Das Besitzsteuergesetz vom 3. Juli 1913: mit den Ausführungsbestimmungen des Bundesrats Preußens, Bayerns und Sachsens und den amtlichen Hilfstabellen [Reprint 2022 ed.] 9783112631805


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Das Besitzsteuergesetz vom 3. Juli 1913: mit den Ausführungsbestimmungen des Bundesrats Preußens, Bayerns und Sachsens und den amtlichen Hilfstabellen [Reprint 2022 ed.]
 9783112631805

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Schweitzers (blaue) Textausgabe«. Bon dieser Sammlung praktischer Gesetzesausgaben er­ schienen u. a.:

Automobitgesetz.

RG. über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen vom 3. Mai 1909 nebst den Vollzugsvorschriften des Bundesrats, von Preußen und Bayern sowie dem internationalen Abkommen. Erl. von Rechts­ anwalt Philipp Seuffert, Syndikus d. K. Bayer. Automobilklubs in München. 248 S. Geb. Mk. 3.-

Blmsorderimgdgesetz vom

l. Juni 1909 nebst einem Anhang, die einschläg. Bestimmungen der GewO. u. d. ZwVG. enthaltend. Erl. von Rechts­ anwalt Dr. Herbert Jacobi in München. 178 S. Geb. Mk. 2.40

Besitzsltuergesetz vom 3. Juli

1913 mit den Ausführungsbeftimmungen des Bundesrats, Preußens, Bayerns und Sachsens und den amtlichen Hilfstabellen. Erl. von Dr. H. Koppe, ord. UniversttätSprofessor in Marburg. 422 S. 1917. Geb. Mk. 4.80

Bravntweinstenergeletz

in neuester Fassung mit den wichtigsten Vollzugsvorschriften von Rechtsanwalt Dr. R. und Dr. L. Wassermann. 384 S. Geb. Mk. 4.50

Bürgerliches Gesetzbuch

vom 18. August 1890 nebst Einführungs­ gesetz. Mit Abdruck der zitierten Gesetzesstellen. 908 S. Geb. Mk. 3.Auf Schreibpapier in 4°. Geb. Mk. 7.—

Gebrauchsmufterfchrrtzgesetz.

Mit Stltrgn. u. den einfäläg. Bestimmungen. Von Rechtsanwalt Dr. Wertheimer, Frankfurt a. M. 226 S. Geb. Mk. 2.80 vom l. Mai 1889. In der Fassung vom 10. Mat 1897. Erl. von Fr. Bonschab Direktor der Bayer. Landwirtschnftsvank. 2. umgearbeitete Auflage. 314 S. Geb. Mk. 8.—

Geuosseuschgstsgesetz

Gerichisbersllssuug.

(GVG. mit EG. z. GVG. und einem Anhang über die KonsGbk.). Erl. von Privatdozent, n. Staatsanwalt Dr. in München. 123 S. Geb. Mk. 1.80

Doerr

Gewerbeordnung

mit Nebenges. u. AuSführungSbesttmmuugeu für das Reich, für Preußen u. Bayern. TextauSg. m. au»f. Sachregister. Erl. von Bezirksamtmann Dr. F. Steinbach. 1052 S. Geb. Mk. 4.50

Handelsgetetzbnch mit Einführung,gesetz. 12». Kapitalabfindnngsgesetz vom 3. Juli wie.

366 6.

Geb. Mk. 2.-

mit Erl., den Au,f^ Best, des Bundesrats, den preuß., bayer., sächs., württemb. u. badischen Ausf.-Anweisungen u. sonstigen einschlägigen Vorschriften. VonJntend^Assessor Dr. F. Koppmaun im Bayer. Kriegsministerium. 288 6. 1917. Geb. Mk. 4.20

I. Schweitzer Verlag (Arth. Sellier) München, Berlin u. Leipzig.

Schweitzers (blaue) Textausgabe«. Kolouialbeamtengeletz

vom 8. Juni 1910, auf Grund der Gesetzes­ materialien erläutert und mit den ergänzenden Gesetzen, insbesondere dem Reichsbeamtengesetz und dem Beamtenhinterbliebeneugesetz. Erl. von Dr. Fr. Doerr, n. Staatsanwalt, Privatdozent in München. 130 S. Geb. Mk. 2.60

Korrkrrrsordrrung

für das Deutsche Reich. Mit 21 Nebengesetzen. TextauSgabe mit Verweisungen und ausführlichem Sachregister. 12°. (Vin, 201 S.) Geb. Mk. 2.-

Strafgesetzbuch

mit der Novelle vom Jahre 1912. Mit Erläuterungen von II. Staatsanwalt, Privatdozent Dr. Doerr in München. 2. Aufl. 206 S. Geb. ^t. 1.20

Urheber- «ad Verlagsrecht.

Eine Sammlung der einschlägigen Gesetze, Verordnungen u. internationalen Abkommen. Herausgegeben von Rechtsanwalt Dr. H. Kirchberger in Leipzig. 151 S. Geb. Mk. 2.—

Verficheruugsgesetz für Angestellte, mit Erttrgn. Bon K. meinet, Staatspräsident im Bayer. Lande8vers.-Amt. 647 S. 2. Aufl. Geb. Mk. 6.—

Bogelschutzgesetz. zeUichen Best.

Weiagesetz. ordnung. 269 S.

.Mit den etnschläg. Gesetzen, Verordnungen u. poliVon Dr. R. Heindl, München. 46 S. Geb. Mk. 1.—

Mit den Ausführungsbestimmungen und der WeinzollErl. von O. Zoeller, Staatsanwalt in Landau (Pfalz) Geb. Mk. 3.-

NdilHlkVZLKordUUUg.

In der Fassung der Novellen vom 1. Juni 1909 22. Mai 1910 und 20. Febr. 1911 mit 17 Nebenges. 2. Aufl. 2. Abdruck. Mit Verweisungen u. Sachregister. 495 S. Geb. Mk. 2.—

Zawachsfteaergesetz.

Mit den VollzugSvorschristen des BundeSratS, von Preußen und Bayern. Erl. von Univ.-Professor Dr. H. Küppe in Marburg. 253 S. Mit Novelle 1913. Geb. Mk. 3.20

I

Schweitzers (blaue) Textausgaben (Taschenformat, starker blau­ leinener Gebrauchseinband) zeichnen sich aus durch praktische Brauch­ barkeit, unbedingte Zuverlässigkeit, handliches Format und vorzügliche Ausstattung in Papier, Druck und Einbänden. Es erscheinen nur Ausgaben, die dauernden Wert haben. Die Serie wird fortgesetzt.

I. Schweitzer Verlag (Arth. Sellier) München, Berlin u. Leipzig.

Schweitzers (blaue) Textausgaben. Ausgaben für Bayern:

GrvAdeNtlaftUUgsaefetz,

Bayer., vom 2. Februar 1898. Mit den einschlägigen Ministerialbekanntmachungen und Formularen. Erl. von L. Yblagger, Rentamtmann in Eichstätt. 2. Aufl. 142 S. Geb. Mk. 2.50

Gitterzertrümmeruugsaefetz,

Bayer., vom i». August 1910 mit den Vollzugsvorschriften. Erl. von Fr. Edler von Braun, K. Mini­ sterialrat. 2. verbesserte Aufl. 210 S. Geb. Mk. 2.50

ÄOftelt* ttttb Stempetgesetz

mit Ausführungsvorschriften. 179 S. Kart. Mk. 1.90

Kriegszuftandsgesetz, Bayer.,

vom 5. November 1912. Mit den Änderungen von 1914 u. den Vollzugsvorschriften. 74 S. Geh. Mk. —.90 Bayer., mit Staatsvertrag. anwalt Dr. F. Goldschmit, München. 155 S.

Erläutert von Rechts­ Geb. Mk. 3.—

Malzaufschtaggefetz, Bayer.,

vom is. Mär, 1910. mit im eingeschalteten Vollzugsvorschriften und alphab. Register. 2. ergänzte Aufl. 271 S. Geb. Mk. 2.40

Nntnrintsgesetze

für Bayern. Sammlung aller einschlägigen Vor­ schriften nach dem Stande vom 31. Dez. 1911. 2. Aufl. Von H. Klein, Notar in Bergzabern. 878 S. Geb. Mk. 8.—

Steuergesetze

für Bayern, TextauSgave mit Vollzugsvorschriften und Register. 2. Aufl. 876 S. Geb. Mk. 5.—

Telegraphenwegege^etz

mit AusführungSbestimmgn. u. Nebengesetzen. Erl. von Oberpoftassessor M. Hotz in München. 145 S. Geb. Mk. 3.—

Wehrbeitragsgesetz

mtt den bayer. Vollzugsvorschr. Von Rechtsanwalt Dr. O. Kahn u. Justizr. Dr. M. Obermeyer in München. 244 S. Geb. Mk. 1.80.

Zwaugsabtretungsgesetz, Bayer.,

erl. von Dr. W. Laforet, RegierungSassefsor im K. Staatsminister, d. Innern. 305 S. Geb. Mk.3.20

I

Schweitzer- (blaue) Textausgaben (Taschenformat, starker blau­ leinener Gebrauchseinband) zeichnen sich aus durch praktische Brauch­ barkeit, unbedingte Zuverlässigkeit, handliches Format und vorzügliche Ausstattung in Papier, Druck und Einbänden. ES erscheinen nur Ausgaben, die dauernden Wert haben. Die Serie wird fortgesetzt.

3. Schweitzer Verlag (Arth.Sellier) München, Berlin u. Leipzig.

Var

vesitzfteuergesetz vom 3. Juli 1913

mit den Ausführungsbestimmungen des Bundes­ rats, Preußens, Bayerns und Sachsens und den amtlichen Hülfstabellen, erläutert von

Dr. H. Uöppe, ord. Universitätsprofessor in Marburg a. d. Lahn.

1917

München, Berlin und Leipzig

J. Schweitzer Verlag (Arthur Sellier).

Druck: vr. F. P. Datterer & Cie. (Arthur Sellier), Müuchen-^reifing.

Vorwort. Die Reichssteuergesetzgebung vom 3. Juli 1913 be­ deutet einen Wendepunkt in der Geschichte der Reichs­ finanzen. Der für deren Organisation und Fortbildung lange maßgebend gewesene oberste Gesichtspunkt: Dem Reiche die indirekten, den Einzelstaaten die direkten Steuern, ist durch sie endgültig preisgegeben worden. Zwar hatte schon die Einführung der Reichssteuer auf Aufsichtsrattantiemen vom 3. Juni 1906 dieses Prin­ zip erstmalig durchbrochen und waren in der gleich­ zeitig ergangenen Reichserbschaftssteuer und sodann in verschißenen (in der nachfolgenden Einleitung aufge­ führten) späteren Steuergesetzen Reichssteuern eingeführt worden, die ihrem innersten Wesen wie ihren Wirkungen, wenn auch nicht der äußeren Form nach als direkte gelten müssen. Allein das Verlangen, dem Reichssteuer­ system einen dem Wachstum des sozialen Gedankens in der gesamten gesetzgeberischen Betätigung des Reiches entsprechenden kräftigen sozialpolitischen Einschlag zu geben, hatte schon im Jahre 1912 zu der in Gesetzes­ form gegossenen programmatischen Forderung einer „allgemeinen, den verschiedenen Besitzformen gerecht werdenden Besitzsteuer" geführt. Diese Forderung hat in dem einmaligen Wehrbeitrage und gleichzeitig in

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Vorwort.

der den Vermögenszuwachs periodisch ermittelnden und erfassenden Besitzsteuer vom 3. Juli 1913 Erfüllung ge­ funden. Mit der neuen Besitzsteuer ist aber zugleich auch eine ganz neue Steuerart zur Einführung gelangt. Der Vermögenszuwachs war bisher als solcher noch nie­ mals Steuerobjekt. Die Wissenschaft wie die Steuer­ praxis sind damit vor eine völlig neue, große Aufgabe gestellt worden, die eine Fülle von Einzelfragen in sich schließt. Dieser Aufgabe haftet die Eigentümlichkeit an, daß der Gedanke der hier verwirklichten Vermögens­ zuwachsbesteuerung aus ganz anderen Gesichtspunkten und Motiven hervorgegangen ist als denjenigen, die den Reichsgesetzgeber beeinflußt und bestimmt haben, näm­ lich aus der Absicht besonderer steuerlicher Erfassung des als „Überfluß" bezeichneten, über die Befriedigung des Lebensbedarfes hinaus frei verfügbaren und bei gleich hohem Einkommen je nach den individuellen Ver­ hältnissen sehr verschieden großen Einkommenteiles.

So ist denn das Reichsbesitzsteuergesetz in jeder Hin­ sicht eine vollständige Neuheit, die zur Zeit noch der Er­ schließung des Verständnisses für die an ihm interessier­ ten weiten Kreise harrt. Die vorliegende Ausgabe will diesem Zwecke durch eine gemeinverständliche und kurz gehaltene, doch alle wichtigen Punkte berührende Erläu­ terung der einzelnen Gesetzesbestimmungen dienen. Bor­ ausgeschickt ist ihr eine Einleitung, die über die Ent­ stehung des neuen Gesetzes, sein Wesen und seine Ziele und seine Stellung im Reichssteuersystem soweit orien­ tiert, als es für das Verständnis der Erläuterungen nötig oder wünschenswert ist. Eine Übersicht über die in Form von Überschriften im Gesetzestexte selbst zum Aus-

V

Vorwort.

druck gebrachte Gliederung des Gesetzes schließt sich ihr an. Als Anhang sind beigegeben: Das Reichsgesetz über die Festsetzung von Kursen der zum Börsenhandel zu­ gelassenen Wertpapiere vom 9. November 1916, die Ausführungsbestimmungen des Bundesrats für das Reich vom 30. November sowie die Bollzugsvorschriften Preußens, Bayerns und Sachsens. Bei den einzelnen Paragraphen ist in den Anmer­ kungen auf die entsprechenden Stellen aller dieser Be­ stimmungen verwiesen. Das alphabetische Sachregister am Schlüsse gibt sowohl die in Betracht kommenden Paragraphen des Gesetzes wie auch die entsprechenden Stellen in den Ausführungsvorschriften an.

Marburg a. d. Lahn, im März 1917.

Der Verfasser.

Inhaltsverzeichnis. Seite Vorwort......................................................................HI Einleitung........................................................... 1 B. Übersicht über den Gesetzesinhalt . . 19 C. Besitz st euergesetz vom 3. Juli 1913 . 20 D. Anhang I. Reichsgesetz über die Festsetzung von Kursen der zum Börsenhandel zugelassenen Wert­ papiere, vom 9. November 1916, RGBl. S. 1269 ........................................................... 239 II. Die Ausführungsbestimmungen des Bun­ desrats für das Reich, vom 30. November 1916.......................................................................... 241 III. Die preußischen Ausführungsvorschriften vom 1. Dezenrber 1916, herausgegeben im Finanzministerium, mit der Allerhöchsten Verordnung vom 14. Mai 1914, betreffend die für die Verwaltung der Besitzsteuer zr> ständigen Behörden.......................................... 306 IV. Die bayerischen Vollzugsvorschriften (Kgl. Verordnung zum Vollzug des Besitzsteuer­ gesetzes, vom 16. Dezember 1916, und Bekanntmachung des Kgl. Staatsministeri­ ums der Finanzen zum Vollzüge des Be­ sitzsteuergesetzes, vom '16. Dezember 1916) 341 V. Die sächsischen Vollziehungsvorschriften (Verordnung des K. Finanzministeriums zur Vollziehung des Besitzsteuergesetzes, vom 11. Dezember 1916)............................... 368 Sachregister ............................................................... 401

Abkürzungen .

BundRAB.

PreußAusfV. .

BayerKglV.

.

BayerVV. .

.

.

.

SächsVV.

BGB. . . . EGzBGB. . . HGB. . . . WBG. . . . BStG. . . . RErbschStG. .

RZStG.

.

.

PreußEinkStG. PreußErgStG. RGBl. . . . RGEntsch . . OBGEntsch. . ALR.

.

.

.

= Ausführungsbestimmungen des Bundes­ rats für das Reich vom 30. November 1916. = Preußische Aussührungsvorschriften vom I. Dezember 1916. = Bayerische Königliche Verordnung vom 16. Dezember 1916 zum Vollzüge des Besitzsteuergesetzes. = Bayerische Vollzugsvorschristen des Kgl. Finanzministeriums vom 16. Dezember 1916. == Sächsische Vollziehungsvorschriften vom II. Dezember 1916. == Bürgerliches Gesetzbuch. =- Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Ge­ setzbuch. == Handelsgesetzbuch. == Wehrbeitragsgesetz vom 3. Juli 1913. == Besitzsteuergesetz vom 3. Juli 1913. -- Reichserbschaftssteuergesetz vom 3. Juni 1906. =- Reichszuwachssteuergesetz vom 14. Februar 1911. -= Preußisches Einkommensteuergesetz. == Preußisches Ergänzungssteuergesetz. = Reichsgesetzblatt. . Entscheidungen des Reichsgerichts. = Entscheidungen des Preußischen Ober­ verwaltungsgerichts. = Preußisches Allgemeines Landrecht.

Einleitung Das Verlangen nach einem Ausbau des Reichs­ steuersystems durch Einbeziehung des Vermögens­ besitzes als Gegenstand der Rerchsbesteuerung machte sich in dem Maße geltend, wie die einseitige steuerliche Belastung von Gegenständen des Massenverbrauchs durch das Reich zunahm und ihre schädlichen Wirkungen, be­ sonders die Belastung der schwächer bemittelten Volks­ kreise im umgekehrten Verhältnisse ihrer wirtschaft­ lichen Leistungsfähigkeit, sich dadurch verstärkten. Die Einführung der Reichserbschaftssteuer vom 3f Juni 1906 — der Form nach zwar eine indirekte, ihrem Wesen und ihren wirtschaftlichen und sozialen Wirkungen nach aber eine direkte, unperiodische Steuer vom Ver­ mögensbesitz bei dessen Übergang aus der toten in die lebende Hand — war der erste Schritt auf diesem Wege. Er war begleitet von der Einführung einer in Stempel­ form gekleideten Besteuerung der den Mitgliedern von Aufsichtsräten jährlich gewährten Vergütungen — in Wirklichkeit einer freilicb auf einen sehr kleinen Per­ sonenkreis beschränkten partiellen Rerchseinkommensteuer. Bei Einbringung der Finanzreformvorlagen von 1908 und 1909, durch die ein jährlicher Mehrbedarf von 1/2 Mill. Mk. gedeckt werden sollte, bekannten sich die verbündeten Regierungen ausdrücklich zu dieser im Köppe, Besitzsteuergesetz.

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Besttzsteuergesetz.

Reichstage schon vielfach betonten und begründeten Not­ wendigkeit, indem es in der Begründung hieß, daß die Anwendung der Grundsätze sozialer Gerechtigkeit in der Auswahl von Verbrauchssteuerobjekten und der Abstu­ fung der Verbrauchssteuern nicht genüge, vielmehr es sich daneben als absolut notwendig erweise, zur Be­ darfsdeckung auch solche Steuern heranzuziehen, die vornehmlich von den Besitzenden getragen werden. Der Aufbau der Finanzreform ausschließlich auf Reformen, die trotz der Errungenschaften der Sozialpolitik und un­ geachtet der fortgesetzten Steigerung aller Einkommen die ärmeren Volksklassen verhältnismäßig höher be­ lasten, würde gegen die vornehmsten Grundsätze der deutschen Sozialpolitik verstoßen. Damit war diese Steuerreform und jede künftige neue unter den maß­ gebenden Gesichtspunkt der sozialpolitischen Erkenntnis gestellt worden. Allein über die Ausdehnung der Erb­ schaftssteuer auf die Abkömmlinge und Ehegatten, die diese Absicht wenigstens zum Teil durch Aufbringung von 92 von den insgesamt erforderlichen 500 Mill. Mk. verwirklichen sollte, war keine Einigung mit dem Reichstage zu erzielen. Die Reform von 1909 brachte daher als bescheidene Früchte der neuen Erkenntnis nur die Talonsteuer von Wertpapieren sowie die gesetz­ liche Jnaussichtnahme einer Reichsabgabe von dem bei der Veräußerung von Grundstücken realisierten un­ verdienten Wertzuwachse, die als „Zuwachssteuer" am 14. Februar 1911 Gesetz ward. Von diesen ist die erstere eine an den Zinsbogenbezug geknüpfte partielle Ein­ kommensteuer von dem Ertrage des Besitzes an Wert­ papieren, die letztere nach ihren wirtschaftlichen Wir­ kungen und ihrer ganzen Funktion im Steuersystem eine unperiodische direkte Steuer. Beide sind nicht nur direkte, sondern auch Besitzsteuern. Auch der Emissionsstempel, die Steuer von der Ausgabe von börsengängigen Wert­ papieren, ist durch ihre Erhöhung auf den jetzigen Stand

A. Einleitung.

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(bei der Reform von 1909) ihrem Wesen und ihren Wirkungen nach „eine richtige Besitzsteuer" geworden, wie sie der damalige Staatssekretär des Reichsschatz­ amts Sydow selbst im Reichstage genannt hat. Weder die Stempelform noch die äußerliche Einreihung der Erbschafts-, der Talon- und der Zuwachs-Steuer sowie des Emissionsstempels unter die Verkehrssteuern beein­ flussen ihren Grundcharakter als Steuern auf Vermö­ gensbesitz. Die drei letztgenannten sind aber nur be­ sondere Besitzsteuern, d. h. Steuern auf verschiedene und besondere Arten des Vermögens, nicht auf den Ver­ mögensbesitz als solchen. Sie verwirklichen den Ge­ danken der Besteuerung des Vermögensbesitzes nur bruchstückweise. Es fehlte noch immer eine den Ver­ mögensbesitz in seiner Gesamtheit erfassende Steuer. Die Reichserbschaftssteuer teilt diesen Mangel zwar an sich nicht, da sie das Gesamtvermögen beim Wechsel seines Eigentümers infolge Todesfalles trifft, allein durch ihre Ausschließung der absteigenden Linie und der Ehegatten läßt sie drei Viertel aller sich vererbenden Vermögensmassen frei und ist daher, solange diese Be­ schränkung beibehalten bleibt, aus diesem Grunde keine allgemeine Besitzsteuer. Die Erkenntnis dieses Mangels im Reichssteuer­ system und der Notwendigkeit seiner Beseitigung kam im Jahre 1912 zum Durchbruch. Die Deckung der Kosten der neuen Heeres- und Flottenverstärkung dieses Jahres von jährlich 100—110 Mill. Mk. glaubten die Regie­ rungen in Höhe eines Drittels durch Reformierung der Branntweinbesteuerung, im übrigen, dank der gehobe­ nen Wirtschaftslage, durch Mehreinnahmen an Zöllen, Verbrauchssteuern und Erwerbseinkünften des Reiches decken zu können. Der Reichstag schränkte aber die Branntweinsteuerreform so ein, daß sie nur noch die Hälfte des von ihr erwarteten Ertrages erhoffen ließ, und forderte nicht nur, sondern erzwang geradezu die 1*

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Besttzfteuergesetz.

Vorlegung einer „allgemeinen, den verschie­ denen Besitzformen gerecht werdenden Be­ sitz st euer", indem auf seine Initiative durch das mit großer Mehrheit beschlossene Reichsgesetz vom 14. Juni 1912 (Lex Bassermann-Erzb erg er) bestimmt wurde, daß die in Art. 5 des Reichsfinanzreformge­ setzes von 1909 vorgesehene Ermäßigung der Zuckersteuer erst in Kraft treten solle sechs Monate nach der Ein­ führung eines eine solche Besitzsteuer vorschreibenden Gesetzes, spätestens aber am 1. Oktober 1916. Bezeich­ nenderweise stimmten für dieses Gesetz auch die Par­ teien der Rechten, die im Jahre 1909 die Ausdehnung der Erbschaftssteuer auf die Abkömmlinge und Ehe­ gatten zu Fall gebracht hatten. Gleichzeitig wurde, allerdings mit geringer Mehrheit, beschlossen, die Re­ gierungen um Wiedereinbringung des zweiten der bei­ den im Jahre 1909 gescheiterten Erbschaftssteuer-Re­ formentwürfe, der Erbanfallsteuer, zu ersuchen. Die Kosten der Heeresvermehrung von 1912 wurden für die Jahre 1912 und 1913 aus den reichen Überschüssen des Jahres 1911 und den geringeren des Jahres 1912 gedeckt. Als nun im Jahre 1913 ein neuer Bedarf zur Ver­ stärkung des Heeres in der bisher noch nicht dagewesenen Höhe von 1 Milliarde Mk. einmaliger und jährlich etwa 185 Mill. Mk. dauernder Mehrausgaben sich ein­ stellte, konnte es für die Regierungen nicht zweifelhaft sein, daß zu dessen Deckung in erster Linie der in dem Gesetze vom 14. Juni 1912 gewiesene Weg einer all­ gemeinen Reichsbesitzsteuer beschritten werden müsse. Zweifelhaft konnte nur sein, welche Steuerarten dafür in Betracht kämen und welche unter diesen dafür am geeignetsten erschienen. Eine allgemeine Reichseinkommen- oder Reichsvermögenssteuer war schon bisher von den Regierungen entschieden abgelehnt worden und wurde auch jetzt als Anfang vom Ende des finanziellen

A. Einleitung.

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Selbstbestimmungsrechtes und damit der Selbständigkeit und der Souveränetät der Einzelstaaten bezeichnet. Sie wurde aber auch wegen der Unentbehrlichkeit dieser Steuern und ihres weiteren Ausbaues für die wachsen­ den Bedürfnisse der Einzelstaaten verworfen. Die vom Reichstag selbst geforderte Wiedereinbringung der Erbanfallsteuer von 1909 hätte die damaligen Kämpfe wieder aufleben lassen, die das gesamte politische Leben schwer erschüttert hatten. Auch war die Mehrheit für jenen Beschluß keine große noch zuverlässige. Daher wurde nur für die Aufbringung der Mittel für den einmaligen Bedarf der mit dessen Ausnahmecharak­ ter zu rechtfertigende Weg einer einmaligen Abgabe von Gesamtvermögen gewählt, die nach ihrem speziellen Zweck als „Wehrbeitrag" charakterisiert wurde. Die Deckung des dauernden Mehrbedarfes entschieden sich die Regierungen dagegen in Höhe von 81 Mill. Mk. durch eine in die Form von veredelten Matrikularbeiträgen gekleidete einzelstaatliche Besitzbesteuerung, im übrigen durch Reichsstempelsteuern von Gesellschaften (28 Mill. Mk.) und von Versicherungen (36 Mill. Mk.) sowie durch eine Reform des Jntestaterbrechtes zugunsten des Staates (mit einem Reichsanteil von 15 Mill. Mk.) aufzubringen. Diese insgesamt 161 Mill. Mark würden sich mit Zunahme der Bevölkerung, des Wohlstandes und des Verkehrs allmählich auf die dau­ ernd erforderlichen 185 Mill. Mk. heben. Für die einen größeren Mehrbedarf erfordernde Übergangszeit bis zum 1. April 1918 sollten die gesetzlich vorgesehene Ermäßi­ gung der Zuckersteuer und der Besitzwechselabgabe von Grundstücken chinausgeschoben werden. Die Besitzbesteuerung war vorgesehen in der Form der Entrichtung von neuen Matrikularbeiträgen der Bundesstaaten an das Reich vom 1. April 1916 ab in Höhe von 1,25 Mk. pro Kopf der Bevölkerung. Als Maßstab ihrer Verteilung auf jene sollte der bei der

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Besttzsteuergesetz.

Veranlagung zum Wehrbeitrag sich ergebende Vermögensstand dienen, jedoch wegen der Veränderlichkeit der Vermögen vom ' Bundesrat periodisch nachgeprüft und anderweit festgestellt werden. Die Einzelstaaten sollten den auf sie entfallenden Anteil nur aufbringen dürfen durch eine landesgesetzlich zu regelnde allgemeine Besteuerung des Vermögens, des Einkommens oder der Erbschaften, allein oder nebeneinander, oder durch Er­ höhung bestehender derartiger Steuern. Dabei wurden einer allgemeinen Vermögenssteuer gleichgestellt Steu­ ern vom Grund- und Gebäudevermögen, vom Gewerbe und vom Kapitalvermögen, sofern sie in Verbindung miteinander erhoben würden. Ob eine Landesbesteue­ rung diesen Anforderungen genüge, ward der Entschei­ dung des Bundesrats Vorbehalten. Für den Fall, daß ein Staat eine solche Besteuerung nicht bis zum 1. April 1916 In Wirksamkeit setzen würde, war für sein Gebiet das von Reichs wegen erfolgende Inkrafttreten eines Besitzsteuergesetzes vorgesehen, das den gesamten Vermögenszuwachs zum Gegenstand einer periodi­ schen Besteuerung machte und dessen gesamter Ertrag an das Reich an Stelle des neuen Matrikularbeitrags abzuführen war. Auch bei etwaigem künftigen Wegfall einer jenen Anforderungen entsprechenden Landesbe­ steuerung sollte dieses Gesetz an deren Stelle treten. Auf diese Weise könne das Reich auf sicherere und dabei nur vom Besitz aufgebrachte Einnahmen rechnen, als bei einer unmittelbaren Reichsbesitzsteuer. Diese Vorschläge wurden zu Bestandteilen eines „Gesetzentwurfes über Änderungen im Finanzwesen" gemacht, der zugleich mit den übrigen Deckungsvor­ lagen dem Reichstage am 28. März 1913 vorgelegt wurde. Der Gedanke einer Besteuerung des Vermögens­ zuwachses entstammt der Zeit der Reichsfinanzreform von 1909 und hat zum Urheber den preußischen Land­ tagsabgeordneten von Dewitz, welcher vorschlug, der

A. Einleitung.

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als sozialpolitischen Ausgleich für die einseitige Ver­ brauchsbesteuerung geforderten Reichsbesitzsteuer diese Gestalt zu geben. In der damaligen Finanzkommission des Reichstags wurden ferner verschiedene Anträge eingebracht und durchberaten, die als Ergänzung der beabsichtigten Besteuerung des unverdienten Wertzu­ wachses an Grundstücken eine Besteuerung des Wert­ zuwachses am beweglichen Vermögen bezweckten. So­ dann wurde die Besteuerung des Vermögenszuwachses auch im Zusammenhänge mit dem gleichfalls von Herrn von Dewitz, aber auch von verschiedenen anderen Seiten (so besonders dem Direktor der Hamburgischen Hypothekenbank Bendixen, dem Bürgermeister Weißen­ born, Halberstadt, dem Oberverwaltungsgerichtsrat Mrozek) vertretenen Gedanken einer „Überflußbesteuerung" erörtert. Statt die durch Gesetz vom 26. Mai 1909 als provisorische eingeführten Zuschläge zur preußischen Einkommensteuer als definitive in das Steuergesetz hineinzuverarbeiten, sollte icine neue Steuer auf das „freie" Einkommen, d. h. auf den die Verwendung für den klassenmäßigen Lebensunterhalt übersteigenden Ein­ kommensteil, den „Überfluß", gelegt werden. Gegen alle diese Vorschläge erklärte sich sehr entschieden der preußische Finanzminister Lentze sowohl in den Land­ tagsverhandlungen als auch in einer „Denkschrift über die Vorschläge einer Vermögenszuwachs- oder Überfluß­ steuer". Der Gedanke einer solchen Steuer stand bei allen ihren 'Vertretern unter dem Gesichtspunkte einer besseren Berücksichtigung der subjektiven Leistungsfähigkeit des Einkommensteuerpflichtigen, wie sie namentlich durch das „Kinderprivileg" schon in die Wege geleitet ist. Da bei gleichem Einkommen die steuerliche Leistungs­ fähigkeit infolge der persönlichen Verhältnisse des Pflich­ tigen bekanntlich sehr verschieden sein kann, so müsse die Steuer nicht nur bei subjektiv geringer Leistungs-

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Besttzsteuergesetz.

fähigkeit erniedrigt, sondern fortan auch bei sub­ jektiv größerer Leistungsfähigkeit erhöht werden. Letzteres geschehe am besten durch eine besondere pro­ gressive Besteuerung des „Überflusses", der, richtig ver­ wendet, zum Zuwachse des werbenden Vermögens werde. Die Eventualvorlage der Regierungen machte sich nun zwar nicht diese Gedankengänge, wohl aber ihr Ergeb­ nis zunutze und gestaltete es noch erheblich weiter aus, indem nicht bloß das ersparte Einkommen, sondern schlechthin jede Art von Vermögenszuwachs, also dieser in seiner begrifflichen Gesamtheit, zum Steuerobjekt gemacht wurde (vgl. die möglichen und vorkommenden Arten des Vermögenszuwachses in Anm. 3 zu § 1 des Gesetzes). Die so gestaltete Steuer ist eine reine Ver­ mögenssteuer, da das Vermögen zu dem ihm in be­ stimmter Frist zugewachsenen Teile Steuerobjekt und zugleich Steuerbemessungsgrundlage ist, während die „Überflußsteuer", ähnlich wie die preußische „Ergän­ zungssteuer", nur eine besondere Art der Einkommens­ besteuerung darstellen würde. Doch gestattet auch, jene sehr Wohl eine ausgiebige Berücksichtigung der per­ sönlichen Verhältnisse des Pflichtigen (vgl. z. B. § 27 des Gesetzes). Daß dem Reiche das verfassungsmäßige Recht der Erhebung direkter Steuern zusteht, stand dabei außer Zweifel. Der Beaufsichtigung wie der Gesetzgebung des Reiches unterliegen nach Art. 4 Ziff. 2 der Reichsver­ fassung „die Zoll- und Handelsgesetzgebung und die für die Zwecke des Reiches zu verwendenden Steuern", letztere also ohne jede Einschränkung. Die Einzelstaaten haben ihr Recht der Steuergesetzgebung daneben be­ halten, soweit diese nicht nach Art. 35 in Beziehung auf die dort genannten Steuergebiete (Zollwesen und gewisse Verbrauchssteuern) dem Reiche ausschließ­ lich Vorbehalten worden ist. Die mit dem 1. April 1904 erfolgte Beseitigung der Worte „solange Reichssteuern

A. Einleitung.

S

nicht eingeführt find" im zweiten Satz des Art. 70 Abs. 1 hatte nur die Bedeutung, die ursprünglich als bloß provisorische eingeführten Matrikularbeiträge der Einzelstaaten zu einer dauernden Einrichtung zu machen. Endlich hat das Reich mit der Steuer auf die Aufsichts­ ratsvergütungen vom 3. Juni 1906 zum ersten Male eine direkte Reichssteuer eingeführt, die sich als Steuer .auf eine besondere Einkommensart in Stempelform darstellt. Die Kompetenz des Reiches konkurriert also aus allen außerhalb des Bereichs des Art. 35 liegenden Steuergebieten mit denjenigen der Einzelstaaten, jedoch so, daß, wie nach Art. 2 der Reichsversassung alle Reichsgesetze den.Landesgesetzen, so auch die -Reichssteuer?gesetze den Landessteuergesetzen vorgehen. Wie weit das Reich in die Steuergesetzgebungssphäre der Einzel­ staaten eingreifen will, ist sonach Sache Verfassungs­ und finanzpolitischer, nicht rechtlicher Erwägungen. Daß das Reich sich bis 1906 auf indirekte Steuern be­ schränkt hat, war nur eine aus Zweckmäßigkeitsgründen hervorgegangene Praxis, die erstmalig offen mit der Bergütungsstener von Aufsichtsratsmitgliedern und in äußerlich verhüllter Form durch die ihrem Wesen nach ebenfalls direkte gleichzeitige 'Reichserbschaftssteuer, so­ dann weiterhin in gleichartiger Form durch die Talon-, die Zuwachs- und die Emissionsstempel-Steuer verlassen wurde. Die Unbestimmtheit der dem Sprachgebrauche des Lebens, nicht wissenschaftlicher Unterscheidung ange­ hörenden Begriffe „direkte"' und „indirekte Steuer"" war diesem Übergänge sehr förderlich. Der Reichstag nahm die erste Lesung der Deckungs­ vorlagen vom 9.—12. April 1913 vor und verwies sie darauf an die Kommission für den Reichshaushaltsetat, die unter dem Vorsitze des Abg. Spahn den Gesetzent­ wurf über Änderungen im Finanzwesen vom 13. bis 20. Juni einer ersten und am 24. Juni einer zweiten Lesung unterzog. Auf Grund des gedruckten Kommis-

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Besitzsteuergesey.

sionsberichtes (Berichterstatter: Abg. Dr. Südekum) er­ folgte im Plenum die zweite Lesung am 27., die ent­ scheidende dritte am 28. und 30. Juni. Die Annahme des aus diesem Entwürfe als selbständiges Gesetz aus­ geschiedenen Besitzsteuergesetzes geschah mit 280 gegen 63 Stimmen (der rechten Seite) bei 29 Stimmenenthal­ tungen (der Polen und Elsaß-Lothringer). In diesen Beratungen fand die Besitzbesteuerung durch das Medium der Matrikularbeiträge nur auf der rechten Seite Zustimmung. Von allen andeven ward gegen sie eingewendet, daß dieser Modus viel tiefer und zerstörender in die finanzielle Selbständigkeit der Einzelstaaten eingreife als eine direkte Reichssteuer. Zudem werde durch ihn die ganze Deckungsfrage auf deren Schultern abgewälzt, was die Verlegung des Steuerkampfes in die Landtage und damit seine Ver­ vielfachung nach sich ziehe. Das Reich werde dadurch wieder in zunehmendem statt in abnehmendem Maße Kostgänger der Einzelstaaten. Die Aufbringung der einzelstaatlichen Anteile werde in ganz verschiedenen Arten erfolgen, die einzelstaatliche Steuerlast ganz ver­ schieden erhöht, die soziale Tendenz der Reichsbesteue­ rung ganz verschieden zur Geltung gebracht werden. Daraus erwachse die Notwendigkeit einer Kontrolle des Reichstags über die Landesbesteuerung, die sich jn der Praxis sehr unangenehm fühlbar machen werde. Durch die Einbringung und Empfehlung der Eventualvorlage hätten aber die Regierungen sich überhaupt des Rechtes grundsätzlicher Einwendungen gegen eine unmittelbare Reichsbesitzsteuer begeben. Speziell gegen die Besteue­ rung des Vermögenszuwachses wurden die Unvermeid­ lichkeit eines allzu peinlichen Eindringens in die Ver­ hältnisse der Pflichtigen sowie die Wirkungen einer er­ heblichen Erschwerung der Kapitalbildung und der Be­ strafung des Sparsinnes geltend gemacht. Den Geg­ nern der Besteuerung des Kindeserbes war sie auch des-

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halb unsympathisch, weil sie eine solche in sich schloß. Auch wurden die Steuersätze zu hoch und die steuer­ freie Grenze zu niedrig befunden. Trotzdem ward bei der Entscheidung zwar die Besteuerung im Wege der neuen Matrikularbeiträge abgelehnt, dagegen die in der Vorlage nur als eventuelle eingefügte Vermögens­ zuwachssteuer zu der direkten und allgemeinen Besitz st euer gemacht, welche das Reichsgesetz vom 14. Juni 1912 als sozialpolitischen Einschlag in das Neichssteuersystem gefordert hatte. Diese Lösung erschien trotz jener Bedenken in wich­ tigen Hinsichten als die beste. Zunächst glaubte man dadurch den Streit um die Besteuerung des Kindes­ erbes endgültig und in einer beiden Teilen gerecht werdenden Weise beigelegt. Sodann verband sich mit ihr der Vorteil, die erstrebte fortdauernde Besitzbesteuerung in sachliche wie auch in steuertechnische Über­ einstimmung zu bringen mit dem eine einmalige Be­ sitzbesteuerung verkörpernden Wehrbeitrage. Sachliche, sofern nach der starken einmaligen Erfassung des Ver­ mögens selbst, durch den Wehrbeitrag, nun auch noch sein künftiger Zuwachs steuerlich erfaßt wird; steuertechnische, sofern die zur Durchführung des Wehrbei­ trags vorzunehmende allgemeine Vermögensstandermit­ telung die Unterlage und den Ausgangspunkt für die Zuwachsbesteuerung bilden konnte. Ferner kam wesent­ lich in Betracht, daß mit der periodischen Besteuerung des gesamten Vermögenszuwachses eine ganz neue, weder im Reiche noch in irgendeinem deutschen Staate bisher nutzbar gemachte Steuerquelle erschlossen ward. Ihre Nutzbarmachung durch das Reich tut der Aus­ nutzung und Weiterbildung der direkten Besteuerung seitens der Einzelstaaten keinerlei erheblichen Abbruch. Denn sie trifft den Steuerpflichtigen nur, wenn und soweit ein gewisser Vermögenszuwachs vorhanden ist, auf dessen steuerliche Nutzbarmachung sie sich beschränkt.

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Besttzsteuergesetz.

Die alljährlich erhobenen staatlichen Einkommen- und Vermögenssteuern gehen also neben ihr ruhig weiter einher und werden unmittelbar von ihr gar nicht, mittelbar höchstens durch eine im ganzen schwerlich be­ deutende Ertragsminderung betroffen. Sie bot daher den großen und eigenartigen Vorzug, dem Reiche den Vermögensbesitz als Steuerobjekt zu erschließen, ohne dabei die direkte Besteuerung zum Zankapfel zwischen Reich und Einzelstaaten werden zu lassen. Zugleich durfte man von dieser neuen Steuer hoffen, daß sie durch die Zunahme des Wohlstandes mit der Zeit steigende Er­ träge abwerfen werde, im Vertrauen auf welche man schon jetzt die Beseitigung des bei Industrie und Handel sehr unbeliebten Scheckstempels gesetzlich in Aussicht nehmen könnte. Diese wurde dann auch auf den 31. De­ zember 1916 .festgesetzt (ihre endgültige Aushebung er­ folgte späterhin zum 30. September 1916). An der Vermögenszuwachssteuer war auch besonders sympathisch, daß sie endlich einmal eine Steuer war, die keine Gegensätze zwischen Landwirtschaft und Industrie, unbeweglichem Vermögen und beweglichem Kapital, Stadt und Land hervorrief oder verschärfte, da bei ihr das Gesamtvermögen und sein Zuwachs die steuerliche Einheit bilden. Schließlich war auf dem Boden der Be­ steuerung des Vermögenszuwachses eine ansehnliche Mehrheit für die endliche Einführung der allgemeinen Besitzsteuer zusammenzubringen. Für eine jährliche Be­ steuerung des Gesamtvermögens von Reichs wegen wäre zwar eine knappe Mehrheit im Reichstage, nicht aber die Zustimmung der Regierungen zu erlangen gewesen. Die Vorlage erfuhr dabei zwar keine grundlegen­ den Abänderungen, aber doch wichtige, besonders im Ausmaß der Steuerlast. Der zweijährige Zeitraum für die Feststellung des Zuwachses wie für die Entrichtung der Steuer ward auf drei Jahre, die Grenze der Steuer­ pflicht für den Zuwachs von 2000 auf 10000 Mk. und

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für das Vermögen selbst von 6000 auf 20000 Mk., bedingungsweise sogar auf 30 000 Mk., erhöht. Diese den erhofften Steuerertrag um 20 Mill. Mk. kürzenden Heraufsetzungen sollten dem Bedenken Rechnung tragen, daß die Steuer den Fleiß und den Sparsinn, besonders des Mittelstandes, gefährde, und daß realiserter Wert­ zuwachs so gut wie Ersparnisse oft ohne Schuld des Besitzers wieder verloren gehe. Dafür wurde jedoch unter Verkürzung der Skala eine schärfere Staffelung sowohl des steuerpflichtigen Zuwachses wie der ihn treffenden Steuersätze bis zu der beibehaltenen Ober­ grenze von iy2 v. H. für Zuwachs von mehr als 1 Mill. Mk. eingeführt. Andere Änderungen brachten die Steuer in möglichste sachliche Übereinstimmung mit dem Wehrbeitrage, besonders durch Zugrundelegung des für diesen maßgebenden 1. Januar 1914 auch für den Wert des zuwachssteuerpflichtigen Vermögens. Ab­ gelehnt ward dagegen ein konservativer Antrag, das Kindeserbe auszuschließen von der Besteuerung des Ver­ mögenszuwachses, mit 208 gegen 150 Stimmen bei 10 Stimmenenthaltungen. Den Ertrag des vom Reichstag abgeänderten Ge­ setzes schätzte die Regierung auf brutto rund 101 Mill. Mk., netto zunächst 90 und im Beharrungszustande 95 Mill. Mk. Von jenen 101 Mill. Mk. rechnete man auf den Zu­ wachs durch eigenen Erwerb 59,5 Mill., auf den durch Erwerb von Todes wegen 41,5 Mill. Mk. Zugleich mit dem Gesetze nahm der Reichstag einen Beschluß derselben Kommission an, den Reichskanzler zu ersuchen, zur Vermeidung überflüssiger, kostspieliger und widerspruchsvoller Schätzungen darauf hinzuwirken, daß die Ergebnisse der bei der Veranlagung zum Wehr­ beitrag und zur Besitzsteuer vorgenommenen Schätzun­ gen auch für andere öffentlich-rechtliche, insbesondere steuerliche Zwecke Verwendung finden.

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Besttzsteuergesetz.

Was das Verhältnis des Besitzsteuerge­ setzes zum (Grundwert-)Zuwachssteuergesetz vom 14. Februar 1911 betrifft, so wollte die Regierungsvorlage die beiden Gesetze dergestalt in die notwendige Übereinstimmung bringen, daß die Grund­ wert-Zuwachssteuer zwar aufrechterhalten, die dadurch bewirkte Vorausbelastung des Grundbesitzes aber aus Billigkeitsrücksichten innerhalb der Besitzsteuer erheblich abgeschwächt werden sollte. Die Vorausbelastung des unverdienten Wertzuwachses bei Grundstücken ward damit gerechtfertigt, daß diese Wertsteigerung im wesentlichen ohne Zutun des Besitzers gerade infolge von Maß­ nahmen der Allgemeinheit, durch die Zunahme der Be­ völkerung und aus ähnlichen, in dem durch die Rechts­ ordnungen geregelten und geschützten Zusammenleben der Menschen liegenden Gründen entstanden sei. Zur Vermeidung von Härten sollte aber der Besitzsteuerpflich­ tige, der ein Grundstück innerhalb des Veranlagungs­ zeitraums veräußert hätte, von seinem festgestellten Vermögenszuwachse den Betrag einer nach dem Zu­ wachssteuergesetz vom 14. Februar 1911 berechneten und steuerpflichtigen Grundstückswertsteigerung, abzüg­ lich der dafür erhobenen Zuwachssteuer, abrechnen dürfen. Die dadurch dem Reiche erwachsende Mindereinnahme ward auf nur 3—4 Mill. Mk. geschätzt. Außerdem sollte bei der Feststellung des Wertes von Grundstücken auf Antrag des Pflichtigen an die Stelle des gemeinen Wertes der Betrag der nachgewiesenen oder glaubhaft gemachten Gestehungskosten treten. Die Gegner der Grundwert-Zuwachssteuer im Reichstage wollten dagegen diese gänzlich beseitigt wissen, wozu die Gelegenheit günstig schien. Nach einem Anträge Schiffer-v. Payer sollte sie mit dem 31. Dezember 1916 außer Kraft treten und die Einführung kommunaler Zuwachssteuerordnun­ gen der staatlichen Genehmigung bedürfen. Schließlich einigte man sich über einen Antrag der liberalen Par-

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teien auf Aufhebung des Reichsanteils von 50 v. H. an der Zuwachssteuer unter Forterhebung des Anteils der Gemeinden von 40 v. H. und desjenigen der Einzel­ staaten von 10 v. H., verbunden mit Erleichterungen für die bis zum 1. April 1915 entschädigungsberechtigten Gemeinden, doch mit der Maßgabe, daß durch Landes­ gesetz wie durch Ortssatzung eine andere Regelung der Zuwachsbesteuerung getroffen werden kann (§ 1 Abs. 3—5 des Gesetzes über Änderungen im Finanzwesen vom 3. Juli 1913). Auch ward eine Resolution auf Vor­ legung eines (bisher noch nicht eingebrachten) Gesetz­ entwurfes angenommen, der die Voraussetzungen regeln soll, unter denen den Gemeinden und Gemeindeverbän­ den mit Genehmigung ihrer Landesregierung die Er­ hebung einer Steuer auf den beim Grundstücksverkehr sich ergebenden Wertzuwachs gestattet sein soll. Die in der Regierungsvorlage (§ 17) vorgesehene Regelung des gegenseitigen Verhältnisses beider Steuern ward dagegen gestrichen, übernommen jedoch die Zugrunde­ legung der Gestehungskosten für die Feststellung der Grundstückswerte auf Antrag der Besitzsteuerpflichtigen (§ 30 Abs. 1 des Gesetzes; vgl. Anm. 4 dazu). Nach erteilter Zustimmung des Bundesrats erfolgte die Ausfertigung des Besitzsteuergesetzes zugleich mit derjenigen der übrigen Deckungsgesetze am 3. Juli 1913, seine Verkündigung im Reichsgesetzblatt (S. 524) am 12. Juli 1913. Es trat gemäß Art. 2 der Reichsversassung am 14. Tage nach dem Tage des Erscheinens des betreffenden Stückes (Nr. 41) des Neichsgesetzblattes, also am 26. Juli 1913 in Kraft. Die Ausführungsbe­ stimmungen des Bundesrats für das Reich sind unter dem 30. November 1916 ergangen. Seine erstmalige Anwendung wird das Gesetz gemäß § 18 durch Feststel­ lung des ersten steuerpflichtigen Vermögenszuwachses zum 1. April 1917 für den in der Zeit vom 1. Januar 1914 bis zum 31. Dezember 1916 entstandenen Zuwachs

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Besttzsteuergesetz.

finden, wobei als Wert, den das steuerbare Vermögen am 1. Januar 1914 hatte, das nach dem Wehrbeitrags­ gesetz zum gleichen Termin festgestellte Vermögen zu gelten hat. Die seither eingetretenen besonderen Verhältnisse der Kriegszeit führten zu der Forderung einer ausgiebi­ gen Besteuerung der „Kriegsgewinne" aus Gründen sowohl der Gerechtigkeit als der finanzpolitischen Zweck­ mäßigkeit. Sie ist verwirklicht worden durch das Kriegs­ steuergesetz vom 21. Juni 1916, welches alle besitzsteuerpflichtigen Personen, deren Vermögen am 31. Dezem­ ber 1916 gegen den Stand zu Beginn des — im Sinne des Besitzsteuergesetzes zu verstehenden — Veranlagungs­ zeitraums einen Zuwachs oder keine Verminderung um mindestens 10 v. H. erfahren hat, einer außer­ ordentlichen Kriegsabgabe zugunsten des Reichs unter­ wirft. Dieses Gesetz ist auf dem Besitzsteuergesetze auf­ gebaut, dessen Grundgedanken es sich insofern zu eigen gemacht hat, als es den während der Kriegszeit bis zum genannten Zeitpunkte entstandenen Vermögens­ zuwachs zum Steuerobjekt macht. Es sieht in diesem einen „Kriegsgewinn", der eine Sonderbesteuerung aus dem sozialethischen Gesichtspunkte verdient, daß sein Empfänger „aus den durch den Krieg herbeigeführten oder beeinflußten besonderen Verhältnissen der volks­ wirtschaftlichen Gütererzeugung oder des Güterumsatzes unmittelbar oder mittelbar Nutzen zu ziehen in der Lage war". Das Kriegssteuergesetz lehnt sich daher so­ wohl in seinen grundlegenden Bestimmungen (§§ 1—5) als auch in mannigfachen Einzelheiten der Ausgestaltung eng an das Besitzsteuergesetz an, verbindet jedoch — im Gegensatz zu diesem — mit der Steuerpflicht der Einzelpersonen diejenige der Gesellschaften, die ja der Natur der Sache nach an der Erzielung von Kriegsge­ winn besonders stark beteiligt sind. Es hat aber auch bas Besitzsteuergesetz an verschiedenen Stellen (§§ 20,

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21, 30 und 77 desselben) ab geändert, teils um gewisse Unstimmigkeiten zwischen diesem und dem Wehrbei­ traggesetze zu verhüten, teils zur Verbesserung von Ver­ fahrensvorschriften. Das nähere darüber findet sich bei den einzelnen Paragraphen angeführt. Der dem Besitz­ steuergesetze zugrunde liegende Gedanke der Besteuerung des Vermögenszuwachses hat dadurch .eine bedeutsame Fortentwicklung erfahren, die vermuten läßt, daß auch bei der notwendigen organischen Neugestaltung der Reichsfinanzen nach dem Friedensschlüsse dieses Prin­ zip noch eine wichtige Nolle zu spielen berufen sein wird.

Für die Wertermittelung bei der Vermögensfest­ stellung bedurfte es sowohl beim Besitzsteuergesetz (§8 29, 34) als beim Kriegssteuergesetz in Ansehung der Wert­ papiere, da der offizielle Börsenverkehr durch die mit Kriegsbeginn verfügte amtliche Schließung der deutschen Börsen aufgehört hat, einer besonderen gesetz­ lichen Anordnung, um sie möglich zu machen. Solche ist ergangen in Gestalt des im Anhang wiedergegebenen Reichsgesetzes vom 9. November 1916 über die Festsetzung von Kursen der zum Börsenhandel zugelassenen Wert­ papiere. Danach kann der Bundesrat für die Veran­ lagung beider Steuern die Kurse der zum Börsenhandel zugelassenen Wertpapiere auf den 31. Dezember 1916 festsetzen. Diese Kurse treten an die Stelle der Börsen­ kurse. Eine vorläufige Feststellung kann durch den Reichs­ kanzler nach Anhörung der Börsenvorstände erfolgen. Die endgültige ist, soweit sie davon abweicht, bis späte­ stens zum 15. Januar 1917 bekannt zu geben. Schließlich sei noch bemerkt, daß der Bundesrat am 25. April 1914 eine auch für die Durchführung und weitere Entwicklung der Besitzsteuer wichtige Wehr­ beitragsstatistik beschlossen hat. Danach haben die Veranlagungsbehörden für ihren Bezirk Übersichten der Ergebnisse aufzustellen und diese zu einem von der oberKvppe, Bentzfteuer^esey.

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Besitzsteuergesey.

sten Landesfinanzbehörde zu bestimmenden Termin an die Oberbehörde einzusenden. Diese stellen die Endzahlen der Übersichten zu Hauptübersichten zusammen und sen­ den diese bis zum 1. April 1915 an das Kaiserliche Statistische Amt ein. Das Statistische Amt fertigt auf Grund der Übersichten Zusammenstellungen an. Die Veranlagung zum Wehrbeitrag wird verwendet werden, um eine amtliche Vermögens st ati st ik für das ganze Deutsche Reich mit eingehender Gliederung zu schaffen, da zuverlässige Angaben über das Volks­ vermögen für die Erkenntnis und Beurteilung der wirt­ schaftlichen, sozialen und sonstigen Verhältnisse von großer Bedeutung sind.

B.

Übersicht über den Gesetzesinhalt. Die sachliche Gliederung des Gesetzes ergibt sich aus der nachfolgenden Übersicht seines Inhaltes: Steuerpflicht: §§ 1—17. Feststellung des Vermögenszuwachses, Veranlagungs­ und Erhebungszeitraum: §§ 18—24. Steuersätze: §§ 25—27. Wertermittlung: §§ 28—47. Zuständigkeit für Veranlagung und Erhebung der Besitzsteuer: §§ 48—50. Personenstandsaufnahme: § 51. Besitzsteuererklärung: §§ 52—64. Besitzsteuer- und Feststellungsbescheid: § 65. Rechtsmittel: §§ 66—69. Fälligkeit der Steuer: "§§ 70—74. Verjährung § 75. Strafvorschriften: §§ 76—84. Kosten: § 85. Schlußvorschriften: §§ 86—88.

c. Besitzsteuergesetz. Vom 3. Juli 1913. (RGBl. S. 524).

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen usw., verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrats und des Reichstags, was folgt: Steuerpflicht.

§ 1.

Von dem Vermögenszuwachs wird für das Reich nach den Vorschriften dieses Gesetzes eine Abgabe (Besitzsteuer) erhoben. 1. Die Besitzsteuer ist eine direkte Reichssteuer auf den Vermögenszuwachs. Ihr Gegenstand ist also, trotz der allgemeinen Bezeichnung „Besitzsteuer", nicht der Ver­ mögensbesitz als solcher noch auch das Vermögen als Ertragsquelle, sondern nur der in bestimmten Zeit­ abschnitten eingetretene Vermögenszuwachs, wie er sich ergibt aus der Vergleichung des Gesamt­ vermögensstandes des Steuerpflichtigen zu Be­ ginn und zu Ende eines jeden solchen Zeitabschnitts. Der erste dieser Zeitabschnitte ist der vom 1. Januar 1914 bis 31. Dezember 1916, die nächsten sind je die

§ i.

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drei folgenden Kalenderjahre. Steuerobjekt ist also der in diesen dreijährigen Perioden eingetretene und nach ihrem Ablauf jeweilig neu zu ermittelnde VermögensWertzuwachs. Das ist der Betrag, um den sich der Ge­ samtwert des Vermögens einer natürlichen Person in diesem Zeitraum erhöht hat, soweit er die steuerfreie Grenze von 10000 Mk. (§ 12) übersteigt. 2. Die Besitzsteuer ist also ihrem Inhalte und Wesen nach eine allgemeine Vermögenszuwachs­ steuer. Getragen werden soll sie aus dem Vermögens­ zuwachse selbst, den sie belastet. Daß dies die Absicht des Gesetzes sei, wurde bei der zweiten Lesung im Pleliiim des Reichstags (bei Beratung des auf einen An­ trag des Abg. Zehnter eingefügten § 17) von mehreren Seiten unwidersprochen festgestellt. Die Steuer soll aus der Substanz des zugewachsenen Vermögens entrichtet werden, nicht aus dessen laufendem Ertrage. Sie ist also keine „nominelle" oder „formale" Vermögenssteuer, wie die von verschiedenen deutschen Staaten nachgebil­ dete preußische Ergänzungssteuer, die nur eine stärkere Heranziehung des aus Vermögensbesitz fließenden Ein­ kommens (irrt Gegensatz zum Arbeitseinkommen) be­ zweckt, und daher das Vermögen zum Maßstab einer aus dem Einkommen zu tragenden Besteuerung nimmt. Sie ist vielmehr eine „reelle" oder „materielle" Ver­ mögenssteuer, nur daß sie sich darauf beschränkt, den periodischen Zuwachs der Vermögenssubstanz zu er­ fassen unb zu belasten. Das Gesamtvermögen wird bei ihr nur zu dem Zwecke ermittelt, um durch Vergleichung des Standes, den es zu Beginn, mit demjenigen, den es zu Ende einer jeden derartigen Steuerperiode hat, in dem Unterschiede den steuerpflichtigen Vermögens­ zuwachs zu ermitteln. Den Charakter einer reellen Vermögensabgabe teilt die Besitzsteuer mit dem Wehr­ beitrage, der jedoch nur eine einmalige, außerordentliche und überdies aus der Substanz des Gesamtvermögens zu tragende Abgabe ist. Natürlich schließt diese Absicht des Gesetzgebers aber nicht aus, daß der Steuerpflichtige, sofern seine Einkommensverhältnisse es ihm gestatten, es vorzieht, die Steuer aus seinem Einkommen zu be-

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Besitzsteuergesetz.

streiten. Es toirb dies vielmehr, da die Sätze der Besitz­ steuer sich in sehr mäßigen Grenzen (%—2y2 v. H. des steuerpflichtigen Zuwachses, § 25) halten, häufig der Fall sein. Privatwirtschaftlich, vom Standpunkte des Steuerpflichtigen, ist dieser Weg, wo er gangbar ist, vorzuziehen, da der Gesamtvermögensstamm dabei un­ geschmälert bleibt und mithin ein unverkürztes Ein­ kommen abwirft. Dieser Weg der Steueraufbringung gereicht aber auch der Volkswirtschaft zum Vorteil, da der Kapitalbildungsprozeß dadurch ungestört verläuft und das Volksvermögen rascher zunimmt. Beim Wehr­ beitrage liegt, soweit er vom Vermögen erhoben wird, die Frage der Steuerquelle, aus der die Abgabe zu tragen, ganz ebenso. Sonach ergibt sich, daß von dem zweifellosen (und für sein Verhältnis zu dritten Per­ sonen vielfach sehr wichtigen) Rechte des Besitzsteuer­ pflichtigen, die Steuer aus dem Vermögenszuwachse zu tragen, durchaus verschieden ist, der Frage der wirt­ schaftlichen Zweckmäßigkeit, aus welcher der beiden dafür in Betracht kommenden Quellen, der Substanz des Ver­ mögenszuwachses oder dem Einkommen, er die Steuer am vorteilhaftesten entrichtet. Diese Frage ist natur­ gemäß stets eine solche des Einzelfalls und der wirt­ schaftlichen Gesamtlage des Pflichtigen. 3. Der den Gegenstand der Besitzsteuer bildende Ver­ mögenszuwachs erscheint privatwirtschaftlich als Ver­ mögenserwerb und ist im weitesten Sinne zu ver­ stehen. Seiner Natur nach umfaßt er: 1. Den Vermögenserwerb auf Grund von Rechts­ titeln, die dem Erbrecht angehören, sowie auf Grund von unentgeltlichen Zuwendungen unter Lebenden, doch mit ausdrücklichem Ausschluß alles dessen, was der überlebende Ehegatte von vorversterbenden erbt (§ 15); 2. den Vermögenserwerb durch Spekulationsgewinne und infolge sonstiger Glückszufälle (z. B. Lotterie­ gewinne) ; 3. die Erhöhung des Vermögenswertes durch eine Wertsteigerung einzelner Vermögensgegenstände, z. B.

Grundstücke, Wertpapiere (Konjunkturgewinne, Wert­ zuwachs im engeren Sinne); 4. die Vermögensbildung aus erspartem Einkommen.

4.

Es ist gleich, ob der Bermögenserwerb ein durch Arbeit oder sonstwie verdienter oder ein unverdienter ist. Die Steuer schließt also auch eine Besteuerung des Erbschafts- und Schenkungscrwerbes ein, entsprechend ihrem (oben in der Einleitung näher dargelegten) Charakter als allgemeine Besitzsteuer. Denn da das gesamte Vermögen einer jeden natürlichen Person sich einmal vererbt, so wird Äles Vermögen mit der Zeit dieser Steuer unterworfen. Sie ergreift also auch das­ jenige Vermögen, das bereits der Besteuerung durch das Reichserbschaftssteuergesetz vom 3. Juni 1906 unter­ liegt. Das Kindeserbe, das von dieser letzteren aus­ geschlossen ist, wird mithin hier bei Gelegenheit der allgemeinen Besteuerung des Vermögenszuwachses reichs­ steuerpflichtig gemacht, jedoch in wesentlich milderer Form als durch eine etwaige Erstreckung der Reichserb­ schaftssteuer auf die Abkömmlinge (näheres darüber siehe in der Anm. zu § 27 Abs. 2). Andrerseits unter­ liegt alles Erbe, das nicht Kindeserbe ist, fortan einer doppelten Reichsbesteuerung, nämlich sowohl der Reichs­ erbschaftssteuer als der Reichsbesitzsteuer. Diese Dop­ pelbesteuerung ist eine gewollte, da solcher Erwerb im allgemeinen den Charakter eines Glückszufalles hat.

5. Steuerfrei bleiben aber alle Vermögen, die den Gesamtwert von 20000 Mk. nicht übersteigen, während solche über 20 000 Mk., aber nicht über 30000 Mk., nur in beschränktem Umfang steuerpflichtig sind (§ 13). „Ver­ mögen" ist immer nur das reine, d. h. nach Abzug der Schulden verbleibende Vermögen. Über seine Bestand­ teile siehe § 2. „Vermögenszuwachs" ist daher der Unterschied zwischen dem reinen Werte des Gesamt­ vermögens am Ende des dreijährigen Veranlagungszeit­ raums und dem reinen Werte am Anfang dieses Zeit­ raums. 6. Von der Besitzsteuer wird ein und dasselbe Ver­ mögen nur einmal zugunsten des Reiches besteuert.

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Besitzsteuerqesetz.

Hat ein Vermögen infolge eingetretener Vermehrung einmal der Zuwachsbesteuerung unterlegen, so ist es in dieser Höhe, solange es sich in der Hand des­ selben Vermögensinhabers befindet, dauernd von der Zuwachssteuer befreit. Erst wenn es durch neuen Zu­ wachs seine Größe wiederum verändert hat, unterliegt es in Höhe des durch die Vergleichung des zuletzt er­ mittelten und des jetzigen reinen Vermögenswertes (§ 18) festgestellten und die steuerfreie Grenze von 10000 Mk. übersteigenden Wertzuwachses einer neuen Besteuerung. 7. Der Ertrag der Besitzsteuer fließt dem Reiche zu, doch erhalten die Bundesstaaten, da ihnen die Verwal­ tung dieser Steuer übertragen ist (§ 48), für ihre erste Veranlagung und Erhebung 10, später 5 v. H. ihrer Roheinnahmen. Die Steuerpflicht der besitzsteuerpflich­ tigen Personen besteht daher gegenüber dem Staate. Vorbemerkungen zu den §§ 2—10.

Das „Vermögen" als Steuerquelle wird in den §§ 2—10 näher bestimmt. Es wird darin erschöpfend aufgeführt, was unter diesen Begriff fällt, so daß also, was daselbst nicht aufgeführt, der Besitzsteuer nicht unter­ liegt. Gleichgültig ist dagegen, ob die aufgeführten Vermögensbestandteile einen Ertrag geben oder zu geben vermögen oder nicht. Die Ertragsfähigkeit kann also zwar für die Wertermittelung von Bedeutung sein, ist aber keine begriffliche Voraussetzung des besitzsteuer-Pflichtigen Vermögens. Auch ertragloses Vermögen unter­ liegt daher dieser Steuer, sofern es nicht unter die in § 8 ausgenommenen beweglichen körperlichen Gegen­ stände fällt, also z. B. Bauplätze, Ödland oder Park­ anlagen. Bei dieser näheren Bestimmung des steuerpflichtigen Vermögens sind die §§ 2, 3, 4, 6, 8, 9 und 10 Abs. 1 und 2 wörtlich, § 7 wörtlich mit einem kurzen Zusatz, die §§ 5 und 10 Abs. 3 dem Sinne nach gleichlautend, den entsprechenden Bestimmungen des Wehrbeitrag­ gesetzes (§§ 2—7, 8 Abs. 1, 9) nachgebildet. Maßgebend

für diese Übereinstimmung ist, daß bei der erstmaligen Veranlagung zum Besitzsteuergesetz als Wert des steuer­ baren Vermögens am 1. Januar 1914 (der dem Werte desselben Vermögens am 31. Dezember 1916 zur Ver­ gleichung gegenüberzustellen ist) zufolge § 20 das nach dem Wehrbeitragsgesetze festgestellte Vermögen zu gel­ ten hat. Eine möglichst sachliche Übereinstimmung in den Grundsätzen der Feststellung des am 1. Januar 1914 und des am 31. Dezember 1916 vorhandenen Vermögens mußte daher zur Erleichterung dieser ersten Veranla­ gung und damit auch der folgenden, sich auf ihr auf­ bauenden Veranlagungen geboten erscheinen. Diese Bestimmungen des Wehrbeitraggesetzes lehnen sich ihrerseits wieder eng an die entsprechenden Vor­ schriften des Preußischen Ergänzungssteuergesetzes vom an. In der Reichstagskommission hat der Berichterstatter feststellen zu sollen geglaubt, daß die Praxis, wie sie sich in Preußen bei der Anwendung des Ergänzungssteuergesetzes durch die Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts und durch die Ministerial­ anweisungen herausgebildet hat, auch für die Anwen­ dung des Wehrbeitraggesetzes maßgebend sei. Die Kom­ mentatoren des letzteren sind jedoch mit Recht darüber einig, daß diese Praxis nicht mehr als einen Anhalt für die Erforschung des gesetzgeberischen Willens bieten kann. Denn selbst höchstinstanzliche Gerichtsentscheidun­ gen, ebenso aber auch Ausführungsanweisungen der Verwaltungsbehörden, haben nicht die rechtliche Kraft eines Gesetzestextes. Auch kann bei der Verschiedenheit der Verhältnisse in den verschiedenen deutschen Staaten das, was für Preußen das richtige ist, nicht ohne wei­ teres auf die anderen angeweudet werden. Dazu kommt, daß das Wehrbeitragsgesetz selbst vielfach auf landes­ rechtliche Bestimmungen (bürgerlich-rechtliche, steuer­ rechtliche u. a.) Bezug nimmt, die in den einzelnen Staaten sehr verschieden sind. Für das Besitzsteuergesetz muß in dieser Hinsicht natürlich dasselbe gelten, so daß also auch für dieses Gesetz jene als Vorbild benutzten Vorschriften des Preußischen Ergänzungssteuergesetzes

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Befttzsteuergesetz.

nur als ein wenn auch wichtiges Auslegungsmaterial benutzbar sind.

§ 2. Als Vermögen im Sinne des § 1 gilt, soweit das Gesetz nichts anderes vorschreibt, das gesamte bewegliche und unbewegliche Vermögen nach Abzug der Schulden. Es umfaßt: 1. Grundstücke einschließlich des Zubehörs (Grund­ vermögen) ; 2. das dem Betriebe der Land- oder Forstwirtschaft, des Bergbaues oder eines Gewerbes dienende Vermögen (Betriebsvermögen); 3. das gesamte sonstige Vermögen, das nicht Grund­ oder Betriebsvermögen ist (Kapitalvermögen).

1. § 2 stimmt wörtlich überein mit WBG. § 2. 2. „Vermögen" ist das Gesamt-Reinvermögen des Pflichtigen. Seine Gliederung ist positiv speziali­ sierend in Ziff. 1 und 2, während nach der negativen Fassung der Ziff. 3 unter diese alles Vermögen, das nicht Grund- oder Betriebsvermögen ist, als „Kapital­ vermögen" fällt. „Soweit das Gesetz nichts anderes vorschretbt" bezieht sich auf die in den folgenden §§ 3—10 gegebenen näheren Bestimmungen, die gewisse Arten von Gegenständen und Rechten aus der Steuer­ pflicht ausscheiden und bei anderen feststellen, wer in Ansehung ihrer der Steuerpflichtige ist. 3. In manchen Fällen kann es wegen der Eigentums­ verhältnisse fraglich sein, auf wem die Steuerpflicht lastet. Im allgemeinen ist das Eigentumsrecht des Steuerpflichtigen an den Vermögensbestand­ teilen die Voraussetzung dafür, daß er mit ihnen besitz­ steuerpflichtig ist. (Dementsprechend ist im Gesetz des öfteren, z. B. in § 22, vom „steuerbaren Vermögen des Steuerpflichtigen" die Rede.) Doch steht nach einer Entscheidung des OVG. (Bd. 5 S. 222) der

8 2.

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„Eigenbesitzer", der die Sache als ihm gehörend besitzt (BGB. § 872), dem Eigentümer gleich. Dazu wird auch der Fall zu rechnen sein, daß jemand ein an ihn ver­ äußertes und ihm übergebenes, aber noch nicht aufge­ lassenes Grundstück zu eigen besitzt. Der mit einem noch nicht durch Aushändigung erledigten Sach Ver­ mächtnis belastete Erbe hat die Sache seinem Ver­ mögen zuzurechnen, kann aber die Pflicht zu ihrer Herausgabe als Schuld von diesem in Abzug bringen. Der Vermächtnisnehmer hat seinen Übereignungsan­ spruch seinem Kapitalvermögen (§ 6) zuzurechnen. Ist ein Erbe oder Vermächtnisnehmer mit einer Auflage (BGB. § 1940) belastet, so gibt dies dem, zu dessen Gunsten sie gemacht ist, kein Recht auf die Leistung, daher deren Wert seinem Vermögen nicht zuzurechnen ist. Der Vorerbe ist als Eigentümer der Erbmasse mit dieser besitzsteuerpflichtig, aber berechtigt, die Steuer aus ihr zu entrichten. Denn da die Besitzsteuer aus der Substanz des Vermögenszuwachses zu tragen ist (vgl. Anm. 2 zu § 1), so kann die Steuer als eine „auf den Stammwert der Erbschaftsgegenstände gelegte außer­ ordentliche Last" im Sinne des BGB. § 2126 angesehen werden. Es macht dabei keinen Unterschied, ob der Nacherbe auf die volle Substanz der Erbmasse oder nur auf den Überrest eingesetzt ist. Hat der Vorerbe die Besitzsteuer für die Erbmasse aus seinem eigenen Vermögen bestritten, so kann er gemäß BGB. §§ 2124 Abs. 2, 2126 vom Nacherben ihre Erstattung fordern. Dagegen kann der Nacherbe verlangen, daß an Besitz­ steuer aus der Erbmasse nur soviel entrichtet wird, als dieser letzteren infolge Wertvermehrung ihrer Substanz zur Last fällt, also nicht auch was an Besitzsteuer auf das eigene Vermögen des Vorerben entfällt. Beim Miteigentum mehrerer an einer Sache oder an einem Rechte nach Bruchteilen (BGB. §§ 1008 und 741) wird jedem Miteigentümer der Wert seines Bruchteils ange­ rechnet. Steht dagegen ein Vermögen mehreren zur gesamten Hand zu, so ist jedem Berechtigten sein Anteil an diesem Gesamtvermögen als Teil seines eigenen, besitzsteuerpflichtigen Vermögens zuzurechnen. Als Ge-

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Befltzsteuergesetz.

meinschaften zur gesamten Hand kommen namentlich in Betracht: Die Gesellschaften (vgl. über diese § 4 Abs. 2 nebst Anm.), die eheliche Gütergemeinschaft (BGB. §§ 1437 ff.) nebst der .fortgesetzten Gütergemeinschaft (BGB. §§ 1483 ff.) und die Erbengemeinschaft bei un­ geteiltem Nachlaß. Im letztgedachten Falle ist der Anteil jedes Erben am Nachlasse Bestandteil seines besitzsteuerpflichtigen Vermögens (entsprechend § 5 Ziff. 2 des PreußErgStG.). BayerVV. § 13 Abs. 1 und 2. 4. Über den gebundenen Besitz siehe § 9, über die Fälle der Nutznießung, einschließlich der familienrcchtlichen, § 17. 5. Zu den Grundstücken (Ziff. 1) gehören außer ihrer Substanz ihre „wesentlichen Bestandteile" (BGB. §§ 94—96), besonders also die darauf errichteten Ge­ bäude und die Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden Zusammenhängen, und ihr „Zubehör" (BGB. §§ 97, 98). Gehören Grundstücke oder grundstücks­ gleiche Rechte (§ 3) zu einem „Betriebsvermögen", so fallen sie nicht unter Ziff. 1, sondern unter Ziff. 2. Indessen ist das dem Betriebe der Land- oder Forstwirtschaft auf eigenen selbstbewirtschafteten Grund­ stücken und zugepachteten Grundstücken dienende Vermö­ gen mitsamt den Grundstücken zum Grundvermögen (Ziff. 1) zu rechnen, während die dem Betriebe des Bergbaus oder eines Gewerbes dienenden Grundstücke und grundstücksgleichen Berechtigungen (§ 3) unter das Betriebsvermögen (Ziff. 2) fallen (BundRAB. § 54 Abs. 2, siehe Anm. 9). H. Im Auslande belegenes Grund- und Betriebsver­ mögen gehört nicht zum steuerbaren Vermögen (§ 5). 7. Zur Landwirtschaft, deren Hauptteile Ackerbau und Viehzucht sind, gehören auch die landwirtschaftlichen Nebenbetriebe, wie landwirtschaftliche Brennereien, Brauereien, Zuckerfabriken, Ziegeleien, auch Jagd und Fischerei, ferner Garten-, Wein- und Obstbau. Der Be­ trieb der Gärtnerei ist jedoch landwirtschaftlicher nur dann, wenn die Bodenbewirtschaftung überwiegt, sonst gewerblicher (siehe Anm. 9).

8. Die unter Ziff. 2 genannten Betriebe können auf eigenem oder auch erpachtetem oder sonstigem fremden Boden stattfinden. 9. „Zum Grundvermögen (Spalte 3 der Besitz­ steuerliste) sind zu rechnen alle im Inland belegenen Grundstücke eines Steuerpflichtigen einschließlich der unter § 3 des Gesetzes fallenden Berechtigungen, soweit sie nicht dem Betrieb eines Bergbaues oder eines Ge­ werbes dienen, mit allem Zubehör. Zum Betriebs­ vermögen (Spalte 4 der Besitzsteuerliste) gehört das gesamte, dem inländischen Betriebe der Land- oder Forstwirtschaft, des Bergbaues oder eines Gewerbes dienende Vermögen eines Steuerpflichtigen. Das dem Betriebe der Land- oder Forstwirtschaft auf eigenen selbstbewirtschafteten Grundstücken und zugepachteten Grundstücken dienende Vermögen ist jedoch in Spalte 3, die dem Betriebe des Bergbaues oder eines Gewerbes dienenden Grundstücke und unter § 3 des Gesetzes fal­ lende Berechtigungen sind in Spalte 4 der Besitzsteuer­ liste nachzuweisen. Der Betrieb der Gärtnerei gilt, je nachdem die Bodenbewirtschaftung überwiegt oder nicht, als landwirtschaftlicher oder als gewerblicher Be­ trieb. Alles sonstige Vermögen eines Steuerpflichtigen ist als Kapitalvermögen in Spalte 5 der Besitz­ steuerliste aufzuführen" (BundRAB. § 54 Abs. 2—4).

§ 3. Den Grundstücken (§ 2 Nr. 1) stehen gleich Be­ rechtigungen, für welche die sich auf Grundstücke be­ ziehenden Vorschriften des bürgerlichen Rechts gelten. !♦ § 3 stimmt wörtlich überein mit WBG. § 3 und ist dem § 2 des ZuwachssteuerG. vom 14. Februar 1911 nachgebildet. 2. Unter „Vorschriften des bürgerlichen Rechts" sind solche des Reichs- und des Landesrechts zu verstehen. 3. Solche Berechtigungen sind namentlich a) nach Reichsrecht: Das Erbbaurecht (BGB. § 1012), das Erbpachtrecht mit Einschluß des Büdner- und

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Besitzsteuergesetz.

Häuslerrechts, soweit es landesgesetzlich besteht (EGzBGB. Art. 63); b) nach Landesrecht: Bergwerkseigentum, Wasserrechte, Schiffsmühlen-, Kohlenabbau-, Fischerei-, Fahr-, Apotheken-, Wirtschaftsgerechtigkeiten, Realgewerbe­ berechtigungen, Kuxe alten Rechts, Bahneinheiten, vererbliche und übertragbare Nutzungsrechte an Grundstücken (EGzBGB. Art. 65, 67, 68, 74, 112, 196). Vgl. die PreußAGzBGB. Art. 40 und zur Grundbuchordnung Art. 22, 27, 28 und das baye­ rische Gewerbegesetz vom 30. Januar 1868 Art. 7. Es ist nicht erforderlich, daß für sie ein Grundbuch­ blatt angelegt ist, wohl aber daß sie rechtliche Selbstän­ digkeit besitzen. Rechte, die mit dem Eigentum an einem Grundstück verbunden sind, wie Grunddienstbarkeiten, dingliche Vorkaufsrechte, Reallasten, z. T. auch Apo­ theken- und Schankgerechtigkeiten, gelten nach BGB. § 96 als Bestandteile dieses Grundstücks, entbehren also der rechtlichen Selbständigkeit.

§ 4. Zum Betriebsvermögen (§ 2 Nr. 2) gehören alle dem Unternehmen gewidmeten Gegenstände. Das Betriebsvermögen einer offenen Handels­ gesellschaft oder einer anderen Erwerbsgesellschaft, bei welcher der Gesellschafter als Unternehmer (Mit­ unternehmer) des Betriebs anzusehen ist, wird den einzelnen Teilhabern nach dem Verhältnis ihres Anteils zugerechnet. § 4 stimmt wörtlich überein mit WBG. § 4. Abs. 1. 1. „Gegenstände" sind Sachen und Rechte von Bermögenswert, die dem Unternehmer eigentümlich gehören und dem Betriebe dauernd oder vorübergehend gewid­ met, d. h. seinem Zwecke irgendwie, unmittelbar oder mittelbar, als Anlage- oder als Betriebskapital, dienst-

§ 4.

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bar gemacht sind, ausgenommen das im Auslande be­ findliche (§ 5) Betriebsvermögen. Sie können beweg­ liche oder unbewegliche sein, doch gehören Grundstücke und ihr Zubehör, die Gegenstände eines land- oder forstwirtschaftlichen Eigenbetriebes sind, zum Grundund nicht zum Betriebsvermögen (BundRAB. § 54 Abs. 3). Dem Betriebe gewidmete Gegenstände, die aber dem Unternehmer nicht gehören, wie namentlich gepachtete und gemietete, gehören also nicht zum Betriebsvermögen. Sie sind dem Vermögen ihres Eigentümers zuzurechnen, aber nicht als Betriebsvermögen, da sie ihm nicht als solches dienen. Nicht hierher gehören serner Verhältnisse oder Zustände rein tatsächlichen Charakters, auch wenn sie für die Unternehmung sehr wichtig sind, wie die Firma, die Kundschaft, die Lage, die Absatzverhältnisse, die Kreditfähigkeit eines Geschäftes. Zum „Unterneh­ men" (wirtschaftliche Einheit) können mehrere „Be­ triebe" (technische Einheit) gehören. Der „Betrieb" kann der Land- oder Forstwirtschaft, dem Bergbau oder Gewerbe (§ 2 Zisf. 2) dienen. „Gewerbe" ist hier im weitesten Sinne zu nehmen, also jede zum Zwecke des Erwerbes als unmittelbare Einnahmequelle betriebene dauernde Tätigkeit, mit Ausnahme der Urproduktion, der rein wissenschaftlichen und künstlerischen und der Beamten-Tätigkeit, sowie der persönlichen Dienste und der Lohnarbeit aller Arten und Grade. 2. Die Unterschiede des zur Besitzsteuer zu veranlagen­ den gewerblichen Betriebsvermögens von dem in Art. 8 des bayerischen Gewerbsteuergesetzes umschriebenen ge­ werblichen Betriebskapital führt § 16 der BaherVV. auf.

Abs. 2. 1. Den Gegensatz zu den in Abs. 2 genannten Erwerbs­ gesellschaften bilden die Erwerbsgesellschaften mit Rechtspersönlichkeit. Die letzteren sind, als Rechtssubjekte, selbst Eigentümer ihrer Betriebsvermö­ gen. Die Anteile ihrer Mitglieder am Gesellschaftsver­ mögen gehören zu deren Kapitalvermögen. Hier ergeben sich daher, da nur natürliche Personen besitzsteuerpslichtig

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Besitzsteuergesetz.

sind, keine Schwierigkeiten hinsichtlich der Zurechnung des Betriebsvermögens. Wo dagegen die sämtlichen Mitglieder die Inhaber der Unternehmung sind, ihnen also das Betriebsvermögen der letzteren eigentümlich gehört, da bedarf es der Klarstellung, was davon einem jeden Mitgliede zu seinem besitzsteuerpflichtigen Ver­ mögen zuzurechnen ist. Das ist der Fall bei den in Abs. 2 genannten Erwerbsgesellschaften. Für die Lösung dieser Zurechnungsfrage ist maßgebend, daß hier, wie in Anm. 3 zu 8 2 ausgeführt, ein Miteigentum zur gesamten Hand, nicht nach Bruchteilen, vorliegt. Kein Mitglied hat also ein quotenmäßiges Miteigentum an den einzelnen Bestandteilen oder Stücken des Betriebs­ vermögens seiner Gesellschaft, jedes aber hat einen be­ stimmten Anteil am gesamten Gesellschafts---(Betriebs-) Vermögen. Nur dieser Anteil kann ihm daher für seine Besitzsteuerpflicht als Teil seines Vermögens zugerechnet werden. Er ist begrifflich verschieden vom Gewinnanteil des Gesellschafters. 2. Zu den in Abs. 2 zusammengefaßten Gesellschaften gehören außer der offenen Handelsgesellschaft namentlich die einfachen Kommanditgesellschaften und die Gesell­ schaften des bürgerlichen Rechts (BGB. §§ 705 ff.), die Erwerb bezwecken, und zu denen auch die früher soge­ nannten Gelegenheitsgesellschaften (Vereinigungen zu einzelnen Handelsgeschäften für gemeinsame Rechnung, wie Bankkonsortien u. dgl.) gehören. Zu den Gesell­ schaften mit Rechtspersönlichkeit gehören dagegen die Aktiengesellschaften, die Kommanditgesellschaften auf Aktien, die Gesellschaften m. b. H., die Berggewerkschaf­ ten und Bergwerksgesellschaften und die eingetragenen Genossenschaften. Die .„stille Gesellschaft" gehört des­ halb nicht hierher, weil bei ihr überhaupt kein Gesellschafts-, sondern nur ein einfaches Schuldverhältnis (Ge­ schäftseinlage) vorliegt. Das Betriebsvermögen der Ge­ sellschafter im Sinne des Abs. 2 ist natürlich nur das reine Gesellschaftsvermögen, d. h. nach Abzug der Ge­ sellschaftsschulden. 3. Die Gesellschafter können für ihr Verhältnis zu­ einander durch Übereinkommen eine von den Bestim-

mutigen des Ws. 2 abweichende Regelung treffen. Der Steuerbehörde gegenüber bestimmt sich indessen ihre Be­ sitzsteuerpflicht hinsichtlich des Gesellschaftsverrnögens nach Ws. 2. 4. Bei solchen Gesellschaften des bürgerlichen Rechts (BGB. §§ 706 ff.), die keine Erwerbszwecke verfolgen, kommt ein „Betriebsvermögen" nicht in Betracht. Haben sie Vermögen, an dem den Mitgliedern Anteils­ rechte zustehen, so werden diese Rechte, analog der Vor­ schrift des Ws. 2, den Mitgliedern gleichfalls nach dem Verhältnis ihres Anteils zuzurechnen sein.

§ 5. Zürn steuerbaren Vermögen gehört nicht das im Auslande befindliche Grund- und Betriebsvermögen.

1.

Auch vorn Wehrbeitrag ist das ausländische GrundBetriebsvermögen ausgenommen (WBG. § 10). 2. Nach der Begründung der Regierungsvorlage emp­ fiehlt sich die Freilassung des ausländischen Grund- und Betriebsvermögens einmal aus sachlichen Gründen, in­ sofern das Grund- und Betriebsvermögen auch sonst der ausschließlichen Steuerhoheit desjenigen Staates unterworfen zu werden pflegt, in dessen Gebiet es sich befindet, sodann auch aus technischen Gründen der Steuerveranlagung. 3. Darüber, was als Grund- und Betriebsvermögen anzusehen ist, siehe § 2 Anrn. 2 ff. und § 3. 4. Für den Begriff „ausländisches Grundvermögen" ist Eigentumsrecht an ausländischen Grundstücken die Voraussetzung. Nießbrauchs- u. a. Nutzungsrechte an ausländischen Grundstücken unterliegen also in ob­ jektiver Hinsicht der Besitzsteuerpflicht. Den ausländischen Grundstücken stehen die in § 3 bezeichneten Berechtigun­ gen gleich, wenn für sie die sich auf Grundstücke be­ ziehenden Vorschriften des ausländischen Rechtes gelten. Ob Eigentumsrecht an den ausländischen Grundstücken besteht, bestimmt sich nach dem ausländischen Recht, ebenso was als Zubehör von solchen anzusehen ist. Köppe, Besitzsteuergesetz. 3

und

34

Besitzsteuergesetz.

5.

„Ausländisch" ist ein Betriebsvermögen dann, wenn es einem außerhalb der deutschen Grenzen belegenen Betriebe gewidmet ist. Gleichgültig ist dagegen, ob Be­ standteile eines solchen Betriebsvermögens, z. B. Kom­ missionswaren, im Laufe des Betriebes und durch ihn zeitweilig in das Inland gelangen. Findet ein Betrieb im Jnlande statt,- so macht es aus demselben Grunde nichts aus, wenn Bestandteile des ihm gewidmeten Ver­ mögens, z. B. Fuhrwerke, Eisenbahnwagen oder Schiffe, zu Betriebszwecken zeitweilig in das Ausland gelangen. D. h. solche Bestandteile sind gleichwohl besitzsteuerpflich­ tiges Betriebsvermögen. Hat ein inländisches Unter­ nehmen Betriebsstätten im Auslande, so scheidet das den Zwecken der letzteren dienende Betriebsvermögen aus der Besitzsteuerpflicht aus. Als „Betriebsstätte" ist nach § 3 des DoppelbesteuerungsG. vom 22. März 1909 anzusehen: „jede feste örtliche Anlage oder Einrichtung, die der Ausübung des Betriebes eines stehenden Ge­ werbes dient. Außer dem Hauptsitz eines Betriebes gelten hiernach als Betriebsstätten: Zweigniederlassun­ gen, Fabrikationsstätten, Ein- und Verkaufsstellen, Nie­ derlagen, Kontore und sonstige zur Ausübung des Gewerbes durch den Unternehmer selbst, dessen Ge­ schäftsteilhaber, Prokuristen oder andere ständige Ver­ treter unterhaltene Geschäftseinrichtungen." Für For­ derungen ist maßgebend, ob sie zu den Aktiven eines im Jnlande oder im Auslande belegenen Betriebes oder Zweigbetriebes gehören.

§ 6. Als Kapitalvermögen (§ 2 Nr. 3) kommen ins­ besondere, soweit die einzelnen Vermögensgegenstände nicht unter § 2 Nr. 1, § 3 oder unter § 2 Nr. 2, § 4 fallen, in Betracht: 1. selbständige Rechte und Gerechtigkeiten; 2. verzinsliche und unverzinsliche Kapitalforde­ rungen jeder Art;

§ 6.

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3. Aktien oder Anteilscheine, Kuxe, Geschäftsgut. haben bei Genossenschaften, Geschäftsanteile und andere Gesellschaftseinlagen; 4. bares Geld deutscher Währung, fremde Geld­ sorten, Banknoten und Kassenscheine, ausge­ nommen die aus den laufenden Jahreseinkünften vorhandenen Bestände, und Bank- oder sonstige Guthaben, soweit sie zur Bestreitung der laufen­ den Ausgaben für drei Monate dienen, sowie Gold und Silber in Barren; 5. der Kapitalwert der Rechte auf Renten und andere wiederkehrende Nutzungen und Leistungen, welche dem Berechtigten auf seine Lebenszeit oder auf die Lebenszeit eines anderen, auf un­ bestimmte Zeit oder auf die Dauer von mindestens zehn Jahren entweder vertragsmäßig als Gegen­ leistung für die Hingabe von Vermögenswerten oder aus letztwilligen Verfügungen, Schenkungen oder Familienstiftungen oder vermöge hausgesetz­ licher Bestimmungen zustehen; 6. noch nicht fällige Ansprüche aus Lebens- und Kapitalversicherungen oder Rentenversicherungen, aus denen der Berechtigte noch nicht in den Rentenbezug eingetreten ist. !♦ § 6 stimmt mit § 5 WBG. wörtlich überein. 2. „Kapitalvermögen" ist der Sammelbegriff für alles Vermögen, das nicht Grund- oder Betriebsvermögen noch auch nach § 7 besitzsteuerfrei ist. Sofern die in § 6 aufgeführten Sachen und Rechte zu einem Betriebsver­ mögen gehören, sind sie daher trotz dieser Aufführung nicht „Kapitalvermögen". So können selbständige Rechte und Gerechtigkeiten Teil eines landwirtschaftlichen Be­ triebsvermögens sein, und gehören Aktien und Kuxe, 3*

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Besitzsteuergesetz.

mit denen ein Bankier handelt, seinem gewerblichen Betriebsvermögen zu. Da ausländisches Betriebsver­ mögen besitzsteuerfrei ist (§ 5), so ist die Unterscheidung zwischen Betriebs- und Kapitalvermögen für die ob­ jektive Besitzsteuerpflicht von besonderer praktischer Wichtigkeit. 3. Aus dem Worte „insbesondere" ergibt sich, daß die Ziffern 1—6 keine erschöpfende Aufzählung, sondern nur die Hauptfälle von „Kapitalvermögen" enthalten. 4. Der für die Zugehörigkeit maßgebende Zeitpunkt bestimmt sich nach § 28. 5. Der § 6 faßt den Begriff des Kapitalvermögens in verschiedener Richtung weiter als dies im bayerischen Kapitalrentensteuergesetze geschehen ist (BayerVB. § 17).

Ziff. 1. !♦ Selbständige Rechte und Gerechtigkeiten müssen einen in Geld schätzbaren Wert, also Verkehrswert haben (PreußErgStG. § 4 Ziff. 1). Gleich ist, ob sie dinglicher Natur sind oder' nicht. Hauptfälle von solchen Rechten sind: Bergwerksregale, verliehenes Bergwerkseigentum, das nicht unter § 3 fällt, Realgewerbegerechtigkeiten, sofern die Gerechtigkeit nicht mit dem Besitz eines Grund­ stücks fest verbunden ist und daher nur mit ihm zugleich veräußert werden kann. Anderenfalls ist die Gerechtig­ keit „wesentlicher Bestandteil" dieses Grundstücks und gehört daher zum Grundvermögen (§ 2 Ziff. 1). So­ weit solche Rechte den Grundstücken dadurch gleichstehen, daß für sie die sich auf Grundstücke beziehenden Vor­ schriften des bürgerlichen Rechts gelten, gehören sie nach § 3 dem Grundvermögen zu. Ferner fallen unter Ziff. 1 Patent- und Gebrauchsmusterrechte, Urheber­ und Verlagsrechte, die nicht Teil eines Betriebsver­ mögens sind.

2.

Unselbständige Rechte sind dagegen: Alle rein per­ sönlichen Konzessionen, Approbationen und sonstige Ge­ nehmigungen, die also ein nur an die Person geknüpftes und nicht ausschließliches Recht zum Betriebe eines Gewerbes oder Berufes zum Inhalt haben. Auch das Recht zur Führung einer bestimmten Firma ist ein un-

§ 6.

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selbständiges Recht, da es nur mit dem Geschäft selbst veräußert werden kann. Unselbständig, überdies auch ohne Verkehrswert, sind ferner die auf familienrechtlicher Grundlage beruhenden Nießbrauchsrechte des Ehemannes am Vermögen der Ehefrau und des Vaters (im Falle des BGB. § 1685 Abs. 2 auch der Mutter) am Ver­ mögen des Kindes (siehe darüber § 17 und Anm. 3 dazu). Beruht der ehemännliche oder elterliche Nieß­ brauch aber nicht oder nicht unmittelbar auf dem Familienrechte, sondern z. B. auf einer letztwilligen Ver­ fügung, durch die der Ehefrau oder dem Kinde Ver­ mögen und dem Ehemann oder Vater der Nießbrauch daran übertragen worden ist, oder auf einem Vertrage gleichen Inhalts, so ist dieser Nießbrauch nach § 5 Ziff. 5 besitzsteuerpflichtig.

Ziff. 2. 1.

Kapitalforderungen sind Forderungen auf einen Geld betrag, der nicht Entgelt für die überlassene Nutzung von Vermögenswerten ist, und welche daher nicht zum Einkommen, sondern zum Vermögen ge­ hören. Gleichgültig ist, ob der Schuldner im In- oder Ausland wohnt, ob er In- oder Ausländer ist und wo die etwa für die Schuld bestellten Pfandobjekte sich befinden. Ebenso ob die Forderung verzinslich oder unverzinslich, verbrieft oder unverbrieft ist. Pacht­ oder Mietzins- sowie Darlehenszins-Forderungen ge­ hören daher nicht hierher, Wohl aber Kaufpreisforderun­ gen und Forderungen auf Darlehensrückzahlung, ferner Hypothekenforderungen, Sparkasseneinlagen, Wechselfor­ derungen und alle in Ziff. 3 nicht genannten Wert­ papiere, namentlich die fest verzinslichen, wie Staats­ und Kommunalanleihen, Pfandbriefe, industrielle und Eisenbahn-Obligationen. Ebenso die für Rechnung der Pfandbriefschuldner aufgesammelten Amortisations- und Reservefonds (AusfAnwzPreußErgStG. Art. 131). Scheck­ forderungen können Kapitalforderungen sein oder zum Betriebsvermögen oder auch zum Einkommen gehören. 2. Was die Zugehörigkeit von Zinsrückständen an­ langt, so kann dafür in Betracht gezogen werden

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Besitzsteuergesetz.

Art. 15 II Abs. 3 der AusfAnwzPreußErgStG. „In­ wiefern Rückstände an Zinsen, Pachten oder anderen periodischen Hebungen infolge der ausdrücklichen oder stillschweigenden Übereinkunft die Natur von Kapital­ forderungen angenommen haben und deshalb als solche anzusehen sind, ist nach den Verhältnissen des einzelnen Falles zu beurteilen. Wird durch vorliegende Umstände nicht eine andere Annahme begründet, so sind zwei­ jährige oder noch ältere Rückstände sowie solche Rück­ stände, zu deren Zahlung der Schuldner rechtskräftig verurteilt ist, den Kapitalforderungen gleichzustellen."

Ziff. 3. Die Aktien und Kuxe können in- oder aus­ ländische sein. Ob eine ausländische Gesellschaft als Aktiengesellschaft anzusehen ist, bestimmt sich nach aus­ ländischem Recht. Zu den „Anteilscheinen" gehören die „Jnterimsscheine", die den Aktionären vor der Ausgabe der Aktien ausgestellt werden (HGB. § 179), ferner die Anteilscheine der Reichsbank und der deutschen Kolonialgesellschaften, sowie die Genußscheine, die einen Gewinnanteil oder einen Anteil am Liquidationserlöse eines Unternehmens gewähren. Kuxe des älteren Rechts fallen dann nicht unter Ziff. 3, sondern unter § 3, wenn sie nach Landesrecht den Grundstücken gleich­ gestellte Berechtigungen sind. Geschäftsguthaben bei Genossenschaften sind die Einlagen der Ge­ nossen auf ihren Geschäftsanteil nebst den ihnen gut­ geschriebenen Gewinnanteilen und nach Abzug der abge­ schriebenen Verlustanteile. Als „Geschäftsanteile" kom­ men hauptsächlich die der Gesellschaften m. b. H. und jedenfalls nur Anteile am Vermögen solcher Gesell­ schaften in Betracht, die nicht zu den in § 4 Abs. 2 ge­ dachten gehören. „Andere Gesellschaftseinla­ gen" sind z. B- die Einlagen der „Stillen Gesell­ schafter".

Ziff. 4. 1. Münzsammlungen sind gemäß § 7 und weil ohne Verkehrswert besitzsteuerfrei, sofern sie nicht Be­ standteil eines Betriebsvermögens sind.

§6.

39

2. Bargeld und Bankguthaben sollen besitzsteuer­ frei sein, soweit sie aus laufenden Jahreseinkünften her­ rühren und nicht zur Kapitalisierung bestimmt sind. Unter laufenden Jahreseinkünften sind diejenigen des letztverflossenen Wirtschaftsjahres zu verstehen. Alle Ein­ künfte aus früheren Wirtschaftsjahren sind als Ver­ mögen anzusehen und daher, ebenso wie alles Bar­ geld und alle Bankguthaben, welche Bestandteile eines Betriebsvermögens sind, besitzsteuerpflichtig. Als nicht zur Kapitalisierung bestimmt gelten kraft gesetzlicher Vermutung aber nur solches Bargeld und solche Bank­ guthaben, die zur Bestreitung der laufenden Ausgaben für drei Monate dienen. Es müssen auf sie daher beide gesetzliche Voraussetzungen zutreffen, wenn sie besitzsteuerfrei sein sollen: Sie müssen aus laufenden Jahreseinkünften herrühren und zur Bestreitung der laufenden Ausgaben für drei Monate dienen. „Bank- oder sonstige Guthaben" ist im weitesten Sinne zu verstehen. Namentlich gehören dahin Guthaben aus dem Kontokurrent-, überweisungs-, Giro- und Scheckverkehr. „Laufende Ausgaben" sind nicht bloß regelmäßig Wiederkehrende, sondern auch besondere einmalige Aus­ gaben für den persönlichen Bedarf des Pflichtigen und seinen Haushalt. Durch die Einschränkung auf drei Monate — die gewählt wurden, weil sie gewöhnlich der Zeit­ raum sind, für den ein Beamter sein Gehalt im Voraus empfängt — soll namentlich die Umgehung der Steuer­ pflicht mittels Zurückhaltung von Barmitteln verhütet werden. „Jahreseinkünfte" sind nicht die außerordent­ lichen Einnahmen aus Erbschaften, Vermächtnissen, Schenkungen, Kapitalzahlungen aus Lebens- und Un­ fallversicherungen, realisierten Spekulations- und Kon­ junkturgewinnen. Diese sind vielmehr Vermögensmeh­ rung und daher besitzsteuerpflichtig. Wie sie von den Landessteuergesetzen in Beziehung auf die Einkommensteuerp'flicht behandelt werden (in Preußen sind von ihnen einkommensteuerpflichtig nur die gewerbsmäßig

40

Besitzsteuergesetz.

oder zu Spekulationszwecken unternommenen Verkäufe von Grundstücken und ähnliche Erwerbungen), ist dabei gleichgültig. „Sonstige Guthaben" sind bankähnliche Gut­ haben, z. B. bei Sparkassen. Durch die Gleichstellung der „Bank- oder sonstigen Guthaben" mit dem Bargelde sollen die den bargeldlosen Zahlungsverkehr pflegenden und damit dessen große Volks- und privatwirtschaftlichen Vorteile fördernden Volkskreise nicht zurückgestellt wer­ den gegen diejenigen, die ihre Zahlungen in bar zu machen pflegen.

Ziff. 5. 1. Die Zurechnung des Kapitalwerts der hier aufge­ führten Wiederkehrenden Bezüge zum Kapitalvermögen entspricht dem Standpunkte der einzelstaatlichen Ver­ mögenssteuergesetze, namentlich auch des .Preußischen Ergänzungssteuergesetzes. Sie ist aber von folgenden beiden Voraussetzungen abhängig: 1. von der in Ziff. 5 näher bestimmten Dauer des Bezugrechts. Dabei ist für die Frage, ob das Recht auf diese Wiederkehrenden Bezüge als Be­ standteil des Kapitalvermögens gilt, die ganze Dauer des Bezugsrechts maßgebend, dagegen für die Fest­ stellung des Kapitalwertes nur die Dauer, für welche das Bezugsrecht dem Berechtigten noch nach dem der Berechnung des steuerbaren Gesamtvermögens zugrunde zu legenden Tage (§§ 18 und 19) zusteht. 2. Vom Rechtsgrund der Bezüge. Die Wieder­ kehrenden Bezüge müssen nämlich erkennbar den Charakter vertragsmäßiger Gegenleistungen für die .Hingabe von Vermögenswerten tragen, oder es muß das Recht zu ihrem Empfange auf letziwilliger Verfügung, Schenkung, auf einer Familienstiftung oder hausgesetzlicher Bestimmung beruhen. Dem Bezugsrecht muß somit gegenüberstehen ein früheres eigenes Vermögen des Berechtigten, z. B. dem Altenteils-(Auszugs-)Rechte das einem Sohne bei Lebzeiten übertragene Gut, oder ein anderer Ver­ mögensstock.

§ 6.

41

Hierdurch rechtfertigt sich die Behandlung des Kapitalwerts solcher Bezüge als Kapitalvermögen. 2. Der Besitzsteuerpflicht unterliegen im Unterschiede vom PreußErgStG., mit dem Ziff. 5 hinsichtlich der Voraussetzungen sonst übereinstimmt, auch solche Wie­ derkehrende Nutzungen und Leistungen, die den Berech­ tigten aus Schenkungen zustehen. Immer aber muß es ein Recht sein, das geltend gemacht werden kann, nicht eine rein freiwillige Zuwendung. 3. Zu den Bezugsrechten der Zisf. 5 gehören insbe­ sondere: Nießbrauchsrechte, sofern sie nicht unmittelbar auf familienrechtlicher Grundlage beruhen (s. oben Anm. 2 zu Ziff. 1); Renten, d. h. (nach Strutz Anm. 31 zu § 7 des PreußErgStG. S. 44 f.) periodische geldwerte Hebungen, die nicht eine Verzinsung oder Rückzahlung eines daliegenden oder abgetretenen Kapitals darstellen, insbesondere Leibrenten; Altenteils- und Auszugsrechte; Ansprüche aus einer Rentenschuld (BGB. §§ 1199 ff.); vertragsmäßige, regelmäßige Zuschüsse der Eltern an die Kinder mit Rücksicht auf deren Verheiratung oder Begründung einer selbständigen Lebensstellung, soweit sie das den elterlichen Vermögensverhältnissen entspre­ chende Maß übersteigen und daher als Schenkung gelten (BGB. § 1624); Apanagen, sofern auf sie die Voraus­ setzungen der Ziff. 5 zutreffen, d. h. „Renten, die namentlich den Mitgliedern landesherrlicher Familien oder des hohen Adels alljährlich ausgezahlt werden, um ihnen ein standesgemäßes Leben zu gestatten. Sie fließen entweder aus Staatsmitteln oder aus Mitteln des landesfürstlichen Vermögens. Sie beruhen ent­ weder auf hausgesetzlichen Bestimmungen (welche ihrer­ seits auf der Autonomie der regierenden und der depossedierten Familien sowie der Mediatisierten beruhen) oder auch auf Landesgesetz" (Fernow, ErgStG., Samm­ lung Guttentag, S. 79 Anm. 10 und S. 82 Anm. 6). Im letzteren Falle unterliegen sie weder der Ergän­ zungssteuer noch dem Wehrbeitrag noch auch der Besitz­ steuer. 4. Über die Berechnung des Kapitalwerts siehe die 88 37 ff.

42

Besitzsteuergesetz.

Ziff. 6. Die hier genannten Ansprüche sind, ebenso wie beim WBG., vom Reichstage unter die Bestandteile des besitzsteuerpflichtigen Kapitalvermögens mit aus­ genommen worden, weil es sich hier um bereits vor­ handenes Vermögen handele und weil sonst ein starker Anreiz gegeben würde, die Steuerpflicht durch Anlegung erheblicher Summen in Versicherungen zu umgehen. 2. Fällige Ansprüche aus Kapitalversicherungen sind nach § 5 Ziff. 2 und § 20, aus Rentenversicherungen nach § 5 Ziff. 5 und .§§ 21 ff. steuerpflichtig. 3. Besitzsteuerpflichtig ist derjenige, dem nach dem Ver­ sicherungsverträge das Verfügungsrecht über die Police zusteht, gleichviel wer diese in Besitz hat. Unerheblich ist, ob die Versicherung auf das Leben des Versiche­ rungsnehmers oder einer anderen Person, und ob sie zugunsten eines Dritten abgeschlossen ist, ebenso wer die Prämien bezahlt. Auch die Versicherungen auf den Überlebensfall, auf den Erlebensfall, die abgekürzte Ver­ sicherung (bei der die Versicherungssumme bei Errei­ chung eines bestimmten Alters oder beim früheren Tode des Versicherten fällig wird) und die kurze Versicherung (bei der die Versicherungssumme nur zahlbar ist, wenn der Todesfall innerhalb eines bestimmten Zeitraums eintritt), sowie alle Kombinationen von Versicherungs­ formen gehören zu den Lebensversicherungen im Sinne der Ziff. 6. Die Ausnahmen von der Steuerpflicht der Versicherungsansprüche führt § 7 auf. 4. Über die Wertberechnung der in Ziff. 6 aufgeführten Ansprüche siehe § 36 Abs. 2.

1.

§ 7Die Vorschrift in § 6 Nr. 5 gilt nicht a) für Ansprüche an Witwen-, Waisen- und Pensions­ kassen; b) für Ansprüche aus einer Kranken- oder Unfall­ versicherung, aus der Reichsversicherung oder der gesetzlichen Versicherung der Angestellten;

88 6, 7.

43

c) für Renten und ähnliche Bezüge, die mit Rück­ sicht auf ein früheres Arbeits- oder Dienst­ verhältnis gewährt werden. !♦ § 7 ist dem § 7c Abs. 2 des PreußErgStG. nach­ gebildet und stimmt mit § 6 des WBG. überein, nur daß er unter b den Zusatz „oder der gesetzlichen Ver­ sicherung der Angestellten" enthält. Dieser Zusatz kam für das letztere Gesetz wegen der gesetzlichen Wartezeit, die das am 1. Januar 1913 in Kraft getretene Neichsverficherungsgesetz für Angestellte vorsieht, noch nicht in Betracht. 2. Die Besitzsteuerpflicht aus § 6 Ziff. 5 wird hier eingeschränkt, und zwar aus dem Gesichtspunkte, daß auf die unter a—c aufgeführten wiederkehrenden Bezüge die zweite der beiden in Anm. 1 zur Ziff. 5 des § 6 genannten Voraussetzungen nicht zutrifft. Denn es han­ delt sich hier um Bezüge, die Gegenleistungen für vor­ aufgegangene Arbeitsleistungen des Empfängers oder seines verstorbenen Ernährers, nicht für hinge­ gebene Vermögenswerte sind, und die auch nicht auf letztwilliger Verfügung, Schenkung, Familienstiftung oder Hausgesetz beruhen. 3. Die Fälle zu a—c unterscheiden sich wie folgt: In denen zu a ist Voraussetzung das Bestehen einer besonderen Kasse oder Anstalt, die bezweckt, einem be­ stimmten Kreise von Arbeitern oder Angestellten sowie Hinterbliebenen solcher Personen Renten zu gewähren. Es setzt die Rentengewährung hier also voraus, daß der Empfänger oder sein Ernährer in einem bestimmten Arbeits- oder Dienstverhältnis gestanden hat. Die Kasse oder Anstalt kann eine öffentliche oder private, auf Zugehörigkeitszwang oder auf freiwilligem Beitritt be­ ruhende, mit oder ohne Beitragspflicht des Arbeitneh­ mers sein. Bei den Fällen zu b stehen die aus einer Kranken­ oder Unfallversicherung neben denjenigen aus der Reichs­ versicherung, d. h. der reichsgesetzlichen (zwangsmäßi­ gen oder freiwilligen) Kranken-, Unfall-, Invaliden-,

44

Besitzsteuergesetz.

Hinterbliebenen- und Angestelltenversicherung. Die erste­ ren sind also private vertragsmäßige Versicherungen, z. B. Haftpflichtversicherungen für Hausbesitzer oder Reise­ unfallversicherungen. Ihre Besitzsteuerfreiheit setzt nicht voraus, daß ein Arbeits- oder Dienstverhältnis vorauf­ gegangen ist. In den Fällen zu c ist nicht das Bestehen einer be­ sonderen Kasse, Wohl aber das Voraufgehen eines sei es privaten oder öffentlich-rechtlichen Arbeits- oder Dienstverhältnisses vorausgesetzt. Ein solches Verhält­ nis liegt vor, wenn für die geleisteten Dienste eine Ver­ gütung, sei es auch nur stillschweigend, vereinbart gewesen ist, also (nach BGB. § 612) schon dann, wenn die Dienstleistung nur gegen Vergütung zu erwarten war. Es braucht weder bis zum Tode des Erblassers angedauert zu haben, noch mit häuslicher Gemeinschaft verbunden gewesen zu sein. Im übrigen sind die Ver­ hältnisse des Einzelfalls entscheidend. Aus den Worten „mit Rücksicht" ist zu entnehmen, daß das Verhältnis nicht ausdrücklich als Grund der letztwilligen Zuwendung vom Erblasser angegeben zu sein braucht. Die Rente oder der Bezug können auch von einer Kasse gewährt werden, bei welcher der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer versichert hat.

§ 8. Als steuerbares Vermögen gelten nicht Möbel, Hausrat und andere nicht unter § 6 fallende be­ wegliche körperliche Gegenstände, sofern sie nicht als Zubehör eines Grundstücks (§ 2 Nr. 1, § 3) oder als Bestandteil eines Betriebsvermögens (§ 2 Nr. 2, § 4) anzusehen sind.

1.

§ 8 stimmt mit WBG. § 7 überein, nur daß in ihn vor „Vermögen" noch das Wort „steuerbares" ein­ gefügt ist. 2. Diese Befreiungsvorschrift rechtfertigt sich nach der Begründung des WBG.-Entwurfes wie folgt: „Die Nicht­ berücksichtigung des Mobiliars in der Vermögensfest-

stellung erscheint aus sachlichen und praktischen Erwä­ gungen gerechtfertigt. Daß das Mobiliar der minder Wohlhabenden unbedingt freizulassen ist, bedarf keiner weiteren Begründung. Aber auch die Freilassung des Luxusmobiliars empfiehlt sich aus praktischen Erwä­ gungen. Einmal ist es nicht leicht, hier eine Grenze zu ziehen, und sodann wäre eine einigermaßen zu­ treffende Wertermittelung und Veranlagung außerordent­ lich schwierig und nicht möglich ohne lästiges und uner­ wünschtes Eindringen in rein persönliche Verhältnisse. Nach § 8 des Entwurfes (jetzt § 7 WBG.) sind bei der Vermögensfeststellung auch nicht zu berücksichtigen die­ jenigen Gegenstände, welche der Ausübung einer wissen­ schaftlichen, künstlerischen oder nicht unter den Begriff des Gewerbebetriebs fallenden beruflichen Tätigkeit dienen." 3. Der § 8 ist dem § 4 III des PreußErgStG. nachge­ bildet. Nach Art. 14 der AusfAnw. zu diesem sollen bei der Veranlagung namentlich außer Betracht bleiben: Möbel, Hausrat, Kleidungsstücke, Schmucksachen und andere Kostbarkeiten, Bücher, Reit- und Wagenpferde, Equipagen, Sammlungen und Vorräte aller Art, inso­ fern diese Gegenstände nicht Erwerbszwecken die­ nen, sondern lediglich zum persönlichen Gebrauch oder zum Verbrauch im Haushalt, zur Ausschmückung der Wohnräume, zur Belehrung, Unterhaltung oder Er­ höhung des Lebensgenusses bestimmt sind, ferner alle der Ausübung einer künstlerischen, wissenschaftlichen oder einer sonstigen, nicht unter den Begriff des Gewerbe­ betriebes fallenden Berufstätigkeit gewidmeten beweg­ lichen Sachen (Bibliotheken der Gelehrten und Beamten, Instrumente der Ärzte und Musiker, Arbeitsmittel der Künstler, Büroeinrichtungen der Rechtsanwälte u. dgl.). Sonach gehören hierher auch Wagen und Automobile von Ärzten zum Betriebe ihrer Praxis. Soweit es sich hierbei um Sachen handelt, die zur Ausübung eines wissenschaftlichen, künstlerischen oder sonstigen freien Berufes dienen, ist ihre Freilassung in der Begründung desselben Gesetzes darauf zurückgeführt, daß der durch eine solche Tätigkeit erzielte Ertrag ganz

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Desitzsteuergesetz.

überwiegend auf persönlichen Leistungen beruht und des­ halb als ein auf Vermögen gegründetes Einkommen selbst dann nicht anzusehen ist, wenn die verwendeten Arbeitsmittel einen beträchtlichen Vermögenswert dar­ stellen.

§ 9. Das zu einem Lehen, Fideikommiß oder Stamm­ gut gehörige Vermögen gilt als Vermögen des In­ habers.

1. Der gebundene Besitz (Lehens-, Fideikommißund Stammgut) ist in diesem Gesetz, ebenso wie im WBG., dem ungebundenen grundsätzlich gleichgestellt. Bei der Besitzsteuer wie beim Wehrbeitrag ist die Steuer also vom Werte der Substanz (bei der ersteren vom Werte der Substanz des Vermögenszuwachses, bei der letzteren vom Werte der Substanz des gesamten gebun­ denen Vermögens) und nicht von dem Werte der Nutzung des Inhabers zu entrichten. Anders im NErbschStG. vom 3. Juni 1906, nach dessen § 18 der Wert des durch Eintritt eines Lehens- oder Fideikommißfalles Erwor­ benen als ein nach dem Lebensalter des Erwerbers ab­ gestuftes Vielfaches des Wertes der einjährigen Nutzung berechnet wird. Bei Anwendung dieser Berechnungs­ weise auf die Vermögenszuwachsbesteuerung würde in­ dessen der Nutzungswert mit einem bei jeder neuen Ver­ anlagung niedrigeren Betrage anzusetzen sein, was zur Folge haben könnte, daß etwaiges Allodialvermögen des Inhabers der Zuwachsbesteuerung entzogen würde. Denn jene Erniedrigung könnte einen Wertzuwachs des Allodialvermögens ausgleichen. Daher wird bei der Besitzsteuer statt dieser Berechnung der gebundene Ver­ mögensbesitz einfach als Vermögen des derzeitigen In­ habers behandelt und dessen etwaigem Allodialvermögen hinzugerechnet. Erhebliche Härten werden, wie die Be­ gründung der Regierungsvorlage annimmt, in den meisten Fällen für den zu Besitz und Nutzung Berechtig­ ten nicht vorliegen, da die Belastung gegenüber der Erb­ schaftssteuer eine verhältnismäßig milde ist, die Steuer-

§ 9.

47

Pflicht nicht sofort mit dem Anfall eintritt und die Zahlung der Steuer in Raten während eines dreijähri­ gen (nach der Vorlage nur zweijährigen) Zeitraums unter Zulassung von Stundung bis zum Ablauf von drei (nach der Regierungsvorlage zwei) Jahren sowie von Entrichtung in Teilbeträgen bis zum Ende des nächsten Erhebungszeitraums (§§ 24, 71) erfolgt.

2. Wegen der besonderen Natur des Wehrbertrags als einer nur einmaligen Abgabe vom Vermögen war im WBG. (§ 8 Abs. 2) dem Inhaber eines Lehens, Fidei­ kommisses oder Stammgutes das Recht gegeben, den Wehrbeitrag, soweit er nicht auf den Wert seiner Nut­ zung entfällt, aus dem gebundenen Vermögen selbst zu entnehmen oder es dafür, ohne Notwendigkeit der Ge­ nehmigung Dritter, dinglich zu belasten. Diese Bestim­ mung mußte bei der periodischen Besitzsteuer wegfallen. Ein gleichartiges Recht der Entnahme aus dem Vermö­ genszuwachs steht dem Inhaber für die Besitzsteuer also nicht zu.

3.

Was als Lehen, Fideikommiß oder Stammgut anzu­ sehen ist, bestimmt sich zufolge EGzBGB. Art. 59 nach den vom BGB. unberührt gebliebenen landesgesetzlichen Vorschriften. Die Lehen sind in Preußen (ALR. I Tit. 18) nur noch ein durch das Erbrecht des Lehensfolgeberech­ tigten beschränktes Eigentumsrecht, da das Obereigentum des Lehnsherrn durch die §§ 2 und 5 des „Ablösungs­ gesetzes^ vom 2. März 1850 aufgehoben worden ist. Die Fideikommisse behandelt das PreußErgStG. (§ 5 Ziff. 1) gerade so wie das Besitzsteuergesetz, indem es bestimmt, daß „die zu einer Familienfideikommißstiftung (§ 3 des ErbschStG. in der Fassung vom 24. Mai 1891) gehörigen Vermögen oder Vermögensteile dem jeweiligen Fideikommißbesitzer behufs der Steuerver­ anlagung hinzugerechnet werden". Obwohl das preußi­ sche Erbschaftssteuergesetz durch das Reichserbschafts­ steuergesetz vom 13. Juni 1906 ersetzt ist, kann seine Be­ griffsbestimmung des Familienfideikommisses doch als für Preußen maßgebend gelten. Danach sind Familien­ fideikommisse: „alle von Todes wegen oder unter

48

Besitzsteuergesetz.

Lebenden getroffenen Anordnungen, kraft deren gewisse Vermögensgegenstände der Familie für immer oder für mehr als zwei Generationen erhalten bleiben sollen". „Stammgüter" kommen hauptsächlich in West- und Süddeutschland vor. Sie unterscheiden sich von den Familienfideikommissen (nach Gierke) dadurch, daß bei diesen die Gebundenheit auf Rechtsgeschäft beruht, wäh­ rend das Stammgut unmittelbar kraft Rechtsnorm eine dem Wesen nach gleiche Gebundenheit besitzt. Für Bayern kommen (nach Kahn und Obermeyer, WBG., Schweitzers Textausgabe § 8 unter III) in Betracht: Die Majorate nach dem Edikte vom 20. Dezember 1811; die Familienfideikommisse nach der VII. Verf.-Beil.; die standesherrlichen Fideikommisse; die Thronlehen und allodifizierten Lehen nach dem Lehensedikt vom 7. Januar 1808 und dem Gesetze vom 4. Juni 1848; die landwirt­ schaftlichen Erbgüter nach Gesetz vom 12. Februar 1855.

4.

Das zu einem Lehen, Fideikommiß oder Stammgut gehörige Vermögen wird zum sonstigen (allodialen) Vermögen des Inhabers für die Besitzbesteuerung hinzu­ gerechnet, bildet mit diesem also steuerrechtlich eine ein­ heitliche Masse, auf welche sowohl der Steuertarif wie die sonstigen Besteuerungsvorschriften Anwendung fin­ den. Von dieser Gesamtmasse kann der Vermögens­ inhaber sowohl die auf dem gebundenen Vermögen wie die auf seinem freien (allodialen) Vermögen lastenden Schulden abziehen. Unerheblich ist dabei, ob einzelne Teile des gebundenen Vermögens der Nutzung seines Inhabers entzogen sind (z. B. die Nutzung der für be­ stimmte Zwecke aufzusammelnden Fonds), oder ob dieser einen Teil von dessen Einkünften bestimmten Fonds zuführen muß.

5.

Lasten, die auf dem Vermögen oder Bestandteilen desselben ruhen, kann der Steuerpflichtige von dessen oder deren Substanzwert abziehen. So den Kapitalwert eines vertragsmäßig bestellten Nießbrauchs sowie den­ jenigen der Rechte auf Renten und auf andere wieder­ kehrende Nutzungen und Leistungen. Im ersteren Falle unterliegt der Nießbraucher, im letzteren der Nutzungs-

49

§§ 9, 10.

oder Leistungsberechtigte der Besitzbesteuerung mit dem seinem sonstigen Vermögen hinzuzurechnenden Werte seiner Stützungen oder Leistungen gemäß den §§ 37 ff. H. Der Fall einer Familienstiftung liegt wesent­ lich anders als die hier behandelten Fälle gebundenen Vermögens. Sie hat selbständige Rechtspersönlichkeit und ist Eigentümerin des Stiftungsvermögens, an dem dessen jeweiligen Inhaber nur Nutzungsrechte zustehen, über deren Inhalt die Satzung das Nähere bestimmt. Da der Besitzsteuer nur natürliche Personen unterliegen (§ 11), so wird zu ihr lediglich der Inhaber mit seinen Nutzungsrechten gemäß § 6 Ziff. 5 herangezogen.

§ 10. Von dem Vermögen sind abzuziehen die ding­ lichen und persönlichen Schulden des Steuerpflichtigen sowie der Wert der dem Steuerpflichtigen obliegenden oder auf einem Lehen, Fideikommiß oder Stammgut ruhenden Leistungen der tm§6 Nr. 5 bezeichneten Art. Nicht abzugsfähig sind a) Schulden, die zur Bestreitung der laufenden Haushaltungskosten eingegangen sind (Haus­ haltungsschulden); b) Schulden und Lasten, welche in wirtschaftlicher Beziehung zu nicht steuerbaren Bermögensteilen stehen. Beschränkt sich die Zuwachsbesteuerung auf das inländische Grund- und Betriebsvermögen (§11 Nr. II), so sind nur die in einer wirtschaftlichen Beziehung zu diesen Vermögensteilen stehenden Schulden und Lasten abzugsfähig. § 10 entspricht dem § 9 des WBG. Abs. 1. I. Besitzsteuerpflichtiges Vermögen ist nur das reine Gesamtvermögen. Denn Steuerobjekt ist der VermögensKöpp e, Besitzsteuergeietz.

4

50

Besttzsteuergesetz.

zuwachs im Sinne des Unterschieds zwischen den beiden reinen Werten des Gesamtvermögens, wie sie sich am Anfang und am Ende eines jeden dreijährigen Veran­ lagungszeitraums darstellen (s. Anm. 5 zu § 1). Daher müssen die das Gesamtvermögen oder seine einzelnen Teile belastenden Schulden aller Arten vom Werte der Gesamtmasse aller besitzsteuerpflichtigen Vermögensaktiva in Abzug gebracht werden. Für das Verfahren ist dabei zu beachten, daß nach § 16 bei der Feststellung des Ver­ mögens der gemeine Wert seiner einzelnen Be­ standteile zugrunde zu legen ist. Dabei sind Gegen­ stände, die in einem wirtschaftlichen Zusammen­ hänge stehen, als ein Vermögensbestandteil zusammen­ zufassen, dessen Wert im ganzen zu ermitteln ist (Bund.RAB. § 27 und § 36 Abs. 3). Diese Ermittelung setzt den Abzug der aus ihm ruhenden Passiva voraus, da er erst danach, also als reines Aktivum, einen Verkehrs­ wert (Verkaufswert, gemeinen Wert) hat. Sonach erge­ ben sich gewisse wirtschaftliche Bewertungsein­ heiten, bei denen die zugehörigen Schulden schon in Abzug gebracht sind, so daß sie nicht erst am Schlüsse, von der Gesamtmasse aller Vermögensaktiva, zum Ab­ zug zu gelangen haben. Bei Grundstücken ist zu unterscheiden. Gehören sie einem Bergwerks- oder gewerblichen Betriebe an, so ist das (unbewegliche und bewegliche) Betriebsvermögen die wirtschaftliche Bewertungseinheit. Die Bewertung selbst erfolgt nach dem gemeinen Werte (§ 29), der sich danach bestimmt, welchen Wert das reine Vermögen, also nach Abzug der Schulden, hat. Die auf den Betriebsgrund­ stücken ruhenden Hypotheken und Grundschulden sind daher bei der Berechnung des reinen Werts des Be­ triebsvermögens, nicht beim einzelnen Grundstück und auch nicht beim Gesamtvermögen abzuziehen. Nur ein Überschuß der Passiva des Betriebsvermögens über seine Aktiva wäre beim Gesamtvermögen auf der Passiv­ seite in Rechnung zu stellen. Bei land- und forstwirt­ schaftlich genutzten Grundstücken wird dagegen hauptsäch­ lich der Ertragswert in Betracht kommen, da dieser beim Wehrbeitrag der Wertberechnung derartiger Grund-

§ io.

51

stücke zugrunde gelegt ward und das BStG. zwar für Grundstücke aller Arten auf Antrag des Pflichtigen an die Stelle des gemeinen Wertes die Gestehungskosten (Erwerbspreis) treten, jedoch für jeden vor dem 1. Ja­ nuar 1914 stattgehabten Grundstückserwerb den bei der Veranlagung zum Wehrbeitrag festgestellten Wert als Betrag der bis dahin entstandenen Gestehungskosten gelten läßt. Die Feststellung des Ertragswerts erfordert aber den Schuldenabzug nicht. Daher sind die auf land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken lastenden Hypotheken und Grundschulden beim Gesamtvermögen abzuziehen. 2. Abzugsfähige Schulden sind nur Kapital schulden, also solche, denen auf der Gläubigerseite Kapitalforde­ rungen entsprechen. Nur sie mindern das Bruttover­ mögen, so daß es zum besitzsteuerpflichtigen reinen Ge­ samtvermögen (Anm. 1) wird, wogegen die Zinsen vom Einkommen abgehen. Zinsenrückstände sind soweit abzugsfähig, als sie dem Vermögen des Gläubi­ gers als besitzsteuerpflichtige Kapitalforderung (§ 6 Ziff. 2) zugerechnet werden. 3. Da das Vermögen von Eheleuten, sofern sie nicht dauernd getrennt leben, für die Besitzsteuerveranlagung zusammengerechnet wird, so sind die Schulden beider Ehegatten von diesem Gesamtvermögen abzurechnen. 4. Verschieden von den „dinglichen und persönlichen Schulden" sind die Lasten, die § 10 nur im Abs. 2 unter b nennt. Sie sind, im Gegensatze zu den „ding­ lichen Schulden", regelmäßig wiederkehrende Leistungen, die dem Eigentümer des belasteten Grund­ stücks als solchem obliegen. Die Lasten ruhen auf einem Grundstücke dergestalt, daß sie zugleich mit ihm auf jeden Erwerber desselben übergehen, und mindern seinen Verkaufswert um ihren Kapitalbetrag. Dahin gehören z. B. Grunddienstbarkeiten, Ablösungsrenten, Reallasten und eingetragene Nießbrauchsrechte. Da sie mit dem Grundstücke in engstem Zusammenhang stehen, so ist ihr Kapitalwert von dessen Wert vorweg abzuziehen, bevor es bei Feststellung des Gesamtvermögens als

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Befltzsteuergesetz.

dessen Bestandteil gemäß § 29 in Anschlag gebracht wird. Der Wert wiederkehrender Leistungen und Nut­ zungen, die nicht „Lasten" sind, darf nur dann abge­ zogen werden, wenn die in § 6 Ziff. 5 bezeichneten Vor­ aussetzungen vorliegen. 5. Dingliche Schulden im Sinne des Abs. 1 sind Schulden, für die der Eigentümer eines Vermögens­ gegenstandes mit diesem, sei es ausschließlich, sei es neben seinem sonstigen Vermögen haftet. Dahin ge­ hören hauptsächlich Hypotheken-, Grund- und Renten­ schulden. Sicherungshypotheken nur, wenn und soweit das persönliche Forderungsrecht, das sie sichern sollen, besteht. Vormerkungen zur Erhaltung des Rechts auf Eintragung einer Hypothek oder des Vorrechts für eine solche sind nicht abzugsfähig. Persönliche Schulden sind alle nicht dinglichen. 6. Liegt ein Gesamtschuldverhältnis vor, so darf jeder Gesamtschuldner, der nicht etwa nur bedingt haftet, die ganze Schuld bei sich in Abzug bringen. So insbe­ sondere bei Wechselverbindlichkeiten und selbstschuldne­ rischen Bürgschaften. 7. Über die auf einem Lehen, Fideikommiß- oder Stammgut ruhenden Leistungen siehe auch Anm. 4 zu § 9. Abs. 2.

Zu a). Ebensowenig, wie die aus laufenden Jahres­ einkünften herrührenden, nicht zur Kapitalisierung be­ stimmten Barbestände dem Vermögen zugehören (§ 6 Ziff. 4), sind Haushaltungsschuld en abzugsfähige Vermögensschulden. Denn sie werden normalerweise aus den laufenden Jahreseinkünften bestritten und min­ dern daher so wenig das Vermögen, wie die letzteren es vermehren. Dies ist auch der Standpunkt des Preuß.ErgStG. § 8 Ziff. 1 und seiner Begründung. Die Haushaltungsschulden bilden sonach einen Teil (den nicht baren Teil) der Kosten für die Bestreitung des Haushalts des Besitzsteuerpflichtigen. Die Haushaltungs­ kosten müssen nicht notwendig regelmäßig wiederkehrende

§ io.

53

sein (s. Anm. 2 zu § 6 Ziff. 4), sondern umfassen auch bie einmaligen Anschaffungskosten, die der Haushalt, z. B. infolge von Familienzuwachs, erfordert. Zum Haushalt gehören die auf Grund familienrechtlicher Be­ ziehungen dem Hausstande angehörenden Personen und das Dienstpersonal. Soweit Haushaltungsschulden in früheren Wirtschaftsjahren als dem letztverflossenen ge­ macht sind, kann es aber fraglich werden, ob sie nicht als Kapitalschulden anzusehen sind. Die Entscheidung darüber hängt von den Umständen des einzelnen Falles ab (AusfAnw. z. PreußErgStG. Art. 17 III Abs. 2). Siehe auch in dieser Hinsicht Anm. 2 zu § 6 Ziff. 4 oben. Darlehensschulden, die zur Bestreitung von Haus­ haltungskosten ausgenommen wurden, sind natürlich abzugsfähig. Zu b). Diese Bestimmung ist dem § 8 Abs. 1 Ziff. 2 des PreußErgStG. nachgebildet. Nach Abs. 3 daselbst ist eine wirtschaftliche Beziehung zwischen Schuld und Grundbesitz insbesondere dann anzunehmen, wenn die Schuld für den Erwerb oder zum Zwecke der Verbesse­ rung oder Bebauung des Grundbesitzes ausgenommen ist. Haftete die Schuld auf dem Grundstücke bereits zur Zett seines Erwerbes durch den gegenwärtigen Eigentümer, und ward sie von ihm in Anrechnung auf den Erwerbsprets übernommen, so ist gleichfalls eine wirtschaftliche Beziehung gegeben. Ebenso wenn er Verbindlichkeiten aufnimmt, durch die nicht eine Persön­ liche, sondern eine dingliche Verpflichtung, insbesondere eine Reallast begründet werden soll. Jedenfalls liegt eine wirtschaftliche Beziehung nicht schon dann vor, wenn eine Schuld oder Last in das Grundbuch eingetrageu ist. So auch die Praxis des PreußOVG. und die AusfAnw. zum WBG. Nicht besitzsteuerpflichtiges Vermögen sind die in § 8 genannten Vermögensbestandteile (Möbel, Haus­ rat usw.) sowie das ausländische Grund- und Betriebs­ vermögen (§ 5). Stehen Schulden oder Lasten zu solchem Vermögen in wirtschaftlicher Beziehung, so sind sie also nicht abzugsfähig. Stehen Schulden oder Lasten teils zu besitzsteuerpflichtigem, teils zu anderem Vermögen

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Besitzsteuergesetz.

in wirtschaftlicher Beziehung, so sind sie insoweit nicht abzugsfähig, als das letztere der Fall ist. In der Kommission des Reichstags ward (bei der Beratung des gleichlautenden § 9 des WBG.) unwider­ sprochen angenommen, daß Schulden, die unter Ver­ pfändung von Schmucksachen oder von Policen gemacht worden, nicht abzugsfähig seien. Dies trifft jedoch nicht ohne weiteres, vielmehr nur dann zu, weun die Schuld zu dem Schmuckgegenstand oder der Police in wirtschaft­ licher Beziehung steht. Abs. 3. Die beschränkt besitzsteuerpflichtigen Personen kön­ nen nur die in einer wirtschaftlichen Beziehung zu den­ jenigen Vermögensteilen, auf die sich ihre Steuer­ pflicht beschränkt, stehenden Schulden uno Lasten in Ab­ zug bringen. Anderenfalls würden sie eine innerlich ungerechtfertigte Bevorzugung erfahren. Beschränkt be­ sitzsteuerpflichtig sind aber die in § 11 Abs. 1 unter Ziff. II aufgeführten Personen, die nur mit dem Zu­ wachs an inländischem Grund- und Betriebsvermögen der Besitzsteuer unterliegen. Sie stehen damit in Gegen­ satz zu den in § 11 Abs. 1 Ziff. I aufgeführten Personen, die mit dem Zuwachs an ihrem gesamten steuerbaren Vermögen besitzsteuerpflichtig sind und daher alle nach § 6 Abs. 1 überhaupt abzugsfähigen Schulden abziehen dürfen, mag ihr Gesamtvermögen nur aus inländischem Grund- oder Betriebsvermögen oder auch noch aus anderen Vermögenswerten bestehen.

§ 11. Steuerpflichtig sind

1. mit dem Zuwachs an dem gesamten steuerbaren Vermögen: 1. die Angehörigen des Deutschen Reichs, mit Ausnahme derer, die sich seit länger als zwei Jahren dauernd im Ausland aufhalten, ohne einen Wohnsitz in einem deutschen

§§ 10,11.

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Bundesstaate zu haben. Die Ausnahme findet keine Anwendung auf Reichs- und Staatsbeamte, die im Ausland ihren dienst­ lichen Wohnsitz haben. Wahlkonsuln gelten nicht als Beamte im Sinne dieser Vorschrift; 2. Ausländer, wenn sie im Deutschen Reich einen Wohnsitz oder in Ermangelung eines Wohnsitzes ihren dauernden Aufenthalt haben; II. mit dem Zuwachs an dem inländischen Grundund Betriebsvermögen: alle natürlichen Personen ohne Rücksicht auf Staatsangehörigkeit, Wohnsitz oder Auf­ enthalt. Der Reichskanzler kann zum Zwecke der Ver­ meidung einer Doppelbesteuerung oder der Anwendung eines Vergeltungsrechts gegenüber außerdeutschen Staaten mit Zustimmung der Bundesrats Anord­ nungen treffen, die von den Vorschriften in Nr. I und dem § 5 abweichen. Zu Abs. 1 und 2. 1. Während die §§ 2—10 die objektive Steuerpflicht regeln, wird hier in § 11 die subjektive Steuer­ pflicht näher bestimmt. Besitzsteuerpflichtig sind nur natürliche Personen. Zum Wehrbeitrag sind dagegen Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien in bestimmtem Umfange beizusteuern schuldig (WBG. § 11). Die Begründung der Besitzsteuer hält die Steuerstaffelung bei den juristischen Personen nicht für durchführbar, da die Höhe des Vermögensbesitzes wohl bei natürlichen, nicht aber bei juristischen Personen ein hinreichend zuverlässiger Gradmesser der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sei. In allen Fällen, in denen natür­ liche Personen als Inhaber von Gesellschaftsanteilen Träger der juristischen Person seien, würde eine Doppel-

56

Besttzsteuergesetz.

besteuerung vorliegen, die nur dann erträglich wäre, wenn vom Vermögen der Nennwert der Gesellschafts­ anteile abgezogen werden dürfte, so daß sich die Zu­ wachsbesteuerung im wesentlichen auf die Reserven beschränken würde. Eine fortlaufende Besteuerung der Rücklagen erscheine aber nicht unbedenklich und werde außerdem verhältnismäßig geringe Erträge liefern. 2. Von den natürlichen Personen sind zweifellos be­ sitzsteuerfrei die nach völkerrechtlichen Grundsätzen von der Entrichtung direkter inländischer Staatssteuern be­ freiten Personen. Dagegen war die Besitzsteuerpflicht der Landesfürsten und ihrer Gemahlinnen ein Gegen­ stand tiefgehender grundsätzlicher Meinungsverschieden­ heit zwischen den verbündeten Regierungen und der großen Mehrheit des Reichstags während der ganzen Dauer der Verhandlungen über das Besitzsteuergesetz. Eine Einigung konnte darüber nicht erzielt werden. Das Gesetz 'selbst enthält keine besondere darauf bezüg­ liche Vorschrift. Zwar wurde in der Kommission des Reichstags ein Antrag gestellt, dem § 43 folgenden, dem § 35 Abs. 2 des WBG. entsprechenden zweiten Absatz hinzuzufügen: „Der Bundesrat bestimmt die für die Veranlagung und Erhebung der Besitzsteuer der Bundes­ fürsten zuständigen Behörden." Nach Darlegung der gegensätzlichen Anschauungen der Regierungen einerseits und der Vertreter fast aller Parteien andrerseits wurde der Antrag aber abgelehnt. In der zweiten Lesung des Plenums wieder eingebracht, ward er von diesem angenommen, in der dritten Lesung jedoch, nachdem der Reichskanzler das Zustandekommen des Gesetzes für dadurch gefährdet erklärt hatte, wieder gestrichen. Die Parteivertreter hielten dabei ihre Anschau­ ung ausdrücklich aufrecht, daß die Besitzsteuerpflicht der Landesfürsten und ihrer Gemahlinnen rechtlich be­ gründet sei, auch ohne daß es der Aufnahme einer dahingehenden Bestimmung in das Gesetz bedürfe. Die Regierungen gingen dagegen bei den Beratungen sowohl des WBG. wie des BStG. von der Auffassung aus, daß die Landesfürsten weder ohne weiteres unter diese Stcuerpflicht fielen, noch überhaupt durch Neichsgesetz

8 11.

57

ihr unterstellt werden könnten. Die Souveränetät des Reiches ruhe bei der Gesamtheit der Bundesstaaten. Die Bundesfürsten als Träger der Staatsgewalt in ihren Staaten seien in ihrer Gesamtheit die Träger der Reichssouveränetät. Auf Grund der Reichsverfassung sei es daher ausgeschlossen, daß sie einer per­ sönlichen direkten Reichssteuer unterliegen könnten. Die RErbschSt. vom 3. Juni 1906 sei keine direkte Steuer und die ausdrückliche Feststellung der Steuerfreiheit der Landesfürsten in diesem Gesetze (§ 13) und ebenso in § 30 des RZStG. vom 14. Februar 1911 auch nur­ erfolgt, um jeden etwa dennoch auftretenden Zweifel auszuschließen. Die Freiheit des Landesfürsten von direkten Staatssteuern sei etii allgemeiner Grundsatz des deutschen Landesstaatsrechts, weil er als Träger der Staatsgewalt nicht von dieser selbst ergriffen werden könne. Das Reich als „ewiger Bund zum Schüße des innerhalb desselben gültigen Rechts" habe daran weder etwas ändern wollen noch können. Die Landesfürsten seien steuerrechtlich nicht Untertanen des Reichs. Die Reichsverfassung schließe die Fürsten um deswillen nicht ausdrücklich pon der direkten Besteuerung aus, weil diese Ausschließung selbstverständlich sei. Umge­ kehrt müßte die Reichsverfassung eine ausdrückliche Bestimmung betreffs der Heranziehung enthalten, wenn solche rechtlich zulässig sein sollte. Außerdem aber bedeute der Versuch, die Regierungen zur Aufgabe ihrer grundsätzlichen Haltung in einer weittragenden Frage durch Aufnahme einer dieser widersprechenden Bestim­ mung in ein Gesetz zu nötigen, dessen Zustandekommen unerläßlich sei, ganz dasselbe, wie wenn der Reichstag in ein Etatgesetz Bestimmungen hineinschreiben wolle, die über die Forderungen der Regierungen hinausgin­ gen und zu denen diese notgedrungen ihre Zustimmung geben müßten. Das erstere sei so unzulässig wie das letztere. Beim Wehrbeitrag liege die Sache ganz anders, da hier die Fürsten sich freiwillig bereit erklärt hätten, ihn mitzuentrichten, und daher eine Bestimmung über die dafür zuständige Veranlagungsbehörde angebracht sei.

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Besitzsteuergesetz.

Die Vertreter aller Parteien mit Ausnahme der Konservativen bestritten dagegen das Bestehen eines derartigen staatsrechtlichen Grundsatzes und legten den gedachten Bestimmungen des Erbschafts- und des Zu­ wachssteuergesetzes die Bedeutung der Festsetzung einer Ausnahme für die Fürsten bei, womit deren grund­ sätzliche Steuerpflicht anerkannt sei. Auch die Fürsten seien „Angehörige des Deutschen Reiches" im Sinne des die Steuerpflicht abgrenzenden § 11 Abs. 1. „Souveränetät" sei nicht mit „Absolutismus" zu verwechseln. Der Fürst unterstehe der Steuerhoheit des Staates auch hinsichtlich der direkten Steuern. So hätten Württem­ berg, Baden und Sachsen spezielle Gesetzesbestimmungen hierüber, und in Preußen unterlägen die Fürsten z. B. den Einkommensteuern, die in den Kreisen erhoben werden, und seien auch mit etwaigen Gewerbebetrieben acwerbesteuerpflichtig. Ihre Steuerpflicht auf die in­ direkten Steuern beschränken zu wollen, sei willkürlich. Im Reiche aber seien, wie die Regierungen selbst aner­ kannten, nur die Bundesstaaten souverän, nicht die Landesherren. Ein Landesfürst, der in einem anderen deutschen Staate Besitz habe, müsse an diesen davon die Landessteuern zahlen. Die Reichsverfassung mache keine Ausnahme für die Fürsten betreffs der Steuer­ pflicht, und das Reich sei unbestritten zuständig, direkte Reichssteuern so gut wie indirekte einzuführen. Nach alledem ist die Frage der Steuerfreiheit der Landesfürsten und -Fürstinnen zurzeit eine noch unge­ löste, aber der baldigen Lösung dringend bedürftige Rechtsfrage. Einen Antrag in dritter Lesung, den Reichskanzler um Einbringung einer Vorlage zu ersuchen, durch die das steuerrechtliche Verhältnis der Fürsten zum Reich geregelt wird, lehnte der Reichstag ab. Abs. 1. 1. Ziff. I, 1 und Ziff. II entsprechen den gleichartigen Vorschriften des WBG. § 10 Ziff. I, 1 und Ziff. II. Dagegen ist die Steuerpflicht der Ausländer hier anders geregelt. Sie ist hier insofern weitergehend, als Wohn­ sitz oder dauernder Aufenthalt dafür genügen, während

§ 11.

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beim WBG. dauernder Aufenthalt Erwerbes wegen ge­ fordert ward. 2. In Ziff. I ist die unbeschränkte, d, h. auf das gesamte Vermögen einer natürlichen Person (mit Aus­ schluß der in den §§ 5 und 8 aufgeführten Vermögens­ bestandteile) sich erstreckende, in Ziff. II die beschränkte subjektive Besitzsteuerpflicht näher geregelt. Maßgebender Gesichtspunkt ist dabei, daß inländisches Grund- und Betriebsvermögen unter allen Umständen besitze­ steuerpflichtig ist. Über den Begriff des inländischen Grund- und Betriebsvermögens vgl. §§ 2 und 5. 3. Der unbeschränkten subjektiven Steuerpflicht unterliegen: 1. Diejenigen Reichsangehörigen, welche al ihren Wohnsitz im Reiche haben oder b) zwar diese Voraussetzung (zu a) nicht erfüllen aber bei Ablauf des Veranlagungszeitraums (§ 18) sich noch nicht länger als zwei Jahre im Auslande dauernd aufgehalten haben, oder welche c) als Reichs- oder Staatsbeamte ihren dienst­ lichen Wohnsitz im Auslande haben, gleichviel ob sie außerdem noch einen Wohnsitz irrt Reiche haben oder nicht. 2. Ausländer, welche entweder a) einen Wohnsitz im Reiche oder b) in Ermangelung eines solchen ihren dauernden Aufenthalt daselbst haben. Die Reichsangehörigkeit bestimmt sich nach dem Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913. Sie setzt voraus: Staatsangehörigkeit bei einem deutschen Bundesstaate oder Erwerb der unmittelbaren Reichsangehörigkeit seitens eines Ausländers durch Ver­ leihung unter den näher bestimmten gesetzlichen Vor­ aussetzungen. „Ausland"' ist alles, was nicht nach Art. 1 der Reichsverfassung zum Reichsgebiet gehört. Danach gehören zum Ausland auch die deutschen Schutzgebiete. 4. „Wohnsitz" ist auszulegen nach dem Reichs-Doppel­ steuergesetz vom 22. März 1909, nicht nach dem BGB.

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Besitzsteuergesetz.

Danach hat ein Deutscher einen Wohnsitz an dem Orte, an welchem er eine Wohnung unter Umständen inne hat, welche auf die Absicht einer dauernden Beibehaltung einer solchen schließen lassen. Dasselbe muß auch für den Wohnsitz eines Ausländers gelten. Ehefrauen und Kinder, die keinen selbständigen Wohnsitz haben, teilen in steuerlicher Hinsicht den Wohnsitz des Ehemannes oder Vaters. „Dauernden Aufenthalt" hat jemand an dem Orte, an welchem er sich unter Umständen auf­ hält, die eins die Absicht schließen lassen, an diesem Orte nicht nur vorübergehend zu verweilen. Ein vor­ übergehender Aufenthalt im Inland hebt den dauernden Ausenthalt im Auslande nicht auf. 3. Der beschränkten Steuerpflicht in Ziff. II unter­ liegen alle nicht unter Ziff. I fallenden natürlichen Personen hinsichtlich ihres inländischen Grund- und Betriebsvermögens. Vom letzteren dürfen nur die­ jenigen Schulden und Lasten abgezogen werden, die mit ihm in wirtschaftlicher Beziehung stehen (§ 10 Abs. 3). Sofern nicht besondere Umstände eine gegenteilige An­ nahme rechtfertigen, ist eine wirtschaftliche Beziehung zu dem in Grundstücken bestehenden Vermögen anzu­ erkennen, wenn die Schulden und Lasten auf den be­ treffenden Grundstücken ruhen (BuitdNAB. § 51 Abs. I). Zu dem nach Ziff. II steuerpflichtigen inländischen Grundund Betriebsvermögen gehört außer dem int Gebiete des Deutschen Reichs liegenden Grund- und Gebäude­ besitz alles Vermögen, das gewidmet ist der Ausübung eines stehenden Gewerbes in einer innerhalb des Reichs­ gebiets befindlichen Betriebsstätte (§ 3 Abs. 2 des DoppelsteuerG.). BundRAB. § 51 Abs. 2. Hat eine Unter­ nehmung Betriebsstätten im Jnlande und im Auslande, so muß die Heranziehung zur Besitzsteuer anteilig er­ folgen (nach Analogie des § 3 Abs. 3 des DoppelsteuerG.). Näheres darüber, insbesondere wegen der zu einem Betriebe gehörenden Forderungen, siehe Anm. 4 zu § 5. H. Unterlag ein Besitzsteuerpflichtiger bisher nur der beschränkten persönlichen Steuerpflicht (§ 11 Nr. II) und

§§ 11, 12.

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tritt an deren Stelle die unbeschränkte (§ 11 Nr. I), so ist für den Zeitpunkt dieses Eintritts das steuerbare Vermögen neu festzustellen und gilt alsdann als An­ fangsvermögen. Ist es aber niedriger als das früher festgestellte, so gilt das letztere als Anfangsvermögen. Entsprechendes gilt, wenn jemand nur beschränkt wehr­ beitragspflichtig (§ 10 Nr. II des WBG.) und dem­ gemäß zum Wehrbeitrag veranlagt, dagegen schon seit dem 1. Januar 1914 unbeschränkt besitzsteuerpflichtig (§ 11 Nr. I des BStG.) war. Die neue Vermögens­ feststellung erfolgt in diesem Falle für den 1. Januar 1914 und ergibt das maßgebende Anfangsvermögen, sofern es nicht niedriger ist als das früher festgestellte wehrbeitragspflichtige Vermögen (BundRAB. § 24).

Abs. 2. Für das Verhältnis der deutschen Staaten gegen­ einander trifft in Ansehung der direkten staatlichen Be­ steuerung das Reichsgesetz wegen Beseitigung der Dop­ pelbesteuerung vom 22. März 1909 Vorsorge. Der Abs. 2 betrifft daher nur das Verhältnis zu nichtdeut­ schen Staaten und zu den deutschen Schutzgebieten. Eine internationale Vereinbarung zum Zwecke der Beseiti­ gung von Doppelbesteuerungen der fielt) et fettig en Staate angehörigen sieht bisher nur der zwischen Preußen und Österreich geschlossene Staatsvertrag vom 21. Juni 1899 vor.

§ 12. Die Abgabe wird nicht erhoben von dem Zu­ wachs, der den Betrag von zehntausend Mark nicht übersteigt. 1. Der Reichstag hat die steuerfreie Grenze des Ver­ mögenszuwachses von 2000 Mk. auf 10000 Mk. erhöht, hauptsächlich um dem Vorwurfe zu begegnen, daß in der Vermögenszuwachssteuer eine Bestrafung des Arbeits­ und Sparsinnes, besonders desjenigen des Mittelstandes, liege. Die Grenze von 10000 Mk. lehnt sich an den Erbschaftssteuergesetzentwurf vom 14. Juni 1909 an, der

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Besitzsteuergesetz.

Erbanfälle an Abkömmlinge und kinderlose Ehegatten bis zu 10000 Mk. freilassen wollte. Der durch die Er­ höhung bedingte Einnahmenausfall ward von der Re­ gierung auf 20 Mill. Mk. geschätzt. 2. Die Steuerfreiheit gilt ohne Rücksicht auf die Größe des Vermögens selbst, das den Zuwachs erfährt, also auch für die größten Vermögen, wenn nur ihr Zuwachs 10000 Mk. im Veranlagungszeitraum nicht übersteigt. Anderenfalls ist die Steuer vom ganzen Zuwachs zu entrichten. Die Befreiung ist aber eine endgültige nur dann, wenn der Steuerpflichtige auch späterhin keinen Vermögenszuwachs hat, der mit dem seither steuerfreien Zuwachs zusammen jene Grenze überschreitet. Trifft diese Voraussetzung nicht zu, so wird die Besteue­ rung des nach § 12 steuerfrei gebliebenen Zuwachses nachgeholt (vgl. § 21 und Anm. 1 dazu), über den Begriff „Zuwachs" vgl. §§ 19 und 21 ff., namentlich auch den die Abrundung betreffenden § 28 Abs. 3. 3. Auch beim Wehrbeitrag ist die Grenze dieselbe, da er nicht erhoben wird von Vermögen, die 10000 Mk. nicht übersteigen. Sie erhöht sich dort aber in den Fällen, wo das Einkommen 2000 bzw. 4000 Mk. nicht übersteigt, auf 50000 bzw. 30000 Mk. (§12 des WBG.).

K 13Vermögen, die den Gesamtwert von zwanzig­ tausend Mark nicht übersteigen, unterliegen der Zu­ wachsbesteuerung nicht. Bei Vermögen über zwanzigtausend Mark, aber nicht über dreißigtausend Mark Gesamtwert, unter­ liegt der nach § 12 steuerpflichtige Zuwachs nur insofern der Steuer, als durch ihn die steuerfreie Grenze (Abs. 1) überschritten wird. Zu Abs. 1 und 2. Vermögen im Sinne des § 13 ist das besitzsteuerpflichtige Vermögen. Ausgeschlossen sind also die in

§§ 12, 13.

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den §§ 5 und 8 aufgeführten Vermögenswerte. Ge­ meint ist ferner das Reinvermögen am Schluffe des Veranlagungszeitraums und ohne Anwendung der Ab­ rundungsvorschrift des § 28 Abs. 3.

Abs. 1. Der Reichstag hat, wie für den Vermögenszuwachs (§ 12), so auch hier die steuerfreie Grenze erhöht, näm­ lich von 6000 auf 20000 Mk., und zwar auch hier um den Einwand einer besonders den Mittelstand treffenden Bestrafung des Fleißes und des Sparsinnes zu entkräf­ ten, sowie namentlich auch um den bäuerlichen Besitz­ verhältnissen Rechnung zu tragen. Die erhöhte Grenze entspricht der Bestimmung im Entwurf der Erbanfallsteuer vom 14. Juni 1909, wonach die Erbschaftssteuer­ pflicht für Abkömmlinge und Ehegatten erst eintreten sollte bei einem reinen Wert des Gesamtnachlasses, ohne die nicht in Kapitalbesitz bestehenden Mobilien, von mehr als 20 000 Mk. Der Sinn des Abs. 1 ist, daß derjenige Besitz, bei welchem das am Anfänge des Veranlagungszeitraums vorhandene Vermögen mitsamt dem in diesen Zeitraum fallenden Zuwachse, zu welchem letzteren auch Erb anfälle mit Ausnahme des Gattenerbes gehören, 20000 Mk. nicht übersteigt, steuerfrei bleibt. Ist also das Vermögen 0, der Zuwachs durch Erbanfall 20000 Mk., so bleibt letzterer, obwohl er mehr als 10000 Mk. beträgt, gerade noch steuerfrei.

Abs. 2. 1. Der Abs. 2 beruht auf einem Beschlusse der Reichstagskommission. Gemeint sind die Fälle, wo das Ver­ mögen samt dem Zuwachs einer Veranla­ gungsperiode zwar 20 000 Mk., nicht aber 30 000 Mk. übersteigt. Bei ihnen erstreckt sich die Steuerpflicht nicht auf den ganzen Zuwachs, sondern nur auf denjenigen Teil desselben, um den das Vermögen größer als 20 000 Mk. ist. Der Zweck dieser Bestimmung ist die Schonung der kleineren Vermögen bis zu 30000 Mk. sowie der kleineren Erb anfälle. Die Schonung besteht darin, daß bei kleinen Vermögen, die sich naturgemäß im allgemeinen nur langsam vermehren, nur derjenige

64

Besttzsteuergesetz.

Zuwachs besteuert wird, der das Vermögen, nachdem es den steuerfreien Betrag von 20 000 Mk. überschritten hat, noch weiter, doch nicht über den Gesamtbetrag von 30 000 Mk. hinaus vermehrt. Geht die Vermehrung über diese Grenze hinaus, indem ein Steuerpflichtiger durch Erbschaft oder auf andere Weise rasch zu einem größeren Vermögen gelangt, so ist das Vermögen kein schonungs­ bedürftiges „kleineres" mehr. Dies wird in der Regel da der Fall sein, wo die Vermehrung nicht eine Folge von Ersparungen, sondern voll Anfällen aus Erbschaftell, Lotteriegewinnen u. dgl. ist. Es werden also durch den § 13 Abs. 2 die Begünstigungen, welche die §§ 12 mit) 13 Abs. 1 den Besitzern kleiner Vermögen und geringer Zuwächse bringen, hier um eine weitere vermehrt. Wenn z. B. ein Vermögen von 15 000 Mk. sich gegen die letzte Veranlagung um 12 000 Mk. ver­ mehrt hat, so sind von diesem Zuwachs nur 7000 Mk. (nämlich der 20000 Mk. übersteigende Betrag) steuer­ pflichtig. Bei 5000 Mk. Vermögen und 20 000 Mk. Zuwachs sind 5000 Mk. Zuwachs steuerpflichtig. Bei 15 000 Mk. Vermögen und 8000 Mk. Zuwachs besteht gemäß § 12 keine Steuerpflicht. Der nach Abs. 1 steuer­ freie Betrag von 20000 Mk. bleibt mithin bei den langsam wachsenden kleinen Vermögen der Besteuerung dauernd entzogen. Übersteigen dagegen Vermögen und Zuwachs zusammen 30000 Mk., so ist der gesamte Zuwachs, sofern er mehr als 10000 Mk. beträgt, steuer­ pflichtig. Über die Sachlage in dem Fall, daß eine frühere Vermögensfeststellung (§§ 28 und 20) noch nicht stattgefunden hatte, siehe Anm. 3.

2. Die Vorschrift des § 13 hat in Verbindung mit der des § 12 die Wirkung, daß alle Vermögen, die ein­ schließlich ihres Zuwachses niemals den Betrag von 30000 Mk. übersteigen, von der Besitzsteuer befreit blei­ ben. Denn Vermögen bis einschließlich .20 000 Mk. sind steuerfrei, ein Zuwachs muß aber, um steuerpflich­ tig zu sein, jedenfalls 10000 Mk. übersteigen.

Z.

Abgesehen von den oben bezeichneten Wirkungen ist noch der steuertechnische Vorteil mit der in § 13 ge-

65

§§ 13,14.

troffenen Regelung verbunden, daß die Steuerbehörde der Mühe enthoben ist, bei jeder Veranlagung zur Be­ sitzsteuer, also alle drei Jahre, die Höhe der kleineren, nur langsam wachsenden Vermögen festzustellen und sich zu überzeugen, daß die steuerfreie Grenze von 20000Mk. nicht überschritten ist. Erst wenn sie Grund zu der An­ nahme hat, der Pflichtige besitze ein Vermögen von mehr als 20 000 Mk., braucht sie dies zu tun. Ergibt sich dann ein Vermögen von über 20 000—30 000 Mk. Ge­ samtwert, wobei die Abrundungsvorschrift des § 28 Abs. 3 zu beachten ist, so gilt zwar dieses ganze Ver­ mögen als Zuwachs, die Steuer wird aber nur von dem 20 000 Mk. übersteigenden Betrage erhoben. In diesem Fall kann auch von einer Feststellung des An­ fangsvermögens abgesehen werden, wenn der Steuer­ pflichtige angibt, daß die Vermögenszunahme über 10000 Mk. betragen hat (BundRAB. § 23 Abs. 1).

§ 14. Für die Veranlagung der Besitzsteuer wird das Vermögen der Ehegatten zusammengerechnet, sofern sie nicht dauernd voneinander getrennt leben. Die Ehegatten sind, falls ihr Vermögen hiernach zusammenzurechnen ist, der Staatskasse als Gesamt­ schuldner der Steuer verpflichtet.

1. Der § 14 entspricht dem § 13 des WBG. 2. Die Zusammenrechnung erfolgt auch dann, wenn die Ehe erst innerhalb des für die Besteuerung maß­ gebenden Veranlagungszeitraumes, also innerhalb der­ ber Besteuerung voraufgehenden drei Kalenderjahre, geschlossen wurde (vgl. das Beispiel in Anm. 4 unter I). 3. Die Zusammenrechnung des Vermögens der Ehe­ gatten für den Zweck der Besitzbesteuerung (analog der­ jenigen beim Wehrbeitrag) beruht auf dem Grundge­ danken, daß diese beiden Vermögen in wirtschaftlicher Hinsicht eine Einheit bilden, da ihnen beiden gemein­ sam die Bestreitung der Kosten des Haushalts und der Köppe, Besitzsteuergesetz.

5

66

Besitzsteuergesetz.

Kinderaufziehung zur Last fällt. Sie wird also, ebenso wie die Vorschrift des § 15, dem Wesen der Ehe nach ihrer wirtschaftlichen Seite hin gerecht. Soweit diese bei­ den Paragraphen keine Sonderregelung enthalten, gellen für die Ermittelung des steuerpflichtigen Vermögens­ zuwachses der Ehegatten oder eines derselben die son­ stigen Vorschriften dieses Gesetzes. Zum Vermögen der Ehefrau, das mit dem des Ehemannes zusammengerech­ net wird, gehört auch ihr Vorbehaltsgut. 4. Folgende (der Begründung der Vorlage entnomme­ nen und den Veränderungen, die sie erfahren hat, ange­ paßten) Beispiele erläutern die steuerliche Behandlung der Ehegatten: VI. Die Eheleute A und B leben in gesetzlichem Güterrecht (§§ 1363 ff. BGB.). Sie heirateten nm 1. Juli 1914. Bei Beginn der ersten Veranlagungs­ periode, am 1. Januar 1914, besaß A 50000 Mk., mit denen er zum Wehrbeitrag herangezogen wurde. Dieser Besitz gilt daher nach § 20 des BStG. als Wert seines steuerbaren Vermögens an diesem Tage. Die Ehefrau B hatte an letzterem Tage kein Vermögen, erhielt aber bei der Verheiratung von ihrem Vater eine Mitgift von 100000 Mk. und erbte im Jahre 1915 von einem Onkel 60000 Mk. (nach Abzug der Erbschaftssteuer), die Vorbehaltsgut wurden. Bei Ende der Periode, am 31. Dezember 1916, hat sich das Vermögen des Mannes auf 60000 Mk. vermehrt. Die Frau besitzt jetzt 100 000-s60000 = 160 000 Mk., beide zusammen besitzen also 220000 Mk. Beider Besitz am 1. Januar 1914 betrug zusammen 50000 Mk. Der Unterschied der beiden Gesamtwerte, also der besitzsteuerpflichtige Zuwachs, be­ trägt mithin 170000 Mk. Für die Staffelung der Steuer nach dem Gesamtwert des steuerbaren Vermögens (§ 25 Abs. 2) sind 220000 Mk. zugrunde zu legen. II. Die Eheleute A und B leben in vertrags­ mäßigem Güterrecht (§§ 1432 ff. BGB.). Sie be­ sitzen am 1. Januar 1914 ein Gesamtgut von 100 000 Mk., die Ehefrau B außerdem ein Vorbehaltsgut von 40 000Mk. Zum Wehrbeitrag wurden sie daher mit 140000 Mk. herangezogen. Am 31. Dezember 1916 hat sich das

§§ 14, 15.

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Gesamtgut auf 120000 Mk. vermehrt. Das Vorbe­ haltsgut ist unverändert geblieben. Der steuerpflichtige Zuwachs beträgt mithin 160000—140 000 20 000 Mk. Für die Staffelung der Steuer gemäß § 25 Abs. 2 ist ein Gesamtvermögen von 160000 Mk. maßgebend. 5. Ist das Vermögen von Ehegatten gemäß § 14 für den Schluß des Veranlagungszeitraums zusammenzu­ rechnen, ohne daß die Voraussetzungen der Zusammen­ rechnung für den Beginn des Veranlagungszeitraumes gegeben sind (waren also beide damals noch nicht miteinander verheiratet oder lebten sie damals dauernd voneinander getrennt), so ist als Anfangsvermögen maßgebend die Summe des für den Beginn des Ver­ anlagungszeitraums festgestellten oder nachträglich zu ermittelnden Vermögens jedes der beiden Ehegatten. War dagegen umgekehrt das Vermögen von Ehegatten früher zusammengerechnet worden und sind die Voraus­ setzungen der Zusammenrechnung für den Schluß des Veranlagungszeitraums nicht mehr gegeben (sind sie also in diesem Zeitpunkt rechtskräftig geschieden oder leben sie an ihm dauernd voneinander getrennt), so ist das Vermögen, das der betreffende Ehegatte bei Be­ ginn des Veranlagungszeitraums besessen hat, nach­ träglich zu ermitteln und als Anfangsvermögen zu­ grunde zu legen (BundRAB. § 26 Abs. 1 und 2). 6. Der § 14 brietst sich nur auf Ehegatten. Ver­ mögen, die minderjährigen Kindern gehören, sind — im Gegensatz zu § 5 Nr. 5 des PreußErgStG. — nicht bei dem Vater oder der Mutter, denen die Nutznießung daran zusteht, sondern bei den Kindern beitragspflichtig (PreußAusfV. Art. 3 Nr. 7). Die Kin­ der sind also, und zwar ein jedes selbständig, mit ihrem Vermögen zur Besitzsteuer zu veranlagen.

§ 15. Ist ein Ehegatte innerhalb des Veranlagungs­ zeitraums (§§ 18 bis 22) gestorben, so ist der aus dem Erbfall herrührende Zuwachs des überlebenden Ehegatten insoweit steuerfrei, als das ererbte Ver5*

68

Besttzsteuergesetz.

mögen in der Hand des anderen EheteiLs oder gemäß § 14 nicht mehr der Zuwachsbesteuerung unter­ liegen würde.

1. Diese Vorschrift bedeutet die Steuerfreiheit des­ jenigen Vermögenszuwachses, der in dem Erbteil des überlebenden Ehegatten am Nachlasse des vorversterben­ den besteht. Die zunächst schwerverständliche Fassung des Gesetzestextes beruht auf dem für das ganze Gesetz maßgebenden, in der Begründung der Vorlage ent­ wickelten Gesichtspunkte, daß ein und dasselbe Vermögen in der Hand desselben Besitzers nur einmal von der Besitzsteuer ergriffen wird (vgl. Anm. 6 zu § 1). Ist dies geschehen, so bleibt die Vermögensmasse in dieser Höhe von der Besitzsteuer dauernd frei. Jede neue Ver­ anlagung zu dieser Steuer kann nur die Besteuerung der seitdem eingetretenen Vermehrung dieses Ver­ mögens zur Folge haben. Das vermehrte, also in seiner Höhe veränderte Vermögen stellt einen neuen Ver­ mögenswert dar, dessen Feststellung zur Besteuerung des Zuwachses führt. Die konsequente Durchführung dieses Grundsatzes ergibt, auf den Fall der Beerbung des zuerst versterbenden Ehegatten durch den überlebenden an­ gewendet, daß der dem letzteren als Erbteil anfallende Vermögensteil soweit steuerfrei zu bleiben hat, als er in der Hand des ersteren schon einmal zur Besitzsteuer herangezogen worden war und daher nicht mehr der ZuWachsbesteuerung unterliegen darf, gleichviel ob bei dieser Heranziehung der Herangezogene schon Ehegatte war oder nicht. In den BundRAB- § 26 Abs. 4 ist derselbe Gedanke dahin ausgedrückt: „Nach § 15 steuer­ frei ist der dem .Anteil des überlebenden Ehegatten am Nachlaßvermögen entsprechende Teilbetrag desjeni­ gen Vermögens, das als Anfangsvermögen gegolten hätte, wenn der verstorbene Ehegatte auf den Zeitpunkt seines Todes zur Besitzsteuer zu veranlagen gewesen wäre." 2. Beispiele zur Erläuterung der Vorschrift in § 15 (der Begründung der Vorlage entnommen und den Ver­ änderungen angepaßt, die diese erfahren hat):

88 15, 16.

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I. Die Eheleute A und B heiraten im Mai 1914. Beide hatten am 1. Januar 1914 kein eigenes Ver­ mögen, die Ehefrau B erhielt aber eine Mitgift von 200 000 Mk. Sie stirbt im Dezember 1915 und wird beerbt von ihrem Ehemann A und dem gemeinsamen Kinde C, indem A 1/4, C 3/4 von 200 000 Mk. erbt. Das Erbteil von A vermehrt sich bis zum 31. Dezem­ ber 1916 um 10000 Mk., also auf 60000 Mk. Steuer­ pflichtiger Zuwachs des A ist dann 60000—0 = 60 000 Mk., des C 150000—0 = 150 000 Mk. II. Die Eheleute A und B besitzen am 1. Januar 1914 ein Gesamtgut von 100000 Mk., die Ehefrau B außerdem ein Vorbehaltsgut von 40000 Mk. A stirbt im Jahre 1915. Das Gesamtgut hatte sich bei seinem Tode auf 120000 Mk. vermehrt. Erben sind: Die Ehefrau zu Vo und drei bisher vermögenslose Kinder gleichfalls zu je 1/4. Am Gesamtgut war die Ehefrau zur Hälfte berechtigt. Am 31. Dezember 1916 beträgt ihr Gesamtvermögen mithin 115 000 Mk. Steuerberech­ nung : Vermögensbestand von B am 1. Januar 1914 — 50000 Mk. Anteil am Gesamtgut, 40 000 Mk. Vor­ behaltsgut, zusammen 90000 Mk. Vermögenszuwachs: 115 000—90000 = 25000 Mk. Davon bleibt nach § 16 steilerfrei 1/4 des Anteils des A am Gesamtgut nach dem Stande vom 1. Januar 1914, also 1/4 von 50000 = 12 500 Mk. Der steuerpflichtig e Zuwachs der Ehefrau beträgt mithin 12500 Mk. Der Zuwachs eines jeden Kindes beträgt 0>15 000 = 15 000 Mk., bleibt also, obwohl über 10000 Mk., nach § 13 Abs. 1 steuerfrei. 3. Die Ausscheidung der nach § 15 steuerfreien Zu­ wachsbeträge hat in der Weise zu erfolgen, daß sie von dem noch nicht abgerundeten (§ 28 Abs. 3) End ver­ mögen abgezogen werden (BundRAB. § 26 Abs. 3).

K 16. Von dem nach den Vorschriften dieses Gesetzes fest­ gestellten Vermögenszuwachs ist abzuziehen der Be­ trag einer Kapitalabfindung, die als Entschädigung

70

Besitzsteuergesetz.

für den durch Körperverletzung herbeigeführten gänzlichen oder teilweisen Verlust der Erwerbsfähigkeit gezahlt worden oder zu zahlen ist. 1.

Wird eine Unfallentschädigung in Rente gezahlt, so ist diese besitzsteuerfrei, da sie nicht zum besitzsteuer­ pflichtigen Kapitalvermögen zu rechnen ist (§§ 6 Nr. 5 und 7). Die dafür etwa eintretende Kapitalabfindung soll nicht ungünstiger behandelt werden. Das ist der Sinn des § 16. 2. Die in der Neichsversicherungsordnung vom 19. Juli 1911 vorgesehenen Entschädigungsfälle, in denen eine Kapitalabfindung zulässig ist (besonders nach ben §§616 bis 618), werden hier kaum in Betracht kommen, da diese Entschädigungen nicht die Höhe eines steuerpflich­ tigen Vermögenszuwachses erreichen werden. Dagegen kommen (nach Stier-Somlo, Wehrbeitrag und Besitz­ steuer, S. 152) namentlich in Betracht Entschädigungen auf Grund des Haftpflichtgesetzes vom 7. Juni 1871, des Automobilhaftpflichtgesetzes vom 3. Mai 1909 und des Unfallversicherungsgesetzes für Beamte vom 18. Juni 1909. 3. Die Ausscheidung der nach § 16 steuerfreien Zuwachsbeträge hat in der Weise zu erfolgen, daß sie von dem noch nicht abgerundeten (§ 28 Abs. 3) End­ vermögen abgezogen werden (BundRAB. § 26 Abs. 3).

§ 17. Steht das der Besteuerung unterliegende Ver­ mögen in Nutznießung, so fällt, wenn nicht rechts­ geschäftlich etwas anderes bestimmt ist, die Besitz­ steuer dem Eigentümer zur Last.

1. 2.

Der § 17 entspricht dem § 14 des WBG. Diese Vorschrift bestimmt, daß im Verhältnis des Eigentümers eines Vermögens zu dessen Nutznießer die Steuer, falls nicht eine anderweitige vertragliche Fest­ setzung getroffen ist, dem Eigentümer zur Last fällt.

88 16, 17.

71

Sie ward auf einen besonderen Antrag hin in der 2. Plenarberatung des Reichstags in das Gesetz aus­ genommen. In bezug auf die Steuerpflicht gegenüber der Staatskasse wird dadurch nichts geändert. 3. Beruht der Nießbrauch auf einem Rechtsgeschäft (BGB. § 1047), so liegt die Besitzsteuerpflicht in An­ sehung des mit dem Nießbrauch belasteten Vermögens schon nach dem Bürgerlichen Recht dem Eigentümer ob. Denn ihm gegenüber ist der Nießbraucher nur ver­ pflichtet, die auf der Sache ruhenden öffentlichen Lasten, mit Ausschluß der außerordentlichen Lasten, die als auf den Stammwert der Sache gelegt anzu­ sehen sind, zu tragen. Auch wenn man die Besitzsteuer nicht als eine solche außerordentliche Last ansehen will, sind unter „öffentlichen Lasten", soweit Steuern in Be­ tracht kommen, nur die Realsteuern zu verstehen. Für den vertragsmäßigen Nießbrauch hätte es also einer besonderen Bestimmung, nach Art der in § 17, über­ haupt nicht bedurft. Anders liegt die Sache bei dem familienrechtlichen Nießbrauch, also demjenigen des Ehemannes (beim Güterstande der Verwaltung und Nutznießung) am Vermögen der Ehefrau, ferner des Vaters, und im Falle des BGB. § 1685 Abs. 2 auch der Mutter, am Kindesvermögen, sofern dieses nicht freies Vermögen ist. Hier ist für die Dauer der Verwal­ tung und Nutznießung der Mann gegenüber der Frau, der Vater gegenüber dem Kinde verpflichtet, die diesen obliegenden öffentlichen Lasten mit Ausschluß der vor­ genannten außerordentlichen zu tragen. Sieht man die Besitzsteuer nicht als eine solche außerordentliche, auf den Stammwert gelegte Last an, so würde sie in diesen Fällen allerdings dem Ehemann und Vater zur Last fallen, da diese schlechthin „die der Frau (dem Kinde) obliegenden öffentlichen Lasten", also nicht nur die auf der Sache ruhenden öffentlichen Lasten, mithin auch deren Personalsteuern zu tragen haben. Daher legt § 17 ausdrücklich dem Eigentümer die Besitzsteuer im Verhältnis beider zueinander und mangels ander­ weiter Übereinkunft auf. Diese Regelung rechtfertigt sich innerlich dadurch, daß die Besitzsteuer aus der Sub-

72

Besitzsteuergesetz.

stanz des Vermögenszuwachses getragen werden soll (siehe Anm. 2 zu § 1). Natürlich kann der Ehemann oder Vater aber nicht verlangen, daß die Ehefrau aus ihrem Vorbehaltsgut oder das Kind aus seinem freien Vermögen diese Steuer entrichtet. 4. Der Eigentümer kann den Kapitalwert eines ver­ tragsmäßigen Nießbrauchs vom Vermögen abziehen (s. Anm. 5 zu Z 9). Andrerseits gehört dieser Kapital­ wert zum Kapitalvermögen des Nießbrauchers (s. Anm. 3 zur Ziff. 5 des § 6; BayerVV. § 13 Abs. 3). 5. Im Sinne der obigen Ausführungen (zu 3 und 4) ist im Februar 1914 auf eine Eingabe betreffend die Auslegung des 8 14 des WBG. folgender, auch für die Auslegung des 8 17 des VStG, wichtiger Bescheid des Reichsschatzsekretärs ergangen: „Zu Ihren Ausführun­ gen über den 8 14 des WBG. bemerke ich, daß diese Vorschrift, wie die entsprechende in 8 17 des BStG., privatrechtlicher Natur ist und das öffentlichrechtliche Schuldverhältnis gegenüber dem Fiskus nicht berührt. Sie bezieht sich ihrem Wortlaut nach nur auf die Nutznießung im engeren Sinne, d. i. auf die familien­ rechtliche Nutznießung, nicht auf den Nießbrauch (88 1030 ff. BGB.). Die erst im Reichstage eingeführte Vorschrift bezweckte eine ausdrückliche Feststellung, daß der Wehrbeitrag wie die Besitzsteuer als „außerordent­ liche Seist" anzusehen ist, die der Nutznießer nicht zu tragen hat (vgl. § 1385 Nr. 1 BGB., für den Nieß­ brauch vgl. 8 1047 BGB.). Was die öffentlichrechtliche Beitragspflicht anbelangt, so ist beitragspflichtig der Eigentümer des Vermögens, nicht der Nutznießer. Der eigentliche (nicht familienrechtliche) Nießbrauch gehört zum beitragspflichtigen Vermögen (8 5 des Gesetzes). Der Nießbraucher wird mit dem Kapitalwert des Nieß­ brauches, der Eigentümer mit dem Wert des Vermögens abzüglich des Kapitalwertes des Nießbrauches zum Wehrbeitrag herangezogen. Bei dieser Regelung darf nicht übersehen werden, daß das Vermögen, das jetzt zum Wehrbeitrag herangezogen ist, in der Hand des Pflichtigen später von der höheren Besitzsteuer be­ freit ist."

§§ 17, 18.

73

Feststellung des Berrnögenszuwachses, Beranlagungs und Erh ebungszeitraum.

§ 18. Die Feststellung des Vermögenszuwachses erfolgt erstmals zum 1. April 1917 für den in der Zeit vom 1. Januar 1914 bis zum 31. Dezember 1916 entstandenen Zuwachs, späterhin in Zeitabständen von drei zu drei Jahren für den in den vorver­ gangenen drei Kalenderjahren entstandenen Zuwachs.

1. Die dreijährige Veranlagungsperiode ward vom Reichstag an Stelle der in der Vorlage vorgesehenen zweijährigen und dementsprechend die erstmalige Ver­ anlagung zum 1. April 1917 statt zum 1. April 1916 angenommen, weil sie die Steuerpflichtigen mehr schont und weil die Veranlagung zum 1. April 1917 sich in zeitlicher Übereinstimmung mit der gleichfalls alle, drei Jahre stattfindenden Veranlagung zur Preußischen Er­ gänzungssteuer befindet. Diese Erweiterung bedingte den Verlust der Annahme des Reichs aus der Besitz­ steuer für das Etatjahr 1916 in der geschätzten Höhe von 80 Mill. Mk. Er ward durch den Wehrbeitrag mit­ gedeckt. 2. Infolge der in § 18 vorgesehenen regelmäßigen Wiederkehr der Pflicht zur Vermögeusanzeige sind nach Erwartung der Regierungen bei der Besitzsteuer Hinter­ ziehungen im Wege der Verschenkung von Vermögens­ bestandteilen kaum zu befürchten. Dieser Vorzug der Besitzsteuer gilt naturgemäß besonders gegenüber dem sonst durch direkte Steuern verhältnismäßig schwer zu erfassenden beweglichen Kapital. 3. Bei der Besitzsteuerveranlagung ist in der Regel nur das Vermögen des Steuerpflichtigen für das Ende des Veranlagungszeitraums, erstmals für den 31. De­ zember 1916 (§ 18), neu festzustellen. Das Anfangs­ vermögen ist nur dann gleichzeitig mit der Ermittelung des Endvermögens nachträglich festzustellen, wenn eine rechtskräftige Feststellung durch Erteilung eines Ver-

74

Besitzsteuergesetz.

anlagungs- oder Feststellungsbescheids gemäß Z47WBG. oder später durch Erteilung eines Steuer- oder Fest­ stellungsb esch erd s gemäß § 65 BStG. nicht stattgefunden hat. Ist im Wege des aus Billigkeitsrücksichten gewährten gänzlichen oder teilweisen Erlasses des rechts­ kräftig veranlagten Wehrbeitrags oder der rechtskräftig veranlagten Besitzsteuer das Vermögen anderweit ermit­ telt, so ist nicht das rechtskräftig festgestellte Vermögen, sondern das anderweit ermittelte Vermögen als An­ fangsvermögen maßgebend (BundNAB. § 22).

§ 19. Als Vermögenszuwachs gilt der Unterschied zwischen dem reinen Werte des steuerbaren Gesamtvermögens am Ende des jeweiligen Veranlagungs­ zeitraums (§ 18) und dem reinen Werte des steuerbaren Gesamtvermögens am Anfang dieses Zeitraums, soweit in den §§ 21, 22 nichts anderes bestimmt ist. Der Unterschied (Abs. 1) verringert sich um den Betrag, um den die Summe der abzugsfähigen Schulden und Lasten den Gesamtwert des Aktiv­ vermögens des Steuerpflichtigen zu Beginn des maßgebenden Zeitraums überstiegen hat.

Abs. 1. 1.

Der die Steuerpflicht begründende Vermögenszu­ wachs ergibt sich aus der Vergleichung des Standes, den das steuerpflichtige Vermögen des Pflichtigen zu zwei verschiedenen Zeitpunkten hatte (vgl. § 1 Anm. 1). Der dazwischen liegende Zeitraum ist der Veranlagungszeit­ raum. Er umfaßt in der Regel drei Jahre (allge­ meiner Veranlagnngszeitraum). Der Unter­ schied zwischen den beiden Vermögensständen ist der Ver­ mögenszuwachs. Da die erste Veranlagung zum Wehr­ beitrag zugleich als Ausgangspunkt und als Maßstab für die Veranlagung zur Besitzsteuer dienen soll, für die Wehrbeitragspflicht aber der Vermögensstand vom

§ 19.

75

31. Dezember 1913 maßgebend ist (§ 15 Abs. 1 des WBG.), so ergibt sich bei der Besitzsteuer als erster für die Ermittlung des Vermögensstandes maßgebender Zeit­ punkt ganz von selbst der 1. Januar 1914. über diesen Zeitpunkt soll keinesfalls zurückgegriffen werden. Indessen ist der allgemeine (dreijährige) Veranla­ gungszeitraum nicht unbedingt maßgebend, sondern es kann sich im einzelnen Falle für den Pflichtigen ein anderer (individueller Veranlagungszeit­ raum) ergeben. Denn wenn auch der Vermögens­ stand am Ende des jeweiligen Veranlagungszeitraums unter allen Umständen zur Vergleichung heranzuziehen ist, so gilt doch für den Vermögensstand am Anfänge dieses Zeitraums nicht das gleiche. Wenn nämlich die subjektive Steuerpflicht erst innerhalb des dreijährigen Zeitraums entsteht, z. B. durch Erwerb der Reichsangehörrgkeit oder durch Begründung eines Wohnsitzes oder dauernde Aufenthaltnahme seitens eines Ausländers im Deutschen Reiche (§ 11), so ist der Vermögensstand zu diesem späteren Zeitpunkte, in welchem die persönliche Steuerpflicht begründet wurde, maßgebend (§ 22). Wie hier auf einen späteren, so muß unter Umständen auf einen früheren Zeitpunkt als den Anfang des Veran­ lagungszeitraums zurückgegriffen werden. Maßgebend dafür, was als steuerpflichtiger Vermögenszuwachs an­ zusehen, ist nämlich, sobald der Steuerpflichtige einmal zur Besitzsteuer veranlagt worden, für alle folgenden Veranlagungen entweder der letzte Vermögensstand, der zur Erhebung von Besitzsteuer führte (§ 21 Abs. 1), oder, wenn sich bei den bisherigen Veranlagungen noch kein steuerpflichtiger Vermögenszuwachs ergeben hatte, der Vermögensstand an dem ersten für die Steuerpflicht in Betracht kommenden Zeitpunkte (§ 21 Abs. 2). Das ist der 1. Januar 1914 oder, wenn an diesem Tage die persönliche Steuerpflicht noch nicht bestand, der Tag der Begründung der persönlichen Steuerpflicht (vgl. dazu die Beispiele zu § 21 Anm. 2). 2. Der Vermögeuszuwachs ergibt sich aus der Ver­ gleichung des Vermögensstandes am Ende des Veran­ lagungszeitraums (Endvermögen) mit dem Vermögens-

76

Besitzsteuergesetz.

stand am Anfang des Veranlagungszeitraums (Aufangsvermögen). Als Anfang des Veranlaguugszeitraums (§ 19 Abs. 1 des Ges.) gilt der 1. Januar 1914, wenn der Steuerpflichtige damals schon zu den im § 11 des Gesetzes aufgeführten Personen gehört hat, oder, wenn dies nicht der Fall war, der Zeitpunkt, an dem später die persönliche Steuerpflicht eingetreten ist. Der Ver­ mögensstand an dem im Abs. 2 bezeichneten Zeitpunkt ist als Anfangsvermögen solange maßgebend, bis eine Besitzsteuer zu veranlagen ist. Ist es zu einer Besitz­ steuerveranlagung gekommen, so ist das hierbei fest­ gestellte Endvermögen später wieder so lange als An­ fangsvermögen maßgebend, bis erneut eine Besitzsteuer zu veranlagen ist. Ist die persönliche Steuerpflicht in der Folgezeit weggefallen und wird sie später neube­ gründet, so ist für die weitere Besitzsteuerveranlagung das zur Zeit der Neubegründung der persönlichen Steuerpflicht vorhandene Vermögen als Anfangsver­ mögen maßgebend (BundNAB. § 21).

Abs. 2. Haben zu Beginn des Veranlagungszeitraums die abzugsfähigen Schulden und Lasten den Gesamtwert des Aktivvermögens überstiegen, so gilt das für den Schluß des Veranlagungszeitraums festgestellte Nein­ vermögen als Vermögenszuwachs (BundNAB. 8 Abs. 2). 2. Hat jemand z. B. am Anfänge des Veranlagungs­ zeitraums kein Vermögen, sondern 10000 Mk. Schulden, und erbt er 60000 Mk., die sich am Schlüsse dieses Zeitraums nicht vermehrt haben, so hat er nur 50 000 Mk. zu versteuern. Die Bestimmung in Abs. 2 war nötig, weil ohne sie der reine Wert des Gesamtvermögens am Anfänge des Zeitraums mit 0, nicht mit —10000 an­ zunehmen und daher im Falle dieses Beispiels ein Be­ trag von 60000 Mk. zu versteuern gewesen wäre.

1.

§ 20. Als Wert des steuerbaren Vermögens am 1. Ja­ nuar 1914 gilt das nach dem Wehrbeitragsgesetze

88 19, 20.

77

festgestellte Vermögen. Ist im Wege des aus Billigkeitsrückfichten gewährten gänzlichen oder teilweisen Erlasses des rechtskräftig veranlagten Wehrbeitrags das Vermögen anderweit ermittelt, so ist das ander­ weit ermittelte Vermögen maßgebend.

1.

Der § 20 ist von der Kommission des Reichstags eingefügt worden. Durch ihn wird es unnötig, bei der Besitzsteuerveranlagung Wertermittlungen vorzunehmen, die sich auf eine um Jahre zurückliegende Zeit beziehen. 2. Die Veranlagung zum Wehrbeitrag ist nach der Ab­ sicht des Gesetzes der Ausgangspunkt für die Besteue­ rung des Vermögenszuwachses und zugleich der Maß­ stab für diese, insofern als reiner Wert des steuerbaren Gesamtvermögens am Ansange des ersten Veranla­ gungszeitraums der bei der Veranlagung zum Wehr­ beitrag festgestellte reine Vermögenswert gilt. 3. a) Ursprünglich waren im Texte des § 20 dem ersten Satze noch die folgenden Worte angefügt: „mit der Maßgabe, daß Abweichungen in der Vermögensfest­ stellung, die sich bei Anwendung der Vorschriften des Besitzsteuergesetzes ergebeu hätten, entsprechend zu be­ rücksichtigen sind// Dieser Zusatz, wonach also, soweit solche Abweichungen bestanden, die Veranlagungsvor­ schriften des BStG. anzuwenden gewesen wären, ist durch § 39 des KriegssteuerG. wieder beseitigt worden. Nach den Motiven zu diesem Gesetze war er seinerzeit eingefügt worden, weil damals nicht zu übersehen war, ob nicht schließlich bei der endgültigen Fassung des WBG. und des BStG. doch noch Abweichungen bestehen bleiben würden, so daß das nach dem WBG. festgestellte Vermögen unter Umständen nicht als Wert des steuer­ baren Vermögens am 1. Januar 1914 für die spätere Besitzsteuerveranlagung hätte gelten können. Solche er­ hebliche Unstimmigkeiten zwischen den Vorschriften der beiden Gesetze bestehen aber nicht, insbesondere ist hin­ sichtlich der Bewertungsvorschriften für Grundstücke der Ausgleich durch den § 33 des BStG. getroffen. Daher

78

Besitzsteuergesetz.

Wurde die Streichung des Zusatzes empfohlen und auch beschlossen. b) Gleichzeitig wurde der jetzige zweite Satz des § 20 neu eingefügt. Mit ihm hat es nach der Begrün­ dung der Kriegssteuervorlage, S. 29, folgende Bewandt­ nis: „Anläßlich der Behandlung von Gesuchen um Erlaß oder Ermäßigung eines rechtskräftig veranlagten Wehr­ beitrags aus Billigkeitsgründen sind Zweifel entstan­ den, ob trotz des Erlasses oder der Ermäßigung des Wehrbeitrags das rechtskräftig festgestellte Vermögen der späteren Besitzsteuerveranlagung zugrunde gu legen sei und nicht das nachträglich ermittelte Vermögen, dessen Stand für den Erlaß oder die Ermäßigung des Wehrbeitrags maßgebend war. Durch § 39 Abs. 2 und 3 des Entwurfs soll eine sichere Rechtsgrundlage geschaffen werden, ohne die der Gewährung eines Erlasses oder einer Ermäßigung des rechtskräftig veranlagten Wehr­ beitrags oder später der rechtskräftig veranlagten Besitz­ steuer erhebliche grundsätzliche Bedenken entgegenstünden." 4. Die für den Wehrbeitrag erfolgte Vermögensfest­ stellung ist für die Besteuerung des Vermögenszuwachses von Wichtigkeit nicht nur bei der erstmaligen Veranla­ gung zur Besitzsteuer, also zum 1. April 1917, sondern noch darüber hinaus, und zwar unter Umständen noch sehr viel später. Nach § 21 Abs. 2 gilt nämlich, wenn sich bei den früheren Veranlagungen zur Besitzsteuer kein steuerpflichtiger Vermögenszuwachs ergeben hat, als Vermögenszuwachs der Unterschied zwischen dem reinen Werte des steuerbaren Gesamtvermögens am Ende des jeweiligen neuen Veranlagungszeitraums und dem Ver­ mögensstand an dem ersten, für die Steuerpflicht in Betracht kommenden Zeitpunkt. Dieser Zeitpunkt ist aber der 1. Januar 1914, der Vermögensstand an ihm mithin der für den Wehrbeitrag festgestellte. Nur wenn die persönliche Steuerpflicht an diesem Tage noch nicht bestand, tritt dafür der Vermögensstand bei Begründung der persönlichen Steuerpflicht ein (vgl. Anm 1 und 2 zu § 21). 5. Der § 20 steht in enger Verbindung mit dem § 47 Abs. 1 WBG., welcher lautet: „Die Veranlagungsbe­ hörde erteilt dem Beitragspflichtigen einen Bescheid über

88 20, 21.

79

den Gesamtbetrag des zu zahlenden Wehrbeitrags und über die für eine spätere Veranlagung zur Besitzsteuer maßgebende Vermögensfeststellung (Veranlagungsbe­ scheid). Ergibt sich bei einem zur Abgabe der Ver­ mögeuserklärung Verpflichteten nur ein beitragsfreies Vermögen, so ist ihm ein Bescheid über den für eine künftige Veranlagung zur Besitzsteuer maßgebenden Ver­ mögensstand zu erteilen (Feststellungsbescheid)." Der Abs. 2 dieses § 47 regelt den näheren Inhalt des Veranlagungs- und des Feststellungsbeschewes. Als „das nach dem WBG. festgesetzte Vermögen" ist mithin anzu­ sehen der in dem rechtskräftig gewordenen Veranlagungs- oder Feststellungsbescheide angegebene Vermö­ genswert. Er ist die tatsächliche und rechtliche Grund­ lage für die Besitzsteuer. Eine Neuveranlagung zum Wehrbeitrag hat nach WBG. § 54 zu erfolgen, wenn nachträglich neue Tatsachen und Beweismittel bekannt werden, die eine höhere Veranlagung des Beitragspflich­ tigen rechtfertigen. 6. „Das nach dem WBG. festgestellte Vermögen" ist zu verstehen im Sinne der durch § 15 Abs. 3 des WBG. vorgeschriebenen Abrundung des beitragspflichtigen Ver­ mögens auf volle Tausende nach unten.

§ 21. War der Steuerpflichtige zu dieser Besitzsteuer veranlagt, so gilt in der Folgezeit als Vermögens­ zuwachs der Unterschied zwischen dem reinen Werte des steuerbaren Gesamtvermögens am Ende des je­ weiligen neuen Beranlagungszeitraums und dem letzten Vermögensstande, der zu einer Steuererhebung geführt hat. § 20 Satz 2 gilt entsprechend. Hat sich bei den früheren Veranlagungen kein steuerpflichtiger Bermögenszuwachs ergeben, so gilt als Vermögenszuwachs der Unterschied zwischen dem reinen Werte des steuerbaren Gesamtvermögens am Ende des jeweiligen neuen Veranlagungszeitraums

80

Besttzfteuergesetz.

und dem Vermögensstand an dem ersten für die Steuerpflicht in Betracht kommenden Zeitpunkt. Abs. 1. Der zweite Satz des Abs. 1 ist durch § 39 des KriegssteuerG. eingefügt worden. Siehe Anm. 3d zu 8 20. Abs. 1 und 2. 1. Diese Vorschriften geben zunächst die Möglichkeit der Ausgleichung von Vermögensverlusten, die nach einer Veranlagung zur Besitzsteuer eintreten und daher bei der nächsten Ermittlung des Vermögensstandes eine Verminderung desselben ergeben. Solche Verluste können natürlich ebensowenig einen Anspruch auf Rück­ erstattung von Besitzsteuer begründen, wie etwa geringeres Einkommen späterer Steuerjahre Anspruch auf Erstat­ tung von Einkommensteuer zu begründen vermag. Allein es wird durch die Vorschriften des § 21 verhindert, daß bei den auf die Feststellung der Vermögensminderung folgenden Veranlagungen ein den Verlust teilweise oder ganz ausreichender, aber über die frühere Vermögens­ höhe nicht oder um weniger als 10000 Mk. hinaus­ gehender Vermögenszuwachs zum gesetzlichen Anlasse einer innerlich ungerechtfertigten Besteuerung wird. Erst wenn bei einer späteren Vermögensfeststellung der letzte Vermögensstand, der zur Erhebung von Besitzsteuer führte, nicht nur wieder erreicht, sondern um mehr als 10000 Mk. überschritten worden ist, tritt die Steuerpflicht wieder ein. Das große, grundsätzliche Be­ denken gegen die Besteuerung des Vermögenszuwachses, daß sie Vermehrungen ergreift, ohne Verminderungen zu berücksichtigen, wird dadurch zwar nicht vollständig entkräftet — denn wenn besteuerter Vermögenszuwachs wieder verloren geht, bleibt der einmal gezahlte Steuer­ betrug dem Pflichtigen gleichwohl verloren — aber doch ganz bedeutend abgeschwächt. Zweitens wird durch § 21 verhindert, daß die Be­ freiung eines kleinen, d. h. 10000 Mk. nicht über­ schreitenden Vermögenszuwachses zum Schaden des Reichs eine endgültige wird. Wächst solcher Zuwachs im Laufe eines mehrere Veranlagungsperioden umfassen-

81

§ 2L

den Zeitraums über die steuerfreie Grenze von lO OOOMk. hinaus, so wird er bei der nächsten, dies feststellenden Vermögensstandermittlung steuerpflichtig. 2. Folgende Beispiele veranschaulichen die beabsich­ tigten Wirkungen der Vorschriften des § 21: I. Hat ein Pflichtiger am 1. Januar 1914 ein Ver­ mögen von 50 000, Ende 1916 ein solches von 52000, Ende 1919 ein solches von 55 000, Ende 1922 ein solches von 58000, Ende 1925 ein solches von 62 000 Mk., so wird er auf Grund des letztgenannten Vermögensbe­ standes mit 12 000 Mk. Vermögenszuwachs besitzsteuer­ pflichtig. Die einzelnen Zuwächse betrugen zwar ein jeder unter lOOOOMk., betragen zusammen aber 12000 Mk. II. Wenn am 1. Januar 1914 das Vermögen eines Pflichtigen 100000 Mk., am 31. Dezember 1916 150000 Mk. betrug, so wird er zum 1. April 1917 mit 50000 Mk. Zuwachs veranlagt. Als Stand am 31. De­ zember 1919 ergeben sich 90000 Mk., mithin Verlust statt Zuwachs, so daß keine Besteuerung stattfindet. Der Stand am 31. Dezember 1922 ist 130000 Mk., also zwar eine Vermehrung seit Ende 1919, aber nicht seit der letzten Veranlagung, gegen die vielmehr noch ein Minus von 20 000 Mk. besteht. Am 31. De­ zember 1925 beträgt das Vermögen 180000 Mk. und nun ergibt sich zum ersten Male wieder ein steuer­ pflichtiger Zuwachs, nämlich von 30000 Mk., gegen die letzte, auf Grund des Standes von Ende 1916 erfolgte Veranlagung, die 150000 Mk. ergeben hatte. 3. Graphisch läßt sich die Bedeutung der beiden Vor­ schriften des § 21 (nach der Begründung der Regierungs­ vorlage) folgendermaßen darstellen: a) Vermögensstand am

i

90000M kein Zuwachs

Köppe, Befltzsteuergesetz.

IRKfolT*" kein Zuwacht

6

82

Besttzsteuergesetz.

b) Vermögensstand am

§ 22. Wird die persönliche Steuerpflicht (§ 11) erst innerhalb eines Veranlagungszeitraums (§ 18) be­ gründet, so erfolgt die erste Feststellung des Ver­ mögens für das zur Zeit des Eintritts der Steuer­ pflicht vorhandene steuerbare Vermögen des Steuer­ pflichtigen.

Die Vorschrift des Abs. 1 gilt im Falle der Er­ weiterung der Steuerpflicht entsprechend für das durch die erweiterte Steuerpflicht neu erfaßte Ver­ mögen des Steuerpflichtigen.

Abs. 1.

1. Zu den hier in Betracht kommenden Fällen, in denen Die persönliche Steuerpflicht erst innerhalb eines Veranlagungszeitraums begründet wird, gehört z. B. der Fall der Geburt einer Person nach dem für die Veranlagung zum Wehrbeitrag maßgebenden 31. De­ zember 1913, sowie derjenige der Rückkehr eines Reichs­ angehörigen, der sich zur Zeit dieser Veranlagung seit länger als zwei Jahren ohne einen Jnlandwohnsitz dauernd im Auslande aufhielt, nach Deutschland. Gleich­ gültig ist dabei, ob eine unbeschränkte (§ 11 Abs. 1 Ziff. I) oder nur eine auf den Erwerb von inländischem

8 22.

83

Grund- oder Betriebsvermögen beschränkte (§ 11 Abs. 1 Ziff. II) subjektive Steuerpflicht begründet toirix

2. Diese spätere Begründung der persönlichen Steuer­ pflicht hat zur Folge, daß die erste Vermögensfeststellung sich auf das zur Zeit des Eintritts der persönlichen Steuerpflicht vorhandene steuerbare Vermögen des Pflich­ tigen erstreckt. Das zu diesem Zeitpunkt vorhandene Vermögen desselben ist also das „Anfangsvermögen" (§§ 19 und 21 Abs. 2 des Ges., § 21 Abs. 1 der Bund.RAB.). Ihm wird das am Schlüsse des laufenden Veranlagungszeitraums vorhandene steuerbare Vermö­ gen, das „Endvermögen", zur Ermittlung des Ver­ mögenszuwachses gegenübergestellt. Der Veranlagungs­ zeitraum ist in diesen Fällen also ein „individueller", nicht der „allgemeine" dreijährige (vgl. die Ausführun­ gen in Anm. 1 zu § 19 Abs. 1 des Ges.).

Abf. 2. Die Vorschriften des Abs. 1 finden entsprechende Anwendung, wenn statt der Entstehung der persön­ lichen Steuerpflicht ihre Erweiterung eintritt, auf das durch diese Erweiterung neu von der Steuerpflicht erfaßte Vermögen des Pflichtigen. Also wenn an die Stelle der bisher vorhandenen beschränkten persön­ lichen Steuerpflicht (§ 11 Abs. 1 Ziff. II) die unbe­ schränkte (§11 Abs. 1 Ziff. I) tritt. Es kommen dann — nach der Natur der Sache unvermeidbarerweise — zwei verschiedene Zeitpunkte als Beginn des Veran­ lagungszeitraums und mithin für die Feststellung des Anfangsvermögens in Betracht: 1. In Ansehung des inländischen Grund-und Betriebsvermögens dessen Stand bei Beginn der beschränkten Steuerpflicht, frühestens aber der 1. Januar 1914 (§ 18), oder, wenn der Pflich­ tige schon zur Besitzsteuer veranlagt war, der letzte Stand, der zu einer Steuererhebung geführt hat (§ 21 Abs. 1). 2. In Ansehung allen übrigen steuerbaren Vermögens der Zeitpunkt des Eintritts der unbe­ schränkten Steuerpflicht.

84

Besitzsteuergesetz.

§ 23. Ist die Steuerpflicht nur nach § 11 Nr. II be­ gründet, so werden dem ersten maßgebenden 23ermögensstand alle nachweislich aus dem der Besteuerung nicht unterworfenen Vermögen des Steuerpflichtigen gemachten, nicht zu den laufenden Wirtschaftsausgaben zählenden Aufwendungen für steuerpflichtige Ver­ mögensteile hinzugerechnet. Die Anrechnung nach Abs. 1 erfolgt insoweit nicht, als den Aufwendungen ein Vermögen gegen­ übersteht, das im maßgebenden Zeitraum der Be­ steuerung entzogen worden ist.

Abs. 1. 1.

Diese Vorschrift betrifft alle nicht nach § 11 Abs. 1 Ziff. I steuerpflichtigen Personen, also Ausländer, die im Reiche weder Wohnsitz noch dauernden Aufenthalt haben, und Deutsche, die sich seit länger als zwei Jahren dauernd im Auslande aufhalten und keinen Wohnsitz in einem deutschen Bundesstaate haben, sofern sie im Jnlande Grund- oder Betriebsvermögen erwerben oder besitzen. Die Zurechnung der aus ihrem nichtsteuerpflichtigen Vermögen gemachten Aufwendungen zum Bestände dieses nunmehr für die Besitzsteuer in Betracht kommenden Vermögens entspricht dem Prinzip der Hin­ zurechnung der Aufwendungen zum Erwerbspreise in § 14 Nr. 3 und 4 des ZStG. vom 14. Februar 1911 und ist ein Gebot der Gerechtigkeit, da ja die dadurch bewirkte Vermehrung des Substanzwertes dieses Grund­ oder Betriebsvermögens keinen Wertzuwachs im Sinne des Besitzsteuergesetzes, d. h. keine Wertvermehrung des Gesamtvermögens, sondern nur eine Wertverschiebung innerhalb der Teile des Gesamtvermögens desselben Besitzers bildet. 2. Die Bedeutung des § 23 wird in der Begründung der Regierungsvorlage durch folgende, den Veränderun­ gen. die sie erfahren hat, hier angepaßte Beispiele ver-

§§ 23, 24.

85

anschaulicht. Eine nicht nach § 11 Abs. 1 Ziff. I steuer­ pflichtige Person kauft ein inländisches Grundstück für 50000 Mk. Nach § 23 Abs. 1 in Verbindung mit §30 ist keine Besitzsteuer zu zahlen. Eine solche ist nur zu entrichten, wenn das Grundstück unentgeltlich (durch Erbschaft, Schenkung) oder erheblich unter seinem Werte (§ 32) erworben worden ist. Hat jemand ein inländi­ sches Grundstück geerbt und noch vor Ablauf des Ver­ anlagungszeitraums gegen ein anderes, gleichfalls in­ ländisches Grundstück eingehandelt, so muß er sich nach Abs. 2 den Wert des ersteren auf den für das neue Grundstück gezahlten Erwerbspreis anrechnen lassen. 3. „Aufwendungen" sind solche, die im laufenden Ver­ anlagungszeitraum in der Absicht und mit der Wirkung gemacht wurden, den Wert des steuerbaren Grund- oder Betriebsvermögens zu erhöhen. Die Werterhöhung kann in Vermehrung oder Verbesserung der Vermögenssub­ stanz bestehen. Laufende Wirtschaftsausgaben sind da­ gegen die lediglich zur Fortführung der Wirtschaft und Instandhaltung des Grund- oder Betriebsvermögens aufgewendeten Kosten. Daß die Werterhöhung am Schlüsse des Zeitraums noch ganz oder teilweise vor­ handen ist, ist nicht erforderlich. Abs. 2. 1. Von der Vorschrift des Abs. 2 erklärte der Bericht­ erstatter in der Reichstagskommission, daß sie nur für die Grenzbevölkerung von Bedeutung sei. 2. Im Sinne des Abs. 2 gilt als der Besteuerung ent­ zogen jedes.Vermögen, das auf irgendeine Weise wäh­ rend des Veranlagungszeitraums aus steuerbarem Ver­ mögen in nichtsteuerbares umgewandelt worden ist (BundNAB. § 25).

§ 24. Die Entrichtung der Besitzsteuer verteilt sich auf einen dem Veranlagungszeitraum (§ 18) folgenden, mit dem 1. April beginnenden dreijährigen Zeit­ raum (Erhebungszeitraum).

86

Besttzsteuergesetz.

1.

Die ratenweise Entrichtung der Besitzsteuer, über einen dreijährigen Erhebungszeitraum verteilt, soll die Tragung der Steuer namentlich dem Mittelstände wesent­ lich erleichtern. Sie hat außerdem den Vorzug, die Ein­ nahmequelle des Reiches, welche die Besitzsteuer darstellt, regelmäßig fließen zu lassen. 2. Über die Erhebung der Besitzsteuer ist vom Besitz­ steueramt ein Sollbuch (nach Muster 5) und ein Einnahmebuch (nach Muster 6) sowie eine Rest­ nachweisung (nach Muster 7) zu führen. Über ihre Einrichtung und Führung siehe BundRAB. §§ 59—62, 64 Abs. 2, 65, 68, 71 Abs. 2, 72, 73 und über ihre Nachprüfung § 78; PreußAusfV. Art. 13, 15, 16, 19, 20, 26; SächsVV. §§ 28, 29, 41 und 42. 3. Nach § 31 der B ay erVV. ist der Jahresbetrag der Steuer in gleichen Halbjahresteilen, die am 1. Juli uud am 1. Januar jeden Jahres des Erhebungszeit­ raums fällig werden, zu zahlen. Bleibt der Einzel­ betrag der Steuer unter 5 Mk., so ist der Jahresbetrag der Steuer am 1. Juli fällig und auf einmal zu ent­ richten. Nach § 40 Abs. 1 der SächsVV. wird die Besitzsteuer in sechs gemäß § 70 Abs. 4 des Gesetzes abgerundeten gleichen Raten je am 10. Juli und 10. Januar der drei in den Erhebungszeitraum fallenden Rechnungsjahre erhoben. In Preußen ist die Steuer in Halbjahresteilen mit je 1/Q des veranlag­ ten Satzes gleichfalls am 10. Juli und 10. Januar zu entrichten. Jahresbeträge unter 10 Mk. im Julitermiu (PreußAusfV. Art. 20 Abs. 1).

Steuersätze. § 25. Die Steuer beträgt für den ganzen Erhebungszeitraum (§ 24) bei einem steuerpflichtigen Vermögenszuwachs von nicht mehr als 50 000 Mark 0,75 vom Hundert des Zuwachses, mehr als 50 000 Mark bis zu 100 000 Mark O,9o vom Hundert des Zuwachses,

100 000 Mark bis zu 300 000 Mark 1,05 Vom Hundert des Zuwachses, mehr als 300 000 Mark bis zu 500 000 Mark l,2o vom Hundert des Zuwachses, mehr als 500000 Mark bis zu 1000000 Mark 1,35 vom Hundert des Zuwachses, mehr als 1000 000 Mark l,5o vom Hundert des Zuwachses, übersteigt der Gesamtwert des steuerbaren Ver­ mögens eines Steuerpflichtigen den Betrag von 100000 Mark, so erhöht sich der Steuersatz um 0,i vom Hundert des Zuwachses, 200000 Mark, so erhöht sich der Steuersatz um 0,2 vom Hundert des Zuwachses, 300000 Mark, so erhöht sich der Steuersatz um 0,3 vom Hundert des Zuwachses, 400000 Mark, so erhöht sich der Steuersatz um 0,4 vom Hundert des Zuwachses, 500000 Mark, so erhöht sich der Steuersatz um 0,5 vom Hundert des Zuwachses, 750000 Mark, so erhöht sich der Steuersatz um 0,6 vom Hundert des Zuwachses, 1000000 Mark, so erhöht sich der Steuersatz um 0,7 vom Hundert des Zuwachses, 2 000 000 Mart, so erhöht sich der Steuersatz um 0,8 vom Hundert des Zuwachses, 5 000000 Mark, so erhöht sich der Steuersatz um 0,9 vom Hundert des Zuwachses, 10000 000 Mark, so erhöht sich der Steuersatz um 1 vom Hundert des Zuwachses. mehr als

1. Die Skala des Abs. 1 ist vom Reichstag an die Stelle der in der Regierungsvorlage enthaltenen gesetzt wor-

Befltzsteuergesetz. den. Sie enthält eine Verkürzung von 11 auf 6 Staffeln, namentlich aber eine schärfere Staffelung sowohl des steuerpflichtigen Vermögenszuwachses als auch der ihn treffenden Steuersätze. Andrerseits Ward die Obergrenze von l,5o/o für allen Zuwachs von mehr als 1 Mill. Mk. beibehalten. Diese Verschärfung erschien jedoch über­ wogen durch die Erleichterungen, welche die vom Reichs­ tag beschlossene Heraufsetzung sowohl des zweijährigen Zeitraums für die Feststellung des Vermögenszuwachses und für die Entrichtung der Steuer auf drei Jahre als auch der Grenze der Steuerpflicht für den Vermögens­ zuwachs (von 2000 auf 10000 Mk.) sowie für das Ge­ samtvermögen (von 6000 auf 20000 bzw. 30000 Mk.) brachte (s. Einleitung). 2. Die doppelte Progression dieser Steuerskala (Abs. 1 und 2) trägt der Tatsache Rechnung, daß kleiner Zuwachs auch bei großen Vermögen, aber auch umgekehrt großer Zuwachs bei kleinen Vermögen vorkommt. Die Besteue­ rung nach der Leistungsfähigkeit, in der sich das Prin­ zip der Gerechtigkeit der Besteuerung hauptsächlich ver­ körpert, setzt daher die gleichzeitig? Berücksichtigung so­ wohl der Größe des Zuwachses als der Größe des Ver­ mögens bei der Festsetzung des Steuerfußes voraus, dessen — eine elementare Forderung der steuerlichen Gerechtigkeit bildende — progressive Gestaltung daher doppelte Form anzunehmen hat. Die Steuer beträgt nach der Doppelskala mindestens 3/4 und höchstens 2i/2 °/o des Zuwachses. Dadurch, daß sie für einen dreijährigen Veranlagungszeitraum einmal (in drei gleichen Jahres­ raten, § 24) erhoben wird, unterscheidet sie sich zum Vorteil der Pflichtigen wesentlich von der Einkommenund auch von der Ergänzungssteuer, von denen die erstere jährlich veranlagt und erhoben, die letztere zwar auch nur alle drei Jahre veranlagt, aber jährlich voll erho­ ben wird. Von der Reichserbschaftssteuer unterscheidet sie sich vorteilhaft dadurch, daß ihre Steuersätze nicht nur nach der Höhe des Erwerbes, sondern auch nach der Höhe des Gesamtvermögens des Erwerbers abstufbar sind. Die Progression nach der Höhe des Vermögens be­ ginnt erst bei Vermögen, die 100000 Mk. überschreiten.

§ 25.

8S

Bemerkenswert ist, daß die beiden Stenertarife des § 25 das dem Stenertarif des Wehrbeitrags zugrunde lie­ gende Prinzip der sogenannten Durch st affelung nicht kennen. Der § 25 enthält vielmehr eine gewöhn­ liche Progression, indem auf den steuerpflichtigen Ver­ mögenszuwachs ein einheitlicher, nur nach dessen Höhe abgestufter Steuersatz Anwendung findet, wogegen beim Wehrbeitrag (§ 32) eine jede Steuerstaffel ihren beson­ deren Steuersatz hat, so daß für jeden in eine bestimmte Steuerstaffel fallenden Vermögensteil der Steuersatz besonders zu berechnen ist, und erst die Summe der Ergebnisse dieser Einzelberechnungen den geschuldeten Steuerbetrag ergibt. Mit der gewöhnlichen Progression, wie § 25 sie enthält, ist stets die Gefahr verbunden, daß ein nur geringes Überschreiten einer Steuerstufe sofort den höheren Satz der höheren Stufe auf das ganze Vermögen (oder, bei der Besitzsteuer, auf den ganzen Vermögenszuwachs) Anwendung finden läßt. Die darin unter Umständen liegende Härte sucht § 26 zu mildern. 3. Die im Reichstage beantragte Quotisierung der Be­ sitzsteuer, dergestalt, daß die in § 25 festgestellten Steuer­ sätze nur als Normalsätze gelten sollten und alljährlich bei Feststellung des Reichshaushalts der für das be­ treffende Haushaltjahr zu erhebende Prozentsatz der­ selben zu bestimmen wäre, fand keine Annahme. Die Regierungen vertraten ihm gegenüber die Auffassung, daß sich die Beweglichmachung einer Abgabe nur für solche Steuerobjekte eigne, bei denen, wie beim Ein­ kommen und Vermögen, eine gewisse Stabilität erwartet werden könne, nicht aber für den von Jahr zu Jahr wechselnden Vermögenszuwachs. Hauptsächlich gaben je­ doch verfassungspolitische Bedenken (wegen der darin enthaltenen bedeutenden Erweiterung der Rechte des Reichstages) den Ausschlag dagegen. 4. Zur Berechnung der Besitz st euer im Ein­ zelfalle dient die den BundRAB. als An­ lage II beigegebene Hilfstafel. 5. Bei der Berechnung der Steuer ist die auf das steuerbare Vermögen bezügliche Abrundungsvorschrift

90

Desttzsteuergesetz.

des § 28 Abs. 3 zu beachten. Außerdem wird der Einzelbetrag der festgestellten Steuer auf 10 Pf. nach oben abgerundet (§ 70 Abs. 4).

§ 26. Der Unterschied zwischen der Steuer, die zu zahlen wäre, wenn der Vermögenszuwachs nur die vorangehende, in § 25 Abs. 1 bezeichnete Wertgrenze erreicht hätte, und zwischen der Steuer, die nach dem gesetzlichen Satze berechnet ist, wird nur insoweit er­ hoben, als er aus der Hälfte des jene Wertgrenze über­ steigenden Betrags des Zuwachses gedeckt werden kann. Diese Vorschrift ist dazu bestimmt, die Härten zu mildern, die sich bei der Besteuerung dann ergeben, wenn der Pflichtige infolge einer vielleicht sehr geringen Überschreitung einer Steuerstaffel in eine höhere Steuer­ stufe kommt. Der Steuerbetrug kann dabei allzuplötz­ lich erheblich steigen (f. Anm. 1 zu 8 25). Sie ist der Vorschrift des § 10 Abs. 4 des RErbschStG. nachgebil­ det und entspricht dem § 32 Abs. 3 des WBG. Dem Pflichtigen verbleibt danach jmter allen Umständen wenigstens die Hälfte desjenigen Betrages, um den sein steuerpflichtiger Vermögenszuwachs die den höheren Steuersatz bedingende Staffel übersteigt. Die Vorschrift betrifft nur die Staffelung nach der Höhe des Ver­ mögenszuwachses (§ 25 Abs. 1), nicht diejenige nach dem Gesamtwert des steuerbaren Vermögens (§ 25 Abs. 2.)

§ 27. Gewährt der Steuerpflichtige, dessen Vermögen den Betrag von hunderttausend Mark nicht über­ steigt, Kindern auf Grund gesetzlicher Verpflichtung (§§ 1601 bis 1615 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) Unterhalt, so ermäßigt sich die Steuer für das dritte und jedes weitere minderjährige Kind um fünf vom Hundert ihres Betrags.

88 26, 27.

91

Fällt in den Veranlagungszeitraum der Erwerb einer Erbschaft, so ermäßigt sich, wenn der Erbe ein Abkömmling des Erblassers ist und zur Zeit des Erbfalls das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und wenn das steuerbare Vermögen den Gesamt­ wert von fünfzigtausend Mark nicht übersteigt, die Abgabe um einen Betrag, der für jedes bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres fehlende volle Jahr auf fünf vom Hundert der Abgabe berechnet wird. Die Gesamtermäßigung darf fünfzig vom Hundert der Abgabe nicht übersteigen.

Abs. 1. Die hier vorgesehene, vom Reichstag eingefügte und dem § 33 Abs. 1 des WBG. nachgebill>ete Steuer­ ermäßigung stellt eine Art Gegenstück zu der Erhöhung der Steuer nach der Größe des Vermögens dar. Wurde mit dieser Erhöhung auf die persönlichen Verhältnisse des Pflichtigen eingegangen, so erschien es als ein Gebot ausgleichender, sozialpolitisch begründeter steuer­ licher Gerechtigkeit, diese Verhältnisse auch nach der anderen, Schonung bedingenden, Seite hin zu berück­ sichtigen. Inhaltlich ist die Vorschrift gleichartig dem „Kinderprivileg" bei der Einkommensteuer. Außerdem dient sie, ebenso wie die §§ 12 und 13, dazu, im Wege milderer Behandlung dem Vorwurfe zu begegnen, daß die Besitzsteuer den Fleiß und den Sparsinn des Familien­ vaters besteuere. Häufig ist es nämlich, namentlich in der Landwirtschaft, der Fall, daß eine Familie mit vielen Kindern durch deren Mitarbeit wirtschaftlich besser vorwärts kommt. In solchen Fällen verdient dieser Zusammenhang Berücksichtigung auch und gerade bei der Besteuerung der Vermögensvermehrung, in welcher der erzielte Fortschritt zutage tritt. 2. „Vermögen" im Sinne des Abs. 1 ist das besitz­ steuerpflichtige Vermögen, also nach Ausscheidung der in den §§ 5 und 8 aufgeführten Vermögensbestandteile.

1.

92

Besttzsteuergesetz.

Wenn auch für die Fähigkeit des Pflichtigen, seine Kin­ der zu unterhalten, sein G es amt vermögen in Be­ tracht kommt, so hat doch die Steuergesetzgebung regel­ mäßig nur das steuerbare Vermögen im Auge, wenn sie die steuerliche Leistungsfähigkeit bemißt. Sodas PreußErgStG. bezüglich der Steuerfreiheiten, die es in seinem § 17 festsetzt, und ebenso das BStG. bei der Staffelung der Steuer sowohl nach dem „steuerpflich­ tigen^ Vermögenszuwachs (§ 25 Abs. 1) als auch nach dem Gesamtwert des „steuerbaren" Vermögens (§ 28 Abs. 2). Desgleichen die Einkommensbesteuerung hin­ sichtlich des Einkommens, als welches regelmäßig das steuerpflichtige Einkommen gilt. So im PreußEinkStG. ausdrücklich § 20 Abs. 1, stillschweigend § 19 Abs. 1. 3. Der Anspruch auf eine Ermäßigung der Besitzsteuer gemäß § 27 Abs. 1 ist nach den Verhältnissen am Ende des Veranlagungszeitraums zu beurteilen (BundRAB. § 53). Das gilt also sowohl für den Stand des steuer­ pflichtigen Vermögens (für den die Abrundungsvor­ schrift des § 28 Abs. 3 nicht in Betracht kommt) als für das Vorhandensein von mindestens drei minderjährigen Kindern. 4. Wird das Vermögen von Ehegatten gemäß § 14 zusammengerechnet, so darf das Gesamtvermögen beider 100000 Mk. nicht übersteigen, gleichviel ob aus den Mitteln beider oder nur eines Ehegatten den Kindern der Unterhalt gewährt wird. 3. „Kinder" im Sinne des Abs. 1 sind nur Abkömm­ linge ersten Grades. So das BGB. und auch das RErbschStG., welches letztere „Kinder" und „Abkömm­ linge von Kindern", z. B. in § 11 Ziff. 4 unterscheidet. Zu beachten ist, daß für die Ermäßigung der Besitz­ steuer die Zahl der minderjährigen Kinder maß­ gebend ist, im Unterschied vom „Kinderprivileg" bei den Landes-Einkommensteuern (nach dem BayerEinkStG. die Zahl der Kinder, die das 15. Lebensjahr nicht über­ schritten haben oder doch noch in der Vorbildung für einen Beruf begriffen sind, BayerVV. § 20; für Preußen vgl. § 19 des EinkStG.).

§ 27.

93

Abf. 2. Diese gleichfalls vom Reichstage eingefügte Vor­ schrift enthält eine Erleichterung der in der Besitzsteuer enthaltenen Besteuerung des Kindeserbes, insofern sie dem häufigen Falle Rechnung trägt, daß vermögens­ lose und zugleich wirtschaftlich noch .unselbständige Kin­ der durch Beerbung der Eltern zwar formell einen Vermögenszuwachs erhalten, materiell aber sich schlech­ ter als zuvor stehen, weil sie dadurch gleichzeitig ihres Ernährers beraubt werden. Sie umfaßt aber auch den Fall, daß eine minderjährige verheiratete Tochter oder Enkelin die Eltern oder Großeltern beerbt. Namentlich den bäuerlichen Verhältnissen soll durch sie Rechnung getragen werden. Daß als leistungsschwache Steuer­ pflichtige die Minderjährigen schlechthin bei einem Ge­ samtvermögen bis zu 50000 Mk. angesehen werden, erleichtert die Durchführung der Schutzvorschriften wesent­ lich. Weitere Milderungen gegenüber der Erbschafts­ steuer, die aber allen Erben zugute kommen, bietet die Besitzsteuer, abgesehen von ihren erheblich niedrige­ ren Sätzen, insofern, als sie nicht schon beim Ableben des Erblassers, sondern erst bei Beginn des nächsten Veranlagungszeitraums festgestellt und erhoben und damit das unvermeidliche Eindringen in die Familien­ verhältnisse auf einen passenderen Zeitpunkt verlegt wird. Ferner sofern sie nur die dann noch vorhandene Be­ reicherung erfaßt, endlich auch durch ihre ratenweise, auf drei Jahre sich verteilende Entrichtung. Andrer­ seits wird durch die zur NErbschSt. vom 3. Juni 1906 hinzutretende Besitzsteuer eine Doppelbesteuerung des Erbschaftserwerbers der Seiten- und Nichtverwandten sowie in denjenigen Staaten, die das Kindeserbe be­ steuern (Elsaß-Lothringen und die Hansestädte), auch desjenigen der Abkömmlinge herbeigeführt, die in An­ sehung der Seiten- und Nichtverwandten nach der Be­ gründung der Besitzsteuervorlage sachlich wohl begründet erscheint, da solcher Erwerb im allgemeinen als ein Glücksfall anzusehen und daher zweifellos belastungs­ fähiger ist als derjenige der Abkömmlinge und Ehe­ gatten. Wenn das durch Arbeitsfleiß geschaffene und

94

Besitzsteuergesetz.

ersparte Einkommen als Zuwachs des Vermögens steuer­ pflichtig ist, so würde es ungerecht sein, nicht auch den Zuwachs zu ergreifen, der aus Erbschaft entspringt, also ohne Arbett und ohne Gegenleistung erworben wird. Bezüglich der Doppelbesteuerung der Abkömmlinge in den genannten vier Bundesstaaten sieht § 87 aber Erleichterungen für den zu erwartenden Fall vor, daß diese eine der Mehrbelastung durch die Besitzsteuer an­ gemessene Ermäßigung ihrer die absteigende gerade Linie treffenden Erbschaftssteuer bis zum, Ablauf des Rechnungsjahres 1916 einführen. Für die Nichtausschließung der Erbanfälle und insbesondere des Kindeserbes vom gesamten steuer­ pflichtigen Vermögenszuwachs war hauptsächlich maß­ gebend: 1. daß sehr beträchtliche Vermögensmassen anderenfalls der Besitzbesteuerung andauernd entzogen bleiben würden. Die Besitzsteuer könnte dann nicht als eine ^allgemeine" im Sinne des Reichsgesetzes vom 14. Juli 1912 (lex Bassermann-Erzberger, s. die Einlei­ tung) gelten; 2. daß die Besitzsteuer die Möglichkeit einer wirksamen, von keiner anderen Steuer auch nur annähernd gleich gut zu gewährenden Nachkontrolle für alle anderen direkten Steuern gibt. Die Veranla­ gungsvorschrift in § 62 soll "Liefe Kontrolle sichern. Die Besitzsteuer schließt also eine die Abkömmlinge und Ehegatten miterfassende Erbschaftssteuer sowie auch eine Schenkungssteuer in sich.

Wertermittelung. Vorbemerkung. Die §§ 28, 29, 34—37, 38 Abs. 1 und 2, 39—42, 43 Abs. 1, 44 Abs. 1 und 3, 45 Satz 1, 46 und 47 stim­ men mit den entsprechenden Vorschriften der §§ 15—30 des WBG. überein. Diese wiederum sind in der Fas­ sung der Regierungsvorlage im wesentlichen den Vor­ schriften des PreußErgStG. und des RErbschStG. nach­ gebildet. Sie sind vom Reichstage abgeändert worden bei den §§ 15 (durch Einfügung des Abs. 3), 17 Ws. 1 und 3—5, 18 Abs. 2 (neu eingefügt), 19 und 20 Abs. 2

§ 28.

95

(neu eingefügt), indem die Abrundung des Vermögens auf volle Tausende nach unten und die Steuerpflichtig­ keit der Ansprüche aus Lebens-, Kapital- und Renten­ versicherungen sowie das Abzugsrecht bei Dividenden­ papieren für die Zeit seit der Auszahlung des letzten Gewinnes neu hinzugekommen sind und die Wertermit­ telung bei Grundstücken sowie bei Aktien ohne Börsen­ kurs, bei Kuxen, Anteilen an Bergwerksgesellschaften und an Gesellschaften m. b. H. wesentlich umgestaltet worden ist. Der Hauptunterschied zwischen der Wertermittelung des Besitzsteuer- und derjenigen des Wehr­ beitraggesetzes ist der, daß nach der ersteren bei Grund­ stücken aller Arten auf Antrag des Pflichtigen an die Stelle des sonst maßgebenden gemeinen Wertes der Betrag der Gestehungskosten, in den Fällen unentgelt­ lichen oder erheblich unter dem Werte erfolgten entgelt­ lichen Erwerbes aber an die Stelle des Erwerbspreises der nach bestimmten Normen zu berechnende Ertragswert tritt, der Pflichtige jedoch berechtigt ist, statt des letz­ teren den gemeinen Wert zu verlangen. Für jeden vor dem 1. Januar 1914 stattgehabten Erwerb von Grund­ stücken gilt aber schlechthin der bei der Veranlagung zum Wehrbeitrag festgestellte Wert als Betrag der bis dahin entstandenen Gestehungskosten. Beim Wehrbei­ trag ist für die wichtigsten Grundstücksarten, nämlick land- und forstwirtschaftliche, gärtnerische, bebaute und zu Wohn- oder gewerblichen Zwecken dienende, der nach bestimmten Normen zu berechnende Ertragswert, doch mit dem Rechte des Pflichtigen, statt seiner den gemei­ nen Wert zu fordern, maßgebend. Die materiellrechtlichen Abweichungen des BStG. vom PreußErgStG. bei der Berechnung des Vermögens­ zuwachses führen die PreußAusfV. in Art. 3 unter 1—10 auf.

§ 28. Für die Steuerpflicht und die Ermittelung der Vermögenswerte ist maßgebend der Stand in den in 88 18 bis 22 bezeichneten Zeitpunkten.

96

Besttzsteuergesetz.

Für Betriebe, bei denen regelmäßige jährliche Abschlüsse stattfinden, kann der Vermögensfeststellung der Vermögensstand am Schlüsse des letzten Wirt­ schafts- oder Rechnungsjahrs zugrunde gelegt werden. Bei der Veranlagung der Besitzsteuer wird das Vermögen des Steuerpflichtigen auf volle Tausende nach unten abgerundet. Abs. 2 und 3 entsprechen dem § 15 Abs. 2 und 3 des WBG. Abs. 1. Für die objektive wie für die subjektive Besitzsteuer­ pflicht (§§ 1—17) sowie für die Ermittelung der Ver­ mögenswerte der Pflichtigen sind maßgebend die in den §§ 18—22 näher bezeichneten Zeitpunkte. Ein spä­ terer Wegfall der Voraussetzungen für die Steuerpflicht ändert also nichts an deren Bestehen (vgl. auch Anm. 1—4 zu § 1. Abs. 2. 1. Die Vorschrift in Abs. 2 gilt nur für Betriebsver­ mögen (§ 2 Ziff. 2). Sie bezweckt, dem Pflichtigen die Aufstellung einer besonderen Bilanz für seine Veran­ lagung zur Besitzsteuer zu ersparen, indem sie ihm eine dahingehende Befugnis gibt. Der Pflichtige hat die Wahl, von ihr Gebrauch zu machen oder es bei Abs. 1 bewenden zu lassen. Letzteres wird er auch dann noch vorziehen dürfen, wenn die Steuerbehörde seine auf Grund dieser Befugnis gemachten Bewertungen bemän­ gelt. Nicht erforderlich ist, daß der betreffende Betrieb einer gesetzlichen Verpflichtung zur Führung von Han­ delsbüchern unterliegt, es muß nur tatsächlich eine ord­ nungsmäßige Buchführung regelmäßig stattfinden. Daher können auch landwirtschaftliche Betriebe, die jährliche Abschlüsse machen, von der Befugnis des Abs. 2 Ge­ brauch machen. „Vermögensstand" ist die Feststellung der Aktiva und Passiva zu einem gewissen Zeitpunkte, der nach Abs. 2 von dem in den §§ 18—22 bezeich­ neten abweichen kann. Ihre Bewertung hat jedoch

97

§§ 28, 29.

nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu erfolgen, so daß die Wertangaben des Pflichtigen in seiner Bilanz für die .Steuerbehörde nicht bindend sind. Wohl aber kann er verlangen, daß die Bewertung seines Betriebs­ vermögens gemäß den Grundsätzen kaufmännischer Bi­ lanzierung erfolgt. Letztes Wirtschafts- oder Rechnungs­ jahr ist dasjenige, dessen Ende in das letzte Kalender­ jahr des dreijährigen Veranlagungszeitraums fällt, nach Art. 7 Nr. 6 der PreußAusfV. dasjenige, dessen Ergeb­ nis bei Abgabe der Erklärung feststand. 2. Die seit dem Schluffe des letzten Wirtschafts- oder Rechnungsjahres bis zum gesetzlichen Stichtag einge­ tretenen Verschiebungen zwischen dem im Betrieb ange­ legten und dem sonstigen Vermögen des Steuerpflich­ tigen sind, wenn dieser vom Recht des Abs. 2 Gebrauch macht, zu berücksichtigen. Dieser Gebrauch darf jedoch nicht dazu führen, daß die Veranlagung nur zwei Jahres­ abschlüsse erfassen würde. Der Steuererklärung ist im selben Falle der Abschluß für das letzte Wirtschafts­ oder Rechnungsjahr beizusügen (BundRAB. § 28).

Aöf. 3. Die Abrundung erfolgt beim festgestellten reinen Gesamtvermögen, im Falle des § 14 also beim zu­ sammengerechneten Reinvermögen der Ehegatten.

§ 29. Bei der Feststellung des Vermögens ist der ge­ meine Wert (Verkaufswert) seiner einzelnen Bestand­ teile zugrunde zu legen, sofern das Gesetz nichts anderes vorschreibt.

1.

Der § 29 stimmt mit WBG. § 16 überein. Er ent­ spricht im wesentlichen auch dem § 9 des PreußErgStG. 2. An § 29 lehnt sich an der § 53. Nach diesem ist in der Besitzsteuererklärung nach näherer Bestimmung des Bundesrats (vgl. BundRAB. § 18) das gesamte steuer­ bare Vermögen, getrennt nach seinen einzelnen Be­ standteilen, unter Angabe ihres Wertes aufzuführen. Köppe, Besttzsteuergesetz.

7

98

Besitzsteuergesetz.

„Bestandteil" im Sinne der §§ 29 und 53 ist jede ein­ zelne selbständige Sache und jedes einzelne selbständige Recht. Solche Sachen oder Rechte aber, die in einem wirtschaftlichen Zusammenhänge miteinander stehen, bil­ den eine „Bewertungseinheit" (s. darüber auch Anm. 1 zu § 10 Abs. 1) und sind daher als eine Gesamtheit zu bewerten. Denn ihr Wert hängt mit ab von dieser Zusammengehörigkeit. Dementsprechend heißt es in den BundRAB. § 27 Abs. 3: „Ein Vermögensbestandteil, dessen Wert im ganzen zu ermitteln ist, umfaßt alle Gegenstände, die in einem wirtschaftlichen Zusammen­ hänge zueinander stehen." So sind eine Sache oder ein Recht, die Zubehör einer anderen Sache oder eines anderen Rechtes sind, mit diesem zusammen zu bewerten. Zur Bewertungseinheik gehören auch die Verbindlich­ keiten, mit denen die ihr zugehörigen einzelnen Sachen oder Rechte behaftet sind. Sie sind also bei der Bewertüngseinheit, um deren reinen Wert zu ermitteln, und nicht erst beim Gesamtvermögen abzuziehen. Ins­ besondere sind Betriebsvermögen, im Gegensatze zu Grund- und Kapitalvermögen, mit ihrem reinen Werte, also nach Abzug der ihnen anhaftenden Schulden, ein­ zustellen. Schulden, die nicht zu einem Betriebsver­ mögen, sondern zu einem Grund- oder Kapitalvermögen gehören, sind dagegen vom Gesamtvermögen abzuziehen. Über das Vorhandensein wirtschaftlicher Zusammen­ gehörigkeit von Sachen, Rechten und Verbindlichkeiten entscheiden da, wo es auf den gemeinen Wert ankommt, die Anschauungen des Verkehrs. Vom Kapitalvermögen sind seine Bestandteile einzeln zu bewerten, auch wenn ihr Wert in der Besitzsteuererklärung in einer einheit­ lichen Summe anzugeben ist. Im Falle von Miteigentum des Steuerpflichtigen, sei es nach Bruchteilen, sei es zur gesamten Hand, an Sachen oder Rechten, die einer Bewertungseinheit ange­ hören, ist der Wert seines Anteils an diesem gemein­ schaftlichen Vermögensbesitz zu ermitteln. Dieser Anteil ist gleich dem im Falle der Auflösung der Gemein­ schaft ihm zufallenden Betrage (OVGEntsch. in Steuer­ sachen Bd. 5 S. 333).

8 29.

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3. Nach den Arten des besitzsteuerpflichtigen Vermö­ gens (§ 2) gestalten sich die Fälle der wirtschaftlichen Bewertungseinheiten verschieden. a) Grundvermögen. Gehören Grundstücke oder ihnen gleichstehende Rechte zu einem gewerblichen oder Bergwerksbetriebe, so sind sie Bestandteil des Betriebs­ vermögens. Anderenfalls entsteht die Frage, ob das einzelne Grundstück als solches eine Bewertungseinheit bildet.'Dies ist zu verneinen. Vielmehr können, je nach den wirtschaftlichen Zwecken, denen sie dienen, mehrere Grundstücke zusammen oder aber ein einzelnes Grund­ stück oder auch ein Teil eines selbständigen Grund­ stücks eine Bewertungseinheit darstellen. Die Praxis des Zuwachssteuergesetzes vom 14. Februär 1911 und des PreußErgStG. liefern Material zur Entscheidung der­ artiger Fälle. Die Eintragung als selbständiges Grund­ stück im Grundbuche oder die Zusammenfassung mehre­ rer Grundstücke auf einem Grundbuchblatt ist daher nicht maßgebend, ebensowenig die Bezeichnung im Flurbuch oder die räumliche Abgrenzung auf der Flurkarte oder die zufällige Vereinigung mehrerer Grundstücke in der Hand desselben Eigentümers. In der Reichstagskom­ mission wurde beispielsweise angeführt, daß ein Schloß mit dem räumlich dazu gehörenden großen Park keine Einheit zu bilden brauche, besonders wenn letzterer in großstädtischem Gelände bereits als zukünftiges Bau­ land anzusehen sei. Ebenso könne u. U. eine Villa oder ein schloßartiges Gebäude mit den zugehörigen land­ wirtschaftlichen Grundstücken oder mit dem Fabrikge­ bäude trotz räumlichen Zusammenhanges keine Einheit bilden. Gehört eine unbebaute Fläche zu einem Wohn­ hause, so gilt das Gesamtgrundstück nur dann als Ein­ heit, wenn die erstere nach Art und Umfang als wirt­ schaftliches Zubehör des Hauses angesehen werden kann. Ein Landgut bildet mit seinen Vorwerken, sofern diese zu dessen Wirtschaftsbetriebe gehören, eine Einheit. Ebenso Grundstücke mit der Hofstelle, von der aus sie bewirtschaftet werden. Alles, was Zubehör zu einem Grundstück im Sinne des BGB. § 98 ist, bildet stets mit diesem eine Einheit. Zu den der Land- oder Forstwirt-

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Besitzsteuergesetz.

schäft oder der Gärtnerei dienenden Grundstücken ge­ hören die diesen Betrieben dienenden Gebäude und Be­ triebsmittel § 31 Abs. 3. £ asten, die auf einem Grundstück ruhen, sind bei dessen Bewertung stets in Abzug zu bringen, sowohl wenn der gemeine Wert als wenn der Ertragswert zu­ grunde gelegt wird, ersterenfalls mit ihrem Kapital­ werte, letzterenfalls mit ihrem Jahreswert bei Ermitte­ lung des zu kapitalisierenden Reinertrages. Über den Begriff der Lasten siehe Anm. 3 zu § 10 Abs. 1. Nach der Rechtsprechung gehören zu ihnen namentlich: Erb­ pachtkanon, Reallasten, Grunddienstbarkeiten, Patrona'tsund Sozietätsrechte, Leistungen an den Geistlichen und Lehrer, Rentenbankrenten, Ablösungsrenten und ver­ tragsmäßige Nießbrauchsrechte. Dagegen sind die auf dem Grundstück lastenden dinglichen Schulden (Hypothe­ ken- und Grundschulden sowie Rentenschulden), sofern dieses nicht zu einem Betriebsvermögen gehört, vom Gesamtbruttovermögen abzuziehen. Denn der Grund­ stückserwerber rechnet sie beim entgeltlichen Erwerb sich vom Preise, den er dafür anlegt, ab, auch wenn er sie in Anrechnung auf den Erwerbspreis übernimmt, über Begriff und Fälle der dinglichen Schulden siehe auch Anm. 5 zu § 10 Abs. 1. b) Betriebsvermögen. Gewerbliches Be­ triebsvermögen ist das gesamte (bewegliche und unbe­ wegliche) Anlage- und Betriebskapital einer selbstän­ digen gewerblichen oder bergbaulichen Unternehmung. Dazu gehören namentlich alle dem Betriebe des Ge­ werbes dienenden Grundstücke, Gebäude und Berechti­ gungen, lebendes und totes Inventar, bare Kassenbe­ stände, Wertpapiere, ausstehenden Forderungen und Warenvorräte. Nach Abzug der Betriebsschulden, also als reines Betriebsvermögen, ist es eine selbständige wirtschaftliche Bewertungseinheit. Ihm gehören alle Zweiganstalten an, die der Fabrikation oder dem Ver­ kaufe oder sonstigen Betriebszwecken der nämlichen Unternehmung dienen. Betreibt der Steuerpflichtige mehrere selbständige gewerbliche oder bergbauliche Unternehmungen, so ist das reine Betriebsvermögen

8 29.

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einer jeden derselben besonders zu ermitteln und dem Gesamtvermögen zuzurechnen. Für die wirtschaftliche Selbständigkeit der Unternehmung ist dabei maßgebend, daß für jede eine besondere Buchführung und Bilanzauf­ stellung (Ausstellung eines das Verhältnis des Ver­ mögens und der Schulden darstellenden Abschlusses, HGB. § 39) stattfindet. c) Kapitalvermögen. Alle die einzelnen Ge­ genstände und Rechte, aus denen es sich.zusammensetzt, sind einzeln zu bewerten, z. B. alle einzelnen Wert­ papiere, nach Kategorien geordnet, auch wenn für ge­ wisse Kategorien in der Besitzsteuererklärung eine ein­ heitliche Summe anzugeben ist, wie z. B. für Wert­ papiere mit deutschem Börsenkurs (§ 34), für Aktien ohne Börsenkurs, Kuxe und gewisse andere Anteile (§ 35), andere Kapitalforderungen (§ 36). 4. Der nach § 29 bei allen drei Vermögenskategorien (§ 2) zugrunde zu legende gemeine Wert der ein­ zelnen Vermögensbestandteile bestimmt sich nach Pen in den §§ 18—22 angegebenen Zeitpunkten. Der ge­ meine oder Verkaufswert (Verkaufs- oder Verkehrswert) wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehre nach der Beschaffenheit des Gegenstan­ des ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder lediglich per­ sönliche Verhältnisse zu erzielen ist (BundRAB. § 27 Abs. 2). Er ist also der verkehrsmäßige Wert, d. h. der objektive Wert oder Tauschwert, den die Sache für jeden Besitzer hat. „Das bei entgeltlicher Veräußerung unter normalen Verhältnissen für gleichartige Sachen zu erzielende Entgelt" (OVG. Bd. 5 S. 70). Ein rein subjektives Interesse, wie persönliche Vorteile, Annehm­ lichkeiten oder Bequemlichkeiten nur für einen bestimm­ ten Besitzer, kommen nicht in Anschlag, noch weniger das „Affektionsinteresse", d. h. ein rein ideelles In­ teresse eines bestimmten Besitzers an der Sache (als Andenken persönlichen Charakters oder von Familien­ interesse u. dgl.). Zur Ermittelung des gemeinen Wertes können dienen: frühere Verkäufe derselben Sache oder gleichartiger Sachen, der Erwerbspreis, bei Grund­ stücken auch die Art der Bewirtschaftung, die Absatzver-

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Besitzsteuergesetz.

hältnisse, die Ertragsfähigkeit. In Betracht sind dabei natürlich zu ziehen etwaige Veränderungen an der Sache seit dem letzten Eigentumswechsel (Verbesserungen oder Verschlechterungen eines Grundstücks, erstere durch Auf­ wendungen, wie Bauten u. a. Anlagen zur Verbesse­ rung des Betriebes, oder durch die Konjunkturen oder auch durch besondere Umstände, wie Anlegung von Verkehrsstraßen, Eisenbahnen, Schiffahrtswegen) sowie Schwankungen der Grundstückspreise, sei es überhaupt, sei es in der betreffenden Gegend. Nur in der Person des Eigentümers bestehende Hindernisse der Veräuße­ rung, welche die objektive Bewertung der Sache nicht beeinflussen, wie Veräußerungsverbote, Besitzbindun­ gen u. dgl., bleiben unberücksichtigt. Bei gewerblichen und Bergwerksbetrieben kommt der für den Erwerb der ganzen Unternehmung unter normalen Verhältnissen zu zahlende Preis in Betracht, der nicht notwendig mit deren Bilanzwert zusammenzufallen braucht, wenn auch der Eigentümer seine eigene Bilanzaufstellung gegen sich gelten lassen oder Abweichungen von ihr rechtferti­ gen muß. Der Wert einzelner Teile des Betriebsver­ mögens oder einzelner zu ihm gehörender Gegenstände kann sonach nur als Mittel zur Feststellung des Gesamt­ werts zur Veranschlagung gelangen, und dann nur nach der Funktion dieses Teiles oder Gegenstandes im Be­ triebe, nicht als Wert im Falle seines selbständigen Verkaufs. Nicht in Anschlag zu bringen sind rein tat­ sächliche Verhältnisse, wie Firma, Kundschaft, Lage usw. (s. darüber Anm. 2 zu § 4). Der gemeine Wert steht in begrifflichem Gegensatz zu dem Ertragswert, wenn er auch im einzelnen Falle mit diesem übereinstimmen kann. Der Ertrag kommt für die Ermittelung des gemeinen Werts bei ertrag­ gebenden Grundstücken als Faktor mit in Betracht, doch hängt der gemeine Wert nicht oder zum mindesten nicht ausschließlich vom Ertrage ab, den die Sache abwirft. Grundstücke werden z. B. meistens über ihren Ertrags­ wert hinaus bezahlt, weil nur eine beschränkte Menge von Boden der mit der Bevölkerung und ihren Bedürf­ nissen wachsenden Nachfrage nach solchem gegenüber-

88 29, 30.

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steht, und weil der Eigentumsbesitz an Boden vielerlei Vorteile und Annehmlichkeiten wirtschaftlichen, sozialen, politischen und ideellen Charakters, ganz unabhängig von seiner Rentabilität, mit sich bringt.

§ 30. Bei Grundstücken tritt auf Antrag des Steuer­ pflichtigen an die Stelle des gemeinen Wertes der Betrag der nachgewiesenen oder glaubhaft gemachten Gestehungskosten. Zu den Gestehungskosten find zu rechnen der Gesamtwert der Gegenleistungen beim Erwerb (Er­ werbspreis), sonstige Anschaffungskosten sowie alle auf das Grundstück gemachten besonderen Auf­ wendungen während der Besitzzeit, soweit sie nicht zu den laufenden Wirtschaftsausgaben gehören und soweit die durch die Aufwendungen hergestellten Bauten und Verbesserungen noch vorhanden sind. Von den Gestehungskosten sind die durch Ver­ schlechterung entstandenen Wertminderungen abzuziehen.

Ms. 1. 1. über die in dieser Vorschrift enthaltenen Abwei­ chungen vom Wehrbeitrag wie von der Regierungsvor­ lage und deren Vorbildern siehe die Vorbemerkung vor § 28. Durch § 39 des KriegssteuerG. ist am Ende des Abs. 2 das Wort „Verschlechterung" an die Stelle von „Abnutzung" gesetzt worden. 2. Die grundlegenden Unterschiede der Besitzsteuer als Vermögenszuwachssteuer von der Neichswertzuwachssteuer vom 14. Februar 1911 bestehen in folgendem: 1. In d.er Erweiterung des Kreises der besitzstenerPflichtigen Vermögensarten und -Bestandteile auf das gesamte bewegliche Nutzvermögen (Nutzver-

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Besitzsteuergesetz.

mögen im Gegensatz zu dem in § 8 von der Besitz­ steuer ausgeschlossenen Gebrauchs vermögen). 2. Im Wegfall der Unterscheidung zwischen „verdien­ tem^ und „unverdientem" Wertzuwachs. 3. Im Wegfall der Unterscheidung zwischen verwirk­ lichtem und nicht verwirklichtem Gewinn. 4. In der Einbeziehung des unentgeltlichen Erwerbs (von Todes wegen oder durch Schenkung unter Le­ benden), des Erwerbs im Wege der Erbteilung, des Erwerbes von Eltern, Großeltern oder entfernteren Voreltern (§ 7 des ZStG., § 31 des BStG.).

3* Der Steuerpflichtige hat das Recht, die Zugrunde­ legung der Gestehungskosten zu fordern, bei jeder Veran­ lagung, gleichviel ob und wie oft er bereits bei früheren Veranlagungen davon Gebrauch gemacht hat. Sinkt sein Grundstück infolge von Beschädigungen oder aus irgend­ welchen anderen Ursachen unter die Gestehungskosten, so wird der Besitzer sich der Stellung eines Antrages auf Zugrundelegung der Gestehungskosten enthalten und demnach das Grundstück zum niedrigeren Werte, der dann dem gemeinen Werte entspricht, eingeschätzt werden. Ist der gemeine Wert dagegen über den Betrag der Ge­ stehungskosten gestiegen, so wird der Besitzer im eigensten Interesse einen solchen Antrag stellen. Der Antrag kann bis zum Ablauf der mit der Zustellung des Steuer­ oder des Feststellungsbescheids eröffneten Rechtsmittel­ frist gestellt werden. Bei gleichzeitiger Feststellung des Anfangs- und Endvermögens kann der Antrag nicht auf eine Feststellung beschränkt werden (BundRAB. § 29 Abs. 2). Der Steuerpflichtige bleibt an seinen Antrag gebunden. Wird ein solcher Antrag noch rechtzeitig nach jener Zustellung gestellt, so ist die Veranlagung zunächst zu berichtigen. In diesem Falle wird mit der Zustellung des berichtigten Steuer- oder Feststellungsbescheids oder der Mitteilung, daß sich an dem Veranlagungsergeb­ nisse nichts ändere, eine neue Rechtsmittelfrist eröffnet (ebenda § 46). 4. Die Zulassung der auf Antrag des Pflichtigen erfolgenden Zugrundelegung der Gestehungskosten (vgl.

8 30.

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auch das in der Einleitung darüber Ausgeführte) will Härten Vorbeugen, die entstehen könnten aus dem Fort­ bestehen des Grundwert-Zuwachssteuergesetzes vom 14. Februar 1911 und der dadurch sich ergebenden Doppelbesteuerung im Falle einer durch Realisierung unverdienten Wertzuwachses an Grundstücken eintreten­ den Vermögensvermehrung. Die Vorschrift in Abs. 1 gibt daher jedem Grundstücksbesitzer die Möglichkeit itnb damit das Recht, allen noch nicht realisierten Kon­ junkturgewinn an seinen Grundstücken der Erfassung durch die Besitzsteuer völlig zu entziehen, so daß er also für derartigen Gewinn weder Grundwert-Zuwachssteuer (da diese nur realisierten Gewinn trifft) noch auch Be­ sitzsteuer zu entrichten hat. Im Falle einer späteren Realisierung hat er aber diese beiden Steuern, sofern ihre sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, zu zahlen. In Ansehung der Besitzsteuer kann btejc Freilassung an und für sich insofern gerechtfertigt er­ scheinen, als der Wertzuwachs vor der Veräußerung des Grundstücks noch kein sicherer Gewinn ist. Allein der Besitzer von Grundstücken jeder Art ist in dieser wich­ tigen Hinsicht gegenüber dem Besitzer von beweg­ lichem Kapital, der ein gleiches Recht nicht hat, steuer­ lich privilegiert. Dieses Privileg ist um so wirkungs­ voller für die damit Bedachten, als die Zuwachssteuer vom 14. Februar 1911 durch Fortfall des bisher dem Reiche zustehenden Anteils an ihrem Ertrage auf die Hälfte ermäßigt worden ist, und auch diese Hälfte in Wegfall kommen kann, wenn aus Grund der Ermächti­ gung m § 1 Abs. 5 des RG. über Änderungen im Finanzwesen vom 3. Juli 1913 durch Landesgesetz oder Ortssatzung eine andere Regelung der Wertzuwachs­ besteuerung getroffen wird. Die Zugrundelegung der Gestehungskosten hat ferner die beabsichtigte Wirkung, das Veranlagungsverfahren bei der Besitzsteuer ganz erheblich zu vereinfachen. 5. Bei der Veranlagung zum Wehrbeitrag hat der Pflichtige in allen Fällen das Recht, zu verlangen, daß bei Grundstücken der in § 17 Abs. 1 des WBG. (und ent­ sprechend in § 3.1 Abs. 1 des BStG.) genannten Arten

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Besitzsteuergesetz.

statt des Ertragswerts der gemeine Wert der Veranla­ gung zugrunde gelegt wird (WBG. § 17 Abs. 5). Übt er es aus, so entspricht die Veranlagung zum Wehrbei­ trag zugleich der generellen Feststellungsvorschrift des BStG. § 29 hinsichtlich der Vermögensbewertung. Anderenfalls wird der Vermögensfeststellung für den Wehrbeitrag bei Grundstücken der gedachten Arten der Ertragswert zugrunde gelegt. Diese Bewertung bleibt dann aber auch maßgebend für die Besitz st euer, also als besitzsteuerpflichtiger Wert der nämlichen Grundstücke am 1. Januar 1914. Dagegen bleibt dem Pflichtigen für die Bewertung am Ende des Veranlagungszeitraums die Befugnis aus § 30 Abs. 1, an Stelle des gemeinen Wertes den Betrag der Gestehungskosten gesetzt zu sehen. Abs. 2. Der Erwerbspreis umfaßt alles, was zum Zwecke des Erwerbes und als Gegenleistung für den­ selben hingegeben oder an Leistungsverpflichtungen über­ nommen wurde. Der Wert einer Gegenleistung ist nach BundNAB. § 30 Abs. 2 Ziff. 1 erforderlichenfalls in entsprechender Anwendung der §§ 29, 34 ff. des Ge­ setzes festzusetzen. Die Anschaffungskosten sind die Kosten des Grundstückserwerbes, ohne Begrenzung nach oben, doch nur die dem Erwerber wirklich erwachsenen. Dahin gehören die Kosten der Beurkundung des dem Erwerb zugrunde liegenden Kaufvertrags oder sonstigen Veräußerungsgeschäftes, ferner die Kosten der Auflassung, der Eintragung in das Grundbuch, Schreibgebühren u. a. auf besonderer rechtlicher Unterlage beruhenden Ausgaben, Kauf- oder andere Veräußerungsstempel und Umsatzsteuern, auch die Zuwachssteuer (nach dem Gesetz vom 14. Februar 1911), falls der Erwerber sie ver­ tragsmäßig übernommen hat, endlich auch vom Erwer­ ber gezahlte Vermittlungsgebühren. Daß letztere sich nicht auf den für solche ortsüblichen Betrag zu be­ schränken brauchen, wenn nur nachgewiesen wird, daß die wirklich aezahlte Gebühr höher ist, darf aus § 14 Ziff. 1 des ZStG. vom 14. Februar 1911 entnommen werden. Die Aufwendungen des Besitzers bestimmen

sich nach .den näheren Ausführungen des § 14 Nr. 3 und 4 des ZStG. vom 14. Februar 1911 unter Berück­ sichtigung der durch Verschlechterung entstandenen Wert­ minderungen. Als Verschlechterung ist nach BundRAB. § 30 Abs. 4 jede Beeinträchtigung des Bestandes und der Beschaffenheit eines Grundstücks anzusehen, so daß auch Wertminderungen infolge Abnutzung, infolge man­ gelhafter Bodenbestellung oder Verringerung des leben­ den und toten Inventars zu berücksichtigen sind. Die Beschränkung auf die noch vorhandenen Bauten und Verbesserungen verhütet, daß Aufgewendetes, das z. B. infolge von Brand oder Überschwemmung gar nicht mehr vorhanden ist, dem steuerpflichtigen Vermögen hinzu­ gerechnet wird.

§ 31. Beim Erwerbe von Todes wegen im Sinne der §§ 1 bis 4 des Erbschaftssteuergesetzes, beim Erwerb im Wege der Erbteilung, beim Erwerbe von Eltern, Großeltern oder entfernteren Voreltern sowie beim Erwerb auf Grund einer ohne entsprechende Gegen­ leistung erfolgten Zuwendung unter Lebenden tritt an die Stelle des Erwerbspreises, soweit die Grund­ stücke dauernd land- oder forstwirtschaftlichen oder gärtnerischen Zwecken zu dienen bestimmt sind, oder soweit bebaute Grundstücke Wohnzwecken oder ge­ werblichen Zwecken zu dienen bestimmt sind und ihre Bebauung und Benutzung der ortsüblichen Bebauung und Benutzung entspricht, der Ertragswert, sonst der gemeine Wert zur Zeit des Erwerbes. Als Ertragswert gilt bei land- oder forstwirt­ schaftlichen oder Gärtnerei-Grundstücken das Fünf­ undzwanzigfache des Reinertrags, den sie nach ihrer bisherigen wirtschaftlichen Bestimmung bei ordnungs­ mäßiger Bewirtschaftung mit entlohnten fremden Arbeitskräften nachhaltig gewähren können.

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Besttzsteuergesetz.

Die der Land- und Forstwirtschaft oder der Gärtnerei dienenden Gebäude und Betriebsmittel werden nicht besonders veranlagt, sondern sind in der Veranlagung des Ertragswerts einbegriffen. Bei bebauten Grundstücken, die Wohnzwecken oder gewerblichen Zwecken zu dienen bestimmt sind, gilt als Ertragswert das Fünfundzwanzigfache des Miet­ oder Pachtertrags, der in den letzten drei Jahren im Durchschnitt erzielt worden ist oder im Falle der Vermietung oder Verpachtung hätte erzielt werden können, nach Abzug von einem Fünftel für Nebenleistungen und Jnstandhaltungskosten oder von dem als erforderlich nachgewiesenen höheren Betrag für Nebenleistungen und Jnstandhaltungskosten ohne Rücksicht darauf, ob die hierzu notwendigen Arbeiten von dem Steuerpflichtigen selbst oder durch entlohnte fremde Arbeitskräfte geleistet worden sind. In allen Fällen kann der Steuerpflichtige ver­ langen, daß statt des Ertragswerts der gemeine Wert der Veranlagung zugrunde gelegt wird. Dieses Recht erlischt, wenn es nicht spätestens bis zum Ablauf der mit der Zustellung des Steuer- oder des Fest­ stellungsbescheids eröffneten Rechtsmittelfrist geltend gemacht wird. 1.

Über die Abweichungen von der Grundstücksbewer­ tung beim Wehrbeitrag siehe die Vorbemerkung vor § 28. Abs. 2—5 stimmen mit WBG. § 17 Abs. 2-5 überein. 2. Die Vorschriften "des § 31 bezwecken nach der Be­ gründung der Regierungsvorlage, an die Stelle des Erwerbspreises in denjenigen Fällen, in denen kein Erwerbspreis (§ 30 Abs. 2) vorliegt, oder in denen die Festsetzung desselben in der Regel durch erbrechtliche

§ 31.

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oder familienrechtliche Verhältnisse wesentlich beein­ flußt wird, bei land- und forstwirtschaftlichen Grund­ stücken den Ertragswert, sonst den gemeinen Wert zur Zeit des Erwerbes zu setzen. Vom Reichstage sind d^n land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken in dieser Hinsicht gleichgestellt worden die gärtnerischen Zwecken dienenden und die bebauten Grundstücke, soweit sie Wohn- oder gewerblichen Zwecken zu dienen bestimmt sind und ihre Bebauung und Benutzung der ortsüblichen Bebauung und Benutzung entspricht. In gleicher Weise wurden von ihm die Vorschriften des WBG. über die Grundstücksbewertung ergänzt, die jedoch (siehe die Vor­ bemerkung vor § 28) die Zugrundelegung des Ertrags­ werts nicht auf die Fälle des unentgeltlichen oder er­ heblich unter dem Werte erfolgten Erwerbes beschränken. Es geschah dies bei beiden Gesetzen einmal um dem gegen die Regierungsvorlage erhobenen Einwand Rech­ nung zu tragen, daß die Bewertung lediglich der landund forstwirtschaftlichen Grundstücke nach dem Ertrags­ wert eine ungerechtfertigte Privilegierung derselben in sich schließe (über das Verhältnis von Ertrags- und gemeinem Wert siehe Anm. 4 zu § 29 am Schlüsse). Ferner weil gleichzeitig anerkannt wurde, daß die Er­ mittlung des gemeinen Wertes gerade beim landwirt­ schaftlichen Besitz oft sehr schwierig sei, andrerseits namentlich der Üeinere Grundbesitz bei Schätzung nach dem Ertragswerte sehr leicht überlastet werden könne. Auf Grund dieser Erwägungen wurde die Zugrunde­ legung des Ertragswertes auf die bebauten Grundstücke im obigen Sinne erstreckt und den Steuerpflichtigen das Recht der Wahl zwischen Ertragswertberechnung und Berechnung nach dem gemeinen Werte gegeben, endlich auch der Begriff des Ertragswertes so wie geschehen umschrieben. Über die Einbeziehung der gärt­ nerischen Zwecken dienenden Grundstücke siehe Anm. 1 zu Abs. 1. Das WBG. und das BStG. gehen mit dieser erweiterten Zugrundelegung des Ertragswertes sowohl über das PreußErgSLG. als über das RErbschStG. hinaus, die beide seine Anwendung beschränken auf land- und forstwirtschaftliche Grundstücke nebst Zubehör.

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Besitzsteuergesetz.

Abs. 1. 1. Zum Ertrage von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken gehört auch der Ertrag von Jagd und Fischerei, die auf ihnen kraft des Grundeigentums aus­ geübt werden. Landwirtschaftlichen Zwecken dienen auch Grundstücke, die der Viehzucht, dem Obst-, Gemüse­ oder Weinbau gewidmet sind. Gärtnerischen Zwecken zu dienen ist ein Grundstück dann bestimmt, wenn aus ihm gärtnerische Erzeugnisse, sei es auch in Gewächshäusern, gewonnen werden. Die Binderei und der Verkauf frem­ der Gartenerzeugnisse gehören Dagegen nicht zu diesen Zwecken. Davon unabhängig ist die Frage, ob ein Gärt­ nereibetrieb als landwirtschaftlicher oder als gewerb­ licher Betrieb anzusehen ist. Nach § 54 Abs. 3 der BundRÄB. hängt die Beantwortung davon ab, ob die Bodenbewirtschaftung überwiegt oder nicht. Grundstücke, bei denen die Ergebnisse des Wirtschaftsbetriebes dem Boden unmittelbar entnommen werden, wie Sand-, Lehm-, Tongruben, Stein-, Schiefer-, Kalk- oder Kreide­ brüche, Torfstiche usw., dienen landwirtschaftlichen Zwekken, wenn ihre Ausbeutung in unmittelbarer Verbin­ dung mit einem land- oder forstwirtschaftlichen oder Gärtnereibetriebe erfolgt. Ihre Jahresgewinnung ist bei der Ermittlung ihres Ertragswerts um einen der fortschreitenden Erschöpfung des Bodens entsprechenden Betrag zu kürzen (BundRAB. § 36 Abs. 2). Grund­ stücke, aus denen landwirtschaftliche Nebengewerbe, wie Brennereien, Ziegeleien usw. betrieben werden, sind, sofern sie in unmittelbarer Verbindung mit einem land­ wirtschaftlichen Betriebe stehen, solchen gleichzuachten, welche landwirtschaftliches Zwecken zu dienen bestimmt sind. Bei Brennereien trifft letzteres unbedingt 'dann zu, wenn sie „landwirtschaftliche Brennereien" im Sinne des Branntweinsteuergesetzes sind, d. h. ausschließlich Kartoffeln oder Getreide verarbeiten, die sämtlichen Rückstände in der eigenen Wirtschaft ihres Besitzers ver­ füttern und den erzeugten Dünger vollständig auf den diesem gehörenden oder von ihm bewirtschafteten Boden verwenden.

8 31.

111

2. Ob Grundstücke den genannten Zwecken dauernd zu dienen bestimmt sind, hängt davon ab, ob sie nach ihrer Lage und den sonstigen tatsächlichen und recht­ lichen Verhältnissen auf absehbare Zeit nur land- oder forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzt werden kön­ nen. Das ist dann nicht der Fall, wenn ihr gemeiner Wert schon zur Zeit des Erwerbes durch ihre Lage als Bauland oder als Land zu Verkehrszwecken bestimmt wird, oder bei ihnen nach den sonstigen Umständen, z. B. nach ihrer Lage und Beschaffenheit, ihrem Erwerbspreis oder ihrer Belastung, anzunehmen ist, daß sie in ab­ sehbarer Zeit anderen als land- oder forstwirtschaft­ lichen oder gärtnerischen Zwecken dienen werden (BundRAB. § 34 Abs. 1). 3. Als unbebaut gelten nach dem ZStG. vom 14. Fe­ bruar 1911 (§ 1 Abs. 2) und werden auch hier zu gelten haben solche Grundstücke, auf denen sich Garten­ häuser, Schuppen, Lagerstätten und ähnliche, zu vor­ übergehenden Zwecken dienende Baulichkeiten befinden. Darüber, was im Falle nur teilweiser Bebauung eines Grundstücks als Bewertungseinheit anzusehen ist, siehe Anm. 3 a zu § 29. 4. Bezüglich bebauter Grundstücke liegen die in Abs. 1 genannten Voraussetzungen dann nicht vor, wenn die Art der Benutzung und die Höhe der Aufwendungen für die Herstellung und Unterhaltung von baulichen und sonstigen Anlagen erkennen lassen, daß ein Grundstück außergewöhnlichen Zwecken, insbesondere dem Luxus des Besitzers zu dienen bestimmt ist, oder wenn der gemeine Wert eines Grundstücks durch eine wirtschaftliche Ver­ wertbarkeit bestimmt toirb, die eine wesentlich andere Bebauung und Benutzung als die tatsächliche voraus­ setzt (BundRAB. § 34 Abs. 2). 5. Dem Ertrags- bzw. gemeinen Wert sind die seit dem Erwerbe gemachten besonderen Aufwendungen hinzu­ zurechnen und es sind von ihnen die etwa seit dem Erwerbe durch Verschlechterung entstandenen Wertmin­ derungen abzuziehen (BundRAB. § 32). 6. Nach § 14 Abs. 2 der BayerVV. sind zur Fest­ stellung des Ertragswerts von Grundstücken neben den

112

Besitzsteuergesetz.

Vermögenserklärungen als Hilfsmittel insbesondere zu benutzen: a) die Steuerkataster im Rahmen des § 45 der Bund.RAB.; b) etwa ermittelte Pachtertrüge bei Pachtgütern; c) die Einkommensteuerveranlagung; d) die Veranlagung des gebundenen Grundbesitzes zur Ersatzabgabe nach § 95 des RG. vom 3. Juli 1913 (RGBl. S. 639); e) die Gutachten der Sachverständigen. Nach § 22 der SächsVV. werden für die Ermitte­ lung des Ertragswerts landwirtschaftlich oder gärtnerisch benutzter Grundstücke die für die Einschätzung zur Ein­ kommensteuer nach den Normalsätzen ermittelten Rein­ erträge in den meisten Fällen eine geeignete Grund­ lage abgeben. Haben außergewöhnliche Ereignisse wie Hagelschlag, Überschwemmung, Dürre, Viehseuchen u. dgl. den Ertrag ungünstig beeinflußt, so können diese Um­ stände, die für die Einkommensteuer in einer niedrigeren Schätzung des Reinertrags für das betreffende Jahr zur Erscheinung kommen, bei der Veranschlagung des Rein­ ertrags für die Ermittelung des Ertragswerts nicht be­ rücksichtigt werden. Das gleiche gilt für besonders hohe oder niedrige Reinerträge, die infolge größerer oder geringerer Tüchtigkeit des Wirtschafters erzielt worden sind.

Abf. 2. 1. Dem Ertragswert ist nicht der in einem bestimmten Zeitraum oder bisher tatsächlich erzielte Reinertrag zugrunde zu legen, sondern derjenige, „den ein ordent­ licher Unternehmer von den Grundstücken nach ihrer bisherigen wirtschaftlichen Bestimmung bei gemein­ üblicher Bewirtschaftung und unter gewöhnlichen Ver­ hältnissen im Durchschnitt einer Reihe von Jahren für ein Wirtschaftsjahr erzielen kann" (BundRAB. § 36 Abs. 1). Dieser Reinertrag ist also nur schätzungsweise zu ermitteln (ebenda § 39). Bei vermieteten oder ver­ pachteten Grundstücken ist dagegen der im Durchschnitt einer Reihe von Jahren wirklich erzielte Reinertrag maßgebend (Abs. 4).

§ 31.

113

Der Reinertrag im Sinne des Abs. 2 ist, wie § 15 Abs. 3 der BayerVV. hervorhebt, verschieden von dem steuerbaren Reinerträge, wie er der Berechnung der (bayerischen) Landessteuern zugrunde gelegt wird. Die wesentlichen Punkte, in denen er sich von diesem unter­ scheidet, sind daselbst unter 1—3 namhaft gemacht. 2. Sind Grundstücke zu einer wirtschaftlichen Einheit verbunden, so ist der Reinertrag unter Berücksichtigung dieser Zusammengehörigkeit von den Grundstücken als einheitlichem Ganzen zu berechnen (BundRAB. § 36 Abs. 3). 3. Die Berechnung des Ertragswerts aus dem Jahres­ reinertrage durch Vervielfältigung des letzteren mit der Zahl 25 entspricht dem gleichen Verfahren im RErbschStG. und im PreußErgStG. 4. Den entlohnten fremden Arbeitskräften kann nach BundRAB. § 37 Abs. 1 die Arbeit des Selbstbewirt­ schafters bei der Reinertragsberechnung gleichgewertet werden. Ist nämlich bei Zugrundelegung der Verhält­ nisse einer ordnungsmäßigen Bewirtschaftung zur Ober­ leitung des Gesamtbetriebs eine besondere Arbeits­ kraft für erforderlich zu erachten, so ist bei selbstbewirt­ schafteten Betrieben der Wert der Tätigkeit des Selbst­ bewirtschafters vom Rohertrag insoweit in Abzug zu bringen, als diese Tätigkeit des Selbstbewirtschafters eine solche besondere Arbeitskraft ersetzt und der dafür angesetzte Wertbetrag die angemessene Entlohnung einer solchen Arbeitskraft nicht übersteigt. 5. Zum Rohertrag ist auch der Mietwert der vom Eigentümer oder Pächter und deren Angehörigen selbst bewohnten oder zur Führung des Haushalts benutzten Gebäude zu rechnen (BundRAB. § 37 Abs. 2). H. Was zur Bestreitung des Haushalts des Besitzers aus den Ergebnissen des Wirtschaftsbetriebes zu ent­ nehmen ist, darf aus dem Roherträge nicht ausgeschieden werden (BundRAB. § 37 Abs. 3). 7. Über die Berechnung des Ertragswerts von Holzun­ gen nach dem Reinerträge gibt BundRAB. § 38 spe­ zielle Vorschriften. Köppe, Besitzsteuergesetz.

114

Besitzsteuergesetz. Abs. 3.

Ein angemessener Bestandteil an lebendem und totem Inventar und an sonstigem Betriebskapital wird hier vorausgesetzt. Ein Mehr- oder Minderwert an Ge­ bäuden und Betriebsmitteln gegenüber einem wirt­ schaftlich normalen Bestand ist dem Ertragswert Hinzu­ oder von ihm abzurechnen, insoweit er geeignet ist, den Ertrag zu beeinflussen (BundRAB. § 35). Ob der Bestand an lebendem und totem Inventar und das son­ stige Betriebsvermögen einem normalen Bestand ent­ spricht, darüber hinausgeht oder dahinter zurückbleibt, wird bei der Schätzung des Einkommens nach den Nor­ malsätzen regelmäßig bereits in .der Bemessung des Zuschlags für die Verzinsung des Betriebskapitals zum Ausdrucke kommen; einer besonderen Zu- oder Abrech­ nung des Mehr- oder Minderwerts gegenüber einem wirtschaftlich normalen Bestände wird es daher bei der Ermittelung des Ertragswerts in der Regel nicht be­ dürfen (SächsVV. § 22 Abs. 3).

Abs. 4.

1.

Der hier genannte Miet- oder Pachtertrag ist der Rohertrag, der durch die weiterhin genannten Abzüge zum Reinertrag wird (BundRAB. § 40). 2. über die Reinertragsberechnung bei ver­ mieteten und verpachteten Grundstücken geben die BundRAB. §§ 41—4 4 noch eingehendere Spezial­ bestimmungen. 3. Hinsichtlich der Benutzung landesrechtlicher Einschätzungen für die Ermittelung des Ertrags­ werts der Grundstücke siehe BundRAB. § 45. 4. Bei bebauten Grundstücken, die Wohn- oder gewerblichen Zwecken zu dienen bestimmt sind, ist dar­ auf zu achten, daß in dem nach Abs. 4 zugelassenen Abzüge von 1/5 für Nebenleistungen und Jnstandhaltungskosten jene Bauschbeträge inbegriffen sind, die bei der Ertragsermittlung nach den (bayerischen) Landes­ steuergesetzen als Betriebsausgaben zum Abzüge zuge­ lassen wurden (BayerVV. § 15 Abs. 6).

88 31, 32.

115

Abs. 5. Über das Verfahren bei Stellung eines solchen Antrages durch den Steuerpflichtigen siehe BundRAB. § 46 Abs. 2. Der Pflichtige bleibt an den Antrag ge­ bunden (ebenda Abs. 1).

§ 32. Die Vorschrift des 8 31 findet in anderen Erwerbs­ fällen entsprechende Anwendung, wenn der verein­ barte Preis um mehr als 10 vom Hundert hinter dem gemeinen Werte zur Zeit des Erwerbes und, sofern bei Grundstücken der Ertragswert zugrunde gelegt werden kann, zugleich auch hinter dem Ertrags­ werte zur Zeit des Erwerbes zurückgeblieben ist. 1. „Andere Erwerbsfälle" sind andere als die in § 31 Abs. 1 genannten. Gemeint sind also die Fälle ent­ geltlichen Erwerbes. Die Bestimmung rechtfertigt sich dadurch, daß, wer ein Grundstück außergewöhnlich billig erwirbt, schon durch den Erwerb als bereichert anzusehen ist. Außerdem hat die Festsetzung einer Grenze, bis zu der das Zurückbleiben des gezahlten Preises' hinter dem gemeinen oder.Ertragswerte noch nachgesehen wird, den Vorteil, daß dadurch die Veranlagungsbehör ­ den der schwierigen Aufgabe überhoben sind, zu prüfen, ob und inwieweit etwa zugleich eine teilweise Schenkung oder etwas ähnliches vorliegt. 2. Auch in den Fällen des § 32 sind dem Ertrags­ oder gemeinen Werte die seit dem Erwerbe gemachten besonderen Aufwendungen hinzuzurechnen, und es sind von ihm die etwa seit dem Erwerbe durch Verschlech­ terung entstandenen Wertminderungen abzuziehen (Bund.RAB. § 33). 3. Der Steuerpflichtige bleibt in den Fällen des § 32 ganz so wie in denjenigen der §§ 30 Abs. 1 und 31 Abs. 5 an seinen Antrag gebunden. Für die Behandlung und die Wirkung des letzteren gilt gleichfalls BundR.AB. § 46.

116

Besitzsteuergesetz.

§ 33. Hat der Erwerb vor dem 1. Januar 1914 statt­ gefunden, so gilt der bei der Veranlagung des Wehr­ beitrags festgestellte Wert eines Grundstücks als Be­ trag der bis dahin entstandenen Gestehungskosten.

1. Da der Vermögensstand eines Pflichtigen vor dem 1. Januar 1914 von diesem Gesetze in keinem Falle be­ rücksichtigt wird, so muß auch für die Zugrundelegung der Gestehungskosten von Grundstücken diese Zeitgrenze schlechthin maßgebend sein. 2. Unter den „Erwerb" im Sinne dieser Vorschrift fällt jede Art von Erwerb, also namentlich auch aller Erwerb von Todes wegen. 3. Dem bei der Veranlagung zum Wehrbeitrag fest­ gestellten Werte sind also nur die seit dem 1. Januar 1914 gemachten besonderen Aufwendungen hinzuzurech­ nen und von ihm die seit dem 1. Januar 1914 durch Verschlechterung etwa entstandenen Wertminderungen abzuziehen (BundRAB. § 31).

§ 34. Wertpapiere, die in Deutschland einen Börsen­ kurs haben, find mit dem Kurswert, Forderungen, die in das Schuldbuch einer öffentlichen Körperschaft eingetragen sind, mit dem Kurswert der entsprechen­ den Schuldverschreibungen der öffentlichen Körper­ schaft anzusetzen. Der Steuerpflichtige ist berechtigt, von dem Wert der mit Dividendenschein gehandelten Wertpapiere (§ 6) den Betrag in Abzug zu bringen, der für die seit Auszahlung des letzten Gewinns abgelaufene Zeit dem letztmalig verteilten Gewinn entspricht.

Der § 34 stimmt mit WBG. § 18 überein.

88 33, 84.

117

Abs. 1. 1. Wertpapiere sind in Urkunden verbriefte Rechte, zu deren Geltendmachung der Besitz des Papieres die tatsächliche und rechtliche Macht gibt. Diese Rechte sind entweder Mitgliedsrechte an Erwerbsgesellschaften, wie bei den Aktien, oder Gläubigeransprüche aus Forde­ rungsrechten, wie bei den verschiedenen Arten von TeilSchuldverschreibungen (Pfandbriefen, Hypothekenzertifi­ katen usw.). Die Papiere, in denen sie sich verkörpern, sind entweder Inhaber- oder Ordrepapiere. Schuld­ bücher einer öffentlichen Körperschaft sind das Reichs­ schuldbuch (Reichsschuldbuchgesetz vom 31. Mai 1910) und die Schuldbücher der deutschen Staaten, Kommunalverbänpe und Gemeinden. Gehören Wertpapiere zu einem Betriebsvermögen (siehe Anm. 3 b und e zu § 29), so kommen sie nicht hier in Betracht, sondern sind unselb­ ständiger Teil der Bewertungseinheit, die dieses Ver­ mögen bildet. 2. Einen Börsenkurs haben nur solche Wertpapiere, die an einer deutschen Börse zum Börsenhandel zuge­ lassen sind und für die auf Grund dieser Zulassung eine amtliche Kursfeststellung erfolgt. Denn nach § 43 des Reichsbörsengesetzes vom 8. Mai 1908 darf für nicht zugelassene Wertpapiere, also solche, deren Zulassung entweder nicht beantragt oder aber abgelehnt worden ist, weder eine amtliche Preisfeststellung noch eine Ver­ öffentlichung von Kurszetteln erfolgen. Deutsche Reichs­ und Staatsanleihen sind kraft Gesetzes zugelassen; im übrigen bestimmt sich die Zulassung nach den §§ 36 ff. des Börsengesetzes. Kurswert ist der amtlich notierte Preis für wirklich abgeschlossene Börsengeschäfte in Wertpapieren. Daß ein Kurs auf getätigten Geschäften beruhet, wird üblicherweise durch den Zusatz „bez." (bezahlt) auf dem Kurszettel ausgedrückt, der entweder allein neben dem Kurse steht, oder in Form von „bez. G." (nämlich bezahlt und Geld, d. h. Geschäfts­ abschlüsse bei teilweis unbefriedigter Nachfrage) oder „bez. B." (nämlich bezahlt und Brief, d. h. Geschäfts­ abschlüsse bei teilweis unbefriedigtem Angebot) vor­ kommt. Sonach ergibt ein Kurs mit der bloßen Be-

118

Besitzsteuergesetz.

Zeichnung „G." oder „B." keinen „Kurswert" im Sinne des § 34, da die Nachfrage im ersteren, das Angebot im letzteren Falle nicht zum Abschluß von Geschäften erten. Ein solcher Kurs kommt mithin nur als halt für die Bewertung nach § 19 oder 20 in Be­ tracht. Der Börsenkurs muß an dem für die Bewertung maßgebenden Zeitpunkte (§§ 18—22) notiert worden sein. Sonst gilt das Wertpapier, wenn es eine Aktie ist, als „Aktie ohne Börsenkurs" (§ 35), und wenn es eine Schuldverschreibung ist, als „andere Kapitalfor­ derung" (§ 36). Doch wird alsdann der letzte Kurs, den das Papier vor dem maßgebenden Tage hatte, einen wichtigen Anhalt für diese anderweite Bewertung geben. Wird das Wertpapier an mehreren deutschen Börsen gehandelt und notiert, so kommt die für den Verkehr am Veranlagungsort maßgebende derselben in Betracht. Unerheblich ist, ob der nach Abs. 1 maß­ gebende Kurs im Verkaufsfalle für den Steuerpflich­ tigen auch wirklich zu erreichen gewesen wäre. 3. Für die erstmalige Veranlagung der Be­ sitzsteuer (und für diejenige der Kriegs­ steuer) kann nach dem (im Anhang unter I abgedruckten) Reichsgesetz vom 9.November 1916 über die Festsetzung von Kursen der zum Börsenhandel zugelassenen Wertpa­ piere der Bundesrat die Kurse dieser Wert­ papiere auf den 31. Dezember 1916 festsetzen. Diese Kurse treten an die Stelle der in § 34 genannten Börsenkurse. Durch dasselbe Gesetz ist der Reichskanzler ermächtigt, die Kurse vorläufig nach Anhörung der Börsen­ vorstände festzusetzen und die vorläufig fest­ gesetzten Kurse bekannt zu machen. Weicht die endgültige Festsetzung durch den Bundes­ rat von dieser vorläufigen ab, so ist die Abweichung bis spätestens zum 15. Januar 1917 bekannt zu geben. Auf Grund dieser Ermächtigung hat der Reichskanzler die von ihm auf den 31. Dezember 1916 vorläufig festgesetzten Kurse am 2. Januar 1917 bekannt

§ 34.

119

gemacht (Reichsanzeiger Nr. 3 vom 4. Januar 1917, erste Steuerkursbeilage). Die endgül­ tige Festsetzung durch den Bundesrat ist am 15. Januar 1917 erfolgt (siehe Anhang I).

Abs. 2. 1. Dieser Abzug rechtfertigt sich dadurch, daß sonst ein Teil des Jahresertrages des betreffenden Wert­ papieres, also ein Ein ko mm en steil, dem steuerbaren Gesamtvermögen hinzugerechnet und der Pflichtige in­ soweit geschädigt werden würde. Denn da eine Berech­ nung von Stückzinsen beim Handel mit inländischen Dividendenpapieren nicht mehr stattfindet (Bekannt­ machung des Reichskanzlers vom 21. November 1912 betreffend die Bestimmungen des Bundesrats über Fest­ stellung des Börsenpreises von Wertpapieren, RGBl. S. 537), so ist im Kurse solcher Papiere laufendes Einkommen enthalten. 2. Auch Abs. 2 findet auf solche Wertpapiere, die Bestandteil eines Betriebsvermögens sind, keine An­ wendung. 3. Der Steuerpflichtige muß die Wertpapiere, für die der Abzug begehrt wird, nach Stückzahl oder Nennbetrag und Gattung besonders bezeichnen (BundRAB. § 48 Abs. 1). 4. Letztmalig verteilter Gewinn ist der Gewinn des unmittelbar voraufgegangenen Geschäftsjahres. Die seit seiner Auszahlung abgelaufene Zeit ist die Zeit seit dem Tage, an dem dieser Gewinn zur Abhebung bereit­ gestellt wurde, also in der Regel die Zeit seit dem Tage, an dem von der Generalversammlung der Aktio­ näre die Dividende festgesetzt worden ist. Der letztmalig verteilte Gewinn ward für die Bemessung des Abzugs notgedrungen zugrunde gelegt, da ein besserer Maßstab nicht zur Verfügung steht. Je nach der Höhe der letzten Dividende kann diese Vorschrift daher dem Steuer­ pflichtigen einen unverhältnismäßigen Gewinn oder Nachteil bringen. Ward für das unmittelbar vorauf­ gegangene Geschäftsjahr keine Dividende verteilt, so ist ein Abzug überhaupt ausgeschlossen.

120

Besitzsteuergesetz.

§ 3;>. Bei Aktien ohne Börsenkurs, bei Kuxen, Anteilen an einer BergwerksgeseÜschaft oder bei Anteilen einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist der Verkaufs' wert der Aktien, Kuxe oder Anteile anzusetzen. Sofern ein solcher nicht zu ermitteln ist, ist der Wert der Aktie, des Kuxes oder des Anteils unter Berück­ sichtigung des Gesamtvermögens der Gesellschaft oder Gewerkschaft und der in der Vergangenheit erzielten Gewinne nach freiem Ermessen zu schätzen. Hierbei bleiben diejenigen Beträge der Jahresgewinne un­ berücksichtigt, welche unter Zugrundelegung der orts­ üblichen Preise als Entgelt für gelieferte Rohstoffe anzusehen sind. Im Streitfall soll die Steuerbehörde die Schätzung des Wertes durch Sachverständige an­ ordnen, die von der zuständigen Handelsvertretung oder der des nächstbelegenen Bezirks zu ernennen sind.

1. Der § 35 stimmt mit § 19 des WBG. überein. 2. Es soll die zuverlässige Feststellung des tatsächlichen „unteren" Wertes von Aktien, die keinen Börsenkurs haben, sowie von Kuxen und von Geschäftsanteilen der hier genannten Arten erleichtert werden, da sonst zu befürchten wäre, daß solche Aktien, namentlich von Familienaktiengesellschaften, und Geschäftsanteile ' nur mit dem oft erheblich unter dem wahren Wert blei­ benden Nennwert zum Ansatz gelangen würden. Der Wert, her unter Beobachtung aller für die Wertermitt­ lung in Betracht kommenden Momente sich feststellen läßt und dem gemeinen Werte so nahe wie nur irgend möglich kommt, ist der hier festzustellende Wert. 3. Aktien ohne Börsenkurs sind nach § 34 solche, die in Deutschland keinen Börsenkurs haben. Siehe darüber Anm. 2 zu § 34 Abs. 1. Doch kann ein aus­ ländischer Börsenkurs bei ihnen als Anhalt für die

§35.

121

and er weite Bewertung in Betracht kommen. Kuxe sind Anteile von Gewerkschaften des neueren Bergrechts, Bergwerksgesellschaften sind solche Gesellschaften mit Rechtspersönlichkeit, die ihrer rechtlichen Natur nach weder Aktiengesellschaften noch Gewerkschaften, sondern z. B. auf Grund besonderer Verleihung entstanden sind. 4. Der nach Satz 2 an Stelle des nicht zu ermittelnden gemeinen Wertes zu schätzende Wert ist (nach der Ent­ stehungsgeschichte des § 35) der Ertragswert. Daher ist alles, was zu dessen Ermittelung dienen kann, dafür in Betracht zu ziehen. So z. B. die in § 58 Abs. 1 und 2 festgesetzte Mitteilungspflicht der Gesellschaftsvorstände oder Geschäftsführer. Zum Gesamtvermögen gehören namentlich alle Reserven, auch die stillen. Bei seiner Berücksichtigung sind nicht die Bilanzwerte, sondern die wirklichen Verkaufswerte maßgebend. Auch hie Ab­ schreibungen sind zu berücksichtigen und zu hohe ent­ sprechend herabzusetzen. Gewinn ist alles, was vom Reinerträge am Jahresschluß an die Gesellschafter unter der Bezeichnung als Dividende oder unter anderer Bezeichnung (Genußschein und dgl.) verteilt wird. Be­ sonders sind die Gewinne der 3 letzten Jahre in Betracht zu ziehen (§ 58 Abs. 2 Ziff. 2). Entgelt für gelieferte Rohstoffe ist z. B. die Vergütung für gelieferte Zuckerrüben an die Aktionäre von Zuckerfabriken. Nach erfolgter Feststellung des Gesamtvermögens ist der Wert des betreffenden Papieres anteilig zu berechnen. Han­ delsvertretung ist in der Regel die Handelskammer, in deren Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat. Ihr Gut­ achten ist für die Steuerbehörde nicht bindend. 5. Die behördliche Schätzung des Wertes der in § 35 bezeichneten Vermögensgegenstände hat durch dasjenige Besitzsteueramt zu erfolgen, in dessen Bezirk sich die Leitung des betreffenden inländischen Unternehmens befindet. Ein anderes Besitzsteueramt, das die Wert­ angabe eines Steuerpflichtigen beanstandet, hat jenes erstere um Vornahme der Schätzung zu ersuchen (BundRAB. § 49 Abs. 1). In München ist das Stadt­ rentamt III, in Nürnberg das Rentamt III zuständig (BayerVB. § 1 Abs. 2).

122

Besitzsteuergesetz.

H.

Andere als die in § 35 bezeichneten Wertpapiere find, wenn sie keinen Börsenkurs haben, ebenfalls mit ihrem Verkausswert anzusetzen (BundRAB. § 49 Abs. 2)

§ 36. Andere Kapitalforderungen und Schulden sind mit dem Nennwert anzusetzen, sofern nicht besondere Umstände die Veranschlagung nach einem vom Nenn­ wert abweichenden höheren oder geringeren Werte begründen. Noch nicht fällige Ansprüche aus Lebens, Kapitalund Rentenversicherungen kommen mit zwei Dritteln der Summe der eingezahlten Prämien oder Kapital­ beiträge, falls aber der Betrag nachgewiesen wird, für welchen die Versicherungsanstalt die Police zurück­ kaufenwürde, mit diesem Rückkaufswerte in Anrechnung. Der § 36 stimmt mit dem § 20 des WBG. überein.

Abs. 1. I.

„Andere Kapütalforderungen" sind solche, die nicht unter die §§ 34 und 35 fallen, insbesondere die­ jenigen, bei denen irgendwelche daselbst aufgestellte Voraussetzungen fehlen (s. Anm. 2 zu § 34 Abs. 1). Ferner gehören namentlich hierher: Teilschuldverschrei­ bungen und andere Wertpapiere, die nicht Aktien sind und keinen Börsenkurs haben, Bank- und Sparkassen­ guthaben, Wechsel- und Scheckforderungen, auch dis­ kontierte Wechsel, da der Erwerb eines solchen eine verzinsliche Kapitalanlage ist (so daß nicht § 41, sondern § 36 Anwendung findet), ferner Geschäftsanteile und -Guthaben bei eingetragenen Genossenschaften und die Einlage des stillen Gesellschafters. 2. „Mit dem Nennwert" bedeutet: „nach der dein Papier von dem Aussteller verliehenen äußeren Wert­ bezeichnung, auch wenn nach dem Inhalt der Urkunde bei Amortisationen die Rückzahlung mit einem höheren Betrag erfolgt" (RGEntsch. vom 24. Februar 1903).

88 36, 37.

123

3. Besondere Umstände, die eine Abweichung über oder unter den Nennwert begründen, sind z. B. die größere oder geringere Sicherheit sowie die Realisierbarkeit einer Forderung, ferner die Angebot- und Nachfrageverhält­ nisse bei Wertpapieren. 4. Den Kapitalforderungen auf der Aktivseite beim Gläubiger, entsprechen die Schulden auf der Passivseite, beim Schuldner. Unsicherheit der Forderung, die ihre Ansehung unter dem Nennwert rechtfertigt (s. Anm. 3), berechtigt aber nicht, sie auch beim Schuldner, als Passivum, entsprechend niedriger zu bewerten. Abs. 2. Diese Vorschrift regelt die Bewertung der nach § 6 Ziff. 6 besitzsteuerpflichtigen Ansprüche. Sie entspricht dem § 15 des PreußErgSLG. „Eingezahlte" Prämien und Kapitalbeiträge sind die bar eingezahlten. Dem Versicherten vergütete oder angerechnete Dividenden sind daher abzuziehen. „Rückkaufswert" ist der gesamte Be­ trag, zu dem die Versicherungsanstalt nach dem Inhalt ihrer Satzungen oder Versicherungsbedingungen eine Police zurückzukaufen bereit ist. Er muß vom Steuer­ pflichtigen nachgewiesen werden, und zwar dahin, daß er geringer ist als derjenige Betrag, den 2/s der eingezahnten baren Prämien ausmachen. Erbringt der Steuer­ pflichtige diesen Nachweis nicht, so sind die letzteren für die Bewertung des Anspruchs maßgebend.

§ 37. Der Gesamtwert der auf bestimmte Zeit beschränkten Nutzungen oder Leistungen ist unter Abrechnung der Zwischenzinsen durch Zusammenzählung der einzelnen Jahreswerte zu berechnen. Der Gesamtwert darf den zum gesetzlichen Zinssatz kapitalisierten Jahres­ wert nicht übersteigen. Immerwährende Nutzungen oder Leistungen sind mit dem Fünfundzwanzigfachen des einjährigen Be­ trags, Nutzungen oder Leistungen von unbestimmter

124

Besitzsteuergesetz.

Dauer vorbehaltlich der Vorschriften der §§ 38, 39 mit dem Zwölfundeinhalbfachen des einjährigen Be­ trags zu veranschlagen. Der § 37 entspricht dem § 21 des WBG. Die Vorschriften des § 37 gelten für die Wert­ ermittelung sowohl des Aktiv- wie des Passivvermögens.

1. 2.

Abs. 1. Auf bestimmte Zeit sind Nutzungen oder Leistungen beschränkt, wenn feststeht, daß und wann sie Wegfällen werden. In letzterer Hinsicht kann der Wegfall kalender­ mäßig genau bestimmt sein. Es genügt aber auch, wenn aus bestimmt angegebenen Umständen auf den Zeitpunkt des Ablaufs der Nutzung oder Leistung sicher geschlossen werden kann. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Ablauf vom Eintritt eines be­ stimmten Ereignisses abhängig gemacht ist, der sowohl zu erwarten, als auch zeitlich wenigstens abschätzbar ist. So z. B. wenn eine Rente gewährt ist für die Zeit bis zur Ablegung einer die Studienzeit des Empfän­ gers beendenden Prüfung oder bis zum Eintritt in eine gewisse Berufsstellung, auf welche er die Anwart­ schaft sich erworben hat. Ist es dagegen an den für die Besitzbesteuerung maßgebenden Zeitpunkten (§§ 18—22) ungewiß, wann der (wenn auch sichere) Wegfall eintreten wird, so findet § 46 Anwendung. Ist die Nutzung auf eine kalendermäßig bestimmte Zeit beschränkt, außerdem aber von einem seinem Eintritte nach ungewissen Ereignis dergestalt abhängig gemacht, daß sie bei dessen Eintritt schon früher endet, wie z. B. beim Tode des Leistungspflichtigen, so wird die für diesen Fall vom PreußErgStG. § 13 unter IV vorgesehene Regelung auch hier Anwendung zu finden haben. Danach wird der Kapitalwert des Rechtes auf die Nutzung oder Leistung nach dem zur Zeit der Veran­ lagung erreichten Lebensalter der Person, bei deren Tode das Recht erlischt, berechnet. Über die Berech­ nungsweise siehe § 38, dessen Abs. 2 übereinstimmt mit der in § 13II des PreußErgStG.

1.

88 37, 38.

125

Die Jahreswerte, durch deren Zusammenzählung der Gesamtwert sich ergibt, sind nach den Vorschriften der §§ 29 ff. zu ermitteln, nötigenfalls, besonders bei schwankenden Jahreswerten, mittelst Durchschnittsberech­ nungen. Die auf der Nutzung haftenden Jahreslasten sind abzuziehen. Für jeden Jahreswert von mehr als einjähriger Dauer ist der Zwischenzins abzuziehen, und zwar in Höhe von 4 v. H. (§ 40 und BGB. § 246). Ob die Nutzungsbeträge praenumerando oder postnume­ rando fällig sind, ist für die Zusammenzählung gleichgültig. 3. Der Gesamtwert der auf bestimmte Zeit beschränkten Nutzungen oder Lei st ungen ist nach der den BundRAB. als Anlage I bei­ gefügten Hilfstafel zu berechnen. Ebenda § 50. (Im Anhang abgedruckt.)

2.

Abs. 2. Immerwährende Nutzungen und Leistungen sind solche, deren Bestand unabhängig ist von der Lebensdauer des Berechtigten oder des Verpflichteten. Dahin gehören z. B. Grundrenten, Reallasten (sofern sie nicht etwa landesrechtlich nur auf Lebenszeit be­ dungen werden dürfen) und Überbaurenten (BGB. § 912). 2. Nutzungen von unbestimmter Dauer sind solche, bei denen zwar die Tatsache des künftigen Wegfalls sicher, dessen Zeitpunkt dagegen so unbestimmt ist, daß die Dauer der Nutzungs- oder Leistungsberechti­ gung von vornherein auch nicht annähernd geschätzt werden kann. Durch diese Unmöglichkeit unterscheiden sich diese Fälle von denen des Abs. 1. Von unbe­ stimmter Dauer ist eine Nutzung oder Leistung auch dann, wenn sie von der Lebenszeit einer Person oder mehrerer Personen abhängt. Diese letzteren Fälle sind jedoch in den §§ 38 und 39 besonders geregelt.

1.

8 38. Der Wert von Renten oder anderen auf die Lebenszeit einer Person beschränkten Nutzungen und Leistungen bestimmt sich nach dem Lebensalter der Person, mit deren Tode das Recht erlischt.

126

Besitzsteuergesetz.

Als Wert wird angenommen bei einem Alter 1. bis zu 15 Jahren das 18 fache. 17 tf , 2. von mehr als 15 tt tt 25 ft ff 25 35 3. tf 16 tt f ft tt ft ft tt tt 35 tt ft 45 14 tt f 4. u ft ir /f tt 12 tf t 45 tt tf 55 5. tf tf tt rf tf 6. n 55 65 8 1/« ft f ft ft tt ft tt tt 7. ff 65 ft if 75 5 tt f ' ff ft ff ft 75 if tt 80 8. // 3 tt r tt fr ft tt 2 „ des 9. // 80 tt ft /f tt W ertes der ein jähr ige n Nutzung. Hat jedoch eine nach Abs. 2 bewertete Nutzung oder Leistung im Falle der Nr. 1 nicht mehr als 9 Jahre, Nr. 2, 3 „ 8 ff tf f 7 Nr. 4 „ „ ff f ff Nr. V 5 /,,, ffff ffff V6 ffff ff 6 // ff ff 4 „ , Nr. 7 bis 9 nicht mehr als 2 Jahre bestanden, so ist auf Antrag eine Berichtigung der Veranlagung unter Zugrundelegung eines der wirk­ lichen Dauer der Nutzung oder Leistung entsprechenden Kapitalwerts vorzunehmen und die zuviel gezahlte Steuer zu erstatten. In gleicher Weise hat eine Nachveranlagung stattzustnden, wenn die Nutzung oder Leistung den Wert eines Vermögensteils ver­ mindert hat. 1. Der § 38 stimmt in Abs. 1 und 2 mit WBG. § 22 Abs. 1 und 2 überein. Dagegen fehlt im letzteren eine Dem Abs. 3 entsprechende Vorschrift. Inhaltlich ent­ spricht der § 38 auch dem PreußErgStG. § 13 II, ins­ besondere stimmen die Tabellen hier und dort überein.

8 38.

127

Betreffs § 18 des RErbschStG. siehe die Anm. zu Abs. 2 und 3. 2. Die Vorschriften des § 38 gelten sowohl für die Feststellung des Aktivvermögens als für diejenige des Passivvermögens.

Abs. 1.

1. Die Vorschrift in Abs. 1 hat den Charakter einer Sonderbestimmung gegenüber derjenigen in § 37 Abs. 2 und den eines besonderen Falles gegenüber den Fällen der §§ 43, 44 und 46. Es handelt sich, wie in § 37 Abs. 2, um Nutzungen und Leistungen von unbestimmter Dauer, doch ist hier die Unbestimmtheit gegeben durch die ungewisse Lebensdauer einer Person, welche der Leistungsberechtigte, der Leistungsverpflichtete oder auch eine dritte Person sein kann. Ist die Dauer der Nutzung oder Leistung von der Lebensdauer mehrerer Per­ sonen abhängig, so findet § 39 Anwendung. Der Weg­ fall der Nutzung oder Leistung beim Ableben einer Person hat für die bisher damit Belasteten die Bedeu­ tung des Eintritts einer die Belastung aufhebenden auslösenden Bedingung (§ 45), während der bisherige Empfänger Vermögen, nämlich den Kapitalwert seiner Nutzung oder Leistung, unter einer auflösenden Be­ dingung erworben hatte (§ 43). Der Erwerb wie die Last hingen von einem nur hinsichtlich des Zeitpunkts seines Eintritts ungewissen Ereignis ab. Aus dem Kreise der Fälle der §§ 43, 45 und 46 ist nun der­ jenige des § 38 als Sonderfall ausgeschieden und selb­ ständig geregelt, so daß der Kapitalwert aller auf die Lebensdauer einer Person beschränkten Nutzungen und Leistungen sich ausschließlich nach § 38, und bei Be­ schränkung auf die Lebensdauer mehrerer Personen, ausschließlich nach § 39, bestimmt. 2. Hängt der Bezug der Nutzung oder Leistung außer von der Lebensdauer einer Person noch von einem anderen Umstande ab, dessen Eintritt zwar ungewiß ist, der aber, wenn er eintritt, vor dem Ableben jener eintreten muß, wie namentlich von der Verheiratung oder Wiederverheiratung des Empfängers, so sindet

128

Besitzsteuergesetz.

§ 38 ebenfalls Anwendung. Denn das Bezugsrecht ist auch in diesem Falle, und zwar seiner längsten Dauer nach, auf die Lebenszeit einer Person beschränkt, und überdies ist diese weitere Bedingung gleichfalls eine auflösende und daher nach §§ 43 und 45 für die Be­ wertung nicht in Betracht zu ziehen. 3. Weitere Hauptfälle der in Abs. 1 gedachten Art, außer den Renten, find: die Leibrenten, der Nieß­ brauch, das Auszugs-(Altenterls-)Recht. 4. Maßgebend für das Lebensalter des Empfängers der Nutzung oder Leistung ist der letzte Tag des drei­ jährigen Veranlagungszeitraums. Abs. 2. Die Tabelle in Abs. 2 stimmt mit derjenigen in WBG. § 22 Abs. 2 überein. Die Multiplikatoren sind niedriger als die entsprechenden in § 18 Abs. 1 des RErbschStG. Zwischenzinsen werden bei der Multiplikation nicht in Abzug gebracht. Abs. 3. 1. Stirbt die Person, mit deren Tode das Bezugs­ recht erlischt, vor dem bei der Wahrscheinlichkeitsberech­ nung des Abs. 1 angenommenen Zeitpunkte, so hat dies für den Bezugsberechtigten eine Härte, für den mit dem Bezugsrecht Belasteten einen ungerechtfertigten Vorteil zur Folge. Daher läßt die Vorschrift in Abs. 3, ent­ sprechend der gleichartigen Bestimmung in § 18 Abs. 2 des RErbschStG., in diesem zeitlich näher umgrenzten Falle auf Antrag eine Berichtigung der Veranlagung dahin zu, daß der Kapitalwert nach der wirklichen Dauer der Nutzung oder Leistung berechnet und die zu viel gezahlte Steuer rückerstattet, die zu wenig erhobene nacherhoben wird. Für das WBG. konnte eine gleiche Bestimmung wegen ferner Natur als nur einmalige außerordentliche Auflage nicht wohl getroffen werden. 2. a) Gegen einen Nachveranlagungsbescheid auf Grund von § 38 Abs. 3 Satz 2, § 45 Satz 2, § 46 des Gesetzes stehen dem Steuerpflichtigen die gleichen Rechtsmittel

129

88 38, 39.

zu wie gegen den Steuerbescheid. (In Bayern der Einspruch nach Art. 72 Abs. V, Art. 70 Abs. II—V des EinkStG. BayerVV. § 35 Abs. 2. In Sachsen inner­ halb 3 Wochen seit der Zustellung die Beschwerde an die Oberbehörde — den Kreissteuerrat — die end­ gültig entscheidet. SächsVV. § 38 Abs. 2 und 4). Von einer Nachveranlagung kann, sofern eine solche nicht gleichzeitig für die Kriegssteuer erforderlich wird, ab­ gesehen werden, wenn der nachzufordernde Mehrbetrag an Besitzsteuer den Betrag von 30 Mk. nicht übersteigt (BundNAB. § 69 Abs. 1). b) Gegen den Bescheid des Besitzsteueramts, durch den die Veranlagung zugunsten des Steuerpflichtigen auf Grund von § 38 Abs. 3 Satz 1, § 43 Abs. 2, § 44Abs. 2, § 46 des Gesetzes berichtigt oder die auf Grund dieser Vor­ schriften beantragte Berichtigung der Veranlagung ab­ gelehnt wird, steht dem Steuerpflichtigen nach näherer Bestimmung der obersten Landesfinanzbehörde die Be­ schwerde im Verwaltungsweg offen (in Preußen an den Vorsitzenden der Einkommensteuer-Berufungskommission fPreuß. AusfV. Art. 28]; in Bayern an die Regierungs­ finanzkammer und an das Finanzministerium fBayerVV. § 35 Abs. 4]; in Sachsen wie oben zu a fBundRAB. § 69 Abs. 2]). c) Dem Antrag auf Berichtigung der Veranlagung (zu b) ist nur zu entsprechen, wenn er innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Erhebungszeitraums gestellt worden ist. 'Wird der Antrag auf Tatsachen gestützt, die erst nach Ablauf des Erhebungszeitraums einge­ treten sind, so beginnt die einjährige Frist mit dem Tage, an dem der Antragsteller von diesen Tatsachen Kenntnis erhalten hat (BundRAB. § 69 Abs. 4). BundRAB. §§ 60, 69 und 71.

§ 39. Hängt die Dauer der Nutzung oder Leistung von der Lebenszeit mehrerer Personen ab, so ist maßgebend das Lebensalter der ältesten Person, wenn das Recht mit dem Tode der zuerst versterbenden Köppe, Besitzsteuergesetz.

9

130

Besitzsteuergesetz.

Person erlischt, das Lebensalter der jüngsten Person, wenn das Recht mit dem Tode der letztversterbenden Person erlischt.

1. Die Vorschrift in § 39 entspricht denjenigen des WBG. § 23, des RErbschStG. § 19 und des PreußErgStG. § 13III. Sie findet auf die Berechnung des Aktivwie des Passivvermögens Anwendung. 2.

Vorausgesetzt ist, daß die Dauer einer einzigen bestimmten Nutzung oder Leistung abhängt von der Lebensdauer mehrerer Personen. Zugrunde liegt die nach der Wahrscheinlichkeit berechtigte Annahme, daß mehrere Personen verschiedenen Alters in der durch das höhere Lebensalter bestimmten Reihenfolge ab" sterben werden. Da wahrscheinlich die älteste Person zuerst verstirbt, so ist deren Lebensalter für die Wert­ berechnung dann maßgebend, wenn das Recht mit dem Tode der zuerst versterbenden erlischt, und dement­ sprechend das Lebensalter der jüngsten, wahrscheinlich zuletzt versterbenden Person dann maßgebend, wenn es mit dem Tode der letztv ersterb end en Person erlischt. Die Berechnung selbst erfolgt gemäß § 38 Abs. 2.

3.

Beispiele: Eine lebenslängliche Rente wird auf die Lebenszeit des Versprechenden versprochen; eine Rente wird mehreren Personen, namentlich Geschwistern, zu gemeinschaftlichem Genuß bis zum Tode des Letzt­ lebenden, versprochen.

4.

Wenn die Nutzung oder Leistung dagegen nach Be­ stimmung des Versprechenden beim Tode des Erst­ versterbenden sich verringert und erst mit dem Tode des Letztversterbenden ganz aufhört, so ist so zu ver­ fahren, wie Art. 18 III der Ausf.-Anw. zum PreußErg.StG. vorschreibt. Die beim Tode des Erstversterbenden wegfallende Quote wird nach dem Lebensalter der älteren, die dem anderen verbleibende Quote nach demjenigen der jüngeren Person bewertet, d. h. nach ihrem Jahreswerte kapitalisiert. Die so berechneten Kapitalwerte werden zusammengezählt.

5.

Über den Fall, daß die Dauer der Nutzung oder Leistung außer von der Lebenszeit mehrerer Personen noch von einem anderen Umstande abhängt, siehe Anm. 2 zu 8 38 Abs. 1.

K 40. Der einjährige Betrag der Nutzung einer Geld­ summe ist zu vier vom Hundert anzunehmen, falls er nicht anderweit feststeht. 1. Der § 40 stimmt mit WBG. § 24 überein und entspricht dem § 20 des RErbschStG. Gemeint ist der Fall, daß zwar der Anspruch des Steuerpflichtigen auf die Nutzung einer Geldsumme feststeht, nicht aber der einjährige Betrag dieser Nut­ zung. So z. B. der Anspruch des stillen Gesellschafters auf den auf seine Geschäftseinlage entfallenden Getvinn, wenn letzterer noch nicht feststeht. Ob der ein­ jährige Betrag „feststeht", ist Frage der Auslegung des Einzelfalls. Das Feststehen kann, braucht aber nicht auf einer Vereinbarung zu beruhen.

2.

r 4i. Vom Kapitalwert unverzinslicher befristeter Forde­ rungen und Schulden kommen für die Zeit bis zu ihrer Fälligkeit vier vom Hundert Jahreszinsen in Abzug. 1. Der § 41 stimmt überein mit WBG. § 25 und mit § 14 des PreußErgStG. Er findet Anwendung auf die Berechnung von Aktiv- wie von Passivvermögen. 2. Befristet heißt, daß die Forderung oder Schuld zu einem im voraus feststehenden Zeitpunkt fällig werden muß. Daher ist eine Forderung, die durch Kündigung fällig wird, nicht befristet, mithin nach § 36 zu bewerten. Der gegenwärtige Verkaufswert einer unverzins­ lichen befristeten Forderung ist jedenfalls um so viel geringer als ihr Nennwert, wie der Erwerber wegen der hinausgeschobenen Fälligkeit weniger zahlen wird. Für die Feststellung dieses Unterschiedes käme in erster 9*

132

Besitzsteuergesetz.

Linie in Betracht der Zwischenzins im Sinne des § 37 Abs. 1, also tote der beim Verkauf eines Wechsels von der Wechselsumme abgezogene Diskont. In § 41 ist aber ausdrücklich der Abzug von 4 v. H. Jahreszinsen vom Kapitaltoert der Forderung vorgeschrieben. Es ist -daher nicht zu berechnen, welche Summe, mit 4 v. H. Zinsen davon bis zur Fälligkeit, den Kapital­ betrag ergibt, sondern es sind 4 v. H. Jahreszinsen vom Kapitaltoert der Forderung zu berechnen und von diesem selben Kapitaltoert abzuziehen. Für den Gläu­ biger liegt darin eine Bevorzugung gegenüber der Berechnung nach dem Zwischenzinse, demgemäß für den Schuldner eine Benachteiligung.

§ 42. Vermögen, dessen Erwerb von dem Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängt, bleibt bei der Feststellung unberücksichtigt.

1.

Der § 42 stimmt mit WBG. § 26 überein und entspricht dem PreußErgStG. § 14. 2. über Natur und Wirkung der aufschiebenden Be­ dingung siehe BGB. § 158 Abs. 1. 3. Der Erwerb von Vermögensrechten muß auf­ schiebend bedingt sein, damit sie bei der Feststellung unberücksichtigt bleiben. Schon erworbene Rechte, deren Fälligkeit noch bedingt ist und die nur aus diesem Grunde noch nicht geltend gemacht werden können, fallen nicht unter § 42, sind mithin besitzsteuerpflichtig. 4. Tritt die Bedingung späterhin ein, so wird zwar die unterbliebene Besteuerung nicht nachgeholt, aber das Erworbene kommt nunmehr bei der nächsten Ver­ anlagung als steuerpflichtiger Vermögenszuwachs in Betracht. Anders im RErbschStG., woselbst die Be­ steuerung eines bedingten Erwerbes bis zum Eintritt der Bedingung ausgesetzt bleibt und für den Steuer­ betrag auf Verlangen Sicherheit zu leisten ist. 5. Die Fälle einer Nacherbschaft und eines Nachver­ mächtnisses gehören nicht hierher (siehe über sie § 2 Anm. 3).

88 42, 43.

133

§ 43. Vermögen, das unter einer auflösenden Bedingung erworben ist, wird unbeschadet der Vorschriften über die Berechnung des Kapitalwerts der Nutzungen von unbestimmter Dauer (§ 37 Abs. 2, §§ 38, 39) wie unbedingt erworbenes behandelt. Tritt die Bedingung ein, so erfolgt auf Antrag eine Berichtigung der früheren Veranlagung ent­ sprechend dem tatsächlichen Werte des Erwerbes.

1.

Der § 43 stimmt in bezug auf Abs. 1 mit WBG. § 27 überein und entspricht in Abs. 1 und 2 dem RErbschStG. § 21, in Abs. 1 dem PreußErgStG. § 16 Abs. 2. 2. über Natur und Wirkung der auflösenden Bedin­ gung siehe BGB. § 158 Abs. 2. 3. Das unter einer auflösenden Bedingung erworbene Vermögen unterliegt zunächst, wie unbedingt erwor­ benes, der Besitzbesteuerung. Während aber beim Wehr­ beitrage, wegen seiner besonderen Natur als einer nur einmaligen außerordentlichen Abgabe, eine Berich­ tigung der Veranlagung und Rückerstattung der gezahlten Steuer im Falle des Eintritts der auflösenden Be­ dingung nicht stattfindet, ist hier in Abs. 2 und auch im RErbschStG. für diesen Fall eine auf Antrag erfolgende Berichtigung nach dem tatsächlichen Werte des Erwerbes und entsprechende Rückerstattung vor­ gesehen. 4. Unter einer auflösenden Bedingung erworbenes Vermögen ist an sich auch eine jede Vorerbschaft. Als Eigentümer, nicht bloßer Nutznießer der Erbmasse, ist aber der Vorerbe gleichwohl unbedingt und unbeschränkt besitzsteuer- wie auch wehrbeitragspflichtig (näheres siehe Anm. 3 zu § 2). 5. Werden durch den Eintritt der auflösenden Be­ dingung wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen von unbestimmter Dauer zum Erlöschen gebracht, so gelten

134

Besitzsteuergesetz.

für diesen Fall die im Gesetzestext in bezug genom­ menen Bestimmungen der §§ 37 Abs. 2, 38 und 39. Gegen den Bescheid des Besitzsteueramts, durch den die Veranlagung zugunsten des Steuerpflichtigen auf Grund des Abs. 2 berichtigt oder die auf Grund dieser Vorschrift beantragte Berichtigung abgelehnt wird, steht dem Steuerpflichtigen nach näherer Bestimmung der obersten Landesfinanzbehörde die Beschwerde im Ver­ waltungswege offen (in Preußen an den Vorsitzenden der Einkommensteuer-Berufungskommission fPreuß. AusfV. Art. 28]; in Bayern an die Regierungsfinanz­ kammer und an das Finanzministerium; BayerVV. § 35 Abs. 4; in Sachsen innerhalb 3 Wochen seit der Zustellung an die Oberbehörde — den Kreissteuerrat —, die endgültig entscheidet; SächsVV. § 32 Abs. 2 und 4; BundRAB. § 69 Abs. 2). BundRAB. §§ 60, 69, 71.

H.

§ 44. Hängen Lasten, die den Wert des Vermögens vermindern, von dem Eintritt einer aufschiebenden Bedingung ab, so werden sie nicht berückfichtigt. Tritt die Bedingung ein, so ist auf Antrag die Veranlagung entsprechend zu berichtigen. Den Lasten, die von einer aufschiebenden Be­ dingung abhängen, stehen zweifelhafte Lasten gleich. I. Der § 44 stimmt in Abs. 1 und 3 überein mit WBG. § 28, der aber keine dem Abs. 2 des § 44 gleiche Vorschrift enthält Er entspricht dem RErbschStG. § 22 Abs. 1 und 3 und in Abs. 1 auch dem PreußErgStG § 1 Abs. 1. 2. Den aufschiebend bedingten Vermögensrechten auf der Aktivseite (§ 42) entsprechen die aufschiebend be­ dingten Schulden und Lasten auf der Passivseite. Wie jene, so werden auch diese bei der Wertermittlung nicht berücksichtigt. Unter „Lasten" im Gesetzestext sind die Schulden mitzuverstehen. Tritt die Bedingung aber ein, so ist bezüglich der Schulden und Lasten die Ver­ anlagung auf Antrag zu berichtigen, da sonst ein höherer

88 43-45.

135

als der wirkliche reine Vermögenswert des Steuer­ pflichtigen der Besitzsteuer unterworfen, der Pflichtige mithin benachteiligt werden würde. Für die Fälle des § 42 bedurfte es einer gleichen Borschrift wie hier in Abs. 2 nicht, weil der unbedingt gewordene Vermö­ genserwerb dadurch für die nächste Veranlagung als steuerpflichtiger Vermögenszuwachs in Betracht kommt (siehe Anm. 3 zu § 42). 3. Zweifelhafte Lasten und Schulden sind solche, deren Bestehen in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht unsicher ist. 4. Gegen den Bescheid des Besitzsteueramts, durch den die Veranlagung zugunsten des Steuerpflichtigen auf Grund des Abs. 2 berichtigt oder die auf Grund dieser Vorschrift beantragte Berichtigung abgelehnt wird, steht dem Steuerpflichtigen nach näherer Bestimmung der obersten Landesfinanzbehörde die Beschwerde im Ver­ waltungswege offen (in Preußen an den Vorsitzenden der Einkommensteuer-Berufungskommission sPreuß. AusfB. Art. 28]; in Bayern an die Regierungssinanzkammer und an das Finanzministerium; BayerVV. § 35 Abs. 4; in Sachsen innerhalb 3 Wochen seit der Zu­ stellung an die Oberbehörde — den Kreissteuerrat —, die endgültig entscheidet; SächsVV. § 32 Abs. 2 und 4; BundRAB. § 69 Abs. 2). BundRAB. §§ 60, 69, 71.

§ 45. Lasten, deren Fortdauer von einer auflösenden Bedingung abhängt, werden wie unbedingte vom Vermögen abgezogen, soweit nicht deren Kapital­ wert nach § 37 Abs. 2, §§ 38, 39 zu berechnen ist. § 38 Abs. 3 Satz 2 findet entsprechende Anwendung. 1. Der erste Satz des § 42 stimmt überein mit WBG. § 29 und entspricht dem PreußErgStG. § 16 Abs. 2. Der Gesamtinhalt des § 45 entspricht dem NErbschStG. § 22 Abs. 2. 2. Unter „Lasten" sind auch hier, wie in § 44, die Schulden miteinbegriffen. Die Abzugsfähigkeit beider

136

Besitzsteuergesetz.

gemäß § 10 ist Voraussetzung. Sie werden also zunächst abgezogen trotz der ihnen anhaftenden auflösenden Be­ dingung. Handelt es sich um Lasten, die eine Wieder­ kehrende Nutzung oder Leistung von unbestimmter Dauer zum Inhalt haben, so wird ihr Kapitalwert ausschließ­ lich nach den §§ 37 Abs. 2, 38 und 39 berechnet. Tritt die auflösende Bedingung aber ein, so wird, ganz wie nach RErbschStG. § 22 Abs. 2, die Veran­ lagung berichtigt und ein entsprechender Steuerbetrug nacherhoben. Für den Wehrbeitrag besteht wegen seiner besonderen Natur als einmalige außerordentliche Ab­ gabe keine der letzteren gleichartige Vorschrift. 3. Über die Rechtsmittel gegen den eventuellen Nach­ veranlagungsbescheid und über bedingungsweise Ab­ standnahme von .einer Nachveranlagung siehe § 69 Abs. 1 der BundRAB. (Anm. 2a zu Z 38 Abs. 3 des Gesetzes) BundRAB. §§ 60, 69.

§ 46. Die Vorschriften der §§ 42 bis 45 gelten auch, wenn der Erwerb oder die Last von einem Ereignis abhängt, das nur hinsichtlich des Zeitpunkts seines Eintritts ungewiß ist. 1. Der § 46 stimmt mit WBG. § 30 Abs. 1 überein und entspricht dem RErbschStG. § 23 sowie dem PreußErgStG. § 16 Abs. 3. 2. Es handelt sich hier um die Fälle der unbe­ stimmten Befristung, die verschieden sind einer­ seits von den Fällen der aufschiebenden wie der auf­ lösenden Bedingung, anderseits von denjenigen der bestimmten Befristung. In den Fällen der Bedin­ gung, der aufschiebenden sowohl wie der auflösenden, ist es ungewiß, ob das Ereignis überhaupt eintreten wird. Bei der unbestimmten Befristung ist sein Eintritt dagegen gewiß; ungewiß ist nur noch, wann es (z. B. der Tod einer Person) eintreten wird. Bei der bestimmten Befristung, die auch reine

§§ 45, 46.

137

heißt, ist beides gewiß. Die Fälle der Bedingung sind in !den §§ 42—45 erschöpfend geregelt. In den Fällen der unbestimmten Befristung sollen nach § 46 die näm­ lichen Vorschriften sinngemäße Anwendung finden. In den Fällen bestimmter Befristung erfolgt die Wert­ ermittlung, -venn das Recht oder die Last aufschiebend befristet ist, nach den §§ 29 ff. und 41, bei auflösender Befristung nach § 37. Bei unbestimmter Befristung bleibt also, wenn sie eine aufschiebende ist, gemäß § 42 das Recht für die Wertberechnung des Aktivvermögens, die Last für diejenige des Passivvermögens unberück­ sichtigt. Beim Eintritt des Zeitpunktes, mit dem das Recht oder die Last wirksam werden, findet keine Nach­ veranlagung noch Steuererstattung statt. Ist die unbe­ stimmte Befristung eine auflösende, so daß also ein erworbenes Recht oder eine bestehende Last mit dem Eintritt des bisher ungewissen Zeitpunktes wegfallen, so werden Recht oder Last bei der Wertberechnung zunächst ganz so behandelt, d. h. bewertet, als ob sie unbefristet seien. Tritt der Zeitpunkt ihres Wegfalls dann ein, so erfolgt (im Gegensatz zum Wehrbeitrag) auf Antrag Berichtigung der Veranlagung und Erstat­ tung oder Nacherhebung der zu viel oder zu wenig ge­ zahlten Steuer. Ist aber der unbestimmte Zeitpunkt das Ableben einer Person und steht eine wiederkehrende Nutzung oder Leistung in Frage, so greift ausschließlich die Regelung nach § 38 Platz, überhaupt nicht hierher gehören die Fälle einer Nacherbschaft oder eines Nach­ vermächtnisses (über sie siehe Anm. 3 zu § 2).

3.

Über die Rechtsmittel gegen einen eventuellen Nach­ veranlagungsbescheid und über bedingungsweise Ab­ standnahme von einer Nachveranlagung siehe § 69 Abs. 1 der BundRAB. (Anm. 2 zu § 38 Abs. 3 des Gesetzes).

4.

Gegen den Bescheid des Besitzsteueramts, durch den die Veranlagung zugunsten des Steuerpflichtigen auf Grund des § 46 berichtigt oder die auf Grund dieser Vorschrift beantragte Berichtigung abgelehnt wird, steht dem Steuerpflichtigen nach näherer Bestimmung der obersten Landesfinanzbehörde die Beschwerde im Ver-

138

Besitzsteuergesetz.

waltungsweg offen (in Preußen an den Vorsitzenden der Einkommensteuer-Berufungskommission sPreuß. AusfB. Art. 28]; in Bayern an die Regierungsfinanz­ kammer und an das Finanzministerium; BayerVV. § 35 Abs. 4; in Sachsen innerhalb 3 Wochen seit der Zustellung an die Oberbehörde — den Kreissteuerrat—, die endgültig entscheidet; SächsVV. § 32 Abs. 2 und 4; BundRAB. § 69 Abs. 2).

§ 47. Unbeitreibliche Forderungen bleiben außer Ansatz. Der § 47 stimmt mit WBG. § 30 Abs. 2 und dem PreußErgStG. § 16 Abs. 4 überein. 2. Unbeitreiblich ist eine Forderung nicht erst dann, wenn die Zwangsvollstreckung versucht worden und er­ folglos ausgefallen ist, sondern schon dann, wenn ihre Beitreibung aller Voraussicht nach erfolglos sein würde. Ist die Forderung streitig, so ist sie nach § 36 Abs. 1 zu bewerten, über ungewisse oder unsichere Rechte bei der Erbschaftssteuer siehe RErbschStG. § 24. 1.

Vorbemerkung zu den das Vcranlagungsverfahreu betreffenden 48—69.

Die Vorschriften über das Verfahren bei Veranla­ gung und Erhebung der Besitzsteuer stimmen im allge­ meinen mit den entsprechenden Vorschriften (§§ 34—50) des WBG. überein. Die Abweichungen sind hauptsäch­ lich veranlaßt durch die Eigenschaft der ersteren als einer dauernden Abgabe. Es fehlen im WBG. die Vor­ schriften der §§ 50, 51, 61, 62, 66 Abs. 2 und 67 des BStG., andrerseits im Besitzsteuergesetz der Schluß­ satz des § 55 des WBG. Ferner sind die Steuerzah­ lungstermine und die Abrundung der zu zahlenden Teilbeträge in den beiden Gesetzen verschieden ge­ regelt und fehlt beim Wehrbeitrag die steuerbehördliche Pflicht der Mitteilung der Berechnungsgrundlagen an den Pflichtigen. Bezüglich des Rechtsmittelverfahrens sieht das Befitzsteuergesetz (§ 66 Abs. 1) eine Regelung durch die Landesgesetzgebung vor, bis zu deren Ein-

tritt nach näherer Bestimmung der Landesregierung diejenigen Rechtsmittel Platz greifen, die dem Pflich­ tigen nach Landesrecht gegen die Veranlagung zu einer direkten Staatssteuer zustehen. Das WBG. läßt dagegen diese letzteren Rechtsmittel schlechthin zu. Zuständigkeit für Veranlagung und Erh ebung der Besitzsteuer.

§ 48. Für die Verwaltung der Besitzsteuer ist der Bundes­ staat zuständig, in welchem der Steuerpflichtige zur Zeit der Veranlagung seinen Wohnsitz oder in Er­ mangelung eines Wohnsitzes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Bei mehrfachem Wohnsitz im Inland ist der dienst­ liche Wohnsitz vor einem andern Wohnsitz, der Wohn­ sitz in dem Heimatstaate vor dem Wohnsitz in einem anderen Bundesstaat und, wenn keiner dieser Fälle vorliegt, der Wohnsitz an dem Orte maßgebend, an welchem der Steuerpflichtige sich vorwiegend aufhält. Steuerpflichtige, welche zur Zeit der Veranlagung im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhn­ lichen Aufenthalt haben, sind in dem Bundesstaate zu veranlagen, in welchem sie ihren letzten inländischen Wohnsitz oder Aufenthalt gehabt haben. Der Bundesrat kann weitere Bestimmungen über die Zuständigkeit der Bundesstaaten zur Verwaltung und Erhebung der Steuer erlassen. Er entscheidet auch auf Anrufen eines Bundesstaats, wenn zwischen mehreren Bundesstaaten Meinungsverschiedenheit über ihre Zuständigkeit herrscht. Abs. 1. „Zur Zeit der Veranlagung" bedeutet zunächst so­ viel wie am Ende des jeweiligen Veranlagungs­ zeitraums, erstmals also am 31. Dezember 1916. Hat

140

Besitzsteuergesetz.

der Steuerpflichtige zwar erst nach diesem Zeitpunkts aber noch vor Beginn des anschließenden Erhebungs­ zeitraums (§ 24) — also nach dem den Veranlagungs­ zeitraum abschließenden 31. Dezember, aber vor dem darauffolgenden 1. April — im Reiche seinen Wohn­ sitz begründet oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt ge­ nommen, so ist der Bundesstaat zuständig, in dem er seinen Wohnsitz begründet oder seinen Aufenthalt ge­ nommen hat (BundRAB. § 2 Abs. 1 und 2).

Abs. 3. „Zur Zeit der Veranlagung" ist hier in demselben Sinne wie in Abs. 1 zu verstehen (siehe die vorige Anm.). Die Zuständigkeit desjenigen Bundesstaats, in dem der Pflichtige seinen letzten inländischen Wohnsitz oder Aufenthalt gehabt hat (Abs. 3), ist also dann ge­ geben, wenn der Pflichtige weder am Ende des jewei­ ligen Veranlagungszeitraums (dem 31. Dezember des dritten Jahres) noch vor Beginn des anschließenden Er­ hebungszeitraums (dem darauffolgenden 1. April) in einem Bundesstaat einen Wohnsitz oder seinen gewöhn­ lichen Aufenthalt hat. Hat er auch früher keinen inlän­ dischen Wohnsitz oder Aufenthalt gehabt, so ist der Bundesstaat zuständig, in dessen Gebiet sich das steuer­ bare Vermögen befindet, und, wenn das Vermögen sich in mehreren Bundesstaaten befindet, der Bundes­ staat, in dessen Gebiet sich der größere Teil des Ver­ mögens befindet (BundRAB. § 2 Abs. 3).

§ 49. Die Landesregierung bestimmt die für die Verwaltung der Besitzsteuer zuständigen Behörden (Besitzsteuerämter). Sie bestimmt auch, ob und inwieweit zur Mitwirkung bei der Veranlagung und zur Er­ hebung der Besitzsteuer Gemeinden oder Gemeinde­ verbände heranzuziehen sind. Die Besitzsteuerämter unterstehen Oberbehörden und diese der obersten Landesfinanzbehörde.

88 48, 49.

141

1. Die Veranlagung soll nach Absicht des § 49 nicht nur besonderen Beamten, sondern auch anderen Be­ amten im Nebenamt übertragen werden können. 2. Die mit der Veranlagung der Besitzsteuer betrauten Behörden heißen Besitzsteuerämter, die ihnen über­ geordneten Behörden Oberbehörden. Sie werden von den Landesregierungen bestimmt und öffentlich bekannt gemacht. Ein Verzeichnis der Besitzsteuerämter und Oberbehörden ist unter Angabe ihrer Amtsbezirke dem Reichskanzler zur Veröffentlichung im „Zentral­ blatt für das Deutsche Reich" mitzuteilen. Das gleiche hat mit etwaigen späteren Veränderungen zu geschehen. Die Landesregierung kann die Erhebung der Besitzsteuer aber anderen stellen als den Besitzsteuerämtern über­ tragen. Sie bestimmt auch, ob und inwieweit andere Behörden als Hilfsstellen der Besitzsteuerämter beim Veranlagungsgeschäfte mitzuwirken haben. In diesem Falle sind die zur Regelung des Geschäftsverkehrs erfor­ derlichen besonderen Bestimmungen zu treffen. Befug­ nisse, die in den BundRAB. den Besitzsteuerämtern übertragen sind, können von der obersten Landesfinanz­ behörde im Einverständnisse mit dem Reichskanzler den Oberbehörden übertragen werden (BundRAB. § 1). Was die Zuständigkeit der Besitzsteuer­ ämter betrifft, so gelten die Vorschriften über die Zuständigkeit der Bundesstaaten — § 48 des Gesetzes und BundRAB. § 2 — auch entsprechend für die Zu­ ständigkeit der Besitzsteuerämter. Die oberste Landes­ finanzbehörde des für die Veranlagung der Besitzsteuer zuständigen Bundesstaats kann jedoch die Abgrenzung der Zuständigkeit seiner Besitzsteuerämter anderweit regeln (BundRAB. § 3). Die Besitzsteuerämter haben sich bei der Veranla­ gung der Besitzsteuer gegenseitig Rechtshilfe zu leisten. Das gilt insbesondere für die Ermittelung des Wertes des in auswärtigen Veranlagungsbezirken be­ findlichen Grund- und Betriebsvermögens eines Steuer­ pflichtigen (BundRAB. § 52). 3. In Preußen sind als Besitzsteuerämter die Einkommensteuer-Veranlagungsko mmissi on e n

142

Besitzsteuergesetz.

bestimmt. Sie unterstehen den Regierungen — und für Berlin der Direktion für die Verwaltung der direkten Steuern — als Oberbehörden. Soweit die Besitzsteuer- und Kriegssteuer-Erklärungen vorliegen und die darauf Bezug habenden Verhandlun­ gen zum Abschluß gebracht sind, haben die Veranla­ gungskommissionen über die auf einen Steuerpflichtigen zu veranlagende Einkommen-, Ergänzungs-, Besitz- und Kriegssteuer in der Regel in einer und derselben Sitzung Beschluß zu fassen. Wird die Aussetzung der Veranla­ gung hinsichtlich einer dieser Steuerarten notwendig, so sind die Ergebnisse weiterer Ermittelungen auch zur Berichtigung der bereits erfolgten Veranlagung anderer Steuerarten zu benutzen. Als Anhalt für die Fest­ setzung der Besitzsteuer dient das in Anlage I zu den PreußAusfV. abgedruckte Beispiel. Gegen den Steuerund Feststellungsbescheid steht die Berufung an die Ein­ kommensteuer-Berufungskommission und gegen deren Entscheidung die Beschwerde an das Oberverwaltungs­ gericht zu. Auf das Rechtsmittelverfahren finden die Vorschriften der §§ 44, 48—54 des EinkStG. sinnge­ mäße Anwendung. Die Androhung und Festsetzung von Zwangsstrafen (§ 54 Abs. 1, § 56 Abs. 2, § 58 Abs. 4, § 62 Abs. 4 BStG.), die Verhängung von Ordnungsstrafen (§ 83), die Festsetzung von Besitzsteuerzuschlägen (§ 54 Abs. 2), die Festsetzung der von dem Steuerpflichtigen zu er­ stattenden Kosten (§ 60), die Stundungen und die Ge­ nehmigung der Entrichtung der Steuer in Teilbeträgen (§ 71) erfolgen durch die Vorsitzenden der Einkommen­ steuer-Veranlagungskommissionen. Gegen deren Entschei­ dungen steht dem Beitragspflichtigen innerhalb vier Wochen die Beschwerde an den Vorsitzenden der Einkommensteuer-Berufungskommission offen. Insoweit sonst nach den Vorschriften des EinkStG. die Regierungen und für Berlin die Direktion für die Verwaltung der direkten Steuern zur Mitwirkung berufen sind, haben diese Behörden auch die gleichartigen Entschei­ dungen hinsichtlich der Besitzsteuer zu treffen. Die Ge­ meinden und selbständigen Gutsbezirke sind verpslich-

8 49.

143

tet, in ihren Bezirken die Einzelerhebung der veran­ lagten Steuerbeträge sowie deren Abführung an die zuständigen Staatskassen zu bewirken. Die ihnen dafür zu gewährende Entschädigung, über deren Höhe beson­ dere Bestimmung ergeht, setzt die Regierung auf Grund der von den Kreiskassen zugleich mit der Ablieferung für den Monat März vorzulegenden Nachweisungen der von den einzelnen Gemeinden und Gutsbezirken erhobe­ nen und der erstatteten Beträge Anfang April jeden Jahres fest. Oberbehörden im Sinne der BundRAB. sind außer den Kgl. Regierungen — für Berlin der Kgl. Direktion für die Verwaltung der direkten Steuern — gegebenen­ falls die Vorsitzenden der Einkommensteuer-Berufungs­ kommissionen. Der Vorsitzende der Berufungskommission hat bei der ihm obliegenden Überwachung der Amts­ tätigkeit der Vorsitzenden der Veranlagungskommissionen auf dem Gebiete der Staatssteuerveranlagung sich auch der Prüfung der Veranlagungen zur Besitzsteuer und zur .Kriegsabgabe zu unterziehen und gegebenenfalls für die Nachveranlagung solcher Steuern Sorge zu tragen, deren Veranlagung zu Unrecht unterblieben ist (§ 73 BStG.). Er ist befugt, die dem Vorsitzenden der Beranlagungskommission in diesen Vorschriften zuge­ wiesenen Obliegenheiten für einzelne Bezirke oder ein­ zelne Personen oder Gesellschaften ganz oder teilweise selbst zu übernehmen. Nach Ablauf des auf den Er­ hebungszeitraum folgenden Rechnungsjahres fordert die Regierung von den Veranlagungsbehörden und den Hebestellen alle über die Besitzsteuer geführten Bücher, Listen und Nachweisungen nebst allen Belegen ein und unterwirft sie einer Nachprüfung, über die auf Grund dieser Prüfung anzuordnenden Nacherhebungen hat sie eine besondere Kontrolle zu führen und den Eingang sowie die Ablieferung der festgesetzten Beträge zu über­ wachen. Nach stattgehabter Prüfung sind die Listen nebst Belegen dem Vorsitzenden der Veranlagungskom­ mission zurückzugeben und bei diesem aufzubewahren. Allerhöchste Verordnung vom 14. Mai 1914 und Preuß.AusfV. Art. 1, Art. 11 Nr. 1,2 und 6, Art. 23 Nr. 2 und Art. 30.

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Besitzsteuergesetz.

Die Vorschriften der Art. 3—32 der PreußAusfV. beschränken sich darauf, die erstmalige Veranlagung der Besitzsteuer und ihre Erhebung sowie die gleich­ zeitig stattfindende Kriegssteuerveranlagung und -Erhe­ bung gemeinsam zu regeln (PreußAusfV. Art. 2 Nr. 2). In Bayern fungieren die Rentämter als Be­ sitzsteuerämter und Hebestellen. In München sind die Stadtrentämter München II und München III, in Nürn­ berg "die Rentämter Nürnberg II und Nürnberg III zuständig. Ihnen liegt unter Leitung der Regierungs­ finanzkammern und unter Oberaufsicht des Staats­ ministeriums der Finanzen die Vorbereitung der Ver­ anlagung und die Berechnung der Besitzsteuer, die Er­ teilung der Besitzsteuer- und Feststellungsbescheide, die Erhebung der Besitzsteuer, das Berichtigungsverfahren und die Abgangsstellung, die Neu- und die Nachveran­ lagung, die Beschlußfassung über die Kostentragung und die Verrechnung der Besitzsteuer ob. Zuständig ist, innerhalb der nach § 48 des Gesetzes und § 2 der BundRAB. begründeten staatlichen Zuständigkeit Bayerns, dasjenige Rentamt, in dessen Bezirke der Steuerpflichtige nach den Vorschriften des Art. 22 des EinkStG. und § 42 der Vollz.-Vorschr. zu demselben zu veranlagen ist oder zu veranlagen wäre. Ergeben sich bei einem Rentamte Zweifel, ob die Besitzsteuer von ihm oder von dem Besitzsteueramt eines anderen Bundesstaats zu ver­ anlagen ist, so hat das Rentamt unter Vorlage der Akten die Entscheidung der vorgesetzten Regierungs­ finanzkammer zu erholen. Erkennt das Besitzsteueramt eines anderen Bundesstaats eine ihm angesonnene Zu­ ständigkeit zur Veranlagung der Besitzsteuer nicht an, so sind die Akten dem Staatsministerium der Finanzen vorzulegen, damit erforderlichen Falles die Entschei­ dung des Bundesrats x(§ 48 Abs. 4 Satz 2 des Ges.) eingeholt wird. Oberbehörden sind die Regierungen, Kam­ mern der Finanzen. Die Grundlagen für die Be­ rechnung der Besitzsteuer werden durch die nach Maß­ gabe der Art. 37—41 und 88 des EinkStG. vom 14. August 1910 und der §§ 53—56 der Vollzugsvor-

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§ 49.

schriften desselben hierzu gebildeten Steuerausschüsse festgesetzt. Im Verfahren der Steueraus­ schüsse haben die Art. 42, 44—47 des EinkStG. sowie die Bestimmungen der §§ 57—62 der Vollzugsvor­ schriften hierzu entsprechende Anwendung zu finden. Die Steuerausschüsse sind zur Veranlagung der Besitzsteuer alsbald nach Fertigstellung der vorbereitenden Arbeiten einzuberufen. Wenn es die Verhältnisse des Rentamts gestatten und keine erhebliche Verzögerung der Veran­ lagung zu den staatlichen Personalsteuern zu befürch­ ten ist, sind die Veranlagung zu diesen Steuern und die Veranlagung zur Besitzsteuer ganz oder wenigstens teilweise zu verbinden. Die weiteren Ausschußmit­ glieder nach Art. 41 des EinkStG. sind in allen Fällen beizuziehen (BayerKglV. § 1, BayerVV. §§ 1—3). Die Gemeindebehörden haben bei der Veranlagung der Besitzsteuer in demselben Umfange wie bei der Ver­ anlagung der Einkommensteuer mitzuwirken. Sie haben insbesondere auf Verlangen der Steuerpflichtigen münd­ lich abgegebene Besitzsteuererklärungen zu Protokoll zu nehmen, sowie schriftlich bei ihnen eingereichte Besitz­ steuererklärungen entgegenzunehmen und unverzüglich dem Rentamte zu übermitteln. Verschlossen abgegebene Besitzsteuererklärungen sind dem Rentamt uneröffnet vorzulegen (BayerKglV. § 2 Abs. 1). In Sachsen sind Besitzsteuerämter die Bezirks­ steuereinnahmen (Verordnung vom 21. Februar 1914, § 1, G.- und V.-Bl. S. 18). Oberbehörden sind die Kreisst euerräte. Die Feststellung des Ver­ mögenszuwachses für die Veranlagung der Besitzsteuer ist den nach dem EinkStG. zuständigen Ein sch ätz ungskommissionen übertragen. Für die Eintragung des festgestellten Vermögenszuwachses in die Besitzsteuer­ listen und für alle sonstigen zur Veranlagung der Be­ sitzsteuer notwendigen Einträge in diese Listen hat der Vorsitzende zu sorgen. Der Vorstand des Besitzsteuer­ amts (Bezirkssteuerinspektor) ist auch für die Veranla­ gung der Besitzsteuer der berufene Vorsitzende der Ein­ schätzungskommissionen seines Erhebungsbezirkes. Er kann sich nach /einem Ermessen durch die ihm vom Koppe, Besitzfteuergesetz.

10

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Besitzsteuergesetz.

Finanzministerium für die Einschätzung zur Einkommen­ steuer beigegebenen stellvertretenden Vorsitzenden ver­ treten lassen. In den Distrikten, in denen der Be­ zirkssteuerinspektor nicht selbst den Vorsitz führt, hat er die richtige.und gleichmäßige Anwendung der gesetz­ lichen Vorschriften und der zu ihrer Ausführung erlas­ senen Bestimmungen zu überwachen. Insbesondere ist er berechtigt, in diesen Distrikten jederzeit den Sitzungen der Einschätzungskommissionen beizuwohnen. Die Ge­ schäftsordnung der letzteren richtet sich auch bei der Veranlagung der Besitzsteuer nach den Vorschriften in § 30 des EinkStG. sowie in § 7 Abs. 1, 3—9 und §§ 8, 9 und 10 der dazugehörigen Instruktion (Sächs.VV. §§ 1—3). Die Mitwirkung der Gemeinden ist wie folgt geregelt. Den Gemeindebehörden sind die Besitzsteuer­ listen sofort nach ihrer Anlegung (die den zur Anlegung der Einkommen- und Ergänzungssteuerkataster berufenen Behörden obliegt) zu übersenden. Gleichzeitig mit dem Erlasse der öffentlichen Aufforderung und für die erste Besitzsteuerveranlagung noch vor dem 25. Januar 1917, für die späteren Veranlagungen aber noch vor dem 10. Januar des auf den Veranlagungszeitraum folgen­ den Jahres, hat die Gemeindebehörde alle in die Befitzsteuerliste aufgenommenen Personen zur Abgabe der Besitzsteuererklärung unter kostenfreier Zustellung eines Vordrucks für diese besonders aufzufordern. Findet sie, daß Personen in der Besitzsteuerliste weggelassen sind, die aufzunehmen gewesen wären, so hat sie diese am Schlüsse der Liste nachzutragen und innerhalb der gleichen Frist ebenfalls zur Abgabe einer Besitzsteuer­ erklärung aufzufordern (siehe auch Anm. 2 zu § 52 Abs. 2). Sofort nach Ablauf der Frist, spätestens aber bis zum 30. Januar 1917 für die erste und bis zum 15. Januar des auf den Veranlagungszeitraum folgen­ den Jahres für die späteren Veranlagungen, hat die Gemeindebehörde die Besitzsteuerlisten an das Besitz­ steueramt zurückzugeben. Diejenigen Gemeindebehörden, denen die Anlegung der Listen übertragen ist, haben diese bis zum selben Termin beim Besitzsteuerami ein-

zureichen. Die Besitzsteuererklärungen sind von den Pflichtigen an die Gemeindebehörden abzugeben, die sie nebst den Anzeigen der verpflichteten Beamten für die erste Veranlagung spätestens bis zum 20. Februar 1917, für die folgenden spätestens bis zum 5. Februar des auf den Veranlagungszeitraum folgenden Jahres an das Besitzsteueramt einreicht. Endlich haben die Gemeinden auch die Erhebung der Besitzsteuer in ihren Bezirken sowie deren Abführung an das Besitz­ steueramt zu bewirken. Sie erhalten dafür und für die ihnen sonst obliegenden Geschäfte am Schlüsse des Rechnungsjahres eine Gebühr, deren Festsetzung Vorbe­ halten bleibt (SächsVV. §§ 8, 9, 11, 39). Für die Veranlagung der in Sachsen wohnhaften oder sich aufhaltenden Steuerpflichtigen ist die Ein­ schätzungskommission zuständig, die für ihre Einschätzung zur Einkommensteuer zuständig ist. Haben Steuerpflich­ tige ihren Wohnsitz oder Aufenthalt an dem Orte, in dem sie am Ende des Veranlagungszeitraums (31. De­ zember) wohnten oder sich aufhielten (BundRAB. § 2 Abs. 1), inzwischen aufgegeben und nach einem anderen in Sachsen gelegenen Orte verlegt, so sind die Be­ stimmungen in § 12 Abs. 3—6 der Instruktion zum EinkStG. sinngemäß anzuwenden. Für die Veranla­ gung der Steuerpflichtigen, die ihren Wohnsitz oder Aufenthalt nach Ablauf des Veranlagungszeitraums (31. Dezember) nach einem außerhalb Sachsens gelegenen Orte verlegt haben, bleibt die Einschätzungs­ kommission des Distriktes zuständig, in dem sie vor ihrem Wegzug in Sachsen wohnten oder sich aufhielten. Sächsische Staatsbeamte, die ihren dienstlichen Wohn­ sitz im Auslande haben, erfüllen ihre Besitzsteuerpflicht am Sitze der Kasse, die ihre Dienstbezüge auszahlt. Die Veranlagung erfolgt in unmittelbarem An­ schluß an diejenige zur Einkommen- und Ergänzungs­ steuer. Nachdem die Einschätzungskommission alle in der Besitzsteuerliste verzeichneten Personen veranlagt hat, wird diese vom Vorsitzenden durch einen der Vor­ schrift in § 30 Abs. 1 der Instruktion zum EinkStG. entsprechenden Vermerk abgeschlossen und von ihm sowie io*

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Besitzsteuergesetz.

von sämtlichen Mitgliedern der Kommission, die an der Schlußsitzung teilgenommen haben, unterschrieben. Als­ dann ist sie nebst sämtlichen Unterlagen an das Besitzsteuer­ amt einzusenden. Das Veranlagungsgeschäft ist von den Einschätzungskommissionen bis spätestens zum 25. März, an Orten mit mehr als 40000 Einwohnern bis spätestens zum 5. April zu beenden. Das Besitz­ steueramt hat die ihm von dem Vorsitzenden der Ein­ schätzungskommission übergebenen Besitzsteuerlisten zu prüfen. Ergibt sich bei der Prüfung, daß Steuerpflich­ tige zu Unrecht nicht veranlagt sind, so hat das Besitz­ steueramt die Veranlagung nachzuholen (SächsVV. §§ 19, 20 Abs. 1, 24 Abs. 1 u. 2, 25 Abs. 1). 4. In der Kommission des Reichstags war beantragt worden, dem § 49 (§ 43 der Vorlage) folgenden zweiten Absatz hinzuzufügen: „Der R^rsitz in den Besitzsteuer­ ämtern ist nicht Beamten der allgemeinen Landesver­ waltung, sondern besonderen, flnanz- und steuertech­ nisch ausgebildeten Beamten im Hauptamt zu über­ tragen.^ An Stelle dieses Antrages einigte man sich jedoch aus eine Resolution, inhalts deren der Reichs­ kanzler ersucht wurde, „dahin zu wirken, daß bei der Ausführung des Besitzsteuergesetzes die Veranlagung nicht den Behörden und Beamten der allgemeinen Ver­ waltung, sondern besonderen, finanz- und steuertechnisch ausgebildeten Beamten übertragen wird". Durch die Resolution soll — nach dem Kommissionsbericht (S. 64) — erreicht werden, daß die Veranlagung unabhängig von gewissen Einflüssen gemacht werde. Im Plenum wurde die Resolution vom Berichterstatter durch die vom Reichstag gefaßten Beschlüsse für erledigt erklärt' eine Abstimmung über sie erfolgte nicht. Dagegen hat der Reichstag bei der zweiten Lesung des Kriegssteuer­ gesetzes am 2. Juni 1916 folgende Resolution be­ schlossen: „Den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, bei den Bundesstaaten darauf hinzuwirken, daß der Vorsitz in den Steuerämtern finanz- und steuertechnisch beson­ ders vorgebildeten Beamten im Hauptamt übertragen wird." Diese Resolution trat an die Stelle einer in erster Lesung beschlossenen, aber von der Regierung

bekämpften, inhaltlich gleichen Änderung des Gesetzes­ textes. Da die Veranlagung und Erhebung der Kriegs­ abgabe nach § 25 des KriegsStG. durch die für die Veranlagung und Erhebung der Besitz st euer zustän­ digen Behörden erfolgt und für diese Veranlagung, soweit das Kriegssteuergesetz nichts anderes vorschreibt, die Vorschriften des BStG. über die Veranlagung und Erhebung der Besitzsteuer gelten, so hat diese Resolution für die Besitzsteuer gleich unmittelbare Be­ deutung wie für die Kriegssteuer.

§ 50. Die Reichsbevollmächtigten für Zölle und Steuern haben bei der Ausführung dieses Gesetzes die gleichen Befugnisse und Pflichten, die ihnen hinsichtlich der Zölle und Verbrauchssteuern beigelegt sind. In den Staaten, in denen die Geschäfte der Oberbehörde für die Besitzsteuer anderen Behörden als den Zolldirektivbehörden übertragen sind, werden der Umfang und die Art der Tätigkeit der Reichs­ bevollmächtigten vom Reichskanzler im Einvernehmen mit den beteiligten Bundesregierungen geregelt. Unter Zustimmung des Bundesrats kann der Reichskanzler die Wahrnehmung der Geschäfte der Reichsbevollmächtigten für die Besttzsteuer anderen Beamten übertragen. Dem Reichstag ist alljährlich über die Tätigkeit der Reichsbevollmächtigten, soweit sie sich auf die Aus­ führung dieses Gesetzes bezieht, Bericht zu erstatten. Abs. 1. Die Einhaltung des gesetzlichen Verfahrens bei der den Bundesstaaten zustehenden Erhebung und Verwal­ tung der Zölle und Verbrauchssteuern überwacht der Kaiser durch Reichsbeamte, welche er den Zoll- oder Steuerämtern und den Direktivbehörden der einzelnen Staaten, nach Vernehmung des Ausschusses des Bun-

150

Besitzsteuergesetz.

desrats für Zoll- und Steuerwesen, beiordnet. Die von diesen Beamten über Mängel bei der Ausführung der gemeinschaftlichen Gesetzgebung gemachten Anzeigen wer­ den dem Bundesrate zur Beschlußnahme vorgelegt (Reichsverfassung Art. 36, vgl. auch Art. 20 des Zoll­ vereinigungsvertrags vom 8. Juli 1867, RGBl. 1867 S. 81 ff. und Ziff. 15 des Schlußprotokolls daselbst). Diesen Reichsbevollmächtigten ist auch bezüglich anderer Neichssteuergesetze im Interesse der Einheitlichkeit des Besteuerungsverfahrens die gleiche Zuständigkeit über­ tragen worden. So im RErbschStG. vom 3. Juni 1906, § 35, und im RZStG. § 36, und nun auch hier bei der Besitzsteuer. Die Befugnisse dieser Beamten be­ stehen also in Kenntnisnahme vom Verfahren, Feststel­ lung von Mängeln desselben und Anzeige von diesen, dagegen haben sie nicht das Recht, Anweisungen ergehen zu lassen. Reichsbevollmächtigte sind angestellt in Altona, Berlin, Breslau, Köln, Darmstadt, Dresden, Hamburg, Hannover, Karlsruhe, Königsberg, Magde­ burg, München, Stettin und Straßburg. Der Reichs­ kanzler hat den Reichsbevollmächtigten für die Aus­ übung der Neichsaufsicht über die Besitzsteuer dieselben Bezirke zugeteilt wie hinsichtlich des Wehrbeitrags und sie zu diesem Zwecke den Oberbehörden beigeordnet. Abs. 4. Durch die hier vorgesehene Berichterstattung soll erzielt werden, daß bei der Veranlagung überall ein­ heitliche Grundsätze Platz greifen und angewendet wer­ den. Dem Reichstage soll die Möglichkeit der Kontrollierung gegeben werden, ob in allen Bundesstaaten das bei dieser Besteuerung angewendete Verfahren den Be­ stimmungen des Gesetzes entspricht.

Pcrsonenstandsanfnahme.

§ 51. Jeder Besitzer eines bewohnten Grundstücks oder deffen Vertreter ist verpflichtet, der mit der Vor­ bereitung der Veranlagung betrauten Behörde auf deren Verlangen die sämtlichen Bewohner des Grund-

88 50, 51.

151

stücks mit Namen, Berufsstellung, Geburtsort und Geburtstag anzugeben. Die Haushaltungsvorstände haben den Hausbesitzern oder deren Vertretern die erforderliche Auskunft über die zu ihrem Hausstand gehörigen Personen einschließlich der Unter- und Schlafstellenmieter zu erteilen. 1. Für jeden Veranlagungsbezirk sind die Personen zu ermitteln und in die Besitz st euer liste einzutragen, die für die Veranlagung zur Besitzsteuer in Frage kom­ men. Es sind das jedenfalls diejenigen, welche die Voraussetzungen der persönlichen Steuerpflicht erfüllen und von denen zu vermuten ist, daß sie ein Vermögen von mehr als 20 000 Mk. haben. Die Besitzsteuerliste ist nach Anleitung des Musters einzurichten (s. Anhang). In die Besitzsteuerliste eines Veranlagungsbezirks sind die Personen aufzunehmen, die in diesem Bezirke zu veranlagen sind. Zu ihrer Ermittelung dient die in § 51 vorgesehene, dem gleichen Verfahren in § 23 des Preuß.EinkStG. nachgebildete allgemeine Personen­ standsaufnahme, die auch als Grundlage für die Veranlagung der PreußErgSt. (BStG. § 21) dient. Die näheren .Bestimmungen über diese Ermittelung, wie überhaupt über die Vorbereitung der Veranlagung, erläßt die oberste Landesfinanzbehörde. Abgeschlossen wird die Besitzsteuerliste, sobald die Veranlagung in der Hauptsache durchgeführt und ihr Ergebnis darin ein­ getragen ist. Bis dahin ist sie fortlaufend zu ergänzen und zu berichtigen. Sind Personen zu streichen, so ist der Grund in der Bemerkungsspalte ersichtlich zu machen (BundRAB. §§ 4, 5, 6 Abs. 1, 9 und 10). Bei bestehendem Zweifel, ob das Besitzsteueramt zur Veranlagung eines Steuerpflichtigen zuständig ist, besonders wenn dieser mehrfachen Wohnsitz hat oder wenn er im Veranlagungsbezirke Grund- oder Betriebs­ vermögen besitzt und im Inland keinen der Behörde bekannten Wohnsitz oder Aufenthalt hat, ist eine solche Person in jedem für die Veranlagung in Frage kom­ menden Veranlagungsbezirke in die Besitzsteuerliste auf-

152

Befitzsteuergesetz.

zunehmen (BundNAB. § 6 Abs. 2). Ist ein Pflich­ tiger, der im Veranlagungsbezirke Grund- oder Be­ triebsvermögen hat, in einem anderen Veranlagungs­ bezirke zur Besitzsteuer zu veranlagen, so ist dem zu­ ständigen Besitzsteueramte hiervon nach näherer Be­ stimmung des § 7 der BundNAB. Nachricht zu geben. Für Preußen vgl. dazu die ergänzenden Bestimmun­ gen in Art. 6 der PreußAusfV., für Bayern die­ jenigen in § 4 Abs. 5 der BayerVV., für Sachsen die­ jenigen in § 6 der SächsVV. Die Aufnahme in die Besitzsteuerliste oder die Benachrichtigung des zuständi­ gen Besitzsteueramts kann unter den in Z 8 daselbst näher angegebenen Voraussetzungen unterbleiben. Die Besitzsteuerlisten sind nach Abschluß des Ver­ anlagungsverfahrens noch 15 Jahre aufzubewahren (ebenda § 77). In Preußen sind in die Besitzsteuerliste außer den im Z 7 der BundNAB. zum Kriegssteuergesetz be­ zeichneten Personen (das sind alle Einzelpersonen, welche die Voraussetzungen der persönlichen Steuerpflicht — 88 1, 12 des KriegsStG., 8 11 des BStG. — erfüllen und von denen zu vermuten ist, daß sie ein Vermögen von mehr als 10000 Mk. besitzen) alle aufzunehmen, die nach einem Einkommen von mehr als 9000 Mk. ver­ anlagt sind, sowie diejenigen, an die eine besondere Aufforderung ergehen soll (PreußAusfV. Art. 5 Nr. 3). über das Verfahren bei Aufstellung, Ausfüllung und Abschluß der Besitzsteuerlisten siehe Art. 5 Nr. 1 ünd 2 und Nr. 4—6 sowie Art. 12 daselbst. In Bayern haben die Rentämter als Besitzsteuer­ ämter behufs Aufstellung der Besitzsteuerliste, mit der ihre Tätigkeit beginnt, für jeden Veranlagungsbezirk die Personen zu ermitteln und in die Besitzsteuerliste einzutragen, die nach den Wehrbeitragslisten und den Zugangslisten hierzu, nach der Steuerveranlagung für das letzte Jahr des Veranlagungszeitraums und nach den Vorbereitungen zur Steuerveranlagung für das auf den Veranlagungszeitraum folgende Jahr (Art. 23,24, 26 des EinkStG., 88 44, 45, 46 der Vollz.-Vorschr. hierzu) unter Berücksichtigung der dem Rentamte mit-

§ 51.

153

geteilten Zu- und Abgänge für die Veranlagung zur Besitzsteuer in Frage kommen. Die Besitzsteuerliste soll jeweils bis Anfang Januar des auf den Veranlagungs­ zeitraum folgenden Jahres aufgestellt sein. Sie. ist nach bestimmtem Muster anzulegen. Personen, bei deren Veranlagung ein Vermögen von mehr als 20000 Mk. nicht in Betracht kommt, sind nicht einzutragen (Bayer.VV. § 4). In Sachsen sind die Besitzsteuerlisten von den zur Anlegung der Einkommen- und Ergänzungssteuerkataster berufenen Behörden erstmalig bis zum 13- Januar 1917, für die späteren Veranlagungen aber spätestens bis zum 28. Dezember des dem Erhebungszeitraum vorangehen­ den Jahres nach bestimmtem Muster anzulegen. Darin sind auf Grund der Hauslisten für die Einschätzung zur Einkommensteuer alle natürlichen Personen aufzunehmen, welche die Voraussetzungen der persönlichen Steuerpflicht erfüllen und von denen zu vermuten ist, daß sie ein Vermögen von mehr als 20000 Mk. haben. Hierbei werden bei der ersten Veranlagung die Wehrbeitrags­ listen, bei den späteren aber die Besitzsteuerlisten für den vorhergegangenen Veranlagungszeitraum, nach Be» finden auch die Einkommen- und Ergänzungssteuer­ kataster für das vorhergegangene Steuerjahr und die Deklarationen für die nächste Einkommen- und Ergänzungssteuer-Veranlagung einen guten Anhalt bieten. In zweifelhaften Fällen sind die in Frage stehen­ den Personen in die Liste jedenfalls aufzunehmen. Für die erstmalige Veranlagung darf die Aufnahme nur unterbleiben, wenn mit Sicherheit anzunehmen ist, daß der Pflichtige ein steuerbares Gesamtvermögen von mehr als 10000 Mk. nicht besitzt (SächsVV. § 5). 2. „Besitzer" ist nicht nur der Eigentümer, sondern auch der Nutznießer, Pächter und Mieter eines Grund­ stücks. „Vertreter" ist der gesetzliche oder mittelst Voll­ macht vom Besitzer mit der Wahrnehmung seiner In­ teressen, Rechte und Pflichten als solcher beauftragte Vertreter. 3. Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften des § 51 oder die zu seiner Ausführung ergangenen Bestimmun-

154

BeNtzsteuergesetz.

gen sind nach § 83 des Ges. mit Ordnungsstrafe bis zu 150 Mk. zu ahnden.

Besitzsteuererklärung.

§ 52.

Zur Abgabe einer Besitzsteuererklärung sind alle Personen mit einem steuerbaren Vermögen von zwanzigtausend Mark und darüber verpflichtet, wenn sie früher weder zum Wehrbeitrage noch zur. Besitz­ steuer veranlagt worden sind, sowie alle Personen, deren Vermögen sich seit der Veranlagung zum Wehr­ beitrag oder gegenüber dem für eine künftige Ver­ anlagung zur Besitzsteuer als maßgebend festgestellten Vermögensbestande (§ 65) um mehr als zehntausend Mark erhöht hat. Der Bundesrat bestimmt die Fristen zur Abgabe der Besitzsteuererklärung. Die Steuerbehörde ist außerdem berechtigt, von jedem Steuerpflichtigen (§ 11) binnen einer von ihr festzusetzenden Frist, die mindestens zwei Wochen be­ tragen muß, die Abgabe einer Besttzsteuererklärung zu verlangen. Die Besitzsteuererklärung ist unter der Versiche­ rung zu erstatten, daß die Angaben nach bestem Wissen und Gewissen gemacht sind. Die „Besitzsteuererklärung" entspricht der „Ver­ mögenserklärung" beim Wehrbeitrag (vgl. WBG. § 36). Abs. 1 und 2. 1. „Personen" sind alle subjektiv Steuerpflichtigen (§ 11), und zwar die unbeschränkt Steuerpflichtigen (s. Anm. 2 zu § 11 Abs. 1) schlechthin, die beschränkt Steuerpflichtigen soweit sie inländisches Grund- oder Betriebsvermögen besitzen. „Steuerbares Vermögen" ist das Gesamt-Reinvermögen des Pflichtigen (s. Anm. 2 zu § 2) und bestimmt sich nach den §§ 2—10, die Vermögensgreuze von 20000 Mk. nach § 13 Abs. 1, die

§ 52.

155

Vermögenszuwachs-Grenze von 10000 Mk. nach bett §§ 12 und 19 Abs. 1 des Ges. Hat der Steuerpflichtige einen gesetzlichen Vertreter, so gelten die Vorschriften des § 52 auch für ihre hinsichtlich des seiner Verwaltung unterliegenden Vermögens (§ 59). Die Besitzsteuer­ erklärung des Ehemannes hat das Vermögen der Ehe­ frau mitzuumfassen, sofern die Ehegatten nicht dauernd voneinander getrennt leben (BundRAB. § 16). Minder­ jährige Kinder sind dagegen selbständig zu veranlagen (§ 14 des Ges. und Anm. 6 dazu). 2. „Weder zum Wehrbeitrag noch zur Besitzsteuer ver­ anlagt" bedeutet, daß sie weder einen „Veranlagungs­ bescheid" noch einen „Steuerbescheid" noch einen „Fest­ stellungsbescheid" (WBG. § 47, BStG. § 65) erhalten haben. „Maßgebend festgestellt" für eine künftige Be­ sitzsteuer-Veranlagung wird der Vermögensstand nach § 65 sowohl im „Steuerbescheid", der die Besitzsteuer­ pflicht und den Besitzsteuerbetrag im einzelnen Steuer­ falle feststellt, als auch im „Feststellungsbefcheid", der das Vorhandensein keines oder nur eines steuerfreien Vermögenszuwachses feststellt. 3. Als Frist für die Abgabe der Besitzsteuererklärung hat der Bundesrat die Zeit vom 2. Januar bis 15. Februar des auf den Veranlagungszeitraum fol­ genden Jahres bestimmt. Die oberste Landesfinanzbe­ hörde kann einen späteren Anfangs- und früheren End­ termin festsetzen; doch muß die Frist mindestens zwei Wochen betragen. Für Steuerpflichtige, die Inhaber eines Betriebes sind, bei dem regelmäßige jährliche Ab­ schlüsse stattfinden, und die, von der Befugnis aus § 28 Abs. 2 Gebrauch machend, ihrer Besitzsteuererklä­ rung den Abschluß für den 31. Dezember des letzten Jahres des Veranlagungszeitraums zugrunde legen, kann nach näherer Bestimmung der obersten Landes­ finanzbehörde die Frist zur Abgabe der Besitzsteuer­ erklärung bis zum 31. Mai des auf den Veranlagungs­ zeitraum fallenden Jahres — in Preußen bei der erstmaligen Veranlagung bis zum 15. April 1917, PreußAusfV. Art. 7 Nr. 6, in Bayern bis zum 31. Mai des gedachten Jahres, BayerVV. § 5 Abs. 2,

156

Besttzstenergesetz.

in Sachsen sind nähere Bestimmungen bisher nicht ergangen — verlängert werden. Der Reichskanzler ist ermächtigt, für solche Bundesstaaten, in denen mit Rück­ sicht auf die Veranlagung zu den direkten Landessteuern die Frist sich als unzweckmäßig erweisen sollte, eine spätere Frist zu bestimmen, die sich aber nicht über den 31. Mai des auf den Veranlagungszeitraum folgenden Jahres hinaus erstrecken darf. Für die in außereuroischen Ländern Abwesenden verlängert sich die Frist bis Ende Juni, für die im europäischen Ausland Ab­ wesenden bis Ende Februar des auf den Veranlagungs­ zeitraum folgenden Jahres (BundRAB. §§ 12 und 13). Die Aufforderung zur Abgabe der Besitzsteuer­ erklärung ist eine öffentliche (a) und eine besondere (b). a) Mindestens eine Woche vor Beginn dieser Frist erläßt das Besitzsteueramt oder die Oberbehörde in den für amtliche Bekanntmachungen der unteren Verwaltungsbehörden bestimmten Tagesblättern eine öffentliche Aufforderung zur Abgabe der Besitz• steuererklärungen. Die oberste Landesfinanzbehörde kann anordnen, daß die Aufforderung außerdem in sonst ortsüblicher Weise bekannt gemacht wird. In dieser Aufforderung, die mit öffentlichen Bekannt­ machungen über die Veranlagung von Landessteuern verbunden werden kann, sind die Steuerpflichtigen über ihre Pflicht zur Abgabe einer Besitzsteuer­ erklärung, über die Vorschriften der §§ 76, 77 und 54 des Ges. zu belehren. b) Gleichzeitig mit der öffentlichen Aufforderung und noch vor Beginn der nämlichen Frist ist den Per­ sonen, von denen das Besitzsteueramt annimmt, daß sie zur Abgabe einer Besitzsteuererklärung nach § 52 Abs. 1 verpflichtet sind, ein Vordruck für diese nebst einem Abdruck der öffentlichen Bekanntmachung zu übersenden; alle anderen, in die Besitzsteuerliste aufgenommenen Personen sind gemäß § 52 Abs. 2 unter Beifügung eines Vordrucks besonders auf­ zufordern, eine Besitzsteuererklärung binnen der bezeichneten oder einer auf mindestens 14 Tage zu bemessenden besonderen Frist abzugeben. Die oberste

§ 52.

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Landesfinanzbehörde kann im Einverständnisse mit dem Reichskanzler ein anderes Verfahren vorschrei­ ben. Ein Steuerpflichtiger, der von mehreren Be­ hörden zur Abgabe einer Besitzsteuererklärung auf­ gefordert wird, ist nur verpflichtet, einer Be­ hörde die Besitzsteuererklärung abzugeben. Macht er von dieser Möglichkeit Gebrauch, so hat er den anderen Behörden mitzuteilen, daß und welcher Behörde er eine Besitzsteuererklärung abzugeben hat (BundRAB. §§ 14 und 15).

Macht ein Steuerpflichtiger glaubhaft, daß ihm die Abgabe der Besitzsteuererklärung innerhalb der vor­ geschriebenen Frist nicht möglich ist, so kann ihm das Besitzsteueramt diese angemessen verlängern (BundR.AB. § 16). In Preußen darf sich diese Verlängerung bei der erstmaligen Veranlagung in der Regel nicht über den 15. März 1917 hinaus erstrecken (PreußAusfW. Art. 7 Nr. 6 Abs. 2). Für einen nach Ablauf des Veranlagungszeitraums, aber vor Abgabe der Besitzsteuererklärung verstorbenen Steuerpflichtigen ist diese, wenn ein ohne Beschränkung der Verwaltungsbefugnis auf einzelne Gegenstände be­ stellter Testamentsvollstrecker oder ein Nachlaßpfleger die Verwaltung des Nachlasses übernommen hat, von diesen Personen, .andernfalls von den Erben abzu­ geben. Sind mehrere Verpflichtete vorhanden und gibt ein Verpflichteter die Besitzsteuererklärung ab, so wer­ den die anderen dadurch von der Verpflichtung befreit. Hat von mehreren Erben einer dem Besitzsteueramte gegenüber die Erfüllung der den Erben in Ansehung der Besitzsteuer obliegenden Pflichten übernommen, so ist die Aufforderung zur Abgabe der Besitzsteuererklärung nur an ihn, andernfalls nach dem Ermessen des Besitzsteueramts an einen von ihnen zu richten (Bund.RAB. § 17 Abs. 2).

4. für der die

Im Rahmen dieser Vorschriften ist in Preußen die erstmalige Veranlagung die Frist für die Abgabe Besitzsteuer- (und der KÜegssteuer-) Erklärung auf Zeit vom 4. Januar bis 15. Februar 1917

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Besitzsteuergesetz.

bestimmt worden. Die öffentliche Aufforderung zur Abgabe hat der Vorsitzende der Veranlagungskommission Ende Dezember 1916, spätestens am 26., nach bestimm­ tem Muster zu erlassen. Gleichzeitig übersendet er allen Personen mit einem Vermögen von mehr als 20 000 Mk., allen mit einem Einkommen von mehr als 9000 Mk. und den Personen, von denen er annimmt, daß sich ihr Vermögen seit dem 1. Januar 1914 bis 31. Dezember 1916 um mehr als 3000 Mk. auf mindestens HOOO Mk. erhöht hat, ein Formular zur Besitz- (und Kriegs­ steuer-) Erklärung nebst einem Abdruck der öffentlichen Aufforderung als Drucksache. An die übrigen in die Besitzsteuerliste aufgenommenen Personen ergeht, so­ fern anzunehmen ist, daß sie zur Besitzsteuer heran­ zuziehen sind, eine besondere Aufforderung nach be­ stimmtem Muster, in der Zeit vom 4. Januar bis 15. Februar 1917 eine Besitzsteuererklärung abzugeben. Den nachträglich ermittelten und den neu in die Steuer­ pflicht tretenden Personen ist sofort nach .ihrer Auf­ nahme in die Besitzsteuer- oder Zugangsliste eine beson­ dere Aufforderung, binnen zwei Wochen eine Erklä­ rung abzugeben, zuzustellen. Hat jemand, dem eine öffentliche Aufforderung zur Abgabe einer Besitzsteuer- und Kriegssteuererklärung zugesandt ist, eine solche bis zum 15. Februar 1917 nicht abgegeben, auch keine Fristverlängerung er­ halten, so prüft der Vorsitzende der Veranlagungskom­ mission zunächst, ob bestimmte Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß der Betreffende zur Abgabe einer Erklä­ rung auf Grund der öffentlichen Aufforderung verpflich­ tet war. Zutreffendenfalls erläßt er sogleich eine noch­ malige Aufforderung mit angemessener, in der Regel achttägiger Frist. Ergeben sich Zweifel, ob eine Ver­ pflichtung zur Abgabe der Erklärung auf Grund öffent­ licher Aufforderung vorliegt, so ist zunächst eine beson­ dere Aufforderung mit einer Frist von zwei Wochen zu erlassen. Bleibt auch diese erfolglos, so hat der Vor­ sitzende gegen den Pflichtigen eine angemessene Geld­ strafe festzusetzen und weiterhin gemäß BundRAB. § 19 Abs. 2 zu verfahren. Gegen Pflichtige, die eine beson-

§ 52.

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dere Aufforderung zur Abgabe der Vermögenserklä­ rung bereits erhalten haben, kann nach fruchtlosem Ablauf der Frist unter Wiederholung der Aufforderung sogleich eine Geldstrafe festgesetzt werden (PreußAusfB. Art. 7 und 8). In Bayern ist die Frist für die Abgabe der Be­ sitzsteuererklärung die Zeit vom 5.—31. Januar des auf den Veranlagungszeitraum folgenden Jahres. Bei der erstmaligen Veranlagung dürfen die Rentämter eine andere, im Rahmen des § 12 Abs. 1 Satz 1 und 2 der BundRAB. bleibende Frist bestimmen. Die öffentliche Aufforderung zur Abgabe der Besitzsteuererklärung haben die Rentämter am 29. Dezember des letzten Jahres des Veranlagungszeiträums nach bestimmtem Muster (erst­ malig in Verbindung mit der öffentlichen Aufforderung zur Abgabe der Kriegssteuererklärung) zu erlassen. Sie ist außerdem durch die Gemeindebehörden sowie in der sonst ortsüblichen Weise bekannt zu machen und der Nachweis darüber dem Rentamt zu übersenden. Um ihr bei ihrer Bedeutung für die rechtzeitige Ab­ gabe der Besitzsteuererklärung eine besondere Verbrei­ tung in allen beteiligten Kreisen zu sichern, ist sie fer­ ner in allen Tageszeitungen, die im Rent­ amtsbezirk erscheinen und dort einen größe­ ren Leserkreis besitzen, bekannt zu machen. Fer­ ner ist darauf hinzuwirken, daß auf die Verpflichtung zur Abgabe der Besitzsteuererklärung und auf die strenge Einhaltung der Frist unter ausdrücklichem Hinweis auf die mit der Fristversäumnis verbundenen nachteiligen Folgen für den Erklärungspflichtigen in dem meist gelesenen textlichen Teile „dieser Zeitungen mit hervorgehobenem Drucke hingewiesen wird (BayerVV. §§ 4-6). Jene Personen, die in der Besitzsteuerliste aufge­ führt sind und nicht von selbst schon eine Besitzsteuer­ erklärung abgegeben oder um Fristverlängerung nach­ gesucht haben, sind unter Bezugnahme auf § 52 Abs. 2 und unter Androhung einer Geldstrafe im Versäumnis­ falle (§ 54 Abs. 1) gegen Zustellungsnachweis aufzu­ fordern, binnen 14 Tagen eine Besitzsteuererklärung

160

Besttzsteuergesetz.

ubzugeben. Dabei ist auf BundRAB. § 19 Abs. 3 und auf § 54 Abs. 2 des Ges. aufmerksam zu machen. Auf BundRAB. § 15 Abs. 2 ist hinzuweisen. Die im § 54 Abs. 1, 2 des Ges. vorgesehenen Zwangsmittel (Geld­ strafen und prozentuale Zuschläge) können nebeneinan­ der zur Anwendung gebracht werden (BayerVV. § 10). In Sachsen erläßt das Besitz st euer amt für die erste Veranlagung spätestens bis zum 15. Januar 1917, für die folgenden spätestens bis zum 1. Januar des auf den Veranlagungszeitraum folgenden Jahres in allen Amtsblättern seines Erhebungsbezirkes eine nach bestimmtem Muster abzufassende öffentliche Auffor­ derung zur Abgabe der Besitzsteuererklärungen. Bei der ersten Veranlagung ist diese Aufforderung mit der­ jenigen zur Abgabe der Kriegssteuererklärung zu ver­ binden. Personen, die in der Besitzsteuerliste wegge­ lassen waren, sind qn deren Schlüsse nachzutrngen und innerhalb derselben Frist ebenfalls zur Abgabe einer Besitzsteuererklärung aufzufordern. Die Gemeindebehörde ist berechtigt, die Frist zur Abgabe der Besitzsteuer­ erklärung auf Ansuchen um eine Woche zu verlängern. Eine weitere Verlängerung kann nur das Besitzsteuer­ amt bewilligen (SächsVV. §§ 7, 8 und 10; siehe auch Anm. 3 zu § 49). Abs. 3.

Ohne die hier vorgeschriebene Versicherung ist die Besitzsteuererklärung unvollständig. Die Regierungsvor­ lage sah das durch Geldstrafen erzwingbare Recht der Steuerbehörde vor, den Steuerpflichtigen die Nichtig­ keit und Vollständigkeit der Besitzsteuererklärung oder einzelner Angaben über seine Vermögensverhältnisse oder die Vollständigkeit der beigebrachten Beweismittel an Eides Statt versichern zu lassen. Die Reichstagskom­ mission hat diese Vorschriften gestrichen. 2. In Sachsen sind die Besitzsteuererklärungen inner­ halb der zu ihrer Abgabe gestellten Frist unterschriftlich vollzogen an die Gemeindebehörde abzugeben (SächsVV. 8 9 und § 51 Abs. 2, 3 und 4 der AusfV. zum Sächs.EinkStG.). 1.

88 52, 53.

161

3. über die Zwangsmittel zur Erwirkung der Abgabe der Besitzsteuererklärung siehe § 54 Abs. 1. Nicht recht­ zeitige Abgabe der Besitzsteuererklärung kann nach § 54 Abs. 2 mit einem Zuschlag von 5—10 v. H. der rechts­ kräftig festgestellten Besitzsteuer bestraft werden.

§ 53. In der Besitzsteuererklärung hat der Steuer­ pflichtige seine Bermögensverhältnisse zu den in den ZK 18 bis 22 bezeichneten Zeitpunkten klarzulegen und zu diesem Zwecke nach näherer Bestimmung des Bundesrats das gesamte steuerbare Vermögen getrennt nach seinen einzelnen Bestandteilen unter Angabe ihres Wertes aufzuführen. Soweit die Vermögenswerte sich nicht aus dem Nenn- oder Kurswert oder dem Betrage der geleisteten Zahlungen ergeben, kann der Steuerpflichtige sich in der Besitzsteuererklärung auf die tatsächlichen Mit­ teilungen beschränken, die er behufs Schätzung des Wertes beizubringen vermag. Abs. 1.

1. Die Besitz st euererklärung ist nach Anleitung des Musters 2 (im Anhang abgdruckt) zu gestalten. Bei der erstmaligen Veranlagung der Besitzsteuer ist mit der Besitzsteuererklärung in der Regel die Steuer­ erklärung zum Zwecke der Veranlagung der außer­ ordentlichen Kriegsabgabe zu verbinden. Vordrucke für die Besitzsteuererklärung sind dem Steuerpflichtigen kostenlos zu verabfolgen. Die. oberste Landesfinanzbe­ hörde kann bestimmen, daß die Besitzsteuererklärung auch mündlich bei der Veranlagungsbehörde abgegeben werden kann; der hiernach ausgefüllte Vordruck ist vom Steuerpflichtigen und vom Veranlagungsbeamten zu unterzeichnen. Wenn für Landessteuerzwecke zuverläs­ sige Darstellungen des gesamten im Bundesstaate ge­ legenen Grundbesitzes der einzelnen Steuerpflichtigen Köppe, Besitzsteuergesetz. 11

162

Besitzsteuergesetz.

bestehen und fortgeführt werden, kann die Aufführung der einzelnen Grundstücke in der Steuererklärung unter­ bleiben und ihr Steuerwert im ganzen angegeben wer­ den. Doch muß das in anderen Bundesstaaten gelegene Grundvermögen besonders aufgeführt werden (BundR.AB. § 18). 2. Die bayerischen Rentämter haben Vordrucke für die Besitzsteuererklärungen in der erforderlichen Anzahl bereit zu halten und den Gemeindebehörden zur kostenlosen Verabfolgung an die Erklärungspflichtigen zu übersenden. Die Besitzsteuererklärung ist auf solchem Vordruck beim Rentamt oder bei der Gemeindebehörde schriftlich oder zu Protokoll, letzterenfalls mit Unter­ schrift des Steuerpflichtigen und des die Erklärung entgegennehmenden Beamten, unter der in § 52 Abs. L vorgeschriebenen Versicherung abzugeben. Die Gemeinde­ behörden haben die bei ihnen eingelangenden oder zu Protokoll gegebenen Besitzsteuererklärungen unverzüglich an das Rentamt einzusenden. Die schriftliche Besitz­ steuererklärung darf auch verschlossen bei der Gemeinde­ behörde abgegeben werden. Diese hat sie alsdann uner­ öffnet dem Rentamte vorzulegen, wenn der Name des Erklärenden auf dem Umschlag ersichtlich gemacht ist. Auf Wunsch einer Gemeindebehörde kann vom Rentamt, wenn es dessen Personalverhältnisse gestatten, an sie Personal zu ihrer Unterstützung bei Entgegennahme der Erklärungen gegen Vergütung, die das Finanzministe­ rium festsetzt, abgegeben werden. Die Steuerpflichtigen dürfen in den Besitzsteuererklärungen von der Auf­ führung der einzelnen in Bayern gelegenen Grund­ stücke absehen und ihren Wert im ganzen angeben, wenn sie denselben evident gestellte Katasterauszüge beigeben. Liegen die Katasterauszüge bei Amt, so ge­ nügt eine Bezugnahme auf diese. Die Vollzähligkeit und Richtigkeit der Katasterauszüge nach dem Stande vom 31. Dezember des letzten Jahres des Veranlagungs­ zeitraums ist vom Rentamt auf Grund der ihm zum Zwecke der Einkommensteuerveranlagung nach § 43 Abs. I der Vollz.-Vorschr. zum EinkStG. zugehenden Mittei­ lungen über die in anderen Rentamtsbezirken zu zahlen-

§ 53.

163

den Grund- und Haussteuern zu prüfen. Da solche Be­ helfe für das in anderen Bundesstaaten gelegene Grund­ vermögen fehlen, muß das dort befindliche Grundver­ mögen in allen Fällen besonders in der Besitzsteuer­ erklärung aufgeführt werden (BayerVV. §§ 7—9). 3. Bestandteil im Sinne des § 29 und entsprechend in demjenigen des § 53 ist jede einzelne selbständige Sache und jedes einzelne selbständige Recht. Solche Sachen oder Rechte aber, die in einem wirtschaftlichen Zusammenhänge miteinander stehen, bilden eine „Bewertungseinheit" und sind daher als eine Gesamtheit zu bewerten (siehe auch Anm. 2 zu § 29 und Anm. 1 zu § 10 Abs. 1 sowie BundRAB. § 27 Abs. 3). Die Angabe des Wertes der Vermögensbestandteile hat ge­ mäß den Vorschriften der §§ 28—47 zu erfolgen. Das Vermögen (gesamte Reinvermögen), wie es sich am Ende des Veranlagungszeitraums darstellt, also das „End­ vermögen", ist stets, dagegen das Vermögen in feinem Stande bei Beginn des Veranlagungszeitraums, also das „Anfangsvermögen", nur dann in der Besitzsteuer­ erklärung aufzuführen, wenn es nicht schon, wie es in der Regel der Fall sein wird, bei der Veranlagung zum Wehrbeitrag gemäß den Vorschriften des WBG. (s. § 20 des BStG.) oder bei einer früheren Veran­ lagung zur Besitzsteuer gemäß § 21 Abs. 1 des BStG., ersterenfalls durch Veranlagungs- oder Feststellungs­ bescheid (WBG. § 47 Abs. 1), letzterenfalls durch Steuer­ oder Feststellungsbescheid (BStG. § 65 Abs. 1) festge­ stellt worden ist (vgl. Anm. 1 zu § 19 Abs. 1 und BundRAB. § 21). Bei der erstmaligen Veranlagung ist daher das nicht schon gemäß BStG. § 20 auf Grund des WBG. zu dem reinen Werte, den es am 1. Januar 1914 hatte, festgestellte Anfangsvermögen besonders festzustellen, und zwar gleichfalls in Höhe des reinen Wertes, den es am 1. ^Januar 1914 hatte. Tritt die subjektive Steuerpflicht erst im Laufe des Veranla­ gungszeitraums ein, so erfolgt die Feststellung des An­ fangsvermögens gemäß § 22 nach dem Vermögensstande, wie er sich für den Zeitpunkt dieses Eintritts ergibt. Die für den Wehrbeitrag erfolgte Bermögensfeststelii*

164

Bcsitzsteuergesetz.

hing ist aber nicht nur für die erstmalige Besitzsteuer­ veranlagung, sondern wegen § 21 Abs. 2 unter Umstän­ den auch noch für die nachfolgenden Veranlagungen von Wichtigkeit. Denn der Vermögensstand am Anfang des Veranlagungszeitraums (erstmalig also am 1. Ja­ nuar 1914) oder, wenn der Steuerpflichtige damals noch nicht zu den nach § 11 besitzsteuerpflichtigen Per­ sonen gehörte, der Vermögensstand an demjenigen Zeit­ punkt, an dem später die persönliche Steuerpflicht ein­ trat, ist als Anfangsvermögen so lange maßgebend, bis eine Besitzsteuer zu veranlagen ist. Im letzteren Falle bleibt dann das hierbei festgestellte Endvermögen später wiederum so lange als Anfangsvermögen maß­ gebend, bis erneut eine Besitzsteuer zu veranlagen ist (siehe Anm. 4 zu § 20 sowie BundRAB. § 21). 4. Mit der Klarlegung seiner Vermögensverhältnisse, wie sie zu den in Abs. 1 bezeichneten Zeitpunkten waren, hat der Steuerpflichtige seine Steuerpflicht nach § 53 erfüllt. Ob sich aus ihrer Gegenüberstellung ein steuerpflichtiger Vermögenszuwachs ergibt, hat die Steuerbehörde selbständig und allein an der Hand des Gesetzes und der Ausführungsvorschriften zu ermit­ teln und je nach dem Ergebnis gemäß § 65 weiter zu verfahren. Abs. 2. „Nennwert" bezieht sich auf § 36 Abs. 1, „Kurs­ wert" auf § 34 Abs. 1, „Betrag der geleisteten Zah­ lungen" auf §§ 30 und 31 Abs. 4. Soweit diese Werte für die Besteuerung in Betracht kommen, muß der Pflichtige sie angeben. Im übrigen ist er zu Wert­ angaben nicht verpflichtet, sondern kann sich auf die tatsächlichen Mitteilungen beschränken, die er behufs Schätzung des Wertes beizubringen vermag. Diese Mit­ teilungen zu machen ist er aber auch verpflichtet, da die Steuerbehörde sie als Unterlage notwendig braucht und er allein in der Regel in der Lage sein wird, sie ihr erschöpfend, zuverlässig und rechtzeitig bekannt zu geben. Andrerseits hat er nicht nötig, jene ihm obliegenden Wertangaben in der Besitzsteuererklä-

rung durch nähere tatsächliche Mitteilungen zu unter­ stützen. Doch ist die Steuerbehörde berechtigt, ihn auf Grund und nach Maßgabe des § 57 dazu anzuhalten.

Abs. 1 int* 2. Ist die Besitzsteuererklärung unvollständig, wegen nicht genügender Beobachtung der Vorschriften in Abs. 1 und 2, so kann ihre Vervollständigung auf Grund des § 54 erzwungen werden (siehe Anm. 2 zu § 54 Abst 1 und 2). Außerdem fallen dem Steuer­ pflichtigen nach § 60 die Kosten der dadurch für die Steuerbehörde notwendig gewordenen Ermittelungen zur Last. Unrichtige Angaben ziehen die gleiche Folge nach sich (8 54), wissentlich unrichtige oder un­ vollständige Angaben, die eine Verkürzung der Besitz­ steuer herbeizuführen geeignet sind, außerdem Bestra­ fung nach §§ 76 ff. Wer trotz Aufforderung keine An­ gaben über seine Vermögensverhältnisse macht, unterf­ liegt gleichfalls der Kostenpflicht nach § 60. Auch wird durch die fortgesetzte Weigerung des Steuerpflichtigen, eine Besitzsteuererklärung abzugeben, seine Veranlagung zu dieser auf Grund schätzungsweiser Vermögensfest­ stellung nicht gehindert (BundRAB. § 19 Abs. 4).

§ 54. Der Steuerpflichtige kann zur Abgabe der Besitz­ steuererklärung mit Geldstrafen bis zu fünfhundert Mark angehalten werden. Dem Steuerpflichtigen, der die ihm nach § 52 obliegende Besitzsteuererklärung nicht rechtzeitig ab­ gibt, kann ein Zuschlag von 5 bis 10 vom Hundert der rechtskräftig festgestellten Besitzsteuer auferlegt werden.

Abs. 1 und 2. Der Ausdruck „Steuerpflichtiger" bezieht sich .auf die subjektive Steuerpflicht. 2. Die Geldstrafe nach Abs. 1 und der Zuschlag nach Abs. 2 können auch dann verhängt werden, wenn eine

1.

166

Befttzsteuergesetz.

unvollständige Besitzsteuererklärung abgegeben und trotz Aufforderung nicht oder nicht rechtzeitig vervoll­ ständigt wird. Nach § 10 Abs. 3 der PreußAusfV. kön­ nen beide nebeneinander zur Anwendung gebracht werden.

Abs. 1. Die Abgabe der Besitzsteuererklärung ist nötigen­ falls durch vorher anzudrohende Geldstrafen zu erzwin­ gen (BundRAB. § 19 Abs. 1). Das „kann" in Abs. 1 ist dadurch zu einer Pflicht für die Steuerbehörde ge­ macht worden, doch ist die vorherige Androhung der Geldstrafen die Voraussetzung für ihre Verhängung. 2. Gleichzeitig mit der Straffestsetzung auf Grund des Abs. 1 ist dem Säumigen eine angemessene weitere Frist zur Abgabe der Besitzsteuererklärung zu setzen. Die Geldstrafe kann so lange wiederholt werden, bis der Steuerpflichtige seiner Verpflichtung zur Abgabe der Erklärung nachgekommen ist. Durch die fortgesetzte Weigerung des Steuerpflichtigen, eine Besitzsteuererklä­ rung abzugeben, wird seine Veranlagung zur Besitz­ steuer auf Grund schätzungsweiser Vermögensfeststellun­ gen nicht gehindert (BundRAB. § 19 Abs. 2—4). 3. Die Zuständigkeit und das Verfahren bei Verhän­ gung dieser Geldstrafen bemißt sich im Hinblick auf BundRAB. § 74 nach den Vorschriften des ReichsGerichtsverfassungsgesetzes und der Neichsstrafprozeßordnung, in Bayern weiterhin nach Art. 86—96 des Ausführungsgesetzes zu letzterer vom 18. August 1879 (BayerVV. § 11 Abs. 1). In Preußen setzt der Vorsitzende der Einkommeusteuer-Veranlagungskommission diese Strafen fest. In Sachsen gestaltet sich das Verfahren so, daß das Besitzsteueramt an die Personen, die nach Anzeige der Gemeindebehörde der Aufforderung zur Abgabe einer Besitzsteuererklärung nicht nachgekommen sind, alsbald eine nochmalige Aufforderung nach bestimmtem Muster unter Androhung einer angemessenen Geld­ strafe erläßt. Sre ist bei der erstmaligen Veranlagung mit der nochmaligen Aufforderung zur Abgabe der Kriegssteuererklärung zu verbinden. Bleibt auch diese

1.

§ 54.

167

Aufforderung erfolglos, so setzt das Besitzsteueramt die verwirkte Geldstrafe fest und zieht sie ein. Gleich­ zeitig mit der Zahlungsaufforderung setzt es dem Säu­ migen unter abermaliger Strafandrohung eine ange­ messene weitere Frist unter der Eröffnung, daß die Geldstrafe solange wiederholt werde, bis er seiner Verpflichtung zur Abgabe der Besitzsteuererklärung nach­ gekommen sei (SächsVV. § 13). Die festgesetzten Geldstrafen fließen in die Staats­ kasse (BundRAB. § 75), die nach Abs. 2 festgesetzten Zuschläge dagegen in die Reichskasse. Eine Umwand­ lung der Geldstrafe in Freiheitsstrafe für den Nichtbei­ treibungsfall findet nicht statt.

4.

Abs. 2. „Nicht rechtzeitig" heißt nicht innerhalb der vom Bundesrat bzw. von der obersten Landesfinanzbehörde (§ 52 Abs. 1 und BundRAB. §§ 12—16) oder von der Steuerbehörde (§ 52 Abs. 2) festgesetzten Frist. Wegen Beibringung genügender Entschuldigung siehe Anm. 2.

1.

Von der Auferlegung eines Zuschlags bei nicht rechtzeitiger Abgabe der Besitzsteuererklärung soll dann abgesehen werden, wenn die Umstände des Einzelfalls die Versäumnis als entschuldbar erscheinen lassen. Wird die Besitzsteuer im Rechtsmittel- oder Berichtigungs­ verfahren anderweit festgesetzt, so tritt auch eine ent­ sprechende Erhöhung oder Ermäßigung des Zuschlags ein (BundRAB. § 19 Abs. 5).

2.

Die Festsetzung der Zuschläge gemäß Abs. 2 erfolgt in Preußen durch den Vorsitzenden der Veranlagungs­ kommission in unmittelbarem Anschluß an die Veran­ lagung (PreußAussVV. Art. 11 Nr. 5). In Bayern geschieht sie durch das Rentamt unter entsprechender Anwendung des Art. 31 Abs. 4 des EinkStG. und des § 48 Abs. 2—5 der Vollz.-Vorschr. dazu. Die festge­ setzten Zuschläge sind zugleich mit den Besitzsteuern, aus denen sie berechnet wurden, an die Reichskasse ab­ zuführen und in der gleichen Weise wie diese zu ver­ rechnen (BayerVV. § 11 Abs. 2 und 3).

3.

168

Besitzsteuergesetz.

§ 55. Die Veranlagungsbehörde prüft die Angaben in der Besitzsteuererklärung und stellt, gegebenenfalls nach Vornahme der erforderlichen Ermittelungen, die Höhe des steuerbaren Vermögens fest.

1. Das Besitzsteueramt hat die Angaben in den Besitz­ steuererklärungen auf ihre Richtigkeit und Voll­ ständigkeit zu prüfen (BundNAB. § 20). Die Höhe des steuerbaren Vermögens stellt es unter Anwendung des Grundsatzes freier Beweiswürdigung und Schätzung nach seiner aus dem Gesamtergebnis der Prüfung ge­ wonnenen freien Überzeugung fest. 2. Ein formelles Verfahren zur Erörterung der Befitzsteuererklärungen ist nach dem Gesetze nicht vorgeschrie­ ben. Es empfiehlt sich aber, etwaige Bedenken hin­ sichtlich der Erklärungen dem Beitragspflichtigen mitzu­ teilen. Diese Mitteilung kann zweckmäßig mit der Er­ örterung der Steuererklärung verbunden werden. Ebenso wie die Unterlagen der Veranlagung zur Einkommen­ steuer und zur Ergänzungssteuer bei der Feststellung der Besitzsteuer und Kriegssteuer benutzt werden müssen, sind in gleicher Weise die bei der Veranlagung zu letz­ terer gewonnenen Unterlagen, insbesondere der Inhalt der Besitzsteuer- und Kriegssteuererklärungen, für die Veranlagung zur Einkommen- und Ergänzungssteuer nutzbar zu machen (PreußAusfV. Art. 9). Für Bayern ist zunächst zu beachten, daß die Feststellung der Grundlagen für die Veran­ lagung und Berechnung der Besitzsteuer durch die Ein­ kommensteuerausschüsse und in Gemäßheit der Art. 42 bis 47 des EinkStG. zu erfolgen hat. Im übrigen hat das Rentamt zunächst die Angaben in der Besitzsteuer­ erklärung auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit und unter Benützung aller ihm zu Gebote stehenden amt­ lichen Behelfe, der Wehrbeitrags- und Besitzsteuerakten, der Steuererklärungen für die Veranlagung der Ein­ kommen-, Gewerbe- und Kapitalrentensteuer, endlich der

§ 55.

169

Überweisungen und Mitteilungen anderer Rentämter und Besitzsteuerämter zu prüfen. Für jene Steuerpflich­ tigen, bei denen die vorliegenden Prüfungsbehelfe keinen verlässigen Schluß auf die Höhe des Vermögens ge­ statten, sind die erforderlichen Erkundigungen gewissen­ haft und mit Umsicht unter Anwendung der den Besitz­ steuerämtern nach § 35 Satz 4, §§ 56—59, 63 des Ges. eingeräumten Befugnisse einzuziehen. In allen zweifelhaften Fällen ist von. der Befugnis der Einver­ nahme von Sachverständigen ausgrebiger Gebrauch zu machen und, soweit irgend tunlich, auf persönliche Er­ örterung etwaiger Bedenken über die Richtigkeit der Besitzsteuererklärung Bedacht zu nehmen. Kleinliche Be­ anstandungen sind zu unterlassen. Wegen der Auswahl von Sachverständigen wird es sich empfehlen, mit den Vertretungen von Handel und Gewerbe ins Benehmen zu treten. Die Gemeindebehörden haben in dem Umfange bei der Vermögensermittelung mitzuwirken, wie dies ihnen im § 63 des Ges. und im Art. 35 Abs. I des EinkStG. zur Pflicht gemacht ist. Dre Notare sind ver­ pflichtet, Aufschlüsse zu erteilen und Einsicht der ihnen zur Verfügung stehenden amtlichen Behelfe zu gestatten im gleichen Umfange wie nach Art. 35 Abst II des EinkStG. Das gleiche gilt für die sämtlichen öffent­ lichen Behörden, soweit nicht der Vorbehalt im § 63 Abs. 3 des Ges. und im Art. 35 Abs. III des EinkStG. Platz zu greifen hat. § 51 der Vollz.-Vorschr. zum EinkStG. findet entsprechende Anwendung. Als Hilfsmittel für die Feststellung des Ertrags­ werts von Grundstücken sind neben den Vermögenserklä­ rungen insbesondere zu benützen: a) die Steuerkataster im Rahmen des § 45 der BundRAB.; b) etwa ermittelte Pachterträge bei Pachtgütern: c) die Einkommensteuerveranlagung; d) die Veranlagung des gebundenen Grundbesitzes zur Ersatzabgabe nach § 95 des RG. vom 3. Juli 1913 (RGBl. S. 639); e) die Gutachten der Sachverständigen. (BayerBV. §§ 12 und 14).

170

Besttzsteuergesetz.

In Sachsen hat das Besrtzsteueramt die Besitz­ steuererklärungen einer vorläufigen Prüfung zu unter­ werfen, auf Beseitigung der wahrgenommenen Lücken und Mängel hinzuwirken sowie die Zweifel und Miß­ verständnisse, denen es bei der vorläufigen Prüfung der Erklärungen begegnet, durch geeignete Vernehmung mit Behörden und Privatpersonen zu beseitigen. Als­ dann hat es die Besitzsteuerlisten samt den dazugehöri­ gen Unterlagen an die stellvertretenden Vorsitzenden mit möglichster Beschleunigung, jedenfalls aber so zeitig abzugeben, daß diese die ihrerseits auszuführenden Vorarbeiten mit der nötigen Sorgfalt und Gründlichkeit erledigen können, ohne den pünktlichen Abschluß des Veranlagungsgeschäfts (siehe Anm. 3 zu § 49) zu be­ einträchtigen. Später eingehende Unterlagen hat es ungesäumt weiterzubefördern. Auch hat es während der ganzen Dauer des Veranlagungsgeschäfts für glatte Abwickelung des schriftlichen Verkehrs zwischen den Kommissionen seines Bezirkes zu sorgen und nach Be­ finden vermittelnd einzugreifen. Der Vorsitzende hat die Angaben in den Besitzsteuer­ erklärungen auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit sorgfältig zu prüfen. Dabei hat er sich zu vergegen­ wärtigen, daß seine Vorarbeiten für den Verlauf des Veranlagungsgeschäfts von größter Bedeutung sind. Er hat sich unter Benutzung aller ihm zur Verfügung stehenden Mittel vorläufig schon ein Bild darüber zu verschaffen, wie sich nach seiner Überzeugung die Ver­ anlagung in den einzelnen Fällen sachgemäß zu ge­ stalten haben werde. Findet er, daß Personen in der Besitzsteuerliste weggelassen sind, die aufzunehmen ge­ wesen wären, so hat er diese Personen am Schlüsse der Liste nachzutragen. Die Einschätzungskommission hat mit Benutzung aller ihr zu Gebote stehenden Unter­ lagen und unter sorgfältiger Prüfung der eingegange­ nen Besitzsteuererklärungen den Betrag des Vermögens­ zuwachses der Steuerpflichtigen zu ermitteln. Die Ver­ anlagung erfolgt in unmittelbarem Anschluß an die Veranlagung zur Einkommen- und Ergänzungssteuer Veranlagung zur Einkommen- und Ergänzungssteuer. (SächsVV. §§ 18 und 20 Abs. 1).

88 55, 56.

171

3. Zu.den „Ermittelungen" im Sinne des § 55 ge­ hören namentlich die in den §§ 56—59 und 61—63 gedachten.

§ 56. Die Steuerbehörde kann Zeugen und Sachver­ ständige uneidlich vernehmen. Das Zeugnis oder Gutachten darf nur unter den Voraussetzungen ver­ weigert werden, welche nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung (§§ 383 bis 385, 407, 408) zur Ablehnung eines Zeugnisses oder Gutachtens be­ rechtigen. Zeugen und Sachverständige können zur Abgabe des Zeugnisses oder Gutachtens mit Geldstrafen bis zu einhundertundfünfzig Mark angehalten werden. 1. Eidliche Vernehmungen können nur im Rechts­ mittelverfahren gemäß den für dieses gültigen Landes­ gesetzen erfolgen (§ 66). 2. Bezüglich der Auswahl der zu vernehmenden Sach­ verständigen ist die Steuerbehörde an die Anträge des Steuerpflichtigen nicht gebunden. 3. Auf die Verhängung der in Abs. 2 vorgesehenen Geldstrafen finden in Bayern die Vorschriften des § 11 Abs. 1 und 3 Satz 1 der Vollz.-Vorschr. Anwendung (ebenda Abs. 4). 4. Hier greift die wichtige und sehr strittige Frage der Auskunftspflicht der Banken und Bankiers hinsichtlich der ihnen anvertrauten Vermögenswerte von Kunden ein. Eine solche Pflicht ist im BStG. und ebenso im WBG. weder ausdrücklich ausgesprochen noch verneint. In § 63 Abs. 3 des BStG. ist zwar das Nichtbestehen einer Auskunftspflicht für die Verwal­ tung der Schuldbücher öffentlicher Korporationen sowie für die Verwaltung öffentlicher Sparkassen und anderer mit der Verwaltung und Verwahrung fremden Ver­ mögens befaßter öffentlicher Anstalten ausdrücklich ausgesprochen, aber nur als deutlich erkennbare beson-

172

Besitzsteuergesetz.

dere Ausnahme von der in Abs. 1 daselbst festgesetzten allgemeinen Auskunftspflicht aller Reichs-, Staats- und Gemeindebehörden, also mit Rücksicht auf den öffent­ lichen Charakter der in Abs. 3 genannten Anstalten, die wegen desselben ohne diese ausdrückliche Befreiung jener allgemeinen Auskunftspflicht unterworfen sein würden. Daß man sie von ihr ausgenommen hat, liegt, wie Hoffmann (Kommentar zum WBG. nebst Anhang über das BStG. S. 71) treffend hervorhebt, wesent­ lich im Interesse dieser öffentlichen Einrichtungen selbst und ihrer Popularisierung. Diese Sonderbestimmung gibt also kein Recht, aus ihr einen Rückschluß auf eine gleichartige Befreiung der privaten Banken und Ban­ kiers zu machen. Da ein besonderes Recht derartiger Auskunftsver­ weigerung für die Leiter und Angestellten privater Banken uud für die Bankiers steuergesetzlich nicht aus­ gesprochen ist, so kann mir in Frage kommen, ob solche Personen berechtigt sind, auf Grund des § 383 Abs. 1 Ziff. 5 der StrPO. — „Zur Verweigerung ihres Zeugnisses sind be­ rechtigt : 5. Personen, welchen kraft ihres Amtes, Standes oder Gewerbes Tatsachen anvertraut sind, deren Ge­ heimhaltung durch die Natur derselben oder durch gesetzliche Vorschrift geboten ist, in betreff der Tat­ sachen, auf welche die Verpflichtung zur Verschwiegen­ heit sich bezieht" — ihr Zeugnis in Ansehung der ihnen in Ausübung ihrer gewerblichen Tätigkeit bekannt gewordenen Vermögens­ verhältnisse ihrer Kunden zu verweigern. Bejahenden­ falls, aber auch nur dann, würden sie nach § 56 Abs. 1 des BStG. auch der Besitzsteuerbehörde gegenüber davon Gebrauch machen dürfen. Das ganze Problem schränkt sich daher auf die Beantwortung dieser Frage zusam­ men und ist also auch an dieser Stelle zu erörtern. Die Entstehungsgeschichte des BStG. gibt in dieser Hinsicht keinen Anhalt, da weder die Begrün­ dung der Regierungsvorlage darauf eingeht noch auch in den Verhandlungen der Reichstagskommission oder des Plenums die Frage erörtert worden ist. Dagegen

8 b6.

173

ist bi esc bei der Beratung des dem § 56 entsprechenden § Bts des WBG. in der mit diesem befaßten Reichstags­ kommission behandelt worden, ohne allerdings eine Lösung zu finden. Zu § 38 des WBG. wurde nämlich ein zu § 44 (der dem § 63 des BStG. entspricht) ge­ stellter Antrag erörtert, den Behörden hinsichtlich der Anskunftspflicht „Banken, Bankiers, Sparkassen und andere Anstalten" gleichzustellen, sowie die mit BStG. § 63 Abs. 3 wörtlich gleichlautende Aufhebung der Auskunftspflicht auf die Postbehörden zu beschränken. Der Antragsteller erklärte dazu, daß seine politi­ schen Freunde die Auskunftpflicht für die Banken fest­ setzen wollten. Es sei allerdings klar, daß die Offen­ haltung der Banken nicht ohne Bedenken sei, denn unter der Offenlegung ihrer Verhältnisse würden besonders Personen mit geringem Kredit zu leiden haben. In­ dessen würden hieraus Schwierigkeiten nur für die Übergangszeit zu erwarten sein; es sei nicht einzusehen, warum die finanziellen Verhältnisse das einzige in unserem Staatswesen gehütete Geheimnis sein sollten. Im Interesse der öffentlichen Moral bitte er, den An­ trag seiner politischen Freunde anzunehmen. Von mehreren Abgeordneten wurde darauf hinge­ wiesen, daß an sich der Bankier und Bankbeamte, ebenso wie jeder andere, der Zeugnispflicht des § 38 unterliege. Es sei nur fraglich, ob sich die in § 38 angeführten Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Recht zur Verweigerung des Zeugnisses auf Fälle beziehen, in denen der Bankier oder Bankbeamte über die Verhältnisse der Kunden der Bank vor der Steuer­ behörde Zeugnis ablegen soll. In der Rechtsprechung scheine diese Frage endgültig noch nicht entschieden zu sein; jedoch ständen die Finanzverwaltungen anschei­ nend auf dem Standpunkt, daß sie das Recht zur Ver­ weigerung des Zeugnisses in diesen Fällen respektierten. Man werde sich auch für das gegenwärtige Gesetz damit abfinden müssen, daß die Rechtsfrage nicht geklärt sei. Gegen den Antrag wurde vorgebracht, daß er die Gefahr einer Abwanderung des Kapitals in das Aus­ land herbeiführe. Der Antrag wurde darauf, soweit

174

Besitzsteuergesetz.

Banken und Bankiers in Betracht kommen, abgelehnt, im übrigen zurückgezogen. Die Meinungen in der Literatur sind ange­ sichts dieses negativen Ergebnisses sehr geteilt. Hoff­ mann sagt darüber (in seinem Kommentar zum WBG. S. 71): „Das Recht der Zeugnisverweigerung nach § 383 Nr. 5 der ZPO. setzt voraus, daß die Geheim­ haltung der dem Gewerbetreibenden anvertrauten Sache durch die Natur der Tatsache geboten ist, nicht etwa durch das Vertrauensverhältnis, das zwischen dem Gewerbetreibenden und den Kunden besteht. Der Sinn der Vorschrift ist also der, daß derjenige, für den die Wahrung eines ihn angehenden Geheimnisses geboten ist, die Gefahr der Offenlegung nicht zu befürchten haben soll, wenn er genötigt ist, das Geheimnis einer anderen Person kraft deren Amtes, Standes oder Berufes an­ zuvertrauen. Daß die Mahnung der Geheimhaltung einer Tatsache für denjenigen, den die Tatsache angeht, geboten war, kann man aber dann nicht sagen, wenn er gesetzlich zur Offenlegung dieser Tatsache verpflich­ tet ist, wie dies beim Wehrbeitragspflichtigen bezüg­ lich seines Vermögens der Veranlagungsbehörde gegen­ über der Fall ist. Wenn in § 45 Abs. 3 eine Auskunfts­ pflicht für die Postbehörden, Schuldbücherverwaltungen, öffentlichen Sparkassen usw. verneint ist, so ist dies demnach keineswegs deswegen geschehen, weil für den Wehrbeitragspflichtigen die Geheimhaltung seiner Ver­ mögensverhältnisse geboten war, sondern wesentlich im Interesse dieser öffentlichen Einrichtungen selbst und ihrer Popularisierung. Daß auch für die Banken wich­ tige und beachtliche wirtschaftliche Interessen vorliegen, von einer Auskunftspflicht verschont zu bleiben, ist nicht zu verkennen, es besteht aber für die Behörden auch kein Zwang, ihnen gegenüber von ihrem Zeugen­ vernehmungsrecht Gebrauch zu machen." Die gegen­ teilige Ansicht vertritt E. Zimmermann, Der Wehr­ beitrag, Stuttgart 1913, während Strutz in seinem „Ergänzungssteuergesetz" zwar ein allgemeines Recht der Banken und Bankiers, das Zeugnis zu verweigern, verneint, oder doch von Fall zu Fall entschieden wissen will.

§§ 56, 57.

175

Tie Rechtsprechung hat keine klare, einheit­ liche Stellung genommen. Vgl. darüber und über die einschlägige Literatur den Aufsatz von Meister, „Das Zeugnis- und Auskunftsverweigerungsrecht des Ban­ kiers und seiner Angestellten" im „Bankarchiv", Jahr­ gang X Nr. 15 S. 240 f. Der Verfasser kommt zur Bejahung dieses Rechtes. Die darin mitgeteilten Ent­ scheidungen hoher Gerichtsinstanzen sprechen sich aller­ dings in ähnlichem Sinne aus, namentlich das Baye­ rische Oberste Landesgericht in seiner Entscheidung vom 26. Mai 1900 (Entsch. I S. 290 ff. neue Folge).

§ 57. Der Steuerpflichtige hat auf Erfordern die Höhe seines Vermögens nachzuweisen. Er ist insbesondere verpflichtet, der Steuerbehörde Wirtschafts- oder Ge­ schäftsbücher, Verträge, Schuldverschreibungen, Zins­ quittungen, Abrechnungen von Banken oder ähn­ lichen Unternehmungen und andere Schriftstücke, welche für die Besitzsteuerveranlagung von Bedeutung sind, zur Einsicht und Prüfung vorzulegen. Die Einsichtnahme und Prüfung der Bücher und Schriftstücke des Steuerpflichtigen soll tunlichst in dessen Wohnung oder Geschäftsräumen erfolgen.

1.

Abf. 1.

Die Erfüllung der hier festgesetzten Verpflichtungen ist nicht davon abhängig, daß der Steuerpflichtige zuvor eine Besitzsteuererklärung eingereicht hat. Die Steuerbehörde soll durch die ihr in Abs. 1 beigelegten Befugnisse in den Stand gesetzt werden, sich alle für die richtige Veranlagung des Steuerpflich­ tigen erforderlichen Unterlagen, insbesondere diejeni­ gen zu beschaffen, die sie nur vom Steuerpflichtigen selbst oder durch ihn erlangen kann. Zwangsmittel gegen den Steuerpflichtigen zur Erfüllung dieser Ver­ pflichtungen sind nicht vorgesehen. Auch die Anwen-

2.

176

Befitzsteuergesetz.

düng der Ordnungsstrafe nach § 83 des Ges. wird all­ gemein für unzulässig angesehen. Er hat aber, wenn die Steuerbehörde dadurch veranlaßt wird, selbst Er­ mittelungen nach gleicher Richtung anzustellen, die da­ durch verursachten Kosten gemäß § 60 zu tragen. Selbst­ verständlich hat der Pflichtige, wenn und soweit er seinen Verpflichtungen aus Abs. 1 nachkommt, seine Angaben und Nachweisungen durchgängig aus ihre Rich­ tigkeit und Vollständigkeit hin zu vertreten. Er unter­ steht dabei insbesondere den Strasvorschriften der §§ 76 ff. Kommt er der Aufforderung dagegen nicht nach, so stellt auch in diesem Falle die Steuerbehörde die Höhe seines steuerbaren Vermögens aus Grund des ihr zur Verfü­ gung stehenden Tatsachen- und Beweismaterials ge­ mäß § 55 selbständig nach freiem Ermessen fest, so daß die Unterlassung dem Pflichtigen selbst zum Nachteil gereichen kann.

Abs. 2. Der Abs. 2 entspricht wörtlich dem § 41 Abs. 2 des WBG., welcher erst in der zweiten Lesung des Ple­ nums in dieses Gesetz ausgenommen wurde. Er be­ zweckt, der in gewerbetreibenden Kreisen entstandenen Besorgnis entgegenzuwirken, daß der § 57 „in manchen Fällen von den unteren Steuerbehörden in einer Weise durchgesührt werden könnte, welche zu einer schweren Belästigung der Gewerbetreibenden und zu einer Unter­ brechung oder Störung ihres Geschäftsbetriebes führen könnte, wenn die Bücher der Veranlagungsbehörde vor­ gelegt werden müßten und dann Wochen- und vielleicht monatelang auf dem Steueramte liegen würden" (Sten. Ber. S. 5815).

§ 58. Die Vorstände oder Geschäftsführer der in § 35 bezeichneten Gesellschaften, die ihren Sitz im Inland haben oder Vermögen im Inland besitzen, haben dem Steuerpflichtigen die erforderlichen Mitteilungen

§§ 57, 58.

177

über den Wert seiner Aktien oder Gesellschaftsanteile zu machen. Sie sind außerdem verpflichtet, der Steuerbehörde auf Verlangen binnen einer Frist von vier Wochen eitle Nachweisung einzureichen, welche enthält: 1. die Höhe des Grundkapitals oder der Stamm­ einlagen, 2. den Betrag der in den vorausgegangenen drei Jahren jährlich verteilten Gewinne, 3. die tatsächlichen Mitteilungen, die sie zur Schätzung des Wertes der Aktien, Anteile oder Kuxe bei­ zubringen vermögen. Die Nachweisung ist mit der Versicherung zu versehen, daß die Angaben nach bestem Wissen und Gewissen gemacht sind. Die Verpflichteten können zur Abgabe der Nach­ weisung mit Geldstrafen bis zu fünfhundert Mark angehalten werden. Abs. 1. Es handelt sich hier um Mitteilungen, die erforder­ lich sind, um die in § 35 vorgesehene Bewertung der daselbst genannten Wertpapierarten in zuverlässiger Weise zu erzielen. Die sonach in Betracht kommenden Gesellschaften sind: Bergwertsgesellschaften, Gewerk­ schaften (nach Hoffmann, Anm. 4 zu WBG. § 42), da nur sie Kuxe (Abs. 2 Ziff. 3) ausgeben, Gesellschaften m. b. H., Aktien- und Kommanditaktiengesellschaften, deren Aktien keinen Börsenkurs haben. Jeder Steuer­ pflichtige hat gegen ihre Vorstände oder Geschäftsführer einen klagbaren Anspruch auf die für seine Besitzsteuerveranlagung und mithin für die Aufstellung seiner Besihsteuererklärnng erforderlichen Mitteilungen über den Wert der nachweisbar in seinem Eigentumsbesitz befind­ lichen Aktien oder Anteile dieser Gesellschaften. Umfang und Inhalt dieser Mitteilungen bemessen sich nach dem Köppe, Besitzsteuergesetz. 12

l.

178

Be,'itzsteuergesetz.

Zwecke, nämlich den Steuerpflichtigen zur Abgabe einer vollständigen und richtigen Besitzsteuererklärung hinsicht­ lich dieser Aktien und Gesellschaftsanteile in den Stand zu setzen. „Vermögen im Inland" kann solches beliebiger Art und Größe sein. „Wert" ist der Verkaufswert oder, sofern ein solcher nicht zu ermitteln ist, der in Satz 2 des § 35 genannte Wert zu Ende und unter Umständen auch zu Anfang des Beranlagungszeitraums. 2. Verweigerung der Mitteilung macht die betreffen­ den Vorstände oder Geschäftsführer für den Ersatz des dem Steuerpflichtigen dadurch erwachsenden Schadens haftbar. Dagegen hat sie keine strafrechtlichen Folgen, da die Strafbestimmung in § 81 sich ausdrücklich nur auf § 58 Ab s. 2 bezieht, und ebenso diejenige in Abs. 4 nur die Erzwingung der Abgabe der in Abs. 2 ge­ nannten „Nachweisung" zum Gegenstände hat. Die Ver­ pflichtung besteht während des Veranlagungs- und auch noch während des Rechtsmittelverfahrens (anderer Mei­ nung Hoffmann, Anm. 5 zu WBG. § 42).

Abs. 2. Außerdem besteht eine öffentlich-rechtliche Pflicht derselben Vorstände und Geschäftsführer, der Steuer­ behörde auf deren Verlangen binnen einer mit der Zustellung der Aufforderung dazu beginnenden Frist von vier Wochen eine Nachweisung des unter 1—3 bezeichneten Inhalts einzureichen. Die „Mitteilungen" unter 3 entsprechen, dem Zwecke der Bestimmung nach, den in Abs. 1 gedachten Mitteilungen. Maßgebend ist für die geforderte Nachweisung der Zeitpunkt des Ab­ laufs des Veranlagungszeitraums. Die Steuerbehörde kann von ihrem Rechte auch noch zum Zwecke der Nach­ oder Neuveranlagung (§ 73) Gebrauch machen. Auch für das Rechtsmittelverfahren wird man es ihr noch zuer­ kennen müssen, wenigstens wenn man auch das Aus­ kunftsrecht des Steuerpflichtigen (Abs. 1) auf das letz­ tere erstreckt. 2. Die Beschränkung in Ziff. 2 auf den Betrag der in den vorausgegangenen drei Jahren jährlich ver­ teilten Gewinne beruht auf einem redaktionellen Ver-

1.

8 58.

179

sehen der Reichstagskommission beim WBG., insofern nach deren Beschlüssen erster und zweiter Lesung als Wert der Aktie oder des Anteils das 16 2/g fache des Durchschnitts der während der letzten drei Geschäfts­ jahre verteilten Jahresdividende gelten sollte (Reichs­ tags-Drucksachen Nr. 1083 S. 90 zu dem dem § 35 des BStG. entsprechenden § 19). Mit Rücksicht hierauf erhielt der § 42 des WBG. (dem der § 58 des BStG. entspricht) von derselben Kommission seine jetzige Fas­ sung und behielt sie auch, obwohl der § 19 des WBG. im Plenum seine von den Kommissionsbeschlüssen ab­ weichende endgültige Fassung erhielt. Das Versehen ist indessen ohne praktische Bedeutung, da die Besitz­ steuerbehörde eine Nachweisung über die Höhe der in den früheren Jahren verteilten Gewinne auf Grund der Ziff. 3 fordern kann.

Abf. 3. Ohne die in Abs. 3 genannte Versicherung ist die Nachweisung ebenso unvollständig wie im gleichartigen Falle des § 52 Abs. 3 die Besitzsteuererklärung. Sie gilt daher, wenn nicht mit jener versehen, als nicht abgegeben, so daß diese Unterlassung die strafrechtlichen Folgen aus Abs. 4 nach sich zieht.

Abs. 4. Diese Geldstrafen sind Zwangsstrafen wie diejenigen im analogen Falle des § 54 Abs. 1. Ihre Verhängung kann also so lange wiederholt werden, bis der Ver­ pflichtung aus Abs. 2 vollständig genügt worden ist. Wissentlich unrichtige oder unvollständige Angaben in der Nachweisung, die geeignet sind, das Steueraufkom­ men zu gefährden, machen nach § 81 strafbar. Straf­ pflichtig nach Abs. 4 sind die in Abs. 1 genannten Vor­ stände oder Geschäftsführer und bei Berggewerkschaften deren Repräsentanten. Sie sind persönlich verantwort­ lich, also mit ihrem eigenen Vermögen, nicht mit dem Gesellschaftsvermögen. 2. In Bayern gelten für die Verhängung der Geld­ strafen aus Abs. 4 die Vorschriften der VV. § 11 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 (siehe § 11 Abs. 4 daselbst).

1.

180

Besitzsteuergesetz.

§ 59. Die Vorschriften der §§ 52 bis 54, 57 gelten auch für den gesetzlichen Vertreter des Steuerpflichtigen hinsichtlich des seiner Verwaltung unterliegenden Vermögens.

I.

Der gesetzliche Vertreter des Steuerpflichtigen hat, da das Vorhandensein einer gesetzlichen Vertretung die Handlungs- und daher Verantwortungsunfähigkeit des letzteren voraussetzt, die Besitzsteuererklärung für ihn aufzustellen und abzugeben (§§ 52 und 53) und kann dazu von der Steuerbehörde mit den gesetzlichen Straf­ mitteln und Strafzuschlägen (§ 54) angehalten werden. Er unterliegt auch der Nachweisungs- und Vorlegungs­ pflicht aus § 57. Diese Pflichten liegen in den Fällen gesetzlicher Vertretung ihm allein ob, nicht auch dem von ihm vertretenen Steuerpflichtigen selbst. Das Wort „audj" in § 59 ändert daran nichts, obwohl es nur in bezug auf den Strafzuschlag aus § 54 Abs. 2 einen rechten Sinn hat. Die vom gesetzlichen Ver­ treter verabsäumte rechtzeitige Abgabe der Besitz­ steuererklärung hat nämlich zur Folge,' daß die Steuer­ behörde einen das Vermögen des vertretenen Steuerpflichtigen treffenden Strafzuschlag von der daselbst angegebenen Höhe festsetzen kann. Denn den Vertreter kann dieser Zuschlag nicht treffen, da seine Besitzsteuerveranlagung nicht in Frage steht. Wohl aber will der Träger des Steueranspruchs, also — nach,§ 1 — der Staat, sich durch einen derartigen Zuschlag sichern gegen den Schaden, der ihm aus der verspäteten Abgabe der Besitzsteuererklärung erwachsen kann. Das Recht zur Strafzuschlagerhebung soll also auch dann Platz greifen, wenn der Steuerpflichtige einen gesetz­ lichen Vertreter hat und die Verspätung der Abgabe mithin diesem allein zur Last fällt (vgl. Hoffmann, Anm. 3 zum gleichlautenden § 43 des WBG.). Ob der Steuerpflichtige für den Zuschlag von seinem gesetzlichen Vertreter Schadloshaltung fordern kann, bestimmt sich nach den bezüglichen Vorschriften des Bürgerlichen

§ 59.

181

Rechts. Geldstrafen, die auf Grund des § 54 Abs. 2 gegen ihn festgesetzt werden, hat der gesetzliche Vertre­ ter natürlich aus seinem eigenen Vermögen zu tragen und ebenso unterliegt er den Strafandrohungen der §§ 76 ff. 2. Die Fälle der gesetzlichen Vertretung sind: Vertre­ tung kraft elterlicher Gewalt (BGB. §§ 1626 ff. und 1684 ff.), kraft Vormundschaft (§§ 1773 ff. und 1896 ff.) oder Pflegschaft (§§ 1909 ff.). Minderjährige Kinder sind mit ihrem Vermögen zur Besitzsteuer selbständig zu veranlagen (siehe Ilnm. 6 zu § 14). Ihre gesetzliche Vertretung geschieht dabei durch den Inhaber der elter­ lichen Gewalt, wenn aber der zugrunde liegende Erwerb dessen Verwaltung entzogen ist (§ 1638) durch einen Pfleger (§ 1909). Dagegen ist der Ehemann nicht gesetzlicher Vertreter seiner Ehefrau, vielmehr sind beide Ehegatten, da ihr Vermögen für die Besitzsteuerveran­ lagung, sofern sie nicht dauernd voneinander getrennt leben, zusammengerechnet wird, der Staatskasse als Ge­ samtschuldner der Besitzsteuer verpflichtet (§ 14). Die Besitzsteuererklärung des Ehemannes hat das Vermögen der nicht dauernd von ihm getrennt lebenden Ehefrau mitzuumfassen (BundRAB. § 17 Abs. 1) und er ist daher für ihre Abgabe wie für ihren Inhalt der Steuer­ behörde gegenüber verantwortlich.

3.

Erstreckt sich die gesetzliche Vertretung nur auf einen Teil des steuerbaren Vermögens des Vertretenen, so beschränkt ..sich die Besitzsteuererklärung des Vertreters auf diesen Teil und ist demgemäß als Teilerklärung zu bezeichnen. Für den Fall der Abwesenheit des Ver­ treters oder einer für ihn vorliegenden Unmöglichkeit der Fristinnehaltung gilt die in den BundRAB. §§ 13 und 16 vorgesehene zulässige Fristverlängerung gleich­ falls.

4.

Läßt der Steuerpflichtige die Besitzsteuererklärung durch eine von ihm damit beauftragte Person als Be­ vollmächtigten abgeben, so greift § 59 nicht Platz. Er bleibt vielmehr für die rechtzeitige Abgabe sowie für die Form und den Inhalt der Erklärung verantwortlich

182

Besitzsteuergesetz.

und auch nach § 57 nachweisungs- und vorlegungspflich­ tig. Auch die Geldstrafen und der Zuschlag nach § 54 Abs. 1 und 2 können nur gegen ihn selbst festgesetzt werden. Der Bevollmächtigte macht sich aber nach den §§ 76 ff., wenn deren Tatbestand vorliegt, strafbar, so­ weit die daselbst gedachten Angaben von ihm gemacht sind.

§ 60. Die Kosten der Ermittelungen fallen dem Steuerpflichtigen zur Last, wenn der endgültig festgestellte Vermögenswert den vom Steuerpflichtigen angegebenen Wert um mehr als ein Drittel übersteigt oder wenn sich seine Angaben in wesentlichen Punkten als un­ richtig erweisen oder wenn er trotz ergangener Auf­ forderung keine oder nur ungenügende Angaben über seine Vermögensverhältnisse gemacht hat. 1. Diese Bestimmungen bilden eine Ausnahme von der Regel in § 85, wonach die Kosten in Besitzsteueraugelegenheiten vom Staate getragen werden, während es für die Kosten des Rechtsmittel- und Strafverfahrens bei den sonst geltenden Vorschriften bewendet. 2. Beim Bestehen einer gesetzlichem: Vertretung trifft die Kostentragungspflicht aus § 60 nur den Steuer­ pflichtigen selbst und nicht seinen Vertreter. Wie weit der letztere jenem ersatzpflichtig ist, bestimmt sich nach dem: Vorschriften des Bürgerlichen Rechts. 3. Unter „Ermittelungen" sind hier die im Laufe des Veranlagungsverfahrens, einschließlich Nach- und Nenveranlagungen (§ 73), gemachten zu verstehen. Die Kosten im Rechtsmittel- und Strafverfahren fallen wegen des sie betreffenden Vorbehalts in § 85 nicht darunter. Es ist aber nicht nötig, daß die Veranlagung zum Erlaß eines Steuerbescheids führte, sondern genügt, wenn sie mir mit einem Feststellungsbescheid (§ 65) abschließt. 4. „Kosten" sind die der Steuerbehörde erwachsenen baren Unkosten der zur Feststellung des Vorhandenseins

oder Nichtvorhandenseins eines steuerbaren Vermögens und seiner Höhe notwendig gewordenen und angestellten Ermittelungen. Darunter fallen nicht auch .Gebühren und Stempel, die nach § 85 in Besitzsteuerangelegen­ heiten zwar überhaupt nicht erhoben werden, deren Erhebung aber beim Zutreffen einer der Voraussetzun­ gen des § 60 etwa in Frage kommen könnte. Wohl aber 3. B. die Kosten der Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen, Portoauslagen u. dgl. Auch die baren Unkosten der von der Steuerbehörde um Auskunft oder Rechtshilfe ersuchten Behörden fallen darunter. Die Ermittelungen können Wertermittelungen oder solche tatsächlicher Natur gewesen sein. Hat der Pflichtige keine Wertangaben gemacht, so muß er, um gegen die Kostentragungspflicht aus § 60 geschützt zu sein, wenig­ stens alle zur Schätzung des Wertes durch die Steuer­ behörde erforderlichen tatsächlichen Mitteilungen gemäß § 53 Abs. 2 vollständig und richtig gemacht, insbeson­ dere auch etwaigen Aufforderungen nach § 57 genügt haben. L. „Endgültig" wird der Vermögenswert durch den Steuer- oder Feststellungsbescheid (§ 65) festgestellt, sofern dieser nicht angefochten wird, letzterenfalls durch rechts­ kräftige Festsetzung im Rechtsmittelverfahren. 6. Die „Angaben" des Pflichtigen sind die in seiner Besitzsteuererklärung oder gemäß § 57 von ihm gemach­ ten. Erweisen sie sich in wesentlichen Punkten als unrichtig, so kommt es für seine Kostentragungspflicht nicht weiter darauf an, ob seine Wertangaben im ein­ zelnen oder bezüglich der Höhe des gesamten steuer­ baren Vermögens für zutreffend erachtet werden oder nicht. Es genügt dann vielmehr, daß er durch die Un­ richtigkeit seiner Angaben Ermittelungen verursacht hat, die mit Kosten verbunden waren, daß er die letzteren also verschuldet hat. Der Beweis der Unrichtigkeit muß so erbracht sein, daß die Steuerbehörde von ihr überzeugt ist. 7. Der letzte von den drei Fällen des § 60 — keine oder ungenügende Angaben gedachter Art trotz ergange-

184

Besitzsteuergesetz.

ner Aufforderung — liegt dann vor, wenn der Steuer­ pflichtige seinen Verpflichtungen aus § 52 Abs. 2 oder § 57 nicht oder nicht gehörig nachgekommen ist. 8. Die Festsetzung der dem Pflichtigen zur Last fallen­ den Kosten erfolgt in Preußen durch die Vorsitzenden der Einkommensteuer-Veranlagungskommissionen (Preuß.AusfVV. Art. 1 Nr. 3), in Bayern durch die Rent­ ämter unter Zulassung der Beschwerde dagegen an die Regierungsfinanzkammern (BayerVV. § 21 Abs. 2). In Sachsen werden diese Kosten nach einem Bauschal­ satze von 2—50 Mk. bemessen. Die entstehenden beson­ deren Kosten (Sachverständigenkosten u. dgl.) sind da­ neben besonders zu vergüten. Festgesetzt werden sie durch Bezeichnung seitens des Vorsitzenden der Ein­ schätzungskommission in einer an das Besitzsteueramt abzugebenden kurzen Niederschrift. Das letztere verrech­ net sie und zieht sie ein (SächsVV. § 16).

§ 61. Den Steuerbehörden haben die Standesämter von den eingetretenen Sterbefällen, die Gerichte von den ergangenen Todeserklärungen Mitteilung zu machen.

1.

Diese Vorschrift bezweckt hauptsächlich, die Steuer­ behörden in den Stand zu setzen, sich über den Anfall und die Höhe des durch Erbgang eintretenden Ver­ mögenszuwachses unterrichten zu können. Sie gibt ihnen die Anregung und die Unterlage für die Stellung des in § 62 bezeichneten Verlangens,. Zugleich entspricht sie der Verpflichtung, die der § 40 des RErbschStG. den Standesämtern und Gerichten in gleicher Hinsicht gegenüber den Erbschaftssteuerämtern auferlegt. 2. In Preußen haben die Standesämter und Ge­ richte die hier vorgeschriebenen Mitteilungen an die Gemeindebehörden (Magistrat, Gemeinde-, Gutsvorstand) des Wohnorts des Verstorbenen zu richten. Der Gemeinde-(Guts-)vorstand verwertet diese Mitteilungen bei Aufstellung der von ihm gemäß Art. 83 Ziff. 6 und 7,

88 60-62.

185

Art. 87 Ziff. 1 der Ausführungsanweisung zum Eink.StG. bzw. dem Erlasse vom 22. März 1913 — II. 1448 — dem Vorsitzenden der Veranlagungskommission ein­ zureichenden Abgangslisten.

§ 62. Innerhalb sechs Monaten nach dem Tode eines Steuerpflichtigen kann die Steuerbehörde von den Erben oder, falls ein Testamentsvollstrecker oder ein Nachlaßpfleger bestellt ist, von diesen Personen unter Hinweis auf die Strafvorschrift des A 81 die Vor­ lage eines Verzeichnisses über das vom Verstorbenen hinterlassene Kapital- und Betriebsvermögen (§ 2 Nr. 2, 3) verlangen. Das Verzeichnis ist binnen vier Wochen nach Zustellung der Aufforderung der Steuerbehörde ein­ zureichen und mit der Versicherung zu versehen, daß die Angaben nach bestem Wissen und Gewissen ge­ macht sind. Die Pflicht zur Einreichung eines Verzeichnisses besteht nicht, wenn auf Grund des Erbschaftssteuer­ gesetzes vom 3. Juni 1906 eine den gesamten Nachlaß umfassende Erbschaftssteuererklärung zu erstatten ist. Die im Abs. 1 genannten Personen können zur Erfüllung der ihnen hiernach obliegenden Ver­ pflichtung mit Geldstrafen bis zu einhundertfünfzig Mark angehalten werden. 1. Das Nachlaßverzeichnis, dessen Einreichung gefor­ dert werden kann, soll nicht so sehr eine Nachprüfung der demnächstigen Besitzsteuerertlärungen der Erben, als vielmehr die Nachprüfung der Besitzsteuerveranlagiiiigcit des Erblassers ermöglichen. Durch die Mittei­ lungspflicht der Standesämter und Gerichte in § 61 wird die Erreichung dieser Absicht gefördert. Der einer

186

Befitzsteuergesetz.

vollständig ausgebauten Erbschaftsbesteuerung nachge­ rühmte große Vorzug, gleichzeitig als wirksames Kon­ trollmittel dafür zu dienen, daß der Erblasser seinen Pflichten in Ansehung aller direkten Besteuerung recht­ zeitig und gehörig nachgekommen ist, soll durch die Ein­ beziehung aller Erbanfälle mit Ausnahme des Gatten­ erbes in den steuerpflichtigen Vermögenszuwachs Ver­ wirklichung finden. Dadurch, daß das Verlangen nach Vorlegung des in Abs. 1 genannten Verzeichnisses be­ reits binnen sechs Monaten nach dem Tode des Besitz­ steuerpflichtigen gestellt werden kann, also nicht erst bis nach Ablauf des Veranlagungszeitraums mit der Ermittlung des durch den Erbanfall bewirkten Ver­ mögenszuwachses gewartet zu werden braucht, wird Ver­ dunkelungen, die sonst eintreten könnten, erfolgreich vorgebeugt. Das Grundvermögen ist vom Inhalt des Nachlaßverzeichnisses ausgenommen, weil es seiner Natur nach sich der Besteuerung nicht wohl entziehen kann. 2. Die gemäß § 40 des RErbschStG., §§ 2, 3 der ErbschStAusfB. den Erbschaftssteuerämtern einzureichen­ den Totenlisten und Mitteilungen über Todeserklärun­ gen werden nach näherer Bestimmung der obersten Landesfinanzbehörde auch den Besitzsteuerümtern so zeitig zur Verfügung gestellt, daß diese innerhalb der im § 62 Abs. 1 des Gesetzes vorgeschriebenen Frist in Fällen, in denen ein besonderer Anlaß hierzu besteht, von den pflichtigen Personen die Einreichung eines Verzeichnisses über das von einem Verstorbenen hinterlassene Kapi­ tal- und Betriebsvermögen verlangen können (Bund.RAB. § 67). Auch diese Vorschrift verfolgt den in Anm. 1 näher bezeichneten Zweck. Der § 40 des RErbschStG. lautet: „Den Erbschaftssteuerämtern sind seitens der nach­ benannten Behörden und Beamten die folgenden Mit­ teilungen zu machen: 1. seitens der Standesämter von den eingetretenen Sterbefällen, 2. seitens der Gerichte von den ergangenen Todeserklärungen,

3. seitens der Gerichte und Notare von den von ihnen beurkundeten Schenkungen und den von ihnen eröffneten Verfügungen von Todes wegen, 4. seitens der Gerichte und Verwaltungsbehörden von den zu ihrer Kenntnis gelangenden Zu­ widerhandlungen gegen die Vorschriften dieses Gesetzes.

3.

Der Vorsitzende der Veranlagungskommission prüft in Preußen die Abgangslisten darauf, ob bei den wegen Todesfalls in Abgang gestellten Steuerpflichtigen Anlaß zur Einforderung eines Nachlaßverzeichnisses vor­ liegt. Von der Befugnis hierzu hat er nach pflicht­ mäßigem Ermessen da Gebrauch zu machen, wo dies nach den Umständen des Falles geboten ist. Unnötige Belästigungen der Steuerpflichtigen sind zu vermeiden. Für die Einforderung werden mit Rücksicht auf Abs. 3 in der Regel nur solche Fälle in Frage kommen, wo der Nachlaß auf .Ehegatten oder Kinder des Verstorbenen übergegangen ist (PreußAusfV. Art. 29 Nr. 3 und 4). In Bayern finden auf die Verhängung der in Abs. 4 bezeichneten Geldstrafen die Vorschriften des § 11 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 der Vollz.-Vorschr, Anwendung. Soweit dem Rentamt auch die Verwaltung des Erbschaftssteuerwesens obliegt (§ 1 der Bek. vom 10. August 1906, GVBl. S. 509) kann die in § 62 vor­ gesehene Besitzsteuerkontrolle unmittelbar auf Grund der gemäß § 40 des ErbschStG-, §§ 2, 3 der ErbschSt.AusfB., §§ 4—7 der Bek. vom 10. August 1906 den Rentämtern einzureichenden Totenlisten und Mitteilun­ gen über Todeserklärungen erfolgen. Die Besitzsteuer­ kontrolle wird zweckmäßig mit der in Art. 73 des Eink.StG. vorgesehenen Nachlaßkontrolle verbunden werden (BayerVV. §§ 11 Abs. 4, 22 Abs. 1 und 4).

4.

Wissentlich unrichtige oder unvollständige Angaben in dem nach § 62 einzureichenden Verzeichnis werden, wenn sie geeignet sind, das Steueraufkommen zu gefähr­ den, nach § 81 bestraft.

188

Besttzsteuergesetz.

§ 63. Die Reichs-, Staats- und Gemeindebehörden sind verpflichtet, den Steuerbehörden auf Ersuchen aus Büchern, Akten, Urkunden usw. Auskunft über die Vermögensverhältnisse des Steuerpflichtigen zu er­ teilen oder ihnen Einsicht in solche, die Vermögens­ verhältnisse betreffenden Bücher, Akten, Urkunden usw. zu gestatten. Den Notaren liegt diese Pflicht nur ob hin­ sichtlich der einen Nachlaß betreffenden Verhand­ lungen oder soweit sie durch sonstige Vorschriften begründet ist. Eine Auskunftspflicht besteht nicht für die Post­ behörden, für die Verwaltung der Schuldbücher öffent­ licher Körperschaften sowie für die Verwaltung öffent­ licher Sparkassen und anderer mit der Verwaltung und Verwahrung fremden Vermögens befaßter öffentlicher Anstalten. Ms. 1. Während in § 40 des RErbschStG. mir die Pflicht der Gerichte und Notare festgesetzt ist, den Erbschastssteuerämtern auf Verlangen die Einsicht in die den Nachlaß betreffenden Verhandlungen zu gestatten, ist hier für alle in Abs. 1 genannten Behörden eine all­ gemeine Pflicht der Ausknnfterteilnng und Einsicht­ gestattung gegenüber den Besitzstenerbehörden vorge­ schrieben. Die mit der Anstellung bei diesen Behörden verbundene Pflicht zur Amtsverschwiegenheit ist inso­ weit eingeschränkt (vgl. die analogen Bestimmungen in § 36 Abs. 6 des PreußEinkStG. 'und § 25 Abs. 5 des P reust Erg StG.).

Abs. 2. Soweit den Notaren durch Reichs- oder Landes­ gesetze eine gleichartige Pflicht, Auskunft zu erteilen oder Einsicht zu gestatten, auferlegt ist, besteht diese

§§ 63, 64.

189

Pflicht auch in Ansehung des Besitzbesteuerungsver­ fahrens. Für Bayern bestimmt § 2 Abs. 2 der Kgl. Ver­ ordnung vom 16. Dezember 1916: „Die Notare sind verpflichtet, Aufschlüsse zu erteilen und Einsicht der ihnen zur Verfügung stehenden amtlichen Behelfe zu gestatten im gleichen Umfange wie nach Art. 35 Abs. 2 des Eint StG." Diese Bestimmung wiederholt wörtlich § 12 Abs. 3 Satz 2 der Vollz.-Vorschr., woselbst es dauu weiter heißt: „Das gleiche gilt für die sämtlichen öffentlichen Behörden, soweit nicht der Vorbehalt im § 63 Abs. 3 des Ges. und im Art. 35 Abs. III des EinkStG. Platz zu greifen hat. § 51 der Vollz.-Vorschr. zum EinkStG. findet entsprechende Anwendung." Abs. 3. Über die Gründe zu der hier erfolgten Beseitigung der in Abs. 1 vorgeschriebenen Auskunftspflicht siehe hinsichtlich .der hier genannten öffentlichen Anstalten Anm. 4 zu § 56. Die Beamten der in Abs. 3 genann­ ten Behörden .können, da ihre Auskuuftspflicht daselbst schlechthin beseitigt ist, auch nicht im Wege des § 56 zur Zeugnisablegung gezwungen werden. Sie haben vielmehr unbedingte und vollständige Amtsverschwiegen­ heit zu üben.

§ 64. Beamte, Angestellte und ehrenamtliche Mitglieder von Behörden, welche im Verfahren zur Veranlagung der Besitzsteuer dienstlich Kenntnis von den Vermögens-, Erwerbs- oder Einkommensverhältnissen eines Steuer­ pflichtigen erhalten, sind zu ihrer Geheimhaltung verpflichtet. Die Besitzsteuererklärungen sind unter Verschluß aufzubewahren und dürfen ebenso wie die sonstigen Verhandlungen im Veranlagungsverfahren nur zur Kenntnis der durch Eid zu ihrer GeheimHaltung Verpflichteten gelangen. Sie dürfen anderen Behörden nur zum Zwecke der Veranlagung und

190

Befltzsteuergesetz.

Erhebung von öffentlichen Abgaben mitgeteilt werden. Bestehen für Landessteuern gleiche oder ähnliche Vorschriften, so steht dies der Mitteilung von Beranlagungsmerkmalen an die Besitzsteuerämter nicht entgegen. 1. „Behörden" sind die mit der Vorbereitung der Ver­ anlagung (§ 51), der Veranlagung selbst und der Rechtshilfegewährung beschäftigten Behörden. 2. Die Geheimhaltungspflicht nach § 64 kann nicht bloß vorsätzlich, sondern auch durch Fahrlässigkeit ver­ letzt werden (Anderer Meinung Hoffmann, Anm. 3 b zu WBG. § 62). In der Strafvorschrift des § 82, der auch „Sachverständige" unterliegen, wird ihre Ver­ letzung bezeichnet als „unbefugtes Offenbaren" der zur dienstlichen oder amtlichen Kenntnis der genannten Personen gelangten Vermögens-, Erwerbs- oder Ein­ kommens-Verhältnisse eines Steuerpflichtigen, insbeson­ dere auch des Inhalts einer Besitzsteuererklärung oder der über sie gepflogenen Verhandlungen. Solches liegt vor, wenn der zur Geheimhaltung Verpflichtete der­ artige Verhältnisse, sei es auch nur durch unachtsames Verhalten, z. B. bei Aufbewahrung' oder Weitergabe von Schriftstücken oder Urkunden, zur Kenntnis anderer Personen gelangen läßt, die kein gesetzliches Recht auf solche Kenntnisnahme haben. Bedingt ist die Geheim­ haltungspflicht dadurch, daß der Verpflichtete „dienst­ lich^ Kenntnis von den betreffenden Verhältnissen des Steuerpflichtigen erhielt. Damit ist gemeint: im Lause des Besitzsteuer- oder des damit zusammenhängenden Kriegssteuer-Verfahrens, oder auch — wegen der statt­ haften einheitlichen Beschlußfassung (vgl. PreußAusfV. Art. 11 Nr. 1) — des etwa damit verbundenen Ein­ kommensteuer- oder Ergänzungssteuer-Veranlagungsver ­ fahrens. Erhielt er die Kenntnis nur auf privatem Wege, so unterliegt er der Geheimhaltungspflicht aus § 64 nicht. Erhielt er sie auf dienstlichem und zugleich, vorher oder nachher, auf privatem Wege, so ist er durch die dienstliche Kenntnisnahme und vom Augenblick ihres

§ 64.

191

Bestehens an zur Geheimhaltung verbunden. (Die abweichende Meinung von Hoffmann, Anm. 3 b zu WBG. § 46, erscheint gegenüber dem bestimmten Wortlaut des § 64 nicht- haltbar). Die Vorschriften der Straf­ prozeßordnung hinsichtlich der Mitteilung der Akten an die Strafverfolgungsbehörden werden durch die Vorschrift des § 64 nicht berührt. So nach der Be­ gründung zum WBG., S. 22, hinsichtlich des § 46 (§ 45 der Regierungsvorlage), der dem § 64 des BStG. inhaltlich entspricht. Sonach bleibt in Kraft der § 96 der StPO., welcher bestimmt: „Die Vorlegung oder Auslieferung von Akten oder anderen in amtlicher Verwahrung befindlichen Schriftstücken durch Behörden und öffentliche Be­ amte darf nicht gefordert werden, wenn deren oberste Dienstbehörde erklärt, daß das Bekannt­ werden des Inhalts dieser Akten oder Schriftstücke dem Wohle des Reichs oder eines Bundesstaates Nachteil bereiten würde."

3. Die in Satz 1 des § 64 genannten Personen dürfen im Zivilprozeßverfahren über Tatsachen, auf welche sich ihre Geheimhaltungspflicht erstreckt, nicht als Zeugen vernommen werden (ZPO. § 383 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 3). Sie dürfen auch nicht auf Grund des § 385 Abs. 2 daselbst von der Verpflichtung zur Verschwiegen­ heit entbunden werden. Im Strafverfahren ist ihre Vernehmung als Zeugen über derartige Tatsachen da­ gegen abhängig von der Genehmigung ihrer vorgesetzten Dienstbehörde, die nur versagt werden darf, wenn die Ablegung des Zeugnisses dem Wohle des Reiches oder eines Bundesstaates Nachteil bereiten würde (StPO. § 53).

4. Die Verletzung der Geheimhaltungspflicht zieht Be­ strafung gemäß § 82 nach sich, neben der auch noch disziplinäre Bestrafung nach Maßgabe der landesrecht­ lichen Disziplinargesetze erfolgen kann.

5. Der Schlußsatz in § 64 besagt, daß, wenn in einem Bundesstaate nach Landessteuerrecht gleiche oder ähn­ liche Geheimhaltungsbestimmungen wie diejenigen in

192

Besitzsteuergesetz.

§ 64 Satz 1—3 bestehen, sie der Mitteilung von Ver­ anlagungsmerkmalen an die Besitzsteuerämter nicht im Wege stehen, also insoweit nicht gelten sollen.

Besitzsteuer- und Feststellungsbescheid.

§ 65. Ergibt die Vergleichung der Vermögensfest­ stellungen einen steuerpflichtigen Vermögenszuwachs, so erteilt die Veranlagungsbehörde dem Steuer­ pflichtigen einen Bescheid über den Gesamtbetrag der zu zahlenden Steuer und über die für eine spätere Veranlagung maßgebende Vermögensfest­ stellung (Steuerbescheid); ergibt sich dagegen kein oder nur ein steuerfreier Vermögenszuwachs, so ist dem Steuerpflichtigen mit einem Vermögen von mehr als zwanzigtausend Mark ein Bescheid über den für eine künftige Veranlagung maßgebenden Vermögens­ stand zu erteilen, sofern dieser nicht bereits rechts­ kräftig feststeht (Feststellungsbescheid). Der Steuer- und der Feststellungsbescheid enthält eine Belehrung über die gegen den Bescheid zulässigen Rechtsmittel, der Steuerbescheid enthält außer­ dem eine Anweisung zur Entrichtung der Steuer in den gesetzlichen Teilbeträgen zu den bestimmten Zahlungsfristen. Dem Steuerpflichtigen sind die Be­ rechnungsgrundlagen der angeforderten Steuer mit­ zuteilen und die Punkte zu bezeichnen, in welchen von der Besttzsteuererklärung abgewichen worden ist. 1. Das Ergebnis der Veranlagung ist dem zur Abgabe der Besitzsteuererklärung nach § 52 Abs. 1 oder 2 Ver­ pflichteten durch einen Bescheid mitzuteilen. Dieser ist ein „Steuerbescheid", wenn sich ein besitzsteuerpflich­ tiger Vermögenszuwachs ergeben hat' hat sich dagegen kein oder nur ein steuerfreier Vermögenszuwachs erge-

193

§ 65.

ben, so ist der Bescheid ein „Feststellungsbescheid". Der Steuerbescheid ist dem Steuerpflichtigen nach dem Muster 3 (im Anhang abgedruckt) zu erteilen. Er hat Zu enthalten: den Betrag der zu zahlenden Besitzsteuer, die Be­ rechnungsgrundlagen der angeforderten Steuer, die Höhe des Endvermögens, dessen Feststellung für eine spätere Veranlagung zur Besitzsteuer maß­ gebend ist, eine Belehrung über die zulässigen Rechtsmittel unter Angabe der Rechtsmittelfristen und Be­ zeichnung der Behörden, bei denen die Rechts­ mittel einzulegen sind, die Anweisung zur Entrichtung der Besitzsteuer in den gesetzlichen Teilbeträgen innerhalb der vor­ geschriebenen Zahlungsfristen, einen Hinweis auf die Zulässigkeit der Vorauszah­ lung der späteren Teilbeträge, die Bezeichnung der zur Empfangnahme der Zah­ lung zuständigen Kassenstelle. In dem Steuerbescheid ist anzugeben, in welchen Punkten bei der Feststellung des steuerbaren Vermögens von der Besitzsteuererklärung abgewichen worden ist. Eine Begründung der Abweichungen ist nicht erforderlich (BundRAB. § 55). Hat sich kein oder nur ein steuerfreier Vermögens­ zuwachs ergeben, so ist dem Steuerpflichtigen ein Be­ scheid über die Feststellung des Anfangsvermögens (s. Anm. 1 zu § 65) — „Feststellungsbescheid" — zu erteilen, falls dieses mehr als 20 000 Mk. beträgt und nicht bereits gemäß § 47 des WBG. oder später gemäß § 65 des BStG. festgestellt ist. Der Feststellungs­ bescheid, für den das Muster 4 (im Anhang ab gedruckt) als Anhalt dient, hat wie der Steuerbescheid eine Be­ lehrung über die zulässigen Rechtsmittel und eine Be­ zeichnung der Punkte zu enthalten, in welchen bei der Feststellung des Vermögens von der Besitzsteuererklärryrg abgewichen worden ist (BundRAB. § 56). Der Steuerbescheid oder der Feststellungsbescheid ist dem Steuerpflichtigen oder seinem gesetzlichen oder K ö p p e, Besiyfteuergesetz.

13

194

Besitzsteuergesetz.

bevollmächtigten Vertreter zuzustellen. Ist der Steuer­ pflichtige vor Zustellung des Steuerbescheids gestorben, so ist dieser Bescheid, der dann eine Feststellung des für eine künftige Veranlagung zur Besitzsteuer maß­ gebenden Vermögensstandes nicht mehr zu enthalten hat, wenn ein ohne Beschränkung der Verwaltungsbe­ fugnis auf einzelne Gegenstände bestellter Testaments­ vollstrecker oder ein Nachlaßpfleger die Verwaltung des Nachlasses übernommen hat, diesen Personen, andern­ falls den Erben zuzustellen. Die Zustellung hat nach den in dem betreffenden Bundesstaate für amtliche Zu­ stellungen in Landessteuersachen maßgebenden Vorschrif­ ten zu erfolgen (BundRAB. §§ 57 und 58). Für Preußen gilt ferner: Der Besitzsteuer- und der Kriegssteuerbescheid sind möglichst miteinander zu verbinden. Es ist zulässig, in den Mitteilungen über die Berechnung der Steuer und über Abweichungen von der Besitzsteuererklärung auf vorangegangene Erörterungen hinzuweisen. Die Bescheide können, sofern dadurch keine Verzögerung verursacht wird, zugleich mit den Benach­ richtigungsschreiben über die Veranlagung zur Staats­ einkommensteuer und zur Ergänzungssteuer zugestellt werden. In diesem Falle ist die Zusammenfassung in einem Umschläge zulässig (PreußAusfV. Art. 14 Nr. 3 Abs. 2 und Nr. 5 und 6). Für Bayern gilt ferner: Beide Bescheide haben eine Belehrung über das zulässige Rechtsmittel der Be­ rufung, über die vom Zustellungstag an laufende Aus­ schlußfrist von einem Monate, sowie darüber zu ent­ halten, daß die Berufung innerhalb dieser Ausschluß­ frist schriftlich oder zu Protokoll beim Rentamt oder bei der Gemeindebehörde einzulegen ist, endlich dar­ über, daß in der Berufung die Gründe anzugeben sind, aus denen der Beschluß des Steuerausschusses ange­ fochten wird. Außerdem sind in den Bescheiden die Punkte in Kürze zu bezeichnen, in denen bei der Fest­ stellung des steuerbaren Vermögens von der Besitzsteuererklärung abgewichen worden ist. Die Ur­ schriften beider Bescheide sind zu den rentamtlichen Akten zu rechnen. Den Beteiligten sind Abschriften

der Bescheide in einem verschlossenen Umschläge durch die Post, oder wenn tunlich zur Kostenersparung auf andere geeignete, dem § 57 Abs. 2 der BundRAB entsprechende Weise, gegen Zustellungsnachweis zuzu­ stellen (BaherVV. § 27 Abs. 5 und 6, § 28). In Sachsen werden die beiden Bescheide von den mit der Anlegung der Besitzsteuerlisten beauftragten Behörden (siehe Anm. 3 zu § 49) ausgefertigt. Das Besitzsteueramt kann die Ausfertigung auch den mit jener Anlegung nicht beauftragten Gemeindebehörden übertragen. Die Bescheide sind den Empfängern durch die Gemeindebehörde sofort verschlossen und kostenfrei zuzustellen unter sinngemäßer Anwendung der Bestim­ mungen in § 2 der AusfV. zum EinkStG. Die Tage der erfolgten Zustellung hat die Gemeindebehörde dem Besitzsteueramt unverzüglich anzuzeigen (SächsVV. §§ 26 und 27). 2. Mit der Mitteilung des Steuer- oder des Feststel­ lungsbescheides an den Steuerpflichtigen ist die Veranla­ gung abgeschlossen. Ihre Abänderung ist fortan nur möglich entweder im Wege des Rechtsmittelverfahrens oder als Neuveranlagung (§ 73), die zu erfolgen hat, wenn der Steuerbehörde nachträglich neue Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden, die eine höhere Veranlagung des Steuerpflichtigen rechtfertigen. 3. Die Feststellung des für eine künftige Veranlagung maßgebenden Vermögensstandes erfolgt im Bescheide gemäß Abs. 1 sowohl wenn dieser ein Steuer- als wenn er nur ein Feststellungsbescheid ist, letzterenfalls jedoch nur dann, wenn der Steuerpflichtige ein Vermögen von mehr als 20 000 Mk. besitzt. Im Steuerbescheid ist dieser Vermögensstand derjenige, welcher zur Erhe­ bung der darin festgesetzten Steuer führt (§ 21 Abs. 1). Im Feststellungsbescheid ist er der Vermögensstand am Anfang des Veranlagungszeitraums, also das „Anfangs­ vermögen". Solches ist zunächst das Vermögen nach seinem Stande am 1. Januar 1914 oder, falls die sub­ jektive Steuerpflicht erst später eintrat, im Zeitpunkte dieses Eintritts. Dieser Vermögensstand bleibt als Anfangsvermögen so lange maßgebend, bis eine Besitz-

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Besitzsteuergesetz.

steuer zu veranlagen ist, d. h. bis bei einer der in drei­ jährigen Perioden gemäß § 18 aufeinanderfolgenden Besitzsteuerveranlagungen ein besitzsteuerpflichtiger Ver­ mögenszuwachs ermittelt ist (siehe Anm. 1 zu § 19 Abs. 1 und Anm. 3 zu § 53 Abs. 1). Tritt dieser Fall ein, so gilt das hierbei festgestellte Endvermögen fortan wieder so lange als Anfangsvermögen, bis erneut eine Besitzsteuer zu veranlagen ist. Der im „Feststellungs­ bescheid" erteilte Bescheid ist also stets ein Bescheid über die Feststellung des Anfangsvermögens. Ein Feststel­ lungsbescheid wird jedoch nicht erteilt, wenn das An­ fangsvermögen bereits bei der Veranlagung des Steuer­ pflichtigen zum Wehrbeitrag gemäß WBG. § 47 durch Veranlagung^ oder Feststellungsbescheid (statt „Steuer­ bescheid", wie beim BStG., heißt es im WBG. „Ver­ anlagungsbescheid") oder wenn es später bei einer Be­ sitzsteuerveranlagung gemäß dem obigen § 65 festgestellt ist. Denn in diesen beiden Fällen steht das Anfangs­ vermögen nunmehr „bereits rechtskräftig fest", liegt also der in den Schlußworten des Abs. 1 bezeichnete Fall vor (siehe BundRAB. §§ 56 und 21). 4. Der letzte Satz des Abs. 2 ist dem § 45 des RErbsch.StG. nachgebildet. Die Einkommen- und VermögensSteuergesetze der Einzelstaaten enthalten dagegen keine derartige Vorschrift. Sie ist vom Reichstag im Plenum gegen den Protest der Regierungen Bayerns und Sach­ sens eingefügt worden. Nach den Kommissionsbeschlüssen sollte die Mitteilung und Bezeichnung nur auf Verlan­ gen des Pflichtigen erfolgen. In Bayern und Sachsen werden die Steuerbescheide nämlich nicht von den Veranlagungs-, sondern von den Hebebehörden (das sind in Sachsen die Gemeinden) auf Grund der Veranla­ gungskataster ausgefertigt, welche die Steuererklärun­ gen nicht enthalten.

Rechtsmittel.

§ 66.

Die gegen den Steuer- und den Feststellungs. bescheid zulässigen Rechtsmittel, die Rechtsmittelfristen und das Rechtsmittelverfahren werden durch die

88 65, 66.

197

Landesgesetzgebung geregelt. Bis zum Inkrafttreten des Landesgesetzes find nach näherer Bestimmung der Landesregierung gegen den Steuer- und den Feststellungsbescheid die Rechtsmittel zulässig, welche den Steuerpflichtigen nach Landesrecht gegen die Ver­ anlagung zu einer direkten Staatssteuer zustehen. Das Rechtsmittelverfahren (Abs. 1) muß derartig geordnet sein, daß der Steuerpflichtige nacheinander mindestens zwei Rechtsmittelinstanzen anrufen kann und daß ihm die Möglichkeit offensteht, entweder die endgültige Entscheidung eines obersten Verwaltungs­ gerichts oder einer einem obersten Verwaltungsgerichte gesetzlich gleichgeordneten Rechtsinstanz herbei­ zuführen oder die Klage im ordentlichen Rechtsweg zu erheben. Wird keine oder eine falsche Rechtsmittelbelehrung erteilt, so wird die Rechtsmittelfrist nicht in Lauf gesetzt, doch ist ein von dem Steuerpflichtigen eingelegtes Rechtsmittel nicht aus diesem Grunde unzulässig.

Abs. 1.

1.

Bis zum Zustandekommen eines Landesgesetzes kann die Landesregierung nicht etwa die dem Steuerpflich­ tigen zustehenden Rechtsmittel willkürlich bestimmen, sondern sie hat anzuordnen, welche von den ihm nach bereits bestehendem Landesrecht gegen die Veranlagung zu direkten Landessteuern zustehenden Rechtsmitteln ihm auch gegen den Besitzsteuerbescheid zustehen. 2. über die Berichtigung des Sollbuchs im Falle der Erhöhung oder Herabsetzung der zum Soll gestellten Besitzsteuer im Rechtsmittelversahren siehe BundRAB. $ 60 Abs. 2, über die Berichtigung der Besitzsteuerliste im Falle anderweiter Veranlagung als Folge des Rechtsmittelverfahrens siehe ebenda § 71 und PreußAusfV. Art. 18 Nr. 6.

198

Befitzsteuergesetz.

3. In Preußen steht sowohl dem Steuerpflichtigen als auch dem Vorsitzenden der Veranlagungskommission gegen das Veranlagungsergebnis die Berufung an die Berufungskommission zu. Gegen die Entscheidung der letzteren ist dem Steuerpflichtigen und dem Vorsitzenden der Berufungskommission die Beschwerde an das Ober­ verwaltungsgericht gegeben. Der Vorsitzende der Beru­ fungskommission hat vor deren Einlegung unter Ein­ reichung der Verhandlungen dem Finanzminister zu be­ richten und dessen Bestimmung einzuholen. Die Vor­ schriften über das Verfahren bei der Bearbeitung der Berufungen in Einkommensteuer- und Ergänzungssteuer­ sachen finden sinngemäße Anwendung. Beschwerden gegen die Entscheidung der Berufungskommission sind mit allen Verhandlungen dem Oberverwaltungsgerichte vorzulegen. Die Bearbeitung der Berufung gegen die Veran­ lagung zur Besitzsteuer und zur Kriegssteuer kann, wenn angängig, mit der vom Steuerpflichtigen gleichzeitig angebrachten Berufung gegen die Veranlagung zur Er­ gänzungssteuer verbunden werden. Jede Verzögerung in der Erörterung und Entscheidung der Berufungen im Besitzsteuer- und Kriegssteuerverfahren ist zu vermeiden. Die Ausfertigung der'Entscheidung auf Besitzsteuer- und Kriegssteuerberufung kann verbunden werden. Mit den andere Steuerarten betreffenden Entscheidungen darf sie nicht vereinigt werden. Der gleichzeitigen Zustel­ lung verschiedener Entscheidungen steht dagegen nichts im Wege. Wird die veranlagte Besitzsteuer im Rechtsmittel­ verfahren ermäßigt, so veranlaßt der Vorsitzende der Veranlagungskommission unverzüglich die Zustellung der Entscheidung an den Steuerpflichtigen und versieht sofort die Hebestelle mit Nachricht wegen der Erstat­ tung zuviel erhobener Beträge und etwa zu vergütender Zinsen. Gleichzeitig hat er hinsichtlich der gestundeten Beträge und wegen der erforderlich werdenden Freigabe geleisteter Sicherheiten das Erforderliche zu veranlassen (PreußAusfV. Art. 18). In Bayern ist das Rechtsmittelverfahren in seinen Grundzügen dahin geregelt, daß gegen den rentamt-

lichen Besitzsteuer- iznd den Feststellungsbescheid die Rechtsmittel zulässig sind, die den Steuerpflichtigen gemäß den Art. 49, 59, 70 Abs. III, 72 Abs. VII des EinkStG. gegen die Heranziehung zur Einkommensteuer zustehen. Diese Rechtsmittel sind — vorbehaltlich der im § 66 Abs. 3 des BStG. getroffenen Sonderbestim­ mung — nach Maßgabe der in den Art. 49—64 des EinkStG. enthaltenen Vorschriften einzulegen und weiter zu behandeln (BayerKglV. § 3). Nach näherer Bestim­ mung ist gegen den Steuer- und den Feststellungsbe­ scheid die Berufung an die Berufungskommission, gegen den Bescheid der Berufungskommission die Beschwerde an die Oberberufungskommission zulässig. Gegen den Nachveranlagungsbescheid auf Grund der ,§§ 38 Abs. 3 Satz 2, 45 Satz 2, 46 des Ges. sowie gegen den Neu­ veranlagungsbescheid auf Grund des § 73 Abs. 2 des Ges. ist der Einspruch nach Art. 72 Abs. V, Art. 70 Abs. II—V des EinkStG. zulässig. Die Rechtsmittel werden nach den Art. 49—64, 85—87, 91, 92 des EinkStG. mit dem Abmaße weiterbehandelt, daß zu­ folge der Sondervorschrift im § 66 Abs. 3 des Ges. die Rechtsmittelfrist nicht in Lauf gesetzt wird, wenn keine oder eine falsche Rechtsmittelbelehrung erteilt ist. Gegen den Bescheid des Rentamts, durch den die Veranlagung zugunsten des Steuerpflichtigen auf Grund der §§ 38 Abs. 3 Satz 1, 43 Abs. 2, 44 Abs. 2, 46 des Ges. berichtigt wird, oder die auf Grund dieser Vorschriften beantragte Berichtigung der Veranlagung abgelehnt wird, steht dem Steuerpflichtigen die Beschwerde an die Regierungsfinanzkammer und an das Finanzministe­ rium offen (BayerVV. § 35). In Sachsen sollen über die Rechtsmittel und das dabei zu beobachtende Verfahren noch besondere Vor­ schriften ergehen (SächsVV. § 35).

Abs. 2. 1. Die Bestimmungen des Abs. 2 tragen den Cha­ rakter eines Mindestmaßes von reichsrechtlichen Kautelen im Interesse der Besitzsteuerpflichtigen gegenüber der landesrechtlichen Ordnung des Rechtsmittelver­ fahrens.

200

Besttzsteuergesetz.

2.

Durch die Vorschrift des Abs. 2 ist mit Absicht die landesrechtliche Einführung einer Revisionssumme als Vorbedingung für die Anrufung der höchsten Instanz in Besitzsteuersachen verhindert worden, damit auch in quantitativ unbedeutenden Sachen dieser Steuerart der obersten Steuerbehörde die Entscheidungsmöglichkeit ge­ wahrt bleibt. 3. Die Gleichstellung „einer einem obersten Verwal­ tungsgericht gesetzlich gleichgeordneten Rechtsinstanz" mit einem obersten Verwaltungsgericht soll den Vollzug des Gesetzes in denjenigen Staaten erleichtern, in denen nicht das oberste Berwaltungsgericht, sondern eine Spezialinstanz als oberste endgültige Instanz zur Ent­ scheidung von Steuerbeschwerden zuständig ist. Das trifft für Bayern zu, wo die „Oberberufungskom­ mission" in Steuersachen endgültig entscheidet, das ist eine besondere Behörde von sieben Mitgliedern, von denen zwei Mitglieder des obersten Verwaltungsgerichts sind, zwei durch die Regierungsbezirke gewählt, die übrigen von der Staatsregierung aus den Ministerialreferenten ernannt werden.

Abs. 3.

1.

Eine Belehrung über die zulässigen Rechtsmittel nebst Angabe der Rechtsmittelfristen und Bezeichnung der Behörden, bei denen die Rechtsmittel einzulegen sind, müssen sowohl der Steuer- wie der Feststellungs­ bescheid enthalten (§ 65 Abs. 2 und BundRAB. §§ 55r 56). Er.st durch die Zustellung des diese Belehrung ent­ haltenden Bescheides an den Steuerpflichtigen oder seinen gesetzlichen Vertreter wird die Rechtsmittelfrist in Lauf gesetzt. Sie beginnt also nicht zu laufen, wenn der Bescheid kerne oder eine falsche Rechtsmittelbeleh­ rung enthält. Hat aber der Steuerpflichtige ein Rechtsmittel gegen den insoweit unvollständigen oder unrichtigen Bescheid eingelegt, so wird es durch diesen Mangel nicht betroffen. 2. Es ist anzunehmen, daß eine im Bescheid unter­ bliebene Rechtsmittelbelehrung nachgeholt, eine falsche berichtigt werden kann, und zwar mit der Wirkung,

88 66—68.

201

daß durch die Zustellung der nachgeholten oder berich­ tigten Belehrung die Rechtsmittelfrist in Lauf gesetzt wird (vgl. Hoffmann, Anm. 6 zu WBG. § 48).

§ 67. Erfolgt die Veranlagung zur Befitzsteuer durch eine kollegiale Behörde, so stehen die Rechtsmittel gegen den Steuerbescheid auch dem Vorsitzenden dieser Behörde zu.

1. Die Voraussetzung des § 67 — Veranlagung der Besitzsteuer durch eine kollegiale Behörde — trifft namentlich für Preußen, Bayern und Sachsen zu (vgl. Anm. 3 zu § 49). 2. Der Vorsitzende der kollegial organisierten Bcsitzsteuer-Veranlagungsbehörde hat das Recht, gegen den Steuerbescheid, mag dieser von ihm selbst oder von der Behörde als solcher ausgefertigt sein, die nach Landes­ recht (§ 66) zulässigen Rechtsmittel einzulegen, auch dann, wenn nach Landessteuerrecht den Vorsitzenden der für die Veranlagung zu den direkten Staatssteuern zuständigen Kommissionen ein solches Recht nicht oder nur bedingt oder beschränkt zusteht. Das ist der Sinn des § 67. Das Recht steht dem Vorsitzenden jedoch nur gegenüber dem Steuerbescheid, nicht auch dem Fest­ stellungsbescheid zu.

§ 68. Wohnt weder der Steuerpflichtige noch ein Ver­ treter des Steuerpflichtigen im Inland, so ist der Steuerpflichtige gehalten, eine im Inland wohnende Person zum Empfange der für ihn bestimmten Schriftstücke in Besitzsteuerangelegenheiten zu bevoll­ mächtigen. Ist die Benennung eines Zustellungs­ bevollmächtigten unterblieben, so gilt die Zustellung eines Schriftstücks mit der Aufgabe zur Post als

202

Besitzsteuergesetz.

bewirkt, selbst wenn die Sendung als unbestellbar zurückkommt.

1. Die Bestimmung entspricht der in § 2 des Preuß.GewStG. den außerhalb Preußens ihren Sitz haben­ den gewerblichen Unternehmungen auferlegten Verpflich­ tung. 2. „Vertreter" kann außer dem gesetzlichen auch ein bevollmächtigter Vertreter sein (siehe Anm. 4 zu § 59). 3. „Bevollmächtigen" schließt auch die Verpflichtung des Steuerpflichtigen in sich, den Bevollmächtigten und seine Adresse der Besitzsteuerbehörde anzugeben. 4. Die Vorschrift des § 68 gilt nicht nur für das Rechtsmittelverfahren, für das sie allerdings von be­ sonderer Bedeutung werden kann, sondern auch schon für das Veranlagungsverfahren.

8 69. Durch die Einlegung eines Rechtsmittels wird bie Erhebung der veranlagten Steuer zu den gesetzlichen Zahlungsfristen nicht aufgehalten. Die auf Grund rechtskräftiger Entscheidung zu erstattenden Steuern sind mit vier vom Hundert für das Jahr -u verzinsen.

1.

Wie bei anderen Reichs- und Landessteuergesetzen, so hat auch bei der Besitzsteuer die Einlegung von Rechtsmitteln keine aufschiebende Wirkung. 2. Die nach Satz 2 zu vergütenden Zinsen sind wie Erstattungen an Besitzsteuer zu Lasten der Reichskasse zu verrechnen (BundRAB. § 70, siehe auch § 80 da­ selbst). Die Verzinsung erfolgt vom Tage der Zahlung der Steuer an. 3. Eine Verzinsung nach Satz 2 tritt nur ein, wenn auf Grund einer Entscheidung im Rechtsmittelverfahren erstattet wird (BayerVV. § 36 Abs. 2).

88 68-70.

Fälligkeit der Steuer.

203

§ 70»

Der Jahresbetrag der Steuer (§ 24) ist nach näherer Bestimmung der obersten Landesfinanzbehörde in gleichen Halbjahrs- oder Vierteljahrsteilen zu zahlen. Bleibt der Einzelbetrag der Steuer unter 5 Mark, so ist der Jahresbetrag der Steuer auf einmal zu entrichten. Die oberste Landesfinanzbehörde bestimmt den Tag, an dem die Einzelbeträge der Steuer fällig werden. Die Einzelbeträge der Steuer sind auf 10 Pfennig nach oben abzurunden. Der Steuerpflichtige ist berechtigt, die Steuer für den Rest des ganzen Erhebungszeitraums im voraus zu bezahlen. Abs. 1 und 3. Nach § 24 verteilt sich die Entrichtung der Be­ sitzsteuer auf einen dem dreijährigen Veranlagungs­ zeitraum (§ 18) folgenden, mit dem nächsten 1. April beginnenden dreijährigen Zeitraum, der „Erhebungszeit­ raum" heißt. Nach der erstmaligen Veranlagung ist dieser also die Zeit vom 1. April 1917—31. März 1920. Die gesamte Besitzsteuerschuld, wie sie sich aus dem Steuerbescheid (§ 65) ergibt, wird in Raten fällig, welche nach näherer Bestimmung der obersten Landes­ finanzbehörde gleich große Halbjahrs- oder Viertel­ jahrsraten find. Die Fälligkeitstage dieser Raten be­ stimmt diese Behörde gleichfalls. In Preußen ist die Steuer in Halbjahrsteilen zu entrichten und wird mit je 1 /6 des veranlagten Steuersatzes am 10. Juli und 10. Januar der in den Erhebungszeitraum fallenden Rechnungsjahre fällig. Jahresbeträge unter 10 Mk. sind im Julitermin zu entrichten. Der Vorsitzende der Veranlagungskommission

1.

204

Besitzsteuergesetz.

setzt die Hebestelle davon in Kenntnis, wenn die Zu­ stellung der Steuerbescheide in der Hauptsache beendet ist. Die Hebestelle hat für den rechtzeitigen Eingang der ihr durch das Sollbuch oder im Wege der Zugangstel­ lung zur Einziehung überwiesenen Beträge Sorge zu tragen. Ist die Frist zur Entrichtung eines BesitzsteuerTeilbetrags abgelaufen, ohne daß Zahlung erfolgt ist, so hat die Hebestelle den Pflichtigen mit dreitägiger Frist zu mahnen. Nach fruchtlosem Ablauf derselben ist zur Zwangsvollstreckung nach den Bestimmungen der Verordnung vom 15. November 1899 und der dazu ergangenen Ausführungsvorschriften zu schreiten (vgl. Art. 90 Nr. 3 der EinkStAnw.; PreußAusfV. Art. 20 Nr. 1 und 3). über das weitere innerdienstliche Ver­ fahren siehe Nr. 5 und 6 daselbst. In Bayern ist der Jahresbetrag der Steuer in gleichen Halbjahrsteilen, die am 1. Juli und am 1. Ja­ nuar jeden Jahres des Erhebungszeitraums fällig wer­ den, zu zahlen. Bleibt der Einzelbetrag der Steuer unter 5 Mk., so ist der Jahresbetrag der Steuer am 1. Juli fällig und auf einmal zu entrichten (BayerVV. 8 31). In Sachsen wird die Steuer in sechs gemäß § 70 Abs. 4 des Ges. abgerundeten gleichen Raten je am 10. Juli und 10. Januar der drei in den Erhebungs­ zeitraum fallenden Rechnungsjahre erhoben. Wer nach Ablauf der Zahlungsfrist mit seiner Besitzsteuer noch in Rückstand ist, erhält eine schriftliche Mahnung, bin­ nen acht Tagen zu zahlen. Die Mahnungen sind von den Gemeindebehörden zu erlassen. Nach erfolglosem Ablaufe dieser Frist ist die Zwangsvollstreckung einzu­ leiten. Sie wird in den Städten mit Revidierter Städte­ ordnung von den Stadträten, in den übrigen Städten und in den Landgemeinden von den Gemeindebehörden, falls ihnen vom Finanzministerium die Vollstreckungs­ befugnis erteilt ist, sonst von dem Besitzsteueramte ver­ fügt (SächsVV. §§ 40 Abs. 1, 44, 45 Abs. 1). 2. Ist die Veranlagung zur Besitzsteuer zu Unrecht unterblieben und wird daher nach­ geholt, so ist die Steuer, wenn die in Abs. 1 vorge-

§ 70.

205

sehenen gesetzlichen Zahlungsfristen bereits verstrichen sind, binnen vier Wochen nach Zustellung des Steuer­ bescheids zu entrichten (BundRAB. § 73). Z. Über die zulässige Stundung der Besitz st euer siehe § 71. 4. Zur Niederschlagung von Besitzsteuerbeträgen we­ gen Uneinbringlichkeit sind nur die Oberbehörden zu­ ständig. Die Niederschlagung darf nur dann erfolgen, wenn keine Aussicht zur Einziehung der geschuldeten Beträge mehr besteht. Die Niederschlagung ist in der Besitzsteuerliste zu vermerken und der Hebestelle mitzu­ teilen. Die Mitteilung wird Beleg zum Sollbuch (Bund.RAB. § 68). In Bayern sind zur Niederschlagung wegen Un­ einbringlichkeit nur die Regierungsfinanzkammern zu­ ständig (BayerVV. § 33) ; in Sachsen ist an die Oberbehörden in jedem einzelnen Falle von den Ge­ meindebehörden durch Vermittlung des Besitzsteueramts Bericht zu erstatten (SächsVV. § 45 Abs. 3). 3. Soweit die Besitzsteuer infolge eines offen­ baren Versehens zu Unrecht bezahlt worden ist, hat eine Erstattung auf Antrag des Steuerpflich­ tigen und, wenn die Überhebung mindestens 5 Mk. beträgt, auch von Amts wegen durch die Oberbehörde zu erfolgen. Dem Antrag auf Erstattung ist nur zu entsprechen, wenn er innerhalb eines Jahres nach Ab­ lauf des Erhebungszeitraums gestellt worden ist. Wird der Antrag aus Tatsachen gestützt, die erst nach Ablauf des Erhebungszeitraums eingetreten sind, so beginnt die einjährige Frist mit dem Tage, an dem der Antrag­ steller von diesen Tatsachen Kenntnis erhalten hat. Im übrigen kann eine rechtskräftige Veranlagung zugunsten des Steuerpflichtigen nur im Wege des Bil­ ligkeitserlasses durch den Bundesrat geändert werden. § 31 Abs. 2 der Kriegssteuer-Ausführungsbestimmnngen gilt entsprechend für die erstmalige Ver­ anlagung der Besitzsteuer (BundRAB. § 69 Abs. 3—5). Der § 31 Abs. 2 der Kriegssteuer-Ausführungs­ bestimmungen lautet:

206

Besitzsteuergesetz.

„Stellt sich heraus, daß im Ausland befindliche Wertpapiere oder Forderungen gegen ausländische Schuldner einen geringeren als den bei der Ver­ anlagung der Kriegssteuer angenommenen Wert gehabt haben, so ist die oberste Landesfinanzbehörde ermächtigt, auf Antrag eine dem nachgewiesenen tatsächlichen Werte entsprechende Berechnung des Vermögenszuwachses oder Mehrgewinns zu bewilli­ gen. Auf Antrag des Steuerpflichtigen ist der aus der Mitberücksichtigung dieser Wertpapiere oder For­ derungen sich ergebende Abgabebetrag ohne Sicher­ heitsleistung zu stunden; ein solcher Antrag kann schon bei Abgabe der Steuererklärung gestellt werden." In Sachsen sind die Anträge aus Erstattung zu Unrecht gezahlter Besitzsteuer der Oberbehörde in jedem Falle durch Vermittelung des Besitzsteueramts vorzu­ legen. Gesuche um Erlaß rechtskräftig veranlagter Steuer­ beträge aus Billigkeitsgründen sind dem Finanzmini­ sterium aus dem Dienstwege mit gutachtlicher Äußerung vorzulegen (SächsVV. §§ 37 Abs. 1 und 34). H. Wenn nach Ansicht des Besitzsteueramts die Besteue­ rung von nachweislich aus der Veräußerung ausländi­ schen Grund- oder Betriebsvermögens herrührenden Vermögensbeträgen oder von solchen zum ausländi­ schen Grund- oder Betriebsvermögen gehörigen Gegen­ ständen, die während des Veranlagungszeitraums ins Inland verbracht worden sind, eine besondere Härte darstellt, so kann das Besitzsteueramt die Erhebung des Mehrbetrags, der von dem Steuerpflichtigen zu zahlen ist, weil ausländisches Grund- oder Betriebsvermögen vom Wehrbeitrag freigeblieben ist, vorläufig aussetzen und dem Steuerpflichtigen anheimstellen, binnen einem Monat den Erlaß dieses Betrags zu beantragen. Der­ artige Anträge sind bei dem Besitzsteueramt anzubringen und mit einer gutachtlichen Äußerung der Oberbehörde durch Vermittlung der obersten Landessinanzbehörde dem Bundesrate vorzulegen (BundRÄB. § 69 Abs. 6). Anträge aus § 69 Abs. 6 der BundRAB. sind in Preußen mit gutachtlichen Äußerungen der Vorsitzen-

8 70.

207

den der Veranlagungs- und der Berufungskommission dem Finanzminister vorzulegen (PreußAusfV. Art. 27 Abs. 2). In Bayern sind, wenn das in § 69 Abs. 6 der BundRAB. vorgesehene Verfahren einzuleiten ist, die Verhandlungen — für jeden Steuerfall ge­ sondert — durch die vorgesetzte Regierungsfinanz­ kammer dem Finanzministerium vorzulegen, das die Entscheidung des Bundesrats einholen wird (BayerVV§ 26). 7. Verlegt der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz in den Bezirk eines anderen Besitzsteuer­ amts, so hat die Erhebung der Besitzsteuer durch die für den neuen Wohnsitz zuständige Hebestelle zu erfolgen. Das bisher zuständige Besitzsteueramt hat die noch nicht gezahlten Besitzsteuerbeträge dem für den neuen Wohn­ ort zuständigen Befitzsteueramt unter Übersendung je eines Auszugs aus der Besitzsteuerliste und aus dem Sollbuch zur Einziehung zu überweisen. Das letztere nimmt die überwiesene Besitzsteuer in eine Zugangs­ liste zur Besitzsteuerliste auf, die ebenso wie diese ein­ zurichten ist. Gleichzeitig ist der Steuerpflichtige von der Überweisung mit der Aufforderung in Kenntnis zu setzen, weitere Zahlungen an die neue Hebestelle zu leisten (BundRAB. §§ 11, 64 Abs. 1 und 65 Abs. 1 und 5). Über das weitere dabei zu beobachtende inner­ dienstliche Verfahren vgl. § 64 Abs. 2 und § 65 Abs. 1 bis 3 daselbst. Für die Überweisung innerhalb eines Bundesstaates kann die oberste Landesfinanzbehörde Ab­ weichendes bestimmen (ebenda § 65 Abs. 5). Personen, deren Steuerpflicht erst nach Abschluß, der Besitzsteuerliste festgestellt wird, sind in die nämliche Zugangsliste aufzunehmen (BundRAB. § 11). In Preußen gestaltet sich das innerdienstliche Verfahren verschieden je nach der Verlegung des Wohn­ sitzes in den Veranlagungsbezirk eines anderen Bundes­ staats oder innerhalb Preußens (Näheres siehe Preuß.AusfV. Art. 24 und Art. 25 Nr. 1—5). In Bayern ist bei Wohnsitzverlegung innerhalb des Landes eine Überweisung der Besitzsteuer an das Rentamt des neuen Wohnortes zu unterlassen. Das Rentamt des bisherigen

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Besitzsteuergesetz.

Wohnorts hat die Besitzsteuer einzuziehen (BayerVV. § 34 Abs. 2). In Sachsen hat, wenn der Steuer­ pflichtige seinen Wohnsitz oder Aufenthalt an einen anderen Ort innerhalb des Deutschen Reiches verlegt, die Hebebehörde alsbald eine Wegzugsnachricht in dop­ pelter Ausfertigung an das Besitzsteueramt einzureichen. Dieses fügt derselben einen Auszug aus der Besitz­ steuerliste und die den Steuerpflichtigen betreffenden sonstigen Unterlagen bei und verfährt dann weiter ge­ mäß BundRAB. § 65. Die in Abs. 4 daselbst vorge­ schriebene Benachrichtigung des Steuerpflichtigen er­ folgt von feiten der neuen Hebebehörde (SächsVV. .§ 43 Abs. 1).

Abs. 2. Mit „Einzelbetrag der Steuer" ist der Betrag der 'einzelnen Halb- oder Vierteljahrs-Rate gemeint. Bleibt dieser unter 5 Mk., so ist der ganze Jahresbetrag der Steuer auf einmal zu entrichten.

Abs. 4. Mit „Einzelbeträge der Steuer" ist auch hier, wie in Abs. 2, nur der Betrag der einzelnen Halb- oder Vierteljahrsrate gemeint. Bei dem vollen Besitzsteuer­ betrag findet keine Abrundung statt. In Preußen sind die durch Abrundung erwach­ senden Mehreinnahmebeträge am Jahresschluß in einer Summe in die Zugangsliste aufzunehmen (PreußAusfV. Art. 25 Nr. 6).

Abs. 5. Im Gegensatz zum Wehrbeitrag (WBG. § 51) und auch zur Kriegssteuer (KriegsStG. § 31) ist ein Abzug von Zinsen bei der gleichfalls zulässigen Vorausbe­ zahlung von Besitzsteuer nicht vorgesehen.

§ 71. Würde die Einziehung der Steuer zu den gesetzlichen Zahlungsfristen mit einer erheblichen Härte für den Steuerpflichtigen verbunden sein, so kann

209

88 70, 71.

die Steuer bis zum Ablauf von drei Jahren ge­ stundet, auch die Entrichtung in Teilbeträgen bis zum Ende des nächsten Erhebungszeitraums (§ 24) gestattet werden. Die Stundung kann von einer angemessenen Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Die Stundungsbewilligung wird zurückgenommen, wenn die Voraussetzungen hierfür weggefallen sind oder wenn eine nachträglich verlangte Sicherheit nicht geleistet wird. 1. Der § 71 ist dem § 47 des RErbschStG. nachge­ bildet (vgl. auch WBG. § 52). 2. Stundung oder andere als die gesetzlichen Teil­ zahlungen kann das Besitzsteueramt auf Antrag be­ willigen, wenn die sofortige Einziehung der fälligen Besitzsteuerteilbeträge am Fälligkeitstage mit erheblichen Härten für den Steuerpflichtigen verbunden sein würde, oder soweit im Falle der Anfechtung eines Steuer­ bescheids das Nechtsmittelverfahren voraussichtlich zu einer Aufhebung oder Herabsetzung der Besitzsteuer führen wird. Die oberste Landesfinanzbehörde kann im Einverständnisse mit dem Reichskanzler die Bewilli­ gung von Stundung oder Teilzahlung der Erhebungs­ behörde übertragen. Stundung der Besitzsteuer oder deren Entrichtung in anderen als den gesetzlichen Teil­ zahlungen darf nur bis zu drei Jahren, von der Fällig­ keit des einzelnen gesetzlichen Teilbetrags an gerechnet, bewilligt werden. Stundung oder Bewilligung von Teilzahlung ist in allen für eine Sicherheitsleistung geeigneten Fällen nur gegen eine solche zulässig. Die Art der Sicher­ heitsleistung richtet sich nach den landesrechtlichen Be­ stimmungen. Zur Stundung eines 500 Mk. überstei­ genden Betrags oder für länger als sechs Monate nach Fälligkeit der einzelnen Teilbeträge ist die Genehmigung der Oberbehörde oder einer anderen von der obersten Landesfinanzbehörde bestimmten Behörde erforderlich. Koppe, Befttzsteuergesetz.

14

210

Besitzsteuergesetz.

Die Gewährung von anderen als den gesetzlichen Teil­ zahlungen ist an die Bedingung zu knüpfen, daß bei dem Ausbleiben auch nur einer Teilzahlung die sofortige Beitreibung der nach der gesetzlichen Vorschrift bis dahin sättigen Besitzsteuerbeträge erfolgen würde. Eine Verzinsung der gestundeten Besitzsteuer findet nicht statt. Stundung und Entrichtung von Teilzahlungen sind durch das Sollbuch und nach dessen Abschluß durch die Restnachweisung zu überwachen. BundRAB. § 63. In Preußen erfolgt die Bewilligung von Stun­ dungen und Teilzahlungen durch die Vorsitzenden der Einkommensteuer - Veranlagungskommissionen. .Gegen deren Entscheidungen steht den Steuerpflichtigen inner­ halb vier Wochen die Beschwerde an den Vorsitzenden der Einkommensteuer-Berufungskommission offen (Preuß.AusfV. Art. 1 unter I, 3). Die ersteren haben auch Kontrolle über die bewilligten Stundungen zu führen und auf Grund derselben und der Listen über die vor­ gekommenen Zu- und Abgänge fortlaufend zu prüfen, ob die Höhe der verbliebenen Reste zu Bedenken Anlaß gibt. Erforderlichenfalls ziehen sie von den Hebestellen Nachweisungen und Unterlagen über die einzelnen Rest­ beträge ein und veranlassen wegen der Einziehung der nicht gerechtfertigten Reste das weitere (ebenda Art. 22 Nr. 3). In Bayern sind zur Bewilligung von Stundun­ gen in den gesetzlichen Fällen sowie in den Fällen, in denen die sofortige Einziehung der Besitzsteuer zu den gesetzlichen Zahlungsfristen mit erheblichen Härten für den Steuerpflichtigen verbunden sein würde, falls die Bewilligung sich auf nicht mehr als sechs Monate und aus Beträge von nicht mehr als 500 Mk. erstreckt, die Rentämter, außerdem die Regierungsfinanzkammern zu­ ständig. Die Zurücknahme einer erteilten Stundungs­ bewilligung erfolgt duxch die Stelle oder Behörde, die die Bewilligung erteilt hat. Werden dem Rentamt Gründe bekannt, die die Zurücknahme einer von der Regierungsfinanzkammer bewilligten Stundung recht-

§ 71.

211

fertigen, so hat das Rentamt der Regierungsfinanz­ kammer hiervon alsbald Anzeige zu erstatten (Bayer. VV. § 32 Abs. 3 und 4). In Sachsen entscheidet über Gesuche um Stun­ dung oder um Bewilligung anderer als der gesetz­ lichen Teilzahlungen das Besitzsteueramt. Zur Stun­ dung von Beträgen von mehr als 500 Mk. oder für länger als sechs Monate nach der Fälligkeit der ein­ zelnen Teilbeträge hat es die Genehmigung der Ober­ behörde (siehe Anm. 3 zu § 49) einzuholen. Die Art der Sicherheitsleistung und das dabei zu beobachtende Verfahren richten sich nach den Bestimmungen über die Sicherheitsleistung bei Stundung des Wehrbeitrags. Die Bescheidung des Gesuchstellers besorgt das Besitzsteuer­ amt (SächsVV. § 36). 3. Voraussetzung für die Stundung und für die Be­ willigung von Teilzahlungen ist stets die Stellung eines darauf gerichteten Antrages durch den Steuerpflichtigen oder seinen gesetzlichen Vertreter. Über den Antrag, insbesondere darüber, ob im gegebenen Falle eine erheb­ liche Härte mit der Einziehung der Steuer zu den gesetzlichen Fristen verbunden sein würde, entscheidet die zuständige Behörde (siehe Anm. 2) nach ihrem gewissen­ haften, aber vollkommen freien Ermessen, über die Rechtsmittel gegen ihre Entscheidung siehe Anm. 2. Die Stundung kann für einen Einzelbetrag oder für mehrere solche beantragt und bewilligt werden. Der Lauf der Stundungsfrist beginnt mit dem Tage der Fälligkeit des gestundeten Betrages. Über drei Jahre hinaus darf sich die Stundung keinesfalls erstrecken. Die Entrichtung in kleineren als den gesetzlichen Teil­ beträgen darf im Bewilligungsfalle sich höchstens bis zum Ende des nächsten Erhebungszeitraums er­ strecken. Da jeder Erhebungszeitraum nach § 24 drei Jahre umfaßt, so kann sie sich im ganzen auf sechs Jahre verteilen. Der Erhebungszeitraum beginnt mit dem 1. April des auf den Veranlagungszeitraum (§ 18) folgenden Jahres (§ 24). 4. Wegfall der Voraussetzungen bedeutet im Sinne des Abs. 3, daß infolge veränderter Umstände die Einziehung

212

Besitzsteuergesetz.

der Steuer zu den gesetzlichen Zahlungsfristen nicht mehr als mit einer erheblichen Härte für den SteuerpflichLigen verbunden erscheint. „Wird zurückgenommen" ent­ spricht dem Wortlaut im WBG. § 52 Abs. 3 und besagt, daß die Zurücknahme in diesem Falle erfolgen muß. In § 47 des RErbschStG. heißt es für den gleichartigen Fall dagegen nur, sie „kann zurückge­ nommen werden".

§ 72. Ist der Steuerpflichtige ein Deutscher, so ist zum Zwecke der Einziehung der Besttzsteuer die ZwangsVersteigerung eines Grundstücks ohne seine Zustim­ mung nicht zulässig. 1.

Die Vorschrift ist dem § 48 des RErbschStG. nach­ gebildet und entspricht auch derjenigen der §§ 49 und 55 des NZStG. Nach WBG. § 53 ist die Zwangsverstei­ gerung zwecks Einziehung des Wehrbeitrags „ohne Zu­ stimmung des Beitragspflichtigen" nicht zulässig. 2. Die Unzulässigkeit beschränkt sich auf die Zwangs­ versteigerung. Zulässig ist daher sowohl die Zwangs­ verwaltung wie die zwangsweise Eintragung der Besitz­ steuerschuld als Hypothek auf das Grundstück. 3. Den Grundstücken stehen auch hier gleich die in § 3 genannten „Berechtigungen, für welche die sich auf Grundstücke beziehenden Vorschriften des Bürgerlichen Rechts gelten". 4. Der Besitzsteuer stehen im Sinne dieses Paragraphen die Strafzuschläge zu ihr (§ 54 Abs. 2) gleich. Dasselbe wird von den in den Fällen des § 60 vom Steuer­ pflichtigen zu tragenden Kosten zu gelten haben, keines­ falls aber von den auf Grund der Vorschriften des BStG. etwa verhängten Ordnungs- oder Zwangsstrafen, ebensowenig von den Geldstrafen gemäß §§ 76 f.

§ 73. Ist die Veranlagung zu Unrecht unterblieben, so wird dadurch die Pflicht zur Zahlung der Besitz-

88 71-73.

213

steuer nicht berührt. Eine Neuveranlagung hat zu erfolgen, wenn nachträglich neue Tatsachen und Beweismittel bekannt werden, die eine höhere Ver­ anlagung des Steuerpflichtigen rechtfertigen. Satz 1.

1.

Ist die Veranlagung zu Unrecht unterblieben, d. h. den Vorschriften des VStG, zuwider, so hat eine Nachveranlagung stattzufinden. Gleichgültig ist dabei, ob die Unterlassung auf einem Verschulden, sei es des Steuerpflichtigen, sei es der Besitzsteuerbehörde oder dritter Personen oder Behörden, beruht oder nicht. Vielmehr kommt es nur darauf an, daß keine Veran­ lagung erfolgte, obwohl für eine solche die gesetzlichen Voraussetzungen im gegebenen Falle Vorlagen, und daß noch keine Verjährung (§ 75) eingetreten ist. Geht das Unterbleiben auf ein Verhalten des Pflichtigen zurück, das den Tatbestand der strafbaren Hinterziehung der Besitzsteuer oder des Versuchs einer solchen begründet (§ 77), so hat also stets eine Nachveranlagung statt­ zufinden. Die Nachveranlagung erfolgt im gewöhnlichen Ver­ anlagungsverfahren. Auch das zulässige Rechtsmittel­ verfahren ist dasselbe. Nachveranlagte Besitzsteuern sind in der Zugangsliste zur Besitzsteuerliste und im Besitz­ steuer-Sollbuche (2. Abteilung) oder nach dessen Ab­ schluß in der Restnachweisung nachzuweisen. Sind die in § 70 Abs. 1 vorgesehenen gesetzlichen Zahlungsfristen bereits verstrichen, so ist die Besitzsteuer binnen vier Wochen nach Zustellung des Steuerbescheids zu ent­ richten (BundRAB. § 63 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2). über die weitere formale Behandlung siehe § 73 Abs. 1 Satz 2 und § 60 Abs. 2 daselbst. 2. In Preußen hat der Vorsitzende der Berufungs­ kommission bei der ihm obliegenden Überwachung der Amtstätigkeit der Vorsitzenden der Veranlagungskom­ missionen auf dem Gebiete der Staatssteuerveranlagung sich auch der Prüfung der Veranlagungen zur Besitz­ steuer zu unterziehen und gegebenenfalls für die Nach'?

214

Besitzsteuergesetz.

Veranlagung solcher Steuern Sorge zu tragen, deren Veranlagung zu Unrecht unterblieben ist (PreußAusfV. Art. 30 Nr. 1). Erfolgt eine Aufnahme in die Zu­ gangsliste auf Grund des § 73 Satz 1 des Ges., so ist von dem Steuerpflichtigen zunächst eine Besitzsteuer­ erklärung zu erfordern und im übrigen nach Anleitung der AusfV. Art. 9 ff. zu verfahren (ebenda Art. 25 Nr. 3). 3. Besondere Fälle der Nachveranlagung sind die in § 38 Abs. 3 und § 45 vorgesehenen. Das Verfahren selbst ist auch in ihnen das gewöhnliche.

Satz 2. 1.

Diese Vorschrift hat im Gegensatz zu der in Satz 1 zur Voraussetzung den Fall, daß eine Veranlagung zur Besitzsteuer zwar erfolgt und auch rechtskräftig gewor­ den ist, aber eine gegenüber der wirklichen Vermögens­ lage zu niedrige. Es muß also ein Steuerbescheid, nicht bloß ein Feststellungsbefcheid voraufgegangen sein. Dies ergibt sich aus den Worten: „Die eine höhere Veranlagung rechtfertigen," womit die Veranlagung zu einem höheren Steuersätze gemeint ist. Neu sind Tat­ sachen und Beweismittel dann, wenn sie der. Veran­ lagungsbehörde bisher noch nicht bekannt waren, nicht aber wenn sie, obwohl ihr bekannt, von ihr für die Ver­ anlagung nicht oder nicht maßgebend in Betracht ge­ zogen wurden. Eine Änderung der der Veranlagung zugrunde gelegten Rechtsanffassung von feiten derselben Behörde fällt nicht in den Bereich des Satz 2. Eben­ sowenig eine veränderte Schätzung von Vermögens­ werten auf Grund des nämlichen Tatsachen- und Be­ weismaterials, sondern nur das Hinzutreten von sei es durch Ermittelungen der Steuerbehörde, sei es anderweit bekannt gewordenen neuen Schätzungsunter­ lagen tatsächlicher Natur oder — nach den bei Hoff­ mann, Anm. 6 zu WBG. § 54 angeführten OVGEntsch. — wenn neue Ermittelungen eine zahlenmäßige Be­ rechnung des Werts an Stelle einer früheren, zu niedrig ausgefallenen bloßen Schätzung ermöglichen.

§§ 73, 74.

215

2.

Gegen einen Neuveranlagungsbescheid auf Grund von § 73 Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen die gleichen Rechtsmittel zu wie gegen den Steuerbescheid (Bund.RAB. § 69 Abs. 1). 3. Über das innerdienstliche Verfahren bei Erhöhung oder Herabsetzung der zum Soll gestellten Besitzsteuer im Neuveranlagungsverfahren siehe BundRAB. §§ 60 Abs. 2, 71.

§ 74. Stirbt der Steuerpflichtige innerhalb eines Er» Hebungszeitraums oder fällt die Steuerpflicht auf andere Weise weg, so wird dadurch die Verbindlich» feit zur Entrichtung der bei Wegfall der Steuer» Pflicht noch nicht fälligen Teilbeträge nicht berührt. Wird im Falle des § 14 die Ehe innerhalb des Erhebungszeitraums aufgelöst oder fällt die Voraus» fetzung für die Zusammenrechnung des Vermögens weg, so sind die Ehegatten oder deren Erben zur Zahlung der noch nicht fälligen Teilbeträge der Steuer nach dem Verhältnis ihres Anteils an dem steuerpflichtigen Vermögenszuwachs verpflichtet.

Abs. 1. 1.

Ist der Steuerpflichtige nach Veranlagung und Jnsollstellung der Besitzsteuer gestorben, so sind die noch nicht gezahlten Besitzsteuerbeträge nach Fälligkeit von den Erben einzuziehen. Die Hebestelle hat das Ableben des Steuerpflichtigen dem Besitzsteueramt anzuzeigen. War dem Verstorbenen eine Stundung der Besitzsteuer bewilligt worden, so erlischt die Bewilligung mit seinem Ableben. Im Falle des Todes eines Steuerpflichtigen findet eine Überweisung der Besitzsteuer zur Einziehung nicht statt (BundRAB. § 66). 2. „Erhebungszeitraum" ist nach § 24 der dreijährige Zeitraum, der mit dem auf den Ablauf des Vcranlagungszeitraums (§ 18) folgenden 1. April beginnt. Stirbt

216

Besttzsteuergesey.

ein Steuerpflichtiger innerhalb eines Veranlagungs­ zeitraums, so ist seine Heranziehung zur Besitzsteuer für diesen Zeitraum ausgeschlossen, da maßgebend für deren Veranlagung der Vermögensstand am Anfang und am Ende dieses Zeitraums ist (§§ 18, 19, 28). Sein Nachlaß wird bei der nächsten Veranlagung als Vermögenszuwachs in der Hand seiner besitzsteuerpflich­ tigen (§ 11) Erben besteuert, sofern Vermögen und Ver­ mögenszuwachs derselben die steuerfreien Grenzen (§§ 12, 13) überschreiten. Stirbt ein Steuerpflichtiger in dem Vierteljahr nach dem einen Veranlagungszeitraum ab­ schließenden 31. Dezember und vor dem darauffolgen­ den 1. April, so muß das gleiche gelten, sofern nicht der unwahrscheinliche Fall vorliegt, daß bei seinem Ableben die Besitzsteuer schon veranlagt und in Soll gestellt war (BundRAB. § 66 Abs. 1). In diesem letz­ teren Falle ist allerdings die Besitzsteuer schon zur Steuerschuld des Pflichtigen geworden, die als solche wie andere Nachlaßschulden auf die Erben über­ geht. Dabei ist es ganz unerheblich, daß noch keine Rate dieser Schuld fällig geworden ist. In der Regel wird jedoch, wenn der Erblasser in jenem Vierteljahre stirbt, seine Veranlagung noch nicht zum Abschluß ge­ langt sein. Das Veranlagungsverfahren ist dann, wenn es schon in Gang war, einzustellen. Der Vermögens­ zuwachs des Erblassers wird in diesem Falle, ganz so wie in demjenigen seines Ablebens während des Ver­ anlagungszeitraums, in der Hand seiner Erben bei der nächstfolgenden Veranlagung besteuert, wenn und soweit die gesetzlichen Voraussetzungen dafür bei ihnen vorliegen. Stirbt der Pflichtige dagegen innerhalb des Erhe­ bung s Zeitraums, so haben seine Erben die bei seinem Ableben noch nicht fälligen Teilbeträge der Besitzsteuer­ schuld bei Eintritt ihrer Fälligkeit zu entrichten. 3. Fällt die unbeschränkte oder beschränkte subjektive Steuerpflicht (§ 11 Abs. 1 Ziff. I und II), um die es sich hier handelt, auf andere Weise als durch Ableben des Steuerpflichtigen innerhalb eines Erhebungszeit­ raums weg, so gilt dasselbe wie im Falle des Ablebens.

Abs. 2. Die Vorschrift des Abs. 2 findet Anwendung: a) auf den Fall, daß die Ehe von Ehegatten, die nicht dauernd voneinander getrennt leben und deren Vermögen daher nach § 14 für ihre Veranlagung zur Besitzsteuer zusammengerechnet wird, inner­ halb eines Erhebungszeitraums durch Ableben oder gerichtliche Todeserklärung eines derselben oder durch rechtskräftiges Scheidungsurteil a u f g e l ö st wird; b) auf den Fall, daß innerhalb eines Erhebungszeit­ raums die Ehegatten sich voneinander dauernd tr ennen. Tritt einer der unter a oder b gedachten Fälle ein, so ändert sich zwar an der bestehenden gemein­ schaftlichen Veranlagung nichts, aber die von da ab fällig werdenden Teilbeträge der Besitzsteuer sind von den Ehegatten oder ihren Erben nach dem Verhältnis ihres Anteils an dem steuerpflichtigen Vermögenszu­ wachs zur Bezahlung.zu übernehmen, während die bis dahin fällig gewordenen Teilbeträge von den Ehe­ gatten gemäß § 14 als Gesamtschuldnern zu entrichten waren. Verjährung.

§ 75*

Der Anspruch ber Staatskasse auf die Besitzsteuer verjährt in vier Jahren. Die Frist beginnt mit Schluffe des Jahres, in welchem die Steuerbeträge fällig geworden sind, im Falle der Sicherheitsleistung für die Steuer jedoch nicht vor dem Ablauf des Jahres, in welchem die Sicherheit erlischt.

1.

Die Verjährung des staatlichen Anspruchs auf die Besitzsteuer erfolgt nach Maßgabe des § 75, gleichviel ob eine Veranlagung (oder Nach- oder Neuveranlagung) zu dieser Steuer stattfand oder nicht und ob ersterenfalls die Veranlagung ihrer Höhe nack zutreffend oder zu niedrig war. Sie greift also auch dann Platz, wenn

218

Besitzsteuergesetz.

die Besitzsteuer durch schuldhaftes Handeln oder Unter­ lassen des Steuerpflichtigen zum Nachteil des Steuer­ berechtigten verkürzt * (§ 76) .oder hinterzogen (§ 77) wurde. „Anspruch" ist also im weitesten Sinn und Umfang zu nehmen.

2. Der Verjährung unterliegen die Teilbeträge der Gesamtsteuerschuld (§ 70). Daher beginnt die vier­ jährige Verjährungsfrist für jeden Teilbetrag mit dem Schlüsse desjenigen Jahres zu laufen, in dem er fällig geworden ist.

3.

Wodurch und wie der Lauf der Verjährung unter­ brochen wird, gibt § 75 nicht an. Es ist daher frag­ lich, welche Bestimmungen dafür maßgebend sind, ins­ besondere ob diejenigen des Bürgerlichen Rechts oder des betreffenden Landesrechts, und letzterenfalls ob solche privat- oder öffentlichrechtlichen Charakters. Dieser Zweifel erweitert sich bezüglich aller nicht in § 75 geregelten und für die Verjährung in Frage kommenden Punkte. Hoffmann sagt darüber (in Anm. 3 zu § 55 des WBG.): „Entsprechend der Bestimmung in § 16 Abs. 3 des WechselstempelG. (vom 15. Juli 1909) ist anzunehmen, daß die Verjährung durch jede von der zuständigen Behörde zur.Geltendmachung des Anspruchs gegen den Zahlungspflichtigen gerichtete Handlung unter­ brochen werden kann. Erforderlich ist, daß diese Gel­ tendmachung auf einen bestimmten Betrag gerichtet ist; nicht erforderlich, daß die Handlung zur Kenntnis des Zahlungspflichtigen gelangt sein müsse. Besteht, wie im Falle des § 13 (§ 14 des BStG.), ein Gesamt­ schuldverhältnis, so wirkt die Unterbrechung der Ver­ jährung nur gegen die Person, gegen die sie gerichtet war (vgl. WechsStG. § 16 Abs. 4). Nach der Unter­ brechung beginnt eine neue Verjährung zu laufen und zwar mit dem auf den Tag der Unterbrechung folgen­ den Tage." Im übrigen spricht er sich gegen die auch nur analoge Anwendung der Vorschriften des Bürger­ lichen Rechts über die Unterbrechung der Verjährung aus. 4. Angemessene Sicherheit für die Entrichtung der Besitzsteuer ist nach § 71 im Falle der Nachsuchung und

Bewilligung ihrer Stundung als Bedingung für diese Bewilligung regelmäßig (BundRAB. § 63 Abs. 4) zu leisten. Ist diese Leistung erfolgt, so beginnt die Ver­ jährungsfrist erst mit.dem Ablaufe des Jahres, in dem die Sicherheit erlosch, zu laufen. 5. Mit Eintritt der Verjährung erlischt der Anspruch der Staatskasse auf den verjährten Steuerbetrug. Wird dieser gleichwohl gezahlt, so kann er daher zurückgeforoert werden.

Strafvorschriften. Vorbemerkungen zu den 88 76—81.

1. Das BStG. enthält über das Strafverfahren, abge­ sehen vom Falle des § 77 Abs. 3, keine Vorschriften. Daher hat das Landes-Steuerstrafrecht Anwendung zu fin­ den. Denn es bleiben nach § 6 Abs. 2 Ziff. 3 des EinfGes. z. Strafprozeßordnung von dieser unberührt: „Dielandes­ gesetzlichen Bestimmungen — bei Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften über die Erhebung öffentlicher Abgaben und Gefälle, insoweit nicht die •§§ 453, 454, 455 und 459—463 der StPO, ab ändernde Bestimmungen treffen." Damit sind die Vorschriften über das landesrechtliche Verwaltungsstrafverfahren ausdrücklich aufrecht erhal­ ten (RGEntsch. vom 24. April 1883 Bd. 5 S. 277 der Rechtsprechung des Reichsgerichts in Strafsachen). Da ferner nach dem in Bezug genommenen § 459 der StPO. Strafbescheide der Verwaltungsbehörden wegen Zuwiderhaudlungen gegen die Vorschriften über die Erhebung öffentlicher Abgaben und Gefälle nur Geldstrafen sowie eine etwa verwirkte Einziehung festsetzen dürfen, so war wegen der Androhung von Gefängnisstrafe in § 77 Abs. 1 die Vorschrift in Abs. 3 daselbst nötig. Aus deren Schlußworten geht auch hervor, daß, von diesem Spezialfalle abgesehen und vorbehaltlich etwaiger abändernder Bestimmungen in den oben genannten Paragraphen der StPO., das Verwaltungs st ras­ verfahren nach Maßgabe der Bestimmungen des Landesrechts in den Fällen der §§ 56—84 Platz greift.

220

Besttzsteuergesetz.

Die materiellen, strafrechtlichen Bestimmun­ gen der §§ 76 ff. finden ihre Unterlage und Ergänzung im ersten (allgemeinen) Teil des Reichsstrafgesetzbuchs §§ 13-79. Neben den §§ 76 ff. uno unabhängig von den­ selben bestehen die Vorschriften des BStG. über die Zwangs strafen in den .Fällen der §§ 54 Abs. 1, 56 Abs. 2, 58 Abs. 4, 62 Abs. 4, und über die Ordnungs­ strafen. Die Verhängung und Vollstreckung der Strafen dieser beiden Arten erfolgt gleichfalls im landesrcchtlichen Verwaltungsstrafverfahren. Für Preußen bestimmt in dieser Hinsicht Art.31 Nr. 1 der PreußAusfV., daß in den Fällen der §§ 54 Abs. 1, 56 Abs. 2, 58 Abs. 4 und 62 Abs. 4 des BStG. im Verwaltungsstrafverfahren — welches nach den Vor­ schriften des Gesetzes betr. das Verwaltungsstrafversahren bei Zuwiderhandlungen gegen die Zollgesetze, vom 26. Juli 1897 (Gesetzsamml. S. 237) zu handhaben ist — an Stelle der Hauptzollämter die Vorsitzenden der Beranlagungskommissionen und im Beschwerdeverfahren die Vorsitzenden der Berufungskommissionen, in allen übrigen Fällen die Kgl. Regierungen entscheiden. Der Erlaß vom 17. März 1914 — II. 3445 — betr. das Strafverfahren in Wehrbeitragsangelegenheiten hat sinn­ gemäße Anwendung zu finden. Näheres über die Er­ hebung, Kontrolle und Verrechnung der festzusetzenden Strafen und Kosten siehe Art. 31 Nr. 2. In Sachsen sind zur Einleitung des Verwaltungs­ strafverfahrens oder zur Herbeiführung der gerichtlichen Untersuchung wegen Zuwiderhandlungen gegen die Vor­ schriften des Gesetzes die Besitzsteuerämter zuständig. Die Gemeindebehörden und .die Vorsitzenden der Ein­ schätzungskommissionen sind verpflichtet, die zu ihrer Kenntnis kommenden strafbaren Handlungen dem zu­ ständigen Besitzsteueramt anzuzeigen (SächsVV. § 38). 2. Die auf Grund von Vorschriften des BStG. fest­ gesetzten Geldstrafen fallen der Staatskasse des Bun­ desstaats zu, von dessen Behörde die Strafentscheidung getroffen ist (BundRAB. § 75). Es macht hierbei kei­ nen Unterschied, ob sie Zwangs-, Ordnungs- oder Kri-

§ 76.

221

rninalstrafen sind. Die festgesetzten Zuschläge dagegen (§ 54 Ws. 2 des Ges.) sind zugleich mit den Besitz­ steuern, aus denen sie berechnet wurden, an die Reichs­ kasse abzuführen und Jn der gleichen Weise wie diese zu verrechnen (BayerVV. § 11 Abs. 3).

§ 76. Wer als Steuerpflichtiger oder als Vertreter eines Steuerpflichtigen wissentlich der Steuerbehörde unrichtige oder unvollständige Angaben macht, die geeignet sind, eine Verkürzung der Besitzsteuer herbei­ zuführen, wird mit einer Geldstrafe bis zum zwanzigfachen Betrage der gefährdeten Steuer bestraft.

1. „Vertreter eines Steuerpflichtigen" ist der gesetz­ liche oder der vom Steuerpflichtigen bevollmächtigte Vertreter desselben. Über den Fall der Vertretung durch Bevollmächtigung siehe Anm. 4 zu § 59. Die hier ange­ drohte Geldstrafe ist im Falle der Verurteilung des gesetzlichen oder bevollmächtigten Vertreters von diesem selbst, aus seinem eigenen Vermögen, nicht aus dem Vermögen des vertretenen Steuerpflichtigen zu tragen. Anders bej den Steuer-Strafzuschlägen nach § 54 Abs. 2, siehe Anm. 1 zu § 59. 2. Sind gar keine Angaben gemacht worden, so daß weder eine Besitzsteuererkläruna (§§ 52, 53) abgegeben ist noch Nachweisungen oder Vorlegungen gemäß § 57 erfolgt sind, so greift § 76 nicht Platz. 3. Der objektive Tatbestand ist in den Fällen der §§ 76—78 der gleiche, nämlich unrichtige oder unvoll­ ständige Angaben, die der Steuerpflichtige oder sein Vertreter der Steuerbehörde macht und die geeignet sind, eine Verkürzung der Besitzsteuer herbeizuführen. Doch muß im Falle des § 77 noch hinzukommen, daß der gefährdete Steuerbetrag die daselbst in Abs. 1 be­ zeichnete Höhe hat. Der subjektive Tatbestand ge­ staltet sich dagegen verschieden. Im Falle des § 76 ist nur gefordert, daß der Erklärende die Unrichtigkeit

222

Befitzsteuergesetz.

oder Unvollständigkeit seiner Angaben und ihre Ge­ eignetheit, die Besitzsteuer zu verkürzen, gekannt hat. In dem Falle des § 77 muß die Absicht, die Besitzsteuer zu hinterziehen, mit dieser Kenntnis verbunden gewesen sein. Im Falle des § 78 endlich muß aus den obwal­ tenden Umständen sich überzeugend ergeben, daß die Absicht der Steuerhinterziehung, als die Angaben ge­ macht wurden, nicht bestanden hat. Die Kenntnis von der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben gehört also in allen drei Fällen zum subjektiven Tat­ bestände, aber im ersteren genügt sie — in Verbindung mit dem Bewußtsein von der Besitzsteuergefährdung — zu seiner Erfüllung, im zweiten muß die nachweisbare Steuerhinterziehungsabsicht hinzukommen, im dritten muß nach der Überzeugung der erkennenden Behörde diese Absicht gefehlt haben. Den ersten Fall bezeichnet Hoffmann (Anm. 3 zu dem dem § 76 entsprechenden § 56 des WBG.) als ein „non liquet hinsichtlich der Konstatierung des Vorsatzes", insofern „eine solche Ab­ sicht zwar nicht festgestellt ist, aber auch nicht fest­ gestellt ist, daß eine solche Absicht nicht vorliegt". Der § 76 findet also dann Anwendung, wenn weder die Ab­ sicht der Steuerhinterziehung noch ihr Nicht Vor­ handensein nachweisbar ist. 4. Die hier in Betracht kommenden unrichtigen oder unvollständigen Angaben sind solche, die in der Besitz­ steuererklärung (§§ 52, 53) oder in den gemäß § 57 erfolgten Vermögens-Nachweisungen gemacht worden sind. Sie können Tatsachen betreffen, aber and) Wertangaben sein. Die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit setzt, um zu einer Besitzsteuerverkürzung geeignet zu sein, vor­ aus, daß sie nicht als solche sofort erkennbar ist, daß die Angaben vielmehr den Anschein der Rich­ tigkeit und Vollständigkeit tragen. Unvollständig sind Angaben, wenn sie für sich allein ein unzutreffendes Bild von dem Vermögensstande des Pflichtigen ergeben, so daß die Steuerbehörde dadurch in einen Irrtum ver­ setzt werden kann, der eine zu niedrige Besteuerung oder die Freilassung von Besitzsteuer zur möglichen Folge hat. Die Verheimlichung von besitzsteuerpflichtigen Ver-

Z 76.

223

Mögensbestandteilen erfüllt stets den Tatbestand der „unrichtigen oder unvollständigen Angaben". 5. „Steuerbehörde" ist die Veranlagungsbehörde. Erst im Rechtsmittelverfahren gemachte Angaben fallen daher nicht unter den Tatbestand des § 76. Angaben gegen­ über einer von der Veranlagungsbehörde um Rechts­ hilfe ersuchten Behörde, mag sie eine Steuer- oder sonstige Behörde sein, sind auf diesem Wege der Ver­ anlagungsbehörde selbst gemacht und stehen also den dieser direkt gemachten gleich. Wenn die Angaben in der Besitzsteuererklärung gemacht sind, so muß diese von der in § 52 Abs. 3 vorgeschriebenen Versicherung begleitet gewesen sein, da ohne solche die Besitzsteuer­ erklärung nicht voll verbindlich ist (siehe Anm. 1 zu § 52 Abs. 3). 6. Geeignet, eine Verkürzung der Besitzsteuer herbei­ zuführen, sind unrichtige oder unvollständige Angaben dann, wenn die Steuerbehörde auf Grund der An­ nahme ihrer Richtigkeit und Vollständigkeit an der Hand der Vorschriften des Besitzsteuergesetzes zur Fest­ setzung einer niedrigeren als der nach der wirklichen Lage der Verhältnisse zu erhebenden Steuer oder zu der Feststellung, daß kein oder nur ein steuerfreier Ver­ mögenszuwachs vorliegt, gelangen muß. Ist der Steuer­ satz in beiden Fällen der gleiche, so findet § 76 also keine Anwendung. Dem Steuerpflichtigen oder seinem Vertreter mußte, als er die Angaben machte, außer ihrer Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit auch bekannt sein, daß sie geeignet waren, eine Steuerverkürzung her­ beizuführen. Das „wissentlich" bezieht sich also auf die zum objektiven Tatbestand gehörenden Worte „die geeignet sind, eine Verkürzung der Besitzsteuer herbeizu­ führen", mit. Anderer Meinung Hoffmann (Anm. 5 zu § 56 und Anm. 5 zu § 57 des WBG.), der beim Be­ stehen solcher Kenntnis, ja sogar beim bloßen Zweifel des Steuerpflichtigen, ob die Angaben geeignet sein werden, zu einer Steuerverkürzung zu führen, in der gleichwohl erfolgenden Bewirkung unrichtiger oder un­ vollständiger Angaben, die „mindestens eventuelle Ab­ sicht" sieht, die Steuer zu hinterziehen, auch wenn die

224

Besitzsteuergesetz.

nächste Absicht eine andere gewesen sei, z. B. diejenige, seinen Angehörigen oder dritten Personen die Höhe des Vermögens nicht bekannt werden zu lassen. H. will also auf den Fall jener Kenntnis die schwerere Strafvorschrift des § 77 an gewendet wissen. Indessen fordert § 77 für die Verhängung der von ihm ange­ drohten schwereren Strafe ausdrücklich die Absicht der Hinterziehung, also daß der Wille des Steuerpflich­ tigen oder seines Vertreters auf den Eintritt dieses Erfolges gerichtet war. Das bloße Bewußtsein des Schuldigen von der Geeignetheit seiner Angaben, eine Steuerverkürzung herbeizuführen, genügt sonach nicht. 7. Nicht erforderlich ist, daß die Staatskasse durch die unrichtigen oder unvollständigen Angaben auch wirk­ lich geschädigt wurde. 8. über die Straffreiheit bei rechtzeitiger Rückgängig­ machung der Steuergefährdung durch den Schuldigen siehe § 79. Eine nach § 76 verwirkte Geldstrafe kann nicht in Freiheitsstrafe umgewandelt werden (§ 84). 9. Ob die Zuwiderhandlung gegen § 76 als Vergehen oder als Übertretung anzusehen ist, bestimmt sich danach, ob das Zwanzigfache des im Einzelfalle gefährdeten Steuerbetrages mehr oder nicht mehr als 150 Mk. (siehe Strafgesetzbuch § 1) beträgt.

§ 77. In den Fällen des § 76 kann neben der Geldstrafe auf Gefängnis bis zu sechs Monaten erkannt werden, wenn die unrichtigen oder unvollständigen Angaben in der Absicht, die Besitzsteuer zu hinter­ ziehen, gemacht worden sind und wenn der Steuer­ betrug, der durch die unrichtigen oder unvollstän­ digen Angaben gefährdet worden ist, nicht weniger als 10 vom Hundert der geschuldeten Steuer, mindestens aber dreihundert Mark ausmacht, oder wenn der Steuerpflichtige wegen Besitzsteuerhinterziehung vorbestraft ist.

88 76, 77.

225

Bei einer Steuergefährdung der in Abs. 1 be­ zeichneten Art kann im Urteil angeordnet werden, daß die Bestrafung auf Kosten des Verurteilten öffentlich bekannt zu machen ist. Besteht der Verdacht, daß eine Steuergefährdung der in Abs. 1 bezeichneten Art vorliegt, so hat die Steuerbehörde die Sache an die zuständige Staats­ anwaltschaft abzugeben. Ist der Steuerpflichtige abwesend (8 318 der Strafprozeßordnung), so kann gegen ihn nach Maßgabe der §§ 320 bis 326 der Strafprozeßordnung verhandelt werden. Findet die Staatsanwaltschaft in einer an sie abgegebenen Sache, daß der Verdacht nicht hinreichend begründet ist, so kann sie die Sache zur weiteren Erledigung im Ver­ waltungsstrafverfahren an die Verwaltungsbehörde abgeben.

Abs. 1.

1.

Diese Vorschrift setzt zunächst das Vorliegen des sub­ jektiven wie des objektiven Tatbestandes des § 76 vor­ aus. Siehe darüber und überhaupt über das gegen­ seitige Verhältnis der in den §§ 76—78 geregelten Straffälle die Anm. 3—7 zu § 76. Es müssen aber noch ferner hinzukommen: a) in subjektiver Hinsicht: daß die unrichtigen oder unvollständigen Angaben gemacht sind in der Ab­ sicht, die Besitz st euer zu hinterziehen; b) in objektiver Hinsicht: daß entweder der durch diese Angaben gefährdete Steuerbetrug nicht weniger als 10 v. H. der nach dem Besitzsteuergesetz ge­ schuldeten Steuer, mindestens aber 300 Mk. aus­ macht, oder der Steuerpflichtige wegen Besitz­ steuerhinterziehung vorbestraft ist. 2. Hinterziehung ist die vom Steuerpflichtigen beab­ sichtigte und bewirkte Vorenthaltung einer der Staats­ kasse nach dem Steuergesetz geschuldeten Abgabe. Koppe, Besttzsteuergesetz. 15

226

Besttzsteuergesetz.

3.

Der § 77 betrifft den durch die Absicht der Steuer­ hinterziehung gekennzeichneten schwereren Straffall gegenüber den leichteren Fällen der §§ 76 und 78. Daher ist hier dem Gerichte die Befugnis gegeben, neben (nicht statt) der Geldstrafe auch noch auf Freiheitsstrafe — Gefängnis bis zu sechs Monaten — zu erkennen. Die Zuwiderhandlung gegen § 77 stellt sich daher als Vergehen dar. Die Umwandlung der verhängten Geldstrafe im Nichtbeitreibungsfall in eine Freiheits­ strafe ist ausgeschlossen (§ 84).

4.

Der Versuch ist hier so wenig wie im Falle des § 76 für strafbar erklärt, daher straflos (StGB. § 43 Abs. 2).

Abf. 2. 1.

Diese Bestimmung lehnt sich an gleichartige Vor­ schriften in dem Gesetze über den unlauteren Wettbewerb sowie in Fällen von Nahrungsmittelfälschung, öffent­ licher Beleidigung u. a. an. In Steuergesetzen ist sie dagegen bisher noch nicht zur Anwendung gelangt. Es soll hier auch vor der Öffentlichkeit derjenige gebrandmarkt werden, der sich eine Besitzsteuerhinterziehung zuschulden kommen läßt. Dem gemeingefährlichen Cha­ rakter der Zuwiderhandlung — der Bereicherung auf Kosten der gewissenhaften Steuerzahler — wird damit Rechnung getragen. Dies erschien um so mehr ange­ bracht, als im § 68 des WBG. ein Generalpardon für alle der Vergangenheit angehörenden Steuerhinter­ ziehungen gewährt worden ist. Wer trotzdem, ohne von dieser Gelegenheit Gebrauch zu machen, auch in Zukunft Steuern hinterzieht, erscheint der Bloßstellung vor der Öffentlichkeit wert.

2. Die öffentliche Bekanntmachung der Verurteilung ist nicht nur im Falle der Verhängung von Gefängnisneben der Geldstrafe zulässig, sondern auch wenn bloß Geldstrafe im Falle des Abs. 1 verhängt wird, über die Anwendung dieser richterlichen Befugnis entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen, wobei haupt­ sächlich die Schwere des Falles maßgebend sein wird.

227

§§ 77, 78.

Abs. 3. 1. Ist das Vorliegen der Steuerhinterziehungsabsicht nicht nachweisbar (vgl. Anm. 3 am Ende zu § 76), so greift das Verwaltungsstrasverfahren Platz. Siehe Vorbemerkung 1 zu den §§ 76—81 oben, über die Nach­ weisbarkeit befindet die zuständige Staatsanwaltschaft, an die beim Vorliegen eines Falles der in § 76 bezeich­ neten Art, sobald der Verdacht der Hinterziehungsab­ sicht entsteht, die Sache von der Besitzsteuerbehörde ab­ zugeben ist. Findet die Staatsanwaltschaft den Verdacht bestätigt, so behält sie die Sache zur weiteren strafrecht­ lichen Verfolgung nach den Vorschriften der StPO-, anderenfalls gibt sie sie zur Durchführung des Verwal­ tungsstrafverfahrens an die zuständige Verwaltungs­ behörde ab oder verfolgt sie — wenn sie nach Landes­ recht dafür zuständig ist — selbst in diesem Verfahren. 2. Der zweite Satz des Abs. 3 ist durch § 43 des KriegsStG. eingeschaltet worden. Zugleich ward in Satz 3 „dieser Verdacht" durch „der Verdacht" ersetzt.

§ 78. Ist nach den obwaltenden Umständen anzunehmen, daß die unrichtigen oder unvollständigen Angaben, die geeignet sind, eine Verkürzung der Besitz­ steuer herbeizuführen, nicht in der Absicht der Steuer­ hinterziehung gemacht worden sind, so tritt an Stelle der in 8 76 vorgesehenen Strafe eine Ordnungs­ strafe bis zu fünfhundert Mark. Die Verhängung der hier vorgesehenen bloßen Ordnungsstrafe setzt voraus, daß die für das Ver­ waltungsstrafverfahren zuständige Behörde aus den Um­ ständen des Falles auf Grund fteier Beweiswürdigung die Überzeugung erlangt, daß die unrichtigen oder unvollständigen Angaben rn der Besitzsteuererklärung (§§ 52, 53) oder in der eingeforderten Vermögensnachweisung (§ 57), obwohl objektiv geeignet, eine Besitz15*

228

Besitzsteuergesetz.

st euer Verkürzung herbeizuführen, doch nicht in der Ab­ sicht der Steuerhinterziehung gemacht sind. Näheres, insbesondere über den Zusammenhang mit den §§ 76 und 77, siehe in Anm. 3—7 zu § 76 und Anm. 2 zu § 77 Abs. 1.

§ 79. Straffrei bleibt, wer seine unrichtigen oder um vollständigen Angaben, bevor eine Anzeige erstattet oder eine Untersuchung gegen ihn eingeleitet ist, bei der Steuerbehörde berichtigt oder ergänzt und die gefährdete Steuer, soweit sie bereits fällig gewesen ist, entrichtet.

1.

Der § 79 stimmt überein mit WBG. § 59 und PreußErgStG. § 44 Abs. 3. Ähnliche Bestimmungen sind enthalten im RErbschStG. § 50 Abs. 2 und RZ.StG. § 50 Abs. 3.

2.

Diese Vorschrift betrifft den Fall der „tätigen Reue". Die Berichtigung oder Ergänzung nebst Steuer­ entrichtung kann auch noch im Rechtsmittel erfahren erfolgen. Die Untersuchung wird durch jede auf die Ermittelung einer vermuteten Zuwiderhandlung gerich­ tete Amtshandlung einer zu der Ermittelung zuständigen Behörde eingeleitet (Hoffmann, Anm. 4 zu WBG. § 59). Die Berichtigung oder Ergänzung unter gleichzeitiger Entrichtung der bereits fällig gewordenen Besitzsteuer kann mit Wirkung der Straffreiheit auch dann erfolgen, wenn der Steuerpflichtige Kenntnis davon hat, daß eine Anzeige oder Untersuchung bevorsteht oder bevorzustehen droht, denn die Anzeige muß schon „erstattet", die Untersuchung bereits „eingeleitet" sein, um einer Be­ richtigung die strafbefreiende Wirkung zu nehmen. Andrerseits ist die Straffreiheit auch dann ausge­ schlossen, wenn der Steuerpflichtige bei Anbringung seiner Berichtigung oder Ergänzung keine Kenntnis von einer inzwischen erstatteten Anzeige oder eingeleiteten Untersuchung hatte.

88 78-81.

229

§ 80Die Einziehung der Besitzsteuer erfolgt unab­ hängig von der Bestrafung. 1. Der hier ausgesprochene Grundsatz der Einziehung der Besitzsteuer unabhängig von der Bestrafung ent­ spricht dem Standpunkt der modernen Steuergesetz­ gebung (vgl. RErbschStG. § 49 Abs. 4, WBG. § 61, NZStG. § 52, PreußEinkStG. § 73 Abs. 1, Preuß.ErgStG. § 45 Abs. 1, BaherEinkStG. Art. 74). 2. Die Festsetzung wie die Einziehung der Besitzsteuer ist nicht abhängig vom Verlauf und Erfolg des Straf­ verfahrens. Insbesondere ist die Besitzsteuerbehörde hin­ sichtlich der Veranlagung nicht an das Ergebnis des strafgerichtlichen Verfahrens noch an die Rechtsauffas­ sung des Strafrichters gebunden. Veranlagung zur Besitzsteuer und Einziehung derselben einerseits und Bestrafung andrerseits gehen also vollkommen selbstän­ dig nebeneinander her. Daher hat die Einziehung der Steuer auch dann zu erfolgen, wenn die Strafverfol­ gung wegen Eintritts ihrer Verjährung oder wegen Ablebens des Schuldigen oder weil dieser sich ihr durch die Flucht entzog oder aus sonstigen Gründen unter­ bleiben muß. Ebenso ist die Verjährung des Anspruchs der Staatskasse auf die Besitzsteuer (§ 75) ohne Einfluß auf die Strafverfolgung und deren Verjährung. Die Festsetzung der nach § 76 zu verhängenden Geldstrafe kann natürlich, da ihre Höhe ein Vielfaches der gefähr­ deten Steuer zu bilden hat, erst erfolgen, wenn deren Höhe durch die Veranlagung festgesetzt ist.

§ 81. Wer in der nach § 58 Abs. 2 einzureichenden Nachweisung oder in dem nach § 62 einzureichenden Verzeichnis wissentlich unrichtige oder unvollständige Angaben macht, die geeignet sind, das Steuerauf­ kommen zu gefährden, wird mit einer Geldstrafe bis zu dreitausend Mark bestraft.

230

Besttzfteuergesetz.

Straffrei bleibt, wer seine unrichtigen oder un* vollständigen Angaben, bevor eine Anzeige erstattet oder eine Untersuchung gegen ihn eingeleitet ist, bei der Steuerbehörde berichtigt oder ergänzt. Abf. 1. 1.

Wie im Falle des § 76 (siehe Anm. 4 daselbst), so müssen auch hier die unrichtigen oder unvollständigen Angaben den Anschein der Richtigkeit oder Vollständig­ keit tragen sowie geeignet sein, durch ihre Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit den Wert des steuerbaren Ver­ mögens niedriger erscheinen zu lassen als er ist, und mithin zu einer niedrigeren als der gesetzmäßigen Besteuerung zu führen. Der, welcher die Angaben in der Nachweisung oder im Verzeichnis macht, muß, um nach § 81 strafbar zu sein, ihre Unrichtigkeit oder Unvoll­ ständigkeit sowie ihre Geeignetheit, infolgedessen das Steueraufkommen zu gefährden, kennen. Die Notwen­ digkeit der Kenntnis auch dieser Geeignetheit wird von Hoffmann aus den gleichen Gründen wie bei § 56 des WBG. (§ 76 des BStG.) verneint (siehe Hoffmann Anm. 4 zu WBG. § 60). 2. Hat der Steuerpflichtige seinerseits die gleichen Angaben in seiner Besitzsteuererklärung oder nach § 57 richtig und vollständig gemacht, so macht dies die nach § 58 Abs. 2 nachweisungspflichtigen Personen im Falle des § 81 nicht straffrei. 3. Die hier angedrohte Strafe macht durch ihre Höhe die strafbare Handlung zu einem Vergehen. Die Strafbarkeit des Versuchs ist nicht ausgesprochen. 4. Die Umwandlung der Geldstrafe wegen Unbeitreiblichkeit in eine Freiheitsstrafe ist ausgeschlossen (§ 84).

Abs. 2. Straffreiheit tritt im Falle der „tätigen Reue" auch hier wie im Falle des § 79 ein.

§ »2. ^Beamte, Angestellte und ehrenamtliche Mitglieder von Behörden sowie Sachverständige werden, wenn

sie die zu ihrer dienstlichen oder amtlichen Kenntnis gelangten Vermögens-, Erwerbs- oder Einkommens­ verhältnisse eines Steuerpflichtigen, insbesondere auch den Inhalt einer Besitzsteuererklärung oder der über sie gepflogenen Verhandlungen unbefugt offenbaren, mit Geldstrafe bis zu fünfzehnhundert Mark oder mit Gefängnis bis zu drei Monaten bestraft. Die Strafverfolgung tritt nur ein auf Antrag der obersten Landesfinanzbehörde oder des Steuer­ pflichtigen, dessen Interesse an der Geheimhaltung verletzt ist. Der § 82 entspricht dem § 62 des WBG. Ähnliche Bestimmungen enthalten auch das PreußEinkStG. § 75, das PreußErgStG. § 47 und das BayerEinkStG. Art. 79. Abf. 1. 1. Beamte, Angestellte und ehrenamtliche Mitglieder von Behörden unterliegen der Geheimhaltungspflicht nach § 64 (siehe die Anmerkungen daselbst). Außer ihnen sind hier auch Sachverständige, die im Veranlcvgungs- oder Rechtsmittelverfahren zugezogen worden sind, mit der gleichen Strafe bedroht, sofern sie sich eines unbefugten Offenbarens im Sinne des § 82 schuldig machen, über den Tatbestand des „unbefugten Offenbarens" siehe Anm. 2 zu § 64. Das dort darüber Angeführte gilt auch für die Auslegung der Strafvor­ schrift des § 82, und zwar auch in bezug auf die Sach­ verständigen. Insbesondere liegt „dienstliche oder ambliche Kenntnis" auch hier nur dann vor, wenn die Kenntnis im Besitzsteuer-Veranlagungsverfahren und durch dasselbe oder im Rechtsmittelverfahren oder in einem mit dem ersteren verbundenen Kriegssteuev-, Einkommensteuer- oder Ergänzungssteuer-Veranlagungs­ verfahren oder -Rechtsmittelverfahren erlangt wurde. Die in Abs. 1 genannten Personen machen sich nicht nur dann strafbar, wenn sie den ganzen Inhalt, son­ dern auch wenn sie nur einen Teil der Steuererklärung,

232

Besitzsteuergesey.

der Vermögensnachweisung oder der darüber gepfloge­ nen Verhandlungen einem Dritten mitteilen. Ferner kann auch hier unbefugtes Offenbaren nicht nur vor­ sätzlich, sondern auch fahrlässigerweise erfolgen. (Ande­ rer Meinung Hoffmann, Anm. 3d zu WBG. § 62.) In subjektiver Hinsicht muß dem Schuldigen be­ wußt gewesen sein, daß die fraglichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen auf dienstlichem oder amtlichem Wege zu seiner Kenntnis gelangt waren und daß der, dem er sie offenbarte, keinen Anspruch darauf hatte, sie in Erfahrung zu bringen (siehe in letzterer Hinsicht § 64 Abs. 3). 2. Die nach Abs. 1 strafbare Handlung stellt ein Ver­ gehen dar. Die Umwandlung einer auf Grund des Abs. 1 erkannten Geldstrafe wegen Unbeitreiblichkeit in Freiheitsstrafe ist ausgeschlossen (§ 84). 3. Das „unbefugte Offenbaren" kann eine Jdealkonkurrenz des § 82 mit den gleichartigen Strafbestimmun­ gen von Landessteuergesetzen (siehe die Vorbemerkung vor Abs. 1) ergeben (vgl. Hoffmann, Anm. 6 zu WBG. § 62).

Abs. 2. Der zur Strafverfolgung erforderliche Antrag muß binnen einer Frist von drei Monaten seit dem Tage, an dem der Antragsberechtigte Kenntnis von der Hand­ lung und der Person des Täters erlangte, gestellt wer­ den (StGB. § 61). Zurücknahme desselben ist, weil hier nicht besonders zugelassen (StGB. § 64), nicht statthaft. 2. Ein Steuerberechtigter kann antragsberechtigt auch dadurch werden, daß seine Verhältnisse durch Mittei­ lungen über den Inhalt der Besitzsteuererklärung oder der Vermögensnachweisung eines anderen Steuer­ pflichtigen von einer der in Abs. 1 genannten Per­ sonen unbefugt offenbart worden sind.

1.

§ 83. Eine Ordnungsstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark tritt ein bei Zuwiderhandlungen gegen die

88 82-85.

233

Vorschriften dieses Gesetzes oder die zu seiner Aus­ führung erlassenen Bestimmungen, die im Gesetze mit keiner besonderen Strafe bedroht stnd.

Diese Vorschrift entspricht den Bestimmungen im RErbschStG. § 49 Abs. 3 und RZStG. § 51 Abs. 2.

§ 84. Die Umwandlung einer nicht beizutreibenden Geldstrafe in eine Freiheitsstrafe findet nicht statt.

1.

Die Vorschrift entspricht derjenigen in WBG. § 65 und den gleichartigen in zahlreichen anderen Reichs­ steuergesetzen. 2. Mit „Geldstrafe" sind alle im BStG. angedrohten Geldstrafen, sowohl diejenigen kriminellen Charakters wie die Ordnungsstrafen, gemeint. Die Zwangsstrafen kommen ihrer Natur nach hier nicht in Betracht. 3. Die Vorschrift bezieht sich auch auf solche Geld­ strafen, die neben Freiheitsstrafe angedroht sind. Kosten. § 85* Das Verfahren in Besitzsteuerangelegenheiten ist vorbehaltlich der Vorschrift des § 60 kosten-, ge­ bühren- und stempelfrei. Für das Rechtsmittel- und Strafverfahren bewendet es bei den sonst geltenden Vorschriften.

1. „Verfahren in Besitzsteuerangelegenheiten" ist das Veranlagungs- und das Steuererhebungsverfahren ein­ schließlich des Rechtshilfe-verfahrens, doch mit Ausschluß desjenigen der zwangsweisen Beitreibung der Besitz­ steuer, auch soweit andere Behörden oder Amtsperso­ nen als die Besitzsteuerbehörden (z. B. Reichs-, Staats-, Gemeindebehörden, Notare) daran beteiligt sind. Die Tragung der Kosten des Rechtsmittel- und des Straf­ verfahrens bestimmt sich nach Landesrecht.

234

Besitzsteuergesetz.

2. Zu den Kosten des Verfahrens ist auch die Postge­ bühr zu rechnen, welcher die Sendungen der Besitzsteuer­ ämter und Hebestellen an die Steuerpflichtigen unter­ ließen; sie fällt daher den letzteren nicht zur Last. Dagegen haben die Steuerpflichtigen die Postgebühr für die von ihnen an die bezeichneten Behörden zu richtenden Sendungen zu tragen (BundRAB. § 79). In Preußen sind die Kosten im Ermittelungs­ und Rechtsmittelverfahren, soweit sie der Staatskasse zur Last fallen, bei Titel 26 des Etats von der Ver­ waltung der direkten Steuern zu verausgaben und unter einem besonderen Abschnitt (Nr. 6) zu verrechnen (Preuß.AusfV. Art. 32 Nr. 1). über die Formularbeschaffungs­ kosten und ihre Tragung siehe Nr. 2 und 3 daselbst. Die Formulare sind tunlichst so herzurichten, daß sie zugleich hinsichtlich der Kriegssteuer Anwendung finden können. In Bayern ist auch das Rechtsmittelverfahren bis zum Abschlüsse des Nachprüfungsverfahrens (Art. 53 des EinkStG., § 68 der Vollz.-Vorschr. hierzu) und das Beschwerdeverfahren nach § 35 Abs. IV der BayerVV. mit der aus § 60 des Ges. sich ergebenden Einschrän­ kung kosten-, gebühren- und stempelfrei. Die Kosten in Besitzsteuersachen sind nach Maßgabe des Art. 85 des EinkStG. und § 92 der Vollz.-Vorschr. hierzu zu be­ handeln und zu verrechnen (BayerVV. § 42). 3. Zu den Kosten des Verfahrens gehören auch die­ jenigen der Vernehmung von Zeugen und Sachverstän­ digen. Die dem Steuerpflichtigen durch die Sicher­ heitsleistung (mittelst Bürgschaftsleistung, Hypotheken­ bestellung usw.) im Stundungsfalle (§ 71) erwachsen­ den Kosten hat er selbst zu tragen. Schlußvorschriften.

§ 86,

Die Bundesstaaten erhalten für die erste Ver­ anlagung und Erhebung der Steuer zehn, später fünf vom Hundert ihrer Roheinnahme. 1. Die Zubilligung einer Entschädigung an die Bun­ desstaaten rechtfertigt sich aus der sehr großen Arbeit,

§§ 85-87.

235

die die Überweisung der Verwaltung der Besitzsteuer an sie (§ 48) verursacht, zumal da die Veranlagung und Erhebung des Wehrbeitrags vq^n ihnen unentgeltlich geleistet ward. Da die Veranlagung aber das erstemal erheblich mehr Arbeit verursacht als später, so ist die Vergütung demgemäß abgestuft. Diejenigen Staaten, die eine Vermögenssteuer erheben, kommen dabei natür­ lich erheblich besser weg, da sie die Veranlagungsarbeiten zu beiden Steuern in organische Verbindung bringen und dadurch an Kosten sparen können. 2. Über die durch die zeitlich verschiedene Höhe der Vergütung bedingte Einrichtung besonderer Einnahme­ spalten in den Einnahmebüchern siehe BundRAB. § 62. 3. Über den Ertrag der Besitzsteuer ist von den durch die Landesregierungen bestimmten Kassen mit derReichshauptkasse nach Maßgabe der „Bestimmungen zur Rege­ lung der Abrechnungen zwischen der Reichshauptkasse und den Landeskassen vom 23. Juni 1910", Zentral­ blatt für das Deutsche Reich 1910 S. 352, abzurechnen (BundRAB. § 80 Abs. 1 Satz 1). über die entsprechend den Vorschriften im § 4 dieser Abrechnungsbestimmun­ gen aufzustellenden besonderen monatlichen und viertel­ jährlichen Übersichten der Einnahme an Besitzsteuer und ihre Einreichung innerhalb bestimmter Fristen an die in denselben Bestimmungen bezeichneten Behörden oder Dienststellen siehe BundRAB. §§ 80 und 81. Über die Ablieferung der Besitzsteuererträge an die Reichskasse und die dabei stattfindende Anrechnung der den Bundesstaaten nach § 86 zukommenden Entschädi­ gung siehe die PreußAusfV. Art. 22 Nr. 4—6 und Art. 23 Nr. 1 und die BayerVV. § 39 Abs. 3.

§ 87. Nach näherer Bestimmung des Bundesrats kann bis zum Ablauf des Rechnungsjahres 1919 den­ jenigen Bundesstaaten, die zur Zeit der Verkündung dieses Gesetzes die Erbschaften in gerader absteigender Linie besteuern und bis zum Ablauf des Rechnungs-

236

Besitzsteuergesetz.

jahres 1916 eine der Mehrbelastung durch die Be­ sitzsteuer angemessene Ermäßigung dieser Steuer einführen, der Ausfall an Erbschaftssteuer bis zum Betrage ihrer Durchschnittseinnahmen in den Rechnungsjahren 1913 bis 1915 aus dem Aufkommen an Besitzsteuer in ihrem Lande ersetzt werden. Ferner kann in diesen Bundesstaaten unter gleichen Voraussetzungen der Vermögenszuwachs bei der erstmaligen Veranlagung der Besitzsteuer insoweit außer Betracht bleiben, als ein entsprechender Vermögensteil durch Erbgang in gerader absteigender Linie nach dem 31. Dezember 1913 erworben und zur Landessteuer herangezogen ist. 1. Dieser Paragraph ist eingefügt worden auf einen Antrag aller elsaß-lothringischen Abgeordneten im Reichs­ tage, der von der Regierung Elsaß-Lothringens leb­ haft unterstützt wurde. Elsaß-Lothringen und die Hanse­ städte Hamburg, Bremen und Lübeck haben bereits eine Landesbesteuerung des Kindeserbes, so daß in Ansehung desselben durch seine Einbeziehung in die Besteuerung des Vermögenszuwachses eine Doppelbesteuerung vor­ liegt. Eine solche soll aber (im Gegensatze zur Besteue­ rung der aufsteigenden Linie, der Seiten- und der Nichtverwandten) vermieden werden. Eine Reform der direkten Steuern nach der Richtung der Einführung einer progressiven allgemeinen Einkommensteuer, er­ gänzt durch eine Vermögenssteuer, ist nun zwar in Elsaß-Lothringen angebahnt, wird aber naturgemäß längere Zeit erfordern. Andererseits könnte das Land den durch die neuen Reichssteuern vom 3. Juli 1913 verursachten Einnahmenausfall von jährlich I1/2 Mill. Mk., ohne daß ihm Zeit gelassen würde, auf eine billige Weise Deckung dafür zu schaffen, nicht wohl ertragen. Daher erschien es angebracht, den im Jahre 1906 bei Einführung der Reichserbschaftssteuer beschrittenen Weg auch hier zu wählen. Damals war durch § 7 des Ges.

§ 87.

237

betr. die Ordnung des Neichshaushalts und die Til­ gung der Reichsschuld bestimmt worden, daß denjenigen Staaten, die bereits eine Erbschaftssteuer besaßen, deren Durchschnittsertrag aus den Jahren 1901—1905 für die Zeit bis zum Ablaufe des Rechnungsjahres 1910 zu verbleiben habe. In ähnlicher Weise ist in dem Reichsstempelgesetz vom 3. Juli 1913 den Bundesstaaten der Ertrag aus den vom Reich für sich in Anspruch genommenen, bisher staatlichen Stempelsteuern für Gesellschaftsvertrage und für Versicherungen bis zum 31. März 1915 in Höhe der Durchschnittseinnahme, die in jedem von ihnen in den letzten drei Jahren vor In­ krafttreten des Reichsgesetzes aus den durch dieses aufgehobenen Abgaben erzielt war, belassen worden. Diesem Verfahren entsprechend kann im vorliegenden Falle denjenigen Bundesstaaten, die das Kindeserbe bereits besteuern, aber nunmehr in bestimmter Frist eine der Mehrbelastung durch die Besitzsteuer angemessene Ermäßigung dieser Steuer einführen, ein Ausgleich in der in § 87 Abs. 1 angegebenen Höhe für den darin liegenden Steuerausfall auf die Zeit bis zum Ablauf des Rechnungsjahres 1919 vom Reich gewährt werden. Dem Bundesrat ist die unter den gesetzlichen Voraus­ setzungen zu treffende nähere Bestimmung darüber ledig­ lich deshalb Vorbehalten worden, weil dieser bei Ein­ bringung, Beratung und Annahme des Antrages noch keine Stellung dazu hatte nehmen können. Das gleiche gilt von der in Abs. 2 nachgelassenen Erleichterung für die Besitzsteuerpflichtigen, die darin besteht, daß in denselben Bundesstaaten — und unter der gleichen Voraussetzung der bis zum Ablauf des Rechnungsjahres 1916 erfolgenden landesgesetzlichen Ein­ führung einer der Mehrbelastung durch die Besitzsteuer angemessenen Ermäßigung der Steuer auf das Kindes­ erbe — bei der erstmaligen Veranlagung derjenige Ver­ mögenszuwachs nicht berücksichtigt wird, dessen Einbe­ ziehung eine Doppelbesteuerung gedachter Art nach sich ziehen würde, das ist also das landessteuerpflichtige Kindeserbe.

238

Besitzsteuergesetz.

2.

Der Durchschnittsbetrag, um welchen die Einnahme an Erbschaftssteuer in den im § 87 Abs. 1 bezeichneten Bundesstaaten in den Rechnungsjahren 1913—1915 niedriger gewesen wäre, wenn die wegen der Besitzsteuer eingeführte Ermäßigung bereits während der Rech­ nungsjahre 1913—1916 bestanden hätte, wird vom Bun­ desrate besonders festgesetzt (siehe Anm. 1). Die hier­ nach festgesetzten Durchschnittsbeträge bilden nach Abzug a) des Unterschieds zwischen der Einnahme, welche die Bundesstaaten noch in den Rechnungsjahren 1917—1919 aus der nicht ermäßigten Besteuerung von vor dem 1. April 1917 eingetretenen Erbfällen gehabt haben, und der Einnahme, welche sie aus diesen Erbfällen gehabt hätten, wenn auf sie bereits die Ermäßigung wegen der Besitzsteuer in Anwen­ dung gekommen wäre, b) von 10 v. H. der nach dieser Kürzung noch verblei­ benden Beträge das Soll der nach § 87 den Bundesstaaten auf die be­ treffenden Zeiträume für den Fortfall der Erbschafts­ steuer zu gewährenden Vergütungen (BundRAB. § 82).

§ 88. Die Ausführungsbestimmungen zu diesem Gesetz erläßt der Bundesrat. Die Ausführungsbestimmungen des Bundesrats sind unter dem 30. November 1916 ergangen und im An­ hang unter II abgedruckt.

Urkundlich unter Unserer Höch st eigen­ händigen Unterschrift und beigedrncktem Kaiserlichen Jnsiegel.

Gegeben Kiel, den 3. Juli 1913.

(L. S.)

Wilhelm. von Bethmann-Hollweg.

D. Anhang. I. Reichsgesetz über die Festsetzung von Kursen der zum Börsenhandel zugelaffenen Wertpapiere, vom 9. November 1916. (RGBl. S. 1269). Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen usw., verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrats und des Reichstags, was folgt:

§ 1. Der Bundesrat kann für die Veranlagung der Besitzsteuer und der Kriegssteuer die Kurse der zum Börsenhandel zugelassenen Wertpapiere auf den 31. Dezember 1916 festsetzen. Diese Kurse treten an die Stelle der Börsenkurse (§ 34 des Besitzsteuer­ gesetzes).

§ 2. Der Reichskanzler ist ermächtigt, die Kurse Dor­ läufig nach Anhörung der Börsenvorstände festzusetzen und die vorläufig festgesetzten Kurse bekannt zu machen. Weicht die endgültige Festsetzung durch den Bundes-

Besttzsteuergesetz. Anhang.

240

rat von der vorläufigen Festsetzung ab, so ist die Abweichung bis spätestens 15. Januar 1917 bekannt zu geben. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedruckteur Kaiserlichen Jnsiegel. Gegeben Großes Hauptquartier, den 9. November 1916.

(L. s.)

Wilhelm. von Bethmann-Hollweg.

Anm. Auf Grund des § 1 dieses Gesetzes hat der Bundesrat am 15. Januar 1917 der vom Reichskanzler in Gemäßheit des § 2 getroffenen und am 2. Januar 1917 (im Reichsanzeiger, Nr. 3 vom 4. Januar 1917, erste Steuerkursbeilage) bekanntgemachten vorläufigen Festsetzung der Kurse der zum Börsenhandel zugelassenen Wertpapiere auf den 31. Dezember 1916 (vgl. über diese Bekanntmachung die Anm. 3 zu § 34 Abs. 1 des BStG. oben) mit gewissen, am 16. Januar 1917 gleichfalls bekanntgemachten Abänderungen, Berichtigungen und Ergänzungen zugestimmt.

II. Die Ausfübrungsbestlmmunge» des Bundesrat».

241

II. Die Aussithrungsbestimmungen des Bundesrats vom 30. November 1916. (Zentralblatt für das Deutsche Reich S. 414 ff.)

Besitzsteuerämter und Oberbehörden.

§ 1. *Die mit der Veranlagung der Besitzsteuer betrau­ ten Behörden (Besitzsteuerämter) und die ihnen über­ geordneten Behörden (Oberbehörden) werden von den Landesregierungen bestimmt und öffentlich bekannt ge­ macht. Ein Verzeichnis der Besitzsteuerämter und Ober­ behörden ist unter Angabe ihrer Amtsbezirke dem Reichskanzler zur Veröffentlichung im Zentralblatt für das Deutsche Reich mitzuteilen. Das gleiche hat mit etwaigen späteren Veränderungen zu geschehen. 2 Die Landesregierung kann die Erhebung der Be­ sitzsteuer anderen Stellen als den Besitzsteuerämtern übertragen. Sie bestimmt auch, ob und inwieweit andere Behörden als Hilfsstellen der Besitzsteuerämter beim Veranlagungsgeschäfte mitzuwirken haben. In diesem Falle sind die zur Regelung des Geschäftsverkehrs erfor­ derlichen besonderen Bestimmungen zu treffen. ^Befugnisse, die in den nachstehenden Vorschriften den Besitzsteuerämtern übertragen sind, können von der obersten Landesfinanzbehörde im Einverständnisse mit dem Reichskanzler den Oberbehörden übertragen werden. Zuständigkeit.

*Für die Zuständigkeit der Bundesstaaten zur Veranlagung und Erhebung der Besitzsteuer sind maß­ gebend die Wohnsitz- oder Aufenthaltsverhältnisse des Steuerpflichtigen am Ende des jeweiligen Veranla­ gungszeitraums, erstmals am 31. Dezember 1916. Bei mehrfachem Wohnsitz hat den Vorrang zunächst der dienstliche Wohnsitz, dann der Wohnsitz im Heimatstaate, weiter der Wohnsitz an dem Orte des vorwiegenden Aufenthalts. 8 2.

Köppe, ^esivsteuergesey.

16

242

Besitzsteuergesetz.

Anhang.

2 Hat der Steuerpflichtige erst nach dem im Abs. 1 bezeichneten Zeitpunkt, aber noch vor Beginn des an­ schließenden Erhebungszeitraums (§ 24 des Gesetzes) im Reiche seinen Wohnsitz begründet oder seinen ge­ wöhnlichen Aufenthalt genommen, so ist der Bundes­ staat zuständig, in dem er seinen Wohnsitz begründet oder seinen Aufenthalt genommen hat. Hat der Steuerpflichtige weder am Ende des jeweiligen Veranlagungszeitraums noch vor Beginn des anschließenden Erhebungszeitraums in einem Bundes­ staat einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufent­ halt, so ist der Bundesstaat zuständig, in welchem er seinen letzten inländischen Wohnsitz oder Aufenthalt gehabt hat. Hat der Steuerpflichtige auch früher keinen inländischen Wohnsitz oder Aufenthalt gehabt, so ist der Bundesstaat zuständig, in dessen Gebiet sich das steuer­ bare Vermögen befindet, und, wenn das Vermögen sich in mehreren Bundesstaaten befindet, der Bundesstaat, in dessen Gebiet sich der größere Teil des Vermögens befindet. 8 3. Die Vorschriften über die Zuständigkeit der Bun­ desstaaten gelten auch entsprechend für die Zuständig­ keit der Besitzsteuerämter. Die oberste Landesfinanz­ behörde des für die Veranlagung der Besitzsteuer zu­ ständigen Bundesstaats kann jedoch die Abgrenzung der Zuständigkeit seiner Besitzsteuerämter anderweit regeln. Ermittlung der steuerpflichtigen Personen und deren Eintragung in die Besitzsteuerliste. 8 4. *Für jeden Veranlagungsbezirk sind

die Personen zu ermitteln und in die Besitzsteuerliste einzutragen, die für die Veranlagung zur Besitzsteuer in Frage kommen (§ 5). Muster i. 2 Die Besitzsteuerliste ist nach Anleitung des Musters! einzurichten. 8 5. In die Befitzsteuerliste sind jedenfalls die Per­ sonen aufzunehmen, welche die Voraussetzungen der persönlichen Steuerpflicht erfüllen und von denen zu vermuten ist, daß sie ein Vermögen von mehr als zwanzigtausend Mark haben.

II. Die AusführungSbestimmungen des BundeSratS.

243

8 6. ^Jn die Besitzsteuerliste eines Veranlagungsbe­ zirkes sind die Personen aufzunehmen, die in diesem Bezirke zu veranlagen sind. 2 Bestehen Zweifel darüber, ob das Besitzsteueramt zur Veranlagung eines Steuerpflichtigen zuständig ist, und können diese Zweifel vor der öffentlichen Aufforde­ rung zur Abgabe der Besitzsteuererklärungen (§ 14) nicht beseitigt werden, so ist eine solche Person in jedem Veranlagungsbezirke, der für die Veranlagung der Be­ sitzsteuer in Frage kommt, in die Besitzsteuerliste auf­ zunehmen. Dies gilt, abgesehen von Steuerpflichtigen mit mehrfachem Wohnsitz, insbesondere für solche Per­ sonen, die in dem Veranlagungsbezirke Grund- oder Betriebsvermögen besitzen, und die im Inland keinen der Behörde bekannten Wohnsitz oder Aufenthalt haben. 8 7. Ist dem Besitzsteueramte bekannt oder haben die eingeleiteten Verhandlungen ergeben, daß ein Steuer­ pflichtiger, der im Veranlagungsbezirke Grund- oder Betriebsvermögen besitzt, in einem anderen Veran­ lagungsbezirke zur Besitzsteuer zu veranlagen ist, so ist dem zuständigen Besitzsteueramte hiervon unter Mit­ teilung etwaiger landesrechtlicher Veranlagungsmerk­ male Nachricht zu geben. Die Benachrichtigung kann unterbleiben, wenn sie bereits aus Anlaß der Wehr­ beitragsveranlagung oder einer Besitzsteuerveranlagung! erfolgt und seither eine Besitzänderung oder eine wesent­ liche Änderung der landesrechtlichen Veranlagungsmerk­ male nicht eingetreten ist. 8 8. Hat eine Person in einem Beranlagungsbezirke Grund- oder Betriebsvermögen, ohne in diesem Ver­ anlagungsbezirke zugleich einen Wohnsitz oder Aufent­ halt zu haben, so darf die Aufnahme in die Besitzsteuer­ liste (§ 6) oder die Benachrichtigung des zuständigen Besitzsteueramts (§ 7) unterbleiben, wenn der Behörde die Vermögensverhältnisse des Inhabers dieses Grund­ oder Betriebsvermögens genügend bekannt sind und danach feststeht, daß er ein steuerbares Gesamtvermögen von mehr als zwanzigtausend Mark nicht besitzt. 8 9. Die näheren Bestimmungen über die Vorbereitung der Veranlagung, insbesondere über die Ermittlung der 16*

in die Besitzsteuerliste aufzunehmenden Personen erläßt die oberste Landesfinanzbehörde. 8 10. Die Besitzsteuerliste wird abgeschlossen, sobald die Veranlagung (§§ 20 ff.) in der Hauptsache durchgeführt und ihr Ergebnis darin eingetragen ist. Bis dahin ist sie fortlaufend zu ergänzen und zu berichtigen. Sind Personen zu streichen, so ist der Grund der Streichung in der Bemerkungsspalte ersichtlich zu machen, g 11. Personen, deren Steuerpflicht erst nach Abschluß der Besitzsteuerliste festgestellt wird, sowie Personen, die bei Wechsel des Wohnorts dem Besitzsteueramte des neuen Wohnorts zum Zwecke der Erhebung der Besitz­ steuer überwiesen werden (§ 65 Abs. 2), sind in- eine Zugangsliste aufzunehmen, die ebenso einzurichten ist wie die Besitzsteuerliste. Besitzsteuererttärunq.

g 12. * Als Frist für die Abgabe der Besitzsteuererklärung (§ 52 Abs. 1 des Gesetzes) wird die Zeit vom 2. Januar bis 15. Februar des auf den Veranlagungs­ zeitraum folgenden Jahres bestimmt. Die oberste Lan­ desfinanzbehörde kann einen späteren Anfangs- und früheren Endtermin festsetzen; doch muß die Frist minde­ stens zwei Wochen betragen. Für Steuerpflichtige, die Inhaber eines unter § 28 Abs. 2 des Gesetzes fallenden Betriebs sind, und die ihrer Besitzsteuererklärung den Abschluß für den 31. Dezember des letzten Jahres des Beranlagungszeitraums zugrunde legen, kann nach nähe­ rer Bestimmung der obersten Landesfinanzbehörde die Frist zur Abgabe der BesitzsteuererÜärung bis zum 31. Mai des auf den Veranlagungszeitraum folgenden Jahres verlängert werden. 2 Der Reichskanzler ist ermächtigt, für solche Bundes!todten, in denen mit Rücksicht auf die Veranlagung zu >en direkten Landessteuern die im Abs. 1 bestimmte Frist sich als unzweckmäßig erweisen sollte, eine spätere Frist zu bestimmen, die sich aber nicht über den 31. Mai des auf den Beranlagungszeitraum folgenden Jahres hinaus erstrecken darf. g 13. Für die in außereuropäischen Ländern und Ge­ wässern Abwesenden verlängert sich die Frist zur Ab-

II. Die Ausführungsbestimmungen des Bundesrats.

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gäbe der Besitzsteuererklärung bis Ende Juni, für die im europäischen Ausland Abwesenden bis Ende Februar des auf den Veranlagungszeitraum folgenden Jahres, öffentliche Aufforderung zur Anende der Besitzsteucrcrtlärung.

§ 14. Mindestens eine Woche vor Beginn der im § 12 bezeichneten Frist erläßt das Besitzsteueramt oder die Oberbehörde in den für amtliche Bekanntmachungen der unteren Verwaltungsbehörden bestimmten Tages­ blättern eine öffentliche Aufforderung zur Abgabe der Besitzsteuererklärungen. Die oberste Landesfinanzbehörde kann anordnen, daß die Aufforderung außerdem in sonst ortsüblicher Weise bekanntgemacht wird. In dieser Auf­ forderung, die mit öffentlichen Bekanntmachungen über die Veranlagung von Landessteuern verbunden werden kann, sind oie Steuerpflichtigen über ihre Pflicht zur Abgabe einer Besitzsteuererklärung, über die Vorschriften der §§ 76, 77 und 54 des Gesetzes zu belehren. Besondere Aufforderung zur Abgabe der Besitzsteuererttärung.

8 15. 1 Gleichzeitig mit der öffentlichen Aufforderung (§ 14) und noch vor Beginn der im § 12 bezeichneten Frist ist den Personen, von denen das Besitzsteueramt annimmt, daß sie zur Abgabe einer Besitzsteuererklärung nach § 52 Abs. 1 des Gesetzes verpflichtet sind, ein Vor­ druck für diese nebst einem Abdruck der öffentlichen Bekanntmachung zu übersenden; alle anderen in die Besitzsteuerliste aufgenommenen Personen sind gemäß § 52 Abf. 2 des Gesetzes unter Beifügung eines Vor­ drucks besonders aufzusordern, eine Besitzsteuererklärung binnen der im § 12 bezeichneten oder einer auf minde­ stens vierzehn Tage zu bemessenden besonderen Frist abzugeben. Die oberste Landesfinanzbehörde kann im Einverständnisse mit dem Reichskanzler ein anderes Verfahren vorschreiben. 2 Ein Steuerpflichtiger, der von mehreren Behörden zur Abgabe einer Besitzsteuererklärung aufgefordert wird, ist nur verpflichtet, einer Behörde die Besitzsteuer­ erklärung abzugeben. Macht er von dieser Möglichkeit Gebrauch, so hat er den anderen Behörden mitzuteilen, daß und welcher Behörde er eine Besitzsteuererklärung abgegeben hat.

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Besitzsteuergesetz. Anhang.

§ 16. Das Besitzsteueramt kann einem Steuerpflichti­ gen, der glaubhaft macht, daß ihm die Abgabe der Be­ sitzsteuererklärung innerhalb der vorgeschriebenen Frist nicht möglich ist, die Frist zur Abgabe der Besitzsteuer­ erklärung angemessen verlängern. 8 17. 1 Die Besitzsteuererklärung des Ehemanns hat das Vermögen der Ehefrau mitzuumfassen, sofern die Ehe­ gatten nicht dauernd voneinander getrennt leben. 2 Für einen nach Ablauf des Veranlagungszeit­ raums, aber vor Abgabe der Besitzsteuererklärung ver­ storbenen Steuerpflichtigen ist die Besitzsteuererklärung, wenn ein ohne Beschränkung der Berwaltungsbefugnis auf einzelne Gegenstände bestellter Testamentsvollstrecker oder ein Nachlaßpfleger die Verwaltung des Nachlasses übernommen hat, von diesen Personen, andernfalls von den Erben abzugeben. Sind mehrere Verpflichtete vor­ handen und gibt ein Verpflichteter die Besitzsteuererklärung ab, so werden die anderen dadurch von der Ver­ pflichtung befreit. Hat von mehreren Erben einer dem Besitzsteueramte gegenüber die Erfüllung der den Erben in Ansehung der Besitzsteuer obliegenden Pflichten über­ nommen, so ist die Aufforderung zur Abgabe der Be­ sitzsteuererklärung nur an ihn, andernfalls nach dem Ermessen des Besitzsteueramts an einen von ihnen zu richten. 8 18. *Die Besitzsteuererklärung ist nach Anleitung des Muster2. Musters 2 zu gestalten. Bei der erstmaligen Veranlagung der Besitzsteuer ist mit der Besitzsteuererklärung in der Regel die Steuererklärung zum Zwecke der Veranlagung der außerordentlichen Kriegsabgabe zu verbinden (§ 8 der Kriegssteuer-Ausführungsbestimmungen). 2 Vordrucke für die Besitzsteuererklärung sind dem Steuerpflichtigen kostenlos zu verabfolgen. 3 Die oberste Landesfinanzbehörde kann bestimmen, daß die Besitzsteuererklärung auch mündlich bei der Ver­ anlagungsbehörde abgegeben werden kann; der hiernach ausgefüllte Vordruck ist vom Steuerpflichtigen und vom Veranlagungsbeamten zu unterzeichnen. 4 Wenn für Landessteuerzwecke zuverlässige Dar­ stellungen des gesamten im Bundesstaate gelegenen

Grundbesitzes der einzelnen Steuerpflichtigen bestehen und fortgeführt werden, kann die Aufführung der ein­ zelnen Grundstücke in der Steuererklärung unterbleiben und ihr Steuerwert im ganzen angegeben werden. Doch muß das in anderen Bundesstaaten gelegene Grund­ vermögen besonders aufgeführt werden.

§ 19. 1 Die Abgabe der Besitzsteuererklärung ist nötigen­ falls durch vorher anzudrohende Geldstrafen bis zu fünfhundert Mark zu erzwingen. 2 Gleichzeitig mit der Straffestsetzung auf Grund des § 54 Abs. 1 des Gesetzes ist dem Säumigen eine angemessene weitere Frist zur Abgabe der Besitzsteuer­ erklärung zu setzen. 3 Die Geldstrafe kann so lange wiederholt werden, bis der Steuerpflichtige seiner Verpflichtung zur Ab­ gabe der Erklärung nachgekommen ist. Durch die fortgesetzte Weigerung des Steuerpflich­ tigen, eine Besitzsteuererklärung abzugeben, wird seine Veranlagung zur Besitzsteuer auf Grund schätzungsweiser Vermögensfeststellungen nicht gehindert. 3 Von der Auferlegung eines Zuschlags zu der ge­ schuldeten Besitzsteuer (§ 54 Abs. 2 des Gesetzes) bei nicht rechtzeitiger Abgabe der Besitzsteuererklärung soll dann abgesehen werden, wenn die Umstände des Einzel­ falls die Versäumnis als entschuldbar erscheinen lassen. Wird die Besitzsteuer im Rechtsmittel- oder Berichtigungs­ verfahren anderweit festgesetzt, so tritt auch eine ent­ sprechende Erhöhung oder Ermäßigung des Zuschlags ein. Prüfung der Besitzsteuererklärung.

§ 20. Das Besitzsteueramt hat die Angaben in den Besitzsteuererklärungen auf ihre Richtigkeit und Voll­ ständigkeit zu prüfen. Feststellung des Bermögenszuwachses.

§ 21. i Der Vermögenszuwachs ergibt sich aus der Ver­ gleichung des Vermögensstandes am Ende des Veran­ lagungszeitraums (Endvermögen) mit dem Vermögens­ stand am Anfang des Veranlagungszeitraums (An­ fangsvermögen).

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Besitzsteuergesetz.

Anhang.

2 Als Anfang des Veranlagungszeitraums (§ 19 Abs. 1 des Gesetzes) gilt der 1. Januar 1914, wenn der Steuerpflichtige damals schon zu den im § 11 des Ge­ setzes aufgeführten Personen gehört hat, oder, wenn dies nicht der Fall war, der Zeitpunkt, an dem später die persönliche Steuerpflicht eingetreten ist. 3 Der Bermögensstand an dem im Abs. 2 bezeich­ neten Zeitpunkt ist als Anfangsvermögen so lange maß­ gebend, bis eine Besitzsteuer zu veranlagen ist. Ist es zu einer Besitzsteuerveranlagung gekommen, so ist das hierbei festgestellte Endvermögen später wieder so lange als Anfangsvermögen maßgebend, bis erneut eine Besitzsteuer zu veranlagen ist. Ist die persönliche Steuerpflicht in der Folgezeit weggefallen und wird sie später neubegründet, so ist für die weitere Besitzsteuerveranlagung das zur Zeit der Neubegründung der persönlichen Steuerpflicht vorhandene Vermögen als Anfangsvermögen maßgebend.

§ 22. i Bei der Besitzsteuerveranlagung ist in der Regel nur das Vermögen des Steuerpflichtigen für das Ende des Veranlagungszeitraums, erstmals für den 31. De­ zember 1916 (§ 18 des Gesetzes), neu festzustellen. 2 Das Anfangsvermögen ist nur dann gleichzeitig mit der Ermittelung des Endvermögens nachträglich festzustellen, wenn eine rechtskräftige Feststellung durch Erteilung eines Beranlagungs- oder Feststellungs­ bescheids gemäß § 47 des Wehrbeitraggesetzes oder später durch Erteilung eines Steuer- oder Feststellungsbescheids gemäß § 65 des Besitzsteuergesetzes nicht stattgefunden hat. 3 Ist im Wege des aus Billigkeitsrücksichten ge­ währten gänzlichen oder teilweisen Erlasses des rechts­ kräftig veranlagten Wehrbeitrags oder der rechtskräftig veranlagten Besitzsteuer das Vermögen anderweit er­ mittelt, so ist nicht das rechtskräftig festgestellte Ver­ mögen, sondern das anderweit ermittelte Vermögen als Anfangsvermögen maßgebend. g 23. iWenn das

Vermögen am Ende des Veran­ lagungszeitraums den Nach § 28 Abs. 3 des Gesetzes abgerundeten Betrag von dreißigtausend Mark nicht

II. Die Ausführungsbestimmungen des Bundesrats.

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übersteigt, so genügt die Angabe des Steuerpflichtigen, daß die Bermögenszunahme während des Veranlagungs­ zeitraums mehr -als zehntausend Mark betragen hat. Eine Feststellung des tatsächlich vorhanden gewesenen Anfangsvermögens ist in diesem Falle nicht erforderlich. 2 Haben zu Beginn des Beranlagungszeitraums die abzugsfähigen Schulden und Lasten den Gesamtwert des Aktivvermögens überstiegen (§ 19 Abs. 2 des Ge­ setzes), so gilt das für den Schluß des Veranlagungs­ zeitraums festgestellte Reinvermögen als Vermögens­ zuwachs.

g 24. *War jemand nur gemäß § 10 Nr. II des Wehr­ beitraggesetzes beschränkt beitragspflichtig, dagegen schon seit dem 1. Januar 1914 gemäß § 11 Nr. I des Be­ sitzsteuergesetzes unbeschränkt steuerpflichtig, so ist für den 1. Januar 1914 das damals vorhandene stenerbare Vermögen neu festzustellen. Maßgebendes Anfangsver­ mögen ist In diesem Falle das nachträglich für den 1. Januar 1914 festgestellte Vermögen, es sei denn, daß dieses niedriger ist als das früher festgestellte, gemäß § 10 Nr. II des Wehrbeitraggesetzes beitragspflichtige Vermögen. 2 Entsprechendes gilt, wenn später an Stelle der bisherigen beschränkten persönlichen Steuerpflicht (§ 11 Nr. II des Besitzsteuergesetzes) die unbeschränkte persön­ liche Steuerpflicht (§ 11 Nr. I des Besitzsteuergesetzes) tritt. Das für den Zeitpunkt des Eintritts der unbe­ schränkten Steuerpflicht neu festzustellende steuerbare Vermögen gilt dann als Anfangsvermögen, es sei denn, daß dieses niedriger ist als das früher festgestellte, schon von der beschränkten persönlichen Steuerpflicht erfaßte Vermögen.

g 25. Im Sinne des § 23 Abs. 2 des Gesetzes gilt als der Besteuerung entzogen jedes Vermögen, das auf irgendeine Weise während des Veranlagungszeitraums aus steuerbarem Vermögen in nichtsteuerbares Vermögen umgewandelt worden ist. g 26. iJst das Vermögen von Ehegatten gemäß § 14 des Gesetzes für den Schluß des Beranlagungszeitraums

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Besitzsteuergesetz.

Anhang.

zusammenzurechnen, ohne daß die Voraussetzungen der Zusammenrechnung für den Beginn des Veranlagungs­ zeitraums gegeben sind, so ist als Anfangsvermögen maßgebend die Summe des für den Beginn des Ver­ anlagungszeitraums festgestellten oder nachträglich zu ermittelnden Vermögens jedes der beiden Ehegatten. 2 War dagegen das Vermögen von Ehegatten früher zusammengerechnet worden (§ 13 des Wehrbeitrag­ gesetzes, § 14 des Besitzsteuergesetzes) und sind die Voraussetzungen der Zusammenrechnung für den Schluß des Beranlagungszeitraums nicht mehr gegeben, so ist das Vermögen, das der betreffende Ehegatte bei Beginn des Beranlagungszeitraums besessen hat, nachträglich zu ermitteln und als Anfangsvermögen zugrunde zu legen. 3 Die Ausscheidung der nach §§ 15 und 16 des Ge­ setzes steuerfreien Zuwachsbeträge hat in der Weise zu erfolgen, daß diese Beträge von dem noch nicht abge­ rundeten Endvermögen abgezogen werden. ^Nach § 15 des Gesetzes steuerfrei ist der dem An­ teil des überlebenden Ehegatten am Nachlaßvermögen entsprechende Teilbetrag desjenigen Vermögens, das als Anfangsvermögen gegolten hätte, wenn der ver­ storbene Ehegatte auf den Zeitpunkt seines Todes zur Besitzsteuer zu veranlagen gewesen wäre. Ermittlung des Bermögenswerts.

§ 27. *Der Ermittlung des Vermögenswerts ist, so­ weit das Gesetz nichts anderes vorschreibt, der gemeine Wert seiner einzelnen Bestandteile an dem für die Ver­ mögensfeststellung maßgebenden Zeitpunkt zugrunde zu legen. 2 Der gemeine Wert (Verkaufs- oder Verkehrswert) wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehre nach der Beschaffenheit des Gegen­ standes ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder lediglich persönliche Verhältnisse zu erzielen ist. 3 Ein Vermögensbestandteil, dessen Wert irrt ganzen zu ermitteln ist, umfaßt alle Gegenstände, die in einem wirtschaftlichen Zusammenhänge zueinander stehen.

II. Die Ausführungsbestimmmrgen des Bundesrats.

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1 Nach § 28 Abs. 2 des Gesetzes kann der Steuer­ pflichtige, unbeschadet der Nachprüfung nach § 57 des Gesetzes, verlangen, daß das in einem Betriebe, für welchen regelmäßige jährliche Abschlüsse stattfinden, an­ gelegte Vermögen nach dem Bestand und Werte am Schlüsse des letzten Wirtschafts- oder Rechnungsjahrs festgestellt wird. Die seit dem Schlüsse des letzten Wirtschafts- oder Rechnungsjahrs bis zum gesetzlichen Stich­ tag eingetretenen Verschiebungen zwischen dem im Be­ trieb angelegten Vermögen und dem sonstigen Ver­ mögen des Steuerpflichtigen sind zu berücksichtigen. 2 Die Anwendung des § 28 Abs. 2 des Gesetzes setzt eine ordnungsmäßige Buchführung voraus, ist aber nicht davon abhängig, daß der Steuerpflichtige zur Führung von Handelsbüchern gesetzlich verpflichtet ist. 3 Die Anwendung des § 28 Abs. 2 des Gesetzes darf nicht dazu führen, daß die Besitzsteuerveranlagung nur zwei Jahresabschlüsse erfassen würde. Macht der Steuerpflichtige von dem Rechte nach Abs. 1 Gebrauch, so hat er der Steuererklärung den Ab­ schluß für das letzte Wirtschafts- oder Rechnungsjahr beizufügen.

K 28.

Bewertung der Grundstücke nach den Gestehungskosten.

i Grundstücke sind bei der Vermögensfeststellung auf Antrag des Steuerpflichtigen statt mit dem ge­ meinen Werte mit dem Betrage der nachg^wiesenen oder glaubhaft gemachten Gestehungskosten anzusetzen. 2 Der Antrag kann bis zum Ablauf der mit der Zu­ stellung des Steuer- oder des Feststellungsbescheids er­ öffneten Rechtsmittelfrist gestellt werden. Bei gleich­ zeitiger Feststellung des Anfangs- und Endvermögens kann der Antrag nicht auf eine Feststellung beschränkt werden. § 30. i Die Gestehungskosten zerfallen in die Ge­ stehungskosten beim Erwerb und in die weiteren Ge­ stehungskosten während der Besitzzeit. 2 Zu den Gestehungskosten beim Erwerbe sind zu rechnen 1. der Gesamtwert der Gegenleistungen beim Erwerb (Erwerbspreis). Der Wert einer Gegenleistung ist

§ 29.

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Besitzsteuergesetz.

Anhang.

erforderlichenfalls in entsprechender Anwendung der §§ 29, 34 ff. des Gesetzes festzusetzen; 2. die sonstigen Anschaffungskosten einschließlich bet öffentlichen Abgaben und etwaiger Vermittlerge­ bühren. 3 Zu den weiteren Gestehungskosten zählen alle auf das Grundstück gemachten besonderen Aufwendungen während der Besitzzeit, soweit sie nicht zu den laufenden Wirtschaftsausgaben gehören. Die Zurechnung zu den weiteren Gestehungskosten entfällt für solche Aufwen­ dungen, durch die nicht mehr vorhandene Bauten und Verbesserungen hergestellt worden sind. ^Von den Gestehungskosten (Abs. 2 und 3) sind die durch Verschlechterung entstandenen Wertminderungen abzuziehen (§ 30 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes). Als Ver­ schlechterung ist jede Beeinträchtigung des Bestandes und der Beschaffenheit eines Grundstücks anzusehen, so daß auch Wertminderungen infolge Abnutzung, in­ folge mangelhafter Bodenbestellung oder Verringerung des lebenden und toten Inventars zu berücksichtigen sind. Eine Verschlechterung, die bereits nach Abs. 3 Satz 2 berücksichtigt worden ist, bleibt außer Betracht. Wehrbeitragswert als Gestehungskosten.

g 31. Für Grundstücke, die vor dem 1. Januar 1914 erworben worden sind, tritt an die Stelle der Ge­ stehungskosten beim Erwerb und an die Stelle der bis zum 1. Januar 1914 zu berücksichtigenden weiteren Ge­ stehungskosten während der Besitzzeit der bei der Ver­ anlagung des Wehrbeitrags zugrunde gelegte Wert, so daß diesem nur die seit dem 1. Januar 1914 gemachten besonderen Aufwendungen hinzuzurechnen und von ihm die seit dem 1. Januar 1914 durch Verschlechterung etwa entstandenen Wertminderungen abzuziehen sind. Gemeiner Wert oder Ertragswert zur Zeit des Erwerbes als Gestehungskosten

g 32. Für Grundstücke, die seit dem 1. Januar 1914 durch eine der im § 31 Abs. 1 des Gesetzes bezeichneten Erwerbsarten erworben worden sind, tritt an die Stelle der Gestehungskosten beim Erwerbe (§ 30 Abs. 2) der gemeine Wert (Verkaufswert), soweit jedoch die Grund-

II. Die Ausführungsbestimmungen des Bundesrats.

253

stücke dauernd land- oder forstwirtschaftlichen oder gärt­ nerischen Zwecken zu dienen bestimmt sind, oder soweit bebaute Grundstücke Wohnzwecken oder gewerblichen Zwecken zu dienen bestimmt sind, und ihre Bebauung und Benutzung der ortsüblichen Bebauung und Benutzung entspricht, der Ertragswert oder auf Antrag des Steuer­ pflichtigen ebenfalls der gemeine Wert zur Zeit des Erwerbes. Diesem Werte sind die seit dem Erwerbe gemachten besonderen Aufwendungen hinzuzurechnen, und es sind von ihm die etwa seit dem Erwerbe durch Verschlechterung entstandenen Wertminderungen abzwziehen. g 33. Für Grundstücke, die seit dem 1. Januar 1914 durch eine nicht unter § 31 Abs. 1 des Gesetzes fallende Erwerchsart zu einem Preise erworben worden sind, der um mehr als 10 vom Hundert hinter dem ge­ meinen Werte zur Zeit des Erwerbes, und soweit es sich um Grundstücke handelt, die unter der Voraussetzung des § 31 Abs. 1 des Gesetzes mit dem Ertragswert zu bewerten sind, zugleich auch hinter dem Ertragswert zur Zeit des Erwerbes zurückbleibt, tritt an die Stelle der Gestehungskosten beim Erwerbe (§ 30 Abs. 2) eben­ falls der gemeine Wert und bei den unter der Voraus­ setzung des § 31 Abs. 1 des Gesetzes mit dem Ertrags­ wert zu bewertenden Grundstücken der Ertragswert oder auf Antrag des Steuerpflichtigen der gemeine Wert zur Zeit des Erwerbes. § 32 Satz 2 findet Anwendung. Ermittlung des Ertragswerts (als Gestehungskosten).

g 34. * Zu den Grundstücken, die dauernd land- oder forstwirtschaftlichen oder gärtnerischen Zwecken zu dienen bestimmt sind (§ 31 des Gesetzes), sind land- oder forst­ wirtschaftlich oder gärtnerisch genutzte Grundstücke nicht mehr zu rechnen, deren gemeiner Wert schon zur Zeit des Erwerbes durch ihre Lage als Bauland oder als Land zu Verkehrszwecken bestimmt wird, oder bei denen nach den sonstigen Umständen, z. B. nach ihrer Lage und Beschaffenheit, ihrem Erwerbspreis oder ihrer Be­ lastung, anzunehmen ist, daß sie in absehbarer Zeit anderen als land- oder forstwirtschaftlichen oder gärtne­ rischen Zwecken dienen werden.

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Besitzsteuergesetz.

Anhang.

2 Bebaute Grundstücke, die Wohnzwecken oder ge­ werblichen Zwecken zu dienen bestimmt sind, können nach dem Ertragswert gemäß § 31 des Gesetzes nur dann bewertet werden, wenn ihre Bebauung und Benutzung zur Zeit des Erwerbes der ortsüblichen Bebauung und Benutzung entspricht. Dies ist dann zu verneinen, wenn die Art der Benutzung und die Höhe der Aufwendungen für die Herstellung und Unterhaltung von baulichen und sonstigen Anlagen erkennen lassen, daß ein Grund­ stück außergewöhnlichen Zwecken, insbesondere dem Luxus des Besitzers, zu dienen bestimmt ist, oder wenn der gemeine Wert eines Grundstücks durch eine wirtschaft­ liche Verwertbarkeit bestimmt wird, die eine wesentlich andere Bebauung und Benutzung als die tatsächliche voraussetzt. a) Bei land- oder forstwirtschaftlichen oder Gärtnereigrundstücken.

8 35. Bei der Ermittlung des Ertragswerts von landoder forstwirtschaftlichen oder Gärtnereigrundstücken sind die der Land- oder Forstwirtschaft oder der Gärtnerei einschließlich etwaiger Nebenbetriebe dienenden Gebäude und Betriebsmittel mitzuberücksichtigen. Hierbei wird ein angemessener Bestand an lebendem und totem In­ ventar und an sonstigem Betriebskapitale vorausgesetzt. Ein Mehr- oder Minderwert an Gebäuden und Be­ triebsmitteln gegenüber einem wirtschaftlich normalen Bestand ist dem Ertragswert hinzu- oder von ihm ab­ zurechnen, insoweit er geeignet ist, den Ertrag zu be­ einflussen. 8 36. ^er Berechnung des Ertragswerts bei land­ wirtschaftlich oder gärtnerisch genutzten Grundstücken ist der Reinertrag zugrunde zu legen, den ein ordentlicher Unternehmer von den Grundstücken nach ihrer bis­ herigen wirtschaftlichen Bestimmung bei gemeinüblicher Bewirtschaftung und unter gewöhnlichen Verhältnissen im Durchschnitt einer Reihe von Jahren für ein Wirt­ schaftsjahr erzielen kann. 2 Bei Grundstücken, bei denen die Ergebnisse des Wirtschaftsbetriebs dem Boden unmittelbar entnommen werden, wie bei Sand-, Lehm-, Tongruben, Stein-,

II. Die Ausführungsbestimmungen, des BundesratS.

255

Schiefer-, Kalk- oder Kreidebrüchen, Torfstichen usw., deren Ausbeutung in unmittelbarer Verbindung mit einem land- oder forstwirtschaftlichen oder Gärtnerei­ betrieb erfolgt, ist die Jahresgewinnung um einen der fortschreitenden Erschöpfung des Bodens entsprechenden Betrag zu kürzen. 3 Sind Grundstücke zu einer wirtschaftlichen Einheit verbunden, so ist der Reinertrag unter Berücksichtigung dieser Zusammengehörigkeit von den Grundstücken als einheitlichem Ganzen zu berechnen. § 37. iJn die zur Ermittlung des Reinertrags vom Rohertrag abzuziehenden Bewirtschaftungskosten sind alle Kosten einzurechnen, die aufzuwenden sind, um mit ent­ lohnten fremden Arbeitskräften den Rohertrag zu er­ zielen. Ist bei Zugrundelegung der Verhältnisse einer ordnungsmäßigen Bewirtschaftung zur Oberleitung des gesamten Betriebs eine besondere Arbeitskraft für er­ forderlich zu erachten, so ist bei selbstbewirtschafteten Betrieben der Wert der Tätigkeit des Selbstbewirt­ schafters vom Rohertrag insoweit in Abzug zu bringen, als diese Tätigkeit des Selbstbewirtschafters eine solche besondere Arbeitskraft ersetzt und der dafür angesetzte Wertbetrag die angemessene Entlohnung einer solchen Arbeitskraft nicht übersteigt. 2 Zum Rohertrag ist auch der Mietwert der vom Eigentümer oder vom Pächter und deren Angehörigen selbst bewohnten oder zur Führung des Haushalts be­ nutzten Gebäude zu rechnen. 3 Was zur Bestreitung des Haushalts des Besitzers aus den Ergebnissen des Wirtschaftsbetriebs zu ent­ nehmen ist, darf aus dem Roherträge nicht ausge­ schieden werden. ß 38. Bei Forsten (Holzungen) ist, soweit eine ord­ nungsmäßige Bewirtschaftung auf Grund eines nach forstwirtschaftlichen Grundsätzen aufgestellten Bewirt­ schaftungsplans stattgefunden hat und außergewöhn­ liche, nicht innerhalb der regelmäßigen Nutzung liegende Abtriebe nicht vorgekommen sind, zunächst der Gesamt­ reinertrag während des vorangegangenen, der Zahl der

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Besitzsteuergesetz. Anhang.

Jahre der Wirtschaftsperiode entsprechenden Zeitraums zu berechnen. Hierbei sind in Einnahme zu stellen der Erlös für die in dem maßgebenden Zeitraum aus dem regelmäßigen Abtrieb sowie den Zwischen- und Neben­ nutzungen erzielten Erzeugnisse, in Ausgabe als Be­ wirtschaftungskosten die Aufwendungen für Aufsicht und Verwaltung, Schlagen, Aufbereitung, Rücken und Flößen der Hölzer, für Aufforstung sowie für Unterhaltung der Baulichkeiten (Forsthäuser, Brücken, Wege usw.). Der Berechnung des Ertragswerts ist der Reinertrag zu­ grunde zu legen, der durchschnittlich auf ein Jahr des der Berechnung des Gesamtreinertrags zugrunde ge­ legten Zeitraums entfällt. Von der Berechnung des Ertragswerts nach dem wirklichen Reinerträge sind die­ jenigen Flächen auszuscheiden, auf denen während des maßgebenden Zeitraums Neubeforstungen behufs Er­ weiterung des Forstbestandes oder Abtriebe behufs Änderung der Kulturart stattgefunden haben. 8 39. Soweit nicht im § 38 etwas anderes bestimmt ist, ist der Reinertrag schätzungsweise zu ermitteln. Eine Berechnung des Ertragswerts aus dem von den Grund­ stücken wirklich erzielten Reinerträge findet nicht statt,

b) Bei bebauten Grundstücken, die Wohnzwecken oder gewerblichen Zwecken die, en. 8 40. Bei bebauten Grundstücken, die Wohnzwecken oder gewerblichen Zwecken zu dienen bestimmt sind, wird der Berechnung des Ertragswerts der Miet- oder Pachtrein­ ertrag zugrunde gelegt, der im Durchschnitt der letzten drei Jahre erzielt worden ist oder im Falle der Ver­ mietung oder Verpachtung hätte erzielt werden können. Der Miet- oder Pachtreinertrag ergibt sich aus dem Miet- oder Pachtrohertrage nach Abzug von einem Fünftel des Rohertrags für Nebenleistungen und Jnstandhaltungskosten oder von dem als erforderlich nach­ gewiesenen höheren Betrage für Nebenleistungen und Jnstandhaltungskosten.

8 41. *Jst das Grundstück vermietet oder verpachtet gewesen, so ist der durchschnittliche Jahresmiet- oder -pachtrohertrag aus dem Miet- oder Pachterlöse zu be-

II. Die Ausführungsbestimmungen des Bundesrats. §§ 38—42.

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rechnen, her auf Grund der Miet- oder Pachtverträge in den letzten drei Jahren zu erzielen war. Ausfälle an Miet- oder Pachtgeldern infolge Zahlungsunfähigkeit des Schuldners oder aus anderen Gründen dürfen nicht berücksichtigt werden. Soweit das Grundstück zum Teil oder zeitweise nicht vermietet oder nicht verpachtet war, ist für den vom Eigentümer selbst benutzten oder aus einem anderen Grunde unvermietet oder unverpachtet gebliebenen Teil des Grundstücks ein dem Nutzungswerte dieses Teiles und des vermieteten oder verpachteten Teiles entsprechender oder ein dem Zeitraum ent­ sprechender Verhältnisbetrag dem erzielten Miet- oder Pachtpreis zuzurechnen. 2 Ist das Grundstück in den letzten drei Jahren über­ haupt nicht oder nur zu einem unwesentlichen Teile oder für einen unwesentlichen Zeitraum vermietet oder verpachtet gewesen, so ist der Miet- oder Pachtertrag nach den ortsüblichen Miet- oder Pachtpreisen für gleiche oder ähnliche Grundstücke zu berechnen. § 42. i Beansprucht der Steuerpflichtige einen höheren Abzug als ein Fünftel von dem Miet- oder Pachtroh­ ertrage, so hat er den erforderlichen tatsächlichen Auf­ wand für Nebenleistungen und Jnstandhaltungskosten nachzuweisen. Soweit für Nebenleistungen und für die Instandhaltung des Grundstücks die eigene Arbeitskraft des Eigentümers oder die seiner Angehörigen in An­ spruch genommen worden ist, kann für diese Tätigkeit ein angemessener Betrag angesetzt werden, der aufzu­ wenden gewesen wäre, wenn die Arbeiten durch ent­ lohnte fremde Arbeitskräfte verrichtet worden wären. Abzugsfähig sind nur die Kosten, die durch die ord­ nungsmäßige Instandhaltung des Grundstücks notwen­ dig geworden sind, nicht dagegen die Kosten für außer­ gewöhnliche Maßnahmen, für Umbauten, Erweiterungs­ bauten usw. 2 Ist das Grundstück durch solche außergewöhnliche Maßnahmen, Umbauten, Erweiterungs- oder Neubauten wesentlich geändert worden, so kommt für die Berech­ nung des Miet- oder Pachtertrags nur der neue Zu­ stand des Grundstücks in Betracht. Köppe, Bestysteuer^esey.

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Besitzsteuergesetz.

Anhang.

§ 43. Im Falle des § 41 Abs. 2 bleiben bei der Be­ rechnung des Ertragswerts für bebaute Grundstücke, die gewerblichen Zwecken dienen, Betriebsmittel, die nicht herkömmlicherweise mit dem Grundstück mitver­ mietet oder mitverpachtet werden, unberücksichtigt. Diese Betriebsmittel sind besonders mit ihrem gemeinen Werte anzusetzen. § 44. Ist im Falle des § 41 Abs. 2 der Grundstücks­ eigentümer zu einer zuverlässigen Angabe des Ertrags­ werts außerstande und stehen dem Besitzsteueramt orts­ übliche Miet- oder Pachtpreise für gleiche oder ähn­ liche Grundstücke nicht zu Gebote, so ist als Ertrags­ wert der gemeine Wert zugrunde zu legen. Benutzung landesrechtlicher Einschätzungen für die Ermittlung des Ertragswerts der Grundstücke.

§ 45. In den Bundesstaaten, in denen eine Einschätzung der Grundstücke nach dem Reinertrag oder dem Nutzungs­ werte zu steuerlichen Zwecken stattgefunden hat und aktenmäßig festgestellt ist, können als Hilfsmittel bei der Ermittlung der Ertragswerte die landesrechtlichen Einschätzungen benutzt werden, sofern die Beschaffen­ heit des Grundstücks sich nicht wesentlich geändert hat und entweder anzunehmen ist, daß die landesrechtliche Schätzung den Ertragsverhältnissen zur Zeit des Er­ werbes entspricht, oder ausreichende Anhaltspunkte vor­ handen sind, um aus ihnen den Ertragswert zur Zeit des Erwerbes zu ermitteln. 8 46. *Der Steuerpflichtige bleibt an einen gemäß § 30 Abs. 1, § 31 Abs. 5, § 32 des Gesetzes gestellten Antrag gebunden. 2 Wird ein solcher Antrag noch rechtzeitig nach Zu­ stellung des Steuer- oder des Feststellungsbescheids ge­ stellt, so ist die Veranlagung zunächst zu berichtigen. In diesem Falle wird mit der Zustellung des berich­ tigten Steuer- oder Feststellungsbescheids oder der Mit­ teilung, daß sich an dem Veranlagungsergebnisse nichts ändere, eine neue Rechtsmittelfrist eröffnet. Wertermittlung bei dem sonstigen Vermögen.

8 47. Rechte der int § 6 Nr. 6 des Gesetzes bezeich­ neten Art sind dem steuerbaren Vermögen dann nicht

II. Die AuSführuugsbeftimmungen deS Bundesrats. §§ 43—51. 259

zuzurechnen, wenn nach Eintritt des Versicherungsfalls § 7 des Gesetzes Anwendung finden würde. § 48. 1 Bringt der Steuerpflichtige von dem Werte seiner mit Dividendenschein gehandelten Wertpapiere einen Gewinnbetrag in Abzug (§ 34 Abs. 2 des Ge­ setzes), so hat er die Wertpapiere, für welche der Abzug begehrt wird, nach Stückzahl oder Nennbetrag und Gattung besonders zu bezeichnen. 2 Auf Wertpapiere, die Bestandteil eines Betriebs­ vermögens sind,, findet die Vorschrift des § 34 Abs. 2 des Gesetzes keine Anwendung. § 49. i Die behördliche Schätzung des Wertes der im § 35 des Gesetzes bezeichneten Vermögensgegenstände hat durch das Besitzsteueramt zu erfolgen, in dessen Be­ zirk sich die Leitung des betreffenden inländischen Unter­ nehmens befindet. Ein anderes Besitzsteueramt, das die Wertangabe eines Steuerpflichtigen beanstandet, hat das nach Satz 1 zuständige Besitzsteueramt um Vornahme der Schätzung zu ersuchen. 2 Andere als die im § 35 des Gesetzes bezeichneten Wertpapiere, die keinen Börsenkurs haben, sind ebenfalls mit ihrem Verkaufswert anzusetzen. § 50. Der Gesamtwert der auf bestimmte Zeit be­ schränkten Nutzungen oder Leistungen (§ 37 Abs. 1 des Gesetzes) ist nach der beigefügten Hilfstafel zu er-Anlagei. Mitteln. Veranlagung von beschränkt steuerpflichtigen Personen.

§ 51. * Bei der Veranlagung von beschränkt steuer­ pflichtigen Personen (§ 11 Nr. II des Gesetzes) mit ihrem inländischen Grund- und Betriebsvermögen sind nur die in einer wirtschaftlichen Beziehung zu diesen Bermögensteilen stehenden Schulden und Lasten ab­ zugsfähig. Sofern nicht besondere Umstände eine gegen­ teilige Annahme rechtfertigen, ist eine wirtschaftliche Beziehung zu dem in Grundstücken bestehenden Ver­ mögen anzuerkennen, wenn die Schulden und Lasten auf den betreffenden Grundstücken ruhen. 2 Zu dem nach §, 11 Nr. II des Gesetzes steuer­ pflichtigen inländischen Grund- und Betriebsvermögen 17»

260

Besitzsteuergesetz.

Anhang.

gehört außer dem im Gebiete des Deutschen Reichs liegenden Grund- und Gebäudebesitz alles Vermögen, das gewidmet ist der Ausübung eines stehenden Ge­ werbes in einer innerhalb des Reichsgebiets befind­ lichen Betriebsstätte (§ 3 Abs. 2 des Doppelsteuerge­ setzes). Recht-hilft.

§ 52. Die Besitzsteuerämter haben sich bei der Ver­ anlagung der Besitzsteuer gegenseitig Rechtshilfe zu leisten. Das gilt insbesondere für die Ermittlung des Wertes des in auswärtigen Veranlagungsbezirken be­ findlichen Grund- und Betriebsvermögens eines Steuer­ pflichtigen. Ermäßigung der Besitzsteuer.

8 53. Der Anspruch auf eine Ermäßigung der Besitz­ steuer gemäß § 27 Abs. 1 des Gesetzes ist nach den Verhältnissen am Ende des Veranlagungszeitraums zu beurteilen. Berechnung der Besitzstener.

8 54. ^Nach Abschluß der Ermittlungen über den Vermögensstand des Steuerpflichtigen zu den maß­ gebenden Zeitpunkten ist die Besitzsteuer zu berechnen und das Ergebnis der Veranlagung in die Besitzsteuer­ liste einzutragen. Zum Grundvermögen (Spalte 3 der Besitzsteuer­ liste) sind zu rechnen alle im Inland belegenen Grund­ stücke eines Steuerpflichtigen einschließlich der unter § 3 des Gesetzes fallenden Berechtigungen, soweit sie nicht dem Betrieb eines Bergbaues oder eines Ge­ werbes dienen, mit allem Zubehör. bZum Betriebsvermögen (Spalte 4 der Besitzsteuer­ liste) gehört das gesamte, dem inländischen Betriebe der Land- oder Forstwirtschaft, des Bergbaues oder eines Gewerbes dienende Vermögen eines Steuerpflich­ tigen. Das dem Betriebe der Land- oder Forstwirt­ schaft auf eigenen selbstbewirtschafteten Grundstücken und zugepachteten Grundstücken dienende Vermögen ist jedoch in Spalte 3, die dem Betriebe des Bergbaues oder eines Gewerbes dienenden Grundstücke und unter § 3 des Gesetzes fallende Berechtigungen sind in Spalte 4

II. Die Ausführungsbestimmungen deS BundeSratS. §§ 51—56.

261

bei* Besitzsteuerliste nachzuweisen. Der Betrieb der Gärt­ nerei gilt, je nachdem die Bodenbewirtschastung über­ wiegt oder nicht, als landwirtschaftlicher oder als ge­ werblicher Betrieb. Alles sonstige Vermögen eines Steuerpflichtigen ist als Kapitalvermögen in Spalte 5 der Besitzsteuer­ liste aufzuführen. Zur Berechnung der Besitzsteuer dient die bei­ gefügte Hilfstafel. Anlage2. Steuerbescheid.

§ 55. * Dem Steuerpflichtigen ist ein Steuerbescheid nach Anleitung des Musters 3 zu erteilen. Er hat zu enthalten den Betrag der zu zahlenden Besitzsteuer, Musters die Berechnungsgrundlagen der angeforderten Steuer, die Höhe des Endvermögens, dessen Feststellung für eine spätere Veranlagung zur Besitzsteuer maßgebend ist, eine Belehrung über die zulässigen Rechtsmittel unter Angabe der Rechtsmittelfristen und Be­ zeichnung der Behörden, bei denen die Rechts­ mittel einzulegen sind, die Anweisung zur Entrichtung der Besitzsteuer in den gesetzlichen Teilbeträgen innerhalb der vor­ geschriebenen Zahlungsfristen, einen Hinweis auf die Zulässigkeit der Voraus­ zahlung der späteren Teilbeträge, die Bezeichnung der zur Empfangnahme der Zahlung zuständigen Kassenstelle. 2 In dem Steuerbescheid ist anzugeben, in welchen Punkten bei der Feststellung des steuerbaren Vermögens von der Besitzsteuererklärung abgewichen worden ist. Eine Begründung der Abweichungen ist nicht erforderlich. Feststellungsbescheid.

g 56. * Hat sich kein oder nur ein steuerfreier Ver­ mögenszuwachs ergeben, so ist dem Steuerpflichtigen ein Bescheid über die Feststellung des Anfangsvermögens (§ 21) zu erteilen, falls dieses mehr als zwanzigtausend Mark beträgt und nicht bereits gemäß § 47 des Wehr-

262

Besitzsteuergesetz.

Anhang.

beitraggesetzes oder später gemäß § 65 des Besitzsteuer­ gesetzes festgestellt ist. Muster4. 2 Der Feststellungsbescheid, für den das Muster 4 als Anhalt dient, hat wie der Steuerbescheid eine Be­ lehrung über die zulässigen Rechtsmittel und eine Be­ zeichnung der Punkte zu enthalten, in welchen bei der Feststellung des Vermögens von der Besitzsteuererklärung abgewichen worden ist. 8 57. 1 Der Steuerbescheid oder der Feststellungsbescheid ist dem Steuerpflichtigen oder seinem gesetzlichen oder bevollmächtigten Vertreter zuzustellen. Ist der Steuer­ pflichtige vor Zustellung des Steuerbescheids gestorben, so ist dieser Bescheid, der dann eine Feststellung des für eine künftige Veranlagung zur Besitzsteuer maß­ gebenden Bermögensstandes nicht mehr zu enthalten hat, den im § 17 Abs. 2 bezeichneten Personen zuzustellen. 2 Die Zustellung hat nach den in dem betreffenden Bundesstaate für amtliche Zustellungen in Landessteuer­ sachen maßgebenden Vorschriften zu erfolgen. 8 58. Ist den in die Besitzsteuerliste aufgenommenen Personen gemäß § 65 Abs. 1 des Besitzsteuergesetzes weder ein Steuer- noch ein Feststellungsbescheid zu er­ teilen, so ist gleichwohl das für das Ende des Ver­ anlagungszeitraums ermittelte Vermögen sowie das für eine spätere Besitzsteuerveranlagung in Betracht kom­ mende Anfangsvermögen in der Besitzsteuerliste zu ver­ merken. Erhebung.

8 59. Über die Erhebung der Besitzsteuer ist ein SollMusterö. buch nach Muster 5 für je einen ganzen Erhebungs­ zeitraum (§ 24 des Gesetzes) und ein Einnahmebuch Musters, nach Muster 6 für je ein Rechnungsjahr zu führen. Abweichungen in der Führung des Einnahmebuchs sind mit Zustimmung des Reichskanzlers zulässig.i) 8 60. i Das Besitzsteueramt hat nach der Veranlagung zur Besitzsteuer alsbald auf Grund der festgestellten Be­ sitzsteuerliste für jeden Erhebungsbezirk ein Sollbuch 4) Muster 5 und 6 sind wie alle Formulare, die nur den inneren Dienst der Besttzsteuerämter selbst betreffen, hier nicht abgedruckt.

II. Die Ausführungsbestimmungen des Bundesrats. §§ 56—63.

263

unter Ausfüllung der Spalten 1 bis 4 aufzustellen. Das Sollbuch ist in Spalte 4 aufznrechnen und auf dem Titelblatte mit Feststellungsbescheinigung zu versehen. 2 Die Erhöhung oder Herabsetzung der zum Soll ge­ stellten Besitzsteuer im Rechtsmittel-, Berichtigungs-, Neu- oder Nachveranlagungsverfahren (§ 38 Abs. 3, § 43 Abs. 2, § 44 Abs. 2, § 45 Satz 2, § 66 Abs. 1, § 73 Satz 2 des Gesetzes) kommt in den Spalten 5 und 6 zur Darstellung. Die Jnabgangstellung des Soll­ betrags infolge Überweisung der Besitzsteuer bei Ver­ legung des Wohnsitzes des Steuerpflichtigen (§ 64) er­ folgt in Spalte 6. Die Ausfüllung dieser Spalten ge­ schieht durch die Hebestelle. Die Spalte 7 (Berichtigtes Soll) ist erst beim Abschluß des Sollbuchs auszufüllen. 3 Das Sollbuch wird am Schlüsse des auf den Er­ hebungszeitraum folgenden Rechnungsjahrs — das Soll­ buch für den Erhebungszeitraum 1917 bis 1919 also am 31. März 1921 — durch die Hebestelle in den Spalten 5 ff. aufgerechnet und abgeschlossen. Die nach Spalte 12 verbliebenen Rückstände werden in die Rest­ nachweisung (§ 72) übernommen. Unter dem Abschluß des Sollbuchs ist von einem an der Kassenführung nicht beteiligten Beamten zu bescheinigen, daß die nach Spalte 12 verbliebenen Rückstände sämtlich in die Rest­ nachweisung Übertragen worden sind. § 61. Die oberste Landesfinanzbehörde kann im Ein­ verständnisse mit dem Reichskanzler anordnen, daß von der Führung eines besonderen Sollbuchs abzusehen ist. In diesem Falle ist die Besitzsteuerliste mit dem Soll­ buch durch Aufnahme der Spalten 5 ff. des Sollbuchs zu verbinden. § 62. In den Einnahmebüchern für die Rechnungs­ jahre 1920, 1921 und 1922 sind wegen der Vorschrift des § 86 des Gesetzes je besondere Einnahmespalten für die Einnahmen aus dem Erhebungszeitraum 1917 bis 1919 und die Einnahmen aus dem Erhebungszeit­ raum 1920 bis 1922 anzulegen. Stundung, Teilzahlung und Sicherstellung.

§ 63. * Stundung oder andere als die gesetzlichen Teil­ zahlungen kann das Besitzsteueramt auf Antrag bewilli-

264

Besitzsteuergesetz.

Anhang.

gen, Wenn die sofortige Einziehung der fälligen Be­ sitzsteuerteilbeträge am Fälligkeitstage mit erheblichen Härten für den Steuerpflichtigen verbunden sein würde, oder soweit im Falle der Anfechtung eines Steuerbe­ scheids das Rechtsmittelverfahren voraussichtlich zu einer Aufhebung oder Herabsetzung der Besitzsteuer führen wird. 2 Die oberste Landesfinanzbehörde kann im Einver­ ständnisse mit dem Reichskanzler die Bewilligung von Stundung oder Teilzahlung der Erhebungsbehörde über­ tragen. Stundung der Besitzsteuer oder deren Entrichtung in anderen als den gesetzlichen Teilzahlungen darf nur bis zu drei Jahren, von der Fälligkeit des einzelnen gesetzlichen Teilbetrags an gerechnet, bewilligt werden. Stundung oder Bewilligung von Teilzahlungen ist in allen für eine Sicherheitsleistung geeigneten Fällen nur gegen eine solche zulässig. Die Art der Sicher­ heitsleistung richtet sich nach den landesrechtlichen Be­ stimmungen. Zur Stundung eines fünfhundert Mark übersteigenden Betrags oder für länger als sechs Mo­ nate nach Fälligkeit der einzelnen Teilbeträge ist die Genehmigung der Oberbehörde oder einer anderen von der obersten Landesfinanzbehörde bestimmten Behörde erforderlich. 5 Die Gewährung von anderen als den gesetzlichen Teilzahlungen ist an die Bedingung zu knüpfen, daß bei dem Ausbleiben auch nur einer Teilzahlung die sofortige Beitreibung der nach der gesetzlichen Vorschrift bis dahin fälligen Besitzsteuerbeträge erfolgen würde. 6 Eine Verzinsung der gestundeten Besitzsteuer findet nicht statt. 7 Stundung und Entrichtung von Teilzahlungen sind durch das' Sollbuch und nach dessen Abschluß durch die Restnachweisung (§ 72) zu überwachen. Überweisung der Besitzsteuer bei Verlegung des Wohnsitzes des Steuerpflichtigen.

§ 64. i Verlegt der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz in den Bezirk eines anderen Besitzsteueramts, so hat die Erhebung der Besitzsteuer durch die für den neuen Wohn­ sitz zuständige Hebestelle zu erfolgen.

II. Die Ausführungsbestimmungen des Bundesrats. §§ 63—65.

265

2 Die bisherige Hebestelle stellt den noch rückständi­ gen Teil der Besitzsteuer in Spalte 6 des Sollbuchs in Abgang und übersendet ihrem Besitzsteueramt unter An­ gabe der Wohnsitzänderung einen beglaubigten Auszug aus dem Sollbuch (Spalte 1 bis 11, 14, 15) in zwei­ facher Ausfertigung. § 65. i Das bisher zuständige Besitzsteueramt hat die noch nicht gezahlten Besitzsteuerbeträge dem für den neuen Wohnort zuständigen Besitzsteueramt unter Über­ sendung je eines Auszugs aus der Besitzsteuerliste und aus dem Sollbuch zur Einziehung zu überweisen. Bei­ zufügen sind die den Steuerpflichtigen betreffenden Ver­ handlungen. Die Überweisung ist in der Bemerkungs­ spalte der Besitzsteuerliste zu vermerken, und der über­ wiesene Betrag ist am Schlüsse der Besitzsteuerliste in Spalte 16 von dem aufgerechneten Gesamtsteuerbetrag abzusetzen. 2 Das Besitzsteueramt des neuen Wohnorts nimmt die überwiesene Besitzsteuer in eine Zugangsliste zur Besitzsteuerliste (§ 11) auf und übersendet der nunmehr zuständigen Hebestelle den Auszug aus dem Sollbuch unter Angabe der Nummer der Zugangsliste. Die Hebe­ stelle trägt den Besitzsteuerbetrag in das BesitzsteuerSollbuch unter einer neuen Abteilung mit der Überschrift „Zugänge an Besitzsteuer" ein. Daß dies ge­ schehen, ist dem Besitzsteueramt unter Angabe der Num­ mer des Sollbuchs alsbald anzuzeigen. Die Mitteilung des Besitzsteueramts wird Beleg zum Sollbuch. 3 Demnächst bestätigt das Besitzsteueramt (unter Angabe der Nummer seiner Zugangsliste) dem bis­ herigen Besitzsteueramte die Übernahme der Besitzsteuer. Letzteres teilt der bisherigen Hebestelle die erfolgte Überweisung mit; die Mitteilung wird Beleg zum Soll­ buch. 4 Gleichzeitig ist der Steuerpflichtige von der Über­ weisung mit der Aufforderung in Kenntnis zu setzen, weitere Zahlungen an die neue Hebestelle zu leisten. 5 Für die Überweisung innerhalb eines Bundes­ staats kann die oberste Landesfinanzbehörde Abweichen­ des bestimmen.

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Besitzsteuergesetz.

Anhang.

Ableben des Steuerpflichtigen.

8 66. iJst der Steuerpflichtige nach Veranlagung und Jnsollstellung der Besitzsteuer gestorben, so sind die noch nicht gezahlten Besitzsteuerbeträge nach Fälligkeit von den Erben einzuziehen. Die Hebestelle hat das Ableben des Steuerpflichtigen dem Besitzsteueramt anzuzeigen. 2 War dem Verstorbenen eine Stundung der Besitz­ steuer bewilligt worden, so erlischt die Bewilligung mit seinem Ableben. 3 Im Falle des Todes eines Steuerpflichtigen findet eine Überweisung der Besitzsteuer zur Einziehung nicht statt. 8 67. Die gemäß § 40 des Erbschaftssteuergesetzes, §§ 2, 3 der Erbschaftssteuer-Ausführungsbestimmungen den Erbschaftssteuerämtern einzureichenden Totenlisten und Mitteilungen über Todeserklärungen werden nach näherer Bestimmung der obersten Landesfinanzbehörde auch den Bejitzsteuerämtern so zeitig zur Verfügung ge­ stellt, daß diese innerhalb der im § 62 Abs. 1 des Ge­ setzes vorgeschriebenen Frist in Fällen, in denen ein besonderer Anlaß hierzu besteht, von den Pflichtigen Personen die Einreichung eines Verzeichnisses über das von einem Verstorbenen hinterlassene Kapital- und Be­ triebsvermögen verlangen können. Niederschlagung.

8 68. Zur Niederschlagung von Bcsitzsteuerbeträgen wegen Uneinbringlichkeit sind nur die Oberbehörden zu­ ständig. Die Niederschlagung darf nur dann erfolgen, wenn keine Aussicht zur Einziehung der geschuldeten Beträge mehr besteht. Die Niederschlagung rst in der Besitzsteuerliste zu vermerken und der Hebestelle mitzu­ teilen. Die Mitteilung wird Beleg zum Sollbuch. Anderweite Veranlagung und Erstattung der Besitzstener.

8 69. * Gegen einen Nachveranlagungsbescheid auf Grund von § 38 Abs. 3 Satz 2, § 45 Satz 2, § 46 des Gesetzes sowie gegen einen Neuveranlagungsbescheid auf Grund von § 73 Satz 2 des Gesetzes stehen dem Steuerpflichtigen die gleichen Rechtsmittel zu wie gegen den Steuerbescheid. Von einer Nachveranlagung kann, sofern eine solche nicht gleichzeitig für die Kriegssteuer

II. Die AuSführungSbestimmuugen des Bundesrats. §§ 66—69.

267

erforderlich wird, abgesehen werden, wenn der nachzu­ fordernde Mehrbetrag an Besitzsteuer den Betrag von dreißig Mark nicht übersteigt. 2 Gegen den Bescheid des Besitzsteueramts, durch den die Veranlagung zugunsten des Steuerpflichtigen auf Grund von § 38 Abs. 3 Satz 1, § 43 Abs. 2, § 44 Abs. 2, § 46 des Gesetzes berichtigt wird, oder die auf Grund dieser Vorschriften beantragte Berichtigung der Veranlagung abgelehnt wird, steht dem Steuerpflichti­ gen nach näherer Bestimmung der obersten Landessinanzbehörde die Beschwerde im Verwaltungsweg offen. Soweit die Besitzsteuer infolge eines offenbaren Versehens zu Unrecht bezahlt worden ist, hat eine Er­ stattung auf Antrag des Steuerpflichtigen und, wenn die Überhebung mindestens fünf Mark beträgt, auch von Amts wegen durch die Oberbehörde zu erfolgen. ^Dem Antrag auf Berichtigung der Veranlagung (Abs. 2) oder Erstattung von Besitzsteuer (Abs. 3) ist nur zu entsprechen, wenn er innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Erhebungszeitraums gestellt worden ist. Wird der Antrag auf Tatsachen gestützt, die erst nach Ablauf des Erhebungszeitraums eingetreten sind, so beginnt die einjährige Frist mit dem Tage, an dem der Antragsteller von diesen Tatsachen Kenntnis er­ halten hat. öJm übrigen kann eine rechtskräftige Veranlagung zugunsten des Steuerpflichtigen nur im Wege des Bil­ ligkeitserlasses durch den Bundesrat geändert werden. § 31 Abs. 2 der Kriegssteuer-Ausführungsbestimmungen gilt entsprechend für die erstmalige Veranlagung der Besitzsteuer. 6 Wenn nach Ansicht des Besitzsteueramts die Be­ steuerung von nachweislich aus der Veräußerung aus­ ländischen Grund- oder Betriebsvermögens herrühren­ den Vermögensbeträgen oder von solchen zum aus­ ländischen Grund- oder Betriebsvermögen gehörigen Gegenständen, die während des Veranlagungszeitraums ins Inland verbracht worden sind, eine besondere Härte darstellt, so kann das Besitzsteueramt die Erhebung des Mehrbetrags, der von dem Steuerpflichtigen zu zahlen

268

Besiysteuergesetz.

Anhang.

ist. Weil ausländisches Grund- oder Betriebsvermögen vom Wehrbeitrag freigeblieben ist, vorläufig aussetzen und dem Steuerpflichtigen anheimstellen, binnen einem Monat den Erlaß dieses Betrags zu beantragen. Der­ artige Anträge sind bei dem Besihsteueramt anzu­ bringen und mit einer gutachtlichen Äußerung der Ober­ behörde durch Vermittlung der obersten Landesfinanz­ behörde dem Bundesrate vorzulegen.

g 70. Die nach § 69 Satz 2 des Gesetzes zu vergüten­ den Zinsen für die auf Grund rechtskräftiger Ent­ scheidung zu erstattenden Beträge sind wie Erstattungen an Besitzsteuer zu Lasten der Reichskasse zu verrechnen, g 71.

i Wird im Rechtsmittel-, Berichtigungs-, Neu­ oder Nachveranlagungsverfahren (§ 38 Abs. 3, § 43 Abs. 2, § 44 Abs. 2, § 66 Abs. 1, § 73 Satz 2 des Ge­ setzes) die Besitzsteuer anderweit veranlagt oder infolge eines offenbaren Versehens zu Unrecht gezahlte Besitz­ steuer erstattet oder Besitzsteuer vom Bundesrat aus Billigkeitsgründen erlassen (§ 69 Abs. 3 und 5), so bat das Besitzsteueramt die Eintragungen in den Spal­ ten 3 ff. der Besitzsteuerliste (Zugangsliste) mit roter Tinte zu berichtigen. 2 Die Erhöhung oder Herabsetzung der Besitzsteuer (Zugang oder Abgang) ist der Hebestelle behufs Ein­ tragung in die Spalten 5 und 6 des Sollbuchs mit­ zuteilen. Die Mitteilung wird Beleg zum Sollbuch. Rückstände von Besitzsteuerbeträge« und Restnachweisung,

g 72. i Sind am Schlüsse des auf den Erhebungszeit­ raum folgenden Jahres beim Abschluß des Sollbuchs die zum Soll gestellten Besitzsteuerbeträge noch nicht oder nicht vollständig zur Hebung gelangt, so sind die Rückstände in die Restn ach Weisung einzutragen und dort weiter abzutmckeln. Muster?. 2 Die Restnachweisung wird nach dem Muster 71) geführt. Bon einem an der Kasfenführung nicht be­ teiligten Beamten ist auf dem Titelblatte der Rest­ nachweisung zu bescheinigen, daß die beim Abschluß des 9 Stehe oben Fußnote zu § 59.

II. Die AuSführungSbestlmmungen des Bundesrats. §§ 69—76.

269

Sollbuchs rückständig gebliebenen Sollbeträge in die Restnachweisung übertragen worden sind. Einzahlungen auf diese Reste sind im Einnahme­ buche zu buchen. 4 Eine Überweisung der in die Restnachweisnng über­ nommenen Beträge findet im Falle des Wegzugs des Steuerpflichtigen in einen anderen Bezirk nicht statt. Unterbliebene Veranlagung der Besitzsteuer.

§ 73. 4 Besitzsteuern, welche wegen zu Unrecht unter­ bliebener Veranlagung erst später veranlagt werden, sind in der Zugangsliste zur Besitzsteuerliste und in dem Besitzsteuer-Sollbuche (Zweite Abteilung) oder nach dessen Abschluß in der Restnachweisung nachzuweisen. Die Bestimmungen im § 65 Abs. 2 finden sinngemäße Anwendung. 2 Sind die im § 70 Abs. 1 des Gesetzes vorgesehenen gesetzlichen Zahlungsfristen bereits verstrichen, so ist die Besitzsteuer binnen vier Wochen nach Zustellung des Steuerbescheids zu entrichten. § 74. 4 Hinsichtlich des Verwaltungsstrafverfahrens, der Strafmilderung und des Erlasses der Strafe int Gna­ denwege sowie hinsichtlich der Strafvollstreckung und der Verjährung der Strafverfolgung kommen, auch für die von der Zollgrenze ausgeschlossenen Gebietsteile, die sich auf Zollstrafen beziehenden Vorschriften mit der Maßgabe zur Anwendung, daß an die Stelle der Hauptzollämter und Zolldirektivbehörden die Besitz­ steuerämter und Oberbehörden (§ 49 des Gesetzes) oder andere durch die Landesregierung bestimmte Behörden treten. 2 Bei Zuwiderhandlungen gegen die Geheimhal­ tungspflicht (§ 82 des Gesetzes) findet die Strafver­ folgung nur im gerichtlichen Verfahren statt. 8 75. Die festgesetzten Geldstrafen fallen der Staats­ kasse des Bundesstaats zu, von dessen Behörde die Strafentscheidung getroffen ist. Aktenführnng.

8 76. Über jeden einzelnen in die Besitzsteuerliste auf­ genommenen Steuerpflichtigen sind Akten anzulegen,

270

Besitzsteuergesetz. Anhang.

in welche alle auf die Veranlagung zur Besitzsteuer bezüglichen Mitteilungen, Besitzsteuererklärungen, An­ träge und sonstigen Schriftstücke nach der Zeitfolge ge­ ordnet aufzunehmen sind. Die Wehrbeitragsakten können als Besitzsteuerakten weitergeführt werden. Die Akten sind derart zu führen, daß sich eine Nachprüfung nach ihrem Inhalt ermöglichen läßt. Aufbewahrungsfristen.

Die Wehrbeitragslisten A, die Besitzsteuerlisten und die Kassenbücher sind nach Abschluß des Veran­ lagungsverfahrens noch fünfzehn Jahre aufzubewahren. Die Wehrbeitragsakten der natürlichen Personen und die Besitzsteuerakten können nach Ablauf des zehnten, auf den Tod eines Steuerpflichtigen folgenden Jahres ausgeschieden und vernichtet werden. § 77.

Prüfungsverfahren.

*Die Besitzsteuer-Sollbücher, die an deren Stelle getretenen ergänzten Besitzsteuerlisten (§ 61), die Rest­ nachweisungen und die Besitzsteuer-Einnahmebücher nebst den dazugehörigen Belegen sind durch die Oberbehör­ den nachzuprüfen. Zu diesem Zwecke sind je nach Ab­ lauf des auf einen Erhebungszeitraum folgenden Rech­ nungsjahrs die Sollbücher und die an deren Stelle getretenen Besitzsteuerlisten für den abgelaufenen Er­ hebungszeitraum, die Restnachweisungen für den vor­ vergangenen Erhebungszeitraum und die Einnahme­ bücher für die letzten vier Rechnungsjahre nebst den dazugehörigen Belegen der Oberbehörde einzureichen. Die oberste Landesfinanzbehörde kann anordnen, daß die Nachprüfung der Bücher und Belege an den Amts-» sitzen der Besitzsteuerämter und Hebestellen durch ab­ geordnete Beamte der Oberbehörde stattzufinden hat. 2 Inwieweit sich die Prüfung der Oberbehörde auch auf die einzelnen Veranlagungen zur Besitzsteuer zu erstrecken hat, bestimmt die oberste Landesfinanzbe­ hörde. 3 Die Landesregierung kann die Prüfung anderen Behörden als den nach § 1 Abs. 1 bestimmten Ober­ behörden übertragen. Diese Behörden sind unter An­ gabe ihrer Amtsbezirke dem Reichskanzler mitzuteilen. § 78.

II. Die AuSführungsbestlmmungen des Bundesrats. §§ 76—80.

271

Kosten.

§ 79. i Das Verfahren in Besitzsteuerangelegenheiten ist, soweit nicht hinsichtlich der Kosten in den §§ 60, 85 des Gesetzes ein anderes bestimmt ist, kosten-, gebührenund stempelfrei. 2 Zu den Kosten des Verfahrens ist auch die Post­ gebühr zu rechnen, welcher die Sendungen der Besitz­ steuerämter und Hebestellen an die Steuerpflichtigen unterliegen; sie fällt daher den letzteren nicht zur Last. Dagegen haben die Steuerpflichtigen die Postgebühr für die von ihnen an die bezeichneten Behörden zu richtenden Sendungen zu tragen. Abrechnung über die Besitzsteuer und Aufstellung der Einnahmeübersichten.

§ 80. *über den Ertrag der Besitzsteuer ist von den durch die Landesregierungen bestimmten Kassen mit der Reichshauptkasse nach Maßgabe der „Bestimmungen zur Regelung der Abrechnungen zwischen der Reichshaupt­ kasse und den Landeskassen vom 23. Juni 1910 *)" ab­ zurechnen. Entsprechend den Vorschriften im § 4 dieser Abrechnungsbestimmungen sind ferner besondere monat­ liche und vierteljährliche Übersichten der Einnahme an Besitzsteuer aufzustellen, aus denen sich das Gesamtauf­ kommen (die eingezahlten Beträge) an Besitzsteuer ein­ schließlich der Nacherhebungen und abzüglich der Er­ stattungen (Zurückzahlungen), der Betrag der Vergütung an die Bundesstaaten für die Veranlagung und Er­ hebung der Besitzsteuer (§ 86 des Gesetzes) und bis zum Rechnungsjahr 1919 auch der Betrag der nach § 87 des Gesetzes den Bundesstaaten etwa zu gewähren­ den Sonderentschädigungen für den Ausfall an Erb­ schaftssteuer sowie der an die Reichskasse abzuführende Betrag ergeben. 2 Die Übersichten sind den in den Abrechnungs­ bestimmungen bezeichneten Behörden oder Dienststellen innerhalb der daselbst angegebenen Fristen einzureichen. Statt dessen können die Angaben in die allgemeinen Reichssteuerübersichten ausgenommen werden. x) Zentralbl. für das Deutsche Reich 1910 S. 352.

3 Die Oberbehörden für die Besitzsteuer (§ 1) gelten im Sinne der Abrechnungsbestimmungen als Direktivbehörden. § 81. Die Landesregierung kann die den Direktivbehörden nach den Abrechnungsbestimmungen übertrage­ nen Geschäfte anderen Behörden als den nach § 1 be­ stimmten Oberbehörden übertragen. Die Behörden sind unter Angabe ihrer Amtsbezirke dem Reichskanzler (Reichsschatzamt) mitzuteilen. Übergangsbestimmungen.

8 82. i Der Durchschnittsbetrag, um welchen die Ein­ nahme an Erbschaftssteuer in den im § 87 Abs. 1 des Gesetzes bezeichneten Bundesstaaten in den Rechnungs­ jahren 1913 bis 1915 niedriger gewesen wäre, wenn die wegen der Besitzsteuer eingeführte Ermäßigung be­ reits während der Rechnungsjahre 1913 bis 1916 be­ standen hätte, wird vom Bundesrate besonders fest­ gesetzt. 2 Die hiernach festgesetzten Durchschnittsbeträge bil­ den nach Abzug a) des Unterschieds zwischen der Einnahme, welche die Bundesstaaten noch in den Rechnungsjahren 1917 bis 1919 aus der nicht ermäßigten Besteuerung von vor dem 1. April 1917 eingetretenen Erb­ fällen gehabt haben, und der Einnahme, welche sie aus diesen Erbfällen gehabt hätten, wenn auf sie bereits die Ermäßigung wegen der Besitzsteuer in Anwendung gekommen wäre, b) von zehn vom Hundert der nach dieser Kürzung noch verbleibenden Beträge das Soll der nach § 87 des Gesetzes den Bundesstaaten auf die betreffenden Zeiträume für den Fortfall der Erbschaftssteuer zu gewährenden Vergütungen.

11. Die Ausführung-bestimmungen des BundeSratS. Anlage 1. 273

Anlage 1. (Ausführung-bestimmungen § 50.)

Hilfttasel über den gegenwärtigen Gesamtwert einer Rente oder Nutzung im Werte von 1 Mark auf eine bestimmte Anzahl von Jahren zur Berechnung der davon zu entrichtenden Besitzsteuer. (Zu § 37 Abs. 1 des Gesetzes.)

Anzahl der Jahre 1 2 3 4 5 6 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28

Gesamtwert

Mark

Pf.

1 1 2 3 4 5 6 7 7 8 9 9 10 10 11 12 12 13 13 14 14 15 15 15 16 16 16 17

O,o 96,2

88,o 77,6 63,o 45,i 24,2 00,2 73,8 43,5 ll,i 76,o

38,5 98,s 56,8 11,8 65,2 16,6 65,9 13,4

59,o 02,9 45,i 85,7 24,7

622 98,8 33,o

Anzahl der Jahre

29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56

Köppe, Besitzsteuergesetz.

Gesamtwert Mark 1 Pf-

17 17 18 18 18 19 19 19 19 20 20 20 20 20 21 21 21 21 21 22 22 22 22 22 22 22 22 23

66,8 98,4 29,o 58,9 87,i 14,8 41,i 66,5 90,8 14,8 36,8 58,5 79,8 99,8 18,6 37,i 54,9 72,0 88,5 04,8 19,5 34,2 48,2 61,8 74,8 87,8 99,3 10,9

Anzahl der Jahre 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 und mehr

Gesamtwert Mark

Pf-

23 23 23 23 23 23 23 23 23 24 24 24 24 24 24 24 24 24 24 24 24 24 24 24 24 24 24 25

22,o 32'7 43,o 52,s 62,4 71,5 80,3 88,7 96,s 04,7 12,2 19,4 26 4 33.0 39,5 45,6 51,6 57,3 62,8 68,0 78,i 78,o 82,7 87,2 91,5 95,7 99,7 00,0

18

^£8

Anlage 2. (AuSführungsbesttmmungen § 54 Abs. 5.)

Hilsstafel zur Berechnung der Befitzstener. (Zu §§ 25, 26 des Gesetzes.) Die Besitz st euer beträgt

Jb 1000) 2 000 3 000 4 000 5 000 6 000 > ) 7 000 8 000 9 000 10 000 11000 12 000

13 000

Jb | d>

7 15 22 30 37 45 52 60 67 75 82 90 97

50 50

50 50 50

50 50

sich beläuft auf mehr als

100000 200000 300000 4GC 000 500000 750000 1000000 2000000 5000 000 bis 10000000 bis bis bis bis bis bis bis bis 200 000 300000 400000 500000 750000 1000000 2000000 5 000 000 10000000 STTMrF Mark Mark Mark Mark Mark Mark Mark Mark Mark OCM’*Ot»Pf.

R

Mark

Mark

10

11

12

14

13

Zuschlag gemäß 8 54 Abs. 2 des Gesetzes

15

16

R y e

iE Z 17

Bemerkungen (Stundung und Bewilligung von Teilzahlungen, Sicherheitslei­ stung, Überweisung der Steuer, Rechtsmittel-, Berichtigungs-, Neu- oder Nachveranlagungsversahren, Niederschlagung, Erstat­ tung, sonstige Bemerkungen, insbesondere auch ob Feststellungs­ bescheid erteilt ist)

18

1

a) ..........

i

1

*) Ein Eintrag erfolgt nur, wenn der Zuwachs in Spalte 10 mehr als 10 000 di beträgt. Wenn Einträge in Spalte 11 vorliegen, ergibt sich der in Spalte 12 einzusetzende Betrag durch Abzug der Spaltes von dem nach Absetzung des Betrags Spalte 11 von Spalte 8» verbleibenden und abgerundeten Betrage.

£66

'l

b) ...........

Er­ mäßigung gemäß § 27 a) Abs. 1 b) Abs. 2 des Gesetzes

gaq uaÖuniumnJaqgßuni&Ugnjg

Mark

Des Soll­ buchs

Unter Berück­ sichtigung der Spalten 14 und 15 zu zahlender Gesamt­ betrag

a) nach Steuer­ § 15, Steuer­ b) nach pflich­ betrag tiger § 16 nach steuer­ Berfreie mögens- 88 25, 26 des Zu­ zuGesetzes wachs­ wachs*) beträge

"rin W 'srvissqunK

Der Ver­ mögens­ zuwachs beträgt mithin (Spalte 8b abzüglich Spalte 9)

Besitzsteueramt

Muster 2

Besitzsteuerliste Nr.

g

(AuSführungSbeftimmungen § 18 Abs. 1.)

Besitzsteuererklärung für die Veranlagung (Wohnort)

in

zur Besttzsteuer für den Beranlagungszeitraum vom 1. Januar 19 bis 31. Dezember 19

*) I. Ich und meine Ehefrau

geborene

♦) Der von mir — unS — vertretene t) Soweit sich die Vermögens­ werte nicht aus dem Nenn- oder Kurswert oder dem Betrage der geleisteten Zahlunaen ergeben, kann der Steuerpflichtige sich in der Besitzsteuererklärung auf die tatsächlichen Mitteilmtgen be­ schränken, die er behufs Schätzung des Wertes beizubringen vermag.

besaß am 31. Dezember 19 kommissarischem Vermögen**)

an eigenem Vermögen**) und an fidei-

1. Grundvermögen: A. Grundstücke (Gebäude und Liegenschaften), ausgenommen Grundstücke, die dem Betriebe des Bergbaues oder eines Gewerbes — unten 28 — gewidmet sind. Bei land- oder forstwirtschaftlichen oder Gärtnerei-Grundstücken sind die Betriebsmittel (lebendes und totes Inventar) im Werte mitzuberückstchtigen.

öuvhuy -tzsjröirnrsttzst-E

(Name und Stand)

d

Besitzung, Benutzungsart

Gemarkung Straßen-Nr. oder Vermögenswerts-) Flur, Parzellen- (siehe nebenstehen­ (Gemeinde, 9tr. oder Flächen­ de Bemerkung) GutSbezirk) inhalt Mark

a).................................... b)....................................

c) ..................................... d) .................................... e).....................................

f) .................................... g) ........................... Seite . . .

Wird beantragt, oaß bei den vorstehend unter 1A obet umstehend unter 26 aufgeführten Grundstücken anstatt des gemeinen Wertes (Verkaufswerts) die Gestehungskosten zugrunde gelegt werden? Zu den Gestehungskosten sind der Gesamtwert der Gegenleistungen beim Erwerb (Erwerbspreis), die sonstigen AnschaffungSkosten einschließlich der öffentlichen Abgaben und etwaiger Vermittlungsgebühren, alle auf das Grundstück gemachten besonderen Aufwendungen während der Besitzzeit, soweit sie nicht zu den laufenden

z

Bezeichnung des Grundstücks oder der

968

Zu 1. Nur Grundstücke (ein­ schließlich der Berechtigungen 16), die im Gebiete des Deutschen Reichs liegen, sind steuerpflichtig. Wirtschaftlich zusammenhän­ gende Grundstücke sind als eine Besitzung auszuführen. Hypotheken und Grundschulden sind nicht hier, sondern unter II in Abzug zu bringen.

'S lv rs s q u n E goq uaV unm m irjrgsV unahnssnK e i® n

[Seite 1]

*) Das nicht Zutreffende ist zu durchstreichen. **) Maßgebend für die Steuerpflicht und die Ermittlung deS Vermögenswerts ist der Stand am Ende deS Veranlagungszeitraums, erstmals am 31. Dezember 1916. Für Betriebe, bei denen regelmäßige jährliche Abschlüsse stattfinden, kann der Vermögensfeststellung der Vermögensstand am Schluffe des letzten WirtschaftS- oder Rechnungsjahrs zugrunde gelegt werden. Macht der Steuerpflichtige von dieser Möglichkeit Gebrauch, so hat er der Steuererklärung den Abschluß für das letzte Wirtschafts, oder Rechnungsjahr beizufügen. ***) Wo der Raum nicht ausreicht, kann eine besondere Aufstellung betgefügt werden.

-buvhuitz

Wirtschaftsausgaben gehören, zu rechnen. Von den Gestehungskosten abzuziehen sind die durch Verschlechterung entstandenen Wertminderungen (§ 30 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes). a) Für Grundstücke, die vor dem 1. Januar 1914 erworben sind, gilt der bet der Veranlagung deS Wehrbeitrags festgestellte Wert als Betrag der bis dahin entstandenen Gestehungskosten, so daß diesem nur die seit dem 1. Januar 1914 gemachten besonderen Aufwendungen hinzuzurechnen und von ihm die seit dem 1. Januar 1914 durch Verschlechterung etwa entstandenen Wertminderungen abzuziehen find. b) Für Grundstücke, die nach dem 31. Dezember 1913 von TodeS wegen im Sinne der §§ 1 bis 4 des Erbschaftssteuergesetzes, im Wege der Erbteilung, von Eltern, Großeltern oder entfernteren Vor­ eltern sowie auf Grund einer ohne entsprechende Gegenleistung erfolgten Zuwendung unter Lebenden erworben sind, gilt, soweit die Grundstücke dauernd land oder forstwirtschaftlichen oder gärtnerischen Zwecken oder soweit bebaute Grundstücke Wohn- oder gewerblichen Zwecken zu dienen bestimmt sind und ihre Bebauung und Benutzung der ortsüblichen Bebauung und Benutzung entspricht, der Ertragswert, sonst der gemeine Wert zur Zeit deS Erwerbes als Gestehungskosten beim Erwerbe, so daß diesem Betrag die seit dem Erwerbe gemachten Aufwendungen hinzuzurechnen und von ihm die seit dem Erwerbe durch Verschlechterung etwa entstandeneu Wertminderungen abzuziehen sind. An die Stelle deS ErträgswertS tritt auf Antrag der gemeine Wert zur Zeit deS Erwerbes. Wird gegebenenfalls ein solcher Antrag gestellt?

-tzsjsörsn-tz^aE

[Seite 1].

(Seite 2].

Übertrag . . .

B. Berechtigungen, für welche die sich auf Grund­ stücke beziehenden Vorschriften des bürgerlichen Rechtes gelten, z. B. Erbbaurecht, Erbpachtrecht, Bergwerkseigentum, soweit nicht in 2B enthalten: .................................................................................................

3u 2A und B. Zum steuerbaren Vermögen ge­ hören nicht Betriebsmittel, die dem Betriebe der Land­ oder Forstwirtschaft oder der Gärtnerei oder des Bergbaues auf auslän­ dischen Grundstücken oder dem Betrieb eines stehen­ den Gewerbes außerhalb des Deutschen Reichs ge­ widmet sind.

2. Betriebsvermögen (soweit nicht schon unter 1 enthalten): A. Betriebskapital, das dem Betriebe der Land- oder Forstwirtschaft oder der Gärtnerei auf fremden Grund­ stücken gewidmet ist: Bezeichnung der Pachtung

a)

...............................................

b)

......................................

c)

..............................................

d) ...............................................

Gemarkung (Gemeinde, Gutsbezirk)

Größe der Pachtung

II. D ie Ausführungsbestimmungen des Bundesrats. Muster 2. 2 9 7

Vermögenswert (siehe die Rand­ bemerkung t auf Seite 1) Mark

tSeite 2].

B. Vermögen, da» dem Betriebe des Bergbaues oder eines Gewerbes gewidmet ist, einschließlich der dem Be­ triebe dienenden eigenen Gebäude, Grundstücke oder Berechtigungen:

Bezeichnung des Betriebs

a) b) c) d) e)

Firma

Betriebs­ stätten

Geschäfts­ anteil des Steuer­ pflichtigen

...................................... ..................................... ..................................... ..................................... .....................................

3. Kapitalvermögen (gesamtes sonstiges Vermögen außer den unter III aufzuführenden Renten und anderen wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen), nämlich: a) Selbständige Rechte und Gerechtigkeiten, soweit M ar k sie nicht unter 1B fallen oder als Zubehör eines Grundstücks oder Betriebskapitals unter 1A, 2 schon berücksichtigt sind, z. B. Verlags­ oder Patentrechte............................................

Seite . . .

-Suvtzu^ -tzrjrörsnstztzitsE

Zu 2B. Hier ist auch der Anteil zu berücksich­ tigen, der dem Steuer­ pflichtigen als Teilhaber einer offenen Handelsge­ sellschaft oder einer Kom­ manditgesellschaft an deren Betriebsvermögen zusteht.

Übertrag . . . Mark

Übertrag . . .

b) Kapitalforderungen aus Anleihen oder Schuld­ verschreibungen deutscher oder nichtdeutscher Staaten, Gemeinden, anderer öffentlicher Ver­ bände, Eisenbahn- und Jndustrieobligationen, Pfandbriefe, Hypotheken, Grundschuldforde­ rungen, sonstige Kupttalforderungen jeder Art, insbesondere Forderungen aus Schuldver­ schreibungen, Wechseln, Darlehen, Kautionen, Hlnterlegungsgelder, Einlagen bet Sparkassen und Banken, Abrechnung»- und Kontokorrent­ guthaben, ausgenommen Bank- und sonstige Guthaben, die aur Bestreitung der laufenden Ausgaben für drei Monate dienen .... c) Aktien oder Anteilscheine, Kuxe, Geschäfts­ guthaben bei Genossenschaften. Geschäftsan­ teile und andere Gesellschaftseinlagen . . . d) Bares Geld, Banknoten und Kassenscheine (ausgenommen bic aus den laufenden Jahres­ einkünften vorhandenen Bestände, soweit sie zur Bestreitung der laufenden Ausgaben für drei Monate dienen), Gold und Silber in Barren................................................................

-n

'SlvrssqunK «sq usvum uunrjsgsVuniM snjtz

Vermögenswert (siehe die Rand­ bemerkung f auf Seite 1) Mark

13Wn Ms

[Celte 3b

665 ’3

Zu 3. Ob ein Kapital in ausländischen oder in­ ländischen Werten angelegt ist, macht keinen Unter­ schied; auch Aktien einer ausländischen Aktiengesell­ schaft gehören zum steuer­ baren Vermögen. Ebenso ist es belanglos, ob das Kapitalvermögen selbst sich im Inland oder im Aus­ land befindet. Wertpapiere, die in Deutschland einen Börsen­ kurs haben, sind mit ihrem Kurswert, Forderungen, die in das Schuldbuch einer öffentlichen Körperschaft eingetragen sind, mit dem Kurswert der entsprechen­ den Schuldverschreibungen der öffentlichen Körper­ schaft, Aktien ohne Börsen­ kurs, Kuxe, Anteile an einerBergwerkSgesellschafl oder Anteile einer Gesell­ schaft mit beschränkter Haf­ tung mit ihrem Verkaufs­ wert, andere Kapitalfor­ derungen mit ihrem Nenn­ wert anzusetzen,sofern nicht besondere Umstände die Veranschlagung nach einem

[Seite 3].

: :

;

;

_____

Zusammen I . . . II. Hiervon sind abzuziehen die Kapitalschulden, soweit sie nicht schon bei Berechnung deS Betriebsvermögens zu I, 2A, 8 berücksichtigt sind.

Name deS Gläubigers

Zu II. Nicht abzugs­ fähig sind Schulden, die zur Bestreitung der laufendenHauShaltungSkosten eingegangen sind (Haus­ haltungsschulden) sowie Schulden und Lasten, wel­ che in wirtschaftlicher Be­ ziehung zu nicht steuer­ baren VermögenStetlen stehen (Bemerkung zu 1,1; I 2 A und B); vgl. auch Seite 1 Anmerkung 1.

: :

Wohnort des Gläubigers

Betrag Mark

a)......................................

b)

e) .................................... Zusammen. . . Verbleibt (ohne III) ein Reinvermögen von. . .

-tzsj-örrnrM jS K

Zusammen a - e . . . .

-öuvhujtz

vom Nennwert abweichen­ den höheren oder geringe­ ren Werte begründen. Will der Steuerpflichtige von dem Werte seiner mit Dividendenschein gehan-beiten Wertpapiere einen Gewinnbetrag in Abzug bringen (§ 34 Abs. 2 deS Gesetzes), so hat er die Wertpapiere, für welche der Abzug begehrt wird, nach Stückzahl oder Nennbetrag und Gattung besonder» zu bezeichnen.

O o

e) Noch nicht fällige Ansprüche au» LebenSKapttal- oder Rentenversicherungen, zu be­ rechnen mit */» der Summe der bisher ge­ zahlten Prämien oder Kapitalbeiträge oder mit dem RückkaufSwerte........................ - - -

(Seite 4).

pflichtige — Gegenstand und Rechtsgrund deS An­ spruchs oder der Verpflichtung:

Geldwert der einjährigen Hebung oder Leistung (Last):

Name und Wohnort

< des Verpflichteten: < 1 des Berechtigten:

Tag, Monat, Jahr, seit welchem der An­ spruch oder die Last besteht:

oder der Last mehrerer Per­ Namens, der und Jahr der

.................... Mark. ................. Mark.

301

Falls die Dauer deS Anspruchs vom Leben einer Person oder sonen abbängt, Angabe deS Wohnung sowie Tag, Monat Geburt dieser Person:

zu entrichten (zu tragen):

Muster 2.

Zeitpunkt oder Ereignis, mit dessen Ein­ tritt der Anspruch oder die Last weg fällt:

zu beziehen:

II. Die Ausführungsbestimmungen de« Bundesrats.

Zu III. Genaue Aus­ kunft über die nebenbezeichneten Punkte ist erforder­ lich, damit die Steuerpflicht oder Abzugsfähig­ keit der Bezüge oder Lasten beurteilt und ihr Kapital­ wert vorschriftsmäßig be­ rechnet werden kann. Ansprüche auf Gehalt, Besoldung, Remuneration u. dgl., die dem Steuer­ pflichtigen als Entgelt für seine Arbeitstätigkeit zu­ stehen, gehören in keinem Falle hierher. Wegen der Abzugsfähigkeit der unter III fallenden Lasten vgl. die Bemerkung zu II.

III. An Renten und anderen wiederkehrenden Rutzungeu und Leistungen habe ich für mich und meine Ehefrau — hat d von mir — uns — vertretene Steuer­

(Sette 4.]

V. Das Anfangsvermögen ist durch Wehrbeitrags-Veranlagungsbescheid — Besttzsteuerbescheid — Fest­ stellungsbescheid — de (Behörde, die den Bescheid erteilt bat, Nr. der Wehrbeitragsliste oder der Besitzsteuerliste) feftgestellt worden auf Jb.*) VI. Eine besondere Berechnung des steuerbaren Vermögens nach dem Stande bei Beginn des 1. Januar 1914 — bei dem nach diesem Zeitpunkt liegenden späteren Eintritt der Steuerpflicht - liegt bet**). Anmerkung: Von Steuerpflichtigen, deren Vermögen den Betrag von 100 000 x nicht übersteigt, welche Kindern auf Grund gesetzlicher Verpflichtung (§§ 1601 bis 1615 BGB.) Unterhalt gewähren und daher gemäß § 27 Abs. 1 des Gesetzes Anspruch auf Ermäßigung der Steuer haben, sind hier Zahl und Alter der in Betracht kommenden minderjährigen Kinder anzugeben. Ebenso sind die Verhältniffe darzulegen, die einen Anspruch auf Ermäßigung der Steuer nach § 27 Abs. 2 des Gesetzes begründen.

-öuvtzuitz

zur Zeit des Todes J(>, wovon auf mich entfallen sind JL Das Vermögen des verstorbenen Ehegatten betrug an dem für die Wehrbettragsveranlagung — für die letzte Besitz­ steuerveranlagung maßgebenden Zeitpunkt — bei Eintritt der Steuerpflicht JL b) In dem vorstehend angegebenen Reinvermögen ist eine Kapitalabfindung von di enthalten, die als Entschädigung für den durch Körperverletzung herbeigeführten gänzlichen oder teilweisen Verlust der Erwerbsfähigkeit am von der gezahlt — noch zu zahlen — ist.

-tzrjsöasnarMiag:

IV. a) In dem vorstehend angegebenen Reinvermögen ist Vermögen enthalten, das aus dem Nachlaß meines- am 19 verstorbenen herrührt. Das Nachlaßvermögen betrug

[Seite 4].

, den

ten

19

(Unterschrift)

Besitzfteuererklärungen ohne Unterschrift

gelten als nicht abgegeben.

*) Wenn dem Steuerpflichtigen nicht mehr bekannt, ist der Ort anzugeben, an dem er zur Zeit der Abgabe der Wehrbeitragserklärung oder der letzten Befitzsteuererklärung gewohnt hat. **) Für solche Steuerpflichtige, deren Vermögen bei der Wehrbettragsveranlagung nicht rechtskräftig festgestellt ist ober deren Befitzsteuerpflicht erst nach dem 1. Januar 1914 eingetreten ist. Haben bei Beginn des Veranlagungszeitraums die abzugsfähigen Schulden und Lasten den Gesamtwert des Aktivvermögens überstiegen oder hat bei einem Vermögen über 20 000 Jfe bis 30 000 der Vermögenszuwachs mehr als 10 000 betragen, so ist eine besondere Berechnung des Vermögens nicht erforderlich, es genügt vielmehr eine bezügliche Angabe des Sachverhalts.

II. Die Ausführungsbestimmungen des Bundesrats. Muster 2. 3 0 3

Ich versichere hiermit, daß die vorstehenden Angaben nach bestem Wissen und Gewissen gemacht sind. Wir versichern

304 Befitzsteueramt

Nr.

Nr.

Anhang.

Befitzsteuergesetz. ...............

der Besitzsteuerliste ... des Sollbuchs.

Muster 3. (Ausführungsbestimmungen § 55.)

., den

ten

19

Befitzsteuerbescheid. Auf Grund deS BesttzsteuergesetzeS vom 3. Juli 1913 wird die von Ihnen für die Zeit vom 1. April 191...... bis 31. März 191 zu zahlende Besttzsteuer auf Mark hiermit festgesetzt. Der BermögenszuwachS ist folgenderweise berechnet worden:

Die hiernach berechnete Besitzsteuer ist gemäß § 27 Abs. 1 — § 27 Abs. 2 — des Gesetzes um ............ vom Hundert ermäßigt worden. Wegen der verspäteten Abgabe der Befttzsteuererklärung ist gemäß § 51 Abs. 2 des Gesetzes gegen Sie ein Zuschlag von vom Hundert festgesetzt worden.*) Die Feststellung Ihres steuerbaren Vermögens — einschließlich deS Vermögens Ihrer Ehefrau — auf den oben angegebenen Betrüg von ............... Mark ist für Ihre künftige Veranlagung zur Besitzsteuer maß­ gebend. Die Besitzsteuer ist in .... jährlichen Teilbeträgen von Mark an den .................................. zu zahlen. Der erste Teilbetrag ist spätestens am , die weiteren je bis spätestens den ..................... zu entrichten. Es steht Ihnen frei, die späteren Teilbeträge im voraus zu zahlen. Gegen diesen Bescheid ist d ........... binnen , beginnend mit dem Tage der Zustellung, zulässig. D ist anzubringen. Durch die Einlegung d wird die Zahlung der Besitzsteuer nicht aufgehalten. (Unterschrift.)

Die Feststellung weicht von den Angaben der Besitzsteuererklärung ab:

*) Nichtzutreffendes ist zu streichen.

II. Die Ausführungsbesttmmungen des Bundesrats. Muster 4. 305 Besitzsteueramt . Nr der Besitzsteuerltste.

Muster 4. /W —~T.------. tAusfuhrungSbesttmmungen § 56 Abs. 2.)

, den

ten

19

Feststellungsbescheid. Auf Grund der §§ 12, 13 des Besttzsteuergesetzes vom 3. Juli 1913 sind Sie — und Ihre Ehefrau — für die Zett bum 1. April 19 bis 31. März 19 von der Zahlung einer Besttzsteuer freigestellt worden. Als Anfangsvermögen für eine künftige Veranlagung zur Besttzsteuer ist Ihr Vermögen am 1. Januar 19 maßgebend. Dieses ist fest­ gestellt auf Mark. Gegen diesen Bescheid ist d binnen , beginnend mit dem Tage der Zustellung, zulässig. D

ist anzubringen.

(Unterschrift.)

Die Feststellung weicht von den Angaben der Besitzsteuererklärung ab:

Köppe, Besitzsteuer^esetz.

306

Besttzsteuergesetz.

Anbang.

III. Die preußischen Aussührungsvorschristen vom 1. Dezember 1916 zum Besitzsteuergesetz vom 3. Juli 1913 (Reichs-Gesetzbl. S. 524) und zum Kriegssteuergesetz vom 21. Juni 1916 (Reichs-Gesetzbl. S. 561) sowie zu den Ausführungsbestimmungen des Bundesrats, herausgegeben im Finanzministerium. Behörden und deren Zuständigkcit.

Art. 1.

I. Durch Allerhöchste Verordnung vom 14. Mai 1914 (Gesetzsamml. S. 91) ist folgendes bestimmt: 1. Als die für die Verwaltung der Besitzsteuer zustän­ digen Behörden (Besitzsteuerämter) werden die Ein­ kommensteuer-Veranlagungskommissionen bestimmt. Sie unterstehen den Regierungen — und für die Haupt- und Residenzstadt Berlin der Direktion für die Verwaltung der direkten Steuern — als Oberbehörden. 2. Gegen den Steuer- und den Feststellungsbescheid steht die Berufung an die Einkommensteuer-Beruftlngskommission und gegen deren Entscheidung die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu. Auf das Rechtsmittelverfahren finden die Vor­ schriften der §§ 44, 48 bis 54 des Einkommen­ steuergesetzes sinngemäße Anwendung. 3. Die Androhung und Festsetzung von Zwangsstrafen (§ 54 Abs. 1, § 56 Abs. 2, § 58 Abs. 4, § 62 Abs. 4 des Besitzsteuergesetzes), die Verhängung von Ordnungsstrafen (§ 83), die Festsetzung von Besitz­ steuerzuschlägen (§ 54 Abs. 2), die Festsetzung der von dem Steuerpflichtigen zu erstattenden Kosten (§ 60), die Stundungen und die Genehmigung der Entrichtung der Steuer in Teilbeträgen (§ 71) er­ folgen durch die Vorsitzenden der EinkommensteuerBeranlagungskommissionen. Gegen deren Entschei­ dungen steht dem Beitragspflichtigen innerhalb vier Wochen die Beschwerde an den Vorsitzenden der Einkommensteuer-Berufungskommission offen.

III. Die preußischen Ausführungsvorschriften. Art. 1—3.

307

4. Insoweit sonst nach den Vorschriften des Einkom­ mensteuergesetzes die Negierungen und für die Haupt- und Residenzstadt Berlin die Direktion für die Verwaltung der direkten Steuern zur Mit­ wirkung berufen sind, haben diese Behörden auch die gleichartigen Entscheidungen hinsichtlich der Be­ sitzsteuer zu treffen. 5. Die Gemeinden und selbständigen Gutsbezirke sind verpflichtet, in ihren Bezirken die Einzelerhebung der veranlagten Steuerbeträge sowie deren Ab­ führung an die zuständigen Staatskassen zu be­ wirken. II. Oberbehörden im Sinne der Bund-A sind außer den Königlichen Regierungen, für Berlin der König­ lichen Direktion für die Verwaltung der direkten Steuern, gegebenenfalls die Vorsitzenden der Einkom­ mensteuer-Berufungskommissionen. Art. 2. 1. Nach § 25 des Kriegssteuergesetzes gelten, so­ weit dieses Gesetz nichts anderes vorschreibt, die Vor­ schriften des Besitzsteuergesetzes über die Veranlagung und Erhebung der Besitzsteuer entsprechend für die Ver­ anlagung der Kriegssteuer. Ebenso finden nach § 2 der Kriegssteuerausführungs­ bestimmungen des Bundesrats für die Veranlagung und Erhebung der Kriegssteuer die Besitzsteuerausführungs­ bestimmungen entsprechende Anwendung, soweit sich aus dem Kriegssteuergesetz und den Kriegssteuerausführungs ­ bestimmungen nichts anderes ergibt. 2. Die nachstehenden Vorschriften beschränken sich darauf, die erstmalige Veranlagung der Besitzsteuer und ihre Erhebung sowie die gleichzeitig stattfindende Kriegssteuerveranlagung und Erhebung gemeinsam zu regeln. Abweichungen der materiellrechtlichen Bestimmungen des Besitzsteuergesetzes und des Kriegssteuergesetzes von denen des Ergänzungssteuergesetzes.

Art. 3. Gegenstand der Besteuerung ist der Vermögens­ zuwachs. Als solcher gilt der Unterschied zwischen dem reinen Werte des steuerbaren Gesamtvermögens am Anfang und am Ende des Veranlagungszeitraums (in 20*

308

Besitzsleuergesetz. Anhang.

der Regel 31. Dezember 1913 und 31. Dezember 1916). Die Berechnung dieses Vermögenszuwachses erfolgt ab­ gesehen von den Abweichungen der §§ 3 bis 7 des Kriegssteuergesetzes nach den Vorschriften des Besitz­ steuergesetzes. Bei der Berechnung sind die folgenden materiell-rechtlichen Abweichungen von dem Ergänzungs­ steuergesetze zu beachten: 1. Das Ergänzungssteuergesetz nennt int § 4 I Nr. 1 als Gegenstände des steuerbaren Vermögens neben den Grundstücken Nießbrauchs- und andere selbständige Rechte und Gerechtigkeiten, welche einen in Geld schätzbaren Wert haben. Das Besitzsteuergesetz bestimmt irrt § 3: „Den Grundstücken (§ 2 Nr. 1) stehen gleich Be­ rechtigungen, für welche die sich auf Grundstücke beziehenden Vorschriften des bürgerlichen Rechtes gelten" und führt int § 6 unter dem Kapitalvermögen auf: „1. selbständige Rechte und Gerechtigkeiten". 2. Nach § 7b des Ergänzungssteuergesetzes umfaßt das steuerbare Kapitalvermögen bares Geld deutscher Währung, fremde Geldsorten, Banknoten und Kassen­ scheine „mit Ausschluß der aus den laufenden Jahres­ einkünften vorhandenen Bestände". Im § 6 Nr. 4 des Besitzsteuergesetzes sind von der Besteuerung ausgenommen: „die aus den laufenden Jahreseinkünften vorhandenen Bestände und Bank- oder sonstige Guthaben, soweit sie zur Bestreitung der laufen­ den Ausgaben für drei Monate dienen". 3. Nach § 6 Nr. 5 des Besitzsteuergesetzes ist der Kapitalwert der Rechte auf Renten und andere wieder­ kehrende Leistungen, welche dem Berechtigten auf seine Lebenszeit, auf die Lebenszeit eines anderen, auf unbe­ stimmte Zeit oder auf die Dauer von mindestens zehn Jahren zustehen, dem Empfänger auch dann anzurech­ nen und bei dem Geber in Abzug zu bringen, wenn die Leistungen auf Grund einer Schenkung erfolgen. Der Kapitalwert einer auf einem Schenkungsversprechen beruhenden Rente ist also für die Besitzsteuer dem Be­ schenkten anzurechnen, während bei dem Schenker nach § 10 des Gesetzes entsprechender Abzug stattfindet.

III. Die preußischen Ausführungsvorschrtften. Art. 3.

309

4. Nach § 7c des Besitzsteuergesetzes gehören nicht zum beitragspflichtigen Vermögen Ansprüche auf Ren­ ten und ähnliche Bezüge, die mit Rücksicht auf ein früheres Arbeits- oder Dienstverhältnis gewährt wer­ den. Die Fassung ist etwas weiter als diejenige des § 7, Schlußsatz, des Ergänzungssteuergesetzes. 5. Die Bestimmungen über die subjekte Steuerpflicht der physischen Personen entsprechen im wesentlichen den nach § 21 des preußischen Ergänzungssteuergesetzes für die Ergänzungssteuerpflicht der physischen Personen maß­ gebenden Bestimmungen im § 1 des preußischen Ein­ kommensteuergesetzes mit der aus der Natur des Be­ sitzsteuergesetzes als eines Reichsgesetzes sich als selbst­ verständlich ergebenden Maßgabe, daß die Beitrags­ pflicht sich nicht auf die preußischen Staatsangehörigen beschränkt, sondern sich auf die Reichsangehörigen er­ streckt. Ausländer sind steuerpflichtig, wenn sie im Deut­ schen Reiche einen Wohnsitz oder in Ermangelung eines Wohnsitzes ihren dauernden Aufenthalt haben. 6. Wie bei dem Ergänzungssteuergesetz erstreckt sich die Steuerpflicht nach dem Besitzsteuergesetz nur auf physische Personen, während das Kriegssteuergesetz auch auf juristische Personen ausgedehnt worden ist. Ihr Kreis ist weiter gezogen als im Wehrbeitragsgesetz. 7. Die Bestimmung im § 5 Nr. 5 des Ergänzungs­ steuergesetzes, nach der dem Haushaltungsvorstande das­ jenige Vermögen des Haushaltungsangehörigen zuzu­ rechnen ist, an welchem ihm die Nutznießung zusteht, findet sich in dem Besitzsteuergesetze nicht. Insbesondere sind also Vermögen, die minderjährigen Kindern ge­ hören, nicht bei dem Vater oder der Mutter, denen die Nutznießung zusteht, sondern bei den Kindern beitrags­ pflichtig. 8. Abweichend vom Ergänzungssteuergesetze sind die für die Bewertung desjenigen Grundbesitzes, der dauernd land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken zu dienen be­ stimmt ist, dieselben Grundsätze maßgebend wie für das übrige Grundvermögen. Zugrunde zu legen ist der ge­ meine Wert (Verkaufswert) oder auf Antrag des Steuer-

310

Besitzsteuergesetz.

Anhang.

pflichtigen der Betrag der nachgewiesenen oder glaub­ haft gemachten Gestehungskosten.' Soweit bei Bemessung der Gestehungskosten der Ertragswert (§§ 31, 32 des Besitzsteuergesetzes) zugrunde zu legen ist, decken sich die Bewertungsvorschriften mit den Bestimmungen des § 11 des Ergänzungssteuergesetzes. 9. Abweichend vom Ergänzungssteuergesetze findet sich im § 34 des Besitzsteuergcsetzes die Bestimmung, daß bei Wertpapieren, die in Deutschland einen Börsenkurs haben und die mit Dividendenscheinen gehandelt wer­ den, ein Betrag in Abzug gebracht werden darf, der für die seit Auszahlung des letzten Gewinns abgelaufene Zeit dem letztmalig verteilten Gewinn entspricht. An die Stelle der Börsenkurse (§ 34 des Besitz­ steuergesetzes) treten die durch das Gesetz über die Fest­ setzung von 'Kursen der zum Börsenhandel zugelassenen Wertpapiere vom 9. November 1916 (Reichs-Gesetzbl. S. 1269) festgesetzten Kurse. 10. Wegen Bewertung der auf bestimmte Zeit be­ schränkten Nutzungen oder Leistungen enthält der § 37 des Besitzsteuergesetzes Vorschriften, die sich mit den­ jenigen des Ergänzungssteuergesetzes nicht völlig decken. Ermittelung des Ertragswerts von Grundstücken.

Art. 4. 1. Wird der gemäß § 31 des Besitzsteuergesetzes für die Bewertung maßgebende Ertrag nach den Be­ triebsergebnissen selbstbewirtschafteter Besitzungen ge­ schätzt, so ist nach Abs. 2 a. a. O. der Wert der Tätig­ keit des Selbstbewirtschafters gemäß § 37 BesStBund-A in Abzug zu bringen. 2. Wird der Ertragswert selb st bewirtschafte­ ter Betriebe aus Pachtpreisen anderer Besitzungen ab­ geleitet (§ 37 BesStBund-A), so darf der Wert der Tätigkeit des Selbstbewirtschafters vom Roherträge nicht in Abzug gebracht werden, da in den Pachtpreisen der Wert der Arbeit des Pächters nicht enthalten ist. 3. Die Bestimmungen des § 45 BesStBund-A finden für Preußen bei der Ermittelung des Ertragswerts von Gebäuden keine Anwendung, da bei der letztmaligen Revision der Gebäudesteuer der Nutzungswert der Ge­ bäude aus Mietpreisen abgeleitet ist, die in den Jahren

III. Tie preußischen Ausführungsvorschriften. Art. 3—5.

311

1898 bis 1907 bedungen worden sind. Auch der Grund­ steuer-Neinertrag kann der Ermittelung des Ertrags­ werts vom Grundbesitz nicht unmittelbar zugrunde ge­ legt werden, da er den gegenwärtigen Verhältnissen nicht mehr entspricht. Veranlagungsverfahren. Ermittelung der beitragspflichtigen Personen, Anfstellung der Steuerlisten.

Art. 5. 1. Der Vorsitzende der Veranlagungskommission hat die Besitzsteuerliste und die Kriegssteuerliste A für jede Gemeinde und jeden Gutsbezirk in je einem besonderen Heft unzulegen. Die Kriegssteuerliste B kann für jeden Veranlagungsbezirk in einem gemein­ samen Heft angelegt werden. In diesem Falle hat innerhalb der Liste eine Trennung nach Gemeinden (Gutsbezirken) zu erfolgen. Die Reihenfolge der Aufzunehmenden ist tunlichst der Reihenfolge in der Staatssteuerliste bzw. Einkom­ mens- und Vermögensnachweisung anzupassen. Unter der Nummer der Besitzsteuerliste ist mit roter Tinte die Nummer der Staatssteuerliste, (Eink.- und Verm.Nachw.) für 1917 einzutragen. Hinter Spalte 2 der Besitzsteuerliste sind noch folgende Unterspalten aufzu­ nehmen : Sp. 2 a. Die erste Aufforderung zur Abgabe der Besitzsteuer- und Kriegssteuererklärung ist zu­ gestellt am: Sp. 2 b. Die Frist ist verlängert bis: Sp. 2 c. Eine zweite Aufforderung mit Strafan­ drohung ist zugestellt am: Sp. 2d. Eine Strafverfügung und wiederholte Aufforderung ist zugestellt am: Sp. 2 c. Die Steuererklärung ist eingegangen am: 2. Mit der Aufstellung ist anfangs Dezember zu beginnen. 3. Aufzunehmen sind in die Besitzsteuerliste außer den im ß 7 KStBund-A bezeichneten Personen alle, die nach einem Einkommen von mehr als 9000 M ver­ anlagt sind, sowie diejenigen, an welche eine besondere Aufforderung ergehen soll.

312

Besitzsteuergesetz.

Anhang.

4. Hinter Spalte 2 der Kriegssteuerliste B sind die Spalten 2 b bis 2e der Besitzsteuerliste einzufügen, ferner eine Spalte 2f zur Kontrolle des Eingangs der endgültigen Steuererklärung (§ 10 KStBund-A). In die Kriegssteuerliste B sind aufzunehmen alle Gesellschaften und sonstigen juristischen Personen, die der Kriegssteuerpflicht unterliegen (§§ 13, 20, 23 KStG.). 5. Soweit dem Vorsitzenden der Veranlagungskom­ mission die Voreinschätzungsarbeiten für das Steuer­ jahr 1917 noch nicht vorliegen, hat die Aufstellung der Besitzsteuerlisten auf Grund der Steuerlisten für das Jahr 1916 unter Berücksichtigung der Wehrbeitrags­ listen zu erfolgen. Befinden sich die Staatssteuerlisten für die Zwecke der Voreinschätzung bei den Gemeinden (Gutsbezirken), so sind sie je nach Bedarf auf kurze Zeit zurückzufordern. Alsbald nach dem Eingang der Staatssteuerlisten für 1917 von den Boreinschätzungs­ kommissionen hat der Vorsitzende der Veranlagungs­ kommission zu prüfen, welche Personen etwa noch in die Besitzsteuerliste aufzunehmen sind. 6. Spalte 9 der Besitzsteuerliste ist auf Grund der Wehrbeitragsliste bzw. der Belege zu der Zugangsliste auszufüllen. Art. 6. Die Mitteilungen gemäß § 7 BesStBund-A haben unter Verwendung sinngemäß zu vervollständi­ gender Formulare uach Muster VII zu Art. 41II der Eink.-Anw. zu erfolgen. Aufforderung zur Abgabe der Besitzsteuer- und Kriegsfteuererklärung.

Art. 7. 1. Auf Grund des § 12 BesStBund-A wird für die Einzelpersonen als Frist für die Abgabe der Besitzsteuer- und Kriegssteuererklärung die Zeit vom 4. Januar bis 15. Februar 1917 bestimmt. Die Gesellschaften und anderen juristischen Personen haben eine Steuererklärung bis zum 31. Januar 1917 abzugeben (§ 10 KStBund-A und Art. 10). 2. Ende des Monats Dezember 1916, spätestens am 26., erläßt der Vorsitzende der Veranlagungskommission die öffentlichen Aufforderungen zur Abgabe der Besitzsteuer- und Kriegssteuererklärung (§ 14 BesStBund-A,

in.

Die preußischen Ausführungsvorschriften.

Art. 5—7.

313

§ 8 KStBund-A) nach den beigefügten Mustern A und A l.1) Muster 3. Gleichzeitig übersendet er allen Personen mit ' einem Vermögen von mehr als 20 000 JK>, allen Personen mit einem Einkommen von mehr als 9000 und den Personen, von denen er annimmt, daß sich ihr Vermögen seit dem 1. Januar 1914 bis 31. Dezember 1916 um mehr als 3000 auf mindestens 11000 erhöht hat, ein Formular zur Besitzsteuer- und Kriegssteuererklä­ rung nebst einem Abdrucke der öffentlichen Aufforderung nach Muster A als Drucksache. An die übrigen in die Besitzsteuerliste aufgenom­ menen Personen ist, sofern anzunehmen ist, daß sie zur Besitzsteuer oder zur Kriegssteuer heranzuziehen sind, eine besondere Aufforderung zu richten, in der Zeit vom Muster 4. Januar bis zum 15. Februar 1917 eine Besitzsteuerund Kriegssteuererklärung abzugeben. Die zu den Besitzsteuer- und Kriegssteuererklärungen anzuwendenden Formulare sind durch die Königliche Regierung in Potsdam zu beziehen. 4. Den in die Kriegssteuerliste B aufgenommenen Gesellschaften und anderen juristischen Personen ist ein Formular zur Kriegssteuererklärung nach Muster 4 KStBund-A nebst einem Abdruck der öffentlichen Auf­ forderung nach Muster A 1 zu übersenden. 5. Nachträglich ermittelten und den neu in die Steuerpflicht tretenden Personen ist, sobald sie in die Besitzsteuerliste oder die Zugangsliste ausgenommen sind, sogleich eine besondere Aufforderung zur Abgabe einer Erklärung binnen einer Frist von 2 Wochen zuzustellen. 6. Nach § 28 Abs. 2 des Besitzsteuergesetzes kann der Beitragspflichtige, unbeschadet der Nachprüfung nach § 57 des Besitzsteuergesetzes, verlangen, daß das in einem Betriebe, für welchen regelmäßige jährliche Ab­ schlüsse stattfinden, angelegte Vermögen nach dem Be­ stand und Wert am Schlüsse des letzten Wirtschafts­ oder Rechnungsjahrs festgestellt wird (vgl. hierzu § 28 BcsStBund-A). Als letztes Wirtschafts- oder Rechnungs’) Muster A 1 ist hier nicht abgedruckt.

314

Besitzsteuergesetz. Anhang.

jähr (Betriebsjahr) gilt dasjenige, dessen Ergebnis bei Abgabe der Erklärung feststand. Will der Beitrags­ pflichtige seiner Erklärung den noch nicht festgestellten Abschluß vom 31. Dezember 1916 zugrunde legen, so ist ihm eine angemessene, keinesfalls über den 15. April 1917 hinausgehende Frist zu gewähren. Zn den übrigen Fällen (§ 16 BesStBund-A) ist eine Verlängerung der Frist zur Abgabe der Besitzsteuer- und Kriegssteuererklärung in der Regel nicht über den 15. März 1917 hinaus zu bewilligen.

Nochmalige Aufforderung und Straffestsetzung. Art. 8. 1. Hat jemand, dem nach Art. 7 eine öffentliche Aufforderung zur Abgabe einer Besitzsteuer- und Kriegs­ steuererklärung zugesandt ist, eine solche bis zum 15. Fe­ bruar 1917 nicht abgegeben, auch keine Fristverlänge­ rung erhalten, so prüft der Vorsitzende der Veran­ lagungskommission zunächst, ob bestimmte Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß der Betreffende zur Abgabe einer Erklärung auf Grund der öffentlichen Aufforderung verpflichtet war. Zutreffendenfalls erläßt er sogleich Muster eine nochmalige Aufforderung mit angemessener, in ' der Regel achttägiger Frist. Ergeben sich Zweifel, ob eine Verpflichtung zur Ab­ gabe der Erklärung auf Grund öffentlicher Aufforde­ rung vorliegt, so ist zunächst eine besondere Aufforde­ rung nach Muster B mit einer Frist von zwei Wochen zu erlassen. 2. Bleibt die nochmalige Aufforderung erfolglos, so hat der Vorsitzende der Veranlagungskommission gegen den Pflichtigen eine angemessene Geldstrafe festzusetzen und weiterhin gemäß § 19 Abs. 2 BesStBund-A zu ver­ fahren. (Wegen Einziehung und Verrechnung der Stra­ fen siehe Art. 31.)

3. Gegen Pflichtige, die eine besondere Aufforderung zur Abgabe der Vermögenserklärung bereits erhallen haben, kann nach fruchtlosem Ablauf der Frist unter Wiederholung der Aufforderung sogleich eine Geldstrafe festgesetzt werden.

III. Die preußischen Ausführungsvorschriften. Art. 7—11.

315

Prüfung der Bermögenserktärungen.

Art. 9. 1. Ein formelles Verfahren zur Erörterung der Besitzsteuer- und Kriegssteuererklärungen ist nach dem Gesetze nicht vorgeschrieben. Es empfiehlt sich aber, etwaige Bedenken hinsichtlich der Erklärungen dem Bei­ tragspflichtigen mitzuteilen. Diese Mitteilung kann zweckmäßig mit der Erörterung der Steuererklärung bzw. Vermögensanzeige verbunden werden. 2. Ebenso wie die Unterlagen der Veranlagung zur Einkommensteuer und zur Ergänzungssteuer bei der Feststellung der Besitzsteuer und Kriegssteuer benutzt wer­ den müssen, sind in gleicher Weise die bei der Veran­ lagung zu letzterer gewonnenen Unterlagen, insbeson­ dere der Inhalt der Besitzsteuer- und Kriegssteuererklä­ rungen, für die Veranlagung zur Einkommensteuer und Ergäuzungssteuer nutzbar zu machen. Vorläufige Festsetzung der Kriegssteuer der Gesellschaften.

Art. 10. Die der Kriegssteuer unterliegenden Gesell­ schaften haben, soweit Abschlüsse für drei Kriegsge­ schäftsjahre (§ 15 KStG.) noch nicht vorliegen, eine die beiden ersten Kriegsgeschäftsjahre umfassende Steuer­ erklärung zum Zwecke der vorläufigen Festsetzung der Kriegs steuer bis zum hl. Januar 1917 abzu­ geben. Die weitere Steuererklärung zum Zwecke der endgültigen Festsetzung ist binnen sechs Monaten nach Ablauf des dritten Kriegsgeschäftsjahrs abzugeben. Ihr rechtzeitiger Eingang ist vom Vorsitzenden der Ver­ anlagungskommission zu überwachen. Festsetzung der Besitzsteuer und der Kriegsfteuer.

Art. 11. 1. Soweit die Besitzsteuer- und Kriegssteuer­ erklärungen vorliegen und die darauf Bezug habenden Verhandlungen zum Abschluß gebracht sind, haben die Veranlagungskommissionen über die auf einen Steuer­ pflichtigen zu veranlagende Einkommensteuer, Ergän­ zungssteuer, Besitzsteuer und Kriegssteuer in der Regel in einer und derselben Sitzung Beschluß zu fassen. 2. Wird die Aussetzung der Veranlagung hinsichtlich einer Steuerart notwendig, so sind die Ergebnisse wei­ terer Ermittelungen auch zur Berichtigung der bereits

316

Besitzsteuergesetz. Anhang.

erfolgten Veranlagung anderer Steuerarten zu be­ nutzen. Steuerpflichtige, die erst nach dem Listenabschluß (Art. 12) veranlagt werden können, sind in die Zu­ gangsliste aufzunehmen. 3. Zur ziffermäßigen Ermittelung der Besitzsteuer und der Kriegssteuer ist ein besonderer Umschlagbogen zu verwenden, auf dem die Einzelberechnuug des Ver­ mögens zu erfolgen hat. Diese Einzelberechnung muß auch noch späterhin eine Nachprüfung aller der Fest­ setzung der Steuern zugrunde liegenden Zahlen ermög­ lichen. Sie ist mit dem Festsetzungsvermerke des Vor­ sitzenden zu versehen und muß auf abweichenden Be­ schlüssen der Beranlagungskommission beruhende Ände­ rungen erkennen lassen. 4. Bei der Festsetzung der Abgabe gemäß § 9 Ziff. 2 des Kriegssteuergesetzes ist, solange eine Erklärung des Pflichtigen nicht vorliegt, zunächst davon auszugehen, daß das festgestellte Anfangsvermögen sich nicht ver­ mindert hat. 5. Die Festsetzung des Zuschlags gemäß § 54 Abs. 2 des Besitzsteuergesetzes durch den Vorsitzenden der Ver­ anlagungskommission hat sich unmittelbar an die Ver­ anlagung .anzuschließen. 6. Als Anhalt für die Festsetzung der Besitzsteuer Anlage und der Kriegssteuer können die in Anlage I1) ab sie­ l' druckten Beispiele dienen.

Abschluß der Steuerlisten. Art. 12. 1. Nach erfolgter Festsetzung der Besitzsteuer und der Kriegssteuer sind die Spalten 3 ff. der Besitz­ steuerliste auszufüllen. Personen, deren Vermögen auf weniger als 10 000 ermittelt ist, sind in der Besitz­ steuerliste zu streichen, ebenso diejenigen, bei denen feststeht, daß ihre Veranlagung in einem anderen Veranlagungsbezirk erfolgt. 2. Nicht gestrichen werden dürfen Persouen, deren Veranlagung zur Besitzsteuer oder Kriegssteuer ausge-

*) In Anlage I sind hier i :>r die auf die Besitzsteuer bezüglichen Beispiele abgedruckt.

III. Die preußischen Ausführungsvorschriften. Art. 11—14.

317

setzt worden ist. Hinsichtlich dieser Personen unterbleibt nach dem Abschlüsse der Besitzsteuerliste die Ausfüllung der Spalten 3 ff. Sie sind demnächst in die Zugangs­ liste aufzunehmen; in der Besitzsteuerliste ist auf die Nummer der Zugangsliste hinzuweisen. 3. Alle Pflichtigen, die Kriegsabgabe zu entrichten haben, sind unter Wahrung der Reihenfolge aus der Besitzsteuerliste in die Kriegssteuerliste A zu übertragen, sodann sind die Spalten 3 ff. der Kriegssteuerliste aus­ zufüllen. 4. Die Besitzsteuerliste und die Kriegssteuerliste A sind bis zum 15. Juni 1917 abzuschließen. Sie sind in allen in Betracht kommenden Spalten sorgfältig aufzurechnen. 5. Die Ausfüllung der Kriegssteuerliste B erfolgt von Fall zu Fall, sobald die Kriegsabgabe vorläufig oder endgültig festgesetzt werden kann. Ihr Abschluß erfolgt hinsichtlich der vorläufigen Festsetzung wie bei der Liste A, im übrigen, sobald die endgültige Veranlagung aller eingetragenen Pflichtigen erfolgt ist.

Art. 13. Die Endsummen in Spalte 16 der Besitz­ steuerliste sowie in Spalte 16 der Kriegssteuerliste A und in Spalte 24 der vorläufig festgesetzten Kriegs­ steuerliste B müssen mit den auf der Titelseite der Soll­ bücher festzusetzenden Summen übereinstimmen. Alle Veränderungen an diesen Summen sind durch die Zuund Abgangslisten derart nachzuweisen, daß daraufhin der Abschluß der Sollbücher nachgeprüft werden kann (vgl. Art. 25 Z. 11, 26 Z. 1, 30 Z. 2). Steuerbescheide.

Art. 14. 1. Für den Besitzsteuerbescheid sind Formu­ lare nach Anleitung des Muster 3 BesStBund-A, für den Feststellungsbescheid Formulare nach Muster 4 ebenda zu verwenden. 2. Es ist zu beachten, daß Feststellungsbescheide solchen besitzsteuerfrei bleibenden Personen nicht zu er­ teilen sind, deren für eine künftige Veranlagung zur Besitzsteuer maßgebender Vermögensstand bereits rechts­ kräftig feststeht (vgl. § 56 Zisf. 1 BesStBund-A).

318

Besitzsteuergesetz.

Anhang.

3. Der Kriegssteuerbescheid für Einzelpersonen ist nach Anleitung des Muster 5 KStBund-A auszufertigen. Der Besitzsteuerbescheid und der Kriegssteuerbescheid sind möglichst miteinander zu verbinden. 4. Für Gesellschaften und sonstige juristische Per­ sonen sind Formulare nach Muster 6 bzw. 6 a KSt.Bund-A zu verwenden. 5. Es ist zulässig, in den Mitteilungen über die Berechnung der Steuer und über Abweichungen von der Besitzsteuer- bzw. Kriegssteuererklärung auf voran­ gegangene Erörterungen -hinzuweisen. 6. Die Bescheide können, sofern dadurch keine Ver­ zögerung verursacht wird, zugleich mit den Benachrich­ tigungsschreiben über die Veranlagung zur Staatsein­ kommensteuer und zur Ergänzungssteuer zugestellt wer­ den. In diesem Falle ist die Zusammenfassung in einem Umschläge zulässig. 7. Die Zustellung des vorläufigen Bescheides (§ 29 Abs. 3 KStGes., § 28 Ziff. 2 KStBund-A) hat in jedem Falle sogleich nach erfolgter Festsetzung der Abgabe zu erfolgen. Sollbuch.

Art. 15. 1. Die Sollbücher sind rechtzeitig vorzube­ reiten. Sie müssen alsbald nach erfolgter Veranlagung und bei Beginn der Zustellung der Steuerbescheide den Gemeindebehörden bzw. Hebestellen wegen der Buchung der eingezahlten Beträge, sowie wegen der Überweisung verzogener Steuerpflichtiger zur Verfügung gestellt werden. 2. Alle Mitteilungen der Veranlagungsbehörde an die Hebestelle über Änderungen der zu erhebenden Steuerbeträge im Rechtsmittelverfahren, über Berichti­ gungen von Amts wegen, über Ermäßigungen, Nieder­ schlagungen, Erstattungen usw. sind ebenso wie die Soll­ bücherauszüge über die zugezogenen Pflichtigen von der Hebestelle als Belege zum Sollbuch (der Restnach­ weisung) nach Nummern geordnet und geheftet sorg­ fältig aufzubewahren. 3. Die Bescheinigung über die Blatt- oder Seiten­ zahl auf den Sollbüchern ist von dem Vorsitzenden der Veranlagungskommission zu erteilen.

III. Die preußischen Ausführungsvorschriften.

Art. 14—18.

319

Kreisnachweisung.

Art. 16. 1. Nachdem Spalte 4 der Sollbücher aufge­ rechnet und abgeschlossen ist, fertigt der Vorsitzende der Veranlagungskommission für jeden Kreiskassenbezirk je eine Nachweisung des Sollaufkommens tut Besitzsteuer und an Kriegssteuer nach dem Muster D1) und übersendet sie der Kreiskasse. Die Kreiskasse übernimmt den in Spalte 3 aufgeführten Betrag nachrichtlich in die Spalte 1 der Manuale über die Besitzsteuer und die Kriegssteuer. Die Nachweisungen sind bei der Kreis­ kasse aufzubewahren und haben später in der im Art. 22 Abs. 2 vorgeschriebenen Weise Verwendung zu finden. 2. Gleichzeitig mit Absendung der Kreisnachweisun­ gen ist der Regierung in je einer Summe anzuzeigen, welche Beträge an Besitzstener und an Kriegssteuer für die einzelnen Bezirke festgesetzt sind. Art. 17. Die Regierung zeigt dem Finanzminister bis zum 15. Juli in je einer Summe an, welche Beträge an Besitzsteuer und an Kriegssteuer in ihrem Bezirk veranlagt worden sind. Rechtsmittel.

Art. 18. 1.

Gegen das Ergebnis der Veranlagung steht dem Beitragspflichtigen, wie auch dem Vorsitzen­ den der Veranlagungskommission, die Berufung an die Berufungskommission zu. Gegen die Entscheidung der letzteren ist dem Bei­ tragspflichtigen und dem Vorsitzenden der Berufungs­ kommission die Beschwerde an das Oberverwaltungs­ gericht gegeben. Der Vorsitzende der Berufungskom­ mission hat vor deren Einlegung unter Einreichung der Verhandlungen dem Finanzminister zu berichten und dessen Bestimmung einzuholen. 2. Die Vorschriften über das Verfahren bei der Bearbeitung der Berufungen in Einkommensteuer- und Ergänzungssteuersachen finden sinngemäße Anwendung. Beschwerden gegen die Entscheidung der Berufungs­ kommission sind mit allen Verhandlungen dem Ober­ verwaltungsgerichte vorzulegen. *) Muster D ist wie alle Formulare, die nur den Inneren Ver­ waltungsdienst betreffen, hier nicht abgedruckt.

Muster

D*

320

Besitzsteuergesetz. Anhang.

3. Die Bearbeitung der Berufung gegen die Ver­ anlagung zur Besitzsteuer und zur Kriegssteuer kann, wenn angängig, mit der vom Beitragspflichtigen gleich­ zeitig angebrachten Berufung gegen die Veranlagung zur Ergänzungssteuer verbunden werden. Jede Ver­ zögerung in der Erörterung und Entscheidung der Be­ rufungen im Besitzsteuer- und Kriegssteuerverfahren ist zu vermeiden. 4. Die Ausfertigung der Entscheidung aus Besitzsteuer- und Kriegssteuerberufungen kann verbunden wer­ den. Mit den andere Steuerarten betreffenden Ent­ scheidungen darf sie nicht vereinigt werden. Der gleich­ zeitigen Zustellung verschiedener Entscheidungen steht dagegen nichts im Wege. 5. Wird die veranlagte Besitzsteuer oder Kriegs­ steuer im Rechtsmittelverfahren ermäßigt, so veranlaßt der Vorsitzende der Veranlagungskommission unverzüg­ lich die Zustellung der Entscheidung an den Steuer­ pflichtigen und versieht sofort die Hebestelle mit Nach­ richt wegen der Erstattung zuviel erhobener Beträge und etwa zu vergütender Zinsen. Gleichzeitig hat der Vor­ sitzende hinsichtlich der gestundeten Beträge und wegen der erforderlich werdenden Freigabe geleisteter Sicher­ heiten das Erforderliche zu veranlassen. 6. Die erstatteten Beträge nebst den Zinsen weist der Vorsitzende auf Grund einer von der Hebestelle ein­ zureichenden Berechnung in der Abgangsliste nach. Die Berechnung ist der Hebestelle nach Festsetzung zurückzu­ geben. Sie dient als Beleg zum Sollbuch. Erhebung der Besitzsteuer und der Kriegsabgade, Ablieferung der erhobenen Beträge, Führung der Kassenbücher.

Art. 19. 1. Sobald im Rechnungsjahr 1916 Zahlungen auf die Kriegssteuer angeboten werden, ist von der Hebestelle ein Kriegssteuer-Einnahmebuch (§§ 34, 35 KStBund-A) anzulegen. Die Besitzsteuer- und Kriegssteuer-Einnahmebücher für die folgenden Jahre sind rechtzeitig vor Beginn des Rechnungsjahrs einzurichten. 2. Mit anderen Einnahmebüchern (Journalen) der Hebestelle dürfen sie nicht verbunden werden. Sie sind

HL Die preußischen AusführungSvorschriften.

Art. 18— 20.

321

nach Abschluß der Sollbücher zusammen mit diesen an die Veranlagungsbehörde abzuliefern. In einer einzufügenden Unterspalte kann ein Hin­ weis auf die erfolgte Übertragung der Tagessumme aus dem Einnahmebuch in das Haupteiunahmebuch (Journal) der Hebestelle ausgenommen werden. 3. Die Bescheinigung über die Blatt- oder Seiten­ zahl ist vom Gemeinde- (Guts-) Vorstand zu erteilen. Nimmt dieser selbst die Geschäfte des Erhebers wahr, so hat der gesetzliche Vertreter die Bescheinigung zu erteilen. 4. Jede Einzahlung ist sofort, und zwar noch in Gegenwart des Einzahlenden in das Einnahmebuch einzutragen. 5. Die Quittungsleistung der Hebestelle kann auf dem Steuerzettel oder dem Veranlagungsbescheid er­ folgen. 6. Gehen bei einer Hebestelle, die nur von einem Beamten verwaltet wird, Vorauszahlungen (§ 40 KSt.-Bund-A) ein, so ist dem Einzahler eine vorläufige Be­ scheinigung zu erteilen und der Betrag alsbald an die Kreiskasse abzuliefern. Der Rentmeister der Kreiskasse erteilt sodann unter Gegenzeichnung des Kassenrevisors die vorgeschriebene Quittung und übersendet sie porto­ frei dem Einzahler. Erhebung und Ablieferung der Steuerbeträge.

Art. 20. 1. Die Besitzsteuer ist in Halbjahrsteiten zu entrichten. Sie wird mit je einem Sechstel des veran­ lagten Steuersatzes am 10. Juli und 10. Januar der in den Erhebungszeitraum fallenden Rechnungsjahre fällig (§§ 24, 70 BesStG.). Jahresbeträge unter 10 (§ 70 Abs. 2) sind im Julitermin zu entrichten. 2. Die Fälligkeit der Kriegssteuer richtet sich nach den Vorschriften im § 31 KStGes. 3. Der Vorsitzende der Veranlagungskommission setzt die Hebestelle davon in Kenntnis, wenn die Zu­ stellung der Steuerbescheide in der Hauptsache beendet ist. Die Hebestelle hat für den rechtzeitigen Eingang der ihr durch das Sollbuch oder im Wege der ZugangKöpp e, Besitzsteuergesetz. 21

322

Muster

E-

Desitzsteuergesetz.

Anbang.

stellung zur Einziehung überwiesenen Beträge Sorge zu tragen. Ist die Frist zur Entrichtung eines Besitzsteuer­ oder Kriegssteuer-Teilbetrags abgelaufen, ohne daß Zahlung erfolgt ist, so hat die Hebestelle den Pflichtigen mit dreitägiger Frist zu mahnen. Nach fruchtlosem Ablauf der Mahnfrist ist zur Zwangsvollstreckung nach den Bestimmungen der Verordnung vom 15. November 1899 und der dazu ergangenen Ausführungsvorschristen zu schreiten (vgl. Art. 90 Nr. 3 der Eink.-Anw.). 4. Die eingezahlten Beträge sind täglich aus dem Einnahmebuch in das Sollbuch zu übertragen. Die durch Abrundung der Einzelbeträge (§ 70 Abs. 4 BesStG.) gegen das Soll erwachsenden Mehrbeträge sind außer in Spalte 9 auch in Spalte 5 des Besitzsteuer-Sollbuchs nachzuweisen. Ebenso sind die gemäß § 31 Abs. 3 KStGes. ver­ einnahmten Zinsen nicht nur in Spalte 9, sondern auch in Spalte 5 des Kriegssteuer-Sollbuchs nachzuweisen. 5. Am Schluß eines jeden Rechnungsjahrs prüft der Gemeindevorstand, ob Sollbuch und Einnahmebuch übereinstimmen, und bescheinigt nach Beseitigung etwa­ iger 'Anstände diese Übereinstimmung unter dem Ab­ schlüsse des Einnahmebuchs. In gleicher Weise hat in den späteren Jahren die Vergleichung der Restnach­ weisung (§ 72 BesStG., § 43 KStBund-A) mit dem Einnahmebuche zu erfolgen. Auch in diesem Falle ist die Übereinstimmung von dem Gemeindevorstande zu bescheinigen. 6. Die zur Erhebung gekommenen Beträge hat der Erheber allmonatlich zu den von der Regierung anzu­ ordnenden Terminen mit einem Lieferzettel nach Muster E!) in doppelter Ausfertigung unter Einbehaltung der vorläufig zu berechnenden Erhebungskosten (Art. 23 Z. 2) an die Kreiskasse abzuliefern. Im Bedarfsfälle sind dem Lieferzettel noch weitere Spalten hinzuzufügen. Die Ablieferungstermine sind so anzuberaumen, daß die eingegangenen Beträge möglichst noch im gleichen l) Siehe oben Fußnote zu Art. 11 Nr. 6.

III. Die preußischen Ausführungsvorschriften.

Art. 20—22.

Monat von der Kreiskasse zur Ablieferung an Regierungshauptkasse gebracht werden können.

323 die

Art. 21. 1. Die Ablieferungen an die Kreiskasse sind von der Hebestelle am Schlüsse der Einnahmebücher unter einem besonderen Abschnitt nachzuweisen und mit den von der Kreiskasse quittierten Lieferzetteln zu be­ legen. 2. Für den Nachweis zurückgezahlter Kriegssteuerbeträge gelten die Vorschriften in den §§ 33 Z. 3, 34 Z. 2 und 42 KStBund-A. 3. Erstattungen von Besitzsteuerbeträgen sind, so­ lange die Sollbücher bzw. Restnachweisungen nicht ab­ geschlossen sind, in diesen und in den Einnahmebüchern mit roter Tinte abzusetzen und durch die Anweisung der die Erstattung anordnenden Behörde sowie durch die Quittung des Empfangsberechtigten zu belegen. Kann die Hebestelle die erstatteten Beträge nicht oder nur teilweise aus eingegangenen Steuern decken, so beantragt sie unter Vorlage entsprechend ausgefüllter Lieferzettel die Rückvergütung der verauslagten Beträge. 4. Sind Sollbuch und Restnachweisung bereits ab­ geschlossen (Art. 25), so ist die Erstattung durch die Kreiskasse zu bewirken. Diese setzt den erstatteten Be­ trag in ihren Büchern mit roter Tinte ab und stellt ihn in der Abrechnung mit der Regierungshauptkasse ebenfalls mit roter Tinte dar. 5. Der Vorsitzende der Veranlagungskommission weist die erstatteten Beträge in der Abgangsliste nach (vgl. auch Art. 18 Ziff. 5 ff.).

Art. 22. 1. Die Kreiskasse bucht die eingehenden Be­ träge in je einer besonderen Spalte ihres Ein­ nahmejournals, führt darüber je ein besonderes Manual nach Muster F1) und liefert die Beträge mit der Muster Monatsabrechnung unter Anschluß einer Übersicht, welche Fdie zur Aufstellung der Monats- und Vierteljahrsüber­ sichten (Ziff. 5) erforderlichen Angaben enthalten muß, an die Regierungshauptkasse ab. !) Siehe oben Fußnote zu Art. 11 Nr. 6.

324

Besitzsteuergesetz. Anhang.

2. Bis Mitte des Monats April jeden Jahres zeigt die Kreiskasse dem Vorsitzenden der Veranlagungs­ kommission unter Benutzung der entsprechend vorge­ richteten Nachweisungen der zu erhebenden Besitzsteuer und Kriegssteuer (Muster D) an, welche Beträge von den Hebestellen zur Ablieferung gekommen sind. 3. Der Vorsitzende der Veranlagungskommission prüft auf Grund der über die bewilligten Stundungen zu führenden Kontrolle und der Listen über die vor­ gekommenen Zu- und Abgänge, ob die Höhe der ver­ bliebenen Reste zu Bedenken Anlaß gibt, zieht erforder­ lichenfalls von den Hebestellen Nachweisungen und Unterlagen über die einzelnen Restbeträge ein und ver­ anlaßt wegen der Einziehung der nicht gerechtfertigten Reste das weitere. 4. Die Ablieferung an die Reichshauptkasse erfolgt nach Maßgabe der Bestimmungen zur Regelung der Abrechnungen zwischen der Neichshauptkasse und den Landeskassen vom 23. Juni 1910 bzw. § 64 NKO. durch die Regierungshauptkassen bzw. für den Stadt­ bezirk Berlin durch die Königliche Steuerkasse daselbst. (§ 80 BesStBund-A, § 49 KStBund-A.) 5. Die Anweisungen über die an die Reichshaupt­ kasse abzuführenden Beträge erteilen die Königlichen Regierungen bzw. für Berlin die Königliche Direktion für die Verwaltung der direkten Steuern. Die von diesen Behörden auf Grund der von den Kreiskassen eingegangenen Unterlagen (Art. 22. Ziff. 1) aufzu­ stellenden Monats- und Vierteljahrsübersichten sind so­ fort nach Erteilung der Anweisungen an die Regie­ rungshauptkassen (Steuerkasse Berlin) der Geheimen Kalkulatur II des Finanzministeriums einzusenden, von welcher die Hauptübersicht aufgestellt wird. 6. Die Übersichten sind so rechtzeitig abzusenden, daß die Monatsübersichten spätestens am 7., die Vierteljahrsübersichten späte st ens am 9. der be­ treffenden Monate, und eine schließliche Einnahmeüber­ sicht bis zum 1. Juni bei der Geheimen Kalkulatur II eingehen. Durch die Aufklärung von Unstimmigkeiten in einzelnen Übersichten darf die Einsendung der Mo-

III. Die preußischen Ausführungsvorschriften.

Art. 22—21.

325

nats- und Vierteljahrsübersichten nicht aufgehalten wer­ den. Zweifelhafte Beträge sind zunächst wegzulassen und in die Nachweisung für den folgenden Monat aufzunehmen. Art. 23. 1. Die Entschädigung für die Veranlagung und Erhebung der Besitzsteuer und der Kriegsabgabe (§ 86 BesStG., § 37 KStG.) ist bei den Ablieferungen an die Neichshauptkasse anzurechnen. Nach der Ablieferung für den Monat März hat die Regierung die Entschädigung für das abgelaufene Rechnungsjahr auf Grund der Vierteljahrsübersicht für das erste bis vierte Viertel im ganzen festzusetzen und bei den neu einzu­ stellenden Titeln 5 bzw. 5a des Etats von der Ver­ waltung der direkten Steuern verrechnen zu lassen. 2. Die den Gemeinden (Gutsbezirken) zu gewäh­ rende Entschädigung, über deren Höhe besondere Be­ stimmung ergeht, setzt die Regierung auf Grund der von den Kreiskassen zugleich mit der Ablieferung für den Monat März vorzulegenden Nachweisungen der von den einzelnen Gemeinden und Gutsbezirken erhobenen und der erstatteten Beträge Anfang April jeden Jahres fest und veranlaßt die Verausgabung und Verrechnung bei den neu einzustellenden Titeln 18 bzw. 18 a des Etats von der Verwaltung der direkten Steuern. 3. Die im Laufe des Jahres durch Abrundung usw. entstandenen Unterschiede sind nach Möglichkeit bei der Ablieferung für den Monat März auszugleichen, damit ein späterer Ausgleich vermieden wird. Überweisung bei Verlegung des Wohnsitzes.

Art. 24. I. Verlegt ein Steuerpflichtiger seinen Wohn­ sitz in den Beranlagungsbezirk eines anderen Bun­ desstaats, so erfolgt die Überweisung der noch nicht gezahlten Besitzsteuer und Kriegssteuer nach Anleitung des § 65 BesStBund-A. Die den Auszügen aus den Steuerlisten und den Sollbüchern beizufügenden Verhandlungen (Akten) sollen nur solche Schriftstücke enthalten, die auf die Veran­ lagung dieser Steuern Bezug haben. In besonderen Fällen sind Auszüge aus den zurückbleibenden Schrift­ stücken mitzuteilen.

326

Befitzsteuergesetz.

Anhang.

II. Bei Umzügen innerhalb Preußens tritt fol­ gendes Verfahren ein: 1. Die Behörde des Abzugsorts fügt der dem Gemeinde- (Guts-) Vorstande des neuen Wohnorts wegen der Übernahme der Staatssteuern zu übersendenden Mit­ teilung (Muster XXV a zu Art. 83 EinkAnw.) Auszüge aus den Sollbüchern in je zweifacher Ausfertigung nach Muster Muster G1) bei. Die Behörde des neuen Wohnorts u* übernimmt daraufhin den Steuerpflichtigen in die dritte Abteilung ihrer Sollbücher, bescheinigt auf je einer Ausfertigung unter Angabe der Nummern der Soll­ bücher die Übernahme und sendet sie zugleich mit dem Abgangsbeleg über die Staatssteuer der Behörde des Abzugsortes zurück. Letztere legt die so bescheinigten Auszüge zugleich mit der Staatssteuer-Abgangsliste dem Vorsitzenden der Veranlagungskommission vor, welcher den Abgang in seine nach Muster H zu füh­ renden Abgangslisten aufnimmt, ihn in den Steuer­ oder Zugangslisten vermerkt und dem Vorsitzenden der Veranlagungskommission des neuen Wohnorts unter Übersendung von Auszügen aus der Besitzsteuerliste, der Kriegssteuerliste (Zugangsliste) und der den Bei­ tragspflichtigen betreffenden Verhandlungen sowie unter Angabe der Nummern der Sollbücher der neuen Hebe­ stelle die noch nicht erhobenen Abgabebeträge überweist. Die bescheinigten Auszüge aus den Sollbüchern sind nach erfolgter Überweisung der Hebestelle des Abzugs­ orts zurückzugeben, bei der sie als Belege zu den Soll­ büchern aufzubewahren sind. 2. Die Behörde des neuen Wohnorts legt gleich­ zeitig mit der Staatssteuer-Zugangsliste dem Vorsitzen­ den der Veranlagungskommission die zweiten Ausferti­ gungen aus den Sollbüchern des Abzugsorts vor. Der Vorsitzende nimmt den Zugang in seine Zugangslisten auf, versieht die Auszüge aus den Sollbüchern mit den Nummern der Zugangslisten und gibt sie der Hebestelle zurück, welche sie als Belege zu ihren Sollbüchern auf­ zubewahren hat. *) Siehe oben Fußnote zu Art. 11 Nr. 6.

III. Die preußischen Ausführungsvorschriften.

Art. 24, 25.

327

3. Auf Grund der ihm zugehenden Auszüge aus den Besitzsteuer- und Kriegssteuerlisten hat der Vorsitzende der Veranlagungskommission die Zugangstellung der Steuerbeträge zu überwachen. Bei der Prüfung der Staatssteuer-Zu- und -Abgangslisten hat er ferner sein Augenmerk darauf zu richten, daß die Zugänge und Abgänge an Besitzsteuer und Kriegssteuer gewahrt sind, und gegebenenfalls dieserhalb sofort das Notwendige zu veranlassen. Hinsichtlich der neu in die Staatssteuerpflicht ein­ tretenden Personen hat sich die Prüfung auch darauf zu erstrecken, ob eine Nachveranlagung zur Besitzsteuer und Kriegssteuer stattzufinden hat. 4. Sofern es die örtlichen Verhältnisse bedingen, kann die Negierung anordnen, daß die bescheinigten Auszüge aus den Sollbüchern dem Vorsitzenden der Veranlagungskommission nicht einzeln, sondern mit einer möglichst einfach zu gestaltenden Zusammenstellung vor­ gelegt werden. Zu- und Abgangslisten.

Art. 25. 1. Alle nach der Aufrechnung der Steuerlisten und der Sollbücher (§ 60 Z. 2 BesSt. 8 33 Z. 3 KSt.Bund-A) vorkommenden Zu- oder Abgänge sind in be­ sonderen Zu- und Abgangslisten nachzuweisen, die ge­ meindeweise anzulegen sind. 2. Die Zugangslisten sind nach Anleitung der Muster zur Besitzsteuer- bzw. Kriegssteuerliste A zu führen. Hinter der Spalte 17 des Musters sind die nach­ folgenden Spalten zuzufügen: a) Ursache des Zugangs. b) Der Betrag ist der Hebestelle zur Einziehung überwiesen bzw. von dieser als Zugang nach­ gewiesen am: c) Nummer der dritten Abteilung des Sollbuchs. d) Datum der Mitteilung von der Übernahme des Zugangs an die Veranlagungsbehörde des an­ deren Bundesstaats. e) Nummer des Belegs (Auszug aus der Steuer­ liste usw.).

328

Besitzsteuerciesetz.

Anhanq.

3. Erfolgt die Aufnahme in die Zugangsliste auf Grund der Vorschrift im § 73 Satz 1 des Besitzsteuer­ gesetzes bzw. § 25 Abs. 2 des Kriegssteuergesetzes, so ist von dem Beitragspflichtigen zunächst eine Vermögens­ erklärung zu erfordern und im übrigen nach Anleitung der Artikel 9 ff. zu verfahren. 4. Bei Zugängen schon veranlagter Steuerpflichtiger bedarf es der Ausfüllung der Spalten 3 bis 15 der Besitzsteuerzugangsliste nicht. Der die betreffenden An­ gaben enthaltende Auszug aus der Besitzsteuerliste des Abzugsorts wird Beleg zu der Zugangsliste. 5. Ist ein Teil der Steuer bereits entrichtet, so ist in Spalte 16 nur der Betrag nachzuweisen, den der Pflichtige noch zu entrichten hat. In Spalte „Bemer­ kungen" ist die Höhe des bereits entrichteten Betrags nachrichtlich zu vermerken. 6. Die durch Abrundung erwachsenden Mehrein­ nahmebeträge (§ 70 Abs. 4 BesStG. Artikel 20 Z. 4) sind am Jahresschluß in einer Summe in die Zugangs­ liste aufzunehmen. 7. Die vereinnahmten Zinsen (§ 31 Abs. 3 KStG.) sind am Jahresschluß in einer besonderen Liste zusam­ menzustellen, die vom Gemeindevorstand auf ihre Rich­ tigkeit zu bescheinigen und vom Vorsitzenden der Ver­ anlagungskommission festzusetzen ist. Die Schlußsumme ist in die Zugangsliste zu übernehmen, die Liste mit den Belegen zur Zugangsliste aufzubewahren. Muster 8. Die Abgangsliste ist nach dem Muster H1) zu H- führen. 9. Soweit sich die Aufnahme weiterer Spalten in die Zu- und Abgangslisten notwendig erweist, kann solches von der Regierung ungeordnet werden. 10. Die Belege zu den Zu- und Abgangslisten (überwiesene Auszüge aus Steuerlisten anderer Bezirke, Mitteilungen von der erfolgten Übernahme der Steuern, Verfügungen der Regierung wegen Erstattung, Nieder­ schlagung, Nacherhebung, Verhandlungen über die Unbeitreiblichkeit von Steuern usw.) sind, nach der Num0 Siehe oben Fußnote zu Art. 11 Nr. 6.

III. Die preußischen Ausführungsvorschriften,

Art. 25. 26.

329

mer geordnet, geheftet bei den Zu- und Abgangslisten aufzubewahren. 11. Die Zu- und Abgangslisten sind vierteljährlich abzuschließen. Auf Grund des Abschlusses der Abgangs­ listen ist die Absetzung des in Abgang gekommenen Be­ trags in Spalte 16 der Steuerliste in einer Summe vorzunehmen (§ 65 BesStBund-A). Nach dem Abschlüsse der Listen ist der Regierung der Betrag der für das betreffende Vierteljahr festgesetzten Zugänge und der Abgänge, nach Kreiskassenbezirken getrennt, in je einer Summe anzuzeigen. 12. Zugleich mit dem Abschlüsse der Sollbücher sind die Zu- und Abgangslisten vollständig abzuschließen. Wegen der dann noch vorkommenden Zu- und Abgänge und der durch die Restnachweisung zu verfolgenden Be­ träge sind Rest-Zu- und -Abgangslisten zu führen. Restnachweisunn. Art. 26. 1. Die nach den Vorschriften im § 60 BesSt.Bund-A und § 33 KStBund-A am 31. März 1921 bzw. am 31. März 1919 vollständig abzuschließenden Soll­ bücher und (Ännahmebücher sind nebst den zugehörigen Belegen mit den aufgestellten Restnachweisungen bis zum 15. April 1921 bzw. 15. April 1919 dem Vorsitzen­ den der Veranlagungskommission vorzulegen, welcher nach Prüfung den Abschluß in den Sollbüchern beschei­ nigt, auch die vorgeschriebene Bescheinigung auf dem Titelblatt der Restnachweisungen erteilt und letztere als­ bald der Hebestelle zurückgibt. 2. Der Vorsitzende der Veranlagungskommission teilt sodann der Kreiskasse die in die Restnachweisungen der einzelnen Hebestellen übernommenen Beträge unter Benutzung der Nachweisung Muster D (Artikel 16) mit und läßt sich in angemessenen Zwischenräumen bis zur gänzlichen Abwicklung der Reste die von den Gemeinden abgelieferten Beträge nachweisen. 3. Sobald sämtliche in den Restnachweisungen ver­ zeichneten Steuern zur Einziehung gelangt sind, sind sie abzuschließen und nebst den zugehörigen Belegen und Einnahmebüchern dem Vorsitzenden der Veranlagungs­ kommission einzureichen.

330

Besitzsteuergesetz.

Anhang.

Außerhebungsetzung von Kriegssteuerbeträgen.

Art. 27.

Über Anträge auf Außerhebungsetzung von Kriegssteuer auf Grund der Bestimmung im § 22 Abs. 1 des KStG. (§ 30 KStBund-A) entscheidet als Ober­ behörde der Vorsitzende der Einkommensteuer-Berufungs­ kommission. Beschwerden gegen seine Entscheidung sind mit allen Vorgängen dem Finanzminister vorzulegen. Anträge aus ß 30 Z. 2 KStBund-A sowie Anträge auf Befreiung einzelner außerordentlicher Vermögens­ anfälle von der Abgabe (§ 36 KStG., § 31 KStBund-A) und Anträge aus § 69 Z. 6 BesStBund-A sind mit gut­ achtlichen Äußerungen des Vorsitzenden der Veran­ lagungskommission und des Vorsitzenden der Berufungs­ kommission dem Finanzminister vorzulegen. Ermäßigung von Besitzsteuerbeträgen.

Art. 28. Die Entscheidung auf die Beschwerde gegen einen Bescheid des Vorsitzenden der Veranlagungskom­ mission auf Grund der Vorschriften im § 38 Abs. 3, § 43 Abs. 2, § 44 Abs. 2, § 46 des Besitzsteuergesetzes (§ 69 Z. 2 BesStBundA) wird dem ^Vorsitzenden der Einkommensteuer-Berufungskommission übertragen. Nachlaßverzeichniffe.

Art. 29. 1. Die Standesämter und die Gerichte haben die gemäß § 61 des Besitzsteuergesetzes zu machenden Mitteilungen an die Gemeindebehörden (Magistrat, Ge­ meinde-, Gutsvorstand) des Wohnorts des Verstorbenen zu richten. 2. Der Gemeinde-(Guts-)vorstand verwertet diese Mitteilungen bei Aufstellung der von ihm gemäß Ar­ tikel 83 Ziffer 6 und 7, Artikel 87 Ziffer 1 der Aus­ führungsanweisung zum Einkommensteuergesetz bzw. dem Erlasse vom 22. März 1913 — II. 1448 — dem Bor­ sitzerchen der Veranlagungskommission einzureichenden Abgangslisten. Mit Rücksicht auf die Fristbestimmung im § 62 des Besitzsteuergefetzes hat der Vorsitzende der Veranlagungs­ kommission dafür Sorge zu tragen, daß die Vorlage der Abgangslisten rechtzeitig erfolgt.

III. Die preußischen Ausführungsvorschriften.

Art. 27—30.

331

3. Der Vorsitzende der Veranlagungskommission prüft die Abgangslisten darauf, ob bei den wegen Todes­ falls in Abgang gestellten Steuerpflichtigen Anlaß zur Einforderung eines Nachlaßverzeichnisses vorliegt. Von der Befugnis zur Einforderung des Nachlaßverzeichnisses hat er nach pflichtmäßigem Ermessen da Gebrauch zu machen, wo dies nach den Umständen des Falls ge­ boten ist. Unnötige Belästigungen der Steuerpflich­ tigen sind zu vermeiden. 4. Für die Einforderung des Nachlaßverzeichnisses werden in der Regel nur solche Fälle in Frage kommen, wo der Nachlaß auf Ehegatten oder Kinder des Ver­ storbenen übergegangen ist, da gemäß § 62 Absatz 3 des Besitzsteuergesetzes die Pflicht zur Einreichung eines Verzeichnisses nicht besteht, wenn auf Grund des Erb­ schaftssteuergesetzes vom 3. Juni 1906 eine den ge­ samten Nachlaß umfassende Erbschaftssteuererklärung zu erstatten ist. Bei den Anordnungen, betreffend die Mitteilung der Akten der Erbschaftssteuerämter an die Veranla­ gungsbehörden, behält es auch fernerhin sein Bewenden. 5. Zuständig für die Einforderung des Nachlaßver­ zeichnisses ist das Besitzsteueramt, in dessen Bezirk der Erblasser steuerpflichtig war. Prüfung des Beranlagrmgs- und Einziehungsverfahrens.

Art. 30. 1. Der Vorsitzende der Berufungskommission hat bei der ihm obliegenden Überwachung der Amts­ tätigkeit der Vorsitzenden der Veranlagungskommissionen auf dem Gebiete der Staatssteuerveranlagung sich auch der Prüfung der Veranlagungen zur Besitzsteuer und zur Kriegsabgabe zu unterziehen und gegebenenfalls für die Nachveranlagung solcher Steuern Sorge zu tragen, deren Veranlagung zu Unrecht unterblieben ist (8 73 BesStG., § 33 Z. 3 KStBund-A). Er ist befugt, die dem Vorsitzenden der Veran­ lagungskommission in diesen Vorschriften zugewiesenen Obliegenheiten für einzelne Bezirke oder einzelne Per­ sonen oder Gesellschaften ganz oder teilweise selbst zu übernehmen.

332

Besitzsteuergesetz. Anhang.

2. Nach Ablauf des Rechnungsjahres 1918 fordert die Regierung von den Veranlagungsbehörden und den Hebestellen alle über die Kriegssteuer geführten Bücher, Listen und Nachweisungen nebst allen Belegen ein und unterwirft sie einer Nachprüfung. In gleicher Weise ist hinsichtlich der Besitzsteuer nach Ablauf des auf den Erhebungszeitraum folgenden Rechnungsjahrs zu ver­ fahren. Über die auf Grund dieser Prüfung anzuord­ nenden Nacherhebungen hat sie eine besondere Kontrolle zu führen und den 'Eingang sowie die Ablieferung der festgesetzten Beträge zu überwachen. 3. Die Rest-Zu- und -Abgangslisten, die Nestnachweisungen und zugehörigen Einnahmebücher sowie alle dazugehörigen Belege sind der Regierung zum Zwecke der Nachprüfung einzureichen, sobald für eine einzelne Hebestelle die Reste abgewickelt sind. 4. Die Besitzsteuerlisten, die Kriegssteuerlisten und die Zugangslisten nebst den zugehörigen Belegen sind nach stattgehabter Prüfung dem Vorsitzenden der Ver­ anlagungskommission zurückzugeben und bei diesem anfzubewahren. Berwaltungsstrafverfahren.

Art. 31.

1. Im Verwaltungsstrafverfahren, welches nach den Vorschriften des Gesetzes, betreffend das Verwaltungsftrafverfahren bei Zuwiderhandlungen gegen die Zollgesetze, vom 26. Juli 1897 (Gesetzsamml. S. 237) zu handhaben ist, entscheiden in den Fällen der § 54 Abs. 1, § 56 Abs. 2, § 58 Abs. 4, § 62 Abs. 4 des Besitz­ steuergesetzes an Stelle der Hauptzollämter die Vor­ sitzenden der Veranlagungskommissionen und im Be­ schwerdeverfahren die Vorsitzenden der Berufungskom­ missionen, in allen übrigen Fällen die Königlichen Regierungen. Der Erlaß vom 17. März 1914 — II. 3445 —, betreffend das Strafverfahren in Wehrbeitrags­ angelegenheiten, hat sinngemäße Anwendung zu finden. 2. Die Erhebung, Kontrolle und Verrechnung der festzusetzenden Strafen und Kosten hat nach Anleitung der Anweisung vom 16. März 1895 und der Verfügung vom 2. April 1904 — II. 59 — (bei Titel 8 des Etats

III. Die preußischen Ausführungsvorschriften.

Art. 30—32.

333

voil der Verwaltung der direkten Steuern) zu erfolgen. Dcil Regierungen bleibt es überlassen, ihrerseits zu be­ stimmen, inwieweit die Mitteilung der von dem Vorsitzen­ den der Veranlagungskommission festgesetzten Strafen an die Kreiskasse und die Anzeigen an die Regierung (§§ 4, 7 der. Anweisung vom 16. März 1895) in jedem einzelnen Falle oder in periodischen Nachweisungen zu erfolgen hat. Im letzteren Falle bedarf es der Aufnahme der Strafverfügungen in die Kontrolle der Regierung (§ 4 letzter Satz a. a. O.) vor der Absendung an den Bestraften nicht. Kosten, Formulare.

Art. 32. 1. Soweit die Kosten im Ermittelungs- und Rechtsmittelverfahren der Staatskasse zur Last fallen, sind sie bei Titel 26 des Etats von der Verwaltung der direkten Steuern zu verausgaben und unter einem be­ sonderen Abschnitt (Nr. 6) zu verrechnen. 2. Die Formulare für die von den Vorsitzenden der Veranlagungskommissionen aufzustellenden Listen und Nachweisungen, für die öffentliche Bekanntmachung, die Aufforderungen und Bescheide, für die Zu- und Ab­ gangslisten und die Auszüge aus den Steuerlisten (§ 65 BesStBund-A) sind auf Kosten der Staatskasse zu be­ schaffen, ebenso die Formulare für das bei der Kreiskasse zu führende Manual Muster F. Soweit einzelne For­ mulare von einer bestimmten Druckerei zu beziehen sind, ergehen dieserhalb besondere Vorschriften. In allen Fällen, wo es tunlich und nichts anderes bestimmt ist, sind die Formulare so herzurichten, daß sie — gegebenenfalls nach Streichung einzelner Worte oder Absätze — sowohl hinsichtlich der Besitzsteuer als auch der Kriegssteuer Anwendung finden können. Die Kosten für die Beschaffung der Formulare sind bei Titel 19 des Etats von der Verwaltung der direkten Steuern unter einem besonderen Abschnitt (Nr. 3) zu ver­ rechnen. 3. Die Kosten für die anläßlich der Erhebung und Ablieferung der Besitzsteuer rmd der Kriegssteuer ein­ schließlich des überweisungs- und Beitreibungsverfah-

334

Besitzsteuergesetz.

Anhang.

rens von den Hebestellen benötigten Formulare fallen den Gemeinden (Gutsbezirken) zur Last. Diejenigen Stadtgemeinden, die für die Veran­ lagung der Besitzsteuer und der Kriegssteuer eine be­ sondere Entschädigung erhalten, haben auch alle übrigen Formulare, einschließlich der Steuererklärungen, auf ihre Kosten zu beschaffen. Berlin, den 1. Dezember 1916.

Der Finanzminister:

Lentze.

111. Die preußischen Ausführungsvorschriften. Anlage I.

335

Anlage I.

Beispiele für die Festsetzung der Besitzsteuer.

Reinvermögen am 31. Dezember 1916 . abgerundet Anfangsvermögen

. .

26 500 26 000 „ 16 000 „

Vermögenszuwachs gemäß § 12 steuerfrei.

.

10 000

Reinvermögen am 31. Dezember 1916 . abgerundet Aufangsvermögen

. .

20 900 20 000 „ 8 000 „

Vermögenszuwachs gemäß § 13 Abs. 1 steuerfrei.

.

12 000

Reinvermögen am 31. Dezember 1916 . abgerundet Anfangsvermögen

. . .

26 500 26 000 „ 11000 „

Vermögenszuwachs Davon sind gemäß § 132 steuerpflichtig Abgabe 45

. .

15 000 6 000 „

Reinvermögen am 31. Dezember 1916 . abgerundet Anfangsvermögen

. . .

30 500 30 000 „ 19 000 „

Vermögenszuwachs gemäß § 132 steuerpflichtig Abgabe 75 Jk.

. .

11000 10 000 „

336

Besitzsteuergesetz. Anhang.

E. Reinvermögen am 31. Dezember 1916 . . abgerundet . Anfangsvermögen

100 900 100 000 „ 90 000 „ 10000

Vermögenszuwachs gemäß § 12 steuerfrei.

.

Reinvermögen am 31. Dezember 1916 . abgerundet Anfangsvermögen

. . .

200 600 200 000 „ 180 000 „

Zuwachs Abgabe 170 Jt.

.

20 000

Reinvermögen am 31. Dezember 1916 . Anfangsvermögen

.

91 650 98000 „

Vermögenszuwachs

.

F.

G.

0

III. Die preußischen Ausführungsvorschriften.

Muster A.

337

Muster A. (Artikel 7.) Beranlagungsbezirk Kreis

,

, den

ten

...........

191—

Öffentliche Bekanntmachung. Veranlagung der Besitzsteuer und Kriegssteuer.

Auf Grund des § 52 Absatz 1 des Besitzsteuergesetzes und des § 26 Absatz 1 des Kriegssteuergesetzes werden hiermit a) alle Personen mit einem steuerbaren Vermögen von 20000 und darüber, welche nicht zum Wehrbei­ trag veranlagt sind, sowie alle Personen, deren Vermögen sich seit der Veranlagung zum Wehrbei­ trag um mehr als 10 000 jK> erhöht hat; b) alle Personen, deren Vermögen sich seit dem 1. Ja­ nuar 1914 bis 31. Dezember 1916 um mehr als 3000 auf mindestens 11000 M erhöht hat, im Beranlagungsbezirk aufgefordert, die Besitzsteuerund Kriegssteuererklärung nach dem vorgeschriebenen Formular in der Zeit vom 4. Januar bis zum 15. Fe­ bruar 1917^) dem Unterzeichneten schriftlich oder zu Protokoll unter der Versicherung abzugeben, daß die Angaben nach bestem Wissen und Gewissen gemacht sind. Andere als die oben bezeichneten Personen sind zu der freiwilligen Abgabe einer Besitzsteuer- und Kriegs­ steuererklärung berechtigt. Bon dieser Befugnis Ge­ brauch zu machen, liegt im dringendsten Interesse der Beteiligten, um irrtümliche Veranlagungen seitens der Veranlagungsbehörden auszuschließen. 0 Für die in außereuropäischen Ländern und Gewässern Abwesen­ den verlängert sich diese Frist bis Ende Juni, für die im europäischen AuSlande Abwesenden bis Ende Februar. Köppe. Besitzsteuergesetz. 22

338

Besttzsteuergesetz.

Anhang.

Die oben bezeichneten Personen sind zur Abgabe der Vermögenserklärung verpflichtet, auch wenn ihnen eine besondere Aufforderung oder ein Formular nicht zugegangen ist. Auf Verlangen wird jedem Pflichtigen das vorgeschriebene Formular von heute ab im Amts­ lokal des Unterzeichneten und bei den Gemeindebehörden kostenlos verabfolgt. Die Einsendung schriftlicher Erklärungen durch die Post ist zulässig, geschieht aber auf Gefahr des Ab­ senders und deshalb zweckmäßig mittels Einschreibe­ briefs. Mündliche Erklärungen werden von dem Unter­ zeichneten während der Geschäftsstunden in seinem Amts­ lokal zu Protokoll entgegengenommen. Wer die Frist zur Abgabe der ihm obliegenden Steuererklärung versäumt, ist gemäß § 54 des Besitz­ steuergesetzes mit Geldstrafe bis zu 500 «M> zu der Ab­ gabe anzuhalten; auch hat er einen Zuschlag von 5 bis lOo/o der geschuldeten Steuer verwirkt. Wissentlich unrichtige oder unvollständige Angaben in der Besitzsteuer- und Kriegssteuererklärung sind in den 88 76,77 des Besitzsteuergesetzes und den 8833,34 des Kriegssteuergesetzes mit Geldstrafen und gegebenenfalls mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte bedroht.

Der Vorsitzende der Einkommensteuer-Beranlagungskommiffion.

(Der dem Pflichtigen zu übersendende Abdruck ist auf die erste Seite eines halben Bogens Konzeptpapier zu drucken. Darunter und auf der Rückseite sind in zweigespaltener Petitschrift nachfolgende Be­ stimmungen abzudrucken: A. Besitzsteuergesetz: §§ 27, 52, 53, 54, 57 Abs. 1, 76, 77. B. Kriegssteuergesetz: §§ 1, 3, 4. 5, 6, 10, 26, 33, 34 Abs. 1, 2. Angaben über Amtslokal und Geschäftsstunden können in den Ab­ drucken auf der ersten Seite in die linke obere Ecke gesetzt werden.)

UI. Die preußischen Ausführungsvorschriften.

Muster B.

339 Muster B.

Der Vorsitzende derEinkommensteuer-Veranlagungskommission.

(Artikel 7.)

, Kreis

Leranlagungsbezirk «r. der Besitzsteuerlifte

, den

-len

191

.

Auf Grund des § 52 Abs. 2 des Besitzsteuergesetzes und der §§ 25, 26 des Kriegssteuergesetzes werden Sie hiermit aufgefordert, die Besitzsteuer- und Kriegssteuer­ erklärung [für d. . . von Ihnen zu vertretende. . . ] nach dem beiliegenden Formular bis zum 15. Februar 1917 (binnen ) dem Unter­ zeichneten schriftlich oder zu Protokoll unter der Ver­ sicherung abzugeben, daß die Angaben nach bestem Wissen und Gewissen gemacht sind. Tie Einsendung der schriftlichen Erklärung durch die Post ist zulässig, geschieht aber auf Gefahr des Ab­ senders und deshalb zweckmäßig mittels Einschreibe­ briefs. Mündliche Erklärungen werden von dem Unter­ zeichneten (Amtslokal, Geschäftsstunden) zu Protokoll entgegengenommen. Wer die Frist zur Abgabe der ihm obliegenden Steuererklärung versäumt, ist gemäß § 54 des Besitz­ steuergesetzes mit Geldstrafe bis zu 500 JK> zu der Ab­ gabe anzuhalten, auch hat er einen Zuschlag von 5 bis 10% der geschuldeten Steuer verwirkt. Wissentlich unrichtige oder unvollständige Angaben in der Steuererklärung sind in den §§ 76, 77 des Besitz­ steuergesetzes und den §§ 33, 34 des Kriegssteuergesetzes mit Geldstrafen und gegebenen Falles mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte bedroht. An in

(Die Aufforderung ist auf die erste Seite eines halben Bogens Konzeptpapier zu drucken. Darunter und auf der Rückseite sind die in der Anmerkung zu Muster A angegebenen Bestimmungen abzudrucken.) 22*

340

Befitzsteuergesetz. Anhang. Muster C.

Der Vorsitzende der Einkommensteuer-Veranlagungskommission. , Kreis

Beranlagvngsbezirk Nr. der Besitzsteuerliste

(Artikel 8.)

.........

, den

ten

191

.

Sie sind der ergangenen öffentlichen Aufforderung Ihnen zugestellten zur Abgabe der vorgeschriebenen Besitzsteuer- und Kriegs­ steuererklärung [füt die von Ihnen zu vertretende. . . ] behufs Veranlagung der Besitz­ steuer und Kriegssteuer bis heute nicht nachgekommen und haben hierdurch einen Zuschlag von 5 bis 10o/o der geschuldeten Steuer verwirkt. Auf Grund des § 54 des Besitzsteuergesetzes fordere ich Sie hierdurch nochmals auf, bei Vermeidung einer Geldstrafe von M nunmehr längstens inner­ halb 8 Tagen, vom Tage der Zustellung dieser Ver­ fügung ab gerechnet, die Besitzsteuer- und Kriegssteuer­ erklärung nach dem beiliegenden Formulare bei dem Unterzeichneten schriftlich oder zu Protokoll abzugeben. Die Einsendung der schriftlichen Erklärung durch die Post ist zulässig, geschieht aber auf Gefahr des Absenders und deshalb zweckmäßig mittels Einschreibe­ briefs. Mündliche Erklärungen werden von dem Unter­ zeichneten (Amtslokal, Geschäftsftunben) zu Protokoll entgegengenommen. Wissentlich unrichtige oder unvollständige Angaben in der Besitzsteuer- und Kriegssteuererklärung sind in den §§ 76, 77 des Besitzsteuergesetzes und den §§ 33, 34 des Kriegssteuergesetzes mit Geldstrafen und gegebenen­ falls mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Ver­ lust der bürgerlichen Ehrenrechte bedroht. An in

IV. Die bayerischen Vollzugsvorschriften. §§ 1, 2.

341

IV. Die bayerischen Vollzugsvorschristen. A. Königliche Verordnung zum Vollzüge des Befitzsteuergesetzes vom 3. Juli 1913. (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Bayern, Nr. 71 vom 18. Dezember 1916, S. 635 f.) Ludwig III. von Gottes Gnaden König von Bayern, Pfalzgraf bei Rhein, Herzog von Bayern, Franken und in Schwaben usw. usw. Wir finden Uns bewogen, mit Bezug auf § 49, § 63 Abs. 2 und § 66 Abs. 1 des Besitzsteuergesetzes vom 3. Juli 1913 (RGBl. S. 524) sowie auf die zu diesem Gesetz ergangenen Ausführungsbestimmungen des Bundesrats zu verordnen, was folgt: § 1. J®ie Vorbereitung der Veranlagung und die Be­ rechnung der Besitzsteuer, die Erteilung der Besitzsteuerund der Feststellungsbescheide, die Erhebung der Besitz­ steuer, das Berichtigungsverfahren und die Abgang­ stellung, die Neuveranlagung und die Nachveranlagung, die Beschlußfassung über die Kostentragung und die Verrechnung der Besitzsteuer erfolgt durch die Rent­ ämter als Besitzsteuerämter und Hebestellen. "Als Oberbehörden werden die Regierungen, Kam­ mern der Finanzen, bestimmt. mDie Feststellung der Grundlagen für die Veran­ lagung und Berechnung der Besitzsteuer erfolgt durch die nach Maßgabe der Art. 37 bis 41 des Einkommen­ steuergesetzes vom 14. August 1910 gebildeten Steuer­ ausschüsse unter entsprechender Anwendung der Art. 42 bis 47 des Einkommensteuergesetzes. § 2. 1 Die Gemeindebehörden haben bei der Veranlagung der Besitzsteuer in demselben Umfange wie bei der Ver­ anlagung der Einkommensteuer mitzuwirken. Sie haben insbesondere auf Verlangen der Steuerpflichtigen münd­ lich abgegebene Besitzsteuererklärungen zu Protokoll zu nehmen, sowie schriftlich bei ihnen eingereichte Besitz­ steuererklärungen entgegenzunehmen und unverzüglich dem Rentamte zu übermitteln. Verschlossen abgegebene

342

Besitzsteuergesetz.

Anhang.

Besitzsteuererklärungen sind dem Rentamt uneröffnet vorzulegen. uDie Notare sind verpflichtet, Aufschlüsse zu er­ teilen und Einsicht der ihnen zur Verfügung stehenden amtlichen Behelfe zu gestatten im gleichen Umfange wie nach Art. 35 Abs. II des Einkommensteuergesetzes. § 3. T®egen den rentamtlichen Besitzsteuer- und den Feststellungsbescheid sind die Rechtsmittel zulässig, die den Steuerpflichtigen gemäß den Art. 49, 59, 70 Abs. III, 72 Abs. VII des Einkommensteuergesetzes gegen die Her­ anziehung zur Einkommensteuer zustehen. n Diese Rechtsmittel sind — vorbehaltlich der im § 66 Abs. 3 des Besitzsteuergesetzes getroffenen Sonder­ bestimmung — nach Maßgabe der in den Art. 49 bis 64 des Einkommensteuergesetzes enthaltenen Vorschriften einzulegen und weiter zu behandeln. § 4. Die zum Vollzüge des Besitzsteuergesetzes weiter erforderlichen Vorschriften werden vom Staatsministe­ rium der Finanzen erlassen. München, den 16. Dezember 1916.

v. Thelemann.

Ludwig. v. Breunig.

Dr. v. Brettreich.

Auf allerhöchsten Befehl: Der Generalsekretär: Ministerialrat Dr. Deybeck.

IV. Die bayerischen Bollzugsvorschriften. §§ 1, 2.

343

B. Bekanntmachung zum Vollzüge des Befitzsteuergesetzes vom 3. Juli 1913. (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Bayern, Nr. 71 vom 18. Dezember 1916, S. 638 ff.) K. Staatsmini st erium der Finanzen.

Zum Vollzüge des Besitzsteuergesetzes und der Aus­ führungsbestimmungen des Bundesrats (GVBl. 1916 S. 510) werden nachstehende Vorschriften erlassen.

I. Befitzsteuerämter rrnb Oberbehördeu; Zuständigkeit. § 1. r Die Vorbereitung der Veranlagung und die Be­ rechnung der Besitzsteuer, die Erteilung der Steuer- und der Feststellungsbescheide, die Erhebung der Besitzsteuer, das Berichtigungsverfahren und die Abgangstellung, die Neuveranlagung und die Nachveranlagung, die Beschluß­ fassung über die Kostentragung und die Verrechnung der Besitzsteuer obliegt den Rentämtern unter Leitung der Regierungsfinanzkammern und unter Oberaufsicht des Staatsministeriums der Finanzen. nJn München sind die Stadtrentämter München II und München III, in Nürnberg die Rentämter Nürn­ berg II und Nürnberg III zuständig. Für die behörd­ liche Schätzung nach § 35 des Gesetzes, § 49 Abs. 1 der Ausführungsbestimmungen ist in München das Stadt­ rentamt München III, in Nürnberg das Rentamt Nürn­ berg III zuständig. Die für die Besitzsteuerämter in München und Nürnberg bestimmten Ersuchschreiben ari­ derer Bundesstaaten sind, soweit sie nicht diese Schätzung betreffen, an das Stadtrentamt München II und an das Rentamt Nürnberg II zu richten. Diese Rentämter haben die Ersuchschreiben erforderlichenfalls an das zu­ ständige Besitzsteueramt zu übermitteln. § 2. Zuständig ist — vorbehaltlich der Bestimmungen über die Zuständigkeit der Bundesstaaten (§ 48 des Ge­ setzes und § 2 der AusfBest.) — das Rentamt, in dessen Bezirke der Steuerpflichtige nach den Vorschriften der Art. 22 des EinkStG- und § 42 der BollzVorschr. zum EinkStG. zu veranlagen ist oder zu veranlagen wäre.

344

Besttzsteuergesetz. Anhang.

§ 3. Ergeben sich bei einem Rentamte Zweifel, ob die Besitzsteuer von ihm oder von dem Besitzsteueramt eines anderen Bundesstaats zu veranlagen ist, so hat das Rentamt unter Vorlage der Akten die Entscheidung der vorgesetzten Regierungsfinanzkammer zu erholen. Er­ kennt das Besitzsteueramt eines anderen Bundesstaats eine ihm angesonnene Zuständigkeit zur Veranlagung der Besitzsteuer nicht an, so sind die Akten dem Staatsministerium der Finanzen vorzulegen, damit er­ forderlichen Falles die Entscheidung des Bundesrats (§ 48 Abs. 4 Satz 2 des Gesetzes) eingeholt wird.

II. Verfahren bis zur Erlassung deS Steuer- und FeftstelluugSbescheidS. 1. Vorbereitung der Veranlagung. a) Ermittlung der steuerpflichtigen Personen, Aufstellung der Besitzsteuerliste.

§ 4. ^Die Tätigkeit der Rentämter hat mit der Aus­ stellung der Besitzsteuerliste zu beginnen. Zu diesem Zwecke sind für jeden Veranlagungsbezirk die Personen zu ermitteln und in die Besitzsteuerliste einzutragen, die nach den Wehrbeitragslisten und den Zugangslisten hier­ zu, nach der Steuerveranlagung für das letzte Jahr des Beranlagungszeitraums und nach den Vorbereitungen zur Steuerveranlagung für das auf den Veranlagungs­ zeitraum folgende Jahr (Art. 23, 24, 26 des EinkStG., §§ 44, 45, 46 der BollzVorschr. hierzu) unter Berück­ sichtigung der dem Rentamte mitgeteilten Zu- und Ab­ gänge für die Veranlagung zur Besitzsteuer in Frage kommen. Die Besitzsteuerliste soll jeweils bis Anfang Januar des auf den Veranlagungszeitraum folgenden Jahres aufgestellt sein. 11 Die Besitzsteuerliste ist nach dem dem § 4 Abs. 2 der Ausführungsbestimmungen beigegebenen Muster 1 anzulegen. m Für die Eintragung in die Besitzsteuerliste gelten die Vorschriften der §§ 5 mit 8 der Ausführungs­ bestimmungen.

IV. Die bayerischen Vollzugsvorschriften. §§ 3—5.

345

" In die Besitzsteuerliste sind Personen, bei deren Veranlagung ein Vermögen von mehr als 20 000 JK> nicht in Betracht kommt, nicht einzutragen. Vgl. jedoch für die erstmalige Besitzsteuerveranlagung § 5 der Voll­ zugsbekanntmachung zum Kriegssteuergesetz und § 7 der Ausführungsbestimmungen zum Kriegssteuergesetz. v Die Benachrichtigungen nach § 7 der Ausführungs­ bestimmungen haben, wenn sie an ein nichtbayerisches Besitzsteueramt zu richten sind, alle aus den rentamtlichen Steuerakten usw. ersichtlichen Besteuerungsmerk­ male zu enthalten (Höhe des Einkommens und der Er­ träge, der Betriebskapitalien, Flächenumfang, Bonitäten, Verhältniszahlen usw.). Besondere Benachrichtigungen nach § 7 der Ausführungsbestimmungen können, wenn sie an ein bayerisches Besitzsteueramt zu richten wären, unter der Voraussetzung unterbleiben, daß durch den Mitteilungsverkehr nach § 43 der VollzVorschr. z. Eink.StG. dem Besitzsteueramte bereits alles für die Ver­ anlagung der Besitzsteuer Sachdienliche bekannt gewor­ den ist. Die Benachrichtigungen sind jeweils unverzüg­ lich vorzunehmen und, wenn sich nach der Einkommen­ steuerveranlagung für das dem Beranlagungszeitraum folgende Jahr wesentliche Änderungen gegenüber den Benachrichtigungen ergeben, entsprechend zu berichtigen. ^Die Ergänzung und Berichtigung der Besitzsteuer­ liste, sowie die Führung der Zugangsliste bemißt sich nach den Vorschriften der §§ 10, 11 der Ausführungs­ bestimmungen. b) Besitz st euererklärungen. § 5. 1 Als Frist für die Abgabe der Besitzsteuererklärung (§ 52 Abs. 1 des Gesetzes) wird mit Rücksicht auf die im § 12 Abs. 1 Satz 2 der Ausführungsbestimmungen erteilte Ermächtigung die Zeit vom 5. Januar bis 31. Januar des auf den Beranlagungszeitraum fol­ genden Jahres bestimmt. Bei der erstmaligen Veran­ lagung dürfen die Rentämter eine andere im Nahmen des § 12 Abs. 1 Satz 1 und 2 der Ausführungsbestim­ mungen bleibende Frist bestimmen.

346

Besttzsteuergesetz.

Anhang.

H Diese Vorschrift gilt im allgemeinen auch für Steuerpflichtige, die Inhaber eines unter § 28 Abs. 2 des Gesetzes fallenden Betriebs sind und ihrer Besitz­ steuererklärung den Abschluß für den 31. Dezember des letzten Jahres des Veranlagungszeitraums zugrunde legen. Erweist sich jedoch die Abgabe der Besitzsteuer­ erklärung innerhalb der im Abs. I bestimmten Frist als nicht möglich, so können die Rentämter die Frist für die Abgabe der Besitzsteuererklärung entsprechend, jedoch keinesfalls über den 31. Mai des auf den Ver­ anlagungszeitraum folgenden Jahres hinaus, verlän­ gern. Eine entsprechende Verlängerung ist auf Verlangen ohne weiteres und stillschweigend in allen jenen Fällen zu gewähren, in denen der alljährliche Zeitpunkt der Festsetzung der Bilanz und ihrer Veröffentlichung nach­ weislich erst nach dem 1. Januar erfolgt. m Anderen Personen, die nicht Inhaber eines unter § 28 Abs. 2 des Gesetzes fallenden Betriebs sind, kann die Frist zur Abgabe der Besitzsteuererklärung vom Rent­ amt auf Ansuchen angemessen verlängert werden, wenn glaubhaft dargetan wird, daß die Besitzsteuererklärung während der im Abs. I bestimmten Frist nicht mög­ lich ist.

§ 6. ^m 29. Dezember des letzten Jahres des Ver­ anlagungszeitraums haben die Rentämter die öffentliche Aufforderung zur Abgabe der Besitzsteuererklärung nach Maßgabe des § 14 der Ausführungsbestimmungen zu erlassen. Hierbei ist das als Anlage I beigereihte Muster zu benützen. Für die erstmalige Besitzsteuerveranlagung ist die öffentliche Aufforderung zur Abgabe der Besitz­ steuererklärung mit der Aufforderung zur Abgabe der Steuererklärungen der Einzelpersonen zum Zwecke der Veranlagung der außerordentlichen Kriegsabgabe und zur Abgabe der Kriegssteuererklärungen der Gesell­ schaften zu verbinden. Hierbei ist das dem § 6 der Voll­ zugsbekanntmachung zum Kriegssteuergesetze beigegebene Muster I zu benützen. Die öffentliche Aufforderung ist außerdem durch die Gemeindebehörden jotoie in der sonst ortsüblichen Weise bekannt zu machen. Nachweis

IV. Die bayerischen Vollzugsvorschriften. §§ 5-8.

347

über die Art und Dauer der Veröffentlichung der Be­ kanntmachung ist in der Form einer gemeindeamtlichen Bestätigung nach Ablauf der Frist für die Abgabe der Besitzsteuererklärung an das Rentamt zu übersenden. 11 Um der öffentlichen Aufforderung bei ihrer Be­ deutung für die rechtzeitige Abgabe der Besitzsteuer­ erklärung eine besondere Verbreitung in allen beteiligtem Kreisen zu sichern, ist sie ferner in allen TagesZeitungen, die im Rentamtsbezirk erschei­ nen und dort einen größeren Leserkreis be­ sitzen, bekannt zu machen. Ferner ist darauf hinzu­ wirken, daß auf die Verpflichtung zur Abgabe der Be­ sitzsteuererklärung und auf die strenge Einhaltung der Frist unter ausdrücklichem Hinweis auf die mit der Fristversäumnis verbundenen nachteiligen Folgen für den Erklärungspflichtigen in dem meist gelesenen textlichen Teile dieser Zeitungen mit hervorge­ hobenem Drucke hingewiesen wird. § 7. 1 SDie Besitzsteuererklärung ist nach dem den Aus­ führungsbestimmungen beigegebenen Muster 2 zu ge­ stalten. Für die erstmalige Besitzsteuerveranlagung ist sie in der Regel nach Maßgabe des den KriegssteuerAusführungsbestimmungen beigegebenen Musters 3 mit der Steuererklärung zum Zwecke der Veranlagung der außerordentlichen Kriegs ab gäbe zu verbinden. u Vordrucke sind in der erforderlichen Anzahl, die die Rentämter auf Grund der Einträge in die Besitz­ steuerliste entsprechend zu bemessen haben, bei den Rent­ ämtern bereit zu halten und den Gemeindebehörden zur Abgabe an die Erklärungspflichtigen zu übersenden. Die Verabfolgung an die Erklärungspflichtigen hat kostenlos zu erfolgen. m Vordrucke für die Besitzsteuererklärung (Muster 2 zu § 18 Abs. 1 der AusfBest.) sind auch schon für die erstmalige Besitzsteuerveranlagung bereit zu halten. 8 8. z®ic Besitzsteuererklärung ist auf dem vorgeschrie­ benen Vordrucke bei dem Rentamt oder bei der Ge­ meindebehörde schriftlich oder zu Protokoll unter der Versicherung abzugeben, daß die Angaben nach bestem

348

Besitzsteuergesetz. Anhang.

Wissen und Gewissen gemacht sind. Bei der Abgabe der Besitzsteuererklärung zu Protokoll ist der ausgefüllte Vordruck vom Steuerpflichtigen und vpn dem Beamten, der die Erklärung entgegengenommen hat, zu unter­ zeichnen. Die bei der Gemeindebehörde eingelangenden oder zu Protokoll gegebenen Besitzsteuererklärungen sind unverzüglich an das Rentamt einzusenden. "Die schriftliche Besitzsteuererklärung darf auch ver­ schlossen bei der Gemeindebehörde abgegeben werden. Die Gemeindebehörde hat eine verschlossen abgegebene Besitzsteuererklärung uneröffnet dem Rentamte vorzu­ legen, wenn der Name des Erklärenden auf dem Um­ schlag ersichtlich gemacht ist. mWenn es die Personalverhältnisse eines Rentamts gestatten, darf auf Wunsch einer Gemeindebehörde durch den Rentamtsvorstand rentamtliches Personal zur Unter­ stützung der Gemeindebehörde bei Entgegennahme der protokollarischen Besitzsteuererklärungen abgeordnet wer­ den. Die von der Gemeindeverwaltung zu leistende Ver­ gütung wird vom Staatsministerium der Finanzen fest­ gesetzt. § 9. rDen Steuerpflichtigen ist es gestattet, in den Besitzsteuererklärungen von der Aufführung der ein­ zelnen in Bayern gelegenen Grundstücke abzusehen und ihren Wert im ganzen anzugeben, wenn sie ihren Besitzsteuererklärungen evident gestellte Katasterauszüge beigeben. Liegen die Katasterauszüge bei Amt, so ge­ nügt eine Bezugnahme auf diese. uDie Vollzähligkeit und Nichtigkeit der Kataster­ auszüge nach dem Stande vom 31. Dezember des letzten Jahres des Veranlagungszeitraums ist vom Rentamt auf Grund der ihm zum Zwecke der Einkommensteuer­ veranlagung nach § 43 Abs. I der Vollzugsvorschriften zum EinkStG. zugehenden Mitteilungen über die in anderen Rentamtsbezirken zu zahlenden Grund- und Haussteuern zu prüfen. mDa solche Behelfe für das in anderen Bundes­ staaten gelegene Grundvermögen fehlen, muß das dort befindliche Grundvermögen in allen Fällen besonders in der Besitzsteuererklärung aufgeführt werden (§ 18 Abs. 4 Satz 2 der AusfBest.).

IV. Die bayerischen Vollzugsvorschriften

§§ 8—11.

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§ IO. r Jene Personen, die in der Besitzsteuerliste auf­ geführt sind und nicht von selbst schon eine Besitzsteuer­ erklärung abgegeben oder um Fristverlängerung nach­ gesucht haben, sind unter Bezugnahme auf § 52 Abs. 2 des Gesetzes und unter Androhung einer Geldstrafe im Versäumnisfalle (§ 54 Abs. 1 des Gesetzes) aufzufordern, binnen 14 Tagen eine Besitzsteuererklärung abzugeben. Dabei ist auf § 19 Abs. 3 der Ausführungsbestimmungen und § 54 Abs. 2 des Gesetzes aufmerksam zu machen (vgl. § 19 Abs. 5 der AusfBest.). Auf § 15 Abs. 2 der Aus­ führungsbestimmungen ist hinzuweisen. 11 Diese Aufforderung, die der Anlage I entsprechend nachzubilden ist, hat gegen Zustellungsnachweis zu er­ folgen. m Die im § 54 Abs. 1, 2 des Gesetzes vorgesehenen Zwangsmittel (Geldstrafen und prozentuale Zuschläge) können nebeneinander zur Anwendung gebracht werden. § 11. I(3)ie Zuständigkeit und das Verfahren bei Ver­ hängung der im § 54 Abs. 1 des Gesetzes (§ 19 Abs. 1 bis 3 der AusfBest.) erwähnten Geldstrafen bemißt sich im Hinblick auf § 74 der Ausführungsbestimmungen nach den Vorschriften des Reichs-Gerichtsverfassungs ­ gesetzes und der Reichs-Strafprozeßordnung und nach den Vorschriften der Art. 86 bis 92 des Gesetzes vom 18. August 1879 zur Ausführung der Reichs-Straf­ prozeßordnung (GVBl. 1879 S. 781). u Die im § 54 Abs. 2 des Gesetzes (§ 19 Abs. 5 der AusBest.) erwähnten Zuschläge von 5 bis 10 vom Hun­ dert der rechtskräftig festgestellten Besitzsteuer werden durch das Rentamt festgesetzt. Art. 31 Abs. IV des Ein­ kommensteuergesetzes und § 48 Abs. II bis V der Boll­ zugsvorschriften hierzu finden entsprechende Anwendung. mDie festgesetzten Geldstrafen fließen in die Staatskasse (§ 75 der AusfBest.). Die festgesetzten Zu­ schläge dagegen sind zugleich mit den Besitzsteuern, aus denen sie berechnet wurden, an die Reichskasse ab­ zuführen und in der gleichen Weise wie diese zu ver­ rechnen.

350

Besitzsteuergesetz. Anhang.

"Die Vorschriften des Abs. I und III Satz 1 finden auch auf die Verhängung von Geldstrafen nach Maß­ gabe des § 56 Abs. 2, § 58 Abs. 4 und § 62 Abs. 4 des Gesetzes Anwendung. e) Prüfung und Vervollständigung der Ver­ anlagungsunterlagen durch das Rentamt.

§ 12. 1

Rentamt hat nach § 55 des Gesetzes und § 20 der Ausführungsbestimmungen zunächst die An­ gaben in der Besitzsteuererklärung auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit und unter Benützung aller ihm zu Gebote stehenden amtlichen Behelfe, der Wehrbeitrags­ und Besitzsteuerakten, der Steuererklärungen für die Veranlagung der Einkommen-, Gewerb- und Kapital­ rentensteuer, endlich der Überweisungen und Mitteilun­ gen Anderer Rentämter und Besitzsteuerämter zu prüfen. HFür jene Steuerpflichtigen, bei denen die vor­ liegenden Prüfungsbehelfe keinen verlässigen Schluß auf die Höhe des Vermögens gestatten, sind die erforder­ lichen Erkundigungen gewissenhaft und mit Umsicht unter Anwendung der den Besitzsteuerämtern nach § 35 Satz 4, §§ 56 bis 59, 63 des Gesetzes eingeräumten Befugnisse einzuziehen. In allen zweifelhaften Fällen ist von der Befugnis der Einvernahme von Sachver­ ständigen ausgiebiger Gebrauch zu machen und, soweit irgend tunlich, auf persönliche Erörterung etwaiger Be­ denken über die Richtigkeit der Besitzsteuererklärung Bedacht zu nehmen. Kleinliche Beanstandungen sind zu unterlassen. Wegen der Auswahl von Sachverständigen wird es sich empfehlen mit den Vertretungen von Han­ del und Gewerbe ins Benehmen zu treten. mDie Gemeindebehörden haben in dem Umfange bei der Vermögensermittlung mitzuwirken, wie dies ihnen im § 63 des Gesetzes und im Art. 35 Abs. I des Einkommensteuergesetzes zur Pflicht gemacht ist. Die Notare sind verpflichtet, Aufschlüsse zu erteilen und Ein­ sicht der ihnen zur Verfügung stehenden amtlichen Be­ helfe zu gestatten im gleichen Umfange wie nach Art. 35 Abs. II des Einkommensteuergesetzes. Das gleiche gilt

IV. Die bayerischen Vollzugsvorschriften. §§ 11—14.

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für die sämtlichen öffentlichen Behörden, soweit nicht der Vorbehalt im § 63 Abs. 3 des Gesetzes und im Art. 35 Abs. III des Einkommensteuergesetzes platzzu­ greifen hat. § 51 der Vollzugsvorschriften zum Ein­ kommensteuergesetze findet entsprechende Anwendung.

§ 13. * Vermögen, dessen Nutznießung einem anderen (z. B. einem Elternteile) zusteht, ist in der Hand des Eigentümers steuerpflichtig. Besteht an einer Gesamt­ heit von Vermögenswerten zwischen mehreren eine Rechtsgemeinschaft, so ist jeder von ihnen mit seinem Anteile steuerpflichtig. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn nach dem Tode eines Ehegatten zwischen den über­ lebenden Ehegatten und den übrigen Erben des Ver­ storbenen zufolge güterrechtlicher oder erbrechtlicher Be­ stimmung an einem Vermögen (Gesamtgut bei fort­ gesetzter Gütergemeinschaft, Nachlaß des Verstorbenen) eine Rechtsgemeinschaft stattfindet. u Jeder an einer Rechtsgemeinschaft Beteiligte hat in seiner Steuererklärung den ihm zustehenden Anteil hieran anzugeben. Nötigenfalls werden in dieser Rich­ tung die gerichtlichen Akten den erforderlichen Aufschluß geben. m Jm Falle eines Nießbrauchrechts ist der Wert des Rechtes in der Hand des Nießbrauchers steuerpflichtigder Eigentümer darf diesen Wert von dem Werte der dem Nießbrauch unterliegenden Sache abziehen.

8 14. r Als Hilfsmittel für die Feststellung der Ver­ mögenswerte kommen vor allem das gesamte Wehrbei­ trags- und Besitzsteuerveranlagungsmaterial, die Steuer­ listen, die Einkommensteuerakten und die Kataster in Betracht. "Zur Feststellung des Ertragswerts von Grund­ stücken sind neben den Vermögenserklärungen als Hilfs­ mittel insbesondere zu benützen: a) Die Steuerkataster im Rahmen des § 45 der Aus­ führungsbestimmungen, b) etwa ermittelte Pachterträge bei Pachtgütern, c) die Einkommensteuerveranlagung,

352

Besttzsteuergesetz.

Anhang.

d) die Veranlagung des gebundenen Grundbesitzes zur Ersatzabgabe nach § 95 des Reichsgesetzes vom 3. Juli 1913 (RGBl. S. 639), e) die Gutachten der Sachverständigen. § 15. 1 Für die Einschätzung von Grund st ücken wird unter Hinweis auf die §§ 29 bis 33 des Gesetzes und die Änderung des § 30 Abs. 2 des Gesetzes durch das Kriegssteuergesetz sowie auf die §§ 27 bis 46 der Ausführungsbestimmungen auf folgende Gesichtspunkte besonders aufmerksam gemacht. n Anders wie bei der Wehrbeitragsveranlagung sind bei der Vermögensfeststellung im Nahmen einer Veran­ lagung nach dem Besitzsteuergesetz alle Grundstücke ohne Rücksicht auf ihre Zweckbestimmung grundsätzlich mit dem gemeinen Werte (Verkaufs- oder Verkehrswert) an­ zusetzen (§ 29 des Gesetzes). Auf Antrag des Steuer­ pflichtigen (§ 30 des Gesetzes) tritt an die Stelle des gemeinen Wertes der Betrag der nachgewiesenen oder glaubhaft gemachten Gestehungskosten nach Maßgabe der §§ 29 bis 33 der Ausführungsbestimmungen. Für Grundstücke, die dauernd land- oder forstwirtschaftlichen oder gärtnerischen Zwecken, sowie für bebaute Grund­ stücke, die Wohnzwecken oder gewerblichen Zwecken zu dienen bestimmt sind, und bei denen die Bebauung und Benutzung der ortsüblichen Bebauung und Benutzung entspricht, findet eine Berechnung des Ertragswerts nur insoweit statt, als ein Antrag des Steuerpflichtigen nach § 30 Abs. 1 des Gesetzes vorliegt und die Voraus­ setzungen des § 31 Abs. 1 oder des § 32 des Gesetzes gegeben sind. Der Ertragswert tritt in solchen Fällen für die Berechnung der Gestehungskosten an die Stelle des Erwerbspreises des Grundstücks. m Als Ertrag, dessen Fünfundzwanzigfaches als Er­ tragswert für die Berechnung der Gestehungskosten maßgebend ist, gilt aber nicht der steuerbare Reinertrag, wie er der Berechnung der Landessteuern zugrunde gelegt wird. Er unterscheidet sich von diesem in folgen­ den wesentlichen Punkten: 1. Die Betriebs geb äud e und die Betriebs­ mittel sind bei der Vermögensfeststellung mitzu-

IV. Die bayerischen Bollzugsvorschriften. §§ 14, 16.

353

berücksichtigen, während sie bei der Ertragsermittluitg nach den Landesstenergesetzen außer Betracht zu bleiben haben. 2. Es ist der Reinertrag zugrunde zu legen, den ein ordentliches Unternehmer bei gemeinüblicher Be­ wirtschaftung und unter gewöhnlichen Verhältnissen im Durchschnitt einer Reihe von Jahren erzielen kann. Eine Berechnung des Ertragswerts nach dem wirklichen Reinerträge findet also nicht statt. Das Ver­ fahren wird sich daher auch — vorbehaltlich der Aus­ scheidung des Anschlags für die eigene Arbeit — den beim Vollzüge des Einkommensteuergesetzes vorgenom­ menen Schätzungen anschließen können, sofern sich diese Schätzungen bei der Veranlagung zur lÄnkommewsteuer als brauchbare und verlässige Behelfe erwiesen haben. Hierbei haben alle objektiven Schätzungs­ elemente, wie Umfang und Ertragsfähigkeit der Grund­ stücke, ihre Lage zum Hauptanwesen, die allgemeine Verkehrslage, die Absatzmöglichkeit u. dgl. Berücksich­ tigung zu finden. Dagegen haben alle persönlichen Momente auszuscheiden, z. B. insbesondere hervorragende Tüchtigkeit oder.Untüchtigkeit des Wirtschafters, reich­ liches Vorhandensein oder Mangel an flüssigen Betriebs­ mitteln; ferner haben unberücksichtigt zu bleiben alle mehr zufälligen oder vorübergehenden Einflüsse, wie außerordentlich günstige oder ungünstige Witterungs­ verhältnisse, anormale Preissteigerungen oder Preis­ stürze. 3. Als Bewirtschaftungskosten sind alle Kosten anzurechnen, die aufzuwenden sind oder aufzu­ wenden wären, um mit entlohnten fremden Arbeitskräften den Rohertrag zu erzielen. Es darf also nicht bloß der wirkliche regelmäßige Aufwand an Bar- und Naturallöhnen für das Betriebspersonal vom landwirtschaftlichen Rohertrag abgezogen werden, sondern es dürfen alle Aufwendungen in Ansatz kommen, die notwendig wären, wenn die Bewirtschaftung aus­ schließlich mit fremden Arbeitskräften erfolgen würde. Daraus ergibt sich, daß nicht nur für die an Stelle von Dienstboten im Betrieb arbeitenden Kinder Köppe, Besitzsteuergesetz. 23

354

Besitzsteuergesetz.

Anhang.

— ohne Rücksicht auf ihre wirklichen Bezüge — dieselben Geld- und Naturalanschläge in Anrechnung kommen wie für gleichartige gedungene Dienstboten, sondern daß auch der Eigentümer selbst und seine Ehefrau ihre im Betriebe geleistete Arbeit angemessen in Anschlag brin­ gen können. IVS)eT unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte berechnete Reinertrag bildet die Grundlage für die nach § 39 der Ausführnngsbestimmungen vorgeschriebenen Schätzung des Ertragswerts. Es wird im allgemeinen angenommen werden können, daß der Ertragswert des landwirtschaftlich benützten Grundbesitzes in vielen Fällen geringer ist als der gemeine Wert (Verkaufs­ oder Berkehrswert). Wenn dies aber nicht der Fall sein sollte, steht es dem Steuerpflichtigen nach § 31 Abs. 5 und § 32 des Gesetzes frei zu verlangen, daß statt des Ertragswerts der gemeine Wert (Verkaufs­ oder Verkehrswert) der Berechnung der Gestehungs­ kosten zugrunde gelegt werde. ^Der gemeine Wert wird gemäß § 27 der Aus­ führungsbestimmungen nach den Preisen bestimmt, die im gewöhnlichen Geschäftsverkehre nach der Beschaffen­ heit des Gegenstandes ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder lediglich persönliche Verhältnisse zu bezahlen sind. Diese Feststellung wird wesentlich erleichtert werden durch die aus den Katastern usw. ersichtlichen Verkaufs­ preise gleichartiger Objekte in der gleichen Gegend und aus den letzten Jahren. VI Bei bebauten Grundstücken, die Wohn­ zwecken oder gewerblichen Zwecken zu dienen bestimmt sind (§ 34 Abs. 2, §§ 40 bis 44 der AusfBest.), ist darauf zu achten, daß in dem nach § 31 Abs. 4 des Gesetzes zugelassenen Abzüge von einem Fünftel für Nebenleistungen und Jnstandhaltungskosten jene Bausch­ beträge inbegriffen sind, die bei der Ertragsermittlung nach den Landessteuergesetzen als Betriebsausgaben zum Abzüge zugelassen wurden. § 16. Das zur Besitzsteuer zu veranlagende gewerb­ liche Betriebsvermögen unterscheidet sich von dem im Art. 8 des Gewerbsteuergesetzes umschriebenen

IV. Die bayerischen VollzugSvvrschriften.

§§ 15—19.

355

gewerblichen Betriebskapital dadurch, daß beim gewerb­ lichen Betriebsvermögen einerseits auch die Grundstücke und Gebäude einbezogen, anderseits aber fremde Ge­ genstände und Rechte ausgeschlossen werden, ferner da­ durch, daß der Schuldenabzug bei der Veranlagung zur Besitzsteuer uneingeschränkt zulässig ist, während er bei der Berechnung der Betriebskapitalsanlage nur in be­ schränktem Umfange gestattet wird.

§ 17. Bei der Feststellung des Kapitalvermögens ist zu beachten, daß § 6 des Gesetzes den Begriff des Kapitalvermögens in verschiedener Richtung weiter ge­ faßt hat, als dies im Kapitalrentensteuergesetze geschehen ist. In dieser Beziehung wird 'insbesondere auf die nach § 6 Nr. 1, 4, 5, 6 des Gesetzes steuerpflichtigen Ver­ mögenswerte hingewiesen. (Vgl. übrigens RGBl. 1916 S. 1269). 8 18. Für die erstmalige Besitzsteuerveranlagung treten an die Stelle der Börsenkurse (§ 34 des Gesetzes) die nach Maßgabe des Reichsgesetzes vom 9. November 1916, RGBl. S. 1269, festgesetzten und bekannt gemachten Kurse.

8 19. Für die Feststellung des Bermögenszuwachses sind die Vorschriften der §§ 18 bis 23 des Gesetzes, 21 bis 26 der Ausführungsbestimmungen maßgebend. Hierbei ist besonders zu beachten, daß die nach dem Wehrbeitrags­ gesetze für den 31. Dezember 1913 erfolgte rechtskräftige Bermögensfeststellung mit Rücksicht auf § 20 des Besitz­ gesetzes bei der Besitzsteuerveranlagung — unbeschadet der Vorschriften des § 20 Satz 2 und § 21 Abs. 1 Satz 2 des Besitzsteuergesetzes in der Fassung des Kriegs­ steuergesetzes (AusfBest. § 22 Abs. 3) — keinerlei An­ fechtung und Änderung mehr unterliegt. Das gleiche gilt vorbehaltlich der Vorschriften in § 38 Abs. 3, § 43 Abs. 2, § 44 Abs. 2, §§ 45, 46 und 73 Satz 2 des Gesetzes und in § 22 Abs. 3 der Ausführungs­ bestimmungen für jede spätere Besitzsteuerveranlagung hinsichtlich einer früheren nach dem Besitzsteuergesetz erfolgten rechtskräftigen Vermögensfeststellung. Auch ist für die Feststellung des Bermögenszuwachses hinsichtlich des Grundvermögens nicht vorgesehen, daß die Wert23*

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Besiysteuergesetz.

Anhang.

Ermittlung für das Anfangs- und für das Endvermögen nach den gleichen Grundsätzen (Ertragswert oder ge­ meiner Wert) vorgenommen werden muß (vgl. § 15 Abs. 2 dieser Vorschriften). Das Wahl- und Antrags­ recht des Steuerpflichtigen in dieser Hinsicht ist nur in der im Gesetze (§ 30 Abs. 1, § 31 Abs. 5, § 32) und in § 29 Abs. 2 der Ausführungsbestimmungen bezeich­ neten Weise beschränkt und der Antrag nur für die jeweilige Vermögensfeststellung verbindlich (§ 46 der AusfBest.).

§ 20. Es wird darauf aufmerksam gemacht, daß für die Ermäßigung der Besitzsteuer nach § 27 Abs. 1 des Ge­ setzes die Zahl der minderjährigen Kinder maßgebend ist, nicht etwa wie für die Ermäßigung der Einkommen­ steuer nach dem ^Einkommensteuergesetze die Zahl der Kinder, die das 15. Lebensjahr nicht überschritten haben oder doch noch in der Vorbildung für einen Beruf be­ griffen sind. 8 21. 1 Die Kosten der Ermittlungen hat in den Fällen des § 60 des Gesetzes der Steuerpflichtige zu tragen. In allen übrigen Fällen sind — vorbehaltlich der landes­ gesetzlichen Bestimmungen über die Kostentragung im Rechtsmittel- und Strafverfahren — die Kosten des Verfahrens in Besitzsteuerangelegenheiten von .der Staatskasse zu tragen (§ 85 des Gesetzes, § 79 der AusfBest.). 11 Die Beschlußfassung über die Kostentragung nach § 60 des Gesetzes obliegt den Rentämtern. Gegen den Beschluß ist Beschwerde an die Regierung, Kammer der Finanzen, zulässig.