden Fragm einzureichen, fanden keinen Anklang, weil ohne Kenntniß der Sachlage geeignete Fragen sich nicht stellen lassen.

(P. 1827, 3764.)

*>) Die Verklarung braucht nicht so genau mit dem Journal übereinzusttmmen, daß sie

nicht mehr und nicht weniger,

als

einstimmung in den wesentlichen punkten sind nicht ausgeschlossen.

dieses,

enthalten

Punkten;

darf;

es

Ergänzungen und

(P. 1823, 1879.)

genügt vielmehr die Ueber­

Berichttgungen

in Neben­

Dritter Titel.

Don beni Schiffer.

545

Artt. 494. 495.

besserer Aufklärung dem Schiffer sowohl als jeder anderen Person der Schiffs-

besatzung geeignete Fragen zur Beantwortung vorlegenZr). Der Schiffer und die zugezogenen übrigen Personen der Schiffsbesatzung haben

ihre Aussagen zu beschwören^). Die über die Verklarung aufgenommene Verhandlung ist in Urschrift aufzu­ bewahren und jedem Betheiligten auf Verlangen beglaubigte Abschrift zu ertheilen.

Pr. Entw. Art. 422 Abs.3. Entw. I. Art. 446.

Prot. S. 1824-1826. 1838. 1879. Prot. S. 3763. 3764. Artikel 494-u).

aufgehoben durch §. 13 Einf.-Ges. zur C.P.OM)

Artikel 495. Rechtsgeschäfte, welche der Schiffer eingeht, während das Schiff im Heimaths-

hafen bs) sich befindet, sind für den Rheder nur dann verbindlich, wenn der Schiffer 31) a. Die. Auswahl der zur Verklarung zuzuzieheudeu Schiffsmannschaften, Maschiuisteu,

Ingenieure u. s. w. ist zunächst dem Schiffer überlassen, weil der die Verklarung aufnehmende Richter ohne eine häufig schwierige und langwierige Vernehmung der Parteien keine aus­

reichende Kognition von der Sache hat, und es angemessener ist, prinzipaliter dem Schiffer,

welcher am besten weiß, wer von seinen Leuten Auskunft zu geben im Stande ist, die Ver­

antwortlichkeit für die Auswahl zu überlassen.

(P. 1838.)

Man hat es jedoch dem Ermessen

des Richters überlassen, auch noch andere Personen der Tchiffsbesatzung als die gestellten zu vernehmen.

b. Die Vernehmung des Schiffers und der Schiffsmannschaft ist eine Gesammtvernehmung; durch die Zuziehung der Mannschaft soll hauptsächlich konstatirt werden, daß sie

Nichts erfahren hat, was Vim den Aussagen deß Schiffers abweicht.

Dem Richter steht jedoch

auch die Befugniß zu, in einzelnen Fällen alle oder einzelne Erschienene abgesondert zu vernehmen.

(P. 1834.)

c. Das seerechtliche Institut der Verklarung ist seinem wahren Wesen nach nicht ein

Komplex von Zeugenaussagen, sondern eine gemeinschaftliche, wesentlich übereinstimmende, freiwillige und eidliche Erklärung deß Schiffers und seiner Mannschaft.

Ans diesem

Charakter der Verklarungen hat man gefolgert, daß kein Imperium des Richters denkbar sei,

welchem, wie bei Zeugenvernehmungen, die Pflicht, auf die Fragen des Richters zu antworten, entspreche; gerade deshalb war es erforderlich, ausdrücklich die Befugniß des Richters, Fragen an Schiffer und Mannschaft zu richten, in das Gesetz aufzunehmen.

(P. 1835—1837.)

32) Darf der Schiffer wegen seines Glaubensbekenntnisses (z. B. weil er Mennonit ist)

keinen Eid ablegen, so ist nach den Vorschriften des allgemeinen bürgerlichen Prozesses zu ver­ fahren.

(P. 1816.) - Vgl. §. 446 C.P.O. 33) An dessen Stelle tritt der Grundsatz von der freien Beweiswürdigung durch den

Richter §. 259 C.P.O. 3va auch die vereinbarte Ueberliegezeit, abzuwarten und die auf seine ungesäumt zu bewirkende Benachrichtigung von dem Befrachter noch innerhalb der Ladezeit eingehenden

Anweisungen (z. B. die Ueberliegezeit noch abzuwarten) zu befolgen. Nach Ablauf der Ladezeit ist der Verfrachter die Annahme der Ladung zu verweigern berechtigt, und ist nicht verpflichtet,

die später eingehenden Instruktionen des Befrachters zu befolgen; er ist auch nicht verbunden, bevor er sich vom Vertrage definitiv lossagt, Protest zu erheben. (P. 3857.) — Vgl. den

Rechtfall R.O.H. Bd. 7, S. 152, und zu Abs. 2 d. Art. R.O.H. Bd. 15, S. 220.

") In den gewöhnlichen Fällen muß man es lediglich als ein Recht des Befrachters, auf welches er verzichten kann, ansehen, die ganze bedungene Ladung zu liefern und die Aus­

führung des Transports ganz oder theilweise zu verlangen.

das Interesse des anderen Kontrahenten nicht gefährden.

Diese Verzichtsbefugniß darf aber

Dem Schiffer, welcher nicht die volle

Ladung an Bord hat, fehlt ein Theil der vertragsmäßigen Deckung für die volle Fracht; der Verfrachter ist im Falle der Havariegroffe wesentlich gefährdet, weil nur die auf dem Schiffe wirklich befindliche Ladung an den Havariekosten mitzutragen hat, und demgemäß das Schiff

mehr in Anspruch genommen werden kann, als wenn die volle Ladung konkurrirt.

Endlich

können dem Schiffer durch etwa erforderliche Einnahme von Ballast große Kosten entstehen. Demzufolge muß der Befrachter in dem Falle des Art. 579 Kaution wegen der durch die Un­

vollständigkeit der Ladung verminderten Sicherheit der Fracht bestellen und die dem Befrachter entstehenden Mehrkosten (für Ballastrirung rc.) ersetzen.

(P. 3878.)

Fünftes Buch. Dom Seehandel. Artt. 581. 582.

628

Verträge zurücktritt, die Reise anzutreten und die im vorstehenden Artikel bezeichneten

Forderungen geltend zu machen.

ft. Cato. Art. — Cato. L Art. 518.

stet. 6. — stet 6.3880.

Artikel 581. Der Befrachter kann vor Antritt der Reise, sei diese eine einfache ober zu­

sammengesetzte, von dem Vertrage unter der Verpflichtung zurücktreten, die Hälfte der bedungenen Fracht als Fautfracht zu zahlen.

Bei Anwendung dieser Bestimmung wird die Reise schon dann al» angetreten erachtet: 1) wenn der Befrachter den Schiffer bereits abgefertigt hat; 2) wenn er die Ladung bereits ganz oder zum Theil geliefert hat und die Wartezeit verstrichen ist42).

fr. Cato. Art. 482 Abs. 1. Cato. I. Art. 514.

stet. 6.2117-2123. 2198-2200. stet S. 3875.

Artikel 582. Macht

der Befrachter

von dem

im vorstehenden Artikel bezeichnete Rechte

Gebrauch, nachdem Ladung geliefert ist, so muß er auch die Kosten der Einladung

und Wiederausladung tragen und für die Zeit der mit möglichster Beschleunigung

**) a. Das Institut der Fautfracht (saute dufret, Mangel an Fracht, ein Ausdruck, der sich bald auf die fehlende Ladung selbst, bald, wie in diesem Gesetze, auf die Fracht bezicht, welche der Beftachter zu zahlen hat, falls er die bedungene Ladung gar nicht oder nur unvoll­ ständig liefert) ermächtigt den Beftachter, einseitig vom Vertrage zurückzutreten, ohne dasjenige vollständig leisten zu müssen, was er zu leisten sich verpflichtet hat. DaS Rücktrittsrecht in unabhängig von der Angabe von Gründen; ein Mißbrauch desselben steht wegen der Höhe der Entschädigung nicht zu befürchten. — Das einseitige Kündigungsrecht ist eine exzeptionelle Bcfugniß, die nicht zur Unzeit (intempestive) ausgeübt werden darf. Sie endet mit dem Ablauf der Wartezeit, oder falls der Schiffer ftüher abgefertigt ist (d. h. sobald der Befrachter aus­ drücklich oder stillschweigend anerkannt hat, daß die Abladung beendigt sei), mit der Ab­ fertigung. Während der Wartezeit kann der Beftachter selbst dann noch vom Vertrage tmücktteten, wenn bereits die vollständige Ladung geliefert, die Abfertigung aber noch nicht erfolgt ist. Es sei nicht abzusehen — meinte man, P. 387ö — weshalb ein Recht, welches dem Beftachter zugestanden wird, so lange eine Kleinigkeit an der Ladung fehlt, ihm ab­ gesprochen »erben soll, sobald der noch fehlende Rest geliefert ist. b. Der Umfang des vom Beftachter zu leistenden Ersatzes ist, für den Fall, daß der Rücktritt vor Antritt der Reise erklärt wird, um weitläufige Streitigkeiten über den vom Schiffer erlittenen Schaden zu vermeiden, in mehreren Seerechten (vgl. A. 8.R. Th. II, Tit. 8, %. 1643) wie in d. Art. auf die Hälfte der bedungenen Frachtgelder festgesetzt. ES braucht jedoch die Zahlung der halbm Fracht nicht unter allen Umständen sogleich mit der Kündi­ gung deS FrachtverttageS zu erfolgen. Der' Beftachter kann nach Abs. 1 d. Art. von dem Bettrage unter der Verpflichtung zu zahlen (nicht gleichbedeutend mst .gegen Zahlung') surücktteten. Hat sich demnach der Berftachter im Frachtverträge zu längerem Kredttirm der Kracht Herbeigelaffen, um sie nicht vom Empfänger, sondern in der Folge erst vom Befrachter zu bekommen, so ist kein Grund vorhanden, dem Berftachter ein Recht auf baare Zahlung oder auf Sicherstellung, somit größere Rechte zu geben, als cr nach dem Frachtverttage hat. Vgl. Art. 624. (P. 2117—2122, 2199, 3875.)

Fünfter Titel.

Don dem Frachtgeschäft zur Beförderung von Gütern.

Art. 583.

629

bewirkenden Wiederausladung, soweit sie nicht in die Ladezeit fällt, Liegegeld

zu

(Artikel 573.) zahlen.

Der Verfrachter ist verpflichtet, den Aufenthalt, welchen die Wiederausladung verursacht, selbst dann sich gefallen zu lassen, wenn dadurch die Wartezeit überschritten

wird, wogegen ihm für die Zeit nach Ablauf der Wartezeit Liegegeld und der Ersatz des durch lleberschreitnng der Wartezeit entstandenen Schadens gebührt, soweit der letztere dm Betrag dieses Liegegeldes erweislich übersteigt«). «rat 6.2123—2126. Pr»t. S. 3876. 3877.

r. Ent». Art. 482 Abs. 2. utw. I. Art. 514.

B

Artikel 583.

Nachdem die Reise im Sinne des Artikels 581. angetreten ist, kann der Be­ frachter nur

gegen Berichtigung der vollen

Fracht, sowie aller sonstigen Forde­

rungen des Verfrachters (Artikel 615.) und gegen Berichtigung oder Sicherstellung

der im Artikel 616. bezeichneten Forderungen von dem Vertrage zurücktreten und die Wiederausladung der Güter fordern"). Im Fall der Wiederausladung hat der Befrachter nicht nur die hierdurch entstandmen Mehrkosten«), sondern auch dm Schadm zu ersetzen, welcher au» dem

durch die Wiederausladung vemrsachten Ausmthalt dem Verfrachter mtsteht. ti) Die Befugniß,

vom Vertrage zurückzutretm, steht dem Befrachter auch dann ju,

wenn die Wiederausladung nicht innerhalb der Wartezeit begonnen oder beendet werdm kann.

Durch eine Beschränkung dieses Rechts auf die Wartezeit würde das Rücktritt-recht in viel« Fällen illusorisch werden.

Die Befugniffe deS Befrachter- sind in diesem Falle um so weniger

eng zu begrenzen, als der Verftachter reichliche Entschädigung dadurch erhält, daß er die Reise

nicht zu machen braucht und dennoch die halbe Fracht erhält.

Wird die WiederauSladung erst

nach Ablauf der Wartezeit vollendet, so erhält der Verfrachter außer der hakbm Fracht al» Minimum

da- Liegegeld,

und sofern der

durch Ueberschreiten der Wartezeit entstandene

Schaden größer ist, Erstattung desselben z. B. in dem Falle, wenn zwischen dem Ablauf der Ueberliegezeit und der Beendigung der Wiederausladung Frost ««getreten ist, der dm Schiss» nöthigt, Monate lang liegt« zu bleiben, und wenn er hierdnrch an der Erfüllung anderweitiger

Verträge gehindert wird.

(P. 2126, 3876.)

Zur Begründung d. Art. wurde bemerkt (P. 2449—2453):

E- handle sich darum,

den Grundsatz auSzudrückm, daß der Verfrachter kein Recht habe, wider den Wille«

des Befrachters auf der Ausführung des bedungenenTranSportS zu bestehe«, der Befrachter vielmehr berechtigt sei, gegm die Leistung alle» deffm, was der Verfrachter im

Bestimmungshafen zu fordern habm würde, vor und während der Ausführung de» Transportes die Rückgabe der verladmm Waaren zu begehren.

Dieser Grundsatz beruhe auf der Erwägung,

daß die Jntereffm deS Handels dmm der Schifffahrt al» seine» Hülfsmittel» in Kollisions­ fällen vorgingm.

Mit Rücksicht hierauf könne dem Befracht« nicht auferlegt werdm, außer

der Fracht und dm Accidenzm dem Verftachter in dem gedachten Falle noch deffm hierüber etwa hinausgehendes Jntereffe an der Erreichung de» Bestimmungshafen», oder gar dm etwa entgangenen Gewinn zu ersetzen.

«) Die Kostm der Ausladung köanm dem Beftachter nicht unbedingt zur Last gelegt

werden, dmn es ist kein Grund vorhanden, dem Verftachter diejmigm Kostm abzunchmm, die ec für die Entlöschung im Bestimmungshafen hätte tragen müssen.

Derselbe darf anderer­

seits aber auch unter einer Veränderung de» LöschungSortS durch die Willkür de» Beftachter» nicht leidm, was z. B. eintretm würde, wmn der Schiffer in dem Bestimmungshafen berechtigt

630

Vom Seehandel.

Fünftes Buch.

Art. 584.

Zum Zweck der Wiederausladung der Güter die Reise zu ändern oder einen Hafen anzulaufen, ist der Verfrachter nicht verpflichtet.**)

fiat 6. «5». 2448-2453. stet €. 3885-3887.3946.

ft. Cato. Art. 517. Cato. I. Art. 574 «tf- 1 a. 3.

Artikel 584. Der Befrachter ist statt der vollen Fracht«) nur zwei Drittel derselben als Fautfracht zu zahlen verpflichtet, wenn das Schiff zugleich auf Rückladung ver­ frachtet ist oder in Ausführung des Vertrage« zur Einnahme der Ladung eine

Fahrt aus

einem ander« Hafen zu machen

hat,

und wenn

in diesen beiden

Fallen der Rücktritt früher erklärt wird, al« die Rückreise oder die Reise aus dem Abladungshafen im Sinne des Artikels 581. angetreten ist47).

fr. Cato. Art. 482. Cato. L Art. 516 Abf. 1.

stet 6.2137—2151. 2200-2201. 2498. stet 6.3878.

wäre, sich jum Herausnehmen der Ladung aus dem Schiffe seiner eigenen Leute zu bedienen, in dem Hafen aber, wo die Löschung erfolgt, besondere Arbeiter annehmm muß.

Au» diesem

Grunde sind dem Beftachter nur die durch die Wiederausladung entstandenen Mehrkosten auferlegt worden.

(P. 2452.)

Außerdem ist dem Beftachter hier wie im Art. 582 der Ersatz

d«S Schadens auferlegt (P. 3887), welcher dem Verfrachter aus dem durch die WiederauSladung verursachten Aufenthalte entsteht *) Diese Verpflichtung liegt ihm auch dann nicht ob, wenn eine Beschädigung der Güter

«ingetretrn ist, welche eine der in Abs. 3 gedachten Maaßregeln al» im Jntereffe deS Befrachters wünschenSwerth erscheinm lassen (R.G. XIV, 41).

") Unter voller Fracht wird die Summe aller einzelnen Frachtbeträge verstanden. — Ob

ein Vertrag, in welchem für jede Abtheilung deS Unternehmens die Fracht besonders taxirt

ist, als Vertrag über eine kombinirte Reise aufgefaßt werden kann oder als ein Kontrakt über

mehrere unabhängige Reisen anzusehen ist, wird nach dm Umständen deS einzelnen Falls zu

entscheid« sein.

(P. 3890).

4T) Bei Festsetzung dieser Entschädigung sind folgmde Erwägungm maaßgebend gewesen: Der Verfrachter erhalte «ach Art. 581 die halbe Fracht, wmn er gar keine Reise mache; für

die im Art. 584 behandelten Fälle gebühre ihm daher mehr al» die halbe Fracht; auf der ander« Seite müsse mm ihm aber doch wmiger al» die ganze Fracht zuerkmnm, da er auf

der« Bezahlung nach allgemein« RechtSgrmdsätzm feinen Anspruch mach« könne; denn bei einem opus conductum, wenn dasselbe nicht ««»geführt werde, sei der zur Ausführung Ver­

pflichtete nicht die ganze bedungme Summe, sondem nur sein Interesse zu fordem berechtigt. Durch daS Abbrechen der Reise würd« die Kostm und Gefahr« vermindert, und e» werde dem Schiffer Gelegmheit gegebm, anderweitig« Verdienst zu mach«.

Der Derftachter habe dem­

nach eine »wisch« der halb« und ganz« Fracht liegende Quote zu fordem.

Die Feststellung

tafelten hänge von tat Umständen des einzelnen Falls ab, von der Größe und Gefährlichkeit des bereits zurückgelegtm und des noch zurückzulegmdrn Theils der Reift.

In Anbetracht, daß

solche Bestimmung zu viel« Prozess« und dm verwickeltstm Liquidationen ftihrm würde, sei e»

jedoch

zweckmäßig, eine

Durchschnittsbestimmung anzunehmm.

Die hier

angenommene

beseitige dm größten Uebelstmd, mtspreche in der Regel dm Derhältniffm, wenigsten» annähernd, und entferne die Besorgniß, daß der Verfrachter auf Kost« deS Beftachter- ein« ungerecht-

fertigtm Vortheil erlange.

(P. 2131—2150, 2498.)

Durch die Vorschrift diese» Artikels wird

indeß dem Rechte de» BeftachterS, eine andere al» die bedungme Ladung zu fubstituirm, soweit

diese» Recht überhaupt reicht, nicht präjudizirt.

(P. 2499.) — Bei der einfach kombinirten

Reise (Hin- und Rückreise) stellt sich die Rücktritt»befugniß de» BeftachterS folgmdermaaßm:

Gegm Bezahlung der H ä l f t e der ganzm bedungen« Fracht sann er vom Vertrage so lange zurück-

Fünfter Titel.

Von dem Frachtgeschäft zur Beförderung von Gütern.

Artt. 585—587.

631

Artikel 585.

Bei anderen zusammengesetzten Reisen erhält der Verfrachter, wenn der Be­

frachter den Rücktritt erklärt, bevor in Bezug auf den letzten Reiseabschnitt die Reise im Sinne des Artikels 581.

angetreten ist,

als Fautfracht zwar die volle

Fracht, es kommt von dieser jedoch eine angemessene Quote in Abzug, sofern die

Umstände die Annahme begründen, daß der Verfrachter in Folge der Aufhebung zu anderweitigem Frachtverdienst

des Vertrages Kosten erspart und Gelegenheit

gehabt habe. Können sich die Parteien über die Zulässigkeit des Abzuges oder die Höhe desselben nicht einigen, so entscheidet darüber der Richter nach billigem Ermessen. Der Abzug darf in keinem Falle die Hälfte der Fracht übersteigen^).

Prot. S. 2137—2151. 2200-2201. 2499. Prot. S. 3878.

Pr. Entw. Art. 482. Entw. I. Art. 516 Abs. 2-5.

Artikel 586.

Hat der Befrachter bis zum Ablauf der Wartezeit keine Ladung geliefert, so ist der Verfrachter an seine Verpflichtungen aus dem Vertrage nicht länger ge­

bunden^), und befugt, gegen den Befrachter dieselben Ansprüche geltend zu machen, welche ihm zugestanden haben würden, wenn der Befrachter von dem Vertrage zurück­

getreten wäre (Artikel 581. 584. 585.).

Pr. Entw. Art. — Entw. I. Art. 517.

Prot. S. — Prot. S. 3878.

Artikel 587. Auf die Fautfracht wird die Fracht,

welche der

Verfrachter

für andere

Ladungsgüter erhält, nicht angerechnet so).

Durch diese Bestimmung wird jedoch die Vorschrift im ersten Absatz des Artikels 585. nicht berührt. treten, als ihm dies gestattet sein würde, wenn nur der erste Theil der Reise bedungen worden wäre, gegen Bezahlung von zwei Drittel der Fracht, so lange bis auch die zweite Reise angetreten ist,

beziehungsweise biß er das Recht nicht mehr haben würde, von dieser zweiten Reise, falls sie

das alleinige Objekt des Vertrages wäre, mit Bezahlung der halben Fracht zurückzutreten; nachher kann er nur gegen Bezahlung der ganzen Fracht zurücktreten.

(P. 3889.)

48) D6 der Schiffer ermächtigt ist, von dem Vertrage abzugehen, wenn er bei einer

kombinirten Reise in einem Hafen die bedungene Ladung nicht erhält, obschon er nach dem Vertrage in

anderen

Häfen

wieder

andere Ladung

in Empfang zu nehmen und weiter zu

trausportiren haben würde, hängt von den näheren Umständen ab, in welcher Beziehung auch

die Verpflichtung des Schiffers, die Interessen des Befrachters bei unvorhergesehenen Umständen während der Reise gebührend zu wahren, von Einfluß sein kann.

(P. 2499.)

49) Wenn der Verfrachter sich nachträglich zur Annahme der Ladung herbeiläßt, so ist der alte Frachtvertrag als erneuert, beziehungsweise als fortgesetzt anzusehen und der Verfrachter

kann Fracht und Fautfracht nicht sogleich beanspruchen.

(P. 2170—2172, 3878, 3879.)

•r'°) — weil die Fautfracht nur eine Abfindung für die Aufhebung des Vertrages ist. (M. 263.)

Fünftes Buch.

632

Dom Seehandel.

Art. 588.

Der Anspruch des Verfrachters auf Fautfracht ist nicht davon abhängig, daß er die im Vertrage bezeichnete Reife ausführt«). die Fautfracht werden die Ansprüche des Verfrachter» auf Liegegeld

Durch

und

zustehenden

etwa

übrigen ihm

die

Forderungen (Artikel 615.)

nicht aus­

geschlossen»).

Prot. S. 2127. Prot. S. —

Nr. 6it». Art. — 61t». L Art. 514 Ms. 3.

Artikel 588. Ist ein verhältnißmäßiger Theil oder ein bestimmt bezeichneter Raum Schiff» verfrachtet»),

so

gelten die Artikel 568. bis 587.

mit

folgenden

des Ab­

weichungen»): 1) Der Verfrachter erhält in den Fällen, in welchen er nach diesen Artikeln mit einem Theil der Fracht sich begnügen müßte, als Fautftacht die volle

Fracht, es sei denn,

daß sämmtliche Befrachter zurücktreten oder keine

Ladung liefern. sl) Bei völlig mangelnder Ladung wäre eS widersinnig, wenn der Schiffer gleichwohl,

um die volle Fracht zu verdienen, die Reffe zurücklegm wollte.

(M. 261.)

M) Die Entschädigung für die Uebcrliegetage ist verfallen, mag der Befrachter von den

Ueberliegetagen Gebrauch gemacht haben oder nicht.

(M.263.)

M) Ob die Kontrahenten die Verftachtung eines räumlich bestimmten Theils

gewollt

oder eine Stückbefrachtung mit der Nebenbedingung beabsichtigt haben, daß die Ladung in einem

bestimmten Raume untcrgebracht werden soll, ist eine Frage rein thatsächlicher Natur. unter kommt auch der Fall vor,

daß eine Chartepartie abgeschloffen wird,

Mit­

obwohl eigentlich

nur Stückbeladungen beabsichtigt sind, -. B. in der Weise, daß der Schiffer einen Mäkler be­

auftragt, ihm eine Ladung zu besorgen,

daß dieser mit einer Reihe von Beftachtern Fracht­

verträge vorbereitet, und sodann im Namm aller dieser Beftachter mit dem Schiffer eine ge­ meinsame Chartepartie schließt.

Dieser Fall ist nach dm Grundsätzen über Totalvercharterung

deS Schiff» tu beurtheilen mit der Modifikation, daß nicht jedem einzelnen Befrachter, sondem dem Konsortium derselbm die Befugnisse de» Beftachter» zustehm.

(P. 2184—2186.)

M) Die Verftachtung eine» verhältnißmäßigen Theils (Quote) oder eine- bestimmt bezeichnetm Raume» des Schiffs ist grundsätzlich der Verftachtung eines

ganzen Schiff­

gleichgestellt; die Bestimmungen der Art. 568—587 (welche hauptsächlich von der Lade- und

Ueberliegezeit, sowie von der Fautftacht handeln) sind deshalb als auch für Berftachtungm

ersterer Art maaßgebend erklärt.

Dies Prinzip ist rein durchgeführt, so lange die sämmüichm

Beftachter in ihrm DiSPositionm übereinstimmm.

Sobald dies jedoch nicht der Fall ist, viel­

mehr Kollisionm mtstehen, tretet die Abweichungen etn> welche in dm Ziff. 1 u. 2 d. Art. ent­ golten sind.

Die erstere hat darin ihrm Grund, daß, während bei der Beftachtung

eine»

ganzm Schiffes der Rücktritt de» einzigm Beftachter» zur Folge hat, daß der Derftachter die Reise ganz oder theffweise nicht auözuführm brauchte, dieselbe Folge nicht zutrifft,

Theilverfrachtungm nur der eine oder andere Beftachter zurücktritt.

für Fälle letzterer Art bestimmt,

wenn bei

ES ist deshalb (P. 3883)

daß der zurücktretmde Beftachter die volle Fracht (nicht

Fautfracht) zu zahlm hat, von welcher jedoch die Fracht in Abzug zu bringen ist,

welche der

Derftachter für Güter erhält, die er an Stelle der nicht gelieferten angenommen hat.

Die

Abweichung der Ziff. 2 hat ihrm Grund in dem Jntereffe der Mitbefrachter, welchm

nicht zugemuthet werden kann, sich eine Berzögemng der Reise oder eine Umladung der Güter

wider ihrm Willm gefallen zu lassen.

Fünfter Titel.

Don dem Frachtgeschäft zur Beförderung von Gütern.

Art. 589.

633

Von der vollen Fracht kommt jedoch die Fracht für diejenigen Güter in Abzug, welche der Verfrachter an Stelle

der nicht gelieferten

an­

genommen hat. 2) In den Fällen der Artikel 582. und 583. kann der Befrachter die Wiederausladung nicht verlangm, wenn dieselbe eine Verzögerung der Reise zur

Folge haben oder eine Umladung nöthig machen würde, efl sei denn, daß

alle übrigen Befrachter ihre Genehmigung ertheilten.

Außerdem ist der

Befrachter verpflichtet, sowohl die Kosten al» auch den Schaden zu ersetzen, welche durch die Wiederausladung entstehen.

Machen sämmtliche Befrachter von dem Rechte de» Mcktritt» Gebrauch, so hat e» bei den Vorschriften der Artikel 582. und 583. sein Bewenden.

Prot. S. 2184-2185. 2457. Prot. S. 3881—3884. 3885.

Pr. 6xt*. Art. 517. 6it*. I. Art. 519. 574 tos. 11. 3.

Artikel 589.

Hat der Frachtvertrag Stückgüter zum Gegenstand«), so muß der Befrachter auf die Aufforderung de» Schiffer» ohne Veyug die Abladung bewirken.

Ist der Beftachter säumig«), so ist der Verfrachter nicht verpflichtet, auf die Liefemng der Güter zu warten; der Befrachter muß, wenn ohne dieselben die Reise

angetreten wird, gleichwohl die volle Fracht entrichten.

E» kommt von der letzteren

jedoch die Fracht für diejenigen Güter in Abzug, welche der Verfrachter an Stelle

der nicht gelieferten angenommen hat.

Der Verfrachter, welcher den

Anspruch auf die Fracht gegen den säumigen

Befrachter geltend machen will, ist bei Verlust de» Anspruchs verpflichtet, die» dem Befrachter vor der Abreise kund zu geben.

Auf diese Erklärung finden die Vor-

schristen de» Artikels 572. Anwendung.

Prot. S. 2176-2)81. 2231. Prot. S. 3884. 3885.

Pr. EM*, tot. 477. EM*. I. tot. 520.

“) Die Bestimmung dieses Art. bezieht sich nicht nur auf dm Fall, wenn der Schiffer auf Stückladung angelegt, sondem auch auf dm,

wenn er ohne eine solche Anlegung einen

Frachtvertrag über dm Transport von Stückgütem abgeschloffm hat.

(P. 2176).

5S) Die Verpflichtung de» Verftachter» gegen die mehreren Befrachter eine» Schiff» er­

heischt cs, daß er die Zeit de» Antritt» der Reife und die Reihmfolge, in welcher er die ein­

zelnen Ladungen einnehmm will, bestimmt; die Befrachter müssen sich deshalb berett haltm, ihre Güter, sobald sie eingefordert werdm, abzuliefem; die Zeit, in welcher sodann die einzelne Abladung beendet fein muß, läßt sich nicht allgemein bestimmm; sie richtet sich

nach der

Mmge und der Natur der Güter; der Beftachter muß nur ohne Unterbrechung mit Ablieferung der Güter bi» zur Beendigung fortfahrm.

Daß e» ihm nicht zum Nachtheil gereichm kann,

wenn Wind, Wetter oder Ei» die Ablieferung der Güter hindem,

ergiebt sich

hieran» von

selbst; denn gerade, weil ihm keine bestimmte Zett zur Abladung zusteht, kann ihm nur eine

verschuldete Zögerung zugerechnet werben.

Sind einzelne Beftachter säumig, so ist der

Verftachter nicht verpflichtet, auf die Lieferung zu warten, kann die volle Fracht verlangm,

wenn er abreist,

muß jedoch diesm seinen Anspruch noch vor der Abreise, bei Berlust de»

Rechts, den betr. Befrachtern kund geben.

(P. 2177—2179, 3884.)

634

Fünfte- Buch.

Dom Seehandel.

Art. 590—592.

Artikel 590. Nach der Abladung kann der Befrachter auch gegen Berichtigung der vollen

Fracht, sowie aller sonstigen Forderungen de- Verfrachter» (Artikel 615.) und gegen

Berichtigung oder Sicherstellung der im Artikel 616. bezeichneten Forderungen nur nach Maaßgabe de« ersten Absätze» der Vorschrift unter Ziffer 2. de» Artikels 588.

von dem Vertrage zurücktreten und die Wiederausladung der Güter fordern. Außerdem findet auch für diese

Fälle die Vorschrift im letzten Absatz de»

Artikels 583. Anwendung.

Pr»t 6.2453-2456. Prt 6. —

Ur. C«to. tot 517. 6rt*. I. tot 574 tos. 2 e. 3.

Artikel 591. Ist ein Schiff auf Stückgüter angelegt und gesetzt, so

die Zeit der Abreise nicht fest­

hat auf Antrag des Beftachters der Richter nach den Umständen des

Falles den Zeitpunft zu bestimmen, über welchen hinaus der Antritt der Reise nicht

verschoben werden sann57).

Pret. S. 2181-2193. Pr»t. 6. —

Ur. Eut». Art. 477 Ziff. 3. «im». I. tot 521.

Artikel 592. Bei jeder Art von Frachtvertrag hat der Befrachter innerhalb der Zeit, binnen

welcher die Güter zu liefern sind, dem Schiffer zugleich alle zur Verschiffung der­

selben erforderlichen Papiere zuzustellen«).

«rot. L. 2085-2087. 2231. Pr,t. 6. 3853-3854.

Art. 478 tos. L t». I. Art. 502.

M) Man ging in der Konferenz davon a»S (P. 2192), daß, wenn ein Schiff auf Stück­ güter angelegt und die Zeit der Abreise nicht festgesetzt sei, die Absicht der Kontrahenten dahin

gehe: der Schiffer wolle zwar nicht eher fahrm, al» bis er genügende Ladung habe,

aber die

Fracht wolle er jedenfalls machen, und auch der Beftachter beabsichtige nicht, eine unverhältnißmäßige Zeit zu warten.

dem Richter

Man hat deshalb bat Beftachter für befugt erklärt,

von

die Bestimmung einer den Umständen angemeffenen Frist für den Antritt der

Reise zu verlangen.

Dabei wurde jedoch anerkannt, daß der Schiffer zum Antritt der Reise

nicht gezwungen werden könne, wenn er den Frachtverftag ausdrücklich oder stillschweigend unter der Bedingung eingegangen ist, daß er nicht anders als mit genügender Ladung zu fahrm verpflichtet fein wolle, und diese Voraussetzung nicht erfüllt ist.

M) a.

Der Art 592

enthalt eine Bestimmung, welche bei jeder Art von Fracht­

verträgen gilt; er bezieht sich daher namentlich auch auf Stückladungen.

(P. 2231.)

b. Die Zustellung der die Ladung betreffenden Papiere gehört mit zur Bereitmachung

der Ladung zur Reise, und der Schiffer kann den Transport der Güter so wenig ohne diese Papiere als ohne die Ladung selbst vomehmen. Papiere ist dem Beftachter nicht gewährt.

Eine besondere Frist für Beibringung der

Wenn die Ladung während der Ladezeit geliefert

ist, die Papiere dagegen erst währmd der Ueberliegezeit beigebracht werdm, so muß der Be­

frachter Liegegeld zahlm. — Die Frage, innerhalb welcher Frist der Schiffer die von ihm zu beschaffenden Papiere beizubringm hat, ist im Gesetze offen gelassen.

(P. 2087, 3854.)

Fünfter Titel.

Don dem Frachtgeschäft zur Beförderung von Gutem.

Arft. 593—595.

635

Artikel 593.

Der Schiffer hat zur Löschung«) der Ladung das Schiff an dm Platz hin-

julegen, welcher ihm von demjenigen, an dm die Ladung abzuliefern ist (Empfänger), oder, wenn die Ladung

an mehrere Empfänger abzuliefem ist, von sämmtlichm

Empfängern angewiesm wird. Wenn die Anweisung nicht rechtzeitig erfolgt, oder wenn von sämmtlichm

Empfängem nicht derselbe Platz angewiesen wird, oder wmn die Wassertiefe, die

Sicherheit des Schiff» oder die örtlichm Berordnungm

oder Einrichtungen die

Befolgung der Anweisung nicht gestattm, so muß der Schiffer an dem ortSüblichm

Löschungsplatz anlegen.

«r. «ul», tot. 492. EM». I. tot 533.

«rot. €. — Prnt 6. 3896. Artikel 594.

Sofern

nicht

durch

Vertrag

oder

durch

die

örtlichm

Berordnungm

des

Löschungshafens und in deren Ermangelung durch einen daselbst bestehendm Orts­ gebrauch ein Anderes bestimmt ist, werden die Kosten der Ausladung aus dem

Schiffe von dem Verfrachter, alle übrigen Kosten der Löschung von dem Ladungs­ empfänger getragen«).

to. CM», tot 494. EM». I. tot. 532.

toet 6.2254. Prnt. S. 3896. 4007. Artikel 595«).

Bei der Verfrachtung eines Schiff» im Ganzen hat der Schiffer, sobald er

zum Löschm fertig und bereit ist, die» dem Empfänger anzuzeigen. Die

Anzeige muß durch öffentliche Bekanntmachung

in ortsüblicher Weise

geschehm, wenn der Empfänger dem Schiffer unbekannt ist.

Mit dem auf die Anzeige folgendm Tage beginnt die Löschzeit«). M) a. In Betreff der Zeit und deS Ort» der Löschung sind, der Natur der Sache

entsprechend, im Wesentlichen und soweit thunlich dieselben Grundsätze wie bezüglich der

Ladung angenommen worden.

(P. 2240.) — Vgl. dm analogen Art. 561.

b. Unter rechtzeitiger Anweisung im Sinne de» Abs. 2 ist nur eine solche zu ver­ stehen, welche mtweder schon im Vorau» oder doch auf die Meldung der Löschbereitschaft so

ftühzeitig erfolgt, daß der Begin« der Löschzeit dadurch nicht verzögert wird (ROH. Bd. 19, S.290). — Wegen befürchteter Gefährdung der Sicherheit de» Schiffe» kann der Schiff« die Befolgung d« Anweisung ablehnen, wenn er in Anwendung der ihm obliegendm Sorgfalt nach gehöriger Erkundigung die Sich«heit für gefährdet erachtet (9t®. XV, 160).

“) Dieser Artikel bezieht sich ebensowohl auf die Verfrachtung eine» ganze« Schiff»,

al» auf Stückgütaladungen.

(P. 2254.) — Vgl. dm analogen Art. 562.

61) Dgl. dm analogen Art. 568. — Da Schiffer muß seine Löschbereitschaft («ach da Ankunft im Bestimmungshafen, R.O.H. Bd. 23, S.416) irgmdwie anzeigen, da Em­

pfänger braucht sich nach daselben nicht zu erkundigen.

(R.O.H. Bd. 15, S. 229; Bd. 23

S. 416.) °) a. Der Pr. Entw. (Art. 492 Abs. 3) enthielt die Bestimmung:

.Da Empfänga

muß die Dazögaungen vrrtretm, welche ihm in Beziehung auf die Leistung von Handlungen zur Last fallen, welche nach den Gesetzm de» Ort» nothwendig da Löschung vorhergehm

636

Dom Seehandel.

Fünftes Buch.

Art. 596.

Ueber die Löschzeit hinaus hat der Verfrachter nur dann auf die Abnahme

der Ladung noch länger zu warten, wenn es vereinbart ist (Ueberliegezeit). Mr die Löfchzeit kann, sofern nicht das Gegentheil bedungen ist, keine be­

sondere Vergütung verlangt werden.

Dagegen muß dem Verfrachter für die Ueder-

liegezeit eine Vergütung (Liegegeld) gewährt werden.

Das Liegegeld wird von dem Richter nach Anleitung des Artikels 573. fest­ gesetzt, wenn es nicht durch Vertrag bestimmt ist**).

«rst S. 2239-2241. 2242. Prut. S. 3897-3900. 3902.

Pr. EM». Art. 492. EM». I. Art. 534. 535.

Artikel 596®). Ist die Dauer der Löschzeit durch Vertrag nicht festgesetzt, so wird sie durch

die örtlichen Verordnungen des Löschungshafens und in deren Ermangelung durch den daselbst bestehenden Ortsgebrauch

bestimmt.

Besteht auch

ein solcher Orts­

gebrauch nicht, so gilt als Löschzeit eine den Umständen des Falles angemessene Frist. Ist eine Ueberliegezeit, nicht aber deren Dauer, durch Vertrag bestimmt, so

beträgt die Ueberliegezeit vierzehn Tage®), müssen/

Diese Bestimmung

war wegen der Zollverhältniffe ausgenommen,

um

einerseits

festzusetzen, daß der Empfänger die Verzögerung der Löschung zu vertreten habe, wenn er sie dadurch veranlasse, daß er die ihm obliegenden Handlungen (z. B. die sog. Spezial-De­ klaration) nicht rechtzeitig vornehme,

die Zollverhältniffe bedingten,

von

andererseits aber indirekt auSzufprechen, daß die durch

einem der Interessenten verschuldeten Verzögerungen der

Löschung als ein die Leistung des Schiffers treffender Zufall von diesem zu tragen seien. (M. 270, 271.) — Man hat von der Aufnahme einer solchen Bestimmung Abstand genommen (P. 2240), weil eS sich von selbst verstehe, daß die Vertretung der von dem Empfänger

herbeigeführten Verzögerungen diesem obliege und weil eS rücksichtlich der von keiner Seite verschuldeten Verzögerungen

nicht als allgemein zutreffend anerkannt werden könne, daß den

Schiffer der Zufall treffe, sondern sehr viel auf die besonderen Verhältniffe deS Falls, die Zolleinrichtungen deS Löschungshafens u. dgl. ankomme, weshalb eS vorzuziehen sei, die letztere

Frage im Gesetze offen zu laffm. b. Mit dem auf die Anzeige folgenden Tage beginnt die Löfchzeit — die wirkliche

Bereitschaft deS Schiffers hierzu vorausgesetzt.

DaS Schiff muß am Bestimmungsort an-

gekommen sein und von Seiten des Schiffers Nichts entgegenstehen, den ihm anzuweisenden oder den ortsüblichen Löschungsplatz ohne Verzug einzunehmen (R.O.H. Bd. 17, S. 95; Bd. 19,

S. 283).

Dagegen

ist für den Beginn der Löfchzeit bei Schiffen, die im Bestimmungs-

hafen angelangt sind, nicht maaßgebend, ob der Empfänger seine Anweisung deS Löschplatzes

(Art. 593 Abs. 1) ertheilt (R.O.H. Bd. 15, S. 233) oder sie schuldbar verzögert hat (R.O.H.

Bd. 19, S. 288). •) Die Benutzung der Löschzeit wird durch die Fracht, die der Ueberliegezeit extra durch

daS Liegegeld vergütet; ist Ueberliegezeit bedungen, so kann deren Benutzung nicht als Dersiren im Annahmeverzuge behandelt werden; dem Empfänger steht daher die Einrede frei, daß

die Ueberschreitung der Löschzeit durch den Schiffer verschuldet, der Anspruch auf Vergütung durch daS Liegegeld daher unbegründet sei (R.O.H. Bd. 19, S. 94).

6S) Vgl. den analogen Art. 569. — Unter .Ortsgebrauch" ist hier ein Gewohnheits­ recht verstanden, da er die Rechtsquelle einer Bestimmung sein soll, nicht eine bloße thatsächliche

Uebung (9t.®. HI, 150). M) Eine Fixirung

der Ueberliegezeit

ist

ein dringendes Bedürfniß,

damit Sicherheit

darüber bestehe, von welchem Augenblicke an der Empfänger sich wirklich im Verzüge befindet

und die schweren Folgen der mora eintreten.

(P. 3897.)

Fünfter Titel.

Von dem Frachtgeschäft zur Beförderung von Gütern.

Artt. 597—599.

637

Enthält der Vertrag nur die Festsetzung eines Liegegeldes, so ist anzunehmen,

daß eine Ueberliegezeit ohne Bestimmung der Dauer vereinbart sei.

Ur. EM». Art. 49**2. 6eti». I. Art. 535.

Urot. 6. — Urot. @. 3897—3900. Artikel 597«).

Ist die Dauer der Löschzeit oder der Tag, mit welchem dieselbe enden soll,

durch Vertrag bestimmt, so beginnt die Ueberliegezeit ohne Weitere« mit dem Ablauf der LSschzeit.

In Ermangelung einer

solchen

vertragsmäßigen

Bestimmung

beginnt die

Ueberliegezeit erst, nachdem der Verfrachter dem Empfänger erklärt hat, daß die

Löschzeit abgelaufen sei.

Der Verfrachter kann schon innerhalb der Löschzeit dem

Empfänger erklären, an welchem Tage er die Löschzeit für abgelaufen halte.

In

diesem Falle ist zum Ablauf der Löschzeit und zum Beginn der Ueberliegezeit eine neue Erklärung des Verfrachters nicht erforderlich.

Auf die in diesem Artikel erwähnten Erklärungen des Verfrachters finden die Vorschriften des Artikels 572. Anwendung.

Ur. 6itw. Art. — Eut». I. Art. 536.

Brot. E. — Prot. S. 3897—3900. Artikel 598«).

Bei Berechnung der Lösch- und Ueberliegezeit werden die Tage in ununterbrochen fortlaufender Reihenfolge gqählt; insbesondere kommen in Ansatz die Sonn- und Feiertage, sowie diejenigen Tage, an welchen der Empfänger durch Zufall die Ladung

abzunehmen verhindert ist. Nicht in Ansatz kommen jedoch die Tage, an welchen durch Wind und Welter

oder durch irgend einen anderen Zufall entweder 1) der Transport nicht nur der im Schiffe befindlichen, sondern jeder Art

von Ladung von dem Schiff an das Land, oder

2) die Ausladung aus dem Schiffe

verhindert ist.

8t. Ent». Art. — Eotw. I. Art. —

Prot. S. 2241. Prot. S. 3900. Artikel 599«).

Für die Tage, während welcher der Verfrachter wegen der Verhinderung de« Transport« jeder Art von Ladung von dem Schiff an da« Land hat länger «arten

müßen, gebührt ihm Liegegeld, selbst wenn die Verhinderung während der Lösch-

”) Dgl. dm analogen Art. 570 u. R.G. in, 152. *) Dgl. dm analogen Art. 574 u. RD.H. Bd. 6, S. 94. Es ist eine unrichtige An­ nahme, sagt da» R.O.H. Bd. 20, S. 417, daß die Schiffsmannschaft an Sonn- und Feiertagm Löscharbeit thun müsse, damit jene bei Berechnung der Lösch- und Liegezeit in Ansatz kommm bürsten. ”) Dgl. den analogen Art. 575.

Küsste» Buch.

638

zeit eingetreten ist.

Vom Sechandel.

Artt. 600. 601. 602.

Dagegen ist für die Tage, während welcher er wegen Ver­

hinderung der Ausladung aus dem Schiffe hat länger warten müßen, Liegegeld

nicht zu entrichten, selbst wenn die Verhinderung während der Ueberliegezeit ein­ getreten ist.

Gwt. 6.2242. 2247-2250. 2257-2259. Grot. 6. 3900.

Gr. EM». Ärt. — EM». I. Ärt. —

Artikel 600®). Sind für die Dauer der Löschzeit nach Artikel 596. die örtlichen Verordnungen

oder der Ortsgebrauch maaßgebend, so kommen bei Berechnung der Löschzeit die beiden vorstehenden Artikel nur insoweit zur Anwendung, als die örtlichen Ver-

orimungen oder der Ortsgebrauch nichts Abweichendes bestimmen.

Gr. EM». Art. — EM». I. Art. —

Gr»t. 6. — Grot. S. 3900. Artikel 601®).

Hat der Verfrachter sich ausbedungen, daß die Löschung bis zu

einem be­

stimmten Tage beendigt sein muffe, so wird er durch die Verhinderung des Trans­

ports jeder Art von Ladung von dem Schiff an das Land (Artikel 598. Ziffer 1.) zum längeren Warten nicht verpflichtet.

r. EM». Art. —

GrM. 6. — Prrt. S. 3900.

!!>t». I. Art. —

Artikel 602. Wenn der Empfänger zur Abnahme der Güter sich bereit erklärt, dieselbe aber

über die von ihm einzuhaltenden Fristen verzögert, so ist der Schiffer befugt, die

Güter, unter Benachrichtigung des Empfängers, gerichtlich oder in anderer sicherer

Weise niederzulegen. Der Schiffer ist verpflichtet, in dieser Weise zu verfahren und zugleich den Befrachter davon in Kenntniß zu setzen, wenn der Empfänger die Annahme der

Güter verweigert oder über dieselbe auf die im Artikel 595. vorgeschriebene Anzeige

sich nicht erklärt, oder wenn der Empfänger nicht zu ermitteln ist70).

Grit. S. 2242. 2250—2251. $rrt. S. 3900. 3901.

Gr. EM». Ärt. 495 Abs. 1. EM». I. Art. 541 Ä6f. 1. ") Vgl. den analogen Art. 576. ®) Vgl. den analogen Art. 577.

n) Die Vorschriften de» Art. 602 können vertragsmäßig

abgeändert werden.

Die im

Abs. 2 angeordnete Mederlegung der Güter ist keine formelle Voraussetzung für die For­ derung auf Liegegeld, sondern gewährt dem Empfänger resp. Befrachter nur eine von ihm

vorzuschützende und zu begründende Einrede (R.O.H. Bd. 15, S. 232).

Die Verpflichtung

zur Mederlegung und Benachrichtigung besteht auch, wenn der Empfänger nicht überhaupt die

Annahme verweigert, sondern dieselbe nur wegen Differenzen über Modalitäten der Ablieferung

uMerbleibt (R.T. XIV, 9).

An die unbedingte Befolgung

dieser Vorschrift ist

der Schiffer

jedoch dann nicht gebunden, wenn tnckurch sein eigene» Interesse gefährdet würde,

z. B.

durch drohenden Schmeljverlust de» niederzulegenden Eise» die Deckung seiner Frachtforderung

gefährdet wäre (R.T. XV, 27). — Die Frage, ob der Schiffer den LadungSintereffmten gegen»

Fünfter Titel.

Von dem Frachtgeschäft zur Beförderung von Gütern.

Artt. 603—605.

639

Artikel 603. Insoweit durch die Säumniß des Empfängers oder durch das Niederlegungs­

verfahren die Löschzeit ohne Verschulden des Schiffers überschritten wird, hat der Verfrachter Anspruch auf Liegegeld (Artikel 595.), unbeschadet des Rechts, für diese Zeit, soweit sie keine vertragsmäßige Ueberliegezeit ist, einen erweislich höheren

Schaden geltend zu machen77). Prot. S. 2242. 2251-2254. Prot. S. -

Pr. Entw. Art. 495 Abs. 2. Entw. I. Art. 541 Abs. 2.

Artikel 604.

Die Artikel 595. bis 603. kommen auch dann zur Anwendung, wenn ein verhältnißmäßiger Theil oder ein bestimmt bezeichneter Raum des Schiffs verfrachtet ist. Pr. Entw. Art. — Entw. I. Art. 542.

Prot. S. — Prot. S. 3901.

Artikel 605. Der Empfänger von Stückgütern hat dieselben auf die Aufforderung des Schiffers ohne Verzug abzunehmen.

Ist der Empfänger dem Schiffer nicht bekannt,

so muß die Aufforderung durch öffentliche Bekanntmachung in ortsüblicher Weise geschehen. In Ansehung des Rechts und der Verpflichtung des Schiffers, die Güter nieder­

zulegen, gelten die Vorschriften des Artikels 602. Die im Artikel 602. vorgeschriebene

Benachrichtigung des Befrachters kann durch öffentliche, in ortsüblicher Weife zu bewirkende Bekanntmachung erfolgen72).

Für die Tage, um welche durch die Säumniß des Empfängers oder durch das Niederlegungsverfahren die Frist, binnen welcher das Schiff würde entlöscht

worden sein, überschritten ist, hat der Verfrachter Anspruch auf Liegegeld (Arüber verantwortlich ist, wenn er mit der Depositton der Güter des säumigen Empfängers zögert

und dadurch die Herausnahme der anderen Güter aufhält, ist nach allgemeinen Rechtsgrund­

sätzen zu entscheidm.

(P. 2254.)

n) Zur Vermeidung des häufig schwierigenNachweises des Interesses ist als Minimum

der Enffchädigung das Liegegeld angenommen.

In der Regel wird das Interesse deS Ver­

frachters mindestens diese Höhe erreichen. — Auch den Ladungsinteressenten gegenüber ist der säumige Empfänger zur Schadloshaltung verpflichtet.

(P. 2244, 2251—2254.)

’2) Die für Totalbefrachtungen gegebene Vorschrift, daß der Schiffer dm Befrachter in

dm Fällen des Art. 602 speziell benachrichtigen müsse, hielt man bei Stückgütern nicht immer

für ausführbar (P. 2242), weil der Schiffer sehr oft nicht wissm werde, wer der Ablader und wo er zu finden sei, und weil ihm auch, selbst wenn er es wisse, nicht zuzumuthm sei, wegen

einzelner Ladungstheile, die vielleicht noch dazu ziemlich unbedeutend seien,

den mtfemtesten Weltgegenden sich in Beziehung zu setzen.

mit Personen in

Da es jedoch nicht minder für

unzulässig angesehen wurde, daß der Schiffer diejenigen Güter, bei welchen die Voraussetzungen

des Art. 602 einträfm, bei irgend Jemandem dcponire und sodann abreise,

um vielleicht nie

wieder au dm Löschungsort zurückzukehren, wenn nicht der Ablader die Möglichkeit habe, zu erfahren, bei wem da» Gut deponirt worden, so wurde beschlossen (P. 2243), daß die Benach­

richtigung des Befrachters auch durch öffentliche Bekanntmachung in ortsüblicher Weise (durch Zeitungsblätter, Börsenanschlag u. dgl.) am Löschungsortc erfolgen könne.

640

Fünfte- Buch.

Vom Seehandel.

Artt. 606. 607.

höheren Schaden geltend zu

titel 595.), unbeschadet des Recht», einen erweislich

machen»).

Ur. Ent». Art. 493. Cut». I. Art. 543.

Prot. L. 2242-2244. 2251—2254. Pr»t. 6.3901—3963. Artikel 606.

Wenn bei der Verfrachtung des Schiffs im Ganzen oder eines verhältnis­

mäßigen Theils oder eines bestimmt

des

bezeichneten Raums

Schiffs der Be­

frachter Unterfrachtverträge über Stückgüter geschloffen hat, so bleiben für die Rechte

und Pflichten des ursprünglichen Verfrachters die Artikel 595. bis 603. maaß­ gebend

Ur. Envn. Art. — S»k». I. Art. —

ftit* 6. Urot. €. 3902. 3903. 3991. Artikel 607»).

Der Verfrachter haftet für den Schaden, welcher durch Verlust oder Beschädi­ gung der Güter seit der Empfangnahme bis zur Ablieferung») entstanden ist, sofern M)

Der Abs. 3 d. Art. weicht

daß dort unter der Lösch­

darin von dem Art. 603 ab,

zeit eine von Anfang an festgesetzte bestimmte Anzahl

zu

von Tagen

welcher die Löschung zu bewirkm wäre, während hier lediglich von welche zur Löschung der Ladung erforderlich ist,

genügt (P. 2244).

Dort wie

verstehen ist,

innerhalb

der Zeit gesprochen wird,

wenn jeder Empfänger seinen Obliegenheiten

hier ist aber zur Vereinfachung der Sache das Minimum

deS Interesses auf das Liegegeld fftirt.

Hinsichtlich der Zeitberechnung s. R.O.H. Bd. 12,

S. 127.

M)

Der Zweck d. Art.

wurde dahin angegebm (P. 3991):

einer Verfrachtung deS ganzen oder eine- Theils deS Schiffs

Habe der Befrachter bei

verschiedene Destinatäre be­

stimmt, so werde selbstverständlich hierdurch in Ansehung der Löschung die Anwmdung der für den Fall der Verfrachtung deS ganzen Schiffs geltenden Vorschriften noch nicht auSgeschloffen.

Habe der Befrachter nicht unmittelbar mehrere Destinatäre bestimmt, sondern mehrere Unter­ frachtverträge über Stückgüter geschloffen, so sei dieser Fall

deS -wischen dem ersten Beftachter und Verfrachter schieden.

von dem vorigen in Betreff

bestehenden RechtSverhältniffeS

nicht ver­

Anders verhalte es sich aber in Ansehung der Rechte und Pflichten der Empfänger,

die von den Unterbeftachtem bestimmt feien, falls letztere mit dem ersten Beftachter mehrere Berftäge über Stückgüter abschlöffen und die Empfänger Stückgütern erschienen.

in der That als Empfänger von

Diese Eigenthümlichkeit deS Verhältnisses könnte zu der Ansicht ver-

leiten, al» wenn auch die Rechte und Pflichten deS ursprünglichen Verfrachter- durch die Unterfrachtverträge modifizirt würden.

Dieser Ansicht solle

mung d. Art. entgegengetreten «erden,

welcher alle sonstigen Einzelheiten ohne positive Ent­

durch die ausdrückliche Bestim­

scheidung lasse.'

7$) Nach römischem Recht (Dig. IV, 9 nautae,

caupones,

stabularii ut recepta

restituant) hastet der Rheder (nautam accipere debemus eum, qui navem exercet, lex 1 §. 2 1. c.) für Restitution der aufgenommenen Sachen,

sofem nicht eine von außen kommende

vis major (damnum fatale) den Verlust verursacht, oder der Verftachter vertragsmäßig seine Haftung ausgeschlossen oder beschränk hat.

Diese auS dem Bedürfnisse des Verkehr» ent­

standenen Grundsätze sind auch in die neueren Gesetzgebungen (vgl. A.L.R. II, 8, §§. 1734,1735)

übergegangen.

(M. 272. P. 2255.)

Vgl. Art. 395 und Note 10 zu diesem Artikel insbesondere

über den Begriff der vis major, unter welche auch eine wirkliche vis piratarum fällt (R.O.H. Bd. 20, S. 124).

Ist der Verfrachter zugleich der Rheder,

so bestimmt sich

der Umfang

Fünfter Titel.

Von dem Frachtgeschäft zur Beförderung von Gütern.

Art. 608.

641

er nicht beweist, daß der Verlust oder die Beschädigung durch höhere Gewalt (vis major) oder durch die natürliche Beschaffenheit der Güter, namentlich durch inneren

Verderb, Schwinden, gewöhnliche Leckage77) und dergleichen, oder durch äußerlich nicht erkennbare Mängel der Verpackung entstanden ist.

Verlust und Beschädigung, welche aus einem mangelhaften Zustande des Schiffs entstehen, der aller Sorgfalt ungeachtet nicht zu entdecken war (Artikel 560. Absatz 2.), werden dem Verluste oder der Beschädigung durch höhere Gewalt gleich­

geachtet^). Prot. S. 2255-2256. Prot. g. 3903-3909. 4161. 4289.

Pr. Entw. Art. 496. Entw. I. Art. 544 Abs. 2.

Artikel 608.

Für Kostbarkeiten, Gelder und Werthpapiere haftet der Verfrachter nur üi dem Falle, wenn diese Beschaffenheit oder der Werth der Güter bei der Abladung

dem Schiffer angegeben ist79).

Prot. S. 2262. 2298—2301. Prot. g. 3913. 3981. 3982.

Pr. Entw. Art. — Entw. I. Art. 547. seiner Haftung nach Art. 452

Ziff. 2 u. Abs. 2.

(P. 3904—3906.)

Im Falle der Unter-

verfrachtung ist für dieVerbindlichkeitdes Rheders und des Unterverfrachters die Vorschrift

Art. 664 maaßgebend. 76) a.

des

(P. 3905, 4289, 4301.)

Es handelt sich in diesem Artikel nur darum, die aus dein receptum, d. i.

aus der Uebernahme der Waare entstehenden Verbindlichkeiten Wesentlich verschieden hiervon sind die Verbindlichkeiten, stellung des Konnossements übernimmt.

des Schiffers festzustellen.

welche der Schiffer durch die Aus­

(Artt. 654 ff.)

Erstere können auch ohne Aus­

stellung von Konnossementen Vorkommen, wenn der Schiffer die Waaren lediglich auf Grund deß Frachtvertrages übernimmt.

b.

(P. 2255.)

Die Interessenten haben das Manko zu beweisen, und

zwar das vom Verfrachter

eingenommene Quantum in jeder prozessualisch statthaften Weise (wobei es gleichgültig ist,

ob dem Verfrachter bei der Einlieferung daS Quantum angezeigt worden oder ihm unbekannt geblieben ist) und das vom Verfrachter ab gelieferte Quantum gemäß Artt. 609, 610; ist die Besichtigung nicht geschehen, so muß das geringere abgelieferte Quantum und außerdem

nachgewiesen werden, daß der Verlust oder die Beschädigung durch bösliche Handlungsweise

einer Person der Schiffsbesatzung entstanden ist (R.O.H. Bd. 15, S. 380).

77) Bei manchen Gütern tritt eine Verminderung derselben während des Transports in Folge ihrer natürlichen Beschaffenheit ein, z. B. durch Schwinden, durch gewöhnliche Leckage (das fast unmerkliche Austräufeln aus den Fässern).

In der Konferenz wurde von einer Seite

behauptet, daß die Erfahrung bereits auf den Grund der mannigfachsten und sorgfältigsten

Beobachtungell mit ziemlicher Sicherheit festgestellt habe, welches Manko bei jeder Waare durch ihre natürliche Beschaffenheit gerechtfertigt sei.

Von anderer Seite wurde diese Behauptung

bestritten und angeführt, daß in einem Prozesse die Gutachten der Sachverständigen zwischen

5 und 20 Prozent geschwankt hätten, und daß das Schwinden je nach der Jahreszeit, dem Wetter, der Dauer der Reise und der besseren oder geringeren Qualität der Waaren verschieden

sei.

(P. 2291.) 7S) Zur Rechtfertigung des Abs. 2 d. Art., welcher mit Art. 560, Abs. 2 übereinstimmt,

wurde allgeführt (P. 3907):

Wenn die Kontrahenten auch die Absicht hätten, daß der Ver­

frachter rem salvam fore garantire und eine sehr weitgehende custodia der Güter übernehme, so erstrecke sich dies doch nicht auf Beschädigungen und Verluste in Folge von unentdeck­

baren Mängeln des Schiffs als des Objektes, in welchem die Güter zu verwahren feien, weil dieser Gegenstand durch beiderseitige Zustimmung erwählt worden sei. Ma lower, Handelsgesetzbuch. 10. Aufl.

41

Fünftes Buch.

642

Vom Seehandel.

Art. 609.

Artikel 609.

Bevor

Empfänger

der

die Güter

übernommen

kann

hat«),

sowohl

der

Empfänger als der Schiffer, um den Zustand oder die Menge der Güter festzu­ stellen^), die Besichtigung derselben durch die zuständige Behörde oder durch die zu

dem Zweck amtlich bestellten Sachverständigen bewirken lassen«). 79)

Die Aufnahme dieses Art. (vgl. Art. 395 Abs. 2) wurde mit der Bemerkung

a.

empfohlen (P. 2262): ES sei billig und angemessen, daß, wenn einem Manne, der in der Regel mit Kaufmannsgütern von gewöhnlichem Werthe zu thun habe,

Güter von

ganz besonderem

und außerordentlich hohem Werthe übergeben würden, dieS demselben zuvor mitgetheilt werde,

damit er eine um so größere Sorgfalt auf dieselben verwenden und nicht wegen außergewöhnlich großen Betrages in Anspruch

genommen werden könne,

eines ganz

ohne daß er eine

Ahnung von der Höhe seiner Verantwortlichkeit gehabt habe. b.

Ein Mitglied beantragte, der ausdrücklichen Angabe des Abladers über den kost­

baren Inhalt oder über den hohen Werth des Frachtstücks die anderweitig erlangte Wissen­ schaft des Schiffers

Dieser Antrag wurde jedoch mit

von diesen Thatsachen gleichzustellen.

Rücksicht auf die mit seiner Anwendung verknüpften Beweisführungen

des Schiffers

nicht weiter verfolgt. c.

über die Wissenschaft

und die hierdurch möglicherweise entstehende Rechtsunsicherheit bekämpft und (P. 2299.)

Die Angabe der Beschaffenheit

oder

des Werths der Güter genügt im Falle des

Unentschieden blieb jedoch, wo­

Art. 608, um die Haftbarkeit des Verfrachters zu begründen.

für der Verfrachter zu haften hat, wenn die im Art. 608 vorgeschriebene Angabe nicht erfolgt ist.

Die Einen meinten, der Verfrachter haste dann noch immer für dolus und culpa lata,

die Anderen aber, die Haftbarkeit des Schiffers aus dem Frachtverträge und dem receptum sei damit ganz beseitigt und er könne nur noch für diejenigen Thatsachen

haftbar gemacht

werden, für welche er auch dann zu haften hätte, wenn er ohne Frachtvertrag in den Besitz des Frachtstücks gelangt wäre,

zufällig

also für dolose Beschädigungen und Verminde-

rungm des Frachtguts und dasjenige Verschulden, für das auch jeder Dritte eiuzustehen hätte, wenn

durch

ihn

eine

Beschädigung

oder

Verlust

am

Frachtgute

herbeigefühtt

würde.

(P. 2300.) Unter Uebernahme der Güter ist, wie (P. 3915) bemerkt wurde, hier nicht jede

*)

faktische Entgegennahme von Gütern durch einen Beauftragten des Empfängers, sondern

nur die Entgegennahme durch einen solchm Beauftragten zu verstehm, welcher befugt erscheint, über den Zustand der Güter sich zu vergewiffem und darüber eine entsprechende Erklärung abzugebm; ob eine Uebernahme in diesem Sinne vorhanden, ist in jedem einzelnen Falle je

nach

der Verschiedenheit der örtlichen und sonstigen faktischen Verhältnisse zu entscheiden; so

kann z. B.

eine Uebernahme der Güter durch einen der in Hamburg bestehenden Ewer-

führer al- Empfangnahme in dem

hier in Frage kommenden Sinne

angesehen werden,

während sie vielleicht in der Uebernahme durch einen vom Empfänger abgesendeten Leichter­

schiffer nicht zu finden ist.

(P. 3916.)

8l) Nicht die Größe des Schadens (der Minderwerth der beschädigten Güter) ist festzu­ stellen,

sondern

eS sind nur die faktischen Grundlagen,

Schaden zu berechnen ist, zu ermitteln und zu bezeichnen.

°) a.

auf welchen in der Folge der

(P. 2302, 3915.)

Die obrigkeitliche Besichtigung der Ladung vor der Löschung ist hier — ab­

weichend vom Art. 407 — nicht davon abhängig gemacht, daß über die Beschädigung des Fracht­ guts bereits ein Streit unter den Parteien obwaltet; sie kann vielmehr schon dann erfolgen

(P. 2301), wenn eine Beschädigung derselben auch nur vermuthet wird. — Die Behelligten können davon auSgehen, daß die amtlich bestellten Sachverständigen mit gehöriger Sorgfalt

verfahren werden; eS kann den Ladungsempfängern daher nicht präjudiziren, wenn die Be­

sichtigung

dennoch nicht in ausreichender Weise geschehen ist (R.O.H. Bd. 3, S. 22, Steg.

Fünfter Titel.

Bei

Von dem Frachtgeschäft zur Beförderung von Gütern.

diesem Verfahren

ist

die

am Orte

Art. 610.

643

anwesende Gegenpartei zuzuziehen,

sofern die Umstände es gestatten*).

Pr. Entw. Art. 498 Abs. 1. @utto. I. Art. 548.

Prot. S. 2301-2303. Prot. S. 3913- 3916.

Artikel 610. Ist die Besichtigung vor der Uebernahme nicht geschehen, so muß der Emfänger

binnen acht und vierzig Stunden nach dem Tage der Uebernahme die nachträgliche

Besichtigung

der Güter nach Maaßgabe des Artikels 609. erwirken, widrigenfalls

alle Ansprüche wegen Beschädigung

oder theilweisen Verlustes erlöschen.

Es macht

keinen Unterschied, ob Verlust und Beschädigung äußerlich erkennbar waren oder nichts). Bd. 3, S. 143), aber immerhin muß sie durch die Behörde oder durch die bestellten Sach­

verständigen selbst oder mindestens unter deren Oberaufsicht erfolgen (R.O.H. Bd. 12, S. 248). b. Zu diesem Art. wurde bemerkt (P. 2302): An sehr vielen Seeplätzen seien zur Vor­

nahme solcher Besichtigungen nicht nur andere technische Behörden als die Gerichte berufen,

sondern häufig auch eine hinreichende Anzahl Sachverständiger ein für allemal angestellt und verpflichtet, welche die Besichtigung ohne gerichtliche oder obrigkeitliche Leitung vorzunehmen Es sei kein Grund zur Abschaffung dieser Einrichtung vorhanden.

haben.

Wenn aber keine

Behörde und keine verpflichteten Sachverständigen für die Besichtigungen bestellt seien, so könnten die Gerichte die Vornahme der Besichtigungen nicht ablehnen. — Der Art. 609 schließt

überhaupt nicht jede andere Beweisführung des Schiffers über Quantität und Qualität der

Ladung aus (R.O.H. Bd. 6, S. 345), wohl aber der Art. 610 für den Empfänger. *) Ist die Zuziehung der Gegenpartei, welche am Orte anwesend ist, möglich, dann ist

sie

ein

wesentliches Erforderniß

und

muß

erfolgen (R.O.H. Bd. 11, S. 245).

Der

Empfänger geht durch Derabsäumung gehöriger Besichtigung seiner Ersatzansprüche ver­

lustig, auch wenn der Schiffer nachträglich im Prozeffe die Beschädigung, den Umfang des Schadens und die Ursache zugesteht (Bd. 21, S. 200). — Der Abs. 2 d. Art. schließt auch die

vorgängige Anhörung der nicht am Orte anwesenden Parteien nicht unbedingt aus; dieselbe ist vielmehr nach dem Ermessen des Gerichts mit Rücksicht auf die konkreten Umstände auch in einem solchen Falle zulässig (Bd. 17, S. 181).

83)

a. Im Handelsverkehre gilt die unbeanstandete Uebernahme von Waaren als Ge­

nehmigung derselben, und eS kann ein in solcher Weise thatsächlich vollzogenes Geschäft

nicht mehr wegen Beschädigung oder Verminderung angefochten werden.

Auf diese Anschauung

gestützt und um die Verantwortlichkeit, welche der Schiffer für das Frachtgut aus dem Fracht­ verträge und dem receptum hat, zu erleichtern, schrieb der Pr. Entw. (Art. 499) vor, daß der

Ladungsempfänger, welcher Güter ohne vorgängige gerichtliche oder obrigkeitliche Besichtigung übernehme, aller Ansprüche auf Ersatz etwaiger Beschädigung oder Verminderung verlustig

gehen sollte. — In einer derartigen Bestimmung würde aber — wie (P. 2305—2307) geltend gemacht wurde — namentlich bei nicht äußerlich erkennbaren Mängeln eine um so größere

Härte für den Empfänger liegen, als er nicht immer in der Lage ist, die Waaren selbst in Empfang zu nehmen, und sich oft nicht hinreichend geschäftskundiger Leichterschiffer bedienen

muß.

Man konnte deshalb nicht umhin, dem Empfänger zur Beanstandung der Waaren resp,

zur nachträglichen Besichtigung auch noch nach deren Empfang eine Frist einzuräumen, die

zur Fernhaltung von Chikanen möglichst kurz (auf 48 Stunden nach dem Tage der Ueber­ nahme) festgesetzt und aus praktischen Rücksichten (P. 3919) sowohl zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

wegen

äußerlich

schädigungen gleich bemessen ist.

erkennbarer als wegen äußerlich

nicht

erkennbarer

Be­

Dabei wurde bemerkt (P. 1. c.), es handle sich lediglich um

Festsetzung einer sehr kurzen Verjährungsfrist und eS verstehe sich also von selbst, daß dem Schiffer vom Empfänger der Beweis geliefert werden müsse, daß die Beschädigung, um die

41 *

Künste- Buch- Dom Seehandel. Artt. 611. 612.

644

Diese Bestimmung findet keine Anwendung auf solche Verluste und Beschädi­ gungen, welche durch eine bösliche Handlungsweise einer Person der Schiffsbesatzung

entstanden find««).

fr. Cetii. 1*L 499. Cetil. I. Art. 549.

stet. 6.2304—2312. 2500-2503. 2507. frei. S. 3916-3919. Artikel 611.

Die Kosten

der Besichtigung

hat

derjenige zu tragen, welcher dieselbe be­

antragt hat. Ist jedoch die Besichtigung von

dem Empfänger beantragt, und wird ein

Verlust oder eine Beschädigung ermittelt, wofür der Verfrachter Ersatz leisten muß, so fallen die Kosten dem letzteren zur Last««).

. Cetil. Irt 498 »f. 2.

Sitie. I. «tt —

frit. 6.2303. fnt. 6.3987-3989. Artikel 612««).

Wenn auf Grund des Artikels 607. für den Verlust von Gütern Ersatz ge­

leistet werden muß, so ist nur der Werth der verlorenen Güter zu vergüten. eß sich handle,

Dieser

bereit» bei der Löschung vorhanden gewesen sei. — Das R O H.

(Bd. 14,

S. 150) findet im Art. 610 eine strikt zu intervretirende Ausnahmebestimmung;

die Be­

sichtigung müffe binnen 48 Stunde» erwirkt sein; eS genüge nicht, daß binnen dieser Frist nur der Gerichtsbeschluß zur Besichtigung erlangt sei. — Die Frage, wag Rechtens sei, wenn

die Besichtigung innerhalb dieser Frist begonnen, jedoch wegen konkreter Hindernde nicht beendet worden, blieb in jenem Erkenntnisse dahingestellt. b.

In erster Lesung (P. 2311, 2502) war ein anderes System als das in der vor»

stehenden Note a erwähnte angenommen worden; eß sollte nämlich der Empfänger sich seine Entschädigungsansprüche für die Dauer der ganzen BerjährungSzeit durch einen speziell die Beschädigung oder Verringerung der Güter bezeichnenden Vorbehalt sichen: können.

Dieses

System wurde jedoch in zweiter Lesung (P. 3919) aufgegeben. c. Der Art. 610 ist nicht analog anwendbar auf den Binnen(Strom)-Frachtverkehr,

sür welchen vielmehr der Art. 408 maaßgebend ist (ROH. Bd. 9, S. 439), ebensowenig

ist er in dem Falle anwendbar (Bd. 11, S. 35, Bd. 15, S. 143), wenn ein Kollo einer aus

Stückgütern bestehenden Ladung fehlt, falls im Konnossemente die einzelnen Stücke getrennt aufgeführt sind, denn alsdann ist jede» Stück als selbstständige Einheit anzusehen und e» liegt

an einem Stücke. Totalverlust, nicht Theilverlust (Manko) vor. M) Durch eine die Verbindlichkeit« de» Verfrachter» aus dem Frachtverträge und dem receptum betreffende Vorschrift werden die Verpflichtung« aus anderen Gründen, z. B. auS

einer böslichen Handlungsweise de» Schiffers oder der Mannschaft (P. 2310) nicht gestossen. Ueber bat Ausdruck .bösliche Handlungsweise" vgl. Note 16 zu Art. 396.

Wer eine solche

behauptet, muß sie beweisen, und kann nur soweit Ersatz fordern, als er den Kaufalzusammm-

hang zwischen jener Handlungsweise und dem Verlust oder der Beschädigung darthut (R.O.H. Bd. 14, S. 298, R.G. 1/37).

”) Der Pr. Entw. (Art. 498 Abs. 2) enthielt eine dem Art. 611 ähnliche Bestimmung, welche in erster Lesung (P. 2303) gestrichen, in zweiter Lesung jedoch (P. 3989) modifizirt wieder

hergestellt wurde.

Nach dem Art. 611 Abs. 1 trägt der Extrahent die Kosten der Besichtigung;

Abs. 2 statuirt jedoch eine durch die BMgkeit gerechtfertigte Ausnahme, zu deren ausdrücklicher Erwähnung die AnfangSworst der Artt. 612 u. 614 eine besondere Veranlassung gaben, weil in denselben gesagt ist, daß der Verftachter nur den Wetth, bezw. den Minderwerth der Güstr

zu vergüt« hat, und hieraus gefolgert werd« konnte, daß er auch im Falle des Abs. 2 die Kost« nicht zu trogen hat.

Fünfter Titel.

Von dem Frachtgeschäft zur Beförderung von Gütern.

Art. 612.

645

Werth wird durch den Marktpreis bestimmt, welchen Güter derselben Art und Be­ schaffenheit am Bestimmungsorte der verlorenen Güter bei Beginn der Löschung des

Schiffs oder, wenn eine Entlöschung des Schiffs an diesem Orte nicht erfolgt, bei seiner Ankunft daselbst habend). In Ermangelung eines Marktpreises,

oder falls über denselben oder über

deffen Anwendung, insbesondere mit Rücksicht auf die Qualität der Güter Zweifel bestehen, wird der Preis durch Sachverständige ermittelt.

Von dem Preise kommt in Abzug, was an Fracht, Zöllen und Unkosten in Folge des Verlustes der Güter erspart wirb88 86).87 Wird der Bestimmungsort der Güter nicht erreicht, so tritt an Stelle des Bestimmungsorts der Ort, wo die Reise endet, oder, wenn die Reise durch Verlust

des Schiffs endet, der Ort, wohin die Ladung in Sicherheit gebracht ist. Pr. Entw. Art. 500. Entw. I. Art. 550 Abs. 1-3.

Prot. S. 2313-2322. Prot. S. 3920—3923. 3983. 4106-4107. 4126. 4224.

86) Die Artt. 612 u. 614 beziehen sich nur auf diejenigen Fälle, in welchen die Ueber­

gäbe der Güter (das receptum) das Klagefundament bildet.

Die nach Art. 607 bestehende

Verbindlichkeit des Verfrachters, auch für zufälligen Schaden einzustehen, erheischt es, seine

Ersatzverbindlichkeit auf den Werth der verlorenen (Art. 612) oder beschädigten (Art. 614) Güter zu beschränken, und nicht auf das ganze Interesse deß Beschädigten auszudehnen. (Ebenso R.G. XV, 90.) Gründet dagegen der Beschädigte seinen Anspruch auf dolus oder culpa lata des Verfrachters oder seiner Leute, so kann er (P. 2314, 3922) auch sein

weitergehendes Interesse geltend machen (vgl. Art. 396 Abs. 5).

Die Frage, wie weit

der Verfrachter für geringes Versehen der Schiffßbesatzung hastet, ist im Gesetze offen ge­ lassen. Die Haftung über den Werth der verlorenen oder beschädigten Güter hinaus ist auch

in diesem Falle nicht unbedingt ausgeschloffen.

(P. 2319.)

87) a. Der der Schadensberechnung zu Grunde zu legende Marktpreis am Be­

stimmungsorte ist der Berechnung nach dem Fakturenpreise vorgezogen worden, weil in der Regel der Beschädigte im Stande sein wird, sich die fehlende Waare für den Marktpreis sofort zu beschaffen; die im Gesetze angenommene Berechnungsweise ist die allgemein ver­

breitete, sie schließt große und schädliche Weiterungen über die Feststellung der Entschädigung aus. Bei Anwendung dieser Bestimmung sind nicht allein die öffentlichen autorisirten Preis­ notirungen, sondern auch anderweitige Nachweise über Existenz und Höhe deß Marktpreises in Betracht zu ziehen, und erst wenn ein solcher Marktpreis, der ja auch ohne alle öffentlichen Preisnotirungen existiren kann, nicht vorhanden ist oder über denselben, oder über dessen An­

wendung Zweifel bestehen, kommt es auf das Gutachten von Sachverständigen an.

Werden die

Preise nach einem Minimum und Maximum «otirt, so hat entweder die Waare keinen sicheren Marktpreis, oder die Qualität der Waare muß zuvor dargethan werden, ehe man den Markt­ preis derselben erkennen kann.

(P. 2315—2318.)

Vgl. Art. 396.

b. Auf den von dem Verfrachter nach Art. 612 zu leistenden Ersatz braucht sich der

Ablader denjenigen Betrag nicht anrechnen zu lassen, welchen er von dem Versicherer auf imaginären Gewinn erhalten hat (R.G. XV, 91).

88) Der Verfrachter hat wegen der hier gedachten Kosten kein selbstständiges Forderungs­ recht, sondern nur ein Abzugßrecht, so daß, wenn etwa der Werth verlorener Frachtgüter

in Folge der Aenderung der Konjunktur am Löschungsorte geringer gewesen sein würde als die Fracht, dem Verfrachter keine Differenzforderung zusteht.

(P. 2321.)

646

Fünftes Buch.

Vom Seehandel.

Artt. 613. 614. 615.

Artikel 613. Die Bestimmungen de» Artikel» 612. finden auch auf diejenigen Güter An­ wendung, für welche der Rhorer nach Artikü 510. Ersatz leisten muß. Uebersteigt im Falle der Verfügung über die Güter durch Verkauf der Rein-

erlö» derselben den im Artikel 612. bezeichneten Preis, so tritt an Stelle de» letzteren

der Reinerlös.

Stet S. — stet 6.3923.

St. EM». Art. — EM».I. Art.—

Artikel 614. Muß für Beschädigung der Güter auf Grund de» Artikel» 607. Ersatz ge­

leistet werden, so ist nur die durch die Beschädigung verursachte Werthsverminderung

der Güter zu vergüten *).

Diese Werthsverminderung wird bestimmt durch

Unterschied zwischen dem durch Sachverständige

zu

ermittelnden

den

Verkaufswerth,

welchen die Güter im beschädigten Zustande haben, und dem im Artikel 612. bezeich­

neten Preise nach Abzug der Zölle und Unkosten, soweit fie in Folge der Beschä­ digung erspart sind.

Pret. 6.2313-2322. Stet €. 3923. Artikel 615. Durch

der

Annahme

Güter »)

wird der

Empfänger

nach

verpflichtet,

Maaßgabe de» Frachtvertrages oder de» Äonnoffementa90), auf deren Grund die •) Der Art. 614 regelt nur den Ersatz für Beschädigung der Güter auf Grund deS

Art. 607 (ex recepto), nicht aber auch die Haftung des Verfrachters auS seinem oder seiner

Leute Verschulden, bet welcher die allgemeine« Grundsätze gelten und daher auch (Art. 283) Ersatz deS entgangenen Gewinne» beansprucht werden kann.

(R.G. I, 40.)

M) Der Empfänger ist nicht vor der Ablieferung zu zahlen verbunden; die Ablieferung genügt aber auch, um die Frachtforderung gegen ihn zu begründen.

Ja der Annahme der

Güter auf Grund deS Frachtvertrages oder deS Konnossements liegt zugleich die Acceptation

der auf Zahlung der Fracht nach Maaßgabe de» Vertrags oder deS Konnossements gerichteten

Anweisung.

(P. 4460.) — Die Frage, ob, wenn der Empfänger die Annahme verweigert,

eine Klage deS Schiffer» auf Annahme der Ladung und Bezahlung der Fracht statthaft fei, kann — wie (P. 2324) geltend gemacht wurde — nicht allgemein entschieden werden, sondem

wird ander» zu behandeln sein, je nachdem ausdrücklich oder durch konkludente Handlungen, nammtlich durch Auslieferung de» Konnossements von Seiten des Empfänger» schon ein Der-

ttagSverhältniß zwischen dem Schiffer und Empfänger begründet worden ist oder nicht,

oder

je nachdem der Schiffer als Mandatar oder Geschäftsführer des Ablader» die Rechte de» Letz­ teren mit Erfolg wahrzunehmen vermag.

w) a. Erfolgt die Ablieferung auf Grund eines Konnossements, so ist dessen Inhalt für daS Rechtsverhältniß zwischen dem Verftachter und dem Empfänger entscheidend, in da» Konnossement nicht

aufgenommenen Bestimmungm de»

und

Frachtvertrages

die

haben

gegenüber dem Empfänger keine rechtliche Wirkung, sofern nicht auf dieselben ausdrücklich Bezug genommen ist (Att. 653).

Wenn aber — so bemerkte man (P. 3926) ein Konnossement nicht

vorhanden und der Empfänger gleichwohl bereit, oder nach Gestalt der besonderen Verhältnisse deS Falle» verpflichtet ist,

die Güter zu empfangen und Fracht dafür zu zahlen, so erübrige

beim Mangel anderer Verabredungen Nichts, als anzunehmen, daß er die nach Maaßgabe de»

Fünfter Titel.

Von dem Frachtgeschäft zur Beförderung von Gütern.

Art. 616.

647

Empfangnahme geschieht, die Fracht nebst allen Nebengebühren, sowie das etwaige Liegegeld zu bezahlen, die ausgelegten Zölle und übrigen Auslagen^) zu erstatten

und die ihm sonst obliegenden Verpflichtungen zu erfüllen. Der Verfrachter hat die Güter gegen Zahlung der Fracht und gegen Erfüllung

der übrigen Verpflichtungen des Empfängers auszuliefern 92). Pr. Entw. Art. 502 Abs. 1. Entw. I. Art. 551.

Prot. S. 2323-2326. 2359. Prot. S. 3924-3926. 4014. 4459. 4460.

Artikel 616. Der Verfrachter ist nicht verpflichtet, die Güter früher auszuliefern, als bis

die auf denselben haftenden Beiträge zur großen Haverei, Bergungs- und Hülfskosten und Bodmereigelder bezahlt oder sichergestellt finb93 * *).* * * * * * * * * * * * * * * * * * * * 91 92 Frachtvertrages dem Verfrachter gebührende Fracht zu entrichten habe; denn es sei nicht

abzusehen, unter welchen anderen Bedingungen hin die Güter als offerirt anzusehen wären. — Das R.O.H. (Bd. 17, S. 74) nimmt gleichfalls an, daß die Worte

„nach Maaßgabe des

Frachtvertrages oder des Konnossements" sich auf die verschiedenen Fälle beziehen, wenn kein Konnossement vorhanden resp, wenn ein solches bezeichnet ist.

b. Man war darüber einverstanden (P. 2357), daß der Schiffer, wenn er ein reines

Konnossement gezeichnet habe, gegen die Leistung dessen, was im Konnossement erwähnt sei, die Ladung abliefern müsse, somit auch das Pfandrecht (Art. 624) nur wegen der im Konnosse­

ment genannten Fracht und selbstverständlich auch wegen des durch den Empfänger bei Löschung verschuldeten Liegegeldes, dagegen nicht wegen des von der Beladung des Schiffes herrührenden Liegegeldes und der Fautfracht geltend machen könne; ferner: daß sich das Pfandrecht auch auf daß von der Einnahme der Ladung her rückständige Liegegeld und die Fautfracht erstrecke,

wenn und insoweit daß Recht, diese Beträge vom Empfänger zu fordern, im Konnossement ausdrücklich vorbehalten sei. Dagegen lehnte nmn eine besondere Entscheidung deß Falles, wenn die Ladung ohne Ausstellung eines Konnossements transportirt sei, ab (P. 2359), weil die Frage, was in einem solchen Falle hinsichtlich des von der Einnahme der Ladung her­

rührenden Liegegeldes und der Fautfracht Rechtens sein solle, sich nicht allgemein entscheiden kaffe, vielmehr es auf die Uebereinkunft zwischen dem Schiffer und dem Empfänger wegen

Ablieferung der Ladung ankomme.

struktion der Schiffer,

Dabei wurde jedoch bemerkt, daß auch ohne besondere Jn-

wenn er nicht dem Vorwurf der Sorglosigkeit sich aussehen wolle, in

solchen Fällen sich nicht zur Auslieferung der Ladung ohne einen Vorbehalt wegen des Liegegeldes und der Fautfracht verpflichten dürfe.

91) Unter den „übrigen Auslagen" sind namentlich auch die auf den Gütern lastenden

Vorschüsse und Nachnahmen verstanden.

(P. 3925.)

92) Der Verfrachter ist — abweichend von §. 1722, Th. II, Tit. 8 A.L.R. — nicht

schuldig, mit der Ablieferung voranzugehen, sondern Verfrachter und Befrachter müssen Zug um Zug erfüllen.

Selbstverständlich muß jedoch der Verfrachter mit seiner Leistung

insofern vorangehen, daß er die Lage zu brechen und den Empfänger in den Stand zu setzen

hat, zu prüfen, ob er die Ladung ohne Vorbehalt und ohne vorgängige Untersuchung annehmen kann.

(P. 2323, 3925.)

Für den Fall eines Streites gewährt der Art. 625 ein Auskunfts­

mittel. — Durch Verzögerungen in der Abnahme können sich die Verpflichtungen deß Em­

pfängers erweitern (R.O.H. Bd. 20, S. 411). 93) Die Gegenleistung für Ablieferung der Güter ist nicht nur die Zahlung der Fracht,

der etwaigen Liegegelder und der Auslagen, welche der Schiffer für die Ladung gemacht hat,

sondern auch die Erfüllung der Verbindlichkeiten, welche aus der zwischen Schiff und Ladung bestandenen Gemeinschaft auf der Ladung haften.

Zu den letzteren gehört insbesondere die

Verbindlichkeit, zu der großen Haverei, welche Schiff unb Ladung betroffen hat, den auf die

Fünftes Buch.

648

Vom Seehandel.

Art. 617.

Ist die Verbodmung für Rechnung des Rheders geschehen, so gilt die

dop

stehende Bestimmung unbeschadet der Verpflichtung des Verfrachters, für die BP freiung der Güter von der Bodmereischuld noch vor der Auslieferung zu sorgen.

Pr. Ent». Art. 502 Aks. 2. Ent». I. Art. -

Prot. S. — »rot. §. 3937. Artikel 617.

Der Verfrachter ist nicht verpflichtet, die Güter, mögen sie verdorben oder

beschädigt sein oder nicht, für die Fracht an Zahlungsstatt anzunehmen.

Sind jedoch Behältnisse, welche mit flüssigen Waaren angefüllt waren, während der Reise ganz oder zum größeren Theil Verfrachter

für

die

Fracht

und

seine

ausgelaufen, so können dieselben dem übrigen

Forderungen

(Artikel 615.)

an

Zahlungsstatt überlaffen werden^).

Durch die Vereinbarung, daß der Verfrachter nicht für Leckage hafte, oder durch die Klausel:

„frei von Leckage", wird dieses Recht

nicht ausgeschlossen^).

Ladung repartirten Beitrag zu leisten. Ist dieser bei Löschung des Schiffs noch nicht fest­ gestellt, so muß der Ladung-empfänger für die spätere Zahlung des Beitrages Sicherheit be­ stellen. (M. 274.) 9I) a. Zu diesem Art. wurde erläuternd bemerkt (P. 2327 ff.): Die Ansicht, daß dem Schiffer wider seinen Willen beschädigte Güter an Zahlungsstatt für die Fracht überlaffen werden dürfen, habe lange rechtliche Geltung gehabt, sei aber jetzt im Allgemeinen aus dem RechtSbewußtsein entschwunden. Nur bezüglich derjenigen Güter, welche der Leckage unter­ worfen seien, habe sie sich noch allgemein erhalten, und zwar wohl hauptsächlich aus dem Grunde, weil diese Güter leichter als andere einer Veruntreuung durch die Mannschaft rc. unterworfen seien, und eS in der Regel dem Schiffer auch leichter gelinge, sich gegenüber einer bedeutenden Leckage durch die Verklarung und die Behauptung, daß das Schiff auf der Reise schwer gearbeitet habe u. dgl., zu rechtfertigen. Nicht jede Leckage genüge zur Ausübung dieses Rechts, da irgend ein Verlust durch Leckage in einer großen Zahl von Fällen eintrete und unbeachtet bleiben müsse, so lange er nur unbedeutend sei. Das zur Ausübung des Recht­ erforderliche Maaß der Leckage laffe sich nicht ein für allemal feststellen, sondern müsse mehr der richterlichen Beurtheilung anheimgegeben werden, doch könne der Verfrachter, wenn die Leckage nicht einmal die Hälfte betrage, nicht gezwungen werden, die bezeichneten Behältnisse (Fässer oder andere Gefäße) für die Fracht an ZahlungSstatt anzunehmen. b. Der Antrag, folgenden Zusatz aufzunehmen: .Dieses Recht findet nicht statt, wenn Flaschen, welche in andere Behältnisse verpackt sind, ganz oder zum Theil ausgelaufen sind-, wurde abgelehnt (P. 3927), obschon zugegeben wurde, daß sein Inhalt der Uebung deS Verkehrs entspreche, theils weil er zu eng sei, da er nicht auf Flaschen beschränkt werden dürfe, theils weil er entbehrlich scheine, indem man eine Kiste, die mit vollen Weinflaschen angefüllt sei, nicht ein Behältniß nennen werde, daS mit Wein gefüllt sei. c. Der Abs. 2 d. Art. entscheidet die Frage, ob daS darin gedachte Recht nur bezüglich der ganzen Ladung ober auch bezüglich der einzelnen Behältnisse auSgeübt werden könne, im Sinne der letzteren Alternative (P. 2327), weil sonst daS Recht selbst nahezu illusorisch würde. d. Wem das Recht zusteht, die Behältnisse an Zahlungsstatt zu überlassen, ob nur dem Empfänger oder auch dem Ablader, ist mit Absicht (P. 2328) im Gesetze nicht bestimmt worden. 95) Wiewohl die Absicht deö Schiffers bei Anwendung der Klausel .frei von Leckage* dahin geht, alle und jede Haftbarkeit für Leckage abzulehnen, so hat man dennoch das Recht

Fünfter Titel. Bon dem Frachtgeschäft zur Beförderung von Güter». Art. 618.

-4-

Diese» Recht erlischt, sobald die Behältnisse in den Gewahrsam de» Abnehmer» gelangt sind«). Ist die Fracht in Bausch und.Bogen bedungen, und find nur einige BeHSltnisie ganz oder zum größeren Theil ausgelaufen, so können dieselben für einen

verhältnißmaßigen Theil der Fracht und der übrigen Forderungen de» Verfrachter» an Zahlungsstatt überlaffen werden«).

Pr. CM». Art. 503. Ent». L «*t. 552.

Prot. S. 2326-2332. Prut. 6. 3926. 3927. Artikel 618.

Für Güter, welche durch irgend einen Unfall verloren gegangen find, ist keine Fracht zu bezahlen und die etwa

vorausbezahlte

zu erstatten, sofern nicht da»

Gegentheil bedungen ist«).

Diese Bestimmung kommt auch dann zur Anwendung, wenn das Schiff im Ganzen

oder

ein

verhültnißmäßiger oder

ein

bestimmt

bezeichneter Raum

des

der Ueberlassung an Zahlung-statt zugelassen, well sonst Abs. 2 jede Bedeutung verlieren würde, denn eS werde selten ein Konnossement über leckende Waare ohne die Klausel »frei von Leckage' gezeichnet. Diese Klausel behält trotzdem noch die höchst wichtige Bedeutung, daß der Der« frachter außer dem Falle eine- Verschulden» jedenfalls nicht den Werth der durch Leckage verloren gegangenen Waare zu ersetzen hat, und somit keine größere Summe al» die Fracht verlieren kann. (P. 2330.) Dgl. Art. 659. «) Das Recht der Ueberlassung erlischt, sobald die Behältnisse in dm Gewahrsam deS Abnehmers gelangt sind, d. h. (P. 2332) sobald die faktische Thatsache de- Uebergangs der Waare in die Detention deS Empfängers eingetreten ist, und ohne Rücksicht darauf, ob auch eine Empfangnahme der Waare im juristischm Sinne vorliegt. w) Der Grund dieser Bestimmung ist derselbe wie bei Abs. 2. Die Repartition der Fracht auf die einzelnen Frachtstücke könne — so meinte man (P. 2331) — eben sowohl und in derselben Weise wie in Havereifällen durch den Dispacheur geschehen. ") a. Alle Gesetzgebungen (vgl. A.L.R. Th. II, TU. 8, §. 1727) enthalten die Be­ stimmung, daß für Güter, welche durch irgmd einen Unfall (Schiffbruch, Feinde, Seeräuber ic.) verloren gegangen sind, keine Fracht zu zahlen ist. Diese Vorschrift HM — wie (P. 2333) bemerkt wurde — ihren Grund in der Auffassung, daß der Schiffer nicht eher einen Anspruch auf Bezahlung der Fracht hat (freight is earned), als bis der bedungene Tran-Port der Waare auSgeführt und diese an den Bestimmungsort geliefert ist. AuS der angegebmm Auf­ fassung folgt konscqumt, daß beim Verlust der Waarm (bei dem Aufhören ihrer physischen Existenz, R.O.H. Bd. 25, S. 13, R.G. XHI, 123) der Verfrachter Mangel» anderer (aus­ drücklicher oder stillschweigender) Stipulationen (R.G. XI, 111) zur Erstattung deVorauSbezahltm verpflichtet ist. — DaS R.O.H. (Bd. 15, S. 60) erachtet die Klausel: '.der Befrachter hat die Vorschußgelder auf Kostm de» Derftachters versichem zu lassen* und gleich­ bedeutende Klauseln al» eine dm Rheder von der ZurückzahlungSpflicht befreimde Verein­ barung. b. ES kommt nicht darauf an, durch welche Art von Zufall der Verlust der Güter veranlaßt ist. Ist der Verlust der Güter dagegm durch ein Verschulden deS Verfrachter» oder seiner Leute herbeigeführt, so findet dieser Artikel keine Anwmdung; beim wenn der Ver­ frachter das volle Interesse zu erstatten hat, so sann man ihm da» Recht, die Fracht ab» zuziehm, füglich nicht absprechen. Jnzwischm gehörm diejmigm Fälle nicht hierher, in welchen der Untergang der Güter in einem Verschulden oder in Verfügungen deS Befrachter» seinen Grund hat (P. 3928).

6Ö0

Fünftes Buch.

Vom Seehandrl.

Artt. 619. 620. 621.

Sofern in einem solchen Falle da» Frachtgeld in Bausch

Schiffs verfrachtet ist.

und Bogen bedungen ist, berechtigt der Verlust eine» Theils der Güter zu einem

verhLltnißmäßigen Abzüge von der Fracht«).

Pro». 6.2333-2335. Pwt. 6. 3928-3930. Artikel 619. Ungeachtet der Nichtablieferung ist die Fracht zu zahlen für Güter, deren

Verlust in Folge ihrer natürlichen Beschaffenheit (Artikel 607.) eingetreten ist, sowie für Thiere, welche unterwegs gestorben find. Inwiefern die Fracht für Güter zu ersetzen ist, welche in Fallen der großen

Haverei aufgeopfert worden find, wird durch die Vorfchriften über die große Haverei

bestimmt»«»).

Prot. 6.2335-2337. Pro». 6.3930.

Mr. Set». Art. 505. Ent». I. Art. 554.

Artikel 620. Für Güter, welche ohne Abrede über die Höhe der Fracht zur Beförderung übernommen sind, ist die am Abladungsorte zur Abladungszeit übliche Fracht zu

zahlen. Mr Güter, welche über das mit dem Beftachter vereinbarte Maaß hinaus zur Beförderung übernommen sind, ist die Fracht nach Verhältniß der bedungenen

Fracht zu zahlen.

Pr. Ceti». Art. 473. Tut». I. Art. 498.

Prot. 6.2071—2072. Prot. 6. 3851. Artikel 621.

Wenn die Fracht nach Maaß, Gewicht oder Menge der Güter bedungen ist, so ist im Zweifel anzunehmen, daß Maaß, Gewicht oder Menge der abgelieferten und

nicht der eingelieferten Güter für die Höhe der Fracht entscheiden soll101).

Pr. 6etro. Art. 506. Eit». I. Art. 555 S-tz 1.

Prot. 6. 2338-2341. Prot. 6.3930.

”) a. Der in Abs. 1 d. Art. enthaltene Grundsatz ist auch al» bei der Vercharterung eine- ganzen Schiffes maaßgebend angesehen worden, weil (P. 2333) diese wenigstens nicht aus­ schließlich al- locatio navia betrachtet werden könne, dmn auch bei einem solchen Vertrage

übernehme der Schiffer die Ausführung eines Werks.

.

b.

Ob die Fracht in den Fällen des Abf. 2 d. Art. nach der Anzahl von Kubikfuß u. dgl.,

oder ob dieselbe von vorn herein, natürlich unter Berücksichtigung der Größe des Schiffs, in

einer runden Summe stipulirt wird»

ändert an der rechtlichm Natur des Vertrages nichts.

In beiden Fällen wird die Fracht nur für die Ausführung des Transports bezahlt.

derselbe nicht ausgeführt ist, besteht eine Forderung auf Frachtzahlung nicht.

Soweit

Oft gehen die

beidm Arten der Frachtstipulation bei der Beftachtung eines ganzen Schiffs so in einander über, daß gar nicht mehr zu unterscheiden ist, ob das Frachtgeld in Bausch und Bogen stipulirt worden ist oder nicht.

DaS Gesetz hat auS diesen Gründen,

abweichend

vom Pr. Entw.

(Art. 504), keine prinzipielle Unterscheidung zwischen beiden Arten der Frachtverabredung auf­

gestellt.

(P. 3928-3930.)

m°) Vgl. Art. 717. — Die obige Verweisung wurde als nothwendig angesehen (P. 2336), um Mißdeutungen des Art. 618 vorzubeugen.

Fünfter Titel.

Von dem Frachtgeschäft zur Beförderung von Gütern.

Artt. 622. 623.

651

Artikel 622.

Außer der Fracht können Kaplaken,

Prämien und dergleichen nicht gefordert

werden, sofern sie nicht ausbedungen finb102). Die gewöhnlichen und ungewöhnlichen Unkosten der Schifffahrt, als: Lootsengeld, Hafengeld, Leuchtfeuergeld, Schlepplohn, Quarantainegelder, Auseisungskosten

und dergleichen, fallen in Ermangelung einer entgegenstehenden Abrede dem Ver­ frachter allein zur Last, selbst wenn derselbe zu den Maaßregeln, welche die Auslagen verursacht haben, auf Grund des Frachtvertrages nicht verpflichtet nrnr103).

Die Fälle der großen Haverei, sowie die Fälle der Aufwendung von Kosten zur Erhaltung, Bergung und Rettung der Ladung werden durch diesen Artikel nicht berührt 104). Pr. Entw. Art. 507. Entw. I. Art. 556.

Prot. S. 2341—2343. Prot. S. 3931. 4224-4226.

Artikel 623. Wenn die Fracht nach Zeit bedungen ist, so beginnt sie in Ermangelung einer

anderen Abrede mit dem Tage zu laufen, der auf denjenigen folgt, an welchem der 101)

Die Forderung deß

Verfrachters

ist durch

die

Erfüllung

seiner

Vorleistung

bedingt. Nach Maaßgabe dieser hat er Fracht zu beanspruchen. Haben die Güter ein geringeres Maaß oder Gewicht als bei der Einlieferung, so hat der Schiffer für den fehlenden Theil nicht

erfüllt; haben sie ein größeres Maaß oder Gewicht, so entspricht es der Billigkeit, sofern die Vermehrung nicht betrüglicher Weise herbeigeführt ist, den Schiffer für die unterwegs ein­

getretene Vermehrung der Last zu entschädigen.

(M. 276.

P. 2338—234 l.) — Vgl. jedoch

Art.658, worin eine abweichende Regel für den Fall gegeben ist, wenn im Konnossement

Zahl, Maaß oder Gewicht der Güter angegeben ist. 102) Vgl. Note zu Art. 513. 103) Die hier aufgezählten Unkosten gehören zur sog. Havarie ordinaire oder commune

oder kleinen Haverei.

Sie werden bisweilen auch als Hafen- oder Revierkosten oder auch

als uneigentliche Haverei bezeichnet. und Ladung getragen zu werden.

Diese Kosten pflegten früher gemeinschaftlich von Schiff Nach dem A. L.R. (Th. II, Tit. 8, tz. 1782) hatte beim

Mangel einer Abrede der Rheder ein Drittel und der Empfänger zwei Drittel zu zahlen.

In

neuerer Zeit hat man ziemlich allgemein angenommen, daß die Kosten der kleinen Havarie

vom Schiffe allein zu tragen sind, da auch sie nach der muthmaaßlichen Meinung der Par­ teien durch die Frachtgelder gedeckt werden sollen.

Der Pr. Entw. (Art. 507) hat nur in

Betreff der außerordentlichen Reisekosten und der Kosten des Auseisens eine Ausnahme statuirt

und dem Ladungsempfänger zwei Drittel dieser Kosten auferlegt, weil nicht anzunehmen sei, daß der Verfrachter diese Kosten bei Bedingung der Fracht miterwogen habe; im Gesetze sind jedoch diese Unkosten den übrigen gleichgestellt worden, weil, abgesehen davon, daß hierauf bei

Abmessung der Fracht geeignete Rücksicht genommen zu werden pflege, Auslagen so außer­ ordentlicher Art in der Regel nicht unbedingt erforderlich seien, weil sodann der Schiffer sich

in der Regel zuvor mit den Ladungsinteressenten in Vernehmen setzen und dieselben vertrags­ mäßig veranlassen könne, einen Theil der Kosten zu tragen, weil es endlich höchst bedenklich sei, dem Schiffer zu gestatten, einseitig mit für Rechnung der Ladungsinteressenten solche außerordentliche Auslagen zu machen.

(P. 2342.) — Die Frage, ob und unter welchen Um­

ständen der Verfrachter zur Ergreifung der in d. Art. aufgeführten außerordentlichen Maaß­

regeln verpflichtet ist, hat das Gesetz offen lassen wollen.

(P. 3931.)

i°4) Die Frage, ob die nicht zur kleinen Haverei gehörigen Kosten dem Rheder oder den

Ladungsbetheiligten zur Last fallen, hat niciu unentschieden lassen wollen (P. 4226), da für diese Frage die Umstände des einzelnen Falles maaßgebend sein müßten.

652

Fünftes Buch. ' Vom Seehunde!.

Art. 824.

Schiffer angezeigt hat, daß er zur Einnahme der Ladung, oder bei einer Reife in

Ballast, daß er zum Antritt der Reise fertig und bereit sei, sofern aber bei einer

Reise in Ballast diese Anzeige am Tage vor dem Antritt der Reise noch nicht erfolgt

ist, mit dem Tage, an welchem die Reise angetreten wird106). Ist Liegegeld oder Ueberliegezeit bedungen,

so beginnt in allen Fällen die

Zeitfracht erst mit dem Tage zu laufen, an welchem der Antritt der Reise erfolgt106). Die Zeitfracht endet mit dem Tage, an welchem die Löschung vollendet ist107).

Wird die Reise ohne Verschulden des Verfrachters verzögert oder unterbrochen,

so muß für die Zwischenzeit die Zeitfracht fortentrichtet werden, jedoch unbeschadet der Bestimmungen der Artikel 639. und 640.108).

$r. e«te. Art. 508. Ent». I. Art. 557.

Prot. S. 2343-2347. Pro». S. 3931-3933. Artikel 624.

Der Verfrachter hat wegen der im Artikel 615. erwähnten Forderungen ein Pfandrecht an den Gütern. Das Pfandrecht besteht, so lange die Güter zurückbehalten oder deponirt sind;

es dauert auch nach der Ablieferung noch fort, sofern es binnen dreißig Tagen nach

10>) Man nahm an (P. 2345), daß bei Schiffen, welche in Ladung ausgehen sollen, die Zeitfracht von der Zeit an laufen muffe, in welcher das Schiff dem Befrachter zur Ver­ fügung gestellt worden sei, denn die- entspreche sowohl der Natur deS Vertrages, da cs dem Schiffer gleichgültig sein könne, wo er sich zur Disposition des Befrachters befinde, ob aus der Reise oder im Hafen, als auch den Anschauungen deS Verkehrs. Bei Schiffen, welche in Ballast auSgehen sollen, wurde hingegen eine gleiche Bestimmung nicht für anwendbar erachtet, weil daS Schiff den Ballast nicht immer erst ne« cinzunehmcn, sondern nicht selten bei Abschluß eines Zeitfrachtvertrages bereits an Bord habe, und bei einer solchen Bestimmung daS Interesse deS Befrachter- dem deS Schiffers gegenüber zu wenig gewahrt wäre, weil cs der Letztere in der Hand habe, die Einnahme des Ballastes sehr langsam zu betreiben. Man hat deshalb für die in Ballast gehmden Schiffe bestimmt, daß die Fracht erst von der Anzeige der Reisefertigkeit, und nur wenn diese unterbleibt, von dem Antritt der Reise zu laufen beginnt. »«) Die Verpflichtung, Liegegeld zu zahlen, ist mit der Verpflichtung, Zeitfracht zu bezahlen, prinzipiell nicht vereinbar (P. 3932). Durch die Mrede eine- Liegegeldes oder einer Ueberliegezeit geben die Kontrahenten die Absicht zu erkennen, daß die Zeitfracht nur für die Reise und nicht auch für die Zeit der Vorbereitung entrichtet werden solle. Entgegen­ stehende Verabredungen sind selbstverständlich nicht ausgeschlossen. 1OT) Die Zeit der Einnahme der Ladung wie die der Löschung wird im Dienste deS Befrachters zugebracht; cS muß deshalb Zeitfracht bi- zum Tage, an welchem die Löschung vollendet ist, gezahlt werden. i°8) Die Frage über die Beweis last ist offen gelassen. Der Pr. Entw. (Art. 508) enthielt die Vorschrift: Aufenthalt unb Verzögerungen während der Reise, welche nicht durch den Schiffer verschuldet sind, werden in die Zeit dec Reise eingerechnet. Gegen diese Fassung wurde erinnert, daß durch dieselbe zugleich die Frage über die BeweiSlast in dem Sinne ent­ schieden werde, daß der Befrachter dem Schiffer ein Verschulden nachweisen müsse, wenn er auf eine Unterbrechung der Frachtzahlung Anspruch machen wolle. Auf Grund dieser Erinnerung wurde die jetzige Fassung gewählt. (P. 2347.) — Zu dem letzten Abs. d. Art. vgl. die Interpretation in R.O.H. Bd. 18, S. 82.

Bon dem Frachtgeschäft zur Beförderung von Gütern.

Fünfter Titel.

Art. 625.

668

Beendigung derselben gerichtlich geltend gemacht wird; efl erlischt jedoch, sobald vor der gerichtlichen Geltendmachung die Güter in den Gewahrsam eine» Dritten ge­ langen, welcher sie nicht für den Empfänger besitzt"»).

ft. Ent». Art. 509. 61t». I. Art. 558 At>s. 1.

fnt 6.2348-2359. fnt 6. 3934^-3938. Artikel 625.

Im Falle des Streits

über die Forderungen de« Verftachters ist dieser die

Güter auszuliesern verpflichtet,

einer

anderen

sobald die streitige Summe

zur Annahme von Depositen ermächtigten

bei Gericht oder bei Behörde

oder Anstalt

deponirt ist. Nach Ablieferung der Güter ist der Verftachter zur Erhebung der deponirten

Summe gegen angemesiene Sicherheitsleistung berechtigtu0).

fr. Ent». Art. 509. Ent». I. Art. 558 «f. 2.

stet €. 2348-2357. stet. 6.3934.

l09J a. Das A. L.R. (Th. n, Tit. 8 §§. 1724—1726) gab dem Schiffer die Befugniß, die Güter noch innerhalb sechs Tage« nach der Ablieferung in gerichtlichen Beschlag nehmen zu laffen, sofern nicht die Waaren bereit- in den Besitz eines redlichen Dritten gelangt sind,

Die Pr. Konkursordnung (§. 33, Nr. 6) stellte den Schiffer

der dieselben baar bezahlt hat.

dem Faustpfandgläubiger gleich wegm Fracht, Liegegeld und Auslagen in Ansehung der be­

förderten Güter und Waaren, welche zmückbehalten oder auf dem Packhofe und Zollamte

befindlich sind oder seit beten Ablieferung noch nicht drei Tage verfloss« sind, sofern in diesem letzteren Falle die Güter und Waaren noch bei dem Gemeinschuldner oder bei dem Dritten

sich befinden, welcher sie für den Gemeinschuldner besitzt. Wesentlichen diese Bestimmung beibehalten.

Der Pr. Entw. (Art. 509) hatte im

Der Art. 624 des H.G.B. enthält eine ähnliche

Vorschrift, jedoch unter Verlängerung der Frist zur Geltendmachung de- Pfandrecht» auf dreißig

Tage nach der Auslieferung.

Das dem Verfrachter hiernach zustehende Recht ist kein bloße»

Retention-recht; ein solche» würde fast unvermeidlich eine Störung de» Geschäftsverkehr»

herbeiführm; es hat aber auch

innerhalb der dreißig Tage nicht die volle Wirkung de»

Pfandrechts, indem e» gegen Dritte (abgesehen von der Bestimmung de» Art. 626 Abs. 2)

nicht verfolgbar ist.

Ungeachtet dieser im Jntereffe de» Verkehr» aufgenommenen Beschränkung

ist e» von großem praktischen Nutzen für den Verftachter, weil er da» Pfand, so lange er e» in Händen hat,

zum Behufe seiner Befriedigung verkauf« laffen kann, und weil er die

Möglichkeit hat, noch eine Zeit lang nach der Ablieferung,-wenn die Güter sich noch bei dem Ladungsempfänger befinden, zu seiner Befriedigung zu gelangen.

Sollte dieser Zweck erreicht,

und zugleich der Schiffer durch die ihm gebotene Sicherheit veranlaßt werden, nicht unverwrilt seine Forderung geltend zu machen, sondern dem Empfänger eine entsprechende Zeit hindurch Derirauen zu schenken,

so durste

(P. 2348-2354, 3934—3936.)

die Dauer de» Pfandrecht»

nicht zu eng bemessen werden.

Vgl. Art. 409.

b. Rücksichtlich der Ausübung de» ihm zustehenden Recht» versteht e» sich in Folge

allgemeiner Recht-grundsätze und im Hinblick auf die besonder« Pflicht« de» Schiffer» in

Ansehung der Fürsorge für die ihm anvertrautm Waarm von selbst, daß er — ungeachtet seine» Pfandrecht» — auf die Löschung der Ladung Bedacht nehm« muß, wmn längere» Verbleiben im Schiffe für dieselbe gefährlich ist.

zu deponirm hat, ist im Gesetze off« gelassen.

Wo der Schiffer in diesem Falle die Waaren

(P. 2356.)

c. Ueber die Wirksamkeit de» Pfandrecht» de» Verftachter» im Konkurse bestimmte

früher das Preuß. Einf.-Ges. Ziff. 8 der deutsch« K.O.

(A.L.R. u. A.G.O.) Art. 28 u. (Köln) Art. 45, jetzt §. 41

Fünfte» Buch.

654

Vom Seehandck.

Artt. 626. 627. 628.

Artikel 626. So lange da» Pfandrecht de« Verfrachter» besteht, kann da» Gericht auf befielt

Ansuchen verordnen, daß die Güter ganz oder zu einem entsprechenden Theil Behufs Befriedigung de» Verfrachter» öffentlich verkauft werden"!).

Diese» Recht gebührt dem Verftachter auch gegenüber den übrigen Gläubigern

und der Konkursmasse de» Eigenthümer»"»). Da» Gericht hat die Betheiligten, wenn sie am Orte anwesend find, über da»

Gesuch, bevor der Verkauf verfügt wird, zu hörenSt. 61t». Art. 510. EM». I. Art. 559.

Pwt. Z. 2359. fret S. 3958.

Artikel 627.

Hat der Verftachter die Güter ausgeliefert, so kann er wegen der gegen den Empfänger ihm zustehenden Forderungen (Artikel 615.) an dem Befrachter sich nicht

erholen"»).

Nur insowett der Beftachter mit dem Schaden de» Verftachter» sich

etwa bereichern würde, findet ein Rückgriff statt1U). Pr. Ent». Art. 511. EM». I. Art. 560.

tzrot. S. 2361-2366. Pr»t. S. 3938-3941.

Artikel 628.

Hat der Verftachter die Güter nicht ausgeliefert, und von dem im ersten Absatz de» Artikels 626. bezeichneten Rechte Gebrauch gemacht, jedoch durch den VerH0) Das Gesetz

hat dafür Vorsorge zu treffen,

daß bei Streitigkeiten zwischen dem

Empfänger und dem Verftachter die dem Ersteren zustehendm Einwendungen gegen die Zahlung

der Fracht nicht durch Ausübung der RetenttonSbefugniß feiten- de- Schiffers vereitelt werben,

und daß der Letztere möglichst schnell zu seiner Befriedigung gelange, ohne dadurch die Interessen deS Empfängers zu gefährden.

Beides glaubte man in bot meisten Fällen durch die Vorschrift

deS Art. 625 erreichen zu können.

(P. 2351.)

Vgl. Note 31, b zu Art. 409.

U1) Das Pfandrecht des Schiffers an der Ladung wird, wie jedes andere Pfandrecht, durch den Verkauf des verpfändetm Objekts realisirt.

Der Verkauf kann aber hier ohne ein

vorgängiges förmliches Prozeßverfahren veranlaßt werden.

Vgl. Art. 409 Abs. 2 u. Note

29, b zu Art. 407.

1U) Dgl. Art. 409 Abs. 3. 1M) Der Befrachter ist der ursprüngliche Schuldner deS Verftachter- aus dem Fracht­

verträge und demnach persönlich für die Fracht verpflichtet.

Indem er ihm aber Ladung über»

giebt oder übergeben läßt, weist er ihn ausdrücklich oder stillschweigend an, die Fracht von dem Ladungsempfänger und allenfalls durch Verkauf der Ladung zu erheben.

ES ist deshalb an­

gemessen, daß diese Anweisung wie eine Zahlung angesehen wird, wenn die Auslieferung der Güter ohne Frachtzahlung erfolgt. — In der Praxis werde — so meinte man (P. 3941) — diese Vorschrift wohl nicht die Folge haben, daß der Schiffer ohne Zahlung die Güter nicht

herauSgebe, wa» dem Verkehre zum großen Nachtheile gereiche« würde, sondern nur die, daß der Schiffer nicht ohne Vorsicht und mit dem Bewußtsein, daß eS auf deS Verfrachter» Gefahr

gescheh«, zur Ablieferung der Güter unter Kreditinmg der Fracht sich Herbeilaffen werde.

1M) Dies würde z. B. vorkommen können, wenn Beftachter und Empfänger juristisch

eine und dieselbe Person wären, der Erstere sich somit durch dm Untergang de» Rückgriffs­ recht» auf Kostm de» Verftachter» bereichem würde (P. 2363, s. R.O.H. Bd. 21, S. 420.

3939).

(Sinnt anderen Fall

Fünfter Titel.

Von dem Frachtgeschäft zur Beförderung von Gütern.

Artt. 629. 630.

665

kauf der Güter seine vollständige Befriedigung nicht erhalten, so kann er an dem

Befrachter sich erholen, soweit er wegen seiner Forderungen auö dem zwischen ihm und dem Beftachter abgeschloffenen Frachtverträge nicht befriedigt ist. Prst. 6.2361—2366. Pr»t. @. 3939-3941.

Ur. EM». Art. 511. Ent». I. Art. 560.

Artikel 629 »S).

Werden die Güter von dem Empfänger nicht abgenommen, so ist der Be­ ftachter verpflichtet, den Berftachter wegen der Fracht und der übrigen Forderungen dem Frachtverträge gemäß zu befriedigen.

Bei der Abnahme der Güter durch den Beftachter kommen die Artikel 593. bis 626. in der Weise zur Anwendung, daß an Stelle des in diesen Artikeln be­

zeichneten Empfänger« der Beftachter tritt.

Insbesondere steht in

einem solchen

Falle dem Berftachter wegen feiner Forderungen das Zurückbehaltung»- und Pfand­ recht an den Gütern nach Maaßgabe der Artikel 624. 625. 626., sowie das im

Artikel 616. bezeichnete Recht zu.

Ur. ent». Art. 511.

PrM. 6. 2361-2366.

EM». I. Art. 560.

PrM. S. 3939-3941.

Artikel 630»«).

Der Frachtvertrag tritt außer Kraft, ohne daß ein Theil zur Entschädigung

de« anderen verpflichtet ist, wenn vor Antritt der Reise durch einen Zufall ns) Dgl. Art. 28 u. 45 Einf.-Ges. wegen des früheren Rechts und jetzt §. 41 Ziff. 8

der deutschen K.O. über die Wirkungm de»Zurückbehaltung«» und Pfandrecht« im Konkurse.

116) a. Der Pr. Entw. (Art. 512) bestimmte im Wesentlichen, daß, wem die Ausführung de? Frachtvertrag« durch Zufall oder höhere Gewalt unmöglich gemacht oder zu einer ver»

beteuert Handlung wird, und der Zufall oder die höhere Gewalt sich vor dem Antritt der Reise

ereignen, der Frachtvertrag aufgehoben ist.

Da« H.G.B. unterscheidet »wisch« denjenigen

Fällen, in welch« in dem »ufälligm Ereignisse eine unwiderstehlich wirkende Hinderung-ursache

gegen die Au-fühmng de« Transport», eine offenbar physische oder rechtliche Unmöglichkeit derselben liegt (Art. 630), und denjenigen, in welch« die Ausführung de» Tran-port« nicht

absolut unmöglich, aber gefährlich ist md e« darauf ankommt, vorläufig zu ermitteln, ob die HinderungSUrsache eine dauemde ist md al« solche nach d« konkret« BerhältMff« de»

Vertrage« von den Bethelligtm merkamt «erd« muß (Art. 631).

Zn den Fäll« ersterer

Art löst sich der Vertrag ipso jure auf, in denen der letzter« Art haben die Kontrahent« nur ein Rücktritt-recht vom Vertrage. b. Im Art. 630 sind nur einzelne Fälle der Auflösung de» Vertrage« angeführt, weil man für die nicht ausdrücklich gmanM« Fälle die allgemein« Grundsätze über RechtScmalogim

al» genügmd erachtete (P. 2391).

Die Ausführung de» Transports wird mmöglich, wem

da« Schiff oder alle individuell im Frachtverträge bezeichnet« Ladungsgüter verlor« gehen. Der Spezialisirung der Güter steht der Fall gleich, wem die generell bezeichnet« bereits an

Bord gebracht oder von dem Schiffer behufs Einladung 'an der Ladungsstelle (P. 2371)

übernommen sind.

Al« Uebernahme ist es dagegm nicht anzuseh« (P. 3952), wem die Güter

einseitig vom Verfrachter für die Verschiffung ausgeschiedm wordm oder vom Lande geschieh« sind, ohne daß der Schiffer sie übernommm ha^

Im Einklmg mtt Art. 563 und aus Zweck»

mäßigkeitSrückstchtm (P. 2380) ist dem Befrachter, wem die vom Schiffer übernommen« und im Frachtverträge nicht speziell bezeichnet« Güter währmd der Wartezeü sämmtlich (P. 3951)

666

Fünftes Buch.

Bom Seehandel.

Art. 631.

1) das Schiff verloren geht, iasbesondere wenn es verunglückt, wenn

es

al»

reparaturunfähig

oder

reparaturunwürdig

kondeinnirt

(Artikel 444.) und in dem letzteren Falle ohne Veiyug öffentlich ver­ kauft wird, wenn eü geraubt wird, wenn e» aufgebracht oder angehalten und für gute Prise erklärt roirb"7); oder

2) die im Frachtverträge nicht blos nach Art

oder Gattung, sondern speziell

bezeichneten Güter verloren gehen; oder

3) die, wenn auch nicht im Frachtverträge speziell bezeichneten Güter verloren

gehen, nachdem dieselben bereit» an Bord gebracht oder Behuf» Einladung in da» Schiff an der Ladungsstelle von dem Schiffer übernommen worden find.

Hat aber in dem unter Ziffer 3. bezeichneten Falle der Verlust der Güter noch

innerhalb der Wartezeit (Artikel 580.) sich zugetragen, so tritt der Vertrag nicht

außer Kraft, sofern der Beftachter ohne Verzug sich bereit erklärt, statt der verloren

gegangenen

andere Güter (Arükel 563.)

innerhalb der Wartezeit beginnt.

zu

liefern,

und

mit

der Lieferung

noch

Er hat die Abladung der anderen Güter binnen

kÜWster Frist zu vollenden, die etwaigen Mehrkosten dieser Abladung zu tragen und,

insoweit durch dieselbe die Wartezeit überschritten wird, den dem Verftachter daraus

entstehenden Schaden zu ersetzen.

«k. Eit». Art. 512. 6m». I. Art. 561.

«rot. S. 2366—2394. stet. S. 3947-3952. 3963—3965. 3997. Artikel 681.

Jeder Theil ist befugt, von dem Vertrage zurüchutreten, ohne zur Entschädigung verpflichtet zu sein:

1) wenn vor Antritt der Reife da» Schiff mit Embargo"«) belegt

oder

zum

landesherrlichen Dienst

oder zum Dienst einer fremden Macht in Beschlag genommen,

untergeben, das Recht zugestandcn worden, eine andere Ladung zu substitniren. Eine schleunige

Erklärung, ob der Befrachter von dem Substitutionsrechte Gebrauch machen wolle, ist jedoch für erforderlich angesehen worden (P. 3964), da sonst der Verfrachter Gefahr laufen würde, feinen Anspruch auf Liegegeld beanstandet zu sehen, wenn er bi» zum Ablauf der Lade- und

tteberliegezeit gewartet hat und der Beftachter demnächst erst seinen Rücktritt vom Vertrage

erklärt, oder wegen BertmgSbruch» in Anspruch genommen zu werden, wenn er früher abgeht und der Befrachter eine andere Ladung liefern wollte. c. E» wurde anerkannt (P. 3965), daß die Auflösung de» Frachtvertrages gemäß Art. 630

immer nur für die Zukunft wirksam ist, und die Aufhebung der Verpflichtung zur Bezahlung

de» bereits erwachsenen Liegegelde» u. dgl. nicht zur Folge 6at 117) Vgl. Art. 453 und Noten dazu.

iw) Embargo (embargar span, anhulten) ist das Anhalten von Schiffen und deren Gütern in Folge eines Handelsverbots, der Vorläufer des Kriegs und der Anfang feindlicher

Behandlung.

Fünfter Titel.

Don dem Frachtgeschäft zur Beförderung von Güter».

Art. 632.

657

der Handel mit dem Bestimmungsort untersagt, der Abladungs- oder Bestimmungshafen blotirt119),

die Ausfuhr der nach dem Frachtverträge zu verschiffenden Güter aus dem Abladungshafen oder die Einfuhr derselben in den Bestimmungs­

hafen verboten, durch eine andere Verfügung von hoher Hand das Schiff am Auslaufen

oder die Reise oder die Versendung der nach dem Frachtverträge zu liefernden Güter verhindert wird. In allen vorstehenden Fällen berechtigt jedoch die Verfügung von hoher

Hand nur dann zum Rücktritt, wenn das eingetretene Hinderniß nicht vor­

aussichtlich von nur unerheblicher Dauer ist120);

2) wenn vor Antritt der Reise ein Krieg ausbricht, in Folge dessen das Schiff

oder die nach dem Frachtvertrag« zu verschiffenden Güter oder beide nicht mehr als frei betrachtet werden können und der Gefahr der Aufbringung

ausgesetzt würden121). Die Ausübung der im Artikel 563. dem Befrachter jbeigelegten Befugniß ist in den Fällen der vorstehenden Bestimmungen nicht ausgeschlossen.

Pr. Entw. Art. 512. Entw. I. Art. 562.

Prot. S. — Prot. S. 3965—3968. 3992-3994. Artikel 632.

Wenn nach Antritt der Reise das Schiff durch einen Zufall verloren geht (Artikel 630. Ziff. 1.), so endet der Frachtvertrag122).

Jedoch hat der Befrachter,

119) Blokade ist die theilweise oder gänzliche Sperrung von feindlichen Häfen, Fluß­ mündungen, Festungen, ja ganzer Küsten- und Ländcrstrecken gegen den Verkehr durch eine

Kriegspartei. iao)

Man bemerkte (P. 2388): Bei Verfügungen von hoher Hand, die nur von kurzer

Dauer seien, werde kein Richter annehmen, daß die Ausführung des Frachtvertrages dadurch

verhindert sei; jeder Richter werde sie nur als Verzögerung der Reise ansehen, wenn anders nicht gerade die kurze von der Verfügung betroffene Zeit für den Frachtvertrag entscheidend und der gewollte Transport dadurch unmöglich geworden sei. — Welche Frist abzuwarten sei,

hat man hier allgemein zu bestimmen nicht für nöthig gehalten (P. 2404), weil im Abladungs­ hafen in der Regel der Beftachter oder ein Korrespondent anwesend, also die Betheiligten zu­ sammen sein würden und etwaige Differenzen darüber, ob das Hinderniß als ein dauerndes anzusehen sei, leicht ausgleichen könnten.

Für den Fall, daß solche Hindernisse nach Antritt

der Reise Eintreten, hat man dagegen bestimmte Fristen vorgeschrieben (Art. 636 Abs. 2).

121) Durch die bloße Unfreiheit von Schiff und Ladung wird die Ausführung des Frachtvertrages weder physisch unmöglich, noch unerlaubt, vielmehr nur gefährlich; deshalb ist bei Eintritt eines solchen Ereignisses der Frachtvertrag nicht als ipso jure aufgelöst, vielmehr

nur als von jeder Seite ohne Entschädigung kündbar angesehm worden, wofür auch die Er­ wägung sprach (P. 2390), daß die Auflösung des Frachtvertrages wegen eines Krieges sehr oft

geradezu gegen die Absicht der Kontrahenten verstoßen würde.

122) a. Vgl. Note zu Art. 630. Der Frachtvertrag ist nicht blos als locatio conductio navis, sondern auch als locatio conductio operis anzusehen; die durch Zufall eingetretene

Unmöglichkeit der Leistung des einen Kontrahenten befreit den anderen von der Gegenleistung; die Ausführung des Transports durch das konkrete

vertrages

Schiff ist ein Essentiale des Fracht­

(Art. 566); daher bewirkt der kasnelle Untergang

Makower, Handelsgesetzbuch. 10. Stuft

des Schiffes

42

sowohl vor

FünstrS Buch. Bom Seehandel. Artt. 633. 634.

668

soweit Güter geborgen oder gerettet find**), **) die Fracht im Verhältniß der zurück­

gelegten zur ganzen Reise zu zahlen (Distanzfracht). Die Distanzftacht ist nur soweit zu zahlen, al» der gerettete Werth der Güter

reicht'»).

Pr. E«t». Art. 513. 6it*. I. Art. 563.

«rot. S. 2394—2400. Prot. S. 3968-3971. 3997. Artikel 633.

Bei Berechnung der Distanzftacht kommt in Anschlag nicht allein das Ver­ hältniß der bereits zurückgelegten zu der noch zurückzulegenden Entfernung, sondern

auch da» Verhältniß de» Aufwande» an Kosten und Zeit,

der Gefahren und

Mühen, welche durchschnittlich mit dem vollendeten Theile der Reise verbunden sind, zu denen de» nicht vollendeten Theile».

Können sich die Parteien über den Betrag der Distanzftacht nicht einigen, so entscheidet darüber der Richter nach billigem Ermessen'»).

Pr. Eit». Art. 6M*. I. Art. 564.

Prot. S. 2399. 2400. Prot. S. 3976. Artikel 634.

Die Auflösung des Frachtvertrages ändert nichts in den Verpflichtungen des Schiffer», bei Abwesenheit der Betheiligten auch nach dem Verluste des Schiff» für (Art. 630 Ziff. 1), als nach Antritt der Reise (Art. 632) die Auflösung

des Frachtvertrages

(P. 2367, 2394). b.

Welche Folgm der Verlust des Schiffes durch Verschulden der Kontrahenten

hat, i't im Gesetze nicht entschiedm.

Ja der Konferenz wurde geltend gemacht, daß in diesem

Falle kein Theil vom andern mehr die Ausführung des Transports verlangm könne, daß aber der Vertrag insoweit fortwirke,

al» der Anspruch

weise auf Zahlung der vollen Fracht bestehen bleibe.

auf Ersatz des Jntereffes,

beziehungs­

(P. 3969.)

•) Wann Güter als geborgen oder gerettet anzusehm sind, s. R.G. XU!, 124.

**)

Das Prinzip der Distanzfracht ist in den meisten Andern (vgl. A.L.R. Th. n,

Tit. 8, §§. 1702, 1705, 1706) al» das richtige anerkannt; eS liegt in der Billigkeit,

daß der

Schiffer, welcher einen Theil der Reise zurückgelegt hat, verhältnißmäßig entschädigt wird. Die Beschränkung der Derbindlichkett zur Bezahlung der Distanzftacht auf den durch den geretteten Werth der Güter gedeckt« Bettag wurde damit gerechtfertigt (P. 2399), daß in solchen Fällen dem Empfänger die Güter in der Regel an einem ganz ander« Orte offerirt würden,

al» wohin sie bestimmt gewesm sei« und für welch« die Jntereffmtm die Aufwendung der Fracht re. als angemessen erachtet hätt«, daß sie an einem solchen Orte aber zu der betreffend« Zett vielleicht nur ein« ganz gering« Werth

hätt«,

der Empfänger oder Beftachter sonach

durch die Verpflichtung, die Fracht, soweit sie durch die geborgen« Güter nicht gedeckt fei, aus seinem übrig« Vermög« zu bezahlen, unbilliger Weise belästiget und

die Gefahr der Fracht

zu trag« gezwungen würde. o*) Für die Berechnung der Distanzftacht ist nicht blos die Erwägung maaßgebend gewesm, wieviel der Schiffer dem Befrachter durch die theilweise Ausführung de» Transports genützt hat, um wieviel sich Letzterer also bereiche« würde,

wmn er nicht ein« Theil der

Fracht zu mttichtm hätte, fonbent e» sind auch die Opfer berücksichttgt Word«,

welche der

Verflachter dem Beflachter durch dm Dimst mit seinem Schiffe gebracht hat; wäre nur die erstere Rücksicht beachtet »ortet, so hätte der Verflachter (P. 2412) bei der Zurückführung der

Adung in dm AbgangShafm ober bei Löschung derselben an einem Orte, an welchem die Waare wmiger al» im AbgangShafm werth ist, gar nicht» bekomm« können.

Fünfter Titel.

Don dem Frachtgeschäft zur Beförderung von Gütern.

da» Beste der Ladung zu sorgen125) (Artikel 504. bis 506.).

Art. 634.

869

Der Schiffer ist dem­

zufolge berechtigt und verpflichtet, und zwar im Falle der Dringlichkit auch ohne vorherige Anfrage, je nachdem es den Umständen entspricht, entweder die Ladung für Rechnung der Betheiligten mittelst eines anderen Schiff» nach dem Bestimmungs­

hafen befördern zu laffen, oder die Auflagerung oder dm Verkauf derfelbm zu be-

wiirkm und im Falle der Weiterbeförderung oder Auflagerung, Behuf» Beschaffung der hierzu, sowie zur Erhaltung der Ladung nöthigm Mittel, einen Theil davon zu

verkaufen, oder im Falle der Weiterbefördemng die Ladung ganz oder zum Theil

zu oerbobmen126).

Der Schiffer ist jedoch nicht verpflichtet, die Ladung auSzuantwortm oder zur

anderen Schiffer zu übergeben, bevor die Distanzfracht

Weiterbeförderung einem

nebst den sonstigen Forderungen des Verfrachters (Artikel 615.) und die auf der Ladung Haftendm Beiträge zur grossen Haverei, Bergung»- und Hülfskostm und

Bodmereigelder bqahlt oder fichergestellt find.

Auch für die Erfüllung der nach dem ersten Absatz diese« Artikel» dem Schiffer

obliegenden Pflichten haftet der Rheder mit dem Schiffe, soweit etwa» davon gerettet ist, und mit der Fracht121). Prot. S. 2394-2399. »rot. 6.3971-3975. 4306. 4307.

er. 8ite. Ärt. — EM». I. tot 563 A»s. 3.

us) a. Zur Begründung d. Art. wurde bemerkt (P. 2394):

die der Schiffer al« gesetzlicher Vertreter der Ladung hat,

Diejenigen Obliegenheiten,

bestehen auch nach der Aufhebung

des Frachtvertrages, wenn die Interessenten nicht zur Stelle sind,

fort;

er bleibt also auch

nachher verpflichtet, diejenigm Maaßregeln im Interesse der Ladung zu ergreifen, welche nach den Umständen des Falles als die angemessensten erscheinen.

WaS er in dieser Beziehung thut,

geschieht nicht zum Vollzüge des einmal erloschenen Frachtvertrages, sondem nur zur Er­ füllung seiner eben erwähnten

anderweitigen Verpflichtungen, giebt ihm

also kein Recht

auf Entrichtung der vollen Fracht, sondem nur auf Ersatz seiner Auslagen, so daß, wenn der Weitertransport mehr als die Fracht beträgt, der Schadm den Befrachter trifft, dem aber

auch der Vortheil gebührt,

wenn

der Schiffer eine günstigere Transportgelegenheit gefundm

haben sollte. b.

Die dem Schiffer hier auferlegte Verbindlichkeit erreicht ihr Ende, sobald die

Ladung einen Vertreter gefundm hat, wie aus dm Worten: .bei Abwesmheit der Betheiligtm' zu mtnehmm ist

AuS dem Art. 634 geht nicht hervor,

daß der Schiffer die ihm

daselbst

auferlegten Verpflichtungen unmtgeltlich zu leisten hat (R.O.H. Bd. 15, S. 66). **) Der österreichische Entw. (§. 106), welcher die Grundlage dieses Art. bildet, spe-

zialisirte die Rechte und Pflichten des Derftachter» in dem Falle de« Verluste« des Schifft« nicht.

In der von einem Abgeordnete« eingebrachtm Vorlage war die Beförderung der Ladung

in den BestimmungShafm mittelst eine« anderm Schiffe«

davon abhängig gemacht,

ob der

Transport ohne «nverhältnißmäßigen Aufwand thunlich sei. Bei der Berathung dieses Artikels wurde »war geltmd gemacht (P. 3972), daß in der größerm Mehrzahl der Fälle diese

Bestimmung zweckmäßig sei, weil durch Aufwendung imverhältnißmäßiger Transportkosten die Interessen der LadungSbetheiligtm

erfahrung-mäßig sehr häufig in hohem Grade gefähchet

würd«, man nah« aber von Aufnahme weiterer Instruktion« für dm Schiffer; van» er die eine oder andere Maaßregel treffm solle, Abstand, weil hierbei die ganze Sachlage in Betracht

zu ziehen sei. J*7) Die Beibehaltung de» letzt« Abs. d. Art. wurde für nothwendig gehalt« (K. 4307),

um dm Zweifel zu beseitigm, ob der Rheder überhaupt zu haft« fat, weil der Schiff« bi 42*

Fünftes Buch. Som Serhandel. Attt. 635. 636.

660

Artikel 635.

Gehen nach Antritt der Reise die Güter durch einen Zufall verloren, so endet

der Frachtvertrag, ohne daß ein Theil zur Entschädigung des anderen verpflichtet

ist; insbesondere ist die Fracht weder ganz noch theilweise zu zahlen, insofern nicht im Gesetze das Gegentheil bestimmt ist (Artikel 619.).

8t. Cito. Art. — 6d*. I. Art. —

6. — 8t«L 6.3976. Artikel 636.

Ereignet sich nach dem Antritt der Reise einer der im Artikel 631. erwähnten Zufälle, so ist jeder Theil befugt, von dem Vertrage zurüchutreten, ohne zur Ent­

schädigung verpflichtet zu sein.

Ist jedoch einer der im Artikel 631. unter Ziffer 1. bezeichneten Zufälle ein­

getreten, so mutz, bevor der Rücktritt stattfindet, auf die Beseitigung des Hinderniffes drei oder fünf Monate gewartet werden, je nachdem das Schiff in einem

Europäischen oder in einem nichteuropäischen Hafen sich befindet*»).

Die Frist wird, wenn der Schiffer das Hinderniß während des Aufenthalts

in einem Hafen erfährt, von dem Tage der erhaltenen Kunde, anderenfalls von dem Tage an berechnet, an welchem der Schiffer, nachdem er davon in Kenntniß gesetzt worden ist, mit dem Schiffe zuerst einen Hafen erreicht. Die Ausladung de» Schiff» erfolgt, in Ermangelung einer anderweitigen

Vereinbarung, in dem Hafen, in welchem es zur Zeit der Erklärung des Rücktritt» sich befindet. Für den zurückgelegten Theil der Reise ist der Befrachter Distanzfracht (Artikel

632. 633.) zu zahlen verpflichtet. Ist da» Schiff in Folge des Hinderniffe» in dm Abgangshafm oder in einen

anderm Hafen zurückgekehrt,

so wird bei Berechnung der Distanzfracht der dem

Bestimmungshafen nächste Punkt, welchen da» Schiff erreicht hat, Behufs Feststellung

der zurückgelegten Entfemung zum Anhalt genommen*»).

den Fälle« de» 1. Abf. d. Art. «ach Auflösung des Frachtvertrages ausschließlich als Vertreter

der Ladungsinteressenten handelt. **) a. Die Fixirung der Frist, welche vor Erklärung deS Rücktritt» abjuwarten ist, wenn

sich einer der im Art. 631, Ziff. 1 erwähnten Zufälle »ach Antritt der Reise ereignet, ist wichttg für den Verfrachter, um erntn sicheren AnhaltSpunft ju haben, wann er ohne Gefahr

vom Bcrttage zurücktreten kann, und nicht minder für den Befrachter indem er durch die Festsetzung der Frist eine Bürgschaft dafür hat, daß der Schiffer nicht allzuschnell den WeitertranSport aufgiebt und die Ladung am ungünstigen Orte löscht.

Die Fristen müssen ge­

räumig fixirt werde«, damit der Beftachter Gelegmheit hat, die erforderlichen Instruktionen

l» ertheilen. Mit Rücksicht hierauf ist die Dauer der Frist, welche übrigen» vertraglich ander»

festgesetzt werden kam, verschieden normirt je nach dem Otte, wo da» Schiff sich befindet,

während in dieser Beziehung der Bestimmungsort glttchgülttg ist.

(P. 2404—2407.) —

Vgl. Art. 447. b. Die hier bestimmte Frist muß auch dann abgewattet werden (P. 2407), wem von

Anfang an klar sein sollte, daß die Verhinderung länger dauem würde.

Fünfter Titel.

Bon dem Frachtgeschäft zur Beförderung von Gütern.

Artt. 637. 638.

661

Der Schiffer ist auch in den Fällen diese» Artikels verpflichtet, vor und nach

der Auflösung de» Frachtvertrag» für da» Beste der Ladung nach Maaßgabe der Artikel 504. bi» 506. und 634. zu sorgen.

Pret. €. 2401—2408. 2411. Prat. 6. 3976—3979. 3983-3985.

8. Cato. Art. 514. Cato. I. Art. 565.

Artikel 637-»).

Muß da» Schiff, nachdem es die Ladung eingenommen hat, vor Antritt der

Reise in dem Abladungshafen oder nach Antritt

derselben in einem Zwischen­

oder Nothhafen in Folge eine» der im Artikel 631.

erwähnten Ereignisse

liegen

bleiben, so werden die Kosten de» Aufenthalt», auch wenn die Erforderniffe der großen Haverei nicht vorliegen-A), über Schiff,

Fracht und Ladung nach den

Grundsätzen der großen Haverei vertheilt, gleichviel ob demnächst der Vertrag auf­ gehoben oder vollständig erfüllt wird.

Zu den Kosten de» Aufenthalt» werben alle

in dem zweiten Absatz de» Artikels 708. Ziffer 4. aufgeführten Kosten gezählt, die­ jenigen des Ein- und Auslaufens jedoch nur dann, wenn wegen de» Hindemiffes ein

Nothhafen angelaufen ist.

Pr. Gitta. Artz. -

Gate. I. Art. 566.

Pwt. S. 2408-2411. 2438-2441. 2674—2677. 2694. Pret. S. 3979. Artikel 6381»).

Wird nur ein Theil der Ladung vor Antritt der Reife durch einen Zufall be­

troffen, welcher, hätte er die ganze Ladung betroffen, nach den Artikeln 630. und 1M) Der Schiffer erhält in den Fällen dieses Art. immer nur Distanzfracht, für welche

der entfernteste Punkt entscheidend ist, welchen er unter ordnungsmäßiger Ausführung der Reffe erreicht hat, selbst wenn dieser Ort nach Längen- und Breitengraden deshalb berechnet werden

müßte, well der Schiffer auf offener See umgekehrt und in den Abgangshafen zurückgekehrt

ist.

(P. 2412, 3978.) 1M) a. Nach Vollendung der Abladung ist eine Gemeinschaft zwischen Schiff und Ladung

eingetreten. Die Folge hiervon ist die gemeinsame Tragung de» Zufall» (der Aufenthaltskosten).

Vor Vollendung der Abladung besteht eine solche noch nicht; jeder Theil hat deshalb den ihn betreffenden Schaden zu tragen.

(P. 2408—2411.)

Dgl. jedoch R O H. Bd. 7, S. 171;

Steg. Bd. 8, S. 171.

b. Der Art. 637 findet auch auf Stückgüterladimgen unbedingte Anwendung (vgl. Art. 643), und zwar werden die Kosten de» Aufenthalt» nicht mir auf die etwa durch den Zufall betroffenen Güter, sondern auch auf den nicht betroffenen Theil der Ladung mitverthellt.

(P. 2438-2441.)

m) Die große Haverei ist al» vorhanden anzusehen, wenn e» sich um ein positive» Handeln, ein freiwilliges Opfer, zur Rettung au» einer gegenwärttgen, Schiff und Ladung unmittelbar bedwhenden Gefahr gehandelt hat.

(Art. 702.)

Befindet sich da» Schiff aber schon in einem

Hafm, so soll nicht erst etwas PosittveS geschehen, um die Gefahr zu beseitigen, sondem nur etwa» unterlassen werden, wa» Schiff und Ladung erst der Gefahr aussetzen würde. 3m Falle

des Embargo, de» Arrestes u. dgl. fehlt auch da» Erforderniß der Freiwilligkit de» Opfer». E» liegen also in den bezeichneten Fällen nicht die Erforderniffe der großen Haverei vor.

(P. 2677.)

-») Der Art. 638 bestimmt die Wirkungen, welche dann eintreten, warn die ZusÄle,

die »ach bat Artt. 630 u. 631, falls sie die ganze Ladung betreffe«, die Auflösung oder die Auflösbarkeit des Frachtverträge» zur Folge hätten, nur einen Theil der Ladung betreffen.

Fünftes Buch.

662

Vom Seehandel.

Art. 638.

631. den Vertrag aufgelöst oder die Parteien zum Rücktritt berechtigt haben würde, so ist der Befrachter nur befugt, entweder statt der vertragsmäßigen andere Güter

abzuladen, sofern durch denn Beförderung die Lage de» Verfrachters nicht erschwert witt» (Artikel 563.), oder von dem Vertrage unter der Verpflichtung zurückzutreten, die Hälfte der bedungenen Fracht und die sonstigen Forderungen de» Verfrachter«

zu berichtigen (Arttkel 581. und 582.).

Bei Ausübung dieser Rechte ist der Be­

frachter jchoch nicht an die sonst einzuhaltende Zett gchunden.

Er hat fich aber

ohne Verzug zu erklären, von welchem der beiden Rechte er Gebrauch machen wolle

und, wenn er die Abladung anderer Güter wühlt, dieselbe binnen kürzester Frist zu

bewirkm, auch die etwaigen Mehrkosten dieser Abladung zu tragen und, insoweit durch sie die Wartezeit überschritten wird, den dem Derftachter daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

Macht er von keinem der beiden Rechte Gebrauch, so muß er auch für den dmch den Zufall bettoffenen Theil der Ladung die volle Fracht entrichten.

Den

durch Krieg, Ein- und Ausfuhrverbot oder eine andere Verfügung von hoher Hand unfrei gewordenen Theil der Ladung

ist er jedenfalls aus dem Schiffe heraus-

zunehmen verbunden.

Tritt der Zufall nach Anttitt der Reise ein, so muß der Beftachter für den

dadurch betroffenen Theilung der Ladung die volle Fracht auch dann entrichten, wenn der Schiffer diesen Theil in einem anderen als dem Bestimmungshafen zu

löschen fich genöthigt gefunden und hierauf mit oder ohne Aufenthalt die Reise fort-

gesetzt hat in). Durch diesen Arttkel werden die Bestimmungen der Artiket 618.

und 619.

nicht berührt.

$r. (Eid*. Art. — EM». I. Art. 567.

P»t. S. 2414—2421. 2467—2468. Prot. S. 3979.

Die Abs. 1 u. 2 b. Art. handeln von dem Falle, wenn jene Zufälle vor der Reise eintreten, der Abs. 3 von dem Falle, wenn sie nachher eintreten.

auf der Erwägung (P. 2415)

DaS angenommene Prinzip beruht

daß durch die Unfreiheit eines Theils der Ladung u. dgl. die

Ausführung deS bedungenen Transports an sich nicht unmöglich werde, daß dadurch also die

Gültigkeit des FrachtverttageS

in knner Weise beeinttächttgt werden

könne.

Nach

diesem

Prinzipe müsse mithin der Frachtverttag in den hier in Frage kommenden Fällen auSgeführt «ad die volle Fracht entrichtet werden, wobei sich jedoch von selbst verstehe, daß der unfrei gewordene Theil der Ladung zu löschen sei.

Gemildert werde diese, unter Umständen für den

Beftachter harte Bestimmung durch seine Befugniß der Substitutton einer anderen Ladung und

deS RückftittS vom Vertrage gegm Zahlung der Fautftacht. — Eine weitere Milderung des Prinzips ist dadurch erzielt worben, daß diese Rechte dem Befrachter auch nach Ablauf der im Att. 581 Abs. 2 bestimmten Zett bis zur Abfahrt deS Schiffes eingeräumt sind (P. 2418, 2420),

allerdings nur unter der Bedingung, daß er sich ohne Verzug erklärt, von denselben Gebrauch machen zu wollen, und daß er den Derftachter entschädigt.

*”) Die volle Fracht für die unfrei gewordenen Güter ist auch dann zu zahlen, wenn

daS Schiff nach der Löschung derselben untergeht, denn in der Regel ist beim Untergange deS Schiffes faktisch die ganze Sache durch erfolgte Zahlung erledigt; außerdem lösen sich mit der

Abreise deS Schiffes nach der Löschung alle rechtlichm Beziehungen zwischen dem Schiffer und btefat Gütern ; der Verlauf einer Reise, an welcher der Befrachter kein rechtliches Interesse mehr

hat, kann deshalb auch keinen Einfluß auf dessen Verpflichtungen ausüben.

(P. 2420, 2467.)

Fünfter Titel.

Von dem Frachtgeschäft zur Beförderung von Gütern.

Artt. 639—641.

663

Artikel 639. Abgesehen von den

Fällen der Artikel 631. bis 638. hat ein Aufenthalt,

welchen die Reise vor oder nach ihrem Antritt durch Naturereignisse oder andere

Zufälle erleidet, auf die Rechte und Pflichten der Parteien keinen Einfluß, es sei denn, daß der erkennbare Zweck des Vertrages durch einen solchen Aufenthalt ver­ eitelt mürbe134 * * ). *135 * * Der Befrachter ist jedoch befugt, während jedes durch einen Zufall

entstandenen, voraussichtlich längeren Aufenthalts die bereits in das Schiff geladenen Güter auf seine Gefahr und Kosten gegen Sicherheitsleistung für die rechtzeitige

Wiedereinladung auszuladen. Fracht zu zahlen.

Unterläßt er die Wiedereinladung, so hat er die volle

In jedem Falle muß er den Schaden ersetzen, welcher aus der

von ihm veranlaßten Wiederausladung entsteht.

Gründet sich der Aufenthalt in einer Verfügung von hoher Hand133), so ist für die Dauer derselben keine Fracht zu bezahlen, wenn diese zeitweise bedungen war

(Art. 623.)136).137

Pr. Entw. Art. 516. Entw. I. Art. 568.

Prot. S. 2422-2426. Prot. S. 3979. 3985 -3987. 4067. 4068. Artikel 640.

Muß das Schiff während der Reise ausgebesiert werden, so hat der Befrachter die Wahl, ob er die ganze Ladung an dem Orte, wo das Schiff sich befindet, gegen

Berichtigung der vollen Fracht und der übrigen Forderungen des Verfrachters (Ar­

tikel 615.) und gegen Berichtigung oder Sicherstellung der im Artikel 616. bezeichneten Forderungen zurücknehmen, oder die Wiederherstellung abwarten will.

Im letzteren

Falle ist für die Dauer der Ausbesierung keine Fracht zu bezahlen, wenn diese zeit­ weise bedungen war131).

Pr. Entw. Art. 515. Entw. I. Art. 569.

Prot. S. 2426 -2428. 2434. Prot. S. 3979. Artikel 641.

Wird der Frachtvertrag in Gemäßheit der Artikel 630. bis 636. aufgelöst, so werden die Kosten der Ausladung aus dem Schiffe von dem Verfrachter, die übrigen 1M) Den Kontrahenten steht das Rücktrittsrecht zu, wenn dieselben zwar etwaiger Ver­

zögerungen der Reise keine Erwähnung gethan haben, wohl aber aus dem Inhalte des Ver­ trages sich

ergiebt, daß durch

denselben ein gewisser, nach Abwartung der Verzögerung

offenbar nicht mehr zu erreichender Zweck verfolgt werden soll.

Die Rechte und Pflichten

der Parteien sind in diesen Fällen nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen zu beurtheilen. (P. 3985 — 3987, 4067.) 135) Hierzu gehört auch der Fall eines unverschuldeten Privatarrestes über das Schiff.

(P. 3987.) 136) Der Verfrachter erhält für die Kosten des Aufenthalts wenigstens theilweise Ersatz durch Vertheilung derselben nach den Grundsätzen der großen Haverei (Art. 637) und würde, wenn ihm auch Zeitfracht vergütet würde, eine doppelte Entschädigung dafür erhalten. (P. 3979.)

137) Der Art. 640 gewährt dem Befrachter für den Fall, daß während der Reise eine

Verzimmerung des Schiffes nothwendig und dadurch eine Verzögerung der Reise herbcigeführt wird, das Wahlrecht, entweder die ganze Ladung (nicht etwa einen Theil derselben, P. 2437)

gegen Berichtigung der vollen (nicht einer bloßen Distanz-) Fracht und der anderweitigen im Art. 640 erwähnten Leistungen zurückzunehmcn, oder die Wiederherstellung abzuwarten.

664

Fünft«- Buch. Dom Scehandel. Artt. 642. 643.

Löschung-kosten von dem Befrachter getragen.

Hat der Zufall jedoch nur die Ladung

betroffen, so fallen die sämmtlichen Kosten der Löschung dem Befrachter zur Last.

Daffelde gilt, wenn im Falle de« Artikels 638. ein Theil der Ladung gelöscht wirb. Mußte in einem solchen Falle Behuf» der Löschung ein Hafen angelaufen werden,

so hat der Befrachter auch die Hafenkosten zu tragen188).

8t. E>1». Art. 512 «fcf. 21.3. Ent». I. Art. 570.

«rat S. 2429. 2430. Pwt. S. 3979. 3980. Artikel 642.

Die Artikel 630. bis 641. kommen auch zur Anwendung, wenn das Schiff zur Einnahme der Ladung eine Zureise in Ballast nach dem AbladungShafm zu

machen hat.

Die Reise gilt aber in einem solchen Falle erst dann als angetreten,

Wird der Vertrag, nachdem

wenn sie au» dem AbladungShafm angetretm ist1®).

da» Schiff dm AbladungShafm erreicht hat, aber vor Antritt der Reise au» dem

letzterm aufgelöst, so erhält der Verfrachter für die Zureise eine nach den. Grundsätzm der Distanzfracht (Artikel 633.) zu bemessende Entschädigung1®).

In anderen Fällm einer zusammmgesetztm Reise find die obigen Artikel in­ soweit anwendbar, als Natur und Inhalt des Vertrages nicht entgegenstehen111).

BttL S. 2430-2434. Prot. S. 3980.

8t. tket». Art. — Ext». I. Art. 571.

Artikel 643. Wmn der Vertrag nicht auf das Schiff im Ganzen, sondern nur auf einen

verhältnißmäßigen Theil oder einen bestimmt bezeichnetm Raum des Schiffs oder 1M) Die Bestimmung de- letzten Satze- in d. Art. liegt auch im Interesse des Befrachter-,

damit der Verfrachter nicht, um die Hafenkosten zu sparen,

die Weiterreise ri-kirt und dem

Bestachter einen größeren Nachtheil durch Gefährdung der Ladung zufügt.

(P. 3980.)

lse) Im Falle einer bedungenen (R.O.H. Bd. 23, S. 24) leeren Zureise ist be­

züglich der Wirkungen zufälliger Ereignisse die Reise nicht eher al- angetreten anzusehen,

al- bis da- Schiff bat Abladung-hafen verlassen hat; die Zureise ist demnach als eine vor Antritt der Reise statthabende vorbereitende Handlung zu bettachten.

Durch diese Bestim­

mung wollte man jedoch einer Entscheidung der Frage, wann in anderen Beziehungen eine solche kombinirte Reise als angetteten zu bettachten ist, nicht präjudiziren. (P. 2432, 2433.) 1M) Die Zufälle, die daS Schiff vor der Erreichung de- Abladung-hafen- an der Aus­

führung de- bedungenen Transports hindern, treffen stets das Schiff allein; deren Folgen

müssen demnach auch vom Derstachter allein getragen werden.

Zur Ausgleichung unbilliger

Härten erschien eS aber angemessen, daß der Verstachter für die Zureise eine billige Entschä­

digung nach den Grundsätzen der Distanzfracht erhalte, hafen erreicht gehabt hat.

(P. 2432.)

wenn

er einmal den AbladungS-

Das R.O.H. (Entsch. Bd. 3, S. 263; Bd. 23,

S. 24) meint, eS wäre die Fassung deS dritten Sahe- im Art. 642 korrekter gewesen, wenn man gesagt hätte:

Wird der Vertrag, nachdem da- Schiff den Abladungshafen erreicht hat,

obgleich noch vor Antritt der Reise au- dem letzteren aufgelöst, re.

M1) Die bezüglich der einfachen Reism angenommenen Bestimmungen (Artt. 630—641)

passen im Ganzen,

aber nicht durchweg auch auf kombinirte Reism.

Bei der großm Ver-

schiedmheit der Fälle schim eS ohne eine höchst gefährliche Kasuistik nicht möglich, alle erforderlichm AuSnahmm im Gesetze vorzusehm;

Gesetze zu sagen,

eS ist deshalb beschlossen worden,

ausdrücklich im

daß die gedachtm Bestimmungen insoweit auch auf kombinirte Reism an*

wendbar seien, als Natur und Inhalt deS Vertrages nicht entgegmstehm.

(P. 2431, 2434.)

Fünfter Titel.

Von dem Frachtgeschäft zur Befördenmg von Gütern.

Art. 644.

666

auf Stückgüter sich bezieht, so gelten die Artikel 630. dis 642. mit folgenden Ab­ weichungen"?) : 1) In den Fällen der Artikel 631. und 636. ist jeder Theil sogleich nach Eintritt

des Hindernisses und ohne Rücksicht aus die Dauer desselben von dem Ver­ trage jurückzutreten befugt"»).

2) Im Falle de« Artikel» 638. kann von dem Befrachter da» Recht, von dem Vertrage zurückzutreten, nicht ausgeübt werten"4).

3) Im Falle de» Artikels 639. steht dem Befrachter da» Recht der einstwelligen

Löschung nur dann zu, wenn die übrigen Beftachter ihre Genehmigung ertheilen. 4) Im Falle des Artllels 640. kann der Befrachter die Güter gegen Ent­ richtung der vollen Fracht und der übrigen Forderungen nur dann zurück-

nehmen, wenn während der Ausbesserung die Löschung dieser Güter ohnehin erfolgt ist44»).

Die Vorschriften der Artikel 588. und 590. werden hierdurch nicht berührt. Pr. (Ent*. Art. — 6*t*. I. Art. 572.

Prot. S. 2435-2444. Prot. S. 3980. 3994. 3998.

Artikel 644.

Nach Beendigung jeder einzelnen Abladung

hat der Schiffer dem Ablader

ohne Verzug gegen Rückgabe des etwa bei der Annahme der Güter ercheilten vor­ läufigen Empfangscheins ein Konnossement in so vielen Exemplaren auszustellen, als

der Ablader verlangt44«). M1) Em über Stückgüter abgeschlossener Frachtvertrag ist unzweifelhaft eine locatio conductio operis und löst sich mit der Unmöglichkeit der Ausführung des bedungenen Trans­

port- in Folge eine- zufälligen Ereignisses (P. 2435).

Frachtverträge über verhältniß-

mäßige Theile oder bestimmte Räume des Schiffes halten die Mitte zwischen Totalbeftachtungen und Stückgüterbeftachtungcn; aus Zweckmäßigkeitsrücksichten sind sie für den in

Rede stehenden Fall den letzteren gleichgestellt.

(P. 2441—2443, 3994.)

lti) Im Falle des Art. 631, mit welchem der Art. 636 korrefpondirt, würde bei Stück-

güterverftachtungen k. die Bestimmung, daß die Kontrahenten nur bei längerer Dauer des Hindernisses vom Berttage »urückzuttetm befugt sind, zu einer großen Härte für den Verfrachter führen,

welcher wegm eines

vielleicht nur geringen Theils der Ladung den Transport sehr

werthvoller Güter verzögern müßte.

ES war deshalb nothwendig, diesem die Befugniß zum

Rücktritt sogleich nach Eintritt des Hindernisse» und ohne Rücksicht auf die Dauer desselben

einzuräumen.

Nahm man die» aber an, so entsprach eS der Rechtsgleichheit der Parteien, wie

dem Befrachter so auch dem Beftachter ein gleiches Rücktritt-recht zuzugestehen.

(P. 2436.)

144) Diese Bestimmung entspricht der Vorschrift deS Art. 588 Ziff. 1 (P. 2441), nach welcher dem Stückgüterbeftachter überhaupt nicht da- Recht zusteht, gegen Zahlung von Faut­

fracht vom Verttage »urückzuttetm. M1) ES kommt nicht darauf an (P. 2441),

ob die Löschung der ietteffenden Güter

wegen der Reparatur deS Schiffs oder au» anderm Grünten erfolgt ist.

— Aus bot Be­

stimmungen des Art. 643 Ziffer 3 u. 4 läßt sich mtnehmen, daß der Schiffer im allgemeinm

nicht verpflichtet ist, im ausschließlichen Interesse deS Beftachter» oder eine- ttiydnen Ladungs­ interessenten ten Aufenthalt, welchen die Reift aus einem anderen Grunde erlitten hat, nach

Beseitigung deffelten noch zu verlängern (R.G. XIV, 43).

Fünftes Buch.

666

Dom Seehandel.

Art. 644.

Alle Exemplare des Konnossements müssen von gleichem Inhalt sein, dasselbe

Datum haben und ausdrücken, wie viele Exemplare ausgestellt ftnb147). 14Ä)

a. Die Pflicht des Schiffers, ein Konnossement auSzustellen, tritt schon mit

Beendigung jeder einzelnen Abladung und nicht oft mit der völligen Beladung deS

Schiffes ein.

Die Haftung deS Schiffers auS dem Receptum beginnt dagegen

(P. 2193.)

nach Art. 607 schon mit der Empfangnahme deS Guts zum Seetransport (R.G. XI, 103). b. ES war beantragt, auszusprechen, daß der Schiffer schuldig sei, die Konnossemente

sofort und spätestens binnen 24 Stunden nach Vollendung der Abladung auszustellen.

Dieser

Antrag wurde abgelehnt, einerseits weil der Ablader oft noch früher als 24 Stunden nach der Abladung der Konnossemente bedürfe, andererseits weil dem Schiffer bisweilen die Einhaltung der Frist unmöglich fei.

c.

(P. 2196, 2197.)

Derjenige, welcher die Güter einliefert, erhält gewöhnlich sofort bei der Ablieferung

einen Empfang- oder Ladeschein (recepisse, receive, Retief; receipt genannt), der nichts An­ dere- als ein Auszug der wesentlichen Notizen aus dem Ladebuch (einem Verzeichnisse aller einzelnen verladenen Güter unter Angabe der Namm deS AbsmderS, deS Empfängers, der Ver­ packung, der Signatur 2C.) sein soll.

Dieser Schein ist eine Art von papier au porteur,

Inhalts dessen jeder Inhaber als legitimirt angesehm wird, um von dem Schisser die Unter­ zeichnung

des KonnossemmtS

negoziables Papier angesehm.

zu

verlangen;

im

kaufmännischen Verkehr wird

(Kaltenborn, Seerecht I, S. 284, 285.)

über die Natur deS Empfangscheins keine Bestimmung

als ein

und hat die Anerkennung und Aus­

bildung desselben als eine- HandelSpapierS dem Handelsgebrauche überlassen. d.

eS

Das Gesetz mthält

(M. 263.)

Konnossement (wahrscheinlich von dem italienischen conoscere, conoscimento)

ist daS Empfangsbekenntniß deS Schiffers über die verladene Waare (the bill of lading) und die Erklärung desselbm, sie nach Ankunft des Schiffes am Bestimmungsorte dem Empfänger gegm Zahlung der Fracht ausliefern zu wollen.

ES begründet ein von dem Frachtverträge

unabhängiges obligatorisches Verhältniß zwischen dem Schiffer und dem Empfänger der Waare. Die Eingehung dieses Verhältnisses liegt auf Seitm des Schiffer- in der Ausstellung oder Unterschrift und Aushändigung des Konnossements, auf Seiten des Empfänger- in der Annahme

desselben.

(M. 263.)

DaS R.O.H. (Bd. 25, S. 194) hat auSgeführt, daß die Bestimmungen

deS H.G.B. über die Verantwortlichkeit der Schiffer und der Rheder auS dem Verhaltm der Ersterm, sowie die Vorschristm deSselbm über die RechtSfolgm, welche einheimische KonnoffemmtSinhaber dm Schiffem und Schiffm gegenüber aus dem Besitz von Konnossementen

abzuleitm befugt sind, auf alle Fälle, in welchm es in deutschm Häfm der Erledigung derarttger RechtSangelegmheitm, gleichviel ob einheimischer oder ausländischer Schiffe bedarf, zur

Anwmdung zu bringm sind.

Der Schiffer zeichne die Konnossemente, um eine am Bestimmungs­

orte der Ladung gegm den eventuellen dortigen Inhaber des DokummtS zu erfüllende Ver­ bindlichkeit zu beurkundm und unterwerfe sich hierdurch dem Rechte deS Bestimmungsortes. —

Vgl. auch R.G. HI, 102. u. XX, 56. e.

Die Zahl der Eremplare, deren Ausstellung der Ablader verlangen kann, ist mit

Absicht (P. 4003) im Gesetze nicht beschränkt wordm; man nahm an, daß Chikanm nicht zu

befürchten seien.

(Vgl. die ähnliche Bestimmung im Art. 66 A. D. W.O.) — Das R.G.

(II, 129) bemerkt: aus Art. 644 folge nicht, daß ein von einer anderen Person als dem Schiffer

für daS Schiff ausgestelltes Konnoffemmt ungültig und überhaupt kein Konnossement sei (ebenso XX, 55); zugleich läßt dieser Gerichtshof eS in dem angeführten Urtheil dahin­ gestellt, ob der Schiffer nothwendig in Person daS Konnossement ausstellm muß oder seiner

Verpflichtung gegm den Ablader schon genügt, wenn er ein Konnossement verschafft, daS von

einem nachzuweisendm Vertreter deS RhederS ausgestellt ist.

l4T) Der Ausdruck .von gleichem Inhalt" (nicht .gleichlautend") ist gebraucht worden, um anzudeuten (P. 4004), daß nicht jede, auch die geringste Abweichung als erheblich gelten

und nicht ausgeschlossen sein solle, daß die verschiedenen Exemplare deS KonnossemmtS in ver-

Don dem Frachtgeschäft zur Beförderung von Gütern.

Fünfter Titel.

Art. 645.

667

Dem Schiffer ist auf sein Verlangen von dem Ablader eine mit der Unter­

schrift des letzteren verschenk Abschrift des KonnoffementS zu ertheilen449). Prot. S. 2193-2197. 2231. Prot. 6. 4003—4005.

Ur. 6nte. Art. 483. feite. I. Art. 522.

Artikel 645.

Das Konnossement enthält149): 1) den Namen des Schiffers150); 2) den Namen und die Nationalität des Schifft;

3) den Namen des Abladers; 4) den Namen des Empfängers;

5) den Abladungshafen; 6) den Löschungshafen oder den Ort, an welchem Order über denselben einzu­

holen ist; 7) die Bezeichnung der abgeladenen Güter, deren Menge und Merkzeichen^);

schiedenen Sprachen ausgestellt »erben. — Der Schiffer hat nicht blos das Recht, sondern auch

die Pflicht, die Ausstellung anderer als übereinstimmender KonnoffementSexemplare abzulehnen.

Stellt er dennoch ein solches nicht übereinstimmendes Exemplar aus, so werden dadurch nicht

die sämmtlichen KonnoffementSexemplare ungültig, sondern seine Verpflichtungen sind nach Maaß­

gabe desjenigen Exemplars zu beurtheilen, auf Grund dessen die Ablieferung der Güter erfolgt. Wenn er also z. B. einen Theil der Exemplare mit einer Klausel gezeichnet, auf anderen die

Klausel weggelassen

hat,

so

wird

er sich auf die letztere nicht berufen können,

wenn der

Empfänger die Ablieferung auf Grund eines ohne Klausel auSgelieferten Exemplars verlangt.

148) Zur Rechtfertigung des Abs. 3 d. Art. wurde bemerkt:

Der Schiffer kommt nicht

selten in die Lage, sich auf sein Konnossement berufen zu müssen, uud mit demselben seine An­

sprüche zu begründen.

wodurch er sich

ES ist deshalb wünschenSwerth, ihm ein Mittel in die Hand zu geben,

ein Dokument verschaffen kann, dessen Inhalt wenigstens gegenüber dem Ab­

lader als der richtige geltm muß.

Nach mehreren Gesetzgebungen wird dies dadurch erreicht,

daß der Ablader mindestens ein Exemplar unterschreiben und dieS dem Schiffer zustellen muß.

Durch eine derartige Bestimmung wird die Natur des KonnoffementS

seitigen DerpflichtungSscheinS

verdunkelt

als eines

ein­

und der Auffassung Raum gegeben, als ob daS in

dm Händen des Schiffers befindliche Konnossement, wmn eS an Dritte begeben wäre, dieselbm

Wirkungen hätte, wie jedes andere Exemplar.

Zur Vermeidung dieser Uebelstände, und um

zugleich die Begründung der Ansprüche des Schiffers zu erleichtern, ertheilt,

verlangen.

ist ihm die Befugniß

eine mit der Unterschrift deS Abladers versehme Abschrift deS KonnoffementS zu

(M. 264.

P. 2194—2196.)

1 8- U.

In die sechste Kolonne ist der Eigenthümer des Schiffs, oder toenn eine Rhederei be­ steht, jeder Mtrheder unter Hervorhebung des RechtSgrundeS des Erwerbes und der Nationali­

tät, sowie, toenn eine Rhederei besteht, unter Bezeichnung der Größe der SchiffSpart eines

jedm Mitrheders nach Anleitung des Formulars einjutragm (Artikel 53 §. 4 Ziffer 5, 6, 7 des Einführungsgesetzes). Ist eine Aktimgesellschaft Rheder oder Mitrheder, so gehört zu ihrer Bezeichnung die

Angabe ihrer Firma, deS Ort», an welchem sie ihrm Sitz hat, und de» Orts, wo sie errichtet ist (Art. 53 §. 1 .).

Haben seit der Erbauung oder Nationalisirung deS Schiffs und vor der Eintragung deSselbm in daS Schiffsregister bereits EigmthumSveränderungm stattgefundm, so werdm die­

selben nur auf besouderm Antrag

deS Rheders, und

zwar nicht in der sechStm Kolonne,

fcnbcm in der fünften Kolonne historisch erwähnt.

§. 12.

In der siebenten Kolonne ist daS Datum der richterlichm Verfügung, durch welche die Eintragung deS Schiff» angeordnet ist, und das Datum der Eintragung selbst zu vermerkm.

§. 13. In die zur Aufnahme der nach der Eintragung des Schiff» in das Schiffsregister ein*

getretenen Eigenthumsveränderungen dienende achte Kolonne wird jede EigmthumSverändaung

nach Maaßgabe deS Formulars dergestalt eingetragm, daß der neue Erwerber nach Anleitung de» §. 11, der Rechtsgrund de» Erwerbe» unter Bezeichnung der darüber beigebrachtm Urkunden,

und wmn nicht da» ganze Schiff, sondem nur eine oder mehrere Partm erworben sind, diese letzteren durch Hinweisung auf die sechste und betreffmden Fall» auf einen früherm Vermerk in der achtm Kolonne zu bezeichnm und die Zeft der Eintragung, sowie da» Datum der die­

selbe anordnendm richterlichm Verfügung anzugebm sind. §. 14.

In der neunten Kolonne ist jede in denjmigm Thatsachen, welche in die vier erstm

Kolonnm de» Register» eingetragm sind, eingetretme Veränderung zu vermerkm, insbesondere also die Veränderung de»

Namen» des Schiff»,

de»

HeimathShafen»,

insofern der neue

HeimathShafm in dem Bezirk bet Gericht» belegen ist, der baulichen Einrichtung, der Größen«

verhältniffe und Tragfähigkest, de» abweichendm Ergebniffe» einer neuen Vermessung unter

näherer Bezeichnung de» darüber beigebrachten Meßbriefe». — Die Eintragung erfolgt unter Angabe der Zett derfelbm und der sie anordnmdm richterlichm Verfügung, im Uebrigm in

möglichster Kürze. §. 15.

Die zehnte Kolonne wttd nur in da» Schiffsregister derjmigm Gerichte ausgenommen, in deren Bezirken da» Mgemeine Landrecht gilt

die Eintragung nach §. 1

Wird eine Verpfändung eingetragen, so muß

Art. 53 de» EmführungSgefetze» außer der Zett der Eintragung

enthaltm:

1) dm Namm deS Gläubiger», 2) die Forderung, für welche die Verpfändung geschehm ist,

896

Anhang.

3) die Bezugnahme auf die Verpfändungsurkunde unter Bezeichnung des Ortes und des

Datum» der AuSftckkmg. Cefsionen und sonstige Veränderungen, sowie Löschungen werden in gleicher Weise ver­ merkt, wie bei den in das Hypothekenbuch eingetragenen Forderungen.

Jeder Verpfändung»-, CessionS-, VerändcrungS- und Löschungsvermerk ist zugleich auf der DerpfändungSurkunde zu registriren').

ß. 16. Wird das Schiff in de« Schiffsregister gelöscht, so ist in der elften Kolonne nicht allein die Löschung, sondern auch der Grund

und

die Zeit

derselben

unter Angabe

de»

Ist zu der Zeit, in welcher

Datum» der sie anordnenden richterliche« Verfügung einzutragen.

die Löschung nach dem Gesetze erfolge« muß, eine Verpfändung eingetragen, so ist der ein­

getragene

Pfandgläubiger,

insofern sein Aufenthalt

bekannt ist, vor der Löschung von der

Sachlage und der bevorstehenden Löschung in Kenntniß zu setzm, und erst nach Ablauf von

vier Wochen, vom Tage der Insinuation der Verfügung an gerechnet, mit der Löschung zu verfahren.

§. 17.

Das nach der Eintragung des Schiff» in da» Schiffsregister zu ertheilende Certifikat

(Art. 435 des Handelsgesetzbuchs und Art. 53 §. 6 des Einführungsgesetzes) muß den Inhalt des Schiffsregisters genau und vollständig angeben, und bezeugen, daß die in das Schiffsregister

eingetragenen Thatsachen auf glaubhaften Nachweisungen beruhen, sowie daß dem Schiffe das Recht, die Preußische Flagge zu führen, zusteht.

Die Ausfertigung des Certifikats erfolgt, wie die des bisherigen Beilbriefs, in alter Urkundenform auf Pergament mit angehängtem Kapselsiegel.

Dieselbe ist sowohl von dein

Direftor, als von zwei anderen Mitgliedern des Gerichts zu vollziehen.

Die Gerichte haben zu den Certtstkaten zum Theil gedruckte, nur der Ausfüllung be­ dürfende

f.

Formulare

zu

verwenden.

Die

Formular- ist ans der Anlage F. ersichtlich.

Beschaffenheit

und

Einrichtung

eines

solchen

Dasselbe giebt aus der Vorderseite in der Mitte

de» gerichtlichm Zeugnisses den Inhalt deS Schiffsregisters in sieben Kolonnen wieder, welche *) ES ist von Wichtigkeit, daß über die Bedeutung de» Art. 59 des Einführungs­ gesetzes teilte Zweifel bestehen. Nach dem Eingang de« Artikels sollen die 88. l, 2 und 3 deSsriben an Stelle der 302 bis 307 und 313 Th. 1 Tit. 20 deS allgemeinen Landrechts treten. Eine Vergleichung der letzteren Vorschriften mit den ersteren läßt erkennen, von welcher geringen Tragweite die eingetretene Aenderung ist. Dieselbe beschränk sich im Wesentlichen darauf, daß die Verpfändung statt der biShrigen Registrtrung auf den SchtffSurkunden in das nach An. 432 des Handelsgesetzbuchs einem Jeden zur Einsicht geöffnete Schiffsregister eingetragen wird. Nach den Motiven ist eS bedenklich befunden, noch weiter p gehen und die landrecht­ lichen Grundsätze über die Verpfändung von Grundstücken mittelst Eintragung in das Hyyothekenbuch ohne Weitere« auf die Verpfändung von Schiffen und Schiffsparten zu über­ tragen, wodurch da» Schiffsregister zu einem Hypothekenbuche für die Schiffe erhoben und mit einem überwiegmd privatrechtliche» Karafter versehen sein würde. Keineswegs dürfen aso die H8. 1—3 Art. 59 de» Einführungsgesetzes in einem anderen Sinne verstanden werden, al» daß sie nur die Stelle der §§. 302—307 und 313 Th. L Tit. 20 des Allgemeinen Landrechts ein«

nehmen und keine andere Bedeutung haben, als diejenige, welche au« toter dortigen Einreihung nach dem System de» Gesetzbuchs und dem Zusammenhang sich «giebt, waS namentlich von Wichtigkeit wird, wenn e» sich um eine Löschung handelt (vgl. §. 2 Abs. 3 Art. 59 de» EinführungSgesetzeS). Sodann ist zu beachten, daß nach §. 2 a. a. O. durch die Eintragung in das Schiffsregister die Verpfändung selbst vollzogen wird. Die Vorschrift entspricht dem 8. 305 Th. I. Tit. 20 des Allgem. Landrecht»: .Durch die Uebergabe dieser beglaubten Ab­ schrift wird die Derpfänduim selbst vollzogen', und ergiebt, daß die am Schluffe des §. 1 vor­ geschriebene Notirung der Eintragung aus der DerpfändungSurkunde und dem Cersifikat des PfondbestellerS nicht als eine wesentliche Bedingung zum Erwerbe des Pfandrechts erscheint; e« findet dies seine Erklärung in der gesetzlichen Publizität des Schiffsregisters. Nach dem obigen und im Hinblick auf den Hauptzweck des Schiffsregisters wird im Falle der Nationalisirung des Schiffs das Gericht vor der Eintragung desselben in das Schiffs­ register von Amtswegen auch nicht zu prüfen haben, ob Pfandrechte auf dem Schiffe ruhen.

897

2. Allgemeine Verfügung und Instruktion vom 12. Dezbr. 1861. genau den sieben ersten Kolonnen des Schiffsregister- entsprechend sind.

Wenn nach der Ein­

tragung de- Schiffs in das Schiffsregister da- Certifikat ertheilt wird, so können die achte und neunte Kolonne des Register- noch keine Eintragung enthalten, wohl aber ist eS möglich, daß in der zehnten Kolonne bereits ein Verpfändung-vermerk eingetragen ist.

In einem solchen

Falle ist der Verpfändungsvermerk nach Anleitung de- §. 18 auf der Rückseite de- Certifikatin die zehnte Kolonne aufzunehmen.

Wird ein neue- Certifikat verlangt, nachdem in die achte oder neunte Kolonne de- Re­ gisters bereits Veränderungen eingetragen sind, so muffen diese nicht allein in die achte oder

neunte Kolonne deS Certifikats ausgenommen und die Vermerke nach Anleitung des §. 18 be­

glaubigt werden, sondern es ist zugleich auf der ersten Seite des Register- in der entsprechenden Kolonne, auf deren Inhalt die Veränderungen sich beziehen, durch einen kurzen Vermerk auf

die betreffenden, aus der Rückseite des Registers ersichtlichen Eintragungen zu verweisen, z. B. wenn

bereits eine Eigenthumsveränderung eingetragen ist, durch den Vermerk in der sechsten Kolonne: »Vergleiche die auf der Rückseite in der achten Kolonne unter Nr. .. am

eingetragene Veränderung." Damit die Benutzung des Formulars um so wenigere Schwierigkeiten veranlasse, ist

bei der Eintragung des Schiffs in das Schiffsregister, insbesondere bei der Ausfüllung der dritten und vierten Kolonne der Inhalt des Formulars zur Richtschnur zu nehmen. §. 18. Ist nach der Ertheilung des Certifikat- eine Eintragung in die achte, neunte oder zehnte Kolonne

des Registers erfolgt,

so ist dieselbe auf der Rückseite deS Certifikats in die ent­

sprechende Kolonne wortgetreu aufzunehmen, und dieser Vermerk durch Beifügung deS Namen-, sowie des Siegels und der Unterschrift deS Direktors zu beglaubigen.

Die

Eintragung von

Veränderungen,

für welche die achte und neunte Kolonne des

Registers bestimmt sind, kann auf den Antrag deS Rheders auch in der Art erfolgen, daß daFolium, auf welches das Schiff bisher eingetragen war, geschloffen, und das letztere auf ein

anderes Folium unter einer neuen Nummer nur nach Maaßgabe der Thatsachen und Verhält­ nisse eingetragen wird, welche zur Zeit der Anlegung deS neuen FoliumS bestehen.

In einem

solchen Falle ist auf dem früheren Folium in der elften Kolonne deS Registers die Schließung des FoliumS und die Nummer zu bemerken, unter welcher daS Schiff von neuem eingetragen

ist (z. B. .daS Folium ist geschloffm und das Schiff unter Nr. ... deS Registers von neuem eingetragen"), wogegen auf dem neuen Folium in der fünften Kolonne zu erwähnen ist, daß

und unter welcher Nummer das Schiff früher eingetragen war, sowie, wenn eine NamenSreränderung stattgefunden hat, welchen Namen daS Schiff früher gefühtt hat. In der siebenten Kolonne ist sowohl die Zeit der früheren Einttagung, als die der neuen Eintragung anzugeben

(z. B. zusätzlich:

»Neu auf dieses Folium überttagen zufolge Verfügung vom ... am ...").

Wird ein neue- Folium angelegt, so kann das früher ettheitte Certifikat nicht berichtigt,

sondern es muß über die anderweite Einttagung ein neues Certifikat ettheilt werden. §. 19. Wenn bei

der Veränderung deS HeimathShafen- daS

Schiffsregister für den neuen

HeimathShafen von einem andern Gericht gefühtt wird, so hat daS Gericht, in dessen Schiffs­ register daS Schiff eingettagen ist, das betteffende Folium nach Anleitung deS §. 18 zu schließen,

dem andern Gericht, zu dessen Bezirk der neue Heimachshafen gehött, eine beglaubigte Abschrift jenes FoliumS nebst den auf die Registrttung de- Schiffs sich beziehenden Atten mitzutheilen, da- andere Gericht da- Schiff in sein Schiffsregister nur nach Maaßgabe der zu dieser Zeit

bestehenden Thatsachen und Verhältnisse einzuttagen, und dem Rheder ein neues Certifikat zu ertheilen.

Bei der neuen Einttagung ist in der fünften Kolonne de- Register- zu erwähnen,

daß und unter welcher Nummer daS Schiff in da- Register deS ersteren Gerichts früher ein­ gettagen war, sowie wenn eine Namen-veränderung stattgefunden hat, welchen Namen da- Schiff früher gefühtt hat.

MaLowsr, Handelsgesetzbuch.

10. «ufL

57

898

Anhang.

§. 20. Die bei Ertheilung eines neuen Certifikats oder im Falle der Löschung deS Schiffs zurückzuliefernden Certifikate sind zu kassiren und -u den Akten zu nehmen.

8. 21. Nach den in den vorstehenden Paragraphen enthaltenen Bestimmungen ist, soweit in den nachfolgenden Paragraphen nicht ein Anderes bestimmt würd, auch bei der im Artikel 71 deS Einführungsgesetzeß vorgeschriebenen Eintragung derjenigen Schiffe -u verfahren, welche bei Eintritt der Geltung des Handelsgesetzbuchs und des Einführungsgesetzes zur Führung der Preußischen Flagge berechtigt und mit den nach den bisherigen Vorschriften zur Ausübung dieses Rechts erforderlichen Papieren versehen sind.

§. 22. Zu der Eintragung eines Schiffs, welches zu den im §. 21 bezeichneten gehört, ist die Vorlegung des Beilbriefß erforderlich. Die Eintragung geschieht auf Grundlage deß Beilbriefß. Kann derselbe wegen glaubhaft bescheinigten Verlustes nicht vorgelegt werden, so ist sein Inhalt auß den bisherigen Beilbriefsakten festzustellen.

§. 23. Die nach den §§. 6 ff. in das Schiffsregister einzutragenden Thatsachen bedürfen, soweit sie durch den Beilbrief beurkundet sind, oder auS den Beilbriefsakten sich zur Genüge ergeben, keines weiteren Nachweises.

§. 24. Sind nach der Ertheilung deß Beilbriefß Veränderungen eingetreten, welche, wenn sie nach der Eintragung des Schiffs in das Schiffsregister eingetreten wären, in die achte und neunte Kolonne deS Registers gehören würden, so ist gleichwohl die Eintragung des Schiffs nur nach Maaßgabe der zur Zeit derselben bestehenden Thatsachen und Verhältniffe zu bewirken, jedoch, wenn eine Namensveränderung stattgefunden hat, unter Erwähnung des früheren Namens in der fünften Kolonne und unbeschadet deß Rechts deß Rheders, die früheren EigenthumSverhältnisse in dieselbe Kolonne aufnehmen zu lassen (§. 11).

§. 25. In der siebenten Kolonne ist nicht allein die Zeit der Eintragung anzugeben, sondern auch zu vermerken, daß und zu welcher Zeit der Beilbrief ertheilt, und daß nach Einführung deß Schiffsregisters das Schiff auf Grundlage des Beilbriefß in daß Schiffsregister eingetragen sei. Der Eintragungsvermerk in der siebenten Kolonne wird also dahin zu lauten haben: »Das Schiff, für welches am der Beilbrief ertheilt worden, ist nach der Einführung des Schiffsregisters auf Grundlage deS früher ertheilten Beilbriefß zufolge Verfügung vom am in das Schiffsregister eingetragen/

§. 26. Verpfändungen, welche auf dem Beilbrief registrirt und noch nicht gelöscht sind, werden in die zehnte Kolonne deß Registers von Amtßwegen eingetragen.

§. 27. Nach der Eintragung ist der Beilbrief zu kassiren und dem Rheder das RegisterCertifikat zu ertheilen.

§. 28. Die bisherigen Beilbriefßakten sind mit den nach §. 4 anzulegenden Akten zu verbinden.

§. 29. Diejenigen Gerichte, welche Beilbriefe ertheilt haben, zur Führung des Schiffsregisters aber nicht befugt sind, haben ihre Beilbriefsakten an die Gerichte abzugeben, denen die Führung des Schiffsregisters über die von dem Rheder der betreffenden Schiffe zu Heimathshäfen zu wählenden Häfen obliegt. Dasselbe gilt, wenn der Rheder einen HeimathShafen wählt, für den ein anderes Gericht, als dasjenige, welches den Beilbrief ertheilt hat, das Register zu führen hat.

2. Allgemeine Verfügung und Instruktion vom 12. Dezbr. 1861.

899

Dritter Theil. Die Beeidigung der Handel-makler und Beglaubigung nnd Anfbewahruug der Tagebücher. §. 1. Jeder Handelsmäkler bat nach seiner Anstellung und vor Antritt seines Amts einen Eid dahin zu leisten: »daß er, nachdem er zum (Waaren-, Wechsel-, Schiffs-) Mäkler für die Stadt (den Bezirk) N. ’N. bestellt worden, die in dieser Eigenschaft ihm obliegenden Pflichten getreu erfüllen wolle —" (Art. 66 des Handelsgesetzbuchs). Es ist also in der Eidesformel des Orts oder des Bezirks, für welchen der Mäkler angestellt ist, und der besonderen Arten von Mäklergeschäften, worauf die Anstellung etwa be­ schränkt ist (Art. 68 a. a. O.) zu erwähnen*). §. 2. Der Eid wird bis zur Errichtung und Organisation von Handelsgerichten in allen Landestheilen der Monarchie bei dem Stadt- oder Kreisgericht, in dessen Bezirk der Handelsmäkler angestellt ist, oder wenn er im Bezirk einer ständigen Gerichts-Deputation angestellt ist, bei dieser von einem dazu bestellten Richter abgenommen. Im Gebiet des Rheinischen Rechts wird die Beeidigung bei dem Handelsgericht, in dessen Bezirk der Mäkler angestellt ist, in öffentlicher Sitzung des Gerichts durch den Präsidenten desselben bewirkt (Art. 9 §. 4 und Art. 73 des Einführungsgesetzes). §. 3. Die Beeidigung findet nur auf Ersuchen der Regierung statt, welche die Ernennung deß Mäklers bestätigt oder denselben angestellt hat (Art. 9 §. 1 des Einführungsgesetzes). Von der geschehenen Beeidigung ist die Regierung in Kenntniß zu setzen.

§. 4. Der nochmaligen Beeidigung der nach den bisherigen Vorschriften angestellten und be­ eidigten Handelsmäkler bedarf es nicht**).

§. 5. Der Präsident oder D orsitzende des Gerichts, bei welchem nach §. 2 der Mäkler beeidigt wird, hat das Tagebuch desselben nach Maaßgabe des Art. 71 des Handelsgesetzbuchs zu be­ glaubigen (Art. 9 §. 4 des Einführungsgesetzes). Auch die Tagebücher der bereits angestellten Mäkler sind dieser Beglaubigung unter­ worfen und gleich nach Eintritt der Gesetzeskraft des Handelsgesetzbuchs zur Bewirkung derselben den Gerichtsvorständen vorzulegen. §• 6. Das Tagebuch eines verstorbenen oder aus dem Amte ausgeschiedenen Handelsmäklers ist von demselben Gericht in Verwahrung zu nehmen, welchem nach §. 2 die Beeidigung ob­ liegt (Art. 75 des Handelsgesetzbuchs und Art. 9 §. 4 des Einführungsgesetzes). Bei der Auf­ bewahrung ist in gleicher Art zu verfahren, wie bei der Aufbewahrung der Amtspapiere eines verstorbenen oder ausgeschiedenen Notars (vergl. §. 73 des Gesetzes über die Aufnahme der Notariatsinstrumente vom 11. Juli 1845, Ges.-Samml. S. 487). Im Bezirk des Appellations­ gerichtshofes zu Cöln werden die Tagebücher im Sekretariat des Handelsgerichts aufbewahrt. *) Für die Eidesformel kann nur der Art. 66 des Handelsgesetzbuchs maaßgebend sein; die auf diesen Gegenstand sich beziehenden früheren Vorschriften sind als aufgehoben anzusehen (vgl. Art. 60 Ziffer 2 a. a. £).). **) Die Fassung des zweiten Absatzes des Art. 66 des Handelsgesetzbuchs läßt erkennen, daß er auf die bereits im Amte stehenden beeidigten Mäkler sich nicht bezieht.

Anlage A. Firmenregister. 6.

1.

2.

3.

4.

5.

Lau­

Bezeichnung

Ort

Bezeichnung

Zeit

fende

des Firma-Inhabers.

der Niederlassung.

der Firma.

der Eintragung.

1.

Kaufmann Johann Christian Müller zu Stettin.

Stettin.

I. C. Müller.

eingetragen zufolge Verfügung vom 1. Juni 1862 am 2. Juni 1862 (Akten über das Firmenregister Bd. I. S. 20). N. N. Sekretair.

Die Firma ist in „I. C. Müller I." verändert, vergl. Nr. 20 des Firmenregisters; eingetragen zufolge Verfügung vom 30. Oktober 1862 am selbigen Tage (Akten über das Firmenregister Bd. I. S. 60). N. N. Sekretair.

2.

Kaufmann Friedrich Klotz zu Stettin.

Stettin.

F. Klotz.

eingetragen zufolge Verfügung vom 3. Dezember 1862 am 4. Dezember 1862 (vergl. Akten über das Firmenregister Bd. I. S. 90). N. N. Sekretair.

Die Firma ist erloschen; eingetragen zufolge Verfügung vom 1. März 1863 am 2. März 1863 (Akten über das Firmenregister Bd. II. S. 3). N. N. Sekretair.

3.

Kaufmann Isidor Meyer zu Stettin.

Stettin.

Meyer III.

eingetragen zufolge Verfügung vom 8. Dezember 1862 am 8. Dezember 1862 Wien über das Firmenregister

Die Firma ist durch Erbgang auf den Kaufmann Anton Bolte zu Stettin ttbergegangen; vergl. Nr. 31 des Firmenregisters; eingetragen zufolge Derfügung vom 1. Juni 1863 am 2. Juni 1863 (Akten über das Firmenregister Bd. II. S. 35). N. N. Sekretair.

Bd. I. S. 100). N. N. Sekretair.

4.

Kaufmann Hermann Franke zu Stettin.

Stettin.

H. Franke.

eingetragen zufolge Verfügung vom i. Juni 1862~am 2. Juni 1862 (Akten über das Firmenregister Bd. I. S. 25)'. N. N. Sekretair.

20. (früher 9lr. 1.)

Kaufmann Johann Christian Müller zu Stettin.

Stettin.

I. C. Müller I.

eingetragen zufolge Verfügung vom 30. Oktober 1862 am selbigen Tage (Akten über das Firmenregister Bd. I. S. 60). N. N. Sekretair.

31. (früher Nr. 3.)

Anton Bolte zu Stettin.

Stettin.

Meyer III.

eingetragen zufolge Verfügung vom 1. Juni 1863 am 2. Juni 1863 (Akten über das Firmenregister Bd. II. S. 35). N. N. Sekretair.

32.

Kaufmann Theodor Herbst zu Stettin.

Stettin und eine Zweigniederlas­ sung in Bredow.

T. Herbst.

eingetragen zufolge Verfügung vom 1. Oktober 1864 am selbigen Tage (Akten über das Firmenregister Bd.III. S. 40). N. N. Sekretair.

Bemerkungen.

Der Kaufmann Georg Danz zu Stettin ist in das Handelsgeschäft des Kaufmanns Hermann Franke als Handelsgesellschafter eingetreten und die nunmehr unter der Firma H. Franke bestehende Handelsgesellschaft unter Nr. 45 des Gesellschaftsregisters eingetragen; eingetragen zufolge Verfügung vom 1. Juli 1864 am 1. Juli 1864 (vergl. Bd. III. S. 6 des Firmenregisters). N. N. Sekretair.

Die Zweigniederlassung in Bredow ist aufgehoben und eine solche in Frauen­ dorf errichtet, eingetragen zufolge Verfügung vom 1. Dezember 1864 am 2. des­ selben Monats (Akten über das Firmenregister Bd. III. S. 70). N. N. Sekretair.

öuvgW

JVi.

Anlage B. Proknrenregister. 2.

Bezeichnung

Prinzipals.

4.

Bezeichnung der Firma, welche der Pro­ kurist zu zeich­ nen bestellt ist.

Orte

Verweisung

der Nieder­

auf das Firmen­

lassungen.

5.

oder Gesellschafts-Register.

1.

Kaufmann Johann Albert Schmidt zu. Danzig.

Schmidt u. Söhne.

Danzig.

Die Firma Schmidt u. Söhne ist eingetra­ gen unter Nr. 28 des Firmenregisters.

2.

Die Handels­ gesellschaft £). Beyer u. Comp. zu Danzig.

O. Beyer u. Comp.

Danzig.

Die Handelsgesell­ schaft O. Bever u. Comp. istunterNr.13 des Gesellschafts­ registers eingetragen.

6.

7.

Bezeichnung

Zeit

8.

des

der

Prokuristen.

Eintragung.

Ferdinand Lex zu Danzig.

eingetragen zufolge Verfügung vom 20. April 1863 am 21. April 1863(Aktenüber das Prokuren-Register Bd. I. S. 168). N.N. Sekretair.

1) Engelbert Kleine, eingetragen zufolge 2) FerdinandLampe, Verfügung vom 1. Au­ beide zu Danzig, wel­ gust 1863 am 2. August 1863 (Akten über daß chen Kollektivprokura Prokuren-Register ertheilt ist. Bd. I. S. 200). N.N. Sekretair.

Bemerkunge n.

Die Prokura beider Pro­ kuristen ist erloschen; ein­ getragen zufolge Verfügung vom 1. Dezember 1863 am 1. Dezember 1863 (Akten über das Prokuren-Register Bd. I. S. 200). N.N. Sekretair.

Allgemeine V erfügung und In s tru k tio n vom 12. Dezbr. 1861.

des

3.

!.

Laufende JML

1.

Arrkatg- C.

Gesell sch aftsre-ister. 4.

Lau­ fende

Firma der Gesellschaft.

Sitz der Gesellschaft.

1.

Gabriel u. Comp.

Berlin.

Die Gesellschafter sind: 1) der Kau mann Anton Gabriel zu Berlin, 2) der Kau mann Julius Gabriel daselbst, 31 der Kaufmann Adolf Otto daselbst. _ _ Gesellschaft hat am 1. Oktober 1863 begonnen. Die Die Befugniß, die Gesellschaft zu vertreten, siebt nur dem Kaufmann Anton Gabriel und dem Kaufmann Julius Gabriel und zwar in der Art zu, daß dieselbe nur in Gemeinschaft auöaeübt werden soll; der Kaufmann Adolph Otto ist von der Befugniß, die Gesellschaft zu vertreten, ausgeschlossen. Eingetragen zufolge Verfügung vom 2. Oktober 1863 (Akten über daö Gesell­ schaftsregister Bd. II. S. 40). N. N. Sekretair.

Magdeburg mit einer Zweigniedcrlaffung in Berlin.

Der Kaufmann Ferdinand Rampe ist als Gesellschafter in die Gesellschaft cingetreten; eingetragen am 1. Oktober 1864 zufolge Verfügung vom 1. Oktober 1864. Die Gesellschaft ist eine Kommanditgesellschaft. Die Gesellschafter sind: 1) der Kaufmann Ludwig Randow zu Magdeburg, 2) der Kaufmann Christian Lenz zu Berlin, 3) der Färbermeister Georg Randow zu Magdeburg, 4) der Gastwirth Anton Lenz zu Berlin. Der Kaufmann Ludwig Randow und der Kaufmann Christian Lenz sind persönlich haftende Gesellschafter, der Färbermeister Georg Randow und der Gast­ wirth Anton Lenz Kommanditisten; vie VermögenSeinlaae eines jeden der beiden Kommanditisten beträgt 4000 Thaler; eingetragen zufolge Verfügung vom 3. Oktober 1864 am 4. Oktober 1864 (Akten über das GescUfchaftSregister Bd. II. S. 290). N. N. Sckretair.

Die Firma der Gesellschaft ist in Ga­ briel, Otto u. Comp. geändert; ein­ getragen zufolge Verfügung vom 8. Ja­ nuar 186* am 4. Januar 186* (Akten über das Gesellschaft-register Sb. II. S. 101). N. N. Dekretair.

Randow u. Söhne.

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft.

luvPlL

3.

1.

gUttage D« Register zur Eintragung der Ausschließung oder Aufhebung der ehelichen Gütergemeinschaft. 1.

2.

3.

Lau­ fende a?.

Bezeichnung des Ehemannes.

Bezeichnung

1.

Kaufmann Franz Rolle zu Königsberg.

4.

Bemerkungen.

hat für seine Ehe mit Amalie geborenen Der Kaufmann Franz Rolle ist gestorben: eingetragen zufolge Ver­ Wittel durch Vertrag vom 3. Februar fügung vom 1. Juli 1864 am 1. September 1864 (Akten über da- Register 1863 die Gemeinschaft der Güter und des zur Eintragung der Ausschließung der Gütergemeinschaft Bd. 11. S. 123). Erwerbs ausgeschlossen; eingetragen zufolge N. N. Sekretair. Verfügung v. 25. Februar 1863 am 26. Fe­ bruar 1863 (Akten über das Register zur Eintragung der Ausschließung der Güter­ gemeinschaft Bd. II. S. 9). N. N. Sekretair.

Allgemeine Verfügung und Instruktion vom 12. D ejbr. 1861.

des Rechtsverhältnisses.

!.

to

903

Arrkrge E. Schiffsregister. M 23. Kol. 1.

Kol. 2.

Kol. 3.

Kol. 4.

Gattung

Namen des Schiffs.

Hermes.

Namen des

hafenö.

Stettin.

Eigent humöverhält nisse.

Zeit

und

Größe

und

a.

Bauart

und

Ort

i.

des

Tragfähigkeit.

der

Heimathö-

E Erbauung. HD

Schiffs.

Daö Schiff ist von Eichenholz mit buche­ nem Kiel, in Klinker­ art mit run­ dem Gatt gebaut, hat ein Deck, zweiMasten, ist als Brigg getakelt, führt keine Dampfmaschme, hat ein glattes Deck, und ist mit einer Kupferhaut versehen.

Da» Schiff ist lang: 11* Fuß zwischen den Steven von Außenkante zu Außenkante der Spo­ nung; tief: 1* Fuß (durchschnittlich) vom Ver­ deck bi» zur unteren «ante de» Niel»; breit: 20 Fuß in der äußeren Breite in der Höhe der Barkhvlzer; 18 Fuß in der Höhe der Barkhölzer auf der Länge von deren hinterem Endpunkte; 17 Fuß in der Höhe der Barkhölzer auf Via der Länge von deren vor­ derem Endpunkte; und vermeffen zu 163 Rormallaften Tragfähigkeit; laut Meßbrief» de« Kö­ niglichen Haupt-Steueramt» zu Stettin vom 5. November 1860.

Anmerkung zum Formular. Die Festpunkte der Meffungen sind vorstehend nach der gegenwärtig in Kraft Bhenden Preußischen Vermeffung«-Inuktion gewählt. G» versteht stch von bst, daß sie bei abweichenden Meß­ methoden anderweil zu bestimmen sind.

Kol. 7.

Kol. 6.

Kol. 5.

DaS Schiff 1. ist im Jahre 1859 in Stettin unter Leitung des Schiffsbau- 2. meisterW.Nüöke erbaut.

3.

T

"'1

Namen

|

c.

Wohnort

1 Der SchiffSkapitain Wilh. Müller, 1

Preußischer Unterthan.

6.

4

Erwerbs-

I

Grund.

Stettin.

S/4

hat das Schiff für feine Rech­ nung erbaum lassen.

Jascnitz.

*/9*

Anhang.

932

i 4. Insofern da» Handelsgesetzbuch auf die Landesgesetze Bezug nimmt, ist unter diesen über­

haupt das bestehende Recht zu verstehen.

§. S. Zu den Artikeln 6. bis 9.

Eine llnverheirathete,

welche

gewerbemäßig Handels­

geschäfte betreibt, wird Handrlsftau, auch wenn die Betreibung der Handelsgeschäfte ohne Zu­

ziehung eine- GeschlechtSvorunmde» begonnen ist. 5. 6.

Kann der Ehemann seine EinwAigung zu bau Handelsbetriebe seiner Ehefrau wegen Abwesenheit, Geistesschwäche oder anderer Gründe nicht ertheilen, so ist daS Gericht befugt, auf

den Antrag der Ehefrau dieser nach Prüfung der in Betracht kommmden Derhältniffe den

Handelsbetrieb zu gestatten.

§. 7. Die Einwilligung des Ehemannes zu dem Handelsbetriebe der Ehefta« ist nicht er­

forderlich, wenn bei Trennung der Ehe von Tisch und Bett eine gerichtliche Auseinandersetzung der DermögenSverhältnisse unter den Eheleuten stattgefunden hat.

8- ». Demjenigen, der aus einem mit einem verheiratheten Kaufmann oder einer verheiratheten Handrlsftau abgeschlossenen Handelsgeschäfte eine Forderung erworben hat, kam eine Abweichung

vm dem am Wohnorte des Schuldner» geltenden ehelichen Güterrechte nur dann entgegengesetzt werden, wenn dieselbe ihm bekannt oder in daS Handelsregister eingetragen und nach Maaßgabe

der Artikel 13. und 14. de» Handelsgesetzbuch» veröffentlicht war.

Gr ist nicht erforderlich, daß die Abweichung ihrem Inhalte mch eingetragen wird, viel­ mehr genügt die Eintragung der Thatsache, daß eine Abweichmg stattfindet.

Eine

beglaubigte Abschrift der die Mweichmg bestimmenden Urkunde

ist

bei

dem

Handelsgerichte einzureichm.

Jeder der Ehegatten ist befugt, die Eintragmg der Abweichung in da» Handelsregister z« verlangen.

Auf die im Artikel 10. de» Handelsgesetzbuchs bezeichneten Personen finden jedoch die vorstehenden Bestimmungen keine Anwendmg.

§. 9. Durch die Bestimmungen de» Arttkel» 8. de» Handelsgesetzbuch» werden die bisherigen

Vorschriften nicht berührt, mch welchen der Ehemann, auch wem keine Gütergemeinschaft be­ steht, unter gewissen Voraussetzungen für die Handelsschulden seiner Ehefrau hastet.

§. 10.

Zu den Artikeln 12. bi» 14.

Jede zur Eintragung in das Handelsregister bestimmte

Anmeldung muß auch in denjenigen Fällen, für welche da» HmdelSgesctzbuch die» nicht be­

sonder» vocschreibt, entweder persönlich vor dem Handelsgerichte erklärt, oder in beglaubigter Form bei dem Handelsgerichte eingereicht werd«.

Die Anmeldung gilt als vor dem Handelsgerichte erklärt, wem sie vm einem dazu be­ stellten Richter des Handelsgericht» ausgenommen ist.

Unter der beglaubigt« Form ist die

gerichtliche oder notarielle Form zu verstehen. Geschieht die Anmeldmg durch einen Bevoll­ mächtigt^ so hat dieser eine gerichtliche oder notarielle Vollmacht beizubringen.

Dieselben Formenvorfchriften gelten in Bezug auf die Zeichmng oder Einretchmg der Zeichnung einer Firma oder Unterschrift, welche nach Vorschrift de» HmdelSgesetzbuch» bei tät Handelsgerichte bewirkt werden soll.

Dft näheren geschäftlichen Anordnmgen über die Führung de» Handelsregister» bleiben

einer von dem Justizminister den Gerichten zu ertheilenden Instruktion vorbehalten.

8.

Verordnung vom 5. Juli 1867.

938

§.11. Wenn das Handelsgericht in glaubhafter Weise davon Kenntniß erhält, daß eine Vor­

schrift nicht befolgt worden ist, nach welcher eine Anmeldung zur Eintrag«- in da» Handels­ register und die Zeichnung oder die Einreichung der Zeichnung einer Firma oder Unterschrift

bei dem Handelsgerichte zu bewirten ist, so hat es eine Verfügung an den Betheiligtrn je er­

lassen, durch welche derselbe «ter Androhung einer angemessenen Ordnungsstrafe aufgefordert wird, innerhalb einer bestimmten Frist entweder die gesetzltche Anordmmg za befolge», oder die

Unterlaffung mittelst Einspruch» gegen die Berföguung zu rechtfertigen.

Der Lauf der in der Verfügung bestimmt«» Frist beginnt mit dem Tage, welcher auf Der Einspruch geschieht durch schriftliche Ein­

de» Lag der Zustellung der Verfügung folgt.

gabe an da» Handelsgericht, oder zu Protokoll bei demselben.

§. 12.

Wird binnen der durch die Verfügung bestimmten Frist weder die gesetzliche Anordnung befolgt, noch Einspruch gegen die Verfügung erhoben, so hat das Handelsgericht die angedrohtr Strafe gegen bat Betheiligten festzusetzen und gleichzeitig die Verfügung unter Androhung einer

auderweitrn Ordnungsstrafe zu wiederholen. §. 13. Wird gegen die Verfügung binnen der bestimmten Frist Einspruch erhoben, so hat da»

Handelsgericht, sofern nicht au» dem Einspruch die Rechtfertigung de» Betheiligtrn sich «giebt, einen Termin zu bestimm«, in welchem mündlich und in öffentlich« Sitz«g d« Betheiligte üb« die Verwirkung der Ordnungsstrafe zu hören, im geeigneten Falle Beweis aufzunehmen

und zu entscheide« ist.

Der Betheiligte ist zu diesem T«mine vorzuladen; « kam» in demselben persönlich oder

durch einen Bevollutächtigten die Gründe und Baveise sein« Rechtfertigung Vorbringen.



al» Bevollmächtigt« zuzulaffen sei, ist nach bat Vorschrift« zu beurtheilen, welch« bei dem G«ichte für das Prozeßverfahrm in Civilsachen maaßgebend sind.

§. 14. Erscheint der Bethelligte nicht in dem Lamin«, oda «giebt sich bei ba Verhandlung, daß die gesetzliche Anord«ng von dem Brtheiligt« hätt« befolgt «ad« müssen, ftftehb dir Ordnungsstrafe gegen bafdbat festgesetzt und zugleich mit da Entscheidung, vom nicht etwa

inzwischen die Verhiltniffe sich geändert haben, eine neue Verfügung nach Maaßgabe de» §. 11 erlassen. § 15. Der Beurtheilte Gericht «heb«.

kann

geg« die Entscheid«» nur Beschwerde « da» vorgeordnet«

Dieselbe muß bim« zehn Tag« durch schriftliche Eingabe oda zu Protokoll

bei dem Handelsgerichte «gemeldet waden.

Einlegung da Beschwade gehemmt.

Die Vollstreckung da Entscheidung wird durch

Das Handelsgericht hat ohne Dazug die Befchwade

nebst dm bisherig« Bahandlung« dem vorgeordneten Gerichte einzureichen.

Bei diese« ist

nach dm Bestimmung« de» §. 13. zu verfahren. §. 16. Für die neu« Vafügmg«, welche gemäß §. 12 oda §

14. erlass« werden, und für

dal auf dieselbm folgende Verfahr« gift dasselbe, waS in dm vorstehend« Paragraph« vor­

geschrieben ist. Da Lauf d« Frist, welche in ein« gemäß -. 14 erlass«« neuen Verfügung bestimmt ist, beginnt mit dem Tage, da auf denjenig« folgt, an welchem di« Frist zur Erhebung da Beschwade abgelaufm ist.

Die Verfügung« und die Festsetzung« von OrdnungSstraf« werden wiederholt, bi» bfc gesetzliche Anordnung befolgt oda ihre Voraussetzung weggefalle» ist.

Anhang.

984

§. 17. Die Ordnungsstrafe, welche angedroht und festgestrllt werden kann, besteht in Geldbuße

Eine Umwandlung der Geldbuße in Gefängnißstrafe findet

von fünf bis zweihundert Thalern.

nicht statt

Bei der Feststellung der Ordnungsstrafe ist der Bttheiligte zugleich in die Kosten

des Verfahrens zu veruttheilen.

§. 18.

Die Gerichte sind befugt, W jeder Zeit, das Verfahren mag. bereit» eingeleitrt fein, oder nicht, durch die Beamten der gerichtlichen Polizei oder der Berwaltung-pylizei Ermittelungen

über de» Sachverhalt ciuznziehen,

mich in Fällen,

in welche» dies erforderlich erscheint, durch

tinen Kommissar de» Gericht» oder durch Requisition aqderer Gerichte die eidliche Vernehmung

von Zeugen zu bewirken.

Sie könnm auch die Verhandlung in der Sitzung zu einer anderen

Sitzung vertagen, sowie von Amtswegen Zeugen zur Sitzung vorladen lassen.

Gegen Zwischen­

verfügungen findet ein Rechtsmittel nicht statt.

§. ö. Den Beamten der Staatsanwaltschaft und der Polizei, siegt ob, darauf zu achten, daß

den Vorschristm de» Handelsgesetzbuch», zu deren Befolgung die Handelsgerichte durch OrdnungSstrafen anzuhalten haben,

von den dazu

verpflichtetm Personen genügt wird;

dieselben haben

die Unterlassungen und Zuwiderhandlungen, welche zu ihrer Kenntniß gelangen, bei den zu­

ständigen Handelsgerichten zur Anzeige zu bringen.

§. 20. Zu Artikel 21.

Befindet sich die Hauptniederlassung an einem Orte, an welchem das

Handelsgesetzbuch nicht Gesetzkraft hat, so ist die im Artikel 21. Absatz 3. des Handelsgesetz­

buch» vorgeschriebene Nachweisung nicht erforderlich. §. 21.

Zu Artikel 26.

In Bezug auf die Ausführung der Vorschrift des Handelsgesetzbuchs,

gemäß welcher da» Handelsgericht gegen diejenigen einschreiten soll, welche sich einer ihnen nicht

zustchenden Firma bediene» (Artikel 26. de»iHandelSgesetzbuchS), komme» die Bestimmungen der §§. 11. bis 19. mit folgenden Maaßgaben zur Anwendung: 1) Die Verfügung (§.1L), durch welche da» Handelsgericht einsihreitet, sowie die neue Verfügung, welche gemäß §. 14. oder §. 16. ergeht, ist ohne Bestiauiwng einer Frist dahin zu erlassen, daß der Betheiligte unter Androhung einer Ordnungsstrafe auf­

gefordert wird, sich dieser Firma nicht ferner zu bedienen. 2) DaS HandelSgerW hat nach Erlaß der Verfügung gemäß §5. 13. ff. weiter zu ver­ fahren, wen» e» in i glaubhafter Weise davon Kenntniß erhält, daß der Verfügung

nach Zustellung derselben zmvidergehandell worden ist.

S.22. Zu Artikel 34.

Die Handelsbücher der Kaufleute sind .bei Stteitigkefte» gegen Richt­

kaufleute für sich allein zur Erbringung des Beweises nicht hinreichend, sondern nur zur Unter­

stützung anderer Beweise geeignet 'Jedoch hat der Richter nach

seinem, durch die Erwägung aller Umstände deS Falles

gekürten Ermesse» zu entscheiden, ob den ordnungsmäßig geführten Handelsbüchern in Handels­

sachen in dem Maaße Beweiskraft beizulegen sei, daß der einen oder der anderen Pattei der

Eid auferlegt weihe.

§. 28. Zu Artikel 42.

Zur Ertbeilung von Konsensen vor dm mit der Führung der Schuld-

«nd Pfandprotokolle Beauftragten Behörden ist der Prokuttst nur ermächsigt, wenn ihm diese Befugniß besonders ertheilt ist.

8.

985

Verordnung vom 5. Juli 1867.

§. 24. Zu Artikel 61.

Die in landesherrlich bestätigten Statut« einer Handelsinnung vor­

geschriebene Dauer der Lehrzeit kommt nur in Betracht, insofern nicht durch Vertrag eine

anderweite Dauer festgesetzt ist.

§. 25. Zu den Artikeln 66. bis 84.

Die Handelsmäkler werd« an den Orten, für welche"

kaufmännische Korporation« oder Handelskammern bestehen,

von diesen

ernannt; die Er-

neiimmg bedarf der Besteigung der Regierung.

Die Anstellung von Handelsmäklern an anderen Orten geschieht durch die Regierung. Personen, über dermVermögm der Konkurs eröffnet worden ist, können als Handels­ mäkler nur dann zngelassen werden, wenn das Konkursgericht bezeugt, daß im Konkursverfahren

nicht solche Umstände ermittelt sind, welche dm Gemeinschuldner des öffmtlichm Vertrauens unwürdig mach«.

Zur Bestellung einer Dienstkaution sind die Handelsmäkler nicht verpflichtet.

§.26. Den Handelsmäklern steht ein ausschließliches Recht zur Bermittelung von Handels­ geschäften nicht zu.

Die Gesetze oder Berordnnngen, durch welche ihnm ein solches Recht bei­

gelegt ist, werden aufgehobm.

§. 27-

Die Handelsmäkler, welche zur Vermittelung von Kaufgeschäften über Waaren, Schiffe oder Handelspapiere bestellt sind, hab« zugleich die Befugniß, öffentliche Versteigerungen der­

selben Gegenstände abzuhalten.

§. 28. Die Beeidigung der Handelsmäkler erfolgt bei dem Handelsgerichte. Die für daß Tagebuch des Handelsmäklers in beut Artikel 71. des Handelsgesetzbuchs vorgeschriebene Beglaubigung geschieht durch dm Vorsitzmdm des Handelsgerichts.

Die Behörde, bei welcher nach der Borschrist des Artikels 75. des Handelsgesetzbuchs das Tagebuch eines verstorbmm oder aus dem Amte geschieden« Handelsmäklers niedergelegt

wird, ist daS Handelsgericht.

§. 29, Handelsmäkler, welche eine der nach dem Artikel 69. des Handelsgesetzbuchs ihnm obliegenden Pflicht« verletzen, werd« mit Geldbuße von fünf und zwanzig bis zu fünfhundert

Thalem bestraft; im Rückfalle kann außerdem auch auf Entsetzung erkannt werden.

Durch

diese Bestimmung wftd die Anwmdung einer härteren Strafe nicht ausgeschlossen, warn die­ selbe nach sonstigen Gesetzm durch die Handlung begründet ist.

Die Berordnnngen, nach welchen kaufmännische Korporation« befugt sind, die Handels­

mäkler wegen Pflichtverletzung« anderer Art im Wege der Disziplin zu bestraf«, bleiben in Kraft.

§.3». Zu Artikel 91.

Die bestehmdm gesetzlich« Borschristm hinsichtlich der rechllichen

Voraussetzung« des EigmthumSerwerbes.an beweglich« Sachm werd« durch die im Artikel 91.

des Handelsgesetzbuchs ausgesprochene Präsumtion nicht akgeändert.

§.3i; Zu den Artikeln 111. 164. 213.

Grundstücke, Gerechtigkeiten, dingliche Rechte und

Hypothekenforderungen, welche zu dem Vermögen einer Handelsgesellschaft gehör«, sei diese

eine offene Gesellschaft, eine Kommanditgesellschaft, eine Kommanditgesellschaft auf Aktien oder eine Aktimgesülschaft, werden auf dm Ramm bet Gesellschaft in das Schuld- und PfcmdProtokoll eingetragen.

936

Anhang.

§. 32.

Die Eintragung erfolgt ohne Benennung der einzelnen Gesellschafter; sie darf erst ge­ schehen. wen» die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister nachgewicsen ist.

Bei

der Eintragung ist die Firma der Gesellschaft und der Ort, wo sie ihren Sitz hat, anzugeben. Tritt in Bezug auf die Firma oder den Sitz der Gesellschaft eine Aenderung ein, so ist diese im Schuld» und Pfandprotokoll zu vermerken.

§. 33. Soll eine Verfügung, welche im Namen der Gesellschaft über einen der im §. 31. be­

zeichneten Gegenstände erfolgt ist, in das Schuld- und Pfandprotokoll eingetragen werden,

so

genügt zur Feststellung der Befugniß desjenigen, welcher im Namen der Gesellschaft verfügt hat, der Nachweis au» dem Handelsregister, daß derselbe zu der Gesellschaft in einem Ver­ hältniß gestanden hat, wodurch er nach de» Bestimmungen de» Handelsgesetzbuch» befugt war, in der geschehenen Art im Namen der Gesellschaft mit rechtlicher Wirkung gegen Dritte zu

verfügen.



§.34.

Die Nachweisungen au» dem Handelsregister werden durch Aftcste des Handelsgerichte geliefert, welches das Handelsregister führt.

§. 35. Zu den Artikeln 123. 170. 200. 242.

Ueber das Vermögen einer unter einer ge­

meinschaftlichen Firma bestehenden Handelsgesellschaft, sei diese eine offene Gesellschaft, eine

Kommanditgesellschaft oder eine Kommanditgesellschaft auf Aktien, ist der Konkurs zu eröffnen, wenn in Bezug auf die Gesellschaft Verhältniffe vorliegen, unter welchen über das Vermögen

eines Kaufmannes der Konkurs zu eröffnen ist und wenn zugleich die Gesellschaft ihre Zahlungen

eingestellt hat. Wird der Konkurs über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet, so ist zugleich über das Privatvermögen eines jeden persönlich hastenden Gesellschafters der Konkurs zu eröffnen.

An dem Konkurse über da» Gesellschaftsvermögen sind nur die Gläubiger der Gesell­

schaft Theil zu nehmen berechtigt.

Dieselben können wegen deS Ausfalles in diesem Konkurse

gleichzeitig in den Konkursen über da» Privatvermögen der persönlich hastenden Gesellschafter als Gläubiger auftreten.

Der Konkur» über das Vermögen eines Gesellschafters zieht den Konkurs

über das

Vermög« der Gesellschaft nicht nach sich.

§. 36.

Wenn in Folge der Artikel 123. 170. oder 200. de» Handelsgesetzbuchs eine offene Ge­ sellschaft oder eine Kommanditgesellschaft durch die Eröffnung des Konkurse» über da» Ver­

möge» eine» Gesellschafters oder eine Kommanditgesellschaft auf Aktien durch die Eröffnung de» Konkurse» über da» Vermöge» eine» persönlich haftenden Gesellschafter» aufgelöst ist, so

hat bei der in Gemäßheit der Artikel 133. 172. und 205. des Handelsgesetzbuchs stattfindenden Liquidation der Konkurskurator die Rechte der Konkursmasse wahrzunehmen.

§. 37. Wird über eine Handelsgesellschaft, sei diese eine offene Gesellschaft, eine Kommandit­ gesellschaft, eine Kommanditgesellschaft auf Aksten

oder eine Aktiengesellschaft, der Konkurs

eröffnet, so ist die» von AmtSwegen in das Handelsregister einzuftagen.

Die

Bekanntmachung

der

Eintragung

durch

eine Anzeige

in

öffentlichen

Blättern

unterbleibt. Wenn da» Handelsregister nicht bei dem Konkursgerichte gefühtt wird, so ist die Konkurs­

eröffnung von Seiten de» Konkursgerichts dem Handelsgerichte, bei welchem das Register geführt wird, zur Bewirkung der Einttagung unverzüglich anzuzeigen.

8.

Verordnung tont 5. Juli 1867.

937

§. 38. Zu den Artikeln 174. und 206.

Zur Errichtung einer Kommanditgesellschaft auf

Aktien ist die staatliche Genehmigung nicht erforderlich.

§. 39. Zu den Artikeln 175. 177. 191. bis 195.

Die persönlich haftende« Mitglieder

einet Kommanditgesellschaft ans Aktien werden mit Gefängniß bis zu drei Monaten bestraft: 1) wenn sie vorsätzlich Behuf» der Eintragung de» Gesellschastsvertrages in da» Handels­ register falsche Angaben über die Zeichnung oder Einzahlung des Kapital» der Kom­

manditisten machen; 2) wenn durch ihre Schuld die Gesellschaft länger als drei Monate ohne Aufsicht-rath geblieben ist.

§. 40. Zu den Artikel« 208. 214. 242. 247. 248.

Unter der in den Artikeln 206. 214.

242. 247. und 248. des Handelsgesetzbuchs für erforderlich erklärten staatlichen Genehmigung ist die landesherrliche Genehmigung »u verstehen.

§. 41. Nach erfolgter landesherrlicher Genehmigung einer Aktiengesellschaft wird der Gesell­

schaftsvertrag nebst der Genehmigungsurkunde durch das Amtsblatt (Verordnungsblatt) des­ jenigen Regierungsbezirks, in welchem die Gesellschaft ihren Sitz hat, bekannt gemacht.

Eine Anzeige von der landesherrlichen Genehmigung der Errichtung der Gesellschaft ist in die (Gesetz-Sammlung aufzunehmen.

Die Kosten der Bekanntmachung durch das Amtsblatt trägt die Gescklschast. Jede Abänderung oder Verlängerung de» Gesellschastsvertrages ist gleichfalls nach Maaß­ gabe der vorstehenden Bestimmungen bekannt zu machen.

Die in dem Handelsgesetzbuch über die Veröffentlichung enthaltenen Vorschriften werden durch diesen Paragraphen nicht berührt.

§. 42. Zu den Artikeln 227. und 230.

Die nach den Artikeln 227. und 230. des Handels­

gesetzbuch» dem Vorstände der Gesellschaft »stehende Befugnih zur Vertretung derselbe« erstreckt

sich auch auf diejenigen Geschäfte und Rechtshandlungen, für welche nach de« Gesetzen eine Spezialvollmacht erforderlich ist.

§. 43. Zu den Artikeln 239. 240. 242,

Unter der Verwaltungsbehörde, welche in den

Artikeln 240. und 242. des Handelsgesetzbuchs erwähnt wird, ist die Regierung zu verstehen, in

deren Bezirke die Aktiengesellschaft ihren Sitz hat.

Ist für die letztere eine besondere Aufsichts­

behörde bestellt, so tritt diese an die Stelle der Regierung.

8.44. Innerhalb der im Artikel 239. deS Handelsgesetzbuch» vorgeschriebenen Frist hat der Vorstand dir jährliche Bilanz auch der im §. 43. bezeichneten Behörde einzureichen.

§. 45. Im Falle das Vermögen der GesÄschast nicht mehr die Schulden deckt, hat die im

§. 43. bezeichnete Behörde dem zur Eröffnung de» Konkurse» befugten Gerichte davon Mit­ theilung zu machen, sobald sie die Sachlage durch Einreichung der Bilanz erfährt.'

§. 46. Die Mitglieder de» Vorstände» einer Aktiengesellschaft werden mit Gefängniß bi» zu drei Mrnaten bestraft, wenn sie, der Vorschrift de» Artikel» 240. des HaudelsgesetzbuchS zuwider,

de« Gerichte die Anzeige zu machen unterlasse«, daß da» Vermögen der Gesellschaft nicht mehr die Schulden deckt.

938

Anhang.

Die Strafe tritt nicht ein, wenn von ihnen nachgewiesea wird, daß die Anjeige ohne ihr

Verschulden unterblieben ist.

§. 47. Die Genehmigung einer Aktiengesellschaft kann von dem Landesherrn aus überwiegenden Gründe» des Gemeinwohl» gegen Entschädigung zurückgmowmm werden.

Ueber die Höhe der

Entschädigung entscheidet in streitige« Fällm das ordentliche Gericht de» Ort», an welchem die

im §. 43. bezeichnete Behörde ihren Sitz hat.

§.48. Wenn eine Aktiengesellschaft sich rechtswidriger Handlungen oder Unterlassungen schuldig macht, durch welche da» Gemeinwohl gefährdet wird, so kann sie aufgelöst werden, ohne daß

deshalb ein Anspruch auf Entschädigung stattfindet.

Die Auflösung kann in diesem Falle.nur durch gerichtliche» Erkenntniß auf Betreiben

der im §. 43. bezeichneten Behörde erfolgen.

Al» da» zuständige Gericht ist dasjenige an­

zusehen, bei welchem die Gesellschaft ihren ordentlichen Gerichtsstand hat (Arttkel 213. des Handelsgesetzbuchs.).

§. 49. Zu Artikel 283.

Der Anspruch auf Schadensersatz unterliegt keiner Beschränkung

in Ansehung de» Betrage»; er Km» den doppelten Betrag oder den doppelten Werth des

ursprüngliche» Gegenstandes der Obligatton übersteigen.

§. 50. Die Artikel 306. und 307. des Handelsgesetzbuchs

Zu den Artikeln 306. und 307.

finden bei Papieren auf Inhaber, so lange dieselben außer Kur» gesetzt sind, keine Anwendung.

§. 51. Zu Artikel 340.

Wenn der Verkäufer sich im Berttage eine vom Käufer in be­

stimmter oder gebräuchlicher Frist vorzunehmmde Prüfung der Probemäßigkeit (Nachstechen, Nachziehen, u. s. w.) ausbedungen hat, so gilt e» im Zweifel- als die Absicht der Kontrahenten,

daß der Derttag im Falle befundener Probewjdrigkit al» nicht geschloffen behandelt werden soll. Läßt der Käufer in diesem Falle die Frist verstreiche», ohne die Prüfung yoxzunehmen und die Probewidrigkeit zu erklären, so kann er die Nichtübereinstimmung der Waare mit der

Probe nicht ferner geltend mach«.

§.52. Zu Artikel 343. Dm im Artikel 343. erwähnten, zu Bersteigerungm befugten Beamten

sind die Notare gleich zu achten.

,§.53. Die Artikel 347. bi» 349. finden auch auf solche

Zu den Artikeln 347. bis 349.

Kaufgeschäfte Anwmdung, bei welchen die Waare dem Käufer nicht von auSwärt» zugefandt,

fondem am Platze vom Verkäufer Lbergebm wird.

§54, Bei den in der Stadt Altona unter Kaufleuten geschloffenen Platzgefchäfttn wird durch

dm Empfang der Waare, soweit nicht ein Anderes bedimgm ist, jede Einwendung gegen die Beschaffenheit der Waare ausgeschlossen.

§.55. Zu den Artikeln 348. 365. 407.

In dm Fällm der Artikel 348. 365. unb 407.

des Handelsgesetzbuchs ist eine besondere Emmnung von Sachverständigen nicht erforderlich, trenn solche Sachverständige ein für alle Mal im Voraus von dem Handelsgerichte bestellt sind.

§. 56. Zu den Artikeln 432. bis 438.

Al» Preußische Schiffe und al» berechtigt, die

Prmßische Flagge zu führm, sind nur diejmigea Schiffe anzusehen, welche sich in dem ausschließlichm Eigenthum Preußischer Unterthanen befinden.

8.

989

Verordnung vom 5. Juli 1867.

Aktiengesellschaften, welche m Preußen errichtet sind und welche »«gleich in Preuße» ihren Sitz haben,

stehen Preußischen Unterthan« gleich.

Daffelbe gibt von Kommandit­

gesellschaften auf Aktien, welche in Preußen errichtet sind und in Preußen ihr« Sitz habe«,

sofern zugleich die persönlich

haftenden Mftglicher

derselben

sämmtlich Preußische Unter­

thanen sind. §. 57. Die Führung des Schiffsregister- und die Au-ferftgung der Cerftfikate wird dm Handels­ gericht« übertrag«, in der« Bezirk» die Seehäfm beleg« sind.

Eia jede» dieser Gerichte

hat für alle Häfm seines Bezirks nur Ein Schiffsregister zu führ«.

§. 56. Ein jedes Schiff kann nur in dasjenige Schiffsregister eingetragm werd«, welche- für sein« Heimathshaf« (Arftkel 435. des Handelsgesetzbuchs) geführt wird.

§. 59.

Die Eintragung he- Schiffs in da- Schiffsregister muß mthalt«: 1) dm Namm und die Gattung de- Schiffs (ob Bark, Brigg u. f. w.);

2) seine Größe und die nach der Größe berechnete Tragfähigkeü; 3) die Zett und bm Ort seiner Erbauung, oder, wenn eS einem ander« Lande angehört

hat, dm Thatumstand, wodurch es das Recht, die Landesflagge zu führ«, erlangt hat, und außerdem, wenn thunlich, die Zeit und bm Ort der Erbauung;

4) den Heimathshaf«; 5) dm Namm und die nähere Bezeichnung des Rheder- (Arttkl 450. des Handelsgesetz­

buchs), oder, wenn eine Rhederri besteht (Arttkl 456. a. a. O.), dm Nam« imb die nähere Bezeichnung aller Mitrheder und die Größe der Schiff-part eine- Jedm; ist eine Handelsgesellschaft Rheder oder Mitrheder, so sind die Firma und der Ort, an

welchem die Gesellschaft ihr« Sitz hat, und, wenn die Gesellschaft nicht eine Aktien^ gesellschaft ist, die Namm und die nähere Bezeichnung aller Gesellschafter einzuttagm;

bei der Kommanditgesellschaft auf Akttm gmügt statt der Eintragung aller Gesell­ schafter die Einttagmig aller persönlich haftmdm Gesellschafter;

6) dm Rechtsgrund, auf welchem die Erwerbung de- Eigenthums des Schiff- oder der

einzelnen Schiffspartm beruht;

7) die Nationalität des Rheder- oder der Mttrheder; 8) den Tag der Eintragung de» Schiffs.

Gin jedes Schiff wird in das Schiffsregister unter einer besonderen Ordnungsnummer

eingetragen. §. 60. Die Eintragung des Schiffs in das Schiffsregister darf erst gescheh«, nachdem daü Recht deffelbm, die Prmßische Flagge zu führ« (§. 5&) und alle in dem §. 59. bezeichneten Thatsachen

glaubhaft nachgewiesen sind. §. 6L Das Recht, die Prmßische Flagge zu führ«, darf weder vor der Eintragung des Schiff-

in das Schiffsregister, noch vor der AuSferttgung des Certtfikat» ausgeübt werd« DaS Certtfikat muß in wortgetreuer Uebereinstimmung jAlles enthalt«, was in das Schiffsregister eingetragm ist, und bezeugen, daß die nach §. 60. erforderlich« Nachweisungen

geführt sind.

Durch das Certtfikat wird das Recht de- Schiffs, die. Preußische Flagge. -»

führen, nachgewiesen.

§. 62. Wenn ein im Auslande befindliches fremdes Schiff durch den Uebergang In da- Eigm-

thum eine- Preußisch« Unterthans das Recht, die Preußische Flagge zu führen, erlangt, so sonn« die Eintragung des Schiffs in das Schiffsregister und das Certtfikat durch ei» von

dem Preußischen Konsul • in dessen-Bezirk da» Schiff zur Zeit de« EigmthumsübergangeS sich

Anhang.

MO

befindet, über den Erwerb des Recht», die Preußisch« Flagge ju führe«, ertheilte» Attest, jedoch nur für die Dauer eine» Jahre« seit dem Tage der AuSsMung des Atteste», ersetzt trätet

K. «. Tritt in den Thatsachen, welche in dem §. 59. bezeichnet sind, nach der Eintragung de» SchUs in das Schiffsregister eine Veränderung ein, so hat der Rheder dieselbe binnen sah»

Woche« «ach Ablauf de» Tage», an welchem er von ihr Kenntniß erhalten hat, dem da» Schiffs­ register führenden Gerichte «um Zweck der Befolgung der Vorschriften de» Artikel» 436. des Handelsgesetzbuchs anzuzeigen und nachzuweisen. Daffelbe gilt, wenn eine Thatsache eintritt,

welch« nach dem zweiten Absätze de» Artikels 436. de» Handelsgesetzbuchs die Löschung de»

Schiff» im Schiffsregister und die Zurücklieferung de» CertifikatS erforderlich macht.

Die Verpflichtung zu der Anzeige und Nachweisung liegt ob: 1) wenn eine Rhederei besteht, allen Mitrhedcrn;

2) wenn eine Aktiengesellschaft Rheder oder Mtrheder ist, für dieselbe allen Mitg liebem

deS Vorstande»; 3) wenn eine änräe Handelsgesellschaft Rheder oder Mtrheder ist, für dieselbe allen persönlich haftenden Gesellschaftern; 4) wenn die Veränderung in einem Eigenthum-wechsel besteht,

wodurch da» Recht deS

Schiff», die Preußische Flagg« zu führen, nicht berührt wird, dem neuen Erwerber des SchiffS oder der Schiffspart. 8- 64.

Wer eine nach dem vorstehenden Paragraphen ihm obliegende Verpflichtung binnen der sechSwöchenllichen Frist nicht erfüllt, wird mit Geldbuße bis zu Einbundert Thalern bestraft, sofern er nicht beweist, daß er ohne sein Verschulden außer Stande gewesen fei, dieselbe zu er­

füllen; die Strafe tritt nicht ein, wenn vor Ablauf der Frist die Verpflichtung von einem Mit­ verpflichteten erfüllt ist.

§. 65. Die Artikel 432. bi» 437. de» Handelsgesetzbuch» und die vorstehenden KH. 56. bis 64. finden keine Anwendung auf die lediglich zur Küstenfahrt bestimmten Fahrzeuge, welche nicht

mit einem festen Deck versehen sind. Durch landesherrliche Anordnung kann bestimmt werde», daß die erwähnten Vorschriften auch auf solche nach einem Holsteinschen oder SchleSwigscheu Hafen zu Hause gehörigen Küsten­

fahrzeuge, welche zwar mit einem festen Deck versehen sind, ihre Reisen jedoch über ein gewisse« Küstengebiet nicht auSdehnm, feine Anwendung finden.

§. 66. Der Justizminister hat die Gerichte wegen Führung des Schiffsregister» mit einer In­ struktion zu versehen.

§. 67. Zu Artikel 448. Hinsichtlich der Anwendbarkeit der Arfikel 495. 496. 681. und 757. Ziffer 7. sind für die Schiffe, rätn Heimathshafen Altona ist, die Häfen von Hamburg und Harburg, für die Schiffe, deren Heimath»hafeu Blankenese ist, di« Haft» von Altona, Hamburg

und Harburg dem Heimath»hafen gleich zu achten. Hinsichtlich der Anwendbarkeit der Artikel 473. 521. 523. und 548.*) sind für die Schiffe, deren Heimathshafen ein Holstrinscher oder SchleSwigscher Hafm ist, jeder andere SchleSwigsche

oder Holsteinsche Hafen, sowie jeder Hafen an der Elbe oder Trave dem Heimathshafen gleich zu achten.

§. 68. Zu

Artikel 489.

Führung de» Journals

Auf kleineren Fahrzeugen (Küstenfahrer u. bergt)

gleichfalls

erforderlich.

ist »war die

Bei kurzen Küstenfahrten dieser Fahrzeuge

*) Die Arft. 528. bis 556. sind durch §. 110. der Seemannsordnung aufgehoben.

941

8. Verordnung vom 5. Juli 1867.

braucht jedoch nur von Tag zu Tag die Beschaffenheit von Wind und Wetter und der Wasser­ stand bei den Pumpen, soweit thunlich, täglich, und außerdem ohne Verzug jeder Unfall, welcher dem Schiff oder der Ladung zustößt, eingetragen zu werden.

§. es. Zu den Artikeln 536. bis 541.*)**) Wenn nach Beendigung der Ausreise eine oder

mehrere Zwischenreisen unternommen werden, so kann der Schiffsmann, sobald sechs Monate seit dem Antritt der Ausreise abgelaufen sind, in dem ersten Hafen, welchen das Schiff an­ läuft, sofern es darin ganz oder zum größeren Theile gelöscht wird, die Auszahlung der Hälfte der bis dahin verdienten Heuer verlangen.

Die Zahlung muß nach seiner Wahl entweder

baar oder mittelst einer Anweisung auf den Rheder erfolgen, welche zwei Tage nach Sicht

zahlbar ist.

In gleicher Weise ist der Schiffsmann, sobald sechs Monate seit deren früheren Aus­ zahlung abgelaufen sind, die Auszahlung der Hälfte der seit der früheren Auszahlung verdienten

Heuer zu fordern berechtigt.

§. 70. Die in dem Artikel 541. ♦*) des Handelsgesetzbuchs vorgeschriebene Erhöhung der nach Zeit bedungenen Heuer beträgt von dem Beginn des dritten Jahres an ein Fünftel, von dem Beginn deS vierten Jahres an ein ferneres Fünftel des in dem Heuervertrag festgesetzten Be­

trages; Leichtmatrosen rücken mit Beginn des dritten Jahres in die Heuer der Vollmatrosen, Schiffsjungen in die Heuer der Leichtmatrosen, in beiden Fällen unter Hinzurechnung der vor­

erwähnten Erhöhung.

§. 71. Zu Artikel 731.

Der Dispacheur hat die Dispache sofort nach ihrer Aufnahme dem

Handelsgerichte zu überreichen.

Dem Handelsgerichte liegt ob, die Dispache zu prüfen, und dieselbe, wenn sich Fehler oder Mängel finden, durch den Dispacheur berichtigen zu lassen.

§. 72. Nachdem die Dispache geprüft und erforderlichenfalls berichtigt ist, werden diejenigen Betheiligten, welche bei dem Gerichte sich gemeldet haben, oder demselben anderweit, ins­ besondere aus den Schiffs- oder Ladungspapieren bekannt gemacht worden sind, sofern sie am

Orte des Gerichts sich aufhalten oder dort anwesende Vertreter bestellt haben, und für die übrigen Betheiligten ein ihnen zu bestellender Offizialanwalt zu einem Termine vor einem Kommissar des Gerichts vorgeladen, um sich über die Dispache zu erklären.

Die Vorladung geschieht unter der Verwarnung, daß gegen den Nichterscheinenden an­ genommen wird, er habe gegen die Dispache nichts zu erinnern.

§. 73. Werden in dem Termine gegen die Dispache keine Einwendungen erhoben, so hat das

Gericht dieselbe zu bestätigen.

§. 74. Wenn ein Betheiligter Einwendungen geltend macht, so hat er dieselben im Termine näher zu begründen oder sich eine besondere Klageschrift vorzubehalten.

Im letzteren Falle

muß die Klageschrift binnen vierzehn Tagen bei dem Gerichte eingereicht werden; wenn dies nicht geschieht, so wird angenommen, daß das im Termine aufgenommene Protokoll als Klage­ schrift gelten solle. Auf die Klageschrift, oder wenn eine solche nicht vorbehalten oder innerhalb der vierzehn­ tägigen Frist nicht eingereicht ist, auf die als Klageschrift dienende Abschrift des Termins­

protokolls wird von dem Gerichte das ordentliche Prozeßverfahren eiugeleitet. *) Diese Artikel sind durch §. 110. der Seemannsordnung ausgehoben. **) s. die vorstehende Note.

Anhangs

942

§. 75. Sind die vorgebrachten Einwendungen durch rechtskräftige Entscheidung oder in anderer Art endgültig erledigt, so erfolgt die Bestätigung der Dispache durch das Gericht, nachdem

dieselbe erforderlichmfallS nach Maahgabe der Erledigung der Einwendungen berichtigt ist 76.

Wenn Einwendungen erhoben werden, welche nur einen Theil der Dispache berühre»,

so hat.daS Gericht die letztere, insoweit sie durch die Einwendungen nicht berührt ist, sofort

zu bestätigen. §. 77.

AuS der von dem Gerichte bestätigten Dispache findet die Exekution statt.

§. 78. Zu den Artikeln 736. bis 741.

Die Bestimmungen der Artikel 736. bis 741.,

sowie die auf dieselben sich beziehenden Dorschristen im Buch V. Titel 12. des Handelsgesetz­ buchs finden auch auf den Zusammenstoß von Fluß-

und Seeschiffen und von Flußschiffen

untereinander Anwendung.

§. 79. Zu Artikel 767. Ziffer 1.

Erfolgt der öffentliche Berkaus deS Schiffes im Kon­

kurs deS RhederS, so ist der Erlaß eine- besonderen Proktams nicht erforderlich, wenn bereits

in dem KonkurSproklam das Schiff als in der Konkursmasse begriffen, ausdrücklich bezeichnt

worden ist.

§. 80. Zu Artikel 768.

Bei freiwilliger Veräußerung

von

Seeschiffen kann

von

dem

Handelsgerichte, in dessen Bezirk der Heimathshafen deS Schiffes sich befindet, ein EviktionS-

proklam mit der Bedeutung erlassen werden, daß alle nicht angemeldeten dinglichen Ansprüche,

insbesondere auch die Pfandrechte der Schiffsgläubiger erlöschen.

Die Anmeldungsfrist ist nach

dem Ermessen des Gerichts, jedoch nicht unter drei Monate festzusetzen.

Zweiter Titel.

Uerer-L»-Sbefti«»»«ge«. §. 81. Die Vorschriften

des Handelsgesetzbuchs,

gemäß welchen die Handelsfirmen

und die

Handelsgesellschaften, sowie die Borsteher der Aktiengesellschaften zur Eintragung in da- Handels­ register angemeldet und die ginnet und Unterschriften vor dem Handelsgericht gezeichnet, oder die Zeichnungen in beglaubigter Form eingereicht werden sollen,

muffen von den Kaufleuten,

welche bereits vor dem 30. September 1867. ihren Geschäftsbetrieb begonnen haben, sowie in

Betreff der Handelsgesellschaften, welche bereit- vor diesem Zeitpunkte errichtet sind, ebenfalls befolgt werden. Die vorstehende Bestimmung gilt auch für die Kaufleute und Handelsgesellschaften, bereit

Firmen bereit- nach den bisherigen Einrichtungen bei Behörden oder Korporationen angemeldet oder in amtliche Register eütgetragen sind, sowie von den HandelSgeseüsHaften, deren Errichtung

in solcher Weise veröffentlicht ist.

§. 82. Ist bei einer am 30. September 1867. bereits bestehenden Handelsgesellschaft nach ihrer Errichtung eine Aenderung eingetreten, welche nach dm Vorschriften de- Handelsgesetzbuchs zur

Eintragung in das Handelsregister anzumelden ist, so muß die Anmeldung zur Eintragung der Gesellschaft nach Maaßgabe der eingetretmm Amderung geschehm. §. 83.

Die in den §§» 81. und 82. vorgeschriebenen Anmeldungen und Zeichnungen sind binnen einer Frist von drei Monaten, vom 30. September 1867. an gerechnet, zu bewirken.

Nach Ab-

8.

Verordnung vom 5. Juli 1867.

943

lauf dieser Frist haben die Handelsgerichte die Betheiligten in dein durch die §§. ll.ff. vor

geschneteuen Verfahren zur Befolgung der obigen Anordnungen von Amt-Wegen durch OrdmmgSftrafm anzuhalten.

§. 84. Auch die in dem Handelsgesetzbuch über die Firmen gegebenen Vorschriften, auf welche der §. 81. sich nicht bezieht, haben für die Kaufleute, welche bereits vor dem 30. September

1867. ihren Geschäftsbetrieb begonnen haben, sowie für die Handelsgesellschaften, weicht bereits vor dem.30. September 1867. errichtet sind, ebenfalls Geltung. Jedoch

kommen die Vorschriften

der

Artikel 16.

18. 20. und 21.

17.

Absatz 2. de-

Handelsgesetzbuchs in Bezug auf eine Firma, deren ein Kaufmann oder eine Handelsgesellschaft bereits vor dem 30. September 1867. sich bedient hat, nicht zur Anwendung, sofern dieselbe

innerhalb

der

im

8. 83.

Frist

bezeichneten

zur

Eintragung

in

da-

Handelsregister

an­

gemeldet wird. Wenn in

Folge der letzteren Bestimmung für mehrere Personm oder Handelsgesell­

schaften dieselbe Firma in baß Handelsregister eingetragen wird, so bleibt jeder von ihnen daRecht Vorbehalten, gegen die anderen, sofern diese ihr gegenüber bei Eintritt der Geltung de-

Handelsgesetzbuchs nicht befugt waren,

diese Firma anzunehmen oder zu führen, auf Unter­

lassung der Führung derselben zu klagen. §. 85.

Eine

bereits vor

dem 30. September 1867.

gültig errichtete

Aktiengesellschaft oder

Kommanditgesellschaft auf Aktien wird in da- Handelsregister eingetragen,

sollten auch die

Erfordernisse nicht erfüllt sein, welche daß Handelsgesetzbuch für die Errichtung einer solchen

Gesellschaft vorschreibt und denen nach ben Vorschriften desselben genügt sein muß, bevor die

Eintragung der Gesellschaft geschehen kann. §. 86.

Sind die zur Geschäftsführung befugten Mitglieder

einer

am 30. September 1867.

bereits bestehenden offenen Gesellschaft, Kommanditgesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien durch den GesellfchastSvertrag oder durch einen vor dem 30. September 1867. errichteten Vertrag in der Befugniß, die Gesellschaft zu vertreten, beschränkt, so bestimmt sich die Wirkung dieser Beschränkung im Verhältniß zu dritten Personen noch innerhalb eine- Zeitraums von

drei Monaten, vom 30. September 1867. an gerechnet, nach den bisherigen Gesetzen.

Die Beschränkung kann innerhalb diese- Zeitraum- zur Eintragung in da- Handels­ register angemeldet werden; geschieht die-, so bestimmt sich die Wirkung der Beschränkung im Verhältniß zu dritten Personm für die Zeit nach Ablauf jmer drei Monate nach dm Grund­

sätzen, welche der Arttkel 115. des Handelsgesetzbuch- über die Wirkung der Ausschließung eines Gesellschafters von der Befugniß, die Gesellschaft zu vertretm, enthält. Wmn die Anmeldung nicht innerhalb des dreimonatlichen Zeitraum- geschieht, so hat

die Beschränkung für die Zeit nach Ablauf dieser Frist dritten Personen gegmüber teilte recht­ liche Wirkung und kann später nicht mehr angemeldet werden.

Ist der Vorstand einer am 30. September 1867. bereit- bestehenden Aktiengesellschaft in

der Befugniß, die Gesellschaft zu rertreten/beschränkt, so kommt während de- Zeitraum- von fünf Jahrm, vom 30. September 1867. an gerechnet, die im -weiten Absatz de- Artikel- 231. deS Handelsgesetzbuchs enthaltene Bestimmung nicht zur Anwendung; für die spätere Zeit hat die Beschränkung brüten Personm gegenüber keine rechtliche Wirkung.

§. 87. Wenn in Bezug auf eine Firma, derm ein Kaufmann bereite am 30. September 1867.

sich bedient hat, oder bei einer -u dieser Zeit bereit- bestehenden Handelsgesellschaft nach dem

30. September 1867. eine Thatsache sich ereignet, welche gemäß dm Vorschriften de- Handels­ gesetzbuch- zur Eintragung in da- Handelsregister an-umeldm ist, so muß nicht allein diese Anmeldung gleich wie bei den erst nach dem 30. September 1867. entstandenen Firmen und

Anhang.

944

Handelsgesellschaften geschehe», sondern es bestimmen sich auch die rechtlichen Folgen der That­ sache

und

die

rechtlichen

Folge»

der

geschehene«

oder

geschehenen

nicht

Eintragung

tat

Verhältniß zu Dritten mit nach den Vorschriften de» Handelsgesetzbuchs; insbesondere find

die früheren Vorschriften über dir rechtlichen Folgen der Veröffentlichung der Thatsachen nicht anwendbar.

§. 88. Wer vor dem 30. September 1867. eine Prokura erhalten hat, und nach diesem Zeit-

punkte nicht von Neuem von dem Prinzipal »um Prokuristen bestellt wird (Artikel 41. Absatz 2.

deS Handelsgesetzbuchs), ist nicht mehr befugt, per procura die Firma zu zeichnen oder sich sonst als Prokuristen auSzugeben; er gilt vielmehr mit als Handlungsbevollmächtigter im Sinne des Artikels 47. des HomdelsgesetzbuchS, jedoch als ermächtigt zur Vornahme aller Geschäfte

und

Rechtshandlungen,

wozu

er

auf

Grund

der

Prokura

nach

den

bisherigen

Gesetzen

befugt war.

Wird eine vor dem 30. September 1867. ertheilte Prokura binnen drei Monaten, vorn

30. September 1867. an gerechnet, aufgehoben, so sind die bisherigen Gesetze au* für die Nothwendigkeit und die Form der Veröffentlichung der Aufhebung, sowie für die rechtlichen

Folgen der

geschehenen oder

nicht geschehenen Veröffentlichung im

Verhältniß zu

Dritten

Erfolgt dagegen die Aufhebung erst nach Ablauf der dreimonatlichen Frist, so

maaßgebend.

gelten die Grundsätze über die Aufhebung einer erst unter der Herrschaft deS Handelsgesetzbuchs

ertheilten Handlungsvollmacht.

§. 89. In das Schiffsregister sind auch diejenigen Schiffe einzutragen, welche am 30. Sep­

tember 1867. zur Führung der Preußischen Flagge berechtigt und mit den nach den bisherigen Vorschriften zur Ausübung dieses Rechts

erforderlichen Papieren

versehen sind.

Die Ein­

tragung derselben in das Schiffsregister muß binnen Einem Jahre, vom 30. September 1867. an gerechnet, unter Zurückgabe der früher ertheilten Nationalitätsurkunden nachgesucht werden. Befindet sich ein Schiff am 30. September 1867. auf einer Reife, von welcher es erst nach

Ablauf der einjährigen Frist zurücklehrt, so gilt die Frist al» bis zur Rückkehr des Schiffs

verlängert.

Die Verlängerung tritt nicht ein, wenn das Schiff binnen der einjährigen Frist

in einem Hafen der Ostsee oder Nordsee gelöscht wird. Während

der

im

vorhergehenden

Absatz

bezeichneten

Frist bestimmt

sich

die

Zu­

lässigkeit der Ausübung de» Recht», die Preußische Flagge zu führen, noch nach den bisherigen

Vorschriften.

§. 90.

Zur Ausführung der in bat vorstehenden Paragraphen enthaltenen Vorschriften hat der Justizminister die Gerichte mit einer näheren Instruktion zu versehen.

§. 91. Die auf die Größe des LogiSraume» sich beziehenden Vorschriften im zweiten Absatz des

K. 26. de» Gesetzes vom 26. März 1864.*) treten in Betreff der Schiffe,

welche

vor dem

30. September 1867. gebaut sind, erst mit dem 1. Januar 1869. in Geltung.

Dritter Titel.

Schlatzbestt««an-e«. tz. 92.

Die Errichtung einer Börse kann nur mit Genehmigung des Handelsministers erfolgen, tz. 93.

Neue Börsenordnungen bedürfen der Genehmigung

des Handelsministers.

Diese Ge­

nehmigung ist auch zur Abänderung und Ergänzung bestehender Börsenordnungen erforderlich

und genügend. ♦) Obsolet durch §. 44 der Seemannsordnung.

8. Verordnmtg vom 5. Juli 1867.

946

5- 94. In den Börsenordnungen ist insbesondere auch zu bestimmen, wie die laufenden Preise und

Kurse festzustellen, wie Feststellungen zu veröffentliche« und wie Zeugniffe darüber zu ertheilen sind.

S-95'). Auf Aktiengesellschaften, bei welchen der Gegenstand des Unternehmens nicht in Handels­

geschäften besteht, finden die in bat Artikeln 18. 207. bis 248. des Handelsgesetzbuch- und in den §§. 40. bis 48. dieser Verordnung enthaltenen Vorschriften gleichfalls Anwendung, soweit in den folgenden $§. 96. bis 98. nicht ein Anderes bestimmt ist.

Jngleichrn sind auf jene Aktiengesellschaften die Bestimmungen der §§. 31. und 32. dieser Verordnung dahin anwendbar, daß die zu dem Vermögen einer solche» Gesellschaft gehörenden Grundstücke, Gerechtigkeiten, dinglichen Rechte und Hyvotheknforderungen auf den Namen der

Gesellschaft, ohne Benennung der einzelnen Gesellschafter in daS Schuld- und Pfandprotokoll

einzutragen, daß bei der Eintragung die Firma der Gesellschaft und der Ort, wo sie ihren Sitz hat, anzugeben und daß, wenn in Bezug auf die Firma oder den Sitz eine Aenderung

eintritt, diese im Schuld- und Pfandprotokoll zu vermerken ist.

§. 96. Die in den Artikeln 210. 211. 212., in dem zweiten und dritten Absatz de» Artikels 214., sowie im ersten Absatz des ArfttelS 220., in den Artikeln 226. 228. 233., in dem ersten Absatz

deS Artikel» 239., in dem Artikel 243.,

in dem zweiten Absatz de» Artikel» 244.,

dritten Absatz des Artikels 245., in dem Artikel 246., in dem

und in dem zweiten Absatz des Artikels 248.

Artikel 247.

in dem

unter Ziffer 4.

de» Handelsgesetzbuch» enthaltenen Vorschriften

finden auf die im §. 95. bezeichneten Aktiengesellschaften keine Anwendung.

§. 97. Für dieselben treten an Stelle der nach dem §. 96 nicht anwendbaren Vorschriften de»

Artikel» 211.,

des dritten Absatzes de» Artikels 214., des ersten Absätze» de» Artikel» 220.,

der Artikel 226. 228. 233., deS

ersten Absätze» des Artikel» 239., de» Artikels 243.,

des

zweiten Absatzes deS Artikels 244., de» dritten Absätze» de» Artikel» 245., der Artikel 246. 247. Ziffer 4. und deS zweiten Absätze» des Artikel» 248 des Handelsgesetzbuch» folgende Vorschriften:

1) An Stelle de» Artikels 211: Bor erfolgter landesherrlicher Genehmigung und Bekanntmachung de» Gesellschafts­ vertrages nebst der Genehmigung-urkunde durch das Amtsblatt (§§. 40. und 41.),

besteht die Aktiengesellschaft al» solche nicht.

Wenn vorher im Namm der Gesellschaft gehandelt worden ist, so hastm die Handelndm persönlich und solidarisch.

2) An Stelle des brüten Absatzes de» Artikels 214: Ein

solcher Beschluß hat keine rechtliche Wirkung, bevor derselbe nebst der

GenehmigungSurktmde durch da» Amtsblatt bekannt gemacht ist (§§. 40. und 41.). 3) An Stelle de» ersten Absätze» de» Artikel» 220:

Ein Aktionair, welcher seine Aktie nicht zur rechtm Zeit einzahlt, ist zur Zahlung

der landeSüblichm Verzugszinsen von RechtSwegm verpflichtet. 4) An Stelle deS Artikel» 226:

Handelt e» sich um die Führung von Prozeffm gegm die Mitglieder de» Vor­

stände» oder de» AufsichtSrathe», so kommm die Artikel 194. und 195. mit der Maaßgabe zur Anwendung, daß die Emennung der Bevollmächtigtm» wenn die

Bestellung derselbm durch Wahl gehindert wird (Artikel 195. Absatz 2.), durch da» Gericht erfolgt in deffm Bezirk die Gesellschaft ihrm Sitz hat.

5) An Stelle de» Artikel» 228:

Die jeweiligm Mitglieder de» Vorstände» müffm alsbald nach ihrer Bestellung in der Form, welche für die von der Gesellschaft auSgehmdm Bekanntmachungm *) Die §§. 95—98 sind durch da» Bundesgesetz vom 11. Juni obsolet geworden.

Ädfo®cr,

10. «Up.

60

946

Anhang.

angeordnet ist, und durch die dafür bestimmten öffentlichen Blätter (Artikel 209. Ziffer 11.) bekannt gemacht werden.

6) An Stelle des Artikels 233:

Jede Aenderung der Mitglieder des Vorstandes muß in der für die Veröffentlichung der Mitglieder des Vorstandes vorgefchriebären Weife bekannt gemacht In Bezug auf ein erst nach Ablauf deS dritten TageS, von

werden.

dem Tage

der Ausgabe des Blattes an gerechnet, in welchem die Bekanntmachung zuerst erschienen ist, abgeschloffmeS Geschäft kann, der Gesellschaft gegenüber, die Un-

kenntniß der Aenderung nicht geltend gemacht werden.

Ist daS Geschäft früher

abgeschlossen, oder ist die Veröffentlichung nicht geschehen, so kann die Gesellschaft

einem Dritten die Aenderung nur dann entgegensetzen, wenn sie beweist, daß ihm dieselbe bei dem Abschluß deS Geschäfts bekannt war. 7) An Stelle des ersten Absatzes des Artikels 239:

Der Vorstand ist verpflichtet, Sorge zu tragen, daß die zur Uebersicht der Ver­

mögenslage der Gesellschaft erforderlichen Bücher geführt werden.

Er muß den

Aktionären spätestens in den ersten sechs Monaten jedes Geschäftsjahres

eine

Bilanz des verflossenen Geschäftsjahres vorlegen.

Die Bücher der Gesellschaft sind während zehn Jahre, von dem Tage der in

dieselben geschehenen letzten Eintragung an gerechnet, aufzubewahren. gilt in

Ansehung

der Geschäftsbriefe,

sowie in Ansehung

Dasselbe

der Inventare und

Bilanzen. 8) An Stelle des Artikels 243:

Die Auflösung der Gesellschaft muß, wenn sie nicht eine Folge des eröffneten Konkurses ist, zu drei verschiedenen Malen durch die hierzu bestimmten öffent­ lichen Blätter (Artikel 209. Ziffer 11.) bekannt gemacht werden.

Durch

diese

Bekanntmachung

Gläubiger

aufgefordert

der offenen HandelSgesellschastm über

das Rechts­

müssen

zugleich

die

werden, sich bei der Gesellschaft zu melden.

9) An Stelle deS -weiten Absatzes deS Artikels 244: ES kommen die bezüglich

verhältniß der Liquidatoren gegebenen Bestimmungen auch hier zur Anwendung, mit der Maaßgabe, daß die Liquidatoren, daS Austreten eines Liquidators oder

daS Erlöschen der Vollmacht eines solchen in gleicher Art, wie die Mitglieder

deS Vorstandes und

eine Aenderung dieser Mitglieder, bekannt zu machen sind.

Die Folgen der geschehenen oder nicht geschehenen Bekanntmachung bestimmen

sich nach den Vorschriften über die Folgen der geschehenen oder nicht geschehenen Bekanntmachung einer Aenderung der Mitglieder deS Vorstandes. 10) An Stelle des dritten Absatzes deS Artikels 245:

Die aus

den Büchern der Gesellschaft ersichtlichen oder in anderer Weise be­

kannten Gläubiger sind

durch besondere Erlasse aufzufordern, sich zu melden;

unterlassen sie die-, so ist der Betrag ihrer Forderungen gerichtlich niederzulegen. DaS letztere muß auch in Ansehung der noch schwebenden Verbindlichkeiten und streitigen Forderungen geschehen, sofern nicht die Vertheilung deS Gesellschafts­

vermögens bis zu deren Erledigung auSgefetzt bleibt oder den Gläubigern eine angemessene Sicherheit bestellt wird.

11) An Stelle deS Artikels 246: Die Bücher der aufgelösten Gesellschaft sind an einem von dem Gerichte,

in

dessen Bezirke die Gesellschaft ihren Sitz hat, zu bestimmenden sicheren Ort zur

Aufbewahrung auf die Dauer von zehn Jahren niederzulegen.

12) An Stelle der Bestimmung unter Ziffer 4. Artikel 247: Die Auflösung der Gesellschaft ist wie in sonstigen Auflösungsfällen bekannt zu

machen.

947

9. Verordnung vom 24. August 1867.

13) An Stelle des zweiten Absatzes des Artikels 248: Die Zurückzahlung kann nur unter Beobachtung derselben Bestimmungen er­ folgen, welche für die Vertheilung des Gesellschaftsvermögens im Falle der Auf­ lösung nach den im Artikel 245. und den vorstehend unter Ziffer 8. und 10. ent­ haltenen Vorschriften maaßgebend sind.

§. 98. Ist der Vorstand einer zur Zeit des Eintritts der Geltung dieser Verordnung bereits bestehenden Aktiengesellschaft, bei welcher der Gegenstand des Unternehmens nicht in Handels­ geschäften besteht, in der Befugniß, die Gesellschaft zu vertreten, beschränkt, so kommt während des Zeitraums von fünf Jahren, von der Zeit des Eintritts der Geltung dieser Verordnung an gerechnet, die im zweiten Absätze des Artikels 231. des Handelsgesetzbuchs enthaltene Vor­ schrift nicht zur Anwendung; für die spätere Zeit hat die Beschränkung dritten Personen gegen­ über keine rechtliche Wirkung.

§. 99. Bis zur Errichtung von Handelsgerichten treten an Stelle der letzteren die ordentlichen Gerichte der ersten Instanz.

§. 100. Für die auf die Führung des Handels- und Schiffsregisters sich beziehenden Geschäfte sind die Kosten nach Maaßgabe der für die älteren Landestheile erlassenen Verordnung vom 27. Januar 1862. (Gesetz-Samml. S. 33.), betreffend die durch die Einführung des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs nöthig gewordene Ergänzung der Gesetze über die gerichtlichen Gebühren und Kosten, §§. 1. bis 13., zu erheben.

§. 101. Die bisherigen Bestimmungen, welche Regeln darüber enthalten, wie der Beweis durch Handelsbücher geliefert wird, die Bestimmungen über die Beschränkung der Beweiskraft der Handelsbücher auf eine bestimmte Zeit, die Bestimmungen über die Benutzung des Stempel­ papiers zu den Handelsbüchern, Bestimmungen über die Zulässigkeit des öffentlichen Aufrufs und der Präklusion unbekannter Gläubiger einer Handelsgesellschaft in Folge des Austritts eines Gesellschafters oder der Auflösung der Gesellschaft, sowie über die Zulässigkeit des öffent­ lichen Aufrufs und der Präklusion unbekannter Gläubiger, welche aus den Rechtshandlungen eines Prokuristen oder Handlungsfaktors gegen den Eigenthümer der Handlung Ansprüche her­ leiten, ingleichen alle dem Deutschen Handelsgesetzbuch und dieser Verordnung entgegenstehenden Bestimmungen werden aufgehoben.

9. U erordrrrrng, betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien in den durch die Gesetze vom 20. September und 24. Dezember 1866. (Gesetz-Samml. S. 555. 876.) mit der Preußischen Monarchie vereinigten Landestheilen, mit Ausnahme der vor­ mals Königlich Bayerischen Enklave Kaulsdorf.

Vom 24. August 1867. (G.S. S. 1645). Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen rc. verordnen für die durch die Gesetze vom 20. September und 24. Dezember 1866. (Gesetz-Samml. S. 555. 876.) mit Unserer Monarchie vereinigten Landestheile, mit Ausnahme der vormals Königlich Bayerischen Enklave Kaulsdorf, auf den Antrag Unseres Staatsministeriums, was folgt: 60*

Anhang.

948

§.!*). Sn den vorbezeichneten Landestheilen tommm die Vorschriften der Artikel 10. und 11.

deS Einfühmng-gefetzes zum Allgemetnm Deutsch« Handelsgesetzbuch vom 24. Juni 1861.

(Gesetz-Samml. 39. Sämmtliche bei der Verwaltung der Bank als Beamte, Ausschußmitglieder, Beigeordnete

betheiligte Personen sind verpflichtet, über alle einzelne Geschäfte der Bank, besonders über die mit Privatpersonen und über den Umfang deS den letzteren gewährten Kredits, Schweigen

zu beobachten.

Die Deputirten deS ZentralauSfchuffeS und

deren Stellvertreter,

sowie die

Beigeordneten bei den ReichSbankhauptstcklen sind hierzu vor Antritt ihrer Funktton mittelst Handschlags an EideSstatt besonders zu verpflichten.

§. 40. DaS Statut der Reichsbank wird nach Maßgabe der vorstehend in den §§. 12 bis 39 enthaltenen Vorschriften vom Kaiser im Einvernehmen mit dem Bundesrath erlassen*). Dasselbe muß insbesondere Bestimmungen enthalten:

1. über die Form der Antheitscheine der Reich-bank und der dazu gehörigen Dividenden­ scheine und TalonS;

2. über die bei Uebertragung

oder Verpfändung

von Anteilscheinen zu beachtenden

Formen**);

3. über die Modifikation verlorener oder vernichteter Antheilscheine, sowie über das

Verfahren in Betteff abhanden gekommener Dividendenscheine und TalonS; 4. über die Grundsätze, nach denen die Jahresbilanz der Reichsbank aufzunehmen ist; 5. über Termine und Modalitäten der Erhebung der Dividende;

6. über die Form, in welcher die Zusammenberufung der Generalversammlungen geschieht sowie über die Bedingungen und die Art der Ausübung deS Sttmmrechts der An-

theilSeigner; die Ausübung deS Sttmmrechts darf jedoch nicht durch den Besitz von mehr als einem Antheilsscheine bedingt, noch dürfen mehr als hundert Sttmmen in

einer Hand vereinigt werden; 7. über die Modalitäten der Wahl des ZentralauSfchuffeS und der Deputtrttn desselben,

der Bezirksausschüsse und der Beigeordneten bei den Reichsbankhauptstellen; 8. über die Form, in welcher die von der Gesellschaft ausgehenden Bekanntmachungen erfolgen, sowie über die öffentliches Blätter, in welche dieselben aufzunehmen sind;

9. über die im Fall der Aufhebung der Reich-bank (§. 41) einttetende Liquidation; 10. über die Form, in welcher die Mitwirkung der Antheil-eigner oder deren Vertteter zu einer durch Reich-gesetz festzustellenden Erhöhung deö Grundkapitals herbeigeführt

werden soll; 11. über die Voraussetzungen der Sicherstellung, unter denen Effekten für fremde Rechnung gekauft oder verkauft werden dürfen.

*) DaS Statut der Reichsbank vom 21. Mai 1875 ist im R G Bl. S. 203 de 1875 publizirt. **) An einem ReichSbank-Antheilscheine kann, da die Artt. 36. 74 W.O. nicht zur An­ wendung kommen, Eigenthum durch Indossament nur übertragen werden, wenn der Indossant zur Uebertragung des Scheines berechttgt ist (R.G. XXII, 185).

17. Bankgesetz vom 14. März 1875.

979

§. 41. DaS Reich behält sich da- Recht vor, zuerst zum 1. Januar 1891, alsdann aber von

zchn iu zehn Jahren nach vorausgegangener einjähriger Ankündigung, welche auf Kaiserliche Anordnung, im Einvernehmen mit dem BundeSrath, vom Reichskanzler an da» Reichsbank-

Dircktorium za erlassen und von letzterem zu veröffentlichen ist, entweder

») die auf Grund dieses Gesetze» errichtete Reichsbank anfzuhebcn und die Grundstücke

derselben gegen Erstattung de» Buchwerthe» zu erwerben, oder b) die sämmtlichen Antheile der Reichsbank zum Ncnnwerthe zu erwerben. In beiden Fällen gebt der bilanzmäßige Reservefonds, soweit derselbe nicht zur Deckung von Berlustrn in Anspruch zu nehmen ist, zur einen Hälfte an die AntheilSeigncr, zur anderen

Hälfte an das Reich über. Zur Verlängerung der Frist nach Inhalt des ersten Absätze» ist die Zustimmung de»

Reichstag» erforderlich. Titel HI.

Privat-Rotezchmzike«. §. 42.

Banken, welche sich bei Erlaß diese» Gesetze» im Besitze der Befugniß zur Notenausgabe befinden, dürfen außerhalb desjenigen Staate», welcher ihnen diese Befugniß ertheilt hat, Bank­

geschäfte durch Zweiganstalten weder betreiben noch durch Agenten für ihre Rechnung betreiben fassen, noch al» Gesellschafter an Bankhäusern sich betheiligen.

§. 43.

Die Noten einer Bank, welche

sich bei Erlaß diese» Gesetze» im Besitze der Befugniß

zur Notenausgabe befindet, bürfen außerhalb desjenigen Staates, welcher derselben diese Be­ fugniß ertheilt hat, zu Zahlungen nicht gebraucht werden.

Der Umtausch solcher Noten gegen andere Banknotm, Papiergeld oder Münzen unter­ liegt diesem Verbote nicht.

§. 44.

Die beschränkenden Bestimmungen de» §. 43 finden auf diejenigen Banken keine An­ wendung, welche bi» zum 1. Januar 1876 folgende Voraussetzungen erfüllen:

1.

Die Bank darf ihre Betriebsmittel nur in den im §. 13 unter 1 bi» 4 bezeichneten Geschäften, und zwar zu 4 höchsten» bi» zur Höhe der Hälfte de» Grundkapital» der

Bank und der Reserven, anlegen. Bezüglich de» DarlehnSgeschäst» ist der Bank eine Frist bi» zum 1. Januar 1877

eingeräumt, innerhalb welcher sie ihre Darlehne den Bestimmungen de» tz. 13 Nr. 3

zu konformirm hat. Sie hat jeweilig den Prozentsatz öffentlich bekannt zu machen, zu welchem sie

di-kontirt oder zinsbare Darlehne gewährt.

2.

Die Bank legt von dem sich jährlich über da» Maß von 4V, Prozent de» Grundkapital»

hinan» ergebenden Reingewinn jährlich mindesten» 20 Prozent so fange zur Ansamm­

lung eine» Reservefonds zurück, al» der letztere nicht ein Diertheil de» Grundkapital» beträgt. 3.

Die Bank verpflichtet sich, für den Betrag ihrer im Umlauf befindlichen Banknotm

jederzeit mindesten» ein Drittheil in kur-fähigem deutschem Gelde, ReichS-Kaffenscheinen oder in Gold

in Barrm oder ausländischen Münzen, da» Pfund sein zu

1392 Mark gerechnet, und den Rest in diSkontirten Wechseln, welche eine Verfallzeit von höchsten» drei Monaten habm und au» welchen in der Regel drei, mindesten» aber zwei al» zahlungsfähig bekannte Verpflichtete hastm, in ihren Kassm al» Deckung

bereit zu haltm. 4.

Die Bank verpflichtet sich, ihre Notm bei einer Mf ihr zu bezeichnenden Stelle in Berlin oder Frankfurt,

deren Wahl der Genehmigung de» BundeSrath» unterliegt,

dem Inhaber gegen kurSsähige» deutsche- Geld einzulösm

Anhang.

980

Die Einlösung hat spätestens vor Ablauf des auf den Tag der Präsentation folgenden Tage- zu erfolgen.

5.

Die Bank verpflichtet sich, alle deutschen Banknoten, deren Umlauf im gesammten

Reichsgebiete gestattet ist, an ihrem Sitze, sowie bei denjenigen ihrer Zweiganstalten, welche in Städten von mehr al- 80,000 Einwohnern ihren Sitz haben, -u ihrem

vollen Nennwerthe in Zahlung zu nehmen, so lange die Bank, welche solche Noten ausgegeben hat, ihrer Noteneinlösungspflicht pünkttich nachkommt.

Alle bei einer

Bank eingegangenen Noten einer anderen Bank dürfen, soweit eS nicht Noten der

Reichsbank sind, nur entweder zur Einlösung präsentirt, oder zu Zahlungen an die­

jenige Bank, welche dieselben auSgegeben hat, oder zu Zahlungen an dem Orte, wo letztere ihren Hauptsitz hat, verwendet werden. 6.

Die Bank verzichtet auf jede- WiderspruchSrecht, welche- ihr entweder gegm die Ertheilung der Befugniß zur Ausgabe von Banknoten an andere Banken, oder gegm die

Aufhebung einer etwa bestehmdm Verpflichtung der Landesregierung, ihre Notm in den

öffmtlichen Kaffen statt baaren Geldes in Zahlung nehmm zu lassen, zustehm möchte.

7.

Die Bank willigt ein, daß ihre Befugniß zur Ausgabe von Banknoten zu dm in §. 41 bezeichneten Terminen durch Beschluß der Landesregierung oder des Bundes-

rathS mit einjähriger Kündigungsfrist aufgehobm werden könne,

ohne daß ihr ein

Anspruch auf irgend welche Entschädigung zustande. Don Seiten deS BundeSrathS wird eine Kündigung nur eintteten zum Zwecke weiterer einheitlicher Regelung des Notenbankwesens oder wmn eine Notenbank den Anordnungen gegen-

wärttgm Gesetzes zuwidergehandelt hat.

Ob diese DorauSsetzungm vorliegen, entscheidet der

BundeSrath.

Einer Bank, welche die vorstehend unter 1 bis 7 bezeichnetm Voraussetzungen erfüllt hat, kann der Betrieb von Bankgeschäften durch Zweiganstalten oder Agenturm außerhalb des im §. 42 bezeichneten Gebiete- auf Anttag der für den Ort, wo dies geschehen soll, zuständigen Landesregierung durch den BundeSrath gestattet werden.

Banken, welche bis zum 1. Januar 1876 nachweisen, daß der Betrag der nach ihrem Statut oder Privileg ihnm gestattetm Notenausgabe auf dm Bettag deS Grundkapitals eingeschränkt ist, welcher am L Januar 1874 eingezahlt war, sind von der Erfüllung der unter 2

bezeichnetm Voraussetzung entbunden

und erlangm mit der Gestattung

deS Umlaufs

ihrer

Sloten im gesammten Reichsgebiete zugleich die Befugniß, im gesammten Reichsgebiete durch Zweiganstalten

oder Agmturm Bankgeschäfte

zu

betteiben.

Dem BundeSrath

bleibt

vor-

behaltm, diesen Banken einzelne der durch die Beftimmungm unter 1 ausgeschlossenen Formen der Kreditertheilung, in derm Ausübung dieselben sich bisher befunden habm, auf Grund des

nachgewiesmen besonderm Bedürfnisses zeitweilig oder widerruflich auch ferner zu gestatten und die hierfür etwa nothwmdigm Bedingungen festzusetzm. §. 45.

Banken, welche von den Bestimmungen im §. 44 zu ihren Gunsten Gebrauch machen wollm, habm dem Reichskanzler nachzuweism:

1.

daß ihre Statuten den durch dm §. 44 ausgestellten Voraussetzungen entsprechen;

2.

daß die erforderliche Einlösungsstelle eingerichtet ist.

Sobald dieser Nachweis geführt ist, erläßt der Reichskanzler eine durch das ReichsGesetzblatt zu veröffentlichende Bekanntmachung, in welcher:

1.

die beschränkenden Bestimmungen der §§. 42 und 43 oder deS §. 43 dieses Gesetzes

zu Gunstm der zu bezeichnmdm Bank als nicht anwendbar erklärt, 2.

die Stelle, an welcher die Noten der Bank eingelöst werden, bezeichnet wird. §. 46.

Kann die Dauer einer bereits erworbmm Befugniß zur Ausgabe von Banknoten durch eine vom Staate oder einer öffmtlichm Behörde auSgehmde, an einen bestimmten Termin

17. Bankgesetz vom 14. März 1875.

981

gebundene Kündigung auf eine bestimmte Zeit beschränkt werden, so tritt diese Kündigung zu dem frühesten zulässigen Termine kraft gegenwärtigen Gesetze- ein, e- sei denn, daß die Bank den zulässigen Betrag ihrer Notenausgabe auf den am 1. Januar 1874 eingezahlten Bettag

ihres Grundkapital- beschränkt und sich den Bestimmungen im ß. 44 unter 1 und 3 biS 7 unterworfen hat. Statutarische Bestimmungen, durch welche die Dauer einer Bank oder der derselben ertheilten Befugniß zur Notenausgabe von der unveränderten Fottdauer deS NotenprivilegimnS

der Preußischen Bank abhängig gemacht ist, treten außer Kraft.

§. 47.

Jede Abänderung der Bestimmungen de- Grundgesetze-, Statuts oder Privilegium­

einer Bank, welche die Befugniß zur Ausgabe von Banknoten bereit- erworben hat, bedarf, so lange der Bank diese Beftrgniß zusteht, zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung des Bundes-

rath-, sofern sie da- Grundkapital, den Reservefonds, den Geschäftskreis oder die Deckung der auszugebenden Noten, oder die Dauer der Befugniß zur Notenausgabe -um Gegenstände hat.

Lande-gesetzliche Vorschriften und Konzession-bedingungen, durch welche eine Bank bezüglich deS Betriebs deS Diskonto-, de- Lombard-, de- Effekten- und de- DeposttengeschästS Beschränkungen unterworfen ist, welche da- gegenwärtige Gesetz nicht enthält, stehen einer solchen Aenderung

nicht entgegen. Die Genehmigung wird, nach Erfüllung der

sonstigen gesetzlichen Erforderniffe, durch

die betheiligte Landesregierung beantragt und muß versagt werden, wenn die Bank nicht von den Bestimmungen de- §. 44 Gebrauch macht. Die bayerische Regierung ist berechtigt, biS zum Höchstbetrage von 70 Millionen Mark

die Befugniß zur Ausgabe von Banknoten für die in Bayern bestehende Notenbank zu erweitem, oder diese Befugniß einer anderen Bank zu ertheilen, sofern die Bank sich den Be­

stimmungen deS §. 44 unterwirft. §. 48. Der Reichskanzler ist jederzeit befugt, sich nöthigmfallS durch kommiffarische Einsicht­ nahme von den Büchem, Geschäft-lokalen und Kaffenbeständen der Noten au-gebendm Santen

die Ueberzeugung zu verschaffen, daß dieselben die durch Gesetz oder Statut festgestellten Be­

dingungen und Beschränkungm der Notenausgabe innehalten, oder die Voraussetzungen der zu ihren Gunsten etwa ausgesprochenen Nichtanwendbarkeit der §§. 42 und 43 oder deS §. 43 dieses Gesetzes erfüllen und daß die von ihnen veröffentlichten Wochen- und Jahresübersichten

(§. 8), sowie die behuf- der Steuerberechnung abgegebenen Nachweise (§. 10) der wirklichen Sachlage entsprecherr.

Da- Aufsichtsrecht der Landesregierungen wird durch diese Bestimmung nicht berührt. §. 49.

Die Befugniß zur Ausgabe von Banknoten geht verloren: 1. durch Ablauf der Zeitdauer, für welche sie ettheilt ist,

2. durch Verzicht,

3. im Falle de- Konkurses durch Eröffnung deS Verfahrens gegen die Bank, 4. durch Entziehung kraft richterlichen Urtheils, 5. durch Verfügung der LandeSregiemng nach Maßgabe der Statuten oder Privilegien.

§. 50. Die Entziehung der Befugniß zur Notenausgabe wird auf Klage des Reichskanzler­

oder der Regierung deS Bundesstaates, in welchem die Bank ihren Sitz hat, durch gerichtliches Urtheil ausgesprochen:

1. wenn die Vorschriften

der

(Statuten,

deS Privilegium- oder des gegenwärtigen

Gesetze- über die Deckung für die umlaufenbat Noten verletzt worden find oder der Notenumlauf die durch Statut, Privilegium oder Gesetz bestimmte Grenze über­ schritten hat;

Anhang.

982

2. wenn die Bank vor Erlaß der in §. 45 erwähnten Bekanntmachung des Reichs­ kanzlers außerhalb deS durch §. 42 ihr angewiesenen Gebiets die in §. 42 ihr unter­

sagten Geschäfte betreibt, oder außerhalb deS durch §. 43 ihr angewiesenen Gebiets

ihre Noten vertreibt oder vertreiben läßt; 3. wenn die Bank die Einlösung präsentirter Noten nicht bewirkt

a) an ihrem Sitze am Tage der Präsentation, b) an ihrer Einlösungsstelle (§. 44 Nr. 4) bis zum Ablaufe des auf den Tag der

Präsentation folgenden TageS, c) an sonstigen durch die Statuten bestimmten Einlösungsstellen bis zum Ablaufe deS dritten TageS nach dem Tage der Präsentation;

4. sobald daS Grundkapital sich durch Verluste um ein Drittheil vermindert hat.

Die Klage ist im ordenttichen Verfahren

zu verhandeln.

Der Rechtsstreit gilt im

Sinne der Reichs- und Landesgesetze als Handelssache. In dem Urtheile ist zugleich die Verpflichtung zur Einziehung der Noten auszusprechen.

§. 51. DaS Urtheil ist erst nach Eintritt der Rechtskraft vollstreckbar. auf Anttag durch daS Prozeßgericht verfügt.

Die Vollstteckung wird

DaS Gericht bestimmt zu diesem Zwecke die

Frist, innerhalb welcher von der Bankverwaltung die Bekanntmachung über die Einziehung der

Noten zu erlassen ist. Sofern nicht der Konkurs

über die Bank auSgebrochen

ist,

setzt das Gericht

einen

Kurator ein, welcher die Einziehung der Noten zu überwachen und, wenn die Bank den für

diesen Fall

vorgesehenen Verpflichtungen nicht nachkommt,

die Liquidation der Bank beim

Gerichte zu beanttagen verpflichtet ist.

Eingehende Noten sind von der Bank an eine vom Reichskanzler zu bezeichnende, am Sitze der Bank gelegene Kaffe abzuliefern.

§. 52. Sechs Monate, nachdem das Urtheil (§. 50) die Rechtskraft erlangt hat, zahlt die Bank

an die vom Reichskanzler bezeichnete Kaffe einen Bettag in baarem Gelde ein, welcher dem bis dahin nicht abgelieferten Bettage ihrer Noten gleichkommt.

Dieser Baarbetrag wird ihr

nach Maßgabe der weiter von ihr abgelieferten Noten und der verbleibende Rest nach Ablauf

der letzten vom Bundesrathe für die Einlösung festgesetzten Frist zurückgezahlt.

§. 53. Die an die Kaffe abgelieferten Noten (§. 51 und §. 52) werden in Gegenwart deS Kurators der Kaffe und des für die Einziehung der Noten bestellten Kurators vernichtet.

die Vernichtung wird ein gerichtliches waltung der Bank ist befugt,

oder notarielles Protokoll ausgenommen.

Ueber

Die Ver­

an der Vernichtung durch zwei Abgeordnete Theil zu nehmen.

Der für die Vernichtung bestimmte Termin ist ihr jedesmal spätestens acht Tage vorher von der Kaffe vorgesetzten Behörde anzuzeigen.

Die Vernichtung kann in einem oder in mehreren

Terminen erfolgen.

§. 54. Für diejenigen Korporationen, welche, ohne Zettelbanken zu sein, sich beim Erlaß dieses

Gesetzes im Besitz der Befugniß zur Ausgabe von Noten, Kassenscheinen oder sonsttgen auf dm

Inhaber ausgestellten unverzinslichen Schuldverschreibungen befinden, und für daS von ihnm auSgegebene Papiergeld gelten infolange, als sie von der Befugniß, Papiergeld in Umlauf zu

erhalten, Gebrauch machm, die Besttmmungen der §§. 2 bis einschließlich 6, dann deS §. 43 und deS §. 47 Absatz 1 dieses Gesetzes, soweit sich derselbe auf die Befugniß zur Ausgabe von Papiergeld, auf deren Dauer oder auf die Deckung deS Papiergeldes bezieht.

17. Bankgesetz vom 14. Mär- 1875.

983

Titel IV. StrLfbestiW«»«-en. §. 55« Wer unbefugt Banknoten oder sonstige aus den Inhaber lautende unverzinsliche Schuld­

verschreibungen auSgiebt, wird mit einer Geldstrafe bestraft, welche dem Zehnfachen deS Betrages der von ihm ausgegebenen Werthzeichen gleichkommt, mindestens aber fünftausend Mark betragt.

§. 56. Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark wird bestraft, wer der Verbotsbestimmung

deS §. 43 zuwider, Noten inländischer Banken, oder Notm oder sonstige Geldzeichen inländischer Korporationen außerhalb desjenigen Landesgebiets, für welches dieselben zugelaffen sind,

zur

Leistung von Zahlungen verwendet. §. 57. Mit Geldstrafe von fünfzig Mark bis zu fünftausend Mark wird bestraft, wer der Ver-

botsbestimmung

in §. 11 zuwider,

ausländische Banknoten

oder

sonstige auf

den Inhaber

lautende unverzinsliche Schuldverschreibungen ausländischer Korporationen, Gesellschaften oder Privaten, welche ausschließlich oder neben anderen Werthbestimmungen in Reichswährung oder

einer deutschen Landeswährung ausgestellt sind, zur Leistung von Zahlungen verwendet. Geschieht die Verwendung gewerbsmäßig, zu einem Jahre ein.

so tritt neben der Geldstrafe Gefängniß bis

Der Versuch ist strafbar.

§. 58. Mit Geldstrafe bis zu fünftausend Mark wird bestraft, wer den Bestimmungen im §. 42

zuwider, für Rechnung

von Banken als Vorsteher von Zweiganstalten oder als Agent Bank­

geschäfte betreibt oder mit Banken als Gesellschafter in Verbindung tritt. Die gleiche Strafe trifft die Mitglieder des Vorstandes einer Bank,

welche den Be-

stimmungm deS §. 7 entgegenhandeln, oder welche dem Verbote des §. 42 zuwider a) Zweiganstalten oder Agenturen bestellen, oder

b) die von ihnen vertretene Bank als Gesellschafter an Bankhäusern betheiligen.

§. 59.

Die Mitglieder des Vorstandes einer Bank werden:

1.

wenn sie in dm durch die Bestimmungen des K. 8 vorgeschriebenen Veröffentlichungen wissentlich

dm Stand der Verhältnisse

der Bank unwahr darstellm

oder

ver-

schleiem, mit Gefängniß bis zu drei Monatm bestraft;

2. wenn sie durch unrichtige Aufstellung der im §. 10 vorgeschriebenen Nachweisungen den

stmerpflichtigm Notmumlauf zu gering angeben, mit einer Geldstrafe bestraft, welche dem Zehnfachm der hinterzogenm Steuer gleichsteht, mindestens aber fünfhundert Mark

beträgt; 3.

wmn die Bank mehr Noten auSgiebt, als sie auSzugeben befugt ist, mit einer Geld­ strafe bestraft, welche dem Zehnfachm deS zuviel auSgegebenm Betrages gleichkommt, mindestmS aber fünstausmd Mark beträgt.

Die Strafe zu 3. trifft auch die Mitglieder deS Vorstandes solcher Korporationm, welche zur Ausgabe von auf dm Inhaber lautenden unverzinslichen Schrckdverschreibungen befugt sind,

wenn sie mehr solche Geldzeichm auSgeben, als die Korporation auSzugebm befugt iste)

Titel V. Schlntzteftt»»«»--«. §. 60. Die §§. 6, 42 und 43, sowie die auf die letzteren bezüglichen Strafbestimmungen in den }§. 56 und 58 gegenwärtigen Gesetze- treten am 1. Januar 1876 in Kraft.

*) Für die nach §. 59 strafbaren Handlungen sind gemäß §. 74 de- Gerichtsverfassung-» Gesetzes die Straffammern al» erkennende Gerichte ausschließlich zuständig.

984

Anhang.

§.«!•> Der Reichskanzler wird ermächtigt, mit der Königlich preußischen Regierung wegen Ab­ tretung der Preußischen Bank an daS Reich auf folgenden Grundlagen einen Vertrag abzuschließen:

1.

Preußen tritt nach Zurückziehung seine- Einschußkapital- von 1,906,800 Thalern,

sowie der ihm zustehmdm Hälfte de- Reservefonds die Preußische Bank mit allen

ihren Rechten und Verpflichtungen mit dem 1. Januar 1876 unter den nachstehend Ziffer 2 biß 6 bezeichneten Bedingungen an baß Reich ab.

Da- Reich wird diese

Bank an die nach Maßgabe der Bestimmungen diese- Gesetze- zu errichtende Reichs­ bank übertragen. 2.

Preußm empfängt für Abtretung der Bank eine Entschädigung von fünfzehn Millionen

3.

Dm bisherigen Antheil-eignern der Prmßischm Bank wird die Befugniß vorbehaltm,

Mark, welche au- den Mitteln der Reich-bank zu decken ist.

gegm Verzicht auf alle ihnm durch ihre Bankantheilsscheine verbrieften Rechte zu Gunsten der Reich-bank dm Umtausch dieser Urkundm gegm Antheil-scheine der Reich-bank von gleichem Nominalbeträge zu verlangen.

4.

Die Reichsbank hat dmjenigm AntheilSeignem, welche nach dm Bestimmungm der §§. 16 und 19

der

Bankordnung vom 5. Oktober 1846 (Preuß. Gesetz-Samml.

S. 435) die Herauszahlung des eingeschoffmm Kapital- und ihre- Antheils an dem Reservefonds der Prmßischm Bank verlangm, diese Zahlung zu leisten.

5.

Die Reichsbank wird zur Erfüllung der von der Prmßischm Bank durch Vertrag

vom 28./31. Januar 1856 hinsichtlich der Staatsanleihe von sechszehn Millionen fünf» hundertachtundnmnzigtausmd Thalern übernommenen Verbindlichkeitm an Preußen für die Jahre 1876 bis einschließlich 1925 jährlich 621,910 Thaler in halbjährlichen

Raten zahlen.

Wird die Konzession der Reichsbank nicht verlängert,

so wird daS

Reich dafür sorgen, daß, so lange keine andere Bank in diese Verpflichtung eintritt,

die Rente bis zu

dem ebmgedachten Zeitpunfte der prmßischm

Staatskasse

un­

verkürzt zufließe. 6.

Eine Auseinandersetzung zwischen Preußm und der Reichsbank wegen der Grund­ stücke der Preußischen Bank bleibt vorbehaltm.

§. 62.

Der Reichskanzler wird ermächtigt: 1.

diejenigen AntheilSscheine der Reich-bank zu begeben, welche nicht nach §. 61 Nr. 3

gegen AntheilSscheine der Preußischm Bank umzutauschm sind, 2.

auf Höhe der nicht begebenm AntheilSscheine zur Beschaffung des nach §. 23 er­ forderlichen Grundkapitals der Reich-bank verzinsliche,

spätestens am 1. Mai 1876

fällig werdende Schatzanweisungen auSzugebm.

§. 63. Die Ausfertigung der Schatzanweifungm (§. 62 Nr. 2) wird der Preußischen Haupt­ verwaltung der StaatSschuldm übertragen.

Den Zinssatz bestimmt der Reichskanzler.

Bis zum

1. Mai 1876 kann, nach Anordnung de- Reichskanzler-, der Betrag der Schatzanweisungen wieder­ holt, jedoch nur zur Deckung der in Verkehr gesetzten Schatzanweifungm auSgegebm werden. §. 64. Die zur Verzinsung und Einlösung der Schatzanweifungm erforderlichm Beträge müssen

der ReichSschulden-Derwaltung aus dm bereitesten Einkünften deS Reichs zur Verfallzeit zur Verfügung gestellt werdm. *) Auf Grund diese- §. 61 und deS §. 1 des Preuß. Ges. v. 27. März 1875 (G.S. S. 166) ist -wischen dem Reiche und Prmßen der Vertrag vom 17./18. Mai 1875 (G.S. S. 224, R.G.Bl. S. 215) geschloffen, nach dessen §. 1 die Preuß. Bank vom 1. Januar 1876 ab mit allen ihren Rechtm und Verpflichtungen nach Maßgabe des Vertrages auf daS Reich Lbergegangm ist.

986

17. Bankgesetz vom 14. Mär» 1875.

§. 65. Die Ausgabe der Schatzanweisungm ist durch die Reich-kaffe »» bewirk». Die Zinsen der Schatzanweisungm verjähren binnm vier Jahrm, die verschriebenm Kapitalbeträge binnm 30 Jahrm nach Eintritt de- in jeder Schatzanweisung auSzudrückdnden Fälligkeitstermins.

8- 66. Die Bestimmungen des Handelsgesetzbuchs über die Eintragung in das Handelsregister und die rechtlichen Folgm derselbm findm auf die ReichSbcmk keine Anwendung.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigm Unterschrift und beigedrvcktem Kaiserlichm Jnfiegel. Gegebm Berlin, dm 14. März 1875.

»Uhel«.

(L. 8.)

Fürst v. BiSmarck.

«»läge »» 8. 9. Lau« fmde

Ungedeckter Notenumlauf,

Bezeichnung der Bank.

atarf. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. SO. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33.

Reichsbank Ritterschaftliche Privatbank in Pommem (Stettin) Städtische Bank in BreSla«...................................................................... Bank des Berliner KaffmvereinS Kölnische Bank................................................................................................. Magdeburger Privatbank Danziger Privat-Aktienbank Provinzial-Aktimbank des Großherzogthum» Posm Kommunalständische Bank für die preußische Oberlausitz (Görlitz) . Hannoversche Bank............................................................................................ Landaräflich hessische konzessionirte Landesbank Frankfurter Bank........................................................................................... Bayerische Banken Sächsische Bank zu Dresden Leipziger Bank Leipziger Kaffmverein . Chemnitzer Stadtbank Württembergische Notenbank Badische Bank................................................................................................. Bank für Süddeutschland Rostocker Bank................................................................................................. Weimarfche Bank Oldenbprgische Landesbank Braunschweigische Bank Mitteldeutsche Kreditbank in Meiningm Privatbank zu Gotha Anhalt-Deffauische Landesbank Thüringische Bank (Sondershausen) Geraer Bank Niedersächsische Bank (Bückeburg) Lübecker Privatbank Kommerzbank in Lübeck Bremer Bank . .

Zusammen

.

.

250,000,000 1,222,000 1,283,000 963,000 1,251,000 1,173,000 1,272,000 1,206,000 1,307,000 6,000,000 159,000 10,000,000 32,000,000 16,771,000 5,348,000 1,440,000 441,000 10,000,000 10,000,000 10,000,000 1,155,000 1,971,000 1,881,000 2,829,000 3,187,000 1,344,000 935,000 1,658,000 1,651,000 594,000 500,000959,000 4,500,000

385,000,000

Anhang.

986

18. Preuß. Gesetz vom 17. Juni 1833.

18. Preutz.

wegen Ausstellung

von

Papieren,

Ersetz

welche

eine Zahlungsverpflichtung

an

jeden Inhaber enthalten.

Bom 17. Juni 1833.

(G.S. S. 75.)

§. 1.

Papiere, wodurch die Zahlung einer bestimmten Geldsumme an jeden Inhaber versprochen wird, dürfen von Niemand ausgestellt und in Umlauf gesetzt werdm, der dazu nicht Unsere

Genehmigung erhalten hat*). Ausgenommen von dieser Bestimmung bleiben jedoch die auf jeden Brief-Inhaber gestelltm Wechsel derjenigen Personen, welche kaufmännische Rechte haben.

Die Genehmigung zur Ausstellung solcher Papiere soll hinführo nur auf den Antrag der Minister für dm Handel und für die Finanzen durch ein landesherrliches Privilegium er­ theilt werdm, welches die rechtlichm Wirkungen desselben bestimmen, und seinem ganzm Inhalte nach durch die Gesetz-Sammlung bekannt gemacht werdm muh.

§. 3.

Dergleichen

an' jeden Inhaber zahlbare Papiere begründen

gegen den Aussteller

ein

Klagerecht.

§. 4.

Die bisher ohne landesherrliche Gmehmigung auSgegebmm Papiere dieser Art ist jeder Inhaber gegen den Aussteller einzuklagen befugt, ohne die Uebertragung des Eigenthums nach-

weisen zu dürfm. §. 5. Wer künftig,

setzt,

verfällt in eine,

dem Verbot deS § 1. entgegen, solche Papiere ausstellt und in Umlauf dem fünften Theil deS Betrages derfelbm gleiche Strafe,

keinem Falle geringer als Hundert Thaler seyn darf.

die jedoch in

Zugleich muh der Aussteller von Amts-

wegm angehalten werdm, die Einlösung und Vernichtung der auSgegebenen Papiere zu bewirkm.

§. 6.

Dergleichen Papiere, welche ohne Unsere unmittelbare Genehmigung vor der Publikation dieses Gesetzes ausgestellt worden, dürfm, nachdem sie an dm Aussteller zurückgekehrt sind, von demselben bei gleicher Strafe nicht wieder auSgegeben werden.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen

Jnsiegel.

Gegeben Berlin den 17. Juni 1833. (L. 8.)

Friedrich Wilhelm.

19. Bundesgesetz vom 16. Juni 1870.

20. Reichsgesetz vom 8. Juni 1871.

987

IS.

über die Ausgabe

von

Papiergeld.

(BG Bl- S. 507.)

Dom 16. Juni 1870').

Wir Wilhelm, von Gottes Gnadm König von Preußen k., verordnen im Namen de» Norddeutschen Bundes, nach erfolgter Zustimmung deS BundeSratheS und des Reichstage», was folgt:

§• 1.

Bis zur gesetzlichen Feststellung der Grundsätze über die Emission von Papiergeld (Art. 4. Nr. 3. der Bundes-Verfassung) darf von den Staaten deS Norddeutschen Bunde» nur auf

Grund eines auf den Antrag der betheiligtm Landesregierung erlassentn Bundesgesetzes Papier­ geld auSgegeben oder dessen Ausgabe gestattet werdm.

§. 2. DaS zur Zeit umlaufende Papiergeld nach stattgefundener Einziehung durch neue Werth­ zeichen zu ersetzen, beziehungsweise dagegen umzutauschm, ist gestattet.

Hierbei darf jedoch Papiergeld von geringerem Nennwerthe an die Stelle von Papiergeld

höheren NennwerthS nicht gesetzt werden.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigmhändigen Unterschrift und beigedrucktem BundrSJnsiegel.

Gegeben Schloß Babelsberg, dm 16. Juni 1870.

«ilhelm.

(L. 8.)

Gr.

v. BiSmarck-Schönhausen.

20. Keich-grs-h,

betreffend die Jnhaberpapiere mit Prämien. Vom 8. Juni 1871.

(R G Bl. S. 210.)

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen re., verordnea

im Namm deS Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung de» BundeSrathe» und de» Reichs­ tage», was folgt:

§. 1.

Auf den Inhaber lautende Schuldverschreibungen, in welchm allm Gläubigem oder einem Theile derselbm außer der Zahlung der verschriebmm Geldsumme eine Prämie dergestalt zu­

gesichert wird,

daß durch Ausloosung oder durch eine andere auf dm Zufall gestellte Art der

Ermittelung die zu prämiirmdm Schuldverschreibungm und die Höhe der ihnm zufallmdm Prämie bestimmt werden sollm (Jnhaberpapiere mit Prämim), dürfm innerhalb de» Deutsch«

Reich» nur auf Gmnd eine» Reichsgesetzes und nur zum Zwecke der Anleihe eint» Bundesstaat»

oder des Reichs ausgegebm werdm.

§. 2. Jnhaberpapiere mit Prämim, welche nach Verkündigung des gegenwärtig« Gesetze», der Bestimmung im §. 1 zuwider, im Jnlande ausgegebm fein möcht«, imgleichm Jnhaber­

papiere mit Prämien, welche nach dem 30. April 1871. im Auslande ausgegebm sind, dürfm

*) Dieses G. gilt für Bayern v. 1. Januar 1872 a6 (§. 2 nck III Nr. 2 G. betr. die Einführung Nordveutscher Bundesgesetze in Bayem v. 22. Wril 1871, B.GBl. S. 87).

Anhang.

988

totbec weiter begeben, noch an den Börsen, noch an anderen zum Verkehr mit Werthpapieren bestimmten Versammlungsorten zum Gegenstände eines Geschäfts oder einer Geschäfsvermittelung gemacht werden.

§. 3.

Dasselbe gilt vom 15. Juli 1871. ab von ausländischen Jnhaberpapieren mit Prämien,

deren Ausgabe vor dem 1. Mai 1871. erfolgt ist,

dieselben nicht abgestempelt sind

sofern

(§6.1 5.). §- 4.

Die Schuldverschreibungen, deren

Abstempelung

erfolgen soll,

muffen

spätestens am

15. Juli 1871. -u diesem Zwecke eingereicht werden.

Für die Abstempelung ist eine Gebühr zu entrichten, welche für eine Schuldverschreibung, deren Nominalbetrag den Werth von Einhundert Thalern 5 Sgr. oder 17^2 Kr. S. W,

nicht übersteigt für eine Schuldverschreibung, deren Nominalbetrag den Werth

von Einhundert Thalern übersteigt

35

10

-

-

-

beträgt. Der Ertrag dieser Abstempelungsgebühr fließt zur Reichskasse.

§. 5. Der BundcSrath

wird

die

zur Ausführung dieses

Gesetzes

erforderliche Instruktion

erlassen und in derselben festsetzen, unter welchen Umständen ein gutgläubiger Inhaber, der aus

entschuldbaren Gründen die Einreichungsftist versäumt hat, seiner Schuldverschreibungen erlangen kann.

noch nachträglich Abstempelung

Der BundeSrath wird ferner zur Berechnung der

Stempel-Abgabe den Thalerwerth der ftemden Valuten feststellen, auch die Behörden bestimmen, bei welchen die Einreichung zur Abstempelung (§. 4.) zu erfolgen hat*).

§. 6. Wer den Bestimmungen der §§. 1. 2. oder 3. zuwiderhandelt, verfällt in eine Geld­

strafe, welche dem fünften Theile des NennwertheS der den Gegenstand der Zuwiderhandlung bildenden Papiere gleichkommt, mindestens aber Einhundert Thaler betragen soll. Mit Geldstrafe bis zu Einhundert Thalern oder Gefängniß bis zu drei Monaten wird

bestraft, wer ein im §. 2. oder §. 3. bezeichnetes Jnhaberpapier mit Prämie öffentlich ankündigt

auSbietet oder empfiehlt, oder zur Feststellung eines KurSwertheS notirt**). Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlicher:

Jnsregel.

Gegeben Berlin, den 8. Juni 1871. (L. 8.)

Wilhelm. Fürst v. BiSmarck.

*) Vgl. die Bekanntmachung, betr. die Vorschriften zur Ausführung des Reichsgesetzes vom 8. Ium 1871 über die Jnyaberpapiere mit Prämien, vom 19. Juni 1871 (R.GAl. S. 255, Nachträge S. 304, 314). **) Für Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen der §§. 1, 2 und 3 des G. v. 8. Juni 1871 sind nach §. 74 des Gerichtsverfassungsgesetzes die Strafkammern als erkennende Gerichte ausschließlich zuständig.

21. Gesetz vom 4. Dezember 1871.

989

21***) ). Gesetz, betreffend die Ausprägung von Reichsgoldmünzen.

Vom 4. Dezember 1871.

(R.G.Bl. S. 404)

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen 2c., verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrathes und des Reichstages, wie folgt:

§. 1. Es wird eine Reichsgoldmünze ausgeprägt, von welcher aus Einem Pfunde feinen Goldes 139 Va Stück ausgebracht werden.

§. 2. Der zehnte Theil dieser Goldmünze wird Mark genannt und in hundert Pfennige eingetheilt.

§. 3"). Außer der Reichsgoldmünze zu 10 Mark (§. 1.) sollen ferner ausgeprägt werden: Reichsgoldmünzen zu 20 Mark, von welchen aus Einem Pfunde feinen Goldes 69 3/4 Stück ausgebracht werden.

§. 4. Das Mischungsverhältniß der Reichsgoldmünzen wird auf 900 Tausendtheite Gold und 100 Tausendtheile Kupfer festgestellt. Es werden demnach 125,55 Zehn-Mark-Stücke, 62,775 Zwanzig-Mark-Stücke je Ein Pfund wiegen.

§• 5. Die Reichsgoldmünzen tragen auf der einen Seite den Reichsadler mit der Inschrift „Deutsches Reich" und mit der Angabe des Werthes in Mark, sowie mit der Jahreszahl der Ausprägung, auf der anderen Seite das Bildniß des Landesherrn, beziehungsweise das Hoheits­ zeichen dec freien Städte, mit einer entsprechenden Umschrift und dem Münzzeichen. Durch­ messer der Münzen, Beschaffenheit und Inschrift der Ränder derselben werden vom Bundes­ rathe festgestellt.

§. 6. Bis zum Erlaß eines Gesetzes über die Einziehung der groben Silbermünzen erfolgt die Ausprägung der Goldmünzen auf Kosten des Reichs für sämmtliche Bundesstaaten auf den Münzstätten derjenigen Bundesstaaten, welche sich dazu bereit erklärt haben. Der Reichskanzler bestimmt unter Zustimmung des Bundesrathes die in Gold außzumünzenden Beträge, die Vertheilung dieser Beträge auf die einzelnen Münzgattungen und auf die einzelnen Münzstätten und die den letzteren für die Prägung jeder einzelnen Münz­ gattung gleichmäßig zu gewährende Vergütung. Er versieht die Münzstätten mit dem Golde, welches für die ihnen überwiesenen Ausprägungen erforderlich ist. *) Das G. betr. die Ausprägung von Reichsgoldmünzen v. 4. Dezember 1871 und das Münzgesetz v. 9. Juli 1873 sind mit geringen Maßgaben auf Elsaß-Lothringen ausgedehnt durch das G. wegen Einführung der Reichs-Münzgesetze in Elsaß-Lothringen v. 15. November 1874 (R.G.Bl. S. 131). **) Durch Allerh. Erlaß v. 17. Februar 1875 (R.G.Bl. S. 72) ist bestimmt, daß die Reichsbehörden für das Zehnmarkstück die Benennung „Krone" und für das Zwanzigmarrstück die Benennung „Doppelkrone" anwenden sollen.

Anhang.

SSO

§. 7. DaS Verfahren bei Ausprägung der Reichsgoldmünzen wird vom Bundesrathe festgestellt und unterliegt der Beaufsichtigung von Seiten deS Reichs.

Dieses Verfahren soll die voll­

ständige Genauigkeit der Münzen nach Gehalt und Gewicht sicherstellen.

Soweit eine absolute

Genauigkeit bei dem einzelnen Stücke nicht innegehalten werden kann, soll die Abweichung in

Mehr oder Weniger im Gewicht nicht mehr als zwei und ein halb Tausendtheile seines Ge­ wichts, im Feingehalt nicht mehr als zwei Tausendtheile betragen.

8.8. Alle Zahlungen, welche gesetzlich in Silbermünzen der Thalerwähmng, der süddeutschen

Währung, der lübischen oder hamburgischen Kurantwährung

oder in Thalern Gold bremer

Rechnung zu leisten sind, oder geleistet werden dürfen, können in Reichsgoldmünzen (§§. 1. und 3.) dergestalt geleistet werden, daß gerechnet wird: daS Zehn-Mark-Stück zum Werthe von 3 Vs Thalern oder 5 Fl. 50 Kr. süd­

deutscher Währung, 8 Mark 5l/s Schilling lübischer und hamburgischer KurantWährung, 3V«s Thaler Gold bremer Rechnung; daS Zwanzig-Mark-Stück zum Werthe von 6 Vs Thalern oder 11 Fl. 40 Kr. süd­

deutscher Währung, 16 Mark 10*/s Schilling lübischer und hamburgischer KurantWährung,

6Vüs

Tbaler Gold bremer Rechnung. §. 9.

Reichsgoldmünzen, deren Gewicht um nicht mehr als fünf Tausendtheile hinter

dem

Rormalgewicht (§. 4.) zurückbleibt (Passirgewicht), und welche nicht durch gewaltsame oder ge­ setzwidrige Beschädigung

am Gewicht

verringert sind,

sollen

bei

allen Zahlungen als voll­

wichtig gelten.

ReichSgoldmünzen, welche daS vorgedachte Passirgewicht nicht erreichen und an Zahlungs­ statt von den Reichs-, Staats-, Provinzial- oder Kommunalkaffen, sowie von Geld- und Kredit-

anstaltm und Banken angenommen worden sind,

dürfen von den gedachten Kaffen und An­

stalten nicht wieder ausgegeben werden.

Die ReichSgoldmünzen werden, wenn dieselben in Folge längerer Cirkulation und Ab­ nutzung am Gewicht soviel eingebüßt haben,

daß sie daS Passirgewicht nicht mehr erreichen,

für Rechnung deS Reichs zum Einschmelzen eingezogen. Goldmünzen bei allen Kaffen deS Reichs und

Auch werden dergleichen abgenutzte

der Bundesstaaten

stets

voll zu demjenigen

Werthe, zu welchem sie ausgegeben sind, angenommen werden. §. 10. Eine Ausprägung von anderen, als den durch dieses Gesetz eingeführten Goldmünzen,

sowie von groben Silbermünzen,

mit Ausnahme von Denkmünzen,

findet bis auf Weiteres

nicht statt. §. 11. Die zur Zeit umlaufenden Goldmünzen der deutschen Bundesstaaten sind von Reichs­

wegen und auf Kosten des Reichs nach Maßgabe der Ausprägung der neuen Goldmünzen (§. 6.)

einzuziehen. Der Reichskanzler wird ermächttgt,

in gleicher Weife die Einziehung der bisherigen

groben Silbermünzen der deutschen Bundesstaaten anzuordnen und die zu diesem Behufe er­

forderlichen Mittel aus dm bereitesten Beständen der Reichskaffe zu entnehmen. Ueber die Ausführung der vorstehenden Bestimmungen ist dem Reichstage alljährlich in

seiner ersten ordentlichen Session Rechenschaft zu geben.

§. 12. ES sollen Gewichtsstücke zur Eichung und Stempelung zugelaffen werden,

welche das

Normalgewicht und daö Passirgewicht der nach Maßgabe dieses Gesetzes auszumünzenden Gold­

münzen,

sowie eines Vielfachen derselben angeben.

Für die Eichung und Stempelung dieser

22.

991

MünMsetz N* 9. Juli 1873.

Gewichtsstücke sind die Bestimmungen der Artikel 10. und 18. der Maaß» und Gewicht-ordnung

vom 17. August 1868. (BundeSgesetzbl. S. 473.) maßgebend. §. 13.

Im Gebiet de- KönigSreichS Bayern kann im Bedürfnißfall eine Untertheilung des Pfennigs in zwei Halb-Pfennige stattfinden. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigm Unterschrift und betgedrucktem Kaiserlichen Jnsiegel.

Gegeben Berlin, den 4. Dezember 1871.

(L. 8.)

»ilhel«. Fürst v. Bi-marck.

22.

Münz-ef-h. Vom 9. Juli 1873.

Wir Wilhelm,

(R.G.Bl. S. 233.)

von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen ic, ver­

ordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung deS BundeSratheS und des

Reichstages, was folgt:

Artikel 1. An die Stelle der in Deutschland geltenden Landeswährungen tritt die Reichsgoldwährung.

Ihre Rechnungseinheit bildet die Mark, wie solche durch §. 2 deS Gesetzes vom 4. Dezember 1871, betreffend die Ausprägung von ReichSgoldmünzen (ReichS-Gesetzbl. S. 404), festgestellt worden ist. Der Zeitpunkt,

treten soll,

an welchem die Reichswährung im gesammten Reichsgebiete in Kraft

wird durch eine mit Zustimmung deS BundeöratheS zu erlassende, mindestens drei

Monate vor dem Eintritt dieses ZeitpuntteS zu verkündende Verordnung deS Kaisers bestimmt.

Die Landesregierungen sind ermächttgt, auch vor diesem Zeitpuntte für ihr Gebiet die Reichs­ markrechnung im BerordnungSwege einzuführen.

Verordnung, betreffend die Einführung der Reichswährung. Vom 22. September 1875. (R.G.B1. S. 303.) Einziger Artikel. Die Reichswährung tritt im gesammten Reichsgebiete am 1. Januar 1876 in Kraft. Artikel 2.

Außer den in dem Gesetze vom 4. Dezember 1871 bezeichneten ReichSgoldmünzen sollen ferner ausgeprägt werden ReichSgoldmünzen zu fünf Mark, feinen GoldeS 279 Stück auSgebracht werden.

von welchen aus einem Pfunde

Die Bestimmungen der §§. 4, 5, 7, 8 und 9

jenes Gesetzes finden auf diese Münzen entsprechende Anwendung, jedoch mit der Maßgabe, daß

bei denselben die Abweichung in Mehr oder Weniger im Gewicht (§. 7) vier Tausendtheile, und der Unterschied zwischen dem Normalgewicht und dem Passirgewicht (§. 9) acht Tausendtheile

betragen darf. Artikel 3.

Außer den ReichSgoldmünzen sollen als ReichSminrzen und zwar 1) als Silbermünzen:

Fünfmarkstücke,

Zweimarkstücke, Einmarkstücke,

Fünfzigpfennigstücke und Zwanzigpfennigstücke;

992

Anhang. 2) als Nicklmünzen:

Zehnpfennigstück unb Fünfpfennigstück; 3) als Kupfermünzen:

Zweipfennigstück und Einpfennigstücke nach Maßgabe folgender Bestimmungen ausgeprägt werden.

§. L

Bei Ausprägung der Silbermünzen wird das Pfund feinen Silbers in 20 Fünfmarkstücke,

50 Zweimarkstück, 100 Einmarkstücke,

200 Fünfzigpfennigstück und in 500 Zwanzigpfennigstück ausgebracht.

Das MifchungSverhältniß beträgt 900 Theile Silber und 100 Theile Kupfer, so daß

90 Mark in Silbermünzen 1 Pfund wiegen. DaS Verfahren bei Ausprägung dieser Münzen wird vom BundeSrath festgestellt.

Bei

den einzelnm Stücken darf die Abweichung in Mehr oder Weniger im Feingehalt nicht mehr

als drei Tausendtheile, im Gewicht, mit Ausnahme der Zwanzigpfennigstücke, nicht mehr als zehn Tausendtheile betragen.

In der Masse aber müssen das Normalgewicht und der Normal­

gehalt bei allen Silbermünzen innegehalten werden.

§. 2. Die Silbermünzen über eine Mark tragen auf der einen Seite den Reichsadler mit der Inschrift »Deutsches Reich' und mit der Angabe des Werthes in Mark, sowie mit der Jahres­

zahl der Ausprägung, auf der anberat Seite das Bilduiß des Landesherrn beziehungsweise das

Hoheitszeichen der freien Städte mit einer entsprechenden Umschrift und dem Münzzeichen. Durchmesser der Münzen, Beschaffenheit und Verzierung der Ränder derselben werden vom

BundeSrathe festgestellt. §. 3.

Die übrigen Silbermünzen, die Nickel- und Kupfermün-en tragen auf der einat Seite die Werthangabe, die Jahreszahl und die Inschrift »Deutsches Reich', auf der andern Seite den Reichsadler und das Münzzeichen.

Die näheren Bestimmungen über Zusammensetzung,

Gewicht und Durchmesser dieser Münzen, sowie über die Verzierung der Schriftseite und die

Beschaffenheit der Ränder werden vom BundeSrathe festgestellt. §. 4Die Silber-, Nickel- und Kupfermünzen werden auf bat Münzstätten derjenigen Bundes­ staaten, welche sich dazu bereit erklären, ausgeprägt.

Die Ausprägung und Ausgabe dieser

Münzen unterliegt der Beaufsichtigung von Seitm des Reichs.

unter Zustimmung des BundesratheS

die

Der Reichskanzler bestimmt

auSzuprägenden Beträge,

Beträge auf die einzelnen Münzgattungen und

auf die einzelnen

die Bertheilung dieser

Münzstätten und die den

letzteren für die Prägung jeder einzelnen Münzgattung gleichmäßig zu gewährende Vergütung.

Die Beschaffung der Münzmetalle für die Münzstätten erfolgt auf Anordnung deS Reichskanzlers.

Artikel 4.

Der Gesammtbettag der ReichSsilbermünzen soll bis auf Weiteres zehn Mark für den Kopf der Bevölkerung des Reichs nicht übersteigen.

Bei jeder Ausgabe dieser Münzen ist eine dem Werthe nach gleiche Menge der um­ laufenden

groben LandeSsilbermünzen und

angehörenden einzuziehen.

zwar

zunächst

der

nicht

dem Dreißigthalerfuße

Der Werth wird nach der Vorschrift im Art. 14 §. 2 berechnet.

22. Münzgesetz vom 9. Juli 1873.

993

Artikel 5. Der Gesamnrtbetrag der Mckel- und Kupfermünzen soll zwei und eine halbe Mark für

den Kopf der Bevölkerung deS Reichs nicht übersteigen.

Artikel 6. Von den Landeöscheidemünzen sind:

1) die auf andere als Thalerwährung lautenden, mit Ausschluß der bayerischen Heller und der mecklenburgischen nach dem Marksystem ausgeprägten Fünf-,

Zwei- und

Einpfennigstücke, 2) die auf der Zwölstheilung deS Groschens beruhenden Scheidemünzen zu zwei und vier Pfennigen,

3) die Scheidemünzen der Thalerwährung, welche auf einer anderen Eintheilung deS

Thalers, als der in 30 Groschen beruhen, mit Ausnahme der Stücke im Werthe

von 1 'n Thaler, bis zu dem Zeitpunkte des Eintritts der Reichswährung (Art. 1) einzuziehen. Nach diesem Zeitpuntte ist Niemand verpflichtet, diese Scheidemünzen in Zahlung zu nehmen, als die mit der Einlösung derselben beauftragten Kaffen. Artikel 7.

Die Ausprägung der Silber-, Nickel- und Kupfermünzen (Art. 3), sowie die vom Reichs­

kanzler anzuordnende Einziehung der Landessilbermünzen und Landesscheidemünzen erfolgt auf

Rechnung des Reichs. Artikel 8.

Die Anordnung dec Außerkurssetzung von Landesmünzen und Feststellung der für dieselbe erforderlichen Vorschriften erfolgt durch den BundeSrath*).

Die Bekanntmachungen über Außerkurssetzung von Landesmünzen sind außer in den zu der Veröffentlichung von LandeSverordnungen bestimmten Blättern auch durch daS Reichs-Gesetz­

blatt zu veröffentlichen. Eine Außerkurssetzung darf erst eintteten, wenn eine Einlösungsfrist von mindestens vier

Wochen festgesetzt und mindestens drei Monate vor ihrem Ablaufe durch die vorbezeichneten Blätter bekannt gemacht worden ist.

Artikel 9. Niemand ist verpflichtet, Reichssilbermünzen im Betrage von mehr als zwanzig Mark

und Nickel- und Kupfermünzen im Betrage von mehr als einer Mark in Zahlung zu nehmen.

Von den Reichs- und Landeskaffen werden Reichssilbermünzen in jedem Betrage Zahlung genommen.

in

Der BundeSrath wird diejenigen Kaffen bezeichnen, welche ReichSgold-

münzen gegen Einzahlung von Reichssilbermünzen in Beträgen von mindestens 200 Mark oder

von Nickel- und Kupfermünzen in Beträgen von mindestens 50 Mark auf Verlangen verabfolgen. Derselbe wird zugleich die näheren Bedingungen des Umtausches festsetzen.

Artikel 10.

Die Verpflichtung zur Annahme und zum Umtausch (Art. 9) findet auf durchlöcherte

und anders, als durch den gewöhnlichen Umlauf im Gewicht verringerte, ingleichen auf ver­ fälschte Münzstücke keine Anwendung.

ReichS-Silber-, Nickel- und Kupfermünzen, welche in Folge längerer Cirkulation und Abnutzung an Gewicht oder Erkennbarkeit erheblich eingebüßt haben, werden zwar noch in allen

Reichs- und LandeSkaffen angenommen, sind aber auf Rechnung deS Reichs einzuziehen. *) Vgl. Bekanntmachung, bett, die Außerkurssetzung der LandeSgoldmünzen und der landesgesetzlich den inländischen Münzen gleichgestellten ausländischen Goldmünzen v. 6. De­ zember 1873 (R.G.Bl. S. 375). Ma ko wer, Handelsgesetzbuch.

10. Ausl.

go

Anhang.

994

Artikel 11.

Eine Ausprägung von anderen, als den durch dieses Gesetz eingeführten Silber-, Nickel­ und Kupfermünzen findet nicht ferner statt.

Die durch die Bestimmung im tz. 10 des Gesetzes,

betreffend die Ausprägung von Reichsgoldmünzen, vom 4. Dezember 1871 (ReichS-Gesetzbl.

S. 404), vorbehaltene Befugniß, Silbermünzen als Denkmünzen auszuprägen, erlischt mit dem 31. Dezember 1873.

Artikel 12. Die Ausprägung von Reichsgoldmünzen geschieht auch ferner nach Maßgabe der Be­ stimmung im tz. 6 des Gesetzes, betreffend die Ausprägung von Reichsgoldmünzen, vom 4. De­ zember 1871 (ReichS-Gesetzbl. S. 404), auf Rechnung des Reichs. Privatpersonen haben das Recht, auf denjenigen Münzstätten, welche stch zur Ausprägung

auf Reichsrechnung bereit erklärt haben, Zwanzigmarfftücke für ihre Rechnung ausprägen zu lassen, soweit diese Münzstätten nicht für daS Reich beschäftigt sind. Die für solche Ausprägungen zu erhebende Gebühr wird vom Reichskanzler mit Zu­

stimmung deS BundeSratheS festgestcklt, darf aber das Maximum von 7 Mark auf daS Pfund fein 'Gold nicht übersteigen. Die Differenz zwischen dieser Gebühr und der Vergütung, welche die Münzstätte für die

in Anspruch nimmt,

Ausprägung

stießt in die Reichskaffe.

Diese Differenz muß für alle

deutschen Münzstätten dieselbe fein.

Die

Münzstätten dürfen für

die

Ausprägung keine

höhere Vergütung

in Anspruch

nehmen, als die Reichskaffe für die Ausprägung von Zwanzigmarkstücken gewährt.

Artikel 13.

Der Bundesrath ist befugt: 1) den Werth zu bestimmen, über welchen hinaus fremde Gold- und Silbermünzen nicht in Zahlung angeboten und gegeben werden dürfen, sowie den Umlauf fremder Münzen

gänzlich zu untersagen; 2) zu

bestimmen,

ob

ausländische Münzen von Reichs- oder Landeskaffen zu einem

öffentlich bekannt zu machenden Kurse im inländischen Verkehr in Zahlung genommen

werden dürfen, auch in solchem Falle den KurS festzusetzen.

Gewohnheitsmäßige oder gewerbsmäßige Zuwiderhandlungen gegen die vom Bundesrathe in Gemäßheit der Bestimmungen unter 1 getroffenen Anordnungen werden bestraft mit Geld­ strafe bis zu 1.50 Mark oder mit Hast bis zu sechs Wochen.

Artikel 14*).

Don dem Eintritt der ReichSwährung an gelten folgende Vorschriften: §. 1.

Alle Zahlungen, welche bis dahin in Münzen einer inländischen Währung oder in landes­ gesetzlich den inländischen Münzen gleichgestellten ausländischen Münzen zu leisten waren, sind

vorbehaltlich der Vorschriften Art. 9,1b und 16 in ReichSmünzen zu leisten.

§. 2.

Die Umrechnung solcher Goldmünzen, für welche ein bestimmtes Verhältniß zu Silbermünzen gesetzlich nicht festfteht, erfolgt nach Maßgabe des VerbältniffeS des gesetzlichen Fein­

gehalts derjenigen Münzen, auf welche die Zahlungsverpflichtung lautet, zu dem gesetzUchen

Feingehalte der ReichSgoldmüuzen. Bei der Umrechnung anderer Münzen werden der Thaler zum Werthe von 3 Mark,

der Gulden süddeutscher Währung zum Werthe von P/7 Mark,

') Vgl. R.O.H. Bd. 23, S. 205.; Bd. 25, S. 48.; R.G. I, 23; VI, 25; XIX, 52.

22. MünzgesH vom 9. Juli 1873.

995

die Mark lübischer oder hamburgischer Kurantwähruug -um Werthe von l1/* Mark, die übrigen Münzen derselben Währungen zu entsprechenden Werthen nach ihrem Verhältniß

zu den genannten berechnet.

Bei der Umrechnung werden Bruchtheile von Pfennigen der Reichswährung -u einem

Pfennig berechnet, tocmt sie einen halben Pfennig oder mehr betragen, Bruchtheile unter einem halben Pfennig werden nicht gerechnet.

r. 3. Werden Zahlungsverpflichtungen nach Eintritt der Reichswährung unter Zugrundelegung vormaliger inländischer Geld- oder Rechnung-währungen begründet, so ist die Zahlung vor­

behaltlich der Vorschriften Art. 9, 15 und 16 in Reichsmünzen unter Anwendung der Vor­ schriften deS §. 2 zu leisten.

§. 4, Zn allen gerichtlich oder notariell ausgenommen Urkunden, welche auf einen Geldbetrag

lauten, desgleichen in allen zn einem Geldbetrag verurtheileuden gerichtlichen Entscheidungen

ist dieser Geldbetrag, wenn für denselben ein bestimmte- Verhältniß zur Reichwährung gesetzlich feststeht, in Reichswährung auSzudrücken; woneben jedoch dessen gleichzeitige Bezeichnung nach derjenigen Währung, in welcher ursprünglich die Verbindlichkeit begründet war, gestattet bleibt.

Artikel 15. An Stelle der Reichsmünzen sind bei allen Zahlungen bis zur Außerkurssetzung an­ zunehmen :

1) im gesammten Bundesgebiete an Stelle aller

Reichsmünzen die Ein- und Zwei­

thalerstücke deutschen Gepräge- unter Berechnung de- Thaler- zu 3 Mark*);

Gesetz, betreffend die Abänderung des Artikel 15 des Münz­ gesetzes vom 9. Juli 1873. Vom 20. April 1874. (R.G.BL 8. 35.) Einziger Artikel: Die Bestimmung im Artikel 15, Ziffer 1 des Münz­ gesetzes vom 9. Juli 1873 (Reichs-Gesetzbl. 8. 233) findet auch auf die in Oesterreich bis zum Schlüsse des Jahres 1867 geprägten Vereinsthaler und Vereinsdoppelthaler Anwendung. Gesetz, betreffend die Abänderung des Artikel 15 des Münz­ gesetzes vom 9. Juli 1873. Vom 6. Januar 1876. (R.G.B1. S. 3.) Der Artikel 15 des Münzgesetzes vom 9. Juli 1873 (Reichs-Gesetzbl. 8. 233) erhält folgenden Zusatz: Der Bundesrath ist befugt, zu bestimmen, dass die Einthalerstücke deutschen Gepräges, sowie die in Oesterreich bis zum Schlüsse des Jahres 1867 geprägten Vereinsthaler bis zu ihrer Ausserkurssetzung nur noch an Stelle der Reichssilbermünzen, unter Berechnung des Thalers zu 3 Mark, in Zahlung anzunehmen sind. Eine solche Bestimmung ist durch das Reichs-Gesetzblatt zu veröffentlichen und tritt frühestens einen Monat nach ihrer Veröffentlichung in Kraft. 2) im gesammten Bundesgebiete an Stelle der Reichssilbermünzen, Stlberkurautmüuzeu

deutschen Gepräges zu 1/s und Vs Thaler unter Berechnung des Vi Thalerstücks zu einer Mark und des Vs ThalerstückS zu einer halben Mark; 3) in denjenigen Ländern, in welchen gegenwärtig die Thalerwihrung gilt, an Stelle

der Reichs-, Nickel- und Kupfermünzen die

nachbezeichnetm Münzen der Thaler­

währung zu den daneben bezeichneten Werthen:

*) Vgl. R.O.H. Bd. 25, S. 45.

996

Anhang.

Vi* Thalerstücke -um Werthe von 25 Pfennig,

*/i Groschenstücke .

20

,

10

,

,

.

5

,

.

2

,

,

,

1

,

V« *10 und */ll

.

.

.

,

*/u

4) in denjenigen Ländern, in welchen die Zwölstheilung des Groschens besteht, an Stelle der Reichs-, Nickel- und Kupfermünzen die auf der Zwölftheilung des Groschens

beruhenden Dreipfenuigstücke -um Werthe von 21/* Pfennig; 5) in Bayern an Stelle der Reichskupfermünzen die Hellerstücke

zum Werthe

von

Vi Pfennig;

6) in Mecklenburg an Stelle der Reichskupsermünzen die nach dem Marksystem aus­ geprägten Fünfpfennigftücke, Zweipfennigstücke und Einpfennigstücke zum Werthe von

5, 2 und 1 Pfennig. Die sämmtlichen sub 3 und 4 verzeichneten Münzen sind an allen öffentlichen Kaffen

deS gesammten Bundesgebietes zu den angegebenen Werthen bis zur Außerkurssetzung in Zahlung anzunehmen.

Artikel 16.

Deutsche Goldkronen, Laudesgoldmünzen und landesgesetzlich den inländischen Münzen gleichgestellte ausländische Goldmünzen, sowie grobe Silbermünzen, welche einer anderen Landes­

währung als dec Thalerwährung angehören, sind bis zur Außerkurssetzung als Zahlung an-

-unehmen,

soweit die Zahlung

nach den bisherigen Vorschriften

in diesen Münzsorten an­

genommen werden mußte. Artikel 17.

Schon vor Eintritt der Reichßgoldwährung können alle Zahlungen, welche gesetzlich in Münzen einer inländischen Währung oder in ausländischen, den inländischen Münzen landes­

gesetzlich gleichgestellten Münzen geleistet werden dürfen, ganz oder theilweise in Reichsmünzen, vorbehaltlich der Vorschrift Art. 9, dergestalt geleistet werden, daß die Umrechnung

nach den

Vorschriften Art. 14 §. 2 erfolgt. Artikel 18. Bis zum 1. Januar 1876 sind sämmtliche nicht auf ReichSwährung lautenden Noten

der Banken einzuziehen.

Bon diesem Termine an dürfen nur solche Banknoten, welche auf

ReichSwährung in Beträgen von nicht weniger als 100 Mark lauten, im Umlauf bleiben oder

auSgegeben werden.

Dieselben Bestimmungen

gelten

für die

bis jetzt

von Korporationen

auSgegebenen

Scheine.

Das von den einzelnen Bundesstaaten

ausgegebene Papiergeld ist spätestens

bis zum

1. Januar 1876 einzuziehen und spätestens sechs Monate vor diesem Termine öffentlich auf-

zurufen.

Dagegen wird nach Maßgabe eines zu erlaffenden Reichsgesetzes eine Ausgabe von

Reichspapiergeld stattfinden.

Das Reich-gesetz wird über die Ausgabe und den Umlauf deS

Reichspapiergeldes, sowie über die den einzelnen Bundesstaaten -um Zweck der Einziehung ihrePapiergeldes zu gewährenden Erleichterungen die näheren Bestimmungen treffen. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Jnsiegel.

Gegeben Bad Ems, den 9. Juli 1873. (L. 8.)

Wilhelm.

Fürst v. BiSmarck.

vyr

23. Reichsgesetz uom 30. April 1874.

23.

Keich«,»fetz, betreffend die Ausgabe von Reichskassenscheinen.

Dom 30. April 1874. (R.G.Bl. S. 40.)

Wir Wilhelm, von Gotte» Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen ic., verordnen im Namen des Deutschen Reich«, nach erfolgter Zustimmung de» Bundesraths und de« Reichs­

tag«, wa« folgt: §• 1.

Der Reichskanzler wird ermächtigt, Reichskaffenscheine zum Gefamrntbetrage von 120 Mil­

lionen Mark, in Abschnitten zu 5, 20 und 50 Mark ausfertigen zu laffm und unter die Bundes­ staaten nach dem Maßstabe ihrer durch die Zählung vom 1. Dezember 1871 festgestellten Be­

völkerung zu vertheilen.

Ueber die Bertheilung de« GesammtbetrageS auf die

einzelnen Abschnitte beschließt der

BundeSrath.

§. 2.

Jeder Bundesstaat hat da«

von ihm

seither ausgegebene Staatspapiergeld spätesten«

bi- zum 1. Juli 1875 zur Einlösung öffentlich aufzurufen und thunlichst schnell einzuziehen. Zur Annahme von Staatspapiergeld sind vom 1. Januar 1876 an nur die Kaffen des­ jenigen Staat« verpflichtet, welcher das Papiergeld ausgegeben hat.

§. 3. Denjenigen Staaten, deren Papiergeld den ihnen nach §. 1 zu überweisenden Betrag von

Reichskaffenscheinen

übersteigt,

des überschießenden Betrage« au« der

werden zwei Drittheile

Reichskasse als ein Vorschuß überwiesen und zwar, soweit die Bestände der letzteren eS gestatten, in baarein Gelde, soweit sie eS nicht gestatten, in ReichSkaffmschemen.

Der Reichskanzler wird zu diesem Zwecke ermächtigt, ReichSkaffenscheine über dm im §. 1 festgesetzten Betrag hinaus bi» auf die Höhe de» zu leistmdm DorschuffeS anfertigm zu laffm,

und soweit als nöthig in Umlauf zu setzen. Ueber die Art der Tilgung dieses DorschuffeS wird

Zettelbankwesens Bestimmung getroffen.

gleichzeitig

mit der Ordmmg de»

In Ermangelung einer solchm Bestimmung hat die

Rückzahlung deS Vorschüsse» innerhalb 15 Jahren, vom 1. Januar 1876 an gerechnet, in gleichm JahreSratm zu erfolgm.

Die auf den Vorschuß eingehmden Rückzahlungm sind zunächst zur Einziehung der nach vorstebendm Bestimmungm auSgeferttgtm ReichSkaffmscheine zu verwmdm

§. 4. Diejenigen Bundesstaaten, welche Papiergeld ausgegebm haben, werdm die ihnm aus­ gefolgten ReichSkaffenscheine (§§. 1 und 3), soweit der Betrag der letzterm dm Betrag de» auSgegebmm StaatSpapiergeldr» nicht übersteigt,

nur

in dem Maße in Umlauf setzm, alS

Staatspapiergeld zur Einziehung gelangt.

§5. Die ReichSkaffenscheine werdm bei allm Kaffm de» Reich- und sämmtlicher Bundes­

staaten nach ihrem Nennwerthe in Zahlung angenommen

und

von der ReichS-Hauptkaffe für

Rechnung deS Reich» jederzeit auf Erfordem gegen baareS Geld eingelöst. Im Privatverkehr findet ein Zwang zu ihrer Annahme nicht statt.

§• 6. Die Ausfertigung der ReichSkaffmscheine wird

der Prmßischm Haupt-Verwaltung der

StaatSfchuldm unter der Bmennung .Reichsschuldm-Derwaltung' überttagm.

998

Anhang. Die Reichsschulden'Verwaltung hat für beschädigte oder unbrauchbar gewordene Exem­

plare für Rechnung de» Reich» Ersatz jv leisten, wenn da» vorgelegte Stück zu einem echten

ReichSkaffmscheine gehört und

mehr al» die Hälfte

Fällen ausnahmsweise ein Ersatz geleistet werden kann,

eines solchen beträgt.

Ob in anderen

bleibt ihrem pstichtmäßigen Ermessen

überlassen. §. 7. Dor der Ausgabe der ReichSkaffenscheine ist eine genaue Beschreibung derselben öffentlich

bekannt »u machen.

Die Kontrole über die Ausfertigung und Ausgabe der ReichSkaffenscheine übt die Reichs-

schuldm-Kom Mission. §• 8.

Bon den Bundesstaaten darf

auch

ferner nur auf Grund eine» Reichsgesetzes Papier­

geld auSgegeben oder dessen Ausgabe gestattet werden.

Urkundlich unter Unserer Höchstrigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Assiegel. Gegeben Berlin, dm 30. April 1874.

(Bildete.

(L. 8.)

Fürst v. Bismarck.

24.

Keich-gef-tz, über Markenschutz.

Lom 30. November 1874.

(R.G.Bl. S. 143.)

§. L

Gewerbetreibende,

deren Firma

im

Handelsregister

eingetragen

ist,

können Zeichen,

welche zur Unterscheidung ihrer Waaren von den Waaren anderer Gewerbetreibenden auf den Waaren selbst oder auf deren Verpackung

angebracht werden sollen,

Handelsregister deS OrteS ihrer Hauptniederlassung

zur Eintragung

in das

bei dem zuständigen Gerichte anmelden’).

*) Nach §. 101 Ziff. 3c gehören vor die Kammern für Handelssachen diejenigen den Landgerichten in erster Instanz zugewiesenen bürgerlichen RechtSstreittgkeitm, in welchen durch die Klage ein Anspruch auü den Rechtsverhältnissen geltend gemacht wird, welche sich auf den Schuö der Marken beziehen. ’) a. Als eine nothwendige Eigenschaft deS WaarenzeichenS erachtet das R.G. (XVUI 86;-XXII, 100), daß dasselbe einen sofort seinem ganzen Umfange nach erkennbaren, mrt einem Blicke erfaßbaren Inhalt habe (Merk, Merkzeichen); deshalb findet eS in längeren auf der Verpackung angebrachten Schriftstücken kein Waarenzeichen. Form, Farbe, äußere Gestaltung der Waare oder ihrer Verpackung sind jedenfalls nicht Marken, denn sie sind nicht Zeichen, oder doch nicht solche, welche zur Unterscheidung der Waaren von Waaren anderer Gewerbtreibmder dienen. d. Ist eine Figur mit einem Namen, einer Firma rc.cornbinirt, so liegt ein ein­ heitliches Waarenzeichen vor (R.O.H. Bd. 20, S. 359). Die Unterscheidung zwischen wesent­ lichen und unwesentlichen Theilen des Zeichens ist unstatthaft (weil eS in allen feinen Theilen willkürlich ist) und das Auffällige einzelner Theile kann nur für die Frage, ob der Fall deS §. 18 vorliegt, von Bedeutung werden (R.G XIX, 175). Sofern daher durch die außer der Figur verwendeten Zahlen, Buchstaben oder Worte daS Gesammtbild des WaarenzeichenS so wesentlich verändert wird, daß dasselbe ohne Anwendung besonderer Aufmerksamkeit unter­ schieden toöbcn kaun, liegt keine Identität vor (Bd. 21, S. 412; Bd. 22, S. 377). ES ist indeß quaestio facti, ob in der Verwendung der Firma neben dem sonstigen Zeichen ein einzige- Waarenzeichen oder mehrere Bezeichnungen der Waare zu finden sind, für welche Beurtheilungdie Anmeldung zum Zeichenregister und die gesammte äußere Erscheinung von wesentlicher Bedeutung sein werden (R.G. Ic 75). Derjenige, welcher der Nachahmung be­ schuldigt wird, kann nicht verlangen, eS solle alles daö, was er auf feinen Waaren an­ gebracht hat, nur als Gesammtbild in Betracht gezogen und zur Vergleichung benutzt werden

QQA

24. Reichsgesetz vom 30. November 1874.

§. 2. Der Anmeldung muß eine deutliche Darstellung deS WaarenzeichenS (§. 1) nebst einem

Der-eichniß der Waarengattungen, für welche daS Zeichen bestimmt ist, mit der Unterschrift der Firma versetzen, beigefügt sein.

§. 3.

deren Benutzung für den Anmeldenden landeS-

Die Eintragung von Waarenzeichen,

gesetzlich geschützt ist, ferner von solchen Zeichen, welche bis -um Beginn deS Jahres 1875 im Verkehr allgemein als Kennzeichen der Waaren

eines

bestimmten Gewerbetreibenden gegolten

haben, darf nicht versagt werdens.

Im klebrigen ist die Eintragung zu versagen, wenn die Zeichen ausschließlich in Zahlen,

Buchstaben oder Worten bestehen, oder wenn sie öffentliche Wappen oder Aergerniß erregende Darstellungen enthaltens.

§. 4. Die Eintragung erfolgt unter der Firma deS Anmeldenden53).64 ist dabei zu vermerken.

Die Zeit der Anmeldung

Gelangt ein bereits eingetragenes Waaren-eichen auS Anlaß der Ver­

legung der Hauptniederlaffung wiederholt zur Eintragung, so ist dabei die Zeit der ersten An­ meldung zu vermerken8). §. 5.

Auf Antrag des Inhabers der Firma wird das eingetragene Waaren-eichen gelöscht.

Von Amtswegen erfolgt die Löschung: 1) wenn die Firma im Handelsregister gelöscht tokb7);

2) wenn eine Aenderung8) der Firma und nicht zugleich die Beibehaltung deS Zeichens angemeldet wird; 3) wenn seit der Eintragung deS Zeichens,

ohne daß besten weitere Beibehaltung an­

gemeldet worden, oder seit einer solchen Anmeldung,

ohne

daß dieselbe wiederholt

worden, zehn Jahre verfloffen sind;

4) wenn das Zeichen nach §. 3 nicht hätte eingetragen werden dürfen. 3) Der Richter hat die Eintragung zu bewirken, wenn die Anmeldung den gesetzlichen Erforderniffen entspricht, ohne Rücksicht darauf, ob Rechte Dritter entgegenstehen. Der Eintrag beurkundet angemeldete Rechte, bringt aber nicht solche zur Entstehung, welche nicht bereits durch die Anmeldung begründet sind (R.O.H. Bd. 24, S. 79; R.G. HI, 701 — Unter der Bezeichnung »Verkehr* ist nicht nur ein solcher in Deutschland verstanden (R.G. HI, 77). — Der erste Abs. deS §. 3 findet aber überhaupt nur Anwendung, wenn die Anmeldung deS WaarenzeichenS vor dem 1. Oktober 1875 erfolgte (R.G. X, 58). 4) Im Abs. 2 deS §. 3 ist davon auSaegangen, daß der wesentliche Bestandtheil eines WaarenzeichenS das figürliche Zeichen bleiben muß (R.G. X, 57); in den Schlußworten deS

!V

3 ist nur die Aufnahme inländischer öffentlicher Wappen in ein Waaren-eichen verboten, edoch in weiterem Umfange als in §. 360 Ziff. 7 des Reichs-Strafgesetzbuchs (R.O.H. Bd. 24, S. 294: R.G. III, 70; XXI, 1). 8) DaS für eine Firma erworbene Zeichenrecht kann nicht von derselben losgelöst und selbstständig übertragen werden, weil sonst daS Zeichen keine Sicherheit für den Ursprung der Waare böte (R.G. XI, 141). 6) Durch die Verlegung der Hauptniederlaffung erlischt daS Waaren-eichen nicht und sein Schutz wird dadurch mcht unterbrochen; nur die Stelle der Eintragung wird geändert. Der Titel derselben ist die erste Anmeldung und deshalb ist die Zeit, in welcher diese geschah, bei der wiederholten Eintragung an-ugeben (vgl. R.G. XX, 167). 7) Die wirkliche Löschung der Firma ist die Voraussetzung der Löschung deS Staoren-eichens (§. 12 Ziff. 2); das letztere verliert aber feine rechtliche Wirkung nicht schon dann, wenn nur dargelegt werden kann, daß die fragliche Firma mit Unrecht eingetragen worden fei (R.O.H. Bo. 80, S. 421). Ob auch geltend gemacht werden kann, die Firma hatte gelöscht werden müssen, darüber s. R.G. XV, 104. 8) Eine Aenderung liegt vor, wenn der früheren Firmenbezeichnung etwa-hin-ugefetzt oder davon etwas weggelassen wird, oder eine neue Bezeichnung an Stelle der alten tritt (R.G. XI, 141), nicht aber wenn sie nur den Zusatz „in liq.“ erhalt (R.G. XV, 105).

Anhang.

1000

r. s. Die erste Eiatragnag und die Löschung eines Zeichen- wird im »Deutschen Reichs-Anzeiger'

bekannt gemacht. Die Kosten der Bekanntmachung der Eintragung hat der Inhaber der Firma tu tragen.

§. 7. Für die erste Eintragung eines Zeichens, welches landesgesetzlich nicht geschützt ist, wird

eine Gebühr von fünfzig Mark entrichtet. Don der Entrichtung einer Gebühr für die Eintragung solcher Zeichen, welche bis rum Beginn des Jahres 1875 im Verkehr allgemein als Kamieichen der Waaren eines bestimmten

Gewerbetreibenden gegolten haben, können die LandeSregierungm entbinden. Andere Eintragungen und Löschungen geschehen unentgeltlich. §• 8Das Recht, Waarm oder deren Verpackung mit einem für diese Waaren zum Handels­

register angemeldeten Zeichen ju versehen oder auf solche Art bejeichnete Waaren in Verkehr

zu bringen, steht den Inhabern derjenigen Firma, für welche zuerst die Anmeldung bewirkt ist, ausschließlich zu'). §• 9. Auf Waarenzeichen, welche landesgesetzlich geschützt sind, ferner auf solche Zeichen, welche bis zum Beginn deS Jahres 1875 im Verkehr allgemein als Kennzeichen der Waarm eines be=

stimmten"») Gewerbetreibenden gegolten habm, kann durch die Anmeldung außer den gesetzlich

geschütztm oder im Verkehr allgemein anerkanntm Inhabern niemand ein Recht erwerben, so­ fern diese vor dem 1. Oktober 1875 die Anmeldung bewirken.

§. 10. Durch die Anmeldung eines WaarenSzeichenS, welches Buchstaben oder Worte enthält, wird niemand gehindert, feinen Namm oder seine Firma, sei es auch in abgekürzter Gestalt,

zur Kennzeichnung seiner Waarm zu gebrauchen. Auf Waarenzeichen, welche bisher im freien Gebrauche aller oder gewisser Klaffen von

Gewerbetreibmdm sich befundm habm,

oder beten Eintragung nicht zulässig ist, kann durch

Anmeldung niemand ein Recht erwerben").

•) Da die Priorität sich nach der Anmeldung (nicht der Eintragung) richtet, so ist unter derselben eine vollständige, mit ben vom Gesetze geforderten Unterlagen auSgestattete An­ meldung verstanden (R.O.H. Bd. 24, S. 75). Dem m daS Handelsregister eingetragenen In­ haber der Firma, für welche daS Zeichen zuerst angemeldet worden ist, kann das Recht, dasselbe zu führen nicht aus dem Ämnde bestritten werden, weil er zur Führung der Firma nicht be­ rechtigt sei, vielmehr kann nur die Berichtigung des Handelsregisters nachgesucht werdm (Bd. 24, S. 301). Die Priorität der Anmeldung gewährt ein ausschließliches (Gebrauchsund UnteriagungS-) Recht, wmn nicht gemäß §. 9 ein Anderer durch rechtzeitige Anmeldung sich dasselbe gewahrt hat (R.G. III, 71). •°) »Eines bestimmten Gewerbtreibenden' beißt nicht »eines bestimmten Gewerbtreibenden'; eS können sehr wohl mehrere sein (R.O.H. Bd. 20, S. 269, ebenso R.G. III, 80). Voraussetzung für die Änwmdbarkeit des tz. 9 ist, daß der Besitzstand ein tadelloser war g)b. 22, S. 380, R.G. in, 84), daß er innerhalb Deutschlands bestand oder dort durch

ndeSrecht geschützt war (Bd. 24, S- 81) oder doch thatsächliche Anerkennung im Verkehre daselbst gefunden hatte (Bd. 24, S. 222). Das R.G. (in, 76) nimmt dagegen an, daß es nicht darauf ankommt, ob der Verkehr innerhalb Deutschlands oder außerhalb deffelbm stattgefundm hat. ") Freizeichen können als Bestandtheile von Waarenzeichen verwmdet werdm. Andere werdm dadurch von der Bmutzung deffelbm Freizeichens für ein anderes Waarmzeichm nicht ausgeschlossen (R.O.H. Bd. 24, S. 293, R.G. HI, 72). — Der Ausdruck .Waarenzeichen' tm Abs. 2 beS §. 10 hat eine andere Bedeutung als der AuSdmck im §. 1. Währmd er in dem letzteren solche Zeichm bedeutet, welche zur Unterscheidung der damit be­ zeichneten Waaren von dm Waaren anderer Geschäftstreibender dimm, will er in dem ersteren solche Zeichm treffen, die nicht als Zeichm eines bestimmten einzelnen Gewerbtreibendew bunten, sondern von ganze» Klaffm Gewerbtteibmder gebraucht würben, indem sie in her-

24. Reichsgesetz vom30. November 1874.

1001

ß. 11. Der Inhaber einer Firma, für welche eia Waaren-eichen eingetragen ist, hat dasselbe auf Verlangen desjenigen,

welcher ihn von der Benutzung deS Zeichen- au-zuschließen be­

rechtigt ist, oder sofern da- Waaren-eichen zu den im §. 10 Absatz 2 erwähnten gehört, auf Verlangen eine- Betheiligten löschen zu lassen.

§. 12. Da- durch die Anmeldung eine- Waaren-eichen- erlangte Recht erlischt:

1) mit der Zurücknahme der Anmeldung, oder mit dem Anträge auf Löschung feitendeS Inhaber- der berechtigten Firma;

2) mit dem Eintritte eine- der im §. 5 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Falle.

§. 13. Jeder inländische Produzent oder Handeltreibende kann gegen denjenigen, welcher Waaren

oder deren Verpackung mit einem für den Ersterm nach Maßgabe diese- Gesetze- zu schützenden Waaren-eichen oder mit dem Namm oder der Firma deS Ersterm widerrechtlich bezeichnet, im

Wege der Klage beantragm,

daß derselbe für nicht berechtigt erklärt werde, diese Bezeichnung

zu gebrauchen^). gebrachter Weise die Waarmgattung oder bestimmte Quantität-- oder Größeverbältniffe oder die Herkunst der Waare au- einem bestimmten Ort oder Bezirk, mithin Eigenschaften der Waare bezeichneten. ES ist jedoch nicht nothwendig, daß die diesem Personenkreis angehörigm Gewerbetreibmdm das Zeichen in der Absicht gebraucht habm, sich oder ihre Waare aldreier Klasse angehöng, oder gerade bestimmte Eigenschaften der Waare zu bezeichnm (R.O.H. Bd. 25, S. 71). Da nicht in allm Fällen, wo ein Waarmzeichm im Gebrauche einer größeren Zahl von Gewerbtreibendm sich befand, ein Freizeichm anzunehmen ist, so muß außer dieser Thatsache festgestellt werden, daß nicht ein blos konkurrirender Besitz im Sinne deS §. 9, sondern vielmehr em freier Gebrauch im Sinne de- §• 10 vorlag (R.G. IIL 81). — Die Worte in Abs. 2 deS §. 10, .deren Eintragung nicht zulässig iss, wollm dm Fall treffen, wenn da- Zeichen nach §. 3 nicht hätte eingetragen werden dürfen (R.G. XIII, 2 u. XVUI, 96). M) a. Unter .inländischen Produzentm oder Handeltreibenden' sind diejmiyen verstandm, welche im In lande produziren oder dort Handel treiben, nicht aber Inländer int Sinne der Nationalität (R.G. XVIII, 31) Der Schutz derselben erstreckt sich auch auf solche rechtS-

verletzmde Handlungm, welche von Jnländem im AuSlande verüvt sind (ibidA b. Da- R O H. Bd 24, S. 229 führt au-, daß eine Uebertretung deS Verbot-, sich einer fremdm ^irma ohne Bewilligung ihre- Inhaber- $ur Waarenbezeuhnung zu bedienen, auch dann vorliegt, wenn die Firma nicht allein, sondern in Verbindung mit anderen Wortm oder mit Figurm und nicht als Unterschrift, sondem al- Bestandtheil eine- WaarenzeichenS zu diesem Zwecke benutzt wird, und ferner: daß der §. 13 zwar nur die Feststellung-klage regelt, aber eine Klage auf Unters agung künftiger Zuwiderhandlungen und die Androbung einer Strafe für den Fall der Uebertretung deS Verbot- nicht au-schließt. Außerdem kann im Falle deS §. 14 (bei wissentlicher Verletzung, R.G. XIV, 72) noch Schadensersatz gefordert werden. e. Geschützt ist die Verwmdung deS einer Person rechtlich -ukommenden bürger­ lichen oder kaufmännischen Namen-, nicht aber der Benennung, welche einem Produ­ zenten oder Handeltreibenden oder dessen Unternehmen blo- thatsächlich im Verkehr beb gelegt zu werden pflegt; ebensowenig trifft da- Gesetz die Bezeichnung der Waaren mit einem fälschlichen Fabrikation-ort oder Etablissement (R.G. 1, 27). d. Da- R.G Xin, 159 erachtet den Einwurf gegm die Klage auf Unterlassung der Markenbenutzung für zulässig, daß da- angemeldete Waaren-eichen nicht zur Bezeichnung ebener Waaren, sondern nur dazu Dienen solle, Andere an dem Vertriebe ihrer.Waaren unter diesem Zeichen in Deutschland zu hindem (ebenso R.G. XV, 105). Im ersteren Urtheile wird die .Widerrechtlichkeit' der Bueichnung in einem Falle verneint, in welchem der eingetragene Markeninhaber die mit gleicher oder ähnlicher Mark bezeichnete Waare selbst feilgehmten und empfohlen hatte. Dagegen nahm da- Reichsgericht (XVIII, 98) an, daß die Klage auf Löschung des eingettagenen Zeichen- nicht damit begründet werden könne, daß der Eingetragene bei der Anmeldung des Zeichen- nicht die Absicht gehabt habe, dasselbe selbst zu gebrauchen, vielmehr nur Andere in dem freien Gebrauche derselben zu stören. ES werde durch dieseGesetz (abgesehen von der transitorischen Bestimmung deS §. 9) nur daS eingetragene Zeichen al- ein Recht-gut geschützt und deshalb fei eS unerheblich, ob dasselbe einem nicht ein­ getragenen, wenn auch zum Zweck der Konkurrenz oder der Täuschung entlehnt sei.

1002

Anhang.

Desgleichen kann der Produzent oder Handeltreibende gegen denjenigen, welcher der­ gleichen widerrechtlich bezeichnete Waaren in Verkehr bringt oder feilhält, im Wege der Klage

beantragen, daß derselbe für nichtberechtigt erklärt werde, so bezeichnete Waaren in Verkehr zu bringen oder feil zu halten. §. 14.

Wer Waaren oder deren Verpackung wissentlich mit einem nach Maßgabe dieses Gesetzes zu schützenden Waarenzeichen, oder mit dem Namen oder der Firma eines inländischen Produ­

zenten oder Handeltreibenden widerrechtlich bezeichnet, oder wissentlich dergleichen widerrechtlich

bezeichnete Waaren in Verkehr bringt, oder feilhält, wird mit Geldstrafe von einhundertfünfzig bis dreitausend Mark, oder mit Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft und ist dem Ver­

letzten zur Entschädigung verpflichtet").

Die Strafverfolgung tritt nur auf Anttag ein. §. 15. Statt jeder auS diesem Gesetze entspringenden Entschädigung kann auf Verlangen deS Beschädigten neben der Strafe auf eine an ihn zu erlegende Buße bis zum Betrage von fünf­

tausend Mark erkannt werden.

Für diese Buße hasten die zu derselben Derurtheilten alö Ge-

sammtschuldner.

Eine erkannte Buße schließt die Geltendmachung eines weiteren Entschädigungsanspruchs auS. §. 16.

Darüber, ob ein Schaden entstanden ist, und wie hoch sich derselbe beläuft, entscheidet daS Gericht unter Würdigung aller Umstände nach fteier Ueberzeugung.

§. 17. Erfolgt eine Verurteilung auf Grund deS §. 14"), so ist auf Anttag des

Verletzten

bezüglich der im Besitze deS Verurtheilten befindlichen Waaren auf Vernichtung der Zeichen auf der Verpackung oder den Waaren, oder, wenn die Beseitigung der Zeichen in anderer

Weise nicht möglich ist, auf Vernichtung der Verpackung oder der Waaren selbst zu erkennen. Erfolgt die Verurtheilung im Strafverfahren, so ist dem Verletzten die Befugniß zu-

zusprechen, die Verurteilung auf Kosten deS Verurtheilten öffentlich bekannt zu machen.

Die

Art der Bekanntmachung, sowie die Frist zu derselben ist in dem Urtheil zu bestimmen. §. 18.

Der dem Inhaber eines WaarenzeichenS, eines NamenS oder einer Firma nach Inhalt dieses Gesetzes gewährte Schutz wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß das Waarenzeichen, der

Name oder die Firma mit Abänderungen wiedergegeben sind, welche nur durch Anwendung be­

sonderer Aufmerksamkeit wahrgenommen werden können"). e. Das Gesetz schützt die Marke nur gegen den unbefugten Gebrauch auf Waaren und deren Verpackung, nicht aber gegen den Abdruck aus mit diesen nicht verbundenen Prospekten, Fakturen u. dgl. (R.G. XVII, 101). «Wissentlich widerrechtlich" bedeutet: mit dem Bewußtsein der Widcrrechtlichkeit, setzt aber nicht außerdem eine auf Beschädigung oder einen sonstigen Erfolg gerichtete Absicht voraus (R.O.H. Bd. 24, S. 233). Eine nur fahrlässige, objektiv widerrechtliche Benutzung deS für einen Anderen geschützten WaarenzeichenS erzeugt nicht eine Entschädigungspflicht. Zur Feststellung der Wissentlichkeit genügt es aber, wenn der Nachahmende wußte, daß bereits ein Anderer ferne Waaren zum Zwecke der Unterscheidung im Verkehre mit jenem Zeichen versieht (R.G. XIV, 75). u) — gleichviel ob im Civil- oder Sttafverfahren, R.O.H. Bd. 24, S. 234. 15) Es kommt auf daS Gesammtbild an; daher sind die Abänderungen (gegenüber dem an gemeldeten Zeichen, R G XlX, 176) nicht getrennt von den übrigen Bestandtheilen zu vergleichen, und es bedarf nicht der Feststellung, daß die Täuschung auch dann, wenn beide Waarenzeichen zugleich vor Augen liegen, eintteten würde (R.O.H. Bd. 21, S. 410; Bd. 22, S. 3; Bd. 22, S. 378; Bd. 23, S. 136; ebenso R.G. III, 73). Der §. 18 bezieht sich offensichtlich nur auf schütz berechtigte. Waarenzeichen, nicht auf Freizeichen (Bd. 24, S. 249) und insoweit er von Namen spricht, auf den bürgerlichen Namen, welchen eine A.G. nicht hat (R.G. III, 68).

24. Reichsgesetz iwm ZlX November 1874.

1003

§. 19. Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, in welchen durch die Klage ein Anspruch auf Grund diese- Gesetzes erhoben wird, gelten im Sinne der Reichs- und Landesgesetze als Handelssachen.

§. WW)* Auf Warenzeichen von Gewerbetreibenden, welche im Jnlaude eine Handelsnieder­ lassung nicht besitzen, sowie auf die Namen oder die Firmen ausländischer Produzenten oder Handeltreibenden finden, wenn in dem Staate, wo ihre Niederlassung sich befindet, nach einer in dem Reichs-Gesetzblatt enthaltenen Bckanntmachung") deutsche Waarenzeichen, Namen und Firmen einen Schutz genießen, die Bestimmungen dieses Gesetzes Anwendung, jedoch in Ansehung der Waarenzeichen (§. 1) mit folgenden Maßgaben: 1) die Anmeldung eines WaarenzeichenS hat bei dem Handelsgerichte in Leipzig mit der Erklärung zu erfolgen, daß sich der Anmeldende für Klagen auf Grund dieses Ge­ setzes der Gerichtsbarkeit deS genannten Gerichts unterwirft"), 2) mit der Anmeldung ist der Nachweis zu verbinden, daß in dem fremden Staate die Boraussetzungen erfüllt sind, unter welchen der Anmeldende dort einen Schutz für das Zeichen beanspruchen sann19); 3) die Anmeldung begründet ein Recht auf das Zeichen nur insofern und auf so lange, als in dem fremden Staate der Anmeldende in der Benutzung des Zeichens ge­ schützt ist90). §. 21. Dieses Gesetz tritt mit dem 1. Mai 1875 in Kraft. Auf Waarenzeichen, welche bis zu diesem Tage landesgesetzlich geschützt waren, finden jedoch die landesgesetzlichen Bestimmungen noch bis dahin, daß die Anmeldung nach Maßgabe gegenwärtigen Gesetzes erfolgt ist, längstens bis zum 1. Oktober 1875 Anwendung.

u) Bei Gewährung des soa. internationalen Markenschutzes ist es entscheidend, ob das Zeichen nach dem Rechte deS betr. Auslandes geschützt ist, so daß, wenn diese Voraussetzung vorliegt, der Schutz im Jnlande, wenn kein Interesse der öffentlichen Ordnung oder der guten Sitte entgegensteht, auch solchen Zeichen zu gewähren ist, welche nach deutschem Recht für unzulässig erklärt werden müßten (R.G. XXI, 1). Immerhin erstreckt sich der Scbutz nur auf solche Waarenzeichen, welche nach dem vorliegenden Gesetze überhaupt als Marken anzusehen sind. (R.G. XXII, 100.) Die Voraussetzung deS §. 20, daß der Gewerbtreibende eine Handelsniederlassung im Jnlande nicht blitzt, trifft auch dann zu, wenn er daselbst nur eine Zweigniederlassung hat (R.G. XXL 11 N) Hinsichtlich Rußlands s. R.G.Bl. S 337 de 1873, hinsichtlich Frankreichs RGBl. S. 365 de 1873, hinsichtlich Großbritanniens und der Kolonien (s.R.G. XXII, 98) R.GBl. S. 199 de 1875, hinsichtlich Italiens R.G.Bl. 109 de 1883, hin­ sichtlich Oesterreich-Ungarns S. 259 de 1875, hinsichtlich Belgiens S. 301 de 1875, hin­ sichtlich Luremburgs S. 169 de 1876 und S. 268 de 1883, hinsichtlich Brasiliens S. 406 de 1877, hinsichtlich Dänemarks S. 123 de 1879, hinsichtlich der Niederlande und der niederländischen Kolonien S. 5 de 1882, hinsichtlich Rumäniens S. 7 de 1882, hinsichtlich der Vereinigten Staaten von Venezuela S 339 de 1883, hinsichtlich Spaniens vgl. den Handelsvertrag v. 12. Juli 1883, Art. 7 u. das Schlußprotokoll (R G Bl. S. 312, 326) u. RGBl. S. 295 de 1886, hinsichtlich der Schweiz den Handelsvertrag vom 23. Mai 1881 (R G Bl. S. 155, Art. 12) u. Zusatzvertrag v. 11. November 1888 (R.G.BL S. 303, Art. 3), hinsichtlich Serbiens die Uebereinmnft v. 7. Juli 1886 (R.G.Bl. S. 231). - Ueber die Wirkung solcher Verträge s. R.G. IV, S. 35. 18) Das Landgericht zu Leipzig wird durch diese Unterwerfung jedoch nur für solche Klagen zuständig, welche mit dem angemeldeten Waarenzeichen im Zusammenhang stehen (R.G. X, 62). ö) Auch wenn die Eintragung erfolgt ist, kann deren Unwirksamkeit durch den Nachweis, daß der Anmeldende in seinem Heimathlande feinen Schutz beanspruchen kann, nachträglich ausgeführt werden (R.G. XIII, 1, ebenso reichSrechL Entsch. 1885, S. 28). *>) Der §. 20 befaßt sich nur mit dem Schutze solcher Zeichen, welche im Sinne dieseGesetzes (§. 1) als Waarenzeichen zu betrachten sind, gleichviel ob das ausländische Reiht etwa auch anderen Waarenbezeichnungen gleichen Schutz wie den Waarenzeichen verleiht (RG. XVIII; 87).

Anhang.

1004

SS.

Keka««tm«chmrge« des BundeSrathS zur Ausführung des G. über den Markenschutz. (Centralblatt für das deutsche Reich S. 123 de 1875 u. S. 418 de 1886.)

Die nachfolgenden

Bestimmungen zur Ausführung des Gesetzes über Markenschutz sind vom BundeSrathe erlassen worden:

1. In dem Handelsregister wird

eine besondere Abtheilung für die Eintragung der

Waarenzeichen angelegt, welche den Namen .Zeichenregister' führt.

faßt fünf Spalten.

1.

DaS Zeichenregister um­

Sie sind bestimmt:

für die Benennung der anmeldenden Firma und die Bezeichnung de- Orts ihrer Hauptniederlassung, sowie der Stelle, an welcher die Firma im Handelsregister ein­

getragen steht; 2.

für die Angabe von Tag und Stunde der Anmeldung;

3.

für die Angabe der Waarengattungen, für welche das Zeichen bestimmt ist;

4.

für die Darstellung deS angemeldeten Zeichens;

5.

für sonstige Bemerkungen.

Im Uebrigen finden auf die Zeichenregister die in Betreff der Handelsregister erlassenen

Bestimmungen Anwendung.

2. Die Anmeldung der Zeichen erfolgt in den für Anmeldungen zum Handelsregister überhaupt vorgeschriebenen Formen.

Die der Anmeldung anzuschließende Darstellung der Zeichen hat in einer Abbildung von höchstens 3 cm. Höhe und Breite auf dauerhaftem Papier und, soweit dies die Deutlichkit

^fordert, in einer Angabe über die Art der Verwendung der Zeichen -u bestehm *). bildung ist in vier Exemplaren einzureichen.

Die Ab­

Dm Stock für den Abdruck der Zeichen bei-

-ufügen, steht der meldendm Firma frei. 3.

Die Eintragung jedes einzelnm Zeichens erfolgt der Reihe nach unter fortlaufender

Nummer. Bei der Eintragung ist in der für die Darstellung der Zeichen bestimmten Spalte ein Exemplar der eingereichten Abbildung zu befestigen.

Die Löschung von Zeichm wird durch dm Vermerk: merkungen bewirkt.

.gelöscht' in der Spalte für Be­

Die Löschung kann außerdem nach den für die Handelsregister erlassenen

Bestimmungen kenntlich gemacht werden.

4.

Wird gemäß tz. 5 Nr. 2 deS Gesetzes die Aenderung einer Firma und zugleich die

Beibehaltung deS für sie eingetragenen Zeichens angemeldet, so ist an Stelle der früherm die

neue Bezeichnung der Firma in die für die Eintragung der Firmen bestimmte Spalte ein*

-»tragen. 5.

Wird gemäß §. 5 Nr. 3 deS Gesetzes vor dem Ablaufe der gesetzlichen Schutzfrist

die weitere Beibehaltung eines eingetragmen Zeichens angemeldet, so ist Tag und Stunde der

neuen statt der früheren Anmeldung in der dafür bestimmten Spalte zu vermerken. 6. Jeder Vermerk in dem Zeichenregister hat am Schluffe daS Datum der Verfügung, aus welcher er beruht, die Angabe, an welcher Stelle der Akten die Verfügung sich befindet,

und soweit eine solche für die Handelsregister vorgeschrieben ist,

die Unterschrift des

ein-'

tragenden Beamtm zu enthaltm.

•) Diese Vorschrift bezweckt nur den Maßstab der Darstellung für das Zeichenregister anzugeben, schließt aber die Benutzung derselben nach anderen Maßstaben seitmS deS An* meldmden mcht aus (R.G. XIX, 172).

25. Bekanntmachungen d. BundesrathS zur Ausführung b. Ges. über b. Markenschutz.

7.

1006

Don dem Vollzüge, sowie von btt Ablehnung einer Eintragung ist btt Firma, welche

blt Anmeldung bewirkt hat, und -war im letzteren Falle unter Mittheilung der Hinderung-» gründe zu benachrichtigen.

8. Die Bekanntmachung der Eintragungen und Löschungen ist, soweit das Gesetz sie vorschreibt, durch da» Gericht, welche» da» Zeichenregister führt» unverzüglich zu veranlassen.

Bei Eintragungen sind gleichzeitig zwei Exemplare der eingereichten Abbildungen oder, fall»

der Stock für da» Zeichen eingereicht ist, der letztere der Expedition de» »Deutschen Reichs­ anzeiger»' zu übersenden, um danach den Abdruck de» Zeichen» zu bewirk».

Ueber die geschehene Bekanntmachung ist eia Belagblatt zu den Akte» zu bringen.

9. Die Bekanntmachung einer Eintragung hat zu enthalten: die laufende Nummer der Eintragung, den Namen der Firma und den Ort ihrer

Hauptniederlassung, Tag und Stunde der Anmeldung, die Waarengattungen, für welche da» Zeichen bestimmt ist,

die Abbildung de» Zeichen» und die Unterfchrist

de» Gerichte».

Sie ist nach folgendem Muster abzufaffen:

Al» Marke ist eingetragen unter Nr. 10 zu der Firma I. Haupt in Leipzig nach Anmeldung vom 1. Juli 1875 Morgens 9 Uhr für ätherische Oele und Seifen das Zeichm 9.

Königliche» Handelsgericht zu Leipzig. 10.

Die Bekanntmachung einer Löschung hat zu enthalten:

die laufende Nummer der

Eintragung, den Namen der Firma und den Ort ihrer Hauptniederlassung, die Nummer des Deutschen Reichsanzeigers, welch« die Bekanntmachung der Eintragung enthält, ferner, sofern

die Löschung nur für einzelne Waarengattungen erfolgt, deren Angabe, endlich die Unterschrift de» Gericht».

Sie ist nach folgendem Muster abzufaffen:

Als Marke ist gelöscht da» unter Nr. 10 zu der Firma 2. Haupt in Leipzig laut Bekanntmachung in Nr. 150 de» .Deutschen Reichsanzeigers' von 1875 für Seifen

eingetragene Zeichen. Königliches Handelsgericht zu Leipzig. Berlin, den 8. Februar 1875.

Der Reichskanzler.

In Vertretung: Delbrück.

Nach §. 6 des G. über Markenschutz v. 30. November 1874 wird die erste Eintragung und die Löschung eine» WaarenzeichenS im «Deutschen ReichSanzeiger' bekannt gemacht.

Die Koste« dieser Bekanntmachungen werden vom 1. Januar 1887 ab nach dem Raum, die Zeile zu 30 Pfg. berechnet

Für jede» Belag-blatt sind 10 Pfg. zu entrichten.

Außerdem find der Verwaltung

de» ReichSanzeiger» die Koste« für Porto, Schneiden de» Zeichenstockes, fall» dieser nicht ein­

gesandt wird, ferner für Verpackung und Rücksendung der ClichS» zu erstatten. kanntmachung vom 8. Februar 1875 (Central-Blatt S. 131) wird aufgehoben.

Berlin, den 22. Dezember 1886. Der Reichskanzler.

In Vertretung: v. Boetticher.

Die Be­

1006

Anhang.

26. Meich--rf-h, betreffend das Urheberrecht an Mustern und Modellen. Vom 11. Januar 1876.

(R.G.Bl. S. II.)1)

Kl. DaS Recht, ein gewerbliches Muster oder Modell ganz oder theilweife nach-ubilden,

steht dem Urheber desselben ausschließlich -u. Als Muster oder Modelle im Sinne dieses Gesetzes werden nur neue und eigenthümliche

Erzeugnisse angesehen*).

K. 2. Bei solchen Mustern und Modellen, welche von den in einer inländischen gewerblichen Anstalt beschäftigten Zeichnern, Malern, Bildhauern k. im Auftrage oder für Rechnung des EigenthümerS der gewerblichen Anstalt angefertigt werden, gilt der letztere, wenn durch Vertrag

nichts anderes bestimmt ist, als der Urheber der Muster und Modelle. 8. 3.

Das Recht des Urhebers geht auf dessen Erben über.

Dieses Recht kann beschränkt

oder unbeschränkt durch Vertrag oder durch Verfügung von Todeswegen

auf Andere

über­

tragen werden.

K. 4. Die freie Benutzung einzelner Motive eines Musters oder Modells zur Herstellung eines neuen Musters oder Modells ist als Nachbildung nicht anzusehens).

8. 6. Jede Nachbildung eines Musters oder Modells, welche in der Absicht, dieselbe zu ver­ breiten, ohne Genehmigung des Berechtigten (§§. 1—3) hergestellt wird, ist verboten.

Als

verbotene Nachbildung ist es auch anzusehen:

1.

wenn bei Hervorbringung derselben ein anderes Verfahren angewendet worden ist, als bei dem Originalwerke, oder wenn die Nachbildung für einen anderen Gewerbs­

zweig bestimmt ist, als daS Original; 2.

wenn die Nachbildung in anderen räumlichen Abmessungen oder Farben hergestellt

wird, als daS Original, oder wenn sie sich vom Original nur durch solche Abände­ rungen unterscheidet, welche nur bei Anwendung

besonderer Aufmerksamkeit wahr­

genommen werden könnm;

3.

wenn die Nachbildung nicht unmittelbar nach dem Originalwerke, sondern mittelbar

nach einer Nachbildung desselben geschaffen ist.

1) Nach §. 101 Ziff. 3c M GerichtSverfassungöaesetzeS gehören vor die Kammern für Handelssachen diejenigen den Landgerichts m erster Instanz zugewiesenen bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in welchen durch die Klage em Anspruch auS den Rechtsverhältnissen geltend gemacht wird, welche sich auf den Schutz der Muster und Modelle beziehen. *) Das Gesetz will nur die äußere Erscheinung der Industrie-Erzeugnisse nach Zeichnung, Farbe und plastischer Gestalt, also blos die Form schützen, wenn diese neu und ergenthümlich ist und hierdurch dem Erzeugnisse besonderen Verkaufswerth giebt, gleichviel ob sie den Kunstsinn befriedigt oder der Mode dient (Geschmacksmuster). Für Nützlichkeits­ oder Gebrauchsmuster, bei welchen nur die an die Form sich knüpfende besondere Nützlichkeit oder Brauchbarkeit des Erzeugnisses diesem den besonderen Werth verleiht, ist der Patent­ schutz gewährt (R.O.H. Bd. 24 S. 109). Ein Verfahren zur Herstellung von Vorbildern für dre Form eignet sich nicht zur Eintragung in das Musterregister (Johow und Küntzel, Jahrbuch I, 16). *) Der Grund dieser Bestimmung ist, daß der Gesetzgeber nur die charakteristische G e s a m m t - Individualität eines neuen Musters oder Modells schützen will (R.O.H. Bd. 24, S. 401).

26. Reichsgesetz vom 11. Januar 1876.

1607

S. e. Att verbotene Nachbildung ist nicht anzuseheu:

1.

die Einzelkopie eines Musters oder Modells, sofern dieselbe ohne die Absicht der gewerbsmäßigen Verbreitung und Verwerthung angefertigt wird;

2.

die Nachbildung von Mustern, welche für Flächenerzeugniffe bestimmt sind, durch

3.

die Aufnahme von Nachbildungen einzelner Muster oder Modelle in ein Schriftwerk.

vtastische Erzeugnisse und umgekehrt^);

§. 7. Der Urheber eines Musters oder Modells genießt dm Schutz gegen Nachbildung nur

dann, wenn er dasselbe zur Eintragung in das Musterregister angemeldet und ein Exemplar

oder eine Abbildung des Musters rc. bei der mit Führung deS MusterregisterS beauftragtm Behörde niedergelegt hat.

Die Anmeldung

und Niederlegung

erfolgen, bevor ein nach dem

muß

Muster

oder

Modelle gefertigte- Erzeugniß verbreitet wird.

§. 8. Der Schutz

des

gegenwärtigen Gesetzes

gegm

Nachbildung wird dem

Urheber des

Musters oder Modells nach seiner Wahl ein bis drei Jahre lang, rom Tage der Anmeldung

(§. 7) ab, gewährt. Der Urheber ist berechtigt, gegm Zahlung dec im §. 12 Absatz 3 bestimmten Gebühr, eine

Ausdehnung der Schutzfrist bis auf höchstens fünfzehn Jahre zu vertangm.

Die Verlängerung

der Schutzfrist wird in dem Mustcrregister eingetragm.

Der Urheber kann das ihm nach Absatz 2 zustehende Recht außer bei der Anmeldung

auch bei Ablauf der dreijährigen und der zehnjährigen Schutzfrist ausüben. §. 9. DaS Musterregister wird von den mit der Führung der Handelsregister beauftragten

GerichtSbehördm geführt. Der Urheber hat die Anmeldung und Niederlegung deS Musters oder Modells bei der Gerichtsbehörde seiner Hauptniederlassung, und falls er eine eingctragme Firma nicht besitzt,

bei der betreffmden Gerichtsbehörde seines Wohnortes zu bewirken.

Urheber, welche im Jnlande weder eine Niederlassung, noch einen Wohnsitz haben, müssen

die Anmeldung und Niederlegung bei dem Handelsgericht in Leipzig bewirken. Die Muster oder Modelle sonnen offen oder versiegelt, einzeln oder in Packeten nieder­

gelegt werden.

Die Packete dürfm jedoch nicht mehr als 50 Muster oder Modelle enthalten

und nicht mehr als 10 Kilogramm wiegen.

Die näheren Dorschristm über die Führung deS

Musterregisters erläßt das ReichSkanzler-Amt.

Die Eröffnung der versiegelt niedergelegtm Muster erfolgt drei Jahre nach der An­ meldung (§. 7) beziehentlich, wenn die Schutzfrist eine kürzere ist, nach dem Ablaufe derselben.

Die Ebitragung und die Verlängerung der Schutzfrist (§. 8 Alinea 2) wird monatlich im Deutschm Reich-anzeiger bekannt gemacht.

Die Kostm der Bekanntmachung hat der In»

meldende zu tragen. *) Diese Vorschrift, welche eine Einschränkung gegmüber dem §. 5 Ziff. 1. enthält, hat ihren Grund in der wesentlich verschobenen Reiumg der Formenemvfinduna durch eine auf der Fläche und durch eine plastisch verwirklichte Jndividualform (8t.£X$). Bd. 24, S. 4021 In der Anmeldung zum Musterregtster braucht — nach R-G. IV. 109 — nicht angegeben zu werden, zu welcher der beide» Kategorien das Muster gehört. Dieser Satz ist jedoch bei der Erörterung deS Musterschutzes für Schriftzießereiformen reprobirt im Urtheile 8t.@. XIV, 52, wo auSgefuhrt ist, daß die Textworte »bestimmt finb* bedeuten: »nach der bei der Anmeldrmg zur Eintragung abgegebenen Erklärung des Urhebers bestimmt |wbe. Dgl. §. 6. der folgenden Bestimmungen deS Reichskanzleramts.

Anhang.

1008

§. 10. Die Eintragungen in da- Musterregister werden bewirkt, ohne daß eine zuvorige Prüfung

über die Berechtigung de- Antragsteller- oder über die Richtigkeit der zur Eintragung an­

gemeldeten Thatsachen stattfindet**).

§. 1L Es ist Jedermann gestattet, von dem Musterregister und den nicht versiegelten Mustern und Modellen Einsicht zu nehmen, und sich beglaubigte Auszüge aus dem Mufterregister ertheilen zu lassen.

In (Streitfällen darüber, ob ein Muster oder Modell gegen Nachbildung geschützt

ist, können zur Herbeiführung der Entscheidung auch die versiegelten Packete von der mit der

Führung deS Musterregisters beauftragten Behörde geöffnet werden.

§. 12. Me Eingaben, Verhandlungen, Atteste, Beglaubigungen, Zeugnisse, Auszüge re., welche

die Eintragung in das Musterregister betreffen, sind stempelfrei. Für jede Eintragung und Niederlegung eine- einzelnen Musters oder eines Packeis mit

Mustern rc. (§. 9) wird, insofern die Schutzfrist auf nicht länger alS drei Jahre beansprucht wird (§. 8 Absatz 1), eine Gebühr von 1 Mark für jedes Jahr erhoben.

Nimmt der Urheber in Gemäßheit deS §. 8 Absatz 2 eine längere Schutzfrist in Anspruch, so hat er für jedes weitere Jahr bis zum zehnten Jahre einschließlich eine Gebühr von 2 Mark,

von elf bis fünfzehn Jahren eine Gebühr von 3 Mark für jedes einzelne Muster oder Modell zu entrichten.

Für jeden Eintragungsschein, sowie für jeden sonstigen Auszug aus dem Muster­

register wird eine Gebühr von je 1 Mark erhoben.

tz. 13. Derjenige, welcher nach Maßgabe deS tz. 7 das Muster oder Modell zur Eintragung in daS Musterregister angemeldet und niedergelegt hat, gilt bis zum Gegenbeweise als Urheber*). tz. 14.

Die Bestimmungen in den §§. 18—36, 38 des Gesetzes vom 11. Juni 1870, betreffen daS Urheberrecht an Schriftwerken rc. (BundeS-Gesetzbl. 1870 S. 339)*), finden auch auf das

Urheberrecht an Mustern und Modellen mit der Maßgabe entsprechende Anwendung,

daß die

5) Hieraus folgert daS R.G. VIII, 21, daß, wer auf Grund seiner einseitigen Angaben sich den Schutz als Urheber (§. 13) beschafft und auf Grund dessen ein Anklageverfahren gegen den angeblichen Nachbildner beantragt hat, demselben Kosten und Schäden ersetzen muß, wenn dieser auf Grund deS Nachweises, daß der Antragsteller in Wirklichkeit kein Recht auf Schutz hatte, freigesprochen wird. 6) Hieraus folgt, daß gegen den wegen Nachbildung eines solchen Muster- oder Modells Angeklagten die Vermuthung streitet, daß daS letztere ein neues war (R.O.H. Bd. 24 S. 404). *) Jene Bestimmungen lauten feie folgt:

Entschädigung und Strafen.

tz. 18. Wer vorsätzlich oder aus Fahrlässigkeit einen Nachdruck (§§. 4. ff.) in der Absicht, den­ selben innerhalb oder außerhalb deS Norddeutschen Bundes zu verbreiten, veranstaltet, ist den Urheber oder dessen Rechtsnachfolger zu entschädigen verpflichtet und wird außerdem mit einer Geldstrafe bis au Eintausend Thalern bestraft. Die Bestrafung deS Nachdrucks bleibt jedoch ausgeschlossen, wenn der Veranstalter des­ selben auf Grund entschuldbaren, thatsächlichen oder rechtlichen Irrthums in gutem Glauben gehandelt hat. Kann die verwirkte Geldstrafe nicht beigetrieben werden, so wird dieselbe nachMaaßgabe der allgemeinen Strafgesetze in eine entsprechende Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten umgewandckt. Statt jeder aus diesem Gesetze entspringenden Entschädigung kann auf Verlangen des Beschädigten neben der Strafe auf eine an den Beschädigten zu erlegende Geldbuße bis zum Bettage von zweitausend Thalern erkannt werden. Für viese Buße haften die zu derselben Derurtheilten alS Gesammtschuldner. Eine erkannte Buße schließt die Geltendmachung eines weiteren EntschädigungsansprucheS aus.

26. Reichsgesetz vom 11. Januar 1876.

vorräthigen Nachbildungen und die ,ur

richtungen nicht vernichtet,

sondern

1009

widerrechtlichen Vervielfältigung bestimmt« Vor­

auf Kost« de« Eigenthümer» und nach Wahl desselben

entweder ihrer gefährd«d« Form «Meidet, oder bi« »um Ablauf der Schutzfrist amtlich auf­

bewahrt werd«

Wenn dm Veranstalter de« Nachdruck« fern Verschulden trifft, so haftet er dem Ur­ heber oder besten Rechtsnachfolger für de» entstanden« Schad« nur bi« zur Höhe seiner Bereichemug. §. 19. Darüber, ob ein Schad« mtstand« ist, und wie hoch sich derselbe beläuft, deSgleichm über den Bestand und die Höhe einer Bereicherung, mtscheidet da« Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Ueberzeugung. §. 20. Wer vorsätzlich oder aus Fahrlässigkeit ein« Anderen »ur Veranstaltung eine« Nachdruck­ veranlaßt, hat dib im §. 18. festgesetzte Strafe verwirkt, und rst den Urheber oder dessen Recht«» Nachfolger nach Maaßgabe der §§. 18. und 19. »u entschädig« verpflichtet und »war selbst dann, wmn der Veranstalter des Nachdrucks nach §. 18. nicht strafbar oder «satzverbindlich sein sollte. Wenn der Veranstalter de« Nachdruck« ebmfall« vorsätzlich oder au« Fahrlässigkeit ge­ handelt hat, so haft« Beide dem Berechtigten solidarisch. Die Strafbarkeit und die Ersatzverbindlichkeit der übrigen Theilnehmer am Nachdruck richtet sich nach d« allgemein« gesetzlich« Vorschrift« §. 21. Die vorräthigen Nachdrucks-Exemplare und die zur widerrechtlichen Vervielfältigung aus­ schließlich bestimmt« Vorrichtung« wie Form«, Platt«, Steine, Stereotypabgüffe re., unter­ liegen der Einziehung. Dieselben sind, nachdem die Einziehung dem Eigenthümer gegenüber rechtsfräftig erkannt ist, entweder zu vernichten oder ihrer gefährdmdm Form zu entkleiden und alsdann dem Eigenthümer zurückzugeb«. Wenn nur ein Theil des Werkes als Nachdruck anzusehen ist, so erstreckt sich die Ein­ ziehung nur auf dm als Nachdruck erkannt« Theil de» Werke« und die Vorrichtung« zu diesem Theile. Die Einziehung erstreckt sich auf alle diejenigen Nachdrucks-Exemplare und Vorrichtung« welche sich im Eigenthum deS Veranstalter« de« Nachdruck«, de« Druckers, der Sortiments­ buchhändler, der gewerbsmäßigen Verbreiter und desjenigen, welcher den Nachdmck veranlaßt hat (§. 90.), befinden. Die Einziehung tritt auch daun ein, w«n der Veranstalter oder Beranlaffer de« Nachdrucks weder vorsätzlich noch fahrlässig gehandelt hat (§. 18.). Sie erfolgt auch gegm di« Erb« deffelbm. ES steht dem Beschädigt« frei, die Nachdrucks-Exemplare und Vorrichtungen ganz oder theilweise gegm die Herstellung-kost« zu übernehmen, infofem nicht die Rechte eine« Drift« dadurch verletzt oder gefährdet werden. §.22. Da« Vergehen de» Nachdruck« ist vollmdet, sobald ein Nachdrucks-Exemplar eine« Werke» den Vorschriften deS gegenwärtigen Gesetze» zuwider, sei e» im Gebiete de» Norddeutsch« Bundes, sei eS außerhalb desselben, hergestellt Word« ist. Im Falle des bloßen Versuchs de» Nachdrucks tritt weder eine Bestrafung noch eine Entschädigung-verbindlichkeit de» NachdruckerS ein. Die Einziehung der Nachdruck-vorrichtungen (§. 21.) «folgt auch in diesem Falle.

§.23. Weg« Rückfalls findet eine Erhöhung d« Strafe ufcr da« höchste gesetzliche Maaß (§. 18.) nicht statt. §.24. Wenn in dm Fällen deS §. 7. Littr. a. die Angabe der Quelle od« de« Namens de« Urheber« vorsätzlich oder aus Fahrlässigkeit unterlass« wirb, so habm der Veranstalter und d« Veranlasser des Abdrucks eine Geldstrafe bi» »« zwanzig Lhalem verwirkt. Eine Um­ wandlung der Geldstrafe in Freiheitsstrafe findet n»cht statt. Eine Entschädigung-pflicht tritt nicht ein. §. 25. Wer vorsätzlich Exemplare eines Werke», welche dm Vorschriften de» gegenwärtig« Ge­ setze» zuwtdtt anaefertigr wordm sind, innerhalb od« außerhalb de« Norddeutsch« Bunde« gewerbemäßig feilhalt, verkauft od« in sonstig« Weise verbreitet, ist «ach Maaßgabe de» von ihm verursachten Schaden» dm Urheb« od« dessen RechtSnachfolg« zu entschädigen verpflichtet und wird aufcrbem mit Geldstrafe nach §. 18 bestraft. Makower, Handelsgesetzbuch.

10. «ust.

64

Anhang.

1010

Die Sachverständigen-Dereine welche, nach §. 31 des genannten Gesetzes Gutachten über

die Nachbildung von Mustern oder Modellen ab-ugeben haben, sollen aus Künstlern, au- Ge-

Die Einziehung der zur gewerbemäßigen Verbreitung bestimmten NachdruckS-Exenwlare na^Maa^abe deS §. 21. findet auch dann statt, wenn der Derbretter nicht vorsätzlich ge-

Der EntschädigungSpflicht, sowie der Bestrafung wegen Verbreitung unterliegen auch der Veranstalter uno Veranlasser des Nachdrucks, wenn sie nicht schon al- solche entschädigungSpflichttg und strafbar sind. Verfahren.

8 26. Sowobl die Entscheidung über den Entschädigungsanspruch, als auch die Verbängung der im gegenwärtigen Gesetze angedrohten Sttafen und die Einziehung. der NachdrucksExemplare rc. gehört zur Kompetenz der ordentlichen Gerichte. Die Einziehung der Nachdrucks-Exemplare rc. kann sowohl im Strafrechtswege beantragt, als im CivilrechtSwege verfolgt werden. §. 27. Das gerichtliche Strafverfahren ist mcht von Amtswegen, sondern nur auf den Antrag des Verletzten einzuleiten. Der Antrag auf Bestrafung kann bis zur Verkündung eines auf Strafe lautenden Erkenntnisses zurückgenommen werden. §. 28. Die Verfolgung deS Nachdrucks steht Jedem zu, dessen Urheber- oder Verlagsrechte durch die widerrechtliche Vervielfältigung beeinträchtigt oder gefährdet sind. Bei Werken, welche bereits veröffentlicht sind, gilt bis zum Gegenbeweise derjenige als Urheber, welcher nach Maaßgabe deS K. 11, Absatz 1. 2. auf dem Werke als Urheber an­ gegeben ist Bei anonymen und pseudoliymen Werken ist der Herausgeber und wenn ein solcher nicht angegeben ist, der Verleger berechtigt, die dem Urheber zustehenden'Rechte wahrzunehmen. Der auf dem Werke angegebene Verleger gilt ohne werteren Nachweis als der Rechtsnachfolger des

anonymen oder pseudonymen Urhebers. §. 29. In den RechtSstreitigkeiten wegen Nachdrucks, einschließlich der Klagen wegen Bereicherung au- dem Nachdruck, hat der Richter, ohne an positive Regeln über die Wirkung der Beweismittel gebunden zu sein, den Thatbestand nach seiner freien, auS dem Inbegriff der Verhand­ lungen geschöpften Ueberzeugung festzustellen. Ebmso ist der Richter bei Entscheidung der Frage: ob der Nachdrucker oder der Veranlasser des Nachdrucks ($§. 18. 20.) fahrlässig gehandelt hat, an die in den Landesgesetzen vorgeschriebenen verschiedenen Grade der Fahrlässtgknt nicht gebunden. 30. Sind technische Fragen, von welchen der Thatbestand deS Nachdrucks oder der Bettag de-Schadens oder der Bereichern^ abhängt, zweifelhaft oder streittg, so ist der Richter befugt, das Gutachten Sachverständiger einzuholm.

In allen Staaten de- Norddeutschen Bundes sollen auS Gelehrten, Schriftstellern, Buch­ händlern und anderen geeigneten Personm Sachverständigen-Dereine gebildet werden, welche, auf Erfordern deS Richters, Gutachtm über die an sie gerichteten Fragen abzugeben verpflichtet sind. Es bleibt den einzelnen Staaten überlassen, sich zu diesem Behufe an andere Staaten de- Norddeutschen Bundes amuschließen, oder auch mit denselben sich zur Bildung gemein­ schaftlicher Sachrerständigm-Dereine zu verbinden. Die Sachverständigen-Dereine sind befugt, auf Anrufen der Betheiligten über streifige Entschädigungsansprüche und die Einziehung nach Maaßgabe der §§. 18. bis 21. als Schiedsrichter zu verhandeln und zu entscheiden. Das BundeSkanzler-Amt erlabt die Instruktion über die Zusammensetzung und den Ge­ schäftsbetrieb der Sachverständigen-Dereine. §. 32.

Die in den §§. 12. und 13. des Gesetzes, betreffend die Errichtung eines obersten Ge­ richtshofes für Handelssachen vom 12. Juni 1869. (BundeSgesetzbl. S. 201.), geregelte Zu­ ständigkett deS BundeS-OberhandelSgerichtS zu Leipzig wttd auf diejenigen bürgerlichen Rechts­ streitigkeiten ausgedehnt, iu welchen auf Grund der Bestimmungen dieses Gesetzes durch die Klage ein Entschädigungsanspruch oder ein Anspruch auf Einziehung geltend gemacht wird.

26. Reichsgesetz vom 11. Januar 1876.

feil

werbtrribenden verschiedener Gewerbzweige unb auS sonstigen Personen, welche mit dem Musterunb Modellwesm vertraut sind, zusammengesetzt werbens. §. 15.

Bürgerliche Recht-streitigkeiten, in welchen auf Grund ber Bestimmungen diese- Gesetzt­

eine Klage wegen Entschädigung, Bereicherung

oder Einziehung angestellt wird, geltet im

Sinne der Reich»- und Lande-gesetze al» Handelssachen. §. 16.

Das gegenwärtige Gesetz findet Anwendung auf alle Muster und Modelle inländischer

Urheber, sofern die nach den Mustern oder Modellen hergrstetttm Erzeugniffe im Jalande ver­ fertigt sind, gleichviel ob dieselben im Jnlande oder Au-lande verbreitet werde». Da- BundeS-Oberhandel-gericht tritt auch in den nach den Bestimmungen diese- Ge­ setze» zu beurtheilenden Strafsachen an die Stelle de- für da- Gebiet, in welchem die Sache m erster Instanz anhängig geworden ist, «ach den Lande-gesetze« bestehenden obersten Gerichts­ hofes, und zwar mit derjenigen Zuständigkeit, welche nach diesen Lande-gesetzen dem oberste« Gerichtshöfe gebührt. In dm zufolge der vorstehenden Bestimmung»«! Zuständigkeit des Bundes-OberhandelSgericht» gehörenden Strafsachen bestimmt sich da- Verfahren auch bei diesem Gerichtshöfe nach dm für da» Gebiet, aus welchem die Sache an da» BundeS-Oberhandettgericht gelangt, gettmdm Strafprozeßgesetzen. Die Verrichtungen der Staatsanwaltschaft in dtesm Strafsachm »erben bei dem BundeS^Oberhandelögerjcht von dem Staat-anwalt wahrgenommm, welcher dieselbm bei dem betreffmden oberstm Lande-gericht-hofe wahrzunehmm hat. Der be­ zeichnete Staat-anwalt kann sich jedoch bei der mündlichen Verhandlung durch einm in Leipzig angestellten Staat-anwalt oder durch einm in Leipzig wohnenden Advokaten vertretm lassen. Strafsachm, für welche in letzter Instanz da» BundeS-Oberhandel-gericht zuständig ist, und Strafsachm, für welche tn letzter Instanz der oberste Lande-gericht-hof zuständig tst, könnm in Einem Strafverfahren nicht verbunden werdm Die Bestimmungen der §§. 10. 12. Absatz 2., §. 16. Absatz 2., §§. 17. 18. 21. und 22. des Gesetzes vom 12. Juni 1869. finden auch auf die zur Zuständigkeit de- BundeS-Ober« Handelsgericht» gebörmdm Straffachm mtfprechmde Anwmdung.

Verjährung. §. 33. Die -Strafverfolgung des Nachdrucks und die Klage auf Entschädigung wegm Nachdrucks einschließlich der Klage wegm Bereicherung (§. 18.), verzählen in drei Jahren. Der Lauf der Verjährung beginnt mit dein Tage, an welchem die Verbreitung der Nachdrucks-Exemplare zuerst stattgefundm hat.

r. 34. Die Strafverfolgung der Verbreitung von NachdruckS-Exemplarm und die Klage auf Entschädign,» wegm dieser Verbreitung (§. 25.) verjähren ebenfalls in drei Jahren. Der Lauf der Verjährung beginnt mit dem Tage, an welchem die Verbreitung zuletzt stattgefunden hat. §. 35. Der Nachdruck und die Verbreitung von NachdruckS-Exemplarm sotten straflos bleiben, wenn der zum Strafantrage Berechtigte dm Antrag binnen drei Monaten nach erlanater Kenntniß von dem begangenen Vergehen und von der Person de» Thäter» zu machm unterlaßt. §. 36. Der Antrag auf Einziehung und Vernichtung der Nachdrucks-Exemplare» sowie der zur widerrechflichm Vervielfältigung ausschließlich bestimmten Vorrichtungen (§. 21.) ist so lange zulässig, al» solche Exemplare und Vorrichtungen vorhandm sind.

§. 38. Die allgemeinen gesetzlichen Vorschristm bestimmen, durch welche Handlungen die Ver­ jährung unterbrochm wird. Die Einleitung de» Strafverfahren» unterbricht die Verjährung der EntschädigungSflage nicht, und ebm so wenig unterbricht die Anstellung der EntschädigungSflage die Verjährung de» Strafverfahren». ’) Schließlich entscheidet aber immer da» au» eigener Anschauung, Bildung und yormgesühl, unter sorgfältiger Berücksichtigung der durch die Sachverstaadigm gegebenen Anregungen, sich feststellende llrthefl de» erkennenden Gericht» (R.O.H. Bd. 24 S. 403). Die» entspricht

dem §. 259 der Civ. Pr. O.

IMS

Anhang.

Wenn augländische Urheber im Gebiete de» Deutschen Reich» ihre gewerbliche Nieder­ lassung haben, so genießen sie für die im Inland« gefertigten Er>eugaiffe den Schutz de» gegen­

wärtigen Gesetze». Im Uebrigm richtet sich der Schutz der ausländischen Urheber nach den bestehenden Staatsverträgen. §• 17.

Das gegenwärtige Gesetz tritt mit dem 1. April 1876 in Kraft.

E» findet Anwendung

auf alle Muster und Modelle, welche nach dem Inkrafttreten desselben cmgefertigt worden sind. Muster und Modelle, welche vor diesem Tage angefertigt worden sind, gemeßen den

Schutz de» Gesetze» mit dann, wenn das

erste «ach dem Muster rc. gefertigte Erzeugniß erst

nach dem Inkrafttreten de» Gesetze» verbreitet worden ist.

Muster und Modelle, welche schon bisher landesgesetzlich gegen Nachbildung ge­ schützt waren, behalten diesen Schütz; jedoch Lum derselbe mir für denjenigen räumlichen Um­

fang. gütend gemacht werden, für welchen er durch die LandeSgesctzgebung ertheilt war.

27.

KeDm»«mrr-e letexdex Thiere«. a. vefSrdemmg Ma Peri««». §. 7.

Extrafahrten.

Fahrpläne.

Die Personenbeförderung

Abfahrt-reit.

findet nach Maßgabe der öffentlich bekannt gemachten und auf allen Stationen ouSgehängtm Fahrpläne statt, au» denen auch zu ersehen ist, welche Wagenklaffen die einzelnen Züge führe». Extrafahrten, werden nur »ach de» Ermeffen der Verwaltung gewährt. Für den Abgang der Züge sind die auf bat Bahnhöfen befindlichen StativnSuhren

maßgebend.

K. 8. §. 9.

Fahrpreise.

Die Fahrpreise bestimmt der auf allen Stationen auSgehängteTarif.

Billetverkauf.

Zurücknahme gelöster Billets.

billetS (Fahrkarten) kann auf Stationen

Der Verkauf der Fahr«

von geringerer Frequenz nur innerhalb

der letzt«

halben Stunde, auf Stationen mit größerer Frequenz aber innerhalb einer Stunde vor Abgang

desjenigen Zuges, mit welchem der Reifende befördert sein will, wenn jedoch zwischen zwei nach

derselben Richtung abgehenden Zügen eine noch kürzere Zwischenzeit liegt, nur innerhalb dieser

Diejenigen, welche bis 5 Minuten vor Abgang deS Zuge» »och kein

Frist verlangt werden.

Billet gelöst, haben auf Verabfolgung eine» solchen keinen Anspruch.

DaS zu entrichtende Fahrgeld ist abgezählt bereit zu halten, damit Aufenthalt durch Geldwechseln vermieden werde.

Die FahrbilletS geben Anspruch auf die entsprechend« Wagenklaffe, soweit in dieser Plätze

vorhanden sind,

Reisenden

resp,

beim Wechseln

der Wag« vorhanden bleibe».

Wen» einem

der seinem Billet entsprechende Platz nicht angewiesen und ihm auch zeitweilig ein

Platz in einer höheren Klaffe nicht eingeräumt werden kann, so steht eS ihm frei, da» Billet gegen ein solche» der niedrigeren Klaffe, in welcher noch Plätze vorhanden sind, und gegen Er«

stattlmg der Differenz umzuwechseln oder die Fahrt zu unterlassen und da» bezahlte Fahrgeld

zurückzuverlangen.

Jedenfalls haben die mit durchgehenden Billets ankommenden Reisenden den Vorzug

vor den neu Hinzutretenden. Auf der Abgangsstation ist

Zuges

bis spätestens 20 Minuten vor Abgang de» betreffende»

die Bestellung ganzer KupeeS

oder Wagmabtheilungm der ersten zwei Wagenklaffen

gegen Bezahlung höchstens so vieler FahrbilletS der betreffenden Klaffe, als das Kupee Plätze

enthält, zulässig.

Auf Zwischenstationm können ganze KupeeS nur dann beansprucht werden,

wenn solche unbesetzt in dem ankommenden Zuge vorhanden sind.

Für den Fall, daß ein Reifender ein besondere» Kupee bezahlt, wird demselben darüber ein Schein ausgestellt.

Dem Reisendm steht kein Anspruch darauf zu, mehr Personm in da»

Kupee auszunehtnm, als FahrbilletS bezahlt sind. tz. 10.

für Kinder.

FahrbilletS und Gültigkeit derselben.

Das Fahrbillet bezeichnet die Stationm,

Fahrpreis-Ermäßigung

von und bis zu welch« die Fahrt

verlangt Word«; ferner da« Fahrgeld für die Wagenklaffe, welche der Reisende benutz« will,

insofern der Fahrpreis Valutaschwankungen nicht unterliegt; mdlich die Zeit oder bat Zug, wofür da» Billet gilt.

Die Zeit oder der Zug, wofür jede» Fahrbillet gültig, ist durch Ab­

stempelung darauf au-gedrückt, so daß jeder Käufer sofort zu prüf« im Stande ist, ob da» Billet auf die von ihm beabsichtigte Fahrt lautet.

Dm Reismdm ist gestattet, während der Fahrt auf einer Zwischmstatio» au-zusteigm, um mit einem am nämlichm oder am nächstfolgendm Tage nach der Bestimmungsstation ab» gehenden,

zu

keinem

höherm Tarifsatz«

fahrenden Zuge

dahin

weiter zu reif«.

Solche

Reismdm haben jedoch auf der betreffenden Zwischmstatio» sofort »ach dem Derlaffm des

Zuge» dem Stationsvorsteher ihr Billet vorzuleg« und dasselbe mit dem Vermerke der ver­ längert« Gültigkeit verseh« zu kaffen.

1018

Anhang. Eine Verlängerung der für Retour- und Rundreise-Billets festgesetzten Frist wird hier­

durch nicht herbeigeführt.

Kinder unter 10 Jahren werden zu ermäßigten Fahrpreisen befördert. Finden Zweifel über das Alter der Kinder statt, so entscheidet der Ausspruch des bei

der Revision anwesenden obersten Beamten. Für Kinder,

die noch gettagen werden müssen und ihre Stelle auf ihrer Angehörigen

Plätzen mitfinden, erfolgt keine Zahlung.

Ein Umtausch gelöster Fahrbillets gegen

Umtausch gelöster Fahrbillets.

5.1L

Billets höherer Klaffen ist den Reisenden bis 10 Minuten vor Abgang des Zuges gegen Nach­ zahlung der Preisdifferenz unverwehtt,

sind.

soweit noch Plätze in den höheren Klaffen vorhanden

Unterwegs auf Zwischen-Stattonen kann ein Uebergehen auf Plätze einer höheren

Klaffe nur gegen Zukauf eines Billets auf die Bestimmungsstelle, schließlich desjenigen für daS bereits gelöste Billet,

durch dessen Preis,

ein­

der Fahrpreis für die höhere Klaffe min­

destens gedeckt wird, beansprucht werden. Der Umtausch eine- schon gelösten BilletS höherer Klaffe gegen ein solches niedrigerer Klaffe ist nur in dem im §. 9 gedachten Falle zulässig.

§. 12.

Anweisung der Plätze.

Einzelne bestimmte Plätze werden nicht verkauft

und können im voraus nicht belegt werden. DaS Dienstpersonal ist berechtigt und auf Verlangen der Reisenden verpflichtet, selben ihre Plätze anzuweisen.

mit Damen in ein Kupee zusammengesetzt werdm.

In jedem Zuge muß sich mindestens je

ein Damen-Kupee für die Reisenden der zweiten und dritten Wagenklaffe befinden. nach

amerikanischem System

den­

Allein reisende Damen sollen auf Verlangen möglichst nur Bei den

gebauten Wagen findet die letztere Bestimmung nur mit den

durch dieses System gebotenen Modifikationen Anwendung.

§. 13.

Ausschluß belästigender Personen von der Fahrt.

Personen, welche

wegen einer sichtlichen Krankheit oder aus anderen Gründen durch ihre Nachbarschaft den Mit­ reisenden augenscheinlich lästig werden würden,

geschlossen werdm,

können

von der Mit- und Weiterreise aus­

wmn sie nicht ein besonderes Kupee bezahlen.

Etwa bezahltes Fahrgeld

wird ihnm zurückgegeben, wmn ihnm die Mitreise nicht gestattet wird.

Wird erst unterwegs

wahrgmommm, daß ein Reisender zu dm vorstehend bezeichneten Personm gehört, so muß er

an der nächstm Station, sofern kein besonderes Kupee bezahlt und für ihn bereitgestellt werden kaun, von der Weiterbeförderung ausgeschlossen werden.

DaS Fahrgeld, sowie die Gepäckftacht

werdm ihm für die nicht durchfahrme Strecke ersetzt.

§. 14.

Wartesäle.

Billet- und Gepäck-Expeditionen.

Billet-Kontrole.

Die Wattesäle sind spätestens eine Stunde, die Billet- und Gepäck-Expeditionen auf Stattonen mit größerer Frequenz gleichfalls spätestmS eine Stunde, auf Stattonm mit geringerer Frequenz

mindestmS eine halbe Stunde vor Abgang eines jeden Zuges zu offnen. Das vom Reisenden gelöste Billet ist auf Verlangen bei dem Eintritt in den Wartesaal,

Während der Fahtt muß der Reismde das

sowie beim Einsteigm in dm Wagen vorzuzeigen.

Billet bis zur Abnahme desselben bei sich behalten.

Der Reismde,

welcher ohne gültiges Fahrbillet bettoffm wird, hat für die ganze von

ihm zurückgelegte Strecke und wenn die ZugangSstatton nicht sofort unzweifelhaft nachgewtesen

wird,

für die ganze vom Zuge zurückgelegte Strecke daS Doppelte des gewöhnlichm Fahr­

preises,

mindestens aber den Betrag von 6 Mark zu entrichten.

welcher

in

Schaffner

einen

Personenwagen

ober Zugführer meldet,

einsteigt und

gleich

beim

Derjmige Reisende jedoch,

Einsteigen unaufgefordert dem

daß er wegen Verspätung kein Billet mehr habe lösen

sönnen, hat, wenn er überhaupt noch zur Mitfahtt zugelassen wird, worauf er keinen Anspruch

hat, einen um 1 Mark erhöhten Fahrpreis zu zahlen. Wer die sofortige Zahlung verweigert, kann ausgesetzt werden.

§. 15.

Einsteigen in die Wagen.

Das Zeichen zum Einsteigen in die Wagen

wird durch zwei unterschiedene Schläge auf die Glocke gegeben.

Bekanntmachung vom 11. Mai 1874.

29. §. 16.

Versäumung der Abfahrtszeit.

1019

Nachdem das Abfahrtszeichen durch die

kann niemand mehr zur Mitrcife zugelaffen werden.

Dampfpfeife der Lokomotive gegeben,

Jeder Versuch -um Einsteigen und jede Hülfeleistung dazu, nachdem die Wagen in Bewegung

gefetzt sind, ist verboten und strafbar. Dem Reisenden, welcher die Abfahrtszeit versäumt, steht ein Anspruch weder auf Rück­ erstattung deS Fahrgeldes noch auf irgend eine andere Entschädigung zu.

Demselben ist jedoch gestattet, auf Grund deS gelösten FahrbilletS mit einem am näm­ lichen

oder nächstfolgenden Tage nach der Bestimmungsstation abgehenden, zu keinem höheren

Tarifsätze fahrenden Zuge zu reisen, sofern er sein Billet ohne Verzug dem Stationsvorsteher

vorlegt und mit einem Vermerk über die verlängerte Gültigkeit versehen läßt. Eine Verlängerung der

für Retourbillets,

sowie für BilletS zu Rundreisen und Ver-

gnügungSzügen festgesetzten Frist wird hierdurch nicht herbeigeführt. §. 17.

Verhalten

der Wagenthüren.

Zwischenstationen.

den

auf

Oeffnen und

Schließen

Bei Ankunft auf einer Station wird der Name derselben, die Dauer

deS für sie bestimmtm Aufenthalts,

sowie der etwa stattfindende Wagenwechsel auSgerufen.

Sobald der Wagenzug stillsteht, werden nach der zum Aussteigen bestimmten Seite die Thüren

derjenigen Wagen geöffnet,

welche für die biö zu dieser Station Reisenden bestimmt sind.

Die Thüren der übrigen Wagen werden nur auf Verlangen geöffnet.

ohne denselben zu belegen,

Wer auf ben Zwischenstationen seinen Platz verläßt,

muß

sich, wenn derselbe inzwischen anderweitig besetzt ist, mit einem anderen Platze begnügen.

§. 18.

Außergewöhnliches Anhalten auf freier Bahn.

Sollte wegen ein­

getretener Hindernisse außerhalb einer Station längere Zeit angehalten werden müssen, so ist ein AuSsteigen der Reisenden nur dann gestattet, wenn der Zugführer die ausdrückliche Be­

willigung dazu ertheilt.

Die Reisenden müssen sich dann sofort von dem Bahngeleise ent­

fernen, auch auf daS erste Zeichen mit der Dampfpfeife ihre Plätze wieder einnehmen.

DaS Zeichen zur Weiterfahrt wird durch ein dreimaliges Ertönen der Dampfpfeife gegeben. Wer beim dritten Ettönen der Dampfpfeife noch nicht wieder eingestiegen ist, geht deS Anspruch­

auf die Mitteise verlustig.

§. 19.

Verhalten

während

der

Fahrt und

beim Ein-

und AuSsteigen.

Während der Fahrt darf sich niemand seitwättS auö dem Wagen biegen, gegen die Tbüre an­ lehnen oder auf die Sitze treten. Auf Verlangen auch

nur Eines Reisenden

müssen die Fenster auf

der Windseitt ge­

schloffen werden.

Die Reisenden dürfen zum Ein- und AuSsteigen die Wagenthüren nicht selbst öffnen;

sie müssen vielmehr daS Oeffnen dem Dienstpersonal überlassen und dürfen nicht ein- und auSsteigen, bevor der Zug völlig stillsteht. Jeder Reisende muß sich entfernt von den Fahrgeleisen und Maschinen halten, und nie­

mand darf den Bahnhof in einer anderen als der angewiesenen Richtung verlassen.

§. 20.

Beschädigung

EntschädigungStaxe,

der Wagen.

Für Zertrümmern von Fenstern besteht eine

und werden die darin festgesetzten Bettäge durch daS Dienstpersonal von

dem Schuldigen sofort eingezogen.

ist die Eisenbahnverwaltung befugt,

Dieser darf jedoch Vorzeigung der Taxe verlangen.

für Beschmutzen deS Innern

Gardinen u. s. w. eine Entschädigung

zu fordern und

Auch

der Wagen, Zerreißen der

von dem Schuldigen sofort einziehm

zu lassen.

§. 21.

Verspätung der Züge. Unterbrechung der Fahrt. VerspäteteAbfahrt

oder Ankunft der Züge begründen feinen Anspruch gegen die Eiseubahnverwaltung. Eine ausgefallene oder unterbrochene Fahrt berechttgt nur zur Rückforderung deS für die

nicht durchfahrene Strecke gezahlten Fahrgeldes. SBitb jedoch in Folge einer nicht durch höhere Gewalt

Ankunft eine- Zuges der Anschluß an

einen anderen Zug

gehenden BilletS versehenen Reisenden nach

herbeigeführten Verspätung der

versäumt, so

ist dem mit durch-

erbrachtem Nachweise, daß er mit dem nächsten

1020

Anhang.

zurückführenden Zuge ununterbrochen zur Abgangsstation -urückgekehrt ist,

der bezahlte Preis

für die Hinreise sowie der Preis der Rückreise in der auf der ersteren benutzten Wagenklaffe ju erstatten. Der Reisende ist jedoch zur Wahrung deS deSfallfigen Anspruchs verpflichtet, denselben

unter Vorlegung seines FahrbilletS sogleich nach Ankunft deS verspäteten ZugeS dem Stations­ vorsteher anzumelden.

Letzterer hat hierüber, der Stationsvorsteher der Abgangsstation über

die Zeit der Rückkunft eine Bescheinigung zu ertheilen.

andere Hindernisse die Fahrt auf einer Strecke der

Wmn Elementar-Ereigniffe oder

Bahn unzulässig machen, so muß für die Weiterbeförderung bis zur fahrbaren Strecke mittelst anderer Fahrgelegenheiten nach Thunlichkeit so lange gesorgt werden,

Fall eine besondere Anordnung

getroffen sein wird.

langen, daß die Weiterbeförderung mittelst

bis für jeden einzelnen

Die Reisenden können jedoch

nicht ver­

anderer Fahrgelegenheiten um die für die Fahrt

auf der Eisenbahn erledigten Gebühren von letzterer besorgt werde.

Betriebsstörungen und Zugverspätungen sind einer dem Publikum leicht

auf den Stattonen

zugänglichen Stelle in deutlich

durch Anschlag an

erkennbarer Weise sofort bekannt

zu machen.

tz.A.

Mitnahme von Hunden

gefährlicher Gegenstände.

mitgeführt werden.

rc.

Tabackrauchen.

Mitnahme

feuer­

Hunde und andere Thiere dürfen in den Personenwagen nicht

Ausgenommen hiervon sind jedoch kleine Hunde, welche auf dem Schooße

getragen werden, sofern gegen deren Mitnahme von den Mitreisenden deffelben KupeeS Einspruch

nicht erhoben wird DaS Tabackrauchen ist in allen Wagenklaffen gestattet; in der I. Wagenktasse jedoch nur

unter Zustimmung aller in demselben Kupee Mitreisenden, insofern nicht besondere Rauch-KupeeS

dieser Klaffe im Zuge vorhanden sind.

In jedem Personenzuge müssen KupeeS -weiter und wo

thunlich auch dritter Klaffe für Nichtraucher vorhanden sein.

Die Tabackspfeifen müssen mit

Deckeln versehen sein.

Feuergefährliche Gegenstände, sowie alle- Gepäck, welches Flüssigkeiten und andere Gegenstände enthält, die auf irgend eine Weise Schaden verursachen können,

insbesondere geladene

Gewehre, Schießpulver, leicht ent-ündbare Präparate und andere Sachen gleicher Eigenschaft, dürfen in den Personenwagen nicht mitgenommen werden.

berechtigt, sich in dieser Be-iehung

DaS Eisenbahn-Dienstpersonal ist

die nöthige Ueberzeugung

zu

verschaffen.

Der Zuwider­

handelnde hastet für allen au- der Uebertretung des obigen Verbots an dem fremden Gepäck

oder sonst entstehenden Schaden und verfallt außerdem in die durch daS Bahnpolizei-Reglement bestimmte Strafe. Sägern und im öffentlichen Dienste stehenden Personen ist jedoch die Mitführung von

Handmunitton gestattet.

Der Lauf eine- mitgeführten Gewehre- muß nach oben gehalten werden.

§. 23.

Ausschluß

trunkener

oder

renitenter Personen von

Wer die vorgeschriebene Ordnung nicht beobachtet,

nicht fügt, oder sich unanständig benimmt, wird ohne Anspruch Fahrgeldes von der Mit- und Weiterreise

der Fahrt.

sich den Anordnungen des Dienstpersonals

auSgeschloffen.

auf

den Ersatz deS bezahlten

Namentlich

dürfen trunkene Per­

sonen -um Mitfahren und -um Aufenthalte in den Wartesälen nicht zugrlaffen und

müssen

auSgewiesm werden, wenn sie unbemerkt da-u gelangten. Erfolgt die Ausweisung unterwegs, oder werden die betteffenden Personen zurückgewiesen,

nachdem sie ihr Gepäck bereits der Expeditton übergeben haben,

so haben sie keinen Anspruch

darauf, daß ihnen dasselbe anderswo, als auf der Station, wohin es expedirt worden,

wieder

verabfolgt wird.

b. Beförderung M Reisegepäcks. 8. 24.

Begriff deS Reisegepäcks.

Als Reisegepäck wird in der Regel nur, was

der Reisende zu seinem und seiner Angehörigen Reisebedürfniffe mit sich führt, namentlich Koffer.

Mantel- und Reisesäcke, Hutschachteln, kleine Kisten und dergleichen,

befördert;

größere kauf-

Bekanntmachung vom 11. Mai 1874.

29.

10*1

mämnsch verpackte Stiften, Tonnen, sowie andere nicht zu den Reisebedürfniffm zu rechnende Gegenstände formen ausnahmsweise zugelaffen werden.

rung als Frachtgut sowie nach §. 22 alin. 3

welche von der Beförde»

Gegenstände,

von der Mitnahme in die Personenwagen aus­

geschlossen sind, dürfen auch als Reisegepäck nicht aufgegeben werden,

bei Vermeidung der im

tz. 48 festgesetzten Folgen.

K. 25.

Art der Verpackung.

Entfernung älterer Post- und Eisenbahn­

zeichen. Reisegepäck, welches nicht sicher und dauerhaft verpackt ist, kann zurückgewiesen werden.

älteren Post- und Eisenbahn-eichen

Die Gepäckstücke müssen von

befreit sein.

Ist dies nicht

der Fall und findet in Folge dessen eine Verschleppung deS Gepäcks statt so kommt die Eisen­ bahn für den daraus erwachsenen Schaden nicht auf. §. 26.

Einlieferung

deS

Gepäcks.

Die Mitnahme deS Gepäcks,

welches nicht

spätestens 15 Minuten vor Abgang des Zuges unter Vorzeigung deS FahrbilletS in die Gepäck-

Expedition eingeliefert ist, kann nicht beansprucht werden. Wird ausnahmsweise unter Vorbehalt späterer Expedirung in dringenden Fällen Gepäck auch unexpedirt mitgenommen,

so

wird solches bis zum Zeitpunkt der Expedirung als zum

Transport aufgegeben nicht angesehen.

Dasselbe gilt für die Annahme von Reisegepäck auf Haltestellen. Die Gepäckftacht muß sofort,

bei Vermeidung

daß die Beförderung

deS Nachtheils,

unterbleibt, berichtigt werdm.

§. 27«

Mitnahme

von Handgepäck.

Kleine leicht tragbare Gegenstände können,

wmn die Mitreisenden dadurch nicht belästigt werden,

von dm Ressmdm in dm Wagen mit­

geführt werdm, sofern Zoll- und Steuervorschristm solches gestatten.

Für solche in dm Wagen

mitgenommenen Gegenstände werden Gepäckscheine nicht auSgegebm; sie sind von den Reismden

selbst zu beaufsichtigen.

Unter dmselben Voraussetzungen ist Reismdm IV. Klaffe auch die Mitführung von Handwerkszeug, Tornistern, Tragelasten in Körbm, Säcken, Kiepm rc. und andereil Gegen­ ständen, welche Fußgänger bei sich führeil, nach Entscheidmrg deS StationSvorstandes gestattet,

tz. 28.

Gepäckschein und Auslieferung

deS

Gegen

Gepäcks.

des Gepäcks, wobei die Vorzeigung der FahrbilletS verlangt werden kann,

einen Gepäckschein.

Einlieferung

erhält der Reisende

Dem Inhaber dieses Scheins, dessen Legitimation die Verwaltung zu

prüfen nicht verpflichtet ist, wird das Gepäck nur gegen Rückgabe des Scheins, welche die

Bahnverwaltung von jedem weiteren Ansprüche befreit, auSgeliefert. Der Inhaber deS Gepäckscheins ist berechtigt, nach Ankunft deS ZugeS, zu welchem das

Gepäck zum Transport aufgegebm ist, am Bestimmungsorte die sofortige Auslieferung deS Gepäcks nach Ablauf der zur ordnungSmäßigm Ausladung und Ausgabe, sowie zur etwaigen

stmeramtlichen Abfertigung erforderlichm Zeit im Lokal der Gepäckexpedition zu verlangen.

Will derselbe die sofortige Auslieferung des Gepäcks nicht erwarten, so kann er dasselbe inner­ halb 24 Stundm nach deffm Ankunft in bestimmten Expedition-stunden gegm Rückgabe deS. Schein- in der Gepäckexvedition abfordern oder abfordem lassen.

Wird das Gepäck inner­

halb 24 Stundm nicht abgeholt, so ist für dasselbe das vorgeschriebene Lagergeld zu mtrichtm.

In Ermangelung deS Gepäckscheins ist die Verwaltung zur Aushändigung deS Gepäcks

nur nach vollständigem Nachweise der Empfang-berechtigung

gegm Ausstellung eine- Reverses

und nach Umständen gegm Sicherheit verpflichtet. In der Regel soll das Gepäck nur auf der Station verabfolgt werdm, wohin eS aus­

genommen ist

Insofern Zeit und Umstände, sowie Zoll- und Steuervorschristm dies gestatten,

kann jedoch auf Derlangm des Reisendm da- Gepäck auch auf einer vorliegenden Station zu-

rückgegebm werden.

In einem solchm Falle hat der Reismde bei der Auslieferung des Gepäcks

dm Gepäckschein zurückzustellm und da- Fahrbillet vorzuzeigen.

§. 29.

Haftpflicht der Eisenbahn für Reisegepäck.

Die Eismbahn hastet

von dem Zeitpunkte der Aushändigung bcö Gepäckschein- ab für die richtige unb unbeschädigte

1022

Anhang.

Ablieferung der Gepäckstücke, und zwar im Allgemeinen nach den in Abschnitt III. (Beförde­ rung von Gütern) enthaltenen Bedingungen und Abreden, soweit solche auf die Beförderung von Reisegepäck anwendbar sind, insbesondere aber nach folgenden Grundsätzen: a) ist von dem Reisenden ein höherer Werth nicht deklarirt, so wird im Falle des Verlustes oder der Beschädigung der wirklich erlittene Schaden vergütet; dieser kann jedoch in einem höheren Betrage als mit 12 Mark für jedes Kilogramm nach Abzug deS Gewichts deß unversehrten Inhalts des bloß beschädigten Gepäckstücks nicht be­ ansprucht werden; b) ist von dem Reisenden ein höherer Werth deklarirt, so wird mit der Gepäckfracht ein Frachtzuschlag erhoben, welcher für jede, wenn auch nur angefangenen 150 Kilo­ meter, die daß Gepäck von der Absende- biß zur Bestimmungsstation zu durchlaufen hat, im Minimum 0,20 Mark beträgt und 2 pro Mille der ganzen deklarirten Summe nicht übersteigen darf. Die Werthdeklaration hat nur dann eine rechtsverbindliche Wirkung, wenn sie von der Expedition der Abgangsstation im Gepäckschein eingeschrieben ist. c) Die Verwaltung ist von jeder Verantwortlichkeit für den Verlust von Reisegepäck frei, wenn es nicht innerhalb acht Tagen nach Ankunft des Zuges (§. 28) auf der Bestimmungsstation abgefordert wird. Der Reisende, welchem das Gepäck nicht überliefert werden würde, kann verlangen, daß ihm auf dem Gepäckschein Tag und Stunde der geschehenen Abforderung deß Gepäcks von der Gepäck-Expedition bescheinigt werde. Für den Verlust und die Beschädigung von Reisegepäck, welches von dem Reisenden nicht zum Transport aufgegeben worden ist, insbesondere für den Verlust und die Beschädigung der in den Wagen mitgenommenen Gegenstände (§§. 26, 27), wird nur Gewähr geleistet, wenn ein Verschulden der Bahnverwaltung oder ihrer Leute nachgewiesen ist. §. 30. In Verlust gerathene Gepäckstücke. Fehlende Gepäckstücke werden erst nach Ablauf von drei Tagen nach der Ankunft des Zuges, zu welchem dieselben aufgegeben sind, auf der Bestimmungsstation des Reisenden als in Verlust gerathen betrachtet, und ist der Reisende erst dann befugt, mit Ausschluß aller weiteren Entschädigungsansprüche desselben, die Zahlung der im §. 29 bestimmten Garantiesumme zu fordern. Falls daS verloren gegangene Gepäckstück später gefunden wird, ist hiervon der Reisende, sofern sein Aufenthalt zu ermitteln ist, ungeachtet der Empfangnahme der Entschädigung zu benachrichtigen und kann derselbe innerhalb vier Wochen nach erhaltener Nachricht verlangen, daß ihm das Gepäckstück gegen Rückerstattung deS für den Verlust erhaltenen Schadensersatzes und zwar nach seiner Wahl entweder am Bestimmungsorte oder frachtfrei am Aufgabeort ver­ abfolgt werde. §. 31. Haftpflicht der Eisenbahn für versäumte Lieferungszeit. Die Haftpflicht der Eisenbahn für Versäumung der Lieferungszeit (§. 28) richtet sich nach folgenden Bestimmungen: 1. Der für Versäumung der Lieferungszeit zu leistende Ersatz deS nachzuweisenden Schadens, sobald solcher überhaupt eintritt, kann nur im Betrage von 0,20 Mark für jedes Kilogramm deS ausgebliebenen Gepäcks und jeden angefangenen Tag der Derfäumniß bis dahin, daß daS Gepäck als in Verlust gerathen anzusehen ist (§. 30), beansprucht werden. Will der Reisende die Höhe des wegen verspäteter Lieferung zu leistenden Schadensersatzes als die Höhe deS Interesses an der recht­ zeitigen Lieferung sich sichern, so hat er die desfallsige Erklärung mindestens eine halbe Stunde vor Abgang des Zuges, mit welchem die Beförderung geschehen soll und nach den Betriebsvorschriften geschehen kann, in der Gepäck-Expedition abzugeben. Sie hat nur dann rechtsverbindliche Wirkung, wenn sie von dieser im Gepäckschein vermerkt ist. Die hierfür zu entrichtende Vergütung darf 2 pro Mille der angegebenen Interesse-Summe für jede angefangenen 150 Kilometer, welche das

29.

Bekanntmachung vom 11. Mai 1874.

1023

Gepäck von der Absende- bi- zur BestimmuugS-Station zu durchlaufen hat, einem Minimalbetrage von 1

Beträge

mit

Mark und unter Abrundung der zu entrichtenden

auf 0,10 Mark nicht

übersteigen.

Schadensersatz für die verspätete Lieferung

wird

Dagegen

derjenige

den

Betrag

Reisenden

als

desselben von der

Eisenbahn geleistet, welcher innerhalb deS deklarirten Betrages nachgewiesen werden

kann.

2.

Die Eisenbahn ist von der Haftung für den Schaden, welcher dmch Versäumung der Liefenmg-int entstanden ist, befreit, sofern sie beweist, daß sie die Verspätung durch Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers nicht habe abwenden

können. §. 32.

können

die

Gepäckträger. Reifend«

sich

Auf denjenigen Stationen, wo sich Gepäckträger befinden,

derselben,

jedoch

ohne

Verantwortlichkeit

der

Verwaltung,

für den von der Eisenbahn nicht übernommenen Transport des Gepäcks nach und von den Lokalm der Gepäck-Expedition bedimm

Die Gepäckträger sind durch die Dimstab-eichen er­

kennbar und mit einer gedruckten Dienstanweisung verseh«,

welche sie, sowie die gedruckte

Gebührmtaxe, im Dimste bei sich führen und auf Verlang« verzeigen muff«

Sie hab«

eine mit der Nummer des Gepäckträger- versehene Mark bei Empfangnahme de- Gepäck­ scheine- zu verabfolg«.

Auf größer« Station« muff« Einrichtung« besteh«, welche e- dem Reisenden er­ möglichen,

sein Gepäck

ohne Verantwortlichkeit

der

Verwaltung

einem

Bahnbedi«steten

(Portier) geg« eine festgesetzte Gebühr zur vorübergehend« Aufbewahrung -u übergeben.

§. 33.

Zurückgelassene Gegenstände.

Alle im örtlich« Bezirk der Bahn­

verwaltung oder in den Wagen -urückgelaffen«, an die Eisenbahn abgeliefertm Gegmstände

werd« mindestens 3 Monate lang aufbewahrt.

Erst nach Ablauf dieser Frist wird mit den­

selben nach Maßgabe der bei dm einzelnen Bahnen darüber bestehend« Bestimmung« ver­ fahr«.

Gegmstände, welche dem Verderben au-gesetzt sind, könn« bestmöglichst verkauft werd«,

sobald der« Verderb« -u befürcht« steht, und wird in diesem Falle der Erlös bi- zum Ab­ lauf der festgesetzt« Frist zur Disposition deS Berechtigt« gehalt«

Im Uebrigm unterlieg« dergleichm gefundme Gegmstände der in den gesetzlich« Vor­

schriften vorgezeichnetm Behandlung.

c. Beförderung von Leich«. Bekannte), v. 14. December 1887, bete. Abänderungen des Betriebsregl. für die Eisen* bahnen Deutschlands (Central-BL für das Deutsche Reich 8. 564). §.34. 1. Der Transport einer Leiche muss, wenn er von der Ausgangsstation des Zuges erfolgen soll, wenigstens 6 Stunden, wenn derselbe von einer Zwischen­ station ausgehen soll, wenigstens 12 Stunden vorher angemeldet werden. 2. Die Leiche muss in einem hinlänglich widerstandsfähigen Metallsarge luft­ dicht eingeschlossen und letzterer von einer hölzernen Umhüllung dergestalt umgeben sein, dass jede Verschiebung des Sarges innerhalb der Umhüllung verhindert wird. 3. Die Leiche muss von einer Person begleitet sein, welche ein Fahrbillet zu lösen und denselben Zug zu benutzen hat; in dem die Leiche befördert wird. 4. Bei der Aufgabe muss der vorschriftsmässige, nach anliegendem Formular ausgefertigte Leichenpass beigebracht werden, welchen die Eisenbahn übernimmt und bei Ablieferung der Leiche zurückstellt. Die Behörden und Dienststellen, welche zur Ausstellung von Leichenpässen befugt sind, werden besonders bekannt gemacht Der von der zuständigen Behörde oder Dienststelle ausgefertigte Leichenpass hat für die ganze Länge des darin bezeichneten Transportweges Geltung. Die tarifmässigen Transportgeböhren müssen bei der Aufgabe berichtigt werden.

Bei Leichentrans porten, welche ans ausländischen Staaten kommen, mit welchen vom Buch eine Vereinbarung wegen wechselseitiger Anerkennung der Leichenpässe abgeschlossen ist, genügt die Beibringung eines der Vereinbarung entsprechenden Ldchenpasses der nach dieser Vereinbarung zuständigen ausländischen Behörde. 5. Die Beförderung der Leiche hat in einem besonderen, bedeckt gebauten Güterwagen zu erfolgen. Mehrere Leichen, welche gleichzeitig von dem nämlichen Abgangsort nach dem nämlichen Bestimmungsort aufgegeben werden, können in einem und demselben Güterwagen verladen werden. Wird die Leiche in einem rings­ umschlossenen Leichenwagen befördert, so darf zum Eisenbahntransport ein offener Güterwagen benutzt werden. 6. Die Leiche darf auf der Fahrt nicht ohne Noth umgeladen werden. Die Beförderung muss möglichst schnell und ununterbrochen bewirkt werden. Lässt sich ein längerer Aufenthalt auf einer Station nicht vermeiden, so ist der Güterwagen mit der Leiche thuntichst auf ein abseits im Freien belogenes Geleise zu schieben. Inner­ halb sechs Stunden nach Ankunft des Zuges auf der Bestimmungsstation muss die Leiche abgeholt werden, widrigenfalls sie nach der Verfügung der Ortsobrigkeit bei­ gesetzt wird. Kommt die Leiche nach 6 Uhr Abends an, so wird die Abholungsfrist vom nächsten Morgen 6 Uhr ab gerechnet Bei Ueberschreitung der Abholungsfrist ist die Eisenbahn berechtigt, Wagenstandgeld zu erheben. 7. Wer unter falscher Deklaration Leichen zur Beförderung bringt, hat ausser der Nachzahlung der verkürzten Fracht vom Abgangs- bis zum Bestimmungsort das Vierfache dieser Frachtgebühr als Konventionalstrafe zu entrichten. 8. Bei dem Transport von Leichen, welche von Polizeibehörden, Kranken­ häusern, Strafanstalten u. s. w. an öffentliche höhere Lehranstalten übersandt werden, bedarf es einer Begleitung nicht Auch genügt es, wenn solche Leichen in dicht­ verschlossenen Kisten aufgegeben werden. Die Beförderung kann in einem offenen Güterwagen erfolgen. Es ist zulässig, solche Güter in den Wagen mitzuverladen, welche von fester Beschaffenheit (Holz, Metall, und dergleichen) oder doch von festen Umhüllungen (Kisten, Fässern und dergleichen) dicht umschlossen sind. Bei der Verladung ist mit besonderer Vorsicht zu verfahren, damit jede Beschädigung der Leichenkiste vermieden wird. Von der Zusammenladung sind ausgeschlossen: Nahrungs- und Genussmittel einschliesslich der Rohstoffe, aus welchen Nahrungs­ oder Genussmittel hergestellt werden, sowie die in Anlage D zu §. 48 des BetriebsReglements unter I bis III aufgeführten Gegenstände. Ob von der Beibringung eines Leichenpasses abgesehen werden kann, richtet sich nach den von den Landes­ regierungen dieserhaib ergehenden Bestimmungen. A. Auf die Regelung der Beförderung von Leichen nach dem Bestattungsplatz des Sterbeorts finden die vorstehenden Bestimmungen nicht Anwendung.