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German Pages 466 [468] Year 1872
Das
gemeine deutsche Bergrecht in Verbindung mit dem
preußischen Bergrechte unter Berücksichtigung der Berggesetze
Gayerns, Sachsens, Oesterreichs und anderer deutscher Länder,
dargestellt von
Dr. H. Achenbach, Geheimem Oberbergralh und Vortragendem Rath jin preuß. Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten.
Erster Theil.
Bonn,
bei Adolph Marcus. 1871.
Vorwort. In
dem
erschienenen
1869
Buche
„das
französische
Bergrecht" hat der Verfasser den Zusammenhang nachzuwei
sen versucht, welcher zwischen dem neueren deutschen und dem
französischen Bergrechte bestehet. Durch das gegenwärtige Werk soll unter Berücksichtigung der auf dem Gebiete der . deutschen Rechtsgeschichte und des deutschen Rechtes gewonnenen Resul
tate auf Grund selbstständiger Forschung das deutsche Berg
recht sowohl tu eingehend
geschichtlicher
wie
dogmatischer Beziehung
dargestellt und hierdurch dem Bergrechte der Ge
genwart ein richtiges Verständniß und eine
wissenschaftliche
Begründung gesichert werden. . Neben dem gemeinen deutschen Bergrechte umfaßt daher
das vorliegende Werk eine ausführliche Erörterung des preu ßischen Bergrechtes und der sich unmittelbar an letzteres an
schließenden
Bergrechte
Bayerns,
Braunschweigs
u. s.
w.,
wobei die abweichende Stellung des sächsischen und österreichi schen Bergrechtes nicht außer Betracht geblieben ist.
Die neuesten Reformen des Bergrechtes in den einzel nen deutschen Staaten haben die Gemeinsamkeit der Grund sätze des ersteren nicht beseitigt, ja durch
die fast wörtliche
Einführung des preußischen Bergrechtes in Bayern, Braun
schweig u. s. w. derart vorbereitet, selbst
oder
den
ist
der Erlaß eines deutschen Berggesetzes
daß demselben
bergbaulichen
keine aus dem Bergrechte
Verhältnissen
hergeleiteten
Vorwort.
IV
Schwierigkeiten entgegen gestellt werden können.
Ziel erreicht ist,
wird
es
als
Bis dieses
eine hervorragende Aufgabe
deutscher Rechtswissenschaft betrachtet
werden müssen, eines-
theils über die Aufrechterhaltung der gemeinsamen Grundsätze unseres Bergrechtes ein treues Wächteramt ausznüben, anderen-
theils aber auf die beschleunigte Herstellung eines auch for
mell einheitlichen deutschen Bergrechtes nach Möglichkeit hin zuwirken.
Möge auch das vorliegende Buch
ein Beitrag für die
Lösung dieser Aufgaben sein. Berlin, im Januar 1871.
Dr. Heim. Achenbach.
Inhaltsverzeichnis. Einleitung. I.
Bom Bergrechte im Allgemeinen. Seite.
1. Begriff und Cintheilung des Bergrechtes. §. 1....................................... 2. Gegenwärtige Stellung des gemeinen deutschen Bergrechtes. §. 2.... II.
Literatur des Bergrechtes.
1.
Sammlungen der Berggesetze, Berggewohnheiten und Bergurtheile. § 3.
2.
Geschichtliche Werke über Bergrecht und Bergwerksversassung. §. 4...
3. Lehrbücher
1 6
des Bergrechtes,
Dissertationen
9 11
und bergrechtliche Ab
handlungen. a.
Gemeinrechtliche. §.5..................
b. Lehrbücher und Commentareüber deutsche Partikularrechte. §. 6.
13 15
1. Österreichisches Bergrecht................................................................
15
2. Sächsisches Bergrecht......................................................................... 3. Preußisches Bergrecht............................................................•..........
16 16
III.
Quellen des Bergrechtes.
1. Aeltere Zeit (bis zum 13. Jahrhundert einschließlich).
a.
Gesetze und Gewohnheitsrechte
§. 7.....................................................
17
b.
Deutscher Ursprung der Berggewohnheiten. §. 8..............................
23
c.
Berggewohnheiten im westlichen Deutschland, insbesondere aus der linken Rheinseite. §. 9.............................................................................
29
d. Berggewohnheiten im westlichen Deutschland auf der rechten Rhein
seite. §. 10
Jnhaltsverzeichniß.
VI
2.
3.
Mittlere Zeit (bis zum Ende des 15. Jahrhunderts).
a.
Bergrecht im südlichen Deutschland. §. 11............................................
36
b.
Bergrecht im westlichen und nördlichen Deutschland. §.12..........
42
Neuere Zeit.
a.
Landesbergordnungen.
Reception des
sächsischen Bergrechtes
in
Böhmen und den böhmischen Nebenländern. §. 13...........................
b.
Reception des sächsischen Bergrechtes, und mittleren Deutschland.
§. 14..........................................................
48
§. 15....................
52
d. Einfluß des harzer Bergrechtes. §. 16...................................................
53
c.
4.
44
insbesondere im westlichen
Reception des sächsischen Bergrechtes am Harze.
Das Bergrecht der Gegenwart. a.
Das Königlich sächsische und das österreichische Berggesetz. §. 17..
55
b.
Das preußische Allgemeine Berggesetz. §. 18.......................................
57
Bon der Anwendung der Bergrechtsquellen. §§. 19, 20...
63
IV.
Erste Abtheilung. Allgemeine Lehren. I. Bon der Bergbaufreiheit (Freierklärung), dem Bergregal und der Berghoheit im Allgemeinen. 1.
Entstehung und Begriff der Bergbaufreiheit (Freierklärung). §§.21—24
68
2.
Entstehung und Begriff des Bergregales. §§. 25—29 ...........................
81
3.
Das Bergregal, die Berghoheit und die Bergbaufreiheit nach den neueren Berggesetzen, insbesondere nach dem preußischen Allgemeinen Berggesetze.
Rechtliche Natur des Bergregales. §.30..............................................
100
b. Die Berghoheit nach französischem Bergrechte. §.31.........................
102
c.
Die Berghoheit nach dem preußischen Allgemeinen Berggesetze. §.32
104
d.
Die Mineralien als Substanztheile des Grund und Bodens und
a.
die Bergbaufreiheit nach
dem
preußischen Allgemeinen
Bergge
setze. §.33......................................................................................................
108
e.
Fortdauer des Bergregales der Privatpersonen. §.34....................
114
f.
Schlußbemerkungen, insbesondere über die neueren Berggesetze in
anderen deutschen Staaten. §. 35.............................................................
II. 1.
115
Bom Umfange des Bergregales und der Berghoheit.
Die vom Verfügungsrechte
des Grundeigenthümers
ausgeschlossenen
Mineralien. a. Nach gemeinem Bergrechte und den Bergordnungen. §.36.............
117
Inhaltsverzeichnis
vn
Seite, b.
Nach den neueren Berggesetzen, insbesondere dem preußischen All
e.
Nach den provincialrechtlichen Vorschriften des preußischen Allge
gemeinen Berggesetze. §. 37...................................................................... meinen Berggesetzes. §. 38......................................................................... f.
121 124
Feststellung der Grenze zwischen den Rechten des Staates und des
Grundeigenthümers. §.39........................................................................
126
g. Competenz der Gerichte und der Bergbehörden bei Feststellung der Grenze der staatlichen Hoheit gegenüber den Rechten des Grund
eigenthümers. §. 40..................................................................................... 2.
Alte Halden.
a.
129
Verlassene Bergwerke.
Nach gemeinem Bergrechte und den Bergordnungen.
§.41..........
131
b. Nach den neueren Berggesetzen, insbesondere dem preußischen All gemeinen Berggesetze. §. 42...................................................................... 3.
4.
Erbstollen.
a.
Aelteres Recht. §.43
141
b.
Neueres Recht. §.44...................................................................................
145
Fließende Wasser (Berg- und Tagewasser).
a.
Ursprung der bergrechtlichen Muthung und Verleihung von flie ßendem Wasser. §.44................................................................................
147
b.
Grundsätze des deutschen Bergrechtes über die Wassernutzung. §. 45
151
c.
Neuere Berggesetze über die Wasserleitung. §.46.............................
157
d.
Das preußische Allgemeine Berggesetz rücksichtlich der Wassernutzung
e.
Die Bergwasser nach dem preußischen Allgemeinen Berggesetze.
im Allgemeinen. §.47.............................................................................. a.
f.
160
b.
Recht des Bergbauberechtigten auf die Bergwasser über Tage (bayerisches Recht). §.49....................................................................
163
c.
Rechte Dritter auf die Bergwasser über Tage. §.50...............
166
Die Privatflüsse nach dem preußischen Allgemeinen Berggesetze.
a.
Recht des Bergbauberechtigten auf Zuleitung von Bergwassern in Privatflüsse. §.51
b.
.........................................................................
168
Entschädigungsverbindlichkeit bei der Zuleitung von Bergwas
sern.
c.
Untersagung derselben.
§§.52. 53....................................
174
Recht der Ableitung von Wasser aus Privatflüssen zu Berg
(Bayerisches Recht.) §.54............................................
179
Schlußbemerkungen. §.55.........................................................................
181
bauzwecken.
g.
158
Recht des Bergbauberechtigten auf die Bergwasser im Inneren des Bergwerkes. §.48.........................................................................
5
134
Aufbereitungs-Anstalten und Hüttenwerke.
a.
Aelteres Recht. §.56...................................................................................
183
b. Besonderheiten bei den Eisenhütten. §.57............................................
188
c.
Grundsätzliche Stellung des deutschen und französischen Rechtes. §. 58
191
d.
Polizeiliche Concessionirung der Hüttenwerke insbesondere in Preu ßen. §. 59........................................................................................................
193
Jnhaltsverzeichniß.
VIII
Trennung der Hüttenwerke und gewisser Aufbereitungs-Anstalten
e.
vom Bergwesen nach neueren deutschen Gesetzen.
Gegenwärtiger
196
Rechtszustand. §. 60
6.
Bergschmieden, Grundstücke über Tage, Waldungen. §. 61
204
Bon der Ausübung deS BergregaleS und der Berghoheit.
III. 1.
Von der Verleihung deß Bergbaurechtes nach Maßgabe der Berggesetze.
2.
Von der Feldesreservation für den Bergbau des Regalherren.
8. 62 a.
Rechtsgültigkeit der Feldesreservation.
b.
Wirkung der Reservation. §. 64.............................................................
c.
Feldesreservation bei regalen Mineralien, bei welchen keine Berg
6.
3.
207
§. 63
210
213
baufreiheit bestehet. 8-65
216
Feldesrescrvation der Privatregalherren. 8- 66
218
Von der Verleihung von Bergbaurechten ohne Rücksicht auf die berg
ordnungsmäßigen Vorschriften. §. 67, 68 IV.
219
Bon der Veräußerung des Bergregales. 88-69—72
225
Zweite Abtheilung. Die Dergbauberechtigung (ÄergmerKseigenthum). I.
1.
Bon der Bergbauberechtigung oder dem f. g. Bergwerkseigenthum
Begriff und Natur der Bergbauberechtigung werkseigenthumes.
a.
im Allgemeinen.
oder des s. g. Berg
Von dem Bergwerke (Berggebäude). 8- 73
b. Von
dem Bergwerkseigenthume
und der
234
rechtlichen
Möglichkeit
desselben. 8- 74 ...............................................................................................
c.
Das
Bergwerkseigenthum
nach
gemeinem
Bergrechte
und
Bergordnungen. §.75
242
Fortsetzung (preußisches Allgemeines Landrecht). 8- 76
245
d. Das Bergbaurecht des gemeinen Rechtes. 8-77 f.
249
Von den Zubehörungen des Bergbaurechtes nach gemeinem Rechte und den Bergordnungen. 8- 78
g.
237
den
Die Bergbauberechtigung und
251 das
sog. Bergwerkseigenthum der
neueren Berggesetze. 8-79 Fortsetzung
mit Rücksicht auf das preußische
gesetz. 8- 80 h. Die
Zubehörungen der Bergbauberechtigung
Berggesetzen, 8- 81
255
Allgemeine Berg
............................ nach den
261
neueren 263
Inhaltsverzeichnis
ix Seite.
2.
Von der Zusammenschlagung (Konsolidation^ der Bergbauberechtigungen.
a.
Bon der Zusammenschlagung (Konsolidation) der Bergbauberechti gungen nach älterem Rechte. §. 82..........................................................
b.
ßische Gesetzgebung. §§. 83—85............................................................... 3.
Die Theilbarkeit der Bergbauberechtigung in mehrere Gerechtsame nach älterem Rechte. §. 86........................................................................
b.
Die Theilbarkeit der Bergbauberechtigung in Jdealantheile nach
c.
Von der Theilbarkeit der Bergbauberechtigung in mehrere Gerecht
älterem Rechte. §§. 87. 88........................................................................ same,
dem Fcldesaustausche und dem
Verzichte
d.
Von der
299
307
Von der Erwerbung der Bergbauberechtigung.
Allgemeines.
a.
Erwerbsfähigkeit. §.91..............................................................................
313
b.
Ursprünglicher Erwerb. §.92 ............................................................
322
Das Schürfen.
a.
Begriff des Schürfens. §.93 ....................................................................
b.
Verhältniß des Schürfers zum Grundeigenthümer
c.
d. e.
3.
290
Theilbarkeit der Bergbauberechtigung in ideelle Theile
nach den neueren Berggesetzen. §. 90.....................................................
II.
283
auf Feldestheile
nach den neueren Berggesetzen. §. 89 .....................................................
2.
271
Von der Theilbarkeit der Bergbauberechtigung.
a.
1.
267
Fortsetzung mit Rücksicht auf die neuere, insbesondere die preu
a.
nach gemeinem Bergrechte. §. 94 ..
b.
Nach neuerem Bergrechte, insbesondere dem preußischen Allge
...............................................
325 328
meinen Berggesetze. §.95 ....................................................................
334
Verhältniß des Schürfers zum Bergbauberechtigten. §.96 ............
345
Verfügungsrecht des Schürfers über die beim Schürfen geförderten
Mineralien. §.97........................
347
Aufsichtsrecht der Bergbehörde bezüglich der Schürfarbeiten. §. 98
352
Das Finden. a.
Allgemeines. §.99..................................................
357
b. Erwerbung des Bergbaurechtes ohne Fund; Freischürfrechte nach älterem Bergrechte. §. 100..................................................
Die Erwerbung des Bergbaurechtes auf Grund eines Fundes und
das Recht des ersten Finders nach gemeinem Bergrechte. §. 101 .
369
d.
Fund und Finderrecht nach neuerem Bergrechte. §.102.................
381
Fortsetzung.
Fund und
Finderrecht nach dem preußischen Allge
meinen Berggesetze. §. 103........................................................................ Fortsetzung.
388
Beurtheilt sich das Finderrecht des preußischen All
gemeinen Berggesetzes nach den Regeln der Occupation? §. 104.. 4.
360
c.
394
Das Muthen.
a.
Gemeines Bergrecht. §. 105.....................................................................
b.
Neueres, insbesondere preußisches Bergrecht.
a.
Formelle Erfordernisse der Muthung. §. 106 ........................
397
409
Inhaltsverzeichnis
x
Seite. b.
Materielle Erfordernisse der Muthung. §. 107.........................
414
c.
Der Umwandlungs- und Erweiterungs-Antrag. §. 108 .........
420
d.
Ist die Muthung nach preußischem Allgemeinen Berggesetze eine
Occupation? Natur des aus der Muthung folgenden Rechtes, ß. 109 ................................................................................................. 5.
426
Die Verleihung. a.
Gemeines Recht. §.110..........................................................................
430
b.
Neueres, insbesondere preußisches Bergrecht. §. 111.......................
437
Einleitung. I. Vom Sergrechte im Allgemeinen. 1.
Begriff unb Eintheilnng des Bergrechies.
8- 1. Der Bergban bezweckt die Aufsuchung und Gewinnung nutz barer Mineralien.
Als Gegenstand des Bergrechtes muß derselbe
jedoch theils in einem engeren, theils in einem weiteren Sinne auf In einem engeren Sinne insofern,
gefaßt werden.
als das Berg
recht, d. h. das Specialrecht der beim Bergbau vorkom
menden Rechtsverhältnisse, sich regelmäßig') nur auf die Aufsuchung und Gewinnung der vom Verfügungsrechte des Grund-
eigenthümers ausgeschloffenen Mineralien beziehet. In einem weiteren Sinne, weil das Bergrecht namentlich der älteren Zeit auch auf die Aufbereitung
und Zugntemachnng
jener
Mineralien Anwendung
findet.
Der Inhalt des Bergrechtes gehört theils dem öffentlichen, theils 1) Neuerdings
find mehrfach einzelne Theile des Bergrechtes auch auf den
vom Grundeigenthümer ausgehenden Bergbau für anwendbar erklärt Vergl. §. 2 des König!. sächsischen Allgem. Berggesetzes vom
worden.
16. Juni
1868
(Gesetz- u. Verord.-Bl. S. 351 ff.) rückfichtlich des Stein- und Braunkohlenberg baues; ferner das preuß. Gesetz vom 22. Febr. 1869,
betreffend die Rechtsver
hältnisse des Stein- und Braunkohlenbergbaues in denjenigen Landestheilen, in welchen
das Kurf, sächsische
Mandat vom 19. Aug.
1743 Gesetzeskraft hat
(Gcs.-S. S. 401), Art. XIII. der Königl. preuß. Verordnung vom 8. Mai 1867, be treffend die Einführung des preuß. Allgem. Berggesetzes vom 24. Juni 1865 in das Gebiet des vormaligen Königreiches Hannover (Ges -S. S. 601 ff.), rück sichtlich des Stein- und Braunkohlenbergbaues im Fürstenthume Kalenberg, ein
schließlich der Grafschaft Spiegelberg; §. 210 des preuß. Allgem. Berggesetzes in
Betreff des Braunkohlenbergbaues im Gebiete des
westpreuß. Provincialrechtes;
§. 214 desselben Gesetzes wegen gewißer linksrheinischer Steinbrüche u. s. w. 1
2
Einleitung.
so daß dasselbe in Berg staatsrecht und
dem Privatrechte an,
Diese Eintheilung
Bergprivatrecht eingetheilt zu werden pflegt.
ist indeß für die Darstellung des Bergrechtes werthlos *), da dieselbe
ohne ein willkürliches Zerreißen des an sich zusammengehörigen Stoffes nicht benutzt werden sonn1 2). Selbst in den Systemen des allgenreinen Privatrechtes, in welchen regelmäßig das Bergrecht ab gehandelt wird, ist von dieser Eintheilung nur ein geringer Gebrauch
zu machen, da die Mehrzahl der bergrechtlichen Materien einen ge mischten Charakter hat.
Soll daher in den Lehrbüchern über das
1) Otto (Studien auf dem Gebiete des Bergrechtes. Freiberg 1856, S. 21)
verwirft eine solche Eintheilung zwar andere in Bergprivatrecht
gänzlich, schlägt aber statt derselben eine
und Bergverwaltungsrecht vor.
So weit dies
nicht
lediglich verschiedene Bezeichnungen für dieselbe Sache sind, kann andererseits nicht zugegeben werden, daß die Stellung des Bergbautreibenden eine „durch und durch privatrechtliche" sei. Im modernen Bergrechte tritt in der Beschränkung des Verfügungsrechtes des Grundeigentümers über gewisse Fossilien durch staatliche
Hoheitsrechte, bei der Verleihung,
eigenthums,
bei dem
Consolidation und Entziehung des Bergwerks
Betriebe der Bergwerke, dem Knappschaftswesen u. s. w.
der gemischte Charakter des Bergrechtes wesentlich hervor.
Richtig ist, daß gerade
wegen dieser Doppelnatur die hergebrachte Sonderung des öffentlichen Bergrechtes von dem Bergprivatrechte für die Darstellung des Bergrechtes verworfen wer
den muß. 2) Die Eintheilung scheint vorzugsweise von A. Beyer herzurühren, welcher
in den otia metallica (Bd. I. S. 65 ff.) 1748 den Entwurf einer Bergstaats
rechtslehre veröffentlichte. rechtslehre zum Nachtheile
Karsten hat in seinem Grundrisse der deutschen Berg
der Sache den Versuch gemacht, das Bergstaatsrecht
gesondert vom Bergprivatrechte darzustellen. Bekanntlich sollte auch bei Abfassung des preußischen Allgemeinen Landrechtes in
Der
dieser Art verfahren werden.
gedruckte Entwurf enthielt ein Bergstaatsrecht und ein Bergprivatrecht. Man sah sich indeß genöthigt,
diese Eintheilung aufzugeben und ließ den Entwurf durch
den Geheimen Oberrevisionsrath Goßler umarbeiten.
Der Generalfiscal und
Oberbergrichter Pachaly bemerkte zu dem ersten Entwürfe: „Die in dem Entwürfe gemachte Eintheilung zwischen Bergstaats- und Berg
privatrecht ist zwar philosophisch richtig; die Grenzlinie genau zu ziehen,
aber äußerst schwer.
ist
In dem Entwürfe des Gesetzbuches sind manche Materien
zu dem einen gerechnet worden,
die eigentlich in das andere gehören,
und
wenn man auch endlich Alles richtig geordnet hat, so werden manche Materien zum Nachtheile derer, die sich daraus unter
richten wollen, zerrissen." Aehnlich äußerte sich der sJJiinifter von Heinitz (Brassert: Das Bergrecht des Allgem. preuß. Landrechtes in seinen Materialien.
S. 27, 289).
Bonn bei A. Marcus 1861,
Das Bergrecht im Allgemeinen.
3
Privatrecht nicht überhaupt auf die Darstellung des Bergrechtes ver
zichtet werben *), so muß letztere auch auf das Gebiet des öffentlichen
Rechtes hinüber greifen. Das Bergrecht ist mit Rücksicht auf seine Entstehung und An wendung entweder gemeines oder partikulares Bergrecht. Bei
der Frage, ob ein gemeines deutsches Bergrecht vorhanden und was unter letzterem zu verstehen sei, wiederholt sich im Allgemeinen die in den Lehrbüchern des deutschen Privatrechtes erörterte Controverse über die Existenz und den Begriff des gemeinen deutschen
Privatrechtes. Richtig ist auch in Betreff des Bergrechtes, daß für Deutschland berggesetzliche Bestimmungen, welche mit gemeiner Autorität erlassen sind, nahezu gänzlich fehlen1 2). Dagegen kann das Vorhandensein eines gemeinen Berggewohnheitsrechtes mit Grund nicht bestritten werden. In seinen Anfängen mitten aus dem deut schen Volke herausgewachsen und mit Hülfe der landesherrlichen Berg freiheiten weiter getragen, haben die später erlassenen Bergordnungen wesentliche Theile des gemeinen Gewohnheitsrechtes in sich ausge nommen.
Die den ersteren inne wohnenden obersten Rechtsgrund
sätze bilden daher dem Inhalte nach Hauptbestandtheile des gemeinen Bergrechtes, welches hier in der Form von Partikulargesetzen zum Ausdrucke gelangt ist. Reben diesen Provinciellen, den gesammten Stoff keineswegs erschöpfenden Bergordnungen bestehet das gemeine Bergrecht, theils als subsidiäre, theils als alleinige Rechtsnorm fort.
Ausdrücklich verweisen daher die Bergordnungen auch auf das letztere. So heißt es im Schlußartikel der joachimsthaler Bergordnung v. I. 1548: „Was in dieser Unser Ordnung nicht begriffen oder ausge drückt ist, soll bei gemeinen Bergrechten und alter hergebrachter
1) Ganz abgesehen von der vorherrschenden Doppelnatur des Bergrechtes,
findet fich im Privatrechte keine passende Stelle, um das Bergrecht im Zusammen hänge darzustellen. Es erscheint wenig befriedigend, wenn beispielsweise die Lehre von der Gewerkschaft, vom Kuxe beim Erwerbe des Eigenthumes an Sachen er
örtert wird, während andererseits die Verweisung der einzelnen Theile des Berg rechtes in den allgemeinen Abschnitt, in die Darstellung des Sachen- und Obli
gationenrechtes den an sich zusammenhängenden Rechtsstoff bis zur Unkenntlichkeit auseinander zerrt.
2) Eine reichsgesetzliche Bestimmung ist Cap. IX
§. 1 der goldenen Bulle
Kaiser Karls IV. v. I. 1356 über die Rechte der Kurfürsten rücksichtlich des Bergbaues.
4
Einleitung.
löblicher Bergwerksübung bleibe»"').
Viele Bergordnungen wieder
wie z. B. aus der nassaukatzenelnbogischen Bergordnung v. I. 1559 entnommen werden kann: holen fast wörtlich diese ^Bestimmung,
„Was in dieser Ordnung nicht begriffen oder ausgedrückt ist, soll gemeinen Bergrechten und alten hergebrachten
bei
Bergwerks-Uebungen und Unserer Erklärung aus Rath Berg
verständiger bleiben."
Andere Bergordnungen erwähnen zwar nur den „übfichen Ge
brauch", die „bergläufige Weise", wie z. B. die kurtriersche Berg freiheit v. I. 1564, verstehen indeß offenbar hierunter das gemeine Bergrecht.
Endlich wird in einzelnen Bergordnungen angedeutet,
daß Rcchtssätze, welche in den verschiedenen Bergordnungen überein
stimmend zum Ausdrucke gelangen, als gemeines Bergrecht zu be So sagt Cap. 60 der Renovirten Bergordnung für Kleve-Mark v. I. 1737: „Sollten auch casus Vorkommen, wovon in dieser Unserer Ord trachten sind.
nung Nichts enthalten wäre, so muß indessen nach denen anderen im römischen Reich üblichen Kaiserlichen, Königlichen, Kur- und Fürstlichen Bergrechten und Ordnungen verfahren werden."
Wenn diese Bestimmung sich in der Revidirten Bergordnung Friedrich des Großen für Kleve-Mark v. I. 1766, Cap. 87 §. 3 dahin geändert findet:
„Sollten auch casus vorkommen, wovon in dieser Unserer Ord nung Nichts enthalten wäre, so soll indessen nach denen anderen im römischen Reiche üblichen Kaiserlichen, Königlichen, Kur- und Fürstlichen, besonders aber denen Kursächsischen Bergrechten und Ordnungen Verfahren werden", so ist hierdurch keine materielle Abweichung
beabsichtigt,
da schon
lange vorher gerade der Inhalt der kursächsischcn Bergordnungen, nach deren Faffung überhaupt eine sehr große Zahl deutscher Berg
ordnungen redigirt worden ist, als der reinste Ausdruck des gemeinen Bergrechtes betrachtet wurde. Aus den vorstehenden Anführungen gehet unzweifelhaft hervor, daß kraft ausdrücklicher Bestimmung der Landesgesetze
1) Thl. 2 Art. 93 derselben Bergordnung verweist wegen des Erbstollenrechtes ebensalls auf das „gemeine Bergrecht und alte herkommene Uebungen."
Diese Bestimnmng
wiederholt Thl. II. Art. 89 der Fürstl. braunschw.-lüne-
burgijchen Bergordnung siir Zellerfeld u. s. w. v. I. 1593.
Das Bergrecht im Allgemeinen.
dem gemeinen deutschen Bergrechte die Bedeutung eines unmittelbar
anwendbaren Rechtes beizulegen ist1). Die
Weiterbildung dieses Gewohnheitsrechtes
auch
nach dem
Erlasse der meisten Partikularbergordnungen erscheint vorzugsweise als das Werk der Bergschöppenstuhle, deren Rechtssprüche von jeher
als eine Hauptquelle des gemeinen Bergrechtes angesehen worden sind. Durch die rechtsbildende Bedeutung jener Urtheile hat das ge meine deutsche Bergrecht sich namentlich im Anschlüsse an das kur
sächsische Bergrecht weiter entwickelt2).
Auch diese Autorität der Bergurtheile erfreute sich vielfach aus drücklicher Anerkennung in den Landesgesetzen.
schlesischen und in der
So heißt es in der Magdeburg-halberstädtischen Bergordnung
aus den Jahren 1769 und 1772: „Sollten auch in Bergsachen Casus Vorkommen, worin in dieser Unserer Ordnung Nichts enthalten, so soll indessen nach der säch sischen Bergordnung und in deren Entstehung nach anderen im
römischen Reich üblichen Bergrechten und Ordnungen, auch vor-
1) Wenn Gerber in dem System des deutschen Privatrechtes bei Gelegenheit einer glänzenden Darlegung des wissenschaftlichen Principes des gemeinen deut
schen Privatrechtes S. 13 bemerkt: „Die Wissenschaft des deutschen Privatrechtes
ist deßhalb das einzige und unentbehrliche Erklärungsmittel der Partikular rechte; sie gibt
für seine oft nur
andeutenden Aussprüche und fragmentarischen
Bestimmungen die leitenden Gedanken eigentlichen Ergänzung
und belebenden Principien.
aus diesem Fond kann dagegen
Von
einer
ohne besondere
Voraussetzungen nicht die Rede sein, da dem Inhalte dieser Wissenschaft die formelle Sanction abgeht", so liegen jedenfalls bei dem gemeinen deutschen Berg rechte solche
besondern Voraussetzungen
vor.
Vergl. über
gemeines
Bergrecht
noch Thomas Wagner in der Vorrede des corp. iur. metallici §. 2; Beyer
otia metallica Thl. I. S. 100; Meyer bergrechtl. Beobachtungen S. 44. Diese Schriftsteller bemerken, daß die deutschen Bergordnungen fast ausnahmslos
auf das gemeine Bergrecht verweisen.
Da
ein geschriebenes deutsches Bergrecht
nicht vorhanden sei, so müsse man unter letzterem diejenigen Grundsätze verstehen,
rücksichtlich deren die deutschen Bergordnungen oder die meisten derselben überein stimmend seien.
Meyer erweitert dies indeß dahin, daß es bei Feststellung des auch auf die
joachimsthaler und
sreiberger Berggebräuche und die Bergurtheile ankomme.
Dieser Auffassung
Inhaltes des
gemeinen deutschen Bergrechtes
folgt im Wesentlichen Hake in dem Commentar über das Bergrecht S. 35.
2) Vergl. Bluhme, Encyklopädie der Rechte, 3. Ausg, Rcchtsquellen S. 159 und 43 rucksichtlich der wissenschaftl. Fortbildung des gemeinen deutschen Rechtes
und der Reception von Gesetzen als Gewohnheitsrecht.
6
Einleitung. gefallenen Berg-Urtheilen, Schied und Weisungen ver fahren werden" *).
Hiernach ist das gemeine deutsche Bergrecht als ein wesentlich durch die Praxis der Bergschöffenstühle fortgebildetes, unmittelbar anwendbares?) Gewohn heitsrecht aufzufassen, dessen vornehmste Grundsätze
auch in den deutschen Bergordnungen einen überein stimmenden Ausdruck gefunden haben. 2. Gegenwärtige Stellung des gemeinen deutschen
Bergrechtes. §• 2. In den letzten hundert Jahren hat freilich der Geltungsbereich
des bisherigen gemeinen deutschen Bergrechtes wesentliche Beschrän kungen erfahren. Durch die Publication des preußischen Allgemeinen
Landrcchtes, deffen Tit. 16 Thl. 2 bekanntlich sehr eingehende berg
rechtliche Vorschriften enthält, wurde die Neubildung eines gemeinen Gewohnheitsrechtes für die Zukunft geradezu untersagt, das gemeine
deutsche Bergrecht im Bezirke des Landrechtes beseitigt und letzteres als gemeines preußisches Bergrecht neben den bestehenden Provincial
bergordnungen eingeführt?). Eine weitere Beschränkung der Geltung des gemeinen deutschen Bergrechtes erfolgte durch das Allgemeine Berggesetz für die preuß. Staaten vom 24. Juni 1865, indem nach §. 244 des letzteren „das gemeine deutsche Bergrecht" für den ganzen Staat aufgehoben wurde.
Diese Aufhebung findet sich in den König!. Verordnungen wieder
holt, durch welche das preuß. Berggesetz in die von Preußen 1866
1) Sergi. Hake, Commentar S. 35: „Beide (Bergurtheile und Aussprüche der Bergrechtslehrer) ersehen das, was in die geschriebenen Gesetze nicht ausge nommen worden und doch bergiiblich geblieben ist". Hier ist die fortbildende Kraft der Bergurtheile nicht genügend hervorgehoben. Die Aussprüche der Berg rechtslehrer sind übrigens für das bergrechtliche Gewohnheitsrecht von keiner her vorragenden Bedeutung gewesen. 2) Sergi, auch Zeitschrift für Bergrecht Jahrg. I. S. 635, II. S. 126, IV. S. 502, V. S. 235. 3) Brassert, das Bergrecht des Allgem. preuß. Landrechts in seinen Mate rialien S. 14 ff.; ferner Brassert, Bergordnungen der preußischen Lande, Ein leitung S. XV ff.
Das Bergrecht im Allgemeinen.
7
neu erworbenen Landestheile eingeführt worden ist1). Bei der neuerdings erfolgten Einführung des preuß. Berggesetzes in andere deutsche Staaten hat auch in letzteren mehrfach
eine ausdrückliche
Aufhebung des gemeinen deutschen Bergrechtes stattgefunden.
Dies
geschah bisher im Herzogthume Lauenburg durch Gesetz vom 6. Mai 1868, Art. 82), im Königreiche Bayern durch Gesetz
März 1869, Art. 240 Nr. 43).
vom
20.
Wenn dagegen das Gesetz vom
1. Januar 1869 für die Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont (Art. 20)4) und das Gesetz vom 15. April 1867 für das Herzogthum Braunschweig5)6 §. 222 „alle allgemeinen und besonderen Ge
setze, Verordnungen und Gewohnheiten über Gegenstände, auf welche jene Gesetze sich beziehen", aufheben, so wird unter „allgemeinen
Gewohnheiten", insbesondere mit Rücksicht auf die Fassung des §. 244
des preuß. Allgemeinen Berggesetzes, das gemeine Bergrecht nicht nothwendig verstanden werden müssen3). Ueberhaupt kann selbst die im Allgemeinen Berggesetze für die
preuß. Staaten, im bayerischen Berggesetze u. s. w. ausgesprochene Aufhebung des deutschen gemeinen Bergrechtes nur mit einer ge-
1) Art. 17 der V. v. 22. Febr. 1867 (G.-S. S. 287) für Nassau, Art. 7 der V. v. 22. Febr. 1867 (G.-S. S. 242) für vormals Großh. hessische Landestheile, Art. 22 der V. v. 8. Mai 1867 (G.-S. S. 601) für Hannover,
Art. 18 der V. v. 1. Juni 1867 (G.-S. S. 770) für Kurhessen u. s. w., Art.
10 des Gesetzes vom 18. März 1869 (G.-S. S. 453) für Schleswig-Holstein.
2) Officielles Wochenblatt Nr. 36; Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. IX. S, 289 ff. 3) Gesetzblatt S. 673 ff.; Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. X. S. 177 ff. 4) Regierungsblatt S. 3 ff.; Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. X. S. 143 ff. 5) Ges.-Samml. S. 109 ff.; Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. VIII. S. 275 ff. 6) Vergl. auch die gleichlautenden Bestimmungen des Art 194 des Gesetzes vom 17. April 1868 für das Herzogthum Sachsen-Meiningen (Samml. landesherrl. Verordnungen S. 49 ff.; Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. IX. S. 318), des §. 168 des Gesetzes vom 16. August 1868 für das Herzogthum Gotha (Ges.-Samml
Nr. 953 Bd. 14; Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. IX. S. 436).
— Die König!, sächsischen Berggesetze vom 22. Mai 1851, §. 308, und vom 16. Juni 1868 heben nur die früheren berggesctzlichen Bestimmungen auf.
Das Großh. sächsische Berggesetz vom 22. Juni 1857, §. 209, beseitigt dagegen auch „alle frühere auf den Bergbau sich beziehende, allgemeine und besondere Gesetze und Gewohnheiten". Ebenso treten nach Art. 2 des Publications-Patentes zum österreichischen Berggesetze vom 23. Mai 1854 „alle älteren Gewohnheiten"
außer Kraft.
Einleitung.
8
wissen Einschränkung verstanden werden.
Bei den unter Herrschaft
der früheren Gesetze verliehenen Bergwerken ist nämlich zur Bestim mung der Berechtigungsverhältnisse derselben, z. B. bei Beurtheilung eines gestreckten Feldes
vielfach das
ältere Recht fortgesetzt anzu
wenden, da sonst für diese Fälle rechtliche Normen überhaupt nicht
vorhanden sein würden. Das gemeine Bergrecht und für das Ge biet des preuß. Allgem. Landrechtes der bergrechtliche Abschnitt des
letzteren kommen daher trotz der ohne Vorbehalt geschehenen Aufhebung im Gebiete der vorerwähnten Berggesetze
noch beschränkt zur An
wendung. Freilich wird dieser Umstand an der Thatsache nichts Wesent liches ändern, daß die Bedeutung des bisherigen gemeinen Bergrechtes als eines unmittelbar anwendbaren Rechtes in dem größeren Theile Deutschlands nahezu gänzlich beseitigt ist. Dieses an sich beklagenswerthe Resultat erscheint indeß insofern in
Lichte,
einem anderen als erwogen werden muß, daß die neueste Berggesetzgebung
in Deutschland
als Erzeugniß des in Folge der großartigen Ent
wickelung des deutschen Bergbaues fortgeschrittenen Rechtsbewußtseins
anzusehen ist und demgemäß für geeignet erachtet werden muß, an
Stelle des
bisherigen gemeinen
wie partikularen
Bergrechtes
zu
treten. Nach langer Erfahrung und Arbeit ist in Preußen das Allge meine Berggesetz vom 24. Juni
1865 erlassen
und
seitdem ohne
wesentliche Veränderungen in dem größeren Theile Deutschlands ein
geführt worden.
War
mit dieser Einführung die Aufhebung des
bisherigen gemeinen deutschen Bergrechtes verbunden, so wurde anderer seits wenigstens gleichzeitig ein den Bedürfnissen der Zeit entsprechen des, gemeinschaftliches Recht der bedeutenderen deutschen Ter ritorien hergestellt.
Es erscheint als eine hervorragende Aufgabe deutscher Rechts wissenschaft,
dies
gemeinschaftliche Recht nicht
nur
als
ein
organisches Glied in der Kette deutscher Rechtsentwickelung nachzu
weisen, sondern auch dem künftigen Erlasse einer formell einheitlichen Berggesetzgebung die Wege vorzubereiten. Beim Mangel eines obersten Gerichtshofes Deutschlands
und
mit Rücksicht auf die Vorschriften einzelner Landesgesetze, wie des preuß. Allgem. Landrechtes über das Gewohnheitsrecht, kann freilich die Neubildung und Entwickelung eines gemeinen deutschen Berg rechtes in der Form des Gewohnheitsrechtes nicht
erwartet werden.
9
Literatur.
Neben den neuesten Allgem. Berggesetzen bestehet daher, abgesehen
von der oben angegebenen, mit
älteren Berechtigungsverhältnissen
Ausnahme, ein gemeines Bergrecht als un mittelbar anwendbares Recht nicht mehr. Das bisherige gemeine
zusammenhängenden
Bergrechte kann ferner nur als ein Jnterpretationsmittel für die neueren Berggesetze in denjenigen Fällen gelten, in welchen letztere auf den Grundsätzen des ersteren beruhen. Außer dem bisherigen gemeinen Bergrechte kommt als Erklärungsmittel aber auch das fran zösische Bergrecht in Betracht'), welches bis in die neuere Zeit auf
der ganzen linken Rheinseite Deutschlands gesetzliche Kraft besaß und die Quelle wichtiger Bestimmungen der neuesten deutschen Berggesetzge
bung geworden ist.
II. Literatur des Bergrechtes. 1. Sammlungen der Berggesetze, Berggewohnheiten
und Bergurtheile. §• 3.
Wiewohl in einer namhaften Zahl von Werken deutsche Berg
gesetze, Berggewohnheiten und Bergurtheile zusammengestellt sind, so ist dennoch der in dieser Beziehung vorhandene reiche Schatz bisher
keineswegs vollständig zur Veröffentlichung gelangt.
Insbesondere
fehlt es an ausreichenden Sammlungen der deutschen Berggewohn heiten, obgleich dieselben für die Beurtheilung der Grundlagen des deutschen Bergrechtes
eine hervorragende Bedeutung besitzen.
Ist
auch die Zahl der Weisthümer, welche sich auf den Bergbau und
Hüttenbetrieb beziehen, im Verhältniß zu den Bauern-Weisthümern
eine verhältnißmäßig geringe, so stehen doch erstere den letzteren an
innerer Bedeutung mindestens nicht
nach.
Um
so mehr bleibt zu
bedauern, daß Bergweisthümer bisher nur vereinzelt veröffentlicht worden sind. Nahezu vollständig sind dagegen die Sammlungen der Berggesetze. Zu den wichtigeren Sammelwerken, welche vorzugs weise Berggesetze enthalten, gehören:
L Corpus iuris et systema rerum metallicarum oder Neuver faßtes Bergbuch (Frankfurt bei I. D. Zunner 1698).
Dieses Buch umfaßt unter Anderem zwei ältere, 1616 zu Leipzig 1) Bergt. (Bonn 1869).
Vorwort und §.
1
bei Achenbach, das französische Bergrecht
10
Einleitung.
erschienene Sammlungen, von denen die eine namentlich die s. g.
kuttenberger Bergordnung König Wenzels in deutscher liebet«
setzung *), die andere unter dem Titel „Ursprung und Ordnungen der Bergwerke im Königreiche Böhmen, Kurfürstenthum Sachsen,
Erz-Herzogthum Oesterreich, Fürstenthuin Braunschweig und Lüneburg,-Grafschaft Hohenstein" die hauptsächlichsten Berggesetze dieser Landestheile enthält. 2. Sammlung des baierischen Bergrechtes von Joh. Lori (München bei Fr. L. Richter 1764).,
Georg
3. Corpus iuris metallic! recentissimi et antiquioris, Sammlung der neuesten und älteren Berggesetze. Herausgegeben von Th omas Wagner (Leipzig bei Joh. Sam. Heinsius 1791). Diese sehr umfassende Sammlung bildet eine wesentliche Ergänzung der vorher angeführten Werkes). 4. Fr. Ant. Schmidt: Chronologisch-systematische Sammlung
der Berggesetze der österreichischen Monarchie (39 Bände. Wien von 1832—1839). 5. Bergordnungen der preußischen Lande, herausgegeben von Herm.
Brassert (Köln bei F. K. Eisen 1858). 6. Zeitschrift für Bergrecht, herausgegeben von Dr. Herm. Brassert und Dr. Heinr. Achenbach (bis jetzt X Jahr
gänge.
Bonn bei A. Marcus).
Dieselbe enthält alle neueren
deutschen und außerdeutschen Berggesetze. In dieser Zeitschrift ist auch eine große Zahl richterlicher Urtheile und Verwaltungsbescheide in streitigen Bergsachen veröffentlicht. S am mlungen von Bergurtheilen enthalten ferner folgende Werke:
1.
2.
Sechshundert Bergurtel, Schied und Weisungen bei vorgefallenen Bergwerks-Differenzien von Sebastian Span (Zwickau 1636. 2. Ausgabe. Wolfenbüttel 1673). Neues und vollkommenes Bergbuch von Christ. Herttwig.
(Beide
Ausgaben
von
1710 und
1734
zu
Dresden
und
Leipzig verlegt bei Joh. Christ. Zimmermann). 1) Ucbersctzer war Joh. Enderlein zu Joachimsthal, Herausgeber M. Jo hannes Deucerus, Pfarrer zu Schlackcnwald. Die Sammlung des letzteren
erschien 1624 nochmals in Leipzig unter dem Titel Metallicorum Corpus iuris oder Bergrecht u. s. w. 2) Im Jahre 1866 erschien zu Könitz eine Sammlung der schwärzb ur gisch en Berggesetze von F. Herthum mit werthvollen
und historischen Bemerkungen des Herausgebers.
Erläuterungen
11
Literatur.
3. Uebersicht der bergrechtlichen Entscheidungen des Königlichen (preußischen) Ober-Tribunals von R. Klostcrmann (Berlin bei R. Decker 1861) nebst einem Ergänzungshefte (Berlin Diese Uebersichten
1864).
enthalten zugleich kritische Bemer
kungen über jene Ober-Tribunals-Entscheidungcn. Geschichtliche Werke über Bergrecht und Berg
2.
werksverfassung'). §• 4.
Eine besondere Geschichte des deutschen Bergrechtes ist bis jetzt nicht geschrieben. Bei der großen Schwierigkeit, welche eine gründliche Lösung dieser Aufgabe darbietet, wird dieselbe schwerlich früher zu erwarten
sein, als bis die Geschichte des Bergbaues, der Bergwerksoerfassung und des Bergrechtes in den einzelnen deutschen Territorien
vollständiger wie
bisher zur Darstellung gelangt ist.
Insbesondere
entbehrt Preußen für manche wichtige Bergbaubezirke derartiger Dar1) Auch die Geschichte des Bergbaues ist für das Bergrecht von großer Be deutung.
Gmelin's Beiträge zur
Vergl.
Halle 1783; Mosch,
Engels über
Geschichte des
teutschen Bergbaues,
Geschichte des Bergbaues in Deutschland, Liegnitz 1829;
den Bergbau der. Alten in den Ländern des Rheins,
und der Sieg, Siegen 1808; Becher, Mineral-Beschreibung
der
der Lahn
oranien-nas-
sauischen Lande nebst einer Geschichte des siegenschen Hütten- und Hammerwesens,
Marburg 1789; Eversmann, Uebersicht der Eisen- und Stahl-Erzeugung auf
Wasserwerken
in
den Ländern zwischen
Lahn
und Lippe,
Dortmund
1804;
Kramer, Vollständige Beschreibung des Berg-, Hütten- und Hammerwesens in den sämmtlichen Hochsürstl. nassau-usingschen Landen,
Frankfurt 1805; Ebert,
Geschichtliche Darstellung des Kohlenbergbaues im Fürstenthum Kalenberg (Han
nover bei Jänecke 1866)
—
aus der Zeitschrift
des
historischen Vereines für
Niedersachsen, Jahrg. 1866 — ; Serlo, Beitrag zur Geschichte des schlesischen
Bergbaues in den letzten hundert Jahren, Festschrift zur Feier des hundertjährigen Bestehens des K. Oberbergamtes zu Breslau (Breslau und Berlin bei Ernst und
Korn
1869);
Schrader, der
mansfeldsche Kupferschiefer-Bergbau (II. Histo
rischer Abriß) in der Zeitschr. für Berg-, Hütten- und Salinen-Wesen. S. 269 ff. (Berlin 1869).
Bd. 17
Für die Geschichte des deutschen Bergbaues überhaupt
sind die Werke des berühmten Georg Agricola (1490 — 1555) von Wichtigkeit. Ueber die Geschichte und Beschaffenheit des Bergbaues der Alten siehe: Lommer,
Beitrag zu der Preisfrage: wie waren die Bergwerke bei den Alten eigentlich be
schaffen und eingerichtet? u. s. w., Freiberg 1785; Reitemeier, Geschichte des Bergbaues und Hüttenwesens bei den alten Völkern, Göttingen 1785; Floren
court über die Bergwerke der Alten, Göttingen 1785.
12
Einleitung.
stellungen gänzlich, während für
einzelne österreichische Landestheile
hervorragende Werke über die Geschichte des Bergrechtes Bergwerksverfassung zur Beröffentlichung gelangt sind. Unter den geschichtlichen Werken kommen namentlich
und der
in Be
tracht : *) 1. Otia metallicaober bergmännische Nebenstunden von Ad. Beyer
(Schneeberg bei C. W. Fuld 1748, 1751, 1758). 2.
Ursprung der Bergwerke in
Sachsen von I.
F.
Klotzsch
(Chemnitz 1764).
3. Historische Nachricht der unter- und gesummten ober-Harzischen Bergwerke von Henning Kalvör (Braunschweig 1765). 4. Versuch einer Geschichte der Bergwerks-Verfassung und der Berg
rechte des Harzes im Mittelalter von F. I. F. Meyer (Eisenach bei I. F. Bärecke 1817).
5. Tyrolische Bergwerksgeschichte von Jos. von Sperges (Wien
bei I. Th. Edlen von Trattnern 1765)1 2). 6.
7.
Versuch einer natürlichen und politischen Geschichte der böhmischen und mährischen Bergwerke von Joh. Th ad. Peithner,
Edlen von Lichtenfels (Wien 1780). Umrisse der Geschichte der böhmischen Bergwerke von Graf Kaspar Sternberg (Pragbei G. Haase Söhne 1836—1838).
8. Geschichte des schlesischen Bergbaues, seiner Verfastung, seines
Betriebes von Aemil Steinbeck (Breslau bei I. U. Kern 1857). 9. Geschichte des Zwickauer Steinkohlenbergbaues von Dr. Emil Herzog (Dresden bei Adler und Dietze 1852). 10. Darstellung der Hauptmomente in der Rechts- und Verwal
tungsgeschichte des Steinkohlenbergbaues im Saalkreise der preuß. Provinz Sachsen von H. Kramer (Eisleben bei G. Reichardt 11.
1856). Die allgemeinen Verhältnisse des preuß. Bergwesens mit Rück
sicht auf ihre Entwickelung von Dr. A. Huyssen (Esten bei D. G. Büdeker 1864). 12. Beiträge zur Geschichte unseres Bergbaues von von Velsen in der Zeitschrift Glückauf, Jahrgang 18617, 1866, 1867. 1) Die Geschichte und Verfassung mancher Salinen ist in zahlreichen Mo nographien behandelt. 2) Mit den Tridentiner Berggcwohnheiten ist zu vergleichen das im Archivio
storico Italiano vol. VIII disp. 53 a (Firenze 1853) abgedruckte Bergwerks ftatut von Massa.
13
Literatur.
13.
Geschichte der Kleve-Märkischen Berggesetzgebung und Bergver waltung bis
zum Jahre
1815 von Dr. Achenbach (Berlin
bei Ernst und Korn 1869). 14.
Geschichte des Bergbaues im
südwestlichen Schwarzwalde von
I. B. Trenk le in der Zeitschr. für Bergrecht, Jahrg. XI. Seite.185 ff.1).
3. Lehrbücher des Bergrechtes, Dissertationen
und bergrechtliche Abhandlungen. a. Gemeinrechtliche.
§• 5.
Die bergrechtliche Literatur ist nicht arm an Lehrbüchern und
Monographien. Ein großer Theil der älteren Arbeiten entbehrt in deß für die Gegenwart nahezu jeder Bedeutung. Der untergeordnete
Werth vieler dieser Schriften hangt theilweife mit der ungenügenden Kenntniß des deutschen Rechtes in den nächst vergangenen Jahr hunderten, theils mit dem Bestreben zusammen, das deutsche Berg
recht nach den gleichfalls nur mangelhaft aufgefaßten Grundsätzen des römischen Rechtes zu erklären und darzustellen. Dies gilt auch von den bergrechtlichen Erörterungen Leyser's in seinem Ius Georgicum (1698), von Krebs in den Tractatus de ligno et lapide (1700),
von Bausse in den Institutiones iuris metallici Germanici (1740), sowie von den zahlreichen Distcrtationen, welche über bcrgrechtliche
Materien verfaßt toorben find und welche sich in annähernder Voll ständigkeit in den unten angeführten Werken von A. W. Köhler (S. 63 ff.) und C. I. B. Karsten (S. 44 ff.) aufgezählt finden. Gleichwohl legen jene Dissertationen ein günstiges Zeugniß von dem 1) Ueber die Geschichte des
französischen Bergrechtes,
auch für die deutsche Bergrechtsgeschichte von Bedeutung ist,
zösische Bergrecht von Dr.
welche
vergl.: Das fran
H. Achenbach (Bonn bei A. Marcus 1869) S.
23 ff., insbesondere S. 27 ff. Ueber das römische Bergrecht vergl. eben
daselbst S. 12 ff.,
sodann M. Chr. Gottl. Flade: Römisches Bergrecht in
allen Perioden des Bergbaues dieses Volkes
1805);
(Freiberg bei Craz und Gerlach
über das Bergrecht von Athen: Böckh, die laurischen Silberberg
werke in Attika in den Abhandlungen der König!. Akademie der Wissenschaften
in Berlin aus den Jahren 1814/15 (Berlin 1818). Historisch-philologische Classe S. 85—140. Siehe auch:
Der Staat, das Eigenthum, die Regalien,
insbesondere die
Bergwerkshoheit von Joh. Swoboda (Freiberg bei I. G. Engelhardt 1848).
Einleitung.
14
Eifer ab, mit welchem man sich in der Vergangenheit auch an den
Universitäten mit dem Bergrechte befaßte. Lange Zeit war in dieser Beziehung im laufenden Jahrhunderte eine vollständige Stockung eingetreten. Erst die jüngste Zeitperiode weist eine erfreuliche Aende rung und eine frische Bewegung in dieser Richtung nach. Abgesehen
von der 1855 erschienenen werthvollen Habilitationsschrift von H. Böhlau: De regalium natione et de salinarum iure regali, sind seit 1867 drei bemerkenswerthe bergrechtliche Dissertationen veröffent licht worden: De regali metallorum iure von L. Grueter (Bonn
1867); De iure metallorum quod vocant Bergwerkseigenthum von V. Stündeck (Berlin 1868); Exponitur natura ac vis domini
ex iure metallico adquisiti von E. Gommer (Berlin 1869) *). Im Gegensatze zu den bezeichneten bergrechtlichen Arbeiten kommen
unter den älteren Darstellungen des Bergrechtes einzelne Werke noch heute gerade aus dem Grunde in Betracht, weil sich dieselben im Ganzen als einfache und treue Aufzeichnungen des am Harze und in Sachsen zur Zeit der Abfassung herrschenden Bergrechtes charakterisiren und-
als solche einen wesentlichen Einfluß auf die Fortbildung des Berg rechtes in anderen Bergbaubezirken Deutschlands
geäußert haben.
Es sind zu erwähnen:^) 1. Bericht vom Bergwerk von G. E. Löhneiß») (1617; zum zweiten Male gedruckt 1690 bei Chr. Günther zu Leipzig). 2.
Ausführliche Berg-Information von Abrah. von Schönberg
3.
(Leipzig bei Dav. Fleischer 1693). Speculum iuris metallici oder Bergrechts-Spiegel von Seb. Span (Dresden bei Joh. Jac. Winckler 1698).
4.
Grundsätze des deutschen Berg- und Salzrechts von F. L. von
Cancrin (Gießen 1790).
1) Es verdient Beachtung, daß in Oesterreich
Bergrecht an verschiedenen Universitäten bestehen.
besondere Lehrstühle für das
Auch in Lüttich ist eine ähn
liche Einrichtung vorhanden.
2) Die über
Abhandlungen,
einzelne bergrechtliche
von denen seit
Bergrecht erschienen ist,
Materien veröffentlichten
1860 der größere Theil
werthvolleren
in der Zeitschrift für
werden im Verlause dieser Darstellung zur Anführung
gelangen. 3) Enthält auch eine Bergbau- und Hüttenkunde. Dasselbe ist der Fall mit
dem: Speculum metallurgiae politissimum oder Hellpolirter Bergbau-Spiegel von B a l t h. Rößler (Dresden bei Joh. Jac. Winckler 1700).
15
Literatur. 5. Commentar
über
das
Bergrecht
von
C. H. G. Hake
(Sulzbach bei I. E. v. Seidel 1823). 6. Grundriß der deutschen Bergrechtslehre mit Rücksicht auf die französische Bergwerksgesetzgebung von Dr. C. I. B. Karsten 7.
(Berlin bei Spener 1828). Betrachtungen über die neuere deutsche Berggesetzgebung von Dr. I. A. Schomburg (Leipzig bei Voigt und Günther
1857). 8. Systematischer Abriß der Bergrechte in Deutschland mit vor züglicher Rücksicht auf das Königreich Sachsen vonPaulMartin Kreßner (Freiberg bei I. G. Engelhardt 1858).
9.
Lehrbuch
des deutschen Bergrechtes
von
Dr.
Karl Zer-
renner (Gotha bei W. Opetz 1862, 1864). 10. Die bergrechtlichen und bergmännischen Kunstausdrücke erklärt das ausgezeichnete deutsche Bergwörterbuch von Heinrich
Beith (Breslau bei W. G. Korn 1870). b. Lehrbücher und Commentare über deutsche Particularberg rechte. §• 6.
Neben den vorstehenden, sich in der Hauptsache auf das gemeine deutsche Bergrecht beziehenden Werken, von welchen der Commentar
von Hake sich in der Praxis eines besonderen Ansehens erfreuet,
ist eine nicht geringe Anzahl von Lehrbüchern
und Commentaren
über das Bergrecht einzelner Staaten Deutschlands erschienen.
Be
züglich der neueren deutschen Berggesetze herrschen jedoch bisher die
Bearbeitungen in commentirender Form fast ausschließlich vor.
1. Oesterreichisches Bergrecht.
Ueber das frühere Bergrecht vor Erlaß des Berggesetzes vom 23. Mai 1854 handeln die Werke von Jos. Tausch (Klagenfurt 1817,
1822;
2. Aufl. Wien
1834), Joh. Jung (Wien 1822),
Joh. Ferd. Schmidt (Prag 1833, 1844), Dr. Fr. X. Schneider (Prag 1848); über das neuere sind erschienen: G. von Gränzen
stein (das Allgem. österr. Berggesetz vom 23. Mai 1854, Wien 1854), Dr. S. Stamm (Prag 1855), O. Freiherr von Hin genau (Handbuch der Bergrechtskunde, Wien 1855), Dr. G. Wenzel (Handbuch des Allgem. österr. Berggesetzes, Wien 1855), K. von Scheuchen st uel (Motive zu dem Allgem. österr. Bergge-
16
Einleitung.
setze vom 2st. Mai 1854, Prag 1855), R. Manger, das öster reichische Bergrecht, Prag 1857, Supplementband 1861, Dr. Fr. X. Schneider (Lehrbuch des Bergrechtes, Prag 1867 — 2. Anst, des im Jahre 1848 erschienenen Werkes). 2. Sächsisches Bergrecht.
A. W. Köhler (Anleitung zu den Rechten und der Verfassung bei dem Bergbaue im Königreiche Sachsen, 2. Aust., Freiberg 1824 — 1. Aust. 1786); O. F. C- Mühl er (Ueber die kursächs. Bergwerksverfassung, Leipzig 1787)'); K. Fr. Gottlob Freies leben (Darstellung der Grundlagen der sächsischen Bergwerksver fassung, Leipzig 1837; 2. Aust, unter dem Titel: Der Staat und der Bergbau mit vorzüglicher Rücksicht auf Sachsen, Leipzig 1839)2). 3. Preußisches Bergrecht.
F. Schulz («Handbuch des preußischen Bergrechtes, Essen 1820); H. Gräff (Handbuch des preußischen Bergrechtes, Breslau 1855 (1. Aufl.), 1856 (2. Aufl.); H. Brassert (das Bergrecht des Allge meinen preußischen Landrechts in seinen Materialien, Bonn 1861)31).2 Ueber das preuß. Allgem. Berggesetz vom 24. Juni 1865, dessen Materialien von K. Hahn (Berlin 1865) veröffentlicht finb4), er schienen Commentare von von Beughem (Neuwied 1865), P. Wachter (Breslau 1865), Dr. A. Huyssen (Essen 1865, 2. Aufl. 1867); R. Klostermann (Berlin 1866, 2. Aufl. 1868); Dr. Koch (Berlin 1870) und Oppenhoff (Berlin 1870). 1) Der
Bergrichter Mähler zu Wetter liefe diese werthvolle Darstellung
unter der Aufschrift:
Ueber die Einrichtung des sächsischen Bergwerkswesens, zu
erst in Bernoulli's Archiv zur neueren Geschichte u. s. w. 1783, 1785 abdrucken.
Später veranstaltete unter dem obigen Titel der bekannte Thomas Wagner eine Separat-Ausgabe merkungen.
unter Zufügung
einer Einleitung
und
zahlreicher
An
Vergl. S. II des Vorberichtes daselbst u. S. 78 bei Köhler.
2) Vergl. auch Fr. Aug. Schmid, Archiv für Bergwerksgeschichte, Berg
recht,
Statistik und Verfassung
den angrenzenden Staaten. 3) Werthvolle Arbeiten
bei
dem Bergbau
im Königreich
Sachsen und
Altenburg 1828.
über
preußisches Bergrecht enthalten die gedruckten
Verhandlungen über verschiedene^Entwürfe preußischer Berggesetze. 4) Vergl. auch Zeitschrift für Bergrecht Jahrg. VI,
rialien gleichfalls Allgem.
vollständig
Berggesetzes
erschien
veröffentlicht sind.
in welcher die
1862 (Berlin bei Decker) im
Zeitschr. f. Bergrecht Jahrg. III S. 136 ff.
Mate
Der vorläufige Entwurf eines Drucke.
S.
auch
Quellen.
17
III. (Quellen -es Bergrechtes. 1. Aeltere Zeit(bis zum 13. Jahrhundert einschließlich), a. Gesetze und Gewohnheitsrechte. §• 7. Die Gesetzgebung befaßt sich in dieser Periode nur aus
nahmsweise mit dem Bergbau. Die im Cap. 28 und 62 enthaltenen Bestimmungen des Capitulare Karls des Großen de villis regiis
sind lediglich eine Anweisung an die Beamten rücksichtlich der Ein künfte aus dem auf Königliche Gütern umgehenden Bergbaus *). Da gegen erscheint die ursprünglich für Italien ergangene Constitution Friedrichs I. v. I. 1158, welche in II. F. 56 ausgenommen wor
den ist1 2), wegen ihres Einflusses
auf die Entwickelung der Berg
regalität auch für Deutschland von hervorragender Wichtigkeit. Zur Feststellung der bergrechtlichen Zustände dec älteren Zeit dienen unter diesen Umständen namentlich Urkunden über Königliche Verleihungen, über Kaufverträge, Schenkungen und andere Rechtsge schäfte.
Dieselben sind insbesondere zur Beurtheilung der Frage
1) c. 28: Volumus ut per annos singulos intra quadragesima do rn inica in palmis quae osanna dicitur iuxta ordinationem nostram ar gen t um de nostro lab orat u, postquam cognoverimus de praesenti anno quantum sit nostra laboratio deferre studeant. c. 62: Ut unusquisque iudex per singulos annos ex omni conlaboratione nostra — quid de ferrariis et scrobis id est fossis ferrar i ciis vel aliis fossis plum bariciis habuerint, omnia seposita distincta et ordinata ad nativitatem Domini nobis notum faciant, ut scire valeamus, quid vel quantum de singulis rebus habeamus. 2) Regalia sunt hec: armandiae, viae publicae, flumina navigabilia et ex quibus sinnt navigabilia, portus, ripatica, vectigalia, quae vulgo dicuntur thelonea, moneta, mulctarum poenarumque compendia, bona vacantia et quae ut ab indignis legibus auferuntur, nisi quae spe cial! ter quibusdum conceduntur, et bona contrahentium incestas nuptias et condemnatorum et proscriptorum secundum quod in novis constitutionibus cavetur, angariarum, parangariarum et plaustorum et navium praestationes et extraordinaria coliatio ad felicissimam regalis numinis expeditionem, potestas constituendorum magistratuum ad iustitiam expediendam, arg entariae et palatia in civitatibus consuetis, piscationum reditus et salinarum et bona committentium crimen maiestatis et dimidium thesauri inventi in loco Caesäris non data opera vel loco religiöse; si data opera totum ad eum pertineat.
Einleitung.
18
von Bedeutung, ob die Fossilien insgesammt Substanztheile
des
Grund und Bodens bildeten. Eine nicht unbeträchtliche Zahl von Gewohnheitsrechten sind indeß in dieser Periode beim Bergbaue ebenfalls nachweisbar.
Gehören auch die Aufzeichnungen der ersteren vielfach der mittleren Zeit an, so unterliegt es doch keinem gegründeten Zweifel, daß die
Entstehung und Ausbildung derselben in eine frühere Periode fällt. Dabei ist bemerkenswerth, daß diese Gewohnheitsrechte trotz ihres meist localen Characters gemeinsame Grundzüge enthalten. Zu den ältesten bis jetzt bekannten Gewohnheitsrechten gehören:
1. Die Gewohnheitsrechte von Trient in Südtirol. Dieselben enthält ein Vertrag Bischof Albrechts mit den Gewerken
und Bergleuten
der Silberbergwerke bei Trient
(argentarii, qui
solent appellari silbrarii) vom 24. März 1185 und insbesondere ein von Bischof Friedrich, habito consilio Wercorum (der Gewerken)
et aliorum sapientum et bonorum hominum civitatis Tridenti, bestätigtes Weisthum vom Juni 1208, sowie ein ferneres Weisthum v. I. 1213 über Stollenrcchte (actufus). Sämmtliche Urkunden sind unter Beibehaltung deutscher Kunstausdrücke lateinisch abgefaßt').
2. Die
Gewohnheitsrechte
der
Stadt
Jglau
in
Mähren, welche zwischen 1249 bis 1251 in lateinischer Sprache zusammengestellt und von König Wenzel I. von Böhmen und dessen
Sohn, dem Markgrafen von Mähren, als allgemeines Bergmanns recht bestätigt worden finb1 2).
1) Es ist das bleibende Verdienst von Joseph von Sperges, diese Urkunden S. 263 ff. seiner
Tirolischen Bergwerksgeschichte veröffentlicht und
S. 198 ff.
erklärt zu haben.
2) Durch Graf Kaspar Sternberg
in dem
ausgezeichneten Werke:
Ge>
schichte der Berggesetzgebung in Böhmen (S. 17 ff.) und dem zugehörigen Ur kundenbuche (S. 11 ff.) ist
Originaltext
und Uebersetzung
herausgegeben und
erläutert. Das von Sternberg gleichfalls veröffentlichte Bergrecht der Stadt Deutsch
brod v. I. 1278 (Urkundenbuch S. 30 ff.) hangt mit dem iglauer Bergrechte zusammen.
Dasselbe ist mit der Fall.
Letzteres soll,
dem Bergrechte der ungarischen Bergstadt Schemnitz
ohne daß hierfür indeß ein genügender Beweis geführt
werden könnte, unter König Belas IV. (1235—1275) ausgezeichnet und bestätigt
Quellen.
19
Aus dem i gl au er Bergrechte ging das Bergrecht der berühm ten böhmischen Bergstadt Kuttenberg hervor. Dasselbe ist in der Hauptsache nur eine ausführliche Bearbeitung des iglauer Berg rechtes, wenn auch formell das kuttenberger Bergrecht (constitutiones
oder Ins regale montanorum) als ein gegen 1300 von König Wenzel II. erlassenes, von dem römischen Juristen Getius in lateinischer Sprache verfaßtes
iuris metallici Wenceslai II. Regis Boemiae
Gesetz erscheint'), welches den bergrechtlichen Kern mit einer Fülle von schwülstigen, den römischen Constitutionen entnommenen Redens arten umhüllt. Der Inhalt dieser den Worten nach für ganz Böh
erlassenen Bergordnung hat auf spätere Bearbeitungen des iglauer Rechtes Einfluß geäußert und selbst die Eintheilung des men
bergrechtlichen Stoffes fand in den Bergordnungen folgender Jahr
hunderte Nachahmung. 3. Die G ewohnheitsrechte von Freiberg in Sachsen. Dieselben sind -nur in späterer Aufzeichnung vorhanden2* ),1 jedoch reicht worden sein.
Spätere
Redactionen desselben sind
von Wenzel im
Anzeigeblatt
C1V der Wiener Jahrbücher der Literatur 1843 S. 1 ff. herausgegeben.
Auch
Wagner hat das schemnitzer Bergrecht im corpus iur. met. S. 165 ff., jedoch
mangelhaft veröffentlicht.
Die Priorität
der schemnitzer
Berggewohnheiten gegenüber der iglauer Aufzeichnung,
Aufzeichnung
der
welche Karsten (über den
Ursprung des Bergregales in Deutschland, Berlin 1844 S. 12) und neuerdings
Wenzel (Handb. des allgem. österr. Bergrechtes S. 73) angenommen hat, ist nicht erwiesen (vgl. auch Sternberg, Geschichte der Berggesetzgebung in Böhmen S. 38).
1) Abdrücke des lateinischen Textes bei Peithner und Schmidt, der deut schen Uebersetzung von
Jos.
Enderlein
von Geylenhausen anfertigen.
gebung
im corpus iuris et systema rerum
Eine andere Uebersetzung ließ König Karl IV. durch Johann
metallicarum.
Vergl. auch Sternberg, Geschichte der Berggesetz
in Böhmen S. 71 ff.
2) Abgedruckt bei Klotzsch:
dem zu Freiberg
Ursprung der Bergwerke S. 221-277.
vorhandenen Codex befinden sich zwei Darstellungen des
In frei-
berger Bergrechtes, zwischen denselben stehet eine angeblich dem 14. Jahrhun dert
angehörige
Aufzeichnung
(Klotzsch S. 69 ff.).
des
iglauer
Bergrechtes
in
deutscher
Sprache
Letztere, bereits im 16. Jahrhundert von Joh. Haselberg und
später im corpus iuris et systema rerum metallicarum herausgegeben, in Wirklichkeit eine
Bearbeitung
ist
des iglauer und kuttenberger Bergrechtes
und scheint diejenige Aufzeichnung des
mährisch-böhmischen Bergrechtes
zu sein,
welche zu Rechtsbelehrungen für auswärtige Bergorte von dem iglauer Schöffen
stuhle benutzt wurde. des
freiberger
Mit dieser Aufzeichnung hangen die beiden Darstellungen
Bergrechtes zum Theil auch dem Inhalte nach zusammen.
meisten ist dies mit der ersten Darstellung
unter
der
Aufschrift
Am
„Das synt
Einleitung.
20
die Existenz dieser Gewohnheitsrechte, welche in der Hauptsache mit
denjenigen von Jglaü übereinstimmen, mindestens in das 13. Jahrgemeyne Bergrecht in desym Fürstyntuni, der
wol gebruchyn mög",
czu
eyn ytzlich Bergman
rechte
während die zweite Darstellung des freiberger Bergrechtes
unter der UeLerschrift: „Dys ist bergrccht yn vnser Herren lande des marggrefen
czu Misen
was darczu gehört"
vnd
eine größere
Selbstständigkeit zeigt.
In
beiden Darstellungen ist iglau-kuttenberger Bergrecht mit dem freiberger Berg rechte zu einem Ganzen verarbeitet. Das Alter der ersteren dürfte nicht genau zu be
Dieselben scheinen jedoch dem Ende des 14. oder dem 15. Jahr
stimmen sein.
hundert anzugehören. Jedenfalls dürsten beide Darstellungen, nur die Eigenschaft von Privatarbeiten für sich in Anspruch nehmen können, wie
Wagner
bereits
S. LXII ff.
der
zur
Einl.
wenn
surf.
hervorhebt, in der Praxis großes Ansehen genoffen haben.
der zweiten Darstellung nicht nur,
dieselben auch,
Bergwerksverfassung Merkwürdig
ist bei
woraus bereits Andere hingewiesen haben,
daß der Verfasser von seinem Herrn (myns
11. 12. 19. 21.) und von seiner eigenen
Herrn lande (Art. 2. 5. 9. 10.
Amtsthätigkeit beim
redet
Bergbau
(Art. 21: „Das sich dasselbe erbe, also lange vorlag,
obuwe,
doruf reit vnd tedingte is in myns Herren
gewalt vnd
das ich selber leych is
dem manne recht vnd redelich"), sondern, was bisher nicht beachtet zu sein
scheint, daß in dem Art. 21 und 22 wiederholt
bergrechtliche Kontroversen an
werden, worauf es dann weiter heißt: „do vrogit noch."
geregt
Diejenigen,
an welche jene Worte gerichtet sind, sollen sich also nach der richtigen Entschei dung erkundigen
Bei wem, wird freilich nicht gesagt.
Schluß berechtigt sein,
Gleichwohl dürfte
der
daß die Darstellung sich als die Auskunft eines sachver
ständigen, mit obrigkeitlichen Functionen betrauten Mannes über das
freiberger
Bergrecht erweist, welche dem Rathe zu Freiberg oder einem anderen Collegium
unter Hervorhebung verschiedener zweifelhafter Punkte ertheilt worden ist. Ueber letztere soll sich der Rath weiter erkundigen („do vrogit noch") oder derselbe soll selbst entscheiden (Art. 21:
„Und wy sal her is behalden
mit syn einz hant,
adir wy dunckt is nch dar umme recht syn"), wobei an einer Stelle der
Verfasser die Beibehaltung
seiner Entscheidung empfiehlt („Wedir duncket uch,
das her gestanden sy mit der rede, adir Welt ir das ir mer werde.
das
last syn, das ir mer sy, hye adir her,
lete, dy Hy vor syn vnd stehin geschreben,
is uch recht dunckt").
In
Art.
22
so
sulde her ym gestanden
endlich
Ansicht als einer nicht unzweifelhaften („abir nicht,
toenett her oc dy wort erwähnt
syn,
ob
der Verfasser seiner
czu heyligen gecziten
das her nicht gehauwen möge mit kayme rechte.
Nu
irvol-
Mugen
wene
ich
ym abir dy
gewercken geweren den hew nach syner lüft adir nicht; do vrogit noch").
Faßt man . die Aufzeichnung dagegen mehr als eine Compilation ganz ver schiedenartiger
Stücke auf,
Bemerkungen des
so könnte in den
Schreibers untermischte
Rechtsbelehrung gefunden werden.
Frage eine entsprechende
Art. 21 und 22 eine mit eigenen
Zusammenstellung
von Fragen um
In der That folgt im Art. 21 auf die erste
Entscheidung,
während im Ucbrigen
nur
die Fragen
Quellen.
21
hundert, da schon im 12. Jahrhundert der Bergbau bei Freiberg nachweisbar in Aufnahme gekommen war und bereits 1255 Mark graf Heinrich von Meisen den Bergschöppenstuhl und das Bergrecht zu Freiberg, sowie dasselbe zu seines Vaters Zeiten bestanden, nach
dem Weisthum der Schöffen bestätigte').
ohne Beantwortung derselben angeführt sind. Auch Art. 10 beginnt mit den Worten: „Ist das man sich wirret umme das berggerichte wy verre is gehe adir wo is wende, das ist also entschieden" u. s. w. Schließlich verdient Erwähnung, daß auch im fr ei berg er Stadt rechte sich Bestimmungen über die Bergleute und den Bergmeister finden, welche einen Schluß'auf die älteste Bergwerksverfassung gestatten. Merkwürdig ist, daß sowohl dieses Stadtrecht, wie die beiden oben erwähnten Darstellungen des freiberger Bergrechtes der an den Harz erinnernden Waldwerken gedenken. 1) Diese wichtige Urkunde ist abgedruckt in den Otia metallica (Bd. II S. 311 u. 312) und lautet daselbst: Henricus I). G Misnensis et Orientalia Marchio Thuring. Landgravius et Saxonum Comes Palatinus. Universis haue paginam inspecturis salutem et omne bonurn. Quoniam iura civitatis nostre et montanorum in Vriberc, volumus potius ampliare quam aliqualiter enervare et ad hoc dare operam efficacem, qualiter eidem civitati et montibus iura ipsorum protestamur, quod talia iura burgensibus nostris et montanis de Vriberc relinquere volumus omni parte, qualia habuerunt temporibus patris nostri et qualia illi viginti quatuor de Vriberc suo iuramento et fidelitate, qua nobis tenentur ausi (?) fuerunt, obtinere et confirmare. Volumus preterea, ut si quod in Vriberc vel in montibus iudicandum sit vel tractandum, quod hoc fiat coram advocato et illis XXIV burgensibus nostris de Vriberc et propter huiusmodi causas neminem ipsorum trahere volumus ad nostram curiam quoquomodo. Ut autem presens circa ipsos inviolabiter observetur a nostris filiis et a nobis super eo ipsis presens dari iussimus instrumentum sigilli nostri munimine roboratum. Dabam in Taranto anno Domini MCCLV pridie Non. Iulii XIII indic. Huius rei testes sunt H. et 0. Burchravii de Donin, Burchravius de Witin, A L. dapifer noster de Burne, U L de Maltitz, G de Haidecke, N. advocatus de Vriberc, Magister C prepositus, Curie nostre notarius et Iohannes Scriptor. Bekannt ist, daß in der kulmischen Handfeste von 1232 es heißt: In ventar autem argenti, sive is, in cuius agris inventum fuerit, ius Fribergense in huius modi inventione perpetualiter obtinebit. Im Jahre 1320 ertheilt Markgraf Friedrich dem Abt zur Celle und seinen Mitgewerken in montanis Sybenlehensibus ein Bergwerk zum Erbe (montanam hereditatem), welches von den freiberger Schöffen nach Berggewohnheit beritten (Erbbereiten), sowie nach Bergrecht besessen werden soll (ipsis per Consules
22
Einleitung.
4.
Die Gewohnheitsrechte des Harzes bei Goslar.
Obwohl unzweifelhaft der Bergbau am Rammeisberge uralt ist, so gehört die vorhandene Hauptaufzeichnung der Gewohnheitsrechte wohl erst der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts an.
Allerdings
erscheint es nahezu gewiß, daß diese Aufzeichnung zum Theil nur eine Wiederholung älterer Redactionen ist, welchen im Laufe der Zeit
Zusätze und Aenderungen mit Rücksicht auf die fortschreitende Ent wickelung der Verhältnisse beigefügt sind. Eine den Anforderungen der Gegenwart entsprechende Bearbeitung dieses für die Kenntniß
des älteren Bergrechtes wichtigen Gewohnheitsrechtes') würde hier über genügende Aufilärung verschaffen können. Die im Jahre 1271 unter der Aufschrift iura et libertates silvanorum von Herzog Albrecht bestätigten Gewohnheitsrechte der Waldwer
ken, welche theilweise in die obige Aufzeichnung übergegangen sind, ent halten jedenfalls Bruchstücke des ältesten Gewohnheitsrechtes am Harze2*).1 Fribergenses ad hanc limitationem privilegiatos debitis monta.norum consuetudinibus et solemnitatibus circum equitando designandam et montano iure seu montanae hereditatis titulo possidendam (Otia
met. Bd. I S. 297). In dem Recesse zwischen Landgraf Balthasar von Thü ringen und dem Grafen Heinrich von Stolberg v. I. 1392 Dienstag nach invo-
cabit heißt es, daß der „Bergkmeister sal
richten ider welchir die Bergkwergk
buwen uffgoltgenge adir ertzsilbergenge in eren herschaften nach bergkwerksrechte alß wir zu friberg -ergkwergksrecht habin" u. s. w.
1) Bisher haben sich mit diesem Gewohnheitsrechte namentlich beschäftigt Leibnitz script. rer. brunsw. t. III p. 535 ss., Wagner corp. inr. met. Einl. p. XXX und insbesondere Meyer sowohl im hercynischen Archiv (Bd. I),
als in dem „Versuche einer Geschichte der Bergwerksverfassung und der Berg rechte des Harzes im Mittelalter". Der neueste Abdruck ist von Dr. A. F. G.
Schaumann im Vaterländischen Archiv besorgt. 1842 (bei Hahn zu Hannover) unter dem Titel:
des vierzehnten Jahrhunderts.
Eine Separatausgabe erschien
Die
goslarschen Berggesetze
Die Bestimmung des Alters der goslarschen
Bergrechte, welche Schaumann mit Hülfe der Art. 168 und 169 über die Er hebung des Kupferzolls und des Schlägeschatzes durch
dürfte nicht zutreffen.
den
Reichsvogt versucht,
Das beigebrachte Verzeichniß des rückständigen Schläge
schatzes beweist nicht, daß seit 1310 ein kaiserlicher Vogt nicht mehr existirte, anderer seits hat Schaumann den Art. 189 nicht mit in Betracht gezogen. Es bleibt zu wiederholen, daß die
goslarsche Aufzeichnung aus einzelnen Stücken bestehen
dürfte, welche in verschiedenen
Zeiten entstanden, später unter Beifügung von
Aenderungen an einander gereiht sind. Besonders charakteristisch ist Art. 34, in welchem der Schreiber sich persönlich einführt, und Art. 92, worin es heißt,
daß gegenwärtig des Berges Bote „Bernd" sei. 2) Wagner corp. iur. met. S. 1022.
23
Quellen.
5.
Die schlädminger Gewohnheitsrechte in der
Grafschaft
Steier, welche in einem von der Herzogin Elisabeth von Oesterreich bestätigten, von dem
Bergmeister Leonhard Egkzlhaim unter Zu
ziehung der Bürger und Knappen gegebenen Weisthum vom Jahre
1308 am Montag nach St. Margarethen-Tag verzeichnet sind. Der In
halt dieses Weisthums, die Bezugnahme auf das „alte Herkommen" in demselben, sowie das Alter des Bergbaues der Gegend verbürgen die frühe Entstehung der Berggewohnheiten, welche die Grundlage der späteren Bergordnungen in Salzburg, Baiern, Oesterreich, Tirol nachweisbar enthalten *). 6. Das löwenberger und goldberger Goldrecht (Schlesien), beide wohl nicht vor dem 14. Jahrhundert ausgezeichnet,
ihrem Inhalte nach aber sehr alt,
wie schon daraus hervorgehet,
daß die kulmsche Handfeste von 1232 rücksichtlich des Rechtes beim Goldbergbau auf das schlesische Recht verweist^). b. Deutscher Ursprung der Berggewohnheiten.
§• 8.
Es ist schon bemerkt, daß die alten Berggewohnheiten gemein
same Grundzüge enthalten.
Gerade dieser Umstand hat von jeher
die Untersuchung darüber nahe gelegt,
ob dieselben nicht zuerst an
einem Bergorte entstanden und demnächst in andere Gegenden über tragen worden sind. 1) Lori, Sammlung des bayerischen Bergrechtes S. XVIII der Einl. und S. 4. Von Bedeutung ist auch das zezziner Bergrecht in Steiermark (Wagner corp. iur. met. Einl. p. XIV und S. 31.) Gottfried, Abt von Admont, leiht die Bergwerke, quae nuncupantur Ysenhartes fodina et Admuntensis fodina, im Jahre 1216. Die Urkunde enthält verschiedene bergrechtliche Grundsätze und bestimmt, daß es wegen einzelner bestimmter Fälle seo und um ins antiquum oder auch secundum ius constitutum ipsius nontis in Zezzen gehalten werden soll, ein wichtiger Beweis für das hohe Alter besonderer Bcrggewohnheiten. 2) Es heißt daselbst: »ita tarnen ut inventor auri sive in cuius bonis inventum fuerit, ius habeat quod in terra ducis Silesii in huius modi talibus est concessum«. Bei Steinbeck: Geschichte des schlesischen Bergbaues Bd. I S. 79 ff. sind beide Goldrechte abgedruckt. Die Vermuthung Steinbeck's (S. 93), daß die Goldrechtc von cingewanderten Franken nach Schlesien gebracht sind, erscheint wohlbegründet.
24
Einleitung.
Es hat sogar nicht an Solchen gefehlt,
welche den Ursprung
dieser Berggewohnheiten im Auslande gefunden zu haben glaubten.
Anknüpfend an die eigenthümliche
Verfassung der laurischen Berg
werke, welche in der That mit dem deutschen Bergrechte Analogieen
bietet'), sollten die atheniensischen Bergrechte durch Siebenbürgen, Ungarn (Schemnitz), Mähren (Jglau) ihren Weg nach Deutschland gefunden haben. Andere verlegten nicht nur das Institut des Berg
regales, sondern auch die in den deutschen Berggewohnheiten aner
kannte Bergbaufreiheit in das römische Recht, um hiermit das
deutsche Bergrecht in Zusammenhang zu bringen. Beides ist un richtige Trotz "äußerlicher Aehnlichkeiten sind die Vorschriften der atheniensischen Gesetze, welche, abgesehen von bergpolizeilichen Be
stimmungen, im Grunde genommen nur Normativbedinguugen über
die
Vererbpachtung der
Staatsbergwerke
enthalten,
grundsätzlich
von den deutschen Berggewohnheiten verschieden. Sodann bleibt jene Wanderung des Rechtes durch Siebenbürgen, Ungarn u. s. w. gänz lich unerwiesen. Das römische Recht1 2)* *aber * 6 kennt weder ein Berg regal, noch die Bergbaufreiheit; die Fossilien unterliegen der Ver
fügung des Grundeigenthümers. Zudem war das deutsche Bergrecht in seinen Grundzügen vor Reception des römischen Rechtes bereits aus gebildet. Zahlreichere Anhänger hat die Ansicht gefunden, daß die deutschen Berggewohnheiten slavischen Ursprunges seien.
Das Alter
1) Die verschiedenen Ausführungen über das atheniensijche Bergrecht sind
ohne Ausnahme der trefflichen Abhandlung Boeckh's (Abhandlungen der berliner Akademie der Wissenschaften 1818 Histor. Phil. Classe S. 85 ff.) entlehnt. 2) Vcrgl. die ausführliche Darstellung des römichen Bergrechtes in dem Buche:
Das französische Bergrecht (Bonn 1869) von Dr. Achenbach S. 13 ff.
sind auch die besonderen Bestimmungen über Marmorbrüche, vinzialgrundstücke erörtert.
Bergrecht (S. 170) ist mit 1. 14
Cod. Theod.
X.
Daselbst
sowie über Pro
Bereits im ersten Jahrgange der Zeitschrift für
Rücksicht
auf Frankreich darauf
hingewiesen, daß
19. in das Breviarium Alaricianum übernommen
wurde, wobei die merkwürdigen Unterschiede
der
einzelnen
Handschriften zu
beachten sind. Diese zur Schonung fremder Gebäude erlassene polizeiliche Vorschrift ist in ihrer ursprünglichen Bedeutung auf den Marmorbergbau in den Provinzen zu
beschränken und
aus dem
an den Provinzialgrundstücken zu erklären. justi'nianeische
Eigenthume des römischen Staates Wird zudem anerkannt,
Gesetzgebung keine Schürf- und Bergbaufreiheit kennt,
jener auch von Justinian in den Codex aufgenommene Vorschrift
daß die so
kann
(1. 6 C. 11
6) eine grundsätzliche Bedeutung überhaupt nicht beigelegt werden (vergl. übri
gens auch Flade, römisches Bergrecht S. 53, 54).
25
Quellen.
der iglauer Aufzeichnung, die hervorragende Bedeutung des iglauer Bergrechtes und Bergschöppenstuhles ließ die Auffassung nicht unbe gründet erscheinen, daß in Jglau das Bergrecht des Mittelalters entstanden sei. Andere verlegten den Ursprungsort der Berggewohn heiten nach Schemnitz in Ungarn, man fand es nicht zweifelhaft, „daß der Bergstadt Schemnitz die Ehre gebühre, Deutschland seine
Bergwerksgebräuche und die ersten gesetzlichen Bestimmungen gegeben
zu haben". Auch dieser Auffassung kann nicht beigetreten werden. Zunächst ist der Bergbau am Rhein und Main, bei Salzburg, in Steiermark') und Tirol,
am Harze in
weit früherer Zeit als
derjenige in Böhmen, Mähren?) oder bei Schemnitz bestimmt nach
zuweisen,
und selbst der
freiberger Bergbau muß nach den oben
mitgetheilten Urkunden ein hohes Alter für sich in Anspruch nehmen.
Sodann zeigt die in den ältesten bekannten Gewohnheiten vorkom
mende bergmännische Kunstsprache, daß es sich um deutsches Recht
handelt^). Man hat freilich auch versucht, bei einer großen Anzahl bergmännischer Ausdrücke, wie Lachter, Klafter, Lochstein, Flötz, Schacht, Schürf, Schicht, Seifen, Stollen, Drumm, Rösche, Speise,
Schmand
u. s. w. den böhmischen
Ursprung darzuthun (Körner,
1) Der Eisenerzbergbau in Steiermark, das norische Eisen wird von den römischen Schriftstellern, namentlich den Dichtern (Ovid. Metamorph. XIV: Durior est ferro, quod Noricus excoquit ignis ; Horat. I Od. 16: Neque Noricus deterret ensis u. s. w., vgl. Lori Einl. S. I u. II) wiederholt er wähnt. Ebenso gedenken die Alten des Goldbergbaues in den norischen Alpen. Die Salzgewinnung im Salzkammergute ist uralt. Die Fortsetzung des dor tigen Gold- und Salzbergbaues unter den Karolingern beweist die Schenkungs urkunde König Ludwig des Kindes v. I. 908 (Curtem nostram Salzburghov vocatam — in proprietatem concessimus — cum Omnibus censibus in IIa 11 a et extra Halla, in salina e t extra salinam, circa fluvios Sala et Salzaha vocatos, in auro'etsale — cum theloneis duobus qui vulgo Muta vocantur). Vergl. auch die Bestätigung dieser Schenkung durch Kaiser Otto v. I. 940 (Lori Einl. S. III—VII) und die späteren Kai serlichen Verleihungen von Bergwerken an Bergtesgaden, Tegernsee, Steingaden u. s. w. (Lori Einl. S. IX-XI). 2) Die Nachrichten des Tacitns (Germ. c. 43) über einen von den Gothinen geführten Eisenerzbergbau, und diejenigen des Ptolemaeus über den Eisenerzbergbau im Walde Luna dürften sich nicht mit Sicherheit auf Mähren beziehen lassen. 3) Vergl. auch von Hingenau, Handbuch der Bergrechtskunde S. 293, 287.
26
Einleitung.
Beyer,
Klotzsch), indeß bereits Sperges fertigt diese Versuche als
unhaltbar
ab1).2
vereinzelten Worten, wie
ganz
Abgesehen von
z. B. dem wahrscheinlich böhmischen, aber erst spät allgemein einge bürgerten Worte Kux 2), liegen überall ächt deutsche Worte vor, wie schon deren uralte
Anwendung im Westen Deutschlands beweist.
Wird erwogen, daß es im iglauer Bergrecht heißt „in eo quod dicitur Hangendez (im Hangenden); in eo quod dicitur lü
gendem
(im
Liegenden);
ductum,
aquae
vulgariter
quod
Wasserseige dicitur; iuramento in medio instrumento quod Daselbst heißt es: „Dem Worte
1) Tirolische Bergwerlsgeschichte S. 211.
Schurs
geben die. vorgenannten
zween Schriftsteller (Körner,
Klotzsch)
einen
böhmischen Ursprung, weil in dieser Sprache Dziura (die Böhmen sprechen und schreiben Dira- ein Loch oder eine Grube bedeutet.
Es stehet aber schon indem
trientischen Bergabschiede v. I. 1213 das Wort Xurfus, teinischen Berggerichtschreiber unstreitig worden ist, in eben derselben Bedeutung.
Trient gekommen sein?
Soll
Ich führe diese
von sonst rechtschaffenen Leuten der einmal
Schurs aus
die
Schlüsse
sind,
gebildet
Böhmen nach
zeigen,
wie
welche zuweilen
angenommenen" Meinung zu
Liebe,
Aehnliches ließe sich rücksichtlich der anderen oben an
geführten Ausdrücke nachweisen. § 22 den „Erbstollen".
wohl
es
von dem la
welches
deutschen
Kleinigkeiten an, um zu
betrüglich dergleichen Wortforschungen und
daraus gezogen werden."
dem
aus
So
kennt
z. B. der
schladminger Bergbrief
Körner's Abhandlung über das
Alter der
böhmischen
Bergwerke, Schneeberg 1758, hat wesentlich diese ganz unhaltbaren Ableitungen Klotzsch ist demselben
deutscher Worte aus der böhmischen Sprache veranlaßt.
nach eigenem Bekenntnisse „lediglich" gefolgt. (Ursprung der Bergwerke in Sachsen
S. 54.)
Bestände in der That eine Verwandtschaft
Schriftstellern angeführten deutschen und
auch die Frage aufwerfen, sind.
zwischen den
so
slavischen Worten,
ob letztere nicht umgekehrt
aus
von diesen
ließe
ersteren
sich doch
entstanden
Sogar das alte Bergwerk „Rammelsberg" in Sachsen, welches auf Goslar
hinweist, muß nach Körner und demgemäß natürlich auch nach Klotzsch von einem
slavischen Worte herstammen (S. 166).
Das letztere Buch über den Ursprung
der Bergwerke in Sachsen, welches den glbernsten Fabeln der böhmischen Chronik
von Wenz. Hagecius blindlings folgt und sich überhaupt durch den Mangel jeder kritischen Auffassung unvortheilhaft auszeichnet,
ist
eine
Hauptveranlassung der
unhaltbaren Ansicht gewesen, daß das deutsche Bergrecht slavischen Ursprungs sei (Vergl. noch Sperges S. 208, 209.) 2) Kux gleich Theil.
Anmerk, wird
Bei Sternberg (Geschichte der Berggesetzg.) S. 102
einer kuttenberger Urkunde vom Jahre 1327 gedacht, welche die
Kuxeintheilung kennt (Qui unam pariern unius Schichtae,
pars dicitur montium, quam in nona parte fabrili in biscum in cuccis habere dignoscuntur).
quae
sedecima
orto humili
no-
Selbst die Ableitung^ von Kux
aus der böhmischen Sprache ist noch keineswegs ausgemacht.
27
Quellen.
dicitur Runbaum (Eid
auf
den
übirschar (Ueberschar) u. s. w.,
Rundbaum);
quod dicitur
so kann der deutsche Ursprung
des ersteren wohl nicht zweifelhaft sein. Unbestreitbar würde die Aufzeichnung der mitten aus dem Bergvolke herausgewachsenen Ge wohnheiten sich nicht deutscher, sondern slavischer Worte und letzterer keinenfalls in germanisirter Form bedienen, wenn hier slavische Ge
wohnheitsrechte in Frage stehen sollten. Dasselbe gilt von der
kuttenberger Bergordnung.
Abgesehen
davon, daß die deutschen Kunstausdrücke in der lateinischen Uebersetzung kenntlich geblieben sind (z. B. p. I c. 11 p. II c. 1 campus
über freies Feld; p. I. c. 16 lapides manuales Hand
steine; p. II. c. 3 pars agrorum Ackertheil; p. II. c. 4 fenestrae
laminares Lichtlöcher, werden in der Bergordnung, gerade wie im
iglauer Bergrecht, eine große Anzahl deutscher Worte angeführt, (p. I. c. 2 coloni principales, qui vulgariter Gewerken dicuntur; p. I.c. 8 fines qui vulgariter dicuntur Oerter; — de
duabns Schichtis; p. I. c. 19 prima bora Tagschicht; secunda hora Lesern Tagschicht; tercia hora Nachtschicht; quarta hora Lesern Nachtschicht; p. II. c. 1 que vulgari montanorum Lachter dicitur; quod vulgariter Runk> aum dicitur; p. II. c. 2 quod in vulgari montanorum dicitur Hangendes; quod Liegendes vocatur; que vulgariter dicitur Zal; p. II. c. 3 que vulgariter Strif vocantur u. s. w.
Auch die tridentiner Berggewohnheiten verläugnen, wie Spel nachgewiesen, den deutschen Ursprung nicht. Die
zes') schlagend
Namen der Gewerken, Ausdrücke wie ab argentariis qui solent appellari silbrarii, „der Werbe (bet Gewerke), der Xaffar (der Schaffer, Aufseher); der Wassar (der Wäscher), Smelzer (Schmelzer); Kener (Kiener, Köhler)1 2); Werchi (Gewerke),
Xenkelochi (Gesenke),
raitungum (raiten, rechnen), dors-
lagum (Durchschlag), Xinca (Gesenke), Xurfus (Schürf), Carowegus (Karrenwege), Actufus“ (Agetucht, Aakeltruft, Aak, Adit,
Adich, Aedich, Aelig, Wafferabzucht, Wasserstollen) u. s. w.3) legen
ein unwiderlegbares Ursprungs-Zeugniß ab4).
Es ist dies um so
1) Tirolische Bergwerksgeschichte S. 198 ff. 2) Urkunde v. I. 1185.
3) Urkunden v. I. 1208, 1213. 4) Wie sich die bergmännischen Kunstausdrücke deutscher Colonisten im
Einleitung.
28
Wichtiger, als das neuerdings durch den Vorstand der Archive zu
Florenz, Francesco Bonaini, veröffentlichte') Statut der Bergwerke von Massa (ordinamenta super arte fossarum rameriae et argen-
teriae civitatis Massae), welches — in lateinischer Sprache abgefaßt — aus dem 13. Jahrhunderte stammen soll, von dem Heraus geber als die Mutter aller Berggesetze des Mittelalters bezeichnet wird. Die Einsicht des Statutes, in dem Ausdrück^wie G uerch i qui faciunt rame, guercos et factores guercorum, Ar-
zesa (Erz) u. s. w. Vorkommen, welche Bonaini selbst in dem bei
gegeben Vokabularium
von den deutschen „Gewerken" n. s. w. ab
leitet, ergibt indeß, daß daffelbe in trienter Rechte übereiiistimmt.
seinen Grundzügen mit dem
Da der deutsche Ursprung des letz
teren nicht zweifelhaft sein kann, so stehet damit auch die Quelle der
Gewohnheiten der Stadt Massa fest2*).1 Schon die gänzlich vereinzelte Erscheinung dieser Gewohnheiten im eigentlichen Italien, das spur
lose Erlöschen der Rechtskraft derselben, ohne daß bis zur. Auffindung des Statutes irgend Etwas von deren früherer Existenz bekannt ge
wesen wäre, beweisen, daß hier ein von Außen importirtes und auf
fremdem Boden bald wieder welk gewordenes Recht vorliegt. Anders verhält es sich mit den Berggewohnheiten in Deutsch land selbst. Die gemeinsamen Grundzüge derselben in Süd, Nord
und Ost, ihre stetige Entwickelung, ihre lebensvolle Kraft, ihre Ueber einstimmung mit dem
deutschen Sinn und deutscher Art bekunden.
Auslande erhalten, darüber berichtet neuerdings B. Nr. 18 S. 420).
v. Kotta (Ausland 1869
In der Mitte des vorigen Jahrhunderts wurden Beamte und
Bergleute aus dem sächsischen Erzgebirge auf die damals an das kaiserliche Haus
übcrgegangenen, früher Dcmidoss'fchcn Bergwerke am Altai herangezogen. „Ihre
Nachkomnicn sind zum Theil noch jetzt vorhanden, aber sie sind weder durch ihre Namen noch durch ihre Sprache von den eingewanderten Russen zu unterscheiden;
nur ihre bergmännischen Ausdrücke haben, sich zum Theil noch erhalten, so z. B. Schacht, Stollen, Gesenk, Ucbersichbrechcn, Treibofen, Trapp,
Wapp" u. s. w.
1) Appendice all’ Archivio storico Italiano (vol. VIII Firenze 1853). Vcrgl. auch die Besprechung desselben durch den französischen Ingenieur M. L.
Simonin in den Annales des mines (leis et decrets 1859 tom. VIII p. 1) und Zeitschrift für Bergrecht Jahrg. III S. 272. 2) Die Rcception deutscher Berggewohnheitcn in Italien wird erklärlich, wenn berücksichtigt wird, daß z. B. schon
Trient waren.
1262 Florentiner als Münzer
in
Dieselben hatten auch im folgenden Jahrhunderte die Münzen
und Zölle in Tirol, die Wechjelbank zu Meran in Pacht.
Quellen.
29
daß sie Kinder des deutschen Volkes und des deutschen Landes sind.
Ja, die frühzeitige Aufzeichnung dieser Gewohnheiten in den deut schen Bergmannscolonieen Mährens und Böhmens, in Ungarn, Trient, beweist nur ein gerade im Auslande besonders dringendes
Bedürfniß, das durch deutsche Einwanderer mitgebrachte, den Aus
ländern ungewohnte Recht vermittelst der Schrift zu fixiren, dauernd zu erhalten und zugänglicher zu machen.
Wenn später solche Auf
zeichnungen auch in Deutschland benutzt und übernommen wurden, so folgt daraus nicht das Entstehen der Gewohnheiten im Auslande, sondern lediglich jene leicht erklärliche Priorität der Aufzeichnung des deutschen Bergrechtes unter den Fremden'). c. Berggewohnheiten im
westlichen Deutschland, insbesondere
auf der linken Rheinseite.
§• 9.
Ebensowenig kann aber auch aus dem Mangel aller älteren Aufzeichnungen der Berggewohnheiten in Mittel- und namentlich in Westdeutschland der Schluß gezogen werden, daß West- und
Mitteldeutschland die Grundzüge des späteren Bergrechtes aus Tirol, Salzburg, Freiberg oder vom Harze übernommen habe. Wollte man dem Gedanken einer solchen Ucbertragung des Bergrechtes überhaupt näher treten, so würde in Betracht kommen, daß am
Rhein einer der ältesten Sitze des Bergbaues auf deutschem Boden
war und daß umgekehrt die Behauptung, wonach vom Rhein und Main der Harz und später Sachsen das Bergrecht erhalten habe,
mit nicht unerheblichen Gründen unterstützt werden könnte^).
1) So erbat sich der Burggraf Friedrich von Nürnberg 1363 das iglauer und kuttenberger Bergrecht
und verlieh der Stadt Kronach das iglauer Recht
(Wagner corpus iur. met. Einl. S. XX). zeichnung gleichfalls übernommen,
Hat Freiberg die iglauer Auf
so ist damit keineswegs erwiesen, daß die in
ersterer niedergelegten Gewohnheiten erst von Jglau sind.
nach Freiberg
gekommen
Wäre dies aber selbst der Fall, so gehet daraus
nur hervor, daß nicht
und
das deutsche Bergrecht
von Freiberg aus die deutsche Bergmannskolonie
nach Jglau verpflanzt worden ist (vergl. auch v. Hingenau a. a. O. S. 291). 2) Am Rhein fand schon' zur Römerzeit Bergbau statt. Ueber den Berg bau am Main verhält sich die oft angeführte Stelle aus der Vorrede des Evan gelienbuches von Ottfried.
Der Zug der deutschen Colonisation ging seit Carl
dem Großen von Westen nach Osten.
Die deutschen
Berggewohnheiten können
Einleitung.
30
Das Gebiet zwischen Rhein, Mosel und Maas, in welchem schon
hat zudem eine Anzahl merkwürdiger
die Römer Bergbau führten,
Berggewohnheiten aufzuweisen, welche zwar spät in Weisthümern und zum Theil in Bergordnungen zusammengestellt sind, ihrem Inhalte nach aber alle Zeichen eines sehr hohen Alters unzweifelhaft an sich tragen. Die Abgeschlossenheit jener Territorien mag eine der Ur
sachen sein, warum sich hier bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts das ursprüngliche Bergrecht fast ohne Beimischung forterhielt
namentlich
von dem Einflüsse des
Jahrhundert gänzlich frei blieb.
und
sächsischen Bergrechtes im 16.
Ein Theil dieser Weisthümer ist
veröffentlicht worden, nämlich das Weisthum von Gressenichs, wo dem Herzoge von Jülich
Jahre
1492 in
die Bergherrlichkeit zustand,
Grimms Weisthümern
daher wohl nicht umgekehrt vom Osten nach Westen gewandert sein. Sage sind unter Otto I. die Bergleute vom
aus dem
Thl. 2 S. 7962); das Nach alter
Main und Rhein (bie Franken)
nach der Gegend von Goslar und dem Harze gekommen (Frankenberg, Frankenscharn) — vergl. Kalvör, Hist. Nachricht von der unter- und oberharzer Berg werke Auskunft u. s. w. S. 15, 44 ff. 69. — Später in Folge der Zerstörung der goslarschen Bergwerke durch Heinrich den Löwen im I. 1180 oder auch in
Folge eines Aufstandes unter dem Bergvogt Herm. Gowisch wanderten Bergleute von Goslar nach Meisen (Kalvör S. 61, Otia metallica Thl. 2 S. 167 ff.). Wahrscheinlich ist indeß die Markgrafschaft Meisen schon früher durch fränkische
Bevölkerung und Bergleute vom Main und Rhein aus colonisirt worden. Bereits Engels in der Schrift: Ueber den Bergbau der Alten in den Ländern des Rheins, der Lahn und der Sieg
(Siegen 1808 : bemerkt S. 36:
„Demnach wird es, wie mich dünkt, sehr wahrscheinlich, daß die Denkmäler, welche der Blei- und Silberbergbau in den Rheinländern darbietet,
älter sind, als der Bau auf die anderen Metalle und
weit
es dürfte daher die
von Daubuisson in seinem bekannten Werke über den Bergbau von Freiberg (Des mines de Freiberg et de leur exploitation etc. ä Leipzic chez P. Wolf 1802) Bd. I p. 14 angeführte Vermuthung des großen
scharfsinnigen Werners: daß
seit dem Verfalle der römischen Weltherr
schaft der Bergbau zuerst in denjenigen Theilen des alten Galliens, welche der Rhein begrenzt, und namentlich in den Län dern von Limburg, Aachen und Mainz stattgehabt, von dort aber nach Franken,
dem Harz und weiter nach Sachsen sich verbreitet habe, durch den hier beschriebenen alten Bergbau der nachbarlichen Länder an Glaub
würdigkeit gewinnen." 1) Galmei- Blei- und Eisenerz-Bergbau.
Ueber den betreffenden Bezirk
erstreckt sich gegenwärtig die von den Franzosen ertheilte Concession Diepenlinchen.
2) Schon früher abgedruckt in Nr. 8 der Zeitschr. Teutonia,
sodann in
Quellen.
31
Weisthum des Bergrechtes auf dem Bleibergwerke
zu Kall im Herzogthume Jülich vom Jahre 1494 in Lacomblets Archiv für die Geschichte des Niederrheins Bd. III Heft 2, S. 216 (Düs
seldorf 1861); das Weisthum von Mechernich im Arem-
bergschen von 1577 bei Grimm S. 696; das schleidener Weisthum im Arembergschen über den dortigen Eisenerzbergbau von 1547 bei Grimm S. 572 ff. mit einer Anmerkung über die Berggewohnheiten in der Abtei S t e i n f e l d *). Andere Weisthümer und Bergordnungen harren noch der Ver öffentlichung. Dahin gehören die Ber gfreih eit und Ordnung
nach der Geschworenen Erkenntniß zu Kommern (1578
gebessert und übersehen) ?), Bergweisthum und Freiheitder Eisensteinbergwerke zu Lommersdorf, „wie selbige von Alters auf selbigem Berg gebraucht und gehalten werden", von 15923* ),1 2 die schleidensche Bergordnung vom 16. Januar 17 32
mit einem Nachtrage vom 23. December 1733, von Graf Ludwig Peter zu der Mark auf Grund alten Herkommens, insbesondere des oben
angeführten Weisthums von
1547
erlassen,
die Bergordnung
des Reichsstiftes Korneli-Münster von dem Abt Carl Lud wig Freiherrn von Sickingen
am 27.
den „Urkunden und Abhandlungen
zur
1747
Juni
Geschichte des
nach Maßgabe
Niederrheines und
Niedermaas" von W. Rietz Bd. I, Abth. 1 S. 155 ff. (Aachen 1824).
der
Hieraus
hat Grimm das Weisthum übernommen.
1) Durch besondere Vollständigkeit zeichnet sich das kaller Weisthum aus. Aus dem
jülichschen Bleiberg
liegen gegenwärtig die
Günnersdorf umfassen aber (Kalmuther
Berg).
Im
auch
den arembergschen
schleidener
meinden Soetenich und Keldenich
Concession
Kreise,
und kölnischen
in den
Gierzenberg
am
Neu
vormals
und
2)
Im
Jahre
1607
sind
Erläuterungen
diesem
arembergische
Bleiberg
jülichschen Ge
Heidenacker
Anschlüsse an die älteren Berechtigungen eine große Zahl Concessionen
Dasselbe bezieht sich übrigens auf die
Schunk
Letztere und die Concession
Olligschlaeger, sowie die Concession Meinertshagen.
Weisthum
sind
im
ertheilt.
beigefügt.
Freiherrlichkeit Kommern,
also auf den arembergischen Bleiberg. 3) Dem Weisthum, welches schon
früher ausgezeichnet war,
1592
aber
die landesherrliche Bestätigung erhielt, gehen einige Festsetzungen der Gräfin Mar
garetha von der Mark über die Grenzen des freien „Steinbergs" voraus. seinem Inhalte sind die lommersdorfer Gewohnheiten jedenfalls uralt. wärtig ist der Bezirk an die Stahlhütte zu zwei Dritteln, einem Drittel in Concession gegeben.
Nach Gegen
an die Ahrhütte zu
Einleitung.
32
uralter Berggewohnheiten erlassen und am 9. Juni 1790 erneuert *). Endlich hat der kölnische Bergmeister und Schultheiß G. K. Ey-
lertz mit den Schöffen Klemens Hochgurdel und David Hamächer „die auf hiesigen kölnischen Bergwerkcrn hergebrachte wahrhafte uralte Berggebräuch" sehr vollständig im vorigen Jahrhunderte zusammengestellt^). d.
Berggew ohnheiten im westlichen Deutschland auf der rechten
Rheinseite.
§• 10.
Beweisen auf der linken Rheinseite unter Anderem die
in den
Blei- und Silberbergwerken, Tuffsteinbrüchen u. s. w. aufgefundenen
römischen Münzen und Geräthe das Alter des dortigen Bergbaues, so berichtet Tacitus in den Annalen Lib. XI cap. 20 von dem unter Claudius durch Curtius Rufus aufgenommenen rechtsrhei nischen Silberbergbau im Lande der Mattiaker.31) 2 Es dürfte wahr1) In diesem Territorium liegen jetzt die
auf Galmei- Blei- und Eisen
erze lautenden Concessionen Breiniger und Busbacher Berg.
2) Merkwürdig ist, daß mit diesen linksrheinischen Gewohnheiten die engli schen Berggewohnheitsrechte in Cornwall, Devon und Derbyshire eine ganz auf fallende Aehnlichkeit zeigen. Die eigenthümliche Art der Felder, die besonderen Be
stimmungen über den Verlust des Bergbaurechtes u. s. w. kehren hier wie dort
wieder.
Wie am Rhein kommt in den Gewohnheiten von Derbyshire ein Bar
master vor, ebenso der Adit oder
Audit, sogar der erste Finder wird unter
der Bezeichnung the first Finder aufgesührt.
Die Vermuthung ist daher be
rechtigt, daß durch rheinische Bergleute das heimische
Recht nach England ge
bracht wurde. 3) Nee multo post Curtius Rufus eundem honorem
adipiscitur,
qui in agro Mattiaco recluserat specus quaerendis venis
argenti; unde tenuis fructus nec in longum fuit: at legionibus cum damno labor, effodere rivos, quaeque in aperto gravia, humum infra rnoliri. — Wenn der dem Curtius Rufus nichts weniger als wohlwollende Be richt die Ausbeute jenes Bergbaues als gering und die Betriebszeit wegen der Unzufriedenheit der Legionen als keine lange bezeichnet, so erfahren wir anderer
seits aus der Fortsetzung des Berichtes, daß in jener Zeit mehrfach die Legionen
zum Bergbau in den Provinzen verwandt wurden. Zu den schon in römischer Zeit betriebenen Bergwerken auf der rechten Nheinseite
gehört auch der
Virneberg
oder St. Josephsberg bei Rheinbreitbach, wodurch der alte Name „Venusberg"
zu erklären sein dürfte.
Beim Ausklauben der Halden am sog. kurzen Loch sind
römische Münzen gefunden worden.
Quellen.
3g
scheinlich sein, daß diese Stelle sich nicht auf einen Bergbau in der
Gegend der Stadt Idstein, sondern auf den uralten Bleierzbergbau
bei Ems beziehet, über welchen Kaiser Friedrich I im Jahre 1158 dem Erzbischof Hillin von Trier behufs Beendigung eines bestandenen Rechtsstreites eine Verleihungs-Urkunde ausstelltex). Die Belehnung des Klosters Siegburg durch Kaiser Heinrich V v. I. 1122 mit dem Erzbergbau auf den Besitzungen des ersteren ist besannt1 2), weniger
bekannt erscheint dagegen die Verpfändung des noch heute unter dem
Namen Landeskrone in Betrieb stehenden werkes Ratzenscheit
bei Siegen
Silber- und Bleierzberg
durch
Kaiser Adolph
an die
Grafen von Nassau v. I. 1298 (eidem Comitibus ac.eorum fratribus pro pecumia huiusmodi montes Ratzenscheit cum omnibus
in eis inveniendis iuribus et pertinenciis
universis ac
alios
montes sitos in eorum districtibus, ubi argentum queri et inveniri poterit, obligamus etc.)3). Diese Urkunden, welche nebst manchen anderen4) sich auf einen in der Gegenwart noch bestehenden
1) Vergl. Schliephake, Geschichte von Nassau.
1866).
Bd. I, S. 281.
(Wiesbaden bei Kreidet
Kaiser Friedrich 1. verleihet omnem iustitiam, quam
in argentaria in Ulmeze et in toto monte adiacente de iu-
dicio principum habere videbamur. heim auch bei Engels S. 43 ff. abgedruckt.
alten Emser Baue. Trier.
—
Nassau
Die Urkunde ist nach Hont
Letzterer berichtet S. 17 über die
(Laurenburg) widersprach der Verleihung an
Unter Hillins Nachfolger Arnold setzte sich der Streit fort,
Erfolg für Nassau.
jedoch ohne
Trier scheint indeß bald nachher durch letzteres aus dem
Besitze gedrängt worden zu sein.
Vergl. Schliephake a. a. O. und Arnoldi,
Geschichte der nassau-oranischen Länder (Hadamar 1799), Bd. I, S. 26, 27. 2) Engels S. 12 beziehet diese Verleihung namentlich auf die s. g. Silberkaul bei Uckerath.. Römischer Bergbau in der Nähe von Siegburg und Königswinter (Altglück) ist übrigens durch Auffinden von Münzen und Werk zeugen in verschiedenen Gruben festgesteltt.
Es erscheint indeß fraglich, ob sich
die Verleihung nicht auf den Kreis Siegen vornämlich beziehet, in welchem
die Abtei Siegburg alte,
zum Theil 1309 an den Grafen Heinrich von Nassau
veräußerte Besitzungen hatte. . 3) Ab gedruckt bei Engels S. 42.
Die Original-Urkunde befindet sich im
Provincial-Archiv zu Münster. 4) Im Jahre 1150 verleiht z. B. König Conrad III. dem Stifte Korbei
den Bergbau auf Metalle bei Stadtberge (intra montem Eresburch).
sichtlich des
älteren Bergbaues im
Herzogthum Westphalen,
vergl.
(Rück
Seibertz,
Landes- und Rechtsgeschichte des Herzogthums Westphalen (Arnsberg bei Ritter) 3. Theil (1864) S. 187, 270 ff., 358 ff., 586 ff.)
Es fehlt für viele deutsche
Einleitung.
34
Bergbau beziehen, sind nur deshalb hier angeführt,
weil dieselben
sichere Schlüsse auf das hohe Alter des Bergbaues auch bezüglich der
rechten Rheinseite im Westen Deutschlands gestatten.
Freilich kann
die rechte Rheinseite an alten Weisthümern über das Bergrecht keine
solchen Schätze, wie die linke Rheinseite aufweisen. Der frühzeitige Erlaß landesherrlicher Bergordnungen hat hier die alten Gewohnheiten verwischt und allmälig beseitigt, so daß es zu Aufzeichnungen der selben nicht gekommen zu sein scheint. Nur eine wichtige Ausnahme ist zu erwähnen. Esistdas Weisthum über den siegenschen Eisenerzbergbau.
Der Ort
Siegen
in einer Schenkungs-Urkunde erwähnt').
findet sich schon 1079 Unter den Zeugen einer
Belehnungs-Urkunde v. I. 1288 kommt Lucro dictus Staelsmit vor. Im I. 1313 bekennen Friedrich und Gottfried vom Hane,
daß ihnen Graf Heinrich von Naffau verpfändet habe „den zol Vf
deme steinberge zu müzen" (b. h. den Zehnten auf dem heute noch betriebenen Stahl berge bei Müsen). Die altberühmte mär kische Eisenindustrie hangt mit dem siegenschen Eisenerzbergbau zu
sammen.
Siegensche Schmiede- und Gußwaaren behaupteten ihren
Ruf durch das ganze Mittelalter hindurch3*).1 4 2 Um die Mitte des 15.
sind eine sehr
Jahrhunderts
große Anzahl Eisenhütten und
Hammerwerke im Siegenschen im Betriebe3).
Das hohe Alter des
siegenschen Eisenerzbergbaues unterliegt daher gewiß keinem Zweifel.
Neben einer im 15. Jahrhundert geschehenen Aufzeichnung der Gebräuche und Berfaffung der Bruderschaft der Stahlschmiede, deren Inhalt ein hohes Alter verbürgt^), ist nun auch jenes Weisthum
Bezirke nicht an alten Urkunden,
in welchen bei Uebertragungen des Grund
eigenthumes der Metalle als Zubehörungen des Grund und Bodens gedacht wird. Hieraus ist
aber nicht
Metalle zu schließen.
auf
Bergbau,
nicht
einmal
auf die
Existenz solcher
Bedeutungsvoll sind dagegen die älteren Urkunden, welche
sich entweder direkt auf einen schon bestehenden Bergbau oder auf Bezirke be ziehen, in welchen durch vorhandene bergbauliche Anlagen in Verbindung mit
jenen urkundlichen
Angaben
das
Alter des Bergbaues annähernd sestgestellt
werden kann. 1) Lacomblcts Urkundenbuch Bd. I, S. 156.
(Nr. 243.)
2) Galfried von Monmouth verweist aus Siegen als den Sitz des kunst
reichen Schmiedes Wieland: Pocula, quae sculpsit Guilandus in tirbe Sigeni. 3) Becher, Mineralogische Beschreibung
der
oranien-nassauischcn
Lande
S. 510 ff. 4) Die Aufzeichnung ist überschrieben: „Dyt ist die Bruderschoff vnd koire
Quellen.
35
über das Bergrecht beim Eisensteinbergbau erhalten ge blieben. Dasselbe wurde um die Mitte des 15. Jahrhunderts unter Graf Johann IV, wenn auch schwerlich damals zum ersten Male, ausgezeichnet und bildet die ersten 14 Artikel der siegcnschen Kleinen Bergordnung *). der Stailsmyde zu Sygen"
und beginnt mit folgenden Worten:
„In dem na-
men Gots maries vnser lieuen müder vnd sonderlichen erc des Hilgen Kruces ist
disse nageschriben Bruderschoff von alders herkomen vnd gehalden vnd auch vmb des gemeynen nutz vnd besten willen so gehalden.
In solicher maisse vnd
bescheyde als hir na gefchriben volget" u. s. w. Lande S. 70 ff., insbe
1) Vergl. Brasserts Bergordnungen der preuß.
sondere auch die Anmerkung daselbst. Der daselbst mitgetheilte neuere Text be darf nach älteren Handschriften insofern der Berichtigung, als im Art. 1 „Loch zeichen" zwei Worte find „Loch zeichen", daß es nicht „reuden," sondern „krü-
den" heißt.
Art. 2 „P f lich" statt „Pflicht;" Art. 7 der Schlußsatz: „so fern
er inner hält" statt „sofern sie ihnen halten."
Zu Art. 12 am Schusse find
hinter „Beweis" noch die Worte zuzusetzen: „Dff seiner Zungen als wenn
er ein fremb man vnd seines rechtens vnverueist were."
Auf an
dere Irrthümer der neueren Redaction hat Brassert in den Anmerkungen hin
gewiesen. Neben diesem uralten Weisthum,
welches Brassert mit Recht seinem In
halte nach bis in das 12. Jahrhundert verweist,
sind auch die alterthümlichen
Gebräuche bei Hegung des Berggerichtes in einer Aufzeichnung erhalten geblie ben.
Die Eisensteinbergleute im Siegenschen bildeten eine Genossenschaft.
nerhalb derselben
ist das
alte» Bergrecht ausgebildet worden.
In
Als später die
Landesherren sich seit dem 15. Jahrhundert in die Verhältnisse der Genossenschaft einmischten,
wurde auf ihre Veranlassung das Weisthum nach und nach mit
einer Anzahl Zusätzen vermehrt.
Aus diese Weise sind die aus verschiedener
Zeit herrührenden Zusätze Art. 15 bis 26 der s. g. Kleinen Bergordnung ent
standen.
Auch der Schluß der letzteren (Brassert
S. 77, 78) ist aus sehr ver
schiedenartigen, älteren und jüngeren Stücken zusammengeschoben.
Punkte des Schlusses sind eine Ueberarbeitung Redaction,
Die vier ersten
einer älteren noch vorhandenen
an welche sich in letzterer die Aufzeichnung der Gebräuche über die
Hegung des Berggerichtes anschließt.
Auch nach Erlaß der nassau-katzenelnbogischen Bergordnung d. d. Siegen, den 1. Sept. 1559 blieben jene Gewohnheiten bestehen.
Als 1572 ein Rechtsstreit
über ein Eisensteinbergwerk beim Berggericht schwebte,
auf jene Bergordnung.
Der Rentmeister G. Hatzfeld
berief sich der Kläger zu Dillenburg, berichtete
aber an den Grafen: „Nhun wissenn die Bergscheffenn vonn keiner andern Ihnen
angezeigter Bergordnung,
dann wie sie die
bracht vnd der brauch bestedigt hatt.
von Ihrenn Aelterenn her Sie haltten es auch daruor die
Bergordnung die E. G. her Vatter seliger löblicher gedechtnus no 59 vber die
Einleitung.
36 Wichtig erscheint,
daß dieses Weisthum verwandte Grundzüge
mit den linksrheinischen Weisthümern zeigt. Die Gleichartigkeit der Gewohnheiten links und rechts des Rheines beweist, welche Aus Bergrechtes schon in Es liegt nahe, unter diesen Umständen
dehnung die eigenthümlichen Grundsätze des alter Zeit gewonnen hatten.
anzunehmen, daß beim Vordringen der Deutschen im Osten dieselben auch ihr Bergrecht in die bisher wenig bevölkerten oder von slavi
schen Stämmen
bewohnten
Landestheile mitbrachten.
Jedenfalls
widerlegt das Vorhandensein jener uralten Gewohnheiten am Rheine
ebenso wie das Alter des Bergbaues und Bergrechtes in Süddeutsch land') die Vermuthung8), daß die Grundsätze des deutschen Berg rechtes von den Griechen durch die Kroaten und Böhmen bei uns
importirt sind.
nach dieser Annahme erst im 13.
Wenn Freiberg
Jahrhundert oder später von den Böhmen das Bergrecht übernahm, so wird letzteres nicht um dieselbe
Zeit
oder früher von Böhmen
aus dem Rheine oder dem Süden Deutschlands bereits zugebracht gewesen sein. Jene Gewohnheiten am Rheine entstanden auf deut schem Boden. Die grundsätzliche Uebereinstimmung derselben mit den Gewohnheiten im Osten und Süden zeigt, abgesehen von
allen inneren Gründen, zur Genüge, daß das Bergrecht des Mittel alters durchaus deutsches Recht ist8).
2. Mittlere Zeit (bis zum Ende des 15. Jahrhunderts), a.
Bergrecht im südlichen Deutschland.
8- ii. Obwohl die als eine Bearbeitung des iglaner Bergrechtes her vorgehobene kuttenberger Bergordnung bereits in der Silber, Bley vnnd Kopffer Bergwergk ausgehenn lassenn (derenn sie dvch nicht gesehenn noch verlesenn) werde sie, binden." brauch.
soviel die Jsennbergk belang,
nicht
Im 18. Jahrhundert kamen indeß die alten Gewohnheiten außer Ge
Ueber einen Bergproceß v. I. 1548 vor dem Berggerichte zu Siegen
vergl. die Mittheilungen
Bechers im
siegerländer Jntelligenzblatte 1828, Nr.
28 bis 31. 1) Neuerdings hat Trenkle in seiner Geschichte des Bergbaues im südwest lichen Schwarzwalde (Zeitschrift für Bergrecht, Jahrg.
nur das hohe Alter des dortigen Bergbaues, sondern bisher unbekannter Bergweisthümer,
XI
auch
S. 185 ff.) nicht
das Vorhandensein
z. B. des Diesselmuthcr Bergweisthums
v. I. 1372 nachgewiesen.
2) Klotzsch, Ursprung der Bergwerke in Sachsen.
S. 46.
3) Vergl. unten §§. 21 ff. über die Entstehung der Bergbaufreiheit.
Quellen.
37
Fori» eines b ö h-in ischen Landesgesetzes gegen 1300 er
lassen worden ist'), so bilden doch vor dem Ende des
15.
Jahr
hunderts Bergordnungen für ganze Landestheile eigentlich
nur die Ausnahme von der Regel. Die von den Landesherren und mitunter von großen Grundherren verkündigten Bergordnungen und
Bergfreiheiten betreffen vielmehr zunächst meist nur die Verhältnisse
einzelner Bergwerke und beschränkter Bergbaubczirke. Zum Theil sind die Bergordnungen dieser Art nur Bestätigungen eines an dem Bergorte bereits bestehenden Gewohnheitsrechtes, zum Theil tritt nunmehr das entschiedene Bestreben der Landesherren hervor, die bergrechtlichen Ge wohnheiten, welche sich andenälte st en Sitzen des Bergbaues ausgebildet hatten, an andere Orte
behufs Aufnahme neuer Bergwerke oder behufs Förderung eines neu ent st an denen Bergbaues zu übertragen. Mit Hülfeder Landesherren und der großen Grundherren verbreiten sich daher die an den Ursprungs orten des dentschen Bergbaues entstandenen Gewohnheiten mehr und mehr durch das ganze Land. Während in der vorhergehenden Zeit die Wanderung des Gewohnheitsrechtes sich an die Wanderung des
Bergvolkes anschließt, ergreifen jetzt die Territorialherren alllnälig die Initiative und suchen durch die von ihnen für einzelne Orte erlassenen Bergordnnngen und Bergfreiheiten und insbesondere auch durch die den Bergleuten gewährten Privilegien der Wanderlust der letzteren
bestimmte Ziele zu geben. Der mehr und mehr wachsenden Thätigkeit der Territorialherren rücksichtlich der Hebung und Regelung
das
schon
des
Bergbaues
entspricht
in der vorigen Periode hervorgetretene und von Erfolg
begleitete Bestreben,
sich in
ihren Rechten gegenüber dem Bergbau
vom Kaiser bestätigen und anerkennen zu lassen. Die Stellung der Kurfürsten wird sogar in einem Reichsgesetze, durch cap. IX §. 1 der Goldenen Bulle Karls IV v. I. 1356 .näher bestimmt2).
1) Sergi, jedoch Sternberg, Geschichte der Berggesetzgebung in Böhmen,
S. 71, wonach dennoch die Bergordnung nur als örtliches Gesetz angesehen werden kann, da sie außer Kuttenberg nicht bekannt gemacht worden ist.
2) „Praesenti constitutione in perpetuum valitura statuimus et de certa scientia declaramus, quod successores nostri Beende Reges, nec non universi et singuli Principes Electores ecc 1 esiastici et
Einleitung.
38
Zu den Bergordnungen, welche geltendes Gewohnheitsrecht be
stätigen, andererseits aber, demselben einen erweiterten Geltungs bereich gewähren, gehört die Bergordnung Herzog Albrechts von Oesterreich,
wahrscheinlich aus dem Jahre 1336,
zufolge
welcher das Recht des Silbcrbergwerkes bei Zeyring in Steiermark
auf alle anderen Berge in dem Lande Steier für anwendbar erklärt wird *). Die Ordnungen Erzbischofs Heinrich von Salzburg von 1342
und Erzbischofs Ortolf von Salzburg von 1344 verleihen und be
stätigen den „Perchrichtern, Vrönern, Grubmaistern und anderen Ertzleuten in der Chastun" das bei dem uralten Goldbergbau der Gegend bestehende Recht. Die Aenderung desselben wird Vorbe halten, wenn sich finden sollte, „das dy selben recht anders stünden auf anderen perchwerchen". Die Ordnung Erzbischofs Gregors für das „Eysenärzt in der Kemß bei Gmünden", welche „den Aertzknappen vnd arbeittern"
1401 gegeben
auf das „alte Herkommen" Bezug,
wurde, nimmt
wiederholt
währenddem die Bergordnung
Erzbischofs Burkarts v. I. 1463 das „Bergwerksrecht" auf alle Ge birge „im Pintzgew, Gastewn vnd Pongew" ausdehnt, jedoch „un vergriffen den alten gepewen, briefen, Freyhaiten vnd gebingen"2). Der
Silberbergbau
bei
Schwatz
rücksichtlich dessen bereits Herzog Sigmund 1447
in
und
Tirol2), 1448 Berg-
seculares, qui perpetuo fuerint, universas auri et argenti fodinas atque mineras st an n i, cupri, ferri, plumbi et alterius cuiuscunque generis metalli ac etiam salis tarn inventas, quam inveniendas in posterum quibuscunque temporibus in Regno predicto aut terris et pertinentiis eidem Regno subiectis, nee non supradicti principes in Principatibus, terris, dominiis et pertinen tiis suis teuere iuste possint et legitime possidere cum Omnibus iuribus, nulle prorsus excepto, prout possunt seu consueverunt talia possidere.“ 1) Abgedruckt bei Sperges S. 281 nach einer alten, aber jedenfalls fehler haften
Abschrift
(S.
217
das.)
Bergt,
auch Wagner,
Einl.
zum
corp.
iur. met. S. XIV. Eine Verwandtschaft des zeyringer Rechtes mit dem schladminger Recht liegt offenbar vor. Die Bergordnung Herzog Albrechts ver weist übrigens wiederholt auf das „Perkwcrchs-Rechts," enthält also keine voll ständige Aufzeichnung des zeyringer Rechtes. (Vergl. auch von Hingcnau, Berg rechtskunde S. 301.)
2) Wagner, Corpus iuris metallici. Einl. S. XX, S. 411 st. 3) Sperges S. 72 ff., 219.
Quellen.
freiheiten erließ, erhielt 1468 eine auf früherer
39
Gewohnheit
beru
hende, aus 14 Artikeln bestehende Bergordnung *). Die weitere Entwicklung dieses Bergrechtes, sowie des Bergrechtes in Tirol über haupt erfolgte durch die sog. „Erfindungen" oder Weisthümer
der Bergleute, welche auf den Synode n der letzteren ertheilt, gesammelt, geordnet und zum Theil vom Landesherren als Haupt erfindungen
bestätigt
wurden.
Letzteres geschah namentlich durch
Kaiser Maximilian und zwar zuerst im Jahre 1490*2). Für die Silberbergwerke in den Gerichten Ratenberg und Kitzbüchel verlieh Herzog Heinrich von Bayern 1447 eine besondere
Freiheit „wie gewändlich und in andern Berkwerchsteten herkomme" „in Maß als annder Berkwercker Recht ist"3).4 Die im Jahre 1459 für dieselben Herrschaften, sowie für die Herrschaft Kufstein ertheilte
Bergfreiheit
bestimmt, daß
alle Bergbaulustigen für
zehn Jahre „mit allen Freyhaiten
die
und Genaden suechen
nächsten
und ar-
baiten sollen und mugen, als das Aerzt zu Schwaz gefreyt ist" *). Eine vollständige, aus 73 Artikeln bestehende Bergordnung er
hält das Bergwerk zu Ratenberg durch Herzog Ludwig im Jahre 14635).
Die Bemerkung Loris, daß diese Bergordnung wesentlich
den schlädminger Bergbrief in sich ausgenommen habe, ist, wie die
Vergleichung ergibt, begründet und wird außerdem dadurch zur Ge wißheit erhoben, daß Herzog Ludwig im Jahre 1468, als die Berg freiheit v. 1459 ablief, den Hutherren und Gewerken, auch der ganzen Gemeinde und Gesellschaft in den Herrschaften Kufstein, Kitzbüchel
und Ratenberg die frühere Freiheit in der Art auf weitere zehn Jahre erneuerte, daß „sie sameentlich und sunnderlich" „das Pergwerch und Aerzte mit allen Freyhaiten und Genaden suechen und arbeiten und sich derselben Freyhait und Gcnaden halten und ge
ll Wagner, corpus iuris metallici S. 134 ff.
Die Bergordnung Her
zog Siegmunds v. I. 1464 für das Bergwerk zu Ammergau besagt im §. 6, daß die Bergleute ausgelohnt werden sollen, „wie es zu Sterzing und Schwaz
von alter her ist kommen."
Lori S. 91.
2) Bergl. Sperges S. 224 ff., siehe auch Wagner, S. 138 und von Hingenau, Bergrechtskunde S. 303. 3) Lori S. 33.
4) Lori S. 52 ff. 5) Lori S. 57 ff.
corp. iur. met.
Einleitung.
40
prauchen in gleicher Weiß und in allermafsen, als der Ekelzainund unser Ordnung und Leutrung darüber ausgangen" (§. 2)*). Die Verpflanzung des im Schlädminger Bergbriefe enthaltenen Bergrechtes an neue Bergorte durch landesherrliche Verordnung gehet auch aus anderen Bergfreiheiten hervor. So verlieh Pfalz graf Albrecht IV im Jahre 1477 einer Gesellschaft das Recht, drei Meilen um Regensburg „aufzuslahen und nach Aerzt zu suchen als Berckwerchsrecht ist nach Laut des Eckenzantz". Bei einem Funde soll die Gewerkschaft die Freiheit des Bergwerkes zu Raten berg erhalten^). In demselben Jahre (1477) ertheilt Pfalzgraf Albrecht IV eine Bergfreiheit auf 10 Jahre für die Grafschaft Werdenfels „auch in und vordem Gepurg „gleicher Weyse und in allermaßen als Eklzain und unser Ordnung und Leutrung, so wir darüber machen werden"5) (§§. 6, 13). Eine weitere Bergfreiheit v. 1485 für die niederbaierischen Lande „zwischen der peheimischtn Gränz und der Thonaw" führt ebenfalls das Recht des „Egklzhaimschen" Bergbriefes ein (§§. 4. 9. 10)41).52 63 Die 7 Bergfreiheit der bayerischen Herzoge v. I. 1463 für das Bergwerk Gottesgabe „in den Podenmais" gewährt „Perckwerchs und Fund grube Freyhait und Recht" „als des Perckwerchs zu Ratenberg Freyhait und Recht ist"5). In demselben Jahre erhalten die Berg werke zu Lam im Landgerichte Bleistein das Ratenberger Recht5). Die Bergfreiheit Albrecht IV für die Gerichte Landsberg, Päl und Schöngau bestimmt, daß auf zehn Jahre die Bergbaulustigen „mit allen Freyhaiten und Gnaden suchen und arbaiten sollen und mugen, als das Aertzt zu Ratenberg gefreyt ift"7). Die Bergord nung für Ratenberg ging endlich fast wörtlich in die vom Erzbischof
1) Lori S. 95.
§. 11 der Bergfreiheit bestimmt, daß nach Ablauf der
zehn Jahre man sich wieder mit der „Gesellschaft der Pcrkwerch" vertragen soll „und als in dieser Freyheit und Ordnung hieuor stet, daz es mit dem Perl-
werch
nach Lautt des EgkrlzainS und unnser
gemacht, gehalten soll werden." 2) Lori S. 104. 3) Lori S. 113.
4) Lori S. 122. 5) Lori S. 56. 6) Lori S. 64.
7) Lori S. 99.
Bergl. auch §. 12.
Ordnung, darüber
Quellen.
Bernhard
erlassene
salzburgische
41
Bergordnung
v.
I.
1477
über *). Unter diesen Umständen ist es erklärlich, daß das schladminger-
ratenberger Recht allmälig die Bedeutung eines allgemeinen Landes rechtes erlangte. Schwerlich irrt 8ori1 2), wenn derselbe die in vielen Bergfreiheiten vorkommenden Hinweisungen auf das „Bergwerksrecht" speciell auf den schlädminger Bergbrief und nach
bayerischen
Ausbildung des ratenberger Rechtes auch auf letzteres beziehet. Hierher
gehören neben den bereits angeführten Bergfreiheiten z. B. die Bergfreiheit
für die Silbergrube zu Fischbach im Gericht Aurburg von 14263), die Bergfreiheit für die Eisenbergwerke zu Fischbachau von 14464)5u. 6 s. w. Alle diese Urkunden liefern den schlagenden Beweis, wie mit Hülfe der
Landesherren die alten localen Gewohnheiten sich nach und nach über
das ganze Land ausbreiten. Eine besondere Erwähnung unter den bayerischen Bergrechten verdienen endlich noch die Rechte des Eisenerz bergbaues bei Amberg.
Schon 1350 gewährte Pfalzgraf Ruprecht
den Bürgern von Amberg ein allgemeines Schürfrecht auf Eisenerz
„vndt dieselbe Freyheit geben wir ihne,
in
aller der Maß vndt
Weiß, als ander ihre Freyheit stet, die ihne geben ist vber das Eisenärzt"3). Der Freiheitsbrief von 1351 bestimmt „do sollen sie
alle die Recht Freiheit und Gewohnheit haben, als
sie
auf dem
Arzberg zu Amberg haben"3). Legen diese Freiheitsbriefe ein unwiderlegliches Zeugniß von dem hohen Alter des Amberger Eisenerzbergbaues und Bergrechtes ab, so fehlt es auch für andere
Bezirke im Süden Deutschlands nicht an alten Ordnungen für ein zelne Hauptsitze des Eisenerzbergbaues. die
Ordnung
für
den
vorder-
Dahin gehören namentlich innerbergischen
und
1) Lori S. 104 ff. Bergt. Schneider, Lehrbuch des Bergrechtes, S. 29. Letzterer hat auch den Beweis geführt, daß die ratenberger Bergordnung in die
1488 von der Republik Venedig erlassenen capitoli et ordini minerali über
gegangen ist. 2) Einl. S. XXVII. 3) Lori S. 27. 4) Lori S. 32.
5) Lori S. 13 und Einl. S. XIX. 6) Lori S. 14. Vergl. auch die Bergfreiheit von 1465 (Lori S. 46) und den Vertrag von 1458 (Lori S. 48), sodann die auf alter Gewohnheit beruhende
Ordnung von 1465 (Lori S. 349;.
Einleitung.
42
Eisenerzbergbau in Steiermark v. I. 1449 *),
sowie die 1494 von
Kaiser Maximilian I bestätigten Hüttenberger
Gewohnheits
rechte-). b. Bergrecht int westlichen und nördlichen Deutschland.
§. 12.
Im Westen und Norden Deutschlands ist
ein ähnlicher Reich-
thuin an Specialbergordnungen und Bergfreiheiten, wie derselbe int
Für das schon erwähnte Silbernnd Bleierzbergwerk Rotzenscheit bei Siegen ertheilte Graf Johann Süden vorliegt, nicht nachweisbar.
zu Nassau am
14.
Juli
148931)42 eine
besondere Verleihung und
Ordnung „nach berckwercksordnung des Rotten scheits", „wie eins yeden fryen Berckwercks recht v nd g e woh n heit
i st".
Die Bergwerke am Rammelsberg
erhielten 1470, 1471, 1476, 1494 besondere Ordnungen durch den Rath von Goslar^).
Diese
Ordnungen
haben
indeß mehr eine
rein locale Bedeutung, sie sind Bestätigungen und Weiterbildungen des an jenen sehr alten Sitzen des Bergbaues herrschenden Berg
gewohnheitsrechtes, nicht aber Uebertragungen desselben auf neue in Aufnahme gekommene Bergwerke. Lediglich eine Sammlung alter Berggewohnheitcn in der Form von Schöffenweisthümern und Berg urtheilen ist die aus den Jahren 1474 bis 1479 herrührende „Berg-
1) Herausgegeben von Wenzel in der österr. Zeitschrift für Rechts- und Staatswissenschaft.
1846.
Bd. II, S. 410.
2) Schmidt, Sammlung der Berggesetze der österr. Monarchie, Oesterreich, Steiermark.
Bd. I, S. 43, 73.
3) Das Bergwerk hieß damals:
Zu unser lieben Frauen.
Die dieser
Ordnung vorhergehende, zeitweise Einstellung des Betriebes jenes im Jahre 1298
zuerst erwähnten Bergwerkes dürfte aus der Landesrechnung von 1446 hervor gehen,
worin es heißt:
„In der ersten genannten zyt als Henne von Wetzlar
der steindecker in den Raitschait geworfen wart vnde dar inne doet lach, Han ich
gegeben slegel vnde sinne gesellen, dal sy en her vß Wonnen, 25 Sch. vnde deme tham eckert daz he sich in den berch-lys hencken vnde den doden man hervß ge
wann, 12 Sch. vnde vor eyen lade 8 Sch., schürgen vorman daz he en forte gen Willenstorfs zu graben 9 Sch." 4) Wagner S. 1026 ff.;
Meyer S. 187 ff.
Satzungen des Forstdings S. 154 ff.
Bergl. daselbst auch die
43
Quellen.
ordnung zu Suhl und Steinbach im Amt Hallen berg" *).
Jahre
1361
zwischen
den
Heinrich
Grafen
und
Ein im
Günther
Schwarzburg mit ihren Vettern abgeschlossener Vergleich
von
wirft ein
helles Licht auf die Berggewohnheiten im Thüringer Waldes. Von der weittragendsten Bedeutung für die Entwickelung des Bergrechtes und die Ausbreitung der Grundsätze desselben über den
größeren Theil namentlich des mittleren und nördlichen Deutschlands Kursachsen
sind dagegen die gegen Ende des 15. Jahrhunderts in
erlassenen Specialbergordnungen.
Hatte schon
die Errichtung des
freiberger Bergschöffenstuhles und die 1328 von Markgraf Friedrich dem Bergmeister zu
Erweiterung
Freiberg ertheilte
heblichen Einfluß äußern
müssen,
Amtsanweisung 31) 2 auf
die
des freiberger Bergrechtes er
des Geltungsbereiches
so
sollten
jene Specialbergord
nungen geradezu die Grundlage der mit dem 16. Jahrhunderte all
gemeiner beginnenden Regelung des
Bergrechtes
durch
eigentliche
Landesgesetze bilden. Im Jahre 1478 verlangte Kurfürst Ernst von
1) Diese Sammlung von Berggewohnheiten ist durch den Druck nicht ver öffentlicht.
Am Schlüsse derselben heißt es:
„Menniglichen zu wissen, daß diese vorgeschriebene Handlung, Urtheil vnd recht geschehen vnd ergangen sind anfcnglichen als man zehlet nach Christi vn-
sers Herrn
gebürt 1474 Jahren biß in das 1479 Jahr negst nach einander er
schienen bei Barthel Meßen bon Grimmelshaußen vnd andere Bergkmeistern zu Suhla hernach verzeichnet worden." Vergl über den sehr alten Eisensteinberg6au in der Herrschaft Schmalkalden: I. R. Häfner, die sechs Cantonen der vormaligen Herrschaft Schmalkalden, Bd. I, S. 44, 62, 132 ; Bd. II, S. 35 ff.;
Bd. III, S. 61 sf. 89, 253, 362, 419; Bd.
IV, S. 104; Landau, Beschrei
bung des Kurfürstenthumes Hessen. S. 535.
2) Der Vergleich
ist
abgedruckt S. II der Einl. (Anm.) bei Herthum
(Sammlung der in dem, Fürstenthum Schwarzburg Rudolstadt u. s. w. er schienenen bergrechtlichen und bergbaulichen Vorschriften. Könitz 1866).
Es heißt in
denselben: „auch haben sie Uns miteinander also geeynet, wo Funde geschen,
adir Bergwercke usersten, die ersten Funde sol der Herr Lihen, in des Gerichte die Funde geschen," und weiter: „auch sollen Wir den Bergwerken vnd ieglichen
besundere, wo die sind adrr funden worden in den egenannten Herrschaften vnd Gebiethen,
den die es finden vnd den andern die vf den Bergwerken sind,
ir Recht i cheyne Wise Krenkin noch Verbrechin." Einen sehr wichtigen Nachweis über die bergrechtlichen Zustände in den Ge
bieten der Grafen von Stolberg enthält die Urkunde des Landgrafen Balthasar
von Thüringen v. I. 1392. 3) Klotzsch S. 285 ff.
44
Einleitung.
dem Rathe zu Freiberg Abschrift des daselbst geführten Bergbuchesx) und, nachdem diese Abschrift sofort eingesandt worden war, die Ab
ordnung zweier Bergrechtsverständigen, um die dunkelen Stellen des Bergrechtes den kurfürstlichen Räthen in Dresden zu erklären. Diese Erklärung wird unter Anderem nothwendig gefunden „derhalben
vnßer freunde, den wir sulch Recht uff ir betlich suchen czu schicken Vorhabens,
verstehen mochten, so die deutunge dobey nicht ausgedruckt."
aus dieser Stelle hervor,
daß es sich
an
sulch saczunge auch nicht wol einestheils
Gehet
um die
damals
Reception des freiberger Bergrechtes in anderen deutschen Territorien
handelte, so dürfte auderentheils nicht zweifelhaft sein, daß das frei berger Recht als Grundlage der bergrechtlichen Einrichtungen der kurz vorher in Aufnahme gekommenen Bergwerke am Schneeberge benutzt werden sollte. Für den Schneeberg wurden nämlich 1479,1487,
1492 und demnächst für Annaberg 1493, 1509 Specialbergord Letztere von Herzog Georg erlassene Bergord
nungen erlassen 2).
nung, welche bald eine Reihe von Zusätzen erhielt
und wiederholt
erneuert wurde, erlangte die Bedeutung eines allgemein geltenden Landesgesetzess) und kann als die Mutter fast aller neueren Landes
bergordnungen in Nord- und Mitteldeutschland mit Recht bezeichnet werden.
3. Neuere Zeit. a. Landesbergordnungen.
Reception des sächsischen Berg
rechtes in Böhmen und den böhmischen Nebenländern.
§. 13.
Mit dem
16. Jahrhunderte beginnt die Zeit,
deutschen Territorialherren für
in welcher die
ihre Gebiete allgemeine
Landes-
1) Es heißt in dem Schreiben von Dienstag nachExaudi 1478: „ir wollet bestellen, das uns sulch uwer bergkbuch durch eyn guter und togelichen schreiber
uffs förderlichste ußgeschribcn und uns das alher keyn Dreßde schicken."
Klotzsch S. 278 ff., 86 ff. und kursächs. Bergwerksversassung, Vorbericht S. LXXI ff. 2) Otia metallica I, S. 22 ff.; III, S. 3 ff.; Köhler S. 42 ff. 3) Der Bergschöppenstuhl zu Freiburg erhielt aus Herzog Georgs Besehl
von Sonnabend nach Krispini 1511 einen Abdruck der Bergordnung mit der
Anweisung zugefertigt, ohne Unterschied der Reviere nach derselben Recht zu sprechen.
(Kursächsische Bergwerksvcrsaffung, Vorbericht S. XII.)
Quellen.
bergordnungen mehr und mehr erlassen.
45
Die Ordnungen für ein
zelne Bergwerke und ganz beschränkte Bergbaubezirke, welche an
fänglich namentlich in Böhmen noch häufiger Vorkommens, werden zur Ausnahme. Ebenso erhält bei dem Bestreben, das Bergrecht in jene Landesgesetze möglichst vollständig aufzunehme», das all gemeine Gewohnheitsrecht vielfach?) die Stellung einer subsidiären
Rcchtsquelle. Trotz der ungemeinen Thätigkeit, welche in dieser Periode die
Landesgesetzgebung auf dem Gebiete des Bergrechtes entwickelt, bleiben
indeß dem letzteren die
gemeinsamen obersten Grundsätze erhalten, in der Hauptsache an
da die Landesbergordnungen sich nicht nur
das bis dahin bestandene
Recht,
sondern
auch
fast ausnahmslos
selbst in der Wortfassung und äußeren Anordnung an bestimmte,
mit dem bisherigen Rechte im Zusammenhänge stehende Ordnungen anschließen. Durch die Landesbergordnungen und allgemeine Berg freiheiten dehnt sich nunmehr die Anwendbarkeit der bergrechtlichen Grundsätze über das ganze Land aus.
Für Oesterreich, Steiermark, Kärnthen und Krain erließ Kaiser Maximilian im Jahre 1517 eine umfassende, aus 271 Artikeln bestehende Bergordnung31),2 welcher am 1. Mai 1553 die Bergordnung Kaiser Ferdinands I für die nie der öster
reichischen Länder folgte4).5
dem bis dahin in jenen Ländern
Beide Bergordnungen beruhen auf bestehenden Rechte, insbesondere
der ratenberger Bergordnung; diejenige des Kaisers Ferdinand schließt sich selbst in der Wortfassung an die salzburgische Bergord nung des Erzbischofes Matthias vom Jahre 1532 an ^), durch welche
1) Wenzel S. 89, v. Hingenau S. 311. 2) In zahlreichen Bergordnungen werden die localen Gewohnheiten aus
drücklich aufrecht erhalten, fo daß dieselben der Bergordnung Vorgehen. 3) Wagner S. 34 ff. 4) Corpus iuris et Systema rerum met. (Ursprung und Ordnungen der
Bergwerke) S. 160 ff.
Mit diesen Bergordnungen hangt auch die Reform des
ungarischen Bergrechtes zusammen.
Am 16. Februar 1573 erging von Kaiser
Maximilian die ungarische Bergordnung, welche durch Reichstagsbeschluß v. I. 1723
als allgemeines Landesgesetz anerkannt wurde.
das besondere Recht der Bcrgstädte. S. 98 ff., v. Hingenau S. 324. 5) Schneider S. 34.
Zwei Anhänge betreffen
Bergl. die genauen Angaben bei Wenzel
Einleitung.
46
letzterer die
Bergordnung des
Erzbischofes Bernhard vom Jahre
1477 aufhob 4).
Wie in den vorstehend angegebenen Landestheilen die raten-
berger Bergordnung und in letzter Linie der schlädminger Bergbrief die Grundlage der späteren Landesgesetze wurde, so bildet für den größeren Theil des übrigen
Deutschlands
die schon
erwähnte Bergordnung Herzog Georgs von Sachsen für Annaberg v. I. 1509 und weiter zurück das freiberger Bergrecht den Aus gangspunkt der Landesbergordnungen.
Nach wiederholten Publica
tionen jener von Zeit zu Zeit revidirten und mit Zusätzen versehenen Bergordnung erneuerte Kurfürst Moritz
zuerst 1541 und sodann
1544 letztere als Bergordnung für Freiberg, Annaberg, Marienberg
und andere Bergwerke in seinen Gebietens. An diese Bergordnung schließt sich diejenige des Kurfürsten A u g u st v. I. 1554 an, welche 1571 und
1573 wiederholt revidirt
und publicirt
wurde 31),42 bis
endlich in der Bergordnung Kurfürst Christians II. v. I. 1589
die kursüchsische Landesgesetzgebung auf diesem Gebiete zum Abschlüsse gelangte4).
Die Bedeutung dieser Gesetzgebung tritt zunächst in ihrer Ein wirkung auf Böhme n hervor.
Auf den
Gütern
der
mit
dem
Bergregal beliehenen Grafen von Schlick war nämlich in der Gegend
1) Abgedruckt bei Lori S. 199 ff.
2)
Otia met. I. S. 34 ff.
3) Otia met. I. S. 46, 47.
4) Otia met. I. S. 50. Vergl. auch Brasserts Bergordnungen der preuß. Lande S. 339 ff. Anm. Neben diesen Gesetzen sind verschiedene Spe cialordnungen für das Schmelzwesen, die Hütten und Hämmer, den Eisensteinund namentlich den Zinnbergbau erlassen, denen indeß nur eine locale Be
deutung beiwohnt. Die Zinn-Bergwerks-Ordnungen zum Eybenstock v. I. 1615 ist
abgedruckt in corpus iuris et systema rerum met. (Ursprung und Ordnungen der Bergw.) S. 158 ff. Ueber die Bergordnung Kurfürst Augusts für die Landgrafschaft Thüringen v. I. 1563 und die Bergordnung für das „kiefhäußische
und
rothenburgische Bergwerk" v. I. 1620 siehe
S. 149 ff. und Arndt,
Herthum
Archiv der sächs. Geschichte. Thl. 2, S. 231 ff, 257.
Rücksichtlich der mannsfelder Bergordnungen v. I. 1517, 1521, 1536, 1568
und 1674 vergl. otia met. III, S. 292 und Brasserts Bergordnungen S. 703 ff. Die Bergordnung v. I. 1674 stimmt, soweit dieselbe nicht rein localer Natur ist,
überein.
wesentlich mit der kursächsischen Bergordnung v. I. 1589
Quellen.
47
der neu erstandenen und zur freien Bergstadt erhobenen Stadt St.
Joachimsthal
zu Anfang des
16. Jahrhunderts
ein bedeutender
Silbererzbergbau in Aufnahme gekommen, zu dessen Betrieb nament lich das sächsische Bergvolk heranzog. Graf Stephan Schlick erließ daher im Jahre 1518 die erste joachi msthaler Bergordnung, welche nahezu wörtlich
mit der annaberger Bergordnung
überein
stimmt. Im Jahre 1541 folgte die zweite und endlich 1548 d ie von König Ferdinand erlassene dritte joachimsthaler Bergordnung, welche später noch durch einige sog. Reformationen und durch eine Sammlung von Gewohnheiten „Appendix allerley
Bergwercks-Gebräuche vnd Ordnungen zu dem joachimsthaler Berg
werk gehörig" ergänzt worden ist *)•
Materiell
beruhen
auch die
Bergordnungen von 1541 und 1548 auf der annaberger Bergord nung. Inwieweit deren Eintheilung und Redaction mit den Berg ordnungen des Kurfürst Moritz von 1541 und 1544 zusammenhangt31),2
ist bisher nicht festgestellt,
sachlich
Uebrigen unzweifelhaft feststeht,
ohne Erheblichkeit, da im
auch
daß das
joachimsthaler Bergrecht
dem sächsischen Bergrechte entnommen wurde.
Die Joachimsthaler Bergordnung
erlangte binnen kurzer Zeit
das Ansehen eines allgemeinen Landesgesetzes für den
Silbererzbergbau3)
und zwar einschließlich der
1) Graf Sternberg, Geschichte der Berggesetzgebung. Schmidt, Abthl. I.
böhmischen
böhmischen Neben-
S. 199 ff., 245 ff.;
I, S. 138, 195 ff.; II, S. 1 ff. Wagner, corpus iur. met.
S. 3 ff.; corpus iuris et syst. rer. met. (Ursprung und Ordnung der Bergw.) S. 29 ff., wo S. 83 ff., auch der Appendix abgedruckt ist. Vergl. auch Brasseris Bergordnungen S. 221 ff., Wenzel S. 84 ff., v. Hingenau S. 308 ff.
2) Otia.met. I. S. 34, 35; Köhler S. 44.
3) Kuttenberg und Eyle
ausgenommen.
Vergl. Schneider S. 33, 37;
Wenzel S. 87. Bemerkenswerth für Böhmen sind auch die beiden Bergwerks vergleiche Ferdinand I. vom 1. April 1534 und Maximilians vom 18. Sep tember 1575. (Schmidt, Abthl. I. I, S. 168; III, S. 293; corpus iuris et syst.
rer. met. (met. corpus iuris von Deucerus) S. 62 ff. Graf Sternberg II, S. 235 ff., 306 ff.) Dieselben sind in Oesterreich durch Patent vom 11
1850 beseitigt (Zeitschrift für Bergrecht. Juhrg. I, S. 39).
Juni
Wegen der in Böh
men ertheilten Königlichen Bergfreiheiten und Special-Bergordnungen, sowie der
beiden Zinn-Bergordnungen Ferdinands I. v. I. 1548 für Schlackenwald u. s w.
und für Hengst u. s. w. (Schmidt II,
S.
222 und 258; corpus iuris et
syst. rer. met. (Ursprung und Ordnung der Bergw.) S. 106 ff.) siehe Wenzel
S. 88 ff., Schneider 36 ff., von Hingenau S. 310.
48
Einleitung. Was insbesondere Schlesien *) an
länder Mähren und Schlesien.
betrifft, so hatten 1582 der Herzog Johann von Oppeln und Mark graf Georg zu Brandenburg für die Fürstenthümer Oppeln, Ratibor, Jägerndorf und die Herrschaft Beuchen eine ausführliche Bergord
nung erlassen31).2
Als Quelle dieser Bergordnung werden im Art. 1
die Markgräflich brandenburgsche Bergordnung für Franken und pol nische Bergwerksgebräuche bezeichnet. Eine vor 1528 erlassene fränkische Bergordnung ist nicht bekannt3),
als
Thatsache stehet dagegen fest,
daß die fränkische Bergordnung der Markgrafen Georg und Albrecht
von Brandenburg v. I. 1539 nahezu wörtlich mit der annaberger
Bergordnung v. I. 1509 und deren späteren Ergänzungen über einstimmt 4). Vielleicht ist letztere auch in der Bergordnung v. I. 1528 gemeint, wie denn eine nicht unbeträchtliche Anzahl der Artikel derselben diesen Ursprung unzweifelhaft macht.
Hatte hiernach an naberger Bergrecht bereits in Schlesien Eingang gefunden, so erklärte die Bergordnung Kaiser Rudolphs II. v. I. 15775),6 nach welcher
die böhmischen Bergwerksvergleiche auch auf die schlesischen Stände Anwendung finden sollten, die
joachimsthaler Bergordnung zum
Landesbergrecht für das ganze Herzogthum Schlesien3). b.
Rcception des sächsischen
Bergrechtes insbesondere im west
lichen und mittleren Deutschland.
§. 14.
Auch außerhalb Sachsens und Böhmens machte sich bald,
wie
bereits an dem Beispiele des fränkischen Bergrechtes gezeigt ist, der Einfluß der annaberger und joachimsthaler Bergordnungen und
1) Bergl. über das schlesische Bergrecht: Steinbeck,
Geschichte des schle
sischen Bergbaues; S. 190 das. sind eine Anzahl schlesischer Special-Bergordnungen
aufgeführt. 2) Wagner S. 1275 ff. 3) Wagner Vorrede S. XX, XXL
4) Wagner S. 419 ff.
5) Wagner S. 1298. Dasselbe geschiehet in der Bergordnung Rudolphs IIfür die Grafschaft Glatz v. I. 1578, indem am Schlüsse aus die „gemeinen Bergrechte des Königreiches Böhmen" verwiesen wird (Wagner S. 1302). Vergl.
auch die Kaiserlichen Mandate v. 1577 und 1606 (Wagner S. 1318). 6) Steinbeck S. 219 ff.
Quellen.
ihrer späteren Ergänzungen geltend.
49
Pfalzgraf Johannes bei Rhein,
Herzog in Bayern, Graf zu Veldentz und Sponheim und Markgraf
Philipp zu Baden, Graf zu Sponheim bestellten
1576
einen vom
Schneeberge einberufenen Bergvogt Wolf Rechberger für die Grafschaft Sponheims, nachdem Pfalzgraf Wolfgang für das
Fürstenthum Zweibrücken 1565 seine fast ganz den harzer, sächsischen und joachimsthaler Bergordnungen entnommene Berg ordnung erlassen hattet). Im Jahre 1540 und 1541 sandle Kurfürst Johann Friedrich
von Sachsen seinem Schwager Herzog Wilhelm von Jülich, Gel dern, Cleve und Berg, Grafen von der Mark und Ravensberg
zwei Bergverständige vom Schneeberg und eine gedruckte annabergische Bergordnung „damit sich fein Lib daraus zu ersehene vnnd es in gleichung vf iren Berckwerge darnach zu verordnen haben megcn"3 1 ).2
1) Als bedeutende Bergwerke in der am Hundsrücken, an der Mosel und Nahe gelegenen Grafschaft Sponheim, welche zum Theil von augsburger Gewerken unter Betheiligung der Pfalzgrafen betrieben wurden, werden das Kupfcrerzberg-
werk Birfingk, der Hasenberg, Sumpf Johannes Stollen, Taschenberg, Johannes berg,
Diffenbach namentlich
hervorgehoben.
Neben der von Wagner S. 591
irrthümlich als badensches Berggesetz angeführten Bergordnüng v. I. 1590
ergingen für die Hintere
Grafschaft Sponheim die folgenden Bergordnungen:
1562 von Pfalzgraf Wolfgang bei Rhein und Markgraf Philibert von Baden,
1576 von Pfalzgraf Johannes und Markgraf Philipp. graf Karl von Birkenfeld und
Die
1590 von Pfalz
Markgraf Eduard Fortunatus von Baden für
Sponheim erlassene Bergordnung war mit „Rhat, vorwissen vnd verwilligung" des Pfalzgrafen Johannes von Zweibrücken gemäß Brüdcrvergleich von 1584 er gangen.
Daher erließ wohl letzterer ebenfalls im Jahre 1590 eine fast gleich
lautende Bergordnung für das Fürstenthum Zweibrücken. (Wagner S. 762.)
Die sponheimer Berggesetze zeigen mancherlei locale Eigenthümlichkeiten.
2) Wagner S. 731 ff. 3) Otia met. III.
S. 44 und 97 ff.
Merkwürdig ist, daß 1534
aus
den Wunsch des Königes von Dänemark Bergleute vom Schneeberge sogar nach Norwegen gesandt wurden, unter welchen namentlich der spätere Bergmeister
Hans Glaser bekannt geworden ist.
Im Jahre 1539 ertheilte der Rath, Amts
verweser und Zehntner Paul Schmidt auf dem Schneeberge seinen Rath zur Ab fassung einer norwegischen Bergordnung, welche
1540 erlassen und zu Zwickau
gedruckt wurde (otia niet. III. S. 42, 43, 95 ff.)
Die norwegische Bergord
nung ist auch abgedruckt im corpus iuris et syst. rer. met. (Ursprung und Ordnung der Bergwerke).
S. 294 ff.
In dem vorausgehenden Patente wird
das kursächsische Bergrecht als subsidiär zur Anwendung
kommendes Recht ein-
Einleitung.
50
Die hierauf 1542 von Herzog Wilhelm für seine sämmtlichen Lande erlassene Bergordnung
nur eine Wiederholung
ist im Wesentlichen
der annaberger Bergordnung *). Gerade durch diese Reception sand das sächsische Bergrecht in sehr wichtigen Bergbaubezirken des nord westlichen Deutschlands bleibenden Eingang. Die im Jahre 1719 von Kurfürst Karl Philipp von der Pfalz für die Her zogt hüm er
Jülich und Berg erlassene Bergordnung ist eine nur wenig ver änderte neue Auflage der Bergordnung Herzog Wilhelms v. I. 15422* ).13 4 5Kurfürst Georg Wilhelm von Brandenburg publicirte letztere wiederholt für Cleve, Mors und Mark im Jahre 16392). Die Nassau-katzenelnbogische Bergordnung des Grafen
Wilhelm von Nassau v. I. 1559 enthält
nur sehr wenige selbst
ständige Bestimmungen, nahezu der gesammte Inhalt derselben ist mit den Vorschriften der
sächsischen und joachimsthaler
nungen völlig übereinstimmend.
die
haben
Bergord
Lediglich die Reihenfolge der Artikel
Redactoren verändert ^).
In
der
Homburgischen
Bergordnung v. I. 1570 werden in der Hauptsache die Vorschriften
der
jülich-bergischen Bergordnung
v. I.
1542 und der nassau-
katzenelnbogischen Bergordnung v. I. 1559 wiederholt^). Die kurkölnischen Bergordnungenbeginnen mit einem kurzen, auf dem localen Gewohnheitsrechte beruhenden Gesetze des Kurfürsten
Hermann von Wied aus dem I. 1533, aber schon die im folgenden
Jahre (1534) erlassene Bergordnung desselben Kurfürsten
gründet
sich auf die annaberger Bergordnung von 1509. Nachdem die Bergorduung v. I. 1534 in den Jahren 1549 und 1557 auf's
Neue publicirt worden, erließ Kurfürst Johann Gebhard 1559 neben
geführt.
Bezug.
Auf dasselbe nimmt auch die norwegische
Bergfreiheit v. I. 1539
Es werden speciell darin der Bergrechte von Schneeberg, St. Annaberg
und Marienberg gedacht. 1) Achenbach, Geschichte der cleve-märkischen Bergverwaltung und
Berg
gesetzgebung S. 3 ff. 2) Brasserts Bergordnungen S. 761 ff., Wagner S. 982 ff. 3) Achenbach a. a. O. S. 9.
4) Brassert S. 3 ff.
Nicht entlehnt find Art. 12 über das Bergwerksfeld
und Art. 31 über die Enterbung der Stollen.
Anm.,
Bergl. auch Brassert S. 519
wonach bei der Nassau -katzenelnbogischen B.-O. die kurkölnische Bergord
nung v. I. 1534 benutzt worden zu sein scheint. 5) Brassert S. 299 ff., namentlich die Anmerkung.
Quellen.
51
einer Bergfreiheit eine der kursächsischen Bergordnung vom I. 1554
wörtlich entnommene Bergordnung.
Auch die spätere kurkölnische
Bergordnung v. I. 1669, welche zu den umfangreichsten deutschen Berggesetzen gehört und dem localen Rechte wiederum eine größere
Berücksichtigung angedeihen ließ,
auf
beruhet
dem sächsischen
und
joachimsthaler Rechte, indem dieselbe in der Hauptsache dem nach letzterem redigirten Entwürfe einer Bergordnung des fürstlich braun schweigischen Geh. Bergrathes G. E. von Löhneys entnommen ist'). Kurfürst Ludwig und Pfalzgraf Friedrich bei Rhein, beide Her
zoge in Bayern, erließen 1521 eine mit der annaberger Bergord nung übereinstimmende Ordnung für das Bergwerk zu Erbendorf
im Fürstenthum Sulzbach^). Die von Kurfürst Friedrich, Pfalzgraf bei Rhein, 1548 für die obere Pfalz erlassene Bergordnung wurde unverkennbar ebenfalls nach sächsischem Muster abgefaßt s).
Die oberpfälzische Bergordnung
ist wiederum nebst den joachimsthaler und sächsischen Bergordnungen
die Quelle der von Kurfürst Johann im Jahre 1564 kurtrierschen Bergordnung geworden").
erlassenen
Die hennebergische
Bergordnung v. I. 1566 stimmt im Wesentlichen mit der joachims
thaler Bergordnung überein5), während die saalfelder Berg ordnung v. I. 1575") sich unmittelbarer dem sächsischen Bergrechte anschließt.
Die
reu ß i sch en Bergfreiheiten
v.
1614 und 1617
verweisen kurzweg auf die joachimsthaler Bergordnung').
1) Wagner, Vorrede XXV und S. 808 ff., vor Allen aber Brassert 517 ff.
Anmerkung, wo sich über diesen Gegenstand die eingehendsten Erörterungen aus
Grund archivalischer Ermittelungen vorfinden. 2) Lori S. 163.
3) Lori S. 245 ff. 4) Brassert S. 95 ff., Wagner S. 929 ff.
Im Eingänge wird des Berg
werkes bei Bernkastel und der früheren Bergordnung Erzbischofs Jacobs gedacht,
welche nach dem Abdrucke bei Scotti (Samml. der Gesetze und Verordn, des Kurfürstenthumes
Trier I,
S. 218 ff.) im Jahre
1510 erlassen ist.
In den
Händen des Verfassers befindet sich eine alte Handschrift, wonach Erzbischof Johann
Donnerstag nach St. Petri und Pauli und auf Allerheiligen 1502 zu Cvblenz und Ehrenbrcitstein zwei kurze Bergordnungen erließ,
in welchen übrigens mei-
stentheils auf Bergwerksrecht und Gewohnheit verwiesen wird. 5) Vergl. den Nachweis bei Brassert S. 221 ff.
6) Wagner S. 1339 ff. und Vorrede S. XXXIX.
'
7) Wagner S. 1377.
52
Einleitung.
6. Reception des sächsischen Bergrechtes am Harze.
8. 15.
Von dem bedeutendsten Einflüsse auf die Entwicke lung des Bergrechtes war die Reception des sächsischen Bergrechtes am Harze. Nachdem die Gebrüder Heinrich nnd Ernst, Grafen von Hohn stein, im Jahre 1521 für Hohnstein und Lauterberg eine Bergfreiheit erlassen *), erging 1528 von denselben Brüdern eine fast wörtlich der sächsischen Bergordnung v. I. 1509 entnommene Bergordnung31).2 Kurz vorher (1524) hatte Herzog Heinrich der Jüngere von Braunschweig-Lüneburg eine gleichlautende Bergord nung für die Bergwerke bei Gittelde imGru nde erlassen3). Im Jahre 1532 verkündigte Herzog Heinrich für die Bergwerke am Jberge, zu Gittelde, im Grund und zu Zel lerfeld eine allgemeine Bergfrciheit4).5 Von demselben Herzoge erging 1550 eine Bcrgordnung für die Bergwerke im Grunde zum Wildenmann, Lautenthal und Zellerfeld, welche sich vielfach wörtlich an die joachimsthaler Bergordnung v. I. 1548 anschließt3). Ganz dasselbe ist der Fall mit bey 1554 von Herzog 1) Kalvör, Anh. III, S. 215.
2) Wagner S. 1042.
3) Wagner S. 1041. 4) Kalvör, Anh. IV, S. 217.
Am Schlüsse der Bergfrciheit heißt es:
„Und diese Unsere und andere Unsers Fürstcnthums Bergwerke, so itzunder und
darinnen hernachmals auskommen werden, sollen nach Unserer Bergordnung,
die wir gleich St. joachimsthal und annenbcrgcr Bcrgordnung auf gerichtet haben, von unsern dazu verordneten amtlcutcn regieret und von jedcrmänniglich gehalten werden."
Unter der hier erwähnten Bergordnung ist offen
bar diejenige v. 1524 verstanden.
Aus dieselbe Bergordnung verweist auch der
1527 von Herzog Heinrich dem Jüngern für den Rammeisberg
erlassene
Frciheitsbries. (Meyer, Anh. VIII, S. 197 ff.)
5) Wagner S. 1055.
Die Bcrgordnnng wird für Zellerfeld, Lautenthal
u. s. w. „mit sammt den andern hierzu verleibten Bergwerken" erlassen.
Nach
Meyer S. 114 ist hierunter der R ammelsberg zu verstehen. JmJahrc l554 und 1550 wurden die Bergfreiheitcn für die Bergwerke zu Zellerfeld, Wilde
mann und Grund erneuert.
(Meyer S. 115; Kalvör, Anh. VI, S. 223).
Freiberg und St. Joachimsthal werden als Schöffcnstühle erwähnt, an welche in streitigen Sachen die Actenvcrsendung stattfinden kann.
Quellen.
53
Ernst von Braunschweig-Lüneburg für die Bergwerke am Zeller felde,
Borgstätte,
Klausthälern
erlassenen Bergordnung,
welcher in demselben Jahre noch eine besondere Bergfreiheit folgte *).
Die Bergorduung Herzog Heinrichs des Jüngeren v. I. 1555 für die Bergwerke
am
Rammelsberg, Hirschberg, im Grund,
zum Wildenmann, Zellerfeld, Lautenthal^) stimmt da
gegen mit der kursächsischen Bergordnung v. I. 1554 überein. Im I. 1576 erließ Graf Volkmar Wolf von Hohnstein eine neue Bergordnung für die Grafschaft Hohnsteinb), welche sich
vorzugsweise an die joachimsthaler Bergordnung, ebenso
wie die
Bergordnung Herzog Wolfgangs voll
Braunschweig-Lüneburg für die Bergwerke am Zellerfelde, Burgstädte, Klausthälern, Andreasbcrge v. I. 159341)52 3anschließt. Letztere trat an die
Stelle der Hohnsteiner Bergordnung v. I. 1576 für die andreasberger Bergwerke, sowie an Stelle der Bergordnung v. I. 1554 für den gestimmten einseitigen, im grubenhagenschen Besitze befindlichen Harz,
insbesondere die klausthalcr Bergwerke und ist als ein Hauptgesetz des harzer Bergbaues zu betrachten ^). d. Einfluß des harzer Bergrechtes.
§. 16. Wenn demgemäß
das sächsisch-joachimsthaler Bergrecht
am
Harze, einem der ältesten und bedeutendsten Sitze des deutschen Bergbaues, vollständigen Eingang gefunden hatte, so erscheint diese Reception um so wichtiger, als auch vom Harze aus jenes Bergrecht
1) Wagner S. 1061.
2)
Wagner S. 1066. Vergl. auch Meyer, Anl. X, S. 202 ff., woselbst sich eine Bergfreihcit für den Bergbau ant Rammelsberg und Herzberg v. I. 1556 abgedruckt findet.
Auch in dieser Bergfreihcit werden die Bergschbffcn-
stühle zu St. Joachimsthal und Freiberg behufs der Actenverfendung in
der Berufungs-Instanz erwähnt. 3) Corpus iuris et systema rer. met. (Ursprung u. Ordn, der Bergw.)
S. 238 ff.
4) Corpus iuris et systema rer. met. (Ursprung u. Ordn, der Bergw.) S. 202 ff. 5) Ueber
die sämmtlichen vorangcführten Bergordnungen vergl. Meyer
S. 106 ff. und Zeitschr. für Bergrecht. Jahrg. VIII, S. 159 ff.
Einleitung.
54
die Berggesetzgebung verschiedener Territorien beeinflussen sollte.
So
ist die Bergordnung des Landgrafen Moritz von Hessen v. 1.1616,
obgleich dieselbe im Eingänge die sächsischen Berggesetze
vornämlich
als ihre Quellen bezeichnet'), dennoch auch unter Mitbenutzung der harzer Berggesetze verfaßt. Dasselbe gilt von der Bergordnung der Markgrafen Christian und Joachim Ernst von Brandenburg v. I. 1619 für die fränkischen Fürstenthümer?), von der Berg
ordnung der Grafen Albrecht Anton, Christian Wilhelm und Anton Günther von Schwarzburg v. I. 1686, welche sich der Hohnsteiner
Bergordnung v. I. 1576 anschließt «),
von
der Bergordnung des
Herzogs Friedrich von Würtemberg v. I. 159741),52 63und selbst die Bergordnung des Kurfürsten Karl Theodor v. I. 1784 für das Herzogthum Bayern, die obere Pfalz und die Landgraf ist
schaft Leuchtenberg«)
mit Benutzung der sächsischen und
braunschweig-lüneburgischen Berggesetze abgefaßt. Auch für die preußische Bcrggesetzgebung
sollten die harzer
Bergordnungen und deren Ergänzungen nicht ohne wesentliche Ein wirkung sein. Bei Erlaß der für Kleve-Mark v. I. 1737
sog. renovirten Bergordnung wurden die sächsischen und braun
schweig-lüneburgischen Berggesetze zugleich benutzt«).
An diese Berg-
1) Wagner S. 626 ff. Es heißt daselbst: „daß Wir demnach die s ä ch s i s ch e
und andere nützliche Bergordnungen, nach welchen man sich gemeiniglich auch dieser Orte in zweifelhaftigen, und in der alten hessischen Bergfrciheit unerörter
ten Fällen bis dahin reguliret und gerichtet, ersehen und nach Anleitung der
selben — diese Unsere Bergordnung, wie nachfolget, verfassen und ausgehen lassen." Bereits die Bcrgfreiheit des Landgrafen Ludwig v. 1.1584 (Wagner S. 621 ff.)
nimmt auch die sächsische Bergordnung v. I. 1554 Bezug, welche in vielen Materien unmittelbar als Landesrecht gelten sollte. (Art. 14.) Bergl. auch die
ältere Hess. Bergfreiheit v.- I. 1536 Art. 16. Bergrecht
des
vormaligen Kurstaates
Heffen
(Wagner S. 610.) vergl.
Ueber das
Zeitschr. für Bergrecht,
Jahrg. VIII, S. 208 ff. 2) Wagner S. 431 ff. 3) Wagner S. 1415 ff. und namentlichHerthum S. 15 ff. Die schwarzburgische Bergordnung v. I. 1533 des Grafen Heinrich (Wagner S. 1381
ff-, Herthum S.
2)
ist
annaberger
der
Bergordnung entnommen.
Bergl.
auch otia met. III, S. 313 ff. 4) Wagner S. 527 ff
Diese Bergordnung ist besonders gut geordnet.
5) Wagner S. 341 ff. 6) Achenbach,
Geschichte der kleve-märkischen Berggesetzgebung und Berg
verwaltung, S. 23, 24. Abdruck der Bcrgordnung bei Wagner S. 1247.
Quellen.
55
ordnung schließt sich die sog. revidirte Bergordnung für Kleve, Meurs und Mark v. I. 1766 unmittelbar (in1). Die in derselben
neu hinzugekommenen Vorschriften über das Hüttenwesen sind nach den eigenen Angaben des Verfassers den „kursächsisch und knrbraunschweig-lüneburgischen Hüttenordnungen"
größtentheils entnommen.
Aus der revidirten kleve-märkischen Bergordnung ging die revidirte Bergordnung für das Herzogthum Schlesien und die Grafschaft Glatz v. I. 17692)3 4und aus letzterer wiederum die revidirte Bergordnung für das „Herzogthum Magde burg, Fürstenthum Halberstadt, die Grafschaften Mannsjeld, Hohenstein und Reinstein,
auch incorporirte
schaften" v. I. 1772 hervor2). Die revidirten Bergordnungen
Friedrichs des Großen waren
Herr
endlich in Gemeinschaft mit dem sächsischen Bergrechte die Quellen
der bergrechtlichen Vorschriften des preußischen Allgemeinen Landrechtes v. I. 1794, wenn auch letzteres in formeller Bezie
hung bereits den Charakter moderner Gesetze besitzt^).
4. a.
Das Bergrecht der Gegenwart.
Das Königlich sächsische und die österreichischen Berggesetze.
§. 17.
Das laufende Jahrhundert weist verschiedene Berggesetze nach, den älteren Berg
welche sich höchstens in der äußeren Form von ordnungen unterscheiden.
Dahin gehören unter Anderen die Berg-
1) Achenbach, a. a. O. S. 29 und 30, woselbst der Zusammenhang beider
Bergordnungen näher nachgewiesen ist.
Die revidirte Bergordnung ist abge
druckt bei Brassert S. 817 ff. 2) Brassert S. 937 ff.
chungen dieser Bcrgordnung
Steinbeck I, S. 302 ff.
Die wichtigsten Abwei
von der kleve-märkischen Bergordnung,
wie die
Nichtregalität der Eisenerze, das Borbaurccht, spätere Mitbaurecht der Grundeigenthllmcr, verdanken, wie die Vorarbeiten ergeben, ziemlich zufälligen Umstän
den und willkürlichen Entschließungen ihre Entstehung. 3) Brassert S. 1073 ff.; Cramer, Rechts- und Vcrwaltungsgeschichte im
Saalkrcise. 4) Vcrgl.
in
dem
die
Werke: Das
gründlichen
und
Bergrecht des
eingehenden
Untersuchungen Brasserts
Allgemeinen preußischen
Landrechtes
seinen Materialien, insbesondere S. 3, 23, 39, 53, 99 ff., 144, 291.
in
Einleitung.
56
ordniing für das Fürstenthum Lippe vom 30. Sept. 1857*) und diejenige für das vormalige Herzogthum Nassau vom 18. Februar desselben Jahres31).42 5Beide Gesetze wiederholen im Wesentlichen nur den Inhalt früherer Bergordnungen unter Benutzung einzelner, Einen anderen Standpunkt nimmt bereits das Königlich sächsische Gesetz über
insbesondere in Preußen ergangener Specialgesetze.
den Regalbergbau vom 22. Mai 1851 tut3), indem dasselbe, den Bedürfnissen des modernen
Bergbaues Rechnung tragend, zu seit 300 Jahren fast unverändert gebliebenen sächsischen Bergrechtes übergegangen ist. Der sächsischen Regierung gebührt das Verdienst, zuerst die in vollständigen Still einer Weiterbildung des damals
stand und, wie man sagen darf, Rückgang gerathene deutsche Berg gesetzgebung wieder in Fluß gebracht zu haben.
Andererseits konnte
freilich die Reform des Bergrechtes durch jenes Gesetz nicht gleich zeitig zum Abschluffe gebracht werden, so daß letzterem überwiegend
der Charakter einer Ucbergangsmaßregel beigelegt werden muß. Im engsten Anschlüsse an dasK. sächsische Gesetz über den Regalbcrgbau vom 22. Mai 1851, jedoch den Weg des Fortschrittes weiter betretend,
erging
am
22. Juni 1857 das Gesetz über
den Bergbau für das Großherzogthum Sachsen-WeimarEisenachs), während wiederum das Gesetz über den Bergbau vom 25. Februar 1860 für das Fürstenthum SchwarzburgSondershausen3)
geschlossen hatte.
sich
Fast
an das sachsen-weimarsche Berggesetz an schien es, als wenn das speciell sächsische
Bergrecht nochinals wie im
16. Jahrhundert von dauernder Ein
wirkung auf die Gestaltung des deutschen Bergrechtes werden sollte. Wenn dieser Erfolg nicht eingetreten ist, so
lag
die Ursache wol
einerseits in der bereits hervorgehobenen Eigenschaft des sächsischen
1) Gesetz-Samml. 1857, S. 715 ff. 2) Verordnungsblatt 1857. S. 15 ff.; Zcitschr. für Bergrecht. Jahrg.VlI, S. 447 ff. 3) Gesetz und Verordnungsblatt 1851. S. 199 ff.
Die Motive des Ge
setzes sind nebst dem Entwürfe desselben zu Dresden im Verlage der König!. Hosbuchdruckerei besonders im Drucke erschienen. 4) Regierungsblatt 1857. Nro. 22. Vergl. dazu die werthvollen „Be trachtungen über die neuere deutsche Berggesetzgebung" von Schomburg. 5) Gesetz-Samml. 1860. S. 85 ff. Zeitschrift für Bergrecht. Jahrg. I S. 31 ff., woselbst die Motive u. s. w. mitgetheilt sind.
Quellen.
57
Berggesetzes als einer Uebergangsmaßrcgel, sowie in der mehr oder weniger localen Färbung des letzteren, andererseits aber auch darin, daß Oesterreich bereits unter dem 23. Mai 1854’) ein All
erhielt, während in Preußen die Rechts gültigkeit des französischen Berggesetzes auf der linken Rheinseite gemeines Berggesetz
und dessen Einwirkung auf das Rechtsbewußtsein und die Beurthei
Verhältnisse eine andere Grundlage für die künftige Berggesetzgebung nothwendig erscheinen ließ. Das österreichische Allgemeine Berggesetz, welchem seit 1849 vier
lung bergrechtlicher
verschiedene,
zum Theil
durch
den Druck
veröffentlichte Entwürfe
vorausgegangen1 2) waren, enthält eine durchgreifende Reform des bis dahin bestandenen österreichischen Bergrechtes.
Wie indeß namentlich
das frühere Bergrecht Oesterreichs, abgesehen von Böhmen, gegen
über dem
im übrigen Deutschland geltenden Bergrechte mancherlei
Besonderheiten aufweist, so ist auch das Allgemeine Berggesetz vom 23. Mai 1854 von einzelnen ganz
eigenartigen
Vorschriften nicht
frei, und mögen gerade diese Besonderheiten es bewirkt haben, daß dieses im Uebrigen von moderner Rechtsanschauung durchdrungene
Gesetz in anderen deutschen Staaten nicht zum Ausgangspunkte für die Reform des Bergrechtes gedient hat.
b. Das preußische Allgemeine Berggesetz.
§. 18. In Preußen hatten die Vorarbeiten zu einer Umgestaltung der bergrcchtlichen Einrichtungen bereits 1826 begonnen. Dem im Jahre 1833 erschienenen ersten gedruckten Entwürfe eines ge
meinen preußischen Bergrechtes folgte 1835 der zweite, 1841 der
dritte und 1846 der vierte gedruckte Entwurf. Das Jahr 1848 brachte einen fünften gedruckten Hauptentwurf, an welchen sich int
Jahre
1850 der
Resultatlosigkeit3)
sechste gedruckte Entwurf anschloß. dieser Vorarbeiten
sich
Wenn die
einigermaßen aus
dem
Umstande erklären dürfte, daß auf der linken Rhcinseite das fran
zösische, rechts des Rheines theils das
gemeine deutsche
Bergrecht,
1) Reichsgesetzblatt 1854. Nr. 146. 2) Vergl. von Hingenau S. 365, Schneider S. 54. 3) Aus dem Entwürfe von 1848 ist das anhaltsche Berggesetz vom 20. Juli 1856 (Ges.-Samml. 1856, S. 2951 ff.) hervorgegangen.
Einleitung.
58
theils und zwar in den meisten Provinzen das Bergrecht des preu
ßischen Allgemeinen Landrechtes und vor denselben eine große Zahl von Bergordnungen zur Anwendung gelangten, so lag die Hauptursache doch in der geringen Neigung der leitenden Persönlichkeiten, zu einem den Bedürfnissen der Zeit entsprechenden Systeme der Selbstverwal tung überzugehen. Von 1833 an bis 1846 waren die Entwürfe immer engherziger geworden, so
daß bereits bei dem dritten Ent würfe es für unthunlich erachtet werden mußte, denselben auf die
linke Rheinseite an Stelle der dortigen freieren Institutionen einzu führen. Erst iin Jahre 1848 betraten die Entwürfe einen anderen Weg. Gerade diesen Entwürfen fehlte aber trotz mancher Vorzüge eine ausreichende Verarbeitung des gleichzeitig
deutschen und Ganzen').
französischen
Bergrechtes
zu
als Quelle benutzten einem
einheitlichen
Mit dem Jahre 1851 nahm die preußische Regierung von dem
Erlasse eines Allgemeinen Berggesetzes Abstand und versuchte die
auffallendsten Schäden der bestehenden Zustände durch eine Reihe einzelner Gesetze zu beseitigen, auch die Unterschiede des links- und rechtsrheinischen Rechtes allmälig auszugleichen. Unter diesen Gesetzen
erlangte das Gesetz vom 12. Mai 1851
über die Verhältnisse der
Miteigenthümer eines Bergwerkes bei der großartigen Entfaltung, welche inzwischen der preußische Bergbau genommen hatte, eine bei Er laß des Gesetzes kaum vorausgesehene Tragweite1 2).
Die thatsächlichen
1) Bergt, auch Brassert: Die Bergrechtsreform in Preußen, Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. III, S. 234 ff.
2) Die wichtigeren bis zum Erlaffe des preußischen Allgem. Berggesetzes er
gangenen s. g. Novellen sind, abgesehen von dem Gesetze vom 1. Juli 1821 über die Verleihung des Bergeigenthuines auf Flöhen (G.-S. S. 106), die folgenden:
Gesetz vom 12. Mai 1851 über die Verhältnisse der Miteigenthümer eines Berg
werkes (G.-S. S. 265), vom 10. April 1854 über die Knappschaftskaffen (G.-S. S. 139), vom 26. März 1856 über die Bestrafung unbefugter Aneignung von
Mineralien (G.-S. S. 203), vom 21. Mai 1860 über die Beaufsichtigung des
Bergbaues durch die Bergbehörden und das Verhältniß der Berg- und Hütten arbeiter (G.-S. S. 201), vom 1. Juni 1861 über die Anlegung von Hypo-
thekcnfolien für Kohlenbaugerechtigkeiten in den vormals sächsischen Landesthcilen (G.-S. S. 353), vom 10. Juni 1861 über die Kompetenz der Oberbergämter (G.-S. S. 425), vom 5. Juni 1863 über die Verwaltung der Bergbauhülfskassen (G.-S. S. 365). — Die Bcrgwerksabgaben betreffen nachstehende Gesetze:
Gesetz vom 12. Mai 1851 (G.-S. S. 261), von, 22. Mai 1861 (G -S. S. 225),
vom 20. October 1862 (G.-S. S. 351), vom 17. Juni 1863 (G.-S. S. 462). Die
59
Quellen.
Verhältnisse waren den gesetzlichen Zuständen
weit
voraus geeilt.
Es kann daher heute nicht mehr auffallen, daß die durch jene Einzelgesetze herbei geführten Reformen in der Praxis noch we sentlich erweitert wurden.
stückweisen
Das Unbefriedigende des langsamen und Fortganges des Reformwerkes gegenüber dem rapiden
Aufschwünge der Bergwerks-Industrie, die mit jedem neuen Einzel
verwirrenden bergrechtlichen Zustände inußten endlich zur Wiederaufnahme des Planes führen, ein All gesetze sich mehr und mehr
gemeines Berggesetz für den gesammten preußischen Staat zu er lassen. Bereits 1862 erschien der von dem damaligen Obcrbergrathe Brassert zu Bonn ausgearbeitete „vorläufige Entwurf eines Allgemeinen Berggesetzes für die preußischen Staaten" im Drucke. Nachdem letzterer auf Grund der zahlreich eingegangenen, durch eine zu diesem
theils schriftlichen, theils gedruckten Gutachten
Zwecke besonders gebildete Commission geprüft und von Brassert einer neuen Redaction unterworfen worden war, erfolgte kraft König licher Ordre vom 4. Januar 1865 die Einbringung des definitiven Ent
wurfes bei dem preußischen Herrenhause.
Die vom Ausschüsse des
Herrenhauses vorgeschlagenen meist redaktionellen Aenderungen fanden am 30. März 1865 die Zustimmung des letzteren.
In dieser anten«
bitten Gestalt gelangte der Entwurf an das Haus der Abgeordneten, wo derselbe auf Grund eines ausführlichen Ausschußberichtes vom 8. Mai unter dem 31. Mai 1865 unverändert angenommen wurde. Unter dem 24. Juni desselben Jahres vom Könige vollzogen, trat das neue Gesetz mit dem 1. October 1865 in Rechtskraft *).
Wenn bei Abfassung des preußischen Allgemeinen Berggesetzes die in Sachsen und Oesterreich gemachten Erfahrungen nicht un beachtet geblieben sind, so liegt das Unterscheidende des preußischen Berggesetzes darin, daß es als dessen Hauptaufgabe erkannt wurde,
„die Vorzüge des französischen Grundsätzen
des deutschen
Bergrechtes mit den erprobten
und preußischen
Bergrechtes zu
ver
schmelzen und auf diese Weise das Berggesetz den Zuständen und
Bedürfniffen des Bergbaues beider Rheinseiten anzupaffen."
Die
Bergamtssporteln wurden aufgehoben durch Gesetz vom 21. Mai 1860 (G.-S. S. 206). 1) Ges.-Sammlung 1865. S. 705 ff. Motive des Regierungscntwurfes Zeitschr. für Bergrecht, Jahrg. VI S. 55 ff. und bei Hahn. Eine Zusammen stellung der gesammten Motive und der Landtagsverhandlungen von Brassert
enthält die Zeitschr. sür Bergrecht Jahrg. VI S. 287 ff.
Lösung dieser Aufgabe muß als gelungen betrachtet werden. Das Gesetz hält an den Grundsätzen des deutschen Bergrechtes überall da fest, wo sich dieselben, wie beim Erwerbe des sog. Bergwerkseigen thumes, bei den bergbaulichen Genossenschaften, bei der Zulassnng des Rechtsweges als gesund und lebensfähig erwiesen haben, während andererseits rücksichtlich der Aufhebung des Bergregales, des Ver hältnisses des Bergbaues zum Grundeigenthume, der Bergpolizei, der Stellung des Bergbauberechtigten das französische Berg recht Vorbild gewesen ist'). Dabei sind indeß diese theils auf deut schem, theils auf französischem Rechte beruhenden Vorschriften nicht äußerlich an einander gereiht, sondern der gestellten Aufgabe ge mäß innerlich verschmolzen. Wo das französische Bergrecht als Muster gedient hat, ist es gelungen, ersteres mit deutschem Geiste zu erfüllen und für unsere Rechtsanschauung angemessen umzuge stalten, während umgekehrt das deutsche Bergrecht eine moderner Auffassung und den Bedürfnissen der Gegenwart entsprechende Ent wickelung gefunden hat. Unter Einwirkung des französischen Bergrechtes ist bei Abfas sung des preußischen Allgemeinen Berggesetzes ferner dahin gestrebt worden, die Anwendung des allgemeinen Rechtes, insbesondere des Civilrechtes nur da auszuschließen, wo die Eigenthümlichkeiten des Bergbaues nothwendig Specialbestimmungen zu erfordern schienen. Lediglich bei einer solchen Begrenzung der Berggesetzgebung konnte es möglich sein, ein Allgemeines Gesetz für die ganze Monarchie herzustellen, ohne gleichzeitig störend und verwirrend auf andere Rechtsgebiete einzuwirken. Mit Recht heißt es dieserhalb in den Motiven des Regierungs entwurfes^): „In seiner Fürsorge für die Verbefferung der Rechtszustände des Bergbaues ist dem Berggesetze insofern eine Grenze gezogen, als dasselbe sich auf das Bergrecht im eigentlichen Sinne, also auf diejenigen Gegenstände zu beschränken hat, welche wegen der eigenthümlichen Natur des Bergbaues und seiner besonderen Bedürfnisse eine von dem allgemeinem Rechte abweichende recht liche Behandlung erheischen. Dagegen ist alles dasjenige, was mit den Eigenthümlichkeiten des Bergbaues Nichts gemein hat, 1) Achenbach, französisches Bergrecht S. 3 und Vorwort zu demselben.
2) Zcitschr. für Bergrecht Jahrg. VI S. 65. Hahn S. 8.
Quellen.
61
auszuscheiden und den betreffenden Gebieten der- allgemeinen Ge
setzgebung zuzuweisen.
Nur bei einer
solchen
engeren Begren
zung seines Inhaltes kann das allgemeine Berggesetz in den Be reich des preußischen, des gemeinen und des französischen Civil
rechtes eingefügt werden, ohne Rechtsstörungen und Conflicte her
vorzurufen.
Auch entspricht es den eigenen Interessen des Berg
baues, den Regeln des Civilrechtes überall unterworfen zu sein,
wo seine Verhältnisie
und Beziehungen nichts Eigenthümliches aufzuweisen haben, und sich namentlich nicht von denjenigen der
übrigen Industriezweige unterscheiden." Läßt sich nicht verkennen, daß diesen Gesichtspunkten hier und da z. B. bei den Arbeiterverhältnissen noch in größerer Ausdehnung hätte Rechnung getragen werden können, so
war
andererseits der
von dem Gesetze beschrittene Weg mit dem Nachtheile verbunden, daß
je nach den Grundsätzen des herrschenden Civilrechtes insbesondere die rechtliche Stellung des Bergbauberechtigten eine sehr verschiedene
sein konnte, wie dies z. B. bei der Frage über die Haftung des Bergwerksbetreibers bei Unglücksfällen hervorgetreten ist'). Diese Mißstände werden
sich indeß nach und nach bei der Reform des
Civilrechtes ausgleichen.
Weiterhin erkannte man es bei Abfassung des preußischen All gemeinen Berggesetzes als eine hervorragende Aufgabe, den Haupt inhalt des Gesetzes möglichst frei von allen nur durch
Provincielle
Bedürfniffe gerechtfertigten Bestimmungen zu erhalten. Man ver wies daher die Provincialrechtlichen Vorschriften, abgesehen von einer Ausnahme1 2), in einen besonderen Titel (Tit. 10) und ließ letzterem zwei weitere Titel (11 und 12) folgen, welche in den sog. Ueber-
gangs- und Schlußbestimmungen
die bisherigen, der Monarchie
und einzelnen Landcstheilen eigenthümlichen Rechiszustände dem neuen Gesetze nach Möglichkeit anzupasse» versnchten. Auf diese Art ist es gelungen, ein Gesetz herzustellen, welches im Einklänge mit dem Rechtsbewußtsein der Gegenwart nicht nur den Bedürfniffen der
verschiedenen
Provinzen
Preußens, sondern
auch Deutschlands im Wesentlichen Genüge leistet.
Von vornherein
gleichmäßig auf die Ländergruppen des gemeinen,
preußischen und
1) Zeitschr. für Bergrecht.
Jahr«. IX, S. 104 ff., 410 ff.
2) Dieselbe ist int §. 27 Nr. 1 enthalten, wodurch für einzelne Kreise
eine besondere Feldesgröße ungeordnet wird.
Einleitung.
62
französischen Civilrechtes berechnet, preußischen Berggesetzes
konnte
es
bei
Einführung des
in andere deutsche Länder vornämlich nur
darauf ankommen, die Titel 10 bis 12 durch andere, den Verhält nissen der letzteren entsprechende Vorschriften zu ersetzen.
Wie im 16. Jahrhundert die sächsisch-joachimsthaler Bergordnungcn die Grundlage der meisten übrigen deutschen Bcrgordnungen
wurden, so ist das preußische Allgemeine Berggesetz ganz unbestreitbar der Ausgangspunkt und das Vorbild der meisten gesetze der Gegenwart geworden. Bei der im Jahre
deutschen
Berg
1866 eingetretenen Erweiterung des preu
ßischen Staatsgebietes war es ein glücklicher Umstand, daß ein Jahr
vorher Preußen das Allgemeine Berggesetz erlassen hatte.
Es dürfte mit Sicherheit anzunehmen sein, daß, wenn dieser Länderzuwachs vor
dem Abschlüsse der preußischen Bergrechtsreformen stattgefnnden hätte, der Erlaß eines Allgemeinen Berggesetzes auf Jahre verzögert worden wäre.
Dagegen konnten mit Rücksicht auf die hervorgehobenen Um
stände der Einführung des Allgemeinen Berggesetzes in die neuen
Provinzen keine wesentlichen Schwierigkeiten im Wege stehen. Dieselbe erfolgte durch die §. 2 (S. 7 Anm. 1) angegebenen Königlichen Ver ordnungen und Gesetze.
Ebensowenig stieß die Reception der wesent
lichsten Theile des preußischen Gesetzes in Braunschweig, SachsenMeiningen, Lauenburg, Gotha, Waldeck, Bayern*) auf
irgend erhebliche Hindernisse.
Nachdem Bayern sich der preußischen
Berggesetzgebung angeschlossen hat, ist zu erwarten, daß in nicht zu
ferner Zeit auch Würtembcrg, Baden und Hessen die Grundsätze der
letzteren gleichfalls annehmen werden.
Abgesehen von Oesterreich
wird alsdann im Wesentlichen nut1 2) das Königreich Sachsen
eine in mancher Beziehung gesonderte Stellung einnehmen, wenn auch das für diesen wichtigen Bergbaustaat am 16. Juni 1868
1) Die betreffenden Gesetze sind im §. 2 (S. 7)
angeführt.
Wegen des
bayerischen Berggesetzes vom 20. März 1869 vergl. auch Zeitschr. für Bergrecht, Jahrg. X, S. 324. (C. Hahn: Zur Bcrggesetzgebung in Bayern.) 2) Außer dem Königreiche Sachsen gehören hierhin noch das Großherzog-
thum Sachsen und Schwarzburg-Sondershausen, welche das königl. sächsische Berg recht angenommen haben (Bergt, oben S. 56),
sodann einzelne kleinere deutsche
Territorien, deren Bergrecht meist noch auf den älteren Bergordnungen beruhet.
Ueber Anhalt vergl. S. 57, Anm. 3, über Lippe S. 56,
über Schwarzburg-
Rudolstadt Gesetz v. 13. Mürz 1868, Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. IX, S. 300 ff.
Quellen.
63
erlassene neue Berggesetz') bereits eine Annäherung an das angestrebt hat:
durch die in jüngster Zeit erfolgte Reform des
Jedenfalls ist Bergrechtes in den
einzelnen deutschen Staaten die Gemeinsamkeit
der Grundsätze des
preußische Bergrecht
unverkennbar
letzteren nicht nur gewahrt, sondern der Erlaß eines Allgemeinen Berggesetzes für Deutschland derart vorbereitet, daß demselben keine aus dem Bergrechte selbst oder den bergbaulichen Verhältnissen her geleiteten
Schwierigkeiten
ferner entgegen
gestellt werden
können.
Würde gleichwohl eine einheitliche Gesetzgebung auch für die Zukunft
unterbleiben, so könnten die Ursachen einer solchen Unterlassung nur auf politischem Gebiete gesucht werden.
IV. Von -er Anwendung -er Äergrechtsquellen. §. 19.
Das Verhältniß
der bergrechtlichen
Quellen zu
einander in
ihrer Anwendung auf die Rechtsverhältnisse regelt sich beim Mangel besonderer Vorschriften nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen. Dies gilt zunächst
bei der
Anwendung
neuer Berggesetze
auf
facta praeterita1 2).
Nicht ohne Absicht haben die Berggesetze der Gegenwart besondere Bestimmungen bezüglich der Einwirkung der ersteren auf vorhandene Rechtsverhältnisse nach Möglichkeit ver mieden, um eben die allgemeinen Rechtsgrundsätze im weitesten Um fange zur Anwendung gelangen zu lassen. Von nur vorüberge hender Bedeutung erscheint hierbei die Frage, ob und wie die neuen
Gesetze auf ein
am Tage der Rechtskraft der letzteren nach Maß
gabe der älteren Gesetze schwebendes bergrechtliches Verfahren anzu-
1) Gesetz- und Verordnungsblatt. S. 351 ff.; Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. IX, S. 487 ff. 2) 1. 7. C. I. 14: leges et constitutiones fiituris certum est dare form am negotiis, non ad facta praeterita revocari, nisi nomhiatim et de praeterito tempore et adhuc pendentibus negotiis cautum sit (1. 65 C. X. 31; c. 13 X. I. 2). Allgem. preuß. Landrecht, Eint. §. 14: Neue Gesetze können aus schon vor hin vorgesallene Handlungen und Begebenheiten nicht angewandt werden. Cod. civ. Art. 2: La loi ne dispose qne pour l’avenir, eile n’a point d’effet retroactif.
64
Einleitung.
wenden finb1).2
Das preußische Allgem. Berggesetz und die sich an
letzteres anschließenden Gesetze daher diese Frage,
anderer
deutscher
abgesehen von dem
Staaten
Verbote, in
berühren
Zukunft
Erb-
stollenrechte zu verleihen (§. 223 des preuß. A. B. G.), durch aus drückliche Vorschriften gar nicht, während das österreichische Allgem. Berggesetz §. 276 ff. der Behandlung der bei Eintritt der Rechtskraft des
Gesetzes
schwebenden
Muthungen,
Schürfbewilligungen
und
Fristungen besondere Bestimmungen gewidmet hat?). Von dauernder Bedeutung ist dagegen die Frage über die Ein wirkung der neuen
Gesetze
auf
verliehene
Bergbaurechte
und
die
rechtliche Stellung des Beliehenen zu Dritten. Es unterliegt zunächst keinem Zweifel, daß bk bcrgorbnung§=
mäßig verliehenen Bergwerke den in den neuen Berggesetzen
ent
haltenen Vorschriften über das sog. Bergwerkseigenthum unterworfen
sind. Die Beliehenen oder deren Rechtsnachfolger gelten im Sinne der gegenwärtigen Berggesetzgebung als sog. Bergwerkseigenthümer und
1) Es handelt sich hierbei z. B. um die Einwirkung
auf ein wegen Ka-
ducirung ungehorsamer Gewerken, Freifahrung eines nicht betriebenen Bergwerkes, Verleihung einer Muthung,
Consolidation eines Bergwerkes nach den alten
Gesetzen schwebendes Verfahren. Vergl. die ausführliche Abhandlung: Achenbach, die Anwendbarkeit des preuß. Allgem. Berggesetzes vom 24. Juni 1865 auf solche
Rechte und Rechtsverhältnisse, welche vor dem 1. Oktober. 1865 entstanden sind,
Zeitschr. für Bergrecht. Jahrg. VI, S. 441 ff.
2) Vergl. auch Art
IX der K. Einsührungs-V. für Nassau v. 22. Febr.
Art. IV der K. Einf.-V. für Hannover v. 8. Mai 1867 und Art. III
1867;
der K. Einf.-V. für Kurhesscn v. 1. Juni 1867. Die Vermeidung aller besonderen Vorschriften über die Behandlung schwe bender bergrechtlicher Angelegenheiten im preuß. Allgem. Berggesetze hat sich bis aus einen Punkt als zweckmäßig und vollkommen angemessen erwiesen.
Dieser eine
Punkt betrifft die Behandlung der auf der linken Nheinseite zur Zeit der Rechts
Berggesetzes schwebenden Concessions- und Regularisations-
kraft des
Allgem.
Gesuche.
Die Behörden haben diese Gesuche nach dem französischen Berggesetze
zum Schlüsse instruirt und nach denselben Vorschriften die Concession ertheilt.
Ueber die Richtigkeit dieses Verfahrens vergl. die oben angeführte Abhandlung Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. VI, S. 450 ff., sodann Achenbach: französisches
Bergrecht, S. 344 ff. Auch das bayerische Allgem. Berggesetz enthält keine besonderen Vorschriften über diesen Gegenstand, dagegen sind in der Ausführungs-Instruction vom 31. Juli
1869 §. 26 (Zeitschrift für Bergrecht, Jahrg. XI, S. 8) die von den preußischen Behörden befolgten Grundsätze gleichfalls angenommen worden.
Quellen.
muß hiernach ebenso
deren
65
rechtliche Stellung beurtheilt
Nicht
werden.
verhält es sich aber überall, wenn die frühere Verleihung
durch besonderes Privilegium, überhaupt nicht auf Grund der vor dem maßgebenden Bergordnung ertheilt ist.
In diesen Fällen ent
scheidet die Verleihungsurkunde oder der sonstige
Berechtigungstitel
in erster Linie darüber, ob der Beliehene als „Bergwerkseigenthümer" Je nachdem das gewährte Recht nur als
angesehen werden kann
Lehen,
Erbzins,
Erbpacht u. s. w. aufzufassen oder dessen
Dauer
auf eine bestimmte Anzahl von Jahren fixirt ist, folgt beim Mangel besonderer Vorschriften aus dem allgemeinen Inhalt der Berggesetze keineswegs die Umwandlung eines solchen
Rechtes
in „Bergwerks-
Eigenthum", was namentlich bei den Aufhebungsarten des Bergbau rechtes von Wichtigkeit sein sann1 2).
Einzelne Berggesetze, z. B. das französische Berggesetz vom 21. April 1810 Art. 51—563), haben für die Regulirung älterer
Be
rechtigungen besondere Bestimmungen getroffen und ausdrücklich aus gesprochen, daß die Berechtigten unter bestimmten Voraussetzungen als „Eigenthümer" im Sinne des neuen Gesetzes anzusehen feien4).
Derartige Vorschriften fehlen im preußischen Allgem. Berggesetze. dessen Gebiet kommt daher das oben Ausgeführte zur
wobei indeß
die Gesetzgebung
über die
Aufhebung
In
Anwendung,
der Erbpacht-
Erbzins- u. s. w. Verhältnisse nicht außer Betracht gelassen werden darf.
1) Bei den Reservationen von Feldern zu
Gunsten des Regalherrn er
scheint cs nicht zweifelhaft, daß der Regalherr „Bergwerkseigcnthümer" im Sinne des Gesetzes ist. 2) Vergl. hierüber Achenbach, französisches Bergrecht S. 344 ff. 3) Ebendas. S. 332 ff. 4) §. 8 des K. sächsischen Berggesetzes vom 22. Mai 1851: „Erbbeleh-
nun gen, durch welche zeither Verleihungen auf alle Lagerstätten gewisser Mine ralien innerhalb bestimmter Districte ertheilt wurden, fallen unter die Bestim-
mungen dieses Gesetzes."
Abweichend dagegen tz. 270 des österr. Berggesetzes vom
23. Mai 1854, wonach das Finanz-Ministerium nach geschehener Bestätigung der
Bercchtigungstitel zu bestimmen hat,
ob und in wie weit die Berechtigten den
Vorschriften des Berggesetzes zu genügen verbunden sind und welche Folgen die Nichtbeachtung der letzteren nach sich ziehen soll.
§. 273 das. lautet im Ein
gänge : „Besondere Bcrgbauberechtigungen, deren Dauer auf eine gewisse Zeit be schränkt ist,
erlöschen bei Ablauf der letzteren von selbst und dürfen nicht ver
längert werden."
Vergl. auch Art. 3 des Kundmachungspatentes.
Einleitung.
66
Das preußische Allgem. Berggesetz hebt die früheren Bergord nungen und das gemeine Bergrecht ausdrücklich auf (§. 244). Le diglich in vereinzelten Fällen, wie bei den Erbstollengerechtigkeiten (§. 223), bei vordem begründeten Rechtsverhältnissen zum Grund
eigenthümer (§. 241 und §. 155), bei den Mitbetheiligten an einem linksrheinisch gelegenen Bergwerke (§. 240),
auf die ehemals
wird
geltenden Gesetze verwiesen und hiermit die im §. 244 vorbehaltslos
ausgesprochene Aufhebung der letzteren im Uebrigen scheinbar bestä tigt. Gleichwohl ist bereits oben im Z. 2 S. 8 hervorgehoben, daß
dem älteren Rechte fortgesetzt ein werden muß.
größerer Wirkungskreis beigelcgt
Mit den früher geschehenen Verleihungen sind gewisse
rechtliche Folgen untrennbar verbunden, welche, wenn dieselben als dem neuen Rechte unterworfen angesehen werden sollten, eine totale
Umgestaltung der ersteren bedingen würden. Nach der maßgebenden allgemeinen Rechtsregel kann aber eine solche Veränderung erworbener Rechte nicht angenommen werden. Es erscheint daher nothwendig und dem Rechte gemäß, auch diese mit den älteren Verleihungen untrennbar zusammenhängenden Folgen nach den vormaligen Ge setzen zu beurtheilen.
Dies beziehet sich vornämlich und in erster Linie
auf die vordem bergordnungsmäßigen Bergwerksfeldcr.
Indem das preußische Allgem. Berggesetz in den §§. 215 ff. es dem freien Willen der Beliehenen überläßt, diese Felder, wo es nach Lage
und Umgebung derselben
möglich
erscheint,
in
Felder des. neuen
Rechtes umzuwandeln, erkennt dasselbe für den Fall der nicht ge schehenen Umwandlung indirect an, daß hinsichtlich der rechtlichen Beurtheilung dieser Felder das alte Recht maßgebend geblieben ist'). Andere hierher gehörige Fälle betreffen die Grundrenten des französischen Bergrechtes, die deutschrechtlichen Freikuxe, soweit nicht bezüglich der letzteren aus §. 224 des preußischen Allgem. Berggesetzes
Aenderungen folgen u. s. w. §. 20. Einfach gestaltet sich das Verhältniß mehrerer
selben Bezirkes gültigen Rechtsquellen.
innerhalb des
Es kommt hier das bekannte
1) Ganz ähnlich wird Art. 2 und 3 des österr.
Kundmachungspatentes
ausgelegt. Schneider S. 57—59. Vergl. wegen der österr. Bergwerksselder auch §§. 43' und 274 des österr. Berggesetzes.
Quellen.
67
Rechtsspriichwort: „Willkür bricht Stodtrecht, Stadtrecht bricht Land
auf dem
recht, Landrecht bricht gemein Recht"
rechtes gleichfalls zur Anwendung, d. h. das
Gebiete des Berg örtlich engere Recht
gehet dem örtlich ausgedehnteren vor.
Bei der durch die neuen Berggesetze im Allgemeinen geschehenen der früheren zahlreichen Bergordnungen und Bergge wohnheiten einerseits, sowie des gemeinen Bergrechtes andererseits
Aufhebung
hat freilich die angeführte Rechtsregel nur da praktische Bedeutung,
wo entweder eine Reform des Bergrechtes noch nicht eingetreten ist
oder aber die neuen Berggesetze für einzelne Materien das frühere Recht aufrecht erhalten haben. Soweit letzteres nach dem preußischen
Berggesetze der Fall, muß für das Gebiet des preußischen Allgemeinen Landrechtes beachtet werden, daß zu den durch die ergangenen Ein führungs-Patente
des letzteren
aufgehobenen
allgemeinen Landes
gesetzen die früheren Bergordnungen selbst dann nicht gezählt worden
sind, wenn diese Bergordnungen für das ganze Territorium erlassen Die Bergordnungen behielten also auch nach
worden roatett *).
Einführung des Allgemeinen Landrechtes Gesetzeskraft
und werden
fortgesetzt in den Fällen zur Anwendung gelangen, in welchen nach
dem Allgem. werden muß.
Berggesetze
auf
das frühere
Recht zurückgegangen
1) Bergl. Blasiert, Bergordnungen der preuß. Lande, Einleitung S. XV ff.; das Bergrecht des Allgem. preuß. Landrechts in seinen Materialien S. 15 ff.
— Der entscheidende Grund für die vielfach in dem angegebenen Sinne ergangenen gerichtlichen Entscheidungen, sowie für die Praxis der Verwaltung bestehet darin, daß das Landrecht nur an die Stelle der „Römischen, gemeinen Sachsen- und
anderen fremden subsidiarischen Rechte,"
also an die Stelle des recipirten ge
meinen Rechtes treten sollte, die Landesbcrgvrdnungen aber als Provinzial gesetze und zwar ihrem ganzen Umfange nach anzusehen seien.
Wo die Landesbergordnungcn gemeines Bergrecht wiederholen, kann freilich nur in einem rein formellen Sinne von Provinzialgesetzen die Rede sein.
Erste Abtheilung.
Allgemeine Lehren. I. Von der Gerglmufreiheit (Freierklärung), dem Bergregal und -er Äerghsheit im Allgemeinen. 1. Entstehung und Begriff der Bergbaufreiheit (Freierklärung).
§. 21. Das ältere deutsche Recht stimmt in dem Grundsätze überein,
mit dem
römischen Rechte
daß dem Eigenthümer des Grund und
Bodens auch die Verfügung über die unter der Oberfläche vorkom menden Mineralien zustehet. Wenn in Verträgen, sowie in den Formu laren zu letzteren vielfach neben dem Grundstücke der Metalle und unter irdischen Nutzungen besonders gedacht wird, so entspricht dies dem
damaligen Gebrauche, außer dem Hauptgegenstande auch die Zube hörungen und werthvollen Substanztheile vollständig aufzuzühlen *).
1) Achenbach, das französische Bergrecht S. 26; Hüllmann, Geschichte des Ursprunges der Regalien in Deutschland S. 6^ ff; Gommer, über die Ent
wickelung des Bergregales bis zum Jahre 1273 und die Sachsenspiegelstelle I. 35 in der Zeitschr. für Bergrecht, Jahrg. X, S. 376 ff.; Eichhorn, deutsche Staats- und Rechtsgeschichte §. 58, Bd. I, S. 340. Vergl. auch wegen des Herzogthurnes Westphalen die Urkunde von 1273 in Seibertz Urkundenbuch, Bd. I, Nr. 358: die Erben Tregel und von Erbike verzichten auf väterliche Erb güter zu Gunsten des Klosters Bredelar, behalten sich aber die unterirdischen Nutzungen vor (hac interposita condicione, ut frutices duntaxat seu rubi loci illius qui vulgariter dicitur arneslyth in paruo districtu ubi in present! spclunca habentur et utilitas que in metallo sub terra prou enire poterit, ad ipsos consanguineos debeat pertinere).
Allgemeine Lehren (Bergbaufreiheit).
69
Bei diesem Inhalte des älteren Rechtes ist es von jeher fast als eine unlösbare Aufgabe betrachtet worden, das deutsche Berg
recht der späteren Zeit, nach welchem das Recht zum Bergbau auf
fremden Grundstücken von Jedermann, unabhängig von der Zustim mung des Grundeigenthümers, erlangt werden kann, an die älteren Rechtszustände anzuknüpfen. Während Manche daher das gesammte
spätere Bergrecht durch das
im Mittelalter
allmälig entstandene
Bergregal ausschließlich zu erklären versuchten, stellten
Andere
das Recht des Grundeigenthümers auf die Mineralien auch nach
älterem Rechte geradezu in Abrede und behaupteten, daß die werth
volleren Mineralien schon in frühester Zeit allgemein der freien Gewinnung unterworfen gewesen seien. Beide Auffassungen sind den vorhandenen Quellen gegenüber unhaltbar und nur deshalb bis
zur Gegenwart festgehalten worden, weil die von unseren Vorfahren bewirkte, ursprüngliche Auftheilung des Grund und Bodens bei
-.Darstellung und Erklärung der älteren Zustände bisher nicht mit in Betracht gezogen worden ist. Bekanntlich erfolgte die Ansiedelung der Deutschen in der Art,
daß zuerst ein festes Sonder eigen th um des Einzelnen nur an dem zum Hofe und Acker erforderlichen Grund und Boden entstand.
Das übrige die Ansiedelung umgebende Land blieb, wie ursprüng lich der gesammte Grund und Boden, dem gemeinen Nutzen unter worfen *). Wald, Weide, Wiese, Anger, Oeden und Felsen, Wasser, Wege und Triften bildeten nach Ausscheidung der im Sondereigen stehenden Hufen den gemeinsamen Besitz der zu einer Genossen
schaft vereinigten Ansiedler.
Daneben blieben zahlreiche nicht ge
theilte Volks- und Gaumarken, an welchen später dem Könige und
den Inhabern der öffentlichen Gewalt die Grundherrschaft beigelegt
wurde, ohne daß erstere für die gemeine Nutzung geschlossen worden wären.
Auf diesen weiten und umfangreichen Ländereien Habensich
1) Caesar de b. G. IV. 1; VI. 22; Tacit. Germ. 26. Maurer, Einlei tung zur Geschichte der Marl-
Hof-
Dors-
und Stadt-Versassung; Derselbe,
Geschichte der Markenversassung; Landau, die Territorien; das
dichum,
Gau- und
Markenverfassung
Salgut; Thu-
in Deutschland; Waitz, deutsche Verfas-
sungsgeschichtc (2. Ausl.) I S. 93 ff; Gierke, Rechtsgeschichte der deutschen Ge
noffenschaft; Roscher, Ansichten der Volkswirthschaft aus dem geschichtlichen Stand
punkte; System der Volkswirthschaft Bd. 2.
Vergl. auch
Achenbach, die
bergsgenoffenschaften des Siegerlandes. (Bonn 1863 bei A. Marcus.)
Hau-
Erste Abtheilung.
70
die Gewohnheiten und Rechtsnormen entwickelt,
welche die Grund
lage der allgemeinen Bergbaufreiheit geworden sind. Wie in der gemeinen Mark anfänglich sogar ein Recht zur Aneignung von
Grund und
Boden
durch
Abmarkung (comprehensio,
captura
u. s. w.) von den Genossen ausgeübt wurde *), wie zu den gemeinen
Nutzungen unzweifelhaft die Steingewinnung gehörte1 2),3 so berechtigt Alles zu der Annahme, daß die Gewinnung der Fossilien jeder Art ebenfalls eine Befugniß der Genossen war. Das Auffinden von Minerallagerstätten und die durch Mehrere versuchte Ausbeutung derselben führte ganz von selbst zur Entstehung von Normen
über
die Frage, innerhalb welcher Grenzen der einzelne Unternehmer zur Gewinnung des Minerales allein befugt sein sollte. Die Berg baufreiheit und die Festsetzung eines kleinen, in seinen Grenzen leicht
erkennbaren Bergwerksfcldes schlossen sich derart naturgemäß an die ursprünglichen Berechtigungsverhältnisse am Grund und Boden und
die Benutzung desselben in Deutschland an, daß es schwer begreiflich sein würde, wenn diese obersten Grundsätze des deutschen Bergrechtes nicht von Anfang an einen wesentlich gleichen Inhalt gehabt haben sollten. Aehnliche Zustände werden selbst in sonst veränderter Zeit leicht zu ganz ähnlichen Resultaten führen und es ist eine ebenso interessante, als wichtige Thatsache, daß auf den ungeheueren Land-
complexen, welche in den Vereinigten Staaten von Nordamerika das Nationaleigenthum bilden, sich fast dasselbe Bergrecht, wie vormals
auf der deutschen gemeinen Mark und auf den Königlichen Marken und Forstgrundstücken, noch in unseren Tagen gebildet hat2).
Die in den ungetheilten Marken und Forsten an den ältesten Sitzen des deutschen Bergbaues entstandenen Gewohnheiten sollten sich
1) Maurer, Einleitung §. 70 S. 158; Geschichte der Markenvcrfassung
§. 44 S. 163. 2) Maurer, Geschichte der Markenvcrfassung §. 43 S. 162. 3) Sergi. Burkart,
Zcitschr. für Bergrecht Jahrg. IX S. 378, über die
Berggesetzgebung in den Vereinigten Staaten von Nordamerika.
Die Congreß-
acte vom 26. Juli 1866, über die Freierklärung des Bergbaues auf öffent lichen Mincralländercien, erhebt im Wesentlichen die unter den Ansiedlern entstan
denen Gewohnheiten zum Gesetze.
Art. 1 beginnt mit den Worten: „Alle Erze
enthaltende Ländereien der öffentlichen Domaine, sie mögen vermeffcn sein oder nicht, werden hiermit frei und offen erklärt zur Untersuchung und Besitznahme
Seitens aller Bürger" u. s. w. Siehe auch Haber, Zcitschr. für Bergrecht Jahrg. XI S. 39 ff.
Allgemeine Lehren (Bergbaufreiheit).
71
allmälig ans einem Markcnrechte zu einem selbstständigen Bergmanns rechte erheben, beim Entstehen neuer Bergwerke durch Wanderung der Bergleute an andere Orte übertragen werden, ja beim Vor
dringen der deutschen Ansiedelung nach Osten selbst die Grenzen des Reiches überschreiten. Mit dem aufblühenden Bergbau überschritt die Bergbaufreiheit die Grenze der gemeinen Mark und, wenn die zunehmende Einforstung der Waldungen letztere dem gemeinen Nutzen immer mehr verschloß, wenn nach und nach die gemeinen Marken sich in herrschaftliches Eigenthum umwandclten, so blieb auch jetzt Wald
und Mark dem Bergbau offen. „Dan das Bergrecht ist stark und noch König,
noch
Hertzog,
noch Graffen en kan dargegen, wan sie schon wollen graben in den
koelgarten vnd dort bis vnder eines Menschen schlaffkammer", heißt es in einem Buche der Abtei Steinfeld über den Hof Scheuren. Jene Ausdehnung der Bergbaufreiheit auf das in Sondereigen übergegangene Land erscheint namentlich als die Folge der Einwirkung der deutschen Landes- und Grundherrenl), welche es
in ihrem Jntereffe fanden, den Bergbau nach Möglichkeit in Auf nahme zu bringen.
§. 22. Die geschilderte Entwickelung kann in ihrem Fortschreiten umso schärfer erkannt werden, als hier und da die Bergbaufreiheit dauernd auf das ursprüngliche Gemein- und Königsland beschränkt blieb, also keine Ausdehnung auf die in Sondereigen von Alters her über Dies war und ist bis auf den heu
gegangenen Grundstücke erhielt.
tigen Tag in England in denjenigen Bezirken der Fall, in welchen deutsches Bergrecht in sehr früher Zeit durch Einwanderung von
Bergleuten Aufnahme fanb2).
Karl I.
von
dem
So heißt es in dem unter König
Zinnerparlament gegebenen Weisthum über die
uralten Gewohnheiten beim Zinnbergbau in Cornwall: „Art. 4. Wir sagen und bestätigen, daß nach gemeinem Zinnerrecht
jeder
Zinnbergmann jedes
Gemeinland
innerhalb der
Grafschaft Cornwall, welches im Freien liegt, mit seinem Berg werksfeld bedecken kann; ebenso aber auch das aus der Gemein-
1) Bergt, oben §§. 11 ff. S. 37 ff.
2) Bergt, oben S. 32 Anm. 2.
Erste Abtheilung.
72
schäft ausgeschiedene und eingehegte Land, welches vor Alters dem Bergbau unterworfen war und als Gemeinland nachgewiesen wird,
indem man von demselben die Zinnabgabe an den Grundherren
entrichtete, bevor es mit Hecken umschlossen wurde; ebenso weiterhin denjenigen Theil des ausgeschiedenen und eingehegten Landes des
Prinzen, innerhalb der steuerbaren Hufen des alten Herzogthumes, in welchem von Alters her nach alter Gewohnheit und Uebung mit Rasen Bergwerksfelder abgegrenzt worden sind u. s. w. Art. 31,
Was aber Zinnbergwerke in ausgeschiedenen, dem
Bergbau nicht unterworfenen Ländereien, welche dem Grundherren allein gehören, anbetrifft,
so bestätigen und sagen wir,
daff nach
unserer Gewohnheit kein Zinnbcrgmann auf solchem Land ohne Erlaubniß des Grundherren Bergbau führen batf1)." 2 In dem Landbuche von Uri findet sich (Art. 275) die Gewohn heit verzeichnet: „Jeder Landmann ist befugt auf Allmend
Erz
zu
graben
und wenn einer an einer Stelle anfangt und Werkzeug liegen läßt, so soll ein Jahr lang Niemand anders daselbst arbeiten mögen." Zwei von der Gräfin Margaretha von der Mark unter Zu ziehung von Bergmeister, Schöffen und Geschworenen am 26. August
und 23. October 1592 nach Aufruf in der Kirche vorgenommene Verhandlungen^) setzen
auf Beschwerde der „Anerben" und „beilie
genden Nachbarn", „daß die Bergwerker ihnen großen Schaden zu fügen mit ihren Landfrüchten", die Grenzendes Eisensteinberges zu Lommersdorf auf der linken Rheinseite fest: „Ist in gegenwart der ganzen Nachbarschaft vnd umliegender der
1) Vergl. auch Art. 28 wegen des durch die Gewohnheit nicht anerkannten
Rechtes, einen Stollen (audit) oder eine Wasserleitung durch solches Land zu führen. Aehnliche Bestimmungen finden sich in den Gewohnheiten von Derbyshire,
in denen es auch heißt: Wir sagen, daß alle Bergleute innerhalb des Königs feldes berechtigt sind auf den nächsten Wald und das nächste Wasser in Königs
Land u. s. w.
2) Vergl. hiermit die Vorschriften der österr. B.-O. v. I. 1517 Nr. 64, wonach beim
Bergbau auf eingezäunten Grundstücken, Aeckern und Wiesen
dem Grundeigcnthümer für den Schaden Ersatz zu leisten ist, wogegen Nr. 65 bestimmt: „So sich begäbe, das new schürf oder alte Pew awßerhalb Jr ein-
getzewutn grünin auferstuenden vnnd gepawt wurden, niemant kain schaden zu gelte schuldig sein."
davon soll man
(Wagner S. 42.)
73
Allgemeine Lehren (Bergbaufreiheit).
Bezierg des obg. steinbergs erweitheret vnd ein sicherer vmgang
gemacht, der mit stein vnd reinen mit ihren gewöndlichen scheffen zeigen unterlegt, besetzt mit dem bescheid, daß alles, was bin nen den steinen gelegen ist,
es seyn gewonnen Acker oder
dreisch soll zum berg gehörig seyn und einen jeden zu to innen vnd zu graben offen vnd frey stehen, vorbehaltlich den Herren jederzeit sein gerechtigkeit — doch soll niemand außer den bezierck graben noch Winnen oben noch unter der Erden, wodurch denen angränzenden Erben ein schaden könnte geschehen."
Zu Anfang des 13. Jahrhunderts hatten die auf den gemeinen Marken, in den ungeteilten Forsten und Gebirgen entstandenen bergrechtlichen Gewohnheiten jedenfalls nur local die Grenzen der
letzteren überschritten.
Die oftmals erörterte') Stelle des Sachsen
spiegels Buch I Art. 35: „§. 1. Al schat under der erde begraveu deper den ein Pluch ga, die hort do der koningliken gemalt.
§. 2.
Silver en mut ok netnan, treten up eins anderen manues
gude ane.des willen des de stak is, gift he's aver orlof, de vogedie
is stn dar ober", bestätigt in völliger Uebereinstimmung mit demjenigen, was aus der
Entwickelungsgeschichte des Bergrechtes festzustellen ist, rücksichtlich der Bergbaufreiheit in ihrem Verhältnisse zum Grundei
genthum e, daß dieselbe auf Privatgrundstücke nach
Sachsenrechte damals noch nicht Anwendung fand.
gemeinem
Zum Bergbau
auf Privatgrundstücken war vielmehr die Erlaubniß des Grundeigenthümers erforderlich. Bestimmter noch kennzeichnet das löwenberger Goldrecht diesen Rechtszustand, indem dasselbe genau die aus der ge
meinen Mark ausgeschiedenen Grundstücke vom freien Bergbau aus schließt : 1) Karsten, über den Ursprung des Bcrgrcgales in Deutschland.
Berlin
1844, S. 42; Meiste, über den Bergbau und das Bergregal. Eislcbcn 1845; Zeitschrift für deutsches Recht X S.
XII S. 270;
(Meiste);
62;
(Sachse),
XI S.
254; (Steinbcck),
Zeitschrift für Bergrecht X S. 389 (Coiumcr).
Siehe
auch Steinbcck, Geschichte des' schlesischen Bergbaues S. 41. — Die in diesen Ab
handlungen erörterte Controberfc behandelt vorzugsweise die Frage, ob aus der Sachsenspiegelstclle die Regalität zu folgern sei.
Zweifelhaft kann cs nicht
sein, daß der Sachsenspiegel die B ergb aufreih eit, insbesondere dem Grund eigenthümer gegenüber nicht anerkennt.
es sich hier allein.
Um den letzteren Punkt handelt
Erste Abtheilung.
74
„Wa der phlec (Pflug) vnde eibe (Egge) vnde sense get, da sol
niemat galt suchen ane des gunst des d'ackir ist. daz recht hat bercwerc nicht" *).
§. 23.
Wo aber auch die Bergbaufreiheit die Grenzen der gemeinen
Mark überschritt, zeigt der Inhalt vieler Gewohnheiten doch deren ur sprüngliche Begrenzung auf Berge, Waldungen u. s. w. Der Ver trag, welchen 1185 Bischof Albrecht zu Trient mit den Silberberg
leuten (et una cum tota universitate vel maiori parte silbra-
riorum) abschloß, überläßt einen bestimmten „Berg" der Gemein schaft der letzteren (mons ipsis Omnibus tarn pauperi quam di-
viti, communis esse debeat).
Freiberg führt von einer solchen localen Bergbaufrciheit seinen Namen. Der schlädminger Bergbrief v. I. 1308 beziehet sich auf die Gewohnheiten eines Berges. Die
Bergordnung Herzog Albrechts II. von Oesterreich vom I. 1336 1 2)3 4 nimmt von dem Rechte des Berges auf der Zeiring ihren Ausgangs punkt2).
Die Freiheit und Gewohnheit des Erzberges bei Amberg
wird 1351 auf andere Grundstücke ausgedehnt*). In den linksrhei nischen Weisthümern finden sich bestimmte Andeutungen über die ursprüngliche Beschränkung der Gewohnheiten auf einzelne Berge, z. B. schleidener Weisthum v. I. 1547, Art. 6:
Item mehr weist der Geschworenen,
nachdem daß ein jeder
meins gn. Herren freyen steinberg brauchen mag, er sey fremd
oder Heims und solch freyheit hat n. s. w. „Zum sechszehnten ist der Berg einem jeglichen man, er sey aus was Lands er wolle, aufgethan vnd gefreyet," heißt es int ommersdorfer Weisthum. „Die Berg sollen, wie bisher, freyberg seyn vndt bleyben," sagt die schleidener Bergordnung. Unter diesen Umständen kann es nicht auffallen, daß von den Bergen,
an denen der Bergbau vorzugsweise umging, die Berg-
1) Steinbeck, Geschichte des schlesischen Bergbaues S. 80. 2) Spcrgcs S. 281. . 3) Vcrgl. auch die österr. Bergordnung Kaiser Maximilians v. I. 1517,
in welcher im Eingang (Nr. 4 ff.) das Bergrecht einer ganzen Reihe von Bergen
aufgcführt wird. (Wagner S. 34.) 4) Lori S. 14.
Allgemeine Lehren (Bergbaufreiheit).
75
werke selbst ihren Namen erhalten haben, ja kurzweg ebenfalls Berge
genannt worden sind. Wenn bei den „freien Bergen" der Bergbau bereits regelmäßig nicht mehr als ein Recht der Markengenossen erscheint, sondern nach
den Weisthümern den Reichen und Armen, Einheimischen und Frem
den frei gegeben wird, so tritt doch auch selbst der ältere Zustand, bei welchem das Bergrecht einen Theil des Marken- oder des Wald rechtes bildet, in den wichtigen Harzer Gewohnheiten noch hervor. Die iura et libertates silvanorum, welche 1271 unter Her
zog Albrecht für den Harzwald zusammengestellt sind, betreffen die Rechte und Verbindlichkeiten der Waldwerken und Waldleute. An
drei echten Forstdingen kamen diejenigen „de sek in deme wolde generen" unter
dem Vorsitze des Försters zusammen.
Ueber Holz
und Wasser, Jagd und Fischfang, Bergwerk und Hütten wurde das
Recht gefunden.
Kurz, die Waldwerken und Waldleute bilden noch
eine Markengenossenschaft, bei der aber der Bergbau und Hütten
betrieb und nicht mehr die Boden- und Holznutzung, als das Haupt sächliche erscheintJ). Hier und da ist sogar bis in die jüngste Zeit die Einrichtung erhalten geblieben, daß die Bergbaufreiheit nur den Eingesessenen
1) Wagner S. 1022,
sodann Meyer, Versuch einer Geschichte der Berg
werksverfassung und der Bergrechte des Harzes S. 82 ff., woselbst auch S. 154 ff. die im 15. Jahrhundert gesammelten
abgedruckt find.
„ statuta und Sattunge des forftdynges "
In den iura et libertates silvanorum heißt es z. B.:
„En berchwerk scal gebrucke des holtes also vorder alse sin aghetucht went vnd fin techge went.
jo welker
Dritteyn grouen de scal en berch to rechte hebben twisschen
grouen dritteyn vote. vif vote in de wyde feuerte in de lenge. —
Welk man de dar heft en eghen holt in dem Harte, welk man de darinne stört mit enem waghene de scal bi howen dat Holt vif clachter Verne vnd dreyer breit,
dat scal he darumme don dat he den störten waghen vp bringen möge. bar. en scal he nicht hebben an gebroken. de erfexe in deme Harte fin de {cuttert des jares
twyges jaghen vnd twyges visschen to orer werscap vnd to orer Kunpenyn. de Hutten in deme harte de dar gheuen lotpenninge vor dat water dal op de Hutten
gheyt. de penninge scal men breden des sonnauends vp dat waterstech. de woltlüde de dar {int vnd gheuen slevscat vnd Koppertotten dem rike. de hebbe dar-
wedder recht vp orer Hutten" u. s. w. Erwähnung verdient noch,
daß in den ungarischen Bergstädten die Ge
werken den Namen „Waldbürger" (Wagner S. 191, 239) führen und daß auch die alten freiberger Gewohnheiten der Waldwerken gedenken.
Erste Abtheilung.
76
zustand.
Nach der Urkunde Pfalzgrafs Johann bei Rhein von 1394
sollte Niemand auf den Bergen
bei Sulzbach Bergbau treiben, „er sitze dan heuslich in unser State zu Sulzbach oder er sey eins ge sessen burgers Sune in der State und auch in seinem Prot" *)• In
den 1594 auf Bitten der Eisenstein-Bergleute von dem Amtmann Joh. Lindenberg niedergeschriebenen Bcrggewohnheiten von Elbin gerode heißt es: „Ein Bürger in Elbingerode wohnhaftig und haushaltlich gesessen, so Bergwerke treibet und selbst bearbeiten will
u. s. w., womit die ausschließliche Berechtigung der angesessenen elbingeroder Bürger zum Eigenlöhner-Bergbau hat ausgedrückt werden sollen2). Von Altersher haben diese Eigenlöhner-Bergleute eine Zunft
(Ordnung) gebildet.
Letzteres war auch bei dem uralten und wich
tigen Eisenstcinbergbau im Lande Siegen der Fall, so daß jeder,
welcher ersteren betreiben wollte, zuvor die Zunft gewonnen haben mußte8). Ein solcher Zunftverband bestand auch unter den GalmeiBergleuten der reichsunmittelbaren Abtei St. Corneli-Münster, bei nach altem Herkommen jeder neue Bergmann „drey be ständige Bergleute zu seinen Patten rufen muß." An die Stelle der Markengenossenschaft trat also mehrfach der- Zunftverband.
welchen
Nicht wenige Bestimmungen des alten Bergrechtes lassen dessen Ursprung auf der ungetheilten Mark gleichfalls mit annähernder
Sicherheit erkennen.
Wenn nach dem Vorgänge der iglauer Bcrg
gewohnheiten 4) die knttenberger Bergordnung jeder gemessenen Zeche 16 Banstellen (areas), sodann aber neben dem erforderlichen Holze
'1) Lori, Einl. S. XX. 2) Vcrgl. Art. XV §. 4 der Königlichen Verordnung vom 8. Mai 1867
über die Einführung des preußischen Allgcm. Berggesetzes in die Provinz Hannover.
„Nach eingenommenem Bericht der ältesten Berg
3) Bescheid von 1575:
schöffe», auch eingelegten alten sechszig- und siebenzigjährigen Registern wird be
scheiden, daß alle diejenigen,
gewinnen,
so im Amt Siegen mit der
Keilhauen Eisenstein
auch Masscnblascrs Reitmeister sein wollen, um die Zunft und Bru
derschaft der Bergleute zu vor ersuchen und dicsclbigc erlangen, auch die Gebühr
und was vor Alters ist gegeben worden, den Zunftbrüdern erlegen und folgends
sich durchaus
dem
Kurbricf
und
Bergordnung
gemäß
zu
verhalten schuldig
sein sollen, bei Straf, wie bei den Alten gebräuchlich gewesen ist.
Bescheiden
durch Henrich von Holdinghauscn zu Holdinghausen Amtmann zu Siegen, M.
Martinum Reusum, Rentmeister und Johan Geyßen anno 1575.“ 4) Sternberg II S. 22.
Allgemeine Lehren (Bergbaufreiheit).
77
einen Weideplatz in solcher Ausdehnung zuweist, als ein Bogenschütz
das Ziel erreichen kann x), wenn ferner die harzer Berggewohnheiten (Art. 185) dem Bergwerke das Holz im Bereiche der Grenzen seiner Baue und Wasierstolleiz zusprechen8), so erinnert dies an das freie
Occupationsrecht von Land in der ungetheilten Mark.
Wasser8),
Weide, Holz unterlag selbst nach den späteren Bergfreiheiten der
freien
Nutzung der Bergbautreibenden.
Von der Besitznahme der
nicht eingehegten Wälder zu Gunsten des Bergbaues liefern noch die Bergordnungen des 16. Jahrhunderts sehr merkwürdige Beispiele, wie z. B. die österreichische Bergordnung Kaiser Maximilians v. I.
1517
Nr. 109
ff. bestimmt, daß die eingezäunten Wälder zwar
den Bürgern und Bauern verbleiben sollen, vorbehaltlich einer Ein schränkung zu Gunsten des Bergbaues, wenn dies nach der Ent scheidung des Bergmeisters und der Geschworenen erforderlich ist, daß indeß die nicht eingezäunten Wälder dem Bergbau zu dienen haben. Bergmeister und Geschworene
sollen denjenigen Gütern, welche kein
eingczäuntes Holz haben, zur Nothdurft derselben ein Stück Wald abgrenzen41).52 3 Wie in der Mark eine feierliche Besitznahme durch Umzug oder Umgang erfolgte, so kommt auch eine ähnliche feierliche
Besitznahme des Bergwerkes vor8).
Gleich der Mark besitzen auch
1) Sternberg II S. 105, Const. Wencesl. 1. II c. 3: Sciendum est vero, quemlibet moniern in hereditate, in qua fuerit mensuratus, sine cuiuslibet contradiccione sedecim areas iure moncium obtinere, et tantum spacy pro pecoribus ipsorum pascendis, quantum unus homo cum arcu semel poterit sagittare. Insuper de nemoribus ac silvis etc.
2) „En berchwerk scal gebruken des holtes, so vorder alse sin aghetucht went vnn sin buw vnn sin tecghe." 3) Achenbach in der Zeitschr. für Bergrecht. Jahrg. XI, S. 76 ff.
4) Wagner S. 49 Nr. 111: „Wo aber gueter oder ander die nit eingetzewnt Holtz heten, damit sy versehen worden, denselben sol der Perkhrichter, mit sambt den gesworn ain außzaigen thuen, zu Iren guetern vnnd hawß nodtursften. Nr. 112. Aber die anndern all awsserhalb der vorangetzaigten sollen, wo Perkhwerch sein zu vnnsern als Herrn vnnd Lanndefürsten Perkhwerchen Fürdrung vnnser fron vnnd wechsl beuor sten" u. s. w. 5) Vergl. unter Andern die Urkunde von 1320. Otia met. I S. 297. Siehe oben S. 21, 22 Anm. Ob gerade durch Umreiten ist bestritten, da das Wort reiten (circumequitare) auch mit raiten, berechnen zusammenhangen könnte. (Köhler, S. 159 Anmerkung und Veith, sub voce Erbbereiten.) Vergl. jedoch
Erste Abtheilung.
78
die Berge, an denen der Bergbau umgehet, ihren Frieden, von dem die harzer Bcrggewohnheiten merkwürdige Beispiele geben *). An ehrwürdigem Alter dem Inhalte nach dürfte insbesondere das schleidener Bergweisthum hervorragen: „Zum ersten erkennnt der Geschworene für freyheit des bergs, der berg seye gefreyet von dem Herrn und so jemand die freyheit breche, soll dem Herrn, jedoch auf Gnaden des Herrn für ein
Hand vnd fueß verfallen seyn, was er aber des mit bitt und geld ablcgen konte, soll er zum besten haben.
Zum zweiten ist der berg dermaßen gefreyet, ob jemands wäre der neben dem berg das leben verwirket hätte und auf den berg
kommen wird, mögte solcher daselbst 6 Wochen und 3 läge Sicher
heit haben und wannehr die Zeit umb wäre, daß derselbige als
dann 3 fues von dem berg tretten mögte und wieder könnte auf den berg kommen, sol er wieder 6 Wochen und 3 täjj Sicherheit
haben und das also dick, als er solches erhalten tönte und mögte." §. 24.
Wie nun bereits angedeutet,
überschritten
diese Gewohnheiten,
von den Wanderungen des Bergvolkes abgesehen, vorzugsweise durch die Einwirkung der Territorialherren die Grenzen des ungeteilten Landes. Bei der Darstellung der Quellen des Bergrechtes (§. 11) ist nachgewiesen, daß zuerst die Territorialherren • die alten Berg
gewohnheiten bestätigten, dieselben durch erlassene Bergfreiheiten und
Ordnungen an neue Bergbaupunkte verpflanzten, endlich aber das Bergrecht und insbesondere die Bergbaufreiheit durch allgemeine Landesbergordnungen für das ganze Territorium anwendbar erklärten (§. 13).
Bei der allmäligen Ausdehnung der Bergbaufreiheit auf
das in Sondereigen befindliche Land blieb übrigens das ursprüng-
Otia met. II S. 227 ff., insbesondere auch S. 306
wohnheiten.
und die freiberger Ge
Klotzsch, Ursprung der Bergwerke in Sachsen S. 223. 224.
1) Iura et libertates silvanorum v. I. 1271 (Wagner 1025): „de ver-
vestede man de scal hebben vrede in Derne Borste
went an den olden grauen,
de vervestede man de seal hebben Vrede, vom dem berge went an der Kinder bornen water dat dar vt vlut vnd
also vorder alse de aghetucht vlut vt deme
Rammesberge wente bouen de stad vnd an dat dal dat de Pannenstich het — de gnade is gegeuen deme Rammesberge to orer hulpe."
Goslarsches Bergrecht
aus dem 14. Jahrhundert Art. 130. (Schaumann S. 58.)
Allgemeine Lehren (Bergbaufreiheit).
liche Recht des
Grundeigenthümers
79
theils in einem Mitbaurechte,
für den Grund mehrfach anfänglich noch erkennbar. kuttenberger Bergrecht dem Grundherreu
theils in einem Vorbaurechte, welches keinenfalls
schaden allein gewährt wurde, Wenn das iglauer und
einen Antheil am Bergwerke in der sog. Herrenlane zuweist, so soll nach dem löwenberger Goldrechte der Grundbesitzer ein Viertheil der
Production erhalten, wovon die Hälfte dem Gutsherren zufällt.
„Uindet man abir galt uf eines mannes a dir des. sal man wie gebin ein vri Virteil" u. s. w. Kommt ein Goldbergwerk außer Betrieb und überwächst dasselbe
mit Büschen oder ebenet der Grundbesitzer den Boden wieder ein und fährt darüber Jahr und Tag ohne rechte Widerspräche mit Pflug,
Egge und Sense, so kann das Bergwerk nur
wie
ein ganz neues
Bergwerk wieder ausgenommen werden. — „unde ebint sie (die zeche) nnde vert darubir mit sime phlnge
unde mit sin' eiben vnde mit sin sensin. jar unde tac ane rechte
wid'spache. wil man dar nach golt da grabin. daz muz ma tun mit des manes Wille int solchem rechte alse hievor giredit ist"'). In den Berggewohnheiten der Abtei Steinfeld auf der linken
Rheinseite heißt es, daß bei zwei Bergleuten der Grundeigenthümer
der dritte sein mag, „sein ihrer zehn, so mag er der elffte werden". Die lommersdorfer Gewohnheit lautet für das Erbe außerhalb des freien Steinbergs: „Da aber ein Bergwerkcr in eines andern Erb oder acker fahren wolle, dessen der Eigenthumserb nit
selbst erbauen tönte noch walte, bau nur ein Sechst oder achten Theil minder oder mehr zu halten begehrt, soll ihme nicht verweigert werden." Die in die schleidener Bergordnung v. 1.1732 aufgenommencn Berggewohnheiten gewähren dem Grundeigenthümer ein Mitbaurccht zu einem Viertheil allerdings gegen Verlust des Grundschadens. Daneben wird aber bestimmt:
„Art. 12.
In Pesch, garten vnd andern zuschlägen kan
kein frembder senken,
wohl
aber der
eigenthümer, welcher ein
solches mit herrschaftlicher Permission und gegen den gewöhnlichen
Zehnten und Zahlung der iura thuen mach. Art. 13. Solle aber ein ander bergwerck bis ahn eines andern zuschlag getrieben und gefunden werden, daß stein darinnen
1) Steinbeck S. 81, 83.
Erste Abtheilung.
80
wäre, so solle dem eigenthiimber des zuschlags ein solches an
Tag erklären solle,
gesagt werden, welcher dan sich auf den 4tcn
ob er gesinnet sein, sein vierter theil mit zu bewirken
oder aber
ob
er eigene Kaulen
auf dem feinigen
senken und also alles für sich bewirken wolle." Diese Bestimmung wiederholt sich auch in den kölnischen Ge wohnheiten.
Nach letzteren wird der Grundbesitzer, wozu auch die
Gemeinde gehört, zur Ausübung des Mitbanrechtes „vom eiserberg mit der Kratzen und haw, vom
bleyberg
aber mit dem
Hammer
beigefordert." Meistentheils sind diese besonderen Rechte der Grundeigenthümer in den landesherrlichen Bergbaufreiheiten
und Bergordnungen des
16. Jahrhunderts nicht mehr anerkannt und daher nur ganz ver
einzelt erhalten geblieben,
da die bergordnungsmäßigen Grundkuxe
lediglich einen Ersatz für die Beschädigung der Oberfläche bilden').
erscheinen
Nach jenen Bergfreiheiten und Bcrgordnungen die Rechte der Grundeigenthümer überwunden.
vielmehr
Die Bergbaufreiheit gilt nunmehr unbehindert durch die Grund eigenthümer in dem ganzen Umfange der Territorien. Mit Rücksicht auf diesen Effect ist der Ausdruck „Freierklärung"
des Bergbaues
entstanden und fast allgemein üblich geworden.
Wenn mit dem letzteren
Ausdrucke angedeutet werden
sollte,
daß die Bergbaufreiheit in Deutschland ihren Ursprung in einer
landes- oder grundherrlichen Erklärung habe,
so
würde dies nach
der vorstehenden Erörterung allerdings unrichtig sein, da die Berg baufreiheit in den Zuständen der gemeinen Marken und in den nicht
geschlossenen Waldungen ihre Wurzel hat. Dagegen erscheint der Ausdruck „Freierklärung" insofern vollkommen berechtigt, als durch
jene landes- und grundherrlichen Bergfreiheiten und Bergordnungen die Bergbaufreiheit aus einem nur local anwendbaren Institute sich zu einer im ganzen Lande maßgebenden Einrichtung erhob. Nachdem die Bergbaufreiheit in dieser Art territorial eine allge
meine Geltung erhalten hatte, waren nach Maßgabe der deutschen Berg freiheiten und Bergordnungen die Hauptgrundzügc derselben folgende: 1. Es ist zulässig, auf dem Grund und Boden Dritter nach 1) Das in Schlesien bis vor Kurzem zu Gunsten der GrundcigenthLmer bestandene Mitbaurccht zur Hälfte ist neuern Ursprunges.
Ebenso das Institut
des Erbkuxes im preußischen Allgene Landrcchte (Thl. II Tit. 16 §. 117).
Allgemeine Lehren (Bergregal).
81
gewissen Mineralien zu suchen und zu diesem Zwecke bergmännische
Arbeiten zu unternehmen. Der Grundeigenthümer kann die Vor nahme dieser Arbeiten nicht verhindern. Ausgeschlossen von dem Rechte der Bergbautreibenden ist regelmäßig nur der Grund und Boden unter „Tisch, Bett und Feuerstatt" oder, wenn man diese
Worte als eine Umschreibung auffassen will, der Grund und Boden,
auf welchem ein Wohngebäude stehet *)• 2. Der Finder oder eventuell der Muther einer Lagerstätte, auf welcher ein unter die Bergbaufreiheit fallendes Mineral bricht, hat behufs Ausübung des Bergbaubetriebes das
Recht
auf Zuge
währung des Gewinnungsrechtes innerhalb eines bestimmten Feldes. Diese Grundsätze sind sowohl mit Rücksicht auf ihre vorstehend
entwickelte Entstehung, wie ihre Anwendbarkeit als gemeinrecht liche in Deutschland anzusehen.
2.
Entstehung und Begriff des Bergregales.
§• 25. Wenn die Bergbaufreiheit in ihrem Ursprünge auf den Bergbau
der Markcngenossen in der gemeinen Mark und den ungeschlos senen Waldungen zurückzuführen ist, so hangt die Entstehung des Bergregales wenigstens theilweise mit dem Bergbau zusammen, den die großen Grundherren auf den ihnen eigenthümlich zustehenden Ländereien von Alters her führten. Bekannt sind die bereits oben
(§. 7 S. 17) angeführten Bestimmungen des Capitulare Karls des Großen de villis regiis, welche der Silber- Blei- und Eisenerzbergwerke auf den Königlichen Gütern gedenken, bekannter noch diejenigen Ur
kunden und Nachrichten, welche sich über den Königlichen Silberbergbau
1) Vergl. z. B. nassau-katzenelnbogische Bergfreiheit v. I. 1559. (Brassert, Bergordnungen S.
ß),
kurtriersche Bergsreiheit v. 1.1564. (Brassert S. 99) u. s. w.
Die Einsicht dieser Bergsreiheiten ergibt übrigens,
daß die Bestimmung in der
That ursprünglich nicht als eine Umschreibung für Wohnhaus anzusehen, sondern
wörtlich aufzusassen ist.
Es wird nämlich den Gewerken die Freiheit gegeben,
„in eines jeden Gütern und Grund, in Haus und Hof (ausgcschieden unterm
Tisch, Bett und Feuerstatt) einzuschlagen und zu suchen." wohnheiten sind vielfach ausgeschlossen:
Königsstraßen
In den älteren Ge
und
Dorfwege.
Das
schon erwähnte Buch der Abtei Steinfeld dehnt dagegen die Bergbausreiheit bis
unter eines Menschen Schlaskammer aus. — Bergt, unten beim Schürfen. 6
Erste Abtheilung.
82
am Harze verhalten *).
Zahlreiche Urkunden weisen den Bergbau auf
Grundstücken der Grafen, Bischöfe und Klöster nach?).
Mußte mit
dem Aufblühen dieses Bergbaues, ganz
rechte, dem ersteren
abgesehen von dem Münz sowohl von den deutschen Königen, wie den
großen Grundherren eine erhöhete Aufmerksamkeit zugewendet werden, so erscheint es nicht auffallend,
daß nicht nur der alte Gebrauch, bei Uebertragung von Ländereien das Recht auf die Fossilien, „das Bergrecht"3), unter den aus dem Grundeigenthume fließenden Befug
nissen mit aufzählen zu lassen, auch später noch fortdauerte, sondern daß seit dem 11. Jahrhunderte es üblicher wurde, besondere Ver leihungen dieses Rechtes, ja Bestätigungen des bereits ausgeübten Bergrechtes vorzugsweise bei den Königen zu erwirkens, erstere 1) Meyer, Versuch einer Geschichte der Bergwerksverfassung u. s. w. des Harzes S. 4 ff. Im Jahre 1157 ging der Rammelsberg, wie es scheint, auf
eine Gewerkschaft über, zu welcher der Kaiser gleichfalls gehörte (Meyer S. 29). Gegen
1182 trat der Kaiser, aus der Societät und behielt sich lediglich den
Zehnten vor, welchen 1235 kraft Kaiserlicher Verleihung Herzog Otto von Braun schweig erhielt (Meyer S. 60).
2) Vergl. Gommer, über die Entwickelung des Bergregales, Zeitschr. für
Bergrecht X, S. 376 ff.; derselbe über den Bergbau der Klöster im Mittelalter in
den Münchener historisch-politischen Blättern
Bd. 64,
Heft
4
(1869)
S. 297 ff. 3) Z. B. Urkunde Heinrichs VI. für das Kloster Steingaden v. 1.1189:
Praedium in Hörne cum piscaturis et molendinis alpibus, et venis ferri, quod vulgo Bergrecht dicitur. (Wagner, über den Beweis der Bergregalität, Freiberg 1794, Beilagen p. VII. Lori, Einleitung S. XI.)
4) Vergl. z. B. die nachfolgende Urkunde über den Bergbau bei Stadt berge in Westphalen: Conradus Dei gratia Roman orum rex secundus Wicboldo Corbeiensi abbati suisque successoribus regulärster ordinatis in perpetuum. Venas metalli videlicet auri, argenti, cupri, plumbi et stanni et omnem pecuniam sive rüdem sive formatam, que intra montem Eresburch, qui Corbeiensi ecclesie iure proprietario pertinere noscitur latet, tibi et per te Corbeiensi ecclesie concedimus, damus et presenti scripto confirmamus, ut liceat tibi et successoribus tuis absque ullius persone contradictione in eodem monte so dere, omne metallum quod iuventum fuerit emere et conflare, tuisque et fratrum tuorum usibus licenter aptare, ut tanto melius possit Corbeiensis ecclesia tarn divinis quam regni rebus subservire. Data est hec monimenti cartula apud Wyrtzeburch anno dominice Incarnationis M° C° L° Indictione XIII propter servicium fidele predicti abbatis. (Erhard cod. dipl. CCLXXIII.)
Allgemeine Lehren (Bergregal).
beim Regierungswechsel zu erneuern und das
83
Recht des Beliehenen
auf alle künftig zu findenden Metalle ausdrücklich zur Anerkennung
zu bringen'). Eine solche Entwickelung mußte die Ansicht entstehen lassen, daß einerseits das Recht zum Bergbau ein selbstständiges, sei, dessen Ausübung
vom Grundeigenthume unabhängiges
Recht
einer besonderen Verleihung bedürfe,
und daß andererseits die Er-
theilung dieser Verleihungen und somit auch das zu verleihende Recht vornämlich zu den Königlichen Befugnissen gehöre8).
§. 26. In die Zeit dieser Auffassung fällt die
ursprünglich nur für
Italien ergangene Constitution Friedrichs I. v. 1.1158 (II. F. 58)8), in welcher unter dem Ausdrucke regalia auch die argentariae aufgezühlt werden. Mag es richtig sein, daß in Erinnerung an die
in den
Provinzen
des römischen Reiches vielfach vorkommenden
Kaiserlichen Bergwerke und zum Theil in Folge irrthümlicher Aus
legung des römischen Rechtes die fragliche Bestimmung an römische Zustände anknüpfen sollte41),52 3so kann doch mit nicht geringer Sicher
heit angenommen werden, daß es sich wesentlich darum handelte, jene Auffassung über die Rechte des Königs dem Bergbau gegenüber mit einer weiteren Stütze zu versehen. Die Constitution erklärt kurzweg die Silberbergwerke und nicht die Einkünfte aus denselben
zu den Königlichen Rechten8).
Merkwürdig genug fällt in dasselbe
1) Bergt, z. B. Urkunde Heinrichs VI. für das Stift Corvei v. I. 1193: concedentes — auctoritatem et potestatem plenam, regio iure sine diminutione ex nostra serenitate collato, in anrifodinis et argentifodinis et ceteris quoque metallorum generibus cum decima — et omni utilitate, ut ubicunque in tenimento monasterii sive de iure possessorio, sive de iure sit proprietatis, sive utriusque inveniantur aurifodinae, vel aurifluentae, argentifodinae, vel cuiuslibet alius metalli fodinae potestatem habeatis, — in fodiendo, exquirendo aurum, argentum et cetera metalla. 2) Bergt. Weber, Handbuch des deutschen Lehnrechts. Thl. II, S. 181. 3) Siehe oben S 17. Anm. 2. 4) Hüllmann, Geschichte des Ursprungs der Regalien in Deutschland. (Frankfurt 1806) S. 69 ff. 5) Eichhorn (deutsche Rechtsgefchichte Bd. 2, §. 362 S. 659 Anm.) be ziehet die Constitution auf den Zehnten von Bergwerken. Der Gegensatz zwischen
84
Erste Abtheilung.
Jahr 1158 die bereits oben (§. 10 S. 33) erwähnte Urkunde Friedrichs I. über die argentaria in Ulmeze (Ems), in welcher der Kaiser omnem iustitiam, quam in argentaria in Ulmeze et in toto monte adiacente de iudicio principum habere videbamur — cum ceteris regalibus in beneficio libere habendam dem Erzbischöfe Hillin von Trier verleihet und dabei hinzusetzt: Nihilominis quoque de munificentia imperii, si aliquam forte postmodum in aliquo fundn ecclesie tue inveniri contigerit argentariäm, quidquid iuris in eo,habere debemus, tibi tuisque successoribus legitime contraditum eodern modo in perpetuum ’confirmamus. Der Silberbergbau wird also auch in dieser Urkunde bereits ein Regal genannt, welcher de iudicio principum bei Ems dem Könige zustand. Nicht blos aber die Einser Bergwerke, sondern alle künftigen Bergwerke auf dem Grunde der trierer Kirche, welche zunächst dem Könige zu stehen würden, werden dem Erzbischof de munificentia imperii ver liehen '). Nicht ohne wesentliche Bedeutung erscheint zugleich der
argentariae und salinarum reditus zeigt aber, daß es sich bei ersteren nicht um die Einkünfte, sondern um diese selbst handelt.
Siehe auch Commer in der
Zeitschr. für Bergrecht X, S. 384. Ganz grundlos ist die Auffassung, daß unter
argentariae Münzstätten zu verstehen seien. ohne jeden Zusatz ein
Silberbergwerk
Argentaria bedeutet in jener Zeit
(vergl. z. B. oben die Verleihung der
Silberbergwerke bei Ems), niemals eine Münzstätte.
Aus der Reihenfolge der
einzelnen Regalien ist ebenfalls keinerlei Schluß zu ziehen, wie schon eine ober flächliche Einsicht ergibt.
Zudem würde, diese gerade gegen jene unhaltbare Aus
legung sprechen, da in der Aufzählung die moneta sich nahezu an der Spitze
der
Regalien
befindet.
Siehe - auch
Grüter
de regali
metallorum
iure,
(Bonnae 1867), p. 26 ss. 1) Commer
o. a. O. S. 382, 383 glaubt, daß bei dem Bergwerke zu
Ulmeze der Kaiser möglicher Weise aus einem Privatrechtstitel eine iustitia
ausgeübt habe und daß somit die Verleihung derselben sich nicht nothwendig auf das Bergregal beziehe, wiewohl die weitere Verleihung des Bergbaurechtes an allen anderen Orten der trierer Kirche allerdings eine Anspielung auf das Re
gal enthalte.
Commer war indeß die Beziehung der Urkunde auf das Emser
Bergwerk unbekannt.
Ein Privatrechtstitel liegt bei denselben nicht vor, auch
beweist gerade die von Commer angeführte Verleihung des Kaiserhofes
Ecken
hagen bei Andernach (v. I. 1167 an Erzbischof Reinald von Köln) mit den Silbergruben
ac aliis curtis eiusdem iustitiis et pertinentiis, daß unter
iustitia nicht der Gerichtsbann, sondern allgemein Gerechtsame zu verstehen sind. (Vergl. über iustitia auch die Urkunde König Friedrichs II. v.
I. 1218
bei
Allgemeine Lehren (Bergregal).
85
Umstand, daß offenbar kraft seiner Königlichen Gerechtsame *) König Friedrick I. die Silberbergwerke in Ems für sich beanspruchte, daß
ihm dieselben cle iudicio principum zugesprochen wurden, der Rechtsstreit aber sein Ende dadurch fand, daß Erzbischof Hillin eine Kö
nigliche Verleihung annehmen mußte.
Vollständig analog verhält
es sich mit der Verleihung deffelben Königs v. I. 1189 an Bischof Konrad von Trient. König Friedrich nahm die blühenden tridentiner Bergwerke für sich in Anspruch, der Bischof fügte sich in der Art, daß er sich der ihm aufgenöthigten Königlichen Verleihung unterwarf. Ganz offen erklärt die Urkunde, daß nach der von Alters herkommenden, oft geübten Gewohnheit hier wie
an anderen Orten des Reiches die Bergwerke unter die Rechte des Königes gehören 2).
Vergleicht man mit diesen Verleihungen andere Urkunden
jener Periode, welche das angeblich alte Recht (ins antiquum) des Reiches und des Königes auf die Bergwerke hervorheben ^), so erscheint
Sperges S. 278.) Der Kaiser beanspruchte alle Gerechtsame über das Silber bergwerk in Ems, der Erzbischof bestritt dieselbe auf Grund seines Besitzstandes, die Fürsten sprachen sich für den Kaiser aus, letzterer verlieh nun zum Heile seiner Seele und zur Belohnung für geleistete Dienste das Bergwerk dem Erzbischof. 1) König Heinrich IV. nennt in der Verleihung des Bergrechtes aus die Metalle an die Abtei Siegburg (verg. oben S. 33) v. I. 1122 seine Gerecht same auf erstere bereits ein ins regium. 2) Universis itaque Christi et Imperii fidelibus presentibus et futuris notum fieri volumus, quod perseverante accione nostra de argentifodinis aput Episcopatum Tridentin um, quas iuri nostro tarn ibi, quam in aliis imperii nostri finibus repertas antique consuetudinis celebritas adiu dicavit. Dei intuitu et respectu honestatis dilecti nostri Cunradi Tridentini Episcopi, ad preces et laudabilem eins deuocionem, argcnti fodinas in Ducatu Tridentino Episcopatuve que nunc sunt, vel que in posterum argenti, cupri, ferrive omnisque metalli ibi dem r ep erientur, preterquam in alodiis comitum de Tyrol et Epiano, que specialiter duximus excipi end a, Ecclesie Tridentine Imperiali largicione tradimus etc. (Sperges S. 265). Diese Verlei hung beziehet sich also nicht mehr blos auf die Bergwerke aus dem Grund und Boden der tridentinischen Kirche, sondern auf das ganze Fürstenthum, wie schon aus dem Vorbehalte gewisser Allodialgüter hervorgehet. 3) Friedrich II. verleihet 1219 Ludwig V., Herzog in Baiern und Pfalz graf am Rhein, als Lehen omne genus metalli tarn in auro et argento, quam in aliis, quod in terris patrimonii et feudi sui fuerit repertum,
86
Erste Abtheilung.
es nicht zweifelhaft, daß Friedrich I. und seine Nachfolger die Con stitution von 1158 mit großer Energie in Deutschland zu verwirk
lichen versuchten, wenn es auch nirgends zu einer Einziehung der Bergwerke der Landes- und Grundherren gekommen ist. Die Könige
cum omni iure et utilitate, exinde proveniente et quam nos et Im perium percipere deberemus u. s. w. Derselbe gewährt 1216 dem Grafen Poppo von Henneberg als Lehen „omnes argentifodinas et tarn alia quaecunque metalla seu sahne fuerint in terra sua a modo reperte, ut eas ad usum suum convertat, et tarn ipse, quam sui heredes, sicut ad imperium et nos spectaret, cum universis proventibus suis iure feodali teneant et possideant.“ Verleihung Friedrich II. an den Bischof von Meißen v. I. 1222: quia vero illa specialiter nostrae pertinet maiestati u. s. w.; Verleihung Heinrichs VII. an den Grafen von Ortenburg v. I. 1229: fossata auri et argenti, quae in terra et bonis suis inveniri poterint, quae ad nos et Imperium ex antiquo iure pertinere dignoscuntur. Urkunde des Markgrafen Otto des Reichen von Meißen v. I. 1185: Praeterea sciendum, cum ab imperio cuiuslibet metalli proventum in nostra Marchia benesicii iure suscepimus. Die Verleihungsurkunde Friedrichs II. für den Bischof von Brixen v. I. 1214 behält dem Könige sogar die Hälfte der Erträgnisse der Silberbergwerke vor (ita tarnen ut nos in proventibus, si quid inde proveniant, secum ad medium debeamus participare). Ebenso heißt es in der Verleihungsurkunde Rudolphs für den Bischof von Freisingen v. I. 1266: nobis et Imperio similiter iure nostro in omnibus reservato. — Imperii iure salvo. Vergl. noch Wagner, über den Beweis der Regalität, Beilagen S. X und Grütsr, de regali metallorum iure. (Bonnae 1867.) p. 28. Die Urkunde des römischen Königs Heinrich VI. an die Bischöfe zu Minden, Paderborn und Osnabrück v. I. 1189, worin es heißt: Cum omnis ar gen tifodina ad iura pertineat Imperii et inter regalia sit computata, nulli venit in dubium, quin ea, quae nuper in Episcopatu Mindensi dicitur inventa ad nostrum totaliter spectet distributionem (Goldast Const. Imp. t. 3, 362) scheint dagegen später fabricirt zu sein. Ebenso ist die Aechtheit der Urkunde Heinrichs VI. von demselben Jahre und Tage für den Bischof von Minden, worin sich der König ein Drittel der Einkünfte einer Silbergrube vorbehält und worin es heißt: Cum igitur argentifodina, quae est in Episcopatu Mindensi constituta, ad iura per tineat Imperii et interRegalia nostra sit computata, keines wegs Unzweifelhaft, wenn auch wahrscheinlicher als jene zuerst angeführte, deren Inhalt zudem mit der zweiten im Widerspruche stehet.
Allgemeine Lehren (Bergregal).
87
erlangten nur die grundsätzliche Anerkennung eines ihnen zustehmden
Regales an gewissen Fossilien, die Territorialherren aber, welche nach und nach nahezu sämmtlich mit dem Bergregal beliehen wurden, die Ausübung desselben^ Zur Zeit der Abfassung des Sachsenspiegels, also in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, hatten diese Zustände in Deutschland gemeinrechtliche Anerkennung
noch
nicht
gefunden,
das Regal galt nur erst örtlich, wie auch die oben (S. 73) bereits angeführte Stelle des Sachsenspiegels I 35, beweist. Die Bestim mung im §. 1: „Al schat unter der erde begraven deper den ein pluch ga, die hort to der koningliken
gemalt"
kann
nämlich nach
Ausdruck und Zusammenhang mit §. 2 nur auf den Schatz (The
saurus), nicht aber auf die Metalle bezogen werden.
Würden, wie
Einige wollen'), unter Schatz der Thesaurus und die Metalle gleichzeitig zu verstehen sein, so gewährte die Stelle ein Bild des Uebergangszustandes, in welchem einestheils zwar die Königliche Gewalt über die Metalle theoretisch anerkannt ist, praktisch aber die
Gewinnung derselben nur mit Genehmigung des Grundeigenthümers möglich erscheint. Die Thatsache, daß zu jener Zeit das Bergregal als ein gemeinrechtliches Institut nicht bereits in das Bewußtsein der Nation eingedrungen sein konnte, erklärt sich auch daraus, daß bis dahin die weitaus beträchtlichste Zahl aller Verlei hungen mit Bergwerken sich auf den Grund und Boden
und daß erst später, nachdem das Regal zu einer allgemeineren Geltung und Anerkennung gekommen
des Beliehenen beziehet
war,
äus diesen Verleihungen
der
Anspruch
auf
das Regal im
ganzen Territorium des Beliehenen hergeleitet wurde. Die Con flicte zwischen König und Territorialherren dauerten inzwischen noch fort. Die Könige von Böhmen hatten das von den Hohenstaufen prätendirte Königliche Regal auch ohne Verleihung der deutschen
(Bergl. Wagner, über den Beweis der Bergregalität, Beil. S. XI; Cammer in der Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. X, S. 387 und dazu Achenbach, franz. Bergrecht S. 24.) Die Konstitution Friedrichs I. v. I. 1158 scheint übrigens ebensowohl in
Frankreich, wie in England gleichartige Bestrebungen der Könige auf Anerken nung eines Eigenthumes der Krone an den Bergwerken hervorgerufen zu haben. (Vergl. Achenbach, franz. Bergr. S. 27; Nasse in der Zeitschr. für Bergrecht
Jahrg. XI, S. 172 ff.) 1) Sternberg, Bd. II, S. 10, 3 ff.
Erste Abtheilung.
88
Könige für sich nutzbar zu machen gewußt. Letztere waren daher bestrebt, das böhmische Regal an sich zu bringen. So verlangte König Albrecht im Jahre 1303 von Böhmen 80,000 Mark Silber
oder die Verpfändung der kuttenberger Bergwerke von sechs Jahren unter dem Vorwande, daß
auf die Dauer
die Bergwerksabgabe
(Urbure) rückständig sei'). Es entstand wegen dieser Forderung ein für Albrecht ungünstig endender Krieg. Nicht lange vorher (1296) hatte König Adolph dem Markgrafen von dere Belehnung mit eigenen Vettern, den
Freiberg besetzt und den Versuch gemacht, dasselbe Meißen, welcher nachweisbar ebenfalls keine beson den Bergwerken besaß, zu entreißen?). Seinen Grafen von Nassau ottonischer Linie, welche ohne
Königliche Belehnung das Silberbergwerk am Ratzenschcit betrieben, nö thigte der König 1298 in der Form der Verpfändung eine Verleihung
der Bergwerke daselbst und an anderen Bergen in ihren Territorien auf?). Rücksichtlich der Kurfürsten brachte endlich die goldene Bulle König Karls IV. v. I.
1356 die Streitfrage
definitiv zum
Austrage,
indem die Rechte der ersteren anerkannt wurden. Es ist gewiß, daß diese Anerkennung, bei welcher die Rechte der böhmischen Könige be sonders hervorgehoben werden, namentlich den letzteren dauernden Schutz gegen die Ansprüche der deutschen Könige auf das Bergregal gewähren sollte^). Seitdem kann der Kampf über das Regal
1) Sternberg, Bd. II, S. 139. 2) Schliephake, Geschichte von Nassau, Wiesbaden
1868,
5. Halbband
S. 121; Wagner, über den Beweis der Regalität u. s. w. S. 35. 3) Vergl. oben S. 33. 4) Sternberg, Bd. II, S. 160 und oben S. 37 Anm. 2. Die böhmischen Kö
nige waren ihrerseits nicht im Stande, die Rechte der ständischen Grundhcrren völlig
zu beseitigen.
Nach den s. g. böhmischen Bergwerksvergleichen, welche Ferdi
nand I. und Maximilian II. 1534 und 1575 mit den ständischen Grundherren abschloß, sollten letztere beim Gold- und Silberbergbau auf ihrem Grunde mit dem halben, bei allem anderen Bergbau aber mit dem ganzen Zehnten betheiligt sein. Bei Gold, Silber und Salz fand zwar das Königliche Regal Anwendung, aber die ständischen Grundherren hatten an den Einkünften des Regales Antheil.
Bei den niederen Metallen und anderen Fossilien war dagegen das Regal der Krone durch das Recht der ständischen Grundherren ausgeschlossen.
In Böhmen
und seinen Nebenländern hatten sich demnach letztere stark genug erwiesen, einer vollen Ausdehnung des Königlichen Regales auf ihre Besitzungen mit Erfolg entgegen
zu treten, aber das grundherrliche Eigenthum an den im Gutsbezirke vor kommenden niederen Metallen u. s. w. war in die Form eines durch die
Allgemeine Lehren (Bergregal).
89
zwischen König und Territorialherren überhaupt als zu Gunsten der letzteren entschieden angesehen werden. Die Könige gaben die Ver suche auf, sich in den Besitz der Bergwerke und der
aus denselben
fließenden Einkünfte zu setzen und die Territorialherren suchten sich
den Besitz des mehr und mehr an territorialer Ausdehnung gewin nenden Regales durch Annahme Königlicher Verleihungen möglichst zu sichern.
Die
Wahlcapitulation König Karls V.
v. I. 1519
allgemein „ihre Re galien" und der osnabrücker Friede Art. 8 §. 1 endlich erkennt Art. 4 garantirt den
Reichsständen bereits
ihrer Eigenschaft als Landesherrn, also ohne Rücksicht auf specielle Königliche Verleihung, als Regalberechtigte an.
die Reichsstände in
§. 27.
Dieser Gang der Entwickelung, welcher in Frankreich zu Gun sten der
Krone und nicht der großen Feudalherren endete *), in
Deutschland aber an die Ausbildung der Landeshoheit der Reichs stände sich unmittelbar anschließt, bedarf indeß zu seiner vollständigen Erklärung speciell bezüglich des Bergregales noch der Hervorhebung der folgenden Thatsachen. Es ist bereits nachgewiesen worden, wie die Entstehung der Bergbaufreiheit und der besonderen Berggewohn heiten in Deutschland mit den gemeinen Marken zusammenhangt.
Wenn diese Gewohnheiten in Folge deutscher Einwanderung in Böh men, Mähren, Ungarn u. s. w. übernommen und hier frühzeitig
niedergeschrieben wurden 2* ),1 so erscheint hier die obrigkeitliche Ein mischung bei Feststellung des Rechtes der Einwanderer, welche wahr scheinlich in Folge der Aufforderung der Landesfürsten zugezogen
sind, nur zu erklärlich.
Als König Wenzel I. von Böhmen und
dessen Sohn der Markgraf von Böhmen die iglauer Berggewohn heiten um die Mitte des 13. Jahrhunderts bestätigte, geschah dies
in der Form eines den Bergleuten im ganzen Lande (dilectis civibus nostris in Iglauia et montanis ubique in regno nostro con-
Bergbausrciheit
beschränkten
Regales
ebenfalls
übergcgangen.
(Näheres über die böhmischen Bergwcrksvergl Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. I, ®. 39 ff. und oben S. 47 Anm. 3.) 1) Achenbach, das französische Bergrecht (Bonn 1869) S. 27 ff.
2) Vergl. oben S. 17 ff.
Erste Abtheilung.
90
stitutis singulis et universis) ’) ertheilten Privilegiums.
Fünfzig
Jahre später erließ König Wenzel II. für die Bergleute im König reiche (montanis suis per regnum Bohemiae universis) sogar ein
förmliches Gesetzt).
War es in dieser Art möglich, den Landesherren
innerhalb der recipirten deutschen Gewohnheiten eine den letzteren ursprünglich fremde Stellung von erheblicher Bedeutung anzuweisen, so mußte diese Aenderung auch für das Mutterland in Folge des
Einflusses jener frühzeitig schriftlich redigirten Bergrechte nicht ohne Für Freiberg mögen zudem die exceptionellen Rechte der Markgrafen die Einschiebung des letzteren in die berg
Rückwirkung bleiben.
männische Genossenschaft erleichtert haben.
Wichtiger noch erscheint der Umstand, daß der auf den Grund stücken des Königes oder der Territorialherren umgehende Bergbau
keineswegs überall unter Ausschließung der bergmännischen Gewohn heiten, wie dieselbe auf den ungetheilten Ländereien entstanden waren,
Dies ergeben unter Anderem unzweideutig Dagegen traten hier die Rechte des Eigenthumes im Vorbehalte von Abgaben, in der Oberaufsicht, betrieben worden ist.
die Gewohnheiten des Rammelsberg.
in der Feststellung der bergmännischen Verfaffung, in der Bestellung besonderer Beamten u. s. w. von Anfang an scharf hervor. Die
Befugniffe der s. g. gemeinen oder Hauptgewerken am Rammelsberg
und anderwärts sind wenigstens zum Theil aus diesen Rechten des Grundherren ebenfalls hervorgegangen8). Aber auch die Umgestaltung der gemeinen Waldungen zu Bann forsten, das Eindringen der Territorialherren in die Verwaltung der Markengenossenschaften, das Erlangen der Markgerichtsherrschaft, ja
die vielfache Umbildung derselben zur Grundherrlichkcit über die freie Mark4 1)5 2 mußte 3 die Entstehung besonderer Berechtigungen der Terri torialherren gegenüber dem Bergbau begünstigen 6). Wie man die gemeinen Marken
als herrenlos und dadurch gewissermaßen dem
1) Sternberg, Urkundenbuch S. 11; vergl. auch die Privilegien der fran
zösischen Könige für die eingewanderten deutschen Bergleute bei Achenbach, das französische Bergrecht S. 28 ff.
2) Siehe oben S. 19.
3) Meyer, Versuch einer beschichte der Bergwerksverfassung u. s. w. des Harzes S. 90 ff.
4) Gierke, Rechtsgeschichte der deutschen Genossenschaft. S. 626 ff., 635 ff. 5) Walter, deutsche Rechtsgeschichte. Nr. 517 ff. (S. 594 ff.)
Allgemeine Lehren (Bergregal).
Occupationsrechte
91
der Territorialherren unterworfen ansah •), wie
das freie Jagdrecht dem vorzugsweisen Occupationsrechte der ersteren,
dem landesherrlichen Jagdregale weichen mußte, fv trat auch rücksicht
lich des freien Bergbaurechtes eine ähnliche Auffassung und Entwicke Kurz die Stellung des Landesherren war innerhalb der bergmännischen Genossenschaft schließlich auf den ursprünglich gemeinen lung ein.
Marken dieselbe wie auf landesherrlichem Grundeigenthume gewor
den.
Weisthum zu Rommersheim, (überdie Gerechtsame des
Abtes zu Prüm): Haut die scheffen vur voll geweift, bat man und bau, waffer, weide, nutz und vlutz, vundt und prunbt1 2) von dem Him
mel nieder in den grunth u. s. w. Engersgauer Bergpflegen-Freiheit: Weisen wir un serm gn. Herrn — sunt und prunt, den hohen Wald, den Vogel in der lüft, den fisch im waßer, bat fließende ist, bat will in der Hecken u. s. w. Meddersheimer Weisthum: „bergwerke wießen sie den Herren." Bor allem Anderen sind die linksrheinischen Bergweisthümer
hier von Bedeutung, indem in diesen das Bergrecht ganz wie der Wildfang behandelt wird. Bergweisthum von Mechernich)
„Item zum ersten erkennen und weisen wir, wie von vnseren
Voreltern geweift worden, v. g. h.
vnd grauen zu Bl. und den
Hern zu Rodt alle gewaldt des berges zu, den wildtfanck auf der erden vnd in der erden, als für gewaltige Hern und das so weit, als v. g. h. herlichkeit thutt gelangen."
1) Gierke a. a. O. S. 659. Bergt, auch Bridank 76, 5—12.
„die dürsten twingcnt mit gemalt Belt, steine, wazzer dnde walt
dar zuo wild vnde zam; sie taeten lüfte gerne alsam: der muoz uns noch gemeine sin.
möchtens uns den sonnen schin verbieten, wint vnd regen man muesen zins mit golde wegen."
2) Der Ausdruck „fund und prunk" thümern zur Bezeichnung des Bergrechtes.
wiederholt sich in zahlreichen Wcis-
92
Erste Abtheilung.
Bergfreiheit von Kammern: „Item erkennen wir vnscrn gnädigen Hern zu Arburg alle Gewalt des Berges zu, drn Wildfang in der erden und auf der erden, als einen gewaltigen Herrn vnd das so weit vnd fern seiner Gnaden herlichkeit belangen thut."
Kölnische Gewohnheiten (von Bergmeister Eylertz und den
Geschwornen gewiesen): einem zeitlichen hochwürdigsten Kurfürsten zu Köllen als ihrem ggsten Herren alle
gemalt über hierseits rheins sich
ergebender
Köllnischer Bergwerker den wiltfang in der Erden undt auf
der Erden als einem gewaltigen Herren — zu erkennen." Das Weisthum des Bleiberges zu Kall vom Jahre 1494 gehet in der Analogie zwischen Jagd- und Bergrecht sogar soweit, daß wie
dem Jäger die Jagdfolge, so dem Herzoge von Jülich als dem Berg herren die Befugniß zustehen soll, in eines anderen Herren Land den
Bergbau weiter zu führen. „Wir Herman Ritter, Thomas vom Kalle, Micher vom Kelde
nich, Johan vom heystat Schoultiß daselfs, Thomas zu Kalle vnd Kalle, wysen vur fryeheit vnd
Johan bleygen, Geschworen zu
Recht als herna beschreven voulght: 1.
Also wan eyn berch uyssbrecht vmb Kalle bynnen eynre
Banmylen, bat der berchmeister van wegen eyns fürsten van Guylich mit den geswoeren volgen ind naziehcn mach, als eyi» Jeger rym stuck wilh, in wat Heren lantz dat idt sy ind dae inte
laissen slain ind davon dem fürsten den zienden.
Ind wysen de
Banmyle vmb Kalle so lanck as van Kalle zu Zulpge.
Ind sulchs
Haven wir van vnsen vur faeren gehoert ind geleirt, na wilchem wysdom vnsers gnedigen Heren hertzog zu Guylch vurfaeren, untgeinwerdich eyns Erztbysschoffen van Kolen, up dem berch vur drissig jairen verdedingt ind behalden hait, vns kondlich ist"
u. s. w. §. 28. Die verschiedenen Quellen, aus denen das Bergregal hervor gegangen ist/konnten nicht ohne wesentlichen Einfluß auf die Be
stimmung des Inhaltes desselben bleiben. Die Entwickelung des Bergregales aus dem grundherrlichen Bergbau mußte zur Annahme des Eigenthumes des Regalherrn an den regalen Mineralien
und speciell an den
dieselben führenden Lagerstätten hindrängen.
Allgemeine Lehren (Bergregal).
93
Die Constitution v. I. 1158 zählt die Silberberg werke selbst (argentariae) zu den Regalien und die goldene Bulle v. I. 1356 überweist den Kurfürsten die auri et argenti fodinae u. s. w., also wiederum die Bergwerke als Gegenstand ihres Regales, und so ist es in den Verleihungsurkunden über das Bergregal geblieben bis
zur Rheinbilndsacte von 1806, welche im Art. 27 den mediatisirten Reichsständen unter den der Souverainetät nicht wesentlich ange hörenden herrschaftlichen Rechten (tous les droits seigneuriaux et ftiodaux non essentiellement inhtirans ä la souverainetß) auch die Bergwerke und Hütten (le droit de mines, d’usines) zuerkennt *)♦
1) Vergl. auch §. 23 der preußischen Instruction über die standesherrlichen
Verhältnisse vom 30. Mai 1820 (G.-S. S. 81): Den Standesherrn bleibt in
ihren standesherrlichen Bezirken die Benutzung jeder Art der Jagd- und Fischerei gerechtigkeit, der Bergwerke u. s. w. Thüringische Bergordnung v. I. 1563:
„Welche Bergwerke, Metall
und Berg art en mit allen ihren Zugehörungen, Gerechtigkeiten und Freiheit
und was denselben mehr anhängig sein mag, Uns als dem jezigen Landgrafen in
Thüringen, sofern sich Unsere Lehn- und Botmäßigkeit erstreckt, nicht allein von hoher landsfürstlicher Obrigkeit wegen, kraft Unserer Regalien auch der Gül denen Bullen von Recht und Billigkeit wegen und sonst niemand Anderem
gebühren und zustehen."
(Herthum, Sammlung S. 149.)
Hennebergische Berg-Ordnung v. I. 1566 (Brassert S. 221):
„Nachdem
— an mehr dann einem Ort unserer fürstlichen Grafschaft sich auch allerhand nutzbarer Bergwerke ereignet, welche dann Weyland Unsere Voreltern christlicher seli
ger Gedächtniß und sonderlich Graf Poppo von Henneberg seliger im I. 1216 von Weyland Kaiser Friedrich dem andern Hochlöblichster Gedächtniß als ein vornehmlich Regal zu Lehen empfangen" u. s. w.
Kurtriersche Bergfreiheit v. I. 1564 (Brassert S. 98): „Und die weil in krafft der Regalien, Bergkwerck sollen und mögen gesucht werden vnd Bergkwerck der Regalien eine ist" u. s. w. Wenn es in der österr. Bergordnung v. I. 1517, Art. 26 (Wagner
S. 37) heißt: „Es sollen uns auch als Herrn und Landfürsten all Obrigkeit in allen unsern Landen, wo Bergwerk sein oder noch erstehn, mit sammt allen
Hoheiten und Schwarzwäldern, dazu allen Wasserflüssen ohne alles Mittel zu stehen," so liegt dieser Bestimmung gleichfalls die Auffassung eines Eigenthumes
an den Bergwerken zu Grunde. Die ferdinandeische B.-O. v. I. 1553 Art. 1 (Ursprung und Ordnung der Bergwerke S. 167) sagt daher direct: „Nachdem uns als regierendem Herrn und LandesfUrsten alle Bergwerk und Fünde — ohne alles Mittel als unser Kammergut zustehen" u. s. w. Für Ungarn
constatirt Wenzel, Handbuch des allgem. österr. Bergr. S. 76 (S.' 192, 193),
Erste Abtheilung.
94
Im
Zusammenhänge
hiermit bezeichnete die ältere Theorie,
welcher noch Hake (S. 52 §. 69, S. 130 §. 168) und zum Theil auch Karsten (S. 6 §. 14) huldigt, als Inhalt des Bergregales
das Eigenthum an den regalen Mineralien in und mit ihren
Lagerstätten.
Auf der anderen Seite blieb die gegenüber dem freien Berg bau, sei es auf der
gemeinen Mark, sei es außerhalb derselben,
erlangte Rechtsstellung des Territorialherren gleichfalls auf die Be
stimmung des Inhaltes des Bergregales nicht ohne Einfluß. Die Ansicht fand Vertretung *), daß die regalen Mineralien und ihre
Lagerstätten herrenlos seien und dem Regalherren nur ein vorzüg liches Recht zur Okkupation derselben gebühre.
Diese letztere Auf
fassung ging in das preußische Allgemeine Landrecht über. Das Gesetzbuch behandelt Thl. II, Tit. 13 §§. 5 ff. die s. g.
regalia maiora unter der Bezeichnung Majestätsrechte und stellt denselben Thl. II, Tit. 14 §§. 24 ff. die s. g. regalia minora, niedere Regalien, entgegen. Nachdem Thl. II,
daß von Alters her alle Bergwerke im Eigenthume des Königes standen. Ur kunde v. 1327: Antiqua Regni nostri consuetudine et usque modo firmiter observata exigente, terrae seu predia tarn Ecclesiarum quam Nobilium huius Regni quorumcunque, in quorum territoriis auri vel argenti fodinae reperiuntur ad manus Regis, mediante aliquali concambio devolvi debeant. Vergl. auch die Urkunden bei Wagner S. 169 ff. Wenn in den letzteren das Recht auf die Ur-ure ius re gale (auch iura regalia seu urburae) genannt wird, so bezeichnet dies eine Königliche Gerechtsame auf den Zehnten, für den Fall, daß der König das Bergwerk nicht selbst übernehmen will. Unzulässig erscheint es, wegen dieses Ausdruckes den Schluß ziehen zu wollen, daß das Bergregal nur in dem Zehnten von den Bergwerken bestanden habe, da ja, ganz abgesehen von anderen Gründen, in derselben Urkunde dem Könige das Recht beigelegt wird, diejenigen Privatgrundstücke, auf denen Bergwerke eröffnet werden, gegen Hingabe an derer Länderen sich anzueignen. Dem Könige stand also zunächst ein Recht auf die Bergwerke selbst zu. Vergl auch ungarische B.-O. v. I. 1575 (Wagner S. 174): „Anfänglich, nachdem Uns als regierendem König in Hungarn alle Bergwerke und Fünde, wo die allenthalben in Unserem Königreich Hungarn ge legen, jetzo im Wesen sein oder künftig gefunden, aufgeschlagen und gebauet werden u. s. w. ohne alles Mittel als Unser Kammer-Gut zu stehen" u. s. w. 1) Pütter, instit. iuris publ. §. 37 1.
Allgemeine Lehren (Bergregal).
Tit. 14 §. 22 „das ausschließende Recht,
95
gewisse Arten der
herrenlosen Sachen in Besitz zu nehmen", ein „gemeines Eigenthum des Staates" genannt wird, besinnt §. 24: „die Nutzungsrechte"
an einem solchen gemeinen Staatseigenthume als niederes Regal.
Thk. II, Tit. 16 §§. 1 und 6 gewähren sodann dem Staate ein „vorzügliches Recht zum Besitze" auf die „unterirdischen Schätze der Natur, auf welche noch Niemanden ein besonderes Recht verliehen worden" und die §§. 69 ff. enthalten endlich im Anschlüsse an das Jagdregal die näheren Bestimmungen über das Bergregal und dessen
Ausübung.
Die dem preußischen Allgemeinen Landrechte zu Grunde liegende Theorie, wonach dem Regalinhaber das vorzugsweise Recht der Occu-
pation der als herrenlos gedachten Fossilien und ihrer Lagerstätten zustehen soll, erscheint sonach klar ausgesprochen *)• Dabei ist die seit dem 16. Jahrhundert aufgekommene1 2)3 Unterscheidung zwischen regalia maiora (essentialia)
oder wesentlichen Hoheitsrechten des
Staates (gesetzgebende, richterliche, vollziehende Gewalt u. s. w.) und
regalia minora (accidentalia) oder niederen (zufälligen) Regalien (nutzbare veräußerliche Gerechtsame, welche unter Ausschließung oder Beschränkung der.Privaten der Staatsgewalt nach Gesetz, Herkom men oder auf Grund besonderer Titel zustehen) in aller Breite in
das Gesetz ausgenommen2).
1) Vergl. auch Brassert, das Bergrecht des Allgem. preuß. Landrechts in seinen Materialen. (Bonn 1861) S. 43 ff.
2) Vergl. hierüber Strauch,
(Erlangen 1865)
S. 9 ff.
über
Ursprung und Natur der Regalien.
Nach letzterem findet sich die Unterscheidung zum
ersten Male bei Pruckmann, tractatus de regalibus.
(1551.)
3) Nicht ohne Grund sagt v. Gerber, Grundzüge eines Systems des deut
schen Staatsrechts S. 25,
Anm. 1. «Leipzig 1865) bezüglich dieser Eintheilung:
„Es verdient bemerkt zu werden, daß man in einem Theile der Literatur der ganz unrichtigen Vorstellung begegnet, als wären dies (die s. g. Hoheitsrechte)
erworbene Rechte,
welche dem daneben noch selbstständig gedachten Staate als
ihrem Rechtssubjecte zukämen.
Dahin deutet es auch, wenn man von „wesent
lichen" und „unveräußerlichen" Hoheitsrechten spricht, und sie in eine begriffliche Relation mit den f. g. „unwesentlichen" und „veräußerlichen" Hoheitsrechten, ins
besondere den Regalien stellt.
Diese Vorstellung ist ganz auszugeben.
behandelten s. g. Hoheitsrechte find gar keine
„Rechte" des
Die hier
Staats, sondern
sind die Staatsgewalt selbst, deren verschiedene Thätigkeitsformen nur in jenen Be griffen systematisirt werden.
Damit ergibt
sich von selbst die Ueberflüssigkeit,
96
Erste Abtheilung.
Die Annahme der Herrenlosigkeit der
unter das
Bergregal
fallenden Fossilien und ihrer Lagerstätten und die Definition des
Bergregales als eines vorzugsweisen Occupationsrechtes an den ersteren, wurde seitdem auch in der Wissenschaft vorherrschend '). Ob die selbe gleichwohl als die gemeinrechtlich richtige angesehen werden kann, stehet keineswegs außer Zweifel. Für das Eigenthum des
Regalinhabers als einer positiven Rechtseinrichtung könnte die Ausdrucksweise von Urkunden und reichsgesetzlichen Bestimmungen, sowie die Theorie der nächst vergangenen Jahrhunderte angerufen
werden 2*)1 3; * gegen * * * dasselbe würde, abgesehen von dem wichtigen Par
tikulargesetze, dem preußischen Allgemeinen Landrechte, zunächst der Umstand sprechen, daß sowohl das in sehr alten Gewohnheiten be
reits vorkommende Finderrecht, als auch die Gerechtsame des Regal inhabers, dem freien Bergbau gegenüber
durch die Herrenlosigkeit
der Mineralien und ihrer Lagerstätten eine natürliche Begründung zu
finden scheint. Theoretisch dürfte indeß das Eigenthum des Regalherren an den regalen Mineralien und ihren Lagerstätten überhaupt keine Billigung verdienen können.
Ein
Eigenthum des
ersteren an Lager
stätten, deren E x i st e n z nicht bekannt ist, erscheint begriffswidrig. Das Eigenthum an den regalen Mineralien als solchen, ganz abgesehen von der Lagerstätte,'würde aber schon aus dem Grunde verwerflich sein müssen, weil es sich bei diesen regel
mäßig nur um integrirende Theile einer anderen Sache ohne jede Selbstständigkeit handelt8).
aber auch freilich die Unrichtigkeit der Attribute „wesentlich" und „unveräußer lich" und jeder classificirenden Verbindung der Thätigkeitsformen der Staatsge
walt mit den Regalien, die weder etwas Gleichartiges, noch etwas Gegensätz
liches sind, indem sie gegenüber jenen Begriffen außer allem logischen Zusanimenhange stehen."
1) Vergl. z. B. Walter, System des gcm. deutschen Privatrechts. S. 177
§. 163 und namentlich v. Gerber, deutsches Privatrecht S. 238 §. 95. 2) Vergl.
auch Böhlau de regalium notione et de salinaram iure
regali comm. p. 20..
3) Die Lagerstätte bestehet bekanntlich bei Erzen selten allein aus letzteren. Die Gang- oder Lagerart (Gangmasse) ist das Gestein, welches den Gang- oder
Lagerraum ausfiillt und in welcher in größeren oder kleineren Partien die Erze vertheilt sind.
(v. Hingenau, Handbuch der Bergrechtskunde S. 42, 58.)
Nur
selten und namentlich nicht bei edlen Gängen erfüllen die Erze den Gangraum
97
Allgemeine Lehren (Bergregal).
Ganz dasselbe würde der Annahme der Herrenlosigkeit der
Mineralien entgegen stehen, welche vor ihrer Gewinnung Substanz theile einer anderen Sache bilden, und selbst die Herrenlosigkeit der regale Mineralien führenden Lagerstätten, welche vor ihrer Aufschließung und Ausrichtung als selbstständige Sachen regelmäßig
noch nicht erkennbar sind, dürfte allgemeinen Rechtsprincipien wenig entsprechen. Gleichwohl würde klaren und positiven Aussprüchen des Rechtes gegenüber die theoretische Austastung sich fügen müssen.
indeß nicht vor.
Erstere liegen
Das Eigenthum des Regalherren, wie andererseits
die Herrenlosigkeit der Mineralien werden nur aus Ausdrücken, Um ständen und geschichtlichen Hergängen gefolgert, welche abweichende Annahmen keineswegs ausschließen, wie schon die völlig entgegenge
setzten Theorien über das Eigenthum des Regalherren und die Herren Unter diesen Umständen muß der
losigkeit der Mineralien darthun.
Satz des gemeinen Rechtes, welcher sowohl auf römisch- wie deutsch rechtlicher Grundlage beruhet, daß nämlich das Eigenthum an einem
Grundstücke sich auch auf die in und unter demselben befindlichen Mineralien mit erstreckt, hier ebenfalls Anwendung finden.
Auch in
der gemeinen Mark waren die Mineralien nicht herrenlos; dieselben standen nur nicht im Sondereigen, sondern bildeten einen Gegen stand des gemeinen Nutzens. dieser Nutzung
sich
besondere
Wenn demnächst über die Ausübung Regeln bildeten, wenn letztere die
ganz, sondern es finden sich außer ihnen und oft in überwiegender Menge un
haltige (taube, d. h. unbenutzbare) Mineralien, welche den Namen Gangarten
führen und deren mechanische Absonderung, so weit als thunlich, Gegenstand der Aufbereitung ist.
Innerhalb und mit diesen Gangarten erscheinen alsdann solche
Erze in Körnern, Schnüren, Nestern, Platten und
in sonstiger Form. — In
anderen Fällen umschließt die Gangmasie Stücke des Nebengesteins, welches sehr häufig noch mit Erztheilchen durchzogen (imprägnirt) ist. eigenthümlich
ist
das
Miteinandervorkommen
Silber- Blei- und Kupfererzen u. s. w.
— Für viele Gänge
verschiedener
Man sagt alsdann:
Erze
z. B.
von
Die Erze brechen
mit einander ein. Hinfichtlich der Erzführung sind die Lager entweder den
Gängen ähnlich,
d. h. es brechen mit den Erzen unhaltige Mineralien, die s. g. Lagerarten, ein;
oder die Erze erfüllen,
wie
auch
bei jenen vorkommt,
dieselben sind nur mehr oder weniger wisien Schichten des Nebengesteins"
kunde S. 8, 9).
den Raum ganz;
oder
verbreitet und zusammengedrängt in ge-
u. s. w. (Lottner, Bergbau- und Hütten
98
Erste Abtheilung.
Grenzen der Mark überschritten und mehr und mehr eine fast all gemeine Anwendung fanden, so konnte hierin lediglich eine durch Gewohnheit und Gesetz herbeigeführte Beschränkung des Verfügungs
rechtes des Grundeigenthümers, keineswegs aber eine vollständige Lostrennung der Mineralien vom Grund und Boden in rechtlicher
Beziehung gefunden werden.
Unter
dem Bergregal wird
demgemäß auch nur ein an sich dem Privatrechte angehörenöes, dingliches Verfügungs- und Gewinnungsrecht
des Regalherrn
rücksichtlich
der regalen Mineralien
und ihrer Lagerstätten zu verstehen sein.
§. 29. Dieses Verfügungsrecht wird nun aber durch die aus der Berg
baufreiheit hervorgegangene und in die
Berggesetze übernommene
Befugniß des ersten Finders oder Muthers beschränkt, die Ueber« tragung des Bergbaurechtes innerhalb eines bestimmten Feldes zu Die letztere Seite der deutschrechtlichen Bergbaufreiheit, welche sich gegen den Regalinhaber richtet *), bildet eine der wichtigsten verlangen.
Bestimmungen der deutschen Bergordnungen.
Regelmäßig findet sich
nämlich in letzteren die Vorschrift, daß der Bergmeister Macht und
Gewalt haben soll, nach bergläufiger Weise und Bergrecht Zeit und Niemanden der Muthung weigern foD1 2). Dem entsprechend heißt es auch in den Bergfreiheiten, z. B. der nassau-katzenelnbogischen
Bergwerke zu verleihen und daß er zu keiner
die Annahme
Bergfreiheit v. I. 15593) —
„daß Wir — allen
und
jeden
gegenwärtigen und künftigen Gewerken, denen in ob genannten Unseren Bergwerken zu bauen geliebet, dasselbig frei
und unverhindert nach Bergrecht und bergläufiger Weis und nach Unserer Befreiung und Bergordnung, wie die
von Articuln zu Articuln hiernach folgt, zu bauen erlauben, vergönnen und zulassen, auch dasselbig hiemit öffentlich und männiglich verkündt haben wollen." Das preußische Allgemeine Landrecht Thl. II Tit. 16 §. 154 bestimmt in demselben Sinne:
1) Vergl. oben S. 81. 2) Joachimsthaler Bergordnung v. I. 1548 Thl. II Art. 2; sische Bergordnung v. I. 1589 Art. 6 u. s. w. 3) Brassert, Bergordnungen S. 4.
kursäch
Allgemeine Lehren (Bergregal).
99
„Wer auf erhaltenen Schurfschein ein Stockwerk, Erzlager, Gang oder Flötz zuerst erschürft hat, ist befugt zu verlangen, daß
ihm der Bau auf das entdeckte
eines
innerhalb
Werk
gewissen
Districtes vorzüglich vor allen anderen verliehen werde." Man hat behauptet, durch diese Seite
der Bergbaufreiheit
das Bergregal negirt oder geradezu vernichtet *).
sei
Indeß die Unrich
tigkeit dieser Behauptung folgt schon einfach aus der Thatsache, daß,
wo dem Regalinhaber ein Recht des ersten Finders nicht entgegenstehet, derselbe kraft des Regales befugt erscheint, sich Bergwerksfelder zum eigenen Bergbau vorzubehalten
oder letztere in
Form, als die Beiordnung dieselben dem Dritten zu überlassen,
ja
dem
ersten
anderer Größe und
ersten Finder
Finder, bei
gewährt,
nicht entgegen
stehenden Rechten Dritter, ein größeres und anders gestaltetes
Feld
zu dessen» Vortheil zu verleihen2).
Mit der vorstehend bezeichneten Beschränkung ist das Bergregal auf Grund der namentlich
im 16.
Jahrhundert
geschehenen
wickelung als ein gemeinrechtliches Institut anzusehen.
Beweise des
Gegentheiles
werden, daß
das
muß
Bergregal nur
überall
in
Ent
Bis zum
angenommen
Verbindung
mit
der Bergbaufreiheit hergebracht fei3).
1) Otto, Studien auf dem Gebiete des Bergrechts. (Freiberg 1856) S. 19: „Die Freierklärung rettete den Begriff des Bergregales, indem sie ihn vernichtete" u. s. w. Diese Auffassung ist nicht auf die historische, thatsächliche und rechtliche
Entwickelung der bergrechtlichen Institutionen, sondern auf abstracte Erörterungen
und geistreiche Raisonnements gegründet. tungen S. 24 ff.)
(Vergl. auch Schomburg, Betrach
Dieselbe stehet der Behauptung völlig gleich, daß das Berg
regal überhaupt gar nicht existire und niemals existirt habe, daß die s. g. Frei
erklärung weder als Privilegium, noch als Gesetz irgendwo ausdrücklich ausge
sprochen sei, während Hunderte von Urkunden, Bergbaufreiheilen und Bergord nungen das gerade Gegentheil erweisen.
2) Vergl. unten. 3) In einem großen Theile des vormaligen Königreiches Hannover nahm die Verwaltung das Bergregal ohne Bergbaufreiheil für die Krone in Anspruch. (Vergl. die Motive zu der Königl. Verordnung v. 8. Mai 1867, betreffend die
Einführung des preuß. Allgem. Berggesetzes vom 24. Juni 1865 in das Gebiet
des vormaligen Königreiches Hannover. Zeitschr. für Bergrecht.
Jahrg. VIII
S. 162 ff.) Vielfach sind in den Bergges etzen einzelne Mineralien dem Regal
herren ausschließlich vorbehalten, also von der Bergbaufreiheit in dieser Beziehung
100
Erste Abtheilung.
3. Das Bergregal, die Berghoheit und die Bergbau freiheit nach den neueren Berggesetzen, insbesondere
dem preußischen Allgemeinen Berggesetze. a.
Rechtliche Natur des Bergregales.
§. 30. Die privatrechtliche Natur des Bergregales kann mit Rück
sicht auf seinen dargestellten Ursprung und Begriff einem begründeten Zweifel nicht unterworfen werden *).
Ganz folgerichtig stellt daher
das Allgemeine Landrecht das Bergregal mit den Domainen in die selbe Kategorie?), gestattet dessen Erwerbung seitens eines Privaten
durch Verjährung b), sowie auf Grund anderer Rechtstitel*).
Auf
der anderen Seite hat das Bergregal von jeher auch solche Verhältnisse
ausgeschlossen.
So heißt es in der niederösterr. Berg-Ordnung v. I. 1553
(Ursprung der Bergw. S. 168) Art. 7: „Wir Vorbehalten uns aber alle Salz-, Eisen-, Quecksilber- und Alaunbergwerke" u. s. w. und ferner in der hessischen
Bergfreiheit v. I. 1616 (Wagner S. 623 ff.): „Wir wollen aber in dieser Un
serer Bergsreiheit und vorhabenden Ordnung die Salzbrunnen, Stein kohlen und Eisenbergwerke nicht mitbegriffen, sondern dieselben, was
deren bereits in esse sind und noch ferners erschürft und fündig gemacht werden
möchten, zu erbauen, Uns allein reservirt und Vorbehalten haben."
Vergl. die Reservation der Stein- und Braunkohlen in ganz Kurhessen durch Gesetz vom 6. April 1843 Salzes
in den
revidirten
G.-S.
1843 S.
13), die Reservation des
Bergordnungen Friedrich des Großen (cleve-märk.
Berg-Ordn. v. I. 1766 cap. 1 §. 5) u. s. w. Wegen der Reservation der Eisen erze nach der kurtrierschen Berg-Ordn. v. I. 1564 Art. 111 Nr. 4, siehe Brassert
S. 111 Anm. 1) Vergl. auch v. Gerber, deutsches Privatrecht §. 67 S. 157; Schomburg, Betrachtungen S. 26. 2) Thl. II Tit. 14 §. 76: „Bei dem Gebrauche, der Benutzung und Ver
waltung der Domainen und Regalien kommen dem Staate der Regel nach nur eben die Rechte zu, wie einem jeden Privateigenthümer." 3) Vergl. Thl. II Tit. 14 §. 35, wonach, abgesehen von dem ruhigen Be sitze in dem s. g. Normaljahre, eine Verjährungsfrist von 44 Jahren erfordert
wird.
Gemeinrechtlich gehört zum Erwerbe des Bergregales gegen den Landes
herren die unvordenkliche Verjährung. (Hake, Commentar S. 72.) 4) Thl. II Tit. 16 §§. 106 ff.
„Das Bergwerkregal auf einen gewissen
Distrikt oder auf ein bestimmtes Object kannn gleich anderen niederen Regalien
von Privatpersonen und Communen erworben und besessen werden."
Allgemeine Lehren (Bergregal).
101
mit erfaßt und in seinen Bereich gezogen, welche cistischer Natur sind.
an sich
publi-
Es ist bekannt, daß Privatpersonen als Re
galherren Bergordnungen mit gesetzlicher Kraft erlassen *) und Berg behörden mit gleichen Befugnissen, wie diejenigen der Landesherren, bestellt haben. Versuchte auch die Theorie31),2 wie Gesetzgebung3),
die aus dem Regale fließenden Rechte von denjenigen des Landes herren zu sondern, indem letzterem das Recht der Oberaufsicht, der Gerichtsbarkeit und der Gesetzgebung zugewiesen wurde, so ist den noch das berechtigte Bestreben, die Vermischung
des Regales mit
Hoheitsrechten zu beseitigen, ersteres auf seinen vermögensrechtlichen
Inhalt zurückzuführen, sowie die Privatisirung von
Höheitsrechten
in Folge der Verbindung derselben mit dem Bergregale zu verhindern, niemals völlig gelungen. Nach dem preußischen Allgemeinen Land rechte würde einestheils gemäß der demselben beiwohnenden Auffassung von der Natur des Bergregales als eines Privatrcchtes in dem Acte der Verleihung eines Bergwerkes an sich nur eine privatrechtliche
Veräußerung, in dem Vorbehalte des Zehnten nur die Reservirung
eines Nutzungsrechtes und in der Anstellung von Bcrgbeamten zur Verwaltung des Bergregales nur die Bestellung von Privatverwal tern zu finden sein.
Dagegen erscheint andererseits das Bergamt
des preußischen Allgemeinen Landrechtes zugleich als behörde.
eine Staats
Dasselbe soll die Bergpolizei und einen Theil der Justiz
handhaben, über Expropriationen zu Bergbauzwecken mit entscheiden
und im Allgemeinen die staatliche Aufsicht über den Bergbau und die bei demselben beschäftigten Personen führen. In Folge dieser
Doppelstellung kann es nicht auffallen, daß die von dem Bergamte ausgehenden Acte als Verleihungen, Freierklärungen u. s. w. in einer gewissen Art die Natur von staatsrechtlichen Concessionen, Erkenntniffen,
überhaupt öffentlichen
Acten der Staatsbehörden, die
Bergwerkszehnten aber die Eigenschaft
öffentlicher Abgaben anneh-
1) Das bekannteste und namhafteste Beispiel bilden die von den Grafen
von Schlick 1518 und 1541 erlassenen joachimsthaler Bergordnungen (Sternberg,
Geschichte der Berggesetzgebung in Böhmen S. 199 ff.). 2) Vergl. z. B. Hake, Commentar §§. 69, 70 S. 52 ff.; Köhler, An
leitung u. f. w. §§. 8 ff. S. 114 ff. 3) Thl. II Tit. 16 §. 108: „Doch bleibt er (der Privatregalinhaber) da bei allemal der Oberaufsicht des Staates, den allgemeinen Bergpolizei-Gefetzen und den Entscheidungen des Bergamtes unterworfen" u. f. w.
102
Erste Abtheilung.
Aber trotzdem waltet wiederum überall die Auffas
men mußten.
sung des Bergregales als eines Privatrechtes dergestalt vor, daß bei Erwerbung des ersteren durch Privatpersonen das Recht miterlangt
wird, ähnliche Behörden, als der Staat dieselbe besitzt, mit gleichen Functionen zur Verwaltung des Regales zu organisiren,
sowie die
Bergwerkszehnten zu erheben. Es ist kaum zu bemerken nöthig, daß diese Stellung des Berg regales als eines Privatrechtes und mehr noch die naturwidrige und doch kaum trennbare Verbindung
desselben mit Hoheitsrechten der gemeinschaftlichen Ueberzeugung der in rechtlicher Gemeinschaft Le benden seit Decennien nicht mehr entsprechen konnte. Diese Ueber
zeugung war daher dem bestehenden Rechte längst vorausgeeilt und ganz entschieden dahin gerichtet, das privatrechtliche Bergregal zu beseitigen und das Bergrecht auf der Grundlage der Berghoheit des
Staates neu aufzurichten'). b.
Die Berghoheit nach französischem Bergrechte.
§. 31.
Bereits das
das französische Berggesetz vom 28. Juli 1791 hatte
aufgegeben und
Bergregal
Rechten
des
an
dessen Stelle
ein
mit
den
vielfach in Conflict stehendes eingeführt. Bei Erlaß des noch jetzt
Grundeigenthümers
Hoheitsrecht der
Nation
geltenden Gesetzes vom 21. April 1810 bildete abermals die Frage einen Cardinalpunkt der Berathungen,
ob die Bergwerke als Do-
manial-Eigenthum anzusehen seien, mit anderen Worten, ob das
bereits aufgegebene Bergregal
von Neuem wieder einzuführen sei.
Nach dem Berichte des Grafen Girardin war die Commission des
Inneren des gesetzgebenden
Körpers
im Grunde genommen dieser
Ansicht und auch die Berathungen des Staatsrathes beweisen, daß in diesem
Staatskörper das Bergregal ebenfalls zahlreiche Anhänger
hatte.
Aber Napoleon verhinderte die Herstellung des Regales und
gab dem Gesetze diejenige Richtung, welche bis zur Gegenwart das
Vorbild neuerer Gesetzgebungen, insbesondere auch des preußischen Allgemeinen Berggesetzes vom 24. Juni 1865 geworden ist.
1) Vergl. Achenbach, über das Bergregal und Berghoheitsrccht in Preußen, in der Zeitschr.
für das Berg-,
Staate. Jahrg. VIII, 1 S. 73 ff.
Hütten- und Salinenwesen
im preußischen
Allgemeine Lehren (Berghoheit). Nach dem Gesetze vom
103
21. April 1810 übt
demgemäß der
Staat dem Bergbaue gegenüber keine Rechte privatrechtlicher Natur aus, alle Befugnisse des Staates in Betreff des Bergbaues entspringen vielmehr aus den Hoheitsrechten desselben. Von einem Eigenihume des Staates an den Fossilien kann keine Rede sein. Ebensowenig gelten aber auch die Fossilien als herrenlos. Die selben sollen nach dem Ausspruche Napoleons einen Theil des
Oberflächen-Eigenthumes bilden, der Art. 552 des bürger lichen Gesetzbuches: „la propri6t6 du sol empörte la propriete du dessus et
du dessous“ soll auch das Berggesetz beherrschen und, wenn es am Schluffe dieses
Artikels heißt:
„sauf les modifications
so
rcsultant des lois et reglemens
relatifs aux mines et des lois et reglemens de police“, erkannte man an, daß ein Gesetz, welches die Fossilien zum
Eigenthume des Staates erkläre, keine Modification, sondern eine Aufhebung des Art. 552 sein würde. Der Entwurf des Grafen Fourcroy, welcher auf das Princip
que la propriete des mines
n’appartient ä personne gegründet war, wurde von Napoleon mit
dem Bemerken zurückgewiesen, daß der Entwurf auf dem Principe, que la mine fait partie de la propriete de la surface, beruhen müsse. Dieses Princip ist nun allerdings im Gesetze vom 21. April 1810 nicht ausdrücklich, wie dies Napoleon wollte, ausgesprochen, aber der Wortlaut des Art. 19 des Gesetzes: „Du moment
oü une mine sera concedee, meme au
proprietaire de la surface, cette propriete sera distinguee de celle de la surface et desormais consid£r£e comme
propriete nouvelle“ etc. läßt über den Grundgedanken keinen Zweifel.
Bis zur Ertheilung
der Concession bilden also die Fossilien einen Theil des Grundstückes und stehen im Eigenthume des Grundstücks-Eigenthümers, da erst mit dem Augenblicke der ertheilten Concession
dieselben
Gegenstand
einer besonderen Berechtigung werden und aus dem Bereiche des Gegenstand dieselben bis
Grundeigenthumes ausscheiden, zu dessen
dahin gehörten. Napoleon drückte dies in der Staatsrathssitzung vom 18. November 1809 dahin aus: „Avant la Concession les
mines ne sont pas des proprietös, mais des biens“, und weiter hin: „Man muß die Fossilien als Sachen ansehen, welche noch nicht
Erste Abtheilung.
104
geschaffen sind, welche erst in dem Augenblicke existiren, wo dieselben aus dem Eigenthume an der Oberfläche ausscheiden, und welche in dem nämlichen Augenblicke durch die Concession Gegenstand eines besonderen Eigenthumes werden. Von diesem Augenblicke an stehen
dieselben jedem anderen Eigenthume gleich."
Die volle Consequenz des dem Art. 552 des bürgerlichen Ge setzbuches zu Grunde liegenden Principes würde nun allerdings darin
bestanden haben,
daß dem
Grundeigenthümer
das ausschließliche
Recht zum Bergbau auf seinem Grundstücke überwiesen wurde. Das
dem Staate zustehende Hoheitsrecht erweist sich aber in der Art wirk sam, daß kein Bergwerk ohne Concessions-A c t betrie
ben werden darf.
Eine solche Concession ist auch für den Grund
eigenthümer erforderlich, falls derselbe Bergbau betreiben will. Die Worte Napoleons: „II saut d’abord poser clairement le principe
que la mine fait partie de la propriötä de la surface. On ajoutera que cepedant eile ne peut 6tre exploitße qu’en vertu d’un acte du souverain“ bilden die Grund lage des Art. 5 des Gesetzes vom 21. April 1810:
„Les mines ne peuvent etre exploitees qu’en vertu d’un acte de Concession delibörd en conseil d’Etat.“
c.
Die Berghoheit nach dem preußischen Allgemeinen Berggesetze. §• 32.
Als
im Jahre 1848 die Reform des preußischen Bergrechtes
angestrebt wurde, bestand darüber kein Zweifel, daß das Bergregal völlig aufzugeben *), andererseits aber an der Ausschließung gewisser wirthschaftlich wichtiger Mineralien von dem Verfügungsrechte des Grundeigenthümers festzuhalten sei. Man war sich in letzterer Be ziehung, abgesehen von der historischen Entwickelung, bewußt, daß
nur in dem Falle regelmäßig ein dauernder unb lohnender Betrieb auf die werthvolleren Mineralien ermöglicht werden könne, wenn unter nehmungslustigen Personen die Gelegenheit gegeben werde, den Bergbau
ohne wesentliche Hindernisse und unter leichteren Bedingungen, als von den Grundeigenthümern im Ganzen erwartet werden durften, in die Hand
1)
S. 4,
122 der Sitzungs-Protokolle der zur
thung eines neuen Berggesetzes berusenen Commission.
gutachtlichen Borbera
Allgemeine Lehren (Berghoheit).
105
zu nehmen. Auch ließ man nicht außer Betracht, daß bei der Zer
stückelung des Grundeigenthumes in kleine Parcellen es nicht wol möglich fei, einen zusammenhängenden, umfangreichen Bergbau zu führen, wenn dieser statt nach der Lagerstätte des Minerales sich nach dem Parcellenbesitze der Oberfläche richten sollte. Zur Aus führung sollten diese Gedanken indeß erst in dem Berggesetze vom
24. Juni 1865 gelangen. Schon die Motive des 1862 im Drucke erschienenen vorläufigen Entwurfes eines preußischen Allgemeinen Berggesetzes bemerken
in dieser Beziehung,
daß es „unbedenklich"
erschienen sei, „den in der preußischen Gesetzgebung fast abgestorbenen und in den linksrheinischen Landestheilen schon durch das französische Bergrecht beseitigten Begriff der Bergregalität gänzlich fallen zu
kaffen und an die Stelle des Bergregales die auch für den Bergbau ausreichenden allgemeinen Hoheitsrechte des Staates zu setzen." Es „daß die Bergregalität in dem zu erlassenden Berggesetze nicht beibehalten werden könne." bedürfe keiner näheren Darlegung,
Im Zusammenhänge hiermit erachtete man es aber auch für erforderlich, die „Herrenlosigkeit" der unter das Berggesetz fallenden Fossilien aufzugeben. Die Motive des vorläufigen Entwurfes führen
aus:
„Hierbei mußte zunächst die bis in die neueste Zeit festgehaltene Annahme verlassen werden, wonach die im Schooße der Erde
ruhenden Mineralien „herrenlose Sachen" oder „in bedingtem Sinne freistehende Sachen" sein sollen, indem diese unrichtige Annahme
zu
unrichtigen Folgerungen und namentlich zu der
als werde das Eigenthum der Mineralien durch das Finden erworben und als gewähre die Verleihung Eigen thu ms rechte an denselben. Zur rationellen Begründung eines Ansicht führt,
den Bedürfnissen des heutigen Bergbaues entsprechenden Berg
rechtes erscheint es unerläßlich, jene auch dem Allgemeinen Land rechte zu Grunde liegende Anschauung aufzugeben und statt dessen
anzuerkennen, daß die Mineralien in Wirklichkeit Bestandtheile des Grund und Bodens — pars fundi — sind, so lange sie sich
noch ungewonnen auf ihren natürlichen Lagerstätten befinden und daß sie bis zur Gewinnung nicht als Sachen im rechtlichen Sinne,
mithin auch nicht als herrenlose Sachen
betrachtet werden
können." Jene wichtigen Veränderungen des bisherigen Bergrechtes ge dachte mail weniger durch specielle Vorschriften, nach welchen das
106
Erste Abtheilung.
Bergregal und die bisherige Herrenlosigkeit der regalen Fossilien ausdrücklich für aufgehoben erklärt wurden, herbeizuführen '), sondern man hielt es nach dem Beispiele der französischen
Gesetzgebung für
genügend, wenn das Gesetz die einzelnen Befugnisse des Staates klar lege und den Satz ausspreche, daß die Aufsuchung und Ge-
winnuug der unter das
Berggesetz
fallenden
Fossilien
nur
nach
Maßgabe der Bestimmungen des letzteren zulässig fei1 2). Diesem Vorgänge ist auch der definitive Entwurf des preußischen
Allgemeinen Berggesetzes, sowie das Gesetz selbst gefolgt, nur daß §. 1 des Gesetzes schärfer als der vorläufige Entwurf die Absicht und das Ziel des Gesetzgebers in den Worten andeutet:
„Die nachstehend bezeichneten Mineralien sind von dem Ver fügungsrechte des Grundeigenthümers ausgeschloffen. Die
Aufsuchung und Gewinnung derselben unterliegt den Vorschriften
des gegenwärtigen Gesetzes." In den Motiven des dem
preußischen Landtage vorgelegten
und in den hier einschlagenden Bestimmungen unverändert von er sterem angenommenen Berggesetz-Entwurfes ist der Satz ausdrücklich
wiederholt, daß es, um das „Verhältniß des Staates zum Bergbau gesetzlich zu regeln, der Beibehaltung des Regalitätsprincipes nicht bedürfe." „Es erscheine vielmehr vom Standpunkte der Rechtsent wickelung in Preußen nothwendig und auch ohne Schwierigkeiten ausführbar, den rechtlich wie praktisch unhaltbaren Begriff des Berg
regales zu beseitigen."
„Wenn nun", so heißt es weiter, „das Berggesetz einerseits die demselben unterworfenen Mineralien von dem Verfügungsrechte des Grundeigenthümers ausschließt und andererseits, ohne ein Eigen
thumsrecht des Staates
an diesen Mineralien oder auch nur ein privilegirtes Occupationsrecht des Staates anzuerkennen, die Be
nutzung der fraglichen Mineralien von einer auf der
hoheitsrecht
lichen Gewalt des Staates beruhenden Berechtigung abhängig macht,
so erhalten hierdurch die Handlungen und Vorgänge, durch welche das Recht zum Bergwerksbetriebe erworben wird, einen specifisch bergrechtlichen Charakter. Es ergibt sich die Nothwendigkeit beson
derer Rechtsvorschriften über die Erwerbung des Bergwerkseigen thumes, und ebenso nothwendig verlangt das Bergwerkseigenthum 1) Bergt, indeß §. 227 des Entwurfes. 2) §§. 2, 5 des Entwurfes.
107
Allgemeine Lehren (Berghoheit).
selbst einen eigenthümlichen, von dem civilrechtlichen Eigenthum ver schiedenen Inhalt.
Das Berggesetz hat demnach die
Aufgabe, die
Grundsätze über die unmittelbare Erwerbung des Bergwerkseigen
thumes — das
Schürfen,
Mnthen und
Verleihen — aufzustellen
und den rechtlichen Inhalt des verliehenen Bergwerkseigenthumes zu bestimmen." „Hiermit ist aber auch die Aufgabe des Berggesetzes für diesen
Theil erschöpft.
Denn lediglich
der wissenschaftlichen Thä
tigkeit muß überlassen bleiben, die den
Vorschriften des
Berggesetzes zum Grunde liegenden Theorieen zu entwickeln, die Be
griffe und das System aus diesen Vorschriften zu construiren. Das
Berggesetz hat umsoweniger Veranlassung, sich auf dieses Gebiet theoretischer Erörterungen zu begeben, als gerade hier die Mei nungen sich noch nicht geeinigt haben und namentlich darüber aus einandergehen, wie der Act der Erwerbung des Bergwerkseigen thumes und letzteres selbst rechtlich aufzufassen
ob davon
und
auszugehen sei, daß die dem Berggesetze
unterwor
fenen Mineralien als herrenlose Sachen oder, so lange sie sich noch ungewonnen auf ihren natürlichen Lager
stätten befinden,
als
Bestandtheile
des
Grund und
Bodens angesehen werden müssen*)."
Abweichend von den Motiven des vorläufigen Entwurfes sollte es also hiernach der wiffenschaftlichen Erörterung überlassen werden,
ob eine Herrenlosigkeit der dem Berggesetze unterworfenen Fossilien anzunehmen sei, während in Uebereinstimmung mit den früheren Motiven auch hier betont wurde, daß nach dem Entwürfe das Berg regal nicht mehr bestehe. Diese Ausführungen der Motive blieben nicht ohne weitere Er örterung. Zunächst machte sich im Schooße der Commission des Her renhauses eine Ansicht geltend, wonach der, Staat nur kraft des Berg regales gewisse Fossilien von „den Rechten des Grundeigenthümers
ausschließen" könne. Das Regal bliebe demnach auch für die Zukunft die Grundlage der Befugnisse des Staates. Von anderer Seite wurde eine Feststellung darüber gewünscht, „ob in Zukunft ein Bergregal noch bestehe oder nicht."
„Die Majorität der Commission", so heißt es in dem Berichte, „war der Ansicht, daß die hervorgehobene Meinungsverschiedenheit 1) Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. VI S 80.
108
Erste Abtheilung.
nur eine theoretische Bedeutung habe.
wurfes berührten diese Frage.
Nur die Motive des Ent
Dieser selbst schlage den zweck
mäßigen Weg ein, nur positive Bestimmungen zu geben. Man könne es der Jurisprudenz überlassen, aus welcher Theorie ste diese Bestimmungen herleiten wolle *)." Demgemäß überließ die Commission des Herrenhauses nicht nur die Frage über die Herrenlosigkeit der Fossilien, sondern auch
diejenigen über die Beseitigung des Bergregales lediglich der wissenschaftlichen Untersuchung.
Auch in der Commission
des Hauses der Abgeordneten wurde
vorgeschlagen, das Bergregal ausdrücklich aufzuheben, seitens der Re gierung indeß unter Beitritt fast aller Commissions-Mitglieder bemerkt: „Die Absicht des Entwurfes gehe,
wie aus den Motiven klar
und deutlich sich ergebe, dahin, das Bergregal gänzlich aufzuheben
und dem Staate nur diejenigen Befugnisie in Beziehung auf die unterirdischen Mineralien und den Bergbau einzurüumen, welche
gegenwärtigen
einen positiven Ausdruck in dem gefunden hätten; deßhalb
seien
Gesetz-Entwürfe
auch die Vorschriften der Berg
ordnungen und des Allgemeinen Landrechtes, insbesondere der §. 6 Tit. 16 Th. II, worauf das bisherige Bergregal sich stütze, aus drücklich im §. 244 des Entwurfes aufgehoben und werde dadurch
dem Regal der gesetzliche Boden gänzlich entzogen.
Dies müsse
als genügend angesehen werden und erscheine es nicht denk
bar, daß man dem gegenüber versuchen könnte, im Wege der Interpretation das Bergregal wiederherzustellen?)." Der Commissionsbericht des Hauses der Abgeordneten bezeichnet daher das Bergregal als beseitigt 31).2
d.
Die Mineralien als Substanztheile des Grund und Bodens und die Bergbaufreiheit nach dem preußischen Allgemeinen Berggesetze.
§. 33. Bei einem Rückblicke auf die angegebenen Verhandlungen kann die Absicht des Gesetzgebers, das Bergregal des Staates aufzuheben,
1) Hahn S. 14. 2) Hahn S. 51. 3) Hahn S. 46.
Allgemeine Lehren (Berghoheit).
mit Grund nicht bezweifelt werden.
109
Wenn die Commission des
Herrenhauses über die wirkliche Durchführung dieser Absicht die „Theorie" entscheiden lassen wollte, so ist bisher noch keine Stimme unter den Bearbeitern des preußischen Bergrechtes laut geworden, hätte, daß noch gegenwärtig das Das Wort des Regierungscommissars vor der Commission des Hauses der Abgeordneten, wo
welche sich dahin
ausgesprochen
Bergregal des Staates fortbestehe.
nach
es als undenkbar bezeichnet wurde, daß man im Wege der
Interpretation das Bergregal wieder herzustellen versuchen könnte, wird
daher wohl als vollkommen zutreffend angenommen werden müssen. In der That sind im ganzen Verlaufe des preußischen Allge
meinen Berggesetzes dem Staate nur solche Befugniffe beigelegt, welche
aus deffen Hoheit, mag man nun eine besondere Berghoheit anneh men oder nicht, abgeleitet werden müssen. Die gegenwärtige Stel lung des Staates dem Bergbau gegenüber würde sich dagegen eben sowenig aus einem privatrechtlichen Eigenthume an gewissen Fossilien, als aus einem vorzugsweisen Rechte zur Occupation der letzteren er klären lassen. Wäre das eine oder andere Recht die Basis des Ge setzes, so müßte das Verhältniß zwischen Staat und Bergbau eine
vom Inhalte des Allgemeinen Berggesetzes total verschiedene Rege lung erfahren haben.
Gewiß würde aber auch das preußische Allgemeine Berggesetz nur eine sehr unvollkommene Leistung der Gesetzgebung sein, wenn man es nicht einmal verstanden hätte, einheitliches Grundprincip herzustellen;
für den ganzen Staat ein wenn nicht nur die Ver
schiedenheiten des gemeinrechtlichen und preußischrechtlichen Regales geblieben wären, sondern trotz des gemeinsamen Berggesetzes links
des Rheines das Hoheitsrecht, rechts des Rheines das Bergregal der Ausgangspunkt der staatlichen Befugniffe und Obliegenheiten sein würde. Einer solchen Stümperei hat sich der Gesetzgeber nicht schuldig gemacht.
Ganz nach dem Vorgänge des französischen Berg
rechtes, welchem vor Erlaß des Gesetzes vom 28.
Juli
1791 das
Bergregal in der Qualität eines Eigenthumsrechtes an den regalen
Fossilien zu Grunde
lag, ist auch im preußischen Berggesetze das
dem Staate als solchem, nicht dem Fiscus die Verfügung über die unter dasselbe fallenden Fossilien zu Princip enthalten, daß nur
Indeß das preußische Berggesetz hat sich hierauf nicht einmal Der §. 244 desselben beseitigt ausdrücklich die alleinigen Grundlagen des Bergregales: das gemeine Bergrecht und die §§. 6 stehe.
beschränkt.
Erste Abtheilung.
110
und 69 bis 480 Tit. 16 Th. II. des Allgemeinen Landrechtes.
Es
ans den Bestimmungen des All gemeinen Berggesetzes, welche ganz allein entscheidend sind, den Fort erscheint daher positiv unmöglich,
bestand des Bergregales zu begründen. Wenn hierüber ein eigentlicher Streit gar nicht bestehen kann, so hat dagegen die Regierung bei Vorlage des definitiven Entwurfes
der Rechtswissenschaft bezeichnet, die Frage einer Lösung entgegen zu führen, ob die unter das Berggesetz fal es selbst als Aufgabe
lenden Fossilien vor ihrer Gewinnung
Substanztheile des
Grund
und Bodens bilden oder als herrenlos zu betrachten sind.
Unter den
Bearbeitern des preußischen Bergrechtes ist es na
mentlich Klostermann gewesen, welcher diese Frage einer ausführ
lichen Erörterung unterzogen hat'). Das Resultat seiner Erörte rung ist der Ausspruch für die Herrenlosigkeit der unter das Berg gesetz fallenden Fossilien. Begründet wird dasselbe durch die An nahme, daß das Allgemeine Berggesetz sowohl das rechtsrheinische Bergregal, als das linksrheinische Eigenthumsrecht der Grundeigen
tümer an den noch nicht gewonnenen Fossilien aufgehoben habe. Nach Aufhebung beider folge aus dem Begriffe der deutschen Berg baufreiheit die Herrenlosigkeit der betreffenden Fossilien. Dieser Ausführung dürfte indeß nicht
beizutreten sein.
Nach
den Motiven zu Titel I des dem Landtage vorgelegten BerggesetzEntwurfes hatte das rechts- wie das linksrheinische Bergrecht zwei Grundprincipien, welche in das neue Gesetz übergehen sollten. Ein
mal, waren nach beiden Rechten „gewisse Fossilien dem Verfü gungsrechte des Grundeigenthümers entzogen und demjenigen des
Staates Vorbehalten."
Der Rechtsgrund hierfür lag rechtsrheinisch
im Regale, linksrheinisch im Hoheitsrechte. Diese Verschiedenartig keit des Rechtsgrundes sollte das Gesetz durch Aufhebung des Regales beseitigen.. Sodann war die sog. Bergbaufreiheit ein Grundprincip beider Gesetzgebungen. Beide hatten die unter das Berggesetz fallenden Fossilien unter
gewissen
aussetzungen für den freien Verkehr bestimmt."
„gesetzlichen Vor Nur war „diese
allgemeine Bergbaufreiheit auf der rechten Rheinseite durch einzelne Ausflüsse des Bergregales, auf der linken Rheinseite durch Aus schließung des Rechtsanspruches
1) S. 83 ff. Anm.
auf
die
Verleihung abgeschwächt.
Vergl. dagegen Oppenhoff S. 5 Anm.
Allgemeine Lehren (Berghoheit).
111
Der Entwurf befreit aber das Princip von den beiderseitigen Ein
schränkungen." Hiernach erkennen die Motive ausdrücklich an, daß die sog. Bergbaufreiheit nicht die Herrenlosigkeit der Fossilien zur Voraus setzung haben müsse und daß die Bergbaufreiheit, welche nach dem
Allgemeinen Berggesetze bestehe, die im deutschen und französischen Bergrechte anerkannte Bergbaufreiheit sei. Diese Haltung der Mo tive dürfte um so mehr als sachlich begründet zu erachten sein,
als
nicht einmal nach gemeinem deutschem Bergrechte die Herrenlosigkeit der regalen Fossilien nachzuweisen ist >). Die sog. Bergbaufreiheit in Deutschland hängt ursprünglich, wie dargethan, mit dem genossen
schaftlichen Besitze der gemeinen Mark zusammen, gründet sich aber später auf Gewohnheitsrecht und positives Gesetz. Die gesetzliche Be schränkung des Regalinhabers bildet nach dem Allgemeinen Landrechte, diejenige des Grundeigenthümers nach dem französischen Berggesetze die positive Grundlage der Bergbaufreiheit. .Der Inhalt der letzteren aber gehet dahin, daß der Bergbau weder zu Gunsten des Staa
tes, noch des Grundeigenthümers, noch irgend eines Dritten aus schließlich Vorbehalten sein soll, daß der Staat vielmehr nach Maß gabe des Gesetzes verbunden ist, den Bergbau einem Jeden, welcher dem Gesetze genügt, zu gestatten.
Es fragt sich aber weiter, ob denn überhaupt das preußische Allgemeine
Berggesetz das linksrheinische Recht, wonach
die noch
nicht gewonnenen Fossilien Substanztheile des Grund und Bodens
bilden, aufgehoben hat. Aufgehoben ist nach §. 244 des ersteren das französische Berggesetz vom 21. April 1810, nicht aufgehoben dagegen Art. 552 des bürgerlichen Gesetzbuches („la propriete du sol empörte la propriötd du dessus et du dessous“2).
früher das französische Berggesetz
Wie diese Bestimmung dahin modifi-
1) Bergt oben §. 28 S. 96 ff. 2) Bergt Dr. Stündeck: De iure metallorum quod vocant Bergwerks eigenthum. Berlin 1868 p. 37: Res vero prorsus aliter se habet, si eam accuratius inspicere velis. Verum quidem est, lege novissima et ius Francogallium, quod in sinistra ripa Rheni obtinebat et ius metallicum Codicis communis iuris Borussici sublatum esse. Metalla autem in si nistra ripa Rheni pariern fundi faciebant non secundum präecepta le gis metallicae ai. 1810, sed secundum art. 552 Codicis iuris Franco gallici etc.
Erste Abtheilung.
112
cirte, daß dem Staate die Verfügung über gewisse Fossilien zustehen sollte, so wird erstere nunmehr durch das Allgemeine Berggesetz ganz
in derselben Weise modificirt. Die dem Grundeigenthümer, links rheinisch nach dem Berggesetze zustehende Grundrente wurde freilich wie rechtsrheinisch das Mitbaurecht u. s. w., für die Zukunft auf
gehoben, aber nur deßhalb, weil diese Rechte aus den Berggesetzen, nicht aus dem Civilrechte abzuleiten seien. Die Grundrente, so heißt es in den Motiven, „ist nicht als ein im Grundeigenthume enthaltenes, aus
Art. 552 des bürgerlichen
Gesetzbuches herzulei
tendes Recht des Grundeigenthümers anzusehen." Das Allgemeine Berggesetz hat mithin den Art. 552 des Code
civil völlig unverändert gelassen und zu einer Aenderung uin so we niger Veranlassung gehabt, als das rechtsrheinische Bergregal, nicht aber das linksrheinische Hoheitsrecht aufgehoben werden mußte. Um letzteres beizubehalten, war es nicht erforderlich, die nach dem preu ßischen Landrechte bestehenden rechtlichen Voraussetzungen des aufzu
hebenden Bergregales einzuführen. Dieser Inhalt des Allgemeinen Berggesetzes
hat
auch einen
völlig übereinstimmenden Rechtszustand für die ganze Monarchie her
gestellt. Nach §. 244 des ersteren sind das gemeine deutsche Berg recht, sowie die §§. 6 und 69 bis 480 des Tit. 6 Thl. II des preu ßischen Allgemeinen Landrechtes außer Kraft getreten. Hiermit er
scheinen diejenigen Bestimmungen beseitigt, aus welchen allein die Herrenlosigkeit gewisser Fossilien gefolgert werden konnte. Eine Ab weichung von den Grundsätzen des gemeinen Civilrechtes, wonach jedes Fossil als pars fundi zu betrachten ist,
folgerte die Theorie
nur aus dem früheren Bergrechte und den Provincial-Berggesetzen. Nach Aufhebung derselben kommen rechts des Rheines sowohl im
Gebiete des französischen als des gemeinen Civilrechtes die' allge
meinen Grundsätze des Civilrechtes wieder zur Anwendung.
Auch nach preußischem Civilrechte sind grundsätzlich die Fossilien als Substanztheile des Grund und Bodens anzusehen (§. 43 Tit. 2,
§§. 1, 9 ff. Tit. 8, Thl. I), soweit nicht positive Gesetze etwas An deres bestimmens. Ganz allein die durch §. 244 des Allgem. Berggesetzes aufgehobenen Vorschriften des Allgem. Landrechtes er-
1) Koch, preußisches Privatrecht Bd. I §. 235 S. 437. ßisches Privatrecht Bd. III §. 168 S. 137.
Förster, preu.
Allgemeine Lehren (Berghoheit).
113
klärten die regalen Fossilien für herrenlos. Die Regel tritt daher nach
Beseitigung dieser Ausnahmebestimmungen um so mehr wieder in als nach §§. 23
ff. Tit. 8 Thl. I des Allgem.
die Vermuthung gegen
Einschränkungen des Eigenthu
ihr volles Recht, Landrechtes
mes spricht und daher §. 1 des Allgem. Berggesetzes stricte zu inter-
pretiren ist *). Das preußische Berggesetz hat demgemäß für den ganzen Staat
völlig übereinstimmende Grundlagen des Bergrechtes geschaffen, welche der Commissionsbericht des Hauses der Abgeordneten treffend in den Worten charakterisirt:
„Die wesentlichsten Abweichungen von dem deutschen Bergrechte in seinen Grundprincipien sind folgende: künftig
wegfallen,
und
findet
1. das Bergregal soll
der Entwurf
in den bestehenden
Hoheitsrechten des Staates für das Recht desselben zur Verleihung der unterirdischen Mineralien, die er nach
den
Sachen,
Regeln sondern
der
nicht als herrenlose,
Occupation
zu
erwerbende
als Theile des Grundeigenthumes
1) Wenn §. 1 des preuß. Allgem. Berggesetzes die unter die Vorschriften des letzteren fallenden Fossilien vom „Verfügungsrechte des Grundeigenthümers" ausschließt, so erscheint es nicht zulässig, das Wort „Verfügungsrecht" mit „Ei
genthum" aus dem Grunde zu identificiren, weil das preuß. Allgem. Landrecht Thl. I Tit. 8 §. 1 das Eigenthum dahin definirt: „Eigenthümer heißt derjenige,
welcher befugt ist, über die Substanz einer Sache oder eines Rechtes, mit Ausschließung Anderer
zu verfügen."
aus
eigener Macht durch sich selbst oder einen Dritten
Dieser von Koch, Commentar S. 33 vertretenen Ansicht kann
schon deßhalb nicht beigetreten werden,
weil die Terminologie des Berggesetzes,
welches auch auf die Landestheile des französischen und gemeinen Rechtes Anwen
dung findet, keineswegs sich einseitig an diejenige des L'andrechtes anschließt. So
dann aber hängt der §. 1 des preuß. Berggesetzes nicht nur, wie oben nachge wiesen, seinem Sinne und Inhalte nach auf das Engste mit dem französischen
Rechte zusammen, sondern auch die Ausdrucksweise des §.
1 ist dem
letzteren
entnommen.
Das französische Bergrecht unterstellt die „Bergwerke" (mines) der Verfü gung der Nation (ä la disposition de la nation) und entziehet dieselben dem Verfügungsrechte des Grundeigenthümers.
Durch
diese Bestimmung ist
aber weder der Staat zum Eigenthümer bestimmter Mineralien gemacht, noch
sind letztere aus dem Eigenthume des Grundeigenthümers ausgeschieden.
(Vergl.
Achenbach, französisches Bergrecht S. 71.)
Das Wort „Verfügungsrecht" ist also aus dem französischen Rechte zu er klären.
114
Erste Abtheilung.
betrachtet, an Dritte,
außer dem
Grundeigenthümer, unter
Beobachtung der Vorschriften des gegenwärtigen Entwurfes, eine genügende Grundlage *)."
Bei dem Resultate dieser Erörterung muß der Inhalt der Re
Während die Motive des vorläufigen Entwurfes aus den Vorschriften desselben den bestimmt ausgesprochenen Schluß zogen, daß die noch nicht gewonnenen Fos gierungsmotive einigermaßen befremden.
silien Substanztheile des Grund und Bodens bilden, überlassen die Motive des ungleich schärferen definitiven Entwurfes die Lösung Diese sachlich nicht motivirte Verschiedenheit kann nur in dem Wunsche der Regierung ihre etwaige Erklärung finden, alle Schwierigkeiten, welche dem schleunigen Zu
dieser Frage der Rechtswissenschaft.
standekommen des wichtigen Werkes entgegenstehen mochten, wenig stens in denjenigen Fällen zu vermeiden, in welchen sich eine richtige Feststellung des Inhaltes und Zweckes des Gesetzes bei der späteren Auslegung und Anwendung desselben erwarten ließ. p.
Fortdauer des Bergregales der Privatpersonen.
§. 34.
Im Widerspruche mit den Grundprincipien des Allgemeinen Berggesetzes befindet sich der §. 250 desselben,
durch
welchen das
einzelnen Privatpersonen zustehende Bergregal aufrecht erhalten ist.
Dazu kommt, daß nach dem preußischen Staatsrechte (A. L. R. Thl. II. Tit. 14 §§. 22 ff.) das Recht, gewisse Arten der herren
losen Sachen in Besitz
zu nehinen, als gemeines
Eigenthum des
Staates gilt und daß nicht dieses Staatscigenthum, sondern nur das Nutzungsrecht an demselben Privatpersonen zustehen kann. Nachdem dieses Staatseigenthum an den „unterirdischen Schätzen der Natur" durch Aufhebung des §. 6 Tit. 16 Thl. II des Allgemeinen Land rechtes beseitigt worden ist, konnte wenigstens in denjenigen Bezir
ken, in welchen jene staatsrechtlichen Vorschriften Anwendung fin den, auch das Nutzungsrecht an ersterem nicht mehr aufrecht er halten werden.
Wenn der Staat, wie dies in letzter Zeit mehrfach
geschehen ist, das Privatbergregal durch Verträge mit den bisherigen
Berechtigten zu erwerben versucht, so haben diese Verträge nicht den
Erfolg, daß das Regal auf den Staat wirklich übergehet. 1) Bergl. Hahn S. 27.
Ersteres
erlischt vielmehr, indem der Staat nur die Berghoheit nach Maß gabe des Gesetzes ausüben fdnn; andererseits auch der §. 250 das Regal nur zu Gunsten von Privatberechtigten, nicht des Staates aufrecht erhält. Bezog sich daher das Privatregal noch auf andere Fossilien, als die im §. 1 des Allgem. Berggesetzes aufgeführten, so fallen diese Fossilien mit Perfection des betreffenden Vertrages dem Grundeigenthümer zu. Könnte diese Auffassung als unrichtig nachgewiesen werden, so würde es behufs Herstellung eines einheit lichen Bergrechtes bei jeder Beseitigung eines Privatbergregales eines Gesetzes bedürfen *)• f.
Schlußbemerkungcn, insbesondere über die neueren Berggesetze
in anderen deutschen Staaten.
8- 35.
Abgesehen von dieser Abweichung bestehet also nach dem preuß. Allgem. Berggesetze das privatrechtliche Bergregal nicht mehr. Kraft der Hoheit über den Bergbau gebührt dem Staate nach Maßgabe des Gesetzes ein Verfügungsrecht über gewiffe Fossilien, welche an sich einen Substanztheil des Grund und Bodens bilden (§. 1 des Allgem. Berggesetzes). Dieses Verfügungsrecht bietet keinerlei privat rechtliche Seite dar, weßhalb kraft desselben weder eine Reservation von Bergwerksfeldern zu Zwecken des Staatsbergbaues1 2) (§. 2 des Allgem. Berggesetzes), noch auch bei Ausübung des ersteren eine Ab weichung von den Vorschriften des Gesetzes zulässig ist3). Die Berg baufreiheit erscheint als Ausfluß der staatlichen Hoheit über den Bergbau und findet ihre Regelung durch das Gesetz. Dem Vorgänge der preußischen Gesetzgebung sind diejenigen neue ren deutschen Berggesetze gefolgt, welche sich im Wesentlichen als eine 1) Ueber die rechtliche Stellung der Privatregalherren vergl. unten §. 38 im Anfänge (wegen der unter das Regal fallenden Mineralien), §. 42 am Schluffe
(wegen alter Berghalden und verlassener Bergwerke), §. 44 (wegen der Erbstollen),
§. 47 Anm. (wegen Verleihung fließender Wasser), §. 60
Anm.
(wegen der
Aufbereitungs-Anstalten, Hüttenwerke, Dampfkessel und Wassertriebwerke), §. 61 am Schlüsse (wegen Verleihung
von
Bergschmieden, Grundstücken und Wal
dungen), §. 66 (wegen der Feldesreservation), §. 68 (wegen der Districtsver-
leihung), §. 69—72 (wegen der Veräußerung des Bergregales). 2) Vergl. unten §§. 63 ff.
3) Vergl. unten §§. 67, 68.
Erste Abtheilung.
116 Nachbildung
oder Wiederholung
Das
ersteren charakterisiren.
der
bayerische Berggesetz vom 20. März 1869, durch welches das Berg regal gleichfalls beseitigt wurde *),
indeß insofern eine we
enthält
sentliche Abweichung von dem preußischen
Gesetze,
als
der
Art. 1
des ersteren mit den Worten beginnt: „Das Eigenthumsrecht an Grund und Boden erstreckt sich
nicht auf die nachstehend bezeichneten Mineralien",
während §. 1 des Preußischen Berggesetzes im Eingänge lautet: „Die nachstehend bezeichneten Mineralien
sind von dem Ver
fügungsrechte des Grundeigenthümers ausgeschlossen."
Durch diese juristisch
schwerlich zu rechtfertigende Bestimmung
der bayerischen Gesetzgebung ist im Gegensatze zum preußischen Rechte
die Herrenlosigkeit der unter das Berggesetz erkannt und demgemäß namentlich
fallenden Fossilien
an
eine Aenderung des linksrheini
schen Civilrechtes bewirkt^).
Das Königlich sächsische Berggesetz vom 16. Juni 1868, welches im Uebrigen sich manche Besonderheiten dem preußischen Rechte
ge
genüber bewahrt hat, theilt dagegen mit letzterem neben der Besei tigung des Bergregales b) auch den gemeinschaftlichen Grundsatz, daß
die im §. 1 angeführten Fossilien nur von dem Verfügungsrechte des Grundeigenthümers ausgeschlosien sind. Wenn
andere
Berggesetze
österreichische Berggesetz
der
vom 23.
neueren Mai
Zeit,
1854
wie
z. B. das
(§. 3)41)2 3und
das
1) Der bayerische Finanz - Minister bemerkte in der Sitzung der Kammer der Abgeordneten vom 18. Februar 1868: „Von dem vielfach angefochtenen, manche
Unklarheit erzeugenden und dem französischen Bergrechte durchaus fremden Be griffe des Bergregales ist in dem Gesetzentwürfe vollständig abgesehen, da die
hieraus für die Staatsgewalt abgeleiteten Befugnisse, soweit deren Aufrechterhal tung dermalen noch nothwendig
erscheint, eine ausreichende Grundlage in den
allgemeinen Hoheitsrechten finden." 2) Wie es scheint, glaubte man hierdurch sich mehr dem bestehenden Rechte anzuschließen und gleichzeitig
im Gegensatze zum Bergbaurechte das Bergwerks-
eigenthum rechtlich begründen zu können.
lHahn,
Bayern, Zeitschr. für Bergrecht. Jahrg. X S. 332.)
und letzteres ebenfalls als richtig nicht anzuerkennen.
zur Berggesetzgebung in
Ersteres ist nicht zutreffend
Jedenfalls entspricht die
Herrenlosigkeit der einen Theil der Substanz des Grund und Bodens bildenden Fossilien weder der natürlichen, noch der juristischen Auffassung. Vergl. oben S. 97.
3) Im §. 2
wird
Kohlenbergbau erwähnt.
der
Regalbergbau (Erzbergbau) als Gegensatz zum
Hier handelt es sich nur um eine übliche Bezeichnung.
4) §. 3: „Unter Bergregal wird jenes landesfürstliche Hoheitsrecht ver-
Allgemeine Lehren (Berghoheit).
Berggesetz für das
117
Großherzogthum Sachsen vom 22. Juni 1867
(§. 2) das Bergregal noch ausdrücklich erwähnen, so hat dies ent weder wie im österreichischen Berggesetze fast nur eine rein formelle Bedeutung, indem materiell das Regal beseitigt erscheint *), oder aber
es haben Gründe localer Natur, wie die Trennung des landschaft lichen und Kammer-Vermögens, zur Aufrechterhaltung einer an sich
als überlebt
anerkannten
Einrichtung geführt?).
Jedenfalls
fest, daß binnen Kurzem das privatrechtliche Regal aus der
stehet Reihe
der bestehenden Institutionen in Deutschland verschwinden und daß die Beschränkung des
Grundeigenthümers in der Verfügung über
gewisse Fossilien, sowie die Bergbaufreiheit überall aus den Hoheits rechten des Staates abzuleiten sein wird.
II. Vom Umfange des Gergregales und der Oerghoheit. 1. Die vom Berfügungsrechte des Grundeigenthümers ausgeschlossenen Mineralien. Nach gemeinem Bergrechte und den Bergordnungen.
a.
§. 36.
Das Bergregal oder nach neueren Gesetzen die staatliche Hoheit beziehet sich in erster Linie auf gewisse Mineralienb). Nach den
Urkunden des
Mittelalters scheinen die deutschen Könige zunächst
bemüht gewesen zu sein, das Regal bei Gold, Silber und Salz^)
zur Anerkennung zu bringen.
Die Constitution Friedrich I. v. I.
1158 hebt nämlich nur die argentifodinae neben den. salinarum reditus hervor. Ebenso redet der Sachsenspiegel von leinen anderen.
standen, gemäß welchem gewisse, auf ihren natürlichen Lagerstätten vorkommende Mineralien der ausschließlichen
Vorbehalten sind."
Verfügung
des
Allerhöchsten Landesfürsten
Schneider, Lehrbuch des Bergrechts §. 149 S. 205.
1) Vergl. z. B. §. 12 des ästen. Berggesetzes: „Die Bergwerksunterneh
mungen des Staates unterliegen den nämlichen Bestimmungen, wie jene der Privaten." 2) Schomburg, Betrachtungen S. 30 ff. 3) Nach gemeinem Rechte beziehet sich das Bergregal auch auf die Lager stätten dieser Mineralien.
4) Ueber das Salzregal, insbesondere auch über die Regalität der Salz quellen
vergl.
die mehrerwähnte Schrift von Böhlau de regalium notione
et de salinarum iure regali comm.
Erste Abtheilung.
118
als den Silberbergwerken. Andererseits unterliegt es indeß keinem Zweifel, daß Gold und Silber lediglich als die werthvollsten Re präsentanten der Metalle erwähnt werden und daß das Regal von Anfang an auf die Metalle insgesammt angestrebt worden ist, wie dies die meisten Königlichen Verleihungsurkunden, einschließlich der goldenen Bulle Karls IV. v. I. 1356 (universas auri et argenti fodinas atque mineras stanni, cupri, ferri, plumbi et alterius cuiuscunque generis metalli ac etiam salis tarn inventas quam inveniendas), unzweideutig darthun'). Gemeinrechtlich ist der Umfang des Bergregales hierbei stehen geblieben, wie denn auch die Mehrzahl der älteren Bergordnungen diese Grenze nicht überschreitet?). Demgemäß muß derjenige, welcher abgesehen vom Salze die Regalität eines nicht unter die Metalle fal lenden Minerales behauptet, erstere im Falle eines Rechtsstreites beweisen, da gemeinrechtlich nur die Re
galität der Metalle und des Salzes angenommen wer den kann. Nach gemeinem Bergrechte gehören hiernach die Stein- und Braunkohlen nicht zu den regalen Mineralien und die Vorschrift des §. 4 des Königlich sächsischen Berggesetzes vom 16. Juni 1868: „Das Bergbaurecht hinsichtlich der Stein- und Braunkohlen31) 2 1) Siehe z. B. oben S. 85 Anm. 2 die Urkunde für den Bischof von Trident
v. I. 1189. Ausnahmen kommen auch noch in späterer Zeit beim Eisen vor. Die Vorschrift der schlesischen Berg-Ordn. v. I. 1769 c. 1, wodurch das Eisen vom Regal ausgeschlossen ist, erscheint mit Rücksicht auf das frühere schlesische Bergrecht
nicht
gerechtfertigt.
Für das
lateinische
Wort metalla kommt
schon in sehr alten Urkunden die deutsche Bezeichnung Erz (arix, aric, artz, aruzi) vor, z. B. in der Schenkungs-Urkunde Herzog Heinrichs von Kärnten v. I. 1103: salino et rudere,
Zeitschrift für Bergrecht.
quod arix dicitur.
(Vergl. Commer in der
X S. 379, 389; Böhlau p. 16, 17.) In den süd
deutschen Bergrechten des Mittelalters wiederholt sich dieser Ausdruck außeror dentlich häufig.
Böhlau weist p. 17 a. a. O. nach, wie die Salzquellen
auch als „Salzerzt" bezeichnet worden sind.
Interessant ist, daß das Wort Arz
auch in den Gewohnheiten von Massa vorkommt. (Vergl. Appendice all’ archivio
storico italiano Nr. 27 (vol. VIII, Firenze 1853) p. 701.) 2) Vergl. z. B. joachimsthaler Berg-Ordn. v. I. 1548, Thl. 2 Art. 2,
kursächsische Berg.-Ordn. v. I. 1589, Art. 6 u. s. w. 3) Die älteren Gesetze und Verordnungen nennen meist nur die Stein kohle.
Unter dieser Bezeichnung ist indeß die Braunkohle mit zu verstehen.
Vergl. Brassert, Bergordnungen S. 474 Anm., S. 944 Anm. und Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. X S. 257 ff.
Allgemeine Lehren (Vorbehaltene Mineralien).
119
ist ein Ausfluß des Grundeigenthumes" entspricht völlig dem gemei nen Bergrechtes.
Das Partikular recht
hat dagegen
theils in Folge aus
drücklicher Bestimmungen, theils auf Grund des Gewohnheitsrechtes die gemeinrechtliche Grenze der Regalität vielfach überschritten. Wenn
indeß einzelne Partikularrechte1 2)3 neben den Metallen auch die Mi neralien als Gegenstand der. bergrechtlichen Verleihung bezeichnen,
so ist hierdurch dem Regal noch keineswegs eine unbeschränkte Aus
dehnung gegeben, da der ältere bergrechtliche Sprachgebrauch unter Mineralien nur die sog. niederen Metalle und einige andere Fossi lien verstand.
So sagt Herttwig in seinem Bergbuche sub voce
„Mineralia“:
„Hierunter wird Kupfer, Zinn, Eisen, Blei, Queck
silber, Alaun, Vitriol, Schwefel, item Wißmuth,
Kobalt und der
gleichen gerechnet" und fügt unter Kohlen §. 10 hinzu: „Stein kohlen sind weder vor Metall, noch ein Mineral zu achten und dürfen daher nicht gemuthet werden." Partikularrechtlich dehnte man aber auch das Regal über die Grenze der Mineralien aus. Nicht nur die Unterwerfung der Kohle unter das Regals fand statt, sondern vielfach verblieb dem Grund-
1) Vergl. die gleiche Bestimmung des preußischen Gesetzes vom 22. Februar 1869 über die Rechtsverhältnisse des Stein- und Braunkohlenbergbaues in den vor
mals sächsischen Landestheilen. Merkwürdig sind die besonderen Gewohnheiten, welche
sich beim Steinkohlenbergbau ausbildeten, wo derselbe nicht in die Negalrechte des Landesherren überging. In der auf der linken Rheinseite gelegenen Jülich'schen Unterherrschaft Heiden (Ländchen, Ländchen von der Heiden) ertheilte jeder Grund eigenthümer Verleihungen gegen Entrichtung eines Erbschillings und des sog.
Schachthundes, einer der märkischen Tradde analogen Abgabe. Ueber die Gewohnheiten beim Steinkohlenbergbau des Stiftes Rellinghausen vergl. Achrnbach,
Geschichte der cleve-märkischen Berggesetzgebung und Bergver
waltung (Berlin 1869) S. 43. In Jars metallurgischen Reisen Bd. 2 S. 769 ff. ist das General-Reglement über die Kohlenbergwerke in der Provinz Limburg vom 1. März 1694 abgedruckt.
Die alten lütticher Gewohnheiten über den Stein
kohlenbergbau enthält der Vertrag von St. Jaques v. 3.1487 (Wagner S. 1007 ff.). Siehe auch Achenbach, französisches Bergrecht S. 80, 81. 2) Eisleben - mannsfeldische Berg-Ordn. v. I. 1673 Art. 2; bayerische
Berg-Ordn. v. I. 1784 Art. 1.
3) Thüringsche Berg-Ordn. v. I. 1563 (Herthum, Sammlung S. 150); markgräflich-brandenburgische Berg-Ordn. v. I. 1619, Art. 7 (Wagner S. 438);
hessische Bergfreiheit v. I. 1616 (Wagner S. 626);
heit v. I. 1710 (Wagner S. 578).
würtembergische Bergfrei
Ick letzterer heißt es:
„Kobold,
Eisen,
120
Erste Abtheilung.
eigenthümer kaum mehr als die Ackerkrume unbestritten zur freien
Benutzung übrig. Schiefer- Sandstein- Kalk- Marmorbrüche, Feuer steine, Kreide- Sand- Porcellan- Walker- und Farbenerde, RöthelGruben u. s. w., ja sogar die Salpetergewinnung wurden dem Bergregal unterworfen*l).
In einer preußischen Verleihungsurkunde
vom Jahre 1705 für Bergwerke im
Fürstenthume Halberstadt ist
neben den Metallen u. s. w. auch Indiz aufgeführt2).
Schwefel, Steinkohlen und andere Mineralien." Die Steinkohlen werden also als
Mineral angesehen, wogegen die markgräflich-brandenburgische Berg-Ordn, dem Bergmeister die Macht ertheilt, auf alle Metalle und Mineralien, wie die Namen haben, sammt Steinkohlen, Schiefer, Mühl- und Feuerstein, nichts ausgenom
men, Bergwerk zu verleihen." Hier zählen die Steinkohlen nicht zu den Mine ralien. Ebenso sagt die cleve-märkische Berg-Ordn. v. I. 1766 c. 2 §. 1 (Brassert S. 824): „Metall, Mineralien oder Steinkohlen" und im c. 1 §. 1: „Mineralien, Metalle oder Fo ssilien." Ueber das Alter des Steinkohlen bergbaues in Deutschland und dessen frühere wirthschaftliche Bedeutung, sowie über die Regalität' der Steinkohle in der Grafschaft Mark vergl. Achenbach, Ge
schichte der cleve-märkischen Berggesetzgebung und Bergverwaltung. (Berlin 1869.)
1) Dies geschah regelmäßig nicht durch die Bergordnungen, sondern ent
weder auf Grund behaupteten Gewohnheitsrechtes oder besonderer Bestimmungen; jedoch auch die Bergordnungen selbst enthalten
Bergregales vielfach sehr abweichende Vorschriften.
rücksichtlich des Umfangs des So zählt die bereits ange
führte thüringsche Berg-Ordn. v. I. 1563 neben den Metallen zum Berg regale, „alle andere metallische Bergart, Wasser und Farben, so unter der Erden
gewirket werden und daraus kommen, es sei gleich Salz, Alaun, Vitriol, Sal
peter, Ocker, Lasur, Zinnober, Kreide, Berggrün, Steinkohl oder dergleichen." In der kurkölnischen Berg-Ordn. v. I.
dieweilen nicht
1669 heißt es Thl. II Art. 5:
allein die Marmor- und Alabasterbrüche,
sondern auch
„Und
alle
Mühlenstein- und dergleichen Hauptbrüche in Unseren Landen, wo selbige nur angetroffen, desgleichen auch die Schieferbrüch den Bergwerken ankleben, einver leibt und mit incorporirt sind." (Brassert, Bergordn. S. 541.) Die schlesische
Berg-Ordn. v. I. 1769 und die magdeb.-halberstädtische Berg-Ordn. v. I. 1772 c. 1 §. 1 rechnen zum Bergregal unter Anderem: Salpeter, Serpentin, Fluß
spath, Bergkrystall, Chrysopas, „alle ganze und halb edle und übrige pretiöse Steine." (Brassert S. 943.) Die nassauische Berg-Ordn. v. I. 1857 §. 1 unterwirft dem Regal Schwerspath, Walkererde, Gyps, Dachschiefer „und solche
Thonarten, welche für die Fabrication von steinernen Waaren und Pfeifen an und für sich tauglich sind oder mit andern gemischt bei den Krugbäckereien zur Verwendung sich eignen" u. s. w. Vergl. auch Zeitschrift für Bergrecht, Jahrg. VIII
S. 272. 2) Otia metallica t. III S. 339.
Auch in dem preußischen Privilegium
Allgemeine Lehren (Vorbehalten? Mineralien).
121
Diese völlig willkürliche Ausdehnung der Bergregaliiät findet ihre Erklärung in dem Bestreben, nach Möglichkeit zu steigern.
die Einnahme des Regalherren
Erfolgte durch erstere zwar einerseits
regelmäßig auch eine Ausdehnung der Bergbaufreiheit auf eine große
Zahl von Mineralien, welche bisher der letzteren nicht unterworfen waren, so konnte dieser Umstand dennoch die erhebliche Schädigung der Interessen des Eigenthumes am Grund und Boden nicht auf wiegen. b.
Nach den neueren Berggesetzen, insbesondere dem preußischen
Allgemeinen Berggesetze.
§. 37. Die neuere Berggesetzgebnng hat sich daher
genöthigt gesehen,
das Bergregal auf den ihm gebührenden Umfang wieder zurückzu führen und festere Grenzen zwischen den aus dem Grundeigenthume und dem Bergregal oder Hoheitsrechte hervorgehenden Befugnissen
zu ziehen. An der gemeinrechtlichen Grenze war freilich im Allgemeinen
nicht festzuhalten. Bereits das preußische Allgemeine Landrecht hatte Thl. II Tit. 16 §. 69 ff. alle Fossilien, woraus Metalle und Halb
metalle gewonnen werden, die Salzarten einschließlich der Salzquellen, die Jnflammabilien und Edelsteine dem Bergregale unterworfen, dagegen alle anderen Fossilien, wie Marmor, Porphyr, Granit, Basalt, Serpentin, Kalk, Gips, Sandstein, Thon, Lehm, Mergel, Walker- Umbra- Ocker- und andere Farbenerden, insofern aus den selben keine Metalle oder Halbmetalle gewonnen werden, dem Grund eigenthümer belassen. Ebenso waren in dem französischen Berggesetze vom 21. April 1810 unter Anderem die Stein- und Braunkohle zu den Bergwerken (mines) gerechnet *).
Die gemeinrechtlich stattfindende Ausschließung
der Stein-
und Braunkohle vom Bergregal fand daher in einem großen Theile Deutschlands?) schon zu Anfang dieses Jahrhunderts keine Anwen dung mehr. für die Mindener Gewerkschaft vom 15. März 1742 wird Indiz unter den ver
liehenen Mineralien aufgeführt! 1) Achenbach, franz. Bergrecht S. 149.
2) Vergl. auch das österreichische Avertiffement vom 19. Februar
1766
Erste Abtheilung.
122
Durch das Preußische Allgemeine Berggesetz konnte unter diesen Umständen die Grenze zwischen dem Verfügungsrechte des Grundeigenthümers und dem Hoheitsrechte des Staates ebensowohl mit Berücksichtigung des Landesrechtes als des wirthschaftlichen Nutzens der Mineralien gezogen werdens. Um diese Grenze „fest und leicht erkennbar" zu machen, entschloß man sich eine generelle Bezeichnung der Mineralien zu vermeiden, letztere vielmehr nach dem Vorgänge des französischen Berggesetzes vom 21. April 1810 namentlich aufzuzählen, so daß die nicht speciell bezeichneten Mineralien der Ver fügung des Grundeigenthümers unterliegen. Der Sinn des Gesetzes gehet daher dahin: Alle Mineralien befinden sich im Eigenthume des Grundeigenthümers. Ausnahmsweise tritt indeß bei einzelnen, besonders benannten Mineralien das Verfü gungsrecht des Grundeigenthümers über dieselben nicht ein2). Nach §. 1 des preußischen Allgemeinen Berggesetzes vom 24. Juni 1865 sind vom Verfügungsrechte des Grundeigenthümers aus geschlossen 3): (Wagner S. 131), durch welches in den niederösterr. Landen der Steinkohlen
bergbau frei erklärt wird.
1) Die Motive des vorläufigen Entwurfes bemerken, daß die Frage, welche Fossilien vom Verfügungsrechte des Grundeigenthümers auszuscheiden seien, „von
ihrer historischen, rechtlichen und Volkswirthschaftlichen Seite in's Auge
gefaßt werden" müsse (S. 17).
In den Motiven des definitiven Regierungsent
wurfes ist gleichfalls gesagt, daß jene Frage nicht nur nach der „bestehenden Berggesetzgebung" sondern auch nach „überwiegenden volkswirthschaftlichen und
bergbaulichen Rücksichten" zu beurtheilen sei. .(Hahn S. 41.)
2) Achenbach, französisches Bergrecht S. 149 ff. 178.
Die Ansicht, daß
das französische Bergrecht die Fossilien nach der Gewinnungsweise in die drei Klassen der nrines, minieres und carrieres eintheile, ist falsch. theilung erscheint vielmehr als eine administrative.
Die Ein-
Das Gesetz classificirt
die Fossilien nach den Vorschriften, welche rücksichtlich ihrer Gewinnung ge geben sind.
Die Worte des ersteren relativement aux regles de Pexploita-
tion bedeuten nicht nach der „Gewinnungsweise," wie stets die deutschen Uebersetzungen irrthümlich lauten, sondern nach den Vorschriften über die Ge
winnung.
Vergl. Achenbach a. a. O. S. 156.
3) Das Königlich sächsische Berggesetz vom 22. Mai 1851 §. 1 rechnet die
jenigen Mineralien,
„welche
sind," zum Bergregal.
vom
wegen
ihres
Metallgehaltes
nutzbar
Ebenso schließt §. 1 des Königlich sächsischen Berggesetzes
16. Juni 1868 diese metallischen Mineralien vom Verfügungsrechte
Grundeigenthümer aus.
In Folge dieser generellen Bezeichnung
des
hörten unter
Allgemeine Lehren (Vorbehaltene Mineralien).
„Gold, Silber, Quecksilber, Eisen eisenerze, Blei,
Kupfer,
mit Ausnahme der Rasen
Zink,
Zinn,
123
Kobalt, Nickel, Arsenik,
Mangan, Antimon und Schwefel, gediegen und als Erze; Alaun und Vitriolerze; Steinkohle, Braunkohle, Graphit; Steinsalz nebst
den mit demselben auf der nämlichen Lagerstätte vorkommenden Salzen und die Soolqucllen" >).
Anderen Schwefel, Alaun u. s. w. auf, der Berghoheit unterworfen zu sein. Die Worte „wegen ihres Metallgehaltes nutzbar" werden in den Motiven dahin
erläutert, daß es sich um Mineralien handele, „welche zu besonderer Ver
werthung des darin befindlichen
Metallgehaltes
gewonnen zu
werden Pflegen." Das österreichische Berggesetz vom 23 Mai 1854 gehet weiter, wenn dasselbe
§. 3 bestimmt: „Zum Bergregale gehören alle Mineralien, welche wegen ihres Gehaltes an Metallen,
Schwefel, Alaun, Vitriol oder Kochsalz benutzbar
sind, ferner die Zementwässer, Graphit und Erdharze, endlich alle Arten von
Schwarz- und Braunkohle.
Solche Mineralien heißen vorbehaltene Mineralien."
Das Gesetz stellt mithin zwei Requisite auf,
und sodann das der Benützbarkeit.
einmal das des Gehaltes
Nach den Vollzugsvorschriften ist zwischen
Nutzbarkeit und Benützbarkeit kein Unterschied. (Vergl. dagegen Schneider, Lehrbuch
des österr. Bergr. S. 113 Anm. 2.)
Die Vollzugsvorschriften dagegen bemer
ken vielmehr, „daß die meisten, vorzugsweise die farbigen Stein- und Erdarten, dann
viele sog. Mineralwässer u. dergl. größere oder geringere Mengen von
Metallen, Schwefel, Salzen u
s. w. enthalten; ja daß solche Stein- Erdarten
und Wässer die Eigenschaften, wegen welcher sie im gemeinen Leben einen beson
deren Werth haben, oft gerade diesen Bestandtheilen verdanken, gleichwohl aber
nicht als vorbehaltene Mineralien angesprochen werden dürfen, weil sie nicht
auf eine technische Darstellung dieses ihres Bestandtheiles im Großen benutzbar sind.
Den Maßstab zur Beurtheilung dieser Benütz
barkeit bildet die bisherige Erfahrung im Gebiete der Hütten
kunde" u. s. w. Vergl. unten die Anmerkungen über das preußische Recht §. 39. 1) Wenn §. 1 des preußischen Allgem. Berggesetzes nach der demselben durch
die Commission des Herrenhauses gegebenen Fassung (Hahn S. 46
die Sool-
quellen zu den Mineralien zählt, so widerstrebt dies ebensowenig älterem Sprach
gebrauche (Böhlau de regal, natione etc. p. 17), wie der wissenschaftlichen Anschauung.
(Böhlau p. 20.)
Siehe auch §. 36 S. 118 Anm. 2.
Neben dem Steinsalze sind die mit demselben auf der nämlichen Lagerstätte
vorkommenden Salze für Vorbehalten erklärt.
Das preußische Allgem. Landrecht
Thl. II Tit. 16 §. 17 hatte „alle Salzarien" dem Bergregal unterworfen.
Insoweit daher das preußische Allgem. Berggesetz im §. 1 nicht einzelne Salze ganz
allgemein als Gegenstand des Hoheitsrechtes aufzählt, wie z. B. den Alaun, ent
hält die angeführte Bestimmung des §. 1 eine Einschränkung der landrechtlichen
Erste Abtheilung.
124
Nach dieser Aufzählung sind Stein- und Braunkohle, einschließ lich des zur Steinkohle gerechneten Anthracites, der Hoheit des Staates unterworfen, andererseits aber die noch in dem vorläufigen
Entwürfe unter den Gegenständen der Berggesetzgebung aufgeführten Metalle Platin, Wolfram, Kadmium, Wismuth, Selen, Molybdän, sonne' ferner die Raseneisenerze, die Edelsteine und die nach einzelnen
Bergordnungen znm Regal gehörenden Marmor- Alabaster- Dachschiefer- Mühlstein- und Kalksteinbrüche, Flußspath, Erdpech und bituminöse Schiefer dem Grundeigenthümer zugewiesen. Aus wirthschaftlichen Gesichtspunkten war gegen diese Beschrän kung der staatlichen Hoheit um so weniger ein erhebliches Bedenken
herzuleiten, als nach den Motiven des Regierungsentwurfes, abge sehen vom Salze, 99 Procent des Werthes sämmtlicher Bergwerks-
producte im damaligen Preußen auf Steinkohlen, Blei- Silber- Eisen- Zink- und Kupfererze fielen.
Braunkohlen,
„Die lange noch nicht abgeschlossene Reihe der übrigen (d. h. im §. 1 nicht benannten) Metalle läßt der Entwurf unberücksichtigt",
bemerken die Motive des definitiven
Regierungsentwurfes.
„Die
selben kommen nämlich in Preußen theils gar nicht, theils so ver einzelt und selten vor, daß bei ihnen der Gesichtspunkt einer all
gemeinen Nutzbarkeit nicht zutrifft und es deshalb nicht ge rechtfertigt sein würde, das Verfügungsrecht des Grundeigenthümers auch hier auszuschließen" *)• e.
Nach
den
provincialrechtlichen
Vorschriften des
preußischen
Allgemeinen Berggesetzes.
8- 38. Abgesehen von der Aufrechterhaltung der Rechte der PrivatVorschriften, indem die mit dem Steinsalze vorkommenden Kali-Magnesia-Bor-
salze u. s. w. nur, insoweit dieselben mit ersteren auf der nämlichen Lagerstätte brechen, vorbehalten sind.
Ob gemeinrechtlich alle Salze als Gegenstand des
Bergregales angesprochen werden können, ist nicht ohne Zweifel, dürfte indeß wegen
der allgemeinen Fassung der goldenen Bulle Karls IV. v. I. 1356 (minerae salis) zu bejahen sein. 1) In dem Commissionsberichte des Hauses der Abgeordneten heißt es: „Der Entwurf geht von dem richtigen Gesichtspunkte aus, daß nur solche
Mineralien
dem Verfügungsrechte des
Grundeigenthümers zu
entziehen seien, welche für die allgemeine Gewerbthätigkeit vor
zugsweise wichtig sind."
Allgemeine Lehren (Vorbehaltene Mineralien).
125
regalinhaber *), hat das preußische Allgemeine Berggesetz mit Rücksicht auf das hergebrachte Recht einzelner Landesthcile 1 2)3 4von der allge meinen Bestimmung des §. 1 verschiedene Abweichungen zugelassen, welche provinciell eine Einschränkung der staatlichen Hoheit enthalten. In den provincialrechtlichen Vorschriften §§. 210 ff. werden nämlich
für das Gebiet des westpreußischen Provincialrechtes alle Mineralien mit Ausschluß des Steinsalzes und der Soolquellen; im Herzogthume Schlesien
und der Grafschaft Glatz, in Neuvorpommern und der Eisenerze; in
Insel Rügen, in den hohenzollernschen Landen die den
vormals
Königlich sächsischen Landestheilen
Braunkohlen dem Grundeigenthümer überwiesen.
die Stein- und Daffelbe ist später
durch die Königliche Verordnung vom 8. Mai 1867 Art. II8) rück sichtlich des Steinsalzes und den mit demselben auf der nämlichen Lagerstätte vorkommenden Salzen, sowie den Soolquellen
für die
ganze Provinz Hannover, rücksichtlich der Stein- und Braunkohlen für das Fürstenthum Kalenberg einschließlich der Grafschaft Spiegel
wogegen umgekehrt die Königliche Ver
berg (Art. XII) geschehen,
ordnung vom 22. Februar 1867 Art. II für Nassau
den Dach schiefer und die Königliche Verordnung vom 1. Juni 1867 Art. XV
1) Vergl. oben S. 114 §. 34.
2) Der Bernstein gehört nicht zum Bergregal, bildet vielmehr nach ostpreußischem Provincialrechte sowohl in der Ostsee, wie am Strande und im
Binnenlands ein vorbehaltenes „Eigenthum" des Staates.
Abgesehen vom Gebiete
jenes Provincialrechtes, stehet die Bernsteingewinnung regelmäßig dem Grundeigen thümer zu, nur am Strande und in der Ostsee ist der Staat in Westpreußen
und zum Theil in Pommern zur Bernsteingewinnung berechtigt.
(Vergl. über
Ostpreußen das Gesetz v. 22. Februar 1867, Zeitschrift für Bergrecht Jahrg. IX S. 39.) Dieses Recht des Staates auf den Bernstein hat der Bericht der Com mission des Hauses der Abgeordneten zum Allgem. Berggesetze als ein besonderes
Bernsteinregal bezeichnet (Hahn S. 48). ebensowenig der
Grundsatz der
Es bestehet daher in Ostpreußen
Bergbaufreiheit, als für das Binnenland ein
Recht des Staates nach den Bestimmungen des Allgem. Berggesetzes die Abtre tung von Grund und Boden behufs der Bernsteingewinnung zu verlangen. Der
Regalinhaber ist nur befugt, die Ablieferung des gefundenen Bernsteines zu be
anspruchen, nicht aber auf fremden Grundstücken ohne Erlaubniß des Grundeigenthümers
einen Bergbau
auf Bernstein einzurichten, Schürfversuche anzu
stellen u. s. w. 3) Vergl. Motive in der Zeitschr. für Bergr. Jahrg. VIII S. 168 ff.
4) Vergl. Motive in der Zeitschr. für Bergr. Jahrg. VIII S. 13.
Erste Abtheilung.
126
für die Herrschaft Schmalkalden *) den Schwerspath dem Verfügungs recht des Grundeigenthümers im Anschlüsse an das bestehende Recht dauernd entzogen hat. Diese Abweichungen von der allgemeinen Regel erscheinen theo retisch insofern nicht gerechtfertigt, als die staatliche Hoheit in allen Landestheilen dieselbe sein sollte; andererseits konnten indeß beste hende Rechtszustände, wenn sich auf Grundlage derselben bereits der Bergbau entwickelt hatte, nicht einfach ignorirt werden. Unter Be rücksichtigung dieses Gesichtspunktes ist gegen die Aufrechterhaltung des Rechtes des Grundeigenthümers auf die Eisenerze in Schlesien, auf die Stein- und Braunkohlen in den vormals sächsischen Landes theilen und dem Fürstenthume Kalenberg Nichts zu erinnern. Alle anderen Abweichungen dürften dagegen wol zu vermeiden gewesen sein1 2). f.
Feststellung der Grenze, zwischen den Rechten des Staates und
des Grundeigenthümers. §♦
39.
Wenn in der dargestellten Art gegenwärtig die Grenze zwischen den Rechten des Grundeigenthümers und des Staates in Preußen gezogen ist, so kann im c o n c r e t e n Falle die Anwendung der gesetzlichen 1) Vergl. Motive in der Zeitschr. für Bergr. Jahrg. VIII S. 224. 2) Das Königlich bayerische Berggesetz vom 20. März 1869 hat den §. 1 des preuß. Allgem. Berggesetzes mit der Modification wiederholt, daß Raseneisen
erz mit zu den vorbehaltnen Mineralien gehört, dagegen das Waschgold aus drücklich von der Berggesetzgebung ausgenommen ist.
Provincialrechtliche Be
stimmungen fehlen. Das braunschweigische Berggesetz vom 15. April 1867 wiederholt gleichfalls,
ohne Provincielle Bestimmungen zuzulassen, den §. 1 des preuß. Allgem. Berg
gesetzes, macht jedoch bei Vitriolerzen den Zusatz Vorkommens im Torf."
„letztere mit Ausnahme des
Das Berggesetz für Sachsen-Meiningen vom 17. April
1868 fügt den Mineralien des §. 1
„Dach-Tafelschiefer und die Farbenerden"
hinzu; deßgleichen das Einführungsgesetz zum preußischen Allgemeinen Berggesetze
für Waldeck-Pyrmont vom 1. Januar
1869 den
„Soolquellen" in Pyrmont ausgenommen sind.
„Dachschiefer",
wogegen
die
Das gothaische Berggesetz vom
16. August 1868 stimmt im §. 1 mit dem preußischen überein.
Die meisten
Abweichungen von der Bestimmung des §. 1 des preußischen Allgem. Berggesetzes
sind hiernach in Preußen selbst gemacht.
Allgemeine Lehren (Vorbehaltene Mineralien).
127
Regel erheblichen Zweifeln unterliegen. Es haben beispielsweise in Schlesien Streitigkeiten darüber bestanden, ob ein gemuthetes Mi neral als Eisen- oder Manganerz anzusehen sei, ob dasselbe also nach dem dortigen Provincialrechte dem Grundeigenthümer zustehe oder gemuthet werden könne *). Ebenso ist es streitig gewesen, ob es sich bei einer eingelegten Muthung um Braunkohle oder Torf handele 2). Für diese und andere Fälle verbietet es sich zwar, eine ganz generelle Entscheidung treffen zu wollen, da der concrete Fall offenbar auch eine specielle Würdigung wird erfahren müssen, andererseits bleibt jedoch allgemeins) richtig, daß das Gesetz die im §. 1 be zeichneten Fossilien mit Rücksicht auf ihre thatsächlich vorhan dene wirthschaftliche Bedeutung dem Verfügungsrechte des Grundeigentümers entzogen hat und daß daher die bisheriges eigenthümliche Verwendung eines Minerales bei der Fest1) Vergl. Amelung,
über die Verleihungsfähigkeit manganhaltiger Eisen
erze als Manganerze, Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. VII S. 309 ff. und Lindig
ebendas. Jahrg. VIII S. 495 ff.
2) Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. VIII S. 545. 3) In dem von Amelung behandelten Falle über die Verleihungssähigkeit
manganhaltiger Eisenerze kommt der Verfasser zu dem Resultate,
„daß es zur
Begründung einer Muthung und Verleihung nicht genüge, daß in einer Ge birgsschicht oder in einem Mineral Bestandtheile der der Disposition des Grund
eigentümers entzogenen Fossilien vorhallden sind, sondern es müsse ein unzwei
felhaft erkennbares,
selbstständiges und zu der ihm
nischen Verwendung geeignetes
Selbstständigkeit
wird
eigenthümlichen tech
Mineral nachgewiesen werden."
Neben der
also hier auf die dem Mineral eigenthümliche technische
Nutzbarkeit der Ton gelegt, welche speciell bei den Manganerzen nicht in ihrem Metall-, sondern in ihrem Sauerstoffgehalte liegt.
Unter Manganerz ist nach
dem Berggesetze ein zur Sauerstoffbereitung nutzbares Mineral zu verstehen.
4) In den Motiven des vorläufigen Entwurfes heißt
es
S.
18: „Nach
dem Vorgänge des Königl. und des Großherz, sächsischen, sowie des österr. Berg gesetzes alle Mineralien unter das Berggesetz zu stellen, welche „wegen ihres
Metallgehaltes nutzbar sind" hat Anstand gefunden, indem dieses Krite
rium den Bereich des Berggesetzes zu weit und in anderer Beziehung wieder nicht weit genug ausdehnt und überdies die Grenze zwischen dem Hoheitsrechte des
Staates
und
den
Rechten
des Grundeigen-
thümers veränderlich und unsicher macht."
Diese jedenfalls in Betreff des österreichischen Berggesetzes nicht zutreffende Be merkung (vergl. die Anm. 1 S. 123 zu §. 37) begründet also die namentliche Auffüh
rung der Mineralien im §. 1 des preuß. Allgem. Berggesetzes auch damit, daß die
128
Erste Abtheilung
stellnng des rechtlichen Begriffes deffelben wesentlich in Betracht zu ziehen ist. Grenzlinie zwischen Grundeigenthümer und Staat eine unveränderliche und sichere sein solle.
Hieraus gehet in Verbindung mit dem Satze, daß die im
§. 1 bezeichneten Mineralien wegen ihrer wirthschaftlichen Bedeutung der Hoheit des Staates vorbehalten sind, unzweideutig hervor, daß
der Begriff eines Mi
nerales in rechtlicher Beziehung von der bei Erlaß des Allgem. Berggesetzes bekannten, eigenthümlichen technischen Verwendung desselben mit abhängt.
Wenn es in den angeführten Motiven außerdem heißt, daß der Vorbehalt derjenigen Mineralien,
„welche wegen ihres Metallgehaltes nutzbar sind," nicht
weit genug ausgedehnt sei, so erscheint dies schon insofern richtig, als Mangan
erze wegen des Sauerstoffes und nicht wegen des
Metallgehaltes,
Schwefelkiese
wegen des Schwefels u. s. w. wirthschaftlich Bedeutung haben und technisch nutz
Es gehet aber auch andererseits hieraus hervor, daß der im
bar gemacht werden.
§. 1 des Allgem. Berggesetzes vorkommende Ausdruck „Erz", selbst wenn derselbe
im engeren Sinne als eine Verbindung der Metalle mit anderen Körpern ^„aller
lei Bergart, die Metall in sich führet" nach Herttwig) verstanden wird, keineswegs in rechtlicher Beziehung identisch ist mit „Mineralien, welche wegen ihres
Metallgehaltes
nutzbar sind oder welche sich
zur Metallproduktion
eignen", wie dies von Klostermann, Commentar Anm. 5, 6 S. 88
men wird.
angenom
Es handelt sich vielmehr rechtlich um Verbindungen der Metalle
mit anderen Körpern, welche unter der im §. 1 des Allgem. Berggesetzes auf
geführten Bezeichnung
die bei
Erlaß
desselben
thümliche technische Verwendung gefunden haben.
bekannte, jenen
Erzen eigen
(Vergl. auch Huyssen,
mentar S. 4 Anm. und Veith, Bergwörterbuch S. 161.)
Com
Aus diesem Ge
sichtspunkte werden auch Bestandtheile der im §. 1 des Allgemeinen Berggesetzes aufgeführten Mineralien, welche in anderen Mineralien und Gebirgsarten vor
kommen, keineswegs als vom Verfügungsrechte des Grundeigenthümers ausge schlossen anzusehen sein, wenn dieselben nicht in der dem Minerale eigenthüm
lichen Verwendung nutzbar zu machen sind.
Eisenschüssiger Grauwackenschiefer ist
daher nach dem Reeursbescheide des preuß. Handelsministers vom 22. Januar 1869
kein Eisenerz.
(Zeitschr. für Bergr., Jahrg. X S. 255.)
Ebenso kann eisen
haltiger Sand, Eisenocker u. s. w. nicht als Eisenerz angesehen werden. (Zeitschr. für Bergr., Jahrg. III S. 264; VII S. 391.
Bezüglich des Eisenocker vergl.
indeß Huyssen, Commentar S. 6 Anm. f.). Mit Recht bemerkt Amelung a. a. O. S. 329: „Es ist — hier — die Frage zu entscheiden, ob
— der Willkür des
Einzelnen anheim gegeben werden soll, unter dem Vorwande, daß eine be liebige Schicht des Erdkörpers Bestandtheile der im
§. 1 des Gesetzes ge
nannten Mineralien enthalte, den Grundeigenthümer seiner wohlbegründeten Rechte zu berauben, ohne daß auch nur die entfernteste Möglichkeit vorhan
den ist, dafür einen den allgemeinen Interessen zu Gute kommenden Ersatz zu bieten.
Allgemeine Lehren (Vorbehaltene Mineralien).
g.
Competenz der Gerichte und der
lung der Grenze der staatlichen
129
Bergbehörden bei Feststel
Hoheit gegenüber den Rechten
des Grundeigenthümers.
§. 40. Von ganz hervorragender Bedeutung erscheint die Frage, welcher Behörde, ob der Bergbehörde oder dem Gerichte, die definitive Ent
scheidung über die
Grenze
der staatlichen
Hoheit gegenüber dem
Rechte des Grundeigenthümers zustehe. Nach preußischer und deut scher Rechtsauffaffung wird es nicht zweifelhaft sein können, daß, wenn eine Verleihung zur Gewinnung irgend eines der im §. 1 des preußischen Allgemeinen Berggesetzes bezeichneten Mineralien stattgefunden hat, der Grundeigenthümer wenn auch glicht auf die
Vernichtung der ertheilten Verleihung,
aber dahin bei dem Richter
zu klagen befugt ist, daß der Beliehene sich der Aneignung des in der Klage näher angegebenen Minerales zu enthalten habe, weil letzteres nicht
unter
§. 1 des Allgemeinen Berggesetzes
daher dem Grnndeigenthümer zuständig sei *).
falle und
Hat' die Klage Erfolg,
so kann die Verleihung möglicher Weise inhaltslos werden, wenn das dem Grundeigenthume durch den Richter zugesprochene Mineral der einzige Gegenstand der Muthung und Verleihung gewesen ist. Dieser so eben vorausgesetzte Fall wird indeß in der Praxis wegen der durch die Bergbehörde vor jeder Verleihung vorzuneh menden sorgfältigen Untersuchung des Mineralvorkonimens nur
Würde einer solchen Auffassung des Gesetzes Raum gegeben, so würde jeder Schiefer- Kalkstein- Basalt- Sandstein-Bruch, jedes Thon- und Lehmlager,
selbst die Dammerde den Launen und der Habsucht eines Muthers Preis
gegeben sein.
Es würde mit einem Worte jedes Grundeigenthum beliebig
vernichtet und jeder sonstige,
auf die Benutzung des Mineralreichs sich
stützende Gewerbebetrieb unmöglich gemacht werden können, denn alle festenTheile unsers Erdkörpers enthalten mehr oder weniger Bestandtheile jener der Bergbaufreiheit vorbehaltenen Mine
ralien, ohne aber verleihbare Mineralien im Sinne des Gesetzes zu sein." I) In Frankreich ist hier der Rechtsweg ausgeschlossen, wie dies zwei Mal vom Pariser Cassationshof erkannt worden ist. Arret vom 28. Januar 1883
(Sirey t. 33. 1. p. 223) und vom 24. Dezember 1835 (Sirey t. 86. 1. p. 128.) Vergl. auch Achenbach, franz. Bergrecht S. 169 ff. Für Belgien nimmt
den Rechtsweg in Anspruch Bury, traite de la legisl. des mines t. I p. 24. 9
130
Erste Abtheilung.
höchst selten eintreten können, dagegen
wird es sich um so häufiger
ereignen, daß die Bergbehörde eine eingelegte Muthung zurückweist, weil das gemuthete Mineral nicht unter das Berggesetz falle.
Muß
der Muther sich bei dieser Entscheidung beruhigen? Mit Recht wird diese Frage bejahet. Die Bergbehörde befindet sich bei einer solchen Zurückweisung in Ausübung eines staatlichen Hoheitsrechtes und kann durch eine Privatklage nicht gezwungen werden, ein Mineral in Verleihung zu geben, welches sie nach dem Gesetz nicht für ver
leihbar erachtet. Aber auch der Grundeigenthümer ist in einem solchen Falle nicht zu belangen. Weder der Widerspruch deffelben gegen die Zulassung der Muthung, noch das Einverständniß desselben mit dem Muther und die Einwilligung in die Verleihung sind von irgend welchem rechtlichen Einfluß auf die Entscheidung der Bergbe
hörde, welche ihrerseits gesetzlich berufen ist, nur
Berggesetzes bezeichneten Mineralien zu verleihen. Grundeigenthümer erwirktes Contumacial- oder
die im §. 1 des Ein gegen den contradictorisches
Urtheil ist für die Bergbehörde in dem vorausgesetzten Falle von gleicher Unerheblichkeit. Eine gegen den Grundeigenthümer gerichtete
Klage würde daher kostenfällig abgewiesen werden müssen. Es ist überhaupt Niemand vorhanden, welcher belangt werden könnte'). Die Bergbehörde entscheidet hier in Ausübung der staatlichen Hoheit definitiv darüber, ob das gemuthete Mineral unter den §. 1 des
Allgem. Berggesetzes fällt1 2).
1) Die Ausführung Wachters (Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. X S. 12),
daß der Grundeigenthümer in diesem Falle belangt werden
der eigenen Ausführung desselben irrig sein.
könne, dürfte nach
Der Grundeigenthünier hat mit der
Frage, ob ein gemuthetes Mineral unter §. 1 des Allgem. Berggesetzes falle,
Nichts zu schaffen, wenn die Bergbehörde denMuther zurückgewiesen hat.
Ertheilt die Bergbehörde dagegen die Verleihung, so
kann der Grundei
genthümer im Wege des Zwangsverfahrens zur Abtretung des Grund und
Bodens angehalten werde» und der Bergwerksbesitzcr ist alsdann zum Betriebe des Bergwerkes vollkommen in der Lage.
Behauptet der Grundeigenthümer, daß
durch diesen Betrieb auf Grund geschehener Verleihung ein Eingriff
in seine
Rechte stattfindet, so erscheint derselbe nach der obigen Auseinandersetzung befugt, auf Untersagung der Aneignung des betreffenden Minerales Seitens des Berg
werksbetreibers zu klagen. 2) Im französischen Rechte kann diese Frage gar nicht aufgeworfen werden,
weil der Concessionsbewerber kein Recht aus die Bergwerks-Concefsion hat.
Allgemeine Lehren (Halden, verlassene Bergwerke).
2. a.
131
Verlassene Bergwerke.
Alte Halden.
Nach gemeinem Bergrechte und den Bergordnungen. §• 41.
Die Halde*), sagt Herttwig in seinem Bergbuche, „ist ein er habener Ort vor einem Schacht oder Stollen,
der von denen aus
geförderten und auf einander gestürzten Bergen gemacht wird", d. h. also eine Anhäufung von aus der Grube geförderten Mine
ralien über Tage.
jede Halde bestehet nur aus sog. taubem
Nicht
1) Wenn Hake, Commentar S. 113 Anm. das Wort „Halde" von „aus halten," d. h. von der Absonderung des Erzes vom unhaltigen Gesteine ableitet, Weit mehr würde dasselbe die Zugehörig
so dürste dies unzutreffend sein.
keit zu dem Bergwerk ausdrücken, falls man „Halde" mit „halten" in Verbin dung
bringen
wollte
(vergl.
Wachter
und
Haltaus glossarium
sub
voce
Letzteres erscheint indeß kaum zulässig, da in den älteren Bergord
halten).
nungen nur von Hale, Halle u. s. w. die Rede ist.
Ob demgemäß die Ablei
tung von einem angeblichen Stammwort „halb" (gleich abschüssig, steil) rich
tiger ist, dürste zu bezweifeln sein.
Wenn mit dem Worte „Halde" ein Berg
abhang bezeichnet wird, so ist offenbar das bergmännische Wort hierauf übertragen und nicht umgekehrt.
Wie der Ausdruck „ Berge"
(unhalliges Gestein) von
Berg, Gebirge herkommt, an und von dem die „Berge" gewonnen werden, so
bezeichnet Halde, Hal, Halle das Gestein, welches im Inneren der Berge, in den
Grubenbauen,
Hallen gewonnen wird.
Der Ausdruck ist also vom Orte und
von der Wirkung der Gewinnung entnommen.
So heißt es im Ursprung der
Bergwerke S. 27: „Hall ist der Berg, den man in einer Gruben gewinnt, es sei viel oder wenig, das heißt dann der Gruben-Hall."
Nach der kurtrierschen
Berg.-Ordn. v. I. 1564 Art. III Nr. 15 (vergl. auch Art. XVII Nr. 2) sollen
die Steiger und Schichtmeister darauf sehen, daß das Erz fleißig ausgehalten
„vnd nicht in Bergk vnd in die Hallen tont."
Die joachimsthaler Berg-
Ordn. v. I. 1548 Thl. III Art. XII sagt kurzweg: „Felsen oder Hallen," die kurtriersche
Art. XVII Nr. 5: „Felsen und Hallen" u. s. w.
(Vergl. übrigens
auch Veith, Bergwörterbuch sub voce Halde S. 259). In den goslarer Gewohnheiten heißt die Halde „warp", „Werpe" von Wurf, werfen,
auswerfen.
So wird im Art. 125 bestimmt, daß
ein
den
Sechsmännern verhafteter Mann auch auf dem Berge binnen den Wegen, welche zwischen den oberen und niederen
gehen,
Schächten und neben den Halden hin
soweit als der Fels von der Halde niederwärts hinunter
rollt, keinen Frieden hat („vnn de beneden den w erp en negst hen gheyt. alse Verne alse de vols van der warp nederwort waltert.")
132
Erste Abtheilung.
oder unhaltigem und unbenutzbarem, insbesondere
erzlosem Gestein,
vielmehr sind vornümlich in früherer Zeit wegen mangelnder Kenntniß der Nutzbarkeit, sowie wegen nicht ausreichender Technik in der Auf
bereitung große Masten werthvoller Mineralien auf die Halden ge stürzt worden. Von Alters her haben daher die Halden einen besonderen Ge
genstand bergmännischer Thätigkeit gebildet, indem man versuchte, die Erze von den Bergen, dem unhaltigen Gestein, zu scheiden oder mit anderen Worten die Halden
zu waschen und auszuklauben. Viele Halden sind mit der fortschreitenden Technik tviederholt „ge-
kleint und ausgeklaubt" worden. Aus dem angegebenen Grunde unterwirft das deutsche Bergrecht alte Halden dem Bergregal und kennt auch eine besondere Verleihung derselben'). Regelmäßig soll indeß die Halde ein Zubehör desjenigen Bergwerkes sein und bleiben2), von dessen Betrieb dieselbe herrührt, so daß die gesonderte Verleihung grundsätzlich die Ausnahme bildet.
Die Verfügung des Regalinhabers über alte Halden
stehet daher
im Zusammenhänge mit der Wiederverleihung verlassener Bergwerke. Der Wiederaufnehmer der letzteren soll zugleich Eigenthümer der vormals zugehörigen Halden werden, wenn derselbe die Tiefsten der Zeche gewältigt. Sogar bei betriebenen Zechen soll das Recht zur Ausbeutung der Halden von der Erlaubniß des Bergmeisters ab hängig sein, wenn die Betreiber das Tiefste der Zeche auflaffen8).
1) Ueber die Verleihung eines angeblichen Haldenzehnten (decimam metalli, quod berch apud montanos vulgär!ter dicitur — Berczcende) an das Kloster Nimptsch durch Markgraf Heinrich von Meißen v. I. 1277 und die Nachfolger desselben bergt otia inet. p. I S. 285 ff. 2) So heißt es schon in den goslarer Gewohnheiten (Schaumann S. 75) Art. 186: „De Werpe (Halde) de in dem Wolde liggen de Horen to den berghen. de en seal me nerghen bringen nie en do dat mit der eghenseap willen." 3) Kurtriersche Berg-Ordn. v. I. 1564 Art. III Nr. 10 und Nr. 15. (Brassert S. 115, 117.) Nr. 10: So einer eine alte Zech aussnimpt, darbey ein Haln ist, die zu wesschen toere vnd die arbeiten wolt, so sol er das tieffest geweltigen um derselbigen Zechen, so er aber das nit thun wil, sol ihm inn der Haln zu klauben noch zu wesschen nit zugelassen werden, wil er dann andere örter in derselbigen Zech geweltigen vnd treiben, das mag er thun vnd sol die Haln vnnd bergkisten vnangegriffen bleiben laffen, es geschehe dann mit wiffen vnd zu lassen unsers bergkmeisters. Nr. 15: All und jegliche Gewerken, so netoe Zechen erbauwen vnd was sie für Hallen herauss furdern vnd gewinnen, die
Allgemeine Lehren (Halden, verlassene Bergwerke).
133
Die Haldenarbeit erscheint demgemäß regelmäßig nur bei ordnungs mäßigem Betriebe des Bergwerkes gestattet'). Ausnahmsweise findet indeß auch die Verleihung einer Halde statt, ohne daß das Bergwerk wieder in Betrieb genommen ist, oder es wird den bauenden Gewerken gestattet, die Halde zur gesonderten Ausbeutung $11 verkaufens. Die verliehene oder verkaufte Halde muß alsdann „gekleint" und aufbereitet werden, widrigenfalls die selbe ins Freie, oder an die bauenden Gewerken zurückfüllt. Die Zusammengehörigkeit der Halde zum Bergwerke wird indeß derart grundsätzlich festgehalten, daß, falls ein Bergwerk, dessen Halde von der Gewerkschaft verkauft worden ist, demnächst in's Freie fällt, auch die Halde nicht weiter ausgebeutet werden darf, sondern bei dem Bergwerke unverändert zurückbleiben mufc3*).1 2 mögen sie wesschen vnd darinnen arbeiten lassen ihres gefallens,
weyl sie die
Tieffe bewhasftig machen, wo sie aber die Zechen oder das tief feste auffließen, so
sollen sie in der Hallen auch nicht macht haben, zu klauben vnd zu wesschen, Es geschehe dann wie oben stehet mit wissen. joachimsthaler Berg-Ordn. v. I.
Vergl. hierzu Thl. II Art. 21 der
1548, hohnsteinsche Berg-Ordn. v. I. 1576
Art. 30, braunschweigische Berg-Ordn. v. I. 1593 Thl. 2 Art. 20 (Ursprung und Ordnung der Bergwerke S. 44, 248, 215), hessische Berg-Ordn. v. 1.1616
Art. 8, bayerische Berg-Ordn
v. I. 1784
Art. 12 (Wagner S. 639, 348)
u. s. w. Hake, Commentar S. 265.
1) Herttwig im Bergbuche bemerkt 8ub
voce Halde §. 14:
„Wenn die
Bergleute nur die Halden ausklauben und nicht in Tiefsten arbeiten, so sagt
man: die Bergleute gewöhnen sich an die Tageluft." 2) Kursächsische Berg-Ordn. v. 1.1589 Art. 73 und 23 (Brassert S. 397, 364), markgräflich-brandenburgische Berg-Ordn. v. I. 1619 Art. 26 (Wagner
S. 448), würtembergische Berg-Ordn. v. I. 1597 Thl. IV Art. 14 (Wagner S. 571), bayerische Berg-Ordn. v. I. 1784 Art. 22 (Wagner S. 352.)
Par
tikularrechtlich ist der Verkauf der alten Halden verboten und das in denselben enthaltene Erz der Armen- und Knappschaftskasse überwiesen. Berg-Ordn. v. I. 1766 c. 56 §. 3,
§. 3 (Brassert S. 891,
1016.)
Kleve-märkische
schlesische Berg-Ordn. v. I. 1769 c. 57
Ein bekannter Fall dieser Art beziehet
sich
auf die sog. rothen Berge bei Schwelm, welche die Knappschaftskasse am 3. April 1805 wieder verkaufte.
Vergl. Achenbach, Geschichte der kleve-märkischen Berg
gesetzgebung S. 7, 8 Anm. 3. 3) Abweichend kurpfälzische Berg-Ordn. v. I.
S. 390.)
1781
Art. 9
(Wagner
Siehe dagegen Herttwig sub voce „Halde" §. 4, sub voce „auf
lässig" §. 6.
Wachsen auf der alten Halde während der Auflässigkeit des Berg
werkes Bäume, so gehören dieselben bei Wiederaufnahme der Zeche dem neuen Lehnträger des Bergwerkes.
(Herttwig sub voce „Baue.")
Auch
„zu guter
Erste Abtheilung.
134
Die Halde wird also mit dem Bergwerke auflässig *), was im
Uebrigen weder für die unbeweglichen Zubehörungen des ersteren, noch rücksichtlich des geschiedenen Erzes unb der Gezähe nach gemei nem Bergrechte gift2* ).1 3 Wegen der Verbindung, in welcher von Altersher die Verhüt tung der Erze mit dem Bergbau stand, bildeten auch die Schlacken
halden
einen Gegenstand der Bergregalität und der Verfügung des
Die kursächsische Bergordnung vom Jahre 1589 enthält im Art. 73 allgemeine Bestimmungen darüber, „wie es mit kauffung der Halden, Felsen, Ertz, Schlacken, Gekretz vnd Affter zu halten".
Regalherren.
dem sächsischen Bergrechte stammt die in einem sehr großen Theile der deutschen Bergordnungen wörtlich sich wiederholende Vor
Aus
schrift:
„So aber Schlacken von Gewercken verlassen werden, seind
sie in vnser Freyes gefallen vnd niemand soll die ohne vnser sonder liche zulassung gebrauchen2)." b.
Nach den neueren Berggesetzen, insbesondere dem preußischen
Allgemeinen Berggesetze.
§♦ 42. Die
neueren Berggesetze haben die besondere Verleihung alter
Nachricht der Züge und der alten Gebäude" ist das Einebnen der Halden nicht gestattet.
Bei völligem Abbau der Zeche soll nach kursächsischem Rechte die Ein-
ebnung durch die Bergbehörde zugelassen werden, jedoch unter dem Vorbehalte,
daß alle Anlagen über Tage beseitigt werden müssen, falls der Bergbau wieder in Aufnahme kommen sollte. Thl. II Art. 80:
Vergl. auch joachimsthaler Berg-Ordn. v. I. 1548
„ — so wollen Wir hiermit ernstlich befohlen haben, keine
Baumgarten, Haus, Hof oder anders umb und neben die Halden verlegener und unbauhafti ger Zechen ohne Vorwissen und Zulassung Unsers Bergamtmanns und Bergmeisters ferner zu verleihen und zu bauen und so darwider dem Bergwerk und Zechen etwas zu Schaden und Schmälerung ver liehen und gebauet wurde, das soll ohne alle Mittel durch berührten Un
seren Amtmann und Bergmeister wiederum abgeschafft werden."
1) Kurkölnische Berg-Ordn. v. I. 1669 Thl. 3 Art. 22 (Braffert S. 570.) 2) Siehe unten §. 78. Anders nach Partikularrecht. Vergl. Thl. II Tit. 16
§. 190 AUgem. preuß. Landrecht; Art. 105 der baierischen Berg-Ordn. v. I. 1784.
3) Kursächsische Berg-Ordn. v. I
1589 Art. 92, Nassau - katzenelnbogische
Berg-Ordn. v. I. 1559 Art. 51, kurtriersche Berg-Ordn. v. 1.1564 Art. XXII Nr. 5, kleve-märkische Berg-Ordn. v. I. 1766 c. 62 u. s. w., preuß. Allgem.
Landrecht Thl. II Tit. 16 §§. 475.
(Braffert S. 413, 52, 187, 896, 1140.)
Die kurkölnische Berg-Ordn. v. I. 1669 Thl. IX Art. 21 (Braffert S. 661) betheiligt die Knappschaftskasse an den Hüttenschlacken.
Allgemeine Lehren (Halden, verlassene Bergwerke).
Halden zum Theil aufrecht erhalten,
indeß andererseits auch
Grundsatz des älteren Rechtes befolgt,
daß
135
den
eine solche Verleihung
die Ausnahme bildet.
Sowohl das österreichische Berggesetz vom 23. Mai 1854 *), wie das Königlich sächsische Berggesetz vom 16. Juni 1868 2) lassen die besondere Verleihung nur zu, wenn die Halden
sich in nicht verliehenem Felde befinden, anderenfalls stehet deren
Ausbeutung dem mit dem Felde Beliehenen zu. Werden die Halden als solche verliehen, so sind Tagmassen, d. h. Felder, welche in der Ttufe durch das feste Gestein begrenzt werden, zu gewähren.
Bei
Entziehung oder freiwilliger Auflasiung einer Bergwerksverleihung,
in Folge deren der Verkauf derselben wirklich zur Ausführung ge langt, gehen nach beiden Berggesetzen auch die Zubehörungen, ein schließlich der Halden, auf den Ankäufer über. Findet sich dagegen in diesen Fällen kein Käufer, so erlischt die Bergbauberechtigung, die
über Tage gelegenen Gebäude, Grundstücke und Anlagen aber ver
bleiben dem bisherigen Eigenthümer 8).
Mit der Bergbauberechtigung fallen nach österreichischem Berg gesetze (§. 260) die Gruben- und Tagebaue, die Grubenmauerung,
Verdämmungen und
andere Versicherungsmittel
„können" mit ersterer
„weiter
in's Freie
und
verliehen werden"^),
wogegen das Königlich sächsische Berggesetz (§. 171) dem Bergwerks besitzer die Wegnahme der Vorrichtungen gestattet, soweit nicht „nach
dem Ermessen des Bergamts Brüche oder sonstige Gefahren für die
Oberfläche und deren Bewohner oder für andere Berggebäude ent stehen können". Andererseits verbietet dieses Gesetz, an auflässigen Berggebäuden ohne Genehmigung des Bergamtcs Veränderungen
1) „§. 76.
Auf vorbehaltene Mineralien, welche in Saifen (Sandbänken),
Flußbeeten, im Tagegerölle oder aufgeschwemmtem
Gebirge oder in alten
sofern sich die genannten nicht in einen» bereits verliehenen Felde befinden, wo sie als Zugehör der Verleihung an verlassenen
Halden,
zusehen sind, vorkommen, dann auf Bohnerze und Raseneisenstein, findet die
Verleihung von Tagmassen statt." 2) „§.40— Das Recht, verlassne Halden und Waschschlämme zu
benutzen, kann,
wenn diese sich nicht bereits in verliehenem Felde befinden,
auf vorgängige Muthung besonders verliehen werden" u. s. tu. 3) Oesterr. Berggesetz §§. 253 ff., insbesondere §. 261; Königlich sächsisches
Berggesetz §§. 48, 168 ff. insbesondere §. 171. 4) Nach §. 267 müssen alle Karten,
Zugbücher und Handzeichnungen der
Bergbehörde zur Verwahrung übergeben werden.
Erste Abtheilung.
136
vorzunehmen oder Tage- Anzucht- oder Kellerwasser in dieselben ab-
Auch sollen ungangbare Halden nicht ohne Genehmigung
zuleiten.
des Bergamtes eingeebnet, letztere indeß nur aus polizeilichen Gründen oder im Interesse einer künftigen Wiederaufnahme des Bergbaues versagt werden (§§. 172, 173) *). Der Gegenstand des erloschenen Bergbaurechtes fällt unter die Verfügung des Staates zurück (§. 170). Der Beliehene erlangt in Folge seines Bergbaurechtes thum an den bereits in dem Felde
„das Eigen befindlichen verlassene« Gru
benbauen" (§. 39). Werden mit diesen Bestimmungen die Vorschriften des preußi schen Allgemeinen Berggesetzes verglichen, so stimmen letztere mit er
steren darin überein, daß die Befugniß des Bergbauberechtigten, das in der Verleihun^surkunde benannte Mineral in seinem Felde auf zusuchen und zu gewinnen, sich „auch auf.die innerhalb des Feldes befindlichen Halden eines früheren Bergbaues beziehet" (§. 54). Sowohl die Fassung des preußischen Berg gesetzes, wie der Motive desselben lassen keinen Zweifel darüber auf kommen, daß dieses Recht zur Ausbeutung alter Halden sich nur auf
das in der Verleihungsurkunde des Bergwerkes bezeichnete Mineral
Wer auf Bleierze beliehen ist, kann kraft dieser Verlei
beziehet.
hung die Halde eines früheren Bergbaues nicht auf Eisenerze aus
beuten 1 2).
Durch die Worte „Halden eines früheren Berg-
1) Das frühere Königlich sächsische Berggesetz vom 22. Mai 1851 §. 295 kannte außerdem das sog. Bergreservat, wonach ungangbare Halden, auflässige Bergwerkstagegebäude und sonstige Bergwerksgrundstücke nur mit der Bedingung
veräußert werden konnten, daß sic zu jeder Zeit zu Bergwerkszwecken gegen Ent
schädigung wieder abgetreten werden mußten.
Bei dem dem Bergbau zustehen
den Rechte, die Grundabtretung zu erzwingen, hatte dieses Bergreservat eigentlich
nur Gebäuden gegenüber eine Bedeutung und ist daher mit Recht abgeschasft
worden.
Das Bergrcservat bestehet noch in dem Großherzoglich sächsischen Berg
gesetze vom 22. Juni 1857 §. 182.
und joachimsthaler Berg-Ordn.
Vergl. Schomburg, Betrachtungen S. 303
v. I. 1548 Thl. II Art. 86 (Ursprung und
Ordnung der Bergwerke S. 81).
2) Die Motive des Regierungs-Entwurfes lauten: „Den ursprünglichen, nächsten Gegenstand dieses Rechtes
(des Aufsuchungs- und Gewinnungsrechtcs ,
zu dessen Ausübung der Bergwerkseigenthümer alle erforderlichen Vorrichtungen
unter und über Tage zu treffen befugt ist, bildet das in der Verleihungs Urkunde benannte Mineral. Kommt dieses Mineral innerhalb des Fel des in den Halden eines früheren Bergbaues vor, so erstreckt stch das Aus«
Allgemeine Lehren (Halden, verlassene Bergwerke'.
137
b a ues" sind zugleich die von einem früheren Hüttenbetriebe her rührenden Halden ausgeschlossen. Letztere gehören jetzt ausschließlich entweder dem Hütten- oder dem Grundeigenthümer. Auch kann von den Halden eines früheren Bergbaues nach preußischem Rechte keine Rede sein, wenn letztere durch Naturereignisse, durch Quellen und Bäche in die Thäler abgeschwemmt oder durch menschliche Thätigkeit zur Besserung der Wege, Befestigung von Ufern u. s. w. abgefahren sind. Die abgeschwemmten oder sonst sortgeführten Haldentheile gehören in diesem Falle dem Grundeigenthümer*i). Die wesentlichste Abweichung des preußischen Allgemeinen Berg gesetzes von den oben angeführten Berggesetzen und dem früheren Bergrechte bestehe darin, daß ersteres eine besondere Verleihung suKungs- und Gewinnungsrecht auch hierauf.
Denn da derjenige, welchem ein
verlassenes Bergwerk wieder verliehen wird, vorzugsweise veranlaßt und auch in der Lage ist, auch die alten Halden auszubeuten,
so erscheint es sachgemäß,
dem neu Beliehenen die Befugniß hierzu ohne Weiteres Urkunde -eizulegen."
durch die Verleihungs
Hiernach scheint es, daß man bei jener Bestimmung nur
an die Wiederaufnahme verlassener Bergwerke gedacht hat. Bei der Ausdehnung
der Felder des neuen Berggesetzes ist diese Ausfassung indeß meist nicht zutref
fend. — Vergl. zu §. 54 ein responsum des Bergamtes zu Klausthal von 174] in Meyers bergrechtlichen Beobachtungen (Leipzig 1803) S. 39, 40. 1) Recursbescheid des preußischen Handels-Ministers vom 5. März 1869 in
der Zeitschrift für Bergrecht, Jahrg. X S. 263.
In ersterem werden den Hal
den von früherem Hüttenbetriebe die Halden von Waschwerlen gleichgestellt. Dies
ist jedoch wegen §. 58 des preuß. Attgem. Berggesetzes wenigstens nicht überall zutreffend.
Der vorerwähnte Recursbescheid beginnt mit der Erwägung, „daß es
dahin gestellt bleiben kann, ob §. 54 des Allgem. Berggesetzes, nach welchem dem
Bergwerkseigenthümer ein ausschließliches Recht
zur Ausbeutung der innerhalb
seines Feldes befindlichen Halden eines früheren Bergbaues zustehet, sich nur auf
diejenigen Bergwerkseigenthümer beziehet,
deren Bergwerk unter Herrschaft des
Allgem. Berggesetzes verliehen worden ist, oder ob in Folge jener Bestimmung die bereits vor Erlaß jenes Gesetzes bestehenden Bergbauberechtigungen rücksicht
lich ihres Inhaltes und Umfanges erweitert worden sind."
Diese Erwägung hat
für das vormalige Gebiet des deutschen Bergrechtes keine gleich erhebliche Be
deutung,
wie für dasjenige des französischen Bergrechtes. Der entschiedene Fall
betraf einen Streit auf der linken Rheinscite, wo das früher geltende französische
Bergrecht dem Concessionair überhaupt kein Recht auf alte Halden beilegte
(Ur
theil des Tribunales zu Lüttich vom 12. März 1859 bei Bury t. II p. 299 88.).
Es muß angenommen werden, daß in Folge des Allgem. Berggesetzes alle Berg werksverleihungen das Recht auf die alten Halden erlangt haben, soweit nicht
bereits Rechte Dritter begründet sind.
138
Erste Abtheilung.
alter Halden überhaupt nicht kennt. Befinden sich daher alte Halden außerhalb eines verliehenen Feldes, enthalten dieselben andere Mine ralien,
als worauf die Verleihungsurkunde des betreffenden Berg
werkes lautet, so kann auch eine besondere Verleihung derselben nicht
stattfinden.
Zwar bemerken die Motive des Regierungsentwurfes
$u §. I1): „Alte Halden gehören, wenn sie in einem bestehenden Grubenfelde liegen, auf Grund der
Verleihung dem
Bergwcrkseigenthümer
(§. 54); liegen dieselben dagegen nicht in einem solchen Felde, s o
hat nach den allgemeinen Grundsätzen des Entwurfes nur der Staat über die
darin vorkommenden Mine
ralien zu verfügen, und dieser kann die Ausbeutung
solcher Halden gestatten, ohne daß es hierzu noch spe cieller gesetzlicher Vorschriften bedürfte."
Indeß
diese
Ausführung beruhet auf einem Rechtsirrthume.
Nachdem das Bergregal beseitigt ist
und an dessen Stelle die aus
der Hoheit des Staates abgeleiteten Befugniffe getreten sind, nachdem die Aufsuchung und Gewinnung der im §. 1 des Allgemeinen Berg gesetzes
bezeichneten
Mineralien
nur nach Maßgabe des Gesetzes
statthaft ist, erscheint es unzulässig, die Ausbeutung alter Halden anders als auf Grundlage des Gesetzes zu vergeben. Letzteres kennt aber nur die aus der Verleihung eines Bergwerkes von Rechtswegen
fließende Ermächtigung, die in einer alten Halde vorkommenden Mineralien zu gewinnen. Demgemäß bleiben alte Halden im un verliehenen Felde so lange ungenutzt, bis dieselben in die Grenzen eines Bergwerkes fallen, welches auf dasselbe Mineral verliehen ist, Abgesehen von älteren rechtsgültigen Titeln, wodurch ein Ausbeutungsrecht begründet sein kann, findet nämlich
das erstere enthalten.
die Erwerbung des letzteren unter Herrschaft des Allgemeinen Berg
gesetzes nur nach Maßgabe des Gesetzes (§§. 1, 54) statt und auch der Grundeigenthüiner ist als solcher nicht befugt, die alten Halden
auszubeuten2). Zwar enthält das preußische Allgemeine Berggesetz keine Vor schrift, wonach alte Halden von dem Grundeigenthümer, auf dessen Grund und Boden sich dieselben befinden, nicht eingeebnet werden
1; Hahn S. 43. 2) Bergt, auch §. 1 des Gesetzes vom 26. März 1856 über die Bestrafung unbefugter Gewinnung oder Aneignung von Mineralien (G.-S. 1856 S. 203.)
Allgemeine Lehren (Halden, verlassene Bergwerke).
139
dürfen, aber selbst dieses Verfügungsrecht wird als ausgeschlossen an gesehen werden müssen'), da die in der Halde befindlichen, dein §. 1 des Berggesetzes unterworfenen Mineralien nicht unter das Verfü
gungsrecht des Grundeigenthümers fallen und andererseits das nach Maßgabe des Gesetzes auszuübende Verfügungsrecht des Staates
(§. 54) beseitigt sein würde, wenn dem Grundeigenthümer die Abfuhr
der Halde u. s. w. gestattet wäre1 2).3 4 Dieser Satz kommt um so mehr in Betracht, da nach preußi schem Allgemeinem Berggesetze bei der Aufhebung des „Bergwerks eigenthumes" durch oberbergamtlichen Beschluß nur die Bergbaube
rechtigung erlischt, die unbeweglichen und beweglichen Zubehörungen aber dem bisherigen Berechtigten verbleiben2). Lediglich bei der Zimmerung und Mauerung des Grubengebäudes bestehet eine Be schränkung, indem diese nur insoweit weggenommen werden darf, als nach der Entscheidung der Bergbehörde nicht" polizeiliche Gründe Gleichwohl kann nach dem Erlöschen der Bergbau berechtigung der bisherige Berechtigte über eine alte Halde nicht
entgegenstehen.
verfügen, da sein bisheriges Verfügungsrecht sich
kraft des Ge
setzes lediglich
gründete^).
auf die Bergbauberechtigung
Die
1) Bei unhaltigem Gestein stehet dem Grundcigenthümer die Einebnung zu, wenn-nicht polizeiliche Hinderungsgründe vorliegen sollten.
2) Anderer Meinung ist Oppenhoff Amn. 357, welcher ohne Sonderung der „Halden eines früheren Bergbaues"
alle nicht in einem Bergwerksfelde be
findliche Halden lediglich den Grundsätzen des Civilrechts unterwirft, da Halden außer dem Falle
sollen.
des §
54 angeblich keinen bergrechtlichen Gegenstand bilden
Das von Dritten in dieser Art erworbene Eigenthum soll aber stets ein
widerrufliches sein, „indem es kraft Gesetzes, ohne einen Anspruch auf Entschä digung zu begründen, erlischt, sobald die Voraussetzungen des
54 zutreffen."
Unterliegen indeß die nicht in einem Bergwerksfelde befindlichen Halden den Vor
schriften des Civilrechtes, so kann an den nach letzterem erworbenen Rechten da
durch keine Aenderung eintreten, daß später durch eine neue Verleihung die Halde in ein Bergwerksfeld fällt.
Andererseits dürften aber grundsätzlich alle alten
Halden unter das Bergrecht fallen.
Das preußische Berggesetz hat nur die be
sondere Verleihung derselben beseitigt. 3) Die Ausführungen Huyssens
in dessen Commentar zu §. 160 dürften
irrig sein. 4) Lehrreich ist in dieser Beziehung §. 262 des österreichischen Berggesetzes.
Nach letzterem hat der Bergbauberechtigte ohne Concession das Recht, Aufberei tungsanstalten, Hütten u. s. w. anzulegen.
erlischt das Recht zu diesem Gewerbebetriebe.
Wird das Bergwerk auflässig, so
Verfügung über die Halde erlangt vielmehr derjenige, welcher dem nächst ein Bergwerksfeld erwirbt, in welchem erstere gelegen ist. Bei diesen Vorschriften kommt indeß wesentlich in Betracht, was das Gesetz unter den „Halden eines früheren Bergbaues" ver stehet. Offenbar können unter diesem Ausdrucke nicht solche Halden verstanden werden, welche von einem nach der Rechtskraft des preu ßischen Allgemeinen Berggesetzes auf Grund der §§. 156 ff. er loschenen Bergbaurechte herrtthreu. Diese Halden verbleiben viel mehr dem bisherigen Berechtigten zur vollen Verfügung. Die in denselben enthaltenen Mineralien, welche unter §. 1 des Allgemeinen Berggesetzes fallen, stehen in Folge der Gewinnung derselben in seinem Eigenthume. Macht der Berechtigte hiervon keinen Gebrauch, derclinquirt er die Halde, so ist wegen des Erwerbes durch Dritte das allgemeine Civilrecht entscheidend. Daffelbe muß bezüglich der jenigen Halden gelten, welche von den unter Herrschaft des franzö sischen Bergrechtes ertheilten Concessionen herrühren. Hiernach sind unter den Halden „eines früheren Bergbaues" diejenigen Halden zu verstehen, welche von Bergwerken herrühren, die -bis zur Rechtskraft des preußischen Allgemeinen Berggesetzes oder linksrheinisch der französischen Berggesetze auflässig geworden sind. Diese Halden waren mit den Bergwerken iu's Freie gefallen und so weit nicht durch besondere Titel Rechte an denselben entstanden sind, hat das preußische Allgemeine Berggesetz dieselben als Gegenstände des Bergrechtes und des Bergbaues beibehalten. Diese Halden sollen lediglich von dem jedesmaligen Beliehenen, in deffen Feld erstere gelegen sind, ausgebeutet werden, weshalb eine Veräußerung des Ausbeutungsrechts wirkungslos werden dürfte, sobald die betreffende Bergwerksverleihung erloschen ist. Demgemäß haben die Vorschriften des preußischen Allgemeinen Berggesetzes gewissermaßen nur einen transitorischen Charakter. Verlassene Bergwerke als solche sollen nach den Motiven zu 1 des preußischen Allgemeinen Berggesetzes ebenfalls nicht ferner Gegenstand besonderer Muthung und Verleihung sein *). Das Gesetz bezeichnet demgemäß, ähnlich wie das Königlich sächsische Berggesetz, nur das „Mineralvorkommen eines verlassenen Bergwerkes" als Gegenstand der neuen Muthung (§§. 14, 16) unti weicht hierin vom österreichischen Berggesetze, wie von dem gemeinen Bergrechte 1) Hahn S. 43.
Allgemeine Lehren. (Halden, verlassene Bergwerke).
ab.
141
Andererseits gewährt indeß die Verleihung nicht bloß die Be
rechtigung zur Gewinnung des Mineralvorkommens des verlassenen Bergwerkes, sondern offenbar auch das Recht zum Gebrauche der unterirdischen Baue, der noch vorhandenen Zimmerung und Mauerung des erstem, wiewohl eine besondere Bestimmung hierüber, wie dieselbe
das Königlich sächsische Berggesetz enthält, fehlt.
Es erscheint daher
nicht ganz zutreffend, daß lediglich das Mineralvorkommen den Ge
genstand der neuen Berechtigung bildet *).
Wo nach §. 250 des preußischen Allgemeinen Berggesetzes noch
ein Privatbergregal bestehet, wird übrigens der Regalinhaber an die vorstehend erörterten Bestimmungen des Gesetzes gleichfalls inso
weit gebunden sein, als alte Berghalden und
verlassene Bergwerke
nicht ferner besonders verliehen werden können.
3.
E r b st o l l e n1 2).3
a. Aelteres Recht.
§• 43. Stollen sind diejenigen Grubenbaue, welche von einem tiefer
gelegenen Orte (z. B. einem Thale) horizontal oder mit schwachem Ansteigen in das Gebirge getrieben werden. Die Aufsuchung neuer Lagerstätten (Suchstollen), die Förderung der nutzbaren Mineralien (Förderstollen), die Wasser- und Wetterlosung können die Zwecke einer Stollenanlage sein. In früherer Zeit wurde namentlich wegen der Wasiergewältigung auf die Stollen ein hervorragender Werth
gelegt und daher unter bestimmten
anlage mit gewichtigen Rechten
Voraussetzungen eine Stollen
und Privilegien ausgerüstet.
Ein
zum Zwecke der Waffer- und Wetterlosung heißt ein Erbstollen,
verliehener Stollen welchem bei Erfüllung der im Bergrechte
vorgeschriebenen Bedingungen eine Reihe besonderer Rechte zustehet. Diese Rechte werden unter dem Ausdrucke „Erbstollengercchtigkeit" zusammengefaßt. Bereits in dem iglauer Bergrechte und der kutten-
berger Bergordnung ist der Erbstollen ein völlig ausgebildetes berg rechtliches Institut, welches unter dem Ausdrucke stollo hereditariuss)
1) Vergl. .unten §. 74 Sinnt. 2) Vergl. weiter unten die näheren Ausführungen. 3) Vergl. Sternberg, Urkundenbuch S. 15 und const. Wencesl. 1. II c. 4.
Ueber das Vorkommen des Wortes „Erb" in bergrechtlichen und bergmännischen
Erste Abtheilung.
142
abgehandelt wird. Indem die letztere Bergordnung als Hauptzwecke der Stollen die Wasser- und Wetterlosung (aquam educere et Ausdrücken (Erbbereiten, Erbfluß, Erbhäuer, Erbkux, Erbstollen,
Erbstamm,
Erbteufe, Erbtrumm) enthält das Bergwörterbuch von Veith S. 150 ff. eine ausführliche Auseinandersetzung.
Es ist nicht zweifelhaft, daß die Anwendung
des Wortes „Erbe" auf dem Gebiete des Bergrechtes mit der Bedeutung, welche dieses Wort regelmäßig im deutschen Rechte besitzt und wonach dasselbe unbeweg liches Gut im Sinne von „Eigen" (Erb und Eigen) bezeichnet, mitunter zusam menhangt. Die kuttenberger Bergordnung bestimmt Thl. 2 c. 3, nachdem dieselbe die
Bedrängniß der «Zechen durch Wasser erörtert, daß, wenn die zur Beseitigung der Wasser getroffenen Einrichtungen nicht ausreichen,
die Bergwerke wieder in
Ausbeute zu bringen, dieselben auf Erbrecht, d. h.
gegen Verzicht auf die
Königs- Herren- und Bürgerlahne und
nur unter Vorbehalt der Königlichen
Urbure verliehen werden können (Sed ne res ex tote pereat melius est, ut argentifodium desolatum, pro iure nostro, id est pro sola octava parte urbure, iure hereditario concedatur). Die freiberger Gewohnheiten (Klotzsch
S. 270) fetzen diese Verleihung „czu eyme erbe", bei welcher durch die Bürger
zu Freiberg die Vermessung erfolgen soll, direct mit einer Stollenanlage in Ver bindung und bestimmen, daß die zum Erbe Geliehenen Andere wieder beleihen
können („da mögen sy uffebuwen und vorlyen, wy sy wellen, das yn allir nützlich ist).
Der Markgraf verlor am
Erbe jein Frohntheil, die Herren und
Bürger ihre gemessene Antheile, ersterer erhielt dagegen den Zehnten (otia met.
t. II p. 239 ff. und Klotzsch vom Gegenbuche §. 5). Ein Beispiel einer solchen Verleihung zu Erbe an den Abt zur Zelle (contulimus montanam haereditatem (montanae haereditatis titulo possidendam) enthält die Urkunde des Landgrafen Friedrich von Thüringen v. I. 1320 (otia met. p. I p. 297, 304). In diesen Bestimmungen und Urkunden ist ganz entschieden von einer
Verleihung eines Bergwerkes zu Erbe im Sinne von Eigen und im Gegensatze von Lehen die Rede,
wie es denn z. B. in den freiberger Gewohnheiten heißt:
„Trengkyt eyn erbe daz andir, adir trengken lehen, adir gemessyn berg,
da offyn durchslage syn, muten denne dy erbe adir lehen, adir gemessyn berg" u. s. w. (Klotzsch S. 244). Die gemeinen Gewerken am Rammelsberge besaßen ihre Bergtheile gleichfalls zu Erbe. Bei dem Stahlberge zu Müßen
im Fürstenthume Siegen nahmen die Gewerken das Bergwerk als ein Erbgut
in Anspruch (Kurbrief der Stahlmassenbläser v. I. 1732 Art. 13: „Das Mü ßen er Bergwerk ganz ein Erbgut
der Gewerken") u. s. w.
Recht und nicht minder die kuttenberger Bergordnung
Wie das freiberger
(p. II. c. 3 bis autem
hereditariis concessionibus tarn moncium, quam stollonum) darthuen, wurden auch Stollen als Erbe besessen.
Mag nun auch im Laufe der Zeit der
Ausdruck „Erbe" bei allen verliehenen Bergwerken üblich geworden sein, zu
mal die Mitbaurechte des Fürsten, der Bürger u. s. w. außer Gebrauch kamen,
Allgemeine Lehren (Erbstollen).
ventum inferre) bezeichnet,
143
hebt dieselbe hervor,
daß
wegen der
großen Kosten und dem erheblichen Nutzen einer solchen Anlage es
so verbietet es sich doch, das Wort Erbe in der Verbindung mit Stollen hieraus
herzuleilen, da der Erbstollen bereits als solcher in einer Zeit bezeichnet wird, wo „Erbe" keineswegs für alle verliehenen Bergwerke in Gebrauch stehet.
Durch die Vererblichkeit kann ebenfalls der Ausdruck in keinem Falle erklärt werden, wie schon die kuttenberger Bergordnung p. II c. 4 sagt: quoad heredi-
tariam successionem omnia montana sunt hereditaria,
ad heredes.
quia transeunt
Dagegen hat bereits die eben bezeichnete Bergordnung versucht,
das Wort E r bstollen mit Rücksicht auf die Dauer nnd Beständigkeit des Unter nehmens zu erklären.
(Dicitur autem hereditarius (stollo), quasi perpe-
tuns, propter diurnitatem, ad directam aliorum simplicium mon-
tanorum, que sunt quasi rnomentanea illius respectu.) Dieser Sinn ist dem deutschen Rechte und der deutschen Sprache nicht fremd (vergl. Haltaus Glossarium Germ, sub voce Erbe, wo unter Anderen die Bemerkung von
Goldast angeführt ist: vocabulum erb in tali compositione non hereditatem
notat, sed perpetuitatem et stabilitatem, ut Erbeinigung non sit hereditarium pactum, sed perpetua conventio). Auch der Erbfluß wird in diesem Sinne als fluvius peren nis definirt.
Ausdruck
Gleichwohl dürfte es richtiger sein, das Wort Erbstollen aus der Bedeu
tung des Wortes erben gleich gewinnen zu erklären. Der Erbstollen ist daher ein Stollen, welcher in Folge seiner Ausführung die im Bergrechte bestimmten
Rechte erbt.
Dieser Erwerb (Erbe) gehet dem Stollen bei Anlage eines tieferen
Stollens wieder verloren, er wird enterbt (vergl. z. B. kurtriersche Bergordnung
v. I. 1569 Art. 6 Nr. 1:
„Ein jeder Erbstollen, der das Erbrecht von allen
gebewen, darin er kompt haben wil" u. s. w.
Nr. 2: „Kombt aber der Erb
stollen hernach vnd vntertieft ihn mit feinen wasserseig, so hat er sein
recht" — so behelt er das erb vnd recht vnd stollenrecht".
—
Erb
so behelt der älter das erb
Andere, wie Beyer, otia metallica t. 2 p. 233, 234,
Köhler S. 159 Anmerkung, Weiske im Rechtslexikon sub voce Bergrecht, haben das Wort Erb in den bergrechtlichen Zusammensetzungen als ein erhöhendes Bei wort, wie Erz in Erzmarschall, erklärt und dasselbe mit Haupt übersetzt.
fluß gleich Hauptfluß, Erbhäuer (gegenüber dem Lehrhäuer) Erb-Trumm gleich
Haupttrumm u. s. w.
Erb
gleich Haupthäuer,
Neuere Bergordnungen sind
zum
Theil dieser Auslegung gefolgt. So heißt es in der kurpfälzischen Bergordnung vom Jahre 1781 §. 47 (Wagner S. 401): „Vom Haupt- und Erbstollen. Wenn eine Gewerkschaft einen Hauptstollen in verschiedene vorliegende Gebäude
und dadurch die Erbstollengerechtigkeiten erwerben will"
u. s. w.
berger Bergordnung vom Jahre 1759 Art. 21 (Wagner S. 97)
nächst das Wort Haupt mit Erbstollen Haupterbstollens
und bestimmt
über
Die
hütten-
verbindet zu
die Anlage eines
am Erzberg, im Verlauf des Art. 21 wird dagegen ge
sagt „Haupt- oder Erbstollen".
Erste Abtheilung.
144
recht und billig fei,
derselben
Vorzüge und
Rechte beizulegen').
Auch die freiberger Gewohnheiten enthalten ausführliche Normen über den Erbstollen oder erbehaftigen Stollen. Ebenso bestimmen der schlädminger Bergbrief vom Jahre 1308") und andere alte Gewohn
heiten b) und Weisthümer über den Erbstollen. Mit Rücksicht auf die hervorragende Bedeutung der Erbstollen für den Bergbau nannte
man dieselben geradezu „das Herz und die Schlüssel der Gebirge"), und das Erbstollenrecht ist mit seltener Sorgfalt und Ausführlichkeit in fast allen Bergordnungen dargestellt.
Nimmt sonach das Institut der Erbstollen einen gemeinrechtlichen
Charakter für sich in Anspruch, so ist dagegen die Uebertragung des Erbstollenrechtes auf Schächte und Wasserhaltungsmaschinen nur eine ganz partikularrechtliche Einrichtung"). Zwar erscheint es als ein erheblicher Irrthum, die Anwendung der Wasserhaltungsmaschinen für die ältere Zeit beim Bergbau zu verabreden"), indeß deren Be
deutung kann sich mit derjenigen der Stollen noch bis in das lau fende Jahrhundert hinein nicht messen. Auch kommt in Betracht, daß die Dauer einer solchen
Anlage
regelmäßig von
einer Reihe
zufälliger Umstände abhängig ist, welche beim Stollen nicht vor liegen. Gleichwohl ist partikularrechtlich schon im 16. Jahrhundert das
Erbstollenrecht auf Wasserkünste
übertragen
worden, wie die
Bergordnung für Oppeln, Ratibor und Jägerndorf vom Jahre 1528
Art. 9 beweist?).
Die ausgedehnteste Anwendung dieser Ucbertra-
1) Sed quia magna utilitas ex stollonibus frequencius procuratur, difficilibus tarnen expensis et laboribus excoluntur; unde consuetum est, privilegiare tantis proprietatibus tarn in montibus mensuratis, quam in campo libero, quando montes non sufficiunt mensurati, quod fructus possint laboribus merito respondere, colentesque ad tanti laboris molem dignis consolacionibus invitare. 2) §. 22:
„Es hat
auch ain
Erbstollen,
den man
gearbait hat und einen Pau zu Hilf bringen will und
Jahr und Tag
Luft und Wasser
nemmen will, Jahr und Tag Freiung." 3) In den siegenschen Gewohnheiten heißt es: „Der da bringet Wind und nimbt Wasser, als recht ist, der treibt den Obersten aus mit seinem Aedich" (Brassert S. 72). 4) Schönberg, Berginformation s. v. Stöllner. 5) Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. II S. 533. 6) Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. III S. 132.
7) Wagner S. 1279: „Neuntes für Trocknung anderer Schächte. Welche Gewerken durch Kunst oder Rührwerk das Wasser heben und andern umliegenden
145
Allgemeine Lehren (Erbstollen).
gung „auf Feuer oder andere Wasserhaltungsmaschinen"
hat be
kanntlich das preußische Allgemeine Landrecht gemacht'). b.
Neueres R echt.
8- 44. Das wichtige Institut der
Erbstollen,
welches
gewissermaßen
der Mittelpunkt der deutschen Bergordnungen war, ist nun durch die insbesondere durch den
Veränderung der thatsächlichen Verhältnisse,
Tiefbaubetrieb und die gesteigerte Anwendung der Dampfmaschinen in der Gegenwart nicht nur nutzlos und entbehrlich, sondern wegen der aus demselben hervorgehenden Belastung des Bergbaues schädlich Binnen nicht langer Zeit wird ersteres daher völlig der
geworden.
Rechtsgeschichte anheim fallen.
Nach dem Vorgänge des
französischen
die Verleihung von Erbstollen nicht kennt,
Bergrechtes?),
dagegen
sionär auch außerhalb seines Grubenfeldes
die
welches
dem Conces-
Anlage von sog.
Hülfsbauen (travaux de secours), wie z. B. von Stollen,
Ca
nälen, Wegen u. s. w. gestattet ^), haben nämlich die neueren deutschen Berggesetze das
für die
Institut der Erbstollen
Zukunft entweder
vollständig abgeschafft und durch die Bestimmungen über die Hülfs-
baue ersetzt oder doch dem
gegeben^).
ersteren
eine
zeitgemäße
Umgestaltung
Insbesondere findet nach preußischem Bergrechte seit der
Bergen, so ohne der Kunst Hülfe Wassers halber nicht arbeiten mögen, gar oder den mehren Theil ihrer
Wasser heben, denselben
Gewerken soll
aus denselben
Bergen oder Schächten das Neunte — bezahlt und geschüttet werden."
Vergl.
auch ungarische Berggesetze von: Jahre 1575 Art. II §. 17 ff. Wagner S. 268). 1) Thl. II Tit. 16 §§. 449 ff., 468 ff.
2) Achenbach, französisches Bergrecht S. 260 ff.
3) Ebendaselbst S. 278, 279, 265. 4) Das österreichische
Berggesetz
vom 23. Mai 1854
enthält in
den §§. 85 ff., 191 ff. zunächst Bestimmungen über „Hilfsbaue", d. h. Stollen
und Schächte, welche zum vortheilhaften Betriebe eines Bergwerkes dienen sollen.
Hilfsbaue
im eigenen
Grubenfelde kann der Bergbauberechtigte ohne Weiteres
anlegen (§. 131); außerhalb desselben ist eine „Concession" der Bergbehörde
erforderlich (§. 85j.
Hilfsbaue dieser Art,
welche der Bergbauberechtigte selbst
unternimmt, bilden ein Zubehör des Bergwerkes.
Vereinigen sich dagegen mehrere
Bergbauberechtigte zur gemeinschaftlichen Anlage eines Hilfsbaues oder will ein Dritter unter Zustimmung
des hilfsbedürftigen Bergbauberechtigten den
Hilfsbau anlegen (§. 87), so wird eine „selbstständige" Bergbau-Concession
146
Erste Abtheilung.
Rechtskraft des Allgemeinen Berggesetzes vom 24. Juni 1865 die Verleihung von Erbstollen in
keinem Landestheile der Monarchie,
auch in den Privatregalbezirken nicht mehr statt und zur
Anlage von Hülfsbauen ist leine besondere Verleihung oder cession erforderlich.
Con
Ersterem sind das Herzoglich braunschweigische
Berggesetz vom 15. April 1857, das Königlich sächsische vom 16. Juni 1868, das Königlich bayerische vom 20. März 1869 und die Berggesetze für die Herzogthümer Sachsen-Meiningen vom 17. April 1868 und Gotha vom 16. August 1868 gefolgt1). Das preußische ertheilt, welche als solche in das Bergbuch einzutragen ist.
Dieses System der
Hilfsbaue hat mit dem früheren Erbstollenrecht Nichts gemein. das
österreichische Berggesetz
Stollen, welche
außerdem noch
sog.
die
ein ganzes Revier aufschließen.
Dagegen kennt
Revierstollen, d. h.
Zu solchen
Revierstollen ist
erforderlich, dieselben können auflässig werden und
gleichfalls eine „Concession"
unterliegen alsdann der „ Wied erv erleihung" (§§. 90, 97).
stollen können gewährt
Dem Revier
besondere Begünstigungen durch „Vorbehalt eines freien Feldes"
werden.
Bergbauberechtigte,
welche der Anlage des Stollens wider
sprochen haben, müssen gleichwohl dem Revierstöllner eine angemessene Vergütung leisten, wenn ihnen durch den Revierstollen Hilfe gebracht wird (§. 95). verliehene Bergwerke sind
zu
Neu
den ihnen in der Verleihungsurkunde auferlegten
Leistungen dem Revierstöllner gegenüber verbunden (§. 96). Im Ganzen beruhet hiernach das Institut des Revierstollens, abgesehen
von den bezeichneten Ausnahmen, auf dem Principe, daß die Anlage und
die Leistungen an den Unternehmer der Zustimmung derjenigen Bergwerks berechtigten bedürfen, deren Gruben durch den Stollen gelöst werden.
Vierstollen erscheint
daher
als eine wesentliche
Umgestaltung
des
Der Re-
Erbstollens.
(Wegen der früheren Erbstollen-Verleihungen vergl. §. 286.)
Das Großherzoglich sächsische Berggesetz vom 22. Juni 1857 hat sich in den §§. -62 ff. 110 geschlossen,
im Wesentlichen dem österreichischen Berggesetze an
das Institut des
Revierstollens
aber nicht
übernommen,
dasselbe der „Grundsatz für gewisse Fälle durchbrochen sei, daß
Willen durch derartige Unternehmungen Hilfe gebracht werden soll." stollenrecht erscheint also hier gänzlich
tungen S. 172, wo es heißt:
beseitigt.
Vergl.
da durch
Niemand wider Das Erb
Schomburg,
Betrach
„Darum ist der Erbstollenbetrieb, wie einerseits
zu einer einträglichen Quelle des Erwerbs
und rücksichtsloser
Speculation,
so
andererseits zur unsäglichen Belästigung der mit Hilfe heimgesuchten Unternehmer
nicht selten geworden." Das in den beiden angegebenen Berggesetzen
angenommene
Concessions
System für Hülfsbaue ist übrigens entbehrlich und befördert eine nicht berechtigte
Einmischung der Bergbehörden in Betriebsangelegenheiten. 1) Das braunschweigische und das gothaische scheiden sich dadurch von den
Berggesetz unter
anderen angeführten Berggesetzen, daß
dieselben
Allgemeine Lehren (Erbstollen).
147
Berggesetz gestattet zugleich, daß im Gesetzesbereiche des Allgemeinen Landrechtes die Befreiung von den bereits erworbenen Erbstollengebühren durch eine Wasserhaltungsmaschine, ohne besondere Verleihung
derselben mit einer Erbstollengerechtigkeit, erfolgen kann£). Fließende Wasser (Berg- und Tagewasser).
4. a.
Ursprung der bergrechtlichen
Muthung und Verleihung von
fließendem Wasser.
§♦ 44. Bekanntlich ist nach römischem Rechte das fließende Wasser (aqua profluens) ebenso wie die Luft eine res omnium communis,
einerlei, ob es sich hierbei um einen öffentlichen oder Privat-Fluß handelt, da der Unterschied zwischen flumen publicum (fl. perenne)
und flumen privatum nur bezüglich der Klagen, sowie des Eigen thumes am Flußbette von rechtlicher Erheblichkeit erscheint. Während bei dem flumen publicum
der
von
der Wafferwelle überströmte
Grund und Boden res publica ist, fehlt bei dem flumen privatum
meist die thatsächliche Möglichkeit einer
allgemeinen Benutzung
des fließenden Wassers, weil das Bett des flumen privatum einen Theil der angrenzenden Grundstücke bildet und die Eigenthümer der
letzteren den Zugang zu dem fließenden Wasser hindern können, lediglich
durch Aufhebung der früheren Berggesetze die
leihung von Erbstollen mungen
beseitigen
(§. 222, §. 168),
Neumuthung und Ver sich also
auf die Bestim
über Hilfsbaue (§§. 62 ff., 155 ff.) beschränken.
Im preußischen (§. 223), sachsen -meiningenschen (Art. 171), sächsischen
Verleihung
(§. 121), bayerischen
Berggesetze
(Art. 223)
neuer Erbstollenrechte ausdrücklich untersagt, im
ist dagegen die
sächsischen unter
dem Vorbehalte derjenigen, „welche sich auf den Fortbetrieb verstufter Erbstollen
beziehen".
Das Königlich
sächsische Berggesetz vom 22. Mai 1851 hatte noch
den Versuch gemacht, in den §§. 172
ff. das Erbstollenrecht zu reformiren und
zugleich im §. 162 zugelassen, daß neue Revieranstalten, wozu auch Revierstollen
gehörten, von der Majorität der Mitglieder des Revierverbandes beschlossen werden
konnten.
Das Königlich sächsische Berggesetz vom 16. Juni 1868 hat dagegen
nicht nur das Erbstollenrecht für die Zukunft mit dem System der Hilfsbaue ver tauscht, sondern auch die Verbindlichkeiten der Mitglieder der Revicrverbände auf
die bestehenden Revieranstalten beschränkt (§. 106), die Anlage neuer Revier
stollen demnach lediglich von der freien Vereinigung der Interessenten abhängig gemacht. 1) Siehe unten bei den näheren Erörterungen über den Erbstollen.
Erste Abtheilung.
148
Auch dem deutschen Rechte ist ein Eigenthum am fließenden Wasser unbekannt.
Der Sachsenspiegel stellt dem Wasser, welches nur durch
den Willd in Bewegung gelangt, und dem Wasser in gegrabenen Deichen das strömende Wasser entgegen').
In der deutschen Markgenossenschaft istdie Nutzung des Was sers ein gemeines Recht aller Genossen1 2).3
Im Gegensatze hierzu zahlt jedoch bereits die oben (§. 26 S. 83) erörterte Constitution Kaiser Friedrich I. vom Jahre 1158 (II F. 56) die flumina navigabilia et ex quibus fiunt navigabilia zu
den Regalien. Uebergang
Die Königliche Grundherrschaft, deren allmüliger
auf Territorial- und andere Grundherren, der
Verfall
der Markengenossenschaften beschränkte den freien Gebrauch des flie
ßenden Wassers immer mehr 3).
Aus dieser Rechtsentwickelung4) ist die spätere Auffassung her vorgegangen, daß die sogenannten öffentlichen (schiff- oder flößbaren)
unterliegen,
Flüsse der Nutzung des Staates Flüsse und Bäche
aber
einschließlich
die
der Wasser
nicht öffentlichen ein
Zubehör
der
angrenzenden Grundstücke bilden 5). 1) II, 28 §. 4: „Svelk water stranres vlüt, dat is gerne ne to varene
vnde to vischenne inne." Görlitzer Landrecht 34 §. 1: odir
ritet,
„Swer ovir einen dort einis wazziris gen
der ne sol cheinen zoln gebin;
heizet des riches straze." 2) Weisthum (Grimm II. 492):
dem himlischen Vater zu lehen." Weisthum (Grimm III. 739):
wan
ieglich
vlizende wazzit
„Wasser vnd weyde haben wir von „Wasser und jagd ist gemein."
3) Weisthum (Grimm III. 483) „daß wasser vnd weide des kunigssi." Glenzer Weisthum: „Klockcnklank, waßergang, die sich in den Woo
gen, das wild uf den: land, den Vogel in den: grünen Wald, daß den niemand soll eiligen, noch zwingen ohne erlaubnis des gepietenden Herrn."
Engersgauer Bergpflegen-Freiheit: „Weisen wir vnserm gn. Herrn — funt
und prunt, den hohen Wald, den Vogel in der lüft, den fisch im waßer, dat fließende ist."
Vridank 76, 5-12 (bergt §. 27 S. 91 Anm. 3). 4) Vergl. Meurer, Wasserrecht v. 1570 Fol. 29 bei Kraut S. 240: „Wie es denn heutiges Tags fast mit allen flüßenden Wassern,
von Natur menniglich frey und gemein gewesen,
eine
welche anfangs
und
solche Gestalt hat, daß
sie eigen und sondern Oberseiten zustendig." 5) Preuß. Allg. Landrecht Th. II Tit. 14 §. 21: „Die Land- und Heer straßen,
die von Natur schiffbaren Ströme, das Ufer des Meeres und
die Häfen sind ein gemeines Eigenthum des Staates."
Allgemeine Lehren (Berg- und Tagewasser).
vereinzelten
in ganz
Nur
Wiesenordnung
vom
149
Localrechten, z. B. der siegenschen
28. October
1846 §. 5,
sodann aber
wenigstens bis zum Erlasse der neueren Berggesetze im
auch,
deutschen
Bergrechte, ist das alte Recht, wonach selbst in sogenannten Pri fließende Wasser einer allgemeineren Nutzung unter
das
vatflüssen
liegt, erhalten geblieben, wogegen int Uebrigen das deutsche Waffer recht in der Hauptsache noch dem entgegengesetzten Grundsätze huldigt
welcher ebensowenig deutscher Rechtsanschauung, als der Natur der Sache und insbesondere der wirthschaftlichen Bedeutung des Wassers entsprechen dürfte.
Das deutsche Bergrecht gewährt dem Bergbautreibenden eine frei,
Nutzung
des fließenden
Wassers.
Die Nothwendigkeit der Wasser
nutzung für den Bergbau, sowie der Umstand, daß der Bergbau, wie oben §§.
21 ff. gezeigt, zuerst in der ungetheilten Mark, in
Königlichen und grundherrlichen Waldungen umgegangen ist, erklärt
die Thatsache, daß den Bergbautreibenden ebenso wie den Mär kengenossen freie Äassernutzung und Weide zustand und daß das
Recht auf freie Wassernutzung mit Rücksicht auf die wirthschaftliche Bedeutung des Bergbaues sich auch dann erhielt, als der Bergbau sich auf den in Sondereigen übergegangenen Grund und Boden aus
dehnte und das allgemeine Recht eine freie Nutzung
Wasser
überhaupt
nicht mehr kannte.
am fließenden
Die älteren Bergfreihciten
lassen hierüber kaum einen Zweifel bestehen'). Th. II Tit. 15 §. 38: „Die Nutzungen solcher Ströme, die von Natur
schiffbar sind, gehören zu den Regalien des Staats." Bayerisches
Art. 1:
vom
Gesetz
28. Mai 1852 über die Benutzung des Wassers
„Die öffentlichen Gewässer bilden ein zur allgemeinen Benutzung
bestimmtes Staatsgut."
Art. 39: „Flüsse und Bäche, welche weder zur Schifffahrt, noch zur Floß
fahrt mit gebundenen Flößen dienen, werden mit Inbegriff des bestehenden Gcfälls als Zubehör der Grundstücke betrachtet, zwischen welchen sie hindurch
stießen, nach Maßgabe der Uferlängc eines jeden Grundstücks." 1) So
heißt
Bergfreiheit für
es in der
die
Silbergrube zu Fischbach
vom Jahre 1420 (Lori S. 27): „Auch
wo die
sollen den
obgedachten S. und T. all unser Wäld und Wasser,
gelegen und zu den Perckwerken füglich sind,
allezeit offen
und
frei sein." Die Bergsreiheit für Fischbachau vom Jahre 1446 (Lori S. 32) gewährt den Bergleuten für ihr
Vieh
„Wun und
Wayde",
sodann
Holz,
Wege und Stege, „wo in (ihnen) die aller Nutz ist und füglich ist."
Wasser,
Erste Abtheilung.
150
Dieselben erhielten für den Bergbau
den freien Gebrauch des
fließenden Wassers aufrecht oder erklärten doch
das
mindestens
in
der gemeinen Mark und in grundherrlichen Waldungen zu Gunsten des Bergbaues von jeher bestandene freie Wassernutzungsrecht auch außerhalb der ersteren für anwendbar.
Wie nun das Bergbaurecht in der Form der Muthung erworben zu werden Pflegte, so' entstand
allmälig auch der Gebrauch, durch
In der Bergfreiheit für Kützbüchel, Ratenberg u. s. w. vom Jahre 1459
wird in Z. 8 bestimmt: „Wir erlauben, geben und bestetten auch das Perkwerch und Aerzt, wo das
in den benannten vnnsern Herrschaften und landtsgerichten funden und gear-
bait wirdet, mit Wäldern, Pächern, Huttslegen, Steg, Weeg, Wasser und Stain und mit allen anderen
Sachen,
an andere Perkwerchen Ge-
alsdann
wonhait ist." Vergl. auch §. 8 der Bergfreiheit für Lam (Lori S. 65) u. s. w.
Herzoglich braunschweigische
Zellerfeld
Bergfreiheit für Gittelde, Grund,
vom Jahre 1532 (Calvör S. 218): „Anfänglich soll manniglich durch
Unser
Fürstenthum, Obrigkeit,
und Gebieten zu und abe bemeldten Unsern Bergwerks-Straßen,
Gericht
Stege und
Wege offen und frei sein, sammt dem Wasser, Hütten und Puchwerk auch
allen
und Bergwerksrecht und Ge
andern Gebäuden, wie altes Herkomens
wohnheit ist."
(Wagner
Markgräflich brandenburgische Bergfreiheib vom Jahre 1539:
S. 421):
„Wir thun und geben ihnen auch hiemit diese gnad und freyheit,
Vnsere Melde vnd Wasser genießen, hawen, Wir gönnen vnd willigen auch
für Vns,
das sie
fürn vnd empfahen mögen —
Vnser
Erben vnd
Fürstenthumb
ihnen allen vnd jeden, Bnsere landen, Gründe vnd poden zu, vnd von solchen
Bergkwerken, Hütten, Melden vnd Wassern zu
zu reitten oder
gehen,
zu
faren, itz vnd alsdann, vnd dann als itzund" u. s. w.
Nassau-katzenelnbogische
Bergfreiheit vom Jahre
„Es sollen auch diejenigen,
so
1559
(Brassert S. 9):
sich der Bergwerck Halben unter Uns
wohnen begehren werden — Wasser, (ausgescheidcn Fischerey und Jägerey)
Weyde,
Straßen,
zu
Stege und Wege
nach Bergwerks-Gewohnheit,
unverhin
dert, männiglichs gemein nnd frey haben und halten."
Kurtriersche Bergfreiheit vom Jahre 1564 (Brassert S, 101): „Wir lassen auch gnedigst zu, daß bey den Bergkfreyheiten
umb, nach angezeigtem
Feldtsbezirk, die
zunechst daher-
Berguerwandten Personen
sich
ge
brauchen mögen wasser, weyden, einen Hasen zu jagen, zu schießen vnd zu fischen macht haben, vnd also aller weg wasser,
weyde vnd stege ge-
freyet sein sollen, doch vnuerhinderlich vnser Wiltban vnd verbottene Fisch
wasser, die wir vns gentzlich vnd zumals Vorbehalten."
151
Allgenieine Lehren (Berg- und Tagewasser).
Muthung des Wassers sich dessen Benutzung zu Bergbauzwecken zu
sichern.
Der Grundherr oder der Grundeigenthümer war als solcher
nicht befugt, dieser Erwerbung Bergbautreibenden
der Wassernutzung von
Muthung des Wassers beweist, ausschließliches
Recht
der
daß dem
Bergbau
fließende
das
an
Seiten des
Gerade die Möglichkeit der
zu widersprechen.
gegenüber ein
Wasser angrenzenden
Grundeigenthümer auf die Wassernutzung sich nicht ausgebildet hatte.
Die Muthung des fließenden Wassers fand übrigens namentlich bei größeren Wasserläufen
nicht überall
eine regelmäßige Anwendung.
Hieraus darf indeß keineswegs auf ein minderes Recht der Bergbau treibenden zur Waffernutzung geschloffen werden, im Gegentheile, die
nach den Bergbaufreiheiten und der Berggewohnheit bestehende freie
Wassernutzung sollte nicht durch
Ertheilung von Wasserbelehnungen
seitens des Bergmeisters beschränkt werden. hier also namentlich um eine Fixirung
Es handelte sich
der Competenz des Berg
meisters. b. Grundsätze des deutschen Bergrechtes über die Wassernutzung.
§. 45. Die Grundsätze des Bergrechtes
über die Waffernutzung, wie
dieselben seit dem sechszehnten Jahrhunderte in den deutschen Berg
ordnungen niedergelegt
sind,
laffen
sich im Allgemeinen dahin zu
sammenfassen:
1.
Die Wasser, welche durch bergbauliche Arbeiten irgend wel
cher Art, durch Schürfe, Röschen, Schächte, Stollen, Strecken erschroten
werden, einschließlich der
Wasser verlassener
Bergwerke,
ver
leihet bis zur Einmündung der ersteren in einen natür lichen Wasserlauf der
Bergmeister auf Grund eingelegter Mu-
thungen, falls die betreffenden Bergbautreibenden die Wasser nicht
selbst
für ihren
Bergbau
nutzen
wollen.
Auf diese
sogenannten
Bergwasser stehet demgemäß dem Unternehmer der bergbaulichen Anlage, durch welche die Wasser
erschroten
sind,
ein Vorzugsrecht
bezüglich der Benutzung zu, ohne daß eine besondere Muthung oder
Verleihung erforderlich wäre. Wird von diesem Vorzugsrechte kein Gebrauch gemacht, so gehet
bei etwaiger Muthung der Wasser der Bergbau anderen Unterneh z. B.
den
Mühlen,
Die Verleihung
der
Bergwaffer
mungen,
Wiesenbewässerungen u. s. w.
vor.
erfolgt kraft des Gesetzes und der
Erste Abtheilung.
152
Berggewohnheit stets unter dem selbstverständlichen Vorbehalte, daß
dieselbe dem Bergwerke und. den bauenden Gewerken unschädlich sein
solle und daß die Bergwasser trotz der geschehenen Verleihung, jeder Zeit zur Aufbereitung und zu den Kunstgezeugen
dürfen, falls hierzu ein Bedürfniß vorliegt.
werden
benutzt
Dieses Recht zur jeder-
zeitigen Benutzung der Bergwasser bestehet indeß lediglich zu Gunsten derjenigen Bergwerke, durch welche erstere erschroten sind, und kommt nicht nur gegenüber den Mühlen,
auch gegenüber anderen
sondern
Bergbauunternehmungen zur Anwendung,
Wassernutzung beliehen sind *).
wenn
mit
letztere
der
Eine Verbindlichkeit, den Beliehenen
1) Die hier behandelte Frage ist nicht ganz ohne Zweifel, muß indeß in
dem obigen Sinne schon deßhalb entschieden werden, weil desjenigen Bergwerkes, durch welches
nur dem Betreiber
nutzungsrecht ohne vorherige Muthung und Verleihung zustehet. werksbetreiber
können nur auf Grund
ein Wasser
erschroten sind,
die Wasser
Andere Berg
einer Verleihung die Bergwasser nutzen
und daher in keinen: Falle ohne Weiteres eine solche Wassernutzung dem dritten
Beliehenen,
z.
B.
einem Müller
gegenüber,
Anspruch
in
nehmen.
Karsten
(Grundriß S. 179) legt dem Bergwerksbetreiber,
durch dessen Baue die Wasser
erschroten sind, kein Recht bei, die Wassernutzung
von anderen Berkwerksbetrei-
bern, falls letztere eine Belehnung der
dern.
Bergwasser
erhalten haben, zurückzufor
Dies ist indeß aus den Bergordnungen nicht
unter den verschiedenen Beliehenen gar Bergrechtsspiegel,
Thl
Landrecht Thl. II Tit.
II
c. 4
§.4
zu
begründen,
keine Unterschiede machen.
S. 195.)
Das
16 §. 346 ff. behandelt die
preußische
vorliegende
letztere
da
auch
(Vergl.
Allgemeine
sogar
Frage
unter dem Marginale „Verhältnisse der Bergwerkseigenthümer unter einan der."
Wenn in demselben daher §. 348 bestimmt: „Auch haben die bauenden
Gewerkschaften auf dergleichen Stollen- und Grubenwasser zur Zubereitung ihrer Erze und zu ihren Kunstgezeugen
ein
vorzügliches Recht,
und
können
selbige
dazu, wenn sie auch vorher einem Anderen verliehen worden, zurückforde rn",
so ist bei dieser Vorschrift
offenbar von der
Bergwasser niemals an andere Unternehmer
Voraussetzung
iz. B. Müller),
ausgegangen,
sondern nur
Bergbautreibende verliehen werden, und daß gerade den letzteren
daß
an
gegenüber der
jenige, in dessen Bergwerk die Wasser erschroten sind, ein Recht der Zurückforde
rung hat.
Das Wort des Gesetzes „zurückfordern" deutet zugleich an,
daß
das
jederzeitige Wassernutzungsrecht nur dem Betreiber des Bergwerkes zustehet, aus
dem die Wasser herrühren
Die Materialien des preußischen Allgemeinen Land
rechts (Brasscrt, das Bergrecht des Allg. Landrechts rc. S. 139, 259)
daß bei Ausübung dieses Zurückforderungsrechtes eine
Entschädigung
leisten ist, indem nach der Bemerkung von Heinitz die Zurückforderung
geltlich" stattfinden sollte und ein entgegengesetztes nicht berücksichtigt wurde.
ergeben, nicht
zu
„unent
Monitum (Brassert S. 259)
Während in dem Entwürfe
eines preußischen Berg-
Allgemeine Lehren (Berg- und Tagewasser).
153
zu entschädigen, wird durch die Ausübung jenes Rechtes nicht her vorgerufen, dagegen kann wenigstens durch Verträge entweder auf das Recht zur jederzeitigen Wassernutzung rechtsgültig verzichtet oder aber für den Fall der Ausübung desselben eine Entschädigungsverbind lichkeit übernommen sein. Der B e lie he ne muß binnen einem halben Jahre die Wasser fassen oder führen. Geschiehet dies nicht oder wird die Wasserleitung ein halbes Jahr im Verfall gelassen, so sollen Andere nach geschehener Feststellung des Thatbestandes mit dem Wasser beliehen werden. Diese Bestimmungen können sich nicht auf den Betreiber des Berg werkes, mit welchem die Wasser erschroten sind, sondern nur auf solche beziehen, welche eine Belehnung erhalten habens. gesetzes aus dem Jahre 1833 (Gesetzes-Revision, Pensum XI)
§§.
265
ff. der
Gewerkschaft, aus deren Baue die Wasser zu Tage gelangen, direct das „Eigen thum" der Wasser -eigelegt wurde, fügte
Aufrechterhaltung dieses
Eigenthumes
der Entwurf des Jahres 1846 unter
noch die dem bisherigen Bergrechte ent
sprechende Bestimmung hinzu, daß im Falle der Nichtbenutzung des ersteren die Bergbehörde die Bergwasser „ anderen Bergeigenthümern oder Fremden"
Im §. 228b heißt es sodann:
aus Grund eingelegter Muthung verleihen könne.
„Eine solche Verleihung versteht
unter dem Vorbehalte, daß
jedoch immer
sich
die verliehenen Wasser von den ursprünglichen Eigenthümern, sowie von
künftigen Wiederaufnehmern entströmen,
zur
der Grube
Benutzung des
oder
des
Erbstollens, welchen
sie
eigenen Bergeigenthumes jederzeit zurück
gefordert werden können" (Protokolle S. 543). Eine Entschädigung sollte hierbei
nicht geleistet werden, wobei die Redaktoren constatirten, daß dies dem bisherigen Bergrechte entspreche (Protokolle S. 538).
Für den Fall einer Abtretung der
Bergwasser Seitens des ursprünglichen Eigenthümers an Dritte waren besondere
Bestimmungen getroffen (§. 228c). 1) Dies folgt schon einfach aus dem Rechte des ersteren, die Wassernutzung ohne
Belehnung jeder Zeit ausüben
Landrecht Thl. II Tit. 16 §. 197
zu können.
erklärt
„zum
Das
preußische
Bergbaue
Allgemeine
verliehene Wässer,
welche ein Jahr lang nach der Belehnung nicht gefaßt worden sind",
für
in das Freie gefallen. Ueber die Vorschriften der Bergordnungen
bei Bergwassern vergl. unter
Anderen: Joachimsthaler Bergordnung vom Jahre 1548 Thl. II Art. 104:
„Alle die Wasser,
so mit Stöllen, Schächten,
Schürfen oder Röschen ver
schroten werden, die sol unser Bergmeister denjenigen, so sie muthen und
aufnehmen, anders nicht verleihen, dann mit dem Fürbehalt,
daß solch Ver
leihen derselbigen Wasser dem Bergwerk und den bauenden Gewerkender
Orten unschädlich sein solle und daß sie allweg, so ihrer Erz bedürfen, unverhinderlich brauchen mögen."
sie des zu Aufbereitung
154
Erste Abtheilung.
2. Brunnen und Quellen bilden regelmäßig keinen Gegenstand der Verleihung des Bergmeisters.
zur Benutzung der
Recht
Das
Wasser in Bächen und Flüssen zu bergbaulichen Zwecken wird dagegen
durch
und
Muthung
Verleihung
und
hat dieser zur
Ausnutzung der ersteren besondere Anlagen geschaffen,
der Bergbau vorgehen
nach dem Rechtssprüchworte:
Teichen, müssen dem Bergbau weichen",
Ist einem
erworben.
Dritten die Wassernutzung bereits bewilligt
soll zwar
so
„Mühlen und
indeß dem bisher Berech
tigten muß Entschädigung geleistet werden.
Wo nach
Herkommen eine Muthung und Verleihung
der Waffer in
und Flüssen nicht stattfindet,
dem
gemeinen
Bergrechte
gilt
Gesetz
nach den Bergfreiheiten
dennoch
oder
Bächen
und
der Bergbau als zur Wasser
Das Waffer in Bächen und Flüffen
nutzung vorzugsweise berechtigt.
hat im Gegensatze zu den Bergwaffern der Bergmeister nur für
Bergbauzwecke zu verleihen').
(Sergi, hohnsteinsche Bergordnung vom Jahre und
Ordnungen
Bergordnung
der
Bergwerke
S.
1576 Art. 163,
Ursprung
282; braunschweigisch-lüneburgische
für Zellerfeld rc. vom Jahre 1593
Art. 100, ebendaselbst
S. 232.)
Kurkölnische Bergordnung
vom Jahre
1669 Thl. III Art. 8 (Brassert,
S. 561):
„Alle die Wässer, so mit Stollen, Schächten, Schürfen
und Röschen über
fahren werden, die soll Unser Oberbergmeister denjenigen, so sie muthen und
aufnehmen,
anders nit verleihen,
dann
anderen
Stollen ohne Schaden, mit dem Vorbehalt, daß
Zechen
verliehenen
solch
oder
Verleihen derselbigen
Wässeren dem Bergwerk und den bauenden Gewerken der Oerter unschädlich
sein
solle und daß sie allewegen, so sie deß auf Künste, Puch
werke und Hütten bedürftig, unverhinderlich brauchen mögen." Kleve-märkische Bergordnung vom Jahre 1766 cap. 26 (Brassert S. 854);
schlesische
Bergordnung
1769
vom Jahre
cap.
27
(Brassert S. 982);
preußisches Allgemeines Landrecht Thl. II Tit. 16 §§. 346 ff.
Das preußische Allgemeine Landrecht bestimmt direct nur welche mit Stollen erschroten werden.
Bcrgwasser bezeichnet werden.
Offenbar
über Waffer,
sollen hierdurch indeß alle
Die Fassung ist aus den revidirten. Bergordnungen
entnommen, dabei aber das Marginale der letzteren übersehen.
Mit Rücksicht
auf diese enge Fassung des Tertes bestimmte ein an das Oberbergamt zu Dortmund gerichteter Erlaß vom 4. November 1850, Maschinen gehobenen Wasser unzulässig sei.
1) Kursächsische Bergwerksverfassung oben angeführten Bergfreiheiten.
daß eine Muthung der durch
Dieser Erlaß ist unrichtig.
S. 97, 101, LXXIII.
Vergl. die
Allgemeine Lehren (Berg- und Tagewasser).
155
Mit den vorstehend angedeuteten Bestimmungen und Gewohn heiten über die Benutzung, des Wassers in Bächen und Flüssen zu Bergbauzwecken stehen auch die Vorschriften des preußischen Allge meinen Landrechtes im Zusammenhänge, wiewohl dieselben als unklar bezeichnet werden müssen» Die Materialien des Landrechtes, namentNieder-österreichische
Bergordnung vom Jahre
1553
(Ursprung
Art. 9
der Bergwerke S. 168): „Die andere Bergwerke und Fünde, welcherlei sie sein, alt und neu Schurs
wo die in
oder Gebäu,
schlagen werden,
Unsern niederösterr.
Landen befunden
und aufge
die sollen sambt der Wasserflüssen, Hutschlägen,
plätzen, Wälder u. s. w.
Kohl
an Unser Statt von Unsern Bergrichtern — und
sonst von Niemands empfangen werden." Zinnbergwerksordnung für Schlackenwald re. vom Jahre 1548 Art. 19 (Ebend. S. 123):
„So Jemand bei Unseren Bergmeister Puchwerk oder Mühlen muthen Alle diejenigen, so neue Puchwerk bauen, die
und aufnehmen würde u. s. w.
fasten,
sollen ihre Wehre also machen und die Wasser
auf daß
sie
dem
Nächsten über ihm das Wasser nicht zurück unter die Räder austreiben u. s. w.
Es
soll auch
der Bergmeister
fortan
kein
Puchwerk
mehr auf das übrige
Wafser verleihen; damit auch Hader und Zank fürkommen, so soll sich keiner unterstehen,
bei schwerer Straf die Quell und Einfälle,
so bisanhero in die
Hauptflüsse gegangen, abzugraben und anderswohin zu führen.
Der Berg
meister soll keinen Erbfluß verleihen, sondern der Königl. Majestät zum Besten frei lasten."
Appendix zur joachimsthaler Bergordnung (zu Art. 104. Ebend. S. 102): „Brunnquell, die von ihnen selbst durchs Erdreich brechen,
Rath zu, so fern sie in ihrem Gebiet entspringen. soll der Bergmeister also verleihen,
die stehen dem
Stolln-Wasser und andere
wo sie die Gewerken zu Nothdurst
ihres
Erzes bedürfen, daß man ihnen dieselbigen unverhindert die Zeit ihres Waschens gehen lassen.
Die
fließenden
Bäche
und Wasser soll der Bergmeister
Niemand verleihen und zu eigen geben, sondern dieselbigen Waffer sollen alle
wege zu dem, daß das Bergwerk allermeist fördert und
Künsten gebraucht,
unangesehen
Puchwerk,
und erhält als Heintzen
Brettmühlen,
Seifen
nnd
dergleichen mehres." Kurkölnische Bergordnung vom Jahre 1669 Thl. IX Art. 4 (Brassert S. 642):
„Wenn ein Wasserfall
im Freien liegt und Uns nit anständig,
darauf ein Puchwerk bauen zu lassen, werken unschädlich,
alsdann
solcher Wasserfall auch
mag Unser Oberbergmeister
selbst
andern Puch
solchen Wasser
fall dem Nächsten, so ihn aufnehmen suchen wird, verleihen u. s. w."
Thl. II Art. 3 (Brassert S. 536): „Was bei seinem Amt (Oberbergmeister) herkömmlich lasten, demgemäß soll er denjenigen, so Zechen, Stollen,
und Wir ihm
zu
Wassergefälle,
156
Erste Abtheilung.
lich ein Monitum Beyers*) berechtigen zu der Annahme, daß das
alte Recht beibehatten werden sollte, weshalb denn auch offenbar in diesem Sinne Thl. II Tit. 16 §.80: „Wasch- und Pochwerke, imgleichen Graben und Wasser
leitungen über Tage sind
unter der
Muthung einer Grube
nicht mitbegriffen2* ),1 sondern müssen besonders gemuthet und ver
liehen werden", Selbst der §. 110 das.i „Auch Teiche und Mühlen müssen dem Bergbau weichen, wenn es zur Fortsetzung desselben
Aufnahme fand.
nothwendig ist", stehet mit dem früheren Rechte im Einklänge,
da
letzteres für diesen Fall gleichfalls die Entschädigung des bisherigen
Wasserberechtigten vorschrieb. Dagegen befolgt §. 109 das., wonach der Grundeigenthümer verbunden ist, dem Bergbautreibenden „das
zum Betriebe der Kunst- Poch- Wasch- und Hüttenwerke erforderliche
insofern einen
Wasser" abzutreten,
entgegengesetzten Grundsatz, als
nach §. 112 das. angenommen werden muß, daß
der Grundeigen
thümer für jede Abtretung der Wassernutznng zu enschädigen ist3). Puchstätten, Hütten, Hämmer, Sägemühlen
und dergl.
aufzubauen
suchen,
solche zu verleihen und zu bestätigen schuldig sein." Vergl. außerdem Bergrechtsspiegel Thl. II cap. 4 Z. 4 S. 195, Herttwig, Bergbuch sub voce „Wasser".
Hier finden sich Beispiele von Verleihungender
Wasser der Mulde und der Elster. 1) Brassert S. 105, 286, 300.
2) Den Gegensatz bilden die Wasser betriebener Bergwerke (Bergwasser),
bei denen nach deutschem
Bergrechte der Bergwerksbetreiber zur Benutzung der
Wasser keiner Verleihung bedarf. 3) Die revidirten Bergordnungen
sind bezüglich
der Wassernutzung
zu
Bergbauzwecken unklar, vergl. z. B. kleve-märkische Bergordnung c. 2 §. 2, c. 26, c. 59, 60 §. 4, c
75 §. 2 am Schlüsse, c. 78
§. 1;
c. 30, 72.
Unrichtig
ist übrigens, daß dieselben, wie die Gesetzes-Revisoren annehmen, nur über Berg
wasser Bestimmungen treffen. In den Motiven
des Entwurfes eines Berggesetzes aus dem Jahre 1833
(Pens. XI Ges.-Revision) wird S. 135 ff. mit
Recht auch der Unklarheit des
Allgemeinen Landrechtes gedacht.
S. 136
Wenn
indeß
diese Unklarheit darin
gefunden werden soll, daß §. 109 des Allgemeinen Landrechtes den Grundeigen thümer zur Abtretung der Wassernutzung verpflichtet, ohne von einer Belehnung
des Bergbautreibenden zu reden, so erscheint
wendigkeit der Belehnung folgt aus §. 80.
dies nicht stichhaltig.
Die
Noth
Damit erstere stattfinden könne,
muß der Grundeigenthümer zur Abtretung der Wassernutzung verbunden sein. Findet indeß diese Abtretung, wie nach dem preußischen Allgemeinen Landrechte,
nur gegen Entschädigung statt,
so hat allerdings
die Muthung und Verleihung
Allgemeine Lehren (Berg- und Tagewafser).
c.
157
Neuere Berggesetze über die Wassernutzung.
§. 46.
Die angegebene Vorschrift des rechtes
demnächst
sollte
Allgemeinen
preußischen
nicht nur
Land
der Praxis ganz allgemein zur
Grundlage dienen, sondern auch außerhalb des Gebietes
des
preu
ßischen Rechtes in wichtigen deutschen Berggesetzen der neueren Zeit
zum unzweideutigen Ausdrucke gelangen. So
bestimmt
das
österreichische
Berggesetz
vom 2.8. Mai
1854 im §. 105 : „Tagwäss er, welche zum Bergbaubetrieb nothwendig sind,
mästen auch wider den Willen des Eigenthümers und an den Revierstöllner selbst von anderen Bergwerksbesitzern abgetreten werden, insofern wasserpolizeiliche und andere öffentliche Rücksichten nicht
entgegen stehen und die verlangte Wasserabtretung
größere
na
tional-ökonomische Vortheile erwarten läßt. Die Erhebung darüber hat nach den in Ansehung der Grund überlastung gegebenen Vorschriften zu geschehen und in der Ent
scheidung sind zugleich die Bedingungen festzusetzen, unter welchen dem Bergbauunternehmer das Wasserrecht zukommen soll."
Wegen der „Grubenwässer" schließt sich dagegen dasselbe Gesetz
in dem §. 128 wesentlich dem älteren Rechte an. dem Bergwerkseigenthümer
für den
Vorbehalten,
unter
können
aber
Bergwerks-
bestimmten
Dritte „zu was immer für Zwecke" verliehen änderungen in der Menge
Dieselben sind
und Hüttenbetrieb
Voraussetzungen
werden.
an
„Für Ver
der aus dem Berge fließenden Gruben
wässer ist der Bergwerkseigenthümer nicht verantwortlich." Das Königlich sächsische Berggesetz vom 22. Mai 1851 ver ordnet im §. 216 gleichfalls, daß Wassernutzungsrechte im Wege der Expropriation für Bergbauzwecke zu erwerben sind *).
keine Bedeutung,
Ein besonderer
da es sich alsdann in der That nur um ein Expropriations-
Verfahren handelt. 1) Dagegen schreibt §. 264 vor:
„Rucksichtlich des
Rechts, andere als
durch den Bergbau erschrotene Wasser zu benutzen, bewendet es neben der Be stimmung des §. 216 zur Zeit bei der bisherigen Verfassung." gehören zu den sog. Revieranstalten die Wasserversorgungsanstalten. des Entwurfes zu dem Berggesetze bemerken: alle
andere
Quell-
und
fließenden
Waffer
Nach §. 158 Die Motive
„Die Bergämter hatten das Recht, (b. h. abgesehen
von den Berg-
158
Erste Abtheilung.
Abschnitt (IX) enthält daneben sehr eingehende Bestimmungen über die Benutzung der Bergwerks wasser.
Gebraucht der Berg
werksbetreiber die durch seinen Bergbau erschrotenen Wasser nicht,
anderen Bergbautreibenden zu
so hat das Bergamt dieselben
Bergbauzwecken zu verleihen'). Im Falle der Concurrenz verschie dener Bergbauunternehmungen entscheidet der größere volkswirthschaftliche Werth, bei gleichen Verhältnissen in dieser Beziehung das
Gebundensein an einen bestimmten Ort, endlich aber das Alter des Gesuches über den Vorzug. Für andere als Bergbauzwecke kann nur eine interimistische Benutzung
unter der Bedingung gestattet werden, daß die Wasser zu bergmännischen Zwecken ohne Entschädi gung wieder abgetreten werden müssen (§. 252). Nach den Vor schriften über die Expropriation sind die Grundstücksbesitzer verbun den, „die durch den Bergbau erschrotenen Wasser, da, wo sie an den
Tag kommen,
und
aufzunehmen und über Grundstücke
weiterhin
leiten und abfließen zu lassen." Das gegenwärtig geltende Königlich sächsische Allgemeine Berg 16. Juni 1868 wiederholt in den §§. 122, 152 bis 167 grundsätzlich diese Bestimmungen?).
gesetz vom
d.
Das preußische Allgemeine Berggesetz rücksichtlich der Wasser nutzung im Allgemeinen.
8. 47. Wenn die vorstehend angegebenen
Berggesetze
noch in
einem
deutlichen Zusammenhänge mit dem älteren deutschen Rechte stehen.
wassern), sie mochten auf fiskalischem oder Privat-Grund und Boden entspringen, in öffentlichen
Strömen und
Flüssen oder in
Bächen fließen, zum Berg- und Hüttengebrauche welchen ein Recht an diesen Wassern
nicht
öffentlichen Flüssen und
zu verleihen."
„vorher zugestanden",
Denjenigen, mußte Entschä
digung geleistet werden (S. 258 der Motive). 1) Das Gesetz betrachtet die Bergwasser, wenn der Bergwerksbetreiber, in
dessen Bauen die Wasser erschroten sind, von seinem Vorzugsrechte keinen Ge
brauch macht, als Gemeingut aller Bergbautreibenden.
an letztere kann daher
ersterer sein
Bei einer Verleihung
Vorzugsrecht nicht mehr geltend machen.
Dies weicht vom älteren Rechte ab.
2) Das Großherzoglich sächsische Gesetz vom 22. Juni 1857 schließt sich in
den §§. 120, 145—157 in der Hauptsache dem Königlich sächsischen Berggesetze
an.
Ueber die Abweichungen vergl. Schomburg, Betrachtungen S. 254 ff.
159
Allgemeine Lehren (Berg- und Tagewasser).
so hat das
preußische
Allgemeine Berggesetz
vom
24.
Dieses Gesetz kennt
Juni 1865 mit letzterem vollständig gebrochen.
nämlich ebensowenig eine Muthung und Verleihung von fließendem
Wasser einschließlich der Bergwasser,
als eine Zwangsabtretung der
Waffernutzung zu Bergbauzwecken >). Bezüglich der Bergwasser
des 1862 im Drucke
heißt
erschienenen
es bereits in den Motiven Entwurfes
vorläufigen
lichen
Verleihung,
S. 20:
zu einer bergrecht
„Die Gruben- oder Bergwasser eignen sich nicht
Verhältniffe derselben lassen sich
die rechtlichen
vielmehr nach allgemeinen Grundsätzen und Gesetzesvorschriften regeln"
und die Motive des' Schlußentwurfes1 2)3 4wiederholen, wörtlich
diesen
Satz, welchen der Bericht der Kommission des Hauses der Abgeord neten2) noch dahin ergänzt: „Man blieb jedoch nicht bei den Mine andere
Gegenstände,
Poch- und Waschwerke, Gräben und Wasserleitungen,
Hüttenwerke,
ralien allein stehen,
sondern unterwarf
auch
Stollen, Grubenwasser, verlassene Halden, zuletzt in der kurkölnischen Bergordnung Thl. II Art. 3 sogar Holz-Sägemühlen der Regalität
und machte die Benutzung derselben von einer Muthung
leihung des Staates abhängig^).
welche theilweise durch die Novellen-Gesetzgebung
der
Bergwerksverwaltung
und Ver
Von den letzteren Gegenständen,
getrennt sind,
dem
von
abstrahirt
der
Reffort
Entwurf
mit Recht gänzlich und bleibt bei den unterirdischen Mineralien stehen."
Was die Zwangsabtretung der Wassernutzung
zu
Bergbau
zwecken anbetrifft, so bemerken die Motive des vorläufigen Entwurfes
1) Auch der Privatregalinhaber kann im Gebiete des preußischen Allge
meinen Berggesetzes keine Verleihungen
auf fließende
Wasser ertheilen, da dem
Regalherren keine besonderen Rechte auf letzteres zugestanden haben, sondern die Anwendung der bergrechtlichen Muthung und Verleihung lediglich zu Gunsten
der Bergbautreibenden das freie Wassernutzungsrecht der älteren Zeit aufrecht
erhielt. 2) Hahn, S. 43, Zeitschr. f. Bergrecht VI S. 87. 3) Hahn S. 47.
4) Diese Auffassung ist nicht correct.
Die Muthung und Verleihung hat
nicht das Recht zur Wassernutzung zu Bergbauzwccken
beschränkt, sondern zu
Gunsten des Bergbaues das alte Recht der freien Wassernutzung
gegenüber den
ausschließlichen Rechten der Grundeigenthümcr wenigstens einigermaßen ausrecht erhalten.
Sägemühlen
wurden
gemuthet,
soweit dieselben Bergbauzwecken dienten.
wenn
sie Wasserfälle benutzten und
Erste Abtheilung.
160
(S. 126): „Nach dem auf der rechten Rheinseite bestehenden Rechte, namentlich nach §. 109 Thl. II Tit. 16 A. L. R. muß der Grund
eigenthümer auch das für Kunst- Poch- Wasch- und
Hüttenwerke
erforderliche Wasser abtreten. Nach den seitherigen Erfahrungen scheint jedoch kein genügender Grund vorzuliegen, das Expropriations recht auch auf Wasserberechtigungen auszudehnen, zumal der
Bergbautreibende schon nach
den allgemeinen Gesetzen, namentlich in anderer Weise
denjenigen über die Benutzung der Privatflüffe,
zur Benutzung eines Wasserlaufes gelangen kann, und überdies den Hüttenwerken und den von den Regierungen ressortirenden Aufbe
reitungsanstalten
das
Expropriationsrecht
überhaupt
nicht
mehr
zusteht." Diese Motivirung findet sich im Wesentlichen in den Motiven zu §. 135 des Schlußentwurfes wieder, lediglich die Bezugnahme auf die allgemeinen Gesetze und die Gesetze über die Benutzung der
Privatflüsse ist weggelassen *). Es erscheint unter diesen Umständen erforderlich, die gegen wärtige Stellung des Bergbaues in Betreff der Benutzung des flie ßenden Wassers, einschließlich der Bergwaffer, namentlich auf Grund der Bestimmungen des preußischen Allgemeinen
Berggesetzes einer
näheren Erörterung zu unterwerfen. e.
Die Bergwasser nach dem preußischen Allgemeinen Berg gesetze.
a. Recht des Bergbauberechtigten auf die Bergwasser im Inneren des Bergwerkes.
§. 48. Das ältere Bergrecht gab, wie
oben
näher
nachgewiesen
ist,
demjenigen Bergwerksbetreiber, in dessen Baue die Bergwaffer erschroten sind, ein Vorrecht zu deren Benutzung und zwar bis zur
Einmündung der Bergwaffer in einen natürlichen Wasserlauf.
Da
das Allgemeine Berggesetz die Bergwaffer nicht einmal erwähnt, so könnte gegenwärtig die Ansicht geltend gemacht werden, daß dem Bergwerksbctreiber als solchem überhaupt keinerlei Recht auf erstere zustehe. Wie bei Quellen und Brunnen gebühre an sich dem Grund eigenthümer die Wassernutzung. 1) Hahn S. 256, Zeitschr. f. Bergrecht VI S. 166.
161
Allgemeine Lehren (Berg- und Tagewasser).
Eine solche Meinung dürfte sich nicht dadurch widerlegen lassen, daß man die Bergwasser als Zuwachs des Bergwerkes betrachtet, wie dies von Wenzel') geschiehet. Letzterer bemerkt nämlich: wenn das
keine
österreichische Berggesetz
Bestimmungen
über die Bergwafser
enthielte, so würden die erschrotenen Bergwasser nach §. 404 des bürgerl. G.-B."), gemäß welchem Alles, was aus einer Sache entstehet, den Zuwachs derselben bildet, auch ein Zuwachs des be
treffenden Bergwerkes sein und demgemäß dem Bergwerkseigenthümer nicht nur ein Vorrecht rücksichtlich der Benutzung, sondern das Eigenthum an den Bergwassern zustehen. Diese Ausfüh
rung dürfte zunächst insofern unbegründet erscheinen, als nach derselben die Bergwasser als ein Gegenstand, welcher aus dem Bergwerke entstehet,
Die Wasser bilden indeß weder eine Frucht des
betrachtet werden.
Grund und Bodens, noch des Bergwerkes und es können demgemäß die Grundsätze über den Fruchterwerb des Eigenthümers, bonae fidei possessor, Nießbrauchers, Pächters u. s. w. hier keine Anwendung finden").
Richtig dagegen ist, daß die Bergwasser als Accession,
als ein Zuwachs von außen aufgefaßt werden können4). Indeß auch unter diesem Gesichtspunkte würden die Bergwaffer, sobald sie zu Tage treten, unter allen Umständen
ein Zuwachs des
Grund
und Bodens sein, im Inneren des Bergwerkes aber nur dann einen Zuwachs des letzteren bilden, wenn man ein Eigenthum des Bergwerksbetreibers an den unterirdischen Hohlräumen annehmen dürfte. Eine solche Annahme verbietet sich indeß von selbst, da die 1) Handbuch des Allgemeinen österreichischen Bergrechts S. 431.
2) §. 404 lautet:
„Zuwachs
heißt
Alles, was aus einer Sache entsteht
oder neu zu derselben kommt, ohne daß es dem Eigenthümer von Jemand Ande rem übergeben worden ist.
Der Zuwachs wird durch Natur, durch
Kunst oder
durch beide zugleich bewirkt." 3) Nach den vom römischen Rechte abweichenden Bestimmungen des preu
ßischen Allgemeinen
Landrechts
Thl. I Tit. 9
§. 221:
„Die Früchte
einer
welcher das
Sache sind gleich bei ihrem Entstehen
das Eigenthum
Nutzungsrecht der Sache hat",
im Gebiete dieses Gesetzbuches der Berg
werksbetreiber, wenn ihm
ohne Separation oder
würde
desjenigen,
das Nutzungsrecht des Grund und
Perception
Eigenthümer der
Frucht
Bodens
sein.
zukäme,
Indeß
das
Wasser fällt nicht unter den Begriff der Frucht, es ist ein Zuwachs von außen her.
4) Vergl. auch Code civil Art. 546: la propriete d’une chose soit mobiliere, soit immobiliere, donne droit sur tont ce qu’elle produit et sur ce qui s’y unit accessoirerneut, soit naturellement, soit artificiellement. Ce droit s’appelle droit d’accession.
Erste Abtheilung.
162
Stollen, Schächte und sonstigen Grubenbaue nur den Charokter von
Servituten dem Grundeigenthume gegenüber haben und lediglich bei der Zimmerung, Mauerung, den Maschinen, Bahnen u. s. w. ein vielfach noch aus polizeilichen Gesichtspunkten beschränktes *) Eigen thum des Bergwerksbetreibers bestehet1 2).3 4Auch im Inneren des Berg werkes bilden daher die Bergwaffer nicht einen Zuwachs des Berg
werkes, sondern des Grund und Bodens. Gleichwohl muß für den Bergwerksbetreiber als solchen zwar
aber ein Nutzungsrecht an den Bergwafsern
nicht das Eigenthum,
im Inneren des Bergwerkes in Anspruch genommen werden. Kraft der Bergwerksverleihung hat der Beliehene das Recht, zu Zwecken des Bergbaubetriebes den Grund und Boden Dritter unterirdisch
zu durchfahren, unterirdische Wege aller Art, Hohlräume u. s. w. anzulegen, kurz alle denkbaren bergbaulichen Anlagen unterirdisch zu errichten, ohne dem
Grundeigenthümer hierfür irgend eine
Ent
schädigung zu gewähren. Die Bergwerksverleihung ermächtigt also zur ausgedehntesten Benutzung fremden Grundeigenthumes unter
Tage.
Es ist daher
auch ein hergebrachtes Recht des Bergwerks
betreibers, die dem Grundeigenthümer zustehenden Mineralien, welche
beim Betriebe des Bergwerkes gewonnen sind, ohne Entschädigung des Grundeigenthümers, zu Betriebszwecken zu verwenden. Wenn das preußische Allgemeine Berggesetz im §. 57 8) diese Befugn iß dem
Bergwerkseigenthümer ausdrücklich beilegt, so folgt dieselbe anderer seits doch ebenso
sehr aus der Natur des Bergbaurechtes, wie das
Recht des Bergwerksbetreibers, die unterirdischen bergbaulichen An
lagen ohne Entschädigung des Grundeigenthümers herzurichten, über
welches bisher niemals bezweifelte Recht das Berggesetz
Ebensowenig
wie
aus diesem
Schweigen
auf den
schweigt^).
Mangel jenes
Rechtes zu schließen ist, kann dies rücksichtlich der Befugniß des Berg werksbetreibers, die Bergwaffer zu nutzen, der Fall sein. Die durch den Bergwerksbetrieb erschrotenen Wasser stehen rücksichtlich der Be
nutzung derselben im Inneren des Bergwerkes den an sich dem Grundeigenthümer gebührenden Mineralien völlig gleich. DerBcrgwerksbetrciber hat als solcher das Recht, das fremde Grundeigen1) §. 163 des preußischen Allgemeinen Berggesetzes. 2) Vergl. unten §. 74. 3) Vergl. auch
§. 46 des Königlich sächsischen Berggesetzes vom 16. Juni
1868 und §. 59 des Großh. sächsischen Berggesetzes vom 22. Juni 1857. 4) Vergl. jedoch §. 54 des preußischen Allgemeinen Berggesetzes.
Allgemeine Lehren (Berg- und Tagewasser).
unterirdisch zu
thun, einschließlich seiner Accessorien
Zwecken zu benutzen.
163 bergbaulichen
Völlig correct schließt daher das österreichische
Berggesetz vom 23. Mai 1854 die Vorschriften über die Benutzung
der Grubenwässer (§§. 128 ff.)
an
Bestimmungen
die
über
das
Recht auf die nicht vorbehaltenen Mineralien (§§. 124—127) un
mittelbar an. b.
Recht des Bergbauberechtigten auf die Bergwasser über Tage (bayerisches Recht).
§. 49.
In den vorstehenden Bemerkungen ist das Recht des Bergwerks betreibers als solchen auf die Benutzung der Bergwasser im Inneren
des Bergwerkes begrenzt worden.
Es fragt sich
aber weiter,
wie
verhält es sich mit den zu Tage
ausfließenden Bergwaffern?
Da
rücksichtlich der Tagesoberfläche
die eben
dem Grundeigenthümer gegenüber nicht dem Bergwerksbetreiber nur
Gesichtspunkte
erörterten maßgebend
so wird
sind,
in dem Falle die Nutzung an den zu
Tage gehobenen oder ausfließenden Wassern zustehen,
wenn derselbe
entweder Eigenthümer oder Nutzungsberechtigter desjenigen Grund stückes ist, wo die Wasser zu Tage kommen.
Nicht als Beliehener
oder Bergwerksbetreiber, sondern als Eigenthümer
des Grundstückes Wassernutzung.
hat demgemäß
hier
der
oder Nutznießer
Bergwerksbetreiber die
Regelmäßig wird zwar dem letzteren die eine oder
die andere Eigenschaft zustehen,
da ohne dieselbe die Befugniß zur
Herstellung der Schacht- oder Stollenöffnung an der Tagesoberfläche
fehlen würde, aber das Recht der Wassernutzung erstreckt sich
nur
soweit, als das Eigenthum oder Nutzungsrecht am Grundstücke gehet, und von einem Rechte auf die
Benutzung
der
Bergwasser bis zu
deren Einmündung in einen natürlichen Wafferlauf
kann fernerhin
keine Rede mehr sein.
Diese bisher auf der Grundlage
Berggesetzes gewonnenen
des
preußischen Allgemeinen
Resultate lasien erkennen,
daß
allerdings
eine nöthigende Veranlassung zur Aufnahme besonderer Vorschriften
über die Bergwaffer nicht vorlag, wenn auch zur Lösung von Zwei
feln der Erlaß solcher Bestimmungen vielleicht zweckmäßig sein könnte.
gewesen
In dieser Richtung ist das bayerische Allgemeine Berg
gesetz vom 20.
März 1869 vorgegangen, indem dasselbe in einem
besonderen Abschnitte „von der Benutzung des Wassers" vorschreibt:
Erste Abtheilung.
164
„Art. 148. Auf Grubenwässer, welche der Bergwerksbesitzer er-
schroten hat, bleibt demselben, auch wenn er sie zu Tage ausfließen läßt, bis zu deren Vereinigung mit anderen beständigen Tagwässern
das Vorrecht der Benutzung zum Betriebe des Bergwerkes und der dazu gehörigen Aufbereitungsanstalten vorbehalten. Art. 149.
Insoweit und so lange ein Bergwerksbesitzer seine
Grubenwässer zu Betriebszwecken nicht
selbst
benutzt,
kann deren
Benutzung von der Bergbehörde in widerruflicher Weise auch Anderen
gestattet werden.
Den Besitzern benachbarter Bergwerke und Auf
bereitungsanstalten gebührt in diesem Falle der Vorrang." Im Resultate weichen diese Vorschriften von dem preußischen Rechte, wie bereits angegeben, zunächst darin ab, daß der Bergwerks
besitzer als solcher auch an den zu Tage
ausfließenden Wassern
und zwar bis zu deren Vereinigung mit anderen beständigen Tag wassern ein Vorrecht der Benutzung hat.
Diese Abweichung erscheint
indeß praktisch von keiner erheblichen Tragweite, wenn auch in den angegebenen Punkten nach dem bayerischen Berggesetze der Bergbau
etwas günstiger gestellt ist. Andererseits gewährt das bayerische Gesetz das Vorrecht der Benutzung nur für Betriebszwecke und gestattet der Bergbehörde im Falle der Nichtbenutzung das Recht, widerruflich zu Gunsten Dritter über die Wasser zu verfügen. Nach
dem gegenwärtigen preußischen Rechte fällt selbstverständlich ein solches
Recht der Bergbehörde völlig aus, aber wie stehet es dagegen mit
der Befugniß des Bergwerksbetreibers, die
Bergwasser
zu
anderen als Betriebszwecken zu benutzen und über erstere zu Gunsten Dritter Verfügung zu treffen?
Diese Befugniß kann unzweifelhaft auf eigenem Grund
nicht bestritten werden, wenn die Bergwaffer
und Boden des Bergwerksbetreibers zu Tage treten.
Letzterer ver
mag diese Waffer alsdann kraft seines Eigenthumes am Grund und
Boden ebensowohl zu anderen als Betriebszwecken zu verwenden, als auch Dritten zur Benutzung abzutreten, es müßten denn einer solchen Abtretung die Rechte Anderer, z. B/ der Eigenthümer der tiefer liegenden Grundstücke, entgegenstehen.
Gleiche Rechte gebühren
dem Brrgwerksbetreiber für die Dauer seines Nutzungsrechtes, wenn
derselbe den betreffenden Grund und Boden auch nur in Gebrauch und Nutzung hat').
Dagegen läßt sich nicht verabreden, daß im
1) Rach den §§. 135 ff. des Allgemeinen Berggesetzes werden die Grund-
Allgemeine Lehren (Berg- und Tagewasser).
Inneren des Bergwerkes, soweit dem Bergwerksbetreiber nur
165
kraft
dieser seiner Eigenschaft und nicht als Eigenthümer und Nutznießer
der Grundstücke die Wafsernutzung zustehet, an sich eine Beschränkung für die eigenen Betriebszwecke vorliegt'). Nun kommt es nicht selten
vor, daß die Betreiber von Bergwerken, insbesondere von Erbstollen
Wafferlieferungsverträge mit Dritten abschließen.
Handelt es sich
hier nur darum, daß die Eigenthümer derjenigen Bergwerke, welche ein Stöllner durchfahren hat, innerhalb ihres Feldes durch Maschinen
die sonst auf dem Stollen abfließenden Wasser oder eine Quote der selben zu irgend welchen Zwecken, z. B. zum Betriebe ihrer Coaksanstalten, zu Tage heben, so kann von der Anwendung jener Be schränkung schon deshalb keine Rede sein, weil in diesem Falle we sentlich nur die eigenen Grubenwasser und zwar über Tage kraft des dort bestehenden Eigenthumes oder Nutzungsrechtes am Grund
und Boden von dem
betreffenden Bergwerksbetreiber beliebig ver
wandt werden würden.
Aber ganz abgesehen hiervon, erscheint an
sich kein Bergwerksbetreiber, auch nicht der Stöllner^) verbunden,
die Wasser auf einem bestimmten Wege zu Tage ausfließen zu lassen. Es stehet demselben jedenfalls auf Grund abgeschlossener Verträge die Befugniß zu, die Bergwaffer auch vermittelst fremder Grubenbaue
und Maschinen zu Tage auszugießen und, falls Dritten hierdurch ein Vortheil gewährt wird, sich hierfür ein Entgelt auszubedingen.
Mit anderen Worten, bei diesen Wasserlieferungsverträgen, mögen dieselben mit fremden Bergwerken, Coaksanstalten, Hütten, Eisen
bahnen rc. abgeschlossen sein, handelt es sich nicht um eine Verwendung der Bergwaffer im Inneren des Bergwerkes zu anderen als Be
stücke im Wege des
Zwangsverfahrens
allerdings nur abgetreten,
dieselben zum Betriebe des Bergbaues erforderlich sind.
gleichzeitige Benutzung jener
Grundstücke zu anderen
wenn
Dies schließt indeß eine
Zwecken, also z. B. zur
Anlage von Vorrichtungen, um die Wasser einem Dritten zuzuführen, nicht aus. 1) Diese Beschränkung würde nicht vorhanden sein, wenn man ein Eigen
thum des
könnte.
Bergwerksbetreibers an den
unterirdischen Grubenräumen annehmen
Die Wasser wären alsdann ein Accessorium der letzteren und damit im
Inneren der Grube dem Eigenthum« des Bergwerksbetreibers unterworfen.
2) Es ist wohl nicht zu bemerken nöthig, daß es sich hier nicht um die ganz verschiedene Frage handelt, in wieweit der Erbstöllner zur Erhaltung seiner Stollengerechtigkeit den Stollen in dem Zustande zu erhalten hat, daß die
Wasser zum Mundloche ausfließen können. vergl. §. 50.
Ueber entgegenstehende Rechte Dritter
Erste Abtheilung.
166
triebszwecken, sondern um die beliebige Verwendung der Wasser über
Tage und um das Recht des Bergwerksbetreibers, die Bergwasser auf einem solchen Wege zu Tage zu bringen, welcher die angestrebte Verwendung über Tage ermöglicht.
Diese Wafserlieferungsverträge
sind demgemäß gerade nach dem gegenwärtigen preußischen Rechte
rechtsgültig, während nach dem bayerischen Allgemeinen Berggesetze die Bergbehörde wenigstens die Befugniß hat, solche Verträge nicht zu respectiren, vielmehr zu Gunsten Anderer widerruflich über die Bergwasser zu verfügen. Die Beschränkung des Bergwerksbetreibers auf Benutzung der Bergwasser im Inneren des Bergwerkes zu Betriebszwecken hat hiernach keine praktische Bedeutung, zumal auch
sich sehr selten innerhalb der Grubenbaue eine andere Benutzungsart ermöglichen, andererseits aber bei einer Uebcrschreitung es wohl immer
an einem legitimsten Kläger fehlen wird. c.
Rechte Dritter auf die Bergwasser über Tage.
§. 50. Es ist bereits hervorgehoben worden, daß nach dem preußischen
Allgemeinen Berggesetze ein Vorrecht des Bergwerksbetreibers auf Be nutzung der Bergwasser bis zur Einmündung in einen natürlichen
Wasserlauf ebensowenig wie das Verfügungsrecht der Bergbehörde über die Bergwasser bestehet.
Da nach dem alten Rechte die Be
nutzung der letzteren, insoweit der Bergwerksbetreiber dieselbe nicht
selbst gebrauchte, von der Verleihung der Behörde abhängig war und fernerhin jede Verleihung unter dem Vorbehalte erfolgte, daß dieselbe dem Bergwerke und den bauenden Gewerken unschädlich sein sollte, so
konnte beim Versiegen der Bergwasser in Folge des Bergbaubetriebes, bei Abführung derselben auf einem anderen Wege von Seiten der jenigen, welche bisher, sei es als Beliehene, sei es ohne eine Belei
hung, z. B. als Anlieger an dem Wasserlaufe, die Bergwaffer über Tage benutzt hatten, ein Anspruch auf Wiederherstellung des früheren
Zustandes oder auf Entschädigung regelmäßig nicht erhoben, auch nicht die Ersitzung geltend gemacht werden.
Dies hat auf Grund
lage des älteren Rechtes auch das preußische Obertribunal durch Er kenntniß vom 29. October 1841 (Präj. 1060) anerkannt. Das Prä
judiz lautet: „Wegen solcher Wasser, die beim Bergbau erschroten und zu Tage geführt, demnächst aber nach der Verbrechung der Stollen, Rö schen re. frei durch die Dammerde brechen und ausfließen, gebührt
Allgemeine Lehren (Berg- und Tagewasser).
167
dem Eigenthümer des Bodens, worauf dies stattgefunden, keine Entschädigung, wenn ihm, sei es auch nach Ablauf der Verjährungs zeit, die Wasser durch den ferneren Betrieb des Bergbaues wieder entzogen werden." Hat sich dieser Rechtszustand unter der neuen Gesetzgebung ver ändert? *) Dies muß bejahet werden. Seitdem bei den Bergwaffern der gesetzliche Vorbehalt, daß jede Verleihung dem Bergwerke und den bauenden Gewerken unbeschadet erfolge, nicht mehr bestehet, seit dem das gesetzliche Verfügungsrecht der Bergbehörde über die vom
Bergwerksbetreiber nicht benutzten Bergwasser aufgehoben ist, erscheint es nicht nur möglich, daß der Bergwerksbetreiber sich vertragsmäßig
zur Aufrechterhaltung eines bestimmten Wasserzuflusses Dritten ge genüber verpflichtet, sondern auch, daß durch Ersitzung Rechte Dritter an dem ausfließenden Bergwasier erworben werden, welche der Berg-werksbetresber nicht alteriren darf. Fließt das Bergwasser vom Grund
stücke des letzteren ab, so kann dasselbe in Folge der Ersitzungje nach den Regeln des allgemeinen Civilrechtes aufhören, der alleinigen Disposition des Bergwerksbetreibcrs unterworfen zu sein. Es ist dies eine nicht unbedenkliche Folge der neuen Gesetzgebung, welche das bayerische Berggesetz vermieden hat, die Bergwerksbetreiber
in Preußen aber ermahnen muß, die Entstehung von Rechten Dritter an der Benutzung von Bergwassern, insbesondere im Wege der Er sitzung durch geeignete Mittel zu verhindern 8).
Eine generelle Frage drängt sich hier auf, ob nämlich bei den vor Eintritt der Rechtskraft des preußischen Allgemeinen Berggesetzes verliehenen Gruben das. frühere Recht in Betreff der Benutzung der
Bergwasier fortbcstehet. Dies dürfte zu verneinen sein, da jenes Recht aus dem Gesetze folgte, welches nunmehr aufgehoben ist. Selbst bei Erbstollen wird deshalb auf Grund des §. 223 des preußischen All gemeinen Berggesetzes das Fortbestehen jener Befugnisse auf die Wasser nutzung nicht angenommen werden können, da es sich nicht um ein besonderes, mit der Erbstollengerechtigkeit verliehenes Recht, sondern
um die Aufhebung einer allgemeinen Vorschrift handelt. Dagegen möchte ebensowenig zu Ungunsten der früher verlie1) Sergi, oben §. 46 die Bestimmung des österreichischen Berggesetzes.
2) Sergi, z. B. Art. 641, 642, 690 ff. Code civil; Thl. I Tit. 9 §§. 625, 649 ff.; Tit. 22, §§. 14 ff. A. L. R.; 1. 10 pr. D. si serv. (8. 5). Auch die Besitzinterdiete sind zu berücksichtigen. 3) Die englische Gerichtspraxis weist zahlreiche Fälle nach, in welchen Rechte
Dritter an Bergwassern entstanden und gerichtlich geschützt worden sind.
Erste Abtheilung.
168
henen Bergwerke der Besitzstand vor der Rechtskraft des Allgemeinen Berggesetzes, abgesehen von ganz besonderen Fällen, wie bei der un
vordenklichen Verjährung *), maßgebend sein dürfen.
Auch kommt in
Betracht, daß die unter Herrschaft der früheren Gesetze an Berg wassern verliehenen, nicht dem Bergbau dienenden Triebwerke, wie
z. B. Mühlen, meist unter der ausdrücklichen Beschränkung zugelassen
sind, daß die Anlage dem Bergwerke und den bauenden Gewerken
nicht schaden darf.
In solchem Falle hat selbstverständlich die Ver
änderung der Gesetzgebung keine Erweiterung der Rechte jener Trieb
werke bewirkt. Sind übrigens Rechte Dritter an den Bergwassern nicht ent
standen, so ist der Bergwerksbetreiber, ganz wie der Eigenthümer einer Quelle, unzweifelhaft befugt, dieselben nach Belieben zurückzu
behalten oder auf anderem Wege, als dem bisherigen abzuleiten. In denjenigen Fällen, in welchen die Bergwasser durch Maschinen zu
Tage gehoben werden und alsdann abfließen, kann nach dem Satze „servitus in faciendo consistere nequit“ wenigstens eine Servitut
auf Fortgewährung der Wasser gegenüber dem Bergwerke überhaupt nicht entstehen. Ob aber die Ersitzung einer dahin gehenden Reallast
oder eines analogen Rechtes möglich sei, hängt von der Vorfrage ab, ob bei solchen Rechten eine Ersitzung für zulässig zu erachten ist,
was nach deutschem Rechte bekanntlich
sehr zweifelhaft erscheint?),
nach rheinischem Rechte aber verneint werden muß. f. Die Privatslüsse nach dem preußischen Allgemeinen Berggesetze. a.
Recht des Bergbauberechtigten aus Zuleitung von Berg wassern in Privatflüsse.
8- 51. Wenn nach älterem Bergrechte dem Bergwerksbetreiber ein Recht auf freie Nutzung der Wasser in Privatflüssen zustand, späterhin aber 1) Verwickelt wird in einzelnen Fällen die Frage auch dadurch, daß nach weisbar der Bergbaubetrieb einen Bach in die Baue der Grube abgeleitet hat, das abgeleitete Tagewasser demnächst mit anderen Grubenwassern wieder durch
einen Stollen rc. zu Tage ausfließt und sich weiter unterhalb in das alte Bach bett ergießt.
Es scheint, daß hier eigentlich
nur
wegen Ableitung
des Tage
wassers eine Entschädigungsklage unter Umständen möglich ist, dagegen, von be sonderen Rechtstiteln abgesehen,
keine Befugniß der Bachanlieger
vorliegt, den
fortgesetzten Zufluß der Wasser aus dem Stollen zu verlangen. 2) Vergl. v. Gerber, System des deutschen Privatrechts §. 170.
Allgemeine Lehren (Berg- und Tagewasser).
169
demselben die Befugniß und die Verbindlichkeit beigelegt wurde, gegen
Entschädigung die Abtretung der
Wassernutzung zu erzwingen, so
weist das preußische Allgemeine Berggesetz, wie bereits bemerkt, dem Bergbau weder die eine, noch die andere Gerechtsame zu. Nach §. 135 dieses Gesetzes findet allerdings die Abtretung der Benutzung eines fremden G r u n d st ü ck e s mit Hülfe des Zwangsverfahrens statt,
wenn es sich zu Zwecken des Bergbaubetriebes um Anlage von Ka nälen, Wasserläufen, Teichen handelt. Indeß in diesen Fällen ist nur
die Abtretung des Grund und Bodens in Frage. Denn, sagen
die Motive, „nach den seitherigen Erfahrungen liegt kein genügender Grund vor, das Expropriationsrecht auch auf Wasserberechti gungen auszudehnen." Die Expropriation einer Wafserberechtigung als solcher für Bergbauzwecke erscheint also unzulässig. Für zulässig
muß es dagegen angenommen werden, die Nutzung des Wassers eines Privatflusses, soweit dasselbe als Zubehör der angrenzenden Grund
stücke anzusehen ist, mit diesen Grundstücken zugleich im Wege des Zwangsverfahrens für Bergbauzwecke zu erwerben. „Es genügt", heißt es in den Motiven, „den Grund und Boden jener Verbind lichkeit zu unterwerfen; denn das, was von diesem gilt, bezieht sich nach allgemeinen Rechtsregeln auch auf die Zubehörungen desselben.
Es müssen deshalb auch diese dem Bergbau weichen, sobald die Noth wendigkeit der Abtretung des Grundstücks selbst ausgesprochen ist" ').
Der Unterschied dieser Gerechtsame von der Befugniß, eine Wasserberechtigung als solche für Bergbauzwecke zu erwerben, liegt
demgemäß namentlich in der Nothwendigkeit der Erwerbung der Grundstücke, über welche das Wasser abfließt, sowie darin, daß an sich, abgesehen von der privilegirten Stellung des Bergbaues, keine weiter gehende Befugniß zur Waffernutzung erworben wird, als diejenige ist, welche dem angrenzenden Grundeigenthümer zustehet.
So erheblich dieser Unterschied auf den ersten Blick zu sein scheint, so verliert derselbe dennoch bei näherer Prüfung an praktischer Be deutung. Die Expropriation des Rechtes der Nutzung am fließenden 1) Hahn S. 256, Zeitschr. für Bergrecht VI S. 166.
In diesem Sinne
ist der Recursbescheid des Handels-Ministers vom 1.-September 1866 (Zeitschr. für Bergrecht VIII S. 132) aufzufassen.
Wenn die Verlegung
eines Wasser
laufes nothwendig ist, so muß der Bergwerksbetreiber zunächst die Abtretung derjenigen Grundstücke bewirken, auf denen gegenwärtig ersterer fließt, so dann auch derjenigen Grundstücke, auf denen das neue Bett hergestellt werden soll.
Erste Abtheilung.
170
Wasser ist ohne besondere erleichternde Bestimmungen in vielen
Fällen kaum durchführbar.
Denn soll z. B. das zu erwerbende
Waffernutzungsrecht dem Bergbautreibenden auch nur diejenige Dis
position über das Wasser geben, welche dem angrenzenden Grund stückseigenthümer zustehet, so muß sich das Verfahren, weil es in die
Rechte der sämmtlichen, weiter unten an den Wafferlauf angrenzenden Grundstückseigenthümer regelmäßig cingreifen wird, gegen alle diese
Berechtigten richten.
Gleichwohl fehlt es in den bisherigen Gesetzen
an allen besonderen Vorschriften für eine solche Expropriation und
damit unter anderem auch an jeder Bestimmung, wo bei einem mei lenlangen Wafferlauf das Verfahren gegen die Adjacenten abzuschließen hat. Die Behauptung dürfte daher gewiß nicht unbegründet sein, daß die Expropriation eines Wassernutzungsrechtes nach Maßgabe der für die Expropriation geltenden allgemeinen Grundsätze nahezu undurchführbar ist *), und daß demgemäß durch das Allgemeine Berg gesetz, indem ersteres von einer'solchen Expropriation abgesehen hat, die bergbaulichen Jntereffen sicherlich nicht geschädigt worden sind.
Dies tritt sogar zum Vortheile der gegenwärtigen Gesetzgebung bei der Frage hervor, inwiefern der Bergwerksbetreiber als befugt
angenommen werden kann, die Bergwaffer in fließende Privatwasier abzuleiten.
Rach älterem Rechte ist diese Bcfugniß nicht im Min
desten zweifelhaft; späterhin hätten auf diesen Fall die augenschein-
lich fast undurchführbaren Bestimmungen über die Expropriation an
gewandt werden müssen1 2). 1) Dieselbe dürfte kaum einmal in aller Form zum Abschlüsse gediehen sein.
Die Bcrgwerksbetreiber haben wegen der thatsächlich vorliegenden Nothwendigkeit die Bergwasser ohne Weiteres absließen lassen und meist wohl im Zusammen
hänge mit der aus dem
alten Rechte überkommenen Rechtsanschauung keinen
Widerspruch erfahren. 2) In einer Prozeßsache des Grafen S. gegen die Gewerkschaft der Blei-
crzzeche Fricdrichsglück bei Sinters erkannte das K. Landgericht zu Düsseldorf und
später das Appellationsgcricht zu Köln durch Urtheile vom 19. März 1864 und
9. November 1865, daß die bezeichnete Bleierzzeche nicht für befugt zu erachten sei, die durch eine Maschine zu Tage gehobenen Bergwaffer in einen Graben zu
leiten, welcher zum Abflusse der natürlichen Wasser der benachbarten Grundstücke und des höher gelegenen Terrains dient, in seinem unteren Theil Hastcrsbach
heißt und später in den dem Rheine zufließenden Dickelsbach mündet.
In den
Gründen des ersteren Urtheil heißt es bezüglich der Waflerableitung:
„In Erwägung, daß letztere Handlungsweise, da ihr eine gesetzliche Bestim mung nicht zur Seite steht, als ein Eingriff in das klägerische Eigenthum
Allgemeine Lehren (Berg- und Tagewasser).
171
Die in der Anmerkung angegebenen und andere vor der Rechts kraft des preußischen Allgemeinen Berggesetzes liegenden Beispiele be-
angesehen werden muß, sosern Verklagte sich dafür nicht auf einen speciel
len Rechtstitel stützen kann; daß sich dieselbe zwar darauf beruft, und zum Beweis vorstellt, daß schon vor mehr als 30 Jahren das bei Ausübung des Bergbaues zu Tage geförderte Wasser in die durch die klägerischen Waldungen
führenden Abzugsgräben geflossen sei, dies aber unerheblich erscheint, indem
darin nur die Ausübung einer Servitut liegen würde, der Continuität abginge und die folgeweise durch Ersitzung nicht erworben werden könnte."
Diese Erwägung führte das Appellationsgericht noch weiter dahin aus: „Soviel den von der Appellantin erbetenen 30jährigen Ersitzungsbeweis betrifft: In Erwägung, daß nur solche Servituten, welche fortwährend und zugleich
sichtbar sind, nach jetziger Gesetzgebung durch Ersitzung erworben werden können, während der Erwerb nicht fortwährender oder nicht sichtbarer Dienstbarkeiten
nur mittelst Titels gestattet ist; daß die Eigenschaft der fortwährenden Dienst barkeit in derjenigen Art ihrer Ausübung besteht, die imnlerwährend ist oder
immerwährend sein kann, ohne dazu einer Handlung des Berechtigten zu be dürfen;
daß im Gegensatze hiervon die nicht fortwährende
Servitut gerade
durch die Handlung des Berechtigten ausgeübt wird;
daß, wenn nach diesen gesetzlichen Begriffen der Artikel 688 des Civilgesetz-
buches die Wasserleitungen zu ersterer Art der Dienstbarkeit zählt, hierunter die nur ihrer Natur nach von selbst fließenden Wasser zu verstehen sind, während der Wasserabfluß, den die Appellantin aus ihrem Bergwerk fördert, durch ihre jedesmalige Handlung bewirkt, mithin die streitige Ser
vitut gerade durch ihre Handlung ausgeübt wird und aus diesem Grunde un zweifelhaft nicht zu den durch Ersitzung zu erwerbenden gehört."
In Folge dieser Urtheile, bei welchen Seitens der verklagten Zeche nicht hervorgehoben zu sein scheint, daß es sich eigentlich um die Zuleitung der Berg wasser in einen Bach
Betrieb einstellen.
handelte,
mußte die Zeche die Maschine und damit den
Einen ähnlichen Erfolg hatte ein seit dem Jahre 1862 schwe
bendes Verwaltungs-Verfahren,
als die Braunkohlengruben Alfred und Bertha
bei Tornitz, Regierungsbezirk Magdeburg, die durch eine Wasserhaltungsmaschine
zu hebenden Wasser nach dem in die Elbe mündenden Jritzer Busch- und Bar-
byer Landgraben ableiten wollten. (Vergl. von Hinckeldey in der Zeitschr. für
Bergrecht V S. 313 ff.)
Durch Urtheil vom 19. Juni
Preußische Obertribunal zwei Vorerkenntnisse,
1865 bestätigte das
in welchen der Steinkohlenzeche E.
untersagt worden war, die Grubenwasser in den Grummerbach abzuleiten. (Zeit schrift
für
Gewerkschaft
Bergrecht auf das
VII S. 95.)
Dieses
Urtheil
Expropriations-Verfahren.
verweist die
unterlegene
In einem analogen
Pro
zesse des Waisenhauses zu Steele gegen die Steinkohlenzeche Verein. Johann da selbst hatte das Obertribunal durch
Urtheil vom 26. Mai 1865 die Zuleitung
der Grubenwasser in den Bach des Waisenhauses zugelassen, weil „die competenten
Erste Abtheilung.
172
weisen die Tragweite der Frage, sodann aber, daß der für die Berg werke ungünstige Erfolg wesentlich auch auf der damals nicht
unberechtigten Anschauung berührte, daß beim Mangel einer Eini gung sich die Zuführung der Wasser oder Bergwasser in einen Wasserlauf auf die zwangsweise Constituirung eines desfallsigen
Rechtes gründen müsse.
Eine solche Auffassung kann gegenwärtig
nicht mehr geltend gemacht werden, seitdem nach Wortlaut und.Mo tiven des Allgemeinen Berggesetzes die Expropriation eines Wasser
nutzungsrechtes beseitigt worden ist. In Folge des Wegfalles der letzteren kommen vielmehr zunächst die allgemeinen Gesetze über die Wassernutzung auch rücksichtlich des Bergbaues zur Anwendung,
und stehet es demgemäß dem Bergwerksbetreiber zwar nur insofern zu, die Bergwasser in einen Privatfluß abzuleiten, als ersterem ein an den Fluß angrenzendes Grundstück entweder eigenthümlich
oder nutzungsweise zugehört, über welches das Wasser abfließt; aber es ist auch andererseits die Verbindlichkeit weggefallen, selbst in die sem Falle das Recht zur Wasserzuleitung erst durch Expropriation
oder ein sonstiges administratives Verfahren vorher zu begründen.
„Glaubt Verklagte", so führt das preußische Obertribunal in dem Urtheile vom 19. Juni 1865 aus, „auf Grund der bestehenden Vor
schriften, wonach sich der Grundbesitzer zum Vortheil des Bergbaues eine Einschränkung seiner Rechte gegen vollständige Entschädigung
gefallen lassen muß, ein Fortbestehen der in Rede stehenden Ab leitung des Masters in Anspruch nehmen zu können, so muß ihr überlasten bleiben, dies in geeigneter Weise bei den kompetenten
Verwaltungsbehörden
auszuführen (cfr. §§. 3 und 4 der
Declaration vom 27. October 1804) und dadurch die erkannte Ver
pflichtung zum Treffen solcher Vorkehrungen, daß das Waffer der Zeche C. den Wiesen des Klägers nicht mehr zugeführt werde, zu
Verwaltungsbehörden die Nothwendigkeit des bestehenden Wasserabflusses geprüft
und diese Art der Ableitung der Grubenwaffer
geheißen haben.
Die
nachträglich genehmigt
uud gut
hierin liegende analoge Anwendung der Declaration vom
27. October 1804 ist völlig gerechtfertigt." (Zcitschr. für Bergrecht VII S. 93.) Thatsächlich hatte indeß kein Expropriations-Verfahren stattgesunden, sondern
es war nur ausgesprochen worden, daß die Ableitung der Grubenwasser noth wendig sei.
Auf diese Weise waren allerdings die Schwierigkeiten der Expro
priation, aber im Grunde genommen auch die gesetzlichen Bestimmungen über
dieselbe umgangen.
Das Obertribunal dürfte erkannt haben, daß eine Anwen
dung der letzteren zu einem endlosen Verfahren führen werde.
Allgemeine Lehren (Berg- und Tagewasser).
173
bestätigen.
Mit Recht hat aber der Appellationsrichter angenom
men, daß,
so
lange ein solches Verfahren nicht statt
gefunden hat, der Grundeigenthümer befugt ist, jeden Eingriff
in sein Eigenthum zurückzuweisen und dessen Abstellung zu ver
langen" *)• Nach dem gegenwärtig maßgebenden Rechte muß der Bergwerksbe
treiber beim Mangel einer gütlichen Einigung zunächst nach §. 135 des preußischen Allgemeinen Berggesetzes die Erwerbung von Grund
und Boden zur Herstellung eines Kanales oder Wasserlaufes bis zu dem Privatfluffe bewirken, sich also namentlich auch am Ufer des selben die Nutzung oder das Eigenthum eines Grundstückes verschaf
fen, was bei der regelmäßigen Nothwendigkeit der Anlage des Wasser
laufes nur in dem Falle auf wesentliche Hindernisse stoßen wird,
wenn nach §. 136 überwiegende Gründe des öffentlichen Interesses entgegenstehen sollten. Ist diese Erwerbung geschehen,
so
kann we
gen der Zuleitung der Bergwaffer nicht mehr, wie nachgewiesen, die
zwangsweise Erwerbung eines besonderen Wassernutzungsrechtes und
ein besonderes amtliches Verfahren zu diesem Behufe stattfinden, son dern es entscheidet zunächst das allgemeine Recht über die Benutzung
der Privatflüsse, also im größeren Theile der preußischen Monarchie das Gesetz vom 28. Februar 1843 (Verordnung vom 9. Januar 1845).
' Nach §. 1 dieses Gesetzes ist jeder Uferbesitzer an Privatflüssen (Quellen, Bächen oder Flüssen, sowie Seen, welche einen Abfluß ha
ben), das an seinem Grundstücke vorüberfließende Waffer zu seinem
besonderen Vortheile zu benutzen berechtigt.
Nach §. 3 bestehet unter
Anderen die Beschränkung, daß
das zum Betriebe von Färbereien, Gerbereien, Walken und ähn
lichen Anlagen benutzte Wasser keinem Fluffe zugeleitet werden darf, wenn dadurch der Bedarf der Umgegend an reinem Waffer
beeinträchtigt
oder eine erhebliche Belästigung des Publikums
verursacht wird.
Die Entscheidung hierüber soll der Polizeibe
hörde zustehen.
Gerade so, wie nach §. 136 des Allgemeinen Berggesetzes überwie
gende Gründe des öffentlichen Interesses die Zwangsabtretung des Grund und Bodens hindern können, darf hier aus Gründen des
öffentlichen Wohles die Zuleitung des Betriebswassers solcher Fabri ken, welche das Waffer des Privatflusses verunreinigen, untersagt
1) Zeitschr. für Bergrecht VII S. 97.
Erste Abtheilung.
174
werden. Als Uferbesitzer wird der Bergwerksbetreiber dieselben Rechte für sich in Anspruch zu nehmen haben.
Derselbe ist daher zur Zu
leitung der Bergwasser an sich und zwar ohne vorhergehen
des amtliches Verfahren befugt, aber andererseits mit Rück sicht auf das öffentliche Interesse der Möglichkeit einer Entzie hung dieser Befugniß unterworfen.
Lediglich die Verwaltungsbe
hörden haben das öffentliche Interesse wahrznnehmen; die Regierung
oder das Oberbergamt oder bei der concurrirenden Competenz beide gemeinschaftlich sind zu dieser Einwirkung nicht nur nach den ange führten Vorschriften, sondern auch auf Grund des §. 196 des All gemeinen Berggesetzes berufen, in welchem letzteren Falle zwar die Entscheidung durch die Bergbehörde, aber
meist nach
geschehenem
Benehmen mit der Regierung, erfolgt. Zu dem letzteren Paragra phen, nach welchem die Bergbehörden den Schutz gegen gemeinschäd liche Einwirkungen des Bergbaues wahrzunehmen haben, bemerken die amtlichen Motive zum Allgemeinen Berggesetze ausdrücklich, daß jener Schutz, z. B. wenn es sich um Verunreinigung fließender Gewäsier handelt, recht eigentlich zu den Gegenständen der Bergpolizei
gehöre *)• b.
Entschädigungsverbindlichkeit bei der Zuleitung von Berg
wassern.
Untersagung derselben.
8- 52. Liegt die Verletzung eines öffentlichen Interesses nicht vor, was
bei Ableitung der Wasser von Aufbereitungs-Anstalten nicht imlner
der Fall sein roirb1 2), so ist es immerhin möglich, daß durch die Zu leitung der Wasser private Interessen wesentlich geschädigt werden.
Für diesen Fall stehet es dem beschädigten Privaten jedenfalls zu, eine Entschädigungsforderung geltend zu machen, und unzweifelhaft unrichtig sind diejenigen gerichtlichen Entscheidungen, welche mit Rück sicht auf das Gesetz vom 28. Februar 1843 die Befugniß des be schädigten Privaten, eine solche Schadenersatzforderung zu erheben. 1) Vergl. den Recursbescheid des Hansels-Ministers vom 28. November 1867 in Betreff des bergpolizcilichen Schutzes gegen die Verunreinigung der Elspe und
Lenne, sowie des Elspe-Baches durch die von den Schweselkiesgruben bei Meggen abfließenden Wasser. — Zeitschr. für Bergrecht IX S. 226.
2) Aus diesem Grunde bestehen hier allgemeine Polizei-Verordnungen über die Anlage von Klärsümpfen u. s. w.
Allgemeine Lehren (Berg- und Tagewasser).
verneint haben.
175
Mit Recht hat das preußische Obertribunal in den
Entscheidungen vom 14. Juni 1864 *) und 27. Juni 18651 2)3 das 4
Gegentheil erkannt.
Wenn dagegen Seitens desselben Gerichtshofes
und zwar im Gebiete des preußischen Rechtes auf Grund des §. 79 Tit. 6 Thl. I A. L. R.: „Wenn ein Schade geschehen ist, so muß Alles soviel als möglich
wieder in den Zustand gesetzt werden, welcher vor der Anrichtung
des Schadens vorhanden war"
dem beschädigten Grundbesitzer auch die Befugniß zugesprochen wor den ist, nach Umständen die Ableitung der Bergwasser zu untersagen, so könnte dies nicht ohne Grund bestritten werden. Das Gesetz vom 28. Februar 1843 gewährt nämlich dem Bergwerksbetreiber als Ufer besitzer in den §§. 1 ff. das Zuleitungsrecht und macht dessen Untersagung nur von Rücksichten auf das öffentliche Wohl ab hängig. Die Ansicht wäre daher nicht unberechtigt, daß wegen pri vatrechtlicher Gesichtspunkte nicht die Untersagung jenes Rechtes, son
dern lediglich die Forderung von Schadenersatz2) statthaft sein könne, was in der Hauptsache durch §. 26 der norddeutschen Gewerbeord
nung bei sogenannten Immissions-Prozessen^) gegenüber gewerblichen Anlagen ausdrücklich ausgesprochen ist:
„Soweit die bestehenden Rechte zur Abwehr benachtheiligender Ein wirkungen, welche von einem Grundstücke aus auf ein benachbartes
Grundstück ausgeübt werden, dem Eigenthümer oder Besitzer des letzteren eine Privatklage gewähren, kann diese Klage einer mit obrigkeitlicher Genehmigung errichteten gewerblichen Anlage gegen über niemals auf Einstellung des Gewerbebetriebes, sondern nur
auf Herstellung von Einrichtungen, welche die benachtheiligende
Einwirkung ausschließen, oder, wo solche Einrichtungen unthunlich oder mit einem gehörigen Betriebe des Gewerbes unvereinbar sind, auf Schadloshaltung gerichtet werden."
Indeß es handelt sich hier um Anlagen, welche die Obrigkeit geneh1) Striethorst's Archiv Bd. 53 S. 335, v. Bittinghoff gegen die Gewerkschaft
der Steinkohlenzeche Oberhausen wegen Zuleitung der Grubenwasser in den Bremer
Mühlenbach. 2) Striethorst's Archiv Bd. 60 S. 82.
3) Urtheil des Appellationsgerichtes zu Köln von» 3. November 1864 (Striethorst Bd. 60 S. 89, 90). 4) 1. 8 §. 5 si serv. vindic. D. 8. 5: in suo enim alii hactenua fa-
cere licet quatemis nihil in alienum immittat. Zeitschr. für Bergr. IV S. 362.
176
Erste Abtheilung.
migt hat, während bei der oben behandelten Frage von dem Rechte des Uferbesitzers zunächst nur die Rede ist. Kann man daher letzteres
nicht ohne Einschränkung mit Rücksicht auf privatrechtlich collidirende
Interessen anerkennen, so kommt doch speciell rücksichtlich des Bergbaues in Betracht, daß das Bergbaurecht sich auf eine obrigkeitliche Verleihung
gründet (§. 50 ff. Allgem. Berggesetz), daß der Beliehene kraft dieser Verleihung das Recht hat, nach den Bestimmungen des Berggesetzes
das in der Verleihungs-Urkunde benannte Mineral in seinem Felde
aufzusuchen und zu gewinnen, sowie alle hierzu erforderlichen Vor richtungen unter und über Tage zu treffen (§. 54), daß fernerhin
kraft der Verleihung mit dem Bergwerke der Bergwerksbetreiber be fugt ist, die zur Aufbereitung seiner Bergwerkserzeugnisse erforder
lichen Anstalten zu errichten und zu betreiben (§. 58) und daß das Grundeigenthum dem Betriebe des Bergbaues gegenüber, soweit nicht
überwiegende Gründe des öffentlichen Jntereffes in Betracht kommen,
nachstehen muß (§§. 135, 136).
Bei Würdigung dieser gesetzlichen
Vorschriften und der denselben innewohnenden Principien wird an erkannt werden müssen, daß der Bergwerksbetreiber da, wo die be treffende Wasserzuführung zum Betriebe des Bergbaues erforderl i ch ist, jedenfalls zu derselben auch befugt erscheint, ohne sich der Gefahr der Untersagung durch die Gerichte auszusctzen. Diese Auslegung hat Strohn sogar den oben angeführten Urtheilendes
Obertribunales in Sachen des Waisenhauses zu Steele gegen die Steinkohlenzeche Verein. Johann und der Steinkohlenzeche C gegen H.
bereits nach dem früheren Rechte zu geben versucht. Derselbe bemerkt: *) „Ob der Bergbautreibende, durch welchen der Grundbesitzer be
schädigt ist, gezwungen werden kann, die beschädigende Thätigkeit
hinfort einzustellen und geeigneten Falls Vorkehrungen gegen die Fortdauer oder Wiederkehr der Beschädigung zu treffen, dürfte nur
davon abhängen, ob die betreffenden Handlungen des Bergbauen
den als erlaubte oder unerlaubte anzusehen sind, was wiederum
davon abhängig ist, ob die fraglichen Handlungen zum Bergbau betriebe erforderlich sind oder nicht. Trifft Ersteres zu, so ist auch nach dem, was oben über die Befugnisse des Bergbauenden ge sagt ist, die beschädigende Thätigkeit eine erlaubte, nur zur Ent
schädigung verpflichtende, wogegen anderenfalls der Bergwerkseigen
thümer gleich jedem, der durch eine unberechtigte Handlung einen
1) Zeitschrift für Bergrecht VII S. 109.
Allgemeine Lehren (Berg- und Tagewaffer).
177
Anderen verletzt, verpflichtet ist, jene hinfort zu unterlassen und nach Umständen solche Vorkehrungen zu treffen, daß die Beschädi gung nicht ferner eintrete.
Ob das Eine oder Andere der Fall
ist, darüber werden, wenn nicht die Bergbehörde auf Ersuchen des
Richters sich aussprechen sollte, Sachverständige zu vernehmen sein." Siehet man von dem wohl nicht ganz zutreffenden Ausdrucke „erlaubt" und „unerlaubt" ab, so sind diese Ausführungen für das gegenwärtige Recht *), nach welchem von der Expropriation eines besonderen Wasser nutzungsrechtes keine Rede mehr sein kann, jedenfalls zutreffend. Im Falle des Bedürfnisses ist der Bergwerksbetreiber ohne jenes vor
hergehende amtliche Verfahren, das vordem nach Analogie der Declaration vom 27. October 1804 zur Constituirung eines be sonderen Waffernutzungsrechtes von dem preußischen Obertribunal für erforderlich erachtet wurde, zur Wasserzuleitung befugt. Im
Zweifelsfalle muß daher das Bedürfniß der Zuleitung durch Sach verständige nachgewiesen werden; dieser Beweis wird aber alsdann
entbehrlich erscheinen, wenn behufs Erwerbung des für die Ablei tungskanäle und Gräben erforderlichen Grund und Bodens nach den §§. 142 ff. des Allgemeinen Berggesetzes ein Zwangsverfahren statt gefunden hat.
§. 53. Bei dieser Rechtslage kann die Stellung des Bergwerksbetreibers
gegenwärtig gewiß nur als günstiger, wie vor Erlaß des Allgemeinen
Berggesetzes bezeichnet werden. Mißlich würde die Lage nur in dem Falle sein, wenn das Gesetz vom 28. Februar 1843 die übrigens nach Wortlaut, Sinn und Zweck wohl nicht berechtigte Auslegung
finden könnte, daß die Wafferzuleitung überhaupt nur alsdann er
folgen dürfe, wenn das Bergwerk oder die bergbauliche Anlage (Auf bereitungs-Anstalt) auf dem unmittelbar an den Privatfluß grenzenden Grundstücke vorhanden wäre. Bei einer solchen Auslegung müßte die gesetzliche Regulirung dieser Frage als ein unabweisbares Be dürfniß bezeichnet werden, da auch andererseits die Vorschriften des
Allgemeinen Landrechtes über die Beschaffung der Vorfluth (Thl. I
Tit. 8 §§. 102 ff. 2), sowie die analogen Bestimmungen anderer 1) Das preußische Obertribunal verlangte unter Herrschaft der alten Gesetze
mindestens ein vorausgehendes administratives Verfahren nach Analogie der Vorschriften über die Expropriation. Vergl. das Urtheil vom 19. Juni 1865
oben S. 172. 2) Es handelt sich hier um das wild ablausende Regen- und Schneewasser
178
Erste Abtheilung.
Civilrechte auf die Bergwasser keinenfalls anwendbar, im Uebrigen aber auch ungenügend sein würden.
Der §. 1 ff. des Gesetzes vom
28. Februar 1843 dürfte indeß eine ausreichende Gewähr gegen eine
solche den Bergbau geradezu vernichtende Interpretation bieten, und nur in dieser Ueberzeugung kann der Gesetzgeber es unterlassen haben, besondere Bestimmungen über die vorliegende Angelegenheit bei Erlaß des Allgemeinen Berggesetzes zu treffen *). Völlig gefolgt ist dem selben hierin das bayerische Berggesetz vom 20. März 1869, welches
im Art. 150 wörtlich vorschreibt:
„Hinsichtlich der Benutzung des
Tagwaffers bei dem Betriebe der Berg- und Hüttenwerke kommen die Bestimmungen des Gesetzes vom 28. Mai 1852, die Benutzung des Wassers betreffend, zur Anwendung", wobei zu bemerken ist, daß die Bestimmungen des letzteren Gesetzes Art. 53, 54, 58 von
dem preußischen Gesetze nicht wesentlich verschieden sind. Dagegen hat das neue Königlich sächsische Berggesetz vom 16. Juni 1868, wie schon angeführt, einerseits im §. 167 die Bestimmung ausgenom men, daß die Grundstücksbesitzer gegen eine nach den Vorschriften
festzustellende Entschädigung verbunden sind, die durch den Bergbau erschrotenen Wasser da, wo sie an den über die Zwangsabtretung
Tag kommen, und weiterhin aufzunehmen und über ihre Grund
stücke abfließen zu lassen, andererseits aber zugleich im §. 181 ver ordnet, daß „das Recht, andere als durch den Bergbau erschrotene Waffer zu Bergwerksanlagen zu benutzen, bis zum Eintritt einer anderen Gesetzgebung vom Bergamte nach vorherigem Einvernehmen
mit den betreffenden Ortsverwaltungsbehörden ertheilt" werden solle. Sofern diese letztere Vorschrift ebenfalls auf die Benutzung der Pri
vatflüsse durch Zuführung von Bergwassern bezogen werden könnte, würde hiermit die unpraktische Anwendung der Grundsätze der Ex
propriation gegen die Anlieger eines Privatflusses, wie im preußischen
(actio aquae pluviae arcendae). Das Gesetz vom 15. November 1811 macht die Entwässerung und Verschaffung der Vorfluth von einem offenbar überwiegenden
Vortheil für die Bodencultur oder Schifffahrt abhängig (§. 11). Ebenso er fordert das Gesetz vom 14. Juni 1859 (Rheinland, Hohenzollern) das Vorhan
densein eines überwiegenden Landescultur-Jnteresses. Diese Gesetze sind also auf die Abführung von Bergwaffern ganz unanwendbar. Thl. I Tit. 8 §. 99 A. L. R. betrifft ebenfalls in keiner Weise die Frage, inwieweit einem Privatfluß
eine neue Waffermenge zugeführt werden darf. 1) Vergl. Nieberding, Wafferrecht und Wafferpolizci im preußischen Staate
(Breslau 1866) S. 141.
Allgemeine Lehren (Berg- und Tagewasser).
179
und bayerischen Bergrechte, ebenfalls aufgegeben, aber gleichzeitig ein amtliches Verfahren vorgeschrieben sein.
Die Fassung des §. 181
schließt zwar eine solche Auslegung nicht aus, gestattet indeß auch
berechtigte Zweifel an derselben. ordnung zur
Ausführung
(Vergl. auch §§. 160 ff. der Ver
des sächsischen Allgemeinen Berggesetzes
vom 2. December 1868.)
c.
Recht der Ableitung von Wasser aus Privatflüssen zu Berg bauzwecken.
(Bayerisches Recht.)
§. 54.
Wie die Befugniß zur Zuleitung von Bergwaffern in Privat flüsse von großer Tragweite ist, so erscheint umgekehrt auch das Recht,
Wasser aus Privatflüssen') zu Bergbauzwecken abzu
leiten, von nicht untergeordneter Bedeutung. Selbstverständlich gilt
auch hier nach dem preußischen und bayerischen Berggesetze der Grund satz, daß auf Grund des Berggesetzes die zwangsweise Erwerbung
eines Wassernutzungsrechtes unstatthaft ist.
Die Frage regelt
sich also nach der allgemeinen Gesetzgebung über die Benutzung der
Privatflüsse.
Leider ist hier die preußische Gesetzgebung besonders
ungenügend. Nach dem Gesetze vom 28. Februar 1843 kann nur der
Uferbesitzer das Wasser behufs vorübergehender Benutzung unter der Verbindlichkeit ableiten, dasselbe dem Bette des Privatflusses wieder zu
rückzugeben, bevor letzterer das Ufer eines fremden Grundstückes be rührt (§. 13).
Dieses Recht darf zum Zwecke von Bewässerungsanla
gen im Falle eines überwiegenden Landescultur-Jnteresses an einen
unmittelbar an das Grundstück des Uferbesitzers angrenzenden
Grundbesitzer abgetreten werden.
Die letztere Vorschrift macht es zu
nächst unmöglich, auf Grund einer Wasserleitungs-Servitut einem weiter hinten liegenden Grundstücke das Waffer zuzuführen, es muß vielmehr vom Ufer bis zu der Stelle, wo das Wasser erforderlich ist, der Grund und Boden zusammenhängend derselben Person mindestens
in Nutznießung zustehen, wie dies bereits bei der Frage der Zulei1) Bei öffentlichen Müssen ist die Zu- und Ableitung von einer Genehmigung
der kompetenten Verwaltungsbehörde abhängig. Bei umschlossenen, also nicht fließenden Privatwassern, wie Teichen, Seen ohne Abfluß, würde beim Mangel einer Einigung nur durch zwangsweise Er
werbung des Grund und Bodens das Recht der Zu-'oder Ableitung erlangt
werden können.
180
Erste Abtheilung.
tung der Bergwasser angeführt ist. Sodann handelt es sich hier um
eine landwirthschaftliche Benutzung, wie dann endlich die Benutzung
zu Jndustriezwecken schon durch die Beschränkung ausgeschlossen er scheint, daß, bevor der Privatfluß ein fremdes Grundstück berührt, das abgeleitete Wasser ersterem wieder zurückgegeben sein mufp). Hiernach kann es nicht zweifelhaft sein, daß in Betreff der Frage, inwieweit Wasser aus Privatflüssen zu Bergbau- oder sonstigen in
dustriellen Zwecken abgeleitet werden könne, die preußische Waffer1) Folgendes Beispiel erläutert die Rechtslage. Zur Speisung der Dampfkessel auf den Skalley-Schächten rc. bei Saar brücken hatte der preußische Fiscus
als Bergwerksbetreiber
und gleichzeitig als
Uferbesitzer auf der rechten Seite des Sulzbaches Wasser des letzteren rechts und links abgeleitet und wurde in Folge hiervon von dem Eigenthümer der Dudweiler Mühle belangt.
Das Landgericht zu Saarbrücken verurtheilte durch Er
kenntniß vom 17. November 1863 den Fiscus zur Beseitigung der betreffenden Anlage, welches Urtheil das Appellationsgericht zu Köln am 26. Juli 1864 be
stätigte.
In den Gründen des ersteren Urtheils heißt es unter Anderen:
„In Erwägung — daß aber auch das K. Oberbergamt in Beziehung auf beide Wasserleitungen nicht einmal als ein Uferbesitzer angesehen werden kann, indem
dasselbe an der fraglichen Stelle ein auf der linken Seite an den .Sulzbach angrenzendes Grundstück nicht besitzt und deshalb das Einverständniß
mit den Eigenthümern, durch deren Grundstücke die Wasserlei tung geführt wird,
nach Alinea 2 des §. 13 1. c.,
welcher
nur
den Uferbesitzern ein solches Recht verleiht, nicht für sich an rufen kann;
daß dies auch von der rechtseitigen Leitung gilt, indem hier das K. Ober bergamt zwar die an den Sulzbach angrenzende Wiese Flur 10 Nr. 47 und 48 besitzt, das Wasser aber nicht in diesem Ufergrundstücke, sondern in einem entfernt davon
liegenden,
durch das Terrain der K. saarbrücker Eisenbahn
davon getrennten benutzt und der Umstand, daß die Eisenbahnverwaltung viel leicht mit dieser Anlage einverstanden ist, aus dem Grunde nicht releviren kann, weil sie selbst nicht Uferbesitzerin ist und im Uebrigen eine von der Bergwerks
verwaltung durchaus verschiedene Persönlichkeit darstellt." Das Urtheil des Appellationsgerichtes führt sodann weiter aus:
„In Erwägung — daß überdies aber von dem Gesetze den Uferbesitzern das Recht der Ableitung des Wassers nur mit der Maßgabe eingeräumt wird, das
abgeleitete Wasser wieder in das ursprüngliche Bett zurückzuleiten; daß aus dieser Bestimmung des Gesetzes entnommen
werden muß, daß die
künstliche
Ableitung des Wassers nur zu dem Zwecke einer vorübergehenden Benutzung,
welche die Substanz im Wesentlichen bestehen läßt, nicht aber zu dem Zwecke
einer vollständigen Eonsumtion, wie sie die Speisung einer oder das Ablöschen der Koaks erfordert, gestattet ist" u. s. w.
Dampfmaschine
Allgemeine Lehren (Berg- und Tagewasser).
gesetzgebung nicht ausreicht.
181
Dieser Vorwurf trifft bei dem bayeri
schen Gesetze über die Benutzung
des
Masters vom 28. Mai 1852
nicht in gleicher Weise zu, indem dieses zwar zunächst von denselben
Hauptgrundsätzen wie das preußische Gesetz ausgehet *), sodann aber im Art. 62 bestimmt: „Fremdes Wasser oder besten Gefäll kann selbst für Grundstücke
in Anspruch genommen werden, welche nicht an dem Flusse
liegen rc.
Die Zuweisung solchen Wassers geschieht durch Be
schluß der Kreisregierung.
Sie setzt voraus, 1. daß der bezweckte
Gebrauch einen bedeutenden, unzweifelhaften Nutzen für die Lan descultur oder für die Industrie darbietet" rc.
g.
Schlußb einer langen. §• 55.
Wenn hiernach wegen der Unvollkommenheit des preußischen Was-
secgesetzcs vom 28. Februar 1843 bei Erlaß des Allgemeinen Berg gesetzes es vielleicht angemessen gewesen wäre, den Bedürfnissen des
Bergbaues bis zu einer Reform der Wasiergesetzgebung in ähnlicher
Weise, wie dies durch den oben angeführten §.
181
des Königlich
sächsischen Berggesetzes vom 16. Juni 1868 geschehen ist, Rechnung zu tragen, so kommt doch andererseits zur Rechtfertigung des Stand punktes des Gesetzgebers in Betracht, daß auf der linken Rheinseite
auf Grund der französischen Gesetzgebung, rechts des Rheines aber
im Zusammenhänge mit den Vorschriften des preußischen Allgemeinen Landrechtes von einer Muthung und Verleihung von Privatflüssen
zu Bergbauzwecken
oder gar von einer freien Benutzung derselben
keine Rede mehr war.
Sogar im Gebiete der kurkölnischen Berg
ordnung erklärte ein Finanz-Ministerial-Rescript vom 19. Juli 1839
die Muthung von Privatflüssen für unstatthaft und die gesammte rechtsrheinische Praxis war von der Austastung beherrscht?), daß
1) Nach Art. 54 kann auch von der Vorschrift, daß dem abgeleiteten Wasser
der Abfluß in das ursprüngliche Bett des Flusses gegeben
werden muß, bevor
dieser das Ufer eines fremden Grundstückes berührt, die Verwaltungsbehörde eine Abweichung gestatten,
wenn anderen Betheiligten hierdurch kein Nachtheil ver
ursacht wird. 2) Ein Erlaß der Ministerien des Handels und des Inneren vom 3. Februar
1818 bestimmt zwar unter Nr. 1: „die Ausübung der Wasserpolizei, also z. B. die Beurtheilung, inwiefern die Benutzung einer Wasserkraft zu gewerblichen Zwecken
Erste Abtheilung.
182
die Ableitung von Wassern aus Privatflüffen behufs Benutzung der
ersteren zu Bergbauzwecken, abgesehen von freiwilliger Uebereinkunft, nur im Wege des hier meist gar nicht durchführbaren Expropria
tionsverfahrens zu ermöglichen sei.
Seit langer Zeit ging also in
Preußen die herrschende Richtung entschieden dahin, die Stellung des Bergbaues bezüglich der Benutzung der Privatwasser in der Haupt sache dem allgemeinen Rechte zu überweisen. Diesem Zuge der Zeit ist die Gesetzgebung um so mehr gefolgt, als wenigstens die Be nutzung von Wassergefällen zu Bergbauzwecken in Folge der Anwen
dung der Dampfkraft nicht mehr jene hervorragende Wichtigkeit, wie in vergangener Zeit besitzt. Immerhin bleibt indeß die künftige Gestaltung des Wafferrech-
tes, wie für die Industrie überhaupt, so auch für den Bergbau, eine keineswegs gleichgültige Angelegenheit.
Im Mittelalter bis in die neuere Zeit war der Bergbau und das sich unmittelbar
an denselben anschließende Gewerbe (Hütten,
Hämmer rc.) offenbar der wichtigste Industriezweig außerhalb der Städte. Als die Wassernutzung bei den kleineren Flüssen allmälig zu einem fast ausschließlichen Rechte der Uferbesitzer wurde, waren die Interessen der Industrie insofern noch immer wahrgenommen, als wenigstens zu Gunsten des Bergbaues sich entweder das alte Recht der freien Wassernutzung erhielt oder doch durch Muthung und Ver leihung der Privatflüsse die Wassernutzung für Bergbauzwecke leicht ermöglicht werden konnte. Nun sind die alten Gesetze, nachdem die selben durch die Einführung der Expropriation eines Wassernutzungsrechtes zunächst eine wesentliche Abschwächung erfahren hatten, in
Preußen und anderwärts beseitigt, bevor durch eine Reform des Was serrechtes für eine anderweitige Berücksichtigung der Interessen der In dustrie Sorge getragen war. So wird das Wasserrecht gegenwärtig fast ausschließlich beherrscht durch die Interessen der Agricultur und auch für letztere ist in Folge der vorzugsweisen Berücksichtigung der Uferbesitzer nur ungenügend gesorgt. Erwarten wir, daß in An in polizeilicher Hinsicht statthaft sei, gehört zum ausschließlichen Wirkungskreis
der Regierung; die Beurtheilung aber über die Art der Benutzung und die Zu lässigkeit derselben, wenn solche den Betrieb eines Grubengebäudes, eines Poch-
und Waschwerkes oder einer Hütte betrifft, zu dem der Bergbehörden, jedoch in
jedem einzelnen Falle nach einer vorherigen Uebereinkunft mit der Regierung;" indeß ein wesentlicher Gebrauch von dieser an sich ziemlich unklaren Bestimmung dürfte schwerlich in der Praxis gemacht worden sein.
Allgemeine Lehren (Aufbereitungs-Anstalten, Hüttenwerke).
183
knüpfung an die allein richtigen Principien des alten deutschen Rechtes sich baldigst eine Umgestaltung der gegenwärtigen Rechtszustände vor bereite, bei welcher die Interessen der Landescultur, wie der Indu
strie ihre gleichmäßige Beachtung finden. 5.
Aufbereitungs-Anstalten
a.
und Hüttenwerke,
Aelteres Recht. §• 56.
Die vom Bergmann geförderten nutzbaren Mineralien bedürfen vielfach noch der weiteren Verarbeitung, ehe dieselben Gegenstand des
Verkehres und Gebrauches werden können. Zunächst schließt sich an die Gewinnung eine auf mechanischem Wege vorzunehmende Son derung der nutzbaren Mineralien von taubem Gesteine und fremd
artigen Substanzen an. Diese mechanische Separation und Concen tration wird mit dem Ausdrucke „Aufbereitung" bezeichnet, unter welche auch das Waschen und Pochen (Pochwerke) fällt. Der Aufbereitung der Mineralien folgt endlich die chemische Verarbei tung derselben, welche der Zweck und die Aufgabe des Hütten
wesens ist. Aufbereitung und Hüttenwesen, insbesondere bei letzterem das Schmelzen der Erze zur ersten Metallerzeugung, sind von Altersher in Deutschland als der nothwendige Abschluß des Bergbaubetriebes
behufs Herstellung von Verkehrsgegenständen angesehen und demge
mäß auch rechtlich mit dem Bergbau in Beziehung gesetzt worden. Dieselben haben einerseits die Vorzüge und Freiheiten des Bergbaues
getheilt, andererseits aber ebenfalls zu den Objecten des Bergregales gezählt. Ein Hüttenmonopol, wonach das Schmelzen der Erze a u sschließlich in Hütten des Regalinhabers stattfinden muß, bestehet indeß gemeinrechtlich nicht. Wie die Bergbaufreiheit, so ist auch die Freiheit des Hüttenbetriebes als gemeinrechtlich anzunehmen.
Die Verleihung mit einem Bergwerke gewährt nach gemeinem deutschem Bergrechte die Befugniß zur Anlage von Poch- und Hüttenwerken, um auf letzteren die in dem eigenen Bergwerke gewonnenen Mineralien weiter zu verarbeiten. Wenn diese Befugniß aus dem natürlichen Zusammenhänge des Berg- und Hüttenwesens sich
theoretisch begründen läßt, so findet dieselbe darin ihre weitere historische Erklärung, daß in alter Zeit nur kleine Hand- oder Trethütten meist
Erste Abtheilung.
184
mitten im Walde zum Schmelzen der Erze betrieben wurden, weßhalb denn auch heute noch hoch auf den Bergen und mitunter selbst von
jeder Quelle entlegen, Halden von Hüttenschlacken aufgefunden wer den J). Der Bergvertrag Bischof Albrechts von Trient mit den Ge werken daselbst vom Jahre 1185 erwähnt den Leuer (von Kienholz:
Köhler), Wassar (Wäscher), und Smelzer bereits neben einander?). geben die im
aber
Am meisten
14. Jahrhunderte ausgezeichneten
goslarschen Berggewohnheiten ein Bild von dem mitten im Harz walde von den sog. „Waldleuten" geführten Bergbau- Hütten- und Waldwirthschaftsbetriebeb). Auf der anderen Seite sind diese Ge ll So sagt Engels, über den Bergbau der Alten
(Siegen 1808)
S. 6:
„Schlackenhalden von Bleischmelzen auf Punkten, wo kein natürlicher Wasserzufluß stattfinden konnte, sind bei dem Bergbau aus diesem Zeitalter nicht ungewöhnlich. Sogar fand man in der Grafschaft Sayn
am Giebelwaldgebirge nahe
Grube Loskittel noch vor einigen Jahren ein gegen zwanzig
Pfunde
bei der schweres
Stück von einem Treibeheerd unter der Wurzel eines abgehauenen Eichstammes".
S. 34 Anm.
(über Eisenhütten):
„Noch
heut
höchsten siegenschen und grundburbacher Gebirgen,
zu Tage findet man in den besonders aber in einsamen,
auf zwei bis drei Stunden Weges von den metallhaltigen Districten entlegenen Thälern eine Menge kleiner Halden von den hütten".
Schlacken der
Hand- und Tret
Vergl. auch Cramer, Beschreibung des Berg- Hütten- und Hammerwe-
senS in den sämmtlichen hochfürstlich nassau-usingschen Landen (Frankfurt 1805) S. 87 ff.; Becher, Mineralogische Beschreibung der oranien-nassauischen Lande
(Marburg 1789) S. 296, 372. 2) Sperges S. 263.
3) Die iura et libertates silvanorum v. 1.1271 (Wagner S. 1022) enthalten nur die Bezeichnung Waldleute (woltlüde) und beweisen klar, daß von letzte
ren im Forste Bergwerke und Hütten betrieben wurden. Die Waldleute schuldeten dem Reiche den Schlägeschatz und den Kupferzoll.
die Hütten an Wasserläufen.
nige) zu entrichten.
Wenigstens
zum Theil lagen
Solche Hütten hatten einen Wasserzins
dat water dat up de Hutten gheyt.
ends vp dat waterstech.
De penninge scal man breden des sonnau-
De woltlüde de dar sint vnd gheuen sleyscat vnd
Koppertollen deme rike, de hebbe darwedder recht vp orer Hutten.) der Rechte der Waldleute machte friedelos selbst
in Kirchen
Die goslarer Berggewohnheiten reden von Waldleuten
werken
(z. B.
(Lotpfen
(De Hutten in deme harte de dar gheuen lotpenninge vor
Art.
144,
146, 147, 150,
Verletzung
und Kirchhöfen. und von Wald
151, 179, 182 und 174, 177),
ohne daß sich indeß ein bestimmter Unterschied zwischen beiden ziehen ließe.
Da
mit „Waldwerk" (Art. 160) der Berg- Hütten- und Waldwirthschaftsbetrieb be
zeichnet wurde, so scheint Waldwerke und Waldmann dasselbe zu bedeuten, man müßte denn unter Waldmann den Arbeiter oder doch den Eigenlehner (Art. 147 am Schluffe) im Gegensatze zu demjenigen Betheiligten, welcher das Waldwerk nicht
Allgemeine Lehren (Aufbereitungs-Anstalten, Hüttenwerke).
185
wöhnheiten noch dadurch besonders bemerkenswerth, als aus denselben hervorgehet, daß die Bergwerksbetreiber am Rammelsberge die dort
gewonnenen Erze im Harzwalde durch die Waldwerken verschmelzen ließen, der
Bergbau am Rammelsberg
und die Verhüttung der
rammelsberger Erze also nicht in einer Hand lagx), wenn auch ein
genossenschaftlicher Verband die Bergwerksbetreiber am Rammelsberge
und die Waldleute im Harzwalde ebenfalls vereinigte. Die Führung des Bergwerks- und des Hüttenbetriebes durch mit eigener Hand betreibt, verstehen.
Auch hier tritt der Zusammenhang
des
Bergwerkes und Hüttenbetriebes im Harzwalde namentlich darin hervor, daß
neue Ordnungen in Bezug auf das Bergwerk nicht ohne die Waldleute festgestellt werden konnten (Art. 147 :
„Willet de sesman wat nyges fetten eder wil-
lekoren dem berchwerke to gude. so fcullet se de woltlude to sek verbodten laten, vnn dondat mit oremrade. wu denne der merer del der woltlude unn der sesman enes werdet, alse scal me dat holdte") und daß beim
Urtheilfinden, wenn die Sechsmänner nicht einig waren, die Waldleute Theil zu nehmen hatten (Art. 182). (Vergl. auch die Satzungen des Forstdinges Art. 44,
46—51 bei Meyer S. 169 ff.)
Ueber den Betrieb vieler Hütten im Harze
durch Wasserkraft gewährt Art. 172 der goslarer Gewohnheiten interessante Auf schlüsse. 1) Neben den Waldleuten erwähnen die goslarer Gewohnheiten der Hüt
tenherren, worunter unzweifelhaft die Eigenthümer der Hütten zu verstehen sind, welche nicht im Walde wohnten und ihre Hütten an Waldwerke verpach teten.
Unter diesen Hüttenherren können rammelsberger Bergwerksberechtigte ge
wesen sein.
Art. 160:
Werkes afghayt. 178:
We deme huttenheren sculdich blift vnn des wolt-^
deme mach de huttehere sine scult asvorderen" u. s. w.
„der Here der Hutten scal to rechte deme woltwerchten de ome
de Hutten asgemedet heft buwen laten to der Hutten, wes dar not is" u. s. w. Außerdem kommen in den goslarer Gewohnheiten noch die Treibhütten (Drifhutten) vor, deren Betreiber die Treibherren heißen.
An diese Hütten lie
ferten die Waldwerke das Blei der im Walde befindlichen Schmelzhütten zur Scheidung des Silbers ab.-Art. 152: „Wes bly erst in de Hütten kumt, deme
scal me to rechte erst driuen" u. s. w.
Art. 157: „de drifhern mach vp io-
welken woltwerchten beholden so vele driflones. also ome mach boren gheuende van veir weken vor sin bly to drillende".
to
In jeder Treibhütte sollten
die Sechsmänner des Rammelsberg einen Knecht zur Aufrechterhaltung von Recht
und Ordnung bestellen und vereidigen und wieder absetzen, dat des den woltluden not si" (Art. 151).
„wan on dunkel
Wer durch die Vormünder
des Rammelsberges eine Treibhütte inne hat, muß dasjenige befolgen, was diese und die Waldleute als Recht haben. (Art. 151: „We de drifhutten heft van den
Vormunderen des berghes. de scal to rechte vor recht holden al dat de sesman vnn de woltlude des berghes vor recht hebbet".)
186
Erste Abtheilung.
verschiedene Personen scheint seit dem 16. Jahrhunderte, als die Hüt tenanlagen umfangreicher und kostspieliger zu werden anfingen,
all
gemeiner geworden sein. Zahlreiche Bergordnungen gedenken der sog. Hüttenherren als der Eigenthümer insbesondere der Blei-
und Silberhütten.
Die Berggewerken oder Hüttengäste (bisweilen
Schmelzhcrren) ließen in diesen Hütten ihre Erze gegen bergordnungs mäßig bestimmte Gebühren schmelzen und das Werkblei abtreiben, die Hüttenschreiber, Schmelzer und Abtreiber wurden von der Berg behörde regelmäßig bestellt oder doch auf das Interesse der Bergge werken vereidigt l).
Banngerechtigkeiten standen den Hütten regel
mäßig nicht au1 2).3 Mitunter gelang es jedoch den Landesherren, durch Ankauf sämmt
licher Privathütten, durch Anlage eigener Hütten, durch Vorkaufs rechte an den Erzen und Metallen, sowie durch das Verbot des Verschmelzens der Erze außerhalb des Territoriums ein Hüttenmo nopol in dem Sinne zu schaffen, daß nur auf landesherrlichen Hütten die Erze verschmolzen werden durften2). So verschwand am Harze 1) Vergl. z. B. joachimsthaler B.-O. v. I. 1548 Thl. III (Ursprung und
Ordn, der Bergw. S. 66 ff.); kursächsische B.-O. v. I.
1589 Art. 84 ff.
Art. 14 (Blasiert S. 406 ff.); braunschweigische B.-O. v. I. 1593 Thl. III;
hohnsteinfche B.-O. v. I. 1576 Art. 99 ff. (Ursprung und Ordn, der Bergwerke S. 233, 267); nasiau-katzenelnbogifche B.-O. v. I.
1559 Art. 8, 44 ff. 61
(Blasiert S. 16 ff.); kurtriersche B.-O. v. I. 1564 Thl. 4 Art. 21 Nr. 3 ff. (Blasiert S. 184 ff.). 2) Joachimsthaler B.-O. Thl. III Art. 9:
„es soll einer jeden Gewerk
schaft frei stehen, ihres Gefallens in eine Hütte zu ziehen".
3) Pfalz-zweibrückensche B.-O. v. I. 1565 Art. 98 (Wagner S. 752): „Und dieweil Wir dann ein statlich Hüttenwerk anrichten lassen, auch so es nach
Gottes Willen die Nothdurft erfordert und das Bergwerk in ein solches Ausneh men käme, deren noch mehr verfertigen und anrichten lassen Willens
find, so
wollen Wir, daß alle Erze in derselben Hütte geschmelzt, aufbereitet
und getrieben, auch kein Erz von Unserm Bergwerk in eine andere Obrigkeit ohne Unsere Erlaubniß zu schmelzen geführt werden solle".
Schwarzburgische
Bergfreiheit v. I. 1685 Art. 13 (Wagner S. 1412) u. f. w.
Markgräflich brandenburgische S. 512):
Resolution v. I. 1771
Nr. 8 (Wagner
„Alle Hütten- und Hammerwerke werden kraft des Bergregales der
Landesherrfchaft refervirt und davon nur die Eisenhütten und Hämmer, die Kupferhämmer, die Siedehütten, die hohen Ocfen privatis in Lehen gereicht
u. f. w. Kursächsische Bergwerksverfassung S. 114 ff. S. 118 Anm. t.: „Ehe mals schmelzte im Erzgebirge jede Gewerkschaft ihre Erze entweder allein oder in Gesellschaft mit anderen Gewerken".
Dagegen heißt es rücksichtlich des Ende
Allgemeine Lehren (Aufbereiiungs-Anstalten, Hüttenwerke).
187
das Institut der Hüttenherren, seit Herzog Julius gegen das Ende
des 16. Jahrhunderts die sämmtlichen Privathütten zu erwerben ge wußt hatte. Hiermit hangt es zusammen, daß nicht nur die Anlage einer Hütte von Seiten
dritter Unternehmer, sondern auch vielfach
die Errichtung einer Hütte Seitens
der Berggewerken
zur Verschmelzung ihrer eigenen Erze von einer Mu-
thung und Verleihung abhängig gemacht wurde. Wenn in letzterem Falle dem Muther ein Recht auf die Ausführung der Anlage zu
gestanden war, so lag der Unterschied vom alten Rechte nur in der formellen Nothwendigkeit der besonderen Mnthung und Verleihung;
wurde dagegen die Verleihung auch den Berggewerken gegenüber als Gnadensache betrachtet, so trat hier der Gesichtspunkt des Schutzes der landesherrlichen Hütten, später auch die Berücksichtigung der In teressen anderer bestehenden Hütten hervor.') Zu einem solchen Schutze des vorigen Jahrhunderts: — „so existirt
auch
Fall der Selbstschmelzung
der
(Hake, Commentar S. 60.)
nicht".
Ueber das
angebliche würtembergische Hültenmonopol vergl. Zeitschr. für
Bergrecht Jahrg. II S. 427 ff. 1) Kurtriersche B.-O. v. I.
1564 Thl. IV Art. 1 (Brassert S. 181):
„Alle vnd jeglich Gewercken sollen vnd
mögen Schmeltzhütten
vnd
buchwerk,
wo sie gelegene Hoffstet zum oergkwerck bekommen können, batvTN, vnd wer zum ersten kompt vnd begert die von
dem bergkmeister zu verleihen,
nicht weigeren, wie vorgemelt, vnd inen gräflich
brandenburgische
B.-O.
v.
I. 1619.
vor
das sol
Art.
96
(Wagner
er
Mark
anderen verleihen". S.
476).
Nachdem der bezeichnete Artikel zunächst das Schmelzen der Erze in den landes „Es soll auch den
herrlichen Hütten angeordnet, fährt derselbe gleichwohl fort:
Gewerken frei stehen, selbst auf ihre Kosten Hütten,
Pochwerke und dergleichen
nothwendige Gebäu an Wassern und Bächen auf Unseren und Unserer Lehnleute
Gründen Unsers Fürstenthums an Orten zum Bergwerk wohlgelegen, nach Berg
werksordnung und Gebrauch ohne Jemands Verhinderung und Beschwe rung auf und anzurichten und die mit Hüttenarbeitern zu bestellen." schreiber, Hüttenmeister, Schmelzer u. s. w. werden indeß auch
Hütten
in diesem Falle
vom Landesherrn beeidigt, an- und abgelegt. Vergl. hierzu Art. 93 der kurjächsi-
schen B.-O. v. I. 1589 (Brassert S. 413), Art. 105 der pfalz-zweibrücker B.O. v. I. 1565
(Wagner S. 756)
1559 (Wagner S. 810):
u. s. w.
„Wir wollen
lassen, daß sie ihre eignen
Hütten
auch
Kurkölnische
Bergfreiheit v. I.
allen und jeden Gewerken nach
und Bergwerk frei ohne alle Beschwe
rung zu erbauen Macht haben sollen, darin zu schmelzen, zu saigern und aller des
Bergwerks Nothdurst Gewerb treiben mögen, darinnen Wir sie durch Uns oder die Unsern nit verhindern wollen oder zu verhindern gestatten". für Klausthal v. I. 1554 Art. 3 (Wagner S. 1063) u. s. w.
Bergfreiheit
Im Gegensatze
Erste Abtheilung.
188
fühlten sich die Landesherren um so mehr bewogen, als dieselben seit
dem 16. Jahrhunderte häufig mit der Errichtung neuer Httttenanlagen vorgegangen waren, andererseits auch mehr und mehr Mangel
an Holz hervortrat. b
189 Anm. 2 und so
60 S. 202 Anm.
2) Vergl. z. B. die preußische Circular-Verfügung vom 30. Juni 1846
(Ministerial-Blatt der inneren Verwaltung Nr. 184, S. 117). 3) Vergl. die preußische Circular-Verfügung vom 3. April 1846 (Mini-
sterial-Blatt der inneren Verwaltung Nr. 88, S. 60).
Allgemeine Lehren (Aufbereitutrgs-Anstalten, Hüttenwerke).
den
bestehenden Partikularberggesetzen zu
195
begründende Auffassung.
Es trat daher eine sehr verschiedenartige Behandlung dieser wichtigen Frage hervor, die mit dem Aufblühen des Hüttenbetriebes an grö ßerer Tragweite gewinnen mußtet und durch die Concurrenz der 1) Das gemeinschaftliche Rescript der preußischen Ministerien des In neren und des Handels vom 3. Februar 1818
richtig, „daß die Anlage und
bestimmte im Allgemeinen ganz
Concessionirung, sofern
solche vorgeschrieben, von
eigentlichen Berg- und Hüttenwerken zum Ressort der Bergwerksbehörde ge
höre,
insofern
nenen
die
nämlich dadurch rohe Erze gewonnen oder aus den gewon
Metalle bereitet
und zur allgemeinen verkäuflichen
Waare geschickt gemacht werden.
Anlagen zur Fabrikation
Namentlich sollen dahin gehören die
des Stabeisens und
zum Betriebe
Vitriolwerke, ingleichen der Eisen- Frisch- und Löschwerke.
der
Alaun- und
Alle Anlagen und
Bewilligungen dagegen, die auf den Betrieb von Anstalten Bezug haben, welche die weitere Bearbeitung und Verfeinerung der durch den hüttenmännischen Proceß
gewonnenen Mineralien und insbesondere diejenigen, welche die weitere Verfeinerung des Stabeisens zum Gegenstände haben, sollen der Regierung als Gewerbe polizeibehörde verbleiben".
Kaum
war
indeß dieses
und Westphalen erlassene Rescript ergangen, so
nur für die Rheinprovinz
wurde auf eine Vorstellung des
Oberbergamtes zu Dortmund am 17. Mai 1818 durch die Oberberghauptmann
schaft bestimmt, daß es für die Grafschaft Mark bei der bisherigen Verfassung,
nach welcher Eisen- und Stahlfeuer und Hämmer zumRessort der Regierungen gehörten,
zu belassen sei.
genug
Merkwürdig
sollten
aber
nach einem Rescripte des Ministers des Inneren vom 3. April 1827 die Puddlings-Frisch anstalten in ganz Rheinland und Westphalen zum Bergressort
gehören, während die nach der alten Methode mit Holzkohlen betriebenen Frisch feuer im Dortmunder Bezirk als rein gewerbliche
betrachtet wurden.
Anstalten
Zur Vermehrung der Verwirrung hielt man in den östlichen Provinzen des preußischen Staates als Regel fest, daß nur die Anlagen,
welche
zum
un
mittelbaren Ausbringen der Metalle aus den Erzen dienen, von den Eisenhütten daher nur die Hochöfen zum Bergressort gehörten, ausgenommen wiederum Schle
sien und die Lausitz, wo, abgesehen von fiscalischen Hütten, die Eisenhütten über haupt als rein gewerbliche Anstalten behandelt wurden. abschied vom 22. Februar 1829 sollten in
Nach
Schlesien auch
dem Landtags
die Zinkhütten
als
Fabriken gelten.
Nach diesen wunderbaren Competenzabgrenzungen gehörte im DortmunderBezirk ein mit Holzkohlen betriebenes Frischfeuer und der
Hammer zum
Aus
schmieden des darin erzeugten Stabeisens dem Regierungsressort zu, während ein
in demselben Gebäude stehender,
mit Steinkohlen betriebener Puddel-Frischofen
und der dazu gehörige Hammer unter die Competenz der Bergbehörde fiel.
In
den östlichen Provinzen, abgesehen von Schlesien, gehörte bei einer Hochofenhütte mit Koaksbetrieb der Hochofen zum Ressort der Bergbehörde, der Koaksofen zum Ressort der Regierung und die Beaufsichtigung des Betriebes des von dem Koaks-
Erste Abtheilung.
196
Landespolizeibehörden bei der Erlaubnißertheilung zur Anlage der
Hüttenwerke jeder Art keineswegs an Bedeutung verlor. Dazu kam, daß die Zusammengehörigkeit des Bergbaues und des Hüttenbetriebes nicht mehr in früherer Art fortbestand und daß
insbesondere der zur verkäuflichen Waare ge
durch die Aenderung der wirthschaftlichen, sowie Transportverhältnisse auch die Erze
worden waren *). e.
Trennung der Hüttenwerke und gewisser Aufbereitungs-An
stalten vom Bergwesen nach neueren deutschen Gesetzen.
Gegen
wärtiger Rechtszustand.
§. 60. Von den deutschen Staaten war es zuerst das Königreich Sachsen, welches die hier erörterte Frage in dem Sinne löste, daß die Hüt
tenwerke aus dem Bereiche der Berggesetzgebung und Bergwerksver
fassung überhaupt ausgeschieden wurden.
Das Königlich sächsische Berggesetz vom 22. Mai 1851 bestimmt nämlich: ofen geheizten Dampfkessels, zu dessen Anlage eine Concession der Regierung er
forderlich war, zum Ressort der Bergbehörde.
Welches ergiebige Feld zum Federkriege der Behörden über ihre Zustän digkeit, und über die Grenzen ihres Polizeibereiches unter ein und demselben Hüttendach e! 1) Eine preußische Denkschrift aus den 1850er
Jahren bemerkt in dieser
Beziehung, „daß wenn auch in früherer Zeit bei mangelhaften Transportmitteln
die Verhüttung der Erze in der Nähe ihrer Gewinnungspunkte nöthig war, und nicht das Erz, sondern das daraus
dargestellte
Metall
als
verkäufliche
Waare
galt, daher damals ein unläugbares Abhängigkeitsverhältniß zwischen Bergbau und Hüttenbetrieb bestand, doch jetzt die Verhältnisse ganz andere geworden seien, indem bei den verbesserten Communications und bei den ökonomischen Vor
theilen der Verwendung von Steinkohlen gegen die von Holzkohlen jetzt die Hütten in der Regel in der Nähe der Steinkohlen-Bergwerke oder in solchen oft selbst
weit von dem metallischen Bergbau entlegenen
Gegenden angelegt
würden, die
durch die Communicationsmittel oder durch den Handelsverkehr und den Gewerbe
betrieb besondere Vortheile darbieten.
Dadurch sei schon die Zusammengehörig
keit der Berg- und Hüttenwerke aufgehoben und nicht erst schon die Erze seien verkäufliche Waare geworden,
die Metalle,
sondern
durch deren Verwerthung der
Bergbau sich die Mittel zum Betriebe und dem Unternehmen den
gehofften Ge
winn verschaffen könne, ohne daß es hierzu eines eigenen Hüttenwerkes
bedürfe.
Andererseits seien auch die Hüttenwerke nicht mehr auf die Verarbeitung der in
ländischen Erze beschränkt, sie benutzten die Gelegenheit zum Ankäufe ausländischer Erze und seien zum Theil lediglich darauf angewiesen, wie es beispielsweise mit
Allgemeine Lehren (Aufbereitungs-Anstalten, Hüttenwerke).
„§. 296.
197
Die chemische Verarbeitung der Erze gehört
nicht zum Bergbau im Sinne dieses Gesetzes, es leiden daher
auf Hütten und Blaufarbenwerke und überhaupt auf diejenigen Anstalten, in welchen eine chemische Verarbeitung der Erze erfolgt,
die Berggesetze und die Bergwerksverfassung keine Anwendung.
§. 297. Die Bestimmung §. 296 gilt auch in Ansehung der Aufbereitung der Erze, insoweit sie in Anstalten erfolgt, welche nicht zu Gruben gehören oder nicht für solche als
Revieraufbereitungs-Anstalten bestehen.
§. 306. Zur Anlegung von Hüttenwerken ist die Erlaubniß der
Regierung erforderlich. Dasselbe gilt von solchen AufbereitungsAnstalten, welche nicht von Gruben oder Hüttenbesitzern für ihre Gruben oder Hütten oder von der Gesammtheit der Gruben einer Revier als Revieraufbereitungs-Anstalten, sondern von dritten Per sonen als selbstständige Anstalten errichtet werden sollen"*1).
Diese Vorschriften sind seitdem im Wesentlichen in fast alle neue ren Berggesetze übernommen. Zunächst folgte das Großherzoglich sächsi
sche Berggesetz vom 22. Juni 1857 §. 9, welches noch durch specielle
Vorschrift die Hüttenwerke und diejenigen Aufbereitungs-Anstalten, welche von dritten Personen als selbstständige Anstalten errichtet werden, den Gewerbegesetzen unterwirft. Was speciell Preußen anbetrifft, so war bis zum Jahre 1845
vielen Hochöfen am Rhein und in der Provinz Westphalen, die ihren Bedarf an
Eisensteinen aus dem Herzogthume Westphalen rc. beziehen, und mit einigen Zink
hütten bei Stolberg, die Galmei von Wiesloch im Großherzogthume Baden und selbst Galmei aus Spanien verarbeiten, der Fall sei. Auch die Alaun- und Vitriol-
Fabrikation erfolge jetzt nicht mehr allein aus Alaun- und Vitriolerzen, sondern auch in den chemischen Fabriken durch die Zusammensetzung der Bestandtheile".
1) Otto, Studien auf dem Gebiete des Bergrechtes (Freiberg 1856 S. 86 ff.),
tadelt diese Abtrennung des Hüttenwesens vom Bergbau, insbesondere, daß nach dem Gesetze v. I. 1851 der Regalbergbau dem Finanz-Ministerium, das Hütten
wesen dem Minister des Inneren untergeordnet wurde.
Derselbe will die Berg
werke als Zubehörungen der Hütten betrachtet und demgemäß dem Minister des
Inneren unterstellt missen. Das neue Königlich sächsische Berggesetz vom 16. Juni 1868 enthält im
§. 2 die Bestimmung: „Auf Aufbereitungs-Anstalten, welche nicht zu Bergwerken gehören oder nicht als Revieranstalten bestehen, und Koakbrennereien leiden
die Vorschriften des gegenwärtigen Gesetzes keine Anwendung."
„Soweit dieses Gesetz keine besonderen Bestimmungen trifft, gelten die all
gemein gesetzlichen Vorschriften."
Erste Abtheilung.
198
bei Revision des Bergrechtes daran festgehalten, daß nicht nur Hütten
werke zur ersten Metallerzeugung, Alaun- und Vitriol-Siedereien und Amalgamirwerke, sondern auch alle Hammer- und Walzwerke in die Berggesetzgebung einzuschließen seien.
Im Jahre
1845 ging man
dagegen bei den Berathungen über die Reform der Berggesetzgebung von dem Grundsätze aus, daß alle zur weiteren Bearbeitung und Verfeinerung der durch den hüttenmännischen Proceß gewonnenen Metalle unter die Gewerbe-Gesetzgebung fallen müßten. Im Ein klänge hiermit beschränkten die Entwürfe des Jahres 1848 das Berg
ressort auf Hüttenwerke zur ersten Metallerzeugung, wogegen der Berggesetzentwurf des Jahres 1850 die Hüttenwerke völlig aus der
Berggesetzgebung ausschloß und nur die Erzwäschen, die am Gewin nungsorte des Minerales zu errichtenden Koaksöfen und die Aufbe
reitungs-Anstalten dem Bergrechte unterwarf (§§. 116, 117). Nicht ganz im Einklänge mit den durch diesen,Entwurf declarirten Intentionen reformirte das Gesetz vom 12. Mai 1851 §. 24,
über die Verhältnisse der Miteigenthümer eines Bergwerkes, die ge sellschaftlichen Verhältnisse bei den Hütten durch Einführung einer
der Berggesetzgebung entnommenen Repräsentation der Hüttenbethei-
ligten, unterwarf das Gesetz vom 10. April 1854 die Arbeiter und Eigenthümer der Hüttenwerke der Berg-Knappschaftseinrichtung und regulirte endlich noch das Gesetz vom 21. Mai 1860x) §. O.v. I. 1772 c. 3 ß. 5 läßt die Juden beim Bergbau unbeschränkt zu. — Zunächst scheinen die Beschränkungen der Erwerbsfähigkeit
der Juden mit dem Verbote des Aufkaufes des Silbers und
der Erze in den
Bergstädten und auf den Bergwerken begonnen zu haben, weßhalb
auch Jeder
mann in den Bcrgstädten verboten wurde, einen Juden über Nacht zu beher bergen. Kursächsische B.-O. v. I. 1589 Art. 76 (Brassert S. 400), hohnsteinsche B.-O. v. I. 1576 Art. 149 (Ursprung und Ordnung der Bergwerke S. 279). Aus diesem Verbote hat sich sodann theils gewohnheitsrechtlich, theils in Folge ausdrücklicher Bestimmung die partikularrechtliche Ausschließung der Juden vom Bergbau entwickelt. Kurkölnische B.-O. v. I. 1669 Thl. 2 Art. 16 (Brassert
S. 554): „Als ordnen und befehlen Wir, daß hinfurter kein Jud mehr, er feie auch an Ort und Enden Unser Landen, wo er wolle, fremder oder einhei
mischer, das geringste, wie das auch Namen haben mag, weder mit Schmieden,
Erwerbung der Bergbaubercchügung (Erwerbsfähigkeit).
315
das gegen die Bergbeamten gerichtete Verbot, sich innerhalb ihres Amtsbezirkes oder überhaupt beim Bergbau zu betheiligen. Letzteres Verbot ist, wenn auch in beschränkterer Weise, schon in sehr alter Zeit ausgesprochen worden*); andererseits haben wiederum manche Blasen, weder mit Kauf und Verkaufung dessen,
so
Unseren
Berg
gesammten
werken, vom kleinesten bis zum größesten
anklebt, unternehmen" u. s. w.
Ungarn wurde den Juden der Aufenthalt
innerhalb
einer
In
Entfernung von 7
Meilen von den Bergstädten bei Todesstrafe untersagt (Wenzel a. a. O.).
Es unterliegt keinem Zweifel, daß die
Beschränkungen
der Juden
beim
Erwerbe von Grundeigenthum auf die Erwerbsfähigkeit derselben bei Bergwerken Vergl. übrigens auch Herttwig s. v. „Juden".
ebenfalls Einfluß geübt haben. 1)
Die kuttenberger B.-O.
(gegen 1300) bestimmt
1. I c. 8,
Bergmeister der Gewerken (vergl. oben S. 285) zwar mindestens dem Bergwerke
bei
betheiligt sein müsse,
daß der
mit V32 an
Austheilung von Unterverleihungen
(concessiones) aber sich keinen Antheil irgend einer Art zum eigenen Abbau Vor
behalten dürfe, widrigenfalls
cum infamia abgesetzt
der Vorbehalt nichtig
werden solle
(gtatuimug,
sein und der Bergmeister
ut nullug
magigtrorum
moncium de cetero ullam partem in omnibug conceggionibus, ubi con-
cedunt eciam guig expengig aut alienig, aut alio quocunque modo ipgis aliog in
eadem parte gubgtituendo
sibi recipiant excolendum)..
Dabei
wird angeführt, daß der bisherige Gebrauch, wonach der Bergmeister sich
meist
Vs zum Bergbau auf eigene Kosten Vorbehalten, zum großen Schaden des Berg werkes gereicht habe.
soll in Geld und nicht in Erzen und
Der Bergmeister
Handstufen (lapides manualeg) ausgelohnt werden, auch an den hohen Fest
tagen kein Geschenk in letzteren erhalten. Vergl. sodann unter Anderen ratenberger B.-O. v. I. 1463 §. 49 (Lori
S. 61), salzburgische B.-O. v. I. 1477
B.-O. v. I. 1548 Thl. I Art. 1 werke S. 31, 32):
§. 65 (Lori S. 109), joachimsthaler
und 2 (Ursprung und
Ordnung der
Berg
„Allerlei Verdacht und Argwohn abzulehnen, sollen Unser
Hauptmann und Amtsverwalter in Zeit ihres Amts auf Unsern Bergwerken in
ihre Verwaltung gehörig hinfort ohne sondere Unser
oder Unserer böhmischen
Kammer-Rath Bewilligung keine Bergtheil bauen noch in einigem Wege Nutzen
darvon gewarten,
er hätte dann dieselben zuvor,
ehe dann diese Ordnung aus
gegangen, gehabt" — „Mit Bauung der Bergtheil sollen es Unsere Bergmeister
halten, wie oben von des Hauptmanns
und Verwalters Bauen verordnet ist."
Nassau-katzenelnbogische B -O. v. I. 1559 Art. 2 und 3 (Brassert S. 10, 11),
kurtriersche B.-O. v. I.
1564 Art. II, 1 (Brassert S. 105) u. s. w.
schweigische B.-O. v. I. 1593 Art. 83:
„Wir
und nachkommenden Bergmeister
Schaustufen
nehmen, ernstlich verboten haben."
einige
Braun
wollen auch hiemit dem jetzigen
oder
Erz von Zechen zu
Preußisches Allgemeines Landrecht Thl. II
Tit. 16 §§. 138 ff: „Bergbeamte sollen bei Strafe der Confiscation nur unter
ausdrücklicher
Genehmigung
des
Bergwerks- und Hüttendepartements an dem
Bergbau als Gewerke Antheil nehmen.
§. 139:
Diese
Genehmigung soll nur
auf eine gewisse Anzahl von Kuxen, welche den vierten Theil einer Zeche niemals
316
Zweite Abtheilung.
Bergordnungen umgekehrt eine Betheiligung
der Bergbeamten am
Bergbau nützlich gefunden und dieselben mitunter hierzu aufgemun-
tert, wenn auch die Uebernahme ganzer Zechen durch die Bergbeamten seltener zugelassen worden istJ).
Die neueren deutschen Berggesetze haben in der Hauptsache an übersteigen darf, ertheilt werden. §. 140: Kein Bergbeamter darf streitige Zechen oder andere Berggebäude an sich bringen." Mehrere übrigens nicht gehörig publicirte, aber gleichwohl von den Gerichten respectirte Königliche Cabinets-
Ordres vom 20. Januar
1806 und 2. November 1808 verboten die Betheili
gung der Bergbeamten, ihrer Ehefrauen und in väterlicher Gewalt befindlichen Kinder beim Bergbau gänzlich (vergl. Gräff, Handbuch des preußischen Berg rechts Anl. M.
ständig).
Die daselbst mitgetheilten Rescripte sind indeß keineswegs voll
Jene Cabinets-Ordres sollten nach einer Entscheidung des preußischen
Obertribunales vom 9. November 1855 (Entscheidungen Bd. 32 S. 184; Striet-
horst, Archiv Bd. 18 S. 306) die entgegengesetzten Provinciellen Gesetze aufge hoben haben.
leute u
Man ging soweit, das Verbot auch rücksichtlich der Steiger, Berg
s. w. und zwar sogar auf gewerkschaftlichen Bergwerken für anwendbar
zu erklären.
Diese ungerechtfertigte,
den Gesetzen widersprechende Ausdehnung
des Verbotes fand Anerkennung in einem Urtheile des preußischen Obertribunales vom 23. September 1859 (Striethorst, Archiv Bd. 35 S. 106).
Vergleiche
hierzu meine ausführliche Kritik und Widerlegung dieses Urtheiles in der Zeit
schrift für Bergrecht Jahrg. I S. 287-303. 1) Kursächsische B.-O. v. I. 1589 Art. 5 (Brassert S. 349): „Damit es nicht davor gehalten, als wollten Wir ihnen den Segen Gottes gleich andern zu
gewarten, nicht gnädigst gönnen und sie durch solch Verbot
machen,
sondern vielmehr
fremde
Bergleute
durch
selbst verdächtig
ihr
Exempel
desto stattlicher zu bauen angereizet werden mögen, so wollen Wir,
daß nun hinfort Unsere Bergamtleute ganze (also 32 Kuxe) oder halbe Schichten oder einzelne Kukus bauen und solche von den Gewerken kaufen oder sonst red licher Weise an sich bringen mögen, doch daß ein Jeder bei seinen Eidespflichten
sich in keine Zechen oder Stollen einmenge, so streitig find."
Hieraus sind
die
Vorschriften der revidirten Bergordnungen Friedrich des Großen hervorgegangen, z. B. Cap. 31 der kleve-märkischen B.-O. v. I. 1766 (Brassert S. 863). Die kurkölnische B.-O. v. I. 1669 Thl. VII Art. 3 (Brassert S. 605) läßt eine unbeschränkte Betheiligung der Bergbeamten zu.
„Wir laffen hiemit gnädigst
zu, daß Unsere Bergwerksbeamte und Diener gleich anderen Gewerken sich des Bergbaues Inhalt Unserer Bergordnung mit gebrauchen und sich dessen bedienen mögen, gestalt einem Jeden dann verstattet, wo ihm beliebet und auf das Glück
Etwas zu wagen anständig, Unser Freies, es seien alte oder neue Zechen, nach Bergrechten zu muthen und zu bauen, von Gewerken Kuxe zu kaufen oder sonst
redlicher Weise an sich zu bringen" u. s. w.
Vergl. auch die bereits oben S. 297
Anm. 2 erwähnte Stelle der kurkölnischen Bergordnung Thl. III Art. 18 und die Instruction für den freiberger Bergmeister v. I. 1328 (Klotzsch S. 289).
Erwerbung der Bergbauberechtigung (Erwerbsfähigkeit).
317
den Grundsätzen des gemeinen deutschen Bergrechtes festgehalten, sogar
das französische Berggesetz vom 21. April 1810 bekennt sich, offenbar
unter dem Einflüsse deutscher Einrichtungen, zu den ersteren *). Nach §.11 des Königlich sächsischen Berggesetzes vom 22. Mai 1851 ist
„jede rechtsfähige Person, Inländer oder Ausländer", befähigt, „Berg werkseigenthum zu erwerben," ein Satz, welcher im §. 7 des neuen sächsischen Berggesetzes vom 16. Juni 1868 dahin lautet: „Jede zur
Erwerbung von Eigenthum befähigte, physische oder juristische Per son, kann auch Bergwerkseigenthum erwerben." Enger ist die Vor
schrift des österreichischen Berggesetzes vom 23. Mai 1854 §. 7, ge mäß welcher nur derjenige „zur Erlangung von Bergbauberechti gungen und zum Erwerbe und Besitze von Bergwerken befähigt" sein soll, welcher „gesetzlich unbewegliches Eigenthum erwerben und besitzen kann'"). Außerdem schließt dieses Gesetz (§. 8) die Beamten, welche einer Behörde
angehören,
„der die unmittel
bare öffentliche Aufsicht über den Bergbau oder die erste Ent scheidung über Bergbauverleihungen zukommt, sodann deren Ehe frauen und in väterlicher Gewalt befindlichen Kinder, vom Bergbau
betriebe und dem Erwerbe und Besitze von Bergwerkseigenthum in dem Bezirke jener Behörde aus'"). Das preußische Allgemeine Berggesetz vom 24. Juni 1865 end1) Art. 13: „Tont Fran^ais ou tout etranger naturalise ou non en France, agissant isolement ou en societe, a le droit de demander
et peut obtenir, s’il y a lieu, une concession de mines