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German Pages 287 Year 1967
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 52
Das Wesen und die Entwicklung der gemeindlichen öffentlichen Einrichtungen Zugleich ein Beitrag zur Lehre von der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 GG)
Von
Rupert Scholz
Duncker & Humblot · Berlin
RUPERT
SCHOLZ
Das Wesen und die Entwicklung der gemeindlichen öffentlichen Einrichtungen
Schriften zum öffentlicheil Band 52
Recht
Das Wesen und die Entwicklung der gemeindlichen öffentlichen Einrichtungen Z u g l e i c h e i n B e i t r a g z u r L e h r e von der G a r a n t i e der k o m m u n a l e n S e l b s t v e r w a l t u n g ( A r t . 28 Abs. 2 GG)
Von
Dr. R u p e r t Scholz
D U N C K E R
&
H U M B L O T /
B E R L I N
Gedruckt m i t Unterstützung der Stiftung Volkswagenwerk
Alle Rechte vorbehalten © 1967 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1967 bei Alb. Sayffaerth, Berlin 61 Printed in Germany
Vorwort Die gemeindlichen öffentlichen Einrichtungen nehmen i n der allgemeinen Auseinandersetzimg u m Recht und Bestand der kommunalen Selbstverwaltung heute einen besonderen Platz ein. M i t der Untersuchung ihrer Entwicklung und ihres heutigen Standorts i n der gemeindlichen Verwaltungsordnung versucht diese Arbeit zu einem verfassungsgerechten und -wirksamen Verständnis der gemeindlichen A u f gaben i m System des staatlichen Verwaltungsrechts beizutragen. Die Arbeit hat der Juristischen Fakultät der Universität München i m Sommer 1966 als Dissertation vorgelegen. Sie wurde von Herrn Professor Dr. Peter Lerche betreut, dem ich für seine stets wohlwollende Förderung und Teilnahme meinen aufrichtigen Dank sage. Mein besonderer Dank gilt auch Herrn Ministerialrat a. D. Dr. Johannes Broermann für die Aufnahme der Schrift i n sein Verlagsprogramm sowie der Stiftung Volkswagenwerk für die zum Druck gewährte Unterstützung. Berlin, i m Dezember 1966 Rupert Scholz
Inhaltsverzeichnis Erstes Kapitel Einführung
13
Zweites Kapitel Grundlagen §1
Normativer
Ausgangspunkt
§2 Die öffentliche A.
15 15
Einrichtung als verwaltungsuniversale
Zweckeinheit
Die funktionellen Erscheinungsformen der öffentlichen Einrichtung und deren gesetzessystematischer Standort I. Allgemeines Kommunalrecht I I . Staatliches Sonderrecht
B.
16 18 20
Die Rechts- und Organisationsformen der öffentlichen Einrichtung I. Die Freiheit der Rechtsformen
21 22
I I . Die Typik der Organisationsformen 1. Unmittelbar-gemeindliche Einrichtungen 2. Mittelbar-gemeindliche Einrichtungen a) Beliehene Einrichtungsformen b) Gemischte Einrichtungsformen C.
16
Die öffentliche Einrichtung als anstaltsrechtliche Verwaltungseinheit im überkommenen Begriffsverständnis I. Normative Indifferenz des Begriffs „Einrichtung" 1. Philologische Begriffsneutralität 2. Reale Begriffsneutralität I I . Die juristische Verdichtung des Einrichtungsbegriffs nach der herkömmlichen Definitionsmethode
25 27 28 29 31 31 31 32 32 32
Drittes Kapitel Die öffentliche Einrichtung als historisch gewachsenes Institut der kommunalen Selbstverwaltung § 1 Allgemeines zum historischen verwaltung
Verständnis
der kommunalen Selbst-
34 34
§ 2 Die maßgebenden Entwicklungsperioden und die dualistische Grundstruktur der kommunalen Selbstverwaltung 35 A.
Die Gemeinde als genossenschaftliche Rechtsformation
35
8
Inhaltsverzeichnis
B.
Die Gemeinde als privilegiert-korporatives Rechtsgebilde im absolutistischen Staat
37
C.
Die Gemeinde als politisches und verwaltungstechnisches Strukturprinzip im 19. Jahrhundert und unter der Weimarer Verfassung . .
39
D.
Die Gemeinde i m modernen Verfassungssystem
42
§3
Die kommunale Verwaltungsentwicklung , die Ausbildung anstaltsrechtlicher Verwaltungsformen und das traditionell-gemeindliche Wirtschaftsengagement
57
A.
Die Anfänge der kommunalen Verwaltungsinitiativen und deren statusrechtlicher Inhalt
57
B.
Das kommunale Anstaltswesen im Zeitalter polizeistaatlicher Durchformung und im 19. Jahrhundert
60
C.
Kommunale Wirkungs-, Anstalts- und Wirtschaftsbereiche in der neueren Selbstverwaltungsentwicklung
74
§4
Zusammenfassung und historischer richtung
83
Viertes
Standort der öffentlichen
Ein-
Kapitel
Die öffentliche Einrichtung als Formtypus der kommunalen Selbstverwaltung § 1 Der Standort Kommunalrecht
der
öffentlichen
Einrichtung
im
85
allgemeinen
85
A.
Die öffentliche Einrichtung als öffentlich-rechtlicher Verwaltungsträger
85
B.
Die öffentliche Einrichtung als statusrechtlicher Funktionsträger . .
85
§2 Der verfassungsrechtliche System der kommunalen
Standort der öffentlichen
Einrichtung
im
Selbstverwaltung
89
A.
Die Funktionswirkung der öffentlichen Einrichtung
89
B. C.
Die Integrationswirkung der öffentlichen Einrichtung Die öffentliche Einrichtung und die gemeindliche Organisationsfreiheit I. Die öffentliche Einrichtung und die gemeindliche Gestaltungshoheit I I . Die öffentliche Einrichtung und die gemeindliche Personalhoheit
90
93
D.
Die öffentliche Einrichtung und die gemeindliche Vermögensfreiheit
94
E.
Einrichtungswesen und Wesensgehalt
98
§3 Das Verhältnis
von wirtschaftlicher
Einrichtungsverwaltung
Gemeindewirtschaft
91 91
und 98
A.
Systematische Gesetzesintention
B.
Funktionelle Gleichordnung von Verwaltung und Wirtschaft
101
99
C.
Gemengelage kraft organisationsrechtlicher Formenfreiheit I. Der Grundsatz der allgemeinen Formenfreiheit
102 102
Inhaltsverzeichnis I I . Die Ausbildung und Organisationstypen
der
Durchgriff
wirtschaftsrechtlicher
1. Der Eigenbetrieb 2. Die gemischt-wirtschaftliche Unternehmung
103 103 105
D.
Einheit der kommunalen Vermögensordnung
110
E.
Die Lehre von der rechtlichen Identität
112
I. Das Gemeindewirtschaftsrecht 1. „Unternehmen" und „Wirtschaft" a) Gesetzestechnik und „Wirtschafts"begriff aa) Der materielle Wirtschaftsbegriff bb) Der formelle Wirtschaftsbegriff cc) Der variable Wirtschaftsbegriff b) Das kommunale Wirtschaftsunternehmen als materielle Wirtschaftseinheit 2. Die öffentliche Zweckbindung der kommunalen Wirtschaftskompetenz a) öffentlicher Zweck und soziologischer Öffentlichkeitsbegriff b) öffentlicher Zweck und soziologischer Funktionsgehalt .. c) öffentlicher Zweck und soziologischer Organisationsgehalt d) Das „öffentliche" und das „nicht-öffentliche" Wirtschaftsunternehmen I I . Konkurrenz von formell-wirtschaftender materiell-wirtschaftender Unternehmung
F.
Einrichtung
und
113 113 114 114 114 115 115 118 118 120 123 126 126
I I I . Verfassungsrechtliche Bestätigung 1. Art. 28 I I GG und das kommunale Wirtschaftsmandat 2. Sonstige Verfassungsaspekte a) Die kommunale Wirtschaftstätigkeit im Lichte der Sozialstaatsklausel b) Die kommunale Wirtschaftstätigkeit im Lichte der „Wirtschaftsverfassung"
127 127 127
Folgerungen
133
I. Organisatorische Unterscheidung von öffentlicher und gemeindlichem Wirtschaftsunternehmen 1. öffentlich-rechtliche Konstruktionsformen 2. Privatrechtliche Konstruktionsformen 3. Wirtschaftsrechtliche Konstruktionsformen a) Der Eigenbetrieb b) Die gemischt-wirtschaftliche Unternehmung
Einrichtung
128 131
134 134 134 134 134 135
I I . Funktionelle Unterscheidung von öffentlicher Einrichtung und gemeindlichem Wirtschaftsunternehmen 137 1. Die funktional-bestimmte Einrichtung 137 2. Die funktional-offene Einrichtung 137 a) Kongruenz von öffentlicher Einrichtung und „öffentlichem" Wirtschaftsunternehmen 137 b) Inkongruenz von öffentlicher Einrichtung und nichtöffentlichem" Wirtschaftsunternehmen 137
10
Inhaltsverzeichnis 3. Die funktional-gemischte Einrichtung
137
I I I . Vorläufige Abgrenzung von öffentlicher Einrichtung und gemeindlichem Wirtschaftsunternehmen
139
§4
Der Standort der öffentlichen Bundes - und Landesrechts
139
A.
Systematische Vorbemerkungen
Einrichtung
im System speziellen
140
I. System der Gesetzeskategorien
140
I I . Die Gemeinde in der bundesstaatlichen Kompetenzordnung
140
B.
Die öffentliche Einrichtung im System der allgemein-staatlichen Gesetzesschranken
147
C.
Die öffentliche Einrichtung Gesetzesschranken
161
im
System
der
spezial-staatlichen
I. Die öffentliche Einrichtung im System der mittelbaren Staatsverwaltung 1. Die öffentliche Einrichtung im System der landesrechtlichen Gesetzesausführung 2. Die öffentliche Einrichtung im System der bundesrechtlichen Gesetzesausführung
161 161 163
I I . Die öffentliche Einrichtung im System der limitierenden Gesetzesschranken 165 1. Die Limitierung des Einrichtungswesens durch funktionssperrenden Subsidiaritätsvorbehalt 165 a) Allgemeines 165 b) Anwendung 167 aa) Sozialrechtliche Subsidiaritätstypik 167 bb) Kulturrechtliche Subsidiaritätstypik 168 cc) Wirtschaftsrechtliche Subsidiaritätstypik 172 dd) Sonstige Subsidiaritätstypik 174 2. Die Limitierung des Einrichtungswesens durch funktionsregelnden Gesetzesvorbehalt 175 a) Regelung des Verwaltungsgegenstandes 175 b) Regelung der Verwaltungsausübung 176 aa) Staatliche Ermessensbindung 176 bb) Staatliche Statuierung von Betriebspflichten 176 a) Unmittelbare Betriebspflichten 177 ß) Mittelbare Betriebspflichten 177 cc) Durchgriff staatlicher Statusrechte 178 3. Die Limitierung des Einrichtungswesens durch organisationsregelnden Gesetzesvorbehalt 179 a) Organisationsrechtlicher Formenzwang 179 b) Organisationsrechtliche Modellgesetzgebung 180 4. Die Limitierung des Einrichtungswesens durch spezialen Aufsichtsvorbehalt 181 a) Spezialaufsicht kraft Gesetzesvorbehalts 184 b) Spezialaufsicht kraft Verfassungsvorbehalts 188 D.
Die Typologie der staatlich-freien und staatlich-gebundenen Einrichtungen
193
Inhaltsverzeichnis Fünftes Kapitel Der Begriff der öffentlichen Einrichtung §1 Das anstaltsrechtliche A.
Verständnis
des Einrichtungsbegriffs
Der Inhalt und die Entwicklung der öffentlichen Anstalt als abstrakter Begriffstypus I. Die öffentliche Anstalt als historisches Handlungsprinzip I I . Die öffentliche Anstalt als verwaltungsrechtliches Organisationsprinzip (Anstalt im formellen Sinne)
195 195 196 196 198
1. Grundlagen 2. Die öffentliche Anstalt als Prinzip verwaltungsorganisatorischer Selbständigkeit a) Die rechtsfähige Anstalt b) Die nicht-rechtsfähige Anstalt c) Die privatrechtlich gestaltete Anstalt 3. Organisationsrechtliche Kriterien des formellen Anstaltsbegriffs a) Rechtssatz und gesetzesfreier Organisationsakt b) Intern-hoheitlicher Begründungsakt c) Extern-hoheitlicher Begründungsakt 4. Abgrenzungsfragen a) Anstalt und Wirtschaftsunternehmen b) Anstalt und Behörde c) Anstalt und öffentliche Sache I I I . Die öffentliche Anstalt als verwaltungsrechtliches Funktionsprinzip (Anstalt im materiellen Sinne) 1. Die öffentliche Anstalt im System spezifisch-materialer Verwaltungsfunktionen a) Die öffentliche Anstalt als Prinzip der Leistungsverwaltung b) Die öffentliche Anstalt als Prinzip spezifischer Verwaltungsausübung aa) Die öffentliche Anstalt als realagierende Verwaltungseinheit bb) Die öffentliche Anstalt als nicht-gewerbliche Verwaltungseinheit 2. Die öffentliche Anstalt im System spezifisch-formaler Verwaltungsfunktionen a) Die formale Einheit des dezisionistischen Verwaltungsbegriffs b) Die öffentliche Anstalt als funktionaler Blankettbegriff
210 210
B.
Kritik des abstrakten Anstaltsbegriffs und dessen konkrete Auflösung
211
C.
Die öffentliche Einrichtung als konkreter Anstaltstypus
215
I. Die konkret-formalen Anstaltselemente der öffentlichen Einrichtung 1. Die typisch-anstaltliche Einrichtung 2. Die atypisch-anstaltliche Einrichtung
198 199 200 200 201 201 201 204 204 205 205 205 206 207 207 208 208 208 209 210
215 215 216
12
Inhaltsverzeichnis I I . Die konkret-materiellen Anstaltselemente der öffentlichen Einrichtung I I I . Ergebnis
217 218
§2
Das statusrechtliche
Verständnis
des Einrichtungsbegriffs
219
A.
Die öffentliche Einrichtung als Ausdruck des gemeindlichen Bürgerstatus
219
B.
Das Leistungsverhältnis als konkretes Begriffskriterium
219
I. Das formelle Leistungsverhältnis
219
I I . Das materielle Leistungsverhältnis
220
1. 2. 3. 4.
Die Das Das Das
eingriffsrechtliche Grundbeziehung polizeirechtliche Eingriffsverständnis zivilrechtliche Eingriffsverständnis status- und grundrechtliche Eingriffsverständnis
221 223 225 227
I I I . Ergebnis
242
C.
Die Unterscheidbarkeit von öffentlicher Einrichtung und gemeindlichem Wirtschaftsunternehmen
243
§3
Das kombinierte
244
Verständnis des Einrichtungsbegriffs Schrifttumsverzeichnis
245
Erstes Kapitel
Einführung Bereits ein flüchtiger Blick auf einige jüngere kommunalrechtliche Entwicklungen — gemeint sind die verfassungsrechtlich heftig umstrittenen Bundesgesetzgebungen auf den Gebieten der Sozialhilfe und der Jugendwohlfahrt 1 sowie die gleichfalls breit diskutierten Fragen einer überregionalen oder interkommunalen Raumordnung 2 — muß das Augenmerk auch auf die kommunalen öffentlichen Einrichtungen lenken, d.h. auf jenen Sektor gemeindlicher Verwaltungskraft, der wie kein anderer dem örtlichen Lebensraum verhaftet und gerade i n dieser Eigenschaft durch zentripetale Entwicklungstendenzen heute weithin bedroht ist. Das Hauptanliegen dieser Arbeit besteht allerdings nicht nur i n der Untersuchung dieser, meist von gesetzgeberischer Seite vorgetragenen Ingerenzen. Das vornehmliche und eigentliche Ziel der Arbeit soll vielmehr die Analyse und Bestimmung des rechtshistorischen Wesens, des rechtspositiven Standorts und des rechtsinstitutionellen Begriffs der öffentlichen Einrichtung sein. Dabei w i r d sich allerdings erweisen, daß die angedeuteten Fragen der allgemeineren Selbstverwaltungsproblematik sich oft und keineswegs zufällig gerade i n der Zone des Einrichtungswesens zuspitzen und damit dieses traditionelle Reservat einer frei verantwortlichen Selbstverwaltung i n breitem Umfange zur Nahtstelle i n der prinzipalen Auseinandersetzung u m den verfassungsgesicherten Bestand der gemeindlichen Selbstverwaltung machen. Wenn dieser, zunächst einmal vorgreifenden Feststellung allerdings oft nur wenig Beachtung geschenkt wird, so ist der Grund dafür nicht zuletzt i n der allgemeinen Unter- bzw. Fehleinschätzung der gemeindlichen Einrichtungsverwaltungen zu suchen. Die herrschende Lehre begnügt sich nur zu oft m i t der summarischen Benennung oder Umschreibung positiv gegebener oder möglicher „Einrichtungen" und verliert sich „konsequent" i n den nur quantitativen Maßstäben einer unspezifizierten Kompetenzschematik. Sie versäumt es ebenso oft, auch 1 f
Vgl. dazu unten S. 167 ff. Vgl. dazu unten S. 141N. 6.
1. Kap.: Einführung
14
nach dem rechtlichen Grund einer Zuständigkeit zu fragen und damit den typischen oder elementaren Werten gemeindlicher Selbstverwaltungen nachzugehen3. Die herrschende Meinung verschließt sich damit selbst den Weg zu einem effektiveren Selbstverwaltungsverständnis. Die übliche Betrachtungsweise des Einrichtungswesens ist dafür beispielhaft: Indem man die historischen, verfassungsrechtlichen und sonst aktuellen Ordnungsgrundlagen einer „öffentlichen Einrichtung" außer acht läßt und sich von vornherein auf die Betrachtung des positiven oder existentiellen „Einrichtungs"-Befundes beschränkt, beläßt (verleiht) man dem lebendigen Rechtsinstitut der öffentlichen Einrichtung nur (noch) den blassen Anstrich einer typindifferenten, ja beliebig austauschbaren Mechanik der gemeindlichen Verwaltungsführung. Auch wenn das objektive B i l d einer ungemein komplexen Vielfalt „einrichtungs"förmiger oder -ähnlicher Sachverhalte zur Entstehung eines solchen Eindrucks beitragen mag, so ist es dogmatisch doch verfehlt, aus dem bloßen Faktum einer ungegliedert scheinenden Summe tatsächlicher „Einrichtungs"-Erscheinungen bereits konkrete Lösungen ableiten zu wollen. Es gilt statt dessen, die Relation von realer Erscheinung und rechtlicher Ordnungsgrundlage typologisch aufzuschlüsseln und damit „das Einrichtungswesen" i n ein System differenzierter Einrichtungstypen umzusetzen 4 . Erst ein solches Verfahren beantwortet die Frage nach der Rechts- und Verfassungsqualität der öffentlichen Einrichtung bzw. nach deren Bedeutung für die kommunale Selbstverwaltung überhaupt. Methodisch muß also der Versuch, das Wesen der öffentlichen Einrichtungen zu bestimmen, bei einer Bestandsaufnahme der dem Einrichtungswesen gemeinhin zugerechneten Funktions- und Organisationseinheiten ansetzen und über die historischen Quellen des Einrichtungswesens schließlich aus der Systematik des geltenden Verfassungs-, Gemeinde- und sonstigen Rechts den aktuellen Standort sowie den Inhalt des Einrichtungsbegriffs ermitteln.
5
Diese Fragestellung kommt vor allem in der Grenzzone des absolut geschützten Wesensgehalts der Selbstverwaltung zum Tragen (vgl. m. Nachw. unten S. 55). 4 Vgl. auch die Forderung Lerches, Gemeinden, S. 17 f., „das Recht der gemeindlichen »Einrichtungen 4 neu zu überdenken" bzw. „eine vollbefriedigende Rechtstypologie der öffentlichen Einrichtungen der Kommunen" zu finden.
Zweites
Kapitel
Grundlagen § 1 N o r m a t i v e r Ausgangspunkt D i e h e u t e v e r b i n d l i c h e gesetzliche R e g e l u n g des k o m m u n a l e n E i n richtungswesens g e h t a u f die B e s t i m m u n g des § 17 D G O v o m 30.1.1935 ( R G B l . I S. 49) z u r ü c k . D i e g e l t e n d e n G e m e i n d e o r d n u n g e n 1 ( L a n d k r e i s o r d n u n g e n ) 2 d e r L ä n d e r h a b e n diese V o r s c h r i f t i n i n h a l t l i c h u n v e r ä n d e r t e r G e s t a l t ü b e r n o m m e n 3 . D a n a c h h e i ß t es h e u t e ü b e r e i n s t i m m e n d : „ D i e E i n w o h n e r s i n d n a c h d e n h i e r ü b e r bestehenden V o r schriften berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde zu b e n u t z e n . . ( § 17 D G O ) . D e r systematische S t a n d o r t dieser V o r s c h r i f t f i n d e t sich j e w e i l s i n d e m j e n i g e n A b s c h n i t t d e r b e t r e f f e n d e n G O ( L K O ) 4 , d e r d i e innergemeindliche Rechtsstellung des G e m e i n d e e i n w o h n e r s u m r e i ß t 5 . 1
BadWüGO v. 25.7.55 (GBl. 129) i. d. F. v. 8.3.65 (GBl. 61); BayGO v. 25.1.52 (GVB1. 19) i. d. F. v. 26.10.62 (GVB1. 269); BremerhavVerf. v. 4.11.47 (GB1. 291) i. d. F. v. 5.7.55 (GBl. 87); HessGO v. 25.2.52 (GVB1. 11) i . d . F . v. 1.7.60 (GVB1. 103)/6. 5. 64 (GVB1. 61); NdsGO v. 4.3.55 (GVB1. 55) i. d. F. v. 18.4. 63 (GVB1. 255); NrwGO v. 28.10. 52 (GVB1. 283) i. d. F. v. 25. 2. 64 (GVB1. 145); RhpfGO v. 5.10. 54 (GVB1. 117) i. d. F. v. 25.9.64 (GVB1. 145); SaarGO v. 15.1. 64 (ABl. 123); SchlHGO v. 24.1. 50 (GVB1. 25) i. d. F. v. 21.4. 64 (GVB1. 39). 2 BadWüLKO v. 10.10. 55 (GBl. 207) i. d. F. v. 19.2. 63 (GBl. 25); BayLKO v. 16.2.52 (BayBS I 515) i. d. F. v. 26.10.62 (GVB1. 269); HessLKO v. 25.2.52 (GVB1. 37) i. d. F. v. 1. 7. 60 (GVB1. 131); NdsLKO v. 31. 3. 58 (GVB1. 17) i. d. F. v. 18. 3. 63 (GVB1. 255); N r w L K O v. 31. 7. 53 (GVB1. 305) i. d. F. v. 25. 2. 64 (GVB1. 45); RhpfLKO v. 5.10.54 (GVB1. 117) i. d. F. v. 25.9.64 (GVB1. 145); SaarLKO v. 15.1. 64 (ABl. 123); SchlHLKO v. 27.2. 50 (GVB1. 49). 3 Vgl. §§ 10 I I 2 BadWüGO, 19 I BremerhavVerf., 19 I, 20 I HessGO, 22 I Nds, GO, 18 I I NrwGO, 15 I RhpfGO, 18 I SaarGO, 18 I SchlHGO, Art. 21 I BayGO; §§ 12 I 2 BadWüLKO, 17 I HessLKO, 17 I I 2 NdsLKO, 16 I I N r w L K O , 10 I I RhpfLKO, 13 SaarLKO, 18 I SchlHLKO, Art. 15 I BayLKO; vgl. entspr. auch § 2 NrwAmtsO v. 10. 3. 53 (GVB1. 218) i. d. F. v. 25. 2. 64 (GVB1. 63) i. V. m. § 18 I I NrwGO; 11 I SaarAmtsO v. 15.1.64 (ABl. 123); Art. 15 I BayBezO v. 27. 7. 53 (BayBS I 529) i. d. F. v. 16. 6.64 (GVB1.113). 4 DGO: 4. Teil; BadWüGO: 1. Teil 3. Abschn. — entspr. BadWüLKO; BayGO: 1. Teil 4. Abschn. — entspr. BayLKO; BremerhavVerf.: 4. Teil; HessGO: 4. Teil — HessLKO: 1. Teil 4. Abschn.; NdsGO: 4. Teil — entspr. NdsLKO; NrwGO: 4. Teil — entspr. N r w L K O ; RhpfGO: l . T e i l 3. Abschn. — RhpfLKO: 1. Abschn.; SaarGO: 1. Teil 3. Abschn.—SaarLKO: 1. Teil 3. Abschn.; SchlHGO: 4. Teil — entspr. SchlHLKO. 5 I m folgenden wird sich die Arbeit vornehmlich auf die Vorschriften der
16
2. Kap.: Grndlagen
Eine gegenüber der DGO funktions- und definitionsrechtlich erweiternde Umschreibung hat das Einrichtungswesen i n den Vorschriften der §§ 10 I I 1 BadWüGO, 6 S. 2, 2011 BremerhavVerf., 191 HessGO, 212 NdsGO, 181 NrwGO, 17 I SchlHGO erfahren, denen zufolge die Gemeinde als örtlich-ausschließlicher Verwaltungsträger u. a. und insbesondere die Pflicht hat, die für das Wohl ihrer Einwohner erforderlichen „sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Einrichtungen" 6 bereitzustellen 7 .
§ 2 Die öffentliche Einrichtung als verwaltungsuniversale Zweckeinheit A. Die funktionellen Erscheinungsformen der öffentlichen Einrichtung und deren gesetzessystematischer Standort Als Bestandteil der gemeindlichen Verwaltungsordnung besitzt die öffentliche Einrichtung prinzipiell öffentlich-rechtliche Funktionsqualität 1. Die korrespondierende Rechtsposition des Gemeindeeinwohners aus § 17 DGO etc. zeichnet sich als spezifisch öffentlich-rechtlicher Benutzungsanspruch aus2. Funktionstypisch erweist sich die öffentliche Einrichtung als universelle Verwaltungsformation der kommunalen DGO beziehen und nur im einzelnen die Abweichungen des geltenden Gemeinderechts zitieren. I m übrigen sollen auch die Vorschriften der Landkreisordnungen nur noch soweit berücksichtigt werden, wie dies über die betreffenden Gemeindeordnungen hinaus erforderlich ist. 8 §§ 6 S. 2, 20 I 1 BremerhavVerf. verzichten auf das Attribut „wirtschaftlich". Eine noch konkreter gefaßte Verpflichtung statuiert Art. 57 I I BayGO (s. unten S. 18). 7 Vgl. dazu näher unten S. 87 ff. u. 220 ff. 1 Vgl. z. B. Hurst, H B K W P I I , S. 834 ff.; ders., DVB1. 65, 523 ff.; Doms, Recht auf Benutzung, S. 12 ff., 22; Sur&n-Loschelder, DGO, § 17 Erl. 2; Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 473 ff.; Schattenfroh, DGO, § 17 Anm. I I I 2 a; Zeitler-Bitter Derschau, DGO, § 17 Erl. 2; Kunz-Guba-Theißig, DGO, § 17 Erl. 2 a; G. Küchenhoff-Berger, DGO, § 17 Erl. 4; Göbel, BadWüGO, § 10 Erl. 5; Kunze-Schmid, BadWüGO, § 10 Erl. I I ; Hölzl, BayGO, Art. 21 Erl. 1, 2, 3; Helmreich-Widtmann, BayGO, Art. 21 Erl. 2; Masson, BayGO, Art. 21 Erl. 4; Muntzke-Schlempp, HessGO, §19 Erl. Iff.; Lüersen-Neuffer, NdsGO, §22 Anm. 1; Kottenberg, NrwGO, § 18 Erl. I ; Salzmann-Schunck, RhpfSelbstverwG, § 13 Erl. 2 a; Galette-Laux, SchlHGO, § 18 Erl. 1 a; Badura, JuS 66,18 ff. 2 Vgl. z. B. Hurst, H B K W P I I , S. 836, 840 ff.; dersDVB1. 65, 524 f.; Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 473 ff.; Surin-Loschelder, DGO, § 17 Erl. 2, 3; ZeitlerBitter-Derschau, DGO, §17 Erl. 3; Doms, Recht auf Benutzung, S. 30 ff.; Muntzke-Schlempp, HessGO, §19 Erl. X I I , §20 E r l . I 1; Kottenberg, NrwGO, § 18, Erl. I ; Salzmann-Schunck, RhpfSelbstverwG, § 13 Erl. 2 a; Galette-Laux, SchlHGO, § 18 Erl. 1 c; H. J. Schmidt, D Ö V 63, 218; Hölzl, BayGO, Art. 21 Erl. 4 a; Masson, BayGO, Art. 21 Erl. 5; Kunze-Schmid, BadWüGO, § 10 Erl. I I 4; Salzwedel, Kommunalrecht, S.242; Wolff, A f K 63, 160; Stier-Somlo, HBKomVerfR, S. 263 f.; Badura, JuS 66,19 f.
§ 2 Die Einrichtung als verwaltungsuniversale Zweckeinheit
17
Selbstverwaltung (Universalitätsprinzip 3 ). Die zweckdeterminierende Generalgliederung des Einrichtungswesens i n soziale, wirtschaftliche und kulturelle Einrichtungen demonstriert dies i m besonderen. Der Typus der „sozialen Einrichtung" deckt sich i m wesentlichen m i t den materiell-fürsorgerechtlichen Funktionsinhalten der gemeindlichen Sozialhilfe 4 . Der Typus der „wirtschaftlichen Einrichtung" baut i m weitesten Begriffssinne auf Sachverhalten ökonomischer Funktionsgebung auf 5 . Die „kulturelle Einrichtung" begreift sich schließlich und vor allem als Institut bildungspolitischen Inhalts 6 . Der Erkenntniswert dieser Unterscheidung ist jedoch gering. Er läßt nur äußerst grobe und juristisch kaum konturierte Gruppierungen oder Differenzierungen zu. Für eine Aussage von definitorischem oder sonst rechtsqualifizierendem Wert fehlt es an der inneren Bestimmbarkeit. Das Einrichtungswesen erscheint m i t h i n als funktional-komplexe Größe. Erkenntniskritisch bestätigt dies die nahezu unübersehbare Vielfalt funktioneller Verwaltungseinheiten, die gemeinhin, wenn auch i m einzelnen oft umstritten, zu den „öffentlichen Einrichtungen" gerechnet werden. Unter dem Vorbehalt der näheren Uberprüfimg mögen hier nur folgende Beispiele genannt sein: Straßenreinigung und -beleuchtung, Kanalisation, Müllabfuhr, Kläranlagen, Desinfektionsanstalten, Krankenhäuser, Kurhäuser, Feuerwehren, Nachtwachdienste, L u f t schutzanlagen, Friedhöfe, Krematorien, Waschanstalten, Bäder, Bedürfnisanstalten, Markthallen, Messen, Märkte, Schlachthöfe, Fleischbeschauanstalten, Volksküchen, Backstuben, Lagerhäuser, Kühlhallen, Theater, Schulen, Museen, Bibliotheken, Waisen-, Alters- und Jugendheime, Kindergärten, Kinderspielplätze, Sportplätze, zoologische und botanische Gärten, Parks, Verkehrsbetriebe, Hafenbetriebe, Flughäfen, Schleusen, öffentliche Wege, öffentliche Brunnen, Anschlagtafeln, Sparkassen, Pfandleihanstalten, Gemeindewaagen, landwirtschaftliche Güter, Jungviehweiden, Zuchteber, Gas-, Wasser- und Elektrizitätsbetriebe sowie sonstige Versorgungsbetriebe usf. 7 8
Vgl. dazu unten S. 18 ff., 56,84, 85. Vgl. dazu unten S. 233 ff. 6 Vgl. dazu unten S. 101 f., 235 ff. 6 Vgl. dazu unten S. 241 f. 7 Vgl. dazu m. w. Nachw. bes. Hurst, H B K W P I I , S. 833 ff.; Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 473 ff.; Surön-Loschelder, DGO, § 17 Erl. 2; Doms, Recht auf Benutzung, S. 12 ff.; Muntzke-Schlempp, HessGO, §19 Erl. I I ff.; Kottenberg, NrwGO, §18 Erl. I ; Kunz-Guba-Theißig f DGO, §17 Erl. 2 a; Höizi, BayGO, Art. 21 Erl. 1; Masson, BayGO, Art. 21 Erl. 2; Helmreich-Widtmann, BayGO, Art. 21 Erl. 2; Lüersen-Neuffer, NdsGO, §22 Anm. 1; T. Müller, BadWüLKO, § 12 Erl. 1; Salzwedel, Kommunalrecht, S. 241 ff.; Klüber, Städtetag 63, 491 f.; Jebens, PrVBl. 22, 329 ff.; Hettlage-Loschelder, Gemeindewirtschaftsrecht, §4 GemHVO Erl. 3 b; Merk, VerwR, S. 666. 4
2 Scholz
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Diese Breite möglicher Einrichtungsinitiativen offenbart einerseits schon deren allgemeine Bedeutung für die kommunale Selbstverwaltung, verdeutlicht zum anderen aber auch die Schwierigkeiten einer definitorischen und systematischen Einordnung. Eine rein empirische Bewertung solcher „Einrichtungs"inhalte könnte der öffentlichen Einrichtung i m Ergebnis wohl nur die Bedeutung eines funktionalen Blankettbegriffs belassen (zuerkennen), sofern nicht eine gesetzessystematische Aufschlüsselung zumindest der einrichtungstypischen Bereiche möglich wäre. Indessen sind auch die kompetentiellen Rechtsgrundlagen des Einrichtungswesens nur bzw. noch sehr spärlich gesät und, soweit vorhanden, meist von nur akzessorischem Aussagewert. Das gilt ebenso für das allgemeine Kommunalrecht wie für das staatlich-besondere Verwaltungsrecht.
I . Allgemeines Kommunalrecht
M i t Ausnahme des A r t . 57 I I BayGO 8 , der — allerdings unter dem Vorbehalt sonstiger gesetzlicher Verpflichtungen — die Gemeinden prinzipiell zur Herstellung und Unterhaltung der „zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, der Feuersicherheit, der öffentlichen Reinlichkeit, des öffentlichen Verkehrs, der Gesundheit, der öffentlichen Fürsorge und Wohlfahrtspflege einschließlich der Jugendfürsorge und Jugendpflege, des öffentlichen Unterrichts und der Erwachsenenbildung, der Jugendertüchtigung sowie der K u l t u r - und Archivpflege nötigen Einrichtungen" verpflichtet, enthalten die Gemeindeordnungen lediglich mittelbar i n den Bestimmungen über den Abschluß- und/oder Benutzungszwang 9 sowie i n den Abgrenzungsvorschriften zu den kommunalen Wirtschaftsunternehmen 10 einige, wenn auch recht weit und vage gefaßte Kompetenzaussagen: So w i r d die Gemeinde einmal ermächtigt, „durch Satzung... für die Grundstücke ihres Gebietes den Anschluß an Wasserleitung, Kanalisation, Müllabfuhr, Straßenreinigung und ähnliche der Volksgesundheit dienende Einrichtungen (Anschlußzwang) und die Benutzung dieser Einrichtungen und 8
Ähnlich Art. 51 I I i. V. m. I BayLKO. §§ 18 I DGO, 111 BadWüGO, 201 2 BremerhavVerf., 19 I I HessGO, 8 Ziff. 2 NdsGO, 19 NrwGO, 27 I RhpfGO, 17 I I SchlHGO, 19 I SaarGO, Art. 24 I Ziff. 2 BayGO. 10 §§ 67 I I DGO, 85 I I I Ziff. 1, 2 BadWüGO, 98 I I HessGO, 89 I I I NdsGO, 69 I I NrwGO, 80 I I RhpfGO, 89 I I SaarGO, 82 I I SchlHGO. Art. 75 BayGO enthält keine entsprechende Vorschrift (vgl. aber auch Art. 63 I I I BayLKO). Auch die BremerhavVerf. entbehrt einer solchen. — Vgl. i m übrigen aber auch § 5 I Ziff. 5 S. 2 BlnVermVerwG v. 5. 8. 52 (GVBL 639), § 1 I I BlnEigbG v. 11. 12. 59 (GVBL 1229). 9
§ 2 Die Einrichtung als verwaltungsuniversale Zweckeinheit
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der Schlachthöfe (Benutzungszwang) vorschreiben" zu können (§181 DGO). Zum anderen sollen i n negativer Abgrenzung gegenüber dem Komplex der gemeindlichen Wirtschaftstätigkeit „Einrichtungen des Unterrichts-, Erziehungs- und Bildungswesens, der körperlichen Ertüchtigung, der Kranken-, Gesundheits- und Wohlfahrtspflege" nicht w i r t schaftliche Unternehmen sein (§ 67 I I Ziff. 2 DGO). Die allerdings mehr zufällige als konstitutive Kompetenzbedeutung dieser letzteren gesetzlichen Abgrenzungsversuche lehrt bereits das Beispiel des § 98 I I lit. b HessGO, der i m Gegensatz zu den übrigen Parallelvorschriften zu den genannten Einrichtungen etwa auch die gemeindliche Wasserversorgung rechnet 11 . Indessen und gleichgültig, wie das Verhältnis von öffentlichen Einrichtungen und gemeindlichen Wirtschaftsunternehmungen i m einzelnen zu begreifen ist, für die gemeindliche Einrichtungskompetenz ist immerhin festzuhalten, daß die i n § 67 I I DGO etc. genannten Verantwortungsbereiche jedenfalls einrichtungsrechtlicher A r t sind 12 . Das systematische Verständnis der einrichtungsrechtlichen Vorschriften der §§ 17, 67 I I DGO etc. einerseits und der gemeindewirtschaftsrechtlichen Vorschrift des § 671 DGO etc. andererseits deutet de lege lata auf ein Verhältnis kompetentieller Gegen- und nicht Zuordnung hin. I m einzelnen w i r d dieses begriffsevidente Spannungs-, Annex-, Komplementär- oder Identitätsverhältnis (?) zwischen öffentlicher Einrichtung und kommunalem Wirtschaftsunternehmen noch der näheren Untersuchung bedürfen 13 . A n diesem prinzipiellen Erfordernis ändert sich auch nichts durch Katalogvorschriften nach dem Muster der 1. Ausf.Anweisung (RdErl. d. R M d l u. d. R F M v. 22. 3.1939 — R M B l i V S. 634) zu § 1 EigVO vom 21.1.1938 (RGBl. I S. 1650)14 bzw. des auf die GemHVO vom 4. 9.1937 (RGBl. I S. 921) zurückgehenden Einzelplanmusters — Einzelplan 7: „öffentliche Einrichtungen und Wirtschaftsförderung" — (RdErl. d. R u P r M d l u. d. R F M v. 4.9.1937 — R M B l i V S. 1460)15. Denn derart weit ausholende Funktionskataloge sind regel11 Zum rein pragmatischen Charakter dieser Ausklammerungen vgl. auch bereits Röttgen, DJT-Festschrift, S. 596 m. N. 71. 12 Vgl. z. B. Doms, Recht auf Benutzung, S. 17; G. Küchenhoff -Berger, DGO, § 17 Erl. 4 a; Hölzl, BayGO, Art. 75 Erl. 1 c, aa; Masson, BayGO, Art. 75 Erl. 2; Surén-Loschelder, DGO, § 17 Erl. 2; Kunze-Schmid, BadWüGO, § 10 Erl. V I I I 4; Muntzke-Schlempp, HessGO, § 19 Erl. I I 2 b, § 98 Erl. V I I I ; Elfert-Laux, Organisation, S. 13; Galette-Laux, SchlHGO, § 82 Erl. 1 a; Zeiß, Eigenbetriebsrecht, § 1 Erl. 2 a (S. 54); Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 480; Schurkemeyer, Rechtsformen, S. 36 f.; Nebinger, VerwR, S. 143; HessVGH, DVB1. 51,737 f. 13 Vgl. dazu unten S. 98 ff. 14 Zukünftig zit. mit EigVO 38. 15 Danach gelten als öffentliche Einrichtungen (RdErl. z. GemHVO — Einzelplan 7): Straßenbeleuchtung, Straßenreinigung, Stadtentwässerung, M ü l l beseitigung, Müllverwertung, Fuhrpark, Feuerlöschwesen, Friedhöfe, Krematorien, Schlacht- und Viehhöfe, Freibank, Märkte, Markthallen, Abdeckereien, Wald-, Park- und Gartenanlagen.
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mäßig nur von deskriptivem oder beispielgebendem, d. h. also nicht von kompetentiell-verbindlichem Charakter 16 .
n . Staatliches Sonderrecht
Spezialgesetzliche Funktionsregelungen finden sich insbesondere auf den Gebieten des Schul- 17 , Sparkassen- 18 , Gesundheits- 19 , Sozialhilfe- 20 , Nicht „wirtschaftliche Unternehmen" i m Sinne des § 67 I I DGO sollen sein (AusfAnw. z. EigVO 38): Sämtliche Schulen (Einzelpl. 2); Universitäten u. sonstige Einrichtungen d. Wissenschäftspflege, Kunstmuseen u. Kunstausstellungen, Orchester, Bühnen, zoologische und botanische Gärten, Heimatmuseen (Einzelpl. 3); Alters- und Siechenheime, Krüppel-, Blinden- und Taubstummenheime, Asyle, Wandererherbergen, Wandererarbeitsstätten, Volksküchen, Einrichtungen für Erwerbsbeschränkte, sonstige Einrichtungen des Fürsorgewesens, Säuglingsheime, Waisenhäuser* Erziehungsanstalten, Jugenderholungsheime, Kindergärten, Horte, Heime, sonstige Einrichtungen der Jugendpflege (Einzelpl. 4); Kränkenhäuser, Sanatorien, Entbindungs- und Wöchnerinnenheime, Anstalten für Nerven- und Geisteskranke, Gemeindepflegestationen, Ambulatorien, Zahnkliniken,, ärztliche Beratungsstellen, sonstige Einrichtungen der Gesundheitspflege, Sportplätze, Stadien, Turnhallen, Jugendheime, Jugendherbergen, Schulungslager, Erholungslager, sonstige Einrichtungen der Jugendertüchtigung (Einzelpl. 5) sowie die i m Einzelplan 7 genannten Einrichtungen (s. oben). Auch soweit in den einzelnen Bundesländern an die Stelle dieser Vorschriften neue Bestimmungen (Nachw. etwa bei Loschelder-Giere, Gemeindehaushaltsrecht, S. 7 ff.) getreten sind, sind katalogtechnisch keine wesentlichen Veränderungen, wenn überhaupt nur einige noch verfeinertere Unterteilungen und Vervollständigungen vorgenommen worden: vgl. z. B. das Muster des Einzelplans 7 zu § 49 NrwGemHVO v. 26.1. 54 (GVB1. 59) — abgedr. b. Lose}leider-Giere, a. a. O., S. 292 ff. — sowie das entspr. Muster zur HessGemHVO v. 27.1. 56 (GVB1.5) — abgedr. b. Dreydoppel-Kraffke, Hess.Gem.Wirtsch.Recht, S.173 ff. 16 Vgl. allgemein besonders Köttgen, Spielraum, S. 24 f., mit der treffenden Feststellung, daß „eine verbindliche Abgrenzung des kommunalen Aktionsradius nicht Sache eines Formulars sein kann." Für die Ausf.Anw. z. EigVO 38 vgl. z. B. Zeiß, Eigenbetriebsrecht, S. 79. — Für das Einzelplanmuster z. GemHVO ergibt sich der Vollständigkeitsmangel des einschlägigen Abschnitts (Einzelpl. 7) bereits aus der Tatsache, daß u. a. auch in den Einzelplänen 2—5 einrichtungsrechtliche Funktionsbereiche erfaßt sind (z. B. Einrichtungen der Gesundheits- und Wohlfahrtspflege, der Jugendwohlfahrt usw.); insofern konsequent auch die Bezugnahme der Ausf.Anw. z. EigVO 38 auf den RdErl. z. GemHVO. — Zum Einzelplanmuster dieses RdErl. vgl. auch Hettlage-Loschelder, Gemeindewirtschaftsrecht, § 4 GemHVO Erl. 3 a. — Vgl. dazu m. w. Beispielen schließlich auch Stern-Püttner, Gemeindewirtschaft, S. 55, 70 f. — I n deutlich nur exemplifizierender Richtung weiterhin auch § 4 K S t D V i. d. F. v. 6. 6.62 (BGBl. I 412), der den Hoheitsbetrieben zurechnet „z. B. . . . Schlachthöfe, Friedhöfe, Anstalten zur Lebensmitteluntersuchung, zur Müllbeseitigung, zur Straßenreinigung und zur Abführung von Abwässern und Abfällen." 17 18
Vgl. dazu unten S. 168 ff., 179 f., 188 ff. Vgl. dazu unten S. 158 ff., 179 f., 184 ff.
19 Vgl. §§ 12 I, 37 V BSeuchenG v. 18. 7.61/9.8.61 (BGBl. I 1012/1300) i. d. F. v. 29. 7.64 (BGBl. I 560) — noch klarer früher §§ 23, 35 I I RSeuchenG v. 30.6.
§ 2 Die Einrichtung als verwaltungsuniversale Zweckeinheit
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Jugendwohlfahrts- 21 , Luftschutz- 22 , Sicherstellungs- 28 , Markt- 2 4 , Energiewirtschafts- 25 , Verkehrs- 2 6 und Tierzuchtrechts 27 . I n ihrer Summe fehlt es aber auch diesen Kompetenzgesetzgebungen an der funktionalen Endgültigkeit. Sie sind naturgemäß nur an einzelnen Verwaltungszwecken der staatlichen Zuständigkeitsordnung orientiert und deshalb definitorisch nur begrenzt fungibel 28 .
B. Die Rechts- und Organisationsformen der öffentlichen Einrichtung Demonstrierte bereits der oben 29 aufgestellte Kompetenzkatalog eine fast uferlose Fülle denkbarer Einrichtungsbereiche, so muß zunächst auch das B i l d des organisatorischen Feldes unfähig erscheinen, das kommunale Einrichtungswesen einem systematischen Verständnis näherzubringen. Die Parallele von funktions- und organisationstypischer Erscheinungsvielfalt ist augenfällig. Das gilt sowohl i n rechtlicher wie i n tatsächlicher Hinsicht. So wie i m funktionsrechtlichen Sektor Verantwortungsbereiche von unterschiedlichster Qualität scheinbar unabhän1900 (RGBl. 306) —; vgl. weiterhin § 5 TierkörperBesG v. 1.2. 39 (RGBl. I 187) i. V. m. § 80 Ziff. 3 BSeuchenG ; vgl. dazu i m übrigen unten S. 177. 20 Vgl. bes. §§ 26, 37, 38, 40, 43, 48, 49, 73, 93, 103 BSHG v. 30. 6. 61 (BGBl. I 815) i. d. F. v. 31.8.65 (BGBl. I 1027); vgl. dazu noch näher unten S. 1671, 176, 178. 21 Vgl. bes. §§ 5, 78 ff. JWG v. 11.8.61 (BGBl. I 1206/1875) und dazu unten S. 167 f., 168 f., 176,178. 22 Vgl. §§ 8, 10, 27 I 1. ZivBevSchG v. 9.10. 57 (BGBL I 1696) i. d. F. v. 9. 9. 65 (BGBl. I 1232), 14, 17 I 2, I I , 18 I I I , 22, 23 SchutzBauG v. 9. 9. 65 (BGBl. I 1232) — vgl. dazu noch unten S. 177. 23 Vgl-dazu unten S. 177. 24 Vgl. dazu unten S. 147 N. 28. 25 Vgl. dazu unten S. 152 ff. 26 VgL dazu unten S. 158. 27 Vgl. § 2 TierzuchtförderungsG v. 17.3.36 (RGBl.1175); — vgl. auch Strölin, Gemeindetag 35, 229 (230), der . aus Württemberg eine spezialgesetzliche Verpflichtung der Gemeinden zur Zuchttierhaltung referiert; vgl. dazu i m übrigen unten S. 177. 28 Dies gilt im Ergebnis auch für die Vorschrift des Art. 83 I BayVerf (vgl. früher auch Art. 85 WüHohzVerl), deren Umschreibung des Funktionsbereichs der kommunalen Selbstverwaltung sich weitgehend mit den oben S. 17 aufgezählten Beispielen möglicher Einrichtungstypen deckt. Diese Bestimmung hat indessen nach h. M. keine konstitutive, sondern allenfalls deklarative Bedeutung, da sie von dem allgemein selbstverwaltungsrechtlichen Gesetzesvorbehalt des Art. 11 I I 2 BayVerf. überlagert wird (vgl. näher BayVerf GH, V G H E n. F. 4 (II), 251 (257 ff.); Nawiasky-Leusser-Gerner+Schiveiger-Zacher, BayVerf., Art. 83 Rdnr. 3; Masson, BayVBl. 58, 161 ff., 197 ff.; Werner Weber, Staats- und Selbstverw., S.Al* Fischerhof, D Ö V 57, 3151; Depenbrock, Stellung, S. 74 f.; Mang-Maunz-Mayer-Obermayer, Staats- und VerwR, S. 314). » S. 17.
2. Kap.: Grndlagen
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gig voneinander und doch letztlich gleichgeordnet nebeneinander stehen, so beweist auch die Betrachtung des organisationsrechtlichen Sektors eine komplexe und doch wiederum korrespondierende Fülle institutionell angewandter Organisationsformen.
I . Die Freiheit der Rechtsformen
Bei der rechtlichen Organisation ihrer öffentlichen Einrichtungen kann die Gemeinde sich prinzipiell sowohl der Gestaltungsformen des öffentlichen Rechts wie der des Privatrechts bedienen. Diese Erkenntnis beruht auf dem Grundsatz der gemeindlichen Organisationsgewalt 30 und entspricht i m Ergebnis der absolut herrschenden Meinung 3 1 . Selbst über den Bereich des Kommunalrechts hinaus ist — insbesondere i m Recht der leistenden Verwaltung — von der regelmäßigen Gestaltungsfreiheit der öffentlichen Verwaltung auszugehen. Abgesehen von ausdrücklichen Formvorschriften lassen sich heute für die Wahl von Rechtsformen, die die öffentliche Verwaltung bei der Bewältigung bestimmter Aufgaben zu verwenden hätte, grundsätzlich keine festen Regeln mehr aufstellen. Man kann weder aus der materiellen Rechtsnatur eines konkreten Sachbereichs auf dessen Form oder Gestaltung noch umgekehrt aus der gewählten (privatrechtlichen) Rechtsform auf eine entsprechende Rechtsnatur des zugeordneten Sachbereiches schließen. Der gewählten Rechtsform kommt prinzipiell keine materiale oder strukturelle, sondern lediglich formale bzw. technische Bedeutung zu. Aus diesem Grund steht es allein i m Ermessen des betreffenden Trägers öffentlicher Verwaltung, in welche Rechtsformen er ein bestimmtes 30
Vgl. dazu noch unten S. 91 f. Vgl. Wolff, A f K 63, 153 ff., 160, 169; ders., VerwR I, S. 89 ff.; ders., VerwR I I , S. 274; Hurst, H B K W P I I , S. 833, 835, 838 ff., 844; ders., DVB1. 65, 523 ff.; Sur&n-Loschelder, DGO, § 17 Erl. 2, § 18 Erl. 5; Kunz-Guba-Theißig, DGO, § 17 Erl. 2 a, § 18 Erl. 3 c; Zeitler-Bitter-Derschau, DGO, § 17 Erl. 2; G. KüchenhoffBerger, DGO, §17 E r l . 4 d ; Göbel, BadWüGO, §10 Erl. 5, §11 Erl. 2; KunzeSchmid, BadWüGO, §10 Erl. I I 3 b; Salzmann-Schunck, RhpfSelbstverwG, § 13 Erl. 2 a; Hölzl, BayGO, Art. 21 Erl. 3 b, aa; Masson, BayGO, Art. 21 Erl. 4; Helmreich-Widtmann, BayGO, Art. 21 Erl. 2; Muntzke-Schlempp, HessGO, §19 Erl. V I I 4, V I I I — X ; Kottenberg, NrwGO, §18 Erl. I I ; Galette-Laux t SchlHGO, § 18 Erl. 1 b; v. Meyeren, RuPrVBl. 54, 964; Siebert, NiedermeyerFestschr., S.219, 223 f., 229 ff.; Forsthoff, Lehrb., S. 323, 360 ff., 437, 444; Peters, Lehrb., S. 300 ff.; W. Jellinek, VerwR, S.387; O. Mayer, VerwR I I , S. 272 ff.; Fleiner, Institutionen, S. 320; List, VerwR, S. 75 ff., 120 ff.; E. R. Huber, W i VerwR I, S. 120, 590 (widersprüchlich aber S. 160); Nipperdey, Stromsperre, S. 12 ff.; Gieseke, Boehmer-Festschrift, S. 124 ff.; H. Schneider, NJW 62, 705 f.; Boehmer, Grundlagen I, S. 210 ff.; Zeidler, W D S t R L 19, 216 f.; Bullinger, Vertrag, S.90ff.; Ipsen, Subventionierung, S. 19; Reuß, in: Staatsbürger und Staatsgewalt I I , S. 279 ff.; Neumann, Wirtschaftslenkende Verwaltung, S. 23 ff.; Hettlage, Anstalt, S. 352; Maunz, in: Die Verw., S. 35 ff.; Salzwedel, Kommunalrecht, S. 242; Bühler, Anstalt, S. 26, 249; E. Becker, Anstalten, S. 209; Ennecc Nipperdey, Allgem. Teil, S. 737; Jecht, Anstalt, S. 80 ff.; Heymann, Anstalt, 31
§ 2 Die Einrichtung als verwaltungsuniversale Zweckeinheit
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O r g a n i s a t i o n s - oder R e c h t s v e r h ä l t n i s e i n k l e i d e t . O b u n d i n w i e w e i t er sich d a b e i t y p i s c h e r G e s t a l t u n g s f o r m e n b e d i e n t , i s t g l e i c h g ü l t i g . A u c h gegen atypische oder gemischte R e c h t s v e r h ä l t n i s s e 8 2 lassen sich k e i n e d u r c h g r e i f e n d e n E i n w ä n d e erheben, o b w o h l d e r e n p r a k t i s c h e B e w ä l t i g u n g o f t zu e r h e b l i c h e n S c h w i e r i g k e i t e n A n l a ß g i b t . So k a n n die G e m e i n d e z. B . auch eine i n ö f f e n t l i c h - r e c h t l i c h e r G e s t a l t e r r i c h t e t e öffentliche E i n r i c h t u n g m i t e i n e r p r i v a t r e c h t l i c h e n N u t z i m g s o r d n u n g auss t a t t e n 3 3 . E i n e A u s n a h m e h i e r v o n w i r d i n a l l e r Regel n u r f ü r die F ä l l e gelten, i n denen die B e n u t z e r e i n e r k o n k r e t e n E i n r i c h t u n g e i n e m A n schluß» u n d / o d e r B e n u t z u n g s z w a n g u n t e r w o r f e n sind. H i e r w i r d z u m e i s t auch a u f eine g e n e r e l l öffentlich-rechtliche G e s t a l t u n g des B e n u t z u n g s verhältnisses einschließlich e v e n t u e l l e r E n t g e l t p f l i c h t e n (Gebühren) z u schließen sein 3 4 . D i e (satzungsrechtliche) S t a t u i e r u n g eines A n schluß» u n d B e n u t z u n g s z w a n g s schafft z w a r r e g e l m ä ß i g e i n gewichtiges I n d i z f ü r e i n ü b e r h a u p t öffentlich-rechtliches B e n u t z u n g s v e r h ä l t n i s . S. 70, 141; Klüber, Städtetag 63, 492; Wyler, Zulassungszwang, S.38f., 5 3 1 ; Imboden, Vertrag, S. 621; Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 475, 511; SternPüttner, Gemeindewirtschaft, S. 81; Ipsen, NJW 63, 2106; BVerfGE 12, 205 (246); BGH, DVB1. 62, 485 (486); BGH, M D R 62, 108 (109); BGH, NJW 54, 1323; BGHZ 9, 145 (147 ff.); BGH, JZ 59, 405 (406); — vgl. aber auch BGH, DÖV 65, 2 0 4 1 (basierend allerdings auf den Besonderheiten des §4 1 Dienst- u. Arbeitsunfall-SchadensersatzG v. 7.12. 43 — RGBl. I 674) — RGZ 148, 326 (328 f.); 158, 83 (89 ff.); 161,174 (177 ff.); BayVerfGH, BayVBl. 56, 274 (275); BayVGH, BayVBl. 55, 59 (60); O V G Lüneburg, DVB1. 56, 238; DVB1. 64, 365 (366); BadVGH, DVB1. 55, 745 f.; HessVGH, E S V G H 2,175 (176); O V G Münster, OVGE 14, 81 (85); O V G Koblenz, VRspr. 13, 706 (707); PrOVGE 68, 111 (113); u. a. — vgl. auch BVerwGE 18, 288 (290) zum Begriff der „öffentlichen Einrichtung" i. S. d. § 31 d BWGöD. — A. A. Schattenfroh, DGO, § 17 Anm. I I I 2 a, b; Mannlicher-Petz-Schattenfroh, DGO, Einl. V I I 3 a; Nebinger, VerwR, S. 141 f.; Eyermann-Fröhler, VwGO, §40 Rdnr. 50 ff.; Köttgen, Daseinsvorsorge, S. 83; Kratzer, DVB1.61, 604; F. Giese-Neuwiem-Cahn, VerwR, S. 82. Zum kommunalhistorischen Hintergrund vgl. unten S. 62 ff. 82 Vgl. z. B. die — insbes. i m Subventionsrecht wirksame — Zweistufentheorie (vgl. dazu bes. Ipsen, Subventionierung, S. 64 ff.); vgl. weiterhin Zuleeg, Bürgerlich-rechtliche Schuldverhältnisse, S. 30 ff., 62 ff.; für die öffentlichen Einrichtungen selbst vgl. bes. Muntzke-Schlempp, HessGO, § 19 Erl. X ; Badura, JuS 66,19. 85 Vgl. auch insoweit die Nachweise oben S. 22 N. 31. 34 Vgl. in diesem Sinne Köttgen, Daseinsvorsorge, S. 78, 79 N. 63, 83; Wietkamp, Probleme, S. 32 ff.; Reuß, in: Staatsbürger u. Staatsgewalt I I , S. 2871; Hölzl, BayGO, Art. 21 Erl. 3, Art. 24 Erl. 3, 4; Muntzke-Schlempp, HessGO, § 19 Erl. V I I 4 ; Wolff, A f K 63, 173; ders., VerwR I I , S. 274; H. Schneider, NJW 62, 706 f.; O V G Münster, OVGE 14, 81 (89). — Auch die in N. 31 zitierte Rechtsprechung des BGH (bes. deutlich DVB1. 62, 486), RG, BayVerfGH, BayVGH (vgl. diesen auch in BayVBl. 59, 30 u. 125) und wohl auch das BadVGH ist hierher zu rechnen. Denn in dieser wird allgemein darauf abgestellt, ob das Benutzungsverhältnis von Satzungs bzw. Gesetzes wegen in der Form eines hoheitlichen Subordinationsverhältnisses geordnet wird, ein Kriterium, das auch auf die Anordnung eines Anschluß- und Benutzungszwanges zutrifft. — I n diesem Sinne schließlich auch die Mustersatzung über den Anschluß an die öffentliche Wasserleitung und über die Abgabe von Wasser (RdErl. d. R M d l v. 1.12. 38 — R M B l i V 2062).
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2. Kap.: G r n d l a g e n
Aus der prinzipiellen A n e r k e n n u n g der Zulässigkeit privatrechtlicher G e s t a l t u n g s f o r m e n f o l g t jedoch k o n s e q u e n t auch d i e M ö g l i c h k e i t eines (im Abwicklungsstadium) privatrechtlich ausgefüllten Anschluß- und/ oder B e n u t z u n g s z w a n g e s 3 5 , d e r sich f ü r die e i n z e l n e n B e n u t z e r d a n n e t w a als d i k t i e r t e r V e r t r a g darstellte. W e n n d e m g e g e n ü b e r doch h i n u n d w i e d e r B e d e n k e n gegen die Z u l ä s s i g k e i t p r i v a t r e c h t l i c h gestalteter V e r w a l t u n g s i n s t i t u t e erhoben w e r d e n 3 6 , so s i n d diese z u m e i s t a u f d i e B e f ü r c h t u n g m i ß b r ä u c h l i c h e r F o r m e n w a h l g e s t ü t z t (Gedanke des F o r m e n m i ß b r a u c h s 3 7 ) . D e r F e h l e r dieser Ü b e r l e g u n g e n l i e g t i m w e s e n t l i c h e n d a r i n , daß m a n das S y s t e m d e r f o r m e l l - p r i v a t r e c h t l i c h e n G e s t a l t u n g s m i t t e l m i t dem, d e m m a t e r i e l len Privatrecht zugrunde liegenden Gedanken der Privatautonomie i d e n t i f i z i e r t 3 8 . R i c h t i g ist l e d i g l i c h , daß P r i v a t a u t o n o m i e u n d P a r t e i w i l l k ü r d e r öffentlichen G e w a l t sicher verschlossen s i n d 3 9 , u n d daß die spezifischen, d . h . k o m p e t e n z - u n d m a t e r i e l l - ( v o r a l l e m g r u n d - ) r e c h t l i c h e n B i n d u n g e n d e r ö f f e n t l i c h e n V e r w a l t u n g 4 0 auch i m f o r m e l l - p r i v a t r e c h t l i c h e n B e r e i c h f o r t b e s t e h e n ( „ V e r w a l t u n g s p r i v a t r e c h t " 4 1 ) . So 85 Vgl. Sur&n-Loschelder, DGO, §18 Erl. 5; Zeitler-Bitter-Tierschau, DGO, §18 Erl. 1; Kunz-Guba-Theißig, DGO, §18 E r l . 3 e ; Göbel, BadWüGO, §11 Erl. 2; Hurst, H B K W P I I , S.839f.; Siebert, Niedermeyer-Festschr., S. 231 f.; Forsthoff, Lehrb., S. 361; E. R. Huber, WiVerwR I, S. 161; Heymann, Anstalt, S. 141. 86 Besonders charakteristisch Heusser, Flucht d. Gemeinwesens, S. 33 ff.; auch z. B. Köttgen, Daseinsvorsorge, S. 83. 87 Vgl. zu diesem, auch in noch weiterem Sinne gebrauchten und dogmatisch vorerst kaum geklärten Begriff u. a. Smend, Verfassung u. Verfassungsrecht, in: Staatsrechtl. Abh., S. 213 f., 259, 273; Kaufmann, Untersuchungsausschuß, S. 26, 63, 66; Lerche, Übermaß, S. 45 f.; ders., D Ö V 61, 491 f.; Wolff, A f K 63, 174; Bachof, D Ö V 53, 423; Hesse, Bundesstaat, S. 8; Neumann, Wirtschaftslenkende Verw., S. 26 ff., 75; Boehmer, Grundlagen I, S. 220 ff.; E. R. Huber, a. a. O., S. 523; BVerfG, N J W 63, 1243 (1244); — vgl. auch § 6 I StAnpG v. 16.10. 34 (RGBl. 1925). 88 Vgl. z. B. Heusser, a. a. O., bes. S. 33 ff.; H. Gerber, AöR n. F. 17,280. 89 Vgl. auch Bachof, D Ö V 53, 423; ders., W D S t R L 12, 63 f. u. 19, 259 f.; ders., Grundrechte I I I / l , S. 175. 40 Das heißt also nicht unbedingt auch des Fiskus (vgl. dazu — Frage der sog. Drittwirkung — d i e Nachweise unten N. 41). 41 Vgl. dazu besonders BVerfGE 12, 205 (246); BGH, JZ 62, 176 (177ff.); Mallmann, W D S t R L 19, 165 ff.; Zeidler, W D S t R L 19, 208 ff.; Leisner, Grundrechte, bes. S. 306 ff.; Wolff, VerwR I, S.89ff.; Low, D Ö V 57, 879 ff.; Dürig, BayVBl. 59, 201 ff.; Evers, N J W 60, 2073 ff. u. 61, 289 ff.; Stern, JZ 62, 181 ff.; Schaumann, JuS 61, 110 ff.; Wertenbruch, JuS 61, 105 ff.; Forsthoff, Staat als Auftraggeber, S. 10ff. ( = auch in BayVBl. 64, 101 ff.); Reuß in: Staatsbürger und Staatsgewalt I I , S. 261 ff.; Ipsen, NJW 63, 2108; Bullinger, Vertrag, S. 99 ff.; Imboden, Vertrag, S. 63 f. Weiterhin wird bei dieser Betrachtungsweise nicht hinreichend berücksichtigt, daß auch das (materielle) Privatrecht im Zeichen der modernen staatlichen und privaten „Daseinsvorsorge" einen erheblichen Strukturwandel durchmessen hat, der zu einer weitgehenden Angleichung bzw. Durchdringung an bzw. mit Strukturprinzipien geführt hat, die (auch) dem öffentlichen Recht
§ 2 Die Einrichtung als verwaltungsuniversale Zweckeinheit
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bleibt auch die privatrechtlich organisierte öffentliche Einrichtung i m Bannbereich des subjektiv-öffentlichen Benutzungsrechts aus § 17 DGO etc. bzw. dessen verwaltungsgerichtlicher Durchsetzbarkeit. Denn die Gemeinde kann sich als öffentlich-rechtlich verpflichteter Verwaltungsträger ihrer aus § 17 DGO etc. resultierenden Verpflichtung nicht dadurch entziehen, daß sie ihre Einrichtungen privatrechtlich gestaltet 42 . Daß daneben noch ein privatrechtlich strukturierter Anspruch gegen die konkrete Einrichtung selbst bestehen mag 48 , fällt dabei nicht ins Gewicht.
I I . Die Typik der Organisationsformen
Die Organisationsformen des kommunalen Einrichtungswesens sind demnach nicht an vorgefaßte Rechtskategorien gebunden. Die öffentliche Einrichtung kann ebenso als öffentlich-rechtliche wie als privatrechtliche Handlungseinheit figurieren. M i t dieser Feststellung ist die moderne Problematik des speziell einrichtungsrechtlichen Organisationsrechts allerdings noch nicht erschöpft. I m Gegenteil, gerade das organisationsrechtliche Verständnis des Einrichtungswesens ist i n der Lehre noch m i t Faktoren belastet, die letztlich die Auflösung oder Negation der herkömmlichen und allein mäßgeblichen Ordnungskategorien von öffentlichem und Privatrecht befürchten lassen. Die funktionell starke Verflechtung staatlicher und kommunaler Verwaltungsagenden m i t wirtschaftlichen Tatbeständen hat zur Ausbildung und Anwendung von nur wirtschaftlich konzipierten und damit metajuristischen Ordnungsbegriffen geführt, die die rechtstechnische Unterscheidbarkeit von öffentlich- und privätrechtlichen Organisationskomplexen überlagern, erschweren oder eliminieren. Dieser Entwicklungsprozeß hat sich auf der kommunalen Ebene besonders zugespitzt, da gerade die Gemeinden sich seit jeher intensiv auf wirtschaftlichen Gebieten bewegt immanent sind (massentypische Rechtisverhältnisse, Recht des Kontrahierungszwangs, der allgemeinen Geschäftsbedingungen, des diktierten, des Standard- und Kollektivvertrages,die normative Verselbständigung der Verkehrssitte). — Vgl. dazu vor allem Bärmann, Typisierte Zivilrechtsordnung, passim; F. Wieacker, Sozialmodell, bes. S. 18 ff.; Siebert, Niedermeyer-Festschr., S. 224 ff., 230 ff.; Simitis, Faktische Vertragsverhältnisse, S. 463 ff.; Kaiser, JZ 58,1 ff.; Bettermann, Grundfragen d. Preisrechts, S. 120 f.; Scheuner, W D S t R L 11, 48 f.; Geiger, Grundrechte in der Privatrechtsordnung, S. 9 ff.; Nipperdey, Kontrahierungszwang, passim. 42 Vgl. allgemein auch Köttgen, Daseinsvorsorge, S. 57, 81 f.; Siedentöpf, Grenzen, S. 80; Salzwedel, Kommünalrecht, S. 242; Badura, Verwaltungsmonopol, S. 276 f.; Nipperdey, Stromsperre, S. 12 ff.; Hurst, H B K W P I I , S. 842; — a. A. z. B. Wyler, Zulassungszwang, S. 38; für den Rechtsweg auch Badura, JuS 66,19 f. 48 Vgl. Salzwedel, a. a. O.; Nipperdey, a. a. O.
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2. Kap.: G r n d l a g e n
u n d e n g a g i e r t h a b e n 4 4 . „ D e m e n t s p r e c h e n d " h a t die herrschende O r g a n i sationslehre i n s t e i g e n d e m M a ß e a u f w i r t s c h a f t s - oder b e t r i e b s w i s senschaftlich f u n d i e r t e Begriffsschöpfungen z u r ü c k g e g r i f f e n u n d auch das E i n r i c h t u n g s w e s e n o f t n u r noch als S u m m e b e s t i m m t e r , m i t u n t e r a l l e r d i n g s noch f u n k t i o n e l l d e t e r m i n i e r t e r „ V e r s o r g u n g s " - , „ V e r k e h r s " etc. B e t r i e b e oder U n t e r n e h m e n 4 5 bezeichnet 4 ®. D i e seinem U r s p r u n g u n d r e c h t l i c h e m G r u n d e nach n o r m a t i v v e r f a ß t e B e g r i f f der öffentlichen E i n r i c h t u n g s t e l l t sich d a m i t u n d schließlich n u r noch als „ A n s t a l t i m w i r t s c h a f t l i c h e n S i n n e " 4 7 d a r . D i e daraus r e s u l t i e r e n d e B e g r i f f s v e r w i r r u n g 4 8 ist b e t r ä c h t l i c h ; d e r methodologische F e h l e r dieser L e h r e i s t e v i d e n t 4 9 . U n g e a c h t e t dessen i s t aber auch die gesetzgeberische P r a x i s 5 0 ( u n d h i e r speziell die k o m m u n a l r e c h t l i c h e ) demselben F e h l e r v e r f a l l e n , i n d e m m a n b e s t i m m t e , w i r t s c h a f t l i c h gebundene O r g a n i s a t i o n s t y p e n z w a r v o n Gesetzes w e g e n „ i n s t i t u t i o n a l i s i e r t " , sich aber g l e i c h z e i t i g ü b e r d e r e n k o n k r e t - j u r i s t i s c h e Z u o r d n u n g ausgeschwiegen hat. 44
Vgl. dazu unten S. 58 ff., 60 ff., 77 ff. Zum Inhalt dieser Begriffe vgl. unten S. 113. 46 Vgl. in diesem Sinne u. a. Schnettler, öffentliche Betriebe, S. 16 ff., 28 ff.; Siedentopf, Grenzen, S. 18 ff., 20 ff.; Tautscher, öffentliche Wirtschaft, S. 181 ff., 199 ff.; ders., ZgStW 109, 388 ff.; Lorenser, Johns-Festgabe, S. 269 ff.; Kaiser, 39. DJT, B 57 ff.; Reinhardt, 39. DJT, B 5 ff.; Reuß, WirtschVerwR I, S.80ff.; Ruberg, Gemeinde-Wirtsdiaftsbetriebe, S. 15 ff., 22 ff.; Schurkemeyer, Rechtsformen, S. 42 ff.; K. Bergmann, Unternehmungsformen, S. 13 ff., 27 ff. u. passim; Strickrodt, Gewerbliche Staatsunternehmen, S. 1 ff.; Ritsehl, Funktionen, S. 36; Schmeller, Rechtsstellung, S. 37 ff.; Saitzew, öff.Unternehmung, S. 8 ff.; Schürmann, Unternehmungen, S. 65 a ff.; Hassinger, FinArch. n. F. 5, 298 ff.; Sigloch, Unternehmungen, passim; Passow, Gemischt private u. öffentl. Unternehmungen, S. 1 ff.; Weisser, FinArch. n. F. 4, 70 ff.; Mellerowicz, Zeitschr. f. Handelswiss. Forschung 36, 78 ff.; Spohn, FinArch. n. F. 12, 300 ff.; vgl. auch u. vor allem das von Landmann hrsg. Sammelwerk, Moderne Organisationsformen der öffentl. Unternehmung, Teil 1 u. 2, 1931—32, dem auch heute noch maßgebende Bedeutung zukommt. Vgl. m. w. Nachw. auch K. Vogel, Wirtschaftseinheiten, S. 22, mit der zutreffenden Kritik an der herrschenden Organisationsterminologie, die Begriffe wie „Betriebe", „Unternehmungen", „Anstalten" etc. „recht wahllos nebeneinander" verwendet; entsprechend kritisch auch Fischerhof, D Ö V 57, 307; allgemein zur „Durchsetzung und Fortbildung betriebswirtschaftlicher Erkenntnisse in der öffentlichen Verwaltung" vgl. die gleichnamige Abhandlung von Bischof berger, passim, und mit deutlich kritischem Akzent gegenüber einem „betrieblichen" Verwaltungsverständnis, S. 22ff., 27 ff. 47 Schnettler, a. a. O., S. 30; ähnlich Ritsehl, a. a. O., S. 36. 48 Verstärkt wird diese noch durch die Kopplung wirtschaftlicher und juristischer Tatbestandsmerkmale (öffentlich-rechtliche, privatrechtliche Unternehmen/Betriebe) oder die Schöpfung völlig neuer Begriffsbildungen, wie z. B. den des sog. Regiebetriebes (vgl. zu diesem u. a. Ruberg, a. a. O., S. 27; Schurkemeyer, a.a.O., S.43ff.; Barocka, Kommunalkredit, S. 173; Siedentopf, Grenzen, S. 22 f.; Schnettler, a. a. O., S. 66 ff.). 49 Vgl. dazu auch noch unten S. 113. 50 Zu denken ist dabei vor allem an die Eigenbetriebsgesetze. Vgl. dazu unten S. 103 ff. 45
§ 2 Die Einrichtung als verwaltungsuniversale Zweckeinheit
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M i t Ausnahme dieser spezialgesetzlichen Organisationskategorien ist das Einrichtungswesen aber nach wie vor allein i n seinen rechtstechnisch verfaßten Erscheinungsformen zu begreifen 51 . Danach bieten sich der Gemeinde f ü r die Gestaltung ihrer öffentlichen Einrichtungen nach der herrschenden Lehre 5 2 insbesondere folgende Organisationsformen an: 1. U n m i t t e l b a r - g e m e i n d l i c h e
Einrichtungen
Als unmittelbare Einrichtungen sind alle diejenigen Einrichtungstypen zu kennzeichnen, deren sachliches u n d persönliches Verwaltungssubstrat der Gemeinde unmittelbar zugehörig ist. I n ihrer deutlichen Mehrheit stellen sich die öffentlichen Einrichtungen als nichtrechtsfähige Einheiten dar. Sie können aber auch die Gestalt rechtsfähiger Verwaltungssubjekte annehmen, wobei es gleichgült i g ist, ob die Gemeinde sie m i t den Formen öffentlich- oder privatrechtlicher Rechtspersönlichkeiten ausstattet 53 . Die Gegenmeinung 54 , die die öffentliche Einrichtung n u r als nichtrechtsfähige Einheit anerkennt, w i r d bereits v o m geltenden Organisationsrecht 55 widerlegt u n d k a n n sich i m übrigen auch auf keine höherrangige Verbotsvorschrift berufen. Die m i t u n t e r geäußerte Befürchtung, daß die Gemeinde sich m i t der Organisation rechtsfähiger Einheiten ihrer originären Eigenverantwortung aus § 17 DGO etc. delegatarisch begeben könnte 5 6 , ist nicht begründet. Denn die Frage der gemeindlichen Einrichtungspflicht beantwortet sich nicht allein aus den allgemeinen Kategorien der (mangelnden) Rechtsfähigkeit, sondern vornehmlich aus den organisationsrechtlichen Bindungen des konkreten Einrichtungssubjekts. Diese können i m Einzelfall durchaus so beschaffen sein, daß auch ein rechtsfähiger Verwaltungsträger n u r „Erfüllungsgehilfe" u n d damit „Einrichtung der Gemeinde" ist. 51
Vgl. auch Wolff, AfK 63, 153, 155; Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 475. Allgemeine Übersichten vgl. vor allem bei Wolff, A f K 63, 149 ff.; Hurst, H B K W P I I , S. 836 ff.; Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 475 ff.; Siedentopf, Grenzen, S. 34 ff. 53 Vgl. Wolff, a.a.O., S. 153ff.; Hurst, a . a . O . (anders aber ders., DVB1. 65, 524); Gönnenwein, a. a. O., S. 475 ff., 489 ff.; Salzwedel, Kommunalrecht, S. 242; Göbel, BadWüGO, § 10 Erl. 5; Galette-Laux, SchlHGO, § 18 Erl. 1 b; ZeitlerBitter-Der schau, DGO, §17 Erl. 2; Kunz-Guba-Theißig, DGO, §17 Erl. 2 c; Surin-Loschelder, DGO, § 17 Erl. 2; Kunze-Schmid, BadWüGO, § 10 Erl. I I 3 d; Muntzke-Schelmpp, HessGO, §19 Erl. I I 2 c, V I I 3; Schwering, Städtetag 54, 141; E. R. Huber, WiVerwR I, S. 159; Hölzl, BayGO, Art. 21 Erl. 3 d; OVG Lüneburg, DVB1. 64, 365 (366). 54 Vgl. bes. Köttgen, Daseinsvorsorge, S. 59 f., 78; ders., DJT-Festschrift, S. 611; Wietkamp, Probleme, S. 31; Siedentopf, a. a. O., S. 35; Helmreich-Widtmann, BayGO, Art. 21 Erl. 2; Forsthoff, Leistungsträger, S. 25 f. 55 Vgl. insbes. das Sparkassenrecht (dazu unten S. 180). 56 Vgl. in diesem Sinne bes. Köttgen, a. a. O.; Wietkamp, a. a. O. 52
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2. Kap.: G r n d l a g e n
I m e i n z e l n e n k a n n d i e G e m e i n d e i h r e E i n r i c h t u n g e n d e m n a c h i n die f o l g e n d e n K o n s t r u k t i o n s f o r m e n einfassen: a) öffentlich-rechtliche Rechtsfähige Rechts 5 7 .
und
b) Privatrechtliche
Einrichtungsformen: nichtrechtsfähige
Anstalten
des
Öffentlichen
Einrichtungsformen:
H i e r b i e t e n sich v o r a l l e m die R e c h t s f o r m e n d e r p r i v a t r e c h t l i c h e n K a p i t a l g e s e l l s c h a f t e n a n ( A G , G m b H , K G a A ) 5 8 . S e l t e n e r s i n d dagegen d i e R e c h t s f o r m e n d e r p r i v a t r e c h t l i c h e n Personalgesellschaften ( O H G , KG)59. c) Spezialgesetzliche Eigenbetrieb 2.
80
Einrichtungsformen:
.
Mittelbar-gemeindlicheEinrichtungen
A l s mittelbare Einrichtungen k ö n n e n alle diejenigen Einrichtungst y p e n bezeichnet w e r d e n , b e i d e r e n O r g a n i s a t i o n die G e m e i n d e sich 57 Vgl. z. B. Wolff, A f K 63, 157 ff.; ders., VerwR I I , S. 260; Hurst, H B K W P I I , S. 843f.; Klüber, Städtetag 63, 492f.; Wietkamp, a.a.O., S.29ff.; Salzwedel, Kommunalrecht, S. 242; ders., D Ö V 63, 245; Muntzke-Schlempp, HessGO, § 19 Erl. I I 2 c, V I I 3 ; Galette-Laux, SchlHGO, §18 Erl. l b ; Kunz-Guba-Theißig, DGO, §17 Erl. 2 c; Doms, Recht auf Benutzung, S. 12 ff.; Nebinger, VerwR, S; 139; v. Turegg-Kraus,VerwR, S. 93; Hatschek, VerwR, S. 511 ff. u. a.; Gönnenwein, a. a. O., S. 491; Schwering, Städtetag 54,141; E. R. Huber, a. a. O. Ausscheiden dürfte regelm. die öff. Körperschaft als Organisationsform öffentl.-recht!. Mitgliedschaftsrechte (a. A. Galette-Laux, SchlHGO, § 1 Erl. l b ) sowie die öffentl.-rechtl. Stiftung (arg. §§66 DGO, 84 BadWüGO, 57 BremerhavVerf., 97 HessGO, 88 NdsGO, 67 NrwGO, 79 RhpfGO, 82 SaarGO, 81 SchlHGO — vgl. Wolff, A f K 63, 154 f.; für den Regelfall auch Gönnenwein, a.a.O., S.491; a . A . aber Galette-Laux, a.a.O.; Kunz-Guba-Theißig, DGO, §17 Erl. 2 c). 58 Vgl. z.B. Gönnenwein, a.a.O., S.489; Wolff, A f K 63, 171 f.; Klüber, Städtetag 63, 492; Hurst, SL. a. O., S. 837; Ruberg, Gemeinde-Wirtschaftsbetriebe, S. 23; Depenbrock, Stellung, S. 17; Schurkemeyer, Rechtsformen, S. 112 ff.; Siedentopf, Grenzen* S. 25; Salzwedel, Kommunalrecht, S. 242; E. R. Huber, a. a. O.; ffölzl, BayGO, Art. 21 Erl. 3 d; Muntzke-Schlempp, HessGO, § 19 Erl. I I 2 c, V I I 3 ; Schwering, a. a. 0.; Lorenser, Johns-Festgabe, S. 272 ff. 59 Vgl. auch unten S. 107 N. 47. — Ausscheiden dürfte regelmäßig auch die Genossenschaft als mitgliedschaftsrechtlich konstruierte Organisationsform, deren Vorstand nur aus natürlichen Personen mit Mitgliedschaftsberechtigung bestehen kann (§ 24 I I GeriG). — Vgl. näher Suren-Loschelder, DGO, § 69 Erl. 2d, cc; Klüber, a.a.O.; Schurkemeyer, a.a.O., S. 112f.; vgl. allerdings auch unten S. 107 N. 47. I m Einzelfall kann im übrigen auch die Rechtsform des rechtsfähigen Vereins in Betracht kömmen. Dies gilt insbes. f. die gemeindl. Feuerwehr (vgl. Galette-Laux, SchlHGO, § 18 Erl. 1 b und unten S. 72 N. 101). 80 Vgl. dazu unten S. 103 ff.
§ 2 Die Einrichtung als verwaltungsuniversale Zweckeinheit
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ganz oder teilweise anderer, insbesondere privater Rechtssubjekte oder Betriebsmittel bedient hat.
a) Beliehene Einrichtungsformen Der Tatbestand einer beliehenen Einrichtung ist erfüllt, wenn die Gemeinde ein Privatrechtssubjekt als beliehenen Unternehmer 6 1 i n ihren Dienst nimmt und diesen i n ihrem Namen Einrichtungsaufgaben wahrnehmen läßt. Für die rechtliche Konstruktion des Instituts der Beleihung werden vor allem zwei Theorien vertreten: 1. Nach der sogenannten Aufgabentheorie gilt als entscheidendes Merkmal der Beleihung die kompetentielle Ubertragimg öffentlicher Funktionen auf den Privaten 6 2 . Gegen die Richtigkeit dieser Auffassung spricht indessen der Umstand, daß das K r i t e r i u m der qualitativöffentlichen Aufgaben" kein ausschließliches Element hoheitlicher Staats- oder Kommunalverwaltung darstellt 68 . 2. Aus diesem Grunde kann das Wesen der Beleihung nur mittels der sogenannten Rechtsstellungstheorie erklärt werden. Entscheidendes Moment ist danach die organisatorische Eingliederung des Privaten i n das System der betreffenden Verwaltungskörpersehaft, verbunden m i t der Übertragung originärer Hoheitsbefugnisse auf diesen 64 . 61 Vgl. zu diesem allgemein K. Vogel, Wirtsch.-Einheiten, S. 46 ff., 60 ff., 81 ff.; Ipsen, Kaufmann-Festgabe, S. 141 ff.; Stern, AöR 84, 153 ff.; Siedentopf, Grenzen, S. 61 ff.; Terrahe, Beleihung, S. 56 ff.; Siebert, Technische Überwachungs-Vereine, S. 26 ff.; Maunz, VerwArch. 50, 329 ff.; Peiermann, Mitwirkung, S. 11 ff.; E. R. Huber, WiVerwR I, S. 533 ff.; ders., DVB1. 52, 456 ff.; Luke, D Ö V 55,432 ff.; Wolff, VerwR I I , S. 304 ff.; W.Jellinek, VerwR, S. 526 ff.; Badura Verw.-Monopol, S. 250 ff. — Für überhaupt unzulässig hält das Institut des beliehenen Unternehmers Reuß (vgl. Grundrechte I I I / l , S. 129 ff.; Staatsbürger und Staatsgewalt I I , S. 284 ff.; DVB1. 53, 685 f.; WiVerwR, S. 64, 90 f.), da das GG nur noch Behörden, Anstalten u. Körperschaften d. öffentl. Rechts ermächtige, hoheitliche Verwaltungsaufgaben wahrzunehmen (Art. 83 ff.). — Vgl. dagegen aber richtig E. R. Huber, a. a. O., S. 540 ff.; Wolff, a. a. O., S. 305. 62 Vgl. in diesem Sinne E. R. Huber, WiVerwR I, S. 533; ders., DVBl. 52, 456; Bachof, AöR 83, 242; Siebert, a.a.O., S.26ff.; Forsthoff, Lehrb., S.324; Stern, AöR 84, 156; Depenbrock, Stellung, S. 57 f.; Ehlermann, Wirtsch.-Lenkung, S. 64 ff.; Badura, a. a. O.; Luke, D Ö V 55, 433 f.; Fischerhof, D Ö V 57, 311; Hurst, H B K W P I I , S. 851 f.; Obermayer, VerwA, S. 61, 146; Ipsen, a. ä. O.; Rupp, Privateigentum, S. 5 ff.; Fleiner, Institutionen, S. 345; Richter, W D S t R L 6, 89 ff.; v. Turegg-Kraus, VerwR, S. 95; wohl auch BGHZ 25,266 (268 ff.). 68 Vgl. K. Vogel, a. a. O., S. 61 ff., 63; Siedentopf, a. a. O., S. 62; vgl. allgemein auch unten S. 120 ff. 64 Vgl. in diesem Sinne K. Vogel, a. a. O., S. 81 ff.; Siedentopf, a. a. O., S, 62 f.; Terrahe, a.a.O., S. 112; Heymann, Anstalt, S.45ff.; Werner Weber, Körperschaften, S. 72; Jecht, Anstalt, S.84; W. Jellinek, a.a.O.; Wolff, a.a.O.; wohl
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2. Kap.: G r n d l a g e n
D e r k o n k r e t e B e l e i h u n g s a k t b e d a r f nach herrschender L e h r e 6 5 a l l e r dings der gesetzlichen E r m ä c h t i g u n g . F ü r d e n g e m e i n d l i c h e n B e r e i c h w i r d indessen, o b w o h l auch h i e r Beispiele gesetzlicher P r ä s t i e r u n g z u n e n n e n s i n d 6 6 , auch die satzungsweise B e l e i h u n g f ü r ausreichend z u erachten sein 6 7 . Dies b e s t ä t i g t insbesondere das Recht des A n s c h l u ß u n d / o d e r B e n u t z u n g s z w a n g e s (§18 D G O etc), dessen S t a t u i e r u n g auch z u g u n s t e n p r i v a t e r U n t e r n e h m e n e r f o l g e n k a n n u n d d a m i t als gängigste F o r m gemeindlicher Beleihungen gelten darf 68. U m s t r i t t e n ist d a r ü b e r h i n a u s u n d v o r a l l e m d i e Frage, ob die (insbesondere e n e r g i e w i r t s c h a f t s r e c h t l i c h e n ) Konzessionsverträge beleihende W i r k u n g haben. I n s o w e i t ist a l l e r d i n g s a u f spätere A u s f ü h r u n g e n 6 9 z u v e r w e i s e n , da die B e a n t w o r t u n g dieser F r a g e sich zunächst nach d e r a l l g e m e i n e n R e c h t s n a t u r d e r e i n z e l n e n F u n k t i o n s b e r e i c h e b e urteilt.
auch Maunz, a.a.O.; Bettermann, Grundrechte III/2, S.793; BVerfGE 10, 302 (312); BVerfG, NJW 62,1667. I m einzelnen wird hier allerdings oft nicht mit der erforderlichen Begriffsschärfe zwischen öffentl. Funktionen im Sinne der Aufgabentheorie u. öffentl. Hoheitsbefugnissen im Sinne d. Rechtsstellungstheorie unterschieden (vgl. näher K. Vogel, a. a. O., S. 60 f.). 65 Vgl. E. R. Huber, WiVerwR I, S. 5331, 537; ders., DVB1. 52, 456; Siebert, a.a.O., S.26; Wolf, A f K 63, 173; v. Turegg-Kraus, VerwR, S.95; Forsthoff, Lehrb., S.380; Lühe, D Ö V 55, 434; Hurst, a.a.O., S.852; BayVerfGH, V G H E n. F. 13 (II), 53 (57). 86
Vgl. vor allem die Beleihung eines privaten Tierkörperbeseitigungsunternehmens gem. §§ 7 I I TierkörpBesG v. 1.2.39 (RGBl. I 187), 11 1. D V O z. TierkörpBesG vom 23.2.39 (RGBl. I 332) i. V. m. § 80 Ziff. 3 BSeuchenG — vgl. dazu näher Lühe, D Ö V 55, 432 ff. — Vgl. früher auch § 12 Ziff. 3 Preisprüfungs- u. VersorgungsregelungsG vom 25.9.15 (RGBl. 607): Ubertragimg bestimmter Versorgungsaufgaben an „Handels- u. Gewerbetreibende" durch d. Gemeinden .— Bei derartigen vertraglichen Verpflichtungen privater Unternehmer kann es sich allerdings oft auch nur um rein privatrechtliche Vereinbarungen handeln, die eine bloße Entleihung privater Betriebsmittel enthalten (vgl. näher Siedentopf, a. a. O., S. 63 ff., sowie auch Muntzke-Schlempp, HessGO, § 19 Erl. V I I 3; Surin-Loschelder, DGO, § 17 Erl. 2; Doms, Recht auf Benutzung, S. 18; Schattenfroh, DGO, § 17 Anm. I I I 2 a; Helmreich-Widtmann, BayGO, Art. 21 Erl. 2). 67 A . A . aber Wolff, A f K 63, 173; Siedentopf, a.a.O., S. 63; Köttgen, Daseinsvorsorge, S. 78; Wietkamp, Probleme, S. 58 f. 68 Vgl. z. B. Amtl. Begr. zu § 18 DGO (abgedr. b. Suren-Loschelder, DGO, § 18 Erl. 3); G. Küchenhoff-Berger, DGO, § 18 Erl. 8; Kunze-Schmid, BadWüGO, §11 Erl. 12 a; vgl. dazu auch Wietkamp, a. a. O., S. 54 a ff. — Weiterer Rechtsgrund für die Zulässigkeit bloß satzungsrechtlicher Beleihungen ist der Grundsatz der Gesetzesfreiheit der kommunalen Organisationsgewalt (vgl. dazu unten S. 91 f.). M
Vgl. S. 156 f.
§ 2 Die Einrichtung als verwaltungsuniversale Zweckeinheit
31
b) Gemischte Einrichtungsformen Nach herrschender Meinung 7 0 kann die Gemeinde bei der Organisation ihrer öffentlichen Einrichtungen auch gemischte Rechtsverhältnisse eingehen, indem sie sich auch privater oder drittöffentlicher Sachund/oder Personalsubstrate bedient und m i t diesen gemeinsam (anteilige) Organisationseinheiten ins Leben ruft (sog. gemischt-wirtschaftliche Einrichtungen) 71 .
C. Die öffentliche Einrichtung als anstaltsrechtliche Verwaltungseinheit im überkommenen Begriffsverständnis Mag man auch manchmal den Eindruck gewinnen, daß die aufgezeigte Spannweite der einrichtungsrechtlichen Funktions- und Organisationsweisen definitorisch zu vorschneller Resignation verleitet, so fehlt es doch nicht an einer reichen Zahl überkommener Begriffsbestimmungen. Die dabei verwandten Kriterien sind allerdings von unterschiedlichster Natur. Einig ist man sich letztlich nur darüber, daß das Einrichtungswesen Ausdruck und Gegenstand einer gemeindlichen Verwaltungsfunktion ist 7 2 . I m übrigen bezieht man sich auf die verschiedenartigsten Abgrenzungsmethoden, sofern man nicht i m Wege einer bloß gegenüberstellenden Heranziehung des kommunalen Wirtschaftsunternehmens (§ 67 DGO etc.) auf eine positive Begriffsbestimmung von vornherein verzichtet und das Einrichtungswesen nur negativ mittels Substraktionsschlusses zu begreifen sucht 78 . Da aber auch das gemeindliche Wirtschaftsunternehmen i m geltenden Gemeinderecht keine definitive Begriffsumschreibung erfahren hat, muß ein solches Vorgehen von vornherein als untauglich ausscheiden. Eine wirksame Definition der öffentlichen Einrichtung bedarf der Auffindung und Anwendung rechtlich-konstruktiver Maßstäbe.
L Normative Indifferenz des Begriffs „Einrichtung"
Schwierigkeiten bereitet dabei allerdings bereits die rechtslogische Unbestimmtheit des Begriffs „Einrichtung". 70 Vgl. z. B. Suren-Loschelder, DGO, § 17 Erl. 2; Runze-Schmid, BadWüGO, §10 Erl. I I 3 d; Hurst, a.a.O., S. 837; Röttgen, Daseinsvorsorge, S. 81 f.; Muntzke-Schlempp, HessGO, §19 Erl. V I I 3; Rottenberg, NrwGO, §18 Erl. I ; Lüersen-Neuffer, NdsGO, §22 Anm. 1; Zeitler-Bitter-Derschau, DGO, §17 Erl. 2. 71 Vgl. dazu näher unten S. 105 ff. u. S. 135 f. 72 Vgl. oben S. 16 N. 1. 78 Vgl. in dieser Richtung z. B. Stern, A f K 64,95.
32
2. Kap. : Gründlagen 1. P h i l o l o g i s c h e
Begriffsneutralität
Schon vom Wortsinn her erscheint das Begriffsbild der „Einrichtung" amorph und vieldeutig 7 4 . Es difent auch der allgemeinen Gesetzessprache zumeist nur als Umschreibungsform für (bewußt) indifferent gelagerte (gehaltene) Tatbestände, die sowohl handlungs-(dynamischer Einrichtungsbegriff 75 ) wie organisationsförmiger A r t (statischer Einrichtungsbegriff 76 ) sein können. 2. R e a l e
Begriffsneutralität
Eine gewisse Bestätigung findet diese, vom philologischen Wortsinn her indizierte Indifferenz i n der realen Fülle existenter Einrichtungswerte 7 7 .
I I . Die juristische Verdichtung des Einrichtungsbegriffs nach der herkömmlichen Definitionsmethode
Die herrschende Lehre faßt den Begriff der öffentlichen Einrichtung i m statischen Sinne auf 79 . Unter Rückgriff auf die von O. Mayer geprägte Formulierung des A n staltsbegriffs 79 qualifiziert sie die Öffentliche Einrichtung zumeist, m i t unter allerdings unter ergänzender Heranziehimg funktioneller Akzente, als anstaltsrechtliche Verwaltungseinheil? 0. Zusammenfassend läßt sich der herrschende Einrichtungsbegriff auf die folgende Formel bringen: 74
Vgl. auch v.Turegg-Kraus, VerwR, S. 88; Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 474; Wolff, A f K 63,149; Hölzl, BayGO, Art. 21 Erl. 1. 75 Vgl. in diesem Sinne z.B. Art. 84 I, 85 I, 86 S.2 G G (zu diesen Vorschriften vgl. noch unten S. 145 N. 19). 76 Vgl. in diesem Sinne z. B. Art. 130 I GG, §§ 93, 103 I — I I I , V BSHG, 96 I Ziff. 4 RHO i. d. F. v. 20. 8. 60 (BGBl. I 705), Art. 1 I I BayStiftG v. 26.11.54 (BayBS I I 661), § 3 I V 2 A G G v. 3. 9. 53 (BGBl. I 1267) i. d. F. v. 6. 9. 65 (BGBl. I 1089/1185), § 11 Ziff. 4,5 LandBeschG i. d, F. v. 23.12. 63 (BGBl. 11012). 77 Vgl. die obigen Beispiele S. 17. 78 Vgl. vor allem Wolff, A f K 63,149. 79 Wiedergegeben unten S. 199. 80 Vgl. insbesondere Wolff, A f K 63, 157 ff.; ders>, VerwR I I , S. 260; Wietkamp, Probleme, S. 29 ff.; Gönnenwein, Gemeinderecht, S.474; Doms, Recht auf Benutzung, S. 12ff.; Hurst, a.a.O., S.843ff.; Klüber, Städtetag 63, 4921; Nebinger, Verwaltungsrecht, S. 139; v. Turegg-Kraus, a.a.O., S.93; Hatschek, Verwaltungsrecht, S. 511 ff.; Elfert-Laux, Organisation, S. 14 ff.; Kunze-Schmid, BadWüGO, §10 Erl. I I 2; Matthias, Städt. Selbistverw., S. 297 ff.; MuntzkeSchlempp, HessGO, §19 Erl. V I I 2; G. Küchenhoff-Berger, DGO, §17 Erl. 4; VGH Freiburg, DVB1. 55,745 f.
§ 2 Die Einrichtung als verwaltungsuniversale Zweckeinheit
33
öffentliche Einrichtungen sind alle diejenigen, organisatorisch i n gewissem (,,anstalts"-rechtlichem) Umfange verselbständigten Verwaltungsträger, die von der Gemeinde aufgrund spezifisch-leistungsrechtlicher Funktionsbestimmung und/oder aufgrund öffentlichrechtlichen Widmungsaktes unterhalten werden und der allgemeinen Benutzung durch die Gemeindeeinwohner freigegeben sind 81 . Ohne daß diese Definition bereits an dieser Stelle einer kritischen Würdigung unterzogen werden soll, darf i n allgemeinerer Feststellung doch immerhin festgehalten werden, daß sich zumindest die Mehrzahl der oben referierten, gemeinhin dem Einrichtungsbereich zugerechneten Verwaltungseinheiten unter einen solchen (pauschalen) „Einrichtungs"begriff subsumieren läßt. Aus diesem Grunde soll die gegebene Definition auch vorerst als Arbeitsbegriff verwandt werden. Denn der Versuch einer eigenen Begriffsdefinition erfordert zunächst eine allgemeine Wesens- und Standortbestimmung der öffentlichen Einrichtung i m System der kommunalen Verwaltungsordnung. Erst die Beantwortung dieser Fragen ermöglicht es, die spezifischen Eigenschaften des Einrichtungswesens aufzuzeigen und begriffsbildend auszudeuten. Dabei w i r d es nicht nur einer Untersuchung der geltenden Rechtsgrundlagen der kommunalen Einrichtungsverwaltung, sondern darüber hinaus auch einer allgemeineren Auseinandersetzung m i t dem historisch und von Verfassungs wegen vorgegebenen Befund der kommunalen Selbstverwaltung überhaupt bedürfen. Denn erst das verfassungsrechtliche Grundverständnis der kommunalen Selbstverwaltung eröffnet eine wirksame Analyse der verwaltungsrechtlichen Selbstverwaltungsformationen und damit auch eine verwaltungsqualitative Erkenntnis des gemeindlichen Einrichtungswesens. Von zentraler Bedeutung w i r d schließlich die Klärung des umstrittenen Verhältnisses zwischen den öffentlichen Einrichtungen und den gemeindlichen Wirtschaftsunternehmen bzw. überhaupt das Verhältnis von „Verwaltung" und „ W i r t schaft" i m kommunalen Räume sein.
81 Vgl. in diesem Sinne, wenn auch i m einzelnen mit unterschiedlicher Akzentverteilung, Hurst, a. a. O., S. 836; Doms, a. a. O., S. 15; Wietkamp, a. a. O., S.27; Gönnenwein, a.a.O.; Surön-Loschelder, DGO, §17 Erl.2; Schattenfroh, DGO, §17 Anm. I I I 2 a; Mannlicher-Petz-Schattenfroh, DGO, Einl. V I I 3 a; Zeitler-Bitter-Derschau, DGO, §17 Erl. 2; G. Küchenhoff-Berger, DGO, §17 Erl. 4 d; Göbel, BadWüGO, § 10 Erl. 5; Kunze-Schmid, BadWüGÖ, § 10 Erl. I I 2; T. Müller, BadWüLKO, § 12 Erl. 1; Hölzl, BayGO, Art. 21 Erl. 3 b, aa; Helmreich-Widtmann, BayGO, Art. 21 Erl. 2; Masson, BayGO, Art. 21 Erl. 4; Muntzke-Schlempp, HessGO, § 19 Erl. I I 1 d, V I I 1 , 3 ; Lüersen-Neuffer, NdsGO, §22 Anm. 1; Lindemann, NdsGO, §22 Anm. zu Abs. 1; Kottenberg, NrwGO, §18 Erl. I ; Salzmann-Schunck, RhpfSelbstverwG, §13 Erl. 2 a; Galette-Laux, SchlHGO, § 18 Erl. 1 a, c; H. J. Schmidt, DÖV 63, 217; Schwering, Städtetag 54, 141; Badura, JuS 66,18.
3 Scholz
Drittes Kapitel
Die öffentliche Einrichtung als historisch gewachsenes Institut der kommunalen Selbstverwaltung § 1 Allgemeines zum historischen Verständnis der kommunalen Selbstverwaltung Als i m wesentlichen geschichtlich gewachsene Rechtsformation bedarf die gemeindliche Selbstverwaltung i n ihrer Gesamtheit wie i n all ihren einzelnen politischen, verwaltenden und gesellschaftlichen Erscheinungsformen einer grundsätzlich historischen Interpretation 1 . Diese Erkenntnis entspricht der herrschenden Selbstverwaltungslehre und -praxis, bedarf i n der Handhabung allerdings noch mancher Modifizierung. Man ist oft geneigt, den geschichtlichen Entwicklungsphasen der kommunalen Selbstverwaltung nur insoweit Beachtung zu schenken, als es u m den abstrakten Nachweis eines spezifischen und vielleicht allgemeinverbindlichen Begriffs „der Selbstverwaltung" geht: materieller oder formeller, politischer oder juristischer, verwaltungsrechtlicher oder gesellschaftlicher Selbstverwaltungsbegriff 2 ? Ein i n dieser Weise abstrahierendes Verfahren erscheint indessen wenig fruchtbar. Denn die, für die kommunale Selbstverwaltung gemeinhin diskutierten Begriffsbilder dürfen schon angesichts der tatsächlichen Vielfalt gemeindlicher Selbstverwaltungsformen keinen absoluten Gültigkeitsanspruch erheben und erweisen sich zudem auch meist außerstande, die eigentlich aktuellen und problematischen Fragen nach der konkret-geschichtsbewußten Zugehörigkeit einzelner Rechtsinstitute zur kommunalen Selbstverwaltung zu beantworten. Aus diesem Grunde empfiehlt es sich sehr viel eher, den umgekehrten Weg zu beschreiten und den entscheidenden Akzent jeweils auf das einzelne „Institut" bzw. überhaupt mehr 1 Vgl. u. a. BVerfGE 1, 167 (178); 7, 358 (364); 8, 332 (359); 11, 266 (274 ff.); 11, 351 (365); BVerwGE 6, 19 (25); 6, 342 (344 f.); BayVerfGH, V G H E n. F. 2 (II), 143 (150); 10 (II), 113 (121); NrwVerfGH, OVGE 9, 74 (83); 10, 149 (150); 14, 372 (373); RhpfVerfGH, OVGE 8, 230 (233); O V G Münster, OVGE 14, 377 (378); Gönnenwein, AöR 74, 200; Thieme, DVB1. 58, 266; Lerche, Verfassungsfragen, S. 97; Maunz-Dürig, GG, Art. 28 Rdnr. 30; Stern, A f K 64, 94; C. Schmitt, HdBDStR I I , S. 572 (595); ders., Freiheitsrechte, in: Aufsätze, S. 140 (146). 2 Vgl. dazu m. umfangr. Nachw. bes. Peters, Grenzen, S. 5 ff.; E. Becker, Grundrechte IV/2, S. 694 ff.; ders., H B K W P I, S. 113 ff.
§ 2 Entwicklungsperioden und dualistische Grundstruktur
35
auf die „Gemeinde" zu verlegen, als der konkret-politischen und -sozialen Raum- und Verwaltungsformation. Denn ein juristisch angereicherter Selbstverwaltungsbegriff kann offensichtlich nur dem realen Verfassungs-, Verwaltungs- und Sozialverband „Gemeinde" folgen 5 . Gegenständlich muß sich die anstehende Untersuchung a) m i t der gemeindlichen Verfassungsentwicklung meindeunmittelbarer Herrschaftsformen) und
(Ausbildung ge-
b) m i t der gemeindlichen Verwaltungsentwicklung (Ausbildung auch institutioneller Einrichtungsverwaltungen) auseinandersetzen.
§ 2 Die maßgebenden Entwicklungsperioden und die dualistische Grundstruktur der kommunalen Selbstverwaltung A. Die Gemeinde als genossenschaftliche Rechtsformation Der entscheidende Ursprung der gemeindlichen Selbstverwaltung liegt bereits i m genossenschaftlichen Rechtssystem des frühen Mittelalters begründet 1 ; — ein Entwicklungszeitraum, der auch für die moderne Selbstverwaltungsforschung und -erkenntnis von größter Bedeutung ist 2 . Bereits i n dieser Zeit empfing die Idee der Selbstverwaltung ihr maß- und richtunggebendes, wenn auch mitunter zu wenig beachtetes Grundgepräge: M i t und i n der Gemeinde konstituierte sich auf gesellschaftlicher Ebene eine autonome Raum- und Heimatgemeinschaft, deren „öffentlich-politischer" Status sich (zunächst) allein aus dem raumverbindenden Gedanken der örtlichen Nachbarschaft ergab 3 . Auch wenn die kommunale Selbstverwaltung heute als (verwaltungs-) 8 Vgl. auch König, Grundformen, S. 24 f.; neuerdings in ähnlicher Ausrichtung auch etwa Köttgen, Spielraum, S. 17 ff.; Lerche, Gemeinden, S. 9 ff.; Scheuner, A f K 62,149 ff.; auch schon Stier-Somlo, W D S t R L 2, 122 (125). 1 Vgl. dazu bes. O. v. Gierke, Genossenschaftsrecht I, S. 14 ff., 53 ff., 162 ff. 202 ff., 249 ff., 300 ff., 332 ff., 581 ff.; Preuß, Entwicklung, S. 9 ff.; Steinbach, Grundlagen, S. 17 ff.; E. Becker, Grundzüge, S. 33 ff., 43 ff., 70 ff.; ders., H B K W P I, S. 62 ff.; Schmoller, Städtewesen, S. 39 ff.; Blodig, Selbstverwaltung, S. 190 ff. 2 Auch die Steinschen Reformen zur Wiederbelebung der kommunalen Selbstverwaltung können ungeachtet ihrer gewandelten Zielrichtung nur i m Konnex mit diesem frühhistorischen Selbstverwaltungsstadium verstanden und erklärt werden. Vgl. Steinbach, a.a.O., S. 73 ff.; Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 11; L. v. Stein, Verwaltungslehre, S. 381 ff., 487 ff.; Steimle, Epochen, S. 17 ff.; Hefter, Selbstverwaltung, S. 69 ff. N. 2; Ritter, Stein, S. 269; E. Becker, Grundzüge, S. 164, 168, 180 ff.; O. v. Gierke, Städteordnung, S.40ff.; zu den Steinschen Reformen selbst vgl. unten S. 39 f. 3 Vgl. O. v. Gierke, Genossenschaftsrecht I, bes. S. 70 ff.; Steinbach, a. a. O., bes. S. 30; E. Becker, a. a. O., S. 38 ff., 48, 52, 58 ff.
3»
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3. Kap.: Die Einrichtung als historisch gewachsenes Institut
rechtliches Organisationsprinzip dieses genuin-öffentlichen Status entbehrt und erst aus staatlicher Hand Formierung und Legitimation empfängt 4 , ist die dualistische Grundkonzeption der kommunalen Selbstverwaltung als eines auch gesellschaftspolitischen Organisationsprozesses damit i m Ursprung bereits fixiert: Die Gemeinde stellt grundsätzlich und zunächst eine (genossenschaftliche) „Grundform der Gesellschaft" (König) 5 dar und wächst erst i n der Folgezeit i n die staatliche Position einer abhängigen Verwaltungseinheit hinein. Die gemeindlich-genossenschaftliche Rechts- und Verbandsbildung setzte i m System der frühen Dorf- und Marktgenossenschaften ein 6 und mündete i n die Blüte der hochentwickelten Stadtkulturen des hohen und späten Mittelalters. Verfassungsbildende Grundfaktoren waren das nachbarschaftlich-integrierende Pflichtverhältnis (gegenseitige Beistands» und Unterstützungspflichten) sowie die genossenschaftliche Wirtschaftsstruktur, die auf der strikt, d. h. sowohl i n Produktion wie Nutzimg, gemeinschaftsgebundenen Allmendordnung bzw. dem späteren städtisch-lokalen Marktsystem aufbaute (Gemeinde als Wirtschaftsgenossenschaft). Die parallel laufende Ausbildung örtlich-herrschaftlicher Gemeinschaftsfunktionen (Friedensgerichtsbarkeit, polizeiliche Ortsaufgaben) folgte nicht aus staatlichem Verleihungsrecht, sondern der genossenschaftlichen Grundverfassimg entsprechend aus originärvölkischem" Hoheitsrecht 7 . I n diesem Sinne verbietet sich — wie historisch heute w o h l überwiegend anerkannt 8 — zumindest für jenes 4 Vgl. dazu auch unten S. 42 ff. — Wenn Art. 11 I I 1 BayVerf. die Gemeinden dennoch als „ursprüngliche Gebietskörperschaften" anspricht, so ist dem lediglich die Bedeutung eines historischen Relikts beizumessen. — Vgl. auch Nawiasky-Leusser-Gerner-Schweiger-Zacher, BayVerf., Art. 10 Rdnr. 4, Art. 11 Rdnr. 4; BayVerf GH, V G H E n. F. 7 (II), 113 (118); Badura, D Ö V 63, 561; Stern, VerwArch. 49, 136, der dieser Vorschrift nur „naturrechtlidi-rechtsphilosophischen" Untergrund zuerkennt bzw. diese als „antiquiert-mystisch" bezeichnet. 6 Vgl. dessen gleichnamige Arbeit aus dem Jahre 1958 sowie auch dens., H B K W P I, S. 18 ff.; dens., Soziologie der Gemeinde; dens., Gemeinde, in: Lexikon der Soziologie, S. 73 ff.; vgl. weiterhin vor allem Groll, Gemeindefreiheit, S. 51 ff.; Köttgen, Spielraum, S. 31; v. Unruh, Kreis, S. 239 ff. — Zur Evidenz der Soziologie i m Bereich der Kommunalwissenschaft vgl. allgemein Köttgen, A f K 62, 15 ff., sowie auch die gemeindliche Verwcdtungsanalyse von HartfielSedatis-Claessens, Beamte und Angestellte in der Verwaltungspyramide, 1964. 6 Vgl. dazu und zum folgenden u. a. O. v. Gierke, a. a. O., S. 14 ff., 53 ff., 162 ff., 202 ff., 249 ff„ 300 ff., 332 ff.; E. Becker, Grundzüge, S. 33 ff., 43 ff., 70 ff.; ders., H B K W P I, S. 62 ff.; Steinbach, a. a. O., S. 17 ff., 66. 7 Vgl. E. Becker, Grundzüge, S. 38, 41, 60; ders., H B K W P I, S. 63; Steinbach a. a. O., S. 30,48,70 f. 8 Vgl. E. Becker, Grundzüge, S. 26 ff., 79; Preuß, Gemeinde, S. 206 ff., 315 ff., 337; ders., Entwicklung, S. 123; v. Mohl, Encyclopädie, S. 36; Bahr, Rechtsstaat, S. 18ff., 31 ff.; auch Steinbach, a.a.O., S. 17ff., 30 (aber auch S.77). — Zur Frage, ob und inwieweit überhaupt Begriffsschöpfungen des modernen Staatsrechts auf das „Staats"wesen des Mittelalters anwendbar sind, vgl. vor allem und mit stark kritischem Akzent Brunner, Land und Herrschaft, bes. S.111 ff.
§ 2 Entwicklungsperioden und dualistische Grundstruktur
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Anfangsstadium kommunaler Selbstverwaltung der theoretische Rückgriff auf die Kategorien von öffentlichem und Privatrecht. Der gesellschaftliche Grundzug der historischen Gemeindeverfassung läßt sich sehr viel besser m i t dem Gierke sehen Begriff des „Sozialrechts" 9 begreifen. Die Konzeption der gemeindlichen Selbstverwaltung folgte i n dieser Zeit also vornehmlich soziologischen Maßstäben. Die Gemeinde verstand sich noch nicht als juristisch-korporatives Rechtsgebilde. Sie umschloß nicht mehr als einen auf Universalität angelegten Komplex sozialer Vorgänge und Beziehungen. Institutionellen Gehalt gewann dieser erst durch die räumliche Verbundenheit und die mitgliedschaftsbestimmte Gemeinschaftsordnung, die sich auf den Zusammenschluß aller derjenigen Genossen gründete, die i n politischer und wirtschaftlicher Hinsicht über das volle Bürgerrecht verfügten.
B. Die Gemeinde als privilegiert-korporatives Rechtsgebilde im absolutistischen Staat Der grundlegende Wandel 10 , den die kommunale Selbstverwaltung insbesondere seit dem 16. Jahrhundert erfuhr, gründete sich vor allem auf die absolutistische Staatsidee, die als Verkörperung des universellen Machtanspruchs und Gewaltenmonopols des Staates zwangsläufig dem genuin-politischen Status der überkommenen genossenschaftlichen Gemeindeverfassung diametral gegenübertreten mußte. Dieser Widerspruch fand seine einseitige Lösung i n der weitgehenden Negation des Genossenschaftsgedankens und führte i m Zusammenwirken m i t der Rezeption der römisch-kanonistischen Korporationslehre zur Umgestaltung der Gemeinde vom genossenschaftlichen Bürgerverband zur j u r i stisch-korporativen Verbandsperson 11 . M i t der korrespondierenden Ausbildung des Gegensatzes von öffentlichem und Privatrecht geriet die homogene Verfassungsstruktur der Gemeinde i n das Spannungsfeld • Vgl. vor allem O. v. Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 10 f., 156 ff.; ders., Privatrecht I, S. 28 f.; ders.,. Genossenschaftsrecht I I , S.46 ff., 126 ff., 134 ff., 457 ff.; v. Below, Staat, S. 34 f., 99 f. — Zu modernen Versuchen, die Ideen des Sozialrechts für das geltende Recht wieder aufzunehmen, vgl. z. B. Siebert, Niedermeyer-Festschrift, S. 216, 246 f., 214 N. 8; Krüger, Staatslehre, S. 504; F. Wieacker, Sozialmodell, S. 14; kritisch etwa E. R. Huber, WiVerwR I I , S. 379. 10 Vgl. dazu und zum folgenden insbes. O. v. Gierke, Genossenschaftsrecht I, S. 638 ff.; Preuß, Entwicklung, S. 121 ff.; ders., Amtsrecht, S. 17 ff.; E. Becker, Grundzüge, S. 106 ff., 131 ff.; Steinbach, a.a.O., S. 73 ff.; Schmoller, a.a.O., S. 60 f.; Hatschek, Selbstverwaltung, S. 69 ff. 11 Vgl. näher O. v. Gierke, a. a. O.; Rosin, Genossenschaft, S. 29 ff.; E. Becker, a. a. O., S. 77 ff., 106 ff., 131 ff.; Blodig, Selbstverwaltung, S. 197 f.; Preuß, Amtsrecht, S. 36 f.
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3. Kap.: Die Einrichtung als historisch gewachsenes Institut
zweier heterogener Ordnungsbegriffe 12 . Die politisch-öffentliche Grundkomponente des Gemeindewesens wurde zur staatlich-öffentlichrechtlichen, indem die Gemeinde i n den staatlichen Verwaltungsorganismus eingegliedert wurde 1 3 . Ihre früher originären Selbstverwaltungsrechte behielten nur teilweise und dann lediglich i n der Form staatlich verliehener Privilegien Bestand 14 . Die gesellschaftliche und wirtschaftliche Grundkomponente der Gemeinde wurde zur privatrechtlichen 15 . I n die Gemeinde wurde damit der inzwischen stark auflebende Dualismus von staatlicher Obrigkeit und bürgerlicher Gesellschaft hineingetragen 16 . Während sich die politische Gemeinde zur staatlichen Verwaltungseinheit verwandelte, wurde die, zum Teil auch i m Organisatorischen verselbständigte und als privatrechtlich abgeschiedene W i r t schafts- oder Realgemeinde 17 zum gesellschaftlichen Privatrechtssubjekt 1 8 . Wenn aber, wie vor allem die Forschungen Schmollers 19 beweisen, auch i n dieser Phase nicht vom völligen Untergang der gemeindlichen Selbstverwaltung gesprochen werden darf, so beruht dies nicht nur darauf, daß die Gemeinden i n ihrer neuen Staatsfunktion einen zum Teil erheblichen Zuwachs an bisher gemeindefremden Verwaltungsaufgaben empfingen 20 , sondern vor allem auch darauf, daß die genossenschaftlichen Bindungen gerade i m gesellschaftlichen Bereich ein nicht unbeträchtliches Maß an Kompensation erfuhren 21 . I n diesem Sinne ist 12 Vgl. näher O. v. Gierke , Genossenschaftsrecht I, S. 642 ff.; ders., Genossenschaftsrecht, I I , S. 644 ff., 657 ff.; E. Becker, a. a. O., S. 79 f., 159 f. 18 Vgl. Preuß, Amtsrecht, S. 36 f.; ders., Entwicklung, S. 146 ff.; E. Becker, a. a. O., S. 101 ff., 131 ff.; Forsthoff, Körperschaft, S. 18 f.; O. v. Gierke, Genossenschaftsrecht I, S. 638 ff., 693 ff., 697 ff.; Lamp, Problem, S. 11 f.; Hatschek, a. a. O., S. 70. 14 Vgl. O. v. Gierke, Genossenschaftsrecht I V , S. 264 ff. 15 Vgl. Preuß, Amtsrecht, S. 36 f.; ders., Entwicklung, S. 123, 146 ff., 188 ff.; O. v. Gierke, Genossenschaftsrecht I, S. 670, 678 ff., 689 ff., 703 ff.; Lamp, a. a. O. 19 Vgl. dazu m. w. Nachw. Angermann, ZfPol 63, 89 ff. 17 Vgl. dazu O. v. Gierke, a.a.O., S. 675 ff;. Blodig, Selbstverwaltung, S. 231 f. — Zum heutigen Verständnis der Rechtsnatur der reliktweise noch aufzufindenden Realgemeinden vgl. u.a. BGHZ 36, 283ff.; O V G Lüneburg, OVGE 17,354 ff. 18 Vgl. Preuß, Entwicklung, S. 188 ff.; Lamp, a. a. O.; Blodig, a. a. O., S. 197 f.; Hatschek, a. a. O., S. 70. — Diese Konzeption bringt mit besonderer Deutlichkeit das Städteverfassungsrecht des Preuß. A L R (§§ 86 I I 8 ff.) zum Ausdruck, das den Städten im Rahmen öffentl. Zweckverfolgungen nur die Qualität einer „privilegirten Corporation" (§ 108 I I 8) u. „in Ansehung ihres Kämmereivermögens die Rechte der Minderjährigen" zuerkennt (§ 156 I I 8). 19 Vgl. in: Städtewesen, bes. S. 231 ff.; vgl. auch Steinbach, a.a.O., S. 75 ff. 20 Vgl. E. Becker, Grundzüge, S. 92 ff., 110. 21 Vgl. O. v. Gierke, Genossenschaftsrecht I, S. 672; ders., Genossenschaftsrecht I I I , S. 756 ff.; E. Becker, a. a. O., S. 80, 112 f., 116, 155 ff.; ders., H B K W P I, S. 71.
§ 2 Entwicklungsperioden und dualistische Grundstruktur
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trotz der gewandelten Grundposition der Gemeinde auch f ü r dieses Entwicklungsstadium der kommunalen Selbstverwaltung von deren innerem, wenn auch stark beschränktem Fortbestand 2 2 sowie vom Fortw i r k e n der dualistischen Grundstruktur der innergemeindlichen Verfassungsbildung auszugehen.
C. Die Gemeinde als politisches und verwaltungstechnisches Strukturprinzip im 19. Jahrhundert und unter der Weimarer Verfassung Die Ausbildung und Umformung der kommunalen Selbstverwaltung zum politischen Strukturprinzip i m 19. Jahrhundert fand ihren grundlegenden Ausdruck i n der Steinschen Städteordnung (StO) vom 19.11.1808 (GS S. 324), die zu Recht als „die Geburtsurkunde neuzeitlichen Kommunallebens" (Hensel) 2S bezeichnet worden ist. Die Reformmaßnahmen des Freiherrn v. Stein folgten den evolutionären Wandlungen, die der gesellschafts- und damit auch staatspolitische Entwicklungsprozeß durch das Ideengut des Liberalismus erfahren hatte, und versuchten, die „bürgerliche Gesellschaft", die sich gerade i n A b kehr und bewußter Separierung vom (Obrigkeits-)Staat auf der Grundlage individueller Selbstbestimmung, formaler Rechtsgleichheit und genossenschaftlicher Selbsthilfe konstituiert hatte 2 4 , i n und m i t der Gemeinde der staatlichen Ordnung (wieder) zu integrieren 2 5 . Hatte das Bürgertum die zur privatrechtlichen Korporation abgesunkene Gemeinde zu einer individual-freiheitlichen Assoziationsform entwickelt und sich i n dieser als nunmehr rein gesellschaftlichem Reservat selbst formiert, so verfolgte Stein eine staatsbezogene Reintegration von Gemeinde und Gesellschaft, indem er die kommunale Selbstverwaltung vom staatsfremden Gesellschaftsprinzip zum staatspolitischen S t r u k t u r prinzip erhob. I n der Anerkennung der Gemeinde als „einer auf der Wechselbeziehung von Staat und Gesellschaft beruhenden gesellschaft22
Vgl. E. Becker, Grundzüge, S. 106 ff., 131 ff., 146 ff. Vgl. in: Kommunalrecht, S. 14; vgl. auch Ritter, Stein, S. 266 f. 24 Vgl. dazu Heffter, Selbstverwaltung, S. 180 ff., 268 ff.; Forsthoff, Körperschaft, S. 7 ff. — Zum Begriff d. „bürgerlichen Gesellschaft" vgl. vor allem E. R. Huber, Verfassungsgeschichte I I , S. 310; L. v. Stein, Soziale Bewegung I, S. 28; Tönnies, Gemeinschaft, S. 52 ff. 25 Vgl. Frhr. v. Stein u. a. in: Über Selbstverwaltung, Staatsschriften, S. 55; vgl. auch L. v. Stein, Verwaltungslehre, S. 364 ff., 489 ff.; Preuß, Entwicklung, S. 225 ff.; Gönnentuein, Gemeinderecht, S. 12 ff.; Heffter, a. a. O., S. 449 ff.; Röttgen, Gemeinde, S. 28 ff.; ders., VerwArch 39, 120; E. Becker, H B K W P I, S. 77 ff.; ders., Grundzüge, S. 164ff.; Hensel, a.a.O., S. 13ff.; O. v. Gierke, Städteordnung, S. 35 ff.; ders. auch: Genossenschaftsrecht I, S. 710 ff.; Kröll, Gesellschaft, S. 150 f.; Scheuner, AfK 62,149 ff. 23
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3. Kap.: Die Einrichtung als historisch gewachsenes Institut
l i e h e n V e r a n s t a l t u n g " 2 6 sollte d e r „ k o n s t i t u t i o n e l l e D u a l i s m u s v o n S t a a t u n d Gesellschaft a n dieser N a h t s t e l l e gleichsam a u f g e h o b e n " 2 7 sein. I n diesem S i n n e w u r d e die G e m e i n d e als genossenschaftliche G e sellschaftsform z u r p r i v a t e n V e r e i n i g u n g s f r e i h e i t i n B e z i e h u n g ges e t z t 2 8 u n d die g e m e i n d l i c h e S e l b s t v e r w a l t u n g , w e n n auch als „ ö f f e n t l i c h e " F u n k t i o n v e r s t a n d e n 2 9 , so p r i n z i p i e l l doch i n s t a a t s k o n t r ä r e r Weise der b ü r g e r l i c h e n F r e i h e i t s s p h ä r e zugerechnet 8 0 . B e z w e c k t e n die B e s t r e b u n g e n Steins auch eine — a l l e r d i n g s staatsgebundene u n d - k o n s t i t u i e r e n d e — W i e d e r b e l e b u n g des k o m m u n a l e n Genossenschaftsu n d Nachbarschaftsgedankens 3 1 , so n a h m das a l l g e m e i n e V e r s t ä n d n i s d e r g e m e i n d l i c h e n S e l b s t v e r w a l t u n g doch i m m e r m e h r — z u n e h m e n d v o r a l l e m i n d e n F o l g e z e i t e n der w i e d e r a u f l e b e n d e n R e s t a u r a t i o n 3 2 — grundrechtliche F o r m e n a n 3 3 . I h r e n A b s c h l u ß f a n d diese E n t w i c k l u n g 26 Vgl. v. Mohl, Geschichte und Literatur der Staatswissenschaften, Bd. I, 1855, S. 89 (Anm.) — zit. nach Forsthoff, Körperschaft, S. 10. 27 Röttgen, Gemeinde, S. 30; vgl. dens. auch: ebenda, S. 15, 30 (die Gemeinde als „dem Staate lediglich angegliederte Körperschaft"); vgl. im übrigen auch Heffter, a. a. O., S. 277 f. 28
Vgl. L. v. Stein, Verwaltungslehre, S. 520ff.; Heffter, a.a.O., S.270, 452; O. v. Gierke, Genossenschaftsrecht I, S. 651 f., 882 ff.; zur W R V (Art. 124—127) vgl. Röttgen, a. a. O., S. 14 f.; — allgemein zu den historischen Grundlagen des Verhältnisses von Korporation und Vereinigungsfreiheit vgl. F. Müller, Korporation u. Assoziation, bes. S. 220 ff. 29
Vgl. dazu näher Forsthoff,
Körperschaft, S. 8 ff., 14 ff.
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So wurde das Recht auf gemeindliche Selbstverwaltung etwa i m Konnex mit der Rechtsstaatlichkeit, den Kommunikationsfreiheiten usw. verstanden und verfochten. — Vgl. Heffter, a. a. O., S. 174,180 f., 291 ff., 524 f.; Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 13. — I m Sinne dialektischer Zuordnung verstand neben L. v. Stein auch v. Gneist das Verhältnis von Staat und Gesellschaft; für die Selbstverwaltung fand er die gesellschaftliche Komponente i. d. „wirtschaftlichen Selbstverwaltung" und die staatliche Komponente in der „obrigkeitlichen Selbstverwaltung" (vgl. vor allem in: Kreisordnung, S. 3 ff., 8 ff., 14 ff., 67 ff.; und: Verwaltung, S. 33 ff.). Der Gneistsche Lösungsversuch der ehrenamtlichen Laienverwaltung scheiterte allerdings (vgl. näher Heffter, a. a. O., S. 372 ff.; E. Becker, Grundzüge, S. 237 ff.). 81
Z u dessen kräftiger Erholung und Verbindung durch/mit der liberalistischen Idee vgl. z.B. Heffter, a.a.O., S.270; Preuß, Entwicklung, S.232, 317; ders., Gemeinde, S. 199 ff.; Röttgen, Krise, S. 12 ff. 82 Entspr. Tendenzen finden sich bereits in der rev. StO vom 12.3.1831 (GS 10); vgl; dazu Heffter, a. a. O., S. 214. 88 Vgl. vor allem Art. X I §184 R V v. 1849, den „pouvoir municipal" der belg. Verf. v. 1831 (Art. 3i, 108), Art. 33 öster. Verf. u. öster. GemeindeG v. 1849 (Art. 4: „I. Die Grundfeste des freien Staates ist die freie Gemeinde") sowie Art. 104 PrVerf. v. 5.12.1848 (GS 375); — vgl. i m einzelnen dazu Heffter, a.a.O., S. 174, 180ff., 291 ff.; v. Rotteck, Gemeinde, S.478f., 481, 483; ders., Vernunftrecht I I I , S. 469 ff.; C. F. v. Gerber, öffentliche Rechte, S. 66 f.; v. Mohl, Encyclopädie, S. 23; Hatschek, Selbstverwaltung, S. 69 ff., 97 ff.; Preuß, Entwicklung, S. 336; ders., Amtsrecht, S. 130 ff., 136 ff.; ders., Gemeinde, S. 199 ff.; Brater, Staatswörterbuch, S. 110 ff., 125 f.; G. Jellinek, Staatslehre, S. 645; O. v, Gierke, Genossenschaftsrecht I, S. 744 f., 757 ff.; Lamp, Problem, S. 27.
§ 2 Entwicklungsperioden und dualistische Grundstruktur
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i n der noch ganz der Tradition des 19. Jahrhunderts verpflichteten 84 Bestimmung des A r t . 127 WRV 3 5 , die den Gemeinden das Recht der Selbstverwaltung gleichfalls als Grundrecht und damit als gesellschaftspolitisch intendiertes Sozialmodell garantierte. Daß diese Vorschrift allerdings bald als „leerlaufendes" Grundrecht 8® bzw. als „praktisch bedeutungslos" 8 7 empfunden wurde, erscheint — nicht nur wegen des mitstatuierten Gesetzesvorbehalts — zwangsläufig. Denn eine derart gesellschaftspolitisch angelegte Verfassungskonzeption widersprach einmal der wachsenden Bedeutung der Gemeinde als staatlicher Verwaltungseinheit und mußte zum anderen nach dem Wegfall des verfassungsformenden Dualismus von monarchischem Staat und „freier" Gesellschaft identitätsfremd und systemwidrig erscheinen. Ein so absolut verstandener Demokratiebegriff wie der der WRV widerstritt 3 8 einer innerstaatlich durchgeführten Genossenschaftskonstruktion, wie sie eine primär gesellschaftlich strukturierte Selbstverwaltung enthalten hätte 39 . Aus diesem Grunde reduzierte man das demokratische Verfassungsmandat der gemeindlichen Selbstverwaltung sehr bald auf den wenig attraktiven Gedanken eines bloß gesellschaftlichen Minderheitenschutzes 40 . Die staatstheoretische Frage nach dem verfassungsrechtlichen Standort der kommunalen Selbstverwaltung überhaupt löste man i n einseitig staatsbezogener Weise und definierte die Gemeinde nur noch als „eine m i t dem Rechte der Selbstverwaltung und m i t vom Staat abgeleiteter Herrschaftsgewalt über ein bestimmtes Gebiet ausgestattete öffentlichrechtliche Körperschaft, welche sämtliche innerhalb dieses Gebiets zu erledigenden öffentlichen Aufgaben, die von keiner anderen Stelle erfüllt werden, entsprechend ihren Kräften zu übernehmen hat" 4 1 . Die kommunale Selbstverwaltung wurde, verfestigt durch die auf C. Schmitt 42 zurückgehende Lehre von der institutionellen Garantie, 84 Vgl. Köttgen, Gemeinde, S. 14 f.; Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 19; Wolfg. Hof mann, A f K 65,268. 35 Nachweise zu Parallelen i m Landesverfassungsrecht vgl. bei Hensel, a. a. O., S. 28; überhaupt zum Landeskommunalrecht vgl. Stier-Somlo, W D S t R L 2,122 ff.; L. v. Köhler, W D S t R L 2,181 ff. - 3 6 Vgl. Anschütz, WRV, Art. 127 Anm. 1. 37 Vgl. Lassar, RuPrVBl. 50, 524. 38 Vgl. bes. Peters, Grenzen, u.a. S.43; ders. auch: Zentralisation, S.26ff.; C. Schmitt, Verfassungslehre, S. 273; auch Forsthoff, Körperschaft, S. 19; weit. Nachw. bei Köttgen, Krise, S. 7 N. 1; Vgl. weiterhin Wolfg. Hof mann, A f K 65, 273 ff. 39 Vgl. auch Scheuner, A f K 62,150 f. m. N. 7. 40 Vgl. Peters, Grenzen, S. 43. 41 Vgl. insoweit repräsentativ Peters, a. a. O., S. 54. 42 Vgl. C. Schmitt, Verfassungslehre, S. 170 ff.; ders., HdBDStR I I , S. 595; ders., Freiheitsrechte, in: Aufsätze, S. 143 ff.
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3. Kap.: Die Einrichtung als historisch gewachsenes Institut
zum verwaltungsrechtlichen Organisationsprinzip, bar jeder schaftlichen oder grundrechtlichen Legitimation 4 8 .
gesell-
Die Verfassungskonformität dieser Lösung mußte indessen zweifelhaft erscheinen 44 . So praktikabel und i n verwaltungspolitischer H i n sicht interessant ein solches Verständnis der Selbstverwaltung auch sein mochte, m i t der ursprünglichen Intention des Verfassungsgebers war es keinesfalls zu vereinbaren. Denn ein als Grundrecht und damit i n staatsantagonistischer Form konzipiertes Recht auf Selbstverwaltung kann sicherlich nicht und ohne weiteres zum ausschließlich staatsinternen Organisationsprinzip werden 45 .
D. Die Gemeinde im modernen Verfassungssystem Historisch läßt sich die kommunale Selbstverwaltung nach alledem als ein politisch-permanentes Formprinzip begreifen, das i n wechselnder Ausgestaltung und Aktivitätsbreite i m dualistischen Verhältnis „zwischen" Staat und Gesellschaft jeweils differenziert-integrale Bindungsaufgaben erfüllt hat. So heterogen und vielfältig die historischen Erscheinungsformen der Selbstverwaltung auch gewesen sind, ihre Grundstruktur blieb letztlich immer homogen. Ungeachtet der hohen Variabilität des historisch-politischen „Gesellschafts"begriffs i m einzelnen haben die Gemeinde als gesellschaftliche Grundformation und die ihr rechtlich zugeordnete Selbstverwaltung stets spezifisch-integrationsrechtlichen Wert besessen. Wenn das GG i n A r t . 28 I I 1 die gemeindliche Selbstverwaltung als die eigenverantwortliche Erledigung „aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft" definiert 46 , so hat eine verfassungsrechtliche Exegese dieser Begriffsbestimmung zunächst allein bei jenem historischen Leitbild anzusetzen 47 . Denn dessen dirigierende K r a f t ist auch für das moderne Selbstverwaltungsverständnis 43 Vgl. z. B. C. Schmitt, a. a. O.; der Sache nach auch StGH, RGZ 126 Anh. S. 14 (22), sowie Forsthoff, a. a. O., S. 7,102 ff. 44 Vgl. in dieser Richtung auch Röttgen, Krise, S. 7 ff., 35 ff.; Stier-Somlo, AöR n. F. 17, 1 ff.; ders., AöR n . F . 19, 255 ff. (bes. 266 ff.); ders., V V D S t R L 2, 127 ff., 130 ff.; ders., Grundrechte und Grundpflichten I, S. 171 N. 24; Wolfg. Hofmann, a. a. O., S. 268 ff. 45 Vgl. in dieser Richtung wohl auch Stier-Somlo, a. a. O. 48 Definitionsschluß arg. e Art. 28 I I 2 („auch") — vgl. Maunz-Dürig, GG, Art. 28 Rdnr. 27; v. Mangoldt-Klein, GG, Art. 28 Anm. I V 1 . 47 Zur Komplettierung des Art. 28 I I G G durch landesverfassungsrechtliche Bestimmungen (vgl. Art. 71—76 BadWüVerf., Art. 10—12, 83 BayVerf., Art. 143 —149 Brem Verf., Art. 137—138 HessVerf., Art. 44—45 NdsVerf., Art. 3 I I , 78—79 NrwVerf., Art. 49—50, 78 I I RhpfVerf., Art. 122—128 SaarVerf., Art. 3 I, 39—42 SchlHVerf.) vgl. näher Stern, BK, Art. 28 Rdnr. 178 ff., u. Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 43 ff. m. jew. w. Nachw.
§ 2 Entwicklungsperioden und dualistische Grundstruktur
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unübersehbar. Die kommunale Selbstverwaltung ist auch heute auf das engste m i t der komplexen Sozialstruktur der Gemeinde verwoben und kann ihre innere und damit verfassungsaktuelle Legitimation nur durch diese erfahren. Diese Feststellung setzt allerdings voraus, daß auch das GG die historische Konzeption der Gemeinde als primär gesellschaftlicher Einheit zugrunde gelegt und von Verfassungs wegen sanktioniert hat. Die herrschende Verfassungsinterpretation geht einhellig davon aus, daß A r t . 28 I I GG die kommunale Selbstverwaltung als institutionelle Garantie aufgenommen habe 48 und daß damit „an die Stelle grundrechtlicher Separierung zwischen Staat und Gemeinde eine institutionelle Synthese getreten" (Köttgen) 49 sei. Die Gemeinde werde nicht als „personifiziertes Kollektiv" (Köttgen) 50 , sondern als korporative Rechtsinstitution bzw. als staatlicher „Organisationstypus" (Forsthoff) 51 garantiert. M i t dieser, verfassungssystematisch zunächst einmal zwingenden Erkenntnis ist die Frage nach dem Standort und der rechtlichen Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung jedoch nicht vollends beantwortet. I m Gegenteil, einer eingehenden und/weil institutionsfüllenden Strukturanalyse der Gemeinde als einer „soziologischen Daseinsform" (Thieme) 52 ist damit nicht entraten. Ging der Weimarer Verfassungsgeber noch von der Gemeinde als einem konstitutionellen Ausdruck der autonomen bürgerlichen Gesellschaft aus, indem er die Gemeindefreiheit als staatsgerichtetes Grundrecht begriff, so bewies bereits die Verfassungspraxis jener Zeit den überholten Charakter einer solchen Konzeption. Indem die Gemeinde zwischen die Räder eines egalitär-uniformen Demokratiebegriffs Rousseauscher Prägung 53 geriet, wurde sie konsequent, wenn auch kontinuitätswidrig i n die Position einer unpolitischen Verwaltungseinheit abgedrängt 54 . Für den 48 Vgl. z. B. BVerfGE 1, 167 (174 f.) u. st. Rspr.; BVerwGE 2, 329 (332) u. st. Rspr.; BGHZ 13, 207 (208); Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 27 ff.; Maunz-Dürig, GG, Art. 28 Rdnr. 24; Maunz, StaatsR, S. 188; Stern, BK, Art. 28 Rdnr. 60 ff.; ders., JR 63, 203 f.; Stern-Püttner, Gemeindewirtschaft, S. 141 f.; v. MangoldtKlein, GG, Art. 28 Anm. I V ; Köttgen, Gemeinde, S. 15 ff.; Partsch, BilflngerFestschrift, S. 301 ff.; Salzwedel, Kommunalrecht, S. 223 f.; Koellreutter, StaatsR, S. 65; Badura, D Ö V 63, 564 ff.; Schäfer, D Ö V 51, 573; Werner Weber, Staats- und Selbstverw., S. 36; Peters, in: Staatsbürger und Staatsgewalt I I , S. 207 f.; Abel, Einrichtungsgarantien, S.43 u. a.; E. Becker, H B K W P I, S. 140; ders., Grundrechte IV/2, S. 681, 713 ff.; Lohr, Satzungsgewalt, S. 143; Ipsen, D Ö V 55, 229; Blaum, DVB1. 53,162; Henrichs, DVB1. 54,734; Ule, ZSR 62,704. 49 Vgl. Gemeinde, S. 15. 50 Vgl. a.a.O. 51 Vgl. Körperschaft, S. 105; auch Köttgen, Universität, S. 31. 52 Vgl. A f K 63,189. 53 Vgl. dazu auch Stern, BK, Art. 28 Rdnr. 46; Wolfg. Hof mann, A f K 65, 273 ff. 54 Vgl. selbst die insoweit charakteristische Einstufung der Gemeinden als lediglich „technische Hilfseinrichtungen" des Staates bei dem Begründer der Integrationslehre Smend (vgl. Verfassung und Verfassungsrecht, in: Abhand-
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3. Kap.: Die Einrichtungals historisch gewachsenes Institut
dieser Verfassungstradition verhafteten modernen Verfassungsgeber 55 ging es folglich darum, sich entweder um eine substanzsichernde Anreicherung der demokratischen und gesellschaftspolitischen Legitimation der Gemeinde zu bemühen oder aber dem zentralistisch-verwaltungsstaatlichen Zug des Weimarer Vorbildes zu folgen und die Selbstverwaltung auch verfassungsgesetzlich zum vollkommen konzentrierten Verwaltungsinstitut umzuformen. Die Entscheidung des GG ist indessen, wie eine nähere Betrachtung des A r t . 28 I I GG beweist, kontinuitätsbewußt zugunsten der zuerst genannten Lösung ausgefallen. Die Kontinuität dieser Neuregelung ergibt sich dabei i n zweifacher Richtung: Die Gemeinde hat zum einen das prinzipiell gesellschaftliche Mandat eines politischen Formprinzips behalten 36 und ist zum anderen i n ihrer modifiziert-verwaltungsrechtlichen Position jüngerer Ausprägung, soweit wie erforderlich, bestätigt worden, gleichzeitig aber — und das ist wesentlich — gegen eine verwaltungsmäßige Totalisierung Weimarer Konsequenz geschützt worden. Wenn die gemeindliche Selbstverwaltung verfassungssystematisch heute nicht mehr i m Grundrechtsbereich, sondern i n dem für die politische Grundordnung der Bundesrepublik verantwortlichen Abschnitt (II): „Der Bund und die Länder" untergebracht ist, so findet damit die Lehre von der institutionellen Garantie ihren logischen Abschluß. Die Gemeinde ist grundsätzlich zum staatsinternen Aufbauprinzip avanciert 57 . Sie ist damit der Gefahr enthoben, i n dem überholten Schema hingen, S. 271). — Diese Auffassung Smends ist wohl nur mit dessen überhaupt zu einseitig-technischer Qualifizierung der öffentlichen Verwaltung (vgl. vor allem auch in: Kahl-Festgabe, S. 18) zu erklären. — Vgl. dazu kritisch Lerche, Übermaß, S. 93 f.; ders., Verfassungsfragen, S. 116 N. 293; ders., Gemeinden, S. 19 m. N. 20; Köttgen, Krise, S. 39 N. 1; ders., DÖV 64,149 f. m. N. 32. 55 Den engen Zusammenhang zwischen Art. 28 I I G G und Art. 127 W R V betonen zu Recht etwa BVerfpE 1,174 f.; Parisch, a. a. O., S. 304. 56 Vgl. in diesem Sinne bzw. überhaupt (wenn auch, mit unterschiedlicher Intensität) den gesellschaftlichen Grundcharakter der kommunalen Selbstverwaltung betonend: Köttgen, Sicherung, S. 3 ff.; ders., Spielraum, S. 31; ders., D Ö V 64, 150; ders. A f K 62, 19;.ders. auch bereits in: Krise, S. 14 ff.; Badura, D Ö V 63, 564f.; v. Unruh, Kreis, S. 239 ff.; Auerbach, Verantwortung, S. 4ff.; Groll, Gemeindefreiheit, S. 51 ff.; Lerche, Verfassungsfragen, S. 35, 114 ff.; Stern, BK, Art. 28 Rdnr. 64, 72; ders., A f K 64, 100; Jobst, BayVBl. 60, 201 ff.; Salzwedel, Kommunalrecht, S. 219, 221; ders., W D S t R L 22, 223, 233; Thieme, A f K 63, 189 ff., 196; Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 29, 33, 41; Reschke, Probleme, S. 4 ff.; Ernst, D Ö V 52, 354; Lohr, Satzungsgewalt, S. 139; Emmelius, Rangverhältnis, S. 6; Erler, Freiheit, S. 12; E. R. Huber, Selbstverw., S. 20, 22; O V G Münster, DVB1. 63, 92T (928). — I n die gleiche Richtung weisen die Lehre Kleins von der kommunalen Selbstverwaltung als Garantie eines gesellschaftlichen Sachverhalts (vgl. v. Mangoldt-Klein, GG, Vorbem. A V I 3ç) u. die Lehre E. R. Hubers von der kommunalen Selbstverwaltung als verbandsmäßiger Korporationsgarantie (vgl. AöR n . F . 23, 51 ff., 62ff., 67f.; i . A . Abel, Einrichtungsgarantien, S. 43). 57 Vgl. Stern, BK, Art. 28 Rdnr. 51, 62; E.Becker, H B K W P I, S.142; ders., Grundrechte IV/2, S. 688, 725.
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des konstitutionellen Dualismus von Staat und Gesellschaft und somit i n einer realitätsfremden, w e i l staatsexternen, Position zu erstarren. A u f der anderen Seite ist die staatlich-strukturelle Stellung der Gemeinde nicht völlig ausgebaut. Das GG geht zwar von einer politischen Dreiteilung Bund — Länder — Gemeinden, nicht aber von einer korrespondierenden verwaltungsorganisatorischen Dreiteilung aus 58 . Die „verwaltungs"rechtliche Qualität der Selbstverwaltung w i r d vielmehr gleichfalls von dem politischen Begriff der „örtlichen Gemeinschaft" umrissen, d. h. die „Gemeindeverwaltung" ist i n ihrer Substanz nicht unpolitisch-technischer, sondern politisch-integrationsrechtlicher A r t 5 9 . Dies folgt einmal bereits aus der systematischen Einordnung des A r t . 28 I I GG i n den politischen Verfassungssektor und zum anderen aus der lediglich akzessorischen Erfassung der Gemeinden i m Verwaltungssektor (VIII., X., X I . Abschnitt des GG) 90 . Die verfassungsorganisatorische Position der Gemeinden und ihrer Selbstverwaltung i m bundesstaatlichen Verfassungssystem ist ausschließlich landesbezogener A r t . Die föderativ-institutionelle Existenz der Gemeinden beschränkt sich nicht nur, sondern gründet sich auch auf deren Eigenschaft als landesunmittelbare Gebietskörperschaften. Das GG hat die Gemeinden insbesondere i n A r t . 28 i n ein wohlabgewogenes System verfassungskräftiger Balancen gestellt: Indem die Gemeinden auf der einen Seite unter die von Bundesverfassungs wegen abgeschirmte Zone landeseigener Selbstorganisation 61 fallen, sind sie 58 Vgl. auch Lerche, Verfassungsfragen, S. 70 ff., 95, 114 f.; ders., Gemeinden, S. 14 ff.; auch E. Becker, BayVBl. 61, 67 ff. 59 Vgl. Lerche, Verfassungsfragen, S. 114 ff.; ders., Gemeinden, S. 18 ff.; Köttgen, Gemeinde, S. 38; ders., Sicherung, S. 3, 9; ders., D Ö V 64, 149 ff.; ders., Spielraum, S. 31; ders., Krise, S. 7 ff.; Auerbach, Verantwortung, S. 9; Forsthoff, Körperschaft, S. 110; Koellreutter, Integrationslehre, S. 13; Salzwedel, Kommunalrecht, S. 219; Scheuner, A f K 62, 162 ff.; Peters, Lehrb., S. 112; Wolff, VerwR I I , S. 140 f., 146; Lohr, Satzungsgewalt, S. 139; Ronneberger, Staat 63, 149 ff.; — a. A. prononciert vor allem Hettlage, van-Aubel-Festschrift, S. 112 ff. 60 Vgl. die Vorschriften der Art. 105 I I I , 106 V I — V I I I , 107 I I , 108 I I I , 134 I I I , 135 a Ziff. 3 GG, die sich indessen aus der besonderen flnanz- und vermögensrechtlichen Verfassungsposition der Gemeinden (vgl. zu dieser noch unten S. 94 ff.) erklären. Z u Art. 90 I I G G („die nach Landesrecht zuständigen Selbstverwaltungskörperschaften") vgl. näher Lerche, Verfassungsfragen, S. 73, u. E. Becker, BayVBl. 61, 69. Aus dem genannten Grund ist es auch verfehlt, die kommunale Selbstverwaltung als „mittelbare Staatsverwaltung" zu definieren (so z.B. Forsthoff, Lehrb., S.411 ff.). Denn trotz ihrer staatl. Organisationsbindung ist die Selbstverwaltung wesensgemäß autonom, d. h. sie besitzt als (auch) subjektiv-rechtlich und vor allem politisch verfaßte Verwaltungsform nicht nur staatlich abgeleitete Verwaltungsqualität (vgl. richtig u.a. Salzwedel, Kommunalrecht, S.220; Köttgen, D Ö V 64, 150 f.; Peters, Lehrb., S. 26; Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 42, 62 ff.; E. Becker, Grundrechte IV/2, S. 698 ff.; vermittelnd, aber nicht unwidersprüchlich Badura, D Ö V 63, 562). 61 Vgl. dazu insbes. BVerfGE 1,14 (34); 4, 178 (189); 10, 89 (101); 11, 77 (85 f.); 12, 205 (228 f.); Maunz-Dürtg, GG, Art. 20 Rdnr. 16, Art. 84 Rdnr. 16; Lerche,
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3. Kap.: Die Einrichtung als historisch gewachsenes Institut
p r i n z i p i e l l v o r b u n d e s r e c h t l i c h e n K o m p e t e n z d u r c h g r i f f e n geschützt 8 2 . A u f der a n d e r e n Seite w e r d e n sie v o r d e m „ p o t e n t i e l l e n S t ö r e r " t u m (Röttgen)** einer selbstverwaltungsfeindlichen Landesverwaltung d u r c h die B u n d e s g a r a n t i e des A r t . 28 I I I G G geschützt 6 4 . G e g e n t e i l i g e Versuche, die G e m e i n d e n auch i n v e r w a l t u n g s o r g a n i s a torischer H i n s i c h t z u m v e r m e i n t l i c h v o l l g ü l t i g e n B e s t a n d t e i l d e r bundesstaatlichen O r d n u n g z u machen, b e r u f e n sich z u r B e s t i m m u n g des ins o w e i t ausschlaggebenden Begriffs d e r g e m e i n d l i c h e n S e l b s t v e r w a l t u n g s a n g e l e g e n h e i t z u m e i s t a u f das als a l l g e m e i n - ü b e r g r e i f e n d e s Kompetenzmodell verstandene Subsidiaritätsprinzip 65. A b e r abgesehen d a v o n , daß das S u b s i d i a r i t ä t s p r i n z i p keineswegs als l e d i g l i c h technisches Z u s t ä n d i g k e i t s s c h e m a b e g r i f f e n w e r d e n k a n n , sond e r n z u m i n d e s t auch v o n t i e f g r e i f e n d e r soziologischer Begriffsbedeut u n g b z w . -Unsicherheit i s t 6 6 , k a n n i h m j e d e n f a l l s k e i n e d u r c h g ä n g i g e Relevanz f ü r das O r g a n i s a t i o n s v e r s t ä n d n i s des G G b e i g e l e g t w e r d e n 6 7 . a.a.O., S. 60 ff.; Forsthoff, Körperschaft, S. 31 ff., 42 ff.; Haas, AöR 80, 85 ff.; E. Becker, BayVBl. 61, 67; Rohwer-Rahlmann, AöR 79, 220 ff. — Vgl. auch arg. Art. 80 1 1, 83, 84 V 2, 85 I I I 2 GG: I n diesen Kompetenzbestimmungen hat sich das GG bewußt darauf beschränkt, allgemein nur die „Länder", die „obersten Landesbehörden" oder die „Landesregierungen" bundesrechtlichen Organisationsakten zugänglich zu machen. — Vgl. dazu auch noch unten S. 143 ff. 62 Vgl. Lerche, a. a. O., S. 60 ff., 70 ff.; E. Becker, Grundrechte IV/2, S. 709 ff.; ders., BayVBl. 61, 66f.; Rohwer-Rahlmann, a.a.O.; Junker, in: Gemeinschaftsaufgaben, S. 90 f.; Forsthoff, a. a. O.; Gönnentuein, a. a. O., S. 168; Haas, AöR 80, 95 f.; Röttgen, Gemeinde, S. 17; ders., Vorrang, S. 48; Maunz-Dürig, GG, Art. 84 Rdnr. 25; Stern, BK, Art. 28 Rdnr. 116 ff.; — a. A. v. Hausen, DÖV 60, 444; ders., D Ö V 60, 2 ff.; ders. — v. d. Heide, DÖV 58, 753 ff.; — vgl. dazu auch unten S. 141 ff. 65 Vgl. in: Gemeinde, S. 17. M Vgl. näher Röttgen, a. a. O.; Stern, BK, Art. 28 Rdnr. 183 ff.; Maunz-Dürig, GG, Art. 28 Rdnr. 42 ff. 65 Vgl. z. B. G. Rüchenhoff, BayVBl. 58, 65 ff., 101 ff.; E. Becker, Grundrechte, IV/2, S. 432; Gönnenwein, AöR 81, 222; Elleringmann, Grundlagen, S. 95; Groll, Gemeindefreiheit, S.28; v. Hippel, Staatslehre, S.241; Reßler, DVB1. 53, 3; Böhme, RStW I, S. 114; Hettlage, van-Aubel-Festschr., S. 111; D.Schmidt, VerwArch 51, 318; Junker, a.a.O., S. 85; Naunin, H B K W P I, S.474; Ziegler, BayBgm 64,145; RhpfVerfGH, OVGE 2, 349 (353). 68 Vgl. Lerche, Verfassungsfragen, S. 26; v. d. Gablentz, Heimann-Festausg., S. 140; Röttgen, Sicherung, S. 22 f.; Herzog, Staat 63, 401 ff.; M. Vogel, Apparatur, S. 62 ff. 67 Vgl. im Ergebnis, wenn auch mit teilw. unterschiedl. Begründung: Lerche, Verfassungsfragen, S. 26 ff.; ders.; Gemeinden, S. 10; ders., Rechtsprobleme, S.28; ders., Übermaß, S.200f.; ders., W D S t R L 21, 74f.; ders., D Ö V 61, 491; Thieme, Subsidiarität, passim (vgl. aber auch dens., JZ 61, 284); Zacher, Freiheit, S. 72 ff.; Rendtorff, Staat 62, 405 ff.; Barion, Staat 64, 1 ff.; A. Hamann, GG, Einf. I D 1; Röttgen, Vorrang, S. 13 ff.; ders., auch: ZevKR 11, 233 (ders., wohl einschränkend: Volkshochschule, S. 16 f., 29 f., sowie: DJT-Festschr., S. 5851; Daseinsvorsorge, S. 61 ff.); Stern, A f K 64, 99 f.; ders., BK, Art. 28 Rdnr. 2 (vgl. aber auch dens., JZ 60, 523 m. N. 40; DÖV 61, 328, 330; BayVBl. 62, 132; AöR 84, 157); Herzog, Staat 63, 399 ff.; ders., ZfPol 63, 150 f.; Scheuner,
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W e n n ü b e r h a u p t , so b e s c h r ä n k t sich seine verfassungsbildende K r a f t a u f einige verfassungsrechtliche T e i l a s p e k t e (z. B . A r t . 6 I , I I , I I I , 7 I I , 9 I I I , 19 I I I , 21, 72 I I G G ) 6 8 . Dieses E r g e b n i s d ü r f t e v o r a l l e m die j ü n g s t u n d m i t besonderer H e f t i g k e i t g e f ü h r t e D i s k u s s i o n u m d i e V e r f a s s u n g s m ä ß i g k e i t d e r §§ 8 I I 2, 10 I I I 2, I V , 9 3 I 2 B S H G , 51, I I , I I I 2, 8 I I I J W G ergeben h a b e n 6 9 . D e n n m i t j e n e n V o r s c h r i f t e n h a t d e r Bundesgesetzgeber e r s t m a l s d e n ausd r ü c k l i c h e n V e r s u c h u n t e r n o m m e n , a u f d e m G e b i e t d e r öffentlichen F ü r sorge eine s u b s i d i a r i t ä t s m ä ß i g o r i e n t i e r t e F u n k t i o n s a b g r e n z i m g z u s t a t u i e r e n , i n d e m e r die fürsorgerische V e r w a l t u n g s i n i t i a t i v e d e r G e meinden zugunsten der freien Wohlfahrtsverbände an einen l i m i t i e r e n den A u f gabenvorbehalt band. A f K 62,159; Zeidler, W D S t R L 19, 213 f.; Krüger, Staatslehre, S. 772 ff.; Möller, Subventionsverwaltung, S. 114 ff., 130, 159 ff., 198 f. (vgl. aber auch dens., Wirtschaftsförderung, S. 31); Badura, Verwaltungsmonopol, S. 315; Haas, DVB1. 60, 305; Schricker, Tätigkeit, S. 78; v. d. Gablentz, a. a. O.; M. Vogel, a. a. O., S. 62 ff., 84; Rupp, Privateigentum, S. 27 N.47; Frentzel, Betätigung, S. 11 f. (vgl. aber auch dens., Betrachtungen, S. 32 ff.); Emmelius, Rangverhältnis, S. 31 ff. (115); Reißmüller, Wirtschaftsverfassung, S. 52 ff.; Stephany, Schulhoheit, S. 37; Rumpf, Ideologischer Gehalt, S.35; Ule, ZSR 62, 655 f.; wohl auch H. Hoffmann, DVB1. 64,459 f.; vgl. jetzt auch BVerwG, D Ö V 66, 651 (652). Demgegenüber erachten, wenn auch mit unterschiedlicher Intensität das Subsidiaritätsprinzip für verbindlich: Stadler, Subsidiaritätsprinzip, S. 31 ff.; Dürig, JZ 53, 198; ders., BayVBl. 59, 203; Maunz-Dürig, GG, Art. 1 1 Rdnr. 54, 2 I Rdnr. 52, 19 I I I Rdnr. 47 N. 1 auf S. 31 f.; Süsterhenn, Nawiasky-Festschr., S. 141 ff.; ders., in: Föderalistische Ordnung, S. 37 ff.; Nawiasky, Staatslehre, 1. Teil, S. 34, 2. Teil Bd. 1, S. 156 f.; Bender, DVB1. 63, 87 ff.; v. Münch, JZ 60, 304 ff.; Peters, Wandlungen, S. 16 ff.; ders., Nipperdey-Festschr., S. 878, 892 f.; ders., Verwaltung, S. 9; ders., Rechtslage, S. 21; G. Küchenhoff, BayVBl. 58, 65 ff., 101 ff.; ders., JuS 65, 52 f.; G. u. E. Küchenhoff, Staatslehre, S. 25 f., 71, 152; Fischerhof, D Ö V 60, 44; Marcic, Gesetzesstaat, S. 62 f., 431; Kalkbrenner, JZ 63, 211; Maunz, VerwArch 50, 322; ders., StaatsR, S. 68; Eschenburg, Staat und Gesellschaft, S. 242; Gass, D Ö V 60, 781; Menger, DVB1. 60, 299 (vgl. aber auch dens., Rechtsstaat, S. 28); Ballerstedt, Grundrechte I I I / l , S. 55 ff.; Nipperdey, Grundrechte IV/2, S. 885; ders., Wirtschaftsverfassung, S. 17, 23; v. d. Heydte, Vorrang, S. 55 ff.; v. Jacobs, Benutzungszwang, S. 57 ff.; E. R. Huber, Selbstverw., S. 14; Depenbrock, Stellung, S. 71, 75, 82 ff.; W. Hamann, Subsidiaritätsprinzip, passim; G. Rinde, Wirtschaftsrecht, S. 27 ff.; Pathe, DVB1. 51, 682; Kleinrahm, D Ö V 52, 105; Schick, D Ö V 62, 933 N. 35; Sieder-Zeitler, BayStrWG, Art. 40 Rdnr. 4; Ipsen, NJW 63, 2054 u. 2106; D. Schmidt, VerwArch 51, 332 f.; ders., Sparkasse 62, 181 ff.; Weisel, Sozialstaatsgrundsatz, S. 73 ff.; P. Schneider, DJT-Festschrift, S. 278; Hoppe, DVB1. 65, 587; Leisner, Grundrechte, S. 214 u. a.; Wertenbruch, Menschenwürde, S. 54 f. (einschränkend). 68 Vgl. u.a. Lerche, Verfassungsfragen, S.29; Thieme, Subsidiarität, S. 19; Herzog, Staat 63, 411; — zu weit aber etwa Dürig, JZ 53, 198; v. Münch, JZ 60, 304 ff.; G. Küchenhoff, BayVBl. 58, 65. 69 Vgl. dazu (an veröffentlichten Abhandlungen) bes. Lerche, Verfassungsfragen; Zacher, Freiheit; Köttgen-v. d. Heydte, Vorrang; Barion, Staat 64, 1 ff.; Köttgen, DÖV 61, 1 ff.; ders., JöR n. F. 11, 216 f.; ders., ZevKR 11, 225 ff.; Collmer, Beiträge; Rendtorff, Staat 62, 405 ff.; Strigl, A K K 63, 405 ff.; Matthes, Konzeptionen; Bender, DVB1. 63, 87 ff.; Auerbach, Verantwortung, S. 10, 14 ff.; Emmelius, Rangverhältnis; Ule, ZSR 62, 637 ff., 701 ff.; Verantwortung der Kirche, Innere Mission 52,129 ff.; — vgl. i. ü. noch unten S. 165 ff.
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3. Kap.: Die Einrichtung als historisch gewachsenes Institut
Das wohl entscheidende Argument, das dabei gegen die Versuche, das Subsidiaritätsprinzip dem GG als Verfassungs„prinzip" zu unterlegen, vorgetragen wurde, ist verfassungsideeller A r t . Ist das Subsidiaritätsprinzip nämlich als Ausdruck einer bestimmten sozialphilosophischen Konzeption (vornehmlich thomistischer Herkunft) 7 0 zu begreifen und somit jedenfalls nicht unmittelbar von juristischem Wertgehalt 71 , so bedurfte es für die Annahme, daß i h m dennoch verfassungsrechtliche W i r k i m g zukomme, zumindest des Nachweises, daß das GG entweder i n entsprechender Richtung ideologisch gebunden sei, oder aber daß das GG ein dem Subsidiaritätsprinzip inhaltlich entsprechendes, d.h. durchund übergreifendes Kompetenzmodell kraft verfassungsgesetzlicher Positivierung aufgenommen habe. Ein solcher Nachweis ist indessen nicht zu erbringen. Einmal ist vor allem m i t Lerche 72 festzuhalten, daß das GG ohnehin und von vornherein nicht auf eine gemeinsame Staatsoder Gesellschaftsideologie festgelegt werden kann, daß es vielmehr ideologisch neutral ist, und zum änderen ist festzustellen, daß die genannten, verf assungspunktuellen „Subsidiaritäts"aspekte keinesfalls den Schluß auf eine verfassungsgenerelle Subsidiaritätstypik zulassen. Es trifft zwar zu, daß dem GG die Intention zugrunde liegt, die staatliche und gesellschaftliche Ordnung nicht nur auf einem strikten Gegeneinander von zentralem Staat und Individuum, sondern vielmehr auf einer Vielzahl organisatorisch und funktionell unabhängiger Organismen aufzubauen 73 . Daraus folgt aber nicht, daß die Verfassung das Subsidiaritätsprinzip i n seinem grundsätzlichen Anliegen sanktioniert habe. Denn das Ziel des Subsidiaritätsprinzips, zwischen den staatlichen und gesellschaftlichen Einheiten eine allgemeine Rangordnung der A r t zu konstituieren, daß der jeweils kleineren Einheit der Vorrang vor der jeweils größeren Einheit einzuräumen sei, läßt sich aus den zitierten Vorschriften nicht entnehmen 74 . Das gilt vor allem für die grundrechtlichen Bestimmungen, die, wenn man einmal von der Vorschrift des A r t . 6 I I 7 5 und von einer, i n der Wesensgehaltsgarantie des A r t . 19 I I GG unter Umständen enthaltenen aufgabenmäßigen Mindestbestandsgarantie 76 absieht, dem Individuum bzw. den entsprechenden gesell70 Vgl. dazu u.a. Stadler, a.a.O., S. 91f.; Rendtorff, a.a.O.; v. Nell-Breuning, Staatslexikon, S. 826 ff.; dersWirtschaft I, S. 67 ff.; Link, Subsidiaritätsprinzip, passim. 71 Vgl. Utz, Formen, S. 48 f., 75 f.; Thieme, Subsidiarität, S. 16 f.; Süsterhenn, Nawiasky-Festschr., S. 149. 72 Vgl. Verfassungsfragen, S. 26 ff.; ders. auch DVB1. 61, 690, 692 ff.; vgl. auch unten S. 128 ff. (Sozialstaat) u. S. 131 f. (WirtschaftsVerfassung). 78 Vgl. u. a. Thieme, Subsidiarität, S. 19 f. 74 Vgl. u. a. Thieme, a. a. O. 75 Vgl. BVerfGE 10, 59 (83 f.); w. Nachw. b. Lerche, Verfassungsfragen, S. 29 m. N ? 58, 59. 78 Vgl. Thieme, ä. a. O., S. 20.
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schaftlichen Einheiten keineswegs (subsidiaritäts-)bestimmte Funktionsbereiche garantieren. Auch eine Berufung auf das Prinzip des sozialen Rechtsstaats (Art. 201/281GG) kann nicht verfangen 77 . Denn aus dessen System, das auf dem Begriff des gemeinschaftsgebundenen Individuums und der Forderung nach freiwilliger Übernahme sozialer Verantwortung beruht 7 8 , läßt sich keine Rangordnung sozialer Verantwortlichkeiten ableiten. Daß das Subsidiaritätsprinzip schließlich auch zur kompetentiellen Einordnung technisch-verwaltungsrechtlicher Zuständigkeiten außerstande ist, beweist das Beispiel seiner (unterverfassungsgesetzlichen) Durchführung i n einigen Landkreisordnungen 79 . Denn wenn man dort das Verhältnis von Gemeinden- und Gemeindeverbänden zunächst nach subsidiaritätsorientierten Gesichtspunkten abgegrenzt hat, so handelt es sich dabei doch letztlich nur u m eine innere Problemverschiebung 80 , die die betreffenden Landkreisordnungen zum überwiegenden Teil bereits selbst durch die parallele Statuierung einer übergreifenden Kompetenz-Kompetenz zugunsten der Landkreise als den höheren Verwaltungseinheiten gelöst haben 81 . Die Landesgesetzgeber haben hiermit erkannt, daß die subsidiaritätsgerichtete Frage, welche Aufgabe kann die untere Einheit (noch) sachgerecht bewältigen, nicht von der zweiten und entscheidenden Frage getrennt werden kann, wann ist eine konkrete Aufgabe (noch) hinlänglich wirksam von der unteren Einheit erfüllt worden bzw. wann nicht; — eine Frage, die zwangsläufig nur die kompetentielle Entscheidung einer übergeordneten Instanz beantworten kann 8 2 » 8 5 . Legt also bereits die systematische Stellung des A r t . 28 I I GG den Schluß nahe, daß die kommunale Selbstverwaltung vornehmlich politisch zu begreifen ist, so w i r d dieses Ergebnis durch A r t . 28 GG auch unmittelbar belegt. M i t der verfassungsgesetzlichen Aussage, daß die Selbstverwaltung ihren Grund und ihr Selbstverständnis nicht i n der verwaltenden Existenz der Gemeinde als „Gebietskörperschaft" o. ä., sondern i n dem auch soziologisch fundierten Tatbestand der „örtlichen Gemeinschaft" findet, bleibt die historische Dimension der Gemeinde als 77
Vgl. aber auch z. B. von Münch, a. a. O. Vgl. BVerfGE 4, 7 (15 f.); 8,274 (329); Bachof, W D S t R L 12, 81. 79 §§ 2 I BadWüLKO, 2 I HessLKO, 2 I NdsLKO, 3 I RhpfLKO, 2 I SchlHLKO, Art. 4 1 BayLKO. 80 Vgl. dazu Thieme, Sparkasse 62, 179 f.; Lerche, a. a. O., S. 35 f. N. 70; Krüger, Staatslehre, S. 773 f.; v. Unruh, Kreis, S. 266 ff., 269, 238 m. N. 164; Cantner, H B K W P I, S. 418; — a. A. u. a. D. Schmidt, Sparkasse 62, 181 ff.; ders., VerwArch 51,325 ff.; Clausen, Einfluß, S. 41. 81 Vgl. §§ 2 I I BadWüLKO, 19 HessLKO, 3 I I NdsLKO, 21 SchlHLKO. 82 Vgl. näher Thieme, a. a. O. 88 Z u Einzelausformungen des Subsidiaritätsprinzips vgl. noch unten S. 167 ff. 78
4 Scholz
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eines sozialen Verbandssystems gewahrt, das seinen spezifischen Integrationswert nach wie vor aus der lokalen Verbundenheit der Bürgerschaft bezieht. I n staatlich-funktioneller Hinsicht ist die Gemeinde politische Verantwortungseinheit und Plattform genuin-gemeinschaftlicher W i l lensbildung. Dieses B i l d der Gemeinde als „politischer und sozialer Raumgemeinschaft" 84 deckt sich nicht von ungefähr m i t dem traditionellen Grundcharakter der Gemeinde als Genossenschaft. Richtig ist an diesem Vergleich sicherlich zunächst nur so viel, daß die gemeindliche Selbstverwaltung sich nach wie vor i n dem Koordinatenpaar eines gesellschaftlich-politischen und staatlich-organisatorischen Mandats begreift. Die innere Struktur und die aufgabenmäßige Orientierung der Selbstverwaltung haben sich zum großen Teil verändert. Wie vor allem aus dem Zusammenhalt des A r t . 28 I I m i t A r t . 2812, 3 GG folgt, ist die Gemeinde zum essentiellen und nunmehr auch verfassungsgesicherten Bestandteil der demokratischen Grundordnung geworden 85 . Als spezifische Basis örtlich-mittelbarer (Art. 2812 GG) oder gar örtlich-unmittelbarer (Art. 2813 GG) Demokratie verfügt sie über einen besonderen Verfassungsrang. Sie gewährleistet auf örtlicher Ebene die vom GG m i t postulierte „Vielfalt der demokratischen Prozesse" (Werner) 66. Indem das GG dem monistisch-zentralen Demokratiebegriff der WRV eine deutliche Absage erteilt hat 8 7 und den — i n seiner dogmatischen Reichweite w o h l überschätzten — Grundsatz von der „Identität der Herrschenden und Beherrschten" 88 einem differenzierteren Verständnis zugeführt hat, hat auch die Gemeinde den ihr i n einer modernen Staatsordnung gebührenden und nunmehr abgesicherten Standort gefunden. Sie ist nicht mehr bloßer Minderheitenschutz 89 , sondern wesentliche Stufe i m 84
116.
Vgl. auch Röttgen, Krise, S. 14, 16 u. a.; Lerche, Verfassungsfragen, S. 98,
85 Vgl. E. Becker, Grundrechte IV/2, S. 686 ff.; ders., H B K W P I, S.141f.; Röttgen, H B K W P I, S.186f., 199 ff.; ders. bereits in: Krise, S.7ff., 35 ff.; Lerche, a. a. O., S. 114 ff.; Stern, BK, Art. 28 Rdnr. 46, 75; Peters, in: Staatsbürger und Staatsgewalt I I , S. 203; Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 32, 65; Thieme, A f K 63, 186, 189, 196; Imboden, Giacometti-Festgabe, S. 90; Schnur, DÖV 65, 115; Henrichs, DVB1. 54, 736; Nawiasky, Bürgerverantwortung, S. 33, 37; Jobst, Gemeinden, S. 13; Ziebill, Verwaltung, S.23, 28 ff., 48 ff.; RhpfVerfGH, OVGE 3, 34 (43); BayVerfGH, V G H E 7 (II), 113 (118); BadVGH, VRspr 4,197 (204); auch BVerfGE 7, 155 (167); 13, 1 (15 ff.); früher bereits Reisen, Staatslehre, S. 181; Forsthoff, Körperschaft, S. 110. 86
Vgl. DVB1. 52, 551. Vgl. Werner, a. a. O. 88 Vgl. dazu etwa Raiser, C.-Schmitt-Festschrift, S. 72 ff.; Scheuner, H . - H u ber-Festschrift, S. 226 f., 238; allgemein bes. Fraenkel, Komponente, S. 5 ff.; weiterhin auch Röttgen, Krise, S. 39 ff. 89 Vgl. auch Röttgen, Sicherung, S. 7. 87
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politisch-demokratischen Staatsaufbau 90 . I n ihrem Verhältnis zur ortsunmittelbaren Demokratie gewinnt sie gleichzeitig ihren spezifischen Bezugspunkt i n der modernen Gesellschaftsordnung. Als lokal umgrenztes und auf universelle A k t i v i t ä t angelegtes Sozialsystem besitzt sie den Status präsent-gesellschaftspolitischer Öffentlichkeit 91 , wie er für eine gesellschaftsoffene Demokratie nach dem Muster des GG geradezu konstituierend ist 9 2 . Indem die Gemeinde dazu berufen ist, alle gemeinschaftlichen Wirkungsbereiche, Verbindungen, Verhaltensweisen und Geschehnisse des örtlichen Daseins „integrierend" i n sich aufzunehmen, entwickelt sie eine besondere Form soziologischer wie politischer Öffentlichkeit. Erweist sich historisch bereits der lokale Markt als eine der frühesten Formen gemeindeinstitutioneller Öffentlichkeit 93 , so verwirklicht die moderne Gemeinde überhaupt und allgemein ein höchst differenziertes und vielschichtiges System permanenter Repräsentationen und Intetegrationen 94 , das durch seine ausgeprägte Interdependenz zur politischen Institution „Selbstverwaltung" jenen besonderen politischen Öffentlichkeits- und Integrationswert erstellt. Die kommunale Selbstverwaltung rückt (bleibt?) damit nicht zuletzt in die (der) Nähe jener gesellschaftlichen Vereinigungen („Verbände") öffentlichkeitsbezogener Art, deren Bedeutung für den demokratischen Willensbildungsprozeß vor allem Ridder 95 i n seiner Exegese der A r t . 5, 9, 20, 21 GG aufgezeigt hat. Der maßgebende Unterschied zwischen den Gemeinden und jenen pluralistischen Gesellschaftsformationen besteht — i n der Terminologie H. Hubers 96 — darin, daß die Gemeinden verfassungslegitimierte, aber auch -verpflichtete Träger „konstitutioneller Repräsentation" sind 97 , 90 Vgl. auch Art. 11 I V BayVerf., 1 S. 2 BayGO, §§ 11 BadWüGO, I I I HessGO, 1 1 1 NdsGO, 1 1 1 NrwGO, 1 1 1 SchlHGO. 91 Vgl .Grauhan, A f K 65, 95 ff.; Bahrdt, Großstadt, S.39ff., 45 ff., 49 ff.; Lerche, a.a.O., S. 33, 36; Beer, H B K W P I, S. 51 ff.; auch Forsthoff, Körperschaft, S. 8 ff. 92 Vgl. Lerche, a.a.O.; ders. auch in: Rechtsprobleme, S. 8 ff.; allgemein BVerfGE 7,198 (208); Arndt, öffentl. Meinung, S. 3 ff. 93 Vgl. Bahrdt, a. a. O., S. 37; Grauhan, a. a. O. 94 Vgl. Bahrdt, a.a.O., S. 39 ff., 45 ff.; auch König, Grundformen, S.24ff., 31 ff., 109 ff. 95 Vgl. u.a. in: Gewerkschaften, S.3ff.; öffentliche Aufgabe, S. 7ff.; DÖV 63, 323 ff.; Grundrechte I I , S. 249 ff.; vgl. auch Lerche, Verfassungsfragen, S. 30 ff.; Habermas, Öffentlichkeit, bes. S. 243 ff.; Fraenkel, Pluralismus, B 5 ff.; Scheuner, D Ö V 58,642 f.; Krüger, Staatslehre, S. 347,381 ff. 96 Vgl. in: Staat und Verbände, S. 19; ipi Anschluß auch Scheuner, H . - H u ber-Festschrift, S. 243. 97 Vgl. in diesem Sinne auch bereits § 110 I I 2 StO v. 1808, der die konstitutionell-repräsentative Funktion der Stadtverordneten treffend wie folgt umschreibt: „Sie sind im vollsten Sinne Vertreter der ganzen Bürgerschaft, mithin so wenig Vertreter des einzelnen Bezirks, der sie gewählt hat, noch einer Korporation, Zunft etc., zu der sie zufällig gehören."
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3. Kap.: Die Einrichtung als historisch gewachsenes Institut
während der interessenmäßig orientierte Verbandsbereich „existentiellen Repräsentations"-rang besitzt.
lediglich
Auch wenn es heute allgemein noch nicht angängig erscheint, von einer Erledigung des überkommenen Dualismus von Staat und Gesellschaft zu sprechen bzw. diesen „einfach zur ,liberalen Ideologie 4 " zu erklären 98 , hat sich die Stoßrichtung der kommunalen Selbstverwaltung dadurch, daß sie i n jenes neue inner-gesellschaftliche Spannungsverhältnis, jenen „intermediären Raum zwischen Individuum und staatlicher Gewalt" 9 9 gestellt ist, doch gründlich gewandelt. Ob die Gemeinde als lokaler und damit besonders brisanter Schnittpunkt 1 0 0 zwischen konstitutioneller und existentieller Repräsentation dieser neueren Integrationsfunktion gewachsen ist und ob es i h r gelingen wird, sich auch i n diesem Prozeß politischer Gewaltenteilung 1 0 1 zu behaupten, steht noch dahin. Auch wenn die soziologischen Voraussetzungen i m Zeitalter der modernen Industriegesellschaft, der Entwicklung überregional-wirtschaftlicher Ballungsräume und sozial veränderter Aktionsweisen (Pendler- und Verbandsbürgertum) einer kommunalen Selbstverwaltung traditioneller Prägimg fremd und feindlich geworden sein mögen 102 , so ist die dargestellte Verfassungsintention doch unabweisbar. Nur so erklärt sich, daß das BVerfG 108 mehrfach die lokale Primärfunktion des gemeindlichen Rathauses betont und dem Vorrang 98
Vgl. Ehmke, Smend-Festgabe, S. 25. Kaiser, Repräsentation, S. 29. 100 Ygi dazu besonders Lerche, Gemeinden, S. 14 ff.; Krüger, Staatslehre, S. 162, 864; Ronneberger, Staat 63, bes. S. 149 ff.; Möller, Subventionsverwaltung, S. 112 ff.; vgl. auch Forsthoff, Strukturwandlungen, S. 211, der die gesellschaftspolitische Negation der gemeindlichen Integrationsfunktion durch die Vorschriften der §§ 8 I I 2, 10 I I I 2, I V , 93 I 2 BSHG, 5 I, I I , I I I 2, 8 I I I JWG gerade unter Betonung des demokratischen Elements rügt (ebenso auch Lerche, Verfassungsfragen, S. 33). 99
101 Vgl. Lerche, Gemeinden, a.a.O.; ders., Verfassungsfragen, a.a.O.; allgem. Hesse, Bundesstaat, S. 21, 26 ff.; Werner Weber, C.-Schmitt-Festschr., S. 253 ff. 102 v g l z u diesen und ähnlichen Erscheinungen, im einzelnen allerdings m. unterschiedl. Akzent, besonders Köttgen, Sicherung, S. 3 ff.; ders., Spielraum, S. 31 ff.; ders., O L G — Celle-Festschr., S. 78 ff.; ders., A f K 64, 169 f.; ders. auch bereits in: Krise, S. 33 ff., 46 ff.; Badura, D Ö V 63, 561; Topitsch, Weisser-Festschr., S. 280 ff.; Scheuner, A f K 62, 164 ff.; Werner Weber, Staats- und Selbstverw., S. 31 ff., 53, 58ff.; ders., auch allgemein in: Spannungen; ders., C.-Schmitt-Festschr., S. 253 ff.; Bahrdt, Gemeinde, S. 5 ff.; Thieme, A f K 63, 190 ff.; Kötter, A f K 64, 199 ff.; Riemann, A f K 64, 214ff.; Rosenbaum, A f K 64, 280 ff.; Bettermann, DVB1.63, 43; Forsthoff, Stadt, S. 12 ff.; vgl. allgemein auch Kaiser, Repräsentation, bes. S. 83 ff., 181 ff.; H. Huber, Staat und Verbände; Dagtoglou, Der Private, S. 28 ff. los vgl. E n > 266 (273, 276); 12, 10 (25 ff.); 13, 1 (15 ff.); auch 13, 243 (247 ff.); vgl. dazu auch Ziebill, Pol. Parteien; H. J. Rinck, JZ 61, 73 ff.; Köttgen, Sicherung, S. 7 f., 17 ff.; Scheuner, A f K 62, 164 ff.; Lerche, Verfassungsfragen, S. 117; ders., Gemeinden, S. 15 f.
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der gemeindlichen Selbstverwaltung selbst vor den nach Zentralisation drängenden Tendenzen der gleichfalls i m konstitutionellen Repräsentationssinne verfassungslegitimierten Parteiendemokratie Ausdruck verliehen hat. Die verfassungsrechtliche Grundposition der Gemeinde ist damit i m Sinne eines zweifachen Mandats von sowohl gesellschaftlich-politischer als auch staatlich-organisatorischer Reichweite zu definieren. Für die institutionelle Garantie der kommunalen Selbstverwaltung sind i m einzelnen folgende Grundsätze festzuhalten: I n Abgrenzung gegenüber allzu pauschal unternommenen Versuchen, den institutionellen Charakter der Selbstverwaltung zu umreißen, ist die gemeindliche Selbstverwaltung vor allem m i t Stern 104 i n dreifacher Hinsicht aufzuspalten: A r t . 28 I I GG enthält demnach eine institutionelle Garantie des Rechtssubjekts „Gemeinde", eine (objektive) Garantie der Rechtsinstitution „kommunale Selbstverwaltung" und bei Angriffen auf eine dieser beiden Garantien eine ergänzende (subjektive) Rechtsstellungsgarantie der Gemeinde. Die institutionelle Rechtssubjektsgarantie der Gemeinde umgreift diese einheitlich als staatsorganisatorisches Aufbauprinzip und als gesellschaftspolitisches Integrations- und Verbandssystem 105 . I n diesem Sinne ist die gemeindliche Selbstverwaltung nicht mehr als staatsgerichtetes Grundrecht fixiert 1 0 8 ; denn die Gemeinde ist nicht i n ihrem individuellen, sondern nur i n ihrem institutionellen 1 0 7 , insofern aber (auch) subjektiv-rechtlich abgesicherten 108 Bestand garantiert. Das schließt indessen nicht aus, daß einzelne Rechtsbeziehungen der Gemeinde subjektiv-rechtliche 108 oder gar grundrechtliche 109 Sicherun104
Vgl. BK, Art. 28 Rdnr. 62—66, 78—84, 85—173,174—177. los N U I . i m organisationsrechtlichen Sinne Stern, a. a. O., Rdnr. 66; vgl. i m übrigen auch Schnur, D Ö V 65,115. 108 Vgl. Peters, in: Staatsbürger u. Staatsgew. I I , S. 207 f.; E. Becker, H B K W P I, S. 140; ders., in: Kommunale Finanzen, S. 25; Stern, a. a. O., Rdnr. 67—70; Stern-Püttner, Gemeindewirtschaft, S. 141 f.; v. Mangoldt-Klein, GG, Art. 28 Anm. I V 1 a; Berkenhoff, Komm.-VerfassungsR, S. 5 f.; Maunz-Dürig, GG, Art. 28 Rdnr. 27,19 I I I Rdnr. 38; BVerwGE. 2,329 (332). 107
Vgl. Stern, a. a. O., Rdnr. 78; Maunz-Dürig, GG, Art. 28 Rdnr. 29. Vgl. z. B. § 91 BVerfGG; — vgl. allgemein Jesch, D Ö V 60, 745 m. N. 54; Peters, a. a. O., S. 207 ff., 211; Scheuner, RStW I V , S. 100; E. Becker, H B K W P I, S. 140. 100 Vgl. Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 41ff.; Stern, BK, Art. 28 Rdnr. 71, 164; ders., JR 63, 203; ders., A f K 64, 91; Bettermann, JZ 58, 164; Stem-Püttner, a. a. O., S. 130 ff.; Röttgen, Gemeinde, S. 16; Werner Weber, Staats- und Selbstverw., S. 37; Fuß, DVB1. 58, 739 ff.; E. Becker, a. a. O., S. 139, 183; — vgl. grundsätzlich aber auch Maunz-Dürig, GG, Art. 19 I I I Rdnr. 29 ff.; Peters, A f K 64, 119 f. 108
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3. Kap.: Die Einrichtung als historisch gewachsenes Institut
g e n a u f w e i s e n 1 1 0 . Dies g i l t j e d e n f a l l s f ü r a l l e i m gesellschaftlichen B e r e i c h der S e l b s t v e r w a l t u n g v e r w u r z e l t e n R e c h t s p o s i t i o n e n 1 1 1 . I n s o w e i t i s t — u n t e r d e m V o r b e h a l t i h r e r wesensmäßigen A n w e n d b a r k e i t ( A r t . 19 I I I G G ) — v o n e i n e r i n s t i t u t i o n e l l e n I m p l i k a t i o n b e s t i m m t e r G r u n d r e c h t s k o m p l e x e i n die a l l g e m e i n e G a r a n t i e b e s t i m m u n g des A r t 28 I I G G auszugehen 1 1 2 . A b g e s e h e n v o n d e n j u s t i z i e l l e n G r u n d r e c h t e n 1 1 3 ist d a b e i v o r n e h m l i c h a n die G r u n d r e c h t e aus A r t . 2 1 U , 3 1 1 5 , 5 1 1 6 , 9 I 1 1 7 , 1 2 1 1 8 u n d 14 G G 1 1 9 z u d e n k e n . Die objektive Garantie der Rechtsinstitution „ S e l b s t v e r w a l t u n g " u m g r e i f t jenen, v o n A r t . 28 I I G G als die e i g e n v e r a n t w o r t l i c h e E r l e d i g u n g a l l e r A n g e l e g e n h e i t e n der ö r t l i c h e n Gemeinschaft u m s c h r i e b e n e n u n d f o l g l i c h i m materialen S i n n e aufzufassenden 1 2 0 S e l b s t v e r w a l t u n g s begriff. Dieser steht z w a r u n t e r e i n e m a l l g e m e i n e n Gesetzesvorb e h a l t 1 2 1 , ist aber j e d e n f a l l s i n seinem Wesensgehalt verfassungsrechtl i c h gesichert 1 2 2 . 110 Zur näheren dogmatischen Begründung der Vereinbarkeit von institutioneller Garantie und Grundrechten vgl. — gegen die Lehre C. Schmitts (vgl. Freiheitsrechte, in: Aufsätze, S. 140 ff.) von der strukturellen Unvereinbarkeit — Lerche, Übermaß, S. 239 ff.; ders., DVB1. 61, 693; 58, 528 m . N . 51; ders., Grundrechte IV/1, S. 449 N. 3; ders., Verfassungsfragen, S. 103 N. 263; vgl. weiterhin Haberle, Wesensgehaltgarantie, S. 92 ff.; vgl. allerdings auch Abel, Einrichtungsgarantien, S. 48. 111 Vgl. Stern, BK, Art. 28 Rdnr. 71 f. 112 Vgl. Köttgen, Gemeinde, S. 16. 113 Vgl. Stern, BK, Art. 28 Rdnr. 71. 114 Vgl. Muntzke-Schlempp, HessGO, §98 Erl. I I ; — a. A. Stern-Püttner, a. a. O., S. 36 f. 115 Vgl. Stern, BK, a.a.O.; E. Becker, H B K W P , a.a.O.; Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 42; Zuhom-Hoppe, Gemeinde-Verfassung, S. 75; Werner Weber, a. a. O. 116 Art. 5 GG wohl insoweit, als „die in der »öffentlichen Meinung' zum Ausdruck kommenden Tendenzen und Stellungnahmen zu politischen Fragen als Vorformung der politischen Willensbildung des Volkes' gelten" (vgl. BVerfGE 8, 104 [113]). Zu beachten sind dabei allerdings die kompetentiellen Schranken (Art. 28 I I GG! — vgl. näher BVerfGE 8, 115 ff.). — I m Ergebnis auch Berkenhoff, a. a. O., S. 6; Zuhom-Hoppe, a. a. O. 117 Vgl. E. Becker, a.a.O.; Gönnenwein t a.a.O., S.43; Werner Weber, a. a. O.; Zuhom-Hoppe, a. a. O. 118 Vgl. Muntzke-Schlempp, a. a. O.; Zuhom-Hoppe, a. a. O.; BVerwG, DÖV 59, 61 (62) für gemeindliche Sparkassen; a. A. aber z. B. Köttgen, Gemeinde, S. 57 m. N. 28; Stem-Püttner, a. a. O., S. 131,136 f. (vgl. aber auch S. 137). 119 Vgl. Stern, BK, a.a.O.; Stem-Püttner, a.a.O., S. 137; Köttgen, a.a.O., S. 16; Werner Weber, a.a.O.; Gönnenwein, a.a.O.; Berkenhoff, a.a.O.; Zuhorn-Hoppe, a. a. O. 120 Vgl. u. a. E. Becker, Grundrechte IV/2, S. 696; ders., H B K W P I, S. 120; Gönnenwein, a. a. O., S. 34; Lerche, Verfassungsfragen, S. 95 m. w. Nachw. 121 Dabei ist mit der h. L. davon auszugehen, daß der Gesetzesvorbehalt sich sowohl auf den Aufgabenbestand („alle Angelegenheiten") als auch auf die Eigenverantwortlichkeit der Ausführung („in eigener Verantwortung") erstreckt (vgl. z. B. BVerfGE 1, 167 [175 ff.]; 7, 358 [365]; 8, 332 [359]; BVerwGE 6,
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Unter dem Wesensgehalt der kommunalen Selbstverwaltung soll dabei — i m Anschluß an Lerche 123 und Stern 124 — die Summe all derjenigen unterverfassungsrechtlichen Normen verstanden werden, die i n qualitativ prägender Funktion der Institution „Selbstverwaltung" ihr typisches und charakteristisches B i l d verleiht. Das bedeutet m i t anderen Worten, daß statt auf die geschützte und nur substraktionsmäßig erfaßbare Quantität vorhandener Selbstverwaltungs„freiheit" auf die Fülle der diese „Freiheit typisch schützenden" (Lerche) Normen abzustellen ist 1 2 5 . Bestimmend für die verfassungsrechtliche Substanz und Funktionskraft der kommunalen Selbstverwaltung sind der Inhalt und die W i r kungsbreite der Selbstverwaltungsangelegenheiten. Deren Begriffsgehalt und Verfassungsevidenz bestimmt sich wiederum aus bzw. anhand der allgemeinen Selbstverwaltungskonzeption des GG. Wurde diese oben 126 als prinzipiell politisch-integrationsrechtlicher A r t erkannt, so folgt daraus für den Begriff der Selbstverwaltungsangelegenheit ein eigenständiger politisch-integraler Bedeutungsgehalt 127 . Das heißt, daß der Begriff der Selbstverwaltungsangelegenheit einmal nicht nur technisch-verwaltender A r t ist 1 2 8 und zum anderen auch nicht i m nur formalen Substraktionsverfahren von der staatlichen (Auftrags-)Angelegenheit her gedeutet werden darf. Unter Selbstverwaltungsangelegenheit i m hiesigen Sinne ist vielmehr der prinzipiell materialpolitische Komplex derjenigen „öffentlichen" Aufgaben zu verstehen, die bestimmt und geeignet sind, die Gemeindebürger i m Rahmen der lokalen Gemeinwohlverpflichtung zur politischen und sozialen Raum19 [22 ff.]; Lerche, a. a. O., S. 99 f.; Ule, ZSR 62, 703 f.; Stern, BK, Art. 28 Rdnr. 114). Denjenigen Autoren gegenüber, die den Gesetzesvorbehalt teils auf den Aufgabenbestand (vgl. z. B. Maunz-Dürig, GG, Art. 28 Rdnr. 31 ; v. MangoldtKlein, GG, Art. 28 Anm. I V 1 d; Kollmann, D Ö V 51, 146; Laforet, D Ö V 49, 222) und teils auf die Eigenverantwortlichkeit beschränken (vgl. Ipsen, D Ö V 55, 227 f.; Gräfe, D Ö V 55, 650; Genzer, Städtetag 50, 314 ff.; Werner Weber, a. a. O., S. 49 f.; Neuhoff, D Ö V 52, 259 ff.; Göb, H B K W P I, S. 392), ist trotz des nicht ganz eindeutigen Wortlautes des Art. 28 I I GG festzuhalten, daß Auslegungen der von ihnen vertretenen Art weder mit der Tradition der kommunalen Selbstverwaltung vereinbar sind noch irgendwie entstehungsgeschichtlich aus Art. 28 I I GG zu begründen sind (vgl. näher noch Lerche, a. a. O.). 122 Vgl. Stern, BK, Art. 28 Rdnr. 120 m. w. Nachw. 123 Vgl. in: Übermaß, S. 236 ff.; Verfassungsfragen, S. 100 ff.; Gemeinden, S. 24. 124 Vgl. in: BK, a.a.O., Rdnr. 120ff.; A f K 64, 94; Stern-Püttner, a.a.O., S. 144 ff., 150 ff., 155. 125 Zur dogmatischèn Begründung dieser Lehre vgl. Lerche, Übermaß, S. 236 ff., u. Verfassungsfragen, S. 100 ff. 120 Vgl. S. 45, 49 f. 127 Vgl. Lerche, Verfassungsfragen, S. 115. 128 Nachw. vgl. N. 59 auf S. 45.
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3. Kap.: Die Einrichtung als historisch gewachsenes Institut
gemeinschaft der oben dargelegten A r t zu integrieren 129 . I n diesem Sinne ist die kommunale Selbstverwaltung ein politisches Formprinzip, dessen Inhalt Peters 190 und, i h m folgend das BVerfG 191, wie folgt umschrieben haben: „Kommunale Selbstverwaltung — wie sie heute verstanden w i r d — bedeutet ihrem Wesen und ihrer Intention nach A k t i vierung der Beteiligten für ihre eigenen Angelegenheiten, die die i n der örtlichen Gemeinschaft lebendigen Kräfte des Volkes zur eigenverantwortlichen Erfüllung örtlicher Aufgaben der engeren Heimat zusammenschließt m i t dem Ziel, das Wohl der Einwohner zu fördern und die geschichtliche und heimatliche Eigenart zu wahren." Aus dieser, mehr an politischen und soziologischen Gegebenheiten anknüpfenden Definition läßt sich zwangsläufig keine definitive Entscheidung über die Rechtsqualität der konkreten Selbstverwaltungsangelegenheit gewinnen. Aus der zunächst staatlich organisierten Stellung der Gemeinde folgt jedoch, daß eine Selbstverwaltungsangelegenheit zumeist verwaltender und damit öffentlich-rechtlicher A r t sein wird. Unabhängig davon — und das ist gegenüber den modernen Tendenzen eines zur völligen Annektion sozial relevanter Verantwortungsbereiche neigenden Verwaltungsstaates 132 besonders zu betonen — ist aber für die gesellschaftspolitische Sphäre der kommunalen Selbstverwaltung eine Funktionshoheit der Gemeinden auch i n lediglich soziologischen Öffentlichkeitsbereichen anzuerkennen 133 . Die rechtliche Qualität dieser Verhaltensweisen ist materiell-privatrechtlicher A r t . Verwaltungsrechtliche Aufgaben der Gemeinden sind demnach, weil öffentlich-rechtlich, stets Selbstverwaltungsangelegenheiten, soweit sie nicht i m Einzelfall staatliche Angelegenheiten darstellen. Die gesellschaftlich-privatrechtlichen Initiativen der Gemeinde zählen qualitativ dagegen nur dann zum Selbstverwaltungsbereich, wenn sie spezifischöffentlicher und damit politisch-integrationsrechtlicher A r t sind. Eine analoge Abwägung des einer konkreten Aufgabe immanenten Integra12i
Vgl. auch Lerche, a. a. O., S. 110,114 ff. Vgl. Lehrb., S. 292. 131 Vgl. BVerfGE 11, 266 (275 f.); — vgl. auch BVerfGE 8, 122 (134): „Angelegenheiten des örtlichen Wirkungskreises sind nur solche Aufgaben, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf die örtliche Gemeinschaft einen spezifischen Bezug haben und von dieser örtlichen Gemeinschaft eigenverantwortlich und selbständig bewältigt werden können." — Vgl. weiterhin auch Köttgen, Sicherung, S. 9; ders., Selbstverwaltung, S. 224; Wolff, VerwR I I , S. 140 f., 152; E. Becker, H B K W P I , S. 131. 182 Vgl. dazu u. a. Köttgen, Gemeinde, S. 33. iss vgl. i m Ergebnis auch Stern, BK, Art. 28 Rdnr. 72; Groll, Gemeindefreiheit, S. 56f. u.a.; Badura, D Ö V 63, 564f.; Köttgen, Sicherung, S. 3, 9f.; Salzwedel, Kommunalrecht, S. 217, 219, 275 ff.; OVG Münster, DVB1. 63, 927 (928); — vgl. i m übrigen auch die Nachw. oben S. 44 N. 56; zur Rechtsnatur dieses Aufgabenkreises vgl. i m einzelnen unten S. 120 ff. 180
§ 3 Verwaltungsentwicklung, -formen und Wirtschaftsengagement
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tionswertes findet für die öffentlich-rechtlichen Selbstverwaltungsangelegenheiten erst auf der Stufe der Wesensgehaltsprüfung statt. Denn als typische Selbstverwaltungsfunktion i m Sinne des oben 184 umrissenen Wesensgehaltsbegriffs haben regelmäßig nur solche A n gelegenheiten zu gelten, die eine entsprechende Integrationswirkung äußern. Vom sachbezogenen Gegenstand her ist unter den Selbstverwaltungsangelegenheiten m i t Köttgen 135 zwischen Zuständigkeiten zur „funktionellen Entfaltung der Gemeindeverwaltung" und Zuständigkeiten für die „institutionellen Fundamente" der Selbstverwaltung zu unterscheiden. Z u den letzteren zählen vor allem die organisationsrechtlichen Kompetenzen der gemeindlichen Gebiets-, Personal- und Finanzhoheit 1 3 6 .
§ 3 Die kommunale Verwaltungsentwicklung die Ausbildung anstaltsrechtlicher Verwaltungsformen und das traditionell-gemeindliche Wirtschaftsengagement Beweist das verfassungsrechtliche Verständnis der kommunalen Selbstverwaltung nach alledem eine dualistische, d.h. sowohl verwaltungsrechtliche wie gesellschaftliche Funktions- u n d Organisationsweisen aufnehmende Struktur, so ist auf diesem Hintergrund nunmehr der verwaltungshistorische Standort des gemeindlichen Einrichtungswesens zu ermitteln. Dabei w i r d einmal die organisationshistorische Ausbildung gemeindlicher „Anstalts"formationen und zum anderen der Entwicklungsgang der gemeindlichen Wirtschaftsbetätigung als desjenigen Funktionskreises zu verfolgen sein, der dem Einrichtungswesen seit jeher i n einem benachbart-korrespondierenden, teils aber auch i n einem rechtlich entgegengesetzten Verhältnis gegenübergestanden hat.
A. Die Anfänge der kommunalen Verwaltungsinitiativen und deren statusrechtlicher Inhalt Auch wenn der rechtstechnische Begriff der „öffentlichen Einrichtung" jüngeren Datums ist, muß ein historischer Rückblick auf die Ursprünge 184
Vgl. S. 55. Vgl. in: Gemeinde, S. 49; vgl. im Anschluß auch Lerche, Verfassungsfragen, S. 96. 136 vgL Köttgen, a.a.O.; Lerche, a.a.O.; — im einzelnen vgl. auch unten S. 91 ff. 185
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3. Kap.: Die Einrichtung als historisch gewachsenes Institut
und Anfangsformen der gemeindlichen Verwaltung zum Gewinn eines tieferen Verständnisses von den früh-mittelalterlichen Ansätzen der kommunalen Verwaltungsentfaltung ausgehen. Denn bereits i n dieser Phase bildeten sich diejenigen materiell-,,veiwaltungs"rechtlichen Zweckschöpfungen, die wenigstens i m Grundsatz für die gesamte weitere Entwicklung der kommunalen Selbstverwaltung richtung- und wesensbestimmend geblieben sind. So variabel und — an modernen Maßstäben gemessen — undifferenziert die damalige Verwaltungskonzeption der kommunalen Selbstverwaltung auch gewesen ist, so lassen sich die letztlich maßgebenden Funktionszwecke doch schon damals etwa wie folgt katalogisieren: a) Mittels ihrer materiell schon als polizeirechtlich zu qualifizierenden Aufsichtsgewalt waren die Gemeinden bereits i m Besitz einer allgemeinen Ordnungskompetenz, die sich vor allem in einer ausgeprägten Rechtssetzung niederschlug 1 . b) Aus der genossenschaftlichen Gemeinschaftsordnung folgte für die Gemeinden eine allgemein-wohlfahrtspflegerische Sozialkompetenz. c) Aus der seit den Zeiten der Allmendordnung bestehenden, grundsätzlichen Orientierung der Gemeinden an materiellen Wirtschaftszwecken folgte aa) eine allgemein wirtschaftsf
ordernde und
bb) eine allgemein wirtschaftsteilhabende
Gemeindekompetenz 2.
Die genossenschaftsrechtliche Einheitsverfassung der Gemeinde bewirkte dabei allerdings eine weitgehende Verschränkung der (objektiven) „Verwaltungs"zwecke, die noch nicht den juristischen Ordnungsbegriffen von öffentlichem und Privatrecht zugänglich waren 3 . Wichtig für die moderne Rechtsentwicklung blieb andererseits die gerade i m wirtschaftlichen und sozialen Bereich dominierende subjektivrechtliche Bindung der gemeindlichen Verwaltungsagenden, die ihren Grund i n der strikt mitgliedschaftsrechtlichen Verbandsstruktur der Gemeinden fand und die Gemeindeverwaltung i n einer spezifisch statusrechtlichen Form verpflichtete und determinierte 4 . Subjektiv-rechtlicher Bezugsgrund jeder konkreten Verwaltungsverantwortung war das 1 Vgl. besonders Acker-, Zunft-, Markt-, Brau-, Maß-, Hausier-, Armen-, Gesinde-, Bau-, Straßen-, Feuerordnungen etc.; — vgl. dazu Schmoller, Städtewesen, S. 339; E. Becker, Grundzüge, S. 51 ff., 84 ff., 93; Preuß, Entwicklung, S. 46; Steinbach, Grundlagen, S. 53 ff. 2 Vgl. dazu u. a. Siedentopf, Grenzen, S. 16 f.; Schnettler, Betriebe, S. 301 ff. 8 Vgl. oben S. 36 f. 4 Zu den genossenschaftsrechtlichen Grundlagen vgl. vor allem O. v. Gierke, Genossenschaftsrecht I I , S. 26 ff., 42 ff., 56 ff., 134 ff., 194 ff., 266 ff., 325 ff., 405 ff., 691 ff.; vgl. auch Doms, Recht auf Benutzung, S. 7 f.
§ 3 Verwaltungsentwicklung, -formen und Wirtschaftsengagement
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aktive Gemeinschaftsglied, der Gemeindebürger. Er war Teilhaber und Nutzungsberechtigter an jeder Gemeindeangelegenheit, angefangen von der urförmlichen Allmende 5 bis hin zu allen anderen gemeindlichen Wirtschafts- und Sozialgehalten. Unter diesen ließ sich bereits i n jener Anfangsära der kommunalen Selbstverwaltung eine breite Vielfalt „anstalts"ähnlich gearteter Initiativen 6 nachweisen, die allerdings noch nicht den heutigen Maßstäben eines technischen Anstaltsbegriffs folgten 7 und die sich auch noch nicht i n die späteren Kategorien von öffentlicher und privater Gemeindeanstalt einordnen ließen. Das kommunale Anstaltswesen formierte sich i n diesen frühen Ansätzen auf der einheitlichen Rechtsebene der gemeindlichen Genossenschaft, aus der es seine verantwortungskräftigen Impulse und vor allem seine notwendige Organisationsbindung an das gemeindliche Bürgerrecht bezog. Das statusrechtliche Teilhaberecht des Bürgers wurde damit (bereits) i n dieser Zeit zum evidenten Begriffskriterium auch der gemeindlichen „AnstaltsVerwaltung". Eine erste Funktionsgliederung dieser Anstaltstypen könnte sich etwa auf folgende Zweckkataloge 8 gründen: I n polizeilicher Zweckrichtung wären vor allem die örtlichen Feuerschutzeinrichtungen, Nachtwachen, aber auch die städtischen Kornmagazine, Schauämter, Arbeitshäuser, Kreditanstalten usw. zu erwähnen. I n sozialer Zweckrichtung wären insbesondere die gemeindlichen Kranken-, Siechen-, Alters- und Waisenhäuser zu nennen. I n wirtschaftlicher Zweckrichtung wären insbesondere die örtlichen Märkte, die gemeindeeigenen Mühlen, Wäschereien, Badehäuser, Lager- und Kaufhäuser, Schmieden, Keltern, Fähren, Deiche, Bäckereien, Brunnen und sonstige Wasseranlagen, Gewandhäuser, Gerbereien, Weberrahmen, Fuhrwerkseinrichtungen, Sandgruben, Waagen, Bergwerke, Domänen etc. anzuführen. Bereits das zahlenmäßige B i l d dieser früh-typischen „Anstaltsfunktionen" beweist einen deutlichen Vorrang des gemeindlichen W i r t schaftsengagements 9. Schon die traditionelle Wirtschaftsgemeinde des 5 Vgl. dazu u.a. O. v. Gierke, Genossenschaftsrecht I, S. 60ff., 162ff.; E. Becker, Grundzüge, S. 35; Steinbach, Grundlagen, S. 33 ff.; Doms, a. a. O., S. 7 ff. 6 Vgl. auch Doms, a. a. O. 7 Etwa seit dem 16. Jh. läßt sich die öffentl.-verwaltende Wohltätigkeitsanstalt nachweisen (vgl. M. Vogel, Apparatur, S. 53). 8 Nachweise bei: Schmoller, Städtewesen, S.45ff., 260ff., 339 u.a.; ders., Umrisse, S. 5; E. Becker, Grundzüge, S. 54, 63, 72 ff., 93 ff.; Blodig, Selbstverwaltung, S. 193; Preuß, Entwicklung, S. 52, 85; Steinbach, Grundlagen, S. 37, 69; Doms, a. a. O.; Siedentopf, Grenzen, S. 16; Stern, A f K 64, 81; Depenbrock, Stellung, S. 1. • Zur prinzipiell wirtschaftlich orientierten Grundverfassung der Gemein-
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3. Kap.: Die Einrichtung als historisch gewachsenes Institut
Mittelalters widmete sich vornehmlich den ökonomischen Interessen ihrer Bürger. Denn der Dienst an der Selbstverwirklichung des Bürgers als wirtschaftendem Individuum galt seit jeher als eine der tragenden Grundzüge der gemeindlichen Selbstverwaltung 10 ; — ein Tatbestand, der den Stil der Gemeindeverwaltung von Grund auf geprägt und letztlich zu einem dominierend wirtschaftswissenschaftlichen Verständnis des gemeindlichen Gemeinwesens überhaupt geführt hat 1 1 .
B. Das kommunale Anstaltswesen im Zeitalter polizeistaatlicher Durchformung und im 19. Jahrhundert Die polizeistaatliche Ordnung des absolutistischen Staates führte zur weitgehenden Auflösung der gemeindlichen Genossenschaftsverfassung und — gerade unter Einschluß der anstaltsrechtlichen Bereiche — damit auch zu einer grundlegenden Umstrukturierung der Gemeindeverwaltung. Erkannte man die (kommunale) „Verwaltung" zwar nunmehr als hoheitlich bzw. öffentlich-rechtlich an und schied sie konsequent von den privatrechtlichen Funktionsweisen, so wurde doch gleichzeitig auch die initiäre und eigenständige „Selbst"Verwaltung von dem übergreifenden Obrigkeitsmonopol des monarchischen Staates absorbiert. Die Gemeinden wurden prinzipiell nur noch als gesellschaftliche K o r porationen verstanden, deren Aufgabenbereich zwangsläufig und vornehmlich nur i n privatrechtlicher 12 Wirtschafts- und Vermögensverden bzw. zur Geschichte der Gemeindewirtschaft überhaupt vgl. besonders: O. v. Gierke, a. a. O., S. 60 ff., 162 ff., 313 ff.; Steinbach, a. a. O., S. 17 ff.; Preuß, a. a. O., S. 12 ff., 61 ff.; E. Becker, a. a. O., S. 33 ff., 48 ff., 72 ff.; Topitsch, WeisserFeßtschr., S. 276 f.; Schmoller, Umrisse, S. 5; Stern, A f K 64, 81 ff.; Stern-Püttner, a. a. O., S. 11 ff.; Siedentopf, a. a. O., S. 16 ff.; Jaekel, Anschlußzwang, S. 26 ff.; Möller, Wirtschaftsförderung, S. 17 ff., 30 ff., 52 ff.; Depenbrock, a. a. O. S. 1 ff.; Köttgen, Spielraum, S. 9 ff.; ders., A f K 62,18; Lamp, Selbstverwaltung, S. 61; C. F. v. Gerber, StaatsR, S. 60. 10 I n diesem Sinne verstanden sich in jenen frühen Zeiten der kommunalen Selbstverwaltung besonders das Recht auf den „Bürgernutzen" und das „Recht auf bürgerliche Nahrung" als typische Ausflüsse des allgemeinen Bürgerrechts. 11 Vgl. grundlegend M. Weber, Wirtschaft u. Gesellschaft, 2. Halbbd., bes. S. 514 ff.; vgl. auch Schumpeter, Kapitalismus, S. 224 („die Stadtverwaltung [war] der Führung eines Geschäfts verwandt"); i . A . daran Köttgen, Spielraum, S. 10; vgl. auch Preuß, a. a. O., S. 51 („innige Verbindung von Rathaus und Kaufhaus"); — vgl. auch §86118 A L R : „Städte sind hauptsächlich zum Aufenthalte solcher Einwohner des Staats bestimmt, welche sich mit der Verarbeitung oder Verfeinerung der Naturerzeugnisse, und mit dem Handel beschäftigen." — Ähnlich auch noch § 15 StO v. 1808. 12 Vgl. z. B. § 53 BadGemeindeG v. 31.12.1831: „Alles liegende und fahrende Vermögen der Gemeinden, ersteres mag Gemeinde- oder Almendgut seyn, ist
§3 Verwaltungsentwicklung, -formen und Wirtschaftsengagement waltung bestehen konnte 1 3 . Die traditionelle Ortspolizei wurde, zumindest der Sache nach, zur Staatszuständigkeit 14 , auch wenn den Gemeinden vielleicht zum Teil eine ortspolizeiliche „Reliktkompetenz" verblieben sein mag 15 . Denn gleichgültig, ob der städtische Magistrat nun formell als „Staats"- oder als „Kommunal"behörde Inhaber der „Ortspolizei" war, er unterstand jedenfalls der unbegrenzten Weisungsgewalt der staatlichen Polizeiorgane 18 . Der verwaltungsrechtliche Effekt dieser Entwicklung w i r d vollkommen, wenn man zum anderen die funktionelle Ausdehnung betrachtet, die der materielle Polizeibegriff unter dem Einfluß der eudämonistischen Staatstheorie des Absolutismus erfahren hatte: „Polizei" war begrifflich schlechthin identisch m i t dem gesamten Bereich der „inneren Verwaltung" 1 7 . Als repräsentatives Beispiel für diese Rechtsauffassung ist seiner ursprünglichen Intention nach etwa auch das P r A L R zu erkennen 18 . Der materielle Polizeibegriff beschränkte sich keineswegs auf den Sektor bloßer Gefahrenabwehr. Er umgriff vielmehr den gesamten Komplex (negativ-)gefahrenabwehrender und (positiv-)wohlfahrtsförderndas Eigenthum der Gemeindebürger als Gesammtheit." (abgedr. b. Christ, BadGemeindeG, S. 49). 18 Vgl. dazu oben S. 38 und bes. Preuß, a.a.O., S.329f.; Blodig, a.a.O., S. 196; Reus, Selbstverwaltung, S. 27; Rosin, Annalen 1883, 293; Stern, A f K 64,
82.
14 Vgl. Blodig, a. a. O., S. 197, 214; Reus, a. a. O., S. 1 ff., 65 u. a.; zur StO von 1808 vgl. auch Clauswitz, StO, S. 78; Schinkel, Staat 64,331. 15 Vgl. z. B. § 3 WürttVerwEdikt v. 1.3.1822: „Jede Gemeinde hat das Recht, . . . ihr Gemeindevermögen selbständig zu verwalten und die Ortspolizei nach den bestehenden Gesetzen zu handhaben." (abgedr. b. Blodig, a. a. O., S. 199). — Bis zum Erlaß der StO v. 1808 galt in Preußen die gleiche Rechtslage kraft § 128 I I 8 A L R (ebenso die VO Friedrichs d. Gr. v. 3.12.1743 — vgl. E. Becker, a. a. O., S. 143); vgl. weiterhin §§ 6, 41 Bad GemeindeG v. 1831; § 184 lit. b R V v. 1849 (abgedr. b. Preuß, a.a.O., S.335); vgl. allerdings auch die bei Preuß, a. a. O., S. 337, wiedergegebene Regelung d. öster. GO v. 1849, die aber bereits durch Kabinettsorder v. 31.12.1851 wieder aufgehoben wurde (vgl. Preuß, a.a.O., S.338); — w. Nachw. vgl. u.a. bei Hefter, Selbstverwaltung, S.299, 302, 607; Steinbach, a.a.O., S. 128ff., 1561; Preuß, a.a.O., S.291 ff.; Rosin, Polizeiverordnungsrecht, S. 161 ff.; E. Becker, a.a.O., S.261 ff.; O. v. Gierke, Genossenschaftsrecht I, S. 740. 16 Vgl. z. B. §§ 166 StO v. 1808 (dazu bes. Schinkel, Staat 64, 317), 109 StO v. 1831, 56 StO v. 30.5.1853 (GS 261); vgl. dazu näher auch Preuß, Amtsrecht, S. 140 ff.; ders., Entwicklung, S. 281 f., 319; — vgl. allerdings auch §§ 58 Ziff. 1, 114 Ziff. 1 lit. a PreußGO v. 11. 3.1850 (GS 213); vgl. weiterhin Art. 104 PreußVerf. v. 1848 einerseits und Art. 105 der revid. Verfassungsurkunde v. 31.1.1850 (GS 17) andererseits; dazu schließlich Preuß, Entwicklung, S. 340; E. Becker, a. a. O., S. 236. 17
Vgl. i m einzelnen vor allem das Standardwerk von Mohls, Die Polizeiwissenschaft, insbes. I, S. 97—688, I I , S. 5—567; Raible, Geschichte, S. 14 ff.; Drews-Wacke, PolR, S. 2 ff.; Thoma, Polizeibefehl, S. 156; Reus, Selbstverw., S. 1 ff.; Schinkel, Staat 64,318 ff. 18
Vgl. Kleinheyer, Staat, S. 115 ff.; Schinkel, a. a. O.
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3. Kap.: Die Einrichtung als historisch gewachsenes Institut
der Staatsbetätigung 19 . Seine auch für die kommunale Selbstverwaltung maß- und richtunggebende Bedeutung deklarierte deutlich auch § 167 StO von 1808, der „die Ortspolizei jeder Stadt" als zuständig „ f ü r die Sicherheit und das Wohl der städtischen Einwohner" erklärte 2 0 . Die Auswirkungen dieser Entwicklung für die kommunale Anstaltsund Wirtschaftsverwaltung waren erheblich: I n wirtschaftlicher Beziehung wurden die Gemeinden fast ausschließlich auf einen wirtschaftsteilnehmenden (nicht mehr auch wirtschaftsordnenden) und damit rein privatrechtlich-gesellschaftlichen Funktionskreis zurückgedrängt. I n (anstaltsrechtlich-)verwaltender Hinsicht wurden sie weitgehend zu (staats-)polizeilichen Verwaltungseinheiten; ein Prozeß, der zur Ausbildung des Instituts der „polizeilichen Gemeindeanstalt" 2 1 und zur weitgehenden Auflösimg der aus der gemeindlichen Genossenschaftsverfassung herrührenden Status- und Teilhaberechte der Bürger führte. M i t der Einführung des polizeilichen Anstaltswesens verfielen die kommunalen Anstalten i n beträchtlichem Umfange, wenn nicht überhaupt, der staatlichen Disposition 22 . Sachlich deckten sich die polizeiliche Regiezone und der kommunale Anstaltssektor allerdings nicht völlig, da das gemeindliche Anstaltswesen funktionell auch i n jene, fortan dem Privatrecht unterstellten Wirtschaftsbereiche hineinragte. Aus diesem Grunde unterschied man bald zwischen öffentlichen Gemeindeanstalten, gemeindlichen Privatanstalten und gemeindlichen Polizeianstalten* 3. Unter gemeindlichen Privatanstalten verstand man dabei die w i r t schaftlich-privatrechtlichen Unternehmen der Gemeinde, also denjenigen Bereich gemeindlicher (Unternehmer-)Initiative, der nicht mehr zur öffentlichen Gemeindeverwaltung rechnete. Als verwaltend und damit öffentlich-rechtlich galten nur die öffentlichen und Polizeianstal19
Vgl. im Zusammenhalt vor allem §§ 2 I I 13, 3 I I 13, 10 I I 17 A L R ; — vgl. dazu Schinkel, a. a. O., S. 321 ff.; Raible, a. a. O., S. 14 f.; Reus, a. a. O., S. 4; Wolzendorff, Polizeigedanke, S. 14 ff. 20 Vgl. dazu auch Schinkel, a. a. O., S. 329; auch — mit bes. Bezug auf das gemeindliche Anstaltswesen — Art. 138 V BayGO für die Landestheile diesseits des Rheins v. 29.4.1869 (abgedr. bei v. Kahr, BayGO I I , S. 367). 21 Vgl. dazu Schulz, Gemeindeanstalten, S. 1 ff., 14f.; Jebens, PrVBl. 22, 329 ff.; Loschelder, StO v. 1853, S. 52; Bleek-Loschelder, LGO v. 1891, S. 46. — Wie Wolzendorff, a. a. O., S. 25 ff., berichtet, wurden sogar Zünfte in Polizeianstalten umgewandelt. 22 Vgl. ausdrücklich §§ 167 („die nach der Disposition der Polizeibehörde erforderlichen Anstalten"), 168 StO v. 1808 („die Ausführung der Anstalten nach der Disposition der Polizeibehörde"). 28 Vgl. näher z.B. Bleek-Loschelder, a.a.O., S.45f.; Loschelder, a.a.O., S. 50 ff.; Matthias, Selbstverw., S. 297 ff.; Friedrichs, K A G , § 3 Anm. 2, 3; Oertel, StO v. 1853, § 4 Anm. 2; Ledermann-Brühl, StO v. 1853, § 4 Anm. 2.
§ 3 Verwaltungsentwicklung, -formen und Wirtschaftsengagement
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ten. Unter diesen besaßen aber die polizeilichen Anstalten wiederum einen derart massiven Funktionsvorrang, daß die oben behauptete Konsequenz, das gemeindliche Anstaltswesen sei zum größten Teil dem staatlichen Zugriff verfallen, zwingend erscheint 24 . Unter den polizeilichen Gemeindeanstalten wurden all diejenigen Anstalten zusammengefaßt, die — sei es ganz oder nur teilweise — „polizeilichen" Zwecken dienten 25 . Diese konnten wiederum i n sämtlichen Gemeindebereichen, auch unter den eigentlich privat-anstaltlichen, gegeben sein 26 , da die Gemeinden generell, d.h. wie Untertanen, als polizeiunterworfen galten 27 . Diesen polizeilichen Kompetenzdurchgriff vervollständigte schließlich noch die allgemeine Polizeikostenlast der Gemeinden 28 . Aus dieser resultierte für die staatlichen Polizeiinstanzen zwar nicht das Recht, von den Gemeinden die Errichtung bestimmter Anstalten verlangen zu können; diese waren aber andererseits verpflichtet, die Kosten für eine polizeieigene Anstaltserrichtung zu tragen 29 . Nach den allgemeinen Polizeipflichtigkeitsgründen konnte eine kommunale Veranstaltung sowohl unmittelbar, mittelbar wie auch nachträglich zur polizeilichen Anstalt werden 30 . Organisationsrechtlich pflegte sich dieser Vorgang entweder i n der Form eines polizeilichen Errichtungs-, Ausbau« bzw. Beibehaltungsbefehls oder durch die polizeiliche Verfügung des Anschluß- und/oder Benutzungszwanges zu vollziehen 31 . Nominell trugen die meisten der betroffenen Aufgabenbereiche zwar weiterhin das Etikett der gemeindlichen „Selbstverwaltungs"angelegenheit, und entsprechend behandelte man die Gemeinden nach wie vor als „selb24 Vgl. allgemein zu dieser Entwicklung bzw. gerade zur StO v. 1808, die den staatlichen Polizeiprimat besonders betonte, u.a. Hefter, a. a. O., S.96; Preuß, Amtsrecht, S. 140 ff. 25 Vgl. Schulz, a.a.O., S. 7ff.; Jebens, a.a.O.; Stier-Somlo, HBKomVerfR, S. 261; Matthias, a. a. O., S. 298; auch Thoma, a. a. O., S. 156 ff.; § 2 I I Entw. z. Preuß. PolKostenG v. 1889 (abgedr. bei Schulz, a. a. O., S. 8). 26 Vgl. Schulz, a. a. O., S. 11. — Vgl. auch die interessante Konstruktion Thomas, a. a. O., S. 187 f., der die Polizeipflicht der privatrechtlich handelnden Gemeinde in der Weise begründen wollte, daß die Gemeinde aufgrund des „Zusammenwirkens eines so breiten Publikums... als die natürliche Vertreterin des Publikums" anzusehen ist, d. h. „in ihrer Eigenschaft als Kollektivpersönlichkeit des ortsanwesenden Publikums von dem Polizeibefehl getroffen wird". — Kritisch dazu etwa Schulz, a. a. O., S. 31 f., 37 f., 66. 27 Vgl. dazu Schulz, a. a. O., S. 6 f. 28 Vgl. dazu Thoma, a.a.O., S. 154 ff.; Schulz, a.a.O., S. 22 f., 26 ff.; auch Hatschek, VerwaltungsR, S. 512, der insoweit von polizeil. Gemeindeanstalten im weiteren Sinne spricht. 29 Vgl. z. B. PrOVGE 36,440 (445). 80 Vgl. dazu Schulz, a. a. O., S. 34. 31 Zum letzteren vgl. vor allem Wolzendorff, VerwArch 21, 515, 519 ff.; Jaekel, Anschlußzwang, S. 15 ff.; Wietkamp, Probleme, S. 13 f. Teilweise kam es aber auch zur doppelten Anstaltserrichtung in derselben Gemeinde; vgl. z. B. für die Stadt Berlin Clauswitz, StO, S. 177.
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3. Kap. : Die Einrichtung als historisch gewachsenes Institut
s t ä n d i g e " I n h a b e r d e r A n s t a l t e n 8 2 . I n d e r Sache w u r d e dieses „ R e c h t " d e r G e m e i n d e n aber d u r c h die u n a b h ä n g i g n e b e n die a l l g e m e i n e K o m munalaufsicht tretende Polizeikontrolle eliminiert 3'. Einige Gemeindegesetzgebungen gaben dieser E n t w i c k l u n g auch a u s d r ü c k l i c h R a u m , i n d e m sie die G e m e i n d e a n s t a l t e n z w a r f o r m e l l als I n s t i t u t e der g e m e i n d e eigenen V e r w a l t u n g ansprachen, m a t e r i e l l aber die w e s e n t l i c h s t e n unter den anstaltlichen Funktionsbereichen zu den polizeilichen A n g e l e g e n h e i t e n z ä h l t e n 3 4 . Diese P r a x i s schlug sich n i c h t z u l e t z t auch i n e i n e m b r e i t e n F u n d u s s t a a t l i c h e r Gesetzes- u n d M i n i s t e r i a l e r l a s s e 3 5 s o w i e i n der J u d i k a t u r 3 6 n i e d e r . I m Ergebnis ressortierten zur polizeilichen Anstaltshoheit v o r allem die Feuerschutzeinrichtungen 37, die Straßenbeleuchtung, - r e i n i g u n g 82
Vgl. z. B. Schulz, a. a. O., S. 38 ff.; PrOVGE 18,139 (145). Vgl. Thoma, a. a. O., S. 161 ; auch Schulz, a. a. O., S. 20,38 ff. Charakteristisch ist z. B. die Regelung des BadGemeindeG v. 1831. Dies zählt das gemeindliche Anstaltswesen offensichtlich zur allgemein-kommunalen Vermögensverwaltung und damit zum Grundbestand der Selbstverwaltung (arg. §§ 6, 42 Ziff. 3, 41 I V ) und nennt nur mittelbar in § 73 die typischen Anstaltsbereiche (z. B. Hospitäler, Entbindungs-, Waisen-, Armenhäuser, Zeughäuser, Zucht-, Arbeits-, Irren- und Siechenhäuser, Friedhöfe etc.). Andererseits wird aber der ortspolizeiliche Zuständigkeitsbereich, ungeachtet der sich ergebenden Kompetenüberschneidungen, mit erschöpfender Genauigkeit aufgeführt (vgl. §48: „Sicherheits-, Reinlichkeits-, Gesundheits-, Armen-, Straßen-, Feuer-, Markt- . . .-polizei"). 85 Vgl. z.B. Reskr. d. Pr.Min.d.Inn. v. 17.12.1809 (abgedr. bei Schulz, a. a. O., S. 17) betr. die „Polizeianstalten" : „Die Polizei bestimmt, was geschehen soll und fordert dies von den Magistraten... Sollte in der Besorgung solcher Polizeianstalten durch die Magistrate irgendetwas versäumt oder vernachlässigt werden, so sind die Polizeibehörden befugt, auch die Ausführung anzuordnen und dem Magistrat demnächst die Kostenrechnimg behufs Zahlung zuzustellen, welche unweigerlich geleistet werden muß." — Ebenso Reskr. v. 21.6.1834 (abgedr. bei Schulz, a. a. O., S. 18). — Vgl. auch § 2 Preuß. Geschäftsinstruktion f. d. Regierungen in sämmtlichen Provinzen v. 26.12. 1808 (abgedr. bei Schinkel, Staat 64, 326 f.), die der Polizeideputation zur „Oberaufsicht und Fürsorge" z.B. folgende Aufgabenbereiche zuwies: Erhaltung d. öffentl. Ruhe, Sicherheit u. Ordnung, Armenanstalten, Hospitäler, Medizinal- und Gesundheitsangelegenheiten, öffentl. Kommunikation, Strom-, Deich-, Brücken- und Hafenbauten, Gewerbe-, Fabriken-, Handels-, Schifffahrts-, Gewerks- und Innungssachen, alle Landeskulturangelegenheiten. — Vgl. weiterhin auch § 112 rev. StO v. 1831, der den Magistrat (staatliche Polizeibehörde) u. a. in Angelegenheiten d. örtl. Polizeianstalten nicht an die Beschlüsse („Gutachten") der Stadtverordnetenversammlung band. — Vgl. auch noch Art. 5 1 I V BayGO v. 17.10.1927 (GVB1. 293). 39 Zur Rspr. d. PrOVG vgl. die folgenden Nachweise; insbes. zur Judikatur d. BadVGH vgl. Thoma, a. a. O., S. 159 f. m. N. 6. — Vgl. schließlich die bei Clauswitz, a. a. O., S. 80, wiedergegebenen Gedanken des Mitschöpfers der StO v. 1808 Frey, der das Armenwesen, die Schulen, das Nachtwach- und Feuerlöschwesen, die Brunnen, das Pflasterwesen, die Straßenbeleuchtung, die Straßenreinigung, Gefängnisse, Arbeitshäuser, die Charité zum polizeil. Einflußbereich rechnete. 87 Vgl. Reskr. v. 21.6.1834 (b. Schulz, a.a.O.); PrOVGE 18, 139 (1441); 23, 87 (103); v. Brederlow, Verfassung, S.36; Clauswitz, a.a.O., S.26, 80, 119f., 161 f., 177 f.; Stier-Somlo, a. a. O. 88
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und -pflasterung 38 , die Bestattungsanlagen3®, die Kanalisationsanlagen 40 , die Fäkalienabfuhr 41 , die Bedürfnisanstalten 42 , die Schlachthäuser 43 , die Armen- und sonstigen Wohlfahrtsanstalten 44 , das Nachtwachwesen 45 , die Seuchen- und Krankenanstalten 48 , die Desinfektionsanstalten 47 , die Müllabfuhreinrichtungen 4 8 , die Polizeigefängnisse 49 , die Brunnen 5 0 , die öffentliche Stadtuhr 5 1 etc. 52 . Daneben erkannte zwar gerade das PrOVG wenigstens i m Grundsatz an, daß die gemeindliche Wohlfahrtspflege bzw. die dieser gewidmeten Gemeindeanstalten dem polizeilichen Zugriff entzogen sein sollten 53 . Diese Einschränkung besaß aber angesichts der wenig präzisen Unterscheidung zwischen „Polizei" und „Wohlfahrt" nur sehr begrenzten Wert und sollte i m übrigen auch nur für den Fall gelten, daß kein polizeilicher „Notstand" gegeben sei 54 . Einen endgültigen und grundlegenden Wandel fand diese Entwicklung erst m i t der zentralen Entscheidung des PrOVG vom 14.6.1882 („Kreuzberg-Urteil") 5 5 , die den materiellen Polizeibegriff inhaltlich auf das Moment der Gefahrenabwehr verengte 56 . Hiermit war der Poli88 Vgl. Reskr. v. 1.11.1836, 8. 3.1829, 15.5.1839, 11.2.1841 (b. Schulz, a. a. O.); PrOVGE 7, 354 (359); 18, 139 (144f.); 23, 87 (103); 26, 139; Clauswitz, a.a.O., S. 26,119 f., 161 f., 177 f. 89 Vgl. Zirk. d. Preuß.Min.d.Inn. v. 2.3.1831 (b. Schulz, a.a.O.); Matthias, a. a. O., S. 298. 40 Vgl. Reskr. v. 3.10.1825, Reskr. d. PreußJustizMin. vom 22.10.1830 41 Vgl. Stier-Somlo, a. a. O. 42 Vgl. PrOVGE 12, 387 (389 f.). 48 Vgl. Thoma, a.a.O., S. 160; Stier-Somlo, a.a.O.; Matthias, a.a.O.; Schmoller, Städtewesen, S. 386; zweifelnd Schulz, a. a. O., S. 52. 44 Vgl. PrOVGE 18, 139 (144f.); 26, 139; v. Brederlow, a.a.O., S.36; Clauswitz, a. a. O., S. 26,120. 45 Vgl. PrOVGE 18,145; 26,139. 46 Vgl. PrOVGE 18,144 f. 47 Vgl. PrOVGE 18,145; Stier-Somlo, a. a. O.; Matthias, a. a. O. 48 Vgl. Matthias, a. a. O. 49 Vgl. Reskr. v. 3.10.1825, Reskr. d. PreußJustizMin. vom 22.10.1830 (Nachw. jeweils b. Schulz, a. a. O.); PrOVGE 23, 87 (103), v. Brederlow, a. a. O. 50 Vgl. Schmoller, a. a. O., S. 394. 61 Vgl. Reskr. v. 30. 5.1840 (b. Schulz, a. a. O.). 52 Weitere umfangreiche Nachweise vgl. bei Schulz, a. a. O., S. 40 ff.; Jebens, a. a. O. 58 Vgl. besonders PrOVGE 7, 354 (359); 12, 382 (386f.); 23, 87 (103); Jebens, a. a. O., S. 330; vgl. auch Rosin, VerwArch 3, 311 ff. m. N. 193; Thoma, a. a. O., S. 160 f.; andererseits aber auch Wolzendorff, VerwArch 21, 519 ff. 54 Vgl. z. B. PrOVGE 12, 382 (385). 65 Vgl. PrOVGE 9, 353 ff. 56 Zur besonderen Bedeutung gerade auch des Genossenschaftsgedankens als Grund für dieses neuere und engere Verständnis des materiellen Polizeibegriffs vgl. Wolzendorff, Polizeigedanke, S. 177 ff., 182.
5 Scholz
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zei i n weitem Umfange auch das Recht genommen, auf die meist sozialpflegerisch orientierten Gemeindeanstalten Einfluß zu nehmen 57 . Die strukturellen Wandlungen, die die kommunale Verwaltungsordnung und m i t ihr das kommunale Anstaltswesen i n dieser Ä r a polizeistaatlicher Durchformung erfahren haben, blieben für die Erkenntnis der modernen gemeindlichen Anstaltsverwaltungen von erheblicher Bedeutung. Verstand sich die gemeindliche Anstaltsverwaltung nämlich bisher als eine homogene Einheit genossenschaftlicher Wohlfahrts- und Wirtschaftspflege 58 , so gewann sie nunmehr zum Teil öffentlich-rechtliche Verwaltungsqualität. Indem die bisher einheitliche Verwaltungskonzeption der Gemeinden i n das dualistische System öffentlich-rechtlicher Verwaltungs- und privatrechtlicher Gesellschaftsagenden zerfiel, formte sich auch das Anstaltswesen zu einem Komplex heterogener Rechtsinstitute um. Die gemeindlichen Privatanstalten lösten sich gleichzeitig (und w o h l auch konsequent) aus ihren originären Genossenschaftsbindungen und wurden i n der Folgezeit zum Einfallstor für das neue liberalistische Ideengut einer expansiven Gemeindewirtschaft. Die bisher nahezu ausschließlich sozial-wirtschaftlich orientierten Zwecksetzungen mischten sich bald m i t ersten fiskalisch-erwerbswirtschaftlichen Akzenten 59 , die als frühe Ansätze für eine gemeindeeigene Erwerbswirtschaft zunächst zwar nicht allzuviel besagten, andererseits aber doch den Grundstein zur späteren Anerkennung der gemeindlichen „Wirtschaftsunternehmung" als eigenständiger Funktionskategorie — m i t dem entscheidenden Begriffsmerkmal der, dem privaten Gewinnstreben korrespondierenden Gewinnerzielungsabsicht 60 — legten 61 . Vorerst stand das kommunale Anstaltswesen allerdings noch und insoweit durchaus kontinuitätsbewußt i m Zeichen einer primären W i r t schaftspflege 62, die gerade i n jenen Anfangszeiten des modernen Industriezeitalters einen besonderen, meist m i t dem Schlagwort vom „Munizipalsozialismus" 63 gekennzeichneten und für die neuere Selbst67
Vgl. Reus, a. a. O., S. 7. Vgl. auch Stern, A f K 64, 81 f. 69 Vgl. näher Stern, a. a. O., S. 82 f., unter Bezugnahme auf die Verh. d. Vereins f. Socialpolitik, Wien 1909 (vgl. Schriften d. Vereins f. Socialpolitik, Bd. 132); Loschelder, StO v. 1853, S. 50; Bleek-Loschelder, LGO v. 1891, S.45; Jebens, PrVBl. 22,330. 60 Vgl. Stern, a. a. O., S. 84 (m. w. Nachw.); Stier-Somlo, a. a. O., S. 259; Loschelder, a. a. O.; Bleek-Loschelder, a. a. O.; vgl. auch Art. 3 Ausf.Anw. zum P r K A G (auszugsw. abgedr. b. Stern, a. a. O., S. 83). 61 Vgl. z. B. Art. 126 WürttGO v. 28. 7.1906 (abgedr. b. Michel, Gemeindeu. BezirksO, S. 113 f.). 62 Vgl. Stern, A f K 64, 82 ff. 68 Vgl. z.B. Hefter, Selbstverw., S.2741, 610, 750; Preuß, Entwicklung, S. 377. 58
§ 3 Verwaltungsentwicklung, -formen und Wirtschaftsengagement
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Verwaltung schließlich stilprägend gewordenen 64 Aufschwung nahm 6 5 . Rechtlich wurde diese Entwicklung allerdings erst durch die Zurückdrängung der staatlichen Polizeigewalt ermöglicht. Es bedurfte erst der geschilderten Verengung des materiellen Polizeibegriffs, um zum Ende des 19. Jahrhunderts i n den Gemeinden wieder jene kräftigen gesellschaftlichen Energien frei werden zu lassen, die der kommunalen „ A n stalts"verwaltung so richtunggebende und typprägende Impulse gegeben hatten und weiterhin geben sollten. Dieser Entwicklung fiel allerdings auch der bisher als einheitliches Rechtsinstitut behandelte 66 „Anstalts"begriff zum Opfer. Von einem feststehenden Anstaltsbegriff konnte künftig nicht mehr die Rede sein 67 . Hatte bereits die polizeirechtliche Erschließung der kommunalen Anstaltsverwaltungen zu erheblichen Begriffsunsicherheiten geführt, so vermehrten sich diese unter den veränderten Bedingungen zum Ausgang des 19. Jahrhunderts vollends. Eine erste Wirrnis ging schon auf § 10 I I 17 P r A L R zurück, der anstelle der gemeinten polizeilichen „Maßnahmen" (Handlungen) 68 von polizeilichen „Anstalten" sprach. Konsequent vertrat das PrOVG 69 die Auffassung, daß der Begriff »„Anstalten 4 nach dem landrechtlichen Sprachgebrauche .. neben ständigen Einrichtungen offenbar auch einmalige »Anordnungen'" begreife 70 . Diese Auslegung des § 10 I I 17 P r A L R ist für den Begriff der Gemeindeanstalt (insbesondere für den der Polizeianstalt) nicht ohne Auswirkungen geblieben 71 , aber auch auf erhebliche K r i t i k gestoßen, da die historische Entwicklung der Gemeindeanstalten zum Teil doch sehr viel kompaktere und auf Dauer angelegte Begriffsgebilde überliefert hatte 72 . Das Spiegelbild dieser begrifflichen Schwierigkeiten fand sich i n den terminologischen Umschreibungsversuchen der Gemeindegesetzgebun64
Vgl. dazu bes. Köttgen, Spielraum, S. 9 ff.; Forsthoff, Stadt, S. 12 ff. Zur Entwicklung der Wirtschaftszweige im einzelnen, bes. zur kommunalen Versorgungswirtschaft, vgl. Stern-Püttner, Gemeindewirtschaft, S. 11 ff.; Depenbrock, Stellung, S. 2 ff. 66 I n diesem Sinne war die „Gemeindeanstalt" Oberbegriff über sämtliche, d. h. auch die privaten Anstaltstypen geblieben. — Vgl. z. B. Bleek-Loschelder, LGO, § 88 Anm. I I 6 (bez. §§ 8, 88 Ziff. 3 PrLGO f. östl. Prov. v. 30. 7.1891 — GS 233); Stier-Somlo, a. a. O., S. 261. 67 Vgl. Jebens, a. a. O., S. 329; Oertel, StO v. 1853, § 4 Anm. 2. 68 Vgl. Schulz, a. a. O., S. 10. «« Vgl. PrOVGE 27, 62 (66); 52, 84 (87 ff.); anders nur PrOVGE 45, 140 (1431). 70 Vgl. PrOVGE 27, 66. 71 Vgl. näher Schulz, a. a. O., S. 10 ff. 72 Vgl. Schulz, a.a.O. — Vgl. auch in deutlicher Unterscheidung Art. 89 HessG (betr. die GO) v. 30. 6.1821 (abgedr. b. Doms, Recht auf Benutzung, S. 7 N. 9): „Arbeiten und Anstalten". — Ähnliche Zweifel belasteten die Frage, ob und ggf. inwieweit reine Sachinbegriffe (Wege, Brunnen usw.) dem Anstaltsbegriff Genüge taten. 65
5*
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3. Kap.: Die Einrichtung als historisch gewachsenes Institut
gen, die sich b a l d n u r noch z u m T e i l a u f d e n E i n h e i t s b e g r i f f der „ g e m e i n d l i c h e n A n s t a l t " z u e i n i g e n v e r m o c h t e n 7 3 . A n d e r e Gesetzg e b u n g e n sprachen b e r e i t s v o n „ A n s t a l t e n u n d E i n r i c h t u n g e n " 7 4 b z w . v o n „ V e r a n s t a l t u n g e n ( A n l a g e n , A n s t a l t e n u n d E i n r i c h t u n g e n ) " 7 5 , denen g l e i c h z e i t i g die „ g e w e r b l i c h e n U n t e r n e h m u n g e n d e r G e m e i n d e " gegenü b e r g e s t e l l t w u r d e n 7 8 . Diese E n t w i c k l u n g s t ä n d i g n e u e r Versuche, d e n B e g r i f f u n d I n h a l t d e r k o m m u n a l e n „ A n s t a l t " definitorisch z u u m r e i ßen, f a n d i h r E n d e erst i n d e r D G O , die a u f d e n B e g r i f f „ A n s t a l t " gänzl i c h v e r z i c h t e t e u n d n u r n o c h v o n „ ö f f e n t l i c h e n E i n r i c h t u n g e n " sprach 7 7 . A l s gesicherte R e c h t s e r k e n n t n i s v e r d i e n t i m m e r h i n s o v i e l festgehalt e n z u w e r d e n , daß a l l e d i e j e n i g e n G e m e i n d e a n s t a l t e n , die d e n m a t e r i e l l e n P o l i z e i a u f g a b e n d i e n t e n , v o n n u n a n als öffentliche V e r w a l t u n g s t r ä g e r z u q u a l i f i z i e r e n w a r e n 7 8 . D a z u rechneten auch a l l e I n s t i t u t e der — t r a d i t i o n e l l z u m k o m m u n a l e n Selbstverwaltungsbereich gehören-
73 Vgl. §§ 44, 55, 167, 168 StO v. 1808 u. a. (vgl. aber auch etwa § 173 StO v. 1808, der von „Gemeine-Einrichtungen" sprach); 1 Ziff. 1 BadBürgerrechtsG v. 31.12.1831 (abgedr. b. Christ, BadGemeindeG, S. 155); 3 1 PrGO v. 11.3.1850 (GS 213); 4 PrStO f. östl. Prov. v. 30. 5.1853 (GS 261); 2 I I I WestfLGO v. 19. 3. 1856 (GS 265); 19 RheinProvLGO v. 23.7.1845 (GS 523); 4 Ziff. 2 GothaGemeindeG v. 11.6.1853 (abgedr. b. v. Strenge, Gotha. Gemeindeverfassungs- u. GemeindeverwaltungsR, S. 119 ff.) 74 Vgl. z. B. §§ 8 PrLGO v. 30. 7. 1891 (GS 233); 8 SchlHLGO v. 4. 7. 1892 (GS 155); 8 HessNassLGO v. 4. 8.1897 (GS 301); 8 HohzLGO v. 2. 7.1900 (GS 189); 7 Ziff. 2 WestfKreisO v. 31. 7.1886 (GS 217); 13 PrGemVerfG v. 15.12.1933 (GS 427); Art. 16 I I WürttBezO v. 28. 7.1906 (abgedr. b. Michel, a. a. O., S. 501); — vgl. auch §§ 15 I, I I , 92 I ThürGemKreisO v. 8. 7.1926 (GS 235) i. d. F. v. 22. 7. 1930 (GS 123/148): „Anstalten, Einrichtungen und Betriebe" (§117 I I spricht allerdings nur von „Einrichtungen"); vgl. auch die interessante Fassung des § 12 Ziff. 2 österGO f. das Burgenland v. 29.4.1924 (abgedr. b. Doms, a. a. O., S. 6): Anspruch „auf die Benutzung der Gemeindeanstalten nach Maßgabe der bestehenden Einrichtungen". 75 Vgl. § 4 I P r K A G v. 17. 7.1893 (GS 152); vgl. auch § 9 I PrKAG, der von „Veranstaltungen" spricht, „welche durch das öffentliche Interesse erfordert werden"; vgl. weiterhin Art. 49 Ziff. 3, 126 WürttGO v. 28. 7.1906 (abgedr. bei Michel, a.a.O., S.48, 114): „Anlagen, Anstalten oder Einrichtungen"; § 8 PrGemVerfG v. 15.12.1933: „Verwaltungseinrichtungen... Anlagen und Anstalten". 76 Vgl. § 3 1 P r K A G ; — vgl. auch Art. 31 I PfälzGO v. 1. 7.1869 (abgedr. b. v. Wand, Gemeinde-Ordnung, S. 271): „Eigenthum, . . . Anstalten und Unternehmungen"; ebenso Art. 401, 112 I Ziff. 10 BayGO f. d. Landestheile diesseits des Rheins v. 29.4.1869 (abgedr. b. v. Kahr, BayGO I, S. 337, 359); vgl. aber auch Art. 18 IV, 72 I, 1061, 112 I Ziff. 5, die nur von „Anstalten" („Gemeindeanstalten") sprechen; vgl. weiterhin auch Art. 138 V, 140 I I („Einrichtungen" und „Anstalten") sowie Art. 112 I Ziff. 1 („Anstalten oder sonstige Unternehmungen"); vgl. späterhin Art. 441 BayGO vom 17.10.1927: „Eigentums . . . Anstalten, Unternehmungen und Einrichtungen". 77
Vgl. §§ 17, 18; — vgl. ebenso auch bereits §§ 147 I Ziff. 1, 1481 SächsGO v. 1.8.1923 (GBl. 373) i . d . F . v. 15.6.1925 (GBl. 136); vgl. im übrigen noch die weiteren Nachw. b. Doms, a. a. O., S. 4 ff.; Jebens, a. a. O, S. 330. 78 Vgl. Schulz, a. a. O., S. 17.
§ 3 Verwaltungsentwicklung, -formen und Wirtschaftsengagement
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d e n 7 9 — öffentlichen Fürsorge, d e r e n G r u n d v e r s t ä n d n i s bis i n die j ü n g s t e Z e i t p o l i z e i r e c h t l i c h e M e r k m a l e t r u g 8 0 . S o w e i t sonstige w o h l fahrtspflegerische oder w i r t s c h a f t l i c h e A u f g a b e n i n „ a n s t a l t s " r e c h t l i c h e n F o r m e n w a h r g e n o m m e n w u r d e n , h a n d e l t e es sich i n d e r M e h r zahl der Fälle u m I n i t i a t i v e n privatrechtlich-gesellschaftlicher A r t , auch w e n n es d e n G e m e i n d e n keineswegs v e r w e h r t w a r , auch i n diesen Bereichen z u ö f f e n t l i c h - r e c h t l i c h e n V e r w a l t u n g s - u n d V e r a n t w o r t u n g s f o r m e n z u g r e i f e n 8 1 . Gerade jene — m o d e r n gesprochen — „ d a s e i n s v o r sorgerischen" E i n r i c h t u n g e n d e r G e m e i n d e n speisten sich n o c h u n d v o r n e h m l i c h aus d e m gesellschaftlich-komplementären Funktionsverständn i s d e r S e l b s t v e r w a l t u n g 8 2 , dessen s t i l - u n d b e g r i f f s b i l d e n d e K r a f t sich gerade — u n d das i s t c h a r a k t e r i s t i s c h — a u ß e r h a l b d e r s t a a t l i c h e n 8 5 , m e i s t noch v o n p o l i z e i s t a a t l i c h e n Einflüssen v e r f o r m t e n G e m e i n d e v e r fassung durchgesetzt h a t 8 4 . D e n n so w i e „ d a s G e m e i n d e v e r h ä l t n i s " ü b e r h a u p t „ s e i n e m e i g e n t l i c h e n Wesen n a c h " als „ e i n gesellschaftl i c h e s " 8 5 v e r s t a n d e n w u r d e , so w u r d e n auch jene T ä t i g k e i t s b e r e i c h e 79 Vgl. z.B. Lerche, Verfassungsfragen, S. 98f.; Auerbach, Verantwortung, S. 15; Werner Weber, Staats- und Selbstverw., S. 31, 51; Maunz-Dürig, GG, Art. 28 Rdnr. 25; Muthesius, Bogs-Festschr., S. 248; G. Rüchenhoff, BayVBl. 58, 103; Blaum, DVB1. 51, 162; Pünder, Gemeinden, S. 86; Helfritz, Grundriß, S. 8; Röttgen, Krise, S.28; Beseler, System, S.272f.; PrOVGE 12, 155 (158); wohl auch BVerfGE 6,104 (116). 80 Vgl. dazu u.a. Rnoll, ZgStW 111, 418ff.; BVerwGE 1, 159 (161 f.) sowie die Nachw. oben S. 64 N. 35; — in diesem Sinne auch durchaus noch die R F V v. 13. 2.1924 sowie die RGr v. 1. 8.1931 in ihren zuletzt maßgebenden Fassungen v. 11. 5.1943 (RGBl. I 301) bzw. 27.12.1943 (RGBl. I 686); vgl. dazu auch noch unten S. 234 f., 237. 81 Dies beweisen nicht zuletzt einige der von G. Jellinek, System, S. 283, gerade als typisch-gesellschaftlich („öffentlich") erkannten Beispiele (z.B. Armenpflege, Straßenreinigung und -beleuchtung), die sachlich längst zu echten (öffentlich-rechtlichen) Verwaltungsagenden geworden waren (vgl. schon oben S. 65 N. 38, 44). — Ein treffendes Bild dieser Problematik zeichnet auch das kommunale Beamtenrecht, wie das Beispiel des § 8 I I PrKomBeamtG v. 30.7.1899 (GS 141) beweist. I m Bereich der „städtischen Betriebsverwaltung", ein Begriff, der bewußt der eigentlichen, obrigkeitlichen Gemeindeverwaltung gegenübergestellt wird und zunächst vor allem die Zone der privaten und gewerblichen Gemeindeanstalten umreißt (vgl. m. w. Nachw. Rautz-Appelius, KomBeamtR § 8 Anm. 6), überläßt das Gesetz die Anwendung der beamtenrechtlichen Vorschriften auf die dortigen Dienstverhältnisse bewußt der Einzelfallregelung durch die Gemeinden selbst. 82 Vgl. dazu allgemein schon oben S. 42 ff. 83 Vgl. auch Stern, A f K 64, 83; Depenbrock, Stellung, S. 20. 84 Lediglich in einigen Spezialgesetzen fanden sich schon erste Aspekte einer allgemeineren Staatskontrolle und Beaufsichtigung wirtschaftlicher Gemeindeinitiativen: vgl. z.B. zum Pfandleihwesen die PrKabinettsorder v. 28.6.1826 (GS 81) u. zum Sparkassenwesen das PrSparkassenreglement v. 12.12.1838 (GS 1839 S. 5). — Zur geschichtl. Entwicklung d. gemeindlichen Sparkassen vgl. überhaupt z.B. Clausen, Einfluß, S. 15ff.; Frick, Staatsaufsicht, S. 67 ff.; Stadelmayer, Sparkasse, S. 62 ff.; Stern-Püttner, a. a. O., S. 13 ff., 43 ff.; sowie noch unten S. 185. 85 Vgl. Roesler, Sociales VerwR, S. 251.
70
3. Kap.: Die Einrichtung als historisch gewachsenes Institut
der Gemeinden zur Erreichung sozialer Zwecke regelmäßig zwar als „öffentlich", nicht aber als öffentlich-rechtlich erachtet 86 . Insgesamt konnte schon zum Ausgang des 19. Jahrhunderts von einer reinlichen Unterscheidung zwischen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen („öffentlichen") Selbstverwaltungsangelegenheiten nicht mehr die Rede sein. Die Aufgaben der kommunalen Selbstverwaltung waren seitdem durch ein Verhältnis ständiger Wechselwirkungen und Interdependenzen zwischen materiell-verwaltenden und frei-gesellschaftlichen Funktionsweisen einerseits und öffentlich- bzw. privatrechtlichen Organisationsformen andererseits gekennzeichnet. Der soziologischen Affinität von öffentlicher Gemeindeverwaltung und gemeindlich-gesellschaftlicher (Unternehmer-)Initiative folgte jedoch (noch?) nicht die juristische Identität beider Aktionskreise. Rechtlich konnte zwischen öffentlich- und privatrechtlich betriebenen Anstalten einerseits und (zwingend stets privatrechtlichen) Wirtschaftsunternehmungen andererseits unterschieden werden. Formal mochte dabei die privatrechtlich betriebene und wirtschaftende öffentliche Anstalt den Anschein einer „Zwitter"stellung erwecken. Material war und blieb aber auch sie, w e i l zumindest öffentlich-rechtlich intendiert, Verwaltungseinheit. Wenn die kommunale Funktionstypik auch anfangs die Entwicklung stabiler Abgrenzungskriterien noch fast gänzlich vermissen ließ, so zeichneten sich doch i n der späteren Entwicklung des 19. Jahrhunderts auch hier die ersten Ansätze einer historisch adäquaten Lösung ab: M i t der Reformierung der kommunalen Selbstverwaltung als Grundform der politischen Bürgerintegration 8 7 wurde die Gemeindeanstalt — wenigstens konzeptionell — wieder in spezifisch-statusrechtliche Bindungen eingefaßt. Während die gemeindliche Privatanstalt i m „rechtsfreien" Raum gesellschaftlich-komplementärer Gemeindefunktionen verblieb, trat die öffentliche Gemeindeanstalt i n ein Verhältnis subjektiv-öffentlich-rechtlicher Zuordnung zum allgemeinen Bürgerstatus. M i t der Auflösung der genossenschaftlichen Gemeindeverfassung i m absolutistischen Zeitalter war zunächst auch die bürgerschaftliche Statusordnung untergegangen. Die — inhaltlich allerdings schon weithin 86 Vgl. G. Jellinek, a. a. O. (ders. auch allgem. in: Staatslehre, S. 645 ff.); vgl. weiterhin Siedentopf, Grenzen, S. 17 f.; Köttgen, DJT-Festschrift, S. 578; C F. v. Gerber, StaatsR, S. 60 f.; PrOVGE 2, 186 (190); vgl. auch die bei Popitz t Gemeindeflnanzen, S. 3, wiedergegebene charakteristische Formel: „Der Staat herrscht, die Gemeinde wirtschaftet." — Zu der Unterscheidung von öffentlichen und öffentlich-rechtlichen Gemeindeangelegenheiten vgl. im einzelnen noch unten S. 120 ff. 87
Vgl. dazu oben S. 39 ff.
§ 3 Verwaltungsentwicklung, -formen und Wirtschaftsengagement
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erstarrten 8 8 — genossenschaftlichen Teilhaberechte der Gemeindebürger, vor allem also das „Recht auf bürgerliche Nahrung" u n d das „Recht auf den Bürgernutzen" 8 9 , waren i n der privatrechtlichen Privilegienordnung der korporativen Gemeindeverfassung aufgegangen 90 . Als Bestandteil dieser ständischen Ordnung mochten sie sich zwar vorerst noch ein gewisses Maß gemeinschaftserhaltender Konsistenz bewahrt haben; m i t der Ablösung auch der ständischen Grundlagen durch die selbstverwaltungsrechtlichen Reformgesetze des frühen 19. Jahrhunderts 9 1 büßten sie aber auch diese ein 9 2 ; — ein Kontinuitätsbruch von größter Tragweite. Der Gemeindebürger galt fortan nicht mehr als gemeinschaftsintegriertes Subjekt, sondern n u r noch als Objekt einer auch Wohlfahrtspflegenden Polizei-Verwaltung 9 3 . Der demgegenüber vor allem von Wolzendorff 94 unternommene Versuch, die polizeistaatlichen Maßnahmen zur staatsunmittelbaren L e n k u n g des gemeindlichen A n staltswesens als eine kontinuitätsgerechte Fortsetzung des überkommenen Genossenschaftsrechts hinzustellen, vermag k a u m zu überzeugen. Es ist zwar richtig, w e n n Wolzendorff 9 5 auf die inhaltliche Verwandtschaft z. B. eines polizeilich verfügten Anschluß- und/oder Benutzungszwangs m i t traditionell gemeindlichen Zwangsmaßnahmen, w i e z.B. der „Heufahrt" oder der Einrichtungen des „Furchen- u n d Karchweg"rechts 9 6 hinweist. Wolzendorff verkennt aber, daß derartige Staatsmaßnahmen rechtlich gerade nicht m i t den ursprünglichen B i n dungen des Genossenschaftsrechts identisch sein konnten.
88
Vgl. E. Becker, Grundzüge, S. 126, 294 ff. Vgl. dazu O. v. Gierke, Genossenschaftsrecht I, S. 697; E. Becker, a. a. O., S. 116,125, 294 ff.; vgl. auch schon oben S. 60 N. 10. 90 Vgl. dazu O. v. Gierke, a.a.O., S.638ff., 671 ff., 697; E. Becker, a.a.O., S. 159 ff.; — vgl. auch noch § 62 StO v. 1808, der von bloßen „gesellschaftlichen Vorteilen" spricht. — Reliktweise haben sich diese privatrechtlichen Nutzungsrechte bis auf den heutigen Tag in der Form des Gemeindegliedervermögens erhalten (vgl. §§ 83, 148 Ziff. 19 BadWüGO, 51 Ziff. 14, 96 HessGO, 45 Ziff. 13, 87 NdsGO, 28 I lit. p, 66 NrwGO, 75 RhpfGO, 81 SaarGO, 80 SchlHGO, Art. 68—71 BayGO). — I m Gegensatz zu den Statusrechten haben sich die kommunalen Statuspflichten sehr viel länger erhalten, wie z. B. noch der eindrucksvolle Katalog fortbestehender Hand- und Spanndienstpflichten des § 37 I I 7 PrALR beweist. — Zur Umwandlung genossenschaftlicher Bürgerpflichten in (staatliche) Polizeidienstpflichten vgl. aber auch Wolzendorff, VerwArch 21, 535 ff. 89
91 92
162. 93
Vgl. insbesondere das PrEdikt v. 9.10.1807 (GS 1806—10 S. 170). Vgl. dazu näher noch Heffter, Selbstverwaltung, S. 93; Röttgen, AfK 64,
Vgl. auch Raible, Geschichte, S. 14. Vgl. VerwArch 21, 528 ff. 95 Vgl. a.a.O. 90 Vgl. näher Wolzendorff, a. a. O., S. 530 ff.; — zum mittelalterlichen Mühlen- und Backofenzwang vgl. auch Wietkamp, Probleme, S. 12. 94
72
3. Kap.: Die Einrichtung als historisch gewachsenes Institut
I n der modernen Ortsbürgergemeinde des 19. Jahrhunderts lebten die mitgliedschaftsrechtlichen Statusverhältnisse dann, wenn auch zum Teil i n sehr veränderter Gestalt und unter ganz andersgearteten Vorzeichen ,wieder auf 97 . Obwohl der elementare Einfluß der mittelalterlichen Genossenschaftsverfassung nicht zu übersehen war 9 8 , verstand sich jener reformierte Bürgerstatus allerdings nicht mehr als vornehmlich wirtschaftliches, sondern als essentiell politisches, gemeinde- und staatskonstituierendes Integrationsmoment 99 . Die hieraus abgeleiteten Bürgerrechte waren zunächst mehr auf die Ausübung politischer A k t i v i t ä t und weniger auf die Chance sozialer oder wirtschaftlicher Teilhabe angelegt 100 . Ungeachtet dessen füllte sich unter den veränderten sozialen und w i r t schaftlichen Bedingungen des 19. Jahrhunderts auch der traditionelle status socialis des Gemeindebürgers b a l d wieder m i t kräftiger,
vor allem anstaltsrechtlicher Substanz. Das bürgerschaftliche Recht auf Benutzung der öffentlichen Gemeindeanstalten (Einrichtungen) übernahm schließlich typgerecht und fast ausschließlich die Nachfolge der überkommenen genossenschaftlichen Teilhaberechte. I n diesem Sinne nahmen fast alle Gemeindegesetzgebungen das anstaltliche Benutzungsrecht als subjektiv-öffentliches
Leistungsrecht i n den K a t a l o g der i n n e r -
gemeindlichen „Grundrechte (und -pflichten) 101 " des Gemeindebürgers auf 1 0 2 . 97
Vgl. näher bes. O. v. Gierke, a. a. O., S. 710 ff. Vgl. bereits oben S. 35 N. 2, S. 39 f. 99 Vgl. näher O. v. Gierke, a. a. O., S. 724 ff. 100 Richtunggebend §§ 14 ff. StO v. 1808. 101 Die verwandtschaftliche Verbindung dieser beiden kommunalen Statusformen kommt besonders in den Instituten der bürgerschaftlichen Selbsthilfe zum Ausdruck. Als deren charakteristischstes, auch heute noch ausgeprägtes Beispiel dürfen die freiwilligen Feuerwehren der Gemeinden gelten (zu deren moderner Selbstverwaltungszugehörigkeit vgl. z.B. §4 BadWüFeuerwehrG v. 6.2. 56 — GBl. 19 — i. d. F. v. 26.2.60 — GBl. 85 —, Art. 1 BayFeuerlöschwG v. 17. 5.46 — GVB1. 297 früher auch § 2 1 NrwFeuerSchG v. 2. 6.48 — GVB1. 205 —; anders aber jetzt § 5 1 NrwFeuerSchHilfeleistG v. 25. 3. 58 — GVB1. 101 —: Pflichtaufgabe nach Weisung; vgl. auch § 2 NdsFeuerSchG v. 21.3.49 — GVB1. 66 —: gesetzliche Pflichtaufgabe). Zu deren Rechtsnatur als öffentliche Einrichtungen vgl. z. B. §§ 1 1 BadWüFeuerwehrG, 7 I I i. V. m. I lit. b NdsFeuerSchG, 1112 NrwFeuerSchG, 8 I I NrwFeuerSchHilfeleistG. I n diesen hat sich die gesellschaftlich-vereinsrechtliche Komponente des kommunalen A n staltswesens bis auf den heutigen Tag erhalten (vgl. ausdrücklich vor allem Art. 4 1 1 BayFeuerlöschwG; kennzeichnend auch die Vorschriften des § 10 I V BadWüFeuerwehrG u. des Art. 4 I I BayFeuerlöschwG, denen zufolge die Feuerwehrmitglieder ihren Kommandanten selbst wählen; ähnlich auch § 12 I I 1 NdsFeuerSchG: Gemeindevorstand ernennt den Gemeindebrandmeister auf Vorschlag der Feuerwehrmitglieder.) 98
102 Vgl. z. B. § 1 Ziff. 1 BadBürgerrechtsG v. 31.12.1831 (abgedr. b. Christ, a. a. O.); § 3 1 PrGO v. 11.3.1850 (GS 213); § 2 I I I WestfLGO v. 18.3.1856 (GS 265); §19 RheinprovGO v. 23.7.1845 (GS 523); §8 östl. ProvLGO v. 2.7.1891
§ 3 Verwaltungsentwicklung, -formen und Wirtschaftsengagement
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Seiner Gestalt nach konnte dieses Recht allerdings zunächst nur formeller, weil verwaltungsdestinatärer A r t sein (gleiches Recht auf Benutzung an den bestehenden Anstalten für alle Bürger) und mußte sich damit grundsätzlich von den materiellen Teilhaberechten der alten (Wirtschafts-)Genossenschaft unterscheiden, die nicht auf einer öffentlich-rechtlich verliehenen Nutzerposition beruhten, sondern aus der materiell-vermögens- und mitgliedschaftsrechtlichen Teilhaberschaft des Gemeindegenossen am Gemeindegute selbst resultierten. Indessen gelang den Gemeindegesetzgebungen des 19. Jahrhunderts — zum Teil — auch insoweit eine traditionsgerechte Neuformulierung des materiellen Teilhabestatus, indem sie das formelle Anstaltsbenutzungsrecht i n einen engen Konnex zu den materiellen Rechten des Bürgers auf soziale Teilhabe stellten, die ihrerseits wiederum originären Statuswert besaßen 103 . Der Gemeindebürger war damit auch i n anstaltsrechtlicher Hinsicht zum zentralen „Träger des Gemeinderechts" (Deike) 104 geworden. Das Anstaltswesen gründete sich nach der Systematik des allgemeinen kommunalen Verfassungsrechts auf eine Synthese von o b j e k t i v e r Verwaltungsfunktion
u n d subjektivem
Bürgerrecht.
D e r so-
ziale und politische Grundstatus des Ortsbürgers kompensierte den Verlust der „vermögensmäßigen" Genossenschaftsrechte durch die Konstruktion eines verwaltungsrechtlichen Teilhabestatus, der als Ausdruck (GS 233); § 4 StO f. östl. Prov. v. 30. 5.1853 (GS 261); § 8 SchlHLGO v. 4. 7.1892 (GS 155); § 8 HessNassLGO v. 4. 8.1897 (GS 301); § 8 HohzGO v. 2.7.1900 (GS 189); Art. 18 I V BayGO f. d. Landestheile diess. d. Rheins v. 29.4.1869 (abgedr. b. v. Kahr, a. a. O. I); § 7 Ziff. 2 WestfKreisO v. 31. 7.1886 (GS 217); § 5 Ziff. 2 Gotha. GemeindeG v. 11. 6.1858 (abgedr. b. v. Strenge, a. a. O.); § 15 ThürGKO v. 8.7.1926 i. d. F. v. 22.7.1930 (GS 123/148); Art. 441 BayGO v. 17.10.1927 (GVB1. 293); § 13 PrGemVerfG v. 15.12.1933 (GS 427); w. Nachw. b. Doms, Recht auf Benutzung, S. 4 ff. 108
Vgl. z. B. § 1 BadBürgerrechtsG v. 1831 : „Die Rechte der Gemeindebürger sind: 1. das Recht... der Benutzung aller Gemeindeanstalten;... 4. der Theilnahme an dem Gemeinde- und Almendgut... 8. das Recht des Anspruches auf Unterstützung aus den Gemeindemitteln in Fällen der Dürftigkeit." § 5 Gotha. GemeindeG v. 1858: „Das Gemeindeheimatsrecht enthält die Befugnis... 2. zur bestimmungsgemäßen Benutzung der allgemeinen Anstalten der Gemeinde; 3. zur Teilnahme an den Nutzungen des Gemeindevermögens... 4. zur Beanspruchung des notwendigsten Lebensunterhalts aus Gemeindemitteln im Falle der Verarmung und bei Untunlichkeit sonstigen Unterstützungsbezugs." — Vgl. weiterhin § 34 StO v. 1831, der „die Stadtgemeine... zu allen Leistungen verpflichtet, welche das städtische Bedürfniß erfordert". — Ein dieser Pflicht korrespondierendes „Recht" der „Gemeine-Mitglieder" findet sich in § 28 (entsprechend auch § 21 RheinProvGO v. 1845). 104
Vgl. A f K 64,187.
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3. Kap.: Die Einrichtung als historisch gewachsenes Institut
der gemeinschaftspflichtigen Ortssozialität die gemeindliche Verwaltungsführung absolut verpflichtete. Der weitere Entwicklungsgang der kommunalen Anstalten (Einrichtungen) war damit trotz der dargestellten Fortwirkungen der staatlichen Polizeikompetenzen, die ein auch effektives Verhältnis statusrechtlicher Zuordnung zu verhindern wußten, endgültig vorgezeichnet: Die gemeindliche Anstalt sollte sich fortan i m korrespondierenden Wechselspiel von kommunaler Kompetenzpflicht und bürgerlichem Statusrecht bewegen. C. Kommunale Wirkungs-, Anstalts- und Wirtschaftsbereiche in der neueren Selbstverwaltungsentwicklung Die folgende Epoche, vor allem aber die Zeit nach 1919, darf rückschauend als Grenzperiode bezeichnet werden 1 0 5 , i n der sich die überlieferten Grundlagen des gemeindlichen Anstalts-(Einrichtungs-)wesens institutionell weiter festigten, andererseits aber auch unter den Einfluß neuer und zum Teil gegenläufiger Entwicklungen gerieten. Die gemeindlichen Anstalten (Einrichtungen) haben ihre Position als historische Kernfunktion der gemeindlichen Selbstverwaltung zunächst behauptet und weiter ausgebaut. Sie sind — spätestens seit dem Inkrafttreten der DGO am 1.4.1935 (§ 123 DGO) — i n den absoluten Mittelpunkt des bürgerschaftlichen Lokalinteresses gerückt und bildeten von nun an den sozialen Schwerpunkt der frei verantwortlichen Gemeindeenergien. Dementsprechend definierte schließlich § 1 I PrGemVerfG die Gemeinde als „die vom Staate als solche anerkannte, geschichtlich gewordene und zur Einheit gewachsene Zelle des räumlichen Zusammenlebens einer Vielheit von Familien und des örtlichen Zusammenschlusses von Einrichtungen, Anlagen und Werken". Den kompetentiell hierzu wichtigsten Beitrag leistete die DGO durch die endgültige Ausschaltung der staatlich-polizeilichen Durchgriffsrechte. Sie erfüllte damit die Forderung nach einer vollkommenen „Kommunalisierung" des Anstaltswesens, die schon lange und wirksam vor allem von Drews 106 i n seiner Denkschrift über die „Grundzüge einer Verwaltungsreform" aus dem Jahre 1919 erhoben worden war, und beschränkte das Institut der staatsdirigierten Polizeianstalt auf die Grenzfälle einer aktuellen, von den Gemeinden abzuwehrenden Polizeigefahr i m Sinne des § 14 PVG 1 0 7 . Durch § 18 DGO wurde den Gemeinden auch das Recht zur Statuierung des Anschluß- und/oder Benutzungszwangs 105 106 107
Vgl. in allgemeinerer Sicht auch Scheuner, A f K 62,152. Zit. nach Röttgen, Daseinsvorsorge, S. 37 f. Vgl. Röttgen, a. a. O., S. 65, sowie unten S. 177.
§ 3 Verwaltungsentwicklung, -formen und Wirtschaftsengagement
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generell, d. h. also auch für die Aufgabenbereiche zuerkannt, auf denen bisher die polizeilichen Intendanzen dominiert hatten (vgl. besonders Kanalisation, Müllabfuhr, Straßenreinigung und „ähnliche deir Volksgesundheit dienende Einrichtungen") 1 0 8 . M i t dieser Entwicklung waren an sich alle objektiv-rechtlichen Voraussetzungen erfüllt, u m das gemeindliche Anstalts-(Einrichtungs-)wesen endgültig zum ausschließlichen und effektiven Sozialkorrelat der bürgerschaftlichen Statussphäre auszuformen. Die reale Umsetzung dieser Anlagen i n ein Verhältnis wirklicher Statusdetermination verhinderten indessen nicht nur die politischen Umstände des späteren, selbstverwaltungs- und statusfeindlichen „Führerprinzips" der nationalsozialistischen Zeit. Die DGO hatte den Übergang von der bisherigen Ortsbürgergemeinde zur modernen Einwohnergemeinde abgeschlossen und damit gleichzeitig das konstitutionelle Ortsbürgerrecht als bisherige Grundlage der bürgerschaftlichen Statusordnung aufgelöst, ohne jedoch an dessen Stelle ein gleichwertiges Pendant zu setzen. Der Gemeindeeinwohner blieb zwar nach wie vor Inhaber der traditionellen Statusverbürgungen von Freiheit, Verantwortung und Teilhabe, verlor m i t dem (Grund-)Recht der Freizügigkeit aber doch und weithin das Bewußtsein für sein innergemeindliches Bürgerrecht 1 0 9 ; eine Entwicklung, der die DGO durch ihre — an sich selbstverwaltungsfördernde — Aufwertung der gemeindlichen Einrichtungskompetenz sogar noch entgegenkam. Indem sie das Einrichtungswesen nämlich einmal der polizeilichen Direktionsgewalt entzog und andererseits das Selbstverständnis der bürgerschaftlichen Statusordnung nicht entsprechend zu stärken verstand, belastete sie das, jedenfalls in der Anlage bisher ausgewogene Korrespondenzverhältnis von objektiv-gemeindlicher Einrichtungsfunktion und subjektiv-bürgerlichem Einrichtungsrecht (erneut) mit einem deutlichen Ubergewicht der objektiv-rechtlichen Funktionskomponente. Der dem § 17 I DGO beigefügte Regelungsvorbehalt (Einrichtungsbenutzung nur „nach den hierüber bestehenden Vorschriften") mußte sich konsequent und bald als prävalent erweisen. Der i m Ursprung materiell-rechtlich konzipierte Einrichtungsanspruch nahm in der allgemeinen Anschauung folglich mehr und mehr die Gestalt eines bloß formellen Rechts an, das sich inhaltlich i n der egalitären Benutzung der gemeindlich vorgegebenen Einrichtungen erschöpfte 110 . 108 Vgl. Röttgen, a. a. O., S. 38; vgl. allerdings auch die insoweit noch eindeutig im polizeirechtlichen Sinne abgefaßte Vorschrift des § 14 PrGemVerfG. 109 Vgl .Röttgen, Sicherung, S. 12 ff.: Der Gemeindebürger versteht sich heute oft nur noch „als ein auf die Ortsebene projizierter Staatsbürger" (S. 13). 110 Vgl. in diesem Sinne u. a. Suren-Loschelder, DGO, § 17 Erl. 3; ZeitlerBitter-Derschau, DGO, § 17 Erl. 3; Doms, Recht auf Benutzung, S. 53 f.; StierSomlo, HBKomVerfR, S. 263; PrOVGE 88,47 (49 f.).
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3. Kap. Die Einrichtung als historisch gewachsenes Institut
Das mitgliedschaftlich konstruierte und von der DGO auch als solches an sich aufrechterhaltene Teilhaberecht drohte damit i n die Rolle eines bloß „zufällig" verliehenen Nutzungsrechts abzugleiten. Andererseits zeichnete sich i n der Substanz der gemeindlichen Statusrechte immerhin jener kräftige Zug vom status activus zum status positivus ab 111 , der i n seiner tatsächlichen Wirkung die gemeindlichen Einrichtungen bzw. deren Nutzbarkeit bald und überhaupt zum „Kernstück der den einzelnen gegenüber ihrer Gemeinde zustehenden Rechte" 112 werden ließ. Nach alledem umriß der Rechtszustand der DGO ein entwicklungsgeschichtliches Zwischenstadium, das die maßgebenden Weichen für das moderne Einrichtungs- und Statusrecht stellte. Der moderne Gemeindeverfassungsgeber mußte sich danach vor die Entscheidung gestellt sehen, entweder den von der DGO eingeschlagenen Weg weiterzuverfolgen und das Einrichtungswesen auch rechtlich von seinen statusrechtlichen Grundlagen abzulösen oder die von der DGO eingeleitete Balanceverschiebung i m einrichtungsformenden Verhältnis von gemeindeverwaltender Einrichtungsfunktion und bürgerlichem Einrichtungsstatus zu reparieren und das Einrichtungswesen damit auf eine neue und lebensfähige Statusbasis zu stellen. Terminologisch hatte die DGO den überkommenen Begriff der gemeindlichen „Anstalt" durch den der „öffentlichen Einrichtung" ersetzt — ein Sprachgebrauch, den auch die geltenden Gemeindegesetzgebungen beibehalten haben 113 . Sachlich änderte dieser Begriffswechsel indessen nichts. Denn beide Begriffe verstand und verwendete man synonym 1 1 4 . Die öffentlichen Einrichtungen umfaßten andererseits nicht mehr die gemeindlichen Privatanstalten, die man jetzt auch formell aus dem tradierten Anstaltsbegriff herausnahm 115 und dem Begriff des kommunalen „Wirtschaftsunternehmens" (§ 67 DGO) unterstellte 1 1 8 . 111
Vgl. auch Röttgen, a. a. O., S. 14. Vgl. Muntzke-Schlempp, HessGO, § 19 Erl. I I . 113 Anders nur §§ 15 I RhpfGO, 19 I BremerhavVerf., die den „Einrichtungs"begriff neben den „Anstalts"begriff stellen (anders aber jeweils die Abs. 2, die nur den „Einrichtungs"begriff verwenden). 114 Vgl. u. a. G. Küchenhoff-Berger, DGO, § 17 Erl. 4. 115 Vgl. Surin-Loschelder, DGO, § 17 Erl. 2; G. Küchenhoff-Berger, a. a. O.; Kerrl-Weidemann, DGO, §17 Erl. 1; Kunz-Guba-Theißig, DGO, §17 Erl. 2 b; Doms, a. a. O., S. 15; Schattenfroh, DGO, § 17 Anm. I I I 2 a; Zeitler-Bitter-Derschau, DGO, §17 Erl. 2; AusfAnw zu §17 DGO Ziff. 2 (abgedr. b. Sur^n-Loschelder, DGO, § 17 vor Erl. 1); — w. Nachw. zum geltenden Recht vgl. unten S. 100 N. 9. 116 Streitig — vgl. d. Nachw. unten S. 126 N. 132 einerseits und S. 100 N. 8 andererseits sowie im folgenden S. 80 ff. und S. 98 ff. 112
§ 3 Verwaltungsentwicklung, -formen und Wirtschaftsengagement Die Ausbildung des kommunalen Wirtschaftsunternehmens zur j u ristisch-eigenständigen „institutionellen (Begriffs-)Kategorie" (Röttgen)117 spiegelte normativ eine der wirklich gravierenden Entwicklungen wider, die die gemeindliche Verwaltungs- und Sozialordnung seit 1919 genommen hatte und deren Auswirkungen nicht nur i n volkswirtschaftlicher Hinsicht problematisch erscheinen mußten: nämlich die expansive Wendung der Gemeinde zum wirtschaftenden Eigenproduzenten 1 1 8 . Die Gründe für diesen Schritt der Gemeinden waren mehrfacher A r t . Als „Vorkämpfer neuer sozialer Gestaltungen" (Scheuner) 119 hatten sie i n zunehmendem Maße die zentrale Stellung i m Bereich der „Daseinsvorsorge" 120 eingenommen 121 . Die Gemeinden waren, wie schon für den Ausgang des 19. Jahrhunderts angedeutet, zum Versorgungs- und Leistungsträger ersten Ranges geworden 122 . I m Zeitalter der modernen Industriegesellschaft und des abhängigen Individuums standen vor allem sie vor der Aufgabe, sich i n bisher nicht gekanntem Maße aktiv-teilhabend i n den örtlichen Wirtschaftsprozeß einzuschalten 123 . Diese neue Gemeindeaufgabe, i n komplementär-wirtschaftenden Formen bürgerlichen Standardbedürfnissen, d. h. Bedürfnissen, die „durch das Moment der zivilisatorischen Gemeingebräuchlichkeit gekennzeichnet sind" (Stern) 12* t abzuhelfen, formte die moderne Selbstverwaltung i n schlechthin typus- und integrationsbestimmender Weise 125 . Anfangs bewegten sich die sozialen und wirtschaftlichen Initiativen der Gemeinden zwar traditionsgerecht noch auf der rein gesellschaftlichen Ebene 128 . Dieser Zustand mußte sich aber unter einer Verfassung ändern, die dem Staate selbst das „politische Mandat zur ,Förderimg des 117
Vgl. in: DJT-Festschr., S. 589. Vgl. dazu u. a. Stern, A f K 64, 83 ff.; Stern-Püttner, Gemeindewirtschaft, S. 11 ff., 25 ff., 54 ff.; Depenbrock, Stellung, S. 1 ff.; Möller, Wirtschaftsförderung, S. 52 ff. 119 Vgl. AfK 62,152; vgl. auch Popitz, Gemeindefinanzen, S. 3 ff. 120 Vgl. zu diesem Begriff unten S. 121 ff. 121 Vgl. Forsthoff, Daseinsvorsorge, S. 9 ff.; ders., Leistungsträger, passim (m. bezeichnender Beispielswahl: Es wird fast regelmäßig der kommunale Bereich angesprochen.); Stern, A f K 64, 85; Stern-Püttner, a.a.O.; Depenbrock, a.a.O.; Herzfeld, Demokratie, S.23; Röttgen, DJT-Festschr., S. 582ff.; ders., Spielraum, S. 12 ff.; Zeiß, H B K W P I I I , S. 611 ff.; Brügelmann-Ludwig, HBKW P I I I , S. 655 ff.; Jaekel, Anschlußzwang, S. 26 ff. 122 vgl. u. a. Forsthoff, Daseinsvorsorge, S. 9 ff. 118
128
Vgl. näher Forsthoff, a. a. O.; Popitz, a. a. O., S. 4 ff. Vgl. A f K 64, 85. 126 Vgl. Stern, A f K 64, 85, 93; ders., BK, Art. 28 Rdnr. 63; Stern-Püttner, a. a. O., S. 160 ff.; Zeiß, Eigenbetriebsrecht, S. 58; Schricker, Tätigkeit, S. 93; — a. A. wohl Lerche, Verfassungsfragen, S. 116; auch Fischerhof, D Ö V 57, 315; ders. D Ö V 60,41 ff.; Friesenhahn, Energiewirtschaft, S. 17. 126 Vgl. Röttgen, DJT-Festschr., S. 578,581; ders., Spielraum, S. 9 ff. 124
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3. Kap.: Die Einrichtung als historisch gewachsenes Institut
gesellschaftlichen Fortschritts 4 " verlieh (Köttgen) 127. Die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden wurde jetzt zu einem evidenten Politikum 1 2 8 , das früher oder später in die staatliche Kompetenzgesetzgebung Eingang finden mußte. Zum echten Postulat verdichtete diesen Tatbestand schließlich die kräftige Ausweitung der gemeindlichen Erwerbswirtschaft M i t der zunehmenden, letztlich auf die Erzbergersche Finanzreform 129 zurückgehenden kommunalen Finanznot 1 3 0 hatten die Gemeinden sich mehr und mehr gezwungen gesehen, eine Tendenz weiterzuverfolgen, die ihnen i m Grundsatz bereits das auf der Miquelschen Steuerreform beruhende P r K A G vom 14.7.1893 (GS S. 152) vorgezeichnet hatte: nämlich ihre bestehenden Finanzbedürfnisse i n der Weise zu befriedigen, daß sie ihre wirtschaftlichen Unternehmen zu fiskalischen Erwerbsquellen umwandelten 1 3 1 . Unterstützt wurde dieser Versuch der Gemeinden, ihrer finanziellen Nöte durch den (mitunter radikalen) Ausbau ihrer erwerbswirtschaftlichen Unternehmungen Herr zu werden 1 3 2 , noch durch das Bestreben, auf dem wirtschaftlichen Sektor einen Ausgleich für jene stetig wachsenden Kompetenzverluste 133 zu finden, die man gegenüber dem staatlichen Gesetz- und Verwaltungsgeber zu verzeichnen hatte. Gerade auf der Ebene wirtschafts- und sozialpflegender Zuständigkeiten ließ sich bald ein deutliches Wechselspiel polarer Ursachen und Wirkungen verfolgen, ein konsequentes Gegeneinander von ständig wachsender Soziallenkung durch die staatliche Zentrale einerseits und kompensär-zunehmenden Ausweichens der Gemeinden i n bisher weitgehend der Privatwirtschaft vorbehaltene Regionen andererseits. A u f diesem Hintergrunde formierten sich die einsetzenden Beschränkungen der gemeindlichen Wirtschaftsbetätigung 134 : Hatte z.B. noch 127 Vgl. in: DJT-Festschr., S. 578, unter Bezugnahme auf die Präambel der W R V ; vgl. auch dens., Gemeinde, S. 35. 128 Vgl. Köttgen, DJT-Festschr., a. a. O.; ders., Spielraum, S. 26. 129 Vgl. Stern, A f K 64, 84f.; Stern-Püttner, a.a.O., S.25ff.; allgemein zur Lage der kommunalen Finanzwirtschaft nach 1919 vgl. auch Popitz, a. a. O., S. 7 ff.; Herzfeld, a. a. O., S. 19 ff.; Köttgen, Krise, S. 4 ff.; Barocka, Kommunalkredit, S. 65 ff.; auch Görg, in: Kommunale Finanzen, S. 7 ff. 130 Beseitigung der gemeindlichen Einkommenssteuerzuschläge! 131 Vgl. dazu Hefter, a.a.O., S. 720; zur ökonomischen Konzeption der Miquelschen Maßnahmen vgl. auch Köttgen, Krise, S. 28. 132 Vgl. dazu allgemein auch Köttgen, Krise, S. 28 ff.; ders., DJT-Festschr., S. 597; ders., VerwArch 39, 155 f.; Stern, A f K 64, 84 f.; Stern-Püttner, a.a.O., S. 27 f. 138 Vgl. näher z. B. Köttgen, Gemeinde, S. 17, 23, 32 f., 34 ff., 42; ders., Krise, S.3ff.; Herzfeld, a.a.O., S.23ff.; Forsthoff, Körperschaft, S. 134ff.; Peters, Grenzen, S. 40; Lerche, a. a. O., S. 109. 184 Vgl. im Überblick zum folgenden auch Loschelder, Johns-Festgabe, S.lff.
§ 3 Verwaltungsentwicklung, -formen und Wirtschaftsengagement
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§ 95 I ThürGKO vom 8.7.1926 die Gemeinden generell für berechtigt erklärt, „Anstalten, Einrichtungen und Betriebe" sowohl „gemeinnütziger" wie „gewerbsmäßiger A r t zu betreiben" 1 8 5 , so führte A r t . 61 BayGO vom 17.10.1927 bereits für alle gemeindlichen Wirtschaftsbetriebe, d. h. sowohl für „Erwerbsunternehmungen" wie für „Einrichtungen, die die Versorgung der Bevölkerung mit Gegenständen des täglichen Bedarfs bezwecken", einen staatlichen Genehmigungszwang ein 1 3 6 . Die ersten reichsgesetzlichen Beschränkungen (vor allem Kontrollpflichten) enthielt Kap. V I I I Teil V § 1 der NotVO vom 6.10.1931 (RGBl. I S. 537). Ein letzter Vorläufer des späteren § 67 DGO fand sich schließlich i n den §§ 86, 87 PrGemFinG vom 15.12.1933 (GS S. 442). Diese Normkreise zielten bereits sämtlich auf den Abbau der gemeindlichen Wirtschaftsbetätigung 137 ; eine Forderung, die dann i n der Regelung des § 67 DGO ihren abschließenden und institutionellen Ausdruck gefunden hat. § 67 DGO band die Errichtung gemeindlicher Wirtschaftsunternehmen 1. an das Vorliegen eines „öffentlichen Zweckes", 2. an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von kommunaler „Leistungsfähigkeit" und „voraussichtlichem Bedarf" und 3. an die Voraussetzung, daß der betreffende „Zweck nicht besser und wirtschaftlicher durch einen anderen erfüllt w i r d oder erfüllt werden kann". Die Gründe für diese Regelung brachte die Amtliche Begründung zu § 67 DGO deutlich zum Ausdruck 1 3 8 : Es sollten a) die Privatwirtschaft vor lichen Konkurrenz 1 3 9 und
einem Uberhandnehmen
der
gemeind-
135 Nach § 95 I I sollte allerdings „die wirtschaftliche Betätigung einer Gemeinde . . . nach Art und Umfang in einem, angemessenen Verhältnis zu ihrer öffentlich-rechtlichen Stellung und Leistungsfähigkeit stehen und die Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben nicht beeinträchtigen". Die prinzipielle Gleichwertigkeit beider Anstaltszweige dokumentierte andererseits aber auch noch § 117 I I . 139 I n der Praxis dürfte sich der Genehmigungszwang allerdings nur bei der geplanten Errichtung eigentlicher „Erwerbsunternehmungen" ausgewirkt haben. Denn nach Art. 6 1 I V sollte die Errichtung von Wasser-, Gas- und Elektrizitätswerken, Verkehrsbetrieben, Straßenreinigung, Bädern usw. genehmigungsfrei bleiben. 137 Vgl. für das PrGemFinG Hettlage-Los chelder-Spielhagen, GemFinG, § 87 Erl. I ; für die DGO vgl. Amtl. Begr. zu § 67 Ziff. 1 (abgedr. b. Surin-Loschelder, DGO, § 67 Erl. 1). 138 Abgedr. b. Sur6n-Loschelder, DGO, § 67 Erl. 1. 139 Vgl. Amtl. Begr. zu §67 DGO Z i f f . l ; Surtn-Loschelder, DGO, §67 Erl. 3 a, dd; Köttgen, Daseinsvorsorge, S. 67; ders., DJT-Festschr., S. 597 f.; Stern, A f K 64, 99 f.; ders., BayVBl. 62, 132; Siedentopf, Grenzen, S. 43f.; Ipsen, N J W 63,2103.
3. Kap.: Die Einrichtung als historisch gewachsenes Institut b) — was oft übersehen w i r d — die Gemeinde selbst vor einem zu hohen Grad wirtschaftlichen Eigenengagements geschützt werden 1 4 0 . Gerade auch aus diesem Grunde wurde die gemeindliche W i r t schaftsinitiative i m Rahmen der Leistungsfähigkeitsschranke an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit 1 4 1 und i m Rahmen des „subsidiaritäts" gerichteten Schrankenvorbehalts zugunsten „anderer" W i r t schaftssubjekte an den Grundsatz der Erforderlichkeit gebunden 142 . Dieser zweite Schutzzweck fand seine besondere Erklärung darin, daß die Gemeinden sich i n den Zeiten ihrer wirtschaftlichen Expansion finanziell oft i n erheblicher und wirtschaftlich unvernünftiger Weise übernommen hatten. I m Zusammenhang m i t der institutionellen Regelung der gemeindlichen Wirtschaftsunternehmen leistete die DGO einen wesentlichen Beitrag zur begrifflichen Erfassung der öffentlichen Einrichtungen. Indem sie nämlich i n bewußter Deutlichkeit die öffentliche Einrichtung und das Wirtschaftsunternehmen als eigenständige Kategorien nebeneinanderstellte (§ 17—§ 67), zog sie einen zunächst endgültigen Trennungsstrich zwischen den öffentlich-rechtlich-verwaltenden und den privatrechtlichgesellschaftlichen Funktionseinheiten der Gemeinde. Die schon lange zum Phantom gewordene „Einheit" des kommunalen Anstaltswesens hatte damit auch ihre längst überfällige juristische Auflösung erfahren. Die gemeinderechtlichen Vorgänger der DGO hatten sich zur Vollziehung dieses Schrittes offensichtlich noch nicht imstande gesehen. Die funktionsrechtliche Ausweitung des Einrichtungswesens auf bisher prinzipiell gesellschaftlich-komplementäre Vorsorgebereiche und die damit 140 Vgl. Amtl. Begr. zu §67 DGO Ziff. 1 lit. b, c; Schattenfroh, DGO, §67 Anm. I I I 1 a, 2; Suren-Loschelder, DGO, § 67 Erl. 3 b, c; Lerche, Verfassungsfragen, S. 56; ders., Rechtsprobleme, S. 28; Ipsen, a.a.O.; Stern, BayVBl. 62, 132; Lüersen-Neuffer, NdsGO, § 89 Anm. 1. Aus diesem Grunde können § 67 DGO und dessen Nachfolgevorschriften auch nicht in zu einseitiger Betonung der der Privatwirtschaft gegenüber geltenden Schutzfunktion als Schutzgesetze i. S. d. § 823 I I BGB angesehen werden. — Vgl. BGH, DVB1. 62, 102 (104); Kunze-Schmid, BadWüGO, § 85 Erl. I I I 3; Schricker, Tätigkeit, S. 92 f. (a.A. Dorn, NJW 64, 138; Adam, BayVBl. 62, 141); — entsprechend zur Frage der Zulässigkeit aufsichtsbehördlicher Maßnahmen O V G Münster, DÖV 64, 353 (354 f.). 141
Vgl. bes. deutlich Amtl. Begr. zu § 67 DGO Ziff. 1 lit. b. Unter „anderen" i m Sinne dieser Schrankenbestimmung sind dabei keineswegs etwa nur die privatwirtschaftlichen, sondern auch öffentliche Aufgabenträger zu verstehen, die auf überörtlicher Ebene wirksam sind. — Vgl. Suren-Loschelder, DGO, § 67 Erl. 3 c, aa; Schattenfroh, DGO, § 67 Anm. I I I 3 b; Zeiß, H B K W P I I I , S. 612 f.; Lerche, a. a. O., S. 56; Thieme, Subsidiarität, S. 18; Siedentopf, Grenzen, S. 43 f.; Wolff, A f K 63, 167; Suren, Gemeindewirtschaf tsR, S. 160; auch bereits ausdrücklich § 87 I Ziff. 2 PrGemFinG; — a. A. Stern, A f K 64, 99 f.; ders., BayVBl. 62, 132 (vgl. aber auch S. 130); Röttgen, DJT-Festschr., S. 597 f.; ders., Daseinsvorsorge, S. 67. 142
§ 3 Verwaltungsentwicklung, -formen und Wirtschaftsengagement
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zwangsläufig verbundene wirtschaftspolitische Orientierung vieler Einrichtungen sowie das parallele Übergreifen der gemeindlichen W i r t schaftstätigkeit auf den „klassisch"-privatwirtschaftlichen Sektor schienen noch zu sehr der dogmatischen Durchdringung und Klärung zu bedürfen. Nur etwa die ThürGKO von 1926 unterschied bereits deutlich zwischen öffentlicher Gemeindeverwaltung und privater Gemeindewirtschaft 143 , verharrte zum anderen aber doch i n den überkommenen Bahnen eines vermeintlich einheitlichen „Anstalts"begriffs 144 . Andererseits schössen aber z. B. die Vorschriften des PrGemFinG 1 4 5 und der BayGO von 1927146 über das adäquate Ziel hinaus, indem sie den Begriff des kommunalen Wirtschaftsunternehmens definitorisch nur am Vorliegen objektiv-„wirtschaftlicher" Tatbestände orientierten und, statt zwischen privatrechtlichen „Wirtschafts"- und öffentlich-rechtlichen „Anstalts"einheiten zu unterscheiden, auch die letzteren i n ihre w i r t schaftsrechtliche Schrankensetzung einbezogen 147 . Diese Gesetzgebung mag als charakteristisches Beispiel für die große Rechtsunsicherheit erscheinen, die i n der damaligen Zeit allgemein gegenüber „wirtschaftlichen" Betätigungen der öffentlichen Hand festzustellen war und die gerade die kommunale Wirtschaft i n das heftige Kreuzfeuer einer m i t den widerstreitendsten Argumenten geführten Diskussion stellte 148 . Die DGO hat demgegenüber den rechtlichen Standort des kommunalen Wirtschaftsunternehmens i n prägnanter Scheidung von der kommunalen Einrichtung i m privatrechtlich-gesellschaftlichen Feld gesehen. Wenn auch, zum großen Teil gerade die neuere Lehre 1 4 9 — zumeist unter Berufung auf die Bindung des gemeindlichen Wirtschaftsunter143
Vgl. § 95 I I (zit. in N. 135 auf S. 79). Vgl. § 951 (zit. auf S. 79). 145 vgl. § 86 11: „Der Annahme einer wirtschaftlichen Unternehmung steht nicht entgegen, daß 1. das Entgelt für die Vorhaltung oder die Leistungen in der Form von öffentlich-rechtlichen Gebühren und Beiträgen erhoben wird." 144
146 Vgl. Art. 61 I Ziff. 3; dazu Laforet-Jan-Schattenfroh, BayGO, Art. 61 Erl. 9 c. 147 Vgl. zur preuß. Rechtslage näher G. Küchenhof -Lympius, GemVerfG u. GemFinG, § 13 GemVerfG Erl. 4, § 86 GemFinG Erl. 1; G. Küchenhoff-Berger t DGO, § 17 Erl. 4 b (vgl. allerdings auch die deutlichere, oben S. 68 referierte Unterscheidung der §§ 3, 4 PrKAG); zur bayr. Rechtslage vgl. Laforet-JanSchattenfroh, a. a. O.; — vgl. auch § 1 Ziff. 2 lit. c DVO v. 30. 3. 33 (RGBl. 1180) zur NotVO vom 6.1. 31, der als „Wirtschaftsbetriebe" auch öffentlich-rechtlich organisierte Unternehmen verstand, sofern diese die „Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, Gas, elektrischer Arbeit oder Verkehrsleistungen" zum Gegenstand hatten. I m Grundsatz galten aber nur privatrechtliche Unternehmen als „Wirtschaftsbetriebe" (vgl. § 1 Ziff. 2 lit. a, b). 148 Vgl. z. B. nur die richtunggebende Arbeit von Köttgen, Die erwerbswirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand, 1928; vgl. i m übrigen m. w. Nachw. Stern-Püttner, a. a. O., S. 28 ff. 149
Nachw. vgl. unten S. 100 N. 8.
6 Scholz
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3. Kap.: Die Einrichtung als historisch gewachsenes Institut
nehmens an einen „öffentlichen Zweck" — die Meinung vertritt, daß § 67 DGO auch das kommunale Wirtschaftsunternehmen i n die gemeindliche Verwaltungsordnung überführt habe, öffentliche Einrichtung und kommunales Wirtschaftsunternehmen m i t h i n als rechtlich identisch zu begreifen seien, so entspricht diese Auffassung doch jedenfalls nicht den Intentionen der DGO. Denn indem unter „wirtschaftlichen Unternehmen (gerade) solche Einrichtungen und Anlagen der Gemeinde" verstanden sein sollten, „die auch von einem Privatunternehmer m i t der Absicht der Gewinnerzielung betrieben werden können" 1 5 0 , wurde die kommunale Wirtschaftsbetätigung zu Recht als ein „zu den Eigenarten der gemeindlichen Selbstverwaltung" gehörender Aufgabensektor erkannt, der „neben" (!) den „Aufgaben (der Gemeinde) auf dem Gebiete der öffentlichen Verwaltung" rangiert 1 5 1 . Ob diese trennende Qualifizierung von öffentlicher Einrichtungsverwaltung und gesellschaftlicher Unternehmerinitiative auch noch dem geltenden Recht zugrunde legt, w i r d später zu erörtern sein 152 . Für das historische Verständnis des gemeindlichen Einrichtungs- und W i r t schaftswesens ist jedenfalls von einer realitätsgerechten und auch normativ verfestigten Zweiteilung auszugehen. I n der kommunalen öffentlichen Einrichtung hat sich konsequent und ungeachtet einiger funktions- wie organisationsrechtlicher Überschneidungen 153 die öffentlich-rechtliche und i m kommunalen Wirtschaftsunternehmen die privatrechtlich-gesellschaftliche Komponente des ehemals einheitlichen Anstaltswesens fortgesetzt. Die erwerbswirtschaftliche Seite des kommunalen Wirtschaftsunternehmens ist gleichzeitig auf eine deutliche Funktionssperre gestoßen. Denn indem die gemeindliche Wirtschaftsbetätigung allgemein an das Vorliegen eines „öffentlichen Zweckes" gebunden wurde, ist sie substantiell auf ihren, historisch ohnehin als alleintypisch erkannten, sozialpflegerischen Aktionsradius beschränkt worden. Diese Funktionsbeschneidung wirkte indessen nur für die Zukunft und hat den bei Inkrafttreten der DGO bereits vorgefundenen Bestand gemeindlicher Erwerbsunternehmen existentiell bestätigt 154 . Andererseits hat der institutionalisierte Öffentlichkeitsbezug des kommunalen Wirtschaftsunternehmens die schon oben festgestellte 155 150 Vgl. AusfAnw. zu § 67 DGO Ziff. 1 (abgedr. b. Suren-Loschelder, DGO, § 67 vor Erl. 1). 151 Vgl. Amtl, Begr. zu § 67 DGO allgemein Ziff. 1 und insbes. Ziff. 1 lit. b. 152 Vgl. unten S. 98 ff. 153 Vgl. dazu näher unten S. 101 ff. 154 Vgl. Ausf Anw. zu § 67 DGO Ziff. 2; Amtl. Begr. zu § 67 DGO Ziff. 1 lit. c; vgl. auch Stern, A f K 64,100; ders., BayVBl. 62,132. 155 Vgl. oben S. 70.
§ 4 Zusammenfassung und historischer Standort
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Schwierigkeit, begrifflich zwischen öffentlicher Einrichtung und w i r t schaftlichem Unternehmen zu unterscheiden, noch vergrößert. Denn da der dem Wirtschaftsunternehmen eingestiftete „öffentliche Zweck" i m versorgungs- und damit gleichfalls sozialpolitischen Sinne zu verstehen war 1 5 6 , hat auch das bisher zumeist als Abgrenzungskriterium verwandte Moment der Erwerbs- bzw. Gewinnwirtschaftlichkeit seinen Definitionswert eingebüßt 157 .
§ 4 Zusammenfassung und historischer Standort der öffentlichen Einrichtung Nach dieser geschichtlichen und verfassungsrechtlichen Betrachtung der einzelnen Epochen der kommunalen Selbstverwaltung i m allgemeinen und der selbstverwaltungsrechtlichen Ausbildung anstaltsrechtlicher Verantwortungsbereiche i m besonderen sind zusammenfassend folgende Ergebnisse als geschichtlich und verfassungsrechtlich wesentlich festzuhalten: 1. a) Die verfassungsrechtliche Grundstruktur der kommunalen Selbstverwaltung ist dualistischer A r t , d. h. die Selbstverwaltung besteht nicht nur aus öffentlich-verwaltungsrechtlichen, sondern auch aus gesellschaftlich-privatrechtlichen Institutionsgehalten. b) Das verfassungsrechtliche Grundanliegen der Selbstverwaltung ist politisch-integrationsrechtlicher A r t . 2. a) Die kommunale öffentliche Einrichtung hat sich als historisch jüngere Begriffskategorie aus dem traditionellen gemeindlichen Anstaltswesen entwickelt. b) Besaß das kommunale Anstaltswesen dualistische Rechtsqualität (öffentliche und private Gemeindeanstalt), so ist die öffentliche Einrichtung nur noch öffentlich-rechtliche Verwaltungseinheit. c) Der Bereich der kommunalen Privatanstalten hat sich begriffstypisch i n der historisch gleichfalls jüngeren Begriffskategorie des kommunalen Wirtschaftsunternehmens fortgesetzt. d) Das kommunale Anstalts- und Einrichtungswesen hat i n sämtlichen Perioden gemeindlicher Selbstverwaltung integrale Bedeutung besessen. 156 Vgl. Amtl. Begr. zu § 67 DGO Ziff. 1 lit. a: Die gemeindliche Wirtschaftsbetätigung muß „eine im öffentlichen Interesse gebotene Versorgung der Einwohnerschaft zum Gegenstand haben". 157 Vgl. dazu auch noch unten S. 209 f.
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3. Kap.: Die Einrichtung als historisch gewachsenes Institut e) I n seinen Aufgaben hatte das kommunale Anstalts- und Einrichtungswesen stets universale Bedeutung. f) I n seinem subjektiven Aufgabenbezug war das kommunale Anstalts- und Einrichtungswesen stets der bürgerschaftlichen Statusordnung verpflichtet. g) I n diesem Sinne kommt dem kommunalen Anstalts- und Einrichtungswesen historische Bestandsqualität für die kommunale Selbstverwaltung zu.
Viertes Kapitel
Die öffentliche Einrichtung als Formtypus der kommunalen Selbstverwaltung Nach der Umgrenzung des historischen Standortes der öffentlichen Einrichtung ist nunmehr deren Position i m System des geltenden K o m munal-, Verfassungs- und sonstigen (staatlichen) Rechts zu bestimmen. § 1 Der Standort der öffentlichen Einrichtung i m allgemeinen Kommunalrecht A. Die öffentliche Einrichtung als öffentlich-rechtlicher Verwaltungsträger Wie bereits oben festgestellt wurde 1 , folgen die Regelungen des geltenden Kommunalrechts i m wesentlichen denen der DGO. Aus diesem Grunde erübrigt sich insoweit eine nähere Untersuchung. Die öffentliche Einrichtung hat ihren, bereits i n der DGO festgelegten Grundcharakter als öffentlich-rechtliche Verwaltungseinheit 2 behalten, deren sachliches Funktionsubstrat vom allgemeinen Kommunalrecht nur i n sehr begrenztem Umfange fixiert oder vorgeformt wird 3 .
B. Die öffentliche Einrichtung als statusrechtlicher Funktionsträger Ungleich schwerer ist die Frage nach der Qualität der statusrechtlichen Bindungen des modernen Einrichtungswesens zu beantworten. Hat das geltende Gemeinderecht — i n „konsequentem" Verfolg des §17 DGO 4 — den einst materiell-rechtlichen Statusbegriff endgültig zum 1 1 8 4
Vgl. S. 15. Vgl. S. 16,80 ff. Vgl. S. 16 ff. Vgl. dazu oben S. 75 f.
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4. Kap.: Die Einrichtung als Formtypus
bloßen Blankett eines inhaltsleeren Formalismus verformt oder hat es den Versuch einer statusadäquaten Neuformulierung unternommen? Die herrschende Meinung 5 hat sich offensichtlich i m Sinne der ersten Alternative entschieden und interpretiert die Nachfolgevorschriften des §17 DGO® ebenso wie diesen. Zur Begründung ihres Ergebnisses kann sie sich vor allem auf den, der Vorschrift des § 17 DGO eindeutig nachgebildeten Wortlaut jener Bestimmungen berufen, die sämtlich einen entsprechenden Regelungsvorbehalt (Benutzung nur i m Rahmen der vorgegebenen Einrichtungsregelung) i n sich aufgenommen haben. Die Folge dieser Auffassung wäre allerdings eine endgültige Absage an den einrichtungsmateriellen Bürgerstatus: Sofern eine konkret prästierte Einrichtungsleistung nicht i m Einzelfall aus dritten, d. h. vor allem aus staatlich stipulierten, Rechtskategorien materiellen Eigenwert beziehen sollte, wäre sie i m Rahmen des Einrichtungsrechts nur noch an den formellen Maßstäben statusrechtlicher Gleichheit orientiert. Die historische Materialität eines statusunmittelbaren Anspruchs auf „bürgerliche Nahrung" etc. hätte sich in der, historisch nur mitintendierten Akzidenz formaler Gleichheit verloren. Die die Gemeinden verpflichtende Aktualität eines materiellen Leistungsstatus wäre i n einer gemeindeinternen Sonderfassung des allgemeinen Gleichheitssatzes aufgegangen. Die noch aufzuzeigenden Tendenzen 7 einer zunehmenden Überführung gemeindlicher „Status"inhalte in staatlich gewährte Teilhabeberechtigungen könnten sich damit sogar mittelbar rechtfertigen. Der historische Kontinuitätsbruch einer solchen Ausdeutung des einrichtungsrechtlichen Bürgerstatus wäre erheblich. Der hiermit vollzogene Einbruch i n das System statusformierter Gemeinde- und Bürgerschaftsverfassung wäre jedenfalls nicht m i t dem, auch das heutige Selbstverwaltungsbild noch mitbestimmenden 8 Genossenschaftsprinzip zu vereinbaren 9 . M i t dieser verfassungskritischen Feststellung ist allerdings noch kein Verfassungsurteil über die herrschende Lesart der Nachfolgeregelungen des § 17 DGO gesprochen. Denn die bürgerliche Statusordnung läßt sich heute jedenfalls nicht mehr als ausschließlicher Ausfluß des Genossenschaftsgedankens begreifen. Die Präexistenz der Gemeinde als demo5 Vgl. z.B. Muntzke-Schlempp, HessGO, §19 Erl. X I I , §20 Erl. I I ; ffölzl, BayGO, Art. 21 Erl. 4 a, b; Helmreich-Widtmann, BayGO, Art. 21 Erl. 3; Göbel, BadWüGO, § 10 Erl. 10; Lüersen-Neuffer, NdsGO, § 22 Anm. 1; BVerwG, BB 65, 727. • Vgl. die Nachw. oben S. 15 N. 3. 7 Vgl. unten S. 178 f. 8 Vgl. oben S. 50. 9 Vgl. auch Badura, JuS 66, 19 m. N. 32, der den einrichtungsrechtlichen Benutzungsanspruch nicht anstaltsrechtlich, sondern genossenschaftlich als „korporatives Recht der Einwohner" definiert.
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§ 1 Standort im allgemeinen Kommunalrecht
kratische Staatseinheit erfordert vielmehr eine stark veränderte, bisher allerdings nicht gefundene und w o h l auch noch kaum gesuchte Statuskonzeption, die die beiden gemeinsamen Grundfaktoren der gemeindlichen Bürgerschaftsverfassung, nämlich das genossenschaftliche und das demokratische Prinzip, miteinander vereinigt. I n diesem Sinne muß das ursprünglich nur genossenschaftlich konstruierte Teilhaberecht auch den Begriffsmerkmalen eines demokratischen Teilhaberechts entsprechen. Der genossenschaftliche Statusbegriff ist (war) begriffsnotwendig die materiell-rechtliche Teilhabe an den gemeindlichen Gütern Leistungen angelegt 10 ; der demokratische Statusbegriff ist ebenso wendig und zunächst auf die formelle Egalität einer Leistung gelegt 11 .
auf und notan-
Diese Divergenz haben die Gemeindeverfassungsgeber zumindest i n den Ländern Baden-Württemberg, Bremen, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Bayern 1 2 kontinuitätsbewußt dadurch gelöst, daß sie die Gemeinden — i m Gegensatz zur DGO 1 3 — ausdrücklich verpflichtet haben, „ i n den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit die für die Einwohner erforderlichen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen öffentlichen Einrichtungen bereitzustellen" 14 . Die öffentliche Einrichtung ist damit (erneut) i n ein korrespondierendes W e c h s e l v e r h ä l t n i s v o n objektiver
Kompetenzpflicht
und
subjektiv-ge-
nossenschaftlichem Statusrecht gestellt worden. Der bürgerliche Einrichtungsanspruch hat seinen materiell-rechtlichen Halt i n einem auch demokratisch legitimierten Funktionsmandat gefunden. Die besondere Verfassungskonformität dieser Einsicht folgt letztlich aus dem Bekenntnis des GG zum Grundsatz der Menschenwürde (Art. 1 I GG) und der gerade darin einbeschlossenen Anerkennung bzw. Beibehaltung materialer Statusrechte 15 . Die herrschende Lehre übersieht oder unterschätzt allerdings fast ausnahmslos die essentielle Bedeutung dieser gemeindeverfassungsrechtlichen Pflichtbestimmungen 18 . 10
Vgl. oben S. 58 f., 70 ff. Vgl. allgemein bes. Leibholz, Strukturprobleme, S. 88,130. 12 Hier mit dem spezialtypischen Kompetenzkatalog des Art. 57 I I BayGO. 13 Diese kannte nur die allgemeine Bestimmung des § 2 I, derzufolge die Gemeinden berufen sind, „das Wohl ihrer Einwohner zu fördern" (entsprechend heute § § 1 1 2 NdsGO, 1 1 2 NrwGO, 2 11 RhpfGO, 5 1 SaarGO, 11 2 Schl.HGO). 14 So § 191 HessGO und entspr. §§ 10 I i 2 BadWüGO, 6 S. 2, 20 I 1 BremerhavVerf., 2 12 NdsGO, 181 NrwGO, 171 SchlHGO. 15 Vgl. z.B. Köttgen, Jellinek-Gedächtnisschrift, S. 215: „Mit seinem Bekenntnis zur Menschenwürde hat sich das Grundgesetz gegen die formaldemokratische Kategorie des qualitätslosen Subjekts entschieden." 18 Gewisse Ansätze zu einem inhaltlich richtigen Verständnis finden sich 11
88
4. Kap.: Die Einrichtung als Formtypus
Bei isolierter Betrachtung möchte man zwar geneigt sein, auch i n diesen objektiv-rechtlichen Regelungen nur allgemeine und bewußt indifferent gehaltene Umschreibungen einer der tragenden, doch i m einzelnen (noch) inaktuellen Zielsetzungen der gemeindlichen Selbstverwaltung zu sehen. I m institutionellen Zusammenhalt m i t den (mehr formell-rechtlichen) Nachfolgevorschriften des § 17 DGO wachsen diese (materiellen Kompetenz-)Bestimmungen aber, obwohl und als objektives Funktionsrecht, i n die Zone des subjektiven Anspruchsrechts hinein und formieren den einrichtungsrechtlichen Teilhabestatus wieder zu einem grundsätzlich materiellen Rechtsverhältnis um: Der Gemeindebürger w i r d mittels der gemeindlichen Einrichtungen zum Inhaber eines von der Gemeinde zu garantierenden standards, d e r i m K e r n materielle Grundrechtszüge
sozialen trägt.
Leistungs-
Die herrschende Lehre verkennt m i t ihrer nur formell-rechtlichen Ausdeutung des einrichtungsrechtlichen Leistungsstatus den eindeutigen Verpflichtungscharakter dieser Vorschriften sowie deren historischen Hintergrund. A n diesem Ergebnis würde sich i m übrigen auch dann nichts ändern, wenn die genannten Gesetzgeber sich der besonderen historischen Kontinuität ihrer Gesetzesschöpfungen nicht bewußt gewesen sein sollten. Denn die Verbindlichkeit der hier vertretenen Auslegung würde sich jedenfalls aus den Prinzipien einer grundrechts- und selbstverwaltungseffektiven Interpretation ergeben. Die Ausdeutung des einrichtungsrechtlichen Bürgerstatus i m Sinne eines traditionell-materiellen Leistungsrechts wäre grundrechtseffektiv, w e i l sie dem Verfassungsgebot einer subjektorientierten Auslegung 17 entspräche; sie wäre selbstbes. bei Kunze-Schmid, BadWüGO, § 10 Erl. I I 2 a, c, sowie bei Zuhorrt-Hoppe, Gemeinde-Verfassung, S. 92: Während die letzteren die Gemeinde bei der Organisation ihrer Einrichtungen immerhin für verpflichtet halten, jene so zu schaffen und auszugestalten, daß die „wesentlichen Bedürfnisse der verschiedenen sozialen Gruppen der Gemeinde" erfüllt werden (ähnlich auch bereits Stier-Somlo, HBKomVerfR, S. 262), gehen die ersteren bereits erheblich weiter und erkennen die materiell-rechtliche Verpflichtung der Gemeinde zur Schaffung einer Einrichtung für den Fall an, daß gleichzeitig ein gemeindepflichtiger Schutzzweck gegenüber dem einzelnen zu erfüllen ist. — Vgl. unter Abstellung auf speziale Rechtszwecke auch BVerwGE 18, 40 (41 ff.) u. O V G Münster, DVB1. 61,525 f. (zum Schulrecht); Peters, Lehrb., S. 301 (zu § 4 EnWG). 17 Vgl. allgemein bes. BVerfGE 6, 386 (387 f.); 7, 377 (403); 8, 1 (17); 13, 97 (105); BVerfG, N J W 63, 803 (804) u. S. 1395; Bachof, W D S t R L 12, 84; ders., Klage, S. 62 ff.; ders., Jellinek-Gedächtnisschrift, S. 291 ff.; ders., DVB1. 61, 131; P. Schneider, W D S t R L 20, 31 f.; ders., DJT-Festschr., S. 263 ff.; Uber, Freiheit, S. 28; Stern, D Ö V 61, 327; zu weiteren Beispielen aus der Rspr. vgl. Ule, DVB1. 63, 475 ff. — Die gegenüber dieser Auslegungsmethode bzw. deren übersteigerte Anwendung, die in einer Verabsolutierung des Satzes „in dubio pro libertate" ausläuft, erhobenen methodischen Bedenken (vgl. bes. Ehmke, W D StRL 20, 86 ff., 94 f.; Lerche, DVB1. 61, 698; v. Pestalozza, Staat 63, 443 ff.; H. Huber, W D S t R L 20, 116 f.; Leibholz, W D S t R L 20, 120) können hier außer
§ 2 Verfassungsrechtlicher Standort
89
verwaltungseffektiv, w e i l sie auch unter Berücksichtigung des aus dem demokratischen Prinzip folgenden Strukturwandels dem geschichtsgeformten Leitbild einer genossenschaftlichen Statusordnung entspräche. I n diesem Sinne ist dem geltenden Gemeinderecht i m Grundsatz Reformation des gemeindlichen Statusrechts gelungen. Die Frage dessen tatsächlicher Effizienz bleibt dem späteren Zusammenhang der Problematik der Begriffsqualität der öffentlichen Einrichtung behalten 18 .
eine nach bzw. vor-
§ 2 Der verfassungsrechtliche Standort der öffentlichen Einrichtung i m System der kommunalen Selbstverwaltung Die allgemein-verfassungsrechtliche Position der öffentlichen Einrichtung bzw. deren Bedeutung für die institutionelle Ausfüllung der Garantie von der kommunalen Selbstverwaltung beurteilt sich nach der oben entwickelten Auslegung des A r t . 28 I I GG 1 . Indem der institutionsfüllende Komplex der gemeindlichen Verwaltungszuständigkeiten i n solche zur funktionellen Entfaltung der Gemeindeverwaltung einerseits und solche für die institutionellen Fundamente der Selbstverwaltung andererseits aufgeteilt werden sollte 2 , werden i m folgenden sowohl die funktionellen wie die institutionell fundierenden Grundlagen des Einrichtungswesens zu untersuchen sein. Anhand dessen w i r d dann die Frage nach der bestandstypischen Selbstverwaltungsqualität des Einrichtungswesens zu beantworten sein.
A. Die Funktionswirkung der öffentlichen Einrichtung Das typologische B i l d der einrichtungsrechtlichen Funktionsbereiche ist spezifisch-selbstverwaltungsrechtlicher A r t . Dies beweist mit aller Deutlichkeit der oben wiedergegebene Katalog 3 gemeinhin zum Einrichtungswesen gerechneter Verwaltungsaufgaben. Es handelt sich bei diesen i n aller Regel u m typisch „örtliche Angelegenheiten", d. h. Aufgaben, die i n ihrer spezifischen Struktur auf den lokalen Bereich und die individuellen Bedürfnisse der Gemeindebürger zugeschnitten sind und die bereits aus topographischen Gründen auf der lokalen Ebene Betracht bleiben. Denn i m vorliegenden Zusammenhang dominiert ohnehin der subjektiv-rechtliche Grundzug des Einrichtungsrechts. Einer interpretativen Ausuferung oder Sinnentstellung ist damit von vornherein vorgebeugt. 18 Vgl. unten S. 219 ff. 1 Vgl. oben S. 42 ff. 1 Vgl. oben S. 57. 8 Vgl. oben S. 17.
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4. Kap.: Die Einrichtung als Formtypus
optimal zu vollziehen sind 4 . Auch wenn nicht zu verkennen ist, daß gerade der spezifisch-lokale Funktionsbezug i n einem Zeitalter großräumiger Flächenplanung und überregionaler Verbundwirtschaft oft i n Frage stehen muß, so bietet die moderne Selbstverwaltung doch gerade i m Bereich ihrer öffentlichen Einrichtungen noch ein „relativ konstantes Erscheinungsbild" 5 . Der kommunale Verwaltungsstil findet hier eine seiner überhaupt funktionstypischen und begriffsprägenden Ausformungen 6 , die Werner Weber m i t dem Terminus der kommunalen „Sachverwaltung" umschrieben hat 7 . Aus diesem Grunde ist dem kommunalen Einrichtungswesen i m Hinblick auf sein Funktionssubstrat t y pische Bestandsqualität für die gemeindliche Selbstverwaltung zuzuerkennen 8 . B. Die Integrationswirkung der öffentlichen Einrichtung Bereits die funktionelle Bestandskraft des Einrichtungswesens indiziert dessen noch kräftiger entwickelten und selbstverwaltungsrechtlich noch wesentlicheren Integrationscharakter. Das als Wesensmerkmal der modernen Selbstverwaltung erkannte Prinzip der demokratischen und sozialen Integration 9 besitzt gerade i m Bereich der öffentlichen Einrichtungen als funktionstypischen Selbstverwaltungsinstituten eine breite Zone initiär-politischer Entfaltungsfreiheit. Sind die funktionsrechtlichen Grundlagen des Einrichtungswesens nämlich typgerecht spezifischlokaler Provenienz, so folgt daraus einerseits für den demokratischen Willensbildungsprozeß der Bürgerschaft allgemein bzw. den der örtlichen Selbstverwaltungsorgane i m besonderen ein kräftiges Feld echter Initiativ- und Aktionsfreiheit 1 0 sowie andererseits für den Bereich der bürgerlichen Statussphäre die Entwicklung sozialpolitischer Korrelate, deren Integrationswert i n der Mehrzahl aller Fälle beträchtlich erscheint 11 . Die öffentliche Einrichtung verwirklicht i n fast idealtypischer 4 Vgl. in dieser Richtung auch Werner Weber, Staats- und Selbstverw., S. 51 f.; Lerche, Verfassungsfragen, S. 98; Röttgen, Sicherung, S. 9; Wolff, VerwR I I , S. 140 f., 152; E. Becker, H B K W P I, S. 131; Rröll, Gesellschaft, S. 152; BVerfGE 8,122 (134); 11, 266 (275 f.). 5 Vgl. Stern, A f K 64,94 unter Bezugnahme auf Röttgen, Sicherung, S. 4. 8 Vgl. Werner Weber, a.a.O., S. 51 ff.; Röttgen, Gemeinde, S. 39 ff.; 49 ff.; ders., Sicherung, S. 22; ders., Vorrang, S. 42 ff.; ders., D Ö V 61, 8; Lerche, a. a. O., S. 112; Stern, A f K 64, 94; ders., BK, Art. 28 Rdnr. 163; Kröll, a. a. O.; BayVerfGH, V G H E n. F. 10 (II), 113 (123) = D Ö V 58,216 ff. 7 Vgl. a. a. O., S. 51 f. 8 Vgl. Werner Weber, Röttgen, Lerche, Stern, jeweils a. a. O. 9 Vgl. oben S. 45. 10 Vgl. auch Kröll, a. a. O. 11 Vgl. etwa für den Bereich der fürsorgerechtlichen Einrichtungen Lerche, a. a. O., S. 114 ff.; vgl. auch BGH, NJW 64, 1472 (1474), der das Wesensmerkmal
§ 2 Verfassungsrechtlicher Standort
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Weise die beiden Grundformen des verfassungsformierten Bürgerrechts, den demokratischen status activus und den sozialen status positivus und entspricht damit i n ebenso idealtypischer Weise den aufgezeigten Begriffsmerkmalen 12 der kommunalen Selbstverwaltungsangelegenheit. Diesen durchgreifend politischen Akzent des Einrichtungswesens zu übersehen oder dieses gar als vermeintlich „unpolitischen Kundendienst" 1 3 o. ä. i n den Bereich rein technischer Verwaltung zu verbannen, hieße wohl den politischen Charakter der gemeindlichen Selbstverwaltung überhaupt zu verkennen. Gerade angesichts der zunehmenden staatlich-gesetzlichen Durchformung des Einrichtungswesens 14 erscheint es wesentlich, auf dessen integrale Bedeutung hinzuweisen und dessen integrationstypische Bestandsqualität für die Selbstverwaltung festzuhalten. C. Die öffentliche Einrichtung und die gemeindliche Organisationsfreiheit Für den Bereich der einrichtungsrechtlichen Organisationstypik und deren potentielle Bestandsqualität ist zwischen zwei Unterformen der allgemeinen Gemeindekompetenz zur Regelung ihrer verwaltungsinstitutionellen Fundamente zu unterscheiden: der allgemein-gegenständlichen Organisationsgewalt (I) und der Personalhoheit (II). I . Die öffentliche Einrichtung und die gemeindliche Gestaltungshoheit
Wie bereits die oben wiedergegebene Ubersicht 15 über diejenigen Organisationsformen, die gemeinhin als typisch und zulässig für die Gestaltung gemeindlicher Einrichtungen erachtet werden, beweist, muß das Einrichtungswesen als realer und kräftiger Hort der gemeindlichen Organisationsgewalt gelten. Gerade auf seinem Sektor äußern die beiden Grundkomponenten der (gemeindlichen) Organisationsgewalt noch verbindliche Wirksamkeit: nämlich „ i n der Gestaltung von Behörden und der Zuweisung von Zuständigkeiten" sowie „ i n der Verleihung und Entziehung des institutionell öffentlichen Status" 16 . So umstritten der der öffentl. Einrichtung zutreffend in der Verwirklichung der „örtlichen Lebensgemeinschaft" sieht. » Vgl. oben S. 55 ff. 13 Vgl. so aber Köttgen, Sicherung, S. 4. 14 Vgl. dazu unten S. 139 ff. 15 Vgl. 25 ff. 16 Vgl. Forsthoff , Lehrb., S. 384; im Anschl. Stern , BayVBl. 60,181.
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4. Kap.: Die Einrichtung als Formtypus
allgemeine Begriff und die innere Reichweite der „Organisationsgewalt" als solcher auch sein mag 17 , für die Gemeinden ist i n ihrer Eigenschaft als Selbstverwaltungskörperschaften jedenfalls von einem verfassungsrechtlich gesicherten Kernbereich organisationsrechtlicher Gestaltungsfreiheit auszugehen 18 . M i t der durch A r t . 28 I I GG von Verfassungs wegen sanktionierten Anerkennung gesetzesfreier Verwaltung 1 9 („verfassungsunmittelbares Verwaltungsmandat" 2 0 ) ist den Gemeinden i m Grundsatz auch ein gewisses Mindestmaß gesetzesunabhängiger Organisationsgewalt als Existenzaufgabe 21 garantiert 2 2 . Ohne daß deren Umfang und Grenzen hier i m einzelnen abzustecken wären, ist doch so viel festzuhalten, daß den Gemeinden jedenfalls und prinzipiell die organisationsrechtliche Ausgestaltung ihrer Einrichtungsverwaltungen vorbehalten ist. Mag vielleicht auch für die Organisation bloß technisch-ausführender Verwaltungseinheiten etwas anderes gelten, für das Einrichtungswesen als einer grundsätzlich politischen Selbstverwaltungsfunktion muß es ebenso grundsätzlich bei diesem organisationsrechtlichen Reservat der Gemeinden bleiben. Die einrichtungsrechtliche Organisationsgewalt besitzt m i t h i n selbstverwaltungstypische Bestandsqualität. Ob und inwieweit der staatliche Gesetzgeber (doch) befugt ist, i m Einzelfall auch gegenüber den öffentlichen Einrichtungen organisatorische Maßnahmen zu ergreifen oder den Gemeinden etwa die Verwendung gesetzlich präparierter Organisationsmodelle anzuempfehlen, w i r d i m späteren Zusammenhang zu erörtern sein 23 . 17 Vgl. dazu bes. Röttgen, W D S t R L 16, 154 ff.; Ermacora, W D S t R L 16, 191 ff.; Forsthoff, a. a. O., S. 377 ff.; ders., Körperschaft, S. 37 ff.; Spanner, DÖV 57, 640 ff.; Obermayer, VerwA, S. 116 ff.; E. W. Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 21 ff.; Richter, Organisationsgewalt, S. 3 ff.; Groß, D Ö V 63, 51 ff.; Kaja, AöR 89, 389 ff. 18 Vgl. Köttgen, a.a.O., S. 170f., 186f.; ders., Gemeinde, S.41, 49, 82ff., 91 ff.; zu der recht vorbildlichen Regelung der §§ 15—17 N r w L O G v. 10. 7.62 (GVB1.421) vgl. näher Rietdorf, DÖV 62, 593 ff., bes. 594,603. 19 Vgl. Köttgen, W D S t R L 16, 170 f.; ders., Spielraum, S.21f.; Lerche, Gemeinden, S. 11. 20 Vgl. Köttgen, Spielraum, S. 42 f. 21 Vgl. Peters, Grenzen, S. 42. 22 Vgl. — vornehmlich auch zur Personalhoheit als Unterfall (vgl. zu dieser Eigenschaft der letzteren u. a. Bettermann-Goessl, Schulgliederung, S. 134; Kaja, AöR 89, 399 f.) der allgemeinen Organisationsgewalt — insbes. BVerfGE 1, 167 (175); 7, 358 (365); 8, 332 (359); 9, 268 (289); BVerfG, NJW 64, 491 (492 f.); BVerwGE 2, 329 (333); 6, 19 (24); BayVerfGH, V G H E n. F. 2 (II), 143 (152,156 f.); 13 (II), 153 (161); NrwVerfGH, OVGE 9, 74 (82 f.); 10, 149 (150); BadWüStGH, E S V G H 11 (II), 4; O V G Münster, OVGE 8, 290 (295); O V G Koblenz, OVGE 6, 172 (174); Stern, BK, Art. 28 Rdnr. 82, 97, 102, 127, 147 ff.; Peters, Grenzen, S. 31; Lerche, Verfassungsfragen, S. 96, 117; Köttgen, W D S t R L 16,170 f., 186 f.; ders., Gemeinde, S. 41, 49, 82 ff., 91 ff.; Ipsen, D Ö V 55, 225 ff.; E. Becker, BayVBl. 61, 70; ders., Grundrechte IV/2, S. 701; Werner Weber, Staats- u. Selbstverw., S. 51 f.; Wolff, VerwR I I , S. 155; Klüber, Städtetag 52, 40; Krüger, Staatslehre, S. 926; Gräfe, D Ö V 55, 650. 28 Vgl. unten S. 179 f.
§ 2 Verfassungsrechtlicher Standort
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I I . Die öffentliche Einrichtung und die gemeindliche Personalhoheit
Ergänzt w i r d die sachlich-gegenständliche Organisationskomponente durch die gemeindliche Personalhoheit. Erkennt man diese m i t der herrschenden Meinung 2 4 als den Komplex derjenigen originären Befugnisse, die Gemeindebediensteten, öffentlich- wie privatrechtlicher A r t 2 5 , „auszuwählen, anzustellen, zu befördern und zu entlassen" 28 , so bedarf es keines näheren Nachweises mehr, i n welchem Maße die Substanz des gemeindlichen Einrichtungswesens von einem möglichst breiten und unangetasteten Bereich gemeindlicher Personalgewalt abhängt. Wie bereits für die Organisationsgewalt allgemein dargelegt, so sind die selbstverwaltungsrechtlichen Interdependenzen zwischen Einrichtungsverwaltung und Personalhoheit auch i m besonderen evident. Solange noch von einem eigenständigen Einrichtungswesen ausgegangen werden kann, solange w i r d auch die kommunale Personalhoheit ein breites und gesichertes Aktionsfeld finden, bzw. umgekehrt. I n der Lehre und Rechtsprechung neigt man allerdings oft dazu, diese mittelbaren Kompetenzbezüge zwischen den funktionellen und organisatorischen Selbstverwaltungsfundamenten zu wenig zu beachten. Unter dem allein maßgebenden Blickpunkt einer geschlossenen Sicherung der gemeindlichen Selbstverwaltung und deren institutioneller Grundlage bedarf es indessen einer anderen Betrachtungsweise. Funktional-inhaltliche und organisatorisch-gestaltende Maßnahmen und Entwicklungen müssen i m Zusammenhang gesehen und beurteilt werden 27 . Das Beispiel der kommunalen Personalhoheit beweist dies m i t besonderer Deutlichkeit. Obwohl sich auf ihrem Gebiet die staatlichen Eingriffe beträchtlich gehäuft haben 28 , beschränkt man sich noch allzu oft auf 24
Vgl. bes. Stern, BK, Art. 28 Rdnr. 97, 147 ff.; Ipsen, D Ö V 55, 228f.; Görg, H B K W P I I , S. 54 ff.; H. D. Böckenförde, Bindungen, S. 24 ff.; Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 122 ff.; BVerfG, NJW 64,491 (492). 25 Vgl. Ipsen, D Ö V 55, 225 f. m. N. 4; H. D. Böckenförde, a. a. O., S. 28; NrwVerfGH, OVGE 9, 75; vgl. auch BVerwG, D Ö V 64, 347 ff. (allerdings nicht unbedenklich zur Frage, ob den Gemeinden durch staatliches Gesetz die Uberschreitung tariflicher Lohnsätze untersagt werden kann); — a. A. Görg, a. a. O., S. 60 (nur beamtenrechtlicher Personalbegriff). 28 Vgl. BVerfG, a. a. O. 27 Vgl. in richtiger Fragestellung z. B. Lerche, a. a. O., S. 117; allgemein auch Ipsen, D Ö V 55, 228; — vgl. weiterhin auch BVerfG, NJW 64, 491 ff. (die Gemeinden können zur Übernahme von Personal verpflichtet werden, wenn auch die Aufgaben, die von diesem bisher wahrgenommen worden sind, auf die Gemeinden übergegangen sind). 28 Vgl. dazu bes. H. D. Böckenförde, a. a. O., S. 7 ff.; auch Stern, BK, Art. 28 Rdnr. 147.
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4. Kap.: Die Einrichtung als Formtypus
eine isolierte Sichtung und Bewertung „des" kommunalen Personalwesens als solchem. Man übersieht dessen eigentliche und ausschlaggebende K r a f t als institutionell-organisatorische Annexkompetenz, von deren Sicherung das Schicksal der kommunalen Selbstverwaltung m i t abhängt. Die Personalhoheit darf als unmittelbarer Ausfluß der Garantiebestimmung des A r t . 28 I I GG 2 9 nicht nur i n ihren konkreten Überschneidungen 30 mit dem auf A r t . 33 V, 75 Ziff. 1 GG basierenden staatlichen Dienstrecht gesehen werden. Denn A r t . 28 I I GG enthält nicht zuletzt auch eine institutionelle Schranke der staatlichen Dienstkompetenzen 31 . Das damit von Verfassungs wegen anerkannte Nebeneinander zweier heterogener Organisationsbereiche und -gewalten erfordert ein differenziertes Abwägen zwischen dem geschützten Eigenbereich der Gemeinden und der staatlich-zentralen Direktionsgewalt. Auf besondere K r i t i k müssen dabei — gerade i n einrichtungsrechtlicher Hinsicht — etwa Maßnahmen stoßen, wie die staatsunmittelbare Aufstellung von Stellenplänen 32 und die generelle Überführung von gemeindlichem (Einrichtungs-)Personal i n die unmittelbar staatliche Diensthoheit 33 . Unter Zugrundelegung der angezogenen Definition des Begriffs der Personalhoheit und i n der Erkenntnis, daß dieser der kommunalen Einrichtungsverwaltung wesensgemäß verbunden ist, muß dem Einrichtungswesen auch i n institutionell-personalrechtlicher Hinsicht selbstverwaltungstypische Bestandsqualität zuerkannt werden. D. Die öffentliche Einrichtung und die gemeindliche Vermögensfreiheit Z u den institutionellen Grundlagen der Selbstverwaltung schließlich noch die kommunale Vermögens- und Finanzhoheit 34 .
zählt
2 ® Vgl. BVerfGE 8, 332 (359); H. D. Böckenförde, a.a.O.; Ipsen, DÖV 55, 225 ff.; sowie die Nachw. auf S. 92 N. 22. 30 Vgl. dazu H. D. Böckenförde, a.a.O., S. 46 ff.; instruktiv auch Bettermann-Goessl, a. a. O., S. 168. 81 Vgl. allerdings auch Gönnenioein, a. a. O., S. 123 ff. 81 Vgl. kritisch auch Kornblum, DÖV 62, 847 ff. (zur HessStellenplanVO v. 1.11. 58 — GVB1.161); Stern, BK, Art. 28 Rdnr. 149; — anders aber VGH Kassel, DVB1. 65, 371 f. (zur zit. HessStellenplanVO); W. Hofmann, DÖV 62, 852 ff.; — zu modernen Angleichungstendenzen des kommunalen an das staatliche Beamtenrecht vgl. auch etwa Gerhardt, DÖV 63, 903 f. 88 Vgl. RhpfVerfGH, E. v. 10.12.47 (zit. nach Henrichs, DVB1. 54, 728); H. D. Böckenförde, a. a. O., S. 17; — zu den besonders gelagerten Verhältnissen im Schulrecht (zur Verfassungsmäßigkeit der u. a. einschlägigen Vorschrift des § 23 I lit. c NrwSchVG v. 3. 6. 58 — GVB1. 241 — vgl. bejahend NrwVerfGH, DÖV 63,382 ff.) vgl. unten S. 179 f., 188 ff. 84 Vgl. z.B. und zum folgenden: Albers, A f K 62, 65ff.; Hettlage, A f K 64, 7 ff.; Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 111 ff.;Wixforth, Finanzhoheit, S. 3 ff.;
§ 2 Verfassungsrechtlicher Standort
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Obwohl gerade deren finanzpolitische Seite i m einzelnen noch recht unscharfe Konturen aufweist (Gemeindefinanzreform 35 !), kann dieser Kompetenzbereich nach gesicherter Rechtsauffassung doch jedenfalls i n folgende Teilzuständigkeiten aufgegliedert werden, die sämtlich der institutionellen Schutzzone des A r t . 28 I I GG unterfallen 36 . 1. Die Vermögenshoheit, die den Gemeinden die eigenverantwortliche Verwaltung ihres Vermögens garantiert; 2. die Finanzhoheit, die den Gemeinden eine, ihren selbstverwaltungsrechtlichen Verantwortungsbereichen entsprechende Finanzausstattung (Einnahmenhoheit) und Ausgabenwirtschaft (Ausgabenhoheit) garantiert. Zwischen diesem Kernbereich gemeindlicher Vermögens- und Finanzfreiheit sowie der allgemeinen kommunalen Aufgabenhoheit besteht — ebenso wie i m organisationsrechtlichen Bereich — ein unlöslicher Konnex 3 7 . Das akzessorisch-institutionelle Vermögens- und Finanzfundament der Selbstverwaltung sichert einmal selbst die eigenverantwortliche Aufgabenverwaltung der Gemeinde und w i r d zum anderen i n seiner eigenen Entfaltungsfreiheit durch das Vorhandensein eines entsprechenden Aufgabensubstrats bedingt. Diese Feststellung gilt wiederum in besonderem Maße für das Einrichtungswesen, dessen traditionell-vermögensrechtliche Struktur bereits dargestellt wurde 3 8 . Gerade angesichts der neueren Entwicklungstendenzen auf dem Gebiete der Finanzverfassung muß ein besonderes Augenmerk dem kommunaStern, BK, Art. 28 Rdnr. 99, 151 ff.; ders., JR 63, 203; Sattler, H B K W P I I I , S. 1 ff.; Lerche, Verfassungsfragen, S. 96, 118 ff.; ders., Gemeinden, S. 23 f.; Heckt, D Ö V 55, 265 ff.; Peters, Selbstverw. 52, 116; ders., Grenzen, S. 31; Müthling, D Ö V 51, 169; Kollmann, D Ö V 51, 149; Klüber, Städtetag 52, 40; E. Becker, H B K W P I, S. 149; ders., BayVBl. 61, 66, 70; ders., Grundrechte IV/2, S.701; ders. in: Kommunale Finanzen, S. 20 ff.; Werner Weber, a. a. O., S. 43 ff.; Röttgen, D Ö V 53, 359; ders., Gemeinde, S. 41, 49 (vgl. aber auch dens., H B K W P I, S. 214); Wolff, VerwR I I , S. 155 ff.; Görg in: Kommunale Finanzen, S. 7 ff.; Ule, ZSR 62, 715 ff.; Berkenhoff, KomVerfR, S.6f.; BVeriüG, NJW 61, 619 (620); NrwVerfGH, OVGE 10,149 (150 ff.); RhpfVerfGH, O V G E 3, 34 (37); BayVerfGH, V G H E n. F. 2 (II), 143 (154); 5 (II), 1 (8); 12 (II), 48 (55); BadWüStGH, E S V G H 11 (II), 2 u. 6; O V G Münster, OVGE 16, 60 (64); — vgl. auch Art. 71 I I I , 73 BadWüVerf.; 83 I I , I I I BayVerf.; 137 V HessVerf.; 44 I V , 45 NdsVerf.; 78 I I I , 79 NrwVerf.; 49 V RhpfVerf.; 125 SaarVerf.; 40—42 SchlHVerf. 35 Vgl. dazu z.B. Kuss, D Ö V 63, 534ff.; ders. auch: A f K 65, 47ff.; Heckt, DÖV 62, 207 ff.; — zu den wirtschafts- und bevölkerungspolitischen Gründen der gemeindlichen Finanznot vgl. vor allem Schmölders, AfK 65, 30 ff. 36 Vgl. die Nachw. N. 34. 37 Vgl. Gönnenwein, a.a.O., S. U l f . ; Albers, A f K 62, 73; Patzig, AöR 86, 250ff.; Werner Weber, a.a.O., S.45; Köttgen, Spielraum, S. 75ff.; — vgl. allgemein auch im Sinne der Konnexität von Finanz- und Aufgabenverantwortung Art. 106 I V 2 Ziff. 1 GG. 38 Vgl. oben S. 60 ff.
4. Kap.: Die Einrichtung als Formtypus
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len Einrichtungswesen und dessen finanzrechtlicher Sicherung gelten. Denn die Substanzverluste, die die Selbstverwaltung i n letzter Zeit auf diesem Sektor erlitten hat, sind erheblich. Sie mögen zwar als solche (vorerst) nur punktueller A r t sein, i n ihrer symptomatischen Bedeutung sind sie jedoch nicht zu unterschätzen. Z u denken ist dabei vor allem an die Regelung der §§ 10 I I I 2, 93 I 2 BSHG und der §§ 5 I, I I I 2, 8 I I I JWG, die die fürsorgerischen Einrichtungsinitiativen der Gemeinden nicht nur an einen überhaupt funktionssperrenden Subsidiaritätsvorbehalt binden, sondern die Gemeinden darüber hinaus noch zur Subventionierung der Parallelinstitute der freien Wohlfahrtspflege verpflichten 39 . Damit werden die gemeindlichen Einrichtungen und die gemeindliche Ausgabenhoheit in ihrem typischen Konnexverhältnis empfindlich und i n einer m i t A r t . 28 I I GG nicht zu vereinbarenden Weise getroffen 40 . Diese Regelungen erhalten verfassungsrechtlich noch größeres Gewicht durch die allgemein problematische Finanzsituation der Gemeinden: I n einnahmenrechtlicher Hinsicht hat die bundesstaatliche Finanzverfassimg den Gemeinden nämlich den Status vollgültiger Selbständigkeit versagt (Art. 105 ff. GG) 41 . Die Gemeinden rechnen deshalb, wenn auch unter Einräumung einiger verteilungstechnischer Privilegien (Art. 106 V, V I I GG), prinzipiell zum Finanzverfassungsbereich der Länder (arg. A r t . 106 V I I I GG) 42 . Berücksichtigt man auf der anderen Seite noch das ständig zunehmende Maß vermögensrechtlicher Bindungen der Gemeinden sowie den gleichfalls wachsenden Brauch, finanziellen Bedürfnissen 48 der Gemeinden durch gezielt-spezielle Zuweisungen, d.h. Finanzleistungen, die strikt an der Wahrnehmimg bestimmter (Pflicht-)Aufgaben orientiert sind, abzuhelfen 44 , so w i r d das finanzpolitische Dilemma auch des Einrichtungswesens gänzlich offenbar. 39
Vgl. dazu noch unten S. 168. Vgl. Lerche, Verfassungsfragen, S. 118 ff.; auch Albers, A f K 62, 74; — a. A. Ule, ZSR 62, 718 ff. 41 Vgl. Maunz-Dürig, GG, Art. 106 Rdnr. 69 ff.; Sasse, AöR 85, 453 ff.; Gönnenwein, a. a. O., S. 114 ff.; Sattler, a. a. O., S. 9 ff.; Werner Weber, a. a. O., S. 45; Lerche, Verfassungsfragen, S. 118; ders., Gemeinden, S. 23 f.; Hettlage, a. a. O.; Ule, a. a. O., S. 715 f. 42 Vgl. d. Nachw. in N. 41. — Ob die Bestimmungen der Art. 106 V I 1 (Realsteuergarantie); 106 I V 4 (Beteiligungsrecht am Steuerverbund); 106 V I I (Dekkungszwang); 107 I I GG (Finanzausgleich) als „materielle Ausprägungen der Institution Selbstverwaltung" (Stern, BK, Art. 28 Rdnr. 76) zu begreifen sind (so Stern, a.a.O.; ders., JR 63, 203; Sasse, AöR 85, 454; Sattler, a.a.O.), ist dabei nur von sekundärer Bedeutung. Denn maßgebender Standort der Gemeindefinanzhoheit bleibt damit jedenfalls Art. 28 I I GG. 43 Vgl. zu diesen allgemein Albers, A f K 62, 65 ff.; Hettlage, A f K 64, 2 ff.; — speziell zu den einrichtungs- und wirtschaftsrechtlichen Finanzbedürfnissen vgl. Barocka, Kommunalkredit, S. 27 ff. 44 Vgl. — gerade auch m. Nachw. zum Einrichtungswesen — bes. Patzig, 40
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Bezeichnend für diese Situation sind einige der neueren landesrechtlichen Finanzausgleichsgesetzgebungen. A u f den ersten Blick scheinen diese zwar dem Einrichtungswesen sogar w i r k s a m zu helfen. Bei näherem Zusehen entpuppt sich dieser Schein indessen als Beweis des Gegenteils. So erklärt z. B. die Amtliche Begründung v o m 1.6.1961 45 zum NdsFAG v o m 8.12.1961 (GVB1. S. 337), daß es gelte, die Gemeinden „als Träger der örtlichen V e r w a l t u n g i n der örtlichen Sphäre i n ihrer S t r u k t u r den modernen Anforderungen der gleichmäßigen Versorgung der Bürger m i t öffentlichen Einrichtungen u n d Dienstleistungen anzupassen, ihre Verwaltungskraft zu heben u n d die örtliche I n i t i a t i v e . . . zu erhalten u n d zu stärken". Wie von Patzig 46 richtig bemerkt, läßt bereits der Passus von der „gleichmäßigen Versorgung" aufhorchen; denn dieser verbirgt eine deutlich dirigistische Tendenz, die auch i n anderen Bundesländern vorherrschend geworden ist 4 7 : N u r w e n n auch den kleinen u n d steuerschwachen Gemeinden „ z u einer ausreichenden Ausstattung m i t den unerläßlichen öffentlichen Einrichtungen verholfen w i r d " 4 8 , kann „der Landflucht einerseits und der Aufblähung großstädtischer Ballungszentren andererseits entgegengewirkt werden" 4 9 . Mögen diese Zielsetzungen auch vielleicht unter allgemeineren Selbstverwaltungsgesichtspunkten anzuerkennen sein, f ü r eine freiverantwortliche Einrichtungsgestaltung sind sie i n dieser finanzpolitischen Beschränkung nicht zu halten 5 0 . Denn eine eigenständige Einrichtungsverwaltung der Gemeinden setzt voraus, daß diese i n der Verfügungsbefugnis über i h r Vermögen u n d i n ihren finanziellen Möglichkeiten nicht v ö l l i g eingeengt sind bzw., daß sie ausgabenrechtlich i n der Lage sind, nach eigenem Ermessen 51 (und nicht nach staatlich diktierten Maßgaben oder „Zielsetzungen") die für das W o h l ihrer Einwohner erforderlichen Einrichtungen zu erstellen. I n diesem Sinne ist der Konnex zwischen Einrichtungswesen u n d kommunaler Vermögens- sowie F i nanzhoheit von durchgreifender Verfassungsrelevanz. DVB1. 63, 769 f., 772 f.; allgemein auch Krill, DÖV 64, 840 ff.; zur Struktur u. Breite d. gezielten „Bundes- und Staatszuschüsse für gemeindliche Aufgaben" vgl. das gleichnamige Werk von Gruber-Kiefl, S. 9 ff. (für die öffentl. Einrichtungen bes. S. 54 ff.). 45 Auszugsw. abgedr. b. Patzig, DVB1. 63, 769. 46 Vgl. a.a.O. 47 Vgl. Patzig, a. a. O. 48 Amtl. Begr. zum BadWüFAG v. 28.11. 61 (GBl. 34); auszugsw. abgedr. b. Patzig, a. a. O. 49 Amtl. Begr. zum ÄndG v. 23.3. 62 (GVB1. 23) zum BayFAG v. 29. 8.60 (GVB1.213); auszugsw. abgedr. b. Patzig, a. a. O. 50 Eine demgegenüber recht vorbildliche Regelung enthielt die NotVO z. Sicherung v. Wirtsch. u. Finanzen v. 26.7.30 (RGBl. I 517), derzufolge die Gemeinden berechtigt waren, bei Überlastung ihres Haushalts durch Wohlfahrtslasten bestimmte (Getränke-)Steuern einzuführen (1. Teil Kap. I § 3). " Vgl. auch NrwVerfGH, OVGE 10, 149 (150). 7 Scholz
4. Kap.: Die Einrichtung als Formtypus
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Den öffentlichen Einrichtungen ist m i t h i n auch i n Vermögens- und finanzrechtlicher Beziehung typisch-selbstverwaltungsrechtliche Bestandsqualität zuzuerkennen. E. Einrichtungswesen und Wesensgehalt Nach alledem ist festzustellen, daß das kommunale Einrichtungswesen i n funktions-, intégrations-, organisations- und Vermögens- bzw. finanztypischer Hinsicht einen institutionellen Bestandteil der kommunalen Selbstverwaltung
darstellt.
Unter Anwendung der oben genannten Definition des absolut geschützten Wesensgehalts der Selbstverwaltung 52 ist damit gleichzeitig festzustellen, daß das Einrichtungswesen i n seinen gesamten Strukturerscheinungen von der i n A r t . 28 I I GG enthaltenen Wesensgehaltsgarantie umfaßt und geschützt w i r d 5 8 . Denn das Einrichtungswesen verwirklicht nicht nur i n seinem historischen Befund 5 4 alle essentiellen Begriffsmerkmale der kommunalen Selbstverwaltung in fast idealtypischer Form: a) Es begreift inhaltlich nicht nur einen Komplex historisch gewachsener Selbstverwaltungsangelegenheiten, sondern besitzt i n seinem konkreten, zumeist initiär-eigenständigen Funktionsbezug regelmäßig auch jene politisch-integralen Eigenschaften, die das Wesen der gemeindlichen Selbstverwaltungsangelegenheiten ausmachen. b) Es steht i n einem evident-unlöslichen Verhältnis gegenseitiger Konnexität zu den institutionell-organisations- und -vermögensrechtlichen Fundamenten der kommunalen Selbstverwaltung, die ihrerseits wiederum zum Wesensgehalt der kommunalen Selbstverwaltung zählen 55 .
§ 3 Das Verhältnis von wirtschaftlicher Einrichtungsverwaltung und Gemeindewirtschaft Wie bereits oben festgestellt wurde 1 , ist für die Standortbestimmung insbesondere der wirtschaftlichen öffentlichen Einrichtung deren A b 52
Vgl. S. 55. Vgl. i m Ergebnis ebenso oder doch ähnlich die Nachw. oben S. 90 N. 6, sowie auch Köttgen, DJT-Festschrift, S. 617; Wolff, A f K 63,163. 54 Vgl. zusammenfassend oben S. 83 f. 55 Vgl. dazu mit näheren Begründungen die Nachw. oben S. 92 N. 22, S. 94 N. 34. 1 Vgl. S. 19. 68
§3 Einrichtungsverwaltung und Gemeindewirtschaft
99
grenzung vom kommunalen Wirtschaftsunternehmen erforderlich. Historisch hatten sich beide Institute i n der übergreifenden Einheit der kommunalen „Anstalt" vereinigt 1 . Nach dem Rechtszustand der DGO verstanden sie sich als rechtlich verschiedene Institute 3 . Ob diese Konzeption der DGO, die i m übrigen auch zur damaligen Zeit keine vorbehaltlose Anerkennung zu finden vermochte 4 , heute noch verbindlich ist, w i r d i m folgenden anhand der Systematik der kommunalen Verwaltungsordnung und des allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundverständnisses der kommunalen Selbstverwaltung zu beantworten sein.
A. Systematische Gesetzesintention Eine systematische Gesetzesauslegung der geltenden Gemeindeordnungen, die regelmäßig auf der durch die DGO geschaffenen Rechtslage aufbauen, begründet ein deutliches Indiz dafür, daß die öffentliche Einrichtung und das Wirtschaftsunternehmen weiterhin i m Sinne der für die DGO festgestellten Rechtslage als heterogene Institute zu begreifen sind 5 . Die Gemeindeordnungen betonen den Unterschied zwischen der öffentlichen Einrichtung als statusrechtlicher Verwaltungseinheit und dem Wirtschaftsunternehmen als wirtschaftlicher Vermögenseinheit durchweg i n derselben Weise wie die DGO. Diese Intention zeichnet sich nicht nur i n den Nachfolgevorschriften der §§ 17, 67 DGO ab*, sondern schlägt sich darüber hinaus i n einer Reihe weiterer Kompetenzbestimmungen nieder, i n denen stets zwischen der öffentlichen Gemeindeverwaltung bzw. den öffentlichen Einrichtungen einerseits und den w i r t schaftlichen Unternehmen andererseits unterschieden wird 7 . 8
Vgl. S. 62 ff. Vgl. S. 81 f. 4 Nachw. vgl. unten S. 100 N. 8. 5 Vgl. auch Maunz, VerwArch 50, 326; Eiser-Riederer-Sieder, EnWiR, V I I I , S. 15 N. 3. 6 Vgl. Art. 21, 57 — 75 BayGO; §§ 10 I I — 85 BadWüGO; 20 I 2 — 58 ff. BremerhavVerf.; 19 I I — 98 HessGO; 8 Ziff. 2 — 89 NdsGO; 19 — 69 NrwGO; 15 — 80 RhpfGO; 17 — 82 SchlHGO; 18 — 83 SaarGO; — bes. deutlich § 80 I I Ziff. 2 RhpfGO, der insoweit ausdrücklich von öffentl. Einrichtungen spricht. 7 Vgl. BayGO: Art. 24 I Ziff. 1 (Eigentum — öffentl. Einrichtungen); BadWüGO: §§ 39 I I Ziff. 11, 57 I Ziff. 7 (öffentl. Einrichtungen — wirtschaftl. Unternehmen); BremerhavVerf.: §§24 (Verwaltung, Gemeindeangelegenheiten — wirtschaftl. Unternehmen), 25 I lit. n (öffentl. Einrichtungen — Betriebe, wirtsch. Unternehmen); vgl. auch 25 I lit. n, 48 Ziff. 3 (öffentl. Einrichtungen), Ziff. 5 (Eigentum); HessGO: §§51 Ziff. 11 (öffentl. Einrichtungen — wirtsch. Unternehmen), auch ebda. Ziff. 12, 132 (Verwaltung — wirtsch. Unternehmen); NdsGO: §§8 Ziff. 1 (Eigentum — öffentl. Einrichtungen), 45 Ziff. 9, 11 (öffentl. Einrichtungen — wirtsch. Unternehmen), auch ebda. Ziff. 10, 102 I I Ziff. 4 (Verwaltung), Ziff. 5 (Wirtschaft); NrwGO: § 28 I lit. k, o (Gemeindevermögen), 8
7*
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4. Kap.: Die Einrichtung als Formtypus
T r o t z d e m i n t e r p r e t i e r t die ü b e r w i e g e n d e M e i n i m g das V e r h ä l t n i s v o n öffentlicher E i n r i c h t u n g u n d w i r t s c h a f t l i c h e m U n t e r n e h m e n i m S i n n e der rechtlichen I d e n t i t ä t („Identitätstheorie") 8. Die S y s t e m w i d r i g k e i t dieser A r g u m e n t a t i o n ist indessen a u g e n f ä l l i g : M a n s t e l l t z w a r e i n e r seits z u t r e f f e n d fest, daß die öffentliche E i n r i c h t u n g i h r e n „ n i c h t - ö f f e n t r l i e h e n " Gegensatz i n d e n t r a d i t i o n e l l e n , r e g e l m ä ß i g e r w e r b s w i r t s c h a f t t e n d e n P r i v a t a n s t a l t e n d e r G e m e i n d e finde 9 u n d f o l g e r t w e i t e r h i n r i c h t i g , daß j e d e n f a l l s die i n § 67 I I D G O etc. gekennzeichneten „ U n t e r n e h m e n " öffentliche E i n r i c h t u n g e n d a r s t e l l t e n 1 0 ; b e h a u p t e t aber a n dererseits, daß auch die U n t e r n e h m e n i m S i n n e des § 6 7 1 D G O etc. öffentliche E i n r i c h t u n g e n seien, o b w o h l d e r entstehungsgeschichtliche G r u n d des § 67 I D G O etc. e i n d e u t i g n u r a u f eine E i n d ä m m u n g gerade j e n e r e r w e r b s w i r t s c h a f t e n d e n U n t e r n e h m e n z i e l t e u n d u n t e r lit. 1 (Gemeindevermögen, Eigenbetriebe, Anteile an Unternehmen), lit. m (öffentl. Einrichtungen — wirtsch. Unternehmen), lit. n (Eigenbetriebe, Unternehmen), 103 I, I I (Verwaltung — Wirtschaftsbetriebe); RhpfGO: §117 (Verwaltung — wirtsch. Unternehmen); SaarGO: §§ 33 Ziff. 15 (Gemeindevermögen — Verwaltung), Ziff. 17 (öffentl. Einrichtungen — wirtsch. Unternehmen), Ziff. 18 (Eigenbetriebe, wirtsch. Unternehmen), 116 I Ziff. 1 (wirtsch. Unternehmen), Ziff. 2 (Verwaltung), 117 I I I Ziff. 3 (Verwaltung), I V (wirtsch. Unternehmen); SchlHGO: §28 lit. 1, m (Gemeindevermögen, Eigenbetriebe, Unternehmen), lit. n (öffentl. Einrichtungen — wirtsch. Unternehmen), lit. o (Eigenbetriebe, wirtsch. Unternehmen). 8 Vgl. mit unterschiedlicher Begründung und Intensität: Stern, BayVBl. 62, 130 ff.; ders., A f K 64, 97 f.; Stern-Püttner, Gemeindewirtschaft, bes. S. 9, 25, 64, 120 ff. (allerdings wohl widersprüchlich bez. der gemeindlichen Eigengesellschaften: Stern-Püttner erachten diese zwar auch als Formen der gemeindlichen Wirtschaftsbetätigung (S. 9 u.a.), meinen aber, daß diese nicht öffentl.rechtlichen Bindungen gegenüber Dritten (§17 DGO!) unterlägen (S. 120 ff., 158) und folglich auch nicht unter die Garantie des Art. 28 I I GG fielen, ihren Standort vielmehr im allgemeinen Grundrechtssystem fänden (S. 158); dieses Ergebnis verträgt sich aber nicht mit der eingangs getroffenen Identitätsprämisse); Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 475; Doms, Recht auf Benutzung, S. 21; Köttgen, Daseinsvorsorge, S. 58 ff.; ders., DJT-Festschr., S. 590 ff.; ders., Gemeinde, S. 56 m. N. 23; Siedentopf, Grenzen, S. 40 ff., 54; Schwering, Städtetag 54, 141 ff.; Forsthoff, Lehrb., S. 323; ders., Rechtsfragen, S. 13; Blaum, DVB1. 58, 666 ff.; Kratzer, BayVBl. 62, 133 f.; Badura, Verwaltungsmonopol, S. 125; E. R. Hub er, WiVerwR I, S. 159 ff.; Frentzel, Betrachtungen, S. 34; Hoppe, DVB1. 65, 586; Salzwedel, Kommunalrecht, S. 276; Göbel, BadWüGO, §10 Erl. 5; Kottenberg, NrwGO, §69 Erl. I ; Muntzke-Schlempp, HessGO, §98 Erl. I I I ; Masson, BayGO, Art. 75 Erl. 2; Hölzl, BayGO, Art. 21 Erl. 3 a, Art. 75 Erl. 1 c, bb; wohl auch Helmreich-Widtmann, BayGO, Art. 21 Erl. 2; vgl. weiterhin Kunze-Schmid, BadWüGO, § 10 Erl. I I 3 c (vgl. aber auch I I 3 a); GaletteLaux, SchlHGO, §18 E r l . l b ; 3echt, Anstalt, S.47, 90 ff.; Hurst, H B K W P I I , S. 836 (vgl. aber auch S. 834); Zeitler-Bitter-Derschau, DGO, §67 Erl. 1; Salzmann-Schunck, RhpfSelbstverwG, §77 Erl. 2; KG, JR 61, 228 (229); zweifelnd Lüersen-Neuffer, NdsGO, § 23 Anm. 1. 9
Vgl. z. B. Göbel, BadWüGO, § 10 Erl. 8; Hölzl, BayGO, Art. 21 Erl. 2; Helmreich-Widtmann, BayGO, Art. 21 Erl. 2; Lüersen-Neuffer, NdsGO, § 22 Anm. 1; Widtmann, BayLKO, Art. 15 Erl. 1 e; Kunze-Schmid, BadWüGO, § 10 Erl. I I 3 a; Galette-Laux, SchlHGO, § 10 Erl. 1 a, c; Salzmann-Schunck, RhpfSelbstverwG, § 13 Erl. 1 d; — Nachw. z. Rechtszustand der DGO vgl. oben S. 76 N. 115. 10 Vgl. die Nachw. oben S. 19 N. 12.
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diesen nur jenen Bestand beließ, die (auch) öffentliche Versorgungszwecke erfüllten 1 1 . Dieser Widerspruch 12 mag historisch vor allem m i t der — i n der Tat unklaren 1 3 — Vorschrift des § 86 PrGemFinG zu erklären sein, die i n ihrem Abs. 1 S. 2 Ziff. 1 auch dem Wirtschaftsunternehmen die Erhebung öffentlich-rechtlicher Entgelte gestattete, dieses also (auch) als Verwaltungseinheit anerkannte (?) und dennoch i n ihrem Abs. 2 eine entsprechende Unterteilung wie § 67 I I DGQ etc. anstellte. Indessen hat die DGO diese Einheitskonzeption ausdrücklich kassiert 14 und die Zulässigkeit von öffentlich-rechtlichen Entgelten konsequent negiert 15 . Sofern sich also die Identität von öffentlicher Einrichtung und kommunalem Wirtschaftsunternehmen nicht aus dritten Rechtskategorien ergeben sollte, müssen beide Institute nach wie vor als heterogene Rechtssubjekte gelten.
B. Funktionelle Gleichordnung von Verwaltung und Wirtschaft Ein erstes Argument gegen die Differenzierung zwischen verwaltender Einrichtung und wirtschaftender Unternehmung könnte sich aus der weitgehenden Funktionsangleichung und -verschränkung der einrichtungs- und wirtschaftsrechtlichen Verantwortungsbereiche ergeben. Denn abgesehen von den funktionellen Aussparungen, die die Gemeindeordnungen nach dem Vorbild der §§ 18, 67 I I DGO vorgenommen haben 16 , ist von einer inhaltlich funktionalen „Gleichheit" von w i r t schaftender Einrichtung und „öffentlich"-zweckgebundenem 17 W i r t schaftsunternehmen auszugehen. Beide Funktionsbereiche finden ihre inhaltliche Ausfüllung i n den allgemein-versorgungspolitischen Ziel11
Vgl. oben S. 82. Den man auch nicht in der Weise lösen kann, daß man etwa die Unternehmen im Sinne des § 67 I I DGO etc. als „noch enger" mit den öffentl. Aufgaben der Gemeinde verknüpft erachtet als die Unternehmen i. S. d. § 67 I DGO etc. (vgl. so aber für das Verhältnis von § 85 1 — I I I Ziff. 1—3 BadWüGO Kunze-Schmid, BadWüGO, § 85 Erl. V I I I ) . 13 Vgl. dazu schon oben S. 81. 14 Vgl. besonders deutlich auch G. Küchenhoff-Berger, DGO, § 17 Erl."4 b. 15 Vgl. oben S. 81 f. 18 Vgl. die Nachw. oben S. 18 N. 9,10. 17 M i t Ausnahme der BremerhavVerf. (vgl. §§ 58 ff.) sind sämtliche Gemeindeordnungen dem Vorbild des §67 I Ziff. 1 DGO gefolgt und haben das gemeindliche Wirtschaftsunternehmen an das institutionelle Erfordernis der Erfüllung eines „öffentlichen Zweckes" gebunden. Wörtlich haben die Regelung der DGO die Vorschriften der §§ 85 I Ziff. 1 BadWüGO, 98 I HessGO, 89 I Ziff. 1 NdsGO, 80 I Ziff. 1 RhpfGO, 83 I Ziff. 1 SaarGO, 82 I lit. a SchlHGO und des Art. 77 I Ziff. 1 BayGO übernommen. Eine inhaltliche Verschärfung hat nur § 69 I Ziff. 1 N r w G O statuiert, der sogar die Erfüllung eines „dringenden öffentlichen Zweckes" verlangt. 12
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4. Kap.: Die Einrichtung als Formtypus
Setzungen der Gemeinde. Eine Ausnahme hiervon gilt nur für das W i r t schaftsunternehmen rein-erwerbswirtschaftlicher Prägung, das der übergreifenden Zweckbindung an das versorgungsorientierte Wohl der Einwohner nicht entspricht, i n seinem status-quo-Bestand aber auch von den, die DGO ersetzenden Gemeindegesetzen nicht berührt worden ist 1 8 . Aus dieser funktionellen „Gleichheit" von öffentlicher Einrichtung und gemeindlichem Wirtschaftsunternehmen kann aber — jedenfalls allein — noch nicht auf eine korrespondierende Rechtsidentität beider Institute geschlossen werden 19 . Denn dies setzte auch die Identität des Funktionsgrundes voraus.
C. Gemengelage kraft organisationsrechtlicher Formenfreiheit Die Betrachtung der organisationsrechtlichen Ausgestaltung und Formentypik des Einrichtungswesens einerseits und des Wirtschaftswesens andererseits beweist gleichfalls eine Skala vielfältiger und doch häufig identischer Organisationsformen. Das gilt für die Verwendung allgemeiner wie für die Verwendung besonderer Rechtsformen.
I . Der Grundsatz der allgemeinen Formenfreiheit
Für die organisationsrechtliche Gestaltung des Einrichtungswesens wurde bereits oben das Prinzip der freien Formenwahl fixiert 2 0 . Für das Verhältnis von öffentlicher Einrichtung und wirtschaftlichem Unternehmen folgt daraus die Erkenntnis, daß die (bloße) rechtsformale Organisationsgebung eines Instituts noch keinen zwingend-differenzierenden Schluß i n der einen oder anderen Richtung zuläßt: Ist die betreffende Einheit privatrechtlich gestaltet, so entfällt eine Unterscheidungsmöglichkeit von vornherein. So kann etwa eine gemeindliche AG, GmbH o. ä. ebenso öffentliche Einrichtung wie wirtschaftliches Unternehmen sein. Ist die Einheit dagegen öffentlich-rechtlich gestaltet, so ist sie zwar in aller Regel öffentliche Einrichtung. Ob sie aber nicht noch gleichzeitig die Begriffsmerkmale des Wirtschaftsunternehmens erfüllt, 18
Vgl. oben S. 82 m. Nachw. N. 154. Kassiert ist damit (zunächst) nur der (vermeintliche) Gegensatz (vgl. dazu z.B. Brandt, Wirtschaftliche Betätigung, S.7; auch Köttgen, Erwerbswirtschaftl. Betätigung, S. 14 ff.) von „Verwaltungs"- und „ Wirtschaf ts"funktion im kommunalen Bereich (vgl. Stern, A f K 64, 98; Köttgen, DJT-Festschrift, S. 590). 20 Vgl. S. 22 ff. 19
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bleibt offen 21 . Denn wenn öffentliche Einrichtung und wirtschaftliches Unternehmen rechtsidentisch sein sollten, so stünde auch einer öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung des (bloßen) Wirtschaftsunternehmens nichts i m Wege. I I . Die Ausbildung und der Durchgriff wirtschaftsrechtlicher Organisationstypen
Die durch die allgemeine Verwendung öffentlich- oder privatrechtlicher Gestaltungsformen bedingte Gemengelage setzt sich i m Bereich einiger typisch-wirtschaftlicher Konstruktionsformen fort. 1. D e r
Eigenbetrieb
Diese Feststellung gilt vor allem für das Eigenbetriebsrecht 22 , das den Gemeinden vom staatlichen Gesetzgeber für ihre nicht-rechtsfähigen Unternehmungen als Organisationsmodell 23 zur Verfügung gestellt wurde und von dem Gebrauch zu machen, den Gemeinden i m Rahmen ihrer Organisationsgewalt freisteht 24 . Hatte die E i g V 0 38 die Organisationsform des Eigenbetriebs noch auf das gemeindliche Wirtschaftsunternehmen beschränkt und den Gemeinden die eigenbetriebliche Ausgestaltung von öffentlichen Einrichtungen untersagt 25 , so gilt dies heute jedenfalls nicht mehr unbedingt: Die Vorschriften der §§ 69 I I 2 NrwGO, 98 I I 3 HessGO, 80 I I 2 2. Halbs. RhpfGO, 82 I I 3 SchlHGO und 22 I I Ziff. 3 BadWüEigbG sehen vor, daß auch die Einrichtungen, die gemäß §§ 69 I I 1 NrwGO, 98 I I 1 HessGO, 80 I I 1 RhpfGO, 82 I I 1 SchlHGO 21 Anders aber die insoweit eindeutige Regelung des § 1 I I lit. a BlnEigbG v. 11.12. 59 (GVB1. 1229), die nicht zu den wirtschaftl. Unternehmen solche Unternehmen rechnet, „die ihre Entgelte auf öffentlich-rechtlicher Grundlage erheben". 22 Vgl. als Rechtsgrundlagen: EigVO 38; BlnEigbG; BadWüEigbG v. 19. 7. 62 (GBl. 67); NrwEigVO v. 23.12. 53 (GVB1. 435); HessEigbG v. 9. 3. 57 (GVB1. 19); RhpfEigVO v. 23.4. 65 (GVB1. 81); — vgl. weiterhin §§ 74 DGO, 86 BadWüGO, 62 BremerhavVerf.; 98 I I , 102 HessGO, 94 NdsGO, 69 I I , 74, 75 NrwGO, 87 RhpfGO, 82 I I , 87 SchlHGO, 90 SaarGO, Art. 80 BayGO. 23 Vgl. Köttgen, W D S t R L 16, 171; vgl. allerdings auch einschränkend Gönnenwein, a. a. O., S. 475. 24 Soweit diese Vorschriften die Gemeinden verpflichten sollten, ihre einschlägigen Unternehmen als Eigenbetriebe zu führen (vgl. wohl §§ 1 I EigVO 38, 1 NrwEigVO, 1 SaarEigVO: „... werden als Eigenbetriebe geführt..." — entspr. § 1 1 HessEigbG; noch deutlicher § 1 1 BlnEigbG: „ . . . sind zu führen .. und § 1 I BadWüEigbG: „ . . . haben zu führen..."), werden diese Vorschriften jedenfalls nach den Grundsätzen der Verfassungskonformität im dargestellten Sinne auszulegen sein, d. h. die Gemeinden können sich der Rechtsformen des Eigenbetriebes bedienen, sie müssen es aber nicht. — Vgl. dazu auch noch unten S. 180. 25 Vgl. Weisung zu § 1 sub 2: „Die Unternehmen nach § 67 Abs. 2 sind keine Eigenbetriebe." (abgedr. b. Schmid, GemWirtschaftsR, S. 282).
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nicht als „wirtschaftliche Unternehmen" gelten bzw. nicht „wirtschaftliche Unternehmen" i m Sinne des § 85 I BadWüGO sind, entsprechend den Vorschriften über die Eigenbetriebe geführt werden können 26 . Diese organisationsrechtliche Angleichung von öffentlicher Einrichtung und wirtschaftlichem Unternehmen mag zwar angesichts der stark angewachsenen Funktionsverschränkung beider Verantwortungsbereiche konsequent erscheinen; sie verstärkt zum anderen aber den Mangel einer wirksamen Unterscheidungschance zwischen Einrichtung und Wirtschaftsunternehmen, sofern diese nicht eben doch identisch sein sollten. Denn damit „vereinigen" sich die öffentliche Einrichtung und das Wirtschaftsunternehmen i n einer übergreifenden, rein wirtschaftlich definierten Organisationseinheit, ohne daß über die Rechtsnatur des zugrunde liegenden Funktionssektors, sei dieser nun einrichtungs- oder wirtschaftsrechtlicher A r t , eine Entscheidung getroffen wird. Der Eigenbetrieb erklärt sich i n diesem Sinne als eine Organisationskategorie, die allein an den Gegebenheiten ökonomischer Rationalität und nicht an den Maßstäben normativer Determination orientiert ist. Die Eigenbetriebsgesetze begreifen den Eigenbetrieb nur als ein von der übrigen Gemeindeorganisation getrenntes Sondervermögen, das über eine eigene Kassen- und Kreditwirtschaft, eine eigene Wirtschafts-, Erfolgs- und Stellenplanung sowie über eine eigene (kaufmännische) Buch- und Finanzführung verfügt 2 7 . Über die rechtliche Qualifikation und Zuordnung dieser Vermögenseinheit w i r d nicht mehr bestimmt, als daß der Eigenbetrieb jedenfalls nur „wirtschaftliche Unternehmen" ohne eigene Rechtspersönlichkeit umgreife 28 , d. h. i n rein negativer A b grenzung w i r d lediglich für rechtsfähige — gleichgültig, ob privat- oder öffentlich-rechtliche 29 — Unternehmen die Verwendung der eigenbetrieblichen Organisationsform ausgeschlossen. Aus dieser gesetzlichen Beschränkung folgt konsequent, daß m i t der Organisierung einer gemeindlichen Unternehmenseinheit als Eigenbetrieb über deren Rechtsform und Rechtsgrund noch nichts ausgesagt ist 3 0 . Der konkret26
Für die übrigen Kommunalbereiche dürfte es bei der Rechtslage von 1938 geblieben sein. — Die vorherige Genehmigung des Innenministers (DVO bzw. Richtlinien) halten allerdings Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und Hessen für erforderlich. — I m Sinne der Rechtslage von 1938 auch § 1 I I lit. a BlnEigbG (wiedergegeben auf S. 103 N. 21). 27 Vgl. dazu näher Zeiß, EigenbetriebsR, S. 53 ff.; Surin, GemWirtschaftsR, S. 250 ff.; K. Bergmann, Unternehmungsformen, S. 27 ff.; Ruberg, GemeindeWirtschaf tsbetriebe, S. 24 ff.; Schurkemeyer, Rechtsformen, S. 52 ff.; Reuß, WiVerwR I, S. 87; Schnettler, Betriebe, S. 74 ff.; Siedentopf, Grenzen, S. 56 ff.; Wolf, A f K 63,162 f. 28 Vgl. die oben S. 103 N. 22 zit. Vorschriften der Gemeindeordnungen. 28 Vgl. dazu auch Schauwecker-Münch, BadWüEigbG, S. 22. 80 Vgl. richtig Raabe, Rechtscharakter, S. 32; Bischoff, AöR 81, 71 f.; Nebinger, VerwR, S. 154 f.; Zeiß, D Ö V 58,202; O V G Berlin, D Ö V 59, 790 (792).
§3 Einrichtungserwaltung und Gemeindewirtschaft
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eigenbetriebliche Funktionsgegenstand kann sowohl öffentlich- wie privatrechtlicher A r t sein. Welcher dieser — allein maßgebenden 81 — Rechtskategorien er i m einzelnen zuzuordnen ist, kann nur anhand dritter und eigentlicher Rechtsquellen beantwortet werden (ggf. anhand der Gemeindeordnungen). Wenn eine verbreitete Meinung 3 2 den Eigenbetrieb dennoch und eo ipso der (nicht-rechtsfähigen) öffentlichen Anstalt gleichstellt, so liegt darin jedenfalls eine gründliche Verkennung der wirtschaftswissenschaftlichen Begriffsbildung der Eigenbetriebsgesetze. Das Begriffsbild des Eigenbetriebes baut aus gutem Grunde nur auf dem ökonomischen Tatbestand des „Betriebes" und dessen Wesensmerkmalen 33 auf (Erleichterung der kommunalen Wirtschaftsführung etc.) 84 , läßt aber keinesfalls, vor allem nicht a priori den Schluß auf eine bestimmte Rechtsformation zu, wie sie die öffentliche Anstalt darstellen mag 35 . Ein Eigenbetrieb kann begrifflich den (wirtschaftlichen) Organisationskomplex einer kommunalen Anstalt enthalten, er muß es aber nicht. 2. D i e g e m i s c h t - w i r t s c h a f t l i c h e
Unternehmung
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Sachlich verwandt m i t dem Eigenbetrieb ist das gemischt-wirtschaftliche Unternehmen 37 , dessen wirtschaftsrechtliche Organisationsqualität i n den gemeindewirtschaftsrechtlichen Vorschriften der §§ 69—71 81
Vgl. dazu schon oben S. 25. Vgl. z.B. Siedentopf, Grenzen, S. 56ff.; Wolff, VerwR I I , S.261; ders., A f K 63, 155, 162 (trotz der an sich richtigen Feststellung, daß es zunächst einer Rechtsform bedarf [S. 153], u. der gleichfalls voll zutreffenden Kritik an der Vermengung rechts- und Wirtschaftswissenschaft!. Kriterien [S. 156]); Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 475, 481; Werner Weber, Körperschaften, S. 12, 91; Heymann, Anstalt, S. 41; Hurst, H B K W P I I , S. 838 (aber nicht unwidersprüchlich); E. R. Huber, WiVerwR I, S. 159 ff.; Forsthoff, Lehrb., S. 441 N. 3 (vgl. aber auch S. 360 N. 4); wohl auch Reuß, WiVerwR I, S. 87; Röttgen, DJT-Festschr., S. 590, 605, 613. 88 Vgl. dazu noch unten S. 113. 84 Vgl. dazu Gönnenwein, a. a. O.; Amtl. Begr. zu § 74 DGO Ziff. 1 (abgedr. b. Surin-Loschelder, DGO, § 74 Erl. 1). 85 Vgl. dazu näher unten S. 196 ff. 88 Diese Beziehung äußert sich insbesondere in der gemeinsamen Zuordnung zum gemeindlichen Betriebsvermögen (vgl. unten S. 111 f. — Zu den im Einzelfall allerdings bestehenden Zweifelsfällen dieser Zuordnung der gemischt-wirtschaftlichen Unternehmen vgl. Siedentopf, a. a. O., S. 31 f.; Pagenkopf, Einführung, S. 134, 161; Surin, Gern Wirtschaf tsR, S. 10 N. 18; Duhmer, H B K W P I I I , S. 78. 87 Vgl. zu diesen allgemein bes. Passow, Unternehmungen, passim; Freund, DJZ 1911, 1113 ff.; Lohmann in: Landmann, Organisationsformeri I, S. 135 ff.; Sigloch, Unternehmungen, S. 105, 126, 130 ff., 155 ff.; Saitzew, Unternehmung, S. 55, 100 ff.; K. Vogel, Wirtschaftseinheiten, S. 152 ff.; Schnettler, Betriebe, S.32ff.; E. R. Huber, a.a.O., S; 529ff.; Heusser, Flucht, S.20ff.; Schürmann, Unternehmungen, S. 89 a ff. 82
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DGO, 87—89 BadWüGO, 58—59 BremerhavVerf., 99—101 HessGO, 91—93 NdsGO, 71—73 NrwGO, 82—84 RhpfGO, 85—87 SaarGO, 84—86 SchlHGO bzw. der Art. 77—79 BayGO anerkannt und näher geregelt worden ist. Historisch ist die institutionelle Bedeutung des gemischt-wirtschaftlichen Unternehmens m i t dem frühen Vordringen der Gemeinden auf den Gebieten der örtlichen Versorgungswirtschaft engstens verknüpft. Die Gemeinden benutzten die Formen der gemischt-wirtschaftlichen Unternehmung vor allem dazu, um auf die Geschäftsführung ursprünglich rein privater Unternehmen interventionistisch einzuwirken, teils, u m bestimmte sozialpolitische Interessen zu wahren, teils um monopolistischen Auswüchsen zu begegnen 88 . M i t der rechtlichen Anerkennung des gemischt-wirtschaftlichen Unternehmens als einer eigenständigen Organisationskategorie verbindet sich heute die fast allgemeine Auffassung, daß nicht die wirtschaftlichen Unternehmen der Gemeinden i m engeren Sinne, sondern auch die öffentlichen Einrichtungen gemischt-wirtschaftlichen Konstruktionen zugänglich seien 39 . Die dabei verwandten Kriterien sind allerdings meist nur oberflächlicher oder indifferenter Natur. Dies gilt vor allem für die sehr häufige, pauschale Feststellung, es genüge, „wenn die Gemeinde die Anlagen nicht selbst baut, unterhält oder betreibt, sondern durch Zusammenwirken m i t anderen öffentlichen Körperschaften 40 oder Privatpersonen ins Leben ruft oder durch ihre finanzielle Garantie ermöglicht oder daß sie sich bei dem Betrieb der Einrichtungen i m weiten Umfange der M i t w i r k u n g von Privatunternehmen bedient" 4 1 . Über die juristische Konzeption des gemischt-wirtschaftlichen Unternehmens bestehen kaum einheitliche Vorstellungen. Begrifflich umschreibt man es zumeist nur deskriptiv i n der Weise, daß alle die Unternehmen, bei denen das verantwortliche Kapital teils i n der Hand Privater und teils i n der Hand öffentlicher Körperschaften liege (weite Auffassung) 42 bzw. bei denen auch die unternehmensmäßige Leitung gemeinsam von den privaten und öffentlichen Inhabern ausgeübt werde 38 Vgl. allgemein Stern-Püttner, a.a.O., S. 19, 31, 35, 38, 57 u. a.; Saitzew, a. a. O., S. 23. 39 Vgl. die Nachw. oben S. 31 N. 70. 40 I n diesem Fall spricht K. Vogel, a. a. O., S. 189, von „gemischt-öffentlichen" Unternehmen. Zu deren aber gleichfalls (nur) gemischt-wirtschaftlicher Natur vgl. Siedentopf, a. a. O., S. 28. 41 Vgl. Muntzke-Schlempp, HessGO, §19 Erl. V I I 3; entspr. u.a. PrOVG, PrVBl. 51,118; Surin-Loschelder, DGO, § 17 Erl. 2. 42 Vgl. z. B. Fleiner, Institutionen, S. 124; Richter, W D S t R L 6, 88; Freund, DJZ a.a.O., S. 1113; Schnettler, a.a.O., S. 34; Surin, a.a.O., S. 196 N. 37; Heusser, a. a. O., S. 21 f.; wohl auch Reuß, a. a. O., S. 90.
§ 3 Einrichtungsverwaltung und Gemeindewirtschaft
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(enge A u f f a s s u n g ) 4 3 , als g e m i s c h t - w i r t s c h a f t l i c h e z u g e l t e n h ä t t e n 4 4 . Dieser z w e i t e n , engeren A u f f a s s u n g s i n d auch d i e G e m e i n d e o r d n u n g e n gefolgt; sie sehen ü b e r e i n s t i m m e n d v o r , daß der B ü r g e r m e i s t e r (Gem e i n d e v o r s t a n d , V e r t r e t e r des Rats) die G e m e i n d e i n d e n O r g a n e n d e r b e t r e f f e n d e n U n t e r n e h m e n v e r t r i t t ( v e r t r e t e n ) b z w . daß sonstige V e r t r e t e r d e r G e m e i n d e ( „ B e a m t e oder A n g e s t e l l t e — M i t g l i e d e r des V o r stands, des A u f s i c h t s r a t s . . " ) a n dessen (deren) W e i s u n g e n g e b u n d e n s i n d (§§ 70 I , I I D G O , 88 I B a d W ü G O , 58 I , I I B r e m e r h a v V e r f . , 1 0 1 1 HessGO, 92 I N d s G O , 72 I , I I N r w G O , 83 I , I I R h p f G O , 86 I , I I SaarGO, 85 I , I I S c h l H G O , A r t . 7 8 1 B a y G O ) . So u m s t r i t t e n der I n h a l t dieser V o r s c h r i f t e n i m e i n z e l n e n auch sein m a g 4 5 , m a t e r i e l l s t e l l e n sie nichts a n deres als besonderes Gesellschaftsrecht d a r 4 6 . Sie gehen a l l g e m e i n v o n der vorgegebenen K o n s t r u k t i o n d e r betreffenden U n t e r n e h m e n als p r i v a t r e c h t l i c h e H a n d e l s - oder K a p i t a l g e s e l l s c h a f t e n (insbesondere A G u n d G m b H ) 4 7 aus u n d b e s c h r ä n k e n sich k o n s e q u e n t a u f eine R e g e l u n g d e r innergesellschaftlichen Rechtsposition d e r G e m e i n d e . U n e r h e b l i c h ist d a b e i die Tatsache, daß die O r g a n v e r t r e t e r d e r G e m e i n d e auch b e a m t e t 48 Vgl. z. B. Passow, a. a. O., S. 1 f.; Gönnenwein, a. a. O., S. 475; Schürmann, a.a.O., S. 93 a; Horak, Betätigung, S. 11; Hug, Fleiner-Festgabe, S. 150; K. Vogel, a.a.O., S. 154; Tautscher, Wirtschaft, S.200; Forsthoff, a.a.O., S.454, 458; Schricker, Tätigkeit, S.44; Siedentopf, a.a.O., S.28; Schmeller, Unternehmungen, S. 157; E. R. Huber, a. a. O., S. 530. 44 Nur auf den verwaltungsmäßigen Einfluß stellen u.a. ab: Lohmann, a. a. O., S. 135; Saitzew, a. a. O., S. 55; Sigloch, a. a. O., S. 105,130 ff. Eine differenzierte Begriffsbestimmung findet sich in § 1 I lit. c AOGÖ v. 23.3.34 (RGBl. I 220): Als „öffentliche Betriebe" gelten „Betriebe mit eigener Rechtspersönlichkeit, wenn eine oder mehrere... öffentliche Verwaltungen am Kapital mit mehr als die Hälfte unmittelbar oder mittelbar beteiligt sind (gemein- oder gemischtwirtschaftliche Betriebe) oder durch Stimmenmehrheit in Organen oder sonst entscheidenden Einfluß auf die Leitung der Betriebe ausüben". — Die rechtliche Unsicherheit dieser Definition fand ihren indirekten Niederschlag allerdings in der Vorschrift § 1 I I , derzufolge „in Zweifelsfällen" der Reichsarbeitsminister (u.a.) über die Rechtsqualität eines konkreten Betriebes entscheiden sollte. 45 Vgl. dazu m. w. Nachw. K. Vogel, a. a. O., S. 170 ff. 4 « Vgl. ebenso Quack, DVB1. 65, 346 ff., 352; Hof erecht, JR 61, 509 f.; Köttgen, DJT-Festschr., S. 609 f.; wohl auch K. Vogel, a. a. O., S. 172. Daß damit verfassungsrechtliche Bedenken gegen die kompetentielle Gültigkeit dieser landesgesetzlichen Vorschriften begründet sein könnten, sei nur angemerkt (vgl. hierzu u. a. K. Vogel, a. a. O., S. 170 f.; Ballerstedt, DÖV 51, 452; Blaum, D Ö V 58, 670; Quack, a. a. O.; Köttgen, a. a. O., S. 610). 47 Vgl. dazu näher Passow, a. a. O., S. 143; Tauscher, a. a. O.; Fleiner, a. a. O., S. 124; Lohmann, a. a. O., S. 138; vgl. auch § 48 1 1 RHO. — Nicht in Frage kommen wird in der Regel die Genossenschaft (vgl. Passow, a. a. O., S. 143 f.; Tautscher, a. a. O., S. 201. — Anders aber § 71 I I N r w G O für landwirtschaftliche Genossenschaften und Art. 77 a BayGO für Kreditgenossenschaften; für den Rechtszustand vor dieser Novelle zur BayGO v. 26.10. 62 (GVB1. 269) vgl. BayVGH, BayVBl. 60, 319 ff.; Masson, BayVBl. 60, 369 ff.) sowie aus haftungsrechtlichen Gründen (arg. §§ 69 I 1 DGO, 87 I Ziff. 3 BadWüGO, 99 I HessGO, 91 I NdsGO, 71 I 1 NrwGO, 82 I 1 RhpfGO, 85 I 1 SaarGO, 84 I 1 SchlHGO, Art. 77 1 1 BayGO) die O H G und die K G (vgl. auch Passow, a. a. O., S. 144).
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4. Kap.: Die Einrichtung als Formtypus
sein können bzw. daß die, an deren Organschaft anknüpfenden Haftungsfragen sich nach beamtenrechtlichen Grundsätzen beantworten 48 . Denn das dienstrechtliche Verhältnis zwischen Gemeinde und Organvertreter kann durchaus öffentlich-rechtlich gestaltet sein, ohne daß damit auch das (nur) wirtschaftsrechtliche Verhältnis zwischen Gemeinde und Unternehmen öffentlich-rechtliche Züge tragen müßte. Die entsandten Vertreter der Gemeinde sind kraft allgemeinen Gesellschaftsrechts (§§ 93,116, 278 I I I A k t G v. 6.9.1965 — B G B l . I S . 1089 —, 431, 521 GmbHG i. d. F. v. 6.9.1965 — BGBl. I S. 1089) gleichfalls der Gesellschaft bzw. deren Eigenbelangen verpflichtet, auch wenn dies i m Einzelfall zu echten Interessenkollisionen führen kann 4 9 . Nicht zuletzt aus diesem Grunde bleibt auch die Frage nach der erforderlichen Beschaffenheit der privaten und öffentlichen Beteiligungs- bzw. Lenkungsverhältnisse i m dunkeln 5 0 . Es bleibt unklar, ob die gemischt-wirtschaftliche Unternehmung ein „öffentliches" Unternehmen 51 ist bzw. wann sie ein solches wird, ob sie vielleicht gar eine „öffentliche Anstalt" 5 2 darstellt oder ob sie nur Ausdruck fiskalischer Interessen ist. Das Begriffsbild des „Unternehmens" weist die gemischt-wirtschaftliche Unternehmung zwar nur als wirtschaftsrechtlichen Organisationstatbestand aus und verbietet aus den dargelegten Gründen 5 3 dessen vorbehaltlose Identifizierung m i t juristischen Organisationstatbeständen, 48 Vgl. §§ 70 I I I DGO, 88 I I BadWüGO, 58 I I I BremerhavVerf., 101 I I I HessGO, 92 I I NdsGO, 72 I I I NrwGO, 83 I I I RhpfGO, 86 I V SaarGO, Art. 78 I I BayGO — § 67 BBG i. d. F. v. 22.10.65 (BGBl. I 1776) u.a.; vgl. auch Amtl. Begr. zu § 70 DGO (abgedr. b. Surän-Loschelder, DGO, § 70 Erl. 1). 49 Vgl. K. Vogel, a. a. O., S. 157 ff., der die Kollision mit § 70 DGO etc. richtig im Sinne einer restriktiven Interpretation des § 70 DGO als Ausnahmevorschrift löst (S. 177); vgl. auch Passow, a. a. O., S. 143; Quack, DVB1. 65, 345 ff.; Sigloch, a. a. O., S. 150 ff.; E. R. Huber, a. a. O., S. 525; Wicher, Unternehmensform, S. 31 ff.; auch Gönnenwein, a.a.O., S. 500 ff.; zu weitgehend aber wohl Ipsen, JZ 55, 597 ff. 50 Die Konsequenz davon ist wiederum, daß auch der Funktionsgegenstand der konkreten Mischunternehmung nicht konstant ist. Die. institutionelle Bindung an einen „öffentlichen Zweck" (§§ 69 I 1, 67 I Ziff. 1 DGO, 87 I Ziff. 1, 85 I Ziff. 1 BadWüGO, 99 I 1, 98 I HessGO, 91 I 1, 89 I Ziff. 1 NdsGO, 71 I 1, 69 I Ziff. 1 NrwGO, 82 11, 801 Ziff. 1, RhpfGO, 851 1, 83 I Ziff. 1 SaarGO, 8411, 82 I lit. a SchlHGO, Art. 77 11, 75 I Ziff. 1 BayGO) kann durchaus aufgrund der Privatautonomie der privaten Anteilhaber umlaufen oder verändert werden (vgl. auch Röttgen, DJT-Festschr., S. 613). 51 Vgl. deutlich die oben S. 107 N. 44 zitierte Vorschrift des § 1 AOGÖ. — Wenn dabei auch z. T. mit so indifferenten Kriterien wie (dem hinter der Beteiligung der öffentl. Hand stehenden) „öffentlichen Interesse" gearbeitet wird (vgl. etwa Frentzel, Betätigung, S. 34), so fehlt es damit doch stets an einem normativen und damit verbindlich zuordnenden Merkmal. Als „öffentliches" Unternehmen bezeichnen die gemischt-wirtschaftliche Unternehmung aber z. B. auch Siedentopf, a. a. O., S. 69; Schürmann, a. a. O., S. 167 a ff. 52 Bejahend z. B. Fleiner, a. a. O., S. 125. 58 Vgl. oben S. 25 f. und auch noch unten S. 113.
§ 3 Einrichtungsverwaltung und Gemeindewirtschaft
109
wie z.B. die öffentliche Anstalt 5 4 . Andererseits fehlen aber auch diesem wirtschaftlichen Konstruktionsmodell begriffsscharfe Konturen: Wann soll z.B. eine Unternehmenseinheit den Merkmalen gemischter Wirtschaft genügen? Ist hierfür die kapitalmäßige Majorität (z. B. 51 °/o) erforderlich, genügt die Sperrminorität (z. B. 25 °/o) oder reicht gar ein noch geringerer Kapitalanteil der öffentlichen Hand aus55? Welche Konsequenzen hat schließlich ein späterer Wechsel i n den Anteilsverhältnissen 56 ? Diese Fragen, die i m Rahmen der Auseinandersetzung u m die Grundrechtsbindung des Fiskus wieder ihre besondere Brisanz bewiesen haben 57 , sind nach wie vor ungeklärt 5 8 . Dies gilt u m so mehr, als die Ingerenzen öffentlicher Verwaltungsträger heute nicht mehr auf die Formen des echten unternehmensmäßigen Engagements angewiesen sind. Sie vollziehen sich — oft sogar noch sehr viel wirksamer — i n den verborgenen Zonen des Subventions- oder Auftragsrechts sowie i n den vielfältigen sonstigen Erscheinungen moderner Wirtschaftsdirigismen 5 ®. Unbeantwortet bleibt deshalb auch die Frage, ob für den Begriff des gemischt-wirtschaftlichen Unternehmens nicht auch solche mittelbaren Beteiligungs- oder Lenkungsformen ausreichend sind 60 . 54 Vgl. im Ergebnis auch Forsthoff, Lehrb., S. 458; ders., Daseinsvorsorge, S. 14; Suren, a. a. O., S. 196 N. 37; Richter, W D S t R L 6, 89; auch Raabe, a. a. O., S. 56, mit der richtigen Erkenntnis, daß die gemischt-wirtschaftliche Unternehmung keine öffentliche Anstalt darstelle; widerspruchsvoll aber insoweit, als diese dennoch als „öffentliche Einrichtung" (!) bezeichnet wird. 65 Nachw. von charakteristischer Divergenz vgl. oben S. 105 N. 37. 59 Vgl. dazu treffend auch Röttgen, DJT-Festschr., S. 618: „Der Besitzwechsel an einem Aktienpaket kann nicht darüber entscheiden, ob ein besonderes Gewaltverhältnis begründet werden darf oder beseitigt werden muß." Ein weiterer Tatbestand von großer Unklarheit findet sich in der „Zwillingsgesellschaft", deren besondere Struktur durch die organisatorische Trennung von „Eigentumsgesellschaft" (Inhaberin d. wirtschaftl. Anlagen u. Produktionsmittel) u. „Betriebsgesellschaft" (produzierende Ausführungseinheit) gekennzeichnet ist (vgl. dazu näher Sigloch, a. a. O., S. 126, 155 f.; E. R. Huber, a.a.O., S. 530ff.; K. Bergmann, Unternehmungsformen, S. 144ff.; Lohmann, a. a. O., S. 135,145; Richter, a. a. O.; Tautscher, a. a. O., S. 201). 67 Vgl. bes. die Diskussionsbeiträge auf der Staatsrechtslehrertagung 1960 ( W D S t R L 19, 250 ff.) von Bettermann, S. 250 f., 253 f.; Dürig, S. 251, 253; Zeidler, S. 251, 253 f.; Scheuner, S. 253; vgl. weiterhin auch Reuß in: Staatsbürger und Staatsgewalt I I , S. 267 f. 68 Vgl. auch den wichtigen Hinweis Röttgens, DJT-Festschrift, S. 613, darauf, daß die Gemeinde u . U . nicht einmal eine Veränderung des Geschäftsgegenstandes verhindern kann. 69 Vgl. dazu bes. Möller, Subventionsverwaltung, S. 22 ff., 35 ff., 52 ff., 78 ff.; ders., Wirtschaftsförderung, S. 32 ff., 89 ff., 116 ff., 167 ff.; auch Neumann, Verwaltung, S. 23; Ipsen, Subventionierung, S. 5 ff.; Reuß, a. a. O. 60 Zum Verfließen von wirtschaftsfördernden Subventions- und echten Beteiligungsverhältnissen vgl. bes. Möller, Subventionsverwaltung, S. 84, 93, 131 ff., 142; ders., Wirtschaftsförderung, S. 160.
110
4. Kap.: Die Einrichtung als Formtypus
I m vorliegenden Zusammenhang genügt indessen und vorerst die Feststellung, daß die gemischt-wirtschaftliche Unternehmung als w i r t schaftlicher Organisationstypus juristisch indifferent ist.
D. Einheit der kommunalen Vermögensordnung Die funktionelle und organisatorische Gemengelage i m Verhältnis von öffentlicher Einrichtung und kommunalem Wirtschaftsunternehmen verdichtet sich i m Bereich des kommunalen Vermögensrechts noch weiter. Wie das Vermögen öffentlicher Gebietskörperschaften überhaupt, so zerfällt auch das Vermögenssubstrat der gemeindlichen Einrichtungen und Unternehmungen zunächst und grundsätzlich i n die Ordnungskategorien von Verwaltungs- und Finanzvermögen 61 . Unter Verwaltungsvermögen ist dabei der Komplex derjenigen Vermögenswerte zu begreifen, die nach Zweck und Widmung dem unmittelbaren Gebrauch durch die öffentliche Verwaltung dienen 61 . Unter Finanzvermögen sind diejenigen Vermögenswerte zu verstehen, die fiskalischen Zwecken dienen 88 . Obwohl damit klar ist, daß die öffentlichen Einrichtungen als verwaltungsrechtliche Institute i n den Bereich des Verwaltungsvermögens fallen 6 4 und das kommunale Wirtschaftsunternehmen jedenfalls i n seiner rein erwerbswirtschaftlichen Spielart begrifflich zum Finanzvermögen rechnen muß, läßt sich angesichts der spezifischen Gegebenheiten des kommunalen Vermögensrechts indessen auch i n dieser Weise kein differenzierender Schluß für das Verhältnis von öffentlicher Einrichtung und gemeindlichem Wirtschaftsunternehmen gewinnen. Denn beide Funktionskreise schneiden sich i n einer, für die kommunale Vermögensordnung typischen 65 Drittkategorie, dem Betriebsvermögen 66 . 61 Zur Gliederung des Gemeindevermögens vgl. u.a. allgemein Duhmer, H B K W P I I I , S. 77 ff. 61 Vgl. zum Begriff des Verwaltungsvermögens BVerfGE 10, 20 (37); Forsthoff, Lehrb., S. 326; Wolff, VerwR I, S. 307; v. Turegg-Kraus, VerwR, S. 182 ff.; Fleiner, a. a. O., S. 353, 361 ff.; Pagenkopf, Einführung, S. 133; Salzwedel, Kommunalrecht, S. 279; — vgl. auch Art. 134 I I 1, 135 I I GG, §§ 2 R V G v. 16. 5. 61 (BGBl. I 597), 1 REigentumsG v. 25. 5.1873 (RGBl. 738). 6S Vgl. zum Begriff des Finanzvermögens BVerfGE, a. a. O.; Wolff, a. a. O., S. 306; Fleiner, a.a.O., S. 352; Forsthoff, a.a.O.; Salzwedel, a.a.O.; Pagenkopf, a. a. O., S. 134. 64 Vgl. Einzelplan 7 des Haushaltsplanmusters (3 a) (RdErl. v. 4.9.37 — RMBliV 1460 —) z. GemHVO v. 4. 9.37 (RGBl. 1921). 65 Vgl. allerdings zur entspr. Dreiteilung der Reichsfinanzstatistik Schattenfroh, DGO, § 60 Anm. I I I 2 c; auch Röttgen, a. a. O., S. 603. 68 Vgl. zu diesem Begriff Salzwedel, a.a.O.; Pagenkopf, a.a.O.; Schatten-
§ 3 Einrichtungserwaltung und Gemeindewirtschaft
111
Nach dem Einzelplan 8 des Musterhaushaltsplans (3 a) zur GemHVO fallen unter den Komplex des Betriebsvermögens (grundsätzlich) die „Eigenbetriebe" sowie „Beteiligungen" der Gemeinde an „Versorgungs"-, „Verkehrs"-, „Industrie"-, „Gewerbe"- und „sonstigen Unternehmen". Aus dieser, allein an wirtschaftlichen Tatbeständen anknüpfenden Definition folgt wiederum, daß der Ordnungsbegriff „Betriebsvermögen" — wie der Begriff des Eigenbetriebes 87 — nicht normativ-juristischer, sondern nur ökonomischer Rationalität ist. Er umgreift allein den Komplex der gemeindlichen „Wirtschafts"betätigung und entzieht diese damit einer differenzierend-juristischen Betrachtungsweise, wie sie i n dem Begriffspaar von Verwaltungs- und Finanzvermögen vorgegeben ist. Indem es den Gemeinden nämlich untersagt ist, die kapitalmäßigen Erlöse (etc.) des Betriebsvermögens als zweckfreie Deckungsmittel zu verwenden 68 , haben die betreffenden Vermögensgegenstände i n der wirtschaftlichen Einheit „Betriebsvermögen" eine besondere zwecktechnische Verselbständigung erfahren, deren Inhalt juristisch irrelevant ist 6 9 . Dies beweist m i t besonderer Deutlichkeit das Beispiel der Eigenbetriebe. Hier überlagern sich die, durch den Begriff des Betriebsvermögens gegebene allgemein-wirtschaftstechnische Aussonderung m i t den besonderen Zweckbindungen verwaltungs- oder finanzvermögensrechtlicher A r t : Soweit die betreffenden Eigenbetriebe öffentliche Einrichtungen sind 70 , unterliegen sie zusätzlich der spezifisch-einrichtungsrechtlichen Bindung an einen verwaltungsrechtlichen Hoheitszweck 71 . Handelt es sich dagegen u m rein erwerbswirtschaftliche Unternehmen (Eigenbetriebe) 72 , so kann jedenfalls insoweit nur von einer finanzvermögensrechtlichen Zweckbindung die Rede sein. Offen bleibt aber auch bei dieser Unterscheidung die Frage nach der Einordnung der „öffentlichen" Wirtschaftsunternehmen (Eigenbetriebe). Das Problem der rechtlichen Unterscheidbarkeit von öffentlicher Einrichtung und wirtschaftlichem Unternehmen hat sich m i t h i n i m Befroh, a. a. O., Anm. I I I 2 b, c; Surin, a. a. O., S. 10 N. 18; Berkenhoff, A f K 62, 109; Köttgen, a. a. O., S. 603 f.; Schnettler, A f K 63, 182; Duhmer, a. a. O., S. 78 ff.; Hettlage, H B K W P I I I , S. 157 f. 87 Vgl. S. 104 f. 68 Diese bleiben vielmehr „zweck"gebundener Bestandteil des Betriebsvermögens. — Vgl. dazu Salzwedel, a. a. O., S. 279. 69 Es sei denn, man qualifizierte das Betriebsvermögen als Untergattung des Finanzvermögens (vgl. in diesem Sinne Schattenfroh, a.a.O.); angesichts der insoweit eindeutigen Gesetzesaussage erscheint aber ein solcher Schluß nicht zulässig. Das Betriebsvermögen steht begrifflich selbständig zwischen Verwaltungs- und Finanzvermögen (vgl. auch Köttgen, a. a. O., S. 603). 70 Zu den Voraussetzungen vgl. oben S. 103 f. 71 Vgl. Salzwedel, a. a. O., S. 279 f. 72 Daß auch derartige Unternehmen hierzu rechnen, ergibt jedenfalls der Begriff „sonstige Unternehmen" im Sinne des Einzelplans 8.
112
4. Kap.: Die Einrichtung als Formtypus
reich des kommunalen Vermögensrechts durch die Einführung der ökonomischen Begriffskategorie des Betriebsvermögens noch weiter kompliziert 7 3 . Für den Rechtszustand der DGO mag diese Problematik noch nicht so akut gewesen sein, da der Eigenbetrieb als wichtigste Organisationseinheit des Betriebsvermögens dem Einrichtungswesen verschlossen war. Diese Unterscheidungsmöglichkeit ist für das geltende Gemeindevermögensrecht jedoch entfallen 74 .
E. Die Lehre von der rechtlichen Identität Obwohl die allgemein-systematische Gesetzesintention des geltenden Gemeinderechts ein kräftiges Indiz für die rechtliche Verschiedenheit von wirtschaftender Einrichtung und wirtschaftlichem Unternehmen abgegeben hat, hat zum anderen die Untersuchung der funktionellen, organisatorischen und vermögensrechtlichen Grundlagen beider Institute ein hohes Maß an innerer Einheitlichkeit ergeben. A u f dieses Moment inhaltlicher Angleichung und mangelnder Unterscheidbarkeit des historisch noch gegensätzlich verstandenen Begriffspaars von öffentlicher Einrichtung und gemeindlichen Wirtschaftsunternehmen gründet sich die zitierte Lehre 75 , daß öffentliche Einrichtung und wirtschaftliches Unternehmen als identische Rechtseinheiten zu begreifen seien; eine Auffassung, die bei erster Betrachtung zwar contra legem erscheinen mag, bei näherem Zusehen aber, wie die vorangegangenen Untersuchungen bewiesen haben, recht gewichtige Gründe für sich anzuführen vermag. I m folgenden w i r d zu untersuchen sein, ob der von dieser Lehre gezogene Identitätsschluß tatsächlich zutrifft. Als methodischer Ausgangspunkt soll dabei der Begriff bzw. der verwaltungs- und verfassungssystematische Standort des kommunalen Wirtschaftsunternehmens dienen.
73 Daß auch der Unterscheidung von Verwaltungs- u. Finanzvermögen vielleicht kein durchschlagender Erkenntniswert zukommt (vgl. für das öffentliche Sachenrecht z .B. Stern, W D S t R L 21, 197; Haas, DVBL 62, 653), ist dabei nur von sekundärer Bedeutung. 74 Eine — allerdings weniger bedeutsame — Parallele zu dieser vermögensrechtlichen Situation bietet für den Bereich des kommunalen öffentl. Dienstes der Begriff der sog. Betriebsverwaltung (vgl. dazu Forsthoff, Lehrb., S. 454 und — kritisch — List, VerwR, S.76, sowie auch bereits oben S. 69 N. 81). 75 Vgl. die Nachw. oben S. 100 N. 8.
§3 Einrichtungsverwaltung und Gemeindewirtschaft
113
I. Das Gemeindewirtschaftsrecht
Die rechtliche Grundlage des kommunalen Wirtschaftsunternehmens bildet das allgemeine Gemeindewirtschaftsrecht. A l s wesensbestimnende Merkmale des gemeindlichen Wirtschaftsunternehmens erscheinen danach. a) der
von
den
„Wirtschaftsund
Gemeindeordnungen
normativ
„Unternehmens"begrifi
zugrunde
gelegte
sowie
b) der seit § 6 7 D G O begriffs- u n d aufgabenbestimmende „öffentlichkeits" bezug des Wirtschaftsunternehmens. 1. „ U n t e r n e h m e n "
und
„Wirtschaft"
Der definitorische Ansatzpunkt f ü r eine K l ä r u n g des Begriffs des gemeindlichen Wirtschaftsunternehmens könnte sich sowohl aus dessen inhaltlich-„wirtschaftlicher" als auch aus dessen gestaltend-„unternehmerischer" Komponente ergeben. Beide Begriffsmerkmale stellen qualitativ wirtschaftswissenschaftliche Prägungen dar 7 6 . Definitorischen Aufschluß verspricht n u r ein Rückgriff auf den allgemeinen Grundtatbestand des „Wirtschaftlichen", nicht aber ein Rückgriff auf den institutionell k a u m gefestigten Begriff des „Unternehmens". Denn die Begriffskategorie des „Unternehmens" als einer Handlungseinheit, die auf der organisatorischen Verselbständigung eines technisch-gegenständlichen Leistimgsapparats (Betrieb) 7 7 beruht u n d lediglich als Bezugspunkt sozialer Verhaltensweisen gelten darf 7 8 , ist rechtlich indifferent. Der innere Befund des Unternehmensbegriffs ist realer, aber nicht normativer A r t . Die demgegenüber häufig unternommenen Versuche 79 , das „ U n t e r nehmen" qualitativ zum Oberbegriff für die Gruppierung u n d Typisier u n g juristischer Organisationseinheiten zu erheben, sind methodisch verfehlt 8 0 . 76 Zu Recht fragt Stern, AfK 64, 95, „ob das Modell des wirtschaftlichen Unternehmens nicht schon sprachlich durch eine Tautologie vorbelastet sei..." (ebenso Stern-Püttner, Gemeindewirtschaft, S. 64). 77 Zum Begriff des Betriebs vgl. allgemein Wolff, AfK 63, 149 ff.; SternPüttner, a.a.O., S.64f.; Schnettler, Betriebe, S. 16ff.; Siedentopf, a.a.O., S. 19 ff.; Passow, a. a. O., S. 11 ff.; K. Vogel, a. a. O., S. 25; Ruberg, GemeindeWirtschaftsbetriebe, S. 16 ff. 78 Zum Begriff des Unternehmens vgl. allgemein Schnettler, a. a. O., S. 16 ff.; Saitzew, a.a.O., S. 8 ff.; Schürmann, a.a.O., S. 78 a ff.; Reuß, WiVerwR I, S. 82ff.; Siedentopf, a.a.O., S. 19f.; Stern-Püttner, a.a.O.; Ruberg, a.a.O., S. 20; Hüttl, DÖV 58, 198 f.; K. Vogel, a. a. O., S. 24 ff. — Die eigene Definition folgt im wesentlichen Wolff, AfK 63,152. 79 Vgl.dieNachw.obenS.26N.46. 80 Vgl. bereits oben S. 26.
8 Scholz
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4. Kap.: Die Einrichtung als Formtypus a) Gesetzestechnik
und „Wirtschafts"begriff
Auch der Begriff der „Wirtschaft" erscheint qualitativ zunächst nur als Ausdruck einer spezifischen Form sozialer Verhaltensweisen. Er basiert einmal auf dem produktionstechnischen Effekt der Herstellung und Leistung von Gütern und Dienstleistungen und zum anderen auf dem allgemeinen ökonomischen Lebensprinzip 81 . „Wirtschaft" besitzt i n diesem Sinne keinen disziplinären Eigenwert. „Wirtschaft" bezeichnet stets einen nur empirisch zu begreifenden Tatbestand rationaler Technizität und soziologischer Funktionalität, dessen normative oder interessenfähige Wertbindung erst dritten, d. h. außerökonomischen Kategorien folgt 8 2 . I n dieser ontologisch-wertneutralen Struktur hat der „Wirtschafts"begriff zwangsläufig auch Eingang i n die normative Rechtsordnung gefunden und dort einen spezifisch-juristischen Bedeutungsgehalt gewonnen. I n seiner materiellen Rechtsbezogenheit und gesetzestechnischen Durchformung beweist er inhaltlich allerdings höchst unterschiedliche Wertgehalte 83 , von deren Erkenntnis nicht zuletzt auch die Klassifizierung des kommunalen „Wirtschafts"unternehmens abhängt. Unter Zugrundelegung der besonderen Zuordnung des allgemeinen Wirtschaftsbegriffs zu Rechtsformationen des öffentlichen Rechts lassen sich folgende Kategorien wirtschaftsrechtlicher Funktionswerte unterscheiden: aa) Der materielle Wirtschaftsbegriff Unter materieller Wirtschaft sind alle originär wirtschaftlichen Funktionsweisen i m (ausschließlich) soziologischen Sinne zu begreifen; d. h. materielle Wirtschaft stellt begrifflich nichts anderes dar als den Kernbereich des allgemeinen Wirtschaftsbegriffs i m eben definierten Sinne 84 . bb) Der formelle Wirtschaftsbegriff Unter formeller Wirtschaft ist der Bereich der „Verwaltungswirtschaft" zu begreifen; m i t anderen Worten: Formelle Wirtschaft ist immer dann gegeben, wenn sich ein Träger öffentlicher Verwaltung zur Erreichung eines bestimmten Verwaltungszwecks wirtschaftlicher Handlungsformen bedient. Da es sich hierbei um materiell-öffentliche 81
Vgl. u. a. Stern-Püttner, a. a. O., S. 62 ff. Vgl. bes. Weisser, Wirtschaftspolitik, S. 28 ff., 49 ff., 113 ff.; ders., FinArch. n. F. 4, 79 ff. 88 Vgl. für § 67 DGO etc. auch Reuß, WiVerwR I, S. 81 f. 84 Vgl. S. 114 sub a. 82
§ 3 EinrichtungsVerwaltung und Gemeindewirtschaft
115
Verwaltung handelt, ist i n verwaltungszweckrechtlicher Differenzierung weiterhin zwischen verwaltungsprimären und verwaltungssekundären Wirtschaftswerten zu unterscheiden: a) Als verwaltungsprimäre Wirtschaft sind alle die Verwaltungshandlungen zu begreifen, die unmittelbar der Erreichung eines „materiellen" Wirtschaftserfolges dienen (z. B. Herstellung und Leistung bestimmter Verbrauchsgüter durch einen Träger öffentlicher Verwaltung). Vom materiellen Wirtschaftsbegriff unterscheidet sich dieser Wirtschaftsbegriff dadurch, daß der konkrete Wirtschaftsfaktor i n ein Verhältnis öffentlich-rechtlicher Verwaltungsverantwortung eingebunden ist und folglich nicht soziologische Begriffsqualität besitzt. ß) Als verwaltungssekundäre Wirtschaft sind alle die Verwaltungshandlungen zu begreifen, die mittelbar der Erreichung eines „materiellen" Wirtschaftserfolges dienen (z.B. akzidentielle M i t nahme von Gewinnen i m Rahmen einer übergeordneten Verwaltungsfunktion — Prinzip der „Wirtschaftlichkeit" der öffentlichen Verwaltung 8 5 ). Für die Unterscheidung zum materiellen W i r t schaftsbegriff gilt das gleiche wie zu a. cc) Der variable Wirtschaftsbegriff Als wirtschaftlich variabel haben alle die Wirtschaftsweisen zu gelten, die ihrer normativen Intention nach ebenso materiell- wie formellwirtschaftlichen Sinngehalt besitzen können. Als Beispiel hierfür seien aus der gesetzgeberischen Praxis zunächst die bereits behandelten Eigenbetriebsgesetze 86 genannt, deren wirtschaftsrechtlicher Bedeutungsgehalt sowohl für die verwaltungsrechtlichen Einrichtungen (formelle Wirtschaftsfunktion) als auch für die kommunalen W i r t schaftsunternehmen gilt, sofern man für die letzteren einmal deren private und damit materiell-wirtschaf tliche Rechtsnatur unterstellt 8 7 . b) Das kommunale als materielle
Wirtschaftsunternehmen Wirtschaftseinheit
Nachdem bereits die oben 88 angestellte systematische Interpretation der Gemeindeordnungen eine sachliche Differenz zwischen der öffentlichen Einrichtung als Institut der öffentlichen Kommunalverwaltung 85
Vgl. dazu bes. Mellerowicz in: Wirtschaftlichkeit, S. 125 ff. Vgl. S. 103 ff. 87 Vgl. im übrigen alle diejenigen allgemeinen Wirtschaftsgesetzgebungen (Beispiele unten S. 147 ff.), die sich sowohl an den wirtschaftenden Privaten wie an die wirtschaftende öffentliche Verwaltung wenden. 88 Vgl. S. 99 ff. 88
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4. Kap.: Die Einrichtung als Formtypus
einerseits und dem Wirtschaftsunternehmen andererseits ergeben hatte, so erfährt dieses Ergebnis durch die gefundene Aufspaltung des allgemeinen Wirtschaftsbegriffs eine erste und gleichfalls differenzierende Bestätigimg. Lag bisher nämlich nur der negative Schluß nahe, daß das Wirtschaftsunternehmen systematisch nicht — wie die öffentliche Einrichtung — zur öffentlichen Gemeindeverwaltung zählt, so erscheint nunmehr vom „Wirtschaftlichen" her eine positive Wesens- und Standortbestimmung des kommunalen Wirtschaftsunternehmens möglich: Als materielle Wirtschaftseinheit 89 fällt es nicht i n den Bereich der öffentlichen Verwaltung; es ist nicht identisch m i t der öffentlichen Einrichtung. Das kommunale Wirtschaftsunternehmen ist auf die Erfüllung echter Wirtschaftszwecke angelegt und darüber hinaus an das ökonomische Ertragsprinzip gebunden (§§ 72 DGO, 85 I I BadWüGO, 60 BremerhavVerf., 103 HessGO, 95 NdsGO, 76 NrwGO, 85 RhpfGO, 88 SaarGO, 88 SchlHGO, A r t . 79 BayGO), Diese Feststellung beweist zwar allein sicherlich noch nicht den materiell-wirtschaftlichen Charakter des gemeindlichen Wirtschaftsunternehmens. Der Nachweis dessen folgt aber aus der systematischen Gegenüberstellung der wirtschaftsrechtlichen Grundlagen des kommunalen Wirtschaftsunternehmens zu den übrigen „wirtschaftlich" orientierten Bestimmungen der Gemeindeordnungen, vor allem also den Vorschriften der §§ 67 I I DGO, 85 I I I BadWüGO, 98 I I HessGO, 89 I I I NdsGO, 69 I I NrwGO, 80 I I RhpfGO, 83 IL SaarGO, 82 I I SchlHGO (arg. e contr.). Die zuletzt genannten Vorschriften verfolgen sachlich für das Einrichtungswesen das gleiche Ziel wie die zuvor zitierten Bestimmungen für das Unternehmenswesen (Grundsatz der Wirtschaftlichkeit). Ungeachtet dessen stehen aber beide Normenkreise selbständig nebeneinander. Der Grund hierfür kann nur darin liegen, daß beiden Rechtskreisen ein verschiedener „ Wirtschaf ts"begriff zugrunde liegt. Da die öffentlichen Einrichtungen Träger öffentlicher Verwaltung sind, kann „Wirtschaft" hier nur formelle Wirtschaft heißen. Das bedeutet aber, daß die wirtschaftsrechtlichen Grundlagen des Wirtschaftsunternehmens notwendig materieller A r t sein müssen. Denn andernfalls hätten sich jene einrichtungs,, wirtschaftlichen" Spezialbestimmungen erübrigt. Oder umgekehrt: Gehörte das Wirtschaftsunternehmen der öffentlichen (Einrichtüngs-)Verwaltung an, so wären angesichts jener einrichtungsrechtlichen „Wirtschafts"bestimmungen 89 Vgl. insoweit an sich auch Stern-Püttner, a. a. O., S. 63, die für das gemeindl. Wirtschaftsunternehmen „einen gewissen Gegensatz zur eigentlichen (Hoheits-)Verwaltung" feststellen, da für das Wirtschaftsunternehmen „nicht die Arbeits- und Organisationsweise der Verwaltung, sondern die der gewerblichen, kaufmännischen Wirtschaft anzuwenden" sei; im übrigen folgen SternPüttner aber dennoch der Identitätstheorie (vgl. S. 100 N. 8), Entspr. auch Stern A f K 64,96 f.
§ 3 Einrichtungsverwaltung und Gemeindewirtschaft
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die zitierten Parallelvorschriften des Unternehmensrechts überflüssig. Das kommunale Wirtschaftsunternehmen kann m i t h i n nur materielle Wirtschaftseinheit sein. Das gleiche Ergebnis folgt auch und i n noch allgemeinerer Sicht aus den Vorschriften der §§ 72 DGO, 85 I I BadWüGO, 60 BremerhavVerf., 103 HessGO, 95 NdsGO, 76 NrwGO, 85 RhpfGO, 88 SaarGO, 88 SchlHGO, A r t . 79 BayGO, die bei einer anderen Auslegung m i t den Vorschriften der §§ 7, 60, 87 Ziff. 1, 89, 102 Ziff. 4, 103 I DGO, 77, 78, 102 Ziff. 1, 113 I I Ziff. 1, 114 I V BadWüGO, 53, 73 Ziff. 1, 87 Ziff. 4, 88 I I I BremerhavVerf., 92, 118 Ziff. 1, 132 I HessGO, 82, 111 Ziff. 1, 120 I Ziff. 3, 125 I I Ziff. 4, 126 IIIZiff.3 NdsGO, 62, 89 Ziff. 1, 102 I I Ziff. 4 NrwGO, 73, 100 Ziff. 1, 111 Ziff. 4, 117 RhpfGO, 76 I SaarGO, 76, 102 Ziff. 1, 105, 116 I I lit. d, 117 I I SchlHGO, A r t . 61, 94 Ziff. 1, 95 I I Ziff. 1, 96 II, 102 Ziff. 5 BayGO kollidieren würden, die ihrerseits für die öffentliche Verwaltung der Gemeinden den Grundsatz der (formell-akzidentialen) Wirtschaftlichkeit aufstellen 90 . Wenn § 72 DGO etc. dennoch die gemeindliche Wirtschaftstätigkeit gesondert an den ökonomischen Ertragsgedanken gebunden hat, so konnte dies zwangsläufig nur auf der auch ausdrücklich ausgesprochenen Erkenntnis beruhen, daß gerade damit „der Wesensunterschied zwischen gemeindlicher Wirtschaft und gemeindlicher Verwaltung" gekennzeichnet sei 91 . Daß die geltenden Gemeindeordnungen diesen Grundsatz beibehalten haben, kann nur bedeuten, daß auch sie sich jener, durch § 72 DGO begründeten Tradition verpflichtet fühlten und das kommunale Wirtschaftsunternehmen gleichfalls als materielles Wirtschaftsinstitut verstanden wissen wollten. Daß das unternehmensrechtliche Ertragsprinzip andererseits gewissen Schranken unterliegt, die sich aus der öffentlichen Zweckbindimg des Wirtschaftsunternehmens ergeben 92 , ist dabei ohne Belang. Denn institutionelle Bedeutimg wäre dem nur dann, beizumessen, wenn i n dieser unternehmensrechtlichen Zwecksetzung gleichwohl, wenn auch i n systemwidriger Weise, die Transformation des gemeindlichen W i r t 90 Vgl. demgegenüber auch die Vermögens- und haushaltsrechtlichen Bestimmungen der §§ 112, 113 I I Ziff. 3, 4 BadWüGO, 87 Ziff. 1, 2, 88 I I BremerhavVerf., 132 I I HessGO, 120 I I Ziff. 5, I I I NrwGO, 102 I I Ziff. 5, 103 I I I NdsGO, 116 Ziff. 2, 117 RhpfGO, 116 I Ziff. 1, 2, 117 I I Ziff. 3, 4 SaarGO, 116 I I lit. e, 117 I I I SchlHGO, Art. 107 BayGO, die die Wirtschaftsführung der gemeindlichen Wirtschaftsunternehmen wiederum in konsequenter Sonderung von der allgemein-öffentlichen Verwaltung der Gemeinden behandeln. Entsprechend differenzieren die Einzelplanmuster der Gemeindehaushaltsverordnungen: Einzelplan 7 (öffentliche Einrichtungen und Wirtschaftsförderung) — Einzelplan 8 (wirtschaftliche Unternehmen). 91 Vgl. Amtl. Begründung zu § 72 DGO (abgedr. b. Sur&n-Loschelder, DGO, § 72 Erl. 1). 92 Vgl. bereits Surin-Loschelder, DGO, § 72 Erl. 2 b; vgl. ausdrücklich auch §§ 103 I HessGO, 95 I NdsGO, 76 I NrwGO.
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4. Kap.: Die Einrichtung als Formtypus
schaftsunternehmens i n einen verwaltungsrechtlichen und damit formell-wirtschaftlichen Organismus einbeschlossen läge.
der
2. D i e ö f f e n t l i c h e Zweckbindung kommunalen Wirtschaftskompetenz
Eine Untersuchung der normativen Wirkung der „öffentlichen Z w e c k b i n d u n g des gemeindlichen Wirtschaftsunternehmens darf sich nicht m i t der summarischen Feststellung begnügen, daß die Bindung an einen „öffentlichen Zweck" Determination wie auch Emanation jeder verwaltungsrechtlichen Funktionsentfaltung ist. Begriffstheoretisch wäre diese These zwar sicher ebenso richtig wie der Satz, daß jeder Tätigkeit der öffentlichen Verwaltung die Verpflichtung, dem „Gemeinwohl", dem „öffentlichen Interesse" o. ä. zu dienen, immanent ist 93 . Diese Erkenntniss läßt aber nicht a priori auch den umgekehrten Schluß zu, daß überall dort, wo eine Verhaltensweise einem „öffentlichen Zweck" etc. verhaftet ist, öffentliche Verwaltung gegeben ist 94 . Dies läßt bereits der Begriff des „öffentlichen Zwecks" selbst erkennen, der — ebenso wie etwa der Begriff des „öffentlichen Interesses" — zunächst nichts anderes als ein (sozial-)psychologisches Motivationsprinzip darstellt 9 5 und inhaltlich noch der Konkretisierung bzw. rechtlichen Ausfüllung bedarf 96 . Maßgebendes K r i t e r i u m ist dabei der Begriff des „öffentlichen". a) öffentlicher
Zweck und soziologischer Öffentlichkeitsbegriff
Das Institut des „öffentlichen" („Öffentlichkeit") 97 ist prinzipiell und primär nicht staatlich-normativer, sondern faktisch-soziologischer A r t . Es läßt sich auf vier verschiedene Grundeinsichten bzw. Erscheinungs93 Vgl. z.B. Forsthoff, Lehrb., S. 100; Krüger, Rundfunk, S. 80 f.; Möller, Subventionsverwaltung, S. 158. 94 So aber die meisten Vertreter der Identitätstheorie (vgl. d. Nachw. oben S. 100 N. 8). 95 Vgl. Forsthoff, Körperschaft, S. 12; Köttgen W D S t R L 6, 115 ff.; SternPüttner, a. a. O., S. 72, 90; — a. A. Heußer, Flucht, S. 57 f. 96 Vgl. Ehmke, „Ermessen", S. 47; Fleiner, Einzelrecht, S. 3 ff., 32; Möller, Subventionsverwaltung, S. 28f., 56, 112 f., 138 f.; ders., Wirtschaftsförderung, S. 31, 38, 57 ff., 65 ff.; Ipsen, NJW 63, 2105; Stern, A f K 64, 102; Stern-Püttner, a.a.O., S. 73; Surin, a.a.O., S. 154, 157; Reinhardt, Hueck-Festschr., S. 442; Bayer, Bundestreue, S. 75; Lerche, Verfassungsfragen, S. 35; Lenz, JZ 63, 343; Forsthoff, Lehrb., S. 100, 361 N. 5; Wolff, A f K 63, 152; Fraenkel, Pluralismus, B 8; BSG, NJW 62, 1126 (1128); ähnlich unbestimmt §§ 48 I I RHO, 60 I I RWB v. 11. 2. 29 (RGBl. 149). 97 Vgl. dazu allgemein bes. Smend, Jellinek-Gedächtnisschr., S. 11 ff.; Dagtoglou, Pressefreiheit, S. 23 ff.; List, Giese-Festsdir., S. 135 ff.; Habermas, Öffentlichkeit, S. 13 ff. u. passim; Forsthoff, Körperschaft, S. 11 ff.; Arndt, NJW 60, 423 ff.; Maunz, Hauptprobleme, S.57f.; Scheffler, NJW 65, 850; Ossenbühl, NJW 65,1562 ff.; Mikat, Kirche und Staat, S. 18 f.
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phasen reduzieren, von denen nur die letzte verwaltungsrechtliche Gestalt besitzt: 1. I n ihrem ersten Aspekt begreift „Öffentlichkeit" einen ontologischen Tatbestand bloßer Faktizität (Öffentlichkeit als faktisches Seinsprinzip). „öffentlich" bedeutet hier „nicht-privat" und bezeichnet einen Zustand des Offenseins oder Allgemeinzugänglichen 98 . I n diesem Sinne hat das A t t r i b u t „öffentlich" auch Eingang i n den Rechtsbegriff der „öffentlichen Einrichtung" gefunden: „öffentliche" Einrichtung heißt „allgemeinzugängliche" Einrichtung 9 9 . 2. I n ihrer zweiten Erscheinungsform bezeichnet die „Öffentlichkeit" einen Tatbestand institutionalisierter Faktizität (Öffentlichkeit als institutionelles Seinsprinzip). „öffentlich" begreift hier einen Zustand, der „dem Lebens-, Sinnund Wertbereich des Volkes als Gemeinwesen" institutionell zugehörig ist 1 0 0 (z. B. öffentliche Meinung, öffentlicher Verkehr etc.). 3. Durch die juristische Zuordnung zu einem allgemeinen Rechtswert w i r d die (institutionelle) „Öffentlichkeit" zum gesellschaftlichen Ordnungsprinzip i m konstitutionellen Sinne 101 . Als Beispiel für einen derartigen öffentlichkeitswert ist der oben 102 verwandte Begriff der „politischen Öffentlichkeit" zu nennen. Auch wenn „Öffentlichkeit" i n diesem Ordnungssinne mitunter staatskonstituierende Wirkung äußert, verbleibt sie doch i m soziologischen Begriffsbereich und darf deshalb nicht als Derivat staatlicher Gewalt verstanden werden 1 0 3 . Denn ihr Wirkungsmoment liegt auf der Ebene des allgemeinen Rechts und damit noch i m Vorfeld der staatlichen Öffentlichkeitsfunktion. 98
Vgl. Habermas, a. a. O., S. 13 ff.; Maunz, VerwArch 50, 325; ders., Hauptprobleme, S. 57 f.; Forsthoff, a.a.O., S. 14; Hesse, W D S t R L 17, 41 f.; Smend, a. a. O., S. 14; Fischerhof, DÖV 57, 306; vgl. m. umfangr. Nachw. aus der Gesetzgebung auch List, a. a. O., S. 137 ff.; Dagtoglou, a. a. O. 99 Vgl. auch Zeitler-Bitter-Derschau, DGO, § 17 Erl. 2; Zuhorn-Hoppe, Gemeinde-Verfassung, S. 92; Badura, JuS 66, 18; ders., Verwaltungsmonopol, S. 270. — Das gleiche gilt für den Begriff der „öffentlichen Energieversorgung" i. S. d. EnWG v. 13.12. 35 (RGBl. I 1451); vgl. Fischerhof, D Ö V 57, 307; Maunz, VerwArch 50, 325; Ruzek, „öffentliche Versorgung", S. 23 ff.; Lucas, Anschlußu. Versorgungspflicht, S. 23 ff.; — a. A. Friesenhahn, Energiewirtschaft, S. 14. — Vgl. zu diesem Begriff auch noch unten S. 155. 100 Vgl. Smend, a.a.O., S. 12; i . A . Stern, W D S t R L 21, 194; vgl. auch Scheuner, DÖV 58, 642 f. 101 Vgl. auch Forsthoff, a. a. O., S. 17 f.; Smend, a. a. O., S. 16 ff. 102 Vgl. S. 51. 103 Vgl. Forsthoff, a.a.O., S. 14, 18; Tönnies, Gemeinschaft, S. 31; Köttgen, Verwaltungseinheit, S. 18; Scheffler, NJW 65, 850; Stern, a.a.O.; Scheuner, a.a.O.; Hoferecht, JR 61, 510; Peters, Nipperdey-Festschr., S. 879; Ossenbühl, NJW 65,1562 f.; Mikat, a. a. O.
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4. Zum staatlichen Ordnungsprinzip w i r d die „Öffentlichkeit" erst durch einen staatsintegrierenden Sonderrechtsakt, der über die allgemeinnormativen Bindungen hinausgeht und ein Element institutioneller Öffentlichkeit zwingend und ausschließlich i n die Zone der staatsunmittelbaren Funktions- oder Organisationshoheit einfügt 1 0 4 . Der Begriff des „Öffentlichen" i m Sinne einer gesetzlichen Zwecksetzung kann notwendig nur ordnungs- und nicht seinstechnische Bedeutung haben, da eine Zweckbestimmung wesensgemäß nicht ontologisch, sondern teleologisch ausgerichtet ist. Rechtlich kann eine Zweckbestimmung nach dem Gesagten sowohl einen „öffentlichen" Zweck i m soziologischen (schlicht-öffentlichen) 105 wie einen solchen i m staatlichnormativen (öffentlich-rechtlichen) Ordnungssinne verwirklichen. Welche dieser beiden Möglichkeiten i m Falle der Gemeindewirtschaft gegeben ist, beurteilt sich nach dem, der konkreten Zwecksetzung gesetzlich zugeordneten Rechtswert oder m i t anderen Worten nach der zugrunde liegenden Funktions- und/oder Organisationsbindung. Sollten sich diese i m schlicht-öffentlichen Sinne verstehen, so entspräche das kommunale Wirtschaftsunternehmen nicht den Begriffselementen der gemeindlichen Verwaltung; sollten sie sich dagegen i m öffentlich-rechtlichen Sinne verstehen, so erfüllte das kommunale Wirtschaftsunternehmen einen echten Verwaltungszweck und damit auch die Identitätsmerkmale i m Verhältnis zur öffentlichen Einrichtung. b) öffentlicher
Zweck und soziologischer
Funktionsgehalt
Das funktionelle Zweckverständnis äußert sich i n seiner soziologischen Komponente als (schlicht-)öffentliche Aufgabe und i n seiner staatlichen Komponente als öffentlich-rechtliche Aufgabe 106 . Zweckbestimmendes 104 vgl. Forsthoff, a.a.O., S. 17; Stern, a.a.O., S. 194f.; Peters, S. 879; Mikat, a. a. O., S. 19; Ossenbühl, a. a. O.
a.a.O.,
105 Als Beispiel mag u. a. auch das offensichtlich soziologisch verstandene „öffentliche Interesse" in § 1 1 ApothG v. 20. 8. 60 (BGBl. I 697) i. d. F. v. 29.7.64 (BGBl. 1560) genannt sein. 106 v g l . zu dieser Unterscheidung und zum Wesen der schlicht-öffentlichen Aufgaben Peters, Nipperdey-Festschr., S. 877 ff.; ders., Verwaltung, S. 26; H. Klein, D Ö V 65, 755ff., 758f.; Scheuner W D S t R L 22, 75ff.; Mikat, a.a.O., S. 18f.; Ossenbühl, a.a.O.; Möller, Subventionsverwaltung, S. 113; Ridder, öffentliche Aufgabe, passim; Rehbinder, öffentliche Aufgabe, S. 120 ff.; E. R. Huber, Selbstverwaltung, S. 16, 43f. u.a.; Dagtoglou, a.a.O., S.23ff.; F. Schneider, Pressefreiheit, S. 112 f.; BVerfG, NJW 65, 961; — kritisch demgegenüber Forsthoff, D Ö V 63, 633 ff.; Rupp, NJW 65, 995 f. — Auch die Gesetzgebung unterscheidet in zunehmendem Maße zwischen schlicht-„öffentlichen Aufgaben" und öffentlich-rechtlichen Verwaltungsaufgaben: vgl. z.B. zur schlicht-„öffentlichen Aufgabe" der Presse §§ 3 BadWüPressG v. 14.1.64 (GBl. 11); 3 I BlnPressG v. 15.6.65 (GVB1. 744); 3 BremPressG v. 16.3. 65 (GBl. 63); 3 HambgPressG v. 29.1.65 (GVB1. 15); 3 NdsPressG v. 22.3.65 (GVB1. 9); 3 RhpfPressG v. 14.6.65 (GVB1. 107); 3 SaarPressG v. 12.5.65 (ABl. 409);
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Element ist die konkrete Funktion, die die betreffende Zwecksetzung umkleidet. Als öffentlich-rechtlich ist ein Funktionsbereich dann zu qualifizieren, wenn sein Aufgabensubstrat entweder kraft staatlicher bzw. gemeindlicher Kompetenzentscheidung oder kraft natürlichen Herkommens verwaltungsrechtlicher A r t ist. Da die für die Gemeindewirtschaft statuierte Zweckbindung versorgungspolitische Gründe verfolgt 1 0 7 , stellt sich m i t anderen Worten die Frage, ob die „öffentliche Versorgung" i m hier gebrauchten Sinne zum kompetenzgesicherten Verwaltungsbestand gehört 108 . Der Komplex „öffentlicher" Versorgungsaufgaben deckt sich inhaltlich m i t dem von Forsthoff geprägten und heftig umstrittenen Begriff der „Daseinsvorsorge" 10*. I n diesem Sinne sollte bereits § 67 DGO den Gemeinden lediglich i h r „historisches Mandat zur Daseinsvorsorge" bestätigen 110 . Bei der dogmatischen Begründung seiner Lehre von der „Daseinsvorsorge" verstand Forsthoff hierunter: 1. „die Gewährleistung eines angemessenen Verhältnisses von Lohn und P r e i s . . . ; 2. die Lenkung des Bedarfs, der Erzeugung und des Umsatzes; 3. die Darbringung von Leistungen, auf welche der i n die modernen massentümlichen Lebensformen verwiesene Mensch lebensnotwendig angewiesen ist 1 1 1 ". Später verengte er den Begriffsinhalt auf den dritten Aspekt als wesentlichste Form daseinsvorsorgerischer Verantwortung (Daseinsvorsorge i m engeren Sinne) 112 . Ungeachtet dessen hat der Begriff „Daseinsvorsorge" jedoch sehr bald die Bedeutimg eines Schlagwortes angenommen, das man — oft wahllos — für eine Fülle komplexer Funktionen verwandte. Ausgehend von 3 SchlHPressG v. 19.6.64 (GVB1. 71); auch bereits 1 S. 1 SchriftleiterG v. 4.10. 33 (RGBl. 1713); — ungenau aber etwa §§ 1 S. 1 1. WoBauG i. d. F. v. 14.7.64 (BGBl. I 457), 1 I 2. WoBauG i. d. F. v. 1. 9.65 (BGBl. 11618), 27 SchornsteinfVO i. d. F. v. 12.11. 64 (BGBl. I 865), 39 I I I 1 BRRG i. d. F. v. 1.10. 61 (BGBl. 1 1835), die unter „öffentlicher Aufgabe" offensichtlich eine öffentlich-rechtliche Aufgabe verstehen; — vgl. auch mit noch weit. Nachw. H. Klein, D Ö V 65, 755 ff. 107 Vgl. oben S. 101 f. 108 Vgl. allerdings auch schon die auf S. 119 N. 99 zit. Gegenmeinung. 109 Vgl. in: Leistungsträger, passim; Rechtsfragen, S. 9 ff.; Lehrb., S. 320 ff., 357 ff.; Daseinsvorsorge, S. 3 ff. 110 Vgl. Röttgen, DJT-Festschrift, S. 595; Hoppe, DVB1. 65, 586; sowie schon obenS. 77,82. 111 Vgl. in: Leistungsträger, S. 7; Rechtsfragen, S. 27. Vgl. in: Lehrb., S. 320 ff.; Rechtsfragen, S. 11 ff.
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4. Kap.: Die Einrichtung als Formtypus
der soziologischen Grunderkenntnis, daß der einzelne heute i n seinem „beherrschten Lebensraum" weitgehend auf die staatliche Sicherung seiner existentiellen (Appropriations-)Bedürfnisse angewiesen ist, der Staat m i t h i n auch zum Garanten distributiver Gerechtigkeit geworden ist, konzipierte Forsthoff den Satz, daß „alle öffentliche Daseinsvorsorge . . . öffentliche Verwaltung" sei 118 . Als prägnantes Beispiel nennt er i n diesem Zusammenhang auch die „Versorgungsbetriebe" 114 , übersieht aber, daß selbst das positive Gesetzesrecht nicht so summarisch entschieden hat 1 1 5 . Wenn die „Daseinsvorsorge" heute dennoch und i m Anschluß an die Überlegungen Forsthoffs oft m i t der öffentlichen (Leistungs-)Verwaltung identifiziert bzw. als ein überhaupt typisches Begriffsmoment des modernen Verwaltungsstaates aufgefaßt w i r d 1 1 6 , so w i r d damit das Wesen der Daseinsvorsorge mißverstanden. Daseinsvorsorge kann begriffsnotwendig nur und zunächst als soziologischer Tatbestand verstanden werden. Daseinsvorsorgerische Funktionen können zwar und werden auch recht oft von staatlich-verwaltender Seite ausgeübt, stellen aber dennoch nicht eo ipso bzw. i n ihrer Gesamtheit öffentliche Verwaltung dar. Z u vielschichtig und heterogen sind die einzelnen Erscheinungsformen daseinsvorsorgerischen Verhaltens. Daseinsvorsorge w i r k t nicht nur i m staatlichen Verwaltungs-, sondern auch und grundsätzlich i m 113 114
Vgl. in: Lehrb., S. 322. Vgl. a. a. O., S. 358 f., auch S. 322 f.
115 Vgl. §§ 2 Ziff. 3 lit. b, 7 1 KörpStG v. 18. 8. 25 (RGBl. I 208), die den Begriff des Versorgungsbetriebes lediglich deskriptiv in der Weise umreißen, daß „Versorgungsbetriebe" alle die „Betriebe und Verwaltungen" heißen sollen, die „lebenswichtigen Bedürfnisse der Bevölkerung dienen, zu deren Befriedigung die Bevölkerung auf die Betriebe und Verwaltungen angewiesen ist". Noch deutlicher § 1 I AOGÖ, der die „öffentlichen Verwaltungen und Betriebe" wie folgt definiert: „ . . . b) Betriebe, die von einer dieser Verwaltungen" (sc. des Reiches, der Länder, der Gemeinden, . . . ) „geführt werden und der allgemeinen Dienstauf sieht einer öffentlichen Verwaltung unterliegen; soweit sie wirtschaftliche Zwecke verfolgen, gelten sie als öffentliche Betriebe nur dann, wenn die Befriedigung der wirtschaftlichen Bedürfnisse, der sie dienen, durch Gesetz oder tatsächliche Übung der öffentlichen Hand ganz oder überwiegend vorbehalten i s t , . . . " 116 Vgl. außer den zit. Schriften Forsthoffs z. B. Badura, Verwaltungsmonopol, S. 188 f.; E. Becker, W D S t R L 14, 109 f.; Friesenhahn, Energiewirtschaft, S. 13; Siebert, Niedermeyer-Festschr., S. 218 f.; Hüttl, DÖV 58, 199; Torz, DÖV 58, 206; Hesse, AöR 77, 2191; Kratzer, BayVBl. 62, 133 f.; ders., DVB1. 61, 603 f.; Fröhler, BayVBl. 56, 139; Masson, BayVBl. 56, 329; Low, D Ö V 57, 880; Köttgen, Daseinsvorsorge, S. 8 f.; Eyermann-Fröhler, VwGO, §40 Rdnr. 52; Bullinger, Vertrag, S. 97; Thieme, AöR 88, 42 f.; Jürgens, VerwArch 53, 139; Jecht, Anstalt, S. 57; Heymann, Anstalt, S. 117; H. Schneider, NJW 62, 705; Zitscher, Daseinsvorsorge, S. 51 ff.; Klüber, Städtetag 63, 491; auch Bachof, W D S t R L 12, 63 f.; ders., D Ö V 53, 423; BayVerfGH, D Ö V 58, 216 (217 f.); KG, JR 61,228 f.; Badura, JuS 66,18.
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p r i v a t e n Gesellschaftsbereich 1 1 7 . D e r B e g r i f f „ D a s e i n s v o r s o r g e " ist d a m i t n i c h t n o r m a t i v e n , sondern soziologischen G e h a l t s 1 1 8 . Das V e r d i e n s t Forsthoffs l i e g t sicherlich d a r i n , m i t d e r e i n p r ä g s a m e n F o r m e l v o n d e r öffentlichen Daseinsvorsorge auch eine anschauliche U m s c h r e i b u n g f ü r das gesellschaftspolitische E n g a g e m e n t des m o d e r n e n Leistungsstaats g e f u n d e n z u haben. M i t d e r E r k e n n t n i s d e r soziologischen G r u n d s t r u k t u r d e r Daseinsvorsorge ist aber auch g l e i c h z e i t i g d e r e n S t a n d o r t i m S y s t e m der rechtsevidenten Verhaltensweisen bestimmt: „Daseinsvorsorge" bedeutet abstrakt 1 1 ® e i n e n A u f g a b e n k o m p l e x i m schlicht-öffentlichen u n d nicht i m ö f f e n t l i c h - r e c h t l i c h e n Sinne. A n g e w a n d t a u f das f u n k t i o n a l e Z w e c k v e r s t ä n d n i s f o l g t daraus w i e d e r u m , daß f ü r eine f u n k t i o n e l l e U b e r f ü h r u n g des k o m m u n a l e n W i r t s c h a f t s u n t e r n e h m e n s i n die K a t e g o r i e n des g e m e i n d l i c h e n V e r w a l tungsrechts k e i n A n h a l t b e s t e h t 1 2 0 . c) öffentlicher
Zweck und soziologischer
OrganisationsQehalt
I n o r g a n i s a t i o n s r e c h t l i c h e r H i n s i c h t w ä r e das g e m e i n d l i c h e W i r t s c h a f t s u n t e r n e h m e n z u r ö f f e n t l i c h - r e c h t l i c h e n V e r w a l t u n g s e i n h e i t ge117
Vgl. Maunz, BayVBl. 57, 5 f.; Simitis, Vertragsverhältnisse, S. 465 ff.; Fischerhof, DÖV 57, 312 ff.; ders., D Ö V 60, 43 f.; Weidner, ZVersWiss. 51, 180 ff.; A. Hamann, WiVerfE, S. 68; Wolff, A f K 63, 166; Maunz-Dürig, GG, Art. 19 I I I Rdnr. 47 N. 1. 118 Vgl. Maunz, BayVBl. 57, 6; ders., VerwArch 50, 319; Stern, BayVBl. 62, 131; ders., A f K 63, 122; ders., AÖR 84, 173; Stern-Püttner, a.a.O., S. 56ff.; Maunz-Dürig, a. a. O.; Fischerhof, a. a. O.; Eiser-Riederer-Sieder, EnWiR, V I I I , S. 2, 15 N. 2; Ipsen, NJW 63, 2055 (vgl. aber auch dens., Rundfunkgebühr, S. 40; Subventionierung, S. 46); Depenbrock, Stellung, S. 52 ff.; Krüger, Rundfunk, S. 21; Peters, Zuständigkeit, S. 29; Simitis, a.a.O.; Wolff, A f K 63, 169 N.71; Siedentopf, Grenzen, S. 48, 52 f.; Reißmüller, Wirtschaftsverfassung, S. 96 f.; Weidner, a.a.O., S. 202, 212, 237; Lerche, Rechtsprobleme, S. 5, 8; Hoferecht, JR 61, 510; Wiedemann, NJW 65, 853; Sieder-Zeitler, BayStrWG, Art. 40 Rdnr. 4; Ballerstedt, BB 58, 126; ders., Grundrechte, I I I / l , S. 54 N. 142; ders., GiesekeFestschr., S.311 N. 1; E. R. Huber, WiVerwR I, S. 590; HessVGH, VRspr. 14, 595 (598); zum Begriff der „kulturellen Daseinsvorsorge" vgl. kritisch Lerche, Deutschlandfunk, S. 23; ders., Rechtsprobleme, S. 5. — Auch der Versuch, A. Hamanns, a. a. O., S. 68 ff., den Begriff der Daseinsvorsorge in einen „privaten" und einen „öffentlichen" Teil zu zerlegen, wobei zur „öffentlichen Daseinsvorsorge" nur „diejenigen existenzwichtigen Leistungen zu rechnen" sein sollen, „die unter Berücksichtigung der volkswirtschaftlichen und soziologischen Gegebenheiten ihrem Wesen nach speziell von der organisierten Gemeinschaft zu erbringen sind" (S. 68), erscheint nicht praktikabel. 119 z u r Frage, ob ein konkretes Verständnis der „Daseinsvorsorge" zu anderen Ergebnissen führt, vgl. unten S. 236 ff. 120 A. A. aber z. B. Siedentopf, a. a. O., S. 54, der trotz der Erkenntnis, daß der daseinsvorsorgerische Grundbezug der unternehmensrechtlichen Zweckbindung nur soziologischer Art ist, deren Rechtswirkung aber dennoch für öffentlich-rechtlich erachtet (petitio principii).
124
4. Kap.: Die Einrichtung als Formtypus
worden, wenn das Gemeinderecht die gemeindliche Wirtschaftstätigkeit der öffentlich-rechtlichen Organverantwortung der Gemeinde unterstellt hätte 1 2 1 . Indessen ist auch dies, wie eine nähere Betrachtung der orgänisationsrechtlichen Grundlagen des Gemeindewirtschaftsrechts beweist, nicht der Fall: Hinsichtlich der (nicht-rechtsfähigen) gemeindlichen Eigenunternehnehmen existieren organisationsrechtliche Spezialbestimmungen grundsätzlich nur für die Eigenbetriebe. Die eigenbetrieblichen Organisationsverhältnisse haben sich aber als juristisch indifferent erwiesen 122 . I m übrigen hält das Gemeinderecht nur für die gemischt-wirtschaftlichen Unternehmen besondere Organisationsnormen bereit 1 2 8 , die zum Teil allerdings auch für die rechtsfähigen Eigenunternehmen verbindlich sind 124 . Auch diese Vorschriften tragen jedoch nicht den Beweis für eine öffentlich-rechtliche Organstellung der Gemeinde. Denn wie bereits oben festgestellt wurde 1 2 5 , handelt es sich hier um gesellschaftsrechtliche Sonderbestimmungen, die die gesellschaftsinternen Organschaften der Gemeinden gerade umgekehrt i n der privatrechtlichen Sphäre der betreffenden Unternehmen fixieren. Das bedeutet, daß das konkrete Unternehmen nicht zum Bestandteil der öffentlichen Gemeindeverwaltung, sondern die Vertreter der Gemeinde zu Repräsentanten der privaten Gesellschaftsfunktion geworden sind. Dieses Ergebnis, daß das geltende Gemeinderecht das Wirtschaftsunternehmen nicht i n die öffentlich-rechtliche Gemeindeorganisation eingebunden hat, findet seine Bestätigung i n der allgemeinen Erkenntnis, daß der kommunalen Selbstverwaltung nicht nur öffentlich-(verwaltungs-)rechtliche, sondern auch privatrechtlich-gesellschaftliche A k tionsbereiche zugrunde liegen12®. Hieraus folgt nämlich gleichzeitig, daß der gemeindlichen Organveraritwortung auch privatrechtliche (gesellschaftliche) Organisationsverhältnisse angehören müssen. Daß die Gemeindeordnungen deren Existenz nicht ausdrücklich oder erschöpfender geregelt haben, erscheint angesichts der Konzeption einer vorgegebenen 121
I m Sinne eines organschaftlichen Verständnisses der öffentlich-rechtlichen (staatlichen) Aufgabe bzw. der öffentlichen Verwaltung vgl. auch BVerfGE 12, 205 (246); 14, 121 (123); auch bereits 7, 99 (104); Ipsen, NJW 63, 20521; Zeidler, V V D S t R L 19, 218 ff.; ders., AöR 86, 3971; ders., Staat 62, 341 f.; Rupp, Privateigentum, S. 27 N. 46; Wolff, VerwR I, S. 12. 122 Vgl. oben S. 103 ff. 128 Vgl. dazu oben S. 105 ff. 124 Vgl. §§ 1011 HessGO, 921 NdsGO, 721 NrwGO, 861 SaarGO, 851 Schl.HGO. * 2 5 Vgl. S. 107. 126 Vgl. oben S. 56.
§3 Einrichtungserwaltung und Gemeindewirtschaft
125
Gesellschaftspräsenz der Gemeinde nur konsequent. Denn die gesellschaftlichen Initiativbereiche der Gemeinde empfangen ihre funktionsbildenden Impulse nicht aus der normativen Statik einer vorverfaßten Kompetenzordnung i m Sinne des staatlichen Gemeinderechts. Das gemeine deutsche Kommunalrecht befaßt sich deshalb unmittelbar nur m i t der staatsrechtlich relevanten Existenz der Gemeinden als öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaften und nicht m i t deren soziologisch relevanter Existenz als Grundformen sozialer Gemeinschaftsbildung. Die Gemeindeordnungen normieren i n bewußter und natürlicher Beschränkimg prinzipiell nur die innergemeindlichen Kompetenzund Organisationsverhältnisse i m rechtstechnischen Verwaltungssinne. Für die gesellschaftlichen Kommunalbereiche halten sie zwangsläufig nur mittelbare Aussagen bereit, wie das hier gegebene Beispiel der kommunalen Unternehmerinitiativen beweist: Normativen Regelungsvorbehalten unterwarf man diese erst zu dem Zeitpunkt, i n dem sie zum staatlichen Politikum geworden waren 1 2 7 . Diese Überlegung erklärt nicht nur die oben festgestellte 128 gesetzessystematische Sonderstellung der „Gemeindewirtschaft", sondern auch das vermeintliche Fehlen einer entsprechenden Organisationsgesetzgebung. Die Gemeindewirtschaft wurde aus gutem Grund i n den A b schnitt über die gemeindliche Vermögensverwaltung „verbannt". Die ihr institutionell zugeordnete Zweckbindung hat nicht technischkompetenzrechtliche, sondern sozial-eigentumsbeschränkende Bedeutung. Andernfalls hätte die Vorschrift des § 67 DGO etc. i n die A b schnitte über die gemeindliche Verwaltungsführung gehört. I h r verfassungsrechtlicher Standort liegt m i t h i n nicht i m staatsorganisatorischen Radius des A r t . 28 I I GG, sondern i n dessen gesellschaftlicher Zone bzw. vor allem auf der Ebene der A r t . 14, 12 GG. Jede andere Auslegung wäre systemwidrig und würde den normativen Gehalt der Gemeindeordnungen verkennen. Die Bindung des kommunalen W i r t schaftsunternehmens an einen „öffentlichen Zweck" läßt dessen privaten Status unberührt und verstärkt lediglich dessen eigentumsrechtliche Sozialpflichtigkeit (Art. 14 I I GG) 1 2 9 . I n diesem Sinne ist das gemeindliche Wirtschaftsunternehmen inhaltlich dem von K. Vogel dogmatisch begründeten Institut der „öffentlichen Wirtschaftseinheit i n privater 127 Vgl. dazu oben S. 77 f. — Für die Vorschriften der § 70, 71 DGO vgl. auch Blaum, DVB1. 58, 669. 128 Vgl. S. 99 ff. 129 Zur inhaltlichen Identität von Begriffen wie „Wohl der Allgemeinheit", „öffentliches Wohl" etc. vgl. Külz, Gieseke-Festschr., S. 196 f.; — zum Standort entsprechender Zweckbindungen in Art. 14 I I G G vgl. allgemein Ballerstedt, D Ö V 51, 451; in unternehmensrechtlicher Hinsicht auch Reinhardt, HueckFestschr., S. 439 ff.
126
4. Kap.: Die Einrichtung als Formtypus
Hand" 1 3 0 verwandt: Ein i n privatrechtlich-gesellschaftlichen Rechtsverhältnissen verwurzeltes Unternehmen gewinnt durch die institutionelle Bindung an einen öffentlichen Zweck (und ggf. auch durch die Unterwerfung unter bestimmte hoheitliche Aufsichtsrechte 131 ) den Status eines schlicht-öffentlichen (nicht öffentlich-rechtlichen) Rechtssubjekts. d) Das „öffentliche" und das nicht-„öffentliche" Wirtschaftsunternehmen Das Gemeindewirtschaftsrecht unterscheidet der soziologischen Funktionsqualität nach zwischen Unternehmen m i t und ohne Öffentlichkeitsbezug: Erfüllt ein Unternehmen einen daseinsvorsorgerischen Versorgungszweck, so handelt es sich um ein „öffentliches" Wirtschaftsunternehmen; erfüllt es einen solchen Zweck nicht, so handelt es sich u m ein nichtöffentliches" (erwerbswirtschaftliches) Wirtschaftsunternehmen. I I . Konkurrenz von formell-wirtschaftender Einrichtung und materiell-wirtschaftender Unternehmung
Der bereits von der systematischen Gesetzesauslegung indizierte Schluß, daß das allgemeine Kommunalrecht eine dualistische Grundkonzeption verfolgt und die öffentliche Einrichtung und das kommunale Wirtschaftsunternehmen folglich als rechtlich verschiedene Subjekte anzusehen sind, hat i n der Rechtsnatur des gemeindlichen Wirtschaftsunternehmens seine beweiskräftige Bestätigung gefunden: Die wirtschaftende öffentliche Einrichtung und das „öffentliche" W i r t schaftsunternehmen mögen i n ihren Erscheinungsformen zwar oft ineinander verfließen, in ihren funktions-, organisations- und vermögensrechtlichen Grundlagen ineinandergreifen, juristisch identisch sind sie jedoch nicht 1 3 2 . Denn sowohl ihr Wirtschafts- wie ihr öffentlichkeits180
Vgl. dessen gleichnamiges Werk, bes. S. 227 ff., 235 ff. I n diesem Zusammenhang dürften gerade die Vorschriften der §§ 70, 71 DGO etc. auch über den Bereich des Kommunalrechts hinaus von Bedeutung sein. Sie entsprechen voll dem Grundgedanken des § 48 RHO (Sicherungen des öffentlichen Einflusses auf die Geschäftsführung zweckverpflichteter Unternehmen) und können deshalb sehr wohl als Modellregelung bei der Gestaltung nicht-kommunaler „öffentlicher Wirtschaftseinheiten" herangezogen werden. — Vgl. näher K. Vogel, a. a. O., S. 179 ff., 248. 182 Vgl. im Ergebnis ebenso: Maunz, VerwArch 50, 326 ff.; ders., in: Die Verwaltung, S. 31; Zeiß, D Ö V 58, 202 f.; ders., Eigenbetriebsrecht, S. 53; Ballerstedt, BB 58, 126; Fischerhof, D Ö V 57, 308, 314 ff.; ders., DÖV 60, 44 f.; Peters, Lehrb., S. 312 m . N . 2; G. Küchenhoff-Berger, DGO, §17 Erl. 4 b; MännlicherPetz-Schattenfroh, DGO, Einl. V I I 3 a; Kunz-Guba-Theißig, DGO, § 17 Erl. 2 a, b; Kerrl-Weidemann, DGO, § 17 Erl. 1; Bleek-Loschelder, PrLGO, § 8 Erl. I I I ; Matthias, Selbstverwaltung, S. 298; List, Verwaltungsrecht, S. 97; Eiser-Riede181
§ 3 EinrichtungsVerwaltung und Gemeindewirtschaft
127
Charakter sind verschieden strukturiert. Die öffentliche Einrichtung kann als Verwaltungsinstitut zwangsläufig nur formell-wirtschaftlicher A r t sein 133 , das Wirtschaftsunternehmen ist stets materiell-wirtschaftlicher A r t 1 3 4 . Der öffentlichen Einrichtung ist aus dem gleichen Grunde ein öffentlich-rechtlicher Zweck, dem Wirtschaftsunternehmen nur ein schlicht-öffentlicher Zweck immanent. Aus diesem Grunde ist auch für das geltende Kommunalrecht von einem Konkurrenzverhältnis zwischen wirtschaftender Einrichtung und gemeindlichem Wirtschaftsunternehmen auszugehen. I I I . Verfassungsrechtliche Bestätigung
1. A r t . 28 I I GG u n d d a s k o m m u n a l e Wirtschaftsmandat Ein verfassungskräftiges Placet für diese dualistische Grundanschauung des Verhältnisses von gemeindlichem Einrichtungs- und W i r t schaftswesen findet sich unmittelbar i n A r t . 28 I I GG. Denn wie bereits oben näher ausgeführt wurde 1 8 5 , ist ein dualistisches Funktionsverständnis geradezu kennzeichnendes Typmerkmal der kommunalen Selbstverwaltung. Die Gemeinde hat seit jeher i n sich nicht nur „staatlich"-verwaltende, sondern auch „bürgerlich"-gesellschaftliche Verhaltensformen vereinigt. I n diesem Sinne ist die dualistische Sicht des Verhältnisses von öffentlicher Einrichtung und wirtschaftlichem Unternehmen nicht nur verfassungskonform, sondern auch kontinuitätsgerecht. 2. S o n s t i g e
Verfassungsaspekte
Dieses Ergebnis, daß die kommunale Wirtschaftstätigkeit gesellschaftlich und nicht verwaltungs(einrichtungs-)rechtlich konstruiert ist und damit als spezialtypische Ausformung der dualistischen Grundkonzeption der kommunalen Selbstverwaltung gelten kann, bedarf allerdings noch des Nachweises einiger weiterer Verfassungskongruenzen: rer-Sieder, EnWiR, V I I I , S. 15 N. 3; Surén, a. a. O., S. 142; Stier-Somlo, HBKomVerfR, S. 259; Nebinger, Verwaltungsrecht, S. 142; H. Schneider, NJW 62, 705; Salzmann-Schunck, RhpfSelbstVerwG, § 13 Erl. 2 d; HessVGH, VRspr. 14, 598. — Eine gewisse Bestätigung erfährt dieses Ergebnis auch durch den Ersten Runderl. zu § 85 BadWüGO (Nr. 1 S. 2, 3) und die AusfBest. zu § 89 NdsGO (abgedr. jeweils b. Surén, a. a. O., S. 141 N. 6), die den Begriff des Wirtschaftsunternehmens im Anschluß an die Ausf Anw. zu § 67 DGO (vgl. oben S. 82) definieren (Kriterium der begriffstypischen Vergleichbarkeit mit der Tätigkeit des Privatunternehmens!). 183 Vgl. oben S. 114 f., 115 ff. 134 Vgl. oben S. 114,115 ff. 135 Vgl. zusammenfassend S. 83.
128
4. Kap.: Die Einrichtung als Formtypus
Der allgemein-wirtschaftspolitische und -sozialpflegerische Befund des gemeindlichen Wirtschaftsmandats zwingen nämlich dazu, dessen Funktionsgrundlagen auch i n der Relation zu den übergreifenden Verfassungsdimensionen des Prinzips der Sozialstaatlichkeit (Art. 20 1/28 I GG) und des Prinzips (?) der sogenannten Wirtschaftsverfassung zu sehen. a) Die kommunale Wirtschaftstätigkeit im Lichte der Sozialstaatsklausel Die Frage nach der sozialstaatlichen Verfassungskongruenz beurteilt sich nach dem Inhalt und der normativen Reichweite der durch die Sozialstaatserklärung i n die Verfassung aufgenommenen „ Sozial" gehalte. Als korrekturbedürftig würde sich das gewonnene Ergebnis vor allem dann erweisen, wenn das Bekenntnis des GG zum „sozialen Bundesstaat" (Art. 20 I) bzw. „sozialen Rechtsstaat" (Art. 28 I) als prinzipale Entscheidung für den „SozialStaat", d. h. etwa i n dem Sinne zu verstehen wäre, daß „Sozialität", welchen Inhaltes diese auch immer sei, jedenfalls und stets staatliche Wertqualität besäße 136 . A u f den u m die Auslegung der grundgesetzlichen Sozialstaatsentscheidung i m einzelnen geführten Streit 1 3 7 kann i m Rahmen dieser Untersuchung naturgemäß nicht eingegangen werden. Deshalb soll i n Abgrenzung zu so extremen Standpunkten wie, daß die Sozialstaatsklausel nicht mehr als einen „substanzlosen Blankettbegriff" 1 8 8 darstelle oder daß das GG „soziale Gehalte" gar nicht (!) i n sich aufgenommen habe 139 , und m i t der herrschenden Lehre 1 4 0 nur soviel festgehalten werden, daß der Sozialstaatsgrundsatz jedenfalls eine Verfassungsaussage von normativer Verbindlichkeit enthält. 186 Einen (wertfüllenden?) Zusammenhang zwischen dem „öffentlichen Zweck" im Sinne des § 67 DGO etc. und der Sozialstaatsklausel betonen z. B. Stern-Püttner, a. a. O., S. 89. 187 Vgl. dazu bes. u. m. w. Nachw. Forsthoff, W D S t R L 12, 8 ff.; ders., Verfassungsprobleme, S. 5 ff.; ders., Problematik, S. 15, 29 f.; Ridder, Gewerkschaften, S. 3 ff.; Reuß-Jantz, Sozialstaatsprinzip, S. 7 ff.; H. Gerber, AöR 81, 2 ff.; Werner, AöR 81, 84 ff.; Menger, Begriff, S. 3 ff.; Fechner, Freiheit, passim; Bachof, W D S t R L 12, 37 ff.; E. R. Huber, Rechtsstaat, S. 7 ff.; Abendroth, Bergstraesser-Festschr., S. 279 ff.; Zacher, Freiheit, S. 120 ff.; ders., BayVBl. 62, 257 ff.; Weisel, Sozialstaatsgrundsatz, S. 11 ff.; Ule, ZSR 62, 640 ff.; Fried. Klein, ZgStW 106, 398 ff.; Werner Weber, Staat 65,409 ff. 188 Vgl. Grewe, DRZ 49,351. 189 Vgl. vor allem die Konzeption Forsthoffs vom logiflzierten Rechtsstaat, dessen technisch-formaler Verfassungsschematismus ein „soziales" Verfassungs- und Staatsverständnis ausschließt (vgl. Problematik, S. 11 ff., 15, 29 f.; VVDStRL 12, 23 f., 29; C. Schmitt-Festschr., S.35ff.; Staat 63, 385 ff.; — i m Ergebnis z.B. auch Jerusalem, NJW 54, 263). — Gegen diese Anschauung Forsthoffs vgl. bes. Hollerbach, AöR 85,241 ff.; Ehmke, Wirtschaft, S. 45 ff. 140 Vgl. m. umfangr. Nachw. H. Gerber, AöR 81,3 ff.
§ 3 Einrichtungserwaltung und Gemeindewirtschaft
129
Die Frage, wie diese auszulegen und zu vollziehen ist, läßt sich nur anhand der inneren und „staats"bezogenen Begriffsqualität des „Sozialen" beantworten. Die Komplexität dieses Begriffes ist allerdings unschwer zu erkennen 141 und dürfte bereits i n hinreichendem Maße Anlaß zu Mißverständnissen und Fehldeutungen gegeben haben. „Sozialität" läßt sich nicht auf einen definitiven Wertgehalt fixieren 142 , läßt sich zum anderen aber auf zwei Grundansichten zurückführen, die zumindest das Konzept des Verfassungsgebers offenbaren: „Sozial" kann danach sowohl i m Sinne von allgemein-gesellschaftlich 1 4 8 wie i m (verengten) Sinne von (sozialpolitisch-)wohlfahrtspflegend 144 verstanden werden. Da das Verfassungsgesetz sich auf keinen dieser beiden Bedeutungsgehalte ausdrücklich bezogen bzw. beschränkt hat, gilt es, beide Begriffskomponenten i n ein System inhaltlicher und rechtlicher Konnexität einzubauen. Die meisten der bisherigen Deutungsversuche dürften nämlich und demgegenüber gerade an einer zu einseitigen Auslegung kranken 1 4 5 . Begreift man „Sozialität" dagegen i m umfassenden Sinne, so ist für den Begriff des Sozialstaats zwar auch noch keine allgemeingültige und praktikable Formel gefunden, aufgezeigt ist aber die fungible Grundstruktur eines verfassungsintendierten „Sozialprinzips": Bedeutet nämlich „Sozialität" ein Wertmoment auf der Ebene gesellschaftlicher Wohlfahrt, so kann auch der Begriff eines „sozialen Staates" zunächst nur auf der Ebene gesellschaftspolitischer Wertentscheidungen Gestalt annehmen. I n diesem Sinne ist der moderne (Sozial-)Staat konsequent zum komplementären Träger gesellschaftsfördernder Sozialaufgaben, zum Disponenten sozialer Gerechtigkeit und damit zum Subjekt „sozialer" Integration geworden 1 4 6 . Weil dabei aber die konstituierende Distanz zwischen Staat und Gesellschaft nicht — wie etwa i m sozialistischen 147 oder sozialisie141 Vgl. Bäumlin, Staat, S. 12; Lerche, Übermaß, S. 230 ff.; ders., DVB1. 61, 693; Krause, Gieseke-Festschr., S. 13; E. R. Huber, a.a.O., S. 11 ff.; Menger, a.a.O., S.23ff.; vgl. auch Forsthoff, VVDStRL 12, 26; — a . A . aber z.B. H. Gerber, a. a. O., S. 27 ff. 142 Vgl. bes. Bäumlin, a. a. O. 143 Vgl. v. Wiese, Das Soziale, S. 8 f.; Ridder, a. a. O., S. 11 ff.; E. R. Huber, a. a. O., S. 11; Menger, a. a. O., S. 24. 144 v g l . v. Wiese, a. a. O., S. 7; Menger, a. a. O.; Bachof, W D S t R L 12, 39 ff.; Ridder, a.a.O., S. 9; Forsthoff, V V D S t R L 12, 25; ders., Verfassungsprobleme, S. 8; Scheuner, W D S t R L 11,20 N. 46; Krause, a. a. O.; E. R. Huber, a. a. O. 145
Für die Überspannung der sozialpflegerischen Komponente vgl. die Nachweise bei Fechner, a.a.O., S. 5ff.; Menger, a.a.O., S. 19ff.; Reuß-Jantz, a.a.O., S. 8 ff. — Für die Überbetonung der gesellschaftlichen Komponente vgl. z. B. Ridder, a. a. O., S. 20 ff. (Standort der Sozialstaatlichkeit in der Zone der Art. 9 I I I , 21 GG). 148 Vgl. E. R. Huber, a.a.O., S. 13ff.; Ridder, a.a.O., S. 11 ff.; auch Lenz, JZ 63,348; Bachof, a. a. O. 147 Zur strengen Unterscheidung von „sozial" und „sozialistisch" vgl. auch 0 Scholz
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4. Kap.: Die Einrichtung als Formtypus
renden Staat — entfallen ist, die Institution des „Sozialstaates" also unverändert an die prästabile Existenz einer gesellschaftlichen und staatlichen Eigenordnung gebunden ist, kann die soziale Verfassungsentscheidung nur als „Homogenisierungsbestimmung zwischen Staat und Gesellschaft" (Ridder) us, nicht aber als Staat und Gesellschaft verschmelzendes Institut verstanden werden. Als Verfassungs„prinzip" bedeutet Sozialstaatlichkeit m i t h i n sowohl Auslegungsmaßstab 149 wie Garantie, Pflicht und Ermächtigung (zu) staatlicher Sozialgestaltung und -gewährung 1 5 0 . Zum aktuellen Staatsmandat kann sich aber i n diesem Sinne auch die „staatliche" Sozialität nicht unmittelbar formieren. Denn ein (Sozial-)Staats„prinzip" ist begriffsnotwendig konkretisierungsbedürftig und relativ 1 5 1 . Es ist vor allem i n die allgemeine Staatsorganisation und Kompetenzordnung eingefaßt und unterliegt i n jeder seiner potentiellen Erscheinungsformen dem Filter der staatlich vorgeschalteten und (erst eigentlich) staatsintegrierenden Kompetenzdeckung. Die grundgesetzliche Sozialstaatsentscheidung ist also allein weder zur Begründung neuer noch zur Veränderung vorgefundener Zuständigkeiten imstande 152 . Die Sozialstaatsklausel berechtigt für sich auch nicht zur Umwandlung einer gesellschaftlich vorgegebenen Sozialstruktur i n staatliches Funktionsoder Organisationsgut. Denn die Grundlage für solche Umbauten findet sich zunächst i n der Sozialisierungsbestimmung des A r t . 15 GG 1 5 8 , die ihrerseits wiederum nur i n sehr lockerer Beziehung zum Sozialstaatsprinzip steht. Denn dessen Aussage ist weiter gefaßt und umschließt auch die staatsfreie und damit dem A r t . 15 GG konträre Zone der Sozialpflichtigkeitsklausel des A r t . 14 I I GG. Der Sozialstaatsgedanke der A r t . 20 1/28 I GG rangiert also grundsätzlich zwischen den Ebenen dieser beiden Vorschriften aus dem Grundrechtsteil des GG. I n die Zone staatseigener und -ausschließlicher Sozialität (oder Sozialisierung) kann er nur i m Falle eines aktualisierenden Kompetenzakts umschlagen. H. Gerber, a.a.O., S.31 ff.; Badura, Verwaltungsmonopol, S.330 N.69; vgl. weiterhin die Fragestellung Fechners, a. a. O., S. 10 ff. 148 Vgl. a. a. O., S. 18. 149 Vgl. dazu m. w. Nachw. unten S. 230. 150 Vgl. Lerche, Übermaß, S. 231 f.; — zur sozialen Pflicht vgl. noch unten S. 230. 151 Vgl. Bäumlin, a. a. O., S. 12; Lerche, Übermaß, S. 230 ff.; ders., DVB1. 61, 693; Bachof, a. a. O., S. 39. 152 Vgl. BVerfGE 1, 14 (33); 10, 89 (101); 12, 205 (228); Lerche, Verfassungsfragen, S. 13 f.; E. Becker, BayVBl. 61, 65. 158 Vgl. zu deren Inhalt im einzelnen bes. Ipsen, W D S t R L 10, 74 ff.; Ridder, VVDStRL 10,124 ff.
§ 3 Einrichtungsverwaltung und Gemeindewirtschaft
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Die Anwendung dieser Grundsätze auf die anstehende Frage ergibt, daß auch die grundgesetzliche Sozialstaatsentscheidung den gesellschaftlichen Bestand der Gemeindewirtschaft nicht antastet. I m Gegenteil, die Gemeindewirtschaft erfüllt i n ihrer idealtypischen Verbindung von gesellschafts- und sozialpolitischem Verhalten ein Grundaxiom des Sozialstaats und w i r d deshalb i n ihrem bereits ausgemachten Standort innerhalb des A r t . 14 I I GG 1 5 4 noch bestätigt. b) Die kommunale Wirtschaftstätigkeit im Lichte der „Wirtschaftsverfassung" Das gleiche gilt i m Ergebnis für den Wertmaßstab einer sogenannten Wirtschaftsverfassung, auf deren „Verfassungsrelevanz" man sich zumeist dann zu besinnen pflegt, wenn es u m die Zulässigkeit konkurrenzwirtschaftender Maßnahmen der öffentlichen Hand geht 1 5 5 . „Wirtschaftsverfassung" ist (zunächst) ein Begriff sozialwissenschaftlicher Provenienz 156 , hinter dessen Fassade sich die verfassungstheoretisch breit diskutierte Frage nach einer konkret-wirtschaftsordnenden Verfassungsentscheidung verbirgt 1 5 7 . Einer näheren Auseinandersetzung m i t den i n diesem Zusammenhang kontrastreich vorgetragenen Vorstellungen bedarf es jedoch nicht. Denn so dezidiert diese i m einzelnen auch erscheinen mögen 158 , mangelt es ihnen doch sämtlich am normativen Verfassungsgrund. 154
Vgl. oben S. 125 f. iss Vgl. Z . B . Strickrodt, Staatsunternehmen; Frentzel, Betrachtungen, S. 3 ff.; ders., Betätigung, S. 7 ff.; A. Hamann, WiVerfR, S. 65 ff. 158
Vgl. Ehmke, Wirtschaft, S. 7 ff.; Ballerstedt, Grundrechte I I I / l , S. 3 ff. Vgl. dazu und m. w. Nachw. insbes. Ehmke, a. a. O., S. 18 ff.; A. Hamann, a.a.O., S. 11 ff.; Scheuner, V V D S t R L 11, 19ff.; Ballerstedt, a.a.O., S.49ff; E. R. Huber, DÖV 56, 97 ff., 135 ff., 172 ff., 200 ff.; Krüger, DVB1. 51, 361 ff.; ders., Kartellgesetzgebung, S. 5 ff.; Nipperdey, Marktwirtschaft, S. 3 ff.; ders., Wirtschaftsverfassung, S. 7 ff.; Frentzel, Betrachtungen, S. 6 ff.; ders., Betätigung, S. 9 ff.; Badura, Verwaltungsmonopol, S. 310 ff.; Torz, DÖV 58, 205 ff.; Leisner, Grundrechte, S. 178 ff.; Lerche, Übermaß, S. 225 ff.; ders., D Ö V 61, 486 ff.; Stern, D Ö V 61, 325 ff.; Stern-Püttner, a. a. O., S. 2 ff.; Strickrodt, a. a. O., S. 14 ff.; Thieme, JZ 61, 280 ff.; Strauß, Wirtschaftsverfassung, S. 5 ff.; Reißmüller, Wirtschafts Verfassung; G. Rinck, Wirtschaf tsR, S. 16 ff.; Ehlermann, Wirtschaftslenkung, S. 14 ff.; Behl}ce, Neoliberalismus, S. 96 ff.; Mestmäcker, D Ö V 64, 606 ff.; Brenner, BB 62, 727 ff.; Gutmann-Hochstrate-Schlüter, Wirtschaf tsverfassung, S. 13 ff.; — zum Landesverfassungsrecht vgl. bes. Schwingenstein, Ordnungsvorstellungen, S. 11 ff. 158 Vgl. insbes. das Nipperdeysche Modell der „Sozialen Marktwirtschaft" (vgl. Marktwirtschaft, S. 3 ff.; Wirtschaf tsverfassung, S. 8 ff.); die These E. R. Hubers von der „gemischten Wirtschaf tsverfassung" (vgl. D Ö V 56, bes. S. 98 ff.; im Anschl. auch Maunz-Dürig, GG, Art. 2 I Rdnr. 44; A. Hamann, a. a. O., S. 33; Behlke, a. a. O., S. 134 ff.); die Konzeption Krügers von der wirtschaftsverfassungsrechtlichen „Neutralität" des GG (vgl. DVB1. 51, 363; Kartellgesetzgebung, S. 10 ff.). 157
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4. Kap.: Die Einrichtung als Formtypus
Wie vor allem Ehmke 159 nachgewiesen hat, begreift „Wirtschaftsverfassung" nämlich kein ambitionär-verbindliches Ordnungsprinzip, sondern nur ein (potenziertes) Refugium heterogener Wirtschaftsideologien. Da das GG keine geschlossene Wertstruktur i n sich schließt 160 , i n der Terminologie Forsthoffs 181 also „staatsideologisch unterbilanziert" ist, konnte es auch kein wirtschaftliches Wertmodell nach dem Muster einer normativen Wirtschaftsverfassung konstituieren oder sanktionieren 162 . „Wirtschaftsverfassüng" stellt m i t h i n nichts anderes als einen empirischen Erkenntnisbegriff für die Summe real wirtschaftsordnender (Gesetzes-)Normen dar. Sie definiert sich als (verfassungs-)wertneutrales System gesetzgeberischer Positivierung, dessen Schranken nicht komplex, sondern nur punktuell anhand der konkreten, auch-„wirtschaftsorientierten" Verfassungsentscheidungen zu erfahren sind 188 . Das bedeutet m i t anderen Worten, daß prinzipiell jeder aktuelle W i r t schaftsprozeß dem Ordnungszugriff der zuständigen Staatsinstanzen offensteht. Daraus folgt wiederum, daß i m Grundsatz auch für die eigenwirtschaftlichen Initiativen der öffentlichen Hand nichts anderes gelten kann, gleichgültig, ob diese nun interventionistischer oder teilhabender A r t sind 1 6 4 . Die Gemeindewirtschaft findet ihren verfassungslegitimierten Standort unmittelbar i n der Selbstverwaltungsgarantie des A r t . 28 I I i n Verbindung m i t A r t . 12, 14 GG 1 6 5 . Durch die Einbindimg i n die Ordnungskategorie des § 67 DGO etc. 166 hat sie eine spezialtypische Ausformimg Vgl. a. a. O., S. 18 ff. wo v g l Ehmke, a. a. O.; Lerche, Verfassungsfragen, S. 27 f.; K. H. v. Köhler, NJW 64,2229 ff.; vgl. auch bereits oben (zum Subsidiaritätsprinzip) S. 48. 161
Vgl. in: Problematik, z. B. S. 15,21. Vgl. Ehmke, a.a.O.; Lerche, a.a.O.; Ballerstedt, a.a.O., S.65, 77; BVerfGE 4, 7 (17 f.); BVerwG, D Ö V 65, 47. lös v g l . in diesem Sinne und auch zum folgenden die überwiegende Meinung: z.B. BVerfGE 4, 17f.; 7, 377 (400); BVerwG, a.a.O.; Ehmke, a.a.O.; Scheuner, V V D S t R L 11, 19 ff.; Lerche, Übermaß, S. 225 ff.; Ipsen, AöR 78, 309; Frentzel, Betätigung, S. 12; ders., Betrachtungen, S. 9 f.; Bellstedt, Wirtschaftslenkung, S. 45; Henze, Probleme, S. 20; Neumann, Verwaltung, S. 15 f.; Ehlermann, a.a.O., S.25; Schricker, Betätigung, S.80; G. Rinck, WirtschaftsR, S. 20 ff.; K. H. v. Köhler, DVBl. 64,217. ie2
164 Zum Begriff der „Intervention" vgl. allgemein und für den vorliegenden Zusammenhang besonders Scheuner, V V D S t R L 11, 7 ff., 26 ff.; Schule, W D S t R L 11, 75 ff.; Marbach, Staatsintervention, S. 15 ff.; Neumann, Verwaltung, S. 19 ff.; Ehlermann, Wirtschaftslenkung, S. 26 ff.; Lerche, D Ö V 61, 486 ff.; Bellstedt, Wirtschaftslenkung, S. 30 ff.; Leisner, Grundrechte, S. 190 ff.; Schrikker, Tätigkeit, S. 42 ff.; Strickrodt, Staatsunternehmen, S. 5 ff.; Henze, Probleme, S. 15 ff.; de Capitani, Interventionismus, S. 26 ff.; — vgl. allerdings auch die grundsätzliche Kritik Ehmkes, a. a. O., S. 11N. 24. 105 Vgl. S. 125 f. 166 Der teilweise vertretenen Auffassung, daß §67 DGO etc. einen allge-
§ 3 Einrichtungserwaltung und Gemeindewirtschaft
133
erfahren, die verfassungsrechtlich abgesichert ist und nicht etwa unter Berufung auf anders strukturierte, der Verfassung unterlegte W i r t schaftsaxiome inhibiert werden kann.
F. Folgerungen Das Verhältnis von öffentlicher Einrichtung und gemeindlichem W i r t schaftsunternehmen ist nach alledem wie folgt zu definieren: Beide Bereiche sind als bestandstypische Erscheinungsformen der kommunalen Selbstverwaltung, ihrem gemeinsamen historischen Ursprung entsprechend i n mehrfacher Beziehung komplementär und verwandtschaftlich angelegt, rechtlich identisch sind sie jedoch nicht. Beide Institute stehen selbständig nebeneinander. Welchen Instituts sich die Gemeinde bei der Erfüllung einer anfallenden Aufgabe bedient, steht prinzipiell, sofern nicht eine Spezialnorm die Verwendung der einen oder anderen Organisationsform gebietet (verbietet) 167 , i n ihrem Ermessen 188 . So kann die Gemeinde z.B. einen „Versorgungsbetrieb" sowohl als öffentliche Einrichtung wie als w i r t schaftliches Unternehmen gestalten. Sie kann eine öffentliche Einrichtung ebenso i n ein Wirtschaftsunternehmen wie umgekehrt ein Wirtschaftsunternehmen i n eine öffentliche Einrichtung umwandeln 1 6 9 . Sämtliche Maßnahmen dieser A r t fallen unter die allgemeine kommunale Organisationsgewalt 170 . meinen wirtschaftsverfassungsrechtlichen Grundsatz enthalte, der seinen Grund im Subsidiaritätsprinzip finde (vgl. z.B. Maunz-Dürig, GG, Art.2 I Rdnr. 52; Dürig, BayVBl. 59, 203; Löff ler, BB 56, 729 f.; G. Rincfc, Wirtschaftsrecht, S. 28 f.; Hoppe, DVB1. 65, 585 ff.; Schmidt-Tophoff, D Ö V 61, 493 ff.; ders., DVB1. 64, 98 ff.; Frentzel, Betrachtungen, S. 32 ff. (anders aber in: Betätigung, S. 11 f.); auch Ipsen, NJW 63, 2107 f.; vgl. auch die diesbezügl. Gesetzesentwürfe des Deutschen Industrie- und Handelstages sowie der FDP-Bundestagsfraktion (BT-Drucks. 2. Wahlper. Nr. 2712) — abgedr. b. Frentzel, Betätigung, S. 41 ff. bzw. 46 ff.), sind die bereits oben gegen die Verbindlichkeit des Subsidiaritätsprinzips gemachten Ausführungen entgegenzustellen (vgl. S. 46 ff.). — Vgl. im Ergebnis auch Maunz, BayVBl. 57, 8; H. Schneider, Rechtsgutachten, S. 10 f.; ders., Werbung, S. 21 ff.; Torz, D Ö V 58, 207 N. 28; Ullrich-Thomsen, NJW 64, 576; Zeidler, W D S t R L 19, 214; Schricker, a. a. O k , S. 78, 85; Möller, Subventionsverwaltung, S. 115; Lerche, Verfassungsfragen, S. 56; ders., Rechtsprobleme, S. 28; A. Hamann, N J W 57,1424 m. N. 24. 167
Vgl. noch unten S. 179 f. Vgl. auch BVerwG, D Ö V 64, 710 (711) = DVB1. 65, 522 (523) m. krit. Anm. Hurst, DVB1. 65, 523 ff. 160 Vgl. BVerwG, a. a. O. (Zulässigkeit der Umwandlung eines bisher öffentlichen Marktes in einen Privatmarkt). 170 Vgl. auch BVerwG, a.a.O.; — zur gemeindl. Organisationsgewalt vgl. allgemein oben S. 91 f. 168
134
4. Kap.: Die Einrichtung als Formtypus
Für die Frage der rechtlichen Unterscheidbarkeit von öffentlicher Einrichtung und gemeindlichem Wirtschaftsunternehmen ergeben sich daraus folgende Konsequenzen:
I. Organisatorische Unterscheidung von öffentlicher Einrichtung und gemeindlichem Wirtschaftsunternehmen
1. ö f f e n t l i c h - r e c h t l i c h e
Konstruktionsformen
Soweit sich die Gemeinde zur Erreichung eines „öffentlichen Zwecks" öffentlich-rechtlicher Gestaltungsmittel bedient, handelt es sich stets um eine öffentliche Einrichtung. Denn aus der Erkenntnis des privaten Charakters der Wirtschaftsunternehmen folgt zwangsläufig das Verbot, auch diese mit öffentlich-rechtlichen Organisationsformen auszustatten. 2. P r i v a t r e c h t l i c h e
Konstruktionsformen
Anders verhält es sich dagegen m i t den privatrechtlich gestalteten Einrichtungen und Wirtschaftsunternehmen. Soweit nicht i m Einzelfall wenigstens eine öffentlich-rechtliche Basis definitiv festzustellen ist, fehlt es an einem Unterscheidungsmerkmal. 3. W i r t s c h a f t s r e c h t l i c h e
Konstruktionsformen
Ähnlich wie bei den privatrechtlich gestalteten Einrichtungen und Unternehmen stellt sich die Rechtslage für die Verwendung der w i r t schaftsrechtlichen Organisationstypen des Eigenbetriebs und der gemischt-wirtschaftlichen Unternehmung dar. a) Der
Eigenbetrieb
Für den Eigenbetrieb folgt aus der Erkenntnis der rechtlichen Verschiedenheit von öffentlicher Einrichtung und wirtschaftlichem Unternehmen die Bestätigung des oben 171 zunächst unterstellten Charakters wirtschaftsrechtlicher Variabilität. Es bedarf i m Einzelfall m i t h i n des normativen Nachweises, welchen Rechtsinhalt eine eigenbetriebliche Wirtschaftseinheit hat. Erhebliche Schwierigkeiten bereiten dabei vor allem die konzentrierten Organisationsformen des eigenbetrieblichen Querverbundes. Nach den Vorschriften der §§ 22 EigVO 38, 19 BadWüEigbG, 25 HessEigbG, 23 NrwEigVO, 26 RhpfEigVO, 22 SaarEigVO sind die Gemeinden aus 171
Vgl. S. 115.
§ 3 Einrichtungserwaltung und Gemeindewirtschaft
135
Praktikabilitätsgründen 1 7 2 nämlich regelmäßig gehalten, ihre Versorgungs-, Verkehrsbetriebe etc. zu einem einheitlichen Eigenbetrieb („Gemeinde"- oder „Stadtwerke") zusammenzuschließen 178 . Solange die Unterscheidung der DGO zwischen wirtschaftlichen Unternehmen (§ 67 I) und (nicht-wirtschaftlichen) Einrichtungen (§ 67 II) sich noch i m Eigenbetriebsrecht fortsetzte 174 , durften derartige Eigenbetriebskomplexe unproblematisch erscheinen, da ihnen ja nur w i r t schaftliche Unternehmen angehören konnten. Nach der heutigen A n erkennung des (auch) einrichtungsrechtlichen Eigenbetriebs 175 steht das Organisationsmodell des eigenbetrieblichen Querverbundes jedoch auch den gemeindlichen Verwaltungseinheiten offen und hat damit den Boden für die totale „Verschmelzung" von öffentlichen Einrichtungen und wirtschaftlichen Unternehmen bereitet 176 . Technisch ist eine solche Verschmelzung m i t der elastischen und rechtlich-neutralen, w e i l w i r t schaftsvariablen, Natur des Eigenbetriebs sicherlich vereinbar. Rechtlich erscheinen solche Konglomerate öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Organisationseinheiten jedoch äußerst bedenklich, da sie jeden Rechtsunterschied zwischen den beteiligten Formationen zu nivellieren drohen.
b) Die gemischt-wirtschaftliche
Unternehmung
Ebenso wie der Eigenbetrieb stellt die gemischt-wirtschaftliche Unternehmung eine wirtschaftsrechtlich-variable Organisationsform dar. Das bedeutet, daß auch m i t ihrer bloßen Existenz, d. h. ohne Zwischenschaltung normativer Kriterien, noch keine Entscheidung über die Rechtsnatur des zugrunde liegenden Subjekts (öffentliche Einrichtung oder wirtschaftliches Unternehmen) gefallen sein kann. I m Zweifel w i r d es sich allerdings um ein Wirtschaftsunternehmen handeln. Denn die Tatsache, daß die Gemeinde ein wirtschaftliches Partnerschaftsverhältnis m i t Privaten eingegangen ist, schließt eine hoheitliche und damit öffentlich-rechtliche Beziehung regelmäßig aus: Die Gemeinde und der private Unternehmer begegnen sich auf der Stufe privatrechtlicher 171 Vgl. dazu näher Zeiß, Eigenbetriebsrecht, § 28 Erl. 4; Münch, Städtetag 56,219 ff.; Erlewein, D Ö V 52,176 f. 173 Zur Durchführung vgl. Zeiß, a. a. O., Erl. 3. 174 Vgl. oben S. 103. 175 Vgl. oben S. 103 £ 176 Ausdrücklich hervorgehoben in § 19 I I BadWüEigbG, 26 lit. a RhpfEigVO. — Für die Aufstellung der Betriebssatzung verfeinert dies § 25 S. 4 Ziff. 1 HessEigbG noch dahin, daß „die Verkehrsbetriebe, sonstige Eigenbetriebe oder Einrichtungen zur Wasserversorgung und Einrichtungen zur Ableitung von Abwässern in die Gemeindewerke einbezogen werden".
136
4. Kap.: Die Einrichtung als Formtypus
Koordination und nicht auf der Stufe öffentlich-rechtlicher nation.
Subordi-
Eine gemischt-wirtschaftliche Unternehmung entspricht deshalb nur dann den Begriffsmerkmalen der öffentlichen Einrichtung, wenn sie sich auf einen öffentlich-rechtlichen Ursprungsakt beziehen kann, der jenseits der bloßen Kapitalbeteiligung liegt. Es muß sich u m einen spezifischen Hoheitsakt handeln, der das gesamte Unternehmen als solches der öffentlichen Gemeindeverwaltung inkorporiert; es ist m i t anderen Worten ein A k t der echten Indienststellung erforderlich 177 . Jede Form einer isoliert-öffentlich-rechtlichen Zuordnung, die sich auf den kommunalen Kapital- oder Geschäftsführungsanteil beschränkte, wäre nicht nur dogmatisch verfehlt, sondern auch rechtlich unzulässig. Denn Zuordnungsobjekt einer (öffentlich-rechtlichen) Pflichtentstellung kann nur die rechtssubjektive Einheit des ganzen Unternehmens sein. Es ist ausgeschlossen, einzelne Kapitalbestandteile oder Geschäftsführungsbefugnisse (bzw. deren Wahrnehmung) öffentlich-rechtlichen und andere privatrechtlichen Vorzeichen zu unterstellen. Ein solches Verfahren wäre nicht nur systemwidrig 1 7 8 , sondern auch rechtswidrig, da es die Verletzung privater Rechte (Eigentum) zur Folge haben kann 1 7 9 . Aus diesem Grunde läßt sich das Problem der gemischt-wirtschaftlichen Unternehmungen nur nach den Grundsätzen der Beleihung eines Unternehmens lösen: Ungeachtet der konkreten Beteiligungsverhältnisse kann ein gemischt-wirtschaftliches Unternehmen überhaupt nur dann Verwaltungseinheit sein, wenn i h m ein hoheitlicher Beleihungsakt zugrunde liegt. Für die öffentliche Einrichtung folgt daraus noch i m besonderen, daß der konkrete Beleihungsakt das gesamte Unternehmen dem qualifizierten Benutzungsanspruch aus § 17 DGO etc. unterwerfen muß. Der private Teilhaber kann deshalb stets nur „Erfüllungsgehilfe", nie aber real-erwerbswirtschaftender Partner der leistungsverpflichteten Gemeinde sein 180 .
177
Vgl. auch Hof erecht, JR 61, 509 f.; Hurst, H B K W P I I , S. 837. Dies erkannte bereits deutlich der Reg.-Entw. des PreußAllgZweckverbandsG. I n der diesem Entwurf beigegebenen Amtl. Begr. (zit. nach Passow, Unternehmungen, S. 143 N. 1) wurde eine Beteiligung der Privatindustrie an kommunalen Zweckverbänden nach dem Muster der gemischtwirtschaftlichen Unternehmung für rechtlich „unausführbar" erklärt. 178
179
Vgl. auch Scheuner, W D S t R L 19,253. Vgl. Röttgen, Daseinsvorsorge, S.81 f.; Hurst, a.a.O.; Surén-Loschel der, DGO, § 17 Erl. 2. 180
§ 3 Einrichtungserwaltung und Gemeindewirtschaft
137
I I . Funktionelle Unterscheidung von öffentlicher Einrichtung und gemeindlichem Wirtschaftsunternehmen
1. D i e f u n k t i o n a l - b e s t i m m t e
Einrichtung
Soweit ein bestimmter Aufgabenbereich von Gesetzes oder Satzungs wegen zwingend der gemeindlichen Einrichtungsverwaltung zugewiesen ist, sind die betreffenden Einrichtungen funktional bestimmt und nach der Natur ihrer Aufgaben von den wirtschaftlichen Unternehmen zu unterscheiden (vgl. z. B. § 67 I I DGO etc.) 181 .
2. D i e f u n k t i o n a l - o f f e n e
Einrichtung
Anders verhält es sich m i t den funktional-offenen Einrichtungen, deren (potentielle) Aufgaben von der Gemeinde ebenso durch wirtschaftliche Unternehmen, d.h. also nicht auf dem Verwaltungswege, besorgt werden können 182 . a) Kongruenz von öffentlicher Einrichtung und „öffentlichem" Wirtschaftsunternehmen Für diese Fälle der aufgabenrechtlichen Einheit von öffentlicher Einrichtung und wirtschaftlichem Unternehmen lassen sich keine (funktionellen) Unterscheidungsmaßstäbe aufstellen 188 . b) Inkongruenz von öffentlicher Einrichtung und nicht-„öffentlichem" Wirtschaftsunternehmen Wirksame Unterscheidungskriterien ergeben sich für die funktionaloffene Einrichtung nur i m Verhältnis zu den rein erwerbswirtschaftlichen, d.h. also ni§ 5 TierkörperBesG i. V. m. § 80 Ziff. 3 BSeuchenG. 208 Vgl. § 2 TierzuchtförderungsG. 207 Vgl. §§ 8,10 1. ZivBevSchG, 14,1712, I I , 18 I I I , 22,23 SchutzBauG. 208 Vgl. Art. 51 BayStrWG v. 11.7. 58 (GVB1. 147), §§ 43 BadWüStrG v. 20.3. 64 (GBl. 127), 10 HessStrG v. 9.10. 62 (GVB1.437), 52 NdsStrG v. 14.12. 62 (GVB1. 251), 49 NrwStrG v. 28.11.61 (GVB1. 305) i. V. m. § 1 PreußWRG vom 1. 7.12 (GS 187), 17 RhpfLStrG v. 15. 2. 63 (GVB1. 57) i. d. F. v. 17.12. 63 (GVB1. 64, 6), 53 SaarStrG v. 17.12.64 (ABl. 65, 117), 45 SchlHStrG v. 22. 6. 62 (GVB1. 237), auch §§ 3 I I I , 5 I I , I I I BFernStrG; — zur Abgrenzung der gemeindlichen Wegereinigungspflicht von der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht der Gemeinden vgl. näher insbes. BGHZ 9, 373 ff.; 27, 278 ff.; 31, 73 ff., 219 ff.; 32, 352 ff.; 40, 379 ff.; BGH, DVB1. 64, 583 f.; Hurst, DVB1. 63, 426 ff. 209 Vgl. z.B. §§4, 8 BadWüFeuerwG v. 26. 2.60 (GBl. 85); Art. 1, 3, 6 BayFeuerlöschwG v. 17. 5.46 (BayBS 1353). 210 Vgl. §§11, 1 WirtschaftsSichStG v. 24. 8. 65 (BGBl. I 920), 18, 10, 1 VerkehrsSichStG v. 24. 8. 65 (BGBL I 927), 10, 1 ErnährungsSichStG v. 24. 8. 65 (BGBl. I 938), 17,1, 2, 4 WasserSichStG v. 24. 8. 65 (BGBl. 11225). 211 Vgl. bereits oben S. 74, sowie näher Röttgen, Daseinsvorsorge, S. 65; ders., Gemeinde, S. 60. — Nicht mehr zulässig dürfte allerdings die polizeiunmittelbare Statuierung eines Anschluß- u. Benutzungszwanges sein (vgl. O V G Münster, DVB1. 60, 859 f.; — im Sinne einer subsidiären Kompetenz der Polizei aber Muntzke-Schlempp, HessGO, § 19 Erl, X I V ; allgemein zu den Fragen der kompetentiellen Verschränkung polizeilicher und sonstiger Verwaltungsorgane vgl. Folz, JuS 65,41 ff.). 212 Vgl. S. 153. 218 Vgl. S. 158.
12 Scholz
178
4. Kap.: Die Einrichtung als Formtypus cc) Durchgriff staatlicher Statusrechte
Ein besonders gravierender Einschnitt i n die Substanz der kommunalen Selbstverwaltung liegt in der staatlichen Spezialregelung und Modifizierung einrichtungsrechtlicher Statusrechte. Indem der staatliche Gesetzgeber in seine allgemeinen und Verwaltungsgesetzgebungen statusrechtliche Sonderbestimmungen aufnimmt, greift er i n die absolut geschützten Grundlagen der Gemeindeverfassung ein. Symptomatisch sind hierfür einmal die Vorschriften der §§ 4 I BSHG, 1 JWG 2 1 4 und zum anderen etwa die Bestimmung des § 6 EnWG 2 1 3 . Obwohl der Bund keine Gesetzgebungskompetenz für das kommunale Verfassungsrecht besitzt 216 und folglich auch nicht zur Verleihung kommunalpolitischer Mitwirkungs- oder Teilhaberechte berechtigt ist 2 1 7 , hat er durch den Erlaß der zitierten Sozialrechtsbestimmungen unmittelbar und i n Negation des allgemeinen Landesverfassungsrechts „kommunale" Statusrechte begründet. Bei einer kritischen Beurteilung dieser Gesetzgebung läßt sich natürlich nicht das verfassungsrechtliche Dilemma übersehen, vor das sich der Bundesgesetzgeber als Inhaber der allgemeinen Fürsorgekompetenz des A r t . 74 Ziff. 7 GG 2 1 8 dadurch gestellt sehen mußte, daß eine moderne Fürsorgegesetzgebung kaum an dem verfassungsgarantierten Recht des einzelnen auf Leistungen der öffentlichen Fürsorge 219 vorbeigehen konnte 2 2 0 . Andererseits durfte dessen einfachgesetzliche Ausgestaltung wiederum nicht so extensiv gefaßt sein, daß auch kommunale Verfassungswerte verdrängt oder gar zerstört würden 2 2 1 . Den kompetentiell richtigen Weg weist hier die Bestimmung des § 6 EnWG: 214 Vgl. auch § 641 GewO für die Benutzung der (gemeindlichen) Märkte und Messen. — Auf landesgesetzlicher Ebene vgl. z. B. die Vorschriften der §§ 28 I I NrwSchVerwG v. 3. 6. 58 (GVB1. 241), 13 NrwFeuerSchG v. 25. 3. 58 (GVB1. 101), die die gemeindlichen Schul- u. Feuerschutzeinrichtungen über § 18 NrwGO hinaus auch zur Versorgung von Nichteinwohnern verpflichten. 215 Vgl. zu dieser Bestimmung näher bes. Lucas, Anschluß- und Versorgungspflicht, S. 37 ff.; Tubach, Elektrizitätsversorgungsvertrag, S. 45 ff.; Badura, Verwaltungsmonopol, S. 269 f.; Eiser-Rieder er-Sieder, EnWiR, § 6 Anm. 1 ff.; vgl. auch bereits oben S. 153 sowie noch unten S. 226. — Entspr. auch § 22 PBefG für die Beförderungspflicht (auch) gemeindlicher Verkehrsbetriebe. 216 Vgl. oben S. 45 f. 217 Vgl. auch Köttgen, Gemeinde, S. 92, mit der allerdings zu engen Beschränkung auf die politischen Aktivrechte unter Außerachtlassung der (sozialpolitischen) Teilhaberechte. 218 Vgl. dazu oben S. 142 f. 219 Vgl. dazu näher unten S. 233 ff. m. Nachw. auf S. 233 N. 78. 220 Vgl. auch Amtl. Begr. zum BSHG, BT-Drucks. 3. Wahlper. Nr. 1799, S. 32 sub 5. 221 Von besonderer Bedeutung ist insoweit vor allem die in der Subsidiaritätstypik des BSHG und JWG (vgl. dazu oben S. 167) begründete Problematik
§ 4 Standort im speziellen Bundes- und Landesrecht
179
Als Vorschrift des allgemeinen Rechts 222 dürfte sie grundsätzlich eine generelle Anschluß- und Versorgungspflicht zu Lasten der betroffenen Unternehmen statuieren (Abs. 1). Als Vorschrift auch kommunalrechtlichen Einschlages mußte sie andererseits aber die Vorrangwirkung des § 17 DGO beachten 223 ; ein Erfordernis, dem wenigstens in verfahrensrechtlicher Hinsicht der i n Abs. 5 gemachte Vorbehalt genügt (Anwendung der §§ 29, 30 DGO). I n diesem Sinne ist für alle entsprechenden Gesetzgebungen der Satz aufzustellen, daß die kommunale Statusverfassung des § 17 DGO etc. wenigstens als übergreifende Rahmenbestimmung den Vorrang vor allen statuswertigen Spezialvorschriften behalten muß. 3. D i e L i m i t i e r u n g d e s E i n r i c h t u n g s w e s e n s durch organisations regelnden Gesetzesvorbehalt Der Effekt der organisationsrechtlichen Beschränkungen der gemeindlichen Einrichtungen äußert sich i n der (partiellen) Durchbrechung des als Essentiale der kommunalen Einrichtungshoheit erkannten Prinzips der organisatorischen Formenfreiheit 2 2 4 . Technisch ist dabei zwischen folgenden Verfahrensweisen der staatlichen Organisationsgesetzgebung zu unterscheiden: a) Organisationsrechtlicher
Formenzwang
Typische Beispiele für die zwingende Determinierung einrichtungsrechtlicher Organisationsverhältnisse finden sich i n der Schul- und eines sog. Wahlrechts (vgl. dazu näher insbes. Lerche , Verfassungsfragen, S. 51 ff., 128 ff.). Während § 5 I I I 3 JWG dem Personensorgeberechtigten prinzipiell das Recht zuerkennt, zwischen den Einrichtungen der öffentl. (kommunalen) und freien Wohlfahrtspflege zu wählen, enthält das BSHG de lege lata kein solches Recht. Der Versuch, in verfassungskonformer Auslegung ein entsprechendes Recht aus § 3 I I BSHG abzuleiten (vgl. z. B. Ule, ZSR 62, 663 f.; Reese, SozialhilfeR, § 3 Anm. 6, § 8 Anm. 3, § 10 Anm. 5; Gottschick , BSHG, § 3 Anm. 5), muß als gescheitert gelten. — Dies folgt aus der allgemeinen Systematik der §§ 1 ff., 93 I 2 BSHG (strikter Subsidiaritätsvorbehält), aus der inhaltlichen Enge des § 3 I I BSHG (bloße Soll-Vorschrift mit dem Vorbehalt der Angemessenheit und der vertretbaren Mehrkosten) sowie vor allem aus einem Vergleich mit der entspr. Vorschrift des § 3 I I JWG, die bei einer ggf. anders beschaffenen Gesetzesintention die Bestimmung des § 5 I I I 3 JWG überflüssig gemacht hätte (vgl. Lerche, a. a. O., S. 51 ff.). — Z u den gegen diese mangelnde Wahlberechtigung aufgrund von Art. 11, 21, I I , 20 1/28 I GG bzw. aufgrund von Art. 4 I GG bestehenden Verfassungsbedenken vgl. bes. Lerche, a. a. O., S. 51 ff., 128 ff. Übersehen werden darf auch nicht, daß gerade das historische Gemeindeverfassungsrecht trotz der damals noch maßgeblichen polizeirechtlichen Fürsorgekonzeption bereits Anfänge eines echten subjektiv-rechtlichen Sozialstatus kannte (Nachw. vgl. oben S. 73 N. 103). 222 Vgl. dazu oben S. 153. 228 Vgl. auch Muntzke-Schlempp, HessGO, § 19 Erl. V I I 1 . 224 Vgl. dazu oben S. 22 ff., 91 ff.
1*
180
4. Kap.: Die Einrichtung als Formtypus
Sparkassengesetzgebung, die für die Gestaltung der gemeindlichen Schulen die Rechtsform der nicht-rechtsfähigen öffentlichen Anstalt 2 2 5 und für die Gestaltung der kommunalen Sparkassen die Rechtsform der rechtsfähigen öffentlichen Anstalt vorschreiben 226 . Sachlich ist ein solcher A k t staatlicher Organisationsgebung meist m i t einem funktionsöffnenden Genehmigungsvorbehalt 227 dahin verbunden, daß die vorgeschriebene Rechtsform erst m i t der Erteilung der erforderlichen Genehmigung durch die staatliche Aufsichtsbehörde erreicht w i r d 2 2 8 . b) Organisationsrechtliche
Modellgesetzgebung
Ein typisches Beispiel für eine staatsorganisierende Modellgesetzgebung findet sich i n den Vorschriften der §§ 98 I I 3 HessGO, 69 I I 2 NrwGO, 80 I I 2 RhpfGO, B2 I I 3 SchlHGO, 22 I I Ziff. 3 BadWüEigbG, die die Organisationsform des Eigenbetriebes auch dem gemeindlichen Einrichtungswesen eröffnen. I n ihrer Beschränkung auf die bloße Empfehlung eines Organisationsmodells 229 und i m Gegensatz zu den organisatorischen Zwangsgesetzgebungen entsprechen sie (noch) dem Idealtypus einer organisationsautonomen Selbstverwaltung, erfüllen auf der anderen Seite aber auch das staatliche Anliegen einer möglichst rationalen (uniformen) Verwaltungsorganisation.
225
Vgl. z. B. §§ 32 HessSchVerwG v. 28.6.61 (GVB1. 87), 26 I SaarSchOG v. 5. 5. 65 (ABl. 385), Art. 7 BayEUG. 226 Vgl. §§ 1 Ziff. 3 BadSpkG v. 2. 2./30. 3. 40 (GVB1. 19) i. d. F. v. 16. 11. 49 (WüBadRegBl. 219); 1 I 1 BlnSpkG v. 13.7.60 (GVB1. 662) i . d . F . v. 7.4.64 (GVB1. 445), 1 1 BremerhavSpkG v. 22.4. 55 (GBl. 68); 1 1 HessSpkG v. 10.11. 54 (GVB1. 197), 3 I, I I NdsSpkG v. 6. 7. 62 (GVB1. 77), 2 NrwSpkG v. 7.1. 58 (GVB1. 58), 1 I RhpfSpkG v. 12.3. 58 (GVB1. 47), 1 I SaarSpkG v. 8.1. 65 (ABl. 21), 1 I SchlHSpkG v. 6. 5. 58 (GVB1. 191), Art. 3 BaySpkG v. 5.4. 42/1.10. 56 (BayBS I 574), 1 I I BaySpkO v. 7.1.63 (GVB1. 9/34); — anders aber früher § 1 1 PreußSpkVO v. 20. 7. 32 (GS 241/275) i. d. F. v. 30.10. 37 (GS 105): öffentlichrechtliche Körperschaft. 227 Vgl. zum Sparkassenrecht unten S. 186 ff. 228 Vgl. z. B. Art. 3 BaySpkG, §§ 3 I I NdsSpkG, 1 I I 3 HessSpkG, 6 I I 2 SaarSpkG, 1 I I 2 SchlHSpkG, auch 1 Ziff. 3 BadSpkG (Zeitpunkt der Satzungsgenehmigimg); — zu den Besonderheiten des Schulrechts vgl. unten S. 188 ff. — Einen mittelbaren „Genehmigungs"vorbehalt bewirkt für die Errichtung rechtsfähiger Anstalten überhaupt z. B. § 21 i. V. m. § 18 N r w L O G v. 10. 7.62 (GVB1. 421), demzufolge rechtsfähige Anstalten nur durch oder aufgrund Gesetzes errichtet werden dürfen. Der Einfluß der staatlichen Organisationsgewalt auf die gemeindlichen Sparkassen äußert sich noch kräftiger in den Vorschriften, die bei einer nicht ordnungsmäßigen Aufgabenerfüllung deren staatsurimittelbare Zwangsauflösung zulassen (Art. 15 BaySpkG, § 12 Ziff. 4 BadSpkG). 229 Vgl. zu dieser Auslegung S. 103 Nr. 24.
§ 4 Standort im speziellen Bundes- und Landesrecht
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4. D i e L i m i t i e r u n g d e s E i n r i c h t u n g s w e s e n s durch spezialen Aufsichtsvorbehalt Als letzte Spielart grundtypischer Beschränkungstechniken erscheint der spezial-verwaltungsrechtliche (nicht allgemein-rechtliche 280 ) A u f sichtsvorbehalt (kommunale Sonderauf sieht). Er gründet sich auf ein Verhältnis konkreter Aufgabenzuordnung und äußert sich i n der Summe detailgesetzlich vorgegebener, teils repressiv, teils präventiv gestalteter Sonderaufsichtsmittel. Unter diesen dominiert das — i n sich allerdings noch recht ungewisse — Institut des staatlichen Genehmigungsvorbehalts 281 . Formell rangieren die kommunalen Sonderaufsichten neben der allgemeinen Kommunalaufsicht. Materiell vereinigen sich jedoch beide Institute i n dem übergreifenden Gedanken der Kommunalaufsicht als Verfassungsprinzip 282 . Als begriffsnotwendiges Korrelat der kommunalen Selbstverwaltung 288 ist der materielle Rechtsgehalt der Kommunalaufsichten heute i n einen spezifischen und verfassungsrechtlich abgesicherten Rahmen eingefaßt, den auch die (einfachgesetzliche 284) Statuierung von (formellen) Sonderaufsichten nicht verlassen oder sprengen darf. Aus diesem Grunde gelten für die kommunalen Sonderaufsichten i m Grundsatz die gleichen Maßstäbe wie für die allgemeine Kommunalaufsicht 285 . 280
Vgl. zu diesem S. 153 ff. Vgl. zu dessen Rechtsnatur bes. Salzwedel, A f K 62, 205 ff.; ders., W D S t R L 22, 243 ff.; K. Müller, VerwArch 54,170 ft.; Seele, Exekutivbefugnisse, S. 8 ff., 168 ff.; Werner Weber, Kommunalauf sieht, S.24ff.; W. Hof mann, Kommunalaufsicht, S. 82 ff.; Lohr, Satzungsgewalt, S. 82 ff.; Bettermann, Nipperdey-Festschr., S. 724 ff.; G. Küchenhoff, JuS 65,52 ff.; BVerwGE 16,83 ff. 232 Vgl. auch z. B. Seele, a. a. O., S. 86; Streit,Kommunalsparkassenaufsicht, S. 48 f. jew. m. w. Nachw.— Dies gilt auch für die staatlichen Genehmigungsvorbehalte, die heute nicht (mehr) als Ausfluß einer (überholten) Staatskuratel oder als eigenständigstaatliches „Mitwirkungsrecht" verstanden werden dürfen. A u d i sie stellen vielmehr ein (bloßes) Kontrollmittel spezialen Aufsichtsrechts dar (vgl. Salzwedel, a.a.O.; K. Müller, a.a.O., S. 172ff.; Werner Weber, a.a.O.; Clausen, Einfluß, S. 30 ff.; Lohr, a. a. O., S. 83 ff.; Stern, BK, Art. 28 Rdnr. 137; E. Becker, Grundrechte IV/2, S. 719; Badura, D Ö V 63, 568; Barocka, DVB1.63,758; Gönnenwein, Jellinek-Gedächtnisschr., S. 517 ff., 526; ders., Gemeinderecht, S. 156, 198 ff.; ders., AöR 74, 203; — a. A. z.B. W.Hof mann, a.a.O., S.86; Köttgen, Gemeinde, S. 77). 281
238 Vgl. BVerfGE 6, 104 (118); Gönnenwein, Jellinek-Gedächtnisschr., S. 525; Peters, Grenzen, S.216; Stern, a.a.O., Rdnr. 130; K. Müller, a.a.O., S. 193; E. Becker, H B K W P I, S. 165; Wolff, VerwR I I , S. 155; Clausen, a. a. O., S. 31; Barocka, DVBl. 63, 709. 234 Zu den Besonderheiten der verfassungsgesetzlichen Sonderaufsichten vgl. unten S. 188 ff. 285 A. A. Lohr, a. a. O., S. 79; VGH Karlsruhe, Sparkasse 58,249 (250).
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4. Kap.: Die Einrichtung als Formtypus
A u c h i h r E i n s a t z d a r f die g e m e i n d l i c h e E i g e n v e r a n t w o r t l i c h k e i t n i c h t ( v ö l l i g ) n e g i e r e n b z w . d e n k o n k r e t e n V e r a n t w o r t u n g s b e r e i c h der Gemeinden überhaupt zur Disposition einer Aufsichtsinstanz stellen238. Besonderen A n l a ß zu dieser F e s t s t e l l u n g g i b t der U m s t a n d , daß die k o m m u n a l e n Sonderaufsichten u n d u n t e r diesen v o r a l l e m die G e n e h m i g u n g s v o r b e h a l t e h ä u f i g a n b l o ß e n Z w e c k m ä ß i g k e i t s m o m e n t e n ausg e r i c h t e t sind. I m Gegensatz d a z u h a t das gemeine deutsche K o m m u n a l recht die a l l g e m e i n e K o m m u n a l a u f s i c h t h e u t e d u r c h g e h e n d als bloße R e c h t m ä ß i g k e i t s k o n t r o l l e v e r f a ß t 2 3 7 . A u s diesem Rechtszustand l ä ß t sich jedoch k e i n absolutes V e r b o t d e r Z w e c k m ä ß i g k e i t s k o n t r o l l e a b l e i t e n 2 3 8 . Dies g i l t i m E r g e b n i s auch f ü r A r t . 28 I I G G 2 3 9 , d e r die rechtstechnischen Maßstäbe des k o m m u n a l e n Aufsichtsrechts b e w u ß t n i c h t definiert h a t u n d d e r e n A u s g e s t a l t u n g oder B e n e n n u n g gerade der e i n fachen Gesetzgebung überlassen h a t 2 4 0 . I m Gegensatz d a z u h a t a l l e r d i n g s das Landesverfassungsrecht d i e K o m m u n a l a u f s i c h t ü b e r w i e g e n d a u f die R e c h t m ä ß i g k e i t s k o n t r o l l e b e s c h r ä n k t 2 4 1 . Das bedeutet, daß j e d e n f a l l s f ü r die G e m e i n d e n dieser 236 Ygi dazu allgemein Gönnenwein, Jellinek-Gedächtnisschr., S. 525; ders., Gemeinderecht, S. 176f.; Werner Weber, a.a.O., S. 19; sowie im besonderen Salzwedel, A f K 62, 206 ff. 237 Vgl. Art. 109 I BayGO, §§ 118 I BadWüGO, 135 S. 1 HessGO, 12 S. 2 NdsGO, 106 I 3 NrwGO, 120 S. 1 RhpfGO, 119 I SaarGO, 120 SchlHGO; — einschränkend aber § 911, I I BremerhavVerf. 238 Vgl. Gönnenwein, Jellinek-Gedächtnisschr., a.a.O.; Lohr, a.a.O., S. 94 ff.; David, Satzungsgewalt, S. 86; Streit, a. a. O., S. 46 f.; K. Müller, a. a. O., S. 184; Clausen, a. a. O., S. 31; W. Hofmann, a. a. O., S. 84; Salzwedel, W D S t R L 22, 221 ff.; — a. A. aber A. Hamann, GG, Art. 28 Anm. B 7; Wolff, a. a. O.; Stern, a. a. O., Rdnr. 135, 139; Stern-Püttner, Gemeindewirtschaft, S. 180; Baring, Städtetag 52, 106; Barocka, DVB1. 63, 709, 759, 762 (widersprüchlich aber S. 759 ff.); wohl auch BVerfGE 6,104 (118). 239 Ygi fo es# Gönnenwein, a. a. O., S. 524 ff.; Lohr, a. a. O., S. 94; — zur historischen Richtigkeit dieser Auslegung vgl. Gönnenwein, a. a. O., S. 519 ff.; Werner Weber, a.a.O., S. 22 ff.; ders., Staats- u. Selbstverw., S. 19; W. Hof mann, a. a. O., S. 82 ff.; Peters, a. a. O., S. 216 ff., 229. 240
Vgl. Gönnenwein, a. a. O., S. 524 ff., 533; Lohr, a. a. O. Vgl. Art. 55 Ziff. 5, 83 I V 2 BayVerf., 147 I I BremVerf., 137 I I I 2 HessVerf., 49 I I I 2 RhpfVerf., 127 S. 2 SaarVerf.; einschränkend Art. 75 I BadWüVerf. u. Art. 78 I V NrwVerf.; anders nur Art. 39 I I I 1 SchlHVerf. — Für BadenWürttemberg, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen erachten gleichfalls nur Rechtmäßigkeitsaufsichten für zulässig z.B. Gönnenwein, JellinekGedächtnisschr., S. 514; ders., AöR 81, 228 f.; ders., Gemeinderecht, S. 177 f., 201 ff.; Barocka, DVB1. 63, 709, 759; — dagegen aber wohl richtig z.B. Lohr, Satzungsgewalt, S. 98 f. (für Baden-Württemberg); Röttgen, H B K W P I, S. 218 (für Schleswig-Holstein und Nordrhejn-Westfalen); Clausen, a. a. O., S. 31 (für Nordrhein-Westfalen); K. Müller, a.a.O., S. 175ff. (für Baden-Württemberg sowie — mit einer verfassungsrechtlich allerdings zweifelhaften Verzichtskonstruktion — auch für Bremerhaven); David, a. a. O., S. 85 ff. (für Nordrhein-Westfalen); OVG Münster, VRspr. 7, 353 (358 f.: für Nordrhein-Westfalen); vgl. auch V G Kassel, D Ö V 53, 702 (703: für Hessen — dagegen aber richtig Schunck, DÖV 54, 93). 241
§ 4 Standort im speziellen Bundes- und Landesrecht
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Länder die Einführung von zweckmäßigkeitsorientierten (Sonder-)Aufsichten unzulässig ist 2 4 2 . Dieses Verbot w i r k t auch gegenüber dem Bundesgesetzgeber, da diesem der Kompetenzzugriff auf den von Landesverfassungs wegen formierten und gesicherten Status der Gemeinden verschlossen ist 2 4 3 . Sachlich fallen diese landesinternen Rechtsunterschiede i m übrigen kaum ins Gewicht. Denn das selbstverwaltungsgefährdende Moment einer Überspannung zweckmäßigkeitsrechtlicher Gesichtspunkte ist kraft allgemeinen Selbstverwaltungsrechts auch in den Ländern ausgeschlossen, i n denen dem Gesetzgeber die Chance der Zweckmäßigkeitsaufsicht prinzipiell belassen blieb. Der Verfassungsgrundsatz von der kommunalen Eigenverantwortung schränkt die (ermessensmäßige) Handhabung solcher Staatsaufsichten auf die Grenzfälle des echten Mißstandes ein 2 4 4 („totale Unzweckmäßigkeit" — Stern 245), die ihrerseits wiederum i n die Kategorien der echten Rechtswidrigkeit einmünden 2 4 6 . Solange eine kommunale Maßnahme noch unter irgendeiner adäquaten Zweckmäßigkeitsüberlegung haltbar erscheint, ist sie dem Einschreiten der staatlichen Aufsichtsinstanz verschlossen und muß i m Falle eines vorgeschalteten Genehmigungsvorbehalts genehmigt werden. Andersgerichtete staatliche Zweckmäßigkeitserwägungen dürfen niemals in der Form des Verbots, sondern allenfalls i n der unverbindlichen Form der Empfehlung geltend gemacht werden 2 4 7 . I m einzelnen ist unter den staatlichen Sonderaufsichten zwischen den einfach- und den verfassungsgesetzlichen Aufsichtsvorbehalten zu unterscheiden:
242 Vgl. Gönnenwein, Jellinek-Gedächtnisschr., S. 525 ff.; 530 ff.; ders., Gemeinderecht, S. 157, 177 f.; ders., AöR 74, 203; 81, 218ff.; Werner Weber, Kommunalaufsicht, S. 28; K. Müller, a. a. O., S. 172, 174 ff.; RhpfVerfGH, VRspr. 3, 529 (531); OVG Lüneburg, Städtetag 51, 400; — a. A. i m Ergebnis Clausen, a. a. O., S. 31 f.; Köttgen, H B K W P I, S. 219 f.; E. Becker, H B K W P I, S. 161, 172; Elleringmann, Grundlagen, S. 54; Lohr, a. a. O., S. 95 ff.; Streit, a. a. O., S. 46 f.; Werner Weber, Staats- u. Selbstverw., S. 44; Badura, D Ö V 63, 569 m. N. 87; Helmreich-Widtmann, BayGO, Art. 25 Erl. 3; Muntzke-Schlempp, HessGO, § 5 Erl. V I I 3 , § 11 Erl. V I 1 c; BayVGH, V G H E n. F. 7,139 (141). 243 Vgl. dazu allgemein bereits oben S. 45 f., 146 m. N. 26 sowie im bes. Werner Weber, Kommunalaufsicht, S. 28 ff.; a. A. insoweit Gönnenwein, JellinekGedächtnisschr., S. 525 (einschr. aber ders., Gemeinderecht, S. 157 m. N. 89). 244 Vgl. entspr. Salzwedel, A f K 62, 217ff.; Stern, a.a.O., Rdnr. 138; E. Becker, Grundrechte IV/2, S. 720; K. Müller, a. a. O., S. 173; Barocka, DVB1. 63, 759 ff.; Streit, a. a. O., S. 156 f. 245 Vgl. a.a.O. 246 Vgl. auch Stern, a. a. O., mit Beispielen. 247 Vgl. Barocka, a. a. O., S. 765 f.
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4. Kap.: Die Einrichtung als Formtypus a) Spezialaufsicht kraft Gesetzesvorbehalts
Für die speziale Beaufsichtigung des kommunalen Einrichtungswesens ist als besonders charakteristisches Beispiel die staatliche Sparkassenauf sieht 2* 9 zu erläutern. Sie findet ihren gesetzlichen Niederschlag i n den landesgesetzlichen Sparkassengesetzen 249, die als kommunales Sonderrecht bewußt vom allgemeinen Gemeinderecht ausgenommen worden sind 250 . Inhaltlich enthalten die Sparkassengesetze einen differenzierten Katalog repressiver und präventiver Aufsichtsmittel 2 5 1 , die das gemeindliche Sparkassenwesen — obwohl i m Grundsatz auf eine bloße Rechtmäßigkeitskontrolle beschränkt 252 — gerade mittels einiger strikt ausgebauter Genehmigungsvorbehalte i m Ergebnis doch einem komplexen Aufsichtsvorbehalt unterworfen haben. Wenn das historische Fundament der Sparkassenaufsicht auch ausschließlich, d. h. sowohl i n materieller wie i n formeller Hinsicht, kommunalaufsichtsrechtlicher A r t war 2 5 3 , so versteht sich die Sparkassenaufsicht i n formeller Hinsicht heute doch als eigenständige (Anstalts-) Aufsicht 2 5 4 . Materiell ist sie aber nach wie vor (besondere) Kommunalaufsicht 255. Wesentlich ist dabei auch die Feststellung, daß die an den Umstand der formellen Aufsichtssonderung des öfteren geknüpfte Konsequenz, daß das Sparkassenwesen überhaupt aus dem gemeindlichen (Einrichtungs-)Bereich herausgerückt sei 258 , nicht zutrifft. Denn die i m Grundsatz beibehaltene Einheit der kommunalen Errichtungs- 2 5 7 , Sat848 Vgl. dazu allgemein Frick, Staatsaufsicht, S. 67 ff.; Lohr, a. a. O., S. 77 ff.; Streit, a. a. O., S. 5 ff.; Seele, a. a. O., S. 81 ff. 249 Nachw. oben S. 180 N. 226. 250 Vgl. Art. 75 I I I 2 BayGO, §§ 85 I V 2 BadWüGO, 98 I I I 2 HessGO, 89 V NdsGO, 69 I V NrwGO, 8 0 I V RhpfGO, 8 3 I V SaarGO, 8 2 I V SchlHGO. 251 Vgl. näher Frick, a. a. O., S. 146 ff., 148 ff., 178 ff., 181 ff. 252 Vgl. Art. 13 I I BaySpkG, §§ 20 I I I 1 HessSpkG, 29 I NdsSpkG, 34 I NrwSpkG, 40 I I 1 SchlHSpkG, 12 Ziff. 2 BadSpkG; — weitergehend früher Ziff. 19 PreußSparkassenreglement v. 13.12.1838 (GS 1839, 5): auch Zweckmäßigkeitskontrolle; inhaltlich unbestimmt dann aber § 28 PrSpkVO; — vgl. dazu näher Frick, a. a. O., S. 165 ff.; Streit, a. a. O., S. 36 ff. 258 Vgl näher Frick, a.a.O., S. 123 ff., 229 f.; Seele, a.a.O., S. 86 ff.; Streit, a. a. O., S. 19 ff. 254 Vgl. Frick, a. a. O., S. 134 f. 255 Vgl. auch Streit, a. a. Ö., S. 48 f.; Seele, a. a. O., S. 86. 256 Vgl. bes. Thieme, Sparkasse 62,180 f. 257 Vgl. Art. 1 I BaySpkG, 1 I I BaySpkO, §§ 1 I HessSpkG, 1 NdsSpkG, 1 NrwSpkG, 1 I RhpfSpkG, 1 I SaarSpkG, 1 I, I I SchlHSpkG, 1 Ziff. 2 BadSpkG; früher bes. Ziff. 1 PreußSparkassenreglement, § 1 1 PrSpkVO; — vgl. dazu näher bes. Clausen, a. a. O., S. 25 ff.
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zungs- 258 , Vermögens-(Haftungs-) 159 , Organ- 2 6 0 und Geschäftsführungshoheit 261 sowie der strikt-regionale Zuschnitt 2 6 2 auf den gemeindlichen Verwaltungssektor lassen die prinzipielle Selbstverwaltungszugehörigkeit der Sparkassen als gemeindliche Anstalten unberührt 2 6 8 . Die rechtlich erheblichen Einschränkungen der gemeindlichen Sparkassenkompetenz haben an diesem Tatbestand nichts geändert. Sie erklären sich historisch 264 und dürfen auch nur so verstanden werden. Nur bis zum Erlaß des Preuß. Sparkassenreglements von 1838 entsprachen die Sparkassen, zumeist als gemeindliche „stationes fisci" aufgefaßt 265 , dem idealen Leitbild der freiwillig-unselbständigen Gemeindeanstalt 266 . Seit jenem Datum verfielen sie aber i n zunehmendem Maße dem staatlichen Gesetzeszugriff. Als bankmäßige Kreditinstitute wurden sie durch die NotVO vom 6.10.1931 (RGBl. I S. 537/554) — 5. Teil Kap. I — schließlich und als fortan verbindlich auf ihren verselbständigten Anstaltsstatus festgelegt. Unter dem Aspekt des A r t . 28 I I GG stellt das geltende Sparkassenrecht dennoch einen Grenzfall dar, der einer willkürlichen Erweiterung kaum zugänglich erscheint. I m Gegenteil, auch er bedarf einer verfassungsgerechten Auslegung, die den Elementen der staatlichen Organisationsgewalt jedenfalls nicht den Inhalt eines echten Mitwirkungsrechts einräumt. Dies gilt vor allem für die sparkassenrechtlichen A u f sichtsmittel, deren Handhabung nicht zur Durchbrechung der allgemeinen Kommunalaufsicht führen darf. 258 Vgl. Art. 21 I 2 BaySpkG, §§ 12 I I 1 BremerhavSpkG, 10 I 2 HessSpkG, 6 I 2 NdsSpkG, 5 I I NrwSpkG, 4 I RhpfSpkG, 3 1 2 SaarSpkG, 3 I SchlHSpkG; früher § 15 I 2 PrSpkVO i. V. m. DurchfBest. d. Mdl, d. F M u. d. M f H u G v. 12. 8. 32 (IV b 625 11/32 I E 841/24 u. I I 8505 Na — PrMBliV 817). — I n Berlin erläßt der Senat die Satzung der Sparkasse der Stadt Berlin West als Rechtsverordnung (vgl. Satzung v. 10.10. 60 r— GVB1.1066 — i. d. F. v. 3. 5. 64 — GVB1. 572), die zugleich als Mustersatzung für die Sparkassen in Berlin gilt (§ 15 BlnSpkG). — Vgl. zum Ganzen näher Clausen, a. a. O., S. 28 ff.; Lohr, a. a. O., S. 113 ff. 259 Vgl. näher Clausen, a.a.O., S. 32 ff.; — unrichtig J. Hoff mann, Sparkasse 58, 21, der die Gemeinden nur als „Treuhänder der Allgemeinheit" für die Sparkassen, nicht aber als deren Inhaber bezeichnet. 280 Vgl. näher Clausen, a. a. O., S..47 ff. 261 Vgl. näher Clausen, a. a. O., S. 85 ff. 282 Vgl. die in N. 258 zit. Vorschriften sowie dazu näher Clausen, a. a. O., S. 36 ff.; D. Schmidt, VerwArch. 51,316 ff.; ders., Sparkasse 62,183 ff. 288 Vgl. im Ergebnis und näher Seele, a.a.O., S. 81 ff.; Frick, a.a.O., S. 116ff., 229f.; Clausen, a.a.O., S.32ff.; 36ff., 47ff., 85ff., 148; D. Schmidt, a. a. O.; J. Hoff mann, H B K W P I I I , S. 741 ff.; Oeckinghaus, Sparkasse 62, 83 f.; E. Becker, Grundrechte IV/2, S. 717; Lohr, a. a. O., S. 92; — vgl. auch m. bes. Deutlichkeit § 1 I I I 1 RhpfSpkG („freiwillige Angelegenheit der kommunalen Selbstverwaltung"). 264 Vgl. näher Frick, a. a. O., S. 67 ff. 265 Vgl, Frick, a. a. O., S. 97 m. Nachw. 266 Vgl. Frick, a. a. O.; Stadelmayer, Sparkasse, S. 103.
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4. Kap.: Die Einrichtung als Formtypus
Für den Fall eines akuten Interessengegensatzes 267 kommt den Belangen der letzteren der deutliche Vorrang zu 2 6 8 . Direkt haben diesem Grundsatz diejenigen Sparkassengesetze Rechnung getragen, die die Rechte der Kommunalaufsicht auch noch ausdrücklich hervorgehoben haben 269 ; indirekt haben i h m diejenigen Sparkassengesetze entsprochen 270 , die beide Aufsichten (etwa) beim Innenministerium konzentriert haben 271 . Echte Interessengegensätze werden m i t h i n nur dort auftreten, wo die Sparkassenaufsicht auch zuständigkeitshalber verselbständigt bei den Finanz- 2 7 2 oder Wirtschaftsministerien 278 ressortiert 2 7 4 . Institutionelle Genehmigungsvorbehalte hat das Sparkassenrecht einheitlich für die Sparkassenerrichtung 275 und für die sparkassenrechtliche Satzungsgebung 276 eingeführt. I n satzungsrechtlicher Hinsicht hat man dabei vor allem auf das Institut der (staatlich bereitgestellten) Mustersatzung 277 zurückgegriffen 278 , deren idealtypischen Modellcharakter 2 7 9 dabei aber weitgehend außer acht gelassen. Formal w i r d den Gemeinden als satzungsberechtigten Gewährträgern zwar die Über267
Vgl. dazu näher Streit, a. a. O., S. 49. A. A. VGH Karlsruhe, Sparkasse 58, 249 (250); Lohr, a. a. O., S. 79. 269 Vgl. §§ 1 I I 2, 20 I I HessSpkG, 33 I I 2 NrwSpkG, 1 I I , 25 I I SaarSpkG. 270 Vgl. auch Frick, a. a. O., S. 161. 271 So Baden-Württemberg (Abschn. I I I Ziff. 8 d. Bek. v. 8. 7. 52 — GBl. 21 — und § 1 lit. B Ziff. 4 VO z. Überleitung von Verwaltungsaufgaben v. 22. 9. 52 — GBl. 33), Bayern (Art. 131 SpkG), Schleswig-Holstein (§ 401 SpkG). 272 So Niedersachsen (Beschl. d. NdsStaatsmin. v. 23. 3. 54 — Abschn. I I 7 d. Erl. d. Nds. FinMin. v. 29. 3. 54 — 205001 — MinBl. 171), Bremen (§ 1 S. 2 SpkG). 273 So Hessen (§ 20 I 3 SpkG), Nordrhein-Westfalen (§ 33 I I 2 SpkG), Rheinland-Pfalz (§ 25 I I I SpkG), Saar (§ 25 I SpkG). 274 Vgl. im Sinne einer gemischten Zuständigkeitsverteilung aber auch §§ 33 I I I NrwSpkG, 25 I I I RhpfSpkG, 1 I I , 25 I I SaarSpkG. 275 Vgl. Art. 1 I BaySpkG, 1 I BaySpkO, §§ 1 I I 2 HessSpkG, 1 NdsSpkG, 1 NrwSpkG, 1 I I I 1 RhpfSpkG, 1 I I SaarSpkG, 1 I I 2 SchlHSpkG, 1 Ziff. 3 BadSpkG; — zur organisationsrechtlichen Seite dieses Genehmigungszwangs vgl. oben S. 179 f. 276 Vgl. allgemein etwa §§ 12 I I 2 BremerhavSpkG, 6 I I I 1 NdsSpkG, 1 Ziff. 3 BadSpkG. 277 Vgl. zu deren Rechtscharakter allg. bes. Lohr, a. a. O., S. 110 ff.; Barocka, DVB1. 63, 765. 278 Vgl. dazu näher Clausen, a. a. O., S. 28 ff.; Lohr, a. a. O., S. 113 ff. 279 Diesen verkörpern z. B. noch die vom Dt. Gemeindetag kraft staatlichen Auftrags (vgl. Ziff. 4 1. AusfAnw. zu § 18 DGO v. 22. 3. 35 — RuPrMBliV 415) entworfene Mustersatzung (MuSa) über den Anschluß an die öffentl. Wasserleitung u. über d. Abgabe von Wasser (RdErl. d. R M d l v. 1.12. 38 — RuPrM B l i V 2061) sowie etwa die NrwMuSa über die Entwässerung der Grundstücke u. den Anschluß an die gemeindl. Abwasseranlagen (GemRdErl. d. Inn.Min. u. d. Min. f. Wi. u. Verkehr v. 30.3. 51 — NrwSMBl. 2020) u. die N r w M u Sa über d. Anschluß v. Grundstücken an die gemeindl. Müllabfuhr (RdErl. d. InnMin. v. 19. 11. 49 — NrwSMBl. 2020); weitere Beispiele vgl. z.B. bei Muntzke-Schlempp, HessGO, S. 1275 ff. 268
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nähme der staatlich entworfenen Sparkassensatzungen 280 nur empfohlen; tatsächlich sind sie zu deren Übernahme aber gezwungen. Denn jede Abweichung eines gemeindeeigenen Satzungsentwurfs bedarf der Genehmigung 281 . Die kommunale Sparkassensatzung rückt damit i n die deutliche Nähe der oktroyierten Satzung 282 , die m i t dem unter die Selbstverwaltungsgarantie des A r t . 28 I I GG fallenden Prinzip einer gemeindefreien Satzungsgewalt 283 kaum vereinbar ist 2 8 4 . Die gemeindlichen Rechtssetzungsbefugnisse sind zwar nicht i n ihrer Gesamtheit verfassungsgeschützt, weil auch sie dem gesetzgeberischen Schrankenvorbehalt des A r t . 28 I I GG unterstehen 285 . Soweit die gemeindliche Satzungshoheit sich aber als „typisches Regelungsinstrument für die Geschäfte der kommunalen Lebensform" (Badura) 286 erweist, muß auch für sie der absolute Verfassungsschutz der Wesensgehaltsgarantie des Art. 28 I I GG eingreifen. Denn insoweit sind die funktionstypischen (Einrichtungs-)Grundlagen der kommunalen Selbstverwaltung getroffen, für die auch mittels oktroyierter Satzungen kein selbstverwaltungsderogierender Staatsvorbehalt geschaffen werden darf. Aus diesem Grunde darf die Erteilung der staatlichen Satzungsgenehmigung nur unter strikter Beachtung der allgemein-kommunal- und sparkassenaufsichtsrechtlichen Grundsätze versagt werden. Das bedeutet, daß ge280 Vgl. §§ 10 I I HessSpkG, 6 I 2 NdsSpkG, 5 I I I 1 NrwSpkG, 4 I I 1 RhpfSpkG, 3 I I 1 SaarSpkG, 3 I I 1 SchlHSpkG; — an typischen Mustersatzungen vgl. z. B. BayMuSA v. 26. 6. 64 (MAB1. 362), NdsMuSa v. 15.10. 62 (GVB1. 204), NrwMuSa v. 1.4. 58 (GVB1. 111). — Nach badischem Recht gelten die Mustersatzungen (vgl. MuSa I u. I I — GVB1. 1940, 26 u. 34) unmittelbar als Rechtsverordnungen (vgl. Art. I I 1 VO v. 26.10. 32 — GVB1. 259 — in der Bek. v. 30. 3. 40 —GVB1.19). 281 Vgl. §§10 I I HessSpkG, 6 I I I 2 NdsSpkG, 5 I I I 2 NrwSpkG, 4 I I 2 RhpfSpkG, 3 I I 2 SaarSpkG, 3 I I 2 SchlHSpkG. 282 Vgl. auch Lohr, a.a.O., der hier von einer „oktroyierten Satzung im weiteren Sinne" spricht (S. 126 ff.) und zu Recht feststellt, daß die gemeindliche Satzungsgewalt damit zur bloßen Fiktion wird (S. 127, 159); in diesem Sinne auch Streit, a.a.O., S. 42, 90, 155 f.; Stadelmayer, a.a.O., S. 105; sowie allgemein A. Hamann, Satzungen, S. 28; — a. A. Clausen, a. a. O., S. 30. 283 Vgl. z. B. E. Becker, H B K W P I, S. 157 ff.; ders., Grundrechte IV/2, S. 712; Stern, BK, Art. 28 Rdnr. 105 ff., 158 ff.; v. Mangoldt-Klein, GG, Art. 28 Anm. I V l c ; Maunz-Dürig, GG, Art. 28 Rdnr. 35; A. Hamann, a.a.O., S. 21, 49, 67 f.; ders., GG, Art. 28 Anm. B 8 b; Badura, DÖV 63, 561 ff.; David, a. a. O., S. 35 f.; Lohr, a.a.O., S. 152ff.; Clausen, a.a.O., S.30; Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 143 ff.; Zuhorn-Hoppe, Gemeinde-Verfassung, S. 52, 56 f.; Wolff, VerwR I I , S. 152; Barocka, a. a. O., S. 706; BVerwGE 6, 247 (252); — a. A. Röttgen, DVB1. 55,449; ders., Gemeinde, S. 102. 284 Vgl. auch Streit, a. a. O., S. 42, 90, 155 ff.; — a. A. Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 158; VGH Karlsruhe, Sparkasse 58, 250; i m Ergebnis auch Lohr, a. a. O., S. 159. 285 Vgl. näher die Nachw. in N. 283. 286 Ygi D Ö V 63, 569; — zum Konnexverhältnis von Satzungsgewalt und Selbstverwaltungsfunktion vgl. auch Stern, a. a. O., Rdnr. 106; Köttgen, Gemeinde, S. 101.
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meindliche Abweichungen von der staatlichen Mustersatzung lediglich dann beanstandet werden dürfen, wenn sie gegen höherrangiges Recht verstoßen oder i m Sinne einer „totalen Unzweckmäßigkeit" ermessensmißbräuchlich sind. Noch früher einsetzende Beschränkungen der gemeindlichen Satzungsgewalt — etwa nach dem Vorbild des badischen (unmittelbare Verbindlichkeit der Mustersatzung als Rechtsverordnimg 2 8 7 ) oder auch des preußischen Rechts (gemeindliche Annahmepflicht) 288 — sind unwirksam. b) Spezialaufsicht kraft Verfassungsvorbehalts Das typische Beispiel für die verfassungsgesetzliche Statuierung eines spezialen Aufsichtsvorbehalts ist die staatliche Schulaufsicht. Diese umfaßt nach geltendem Recht den Inbegriff der gesamten staatlichen Administrativ- und Organisationsbefugnisse auf dem Gebiet des Schulwesens 289 . Sie findet ihre Verfassungsgrundlage i n A r t . 7 I GG bzw. i n den entsprechenden Vorschriften der Landesverfassungen 290 und hat i n den einzelnen schulrechtlichen Landesgesetzgebungen 291 ihre nähere Ausformung erfahren. Einheitlich und allgemein heißt es dort, daß die staatliche Schulaufsichtsgewalt sich als Summe der staatlichen Befugnisse zur Planung, Ordnung, Leitung, Förderung und Überwachung aller 2 9 2 , d. h. sowohl der allgemein- 2 9 8 wie berufs187
Vgl. Nachweis auf S. 187 N. 280. Vgl. § 151 PrSpkVO. 289 Vgl. m. w, Nachw. BVerwGE 6,101 (104); BayVerfGH, V G H E n. F. 4 (II), 251 (268 ff.); OVG Koblenz, OVGE 2, 286 (289 ff.); Heckel, H B K W P I I , S. 110 ff., 120 ff., 130 ff., 152 ff.; Berkenhoff, DVB1. 52, 141 f., 4251; 59, 117 f.; Peters, Städtetag 52, 99 ff.; Seele, Exekutivbefugnisse, S. 95 ff.; Stephany, Schulhoheit, S. 22 ff., 46 ff.; v. Mangoldt-Klein, GG, Art. 7 Anm. I I I 3; A. Hamann, GG, Art. 7 Anm. B 2; Anschütz, WRV, Art. 144 Erl. 1; Landi, Schule, S. 100; ders., HBDStR I I , S. 701 ff.; ders., Schulrecht, S. 22, 96 ff. u. a.; — zu den Besonderheiten der Berliner Schulaufsichtsordnung vgl. Bettermann, in: Anteil der Bezirke, S. 7 ff. 290 Vgl. Art. 130 I BayVerf., 56 I 2, 3 HessVerf., 7 13, I I I 2 NrwVerf., 27 I I I 1 RhpfVerf., 2712 SaarVerf.; offen lassend Art. 17 I I BadWüVerf. 201 Vgl. insbes. BadWüSchVOG v. 5. 5.64 (GBl. 235), BayVolksSchAnpVO v. 29. 7.20 (BayBS I I 595), BaySchAnpG v. 14. 3. 38 (BayBS I I 582) i. d. F. v. 26.1. 61 (GVB1. 35), BaySchOG v. 8. 8. 50 (BayBS I I 591) i. d. F. v. 26.1. 61 (GVB1. 35), BayEUG v. 9. 3. 60 (GVB1. 19) i. d. F. v. 30. 5. 61 (GVB1. 148), HessSchVerwG v. 28. 6. 61 (GVB1. 87), NdsSchVerwG i. d. F. v. 28. 3.62 (GVB1. 37), NrwSch-; VerwG v. 3. 6. 58 (GVB1. 241), RhpfVolksSchG v. 4. 2. 55 (GVB1. 1) i. d. F. v. 1.1. 64 (GVB1. 111), RhpfBerufsSchG v. 18. 6. 62 (GVBL 57), RhpfHöhSchG v. 25.11. 58 (GVB1. 197); RhpfRealSchG v. 8. 3. 63 (GVB1. 87), SaarSchOG v. 5. 5. 65 (ABl. 385), SchlHSchUntG v. 28. 3. 57 (GVBL 47). 292 Nähere Übersicht über die Gliederung der Schultypen vgl. bei Heckel, H B K W P I I , S. 116 ff.; ders., Städte, S. 16 ff.; Bettermann-Goessl, Schulgliederung, S. 13 ff.; vgl. auch z. B. § 1 1 NdsSchVerwG. 29s = Volksschulen (einschl. der Sonder- u. Hilfsschulen), Mittelschulen (Realschulen), Höhere Schulen (Gymnasien), Aufbauschulen. 288
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bildenden 294 Schulen begreift 2 9 5 . Die gegenständliche Weite dieser staatlichen Kompetenzen indiziert bereits das teniiinologische Mißverständnis einer Definition als „Aufsicht" 2 9 8 ; ein Fehler, der allein historisch zu erklären ist 2 9 7 und m i t der Realität einer generellen Schulhoheit des Staates nur noch wenig gemein hat. Denn die staatliche „Schulaiufsicht" bedeutet tatsächlich eben nicht bloße Kontrollfunktion, sondern komplexe Verwaltungsfunktion i m oben umschriebenen Sinne. Dieser Tatbestand ist das Ergebnis einer geschichtlichen Entwicklung, die das gesamte Schulwesen, trotz eines zunächst noch kräftig andauernden, kommunalen und zumeist selbstverwaltungsrechtlichen Einrichtungs-(Anstalts-)engagements 298 , bald der staatlichen Oberhoheit unterstellte 299 . Ein charakteristisches B i l d dieses Entwicklungsganges zeichnet vor allem das preußische Schulrecht 800 , das den gemeindeeigenen Schulinitiativen seit den Bestimmungen des § 1 I I 12 A L R („Schulen... sind Veranstaltungen des Staates, .. ," 3 0 1 ) und des § 18 Preuß. Regierungsinstruktion vom 23.10.1817 (GS S. 248), wenn auch unter heftigem Widerspruch der Anhänger einer kommunalen Schulordung 802 , nur noch wenig Geltung beließ (Schulwesen als staatliche Auftragsangelegenheit) 808 . Dieser Trend zur staatlichen Vollzugsfunktion fand seinen verfassungslegitimierenden Abschluß i n der Regelung des A r t . 144 S. 1 WRV, die die staatliche „Aufsichts"gewalt bereits i m gleichen Umfang wie heute A r t . 7 I GG, nämlich als Inbegriff einer unbeschränkten Herrschaftsgewalt, garantierte 804 . 2M = Berufsschulen, Berufsfachschulen, Fachschulen. 295 Vgl. ausdrücklich §§ 16 I Ziff. 1 BadWüSchVOG, 49 I HessSchVerwG, 14 I I I NrwSchVerwG, 9 I 2 RhpfRealSchG, 45 RhpfVolksSchG, 10 I 2 RhpfBerufsSchG, 3 I 2 RhpfHöhSchG, 70 I I SaarSchOG, Art. 11 BaySchAnpG, 29 I I BayEUG. 296 Vgl. auch Berkenhoff , DVB1.52,425; Stephany, a. a. O., S. 43 f. 297 Vgl. u. a. Berkenhoff, a.a.O.; BayVerfGH, a.a.O. 298 Vgl. u.a. Heffter, Selbstverwaltung, S. 610; Blodig f Selbstverwaltung, S. 193; Peters, Städtetag 52, 99 ff.; Heckel, Städte, bes. S. 21 ff., 50 ff., 70 f., 78 ff. m. umfangreichen Belegen; ders., H B K W P I I , S. 111 ff.; R. Bergmann, D Ö V 56, 590 f.; Preuß, Amtsrecht, S. 237 ff. 2 M Vgl. näher Peters, a.a.O.; ders., Grenzen, S.2131; Berkenhoff, DVB1. 52,141 f., 424 ff.; Heckel, Städte, S. 21 ff.; ders., H B K W P II* S. 110 ff. 800 Vgl. dazu bes. Lande, Schulrecht, S. 1 ff.; Peters, Grenzen, a. a. O.; Preuß, a. a. O.; G. Giese, Quellen, S. 11 ff., 61 ff. 801 Vgl. weiterhin und in näherer Ausgestaltung §§ 2 I I 12 ff. ALR. 802 Vgl. bes. Preuß, a. a. O. 303 vgl. Peters, Grenzen, a. a. O.; Landt, a. a. O., S. 149 f.; ders., HBDStR I I , S. 709; PrOVGE 21,33 (39 f.) u. a.; RGZ 53,183 (184). 804 Vgl. Anschütz, WRV, Art. 144 Erl. 1; Landt, Schule, S. 64; ders., HBDStR I I , S. 701 ff.; v. Mangoldt-Klein, GG, Art. 7 Anm. I I I 3; A. Hamann, GG, Art. 7 Anm. B 2; Stephany, a. a. O., S. 27 ff. u. a.; BVerwGE 6, 104; — w. Nachw, vgl. S. 188 N. 289.
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4. Kap.: Die Einrichtung als Formtypus
Obwohl dem Staat eine verwaltungsrechtliche Beteiligung der Gemeinden freigestellt blieb (Art. 144 S. 1 2. Halbs. WRV), war fortan doch von der vollen Exekutivhoheit der staatlichen Schulverwaltung auszugehen 305 . Die modernen Schulgesetzgebungen haben demgegenüber allerdings — nicht zuletzt auf Grund des sehr viel gemeindefreundlicheren Landesverfassungsrechts 306 — den staatlichen Schulprimat zugunsten eines, wenn auch sehr begrenzten, Gemeindeeinschlages wieder aufgelockert. Sachlich verfolgen diese Gesetzgebungen das deutliche Ziel, den schulischen Sektor als typisch-örtlich radizierten Verwaltungsbereich einer kooperativen Verantwortung von Staat und Gemeinden zu eröffnen 307 . Vornehmlich i m Bereich der allgemeinbildenden Schulen erscheinen die Gemeinden (Gemeindeverbände, Schulverbände etc.) grundsätzlich als Inhaber der, allerdings mit staatlichen Weisungs-, Genehmigungsund sonstigen Eigenbefugnissen stark durchsetzten Schulträgerschaft 308 , die sie regelmäßig nach (zum Teil selbstverwaltungsrechtlichen) Pflichtgrundsätzen verwalten 3 0 9 . Dementsprechend ist die allgemeine Kommunalaufsicht zumeist schulaufsichtsbeteiligte Instanz 310 . Anknüpfend an die historische Unterscheidung von äußeren und inneren Schulangelegenheiten 311 hat man den Gemeinden die (meist selbstverwaltungsrechtliche) Kompetenz und Kostenpflicht für den sächlichen Schul805 Vgl. Anschütz, a. a. O.; PrOVGE 87, 194 (201); Berkenhoff, DVB1. 52, 142; BayVerfGH, V G H E n. F. 4 (II), 277 f. 806 Nachw. vgl. oben S. 188 N. 290. 307 Vgl. ausdrücklich z. B. §§ 11 I I I BadWüSchVOG, 9, 49 I I 3 HessSchVerwG, 1 BaySchOG, 3 I I RhpfVolksSchG, 22 I RhpfBerufsSchG, 5 RhpfHöhSchG, 10 RhpfRealSchG, 45 SaarSchOG; — vgl. auch Evers, Staatsrechtslehrertagung 1964, Leitsatz I V (abgedr. bei Tietgen, DVB1. 65,115). 308 Vgl. z. B. §§ 11,12 I BadWüSchVOG, 1 BaySchOG, Art. 6 BayEUG, §§ 10 I — V I I I HessSchVerwG, 2 S. 1, 2, 2 ff. NdsSchVerwG, 10 I — I I I , 2 I NrwSchVerwG, 1 I, 5 I — I I I , 11 I RhpfBerufsSchG, 16 I RhpfHöhSchG, 4 I, 20 I RhpfRealSchG, 56 I, I I , I V , 57 SaarSchOG, 3 I, 4, 5, 6 I, 7 I, 8 I, 9 I, I I SchlHSchUntG; — vgl. dazu näher u. a. O V G Koblenz, OVGE 2, 289 ff.; Heckel, Städte, S. 156 ff.; ders., H B K W P I I , S. 113 f., 134 ff., 137 ff.; R. Bergmann, D Ö V 56, 591 f.; Stephany, a. a. O., S. 67 ff., 90 ff., 96 ff. 309 Vgl. m. unterschiedl. Abstufung z. B. §§ 27 I BadWüSchVOG, I I I , I I , 2 I BaySchOG, 13 11, 43 HessSchVerwG, 2 S. 3 NdsSchVerwG, 10 I — V NrwSchVerwG, 3 I I 2, 5 I, V, 26 RhpfVolksSchG, 1 I, 11 I Rhpf Beruf sSchG, 16 I RhpfHöhSchG, 10 S. 2, 20 I RhpfRealSchG, 69 SaarSchOG, 2 I, 5 I I , 9 I, 40 SchlHSchUntG; — vgl. näher dazu u. a. Heckel, Städte, S. 158. 310 Vgl. z. B. Art. 7 BayEUG, §§ 14 I I , 20 BadWüSchVOG, 52, 53 I V HessSchVerwG, 6 NdsSchVerwG, 8 I I 2, 14 I I , I V NrwSchVerwG, 72 SaarSchOG; — vgl. dazu auch Heckel, H B K W P I I , S. 154 ff.; Stephany, a. a. O., S. 56 ff. 311 Vgl. bereits § 179 Ht. b StO v. 1808; vgl. auch und näher PrOVGE 66, 264 (266 ff.); Lande, Schulrecht, S.24ff., 150f.; Heckel, Städte, S.21ff.; ders., H B K W P I I , S. 135 f.; ausdrücklich im Sinne dieser Zweiteilung vgl. z. B. § 35 I SchlHSchUntG.
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bereich übertragen 812 , während das materielle Schulrecht 818 (Ziel und Gegenstand, Methode und Intensität der schulischen Erziehung 814 ) sowie, jedenfalls soweit die Dienstverpflichtung der Lehrkräfte in Frage steht, prinzipiell auch das personale Schulrecht Sache des Staates geblieben ist 8 1 5 . Die Gemeinden haben danach den schulischen Sachmittelbedarf (Schulbau, Schulgrundstücke, Lehr- und Lernmittel) bereitzustellen und zu verwalten sowie die hierfür erforderlichen Kosten zu tragen. Der Staat ist demgegenüber grundsätzlich für die interne und pädagogische Organisation des Schulbetriebes sowie für die Aufbringung der persönlichen Kosten verantwortlich 8 1 8 . Rechtlich ist diese Kompetenzteilung nach äußeren und inneren Schulangelegenheiten sicher nicht unanfechtbar. Denn strukturell hängen beide Aufgabenbereiche auf das engste zusammen und bedingen sich gegenseitig 817 . Technisch ergeben sich daraus aber deshalb kaum Schwierigkeiten, w e i l auch die gemeindliche Sachkompetenz als solche wiederum der koordinierenden Weisungsgewalt der staatlichen Schulbehörden untersteht 818 . 812 Vgl. z. B. §§ 111, 27 I I BadWüSchVOG, 21, 23 I HessSchVerwG, 16 NdsSchVerwG, 2 I NrwSchVerwG, 2 NrwSchFinG v. 3. 6. 58 (GVB1. 246) i. d. F. v. 26.4. 61 (GVB1. 190), 26, 54 RhpfVolksSchG, 5 V, 15 RhpfBerufsSchG, 10 I, 11 RhpfHöhSchG, 4 I I , 14, 15 RhpfRealSchG, 62 SaarSchOG, 17 I SchlHSchUntG, Art. 4 I, I I 1 BaySchBedarfsG v. 11.1. 39 (BayBS I I 588) i. d. F. v. 9.4. 64 (GVB1. 80), 2 I I I , 3 I I I BaySchFinG, v. 26.10.62 (GVB1. 276); — vgl. näher auch Hechel, Städte, S. 191 ff. 818 Vgl. bes. §§16 I 1—4 BadWüSchVOG, 49 I, I I HessSchVerwG, 14 I I I NrwSchVerwG, 70 SaarSchOG, 35 I SchlHSchUntG, Art. 6 I I , 29 I I BayEUG; — vgl. dazu näher Hechel, a. a. O., S. 156 ff.; Berhenhoff, DVB1. 59,117 ff. 814 Vgl. die Definition bei Bettermann-Goessl, a. a. O., S. 152. 815 Vgl. z. B. Art. 133 I I BayVerf., §§ 221 BadWüSchVOG, 451 HessSchVerwG, 24 NdsSchVerwG, 22 I NrwSchVerwG, 66 I RhpfVolksSchG, 24 I RhpfBerufsSchG, 14 RhpfHöhSchG, 12 I RhpfRealSchG, 45 I SchlHSchUntG; — vgl. dazu näher bes. Hechel, a. a. O., S. 160 ff.; ders., H B K W P I I , S. 138, 144 ff.; Stephany, a. a. O., S. 79 ff., mit der, angesichts der sachlichen Weite des Art. 7 I GG allerdings nicht zu haltenden Konsequenz, daß ein staatl. Lehrermonopol gegen Art. 28 I I G G verstoße; — zur Rechtsstellung der Lehrer vgl. allgemein bes. Bettermann-Goessl, a. a. O., S. 46 ff.; v. Münch, DVB1. 64, 789 ff. 816 Vgl. z. B. Art. 4 I BaySchBedarfsG, 2 I BaySchFinG, §§ 14 I 1 HessSchVerwG, 14 I NdsSchVerwG, 3 NrwSchFinG, 63 RhpfVolksSchG, 24 I RhpfBerufsSchG, 7 I RhpfHöhSchG, 12 I, 13 RhpfRealSchG, 59 SaarSchOG, 25 I SchlHSchUntG; — vgl. dazu näher bes. Hechel, Städte, S. 191 ff. 817 Vgl. bes. Peters, Städtetag 52, 99-f.; ders., Lehrb., S. 404; ders., Grundrechte IV/1, S. 411 N. 140; ders., Grenzen, S. 213 f.; bereits Lande, Schulrecht, S. 24 f.; vgl. auch Hechel, H B K W P I I , S. 136, 150 f.; ders., Städte, S. 159 (m. der Einführung einer dritten Kategorie: gemischte Angelegenheiten); Stephany, a. a. O., S. 53 ff. 818 Vgl. z. B. Art. 5 I, 6 I I , 29 I I BayEUG, 4 I I 2 BaySchBedarfsG, 11 BaySchAnpG, §§ 1 I 1, I I BaySchOG, 14 I — I I I , 16 I 1, 2 u. 5, 20, 27 I I I BadWüSchVOG, 9, 13 I, I I , I V , 23 I I , I I I , 25, 49 I, I I , 1, 3 HessSchVerwG, 8 I I 1, 14 I, I I I NrwSchVerwG, 7 11, I V , 45 RhpfVolksSdiG, 10 I 2, 11 I I , 23 S. 1 RhpfBerufsSchG, 3 1 2 , 6 I 2, 16 I 2 RhpfHöhSchG, 9 I 2, 111, 20 I I RhpfRealSchG, 70 SaarSchOG, 2 I I ,
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4. Kap.: Die Einrichtung als Formtypus
Inhaltlich geht die staatliche Schulaufsicht damit weit über die allgemeine Kommunalaufsicht hinaus. Verfassungsrechtlich w i r d sie indessen auch i n diesem Umfang durch A r t . 7 I GG gewährleistet, der als Spezialvorschrift der allgemeinen Selbstverwaltungsgarantie des A r t . 28 I I GG vorgeht 8 1 9 . Die staatliche Schulaufsicht ist i m Gegensatz zur (einfach-)gesetzlichen Spezialaufsicht nicht als kommunale Sonderaufsicht i m rechtstechnischen Sinne zu verstehen und unterliegt deshalb auch nicht den kommunal-(aufsichts-)rechtlichen Schranken des A r t . 28 I I GG 3 2 0 . Aus dem staatlichen Charakter der Schulordnung hat man mitunter gefolgert, daß die von den Gemeinden errichteten Schulen rechtlich auch nicht (mehr) unter den Typus der öffentlichen Einrichtung fielen 821 . Dieser Schluß trifft indessen, wie insbesondere Peters 822 nachgewiesen hat, nicht zu. Denn angesichts der nach wie vor gegebenen, typgerechten Ortsverbundenheit der gemeindlichen Schulen 328 und angesichts deren anstaltsförmiger Rechtsgestalt 824 entsprechen sie notwendig dem (formellen) Begriff der öffentlichen Einrichtung i m oben 825 dargestellten Sinne 826 . Andererseits darf natürlich nicht der dominierende, von Peters vielleicht unterschätzte Einfluß der staatlichen Schulgewalt übersehen werden, der eine Zuordnung des Schulwesens zu den eigenverantwortlichen und damit selbstverwaltungstypischen Einrichtungen verbietet. Tatsächlich beschränkt sich die Einrichtungsqualität der Schulen auf eine formale und vollzugstechnisch vollkommen durchnormierte Organisations„gewalt", für die auch heute noch die Fest5 I I , 9 I, 35 I SchlHSchUntG; — vgl. dazu näher — außer den Nachw. oben S. 188 N. 289 — bes. Heckel, H B K W P I I , S. 131 ff., 148 ff.; Berkenhoff, DVB1. 59, 118 ff. 319 Vgl. Berkenhoff, DVB1. 52, 426; auch BVerwGE 6, 104; Stephany, a. a. O., S. 39 ff., 51, der allerdings f. die äußeren Schulangelegenheiten einen Vorrang des Art. 28 I I G G anerkennen will; — a. A. im Ergebnis Peters, Städtetag 52, 101 f.; ders., Grundrechte IV/1, S. 410 ff., mit der Konsequenz einer Beschränkung der Schulaufsicht auf die bloße Rechtskontrolle (vgl. dagegen aber richtig Stephany, a. a. O., S. 25). 320 A. A. aber — wenn auch wohl mehr de lege ferenda — Heckel, Städte, S. 230 f.; ders., H B K W P I I , S. 131 f., 159 ff.; Peters, a. a. O.; vgl. auch Berkenhoff, DVBl. 59, 118, der einen Vorrang der allgemeinen Kommunalaufsicht jedenfalls für die reinen Selbstverwaltungsschulen anerkennt. 321 Vgl. in diesem Sinne z. B. Berkenhoff, DVBl. 52, 426; 59, 118 („gemischtöffentliche Anstalten"); dagegen aber Heckel, H B K W P I I , S. 150. 322 Vgl. Städtetag 52,102 ff. 323 Vgl. Peters, a.a.O., S. 102f.; Stephany, a.a.O., S.38ff.; auch PrOVGE 87,194 (200). 324 v g l peters, a. a. O. 325
Vgl. S. 33. Vgl. auch Heckel, Städte, S. 165 u.a.; ders., H B K W P I I , S.149f.; Stephany, a.a.O., S.38; PrOVGE, a.a.O.; vgl. aber auch PrOVGE 21, 33 (4QV PrOVG, PrVBl. 22,203 (204). 328
§ 4 Standort im speziellen Bundes- und Landesrecht
193
Stellung des PrOVG aus dem Jahre 1930327 gilt: Die gemeindlichen Schulen stellen „mindestens nur Gemeindeanstalten i n besonderem eingeschänkten Sinne" dar. I m allgemeinen System der staatlichen Restriktionen des kommunalen Einrichtungswesens nehmen die gemeindlichen Schulen damit einen Rang absoluter Staatsbindung ein, dessen Intensität und Durchführung der besonderen Verfassungsermächtigung des A r t . 7 I GG bedurfte.
D. Die Typologie der staatlich-freien und staatlich-gebundenen Einrichtungen Nach dieser Ubersicht über die bestehenden Formen staatlicher Einrichtungsbeschränkungen lassen sich die derzeit existenten Grundtypen der öffentlichen Einrichtungen wie folgt aufschlüsseln, wobei allerdings festzuhalten ist, daß die genannten Beschränkungstechniken variabel sind und deshalb auch i n wechselseitig vertauschten Kombinationen auftreten können: 1. Die freiwillig-eigenverantwortliche Einrichtung : Sie entspricht dem Idealtypus der selbstverwaltungsrechtlichen Einrichtung, die nur der allgemeinen Kommunalaufsicht untersteht. Beschränkungsformen : a) Bindung an die allgemeinen Gesetze (ggf. unter Einschaltung einer allgemein-rechtlichen Aufsichtsinstanz); b) Bindung an einen funktionssperrenden Subsidiaritätsvorbehalt; c) Bindung an einen spezialen (einfach- oder verfassungsgesetzlichen) Aufsichtsvorbehalt. 2. Die pflichtgebunden-eigenverantwortliche Einrichtung: Pflichtbegründende Beschränkungsformen : a) Bindung an eine (unmittelbare oder mittelbare) Betriebspflicht; b) Bindung an eine staatliche Aufgabenzuweisung: aa) Zuweisung als Selbstverwaltungsangelegenheit; bb) Zuweisung als Auftrags- oder Pflichtangelegenheit. 3. Die pflicht- und verantwortungsgebundene Einrichtung: Beschränkungsformen : a) funktionale Gegenstandsbindimg; b) funktionale Ermessensbindung. 827
Vgl. PrOVGE 87,194 (200).
13 Scholz
194
4. Kap.: Die Einrichtung als Formtypus
4. Die statusrechtlich-präformierte Einrichtung: Beschränkungsformen: a) Statusbindung kraft allgemeinen Rechts; b) Statusbindung kraft besonderen (Verwaltungs-)Rechts. 5. Die organisationsrechtlich-präformierte Einrichtung: Beschränkungsf ormen: a) organisatorischer Typenzwang; b) organisatorische Modellgebung.
Fünftes
Kapitel
Der Begriff der öffentlichen Einrichtung Nach der Untersuchung des rechtlichen und historisch geformten Standorts der öffentlichen Einrichtung i n der allgemeinen kommunalen und staatlichen Rechts- und Verwaltungsordnung ist nunmehr der Begriff der öffentlichen Einrichtung zu bestimmen.
§ 1 Das anstaltsrechtliche Verständnis des Einrichtungsbegriffs M i t der überwiegenden Lehre wurde bisher von einer anstaltsrechtlichen Konstruktion des Einrichtungsbegriffs ausgegangen1. Die öffentliche Einrichtung wurde i m Sinne der herrschenden Anstaltsterminologie als eine verselbständigte Einheit sachlicher und persönlicher Verwaltungsmittel verstanden. Der historische und existentielle Befund haben dieses präsumtive Ergebnis für eine Reihe recht typischer Einrichtungsfälle bestätigt. Für einen präzisen Definitionsschluß reicht diese Erkenntnis indessen nicht aus. Denn die wesensmäßigen Besonderheiten der öffentlichen Einrichtung, insbesondere also deren politischer und statusrechtlicher Einschlag, lassen sich zumindest nicht ohne Vorbehalt dem verwaltungstechnischen Anstaltsbegriff unterordnen. Die erheblichen Unsicherheiten dieser Begriffslehre überhaupt haben schon die historischen Definitionsschwierigkeiten u m den Vorläufer der öffentlichen Einrichtung, die gemeindliche „Anstalt", deutlich aufgezeigt 2 . Da weiterhin auch der Rechtsbegriff der öffentlichen Anstalt selbst noch ziemlich i m Dunkeln liegt, darf eine Begriffsbestimmung der öffentlichen Einrichtung jedenfalls nicht von vornherein bei einer Identifizierung m i t der „öffentlichen Anstalt" haltmachen. Denn solange der Anstaltsbegriff selbst noch nicht vom Odium der definitorischen Unzulänglichkeit befreit ist, muß ein Anstalt und Einrichtung gleichstellender Schluß zunächst u m eine Klärung der allgemeinen Begriffsgrundlagen des Anstaltsrechts bemüht sein. 1 2
13*
Vgl. oben S. 32 f. Vgl. dazu oben S. 67 ff.
196
5. Kap.: Der Begriff der öffentlichen Einrichtung
I n funktioneller Richtung bedarf es überdies einer gültigen Abgrenzung des Verhältnisses von öffentlicher Einrichtung und gemeindlichem Wirtschaftsunternehmen. I n organisatorischer Richtung bedarf es der Abgrenzung des Verhältnisses von (anstaltlicher?) Einrichtung und (nicht-anstaltlicher?) Behörde bzw. öffentlicher Sache. Denn als „sachlich" oft gesondert erscheinende Form der gemeindlichen Verwaltung könnte die öffentliche Einrichtung einerseits auch i n einen begrifflichen Gegensatz zur allgemeinen Gemeindebehörde treten, und andererseits stellt sich — nicht zuletzt auf Grund der Vorschriften der A r t . 21 I V BayGO, 15 I V BayLKO, denen zufolge die „dem Gemeingebrauch dienenden Einrichtungen" 3 nicht als öffentliche Einrichtungen i m eigentlichen Sinne gelten sollen — die Frage, ob die öffentliche Einrichtung begrifflich auch von der öffentlichen Sache abzusetzen ist.
A . Der Inhalt und die Entwicklung der öffentlichen Anstalt als abstrakter Begrifistypus M i t dem Begriff der „öffentlichen Anstalt" verbindet sich heute allgemein die Vorstellung eines i n abstrakter Form vorgegebenen und konzeptionell geschlossenen Strukturprinzips der öffentlichen Verwaltung. Uber dessen tatsächliche Konzeption und Spannweite besteht indessen noch wenig Klarheit. Der Grund dafür dürfte nicht zuletzt (auch) i n der historischen Begründung des Anstaltsbegriffs zu suchen sein.
I . Die öffentliche Anstalt als historisches Handlungsprinzip
Die — oft allerdings vergessenen oder doch kaum noch beachteten — Ursprünge des Anstaltsbegriffs folgten aus der juristischen Institutionalisierung spezifischer Handlungsformen der öffentlichen Verwaltung. I n diesem Sinne sprach z.B. § 10 I I 17 P r A L R von „Anstalten" und meinte nichts anderes als (polizeiliche) Maßnahmen (im weitesten Sinne) 4 . Den historisch-kommunalen Anstaltsbegriff faßte man dementsprechend zunächst sehr extensiv auf 5 . 8 Vgl. zum sachenrechtlichen Bedeutungsgehalt dieses Begriffs bes. Masson, BayGO, Art. 21 Erl. 17, Art. 15 L K O Erl. 14—17; Helmreich-Widtmann, BayGO, Art. 21 Erl. 7. 4 Vgl. dazu bereits oben S. 67. 5 Vgl. oben S. 67 ff. — Charakteristisch ist in diesem Zusammenhang etwa die generelle Verwendung des Begriffs „Anstalt" bei v. Mohl, Polizeiwissen-
§ 1 Das anstaltsrechtliche Verständnis des Einrichtungsbegriffs
197
Für O. Mayer als den eigentlichen Begründer des rechtsinstitutionellen Anstaltsbegriffs ergab sich die gleiche Intention zunächst aus dem französischen Begriff der services publics 6 . I h n übersetzte er als „öffentliche Anstalten" und verstand darunter vorerst nichts anderes als die Eigenschaft des Staates, „selbst besitzend, erwerbend, arbeitend i n das Leben der einzelnen" hineinzutreten 7 . Diesem spezifisch-verhaltensförmigen Anstaltsverständnis stellte er die polizeilichen Ordnungseigenschaften des Staates (police) entgegen, mittels deren dieser „durch seine Befehle das Leben der einzelnen von außen" beherrscht, „damit es seinen Zwecken gemäß sich gestalte und äußere.. ." 8 . Obwohl gerade diese polizeirechtliche Antithese der Tradition der kommunalen (Polizei-)Anstalten nur bedingt entsprach, charakterisierte sie doch das, dem Anstaltsbegriff ursprünglich und eigentlich zugrundeliegende Handlungs- oder Funktionsschema. Der Begriff „service public" bezeichnet auch heute noch und prinzipiell eine Form verwaltungsrechtlicher activité bzw. eine besondere Rechtseinrichtung zur Befriedigung einer bestimmten A r t von i m Allgemeininteresse liegenden Bedürfnissen 9 . „Service public" umreißt zwar auch organisationsbegabte Tatbestände; zur „Anstalt" i m Sinne der herrschenden Organisationslehre formiert er sich aber regelmäßig erst i n der Form des établissement public 1 0 . I m Ergebnis beruht allerdings auch die neuere französische Lehre vom service public auf der Verkoppelung der ursprünglichen conception matérielle m i t einer conception organique 11 ; ein Umstand, der zur heutigen „Krise des Begriffs der services publics" (Schnur 12) geführt hat. Denn die Verflechtimg und Überlagerung m i t bzw. durch rein w i r t schaftliche Staatsaufgaben (services publics industriels et/ou commerciaux) hat die ursprünglich geschlossene Gestalt des verwaltungsrechtlichen Handlungsprinzips „service public" weitgehend aufgelöst 15 . schaft, Bd. 1, S. 122 ff., 183 ff., 222 ff., 300 ff., 347 ff., 534 ff., 596 ff.; Bd. 2, S. 76 ff., 85 ff., 126 ff., 145 ff., 166 ff.; Bd. 3, S. 214 ff., 254 ff. — Vgl. auch Stier-Somlo, HBKomVerfR, S. 258. 6 Vgl. dazu bes. 3echt, Anstalt, S. 12 ff. 7 Vgl. Theorie, S. 161. 8 Vgl. a. a. O., S. 160 f. 9 Vgl. 3echt, a.a.O., S.13ff. m.w.Nachw.; Kutsch-v. Krakewitz, AöR 79, 431; Laubadère, Traité élémentaire, S. 534 ff.; Waline, Droit administratif, S. 620 ff. 10 Vgl. Schnur, AöR 79,419 ff.; Kutsch-v. Krakewitz, a. a. O., S. 433. 11 Vgl. Laubadère , a. a. O., S. 534 f. 12 Vgl. dessen gleichnamige Abhandlung in AöR 79,418 ff. 18 Vgl. näher Schnur, a. a. O., bes. S. 428; Forsthoff, Lehrb., S. 321.
198
5. Kap.: Der Begriff der öffentlichen Einrichtung
I I . Die öffentliche Anstalt als verwaltungsrechtliches Organisationsprinzip (Anstalt im formellen Sinne)
1.
Grundlagen
Diese jüngere Entwicklung der französischen Lehre vom Service public hat die Weiterentwicklung des deutschen Anstaltsbegriffs allerdings nicht mehr beeinflußt. Fortan lassen sich allenfalls noch gewisse Parallelentwicklungen feststellen 14 . I n seiner „Theorie des französischen Verwaltungsrechts" hatte O.Mayer bereits den Grundstein zu seiner später richtunggebend gewordenen Anstaltsformel gelegt, indem er in anderem Zusammenhang 15 den als „öffentliche Anstalt" übersetzten Begriff des Service public wie folgt definierte: „Staatliche Mittel, sächliche wie persönliche, welche zur Erfüllung je eines gewissen öffentlichen Zweckes bestimmt und vereinigt sind, bilden je eine öffentliche Anstalt (service public)." Unter diesen Anstaltsbegriff ließen sich sowohl (bloße) Handlungsvorgänge als auch (bereits) verwaltungsrechtliche Organisationskomplexe subsumieren. Konsequent verstand O. Mayer deshalb sowohl einen Gottesdienst 18 wie auch bloße Sacheinheiten (Meeresstrand, Straßen, Brunnen, öffentliche Anlagen etc.) 17 als „öffentliche Anstalten". I n seinem „Deutschen Verwaltungsrecht" 1 8 löste er sich dann aber endgültig vom handlungsbestimmten Anstaltsbegriff und prägte seine „klassische" und bis heute herrschende 19 , organisationsrechtliche A n staltsdefinition: 14 Vgl. allerdings auch neuere Versuche einer Übernahme des Begriffs „service public" in das deutsche Recht (bes. etwa Kutsch-v. Krakewitz, AöR 79, 431 ff.). 15 Vgl. a. a. O., S. 225. 16 Vgl. a. a. O., S. 232. 17 Vgl. a. a. O., S. 231. 18 Vgl. zuletzt Bd. 2, 3. Aufl. 1924, S. 268. 19 Vgl. z. B., obgleich im einzelnen mit unterschiedlicher, z. T. auch nicht unkritischer Deutlichkeit: Jecht, Anstalt, S. 17 ff.; Heymann, Anstalt, S. 71 f.; Bühler, Anstalt, S. 1, 9, 27 f.; Richter, W D S t R L 6, 95; Köttgen, V V D S t R L 6, 109 ff.; Kormann, Anstalt, S. 1; E. Becker, Anstalten, S. 208; Hettlage, Anstalt, S. 351; Hatschek, VerwR, S. 496; Nebinger, VerwR, S. 136; Merkl, VerwR, S. 306; W. Jellinek, VerwR, S. 513; v. Turegg-Kraus, VerwR, S. 88 f.; Peters, Lehrb., S. 113; Fleiner, Institutionen, S. 322; Forsthoff, Lehrb., S. 434 f.; E. R. Huber, WiVerwR I, S. 115; F. Giese-Neuwiem-Cahn, VerwR, S. 81; Maunz, in: Die Verwaltung, S. 22; Schmeller, Rechtsstellung, S. 37 ff.; Heußer, Flucht, S. 25; Hurst, H B K W P I I , S. 843; Stern-Püttner, Gemeindewirtschaft, S. 34; Doms, Recht auf Benutzung, S. 15; Surin-Loschelder, DGO, §17 Erl. 2; G. KüchenhoffBerger, DGO, §2 Erl. 1 c; Wyler, Zulassungszwang, S. 35; Hug, Fleiner-Festg., S. 136; Elfert-Laux, Organisation, S. 13; Hook, Rechtscharakter, S. 1; Schulz, Gemeindeanstalten, S. 9 ff., 13; Wietkamp, Probleme, S. 29 ff.; Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 474, 480; Saitzew, Unternehmung, S. 11; Muntzke-Schlempp, HessGO, § 19 Erl. V I I 2 .
§ 1 Das anstaltsrechtliche Verständnis des Einrichtungsbegriffs
199
„Die öffentliche Anstalt ist ein Bestand von Mitteln, sächlichen wie persönlichen, welche i n der Hand eines Trägers öffentlicher Verwaltung einem besonderen öffentlichen Zwecke dauernd zu dienen bestimmt sind." I n dieser Umschreibung wurde die öffentliche Anstalt zum Organisationsprinzip der (mittelbaren) Staatsverwaltung (Anstalt im formellen Sinne) 20. Sie fand i n dieser Form auch Eingang i n die Gesetzgebung 21 , ohne daß damit allerdings auch die O. Mayersche Begriffsformel selbst gesetzesausdrücklich positiviert worden wäre 2 2 . Der normative Charakter dieses formellen Organisationsbegriffs „Anstalt" blieb fortan fast unangefochten, obwohl er doch an sich nur deskriptiv einen bestimmten Sachverhalt umschreibt, der seinem empirischen Inhalt nach („technische Einheit" 2 3 ) m i t den metajuristischen Kriterien des „Betriebes" 2 4 oder „Unternehmens" 2 5 übereinstimmt. Indessen schien der normative Eigenwert des Anstaltsbegriffs m i t dessen rechtsausschließlicher Zuordnung zu einem öffentlich-rechtlichen Funktionsträger gegeben zu sein. I n der Zukunft befaßte man sich dann i m wesentlichen auch nur noch m i t der institutionellen Verdeutlichung bzw. begrifflichen Einengung dieses Begriffsmerkmals.
2. D i e ö f f e n t l i c h e A n s t a l t verwaltungsorganisatorischer
als P r i n z i p Selbständigkeit
Als Grundform der organisationsrechtlichen Ausgliederung und Verselbständigung erscheint die öffentliche Anstalt i n folgenden Rechtskategorien: 20 Vgl. Heymann, a. a. O., S. 13 ff., 72 ff., 103 ff.; Jecht, a. a. O., S. 25 ff.; Ebersbach, Stiftung, S. 23; Röttgen, Verwaltungseinheit, S. 3 ff.; ders., V V D S t R L 6, 109. 21 Nachw. vgl. z. B. bei Jecht, a. a. O., S. 41 ff., 90 ff.; Wolff, VerwR I I , S. 250, 277 ff.; Heymann, a. a. O., S. 16 ff.; E. R. Huber, a. a. O., S. 133 ff.; Werner Weber, Körperschaften, S. 38 ff. 22 Eine Ausnahme hiervon stellte, wenn auch nur de lege ferenda, Art. 139 WüEVRO von 1931 dar. 23 Vgl. Bühler, a. a. O., S. 7, 27 ff.; i. A. Heymann, a. a. O., S. 24; vgl. weiterhin auch Jecht, a. a. O., S. 49 ff., 52 ff., 62 ff., 104,127. 24 Vgl. z.B. Jecht, a.a.O., S.52ff., 62 ff., 127; Thoma, HBDStR I I , S.615; Wolff, A f K 63,156; Heußer, a. a. O., S. 17 ff. 25 Vgl. vor allem bereits O. Mayer, a. a. O., S. 1, 268 f.: Die öffentliche A n stalt fällt unter den Oberbegriff des öffentlichen Unternehmens (!). Als Unterscheidungsmerkmal sollte für die Anstalt nur das Element der Anlage auf Dauer gelten (vgl. ebenso F. Giese-Neuwiem-Cahn, a.a.O., S. 81 f.; Hatschek, a. a. O., S. 497; Bühler, a. a. O., S. 30 ff.; Nebinger, a. a. O., S. 137; auch Schmeller, a. a. O., S. 38).
200
5. Kap.: Der Begriff der öffentlichen Einrichtung a) Die rechtsfähige
Anstalt
Die rechtsfähige Anstalt ist durch den rechtssubjektiven Status der eigenen Rechtsfähigkeit gekennzeichnet und erfüllt damit i n spezifischer Weise das Tatbestandsmerkmal einer juristisch formierten und formell scheidbaren Rechtsexistenz 28 . M i t dieser Feststellung sind allerdings nicht die beträchtlichen Schwierigkeiten ausgeräumt, die sich dogmatisch u m das Institut und Begriffsbild der „Rechtsfähigkeit" bzw. der „juristischen Person des öffentlichen Rechts" gruppieren 27 . Die Frage, ob „Rechtsfähigkeit" vielleicht nur i m Sinne privatrechtlicher Subjektivität zu verstehen ist 2 8 , oder die — oft allerdings m i t der i m anglo-amerikanischen Rechtskreis verwurzelten ultra-vires-Lehre vermengte 29 — Frage, ob die „Rechtsfähigkeit" nicht i n partiell-(öffentlich-)rechtliche Begriffselemente (relative oder Teilrechtsfähigkeit) aufzuspalten ist 30 , haben zu erheblichen Zweifeln an der Verwendbarkeit des Begriffs der „Rechtsfähigkeit" überhaupt geführt 31 . M i t der herrschenden Gesetzespraxis sei hier jedoch an der strukturellen Wirkung des Moments „Rechtsfähigkeit" festgehalten, da es zumindest i n formaler Abgrenzungshinsicht seine Dienste erfüllt 8 2 . b) Die nicht-rechtsfähige
Anstalt
I m Unterschied zur rechtsfähigen Anstalt fehlt es der nicht-rechtsfähigen Anstalt an der juristischen Rechtssubjektivität. I h r Status läßt 26 Zum Wesen der rechtsfähigen Anstalt vgl. näher Jecht, a. a. O., S. 25 ff., 29 f., 32 ff.; Bühler, a. a. O., S. 252 ff.; Wolf, VerwR I I , S. 258 f.; O. Mayer, a. a. O., S. 331 ff.; Röttgen, Verwaltungseinheit, S. 69ff.; v. Turegg-Rraus, a.a.O., S. 88ff.; E. R. Huber, a.a.O., S. 116; Nebinger, a.a.O., S. 139ff.; Rormann, a. a. O., S. 1 f.; E. Becker, a. a. O., S. 208; Hettlage, a. a. O., S. 351; Maunz, a. a. O., S. 25; Heußer,a. a. O., S. 26 f. 27 Vgl. dazu grundlegend noch immer Wolff, Organschaft I, S. 88 ff. 28 Vgl. in diesem Sinne Fleiner, a. a. O., S. 322; E. R. Huber, a. a. O., S. 116; Forsthoff, a. a. O., S. 434 N. 4. 29 Vgl. zu dieser, zumeist unter dem Stichwort des sog. Wirkungskreises einer Anstalt diskutierten Frage bes. BGHZ 20, 119 (122ff.); Jecht, a.a.O., S. 57 ff.; Forsthoff, a.a.O., S.423; ders., D Ö V 57, 98 f.; Fuß, D Ö V 56, 566 ff.; Rlotz, D Ö V 64, 181 ff.; Löffler, BB 56, 729 ff.; Ipsen, N J W 63, 2053 f.; Schricker, Tätigkeit, S. 85 ff.; H. Schneider, Rechtsgutachten, S. 18 f.; Fabricius, Relativität, S. 82 f.; Lerche, Rechtsprobleme, S. 22 ff. 80 Vgl. dazu bes. Fabricius, a.a.O., S.21ff., 49ff., 61 ff., 67ff., 82ff., 111 ff.; Bachof, AöR 83, 259 ff.; Stern, AöR 84, 280 ff.; Werner Weber, a. a. O., S. 12, 91; Röttgen, Verwaltungseinheit, S. 8 ff.; Jecht, a. a. O., S. 78 ff.; Wolff, VerwR I I , S. 259; Ennecc.-Nipperdey, Allgem. Teil, S. 740; Forsthoff, Lehrb., S. 436; Lassar, Lehre, passim. 81 Vgl. z. B. Jecht, a. a. O., S. 36 f., 72 ff., 76, 78 ff.; Heymann, S. 106 ff., 121 ff.; Werner Weber, a. a. O., S. 86; Röttgen, a. a. O., S. 12. 82 Vgl. Röttgen, a.a.O., S. 11, 15; Ebersbach, a.a.O., S. 15ff.; v. TureggRraus, a. a. O., S. 88 ff., 93.
§ 1 Das anstaltsrechtliche Verständnis des Einrichtungsbegriffs
201
sich deshalb nur anhand der tatsächlichen Gegebenheiten verwaltungsorganisierter „Selbständigkeit" nachweisen und verdeutlichen 33 . c) Die privatrechtlich
gestaltete Anstalt
M i t der Anerkennung des Grundsatzes von der verwaltungsrechtlichen Formenfreiheit 34 ist grundsätzlich auch die privatrechtlich konstruierte Anstalt anzuerkennen 35 . Rechtlich gilt für sie das gleiche wie für die nicht-rechtsfähige (öffentlich-rechtliche) Anstalt. Denn auch ihre Existenz läßt sich nur aus den spezifischen Gegebenheiten des verwaltungsinternen Organisationsrechts begründen und erkennen.
3. O r g a n i s a t i o n s r e c h t l i c h e Kriterien des f o r m e l l e n A n s t a l t s b e g r i f f s a) Rechtssatz und gesetzesfreier
Organisationsakt
Formell-anstaltsbegründend kann nach einhelliger Auffassung nur der spezifische Organisationsakt sein, der einer technischen Verwaltungseinheit ihren öffentlich-rechtlichen Sonderstatus verleiht 3 6 . Unklarheit besteht indessen über die Frage, wie ein solcher „Organisationsakt" qualitativ beschaffen sein muß; — eine Frage, die auf das engste m i t der allgemeinen Problematik der Organisationsgewalt 37 verbunden ist und sich jedenfalls nicht abschließend beantworten läßt, bevor nicht auf jene übergeordnete Fragestellung eine definitive A n t w o r t gefunden ist. Besonders klärungsbedürftig ist i n diesem Zusammenhang die Frage, ob und ggf. inwieweit die (staatliche) Organisationsgewalt einem insti85 Zum Wesen der nicht-rechtsfähigen Anstalt vgl. näher Jecht, a.a.O., S.29f., 32ff.; Bühler, a.a.O., S.252ff.; Wolff, a.a.O., S.259f.; Nebinger, S. 139 ff.; v. Turegg-Kraus, a. a. O., S. 93; Kormann, a. a. O., S. 1 f.; E. Becker, a. a. O., S. 208; E. R. Huber, a. a. O., S. 116, 123 ff.; Hettlage, a. a. O., S. 351; Maunz, a. a. O., S. 23,26; Heußer, a. a. O., S. 25 f. 84 Vgl. dazu oben S. 22 ff. 85 Vgl. insbes. Jecht, a. a. O., S. 80 ff.; Fleiner, a. a. O., S. 125, 326 ff.; Bühler, a. a. O., S. 26, 249; Heymann, a. a. O., S. 70; W. Jellinek, a. a. O., S. 513; v. Turegg-Kraus, a. a. O., S. 90; Wolff, a. a. O., S. 263 (vgl. aber auch dens., AöR 76, 216 N. 16); E. Becker, a.a.O.; E. R. Huber, a.a.O., S. 121; Kormann, a.a.O., S. 1; Maunz, a.a.O., S. 23 f.; w. Nachw. vgl. oben S. 22 N. 31; — a. A. z.B. Köttgen, W D S t R L 6,111. 86 Vgl. näher, wenn auch mit unterschiedlicher Maßgabe: Peters, Lehrb., S. 113; Forsthoff, a. a. O., S. 442; Werner Weber, a. a. O., S. 27 ff.; Maunz, a. a. O., S. 25 f.; E. W. Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 29 ff., 38 ff., 45 ff., 280; Wolff, VerwR I I , S. 96 ff., 264; Heymann, a. a. O., S. 106 ff.; Ermacora, W D S t R L 16, 205 ff.; A. Hamann, NJW 56, 3; Spanner, D Ö V 57, 643; Nebinger, a. a. O., S. 140; W. Jellinek, a. a. O., S. 514; Ennecc.-Nipperdey, a. a. O., S. 729; Hettlage, a. a. O., S. 351; Köttgen, Daseinsvorsorge, S. 60. 87 Nachw. vgl. dazu oben S. 92 N. 17.
202
5. Kap.: Der Begriff der öffentlichen Einrichtung
tutionellen Gesetzesvorbehalt untersteht 38 . Tatsächlich erscheinen heute ebenso die Legislative wie die Exekutive als organisationskompetente Gewalten. Wie für den kommunalen (Einrichtungs-)Bereich gerade das Sparkassenrecht beweist 39 , dominiert die Legislative vor allem bei der Schaffung rechtsfähiger Anstalten 4 0 . Andererseits hat sie aber, wie etwa das Schulrecht beweist 41 , anstaltsorganisatorische Gesetzesvorbehalte auch auf dem Sektor der nicht-rechtsfähigen Anstalten gesetzt. Dennoch liegt zumindest für den kommunalen Selbstverwaltungsbereich der Organisationsprimat (noch) bei der Gemeinde selbst. Denn ihr ist von Verfassungs wegen die Chance der gesetzesfreien Verwaltung und damit als begriffsnotwendiges Korrelat auch die gesetzesfreie Organisationshoheit garantiert 4 2 . Das bedeutet, daß alle gemeindlichen (Anstalts-)Organisationsakte sich nicht unbedingt als gesetzesunmittelbare, abhängige oder gesetzlich delegierte Rechtsakte darstellen müssen. Sie können sich statt dessen auch als („innerdienstliche") Rechtsakte von bloßer Exekutivqualität darstellen. Für die breite Mehrzahl der organisationsfähigen Hoheitsakte entfällt damit allerdings das K r i t e r i u m der formalen Erkennbarkeit. Denn für die Organisation „behördlicher" Verwaltungseinheiten bieten sich konsequent außer dem Gesetz auch die Rechtsverordnung, der Verwaltungsakt, die Verwaltungsverordnung, die sogenannte Organisationsverordnung ( = Rechtsverordnung, Verwaltungsverordnung?) sowie der sogenannte innerdienstliche Rechtsakt ( = Verwaltungsakt?) an 43 . 38 Vgl. dazu bes. Köttgen, W D S t R L 16, 161 ff.; Ermacora, a. a. O., S. 221 ff.; Spanner, a. a. O., S. 641 ff.; Obermayer, DVB1. 59, 354 ff.; ders., VerwA, S. 116 ff.; E. W. Böckenförde, a. a. O., S. 21 ff., 89 ff.; Wolff, a. a. O., S. 95 ff.; A. Hamann, a. a. O., S. 1 ff.; Kopp, D Ö V 65, „567" ff. (richtig: S. 267 ff); BVerfGE 8,155 (168 f.); auch E. 11, 310 (321); BVerwG, NJW 62, 316 (317); BayVerfGH, DÖV 63, 266. 39 Vgl. dazu oben S. 179 f. 40 Vgl. z.B. generell §21 i. V . m . §18 NrwLOG; Einzelnachweise vgl. z.B. bei Jecht, a. a. O., S. 41 ff.; Heymann, a. a. O., S. 16 ff. 41 Vgl. dazu oben S. 179 f. 42 Vgl. Köttgen, W D S t R L 16, 170 f., sowie bereits oben S. 92. — Abgestützt wird dieses Ergebnis noch durch die Feststellung des BVerfG, daß jedenfalls für die Organisation der leistungsgewährenden Verwaltung, die ihrerseits im kommunalen Einrichtungsbereich vorherrscht, kein verfassungsrechtlicher Gesetzesvorbehalt besteht, die Prärogative der Verwaltung also in vollem Maße gewahrt bleibt (BVerfGE 8, 155 (169); kritisch dazu aber u. a. Obermayer, DVB1. 59, 354 ff.). 48 Vgl. dazu allgemein, mit im einzelnen allerdings unterschiedlicher Ausrichtung, z. B. E. W. Böckenförde, a. a. O., S. 38 ff., 45 ff., 70 ff., 78 ff., 280; Obermayer, VerwA, S. 105 ff., 110, 111 ff., 116 ff., 173 ff.; Groß, D Ö V 63, 51 ff.; Schack, DÖV 58, 273 ff.; A. Hamann, a.a.O., S. 3; Kipp, DÖV 57, 513 ff., 516 ff.; Kopp, a. a. O.; BVerwGE 18, 40 (41 ff.); BVerwG, NJW 61, 1323 (1325); D Ö V 64, 346 f.; BB 65, 727; BayVerfGH, D Ö V 64, 22; O V G Lüneburg, D Ö V 63, 150 (151 f.); OVG Hamburg, VRspr. 10, 32 (33 ff.); — zur Frage vertraglicher Organisationsakte vgl. Stern, BayVBl. 60,181 ff.; — w. Nachw. z. Ganzen vgl. S. 201N. 36.
§ 1 Das anstaltsrechtliche Verständnis des Einrichtungsbegriffs203 Gegenständlich spitzt sich das Problem des (institutionellen) Organisationsakts i n und um das Institut der, für die Kreierung des öffentlichrechtlichen Organisationsstatus nicht nur i m öffentlichen Sachenrecht, sondern auch i m Anstalts- und Einrichtungsrecht 44 als maßgebend erachteten (öffentlichen) Widmung 45 zu. Soweit diese nicht auf Grund eines legislativ begründeten Organisationsverhältnisses von vornherein als formeller Rechtsakt intendiert ist, erscheint auch sie — jedenfalls als konstitutives Organisationselement — kaum fungibel. Sie kann ausdrücklich durch Rechtssatz, Verwaltungsakt oder öffentlich-rechtlichen Vertrag, kann aber auch formlos-konkludent 46 , stillschweigend 47 oder mittelbar erfolgen bzw. in den Substitutionsfällen der „unvordenklichen Verjährung" o. ä. sogar ganz entfallen 48 . Die strukturelle Einheit der staatlichen oder kommunalen Anstaltsorganisationen läßt sich deshalb letztlich nur anhand der i m Einzelfall deklarierten Intention eines organisationsfähigen Hoheitsorgans ermitteln; oder m i t anderen Worten: Der konstituierende Organisationsakt läßt sich definitiv nur i n der ausdrücklichen Erklärung finden, daß ein „anstaltlicher" Organisationskörper ins Leben zu rufen bzw. gerufen sei. Dieses Verfahren löst allerdings nicht die sich meist anschließende Frage, ob die geschaffene Verwaltungseinheit wirklich eine Anstalt im technischen Sinne oder nicht vielmehr eine öffentliche Körperschaft 49 , Stiftung 5 0 oder gar nur sonstig-allgemeine Behörde darstellt (darstellen soll). 44
Vgl. für die öffentliche Einrichtung oben S. 33. Vgl. dazu allgemein bes. Schallenberg, Widmung, passim; Maunz, Hauptprobleme, S. 231 ff.; Stern, W D S t R L 21,198 ff.; F. Mayer, JuS 63, 205 f.; Clasen, DÖV 59, 282 ff.; — zur engen Verwandtschaft der sachenrechtlichen Widmung mit der Widmung „öffentlicher Wirtschaftseinheiten" vgl. K. Vogel, Wirtschaftseinheiten, S. 227 ff. « Vgl. Obermayer, VerwA, S. 122; Hurst, H B K W P I I , S. 836; Bleek-Loschelder, PrLGO, §8 Erl. I I I ; Muntzke-Schlempp, HessGO, §19 Erl. V I I 1; Peters, Lehrb., S. 300 f.; Kottenberg, NrwGO, § 18 Erl. 1; Galette-Laux, SchlHGO, § 18 Erl. l b ; Zeitler-Bitter-Derschau, DGO, §17 Erl. 2; Salzmann-Schunck, RhpfSelbstverwG, § 13 Erl. 2 a; Hölzl, BayGO, Art. 21 Erl. 3 b, bb; Badura, JuS 45
66,18.
47 Vgl. z. B. Badura, a. a. O., und allgemein Tiesler, Stillschweigender VerwA, passim. 48 Vgl. Schallenberg, a.a.O., S. 58 ff. (Zusammenfassung S. 100); Maunz, a. a. O.; F. Mayer, a. a. O., S. 205; Tiesler, a. a. O., S. 51 ff. — Die innere Unsicherheit des allgemeinen Organisationsrechts offenbart sich nicht zuletzt auch in der fast willkürlich erscheinenden Begriffsbildung der Organisationsnormen des GG (vgl. dazu oben S. 145 N. 19). 49 Vgl. zu deren Begriff bes. Werner Weber, Körperschaften, S. 15 ff., 30 ff.; Forsthoff, Lehrb., S. 425 ff.; Jecht, a. a. O., S. 26 ff. 50 Vgl. zu deren Begriff bes. Ebersbach, a.a.O., S.21 ff.; Forsthoff, a.a.O., S. 445 ff.; Werner Weber, a. a. O., S. 15 ff., 40 f.; Jecht, a. a. O., S. 30 ff.
204
5. Kap.: Der Begriff der öffentlichen Einrichtung
Von der Richtung her lassen sich die anstaltsbegründenden Organisationsakte immerhin wie folgt unterscheiden: b) Intern-hoheitlicher
Begründungsakt
Ein intern-hoheitlicher Begründungsakt ist gegeben, wenn die konkret-anstaltskreierende Maßnahme sich i m Rahmen des verwaltungsunmittelbaren Dezentralisations- oder Dekonzentrationseffekts hält und jedenfalls nicht direkt auf das Außenverhältnis zum organisationsbetroffenen Bürger Bezug nimmt. c) Extern-hoheitlicher
Begründungsakt
Ein extern-hoheitlicher Begründungsakt liegt dann vor, wenn der kreierende Organisationsakt immittelbar auf das Außenverhältnis durchgreift, die zu schaffende Anstaltsorganisation sich also direkt und erst i m Verhältnis zum Bürger konstituiert 5 1 . I n diesen Fällen handelt es sich regelmäßig u m den Typ der sogenannten nutzbaren Anstalt. Deren Existenz ist durch den (zumindest hoheitlich angelegten) Willensentschluß eines staatlichen oder gemeindlichen Organs gekennzeichnet, einen bestimmten Komplex verwaltungseigener M i t t e l der unmittelbaren Nutzung durch die Bürger zu eröffnen 52 . I n dieser extern-ausgerichteten Organisationsform gewinnt die öffentliche Anstalt i m Gegensatz zu vielen nur intern-konstruierten A n staltsformationen (für diese gelten die unter a) getroffenen Feststellungen i m besonderen) ein gewisses Unterscheidungsindiz 58 , dessen Effektivität mitunter, wenn auch i m Widerspruch zum geltenden Recht 54 , Anlaß gegeben hat, als „Anstalt" i m technischen Sinne überhaupt nur die nutzbare Anstalt zu begreifen 55 . 51 Vgl. E. R. Huber, a. a. O., S. 118; Bühler, a. a. O., S. 12 f.; Fleiner, a. a. O., S. 324; Hatschek, a. a. O., S. 498 f.; BGHZ 9, 145 (147 ff.) u. a.; — vgl. auch bereits oben S. 33. 62 Vgl. näher Jecht, a.a.O., S. 106ff.; Bühler, a.a.O., S.2501; Heymann, a. a. O., S. 64. 63 Jedenfalls soweit eine ausdrückliche Nutzungseröffnung gegeben ist; etwa anderes gilt aber in den häufigen Fällen, in denen die Nutzungseröffnung nur stillschweigend erfolgt ist. — Vgl. überhaupt kritisch auch Köttgen, W D S t R L 6,112 ff., 122 f. 54 Vgl. z. B. die Einfuhr- und Vorratsstellen gem. §§ 5 I, 7 I GetreideG v. 4.11. 50 (BGBl. I 721), 16 I Vieh- u. FleischG v. 25. 4. 51 (BGBl. I 272), 14 I Milch- u. FettG v. 28. 2. 51 (BGBl. I 135), 8 1 ZuckerG v. 5.11. 51 (BGBl. I 47); — vgl. kritisch auch Köttgen, a.a.O., S. 112; Wolff, VerwR I I , S. 263; Forsthoff, a. a. O., S. 437; Maunz, a. a. O., S. 24 f.; Ennecc.-Nipperdey, a. a. O., S. 737. 55
Vgl. in diesem Sinne bereits Art. 139 WüEVRO sowie Kormann, a. a. O., S. 1; Nebinger, a.a.O., S. 1361; Peters, a.a.O., S. 113; vgl. auch Heymann, a. a. O., S. 64, 71; Bühler, a. a. O., S. 251 („Anstalt par excellence").
§ 1 Das anstaltsrechtliche Verständnis des Einrichtungsbegris205 4.
Abgrenzungsfragen
a) Anstalt und Wirtschaftsunternehmen Eine Abgrenzung zwischen öffentlicher Anstalt und allgemeinem Wirtschaftsunternehmen kann unter Zugrundelegung der formell-rechtlichen Organisationstypik der Anstalt nur begrenzt gelingen. Denn soweit nicht öffentlich-rechtliche Unterscheidungskriterien einen Organisationskomplex m i t aller gebotenen Deutlichkeit als (hoheitliche) Anstalt ausweisen, ist eine Abgrenzung ausgeschlossen56. Denn beide Einheiten gründen sich auf typisch-betriebstechnische Formationen, die bei einer einheitlichen, d.h. privatrechtlichen, eigenbetrieblichen oder gar querverbunden-eigenbetrieblichen Ausgestaltung der organisierten Grundstrukturen kaum zu unterscheiden sind 57 . b) Anstalt und Behörde Aus dem gleichen Grunde läßt sich auch keine wirksame Abgrenzung zwischen öffentlicher Anstalt und allgemeiner Behörde erreichen. Beide können betriebstechnisch 58 gestaltet, beide können nutzungstechnisch 50 orientiert sein; beide können sich schließlich organmäßig überschneiden, indem etwa eine allgemeine Behörde (gleichzeitig) Anstaltsorgan ist 8 0 . Eine Ausnahme hiervon gilt nur für die rechtsfähige Anstalt, die auf Grund ihrer juristischen Verselbständigung aus dem allgemeinen Behördenaufbau des Muttergemeinwesens heraustritt 6 1 . Für die nichtrechtsfähige Anstalt gilt dies jedoch nicht. Denn das Moment der partiell-organisatorischen Verselbständigung kann auf jede Verwaltungseinheit zutreffen, sofern diese nicht noch zusätzlich das deklarative Etikett der „Anstalt" trägt 6 2 . M
Vgl. Wolff, a. a. O., S. 255. Vgl. näher auch bereits oben S. 134 ff. 68 Vgl. auch Wolff, A f K 63,150,157. 59 Vgl. auch Wolff, A f K 63,150; a. A. Nebinger, a. a. O., S. 138. 60 Vgl. BayVerfGH, D Ö V 63, 266f.; F. Giese-Neuwiem-Cahn, a.a.O., S.81; Forsthoff, a. a. O., S. 436. 61 Vgl. Röttgen, Verwaltungseinheit, S. 11, 15; Ebersbach, a.a.O., S. 15ff.; v. Turegg-Kraus, a. a. O., S. 88 ff., 93. — Nicht zu übersehen sind auch die Fälle, in denen auch der rechtsfähigen Anstalt sachlich (vor allem kraft ausgeprägter Weisungsrechte) nur (materielle) Behördenqualität zukommt (vgl. näher Jecht, a. a. O., S. 72 ff., 74: „Behörden mit eigener Rechtsfähigkeit"), u. andererseits etwa die Fälle der weisungsfreien Behörden, die in materieller Hinsicht dem Anstaltsbegriff wiederum sehr viel näherkommen (vgl. dazu z. B. Wolff, A f K 63,150). 62 Vgl. auch Heymann, a. a. O., S. 28; Wolff, VerwR I I , S. 262; F. Giese-Neuwiem-Cahn, a. a. O., S. 83; Maunz, a. a. O., S. 26; Hettlage, a. a. O., S. 351; Hug, Fleiner-Festg., S. 136; vgl. auch v. Turegg-Kraus, a.a.O., S.88ff., 93, mit der Konsequenz, daß als Anstalten i m technischen Sinne überhaupt nur rechtsfähige Anstalten zu begreifen sein sollen; entsprechend auch F. Giese-Neu67
206
5. Kap.: Der Begriff der öffentlichen Einrichtung c) Anstalt und öffentliche
Sache
Differenzierendes Merkmal zwischen öffentlicher Anstalt und öffentlicher Sache soll nach herrschender Meinung der auch personal verselbständigte Charakter der ersteren 63 bzw. die „integrierende Einbeziehung" der letzteren „ i n das Gefüge der (allgemein-)öffentlichen Verwaltung" (Stern) 94 sein. Beide Kriterien treffen indessen nur bedingt zu. Die rechtlichen Verbindungslinien zwischen Sachen- und Anstaltsrecht sind heute so komplex, daß sich selbst die positive Gesetzgebung mitunter außerstande sieht, deren juristische Unterscheidung aufrechtzuerhalten 65 . Gerade i m Bereich der nutzbaren Anstalten dominiert die öffentliche Sache oft derart, daß das anstaltliche Bürokratisierungsmoment allenfalls noch als technischer Annex zu erscheinen vermag 66 . Das vermeintliche Mehr der auch personelle Verwaltungsmittel umfassenden Anstaltsorganisation erweist sich deshalb und sehr oft als bloßes Scheinmerkmal. Überdies sind auch die öffentlichen Sachen heute und i n der Regel von der organisierten Existenz eines kompletten Behördenapparats abhängig 67 , dessen begriffsevidente Unselbständigkeit sich aber wegen der Unsicherheit, wann ein (anstalts-)rechtlich verselbständigter Behördenkomplex vorliegt, wiederum nur sehr selten feststellen läßt. Eine wirksame Ausnahme hiervon gilt wieder nur für die Fälle der rechtsfähigen Anstalt 6 8 . I m übrigen ergeben sich auch i n nutzungstechnischer Hinsicht oft keine festen Abgrenzungsregeln mehr 6 9 . Denn die Grenzen zwischen wiem-Cahn, a. a. O. — Andererseits gibt es aber auch nicht-rechtsfähige Anstalten, die verwaltungsorganisatorisch über einen wirksam-„eigenen Steuerungsraum" (Jecht) verfügen und deshalb sehr viel eher als manche rechtsfähige Anstalt das Moment der „Selbständigkeit" erfüllen können (vgl. Jecht, a. a. O., S. 76). 63 Vgl. Heymann, a. a. O., S. 68 f.; Nebinger, a. a. O., S. 137; E. Becker, a. a. O., S. 208; Maunz, a. a. O., S. 22. 64 Vgl. V V D S t R L 21,195. 65 Vgl. z. B. Abschn. A Ziff. I der Bek. d. Brem. Sen. f. Wirtschaft, Häfen u. Verkehr v. 17. 8.46 (GBl. 89): „Anstalten, einschließlich!) der unbebauten K a jestrecken und Plätze". 66 Vgl. auch Bühler, a. a. O., S. 163 ff., mit dem Ergebnis, daß alle öffentlichen Anstalten öffentliche Sachen, nicht aber alle öffentlichen Sachen öffentliche Anstalten seien (S. 213). 67 Vgl. dazu vor allem u. mit umfangr. Nachw. Werner Weber, V V D S t R L 21, 177 ff.; Fobbe, Gemeingebrauch, S. 67 ff., 117 ff.; auch bereits Köttgen, Verwaltungseinheit, S. 77. 68 Vgl. auch Stern, a. a. O., S. 190; ähnlich Wolff, VerwR I I , S. 258. 69 Vgl. Werner Weber, a. a. O., S. 146 ff., 152 f., 177 ff.; Fobbe, a. a. O., S. 67 ff.; Köttgen, Daseinsvorsorge, S. 33 f.; Salzwedel, DÖV 63, 242 ff.; Haas, DVB1. 62, 654; auch Scheuner, Gieseke-Festschr., S. 74 ff.; — a. A. Heymann, a. a. O., S. 69; Stern, a.a.O., S. 191, 245; Nebinger, a.a.O., S. 137; E. Becker, a.a.O., S.208; Hettlage, a. a. O., S. 351.
§ 1 Das anstaltsrechtliche Verständnis des Einrichtungsbegriffs207 den sachenrechtlichen Nutzungskategorien (Gemeingebrauch und Sondernutzung) und den (hoheitlich gewährten) Nutzungsformen der öffentlichen Anstalt verfließen häufig ineinander 70 . Der sachenrechtliche Nutzungstypus des rechtsreflexiven Gemeingebrauchs verdichtet sich i n vielen Fällen bereits zum (zulassungsbedürftigen) subjektiven Recht und die anstaltlichen Nutzungsschranken der gewährungspflichtigen Zulassimg lockern sich umgekehrt oft i n den Formen des zulassungsfreien Allgemeinzuganges auf 71 .
I I I . Die öffentliche Anstalt als verwaltungsrechtliches Funktionsprinzip (Anstalt im materiellen Sinne)
Die Erkenntnis, daß eine allein formell-organisationsrechtliche Methode außerstande ist, den Anstaltsbegriff als abstrakt vorgegebenes Institut zu erklären, hat zu dessen materiell-rechtlichem Ausbau geführt. Durch die (ergänzende) Ausstattung m i t spezifischen Funktionsmerkmalen hat man den Begriff der Anstalt im materiellen Sinne entwickelt 7 2 , der inhaltlich m i t dem Begriff der Anstalt i m formellen Sinne nur begrenzt übereinstimmt 7 3 . 1. D i e ö f f e n t l i c h e spezifisch-materialer
Anstalt im System Verwaltungsfunktionen
Der Versuch, den Anstaltsbegriff spezifisch-materialen Funktionsgrundlagen zuzuordnen, gründet sich methodisch entweder auf die Ein70 Vgl. vor allem Werner Weber, a. a. O.; Fobbe, a. a. O.; Köttgen, a. a. O. — Als Beispiel vgl. auch die streitige Frage, ob die Nutzung von gemeindl. Friedhöfen Anstalts- oder Sachnutzung ist. Mit der überwiegenden Meinung (vgl. BGHZ 25, 200 (206); BVerwG, DVB1. 60, 722; VGH Stuttgart, D Ö V 58, 498 (499); Jecht, a.a.O., S.47; Hurst, H B K W P I I , S. 889; Wietkamp, Probleme, S.70ff.) ist richtigerweise davon auszugehen, daß Friedhöfe öffentliche Einrichtungen (Anstalten) sind. Dennoch wird aber teilweise erklärt, daß die Friedhofsnutzung Sachnutzung sei (vgl. z. B. Forsthoff, Lehrb., S. 339; — dagegen aber richtig u. a. Werner Weber, a. a. O., S. 148; BVerwG, DVB1. 60, 723 f.; V G H Stuttgart, a. a. O., S. 499 f.; BGHZ 25, 206). 71 Zur jüngsten Entwicklung der sachenrechtlichen Nutzungsverhältnisse vgl. überhaupt Stern, W D S t R L 21, 215 ff.; F. Mayer, JuS 63, 206 ff.; Jesch, JuS 63, 213 ff.; Schack, VerwArch 54, 43 ff.; Salzwedel, D Ö V 63, 242 ff.; Haselau, Freiheit, S. 37 ff., 63 ff., 100 ff., 143 ff. — Ob die aus Gründen der juristischen Stilreinheit sicherlich angebrachte Spezifizierung durch einen besonderen Organisationsakt des öffentlichen Sachenrechts (vgl. Stern, a. a. O., S. 195 ff.) mehr Erfolg verspricht, bleibt der künftigen Rechtsentwicklung vorbehalten. 72 Vgl. Heymann, a.a.O., S. 12ff., 21 ff., 73f., 93ff.; i . A . bes. Ebersbach, a. a. O., S. 23, 64 f. 73 Vgl. Heymann, a. a. O.
208
5. Kap.: Der Begriff der öffentlichen Einrichtung
Setzung funktional-gegenständlicher oder auf die ergänzende Heranziehung funktional-ausübender Verwaltungswerte. a) Die öffentliche
Anstalt als Prinzip der Leistungsverwaltung
Ausgehend von der — heute allerdings fragwürdig gewordenen 74 — Unterscheidung zwischen staatlichen Ordnungs- und Leistungsfunktionen faßt man die öffentliche Anstalt zum Teil als Typus der staatlichen Leistungsgewährung auf, während man die allgemeine Behördenverwaltung prinzipiell nur als Typus der Ordnungsverwaltung anerkennt 75 . Diese Unterscheidimg w i r d indessen bereits durch das geltende A n staltsrecht widerlegt, das auch ordnungsbehördliche Formationen kennt 7 6 . Es ist zwar richtig, daß die regelmäßig mehr sachgebundene und betriebliche Natur der öffentlichen Anstalt meistens einen leistungs(wirtschafts-)verwaltenden Funktionsgrund vermuten läßt; ein gültiges Abgrenzungskriterium läßt sich aus dieser (empirischen, nicht normativen) Erkenntnis jedoch nicht ableiten 77 . b) Die öffentliche Anstalt als Prinzip spezifischer Verwaltungsausübung aa) Die öffentliche Anstalt als realagierende Verwaltungseinheit Verwandt m i t der Unterscheidung von Leistungs- und Ordnungsverwaltung ist der Versuch, Anstalt und Behörde nach deren typischen Verhaltensweisen auseinanderzuhalten. So soll die Anstalt mehr auf den Realakt und die Behörde mehr auf die Willenserklärung festgelegt sein 78 . Indessen knüpft auch diese Abgrenzungsmethode nur an äußere Zufälligkeiten an, denen kein Ausschließlichkeits- und damit auch kein geeigneter Definitionswert zukommt 7 ". 74
Vgl. dazu noch unten S. 222 f. Vgl. Jecht, a.a.O., S.49ff., 67f., 80, 104, 127; Merkl, VerwR, S.307; zum historischen Hintergrund vgl. bereits oben S. 197. 76 Vgl. z. B. die Nachw. oben S. 204 N. 54; vgl. auch v. Turegg-Kraus, a. a. O., S. 90; Wolff, VerwR I I , S.262; Maunz, a.a.O., S.24f.; ders., BayVBl. 57, 5; Rauch, Geltung, S. 12. 77 Das gleiche gilt im Ergebnis etwa für den Versuch Forsthoffs, die öffentliche Anstalt als spezifischen Träger daseinsvorsorgerischer Funktionen zu begreifen (vgl. Lehrb., S. 441; gerade für die öffentl. Einrichtungen vgl. z. B. auch Klüber, Städtetag 63, 491; Badura, JuS 66, 18; — dagegen richtig Maunz, BayVBl. 57,5). Denn abgesehen von der mangelnden Normativität des Begriffs „Daseinsvorsorge" (vgl. oben S. 122 f.) widerspricht sich Forsthoff bereits selbst, wenn er eingangs für das moderne Anstaltsrecht richtig einen „Pluralismus von Anstaltsfunktionen" feststellt (vgl. a. a. O., S. 433). 78 Vgl. Köttgen, W D S t R L 6, 112 ff. (selbst einschränkend aber S. 114 N. 13); ähnlich Merkl, a. a. O., S. 307; wohl auch Forsthoff, Lehrb., S. 436 f. 79 Vgl. auch Heymann, a. a. O., S. 37 f.; Wolff, A f K 63,157. 75
§ 1 Das anstaltsrechtliche Verständnis des Einrichtungsbegriffs209 bb) Die öffentliche Anstalt als nicht-gewerbliche Verwaltungseinheit Als Verwaltungsträger m i t häufig formellen Wirtschaftsaufgaben ist die öffentliche Anstalt frühzeitig den (materiell-)erwerbswirtschaftlichen Staats- und Gemeindeunternehmen gegenübergetreten. M i t der Erkenntnis der äußeren Wesensgleichheit von formell- und materiellwirtschaftlichen Tatbeständen 80 wurde das Prinzip der mangelnden Gewinnmaximierung zum typusbestimmenden Merkmal der öffentlichen Anstalt 8 1 . Deren gemeinnütziger Charakter sollte ihr die Erzielung fiskalischer Gewinne verbieten. A n dieser, auch heute noch verbreiteten Unterscheidungsweise 82 ist sicherlich soviel richtig, daß eine öffentliche Verwaltungseinheit grundsätzlich nicht zum Träger fiskalischer Erwerbsinteressen werden darf. Andererseits läßt aber gerade die weitgehende Verflechtung des A n staltsrechts m i t wirtschaftlichen Sachbereichen erkennen, daß dieses „Prinzip" normativ nur sehr begrenzte Gültigkeit besitzen kann 8 8 . Entscheidend ist allein die existentiell-öffentlich-rechtliche Zweckbindung der Anstalt. Das bedeutet, daß die Mitnahme oder auch bezweckte Erzielung fiskalischer (Rand-)Nutzungen jedenfalls solange statthaft sein muß, wie die Erfüllung der konkreten Verwaltungsfunktion nicht gefährdet oder ausgeschlossen ist. Dieser Feststellung entspricht das geltende (Anstalts-)Recht auch unmittelbar, indem es für anstaltsrechtliche oder doch anstaltsähnliche Verwaltungsbereiche nahezu durchgehend den Grundsatz der wirtschaftlichen oder kaufmännischen Verwaltungsführung aufstellt und teilweise sogar ausdrücklich die Erwirtschaftung finanzieller Überschüsse vorsieht 84 . Aus diesem Grunde läßt sich zwischen öffentlicher Anstalt und sonstigem (kommunalem) Wirtschaftsunternehmen auch insoweit keine Unterscheidung 80
Anders aber Forsthoff, a. a. O., S. 441, der für die Fälle konkurrierender Teilnahme am Wirtschaftsleben den Anstaltsbegriff ausschließt. — Dagegen aber richtig etwa Hurst, H B K W P I I , S. 835. 81 Vgl. dazu oben S. 66 sowie auch S. 82. 82 Vgl. z. B. Nebinger, a. a. O., S. 154; Hatschek, a. a. O., S. 497; Tubach, Elektrizitätsversorgungsvertrag, S. 7 ff.; Stier-Somlo, HBKomVerfR, S. 259; Schnettler, Betriebe, S. 18, 21 ff.; Wenzel, NJW 61, 2102 ff.; Tautscher, öff. Wirtschaft, S. 185; Matthias, Selbstverwaltung, S. 298; Saitzew, Unternehmung, S. 9; Mellerowicz, Zeitschr. f. handelswiss. Forsch. 36, 93 f.; LG Wiesbaden, NJW 61,2118. 88 Vgl. auch z. B. BGH, NJW 65,1132 (1133); Schmeller, Rechtsstellung, S. 40. 84 Vgl. die umfangreichen Nachw. b. Lerche, Rechtsprobleme, S. 20 N. 103. — Zur analogen Frage der Zulässigkeit fiskalischer Hilfsgeschäfte (-betriebe) vgl. u. a. BGHZ 36, 91 ff. = DVB1. 62, 298 ff. = JZ 62, 176 ff. m. Anm. Zeidler, DVB1. 62, 301 ff. u. Stern, JZ 62, 181 ff.; Stern-Püttner, Gemeindewirtschaft, S. 67 f.; Badura, Verwaltungsmonopol, S. 190; Lerche, a.a.O., S. 18ff.; Jecht, a.a.O., S. 60; Bühler, a. a. O., S. 159 ff.; Siedentopf, Grenzen, S. 28 f.; — vgl. auch bereits oben S. 138. 14 Scholz
210
5. Kap.: Der Begriff der öffentlichen Einrichtung
treffen 85 . Die Frage, ob eine öffentliche Anstalt oder ein (erwerbs-)wirtschaftliches Unternehmen vorliegt, läßt sich nicht nach primär-ökonomischen Gesichtspunkten bzw. nicht danach beantworten, ob das w i r t schaftlich-gewinnmaximierende oder das (eigentliche) öffentlich-funktionelle Moment eines konkreten Anstalts- oder Tätigkeitsbereichs „überwiegt" 8 8 . 2. D i e ö f f e n t l i c h e A n s t a l t i m S y s t e m spezifisch-formaler Verwaltungsfunktionen a) Die formale Einheit des dezisionistischen Verwaltungsbegriffs Ein materieller Anstaltsbegriff läßt sich deshalb nur unter Anlegung formaler Funktionsmaßstäbe errichten; eine Feststellung, die sich exakt m i t der allgemeinen Fragwürdigkeit eines materiellen „Verwaltungs"verständnisses 87 deckt: „Verwaltung" ist i n materieller Hinsicht heute ein weitgehend dezisionärer 88 Begriff, der der kompetentiellen Auffüllung durch die zuständigen Hoheitsorgane bedarf 89 . b) Die öffentliche
Anstalt als funktionaler
Blankettbegriff
Daraus folgt, daß auch ein (abstrakt) materielles Verständnis der öffentlichen Anstalt ausgeschlossen ist. Die funktionale Ausfüllung an85 Vgl. Stern-Püttner, a.a.O., S.60ff.; Lerche, a.a.O., S. 19ff.; Forsthoff, a. a. O., S. 439; 3echt, a. a. O.; Ipsen, NJW 63, 2104 ff.; Hüttl, DÖV 58, 199; Fröhler, BayVBl. 56,139; Wolff, VerwR I I , S. 261 f.; ders., A f K 63,154; Hurst, a. a. O., S. 836; Peters, Lehrb., S. 300; Fleiner, a.a.O., S. 327; Köttgen, DJT-Festschr., S. 593, 605, 613; ders., W D S t R L 6, 122, 155 ff. (vgl. aber auch dens., Betätigung, S. 21); Bühler, a. a. O., S. 112; Schneller, a. a. O.; Zeidler, W D S t R L 19, 232 ff.; Ebersbach, a. a. O., S. 61; Badura, a. a. O., S. 81; Heymann, a. a. O., S. 58 (vgl. aber auch S. 71); Hook, Rechtscharakter, S. 1 f.; Zeiß, EigenbetriebsR, S. 81; Siedentopf, S. 34, 57. — Zum rentierlichen Charakter kommunaler Einrichtungen (und Wirtschaftsunternehmen) vgl. näher Barocka, Kommunalkredit, S. 202 ff.; Stern-Püttner, a. a. O., S. 112 ff. 86 Vgl. auch bereits oben S. 138. 87 Zur Problematik u. materiellen „Leere" des Verwaltungsbegriffs bzw. zum folgenden vgl. bes. Forsthoff, a. a. O., S. 1 ff.; Wolff, VerwR I, S. 7 ff.; Mallmann, W D S t R L 19,167 ff.; Zeidler, ebda, S. 208 ff. (m. w. Nachw. N. 1); Menger, DVB1. 60, 297 ff.; Ronneberger, Staat 63, 129 ff.; E. Becker, W D S t R L 14, 97 ff., 105; ders. in: Rechtsstaatliche Verwaltung, S. 17 ff.; Rumpf, W D S t R L 14,152 ff.; Peters, Wandlungen, S. 5 ff.; ders., Verw., S. 7 f.; Maunz, VerwArchöO, 315 ff.; E. R. Huber, WiVerwR I, S. 109; W. Jellinek, a. a. O., S. 3 ff.; Bettermann, Jellinek-Gedächtnisschr., S. 362; vgl. auch BVerfGE 12, 205 (243). 88 Wobei Dezisionismus in diesem Sinne allerdings nicht mit dem überspannten, im Ausnahmezustand geborenen Dezisionsbegriff C. Schmitts gleichzusetzen ist. „Dezision" heißt zweckrationale Entscheidung der zuständigen Staatsgewalt und nicht „Flucht in die unkontrollierte Irrationalität" (vgl. Bäumlin, Recht, S. 20). 89 Vgl. die Nachw. oben N. 87.
§ 1 Das anstaltsrechtliche Verständnis des Einrichtungsbegriffs
211
staltsrechtlicher Organisationskörper bleibt dem Einzelfall bzw. der konkret-verwaltungsdezisionären Vorentscheidung überlassen und vorbehalten.
B. K r i t i k des abstrakten Anstaltsbegriffs und dessen konkrete Auflösung Eine kritische Würdigung der herrschenden Anstaltslehre muß nach alledem zum Ergebnis kommen, daß der „öffentlichen Anstalt" als institutioneller Kategorie abstrakt-normativer Verwaltungsformation nahezu keine Existenzberechtigung zukommt 9 0 . Der Versuch, die öffentliche Anstalt aus ihrer originären Sphäre verwaltungstypischer Handlungsformen herauszuheben und als statisches Organisationsprinzip der öffentlichen Verwaltung zu konstituieren, ist weitgehend mißglückt. Entscheidend ist dabei die Erkenntnis von der „definitorischen" Ausschließlichkeit der traditionellen Anstaltsformel O. Mayers. Deren bloß deskriptiver Charakter und deren begriffliche Indifferenz rechtfertigen etwa den Vorwurf Röttgens 91, die öffentliche Anstalt sei ein „ j u r i stischer Allerweltsbegriff". Denn der Inhalt dieser Formel paßt nicht nur auf die Anstalt; er könnte auf jede staatliche Verwaltungseinheit (Behörde) zugeschnitten sein 02 , da er jeder elementaren Spezifizierung entbehrt. Er gründet den Anstaltsbegriff nicht auf ein normatives, sondern auf ein mechanisches Konzept. Er markiert dessen Konturen nicht in der Form einer abstrakt vorgegebenen Rechtseinheit, sondern i n der einer technischen Betriebseinheit. Etwas anderes gilt bedingt nur für die rechtsfähige Anstalt, die kraft ihrer juristischen Rechtssubjektivität den Charakter einer eigenständigen Rechts- und Verwaltungsfigur erhalten hat. I n dieser Eigenschaft läßt sich die rechtsfähige Anstalt immerhin i n die Systematik des allgemeinen Verwaltungs- und Organisationsrechts einbauen. Bezüglich 90
Vgl. kritisch auch Röttgen, VVDStRL 6, 110 ff., 129 f.; ders., Grundrecht, S. 23; Maunz, Verw., S. 66; ders. in: Die Verw., S. 21; Jebens, PrVBl. 22, 329; Haas, DVB1. 62, 654; Wolff, AfK 63, 156; ders., VerwR I I , S. 255; Richter, V V D StRL 6, 95; Heymann, a.a.O., S. 24; Schulz, Gemeindeanstalten, S. 9; Jaekel, Anschlußzwang, S. 57 ff.; Schnettler, a. a. O., S. 29. 91 Vgl. Grundrecht, S. 23; — vgl. auch dens., VVDStRL 6, 110: „indifferenter Sammelbegriff"; Maunz, in: Die Verw., S. 21: „völlig verschwommener Begriff"; ders., Verw., S. 66: „formaler Dachbegriff für ganz verschiedenartige Dinge"; Jebens, a. a. O.: „Schon der Ausdruck »Anstalt' an sich ist ebenso unzulänglich, undefinirbar wie andererseits beliebt — so beliebt, daß sein Gebrauch stellenweise selbst die Annahme nahe legt: der ihn Gebrauchende habe sich einer begrifflichen Festlegung des Gewollten gerade entziehen wollen." 92 Nicht inkonsequent deshalb eine breite Gesetzgebungspraxis, die (u. a.) die öffentlichen Anstalten oft unter den Oberbegriff der „Behörden" stellt; — vgl. näher m. Nachw. Büß, DÖV 59,293 f.; Gerth, D Ö V 59, 849 ff. 1*
212
5. Kap.: Der Begriff der öffentlichen Einrichtung
eines normativen „Anstalts"charakters bleibt aber auch sie indifferent, wie die ungelösten Abgrenzungsfragen i m Verhältnis zur öffentlichen Körperschaft 93 und öffentlichen Stiftung 9 4 beweisen 95 . Der nicht-rechtsfähigen Anstalt fehlt dagegen jedes formale Kriterium, sofern man einmal von den komplizierten Abstufungsfragen einer u . U . anzuerkennenden (öffentlich-rechtlichen) Teilrechtsfähigkeit bestimmter (anstaltlicher) Verwaltungsträger absieht. Aus den Gründen organisations-, haushalts- und/oder haftungstechnischer Praktikabilität 9 6 mag ein begrenztes Festhalten am herkömmlichen Ahstaltsbegriff zu vertreten sein; unter dem Aspekt einer dogmatischen Begriffstheorie ist dies aber solange ausgeschlossen, wie es nicht gelungen ist, den Anstaltsbegriff auch juristisch zu untermauern. Definitorische Rückschlüsse auf dritte, m i t anstaltsförmigen Einheiten oft und typischerweise verbundene Rechtsinstitute, wie die externe Nutzbarkeit, erweisen sich deshalb als irrelevant, w e i l sie dem Anstaltsbegriff jedenfalls nicht als solche bzw. von vornherein zugehörig sind. Als verfehlt sind schließlich die bisherigen Versuche einer materiellrechtlichen Lösung des Anstaltsproblems zu beurteilen. Denn der Anstaltsbegriff ist auch i n materieller Hinsicht nicht abstrakt zu fassen. Andererseits dürften diese (neueren) Bestrebungen zumindest die Richtung für eine eher gültige Standortbestimmung des Anstaltsbegriffs gewiesen haben. Durch die funktionelle Öffnung des Anstaltsbegriffs haben sie nämlich indirekt auf dessen traditionellen Handlungsinhalt zurückgegriffen 97 ; ein Ergebnis, das imstande sein müßte, das erstarrt-formelle Verständnis des Anstaltsbegriffs auf neue und elastischere Wege zu lenken. Die öffentliche Anstalt wäre danach jedenfalls nicht mehr (nur) als statisches, sondern auch als dynamisches Verwaltungsprinzip zu begreifen, dessen Strukturen nicht abstrakt, sondern konkret zu bestimmen wären. 93 Vgl. dazu Werner Weber, Körperschaften, S.41 ff.; Heymann, a.a.O., S. 93 ff., 97 ff., 108; Jecht, a.a.O., S.42f., 122 ff.; Peters, Lehrb., S. 113; Ebersback, a.a.O., S.26f.; Bühler, a.a.O., S.215ff.; Wolff, V e r w R I I , S.257; ders., AfK63, 154; E.Becker, Anstalten, S.208; Richter, a.a.O.; Ennecc.-Nipperdey, a. a. O., S. 730 ff. 94 Vgl. dazu Ebersbach, a. a. O., S. 28 ff.; Werner Weber, a. a. O.; Heymann, a. a. O., S. 84 ff., 93 ff.; Bühler, a. a. O., S. 237 ff.; Peters, a. a. O.; Wolff, VerwR I I , S. 258; ders., AfK, a. a. O.; E. Becker, a. a. O.; Ennecc.-Nipperdey, a. a. O. 95 Aus diesem Grunde versagen auch diejenigen Deflnitionsmethoden, die die öffentliche Anstalt i m Wege eines Substraktionsschlusses begreifen wollen (vgl. in diesem Sinne Werner Weber, a. a. O., S. 90 f.; Wolff, VerwR I I , S. 255 f.; ders., AfK, a. a. O.; Ennecc.-Nipperdey, a. a. O., S. 737; — dagegen richtig z. B. Forsthoff, a. a. O., S. 434). 96 Vgl. dazu näher u. a. Heymann, a. a. O., S. 121 ff.; — zur Frage der Haftung der Gemeinden für ihre öffentlichen Einrichtungen vgl. bes. H. Schneider, NJW 62, 705 ff. 97 Vgl. bes. deutlich Heymann, a. a. O., S. 15 u. a.
§ 1 Das anstaltsrechtliche Verständnis des Einrichtungsbegriffs
213
Eine solche Neuorientierung des Anstaltsbegriffs könnte etwa folgende — zumindest hier aktuelle — Bahn beschreiten: Es ist primär nicht mehr auf die (vermeintliche) Rechtsinstitution „Anstalt", sondern auf die typisch-,,anstaltlichen" Rechtsfolgen abzustellen. Erweist sich ein verwaltungsrechtlicher Sachverhalt nämlich i n seinen konkreten gewalten- oder organisationsrechtlichen Inhalten als „anstalts"artige oder -ähnliche Formation, so ist richtigerweise auf die herkömmlichen Beurteilungsmaßstäbe anstaltsrechtlicher Verhaltensweisen zurückzugreifen; — m i t anderen Worten: Die Frage nach der Existenz einer Anstalt i m technischen Sinne w i r d sekundär gegenüber der Frage, ob eine t y pisch „anstaltliche" Rechtsfolge besteht. I n diesem Sinne ist z.B. auf die gerade i m Anstaltsrecht dominierende und i n besonderer Weise geprägte, wenn auch i n mancher H i n sicht heute reformbedürftige Lehre vom besonderen Gewaltverhältnis 9 8 hinzuweisen. Dessen qualifizierte „Anstalts"konzeption ist für alle, nicht nur für die technisch-anstaltlichen, Rechtsverhältnisse von Bedeutung, i n denen der Bürger einem Träger öffentlicher Verwaltung tatsächlich i n einer entsprechend verdichteten Gewalt- oder Abhängigkeitslage gegenübertritt. Das bedeutet, daß das „anstaltliche" Rechtsfolgenverständnis zur normativen Verfeinerung (auch) analoger Eingriffssysteme dienen würde. I n diesem Sinne sind auch jüngere, auf ein einheitliches Begriffsverständnis von öffentlicher Anstalt und öffentlicher Sache zielende Bestrebungen 99 für sinnvoll und berechtigt zu erachten 100 . Denn auch die Benutzung und Abhängigkeit von öffentlichen Sachen (oder auch von 98 Vgl. dazu bes. Krüger, W D S t R L 15,109 ff.; Ule, ebda., S. 133 ff.; Spanner, DÖV 63, 27 ff., 4971; Dürig, AöR 81, 152 ff.; Maunz-Dürig, GG, Art. 19 I V Rdnr. 251; Brohm, DÖV 64, 238 ff.; Kellner, D Ö V 63, 418 ff.; Jesch, Gesetz, S. 206 ff.; Rauch, Geltung, S. 20 ff.; Leisner, DVB1.60, 617 ff.; ders., Grundrechte, S. 124 f.; v. Münch, Meinungsäußerung, S. 14 ff.; ders., JZ 58, 73 ff.; Thieme, D Ö V 56, 521 ff.; ders., JZ 64, 81 ff.; Bachof, W D S t R L 12, 58ff.; ders., Laforet-Festschr., S. 285 ff.; Obermayer, VerwA, S. 84 ff., 121; E. Becker, W D S t R L 14, 96; Imboden, Gesetz, S. 14 („institutionelle Verkleidung einer behördlichen Verfügungsermächtigung"). — Zum speziell-anstaltlichen Nutzungs- und Gewaltverhältnis vgl. bes. Jecht, a. a. O., S. 106 ff., 127; Rauch, a. a. O., S. 21 ff., 32 ff.; O. Mayer, VerwR I I , S. 268 ff., 284 ff.; Wolff, VerwR I I , S. 265 ff.; Forsthoff, Lehrb., S. 442 ff.; Siebert, Niedermeyer-Festschr., S. 222 ff.; Doms, Recht auf Benutzung, S.22ff.; E. R. Huber, WiVerwR I, S. 117ff.; Nebinger, a.a.O., S. 143ff.; Maunz, in: Die Verw., S. 3 0 f f . ; W . Jellinek, a.a.O., S. 515; Hurst, a.a.O., S. 845 ff.; Stern-Püttner, a. a. O., S. 80 ff.; Siedentopf, a. a. O., S. 85 ff., 92 ff. 99
Vgl. bes. Werner Weber, W D S t R L 21, 146 ff., 1521, 157 ff.; Fobbe, Gemeingebrauch, S. 67 ff., 117 ff.; Haas, DVB1.62, 654; — ablehnend aber bes. Stern, W D S t R L 21,191, 262; Fuß, ebda, S. 238; Bullinger, ebda, S. 248 f.; Salzwedel, D Ö V 63, 242. 100 I n diesem Sinne wohl auch Bettermann, W D S t R L 21,245 f.
214
5. Kap.: Der Begriff der öffentlichen Einrichtung
nutzungsorientierten Behörden) gleicht i n der Wirkung Gewalt- oder Eingriffssituationen 101 .
oft anstaltlichen
Es kommt also entscheidend auf die subjektive Rechtsstellung des individuellen Nutzers, Leistungsempfängers oder überhaupt Gewaltunterworfenen an 1 0 2 . Die Beschaffenheit des objektiven Verwaltungsrechtsverhältnisses ist unerheblich, weil relativ. Die Existenz eines äußerlicheinheitlichen (Verwaltungs-)Trägers sagt über die Rechtsnatur der konkreten Leistungs-(Gewalt-)beziehungen noch nichts Verbindliches aus 103 . Denn der subjektive Rechtsgrund der einzelnen Leistung kann verschieden sein. Dies beweisen m i t besonderer Deutlichkeit die oben 104 aufgezeigten Fälle der funktionellen und/oder organisatorischen Verschmelzung von verwaltungs- und wirtschaftsrechtlichen Leistungsinhalten bei den gemeindlichen Einrichtungen, Eigenbetrieben und Wirtschaftsunternehmen 105 . Hier sind von vornherein nur partielle, d. h. nur individuell erkennbare und konkret beurteilbare Anstaltsgehalte indiziert 1 0 6 . Dieses Verfahren, den Anstaltsbegriff konkret aufzuschließen, verspricht auch i n formell-organisationsrechtlicher Hinsicht maßgebenden 101
Vgl. nachdrücklich auch Bachof, W D S t R L 12, 57 f. Vgl. auch BGH, JZ 62, 217 (218); BGHZ 9, 145 (147); 16, 111 (112); BGH, DVB1. 64, 581 f.; BVerwG, NJW 64, 2075 (2076 ff.); BayVerfGH, DÖV 60, 833 (834); BayVGH, BayVBl. 58, 281 (283f.); Gönnenwein f JZ 62, 219; Siebert, a.a.O., S. 225 ff.; Bühler, a. a. O., S. 160; Röttgen, VVDStRL 6, 122 ff.; — a. A. aber z. B. BVerwGE 7,180 (182); BVerwG, NJW 62,1535; DVB1. 61, 207 ff.; O V G Saarlouis, JZ 61, 673 f.; O V G Lüneburg, DVB1. 64, 365 (366), die mehr auf den objektiven Rechtscharakter der konkreten Aufgabe bzw. mehr auf die organisatorische Gestaltung des Verwaltungsträgers selbst abstellen. 103 Vgl. bes. Siebert, a. a. O. 104 Vgl. S. 137 f. 105 Als ähnlich problematisch haben sich z. B. die Rechtsverhältnisse der gemeindlichen Krankenhäuser erwiesen. Auch hier kann nur individualisierend, d.h. nach der konkreten Rechtsstellung des einzelnen Patienten vorgegangen werden. — Vgl. dazu näher Siebert, a. a. O., S. 222 ff.; allgemein zum Krankenhaus„vertrag" vgl. Uhlenbruck, NJW 64, 431 ff.; Der Krankenhausvertrag, S. 9 ff. 106 Vgl. auch z.B. Zeitler-Bitter-Derschau, DGO, §17 Erl.2; MuntzkeSchlempp, HessGO § 19 Erl. V I I I ; PrOVGE 45, 155 (158 ff.). — Volle Anerkennung hat diese getrennte Sicht partieller Verwaltungs-(Anstalts-) und Wirtschaftsgehalte etwa im Steuerrecht gefunden. I m Rahmen seiner Rechtspr. zu §§ 1 I I , 4 K S t D V hat der BFH bewußt zwischen diesen beiden Tätigkeitsbereichen unterschieden und den eigenbetrieblichen Querverbund richtig als einen nur kommunalrechtlichen bzw. (und genauer) kommunalwirtschaftlichen Vorgang bezeichnet (vgl. BFH, BStBl. I I I 1955, 210; 1956, 133 (134), 166 (167 f.); 1962, 448 (449f.). — Ablehnend demgegenüber Schauwecker-Münch, BadWüEigbG, §19 Anm. 2; vgl. dazu auch Zeiß, EigenbetriebsR, §23 Erl. 5; Erlewein, DÖV 52,177). — I m weiteren Zusammenhang stellt sich die hier verwandte Methode als eine Parallele zu der insbes. von Molitor, öffentliches Recht, S. 51 ff., für die Abgrenzung von öffentlichem und Privatrecht vertretenen sog. Anspruchstheorie dar. 102
§ 1 Das anstaltsrechtliche Verständnis des Einrichtungsbegriffs
215
Nutzen. Es zwingt den staatlichen oder kommunalen Organisationsgeber nämlich dazu, jeden einzelnen Organisationsakt inhaltlich genau und präzise zu fassen, und verhindert, daß Tatbestände, die diesen Erfordernissen nicht genügen, vorschnell in die resultative, aber nicht fundierte Sphäre abstrakter Begriffsbildungen übernommen werden. Aus diesen Gründen soll i m folgenden, soweit nicht i m Einzelfall das Bestehen einer technischen, regelmäßig also rechtsfähigen, Anstalt definitiv festzustellen ist, nur noch von anstaltsähnlichen Rechtsverhältnissen gesprochen werden. Anstaltsähnlich ist i n diesem Sinne ein Rechtsverhältnis, wenn es konkret durch die typusprägende Existenz bzw. Auslösung spezifisch„ anstaltlicher" Organisationsmerkmale oder Rechtsfolgen gekennzeichnet ist.
C. Die öffentliche Einrichtung als konkreter Anstaltstypus I. Die konkret-formalen Anstaltselemente der öffentlichen Einrichtung
1. D i e t y p i s c h - a n s t a l t l i c h e
Einrichtung
Der existentielle Befund des Einrichtungswesens 107 weist die öffentliche Einrichtung i n vielen Fällen als („anstalts"-)technische Betriebseinheit aus. I n verschiedenen Fällen verdichtet sich diese mechanische Betriebsstruktur auch rechtlich zur verwaltenden Anstaltsformation. Organisationsbegründend w i r k t dabei regelmäßig die hoheitliche, kommunale oder auch staatliche Widmung zum individuellen Bürgernutzen. Insoweit entspricht die öffentliche Einrichtung den Begriffsmerkmalen der nutzbaren Anstalt 1 0 8 . M i t dieser Feststellung sind allerdings gleichzeitig die Grenzen einer anstaltsformellen Einrichtungslehre aufgezeigt: Die herkömmlichen Ordnungskategorien des Anstaltsrechts sind stets, aber auch nur dann maßgebend, wenn die formale Deklaration zur „Einrichtung" bzw. „ A n stalt" positiv nachweisbar ist. I n diesem Falle folgt die „öffentliche Einrichtung" in der Regel und uneingeschränkt der Formentypik des anstaltlichen Organisationsrechts (typisch-anstaltliche Einrichtung) und kann sowohl rechtsfähige wie nicht-rechtsfähige, öffentlich-rechtliche wie privatrechtliche Anstalt sein 109 . 107
Vgl. das oben S. 17 referierte Anschauungsmaterial.
108
Vgl. z. B. auch Suren-Loschelder, DGO, § 17 Erl. 2.
109
Vgl. bereits oben S. 21 ff., 31 ff.
216
5. Kap.: Der Begriff der öffentlichen Einrichtung 2. D i e
atypisch-anstaltliche
Einrichtung
Als atypisch-anstaltliche Einrichtungen seien alle die — problematischen — Fälle bezeichnet, die nicht wie die typisch-anstaltlichen Einrichtungen dem abstrakten B i l d des formellen Anstaltsbegriffs entsprechen und für die herrschende, Einrichtung und Anstalt identifizierende Lehre 1 1 0 kaum kommensurabel sind. I n ihren gegenständlichen Formationen erscheinen diese Einrichtungen als anstaltsähnliche bzw. als solche Rechtsverhältnisse, die zumindest das Merkmal einer „anstaltlich"-organisierten Leistungsbeziehimg erfüllen. Sachlich kann es sich dabei durchaus u m (bloße) öffentliche Sachen 111 oder u m (schlichte) Behörden 112 handeln, die der allgemeinen Kommunalverwaltung voll eingegliedert sind. Erforderlich ist nur die organisierte Ausrichtung bestimmter Sach- oder Betriebssubstrate auf eine „anstalts" förmige Nutzungskonstellation, die i n ihrer zulassungs- oder sonst eingriffsrechtlichen Gewaltstruktur über allgemeinere Nutzungsformen wie den (nur-)tatsächlichen Gemeingebrauch hinausgeht. Als K r i t e r i u m dienen hierfür die rechtsförmliche Anerkennung eines subjektiv-öffentlich-rechtlichen Benutzungsanspruchs i m Sinne des § 17 DGO etc. oder dessen konkludente Anerkennung, ggf. auch die reale Existenz einer graduell verschärften Gewaltbeziehung, die in ihren konkreten Rechtswirkungen den formellen oder auch nur materiellen I n halten einer anstaltlichen Benutzungsordnung gleichkommt. So kann z.B. ein gemeindlicher Park, Brunnen, Sport- oder Kinderspielplatz freiheitsrechtlichen (Zulassungs-)Beschränkungen unterliegen, die i h m bereits die Qualität des anstaltsähnlichen Rechtsverhältnisses und damit die Eigenschaft einer öffentlichen Einrichtung („Anstalt") vermitteln 1 1 3 . I m einzelnen sind hier die Grenzen allerdings und wie bereits dargetan flüssig 114 . 110
Vgl. die Nachw. oben S. 33 N. 81. Vgl. im Ergebnis z.B. Kunz-Guba-Theißig, DGO, §17 E r l . 2 a ; G. Küchenhof -Berger, DGO, § 17 Erl. 4 d; Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 474; Masson, BayGO, Art. 21 Erl. 4; H. Schneider, NJW 62, 705; OVG Lüneburg, DVB1. 64, 365 (366); Stier-Somlo, HBKomVerfR, S. 258; wohl auch Schattenfroh, DGO, § 17 Anm. I I I 2 b; Röttgen, DJT-Festschr., S. 604 f.; i m Sinne eines Oberbegriffs der öffentlichen Sachen auch Muntzke-Schlempp, HessGO, § 19 Erl. I I I ; — generell ablehnend demgegenüber: BGH, NJW 64, 1472 (1474); Hurst, a.a.O., S. 834; Hölzl, BayGO, Art. 21 Erl. 3; Kunze-Schmid, BadWüGO, §10 Erl. I I 2; H. J. Schmidt, DÖV 63, 217; Salzwedel, DÖV 63, 245 f.; Badura, JuS 66, 19 f.; Kottenberg, NrwGO, § 18 Erl. I ; Göbel, BadWüGO, § 10 Erl. 6; im Grundsatz auch Scheuner, Gieseke-Festschr., S. 75 ff. 111
112 113
Vgl. auch Gönnenwein, a. a. O., S. 474; Klüber, Städtetag 63,492. Vgl. Werner Weber, W D S t R L 21,176 ff. Vgl. S. 2 0 6 1
§ 1 Das anstaltsrechtliche Verständnis des Einrichtungsbegriffs217 Da die modernen, jüngst besonders von Werner Weber nachgewiesenen Tendenzen des öffentlichen Sachenrechts deutlich i n die Richtung einer zunehmenden „Veranstaltlichung" der öffentlichen Sachen weisen 115 , ist es allein konsequent, wenn der bayerische Kommunalverfassungsgeber i n den bereits wiedergegebenen Vorschriften der A r t . 21 I V BayGO, 15 I V B a y L K O die gemeingebräuchlichen „Einrichtungen" zunächst unter den Oberbegriff der „öffentlichen Einrichtungen" gestellt hat und die eigentliche Abgrenzung erst der nutzungsrechtlichen Qualifizierung des Einzelfalls überlassen hat. Die i n vielen Fällen bestehende Gleichheit der materiellen Rechtsfolgen rechtfertigt i m Ergebnis die Meinung 1 1 6 , daß der Begriff der öffentlichen Einrichtung weiter als der der öffentlichen Anstalt i m herkömmlichen Sinne aufzufassen ist 1 1 7 . Eine öffentliche Einrichtung kann m i t h i n nur dann vorliegen, wenn die konkrete Benutzung eines von der Gemeinde zur Allgemeinbenutzung freigegebenen Verwaltungsinstituts oder einer überhaupt nur nutzbaren Verwaltungstätigkeit 1 1 8 der Gemeinde den benutzenden Bürger i n ein dem besonderen (anstaltsrechtlichen) Gewaltverhältnis vergleichbares Abhängigkeits- oder Subordinationsverhältnis bringt.
I I . Die konkret-materiellen Anstaltselemente der öffentlichen Einrichtung
Nachdem die öffentliche Einrichtung sich oben als universelle Zweckeinheit der gemeindlichen Verwaltung erwiesen hat 1 1 9 , bleibt für deren funktionsrechtliche Ausfüllung i m Sinne des materiellen Anstaltsbegriffs nur wenig Raum. Die funktionellen Grundlagen des Einrichtungswesens 115
Vgl. dazu oben S. 206 f. Vgl. z.B. Zeitler-Bitter-Derschau, DGO, §17 Erl.2; Suren-Loschelder, DGO, §17 Erl.2; T. Müller, BadWüLKO, §22 E r l . l ; H. Schneider, a.a.O.; Nebinger, a. a. O., S. 139; Heymann, a. a. O., S. 23 f., 28; He$sVGH, DVB1. 51, 737; O V G Lüneburg, a. a. O. 117 Eine gewisse Anlehnung an diese Meinung enthalten jüngere Bestrebungen, die entweder unter Verzicht auf den traditionellen Anstaltsbegriff oder unter dessen Einbeziehung den Begriff der „öffentlichen Einrichtung" zur Reform des öffentlichen Sachenrechts bemühen und zum übergeordneten Zentralbegriff erheben wollen (vgl. in diesem Sinne bes. Haas, DVB1. 62,654). 118 Vgl. in diesem Sinne auch die Rspr. des BSG (vgl. BSGE 6, 74 ff.; BSG t D Ö V 63, 148) zu Nr. 39 (Sp. I I I ) der Anlage zur 5. B K V O v. 26. 7. 52 (BGBl. I 395). Das BSG legt den hier verwandten Begriff der „Einrichtungen und Tätigkeiten in der öffentlichen... Wohlfahrtspflege und im Gesundheitsdienst" wahlweise aus, indem es allein auf die erforderlichen Maßnahmen abstellt und so u.a. auch zu dem Ergebnis gelangt, daß z. B. das Wohlfahrts-(Fürsorge-, Sozial-)amt einer Gemeindeverwaltung eine „Einrichtung" der öffentlichen Wohlfahrtspflege darstellt, obwohl derartige Ämter technisch sicherlich nur „Behörden" sind. — I m Sinne eines dynamischen, d.h. bloß tätigkeitsorientierten Einrichtungsbegriffs vgl. auch schon Stier-Somlo, a. a. O. 119 Vgl. oben S. 16 ff. 116
218
5. Kap.: Der Begriff der öffentlichen Einrichtung
umschließen einen Radius, dessen Inhalt sich — i n Verbindung m i t der formellen Nutzungskomponente des Einrichtungsbegriffs — allenfalls noch unter den pauschalen Oberbegriff der gemeindlichen Leistungsverwaltung stellen ließe. Dieser Begriff ist indessen nicht fungibel.
I I I . Ergebnis
Zusammenfassend ist demnach festzustellen, daß die öffentliche Einrichtung sich nicht nur als Kategorie des statischen Organisationsrechts, sondern auch als Kategorie spezifischen Handlungsrechts darstellt. Als wesensmäßiges und begriffsprägendes Merkmal der öffentlichen Einrichtung erscheint nicht die institutionelle Rechtsform eines abstrakt vorgegebenen Organisationstypus, sondern die konkrete Existenz einer anstaltlich oder anstaltsähnlich verfaßten Leistungsbeziehung. Dieser Tatbestand kann zwar (auch) m i t der Rechtsgestalt der öffentlichen A n stalt verknüpft sein (typisch-anstaltliche Einrichtung), muß dies aber nicht (atypisch-anstaltliche Einrichtung). Das Wesen der öffentlichen Einrichtung läßt sich begriffstheoretisch deshalb nur relativ, d.h. anhand des konkret-leistungsverwaltenden Rechtsverhältnisses zwischen Gemeinde und Bürger, und nicht absolut, d. h. anhand der abstrakten Gegebenheiten des innergemeindlichen Organisationsrechts, erklären. Das Problem des einrichtungsbegründenden Organisationsakts ist dam i t immerhin auf den nutzungsrechtlichen Effekt einer hoheitlich intendierten Leistungsgewährung reduziert, läßt aber auch i n dieser Beschränkung noch viel an Klarheit vermissen. Als brauchbares K r i t e r i u m bietet sich nur die formell-deklarierende (besonders satzungsrechtliche) Nutzungseröffnung durch die zuständigen Gemeindeorgane an; ein K r i t e r i u m also, das nicht i n der Lage ist, die breite Skala der mittelbaren, konkludenten, stillschweigenden usw. Nutzungseröffnungen aufzunehmen. Diese Fälle bleiben definitionsmäßig weiterhin ungeklärt. Die herrschende Meinung 1 2 0 behilft sich demgegenüber meist mit dem Hinweis, daß immerhin die Vermutung für das Vorliegen einer öffentlichen Einrichtung streite. Dieses K r i t e r i u m ist indessen weder in rechtlicher noch i n tatsächlicher Hinsicht zur Abgrenzung imstande. Da die allgemeinen Grundsätze des Organisationsrechts für diesen Fragenkomplex demnach keine A n t w o r t bereithalten, gilt es, nach anderen Maßstäben zu suchen, die eher geeignet sind, der spezifischen Nutzungstypik der öffentlichen Einrichtung gerecht zu werden. 120
Vgl. z.B. Hurst, a.a.O., S. 836; Surin-Loschelder, Peters, Lehrb., S. 300; Galette-Laux, SchlHGO, § 18 Erl. 1 c.
DGO, §17 Erl.2;
§
Das statsrechtliche Verständnis des Einrichtungsbegriffs219
§ 2 Das statusrechtliche Verständnis des Einrichtungsbegriffs Als K r i t e r i u m hierfür und materialer Maßstab bieten sich die statusrechtlichen Grundlagen des Einrichtungswesens an. A. Die öffentliche Einrichtung als Ausdrude des gemeindlichen Bürgerstatus I n ihrer statusrechtlichen Zuordnung ist die öffentliche Einrichtung definitiv anspruchsgebunden. Sie verwirklicht den bürgerschaftlichen status positivus (socialis) und findet ihr funktionelles Pendant i n der allgemeinen Verpflichtung der Gemeinden, die für das Wohl ihrer Einwohner erforderlichen sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Einrichtungen zu schaffen 1. B. Das Leistungsverhältnis als konkretes Begriffskriterium Aus dieser Feststellung folgt zunächst die Richtigkeit des bereits oben 2 , aus anstaltlichen Rechtsgrundsätzen abgeleiteten Ergebnisses, daß der begrifflich entscheidende Akzent i n der nutzungs- oder leistungsrechtlichen Einrichtungskomponente zu suchen ist. I . Das formelle Leistungsverhältnis
Wie bereits oben ausgeführt wurde 5 , versteht die herrschende Lehre den bürgerschaftlichen Einrichtungsstatus grundsätzlich nur als formelles Rechtsverhältnis: Eine öffentliche Einrichtung soll danach nur vorliegen, wenn die Gemeinde ein ihr zugehöriges Verwaltungsinstitut durch ausdrücklichen Willensentscheid der bürgerschaftlichen Nutzung eröffnet (und mit einer entsprechenden Nutzungsordnung ausgestattet) hat (formelles Leistungsverhältnis). Dem Bürger soll ein entsprechendes Nutzungsrecht nur i m Rahmen objektiv vorgegebener Einrichtungen zustehen 4 . Er soll keine weitergehenden Ansprüche, etwa auf Benutzung nicht-einrichtungs„gewid1
Vgl. S. 85 ff. Vgl. S. 218. 8 Vgl. S. 86 ff. 4 Vgl. z.B. Surin-Loschelder, DGO, §17 Erl. 3; Bleek-Loschelder, PrLGO, §8 Erl. V ; Kunze-Schmid, BadWüGO, §10 Erl. I I 4 b; Muntzke-Schlempp, HessGO, §19 Erl. X I I , §20 Erl. I I ; Zeitler-Bitter-Derschau, DGO, §17 Erl. 3; Hölzl, BayGO, Art. 21 Erl. 4 a; Helmreich-Widtmann, BayGO, Art. 21 Erl. 3; BVerwG, BB 65, 727; PrOVGE 80,47 (49 f.). 8
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5. Kap.: Der Begriff der öffentlichen Einrichtung
meter" Verwaltungsstellen oder gar auf Schaffung von etwa benötigten Einrichtungen bzw. Beibehaltung aufgelöster Einrichtungen haben 5 . Die definitorische Wirksamkeit dieser (begrenzt-)formellen Ausdeutung des § 17 DGO etc. ist indessen unzulänglich. Denn sie beläßt den Einrichtungsbegriff letztlich doch i n der begrifflichen Dunkelzone des überkommenen Anstaltsrechts. Immerhin erscheint aber das formelle Leistungsverhältnis zunächst als ein begriffsprägender Grundtypus institutioneller Einrichtungsformationen. I I . Das materielle Leistungsverhältnis
Die zweite und originäre Leistungsfunktion der öffentlichen Einrichtung gründet sich auf deren materiell-rechtlichen Statuswert 6 ; eine Erkenntnis, die es prinzipiell schon angezeigt sein läßt, auch das einrichtungsrechtliche Leistungsverhältnis als ein i m Grundsatz materielles Rechtsverhältnis zu begreifen. Die Schwierigkeit, die rechtsinhaltliche Substanz eines solchen Leistungsverhältnisses zu bestimmen, gründet sich indessen und nach wie vor auf die komplexe Aufgabenstruktur der gemeindlichen Einrichtungsverwaltungen. Deren zweckuniversale und -variable Rechtsnatur schließt jede abstrakte Begriffsformel aus. Ein materielles Leistungsverhältnis kann deshalb nur ein konkretes sein. I m Gegensatz zu der Begründung einer formellen Leistungsbeziehimg kann eine derartige, konkrete Rechtsbeziehung nur „zwischen" dem objektiven Funktions- und dem subjektiven Anspruchswert einer Einrichtung liegen; oder anders ausgedrückt: Ein materieller Leistungsstfctus kann sich nur relativ aus der konkret-funktions„betroffenen" Rechtsposition des einzelnen Gemeindeeinwohners ergeben. Für die begriffliche und rechtsaktuelle Spezifizierung eines solchen materiellen Leistungsverhältnisses bedarf es demnach eines verdichtenden 7 Kriteriums, das die leistungsbezogene Typik des einrichtungsrecht5 Vgl. Doms, Recht auf Benutzung, S. 53 f.; Hurst, a. a. O., S. 843; MuntzkeSchlempp, a. a. O., § 19 Erl. X I ; Kunze-Schmid, a. a. O., Erl. I I 2c; Peters, a.a.O., S. 301; Salzwedel, Kommunalrecht, S.244; Göbel, BadWüGÖ, §10 Erl. 10; Lüersen-Neuffer, NdsGO, §22 Anm. 1; Hölzl, a. a. O., Erl. 4 b; Helmreich-Widtmann, a.a.O.; Bleek-Loschelder, a.a.O.; Matthias, Selbstverwaltung, S.299; Forsthoff, V V D S t R L 12, 20 N. 15; Stier-Somlo, a.a.O., S.263; BVerwG, BB 65, 727; OVG Berlin, DVB1. 65, 530 (532); — vgl. aber auch BVerwGE 18, 40 (41 ff.) u. O V G Münster, DVB1. 61, 525 f. (zum Anspruch auf Schaffung bzw. Beibehaltung bestimmter Schulen!). 6 Vgl. oben S. 87 f. 7 Vgl. auch Forsthoff, V V D S t R L 12,20 N. 15.
§
Das statsrechtliche Verständnis des Einrichtungsbegriffs221
liehen Statusbegriffs auf einen definitiven Kernbestand statusgesicherter Leistungssubjektivität konzentriert 8 und damit die erforderliche Rechtsbeziehung zwischen objektiver Verwaltungsaufgabe und subjektivem Anspruchsrecht herstellt. Methodisch entspricht dieses Verfahren den allgemeinen Grundsätzen des geltenden Leistungsverwaltungsrechts, das beim Fehlen abstraktanspruchsgewährender Leistungsnormen nur den konkreten Rückschluß von der individuellen Rechtsstellung desjenigen her kennt und zuläßt, der eine bestimmte Leistung von der öffentlichen Hand begehrt. Rechtlich entspricht diese Fragestellung der vorausgesetzten Zusammenschau von demokratischem und genossenschaftlichem Statusprinzip 9 . Denn die Grenzen der demokratischen Funktionshoheit bleiben damit trotz der genossenschaftlichen Materialität eines (rechtsvorgegebenen) Anspruchs grundsätzlich gewahrt. Zur statusadäquaten Bestimmung des materiellen Leistungsverhältnisses bedarf es folglich der Ausbildung und Zwischenschaltung rechtlicher Kriterien, die a) das statusgebundene Verhältnis von Einwohner und Gemeinde einer aktualisierenden Rechtsanwendung eröffnen und b) die materiell-rechtliche Leistungssubjektivität Einrichtungsleistung bestimmen.
einer
konkreten
M i t der Auffindung dieser Kriterien würde das materielle Leistungsverhältnis nicht nur als ergänzendes Instrument zur materialen Ausfüllung des einrichtungsrechtlichen Bürgerstatus dienen, sondern auch eine gültige Definition des Einrichtungsbegriffs ermöglichen. Denn das Grundmoment des materiellen Leistungsverhältnisses, die individualrechtliche Leistungsbeziehung zwischen Gemeinde und Bürger, bestünde unabhängig von den Mängeln und begrifflichen Unklarheiten, die jeder formellen Leistungs- und Organisationskonstruktion anhingen.
1. D i e e i n g r i f f s r e c h t l i c h e
Grundbeziehung
Das prägende Grundelement jeder Rechtsbeziehung zwischen Staat/ Gemeinde und Bürger findet sich i n der allgemeinen Eingriffsvorstellung. Denn i n deren instrumentalem und logischem Bezug äußert sich 8
Vgl. in dieser Richtung auch z. B. die Rspr. des BVerfG zur Ableitung „grundrechtsähnlicher Individualrechte" aus der objektiven Institutsgarantie des Art. 33 V GG: Das BVerfG stellt hier auf den „Kernbestand" einer „des Grundrechtsschutzes (z. B. Art. 14 GG) fähigen Rechtsposition des Bürgers gegenüber dem Staat" ab (vgl. BVerfG, NJW 63, 1395; BVerfGE 8, 1 (17); vgl. zum Ganzen auch Rohwer-Kahlmann, DVB1.64,7 ff.). • Vgl. S. 87 ff.
222
5. Kap.: Der Begriff der öffentlichen Einrichtung
jede Rechtsfolge und jeder Rechtsmaßstab der rechtsstaatlichen Ordnung 1 0 . Das rechtliche Verständnis des Eingriffsschemas, das (bisher) an die Momente der Unmittelbarkeit und Gezieltheit einer hoheitlichen Maßnahme sowie an das liberale Leitbild der Verbürgung von Freiheit und Eigentum anknüpfte, hat sich heute allerdings als reform- und erweiterungsbedürftig erwiesen. Die häufig verwandelten Beschränkungstechniken der hoheitlichen Machtentfaltung und die veränderten Bedingungen einer auch sozialstaatlichen Rechtsgüterordnung haben die Ausbildung eines modifizierten und vor allem ambivalenten Eingriffssystems erforderlich gemacht, das nicht nur der durch die Ausübung von obrigkeitlichem „Zwang" indizierten „Eingriffs"verwaltung, sondern auch der modernen Leistungsverwaltung gerecht wird 1 1 . Denn deren Handlungsformen und Mechanismen entziehen sich allzu oft den Begriffskategorien des überkommenen „Eingriffs"denkens. Ihre sachlichen W i r kungsweisen sind z.B. und oft nur noch m i t den Einflüssen marktbeherrschender Unternehmen zu vergleichen 12 oder von vornherein auf die Auslösung bloß mittelbarer 1 8 oder unterlassener 14 Rechtsbeschneidungen angelegt 15 . 10 Vgl. zuletzt und in Abwehr jüngerer Bestrebungen, die sich — vor allem unter Berufung auf die institutionelle „Totalität des verfassungsrechtlichen Wertsystems" (Häberle, Wesensgehaltsgarantie, S. 4 ff., 134 ff.) — weitgehend vom Eingriffsdenken lösen wollen, Lerche, D Ö V 65, 212 ff.; Forsthoff, Staat 63, 387 ff. 11 Vgl. nachdrücklich bes. Bachof, W D S t R L 12, 57 f., 63 f.; 19, 259 f., 263; ders., DÖV 53, 423; ders., Grundrechte I I I / l , S. 175; — a.A. z.B. Forsthoff, BayVBl. 64,102 u. a.; Rupp, Privateigentum, S. 25 N. 43. 18 Vgl. Rupp, a. a. O. 18 Vgl. dazu näher bes. Lerche, Übermaß, S. 106, 114, 258 ff.; ders., DVB1. 58, 526 ff.; ders., D Ö V 61, 486 ff.; 65, 213; ders., JuS 61, 239 ff.; Rupp, Grundfragen, S. 267 ff.; Fromm, VerwArch. 56, 26 ff.; Schack, JZ 60, 625 ff.; Bachof, W D S t R L 12, 55 ff.; Jaenicke, W D S t R L 20, 135 ff.; Leisner, ebda., S. 185 ff.; Bellstedt, Grenzen, bes. S. 33 ff.; Imboden, Gesetz, S. 18 ff.; Jesch, Gesetz, S. 108 ff., 175 ff.; Jonas, Staat 63, 281 ff.; Röttgen, Spielraum, S. 42 ff.; Neumann, Verw., S. 17 f.; Bernhardt, JZ 63, 302 ff.; BVerfGE 8, 155 (167); 18, 1 (12 f.); BVerfG, NJW 63, 1001; 63, 1195 (1196); 64, 291 (292); BVerwGE 6, 282 (287 ff.); BVerwG, NJW 62, 1075 f.; BGHZ 23,157 (161 ff.); VGH Kassel, DVB1. 63,443 (447 ff.). 14 Vgl. dazu allgem. und im bes. Lerche, Übermaß, S. 265 f.; ders., AöR 90, 350 ff.; Seiwerth, Verfassungsbeschwerde, S. 46 ff., 85, 93; Stern, DVB1. 63, 696; Kalkbrenner, DÖV 63, 41 ff.; Zacher, BayVBl. 62, 261; BVerfGE 6, 257 (264 ff.); 8, 1 (9 f., 20); 8, 28 (35, 37); 8, 122 (131, 138 f.); 9, 338 (342); BayVerfGH, D Ö V 65, 772 ff.; BayVGH, DÖV 65, 420 (421); — zum Verfahrensrechtlichen vgl. auch Bettermann, AöR 86,153; R. Schneider, AöR 89, 24 ff. 15 Zu wechselseitigen Verschränkungen von Eingriffs- und Leistungsverwaltung vgl. außer den Nachw. N. 11 und N. 13 Werner, NJW 53, 768; 56,1626 f.; ders., DVB1. 59, 530; E. Becker, W D S t R L 14, 109 f.; Zeidler, VerwR, S. 19; Loschelder, DVB1. 57, 819 ff.; Beinhardt, DVB1. 61, 608 ff.; Ekk. Stein, AöR 86, 322 ff.
§
Das statsrechtliche Verständnis des Einrichtungsbegriffs
223
Das bedeutet natürlich nicht, daß das juristische „Eingriffs"- oder „Gewalt"verständnis i n die Sphäre der bloßen Faktizität verlagert werden dürfte 1 6 . Auch „öffentliche Gewalt" i m revidierten und erweiterten „Eingriffs"sinne w i r d nur dann ausgeübt, wenn eine spezifischverwaltungsrechtliche Machtäußerung an öffentlich-rechtlich geschützte, d.h. dem status negativus oder status positivus zugehörende Rechtspositionen des Bürgers rührt. Als Maßstab für die konkrete Rechtsverletzung bietet sich nach dem Ausfallen der traditionellen Kriterien das Prinzip des Übermaßverbots an, dessen Effizienz für die „Rechts"- und „Eingriffs"bestimmung überhaupt Lerche nachgewiesen hat 1 7 . Danach ist erst das aktuell-übermäßige, d.h. das gegen die Grundsätze der Erforderlichkeit und/oder Verhältnismäßigkeit verstoßende Eindringen i n einen bestimmten Rechtsbezirk eingriffswirksam (eingriff sgleich). A u f die vorliegende Fragestellung angewandt, folgt daraus, daß ein materielles Leistungsverhältnis nur dann bestehen kann, wenn die gemeindliche Verweigerung, Erschwerung oder Eliminierung einer vom Bürger begehrten Leistung sich diesem gegenüber als übermaßwidrige Rechtsbeeinträchtigung darstellt. Darüber allerdings, ob und ggf. welche Rechte des Gemeindebürgers in diesem Zusammenhang eingriffsfähig und anspruchsindiziert zu sein vermögen, ist damit noch nichts ausgesagt.
2. D a s p o l i z e i r e c h t l i c h e
Eingriffsverständnis
Ein erster und recht kräftiger Ansatzpunkt für ein materielles Leistungsverhältnis findet sich auf dem Gebiet des Polizeirechts, das die Gemeinden nicht nur allgemein verpflichtet 18 , sondern auch typischeinrichtungspflichtige Schutzgüter umgreift (z. B. Schutz der Gesundheit etc. 19 ). 16 Dies befürchten wohl Forsthoff, a.a.O., und Rupp, Privateigentum, a. a. O. 17 Vgl. Übermaß, bes. S. 23, 82, 98 ff., 114 ff., 159 ff., 258 ff., 272 ff. 18 Diese unmittelbare, materiell-polizeirechtliche Eigenverpflichtung der Gemeinden unterscheidet sich von den Fällen der (mittelbaren) Betriebspflicht (vgl. zu dieser oben S. 177) dadurch, daß die Gemeinde dort erst von staatlichen Polizeiorganen zur Schaffung entsprechender Einrichtungen herangezogen wird. Sachlich können sich allerdings beide Aufgabenkreise überschneiden. 19 Vgl. z. B. Drews-Wacke, PolR, S. 64; Martens, JuS 62, 249; H. Hoff mann, DVB1. 62, 541 ff.
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5. Kap.: Der Begriff der öffentlichen Einrichtung
Obwohl das polizeiliche Funktionsverständnis grundsätzlich nur den objektiv-rechtlichen (Ermessens-)Regeln des § 14 PVG etc. folgt 2 0 , subjektive Leistungsrechte also regelmäßig ausschließt 21 , kann i n Ausnahmefällen doch auch einer polizeilichen Verwaltungsaufgabe ein subjektiver Rechtsanspruch des Bürgers gegenübertreten 22 . Sofern nämlich ein polizeiliches Unterlassen sich als „schlechthin ermessensfehlerhaft" 23 darstellt, schlägt das (formelle) Recht des einzelnen auf fehlerfreien Ermessensgebrauch 24 i n einen (materiellen) Leistungsanspruch um 2 5 , der inhaltlich auch einrichtungsbegründend oder -öffnend w i r k e n kann: Besitzt eine Gemeinde i n ihrem Bezirk z. B. das Wasserversorgungsmonopol und gestattet sie einzelnen Bürgern den Anschluß an dieses überhaupt nicht oder nur zu untragbaren Bedingungen, oder verhängt sie gegen bestimmte Bürger übermäßige Liefersperren, so schafft sie oft die Voraussetzungen eines polizeilichen Notstandes 26 . Z u dessen Beseitigimg w i r d die Gemeinde i n aller Regel verpflichtet sein, den betroffenen Bürgern den (uneingeschränkten, Wieder-)Anschluß etc. zu gewähren. Dabei ist es sogar unerheblich, ob die Gemeinde ihre Wasserversorgung als Verwaltungseinheit oder als bloße Wirtschaftseinheit organisiert hat. Denn ihre polizeiliche Generalpflicht greift i n jedem Falle durch. Das hieraus zwischen Gemeinde und Bürger resultierende Leistungsverhältnis verfügt über keinerlei formelle Rechtsgrundlage 20 Vgl. Drews-Wacke, a.a.O., S. 159f.; Schneeberger, in: Rechtsstaatliche Verw., S. 79 ff.; Henke, DVB1. 64, 6491; Martens, a.a.O., S. 2451; allg. auch F. Mayer, Opportunitätsprinzip, S. 9 ff. 21 Vgl. Martens, a. a. O., S. 245 ff.; Schneeberger, a. a. O., S. 85 ff. 22 Vgl. Drews-Wacke, a.a.O., S. 160ff.; Martens, a.a.O., S.246ff.; Buschlinger, D Ö V 65, 375ff.; Henke, DVBl. 64, 651 ff.; 65, 7831; F. Mayer, a.a.O., S. 30 ff.; Schneeberger, a.a.O., S. 90 ff.; W. Jellinek, VerwR, S.4321; Rupp, Grundfragen, S. 270 ff.; BVerwG, DVBl. 61, 125 (126) m. Anm. Bachof, DVBl. 61, 1291; BGH, NJW 59, 7681; O V G Lüneburg, DVBl. 60, 6481; D Ö V 63, 7691; VRspr. 16, 455 (457); OVGE 4, 235 (237 ff.); — a. A. Bettermann, NJW 61, 1099; Dürig, AöR 79, 65; Menger, VerwArch 52, 104; V G Minden, DVBl. 65, 780 (781 ff.). 23 Vgl. BVerwG, DVBl. 61,126. 24 Vgl. dazu m. umfangr. Nachw. im Ergebnis allerdings ablehnend, Kohlmann, Subjektiv-öffentl. Recht, S. 43 ff. 25 Vgl. die Nachw. N. 22. 26 Vgl. in diesem Sinne Drews-Wacke, a.a.O., S.214; Janberg, RVB1. 35, 919; Kunze-Schmid, BadWüGO, § 10 Erl. I I 4 b; Zeitler-Bitter-Derschau, DGO, § 17 Erl. 3; Salzmann-Schunck, RhpfSelbstVerwG, § 13 Erl. 3; PrOVGE 87, 459 (461 ff.); — zum polizeirechtlichen Gehalt der Wasserversorgung vgl. auch OLG Hamburg, M D R 62, 4761; Muntzke-Schlempp, HessGO, §20 Erl. I I I ; sowie sehr weitgehend Hook, Rechtscharakter, S. 64ff.; Oertel, StO, S. 265, die die gemeindl. Wasserwerke sogar eo ipso (!) für „polizeiliche Gemeindeanstalten" halten.
§
Das statsrechtliche Verständnis des Einrichtungsbegriffs
225
(mehr), h a t m i t h i n d e u t l i c h u n d n u r m a t e r i e l l e L e i s t u n g s - b z w . E i n r i c h tungsqualität27. 3. D a s
zivilrechtliche
Eingriffsverständnis
E i n e andere F o r m der A n e r k e n n u n g h a t das m a t e r i e l l e L e i s t u n g s v e r s t ä n d n i s schon seit l ä n g e r e m i n e i n i g e n Z i v i l r e c h t s i n s t i t u t e n gefunden. D a die öffentliche E i n r i c h t u n g i h r e l e i s t u n g s g e w ä h r e n d e n F u n k t i o n e n r e g e l m ä ß i g a u f der G r u n d l a g e eines r e c h t l i c h e n 2 8 oder auch (nur) f a k tischen M o n o p o l s 2 9 w a h r n i m m t , h a t m a n sie n ä m l i c h u n d z u m i n d e s t i n i h r e n p r i v a t r e c h t l i c h e n E r s c h e i n u n g s f o r m e n schon f r ü h z e i t i g d e n z i v i listischen G r u n d s ä t z e n des M o n o p o l m i ß b r a u c h s u n d des ( m i t t e l b a r e n ) K o n t r a h i e r u n g s z w a n g s 3 0 u n t e r s t e l l t 3 1 . V o r a l l e m die Rechtsprechung des Reichsgerichts 82 h a n d h a b t e die G r u n d s ä t z e d e r §§ 138, 157, 242, 27 Entsprechendes würde z. B. für gemeindliche Obdachlosenasyle (zu deren „Anstalts"-/Einrichtungsqualität vgl. auch z. B. O V G Münster, DVB1. 63, 303 f.), Feuerwehren, Abwässerbeseitigungen, Feuerbestattungsanlagen, Müllabfuhren usw. gelten. Es handelt sich insoweit ohnehin meistens um typische „Polizeieinrichtungen" (vgl. auch oben S. 64 f.). Für die Stromversorgung bejaht einen entsprechenden polizeilichen Notstand Fischerhof, Rechtsfragen, S. 93 ff. M i t PrOVG, JW 24, 340 (341), und Friedrichs, JW 24, 340, wird das polizeil. Pflichteingreifen aber auf die Fälle zu beschränken sein, in denen den Betroffenen auch die Beschaffung einer anderen Lichtquelle o. ä. unmöglich ist (vgl. überhaupt zweifelnd auch Drews-Wacke, a.a.O., S.214f.). Zum Recht der Stromsperre vgl. allg. Nipperdey, Stromsperre, S. 2 ff.; Tubach, Elektrizitätsversorgungsvertrag, S.48ff.; Lucas, Anschluß- und Versorgungspflicht, S. 107ff.; Schwinge, Gas- u. Elektrizitätsversorgungsvertrag, S. 160 ff.; BGH, NJW 59, 1423 f.; OLG Celle, NJW 59, 2166; RGZ 132, 273 (275 ff.); L G Münster, M D R 52, 292 f. m. zust. Anm. Neumann-Duesberg, M D R 52, 293 f. — Für die Sperrung von Fernheizungen halten einen polizeilichen Notstand für aktuell DrewsWacke, a. a. O., S. 215. 28
Vgl. näher Schick, D Ö V 62, 931 ff.; Badura, Verwaltungsmonopol, S. 190, 270 ff. u. a.; Röttgen, Daseinsvorsorge, S. 24 ff. 29 Vgl. näher Schick, a. a. O., S. 935 f.; Badura, a. a. O., S. 190; H. Schneider, NJW 62, 706; auchRöttgen, a. a. O. 80 Vgl. zu diesen Instituten näher: Nipperdey, a.a.O., S.22ff.; ders., Kontrahierungszwang, S. 7 ff., 32 ff., 53 ff., 85 ff.; Wilhelm Weber, in: Staudinger, BGB, § 242 Rdnr. B 358, D 195 m. umfangr. Nachw.; Badura, a. a. O., S. 261 ff.; Lucas, a. a. O., S. 16 ff.; Schwinge, a. a. O., S. 160 ff.; Tubach, a. a. O., S. 37 ff.; Leisner, Grundrechte, S. 231 ff.; Wyler, Zulassungszwang, S. 32 f. u. a. 81 Vgl. allgemein z.B. Badura, a.a.O., S.261 ff.; Nipperdey, Stromsperre, S. 18 ff.; Forsthoff, Lehrb., S. 365 f.; Doms, Recht auf Benutzung, S. 73 ff.; Muntzke-Schlempp, HessGO, § 20 Erl. I I I ; Depenbrock, Stellung, S. 55 ff.; Hook, a.a.O., S. 65, 70 ff.; Dürig, Nawiasky-Festschr., S. 189 f.; Maunz-Dürig, GG, Art. 1 I I I , Rdnr. 138 m . N . 2 ; E. R. Huber, WiVerwR I, S.505f. (anders aber S. 118); Leisner, a.a.O., S.224f.; Carl, JW 34, 1946; Rottenberg, NrwGO, §18 Erl. I I ; H. J. Schmidt, D Ö V 63, 219. 82 Vgl. z.B. RGZ 20, 115 (117); 48, 114 (118ff.); 62, 264 (266); 79, 224 (229f.); 81, 316 (320); 99, 107 (108 ff.); 102, 396 (397 f.); 106, 386 (387 f.); 115, 218 (219 f.); 132, 273 (275 ff.); 133, 388 (389 ff.); 142, 85 (91 ff.); 143, 24 (27 ff.); 148, 326 (328 ff.); — vgl. auch z. B. BGHZ 23,175 (179 ff.); BGH, NJW 59,1423 f.; O L G Celle, N J W 15 Scholz
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5. Kap.: Der Begriff der öffentlichen Einrichtung
826 BGB zur Korrektur der typischen Monopolmißbräuche 88 . Indem man diese am Rechtsbegriff der „guten Sitten" maß, gelangte man zur Ausbildung der ersten und allgemeineren Monopolschranken. Soweit sich etwa die Leistungsverweigerung eines (absoluten oder auch nur relativen) privaten oder öffentlichen Monopols als sitten- und damit rechtsw i d r i g darstellte, erkannte man diese auch ohne vorherige Zulassung für leistungsverpflichtet. Die dogmatischen Grundlagen dieser Lehre haben sich allerdings bald als unzureichend erwiesen 84 . Die Grundprinzipien der bürgerlichen Rechtsordnung, nämlich Privatautonomie und Vertragsfreiheit 35 , widerstanden letztlich der Entwicklung absoluter und effektiver Mißbrauchsgrenzen 36 . Die tatbestandliche Koppelung von Vorsatz und sittenwidriger Schädigung i n § 826 BGB mußte zumindest gegenüber denjenigen Monopolwirkungen als „dogmatisch überfrachtet" erscheinen, die aus dem öffentlichen Rechte folgten 87 . Überdies erwies sich der Begriff der „guten Sitten" trotz einer kasuistisch breitgestreuten Judikatur überhaupt als zu blaß, u m sichere Wertmaßstäbe aufzustellen 38 . Die Gesetzgebung ist deshalb i n zunehmendem Maße auf die ausdrückliche Festlegung bestimmter Leistungs- oder Anschlußpflichten ausgewichen (§ 6 EnWG etc.). Für den Tatbestand des Verwaltungsmonopols reichen indessen auch diese Bestimmungen nicht aus. Sie mögen zwar mitunter befähigt sein, gewisse Rechtsfolgen öffentlich-rechtlicher Monopole inhaltlich zu m i l 59, 2166; LG Berlin, NJW 62, 206 (207 f.); — vgl. zur Rspr. auch Badura, a. a. O., S.263ff.; Wyler, a.a.O., S.24ff.; Lucas, a.a.O., S. 16ff.; Nipperdey, Stromsperre, S. 24 ff. 33 Insbesondere also: Zulassungs-, Lieferungssperren, Oktroyierung knebelnder, diskriminierender oder sonst lästiger Anschlußbedingungen, Auferlegung unbilliger Haftungsbeschränkungen durch übermäßige Freizeichnungen (zu den Freizeichnungsklauseln der gemeindlichen Einrichtungen vgl. i m bes. H. Schneider, NJW 62, 706 ff.; Hammer, NJW 62, 1334 f.), zwangsweiser Vorbehalt von Kopplungsgeschäften etc. — vgl. dazu näher Nipperdey, a. a. O., S.22ff.; Badura, a.a.O.; Wilhelm Weber, a.a.O., Rdnr. B 356ff., D 97, 195 m. w. Nachw.; Hook, a. a. O., S. 63 ff. 34 Vgl. z.B. Badura, a.a.O., S.261 ff.; Forsthoff, Leistungsträger, S.31ff.; Raiser, JZ 58,8. — Entsprechendes gilt auch gegenüber den Bestimmungen der §§ 25 ff. GWB; — vgl. Badura, a. a. O., S. 268 f.; — a. A. aber Maunz-Dürig, GG, Art. 1 I I I Rdnr. 138. 35 Vgl. dazu bereits oben S. 24. 36 Vgl. Badura, a.a.O., S.267; Siebert, Niedermeyer-Festschrift, S.232; Bachof, W D S t R L 12, 64; Wyler, a. a. O., S. 30 ff.; — a. A. wohl Dürig, NawiaskyFestschr., S. 189 f. 37 Vgl. schon Forsthoff, Leistungsträger, S. 31 ff. (vgl. aber auch dens., Lehrb., S. 365 f.); — a. A. Dürig, a. a. O. 38 Ein Monopolmißbrauch ist vor allem nicht erst dann gegeben, wenn das Verhalten „amoralisch" i. S. einer Verletzung der „guten Sitten" ist, sondern bereits dann, wenn es „asozial" ist. — Vgl. Maunz-Dürig, GG, Art. 2 I Rdnr. 58.
§
Das statsrechtliche Verständnis des Einrichtungsbegriffs
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dern oder zu modifizieren 39 ; zu konstitutiven Lösungen übergreifender A r t sind sie jedoch nicht imstande. Denn die innere Verschiedenheit öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Eingriffsmechanismen läßt sich auf keinen einheitlichen Nenner bringen 4 0 . Ein gewisses Maß an inhaltlicher Angleichung mögen beide Rechtsbereiche zwar durch die Lehre von der mittelbaren D r i t t w i r k u n g der Grundrechte 41 erfahren haben 42 , die bestimmte öffentlich-rechtliche Wertentscheidungen gerade für die Interpretation der zivilrechtlichen Generalklauseln fruchtbar gemacht hat. Hinsichtlich der Aufstellung wirksamer Monopolschranken bestehen aber nach wie vor recht evidente Unterschiede, die auch nicht durch die — ohnehin nur begrenzt zulässige — Transformation grundrechtlicher Axiome eingeebnet werden dürfen (können). Die besondere Bedeutung des bürgerlichen Monopolrechts besteht aber jedenfalls i n der grundsätzlichen, monopolbrechenden Anerkennung auch (außervertraglich-)materieller Leistungsansprüche 43 . 4. D a s s t a t u s - u n d g r u n d r e c h t l i c h e Eingriffsverständnis Nachdem damit die ersten Konturen eines materiellen Leistungsverhältnisses i n der Rechtsgütersystematik des allgemeinen und einfachen Gesetzesrechts deutlich geworden sind, ist nimmehr die zentrale 30 Vgl. in diesem Sinne u. näher Nipperdey, Stromsperre, S. 2 ff., 18 ff.; E. R. Huber, a.a.O., S. 505f. (anders aber S. 118); Dürig, Nawiasky-Festschr., a.a.O.; Maunz-Dürig, GG, Art. 1 I I I Rdnr. 138 m . N . 2; Forsthoff, Lehrb., S. 363 f.; — a. A. im Ergebnis Badura, a. a. O., S. 276 f., 279, der die Anwendbarkeit privaten Monopolrechts überhaupt verneinen will. — Zum Nebeneinander öffentlich- und privatrechtlicher Leistungsansprüche bei der öffentlichen Einrichtung vgl. allg. schon oben S. 24 f. 40 Aus diesem Grund liegt die vorrangige Bedeutung der zivilrechtl. Monopolmißbrauchsgrundsätze auch nicht im Recht der öffentl. Einrichtungen, sondern im Recht der gemeindlichen Wirtschaftsunternehmen (vgl. auch ausdrücklich §§73 DGO, 85 V BadWüGO, 61 BremerhavVerf., 104 HessGO, 97 NdsGO, 77 NrwGO, 86 RhpfGO, 89 SaarGO, 90 SchlHGO, Art. 81 BayGO). 41 Vgl. dazu allg. bes. BVerfGE 7, 198 (204 ff.); w. Nachw. oben S. 24 N. 41; — für das Monopolrecht im bes. vgl. z. B. Maunz-Dürig, GG, Art. 1 I I I Rdnr. 138; BGHZ 23, 175 (1791); L G Berlin, NJW 62, 206 (207 f.) m. zust. Anm. Nordemann, NJW 62, 206 f., u. kritisch Anm. Reichert, NJW 62, 742 f. 42 Dies gilt vor allem für die zivilrechtliche Verwendung des Gleichheitsgrundsatzes, der im Recht der privaten Leistungen heute eine ganz dominierende Rolle spielt. Vgl. G. Hueck, Grundsatz, S. 106 ff. u. — gerade zum Kontrahierungszwang — S. 78 ff., 113 ff., 1621, 272 ff.; Raiser, Z H R 111, 75 ff. u. — zum Kontrahierungszwang — S. 86 ff.; — vgl. aber krit. auch etwa Flume, DJT-Festschr., S. 140; Reichert, a. a. O. 43 Eigenständige Bedeutung besitzt diese Zivilrechtslösung überdies für das Verhältnis von öffentlicher Einrichtung u. Nichteinwohner (vgl. in diesem Sinne H. J. Schmidt, D Ö V 63, 219). I m Einzelfall wird es hierbei aber einer sehr sorgfältigen Abwägung bedürfen, da es jedenfalls nicht zulässig sein kann, mittels privatrechtlicher Monopolgrundsätze die öffentl.-rechtl. Ordnung des Einrichtungswesens zu umlaufen (Einwohnerrecht!).
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5. Kap. : Der Begriff der öffentlichen Einrichtung
Frage nach der statusrechtlichen Leistungsqualität der öffentlichen Einrichtung zu stellen. Inhaltlich hat sich das (materielle) Leistungsrecht des § 17 DGO etc. als ein „soziales Grundrecht" kommunalen Verfassungsranges erwiesen 44 . Die Vorschrift des § 17 DGO etc. ist damit gleichzeitig i n den Rahmen der allgemeinen Problematik sozialer (Grund-)Rechtsverbürgungen gestellt. Das geltende Verfassungsrecht kennt solche Rechte nur i n sehr geringem Umfange und hat ihnen auch i m Falle der positiven Erwähnung nur beschränkten Verbindlichkeitswert eingeräumt 45 . I m Gegensatz zur homogenen und qualitativ geschlossenen Struktur der klassischen Grundrechte liberaler Prägung ist das „soziale Grundrecht" i n A n spruchsrichtung und -qualität von heterogener A r t und weiß i m Regelfall nicht mehr als eine bestimmte politische Kompromißformel wiederzugeben 46 . Z u originärem Verfassungsrang kann das soziale Grundrecht an sich erst i m Wertsystem des perfektionierten Wohlfahrtsstaates gelangen 47 . Seine Wirkung ist entweder drittgerichtet 4 8 oder von vornherein auf eine Antinomie zu den allgemeinen Freiheitsrechten angelegt 49 . Das soziale Grundrecht ist damit einer Wertordnung nach dem Muster des GG prinzipiell verschlossen 50. Es ist als politisches A x i o m notwendig utopisch 51 und als normative Richtschnur relativ 5 2 . Es steht unter dem Vorbehalt des (liberalen) Rechtsstaatsprinzips 53 und w i r d auch durch 44
Vgl. oben S. 88; vgl. auch etwa Forsthoff, W D S t R L 12,20 N. 15. Vgl. zuletzt z. B. BayVerfGH, D Ö V 63, 146 (147) bez. Art. 106 I, 125 I I I BayVerf.; — vgl. allg. auch z.B. Leibholz, Strukturprobleme, S. 88, 130; Scheuner, RStW I I I , S. 158 f.; Kaufmann, RStW I V , S. 84; Ridder, Grundrechte I I , S. 247 N. 15. 46 Vgl. H. Huber, Hundert] ahrfeier-Festg., S. 153, 156; van der Ven, Grundrechte, S. 56; Rumpf, Ideolog. Gehalt, S. 29; Scheuner, a.a.O.; Kaufmann, a.a.O.; Leibholz, a.a.O.; Hamel, Grundrechte, S.37; Forsthoff, a.a.O., S.20. 47 Vgl. van der Ven, a. a. O., S. 75 ff.; Rumpf, a. a. O. 48 So insbes. die arbeitsrechtlichen Sozialrechte (Recht auf Arbeit etc.); vgl. dazu näher z.B. Leisner, Grundrechte, S.96ff.; BAG, NJW 64, 2269 (2270ff.); auch H. Huber, a. a. O. 49 Vgl. Forsthoff, a. a. O., S. 19 ff.; H. Huber, a. a. O., S. 152 ff. 60 Vgl. H. Huber, a. a. O., S. 155; E. R. Huber t Rechtsstaat, S. 11 ff.; Wertenbruch, Menschenwürde, S. 178; Rumpf, a. a. O.; Hamel, a. a. O., S. 28; Thieme, ZgStW 113, 288. 51 Vgl. van der Ven, a. a. O.; Zacher, BayVBl. 62, 260; —• vgl. in dieser Richtung auch die Formulierung Werners: „Schicksal" darf nicht als „einklagbarer Rechtsverlust" angesehen werden (vgl. DRiZ 58, 288; Richterstaat, S. 23). 52 Vgl. van der Ven, a. a. O.; Rumpf, a. a. O.; Scheuner, a. a. O.; Kaufmann, a.a.O.; Leibholz, a.a.O.; H. Huber, a.a.O., S. 153; Forsthoff, a.a.O., S.20; Bäumlin, Demokratie, S. 71; Hamel, a. a. O., S. 27; Thieme, a. a. O., S. 298. 58 Vgl. H. Huber, a.a.O., S. 152ff.; Forsthoff, a.a.O., S.33; Bettermann, Freiheit, S. 38 f. 45
§
Das statsrechtliche Verständnis des Einrichtungsbegriffs
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die demokratische Legitimation der staatlichen Leistungsgesetzgebung u n d -Verwaltung l i m i t i e r t 5 4 .
Diese Erkenntnis verbietet konsequent die summarische Ausdeutung des einrichtungsrechtlichen Leistungsstatus i m Sinne einer absoluten „Sozialposition". Der Sozialgehalt des § 17 DGO etc. kann sich normativ nur an dritten, und zwar verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen orientieren. Deren Verfassungsrang postulieren das demokratische Prinzip und der Vorbehalt der gemeindlichen Leistungsfähigkeit. Das Prinzip der demokratischen Gemeindeverwaltung läßt soziale Leistungen nämlich nur i m Rahmen der (staats- oder gemeinde-)legislativen Ermächtigung (Haushaltsplan 55 ) zu 5 6 und vermag den direkten Durchgriff materieller Leistungsverhältnisse nur auf der Ebene gleichrangiger Rechtsgüter zu gestatten 57 . Das gleiche gilt für die Schranke der gemeindlichen Leistungsfähigkeit, die i n den Vorschriften der §§ 10 I I 1 BadWüGO, 6 S. 2, 20 I 1 BremerhavVerf., 19 I HessGO, 2 I 2 NdsGO, 18 I NrwGO, 17 I SchlHGO festgelegt ist und i m Einklang m i t A r t . 28 I I GG 5 8 bestimmt, daß die Gemeinden bei mangelnder Finanzkraft regelmäßig nicht zur Schaffung von öffentlichen Einrichtungen gezwungen werden dürfen. Indessen unterliegt auch diese Aussage wiederum dem Vorbehalt des gleich- oder gar höherrangigen Rechts5®. 54
Vgl. oben S. 86 ff. Zur und im Sinne der neueren Auffassung, die auch für die Leistungsverwaltung einen institutionellen Gesetzesvorbehalt fordert, vgl. bes. Jesch, Gesetz, S. 102 ff. 66 Vgl. auch Leibholz, a. a. O., S. 88,130 f. 57 Aus diesem Grunde kommt den oben erörterten Erscheinungsformen des materiellen Leistungsverhältnisses, die bloß i m einfachen Gesetzesrecht begründet sind, nur Randbedeutung zu. Der eigentliche Standort des materiellen Leistungsverhältnisses liegt im Verfassungsrecht. — Bemerkenswert erscheint aber die von Leisner, Grundrechte, S. 224 ff., festgestellte „Phasengleichheit" zwischen der dargestellten Zivilrechtsentwicklung und den — i m folgenden zu erörternden — verfassungsrechtlichen Leistungswerten. — Zur evtl. Verfassungsqualität einiger polizeilicher Leistungsverhältnisse in diesem Sinne vgl. unten S. 234 f. 58 I n diesem Sinne wirkt zugunsten der Gemeinde der Grundsatz des „nemo ultra posse obligatur" (vgl. auch Forsthoff, Lehrb., S. 364; BayVerfGH, D Ö V 63, 146 (147); Hurst, H B K W P I I , S. 843; Kunze-Schmid, BadWüGO, §10 Erl. I I 2 a), der seinen besonderen Halt in der Garantie der gemeindlichen Vermögens- und Finanzhoheit findet. 59 Vgl. für den Fürsorgeanspruch (zu diesem im folgenden noch S. 233 ff.) O V G Lüneburg, OVGE 4, 224 (227). I n der gleichen Richtung auch BGHZ 23,175 (180) bezügl. den insoweit analogen Problemen der Stromsperre, deren Verhängung gem. § 6 I I Ziff. 1 EnWG etwa dann zulässig sein kann, wenn die Einhaltung der grundsätzlichen Anschluß- und Versorgungspflicht einem Unternehmen „aus wirtschaftlichen Gründen nicht (mehr) zugemutet werden kann." Der BGH bezieht sich hierbei bewußt auf die Grundrechte (bes. Art. 1 1 GG) 55
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5. Kap.: Der Begriff der öffentlichen Einrichtung
A l s G r u n d l a g e f ü r eine entsprechende W e r t a u s f ü l l u n g des E i n r i c h t u n g s s t a t u s k o m m t außer e i n i g e n v e r f a s s u n g s p o s i t i v i e r t e n Sozialrecht e n n u r d e r a l l g e m e i n e S o z i a l s t a a t s g r u n d s a t z 6 0 i n B e t r a c h t . I n seiner ü b e r g r e i f e n d e n B e d e u t u n g als V e r f a s s u n g s p r i n z i p e n t h ä l t e r n i c h t n u r den bindenden A u f t r a g an alle staatlichen u n d k o m m u n a l e n Hoheitst r ä g e r z u r E n t f a l t u n g sozialer A k t i v i t ä t u n d z u r B e h e b u n g sozialer M i ß s t ä n d e 6 1 , s o n d e r n w i r k t s t r u k t u r w a n d e l n d auch a u f die a l l g e m e i n e G r u n d r e c h t s i n t e r p r e t a t i o n ein. D i e (liberalen) G r u n d r e c h t e erscheinen d a m i t auch i m L i c h t e e i n e r sozialen F u n k t i o n 6 2 . I n d e m sie n ä m l i c h selbst schon e i n M i n d e s t m a ß sozialer F r e i h e i t voraussetzen 6 3 , n e h m e n sie die M a x i m e d e r „ s o z i a l e n G r u n d r e c h t e " i n a n t i n o m i e l ö s e n d e r Weise a u f u n d f o r m i e r e n sich selbst als W e r t e i n h e i t l i b e r a l e r und sozialer F r e i heit64. und deren (mittelbare) Vorrang- bzw. Drittwirkung (§ 242 BGB). — Vgl. ähnlich auch BVerwGE 5, 86 (91); 9, 73 (77 f.). — Zu der vor allem aus dem Sozialstaatsgedanken folgenden Ermessensbeschränkung (der gemeindlichen Einrichtungshoheit) vgl. bes. Bachof, V V D S t R L 12,43 ff., 67 ff. 60 Vgl. zu diesem allg. oben S. 128 ff. 61 Vgl. z.B., wenn auch mit unterschiedlicher Betonung: BVerfGE 1, 97 (104 f.); BayVerfGH, DVB1. 62, 638 f.; Bettermann, a. a. O., S. 32 ff.; Reuß-Jantz, Sozialstaatsprinzip, S. 16 ff.; Lerche, Übermaß, S. 231 ff.; Dürig, JZ 53, 197 f.; ders., AöR 79, 83; 81, 132; H. Gerber, AöR 81, 30 f.; Zacher, Freiheit, S. 120 ff.; ders., BayVBl. 62, 258 f.; Ballerstedt, Grundrechte I I I / l , S. 51 ff.; Abendroth, Bergstraesser-Festschr., S. 291 f.; A. Hamann, WiVerfR, S. 69; Ipsen, D Ö V 52, 218; Scheuner, DJT-Festschrift, S. 251, 261; ders., W D S t R L 11, 20; ders., RStW I I I , S. 159; Menger, Begriff, S. 30; E. R. Huber, a. a. O., S. 13 ff.; Fechner, Freiheit, S. 5 f.; Wertenbruch, a. a. O., S. 53; Leisner, a. a. O., S. 163 f.; Werner, AöR 81, 89; ders., N J W 56, 1626 f.; ders., DVB1. 59, 530; Weisel, Sozialstaatsgrundsatz, S. 113 u. a.; Jahrreiß, Mensch, S. 71 ff.; Hamel, a. a. O., S. 25 ff.; Kaufmann, a.a.O., S. 81; Bachof, a.a.O., S. 39 ff.; Erwin Stein, NJW 64, 1747; Leibholz, a. a. O., S. 87 f.; Thieme, a. a. O., S. 296. 82 Vgl. z.B. Hamel, a.a.O., S. 19ff., 23ff.; Bettermann, a.a.O., S.32ff.; Dürig, JZ 53, 193ff.; Erwin Stein, a.a.O.; Scheuner, V V D S t R L 11, 20ff.; van der Ven, a.a.O., S.55, 69ff.; Habermas, Strukturwandel, S.243ff.; Forsthoff, V V D S t R L 12, 28; Bachof, ebda., S.41 ff.; Jahrreiß, a.a.O.; Häberle, Wesensgehaltsgarantie, S. 8 ff.; Kaufmann, a. a. O., S. 78 ff.; Thieme, a. a. O., S. 291 ff.; Wintrich, BayVBl. 57,139; Ule, ZSR 62,641; Zacher, BayVBl. 64,258. 63 Vgl. Hamel, a. a. O., S. 19 ff.; Bettermann, a. a. O.; Bachof, a. a. O., S. 45 ff.; Flume, Smend-Festschr., S. 96 N. 78; Fechner, Grenze, S. 21; Thieme, a.a.O.; Wintrich, a. a. O. 84 Vgl. z.B. BVerfGE 4, 7 (15ff.); 6, 55 (71); 10, 302 (322); 13, 290 (316f.); 14, 263 (277f.); Dürig, a.a.O., S. 194ff.; Hamel, a.a.O., S. 19ff., 29; Bettermann, a.a.O., S.33ff.; Erwin Stein, a.a.O.; E. R. Huber, a.a.O., S.24; Häberle, a.a.O., S.4ff., 8ff.; Zippelius, Wertungsprobleme, S. 152f.; Buschlinger, D Ö V 65, 377. Als typische, auch sozialwertige Grundrechte stellen sich bes. Art. 1 I, 2 I, I I 1, 3, 6, 12, 14, 15 G G dar. — Vgl. näher Scheuner, V V D S t R L 11, 21 f.; Bachof, a. a. O., S. 41 ff.; Werner, AöR 81, 96; ders., D Ö V 58, 435; Ipsen, V V D S t R L 10, 103; Wertenbruch, a. a. O., S. 53,178; Dürig, AöR 81,131,142; ders., JZ 53,193 ff.; ders., ZgStW 109, 334; Maunz-Dürig, GG, Art. 2 I I Rdnr. 26; Hamel, a. a. O., S. 19 ff., 29 ff., 37; Darmstaedter, Emge-Festschr., S. 17 ff.; Buschlinger, a. a. O.; — vgl. krit. bes. Forsthoff, Staat 63, 391 (u. a.).
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Das statsrechtliche Verständnis des Einrichtungsbegriffs
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Unter Zugrundelegung dieser verfassungsrechtlichen Vorentscheidung nimmt das soziale Statusrecht des § 17 DGO etc. konkrete Gestalt an: Projiziert und gegenständlich beschränkt auf den typisch örtlichen Situations- und Funktionsbereich (Art. 28 I I GG) garantiert § 17 DGO etc. denjenigen Mindeststandard an sozialer, kultureller und w i r t schaftlicher Existenzsicherung, ohne dessen Erreichung eine wirksame Ausübung der allgemeinen Individualf reiheitsrechte ausgeschlossen ist. Die öffentliche Einrichtung erhält damit — über den A r t . 28 I I GG hinaus — noch einen weiteren besonderen Verfassungshalt i n der „staatlichen" Komponente des Sozialstaatsprinzips: Erschien sie früher als Prototyp und Relikt der genossenschaftlichen Gemeindeverfassung, so stellt sie sich jetzt als grundlegendes Institut der auf örtlicher Ebene garantierten Sozialfreiheit dar. Sie entspricht voll der Typik des modernen Sozialstaates, der sich auch und gerade als „Staat der Einrichtungen" 6 5 versteht und deren Sozialsubstrat institutionell 8 ® garantiert 67 . Denn die gemeindliche Einrichtung v e r w i r k licht das hier i m weiteren und damit untechnischen Sinne verstandene Moment der (sozialen) „Einrichtung" i n ganz besonderer Weise. Ihre Funktionseigenschaften sind auf das überschaubare und deshalb fungible Maß des elementaren Leistungsbedarfs der „örtlichen Gemeinschaft" angelegt. I n diesem Sinne begründet gerade die räumliche Enge des lokalen Wirkungsbereichs zwischen dem einzelnen Bürger und der Gemeinde jenes Verhältnis besonderer „Verwaltungsnähe", das nicht nur zur Ausbildung besonders „verdichteter" Gewalten- und Organisationsformen geführt hat 8 8 , sondern das auch und insbesondere geeignet ist, den Boden für die konkrete Umsetzung sozialer Verwaltungswerte zu bereiten. Die Voraussetzungen des materiellen Leistungsverháltnissés sind m i t hin erfüllt, wenn ein aus den spezifisch-örtlichen Gegebenheiten resultierender „Eingriff" i n den Bezirk grundrechtsgarantierter Sozialität festzustellen ist. Rechtsaktualisierender Maßstab ist nach dem Gesagten das Prinzip des Übermaßverbots 69 . 65
Vgl. Röttgen, Grundrecht, S. 24, unter Bezugnahme auf Jacob Burckhardt Nicht aber im Sinne einer Status-quo-Garantie; — vgl. Lerche, Übermaß, S. 231; E. R. Huber, D Ö V 56, 202. 67 Vgl. Lerche, a.a.O.; E. R. Huber, a.a.O. — Auch wenn es heute noch verfrüht sein dürfte, von effektiven Sozialgarantien zu sprechen, so führt der Weg zu einer sozialen Grundrechtsaktualisierung doch jedenfalls über eine begrenzt-grundrechtsinstitutionelle Einführung und Einweisung bestimmter Sozialwerte. — Vgl. auch Werner Weber, Staat 65,438 f. 88 Vgl. bes. Imboden, Giacometti-Festschr., S. 92 f. 89 Vgl. oben S. 223. 66
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5. Kap.: Der Begriff der öffentlichen Einrichtung
Danach ist der soziale Wertgehalt eines oder mehrerer Grundrechte rechtswidrig getroffen, wenn die gemeindliche Nichtgewährung einer beanspruchten oder i n bestimmter Weise geforderten Leistung unverhältnismäßig ist. Von hier öffnet sich eine breite Zone kasuistisch ausgebildeter Rechtsfindung, die das materielle Leistungsverhältnis i n inhaltlich sehr verschiedene Phasen auffächert. Typologisch werden vor allem folgende Eingriffsstufen scheiden sein:
zu unter-
Die begehrte Leistung w i r d von der Gemeinde 1. bei vorhandenem „Einrichtungs" substrat a) nicht m i t der erforderlichen Gleichheit gewährt; b) nicht v o l l oder nur unter Auferlegung übermäßiger Gegenleistungen bzw. sonst unerträglicher Leistungsbedingungen gewährt 7 0 ; 2. bei nicht vorhandenem oder nicht beibehaltenem „Einrichtungs"substrat a) generell versagt; b) i m Einzelfall versagt. Während die Fälle 1 a und 2 b bereits anhand der formell-egalitären Ausdeutung des § 17 DGO etc. 71 bzw. anhand des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 GG), der heute ohnehin als „klassischer" Maß70 Falltypisch liegt dem eine höchst breitgespannte Skala möglicher Eingriffsformen zugrunde. Inhaltlich können sich diese sowohl innerhalb eines formell gewährten Leistungsverhältnisses als auch außerhalb eines ggf. zu gewährenden Leistungsverhältnisses halten. Sie können sich z. B. auf konkret beschränkte Nutzungsformen (z. B. die lange streitige Frage des — an Art. 2 I GG zu messenden — Kunststeinverbots im Bestattungswesen; — vgl. dazu bes. BVerwG, DVB1. 64, 235 [236]; Bachof, AöR 78, 82 ff.; — zur ähnlich gelagerten Frage der — an Art. 14 GG zu messenden — Beschränkung friedhofsrechtlicher Sondergrabstättenrechte vgl. bes. BVerwGE 11, 68 ff. = D Ö V 60, 793 ff. m. Anm. Rupp, DÖV 60, 796 ff.), auf rechtswidrige Ausgestaltungen des Leistungsstörungsrechts (vgl. allgemein zum Recht der Leistungsstörungen in verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnissen z. B. Eckert, DVB1. 62, 11 ff.), insbes. rechtswidrige Leistungssperren (vgl. dazu bereits oben S. 224 ff.; zu deren Verhängung innerhalb bestehender Leistungsverhältnisse aus Gründen sachfremder Verwaltungszwecke vgl. allgemein Willigmann, DVB1. 60, 753 ff.; Forsthoff, Lehrb., S. 87, 266 f., 366 m. N. 1, 444 f., unter Bezugnahme auf den in BayObLGZ 33, 131, entschiedenen Fall, daß ein gemeindlicher Versorgungsbetrieb zur Liefersperre greift, weil der Leistungsempfänger bestimmten A n ordnungen des Wohnungsamtes nicht Folge leistete), auf sachlich zwar adäquate, umfangsmäßig aber unverhältnismäßige Gegenleistungen sowie auf (auch) sachlich inadäquate Gegenleistungen (vgl. dazu bes. Willigmann, a. a. O.; ders., DVB1. 63,229 ff.) gründen. 71
Vgl. oben S. 86 ff., 219 f.
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Das statsrechtliche Verständnis des Einrichtungsbegriffs
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stab staatlicher und kommunaler Leistungsverwaltung gelten darf 7 2 , zu korrigieren sind, lassen sich die eigentlich problematischen Fälle 1 b und 2 a (Nichtgewährung bzw. nicht vollständige oder sonst beschränkte Gewährung) nur schwer und jedenfalls nicht einheitlich lösen 73 . Allgemein ist zunächst zwischen den einzelnen Funktionstypen der — sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen — öffentlichen Einrichtungen zu unterscheiden: Der Typus der „sozialen Einrichtung" begreift vor allem fürsorgerechtliche und (sonst) wohlfahrtspflegerische Leistungsgehalte 74 . I n ihrem Kernbestand umgreifen diese die Summe derjenigen (staatlichen oder kommunalen) Hilfs- oder Leistungsmaßnahmen, die zur (singulären) Behebung individueller Notlagen dienen. Sie gewährleisten jenes absolute Existenzminimum, das der einzelne zur biologischen und geistigen Erhaltung sowie Entfaltung seiner Persönlichkeit unbedingt benötigt 75 . Die verfassungsrechtliche Grundlage dieser Rechtsposition findet sich i n dem, i n A r t . 1 I GG als oberster Wertentscheidung der grundrechtlichen Ordnung 7 6 mitkonstituierten „Recht" auf ein menschenwürdiges Dasein 77 . Aktualisiert durch die Sozialstaatserklärung und ergänzt durch das Recht auf Leben, Gesundheit und freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 I I 1, I GG) erscheint dieses Recht (auch) als ein verfassungsrechtlich garantierter Anspruch auf öffentliche Fürsorge 79 , dessen Nichtbefriedigung jedenfalls einen unverhältnis72 Vgl. z. B. Hesse, AöR 77, 220; E. R. Huber, a. a. O., S. 18 f.; Hamel, a. a. O., S. 38; Mertens, Selbstbindung, S. 63 ff. (allerdings wohl mit berechtigt-kritischem Akzent bez. der aus Art. 3 GG mitunter gefolgerten „Selbstbindung" der Verwaltung, S. 71 ff.). 73 Der allgemeine Gleichheitsgrundsatz versagt hier nicht nur von vornherein, sondern wird sogar in diesen Fällen einer vornehmlich einzelfallsorientierten Sozialgerechtigkeit manchmal gerade auf gegenteilige, d. h. sozialitätsversagende Entscheidungen hinwirken. Wie das BVerfG in aller Deutlichkeit ausgesprochen hat, ist die Gleichheitsentscheidung des Art. 3 GG insoweit gerade durch den Sozialstaatsgedanken zu modifizieren, da dessen Rechtsgrundsätze im Einzelfall durchaus auch gewisse Ungleichbehandlungen gebieten können (vgl. BVerfGE 13, 248 (259); 13, 331 (346); Krause, GiesekeFestschr., S. 13; v. Mangoldt-Klein, GG, Art. 20 Anm. V I I 4 ) . 74 Vgl. oben S. 17. 75 Vgl. zum allgemeinen Fürsorgebegriff bes. Franz Klein, Staatslexikon, S. 623 ff.; Neises, HBdSW, S. 164 ff.; E. Becker, VVDStRL 14, 109; Lerche, Verfassungsfragen, S. 12 ff., 21 f.; — vgl. auch schon oben S. 142. 76 Vgl. dazu Wertenbruch, a.a.O., S. 19ff. u. passim; Nipperdey, Grundrechte I I , S. 1 ff.; Leisner, a. a. O., S. 139 ff.; Dürig, AöR 81,119 ff., 125 ff.; Badura, JZ 64, 340 ff. 77 Vgl. Nipperdey, a. a. O., S. 5 f.; Dürig, a. a. O., S. 131 f.; Bachof, VVDStRL 12, 42; Hesse, AöR 77, 220 f.; Abendroth, a. a. O., S. 284; Bäumlin, Demokratie, S. 67; Wertenbruch, a. a. O., S. 53; Hamel, a. a. O., S. 13; Wintrich, BayVBl. 57, 139. ™ Vgl. BVerwGE 1, 159 (161 f.); BGHZ 25, 231 (234f.); BSGE 9, 199 (205 f.); BayVGH, D V 49, 440 (441 f.) m. zust. Anm. Naumann, D V 49, 442 f.; RhpfLVG,
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5. Kap.: Der Begriff der öffentlichen Einrichtung
mäßigen Eingriff 7 9 und damit ggf. eine (auch) einrichtungsrelevante Rechtsverletzung bedeutet 80 . M i t dieser Erkenntnis ist gleichzeitig die verfassungsrechtliche A k tualität eines materiellen Leistungsverhältnisses nachgewiesen. Seit dem Inkrafttreten des BSHG am 1. 6.1962 (§ 153 I) behaupten sich diese materiellen Sozialgehalte allerdings und i m Grundsatz bereits kraft einfachen Gesetzesrechts 81. Die Frage nach deren verfassungsrechtlicher Anspruchsqualität spielt demnach nicht mehr die Rolle wie früher. Erledigt hat sie sich indessen nicht. Denn i n zahlreichen Fällen besitzt sie noch beträchtliche Bedeutung sowohl als grenzkorrigierendes Institut wie als Richtschnur für verwandte Sozialbereiche. Grenzkorrigierende Wirkung äußert der verfassungsrechtliche Fürsorgeanspruch vor allem i n den dargelegten Fällen einer verfassungswidrigen Subsidiaritätstypik 8 2 sowie u. U. auch i n den Fällen, i n denen der subjektiv-öffentlich-rechtliche Leistungsanspruch nach einfachem Gesetzesrecht nur unvollkommen ausgebildet ist 88 . Die allgemeine und richtunggebende Grundsatzqualität des verfassungsrechtlichen Fürsorgeanspruchs kann i m übrigen auch i n eine weitere Ausformimg der bereits oben erörterten 84 polizeilichen LeistungsJZ 53,182 f.; O V G Lüneburg, O V G E 4, 224 (225 ff.) = JZ 51, 524 f. m. zust. Anm. Gönnenwein, JZ 51, 525; O V G Hamburg, DVB1. 51, 311 (312 f.); O V G Münster, DVB1. 51, 84 (85) m. zust. Anm. Krüger, DVB1. 51, 85 ff.; HessVGH, D V 49, 439 f.; DVB1. 51, 83f.; Nipperdey, a.a.O., S. 5ff.; Bogs, Einwirkung, G 23; Lerche, a. a. O., S. 128; ders., Übermaß, S. 277 N. 81; Werner, AöR 81, 88, 95 ff.; MaunzDürig, GG, Art. 1 I Rdnr. 44, Art. 2 I I Rdnr. 26; Dürig, AöR 81, 132, 145; ders., JZ 53, 197f.; Hamel, a.a.O., S.20, 25ff., 36f.; Zacher, Freiheit, S.31 f., 120ff.; Fechner, Freiheit, S. 5; Forsthoff, W D S t R L 12, 29; Bachof, ebda., S. 511; E. R. Huber, Rechtsstaat, S. 19; ders., DÖV 56, 202; Ipsen, D Ö V 52, 218; W. Bauer, D Ö V 48, 2 8 1 ; Wintrich, a.a.O.; Scheuner, DJT-Festschr., S.261; Stern, JZ 60, 557; Hesse, a.a.O.; Thieme, a.a.O., S. 297; Knoll, ZgStW 111, 4361; Henke, DVB1. 64, 6541; P. Schneider, DJT-Festschr., S. 278 N.49; Flume, SmendFestschr., S. 96 N. 78; Abendroth, a.a.O.; Bäumlin, a.a.O.; A. Hamann, WiVerfR, S. 69; Zippelius, a. a. O., S. 153; Wertenbruch, a. a. O., S. 178; Leisner, a. a. O., S. 63 f.; Weisel, a. a. O., S. 59 ff.; Ule, ZSR 62, 643 f., 662; Rupp, Grundfragen, S. 269 ff.; Buschlinger, D Ö V 65, 376; — a. A. Menger, JZ 53, 1831; ders., Begriff, S. 22; BVerfGE 1, 97 (105) bez. Art. 1 1 u. 2 I GG (im übrigen aber offenlassend). 79 Vgl. Lerche, Übermaß, S. 277 N. 81. 80 Einrichtungsrechtliche Bereiche werden dabei vor allem im Rahmen der Krankenhilfe, Geburten- und Wöchnerinnenhilfe, Körperbehindertenhilfe, Tuberkulosehilfe, Hilflosenpflege, Altenhilfe, Säuglings- und Kinderhilfe, Jugendhilfe berührt werden. 81 Vgl. bes. für die in N. 80 genannten Fälle die Vorschriften der §§ 37, 38, 43, 49, 68, 75 BSHG; für die genannten Maßnahmen der Jugendfürsorge vgl. vor allem § 1 JWG. 82 Vgl. dazu oben S. 178 N. 221. 83 Vgl. z. B. für die Altenhilfe die bloßen Soll-Vorschriften der §§ 4, 75 I BSHG. 84 Vgl. S. 223 ff.
§
Das statsrechtliche Verständnis des Einrichtungsbegriffs235
Verhältnisse einmünden. Denn obwohl das materielle Polizeirecht an sich auf das Moment objektiver Gefahrenabwehr beschränkt und der Wohlfahrtspflege verschlossen ist 8 5 , bahnen sich auch hier einige, sozialethisch fundierte Strukturwandlungen an, die i n der Entwicklung des ehedem auch nur polizeilich verstandenen 86 Fürsorgerechts ein richtunggebendes Vorbild besitzen. So kann z. B. die grundrechtliche Subjektivierung des objektiv (auch) polizeilichen Rechtsguts der menschlichen Gesundheit i n Art. 2 I I 1 GG — zumindest i n gravierenden Fällen — ebenfalls die Rechtsfolge auslösen, daß ein objektiv-gefahrenbewehrtes Rechtsverhältnis kraft verfassungssubjektivierter Sozialität i n ein materielles Leistungsverhältnis umschlägt 87 . Der Komplex der „wirtschaftlichen Einrichtung" 8B umgreift jenen Verantwortungsbereich, der i m allgemeineren Sprachgebrauch m i t der (metajuristischen) Bezeichnung der „Daseinsvorsorge" umschrieben w i r d und inhaltlich nicht wie die öffentliche Fürsorge auf die Behebung akutindividueller Notlagen, sondern auf die standardmäßige Deckung allgemeiner Elementarbedürfnisse zugeschnitten ist 89 . I n der örtlichen Relation geht es also vor allem u m die Frage nach einem materiellen Leistungscharakter der gemeindlichen Verkehrs- und Versorgungseinrichtungen. I n diesem Bereich, der nicht auf einer speziell-verwaltungsrechtlichen Sozialfunktion aufbaut, spitzt sich die Problematik des materiellen Leistungsverhältnisses besonders zu. Der moderne Trend zur vollausgebildeten „Wohlstandsgesellschaft" hat die Vorstellung eines existentiellen Lebens- und Sozialstandards geprägt, der weit über das, vor allem physiologisch begründete M i n i m u m des fürsorgerischen Soziallimits hinausreicht und dem von der staatlichen bzw. kommunalen Seite auch weitgehend entsprochen wird. Indessen hat sich dieses, i m einzelnen ohnehin sehr verschieden gehaltene Engagement der öffentlichen (Gemeinde-)Verwaltung als ju85
Vgl. dazu oben S. 224. Vgl. dazu oben S. 69 N. 80. 87 Vgl. in diesem Sinne bes. Henke, DVB1, 64, 654 f.; Buschlinger, D Ö V 65, 376 f.; — zur allgemeinen Annäherung von Polizei- u. Leistungsverwaltungsrecht vgl. E. Becker, V V D S t R L 14, 110 m . N . 6 9 ; Loschelder, DVB1. 57, 819 ff.; Klüber, DVB1. 57, 827ff.; Beinhardt, DVB1. 61, 608ff.; Harnel, a.a.O., S. 52; Wolff, V V D S t R L 9,160 f., 177; Scupin, ebda., S. 213; Lerche, Verfassungsfragen, S. 18. — Ein anderes Beispiel für ein fürsorgeähnliches Leistungsverhältnis findet sich im Bestattungsrecht: I n unmittelbarer Anwendung des Art. 1 I GG (vgl. allgemein Dürig, AöR 81, 126) ist dem einzelnen nach dem Tode jedenfalls ein würdiges Begräbnis zu verschaffen (vgl. ausdrücklich auch Art. 149 I 1 BayVerf.; bez. der Pflicht d. Sozialhilfe z. Übernahme von Bestattungskosten vgl. § 15 BSHG). 88 Vgl. dazu oben S. 17,101 f. 8 ® Vgl. dazu oben S. 77,121 ff. 88
236
5. Kap.: Der Begriff der öffentlichen Einrichtung
ristisch kaum fungibel erwiesen 90 . Die Substanz der anfallenden und nur zum Teil i n öffentlich-rechtlicher Verwaltungsverantwortung besorgten Aufgaben läßt sich rechtlich nicht qualifizieren. Sie läßt sich nur deskriptiv i n soziologischen Begriffsgrößen umschreiben und ist deshalb jeder normlogischen Bewertung entzogen. Ihre generelle Überführung i n den öffentlich-rechtlichen Bereich käme der Verwirklichung des totalen Wohlfahrtsstaates gleich, für den eine verfassungsrechtliche Handhabe nicht besteht 91 . Andererseits ist die evidente Gefahr, die dem verfassungsrechtlichen Leitbild der sozialen Freiheit durch eine völlige Negation der staatlichen und kommunalen Daseinsverantwortung drohte, nicht zu übersehen. Aus diesem Grunde können die Thematik und Intention des Sozialstaatsgedankens m i t der Effektuierung des Fürsorgerechts noch nicht ausgeschöpft sein 92 und aus dem gleichen Grunde ist konsequent auch die Ausbildung eines „daseinsvorsorgerischen" Leistungsverhältnisses nicht nur erforderlich, sondern auch legitim. Methodischer Ausgangspunkt kann dabei naturgemäß nicht die soziologische Begriffskategorie der „Daseinsvorsorge" selbst 93 , sondern nur das normative Wesen der verfassungsgarantierten Sozialfreiheit sein. Die entscheidende Fragestellung lautet demnach: Wann äußert ein („daseinsvorsorgerischer") Tatbestand Rechtsfolgen, die ihn als übermäßige Verletzung der geschützten Sozialfreiheit des Individuums erscheinen lassen? — Und nicht etwa: Wann hat ein Tatbestand „daseinsvorsorgerischen" Inhalt 9 4 ? Die herrschende Theorie 95 beschreitet allerdings den umgekehrten Weg, indem sie ausschließlich oder doch primär nach der „daseinsvorsorgerischen" Eigenschaft bestimmter Sachverhalte fragt und angesichts der fehlenden Normativität dieses Kriteriums bereits i m Ansatz ihrer Betrachtung hängen bleibt 9 8 . 90
Vgl. S. 122 f. Vgl. oben S. 129 ff. 92 Vgl. Ipsen, D Ö V 62, 218; Fechner, a. a. O., S. 6; Dürig, AöR 81,142; Abendroth, a.a.O., S.291 f.; Stern, a.a.O.; Bachof, a.a.O., S. 58ff.; E. R. Huber, Rechtsstaat, S. 20; A. Hamann, a. a. O., S. 69; Hamel, a. a. O., S. 25 f. 93 I n dieser Qualität stellt der Bereich faktisch-„daseinsvorsorgerischer" Abhängigkeit zunächst nicht mehr als eine „soziologische Grenze der Grundrechte" dar (vgl. näher die gleichnamige Abhandlung Fechners, bes. 5 ff., 21). 94 Vgl. auch bereits oben S. 122 f. 95 Vgl. dazu m. Nachw. oben S. 122 m. N. 116. 96 Der dann hilfsweise zumeist beschrittene Weg, nach der organisatorischen Einbindung des betr. Tätigkeitskomplexes zu fragen, bietet aus den oben S. 123 ff. dargelegten Gründen gleichfalls keine brauchbare Abgrenzungsmöglichkeit. 81
§
Das statsrechtliche Verständnis des Einrichtungsbegriffs
237
Die Struktur der „daseinsvorsorgerischen" Leistungen läßt sich nicht von vornherein m i t der Eigenart der fürsorgerechtlichen Leistungen vergleichen. Denn das Fürsorgerecht besitzt i m Gegensatz zur „Daseinsvorsorge" verwaltungsverbindlichen Rechtsgehalt. Da andererseits aber beide Leistungskomplexe daseinswichtigen Charakter besitzen und damit i n ihrer Wirkung verwandt erscheinen, kann die historische Entwicklung des materiell-(verwaltungs-)rechtlichen Fürsorgebegriffs zur juristischen Aufschließung auch der „daseinsvorsorgerischen" Sozialbereiche beitragen. Nach dem Gesagten knüpft der Fürsorgebegriff an die individuelle Notlage an 97 . I n dieser Ausrichtung hat er seine (gemeindlich-)institutionelle 9 8 und später auch kodifikatorische Verfestigung erfahren, obwohl auch sein Ursprung letztlich auf der Ebene rein soziologischer Generalitäten lag. Juristisch formte und durchdrang den Fürsorgebegriff erst das materielle Polizeirecht 99 . Das bedeutete notwendig, daß der materielle Rechtsbegriff (öffentliche) „Fürsorge" sich nur auf die individuelle Notlage gründen konnte. Denn nur diese war imstande, eine aktuelle (konkrete) Polizeigefahr auszulösen. Der Begriff der (öffentlichen) „Daseinsvorsorge" knüpft demgegenüber an generelle Bedarfslagen an und verfügt folgerichtig über keine institutionelle (Rechts-)Grundlage. Anstatt auch ihn zunächst i n vorsichtiger und konkretisierender Betrachtung aufzugliedern und damit einer ersten organischen Einordnung i n dritte und institutionsfähige Rechtskategorien näherzubringen, hat man ihn voreilig i n und trotz seiner scheinlogischen Generalität zum (abstrakten) Rechtsbegriff erhoben und i n dieser Eigenschaft dem Fürsorgebegriff an die Seite gestellt 1 0 0 . Damit soll natürlich nicht für eine „Verpolizeilichung" der „Daseinsvorsorge" plädiert werden, obwohl auch dafür einige Ansätze nachweisbar wären, die sich i n vollkommener Analogie zu den polizeirechtlichen Anfängen des Fürsorgerechts entwickelt haben. Es handelt sich dabei vor allem u m die bereits angeschnittenen Fragen der polizeiwidrigen Wasser- und Stromsperren 101 . Auch hier haben die allgemeineren Methoden des Polizeirechts den Weg zu einem konkreten Rechtsverständnis der individuell-„daseinsvorsorgerischen" Bedarfssituation freigelegt. 97
Vgl. S. 233 ff. Vgl. vor allem im sog. „Elberfelder System" (vgl. dazu u.a. M. Vogel, Apparatur, S. 75). 99 Vgl. dazu oben S. 69 m. N. 80. 100 vgl. repräsentativ E. Becker, W D S t R L 14,110. 98
191
Vgl. oben S. 224 m. N. 22.
238
5. Kap.: Der Begriff der öffentlichen Einrichtung
Die heute und hier maßgebende Frage nach der potentiellen Eingriffswirkung, die ein konkreter Leistungssachverhalt u. U. auf den absolut geschützten Kernbereich sozialer Freiheit ausübt (ausüben kann), muß sich zwangsläufig i n der gleichen Weise beantworten: Entscheidendes K r i t e r i u m ist nicht die generelle Bedarfslage, sondern die i m Einzelfall bestehende Notsituation, deren Nichtbeseitigung rechtswidrig wäre. Die dabei auftretenden Parallelen m i t fürsorgerechtlichen Leistimgstatbeständen sind augenfällig. So dürften wohl keine Bedenken dagegen bestehen, i n der unverhältnismäßigen Verweigerung gemeindlicher Strom- oder Gaslieferungen eine Verletzung der sozialen Komponente des Rechts aus A r t . 2 I I 1 GG 1 0 2 zu sehen. Denn die Versorgung m i t Licht und Heizung gehört sicherlich zu den wichtigsten Gütern des menschlichen Lebensbedarfs 103 . Inhaltlich unterscheidet sich diese Leistung indessen kaum von der fürsorgerischen Leistung. Die gemeindliche Sozialhilfe ist zwar nicht zur Lieferung von Strom und Gas verpflichtet, umfaßt aber sehr wohl — i m Rahmen der Hilfe zum notwendigen Lebensunterhalt — etwa auch die Heizungsvorsorge (vgl. § 12 I BSHG). Das bedeutet mit anderen Worten, daß die Anspruchswirkung von „Daseinsvorsorge" und Fürsorge in bestimmten Grenzfällen identisch sein kann und Unterschiede regelmäßig nur i n der Anspruchsrichtung bestehen: Die „Daseinsvorsorge" bewirkt den unmittelbaren Leistungseffekt der Anschluß- und Versorgungspflicht. Die Fürsorge bewirkt den mittelbaren Leistungseffekt, indem sie dem Hilfsbedürftigen vor allem die notwendige Finanzunterstützung gewährt. Echte Überschneidungen können sich auch auf der Ebene der (versorgungsrechtlichen) Leistungsentgelte ergeben. Auch hier kann die Gemeinde i m Einzelfall verpflichtet sein, unter teilweiser Aufgabe der gebührenrechtlichen Äquivalenz- bzw. (tarifrechtlichen) Lastengleichheitsgrundsätze (formelle Tarifgerechtigkeit 104 ) bedürftigen Bürgern finanziell und i n der Form von Vorzugspreisen o. ä. entgegenzukommen, wenn der Bezug der offerierten und lebensnotwendigen Leistung für diese ohne die Einräumung solcher „Sozialtarife" nicht zu erschwingen ist (materielle Tarifgerechtigkeit 105 ). Schon § 7 S. 2 PreußKAG sah für solche Fälle eine Exemtion aus den allgemeinen Grundsätzen des Gebührenrechts vor; eine Regelung, die ihrem Rechtsgedanken nach auch 102
Zu dessen stark sozialem Einschlag vgl. bes. Maunz-Dürig, GG, Art. 2 I I Rdnr. 26; Buschlinger, DÖV 65,377. los Vgl. für die Elektrizitätsversorgung ausdrücklich auch § 1 I Ziff. 2 Ges. über die Sicherstellung von Leistungen auf dem Gebiet der gewerblichen Wirtschaft vom 21.12. 59 (BGBl. 1785). 104
Vgl. dazu bes. Ballerstedt, Gieseke-Festschr., S. 313 ff. los vgl. Ballerstedt, a. a. O., S. 317 ff.
§
Das statsrechtliche Verständnis des Einrichtungsbegriffs239
für das sonstige (Tarif-)Recht gelten muß 1 0 6 . Daß hiermit meist eine Durchbrechimg des Prinzips der gleichmäßigen Lastenverteilung einhergehen wird, ist nicht erheblich. Insbesondere darf hierin kein Verstoß gegen A r t . 3 GG gesehen werden 1 0 7 . Denn der allgemeine Gleichheitsgrundsatz unterliegt gerade insoweit dem Vorbehalt der Sozialstaatsklausel, die verteilungsmäßige Differenzierungen i m Einzelfall geradezu gebieten kann 1 0 8 . Diese leistungsidentischen Grenzfälle schöpfen naturgemäß die soziologisch bedingte Breite des „daseinsvorsorgerischen" Abhängigkeitsverhältnisses nicht aus. Ihre sachliche Nähe zu den Tatbeständen des Fürsorgerechts unterstellt sie aber einer ersten juristischen Kontrolle, die geeignet ist, den Grundmaßstab für das (Nicht-)Vorliegen einer materiell-leistungspflichtigen Einrichtung aufzustellen: Der fürsorgeverwandte Inhalt einer „wirtschaftlichen" Leistung indiziert deren potentielle Zugehörigkeit zum Kernbereich der geschützten Sozialfreiheit. Wenn man von den ohnehin eindeutigen Fällen der Gleichbehandlung (Fälle 1 a und 2 b der obigen Unterscheidung) einmal absieht, bedarf es zur Ermittlung der Eingriffsqualität „daseinsvorsorgerischer" Leistungsinstitute i m übrigen einer sehr sorgfältigen und differenzierten Anwendung des Übermaßgedankens. Wie bereits oben für die sozialen Einrichtungen ausgeführt, gilt es auch hier, die konkrete Rechtsrelation von individueller Abhängigkeitslage und gemeindlich unterlassener (nicht hinreichend erfüllter) Leistungsfunktion auszumachen. Bei der Breite staatlicher, kommunaler und gesellschaftlicher I n i tiativen w i r d dies allerdings oft erheblichen Schwierigkeiten begegnen. Ein entsprechend differenzierendes Tatbestandsmerkmal findet sich aber z. B. i n der potentiellen Monopolstellung einer gemeindlichen Leistungsfunktion 1 0 9 . Deren Bestehen schafft zumeist ein recht wirksames K r i terium für die Bemessung einer konkreten Abhängigkeitslage und be106
Ballerstedt, a. a. O. Vgl. aber auch Ballerstedt, a. a. O., S. 326. 108 Vgl. dazu oben S. 233 N. 73. 109 Diese Seite der monopolistischen Rechtsverhältnisse ist vorerst allerdings noch kaum untersucht worden (vgl. aber immerhin auch Badura, Verwaltungsmonopol, S. 260 ff.). Die bisherige Diskussion befaßt sich noch fast ausschließlich mit dem Verhältnis von (Verwaltungs- und/oder Finanz-)Monopol und privaten Konkurrenten bzw. der m. E. aus den oben (vgl. S. 222 f.) dargelegten Gründen zu bejahenden Frage, ob (staatliche, kommunale etc.) Konkurrenz wesensmäßig überhaupt eingriffswirksam sein kann (vgl. dazu bes. Badura, a.a.O., S.333ff. u.a.; Uber, Freiheit, S. 151 ff.; Bachof, Grundrechte I I I / l , S. 200 ff.; Thieme, JZ 61, 280 ff.; Köttgen, Daseinsvorsorge, S. 40 ff.; Schick, DÖV 62, 931 ff.; Torz, D Ö V 58, 205 ff.; Hammer, BayVBl. 62, 103 ff.; Jesch, D Ö V 62, 428 ff.; Rings, NJW 57, 657 f.; vgl. i m übrigen auch oben S. 175 zur Eingriffswirkung des Anschluß- und/oder Benutzungszwangs). 107
V g L
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5. Kap.: Der Begriff der öffentlichen Einrichtung
stimmt daher umgekehrt auch den konkreten Umfang der gemeindlichen Leistungspflicht. Nicht entscheidend ist dabei die Unterscheidung zwischen rechtlichem und faktischem Monopol 1 1 0 . Denn die konkrete Eingriffsintensität ist nicht von der formellen Rechtsposition des betreffenden Leistungsinstituts abhängig. Sehr viel bedeutsamer ist dagegen die Unterscheidung zwischen absolutem und relativem Monopol. Denn bei der allgemein-gesellschaftlichen Adäquanz „daseinsvorsorgerischer" Leistungsbezirke kann die Intensitätsschwelle solcher Monopole recht verschieden ausfallen. Bei absoluten Monopolen liegt die Eingriffsdichte einer konkreten Bedarfssituation regelmäßig ungleich höher als bei relativen Monopolen, denen z.B. private Konkurrenzinstitute gegenüberstehen. Andererseits ergeben sich aber auch bei den absoluten Monopolen u. U. eingriffsschwächende oder gar -eliminierende Relationen, die auch i n der Person des potentiellen Nutzers liegen können. Falls dieser nämlich, sei es aus Gründen finanzieller Unabhängigkeit oder sonstigen Gründen, auf die Inanspruchnahme eines gemeindlichen Verkehrsoder Versorgungsbetriebes nicht existentiell angewiesen ist, entfällt die Möglichkeit einer Verletzung seiner sozialen Freiheitssphäre von vornherein. Der eingriffsbestimmende Relativitätseffekt dieser — allerdings nur i n äußersten Grenzsituationen anzuerkennenden — Verhältnisse gleicht i m Ergebnis etwa dem des relativen Monopols. Man kann insoweit also zwischen subjektiv-relativen (Relativität i n der Person des Nutzers) und objektiv- bzw. eigentlich-relativen (Relativität des Monopols) Monopolen unterscheiden. Ein Katalog typischer Rechtsbeschneidungen m i t materiell-leistungspflichtigem Inhalt läßt sich angesichts der allzu unsicheren Tatbestände „daseinsvorsorgerischer" Leistungen naturgemäß (noch) nicht aufstellen. Die tatsächliche Feststellung einer aktuellen Verletzung sozialer Freiheitsrechte ist mit Sicherheit nur i n gewissen Extremfällen möglich. Indessen mag auch hierin eine Parallele zwischen der sehr viel jüngeren Entwicklung der „Daseinsvorsorge" und dem historischen Werdegang der öffentlichen Fürsorge zu erkennen sein, deren heutige institutionell verdichtete Tatbestandstypik immerhin auf einen langfristigen Entwicklungsprozeß zurücksieht. I m vorliegenden Zusammenhang genügt jedoch der exemplarische Nachweis einiger Fälle, die jedenfalls auch i n einrichtungs„wirtschaftlicher" Hinsicht das Institut des materiellen Leistungsverhältnisses prinzipiell anerkennen und begründen. 110 Vgl. auch Forsthoff, Leistungsträger, S.27; Leisner, a.a.O., S.213; bes. deutlich bereits § 1 1 lit. b AOGÖ.
§
Das statsrechtliche Verständnis des Einrichtungsbegriffs241
Die inhaltliche Bestimmung der materiellen Leistungsstruktur der „kulturellen" Einrichtungsverhältnisse 111 sieht sich ähnlichen Problemen gegenüber wie die der „wirtschaftlichen" Einrichtungen. Der Begriff der „ K u l t u r " und des „Kulturellen", verstanden als „die Gesamtheit der innerhalb einer Gemeinschaft wirksamen geistigen Kräfte, die sich unabhängig vom Staate entfalten und ihren Wert i n sich tragen" 1 1 2 , ist juristisch zunächst indifferent und schließt an sich staatliche oder kommunale „Verwaltung" überhaupt aus 118 . Andererseits sind Staat und Gemeinden aber berufen, i n weitem Umfange auch k u l turfördernd zu wirken 1 1 4 . I n diesem Sinne — kompetentiell versinnbildlicht i m Begriff der „ K u l t u r h o h e i t " 1 1 5 — sind auch die Gemeinden durch ihre örtlichen Kultureinrichtungen kräftig engagiert (Schulen 116 , Volkshochschulen 117 , Museen 118 , Theater 1 ", Bibliotheken 1 2 0 etc.). Ihrem institutionellen Gehalt nach gehören aber auch alle diese Maßnahmen (kommunal-)verwaltender Kulturpflege zur allgemeinen Leistungsverwaltung. Da das geltende Verfassungsrecht keinen spezifisch garantierten Bereich „kultureller Freiheit" i m Sinne einer positiv zu gewährenden Freiheit kennt, und da die öffentliche Kulturpflege nicht zwingend verwaltungsrechtlicher A r t ist, können kulturrechtliche Leistimgswerte materiell nur i m Rahmen der allgemeinen Sozialfreiheit existent und verbindlich sein, soweit diese k u l t u r - bzw. bildungspolitischen Einschlag besitzt. N u r diese Rechte, zu denen neben einigen besonderen Bestimmungen des Landesverfassungsrechts 121 auch allgemein das Recht aus 111
Vgl. dazu bereits oben S. 17. Vgl. BVerfGE 10, 20 (36). 113 Vgl. BVerfGE, a. a. O.; Krüger, Rundfunk, S. 2 f.; H. Schneider, D Ö V 60, 846; Lerche, Rechtsprobleme, S. 5,7. 114 Vgl. BVerfGE, a.a.O., S. 36 f.; H. Schneider, a.a.O., S.846f.; Scheuner, VVDStRL 22,10 f.; zum kommunalen Kulturmandat vgl. i m einzelnen bes. Zuhorn, H B K W P I I , S. 165 ff. — I n diesem Sinne mag eine vorsichtige Unterscheidung zwischen soziologischen und verwaltungsinstitutionellen „Kultur" inhalten möglich und zulässig sein (vgl. in diesem Sinne z. B. Lüders, Zuständigkeit, S. 75; Leiling, Gesetzgebungsbefugnis, S. 54). 115 Zu dessen normativer Anerkennung vgl. bes. BVerfGE 6, 309 (354); 12, 205 (229,237); kritisch etwa Krüger, a. a. O., S. 3; H. Schneider, a. a. O. 116 Vgl. dazu bereits oben S. 168 ff., 188 ff. 117 Vgl. dazu oben S. 169 ff. 118 Vgl. z. B. BVerfGE 10,37. 118 Vgl. z. B. BVerfGE, a. a. O. 120 vgl. zu diesen, gerade auch historisch schon sehr früh nachzuweisenden Einrichtungen bes. Beer, Städtetag 64, 154ff.; vgl. auch L G Berlin, NJW 62, 55 f. 112
121 Vgl. Art. I I I , I I I , 22 BadWüVerf., 126 12, 133 I, 139 BayVerf., 27, 35, BremVerf., 81, I I , 17 NrwVerf., 2512, 27 I I , 31, 37 S. 1 RhpfVerf., 32, 34 I, I I 2 SaarVerf., 7 I I SchlHVerf.
16 Scholz
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5. Kap.: Der Begriff der öffentlichen Einrichtung
A r t . 12 I 1 GG (Ausbildung) gehört 122 , sind fähig, materielle Leistungsansprüche zu begründen, und stehen damit i m engen Konnex m i t den sonstigen verfassungsgesicherten Teilhaberechten. I h r bildungspolitischer Grundzug liegt i n der allgemeinen Zielsetzung des Sozialstaates einbeschlossen123. Verfahrenstechnisch gilt demnach hier das gleiche wie für die fürsorgerischen 124 und „wirtschaftlichen" Leistungsverhältnisse. Es ist nicht angängig, m i t so pauschalen und inhaltsleeren Begriffen wie „kulturelle Daseinsvorsorge" o. ä. zu operieren 125 ; es bedarf vielmehr auch insoweit der konkreten Typisierung solcher kulturellen Leistungsinhalte, denen ein subjektiv-gesicherter Sozialwert zukommt. I n diesem Sinne kann, wenn sicherlich auch nur i n äußersten Grenzfällen, z. B. ein Institut der gemeindlichen Jugend- oder Erwachsenenbildung zur Erfüllung bestimmter, an sich nicht („widmungsmäßig") vorgesehener Bildungsansprüche, ein besonders bedeutendes gemeindliches Museum zum Allgemeinzugang gemäß A r t . 5 1 1 GG (Informationsfreiheit) 126 oder ein gemeindliches Theater zur Akzeptierung bestimmter, allgemeinzugangserhaltender „Sozialtarife" oder auch (in mittelbar-kulturpolitischer Verantwortung) ein, i m übrigen vielleicht nicht Sozialpflichtiger Verkehrsbetrieb zur Ausgabe von verbilligten Schülerfahrkarten verpflichtet sein. I I I . Ergebnis
Die legitime Existenz des materiell-einrichtungsrechtlichen Leistungsverhältnisses ist damit i m Grundsatz nachgewiesen. Die öffentliche Einrichtung stellt sich auch heute und i m erneuerten Sinne als ein Institut materiell-statusrechtlicher Leistungspflichten dar. Deren komplementärer Rechtsgrund liegt i n der örtlichen und gemeinschaftspflichtigen Gewährleistung der sozialen Bürgerfreiheit. Der Inhalt der einrichtungsrechtlichen Leistungsfunktionen läßt sich allerdings und zum großen Teil (noch) nicht auf abstrakte oder allgemeinverbindliche Standardformeln bringen. Er ist nur relativ bzw. anhand konkreter Rechtsverletzungen auszumachen. 122 Zur besonderen Evidenz des in Art. 12 GG (i. V. m. dem Sozialstaatsprinzip) mitgewährleisteten Rechts auf Ausbildung vgl. vor allem Werner, DVB1. 55, 564; ders., D Ö V 58, 435. 123 Vgl. treffend etwa Werner, D Ö V 58, 435: „Der moderne Sozialstaat wäre ohne die Hereinnahme des Schulwesens ein Torso." ia4 Eine gewisse Garantie auch des kulturellen Existenzminimums enthält z. B. § 12 I B S H G . 125 Ygi Lerche, Deutschlandfunk, S. 23; ders., Rechtsprobleme, S. 5. 126
Vgl. in diesem Sinne H. J. Schmidt, D Ö V 63,219.
§
Das statsrechtliche Verständnis des Einrichtungsbegriffs243
Die damit aber für den Grenzfall nachweisbare T y p i k einrichtungsprädestinierter Aufgabenbereiche eröffnet zumindest für den institutionellen Kern der materiellen Leistungsverhältnisse wesentliche Einsichten und wahrt die Chance eines materiell-rechtlichen Verständnisses sowie der geschichtsbewußten Erhaltung des sozialen bürgerschaftlichen Statusrechts. Als rechtsmaterialer Maßstab der öffentlichen Einrichtung gilt das verfassungsrechtliche Leitbild der sozialen Freiheitsgarantien. Als rechtsformaler Maßstab gilt die konkrete Eingriffslage i m Verhältnis von leistungspflichtiger Gemeinde und leistungsberechtigtem Bürger.
C. Die Unterscheidbarkeit von öffentlicher Einrichtung und gemeindlichem Wirtschaftsunternehmen Die materielle Leistungsbestimmung des Einrichtungswesens ermöglicht nunmehr eine Unterscheidung zwischen öffentlicher Einrichtung und gemeindlichem Wirtschaftsunternehmen auch für die Fälle, i n denen das spezielle Funktions- und/oder Organisationsrecht keine abgrenzende A n t w o r t zu geben vermochte: Das „öffentliche" Wirtschaftsunternehmen und die öffentliche Einrichtung unterscheiden sich nur nach ihrer potentiellen Eingriffswirkung i m Verhältnis zum Nutzer. Verdichtet sich dessen Abhängigkeit von der konkret prästierten (nicht-prästierten) Leistung zum materiellen Leistungsverhältnis, so liegt jedenfalls und ungeachtet der organisationsrechtlichen Gegebenheiten eine öffentliche Einrichtung vor. Ausschlaggebendes Unterscheidungsmerkmal ist also der soziale A b hängigkeitsgrad der konkreten Leistung. Das bedeutet, daß auch ein von der Gemeinde ursprünglich vielleicht nur als Wirtschaftsunternehmen gedachter Leistungsträger materiell die Gestalt der öffentlichen Einrichtung annehmen kann. Denn nach den Grundsätzen über das sozialwidrige Unterlassen kann die bloß-„wirtschaftliche" Ausrichtung eines bestimmten Verantwortungsbereichs u . U . eingriffswirksam sein und damit materiell den Charakter eines Einrichtungsverhältnisses annehmen. Das gleiche gilt i m Ergebnis für das Verhältnis von öffentlicher Einrichtung und n i c h t ö f f e n t l i c h e m " , d.h. rein erwerbswirtschaftlichem Wirtschaftsimternehmen. Obwohl das Moment der fehlenden „Öffentlichkeit" hier schon hinreichende Differenzierungsmöglichkeiten geboten hatte 1 2 7 , gestattet das K r i t e r i u m des leistungsbestimmten Eingriffs 127
10*
Vgl. oben S. 137.
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5. Kap.: Der Begriff der öffentlichen Einrichtung
noch genauere Abgrenzungen: Ist nämlich die öffentliche Einrichtung richtungsmäßig an der potentiellen Eingriffswirkung i m Verhältnis von Leistungsgeber und Leistungsnehmer orientiert, so ist das fiskalische Wirtschaftsunternehmen begrifflich nur zum „Eingriff" 1 2 8 gegenüber dem potentiellen Wirtschaftskonkurrenten fähig („Eingriff" durch Konkurrenz) 1 2 0 . Ein nicht-*,öffentliches" Wirtschaftsunternehmen ist demnach stets dann gegeben, wenn eine Tangierung subjektiv-öffentlich-rechtlicher Leistimgspositionen, gemessen am konkreten Tätigkeitsbereich des Unternehmens, von vornherein ausscheidet.
§ 3 Das kombinierte Verständnis des Einrichtungsbegriffs Die öffentliche Einrichtung ist nach alledem i n kombinierter Tatbestandsumschreibung als traditionelle und typisch kommunale, statusrechtlich formierte, organisationsrechtlich nicht typfixierte Verwaltungseinheit zu definieren, die ihre öffentlich-rechtlichen Leistungen entweder a) auf Grund einer freiwilligen und erkennbar hoheitlichen Entschließung der Gemeinde erbringt (formelles Leistimgsverhältnis kraft idealtypischer Selbstverwaltung), b) auf Grund einer spezialgesetzlich vorgegebenen Leistungspflicht der Gemeinde erbringt (formelles Leistungsverhältnis kraft staatlicher Bestimmung) oder c) auf Grund einer materiell-verfassungsrechtlichen Leistungspflicht der Gemeinde erbringt (materielles Leistungsverhältnis).
128 Aufgrund der privatrechtlichen Struktur des Wirtschaftsunternehmens hätte der aktuelle „Eingriff" allerdings nur privat-(wettbewerbs-)rechtliche und nicht öffentlich-rechtliche Bedeutung, öffentlich-rechtlichen Kriterien unterliegt deshalb nur die Frage nach dem hypothetisch-hoheitlichen Eingriff. 129 Daß die öffentliche Einrichtung darüber hinaus auch konkurrenzrechtliche Eingriffswirkungen äußern kann (vgl. oben S. 239 N. 109), ist sekundär und fällt hier nicht ins Gewicht.
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Schrifttumsverzeichnis
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in
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Schrifttumsverzeichnis
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Helmreich, Karl und Julius Widtmann: Bayerische Gemeindeordnung. Kommentar, 2. Aufl., München 1959/60. Henke, Wilhelm: Das subjektive öffentliche Recht auf Eingreifen der Polizei, in: DVB1.1964, S. 649 ff. — Urteilsanmerkung in: DVB1.1965, S. 783 f. Henrichs, Wilhelm: Die Rechtsprechung zur Verfassungsgarantie der kommunalen Selbstverwaltung in Deutschland, in: DVB1.1954, S. 728 ff. Hensel, Albert: Kommunalrecht und Kommunalpolitik in Deutschland, Breslau 1928. Henze, Karl-Otto: Verwaltungsrechtliche Probleme der staatlichen Finanzhilfe zugunsten Privater, Heidelberg 1958. Hering, Carl Joseph: Zur Interpretation der Formel „innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes" (Art. 140 GG/137 I I I , 1 WRV), in: Festschrift für Hermann Jahrreiß, Köln-Berlin-Bonn-München 1964, S. 87 ff. Herzfeld, Hans: Demokratie und Selbstverwaltung in der Weimarer Epoche, Stuttgart 1957. Herzog, Roman: Das Problem der staatlichen Autorität i m westdeutschen Verfassungssystem, in: Zeitschr. f. Pol. 1963, S. 145 ff. — Subsidiaritätsprinzip und Staatsverfassung, in: Der Staat 1963, S. 399 ff. Hesse, Konrad: Der unitarische Bundesstaat, Karlsruhe 1962. — Die verfassungsrechtliche Stellung der Parteien i m modernen Staat, in: V V D S t R L 17,1959, S. 11 ff. — Der Gleichheitsgrundsatz i m Staatsrecht, in: AöR 77,1951/52, S. 167 ff. Hessenauer, Ernst: Die Volkshochschule in Staat und Gemeinde, in: Volkshochschule, Handbuch für Erwachsenenbildung in der Bundesrepublik, Stuttgart 1961, S. 58 ff. Hettlage, K a r l Maria: Der Gestalt- und Bedeutungswandel der gemeindlichen Selbstverwaltung seit 1919, in: Ordnung als Ziel. Beiträge zur Zeitgeschichte, Festgabe für Peter van Aubel, Stuttgart-Köln 1954, S. 107 ff. — Die Gemeinden in der Finanzverfassung, in: A f K 1964, S. 1 ff. — Das gemeindliche Kapitalvermögen (Allgemeines Kapitalvermögen, Rücklagen, Stiftungen), in: Peters, Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis, Dritter Band, Berlin-Göttingen-Heidelberg 1959, S. 156 ff. — Anstalt, in: Staatslexikon, 1. Bd., 6. Aufl., Freiburg 1957, S. 351 ff.
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Schrifttumsverzeichnis
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Schrifttumsverzeichnis Ipsen, Hans Peter: öffentliche Subventionierung Privater, Berlin-Köln 1956. — Die Rundfunkgebühr. Ein Rechtsbeitrag zur Rundfunkdiskussion, 2. Aufl., Hamburg 1958. — Gesetzliche Indienstnahme Privater für Verwaltungsaufgaben, in: U m Recht und Gerechtigkeit, Festgabe für Erich Kaufmann, Stuttgart-Köln 1950, S. 141 ff. — Enteignung und Sozialisierung, in: W D S t R L 10,1952, S. 74 ff. — Rechtsfragen der Investitionshilfe, in: AöR 78,1952/53, S. 284 ff. — Gemeindliche Personalhoheit unter Selbstverwaltungsgarantie, in: D Ö V 1955, S. 225 ff. — Kollision und Kombination von Prüfungsvorschriften des Haushalts- und des Aktienrechts, in: JZ 1955, S. 593 ff. — Zur Legalität des Werbefernsehens, in: NJW 1963, S. 2049 ff. — Rechtsfragen zur „Ausgliederung" des Werbefernsehens, in: NJW 1963, S. 2102 ff. — Urteilsanmerkung, in: D Ö V 1952, S. 217 f. Isbary, Gerhard: Die Raumordnimg unter dem Aspekt der ländlichen Verwaltung und deren finanzieller Ausstattung, in: A f K 1964, S. 259 ff. — Zur Gliederung des Bundesgebietes in Planungsräume, S. 793 ff.
in: D Ö V 1963,
Jacob, Otto: Das Raumordnungsgesetz, in: DVB1.1965, S. 262 ff. Jacobs, Alexander von: Der öffentlich-rechtliche Benutzungszwang in der Verwaltungsordnung, Münster 1963. Jaekel, Walter: Der Anschlußzwang und § 14 des Preußischen Gemeindeverfassungsgesetzes vom 15.12.1933, Heiligenstadt 1934. Jaenicke, Günther: Gefährdungshaftung im öffentlichen Recht? In: W D S t R L 20,1963, S. 135 ff. Jahrreiß, Hermann: Mensch und Staat. Rechtsphilosophische, staatsrechtliche und völkerrechtliche Grundfragen in unserer Zeit, Köln-Berlin 1957. Janberg, Hans: Können die öffentlichen Einrichtungen einer Gemeinde bei Zahlungsverzug des Benutzers die Lieferung sperren? In: RVB1. 56, 1935, S. 918 f. Jans, Karl Wilhelm: Jugendhilfe, in: Peters, Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis, Zweiter Band, Berlin-Göttingen-Heidelberg 1957, S. 315 ff. Jebens, A. W.: Polizeiliche Gemeindeanstalten, in: PrVBl. 22,1901, S. 329 ff. Jecht, Hans: Die öffentliche Anstalt. Wandlungen und gegenwärtige Struktur, Berlin 1963. Jellinek, Georg: Allgemeine Staatslehre, 3. Aufl., 1929, 7. Neudruck, Darmstadt 1960. - - System der subjektiven öffentlichen Rechte, 2. Aufl. 1905, Neudruck, Darmstadt 1963. Jellinek, Walter: Verwaltungsrecht, 3. Aufl., Offenburg 1948. Jerusalem: Buchbesprechung, in: NJW 1954, S. 263. Jesch, Dietrich: Der Gemeingebrauch, in: JuS 1963, S. 213 ff.
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Schrifttumsverzeichnis
Jesch, Dietrich: Gesetz und Verwaltung. Eine Problemstudie zum Wandel des Gesetzmäßigkeitsprinzipes, Tübingen 1961. — Rechtsstellung und Rechtsschutz der Gemeinden bei der Wahrnehmung „staatlicher" Aufgaben, in: DÖV1960, S. 739 ff. — Urteilsanmerkung, in: D Ö V 1962, S. 428 ff. Jobst, Heinz: Wie steht es um die Gemeinden? Befürchtungen und Hoffnungen für ihre Selbstverwaltung, München 1960. — Die Eigenständigkeit der Gemeinde, in: BayVBl. 1960, S. 201 ff. Jonas, Friedrich: Probleme des Staatseingriffs bei wirtschaftlichen Strukturanpassungen, in: Der Staat 1963, S. 279 ff. Jürgens, Erhard: Verfassungsmäßige Grenzen der Wirtschaftswerbung, in: VerwArch 53,1962, S. 105 ff. Junker, Heinrich: Gemeinschaftsaufgaben zwischen Staat und Gemeinden (Gemeindeverbänden) unter der Selbstverwaltungsgarantie, in: Gemeinschaftsaufgaben zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, Schriftenreihe der Hochschule Speyer, Bd. 11, Berlin 1961, S. 79 ff. Kahr, Gustav von: Bayerische Gemeindeordnung für die Landestheile diesseits des Rheins, 1. Bd. 1896,2. Bd. 1898, München. Kaiser, Joseph H.: Die Repräsentation organisierter Interessen, Berlin 1956. — Die Dialektik der Repräsentation, in: Festschrift für Carl Schmitt, Berlin 1959, S. 71 ff. Kaja, Helmut: Ministerialverfassung und Grundgesetz. Betrachtungen zur Organisationsgewalt des Bundeskanzlers, in: AöR 89,1964, S. 381 ff. Kalkbrenner, Helmut: Verfassungsauftrag und Verpflichtung des Gesetzgebers, in: D Ö V 1963, S. 41 ff. — Zur Errichtung von Bundesoberbehörden nach Art. 87 I I I GG, in: JZ 1963, S. 210 ff. Kaufmann, Erich: Untersuchungsausschuß und Staatsgerichtshof, Berlin 1920. — Grundrechte und Wohlfahrtsstaat, in: Recht-Staat-Wirtschaft, 4. Bd., Düsseldorf 1953, S. 77 ff. Kautz, Georg und F. Appelius: Preußisches Kommunalbeamtenrecht. Darstellung und Erläuterung der gesamten, die Rechtsverhältnisse der Preußischen Kommunalbeamten regelnden gesetzlichen und sonstigen Vorschriften, 2. Aufl., Berlin 1912. Keese, Heinz: Sozialhilferecht, 2. Aufl., Hannover 1964. Kellner, Hugo: Zum gerichtlichen Rechtsschutz i m besonderen Gewaltverhältnis, in: D Ö V 1963, S. 418 ff. Kelsen, Hans: Allgemeine Staatslehre, Berlin 1925. Kerrl, Hanns und Weidemann: Die Deutsche Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935. Kommentar, 2. Aufl., Berlin 1937. Keßler: Der Bund und die Kommunalpolitik, in: DVB1.1953, S. 3 ff. Kipp, Heinrich: Entstehung, Aufgaben und Rechtsstellung von Hilfseinrichtungen von Regierung und Parlament, in: D Ö V 1957, S. 513 ff. Klein, Franz: Fürsorge und Wohlfahrtspflege, in: Staatslexikon, 3. Bd., 6. Aufl., Freiburg 1959, S. 623 ff. Klein, Friedrich: Bonner Grundgesetz und Rechtsstaat, in: ZgStW 106, 1950, S. 390 ff.
Schrifttumsverzeichnis Klein, Friedrich: Verfassungsrechtliche Grenzen der Gemeinschaftsaufgaben, in: Gemeinschaftsaufgaben zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, Schriftenreihe der Hochschule Speyer, Bd. 11, Berlin 1961, S. 125 ff. Klein, Hans H.: Zum Begriff der öffentlichen Aufgabe, in: D Ö V 1965, S. 755 ff. Kleinhey er, Gerd: Staat und Bürger i m Recht. Die Vorträge des Carl Gottlieb Svarez vor dem preußischen Kronprinzen (1791—92), Bonn 1959. Kleinrahm, Kurt: Der Kompetenzübergang nach Artikel 129 Abs. 1 des Grundgesetzes, in: D Ö V 1952, S. 104 ff. Klotz, Erhard: Beschränkter Wirkungskreis der juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Grenzen der privatrechtlichen Rechtsfähigkeit der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, in: DÖV 1964, S. 181 ff. Klüber, Hans: Die Einrichtungen der Gemeinden, in: Der Städtetag 1963, S. 491 ff. — Die Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in ihrem Verhältnis zur Leistungsverwaltung, in: DVB1.1957, S. 827 ff. — Die Verfassungsbeschwerde der Gemeinden, in: Der Städtetag 1952, S. 39 f. Knoll, Ernst: Die sozialethischen und rechtlichen Wandlungen in der Beurteilung des Armenwesens, in: ZgStW 111,1955, S. 418 ff. Köhler, Karl-Heinz von: Zur Abgrenzung des § 98 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, in: DVB1.1961, S. 605 ff. — Behördenkonkurrenz im Kartellrecht, in: DVB1.1964, S. 214 ff. — Gefährliche Ideologie im Kartellrecht, in: NJW 1964, S. 2229 ff. Köhler, Ludwig von: Die Entwicklung des Gemeindeverfassungsrechts seit der Revolution in Württemberg, Baden und Hessen, in: W D S t R L 2, 1925, S. 181 ff. Koellreutter, Otto: Deutsches Staatsrecht, Stuttgart-Köln 1953. — Integrationslehre und Reichsreform, Tübingen 1929. König, René: Grundformen der Gesellschaft: Die Gemeinde, Rowohlts deutsche Enzyklopädie, Reinbek 1958. — Soziologie der Gemeinde, in: Sonderheft I, der Kölner Zeitschr. f. Soziologie u. Sozialpsychologie V I I I , 1956, S. 1 ff. — Die Gemeinde i m Blickfeld der Soziologie, in: Peters, Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis, Erster Band, Berlin-Göttingen-Heidelberg 1956, S. 18 ff. — Gemeinde, in: König, Soziologie, Das Fischer-Lexikon, Frankfurt/M. 1958, S. 73 ff. Kötter, Herbert: Heutige Anforderungen von Wirtschaft und Gesellschaft an die Leistungen ländlicher Selbstverwaltung, in: A f K 1964, S. 199 ff. Köttgen, Arnold: Gemeindliche Daseinsvorsorge und gewerbliche Unternehmerinitiative im Bereiche der Wasserversorgung und Abwässerbeseitigung, Göttingen 1961. — Die Gemeinde und der Bundesgesetzgeber, Stuttgart 1957. — Der heutige Spielraum kommunaler Wirtschaftsförderung. Raumordnung und gesetzesfreie Verwaltung, Göttingen 1963. — Sicherungen der gemeindlichen Selbstverwaltung, Münster 1960. — Die Krise der kommunalen Selbstverwaltung, Tübingen 1931.
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Schrifttumsverzeichnis
Röttgen, A.: Das Grundrecht der deutschen Universität. Gedanken über die institutionelle Garantie wissenschaftlicher Hochschulen, Göttingen 1959. — Die erwerbswirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand und das öffentliche Recht, Tübingen 1928. — Die rechtsfähige Verwaltungseinheit. Ein Beitrag zur Lehre von der mittelbaren Reichs Verwaltung, Berlin 1939. — Wesen und Rechtsform der Gemeinden und Gemeindeverbände, in: Peters, Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis, Erster Band, BerlinGöttingen-Heidelberg 1956, S. 185 ff. — Die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden, in: Hundert Jahre Deutsches Rechtsleben, Festschrift zum hundertjährigen Bestehen des Deutschen Juristentages, 1860—1960, Bd. I, Karlsruhe 1960, S. 577 ff. — Innerstaatliche Gliederung und moderne Gesellschaftsordnung, in: Göttinger Festschrift für das Oberlandesgericht Celle, Göttingen 1961, S. 78 ff. — Verwaltungsrecht der öffentlichen Anstalt, in: W D S t R L 6, 1929, S. 105 ff. — Die Organisationsgewalt, in: W D S t R L 16,1958, S. 154 ff. — Die Gemeinde als Gegenstand wissenschaftlicher Forschung, in: A f K 1962, S. 3 ff. — Der Strukturwandel des flachen Landes als Verwaltungsproblem, in: A f K 1964, S. 155 ff. — Der Einfluß des Bundes auf die deutsche Verwaltung und die Organisation der bundeseigenen Verwaltung, in: JöR n. F. 11,1962, S. 173 ff. — Das Verwaltungsverfahren als Gegenstand der Bundesgesetzgebung, in: D Ö V 1952, S. 422 ff. — Sachverantwortung als verfassungsrechtlicher Maßstab des Finanzausgleichs, in: D Ö V 1953, S. 358 ff. — Das umstrittene Mandat zur Jugendpflege, in: D Ö V 1961, S. 1 ff. — Innenpolitik und allgemeine Verwaltung, in: D Ö V 1964, S. 145 ff. — Gemeindliches Satzungsrecht und Grundgesetz, in: DVB1.1955, S. 445 ff. — Soziale Arbeit in Kirche, Staat und Gesellschaft, in: ZevKR 11, 1964, S.225 ff. — Das preußische Gemeindeverfassungsgesetz vom 15. Dezember 1933, in: VerwArch. 39,1934, S. 113 ff. — Selbstverwaltung, in: Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, Neunter Band, Stuttgart-Tübingen-Göttingen 1956, S. 220 ff. Röttgen, Arnold, Helmuth Dolff und Werner Rüchenhoff: Die Volkshochschule in Recht und Verwaltung, Stuttgart 1962. Rohlmann, Günter: Das subjektiv-öffentliche Recht auf fehlerfreien Ermessensgebrauch, Berlin 1964. Rollmann, Ottmar: Nochmals: Zur verfassungsrechtlichen Sicherung der Selbstverwaltung, in: D Ö V 1951, S. 145 ff. Kommentar zum Bonner Grundgesetz (Bonner Kommentar), Zweitbearbeitung, Hamburg 1964 ff. Kopp, Ferdinand O.: Rechtsnatur der Aufhebung oder Verlegung von Verwaltungsbehörden, in: D Ö V 1965, S. „567 ff" (richtig: S. 267 ff.). Rormann, Karl: öffentliche Anstalt, in: v. Stengel-Fleischmann, Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts, Dritter Band, 2. Aufl., T ü bingen 1914, S. 1 ff.
Schrifttumsverzeichnis Kornblum, Udo: Gemeindliches Selbstverwaltungsrecht und Hessische Stellenplanverordnung, in: D Ö V 1962, S. 847 ff. Kottenberg, Kurt: Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen mit Amtsordnung, Landkreisordnimg, Landschaftsverbandsordnung, Kommunalwahlgesetz sowie Durchführungs- und Nebenbestimmungen. Kommentar, 7. Aufl., Siegburg 1963. Der Krankenhausvertrag in der Hechtsordnung, hrsg. von der Studienstiftung der Verwaltungsleiter deutscher Krankenanstalten e. V. Karlsruhe, K u l m bach 1960. Kratzer, Jakob: Zustimmungsgesetze, in: AöR 77,1951/52, S. 266 ff. — Gemeindeordnung und kommunale Wirtschaftsbetätigung, 1962, S. 133 f.
in: BayVBl.
— Buchbesprechung, in: DVB1.1961, S. 603 f. Krause, Hermann: Der verteilende Staat, in: Beiträge zum Recht der Wasserwirtschaft und zum Energierecht, Festschrift für Paul Gieseke, Karlsruhe 1958, S. 1 ff. Krill, Edgar: Zweckgebundene Landeszuschüsse an Gemeinden und Landkreise in Nordrhein-Westfalen, in: D Ö V 1964, S. 840 ff. Kröll, Michael: Gesellschaft und Staat. Eine sozialwissenschaftliche Propädeutik, Berlin 1961. Krüger, Herbert: Allgemeine Staatslehre, Stuttgart 1964. — Der Rundfunk im Verfassungsgefüge und in der Verwaltungsordnung von Bund und Ländern, Hamburg 1960. — Grundgesetz und Kartellgesetzgebung, Göttingen 1950. — Das besondere Gewaltverhältnis, in: W D S t R L 15,1957, S. 109 ff. — Wirtschaftsverfassung und Staatsverfassung, in: DVB1.1951, S. 361 ff. — Urteilsanmerkung, in: DVB1.1951, S. 85 ff. Krug, Heinz: Gesetz für Jugendwohlfahrt 1961 ff. Küchenhoff,
(JWG), Kommentar,
München
Günther: Bund und Gemeinde, in: BayVBl. 1958, S. 65 ff., 101 ff.
— Die Rechtsnatur der staatlichen Genehmigung zu Rechtsetzungsakten öffentlicher Körperschaften — BVerwGE 16, 83, in: JuS 1965, S. 52 ff. Küchenhoff, Günther und Robert Berger: Deutsche Gemeindeordnung vom 3. Januar 1935 nebst amtlicher Begründung, Berlin-Leipzig 1935. Küchenhoff, Günther und Erich Küchenhoff: Stuttgart 1957.
Allgemeine Staatslehre, 3. Aufl.,
Küchenhoff, Günther und Wilhelm v. Lympius: Gemeindeverfassungsgesetz und Gemeindeflnanzgesetz vom 15. Dezember 1933 nebst Durchführungsbestimmungen und Ausführungsanweisungen zu beiden Gesetzen, BerlinLeipzig 1934. Külz, Helmut R.: Das „Wohl der Allgemeinheit" im Wasserhaushaltsgesetz, in: Beiträge zum Recht der Wasserwirtschaft und zum Energierecht, Festschrift für Paul Gieseke, Karlsruhe 1958, S. 187 ff. Kullmann, Hans Josef: Sind Privatschulen „Behörden" und ihre schulischen Entscheidungen Verwaltungsakte? In: DÖV 1959, S. 569 f.
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Die Bayerische Gemeindeordnung,
Lamp, Karl: Das Problem der städtischen Selbstverwaltung nach österreichischem und preußischem Recht. Eine verwaltungsrechtliche Studie in drei Vorträgen und einem Anhange, Leipzig 1905. Landé, Walter: Die Schule in der Reichsverfassung. Ein Kommentar, Berlin 1929. — Schulrecht, in: M. v. Brauchitsch, Verwaltungsgesetze für Preußen, neu hrsg. von Bill Drews und Gerhard Lassar, 6. Bd., Berlin 1933. — Die staatsrechtlichen Grundlagen des deutschen Unterrichtswesens, in: A n schütz-Thoma, Handbuch des Deutschen Staatsrechts, 2. Bd., Tübingen 1932, S. 690 ff. Landmann, Julius: Moderne Organisationsformen der öffentlichen Unternehmung, Teil 1 und 2, Schriften des Vereins für Sozialpolitik, 176, 1931—1932. Landmann, Rohmer: Gewerbeordnung. Kommentar, neubearbeitet von Erich Eyermann und Ludwig Fröhler, 12. Aufl., München-Berlin 1963 ff. Langen, Eugen: Urteilsanmerkung, in: NJW 1964, S. 2075 f. Lassar, Gerhard: Zur Lehre von der beschränkten Handlungsfähigkeit öffentlich-rechtlicher juristischer Personen nach preußischem Recht, 1928. — Reichsverfassung und örtliche Landesverwaltung, in: RuPrVBl. 50, 1929, S. 524 f. Laubadèr e, André de: Traité élémentaire de Droit Administratif, Deuxième Edition, Paris 1957. Ledermann, Walter und Ludwig Brühl: Die Städteordnung für die sechs östlichen Provinzen der Preußischen Monarchie vom 30. M a i 1853 nebst ihren gesetzlichen Ergänzungen, 2. Aufl., Berlin 1913. Leibholz, Gerhard: Strukturprobleme der modernen Demokratie, Karlsruhe 1958. — Diskussionsbemerkung, in: VVDStRL 20,1963, S. 117 ff. Leiling, Otto Heinrich: Die Gesetzgebungsbefugnis zur Neuordnung des Rundfunkwesens, München-Berlin 1955.
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