Texas: Das Verderben deutscher Auswanderer in Texas unter dem Schutze des Mainzer Vereins [Reprint 2022 ed.] 9783112682920


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German Pages 32 [36] Year 1848

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Vorwort
Einleitung
Der Verein zum Schutze deutscher Auswanderer in Texas und seine dortige Colonie
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Texas: Das Verderben deutscher Auswanderer in Texas unter dem Schutze des Mainzer Vereins [Reprint 2022 ed.]
 9783112682920

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Das

Verderben deutscher Auswanderer in Teras unter dem

Schutze -es Mainzer Vereins.

Von

L.

Constant.

Berlin, 1847. Gedruckt und in Commission bei G. Reimer.

Vorwort.

Seit einigen Wochen aus Texas zurück,

über dieses Land,

fragt.



werde ich täglich

über die dortige Deutsche-Colonie be­

Texas ist nicht die Colonie des Mainzer Ver­

eins, sondern ein großes Land, wo des vernünftigen flcißi-

gen

Mannes Wünsche Befriedigung finden

können.

Ob

unter dem Schutze des Vereins, mag Jeder aus dieser kleinen

Schrift ersehen. — Ich erlasse sie als Vorläufer einer grö­ ßeren Arbeit, wünschen,

weil ihr Erscheinen dringlich ist,

Viele sie

und die dortigen Colonial-Verhältnisse hier ab­

sichtlich im Dunklen gehalten werden.



Ich erlasse sie,

weil man fortfährt für die Vereins - Colonie im Stillen zu werben,

noch immer in

Texas aber keins hat,

Deutschland Land verspricht,

und

weil Texas

der

in

getäuschten

Opfer zur Genüge besitzt. — Ich

bin

weder getäuschter

noch Mann der Parthei;

Schützling

des

Vereins,

aber ich liebe meine Mitmenschen

und habe Texas liebgewonnen.

4 Die krummen Wege liebe ich auch nicht,

daher habe

ich die Sache ohne Umschweife angefaßt, und was man da­ her

von meiner Schrift

Voraus

halten

darf,

das

über

mag jeder

gcsammte

nach

diesem

Teras

Vorläufer

ermessen. Berlin, den

30.

September

im

1847.

L. Constant. An der Schleuse No. 10.

die in Deutschland mehr und mehr um sich greifende Auswande-

rungslust zu rechtfertigen, ob die Auswanderung zu fördern und zu leiten sei; darüber wird viel gestritten, ohne daß man sich ver­ ständigen kann. Viele wissen, daß in der Industrie Hände über­ flüssig sind, sie mögen sich aber nicht zu Gunsten der Auswanderung erklären, da im Vaterlande selbst noch bedeutende Strecken Landes liegen, deren Urbarmachung sie, — durch Ueberweisung überflüssiger

Menschen aus der Industrie zum Ackerbau, — vor allen Dingen ver­

langen. Andere gehen weiter und hoffen, daß mit Einführung der Spatenwirthschaft, Millionen Menschen Beschäftigung und Un­ terhalt gewährt werden könne. Wenn man solche Ansichten im

allgemeinen zusammenfaßt und betrachtet, so findet sich, daß in Ermangelung besserer Auswege, zur Verwirklichung solcher Ideen

gar keine Anleitung nothwendig wird, da dergleichen gesellschaft­

liche Reformen ganz ans sich selbst hervorgehen müßten, sobald der besitzende Theil der Gesellschaft immer die Macht behält, den Besitzlosen in geziemende Schranken zu halten. Der besitzende Theil

hat diese Macht, aber es kann Niemanden entgangen sein, daß das Proletariat dem Reichthum unzufrieden gegenüber steht. Wenn dies in Zunahme fortdauert, so könnte es leicht vor Durchführung Hierbei würde

der Reformen zu offenen Thätlichkeiten kommen.

freilich der Staat nicht als Figur erscheinen; es immer betrübend,

aber an sich wäre

wenn grenzenloses Elend den einen Theil

der Gesellschaft zu verzweifelten und nicht zu billigenden Schritten gegen den Anderen triebe.

Soll der Friede im Vatcrlande nicht gestört werden, sollen die Bestrebungen selbstsüchtiger Reformatoren in sich zerfallen, der

Pesthauch

des Kommunismus

unser Volk

nicht vergiften;

mit

einem Worte, soll dem langsam sich vorbereitenden Umsturz der

socialen Verhältnisse wirksam entgegen

gearbeitet werden,

dann

giebt es kein besseres Radikalmittel, als der Auswanderung un­ gehemmt ihren Lauf zu lassen, sie aber zu ordnen und zu leiten.

6 Bei einer geregelten Auswanderung allein wird der Deutsche auch in der Ferne deutsch bleiben, und irgendwo jenseits der Meere concentrirt, auch die Liebe zum alten Vaterlande bewahren. Jetzt geschieht dies nicht; Jeder geht allein, denkt nur an sich und in der Ferne-angelangt, verleugnet er leichtsinnig in Sprache und Sitten seine Abstammung: spottend eines Vaterlandes, das ihn beim Scheiden gleich einem Verworfenen behandelte. Wer das Wogen und Treiben der unteren Volksschichten vom grünen Tisch aus betrachtet, der möchte freilich meinen Ansichten nicht beipflichten und die socialen Wirrnisse anders zur Ausglei­ chung bringen wollen. Diejenigen aber, die aus mannigfachen Berührungen mit dem Volke, dessen Noth und Elend, dessen Hoff­ nungen und Wünsche kennen und über die Bestrebungen des UltraRadikalismus in nachbarlichen Ländern, nicht leicht fortgesehen ha­ ben, werden mir recht geben und wissen, wie leicht die abscheulich­ sten Theorien, grade beim Volke Eingang finden können. Jetzt gehen im Kampfe der materiellen Interessen Millionen Menschen der unvermeidlichen Verarmung entgegen. Wenn sie nun ganz verarmt sind, so fallen sie dem Staat und den Com­ munen zur Last; oder hier abgewiesen, streifen sie zuletzt alle Schaam ab, begehen Verbrechen gegen die Gesellschaft oder trei­ ben ihre halbnackten Kinder zum Betteln auf die Straßen hinaus und überliefern sie so der Pflanzschule aller Schlechtigkeit. Hat der Staat, haben die Communen bei einem solchen Zustande Ge­ winn? Schwerlich. — Nach meiner Ansicht ist es daher rathsam, daß man die Auswanderung organisire und den Strom nach ir­ gend einem Punkte zu lenken suche, von dessen zweckmäßiger Lage man überzeugt ist. Amerika hat seine eigenthümlichen Verhältnisse, nichts ist dort stabil als das Gesetz; alles bewegt sich schnell, selbständig und oft mit riesiger Kraft. Es ist also nur der Mann des Selbst­ vertrauens und der Thatkraft, der aus dem, um seine gewaltige Are sich drehenden Rade, ein glückbringendes Loos zu erhaschen hoffen darf: so günstig auch immer die dortigen Verhältnisse in Vergleich zu den heimischen anzusehen sind. — Wenn es aber im allgemeinen für den Einzelnen schwierig sein mag, sich in den Vereinigten Staaten, ohne die nöthige Umsicht ein gutes Loos zu bereiten, so giebt cs doch einzelne Staaten darunter, die noch menschenleer und ganz geeignet sind, nicht nur deutsche Bevölke­ rung zu nähren, sondern ihrer Lage nach auch dem Mutterlande einst nützlich werden müßten, sobald der erste Kern zur Kolonie, ein kräftiger und gewählter ist. — Solche Staaten wären Teras

7 und in nächster Zukunft auch wohl Californien. — Der Staat kann sich nur rächend und leitend bei der Auswanderung verhal­ ten, die zweckmäßige Organisation an Ort und Stelle muß den Individuen überlassen bleiben. Diesen Rath, diese Leitung sedoch verdient unser Volk mit Recht, denn es ist ein gutes und in man­ cher Beziehung vertrauungsvolles; aber ihm geht Selbstvertrauen und Lebensklugheit ab, die beide inmitten einer Welt mit frem­ den Sitten, Gewohnheiten und Verhältnissen, durchaus nothwendig sind, um ohne niederschlagende Erfahrungen und lange Kämpfe zum Erwerb und Wohlstand zu gelangen. — Unter Leitung des Staats wird der Mann, mit bestimmtem Zweck im Auge, jenseit der Meere seine Hoffnungen leichter erfüllt sehen, und das plan­ lose Davoneilen nach den Ländern, wo Milch und Honig fließen soll, wird.damit aufhören. Jetzt führen solche Leute gewöhnlich, nachdem sie die Thür des verwarnenden Beamten hinter sich ha­ ben, folgendes Räsonnement: „Hätte der N. das Land meiner Wahl gelobt, so ginge ich nicht hin, denn cs wäre schlecht; da er es aber tadelnswerth fand, so ist kein Zweifel, daß ich es dort sehr gut finden werde!" Ich habe schon oben Teras als eines der Länder erwähnt, wo nach meiner Ueberzeugung deutsche Sitten bewahrt werden kön­ nen und der Fleiß des Menschen Belohnung findet. Aber wie gesagt, Organisation und deutsches Leben müssen aus sich selbst hervorgehen, denn alle künstliche Mittel führen zu nichts, wie nach dem Durchlesen der folgenden deutschen Colonial-Verhältniffe ersichtlich werden wird. — Eine edle Absicht lag auch diesem Un­ ternehmen zu Grunde und sie soll von mir nicht verkannt werden; immer aber bleibt es bedauerlich, daß man sich in den Mitteln zum Zweck täuschte und damit viele Menschen unglücklich machte.

8 Der Verein zum Schutze deutscher Auswanderer in Texas und seine dortige Colonie. Es ist allgemein Besannt, daß sich seit dem Jahre 1844 in

Teras eine dentsche Niederlassung befindet, die ans Menschen be­ steht, denen das Selbstvertranen oder die Mittel zur Sclbsthülfe abgingen und die, beschützt durch Agenten und Beamte der Mainzer

Colonisations-Gesellschaft, nach Teras gingen, um dort in kom­ pakter Masse zu arbeiten und das deutsche Element zu kräftigen

und zu wahren.

— Die Zahl dieser Emigranten hat sich seit

Gründung der Niederlassnng bis in nnseren Tagen bedeutend ge­ mehrt, und in der Zwischenzeit brachte die Presse harte Beschul­ digungen gegen den Verein. Sie zieh ihn des unverantwortlichen

Leichtsinns, womit er das Wohl nnd Wehe deutscher Auswanderer aufs Spiel setze. Sie sagte ihm, daß er kein Land besitze und seine Verpflichtungen breche; daß seine Schützlinge verlassen am Meeresnfer umherirrten und umkämen; daß Emigranten die in Deutschland gemachten Geldeinlagen in Teras nicht znrückempfin-

gen und dergleichen mehr. — Solche Anschuldignngen ließ die Ge­

sellschaft theils über sich ergehen und schwieg, anderseits erklärte sie dieselben, als öffentliche Verläumdungen und forderte die an­ greifenden Blätter auf, ihre ausgesprochenen Behauptungen zu do-

cumentiren. Bei einem solchen Für und Wider — wem sollte da geglaubt werden? Die Presse hatte ihr Wissen aus unvollstän­ digen Briefen der Vereins-Colonisten geschöpft, sie konnte also die

gemachten Anschuldigungen nicht näher beleuchten, und indem sie mit kleinlichen Verketzerungen fortfuhr, stand der Verein in vieler Augen gerechtfertigt da. Ich habe bis setzt keinen Angriff gegen den Verein geführt und gehöre auch nicht zn den engherzigen Menschen, die jede gute Absicht,

wenn sie von den höheren Kreisen der Gesellschaft ausgeht, mit Miß­

trauen betrachten oder ihr selbstsüchtige Bestrebungen unterschieben; im Gegentheil, ich bin überzeugt, daß es in den höheren Ständen bis zum Throne hinauf Männer giebt, die, wenn das Volk leidet, diese Leiden tief mitfühlen und gern nach Kräften Hilfe leisten. —

Von solchen Grundsätzen ausgehend, habe ich denn auch dem Verein zum Schutze deutscher Auswanderer in Teras, nie eine andere, als philanthropische Tendenz zugetraut, und auch jetzt, wo ich den bedauerlichen Zustand der Colonie, das Verfehlte des gan­

zen Unternehmens, aufzuklären habe und diese Aufklärungen nicht nur den Auswanderern schuldig zu sein glaube, sondern um der

9 Menschheit willen, als eine heilige Verpflichtung ansehe, bin ich in meinem Glauben nicht schwankend geworden, daß mehrere Mitglieder in redlichster Absicht für das Gedeihen der Colvnic in Teras wirkten.

Ich habe nicht leichtfertig zu plaudern, sondern es mit Aus­ einandersetzung von Dingen zu thun, die ernstlich behandelt sein

wollen, da sie an sich ernst und wichtig sind; deshalb werde ich oft weit ausholcn müssen, damit ich jenen, die gegen meine Behaup­ tungen auftreten sollten, nichts zu erwidern brauche, oder doch in meinen Nupliken bündig sein kann. —

Feinde macht sich jeder,

der mit der Wahrheit frei ans Licht tritt, diese fürchte ich nicht; sie werden mir sogar in offener Sprache angenehm sein, wenn sie ohne Visir in die Schranken treten. Das Colonisiren im Großen ist eine schwierige Sache, dazu

gehört Ruhe und Umsicht, ein scharfer Blick, ein geordneter Plan

und ohne diesen wird keine Colonie gedeihen, wie man in Algier, trotz Anwendung künstlicher Mittel, deutlich sehen kann.

Die bloße

Absicht, colonisiren zu wollen, genügt nicht; sondern dabei sind die

zu nehmenden Maaßregeln scharf abzuwägen und das Für und Wider zu sondern; genug, man muß den Zweck klar vor Augen haben und

die Mittel in Betracht ziehen, ob sie auch für den Zweck taugen und

ausreichen.

Es kann sich dabei nicht um einen Plan auf dem Pa­

piere handeln, sondern cs fragt sich vorerst, ob der Plan entwor­ fen ward, nachdem man die Territorial-Interessen, welche Acker­

bau Gewerbe und Handel bedingen, einer reiflichen Prüfung unter­ worfen hatte;

denn dies sind Lebensfragen, und lautet hier die

Antwort ungenügend, dann gedeiht und blüht sicherlich keine Colonie. In einem neu aufgeschlossenen Lande, ohne wichtige Städte, ohne Canäle, ohne Eisenbahnen, ohne Straßen, da fallen solche

Fragen doppelt schwer in die Waage;

ward hier das Flußnetz

nicht genau untersucht und in Betracht gezogen, so kann es ge­ schehen, daß dem Colonisten selbst das herrlichste Land nichts nützt

und er es verlassen muß, wenn seine Produkte Verwerthung und seine Mühen Belohnung finden sollen.

Hat der Colonisateur die Stelle gefunden, wo alle Beding­ nisse zu einem glücklichen Fortgang sich vereinigt finden, und hat

er nun den Kern des Unternehmens, die nöthigen Menschen bei­ sammen, so gebe er der Colonie eine feste Grundlage dadurch, daß er nach Vollendung des ersten Obdachs sofort an die Cultur des Bodens gehen läßt.

Ist die Nahrung der Menschen gesichert und

Ucberfluß davon vorhanden,

dann erst kann an die Gründung einer Stadt gedacht werden, und auch hier bleibt wohl zu beach-

10 ten, daß sich die gewerbliche Seelenzahl nicht im Mißverhältniß zu dem befinde, was der Landmann zum Unterhalt bieten kann. Anders handeln hieße in die Lust bauen und das Werk beim Kopf angreifen; sobald die zu gründende Stadt ihrer Lage nach, nicht für den Handel geeignet und die Bevölkerung nicht eine bemittelte wäre. Eine Landstadt mit armer Bevölkerung, die unfähig wäre im Tausche etwas zu bieten und aus weiter Ferne ihre Lebens­ bedürfnisse zu beziehen hat, wird beim Mißverhältniß zwischen Ein­ nahme und Ausgabe, nicht nur schnell zur vollständigen Verarmung gelangen, sondern mit Gründung eines solchen Undings, wird sich auch die Unfähigkeit des Leiters einer Colonic kund gegeben haben. Nach dieser Einleitung, die im wesentlichen die Gegensätze dessen enthält, was in der Vereins -Colonie in Teras geschehen ist, will ich zur Sache übergehen. Als man Hoherseits damit umging, von Deutschland aus über­ seeisch zu colonisiren, ging der Herr Graf Bos-Waldeck nach Teras, um sich über dieses Land ein richtiges Urtheil zu verschaf­ fen und falls er es für eine deutsche Niederlassung geeignet fände, die zu einer Colonie günstig gelegenen Stellen aufzusuchen. Nach längerer Prüfung und im Verkehr mit den bestcrfahrcnsten Män­ nern des Landes, entschied sich Graf Waldeck für die Hügelregion zwischen dem Brasos- und Colorado-Fluß. Hier war reichlich Wasser, gesundes Clima, guter Boden und der Verkehr mit den Haupthandelsplätzen des Staats, zu Wasser und zu Lande leicht. Auch kam eine deutsche Niederlassung zwischen beiden Flüssen nicht vom Verkehr und Anbau entfernt, sondern gewissermaßen in das Bette des Ansiedelungsstromes zu liegen; da die dichteren An­ siedelungen, in ihrem Lauf von Süd-Ost nach West-West bei Nord, fortschritten, jenseit des Brasos die Austinschen Colonisten schon erreicht waren, und dort regeres Leben begann. — Am MilCreek, am Cumings-Creek und im Wild-Cat-Spring, (alles Distrikte in der Hügelregion, zwischen dem Brasos und Colorado), hatten sich schon damals viele Deutsche niedergelassen, folglich war der Grund zu einer größeren deutschen Colonie gelegt. Der Graf Waldeck schlug nun vor, hier größere Landstreckcn anzukaufen und sie in Parzellen mit einigem Nutzen an deutsche Emigranten zu überlassen. Dieser Vorschlag wurde aber abgewiesen, weil man sich nicht den Deutungen aussetzen wollte, als beabsichtige man offenbar merkantilische Geschäfte. Dieser Abweis aber rührte meist daher, daß ein gewisser BourgoiS d'Orvanne, Besitzer eines größeren Landstrichs im Wcsteü von Teras — nachdem er mit

11 Berkaufsanträgen bei dem Grafen Waldeck abgewiesen worden war — sich gradcwcgs nach Deutschland gemacht, und seinen billi­ geren Bedingungen an Ort und Stelle Gehör und Geltung verschafft hatte. — Der Herr Graf Bos-Waldeck gab in Folge davon, seine Betheiligung bei der Sache auf, nachdem er für Se. Hoheit den Herzog von Nassau, in schon bezeichneter Hügelregivn, einen Strich Landes angekauft und die unter dem Namen Nassau-Plantage fortbcstchende Farm eingerichtet hatte, worauf nach alt-amerikanischer Weise etwa dreißig Neger-Sclaven thätig sind. — Was aber der Verein mit seinen Wünschen und Charakter unverträglich hielt, wäre eine große Wohlthat für die Auswanderer geworden, denn seit vier Jahren ist das Land

zwischen dem Brasos und Colorado um mehr denn iOO Procent gestiegen, und die Erhöhung der Preise wird fortdauern, da sich die meisten deutschen Emigranten dort unter den Deutschen nicderlassen. Auch die ausgesprochenen Befürch­ tungen, daß deutsche Sitten und deutsches Wesen bei Berührung mit den Amerikanern nntergehen würden, haben sich nicht gerecht­ fertigt, da die meisten Amerikaner aus den deutschen Distrikten fortziehen und die wenigen Bleibenden bemüht sind, ihren Kindern die deutsche Sprache lehren zu lassen: woraus sicherlich mehr die Absicht hervorleuchtet, sich zu germanisiren, als andere zu amerikanisiren. Der befürchtete Vorwurf, daß der Verein, nach den Vor­ schlägen des Grafen Bos-Waldeck handelnd, als kaufmännisch speculirend bezüchtigt werden konnte, wäre in sich zerfallen, da kein vernünftiger Mensch an die Gesellschaft die Anforderung zu stellen vermochte, ihre kostenreichen Vorarbeiten ungedeckt zu lassen; und da auch aus der freien deutschen Colvnie nur erfreuliche Be­ richte eingehen, konnte man von den Schützlingen des Vereins keine anderen erwarten. Vom Bourgois d'Orvanne (dem Besitzer eines 450nnMeilen großen Stück Landes, sogenannten Grant — zwischen dem 29 bis 30 Grad nördlicher Breite und 99 bis 101 Grad westl. Länge nach Greenwich) kaufte nun also der Verein das Gebiet, nm dar­ auf eine deutsche Colonie in Teras zu begründen, und sandte zu Anfang des Jahres 1844 einen General-Commissair, den Prinzen Solms-Braunsfels mit Gefolge nach Teras, damit, wie der Verein selbst sagt, Alles bis zur Ankunft der neuen An­ siedler vorbereitet sein möge. Dieser General-Commissair hatte keine oberflächliche Mission, er mußte daher mit weit umfassenden Instruktionen versehen sein;

12 folglich hatte er sich in seinen Berichten jedenfalls dahin auözu-

sprechen: 1) daß

sich

der Besitznahme des von Bourgois d'Orvannc

erworbenen Gebiets, kein Hinderniß in den Weg stelle;

2) daß die Lage und die Verhältnisse des Bodens der Art seien, daß die deutsche Bevölkerung sich nicht nur werde nähren können, sondern daß nahegelegene Märkte auch den Absatz

der Produkte sicherten, ohne daß der Frachtlohn den Rein­ gewinn wesentlich schmälere; 3) daß der topographischen Lage nach, mit dieser Colonie dem deutschen Gewerbefleiß neue Märkte, dem deutschen Seehandcl weitere Ausdehnung gegeben werden könne, wie dies die

Absicht der hohen Gründer deS Vereins sei;

4)

daß die Commission für eine gewisse Anzahl Colonisten das Land habe vermessen lassen, und die darüber sprechenden Feld­

noten in Händen habe; 5) daß man den Besitztitcl über die von Bourgois d'Orvanne

gekauften Ländereien, Seitens der Regierung in Empfang ge­ nommen und in Ordnung gefunden habe.

Rur erst nach einem solchen Berichte konnten die Instruktionen

des General-Commissairs als erfüllt angesehen werden; denn bei den Unterhandlungen mit Bourgois d'Orvanne, hatte der Ver­ ein dessen Rechtötitcl nicht in Händen gehabt, folglich war er gar nicht befugt, an den rechtlichen Besitz des Verkäufers zu glauben,

vielmehr mußte er, — sich in die betrügerischen Gewohnheiten der Amerikaner hincindenkend — daran zweifeln.

Waren aber dem Verein die Besitzbedingungen des Bourgois d'Orvanne bekannt,

so wußte er, daß diesem der Grant von seiner Regierung nur unter der Bedingung überlassen worden war; darauf bis Mitte des Jahres 1844

eine

gewisse Anzahl Familien angesiedclt zu

haben, und auch, daß der Grant, bei Nichterfüllung des Vertrags, der Regierung zurückfiele. Auf eine Verlängerung der Verfallzeit

des sogenannten Empresarios konnte der Verein nicht hoffen, da der Bourgois dieses Land unter eigenthümlichen Verhältnissen gewissermaßen erzwungen hatte, und die Negierung nur auf den

Verfalltag wartete, um es zurück zu nehmen. Anstatt des gründ­ lichen Berichts aber, sandte der General-Commissair einen Bericht

von etwa folgendem Inhalt ein: 1) Daß er (der General-Commissair) von den Männern des

tcranischen Gouvernements mit allen Ehren empfangen wor­

den fei;

13 2) daß die in Teras lebenden Deutschen sich glücklich fühlten, daß fortan ein größeres Band deutscher Sitte und Nationa­ lität sie umschlingen solle; 3) daß man in Industrie auf das Wohl der edlen deutschen Fürsten, welche auch jenseit des Oceans das Wohl ihrer Unterthanen bedächten, einen Toast ausgebracht habe.

Auch zeigte der General-Commissair an, daß bei der nächsten Congrcßsitzung sein eifrigstes Bestreben sein werde, für den Verein solche Handelsvortheile zu erlangen, die ihn in den Stand setzen würden, nicht blos für die ackerbautreibende Klasse im deutschen Vaterlandc zu sorgen, sondern der Absicht gemäß auch dem deutschen Gewcrbfleiß neue Märkte, dem deutschen Seehandel eine weitere Ausdehnung zu geben. Der Bericht des General-Commissairs bezieht sich nur auf Nebendinge und läßt die Hauptfragen ganz unberührt, da auch die in Aussicht gestellten Anträge nichts Fertiges bezeichnen, und sich darin sogar Unkenntniß mit den Teranischen Gesetzen ausspricht, die weder Monopole noch Ausnahmen zulassen. Sollten die An­ träge zu Gunsten des Handels und der Schifffahrt übrigens ge­ rechtfertigt erscheinen, so mußte über die Lage der Vereins-Län­ dereien eine gründliche Berichterstattung mit eingehen, und jene für die Anträge wenigstens günstig sprechen. „In Folge der günstigen Berichte und des Eintreffens der „Nachricht, daß alles zum Empfange der Ansiedler in „Teras vorbereitet sei — hieß es — ließ der Verein seine „Auswanderungslisten eröffnen, welche sich so schnell füllten, „daß schon Ende September und Anfangs October 1844 von „Bremen aus 700 Köpfe in 200 Familien nach Teras abgingen."

Es ist vorerst zweierlei zu fragen: War der General-Commissair nur Agent des Vereins, um in Teras oberflächliche Vorbereitungen für die Einwanderer zu treffen, oder hatte er höhere Verpflichtungen? — War er jener, so bedurfte es eines nichtssagenden Berichts nicht, um die Auswanderungs­ listen zu eröffnen, denn dann konnte von Fürsorglichkeit und Schutz der Unternehmer gar nicht mehr die Rede sein, weil das Abwar­ ten des Berichts dann nur ein Blendwerk war, die Masse durch den Schein der Gewissenhaftigkeit zu täuschen. Hatte aber der General-Commissair eine wirkliche Mission, so mußte man die Er­ füllung derselben abwarten. Lauteten die Berichte in Folge der Instruktionen günstig, so konnte man Auswanderer annchmen; im entgegengesetzten Fall aber, mußte das Colonisationsprojekt aufge-

14 geben oder hinausgeschoben werden, denn die Publikation vom 9ten April 1844 spricht sich dahin aus: Daß sich ein Verein gebildet habe, dessen Absicht es sei, die deutschen Emigranten nach einem Punkt hin zu leiten. Daß er einsehe, wie Mangel an Arbeit und andere Ursachen die Aus­ wanderung nöthig machen, aber durch das Vereinzeln die Hoffnun­ gen vieler Menschen in Amerika nicht erfüllt würden. — Weiter

heißt es: „Nach langer sorgfältiger Prüfung hat sich der Verein dafür „entschieden, daß Teras dasjenige Land ist, welches dem Aus„ Wanderer am besten zusagen möchte. Das gesunde Clima, die „Fruchtbarkeit des Bodens, der Reichthum seiner Erzeugnisse und „die Leichtigkeit der Verbindungen mit Europa, haben schon seit „langer Zeit eine große Zahl auswanderungslustiger Deutschen „dahin gezogen, die jedoch ohne Schutz und Schirm sich vereinzel„ten und leider oft ganz zu Grunde gingen. Um so mehr mußte „sich die Aufmerksamkeit des Vereins nach diesen Gegenden wen„ben. Durch erfahrene, des Landes kundige Männer „hat er das teranische Gebiet bereisen lassen und so „vollständige Ausschlüsse erhalten, daß er mit gutem „Gewissen und voller Ueberzeugung seine Wahl tref„fen konnte." „Der Verein hat ein zusammenhängendes noch unbebautes „Gebiet von ungefähr 450 Hl Meilen (engl.) erworben; dieser „Strich Landes stößt in Nordosten an die alte spanische Stadt „San-Antonio de Beran re.: ‘) „Vor Abgang wird jedem Auswanderer eine Strecke „gutes Land schriftlich zugesichert, welches er bei fei: „nee Ankunft als Geschenk ohne alle jetzige und son„stige Vergütigung vom Vereine erhält (der einzelne „Mann 160 Acres, der Familienvater 320 Acres, den Acre zu 1 „ Morgen 105% LlRuthen preuß.). Dieser Boden wird freies Eigen„thum des Auswanderers, sobald er drei Jahre lang auf seinem „Gute gewohnt hat. Aber auch vor Ablauf dieser drei Jahre ge„hören ihm die Erzeugnisse des Bodens und der Verein macht „weder auf jene noch auf diesen den geringsten Anspruch. „Der Verein ist ferner bemüht gewesen, gute und geräu„mige Schiffe für die Ueberfahrt auszuwählen; er sorgt „dafür, daß es an gesunder, wohlfeiler Nahrung nicht „fehle und die Reisekosten so gering als möglich ausfallen. An „den Landungsplätzen sind besondere Agenten damit beauftragt,

') Davon lag der Nord-Osten etwa 10 deutsche Meilen entfernt.

15 „ den Auswanderern sofort mit Ratb und That zur Hand zu ge-

„hen; die letzteren finden hier Wagen bereit, die sic mit „ihrer Habe unentgeltlich an den Ort ihrer Ansiedelung führen. „Auch für ihre Bedürfniffe unterwegs wird Vorsorge getroffen. — „So wie sie an Ort und Stelle anlangen, wird feder Familie „nach Verlangen ein landesübliches Haus eingeräumt; und das Programm führt nun an, daß man in seinen Magazinen alles Vieh, Geräthschaften re. billiger als auf den nächstgclegencn Märkten kaufen könne, ferner: — daß man die Erzeugnisse in den Vereinsmagazinen ankaufcn werde; daß Schulen und Kirchen er­ richtet und Gemeindeverfassung und Gerichtsordnung eingcführt werden sollen. Weiter heißt es: „Sollten sich unter den Aus„Wanderern Einzelne zur Rückkehr nach Europa bewogen finden, „so wird ihnen die Heimfahrt zu den nämlichen Prei„sen, wie die Hinfahrt, auf den Vereinsschiffen zuge„sichert. „Der erste Zug der Auswanderer geht im September dieses „Jahres ab; allein schon im Mai werden zwei Mitglieder nach „Teras reisen, um dort Vorbereitungen zur Aufnahme

„der Auswanderer zu treffen und die Verwaltung der „Ansiedelung vorläufig einzurichtenr es sind dies Se. „Durchlaucht der Prinz Solms und Herr Bourgois d'Orvanne.

„Wenn der Verein auf diese Weise, so viel in seinen Kräf„ten steht, dem Unternehmen einen glücklichen Erfolg zu sichern „bemüht ist, so beruht doch das Gelingen auf die unverdrossene „Thätigkeit des Auswanderers selbst. Das neue Vaterland wird „nur dann gedeihlich emporblühen, wenn die Deutschen auch dort „sich bewähren, wie sie stets in der Hcimath waren: arbeitsam, „beharrlich, treu der Sitte und dem Gesetze. — Darf der Verein „auch hieran nicht zweifeln, so wird er doch, um nicht das

„Wohl und Wehe deutscher Landsleute den „Anfälligkeiten eines Versuchs preis zu geben, „im Laufe dieses Jahres fürs erste nur Einhundert „und fünfzig Familien zur Uebersiedelung zulassen; „und erst dann, wenn diese eine wohlgesicherte Akie„derlassung begründet haben, einer weiteren Auswan„derung mit Rath und That zu Händen gehen." Dieses Programm ist ein Aktenstück, worin sich Fürsorglich­ keit und eine philanthropische Tendenz sichtbarlich aussprechen. Uebereilung, Unvorsichtigkeit in Wahl der Mittel znm Zweck, und allzu­ großes Vertrauen des Vereins aber haben später zusammengewirkt,

16 daß das Programm in den Hauptsachen gegen den Verein zeugt, denn es läßt sich Nachweisen: 1) daß Auswanderer leichtfertig nach Teras geschafft wurden; 2) daß die Emigranten am Landungsplätze zu Teras keine Trans­ portmittel vorfanden, Monate lang dort liegen blieben und als Folge davon jämmerlich starben; 3) daß der Verein seine texanischen Ländereien niemals durch erfahrene Männer bereisen ließ; daß er vielmehr Emigranten mit Versprechungen von Landschenkungen nach Teras sandte, ohne daselbst Ländereien zu besitzen, und daß als Folge solcher Täuschungen die Demoralisation unter den Colonisten ausbrach. Ferner kann nachgewiesen werden: 1) daß auch setzt noch die versprochenen Ländereien den Colo­ nisten nicht gegeben werden können, und wenn cs geschehen sein wird, der Boden die Menschen nicht nähren kann; die Lage des Colonial-Gebiets aber der Art ist, daß die etwanigen Produkte des kostspieligen Transports wegen, nicht

auSgcführt werden können. 2) daß die Colonial-Kaffe in Teras die rechtmäßigen Forde­ rungen der Colonisten nicht befriedigen kann. 3) daß das Werben für die Colonie nur scheinbar eingestellt ist. Der Anschuldigungen sind viele und doch ließe sich diese Zahl vermehren; ich will aber hierbei fürs erste stehen bleiben und das Gesagte motiviren. Als der General-Commissair des Vereins in Teras anlangte, sah er, daß Bourgois d'Orvanne's Grant der Regierung recht­ mäßig zugehöre und Versuche zur Prolongation der Verträge zu nichts führten!! — Der Verein hatte sein gekauftes Gebiet nach Länge- und Breite-Graden bezeichnet und mußte vom Augenblick an, wo es ihm aus Händen glitt, dem Publikum darüber Aufklärungen geben. Statt dieser Aufklärungen aber sammelte man Menschen und sandte sic auf gutes Glück nach Teras. War dies Fürsorge? Ich denke Nein! Ein Geheimniß blieb es dem Verein nicht, daß der von Bourgois erworbene Grant Anderen gehöre, denn sonst wüßte man von dem Unternehmen nichts anderes zu sagen, als daß eine wichtige Sache gleich einer planlosen Kinder-Spielerei behandelt wurde. — Statt aber offen aufzutreten und von der menschlichen Fehlbarkeit Zeugniß zu geben, suchte man sich zu hel­ fen und kaufte auf gutes Glück unbesichtigt ein Stück Land, in­ mitten einer von Indianern bewohnten Gegend. — Die Kauf­ leute Fischer und Müller, — ein Paar amerikanisirte Ger-

17 manen, — von den deutschen Colonisationsprosekten

unterrichtet

und berechnend, daß mit hochstehenden Männern am meisten und leichtesten Geld zu verdienen sei: hatten ihre Regierung um eine Landschcukung angegangen;

und

diese wurde ihnen 1842 unter

der Bedingung zugcstanden, daß sie für einen Trakt Landes von

etwa 3,878,000 Acres Flächengehalt, zwischen dem 30sten und 32sten Grad nördlicher Breite und 98 —101 Grad westlicher Länge nach

Greenwich, bis zum Isten September 1847, 6000 Familien dafür ins Land zu führen und darauf anzusiedcln hätten.

Die Vertrei­

bung oder das Abfinden der Comantsches Indianer, von denen das geschenkte Land bewohnt war, lag den Fischer und Müller ob Und das Gouvernement hatte hierbei keine Hilfe zugesagt. — Dies war ein großes Stück Land, aber Niemand hatte es gesehen, Niemand kannte es. Es war ein Land der Fabel; der Eine wußte dort Silberminen, der Andere meinte, es sei Holz-, Wasser-arm,

felsig und unfruchtbar.

Dies alles war Fischer gleich; er wollte

Geld machen, und nachdem Bourgois seinen Verpflichtungen nicht nachkommen

missair

zu

konnte, der Verein sich aber durch seinem ComAnträgen herablicß, spiegelte Fischer diesem seinen

Grant in so lockenden Farben vor, daß es am 22sten July zum

Verkaufsabschluß kam, wobei dem Fischer baarc 12,000Fl. wur­ den und */3 des späteren Reingewinns zugesichert blieb. Der General-Commissair hätte die Sphären vergleichen müs­ sen, in welcher er gelebt und in der er nun zu handeln hatte. Bei

einem solchen Vergleich wäre er vom Schauplatz abgetreten, denn Dazu ge­

für Geschäfte mit Amerikanern eignet sich kein Prinz.

hört ein Mann, der im Tummel der Lebensschule groß gezogen durch und durch praktisch geworden ist. Amerika ist die Heimath

der Lebensklugheit und des ausgeprägten Bewußtseins vom Eigen­ werth; hier heißt es, der Schlauheit Schlauheit entgegen setzen und in den scheinbar nichtssagenden Gesichtern die versteckten Ab­ sichten errathen. — Dies ist eine Kunst und sie gelingt, wenn man

schweigsam mit der dümmsten einfältigsten Miene dem Gegner zu­ hört. Er läßt sich mit der Zeit gehen und seinen Plan durch­ schauen; so betrügt man den Schurken eher, als man betrogen

wird, sobald einem die Gesetze des Landes bekannt sind. — Aeußerlich etwas scheinen wollen, ist in Geschäften mit dem Amerikaner große Unvorsichtigkeit: er bleibt auf das „qui vivo" und führt meist den Gegner an.

Der Verein war also Besitzer von Land, welches den Comantsches-Jndianern erst entrissen werden mußte. Er wußte von die-

2

18 fern Kauf, aber über den Werth oder Unwerth seines Landes grade

so viel als von Ländereien im Monde; und doch sandte er 1844, 1845 und 1846 mehr denn 8000 Seelen nach Teras, um die­ selben mit Schenkungen von resp. 160 und 320 Acres guten Lan­

des zu belehnen. Weiß der Verein nicht, daß seine von Fischer erworbenen Ländereien auch jetzt noch den Comantsches gehören? Gewiß weiß er es und auch,

daß die dem Herrn Meusebach

bei der Expedition zu Anfang dieses Jahres von den Comantsches am Llana für 1000 Dollars verstattete Ansiedelung, nichts in der Sache ändert.

Denn bei dieser Expedition hat sich ergeben, daß

der Grant mit weniger Ausnahme felsig und unfruchtbar ist, auch die daselbst vermutheten edlen Metalle, den vorherrschenden Kalk­ steingebirgen nach, nicht angetrvffen werden können.

Und welcher

Deutscher wird sich unter kriegerische und diebische Indianer nie­ derlassen und wohlfühlen? — Der Strich am Llano ist der ‘/500 Theil des Vereinsgebiets und deshalb wird es bei den provisori­

schen Schenkungen von 10 Acres bleiben, immer aber möchte man

dem gutmüthigen Deutschland das Gegentheil weißmachen. — Der Verein hat sich der leichtfertigen Uebersiedelung schuldig gemacht; hat tausende von Menschen allen Zufälligkeiten preisgegeben und sie um den Lohn ihres Fleißes betrogen; er hat einen Treubruch sei­

ner Versprechungen begangen! — Redet, rechtfertigt euch. Nachdem der erste Transport Einwanderer mit Kanonen und anderem Geschütz in Teras angelangt war, zeigte es sich, daß es mit der leichtgeschienenen Besitznahme des Grants nicht gehe, denn selbst der abgehärtete Soldat, wie sich der General-Commissair

nennt, wollte nicht daran, die Comantsches zu bekriegen. — Dies war vernünftig, denn im Programm steht nichts von Bekämpfung

derselben, und wenn sie auch in lieblichen Farben geschildert wer­

den, kenne ich doch den indianischen Muth besser, um nicht in sol­ chen Kämpfen die Colonisten davon lausen zu sehen; und dies auch noch, trotz Meusebach's Rede im Februar 1847. — Der General-

Commissair Prinz Solms ging also 1844 nicht auf's VereinsGebiet, sondern kaufte 100 Meilen südlich davon, zwischen dem

Comal-Bach und dem Guadeloupe-Fluß, von Hrn. Beremenda

1500 Acres Land für 800 Dollars

und die Ansiedler empfingen

nun anstatt der 320 Acres, 10 Acres und einen Stadtplatz. Mit hochgespannten Erwartungen hatten die Emigranten das

Vaterland verlassen; durch eine lange beschwerliche Reise bei schlechter Kost, war die Spannkraft gelähmt worden; am Landungsplatz faßte Jeder auf's Neue Muth, er glaubte die Beschwerden der Reise

19 bald hinter sich zu haben, denn im Vertrage *) mit dem Verein, sind die Besitzungen als dem Meere nahe bezeichnet. — Man ging ins Land hinein; ein, zwei Monate schon währte die Neise. Endlich nach einigen 70 Tagen langte man an. Wo? Auf dem Ver­ einsgebiet? Oh nein, dies liegt noch einige 40 Tagereisen nach Norden. Aber hier am Guadeloupe wollen wir bleiben und eine Stadt gründen. Wir haben 320 Acres Land versprochen, geben aber nur Zehn und später mehr. Dieses Jahr kann zwar nichts mehr geerntet werden, aber der Verein kaust mit seinem Gelde in weiter Ferne Korn, Speck und alles was man braucht. Dies macht die Waaren freilich zweimal so theuer, aber dies thut,wohl nichts. Denn wer kein Geld mehr hat, dem giebt man auf Borg. So war's, und daher kommt es, daß man in der Colonie Säufer, Faullenzer, bettelnde Kinder und lüderliche Dirnen findet. — Als die Leute ihre Heimath verließen, waren sie nicht demoralisirt, denn man hatte Sittenzeugnisse verlangt und erhalten. Der Verein hat sie auch nicht schlecht machen wollen, aber indem er seine Verspre­ chen nicht erfüllte; indem er die Leute zu lange in Unthätigkeit hielt, knickte er sie, denn die meisten waren schwach ohne Selbst­ vertrauen und Thatkraft.— Energische Menschen bedürfen des Schutzes nicht, die Denkenden aber, die ihn angenommen hatten, schnürten aufs Neue ihr Bündel und zogen aus der Wildniß nach den belebteren Gegenden, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. — Diese haben sich gerettet und sind jetzt glücklich. Also am Guadeloupe da baute man eine Stadt, bebaute aber keine Felder. Dies war unnatürlich und deshalb sah auch NeuBraunsfels jämmerlich aus. Ohngefähr wie klapprige Greise und abgemagerte Kranke standen die Häuser da. Dies konnte Nieman­ den verwundern, denn wo kein Leben ist, ist auch keine Kraft, und wo sollte die Kraft, der Lebensmuth Herkommen? Behüte der Him­ mel jeden Deutschen unterm Schutz eines Vereins nach Teras zu schiffen, um 10 Acres Land in Natura zu bekommen, wenn er gleichzeitig eine Schenkung in einem Fabellande zu liegen hat. Es wird ihm wie diesen Leuten ergehen. Er wird sich sagen, hier habe ich 10 Acres und in nächster Zukunft bekomme ich 320. Wollte ich die zehn Acres bestellen, dann wäre ich ein Eulenspiegel, denn ') §. 1. heißt es: Der Verein verleiht dem deutschen Einwanderer N.N., welcher dies für sich, seine Familie, seine Erben und NcchtSinhaber in bester Form Rechtens annimmt, 320 resp. 160 (in Buchstaben) Acres Landes, zu entnehmen in der jetzigen San Antonio County, Republik Texas, so wie jener Strich Landes jetzt liegt, in welchem Zustande er sich derzeit befindet und wie solche dem Einwanderer durch einen Agenten des Vereins an Ort und Stelle werden bezeichnet werden.

20 ich quälte mich unnütz, vergösse meinen sauren Schweiß um gleich darauf aufs Neue anzufangcn, denn ich werde doch lieber die 320

Acres nehmen.

Auf der provisorischen Schenkung wird also nichts

gethan oder doch nur sehr wenig, denn man ist hier am unrechten Ort.

Die Menschen stehen zwischen Baum und Borke;

auf der

einen Seite führt die Arbeit zu nichts, auf der anderen Seite ist

sie nicht möglich.

Nun wird also bei den Magazinen des Vereins

geborgt und um die Grillen zu vertreiben, wird getrunken.

Ist der Vater erst demoralistrt, dann werden Sohn und Tochter bald

folgen. — Man wird hiernach leicht begreifen, woher die Demora­

lisation unter den Vereins-Schützlingen kommt.

Der Verein hätte

aber vorher einsehcn können, daß es bei seinem Handeln so kom­ men mußte.

Er verwahrt sich zwar gegen die Beschuldigung, Je­

mand znr Auswanderung verlockt zu haben, verlocken zu wollen;

aber sind denn seine Versprechungen an und für sich nicht schon verlockend?

Muß der gewöhnliche Mann sich nicht sagen: „Dort

finde ich Alles, was mir hier fehlt; Eigenthum in Menge und im Nothsall gedeckten Tisch."

Nun in einem fremden Lande ange­

kommen, erwachte er vom schönen Traum znr nackten Wirklich­ keit;

er sah sich und die Seinen bitter getäuscht, denn selbst die

Versprechungen, die ihm so heilig wie die Worte der Bibel vor­

kamen, erwiesen sich nun als unwahr. — Wer hat wohl den Muth auf einen solchen Betrogenen den ersten Stein zu werfen?

Der

gewöhnliche Mann will in moralischer Beziehung zart behandelt werden, denn von dieser Seite hart angetastet, fällt er und steht selten wieder auf. — Wird der thatkräftige Mann getäuscht, so kommt er darüber fort, denn er denkt, und hat er einen Nettungsweg

gefunden, dann wird gehandelt.

Es ist unzweifelhaft,

daß der Verein auch Lumpengesindel

trotz der Sittcnzeugnissc mit in den Kauf bekam; aber lächerlich ist es,

wenn man die Commis des Vereins über diesen Punkt räsonniren hört.

und

Da bleibt kein gutes Haar an solch einem Vereinöcolonisten der Verein

ist

das Lamm der Unschuld.

Wären

Erfah­

rung und Einsicht dieser Leute im Einklang mit ihren Bärten oder

schmeckte das Brod der Gesellschaft nicht so süß, dann würden

sie auch einem Jeden das Seine lassen. Braunsfcls und Fried­ richsburg, das sind Undinge, und Undinge haben keinen Fort­ bestand.

Sie sind Undinge, weil sie von den Handelsstädten so

weit entfernt liegen, daß bei schlechtem Wetter Monate hingehen,

ehe sie von dort mit Fuhrwerk erreicht werden können. Schiffbare Flüsse haben beide Flecken nicht und dieses ist ein Unglück. Belege mögen dafür den besten Ausweis geben.

21 Ein Farmer zu Friedrichsburg am Piedrenales hat 10,000 Pfd. Baumwolle mit dem Saamen, so kostet ihm die Wolle bis zum Markt wie folgt: Pflügen, Pflanzen und Anhäufeln pro Acre 6 Dollars 60 Dollars Baumwolle zu sammeln 100 Pfd. Dollar ... 50 10,000 Pfd. Baumwolle zu reinigen und in Ballen zu pressen 100 Pfd. */2 Dollar ....... 50 Transport der Wolle, die nach Verlust des SaamenS 5000 Pfd. Wolle des Handels ergab, von Friedrichs­ burg bis nach Labacca 100 Pfd. 6 Dollars . . 300 Specsen und Transport der Wolle von Labacca bis Galveston 100 Pfd. 1 Dollar . .... . . 50 510 Dollars Ein Farmer am Brasos hat gleichfalls 10,000 Pfd. Baum­ wolle mit dem Saamen, so kostet sic ihm bis zum Markt: Pflügen, Pflanzen nnd Anhäufeln pro Acre 6 Dollars 60 Dollars Baumwolle zu sammeln 100 Pfd. X Dollar ... 50 10,000 Pfd. zu reinigen nnd zu pressen .... 50 Transport der 5000 Pfd. reine Baumwolle per Dampf­ boot von Richmond, St. Fclippe, Washington nach Galveston 500 Pfd. 2'/, Dollars ..... 25 Transport zur Achse von der Farm bis zum Einladcplatz, je nach Entfernung ’/tl % bis 1 Dollar ... 10 : 195 Dollars 5000 Pfd. Baumwolle geben selten mehr als 400 Dollars zu Galveston, denn meine Annahme von 8 Cents pro Pfund ist das Marimum; folglich würde man den Farmer, der am Picdrenalcs Baumwolle bauen wollte, für verrückt zu erklären haben, da er nach Arbeit und Mühe noch 160 Thaler aus die 10 Ballen baar legen müßte, um sic los zu werden. Es frägt sich nun aber, wie der Vexcin dazu kommt, in den auf seine Veranlassuug erschiene­ nen Schriften sagen zu lassen, daß der Acre Baumwolle in sei­ nen Niederlassungen den Reingewinn von 49Thlr. 17/2Sgr. ab­ wirft. Dergleichen ist doch gewiß eine Lüge und schmeckt stark nach Verlockung. Und mit Korn, mit Taback, steht cs damit besser, können diese Produkte ausgcführt werden? Gewiß nicht, denn auch diese Artikel tragen die hohe Landsracht nicht. Mit dem Import steht cö eben so und auch hier will ich den Ausweis folgen lassen.

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Gallone zu 4 Q uart.

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