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German Pages [458]
Collegium Metaphysicum Herausgeber / Editors
Thomas Buchheim (München) · Friedrich Hermanni (Tübingen) Axel Hutter (München) · Christoph Schwöbel (Tübingen) Beirat / Advisory Board
Johannes Brachtendorf (Tübingen) · Jens Halfwassen (Heidelberg) Douglas Hedley (Cambridge) · Johannes Hübner (Halle) Anton Friedrich Koch (Heidelberg) · Friedrike Schick (Tübingen) Rolf Schönberger (Regensburg) · Eleonore Stump (St. Louis)
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Ermylos Plevrakis
Das Absolute und der Begriff Zur Frage philosophischer Theologie in Hegels Wissenschaft der Logik
Mohr Siebeck
Ermylos Plevrakis, geboren 1981; 2003 Diplom in griechisch-orthodoxer Theologie (Athen); 2009 Magister Artium in Philosophie und Ev. Theologie (Heidelberg); 2016 Promotion in Philosophie (Heidelberg); derzeit Lehrbeauftragter am Philosophischen Seminar der Universität Heidelberg.
ISBN 978-3-16-155091-1 eISBN 978-3-16-155116-1 ISSN 2191-6683 (Collegium Metaphysicum) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http:// dnb.dnb.de abrufbar. © 2017 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohr.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden.
Στοὺς γονεῖς μου ἀντίδωρο τιμῆς καὶ εὐγνωμοσύνης
Vorwort Das vorliegende Buch ist das Ergebnis einer intensiven Auseinandersetzung mit der reifen Philosophie Hegels vor dem Hintergrund eines langjährigen Rätselns über die Möglichkeit einer vernünftigen Rede vom Absoluten. Im Sommersemester 2016 wurde es von der Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg als Dissertation angenommen und anschließend für die Veröffentlichung überarbeitet. Meine Dissertation hatte das Glück, auf intensivste Weise von zwei Philosophen im wahrsten Sinne des Wortes betreut zu werden. Prof. Dr. Hans Friedrich Fulda möchte ich recht herzlich für zahllose, an Scharfsinn und Differenziertheit kaum zu überbietende Kommentare und für seine gesamte fast väterliche Unterstützung danken. Prof. Dr. Anton Friedrich Koch gilt mein gleichermaßen herzlicher Dank für meisterhafte Überblicke, nachhaltige Inspiration und seinen spontanen, einzigartig dezenten Beistand. Weiter geht mein Dank an Prof. Dr. Jens Halfwassen für die freundliche Übernahme des Vorsitzes der Prüfungskommission und weitere aufschlussreiche Gespräche. Meinen Freunden Dr. Carl Sean O’Brien, Dr. Max Rohstock, Dr. Sebastian Stein, Dr. Roberto Vinco und Zhili Xiong danke ich für rege Diskussionen und Anmerkungen zu verschiedenen Teilen meiner Dissertationsschrift. Besonders dankbar bin ich all denjenigen, die mir bei der Verfassung des vorliegenden Buches sprachlich unterstützt haben: den Mitarbeitern des Programms ‚Textund Sprachberatung für internationale Doktoranden‘ der Graduiertenakademie Universität Heidelberg, den Betreuern ausländischer Studierender am Philosophischen Seminar derselben Universität sowie Myrto Chronaki und Susanna Werger, die stets bereit waren, kurzfristig, doch akribisch, längere Manuskriptpassagen durchzulesen. Dem evangelischen Studienwerk Villigst e.V. danke ich für die Promotionsförderung und die Freundschaften, die es mir ermöglichte. Außerdem möchte ich mich bei den Herausgebern der Reihe Collegium Metaphysicum für die Aufnahme meines Buches sowie bei Frau Dr. Stephanie Warnke-De Nobili für ihre Geduld und die reibungslose Kommunikation bedanken. Mein ganz besonderer Dank geht aber an Myrto für all das, was in einem Vorwort nicht erwähnt werden kann. Heidelberg, im Dezember 2016
Ermylos Plevrakis
Inhaltsverzeichnis Vorwort ...................................................................................................... VII Abkürzungsverzeichnis ............................................................................ XVI Einleitung ...................................................................................................... 1
Kapitel I: Hinführung zur Wissenschaft der Logik als dem systematischen Ort für die Untersuchung der wichtigsten Hauptbestimmungen philosophischer Theologie ............................ 15 A. Bericht über verschiedene Deutungen des Absoluten in der Philosophie Hegels ......................................................................................................... 15 1. Deutungen des Absoluten in den ersten zwei Jahrzehnten der Wirkung Hegels ....................................................................................... 17 i. Deutungen, die Hegel der Rechten zuordnen ..................................17 ii. Deutungen, die Hegel der Linken zuordnen ...................................30 iii. Zusammenfassung der Deutungen in den ersten zwei Jahrzehnten der Wirkung Hegels .......................................................................39 2. Deutungen des Absoluten während der ‚Hegel-Renaissance‘ bis in die 60er Jahre .......................................................................................... 40 i. Deutungen, die Hegel der Rechten zuordnen ..................................40 ii. Deutungen, die Hegel der Linken zuordnen ...................................48 iii. Zusammenfassung der Deutungen während der ‚Hegel-Renaissance‘ bis in die 60er Jahre ......................................57 3. Neuere und gegenwärtige Deutungen des Absoluten ............................. 57 i. Konfessionell motivierte Deutungen mit einem holistischen Anspruch .......................................................................................58 ii. Deutungen, die auf die religionsphilosophischen Vorlesungen fokussieren .....................................................................................63 iii. Deutungen, die die Logik in den Mittelpunkt setzen .......................68 iv. Zusammenfassung der neueren und gegenwärtigen Deutungen ......79 4. Reflexionen zum Vorgehen der vorliegenden Untersuchung ................. 80 B. Die Logik in der Perspektive der enzyklopädischen Geistphilosophie ..... 82 1. Ausgangspunkt der Geistphilosophie ...................................................... 82
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Inhaltsverzeichnis
i. Der Begriff des Geistes ..................................................................82 ii. Der Begriff des Geistes und die Suche nach philosophischer Theologie .......................................................................................88 2. Die Entwicklung des Geistes ................................................................... 90 i. Endlicher und unendlicher Geist ....................................................90 ii. Der Übergang vom objektiven in den absoluten Geist ....................95 iii. Die Entwicklung des Geistes und die Erhebung zu Gott ...............101 3. Der absolute Geist ................................................................................. 105 i. Die Bestimmung des absoluten Geistes ........................................105 ii. Der absolute Geist, die absolute Idee und Gott: Überleitung zur philosophisch-theologischen Untersuchung der Logik ..................111 C. Methodologische Vorbemerkungen zur philosophisch-theologischen Untersuchung der Logik............................................................................. 115 1. Die Unzulänglichkeit der Urteilsform ................................................... 115 2. Eine Antizipation der Methode logischen Erkennens ........................... 119 3. Die Definitionen Gottes oder des Absoluten als Beiwerk der Logik und die Logik in der „Bedeutung speculativer Theologie“ .................. 123 Vorbemerkungen zum Aufbau der nun folgenden Untersuchung ............ 128
Kapitel II: Philosophische Theologie in der objektiven Logik: Der werdende absolute Begriff als Auslegung des Absoluten .. 133 A. Die unvollendete Auslegung des Absoluten .......................................... 133 1. Sein......................................................................................................... 133 i. Die logische Bestimmung ‚Sein‘ ..................................................133 Episodischer Abschnitt: Das Sein als Definition des Absoluten oder als der logische Kern bestimmter metaphysischer Auffassungen ....................................................................................138 2. Dasein .................................................................................................... 144 i. Die logische Bestimmung ‚Dasein‘ ..............................................144 Episodischer Abschnitt: Das Dasein als Definition des Absoluten oder als der logische Kern bestimmter metaphysischer Auffassungen ....................................................................................148 3. Fürsichsein ............................................................................................. 152 i. Die logische Bestimmung ‚Fürsichsein‘ .......................................152 Episodischer Abschnitt: Das Fürsichsein als Definition des Absoluten oder als der logische Kern bestimmter metaphysischer Auffassungen ....................................................................................155
Inhaltsverzeichnis
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4. Größe ...................................................................................................... 157 i. Die logische Bestimmung ‚Größe‘ ...............................................157 Episodischer Abschnitt: Die Größe als Definition des Absoluten oder als der logische Kern bestimmter metaphysischer Auffassungen ....................................................................................159 5. Maß ........................................................................................................ 163 i. Die logischen Bestimmungen ‚Maß‘ und insbesondere ‚absolute Indifferenz‘ ...................................................................163 ii. Die absolute Indifferenz als rein logische Absolutheitskonzeption: Das ansichseiende Absolute ...................167 Episodischer Abschnitt: Das Maß als Definition des Absoluten oder als der logische Kern bestimmter metaphysischer Auffassungen .......171 6. Vorbemerkungen über das Wesen im Anschluss an das Sein .............. 173 i. Die logische Bestimmung ‚Wesen‘ ..............................................173 ii. Das Wesen als rein logische Absolutheitskonzeption: Das fürsichseiende Absolute................................................................177 iii. Episodischer, aber nicht nur episodischer Abschnitt: Das Wesen und die Logik der exoterischen Ebene philosophisch-theologischer Untersuchung der Logik ..................179 7. Schein ..................................................................................................... 181 i. Die logische Bestimmung ‚Schein‘ ..............................................181 Episodischer Abschnitt: Der Schein als Definition des Absoluten oder als der logische Kern bestimmter metaphysischer Auffassungen ....................................................................................184 8. Die Reflexionsbestimmungen ............................................................... 187 i. Die logischen Bestimmungen ‚Identität‘ und ‚realer Grund‘ ........187 Episodischer Abschnitt: Die Identität und der reale Grund als Definitionen des Absoluten oder als die logischen Kerne bestimmter metaphysischer Auffassungen .........................................190 9. Erscheinung ........................................................................................... 191 i. Die logischen Bestimmungen ‚Existenz‘ und ‚Verhältnis von Kraft und ihrer Äußerung‘ .....................................................191 Episodischer Abschnitt: Die Existenz und das Verhältnis von Kraft und ihrer Äußerung als Definitionen des Absoluten oder als die logischen Kerne bestimmter metaphysischer Auffassungen ...............194 ii. Die logische Bestimmung des Verhältnisses des Äußeren und Inneren und der Fortgang in das Absolute ....................................197 B. Das Absolute ........................................................................................ 201 1. Die Auslegung des Absoluten ............................................................... 202 i. Die logische Bestimmung ‚das Absolute‘ .....................................202
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Inhaltsverzeichnis
ii. Das Absolute als rein logische Absolutheitskonzeption I: Die Forderung, die objektive Logik als Auslegung des Absoluten zu betrachten ....................................................................................207 Zwischenbemerkung zum bedeutsamen Stand und Aufbau der vorliegenden Untersuchung ....................................................................... 212 iii. Das Absolute als rein logische Absolutheitskonzeption II: Die unvollendete Auslegung des Absoluten .........................................216 2. Das absolute Attribut ............................................................................. 220 i. Die logische Bestimmung ‚das absolute Attribut‘ ........................220 ii. Das absolute Attribut als rein logische Absolutheitskonzeption ...222 3. Der Modus des Absoluten ..................................................................... 223 i. Die logische Bestimmung ‚der Modus des Absoluten‘ .................223 ii. Der Modus des Absoluten als rein logische Absolutheitskonzeption.................................................................224 4. Das Absolute als die genuine objektivlogische Absolutheitskonzeption .......................................................................... 227 i. Das ansichseiende, das fürsichseiende und die exponierte logische Bestimmung ‚das Absolute‘ ............................................227 ii. Das logische Defizit des Absoluten: Ontotheologie ......................230 Episodischer Abschnitt: Das Absolute als der logische Kern bestimmter metaphysischer Auffassungen .............................................233 iii. Episodischer, aber nicht nur episodischer Abschnitt: Das Absolute und die Logik der exoterischen Ebene philosophisch-theologischer Untersuchung der Logik ..................236 C. Die vollendete Auslegung des Absoluten .............................................. 241 1. Wirklichkeit ........................................................................................... 241 i. Die logische Bestimmung ‚absolute Notwendigkeit‘ ....................241 ii. Die absolute Notwendigkeit in der Perspektive der rein logischen Absolutheitskonzeption ‚das Absolute‘ .........................247 Episodischer Abschnitt: Die absolute Notwendigkeit als Definition des Absoluten oder als der logische Kern bestimmter metaphysischer Auffassungen ...........................................................251 2. Das absolute Verhältnis ......................................................................... 252 i. Die logischen Bestimmungen ‚absolutes Verhältnis‘ und insbesondere ‚Kausalitätsverhältnis‘ ............................................252 ii. Das absolute Verhältnis in der Perspektive der rein logischen Absolutheitskonzeption ‚das Absolute‘ .........................................255 Episodischer Abschnitt: Das Kausalitätsverhältnis als Definition des Absoluten oder als der logische Kern bestimmter metaphysischer Auffassungen ...........................................................258
Inhaltsverzeichnis
XIII
Kapitel III: Philosophische Theologie und der Begriff als solcher: Der absolute Begriff ............................................................... 261 Vorüberlegungen zum Begriff im Allgemeinen ....................................... 261 1. Der Terminus ‚Begriff‘ ..................................................................261 2. Der Begriff als Nachfolgebestimmung des Absoluten ....................264 i. ‚Absolutes‘ und ‚Begriff‘: Eine terminologische Abgrenzung ... 264 ii. Objektive und subjektive Logik im Verhältnis zur Metaphysik.. 267 3. Episodischer, aber nicht nur episodischer Abschnitt: Der Begriff im Allgemeinen und die Logik der exoterischen Ebene philosophisch-theologischer Untersuchung der Logik .........270 Vorbemerkungen zur Bedeutsamkeit und dem Ziel der Untersuchung des Begriffs als solchen ............................................................................. 272 1. Auf der ersten Ebene .....................................................................273 2. Auf der zweiten Ebene ...................................................................274 3. Auf der dritten Ebene ....................................................................276 A. Der allgemeine Begriff ......................................................................... 277 1. Die logische Bestimmung ‚allgemeiner Begriff‘ .................................. 277 i. Die mit sich identische Bestimmtheit der „totalen Reflexion“ bzw. des „Doppelscheins“ ............................................................278 ii. Das erste Moment begreifenden Denkens ....................................283 2. Der allgemeine Begriff als rein logische Absolutheitskonzeption: Die Forderung, die Logik insgesamt aus der Sicht des Begriffs als solchen zu lesen ..................................................................................... 285 i. Formelle und inhaltliche Betrachtung des allgemeinen Begriffs ..285 ii. „Totale Reflexion“ bzw. „Doppelschein“ und die Zweiteilung der Logik .....................................................................................287 iii. Philosophisch-theologisches Zwischenresümee ............................291 Episodischer Abschnitt: Der allgemeine Begriff als Definition des Absoluten oder als der logische Kern bestimmter metaphysischer Auffassungen .........................................................................................292 B. Der besondere Begriff ........................................................................... 294 1. Die logische Bestimmung ‚besonderer Begriff‘ ................................... 294 i. Zum logischen Fortgang des allgemeinen in den besonderen Begriff .........................................................................................294 ii. Abgrenzung des besonderen Begriffs von seins- und wesenslogisch inspirierten Deutungen desselben .........................296 iii. Die sich in sich unterscheidende Bestimmtheit der „totalen Reflexion“ bzw. des „Doppelscheins“ ..........................................300
XIV
Inhaltsverzeichnis
iv. Das zweite Moment begreifenden Denkens ..................................304 2. Der besondere Begriff als rein logische Absolutheitskonzeption: Erläuterung der Forderung, die Logik insgesamt aus der Sicht des Begriffs als solchen zu lesen ................................................................. 305 i. Formelle und inhaltliche Betrachtung des besonderen Begriffs....305 ii. Die „wahrhafte Eintheilung“ der Logik insgesamt ......................307 Textanalyse der Passage über die „wahrhafte Eintheilung“ ........ 307 Zwischenüberlegung zur Bestimmung einer „wahrhaften Eintheilung“ der Logik ................................................................ 312 Die „wahrhafte Eintheilung“ als der Aufbau der Logik............... 315 Zusammenfassung ........................................................................ 321 iii. Die wahrhafte Lesart der Logik insgesamt ..................................322 Vorbemerkungen .......................................................................... 322 Begriffliche Grundlagen für eine wahrhafte Lesart der objektiven Logik ........................................................................... 324 Die wahrhafte Lesart der objektiven Logik .................................. 329 Wahrhafte Lesart und „wahrhafte Eintheilung“: Eine Skizze ...... 330 Begriffslose Begriffe .................................................................... 334 Die wahrhafte Lesart der subjektiven Logik ................................. 336 Weitere Akzentuierungen der wahrhaften Lesart .......................... 338 iv. Philosophisch-theologisches Zwischenresümee ............................339 C. Das Einzelne ......................................................................................... 343 1. Die logische Bestimmung ‚Einzelnes‘ .................................................. 343 i. Die konkret mit sich identische Bestimmtheit der „totalen Reflexion“ bzw. des „Doppelscheins“ ..........................................343 ii. Das Einzelne als die Rückkehr des Begriffs als solchen in sich selbst ............................................................................................345 iii. Das Einzelne als der Verlust des Begriffs als solchen ..................349 iv. Das dritte Moment begreifenden Denkens ...................................352 2. Das Einzelne als rein logische Absolutheitskonzeption: Überblick über die Forderung, die Logik insgesamt aus der Sicht des Begriffs als solchen zu lesen ............................................................................... 354 i. Einige Bemerkungen über das Einzelne und die wahrhafte Lesart der Logik insgesamt sowie die objektive Logik insbesondere ................................................................................354 ii. Der Verlust des Begriffs als solchen und die Zweiteilung der Logik ...........................................................................................354 iii. Der Verlust des Begriffs als solchen und die wahrhafte Lesart der subjektiven Logik ...................................................................357 iv. Philosophisch-theologisches Zwischenresümee ............................362
Inhaltsverzeichnis
XV
D. Der Begriff als solcher als die genuine rein logische Absolutheitskonzeption .............................................................................. 363 1. Der Begriff als solcher und die Antizipation der Methode logischen Erkennens .............................................................................................. 363 2. Der Begriff als solcher und das Absolute: ein Vergleich ..................... 366 i. Die genuine rein logische und die genuine objektivlogische Absolutheitskonzeption.................................................................366 ii. Zweierlei Metaüberlegungen ........................................................369 iii. Ein begriffliches Rangverhältnis ..................................................374 3. Der Ausdruck ‚absoluter, göttlicher Begriff‘ ........................................ 376 4. Der Verdacht der Subjektivität .............................................................. 379 5. Episodischer, aber nicht nur episodischer Abschnitt: Der Begriff als solcher und die Logik der exoterischen Ebene philosophischtheologischer Untersuchung der Logik ................................................. 380 Episodischer Abschnitt: Der Begriff als solcher als Definition des Absoluten oder als der logische Kern bestimmter metaphysischer Auffassungen .........................................................................................384 Fazit und Ausblick .................................................................................... 386 Fazit: Der absolute Begriff als als das Ergebnis der hegelschen rein logischen Grundlagenforschung zum begrifflichen Fundament jeder vernünftig artikulierten Gotteslehre ....................................................... 386 Ausblick: Die Realisierung des Begriffs ................................................... 409 Anhang: Tabelle mit den Hauptpunkten der drei Ebenen philosophischtheologischer Untersuchung der Logik ....................................................... 414 Literaturverzeichnis ................................................................................... 423 Texte Hegels .............................................................................................. 423 Ausgewählte Literatur ............................................................................... 423 Register ..................................................................................................... 435 Personenregister ......................................................................................... 435 Sachregister ................................................................................................ 435
Abkürzungsverzeichnis
§ (Ziffer)
Enz.
¹§ (Ziffer)
§ (Ziffer) A
§ (Ziffer) Z
BL
PhG SL
TWA 17
TWA 20
Paragraf aus: Hegel G. W. F., Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse (1830), Friedhelm Nicolin/Otto Pöggeler (Hgg.), Hamburg 1991. Hegel G. W. F., „Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse (1830)“, in: Gesammelte Werke, Bd. 20. Paragraf aus: Hegel G. W. F., „Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse (1817)“, in: Gesammelte Werke, Bd. 13. Anmerkung zu Paragraf aus: Hegel, G. W. F., Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse (1830), Friedhelm Nicolin/Otto Pöggeler (Hgg.), Hamburg 1991. Zusatz zu Paragraf aus: Hegel, G. W. F., „Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse (1830)“, in: Werke in zwanzig Bänden. Theorie-Werkausgabe, Bd. 8–10. Hegel, G. W. F., „Wissenschaft der Logik. Zweiter Band: Die subjektive Logik (1816)“, in: Gesammelte Werke, Bd. 12. Hegel, G. W. F., „Phänomenologie des Geistes“, in: Gesammelte Werke, Bd. 9. Hegel, G. W. F., „Wissenschaft der Logik. Erster Teil: Die objektive Logik. Erster Band: Die Lehre vom Sein (1832)“, in: Gesammelte Werke, Bd. 21. Hegel, G. W. F., „Vorlesungen über die Beweise vom Dasein Gottes“, in: Werke in zwanzig Bänden, Bd. 17. Hegel, G. W. F., „Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie“, in: Werke in zwanzig Bänden, Bd. 20.
Abkürzungsverzeichnis
VANM 3
VANM 4a
VANM 7
VANM 10
WL
XVII
Hegel, G. W. F., „Vorlesungen über die Philosophie der Religion. Teil 1: Einleitung; Der Begriff der Religion“, in: Vorlesungen. Ausgewählte Nachschriften und Manuskripte, Bd. 3. Hegel, G. W. F., „Vorlesungen über die Philosophie der Religion. Teil 2: Die bestimmte Religion“, in: Vorlesungen. Ausgewählte Nachschriften und Manuskripte, Bd. 4a. Hegel, G. W. F., „Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie. Teil 2: Griechische Philosophie I Thales bis Kyniker“, in: Vorlesungen. Ausgewählte Nachschriften und Manuskripte, Bd. 7. Hegel, G. W. F., „Vorlesungen über die Logik: Berlin 1831. Nachgeschrieben von Karl Hegel“, in: Vorlesungen. Ausgewählte Nachschriften und Manuskripte, Bd. 10. Hegel, G. W. F., „Wissenschaft der Logik. Erster Band: Die objektive Logik (1812/1813). Zweites Buch: Die Lehre vom Wesen“, in: Gesammelte Werke, Bd. 11.
Einleitung 1. ‚Philosophische Theologie‘ – dieser Ausdruck soll auf eine Grenzdisziplin zwischen Philosophie und Theologie hinweisen. Worin liegen aber das Fundament und der Gegenstand dieser Disziplin? Inwiefern handelt es sich dabei um eine Philosophie und inwiefern um eine Theologie? Ist denn eine distinkte und zugleich unparteiische Disziplin überhaupt denkbar, die sowohl der Philosophie als auch der Theologie substantielle Erkenntnisse liefert, ohne gegen deren so verschiedene Prinzipien zu verstoßen? ‚Theologie‘ steht – so viel lässt sich intuitiv erkennen – für den λόγος des θεός. Ist aber λόγος als die Rede, als eine Lehre oder vielleicht als die Vernunft und Logik zu verstehen? Was die Deutung des Wortes ‚θεὸς‘ betrifft, so stellt sie ohnehin die zentrale und strittigste Frage aller Theologie dar. Eines kann aber bei der ersten Begegnung mit der Bezeichnung ‚Theologie‘ vorausgesetzt werden: Gott ist etwas, das allen gewöhnlichen, empirischen Genständen insgesamt substantiell überlegen ist. Die Hauptproblematik von ‚Theologie‘ hängt jedoch mit dem Genitiv zusammen, der λόγος und θεὸς verbindet: Ist er als Genitivus obiectivus oder ein Genitivus subiectivus zu verstehen? Handelt es sich denn um die Rede und Lehre über Gott oder um die Rede und Lehre Gottes von sich selbst? Unterliegt diese Rede der eigenen, subjektiven Logik des Redners oder ist ‚Theologie‘ im radikalen Sinne als die göttliche Vernunft und Logik bzw. als das ungetrübte Sich-Künden Gottes und Selbstartikulation dessen anzunehmen, was er als solcher ist? Vom Wortlaut her lassen sich jedenfalls aus ‚Theologie‘ all diese Deutungen ableiten. ‚Philosophie‘ ist hingegen unschwer als ‚Liebe zur Weisheit‘ und (darin wohl auch) ‚zu Wissen‘ wiederzugeben. Damit wirkt die Philosophie insofern bescheidener als die Theologie, als sie sich zunächst auf eine subjektive Disposition und Zielsetzung beschränkt, die nicht einmal den Anspruch erhebt, als bzw. für eine bestimmte Lehre auf- bzw. einzutreten – geschweige denn als eine Lehre von Gott. Die Probleme, die bei der Deutung von ‚Philosophie‘ auftreten, rühren jedoch vom zu erstrebenden Wissen her, welches auch für die Bestimmung der gleichermaßen zu erstrebenden und aus diesem Wissen entspringenden tugendhaften Lebenshaltung der Weisheit wesentlich ist. Zugleich ist es aber besonders interessant, dass dieses Wissen eine zweifache Nähe der ‚Philosophie‘ zur ‚Theologie‘ vermuten lässt. Denn einerseits, so ungenau die angedeutete Liebe auch sein mag, richtet sie sich explizit nicht auf die bloße Meinung oder den Glauben, sondern auf das Wissen, welches, sofern es ein Wissen und nicht etwa ein Irrtum oder eine Täuschung ist, als das wahre Wissen akzentuiert werden muss. Dabei lautet die zentrale Frage: Wie kann ein
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Einleitung
solches Wissen erlangt werden? Das wahre Wissen geht nämlich mit der Forderung nach einer adäquaten Methode und Logik der Wissensweise einher, was der Logik- und Vernunft-Dimension von ‚Theologie‘ zumindest axiomatisch nicht widerspricht. Andererseits ist Wissen immer das Wissen von etwas, beispielsweise von der Natur, von mathematischen Formeln etc., sodass seine Wahrheit wesentlich auch von diesem Gegenstand abhängt. In ‚Philosophie‘ wird aber das Wissen nicht nur als das wahre Wissen angedeutet, sondern auch als Wissen überhaupt: Zum einen spielt ein Gegenstandsbezug hinein, der dem Anspruch nach sogar ein stets wahr bleibender sein soll, zum anderen bleibt dieser Gegenstandsbezug aber vorerst unthematisch. So scheint ‚Philosophie‘ einen außergewöhnlichen Wissensgegenstand zu postulieren: Es handelt sich dabei um einen Gegenstand, kraft dessen sich ‚Philosophie‘ als beständig wahres Wissen behaupten können muss, gleichzeitig aber ist das Wissen überhaupt von diesem Gegenstand nicht ausdrücklich unterschieden. Als ein solcher außergewöhnlicher Wissensgegenstand können aber auch Gott oder das Absolute verstanden werden, sodass ‚Philosophie‘ paronymisch betrachtet eine zweite signifikante Nähe zu ‚Theologie‘ aufweisen kann. Vor diesem Hintergrund kann dann ‚philosophische Theologie‘ als eine Lehre von Gott oder als eine Artikulation der göttlichen Logik verstanden werden, die von der einfachen Liebe zum Wissen motiviert ist, d.h., auf methodische Stringenz setzt und zwischen Wissen und Wissensgegenstand keinen wesentlichen Unterschied macht. Die Ambivalenz und die damit einhergehende Problematik des Genitivs, der im Ausdruck ‚Theologie‘ verborgen ist, bleibt auch hier erhalten: Auch bei der Bezeichnung ‚philosophische Theologie‘ bleibt offen, ob es ein menschliches Subjekt oder Gott selbst ist, der über Gott und die göttliche Logik lehrt. Ferner versteht es sich fast von selbst – ist jedoch von großer Bedeutung nicht zuletzt für das Verständnis der philosophischen Theologie, wie sie im vorliegenden Buch thematisiert wird –, dass ‚philosophische Theologie‘ prinzipiell keine bestimmte philosophische Theologie, keine bestimmte Theologie und keine bestimmte Philosophie bedeutet, sondern die philosophische Theologie überhaupt. Diese Lehre Gottes darf mit keiner Religion, keiner positiven Offenbarung und keiner einseitig-philosophischen Annahme gefärbt sein, die andere Ansätze a limine ausschließt; oder, wenn es Gott ist, der sich artikuliert, darf diese Selbstartikulation weder einseitig auf den Menschen oder dessen Heilung gerichtet sein noch von irgendetwas Außergöttlichem affiziert werden. Dieser radikale Anspruch der Grenzdisziplin namens ‚philosophische Theologie‘ muss deutlich sein, bevor der philosophisch-theologisch Interessierte beginnt, ihre Spezifikationen ins Visier zu nehmen. 2. Aus historischer Sicht stellt die Bezeichnung ‚philosophische Theologie‘ den Appell dar, zwei Disziplinen wieder zu vereinen, die üblicherweise als distinkte behandelt werden, sodass sich ‚philosophische Theologie‘ teilweise als eine Provokation anhört. Im antiken Verständnis und sofern ‚Theologie‘ nicht
Einleitung
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pejorativ im Sinne von ‚Mythologie‘ verwendet wurde, kohärierten Philosophie und Theologie so sehr, dass etwa Aristoteles die Rede von Gott als die Kulmination seiner Ersten Philosophie würdigen konnte. Einerseits hob er sie nämlich von den übrigen philosophischen Fächern ab, andererseits nahm er sie als wahre Philosophie, ja als die vollendete Form alles Erkennens und Lebens wahr. Durch die christliche Einführung der göttlichen Offenbarung als der Quelle metaphysischer oder anderweitig religiöser Erkenntnis wurde jedoch entscheidend zwischen zwei Disziplinen unterschieden, die sich zwar in vielerlei Hinsicht gegenseitig ergänzten, gleichwohl in einem deutlichen Rang- und Begründungsverhältnis zueinander standen. Dabei besaß die Theologie das unbestrittene Recht, den Gegenstand und das Ziel der Philosophie zu bestimmen, sodass von der Philosophie ausgehende Vermittlungsversuche zwischen diesen beiden Disziplinen den Charakter einer für die Theologie engagierten Philosophie hatten. Philosophische Theologie wurde in diesem Sinne als dasjenige kontrollierte Überschreiten der Grenze zwischen Sinnlichem und Metaphysischem verstanden, welches das Metaphysische mit philosophischen Mitteln untermauern musste. 1 Mit der Moderne entwickelt sich die Spannung zwischen Philosophie und Theologie von einem Rang- zu einem Konkurrenzverhältnis. Spätestens seit Kant versteht sich die Philosophie als emanzipiert von der Theologie, wobei Letztere nach externer Legitimation und Nützlichkeit – wenn überhaupt danach gefragt wird – immer mehr in der Religion, nicht aber in der Philosophie sucht. Philosophische Theologie scheint dabei in beiderlei Hinsicht unzureichend zu sein: Die Philosophie kritisiert gewöhnlich eine Unschlüssigkeit und mangelnde Vernünftigkeit der philosophischen Theologie zugunsten theologischer 1
Es ist das Verständnis von diesen philosophischen Mitteln, auf welches die Alternativbezeichnungen der philosophischen Theologie zurückgehen: Die natürliche Theologie sah sich vor die Aufgabe gestellt, zum metaphysischen Bereich zu führen, ausgehend von der Betrachtung von Gegenständen, die allen Menschen zugänglich sind, unabhängig davon, ob sie der christlichen (übernatürlichen) Offenbarung teilhaftig sind oder nicht. Solche Gegenstände sind die empirische Realität insgesamt, also die Natur, und die Vernunft, also die Natur des Menschen. Der Ausdruck rationale Theologie setzte ferner den Akzent nicht auf den (nicht übernatürlichen) Ausgangspunkt der Betrachtung, sondern auf die (nicht übernatürliche) Art und Weise der Hinführung zum Gebiet der Metaphysik, d.h. auf das Räsonnement oder das diskursive Denken, was häufig rationale Axiome voraussetzte. Entsprechend unterscheidet sich auch das (spätere und nicht immer unter der Bedingung christlicher Offenbarung entwickelte) Konzept der spekulativen Theologie von der philosophischen Theologie überhaupt: Als Mittel für die Hinführung zum Metaphysischen (aber auch für die Untersuchung desselben) dient ein spezifisches, nicht nur räsonierendes Denken, nämlich das spekulative oder die spekulative Vernunft. Der polemische Aspekt dieser besonderen Akzentuierungen philosophischer Theologie schließlich – dass die Theologie, sofern sie nicht philosophisch ist, naturwidrig, irrational oder nicht-spekulationstauglich, sei – möge hier dahingestellt bleiben.
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Überzeugungen, während die Theologie bei jener oft übermäßige Vernunft und Logizismus beklagt. Da schließlich die Postmoderne ohnehin auf der Abscheu gegen alle Metaphysik beruht, und die analytische Philosophie immer noch von der Auffassung geprägt zu sein scheint, metaphysische Fragestellungen seien sinnlos, besteht heute ein weitgehender Konsens darüber, dass die Aufforderung zu einer philosophischen Theologie nicht nur unzeitgemäß, sondern eine contradictio in adjecto sei. 3. Georg Wilhelm Friedrich Hegel setzt sich mit der theologischen Thematik in einer philosophischen und an Differenziertheit, Ausführlichkeit und Systematizität kaum zu übertreffenden Weise auseinander. Dabei leistet er einen innovativen Beitrag, der – wie der Verfasser dieses Buches glaubt – neue und heute nicht zuletzt angesichts der weltpolitischen Ereignisse der letzten Jahrzehnte dringend benötigte Maßstäbe für alle philosophisch-theologischen, religionsphilosophischen und interreligiösen Debatten setzt. Einerseits spitzt er ‚Theologie‘ als Lehre und vernünftige Artikulation Gottes (in beiden möglichen Deutungen des Genitivs) zu, indem er ‚Gott‘ an zahlreichen, aber auch zentralen Stellen seines Werks erwähnt, und dadurch signalisiert, dass er Gott nicht nur einen außerordentlichen Status zuerkennt, sondern dass es dem hegelschen System der spekulativen Philosophie letztendlich insbesondere auf das Begreifen Gottes ankommt. So beginnt die Enzyklopädie mit der Feststellung, dass die Philosophie (wie auch die Religion) Gott im Sinne der einen Wahrheit zum Gegenstand hat (§ 1), und schließt plakativ mit einem Aristoteles-Zitat aus Metaphysik Λ über Gott als das Denken des Denkens, während die Wissenschaft der Logik in ihrer Einleitung bekanntlich auch als „die Darstellung Gottes“ bezeichnet wird, „wie er in seinem ewigen Wesen vor der Erschaffung der Natur und eines endlichen Geistes ist“ (SL: 34,9f.). Andererseits treibt Hegel die paronymische Forderung von ‚Philosophie‘ an ihre Grenzen, indem er sich nicht mit der „Liebe zum Wissen“ zufrieden gibt – von welcher auch die Bedeutung einer ‚Liebe zur Weisheit‘ abhängt –, sondern nach „wirkliche[m] Wissen“ verlangt und sich explizit vornimmt, die Philosophie zur „Wissenschaft“ zu erheben (PhG 11,24–12,2). Bereits solche rudimentären Bemerkungen weisen auf eine spannende Zusammengehörigkeit des hegelschen Denkens und der philosophischen Theologie hin und lassen ahnen, weshalb dieses Denken in der Philosophie und der Theologie gleichermaßen äußerst fruchtbar und zugleich strittig aufgenommen werden konnte. 4. So zentral aber Gott für das hegelsche System der Philosophie auch sein mag, und so differenziert es auch ausgearbeitet ist, findet sich in diesem System keine Abhandlung, die explizit der Theologie oder der philosophischen Theologie gewidmet ist. Wer daher mehr über Hegels Ansichten zu Gott und seinem Beitrag zur philosophisch-theologischen Debatte erfahren möchte, der steht zunächst ratlos vor einem kryptischen Gedankensystem, das große Erkenntnisse verspricht, aber keine Hinweise gibt, wo man mit der Suche danach
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beginnen sollte. Die Konfusion steigert sich fatalerweise noch, wenn man einen ersten Blick auf das Korpus des durch Hegel selbst, durch seine Schüler oder später durch die Hegelforschung veröffentlichten Werks wirft. Für große Verwirrung sorgt zunächst die umfangreich (in Vorlesungen, aber auch in der Phänomenologie und Enzyklopädie) ausgearbeitete hegelsche Religionsphilosophie, die im Zuge der Untersuchung verschiedener Religionen auch Gott problematisiert. Bei solcher Betrachtung Gottes handelt es sich aber nicht primär um dessen Begriff oder um Hegels eigene philosophisch-theologische Ansichten, sondern um Ausführungen hermeneutischer Art über verschiedene Vorstellungen von Gott, die kaum etwas aussagen über ihr Verhältnis zu anderen Kontexten der systematischen Philosophie Hegels, in welchen der Ausdruck ‚Gott‘ ebenfalls fällt. Die anfängliche Orientierungslosigkeit wird auch nicht behoben durch die Beobachtung, dass eine Vielzahl von Definitionen des Absoluten – oder wahlweise Gottes (vgl. § 85) – überall im System, vor allem aber in der enzyklopädischen Fassung der Logik, verteilt ist. Jede dieser Definitionen knüpft an einen systematisch erzeugten Gedanken an und figuriert als eine deutliche Antwort auf die Gottesfrage bei Hegel. Eine Pluralität von Definitionen derselben Sache widerspricht aber pauschal der Gültigkeit jeder einzelnen Definition und reduziert sie bestenfalls auf indifferent nebeneinander geltende – wenn nicht sich gegenseitig ausschließende – Feststellungen. So ist es grundsätzlich problematisch, wenn die Suche nach Hegels genuinem Gottesbegriff und nach seiner Weise, diesen Begriff zu exponieren, sich allein an solchen Definitionen ausrichtet oder sich darin sogar erschöpft. Zur Konfusion trägt schließlich auch Hegels übliche – und sicherlich nicht unreflektierte – Sprachpraxis bei, nach der er Ausdrücke gebraucht, die eine religiöse oder theologische Konnotation haben. Dazu gehören etwa die Rede vom „Offenbaren“ des Geistes (§ 384), von „Gefäßen seiner Ehre“ beim Übergang in den absoluten Geist (§ 552) sowie die Bezeichnung ‚absoluter Geist‘ und die Beschreibung des Übergangs von der absoluten Idee in die Naturphilosophie (§ 244). Der philosophisch-theologisch interessierte Leser Hegels wird demnach zunächst einmal mit der Tatsache konfrontiert, dass Hegel den intuitiven Zugang zu seinem Denken über Gott versperrt, indem er eher zu viele philosophisch-theologische Andeutungen macht. Die Zugangsproblematik hängt des Weiteren mit der Methodenfrage zusammen. Denn mit der Wahl des Zugangs wird eine Vorentscheidung in Bezug auf das Philosophische bzw. Theologische des methodischen Ansatzes getroffen, was den Grundcharakter der Grenzdisziplin ‚philosophische Theologie‘ bei Hegel entsprechend vorwegbestimmt. Wenn als Ausgangspunkt der Untersuchung die Religionsphilosophie und eine bestimmte – in der Regel die christliche – Gottesvorstellung genommen werden, so wird Hegels philosophische Theologie als eine theologisch motivierte Hermeneutik bestimmter theologi-
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scher Annahmen verstanden. Das philosophische Element beschränkt sich dabei bestenfalls auf ein hermeneutisches Instrument. Im äußersten Fall kann sogar aus dieser Sicht die gesamte Philosophie Hegels als das Ergebnis und die Konsequenz der vorausgesetzten Gottesvorstellung interpretiert werden. Wenn ferner eine der im hegelschen System vorhandenen Definitionen ausgesucht wird, dann ist es ein bestimmter philosophischer Gedanke, der an die Stelle Gottes gesetzt wird. In diesem Fall ist es umgekehrt die Philosophie, welche die Theologie substituiert – allerdings eine bestimmte Philosophie bzw. ein einzelner philosophischer Gedanke. Denn zum einen nimmt die Philosophie für sich in Anspruch, den Hauptgegenstand der Theologie zu liefern, und zum anderen besteht dieser Gegenstand nicht in der reinen Liebe zum Wissen überhaupt, sondern in einem Produkt dieser Liebe, sodass auch dies keinen Fall konsequenter philosophischer Theologie darstellt. Wenn man sich aber schließlich allein an den theologisch konnotierten Formulierungen Hegels orientiert, so wird die eigentliche Systematik hegelschen Denkens schlicht ausgeblendet, und es hängt allein vom theologischen Vorwissen und der persönlichen Vorliebe oder Willkür des Lesers ab, ob Hegels philosophische Theologie und sein gesamtes Denken im Sinne einer Philosophie oder einer Theologie gedeutet werden. 5. Mit dem Problem des Ausgangspunkts und des methodischen Ansatzes der philosophisch-theologischen Untersuchung bei Hegel beschäftigt sich das Kapitel I dieses Buches. Den Rahmen dieser Untersuchung bildet die reife Auffassung des hegelschen Systems, also das von Hegel publizierte Werk sowie die dieses begleitenden und uns sekundär überlieferten Vorlesungen zu einzelnen Themengebieten, bzw. Zusätze zu Paragrafen der Enzyklopädie. Beabsichtigt wird damit im Folgenden eine textimmanente, reproduktiv verdeutlichende Untersuchung der sich in diesem Rahmen befindenden systematisch-philosophischen Gedanken Hegels über Gott. Historische Bezüge auf den philosophischen oder auch persönlichen Werdegang Hegels sowie auf das Gedankengut, das sein Denken vermutlich beeinflusst hat – d.h. Bezüge, die dazu führen können, mögliche Inkohärenzen oder die Originalität dieses Denkens zu vertuschen –, werden von der vorliegenden Studie bewusst vermieden. Nachdem im ersten Unterkapitel (I.A.) über die wichtigsten philosophischtheologischen Untersuchungen bei Hegel und deren Schwierigkeiten berichtet wird, wird in I.B. die These herausgearbeitet, dass Hegel mit seiner Geistphilosophie und insbesondere mit der Philosophie des absoluten Geistes einen deutlichen systemimmanenten Hinweis darauf liefert, welcher Teil des enzyklopädisch aufgebauten Systems die erste Adresse für die Suche nach philosophischer Theologie darstellt. Dieser Teil nämlich ist weder die Philosophie des absoluten Geistes noch die der Religion, sondern die Wissenschaft der Logik. In I.C. werden alsdann vorläufige methodologische Überlegungen angestellt, die dem Sachverhalt Rechnung tragen, dass die systemimmanente Lizenz, die
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Logik in Bezug auf philosophische Theologie zu untersuchen, noch keine Logik-immanente ist. Dabei gilt als oberstes Prinzip, die radikale Voraussetzungslosigkeit und Autonomie der Logik zu respektieren und lediglich in dieser nach philosophischer Theologie zu suchen, sie aber nicht kurzerhand als philosophische Theologie zu lesen. Vorläufige, doch aufschlussreiche Auskunft darüber, wie das möglich ist, gibt uns § 85 der Enzyklopädie, sodass schließlich in den Vorbemerkungen am Ende von Kapitel I ein Überblick über den Aufbau der bevorstehenden Auseinandersetzung mit der Logik verschafft werden kann. 6. Davon ausgehend exponiert und rechtfertigt die vorliegende Studie ihren methodischen Ansatz und ihr Vorgehen – nicht wie es die Konvention will, sondern wie es der Verlauf der Logik gebietet – schrittweise an verschiedenen Stellen der Kapitel II und III. Dementsprechend kann auch die jetzige Einleitung nicht ein für alle Mal auf alles Nachfolgende vorbereiten. Sie setzt sich vielmehr in Abschnitten fort, die im Titel Ausdrücke wie ‚Vorüberlegung‘ oder ‚Zwischenbemerkung‘ enthalten und sogar, da sie eben die Einleitung fortsetzen und die Auslegung des hegelschen Textes unterbrechen, teilweise nicht eigens beziffert sind (I.C.; Zwischenbemerkung zu II.B.1.ii.; Vorbemerkungen zu Kapitel III.). Das Tragende für die Bildung des methodischen Ansatzes und Vorgehens der vorliegenden Studie wird jedoch die intensive Besprechung derjenigen Partien des primären Textes sein, die diesen Ansatz als immanenten Teil des Verlaufs der Logik selbst zu enthalten scheinen (II.A.5.ii.; II.A.6.ii. und iii.; II.B.1.ii. und iii.; II.B.2.ii.; II.B.3.ii.; II.B.4.; III.A.2.; III.B.2.; III.C.2.; aber auch II.A.6.iii.; II.B.4.iii. und III.D.5.). Nichtsdestotrotz kann am Ende solcher umfangreichen Exposition der abschließende Überblick über diesen methodischen Ansatz und dieses Vorgehen nicht fehlen (III.D.). Entscheidend wird dabei sein, zwischen drei Ebenen der Untersuchung der Logik in Bezug auf philosophische Theologie zu unterscheiden. Darauf ist nun etwas näher einzugehen.2 Die erste Ebene besteht in der immanenten Betrachtung der Logik, wie sie als Erste Wissenschaft absolut voraussetzungslos beginnt und sich autonom, ohne den Einfluss jeglicher äußerer Reflexionen und Bemerkungen fortbestimmt. Sollte die Logik eine philosophisch-theologische Dimension aufweisen, so hat sie diese einstweilen aus sich selbst heraus zu erkennen zu geben. Am Anfang ist allein das Sein als Sein, das Dasein als Dasein usw., d.h. die eigene Dynamik des logischen Prozesses zu untersuchen, wie sie in ihrer anfänglichen Perspektive erscheint. In diesem Sinne lässt sich die erste Ebene als
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Eine ähnliche Unterscheidung hat bereits K. Düsing gefordert (Klaus Düsing, Aufhebung der Tradition im dialektischen Denken. Untersuchungen zu Hegels Logik, Ethik und Ästhetik, Paderborn 2012, 217; mehr dazu unten II.B.1.ii.). Ein schematischer Überblick über alle drei Ebenen der Untersuchung sowie die dazugehörenden Ergebnisse findet sich im tabellarischen Anhang dieses Buches.
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die unbefangene Betrachtungsweise der Logik bezeichnen. Diese Untersuchung hat auf den ersten Blick scheinbar wenig mit der philosophischen Theologie in der Logik zu tun. Tatsächlich aber bildet sie die systematisch einzig haltbare Basis für jede Auseinandersetzung mit der Logik. Dem tragen all jene Abschnitte des vorliegenden Buches Rechnung, deren Überschrift mit dem Ausdruck ‚die logische Bestimmung ‚…‘‘ eingeleitet wird (z.B. II.A.1.i.; II.A.6.i.; II.B.1.i.; III.A.1.). Der Gegenpol zu der eben geschilderten Ebene wird von der Philosophie des absoluten Geistes vorbereitet und in § 85 mit programmatischer Gültigkeit skizziert – hierbei handelt es sich bemerkenswerterweise nicht um die zweite (zwischen den anderen beiden Extremen vermittelnde), sondern wegen der Entgegensetzung gerade um die dritte Untersuchungsebene. Es handelt sich um die Berücksichtigung der diversen Definitionen des Absoluten und der Exkurse über die logischen Kerne bestimmter metaphysischer Auffassungen, die in zahlreichen Anmerkungen oder Bemerkungen zum Haupttext der Logik zu finden sind. Auf dieser Ebene der Untersuchung befasst sich die vorliegende Studie zwar ausdrücklich mit der philosophisch-theologischen Problematik, jedoch nicht in der Weise der logischen Fortbestimmung selbst und als in dieselbe integriert, sondern nur im Anschluss an sie. Die Aufgabe auf dieser exoterischen oder fakultativen Ebene besteht nämlich darin, Parallelen zwischen Momenten des logischen Prozesses und der Geschichte der philosophischen Theologie zu ziehen. Entsprechend wird sie in Unterkapiteln erfüllt, die keine fortlaufende Nummerierung tragen, sondern explizit als episodisch3 bezeichnet werden und die Überschrift ‚Episodischer Abschnitt: … als Definition des Absoluten oder als der logische Kern bestimmter metaphysischer Auffassungen‘ tragen (z.B. II.A.1.; II.B.3.; III.A.2.). Die Logik dieser fakultativen Untersuchung hingegen wird in separaten Abschnitten thematisiert, die sich die Aufgabe stellen, die Bedeutung des jeweils zuvor rein logisch Exponierten für alles Episodische hervorzuheben. Die Überschriften solcher Abschnitte beginnen mit der kursiv gesetzten Kennzeichnung ‚Episodischer, aber nicht nur episodischer Abschnitt: …‘ (II.A.6.iii.; II.B.4.iii. und III.D.5.). Die wichtigste Ebene der Untersuchung der Logik in Bezug auf philosophische Theologie –methodisch betrachtet die zweite und nicht die dritte– wird wie die exoterische vorbereitet durch systemimmanenten Vorgriff auf die Philosophie des absoluten Geistes; sie ergibt sich aber auch Logik-immanent aus der konsequenten Betrachtung des logischen Prozesses. Dabei steht die Logik nicht so im Mittelpunkt des Interesses, wie sie an ihrem Anfang erscheint, also nicht als der bloß voraussetzungslose und autonome Verlauf der Ersten Wissenschaft; sondern so wie sie sich selbst deutet, d.h. so, wie sie sich selbst an bestimmten Stellen ausdrücklich auslegt oder begreift. In diesem Sinne lässt Für eine Erklärung des Ausdrucks ‚episodisch‘ vgl. Vorbemerkungen am Ende von Kapitel I. 3
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sich diese Ebene vor der anfänglich-unbefangenen und der exoterischen als die esoterische abheben. Dabei handelt es sich in der vorliegenden Studie um die Untersuchung des Verhältnisses zwischen der autonomen Selbstdeutung der Logik und philosophischer Theologie bzw. Metaphysik überhaupt. Die Untersuchung auf dieser Ebene führen Unterkapitel durch, welche die Formulierung ‚… als rein logische Absolutheitskonzeption‘ in ihrem Titel tragen und zugleich komplett kursiv markiert sind (z.B. II.A.5.ii.; II.C.1.ii.; III.B.2.; III.D.2.).4 Die zweite, esoterische, Ebene wird in Kapitel II zunächst nur angedeutet (II.A.5.ii.; II.A.6.ii.), dann aber unwiderruflich eingeführt (II.B.1.; II.B.2.i. und iii.) und schließlich als das Hauptthema von Kapitel III und der gesamten Untersuchung der Logik etabliert (III.A.2.; III.B.2.; III.C.2.). Zugleich wird sich nach und nach zeigen, dass die Unterscheidung zwischen drei Ebenen der philosophisch-theologischen Untersuchung nicht allein auf diese Untersuchung, also auf den philosophisch-theologisch interessierten Leser gerichtet, sondern auf die Wissenschaft der Logik selbst zurückzuführen sind: Die drei Ebenen sind als Betrachtungsweisen nicht nur vom betrachtenden Subjekt abhängig, sondern stellen sich bei Betrachtung der Logik selbst als dieser inhärierende Aspekte dar. 7. Die Unterscheidung dieser drei Untersuchungsebenen misst der Logik eine dreifache Bedeutung bei, die – so die These – am engsten mit der Frage philosophischer Theologie zusammenhängt. Es geht um eine ausschließlich fachphilosophische, eine theologische und eine genuin philosophisch-theologische Bedeutung. Auf der ersten, unbefangenen Ebene sollen nämlich die einzelnen philosophischen Einsichten dargelegt werden, die sich allein durch die ‚Liebe zum Wissen‘ gewinnen lassen. Hiermit wird der Beitrag der radikal voraussetzungslosen und autonomen Logik etwa zum Verständnis von Sein, Dasein usw. vergegenwärtigt. Die dritte, exoterische Ebene der Untersuchung erschließt und interpretiert das Potenzial der Logik für bestimmte Theologien bzw. für bestimmte theologische und insgesamt metaphysische Auffassungen aus der Geschichte menschlichen Denkens heraus. Worin aber dieses Potenzial Logik-immanent begründet liegt, das zeigt die zweite, esoterische Ebene der Untersuchung, die somit Substantielles zur (philosophischen) Theologie und zur Metaphysik überhaupt beiträgt – d.h. zu jeder Lehre Gottes, die sich unabhängig von all ihren möglichen Spezifikationen denken lässt, also auch zu einer solchen Lehre, die Gott selbst artikulieren würde, wenn er rein vernünftig über sich sprechen müsste. Die wichtigste Entdeckung auf dieser Ebene, die in der Debatte um Hegels Gottesgedanken verblüffend wenig beachtet wurde und die
4 Dazu gehören jedoch nicht die Unterkapitel, die eine derjenigen logischen Bestimmungen auf der ersten Ebene untersuchen, die das Adjektiv ‚absolut‘ in ihrem Terminus haben (vgl. II.C.1.ii. und II.C.2.).
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gesamte vorliegende Logik-Untersuchung prägt, besagt, dass die Logik ausdrücklich (und nicht nur latent oder beiläufig) rein logische Absolutheitskonzeptionen entwickelt. Diese Entdeckung zieht immense Folgen hinsichtlich der Verkopplung der unbefangenen und exoterischen Betrachtungsweise der Logik nach sich. Die höchste Aufgabe jeglicher Theologie (und somit jeder zu Ende gedachten Metaphysik), solange sie eine vernünftig artikulierte ist, liegt darin, die Absolutheit Gottes verständlich zu machen. Dabei ist sie aber auf diverse Begriffe angewiesen – anders formuliert: Theologie setzt notwendigerweise ein begriffliches Instrumentarium voraus. Dieses Instrumentarium wiederum ist großenteils deckungsgleich mit dem der Logik. So kann man meinen, in der Logik die passenden Begriffe und Begriffsanalysen für die Erklärung einer bestimmten Gottesauffassung zu finden. Diese Begriffe und Begriffsanalysen würden dann den logischen Kern dieser Theologie ausmachen. Allerdings wäre dieser Kern im Korpus der Logik nur für das theologisch trainierte Auge sichtbar, während die Logik selbst lediglich die Begrifflichkeit dieser Begriffe problematisieren würde. Die Logik würde man in diesem Sinne als ein bloßes Hilfsmittel für die theologischen Fragen benutzen, das an sich aber theologisch indifferent wäre. Das alles, die Untersuchung der Schnittmenge philosophischer und theologischer Begriffe, scheint zunächst eine exoterische Angelegenheit zu sein, die mit dem strikt voraussetzungslosen und autonomen Verlauf der Logik nur zufälligerweise in Verbindung steht. Wenn aber die Logik selbst Absolutheitskonzeptionen entwickelt, so stellt sie aus eigener Kraft eine Verbindung zwischen der unbefangenen und der exoterischen Betrachtungsweise her: Es gibt einen Logik-immanenten Nexus zwischen fachphilosophischer Begriffsanalyse und theologischer Thematik. Die Logik ist nicht nur ein Hilfsmittel für die Theologie, sondern sie entwirft selbst eine gewisse Theologie, nämlich eine rein logische, und somit eine rein philosophische. Dabei ist es entscheidend, solche Konzeptionen präzise zu charakterisieren. Absolutheitskonzeptionen, die in der Logik auftauchen, haben eine doppelte Bestimmung. Zum einen sind sie rein logische Konstrukte, die wie alle übrigen Begriffe auch, in ihrer anfänglichen Perspektive unbefangen untersucht werden müssen. Zum anderen aber besteht ihr Inhalt lediglich in der Herauskristallisierung dessen, was andere Begriffe wesentlich prägt. Ihre eigene Bestimmung besteht nämlich darin, das Prinzip und Element anderer Begriffe festzustellen, d.h. den Ursprung, aus welchem andere Begriffe hervorgehen, und den gesamten Raum, in dem sie sich als je spezifische erst entfalten können. Rein logische Absolutheitskonzeptionen sind somit Begriffe zweiter Stufe, die Metaüberlegungen größere begriffliche Zusammenhänge betreffend anstellen. Ihre Absolutheit im logischen Verlauf besteht darin, dass sie sich einerseits von den übrigen Begriffen als etwas Besonderes abheben, andererseits aber von denselben nicht als etwas Endliches bloß abgegrenzt werden, sondern in sie kontinuieren und sie sogar wesentlich in sich fassen.
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So bestimmt sich die Logik, wie noch zu zeigen sein wird, selbst als eine gewisse Rede von Gott und legitimiert die Suche darin nach dem logischen Kern jeglicher Theologie. Sie fällt aber ausdrücklich mit keiner bestimmten Theologie zusammen und setzt sich nicht die Aufgabe, einen bestimmten Gott auszulegen. Vielmehr bestimmt sie sich als die strikte Begriffsanalyse von Begriffen, die logisch betrachtet entweder selbst einen rein logischen Absolutheitsanspruch erheben oder Momente von Begriffen sind, die einen rein logischen Absolutheitsanspruch erheben. Und genau als solche Analyse der Absolutheit im begrifflichen Kontext betrifft sie wesentlich das begriffliche Fundament jeglicher Theologie. Denn sie begreift und setzt in Bezug auf die von ihr entwickelten logischen Absolutheitskonzeptionen die Begriffe, die den logischen Kern verschiedener theologischer Auffassungen bilden. Die Logik erweist sich in diesem Sinne, so die Hauptthese des vorliegenden Buches, als die rein begriffliche Grundlagenforschung zu dem, was in vielen theologischen und philosophischen Konzepten ‚Gott‘ genannt wird. Diese Grundlagenforschung bleibt ihrem rein begrifflichen Charakter sogar so treu, dass sie nicht einmal ein von ihren Begriffen getrennt existiertes Ens voraussetzt, das eventuell ‚Gott‘ genannt werden könnte, sondern Begriffe auf ihre Absolutheit im ausschließlich begrifflichen, d.h. rein logischen Kontext hin ergründet. Dass also die Logik eine gewisse Metaphysik betreibt, steht für dieses Buch außer Frage. Was es aber sicherlich noch zu klären gilt, ist, was für eine Metaphysik sie ist. Wie bereits der Titel dieses Buches indiziert, kommt dabei alles auf das Verhältnis zwischen Absolutem und Begriff an: Handelt es sich in der Logik um eine Metaphysik eines bzw. des Absoluten oder vielleicht des Begriffs? Die Frage lässt sich ferner auf das Dilemma zwischen Ontotheologie und Epistemologie zuspitzen: Ist der logische Kern jeglicher metaphysischen Auffassung ein Begriff im alltagssprachlichen Sinne, der auf ein Seiendes hinweist, oder vielleicht der Begriff selbst, der kein Seiendes voraussetzt und allein in der Art und Weise besteht, sich selbst zu begreifen? 8. Dieses Dilemma, das an dieser Stelle noch unverständlich klingen mag, führt Hegel nicht gleich zu Beginn seiner Philosophie ein – zumindest nicht explizit und in der Absicht, gleich eine Lösung zu liefern. Vielmehr bleibt es lange unterschwellig, verdeckt unter einer provisorischen Verwendung des Terminus ‚Absolutes‘ in Abwechslung mit ‚Gott‘. Erst im Verlauf des zweiten Buchs der Logik zeigt sich, dass ‚Absolutes‘ auch ein logischer Terminus technicus ist, der sogar die ganze objektive Logik prägt. Der Begriff hingegen wird nach dem Ende der objektiven Logik exponiert. Dementsprechend vollzieht sich die vorliegende philosophisch-theologische Untersuchung in zwei aufeinander folgenden Stadien (Kapitel II und III). (Die zuvor beschriebenen drei Ebenen der Untersuchung konkurrieren mit diesen Stadien nicht. Vielmehr vollzieht sich die Untersuchung in jedem dieser Stadien synchron auf drei Ebenen.)
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In ihrem ersten Stadium setzt sich die vorliegende Untersuchung mit der objektiven Logik auseinander. Da die objektive Logik lange keine pointierte rein logische Absolutheitskonzeption entwickelt, muss sich der philosophischtheologisch interessierte Leser eingangs mit den Beobachtungen auf der exoterischen Ebene der Untersuchung zufriedengeben. Dies ändert sich erst und zunächst am Ende der Seinslogik, das aus Logik-immanenten Gründen auf die logische Bestimmung des Absoluten hinweist (II.A.5.ii.; II.A.6.ii.); und es ändert sich augenfällig mit der wesenslogischen Exposition der logischen Bestimmung ‚das Absolute‘ (II.B.). Das Absolute wird dort als die absolute Einheit von allem Sein und Wesen dargelegt, und somit als das Prinzip und Element aller objektivlogischen Begriffe bzw. als die genuine objektivlogische Absolutheitskonzeption. Das hat massive (rückwirkende bzw. vorgreifende) Folgen für das Verständnis der gesamten objektiven Logik, die sich in dieser für das Verständnis der objektiven Logik zentralen These zusammenfassen lassen: Die objektive Logik bestimmt sich aus sich selbst heraus als die Auslegung des Absoluten. Trotz der unbefangenen Betrachtungsweise der objektiven Logik als Erster Wissenschaft, welche die erste Ebene der Untersuchung vorschreibt, ist es nämlich das Absolute, das sich in ihr auslegt (II.B.1.i. und ii.) – allerdings in keinem mystischen, sondern im Sinne der rein logischen Konzeption einer Einheit von Sein und Wesen. Für die spezifische philosophisch-theologische Untersuchung bedeutet die so aufgefasste Bestimmung des Absoluten die Entdeckung des logischen Kerns aller vernünftigen Lehre von Gott: die logische Artikulation der fundamentalen theologischen Auffassung, Gott sei das absolut Erste von allem gewöhnlichen Sein und Wesen. Doch handelt es sich dabei, wie die weitere Ausführung der philosophisch-theologischen Untersuchung belegt, nur um den absoluten logischen Kern philosophischer Theologie, d.h. um den in sich vollständigen logischen Kern, der gleichwohl noch undifferenziert, etwas Inneres, Dunkles und zu Manifestierendes bleibt. Das so konzipierte Absolute trägt noch Bestimmungen eines Seienden, und zwar eines solchen Seienden, das begrifflich gewissermaßen hinter allem übrigen Sein steckt. Der logische Kern, den die objektive Logik zu erkennen gibt, so wird es in II.B.4.ii. zusammengefasst, ist somit derjenige der Ontotheologie. In ihrem zweiten Stadium befasst sich die vorliegende Untersuchung dann mit dem ersten Kapitel der Begriffslogik und analysiert möglichst detailliert den Begriff als solchen (Kapitel III). Zu Beginn der Begriffslogik figuriert der Begriff als keine bloß weitere logische Bestimmung, sondern als solcher, d.h. als das, was alle seins-, wesens- und begriffslogischen Bestimmungen zu Begriffen macht und sie etwa von Vorstellungen oder empirischen Gegenständen unterscheidet. Der Begriff als solcher stellt nämlich das Prinzip und Element alles Logischen fest und ist die genuine rein logische Absolutheitskonzeption, die erklärt, wie sich alle Begriffe – d.h. alles Sein und Wesen qua Begriffe – zueinander verhalten und auseinander hervorgehen. Die zentrale These des
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zweiten Stadiums der vorliegenden Untersuchung lautet hiermit: Die Logik bestimmt sich aus sich heraus als das Begreifen von (bestimmten) Begriffen (III.A.2.; III.B.2.; III.C.2.); die Exposition der Art und Weise solchen Begreifens ist wiederum der Begriff als solcher (III.A.1.ii.; III.B.1.iv; III.C.1.iv.). Diese Ansicht ergänzt die des Absoluten. Und wie sich der direkte Vergleich zwischen Absolutem und Begriff als solchem ergeben wird, ist schließlich der Begriff als das wahrhaft Absolute oder der absolute Begriff festzuhalten; das Absolute hingegen bildet einen bestimmten Begriff (III.D.2.iii.). Den spezifisch philosophisch-theologischen Debatten liefert der Begriff als solcher nicht nur den absoluten, sondern den begrifflich-konkreten logischen Kern philosophischer Theologie, d.h. nicht nur die logisch gewonnene Einheit von allem Sein und Wesen, sondern die Erklärung, worin diese Einheit begrifflich begründet liegt, und somit die Erklärung, was die gesamte rein philosophische Rede von Gott oder dem Absoluten, die in der Logik stattfindet, begrifflich vorantreibt. Dieses begriffliche Prinzip allen Seins und Wesens, und somit aller rein logischen Theologie, ist aber ausdrücklich kein Seiendes und auch nicht der Begriff von einem Seienden, sondern der Begriff als solcher. Daher ist die Ergründung dieses Prinzips, was aus hegelscher Perspektive auch die Grundlegung und Vollendung der konsequent ausgeführten philosophischen Theologie bzw. Metaphysik darstellt, keine Ontotheologie, sondern die Ergründung, wie das Begreifen abläuft und welchen Charakter seine Erzeugnisse haben, also eine Art Epistemologie: die Epistemologie begreifenden Denkens. Wenn schließlich die Logik die Ontotheologie zurückweist, so umgeht sie auch das in der Hegel-Rezeption wohl verbreitetste Dilemma zwischen angeblichem Theismus und Atheismus. Denn die Annahme, Gott sei ein Seiendes, ist die Bedingung sowohl für die These, (der persönliche) Gott existiere, als auch für deren Leugnung, (der persönliche) Gott existiere nicht. Durch die Erklärung der Epistemologie zur Vollendung der philosophischen Theologie gewährleistet die Logik jedoch die Unparteilichkeit der begrifflichen Grundlagenforschung zu jeglicher Rede von Gott und wehrt sich entschieden gegen ihre mögliche Instrumentalisierung für die Rechtfertigung bestimmter philosophischer oder theologischer Auffassungen. In diesem Sinne entwickelt sich die Logik als eine philosophische Theologie, die tatsächlich sehr nahe an der paronymisch abgeleiteten Bedeutung dieser Disziplin – zugleich aber auch an Aristoteles’ Programm einer Ersten Philosophie – liegt: eine voraussetzungslose und vernünftig aufgebaute Lehre von einem Wissensgegenstand, der nicht nur allen gewöhnlichen Gegenständen vorausgeht und reines (d.h. begriffliches) Wissen ist, sondern auch eine Absolutheitskonzeption entwickelt, die ‚Gott‘ genannt werden kann, insofern sie allen gewöhnlichen Erfahrungsgegenständen insgesamt substantiell überlegen ist. 9. Die vorliegende Studie ‚zur Frage philosophischer Theologie in Hegels Wissenschaft der Logik‘ endet mit der Besprechung des ersten Kapitels der Begriffslogik. Bereits aber diese Auseinandersetzung wird registrieren, dass die
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philosophisch-theologische Untersuchung über jenes Kapitel hinaus fortgesetzt werden kann (III.A.2.; III.C.1.iii. und III.C.2.ii.). Was dem Beginn der Begriffslogik zufolge auf die Feststellung der Absolutheit des Begriffs folgen soll, ist dessen Realisierung, die darin besteht, dass der Begriff sich in die Realität umsetzt. Die philosophisch-theologische Untersuchung könnte somit in ihr drittes Stadium eintreten, das die übrige Begriffslogik, d.h. die logische Realisierung des Begriffs problematisiert. Am Ende der Begriffslogik werden darüber hinaus Logik-immanente Gründe angegeben, die eine weitere, reale Realisierung nahelegen. Auch diese Abhandlung, obwohl sie die Realphilosophie zum Gegenstand hätte, könnte als ein weiteres, viertes Stadium der philosophisch-theologischen Untersuchung der Logik unternommen werden, weil sie die in der Logik exponierten Absolutheitskonzeption aus einer neuen, nämlich der realphilosophischen, Perspektive beleuchtet. Der Gewinn hinsichtlich der ‚Frage philosophischer Theologie in Hegels Wissenschaft der Logik‘ wäre durch solche Fortsetzung, wie auch der Ausblick dieses Buches umreißt, sicherlich nicht gering. 5 Doch das Substantielle zu dieser Frage kommt bereits bei der Auseinandersetzung mit dem ersten Kapitel der Begriffslogik zu Tage. Hegel verweist nämlich am Ende der Enzyklopädie auf das Ende der Logik zurück und deutet die ganze Realphilosophie als den Prozess der Bewährung des Logischen durch das Element des Realen (§ 574). Am Ende der Logik wiederum verweist er auf den Anfang der Begriffslogik zurück und nennt als Thema der hiesigen Abhandlung „nur die Bewegung des Begriffs selbst, deren Natur schon erkannt worden“ ist (BL: 238,6–8). Der einzige Unterschied zwischen Anfang und Ende der Begriffslogik ist somit kein sachlicher, sondern eine äußerlich hinzukommende „Bedeutung“ (ebd.), sodass auch der begriffslogische Prozess ähnlich wie der realphilosophische als eine Bewährung der Absolutheit des Begriffs zu verstehen ist, die Bewährung nämlich durch das Element der logischen Realität des Begriffs. So würde schließlich die weitere Beschäftigung mit der Frage philosophischer Theologie in der Logik nur die bereits zu Beginn der Begriffslogik festgestellte und in diesem Buch herausgearbeitete logische Absolutheit des Begriffs bestätigen und deren Implikationen für andere philosophische Bereiche belichten. In dieser Hinsicht ist mit dem vorliegenden Buch beabsichtigt, das Fundament für künftige Untersuchungen der hegelschen philosophischen Theologie zu legen.
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Einen Überblick darüber verschafft die Tabelle im Anhang dieses Buches.
Kapitel I
Hinführung zur Wissenschaft der Logik als dem systematischen Ort für die Untersuchung der wichtigsten Hauptbestimmungen philosophischer Theologie A. Bericht über verschiedene Deutungen des Absoluten in der Philosophie Hegels Bericht über den Stand der Forschung
Zwar macht bereits der Titel dieses Buches kenntlich, dass die philosophischtheologische Frage nach dem Absoluten speziell im Rahmen von Hegels Wissenschaft der Logik untersucht werden soll. In der Sekundärliteratur herrscht aber keineswegs Konsens darüber, dass die Wissenschaft der Logik der systematische Ort für das Stellen und die Beantwortung dieser Frage ist. Ebenfalls uneinig sind die Interpreten Hegels über die weitere Andeutung des Titels dieses Buches, dass der Begriff nicht nur eng mit der philosophisch-theologischen Thematik zusammenhängt, sondern auch dem Absoluten selbst überlegen ist. Deshalb stellt das vorliegende Unterkapitel, das ausdrücklich als Hinführung zur Logik als dem systematischen Ort für die wichtigsten Hauptbestimmungen philosophischer Theologie dienen soll, diversen Hegelinterpreten eine bewusst allgemein gefasste Frage, die möglichst viele verschiedene Aspekte der philosophisch-theologischen Problematik bei Hegel betrifft: Was bedeutet ‚das Absolute‘ bei Hegel? Ebenfalls wird dabei nach ‚Gott‘ oder nach dem ‚absoluten Geist‘ gefragt, der üblicherweise ähnlich wie ‚Gott‘ und ‚das Absolute‘ konnotiert wird. Dabei wird sogar zunächst nicht zwischen ‚Gott‘ und ‚dem Absolute‘ unterschieden. Unter diesem Blickwinkel sollen möglichst viele Vorschläge für die Behandlung dieser Problematik gesammelt und typisiert werden, um uns einen (ersten) Überblick über den Umfang der Problematik und eine (ebenfalls nur erste) Orientierung in den verschiedenen systematischen Ansätzen und den möglichen Antworten zu ermöglichen. Die vorläufige Bewertung des jeweiligen systematischen Ansatzes soll darüber hinaus der
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Kapitel I: Hinführung
Herauskristallisierung eines Zugangs in das hegelsche System dienen, der einigen Vorschlägen aus der Sekundärliteratur gerecht wird und dazu beitragen wird, möglichst viele Schwierigkeiten zu umgehen, die sich in Bezug auf die philosophische Theologie stellen. Die Plausibilisierung der These dieses Buches, dass das Verhältnis von Absolutem und Begriff das zentrale Problem einer philosophisch-theologischen Untersuchung der Logik darstellt, erfolgt hingegen erst durch die Untersuchung der Logik selbst. Dass der hier intendierte Bericht über verschiedene Deutungen des Absoluten in der Philosophie Hegels keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann, versteht sich von selbst angesichts des Ausmaßes vorhandener Literatur zu Hegel. Genauso offenkundig ist es, dass auf den folgenden Seiten kein abermaliger Versuch einer Katalogisierung von Hegels Nachlass und kein philosophisch-historisches Referat über die Umstände zu finden sein wird, die diese Hegelinterpretationen hervorbrachten, oder über die Dynamik bzw. Interaktion der verschiedenen Hegelianer und Hegelinterpreten unter- bzw. miteinander. Zur Hegel-exegetischen Zielsetzung dieses Buches gehört außerdem nicht die Absicht, jene Philosophien zu berücksichtigen, die im Anschluss an Hegel entworfen wurden. Vielmehr wird hier auf die Interpretationen Hegels fokussiert und bewusst von zahlreichen, wichtigen und einflussreichen hegelianisierenden Beiträgen abstrahiert. Eine Klassifizierung der zu behandelnden Deutungen des Absoluten bei Hegel ist jedoch aus der Sicht einer Studie zur Frage philosophischer Theologie sowohl möglich als auch hilfreich. Am Anfang – und historisch betrachtet am längsten – wird die Debatte um das Absolute bei Hegel von Positionen dominiert, die aus dem hegelschen System nur den Anlass für eine solche Interpretation desselben nehmen und dieses bis zur Unkenntlichkeit vereinfachen und popularisieren. Die prinzipielle Inadäquatheit solcher Interpretationen möchte das vorliegende Unterkapitel durch die Klassifizierung nach der (äußerlichen) Schematisierung von rechts und links andeuten. Dabei wird auf das von der parlamentarischen Praxis stammende, in der Hegelliteratur von D. F. Strauss initiierte und bis heute nicht in Vergessenheit geratene Schema zurückgegriffen, nach welchem die (theistische) Annahme eines göttlichen Wesens bei Hegel mit der ‚Rechten‘ und (atheistische) Leugnung desselben mit der ‚Linken‘ parallelisiert werden. Anders aber als Strauss, der dieses Schema verwendet hat, um theistisch und atheistisch ‚hegelianisierende‘ Philosophen voneinander zu unterscheiden, interessiert sich dieses Buch für die Deutungen des Absoluten vonseiten verschiedener Hegelinterpreten. Es handelt sich nicht etwa um die Mitglieder der Hegelschule selbst und deren Klassifizierung nach rechts und links, sondern um Deutungen, nach welchen Hegel selbst rechte bzw. theistische oder linke bzw. atheistische Ansichten zugeschrieben werden. Diese Entkoppelung der Hegeldeutungen von den eigenen philosophischen Ansichten der Hegelianer wird das Verständnis von verschiedenen Hegeldeutungen erleichtern. Denn es ist kein seltenes Phänomen in der knapp 200 Jahre währenden Auseinandersetzung mit
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Hegel, dass Interpreten, die radikal atheistische bzw. ‚linke‘ Philosophien für sich reservieren, Hegel aber theistisch bzw. ganz im Sinne der Rechten lesen und als einen Rechtshegelianer darstellen – oder umgekehrt. L. Feuerbach macht dabei das vielleicht markanteste Beispiel aus. Allerdings ist der Rechts-Links-Schematismus nicht mehr dienlich für das Verständnis der meisten neueren und gegenwärtigen Deutungen, die mit Hegel viel systematischer umgehen. Für diese Deutungen wird unten eine andere Klassifizierung vorgeschlagen. 1. Deutungen des Absoluten in den ersten zwei Jahrzehnten der Wirkung Hegels i. Deutungen, die Hegel der Rechten zuordnen Unter den zahlreichen Hegelinterpreten, die sich in den ersten Jahrzehnten nach Hegels Tod für das theistische Verständnis seines philosophischen Systems ausgesprochen haben, spielt C. F. Göschel als deren renommiertester Repräsentant die wichtigste Rolle. Sein Bemühen liegt darin, zu zeigen, dass in Hegels Philosophie der „Supranaturalismus“1 der christlichen Offenbarung mit dem Rationalismus wohl vereinbar sei. Zentral für seine Überlegungen ist sein Verständnis von Hegels These, dass die Identität von Sein und Denken eine entscheidende Voraussetzung Hegels zum Erkennen dessen ist, was Kant „Ding an sich“ nennt. 2 Indem er darin offenbar eine unwiderlegbare Überwindung des Standpunkts der Transzendentalphilosophie sieht, geht Göschel so weit, das ganze hegelsche System als eine nachkantische Explikation des christlichen Glaubens zu betrachten. In den mit zahlreichen Bibelzitaten illustrierten Schriften Göschels ersetzen die christliche Terminologie und das damit verbundene Verständnis von „Schöpfung“ und „Gott“ häufig und ohne Weiteres Hegels Rede von der Philosophie der Natur und des Geistes. 3 Moses gilt als der Erste, der „die Schöpfung der Welt vom Anfange, folglich a priori entwickelt“, und wird in diesem Sinne als „der erste Apriorist“ gepriesen. 4 Und die
1 Carl Friedrich Göschel, Hegel und seine Zeit. Mit Rücklicht auf Goethe. Zum Unterrichte in der gegenwärtigen Philosophie nach ihren Verhältnissen zur Zeit und nach ihren wesentlichen Grundzügen, Berlin 1832 (= Göschel, Hegel und seine Zeit), 11. 2 A.a.O. 96ff.; vgl. Carl Friedrich Göschel, Beiträge zur spekulativen Philosophie. Von Gott und dem Menschen und von dem Gott-Menschen. Mit Rücksicht auf Dr. D. F. Strauss Christologie, Berlin 1838 (= Göschel, Beiträge), 4. 3 Vgl. z.B. ders., Der Monismus des Gedankens. Zur Apologie der gegenwärtigen Philosophie. Am Grabe ihres Stifters, Naumburg 1832 (= Göschel, Monismus), 37; ders., Hegel und seine Zeit, 99; ders., „Rezension zu F. Richter: Die neue Unsterblichkeitslehre. Gespräch einer Abendgesellschaft, als Supplement zu Wielands Euthanasia“, Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik (1834) (= Göschel, Rezension), 15. 4 Ders., Beiträge, 4.
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Gottmenschheit Jesu wird für „die conditio sine qua non aller wahrhaften Erkenntniß“ gehalten. 5 In diesem Sinne ist für Göschel das Verhältnis der Philosophie zu den „Autoritäten der Schrift und der Kirche“ vornehmlich dadurch bestimmt, dass die Philosophie überhaupt und die hegelsche insbesondere „nur als ein Kommentar zu dem Schriftworte von der Weisheit gelten“. 6 Das Resultat seiner Vermengung von christlichen supranaturalistischen Voraussetzungen mit dem hegelschen Denken, verstandenen als Leugnung des kantischen Standpunkts, bezeichnet Göschel als „Panlogismus“ und „Monologismus“ 7 oder sogar als den „wahre[n] Pantheismus, welcher Gottes Allgegenwart und Allwissenheit lehrt, mithin Gott nicht allein als unendlich, sondern auch als endlich, […] als Person, als absolute Persönlichkeit weiss“. 8 Erlaubt aber dieses Verständnis der spekulativen Philosophie wirklich ein adäquates Verständnis von „Gott“ und der „Persönlichkeit Gottes“ bei Hegel überhaupt? Fundamentales Bedenken gegen dieses Konzept erweckt die Tatsache, dass Hegel selbst für die Interpretation des Christentums nur einen Teil, nämlich die Religionsphilosophie, und nicht sein ganzes System vorgesehen hat. Selbst wenn die Intention Hegels genauso gewesen wäre, wie Göschel sie ausführlich schildert, und selbst wenn Hegel diese Intention in Übereinstimmung mit Göschel in seiner Religionsphilosophie tatsächlich ausgedrückt hätte, dürfte man nicht so leichtsinnig davon abstrahieren, dass Hegel diese Untersuchung nur in seiner Religionsphilosophie und nicht überall in seinem System angestellt hat. Man müsste sich also zunächst überlegen, wie das Verhältnis der hegelschen Religionsphilosophie zum hegelschen Gesamtsystem beschaffen ist und wo überhaupt nach dem Maßstab zur Beurteilung dieses Verhältnisses zu suchen ist. Dabei muss die Stelle der Religionsphilosophie in der Enzyklopädie ernst genommen werden, welche weder die des Schlusses noch die der Grundlage des Systems ist. Ohne diese Grundlagenforschung der hegelschen Religionsphilosophie, welche die meisten Vertreter eines ‚rechten‘ Hegelverständnisses nicht vollzogen haben, besteht die Gefahr eines Urteils über Religionsphilosophie und über das System der Philosophie überhaupt, das pars pro toto fällt. In der Tat scheint Göschel diesen Punkt ganz außer Acht zu lassen, wenn er sagt, dass die hegelsche Philosophie „ganz ausdrücklich darauf [ruht], daß Gott nicht neidisch, noch unmittheilend ist.“ 9 Denn diese Feststellung, obwohl richtig, macht den Ausgangspunkt eben der Religionsphilosophie des Christentums und nicht des ganzen Systems aus (vgl. § 564 A). 5 Das Zitat lautet weiter: „sie ist darum eben sowohl das Erste, das vorausgesetzt werden muß, das prius, von dem alles ausgehet und abhängt, als das Letzte, das Resultat, mithin das posterius, welches der Mensch erreicht, und womit er in die Wahrheit eingehet.“ (Ders ., Monismus, 42.) 6 Ders., Beiträge, V–VI. 7 Ders., Hegel und seine Zeit, 98. 8 Ders., Rezension, 15. 9 Ders., Beiträge, 5.
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Nicht weniger wichtig für das göschelsche Verständnis von Hegels Philosophie insgesamt und der Bedeutung des Namens ‚Gott‘ insbesondere ist Göschels Deutung des absoluten Geistes. Mit Recht – obwohl sehr allgemein gehalten – versteht Göschel den absoluten Geist als jenes Verhältnis des Geistes zu sich, „in welchem der Geist als absoluter sich offenbaret“. 10 Im Gegensatz zu Hegels Fassung (vgl. § 383f.) lässt aber er außer Acht, dass sich der Offenbarungscharakter auch den anderen Entwicklungsstufen des Geistes, also dem subjektiven und objektiven Geist als deren Wesensmerkmale zuschreiben lässt.11 Aber nicht einmal alle drei Momente des absoluten Geistes erkennt Göschel als Offenbarungen des Geistes an, denn zumindest explizit zögert er, die Kunst als eine Selbstoffenbarung des Geistes zu bezeichnen.12 So geht die Subtilität der wesenslogischen Bestimmung der Offenbarung durch diese willkürlichen Reduktionen gänzlich verloren und das Einzige, was übrig bleibt, ist die christliche Konnotation dieses Wortes. Von hier aus ist es nur noch ein kleiner Schritt zum supranaturalistischen Verständnis eines absoluten Geistes, der in der Natur Wunder bewirke und kurzerhand mit (dem christlichen) Gott gleichzusetzen sei – ein Schritt, den Göschel in seiner Mission, Hegel gegen die Linkshegelianer zu verteidigen, eifrig vollzieht. 13 Seinen Höhepunkt erreicht der göschelsche Versuch einer Harmonisierung des christlichen Glaubens mit der hegelschen Philosophie durch die Identifizierung der absoluten Idee mit dem christlichen trinitarischen Gott: „In der Idee beweget sich die Methode, welche aus dem Allgemeinen zum Besonderen, aus diesem zur absoluten Individualität sich entwickelt. Hiermit wird die Logik zur Theologie.“14 So wird nun behauptet, dass „Gott die Idee und nichts als diese absolute Idee“, und noch pointierter, dass diese Idee nichts Anderes als „die Persönlichkeit Gottes“ sei. 15 Die absolute Idee betrachtet er weiter als „die Einheit des Endlichen und Unendlichen, des Seyns und Denkens, hiermit des Objekts und Subjekts“, was „als lebendiger Prozeß übergreifende Subjektivität“ sei.16 Dazu werden weiter die drei Personen der christlichen Dreieinigkeitslehre hinzugefügt, die Göschel parallel zu den Momenten der Allgemeinheit,
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Ders., Hegel und seine Zeit, 81. A.a.O. 78ff. 12 A.a.O. 81; ders., Monismus, 17. 13 „Wer an den Geist nicht glaubt, der kann auch nicht an Wunder glauben: wer aber an den absoluten Geist glaubt, der muß auch an seine Manifestationen in der Natur glauben, die dieser als Wunder erscheinen, und daher auf dem natürlichen Standpunkte geläugnet werden; denn das Wunder ist nichts anders, als das Zeugniß des göttlichen Geistes, dem widersprochen wird, indem es nach Übermacht in die Natur eindringt, der es doch nicht angehört.“ (Ders., Beiträge, 38. Vgl. ders., Monismus, 70f.) 14 Ders., Hegel und seine Zeit, 74. 15 Ebd. 16 A.a.O. 75. 11
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Besonderheit und Einzelheit sieht. 17 Schließlich versucht er, die göttliche Qualität der Logik mit einer Variation der christlichen Ebenbildlichkeitslehre zu untermauern: Gott habe den Menschen nach der göttlichen „Persönlichkeit, nach dem Bilde Gottes“ geschaffen, was auch der „Urmensch“ 18 genannt wird. Indem also in der Logik und konkreter in der absoluten Idee der Urmensch, d.h. „der Mensch überhaupt, hiermit die Person als absolut“ 19 gefasst werde, werde zugleich auch Gott gefasst. Tatsächlich besteht nach Hegel eine inhaltliche Nähe zwischen christlicher Dreieinigkeit, absoluter Idee und menschlicher Person, die auch dieses Buch keineswegs bestreiten möchte. Dabei dürfen aber die Unterschiede nicht unbeachtet bleiben. Allgemeines, Besonderes und Einzelnes etwa sind überall im begriffslogischen Verlauf zu finden, zum Beispiel beim Begriff als solchem. Warum setzt also Göschel die christliche Trinität nicht mit dem Begriff als solchem gleich? Ähnliches gilt auch für die Persönlichkeit, die laut dem Vorspann zur Begriffslogik und mit Anspielung auf das menschlich existierende Ich bereits im Kapitel über den Begriff als solchen mitthematisiert wird (vgl. BL: 17,5–27), und die Göschel als den Urmenschen betrachtet. Wenn Göschel außerdem von der Subjekt-Objekt-Einheit spricht, denkt man nicht nur an die absolute Idee, sondern zunächst an die Idee überhaupt, d.h. etwa auch an die Idee des Lebens (vgl. § 214). Gravierender ist jedoch dabei die Überschreitung der Grenze zwischen logischer Betrachtung und Religionsphilosophie. Denn in der Wissenschaft der Logik wird weder die christliche Dreieinigkeit noch der Urmensch als solcher thematisiert, sodass zunächst vielmehr die Frage zu stellen wäre, welcher der Status der möglichen Parallelen zwischen logischen Bestimmungen und religiösen Vorstellungen ist sowie welcher von beiden der Primat zuzuerkennen ist. Damit hängt auch der letzte Punkt der Kritik an Göschel zusammen: Dass die Wissenschaft der Logik im Kapitel über die absolute Idee zur Theologie werde, d.h. qualitativ oder wesentlich verändert werde, impliziert einerseits den Primat der christlichen Vorstellung vor aller logischen Bestimmung und suggeriert andererseits, dass die logischen Bestimmungen als solche, d.h., insofern ihnen keine Vorstellungen beigemischt sind, keinerlei Rede von Gott verkörpern. Hegel hingegen spricht von der „Bedeutung speculativer Theologie“, die die Logik durch den realphilosophischen Verlauf „erhält“ (¹§ 17 A).
17 „Darum kann gesagt werden, daß der Vater Gott im Allgemeinen ist, indem er sich setzt, der Urunendliche, der sich selbst vollendet, hiermit aber auch den Sohn erzeuget von Ewigkeit, und der Sohn ist der Urendliche, der Urmensch, vom Vater gesondert, Gott im Besondern, und doch Eins mit ihm, weil beiden die Grenze immanent ist, und der Geist der Einzelne, in welchem die allgemeine und besondere Person Eins sind, indem sie von beiden ausgehet.“ (A.a.O. 110.) 18 A.a.O. 109. 19 Ebd.
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Wie jede Bedeutung kann auch die „speculativer Theologie“ der eigenen Bestimmung der Sache selbst nicht fremd sein, was wiederum heißt, dass die Logik, und zwar die Logik als Ganzes, irgendwie bereits spekulative Theologie ist. Die Frage ist also nicht, in welchem ihrer Teile die Logik zur Theologie wird, sondern wie sie von Gott und in welchem Sinne sie von ‚Gott‘ redet, wenn sie explizit keine Gottesvorstellungen thematisiert und auch noch nicht die Bedeutung spekulativer Theologie erhalten hat. Ein anderes Gottesverständnis bei Hegel, das ebenfalls kompatibel mit dem Christentum sein soll, sieht der berühmteste Biograph Hegels, K. Rosenkranz. Im Mittelpunkt seiner Interpretation, die das gesamte hegelsche System fassen will, steht der prominente Satz aus der Einleitung zur Logik, dass ihr Inhalt „die Darstellung Gottes ist, wie er in seinem ewigen Wesen vor der Erschaffung der Natur und eines endlichen Geistes ist“ (SL: 34). Rosenkranz schließt aus diesem Satz, dass die Logik ohne die Annahme eines Gottes undenkbar sei. Vielmehr sei Gott das eigentliche „logische[] Subject“ 20, das in der Logik „als sich selbst genügsames Denken“ 21 tätig sei, der eigentliche Denkende der logischen Gedankenbestimmungen, welche „wir durch unser Nachdenken erkennen“.22 Insofern handele es sich in der Logik um die Beschreibung Gottes an sich, ohne das Verhältnis zur Welt zu berücksichtigen, d.h. um die Darstellung des ewigen göttlichen Denkens als der ursprünglichen Vernunft vor aller Schöpfung. Dieses „besondere[] Subject“23 der Logik setzt Rosenkranz ferner mit dem Vater des christlichen Trinitätsdogmas gleich. 24 Dabei mache das logische Bestimmen nur ein Moment Gottes aus und das Resultat der gesamten Philosophie sei, dass Gott nicht nur das logische, sondern das durch die Schöpfung vermittelte „absolute Subject“25 sei. In diesem Schema spielen Natur und endlicher Geist die Rolle des Gottessohnes und die christliche Gemeinde die des Geistes der christlichen Trinität.26 Allerdings weiß Rosenkranz für seine Modifikation des hegelschen Systems bis auf die religionsphilosophischen Vorlesungen keine Stelle im hegelschen
20 Karl Rosenkranz, Wissenschaft der logischen Idee, in zwei Bänden, Königsberg 1858f. (= Rosenkranz, Wissenschaft), Bd. 1, 36. 21 Ders., Erläuterungen zu Hegel’s Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften, Berlin 1870, (= Rosenkranz, Erläuterungen), 57; ebd.: „Die Logik ist für sie [Naturphilosophie …] die Theologie, aber nur erst die des weltlosen, einsamen, des nur erst sich als Vernunft denkenden Gottes.“ 22 Ders., Wissenschaft, Bd. 2; 35. 23 Ders., Hegel als deutscher Nationalphilosoph, Leipzig 1870, (= Rosenkranz, Nationalphilosoph), 186. 24 A.a.O. 185. 25 Ders., Erläuterungen, 54. 26 Vgl. ders., Nationalphilosoph, 185.
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Werk nachzuweisen, um seine Thesen zu stützen.27 Die Problematik einer solchen Begründungsweise wurde aber bereits am Beispiel Göschels angezeigt. Und was den Anhaltspunkt dieser Interpretation betrifft, also das Zitat über die Logik als „Darstellung Gottes“, so ist hier hinzuweisen auf Hegels klare Charakterisierung des gesamten Kontextes, in welchem dieses Zitat vorkommt. Dies wird von Rosenkranz und von fast allen Interpreten, die nach ihm auf diese Stelle rekurrieren, übersehen: Dieses Zitat wie die gesamte Einleitung zur Logik haben „nicht den Zweck, den Begriff der Logik etwa zu begründen, oder den Inhalt und die Methode derselben zum voraus wissenschaftlich zu rechtfertigen“, sondern lediglich „den Gesichtspunkt, aus welchem diese Wissenschaft zu betrachten ist, der Vorstellung näher zu bringen“ (SL: 27). Für den Interpreten der Logik heißt das, dass er Parallelen zur christlichen Gottesvorstellung zu erwarten hat, nicht aber dass diese Vorstellung das in der Logik zu Explizierende ist. Anders gewendet: Die Logik ist nur in einem gewissen exoterischen Sinne auf die christliche Gottesvorstellung zu beziehen, sie ist aber nicht als diese Vorstellung selbst zu verstehen. Rosenkranz findet darüber hinaus die höchste Definition Gottes nicht in der Logik, sondern am Ende des Gesamtsystems: Gott im vollen Sinne sei der absolute Geist.28 Diese These begründet er aber mit einer kontextlosen Interpretation eines falsch zitierten Satzes von § 554, bei welcher er nur die Notwendigkeit, aber nicht den eigentlichen Sinn des Übergangs vom objektiven zum absoluten Geist behandelt.29 Zudem legt er nicht alle drei Paragrafen über den Begriff des absoluten Geistes aus, sondern nur den ersten Satz des zweiten und ein Wort aus dem dritten Paragrafen. So bedeutet für Rosenkranz der absolute Geist „das absolute ewig in sich zurückkehrende und zurückgekehrte Subject“30, während Hegel von keinem solchen Subjekt, sondern von einer „Identität“ spricht, welche „die Eine und allgemeine Substanz als Geistige“ sein soll (§ 554). Ähnlich vereinfachend sucht Rosenkranz, den „Prozess“ von § 555 in einer zeitlosen göttlichen Gewissheit von sich selbst aufzulösen, während Hegel an dieser Stelle auf das „subjektive Bewußtsein des absoluten Geistes“, den „Glauben“, die „Andacht“ oder den „Kultus“, also auf raumzeitliche, ja menschliche Phänomene, verweist. Tatsächlich ist Rosenkranz sich dessen bewusst, dass er den hegelschen Text manipuliert, und nennt sogar die Mittel, mit welchen er das Studium des sehr
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Ebd. Vgl. ders., Erläuterungen, 117f; ders., Wissenschaft, Bd. 1, 35; 38. Immer wieder nennt Rosenkranz den hegelschen absoluten Geist ‚Gott‘, bis auf eine Stelle, wo er das deutlich ablehnt (vgl. ders., Nationalphilosoph, 185). Doch widerspricht er selbst dieser einzigen Stelle schon nur wenige Seiten später (vgl. a.a.O. 189 und 190). 29 Vgl. ders., Erläuterungen, 115f; ders., Nationalphilosoph, 183f. 30 Vgl. ders., Erläuterungen, 117. 28
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dichten enzyklopädischen Textes ersetzen möchte:31 die Phänomenologie des Geistes und die Vorlesungen über die Philosophie der Religion und die Beweise vom Dasein Gottes. Auffällig ist, dass der Begriff des absoluten Geistes in keinen von diesen drei Texten systematisch behandelt wird. Daraus zieht Rosenkranz jedoch nicht die Konsequenz, dass die enzyklopädische Philosophie des absoluten Geistes durch die soeben erwähnten Texte nicht zu ersetzen ist oder dass sein interpretatorisches Werkzeug untauglich ist. Vielmehr verlangt er eine Korrektur an dem zu interpretierenden Stoff, der enzyklopädischen Fassung des Systems, damit der Stoff besser zu seiner Interpretation passt. Eine deutlichere „Auffassung der [hegelschen] speculativen Theologie“, d.h. eine Darstellung des absoluten Geistes ohne die Vermischung mit dem endlichen Geist, was der Fall in den letzten Paragrafen der Enzyklopädie sei, erfordert nämlich nach Rosenkranz einen weitgreifenden Umbau der gesamten hegelschen Geistphilosophie.32 In derselben Richtung wie Göschel und Rosenkranz bewegen sich auch die übrigen Mitglieder der Hegelrechten. Ob sie emphatisch zwischen einer leeren Subjektivität am Ende der Logik und einer wirklichen, von der Natur vermittelten Persönlichkeit am Ende des Systems unterscheiden (wie etwa J. Schaller)33; ob sie explizit die Positivität der im Evangelium erzählten Geschichte und nicht die Logik als Ausgangspunkt für das Verständnis der wirklichen göttlichen Persönlichkeit nehmen (wie K. Conradi)34; oder ob sie gemäßigter der hegelschen Philosophie den theologischen Charakter insgesamt absprechen,
31 Vgl. a.a.O. 116; ders., Nationalphilosoph: 116f; ders., Kritische Erläuterungen des Hegel’schen Systems, Reprografischer Nachdruck der Ausgabe Königsberg 1840, Hildesheim 1963, 218. 32 „Erinnert man sich aber seine [Hegels] Auslassungen über den Begriff Gottes in der Philosophie der Religion und in den Vorlesungen über die Beweise für das Dasein Gottes, so kann es kaum zweifelhaft sein, daß der Organismus des ganzen Systems sich richtiger vielleicht so gestaltete: 1) die logische Idee; 2) die Natur; 3) der Geist; a. als individuell subjectiver; b. als geschichtlich objectiver; α. als ethischer (Staat); β. als ästhetischer (Kunst); γ. als religiöser (Kirche); c. als absoluter an und für sich.“ (Ders., Wissenschaft, 38f.) 33 Vgl. Julius Schaller, Die Philosophie unserer Zeit. Zur Apologie und Erläuterung des Hegelschen Systems, Leipzig 1837, 198; 218; 304; 313f.; 318f.; 322. Man muss bemerken, dass Schallers Bestehen auf der Unterscheidung zwischen dem Ende der Logik und dem Ende der Realphilosophie zwar emphatisch, dennoch oberflächlich ist. Denn wie im Kapitel über die „Logik im Verhältnisse zur Philosophie der Natur und des Geistes“ (a.a.O. 170– 234) zu sehen ist, spielt für seine Hegelinterpretation der tatsächliche Inhalt der Realphilosophie keine Rolle. Schaller abstrahiert nämlich z.B. völlig von der Philosophie des subjektiven und objektiven Geistes. Relevant ist für ihn nur, dass Hegels System über eine Realphilosophie verfügt, nicht was sie wirklich umfasst. 34 Vgl. Kasimir Conradi, Selbstbewußtseyn und Offenbarung oder Entwickelung des religiösen Bewußtseyns, Mainz 1831, IIIff; ders., Christus in der Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft. Drei Abhandlungen, als Beiträge zur richtigen Fassung des Begriffs der Persönlichkeit, Mainz 1839, IVff.
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aber doch die besondere Funktion der Religionsphilosophie anerkennen, das ganze System retrospektiv theologisch umzudeuten (wie J. E. Erdmann)35, ist dabei sekundär. Allgemeiner Topos aller rechten Hegeldeutungen ist die Neigung, die Religionsphilosophie für den Schlussstein der hegelschen Philosophie zu halten und von diesem Standpunkt aus das Gesamtsystem zu verstehen. Im Streit aber um Hegels Gottesbegriff stand nicht immer die Religionsphilosophie im Mittelpunkt. G. A. Gabler verortet das Prinzip der hegelschen Philosophie in der Anmerkung zu § 384 der Enzyklopädie, wo Hegel notiert, dass das Absolute der Geist sei.36 Darin sieht Gabler auch die Kompatibilität hegelscher Philosophie mit dem Christentum verankert. So komme „Alles darauf an, den Begriff des Geistes selbst zu fassen und die ewige und absolute Natur des Denkens zu erkennen“. 37 Durch eine Paraphrasierung des Textes der entsprechenden Paragrafen der Enzyklopädie über den Begriff des Geistes fasst er den Geist wesentlich als Denken, das nicht nur „sich auf sich beziehende Thätigkeit“, also „Subject“ sei, sondern auch „die schlechthin nur als Thätigkeit existirende Wirklichkeit“, welche „ewiges Hervorbringen seiner selbst für sich, […] ewige, durch keine Voraussetzung noch Bedingung beschränkte Freiheit, ewiges Sichselbstbestimmen und Beisichsein“ 38 sei. Dass Hegel in § 384 auch von einem Setzen des Geistes spricht, das „zugleich Voraussetzen der Welt als selbständiger Natur ist“, ficht Gabler nicht besonders an, zumal er völlig von der Entwicklung des Geistes und der ganzen Geistphilosophie abstrahiert. So versteht Gabler den Geist als die „intelligente Thätigkeit eines ewigen ursprünglichen und absoluten Denkens“, die nicht nur für sich in ihrer Ewigkeit bestehe, sondern „auch die schöpferische Macht [sei], welche jeder innern Möglichkeit auch ein äusseres unterschiedenes Dasein eine vereinzelte für sich bestehende Wirklichkeit verleih[e]“.39 Diese Konzeption des Geistes als des Schöpfers der Welt findet er kurzerhand auch in der Logik und zwar in der Lehre von der Idee wieder. 40 Das ist auch der Punkt, an dem Gabler die Übereinstimmung des christlichen Gottes, der als das „absolute Subject“ Schöpfer der Welt sei41, mit der hegelschen Philosophie sieht. Allerdings zweifelt er daran, ob es Hegel gelungen sei, „diese Grunderkenntniss [vom schöpferischen ursprünglichen absoluten Subjekt] im System der Philosophie aus35 Vgl. Johann Eduard Erdmann, Grundriss der Logik und Metaphysik. Eine Einführung in Hegel’s Wissenschaft der Logik, Leiden 1901, 155; 159; ders., „Die Religionsphilosophie als Phänomenologie des religiösen Bewußtseyns“, in: ders., Vermischte Aufsätze, Leipzig 1846, 114ff. 36 Vgl. Georg Andreas Gabler, Die Hegelsche Philosophie. Beiträge zu ihrer richtigen Beurtheilung und Würdigung. Erstes Heft, Berlin 1843, insbes. 148; 157; 161; 164. 37 Ebd. 148f. 38 Ebd. 149. 39 A.a.O. 145f. 40 Vgl. a.a.O. 147; 158. 41 A.a.O. 146. Vgl. a.a.O. 141; 144; 180.
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und durchgeführt“ 42 zu haben, und er selbst hält zur „adäquaten Erfassung“ der vermeintlich hegelschen Intention das „denkende[] Vorstellen eines religiösen Bewusstseins“ für sinnvoll. 43 Doch bevor man sich für das Verständnis der Idee dem „denkenden Vorstellen“ zuwendet, wäre zunächst zu fragen, ob man so leichtfertig vom realphilosophischen Begriff des Geistes zurück auf die Logik schließen kann, ob also der existierende Begriff mit dem Begriff überhaupt ohne Weiteres gleichzusetzen ist, wie Gabler es tut.44 Ferner mag es richtig sein, dass das Absolute der Geist sei. Diese definitionsartige Aussage bleibt aber völlig unverständlich, wenn man ihr Definiens dem ihm eigentümlichen geistphilosophischen Kontext entzieht. Tut man dies, kann man unter ‚Geist‘ und somit unter ‚Absolutes‘ alles Mögliche verstehen oder wie Gabler ohne Weiteres nicht nur den Geist überhaupt, sondern auch den absoluten Geist mit Gott verwechseln 45 und dadurch Züge der religiösen Vorstellung einer realen Schöpfung und des Verhältnisses von Logik zur Natur- und Geistphilosophie durcheinanderbringen. Zu berücksichtigen wäre zudem, dass die soeben erwähnte Definition von § 384, erstens, im Rahmen einer Anmerkung und nicht im Korpus des Haupttextes auftaucht und dass sie, zweitens, keineswegs die einzige ist, sondern eine lange Reihe von Definitionsversuchen fortsetzt, die bereits am ersten Gedanken der Logik anknüpfen. Anders als Gabler lokalisiert F. C. Baur den Kern der hegelschen Gottesauffassung in der seinslogischen Dialektik von Endlichkeit und Unendlichkeit: Das hegelsche „Absolute ist nur dadurch das wahrhaft Absolute, daß es die Einheit des Endlichen und Unendlichen ist“. 46 Da Baurs Darstellung der hegelschen Theologie ausschließlich auf der hegelschen Religionsphilosophie basiert47, fällt es ihm leicht, diese Einheit zu hypostasieren und dadurch nicht nur auf ein theistisches Verständnis des absoluten Geistes als Gott, des Schöpfers der Welt48, zu schließen, sondern auch dieses Konzept als pantheistisch zu verwerfen. 49 Es ist aber nicht nur die Absurdität der These, dass die Welt „mit Gott eins oder der Sohn Gottes“ sei50, die Baur am angeblich hegelschen Theorem des Absoluten als einer platten Einheit von Endlichkeit und Unendlichkeit stört. Vielmehr sieht er darin die ‚Verendlichung‘ Gottes: Der „absolute Geist sey nicht der absolute, wenn er durch sein Anderes d.h. durch Nichtgott, 42
A.a.O. 147. Vgl. a.a.O. 213f. A.a.O. 214. 44 Vgl. a.a.O. 149. 45 Vgl. a.a.O. 180f.; 196. 46 Ferdinand Christian Baur, Die christliche Lehre von der Dreieinigkeit und Menschwerdung Gottes in ihrer geschichtlichen Entwicklung, Tübingen 1843, 928. 47 Vgl. a.a.O. 906; 907. 48 Vgl. a.a.O. 889; 906f.; 927. 49 Vgl. a.a.O. 927f. 50 Ebd. 43
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die Creatur sich vermittelt; er müsse sich vielmehr, um absolut zu seyn, durch sich selber, als Gott, durch Gott vermitteln, d.h. die Selbstvermittlung Gottes müsse ein immanenter Proceß seyn.“51 Hiermit ist schließlich nicht nur Hegels Religionsphilosophie, sondern dessen Gesamtsystem als sich selbst widersprechend verdammt. 52 Solch eine Kritik ist aber schnell abgetan, sobald darauf aufmerksam gemacht wird, dass sie eine Absolutheitskonzeption angreift, die auf einer – und zwar nicht einmal der letzten – seinslogischen Bestimmung beruht, die sowohl weit hinter der wesens- als auch der begriffslogischen Bestimmungen zurückbleibt. Baurs Polemik deckt nämlich keineswegs etwas auf, was Hegel selbst nicht als endlich gekennzeichnet hätte. Andererseits darf man nicht übersehen, dass Hegel den absoluten Geist als das „Wissen der absoluten Idee“ konzipiert (§ 553) und den Übergang zu diesem als eine gedankliche Erhebung betrachtet (vgl. § 552), zu welcher wesentlich ein negatives Moment gehört (vgl. § 50 A). Allein durch diese einfachen Bemerkungen lässt sich also erahnen, dass Hegel auf eine Absolutheitskonzeption und Vermittlung des Absoluten abhebt, die sich von dem, worauf Baurs Kritik zielt, grundsätzlich unterscheiden. Inkonsequenz und Pantheismus wirft Hegel auch (der späte) F. W. J. Schelling vor, aber aus anderen Gründen als Baur. Im Mittelpunkt seiner Kritik steht das viel komplexere Verhältnis zwischen Logik und Realphilosophie. Schelling geht nämlich von seinem eigenen Konzept der markanten Trennung zwischen negativer und positiver Philosophie aus und erkennt der Wissenschaft der Logik einen rein logischen Charakter zu, demzufolge die Logik „die Natur noch ganz außer sich“ 53 ausschließe. Hierbei gehe es ‚lediglich‘ um „das reine Denken“ und „den reinen Begriff“ 54, dem die Natur als dessen „Agonie“ 55 gegenüberstehe. Dieses Verständnis vom Logischen erweitert Schelling im Sinne seines Drei-Weltalter-Theorems und dadurch konzipiert er es als einen Prozess „vor aller Wirklichkeit, Natur und Zeit“ 56, dessen Hauptakteur der hypostasierte Begriff ist. 57 Der Fehler Hegels, so fährt Schelling fort, bestehe aber nicht darin, eine negative Philosophie zu betreiben, sondern „über ihre Schranken“58 hinausgehen und sich das Positive unterwerfen zu wollen. Das bittere 51
A.a.O. 913; vgl. a.a.O. 928. Vgl. a.a.O. 928f. 53 Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, „Zur Geschichte der neueren Philosophie“, in: Karl Friedrich August Schelling, Sämtliche Werke, Bd. 10, Stuttgart/Augsburg 1861, (= Schelling, Geschichte der neueren Philosophie), 152. 54 A.a.O. 126. 55 A.a.O. 152. 56 A.a.O. 146. 57 Vgl. ders., „Philosophie der Offenbarung“, in: Karl Friedrich August Schelling, Sämtliche Werke, Bd. 13, Stuttgart/Augsburg 1858, (= Schelling, Philosophie der Offenbarung), 88. 58 A.a.O. 80. 52
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Scheitern dieses Anspruchs sieht Schelling am Übergang von der absoluten Idee auf die Naturphilosophie – ein Übergang, der bloß „hypothetisch“ 59 geschehe, d.h. als bloß möglich erklärt werde, ohne die Wirklichkeit der Natur begründen zu können, und lediglich von Ausdrücken 60 beschrieben wird, die man am besten „theosophisch“ 61 zu verstehen habe. Konzediert man die bisherige Argumentation Schellings, verwundert es nicht, dass er Hegel die Vorstellung der Schöpfung der Welt unterstellt.62 Dann kann Schelling sogar das ganze hegelsche System als eine Darstellung des christlichen Trinitätsdogmas lesen, die folgende Gleichsetzung vornimmt: Gottvater mit dem „rein logische[n] Begriff“ „vor der Schöpfung“; Gottsohn mit der „Entäußerung [Gottes] (welche ein Heraustreten aus dem bloß Logischen ist […])“ und mit der „Welt“; den Heiligen Geist mit dem „Menschengeist“, insbesondere mit dem Menschengeist „in der Kunst, in der Religion und vollständig in der Philosophie“.63 Das Ganze wird schließlich mit der Auffassung des absoluten Geistes als Gott gekrönt, der nicht nur die Welt erschafft, sondern „sich selbst zur Welt“ „entäußert“ 64, sodass der Pantheismusvorwurf als selbstverständlich erscheint. 65 Tatsächlich trifft Schelling den Nerv des Gesamtsystems Hegels und formuliert eine Kritik, die die Hegelkritiken und Hegelinterpretationen der meisten seiner Zeitgenossen (jedenfalls die in diesem Buch bisher behandelten) bei Weitem übertrifft und bis dato noch nicht endgültig beantwortet ist. Eine mögliche aus hegelscher Sicht formulierte Antwort auf diese Kritik kann sicherlich dabei ansetzen, versuchsweise den Übergang von der Logik in die Naturphilosophie als einen epistemologischen zu erweisen. Dies könnte bedeuten, dass es sich nach dem Übergang in die Naturphilosophie um das Erkennen eines anderen als in der Logik behandelten Gegenstandes, um die Beschreibung der Entwicklung von Begriffen (und nicht um die Beschreibung des realen Entstehens, etwa der Evolution, der diesen Begriffen entsprechenden Gegenstände) oder schließlich um eine weitere Weise von Selbsterkenntnis einer bereits in der Logik vorhandenen Bestimmung, nämlich der Idee, handelt. Selbst aber wenn dieser Versuch gelingen würde, wären Schellings Bedenken noch nicht beseitigt. Denn wer und unter welchen Bedingungen vollzieht diesen Übergang, und wo soll der neue Gegenstand der philosophischen Erkenntnis überhaupt herkommen?
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A.a.O. 89. Es geht um den Text von § 244 der Enzyklopädie und vorzüglich um Hegels Formulierung, dass die Idee „sich entschließt, […] sich als Natur frei aus sich zu entlassen.“ 61 Schelling, Geschichte der neueren Philosophie, 153. 62 A.a.O. 127f.; 159f.; Schelling, Philosophie der Offenbarung, 91f. 63 Schelling, Geschichte der neueren Philosophie, 127f. 64 A.a.O. 159. Vgl. a.a.O. 154; 156ff.; Schelling, Philosophie der Offenbarung, 91f. 65 Schelling, Geschichte der neueren Philosophie, 159ff. 60
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Die Hartnäckigkeit der Kritik Schellings ist darauf zurückzuführen, dass sie sich, anders als die meisten und jedenfalls anders als alle bisher betrachteten Hegelinterpretationen, weder aus einer dem spekulativen Standpunkt äußeren Quelle noch aus einer untergeordneten Bestimmung der hegelschen Philosophie selbst speist. Vielmehr bildet sie trotz der zugespitzten Formulierungen, deren Herkunft offenbar im System Schellings liegt, eine immanente Kritik an der Logik, die keine endliche logische Bestimmung, sondern den logischen Kern, die absolute Idee, direkt anficht. Sie besteht nämlich darin, den Übergang in die Naturphilosophie nur dann für möglich zu erklären, wenn der mit rein logischen Mitteln entwickelte Begriff hypostasiert und somit Gott geworden ist. Die Klärung dieses Sachverhalts verlangt aber einerseits die Berücksichtigung des ganzen rein logischen Prozesses, der zu solcher Hypostasierung und Vergöttlichung des Begriffs führen könnte – vorzüglich aber des begriffslogischen Prozesses, der den Begriff explizit zum Thema hat. Andererseits ist eine sorgfältige Analyse der absoluten Idee nötig, die zu zeigen hat, inwiefern die absolute Idee tatsächlich die von Schelling suggerierten göttlichen Eigenschaften trägt, und welchen Sinn der Übergang in die Naturphilosophie vor dem Hintergrund des logischen Prozesses hat. Pantheismus haben Hegel nicht nur Schelling und Baur vorgeworfen. Vielmehr stellt die pantheistische Interpretation hegelscher Philosophie nicht nur die am meisten zugespitzte, sondern auch die am häufigsten auftretende kritische Deutung derjenigen dar, welche die Existenz eines theistisch verstandenen Gottes in dieser Philosophie anerkennen. Von den vielen Variationen dieses ‚rechts-radikalen‘ Missverständnisses, welche sogar den Verlust des Menschlichen in der Religion bei Hegel beklagen 66, geht vielleicht diejenige von L. Noack am weitesten. Noack sieht nämlich in dem hegelschen Religions- und Gotteskonzept überhaupt keinen Platz mehr für den Menschen. 67 Hegels Gottesbegriff beruhe auf einer eklatanten „Geringschätzung des Individualitätsprinzips“68, ein Versehen, das ihm erlaube, das ganze Universum in sich zu umfassen. 69 So sei aber jener Gottesbegriff nichts weiter als die „Vollendung des mythologischen Standpunkts“.70 Besonders spannend ist schließlich der Fall L. Feuerbachs, eines eifrigen Linkshegelianers, der Hegel paradoxerweise ganz im Sinne der Rechten versteht, am heftigsten polemisiert und pauschal das ganze hegelsche System als
66 Vgl. z.B. Carl Friedrich Bachmann, Über Hegel’s System und die Nothwendigkeit einer nochmaligen Umgestaltung der Philosophie, Leipzig 1833, 284ff.; 229f. Allerdings ist Bachmanns Kritik an Hegel keine einheitliche (vgl. a.a.O. 143f). 67 Vgl. Ludwig Noack, Der Religionsbegriff Hegel’s. Ein Beitrag zur Kritik der Hegel’schen Religionsphilosophie, Darmstadt 1845, 31. 68 A.a.O. 34; vgl. a.a.O. 43f. 69 A.a.O. 37. 70 A.a.O. 36.
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Theologie verwirft. 71 Seine prinzipiellen Einwände spitzen sich in seiner Polemik gegen den absoluten Geist zu, welchen er als ein abgesondertes Produkt von künstlerischer „Empfindung und Anschauung“, von religiösem „Gemüte und […] Phantasie“ sowie von philosophischem „Denken“ sieht, mithin „als einen andren, vom menschlichen Wesen unterschiedenen Geist, d.h. [als] ein außer uns existierendes Gespenst“. 72 Dass absoluter Geist für Hegel nicht schlicht das Produkt von Kunst, Religion und Philosophie ist, sondern eben die Kunst, Religion und Philosophie selbst, welche die realen Weisen des „Wissen[s] der absoluten Idee“ darstellen, stört Feuerbach in der Formulierung seiner aphoristischen Urteile keineswegs, denn er verdammt ebenso die ganze Logik als ein „transzendente[s] Denken“73 theologischer Herkunft. In diesem Sinne plädiert Feuerbach für eine „Metaphysik oder Logik“, die „nur dann eine reelle, immanente Wissenschaft“ ist, „wenn sie nicht vom sogenannten subjektiven Geiste abgetrennt wird“.74 Der vorsichtige Leser der Logik ist aber von dieser Anforderung überrascht, denn sie scheint zumindest der Formulierung nach von Hegels einleitender Bemerkung zur Logik antizipiert zu sein: In der Logik geht es nämlich um „dies Denken“, welches „meine Tätigkeit ist, […] das Erzeugnis meines Geistes, und zwar als denkenden Subjekts, Meiner nach meiner einfachen Allgemeinheit“ (§ 23). Ebenfalls fraglich scheint Feuerbachs Einwand gegen Hegel zu sein, dass seine Philosophie die „Vollendung“ jener Philosophie sei, welche „nur im Denken, in der Vernunft, und zwar einer gleichfalls von der Sinnlichkeit, der Welt, dem Menschen abgesonderten und unterschiedenen Vernunft“, „das von der Sinnlichkeit, der Welt, dem Menschen abgesonderte und unterschiedene göttliche Wesen verwirklicht und aufgehoben“ 75 habe. Der Vorwurf, dass die hegelsche Philosophie nur den „abstrakten[] Verstand als das göttliche, das absolute Wesen erkannt“76 hat, kann man nicht als berechtigt gelten lassen, soweit 71 Vgl. Ludwig Feuerbach, „Vorläufige Thesen zur Reform der Philosophie“ in: Werner Schuffenhauer, Gesammelte Werke. Bd. 9, 3., durchges. Aufl., Berlin 1990, (= Feuerbach, Vorläufige Thesen), 243; 258; 266. Vgl. ders., „Zur Kritik der Hegelschen Philosophie“ in: Werner Schuffenhauer, Gesammelte Werke, Bd. 9, 3., durchges. Aufl., Berlin 1990, 53: „Die Hegelsche Philosophie ist rationelle Mystik.“ 72 Ders., Vorläufige Thesen, 246f. Vgl. dazu a.a.O. 247: „Die Theologie ist Gespensterglaube. Die gemeine Theologie hat aber ihre Gespenster in der sinnlichen Imagination, die spekulative Theologie in der unsinnlichen Abstraktion.“ 73 Ders., Vorläufige Thesen, 246. Vgl. ders., „Grundsätze der Philosophie der Zukunft“ in: Werner Schuffenhauer, Gesammelte Werke, Bd. 9, 3., durchges. Aufl., Berlin 1990, (= Feuerbach, Philosophie der Zukunft), 299: „Die Hegelsche Philosophie […] hat das Wesen des Ich außer das Ich gesetzt, abgesondert vom Ich, als Substanz, als Gott vergegenständlicht“. 74 Ders., Vorläufige Thesen, 246. 75 Ders., Philosophie der Zukunft, 294. 76 A.a.O. 295. Vgl. dazu ders., Vorläufige Thesen, 245: „Das Absolute oder Unendliche der spekulativen Philosophie ist […] historisch betrachtet […] nichts anderes als das alte
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er weder Hegels programmatische Versicherung, dass die Gedanken der Logik „objektive Gedanken genannt werden können“ (§§ 24f.), noch die Schlussbemerkungen desselben über „das Logische mit der Bedeutung, daß es die im konkreten Inhalte als in seiner Wirklichkeit bewährte Allgemeinheit ist“ (§ 574), ausdrücklich widerlegt. Darüber hinaus gerät man in Verlegenheit, wenn man Feuerbach bezüglich der „Aufgabe der wahren Philosophie“ dafür plädieren liest, dass sie nicht wie die hegelsche „das Endliche in das Unendliche, sondern das Unendliche in das Endliche zu setzen“ 77 habe. Man fragt sich dann, was der bahnbrechende Vorschlag dieses Konzepts im Vergleich zum Ausgangspunkt der hegelschen Philosophie des absoluten Geistes sein soll, in welcher „Natur und Geschichte“, also das Endliche, als „Gefäße“ der Ehre „der ewig wirklichen Wahrheit“ (§ 552), also des Unendlichen, erkannt sind. Es lässt sich demnach nicht zu Unrecht behaupten, dass Feuerbachs heftige Kritik an Hegel, die so viel zur Bildung dauerhafter Vorurteile gegen Hegel beigetragen hat, eher eine voreilige und von Feuerbachs Leidenschaft motivierte ist, eine eigene Philosophie aufzustellen; dass sie aber größtenteils an Hegel vorbeigeht. Ähnlich ist nicht zuletzt auch über Feuerbachs philosophisches Bekenntnis zu urteilen, dass nämlich erst seine bzw. „die neue Philosophie“, und zwar in ausdrücklicher Abgrenzung von der vermeintlichen christlich ‚kryptotheologischen‘ Philosophie Hegels, „die realisierte Idee – die Wahrheit des Christentums“78 darstelle. ii. Deutungen, die Hegel der Linken zuordnen Die Neigung, den religionsphilosophischen Vorlesungen den Vorzug zu geben, findet man auch bei ‚linken‘ Interpretationen des hegelschen Gottesgedankens wieder. B. Bauer weist sogar explizit darauf hin, Hegels wahre Lehre sei nicht in der Enzyklopädie, sondern in seinen Vorlesungen zu finden. 79 Allerdings bevorzugt Bauer als Basis für seine Ausführungen nicht jene über Religion, sondern nur diejenigen über Kunst und Geschichte der Philosophie, – eine Parteilichkeit mit diversen Konsequenzen. Zum einen polemisiert er, unter Berufung auf die Vorlesungen über die Kunst, gegen alle Religion überhaupt 80 und schließt auf die „Auflösung der Religion in der Kunst“. 81 Dabei steht Bauer in
theologisch-metaphysische nicht endliche, nicht menschliche, nicht materielle, nicht bestimmte, nicht beschaffene Wesen oder Unwesen – das vorweltliche Nichts, gesetzt als Akt. […] Wie das göttliche Wesen der Theologie der ideale oder abstrakte Inbegriff aller Realitäten, d. i. aller Bestimmungen, aller Endlichkeiten, ist, so die ‚Logik‘.“ 77 A.a.O. 249. 78 A.a.O. 263. 79 Vgl. Bruno Bauer, Hegels Lehre von der Religion und Kunst. Von dem Standpunkt des Glaubens aus beurteilt, Neudruck der Ausgabe Leipzig 1842, Aalen 1967, 224. 80 A.a.O. 121f. 81 A.a.O. 222–227.
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direktem Gegensatz zu Hegels in der Enzyklopädie angestellter eigener Erörterung über den systematischen Zusammenhang von Kunst, Religion und Philosophie. Zum anderen geht Bauer unter Berufung auf die Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie soweit, Hegel „Haß gegen Gott“82 zuzuschreiben. Kaum in Rechnung gestellt werden dabei aber die vielen Passagen im gedruckten Werk Hegels, in denen er über Gott spricht, etwa die zahlreichen Definitionsversuche Gottes in der Logik oder das die Enzyklopädie abschließende Aristoteles-Zitat, was deutlich gegen eine Abscheu Hegels vor Gott spricht. Hegel erfreue sich dazu, so Bauer weiter, an einer Ersetzung Gottes durch die Vernunft.83 Nun kommt alles darauf an, nicht bloß bei einer formellen Betrachtung zu bleiben, bei der lediglich ein Name durch einen anderen ersetzt wird, sondern das innere Verhältnis zwischen Gottesvorstellung, Vernunft und Vernunftbegriffen zu erkennen. Ferner plädiert Bauer für eine Gleichsetzung des Menschen mit Gott bei Hegel mit dem Hinweis darauf, dass, was in der Religion erkannt werde, für Hegel nichts Fremdes, also kein Gott, sondern das Wesen des einzelnen Menschen sei. 84 Dennoch muss eine solche Gleichsetzung nicht per se als Apotheose des endlichen Menschen verstanden werden. Die Frage ist vielmehr, ob – und wenn ja, inwiefern – Hegels Ansatz umgekehrt eine Entmythologisierung der religiösen Gottesvorstellung beabsichtigt. Zum anderen darf man keineswegs prinzipiell ausschließen, dass das Wesen des einzelnen Menschen vielleicht doch noch einiges einschließt, was dem herkömmlichen Menschen- und Gottesbild prima vista fremd erscheint, zumal Hegel von der „Eine[n] und allgemeine[n] Substanz“ (§ 554) spricht, die auch in der Religion erkannt wird. Unter solchen Gesichtspunkten wäre die Frage nach der Bedeutung der Gleichsetzung von Gott und Menschen innerhalb der von Hegel konzipierten substantiellen Allgemeinheit ganz neu zu stellen. Entscheidend wäre es dabei, zu klären, ob diese Substanz als eine rein immanente, wie Bauer meint, oder als eine theistisch transzendente oder aber als eine transzendentale verstanden wird. Doch eine solche Fragestellung geht denkbar weit über Bauers Interpretationsmethode hinaus, die sich mit einseitigem, polemischem Zitieren begnügt. Als ebenfalls unzureichend und banalisierend erweist sich ferner Bauers These, dass Hegels Gott „Nichts als die Allgemeinheit des Selbstbewußtseyns“85 sei. Sein Bemühen gilt dabei dem Versuch darzulegen, dass die christliche Trinität eine Darstellung der drei Momente des Selbstbewusstseins sei: Der Vater wird als „die allgemeine Thätigkeit des Denkens [betrachtet], in wel-
82
Vgl. Die Posaune des jüngsten Gerichts über Hegel den Atheisten und Antichristen. Ein Ultimatum, Leipzig 1841, 71–78. 83 A.a.O. 72f. 84 A.a.O. 98ff. 85 A.a.O. 150.
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chem Subject und Object in ihrem Unterschiede eigentlich noch nicht vorhanden sind“; der Sohn sei das Moment, in welchem „das Selbstbewußtseyn aus sich selbst den Unterschied entwickelt und sich als Bewußtseyn setzt“; der Heilige Geist sei zuletzt die Aufhebung dieses „Unterschied[s] in der reinen Allgemeinheit des Selbstbewußtseyns“, in welcher „Subject und Object Eins“86 seien. Dieses Konzept verliert seine Überzeugungskraft schon deswegen, weil es mit der hegelschen Lehre vom Selbstbewusstsein nur den Namen gemein hat (vgl. §§ 424–439). Selbst aber die eigene Lehre Hegels vom Selbstbewusstsein könnte nicht auf den Thron des christlichen trinitarischen Gottes gehoben werden, denn das Selbstbewusstsein ist systematisch betrachtet weit davon entfernt, eine vollendete Gestalt des realen Geistes oder das Höchste des Gedankens darzustellen. Schließlich kann man Bauers Polemik auch nicht ohne Weiteres akzeptieren, welche die christliche Trinität „als das Kinderspiel des Selbstbewußtseyns“ und „die heilige Geschichte des Erlösers [als] eine Illusion“87 verachtet. Trotz aller kindlichen Elemente darf man nicht die „Notwendigkeit des Inhalts der absoluten Vorstellung“ (§ 573) für die Philosophie vergessen. Atheistische Vorwürfe gegen Hegel erhebt auch F. A. Staudenmaier, ohne aber wie Bauer Hegels umfangreiche Rede über Gott ignorieren zu wollen. Staudenmaier zufolge habe Hegel einen untauglichen Gottesbegriff, der ihm nicht erlaube, zwischen Gott und Welt geschickt zu unterscheiden. 88 Dadurch wird der Atheismusvorwurf als der eines schlechten Theismus, d.h. als Pantheismus akzentuiert. Insofern argumentiert Staudenmaier mit F. C. Baur auf einer Ebene, indem er ebenso eine plumpe Einheit vom Endlichen und Unendlichen zum Ausgangspunkt für seine Kritik an Hegels Konzeption des Absoluten macht.89 Die entscheidende Wende vollzieht aber Staudenmaiers Hegelinterpretation, wenn sie auf den absoluten Geist zu sprechen kommt. Der Hauptakteur in den drei verschiedenen Gestalten des absoluten Geistes ist nicht Gott, sondern – ganz im Sinne der Linken – der Mensch. Staudenmaier zufolge ist es bloß die „Menschheit“, bzw. der „Weltgeist“, was den absoluten Geist wesentlich konstituiert, indem sie ihre bzw. er seine „Endlichkeit ohne Weiteres von sich abstreif[e] und sich absolut setz[e]“.90 So sei der „absolute Geist […] nur der hypostasirte endliche Geist“, was das weitere Ergebnis mit sich bringt, dass die Erhebung vom objektiven zum absoluten Geist „nichts Anderes als die
86
A.a.O. 151. A.a.O. 162. 88 Vgl. Franz Anton Staudenmaier, Darstellung und Kritik des Hegelschen Systems. Aus dem Standpunkte der christlichen Philosophie, Unveränderter Nachdruck Mainz 1844, Frankfurt a. M. 1966, 852f. 89 A.a.O. 22f.; 29ff.; 431ff. 90 A.a.O. 653. 87
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hochmüthigste Überhebung, die Selbstvergötterung (Apotheose) des endlichen Geistes“91 meinen könne. Auffällig ist dabei Staudenmaiers Versuch, den Unterschied zwischen endlichem und absolutem Geist möglichst abzustreifen, als wäre dieser eine Art bloßer Transformation von jenem und als hätte dieser seine Realität nur in jenem.92 Hegels Rede vom endlichen Geist als dem „Weg“ (§ 553) zur Verwirklichung des absoluten Geistes drückt jedoch deutlich aus, dass es sich in der Philosophie des absoluten Geistes um zwei unterschiedliche Entwicklungsgestalten des Geistes handelt, derer jede über ihre Realität verfügt. Auch der Übergang vom einen zum anderen ist analog zu den zweierlei Geistern zu verstehen: Die Erhebung, von der Hegel redet, beschreibt die Entstehung einer neuen Gestalt des Geistes, die sich deutlich von der alten unterscheidet und deren Ende signalisiert. Ferner gibt Staudenmaier in seiner Interpretation, und zwar um der Hervorhebung der Einheit von endlichem und absolutem Geist willen, den Überblick über den Zusammenhang des ganzen hegelschen Systems preis. Denn für Hegel stehen der „Weltgeist“, der Mensch oder der endliche Geist insgesamt keineswegs im Mittelpunkt. Vielmehr geht Hegel in seiner Geistphilosophie von einem wesentlich umfangreicheren Geistbegriff aus, der sogar die Natur umfasst (vgl. § 384) und nur vor dem Hintergrund eines Monismus, nämlich des Monismus des Begriffs, verständlich ist. Die Behauptung also, dass Hegel den endlichen Geist zum absoluten setze, stützt sich auf die Verwechslung des Prinzips der hegelschen Philosophie mit einem Moment ihrer Bildung. Es ist nicht der Mensch, der sich hochmütig zu Gott macht, sondern das Wesen der spekulativen Philosophie, das sich als absoluter Geist adäquat in seine Realität umsetzt. Und das nennt Hegel in aller Bescheidenheit das reale „Wissen der absoluten Idee“. Viel weiter als Staudenmaier greift die Kritik des Spätidealisten I. H. Fichte, der dem hegelschen System jede genuin theologische Valenz abspricht, ohne aber die einseitige Polemik Bauers zu wiederholen. Für ihn liegt der Grundirrtum Hegels in der Vernachlässigung des Unterschieds zwischen dem „Gebiet der reinen oder ontologischen Wahrheiten“ und dem „Realen“93, bzw. des „Gegensatz[es] des Apriorischen und Aposteriorischen“. 94 Ersteres sei das Gebiet der „blosse[n] Begriffsnothwendigkeit“, das in Schemata und Widersprüchen
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A.a.O. 654; 653; vgl. a.a.O. 206ff. A.a.O. 655. 93 Immanuel Hermann Fichte: Die Idee der Persönlichkeit und der individuellen Fortdauer, 2. Aufl., Leipzig 1855 (= Fichte, Idee der Persönlichkeit), 5; vgl. ders., Über die Bedingungen eines spekulativen Theismus. In einer Beurtheilung der Vorrede Schellings zu dem Werke von Cousin: über französische und deutsche Philosophie, Elberfeld 1835 (= Fichte, Spekulativer Theismus), 28. 94 Ders., Idee der Persönlichkeit, 18. 92
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bestehe, die eigentlich „leer und unwirklich“ sowie „für sich selbst […] nichtig“ seien und nur eine „Vorwissenschaft“95 in der Philosophie konstituieren sollten. Das zweite aber schließe „ein Mehr als das bloss Nothwendige in sich“96, und zwar „das Vorhandensein einer individualisirenden Macht in allem Realen“. 97 Ferner beschränke sich die hegelsche Philosophie auf die Anwendung nur derjenigen Methode, die der soeben erwähnten abstrakten Notwendigkeit zukomme; eine Methode, die Fichte „negative Dialektik“ 98 nennt, weil sie nur aufeinander bezogene begriffliche Gegensatzpaare, nicht aber das vollkommene Absolute, das jenseits aller Gegensätze liege, oder das real Existierende, dessen „Gegentheil gleichfalls denkbar bleibt, ohne einen Widerspruch zu involviren“99, erfassen könne. So verfahre Hegel „überall nach jenem dialektischen Schema [und verwandele] damit das ganze concrete Dasein in eine metaphysische Welt reiner Gedankenbestimmungen seines ‚absoluten Begriffes‘ oder Denkens“. 100 Dagegen schlägt Fichte eine doppelte Modifizierung der hegelschen Methode durch eine „positive Dialektik“ und anschließend durch die „Erfahrung“101 bzw. die „Anschauung“ vor.102 Dabei handelt es sich um Fundamentaleinwände, die von Schelling inspiriert sind, ihn aber an Radikalität übertreffen. Aus der Sicht Hegels ist hierauf zunächst zu erwidern, dass er, obwohl er selbst am Anfang seiner Logik vom „Reich der Schatten“ spricht (SL: 42), das Logische keineswegs als ein abstraktes Negatives im Gegensatz zu einem Positiven konzipiert. Vielmehr besteht das Ziel der hegelschen Logik darin, die „Wesenheiten der Dinge“ (§ 24), d.h. den logischen Kern oder das begriffliche Fundament des Realen überhaupt, ans Licht zu bringen. Die einheitliche Anwendung der einen Methode, d.h. der Rekurs auf die absolute Idee, durch das gesamte spekulativ-philosophische Verfahren hindurch manifestiert genau die Einheit von Logischem und Realem und zeigt, inwiefern das Reale konkret vom Logischen konstituiert wird oder umgekehrt, inwiefern das Logische eben nicht „leer und unwirklich“ ist. Zwar figuriert die Wissenschaft der Logik im enzyklopädischen Aufbau als Erste Wissenschaft, was den Anschein einer „Vorwissenschaft“ erwecken mag. Es ist aber die Ausführung der Realphilosophie, die die Logik als das Gegenteil von ‚abstrakt‘ erweist oder – in der Formulierung von § 574 – in „das Logische“ als das „Resultat“ der Wissenschaft bzw. „als das Geistige“ zurückgeht.
95
A.a.O. 77; vgl. ders., Spekulativer Theismus, 43ff. Ders., Idee der Persönlichkeit, 5. 97 Ders., Vermischte Schriften zur Philosophie, Theologie und Ethik, Leipzig 1869, 60f. 98 Ders., Grundzüge zum System der Philosophie. Abteilung 2: Die Ontologie, Neudruck der Ausgabe Heidelberg 1836, Aalen 1969 (= Fichte, Ontologie), 41. 99 Ders., Idee der Persönlichkeit, 5. 100 Ebd.; vgl. ders., Spekulativer Theismus, 44. 101 Ders., Ontologie, 41; 43. 102 Ders., Spekulativer Theismus, 33. 96
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Was außerdem die einheitliche Anwendung der „negativen Dialektik“ betrifft, die das Absolute nicht jenseits aller Gegensätze auffasse, sondern das ganze Dasein in Gedankenbestimmungen verwandle, so kann das als keine inhaltliche Kritik, sondern nur als eine parteiliche Klage verstanden werden, in der der Wunsch zum Ausdruck kommt, dass das Absolute und das ganze Dasein im Gegensatz zum gelungenen, in sich vollständigen und konsequenten hegelschen Projekt unbegreiflich wären. Fichtes einziges eigentliches Argument gegen den hegelschen Monismus ist an dieser Stelle der Verweis auf den Wert von Erfahrung, Anschauung, Vorstellung usw. Das Geschäft der Philosophie liegt aber darin, nicht auf dieser Ebene zu bleiben, sondern darauf zu reflektieren und sie denkerisch, ja begreifend zu verarbeiten. Schließlich gehört es zur Bestimmung der Philosophie sowie des Erkennens überhaupt, dass sie mit diversen Gedanken und Denkbestimmungen operieren. Fichtes Forderung, das konkrete Dasein nicht in eine Welt von Gedankenbestimmungen zu verwandeln, bedeutet also die Aufforderung, auf die Philosophie zu verzichten und insgesamt mit dem Denken als solchem aufzuhören. Dass es tatsächlich die philosophische Stringenz ist, die Fichte an Hegel tadelt, wird an seinem eindringlichen Appell zur Überwindung des „abstrakten Denkens“ bezüglich der Gotteserkenntnis deutlich. Fichte plädiert für ein „synthetische[s] Denken[] a posteriori“, das sich der „Principien der Induction, der Analogie und der Hypothese“ bedient, um durch die „Weltbetrachtung […] von der Beschaffenheit des Universums auf das reale Wesen ihres Urgrundes zurückzuschliessen.“ 103 Zudem macht Fichte einen weiteren Verbesserungsvorschlag für Hegels System: den „Übergang in eine spekulative Empirie, welche die Welt als die schöpferische That Gottes erkennt, und das Kunstwerk des göttlichen Verstandes und Willens in ihr darzustellen hat“. 104 „Wir erleben darin“, so führt Fichte fort, „das Höchste und Ideellste“105, und das sei der „wahrhafte[] Theismus“, der Gott als das freie „Persönliche“ und nicht abstrakt Notwendige zum Gegenstand seiner „Anschauung“106 habe. Nun kann man Fichte definitiv nicht zustimmen, wenn er behauptet, Hegel sehe von solchen Erkenntnisweisen des Göttlichen und Deutungen des Ganzen ab. Denn sie machen genau das explizite Thema seiner umfangreichen Philosophie des absoluten Geistes aus. Was aber Fichte an Hegel eigentlich stört, ist, dass dieser solchen Erkenntnisweisen keine für das ganze philosophische System maßgebende Funktion zubilligt. Denn parallel zu den verschiedenen Weisen, Gott und die Welt als Ganzes substantiell zu erkennen und zu deuten, wird in der Philosophie des absoluten Geistes das Kriterium auch dafür geboten, Tauglichkeit und Tragweite von Empirie, Mystik, Erleben, Anschauung, 103
Ders., Idee der Persönlichkeit, 8. Ders., Ontologie, 44. 105 Ebd. 106 Ders., Spekulativer Theismus, 32; 33. 104
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hypothetischem Denken, Begriff usw. innerhalb einer Gotteserkenntnis zu bestimmen. Fichtes Vorschlag hingegen lässt den Zusammenhang hegelscher Philosophie des absoluten Geistes zerbrechen und plädiert für den Vorzug irgendwelcher religiösen Vorstellungen. Warum diese bestimmten – namentlich christlichen – Vorstellungen und Erlebnisse und nicht andere als Ausgangspunkt gewählt werden, kann Fichtes Argumentation jedenfalls nicht rechtfertigen, weil sie über kein höheres Kriterium außer diesen Vorstellungen selbst verfügt. So bleibt bei Fichtes Vorschlag die Rettung, d.h. die philosophische Begründung, der christlichen Wahrheit des persönlichen Gottes ein unerfülltes Desiderat, während Hegel durch die Aufhebung verschiedener Gotteserkenntnisse die des christlichen Gottes zumindest partiell – etwa dessen logischen Kern – jedenfalls aber vernünftig zu fundieren vermag. Doch genau diese partielle Rechtfertigung des christlichen Gottes in der Philosophie greift Fichte am heftigsten an, weil Gott nach dieser Taktik allein im Diesseits verhaftet und jeglicher Gedanke eines Jenseits ausgeschlossen bliebe. Konkreter wirft er Hegel vor, dass der Anfang seines Systems trotz der „angeblichen Voraussetzungslosigkeit“ eine von Schelling inspirierte Fassung des Absoluten als der „Einheit des Subjektiven und Objektiven“ 107 darstellt, was wiederum der „Gedanke“ überhaupt, d.h. das „Sichselbstdenken des Absoluten“108, sogar Gott selbst109 sei. Das Entscheidende aber an diesem Tadel ist das Verständnis des Objektiven als des „Universums“110, und zwar des Universums, sofern es Gegenstand der menschlichen Erfahrung sei. Unter diesen Prämissen könne die gedankliche Subjekt-Objekt-Identität nichts Anderes als den „Inbegriff unserer Erfahrungen“ bezeichnen und so falle „das Absolute zum Inbegriffe und zur Einheit dieses Wirklichen, zum blossen Weltgeiste, […] zum Erdgeiste herab“.111 Somit vollzieht Fichte seine linke Hegeldeutung: Da der Ausgangspunkt des hegelschen Systems der „Inbegriff unserer Erfahrungen“ sei und der ganze Fortgang in der „negativen Dialektik“ bestehe, stelle das gesamte enzyklopädische System nichts Anderes als die „petitio principii“112 der anfänglich in der Logik stattfindenden Selbstapotheose des menschlichen Geistes dar. Die „Grundbeschränktheit“ der hegelschen Untersuchung des Absoluten liege darin, „dass sie nur die Seite der Weltwerdung Gottes im Auge [behalte], und gar nicht für möglich [halte], weil sie damit den Begriff der Wirklichkeit überhaupt erschöpft zu haben sich einbilde[], durch jene über sie hinauszugehen, und die Weltimmanenz Gottes zum Beweise seiner Transcendenz
107
Ders., Beiträge zur Charakteristik der neueren Philosophie, oder kritische Geschichte derselben von Des Cartes und Locke bis auf Hegel, Sulzbach 1841, 846; 849. 108 Ebd. 109 Vgl. a.a.O. 842; 847f. 110 A.a.O. 864. 111 A.a.O. 865. 112 A.a.O. 849.
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zu machen“. 113 Der Punkt also, auf den Fichtes ganze Hegelkritik hinauswill, ist die Abschaffung des „transscendente[n] Subjekt[s] und besondere[n] Bewusstsein[s]“ und die Suche nach dem Absoluten ausschließlich „in den Schranken und Formen der Weltimmanenz“ sowie „nur im Menschengeiste“. 114 Tatsächlich lässt Hegel seine Wissenschaft der Logik mit der einfachsten Einheit von Subjekt und Objekt beginnen, die nur im Denken möglich ist, also mit einem „Gedanken“. Aus diesem anfänglichen bestimmungslosen Gedanken ergibt sich allmählich eine Menge anderer Gedanken, die inhaltlich dem nahekommen, was Fichte ‚Universum‘, ‚Menschengeist‘, ‚Absolutes‘ und das ‚Sichselbstdenken des Absoluten‘ selbst nennt. Wenn aber Fichte diesen Entwicklungsprozess als ein „petitio principii“ interpretiert und alle nach Hegel voneinander unterschiedenen Gedanken miteinander gleichsetzt, so setzt er als Kriterium für seine Beurteilung einen Gedanken voraus, der selbst nicht in diesem Entwicklungsprozess vorkommen darf. Hegels logischer Untersuchung stellt also Fichte ein bloßes Postulat entgegen, etwas, das nicht das Universum und nicht der Menschengeist sein soll: eine supranaturalistische Transzendenz. Hiergegen sind aus hegelscher Sicht zwei Fragen zu richten. Ist ein Geist, der die „Wesenheiten der Dinge“ (§ 24), die „Eine und allgemeine [geistige] Substanz“ von allem Denkbaren und Realen (§ 554) bzw. das, was Fichte pejorativ die „Weltwerdung Gottes“ nennt, vollständig und konsequent begreifen kann, nur noch als ein endlicher „Welt-“ und „Erdgeist“ zu bezeichnen? Und umgekehrt: Besteht die Göttlichkeit eines unendlichen Geistes oder Gottes in der supranaturalistischen Transzendenz, sodass deren Abschaffung per se zur Selbstapotheose des endlichen Geistes führt? Im vorliegenden Buch wird für eine begriffliche Grundlagenforschung bei Hegel argumentiert, die jene Begrifflichkeit problematisiert, welche aus rein logischer Sicht aller Rede sowohl vom menschlichen Geist als auch von einem supranatürlichen Gott vorausgeht. Gibt es einen supernatürlichen Gott, der sich dem Menschen vernünftig offenbart, so hat er diese Begrifflichkeit zu respektieren. Die Beantwortung der Frage, ob es einen solchen Gott tatsächlich gibt, obliegt aber weder der Wissenschaft der Logik noch der spekulativen Philosophie insgesamt. Ähnliche Einwände wie Fichte haben auch die übrigen Spätidealisten vorgebracht. Chr. H. Weiße etwa bemängelt die Vernachlässigung von „Verschiedenheit und Entgegensetzung“ 115 des Logischen und Realen bei Hegel sowie die Identifizierung des „räumlich-zeitliche[n] Sein[s]“ mit der „Gottheit“ und
113
A.a.O. 865f. A.a.O. 1023; 1024. 115 Christian Hermann Weisse, Über den gegenwärtigen Standpunkt der philosophischen Wissenschaft. In besonderer Beziehung auf das System Hegels, Leipzig 1829, 116. 114
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dem „logischen Sein“. 116 Zugleich weist er darauf hin, dass Hegel die „unmittelbare Gegenwart Gottes“ im endlichen Geist versäume, die nichts Anderes als „das religiöse Gefühl und der Glaube“117 sei. Analog sieht J. Sengler bei Hegel nur die „Verabsolutierung des objektiven menschlichen Geistes“. 118 Dieselben Motive findet man in verdichteter Form auch bei H. Ulrici wieder, der auf „Verschiedenheit des Inhalts der Kunst und der Religion von dem der Philosophie“119 insistiert, die mehr als eine bloße Unterscheidung sei. Ulrici setzt dabei den Akzent auf die Positivität, die im Gegensatz zu Hegels Konzept maßgebend für eine Identifizierung von Logik und Metaphysik sein solle. 120 Da sich aber Hegel nur für das logisch Gedachte und nicht für das metaphysisch Reale interessiere, gelinge es ihm einerseits in der Logik, Gott nur als das „Kategoriengerippe der Weltlichkeit“, nicht aber als Subjekt zu erfassen, und andererseits in seiner Philosophie des absoluten Geistes, nicht über den „seine Endlichkeit aufhebende[n] menschliche[n] Geist“121 hinauszugehen. Die Verabsolutierung des menschlichen Geistes macht also auch hier den Leitgedanken aus. Inwiefern es aber Hegel sehr wohl gelingt, das Subjekt zu erfassen, lässt sich leicht an seiner subjektiven Logik, dem dritten Buch der Wissenschaft der Logik überprüfen. – Einer ähnlichen Argumentation folgt darüber hinaus Karl Fischer, der bei Hegels „subjective[m] System“ keinen Beweis für dessen Prinzipien zu finden vermag, zu denen er unter anderen auch „das Seyn bestimmende Wissen des menschlichen Geistes, […] das alleinige Diesseits und endlich den unpersönlichen Gott als selbstlose Einheit und Wahrheit der Welt“122 zählt. Fischer beendet seine Hegelkritik mit dem Appell für eine neue „Wissenschaft“, welche die des „absoluten Ideals“, d.h. der „Objectivirung und Manifestation eines absoluten, [die Individuen] begründenden, liebenden
116
A.a.O. 156. Ders., Die Idee der Gottheit. Eine philosophische Abhandlung als wissenschaftliche Grundlegung zur Philosophie der Religion, Dresden 1833, V. 118 Jakob Sengler, Über das Wesen und die Bedeutung der speculativen Philosophie und Theologie in der gegenwärtigen Zeit, mit besonderer Rücksicht auf die Religionsphilosophie. Specielle Einleitung in die Philosophie und speculative Theologie, Heidelberg 1837, XIV; vgl. a.a.O. 306–324, insbes. 311f. 119 Hermann Ulrici, Über Princip und Methode der Hegelschen Philosophie. Ein Beitrag zur Kritik derselben, Halle 1841, 283. 120 A.a.O. 109ff. 121 A.a.O. 288. Was die Kritik am Begriff des absoluten Geistes betrifft, hat Ulrici in einem kurzen Abschnitt, in dem er vom absoluten Geist als der „Reinigung“ der „sittliche[n] Gesinnung und Handlungsweise der endlichen Geister“ (a.a.O. 209) spricht, Staudenmaiers Überlegungen im Wesentlichen antizipiert. 122 Karl Fischer, Speculative Charakteristik und Kritik des Hegel’schen Systems und Begründung der Umgestaltung der Philosophie zur objectiven Vernunftwissenschaft, mit besondrer Rücksicht auf die Geschichte der Philosophie, Erlangen 1845, 590; vgl. a.a.O. 310; 486. 117
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und wissenden Ursubjects“ sein und „die ganze menschliche Erkenntniß schließ[en] und krön[en]“ 123 solle. iii. Zusammenfassung der Deutungen in den ersten zwei Jahrzehnten der Wirkung Hegels Die Hegelschule bot eine breite Palette von Antworten bezüglich der Frage nach Gott, dem Absoluten und dem absoluten Geist bei Hegel, die die Forschung sehr lange prägten und deren Wirkung bis in den heutigen Diskurs hineinreicht. Diese Palette erstreckt sich von einem christlich-theistischen Verständnis Gottes über Pantheismus bis hin zu einer atheistischen gänzlichen Leugnung Gottes oder gar bis zur Vergöttlichung des Menschen. Eine Entscheidung für die eine oder andere Deutung wäre an dieser Stelle noch verfrüht. Es ist jedoch von Belang anzumerken, dass jene breite Palette eher auf eine Verlegenheit hinsichtlich der Systematik einer philosophisch-theologischen Untersuchung und des Zugangs zum hegelschen System insgesamt hindeutet. Zweierlei Zugangsweisen zum hegelschen System bezüglich der Frage nach dem Absoluten ließen sich besonders häufig nachweisen: der Zugang durch die Religionsphilosophie, wie diese etwa in den Vorlesungen oder in der Phänomenologie überliefert wird, und der Zugang durch die Logik selbst, aber nur in einer entkontextualisierten Auffassung derselben. Was den Zugang durch die Religionsphilosophie betrifft, so ist der Mann, welcher wie kein anderer die Entwicklung des theologischen Streits in der Hegelschule geprägt hat, D. F. Strauss, derjenige, der das einzige legitime Ergebnis einer solchen Betrachtung wie folgt auf den Punkt gebracht hat: die „unläugbare[] Unbestimmtheit der […] Ansicht Hegel’s über die Person und Geschichte Jesu“. 124 Vermisst man auf der religionsphilosophischen Ebene die Klarheit des spekulativen Begriffs und berücksichtigt man jedoch zugleich den enzyklopädischen Kontext dieser Philosophie nicht, so bleibt einem Interpreten wie Strauss nichts übrig, als den Schritt einer Flucht in den Begriff jenseits des hegelschen Systems in seinen eigenen Schriften zu vollziehen. Die Entkontextualisierung der Logik führt zudem, wie anhand der Spätidealisten flüchtig skizziert wurde, zu grotesken Ergebnissen, die den vernachlässigten genuin hegelschen Zusammenhang ebenfalls durch eigene philosophische Entwürfe zu ersetzen versuchen. Im Gegensatz zu diesen beiden Zugangsweisen möchte das vorliegende Buch auf die Philosophie des absoluten Geistes verweisen und dadurch die theologischen
123
A.a.O. 592. David Friedrich Strauss, Streitschriften zur Verteidigung meiner Schrift über das Leben Christi und zur Charakteristik der gegenwärtigen Theologie, Heft 3, Tübingen 1837, 95; vgl. dazu a.a.O. 57: „Bei Hegel, namentlich in der Phänomenologie, zeigte sich die ganze Zweideutigkeit des Begriffs der Aufhebung an diesem Punkte [bezüglich also des Verhältnisses des Begriffs auf die Geschichte].“ 124
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Ansichten, die sowohl mit der Religionsphilosophie als auch mit der Logik verbunden sind, im Kontext der enzyklopädischen Philosophie betrachten. Schließlich wurden oben Ansätze gefunden, die zwar den Gesamtcharakter der Logik richtig erkennen, denen es aber nicht gelingt, die für dieses Werk spezifische Abhandlung der theologischen Thematik in systematischen Einklang mit dessen konkretem Aufbau zu bringen. Dies ist ein Problem, dessen Lösung sich am aufwendigsten ausnimmt und mit welchem sich das vorliegende Buch weitgehend konfrontiert sieht. 2. Deutungen des Absoluten während der ‚Hegel-Renaissance‘ bis in die 60er Jahre Die Suche nach möglichen Deutungen philosophischer Theologie im hegelschen Denken kann die Vorschläge, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts formuliert wurden, aussparen, und direkt mit denjenigen fortgesetzt werden, die in der Zeit der sogenannten ‚Hegel-Renaissance‘ am Anfang des 20. Jahrhunderts bis in die späten 60er Jahre entstanden. Während die hier auszulassenden Deutungen eher in unkreativen Wiederholungen der prominentesten Deutungen aus den ersten zwei Jahrzehnten nach Hegels Tod bestehen und in der Literatur wohl mit Recht als ‚Historisierung‘ der Philosophie Hegels beschrieben werden, zeichnen sich die Deutungen, die vornehmlich während der ersten sechs Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts entstanden sind, dadurch aus, dass sie manche neuen Aspekte der Problematik in Betracht ziehen. Trotzdem sind auch sie – wie bereits die Bezeichnung ‚Renaissance‘ zu verstehen gibt – nicht bahnbrechend, sodass das Schema ‚Rechts-Links‘ (im Sinne des Dilemmas zwischen der Annahme eines theistisch bzw. atheistisch verstandenen Wesens) weiterhin Anwendung findet. i. Deutungen, die Hegel der Rechten zuordnen Die ‚Hegel-Renaissance‘ am Anfang des 20. Jahrhunderts bedeutete zunächst die Renaissance derjenigen Irrtümer im Hinblick auf die philosophisch-theologische Thematik, die in den ersten Jahrzehnten nach Hegels Tod entstanden waren und sich im Laufe des 19. Jahrhunderts verfestigt hatten. Hegels Philosophie wurde wieder pauschal als „mystischer Pantheismus“125 (W. Dilthey), „Panlogismus“126 (W. Windelband, J. Schubert) oder feiner als „Panentheismus“127 (J. Schubert) eingeordnet. Der „Logos der Logik“ wurde kurzerhand
125
Wilhelm Dilthey, Die Jugendgeschichte Hegels, Berlin 1905, 152–174; vgl. a.a.O.
199. 126 Wilhelm Windelband, Die Erneuerung des Hegelianismus, Festrede in der Sitzung der Gesamtakademie am 25. April 1910, Heidelberg 1910, 7. Johannes Schubert, „Hegels Gottesbegriff“, Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik 134 (1909), 185. 127 A.a.O. 181.
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mit dem Schöpfergott der Religion gleichgesetzt (R. Kroner). 128 Ebenso wurde erneut die „überragende Bedeutung“ der Religion hervorgehoben, mit deren Betrachtung Hegels Philosophie abschließe, da die Religion „die oberste Stufe des Aufstiegs [sei], durch den der Geist allgemein zu seiner wirklichen inneren Freiheit und zu seiner realen äußeren Selbstdarstellung gelang[e]“ 129 (G. Lasson). Weiterhin hielt man die Religionsphilosophie bzw. einen Teil von ihr, etwa die Trinitätslehre, für eine geeignete „Einführung in Hegels System“ (J. Hessen).130 Gemeinsam ist all diesen Interpretationen eine nicht strikt systematische Umgangsweise mit dem hegelschen Werk, die darin besteht, entweder Hegel willkürlich und jedenfalls ohne ausreichenden Verweis auf den Primärtext Ansichten zuzuschreiben, die er faktisch nicht vertritt (Windelband, Kroner), oder aber darin, Teile der hegelschen Philosophie und ihrer geschichtlichen Entwicklung in den Mittelpunkt der Interpretation zu stellen (Schubert, Lasson, Hessen, Dilthey). Von diesen in den Fokus genommenen Aspekten der hegelschen Philosphie ist jedoch keineswegs selbstverständlich, dass sie für diese Funktion tauglich sind. Die Unzulänglichkeit dieser Umgangsweisen mit dem hegelschen Text ist schon anhand der Streitigkeiten in der Hegelschule angedeutet worden. Aus historischen Gründen sei hier auf den Charme aufmerksam gemacht, welchen die religionsphilosophischen Vorlesungen auf die Hegelinterpreten diachronisch ausüben. Autoren wie G. Dulckeit, J. Möller, E. Schmidt, F. Grégoire, C. Bruaire und E. Fackenheim erliegen diesem Charme auch in dieser Forschungsepoche, indem sie die Religionsphilosophie als den Ausgangspunkt und die Vollendung des hegelschen Systems betrachten131, eine unreflektierte Übereinstimmung christlicher Theologie und hegelscher Philosophie behaupten132, für die Deutung der „catégorie […] de la ‚personnalité pure‘“ am Ende der Logik explizit und ausschließlich in die Religionsphilosophie blicken 133
128
Vgl. Richard Kroner, Von Kant bis Hegel. Bd. 2, Tübingen 1924, 296. Georg Lasson, Einführung in Hegels Religionsphilosophie, Leipzig 1930, 1; 2. 130 Johannes Hessen, Hegels Trinitätslehre. Zugleich eine Einführung in Hegels System, Freiburg im Breisgau 1922. Hessen thematisiert zwar alle Versionen der hegelschen Religionsphilosophie (a.a.O. 17–31), das macht aber auch den einzigen Ausgangspunkt für sein Urteil über das ganze System (a.a.O. 32–40) aus. 131 Vgl. Gerhard Dulckeit, Die Idee Gottes im Geiste der Philosophie Hegels, München 1947, 11; 16; 41; 44. Joseph Möller, Der Geist und das Absolute. Zur Grundlegung einer Religionsphilosophie im Begegnung mit Hegels Denkwelt, Paderborn 1951, 5; 96f.; 124. 132 Vgl. Erik Schmidt, Hegels System der Theologie, Berlin/New York 1974, 218ff.; 246ff. und in starker Abhängigkeit von Göschel: a.a.O. 171. 133 Franz Grégoire, Études hégéliennes. Les points capitaux du systéme, Louvain/Paris 195, 10; vgl. a.a.O. 39ff.; 43; 185; 206ff. 129
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und in dieser wiederum nach der einzigen Auskunft Hegels über das Verhältnis von Religion und Philosophie 134 bzw. über spekulative Theologie suchen. 135 Einen davon abweichenden Vorschlag macht Th. Dieter. Seine Untersuchung, die allerdings die Logik nicht einschließt, nimmt die „Zweideutigkeit und Unklarheit“ als den Gesamtcharakter der hegelschen Philosophie an, was eine Entscheidung „für die Alternative Theismus oder Atheismus“ 136 innerhalb seiner Philosophie unmöglich mache und gleichfalls „die Persönlichkeit Gottes als letzte Konsequenz ebensowohl ableiten als bestreiten“ 137 lasse. Doch glaubt Dieter aus der Sackgasse seiner Untersuchung hinausfinden zu können, indem er das Problem der „Zweideutigkeit“ der hegelschen Philosophie biographisch erklärt, d.h. es auf die Doppelseitigkeit „von Hegel’s Wesen“ 138 schiebt und eine unüberbrückbare Kluft zwischen „Hegel’s persönliche[r] Überzeugung und de[m] wissenschaftliche[n] Ausdruck derselben“139 postuliert. „Seiner eigentlichsten innersten Überzeugung nach denkt sich Hegel Gott als absolute, geistige Persönlichkeit“ und gehöre unverkennbar „zum rechten Flügel seiner Schule“.140 In seinem philosophisch-gedanklichen Aufbau „dagegen droht diese Überzeugung durch andere Bestrebungen paralysiert zu werden.“ 141 Hegel sei es einfach misslungen, eine Philosophie aufzustellen, der er selbst hätte zustimmen können. Bevor man aber Hegels Vorlesungen als Ausdruck seiner tief psychologischen Motivation gelesen und seine Philosophie für schizophren erklärt hat, hätte man sich zunächst überlegen müssen, was es überhaupt heißt, die Religion zu verstehen und was es mit der gewissen Ambivalenz beim Urteil dieser Erkenntnis auf sich hat. Noch dringlicher aber stellt sich im Fall der Interpretation Dieters die Frage nach der Gewichtigkeit der Rolle biographischer Informationen bei der Beurteilung eines philosophischen Werkes. Denn da solche Informationen von Natur aus fragmentarisch sind und alle möglichen einander widersprechenden Deutungen prinzipiell offenlassen, können sie unschwer je nach Ideologiegesichtspunkt instrumentalisiert werden und dürfen
134 Vgl. Emil Fackenheim, The Religious Dimension in Hegel’s Thought, Bloomington/London 1967, 9; 117ff. 135 Vgl. Claude Bruaire, Logique et religion chrétienne dans la philosophie de Hegel, Paris 1964, 10. 136 Theodor Dieter, Die Frage der Persönlichkeit Gottes in Hegel’s Philosophie, Tübingen 1917, 45. 137 A.a.O. 41f. 138 A.a.O. 38. 139 A.a.O. 46. 140 A.a.O. 43. 141 A.a.O. 47.
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deshalb nur als Hilfsmittel benutzt, aber nicht über die eigentliche Textvorlage gestellt werden. 142 I. Iljins Darstellung der Philosophie Hegels als „kontemplativer Gotteslehre“ ist wahrscheinlich die ausführlichste Fassung einer pantheistischen Deutung dieser Philosophie. Ausgehend von der Grundüberzeugung, dass der hegelsche „Begriff, diese wahre und einzige Realität, […] für Hegel nichts anderes als eben Gott“143 sei, und mit Motiven der Schelling’schen Philosophie in seinem Apparat144 artikuliert Iljin das Theorem, dass die Philosophie Hegels „Panepistemismus“ bzw. „Pantheismus in panlogistischer Form“145 sei. „Gott ist die Philosophie, d.h. das System der wissenschaftlichen Erkenntnis“, heißt es bei ihm, „und außer der Philosophie gibt es keine Realität“, wobei „das, was die Menschen ‚Welt‘ nennen, [...] die Erscheinung dieses Prozesses [sei], – Erscheinung Gottes, Erscheinung der Wissenschaft.“ 146 Es ist nicht nur die Verwechslung von Philosophie selbst mit ihrem realen Gegenstand, was Iljins Interpretation einerseits unglaubwürdig, andererseits aber lehrreich für die künftigen Hegelinterpreten macht. Der Wert seiner Arbeit liegt vor allem darin, in exemplarischer Weise zu demonstrieren, was es heißt, die hegelsche Philosophie als Ganzes, nicht aber anhand konkreter Textpassagen verstehen zu wollen. In diesem Werk wird nämlich anschaulich, wie ein beeindruckendes Aufreihen von Zitaten bloß den Anschein einer texttreuen Interpretation erweckt und zugleich die eigentliche interpretatorische Arbeit ersetzt. Denn durch eine ernsthafte Textanalyse stellt sich das Arsenal an Zitaten, das Iljin anführt und in dem Gott, Begriff, absoluter Begriff, Absolutes, Idee und eine Menge anderer hegelscher – aber nicht nur hegelscher – Begriffe ohne Weiteres als identisch gesetzt werden 147, als assoziative Natur und als nur nach 142 Exemplarisch artikuliert sich die Problematik einer Interpretation anhand biographischer Informationen im folgenden Widerspruch Dieters. Nur eine Seite vor dem „Zusammenfassende[n] Schlussergebnis“ seiner kurzen Arbeit, wo Dieter demonstrativ erklärt: „Für ihn [Hegel] persönlich ist Gott persönlich“ (a.a.O. 47), stellt er „zwei Erklärungen“ auf, die möglicherweise eine Antwort auf seine in eine Sackgasse führende Untersuchung darstellen: „[E]ntweder war die Persönlichkeit Gottes für Hegel […] aufrichtiges Gemütsbedürfnis […] oder aber spricht er […] nur in äußerer Anpassung an das Kirchendogma, um mit der Kirche in keine Konflikte zu kommen […].“ Und gibt schließlich plakativ zu: „Welche dieser beiden Annahmen das Richtige trifft, läßt sich auf Grund der großen Werke Hegel’s schlechterdings nicht entscheiden“ (a.a.O. 42). Etwas Anderes als das Werk eines Autors selbst, egal wie groß das sein mag, einer Interpretation zugrunde zu legen, heißt, über das Werk nach Belieben zu urteilen. 143 Iwan Iljin, Die Philosophie Hegels als kontemplative Gotteslehre, Bern 1946, 10; vgl. a.a.O. 181; 188; 190; 197. 144 Vgl. a.a.O. 203–230, insbes. 221. 145 A.a.O. 11; 197. 146 A.a.O. 202; 201. 147 Ein buntes Beispiel – unter vielen – dafür, wohin dieses assoziative Zitieren und Gleichsetzen führen kann, liefert Iljin, wenn er schreibt: „die Absolute Idee ist ‚im Himmel‘
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ähnlichem Wortlaut zusammengebunden heraus. Für Hegels vorsichtigen Leser macht dieses Aufreihen von Zitaten keine strenge Argumentation, sondern bestenfalls eine Doxografie aus. W. Albrecht glaubt, in der Wissenschaft der Logik den Kern des theistischen Idealismus der hegelschen Dialektik nachweisen zu können.148 Anlass zu seiner Interpretation findet er in Hegels Vorlesungen über die Beweise vom Dasein Gottes, welche er zur Grundlage seiner Auseinandersetzung mit der Logik macht.149 Da es sich aber in diesen Vorlesungen um den „Begriff Gottes, bzw. Gott selbst“ handele, der „sich besondert, die Welt, seinen Sohn erschafft“ 150 usw., und da das logische Kernstück des Gottesbeweises das Urteil sei151, schließt Albrecht in Bezug auf die Logik darauf, dass sie den Prozess der Urteilung des Begriffs, namentlich des „göttliche[n] Begriff[s]“ 152, darstelle, der „schließlich als absolute Idee zu sich zurückkehrt.“ 153 Auch das vorliegende Buch wird den von Hegel selbst im Rahmen der Logik verwendeten Ausdruck „absoluter, göttlicher Begriff“ annehmen (BL: 129,23) und die Rückkehr der Begriffslogik in denselben zumindest andeuten. Doch ist Albrecht sicherlich zu erwidern, dass es eine wacklige interpretatorische Strategie ist anzunehmen, dass ein Werk nicht aus sich selbst heraus zu verstehen, sondern „eine erste Orientierung“ 154 außerhalb seiner und zwar mittels assoziativen Denkens und anhand von Parallelen und Ähnlichkeiten zu suchen sei, zumal wenn es sich bei dessen Autor um einen systematischen Denker wie Hegel handelt.155 Zudem – wie oben, etwa bei F. C. Baur ähnlich bemerkt worden ist – ist es ebenso verwunderlich, den Mittelpunkt der hegelschen Philosophie in der Urteilslogik zu suchen und demnach „die Logik als ‚urgeteilten‘ Begriff“156 zu lesen, als wäre das Hegels letztes Wort. Entscheidender wäre dabei gewesen, bevor man sich mit dem ‚urgeteilten‘ oder ‚sich besondernden‘ Begriff befasst hat, den Begriff als solchen eingehend zu analysieren. das, was ‚auf Erden‘ der spekulative Staat ist. Die Absolute Idee ist somit das ewige Vorbild des irdischen Staates und der spekulative Staat ist die Verwirklichung der himmlischen Idee auf Erden.“ (A.a.O. 222.) 148 Vgl. Wolfgang Albrecht, Hegels Gottesbeweis. Eine Studie zur „Wissenschaft der Logik“, Berlin 1958, 9ff. 149 Vgl. a.a.O. 22; 25f. 150 A.a.O. 36; 37. 151 Vgl. a.a.O. 115. 152 A.a.O. 15. 153 A.a.O. 37. 154 A.a.O. 22. 155 Das gilt besonders für den Fall, in dem sich der Interpret selbst Bemerkungen wie der folgenden nicht verwehren kann: „Belege für das, worauf es uns wesentlich ankommt [d.h. auf die Interpretation der Logik anhand der erwähnten Vorlesungen], sind jedoch auch dort nicht zu finden, und zwar aus dem einfachen Grunde nicht, weil es sie nicht oder nur in geringer Zahl gibt.“ (A.a.O. 26.) 156 A.a.O. 114.
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M. Heidegger geht davon aus, dass das hegelsche System das Kompositum von der Phänomenologie des Geistes und der Wissenschaft der Logik ist157, und bemüht sich, jene als die „‚erste Wissenschaft‘“, als „Ontologie“, und diese als die „eigentliche Wissenschaft“, als „absolute Theiologie“ 158, darzustellen. Dabei handele es sich um die „Parusie“ bzw. „Anwesenheit“ des Absoluten, und zwar so wie es einerseits (in der Phänomenologie) nach der Weise des Seins „an und für sich bei uns“ und andererseits (in der Logik) „bei sich“, „vor der Schöpfung“ sei. 159 Wie bereits viele andere Interpreten vor ihm setzt auch Heidegger Absolutes und absoluten Geist mit dem Gott der Schulmetaphysik gleich.160 Das Ganze läuft darauf hinaus, die gesamte hegelsche Philosophie als „das onto-theiologische Wissen des wahrhaft Seienden als des Seienden“ 161 zu deuten und sie hiermit in die philosophiegeschichtliche Schematisierung der ‚Seinsvergessenheit‘ hineinzupressen. Solange man sich von der eigenen philosophischen Größe Heideggers und dessen maßgeblichem Einfluss auf eine Reihe wichtiger Hegelinterpreten nicht beirren lässt, muss man feststellen, dass diese Auslegung im Grunde mit der populären theistischen Hegelinterpretation übereinstimmt. Zu ihrer Entkräftung würde der formelle Hinweis auf den von Heidegger verwendeten sehr reduzierten Primärtextumfang ausreichen: Allein aus den Einleitungen zur Phänomenologie und Logik lassen sich die hochkomplexen Fragen zum Grundund Gesamtcharakter der hegelschen Philosophie und zur Rolle Gottes und des Absoluten in ihr definitiv nicht vollständig beantworten. Heideggers Verständnis der Phänomenologie als Erster Wissenschaft und der Logik als Theologie verstößt nicht nur gegen die enzyklopädische Darstellung des hegelschen Systems. Es hat auch ausgesprochen wenig mit dem tatsächlichen Inhalt dieser Werke zu tun, zumal sich etwa eine Lehre vom Seienden als Seiendem nicht in der Phänomenologie, sondern in den ersten zwei Büchern der Logik findet. Da aber Heideggers Hegeldeutung so prägend war, ist hier dazu ergänzend und antizipierend zu erwähnen, dass es bei Hegel nicht darauf ankommt, Ontologie von Theologie so zu unterscheiden, dass jene das Seiende als Seiendes und diese das wahrhaft Seiende, Gott, ebenfalls als Seiendes thematisiert. Hegels Philosophie zielt mit der Logik nicht auf eine Ontotheologie ab, was eine weitere Ontologie wäre, die aber lediglich die zusätzliche Bedeutung von The-
157 Vgl. Martin Heidegger, Holzwege, Frankfurt a. M. 1950 (= Heidegger, Holzwege), 179ff.; ders., „Hegels Phänomenologie des Geistes“, in: Ingtraud Görland, Gesamtausgabe, Bd. 32. Frankfurt a. M. 1980 (Heidegger, Phänomenologie), 3ff. 158 Ders., Holzwege, 184. 159 A.a.O. 186; 188. 160 Vgl. ebd.; ders., Identität und Differenz, Pfullingen 1957, 50. Ders., „Hegel“, in: Ingtraud Görland, Gesamtausgabe, Bd. 68. Frankfurt a. M. 1993, 53; ders., Hegels Phänomenologie, 4. 161 Ders., Holzwege, 183.
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ologie tragen würde. Vielmehr handelt die Logik vom logisch-wissenschaftlichen Erkennen der begrifflichen Grundlage jeder Ontologie und Theologie, die anstelle der Metaphysik auftritt. Gott wird dabei nicht als ein Seiendes untersucht, sondern als eine rein logische Absolutheitskonzeption, d.h. als ein Begriff. Selbst wenn es in der Logik um das Seiende als Seiendes geht, wird nach Begriffen dessen gefragt – nicht nach seiner „Parusie“, sei es nach der Weise des Seins oder „vor der Schöpfung“. Daher ist das vorliegende Buch bestrebt zu zeigen, inwiefern die Wissenschaft der Logik beiden Projekten, der Ontologie und der Theologie, gerecht wird, ohne sich jedoch zur Ontotheologie zu bekehren. Und anders als Heidegger beansprucht dieses Buch zu plausibilisieren, inwiefern dies sowohl aus innerlogischer Perspektive als auch aus der Perspektive eines (durch sich selbst vermittelten) enzyklopädischen (nicht bloß linearen) Systems möglich ist. Zu den Interpretationen Hegels, die sich an Heidegger anschließen, zählen etwa die von H. Birault – der für den ontotheologischen Charakter hegelscher Philosophie plädiert, kurioserweise ausgehend von einem langen Zitat aus der Vorrede zur Philosophie des Rechts162 – und K. Löwith. Löwith bemerkt zu Beginn seiner Darstellung: „Hegels Logik ist Ontologie, so wie diese zugleich Theo-logie ist: Onto-Theo-Logik, oder populärer gesagt: Religionsphilosophie“.163 Von da aus fällt es ihm im weiteren Verlauf seiner Argumentation nicht schwer, sich von der Logik komplett zu verabschieden und Hegels philosophische Theologie ausschließlich in den religionsphilosophischen Vorlesungen zu suchen.164 Hiermit ist auch der nächste Schritt bereits präjudiziert: Hegels These über die Inhaltsidentität von Religion und Philosophie sei die bewusste Entscheidung für den Gott „der christlichen Tradition“, d.h. für „das Absolute als einen überweltlichen und übernatürlichen Geist […], der sich in der natürlichen Welt und im selbstbewussten Menschen verendlichen soll.“ 165 Dass Löwith von dieser Inhaltsidentität die Positivität der christlichen Religion, die Willkür des Gefühls und den Stumpfsinn des Verstandes ausschließt166, ändert im Wesentlichen nichts an seiner christlich-theistischen Deutung der hegelschen Philosophie.
Vgl. Henri Birault, „L’onto-théo-logique hégelienne et la dialectique“, Tijdschrift voor Philosophie 20 (1958), 646–723. 163 Karl Löwith, „Hegels Aufhebung der christlichen Religion“, in: Bernd Lutz, Sämtliche Schriften, Bd. 5, Stuttgart 1988 (= Löwith, Hegels Aufhebung), 117f. 164 Vgl. a.a.O. 140–156. Vgl. auch ders., „Der revolutionäre Bruch im Denken des 19. Jahrhunderts“, in: Bernd Lutz, Sämtliche Schriften, Bd. 4., Stuttgart 1988 (= Löwith, Von Hegel zu Nietzsche), 415: „Erst in der Religionsphilosophie verwandelt sich die Form des bloßen Gefühls und der Vorstellung in die des Begriffs.“ 165 Ders., Hegels Aufhebung, 161f.; vgl. a.a.O. 144ff. 166 Vgl. ders., Von Hegel zu Nietzsche, 410–416; ders., Hegels Aufhebung, 123–140. 162
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A. Chapelle macht dahingegen mit allem Recht auf das Ungenügende eines Festhaltens an der allgemeinen Formulierung der These über die Inhaltsidentität von Religion und Philosophie aufmerksam. 167 Doch gelingt es auch ihm nicht, sich einen Gesamtüberblick über die Sache zu verschaffen. Er greift nämlich zu kurz, wenn er sich in seiner Analyse allein auf die formelle Seite der Problematik beschränkt, welche bloß das Verhältnis von Vorstellung und Begriff und die Begriffe von Religion und Philosophie bloß abstrakt thematisiert.168 Es ist nicht nur Chapelles Herangehensweise an diese Problematik zu kritisieren, die von den religionsphilosophischen Vorlesungen ausgeht und die systematische Grundlage der enzyklopädischen Untersuchungen zu Vorstellung und Denken vernachlässigt (§§ 445–468). Viel wichtiger ist das Versäumnis einer inhaltlichen Aufklärung dieser Problematik. Denn solange Hegels These über die Inhaltsidentität von Religion und Philosophie nicht anhand der konkreten Inhalte von Religion und Philosophie untersucht worden ist, bleibt sie eine bloße Versicherung; und solange kein ausführlicher inhaltlicher Vergleich zwischen Religionsphilosophie und übriger Philosophie stattgefunden hat, kann diese These in all ihrer Abstraktheit zugunsten eines jeglichen ideologisch (sowohl religiös wie philosophisch) bedingten Vorhabens genutzt werden, sodass man jegliche Antwort auf das Thema ‚Gott bei Hegel‘ als unfundiert auf sich beruhen lassen muss. So gelingt es Chapelle nicht, das Potential seines Ansatzes auszuschöpfen, wenn er etwa den Vergleich der beiden Inhalte durch eine Darstellung der Religionsphilosophie Hegels ersetzt und den Gott der Religionsphilosophie nur gelegentlich und ohne weitere Erklärung als identisch mit manchen Philosophiegehalten erklärt. 169 Über die Einseitigkeit eines solchen Gesichtspunkts hinauszugehen versucht Traugott Koch, der eine kritische Untersuchung des theologischen Inhalts der Philosophie Hegels unternimmt. Da er aber programmatisch erklärt, dass er die 167 „Parler d’identité du contenu de la religion et de la philosophie en même temps que de la non-identité de leurs formes représentatives et conceptuelles, marquer ainsi la nécessaire et possible Aufhebung de leur diversité, peut être exact, mais insatisfaisant.“ (Albert Chapelle, Hegel et la Religion. Bd. II: La dialectique. A. Dieu et la Création, Namur 1967 (= Chapelle, La dialectique), 9) 168 „Car aucune de ces propositions hégéliennes [gemeint sind diese von Inhaltsidentität, Formunterschied von Religion und Philosophie sowie Aufhebung jener in dieser] ne peut se comprendre sinon par le Tout du Système: les termes de représentation ou de concept, les notions de religion et de philosophie renvoient nécessairement a l’ensemble de la pensée.“ (Ebd.; vgl. die vorangehende Ausführung des Projekts in ders., Hegel et la Religion. Bd. I: La problématique, Namur 1964 (= Chapelle, La problématique), 99–227.) Von einer inhaltlichen Betrachtung dieser hegelschen Vorschläge ist nirgendwo die Rede. Beachtenswert ist ferner das Verständnis vom „Tout du Système“. 169 Vgl. die wiederholt behauptete, aber inhaltlich nie untersuchte These über die Identität des Gottes der christlichen Religion und der absoluten Idee sowie des Geistes der hegelschen Philosophie in Stellen wie: ders., La problématique, 102ff.; 205; 213; ders., La dialectique, 50ff., 67ff.
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„kritische Interpretation [nur] einiger logischer Bestimmungen ‚als Definitionen des Absoluten‘“ intendiert, so der Titel des Hauptteils seiner Studie 170, reduziert er seine Untersuchung auf bestimmte logische Bestimmungen und macht somit Platz für außerlogische Kriterien, die diese Suche und Kritik entscheidend beeinflussen können. Tatsächlich vollzieht Koch seine Auswahl von Absolutheitskonzeptionen ohne eine logisch-immanente Begründung, sodass die der hegelschen philosophischen Theologie Einheit und Kontinuität stiftende Instanz und die Aussicht auf eine im logisch-immanenten Sinne letzte Absolutheitskonzeption verloren gehen. Wenn also Koch den Begriff des Begriffs zum Zenit von „Hegels absolute[r] Theologie“ erklärt171, – eine Beobachtung, die auch das vorliegende Buch stützen wird – so ist das das Ergebnis einer Untersuchung, die die „Offenbarung Gottes in Christus“, also die Religionsphilosophie und nicht die eigene Entwicklung der spekulativen Philosophie selbst, als ihren „Grundlegenden Ausgangspunkt“ vorausgesetzt hat. 172 ii. Deutungen, die Hegel der Linken zuordnen Die ‚Hegel-Renaissance‘ wurde bereits von ihrem Auslöser, B. Croce, links geprägt. Croce hebt den „antireligiösen Charakter“ der hegelschen Philosophie hervor, die eine „Verneinung jeglicher Transzendenz“173 lehre und die Religion zu ersetzen beanspruche. Indem sich aber Croce nicht bemüht, seine These systematisch zu belegen, stellt er diese nicht nur als bloße Behauptung in den Raum, sondern er revidiert sie sogar indirekt, wenn er im Verlauf seiner Erörterung weiter behauptet, dass alle rechten und linken Deutungen in der Hegelschule gleichberechtigt seien. 174 In eine ähnliche Ratlosigkeit gerät auch Th. Haering – er allerdings nicht aus Mangel an Systematik, sondern aufgrund unzulänglicher Systematik. Da nämlich Haering seine Untersuchung auf die Phänomenologie, und zwar auf die Phänomenologie als ein in sich selbst widersprüchliches Notprodukt 175, einschränkt und die Enzyklopädie außer Acht lässt, kann er wie bereits D. F. Strauss vor ihm keine Hegel-immanente Antwort auf die Hauptfrage der Religionsphilosophie geben. Zwar favorisiert er die Deutung der Religion als eines Konstrukts menschlichen Bewusstseins – „nicht das Absolute stellt sich vor“
170 Traugott Koch, Differenz und Versöhnung. Eine Interpretation der Theologie G. W. F. Hegels nach seiner „Wissenschaft der Logik“, Gütersloh 1967, 78–174. 171 A.a.O. 150. 172 A.a.O. 22. 173 Benedetto Croce, Lebendiges und Totes in Hegels Philosophie, Mit einer Hegel-Bibliographie, Deutsche, vom Verfasser vermehrte Übersetzung von K. Büchler, Heidelberg 1909, 58. 174 Vgl. a.a.O. 161ff. 175 Vgl. a.a.O. 479.
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in der Religion, heißt es bei Haering. 176 Gleichwohl ist das eher eine persönliche Neigung Haerings. Dem hegelschen Denken selbst attestiert er vielmehr ein prinzipielles „Schwanken zwischen Religion als Selbstbewußtsein des absoluten Geistes (auf der Stufe der Vorstellung) und Religion als einer (vorstellenden!) Geisteshaltung (des Individuums oder einer überindividuellen Größe, wie der Gemeinde, die weithin sogar direkt mit dem Volk identifiziert wird) zu diesem Absoluten (Gott)“. 177 Ellis McTaggart will demgegenüber seine These über Gott bei Hegel ausführlicher darstellen und macht auf den Unterschied zwischen dem hegelschen Absoluten und dem gängigen Verständnis Gottes aufmerksam. Seines Erachtens ist immer eine Person mit ‚Gott‘ gemeint, während das Absolute der hegelschen Philosophie eine Art kollektiver Person aus vielen endlichen Subjekten ohne eigenes Selbstbewusstsein darstelle. 178 In diesem Sinn sei es günstiger, die Philosophie Hegels mit der Behauptung, „the Absolute is not God, and, in consequence, that there is no God“179, pauschal als Atheismus zu verwerfen, als zu versuchen, einen theistischen Kompromiss einzugehen. Dagegen argumentiert dieses Buch dafür, dass man durchaus vom Absoluten und dem logischen Kern Gottes reden kann, ohne die Konsequenz ziehen zu müssen, es gebe oder gebe keinen Gott. Nun ist es Ellis McTaggart selbst, der notiert, dass es ihm nicht um Hegels Ansichten selbst, sondern um die „conclusions“ dieser Ansichten geht. 180 Da er aber diese „conclusions“ an keiner bestimmten Stelle aus dem Primärtext belegt bzw. sie mit Zitaten aus den religionsphilosophischen Vorlesungen bloß „illustrieren“ will 181, kann man seine Abhandlung hier getrost auf sich beruhen lassen. A. Kojève hat mit seiner hartnäckig atheistischen Lesart der Phänomenologie Schule gemacht. Anstatt aber hier eine weitere sich aus der Phänomenologie speisende Deutung vorzustellen, von welcher bereits klargestellt wurde, dass sie aus systematischer Sicht prinzipiell unzulänglich ist, ist ein Aufsatz Kojèves über Hegels Gesamtstellungnahme zum Christentum zu berücksichtigen.182 In diesem Aufsatz bedient sich Kojève einer unscharfen Begrifflichkeit,
176 Theodor Haering, Hegel. Sein Wollen und sein Werk. Eine chronologische Entwicklungsgeschichte der Gedanken und der Sprache Hegels. Bd. 2. Leipzig/Berlin 1938, 515. 177 Vgl. a.a.O. 512. 178 Vgl. John McTaggart Ellis McTaggart, Studies in Hegelian Cosmology, 2. Aufl., Cambridge 1918, 60; 84ff. 179 A.a.O. 94. 180 „In this chapter I wish to consider, not Hegel’s own opinions on the personality of the Absolute, but the conclusions on the subject which ought logically to be deduced from his conception of the Absolute as determined in the Logic.“ (A.a.O. 59.) 181 Vgl. a.a.O. 56–94; 197–251. 182 Vgl. Alexandre Kojève, „Hegel, Marx und das Christentum. Übersetzt von Traugott König“, in: Iring Fetscher, Hegel, eine Vergegenwärtigung seines Denkens. Kommentar zur
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die zwar gewisse Ähnlichkeiten zur phänomenologischen Wissenschaft der Erfahrung des Bewusstseins aufzeigt, die aber vorwiegend Unwissenheit über die Grundlage des enzyklopädischen Gesamtsystems verrät. Für Kojève gilt der Geist als die „Wirklichkeit“ bzw. die „objektiv wirkliche Totalität“ 183, die aus dem Kompositum von „natürliche[r] Welt“ und „Gesamtheit der geschichtlichen Entwicklung der Menschheit“ 184 bestehe. Die Einheit dieser Elemente geschehe als das menschliche „Tun“, das „eine objektiv wirkliche Negation der natürlichen Wirklichkeit“ 185 sei. Das mache weiter die Transzendenz und Offenbarung des Geistes bzw. des Menschen im Hinblick auf die Natur aus. 186 Ein solches Schema ähnelt zwar dem hegelschen Konzept des objektiven Geistes – Kojève beruft sich ja explizit auf Weltgeist, Geschichte, Staat, Eigentum usw.187 –, kennt aber weder den genuinen Begriff des Geistes noch den der Natur. Noch weniger berücksichtigt ein solches Schema Hegels Differenzierung der drei Offenbarungsweisen des Geistes, denen zufolge sich Geist und Mensch schlicht nicht gleichsetzen lassen; und erst recht nicht die Natur als abstraktes Offenbaren des Geistes (§§ 384; 18). Wäre das berücksichtigt, bräuchte Kojève die Mensch-Natur-Einheit nicht nur im äußeren Tun des objektiven Geistes zu suchen, sondern in einem gemeinsamen Zugrundeliegenden, das weder bloß mit dem „Menschen“ noch mit der „natürlichen Wirklichkeit“ zu bezeichnen wäre. Dann müsste sich Kojève nicht mehr um des Verjagens des „‚transzendenten‘ Geist[es] im theistischen Sinn des Wortes“ 188 willen dazu verpflichtet fühlen, Gott mit dem „Mensch[en] in der Totalität seiner geschichtlichen Entwicklung“ 189 gleichzusetzen oder jenen auf ein „Trugbild“ und eine Projektion des Wirklichen „in ein Jenseits“ 190 herabzustufen. Denn dieses dem Menschen und der Natur Zugrundeliegende, was im Begriff von Geist sowie in der Lehre vom Begriff zu suchen wäre, ist viel subtiler und gehaltvoller als die schroffen Alternativen Kojèves und muss nicht unbedingt im theistischen Sinne verstanden werden. Folglich kann auch Kojèves Schluss-
Phänomenologie des Geistes; mit einem Anhang: Hegel, Marx und das Christentum, Frankfurt a. M. 1975, 271–298 (= Kojève, Christentum). Der Aufsatz befindet sich im Einklang mit Kojèves Phänomenologie-Interpretation (vgl. ders., Introduction à la lecture de Hegel. Leçons sur la Phénoménologie de l’esprit professées de 1933 à 1939 à l’École des HautesÉtudes, 6. Aufl., Paris 1947, 199ff.; 255ff.; 265ff.). 183 Kojève, Christentum, 275. 184 A.a.O. 276. 185 Ebd. 186 Vgl. a.a.O. 276f. 187 Vgl. a.a.O. 277f.; 285ff 188 A.a.O. 279. 189 A.a.O. 272. 190 A.a.O. 278.
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wort nicht akzeptiert werden, in dem er meint, dass „im Grunde […] die Theologie immer eine unbewußte Anthropologie“ 191 gewesen sei. Denn eine Lehre, welche das Zugrundeliegende der Natur in sich einschließt und sich von einzelnen Disziplinen wie denjenigen des subjektiven und objektiven Geistes unterscheidet, lässt sich nicht einfach mit einer Anthropologie gleichsetzen. Außerdem sollte man vorsichtiger mit der Vorstellung einer „geschichtlichen Entwicklung“ bei Hegel umgehen, die sogar vom „wahrhaft Fleisch gewordene[n] Logos, [d.h. von der] Diade Napoleon-Hegel“192, vollendet werde, zumal die Philosophie der Geschichte aus systematischer Sicht keineswegs zentral ist: Während sie ihre Ausführung erst außerhalb des enzyklopädischen Systems findet, wird sie in demselben vor der Darlegung der klassischen Kunst grundsätzlich abgehandelt. Dass es bei Hegel um eine geschichtliche Entwicklung und nicht vielmehr ausschließlich um eine begriffliche geht, versteht sich nicht von selbst. Seinen Leser überraschend schreibt K. Barth dem „zeitlebens […] getreue[n] Sohn des Tübinger Stifts“ mit voller Begeisterung eine Heldentat zu, weil in seiner Philosophie „Alles, was den besonderen Glanz und die besondere Würde der Theologie auszumachen scheint, unverhältnismäßig viel besser aufgehoben und zu Ehren gebracht scheint, als in den Händen der Theologen selber (mit Ausnahme eines Thomas von Aquino vielleicht)“. 193 Diese und viele ähnliche Aussagen Barths mögen den Eindruck erwecken, dass er Hegel ein uneingeschränktes Lob ausspreche. Dennoch läuft Barths trügerische Strategie auf eine massive Hegelkritik hinaus, deren Radikalität der spätidealistischen ähnelt. Im Mittelpunkt dieser Kritik steht der Tadel vom Anthropozentrismus im Sinn einer Begrenzung auf das allein aus menschlichen Kräften erkennbare Diesseits. Hegels Universalisierung einer bzw. der „dialektischen“ Denkmethode, die sogar „die Erkenntnis des Schöpfers des Himmels und der Erde“ 194 beanspruche und dadurch „den großen Konflikt zwischen Vernunft und Offenbarung“195 überwunden zu haben glaube, stelle im Grunde nichts anderes als eine „Apotheose des Denkens“ 196 dar – d.h. des menschlichen Denkens. 197 Zudem scheint Barth Hegels Predigt über die „eine Vernunft“198, innerhalb derer die Grenze zwischen der wahren Vernunft des Menschen und der Gottes verschmelze, auch nicht weniger unverdächtig. Zwar glaube Hegel, dass er die 191
Ebd. A.a.O. 295. 193 Karl Barth, Die protestantische Theologie im 19. Jahrhundert. Ihre Vorgeschichte und ihre Geschichte, Zürich 1947, 354; vgl. a.a.O. 366ff. 194 A.a.O. 371. Vgl. 362ff. 195 A.a.O. 366. 196 A.a.O. 369. 197 Die hegelsche Philosophie „ist die Philosophie des Vertrauens des denkenden Menschen auf die Würde, die Mächtigkeit, die Werthaftigkeit seines Denkens.“ (A.a.O. 355.) 198 A.a.O. 353. 192
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„Identität von Gottvertrauen und Selbstvertrauen“ 199 lehre, unbewusst aber propagiere er nur ein Selbstvertrauen des Menschen. Denn er gehe von einem falschen Menschenbild aus, indem er den „Begriff der Sünde“ sowie die Gewichtigkeit der unbegreiflichen „Versöhnung“ durch die göttliche Offenbarung übersehe – „zwei entscheidende[] Wendepunkte[]“ 200, wodurch sich der Mensch am nachdrücklichsten von Gott abgrenzen lasse. Aufgrund dieses fatalen Fehlers verwechsle Hegel ferner die „Wahrheit“ mit dem denkenden „menschlichen Subjekt[]“, die „Trinitätslehre“ mit der „Anthropologie“ und den „lebendige[n] Gott“ mit dem „lebendige[n] Mensch[en]“.201 Schließlich sei Hegels Gott nicht nur anthropomorph oder der Mensch selbst; er sei das Ungeheuer der „dialektischen Methode“, das, indem es alles (einschließlich sich selbst) begreife, seine eigene „Souveränität“ und „Freiheit“ aufhebe und „sein eigener Gefangener“ 202 werde. Es wäre hier fehl am Platz, die Kompatibilität der Theologie K. Barths, die auf einer grundsätzlichen Unterscheidung zwischen Gott und Menschen beruht, mit der christlichen Ebenbildlichkeitslehre sowie mit dem kirchlichen Dogma der gottmenschlichen Einheit im Logos oder gar die Christlichkeit dieser Theologie zu hinterfragen. Eine so fundamentale, konfessionell motivierte Kritik an Hegel wie die Barth’sche hätte aber das erklärte Ziel Hegels, die Wahrheit des Christentums aufzunehmen und zu konservieren, in Acht nehmen und genauer denjenigen Stellen in seinem System nachgehen müssen, die mit diesem Ziel substantiell zusammenhängen. 203 Eine Kritik im Sinne Barths, die nicht als eine weitere Polemik hätte wahrgenommen werden sollen, hätte demnach zunächst bezüglich des Vorwurfs, Hegel übersehe die durch die christliche Sündhaftigkeitslehre markierte Endlichkeit des Menschen und seines Denkens, die Frage stellen sollen, worin Hegels eigenes Menschenverständnis liege. Dabei wäre zu begründen, inwiefern Hegels explizite Unterscheidung zwischen endlichem und unendlichem Geist etwa nicht der christlichen Unterscheidung zwischen der Beschreibung des Menschen in seiner Alltagsbeschäftigung und der theologischen Lehre über das von Gott geschaffene Wesen des Menschen oder die immanente Trinität entspreche. Entsprechend wäre alsdann, im Hinblick auf den Barth’schen Protest, Hegel gehe nicht über den menschlichen Horizont hinaus und identifiziere schlicht
199
Ebd. A.a.O. 375. 201 A.a.O. 375; 376. 202 A.a.O. 376. 203 So ist es etwa W. Pannenberg, der nachweist, dass Barths theologische Ansichten nicht so fundamental unterschieden von denjenigen Hegels sind, wie er glaubte und nur flüchtig begründen konnte (vgl. Wolfhart Pannenberg, „Die Subjektivität Gottes und die Trinitätslehre. Ein Beitrag zur Beziehung zwischen Karl Barth und der Philosophie Hegels“, Kerygma und Dogma 23 (1977), 25–40). 200
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Trinitätslehre mit Anthropologie, nach der hegelschen Erkenntnislehre zu fragen – eine Erkenntnislehre, die definitiv komplexer und zumindest dem Anspruch nach vernünftiger fundiert ist als die von Barth einfach postulierte Voraussetzung einer radikal paradoxen Kluft zwischen Göttlichem und Menschlichem. Die hegelsche Erkenntnislehre, geteilt in Auskunft über die Idee (des Erkennens bzw. die absolute Idee) und Philosophie des subjektiven Geistes, stellt nämlich eine deutliche Unterscheidung zwischen dem, was Barth einfachhin ‚Mensch‘ nennt, und etwas ihm logisch Überlegenem auf. Zu fragen wäre also hier, was genau die hegelsche Philosophie ihrem eigenen Anspruch nach begreift und wie überhaupt sie das tut. Barths Urteil scheint dabei dogmatisch auszufallen: Alles Begreifbare sei per definitionem endlich, und dem menschlichen Denken schwebe ein unerkennbares Schlecht-Unendliches vor. Anstelle des angeblichen Ungeheuers der „dialektischen Methode“ wird somit das Ungeheuer einer unbegreiflichen und alogischen Gottheit postuliert, die mit dem menschlichen Geist nur den gemeinsamen Namen (‚Geist‘) teilt. Aber wenn Hegels weitgreifende Ausführungen über die Freiheit nicht berücksichtigt werden (vgl. §§ 160; 244; 382; 386), leuchtet ebenso wenig die Klage gegen einen Philosophen wie Hegel wegen einer Aufhebung der göttlichen Souveränität und Freiheit ein, der die Verwirklichung der Freiheit in den Mittelpunkt seiner Geistphilosophie stellt. Eine Polemik wie die Karl Barths ergibt allenfalls für denjenigen Sinn, der über die hegelsche „eine Wissenschaft“ nur durch die religionsphilosophischen Vorlesungen informiert ist; der sich den Zugang zu ihr dadurch verstellt hat, dass er deren Teile in der bizarren Reihenfolge von Naturphilosophie, Logik und Philosophie des Geistes anordnet;204 der das „Ereignis der Vernunft oder des Begriffs oder der Idee oder des Geistes“ und „[d]as Alles“ – ohne Bedenken und Berücksichtigung der eigenen hochdifferenzierten Begriffsanalysen Hegels – als „Synonyme“ versteht, und zwar als „Synonyme für die Wirklichkeit aller Wirklichkeit, die mit Gott eine und dieselbe ist.“ 205 In ähnlicher Richtung, aber mit noch deutlicheren Parallelen zu der spätidealistischen Kritik, vorzüglich zu der I. H. Fichtes 206, bewegt sich Th. Adornos ambivalentes Verhältnis zu Hegel. In seiner Auseinandersetzung mit ihm entwirft Adorno eine nicht unbedingt konsistente Hegelinterpretation, die zwischen dem „absoluten Idealismus“ einerseits, „der nichts mehr außerhalb des
204 Vgl. Karl Barth, Die protestantische Theologie im 19. Jahrhundert. Ihre Vorgeschichte und ihre Geschichte, Zürich 1947, 360. 205 A.a.O. 355f. Vgl. a.a.O. 359; 376. 206 Gemeint ist die „negative Dialektik“, welche die „Nichtidentität“ ernst nimmt und deren Interesse ausdrücklich dem „Begrifflosen, Einzelnen und Besonderen“ gilt. (Theodor Adorno, Drei Studien zu Hegel, Frankfurt a. M. 1974 (= Adorno, Drei Studien), 17, 20.)
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zum Unendlichen erweiterten Subjekts stehen läßt, sondern alles in den Stromkreis der Immanenz hineinreißt“207, und dem „Weltgeist“ andererseits hin- und herschwingt, welcher „wie die Gottheit verehrt“ werde. 208 Nach einer konkreten Stellungnahme zur Frage nach der philosophischen Theologie bei Hegel sowie nach einer Konkretisierung des Verhältnisses von „Vormacht des absoluten Subjekts“ bzw. der „vergotteten“ Subjektivität in der „Konstruktion des Subjekt-Objekts“209 und von „Absolutierung“ bzw. „Vergötzung des Staats“ 210 in dem Quasi-Metaphysiksystem des objektiven Geistes211 würde man bei Adorno allerdings vergeblich suchen. Denn ihn beschäftigt nicht die Bestimmung, welche die Philosophie im Rahmen des absoluten Geistes oder beim Übergang zu diesem erhält. Hiermit zeigt sich Adornos Hegelzugang als eine typisch linke Hegelinterpretation des 20. Jahrhunderts, welche sich mit der Philosophie des objektiven Geistes oder gar mit Teilen von ihr, wie etwa mit der Philosophie der Arbeit und der Sprache befasst, die sie für das ‚Lebendige‘ und den Höhepunkt hegelschen Denkens hält, den absoluten Geist hingegen als bloßes Parergon verachtet. Diese Tradition setzt auch R. Garaudy fort, der im Vergleich zum markanten Titel seines Buches („Gott ist tot“) eine eher milde Position vertritt, der zufolge Hegel kein Atheist 212, sondern ein Anhänger des „Gottesprogramm[s] der Humanisten“213 ist. Garaudy schließt kategorisch allerlei Transzendenz Gottes aus214 und plädiert für eine reale dialektische Entwicklung, die sich am gesamten Bereich der Realphilosophie widerspiegelt215 und vorzüglich durch die Logik artikuliert.216 Das ganze System Hegels im Sinne Garaudys will also den universalen Prozess einer realen und kontinuierlichen Schöpfung ausdrücken, wo der Geist in einem Akt der Selbstnegation um des eigenen Setzens willen 217 „die ganze Wirklichkeit hervorbringt“. 218 Die Logik sei dabei nichts Anderes als ein auf dem Realen beruhender „ausführliche[r] Beweis für die Existenz 207
A.a.O. 12. Theodor Adorno, Negative Dialektik, Frankfurt a. M. 2003 (= Adorno, Negative Dialektik), 300. 209 A.a.O. 18; 343. 210 Ders., Drei Studien, 76; 32. 211 Vgl. ders., Negative Dialektik, 295–353, insbes. 317ff.; 331; 335. 212 Vgl. Roger Garaudy, Gott ist tot. Das System und die Methode Hegels, Übersetzt von Theodor Lücke, Frankfurt a. M. 1965, 430; 443. 213 A.a.O. 427. 214 Vgl. a.a.O. 204; 309; 367; 370; 425. 215 Vgl. A.a.O. 368. 216 „Bei dem großartigen Versuch, in einer einzigen Logik die Welt in Begriffen zu rekonstruieren, hat Hegel im Begriff die Grundzüge der Natur und der Geschichte in ihrer Entwicklung ausgedrückt: nämlich den Zusammenhang von allem mit allem“ (A.a.O. 367; vgl. auch a.a.O. 310; 314f.; 366). 217 Vgl. a.a.O. 428. 218 A.a.O. 114. 208
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Gottes“219, während das „ganze Reich der Natur und der Geschichte […] nur das Geborenwerden Gottes“220 darstelle. Diese seine These macht er anschaulich, indem er das Schema der Dreieinigkeit mit der speziellen Deutung übernimmt, die es in den religionsphilosophischen Vorlesungen trägt, d.h. mit der Deutung der Dreiteilung der absoluten Religion bzw. des übergreifenden Zusammenhangs der Reiche des Vaters, des Sohns und des Geistes, in dessen Zentrum er die Vorstellung des Todes Gottes stellt.221 Garaudy glaubt, den Verdacht eines transzendenten Gottes aus solch einem Schöpfungskonzept durch die wiederholten Versicherungen beseitigen zu können, dass Gott für Hegel außer der Natur und dem Geist nur eine bloße Abstraktion bedeuten könne 222; dass dieser weiter mit der „totale[n] Entfaltung der realen Welt“ identisch sei; und dass schließlich erst der Mensch der „schöpferische[] Akt“ und die „Geschichte“223 Gottes sei. In diesem Sinne ist Gott, dieses „absolute Subjekt, das sich entäußert und am Ende dieser Entäußerung zum Bewußtsein seiner selbst gelangt“224, kein transzendentes Subjekt, sondern eben der Mensch, der an die Stelle Gottes tritt.225 Denn – und hierin gipfelt Garaudys Hegeldeutung – es handele sich bei Hegel „immer nur um den Menschen und seine totale Verwirklichung“, d.h. um den Menschen, der „Gott zu werden“ 226 habe, also um den „vollkommenen Menschen“ 227, der absolut frei sei und am Ende der Geschichte verwirklicht werde. Dieser Gedanke bereitet nicht zuletzt das Terrain für den politischen Einwand vor, der sich durch Garaudys Buch hindurchzieht und dieses beschließt: Hegel verwechsle den sein-sollenden Menschen, d.h. das Ende der Geschichte, mit dem wirklich-seienden, d.h. mit der gegenwärtigen geschichtlichen Konstellation; er verkenne den lebendigen Charakter des jetzigen Werdens und werde somit reaktionär. 228 So markant diese Interpretation ist – sie kann nicht als eine adäquate akzeptiert werden. Was es mit Hegels Anmerkung von der „Darstellung Gottes […], wie er in seinem ewigen Wesen vor der Erschaffung der Natur und eines endlichen Geistes ist“, auf sich hat oder wie Hegel das Dreieinigkeitsdogma als immanente Theologie und nicht nur als das allgemeine Gestell der absoluten Religion auslegt, darüber schweigt sich Garaudy aus. Und wenn er einmal auf den Übergang von der absoluten Idee – die er übrigens mit Gott gleichsetzt 229 219
A.a.O. 309. A.a.O. 113. 221 A.a.O. 115; 418ff. 222 Vgl. a.a.O. 368; 370. 223 A.a.O. 424; 425. 224 A.a.O. 114. 225 Vgl. a.a.O. 116; 204; 368. 226 A.a.O. 427. 227 A.a.O. 383–445, insbes. 395. 228 Vgl. a.a.O. 205; 444f. 229 Vgl. a.a.O. 309. 220
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– in die Naturphilosophie zu sprechen kommt, umgeht er die ganze Problematik rasch mit einem verblüffenden und wenig einleuchtendes Zitat aus dem ersten – also nicht einmal aus dem dritten – Schluss der Philosophie (vgl. §§ 575– 577).230 Doch trotz des ganzen Schweigens ist er sich dessen bewusst, dass sein Versuch, das hegelsche System als die Entfaltung des Spruchs ‚Gott ist tot‘ zu lesen, eher gescheitert ist und nicht über den Status einer bloßen Beteuerung hinauskommt. Garaudy behält sich nämlich fürs Ende seines Buchs das Zugeständnis vor, dass Hegel doch „den Geist nicht immer nur an das Ende, sondern auch an den Anfang der Entwicklung der Totalität“ 231 stelle, und gibt damit zu, dass es doch Platz für einen transzendenten Gott außer dem Menschen in dieser Philosophie gebe – jedenfalls seinem Interpretationsverfahren nach. Zu einem anderen, widerspruchsfreien Resultat hätte die Argumentation Garaudys nicht führen können; denn schon ihr Ausgangspunkt ist diskrepant. Indem Garaudy an einer Realdialektik marxistischer Herkunft festhält, bleibt er in der Vorstellung einer realen Schöpfung gefangen, welche er zu entmythologisieren glaubt, wenn er sie keinem transzendenten oder göttlichen Subjekt zuschreibt. Dieses Schema ist deshalb diskrepant, weil es eine Schöpfung des Ganzen bei gleichzeitiger Ablehnung von dessen Schöpfer annimmt. Es setzt sich für eine lineare Entstehung aus dem Nichts ein, ohne zugleich von jeglicher ersten Ursache bzw. von einem Anfang wissen zu wollen. Jedoch darf nicht behauptet werden, dass der reale schöpferische Akt völlig dem Sinn hegelscher Philosophie widerspreche. Die Philosophie des objektiven Geistes ist nichts Anderes als die Analyse eines solchen Akts, in dem der Geist sich „in der Form der Realität als einer von ihm hervorzubringenden und hervorgebrachten Welt“ verwirklicht (§ 385). Garaudy selbst verrät seine Vorliebe für diesen Teil hegelscher Philosophie, wenn er einerseits die Politik neben der Religion zu ihrem Grundproblem erklärt und andererseits die Geistphilosophie auf die „Philosophie der Geschichte und Geschichte der Philosophie“ 232 reduziert. Die Erhebung aber des Prinzips des objektiven Geistes zum Prinzip des Gesamtsystems strapaziert sowohl die Logik als auch die Naturphilosophie gewaltig, was ideologische Vorentscheidungen und eine zu weit gehende Abhängigkeit von den Denkweisen der religiösen Vorstellung verrät – was eigentlich der Urfeind dieser Ideologie sein sollte. Dahingegen spricht vieles – und nicht zuletzt die Vollendung der Philosophie des objektiven Geistes selbst (§ 552) – dagegen, dass es bei Hegel im Wesentlichen um eine reale Schöpfung oder um eine reale Dialektik gehe, die zu Lebenszeiten Hegels angeblich ihr endgültiges Ende durch das Erreichen einer mythologischen „totale[n] Verwirklichung“ des Menschen finde. Stattdessen sind die Dialektik der Begriffe und das spekulativ-begreifende Selbsterkennen der Idee ernst zu nehmen, die mit der Logik 230
Vgl. a.a.O. 371. A.a.O. 443. 232 A.a.O. 207. 231
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anfangen, in der Realphilosophie weitergeführt werden und eine Abhandlung der Geschichte zwar erlauben, aber nicht im Rahmen des enzyklopädischen Systems. iii. Zusammenfassung der Deutungen während der ‚Hegel-Renaissance‘ bis in die 60er Jahre Die breite Palette der Deutungen des Absoluten im hegelschen Denken, die bereits anhand der Debatten der Hegelschule aufgezeigt wurde, lässt sich auch hier erkennen, wenngleich leicht ergänzt. Einerseits wurde die Annahme eines göttlichen Wesens, das christlich oder auch pantheistisch verstanden werden kann, gelegentlich durch das Theorem von ‚Ontotheologie‘ raffiniert. Andererseits wurde bei der atheistischen Leugnung Gottes oder gar Vergöttlichung des Menschen öfter der praktische Aspekt der Verwirklichung des Geistes hervorgehoben. Beachtlich erweitert wurde der Inhalt der Deutungen des Absoluten bei Hegel jedoch nicht. Anders verhält es sich mit den Vorschlägen bezüglich des Zugangs zum hegelschen System. Neben dem bereits in den ersten Jahrzehnten der Wirkung Hegels vorgeschlagenen Zugang durch die Religionsphilosophie (wie sie sich in den Vorlesungen oder in der Phänomenologie ereignet) werden nun die Vorlesungen über die Beweise vom Dasein Gottes, biographische Informationen, die Philosophie des objektiven Geistes, die ganze Phänomenologie des Geistes oder das ganze – lediglich aber doch nur doxografisch zusammengefasste – Korpus des hegelschen Werks berücksichtigt. Doch wie bereits anhand der ersten nach dem Tod Hegels entstandenen Deutungen bemerkt wurde, spiegelt auch diese Pluralität von Zugangsweisen zum hegelschen Denken eher die grundsätzliche Ratlosigkeit angesichts dieses Zugangs wider. Schließlich ist erwähnenswert, dass die Wissenschaft der Logik als solche (und nicht etwa durch die Religionsphilosophie gedeutet) nicht im Fokus der hier dokumentierten Auseinandersetzung mit Hegel steht. Entsprechend ließ sich dabei kein wesentlicher Fortschritt im Hinblick auf das Verhältnis zwischen philosophischer Theologie und dem Aufbau bzw. dem immanenten Charakter der Logik selbst verzeichnen. 3. Neuere und gegenwärtige Deutungen des Absoluten Die Hegelforschung erfährt in den späten 60er Jahren des 20. Jahrhunderts eine erhebliche – nicht mehr bloß quantitative wie in der ‚Hegel-Renaissance‘, sondern – qualitative Änderung, die auch in der Abhandlung der Gottesfrage unübersehbar ist. Die seitdem erscheinenden Studien bemühen sich in der Regel nicht bloß um die Erweiterung des Zugangs zum hegelschen Denken durch verschiedene Materialien, sondern auch um die Systematik des Zugangs und um die Gründlichkeit der Auseinandersetzung mit diesem Denken. Deshalb sind die nun folgenden Deutungen des Absoluten bei Hegel nicht mehr anhand
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des Schemas von ‚Rechts und Links‘ zu kategorisieren, selbst wenn sie zum Teil traditionell rechten bzw. linken Positionen ziemlich genau entsprechen. Stattdessen können sie angesichts ihrer Systematik in drei Deutungsstränge gegliedert werden: erstens diejenigen, die von Hegel-externen, überwiegend konfessionellen, Motiven getrieben und geleitet sind und die Gottesfrage im Hinblick auf das ganze System zu beantworten beanspruchen. Zweitens handelt es sich um Beiträge, die sich bewusst auf die religionsphilosophischen Vorlesungen fokussieren und, wenn überhaupt, dann nur implizit, den Anspruch haben, die Gottesfrage in Bezug auf das ganze System zu beantworten. Drittens sind die Beiträge zu berücksichtigen, die die Rolle der Logik für die philosophischtheologische Untersuchung hervorheben. i. Konfessionell motivierte Deutungen mit einem holistischen Anspruch Die erste Erwähnung unter den konfessionell motivierten Deutungen der Gottesthematik bei Hegel, die zugleich den Anspruch erheben, eine holistische Interpretation des hegelschen Denkens zu formulieren, verdient sicherlich J. Spletts Arbeit über die Trinitätslehre. Indem sie historisches, biographisches und systematisches Interesse mit einem außerordentlich umfangreichen Korpus an primären Texten kombinierte, hat sie einen Meilenstein für alle neuere und gegenwärtige religionsphilosophische Hegelforschung gesetzt. Aber trotz der Berücksichtigung von Hegels Jenaer Schriften, der Phänomenologie, der Logik, der Enzyklopädie und der Religionsphilosophie gelingt es Splett nicht, den systematisch adäquaten Punkt zu finden, von welchem ausgehend er sich im hegelschen System und insbesondere in der theologischen Problematik orientieren könnte. So sind es gleich die ersten Zeilen seiner Studie, die eine grobe Vernachlässigung der Philosophie des absoluten Geistes offenlegen und, indem sie die Philosophie der Religion mit deren vorzüglichstem Gegenstand, (dem religiösen) Gott, verwechseln, dieselbe „an den Schluß der Einzeldisziplinen“, d.h. aller spekulativen Philosophie überhaupt und somit auch Spletts Studie selbst, stellen.233 Davon ausgehend führt auch Splett das traditionelle „Spitze der Philosophie […] ist für Hegel die Philosophie ihrer selbst im reflektierenden Nachvollzug ihrer Geschichte. Worum es ihr aber dabei (und schon vorher: im historischen Ablauf) zu tun ist, hat sie mit dem religiösen Glauben gemein. Was sich dort auf der Stufe der Vorstellung enthüllt, erhebt sie zu begrifflicher Gestalt, der Inhalt in sich ist jedoch dieselbe gültige Wahrheit. […] Ehe das Denken also die absolute Höhe spekulativer Philosophiegeschichte erreicht, erfüllt es sich zur Religionsphilosophie und begreift sie noch in seiner Höchstform ein: denn dort bedenkt es die Geschichte auch der Religionsphilosophie und betrachtet darüber hinaus in der Gesamtentfaltung des philosophischen Geistes eben jenes Geschehen, das der Glaube in der Vorstellung der Heilsgeschichte anschaut, es reinigt ihn damit endgültig zum Wissen. So stellt Hegel die Philosophie der Religion an den Schluß der Einzeldisziplinen. ‚Gott ist das Resultat der andern Teile der Philosophie; hier ist das Ende zum Anfang gemacht.‘ […] Sie setzt methodisch die früheren Ergebnisse voraus und ist zugleich das verborgene Ziel, um dessentwillen sie gesucht und gefunden wurden.“ (Jörg 233
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Muster fort und sucht die Trinitätslehre als Einführung in das gesamte System auszulegen, indem er sich nur auf einzelne Stellen der hegelschen religionsphilosophischen Texte stützt.234 Die philosophische Unfruchtbarkeit dieses Projekts zeigt sich am deutlichsten in Spletts vierseitiger Abhandlung über die Logik, die einerseits Hegels Anmerkungen über die Zahl ‚drei‘ und andererseits das Zitat über Gott vor der Erschaffung der Natur usw. aus der Einleitung hervorhebt, um die trinitarische Struktur der Bücher der Logik zu demonstrieren und von dort aus den Übergang in die Realphilosophie theologisch zu plausibilisieren. 235 So erfährt z.B. das Kapitel über die absolute Idee nur beiläufig Erwähnung, insofern in ihm die Zahl ‚drei‘ genannt wird 236, während alle weiteren Stellen der Logik, in denen es ausdrücklich um das Absolute geht oder das Absolute definiert wird, gar nicht berücksichtigt werden. Ähnlich selektiv und in ihrer Interpretation von konfessionellen Motiven geleitet sind etwa E. Schmidt und K.-H. Anton. Schmidt geht so weit, dass er die ganze Philosophie Hegels als „Hegels System der Theologie“, so der Titel seines Buches, deutet.237 Dabei handelt es sich aber eindeutig um eine Assimilation alles Philosophischen durch das theologische Interesse, womit an Hegel ausdrücklich nur das berücksichtigt wird, was „theologisch […] von grundlegender Bedeutung“ ist. 238 Diese Assimilation aber kann einem philosophischen Anspruch nicht gerecht werden. In Antons Arbeit begegnet man darüber hinaus dem Paradoxon, dass die Logik eingangs als eine „Gotteslehre […], bevor Gott sich in Jesus Christus offenbart hat“239, gelesen wird, schließlich aber für „theologisch […] irrelevant, weil [sie] ohne Funktion für die konkreten Subjekte“240 bleibe, erklärt wird. Beeindruckend in ihrem Ausmaß ist ferner H. Küngs prominente Arbeit über die „Menschwerdung Gottes“, die ihrem Selbstverständnis nach eine Einfüh-
Splett, Die Trinitätslehre G. W. F. Hegels, Freiburg/München 1965, 9, Kursiv teilweise von mir). Ergänzend zu der oben formulierten Kritik ist hier noch auf die Verkennung Spletts hinzuweisen, dass die Philosophie am Ende der Enzyklopädie, also im Rahmen der Philosophie des absoluten Geistes aufgefasst, nicht mit der bloßen Geschichte der Philosophie zusammenfällt, was das Projekt der entsprechenden Vorlesungen bildet, sondern die Philosophie der Philosophie, also die systematische Metaüberlegung zur gesamten spekulativen Philosophie selbst ist. 234 Vgl. a.a.O. 10ff. Gemeint ist Johannes Hessen, Hegels Trinitätslehre. Zugleich eine Einführung in Hegels System, Freiburg im Breisgau 1922. 235 Vgl. Jörg Splett, Die Trinitätslehre G. W. F. Hegels, Freiburg/München 1965, 77–81. 236 Ebd. 237 Vgl. Erik Schmidt, Hegels System der Theologie, Berlin/New York 1974. 238 A.a.O. 129. Vgl. a.a.O. 81, 93. 239 Karl-Heinz Anton, Religion unter Aspekten von Begriff und Vorstellung. Studie zur Religionsphilosophie Hegels, Bielefeld 1980, 117; vgl. a.a.O. 103ff.; 110; 116ff.; 126. 240 A.a.O. 127.
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rung „für den Theologen“, gar „eine mehrschichtige ‚Initiation‘ in Hegels Leben und Denken (besonders seine religiöse Welt) und von daher in seine Theologie und Christologie“ darstellen soll.241 Dabei wird die Gesamtphilosophie Hegels und vorzüglich die Enzyklopädie als eine „summa summe theologicae“242 gedeutet, was dadurch prinzipiell erleichtert wird, dass Küng den Verzicht auf „viele philosophische Fragen, Analysen und Entfaltungen von Voraussetzungen und Konsequenzen im großen und kleinen, die für den Philosophen wesentlich sind“ 243, anspruchslos für selbstverständlich erklärt. Das dadurch entstandene ungeheure interpretatorische Vakuum erfüllt Küng – gerade bei komplizierten philosophischen Sachverhalten – durch den Rekurs auf Hegels Religionsphilosophie 244 und den Hinweis auf Interpretationen wie die von Rosenkranz, Iljin und Löwith.245 Eine Gesamtdarstellung des hegelschen Werkes aber, die solch erhebliche methodologische Mängel aufweist, kann aus philosophischer Sicht prinzipiell zu wenig überraschenden oder überzeugenden Ergebnissen kommen. M. Theunissens monumentale Monografie über den absoluten Geist geht von einer Dreiteilung der Zeit in der „ewigen“ bzw. „zeitlosen Geschichte“ des absoluten Geistes oder Gottes, der Weltgeschichte und schließlich der „zeitliche[n] Geschichte des absoluten Geistes“ aus.246 Zudem setzt sie voraus, dass „die Versöhnung Gottes mit der Welt“ konsequent „auf die Versöhnung Gottes mit sich selbst“ 247 zurückführe, oder dass die „Offenbarung Gottes in Jesus Christus“ das „Prinzip“ der Weltgeschichte und der „beherrschende[] Mittelpunkt“248 in der Philosophie des absoluten Geistes sei. Hiermit hat Theunissen den Grundstein für eine typisch theistische Interpretation des gesamten hegelschen Denkens gelegt, die sich nur in sekundären Punkten von den bisher betrachteten theistischen Deutungen des absoluten Geistes unterscheidet. Dass Theunissen den unmittelbaren Kontext der Philosophie des absoluten Geistes gänzlich außer Acht lässt, zeigt sich bereits in der „systematischen Einführung“ seines Buches, wo er die These aufstellt, dass „Geschichtsphilosophie […] keine besondere Disziplin, sondern das Hegelsche System überhaupt und im 241
Hans Küng, Menschwerdung Gottes. Eine Einführung in Hegels theologisches Denken als Prolegomena zu einer künftigen Christologie, Freiburg/Basel/Wien 1970, 6. 242 A.a.O. 345. 243 A.a.O. 7. 244 Vgl. a.a.O. 305–385, insbes. 332–344. 245 Vgl. a.a.O. u. a. 317; 342. 246 Michael Theunissen, Hegels Lehre vom absoluten Geist als theologisch-politischer Traktat, Berlin 1970, 72. Alternativ spricht Theunissen an anderer Stelle von „drei Größen“: erstens, dem abstrakten Selbstbewusstsein, „Gott, dem absoluten Geist“ „ohne Welt“, zweitens, dem weltlichen Bewusstsein „des subjektiven, des menschlichen Geistes“ und, drittens, dem in der Welt „sich konkretisierende[n] […] Selbstbewusstsein“ (vgl. a.a.O. 69). 247 A.a.O. 95. 248 A.a.O. 94.
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ganzen [sei], aber so, daß dieses zugleich und in der gleichen Universalität Religionsphilosophie“249 sei – eine These, die er zirkulär durch die weitere (mit Zitaten aus den Vorlesungen geschmückte) These begründet, dass „Geist überhaupt […] Geschichte“ 250 sei. Die in der Enzyklopädie eigens exponierten Begriffe von Geist und Weltgeschichte werden schlicht nicht erwähnt, sodass Theunissen bereits in der „systematischen Einführung“ bemerken kann, die „Herrschaft der Religion über die zeitliche Geschichte des absoluten Geistes“ sei „hiermit im Prinzip schon erwiesen[]“.251 Daher besitzt der daran anschließende Enzyklopädie-Kommentar nicht den Charakter einer Überprüfung, sondern den der nachträglichen Erläuterung einer im Vorfeld akzeptierten These.252 Interessant aus philosophisch-theologischer Sicht ist darüber hinaus Theunissens Verständnis von Religion, Philosophie, und vor allem von ihrer Inhaltsidentität in der Religionsphilosophie, wenn er sich in zwei Schritten energisch für die „Identität von Religionsphilosophie und Philosophie überhaupt“ 253 einsetzt. Dem ersten Schritt, dem zufolge die Philosophie Hegels „im ganzen“, und zwar „in allen ihren Teilen“ 254 denselben positiven Inhalt mit der christlichen Religion teile, kann man jedoch nicht folgen, denn zur spekulativen Philosophie gehört deutlich mehr als der christliche positive Inhalt, nämlich all das, was in der christlichen Religion schlicht nicht thematisiert wird, etwa die Philosophie der Mechanik, der bürgerlichen Gesellschaft oder die Seinslogik. Im zweiten Schritt geht Theunissen über die Identität der unmittelbaren Gegenstände von Religion und Philosophie hinaus und plädiert dafür, dass „die spezielle Religionsphilosophie den Abschluß des Systems [bildet], und zwar so, daß sie alles Vorausgegangene auf einer neuen Ebene wiederholt.“ 255 Allerdings spricht das Zitat, das dies belegen soll, von Gott als dem „Resultat der andern [Philosophie-]Teile“256 und nicht von der Religion, was einen erheblichen Unterschied macht. Denn Gott bildet den einzigen Gegenstand nicht nur der Religion, sondern ebenso der Kunst und der Philosophie. Wenn es also um den „Abschluss des Systems“ als um eine Gotteslehre geht, dann figurieren als Kandidaten die Philosophie des absoluten Geistes insgesamt, die Geschichte der Philosophie, die Philosophie der Philosophie oder gar die Logik, jedenfalls aber nicht die „spezielle Religionsphilosophie“. 249
A.a.O. 60f. A.a.O. 61. Vgl. a.a.O. 60–100. 251 A.a.O. 83. 252 Zu diesem Kritikspunkt vgl. Hans Friedrich Fulda, „Hegels Begriff des absoluten Geistes“, Hegel-Studien 36 (2001), 171f. 253 Michael Theunissen, Hegels Lehre vom absoluten Geist als theologisch-politischer Traktat, Berlin 1970, 77. 254 A.a.O. 77, 79. 255 Ebd. 256 A.a.O. 80. 250
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Der entscheidende Punkt dabei wird jedoch erst klar, wenn man sich ernsthaft mit der Frage auseinandersetzt, welchen Sinn überhaupt die Rede von einer abschließenden Disziplin im Rahmen eines enzyklopädischen Systems haben kann. Hierzu ist an dieser Stelle zu erwähnen, dass Theunissens Argumentation die Differenzierung zwischen (einzelnen) philosophischen Disziplinen (wie etwa einer Philosophie der Natur, des Staates usw.) und der Philosophie überhaupt, wovon die Rede nur am Ende der Enzyklopädie ist, zu umgehen scheint. Doch macht dies eine grundlegende Differenzierung aus, von deren Standpunkt her sich die Philosophie der Religion als eine philosophische Disziplin unter anderen zeigt, die genauso wenig die Philosophie überhaupt wie jede einzelne ihrer übrigen Disziplinen ersetzen kann. Die Besonderheit der Religionsphilosophie liegt jedoch darin, dass sie nicht bloß einzelne Gegenstände (oder Philosophiedisziplinen), sondern eben die Religion untersucht, die eine Wissensweise der absoluten Idee darstellt (§ 553). Wenn sich also die Religion für das Wissen der absoluten Idee historischer Positivitäten oder Vorstellungen bedient, dann bilden diese Positivitäten und Vorstellungen den Untersuchungsgegenstand eben nur der Religionsphilosophie und sonst keiner anderen philosophischen Disziplin. Insofern ist auch strikt zwischen Religionsphilosophie und Philosophie überhaupt zu unterscheiden: Erstere untersucht die (in der Form der Vorstellung und durch Positivitäten bedingte) religiöse Weise vom Wissen der absoluten Idee, während Letztere die absolute Idee in allen ihren Daseinsvariationen sowie alle Wissensweisen derselben zum Thema hat. Eine weitere, sich daran anschließende Frage lautet wie folgt: Wenn analog zur Religionsphilosophie auch die anderen (formell betrachtet) letzten Disziplinen (nämlich die Philosophie der Kunst und der Philosophie selbst) nur die jeweiligen Weisen des Wissens der absoluten Idee thematisieren, wo ist dann innerhalb der hegelschen Philosophie die Erkenntnis der absoluten Idee als solcher zu suchen? Was ist eigentlich die Philosophie als Religion? Oder: Was ist der absolute Geist? Auch auf diese Fragen soll unten durch die Abhandlung der Philosophie des absoluten Geistes im Rahmen der gesamten Philosophie des Geistes eine Antwort gefunden werden. 257 Zu Ergebnissen, die von denen Theunissens grundverschiedenen sind, scheint H. Huber zu kommen, zu dessen Programm es gehört, den enzyklopädischen Kontext des absoluten Geistes zu berücksichtigen. Für Huber ist Gott „nicht eine einzelne bestimmte Wahrheit, sondern die Wahrheit überhaupt; er
257
Auf ein Referat über das zweite Buch Theunissens, das für die vorliegende Untersuchung relevant ist (Michael Theunissen, Sein und Schein. Die kritische Funktion der Hegelschen Logik, Frankfurt a. M. 1978), kann an jetziger Stelle mit dem Verweis auf eine besonders detaillierte Diskussion verzichtet werden (vgl. Hans Friedrich Fulda/Rolf-Peter Horstmann/Michael Theunissen (Hgg.), Kritische Darstellung der Metaphysik. Eine Diskussion über Hegels „Logik“, Frankfurt a. M. 1980), die unter anderem klarstellt, dass sich jenes Buch aus den hier bereits kritisierten Ansichten speist (vgl. a.a.O. 10f.).
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ist das Trinitarische nicht als einzelner Fall, sondern als Struktur“, welche wiederum ihre „Wirklichkeit im Vollzug der Subjektivität durch die vielen Subjekte“258 habe – eine „Struktur“, die er in Übereinstimmung mit der unten noch zu berücksichtigenden Trinitätsauslegung F. Wagners auffasst. 259 Den Gedanken einer Struktur anstelle Gottes greift auch die vorliegende Untersuchung auf, wenn sie hinsichtlich des Begriffs als solchen von der Art und Weise begreifenden Denkens spricht. Huber formuliert des Weiteren die Grundbedingungen für eine geschickte Untersuchung von Hegels Gottesverständnis mustergültig: Der „Interpret der hegelschen Religionsphilosophie [ist] gehalten, erst Hegels Philosophie des Geistes hinsichtlich ihrer idealistischen Grund- und Gesamtorientierung zu rekonstruieren“. „Insbesondere wird das Verhältnis von ‚subjektivem‘, ‚objektivem‘ und ‚absolutem‘ Geist untersucht werden müssen“. „Weiterhin muß der Interpret sein Augenmerk dann darauf richten, dass die Religion, Hegel zufolge, nur eine von drei Weisen dieser Selbsterfassung des Geistes in seiner Absolutheit ausmacht.“ 260 Der tatsächliche Verlauf der Untersuchung Hubers erfüllt jedoch diese Desiderate nur bedingt, denn der Begriff des Geistes und der subjektive Geist werden im entsprechenden Teil seiner Arbeit nicht einmal erwähnt. 261 Ferner leuchtet einem die ausgesprochene Präferenz Hubers für die Religion vor den anderen Momenten des absoluten Geistes nicht ein, die sich in der These äußert, allein die Religion sei der „Ort der hegelschen Rede von Gott innerhalb der enzyklopädischen Disziplinen“ 262, zumal Huber künstlerische und logisch-philosophische Redeweisen über Gott nicht thematisiert. Umso dringlicher werden also Hubers methodologische Voraussetzungen für die vorliegende Untersuchung. ii. Deutungen, die auf die religionsphilosophischen Vorlesungen fokussieren Die religionsphilosophischen Vorlesungen bilden auch unter den neueren und gegenwärtigen Interpretationen eine besonders beliebte Quelle für die Deutung des Absoluten in der Philosophie Hegels. Weitgehend oder im Wesentlichen abhängig von diesen Vorlesungen im Hinblick auf die Frage nach dem Absoluten zeigt sich eine Menge von Autoren wie beispielsweise M. Puder 263, W. Herbert Huber, „‚Das Absolute ist der Geist‘“, in: Friedrich Wilhelm Graf/Falk Wagner (Hgg.), Die Flucht in den Begriff. Materialien zu Hegels Religionsphilosophie, Stuttgart 1982, 244. 259 Ders., Idealismus und Trinität, Pantheon und Götterdämmerung. Grundlagen und Grundzüge der Lehre von Gott nach dem Manuskript Hegels zur Religionsphilosophie, Weinheim 1984, 98–105. 260 Vgl. a.a.O. 2f. 261 Vgl. a.a.O. 9–64. 262 A.a.O. 61. 263 Vgl. Martin Puder, „Hegels Gottesbegriffe“, Neue Deutsche Hefte 16 (1969), 17–36. 258
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Weischedel264, D. Schlitt265, J. Dierken266, G. Kruck267, Q. Lauer268 und W. Desmond269. Dabei beziehen sich Weischedel270 und Schlitt 271 gelegentlich auf isolierte Gedankenbestimmungen aus der Logik, während Dierken die Begriffsmomente in den Mittelpunkt seiner Trinitätsdeutung setzt272, was aber – wie bereits oben angemerkt – wenig ergiebig für das Interesse an einem systematischen Gottesverständnis im gesamten System Hegels sein kann. Es ist aber W. Jaeschke, der die Untersuchung der hegelschen Religionsphilosophie zur Perfektion geführt hat. Mit seiner Epoche machenden Arbeit erstrebt Jaeschke die „Rückgewinnung der gedanklichen Fundamente der Religionsphilosophie, die sie allererst in den Stand setzen, in [dem] Rahmen [philosophischer Einzelwissenschaften] als Nachfolgedisziplin der philosophischen Theologie aufzutreten“. 273 Methodologisch setzt er konsequent die religionsphilosophischen Vorlesungen in den Mittelpunkt seiner Untersuchung –
264 Vgl. Wilhelm Weischedel, Der Gott der Philosophen. Grundlegung einer philosophischen Theologie im Zeitalter des Nihilismus. Band I. Wesen, Aufstieg und Verfall der philosophischen Theologie. Darmstadt 1971, 350f. Gegen die hier erfolgte Zuordnung Weischedels spricht nur sein anfängliches und rein formelles Zugeständnis, dass der „philosophischtheologische Aspekt des Denkens Hegels […] sich […] nicht auf die Religionsphilosophie als eine einzelne unter den philosophischen Wissenschaften [beschränkt], sondern er […] das ganze Philosophieren Hegels“ bestimmt (a.a.O. 287). 265 Vgl. Dale M. Schlitt, Divine subjectivity. Understanding Hegel’s philosophy of religion, London/Toronto 1990. 266 Vgl. Jörg Dierken, Gott und Religion. Zum Verhältnis von Theologie und religiösem Bewußtsein in der Religionsphilosophie Hegels, Heidelberg 1987. 267 Vgl. Günter Kruck, Hegels Religionsphilosophie der absoluten Subjektivität und die Grundzüge des spekulativen Theismus Christian Hermann Weißes, Wien 1994, 13f.; 20; 38f.; 57. Kruck knüpft an der spätidealistischen Kritik Chr. H. Weißes an. Da er aber nur Hegels Religionsphilosophie zugrunde legt, gelingt es seiner Hegelkritik nicht, Weisse an Überzeugungskraft und Radikalität zu überbieten. 268 Vgl. Quentin Lauer, Hegel’s concept of god, Albany 1982. Lauer abstrahiert in seiner Deutung konsequent vom geistesphilosophischen Kontext (vgl. a.a.O. 19f.; 271; 305–319). 269 Vgl. William Desmond, Hegel’s god. A counterfeit double?, Aldershot 2003. 270 Weischedel erwähnt die seinslogische Dialektik von Endlichkeit und Unendlichkeit (vgl. Wilhelm Weischedel, Der Gott der Philosophen. Grundlegung einer philosophischen Theologie im Zeitalter des Nihilismus. Band I. Wesen, Aufstieg und Verfall der philosophischen Theologie. Darmstadt 1971, 351–356). 271 Schlitt legt Wert auf die wesenslogischen Bestimmungen von Identität, Unterschied und Grund (vgl. Dale M. Schlitt, Divine subjectivity. Understanding Hegel’s philosophy of religion, London/Toronto 1990, 133–144). Darüber hinaus ist er vom später zu thematisierenden Konzept R. Heedes abhängig, der die hegelsche Religionsphilosophie als eine Art „Phänomeno-Theo-Logie“ betrachtet (vgl. a.a.O. 151; 184). 272 Vgl. Jörg Dierken, Gott und Religion. Zum Verhältnis von Theologie und religiösem Bewußtsein in der Religionsphilosophie Hegels, Heidelberg 1987, 205ff. 273 Walter Jaeschke, Die Vernunft in der Religion. Studien zur Grundlegung der Religionsphilosophie Hegels, Bad Cannstatt 1986 (= Jaeschke, Vernunft), 15.
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eine Konsequenz, die erst mit Jaeschkes textkritischer Edition dieser Vorlesungen auf einem ihr angemessenen Boden fußen kann. Von den religionsphilosophischen Vorlesungen her versucht er aber nicht nur die „Systemform der Religionsphilosophie“ selbst zu erklären 274, sondern auch „einerseits das Verhältnis der Religionsphilosophie zur metaphysischen Logik, andererseits die Stellung jener als einer eigenständigen Disziplin im Rahmen der Geistphilosophie“.275 Für Jaeschke ist außerdem die Gestalt der Religionsphilosophie „von herausragender Bedeutung für die Beweiskraft der Philosophie Hegels“ überhaupt. Denn die „Aufgabe“ der Religionsphilosophie „als letzter Disziplin“ sei keine geringere als die, welcher „[d]as ganze System […] gewidmet [ist]: Es ist die Explikation und nichts als die Explikation Gottes“. „Sie muß bewähren“, so Jaeschke weiter, „daß es auch in den vorangegangenen Disziplinen immer um diese Explikation zu tun war, und sie muß innerhalb ihrer selbst […] erweisen: daß eine philosophische Theologie nur als Religionsphilosophie und umgekehrt die Religionsphilosophie nur als philosophische Theologie möglich sei“. 276 Angesichts des Verhältnisses von Logik und Religionsphilosophie legt Jaeschke Wert darauf, dass Erstere mit einem „abstrakten Gottesgedanken“, d.h. mit der absoluten Idee endet, und somit „indirekt“ eine „philosophischtheologische Dimension“ aufweist, die aber „erst von der Religionsphilosophie her durchsichtig“ wird 277; während Letztere, die Religionsphilosophie, über diesen Gedanken hinaus „zum Begriff der absoluten Idee als der absoluten Subjektivität“ gehe. 278 Dass das vorliegende Buch Jaeschkes Ansicht über die „herausragende Bedeutung“ der Religionsphilosophie für Hegels ganze Philosophie und speziell für das Verständnis philosophischer Theologie in der Logik nicht teilt, wurde in diesem einleitenden Kapitel bereits mehrfach anhand verschiedener Hegelinterpretationen artikuliert. Besonders prägnant fasst Jaeschke selbst die Probleme solcher interpretatorischen Herangehensweise zusammen, wenn er hinsichtlich der drei Schlüsse am Ende der Enzyklopädie zu dem Ergebnis kommt, dass entweder der absolute Geist oder „die Logik keinen Ort im System“
274
A.a.O. 219. A.a.O. 223. 276 A.a.O. 224; 225. Vgl. ders., Die Religionsphilosophie Hegels, Darmstadt 1983, 79. 277 A.a.O. 311; 317. 278 Ders., Vernunft, 315. Vgl. ders., „Absolute Idee – Absolute Subjektivität. Zum Problem der Persönlichkeit Gottes in der Logik und in der Religionsphilosophie“, Zeitschrift für philosophische Forschung 35 (1981), 385–416 (= Jaeschke, Absolute Idee), 404–409. 275
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habe.279 Eine Auseinandersetzung mit den Abschlussparagrafen der Enzyklopädie betrachtet die vorliegende Untersuchung als ihr viertes Stadium280, was aber in diesem Buch keinen Raum finden kann. Mit Jaeschke teilt das vorliegende Buch ferner die Ansicht, die Logik verfüge über eine philosophisch-theologische Dimension. Sie argumentiert jedoch dafür, dass diese Dimension nicht erst von der Religionsphilosophie her, sondern bereits aus der Logik selbst heraus durchsichtig wird, und lehnt ab, dass die philosophische Theologie „nur als Religionsphilosophie“ möglich ist. Konvergenz und Unterschiede zwischen den zwei Positionen zeigen sich am deutlichsten anhand Jaeschkes Interpretation vom „Gottesbegriff, sofern er in der Logik expliziert wird“. 281 Für Jaeschke steht außer Frage, dass das Kriterium für die Beurteilung der theologischen Valenz der Logik in der von der Religionsphilosophie bekannten Persönlichkeit des christlichen Gottes liege. In diesem Sinne muss er allen logischen Bestimmungen, die dieser bestimmten Persönlichkeit nicht entsprechen, die Dimension philosophischer Theologie absprechen, selbst wenn unter ihnen (namentlich mit dem Begriff als solchem) „der logische Kern von Persönlichkeit überhaupt“ exponiert wird. 282 Dieser an religionsphilosophischen (d.h. nicht logisch-immanenten) Vorgaben orientierte Vergleich führt Jaeschke direkt zum letzten Kapitel bzw. zum letzten Abschnitt der Logik, wo er den „Begriff Gottes“ findet.283 Sein Hauptargument dafür, dass der „Begriff Gottes“ erst an dieser Stelle erzielt wird, betrifft den logischen Verlauf selbst und lautet wie folgt: „Die Denkbestimmungen sind insgesamt nichts Absolutes, sind bestimmte Begriffe, gehen in ihr Anderes über, scheinen in ihr Anderes, und entwickeln sich zu anderen Bestimmungen. All dies kann für den Gottesbegriff nicht gelten“, sodass, so Jaeschke weiter, nur die „höchste[] Bestimmung der Logik“ infrage kommt, „in die alle anderen zurückgegangen sind: die absolute Idee“.284 Diesem Gedankengang, der beweisen soll, dass die Logik zur philosophischen Theologie nur eine logische Bestimmung beizutragen hat, stimmt das vorliegende Buch einerseits lediglich bedingt und andererseits nur im weitesten Sinne zu. Denn einerseits verrät er eine (nicht logisch-immanent begründete) Parteilichkeit für die christliche Religionsphilosophie, die davon 279 Vgl. ders., „Die geoffenbarte Religion“, in: Herbert Schnädelbach, Hegels „Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften“ (1830). Ein Kommentar zum Systemgrundriß, Frankfurt a. M. 2000, 484; ders., Hegel-Handbuch. Leben – Werk – Schule. 2. Aufl., Stuttgart 2010, 270f. Jaeschke folgt dabei R. Heedes Interpretation der drei Schlüsse (Reinhard Heede, Die göttliche Idee und ihre Erscheinung in der Religion. Untersuchungen zum Verhältnis von Logik und Religionsphilosophie bei Hegel, Münster/Westfalen 1972). 280 Vgl. Einleitung, Ziffer 9. 281 Jaeschke, Absolute Idee, 404. 282 A.a.O. 402. 283 Ebd. 284 Ebd.
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absieht, dass es wohl Gottesauffassungen anderer Religionen oder metaphysischer Konzepte gibt, die etwa auf das ewige Werden Gottes (Übergehen) oder seine Manifestation (Scheinen) aufbauen. Außerdem thematisiert die Wesenslogik den Begriff des Absoluten selbst, was sicherlich nicht aus dem Rahmen philosophischer Theologie herausfällt. Andererseits stimmt Jaeschkes Argument streng genommen so nicht, denn Hegel selbst nennt den Begriff als solchen (und nicht die absolute Idee) „Begriff Gottes“ (BL: 129). In diesem Sinne fasst Jaeschke die theologische Valenz der Logik zu eng, und zwar so eng, dass man das mögliche eigene Zeugnis der Logik über die philosophische Theologie prinzipiell leugnet. Ähnlich überschattet das religionsphilosophische Interesse Jaeschkes Deutung der absoluten Idee.285 Worin die eigene logische Bestimmung der absoluten Idee liegt, erläutert Jaeschke hauptsächlich anhand von allgemeinen Bezeichnungen, die er den Anmerkungen (also nicht dem Haupttext) im Vorspann zum Kapitel über die Idee überhaupt (also nicht über die absolute Idee) entnimmt, oder anhand der einleitenden Bemerkungen aus ausschließlich der ersten Seite des Kapitels über die absolute Idee.286 Zwar macht er dabei mit Recht auf die „weitgehende Übereinstimmung der aristotelischen Konzeption“ von νόησις νοήσεως mit der „Hegelschen sich selbst denkenden Idee“ aufmerksam, was „den theologischen Charakter dieser Konzeption“ unterstreicht; und treffend bemerkt er, dass die „Bestimmungen, die Hegel der Idee und insbesondere der absoluten Idee gibt, […] solche einer spekulativen Theologie“ sind. 287 Worin aber der Unterschied zwischen Idee überhaupt (die auch das endliche lebendige Individuum und das endliche Erkennen in sich einschließt) und absoluter Idee aus logischer Sicht besteht und was das für die spekulative Theologie der Logik bedeutet, erklärt er nicht. Ebenfalls unerklärt bleibt der Unterschied zwischen der „Hegelschen sich selbst denkenden Idee“ und anderen für die philosophische Theologie relevanten logischen Bestimmungen wie etwa dem sich selbst auslegenden wesenslogischen Absoluten und dem sich selbst begreifenden Begriff. Schließlich vertritt auch das vorliegende Buch die These, dass die Religionsphilosophie über die Logik und die dort abgehandelte philosophische Theologie hinausgeht. Anders aber als Jaeschke sieht es den Zusatz der Religionsphilosophie nicht im Begriff „der absoluten Subjektivität“. 288 Da sich aber Jaeschke selbst nicht auf die Erörterung der von Hegel begriffslogisch konzi-
285 Auch die hier angedeuteten Thesen werden nicht im Rahmen des vorliegenden Buchs eigens thematisiert, sondern erst im künftigen dritten Stadium philosophisch-theologischer Untersuchung (vgl. Einleitung, Ziffer 9). 286 Vgl. Jaeschke, Absolute Idee, 402–405. 287 A.a.O. 404. 288 A.a.O. 405–409; vgl. ders., Vernunft, 315.
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pierten Bestimmungen von Subjektivität überhaupt (als Bezeichnung von Begriff, Urteil und Schluss bzw. des ersten Abschnittes der Begriffslogik), einseitiger und übergreifender Subjektivität (als Bezeichnungen der Idee bzw. des dritten Abschnittes der Begriffslogik) im Unterschied zur Konzeption der absoluten Subjektivität einlässt, kann auch an jetziger Stelle auf die Untersuchung des Unterschieds zwischen absoluter Idee und absoluter Subjektivität verzichtet werden. Denn auch das gehört zur Thematik des dritten und vierten Stadiums philosophisch-theologischer Untersuchung der Logik.289 iii. Deutungen, die die Logik in den Mittelpunkt stellen Als erster – und damit wegweisend für einen großen Teil der neueren und gegenwärtigen Hegelforschung – hat sich R. Heede ausdrücklich die Frage nach dem „Verhältnis von Logik und Religionsphilosophie“ gestellt. 290 Obwohl Heede zu Recht, wie das vorliegende Buch glaubt, die These vertritt, die Logik sei die erste Adresse für die Suche nach Hegels philosophischer Theologie, ist an dieser Stelle auf die Verschiebung der Grenze zwischen Logik und Religionsphilosophie sowie auf die religionsphilosophische Deutung der Logik hinzuweisen, die Heede vornimmt und die durch eine genauere Lektüre der Philosophie des absoluten Geistes hätte vermieden werden können. Nach Heede ist nämlich die Wissenschaft der Logik „Onto-Theo-Logie“, weil sie „Gott als noch daseinslos“ erfasse 291 – wobei sich man gleich fragen sollte, für was das ‚Onto‘ in jener Wortbildung steht, wenn Gott tatsächlich „daseinslos“ sei. Ihr trete die Religion, die „das unendliche, wahrhaft realisierte Dasein der göttlichen Idee“ darstelle, gegenüber, sodass die Religionsphilosophie keine abstrakte Ontotheologie, sondern eine „Phänomeno-Theo-Logie“ sei.292 Innerhalb dieses Schemas schreibt Heede die Erkenntnis Gottes „in der Form des begreifenden Denkens“ nicht der Logik, sondern der Religionsphilosophie zu. 293 Und doch sei nicht die Religionsphilosophie selbst, sondern „die ganze Sphäre des absoluten Geistes“ die „letzte Wissenschaft“, „die letzte Disziplin der Philoso-
289
Vgl. Einleitung, Ziffer 9. So der Untertitel seiner Arbeit, vgl. Reinhard Heede, Die göttliche Idee und ihre Erscheinung in der Religion. Untersuchungen zum Verhältnis von Logik und Religionsphilosophie bei Hegel, Münster/Westfalen 1972. 291 A.a.O. 56f.; vgl. ders., „Hegels Religionsphilosophie als Aufgabe und Problem der Forschung“, in: ders./Joachim Ritter (Hgg.), Hegel-Bilanz. Zur Aktualität und Inaktualität der Philosophie Hegels, Frankfurt a. M. 1973, 42. 292 Ders., Die göttliche Idee und ihre Erscheinung in der Religion. Untersuchungen zum Verhältnis von Logik und Religionsphilosophie bei Hegel, Münster/Westfalen 1972, 56. 293 A.a.O. 3. 290
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phie“ und „eine konkrete Logik“, sodass Heede weder die Logik noch die Religionsphilosophie, sondern die Philosophie des absoluten Geistes als die eigentlich „spekulative Theologie“ gemäß ¹§ 17 A versteht.294 Heedes Thesen machen die Schwierigkeit deutlich, die begriffliche Entwicklung in dem enzyklopädischen System adäquat aufzufassen und anhand derselben dessen Ende deutlich zu markieren. Man braucht dabei nur zu fragen: Was für eine konkrete Logik könnte die Philosophie des absoluten Geistes überhaupt sein, wenn sie drei Gestalten (Kunst, Religion, Philosophie) und zahlreiche historische Prägungen in sich umfasst? Nach Hegel ist aber die Logik als solche nicht abstrakt, sondern konkret; und wenn sie am Ende des Systems „die Bedeutung speculativer Theologie“ erhält (¹§ 17 A), so stellt diese Bedeutung selbst noch keinen Anlass dafür dar, nach einer neuen Art von Logik zu suchen. Und sollte die letzte Disziplin der Philosophie mit diesem Erhalten der Bedeutung spekulativer Theologie zusammenhängen, dann nur insofern sie der Logik diese Bedeutung in Bezug auf die realphilosophischen Disziplinen zuerkennt, nicht aber als der Entwurf einer neuen Logik außerhalb des enzyklopädischen Grundrisses. Bezeichnend für die Akzentverschiebungen Heedes zwischen Logik und Religionsphilosophie ist darüber hinaus, dass Heede nicht nur einerseits einräumen muss, dass „das Wort ‚Gott‘ selbst […] kein Begriff, sondern nur Name“ ist, d.h. ein „‚ungefähres Substrat‘ für die Vorstellung“, andererseits aber erklärt, dass ‚Gott‘ „nicht bloß ein Begriff, sondern der Begriff“ ist. 295 Vielmehr ist es bezeichnend für die schwierige interpretatorische Lage Heedes, dass er nach solchen Feststellungen und einer daran anschließenden langatmigen Darstellung von Logik des Urteils und des spekulativen Satzes 296 überraschenderweise doch den Namen ‚Gott‘ und das „Problem der Prädikate Gottes […] im Zentrum“ nicht nur der Religionsphilosophie, sondern „in der Tat“ auch „der Logik“ sieht. 297 Einzelne Gedankenbestimmungen aus der Logik setzen in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen hinsichtlich der Frage nach Gott oder dem Absoluten bei Hegel verschiedene Interpreten, wie etwa A. v. Keyserlingk 298 und R.
294
A.a.O. 58–64. A.a.O. 53. 296 A.a.O. 190–254. 297 A.a.O. 255. 298 Vgl. Alexander von Keyserlingk, Die Erhebung zum Unendlichen. Eine Untersuchung zu den spekulativ-logischen Voraussetzungen der Hegelschen Religionsphilosophie, Frankfurt a. M. 1995. 295
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Wallace299 mit der Dialektik von Endlichem und Unendlichem, B. Nonnenmacher300 mit den wesenslogischen Reflexionsbestimmungen und W. Pannenberg301 und P. Trawny 302 mit dem Begriff des Begriffs. Auffällig unter den Interpretationen, die für die Behandlung der Gottesthematik bei Hegel auf einzelne logische Bestimmungen rekurrieren, ist die Arbeit von Michael Schulz, der sich zwar mit der Verbindung von Begriffsmomenten und christlicher immanenter Theologie einverstanden erklärt303, die Rolle der „Seinskategorie“ aber so sehr überspitzt, dass er davon auf den ontotheologischen Charakter der gesamten Logik schließt.304 In direktem Gegensatz zu Hegels schlichter Bemerkung, dass das Sein nichts anderes als „die reine Unbestimmtheit und Leere“ sei (SL: 69), rühmt Schulz das Sein als die Essenz der gesamten hegelschen Philosophie, die „dem System die alles entscheidende Gestalt, Methodik und Inhaltlichkeit gibt“. 305 Hegelsches Philosophieren bestehe nämlich lediglich
299 Robert M. Wallace, Hegel’s Philosophy of Reality, Freedom and God, New York 2005, xxviiif. 300 Burkhard Nonnenmacher, Hegels Philosophie des Absoluten. Eine Untersuchung zu Hegels „Wissenschaft der Logik“ und reifem System, Tübingen 2013, 97–138. Mit Recht stellt Nonnenmacher angesichts der Untersuchung des Absoluten bei Hegel programmatisch fest: „Weder kann eine systematisch geführte Auseinandersetzung mit Hegel nur einzelne Teile aus dessen System herausgreifen und dabei vollkommen in Vergessenheit geraten lassen, aus welchem Ganzen die von ihr bearbeiteten Teile gehauen sind, noch kann sie sich umgekehrt damit zufrieden geben, das Hegelsche System lediglich ‚über den Wolken‘ zu skizzieren, um so die konkrete Durchführung schuldig zu bleiben.“ (a.a.O. 12) Beiden Punkten scheint aber Nonnenmacher zu widersprechen, wenn er das gesamte hegelsche System „zunächst einmal im Ganzen skizziert“, indem er es „unter einigen historisch-systematischen Gesichtspunkten beleuchtet und dabei zu anderen Autoren in Beziehung“ setzt, und anschließend lediglich „eine kleinere Passage seiner konkreten Realisierung“ rekonstruiert (ebd.), und zwar eine, die von Hegel selbst nicht der Abhandlung des Absoluten gewidmet ist oder als die einzig grundlegende für dessen Untersuchung markiert wird. 301 Vgl. Wolfhart Pannenberg, „Die Bedeutung des Cristentums in der Philosophie Hegels“, in: Hans-Georg Gadamer, Stuttgarter Hegel-Tage 1970. Hegel-Studien, Beiheft 11. Bonn 1974, 198; ders., „Der Gott der Geschichte. Der trinitarische Gott und die Wahrheit der Geschichte“, Kerygma und Dogma 23 (1977), 86; ders., „Die Subjektivität Gottes und die Trinitätslehre. Ein Beitrag zur Beziehung zwischen Karl Barth und der Philosophie Hegels“, Kerygma und Dogma 23 (1977), 35. 302 Vgl. Peter Trawny, Die Zeit der Dreieinigkeit. Untersuchungen zur Trinität bei Hegel und Schelling, Würzburg 2002, 40–79. Trawny ist in seiner Hegelinterpretation von Heideggers philosophiegeschichtlichem Konzept sowie von Schellings Weltalter-Schema abhängig (vgl. a.a.O. 9ff.). 303 Vgl. Michael Schulz, Sein und Trinität. Systematische Erörterungen zur Religionsphilosophie G. W. F. Hegels im ontologiegeschichtlichen Rückblick auf J. Duns Scotus und I. Kant und die Hegel-Rezeption in der Seinsauslegung und Trinitätstheologie bei W. Pannenberg, E. Jüngel, K. Rahner und H. U. v. Balthasar, St. Ottilien 1997, 284; 289; 338ff. 304 Vgl. a.a.O. 128; 208ff.; 238. 305 A.a.O. 251; vgl. a.a.O. 128; 233ff.; 250; 301.
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darin, solche Essenz, die „Urkategorie ‚Sein‘“ „via negationis“ bis zum Absoluten fortzubestimmen – ein Gedankenschema, das die „Traditionslinie des Duns Scotus“ weiterführe.306 Das Sein wird dabei nicht nur neben das Begriffsmoment der Allgemeinheit, sondern auch neben den Vater der christlichen Trinität gesetzt und „die ‚Vater-Kategorie‘“ genannt – ähnlich wie das Nichts als „‚Sohnes-Kategorie‘“ und das Werden als „‚Geist-Kategorie‘“ bezeichnet werden.307 Diese Deutung stellt einen der markantesten Fälle einer Interpretation dar, die von einer einzelnen logischen Bestimmung ausgeht, von deren Endlichkeit abstrahiert und sie zum absoluten Angelpunkt für das Verständnis der gesamten Logik und der philosophischen Theologie in derselben macht. Eine nähere Berücksichtigung von Schulz’ Missbilligung der hegelschen Trinitätsauslegung, die auf dem erwähnten Seinsverständnis basiert 308 und zugleich von einer Interpretation der „Methodik“ Hegels ausgeht, die diese in „einige[n] wichtige[n] Begriffe[n] […] wie Widerspruch, Dialektik und Negation“ ausfindig macht und das die Logik abschließende Kapitel ignoriert309, wäre für die vorliegende Untersuchung nicht ergiebig. Den aus der Sicht dieses Buches vielleicht wichtigsten Beitrag zur philosophisch-theologischen Untersuchung der Logik, und somit für jede Suche nach philosophischer Theologie insgesamt bei Hegel leistet F. Wagner. Seine streng philosophische Herangehensweise wirkt umso frappierender, wenn man sie vor seinem theologischen Hintergrund betrachtet und mit den übrigen oben registrierten konfessionell motivierten Arbeiten vergleicht. Von großer Bedeutung für dieses Buch ist zunächst, dass Wagner das Tabu der Inhaltsidentität von Religion und Philosophie bricht. Als Erster und mit einer systematisch überzeugenden Argumentation, die auf der Phänomenologie und der Logik beruht, plädiert er gegen ein buchstäbliches Verständnis von Hegels wiederholter Bemerkung über die Inhaltsidentität von Religion und Philosophie und schreibt ihr den „Wert einer abbreviaturhaften Redeweise“ zu.310 Der „Inhalt der Religion ist, obwohl seiner Bestimmung nach wahr, nicht der wahre Inhalt als solcher“; er ist nämlich ein „endliche[r] Inhalt“, dessen Endlichkeit „darin besteht, in äußerlicher Weise auf die Form als Form bezogen zu sein“. 311 Dabei spielt der Gedanke der „Negation“ eine zentrale Rolle,
306
A.a.O. 240; 239. A.a.O. 237; 244; 247; vgl. a.a.O. 343f.; 345f.; 349f. Dazu a.a.O. 247: „Sein, Nichts und Werden sind die logischen Koordinaten der Trinitätsphilosophie Hegels.“ 308 Vgl. a.a.O. 352f.; 358ff.; 419ff. 309 Vgl. a.a.O. 220–233. 310 Falk Wagner, „Die Aufhebung der religiösen Vorstellung in den philosophischen Begriff“, Neue Zeitschrift für Systematische Theologie und Religionsphilosophie 18 (1976), 68. 311 Ebd., a.a.O. 65; vgl. a.a.O. 58f.; 67f. 307
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demzufolge „der religiöse Inhalt im Zuge der Ablösung von der Form der Vorstellung und Überleitung in den Begriff auch verändert wird“ 312, womit er seiner Endlichkeit entbehrt und als identisch mit seiner wahren Bestimmung gesetzt wird. Ein zentrales Anliegen des vorliegenden Buches ist es, den Horizont von Wagners Bemerkungen zur Inhaltsidentität von Religion und Philosophie so zu erweitern, dass er nicht wie gewöhnlich bei der Fragestellung nach dem äußerlichen Verhältnis von religiöser und philosophischer Erkenntnisform Gottes verharrt, sondern auch die Inhaltsidentität innerhalb ein und derselben Form berücksichtigt, nämlich innerhalb der (philosophischen) Form begreifenden Denkens. Wenn der Inhalt der Philosophie nur einer ist, etwa der Begriff oder die absolute Idee, dann handelt es sich um eine Inhaltsidentität von verschiedenen spekulativ-philosophischen Disziplinen, die über sehr verschiedene philosophische Gegenstände hinausgeht, ohne die eine (philosophische) Form begreifenden Denkens zu übersteigen. So lautet die konkrete Frage, die sich das vorliegende Buch im Hinblick auf die Logik stellt: Inwiefern kann ein bereits in der Form begreifenden Denkens aufgefasster Inhalt endlich und auf diese seine eigene Form äußerlich bezogen sein? Diesem Buch geht es nämlich um die (von Wagner angedeutete) „Negation“ und „Veränderung“ des Inhalts bei den verschiedenen „Überleitungen“ im Rahmen des begreifenden Denkens selbst: Wenn der Begriff oder die absolute Idee überall den einzigen wahren Inhalt der spekulativen Logik bilden, so müssen diejenigen logischen Bestimmungen, die den Begriff und die absolute Idee nicht als solche darstellen, ihrer eigenen begreifenden Form nach endlich sein. Dasselbe gilt auch für Gott, wenn er in irgendeinem Sinne der einzige Inhalt der spekulativen Philosophie sein soll. Damit geht die Aufforderung Wagners einher, die „Korrespondenz von religiösen Inhalten und logisch-kategorialen Bestimmtheitsweisen“ zu erforschen, und zwar in dem Sinne, dass die „Darstellung der bestimmten Religionen […] der genetischen Bewegung der logischen Bestimmtheitsweisen vom Sein über das Wesen zum endlichen Begriff entsprechen soll“ – und nicht umgekehrt.313 Diese Korrespondenz zwischen mehreren endlichen Religionen und ebenfalls mehreren endlichen logischen Bestimmungen weist nicht nur auf die Endlichkeit des wahren Inhalts hin, sondern wirft auch ein erstes Licht auf die logische Erklärung dieser Endlichkeit, die für den in der Form begreifenden Denkens aufgefassten wahren Inhalt konstitutiv ist. Das vorliegende Buch
312
A.a.O. 69. Ders., „Religiöser Inhalt und logische Form. Zum Verhältnis von Religionsphilosophie und ‚Wissenschaft der Logik‘ am Beispiel der Trinitätslehre“, in: Friedrich Wilhelm Graf/Falk Wagner (Hgg.), Die Flucht in den Begriff. Materialien zu Hegels Religionsphilosophie, Stuttgart 1982, 196; vgl. a.a.O. 227. 313
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möchte der Aufforderung Wagners nachkommen, die Korrespondenz von religiösen Inhalten und logischen Bestimmungen zu untersuchen, und wird dafür argumentieren, dass die spekulative Logik in allen ihren Bestimmungen, zwar nicht alle religiösen Inhalte und auch nicht Gott selbst, aber immerhin rein logische Absolutheitskonzeptionen begrifflich entwickelt, die den logischen Kern aller Religion, Theologie und Metaphysik, also Gottes selbst, zu erkennen geben. Anhand dieser begrifflichen Entwicklung kann dann eine rein logische und nur ihren Inhalt betreffende Hierarchie von verschiedenen Religionen (bzw. Künsten und Philosophien) konzipiert werden, ohne auf die Sukzession von Anschauung, Vorstellung und Denken zu rekurrieren, die aus der Philosophie des theoretischen Geistes stammt und nur die äußerliche bzw. formelle Verbindung der Inhalte der drei Gestalten des absoluten Geistes berücksichtigt. Wagner fragt darüber hinaus – und dies macht den Schwerpunkt seiner Studien aus – nach dem Rang der christlichen Gottesvorstellung in dieser begrifflichen Hierarchie und gibt mindestens zwei Antworten. Obwohl ihm dabei die Verwandtschaft von ‚Gott‘ und absoluter Idee bewusst ist 314, bemüht er sich hartnäckig, den christlichen trinitarischen Gott nicht explizit mit der absoluten Idee in Verbindung zu bringen, sondern mit Strukturen aus dem ersten Abschnitt der Begriffslogik zu begreifen.315 So besteht seine erste Antwort auf die Frage nach dem begrifflichen Gehalt des christlichen Gottes in der Analyse des Begriffs als solchen, welche die Korrespondenz zwischen den drei Personen der christlichen Trinität und den drei Begriffsmomenten aufzeigt. 316 Seine zweite Antwort ist das Experiment 317, die christliche Trinität mit dem begrifflichen Instrumentarium des gesamten ersten Abschnitts der Begriffslogik (also durch den Begriff als solchen, das Urteil und den Schluss) zu explizieren. 318 Eine Auseinandersetzung mit diesen Konzepten kann erst dann stattfinden, wenn sowohl die logische Bestimmung des ersten Abschnittes der Begriffslogik als auch die der absoluten Idee exponiert worden sind, was nicht mehr im Rahmen dieses Buches, sondern in einer Anschlussarbeit stattfinden kann. Antizipierend sei aber hier auf Hegels Vorlesung von 1831 über die Logik (also 314
A.a.O. 199. Oben sind bereits einige Interpreten erwähnt worden, die ähnliche Positionen wie Wagner in oder ohne Anlehnung ihn vertreten (z.B. W. Pannenberg, J. Dierken, P. Trawny). All diese übersteigt Wagners Beitrag zur logischen Bestimmung des Begriffs als solchen sowie zu dessen Verhältnis zur christlichen Trinität bei Weitem sowohl an Ausführlichkeit als auch an Komplexität. 316 Vgl. ders., Der Gedanke der Persönlichkeit Gottes bei Fichte und Hegel, Gütersloh 1971, 229–251. 317 So bezeichnet Wagner selbst seinen Beitrag (vgl. ders., „Religiöser Inhalt und logische Form. Zum Verhältnis von Religionsphilosophie und ‚Wissenschaft der Logik‘ am Beispiel der Trinitätslehre“, in: Friedrich Wilhelm Graf/Falk Wagner (Hgg.), Die Flucht in den Begriff. Materialien zu Hegels Religionsphilosophie, Stuttgart 1982, 218). 318 A.a.O. 218–227. 315
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auf keine religionsphilosophische Quelle) hingewiesen, die die Korrespondenz zwischen Momenten des Begriffs als solchen und der christlichen Trinität hervorhebt, jedoch an einer Stelle, die die Berücksichtigung des ganzen begriffslogischen Verlaufs notwendig macht (VANM 10: 177). Beide Vorschläge Wagners tragen entscheidend dazu bei, die weit verbreitete und mit massiven Auswirkungen auf das Verständnis der Logik zusammenhängende Tendenz zu relativieren, den christlichen trinitarischen Gott entweder als in der ganzen Logik entfaltet (im Sinne der „Darstellung Gottes, wie er in seinem ewigen Wesen […]“) anzusehen, oder denselben mit der absoluten Idee gleichzusetzen und somit als die Vollendung und Krönung des ganzen logischen Verlaufs zu interpretieren. Wenn aber Wagner den logischen Gehalt der Trinität am Anfang der Begriffslogik ausfindig macht, so stellt er mit logischen Mitteln die schroffe Inhaltsidentität von christlicher Religion und spekulativer Philosophie indirekt infrage. Auf dieselbe Entkoppelung des spekulativ-philosophisch konzipierten Absoluten vom christlich-religiösen Gott weist Wagner ferner hin, indem er sich ausschließlich für den christlichen Gott und dessen Verhältnis zu logischen Strukturen interessiert und (zumindest stillschweigend) darauf verzichtet, eine endgültige Antwort auf die Frage nach Gott in Hegels Philosophie überhaupt zu geben. Eine solche Antwort kann sich nicht mit einer selektiven und von den christlich-theologischen Debatten motivierten Berücksichtigung von manchen logischen Bestimmungen begnügen. Die logische Bestimmung des Begriffs als solchen muss jedoch – ganz im Sinne Wagners – eine außerordentliche Stelle in der Untersuchung der philosophischen Theologie und des spekulativen Verständnisses von ‚Gott‘ bei Hegel besitzen. Und dieselbe logische Bestimmung wird – ebenfalls ganz im Sinne Wagners – die Perspektive für Hegels weitgreifende Deutung, Rekonstruktion und Korrektur der Disziplinen der christlichen systematischen Theologie eröffnen. M. Wendte stellt in seiner „logische[n] und theologische[n] Untersuchung“ der „gottmenschliche[n] Einheit bei Hegel“, so der programmatische Untertitel und Titel seines Buches 319, zur Abgrenzung von anderen thematisch verwandten Arbeiten drei Desiderate fest, die in höchstem Grad auch für die vorliegende Untersuchung gelten müssen. Dabei geht es hauptsächlich um die Plausibilisierung einer „philosophische[n]“ im Gegensatz zu einer „religiösen Lesart Hegels“.320 Erstens soll Wendtes Buch zeigen, dass es „einen inneren Nexus zwischen dem Rückgriff auf die WL [Wissenschaft der Logik]“ und „der Aufhebung der Religion in die Philosophie“ gibt. Zweitens solle die in der Forschung sehr verbreitete Praxis aufhören, in der für die Interpretation der Religionsphilosophie beliebige Ausschnitte aus der Logik ausgewählt werden, die 319 Vgl. Martin Wendte, Gottmenschliche Einheit bei Hegel. Eine logische und theologische Untersuchung, Berlin 2007. 320 Vgl. a.a.O. 15.
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„meist nur ganz flüchtig begründet“ und jedenfalls ohne „eine Rechtfertigung der eigenen Position durch die Auseinandersetzung mit alternativen Ansätzen“ eingesetzt werden. Hierbei solle man – drittens – auf die absolute Idee „zurückgreifen“, weil sie „ein[en] wichtige[n] Bezugspunkt der gesamten Realphilosophie“ und den „logische[n] Hintergrund“ (auch) der Religionsphilosophie darstellt.321 Zweifellos legt Wendte sein Augenmerk auf die absolute Idee. Fraglich ist jedoch, ob er die absolute Idee tatsächlich adäquat oder vielleicht doch wie einen bloß weiteren „wichtigen Bezugspunkt[]“ unter anderen auffasst. Beginnend mit dem zweiten Desiderat Wendtes ist es auffällig, dass er selbst seine Auswahl „nur ganz flüchtig begründet“. Denn die Versicherung, dass die absolute Idee das „Abschluss- und Methodenkapitel“322 darstelle, ist nur eine äußerliche Bemerkung, die eine systematische Untersuchung aller Gedankenbestimmungen der Logik im Hinblick auf die philosophische Theologie und die Suche nach dem wahrhaft Absoluten nicht ersetzen kann. Markant wird dieses Defizit beim „kurze[n] Überblick über den Gesamtverlauf der absoluten Idee“323, den Wendte seiner ausführlichen Abhandlung der drei Momente der absoluten Idee als Wegweiser vorausschickt. Dieser Überblick beginnt nämlich mit und basiert insgesamt auf Hegels berühmtem Zitat aus der Vorrede zur Phänomenologie des Geistes, das die Forderung bekundet, die Substanz ebenso sehr als Subjekt aufzufassen. Wendte abstrahiert dabei von allen Unterschieden zwischen den Projekten einer Phänomenologie des Geistes und einer Wissenschaft der Logik sowie von den zahlreichen Nuancierungen im logischen Prozess, der etwa ausdrücklich in objektiver und subjektiver Logik geteilt wird, oder auch von den Ausführungen im ersten Abschnitt der subjektiven Logik, der den Titel „Subjektivität“ trägt. All dies spielt keine Rolle in Wendtes Interpretation der absoluten Idee. Offenbar geht er davon aus, dass Hegel einerseits das vermeintliche Hauptthema des Kapitels „Die absolute Idee“, die Subjektivierung der Substanz, nur anderswo als Hauptthema kenntlich macht, und dass andererseits überall dort, wo Hegel dieses Thema explizit als das Hauptthema markiert, es nur ungenügend behandelt. Auch das vorliegende Buch geht von der Relevanz der Subjektivität für die absolute Idee aus, kommt aber zu dem Ergebnis, dass Hegels Ausführungen im letzten Kapitel der subjektiven Logik eine Ergänzung an der Subjektivität vornehmen, die einer Antwort auf eine Frage gleichkommt, welche mit dem Beginn der subjektiven Logik entworfen wird und ihre gesamte Entwicklung begleitet. Die Herausarbeitung dieser Ausgangsfrage ist somit entscheidend für das Verständnis der Antwort am Ende der Logik.
321
A.a.O. 52f. A.a.O. 53; vgl. a.a.O. 148. 323 A.a.O. 68. 322
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So rasch Wendtes Abhandlung von der absoluten Idee eröffnet wird, so häufig und weitgehend wird sie von eingeschobenen Ausführungen anderer logischer Bestimmungen unterbrochen, die das Verständigen über die absolute Idee, mithin die Erfüllung des dritten seiner Desiderate, nicht immer begünstigen. Dabei spiegelt sich ein prinzipielles methodologisches Defizit von Wendtes Auslegung der Logik wider: Es handelt sich um die einfache „Übertragung“324 einiger logischen Bestimmungen auf die absolute Idee – ein interpretatorisches Verfahren, das für Wendte „in der Literatur zu Hegel durchaus üblich“325 ist und dementsprechend „nur ganz flüchtig begründet“ bleiben darf. Sicherlich sind Hegels Äußerungen im letzten Kapitel seiner Logik manchmal lapidar; dies schließt aber in sich nicht mit ein, dass die sich z.B. „aus dem wesenslogischen Kapitel ergebenden Einsichten […] selbstredend […] auf das Niveau der Begriffslogik zu übertragen“ 326 seien. Man muss vielmehr die Beobachtung ernst nehmen, dass Hegel ein prozessualer Denker ist, bei dem dieselben Begriffe oder sogar Formulierungen je nach Kontext inhaltlich differenziert aufgefasst werden müssen. Der Methodologie der bloßen „Übertragung“ gelingt keine systematische Einsicht in die eigentliche Sache. Vielmehr kreiert sie eine Collage von im Vorhinein vermeintlich geklärten Termini, was letztlich nichts weniger als eine weitere – wenn auch erweiterte und dadurch verborgene – Variation der auch von Wendte selbst missbilligten Verabsolutierung irgendwelcher logischen Bestimmungen außer der absoluten Idee ist. So greift Wendte beispielsweise bei seiner Charakterisierung der Momente der absoluten Idee wiederholt auf die Begriffsmomente von Allgemeinheit, Bestimmtheit und Einzelheit zurück. 327 Sicherlich ist es eine richtige und auch für das vorliegende Buch äußerst wichtige Bemerkung, dass Hegel die drei Momente der absoluten Idee in Anlehnung an die anfänglichen Begriffsmomente exponiert. Doch wenn Wendte auf diese rekurriert, übersieht er den Unterschied zwischen Anfang und Ende der Begriffslogik: dass nämlich denselben Begriffsmomenten am Ende der Begriffslogik eine im Vergleich zum Anfang dieses Werkes zusätzliche „Bedeutung“ zukommt (BL: 238,7). Und genau in dieser Bedeutung ist der Unterschied zwischen Begriff und absoluter Idee bzw. das Besondere der logischen Bestimmung der Letzteren zu suchen.
324
A.a.O. 86–88. A.a.O. 79. 326 A.a.O. 81. 327 Vgl. a.a.O. 71ff.; 88; 163f.; 223. Die Rede von den Begriffsmomenten in Bezug auf die absolute Idee wird für Wendte immer bedeutungsvoller, wenn er das christlich religionsphilosophische Gebiet betritt. Das liegt darin begründet, dass Hegel selbst Christentum mit den Begriffsmomenten in Verbindung bringt; es verrät aber zugleich, dass Wendtes Motivation der Auslegung der absoluten Idee nicht an der Sache selbst, in der absoluten Idee, ihre Begründung hat, sondern in der Religionsphilosophie. 325
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Aber auch die von Wendte wiederholte zusammenfassende Formulierung, dass sich die gesamte Entwicklung der Logik in der absoluten Idee „wiederholt“ und zwar „wie in einem Brennglas fokussiert“ 328, kann nicht akzeptiert werden. Sie sieht nämlich in der absoluten Idee lediglich die Miniatur des bereits Entwickelten und erinnert an das, was Hegel unter Verweis auf die „Einschachtelungshypothese“ pejorativ anmerkt, dass etwa „die verschiedenen Teile der Pflanze […] im Keim [in unserem Fall: in der Frucht] realiter, jedoch nur ganz klein vorhanden wären“ (§ 161 Z), und verfehlt dabei, die absolute Idee als den schöpferischen Prozess des logischen Prozesses als solchen zum Ausdruck zu bringen. 329 Jenes „Wiederholen“ ist im Grunde nur eine verbale Erweiterung der Methode des „Übertragens“. Denn weder Wendte in seiner ausführlichen Rekonstruktion noch Hegel im letzten, lakonischen Kapitel der Logik erwähnen bzw. „wiederholen“ alle vorhergehenden logischen Bestimmungen. Vielmehr – um bei der Auslegung Wendtes zu bleiben – geht dieser selektiv heran und konstituiert die Summe der ihm als wichtig erschienenen Bestimmungen. Dass das Eigentümliche der absoluten Idee in solch einem interpretatorischen Konzept leicht verloren gehen kann, bedarf keiner weiteren Erklärung, da alles schließlich auf das Kriterium der Selektion der logischen Bestimmungen ankommt. Setzt man außerdem Wendtes Vorliebe für die reflexionslogischen Bestimmungen als gegeben voraus 330, so verwundert es einen nicht, dass er die „Momente der spekulativen Methode“ (§ 238) oder die absolute Idee als Ganzes mit „Entitäten“ verwechselt. 331 In diesem Sinne nimmt er ferner Hegels einleitendes Bild von der Darstellung des Wesens Gottes wörtlich und liest die Logik als eine „transzendentalphilosophische Onto-Theo-Logik“.332 Probleme wie die Deutung der Idee überhaupt (§§ 213–215), Hegels Auffassung der absoluten Idee als „Erkennen“ (§ 242) oder das Verhältnis dieses Erkennens zur Idee des Erkennens (§§ 223–235) klammert er hingegen aus seiner Untersuchung völlig aus. Wenn aber das Desiderat eines adäquaten Erfassens der absoluten Idee – und mit dieser der ganzen Logik – fortbesteht, kann auch Wendtes erstes Desiderat, dass nämlich ein Nexus zwischen Wissenschaft der Logik und Aufhebung der Religion bestehe, nicht ohne Vorbehalt als erfüllt betrachtet werden. Für die dadurch entstandene Problematik, die Wendte selbst nicht leugnet, ist bezeichnend, dass er für die Erklärung der Vielheit der Religionen einerseits, indem er von seinem Projekt, Hegels Religionsphilosophie als „geprägt von 328
A.a.O. 70; vgl. a.a.O. 190; 223. Vgl. noch Wendtes weitere resümierende Formulierung, dass „das Resultat des Weges [d.h. die absolute Idee] der Weg zum Resultat [d.h. der Verlauf der Logik], aber als gesetzter“ sei (a.a.O. 68; vgl. a.a.O. 73; 146; 223f.). 330 Vgl. a.a.O. Kapitel II.2.3 und II.2.4., was den Kern von Wendtes Interpretation der absoluten Idee ausmacht. 331 A.a.O. u. a. 71f.; 86; 89f.; 113; 133; 147. 332 A.a.O. 58. 329
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der absoluten Idee“ darzustellen, abweicht, auf andere logische Schemata wie etwa Sein, Nichts, Werden oder Sein, Wesen, Begriff etc. rekurriert, sodass er schließlich die „Entwicklung der Religionsgeschichte [als] vorgebildet durch die Entwicklung der gesamten WL“ anerkennen muss.333 Diese Abweichung begrüßt zwar das vorliegende Buch, das in allen logischen Bestimmungen – und nicht nur in der absoluten Idee – Variationen der einen begrifflichen Grundlage aller philosophischen Theologie erkennt. Dies ist aber mehr eine Kritik als eine Stütze von Wendtes Verfahren. Andererseits sucht Wendte seine Interpretation der absoluten Idee so sehr in jeder Religion, dass er den absoluten Geist als „die Vermittlung des unendlichen mit dem endlichen Geist“ auffasst, während er unter ‚unendlichem Geist‘ Gott und unter ‚endlichem Geist‘ den Menschen versteht. 334 Es ist zwar richtig, dass der absolute Geist eine Vermittlung ist. Doch ist der enzyklopädischen Geistphilosophie zufolge weder eine terminologische Differenzierung zwischen absolutem und unendlichem Geist noch die Reduktion von endlichem und unendlichem Geist auf die Vorstellungen von Menschen und Gott zulässig (vgl. § 386). Es kann nämlich nicht gebilligt werden, dass die in diesem Sinne aufgefasste Grundstruktur des absoluten Geistes „der Vermittlung von Allgemeinem und Besonderem als dem Einzelnen absoluter Subjektivität“ entspreche 335, sodass auch die Aufhebung aller entsprechend aufgefassten Religionen in die Philosophie nicht in diesem Schema zu suchen ist. Was dies für die christliche Religion bedeutet, deren Auslegung einen besonderen Schwerpunkt von Wendtes Arbeit bildet, kann der Komplexität der Fragenstellung halber erst in einer künftigen Arbeit behandelt werden.336 Stellt man rückblickend die Frage, ob Wendte das angekündigte Ziel einer Plausibilisierung der „philosophischen Lesart Hegels“ erreicht habe, so darf dies sicherlich bejaht werden. Denn für ihn besteht die philosophische Lesart darin, „Hegels Ontotheologie“ nicht von der positiven Religion abhängig zu machen und diese in der Philosophie aufzuheben 337, was ihm tatsächlich gelingt, sodass er sich mit Recht zusammen mit M. Theunissen, R. Heede und Michael Schulz derselben Tradition zuordnet.338 Auch die vorliegende Untersuchung sieht sich einer philosophischen Lesart Hegels verpflichtet. Das Entscheidende bei einer solchen Lesart besteht jedoch ihrer Ansicht nach darin, 333
A.a.O. 155; 222; vgl. a.a.O. 65–68; 188–195; 202. A.a.O. 156; vgl. a.a.O. 159–165; 177; 189; 225ff. Charakteristisch ist dabei, wie Wendte die Termini ‚endlicher‘ und ‚unendlicher Geist‘ in die Grundstruktur des absoluten Geistes einführt, indem er nämlich durch diese Hegels Rede über Mensch und Gott im berühmten Göschel-Zitat ohne Weiteres ersetzt (vgl. a.a.O. 162f.). 335 A.a.O. 163f. 336 Vgl. unten den abschließenden Episodischen Abschnitt zu III.D.5. 337 Vgl. Martin Wendte, Gottmenschliche Einheit bei Hegel. Eine logische und theologische Untersuchung, Berlin 2007, 15. 338 Vgl. a.a.O. 45–51. 334
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Hegels Metaphysik, Theologie und Aufhebung der Religion in die Philosophie nicht als eine Ontotheologie zu verstehen: Die absolute Idee und vor ihr bereits der Begriff als solcher, d.h. diejenigen logischen Bestimmung, die Hegel als das wahrhaft Absolute akzeptieren kann und in welchen sich der Θεὸς aller Religion aufheben lässt, soll anders als das einfache ὂν aufgefasst werden. Gesucht wird keine Ontotheologie, sondern eine begreifende philosophische Theologie. iv. Zusammenfassung der neueren und gegenwärtigen Deutungen Angesichts des Inhalts der neueren und gegenwärtigen Deutungen des Absoluten bei Hegel ist zunächst zu bemerken, dass es schwerfällt, atheistische und klare linke Positionen zu finden. Grobe Verletzungen des hegelschen Denkens wie etwa die Leugnung Gottes oder die Selbstapotheose des Menschen scheinen vollständig verschwunden zu sein – sei es, weil die möglichen Vertreter solcher Meinungen von den links-atheistischen Deutungen der vorangegangenen Periode tief überzeugt oder von den zahlreicheren rechts-theistischen überredet wurden, die philosophisch-theologischen Debatten schlicht für unzeitgemäß halten und sich lieber mit anderen Bereichen des hegelschen Denkens auseinandersetzen.339 Andersherum sind auch die Interpreten, die ein göttliches Wesen bei Hegel annehmen, vorsichtiger geworden und sprechen nicht von Pantheismus bzw. behaupten nicht, der christliche Gott sei das absolute Zentrum des ganzen hegelschen Systems – hiervon ist allerdings natürlich die große Gruppe der konfessionell motivierten Interpreten auszunehmen. Ein breiter Konsens scheint sich ferner angesichts des Zugangs zum hegelschen System herausgebildet zu haben. Dieser wurde nämlich meistens entweder in den religionsphilosophischen Vorlesungen oder in der Logik gesucht. Selbst die konfessionell motivierten Interpreten, die eine holistische Deutung des Systems beabsichtigt haben, haben ihre Hauptargumente und wichtigsten Gedankengänge – solange sie diese nicht völlig Hegel-extern führen – in den Vorlesungen gefunden. Allerdings bedeutet diese Reduktion der früheren Verlegenheit auf das Dilemma zwischen Religionsphilosophie und Logik angesichts des Zugangs ins hegelsche Denken nicht, dass solches Dilemma unlösbar oder gar die Lösung selbst für das Zugangsproblem überhaupt wäre.
339 Zur Gruppe der Denker, die bei Hegel einen nicht mehr haltbaren und zugunsten anderer Teile des Systems zu überwindenden Theismus sehen, gehört etwa J. Habermas, der den hegelschen absoluten Geist als „einen transzendierenden Geist“ bzw. als eine „Macht“ versteht, die „schicksalhaft […] durch die Geschichte der intersubjektiven Lebensformen hindurchgreift“, zu deren Erkenntnis man „konvertieren“ müsse (Jürgen Habermas, Wahrheit und Rechtfertigung. Philosophische Aufsätze, Frankfurt a. M. 1999, 219; 220). Für eine ausführliche Kritik dieser Position vgl. Hans Friedrich Fulda, „Hegels Begriff des absoluten Geistes“, Hegel-Studien 36 (2001), 172–191.
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Den größten Fortschritt in Bezug auf die Suche nach philosophischer Theologie hat schließlich die Erforschung der Logik verzeichnet, nicht zuletzt durch das rege und explizite Interesse daran, dem Verhältnis von Logik und Religionsphilosophie konkret nachzugehen. Dieser Fortschritt ist jedoch nicht als ein Sieg der rechten Deutungen zu interpretieren – und dies, obwohl oben keine Deutung die Verbindung des christlichen Gottes mit der Logik geleugnet hat. Vielmehr hat die gegenwärtige Auseinandersetzung mit der Logik darauf hingewiesen, dass das Absolute und die christliche Trinität eine logische Bestimmung unter anderen bilden, was wiederum bedeutet, dass die Logik philosophische Theologie zwar enthält, nicht aber mit derselben zusammenfällt. 4. Reflexionen zum Vorgehen der vorliegenden Untersuchung Eine besonders breite Zustimmung genießt in der Hegelforschung die (auch dem vorliegenden Buch zufolge richtige) Ansicht, dass die Wissenschaft der Logik mindestens einige wichtige Hauptbestimmungen philosophischer Theologie enthält, und somit zumindest eingeschränkt mit der philosophisch-theologischen Thematik zusammenhängt. Sie scheint aber mit einer anderen Ansicht zu konkurrieren, welche die Bestimmung des Absoluten in der Religionsphilosophie, vorzüglich in den religionsphilosophischen Vorlesungen, verortet. Zugleich gibt es nicht wenige interpretatorische Ansätze, die das Absolute in Verbindung mit dem absoluten Geist bringen. Dieser Ansatz darf jedoch nicht bloß als ein dritter Vorschlag wahrgenommen werden, der einen neutralen Platz neben den beiden anderen einnimmt. Vielmehr vermittelt die Philosophie des absoluten Geistes als jene philosophische Disziplin, welche Philosophie der Religion und der Philosophie übergreift, zwischen den ersten zwei Ansichten. Angesichts dieser drei Lager der Hegel-Forschung ist es also besonders nützlich, die Suche nach dem Absoluten Hegels, das einen bzw. den Gegenstand der Religion und der Philosophie und d.h. auch der Logik bildet, mit der Philosophie des absoluten Geistes zu beginnen. Die erste Frage, die durch die systematische Suche nach philosophischer Theologie in Hegels Philosophie zu klären sein wird, ist daher nicht, was die Logik oder die Religionsphilosophie selbst über das Absolute berichten, sondern worin die Bestimmung des absoluten Geistes liegt. Erst dann werden das Verhältnis, der Charakter und der Gegenstand von Logik und Religionsphilosophie systemimmanent erkannt, wodurch auch die Frage nach philosophischer Theologie in der Logik Aussicht auf eine adäquat begründete Antwort erlangt. Es wurde jedoch oben mehrfach auf die Gefahr hingewiesen, die der philosophisch-theologischen Untersuchung droht, wenn sie direkt mit der Philosophie des absoluten Geistes beginnt, ohne deren unmittelbaren Kontext zu berücksichtigen, sodass von der vorliegenden Arbeit verlangt werden muss, bereits vor der Philosophie des absoluten Geistes anzusetzen. Aber wo denn genau? In der Tat fällt es schwer, innerhalb eines enzyklopädischen Systems einen
Bericht über den Stand der Forschung
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Ansatzpunkt zu finden. In einem enzyklopädischen System muss es jedoch Gedanken geben, denen eine Schlüsselfunktion zukommt, die die systematische Entwicklung, die zu ihnen führt, in sich in markanter Weise aufheben und eine feste Basis bzw. das Prinzip und Element für alle bevorstehende Fortbestimmung bilden. Solche Gedanken hebt Hegel in der Regel drastisch hervor, nicht zuletzt dadurch, dass er sie zu Beginn einer neuen Phase der systematischen Entwicklung plaziert, die auch im Aufbau bzw. in der Gliederung des entsprechenden Buchs kenntlich ist. Der Gedanke, der dem absoluten Geist am nächsten liegt und auf diese Weise unübersehbar ist, ist der Begriff des Geistes (§§ 381–384), mit welchem die Philosophie des Geistes eröffnet wird, durch welchen also der zweite Teil der Realphilosophie deutlich anders als der erste (die Naturphilosophie) geprägt ist – ein Gedanke, der nicht nur von verschiedenen Hegelinterpreten aufgezeigt, sondern auch von Hegel selbst als die „höchste Definition des Absoluten“ in puncto philosophischer Theologie hervorgehoben wurde (§ 384 A). Selbstverständlich gibt es in der Enzyklopädie weitere Ansatzpunkte vor dem Begriff des Geistes. Und selbstverständlich muss bei der Erklärung dieses Begriffs auf im enzyklopädischen Verlauf bereits exponierte Gedanken zurückgegriffen werden. Das vorliegende Buch sucht aber im Begriff des Geistes nur einen relativ günstigen Ausgangspunkt und nimmt in Kauf, ihn nicht vollständig aufgefasst zu haben, bevor am Ende der gesamten philosophisch-theologischen Untersuchung, die auch einen künftigen, zweiten Teil umfassen muss, d.h. nachdem nicht nur der absolute Geist, sondern auch die ganze Wissenschaft der Logik und dann die letzten Paragrafen des absoluten Geistes ausführlich behandelt worden sind, der Bogen auf den Begriff des Geistes zurückgeschlagen worden ist. Die nun folgende kurze Abhandlung des Begriffs des Geistes sowie der gesamten Geistphilosophie ist demnach auf das Verständnis des absoluten Geistes gerichtet. Sie hat einstweilen von der davor geschehenen Systementwicklung zu abstrahieren und in die philosophisch-theologische Untersuchung lediglich einzuleiten, diese aber vorerst nicht im Bereich der Geistphilosophie durchzuführen. 340 Man sollte nicht verkennen, dass auch dieser Abschnitt nur ein Teil der Hinführung zum Thema der ganzen vorliegenden Untersuchung ist.
340 Der vorliegende Umriss der Philosophie des Geistes und des absoluten Geistes orientiert sich dabei zum großen Teil an H. F. Fuldas tiefsinniger Analyse des absoluten Geistes (vgl. Hans Friedrich Fulda, „Hegels Begriff des absoluten Geistes“, Hegel-Studien 36 (2001), 171–198).
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B. Die Logik in der Perspektive der enzyklopädischen Geistphilosophie Geistphilosophie
1. Ausgangspunkt der Geistphilosophie i. Der Begriff des Geistes Ziel der Paragrafen über den Begriff des Geistes am Anfang des dritten Teils der Enzyklopädie ist es, den Geist im Kontext des enzyklopädisch verfassten Systems wissenschaftlich aufzufassen. Dabei lässt sich vieles nur durch Verweise auf die ersten zwei Teile der Enzyklopädie vollständig erklären. Der Verweis auf im bisherigen systematischen Verlauf Exponiertes kann aber nicht der einzige Sinn jener Paragrafen sein, die ausdrücklich der Einleitung in die Geistphilosophie dienen. Vielmehr muss der Begriff des Geistes (und mit diesem die gesamte Geistphilosophie) auch für denjenigen Leser zugänglich gemacht werden, der die Logik und die Naturphilosophie nicht studiert hat und sich an die Lektüre der hegelschen Geistphilosophie ohne Hegel-internes bzw. mit nur geringem Hegel-internem Vorwissen begibt. In diesem Sinne wendet Hegel in §§ 381–384 zwei Strategien an, um den Geist einleitend zu erklären. Zum einen eröffnet er die Perspektive auf den Geist – ganz im Sinne von § 18 – vor dem Hintergrund des Gesamtsystems durch den Verweis auf zentrale und bereits (hauptsächlich in der Logik) exponierte Begriffe. Diese ‚esoterische‘ und besonders voraussetzungsvolle Erklärung des Geistes lässt sich als die systemimmanente bezeichnen und findet sich in § 381. Zum anderen wendet Hegel in §§ 382f. die Strategie an, den aus dem systematischen Verlauf hervorgegangenen Begriff des Geistes dem Alltagsverständnis zugänglich zu machen, indem er den Geist „formell“ beschreibt (§ 382). Diese Auffassung des Geistes, obwohl sie sich terminologisch und methodologisch nicht direkt an den systematischen Verlauf der Enzyklopädie anschließt, steht im Einklang mit der systemimmanenten Erklärung des Geistes und endet mit der Eröffnung einer gewissen Perspektive auf das Gesamtsystem (vgl. § 384), sodass sie hier als die unbefangene Erklärung des Geistes bezeichnet werden kann. Obwohl die Formulierungen, die Hegel für die systemimmanente Erklärung des Begriffs des Geistes verwendet, an dieser Stelle der vorliegenden Studie kryptisch wirken und vorerst kryptisch bleiben müssen, ist es doch unübersehbar und hat gravierende Folgen für das Verständnis der gesamten Geistphilosophie, dass Hegel ‚Geist‘ als keinen selbstständigen, in sich vollständigen Begriff auffasst, sondern ihn auf die Idee und den Begriff (im begriffslogisch terminologischen Sinne) zurückführt. Genau genommen fasst er den Geist als eine durch die Natur vermittelte bestimmte Weise der Idee auf, nämlich als „die zu ihrem Fürsichsein gelangte Idee“, deren Bestimmtheit darin liegt, dass ihr „Objekt ebensowohl als das Subjekt der Begriff ist“ (§ 381). Während es einem hier ausgesprochen schwerfallen würde, ohne eine detaillierte Analyse des Anfangs
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und des Endes der Begriffslogik den Unterschied zwischen dieser Idee und dem Begriff treffend festzulegen, ist es eindeutig, dass der Unterschied zwischen Idee bzw. Begriff und Geist in der Vermittlung durch die Natur besteht. Auf dieselbe begriffliche Abhängigkeit des Geistes vom Begriff und auf denselben (auf die Vermittlung durch die Natur zurückzuführenden) Unterschied zwischen Geist und Begriff verweist auch Hegels weitere Bemerkung, dass die Subjekt-Objekt-Identität, die der Geist ist, „absolute Negativität“ ist (ebd.). Für eine Erklärung des Gedankens der absoluten Negativität sollte man das erste Kapitel der Begriffslogik genau studieren, in welchem dieser Ausdruck verwendet wird, um die Momente des Begriffs als solchen aufzufassen. Ein vorläufiges Verständnis dieses Ausdrucks findet sich jedoch in der Beobachtung, dass ‚Negativität‘ nicht nur ‚Negation‘ im Sinne des Resultats eines Negationsakts bedeuten kann, sondern den Prozess des Negierens selbst, sodass ferner ‚absolute Negativität‘ auf den in sich vollständigen und insoweit nicht über sich hinausgehenden Prozess des Negierens hinweist. Die Abhängigkeit des Geistes vom begriffslogischen Begriff äußert sich dabei darin, dass auch das genannte Kapitel der Begriffslogik über den gleich konzipierten Negationsprozess zu sprechen scheint (vgl. BL: 33,17–34,13). Der Unterschied zwischen Geist und Begriff besteht ferner, wie der dritte und vierte Satz von § 381 angibt, in der Rolle der Natur beim Zustandekommen der jetzigen absoluten Negativität: Anders als der Begriff ist die absolute Negativität qua Geist „nur als Zurückkommen aus der Natur“, oder anders gewendet: Der Geist stellt den in sich vollendeten und nicht über sich hinausgehenden Negationsprozess, der allein mit sich selbst identisch ist, „in der Natur“ dar, die die „vollkommene äußerliche Objektivität“ des Begriffs bildet (§ 381), während in der logischen Sphäre des Begriffs derselbe Prozess nur als solcher berücksichtigt wird. Die zweite Strategie, den Geist einleitend aufzufassen, die sich an den unbefangenen Leser der Geistphilosophie richtet, erklärt den Geist angesichts mancher Kategorien, die für das Alltagsdenken konstitutiv sind, wie etwa „Inhalt“ und „Form“, Inneres und Äußeres, „Wesen“ und „Dasein“, „Möglichkeit“ und „Wirklichkeit“ (§§ 383f.). Hegel betrachtet dabei den Geist „formell“, d.h. als ein reales Phänomen, das über ein Wesen verfügt, und gibt nicht mehr die spekulativ begreifende, sondern eine „formelle[] Bestimmung“ desselben an (§ 382). Dass aber diese formelle Betrachtung der systemimmanenten nicht konkurriert, gibt das Adverb ‚deswegen‘ zu verstehen, das bereits im ersten Satz von § 382 die anstehenden Überlegungen entscheidend an die vorangegangenen anknüpft. In diesem Sinne geht Hegels Intention bei der unbefangenen Erklärung des Geistes dahin, die Alltagskategorien, die gewöhnlich auf den Geist angewendet werden, zur systemimmanenten Erklärung desselben, zur Idee und zum Begriff zu erziehen. Insofern man also den Geist „formell“ betrachtet und so seinen Unterschied zur Natur aufzufassen versucht, nimmt man gewöhnlich ein „Wesen“ an, das nicht nur von der Natur überhaupt, sondern auch vom „Dasein“ des Geistes
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selbst verschieden ist, welches das eigene Naturelement des Geistes bildet (ebd.). Ein solches Wesen wird alsdann „Freiheit“ genannt (ebd.). Hegel kann diese unbefangene Zuschreibung der Freiheit zum Geist deshalb als eine zusätzliche und als Erklärung des Geistes, die mit der systemimmanenten vereinbar ist, vornehmen, weil er zuvor den Begriff als „das Freie“ (§ 160) und die Begriffslogik, die in sich nicht nur den Begriff selbst, sondern auch die Idee einschließt, als „das Reich der Freiheit“ exponiert hat (BL: 15,35). Und tatsächlich präzisiert er die Freiheit im jetzigen Paragrafen im Anschluss an das Vorangegangene als „die absolute Negativität des Begriffes als Identität mit sich“ (§ 382). Über Hegels Verständnis von Freiheit wäre einiges zu sagen. 341 Dem Zweck einer bloßen Einleitung in die Geistphilosophie, die ihrerseits lediglich die Untersuchung der Logik vorbereiten soll, dient es aber am meisten, für das Verständnis von Freiheit wieder auf die vorläufige Erläuterung des Ausdrucks ‚absolute Negativität‘ zurückzugreifen. Freiheit bedeutet in diesem Sinne den Prozess des Negierens (überhaupt), der nicht in etwas anderes übergeht, sondern in sich selbst resultiert bzw. mit sich selbst identisch bleibt. Demnach muss der Geist, insofern er sich einerseits in der Natur befindet, andererseits nur wesentlich für frei gehalten wird, als die Möglichkeit verstanden werden, diesen Prozess auszuführen, nämlich einerseits „von allem Äußerlichen“ und andererseits von „seiner eigenen Äußerlichkeit, seinem Dasein selbst“ so zu „abstrahieren“, dass er „affirmativ sich [erhält] und identisch für sich [ist]“ (ebd.). Dabei muss betont werden, dass das Wesen des Geistes, da es in diesem Abstrahieren von allem Äußerlichen sowie von der eigenen Äußerlichkeit des Geistes besteht, sich ausdrücklich auf alle Eigenschaften und Tätigkeiten überhaupt erstreckt, die von der Alltagserfahrung her dem Geist zugeschrieben werden, d.h. nicht nur auf alle mentalen, sondern auch auf alle physischen und nicht nur auf alle theoretischen, sondern auch auf alle praktischen.342
341 Vgl. Hans Friedrich Fulda, „Freiheit als Vermögen der Kausalität und als Weise, bei sich selbst zu sein“, in: Thomas Grethlein/Heinrich Leitner (Hgg.), Inmitten der Zeit. Beiträge zur europäischen Gegenwartsphilosophie, Festschrift für Manfred Riedel, Würzburg 1996, 55–61; ders., G.W.F. Hegel, München 2003, 168f. 342 Zu Recht weist W. Jaeschke auf „Selbstbezüglichkeit und Selbstproduktion“ als „zwei Charakteristika des Geistbegriffs“ hin (Walter Jaeschke, Hegel-Handbuch. Leben – Werk – Schule. 2. Aufl., Stuttgart 2010, 352), welche nach Ansicht des vorliegenden Buches im Ausdruck ‚absolute Negativität‘ qua in sich vollständiger Negationsprozess enthalten sind. Indem aber im Mittelpunkt von Jaeschkes Interpretation der §§ 381–384 die „Struktur der Identität von Wissendem und Gewußtem“ steht, zeigt sich die Tendenz, nicht nur diese zwei Charakteristika, sondern auch die wesentliche Freiheit des Geistes auf dessen mentale Akte zu reduzieren (a.a.O. 351). So lokalisiert Jaeschke „die gegenüber dem natürlichen Sein prinzipiell unterschiedene Struktur des Geistes“ darin, dass „‚Erkenntnis des Geistes‘ […] stets als genitivus subiectivus et objectivus zu lesen“ ist. „Deshalb ist Geist, der auf Geistiges gerichtet ist, bei sich und somit frei – und Hegel bestimmt deswegen das ‚Wesen des Geistes‘ als ‚die Freiheit, die absolute Negativität des Begriffes als Identität mit sich‘.“ (ebd.)
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Eine unbefangene Erklärung des Geistes, die von der Freiheit als dem Wesen des Geistes ausgeht, selbst wenn sie dieses Wesen ausnahmslos allen phänomenalen Eigenschaften und Tätigkeiten des Geistes zugrunde legt, kann jedoch auch dazu führen, die Freiheit so zu verstehen, dass sie nichts weiter als das Wesen des Geistes ausmacht und eine Diskrepanz zum Dasein des Geistes anzunehmen. Dieses einseitige Verständnis vom geistigen Wesen weist Hegel aber unter Berufung auf die Begriffslogik – genauer: auf die Dialektik der Begriffsmomente ‚Allgemeinheit‘ und ‚Besonderheit‘ – zurück (§ 383). Ein aufwendiger Exkurs über jene Dialektik kann an dieser Stelle vermieden werden durch den erneuten Rekurs auf die absolute Negativität im Sinne des Negationsprozesses, der nicht in etwas anderes übergeht, sondern sich selbst als Resultat ergibt und so mit sich selbst identisch bleibt. Wenn das Wesen des Geistes tatsächlich in diesem Prozess liegt, dann sind das Dasein und das Äußerliche, die dem geistigen Wesen zukommen, nicht als von ihm verschieden und mit ihm bloß zufällig verbunden zu verstehen, sondern als die Ausführung dieses Prozesses selbst. Das Dasein, das der Freiheit zukommt, ist „nicht irgend eine Bestimmtheit oder Inhalt, dessen Äußerung und Äußerlichkeit nur davon unterschiedene Form wäre“ (ebd.), sondern das tatsächliche Realisieren und Sich-Erhalten der Freiheit in der Natur, also die Umsetzung der Freiheit in die Natur, die notwendigerweise zur Freiheit gehört und ohne welche die Freiheit eine für den Geist selbst irrelevante Abstraktion wäre. Wenn dabei das Alltagsdenken nicht auf den kategorialen Unterschied zwischen Wesen und Dasein oder Inhalt und Form verzichten kann, so müssen das Dasein und die Form der Freiheit mindestens im Sinne von „Manifestation“ und „Offenbaren“ korrigiert werden (ebd.). ‚Manifestation‘ und ‚Offenbarung‘ bedeuten in der Wesenslogik nicht nur den Schein, der an sich nichtig ist; und auch nicht die bloße Erscheinung, die nur zufälligerweise und nur bedingt das Wesen zum Vorschein bringt. Vielmehr sind die Manifestation und die Offenbarung „Wirklichkeit“, d.h. die reale und unverborgene Präsenz des Wesens selbst (ebd., vgl. WL: 243,22–28). In diesem Sinne stellen das Dasein und die Form des Geistes bzw. alle Eigenschaften oder Tätigkeiten, die die Alltagssprache ‚geistig‘ nennt und dem Geist zuschreibt, die Manifestation bzw. Offenbarung und die Wirklichkeit des Geistes dar. So fällt das Wesen des Geistes, d.h. die „Möglichkeit“, als absolute Negativität von allem Äußerlichen zu abstrahieren, mit dem Dasein, d.h. mit der „Wirklichkeit“ des Geistes zusammen: Der Geist ist nichts anderes als das wirkliche Zeigen seiner selbst, die Realisierung oder das Umsetzten seiner selbst in die Natur. Zweifelsohne bringen dabei etwa die theoretische und praktische Tätigkeit des Geistes verschiedene einzelne wirkliche Daseiende und Formen hervor, die mannigfaltige Bestimmtheiten aufweisen. Gleichwohl ist es richtig zu bemerken, dass der Geist „nicht Etwas offenbart“, nämlich etwas, das entweder nicht der Geist selbst oder nur ein Teil von ihm ist, „sondern seine Bestimmtheit und
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Inhalt ist dieses Offenbaren selbst“ (§ 383). Denn das, was solche geistige Tätigkeit insgesamt offenlegt, ist der Prozess der Abstraktion und Negation von allem Äußerlichen und Dasein, der trotz aller einzelnen Bestimmtheiten und Negationen stets mit sich selbst identisch bleibt. Dieser real und offenbar stattfindende Prozess schließt alle einzelnen Wirklichkeiten in sich ein, sodass er weiter als die „absolute“ Wirklichkeit bezeichnet werden kann, die sogar in dem Sinne „unmittelbar unendlich[]“ ist (ebd.), dass der Geist seinem Wesen nach den Prozess des Negierens bzw. des Endlich-Machens und Über-das-Endliche-Hinausgehens in Bezug auf alles Unmittelbare bildet. Wenn der unbefangene Leser, ausgehend von der Trennung zwischen Wesen qua Freiheit und Dasein, all diese in §§ 382f. angedeuteten Gedanken akzeptiert hat und bei der „unmittelbar unendlichen, absoluten Wirklichkeit“ des Geistes angekommen ist, dann erschließt sich ihm eine gewisse Perspektive auf das System spekulativer Philosophie, die Hegel in den äußerst komprimierten Sätzen von § 384 skizziert. Zwar handelt es sich dabei nicht um die enzyklopädische Sequenz ‚Logik-Natur-Geist‘ und im Speziellen nicht um den Geist „als die zu ihrem Fürsichsein gelangte Idee“, was das Thema von § 381 war. Die Perspektive fasst aber die „absolute Wirklichkeit“ des Geistes als Teil eines übergreifenden und in sich vollständigen Zusammenhangs auf, was den Zugang zur Geistphilosophie als zu einer Teildisziplin der spekulativen Philosophie vorbereitet. Wie sich dabei das System spekulativer Philosophie dem unbefangenen Leser zeigt, hängt mit der Bedeutung von ‚Manifestation‘ bzw. ‚Offenbaren‘ zusammen, und näher mit der Unmittelbarkeit in Bezug auf dasselbe. Beginnend mit dem bereits Bekannten – was wohlgemerkt der systematischen Reihenfolge von § 384 nach an zweiter Stelle erwähnt wird – ist das Offenbaren das „des Geistes, der“, wie das unbefangene Verständnis desselben eingangs angenommen hat, seinem Wesen nach „frei ist“. Dieses Offenbaren geschieht nicht etwa ‚im Vakuum‘, sondern es bedeutet, wie gesehen, die Ausführung des Negationsprozesses des Geistes bzw. die durch theoretische oder praktische Tätigkeit des Geistes sich vollziehende Umsetzung seiner selbst in die Realität. Mit den Worten von § 384 bedeutet also dieses Offenbaren das „Setzen der Natur als seiner [des Geistes] Welt; ein Setzen, das als Reflexion zugleich Voraussetzen der Welt als selbständiger Natur ist“. Nicht nur speist sich hier das Offenbaren aus der unmittelbar vorgefundenen Natur, d.h., es ist durch sie bedingt; sondern es besteht auch in der Transformation dieser Natur, d.h., es ist stets auf sie angewiesen. In diesem Sinne ist der Geist „absolute Wirklichkeit“ nur im Hinblick auf die durch ihn gesetzte Natur bzw. auf „seine Welt“, denn diese befindet sich unmittelbar in der Natur oder an zahlreichen Naturgegenständen. Was ist aber die Natur aus der Sicht des Geistes? Auch die Natur – zumindest die Natur im antiken, jedenfalls vordarwinistischen Sinne – lässt sich ähnlich wie der Geist als ein Prozess des Negierens von Äußerlichkeiten auffassen, der stets mit sich identisch bleibt. Auch die
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Natur bleibt Natur und erhält sich, indem sie alles Äußerliche an ihr bzw. alles Natürliche negiert, indem sie etwa alles Organische und Unorganische entstehen und vergehen lässt. In diesem Sinne stellt sie wie der Geist ein Offenbaren dar. Anders aber als der Geist wird der Natur kein freies Wesen als Referenzpunkt dieses Offenbarens zugeschrieben. Obwohl nämlich der Negationsprozess in der Natur gleich wirklich und offenbar wie beim Geist ist, ist er nur unmittelbar präsent und entbehrt der Tiefe des Wesens, die der Geist aufweist. So lässt sich die Natur zwar als ein Offenbaren bezeichnen, aber als ein eindimensionales und oberflächliches, das letzten Endes „unmittelbarer Übergang“, bloßes „Werden“ ist (ebd.). Das dritte und letzte Offenbaren besteht hingegen in der Aufhebung der Unmittelbarkeit. Hegel grenzt dieses Offenbaren von der Natur als solcher sowie vom Setzen und Voraussetzen derselben durch den Geist ab, indem er es als das „Erschaffen“ derselben bezeichnet. ‚Erschaffen‘ ist ein theologisch konnotierter Ausdruck, der dem unbefangenen Leser die Vorstellung eines göttlichen Geistes nahelegt. Doch scheint Hegel den Akzent entschieden zu verschieben. Einerseits spricht er nämlich nicht vom Erschaffen der Natur überhaupt, etwa im Sinne einer creatio ex nihilo, sondern von einem „Erschaffen derselben als seines [des Geistes] Seins“, was auch eine parallel zur herkömmlichen Natur stattfindende Erschaffung bedeuten kann. Zugleich deutet Hegel mit der Auffassung, dass der Geist in der als seinem Sein erschaffenen Natur „die Affirmation und Wahrheit seiner Freiheit sich gibt“, eine Instrumentalisierung der Natur an, die ebenfalls der traditionellen Vorstellung eines allmächtigen Gottes widerspricht.343 Andererseits schlägt Hegel den Bogen zurück zu § 381 und akzentuiert dieses letzte vom Standpunkt des unbefangenen Lesers erkennbare Offenbaren als das „Offenbaren im Begriffe“ (ebd.). Worin es aus systemimmanenter Sicht besteht und ob damit die Logik, der absolute Geist oder die Logik als „Darstellung Gottes“ nach der populären Stelle von SL: 34,9 gemeint ist, soll vorerst offenbleiben. Aus dem bisher Gesagten lässt sich aber dieses Offenbaren zunächst terminologisch möglichst neutral verstehen, und zwar als die Ausführung des Negationsprozesses im Begriff oder als die Umsetzung der Freiheit (nicht mehr in die Natur, sondern) in den Begriff, was in einem begrifflichen Kosmos bzw. in eine begriffliche Manifestation und Wirklichkeit des Geistes mündet.
343 Auf diese Formulierung stützt sich eine Reihe von Interpreten, die den gesamten enzyklopädischen Verlauf als die Realisierung Gottes verstehen und auf den Pantheismus-Vorwurf schließen. Vgl. z.B. Ferdinand Christian Baur, Die christliche Lehre von der Dreieinigkeit und Menschwerdung Gottes in ihrer geschichtlichen Entwicklung, Tübingen 1843, 913; Schelling, Geschichte der neueren Philosophie, 154ff.; ders., Philosophie der Offenbarung, 91f.; Franz Anton Staudenmaier, Darstellung und Kritik des Hegelschen Systems. Aus dem Standpunkte der christlichen Philosophie, Unveränderter Nachdruck Mainz 1844, Frankfurt a. M. 1966, 852f.
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Zusammengefasst lassen sich die drei Offenbarungen, die ein konsequent gedachter unbefangener Begriff des Geistes bereits enthält, in einer Sukzession allmählicher Aufhebung der Unmittelbarkeit auffassen. Diese Sukzession beginnt – nun in Übereinstimmung mit der Reihenfolge, die § 384 tatsächlich andeutet – mit der Natur, dem Negationsprozess als bloßer Unmittelbarkeit, geht in den Geist über, der diesen Prozess in Bezug auf die Unmittelbarkeit realisiert, und endet mit dem Begriff, in welchem die Unmittelbarkeit und die Natur nur als das eigene Sein des Geistes vorhanden sind und die Ausführung des Negationsprozesses keine Einschränkung, sondern nur die „Affirmation und Wahrheit“ desselben bzw. der Freiheit des Geistes bedeutet. Hiermit schlägt Hegel in doppelter Weise den Bogen zurück zum ersten Paragrafen über den Begriff des Geistes. Zum einen stellt er erneut den Begriff in den Mittelpunkt des systematischen Interesses für den Geist. Zum anderen deutet er den substantiellen Zusammenhang des Geistes mit den anderen Teilen des enzyklopädischen Systems an. Zu Letzterem ist festzuhalten, dass die hier angedeutete Sequenz (Natur, Geist, Logik) nicht nur von der enzyklopädischen abweicht, sondern die gleiche Problematik wie der zweite Schluss am Ende der Enzyklopädie (vgl. § 576) aufweist, aber erst an jener Stelle endgültig gelöst werden kann (vgl. §§ 575–577).344 Das Erstere verstärkt darüber hinaus die bereits anhand von § 381 vertretene Ansicht, dass der Geist nicht ausreichend bestimmt werden kann, bevor die Logik, und zwar der Begriff zu Beginn der Begriffslogik, ausführlich interpretiert wird. Beides hat weitreichende Konsequenzen für die Untersuchung philosophischer Theologie, die nun eigens kurz zu skizzieren sind. ii. Der Begriff des Geistes und die Suche nach philosophischer Theologie Der Begriff des Geistes wurde für die Suche nach philosophischer Theologie bei Hegel als Ausgangspunkt bestimmt in der Hoffnung, dass er Auskunft über die Philosophie des absoluten Geistes, und somit indirekt über die Logik geben würde. Stattdessen haben alle vier Paragrafen über den Begriff des Geistes auf die Logik und im Speziellen auf die Begriffslogik verwiesen, sodass es umgekehrt die Logik ist, in welcher nach Auskunft über die Grundlagen nicht nur der Untersuchung philosophischer Theologie überhaupt, sondern auch der Geistphilosophie gesucht werden muss. Denn beide oben berücksichtigten Zur Problematik der drei Schlüsse am Ende der Enzyklopädie – allerdings ohne die Verbindung mit dem Begriff des Geistes und § 384 – vgl. Reinhard Heede, Die göttliche Idee und ihre Erscheinung in der Religion. Untersuchungen zum Verhältnis von Logik und Religionsphilosophie bei Hegel, Münster/Westfalen 1972, 280f.; Walter Jaeschke, „Die geoffenbarte Religion“, in: Herbert Schnädelbach, Hegels „Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften“ (1830). Ein Kommentar zum Systemgrundriß, Frankfurt a. M. 2000, 484; ders., Hegel-Handbuch. Leben – Werk – Schule. 2. Aufl., Stuttgart 2010, 270f. 344
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Strategien, sowohl die systemimmanente als auch die unbefangene Erklärung des Geistes, bleiben ohne das detaillierte Studium der Begriffslogik bis zu einem gewissen Grad unverständlich, wenn nicht sogar kryptisch. Dennoch ist der aus der Analyse des Begriffs des Geistes erzielte Gewinn für die Suche nach philosophischer Theologie nicht gering. Die Analyse ergab nämlich, dass die philosophische Theologie weder das Fundament noch das Hauptanliegen der hegelschen Geistphilosophie bildet. Selbst wenn (philosophische) Theologie in der hegelschen Geistphilosophie enthalten ist – was sich kaum bestreiten lässt –, stellt sie keine Grundbestimmung dieser philosophischen Disziplin dar, die programmatisch mit dem Begriff ihres Gegenstands erwähnt werden sollte. Gott oder das Absolute wurden im Haupttext des Begriffs des Geistes – explizit zumindest – nicht thematisiert, sodass die daran anschließende Geistphilosophie prinzipiell gleichermaßen alle Gestalten des Geistes, d.h. nicht nur alle menschlichen Gestalten, sondern auch allen göttlichen Geist betrifft. Die hegelsche Geistphilosophie ist so konzipiert, dass sie das Theismus-Atheismus-Dilemma und alle theologische Thematik zumindest eingangs umgeht. Sollte in ihr die Trennung zwischen Mensch und Gott eine Rolle spielen, oder sollte sie sich sogar nur für den Menschen oder nur für Gott entscheiden, so muss diese Trennung erst einmal exponiert und als eine beständige erwiesen werden. Anders gewendet: Sollte zu Hegels Geistphilosophie auch die theologische Thematik gehören, und sollte diese Philosophie einen theologischen Beitrag leisten, so gilt es zunächst die Stelle zu finden und zu bewerten, wo dies geschieht, denn solche Thematik scheint für den Begriff des Geistes nicht konstitutiv zu sein. Wenn aber häufig in der Diskussion auf die Anmerkung zu § 384 und auf die dort registrierte „höchste Definition des Absoluten“ rekurriert wird 345, das Absolute sei der Geist, so muss hier vorläufig zunächst auf den Anmerkungscharakter dieser Definition hingewiesen werden346: Sicherlich verrät diese Definition eine Affinität zwischen dem Absoluten und dem Geist, eine solche aber, die sich zum großen Teil aus der Vorstellung als Vorstellung speist und deshalb nicht in den Haupttext der Enzyklopädie einzugliedern ist, der strikt begrifflich vorangeht und in dem die eigentliche spekulativ-philosophische Gedankenbildung stattfindet. Eine vorstellungshafte Affinität zwischen Absolutem und Geist zum Ausgangspunkt der Interpretation des begrifflichen Verlaufs der Enzyklopädie zu machen, wäre eine fatale Verwechslung, auf welche nicht zuletzt die diese Definition enthaltende Anmerkung selbst hinweist, die
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Vgl. z.B. Georg Andreas Gabler, Die Hegelsche Philosophie. Beiträge zu ihrer richtigen Beurtheilung und Würdigung. Erstes Heft, Berlin 1843, 148ff.; Herbert Huber, „‚Das Absolute ist der Geist‘“. in: Friedrich Wilhelm Graf/Falk Wagner (Hgg.), Die Flucht in den Begriff. Materialien zu Hegels Religionsphilosophie, Stuttgart 1982, 228–246. 346 Mehr dazu vgl. unten I.C.4., II.B.3., III.D.3.
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auffordert, das Absolute bzw. Gott, „in seinem Elemente, dem Begriffe, zu fassen“ (§ 384 A). Darüber hinaus muss ernst genommen werden, dass diese Definition am Begriff des Geistes anknüpft und der ganzen Geistphilosophie vorausgeschickt wird. Sie betrifft nämlich den ganzen Geist, zu welchem auch der endliche gehört, wie gleich bei der Entwicklung des Geistes zu zeigen ist. Eine pauschale Gleichsetzung des Geistes mit dem Absoluten ist demnach wenig erhellend. Die wichtigste Pointe dieser Definition ist es aber, dass sie als solche nicht bloß wenig erhellend, sondern völlig unverständlich ist. Sinn ergibt sie nur, sofern unter dem Definiens ‚Geist‘ der soeben skizzierte Begriff des Geistes verstanden wird. Doch weist der Begriff des Geistes seinerseits über den Geist hinaus nämlich auf den Begriff, die Idee, die absolute Negativität und die Freiheit, verweist also auf die Logik, und zwar auf die Begriffslogik. Also liefert die „höchste Definition des Absoluten“ keinen festen Ausgangpunkt für die Untersuchung philosophischer Theologie überhaupt, vielmehr unterstreicht sie die Notwendigkeit einer Untersuchung der Begriffslogik angesichts der philosophisch-theologischen Fragestellung. Anders nämlich als der Anschein, den die Form der Definition erweckt, besteht der Sinn dieser die Geistphilosophie einleitenden Definition in der Aufforderung, den Anfang der Suche nach philosophischer Theologie nicht in der Geistphilosophie selbst, sondern in der Logik zu machen. 2. Die Entwicklung des Geistes i. Endlicher und unendlicher Geist Der Begriff des Geistes ließ eine gewisse Spannung zwischen Geist und unmittelbarer Realität erkennen: Die systemimmanente Erklärung des Geistes fasste ihn als das „Zurückkommen“ des mit sich identischen Begriffs „aus der Natur“ auf, während die unbefangene Erklärung auf das Abstrahieren „von allem Äußerlichen und seiner eigenen Äußerlichkeit“ bzw. auf die „Negation seiner individuellen Unmittelbarkeit“ hingewiesen hat. Diese Spannung macht den zu überwindenden Ausgangspunkt der Geistphilosophie bzw. der begrifflichen Entwicklung des Geistes aus, eine Spannung, die Hegel sogar als die „Endlichkeit“ des Geistes pointiert (§ 386). ‚Endlichkeit‘ bedeutet im Kontext der Ideenlehre die „Unangemessenheit des Begriffs und der Realität“ und hat im Kontext der Geistphilosophie die zusätzliche „Bestimmung“, dass diese Unangemessenheit als „das Scheinen innerhalb [des Geistes] ist“ (ebd.). Der Geist ist nämlich im Wesentlichen der Prozess der absoluten Negativität, der sich real ausführt und in der Natur allein sich selbst zum Resultat hat. Daher muss seine Endlichkeit nicht als etwas Festes, sondern als der „Schein“ verstanden werden, welchen „an sich der Geist sich als eine Schranke setzt, um durch Aufheben derselben für sich die Freiheit als sein Wesen zu haben und zu wissen, d. i. manifestiert zu sein“ (ebd.). Die Unangemessenheit zwischen Begriff des
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Geistes und unmittelbarer Realität ist in diesem Sinne die von Geist selbst gesetzte, nichtige Bedingung, die lediglich der Selbstausführung des Geistes dient und nur um des Geistes willen da ist. Dies hätte bereits beim Begriff des Geistes angemerkt werden können. Die begriffliche Entwicklung des Geistes aber, die in der ausstehenden Geistphilosophie stattfindet und sich von der bloßen Feststellung des Begriffs des Geistes unterscheidet, besteht vielmehr darin, zwischen „verschiedenen Stufen dieser Tätigkeit“ begreifend zu differenzieren (ebd.). Dabei handelt es sich weder um die vielen Manifestationen der Freiheit des Geistes, was den Gegenstand der alltäglichen Erfahrung ausmacht, noch um eine rhapsodische Katalogisierung dieser Manifestationen, wie es etwa die „vormalige Metaphysik“, namentlich die rationalistische Psychologie unternommen hat (vgl. §§ 26–36), sondern um die spekulativ-begreifende Entfaltung der Bestimmungen, die im Begriff des Geistes impliziert sind. Weist nämlich der Begriff des Geistes prinzipiell auf viele Weisen von Begriff-Realität- bzw. Wesen-Dasein-Identitäten hin oder von vielen Manifestationen auf, die alle (praktischen und theoretischen) Tätigkeiten des Geistes umfassen, so ist von der hegelschen, spekulativen Geistphilosophie die begreifende Systematisierung solcher Weisen und Manifestationen in „Stufen“ von Unangemessenheit bzw. Angemessenheit des Begriffs und der Realität zu erwarten. Von der Methode solcher Systematisierung darf an dieser Stelle nur vermutet werden, dass sie das begreifende Denken ist. Worin jedoch dieses begreifende Denken konkret besteht, kann nicht hinreichend erklärt werden, bevor die Begriffslogik, und zwar insbesondere deren Anfang, eigens thematisiert ist. In diesem Sinne verweist auch die Entwicklung des Geistes neben dem Begriff des Geistes auf den Begriff als solchen. Das Ziel, das die ausstehende Entwicklung des Geistes darüber hinaus verfolgt, ist es, eine Hierarchie von Formen des Geistes festzulegen, die die Unangemessenheit von Begriff und Realität, Wesen und Dasein, Freiheit als Möglichkeit und als Wirklichkeit graduell mindert. Das letzte Desiderat dieser Entwicklung ist es, diese Unangemessenheit vollständig abzubauen und eine letzte Form des Geistes zu finden, die unendlich und demnach besonders wichtig für die Untersuchung philosophischer Theologie ist. Näher betrachtet besteht die begriffliche Entwicklung des Geistes bzw. die Geistphilosophie aus den drei folgenden Stufen, deren erste zwei für den endlichen und die dritte für den unendlichen Geist stehen: den subjektiven, den objektiven und den absoluten Geist. Was zunächst den subjektiven Geist betrifft, so apostrophiert Hegel diesen als den Geist, der „in der Form der Beziehung auf sich selbst ist“ (§ 385). Damit ist nicht nur der einzelne Mensch gemeint, sondern der Geist überhaupt, wie er ausschließlich sich selbst aufnimmt und eruiert, d.h., ohne die außer ihm liegende Realität bzw. Natur sowie den solcher Realität zukommenden Begriff einzubeziehen. Die Philosophie des subjektiven Geistes thematisiert den Geist, insofern er sich „innerhalb seiner“
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befindet und seine Tätigkeit lediglich darin besteht, „die ideelle Totalität der Idee“ in ihm zu entfalten (ebd.): Zum einen ist seine Grenze, die ihn von allem Äußeren und nicht zur Begriff-Realität-Identität Gehörenden trennen und ihn etwa zu einem Individuum bestimmen würde, irrelevant. Zum anderen beschäftigt er sich ausschließlich mit der in ihm wesentlich vorhandenen Identität von Begriff und Realität und entwickelt sie zu der Totalität seiner eigenen Bestimmungen, zunächst abstrahierend von allem, was nicht er selbst ist. Anders gewendet: Zum einen ist sein „Sein“ auf dieser ersten begrifflichen Entwicklungsstufe nur dies, „bei sich, d. i. frei zu sein“, von allem Äußeren zu abstrahieren und sich lediglich auf sich selbst, sein Wesen und seinen Begriff zu konzentrieren. Zum anderen liegt seine Tätigkeit allein darin, „das, was sein Begriff ist, für ihn“ werden zu lassen (ebd.). So handelt es sich beim subjektiven Geist um das „Vorfinden einer Welt als einer vorausgesetzten“ (§ 386), d.h. um die Betrachtung der inneren Welt oder der inneren Konstitution des Geistes, sofern sie vom Begriff des Geistes vorgegeben ist und sich noch nicht mit außer-geistiger Realität auseinandergesetzt hat. Zu dieser Form des (subjektiven) Geistes gehören etwa die Ausführungen über die natürliche, fühlende und wirkliche Seele – die nicht nur einzelne Individuen, sondern auch Kollektive charakterisieren und fachwissenschaftlich als Disziplinen der Ethnologie oder Völkerpsychologie verstanden werden können – sowie die über das Bewusstsein als solches und das Selbstbewusstsein. Die Unangemessenheit von Begriff und Realität beim subjektiven Geist liegt darin, dass nicht Begriff und Realität überhaupt, nicht Freiheit und Natur überhaupt berücksichtigt werden, sondern dieselben, wie sie lediglich im Geist vorhanden sind: Der Begriff überhaupt scheint dabei in die unmittelbaren Grenzen des Geistes eingeschränkt zu sein und sich nicht über die gesamte Realität zu erstrecken, bzw. nur den Begriff des Geistes auszumachen. Deshalb hat auf den subjektiven der objektive Geist zu folgen, der nicht auf die begriffliche Eruierung nur der Intersubjektivität und der menschlichen Institutionen zu reduzieren ist, sondern diejenige begriffliche Entwicklungsstufe des Geistes ausmacht, welche die Grenze des (intersubjektiven wie einzelnen) Geistes nach außen ausdrücklich berücksichtigt, und somit den endlichen Geist „in der Form der Realität als einer von ihm hervorzubringenden und hervorgebrachten Welt“ betrachtet (§ 385). Der subjektive Geist war zwar bereits real und durfte nicht etwa mit der rein logischen Einheit von Begriff und Realität verwechselt werden, die in der Wissenschaft der Logik abgehandelt wird, sodass er noch bei sich und innerhalb seiner war. Beim objektiven Geist ist es aber dieselbe innere Konstitution, die sich erneut in die Realität umsetzt: der Geist, der als Geist aus sich heraus in die Natur tritt. Dabei handelt es sich um kein bloßes „Vorfinden einer Welt“ mehr, sondern um „das Erzeugen derselben als eines von [dem Geist] Gesetzten“ (§ 386). Das Wesen des Geistes oder die Freiheit, deren Beschaffenheit bereits erkannt worden ist, werden nun objektiviert und „als vorhandene Notwendigkeit“ genommen (§ 385). So zählt Hegel
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zum objektiven Geist all diejenigen Formen des Geistes, bei denen es darum geht, den Geist mit der explizit als nicht geistig erkannten Realität aktiv zu verbinden. Solche Formen sind nicht nur intersubjektive Institutionen wie die Familie, die bürgerliche Gesellschaft und der Staat, und auch nicht nur Aspekte des positiven Rechts wie etwa das Eigentum und der Vertrag, sondern auch etwas intim Individuelles wie die Moralität überhaupt. Die Endlichkeit des objektiven Geistes liegt jedoch in der starken Akzentuierung der Grenze zwischen ihm selbst und aller übrigen Realität bzw. dem dieser Realität entsprechenden Begriff, sodass sowohl der objektive Geist als auch die übrige Realität und der Begriff überhaupt als endliche gegeneinander erscheinen und gemeinsam eine Konkurrenzbeziehung bilden. Der Geist ist dabei auf die außer ihm liegenden Natur und den Begriff derselben angewiesen, sodass die Realisierung seiner Freiheit bzw. seines Begriffs in den unendlichen Progress der Assimilation der Natur verwickelt ist. Der absolute Geist, die Form des Geistes, die als unendlich bezeichnet werden kann, soll schließlich die „Wahrheit“ des Geistes darstellen, indem sie die „Einheit der Objektivität des Geistes und seiner Idealität oder seines Begriffs“ bildet (§ 385), d.h. die Einheit aus jener Identität von Begriff und Realität, die sich in die Natur umgesetzt hat, und derselben Identität als in sich selbst befindlicher – kurzum: die Einheit des objektiven und subjektiven Geistes. Weiter noch soll der absolute Geist in dem Sinne die „absolute[]“ Wahrheit des Geistes sein, dass er dieselbe Einheit als eine „an und für sich seiende[] und ewig sich hervorbringende[]“ darstellt: Einerseits soll sie die beständige und gediegene Einheit der zwei endlichen Entwicklungsstufen des Geistes bilden. Andererseits soll sie nicht als statisch und starr (aber auch nicht bloß als eine in Anderes übergehende), sondern als stets allein sich selbst aktualisierende verstanden werden. Zwar erweckt dabei das Adjektiv ‚ewig‘ die religiöse Impression eines theistisch konzipierten Wesens. Gleichwohl ist es an dieser Stelle nicht ersichtlich, warum die Einheit von endlichem subjektivem und objektivem Geist zwingend theistisch verstanden werden sollte, sodass hier aufs Neue eine terminologische Ambivalenz Hegels an der Grenze von Theismus und Atheismus registriert werden muss. Wenn der absolute Geist wirklich absolut und unendlich ist, dann darf er keinen bloßen Antipoden zu Natur bilden, und somit, wie der objektive Geist, in einen unendlichen Progress verwickelt sein. Anders als beim subjektiven Geist soll nämlich dabei die Grenze des Geistes nach außen bzw. sein Bezug auf die Natur und deren Begriff berücksichtigt werden. Anders jedoch als beim objektiven Geist darf diese Grenze nicht so stark pointiert und für eine feste bzw. unüberwindbare gehalten werden. Vielmehr hat der absolute Geist die Grenze des Geistes zur Natur bzw. zu Realität und Begriff, die scheinbar nicht geistig sind, in sich aufgehoben, sodass er durch diese aufgehobene Grenze konkret geworden ist. Der absolute Geist muss als diejenige Einheit von subjektivem und objektivem Geist verstanden werden, die auch den Unterschied
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zwischen Geist und Natur substantiell in sich integriert hat: die Einheit von innerer Konstitution des Geistes und all seiner Auseinandersetzung mit der Natur, mithin auch mit der Natur selbst aus der Sicht des Geistes betrachtet. Dabei wird der Begriff überhaupt nicht nur auf die unmittelbare Realität des Geistes reduziert, sondern er erstreckt sich auf die gesamte Realität. Unendlich ist demnach der absolute Geist, insofern er die Grenze seines Begriffs zwischen seiner eigenen Realität und der bloß äußeren Realität alles Nicht-Geistigen negiert und in ihm aufgehoben hat. Die Negation dieser Grenze ist kein bloßes „Vorfinden“ einer innerlichen Welt (subjektiver Geist), aber auch kein bloßes „Erzeugen“ einer Welt und die Objektivierung des Geistes (objektiver Geist), sondern die „Befreiung von“ der Welt, die zugleich „in“ der Welt stattfindet (§ 386): Insofern das Wesen des Geistes in der Freiheit und im Prozess des Negierens des Nicht-Freien bzw. der Natur liegt, kann die Vollendungsform des Geistes als die Befreiung oder Erlösung von allem Nicht-Freien und von bloßer Natur verstanden werden. Insofern aber die Grenze des Geistes nach außen sowie der Unterschied zwischen Geist und Natur für den Geist selbst konstitutiv ist, handelt es sich bei derselben Form des Geistes um keine Auflösung der Natur, sondern um Befreiung des Geistes in der Natur. Zugleich bemerkt § 386, dass der absolute Geist, da er einerseits die beständige und gediegene Einheit von subjektivem und objektivem Geist und andererseits dieselbe Einheit als sich selbst stets aktualisierende ist, einerseits auch als das „Vorfinden“ einer Welt und andererseits auch als das „Erzeugen“ dieser Welt verstanden werden muss. Wie genau ‚Vorfinden‘, ‚Erzeugen‘ und ‚Befreiung‘ in eins gedacht werden können, kann an dieser Stelle nicht hinreichend geklärt werden. § 386 deutet jedoch an – was für die philosophisch-theologische Problematik besonders wichtig ist –, dass dies als das „Wissen“ der absoluten Wahrheit des Geistes möglich ist: Die begreifende Entwicklung des Geistes „reinigt“ sich allmählich vom Schein der Begriffs-Realitäts-Unangemessenheit auf dem Standpunkt des Geistes und kulminiert in derjenigen Art Wissen, in welcher der Geist den Begriff aller Realität überhaupt in sich selbst vorfindet und gemäß seiner eigenen Freiheit als seine Welt erzeugt – was wohlgemerkt dem dritten „Offenbaren im Begriffe“ bzw. dem „Erschaffen“ der Welt als des Seins des Geistes sehr nahe kommt (§ 384). Die ausgesprochene Neutralität eines so aufgefassten ‚absoluten‘ Geistes angesichts der theologischen Problematik zeigt sich nicht nur daran, dass er als ein Erkenntnisakt aufgefasst wird, d.h. weder als ein supranaturalistisches Wesen noch als dessen Leugnung. Zugleich bleibt in dieser Auffassung prinzipiell dahingestellt, ob dieser Erkenntnisakt ein göttlicher ist oder inwiefern er Gott überhaupt als Gegenstand hat. Weiter noch wird diese Neutralität auch durch die Formen des Geistes deutlich, die Hegel zum absoluten Geist zählt: Bei Kunst, Religion und Philosophie macht Gott – wenn überhaupt – nur ein Element unter anderen, etwa neben den einzelnen menschlichen Subjekten, aus; er fällt keineswegs mit der ganzen Kunst, Religion und Philosophie zusammen.
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Die Entwicklung des Geistes, die vom endlichen zum unendlichen Geist führt, lässt sich somit angesichts der theologischen Fragestellung mit der Bemerkung zusammenfassen, dass sie nicht in der Sukzession ‚einzelner Mensch, intersubjektive Institutionen, göttliches Subjekt‘ besteht. Vielmehr handelt es sich dabei um die Identität von Begriff und Realität, welche der Geist per definitionem ist, insofern sie begreifend entwickelt wird angesichts dessen, was scheinbar von dieser Identität unterschieden ist: Subjektiver Geist bedeutet in diesem Sinne die begriffliche Konstitution des Geistes ungeachtet der Natur. Beim objektiven Geist wird die Dynamik der unmittelbaren Auseinandersetzung des Geistes mit der Natur thematisiert. Und vom absoluten Geist ist die begreifende Erklärung der Einheit des subjektiven mit dem objektiven Geist zu erwarten, in welche auch die ganze Natur eingebettet ist. 347 ii. Der Übergang vom objektiven in den absoluten Geist Die genuin hegelsche Bestimmung des absoluten Geistes wird deutlicher vor dem Hintergrund des Übergangs in denselben vom objektiven Geist aus, der in § 552 charakterisiert wird. Der erste Satz dieses Paragrafen nennt den Ausgangspunkt des Übergangs in den absoluten Geist. Das ist die Endlichkeit, die der objektive Geist in seiner höchsten Entwicklungsstufe als Volksgeist bzw. als die Interaktion der Volksgeister in der Weltgeschichte aufweist. Der zweite Satz markiert den unzureichenden Versuch, von einem gegebenen Volksgeist ausgehend den gesamten objektiven Geist zu überschreiten. Schließlich ist es der dritte Satz, worin der eigentliche Übergang vollzogen wird und der Endpunkt der gesamten Geistphilosophie zum ersten Mal in der begrifflichen Entwicklung dieser Disziplin angedeutet wird. So ist es zunächst, d.h. im Hinblick auf den ersten Satz von § 552, für das adäquate Verständnis vom Übergang in den absoluten Geist wichtig klarzustellen, dass der objektive Geist am Ende seiner Entwicklung, seiner Bestimmung zufolge, eine Welt zwar hervorgebracht hat, in welcher seine Freiheit als eine vorhandene Notwendigkeit vollzogen wird. Diese Welt besteht etwa im Rechtssystem, im Staat und in der Gesamtheit der moralischen Regeln, die ein Volk mitkonstituieren. Sie ist gleichwohl in einer bestimmten Zeit und an ei-
347 Ganz in diesem Sinne referiert auch J. Derrida die Sequenz von subjektivem, objektivem und absolutem Geist (vgl. Jacques Derrida, Randgänge der Philosophie, 2. Aufl., Wien 1999, 97). F. P. Krollmann geht hingegen in seiner Untersuchung von Kunst, Religion und Philosophie vom subjektiven Geist als dem „eigene[n] persönliche[n]“ Geist und vom objektiven als dem „gesellschaftliche[n] und geschichtliche[n] Gestaltungsfaktor“ aus, um den absoluten Geist als die „Reflexion über die ontische Welt, ihre Daseinsweisen und deren Wahrheit als ontologische“ zu interpretieren (Fritz-Peter Krollmann, Kunst, Religion, Philosophie. Grundriss der Philosophie des absoluten Geistes im Horizont des Holistischen Idealismus, Essen 2012, 7).
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nem bestimmten Ort hervorgebracht worden, sie ist die Welt dieses Volksgeistes und nicht die Begriffs-Realitäts-Identität überhaupt: ein – in religiös-polemischer Sprache formuliert – bloßes Menschenwerk. Der Unterschied zwischen Volksgeist und Natur, d.h. dessen Einseitigkeit und Endlichkeit in Bezug auf dieselbe, zeigt sich in vieler seiner Aspekte, die sowohl die innere Konstitution desselben als auch dessen äußerliches Dasein betreffen. Zum einen enthält nämlich der Volksgeist „Natur-Notwendigkeit“ in sich, d.h., die Natur ist in ihm als eine selbstständige Komponente vorhanden, die dem Geist ihre eigene Regel auferlegt: Die Freiheit des Volksgeistes orientiert sich an der unmittelbar vorgefundenen Natur und wird qua partikuläre Bedürfnisse und Gesetze realisiert, die nicht allgemein gültig sind. In diesem Sinne ist die „sittliche Substanz“, d.h., das Innere des objektiven Geistes, „eine besondere und beschränkte“ (§ 552), die das Wesen und die Freiheit des Geistes in einer durch Nicht-Geistiges bestimmten Weise darstellt. Zum anderen steht der Volksgeist „in äußerlichem Dasein“, sodass nicht nur seine (objektiv bestehende) Substanz, sondern auch deren „subjektive Seite“ endlich sind: Auch die sittlichen Subjekte, die den einen Volksgeist gemeinsam konstituieren, sind „mit Zufälligkeit behaftet“, haben nur „Bewußtsein ihres Inhaltes als eines zeitlichen Vorhandenen“, also als etwas von ihnen unmittelbar Unterschiedenes und sehen sich in der Pflicht, die von ihnen unterschiedene sittliche Substanz „gegen eine äußerliche Natur und Welt“ durchzusetzen bzw. das Äußere zu assimilieren (ebd.). Im zweiten und dritten Satz von § 552 werden die zwei Schritte beschrieben, die von der Endlichkeit des Volksgeistes zum absoluten Geist führen sollen. Dabei ist es ausgesprochen wichtig anzumerken, dass diese Schritte nicht durch den Volksgeist oder den objektiven Geist als solchen vollzogen werden. Vielmehr ist es der „denkende Geist“, der sich über die Stufe des objektiven Geistes hinausbewegt. Es handelt sich also um die denkerische Tätigkeit des Geistes und um keine weitere unmittelbare Auseinandersetzung mit der Natur oder um eine weitere Assimilation des Geistes mit der Natur. Der voll entwickelte objektive Geist verhält sich nämlich wie der subjektive Geist und bezieht sich denkerisch auf sich bzw. auf seine objektivgeistig realisierte Freiheit. Dasselbe kann sogar umgekehrt formuliert werden: Der Übergang zum absoluten Geist wird von jenem subjektiven Geist vollzogen, der alle Entwicklungsstufen des objektiven durchlaufen hat und sich vermittelst der Realität auf sich selbst bezieht. In beiden Fällen ist diese komplexe denkerische Tätigkeit nicht das Geschäft eines einzelnen Menschen. Denn ‚subjektiver Geist‘ weist, wie gesehen, auf die innere Konstitution des Geistes überhaupt hin, sodass der Übergang in den absoluten Geist auch als ein kollektiver, intersubjektiver und als im Geist überhaupt bereits vollzogener Akt verstanden werden muss. Genauer besehen ist es im zweiten Satz von § 552 nicht der denkende Geist überhaupt, der den Schritt über den objektiven Geist hinaus unternimmt, sondern „der in der Sittlichkeit denkende Geist“. Das ist der subjektive Geist, der
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nicht etwa rein oder in einem Vakuum, sondern auf der Grundlage einer bestimmten Sittlichkeit nachdenkt. Dieses Nachdenken auf der Grundlage der Sittlichkeit und über die Sittlichkeit fällt nicht mit dem sittlichen Handeln zusammen. Vielmehr signalisiert es eine gewisse Ablösung von der Sittlichkeit, nämlich diese, dass der so denkende Geist von der Äußerlichkeit der Sittlichkeit abstrahiert und sich (denkerisch) hin zu ihren Grundlagen bewegt bzw. das Wesentliche der Sittlichkeit in Gedanken rekonstruiert. Solches Erfassen der Sittlichkeit in Gedanken, das die unmittelbare Grenze des objektiven Geistes zur Natur überschreitet, hebt die „Endlichkeit“ in sich auf, die der denkende Geist „als Volksgeist in seinem Staate und dessen zeitlichen Interessen, dem Systeme der Gesetze und der Sitten hat“, und erhebt sich „zum Wissen seiner in seiner Wesentlichkeit“. Das macht einen wichtigen Schritt aus, der zwar die Endlichkeit des objektiven Geistes formell infrage stellt, da er über das Unmittelbare hinausführt. Inhaltlich bleibt aber der so denkende Geist dem unmittelbaren Staat, dessen Gesetzen usw. verpflichtet, indem er die Wesentlichkeit nur eines bestimmten Volksgeistes zum Ausdruck bringt. In diesem Sinne überträgt der „in der Sittlichkeit denkende Geist“ die Endlichkeit des objektiven Geistes auf die Ebene des Denkens, sodass das Wissen, zu welchem er sich erhebt, kein absolutes ist, sondern noch „selbst die immanente Beschränktheit des Volksgeistes hat“. 348 Der Übergang vom objektiven in den absoluten Geist lässt sich jedoch erst im dritten Satz von § 552 durch den „denkende[n] Geist der Weltgeschichte“ vollziehen. Wie der denkende Geist des zweiten Satzes ist auch derjenige der Weltgeschichte ein subjektiver, der von der unmittelbaren Endlichkeit abstrahiert. Anders aber als jener ist dieser nicht an nur einen Volksgeist gebunden, sodass er darin besteht, die „Beschränktheiten der [d.h. aller] besondern Volksgeister“ und somit auch „seine eigene Weltlichkeit“ abzustreifen. Der „den-
Dieser endliche „in der Sittlichkeit denkende Geist“ scheint all denjenigen Interpretationen zugrunde zu liegen, die in Hegels absolutem Geist einen bloß menschlichen, intersubjektiven Geist sehen (vgl. z.B. Franz Anton Staudenmaier, Darstellung und Kritik des Hegelschen Systems. Aus dem Standpunkte der christlichen Philosophie, Unveränderter Nachdruck Mainz 1844, Frankfurt a. M. 1966, 653; Immanuel Hermann Fichte, Beiträge zur Charakteristik der neueren Philosophie, oder kritische Geschichte derselben von Des Cartes und Locke bis auf Hegel, Sulzbach 1841, 865; Karl Barth, Die protestantische Theologie im 19. Jahrhundert. Ihre Vorgeschichte und ihre Geschichte, Zürich 1947, 355; 369; Alexandre Kojève, „Hegel, Marx und das Christentum. Übersetzt von Traugott König“, in: Iring Fetscher, Hegel, eine Vergegenwärtigung seines Denkens. Kommentar zur Phänomenologie des Geistes; mit einem Anhang: Hegel, Marx und das Christentum, Frankfurt a. M. 1975, 277– 298. Adorno, Drei Studien, 76; 32. Jürgen Habermas, Wahrheit und Rechtfertigung. Philosophische Aufsätze, Frankfurt a. M. 1999, 214). Das ist aber noch nicht der absolute Geist im Sinne Hegels, sondern nur der erste Schritt, der den objektiven Geist nur bedingt überschreitet und noch nicht zum absoluten Geist geführt hat. 348
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kende Geist der Weltgeschichte“ erfasst nämlich in Gedanken durch Abstraktion von den diversen sich widersprechenden Zufälligkeiten der verschiedenen Volksgeister die Wesentlichkeit der gesamten Weltgeschichte. Diese Wesentlichkeit akzentuiert Hegel sogar als die eigene „Allgemeinheit“ des Geistes, die deshalb keine bloß abstrakte ist, die dem Geist und der Natur gegenüber als etwas Abstraktes und zu Realisierendes vorgestellt wird, sondern die „konkrete“ Allgemeinheit des Geistes, weil sie mit sich selbst in Raum und Zeit zusammengewachsen ist: Sie ist die Allgemeinheit des Geistes, wie sie sich durch die Weltgeschichte realisiert hat, und somit dieselbe in sich aufgehoben hat. Hiermit ist auch der Übergang in den absoluten Geist bereits vollzogen. Hegel bemerkt in demselben Satz von § 552, dass sich der denkende Geist der Weltgeschichte, der seine „konkrete Allgemeinheit“ erfasst, ipso facto „zum Wissen des absoluten Geistes“ erhebt. Die Erhebung zum Wissen des absoluten Geistes fällt nämlich einerseits mit der Abstraktion von der Äußerlichkeit der verschiedenen Volksgeister zusammen und andererseits mit dem Erfassen in Gedanken ihrer gemeinsamen reinen Wesentlichkeit und Grundlage. 349 Ausgesprochen wichtig ist dabei aber, dass Hegel den absoluten Geist nicht absolut oder selbstständig einführt, sondern ihn in Genitivform, an das Nomen ‚Wissen‘ anhängt. Dass sich der denkende Geist zum Wissen des absoluten Geistes erhebt, ist nachvollziehbar. Was ist das aber für ein Wissen und wie ist das Verhältnis des absoluten Geistes zu demselben beschaffen? Weiter noch: Was ist der absolute Geist selbst, wenn er nicht in Relation zu diesem Wissen aufgefasst wird? Der hier besprochene dritte Satz von § 552 zwingt nicht zu einer Entscheidung zwischen einem Genitivus subiectivus und einem Genitivus obiectivus: Der absolute Geist kann prinzipiell sowohl als das Subjekt als auch als das Objekt dieses Wissens verstanden werden. Außerdem führt Hegel dieses Wissen ohne zusätzliche Argumentation, nämlich als eine Paraphrasierung des Erfassens der konkreten Allgemeinheit vom denkenden Geist der Weltgeschichte ein. In diesem Sinne können in der Formel „Wissen des absoluten Geistes“ der ‚denkende Geist der Weltgeschichte‘ als das Subjekt und die ‚konkrete Allgemeinheit des Geistes‘ als das Objekt ergänzt werden. Der Genitiv ‚des absoluten Geistes‘ ist dann als ein Genitivus definitivus, d.h. als eine Erklärung dieses sehr spezifischen Wissens zu verstehen: ‚Absoluter Geist‘ bezeichnet dasjenige spezifische Wissen des denkenden Geistes der Weltgeschichte, das gereinigt von seiner Beschränktheit und Weltlichkeit ist und ausschließlich seine konkrete Allgemeinheit und Wesentlichkeit zum Gegenstand hat. Er ist weder der denkende Geist der Weltgeschichte selbst – geschweige
349 Unten ist noch „das Moment der Negation, welches in dieser Erhebung enthalten ist“ (§ 50 A) und, wie bereits angedeutet, in der Abstraktion von der Äußerlichkeit und Endlichkeit der unmittelbar seienden Volksgeister besteht, etwas ausführlicher zu thematisieren.
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denn ein bestimmter Volksgeist, die ganze Weltgeschichte oder der Geist überhaupt – noch das Wissen überhaupt oder das Wissen von allerlei Realem, Naturdingen oder Artefakten. Sollte der absolute Geist von diesem Wissen – als dessen Subjekt und Objekt – unterschieden werden, so kann dies in dem Sinne geschehen, dass ‚absoluter Geist‘ der Name für genau denjenigen denkenden Geist der Weltgeschichte ist, der allein sich selbst, und zwar sich in seiner Wesentlichkeit weiß. Das Wissen des absoluten Geistes bzw. den absoluten Geist selbst apostrophiert Hegel des Weiteren – in Übereinstimmung mit § 386 – als die „ewig wirkliche[] Wahrheit“: ‚Wahrheit‘ ist die Adäquatheit von Subjekt und Objekt bzw. die Angemessenheit von Begriff und Realität, die laut § 386 in der Geistphilosophie gefunden werden soll. Insofern der denkende Geist der Weltgeschichte von aller unmittelbaren Grenze des objektiven Geistes abstrahiert hat und da zum objektiven Geist ausdrücklich auch die Natur gehört, lässt sich tatsächlich behaupten, dass die jetzige Wahrheit die Wahrheit nicht nur die des Geistes ist, sondern auch aller Realität und Natur, zu welcher sich der objektive Geist unmittelbar verhält. Diese Wahrheit ist zudem „wirklich“, d.h., sie ist ein Teil der Wirklichkeit überhaupt, was wenig problematisch erscheint, da es um die konkrete Allgemeinheit, den denkenden Geist der Weltgeschichte und um keine von der Realität abgelösten abstrakten Gedanken geht. Als „ewig“ wirklich kann schließlich diese Wahrheit verstanden werden, insofern es diesem denkenden Geist gelingt, durch Erhebung über weltgeschichtliche Zeitlichkeit trotz der mannigfaltigen Wandlung der Weltgeschichte und der zufälligen Äußerlichkeit in derselben beständig zu bleiben und tatsächlich die Wesentlichkeit alles Geistes und aller Natur gedanklich zu erfassen. Hegel geht sogar noch weiter und pointiert, dass „in“ dieser Wahrheit bzw. im Wissen des absoluten Geistes „die wissende Vernunft frei für sich [ist] und die Notwendigkeit, Natur und Geschichte nur seiner [d.h. dieses Wissens] Offenbarung dienend und Gefäße seiner Ehre sind“. Dass dabei die „wissende Vernunft“, d.h. der denkende Geist, „frei für sich“ ist, versteht sich von selbst, wenn Hegels Forderung ernst genommen wird, dass sich der Geist auf der jetzigen Entwicklungsstufe von aller unmittelbaren Einseitigkeit losgelöst hat und nur seine Wesentlichkeit zu seinem Gegenstand gemacht hat. Ähnlich verständlich ist es, dass – vorausgesetzt, dass die konkrete Allgemeinheit des Geistes und aller Natur aufgefasst worden ist – alle „Notwendigkeit, Natur und Geschichte“ der „Offenbarung“ des Geistes im Sinne von § 384 dienen; dass sie also das sich stets aktualisierende und mit seinem Wesen zusammengehörende Dasein des Geistes bilden; und etwa die „Gefäße seiner Ehre sind“, d.h. das Äußere darstellen, das den Geist als ein Inneres enthält. 350 350 Es ist genau dieser Paragraph (§ 552) – und im Anschluss daran die Philosophie des absoluten Geistes – in dem Hegel denjenigen Denkern entscheidend widerspricht, die seinen Idealismus mit einem Pragmatismus gleichsetzen. R. Brandom formuliert beispielsweise
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Nichtsdestoweniger machen diese pointierten Formulierungen Hegels – nicht zuletzt die soeben angesprochene und erst unten näher zu betrachtende deutliche Anspielung auf Römerbrief 9,19–23351 und die theologische Prädestinationsdebatte – an dieser Stelle eine Zumutung für den Leser aus. Und das vorliegende Buch, das von der Logik bzw. dem Begriff und der Idee zunächst abstrahieren musste und sich weder die Frage nach dem Verhältnis von Logik und Realphilosophie gestellt hat noch den Ablauf der Geistphilosophie detailliert überprüfen wollte, kann solche Formulierungen nur als Aufforderungen an den absoluten Geist, jedoch nicht als bewiesene Thesen, akzeptieren. Worin besteht etwa die „Wesentlichkeit“ des denkenden Geistes und wodurch wird gewährleistet, dass sie von all seiner „Weltlichkeit“ gereinigt werden kann bzw. tatsächlich gereinigt ist? Der absolute Geist ist daher vor dem Hintergrund der hier referierten geistphilosophischen Entwicklung und des in § 552 skizzierten Übergangs in den absoluten Geist, einstweilen als die Versicherung zu verstehen, der denkende Geist der Weltgeschichte habe seine Wesentlichkeit entdeckt. Die Philosophie des absoluten Geistes ist alsdann als der denkerische Umgang mit dieser Versicherung zu lesen. Dies wird unten näher thematisiert werden. Zunächst aber soll der Übergang in den absoluten Geist angesichts der theologischen Thematik eigens näher betrachtet werden.
plakativ: „For Hegel all transcendental constitution is social institution.“ Oder: „Spirit as a whole is the recognitive community of all those who have such normative statuses, and all their normatively significant activities. It is, in other words, the topic of the pragmatist’s enquiry: the whole system of social practices of the most inclusive possible community.“ (Robert B. Brandom, Tales of the Mighty Dead. Historical Essays in the Metaphysics of Intentionality, Cambridge [u.a.] 2002, 216; 227.) Der letzte Satz von § 552 ist jedoch darin unmissverständlich, dass es bei Hegel insgesamt und in der hegelschen Geistphilosophie insbesondere um einiges mehr als allein um den endlichen (objektiven) Geist geht. – Was gleich unten als ‚Erhebung des Geistes zu Gott‘ mit besonderer Rücksicht auf das negative Moment beim Übergang vom objektiven in den absoluten Geist pointiert wird, lässt sich als Hegels prinzipieller Einwand gegen den Pragmatismus verstehen: Die konkrete Allgemeinheit des Geistes ist nach Hegel kein bloßes soziales oder historisches Konstrukt. Vielmehr kommt es auf „die Eine und allgemeine Substanz“ an (§ 554), die über ihre eigene Autonomie und Spontaneität verfügt, Natur und Geist gleichermaßen zugrunde liegt und als solche erst in der Wissenschaft der Logik exponiert wird. 351 „So sagest Du zu mir: Was schuldiget er denn uns? Wer kann seinem willen widerstehen? Ja lieber mensch, wer bist Du denn, daß Du mit Gott rechten willst? Spricht auch ein werk zu seinem meister: Warum machst Du mich also? Hat nicht ein töpfer macht, aus Einem klumpen zu machen ein faß zu ehren und das andere zu unehren? Derhalben da Gott wollte zorn erzeigen und kund thun seine Macht, hat er mit großer gedult getragen die gefäße des zorns, die da zugerichtet sind zur verdamniß. Auf daß er kund thäte den reichthum seiner Herrligkeit an den gefäßen der barmhertzigkeit, die er bereitet hat zur herrligkeit.“ (Luther, Martin (Übers.), Die Bibel, oder die ganze Heilige Schrift des alten und neuen Testaments. Nach der deutschen Uebersetzung D. Martin. Luthers, die XCII Auflage, Halle 1789, 189).
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iii. Die Entwicklung des Geistes und die Erhebung zu Gott Wie bereits mehrfach registriert, scheut sich Hegel nicht, seine Worte so zu wählen, dass sie auf eine Nähe zwischen Geistphilosophie und Gottesthematik hinweisen: Er spricht vom „Offenbaren im Begriffe“ und „Erschaffen“ der Natur durch den Geist „als seines Seins“ (§ 384), von der „ewig sich hervorbringende[n] Einheit der Objektivität des Geistes und seiner Idealität“ (§ 385), und von der „absoluten Wahrheit“ des Geistes (§ 386). Solche Andeutungen steuern die theologisch motivierte Lektüre der Geistphilosophie zum absoluten Geist hin und kulminieren im letzten Paragrafen des objektiven Geistes, wo Hegel sogar auf die paulinische Redeweise von ‚Gefäßen zu Ehren‘ anspielt. In der Anmerkung zum selben Paragrafen spricht er schließlich ausdrücklich von „der Erhebung des Geistes zu Gott“ und dem „wahrhaft konkreten Stoff“, der „den Inhalt des Begriffs von Gott ausmacht“, sodass an dieser Stelle, und zwar als Vorbereitung für die Untersuchung des Begriffs des absoluten Geistes, mindestens ein kurzer Kommentar über die Verbindung der Gottesthematik mit der gesamten Entwicklung des Geistes und vorzüglich mit dem Übergang in den absoluten Geist notwendig ist. Wurde bisher auf die Ambivalenz bzw. Neutralität hingewiesen, welche die erwähnten theologischen Referenzen kennzeichnet und sie nicht eindeutig als theistische oder atheistische einordnen lässt, so macht die Anspielung auf Römerbrief 9,20–23 deutlich, dass Hegels Intention dahingeht, seinen philosophisch-theologischen Beitrag nicht nur neutral zu halten, sondern ihm auch eine korrektive Funktion angesichts der theologischen Debatten zuzusprechen. Vertritt etwa Paulus an der genannten Stelle die Ansicht, die Allmacht Gottes gehe so weit, dass sie die Freiheit seiner Geschöpfe, der Menschen, tilgt und dass Gott bereits vor der Erschaffung jedes Menschen entscheidet, welcher „zu Ehren“ bzw. für die Kundgebung „seiner Herrlichkeit“ und welcher „zu Unehren“ bzw. „zur Verdammnis“ prädestiniert ist, so plädiert Hegel dafür, dass alle „Notwendigkeit, Natur und Geschichte“, d.h. alle Gefäße überhaupt, die Ehre des absoluten Geistes enthalten und mit diesem zusammen kundgeben, wenn sie vor dem Hintergrund des oben skizzierten Wissens betrachtet werden. Auf diese Debatte lässt sich hier nicht eingehen, zumal der absolute Geist als solcher noch nicht exponiert worden ist. Es ist jedoch wichtig daran festzuhalten, dass Hegel gleich mit der Einführung des absoluten Geistes eine Korrektur an einer religiösen Vorstellung vornimmt, was andeutet, dass er nicht vorhat, eine herkömmliche religiöse Theologie, die an ein außerphilosophisch vorgegebenes (etwa christliches) Dogma gebunden ist, blindlings weiterzutreiben. Der hegelsche, philosophisch-theologische Ansatz beansprucht bezüglich der diversen theologischen Konzeptionen gerade dadurch besondere Relevanz für sich, dass er von neutralen Prämissen ausgeht. Die Andersheit und Neutralität der Prämisse sowie das Potential des hegelschen philosophisch-theologischen Ansatzes zeigen sich auch in den ersten
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Absätzen der Anmerkung zu § 552, wo Hegel den oben skizzierten Übergang in den absoluten Geist anhand des Stichwortes Erhebung des Geistes zu Gott mit dem Konzept der Gottesbeweise vergleicht. Um diesen Sachverhalt zu verdeutlichen, ist zunächst der Ausgangspunkt und dann der Akt der Erhebung zu erläutern, der zu Gott führen soll, sowie schließlich der Gott selbst als Endpunkt der skizzierten Erhebung. So legt Hegel zunächst fest, dass der einzig richtige Ausgangspunkt für die Erhebung zu Gott oder womöglich für einen Beweis Gottes genau der Übergang in den absoluten Geist ist, also weder „das Sein [überhaupt] (wie im kosmologischen) noch nur die zweckmäßige Tätigkeit (wie im physikotheologischen Beweise)“ (§ 552 A, 1. Absatz). Während das Sein überhaupt zu unbestimmt ist und deshalb wenig Ertrag für die Erkenntnis Gottes bringt, und die zweckmäßige Tätigkeit Gott ebenfalls inhaltlich nur ärmlich bestimmen kann, ist es „der Geist“, der zulässt, Gott besonders aussagekräftig zu bestimmen, da seine „absolute Bestimmung die wirksame Vernunft, d. i. der sich bestimmende und realisierende Begriff selbst, – die Freiheit ist“ (ebd.). Dies ist ein Verweis auf die bei der Thematisierung des Begriffs des Geistes nur rudimentär behandelten Bestimmungen von Begriff, Idee, absoluter Negativität und Freiheit – jedoch nicht, wie sie in jenen Paragrafen vorgeführt wurden, sondern wie sie sich durch den Verlauf der Geistphilosophie realisiert und zum „reelle[n] sittliche[n] Selbstbewußtsein“ bestimmt haben (§ 552 A, 2. Absatz): als der denkende Geist eines Volkes oder der Weltgeschichte. Für die Erkenntnis Gottes im Sinne Hegels bedeutet dieser Verweis, dass Gott, erstens, nicht wahrhaft erkannt werden kann unabhängig von der Sittlichkeit – und zwar, wofür der Haupttext des Paragrafen plädiert hat, auch nicht unabhängig von der Wesentlichkeit aller Volksgeister –, als wäre er etwas Abstraktes und nur formell Allgemeines. Zweitens bedeutet dieser Verweis, dass eine Untersuchung der philosophischen Theologie Hegels nicht umhinkann, den Begriff als solchen und die absolute Negativität ausführlich zu untersuchen. Wenn nämlich Hegel anmerkt, dass „der Ausgangspunkt […] implizite den Inhalt oder Stoff [enthält], welcher den Inhalt des Begriffs von Gott ausmacht“ (§ 552 A, 1. Absatz), und wenn er diesen Ausgangspunkt mit dem qua Weltgeschichte realisierten Begriff gleichgesetzt hat, so stellt das an die Untersuchung der philosophischen Theologie bei Hegel die deutliche Anforderung, Gott in Verbindung mit dem Begriff und seiner nunmehrigen Realisierung zu betrachten. Dass es tatsächlich logische Bestimmungen sind, was „den Inhalt des Begriffs von Gott ausmacht“, oder dass die von aller Weltlichkeit und Beschränktheit gereinigte Wesentlichkeit und konkrete Allgemeinheit des denkenden Geistes keine realphilosophische Bestimmung ist, bekräftigt auch der Gedanke der Erhebung, auf welchen Hegel in § 552 A im Anschluss an § 50 A nachdrücklich aufmerksam macht. Dort wird nämlich angemerkt, dass bei der Erhebung zu Gott „das Moment der Negation, als durch welche der wesentliche
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Inhalt des Ausgangspunktes von seiner Endlichkeit gereinigt wird und hierdurch frei hervorgeht, vornehmlich zu beachten ist.“ Bei den herkömmlichen Gottesbeweisen beispielsweise wird „die Beziehung des Ausgangspunktes auf den Endpunkt, zu welchem fortgegangen wird, […] als nur affirmativ vorgestellt als ein Schließen von einem, das sei und bleibe, auf ein anderes, das ebenso auch sei“ (§ 50 A; vgl. § 36 A). Diese Vorstellung würde den denkenden Geist der Weltgeschichte neben dessen Wesentlichkeit bzw. Gott gelten lassen, als ein weiterer Teil der empirischen Welt, der ebenfalls empirisch, und somit beschränkt und zufällig wäre. Beim Erheben des Geistes zu Gott in Hegels Sinne übt aber das Denken „eine negative Tätigkeit“ aus: Der „wahrgenommene Stoff“ und die „empirische[] Gestalt“ werden beiseitegelegt, sodass Gott als „der innere Gehalt des Wahrgenommenen […] herausgehoben“ wird (ebd.). Die Erhebung muss nämlich als das „[U]mändern“ der empirischen Form und das „[V]erwandeln“ derselben „in ein Allgemeines“ (ebd.), ja in die konkrete Allgemeinheit selbst verstanden werden, sodass Hegel beim Übergang in den absoluten Geist – zugespitzt formuliert – das „Hinausgehen“ des Denkens „über das Sinnliche“ bzw. „Endliche“ und den „Sprung […] ins Übersinnliche“ verlangt – ein Hinausgehen und Sprung, die „nur Denken“, d.h. die oben angedeutete denkerische Tätigkeit des Geistes sind und somit nicht supranaturalistisch verstanden werden können (ebd.). Der Bereich hegelscher Philosophie aber, der nur Denken und von aller Endlichkeit und Empirie gereinigt ist, ist bekanntlich kein anderer als die Wissenschaft der Logik, sodass eben dort nach Gott im Sinne Hegels gesucht werden soll. In diesem Sinne lässt sich Gott, der Endpunkt der Erhebung des denkenden Geistes, als die Wesentlichkeit des Geistes, als die von aller Empirie gereinigte Sittlichkeit und das gemeinsam Zugrundeliegende, die Substanz von Geist und Natur oder die zum Vorschein gekommene „wahrhafte Natur“ von allem Empirischen verstehen (§ 23).352 Genauer noch: als dieselbe Wesentlichkeit, ge-
Th. Lewis plädiert für eine „nontraditional“ Interpretation der hegelschen Religionsphilosophie, die sich gegen „a transcendent conception of spirit“ wendet, hingegen auf einer „very human conception of spirit“ aufbaut, die er im Zuge eines kantischen Dualismus ausdrücklich „intersubjectively“ deutet (Thomas A. Lewis, „Overcoming a Stumbling Block. A Nontraditional Hegel for Religious Studies“, The Journal of Religion 95 (2015), 206). Dabei bemerkt er: „In other words, the ‚God‘ whose concept constitutes the first subsection of the philosophy of religion is precisely the conception of spirit yielded by previous developments in the system. Whether referred to as God or as spirit, this object is none other than the spirit Hegel has been elaborating over the course of his logic as well as his treatment of human beings and our social life in the sections on subjective and objective spirit.“ (A.a.O. 208) Auch dieses Buch argumentiert gegen einen transzendenten Geist-Begriff. Was Lewis jedoch übersieht, sind die Unterschiede zwischen den „previous developments“ der Geistphilosophie Hegels, namentlich das Negative Moment der Erhebung vom endlichen zu unend352
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reinigte Sittlichkeit usw., insofern sie in den Bestimmungen der Logik denkerisch und begreifend durchdrungen wird. Diese Verknüpfung von Gott und Logik liefert eine erste Erklärung zur Frage, warum religiöse Sprache und Verweise auf logische Bestimmungen bei Hegel häufig miteinander verschmolzen zu sein scheinen. Das „Offenbaren im Begriffe“, das zugleich ein „Erschaffen“ der Welt des (subjektiven und objektiven) Geistes „als seines Seins“ sein soll (§ 384), kann beispielsweise als der begriffliche Kosmos der Logik interpretiert werden, der zugleich das Wesentliche alles Geistes bzw. Gott vergegenwärtigt. Damit ist selbstverständlich noch lange nicht gesagt, was Gott ist. Es handelt sich schließlich an dieser Stelle um nur eine Anmerkung, die auf die Nähe von Gottesthematik und Philosophie des absoluten Geistes hinweist, nicht aber um eine systematische Analyse. Es ist jedoch wichtig für das Verständnis nicht nur Gottes, sondern auch des absoluten Geistes in Bezug auf Gott, die Vorstellung zu verwerfen, der Endpunkt der skizzierten Erhebung sei nur Gott in Abgrenzung von dem in der Welt seienden und Gott denkenden Geist. Das negative Moment der Erhebung, das beansprucht, keine zwei Seiten nebeneinander gelten zu lassen, gestattet nicht, Gott als nur die Wesentlichkeit des Geistes in Abgrenzung vom dieselbe real denkenden Geist zu erfassen, oder die logischen Bestimmungen und den begreifend erzeugten Kosmos der Logik vom begreifend denkenden Subjekt zu trennen. Vielmehr muss Gott, zu welchem sich der denkende (subjektive) Geist der Weltgeschichte erhebt, in Einheit mit diesem Geist aufgefasst werden. Hegels Rede von „Erhebung des Geistes zu Gott“ lässt demnach, wenn sie konsequent gedacht wird, von der letzten Abteilung der Geistphilosophie keine Darstellung allein Gottes erwarten, als wäre etwa der absolute Geist ein göttliches Subjekt, das sich vom subjektiven und objektiven Geist empirisch trennen würde. Vielmehr deutet jene Erhebung dasjenige Wissen an, in welchem Wissender (d.h. begreifend denkender Geist) und Gewusstes (die Wesentlichkeit des Geistes, die logischen Bestimmungen, Gott) aufgehoben sind: das Wissen nämlich, das im dritten Satz von § 552 durch den Genitivus definitivus ‚des absoluten Geistes‘ erklärt wurde. Damit noch nicht genug: Wenn es legitim ist, an dieser Stelle der Geistphilosophie von ‚Gott‘ zu sprechen – was noch dahingestellt sei –, so kann dieses Wissen, das nicht nur Gott ist, sondern Gott und denkenden Geist in sich aufgehoben hat und den Endpunkt der Erhebung zu
lichem Geist. Sicherlich hängt die Logik mit dem subjektiven und objektiven Geist zusammen. Beim Übergang aber in den absoluten Geist wird der Geist von seiner einseitigen Intersubjektivität bereinigt und fasst nicht nur seine, sondern die Eine Substanz seiner selbst und der Natur auf, die Eine Substanz von allem Empirischen also. Die ‚nicht-traditionelle‘ Interpretation hegelscher philosophischer Theologie, für welche sich das vorliegende Buch einsetzt, sieht also im Wissen des absoluten Geistes und in der Logik keinen intersubjektiven Konsens, sondern die wahre Substanz von allem.
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Gott bildet, als Religion, ja als „wahrhafte Religion und wahrhafte Religiosität“ bezeichnet werden (§ 552 A, 2. Absatz). Dieses Verständnis vom Wissen des absoluten Geistes, d.h. die Auffassung einer in der Realität stattfindenden denkerischen Erhebung zu Gott, erklärt des Weiteren, weshalb Hegel an dieser Stelle eine weiterführende Anmerkung zum „Verhältnis von Staat und Religion“ anbringen kann (§ 552 A, 4. Absatz). Von der Philosophie des absoluten Geistes ist dann schließlich auch die Untersuchung dieses realen, denkerischen Phänomens zu erwarten, das Gott und den Gott denkenden Geist in sich einschließt. Die Philosophie des absoluten Geistes ist in diesem Sinne die Untersuchung der philosophischen Bedingungen der Religion, d.h. der Religion überhaupt oder einer Religion, deren Gott nur philosophisch bestimmt ist, d.h. in Bezug auf den ihn denkenden Geist. 3. Der absolute Geist i. Die Bestimmung des absoluten Geistes Vor dem Hintergrund der bisherigen begrifflichen Entwicklung des Geistes zeigt sich der absolute Geist viel verständlicher und spezifischer als die möglichen Konnotationen, die der kurze Ausdruck ‚absoluter Geist‘ erweckt. Von da aus ist eine schlüssige Interpretation des Vorspanns zu dieser neuen philosophischen Disziplin (§§ 553–555) unproblematisch. Der erste Paragraf (§ 553) markiert die bereits erarbeitete Ansicht, dass die Geistphilosophie im Prozess der Aufhebung der unmittelbaren Grenze besteht, welche das Dasein des Geistes der Natur gegenüber aufweist. Wie beim Begriff des Geistes festgestellt, hat der Geist als der Begriff, die Idee, die absolute Negativität und die Freiheit sich in die Natur umzusetzen, und zwar so, dass sein Begriff und seine Realität sich als der Begriff und die Realität als solche erweisen. Endpunkt und letzte Entwicklungsstufe dieser Untersuchung des Geistes ist, wie anhand von § 552 registriert werden konnte, das Erfassen der (von seiner Beschränktheit und Weltlichkeit gereinigten) Wesentlichkeit und konkreten Allgemeinheit des denkenden Geistes der Weltgeschichte. Diese letzte Entwicklungsstufe ist das „Wissen des absoluten Geistes“ (Genitivus definitivus) – kurz: der absolute Geist selbst –, d.h. das Wissen des denkenden Geistes von denjenigen logischen Bestimmungen, die allem Geist, mithin etwa allen beschränkten Volksgeistern, und aller Natur zugrunde liegen. Diese logischen Bestimmungen fasst nun § 553 als die „absolute[] Idee“ zusammen und apostrophiert den absoluten Geist als „das Wissen der absoluten Idee“. Dass dieser Genitiv ein Genitivus obiectivus ist, versteht sich ohne Weiteres; ob er auch ein Genitivus subiectivus ist, sei hier dahingestellt. Der § 553 weist jedenfalls (in Übereinstimmung mit § 552) darauf hin, dass dieses Wissen ein Akt der „an sich freie[n] Intelligenz“ ist, also des erkennend denkenden subjektiven Geistes.
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Genauer besehen stellt jene Intelligenz, welche die absolute Idee zu ihrem Wissensgegenstand hat, die dem Begriff des Geistes „würdige Gestalt“ dar, und zwar deshalb, weil der Begriff des Geistes nur im Denken vollständig vollzogen werden und unbegrenzt sein kann. Anders als etwa beim objektiven Geist, dessen Realität mit der unmittelbar vorliegenden Natur vermischt ist, hat nämlich der „Begriff des Geistes“ in der Gestalt des Wissens der absoluten Idee „seine Realität im Geiste“. Denn die bereits erwähnten Bestimmungen, die als durch die Natur vermittelt den Begriff des Geistes ergeben, etwa der Begriff, die Idee und die Freiheit, finden sich auf der jetzigen letzten Entwicklungsstufe des Geistes wieder – und zwar so, dass sie durch die Natur vermittelt, aber nicht mehr beschränkt sind. Der denkende Geist, also die an sich freie Intelligenz, ist nun die „zu ihrem Begriffe befreit[e]“ Intelligenz, d.h., diese ist aus der unmittelbaren Realität zu ihrer wesentlichen Freiheit gelangt, und zwar „in ihrer Wirklichkeit“: indem sie dahin nämlich von ihrer eigenen in der Sittlichkeit realisierten Freiheit aus fortgegangen ist. Das Wissen des absoluten Geistes ist somit ein von aller Unmittelbarkeit und Weltlichkeit gereinigtes Wissen, das Wissen nur von logischen Bestimmungen wie Begriff, Idee, Freiheit oder (kurz) absolute Idee; nichtsdestoweniger ist es aber ein real existierendes Wissen: die reale Auseinandersetzung mit dem rein Logischen bzw. mit der absoluten Idee als logischer. „Der subjektive und der objektive Geist, sind“ in diesen Sinne „als der Weg anzusehen, auf welchem sich [die] Seite der Realität oder der Existenz ausbildet“, als die in der Realität allmählich stattfindende Auflösung der unmittelbaren Grenze des Geistes oder als die allmähliche Idealisierung der Realität. Der § 554 gibt eigens die Bestimmung des absoluten Geistes an, welche sich, wie bereits gesehen, als das reale Wissen der absoluten Idee ergeben hat. Im Anschluss an § 553 lässt sich der absolute Geist als „Identität“, also als die Identität von Begriff und Realität des Geistes, bezeichnen. Diese Identität ist, wie bereits § 385 angekündigt hat, nicht nur eine gediegene und beständige, also nicht nur „ewig in sich seiende“, sondern auch eine stets sich selbst aktualisierende und trotzdem nicht über sich selbst hinausgehende, nämlich eine „in sich zurückkehrende und zurückgekehrte“: Sie besteht einerseits in der Identität von Begriff des Geistes (also von der durch die Natur vermittelten absoluten Negativität) mit der Realität des Geistes in der Natur als solcher und andererseits in derselben Identität als ein reales Phänomen bzw. als reales Wissen, das sich mit sich zusammenschließt. Vor dem Hintergrund des Übergangs in den absoluten Geist betrachtet handelt es sich um den denkenden Geist, der einerseits wesentlich oder an sich, d.h. unabhängig von seiner Zeitlichkeit, also ewig, frei ist und in der Identität seines Begriffs mit seiner Realität besteht; und der andererseits seine wesentliche Freiheit, die Identität seines Begriffs mit seiner Realität, sowie seine Wesentlichkeit und konkrete Allgemeinheit in der Realität erfasst, sich zum realen Wissen seiner selbst erhebt und als dieses Wissen ganz bei sich ist.
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Dieselbe doppelte Bestimmung der Identität von Begriff und Realität des Geistes fasst § 554 ferner als die „Eine und allgemeine Substanz als geistige“ auf, die „das Urteil in sich und in ein Wissen [ist], für welches sie als solche ist“. Hier ist die Konzeption dieser Substanz als solcher von derselben als „Urteil“ begrifflich zu unterscheiden. Was einerseits die Eine und allgemeine geistige Substanz betrifft, so wurde sie oben im Hinblick auf den Standpunkt der vorliegenden Untersuchung als ein zu prüfendes Desiderat angedeutet:353 Eine solche Substanz, die allen Geist und alle Natur durchdringt, begrifflich zu erzeugen, adäquat zu erfassen, an ihrem Anderen zu prüfen und schließlich zu bewahrheiten, macht die zentrale Anforderung an die gesamte enzyklopädisch aufgebaute spekulative Philosophie aus, die an dieser Stelle nicht überprüft werden kann. Was jedoch die Bestimmung dieser Substanz betrifft, so fällt sie mit der Identität von Begriff und Realität des Geistes (bzw. mit der Wesentlichkeit und konkreten Allgemeinheit des Geistes überhaupt) als solcher in eins. Sie wird ebenfalls als solche in der Wissenschaft der Logik exponiert und als die absolute Idee voll entwickelt. In diesem Sinne verlagert Hegel die Untersuchung der wesentlichen Bestimmung des absoluten Geistes auf die Untersuchung der Logik. Hier soll dazu nur angemerkt werden, dass die Eine und allgemeine Substanz, solange sie im Kontext der hegelschen Philosophie des absoluten Geistes auftaucht, nicht bloß spinozistisch und als eine Bestimmung verstanden werden darf, die lediglich die Naturdinge durchdringt, sondern ausdrücklich auch „als geistige“ aufgefasst werden muss. Sie soll nämlich auch die Bestimmungen aufweisen, die im Begriff des Geistes angegeben wurden, und somit auch Begriff, Idee, absolute Negativität und Freiheit sein. Kurzum: die Eine und allgemeine Substanz muss begriffslogisch bestimmt sein. Andererseits stellt aber die eine und allgemeine geistige Substanz die ursprüngliche Teilung „in sich und in ein Wissen, für welches sie als solche ist“, dar. Damit ist die Identität von Begriff und Realität des Geistes als ein in der Realität vollzogenes Wissen gemeint, das sich aus dem Unterschied zwischen Objekt und Subjekt speist. Als reales Wissen teilt sich nämlich die Eine und allgemeine geistige Substanz in ein „in sich“ vollständiges und ruhendes Objekt und in ein Subjekt, das in Relation zu diesem Objekt steht und es zu entschlüsseln versucht. Objekt und Subjekt bilden dabei gleichermaßen die Eine Substanz, und es gilt für die Philosophie des absoluten Geistes zu eruieren, worin sich Objekt und Subjekt voneinander unterscheiden, unter welchen Bedingungen dieser Unterschied zustande kommt, wie tief er ist und was er für die Konstitution von Wissensobjekt und -subjekt bedeutet. Entscheidend ist dabei klarzustellen, dass der absolute Geist beide Bestimmungen der Identität von Begriff und Realität des Geistes in sich einschließt: die Eine und allgemeine geistige Substanz sowohl als solche als auch als reales Wissen. Und angesichts des realen Wissens umfasst er ebenfalls sowohl das 353
Vgl. I.B.2.ii.
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Objekt als auch das Subjekt und lässt sich nicht auf nur eins von beiden reduzieren. Die Philosophie des absoluten Geistes aber, d.h. die denkerische Auseinandersetzung eines bestimmten Subjekts, etwa Hegels, mit dem absoluten Geist, was notwendigerweise in der Realität, in bestimmtem Raum und bestimmter Zeit stattfindet, stellt nur das reale Wissen der Einen und allgemeinen geistigen Substanz und nicht dieselbe als solche dar. Es stimmt zwar, dass es der absolute Geist ist, der durch die gesamte spekulative Philosophie sich selbst erkennt; dass er die ewige und sich erkennende Wesentlichkeit und konkrete Allgemeinheit, die Eine, allgemeine sich selbst wissende geistige Substanz ist. Die Untersuchung der Bedingungen dieses Erkennens gehört aber formal zur speziellen Disziplin der Philosophie des absoluten Geistes.354 In diesem Sinne geht es in der die Geistphilosophie abschließenden Disziplin um die nähere Bestimmung des Objekts und Subjekts beim Wissen des absoluten Geistes. Und das Erste, was bereits vor dem Hintergrund der bisherigen Entwicklung des Geistes dazu bemerkt werden kann, ist, dass die Philosophie des absoluten Geistes in folgender doppelten Hinsicht „zu betrachten“ ist: „ebensosehr als vom Subjekte ausgehend und in demselben sich befindend, als objektiv von dem[jenigen] absoluten Geiste ausgehend […], der als Geist in seiner Gemeinde ist“. Als das reale Wissen der Einen Substanz speist sich nämlich die Philosophie des absoluten Geistes zum einen aus der inneren Konstitution des Geistes, also aus dem denkend erkennenden (subjektiven) Geist, der seine konkrete Allgemeinheit in der Sittlichkeit oder Weltgeschichte erfasst. Zum anderen abstrahiert sie nicht davon, dass dieses Wissen unter realen Bedingungen der Natur und des objektiven Geistes in historisch bestimmten Kontexten als die Wesentlichkeit bestimmter Phasen der Weltgeschichte entstanden ist. So hat die Philosophie des absoluten Geistes bei der Untersuchung des Wissens der Einen und allgemeinen geistigen Substanz zum einen die dem subjektiven Geist angehörende Sequenz ‚Anschauung, Vorstellung, Denken‘ zu
354
Denselben Unterschied zwischen absolutem Geist selbst und Philosophie des absoluten Geistes bringt H. Tegtmeyer treffend zum Ausdruck, wenn er (in nicht-hegelianischem Kontext) das Verhältnis zwischen Natürlicher Theologie und Religionsphilosophie programmatisch wie folgt akzentuiert: „[Die Natürliche Theologie] muss [die Religionsphilosophie] nicht ersetzen, weil neben einer autonomen metaphysischen Disziplin wie der Natürlichen Theologie eine Religionsphilosophie, verstanden als Phänomenologie religiösen Bewusstseins und religiöser Praxis sowie als Hermeneutik religiöser Erfahrung, ihr Eigenrecht bewahrt. Sie kann sie nicht ersetzen, weil ihr Thema ein anderes ist: Sie handelt von Gott oder vom Transzendenten, die Religionsphilosophie von Formen und Gestalten menschlicher Bezugnahme auf Gott und Transzendenz“ (Henning Tegtmeyer, Gott, Geist, Vernunft. Prinzipien und Probleme der Natürlichen Theologie, Tübingen 2013, 24). Die Relevanz von Tegtmeyers scharfer Differenzierung wird ferner auch dann deutlich, wenn Hegel, wie es gleich zu sehen sein wird, die gesamte Sphäre des absoluten Geistes als ‚Religion‘ bezeichnet und sie von der Wissenschaft der Logik unterscheidet, welche nach der hier vertretenen Interpretation Hegels genuine philosophische Theologie enthält.
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berücksichtigen, was bekanntlich die Sequenz ‚Kunst, Religion, Philosophie‘ ergibt. Zum anderen darf ihr nicht die Historizität dieses Wissens entgehen, was die Sequenz ‚klassische Kunst, christliche Religion, neuzeitliche, ja spekulative Philosophie‘ ergibt. Wenn aber aus Systemgründen ausdrücklich die Forderung aufgestellt wird, den historischen Aspekt dieses Wissens zu berücksichtigen, so darf nicht mehr davon abstrahiert werden, dass die Eine und allgemeine geistige Substanz, die Wesentlichkeit, die konkrete Allgemeinheit, ja die absolute Idee häufig ‚Gott‘ genannt und wie Gott verehrt wurden. ‚Gott‘ ist nämlich die Bezeichnung für die objektive Seite des Wissens des absoluten Geistes, sofern dieses Wissen ein reales Phänomen ist, oder anders gewendet eine Bezeichnung für die Eine Substanz, sofern sie nicht als solche thematisiert wird – eine Beobachtung, die erklärt, weshalb Hegel es für legitim hält, im Verlauf der Geistphilosophie auf theologische Konzeptionen anzuspielen. Unter derselben Bedingung kann umgekehrt die subjektive Seite des Wissens des absoluten Geistes als die nur menschliche betrachtet werden. Unter ‚Mensch‘ ist dabei der denkende Geist der Weltgeschichte, d.h. derjenige subjektive Geist, der zugleich objektiv ist, also der gesamte endliche Geist zu verstehen, insofern er sich aber als getrennt von seiner Wesentlichkeit erkennt, sich für nicht an sich göttlich und frei hält und sich nur unvollständig zu Gott erhoben hat, nämlich Gott nur als sein Wissensobjekt betrachtet. Dass Hegel selbst an der Trennung zwischen dem endlichen und dem unendlichen Geist keineswegs festhält, wurde in der bisherigen Untersuchung der Geistphilosophie bereits so häufig klargestellt, dass nun die Trennung zwischen Mensch und Gott ohne Weiteres als eine Kategorisierung historisch-äußerer Herkunft zu verstehen ist, die es bestenfalls auf dem Standpunkt des absoluten Geistes zu untersuchen gilt, nicht aber für die Untersuchung dieses Standpunktes selbst vorauszusetzen ist. In diesem Sinne darf es einen nicht wundern, dass Hegel die gesamte Sphäre des absoluten Geistes nicht als Gott, sondern als Religion bezeichnet, was jetzt näher zu betrachten ist. Hegel führt die „Religion“ in § 554 mit der Erklärung ein, dass so „diese höchste Sphäre im allgemeinen bezeichnet werden kann“. Dabei ist zunächst entscheidend, dass ‚Religion‘ nicht schlicht mit ‚Gott‘ gleichzusetzen ist. ‚Religion‘ bestimmt Hegel vielmehr in der Anmerkung zum selben Paragrafen als das „Inwohnen [Gottes] in der subjektiven Seite“. Ganz im Sinne der in der Anmerkung zu § 552 angedeuteten Erhebung zu Gott, die durch Reinigung von allem Empirischen und Weltlichen zur Einheit von Gott und dem den Gott denkenden Geist führt, beansprucht die Philosophie des absoluten Geistes nicht, Gott allein oder Gott als solchen zu untersuchen, sondern dasjenige Wissen, das Gott und denkendes Subjekt miteinander verbindet. Hegels genaue Wortwahl, welche ‚Religion‘ mit der ganzen „Sphäre“ des absoluten Geistes in Verbindung bringt, weist nämlich darauf hin, dass die Religion ausdrücklich beiden Seiten des realen Wissens des absoluten Geistes zukommt und dass sie
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nicht etwa eine bloß menschliche Angelegenheit ist, die getrennt von Gott bestünde. Wenn aber Hegel von dieser „höchste[n] Sphäre“ spricht, so lässt sich das ferner nicht auf nur eine Gestalt des absoluten Geistes reduzieren: Auch die Kunst und die Philosophie sind Religion im allgemeinen, nicht religionsspezifischen Sinne, und zwar (nach dem programmatischen § 554) nicht in geringerem Grade als die Religion qua zweite Gestalt des absoluten Geistes. Dass mit ‚Religion‘ auch keine bestimmte, etwa die christliche, Religion gemeint ist, versteht sich von selbst. Vielmehr benutzt Hegel diesen Ausdruck als eine fakultative Bezeichnung („bezeichnet werden kann“), also als eine bloße Gedächtnisstütze, die durch die Paronymie „im allgemeinen“ auf das Konzept des realen Wissens der Einen Substanz hinweist: ‚Religion‘ ist, so genommen, in Anlehnung an das lateinische religare als die Rückbindung an die Eine und allgemeine geistige Substanz zu verstehen. Von der Religion der Religionsphilosophie unterscheidet sich die Religion „im allgemeinen“, die Religion also als Bezeichnung der gesamten Sphäre des absoluten Geistes, insofern jene näher als die explizite Rückbindung an die Eine Substanz bestimmt ist, d.h., insofern sie diese Rückbindung nicht bloß betätigt, sondern sich dazu explizit bekannt hat und als der Prozess dieser Rückbindung gesetzt ist. Die christliche Religion macht dann eine bestimmte Art und Weise dieser expliziten oder als solche gesetzten Rückbindung aus. Die Kunst kann hingegen als eine unmittelbare und noch nicht als solche gesetzte Rückbindung an die Eine Substanz verstanden werden, die weder den Unterschied noch die Einheit von objektiver und subjektiver Seite des absoluten Geistes in vollem Maße ausgearbeitet hat. Von der Philosophie ist schließlich eine solche Rückbindung an die Eine Substanz zu erwarten, die die zwei vorangegangenen, die unmittelbare und die gesetzte Einheit von objektiver und subjektiver Seite der Religion, in sich aufgehoben hat. Diese Rückbindung soll nach Hegel als „selbstbewußte[s] Denken“ vollzogen werden (§ 572), und zwar als dasjenige Denken, das den „Begriff“ der Philosophie erfasst (§ 573). Eine genauere Ausführung der Verhältnisse zwischen den drei Gestalten des absoluten Geistes würde den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen, ohne etwas wesentlich Neues in Bezug auf Hegels philosophische Theologie oder die Herangehensweise an dieses Thema zu liefern. Bevor aber für den Fortgang der vorliegenden Arbeit die Schlüsse aus den jetzigen Betrachtungen des absoluten Geistes vor dem Hintergrund der gesamten Geistphilosophie gezogen werden, ist es wichtig zu rekapitulieren, dass die Philosophie des absoluten Geistes nicht die Eine Substanz als solche behandelt. Obwohl der absolute Geist die Eine Substanz auch als solche umfasst, besteht die Philosophie des absoluten Geistes in der Untersuchung desjenigen realen Wissens, in welchem die Eine Substanz als Objekt in Bezug auf ein Subjekt steht: die Rückbindung des Subjekts an die Eine Substanz oder an Gott in der Religion, diese allgemein genommen. Das Entscheidende in dieser Sphäre ist somit nicht so sehr die Bestimmung dieser Einen Substanz selbst – diese ändert sich sogar je nach Gestalt
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des absoluten Geistes oder kann (ohne Berücksichtigung der gesamten spekulativen Philosophie) als ein Postulat bzw. eine Versicherung betrachtet werden. Viel wichtiger für die Systematik der Philosophie des absoluten Geistes ist dessen subjektive Seite, der denkende Geist. Denn es sind die Prämisse, die Konstitution und das Selbstverständnis dieses Geistes, welche die Art und Weise der Erhebung zur Einen Substanz und das Verständnis derselben prägen. Daraus erklärt sich schließlich, weshalb der letzte Paragraf des Vorspannes zum absoluten Geist (§ 555) dem „subjektive[n] Bewußtsein des absoluten Geistes“ gewidmet ist: Die Philosophie des absoluten Geistes stellt den auf diesem subjektiven Bewusstsein fußenden „Prozeß“ dar, der mit der „Gewißheit von der objektiven Wahrheit“ des Geistes beginnt (Anschauung der unmittelbar bestehenden objektiven Seite: klassische Kunst), mit der „Andacht“ und dem „Kultus“ fortfährt (Reproduktion der objektiven Wahrheit im Element der Vorstellung: christliche Religion), und mit der „konkrete[n] Bestimmung“ und „Wirklichkeit des Geistes“ endet, bzw. damit, dass der absolute Geist sich mit sich versöhnt (begreifendes Denken der Einheit von objektiver und subjektiver Seite: spekulative Philosophie). ii. Der absolute Geist, die absolute Idee und Gott: Überleitung zur philosophisch-theologischen Untersuchung der Logik Die vorliegende Studie möchte vor allem Hegels fundamentale philosophischtheologische Ansichten untersuchen. Die anfänglichen Schwierigkeiten bezüglich der Herangehensweise im Umgang mit dieser Problematik sollten durch die Skizze der Geistphilosophie behoben werden, welche zur Philosophie des absoluten Geistes als dem systematischen Ort geführt hat, an welchem die Frage nach Gott zum ersten Mal systemimmanent explizit gestellt wird. Die Philosophie des absoluten Geistes hat sich nämlich als die systematische Untersuchung der Beziehung zwischen Gott und einer Gott erkennenden subjektiven Seite ergeben. Die drei besonderen Gestalten der Philosophie des absoluten Geistes, also die Philosophie der Kunst, der Religion und der Philosophie selbst, befassen sich mit dreierlei Weisen, nach welchen die subjektive Seite qua Mensch die absolute Idee qua Gott in der Realität erkennt.355 Die vorliegende Arbeit interessiert sich jedoch nicht primär für Hegels Interpretation des Gottes der Kunst oder der Religion, sondern für Hegels eigene philosophische Theologie, sodass für die ausstehende Untersuchung zunächst die Berücksichtigung der Philosophie der Philosophie allein infrage kommt.
355 Im Hinblick auf die in der Hegelliteratur sehr verbreitete und im Unterkapitel I.A. oftmals registrierte Gleichsetzung des absoluten Geistes mit Gott, kann hier erneut explizit bemerkt werden, dass es nicht der ganze absolute Geist ist, der ‚Gott‘ genannt werden kann, sondern allein die absolute Idee im Rahmen der Philosophie des absoluten Geistes.
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Doch selbst eine eigene Berücksichtigung der Philosophie der Philosophie ist vorderhand nicht notwendig. 356 In der vorliegenden Studie soll weder die Bestimmung von Hegels spekulativer Philosophie überhaupt herausgearbeitet noch die bestimmte Art und Weise untersucht werden, wie und unter welchen realen oder historischen Bedingungen diese Philosophie auch ein reales Wissen von Gott darstellt. Es handelt sich nämlich nicht um die ‚Religion‘ im allgemeinen Sinne, nicht um Gott als die objektive in Bezug auf die subjektive Seite des absoluten Geistes. Diese Fragestellung würde nicht zur Untersuchung der Bestimmung und des Inhalts der hegelschen philosophischen Theologie selbst führen, sondern zur Untersuchung der realen und historischen Bedingungen dieser philosophischen Theologie. Da aber in der vorliegenden Studie genau diese Bestimmung und dieser Inhalt untersucht werden sollen, geht es darum, das zu erforschen, was dem Rahmen des realen Wissens des absoluten Geistes, und somit aller Rede von Gott vorausgeht und derselben schon begrifflich zugrunde liegt; das also, was erst unter den Bedingungen der Trennung zwischen objektiver und subjektiver Seite des absoluten Geistes ‚Gott‘ genannt werden kann, als solches aber weder bloß objektiv noch bloß subjektiv ist. Worin dieses aller im Kontext des absoluten Geistes stattfindenden Rede von Gott begrifflich Zugrundeliegende besteht, hat bereits die allgemeine Bestimmung des absoluten Geistes unmissverständlich ergeben: Es handelt sich um den absoluten Geist als die „ewig in sich seiende […] Identität“ von Begriff und Realität des Geistes, die Eine und allgemeine geistige Substanz als solche und nicht um sie als „Urteil in sich und in ein Wissen“ bzw. nicht einmal nur um sie als das „Urteil in sich“. Diese Eine Substanz als solche ist also das, was nicht nur für all jene Gottesauffassungen grundlegend ist, die in der Philosophie des absoluten Geistes aufgearbeitet werden, sondern auch für Hegels eigenen Gebrauch von ‚Gott‘ im Rahmen seiner Philosophie. Denn auch die hegelsche Philosophie ist eine Philosophie, welche durch den absoluten Geist charakterisiert wird. Wird daher nach der Bestimmung von Hegels eigener philosophischer Theologie gesucht, so ist als Erstes die Bestimmung der Einen und allgemeinen geistigen Substanz zu erforschen. Der Anfang der Auseinandersetzung mit Hegels philosophischer Theologie muss daher nach der Auffassung, die in der vorliegenden Studie vertreten wird, nicht mit der Frage gemacht werden, wie Hegel von Gott spricht oder unter welchen realen Bedingungen eine solche Rede philosophisch adäquat ist. Das wäre Religionsphilosophie (‚Religion‘ ist hier im oben skizzierten allgemeinen Sinne zu verstehen) und setzte systematisch ein Verständnis von ‚Gott‘ voraus. Aber auch die Untersuchung der hegelschen Philosophie der Philosophie liefert keine für die vorliegende Untersuchung dringend benötigte Erkenntnis, 356
Die philosophisch-theologische Untersuchung der hegelschen Philosophie der Philosophie gehört zur Thematik einer Anschlussarbeit.
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sondern eine spezifische Religionsphilosophie (im selben allgemeinen Sinne), die ebenfalls ein Verständnis von ‚Gott‘ voraussetzt. Vielmehr gilt es für eine philosophisch-theologische Untersuchung, an erster Stelle jenen Gedanken als solchen zu klären, der in der Philosophie des absoluten Geistes mit ‚Gott‘ bezeichnet wird. Für den Anfang der vorliegenden Studie reicht demnach das Indiz aus, dass in Hegels spekulativer Philosophie das enthalten ist, was unter gewissen realen (künstlerischen, religiösen und vormodern-philosophischen) Bedingungen als Gott gewusst wird. Entscheidend ist dabei, dass dieses Indiz ausgesprochen inhaltsreich und vor dem Hintergrund der Geistphilosophie alles andere als abstrakt ist. Die Eine und allgemeine geistige Substanz wurde nämlich im Laufe der geistphilosophischen Entwicklung bereits mehrfach präzisiert. Beispielsweise wurde sie als der Begriff, die Idee, die absolute Negativität und die wesentliche Freiheit aufgefasst, insofern diese durch die Natur vermittelt sind. Beim Übergang in den absoluten Geist wurde sie als die von aller Beschränktheit und Weltlichkeit gereinigte Wesentlichkeit und konkrete Allgemeinheit allen Geistes und aller Natur postuliert. Und im § 553 wurden alle Verweise auf die logischen bzw. begriffslogischen Bestimmungen, welche die Eine und allgemeine geistige Substanz von allem im Rahmen spekulativer Philosophie Behandelten darstellen soll, durch den expliziten Verweis auf die absolute Idee zusammengefasst. Wer sich daher für Hegels philosophisch-theologische Ansichten interessiert, ist sicherlich gut beraten, seine Suche dort systematisch zu beginnen, wo all die genannten logischen Bestimmungen eigens exponiert werden. Und dieser Ort ist – so viel Vorwissen darf hier vorausgesetzt werden – die Wissenschaft der Logik.357 In diesem Sinne gibt auch die Philosophie des absoluten Geistes am Ende der Geistphilosophie dem philosophisch-theologisch interessierten Leser Hegels die Anweisung, zunächst in der Wissenschaft der Logik nach Hegels eigener philosophischer Theologie zu suchen. Genau genommen: Die Philosophie des absoluten Geistes erteilt die systemimmanente Lizenz, in der Logik nach dem Absoluten im Sinne Hegels zu suchen, und gibt aus der Sicht des Gesamtsystems zugleich die Versicherung, dort sei das Wesentliche zur Lösung der philosophisch-theologischen Problematik enthalten. In diesem Sinne ist die Wissenschaft der Logik als die begriffliche Entfaltung derjenigen logischen Bestimmungen zu lesen, die unter den Prämissen des realen Wissens des absoluten Geistes als der objektiv seiende Gott betrachtet werden. Die Eine Substanz, der Begriff, die Idee und schließlich die absolute Idee sind somit als die
357 Allerdings leistet das vorliegende Buch die Untersuchung der Wissenschaft der Logik nur bis zum Begriff als solchem. Die Berücksichtigung der übrigen Begriffslogik und der absoluten Idee muss in einer Anschlussarbeit erfolgen (vgl. Ausblick sowie Tabelle im Anhang dieses Buches).
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logischen Bestimmungen dessen zu lesen, was von Kunst, Religion und Philosophie unter der Bedingung der Trennung zwischen einer subjektiven und einer objektiven Seite ‚Gott‘ genannt wird. Das heißt wiederum, dass sie als Auffassungen des logischen Kerns aller in der Philosophie des absoluten Geistes aufgenommenen Theologie untersucht werden müssen: als die rein logische Exposition der Begrifflichkeit, die für alle historisch artikulierte Rede von Gott grundlegend ist. Auslöser der bevorstehenden philosophisch-theologischen Untersuchung der Logik ist somit die aus der Philosophie des absoluten Geistes stammende brisante Versicherung: Die in der Logik exponierten Gedanken erfüllen neben ihrer rein logischen Bestimmung auch die Funktion, die logischen Kerne von diversen bestimmten theologischen und philosophischen Auffassungen aus der Geschichte menschlichen Denkens darzustellen. Dennoch lässt sich die Wissenschaft der Logik so noch nicht als letzte Wissenschaft interpretieren. Zwar erteilt die Philosophie des absoluten Geistes die systemimmanente Lizenz, in der Logik nach theologischen Grundgedanken und philosophischer Theologie überhaupt zu suchen; dies stellt aber noch lange nicht eine Logik-immanente Lizenz dar. Eine Lektüre der Logik vor dem Hintergrund der Philosophie des absoluten Geistes kann nämlich nicht auf Kosten der Voraussetzungslosigkeit und Autonomie der logischen Begriffsentwicklung gehen, sodass die Logik weiterhin als Erste Wissenschaft zu lesen ist. Diese Lektüre ist aber nun von der Hoffnung begleitet, dass in ihr der logische Kern philosophischer Theologie steckt und dass er durch immanente Betrachtung des logischen Verlaufs selbst erkannt werden kann, sodass sie zunächst den Charakter einer Suche nach theologisch relevanten Bestimmungen hat. Darüber, inwiefern diese Hoffnung und diese außerlogisch motivierte Suche der voraussetzungslosen und autonomen Ersten Wissenschaft nicht widersprechen und die Aussicht auf eine grundlegende und Logik-immanente Beantwortung der philosophisch-theologischen Problematik nicht gefährden, wird einiges Vorbereitende des Weiteren im nächsten Unterkapitel (I.C.) bemerkt. Hier soll abschließend nur noch festgehalten werden, dass zur Logik qua letzter Wissenschaft wesentlich mehr gehört als bloß dies, dass in ihr der logische Kern philosophischer Theologie steckt oder dass er sich zu erkennen gibt. Die Logik qua letzte Wissenschaft sollte vermutlich sogar jede einzelne logische Bestimmung explizit in Bezug auf diesen Kern thematisieren, insofern er sich einerseits durch alle Logik und alle Realphilosophie bewährt hat, und andererseits die in der Philosophie des absoluten Geistes thematisierte Urteilung in eine objektive und eine subjektive Seite auf ganz eigene Weise aufgehoben hat. Das kann in der vorliegenden Arbeit nicht eigens untersucht werden.
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C. Methodologische Vorbemerkungen zur philosophisch-theologischen Untersuchung der Logik Methodologische Vorbemerkungen
Hat der Umriss der Geistphilosophie in verschiedenen Hinsichten auf die Wissenschaft der Logik als erste Adresse für die Suche nach Hegels grundlegendem Verständnis von Gott verwiesen, so ist damit noch nichts über die Methode dieser Suche ausgesagt worden. Die folgenden Überlegungen sollen dazu wenigstens eine vorläufige methodische Orientierung verschaffen. Zentral ist dabei die Feststellung, dass in der Wissenschaft der Logik, sowohl in einleitenden Passagen als auch in diversen Anmerkungen zu ihrem Haupttext, zahlreiche Definitionen Gottes oder des Absoluten vorhanden sind, was die systemimmanente Lizenz in der Logik nach theologisch-relevanten Bestimmungen zu suchen, auch im Rahmen der Logik selbst vergegenwärtigt.358 1. Die Unzulänglichkeit der Urteilsform Auf die große Menge an Definitionen Gottes, über welche das hegelsche Philosophieren verfügt, wurde bereits im Bericht über die Sekundärliteratur aufmerksam gemacht. Die meisten Interpreten legen eine dieser Definitionen zugrunde, und bereits dadurch ist der hinreichende Grund für Verwirrung im Hinblick auf die philosophische Theologie bei Hegel gegeben. Denn dabei wird von einer exklusiven Gottesauffassung ausgegangen, welche wenig vereinbar mit der Vielheit, ja dem Kontinuum von Gottesdefinitionen im hegelschen Philosophieren ist. Eine Abhandlung, die auf einer – unbedeutend auf welcher – Definition beruht, kann, wenn sie konsequent ausgeführt wird, prinzipiell nicht umhin, eine Menge von Selbstwidersprüchen im hegelschen Werk offenzulegen. Das hat sich in der Sekundärliteratur für polemisch motivierte Auslegungen als besonders nützlich erwiesen. Geht es aber darum, diese Definitionen und deren Zusammenhang systematisch zu untersuchen, kommt es vorzugsweise nicht darauf an, welche Definition zugrunde zu legen ist oder welche der Reihe nach die erste der Untersuchung sein soll. Vielmehr muss man sich bereits vor Beginn dieser Untersuchung über eine methodologische Grundlage im Klaren sein, die für eine Vielheit von Gottesdefinitionen offen ist. Diese Grundlage soll ein anfängliches Verständnis Gottes verschaffen, wie es Hegels
358 Was nun folgt, wurde teilweise bereits in der Einleitung dieses Buches (Ziffer 6) antizipiert. Hier soll der Unterschied zwischen dem logisch-immanenten Verlauf und der dritten, exoterischen Ebene der philosophisch-theologischen Untersuchung aus systematischer Sicht plausibilisiert werden. Die präzise Unterscheidung hinsichtlich des logisch-immanenten Verlaufs zwischen einer ersten, unbefangen, und einer zweiten, esoterischen Ebene der Untersuchung wird an dieser Stelle noch nicht vorgenommen.
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ausführliches definitorisches Unternehmen nicht bloß zulässt, sondern auch erfordert. Schließlich darf sich diese methodologische Grundlage nicht in einem Vorverständnis des üblichen Definierens erschöpfen. In der Tat weisen alle einleitenden Texte Hegels, in welchen die Gottesthematik eine Rolle spielt359, auf eine Methodologie für das logische Bestimmen Gottes hin, die den Leser von der Koppelung mit gewöhnlichem definitorischem Denken befreien will. Hegels zentraler Ansatz will aufzeigen, dass diese Fixierung auf die Form des Urteils bei der Gotteserkenntnis (aber auch bei anderen Vernunftgegenständen) unpassend ist. 360 Gemeint sind Urteile der einfachen Form ‚s ist p‘, in welchen das Subjekt (Definiendum) durch die Kopula mit einem Prädikat (Definiens) verbunden wird. Hegel fragt dabei, welchen Inhalt das Subjekt überhaupt hat, bevor es mit dem Prädikat in Verbindung gebracht worden ist. Handelt es sich um das allererste Urteil, d.h., geht dem Definiendum kein Vorwissen und Vorurteil voraus, so muss man es in der Tat als ein „nur leeres Wort“ (SL: 65,21) ohne jegliche Bestimmung annehmen. Das Definiendum ist in diesem Fall ein Nichtssagendes, dessen Inhalt erst durch das Definiens zum Ausdruck gebracht wird. Es ist fakultativ und wird lediglich um des Satzbaus willen gebraucht: „ein für sich unbestimmtes Substrat“ in Hegels Worten (§ 85) oder ein bloßer Platzhalter, der mit dem ‚es‘ in Sätzen wie ‚Es steht jemand vor der Haustür‘ oder ‚Es werden alle Gründe genannt‘ vergleichbar ist. Der Ausdruck ‚Gott‘ wird also am Anfang solcher Urteile unreflektiert gesetzt und sinnlos verwendet.361 Eigentlich wird durch solche Urteile über Gott nur eine zufällige Definition Gottes mitgeteilt, mithin die Möglichkeit, dass ‚Gott‘ verschiedene Definitionen zukommen, und schließlich die Dringlichkeit einer wissenschaftlichen Untersuchung aller Definitionen. Insofern schiene es durchaus gerechtfertigt, wenn man die Erwähnung des Namens ‚Gott‘ überspringen und sein Augenmerk direkt auf das Prädikat richten würde. Die Fragen, die aber dann aufgeworfen würden, hängen mit der Natur des Prädikats und dem Kriterium der Prädikation zusammen: Nach welchem Kriterium sollen Prädikate gesucht oder gebraucht werden?
359 Gemeint sind die Vorrede aus der Phänomenologie des Geistes (bes. PhG: 20f.; 42ff.), die Vorbemerkungen zur Wissenschaft der Logik (bes. SL: 65), die diesbezüglichen Bemerkungen der Enzyklopädie (bes. §§ 28–36; 85) und die dazu gehörenden Nachschriften von VANM 10 sowie der Abschnitt „Der Begriff Gottes“ aus dem religionsphilosophischen Kolleg von 1827 (bes. VANM 3: 266ff.; 276f.). Keineswegs deplatziert sind dazu Hegels Bemerkungen zur Natur des Urteils (BL: 53ff. bzw. §§ 166ff.), die hier etwas näher berücksichtigt werden müssen. 360 Vgl. dazu Rolf-Peter Horstmann, Wahrheit aus dem Begriff. Eine Einführung, Frankfurt a. M. 1990, 23–40. 361 Gott „für sich ist ein sinnloser Laut, ein blosser Nahme; erst das Prädicat sagt, was er ist, ist seine Erfüllung und Bedeutung; der leere Anfang wird nur in diesem Ende ein wirkliches Wissen.“ (PhG: 20,30f.)
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Was sollen sie ausdrücken? Welches soll das erste sein? Oder sogar: Sind Prädikate überhaupt noch brauchbar? Die Urteilsform scheint mit Willkür behaftet zu sein, die prinzipiell schwer zu vermeiden ist. Doch werden solche Fragen bei der Untersuchung Gottes außerhalb der hegelschen Philosophie eher selten gestellt, da es sich dort nur vereinzelt um das allererste Urteil über Gott handelt. Diese Problematik lässt sich am bequemsten umgehen, indem im ersten Urteil über Gott anstelle radikalen Hinterfragens dieser Bezeichnung des Satzsubjekts irgendeine „anfängliche Vorstellung“ (§ 31) gesetzt wird. Die Vorstellung dient in diesem Fall dazu, dem Urteilssubjekt im Voraus einen Inhalt zu verleihen, welcher auch die Richtlinie für die bevorstehenden Urteile über Gott darstellt. Mit dem Definiendum der Vorstellung sind im Grunde bereits auch seine Definientia impliziert und das Urteilen hat darin „einen festen Halt“ (ebd., vgl. § 170) gefunden. Dementsprechend wird hier dieses anfängliche und noch nebulös bestimmte Substrat nicht als ein zu definierendes, sondern als ein zu erklärendes behandelt. Dieses Vorgehen ist zwar bequem, jedoch hochgradig unwissenschaftlich. Denn dadurch können sich die verschiedensten Elemente und Prinzipien dem Maßstab der Gotteserkenntnis untermischen, sodass sich auch Zufälliges Autorität in der philosophischen Theologie verschaffen kann. Ist also einerseits das Subjekt des allerersten Urteils über Gott ein absolut Nichtssagendes, so bringt es zu wenig mit sich. Wird es andererseits aus der Vorstellung übernommen, so birgt es möglicherweise zu viel in sich und stellt somit einen weiteren problematischen Ausgangspunkt für die philosophische Theologie dar. Die vorhin gestellten Fragen über die Natur der Prädikate und das Kriterium der Prädikation können hier wiederholt werden – nun allerdings mit dem Unterschied, dass sie nicht bloß auf die Möglichkeit einer Willkür in Urteilen über Gott, sondern auch auf die Willkür konkreter Gottesvorstellungen hinweisen. Hegels Pointe besteht aber nicht nur darin, die unreflektierte Verwendung des Namens ‚Gott‘ in den entsprechenden Urteilen aufzuzeigen. Vielmehr ficht er die gesamte Form des Urteils an, die eine solche Verwendung sowohl des Subjekts, aber auch des Prädikats erfordert.362 Denn obwohl es Ziel und wahrer Inhalt des Urteils ist, die Einheit eines Subjekts mit einem Prädikat zu monstrieren, werden diese de facto, d.h. gemäß den Grammatik- und Sprachregeln, voneinander getrennt und für selbstständig gehalten oder genommen. Zwar spricht die Kopula ihre Einheit, gar ihre Identität aus, worin auch der spekulative Inhalt des Urteils liegt; das mindert aber nicht die Unzulänglichkeit der gesamten Urteilsform, welche Subjekt und Prädikat wie zwei Extreme polarisiert. Diese Extreme werden „im Verhältnisse“ (§ 85) zueinander gefasst, was wiederum heißt, dass sie sich im Urteil gegenseitig bedingen und zu Endlichen machen. Näher betrachtet handelt es sich um ein akzidentielles gegenseitiges Bedingen, denn für sich sind Subjekt und Prädikat getrennt. Insofern können 362
„[D]as Urteil ist durch seine Form einseitig und insofern falsch“ (§ 31 A).
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sie bestenfalls eine „vermittelnde Beziehung“ (§ 180) bilden, die zwar eine umfassende Vereinigung beider, jedoch keine vollkommene Identität zum Ausdruck bringt. Die Dinge, über die geurteilt wird, bzw. die Dinge, welche der Urteilsform entsprechen, müssen schon in sich gespalten sein. Es handelt sich nämlich um solche, die ihre Eigenschaften nur eingeschränkt tragen, also um einzelne, veränderliche, mithin an ihnen und in sich endliche Dinge. Genau in diesem Sinne spricht Hegel von der „Endlichkeit“ als dem „Standpunkt des Urteils“ (§ 168). Darüber hinaus impliziert die Urteilsform dem Prädikat nach eine Vielheit von Subjekten, während sie dem Subjekt nach eine Ansammlung von Prädikaten erfordert. Zum einen ist nämlich das Prädikat im Urteil ein Allgemeines, das weit über das jeweilige Subjekt hinausgreift und auch anderen Subjekten zukommt, bzw. diese in sich subsumiert. Zum anderen kommen dem Subjekt notwendigerweise noch andere Prädikate zu, d.h., dem Subjekt inhärieren mehrere Prädikate (vgl. § 170). Demnach sind die Urteilsgegenstände nicht nur Dinge, die in sich endlich sind, weil trennbar von ihren Eigenschaften, sondern Dinge, die auch in Bezug auf andere ähnliche stehen, bzw. begrenzt, mithin endlich sind. An diesem Punkt muss nachdrücklich darauf aufmerksam gemacht werden, dass dieser Standpunkt des Urteils nicht grundsätzlich verwerflich ist. Er ist den endlichen Dingen angemessen, hat und behält somit beim Urteilen über diese sein unbestrittenes Recht. Problematisch ist es nur, wenn die Form des Urteils mit der systematischen Erkenntnis der Vernunftgegenstände verwechselt wird, wenn also die Vernunftgegenstände definiert werden – im paronymischen Sinne des Wortes, d.h. ‚verendlicht‘ und auf die Ebene der endlichen Gegenstände der Erfahrung heruntergestuft werden.363 In diesem Sinne weist Hegel die Subjektfunktion sowie die Gesamtform des Urteils im Hinblick auf die unendlichen Gegenstände und insbesondere Gott als „etwas völlig Überflüssiges“ (§ 85) zurück. Die Rede vom Definieren Gottes ersetzt er ferner durch den Anspruch, „dessen Natur in Gedanken als solchen“ auszudrücken (ebd.). Dadurch wird die Frage nach Gott zur Frage nach dem Gedanken als solchem, wobei die Suche nach Prädikaten Gottes durch die Untersuchung der Bestimmungen des Gedankens (vgl. § 31) substituiert wird. Die Substrate aus der Empirie und der Vorstellung treten zurück, und nun sind es reine Gedanken, Momente des Denkens, die für sich betrachtet, gemäß ihrer Natur entfaltet und schließlich hinsichtlich der Frage untersucht werden müssen, inwiefern sie an und für sich wahr seien. Doch welche sind überhaupt ‚diese‘ Gedanken? Was heißt das, einen Gedanken für sich zu betrachten? Welcher soll als erster 363 Im Kapitel über den Übergang vom objektiven zum absoluten Geist wurden der qualitative Unterschied dieser beiden Gegenstände sowie die notwendige „Erhebung“ und die „negative Tätigkeit“ des Denkens als die Voraussetzung ihrer adäquaten Erkenntnis thematisiert.
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thematisiert werden und wie soll es danach weitergehen? Kurz: Nach welcher Methode sind die Gedanken zu betrachten? Mit diesen Fragen wird nicht allein die Gottesthematik, sondern die Krux der gesamten spekulativen Philosophie auf den Punkt gebracht. 2. Eine Antizipation der Methode logischen Erkennens So entscheidend und komplex aber die Frage nach der Methode sein mag, so wenig verborgen ist deren Antwort im hegelschen Korpus. Es geht um die Methode spekulativen Denkens, die Hegel am pointiertesten im Schlusskapitel der Logik vorstellt und als das Form-Moment der absoluten Idee charakterisiert. Aus pragmatischen Gründen führt er sie aber auch bereits vor dem eigentlichen Beginn der Logik an.364 Aus den gleichen Gründen werden genau diese einleitenden Bemerkungen als erste grobe Orientierung für die vorliegende Untersuchung bevorzugt. 365 364
Andeutungen über die Methode macht Hegel in den Vorreden und der Einleitung der Wissenschaft der Logik. Systematischer geht er aber in den §§ 79–82 der Enzyklopädie vor, weswegen diese hier auch bevorzugt werden. Bedeutend für das Verständnis der Rolle dieser Paragrafen ist, dass sie in den Abschnitt, der mit „Vorbegriff“ (§§ 19–83) betitelt ist, eingeordnet sind, und mit dem Titel „näherer Begriff“ der Logik präziser bezeichnet werden. Daher sind sie vom (eigentlichen) Begriff der Wissenschaft (vgl. § 243) insofern zu unterscheiden, als ihnen der Charakter exoterischer Bemerkungen zugesprochen wird. Das Verhältnis zwischen Vorbegriff und Begriff der Wissenschaft wird in diesem Buch nicht eigens behandelt. Das Verhältnis hingegen zwischen Vorbegriff und Begriff (als solchem) wird sich unten als ein gravierendes Thema für das Verständnis der Logik insgesamt erweisen (vgl. III.B.2.). 365 Die Antizipation, die nun folgt, mag wie eine Verletzung der absoluten Voraussetzungslosigkeit der Logik aussehen. Solche Voraussetzungslosigkeit halten nicht nur Interpreten wie A. F. Koch (Anton Friedrich Koch, Die Evolution des logischen Raumes. Aufsätze zu Hegels Nichtstandard-Metaphysik, Tübingen 2014) und S. Houlgate (Stephen Houlgate, The Opening of Hegel’s Logic. From Being to Infinity, West Lafayette/Indiana 2006) für entscheidend für das Verständnis der Logik, sondern auch die vorliegende Studie. Wenn sie sich jedoch an dieser Stelle erlaubt, die Methode logischen Erkennens zu antizipieren, so tut sie das nicht nur, weil sie die Logik in Bezug auf philosophische Theologie untersuchen will und nicht die bloße Wiedergabe ihres Gedankengangs beabsichtigt. Vielmehr hält diese Studie jene Methode für die konkrete Art und Weise der voraussetzungslosen Fortbestimmung logischer Bestimmungen. Houlgate bemerkt richtig: „The method [Hegel] must follow is simply to let the ‚simplicity‘ of thought unfold and determine itself before our very eyes according to whatever principles prove to be immanent in it.“ (Stephen Houlgate, „Hegel’s Logic“, in: Frederick C. Beiser, The Cambridge Companion to Hegel and nineteenth-century philosophy, Cambridge 2008, 126.) In diesem Sinne ist die Methode, die dieses Buch hier antizipiert, die Art und Weise, wie man das Denken „simply […] let“, sich selbst zu bestimmen, und zugleich die „principles“, die sich im späteren Verlauf der Logik als im Denken immanent erweisen. Wichtig für das vorliegende Buch ist es darüber hinaus, die Untersuchung der logischen Bestimmungen von der Untersuchung derselben in Bezug auf bestimmte theologische und metaphysische Auffassungen zu unterscheiden. Letzteres bewerkstelligt die dritte, exoterische Ebene der Untersuchung der Logik. Ersteres hingegen umfasst die
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Die Methode wird von Hegel als die „Form“ des „Logische[n]“ eingeführt (§ 79). Unter Logischem wird vorerst das reine Denken überhaupt, die denkerische Tätigkeit, und gleichermaßen deren Produkte, die Gedanken- oder Denkbestimmungen, verstanden. Ferner besteht das zentrale Anliegen der Wissenschaft der Logik darin, zu beweisen, dass diese Form dem Logischen nichts Fremdes, sondern dessen immanentes Prinzip ist. Insofern ist die Methode als die Art und Weise aufzufassen, in der das reine Denken sich selbst erkennt, indem es sich und seine Gedanken bestimmt. Wird im Weiteren das Aufeinanderfolgen der Gedanken auch mit dem Ausdruck ‚Natur Gottes‘ bezeichnet, so ist die Methode dasjenige, was den Bedeutungsgehalt dieses Ausdrucks systematisch und in sich immanent formiert. Die Form des Logischen besteht aus drei Momenten. Bekanntlich bedient sich Hegel des Worts ‚Moment‘ ausschließlich im Neutrum 366, „unmittelbar“ also „aus dem lateinischen [momentum] entlehnt […] in der bedeutung des beweggrundes, oder wesentlichen, ausschlag gebenden umstandes“. 367 In diesem Sinne sind im Logischen dreierlei Beweggründe des Denkens am Werk. Schematischer noch spricht Hegel in dieser einleitenden Passage von drei „Seiten“ des Logischen, womit er auch die Dimension von Gesichtspunkten im logischen Denken einführt (§§ 79f.). Zur Veranschaulichung kann man diese Momente zu den (hochstilisierten) Gesichtspunkten dreier verschiedener Denker parallelisieren, die in einer imaginären Diskussion über die Bestimmung der logischen Begriffe abwechselnd zu Wort kommen bzw. drängen, zu Wort zu kommen, um ihre Position zu erläutern: der naive Dogmatiker, der radikale Skeptiker und der (hegelsche) spekulative Philosoph. Jedenfalls hebt Hegel hervor, dass die Wahrheit dieser drei Momente oder Seiten des Logischen, obwohl sie in gewissem Sinne voneinander logisch zu unterscheiden sind, allein in ihrer Einheit liegt (vgl. § 79 A). Die vollkommene Einsicht in den jeweiligen Gegenstand bzw. dessen eingehende Untersuchung verlangt also die Zusammenarbeit aller drei, des naiven Dogmatikers, des radikalen Skeptikers und des spekulativen Philosophen. Hegel initiiert daher nicht bloß eine Methode, son-
erste, unbefangene und die zweite, esoterische Ebene der Untersuchung, zwischen welchen an dieser Stelle noch nicht scharf zu unterscheiden ist. Spätestens bei der Auseinandersetzung mit dem Begriff als solchem wird aber deutlich, dass es sich, sobald die Methode logischen Erkennens antizipierend geltend gemacht wird, nicht um die rein unbefangene, sondern um eine esoterische Betrachtung der Logik handelt. 366 Der Unterschied zwischen Moment im Neutrum und im Maskulinum wird besonders von solchen Interpretationen vernachlässigt, die im hegelschen Werk eine dialektische Entwicklung der Realität und eine Art gemein-wissenschaftliche Evolution von Gott, Natur und Menschen zu lesen pflegen (vgl. z.B. Schelling, Geschichte der neueren Philosophie, 127f.; 146; Roger Garaudy, Gott ist tot. Das System und die Methode Hegels, Übersetzt von Theodor Lücke, Frankfurt a. M. 1965, 364ff.). 367 Jacob Grimm, Deutsches Wörterbuch, Leipzig 1854ff. Lemma „Moment“.
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dern eine gewisse Metamethode, ein systematisiertes Kontinuum aus drei verschiedenen und für sich konsequenten Methoden, die in der Geschichte der Philosophie und auch zu Hegels Zeit häufig miteinander konkurrierten. Sicherlich können, ja müssen dabei Urteile, Definitionen aber auch Syllogismen oder sonstige Sprachmittel gebraucht werden. Die Entfaltung des Gedankengangs des Dogmatikers, Skeptikers oder des spekulativen Philosophen kann keineswegs darauf verzichten. Weder aber der jeweilige Gedankengang und noch weniger die Sequenz dieser Gedankengänge lassen sich auf die Form des Urteils, der Definition usw. reduzieren. Das Leitende der hegelschen Untersuchung ist vielmehr die nun näher zu charakterisierende Methode logischen Erkennens. Die Seiten dieser Methode – im beschriebenen Sinne von ‚Moment‘ – sind nach der Formulierung von § 79 „α) die abstrakte oder verständige, β) die dialektische oder negativ-vernünftige, γ) die spekulative oder positiv-vernünftige.“ Das erste Moment betrifft das einseitige Verhalten des Verstandes, das den zu betrachtenden Gegenstand auf eine einzige, für wesentlich gehaltene Bestimmtheit reduziert und diesen von seinem Andern trennt bzw. getrennt hält. Das Einzige, was im Moment des Verständigen aufgeht, ist die elementare Identität des zu charakterisierenden Gegenstands mit sich selbst bzw. seine Unterschiedenheit gegen anderes. Dadurch aber, dass der Verstand nur eine Bestimmtheit verabsolutiert und alle weiteren sowie deren Zusammenhang untereinander vernachlässigt, gelingt es ihm weder, diese Bestimmtheit konkret aufzufassen, noch gar, seinen Gegenstand in dessen vollem Umfang zu begreifen. Das erste Moment der Methode bringt also leere Abstraktionen hervor. Bestimmt sind diese nicht für sich, sondern nur indirekt, d.h. insofern sie von ihrem Anderen getrennt und von ihm her beurteilt werden. In diesem Sinne sieht Hegel das Produkt des abstrakten oder verständigen Denkens als ein „beschränktes Abstraktes“ (§ 80). Solches Denken ist eine stumpfsinnige dogmatische Tätigkeit, die der vormaligen Metaphysik keineswegs fremd war (vgl. § 32). Gerade aber dadurch, dass sich die Methode logischen Erkennens auch das verständige Denken als eines ihrer Momente zu eigen macht, erfüllt sie die Bedingung der Möglichkeit, über die vormalige Metaphysik hinaus zu gehen. Das leistet sie zunächst dadurch, dass sie ein weiteres Moment des Logischen, und zwar die dialektische Negation des Ersten, den Standpunkt des radikalen Skeptikers, in sich aufnimmt. Hier handelt es sich um die Einsicht, dass die zuvor verabsolutierte Bestimmtheit nur künstlich verabsolutiert war. Im Dialektischen wird nämlich die endliche Kehrseite des jeweiligen Gegenstands des Denkens aufgezeigt, indem das Abstrakte des Verstandes als ein Beschränktes gesetzt wird. Ein zentrales Anliegen Hegels ist dabei, klarzustellen, dass das Dialektische nicht bloß nach einem Anderen der Verstandesbestimmung sucht, sondern nach seinem Anderen. Es ist „das eigene Sichaufheben solcher endlichen Bestimmungen“ (§ 81), das sich im dialektischen Moment manifestiert: Das Abstrakte des ersten Moments ist durch seine eigene Abstraktheit beschränkt und kann allein ihretwegen keine gültige Definition seines
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Gegenstandes liefern. Es ist nicht das Verhältnis zu einem Äußeren, das die Bestimmung des ersten Moments als mangelhaft und endlich aufzeigt, sondern die dieser Bestimmung eigene Konstitution, die ihr „ihr Übergehen in ihre entgegengesetzte“ Bestimmung vorschreibt (ebd.). So hebt das Moment des Negativ-Vernünftigen eine bereits enthaltene, wenn auch dem Verstand entgangene Seite des Gegenstands selbst hervor. Es ist die vorhandene Einseitigkeit, welche ohne Beimischung von fremden Gedanken zur Selbstkorrektur drängt. Das nennt Hegel das „immanente Hinausgehen“ (§ 81 A) der Gedanken, was diesen ermöglicht, sich selbstregulativ zu bestimmen: Einerseits geht es dabei um das über ein Gegebenes Hinausgehen, d.h. um das Erzeugen des einem gegebenen Gedanken Entgegengesetzten aus dem gegebenen, was schlicht ‚Negation‘ zu nennen ist. Andererseits ist diese Negation keine bloß äußere oder willkürliche, sondern sie ergibt sich aus der immanenten Betrachtung des Gegebenen. Einen Überblick über das Logische verschafft schließlich das dritte, spekulative Moment der Methode. Dieses soll das „immanente“ Verfahren des Dialektischen fortführen, indem es ohne Beimischung von fremden Gedanken nur das bereits Vorhandene fortbestimmt. Es hat jedoch nicht den Charakter des dialektischen „Hinausgehens“: Zwar geht es über die starre Entgegensetzung der Bestimmungen des Verstandes und des Negativ-Vernünftigen hinaus; es stellt aber den vorangegangenen nicht bloß einen dritten Begriff gegenüber. Vielmehr fasst es die entgegengesetzten Bestimmungen so auf, dass deren Einheit in den Vordergrund tritt (vgl. § 82). Dieses Neuauffassen ist aber auch kein bloßes Zusammenfassen. Hegel versteht das Spekulative weder als eine bloß sukzessive Vereinigung 368 noch als eine eklektische Beschneidung der einen oder anderen Bestimmung des Logischen. Vielmehr handelt es sich um eine konkrete Einheit, also um die vermittelst der ersten zwei Momente der Methode begrifflich mit sich zusammengewachsene Einheit, innerhalb derer die vorangegangenen Bestimmungen gleichermaßen und innerlich konstitutiv sind. In diesem Sinne spricht Hegel von der Aufhebung der beiden ersten Bestimmungen in der umfassenden dritten. Was hier negiert wird, sind nicht jene Bestimmungen selbst, sondern lediglich deren Selbstständigkeit. So betrachtet, tritt das Spekulative als das resultierende Moment der Methode hervor. Es kann aber nur darum als Resultat hervortreten, weil es bereits der verständigen Abstraktion sowie der dialektischen Negation zugrunde lag. Die spekulative Einheit muss also als dasjenige bestehende „Affirmative“ (ebd.) aufgefasst werden,
368 Hegel lehnt die Charakterisierung des spekulativen Moments als Synthesis an verschieden Stellen explizit ab: „[W]eil der Synthesis der Sinn von einem äusserlichen Zusammenbringen äusserlich gegeneinander Vorhandener am nächsten liegt, ist mit Recht der Nahme Synthesis, synthetische Einheit ausser Gebrauch gesetzt worden“ (SL: 83,21f.).
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das zuvor in den einseitigen Bestimmungen der Abstraktion und deren unmittelbaren Negation, obwohl wesentlich darin angelegt, unbeachtet blieb und nun zu Tage tritt. Auch die so erreichte spekulative Einheit muss aber nicht das definitive Ende für die Entwicklung des Logischen darstellen. Zumindest prinzipiell kann der ‚Dogmatiker‘ erneut das Wort ergreifen und jene spekulative Einheit als ein neues beschränktes Abstraktes auffassen, was wiederum Anlass für den Einwand ‚des Skeptikers‘ gibt usw., sodass sich die Sequenz der drei Momente logischen Erkennens wiederholt und immer reichere, in Triaden geordnete Begriffsbestimmungen schafft. Warum das so ist, wird in den einleitenden §§ 79– 82 nicht gesagt. Ebenso wenig wird dort der konkrete Inhalt verraten, den der Abschluss des gesamten logischen Prozesses haben soll, damit die Wiederholung jener Sequenz nicht mehr systematisch erforderlich ist. Deutlich wird jedoch in diesen Paragrafen lediglich das Programm: Verständiges, Dialektisches und Spekulatives tauchen nicht einmalig auf, etwa als die Makrostruktur der gesamten Logik, d.h. als die grobe Einteilung in Sein, Wesen und Begriff, sondern mehrmals. Sie stellen die Mikrostruktur der Logik dar, d.h. die Momente der Entwicklung „jedes Begriffes oder jedes Wahren überhaupt“ (§ 79 A). 3. Die Definitionen Gottes oder des Absoluten als Beiwerk der Logik und die Logik in der „Bedeutung speculativer Theologie“ Einen ersten Einblick in dasjenige, was diese Methode für die Abhandlung der philosophisch-theologischen Problematik in der Wissenschaft der Logik bedeutet, vermittelt Hegel dem Leser der Enzyklopädie in § 85: „Das Sein selbst sowie die folgenden Bestimmungen nicht nur des Seins, sondern die logischen Bestimmungen überhaupt können als Definitionen des Absoluten, als die metaphysischen Definitionen Gottes angesehen werden; näher jedoch immer nur die erste einfache Bestimmung einer Sphäre, und dann die dritte, als welche die Rückkehr aus der Differenz zur einfachen Beziehung auf sich ist. […] Die zweiten Bestimmungen, als welche eine Sphäre in ihrer Differenz sind, dagegen sind die Definitionen des Endlichen.“ Diese programmatische Ankündigung indiziert eine übergreifende Struktur im Bereich des Logischen, die anhand der spekulativen Methode durch ihre verschiedenen Realisierungen hindurchgreift und diverse Aspekte des Logischen mit der Gottesthematik ausdrücklich in Verbindung bringt. Alle logischen Bestimmungen haben mit Gott oder dem Absoluten mindestens indirekt zu tun: Die erste Bestimmung jeder durch die Methode logischen Erkennens zustande gekommenen Begriffstriade liefert ein solches Definiens Gottes, das diesen in der Form abstrakter Identität mit sich selbst auffasst. Die zweiten Bestimmungen hängen nur indirekt mit den Definientia Gottes zusammen, weil sie die dem abstrakt aufgefassten Gott entge-
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gengesetzte Bestimmung zum Vorschein bringen. Alle dritten Momente hingegen können als Definientia Gottes kategorisiert werden, welche die anfängliche abstrakte Identität sowie die dialektische Negation in sich einschließen und dadurch eine konkretere Gottesauffassung ausdrücken. Diese im einleitenden § 85 behauptete Lizenz, die logischen Bestimmungen auch als bestimmte Definitionen Gottes oder des Absoluten zu betrachten, steht im Einklang mit der anderen, von der Philosophie des absoluten Geistes erteilten, systemimmanenten Lizenz, die Logik im Hinblick auf die philosophischtheologische Grundproblematik zu lesen. Die jetzige Lizenz ergänzt sogar die von der Philosophie des absoluten Geistes stammende angesichts der Methode einer philosophisch-theologischen Untersuchung, indem sie eine erste Orientierung darüber verschafft, wie sich die vielen logischen Bestimmungen zu ‚Gott‘ bzw. den theologischen Grundbegriffen verhalten. Ähnliche einleitende methodologische Ergänzungen der systemimmanenten Lizenz finden sich auch im Zusatz zu § 85369, zu Beginn der großen Logik370 und in einer Mitschrift der Vorlesung über Logik aus dem Jahr 1831 formuliert. An dieser Stelle sei auf eine leichte Akzentverschiebung der letztgenannten Passagen hingewiesen: „In jedem Ersten, Einfachen ist auch der Unterschied, aber er ist nur darin enthalten und [nicht] gesetzt, im Zweiten tritt [die] Endlichkeit wieder ein. Das dritte ist [die] Einheit von beiden, wo der Widerspruch wieder aufgelöst ist, also nur die ersten Bestimmungen entsprechen dem, was wir unter Gott zunächst verstehen“ (VANM 10: 91). Das Entscheidende in diesem Zitat scheint die Art der Differenz zu sein, die je nach Moment der Begriffstriade bloß „enthalten“, aktiv „gesetzt“ oder gar „aufgelöst“ ist. Gott wird dann allein mit dem ersten Moment in Verbindung gebracht, in welchem die Differenz am weitesten verdrängt bzw. kaum thematisiert wird. Doch stellt diese Anmerkung keine Selbstkorrektur Hegels bezüglich der EnzyklopädieFassung des Umgangs mit Definitionen Gottes dar, sondern eine präzisere Angabe im Hinblick auf das, was eben „wir unter Gott zunächst verstehen“. Hiermit deutet Hegel nämlich einen weiteren Unterschied zwischen dem gängigen „Eine jede Sphäre der logischen Idee erweist sich als eine Totalität von Bestimmungen und als eine Darstellung des Absoluten“ (§ 85 Z). Dabei handelt es sich um eine signifikante Zuspitzung des Haupttextes des soeben zitierten Paragrafen. Dass die logischen Bestimmungen nicht nur als Definitionen des Absoluten angesehen werden können, sondern auch das Absolute darstellen, ist eine starke These, die erst durch die Einführung der esoterischen Ebene der Untersuchung plausibilisiert werden kann (vgl. Einleitung, Ziffer 6; II.B.1. und 2.). 370 Zu Beginn der großen Seinslogik bemerkt Hegel programmatisch: Der allererste Begriff der Seinslogik „könnte als die erste, reinste d. i. abstracteste, Definition des Absoluten angesehen werden; – wie er diß in der That seyn würde, wenn es überhaupt um die Form von Definitionen und den Namen des Absoluten zu thun wäre. In diesem Sinne würden, wie jener abstracte Begriff die erste, so alle weitern Bestimmungen und Entwicklungen nur bestimmtere und reichere Definitionen dieses Absoluten seyn“ (SL: 60,29–61,2). 369
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Vorstellen Gottes und dessen spekulativer Betrachtung an. Der spekulativ denkende Philosoph erkennt ein Definiens Gottes sowohl im ersten als auch im dritten Moment jeder Begriffstriade – vorzüglich aber im dritten Moment. Die gemeine Vorstellung favorisiert dagegen „zunächst“, d.h. intuitiv und vorübergehend, die ersten Bestimmungen. Es kommt aber darauf an, die Vorstellung nach dem Maßstab der Spekulation zu bilden bzw. zu korrigieren und nicht umgekehrt die Spekulation nach dem Maßstab der Vorstellung. Entscheidend in beiden hier zitierten programmatischen Formulierungen ist jedoch, dass sie den eigentlichen logischen Verlauf, d.h. die Realisierung der soeben kurz skizzierten Methode logischen Erkennens, unmissverständlich vom Projekt eines Definierens Gottes unterscheiden. Die jeweiligen logischen Bestimmungen „können“ nämlich „als die metaphysischen Definitionen Gottes angesehen werden“, d.h., nicht nur müssen sie nicht so angesehen werden, sondern als solche sind sie auch keine Definitionen. Anders gewendet: Sie „entsprechen dem, was wir unter Gott […] verstehen“ 371, d.h., das Ziehen von Parallelen zu Gottesvorstellungen ist zunächst eine äußere und subjektive Angelegenheit, welche den logischen Prozess voraussetzt. Die Formulierung von Gottesdefinitionen ist in diesem Sinne ein Randphänomen oder ein Beiwerk, das neben der voraussetzungslosen und autonomen spekulativen Selbstentfaltung des Logischen stattfindet und das ein zusätzliches, der logischen Selbstentfaltung äußerliches, gebildetes sowie philosophisch-theologisch interessiertes Subjekt benötigt, welches die logischen Bestimmungen als Definitionen ansieht, bzw. die Entsprechung zwischen diesen und den diversen (in der Philosophie des absoluten Geistes aufgelisteten) Gottesvorstellungen feststellt. Das Leitende ist hier zweifelsohne der voraussetzungslose logische Prozess selbst, dessen Ergebnisse und Zwischenergebnisse gelegentlich in die Form von Definitionen übertragen werden. Jede erste und dritte logische Bestimmung selbst bildet im logischen Prozess keine Definition Gottes; sondern sie bilden die Potentiale zu erwägenswerten Definitionen Gottes. Die Bestimmungen bieten sich als Anlass für die Formulierung von solchen Definitionen an, die demnach den Wert von äußeren Reflexionen über den logischen Prozess haben und sich ihnen verdanken. In der Tat lässt Hegel selbst diese Definitionen überall in dem von ihm publizierten Werk nur als exoterisch gerichtete Anmerkungen und Vorspanne zum jeweiligen Haupttext auftauchen oder – deutlich seltener – als kurze Beispiele im Haupttext. Sie beeinflussen keineswegs den Hauptgedankengang, sondern illustrieren ihn durch den Hinweis auf gängige Gottesvorstellungen und von der Geschichte der Religion und Philosophie bekannte metaphysische Absolutheitskonzeptionen. Außerdem ist es die an den entsprechenden Stellen sich einstellende Vielheit von Definitionen Gottes, die den Status des gesamten definitorischen Unter-
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Hervorhebung von mir.
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nehmens in der Wissenschaft der Logik fraglich macht. Ist mehr als eine Definition Gottes denkbar, so widerspricht dies dem Charakter von Abgeschlossenheit und Endgültigkeit (‚Definit-heit‘), den eine richtige Definition haben sollte. Die Vielheit von Definitionen impliziert, dass womöglich alle Definitionen Defizite aufweisen und eine nach der anderen bzw. durch die anderen wenn nicht revidiert, so doch sicherlich stark relativiert wird. Demnach sind in der Logik keine Definitionen Gottes im strengen Sinne, sondern Angebote zu „Definitionsversuchen“ zu erwarten.372 Was ‚Gott‘ bedeutet, bzw. was ‚Gott‘ zu bedeuten hat, zeigt sich in diesem Verfahren nur allmählich. Es handelt sich dabei um viele vorläufige Gottesauffassungen, deren jede unabwendbar zu einer nächsten führt und von dieser affirmativ und zugleich korrektiv aufgenommen wird. Die einzige Konstante in diesem Fluss von Definitionsversuchen bleibt die Methode logischen Erkennens, anhand welcher eine übergreifende Struktur im definitorischen Unternehmen rekonstruiert werden kann. Es gibt jedoch gute Gründe, die vermuten lassen, dass die Auseinandersetzung mit der Gottesthematik im Rahmen der Wissenschaft der Logik sich nicht im exoterischen Verfahren erschöpft, Gott oder das Absolute bloß beiläufig zu definieren. Neben dem zitierten § 85 finden sich aussagekräftige Stellen im hegelschen Werk, die den logischen Prozess selbst in unübersehbare Nähe zu einer philosophischen Theologie rücken. So schreibt Hegel der Logik auch die so umstrittene „Bedeutung speculativer Theologie“ (¹§ 17 A) zu – allerdings nur ihr als der letzten philosophischen Wissenschaft im enzyklopädischen System, d.h. erst nachdem alle philosophischen Wissenschaften einmal abgehandelt worden sind. Er gibt ferner ausdrücklich die Anweisung, die ersten zwei Bücher der Logik im Kontext der metaphysischen Debatte zu lesen, und zwar so, dass die „objective Logik […] an die Stelle der vormaligen Metaphysik“ tritt (SL: 48,22).373 Und nicht zuletzt akzentuiert Hegel die philosophisch-theologische Thematik in der Logik so stark, dass er den logischen Inhalt selbst vorstellungshaft als „die Darstellung Gottes“ bezeichnet, „wie er in seinem ewigen Wesen vor der Erschaffung der Natur und eines endlichen Geistes ist“ (SL: 34,9f., vgl. § 85 Z, 1. Satz). Gott soll diesen Bemerkungen zufolge ständig – mag es im Text expressis verbis stehen, in einer Anmerkung durch eine Definition markiert sein oder auch nicht – ein oder gar das Thema der Logik sein, und zwar soll er dies nicht nur in jedem ersten und dritten Moment einer gedanklichen Sequenz, sondern auch in allen logischen Bestimmungen sein. Wohlgemerkt ist aber in diesem Zitat noch keineswegs entschieden, in wel-
372
Vgl. Hans Friedrich Fulda, G.W.F. Hegel, München 2003, 108. Der Unterschied zwischen objektiver und gesamter Logik mag in diesen einleitenden Bemerkungen noch unbedeutend erscheinen. Er wird sich jedoch in späterem Zusammenhang als der springende Punkt für die philosophische Theologie Hegels herausstellen. 373
Methodologische Vorbemerkungen
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chem Sinne ‚Gott‘ das Thema der Logik ausmachen soll, etwa als die Vorstellung eines jenseitigen Gottes oder als die logisch fundamentale Begrifflichkeit aller Gottesvorstellungen – wofür dieses Buch auch argumentieren wird. Ferner: All diese Aussagen über den Charakter der Logik sind nicht nur viel zu exoterisch und ungenau und wurden zu Recht als Zumutung für den Leser rezipiert; sie sind auch bloß einleitende Bemerkungen, die vor dem Anfang des logischen Gangs gemacht werden; sie sind also nicht Logik-immanent, sodass ihre Legitimität an dieser Stelle nur versichert wird. Es handelt sich um den wiederholten Hinweis darauf, in der Logik nach philosophisch-theologischen Elementen zu suchen, noch lange nicht aber um eine Garantie, dass solche Elemente auch gefunden werden. Streng genommen haben also einleitende Bemerkungen wie die von § 85 einen noch geringeren Status als die vom absoluten Geist aus zu erlangende systemimmanente Lizenz, um die Logik philosophisch-theologisch zu untersuchen: Sie sind keine Logik-immanente Lizenz, und somit eine bloß zusätzliche Versicherung einer äußeren Verbindung zwischen logischen Bestimmungen und philosophisch-theologischer Thematik, die teils vor dem Hintergrund des absoluten Geistes verständlich wird und teils den logischen Gang antizipiert. Wenn also die philosophisch-theologische Thematik oder gar eine Darstellung Gottes einen wichtigen Aspekt der Logik bildet, dann muss sich das vorerst aus dem logischen Gang selbst ergeben. All diesen einleitenden Aussagen zum Trotz muss die theologische Relevanz der Logik – zunächst jedenfalls – im Hintergrund des logischen Prozesses bleiben, als etwas Verborgenes und Unkenntliches. Denn im Vordergrund und Zentrum des voraussetzungslosen und autonomen logischen Prozesses kann nur die Entwicklung der logischen Bestimmungen als solcher stehen, die Sequenz von reinen Gedanken nämlich, wie etwa reines Sein, Nichts, Werden, oder Sein, Dasein, Fürsichsein usw. Ist aber die philosophisch-theologische Thematik wesentlich nicht nur ein, sondern der wichtigste Aspekt der Logik, wofür die erwähnten Aussagen zu plädieren scheinen, so reicht es bei Weitem nicht aus, dass darauf nur durch äußere Reflexionen in Einleitungen oder durch gelegentliche Definitionsversuche Gottes hingewiesen wird. Vielmehr muss der logische Prozess selbst in der Lage sein, eine Absolutheitskonzeption zu entwickeln und aus sich heraus seine philosophisch-theologische Relevanz zu erkennen zu geben. In der Tat wird sich zeigen, dass einerseits die von der Philosophie des absoluten Geistes erteilte systemimmanente Lizenz und alle entsprechenden Versicherungen nicht nur treffend sind, sondern auch Logik-immanent belegt werden; andererseits, dass sich die theologische Relevanz der Logik nicht nur in gelegentlichen, exoterisch gerichteten Definitionsversuchen erschöpft. So behandelt das zweite Buch der Logik die logische Bestimmung (und nicht bloß eine Vorstellung oder ein Definiens) des Absoluten, während am Anfang des dritten Buchs die Nachfolgebestimmung des Absoluten begriffen wird: der Begriff als solcher. Dadurch wird eine philosophisch-theologische Untersuchung
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Kapitel I: Hinführung
der Logik nicht nur außerordentlich ergiebig, sondern auch ausgesprochen komplex. Deshalb ist es für das Verständnis des Folgenden umso hilfreicher, zusammenfassend darzulegen, wie sich die obigen methodologischen Vorbemerkungen im Aufbau der vorliegenden Untersuchung widerspiegeln. Vorbemerkungen zum Aufbau der nun folgenden Untersuchung 374 Die Arbeit am eigentlichen Thema dieses Buches beginnt mit dem Versuch, den Anweisungen vom einleitenden, aber durch die Geistphilosophie systemimmanent legitimierten § 85 auf die Spur zu kommen. Nach dem bisher Gesagten gebietet dieser Paragraf, die ihm zufolge erlaubte philosophisch-theologische Untersuchung der Logik auf mindestens zwei voneinander deutlich unterschiedenen Ebenen auszuführen. Auf der einen Ebene wird das Logische als Logisches untersucht. Es handelt sich um die voraussetzungslose Entwicklung der logischen Bestimmungen, die sich autonom zueinander verhalten, d.h. nach den drei Momenten der oben skizierten Methode logischen Erkennens. Dabei konzentriert sich die Untersuchung auf die immanente logische Dynamik und abstrahiert bewusst von den philosophisch-theologischen Assoziationen. Auf einer weiteren Ebene werden die Definitionen Gottes oder des Absoluten sowie die Konzepte aus der Philosophie des absoluten Geistes berücksichtigt, die der jeweils exponierten logischen Bestimmung entsprechen. Das ist eine von der immanenten Untersuchung des Logischen distinkte Aufgabe, die darin besteht, das begriffliche Fundament diverser Absolutheitsauffassungen – aus der Geschichte der Theologie und Philosophie – anhand von logischen Gedankenbestimmungen zu interpretieren. Dabei geht es um die Erklärung, inwiefern eine logische Bestimmung von bestimmten, Religion oder Philosophie betreibenden Subjekten als Bestimmung Gottes oder des Absoluten ‚angesehen werden kann‘. Diese zwei Ebenen bilden ein markantes Fundierungsverhältnis: Die Interpretation der diversen logischen Bestimmungen, Definitionen und Konzepte aus der Philosophie des absoluten Geistes ist nicht möglich ohne die immanente Untersuchung der logischen Bestimmungen als solcher. Zugleich aber hat die philosophisch-theologische Untersuchung der Logik, die solche Konzepte thematisiert, mehr zu berücksichtigen als nur das rein Logische: Auf dieser Ebene müssen nämlich auch Vorstellungen und andere subjektiv bedingte 374 Die vorliegenden Vorbemerkungen ziehen die Bilanz aus den vorherigen Unterkapiteln (hauptsächlich I.B. und I.C.) hinsichtlich der nun folgenden Suche nach philosophischer Theologie in der Logik. Einen ausführlicheren Bericht über die drei verschiedenen Ebenen und die zwei Stadien dieser Suche findet der Leser in der Einleitung Ziffer 6 bis 8. Im Vergleich zu diesem Bericht beschränken sich die hiesigen Vorbemerkungen auf das, was sich im Anschluss an die Geistphilosophie und §§ 79–83 und 85 sagen lässt. Zur Veranschaulichung des Bevorstehenden kann der Leser auch die Tabelle im Anhang des Buches berücksichtigen.
Methodologische Vorbemerkungen
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Elemente berücksichtigt werden, die zwar mit den logischen Gedankenbestimmungen inhaltlich zusammengehören, gleichwohl aber ihren Ursprung außerhalb des rein spekulativen Denkens haben. In diesem Sinne ist die philosophisch-theologische Untersuchung einerseits auf einer logisch-grundlegenden und andererseits auf einer exoterischen Ebene auszuführen. Dieses Buch versucht diese zwei Ebenen der Untersuchung dadurch auseinanderzuhalten, dass sie die entsprechenden Unterkapitel im einen Fall mit ‚Die logische Bestimmung ‚…‘‘ betitelt, im anderen durch die kantische Bezeichnung ‚Episodischer Abschnitt‘ markiert. Kant unterscheidet in der Metaphysik der Sitten zwischen „einheimischen Begriffe[n]“ und solchen, von denen die Rede in einer praktischen Philosophie nur „episodisch“ sein kann. 375 Zu den Letzteren zählen subjektive Vorstellungen, die mit den einheimischen Begriffen zwar inhaltlich verwandt sind, die aber mit dem Gegenstand praktischer Philosophie nicht notwendig verbunden sind, d.h., weder dessen Ursache noch dessen Wirkung ausmachen. Ein Beispiel dafür ist der Geschmack, der einige Begierden begleitet, ohne sie kausal zu bestimmen – Kant spricht dabei vom „unthätigen Wohlgefallen“.376 Episodisch sind also jene Äußerungen, die sich inhaltlich aus zwei verschiedenen Quellen speisen, von welchen nur die eine zum eigentlichen Gegenstand systematischer Untersuchung gehört, die andere aber von der subjektiven Beschaffenheit abhängt. In diesem Sinne wird im Folgenden die Überschrift ‚Episodischer Abschnitt‘ immer dann benutzt, wenn die philosophisch-theologische Untersuchung der Logik die logischen Bestimmungen nicht nur Logik-immanent behandelt, sondern auch Inhalte anderer Disziplinen – namentlich aus dem Bereich des absoluten Geistes – berücksichtigt und deren logischen Kern aufzeigt. Sollte sich, wie schon die Einleitung dieses Buches ankündigt, ferner eine weitere Weise des Herangehens an die Gottesthematik ergeben, etwa – was in diesem Buch zu untermauern versucht wird – eine weitere Ebene philosophisch-theologischer Untersuchung, welche die logischen Bestimmungen nicht nur als solche betrachtet, wobei sie aber nicht schlicht exoterisch wird, so kann sie die von der Philosophie des absoluten Geistes der ganzen Logik erteilte und in § 85 ergänzte Lizenz nicht entziehen. (Vielmehr wird sie sogar diese Lizenz Logik-immanent begründen.) Die Unterscheidung im Aufbau zwischen Unterkapiteln, welche ‚Die logische Bestimmung ‚…‘‘ zum Thema haben, und entsprechenden ‚Episodischen Abschnitten‘ muss nämlich bis zum Schluss beibehalten werden. Eine Abhandlung der „geschichtlichen Entwicklung der Idee“ (§ 98 Z) hingegen sowie über deren Verhältnis zur logischen Entwicklung der
375 Immanuel Kant, „Die Metaphysik der Sitten“, in: Preußische Akademie der Wissenschaften, Gesammelte Schriften, Bd. 6, Berlin 1907, 212. 376 Ebd.
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Kapitel I: Hinführung
Idee, würde den Rahmen der vorliegenden Untersuchung sprengen und wird deshalb im Folgenden nicht berücksichtigt. Was darüber hinaus den Verlauf der philosophisch-theologischen Untersuchung auf den genannten zwei Ebenen betrifft, so ist vor allem der Hinweis von § 85 äußerst wichtig: „die logischen Bestimmungen überhaupt […], näher jedoch immer nur die erste einfache Bestimmung einer Sphäre, und dann die dritte“ können als Definitionen Gottes oder des Absoluten angesehen werden. Das Ziel der vorliegenden Studie besteht aber nicht darin, schlicht alle logischen Bestimmungen überhaupt oder alle ersten und dritten einer logischen Sphäre stumpfsinnig in episodischen Abschnitten zu behandeln. Vielmehr soll im Folgenden vornehmlich Hegels eigene philosophische Theologie herausgearbeitet werden. Und in dieser Hinsicht verdienen es zumindest diejenigen logischen Bestimmungen, eigens untersucht zu werden, von welchen Hegel selbst schreibt, dass sie als Definitionen angesehen werden oder den logischen Kern eines bestimmten Absolutheitskonzepts aus der Philosophie des absoluten Geistes bilden können. Wie sich im Folgenden immer wieder aufs Neue zeigen wird, ist der Gewinn dieser Herangehensweise dann besonders hoch, wenn sich herausstellt, dass Hegel diverse Gotteskonzepte und -definitionen erwähnt, um sie gleich zu revidieren und in andere aufzuheben. Dadurch wird nämlich einerseits deutlich, welche Konzepte mit Hegels eigener Absolutheitskonzeption nicht zu verwechseln sind, sodass diese negativ bestimmt wird. Andererseits werden dadurch verschiedene Absolutheitskonzeptionen im Hinblick auf die hegelsche nicht nur strukturiert, sondern auch hierarchisiert. Maxime gleich für den Anfang der philosophisch-theologischen Untersuchung der Logik sollte daher sein, die – im Sinne Hegels – letzte Konzeption oder Definition Gottes oder des Absoluten zu suchen. Als Leitfaden für diese Suche dient in einem doppelten Sinne die bereits vorgestellte Antizipation der Methode logischen Erkennens. Diese Methode wird als eine formale behandelt und instrumentalisiert, um einerseits die Darstellung der jeweiligen logischen Bestimmung schneller voranzubringen und andererseits den Zusammenhang logischer, Definientia zum definitorischen Unternehmen liefernder Bestimmungen untereinander zu erläutern, welche aber im logischen Prozess nicht unmittelbar aufeinander folgen, ohne hierfür alle dazwischenliegenden Momente des logischen Prozesses referieren zu müssen. Dies ist ein dem Logischen selbst äußerliches, aber kein prinzipiell verwerfliches Verfahren, zumal Hegel selbst Anlass dazu gibt, wenn er dem Beginn der Logik Bemerkungen zur Methode logischen Erkennens aus pragmatisch-pädagogischen Gründen vorausschickt (§§ 79–83). Näher wird dies im Kapitel III dieses Buches erläutert werden. Die hier beschriebene Herangehensweise wird jedoch bis zum einen oder anderen Punkt führen, der eine neue Dimension der Logik eröffnet. Gemeint ist das Kapitel über das Absolute in der Wesenslogik sowie das Kapitel über den Begriff als solchen. Dort wird die Relevanz des logischen Prozesses selbst –
Methodologische Vorbemerkungen
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und nicht nur der expliziten Erwähnung von ‚Gott‘ – für Hegels eigene philosophische Theologie und Metaphysik – und nicht nur für diverse bestimmte philosophische Theologien – zutage treten. Das wiederum wird einerseits eine weitere Ebene der philosophisch-theologischen Untersuchung initiieren, die die immanente Selbstdeutung der Logik thematisiert und als die esoterische zu bezeichnen ist. Da sie ferner zwischen der logisch-grundlegenden und der bloß exoterischen vermittelt, wird sie als die zweite Ebene philosophischer Untersuchung der Logik festgehalten.377 Andererseits wird die Analyse der soeben genannten logischen Bestimmungen ergeben, dass die philosophisch-theologische Untersuchung der Logik mindestens zwei Stadien aufweist, auf welche auch die Überschriften der Kapitel II und III anspielen. Die Abhandlung der Seins- und Wesenslogik wird dabei, so das erste Stadium, den Charakter der Auslegung des Absoluten und zugleich des werdenden absoluten Begriffs, also einer gewissen Vorgeschichte des Begriffs, erhalten378; und sie wird sich in eine unvollendete (II.A.) und eine vollendete Auslegung des Absoluten (II.C.) teilen. Der Begriff als solcher wird ferner im zweiten Stadium der vorliegenden Untersuchung als der absolute Begriff und das wahrhaft Absolute enthüllt und alle vorangegangenen Absolutheitskonzeptionen in sich konkret aufheben (III.D.). Dadurch wird sich schließlich zeigen, inwiefern die Wissenschaft der Logik – und nicht etwa die Religionsphilosophie – tatsächlich die begriffliche Grundlage, d.h. den logischen Kern aller Theologie, erforscht und dabei einen begrifflichen Inklusivismus aller Metaphysik und aller vernünftig artikulierten Rede von Gott exponiert. Das alles muss im Folgenden detailliert exponiert werden. Was aber dieser kurze Vorgriff auf die Ergebnisse der nun folgenden Auseinandersetzung mit der Logik beabsichtigt, ist eine grobe Orientierung, die an dieser Stelle durch die Titel der Kapitel und Unterkapitel dieses Buches noch nicht geboten wird. ‚Absoluter Begriff‘, ‚werdender absoluter Begriff‘, ‚vollendete‘ und ‚unvollendete Auslegung des Absoluten‘ – Ausdrücke, die in die Gliederung dieses Buches von Beginn an aufgenommen werden müssen, weisen auf eine Struktur hin, die am Anfang der philosophisch-theologischen Untersuchung ungeklärt ist und vorerst ungeklärt bleiben muss. Diese Struktur – und mit ihr das adäquate Verständnis der Titel von Kapiteln und Unterkapiteln dieses Buches – hat sich aus dem logischen Verlauf selbst heraus zu ergeben. Und damit es gelingt, muss die philosophisch-theologische Untersuchung der Logik möglichst neutral beginnen. Streng genommen darf sie nicht einmal die Bestimmung (des ersten Stadiums) einer philosophisch-theologischen Untersuchung tragen, weil das den voraussetzungslosen und autonomen Charakter des logischen Prozesses gefährden würde. Auch der Rekurs auf die antizipierte Methode logischen Erkennens ist zunächst nur unter dem Vorbehalt erlaubt, diese 377 378
Vgl. Zwischenbemerkung zu II.B.1. sowie Vorüberlegungen zu Kapitel III, Ziffer 3. Vgl. II.B.2. und III.A.2.
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Kapitel I: Hinführung
sei lediglich der vorliegenden Untersuchung dienlich, der voraussetzungslose logische Verlauf jedoch vollziehe sich problemlos auch ohne dieses Vorwissen. So müssen wir nun – nach den Anweisungen von § 85 – unsere Untersuchung als die episodische Suche nach philosophischer Theologie beginnen und uns dazu zunächst nur auf die Darlegung von Bestimmungen der Seinslogik stützen.
Kapitel II
Philosophische Theologie in der objektiven Logik: Der werdende absolute Begriff als Auslegung des Absoluten A. Die unvollendete Auslegung des Absoluten Die unvollendete Auslegung des Absoluten
1. Sein i. Die logische Bestimmung ‚Sein‘ Bekanntlich lässt Hegel den Prozess der logischen Entwicklung mit dem reinen Sein beginnen. Dieses soll dem Vorspann zur Seinslogik zufolge einerseits den Anforderungen der Phänomenologie des Geistes genügen, d.h. „die absolute Wahrheit des Bewußtseyns“ darstellen, andererseits aber auch nur den „Entschluss“ bilden, „den man auch für eine Willkühr ansehen kann, nemlich daß man das Denken als solches betrachten wolle“ (SL: 54,27–56,16). Als das Resultat der Phänomenologie des Geistes, und somit als etwas Vermitteltes, hat der logische Prozess mit dem reinen bzw. absoluten Wissen zu beginnen. Dieses Wissen hat sich aber als die vollkommene Einheit und Identität von Wissenssubjekt und -objekt ergeben und hat „alle Beziehung auf ein Anderes und auf Vermittlung aufgehoben“, sodass es mit gutem Grund als „das Unterschiedslose“ und als die „einfache Unmittelbarkeit“ bezeichnet werden kann (ebd.). Als von einem bloßen Entschluss zum Denken überhaupt wird vom Anfang der Logik erwartet, keine inhaltliche Bestimmtheit zu präsupponieren, sondern radikal voraussetzungslos zu sein. Es wird sogar verlangt, dass der Anfang mit keinem bestimmten Seienden oder Gedanken gemacht wird, sondern dass er „ein Unmittelbares […], oder vielmehr nur das Unmittelbare selbst“ ist (ebd.). Auch in dieser Hinsicht ist also Unmittelbarkeit das, womit der Anfang gemacht wird. Der springende Punkt für das Verständnis des reinen Seins liegt jedoch erst in der Bemerkung Hegels, dass die „einfache Unmittelbarkeit […] selbst ein Reflexionsausdruck“ ist, nämlich ein solcher, der „sich auf den Unterschied von dem Vermittelten“ bezieht, und dass „diese einfache Unmittelbarkeit“ „[i]n ihrem wahren Ausdrucke“ „das reine Seyn“ ist (ebd.). ‚Unmittelbarkeit‘ ist nämlich eine Formulierung, die sich terminologisch aus der Wesenslogik
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Kapitel II: Der werdende absolute Begriff
speist und dem Standpunkt der Vollendung der Phänomenologie bzw. des Anfangs der Logik terminologisch nicht adäquat ist. Das ist deshalb hochinteressant, weil Hegel im ersten Unterkapitel der Seinslogik um der adäquaten Beschreibung der logischen Entwicklung des reinen Seins willen nicht nur ausgerechnet auf genau diesen unwahren Ausdruck, sondern auch auf mehrere andere wesenslogische Termini und nicht zuletzt auf Ausdrücke von in der Begriffslogik thematisierter Struktur des Urteils vorgreift. So fasst Hegel im ersten, auffällig lakonischen Unterkapitel der Seinslogik, nachdem er plakativ „alle weitere Bestimmung“ als „Seyn, reines Seyn“ zurückgewiesen hat, das reine Sein „[i]n seiner unbestimmten Unmittelbarkeit“ auf (a.a.O. 68,19–69,8). ‚In seiner unbestimmten Unmittelbarkeit‘ heißt aber, dass Hegel das Sein in einer Bestimmung überhaupt auffasst, d.h. in einer bestimmten Weise indiziert, jedoch in einer Weise, die dem Sein selbst keine fremde Indikation, sondern „seine“ eigene ist. Obwohl diese es indizirende Bestimmung eine reflektierte und unwahre ist, kann das Sein erst in dieser Bestimmung betrachtet durch weitere Reflexionsausdrücke und Urteile bezeichnet werden, nämlich als „sich selbst gleich, und auch nicht ungleich gegen anderes“, ohne „Verschiedenheit innerhalb seiner, noch nach Aussen“ usw. (ebd.). Hegels Beschreibung vom reinen Sein sowie die Problematik dieser Beschreibung ist vielleicht das am meisten diskutierte Thema der Wissenschaft der Logik und kann hier nicht im Detail diskutiert werden. 1 Für die Untersuchung der philosophischen Theologie in der Logik ist relevant, zum einen daran festzuhalten, dass das reine Sein, welches das absolute Wissen und den Anfang des Denkens als solchen ausmachen soll, kein Wissen von einem Da- oder bestimmten Sosein bzw. kein Gedanke über dieselben, sondern völlig unbestimmt ist: Das Wissen oder Denken ist so unbestimmt, dass es nicht einmal als etwas Anderes als das Sein akzentuiert wird. Oder umgekehrt: Das Sein wird als so unbestimmt aufgefasst, dass es nicht einmal vom Denken unterschieden wird.2 Das ähnelt dem noch unbestimmten Subjekt eines anfänglichen Urteils, in welchem ein Prädikat noch nicht ausgesprochen worden ist. Doch der Anfang der Logik umgeht die oben skizzierte Urteilsproblematik, indem er, radikaler als jener aus der Vorstellung geliehene ‚feste Halt‘ des Urteils, nicht versucht dem reinen Sein durch den Satzbau und die Reflexionsausdrücke einen Inhalt zuzuschreiben. Vielmehr besteht der Anfang der Logik darin, mittels bewusst gewählter unwahrer Ausdrücke die vollkommene Bestimmungslosigkeit des reinen Seins darzutun: Es handelt sich um keine äu-
1
Für eine Analyse des ersten Kapitels der Logik, deren Ergebnisse die vorliegende Untersuchung weitgehend teilt und speziell deren Implikationen relevant für Hegels philosophische Theologie sind, vgl. Anton Friedrich Koch, Die Evolution des logischen Raumes. Aufsätze zu Hegels Nichtstandard-Metaphysik, Tübingen 2014, 61–82. 2 Vgl. I.C.1.
Die unvollendete Auslegung des Absoluten
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ßerlich mit dem Satzsubjekt verbundene Erkenntnis, sondern um die Umformulierung desjenigen Gedankens, der keinem Subjekt inhäriert und kein Subjekt unter sich subsumiert. 3 Zum anderen darf nicht bagatellisiert werden, dass die Bedingung für alle Umschreibung des reinen Seins dessen aktive Betrachtung, und zwar dessen Betrachtung „[i]n seiner unbestimmten Unmittelbarkeit“ bzw. „in seiner Reinheit“ bildet (ebd.). Denn dieses Betrachten fällt mit dem ersten Moment der in den Paragrafen 79ff. antizipierten Methode logischen Erkennens in eins, das „bei der festen Bestimmtheit und der Unterschiedenheit derselben gegen andere stehen“ bleibt – im jetzigen Fall: bei der Bestimmtheit des Seins als eines völlig unbestimmten und nicht Da- bzw. Soseins, oder bei der Reinheit des Seins. Damit geht die weitere Bemerkung einher, dass das erste Unterkapitel des ersten Kapitels („Seyn“) der Seinslogik keine Überschrift außer der schlichten Markierung „A.“ trägt (SL: 68,17f.). Müsste es eine Überschrift tragen, dann nicht ‚Sein‘, wie häufig ergänzt wird, sondern – wie sonst ausnahmslos in der Wissenschaft der Logik – eine andere als die des entsprechenden Gesamtkapitels, wenn auch eine nur leicht von dieser abweichende – etwa ‚reines Sein‘. Wenn es in diesem Sinne das Sein ist, was das Thema des gesamten ersten Kapitels bildet, so wird dieses im ersten Unterkapitel als reines Sein thematisiert. Anders gewendet: Es ist der abstrakte Verstand, der das Sein als das „beschränkte Abstrakte“ (§ 80) reine Sein betrachtet, den Anfang für die logische Entwicklung des Seins als ganzen macht und den Stoff oder das Potential für die zwei weiteren Momente, aber auch für alle logische Realisierung der Methode liefert. Allerdings darf dies nicht so verstanden werden, dass das ganze Sein bereits vor dem reinen Sein vorhanden wäre und dass es erst der Verstand ist, der aus ihm das reine Sein hervorbrächte. Vielmehr bildet die Überschrift ‚Sein‘ eine zusätzliche Bezeichnung dessen, was sich mit dem reinen Sein zu entwickeln beginnt und im dritten Moment seiner Entwicklung vollendet ist. Sollte dabei etwas den drei Momenten Äußeres vorhanden sein, dann nichts, das logisch vor diesen Momenten liegt, sondern höchstens die Sprache und das ganze Vorwissen, das ein reales Subjekt mit sich bringt und das lediglich Indizien zum Behufe des subjektiven Verständnisses des Logischen liefern kann. Aus der immanenten Betrachtung des reinen Seins ergibt sich das zweite Moment des Seins, das Nichts bzw. das reine Nichts. Dieses tritt nicht erst im zweiten Unterkapitel wie etwa die bloße Gegenrede des Skeptikers zu einer
3 Der performative Widerspruch, dass die unmittelbare Unbestimmtheit beschrieben wird, spricht nicht gegen Hegels Ausführung des reinen Seins, sondern gehört zur Sache selbst, bzw. macht die unmittelbare Unbestimmtheit selbst aus. Denn nach Hegel „ist die Unbestimmtheit“ „eine Bestimmtheit“, „weil sie dem Bestimmten gegenüber stehen soll“ (BL: 40,37f.). Es handelt sich nämlich um die Artikulierung eines Postulats bzw. einer bloßen Meinung, was gerade auch das Anliegen des Seinskapitels ist (vgl. § 87 A).
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Kapitel II: Der werdende absolute Begriff
dogmatischen Beschreibung des reinen Seins auf, sondern kommt bereits im ersten Unterkapitel als das Resultat und die letzte Schärfung der Beschreibung des reinen Seins zutage, d.h. als ein weiterer Ausdruck für das reine Sein selbst, und somit als mit ihm identisch. Denn die „unbestimmte Unmittelbarkeit“, die „Leere“ usw. die für die Indizierung des reinen Seins herangezogen werden, bezeichnen das Nichts gleich treffend. Aber auch umgekehrt bezeichnen alle das Nichts indizierenden Formulierungen wie die „einfache Gleichheit mit sich selbst, vollkommene Leerheit, Bestimmungs- und Inhaltslosigkeit“ (SL: 69,11f.) gleichermaßen das reine Sein. Doch ist die Identität vom reinen Sein und reinen Nichts nicht bloß als eine zu verstehen, die allein die Ebene der Bezeichnungen mittels wesenslogischer Bestimmungen betrifft. Vielmehr ist ‚Nichts‘ die erste Formulierung, die das reine Sein seinslogisch adäquat auffasst, und stellt somit den (nach dem ‚reinen Sein‘) zweiten seinslogisch präzisen Ausdruck für das mit ‚unbestimmte Unmittelbarkeit‘ Indizierte dar. Das reine Sein ist logisch betrachtet das Nichts, und alle Reflexionsausdrücke, die an die beiden ersten Gedankenbestimmungen anknüpfen, umschreiben dieselbe zugrundeliegende Identität. Da ferner nicht vertuscht werden kann, dass das (reine) Nichts auch den entgegengesetzten Begriff zum (reinen) Sein darstellt, handelt es sich beim reinen Nichts – ganz im Sinne des dialektischen Moments der spekulativen Methode – um das „eigene Sichaufheben“ des reinen Seins (vgl. § 81), das bereits mit der immanenten Betrachtung des reinen Seins beginnt und im zweiten Unterkapitel eigens weitergeführt wird. Worin aber besteht der Unterschied, ja der Gegensatz von reinem Nichts und reinem Sein? Nach der Antizipation der Methode logischen Erkennens muss er im Movens und in der Weise des Denkens liegen, und somit eine weitere Betrachtungsweise desselben Gedankens ausmachen. Tatsächlich sind keine Bestimmtheiten verfügbar, die einen Unterschied zwischen reinem Nichts und reinem Sein belegen oder gar die gemeinsame Basis für einen Vergleich zwischen den beiden liefern könnten. Wollte man ihren Unterschied auffinden, müsste man nach Hegel nicht in ihnen selbst, „sondern nur in einem Dritten, im Meynen“ suchen (SL: 79,24). Es ist eine subjektive Forderung, die darauf insistiert, die ersten zwei Gedankenbestimmungen der Logik separat zu halten, die sich aus der tatsächlichen Unterscheidung zwischen bestimmtem Sein und bestimmtem Nichts speist und dennoch unbegründet ist, solange es um „die reine Abstraktion“ (§ 87) ‚reines Sein‘ oder ‚reines Nichts‘ geht. Diese subjektive Forderung aber, das Meinen, wie sich nicht zuletzt auch in der formalen Trennung zwischen den ersten zwei Unterkapiteln der Logik kundtut, ist besonders wichtig nicht nur für das erste Kapitel, sondern für den gesamten logischen Prozess. Denn sie deutet an, dass der Sache nach mindestens zwei verschiedene Weisen möglich sind, das Sein – aber auch jede logische Bestimmung überhaupt – zu denken. Weiter noch: Diese zwei Weisen sind nicht nur möglich, insofern sie sich gegenseitig nicht nur nicht ausschließen, sondern auch dasselbe bedeuten und den wahren Ausdruck der
Die unvollendete Auslegung des Absoluten
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unbestimmten Unmittelbarkeit oder der reinen Abstraktion darstellen. Vielmehr sind sie beide der Sache nach notwendig, denn die Änderung des Gesichtspunktes der Betrachtung vom reinen Sein auf das Nichts und das Nachdenken nicht mehr über jenes, sondern über dieses, haben sich als das immanente Resultat des reinen Seins ergeben. In diesem Sinne zeugen die Meinung und die subjektive Forderung, reines Sein und reines Nichts voneinander getrennt zu halten, davon, dass diese zwei Gedanken trotz ihrer Identität zwei unterschiedene Betrachtungsweisen nur eines Gedankens sind, also (der Überschrift des Kapitels zufolge): des Seins. Für den gesamten logischen Prozess ist darüber hinaus das Meinen im ersten Kapitel insofern besonders wichtig, als es den „Gegensatz in seiner ganzen Unmittelbarkeit“ (§ 88 A), d.h. den abstrakten Gegensatz ohne jeglichen konkreten Ansatzpunkt, andeutet. Denn vom zweiten Kapitel der Logik an werden alle Gedanken einen bestimmten Inhalt aufweisen, sodass alle Gegensätze an einer Bestimmtheit festgemacht werden. Dort wird es in der Regel 4 um seiende Bestimmtheiten bzw. um seiende Gegensätze gehen, und vor diesem Hintergrund betrachtet zeigen sich die unbestimmte Unmittelbarkeit und das bloße Meinen eines Gegensatzes als ein einmaliger Sonderfall innerhalb der Wissenschaft der Logik.5 Sollte der bisherige logische Prozess des ersten Kapitels rekapituliert werden, so steht das logische Denken vor der Aufgabe, einerseits die bereits festgestellte Identität von reinem Sein und reinem Nichts, andererseits den zwar gemeinten, aber zugleich aus der Sache selbst entstandenen, mithin notwendigen Unterschied zwischen ihnen in einen seinskonformen und die Wesenslogik nicht antizipierenden Ausdruck zu bringen. Dies macht auch die Aufgabe des dritten Moments der Methode logischen Erkennens aus, das „die Einheit der Bestimmungen in ihrer Entgegensetzung“ aufzufassen hat (§ 82). Von dieser Aufgabe kann man meinen, dass sie eine subjektive Forderung bilde. Nichtsdestoweniger sind es aber das reine Sein und das reine Nichts selbst, die, indem sie bei ihrer immanenten Betrachtung in ihr jeweils Anderes übergeleitet haben, fordern, in Einheit miteinander gedacht zu werden. Die logische Bestimmung, die nach Hegel diese Aufgabe bewältigt und reines Sein sowie reines Nichts in Einheit als zwei Identische und doch Unterschiedene denkt, lautet ‚Werden‘. Das Werden führt, wie vor ihm das Nichts, keine willkürlich neue Bestimmung in den logischen Prozess ein, sondern bedeutet lediglich „diese
4
Die für die philosophische Theologie bedeutsamen und unten ausführlich zu diskutierenden Ausnahmen dieser Regel bilden der Begriff als solcher und die absolute Idee, in welchen die einfache Bestimmtheit artikuliert wird. 5 Diesen Sonderfall gibt der Anfang des dritten Unterkapitels in der Formulierung wieder, dass „das Seyn in Nichts, und das Nichts in Seyn, – nicht übergeht, – sondern übergegangen ist“ (SL: 69,25f.). Denn generell gilt, dass „die abstrakte Form des Fortgangs […] im Sein ein Anderes und Übergehen in einen Anderes“ ist (§ 240, vgl. § 84).
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Kapitel II: Der werdende absolute Begriff
Bewegung des unmittelbaren Verschwindens des einen in dem andern“, die in den ersten zwei Unterkapiteln dargelegt wurde (SL: 69,30). Das Werden besteht nämlich nicht in der Nivellierung des Unterschieds zwischen reinem Sein und reinem Nichts, sondern es bringt ihre bereits beschriebene Dynamik und ihre performativ vollzogene logische Bewegung zum Ausdruck, und zwar so, dass reines Sein und reines Nichts nach ihrer Wahrheit als Entstehen und Vergehen umgedeutet und als Momente im Werden aufgehoben werden. Dadurch nimmt die Wissenschaft der Logik Abschied vom abstrakten Gegensatz des reinen Seins und Nichts und der absolut leeren Abstraktion und gewinnt „die erste konkrete zugleich die erste wahrhafte Gedankenbestimmung“ (§ 88 Z), d.h. die erste begriffliche Vermittlung und den ersten logischen Gedanken bzw. Begriff, der in sich differenziert und mit sich zusammengewachsen ist. Fällt ferner das Werden unter das erste Kapitel, das pauschal mit „Sein“ betitelt wird, so stellt es als eine weitere Bestimmung neben dem reinen Sein und Nichts die abschließende und wahrhafte Weise dar, das anfängliche Sein zu denken. Plakativ in einem Urteil formuliert, besagt diese Erkenntnis, dass das Sein das Werden ist. Zwar können auf den Standpunkten des reinen Seins und Nichts entsprechende Urteile formuliert werden – dass nämlich das Sein reines Sein und reines Nichts sei. Doch nun ist die Endlichkeit dieser Betrachtungsweisen des Seins erkannt und in der Betrachtungsweise des Werdens aufgehoben. Doch stellt das Werden – obwohl in sich konkret – immer noch „nur die ganz abstrakte Vermittlung“ dar (SL: 103,34): Seine konstitutiven Momente sind bloße Abstraktionen, sodass das Werden keinen Inhalt und keine seiende Bestimmtheit, sondern nur die abstrakte Form der Vermittlung aufweist. Darin liegt aber nicht nur Mangel, sondern auch die herausragende Bedeutung des Werdens für den gesamten logischen Prozess: Indem es allen Inhalts entbehrt, hat es sich einerseits einen Inhalt zu geben, d.h., zu der nächsten logischen Bestimmung überzugehen. Andererseits aber stellt das Werden die reine Form der logischen Vermittlung dar, die nicht nur den seinslogischen, sondern allen logischen Inhalt und alle logische Bestimmung überhaupt formiert. Episodischer Abschnitt: Das Sein als Definition des Absoluten oder als der logische Kern bestimmter metaphysischer Auffassungen Will man das reine Sein vom logischen Kontinuum abkoppeln und es nicht als autonomen Gedanken betrachten, sondern es als Prädikat an das Absolute anhängen, so kann man meinen: „Das Absolute ist das Sein“ (§ 86 A).6 Dies ist 6
Das Sein, und zwar alle drei Momente des Seins, als die logische Definition des Absoluten hebt Michael Schulz hervor und deutet anschließend die gesamte Logik als eine Ontotheologie (vgl. Michael Schulz, Sein und Trinität. Systematische Erörterungen zur Religionsphilosophie G. W. F. Hegels im ontologiegeschichtlichen Rückblick auf J. Duns Scotus und I. Kant und die Hegel-Rezeption in der Seinsauslegung und Trinitätstheologie bei W.
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der erste Versuch einer Definition des Absoluten, und er findet sich gleich in der Anmerkung zu der allerersten logischen Bestimmung. Historisch betrachtet ordnet ihn Hegel den Eleaten zu.7 Die Hauptfrage, die sich dabei stellt, ist: Inwiefern wird das aus der Sicht der oben angestellten methodologischen Vorbemerkungen ohnehin unbestimmte Definiendum präzisiert, wenn sein angebliches Definiens mit der unbestimmten Unmittelbarkeit gleichgesetzt wird? Schließlich besagt dieser Definitionsvorschlag expressis verbis nichts weiter, als dass das Absolute „nur sich selbst gleich und auch nicht ungleich gegen Anderes“ ist. In der Tat erkennt Hegel diesem Definitionsversuch einen speziellen Rang, sogar einen Grenzcharakter zu, wenn er ihn als die „schlechthin anfängliche, abstrakteste und dürftigste“ Definition bezeichnet (§ 86 A). Denn nur schwerlich kann man die „abstrakteste“ Definition, die nur die Gleichheit des Definiendums mit sich selbst behauptet, als eine wirkliche Definition akzeptieren. Eher scheint sie den Bedarf einer Definition auszudrücken. Sie ist eine abstrakte, ja die abstrakteste Tautologie des Verstandes, die das Definiendum in sich völlig unbestimmt gelten lässt. Hegel scheint also den langen Prozess des Definierens des Absoluten mit einer Spitzfindigkeit zu initiieren: Die anfängliche Aussage, auf welche alle weiteren Definitionsversuche aufzubauen haben, scheint nicht wie ein explizites Bestimmen des Absoluten aufzutreten, sondern wie ein bloßer, inhaltsleerer Auslöser des sich aus der Logik speisenden definitorischen Unternehmens. Jedoch kommt ein weiterer, ausgesprochen wichtiger Aspekt dieser Definition ans Licht, wenn man das reine Sein im Vergleich zum Begriff des realen Seins bzw. der empirischen Realität insgesamt berücksichtigt. Hegel entnimmt den Anstoß für diese Bemerkung, die teilweise logische Bestimmungen aus der Sphäre des Daseins antizipiert, einer philosophisch-theologischen Formulierung, welche der obigen Definition des Absoluten entspricht: dass nämlich „Gott der Inbegriff aller Realitäten ist“ (§ 86 A). Was die Realität ist, erklärt Hegel im Kapitel über das Dasein als solches: „Daseyn ist bestimmtes Seyn“ (SL: 96,3), d.h. die unmittelbare Einheit von Sein und Nichts als das Resultat des Werdens. Die Bestimmtheit des Daseins besteht im Verhältnis von Sein und Nichts, das weiter die Qualität ausmacht. Legt man den Akzent auf das Pannenberg, E. Jüngel, K. Rahner und H. U. v. Balthasar, St. Ottilien 1997, 128; 208ff.; 238). 7 Vgl. § 86 A; SL: 70; VANM 7: 49ff. Für einen Vergleich zwischen der Kategorie des reinen Seins und dem absoluten Einen der platonischen Tradition vgl. Jens Halfwassen, Hegel und der spätantike Neuplatonismus. Untersuchungen zur Metaphysik des Einen und des Nous in Hegels spekulativer und geschichtlicher Deutung, Bonn 1999, 273–298. Dort stellt J. Halfwassen ausführlich und überzeugend dar, dass Hegels Rede vom reinen Sein im Kontext der plotinischen Philosophie im Sinne nicht der ersten und ärmsten Kategorie der Seinslogik, sondern einer der letzten der Wesenslogik, namentlich des Absoluten, zu verstehen ist.
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Sein des Daseins, so artikuliert man die Qualität als Realität. Möchte man dagegen das Nichts hervorheben, dann fasst man die Qualität als Negation. Jedenfalls ist das Dasein bzw. alles Seiende als das Wechselspiel von Realität und Negation zu verstehen, und nur als solches weist es Bestimmtheiten auf (vgl. a.a.O. 98f.). Der Ausspruch also, Gott sei der Inbegriff aller Realitäten, entbindet Gott jeder Negation und fasst ihn bloß als das Reale, das „Allerrealste“ auf (§ 86 A) – als ohne jegliche Beschränkung, Bestimmtheit und Bezug auf ein Anderes. Hiermit wird aber der Begriff der Realität selbst obsolet. Denn diese übrig gebliebene Realität ist nichts anderes als das völlig Bestimmungslose, kein bestimmtes, sondern lediglich das diffuse „Prinzipium des Seins in allem Dasein“ (ebd.), das abstrakte Sein. So bedeutet mithin diese religionsphilosophische Definition Gottes nichts anderes, als dass Gott das reine Sein sei (vgl. SL: 99,21–100,28). Auf diese Weise wird Gott vom bestimmten Dasein abgegrenzt; er stellt die vollkommene Negation aller Bestimmtheiten und Beschränktheiten dar, die das Sein zu irgendeinem real Seienden konkretisieren. Gott kann nicht mit der zufälligen Existenz gleichgesetzt werden, sondern soll ganz im Gegenteil „das Prinzipium des Seins in allem Dasein“ (§ 86 A) bilden, sodass er schließlich die Bedingung der Möglichkeit allen Entstehens und Vergehens als ein vollkommen unbestimmtes Jenseits ausmacht. Aus dieser Überlegung leitet sich des Weiteren am ersten Definitionsversuch der wahrhaft spekulative Sinn ab, den Hegel uns anlässlich der Kritik der kantischen Widerlegung des ontologischen Gottesbeweises aufgehen lässt.8 Die Pointe der hegelschen Kritik ist nämlich, dass das Sein und der Begriff Gottes nicht mit dem Sein und den Begriffen der endlichen Dinge zu verwechseln sind. Zum einen handelt es sich bei Letzteren um bestimmtes Sein, also Dasein. Zum anderen gehört es zur Natur der endlichen Dinge, dass ihr Begriff (im kantischen Sinne) von ihrem Sein verschieden ist. Diese Inadäquatheit zwischen Begriff und Sein der endlichen Dinge hebt Hegel sogar mehrmals in seinem Werk hervor, indem er sich nicht nur konsequent weigert, von Begriffen endlicher Dinge zu sprechen, sondern diese „abstrakte[] Vorstellungen“ des subjektiven Erkennens oder schlicht „Vorstellungen“ nennt und sie mit Nachdruck von den Begriffen bzw. Begriffsbestimmungen im terminologischen Sinne trennt, die als solche allein im Rahmen der Logik dargelegt werden.9 Demgegenüber schafft die allererste Definition Gottes die Trennung zwischen dessen Begriff und Sein ab: Der Begriff Gottes liegt nach dieser Definition genau und nur darin, das Sein als solches zu sein, das eben kein endliches Ding,
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Vgl. u. a. SL: 73ff. und § 51 A. Vgl. §§ 164 A; 165 A. Das Schaffen von ‚Begriffen‘ von endlichen Dingen wie etwa von Tisch, Baum usw., das Schaffen also von Vorstellungen ist eine Tätigkeit des subjektiven Geistes und zwar der Psychologie; es spielt in der Wissenschaft der Logik keine Rolle. 9
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sondern ein Begriff oder eine Begriffsbestimmung ist. Gott ist also in sich minimal und dennoch radikal anders als die endlichen Daseienden bestimmt – und zwar insofern, als „sein Begriff und sein Seyn [als] ungetrennt und untrennbar“ voneinander erklärt werden (SL: 77,7). Es ist für Hegel eine vulgäre Interpretation des ontologischen Gottesbeweises, wenn man neben dem Begriff Gottes noch nach einer äußerlichen Existenz sucht, als wäre er ein endliches Ding wie die kantischen hundert Taler, deren Existenz in einer Tasche liegt, deren ‚Begriff‘ aber in der Vorstellung eines Menschen besteht. Der Unterschied zwischen dem Allerrealsten und jedem empirisch Realen liegt darin, dass jenes in einer anderen Weise als dieses ist, bzw. dass Gott nur als Begriff ist.10 Signifikanz und Eigentümlichkeit dieses ersten Definitionsversuches Gottes bestehen demnach genau in der Tatsache, dass er keine Definition (im paronymischen Sinne) ist: dass er nämlich Gott nicht zu etwas Endlichem degradiert, sondern vom Umfeld der Endlichkeiten ablöst. Was oben noch wie eine Spitzfindigkeit erschien, muss daher nun als performative Umdeutung der Namen ,Gott‘ oder ,Absolutes‘ verstanden werden: Soll eine vernünftige Rede von diesen Namen möglich sein, dann ist dafür, Hegel zufolge, die erste Bedingung, dass sie keine Vorstellungen, keine propositionalen ‚Begriffe‘ sind, die auf beliebige Entitäten hinweisen, sondern Begriffe, die als solche nur über eine logische Existenz verfügen, Momente des Logischen überhaupt bzw. – wie sich später zeigen wird – entweder bestimmte Begriffe oder der eine Begriff als solcher sind.11 Diese erste Definition ist demnach weder absolut inhaltslos noch ein bloßer Auslöser des definitorischen Unternehmens des Absoluten. Vielmehr verweist sie auf die Identität von Sein und Begriff als die wahre Grundlage nicht nur des ganzen definitorischen Prozesses, sondern auch aller spekulativ-philosophischen Theologie im Rahmen der Logik.12 Hegel deutet das ausdrücklich in einer Parenthese an: „Es ist dies die (im Gedanken) schlechthin 10 Unten wird sich zeigen, dass Gott nicht nur als Begriff ist, sondern dass einerseits sein Begriff mit dem Begriff als solchem in eins fällt und andererseits seine Realität die logisch begriffliche ist. 11 In diesem Sinne stellt das Resultat des ontologischen Gottesbeweises (und nicht das Verfahren dieses Beweises selbst) die Voraussetzung und den Ausgangspunkt der Logik dar und prägt ihren gesamten Verlauf. Vgl. Dieter Henrich, Der ontologische Gottesbeweis. Sein Problem und seine Geschichte in der Neuzeit, Tübingen 1960, 218: „Der ontologische Beweis steht also wohl nicht am Anfang der Logik, aber für den, der noch nicht auf den Standpunkt der logischen Wissenschaft gelangt ist, ist er Ausdruck ihrer Idee. An sich, im Gang der Logik, ist er leicht zu vollziehen. Und deshalb kann es scheinen, als gehöre er zum Belanglosen in ihr. Wo aber die rechte Philosophie noch Problem ist, macht er ihr ‚ganzes Interesse‘ aus. Die Gegner der Ontotheologie können von ihrem Einwand nur abgebracht werden, wenn sie genötigt werden, sich auf den Standpunkt des absoluten Wissens zu stellen.“ 12 Programmatisch für den Gang der Logik notiert Hegel am Ende einer seiner Auseinandersetzungen mit Kants ontologischem Gottesbeweis: „Die wahrhafte Kritik der Kategorien
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anfängliche, abstrakteste und dürftigste“ Definition (§ 86 A). Der Gehalt dieser „schlechthin dürftigsten“ Definition liegt nämlich darin, immerhin – und offensichtlich in Abgrenzung zu andersartigen Definitionen – dem Bereich des Gedankens anzugehören, und somit genau diesen Bereich für das definitorische Unternehmen zu initiieren. Gott soll innerhalb der Logik immer als der Begriff betrachtet werden, der nicht in Bezug auf ein äußerliches, empirisches Sein aufgefasst wird. Das ist aber nichts anderes als der oben 13 beschriebene Standpunkt, welchen die Philosophie des objektiven Geistes in ihrem Abschluss als „Erheben des Geistes über das Sinnliche“, und zwar „zum Wissen des absoluten Geistes“ erreicht hat. Die zentrale Bestimmung des absoluten Geistes und der Ausgangspunkt der Logik als einer philosophischen Wissenschaft fallen also insofern zusammen, als sie die empirische Realität negieren und sich voll dem logischen Denken zuwenden. Die Eigenartigkeit der allerersten Definition des Absoluten in der Logik geht mit einer Eigenartigkeit auch der zweiten Definition einher. Trotz der programmatischen Ankündigung von § 85, dass „nur die erste einfache Bestimmung einer Sphäre, und dann die dritte“ als Definition des Absoluten angesehen werden können, schreibt Hegel auch dem Nichts diese Eigenschaft zu (vgl. § 87 A). Das mag eine Irregularität im definitorischen Unternehmen sein, doch ist es keine Diskrepanz darin. Denn das Nichts ist eine ebenso „einfache Bestimmung“ wie die erste dieser Sphäre und kann daher nicht das Endliche ausdrücken, wie sonst die zweiten Bestimmungen aus den späteren logischen Sphären. Denn es gibt nichts Geringeres als das reine Sein, was dieser zweite Gedanke der Logik ausdrücken könnte oder sollte. Dass man zögert, das Nichts dem Absoluten zuzuschreiben, ist ein subjektiver Reflex, eine Meinung, die abstraktes mit konkretem Nichts verwechselt. Aus logischer Sicht besagt daher der zweite Definitionsversuch des Absoluten dasselbe wie der erste, aber mit einer Verschiebung der Perspektive, die in der Meinung liegt, man würde etwas Anderes als das reine Sein zum Absoluten ernennen. Die Bestimmung des Nichts bildet des Weiteren den logischen Kern der philosophisch-theologischen Auffassung, Gott sei „nur das höchste Wesen und sonst nichts“ (§ 87 A). Dabei wird exakt dieselbe Negation aller Bestimmtheit und allen Daseins, mithin das bestimmungslose Sein bzw. Nichts zum Ausdruck gebracht, wie von der Gottesauffassung, Gott sei der Inbegriff aller Realitäten. Insofern bedarf auch hier dessen Inhalt keiner weiteren Explikation. Ergänzend zum oben Gesagten ist lediglich Folgendes mit Blick auf die bereits
und der Vernunft ist gerade diese, das Erkennen über diesen Unterschied [zwischen Begriff und Sein] zu verständigen und dasselbe abzuhalten, die Bestimmungen und Verhältnisse des Endlichen auf Gott anzuwenden.“ (SL: 77.) 13 Vgl. I.B.2.ii. und I.B.3.ii.
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oben antizipierte Sphäre des Daseins zu erwähnen: Wird der Begriff der Realität konsequent verstanden und die konstitutive Funktion der Negation für die Realität ernst genommen, dann muss eingestanden werden, dass Gott nicht nur der Inbegriff aller Realitäten, sondern auch der Inbegriff aller Negationen ist (vgl. SL: 99f.). Ferner stellt das Nichts die erste Bestimmung der Logik dar, die den logischen Kern einer historischen Religion zu erkennen gibt. Als das Nichts wird Gott, so zumindest Hegel, im Buddhismus gedacht, der es „zum letzten Endzweck und Ziel von allem“ setzt (§ 87 A) und folglich nach der höchsten praktischen Selbstnegierung strebt. Aber auch die ausführlichen religionsphilosophischen Bemerkungen Hegels zum Nichts aus den entsprechenden Vorlesungen weichen von der Deutung des reinen Seins nicht ab und bedürfen hier keiner weiteren Erklärung. 14 Schließlich ist bemerkenswert, dass Hegel unter das Nichts auch das Absolute der kantischen Philosophie subsumiert. Die Verabsolutierung des Nichts sieht Hegel dort bereits in der Trennung von Denken und Ding an sich verborgen. Ersteres sei von dieser Philosophie massiv verschmäht: Es solle auf eine (inter-)subjektive Funktion beschränkt sein und „nur Hirngespinste“ (SL: 29,32) ohne Anwendung auf das Ding an sich hervorbringen. Dem Ding an sich dagegen werde der Status eines selbstständigen Objekts zuerkannt. Da es aber für das subjektive Denken völlig unnahbar sein solle, stelle es ein leeres „Jenseits“ (a.a.O. 35,15) dar, „das Unbestimmte, schlechthin Form- und damit Inhalts-lose“ (§ 87 A), mithin das Nichts im hegelschen Sinne und die bloße Meinung, es gäbe etwas völlig Bestimmungsloses und dennoch auf radikal andere Weise als das Sein. Was das Werden betrifft, so ist Heraklit derjenige, der es zum Prinzip seiner Philosophie, und damit zum Absoluten in derselben, gemacht hat. 15 Hegel sieht in dieser Hervorhebung des logischen Gedankens ‚Werden‘ den historischen Abschied von der leeren Abstraktion auf der Ebene der Philosophie des absoluten Geistes bzw. in der Geschichte der Philosophie. Dadurch wird eine neue Ära im definitorischen Unternehmen eingeläutet, in welcher „wahrere Definition[en] des Absoluten“ formuliert werden, die das Absolute nicht mit leeren Abstraktionen gleichsetzen, sondern stets als „ein Konkretes“ auffassen, „in dem beide, Sein und Nichts, Momente sind“ (§ 87 A). Spektakulärer aber als das bemerkt der Zusatz zu § 88: „Wir haben hieran zugleich ein Beispiel der
„Auf den ersten Anblick muß es auffallen, daß der Mensch Gott als Nichts denke; es muß die größte Sonderbarkeit haben. Aber näher betrachtet heißt diese Bestimmung nichts anderes als: Gott ist schlechthin nichts Bestimmtes, er ist das Unbestimmte; es ist keine Bestimmtheit irgendeiner Art, die Gott zukommt; […] Das [dass Gott das Nichts ist] heißt aber nicht, daß Gott nicht ist, sondern daß er das Leere und daß dies Leere Gott ist.“ (VANM 4a: 464.) 15 Vgl. SL: 70,21f.; § 88 Z; VANM 7: 72f. 14
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wahrhaften Widerlegung eines philosophischen Systems durch ein anderes, welche Widerlegung eben darin besteht, daß das Prinzip der widerlegten Philosophie in seiner Dialektik aufgezeigt und zum ideellen Moment einer höheren konkreten Form der Idee herabgesetzt wird.“ Das eleatische und buddhistische Denken, aber auch die soeben erwähnten zentralen Ansätze der Transzendentalphilosophie, finden nach Hegel ihre immanente Widerlegung im System Heraklits. Denn das Prinzip des Letzteren hebt rein logisch betrachtet die der anderen in sich auf bzw. erfüllt deren Desiderate, ohne ihre Prinzipien preiszugeben. Diese Aufhebung und Erfüllung markieren zusammen erstmals die Bedeutung der spekulativen Methode und des gesamten logischen Prozesses für das definitorische Unternehmen des Absoluten und für alle historischen Absolutheitsauffassungen, die zu einer Stufe der Logik parallelisiert werden können: Scheinbar (etwa raumzeitlich) zusammenhangslose Metaphysik-Konzepte lassen sich in einem logischen Zusammenhang auffassen, der das Resultat keiner äußeren, mit willkürlich ausgesuchten Merkmalen operierenden Reflexion ist, sondern aus der immanenten Betrachtung genau des logischen Kerns des jeweiligen Konzepts hervorgeht, nämlich aus der Betrachtung dessen, was dieses Konzept selbst für das Absolute hält. 2. Dasein i. Die logische Bestimmung ‚Dasein‘ Die erste konkrete Vermittlung, und somit die erste konkrete Realisierung der Methode logischen Erkennens als des immanenten logischen Verfahrens der Hervorbringung und Aufhebung eines wirklichen Unterschieds findet mit dem Dasein als solchem statt. Den Ausgangspunkt dieser Sphäre bildet das Dasein überhaupt, das die unmittelbare, einfache und ruhende Einheit von Sein und Nichts darstellt, d.h. die unruhige Einheit derselben, die vom Werden sowie von seinen Momenten ‚Entstehen‘ und ‚Vergehen‘ ausgedrückt wird, nun aber erneut genommen als vom abstrakten Verstand und damit als ruhend aufgefasst. Das ist der Gedanke von solchem Sein, das den Unterschied zwischen reinem Sein und Nichts in sich enthält, also bestimmtes Sein ist, und zwar diesen Unterschied so enthält bzw. bestimmt ist, dass es etwas Fixes und Befestigtes darstellt und allein als diese Bestimmtheit besteht. Der Unterschied des Daseins zum reinen Sein liegt daher in der Befestigung der abstrakten Bestimmtheit des ersten Kapitels: War es dort eine bloße Meinung, was reines Sein von reinem Nichts trennte, so ist diese Trennung im Dasein als die seiende Bestimmtheit vorhanden, als die subsistierende des Seins selbst. Doch ist der Unterschied zwischen reinem Sein und reinem Nichts zwar im Dasein überhaupt als die Subsistenz dieses Daseins enthalten, er ist aber noch nicht als solcher gesetzt. Ihn erneut zu setzen, macht den Beitrag des dialektischen Moments der Methode aus, der das Dasein überhaupt als die Qualität
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auffasst. Sobald die seiende Bestimmtheit für sich betrachtet wird, sind ihre Momente eigens zu fassen und voneinander zu unterscheiden. So sind in der unmittelbaren Einheit des Daseins einerseits die nur seiende Bestimmtheit, die Realität, und andererseits die nichtige Bestimmtheit, die Verneinung überhaupt bzw. die Negation, zu setzen und voneinander zu isolieren. Diese zwei Momente der Qualität werden im Moment des Spekulativen so zusammengedacht, dass die anfängliche Einheit von Dasein überhaupt als durch die Qualität bereichert wiederhergestellt wird. Die logische Bestimmung, die dem spekulativen Moment in der jetzigen Sphäre entspricht, ist das Etwas, welches für das in sich konkretisierte Dasein steht, d.h. für das Dasein, das durch den in ihm selbst enthaltenen Unterschied mit sich zusammengewachsen ist und ihn erwiesenermaßen in sich enthält bzw. aufgehoben hat. Das Dasein, das als über eine bestimmte Qualität verfügendes und in dieser Qualität bestehendes aufgefasst wird, ist nicht mehr das bloße Dasein überhaupt, sondern Daseiendes: die Wiederherstellung der „einfache[n] seyende[n] Beziehung auf sich“ (SL: 103,12), die Vollendung der konkreten Vermittlung des Daseins als solchen mit sich selbst. Dabei ist wichtig zu registrieren, dass das Etwas im logischen Verlauf die erste Vermittlung „mit sich“ darstellt, die „gesetzt“ ist (a.a.O. 103,34f.), die erste Vermittlung nämlich durch eine seiende und nicht bloß gemeinte Bestimmtheit. Hegel selbst macht auf die Innovation dieser Vermittlung im Hinblick auf das Sein aufmerksam und betont, dass sie das Vorbild für alle bevorstehende Vermittlung im logischen Prozess ist und sich in dieser gewissermaßen wiederfindet. Er hebt nämlich die Entwicklung vom Dasein überhaupt zum Etwas als einen Wendepunkt im logischen Prozesses hervor. Charakteristisch ist, dass genau hier zum ersten Mal im systematischen Kontext die wohl berühmte Formel von „Negation der Negation“ fällt (a.a.O. 103,12). Auf die Bedeutung dieses Wendepunkts im logischen Prozess für die eigene Gottesauffassung Hegels wird im nächsten episodischen Abschnitt hingewiesen. Die Bedeutung für den logischen Prozess selbst jedoch wird erst durch die Analyse des Begriffs als solchen deutlicher. Der Antizipation der Methode logischen Erkennens zufolge soll auf das Dasein als solches dessen entgegengesetzte Bestimmung folgen, welche die gesamte Sphäre des Daseins als in sich gespalten darstellt. Dies trifft bei den Gedankenbestimmungen, die pauschal als Endlichkeit bezeichnet werden, tatsächlich zu, insofern sie der unmittelbaren Einheit, für welche das Dasein als solches steht, etwa das Andere, die Grenze oder die Schranke entgegensetzen. Für die Untersuchung der Definitionen des Absoluten in der Logik ist jedoch nur das Ergebnis der logischen Betrachtung der Endlichkeit relevant: die Unendlichkeit. An die Unendlichkeit gelangt die Endlichkeit durch die Beobachtung, dass die Bestimmung des Endlichen darin liegt, zu vergehen und stets ein anderes
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Endliches zu werden; dass nämlich erst beim Vergehen das Endliche sein Ansich erreicht und seine eigene Bestimmung erfüllt bzw. das wird, was es ist. Zugleich stellt aber dieses Vergehen die Erhebung des Endlichen aus seinen Schranken und somit seine Negation dar. Dass das Endliche also beim Vergehen seine eigene Bestimmung erreicht, heißt, dass es nur das ist, was es ist, indem es sich selbst negiert und über sich hinausgeht. Der Terminus für die Negation des Endlichen lautet aber Unendliches, und so führt Hegel das Unendliche zunächst als den präzisen Ausdruck für das ein, was das Ansich des Endlichen wahrhaft bildet. In diesem Sinne zeigen sich Endliches und Unendliches als identisch, bzw. „das Endliche [ist] im Unendlichen verschwunden, und was ist, ist nur das Unendliche“ (a.a.O. 125,26), was auch das erste, verständige Moment der Endlichkeit ausmacht: das Unendliche überhaupt als das affirmative Resultat der Endlichkeit gefasst, und nicht bloß als ein negativausstehendes Resultat, wie etwa das Sollen, das Ansich oder die Bestimmung. Doch handelt es sich bei dieser pauschalen Erklärung des Unendlichen – wie unter dem Gesichtspunkt des Skeptikers bemerkt werden muss – auch nur um das gesetzte Endliche. Die Abstraktion, dass nur das Unendliche sei, bedeutet zwar die radikale Negation des Endlichen. Die Negation stellt aber eine Art von Bezugnahme auf ein Anderes, mithin eine Art von Beziehung zwischen zwei Daseienden dar, sodass mit der ausdrücklichen Negation vom Endlichen auch dessen Rettung gewährleistet wird: Das Endliche besteht weiterhin als der seiende Bezugspunkt für seine eigene Negation, für das Unendliche. Somit wird die Endlichkeitsbeziehung von Etwas und Anderem auf der Ebene der Unendlichkeit wiederhergestellt, und zwar so, dass das Unendliche nun als das Nicht-Endliche in der Rolle des seienden Nichtseins des Daseins ist. Wird aber ferner das endliche Dasein als das Veränderliche, das an sich Bestimmte und Beschränkte aufgefasst, so muss das Unendliche als das abstrakte Ausgeführtsein dieses Ansich näher konzipiert werden in einem, worin alle Veränderung, alle Bestimmtheit und alle Schranken verschwunden sind. Das Unendliche wird in diesem Sinne als „das unbestimmte Leere“ (a.a.O. 126,31), als eine dem bestimmten Dasein gegenüber bloße Abstraktion verstanden, deren einzige Bestimmtheit in der Negation des Endlichen besteht. Was also im Unendlichen überhaupt verschwunden zu sein schien, das Endliche, tritt nun wieder hervor und ist das Maßgebende für die Bestimmung des Unendlichen. Endliches und Unendliches werden in ein unmittelbares Verhältnis zueinander gesetzt, innerhalb dessen sie zwei wohl definierte Plätze besetzen, ja als zwei Welten vorgestellt werden: Das Endliche wird als das vertraute Diesseits genommen, während das Unendliche daraus als ein fernes und unbestimmtes Jenseits gestrichen wird. In diesem Gegensatz verkörpern sie gegenseitig ihre Grenzen – ein Sachverhalt, den Hegel die „Wechselbestimmung des Endlichen und Unendlichen“ nennt (a.a.O. 129,7). Solches Unendliche ist jedoch kein wahres Unendliches, sondern nur noch das „Schlecht-Unendliche“
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(a.a.O. 127,2), das Unendliche, das durch das Endliche begrenzt bzw. verendlicht ist. Schließlich handelt es sich bei diesem dialektischen Moment der Unendlichkeit nicht einmal um zwei grundsätzlich Verschiedene, sondern um die eine Endlichkeit, die sich selbst verdoppelt und als zwei fixe Punkte gesetzt hat. Man denkt, man hielte dabei das Endliche für absolut endlich und das Unendliche für absolut unendlich. Tatsächlich ist es aber nur der Gegensatz der beiden, der absolut gedacht wird, aufgrund dessen Endliches und Unendliches als seiend angenommen werden und dabei ihre eigene Bestimmung verfehlen. Der Selbstwiderspruch des Schlecht-Unendlichen wird spekulativ durch den Gedanken der wahrhaften Unendlichkeit aufgelöst. Die nähere Betrachtung der inneren Konstitution der unmittelbaren Wechselbestimmung von Endlichem und Unendlichem gibt zu erkennen, dass jedes von diesen beiden sein Anderes in sich selbst enthält, d.h., dass beide in sich unmittelbar negiert sind. Zum einen wird nämlich das Unendliche als das Hinausgehen über das Endliche bestimmt. Hiermit wird das Endliche zum unmittelbar unverzichtbaren Bestandteil des Unendlichen erklärt, und dadurch zeigt sich dessen Negation als in ihm selbst enthalten. Zum anderen ist das Endliche nichts anderes als das Negieren seiner selbst, sodass es an sich nichts anderes als das Unendliche ist. Daher ist jedes nicht nur die Negation des Anderen, sondern, da jedes das Andere in sich enthält, die Negation und die Aufhebung seiner selbst. Dadurch wird der Unterschied zwischen Endlichem und Unendlichem nicht nivelliert, denn jedes braucht weiterhin das Andere um seines eigenen Bestehens willen. Vielmehr ist ihre Selbstständigkeit aufgelöst. Wie in der Sphäre des Seins tritt auch hier die Einheit zweier Momente als keine ruhende in den Vordergrund, sondern als die Bewegung des Unendlichen, über seine Negation zu sich zurückzukommen. Das ist die Einheit von Endlichem und Unendlichem, die voneinander zu unterscheiden, aber in die Selbstbeziehung des Unendlichen eingebettet sind. Oder mit Hegels Worten: Das „Unendliche [ist] in der That vorhanden […], [als] der Prozess […] in welchem es sich herabsetzt, nur eine seiner Bestimmungen, dem Endlichen gegenüber und damit selbst nur eines der Endlichen zu seyn, und diesen Unterschied seiner von sich selbst zur Affirmation seiner aufzuheben und durch diese Vermittlung als wahrhaft Unendliches zu seyn“ (a.a.O. 135,36ff.). Bedeutungsvoll – nicht zuletzt für Hegels eigene Absolutheitsauffassung – ist es schließlich, dass dieser Prozess ein unmittelbarer bzw. ein Prozess des Daseins ist, was darauf hinweist, dass er weder abstrakt noch in ein Jenseits verdrängt ist, wie es der Verstand oder die Vorstellung möchte. Das wahrhaft Unendliche ist nach Hegel das begriffene Diesseits oder die „Realität in höherem Sinn“ (a.a.O. 136,28). Tatsächlich ist der jetzige Realitätsbegriff höher als bei der Bestimmung des Daseins als solchen, bei welcher die Realität innerhalb der Qualität des Daseienden in Abgrenzung zu ihrer Negation somit als endliche bestimmt war (vgl. a.a.O. 98). Treffender jedoch als „Realität in höherem
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Sinn“ wird die wahrhafte Unendlichkeit durch den Ausdruck ‚Idealität‘ bezeichnet. Denn die Idealität weist nach Hegel auf diejenige Beschaffenheit hin, nach welcher etwas ein in sich prozessuales und konkretes Ganzes ist, dessen konstituierende Unterschiede nichts Selbstständiges, sondern bloß seine eigenen Momente sind. Entsprechend gebraucht Hegel auch das Adjektiv ‚ideell‘ in einer doppelten Bedeutung: Zum einen bezeichnet er dadurch etwas, das konkret ist, indem es in sich sein Anderes als sein Moment enthält. Zum anderen nennt er auch die unselbstständigen und insofern für sich unwahren Momente eines konkreten Ganzen ‚ideell‘ (vgl. a.a.O. 142f.). Episodischer Abschnitt: Das Dasein als Definition des Absoluten oder als der logische Kern bestimmter metaphysischer Auffassungen Inwiefern ein einziges Moment des Daseins als solchen den logischen Kern einer Absolutheitsauffassung liefert, wurde bereits im Zusammenhang mit dem reinen Sein registriert: Der philosophisch-theologische Ansatz, Gott sei der Inbegriff aller Realitäten, hält an ausschließlich einem von beiden Momenten der Qualität fest, fasst Gott als das „Principium des Seins in allem Dasein“ auf (§ 86 A) und fällt in das reine Sein zurück. Spannender ist hingegen die Bedeutung der Vermittlung, die in der gesamten Sphäre des Daseins als solchen vollzogen wird. Denn Hegel sieht in der Vermittlung durch die seiende Bestimmtheit, welche die „einfache seyende Beziehung auf sich“ (SL: 103,12) zum Resultat hat, das Vorbild für die philosophische Theologie in seinem Sinne. Diese soll nämlich wie im Fall des Unterkapitels über das Dasein als solches „nicht bei der Gottheit […] als Allgemeinheit[] stehen“ bleiben (a.a.O. 103,16). Vielmehr hat sie aus der anfänglichen Gottheit die seiende Bestimmtheit oder Negation hervorzubringen und dieselbe in konkreter Einheit mit der anfänglichen Allgemeinheit aufzufassen, nämlich den konkreten (d.h. mit sich zusammengewachsenen) Gott darzustellen. Hegel beschränkt sich aber dabei nicht auf diese Anmerkung bezüglich der Ausführung philosophischer Theologie. Er wird noch deutlicher und signalisiert die zu erreichende Vollendung philosophischer Theologie, und zwar insofern sie im Rahmen der Logik vollzogen wird. Mit der seienden Vermittlung, die beim Dasein als solchem vollzogen wird und das Vorbild für die philosophische Rede von Gott ist, ist ferner „nur der Anfang des Subjects […], das Insichseyn nur erst ganz unbestimmt“ gewonnen. Was aber noch logisch zu erreichen ist, ist „die concrete Intensität des Subjects“; und das ist der Fall „erst im Begriff“ (a.a.O. 103,23–25). Der an Hegels philosophisch-theologisches Konzept interessierte Leser wird also an dieser Stelle auf das Kapitel über den Begriff als solchen hingewiesen. Der Begriff als solcher soll den logischen Kern von Hegels eigener Gottesauffassung bilden. Dieser Kern soll nicht einmal als ein gewöhnliches Subjekt verstanden werden, sondern als dessen „concrete Intensität des Subjects“. Worin
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genau diese Intensität liegt, lässt sich hier sicherlich nicht sagen. Eine weitere Bemerkung ist aber besonders wichtig für die vorliegende Untersuchung der Logik. Anhand des Daseins als solchen scheint Hegel eine neue Dimension des logischen Prozesses anzudeuten: Logische Bestimmungen sind nicht nur das, als was sie in ihrer anfänglichen Perspektive (unbefangen betrachtet) erscheinen, sondern auch Momente eines Prozesses, der mit dem Begriff seine Kulmination erreicht. Hegel scheint zu einer Lesart der Logik einzuladen, nach welcher das Dasein als solches und alles darauf Folgende die Vorgeschichte oder das Werden des Subjekts und des Begriffs darstellt und zugleich eine besondere Verbindung mit der philosophisch-theologischen Thematik aufweist. Diese Lesart scheint des Weiteren keine exoterische Betrachtung der Logik zu sein, jedoch unterscheidet sie sich auch von der bloß unbefangenen Analyse derselben. Sie genügend herauszuarbeiten, zumal sie die eigene Absolutheitsauffassung Hegels systematisch widerspiegelt, ist das Hauptanliegen der vorliegenden Untersuchung. Aus ihr speist sich auch die Gliederung dieses Buches. Nichtsdestotrotz kann sie nicht vor der ausführlichen Auseinandersetzung mit dem Begriff als solchem vollständig ersichtlich werden. Des Weiteren vermeidet Hegel es bewusst – trotz aller Bedeutung des Daseins als solchen für die philosophische Theologie –, diesem ausdrücklich die Namen ‚Gott‘ oder ‚Absolutes‘ zuzuschreiben. Aber nicht das Dasein als solches, sondern alle „Formen des Daseyns“, d.h. auch die gesamten Sphären der Endlichkeit und der Unendlichkeit, „fallen“ – so Hegel weiter – „aus in der Reihe der Bestimmungen, die für Definitionen des Absoluten angesehen werden können“ (a.a.O. 124,10f.). Diese Bemerkung, die offenbar der Lizenz von § 85 teilweise widerspricht, alle oder mindestens die ersten und dritten Bestimmungen einer Sphäre als Definitionen des Absoluten anzusehen, begründet Hegel dadurch, dass „die Formen jener Sphäre für sich unmittelbar nur als Bestimmtheiten, als endliche überhaupt, gesetzt sind“ (ebd.). Doch gibt es einen anderen, wesentlichen Aspekt des definitorischen Unternehmens, der es Hegel erlaubt, jedes Mal neu und unabhängig vom jeweiligen (endlichen oder auch unendlichen) Inhalt zu entscheiden, von welchen logischen Bestimmungen er kenntlich machen sollte, dass sie als Definitionen des Absoluten angesehen werden können. Wäre für einen Definitionsversuch allein der Inhalt ausschlaggebend, so dürfte es entweder keine Ausnahme von der in § 85 erteilten Lizenz geben oder nur eine letzte Definition des Absoluten. Definitionen des Absoluten sind aber auch vom subjektiven Gesichtspunkt des Lesers der Logik abhängig. Und so hätte beispielsweise ein radikaler Pantheist, der die Meinung teilte, dass jedes einzelne Ding Gott sei, kein Bedenken, das Etwas und das Endliche mit dem Absoluten gleichzusetzen. Hegel richtet sich aber bewusst an ein Publikum, das nicht von pantheistischen Ansichten geprägt ist.16 Und von diesem 16
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Publikum jedenfalls können diese Gedanken nicht als Definitionen des Absoluten akzeptiert werden, sodass Hegel sie auch ausdrücklich aus dem definitorischen Unternehmen ausschließt. 17 Wenn aber der Leser dafür entscheidend ist, ob Hegel den Bezug einer logischen Bestimmung auf das Absolute kenntlich macht oder nicht, so muss er aus der Sphäre des Daseins doch mindestens eine Bestimmung, „als eine neue Definition des Absoluten“ hervorheben, nämlich die Unendlichkeit (a.a.O. 124,8f.). Den Anlass dafür gibt die Paronymie des Ausdrucks ‚unendlich‘, in welcher die Vorstellung mitschwingt, dass das Unendliche das Absolute sei. Hegel markiert diesen außerlogischen Gesichtspunkt, wenn er bemerkt, dass das Unendliche nicht das Absolute ist, sondern, „da es ausdrücklich als Negation des Endlichen bestimmt ist“, für absolut „gilt“ (a.a.O. 124,13f.). Obwohl paronymische Verwendungen und etymologische Betrachtungen von Ausdrücken für Hegels Verfahren nie alleine maßgebend sind 18, bietet hier jene verbreitete Meinung genügend Anstoß, diesen Begriff im Hinblick auf das Absolute zu betrachten. Und heute, nachdem so häufig in der hegelianisierenden Tradition die Bestimmung des Unendlichen für die Erklärung des Absoluten aufgegriffen wurde 19, ist man im Rahmen einer philosophisch-theologischen Untersuchung der Logik verpflichtet, diese Bestimmung als eine für das Absolute zu überprüfen. Was zunächst das Unendliche überhaupt, also das erste Moment der Unendlichkeit, betrifft, so ergibt sich, wenn davon als Definiens des Absoluten Gebrauch gemacht wird, eine erste Fassung dessen, was Hegel Akosmismus nennt (vgl. §§ 50 A; 573 A). Wenn nämlich ein metaphysisches System zu seinem Prinzip hat, dass nur das Unendliche ist und dass alles Endliche in ihm verschwunden ist, so ist das äquivalent zur Leugnung von allem unmittelbar vorhandenen Endlichen bzw. der Welt als eines ‚Kosmos‘ überhaupt. Diese para-
17 Dabei ist nicht auszuschließen, dass Hegel mit dieser kurzen Anmerkung darauf abzielte, sich selbst gegen den Pantheismusvorwurf zu wehren, der seit den Debatten der Hegelschule in der Hegelauslegung präsent ist (vgl. I.A.). 18 Dass etymologische Betrachtungen für Hegel nicht maßgebend sind, schließt nicht aus, dass er sie instrumentalisieren kann, solange sie seinem Zweck dienen. Das Kriterium für ihren Gebrauch oder für ihre Ablehnung ist jedoch immer das Logische, das jeweils zu seinem Ausdruck diejenigen „Nahmen“ aus der verfügbaren Sprache sucht, die ihm „am nächsten liegen“ (SL: 167,20). 19 Vgl. z.B. Ferdinand Christian Baur, Die christliche Lehre von der Dreieinigkeit und Menschwerdung Gottes in ihrer geschichtlichen Entwicklung, Tübingen 1843, 928; Wilhelm Weischedel, Der Gott der Philosophen. Grundlegung einer philosophischen Theologie im Zeitalter des Nihilismus. Band I. Wesen, Aufstieg und Verfall der philosophischen Theologie. Darmstadt 1971, 351–356; Alexander von Keyserlingk, Die Erhebung zum Unendlichen. Eine Untersuchung zu den spekulativ-logischen Voraussetzungen der Hegelschen Religionsphilosophie, Frankfurt a. M. 1995; Robert M. Wallace, Hegel’s Philosophy of Reality, Freedom and God, New York 2005, xxviiif.
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doxe Konzeption wirft Hegel Spinoza vor (vgl. ebd.), allerdings in einer logisch ausgereifteren Variante des Akosmismus, zu der auch die übrigen seinslogischen sowie alle wesenslogischen Bestimmungen gehören. Hier geht es um einen Akosmismus nur insofern, als die Welt auf die Bestimmung reduziert ist, endliches Dasein ohne weitere Qualitäten, Quantitäten, Eigenschaften und wesentliche Verhältnisse zu sein. Dass ein solcher Akosmismus nicht Hegels Auffassung vom Absoluten entspricht, verrät bereits das nächste Moment der Unendlichkeit, welches das Unendliche überhaupt als ein schlechtes Unendliches entlarvt. Der Gedanke der unbegrenzten Wechselbestimmung des Endlichen und Unendlichen taugt als das dialektische Moment der Unendlichkeit prinzipiell nicht für eine weitere Definition des Absoluten. Ist man aber – aufgrund der Paronymie des Ausdrucks ‚Unendlich‘ – trotzdem geneigt, anhand dieses Gedankens ein metaphysisches Konzept zu entwerfen, so handelt es sich um einen Dualismus, der nicht nur ein Absolutes erkennt, sondern an dem Gegensatz zwischen zwei Prinzipien festhält. Wie beim Akosmismus kann es auch vom Dualismus verschiedene Varianten geben, und hier geht es um eine ganz elementare, deren zwei Prinzipien gleichermaßen unmittelbar bestehen, ohne reflektiert zu sein. Mit Blick auf die historischen Konzepte aus der Philosophie des absoluten Geistes lässt sich bemerken, dass dieser Dualismus einen – aber nicht den einzigen – logischen Kern der Religion der Parsen und des Manichäismus ausmacht, wo Gegensätze wie Licht und Finsternis, Gott und Teufel bzw. Welt, Gut und Böse usw. besonders stark akzentuiert werden. 20 Die einzige, Einwänden standhaltende Definition des Absoluten kann in der Sphäre der Unendlichkeit erst anhand des wahrhaften Unendlichen behauptet werden – was Hegel selbst allerdings aus dem oben genannten Grund unterlässt. Dabei handelt es sich um die erste aus logischer Sicht vertretbare Alternative zum Akosmismus-Dualismus-Dilemma: das Desiderat eines logischen Monismus, bei welchem das Endliche im Unendlichen konkret aufgehoben ist, ohne verschwunden zu sein, und umgekehrt sich das Unendliche konstitutiv auf das Endliche bezieht, ohne dabei verendlicht zu werden. Dieser Monismus dreht sich nachdrücklich nicht um die Frage, die durch die Vorstellung aufkommt, „wie das Unendliche aus sich heraus und zur Endlichkeit komme“, wie nämlich aus einem logisch vorausgesetzten Prinzip das faktisch vorhandene Andere dieses Prinzips abgeleitet werden kann – eine Frage, die Hegel in diesem Zusammenhang unmissverständlich zurückweist (a.a.O. 139,26–141,29). Vielmehr stellt Hegel der spekulativen Philosophie die Aufgabe, das unmittelbar Vorhandene als ideell und das monistische Prinzip als konkret zu begreifen. Der logische Monismus soll keine Erklärung für die Vorstellung einer Erschaffung der Welt liefern, sondern das eine Prinzip von allem – wie unten gezeigt wird – auch als das eine Element auffassen, das alles durchdringt und in sich 20
Vgl. VANM 4a: 507ff.; VANM 10: 116; TWA 17: 474.
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fasst. Hegels Formulierungen hierzu sind äußerst markant: „Die Antwort auf die Frage, wie das Unendliche endlich werde, ist somit diese, daß es nicht ein Unendliches gibt, das vorerst unendlich ist, und das nachher erst endlich zu werden, zur Endlichkeit herauszugehen nöthig habe, sondern es ist für sich selbst schon eben so sehr endlich als unendlich“ (ebd.). „Oder vielmehr ist zu sagen, daß das Unendliche ewig zur Endlichkeit herausgegangen, daß es schlechthin nicht ist, so wenig als das reine Seyn, allein für sich, ohne sein Anderes an ihm selbst zu haben“ (ebd.). Nun geben diese Zitate und insgesamt die logische Bestimmung der wahrhaften Unendlichkeit nur einen Vorgeschmack auf die monistische Metaphysik, auf welche Hegel in der Wissenschaft der Logik abzielt. Die vollständige Idealisierung alles Endlichen, d.h. aller seienden Bestimmtheit überhaupt und des Umgangs mit derselben bedarf noch zahlreicher weiterer logischer Erwägungen. Und wenn es die Paronymie des Ausdrucks ‚Unendlich‘ war, die dazu Anlass gegeben hat, das Unendliche in der Perspektive des Absoluten zu betrachten, so darf hier angemerkt werden, dass die Idealisierung, welche die Wahrheit der Unendlichkeit ausmacht, hinsichtlich des Wortstammes von ‚Idealisierung‘ ebenfalls nicht bereits in vollem Maße vor der Idee am Ende der Begriffslogik erreicht werden kann. Dass außerdem dieser Monismus – bereits auf dem Standpunkt der Unendlichkeit artikuliert – kein Pantheismus ist, wie manche Interpreten Hegels vermutet haben, zeigt sich daran, dass dabei der Unterschied zwischen Endlichem und Unendlichem nicht zum Verschwinden gebracht worden ist. Sollte eine Vergöttlichung des Endlichen irgendwo in dieser logischen Sphäre einen Platz finden, dann nur in der dualistischen Konzeption des Schlecht-Unendlichen, in welcher das Endliche mit gleichem Recht dem Unendlichen gegenübergestellt wird. 3. Fürsichsein i. Die logische Bestimmung ‚Fürsichsein‘ Ist das Resultat der Entwicklung des Daseins, dass alle unmittelbar seienden Bestimmtheiten, die als eine Beziehung zwischen zwei Daseienden bestehen, in einer unmittelbaren Selbstbeziehung aufgehoben sind, so hat der logische Prozess der nächsten logischen Sphäre mit der abstrakt verständigen Betrachtung genau dieser Selbstbeziehung zu beginnen. Diese neue Betrachtung des wahrhaften Unendlichen, welchem alles endliche Dasein als ein unselbstständiges Moment untergeordnet ist, ist das Fürsichsein als solches. Das Fürsichsein als solches bildet diejenige verständige Kristallisierung der unmittelbaren Selbstbeziehung, die von allem Dasein, das sowohl jenseits als auch diesseits derselben liegt, abstrahiert und den Fokus allein auf das Faktum der Selbstbeziehung richtet. Bezeichnend ist dabei der dialektische Versuch, im Fürsichsein als solchem eine Differenz zu markieren: Der Gedanke von Seinfür-eines soll durch die Präposition ‚für‘ auf eine Differenzierung verweisen.
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Da aber nichts vorhanden ist, für welches dieses Sein wäre, hebt dieser Gedanke lediglich die „Ununterschiedenheit zweyer Seiten“ innerhalb der einen Idealität hervor (a.a.O. 146,23). Dieselbe selbstbeziehende Idealität, aber in der Weise der Spekulation, d.h., insofern sie den Hinweis auf die Ununterschiedenheit zwischen zwei Seiten konkret in sich integriert hat, drückt auch der Gedanke des Eins aus, das „die ganz abstracte Grenze seiner selbst“ darstellt (a.a.O. 151,4). Ein Beispiel, das zum Verständnis des Fürsichseins als solchen beiträgt, ist das Selbstbewusstsein, und zwar im Unterschied zum Bewusstsein (vgl. a.a.O. 145). Das Bewusstsein ist stets auf einen Gegenstand ausgerichtet, den es durch Anschauung, Vorstellung, Denken etc. zu seinem Inhalt bzw. zu etwas Ideellem und zu einem Moment in ihm verwandelt. Im Wissensakt des Bewusstseins ist dieses zwar bei sich, d.h. ein Fürsichsein, zugleich aber bezieht es sich auf das unmittelbare Dasein als Gewusstes, d.h., es ist auch für etwas Anderes. Beim Selbstbewusstsein dagegen fallen die zwei Seiten, Wissendes und Gewusstes, wortwörtlich in eins und bilden gemeinsam das ununterschiedene Eins des selbstvermittelnden Wissensakts. Die weitere Betrachtung dieses ununterschiedenen Eins ergibt das dialektische Moment des Fürsichseins: der logische Gedanke von Eins und Vielem. Zunächst wird dabei dieses Eins als das Eins an ihm selbst aufgefasst, wodurch die Bestimmung des Eins hervorgehoben wird, dass es „kein Daseyn, keine Bestimmung als Beziehung auf Anderes, keine Beschaffenheit“, sondern „diß [ist], diesen Kreis von Kategorien negirt zu haben“ (a.a.O. 152,10f.) – kurzum: „Es ist nichts in ihm“ (a.a.O. 152,22). Die positive Bestimmung aber, die damit einhergeht, ist, dass das Nichts im Eins enthalten ist, dass somit die Selbstbeziehung des Eins durch das Nichts vollzogen wird und dass das Nichts konstitutiv für das Fürsichsein ist. Es handelt sich aber nicht um das reine Nichts oder – was dasselbe ist – um das Nichts als die Qualität des Daseins als solchen, sondern um dasjenige Nichts, das die Qualität im Eins ausmacht bzw. von diesem begrenzt ist und in ihm eine konkrete Vermittlungsfunktion erfüllt, somit um das Nichts als „ein gesetztes“ (a.a.O. 152,23). Für dieses so bestimmte Nichts sieht Hegel den Begriff des Leeren vor, was wiederum auf das zweite Moment dieser Begriffstriade weiterverweist. Denn das Leere lässt sich nicht nur als der abstrakte Selbstbezug des Eins betrachten, sondern auch als das schlechthin Verschiedene des Seins, welches das Eins ist. Das Nichts als das Leere lässt sich nämlich nicht nur im Eins feststellen, wodurch die Selbstbeziehung und das Fürsichsein des Eins gewährleistet werden, sondern auch außer ihm, d.h. jenseits der in sich abgeschlossenen Selbstbeziehung des Eins. In diesem zweiten Fall werden Eins und Leeres in ein äußeres Verhältnis zueinander versetzt, sodass die Momente des Fürsichseins in die Bestimmung von Dasein zurückfallen: Das Sein des Eins wird zu einem Dasein und das Leere zum „Daseyn des Nichts“ (a.a.O. 153,14). Dadurch ist
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die Spaltung zweier sich gegenseitig negierender Daseiende wieder ins Zentrum der logischen Betrachtung gerückt. Diese Spaltung zeigt sich jedoch – und diese Überlegung macht das dritte Moment der Begriffstriade aus – auch als eine Einheit, und zwar als die sich unmittelbar vollziehende konkrete Selbstbeziehung des Eins: Dadurch, dass das Leere das Gesetztsein dessen, und zwar außerhalb des Eins, darstellt, was das Eins immer schon enthalten hat, also das Gesetztsein des im Eins gesetzten Nichts, sind beide an sich identisch. Beides stellt nämlich dieselbe Beziehung des Eins auf sich selbst dar, aber mit dem Unterschied, dass sie das eine Mal in sich stattfindet, das andere Mal außer sich gesetzt ist, dass diese Selbstbeziehung also unmittelbar verdoppelt und als zwei Daseiende gesetzt wird. Die spekulative Beobachtung besteht nun darin, die Zusammengehörigkeit dieser zwei Daseienden und ihre Idealität hinsichtlich der einen Selbstbeziehung trotz der Unmittelbarkeit hervorzuheben. So betrachtet steht also das Eins nicht mehr für die „ganz abstracte Grenze seiner selbst“, noch für die „Abstraction der Beziehung auf sich selbst“ (bzw. für das Eins an ihm selbst) und ebensowenig für die eine Seite der äußerlichen Beziehung von Eins und Leerem. Vielmehr bildet es so die Idealität des Fürsichseins, dass es sich auf sich als ein Eins bezieht. Denn indem die Selbstständigkeit der Momente seiner Selbstbeziehung wegfällt, die Bestimmtheit des Daseins aber fortbesteht, stößt das Eins automatisch in sich als Seiendes zurück. Das nennt Hegel Repulsion, und aus ihr gewinnt er den Begriff des Vielen als der vielen Eins. Die das Fürsichsein abschließende logische Bestimmung ist die Konzeption von Repulsion und Attraktion. Der zentrale Gedanke ist dabei, dass die vielen Eins, die wie die Repulsion zeigt, zur Bestimmung des Eins überhaupt gehören, nicht bloß als Daseiende einander ausschließen und nicht nur äußerlich und zufällig nebeneinander bestehen. Vielmehr gehören die vielen Eins bereits ihrer Unmittelbarkeit nach auch zusammen und sie befinden sich notwendigerweise nebeneinander. Denn im Grunde handelt es sich dabei immer um das eine Eins und die eine seiende Selbstbeziehung, die sich aus ihren vielen seienden Exemplaren zusammensetzt, bzw. um die vielen an sich identischen und in einer Einheit aufgehobenen Eins. Die Repulsion, d.h. das ausschließende Verhältnis der vielen Eins, ist in diesem Sinne „ebenso wesentlich Attraktion“ (§ 98): Beides, Eins und Vieles, bezieht sich auf sich, indem es sich als sein Anderes setzt, nämlich so, dass das Eins außer sich kommt (Repulsion), und dass das Viele in sich zusammenfällt und ein Eins bildet (Attraktion) (vgl. SL: 164). Für Hegel ist demnach mit dem Begriff des Eins bereits das Viele notwendig gegeben und mit dem Begriff des Vielen die Rückkehr in das Eins. Hiermit sind Eins und Vieles aufgehoben und als Einheit von vielen Eins bzw. als Vielheit gefasst, was bereits das Ende der Qualitätsbestimmungen des Seins und den Übergang in die Quantität markiert.
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Episodischer Abschnitt: Das Fürsichsein als Definition des Absoluten oder als der logische Kern bestimmter metaphysischer Auffassungen Anders als die Sphäre des Daseins kollidiert das Fürsichsein nicht mit weitverbreiteten Vorstellungen von Gott und so sieht sich Hegel keineswegs daran gehindert, das Fürsichsein als solches gleich mit Gott in Verbindung zu bringen. In der Anmerkung, „Gott ist […] für sich, insofern er selbst das ist, das für ihn ist“ (SL: 147,9), fasst er den logischen Kern sowohl des „Idealismus des edeln Malebranche“ (a.a.O. 148,20) als auch der Leibniz’schen Konzeption Gottes qua Monade der Monaden (a.a.O.149,21) zusammen. Die gemeinsame Frage, auf welche diese zwei Konzepte eine Antwort liefern, betrifft das Verhältnis Gottes zu den Dingen, die auch der menschliche Geist erkennt. Malebranche und Leibniz fassen Gott, so Hegel, wie ein Selbstbewusstsein auf, das reine Selbstbeziehung ist und kein wirkliches Dasein außer sich selbst benötigt. Die Dinge sind in Gott nicht als wirkliche, sondern nur wesentlich, „ideell“ (a.a.O.148,28) oder „nur an sich“ (a.a.O. 149,20) enthalten. Durch solche Anwendung des Gedankens des Fürsichseins werden Gott zwar eine Struktur und ein Verhältnis zu wirklichem Dasein zuerkannt. Gleichwohl ist diese Struktur ungenügend, um das Verhältnis zu wirklichem Dasein und das wirkliche Dasein selbst zu erklären. Das Anderssein muss als etwas hingenommen werden, das jenseits Gottes besteht. Diese Absolutheitsauffassung ist nämlich dazu gezwungen, unter der Hand ein zweites Prinzip neben dem Fürsichsein zu akzeptieren und einen gewissen Dualismus einzuräumen. Gott qua Fürsichsein, die „Idealität, das Vorstellen überhaupt, bleibt etwas formelles“ neben der faktischen „Vielheit des Daseyns“ (a.a.O. 150,3f.). Diese Schwierigkeit kommt nach Hegel – aus philosophiegeschichtlicher Sicht eher unerwartet – durch die Absolutheitsauffassung zum Ausdruck, deren logischer Kern die Bestimmung von Eins und Vielem ist. Es handelt sich um den antiken Atomismus, namentlich um die Philosophie von Leukipp und Demokrit, die die gesamte Mannigfaltigkeit des Seins auf die grundlegende Spaltung von Atomen und Leerem zurückführt. 21 Die Atome stehen dabei für die vielen Eins, während das Leere als das Nichts unter den Atomen imaginiert wird. Zum einen erkennt diese Philosophie das Atom oder die vielen Atome als das Absolute an, aber so, dass sie ihre Konstitution nicht hinterfragt bzw. als abstrakt annimmt. Zum anderen kompensiert sie diesen Mangel des Absoluten dadurch, dass sie den bloßen Gegensatz zwischen Atomen und Leerem für ausschlaggebend hält. Alle realen Körper versteht sie nämlich als Komposita aus diesen zwei Elementen, welche aber für sich genommen selbstständig und einander äußerlich sind. Ganz im Sinne der bloßen Repulsion (ohne die Ergänzung durch die Attraktion) verfügt also die atomistische Philosophie über kein gewisses Prinzip, nach welchem sich die real existierenden Komposita 21
Vgl. SL: 153ff.; VANM 7: 86ff. sowie § 98 A.
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formieren lassen, sodass sie für konkretere Erklärungen dieser auf zufällige und jedenfalls dem von ihr angenommenen Absoluten äußerliche Bedingungen rekurrieren muss. In der Abstraktion, die dieses Absolute – für sich betrachtet – kennzeichnet, liegt nämlich auch das Defizit des realen Daseins und der konkreten Realisierung oder des Umgangs des Absoluten mit dem Dasein nach dieser Auffassung.22 Hier zieht Hegel erneut eine Parallele zur Monadologie von Leibniz. Das Konzept der Monadologie pflege die wohlgeordnete Beziehung der vielen Monaden aufeinander nicht durch die eigene Beschaffenheit der Monaden selbst, sondern durch den Rekurs auf die Monade der Monaden zu erklären. Diese aber ist nach Hegel per definitionem verurteilt, nur eine äußere Betrachtung und Reflexion der vorhandenen Beziehung darzustellen (a.a.O. 157f.). Sicherlich ist Leibniz’ Monadologie viel komplexer als das atomistische Prinzip. Das Scheitern aber daran, die eine und die vielen Monaden, Gott und alles NichtGöttliche, als eine sich aus sich selbst heraus erklärende Einheit zu begreifen, gibt Hegel Anlass, Leibniz’ Monadologie wiederholt, und zwar jeweils unter unterschiedlichen Aspekten zu kritisieren (vgl. WL: 378f.; § 194). Denn es ist genau diese Schwierigkeit, die eine konsequente Metaphysik bzw. philosophische Theologie zu beheben hat. Eine mögliche Antwort auf diese Problematik könnte nach dem jetzigen Stand der logischen Entwicklung die Bestimmung der Attraktion liefern, welche die Zusammengehörigkeit der vielen Eins begrifflich legitimiert. Dies bildete des Weiteren eine erste Konkretisierung des Fürsichseins Gottes. Doch, wie die weitere philosophisch-theologische Untersuchung der Logik gleich zeigen wird, ist auch diese Konkretisierung ungenügend. Und da Hegel selbst in der Attraktion den logischen Kern keiner bestimmten theologischen Auffassung sieht, können wir diesen episodischen Abschnitt mit der Bemerkung abschließen: Eine logisch haltbare Absolutheitsauffassung muss irgendwie die (auch das Selbstbewusstsein auszeichnende) Struktur des Fürsichseins als solchen aufweisen, aber so, dass sie ihr Anderes wie im Fall der affirmativen Unendlichkeit als ideelles Moment in sich enthält.
22 Freilich steckt in dem Gegensatz von Atom und Leerem eine wahrhaft spekulative Bestimmung. Dieser Gegensatz wird nämlich von den Atomisten selbst als kein fester, in sich ruhender gefasst, sondern als ein permanentes Werden aller Körper, dessen Grund eben nicht in den ruhenden Atomen, sondern im Leeren liegt (vgl. SL: 154). Diese Philosophie erkennt also das Leere, d.h. die Negation, als die energetische Seite des Selbstbeziehens der Atome und hebt hervor, was auch Hegel als die treibende Kraft der Methode logischen Erkennens bestimmt hat. Abgelöst aber von den anderen Momenten der spekulativen Methode bleibt die Tiefe der atomistischen Philosophie ein unausgeführtes Prinzip.
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4. Größe i. Die logische Bestimmung ‚Größe‘ ‚Größe‘ oder ‚Quantität‘ als Überschrift des gesamten zweiten Abschnitts der Seinslogik bezeichnet diejenige seiende Bestimmtheit, die allein als die Einheit vieler Eins bzw. als die bloße Vielheit bestimmt ist. Diese Termini sollen somit zum Ausdruck bringen, dass alle qualitative Bestimmtheit nun prinzipiell irrelevant ist, dass nämlich die Eins unmittelbar ununterscheidbar voneinander sind und nicht wie separate Daseiende, wie etwa die Atome, bestehen. Somit stellt die Größe bzw. die Quantität die Abkehr von solchen Bestimmungen dar, die unmittelbare Verhältnisweisen zwischen Seienden abbilden, und zugleich die Ebene der Äußerlichkeit bzw. die derjenigen Bestimmungen, die für das zu Bestimmende qualitativ gleichgültig sind. Die Sphäre der Größe wird durch die reine Quantität eröffnet, welche die Vielheit der Eins als durch keinerlei Grenze bestimmt ausdrückt: die Idealität der vielen Eins als die bloße Gleichgültigkeit und Äußerlichkeit der Eins ohne jegliche weitere Bestimmtheit. Die logische Entwicklung dieser Sphäre besteht sodann darin, Bestimmungen hervorzubringen, die die Quantität bestimmen bzw. Grenzen und unmittelbare Verhältnisse in dieser Vielheit markieren. So folgt auf die abstrakt-verständigen Bestimmungen des ersten Kapitels, die auf der reinen Quantität aufbauen, das Quantum, das insofern das dialektische Moment der Quantität ausmacht, als es die begrenzte Quantität bildet. Die erste logische Bestimmung des Quantums ist die Zahl als die bloß numerisch bestimmte Einheit von vielen Eins ohne jegliche Qualität. Es ist jedoch die Vollendung des Quantums, nämlich die quantitative Unendlichkeit, die wichtig für die philosophische Theologie ist und hier näher betrachtet werden muss. Die quantitative Unendlichkeit ergibt sich aus der logischen Beobachtung, dass es zur Bestimmung des Quantums gehört, veränderlich zu sein. Diese Veränderung fällt zunächst nicht mit der qualitativen Veränderung des Endlichen zusammen, sondern sie betrifft lediglich die bestimmte Größe des Quantums, d.h., sie ist dessen äußerliches Vermehren oder Vermindern. Insofern aber das Quantum als die begrenzte Quantität bestimmt worden ist, bedeutet jede Größenveränderung, dass das bestimmte Quantum dadurch zu einem neuen Quantum wird, dass es mithin über seine bisherige Grenze hinausgeht. Nach der oben geschilderten Dialektik der qualitativen Unendlichkeit ist ohne weitere Erklärung nachvollziehbar, dass das Vermehren und Vermindern bzw. Hinausgehen des Quantums über seine Grenze nicht nur seine Endlichkeit, sondern auch seine Unendlichkeit ausmacht. Während aber der qualitative Übergang des Endlichen ins Unendliche bereits im Bereich seines Ansich stattfindet, nämlich als die Erfüllung des Ansich und der Bestimmung des Endlichen durch seine eigene Negation, handelt es sich beim quantitativ Unendlichen um eine Beziehung an ihm: Besteht die qualitative Unendlichkeit in der „zu Grunde liegende[n] innerliche[n] Beziehung“ von Endlichem und Unendlichem, so
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muss die quantitative Unendlichkeit als die Abwechslung von verschiedenen quantitativ Endlichen akzentuiert werden, d.h. als eine gesetzte und äußerliche Negation des Endlichen, als ein gesetztes und äußerliches Unendliches (a.a.O. 219,25–31). So ergibt sich kein letztes Unendliches, sondern lediglich das quantitative Schlecht-Unendliche und ein quantitativ-unendlicher Progress: Die Negation des per definitionem endlichen Quantums besteht darin, sich einem vorgestellten Unendlichen, d.h. dem unendlich Großen oder unendlich Kleinen, allmählich nur zu nähern, indem das Quantum weitere endliche Quanten sukzessiv in sich ein- bzw. außer sich forträumt. Dieser Progress, der noch nicht die Vollendung der quantitativen Unendlichkeit, sondern nur deren dialektisches Moment darstellt, gibt die Selbstwidersprüchlichkeit des endlichen Quantums in einer äußerlichen Weise wieder, ohne sie aufzulösen. Die Bestimmung, dass das endliche Quantum ein Begrenztes und Veränderliches ist, wird äußerlich reproduziert und nicht endgültig so vollzogen, dass das quantitativ Unendliche wie das qualitativ Schlecht-Unendliche nie erreicht werden kann, sondern der Abwechslung der vielen endlichen Quanten lediglich vorschwebt. Diesem unabschließbaren Progress stellt Hegel das Konzept einer qualitativen Unendlichkeit des Quantums gegenüber. Auch dieser Gedankengang stimmt im Wesentlichen mit der oben behandelten Exposition des entsprechenden Begriffs im Abschnitt über die qualitative Unendlichkeit überein (vgl. a.a.O. 233ff.). Das Entscheidende im jetzigen Zusammenhang liegt jedoch in der Rückkehr aus der Äußerlichkeit des Quantums, nach welcher das Quantum sein Anderes an ihm hat, in die qualitative Bestimmung der Unendlichkeit, in der das Andere zum Ansich des Endlichen gehört. Diese Rückkehr ins Qualitative resultiert aus dem quantitativen unendlichen Progress. In diesem sind nämlich das endliche Quantum und dessen Negation, das Unendliche, gegeneinander, d.h. in äußere Beziehung zueinander gesetzt. Das Unendliche stellt jedoch nicht nur die Negation des endlichen Quantums dar, sondern auch die Negation dieser Negation selbst, die Negation seiner selbst. Denn obwohl das Unendliche das Andere und das Jenseits des Quantums bilden soll, wird es weiterhin als eine Art Quantum vorgestellt und dem endlichen Quantum gegenübergestellt. Spekulativerweise lässt sich daher auf einen Begriff des Quantums schließen, der endliches und unendliches Quantum in sich integriert. In einem solchen Quantum sind keine zweierlei Quanten voneinander getrennt zu halten, sondern es handelt sich um zwei qualitativ ununterscheidbare Seiten, die gemeinsam das quantitative Sein-für-eines bilden. Dies macht die quantitative Selbstbeziehung aus, in der das Quantum in sich vermittelt und bestimmt wird, und zwar durch eine Negation (das unendliche Quantum), die sich selbst negiert und nur als Moment im Begriff des Quantums enthalten ist. So ist das Quantum als Fürsichsein konzipiert (vgl. a.a.O. 241). Hiermit ist die Äußerlichkeit des Quantums nicht getilgt – das Quantum bleibt schließlich nach wie vor die begrenzte Quantität, für welche die Grenze
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notwendig und noch äußerlich ist, d.h., ohne Einfluss auf die Qualität des Quantums zu haben. Indessen ist nun diese Äußerlichkeit als der Begriff des Quantums selbst sowie der quantitative unendliche Progress als das Dasein dieses Begriffs erkannt worden. Die äußerliche Grenze zeigt sich als konstitutiv nicht nur für eine äußerliche Reihe von Quanten, sondern für den Begriff des Quantums selbst. Denn es ist die Qualität des Quantums, sich auf sich über eine äußerliche Grenze zu beziehen, und es ist weiter dieselbe Qualität, die sich genau als qualitativer Progress in der Äußerlichkeit gesetzt hat. Die Pointe der hegelschen wahrhaften Unendlichkeit des Quantums ist also die Entdeckung des qualitativen Elements in der Quantität. 23 Dies wird in der abschließenden, spekulativen Gedankenbestimmung dieses Abschnitts, dem quantitativen Verhältnis, noch deutlicher gefasst: Sobald zwei Quanten zueinander ins Verhältnis gesetzt werden, verlieren sie ihre Selbstständigkeit und jedes bestimmt sich in der Beziehung auf das Andere neu. Bei einer Bruchzahl beispielsweise entbehren die zwei Quanten ihrer unmittelbaren Bestimmtheit als äußerliche Quanten und sind als Zähler und Nenner jeweils durch das Andere vermittelt. Der Wert, den jedes Quantum der Bruchzahl unmittelbar, d.h. als separat bestehendes Quantum, hat, wird aufgehoben, und dadurch entsteht ein neuer, gemeinsamer Wert, der Exponent der Bruchzahl, der auch die Wahrheit der Vermittlung der zwei Quanten ausmacht (vgl. § 105). Zwar beziehen sich im quantitativen Verhältnis endliche Quanten weiterhin äußerlich und durch die Grenze aufeinander. Indem sie aber zu Momenten dieses Verhältnisses bestimmt worden sind und ihre Wahrheit in diesem Verhältnis, d.h. in einem dritten Quantum gefunden haben, sind Äußerlichkeit und Grenze nicht mehr maßgebend. Vielmehr sind es Idealität und Selbstbezüglichkeit des Quantums, d.h. das Ansich allen Daseins, die nun konkretisiert durch die Äußerlichkeit und die Grenze zum Ausdruck kommen. Und anders als der quantitativ unendliche Progress kommt jetzt das Ansich des Daseins nicht durch die stumpfsinnige Abwechslung von Quanten zum Ausdruck, sondern als ein Quantum (etwa eine Bruchzahl), das die Grenze in sich integriert hat. Hiermit hat die Größe überhaupt ihre höchste Konkretion erreicht. Episodischer Abschnitt: Die Größe als Definition des Absoluten oder als der logische Kern bestimmter metaphysischer Auffassungen Auf der logischen Bestimmung der Quantität baut nach Hegel die Mathematik auf, und zwar so, dass die Quantität insgesamt den „mathematische[n] Standpunkt“ ausmacht (§ 99 Z), der alle metaphysischen Konzeptionen dieser Sphäre kennzeichnet. Die erste Definition des Absoluten, die zu dieser Sphäre
23 „Das Unendliche, welches im unendlichen Progresse nur die leere Bedeutung eines Nichtseyns, eines unerreichten, aber gesuchten Jenseits hat, ist in der That nicht anderes als die Qualität.“ (SL: 235,16f.)
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gehört, knüpft an die reine Quantität an (§ 99 A). Zwar findet sich diese Definition weder in einer Philosophie noch in einer Religion explizit formuliert, Hegel sieht sie jedoch in Strömungen impliziert, welche die Materie hochschätzen, namentlich in materialistischen Philosophien der französischen Aufklärung.24 Dabei versteht Hegel die Materie als die äußerliche Existenz dessen, was die Quantität als reine Denkbestimmung ausdrückt (vgl. SL: 178f.). In diesem Sinne besteht der Materialismus in derjenigen metaphysischen Position, die von den unmittelbar vorhandenen und beobachtbaren Grenzen abstrahiert und die formlose und in sich abstrakte Einheit, das Aggregat der bestimmungslos nebeneinanderliegenden vielen Eins, verabsolutiert bzw. zum absoluten Prinzip macht. Der Unterschied zwischen dieser Auffassung des Absoluten und der Atomistik liegt in der abstrakten Auffassung der durch die Attraktion erzielten logischen Bereicherung, in der Ansicht also, dass die vielen Eins irgendwie ihrer Beschaffenheit nach zusammengehören und gemeinsam ein Aggregat bilden. Doch ist diese Ansicht noch weit davon entfernt, die Einheit allen Daseins konkret zu erklären, und bereits im Hinblick auf die übrige Seinslogik kann behauptet werden, dass es sich dabei um einen schlechten Materialismus handelt, der nicht einmal die volle Konkretion auf der Ebene der Unmittelbarkeit erreicht (vgl. a.a.O. 370) Die Unzulänglichkeit des quantitativen bzw. mathematischen Standpunktes im Hinblick auf die Metaphysik zeigt sich deutlich auch beim Quantum, und zwar zunächst bei der Bestimmung der Zahl. Die Ansicht, die Zahl sei das Absolute, entspricht bei dem Ziel, den substantiellen Zusammenhang alles Realen zu erkennen, dem Gebrauch des mathematischen Kalküls – dem Versuch etwa, die Atome des Universums oder die des menschlichen Gehirns zu zählen. In der Tat bedient sich die Mathematik „für die transcendenten Bestimmungen und deren Behandlung“ (damit sind die spekulativen Begriffe wie der des Unendlichen gemeint, die ihr Anderes in sich einschließen) der „Form des gewöhnlichen Calculs“ (a.a.O. 237,31f.). Zur Klärung aber, was das Absolute seinem Wesen oder seinem Begriff nach ist, wurde dadurch eklatant wenig geleistet. Häufig werden darüber hinaus die Pythagoreer als Vertreter dieses Standpunktes erwähnt, weil sie sich am weitest gehenden mit der Zahl befasst haben. Selbst sie aber sind nicht bei den bloßen Zahlenverhältnissen stehen geblieben, sondern haben eine Philosophie aufgestellt, die über eine weitere reiche Begrifflichkeit verfügt. 25 Und so kann Hegel das Operieren mit den Zahlen im Bereich der Metaphysik in die „Kindheit des Philosophirens“ einordnen
24
Vgl. § 99 Z; TWA 20: 287ff. Hegel notiert beispielsweise, dass die Pythagoreer „den Gedanken der Einheit, der Diesselbigkeit und Gleichheit und den Grund der Uebereinstimmung, des Zusammenhangs und der Erhaltung von Allem, des mit sich selbst identischen, als Eins ausgesprochen“ haben, sowie dass sie „von dem Zahlen- auch zum Gedanken-Ausdruck, zu den ausdrücklichen 25
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(a.a.O. 321,26) und ihm nur „in pädagogischer Rücksicht“ einen Wert zuerkennen (a.a.O. 203,13). Besonders relevant sind die Bestimmung des quantitativen unendlichen Progresses und die mit derselben verbundene Vorstellung eines schlecht-unendlichen Quantums für metaphysische Konzeptionen, die dem Subjekt-Objekt-Verhältnis einen systematisch hohen Wert beimessen. Dieses Verhältnis kommt in mindestens zwei verschiedenen Weisen vor, die auf die bereits angedeutete Quantifizierung des mathematischen Standpunktes zurückzuführen sind. Die erste ist das praktische bzw. moralische Subjekt-Objekt-Verhältnis, welches Hegel bei Kant und Fichte exemplarisch artikuliert findet. 26 Dabei fasst man einerseits das Subjekt als freies Agens und andererseits das Objekt als mannigfaltige Welt auf. Zwar handelt es sich dabei zunächst um einen qualitativen Unterschied zwischen den zwei Seiten, doch schlägt dieser Unterschied de facto in eine quantitative Beziehung von Subjekt und Objekt um. Denn die Bestimmung des frei handelnden Subjekts besteht genau darin, sich von seinem Anderen (der Welt) zu befreien bzw. seine Freiheit in der mannigfaltigen Welt zu realisieren, was den Progress einer moralischen Assimilation der Welt bedeutet. Obwohl dabei das handelnde Subjekt als immer größer und die Macht der sinnlichen Welt als immer kleiner vorgestellt wird, kann die Assimilierung der Welt vom moralischen Ich aus keinen abschließenden Erfolg finden und so bleibt das Absolute in dieser Philosophie ein Postulat: Das vollendete Gute schwebt dem handelnden Subjekt als eine jenseitige Welt, also als ein aktual bzw. kardinal Unendliches vor, während dieses Subjekt in einen potential unendlichen Progress verwickelt bleibt. Das Subjekt-Objekt-Verhältnis, und somit diese zwei Unendlichen kommen beim theoretischen Erkennen ebenfalls vor. Auch hier unterscheiden sich Subjekt und Objekt voneinander zunächst qualitativ, schlagen aber insofern in ein quantitatives Verhältnis um, als das subjektive Sammeln von Erkenntnissen über das sinnliche Universum einen quantitativ-unendlichen Progress darstellt, in welchem das Wissen fortdauernd angereichert wird, ohne aber eine Vollendung erreichen zu können. Es handelt sich um eine theoretische Assimilation der sinnlichen Welt, die sogar durch die Annahme, in den Daten über das Sinnliche sei die Weisheit Gottes enthalten, zu einem metaphysischen Konzept wird bzw. „für etwas Erhabenes und für eine Art Gottesdienst“ gehalten wird (a.a.O. 222,18). Hegel erklärt sie aber für eine „subjectiv bleibende[] Erhebung, die an der Leiter des Quantitativen hinaufsteigt“ (a.a.O. 222,23): eine subjektive Selbstverherrlichung aufgrund der großen Quantitäten, die der Mensch bewältigt, ohne aber die Einsicht in die innere Notwendigkeit oder in den logischspekulativen Zusammenhang des Realen um das Mindeste zu erweitern. Kategorien des Gleichen und Ungleichen, der Grenze und der Unendlichkeit übergegangen sind“ (SL: 205). 26 Vgl. SL: 224ff.; 240.
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Schließlich besteht das Ergebnis dieser begriffslosen Tätigkeit nicht darin, durch den quantitativen Progress Gott näher ans Subjekt heranzubringen, sondern lediglich darin, ihn als das Jenseits des jeweils bisher Erkannten fortzuschieben, sodass das Denken irgendwann aus „Langeweile“ und mit dem „Gefühl der Ohnmacht“ vor der unendlichen Wiederholung der äußerlichen Grenzen aufgeben muss (a.a.O. 223,17–20). Potential und aktual Unendliches lassen sich mithin auch auf der Ebene eines kantianischen theoretischen Erkennens nicht versöhnen. Daher ist das so bestimmte (sowohl praktische als auch theoretische) Subjekt-Objekt-Verhältnis – jedoch nicht jedes Subjekt-Objekt-Verhältnis, was Hegels Konzept der absoluten Idee manifestieren soll – auf diejenige metaphysische Auffassung zurückzuführen, die allen Gegensatz überhaupt für einen nur quantitativen erklärt. Dabei spricht Hegel vom „Hauptsatz neuerer Philosophie“ (SL: 227,20) und scheint den soeben erwähnten Materialismus der französischen Aufklärung im Blick zu haben. 27 Durch diese Quantifizierung erzielt man zwar einen Monismus, aber einen solchen, der auf der völligen Äußerlichkeit aufbaut, allen Umgang des Subjekts mit dem Objekt für einen aussichtslosen unendlichen Prozess und das Absolute für ein Schlecht-Unendliches erklärt. Die Antwort auf diese metaphysische Auffassung und damit die wahrhafte Unendlichkeit des Quantums liegt – wie anhand der logischen Bestimmung des Quantums kurz skizziert – zunächst in der Rückkehr der Größe in die qualitative Unendlichkeit. Was die begrenzte Quantität sucht, ist die Selbstbeziehung, die Idealität und das Fürsichsein, welche aber nicht in der Äußerlichkeit, an dem Quantum und durch den mathematischen Kalkül, sondern bereits im Bereich des Ansich, des eigenen Begriffs und der eigenen Bestimmung des Daseins vollzogen werden. Hegel sieht somit im quantitativen Verhältnis die Vollendung des mathematischen Standpunktes und den einzigen stabilen Unendlichkeitsbegriff der Mathematik selbst.28 Die Mathematik zu Hegels Zeit definierte nämlich die Größe als das, was vermehrt und vermindert werden kann. Zugleich wurde unterstellt, dass das Unendliche diejenige Größe sei, über welche hinaus es keine größere mehr bzw. unter welcher keine kleinere mehr gebe – was aber der Definition der Größe offensichtlich widerspricht. Hegels Schlussfolgerung ist dabei, dass
27
Vgl. § 99 Z; TWA 20: 287ff. Dies beansprucht Hegel in drei langen Anmerkungen zu zeigen, in welchen er sich eingehend mit den zu seiner Zeit aktuellen, zum Teil sogar sehr modernen mathematischen Unendlichkeitskonzepten auseinandersetzt (vgl. SL: 236 ff.). Auf diese spezielle Diskussion kann hier aber nicht eingegangen werden. Dazu vgl. Michael Wolff, „Hegel und Cauchy. Eine Untersuchung zur Philosophie und Geschichte der Mathematik“, in: Rolf-Peter Horstmann/Michael John Petry (Hgg.), Hegels Philosophie der Natur. Beziehungen zwischen empirischer und spekulativer Naturerkenntnis, Stuttgart 1986, 197–263. 28
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in der Mathematik einerseits von der Vorstellung des kardinal bzw. aktual Unendlichen ausgegangen wird, andererseits aber nach keiner letzten Größe, nicht nach einem kardinal unendlichen Quantum, sondern nach der Qualität und dem qualitativen wahrhaften Unendlichen gesucht wird (a.a.O. 239,9–13). In diesem Sinne besteht die Vollendung des mathematischen Standpunkts nicht etwa in der größten bzw. kleinsten Zahl oder im bloßen Abzählen bzw. dem quantitativ-unendlichen Progress, sondern im Operieren mit den Quanten nach der Weise der Qualität, d.h. so, dass die Quanten die Idealität, Selbstbeziehung und das Fürsichsein des Daseins zum Ausdruck bringen, wie es bei der logischen Bestimmung des quantitativen Verhältnisses der Fall ist. Die Rede vom Unendlichen als einer Größe ist auf die mangelnde Begrifflichkeit der Mathematik zurückzuführen, welche Hegel durch seine spekulative Logik der Quantität und im Einklang mit der eigentlichen mathematischen Intention ergänzen will. Anstatt ein kardinal Unendliches anzunehmen und sich im unendlichen Progress eines potential Unendlichen zu verlieren, schlägt Hegel somit vor, dass sich die Mathematik begrifflich mit ihrer eigenen gängigen Praxis versöhnt, indem sie das Unendliche bereits in den quantitativen Verhältnissen sieht, die sie selbst formuliert. Hegels Logik schlägt also zur mathematischen Metaphysik ihrer Zeit die Korrektur vor, die Vorstellung des kardinal Unendlichen durch den Begriff eines qualitativen wahren Unendlichen zu ersetzen, das bereits dank seiner begrifflichen Struktur unendlich ist und sich zugleich durch die Grenze und Äußerlichkeit des Quantums stets aktualisiert und neue Quanten zustande bringt. 5. Maß i. Die logischen Bestimmungen ‚Maß‘ und insbesondere ‚absolute Indifferenz‘ Drückt das quantitative Verhältnis die Qualität mit Mitteln der Quantität aus, so hat mit ihm der logische Prozess den entscheidenden Schritt für die Herstellung der spekulativen Einheit von Qualität und Quantität vollzogen. Diese Einheit nennt Hegel Maß und beschreibt sie im dritten Abschnitt der Seinslogik. Anders nämlich als das quantitative Verhältnis, das sich zweier Quanten bedient, um ein drittes als ein sich auf sich Beziehendes auszudrücken, gibt das Maß einen konkreten Zusammenhang von Qualität und Quantität an, der spezifisch für ein Dasein ist und dessen Störung die Auflösung dieses Daseins bedeutet. Dadurch ist die Grenze, die für das Quantum und seine Äußerlichkeit konstitutiv war, wiederhergestellt. Sie ist aber hier keine bloß äußerliche, die zwei Daseiende nur voneinander trennt, sondern die spezifische Grenze, die den Rahmen definiert, innerhalb dessen die individuellen Bestimmtheiten von einem Dasein variieren können, ohne dass es zugrunde geht. Ein Haufen von etwas, die Geschwindigkeit oder eine musikalische Harmonie bilden evidente
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Beispiele von solchen Daseienden, bei welchen die Qualität nur im Zusammenhang mit einer Quantität, oder gar nur quantitativ zu denken ist: Ein Haufen ist die Qualität einer Menge; Geschwindigkeit wird als das Verhältnis zwischen einer durchlaufenen räumlichen Größe und einer bestimmten Zeit definiert; und Harmonie ist eine qualitativ bestimmte Verbindung diverser Töne. Aber nicht nur diese drei, sondern „[a]lles, was da ist, hat ein Maaß“ (SL: 330,5): Alles, was real existiert, ist weder bloße Qualität noch nur abstrakte Quantität, sondern eine konkrete Einheit beider, die gemäß einem spezifischen Maß konstituiert ist. Die Problematik dieser allgemeinen Bestimmung des Maßes kommt bei seiner dialektischen Entwicklung ans Licht. Sofern das Maß ein reales ist und als spezifisches Maß dem jeweiligen Daseienden zukommt, bildet es eine Vielheit von Maßen verschiedener selbstständig Daseiender. Diese Vielheit wird zunächst als das Verhältnis selbstständiger Maße aufgefasst. Dabei verhalten sich die Maße verschiedener Daseiender so zueinander, dass es ständig zu der Veränderung der vorhandenen spezifischen Quantitäten bzw. Qualitäten und damit zur Auflösung der alten und zugleich zur Entstehung von neuen Maßen kommt. Die Vielheit der Maßverhältnisse bildet auf diese Weise einen unendlichen Progress, in welchem jede neue Qualität, jedes Maß oder Maßverhältnis als die Negation und das Andere einer anderen auftritt. Aus diesem Progress lässt sich die Gedankenbestimmung des Maßlosen gewinnen. Vorerst soll das Maßlose eine Bezeichnung für das im unendlichen Progress der Maße jeweils neu entstandene Maß ausmachen – allerdings nur im Hinblick auf dasjenige, was zuvor bestand, denn für sich genommen stellt jedes neue Maß ein Maß dar. Was aber in dieser unendlichen Reihe von aufeinanderfolgenden und sich gegenseitig negierenden Maßen stattfindet, ist das eigene Negieren des Spezifischseins des Maßes in toto, d.h. des Maßes, insofern es in bestimmten Daseienden verankert ist. Jegliche Spezifikationen zeigen sich in dieser unendlichen Reihe als äußerliche und vorübergehende Modifikationen des Maßes überhaupt bzw. der unmittelbaren, einfachen und sonst bestimmungslosen Einheit von Qualität und Quantität. Es ist ferner diese alle spezifischen Maße negierende, mithin maßlose Einheit, die den entwickelten Begriff des Maßlosen ausmacht: die anfängliche Bestimmung des Maßes, die nun als Resultat, durch ihre eigene Negation konkretisiert, neu hervortritt. Mit der neuen Bestimmung des Maßlosen wird aber das Verhältnis zwischen selbstständigen Maßen zu einem Verhältnis zwischen verschiedenen Maßen und Maßlosem. Dabei bietet sich einerseits das Maßlose als eine bestimmungslose Grundlage dar und andererseits bilden die verschiedenen Maße dessen unzählige Spezifikationen. Diese Grundlage ist im Gegensatz zur Abstraktion der bloßen Quantität bzw. Qualität und gemäß der Grundbestimmung des Maßes als etwas durchaus Reales zu verstehen: das „perennirende Substrat“ alles realen Werdens (a.a.O. 370,28). Hegel greift dabei sogar auf den Gedanken der
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Materie zurück, über welche er bemerkt hatte, dass sie die existierende Quantität ist: Sollte ‚Quantität‘ die Kontinuität der Vielheit in deren Äußerlichkeit wiedergeben, so hat sich die Quantität zunächst bei ihrer Rückkehr in ihr dialektisches Korrelat, die Qualität, und dann bei ihrem Übergang zum Maß als nicht mehr zutreffend erwiesen. Ihre Wahrheit, d.h. die „wahrhaft bestehenbleibende, selbstständige Materie“, welche die Kontinuität bewahrt, ohne in ihr Anderes übergehen zu können, ist vielmehr das Maßlose (a.a.O. 370,21). Die Spezifikationen dieses realen perennierenden Substrats sind andererseits solche, die beliebig variieren können, ohne das Substrat, also die zugrundeliegende Einheit von Qualität und Quantität überhaupt, zu verändern. Es handelt sich bei ihnen um „Zustände“ des Substrats, deren Wandel als eine äußerliche Änderung zum Substrat gehört (vgl. a.a.O. 371,21). Das Maßlose stellt demnach diejenige Negation des Maßes dar, die an dem Maß selbst gesetzt ist: die Negation des Maßes als Korrelat für alle realen Maße. Soll dieses Negationsverhältnis erneut, nach der Weise des Verstandes aufgefasst werden, so ergibt sich die logische Bestimmung der absoluten Indifferenz. Diese neue logische Bestimmung drückt dieselbe Äußerlichkeit wie das Maßlose aus, ohne jedoch auf die Einschränkung der Differenzierung zwischen einem bestehenden Substrat und der ihm zukommenden Zustände zu rekurrieren. Der gleichgültige Wechsel von Qualitäten und Quantitäten kann auch ohne ein fest bestehendes Substrat bzw. genau als die einzige Bestimmung des Substrats gedacht werden: das Substrat als das gleichgültige Wechseln selbst. In diesem Sinne ist nun die Rede von nur einer (absoluten) Indifferenz, die alle Änderung als „ihr immanentes, sich auf sich beziehendes Unterscheiden“ in sich einschließt (a.a.O. 373,21). Nun bildet aber das Maß nicht irgendeine seinslogische Bestimmtheit, sondern gerade die Einheit von Qualität und Quantität, sodass seine Negation keine marginale, sondern die Negation aller Qualität, aller Quantität und aller Einheit von beiden ist, also die „Negation aller Bestimmungen des Seyns“ überhaupt (a.a.O. 373,19).29 War diese Negation als das Maßlose zunächst noch an dem Maß gesetzt, so tritt sie jetzt als solche hervor: Die absolute Indifferenz ist der endgültige logische Ausdruck für die Äußerlichkeit der begrifflich realen Unmittelbarkeit in allen ihren Bestimmungen und Verhältnissen. Dies ist ein ausgesprochen wichtiges Gedankenmotiv, das am Ende eines jeden Teils der Logik (aber auch der gesamten spekulativen Philosophie) auftaucht; das ferner retrospektiv einen neuen Zugang zum entsprechenden Anfang ermöglicht und nicht zuletzt – wie weiter unten zu zeigen sein wird – den
29 Die „Indifferenz aber, welche die absolute genannt werden kann, ist, die durch die Negation aller Bestimmtheiten des Seyns, der Qualität und Quantität und deren zunächst unmittelbaren Einheit, des Maaßes, sich mit sich zur einfachen Einheit vermittelt“ (SL: 373,10f.).
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Schlüssel für das Verständnis aller philosophischen Theologie in der Logik bietet, weshalb es hier etwas näher erläutert werden muss. Äußerlichkeit, ja Indifferenz kommt nicht erst mit der absoluten Indifferenz in die Seinslogik. Vielmehr macht sie genau die eine logische Bestimmung aus, die – wie Hegel zu Beginn dieses Kapitels bemerkt (a.a.O. 373,5–9) – im Laufe der Seinslogik durchdekliniert wurde. Das Neue, worin sich die am Ende der Seinslogik thematisierte absolute Indifferenz von allen vorangegangenen Indifferenzen, etwa von der qualitativen und quantitativen, unterscheidet, liegt darin, dass sie nun „als Resultat“ thematisiert wird (a.a.O. 373,18). Dieses Resultat (wie alle spekulativ-logischen Resultate) ist jedoch nicht im Sinne etwa des bereits logisch überholten mathematischen Standpunkts zu verstehen: Die absolute Indifferenz stellt nicht die Summe aller seinslogischen Bestimmungen dar, sie ist nicht die bloße Verdichtung des Seins oder die pauschale, etwa eine kardinale, Negation aller Bestimmungen des Seins. Eine solche Negation, Verdichtung und Summe aller seinslogischen Bestimmungen war das Maßlose als neben dem Maß gesetzt. Vielmehr besteht die absolute Indifferenz als das Resultat der Seinslogik in der Einsicht, dass alle Bestimmungen des Seins das Durchdeklinieren der Indifferenz ausmachen. Die logische Bestimmung der absoluten Indifferenz ist die Feststellung des Prinzips und Elements der Seinslogik innerhalb der Seinslogik selbst: dass nämlich alle Qualität, Quantität und alles Maß von der Indifferenz ausgehen und trotz ihrer Unterschiede einander wesentlich indifferent bleiben.30
30 In einer sehr ähnlichen Richtung bewegt sich auch J. M. Sánchez de León Serrano, wenn er den Übergang vom Sein in das Wesen anhand des „begriffene[n], intellektuell fixierte[n] Sein[s]“ beschreibt, das dadurch „dem unmittelbar Seienden übergeordnet“ ist, dass es „der vollständig herausgebildete Gedanke des Elementes [ist], welchem die gleichartigen Unmittelbaren inbegriffen sind“ (José María Sánchez de León Serrano, Zeichen und Subjekt im logischen Diskurs Hegels, Hamburg 2013, 199). Den hier zum ersten Mal vorgestellten Gedanken der Feststellung eines logischen Prinzips und Elements wird die vorliegende Studie mehrmals aufgreifen, nicht zuletzt im Kontext des Absoluten und des Begriffs als solchen, und zwar im Sinne des Prinzips und Elements der objektiven oder sogar der gesamten Logik (vgl. II.B1.iii. und III.A.2.; III.B.2.; III.C.2.) Für das Verständnis dieser Termini (‚Prinzip‘ und ‚Element‘) im jetzigen Kontext ist der Verweis auf den Beginn des vorletzten Unterkapitels der Seinslogik hilfreich: Die absolute Indifferenz als die „Reduktion“ der vielen „Maaßverhältnisse“ auf nur „Ein Substrat“ ist die „Continuirung [dieser Maßverhältnisse und somit aller seinslogischen Bestimmungen] in einander, somit das untrennbare Selbstständige, das in seinen Unterschieden ganz vorhanden ist“ (SL: 374,6–13). Dieses untrennbare Selbstständige, das in seinen Unterschieden ganz vorhanden ist, nennt die vorliegende Arbeit ‚Element‘. Dabei „kommt [es] ganz darauf an“, wie die Unterschiede, also die „in ihm enthaltenen Bestimmungen, die Qualität und die Quantität“, „an ihm gesetzt sind“. Verschiebt man ferner den Akzent darauf, dass die absolute Indifferenz von den in ihr enthaltenen Bestimmungen unterschieden ist, darauf also, dass sie „an sich die Vermittlung“ ist und dass die Vermittlung selbst „an [der absoluten Indifferenz] noch nicht als solche gesetzt ist“, so gelangt man zur Bestimmung der absoluten Indifferenz als Prinzips.
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Dagegen könnte man vielleicht einwenden, dass die Seinslogik faktisch vom Seinskapitel ausgeht, dass nämlich das Prinzip der Seinslogik die in jenem Kapitel erwiesene erste logische Wahrheit, das Werden, ist und dass der ganze darauffolgende logische Prozess durch das Werden als dessen eigenes Element geprägt wurde. Nun ist dies tatsächlich der Fall, und die absolute Indifferenz als das Resultat der Seinslogik bestreitet es keineswegs. Ganz im Gegenteil: Sie bestätigt diese Beobachtung oder, was dasselbe heißt, sie kehrt in den Ausgangspunkt der Seinslogik, in das Werden, zurück. 31 Werden und absolute Indifferenz stellen dasselbe Prinzip und Element der Seinslogik fest, aber mit dem Unterschied, dass die absolute Indifferenz dies vor dem Hintergrund der seinslogischen Entwicklung tut, also mit dem konkreten Wissen, dass es auf den Inhalt der Seinslogik zutrifft, während die Feststellung des Werdens die anfängliche war, die sich noch durch den konkreten logischen Prozess zu bewähren hatte. Die absolute Indifferenz ist in diesem Sinne das durch dasjenige Wissen ergänzte Werden, das durch den vom Werden selbst initiierten logischen Gang gewonnen wurde. Dass nun die „letzte Bestimmung des Seyns“ (a.a.O. 381,22) eine Rückkehr des logischen Prozesses in den Anfang der Seinslogik vollzieht und dass der Übergang in die Wesenslogik nicht als ein bloßer Fortgang in eine nächste Bestimmung, sondern vor dem Hintergrund der anfänglichen seinslogischen Begriffstriade zu betrachten ist, hat gravierende Folgen nicht nur für das Verständnis der Wesenslogik und deren philosophisch-theologische Untersuchung, sondern auch rückwirkend für die philosophisch-theologische Bedeutung der Seinslogik. Letztere Folgen müssen jetzt eigens thematisiert werden. 32 ii. Die absolute Indifferenz als rein logische Absolutheitskonzeption: Das ansichseiende Absolute33 Zu Beginn des allerletzten Kapitels der Seinslogik, das sich die Aufgabe stellt, in die Wesenslogik überzuleiten, führt Hegel verblüffend den Terminus ‚Absolutes‘ in engster Verbindung mit der absoluten Indifferenz ein, sodass er eine gewisse Zusammengehörigkeit von Kontinuität der Logik und den Materialien
31 Es sei hier explizit darauf hingewiesen, dass die absolute Indifferenz auf das erste Kapitel der Seinslogik zurückgreift, also vor dem Dasein als solchem, welches die erste Vermittlung durch eine seiende Bestimmtheit vollzieht und einen Wendepunkt für die gesamte Logik und die philosophische Theologie in ihr darstellt (vgl. den episodischen Abschnitt zu II.A.2.i.). 32 Hiermit wird zum ersten Mal auf der Ebene der rein logischen Untersuchung eine weitere Dimension und Bedeutung der Logik angedeutet, die deren Untersuchung auf einer neuen Ebene gebietet. Diese Ebene ist die in der Einleitung (Ziffer 6) als die zweite bzw. esoterische festgelegte und wird nun in dem unmittelbar folgenden Unterkapitel thematisiert. 33 Die Kursivschrift im Titel soll darauf hinweisen, dass die Untersuchung der Logik auf ihrer zweiten, esoterischen Ebene erfolgt (vgl. Einleitung, Ziffer 6).
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philosophischer Theologie in diesem Werk andeutet. Diese kryptischen Andeutungen enthalten zum ersten Mal im systematischen Ablauf der Logik ein Indiz dafür, dass der Ausdruck ‚das Absolute‘ nicht bloß ein Name ist, dessen Bedeutung nur am Rande, in episodischen Abschnitten, untersucht werden kann, sondern auch eine rein logische Absolutheitskonzeption markiert, die eine zentrale Rolle für den logischen Prozess selbst spielt. Worin jedoch die logische Bestimmung des Absoluten besteht, verrät Hegel seinem Leser in diesem letzten Kapitel nicht. Er deutet nur an, wie das Absolute hier „bestimmt“ ist und im wesenslogischen Prozess „gedacht“ werden muss, dass es nämlich das Absolute mindestens in zwei Weisen gibt: als das „ansichseyende“ und als „das fürsichseyende Absolute“ (SL: 381,26f.). Entscheidend für das Verständnis dieser zwei Weisen des Absoluten ist allem Anschein nach das „Daseyn“ der absoluten Indifferenz, mit welchem sich diese zunächst in einem „Gegensatz“ befindet (a.a.O. 381,25f.). ‚Dasein‘ weist auf die seiende Bestimmtheit oder Grenze hin und Hegel macht deutlich, dass die jetzige Bestimmtheit eine äußerliche und quantitative an der absoluten Indifferenz ist (a.a.O. 381,24). Diese Bestimmtheit und Grenze besteht aber, wie die obigen Überlegungen zur logischen Bestimmung der absoluten Indifferenz ergeben haben, in der faktischen Menge aller seinslogischen Bestimmungen, insofern sie von der absoluten Indifferenz unterschieden sind. So handelt es sich beim Dasein, das im Gegensatz zur absoluten Indifferenz steht, um alle seinslogischen Gedankenbestimmungen, die formell betrachtet vor der absoluten Indifferenz vorkommen, von denen aber gewusst worden ist, dass sie die absolute Indifferenz wiedergeben, also diese zu ihrem Prinzip und Element haben. Die Bestimmung des ansichseienden Absoluten geht daher mit dem Gegensatz zwischen seinslogischen Gedankenbestimmungen und absoluter Indifferenz einher, und überhaupt scheint eine Antwort auf die Frage nach den zwei Weisen des Absoluten von der Frage abzuhängen: Wie ist es zu verstehen, dass die seinslogischen Gedanken faktisch (d.h. der Darstellung des Logischen innerhalb der Logik nach) als distinkte Gedanken an ihrem Prinzip und Element bestehen? Nun kann man tatsächlich auf der faktischen Ebene der logischen Darstellung bleiben und daran festhalten, dass die seinslogischen Bestimmungen unmittelbar von der absoluten Indifferenz unterschieden sind; dass sie ferner einen unmittelbaren Gegensatz zu ihr bilden – letzten Endes sind sie ja distinkte und selbstständige logische Gedankenbestimmungen; dass es sich aber lediglich um einen minimalen Gegensatz handelt; dass nämlich der „Unterschied“ zwischen diesen Gedanken und der absoluten Indifferenz „nur ein gleichgültiger, kein Unterschied an sich ist“ (a.a.O. 382,1), denn die absolute Indifferenz hat sich ohnehin als das Prinzip und Element dieser Gedanken erwiesen. Diese zugegebenermaßen richtige Argumentation bewegt sich jedoch lediglich auf der Oberfläche der logischen Darstellung. Sie ist eine „äussere Reflexion“
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(a.a.O. 381,27), die, obwohl richtig, die Konsequenz aus der ganzen seinslogischen Entwicklung und der Feststellung von dessen Prinzip bzw. Element, der absoluten Indifferenz nämlich, nicht zieht: dass „die eigene Bestimmung der Unterschiede“ darin besteht, „sich aufzuheben“ und in „die absolute Negativität“, die „Gleichgültigkeit“ der absoluten Indifferenz „gegen sich selbst, gegen ihre eigene Gleichgültigkeit, eben so sehr als gegen das Anderseyn“ überzugehen (a.a.O. 382,3–6). Es ist aber genau diese oberflächliche Betrachtung der absoluten Indifferenz, auf welcher die äußere Reflexion insistiert, welche die Bestimmung des ansichseienden Absoluten ausmacht: Das ansichseiende Absolute ist die absolute Indifferenz, die sich zwar als die wichtigste seinslogische Bestimmung, das Prinzip und Element aller seinslogischen Bestimmungen ergeben hat, aber so, dass sie für unmittelbar begrenzt von der in der übrigen Seinslogik exponierten seienden Bestimmtheit gehalten wird. 34 Diese Absolutheitskonzeption gilt zwar inhaltlich betrachtet für absolut im Vergleich zu den anderen seinslogischen Bestimmungen; sie bleibt aber insofern formell, d.h. eine Bestimmung unter anderen, als sie ihr Recht gegenüber den anderen Bestimmungen nicht ausübt. Dem ansichseienden Absoluten mangelt es nämlich daran, dass es seine Absolutheit nicht in Bezug auf sein Dasein, d.h. die seinslogischen Bestimmungen, zum Ausdruck bringt, dass es also nicht mittels des Daseins etwa scheint, erscheint oder manifestiert. So ist dabei das Absolute tatsächlich nur „bestimmt“, noch nicht „gedacht“ worden (a.a.O. 381,26), bestimmt nämlich durch das Dasein, das sich wohl als sein Dasein gezeigt hat, jedoch nicht durch sich selbst bestimmt, durch sein eigenes Tun: Es ist nicht die absolute Indifferenz selbst, die sich mittels des unmittelbaren Daseins expliziert, sondern umgekehrt das unmittelbare Dasein, welches das Absolute in dieser Absolutheitskonzeption durch seine (also des Daseins) besondere Bestimmung prägt und zu etwas Unmittelbarem macht. Für das adäquate Verständnis der absoluten Indifferenz hinsichtlich der philosophischen Theologie in der Logik ist aber noch folgende Überlegung von Bedeutung: Wenn das ansichseiende Absolute in der unmittelbar bestimmten absoluten Indifferenz besteht und wenn auch umgekehrt alles Unmittelbare durch die absolute Indifferenz bestimmt worden ist, dann muss auch alles Unmittelbare als ansichseiend absolut (im weiteren Sinne) konstatiert werden.
34 Es ist bereits die Bezeichnung ‚ansichseiend‘, die auf die unmittelbare Begrenzung des Absoluten und den oben angedeuteten unmittelbaren Gegensatz der absoluten Indifferenz gegen ihr Dasein hinweist. Denn ‚Ansich‘ bedeutet das Sein „als Beziehung auf sich gegen seine Beziehung auf Anderes, als Gleichheit mit sich gegen seine Ungleichheit“ (SL: 107,2). Darüber hinaus provoziert die Rede vom ‚Ansich‘ im Hinblick auf die Daseinslogik, zu welcher die Bestimmung des Ansich gehört, die Frage nach dem Sein-für-Anderes des Absoluten, nach der Bedeutung eines solchen Anderen und insgesamt nach den übrigen daseinslogischen Bestimmungen in Bezug auf das Absolute.
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Wie die absolute Indifferenz sind nämlich auch alle seinslogischen Bestimmungen unmittelbar und indifferent bestimmt. Der Unterschied dieser Bestimmungen zur absoluten Indifferenz besteht darin, dass erst diese das Prinzip und Element jener, d.h. aller seinslogischen Indifferenz, bekundet, sodass jene als bestimmte Vorformen der absoluten Indifferenz betrachtet werden müssen, die zu derselben führen. Die ganze Seinslogik bildet daher eine Reihe von Vorformen des ansichseienden Absoluten, die mit der logischen Bestimmung der absoluten Indifferenz vollendet wird. Für die Suche nach philosophischer Theologie in der Logik bedeutet das vielleicht, dass die Seinslogik die Absolutheitsthematik nicht bloß episodisch oder zufälligerweise aufgreift. Vielmehr werden alle seinslogischen Bestimmungen von der Absolutheitskonzeption ‚absolute Indifferenz‘ geprägt, sodass auch sie diese bestimmte Absolutheitskonzeption zu erkennen geben. Steht nämlich die absolute Indifferenz für eine bestimmte Auffassung des begrifflichen Fundaments philosophischer Rede von Gott, so müssen die seinslogischen Bestimmungen insgesamt als Vorformen dieser Auffassung verstanden werden. Die Verwendung des Ausdrucks ‚ansichseiendes Absolutes‘ im logischen Kontext und als logisch-immanente Charakterisierung einer bestimmten Gedankenbestimmung scheint daher anzudeuten, dass die philosophisch-theologische Untersuchung der Logik auch auf einer weiteren Ebene ausgeführt werden muss, die zwischen der logisch-grundlegenden und bloß unbefangenen einerseits und der exoterischen andererseits besteht. Darüber aber, welcher Bestimmung diese Ebene ist, und inwiefern die gesamte objektive Logik den logischen Kern philosophischer Theologie zu erkennen gibt, lässt sich an dieser Stelle nichts Näheres berichten, denn Hegel selbst führt den Terminus ‚Absolutes‘ nur antizipierend ein.35 Was das Absolute als solches bzw. die genuine logische Bestimmung oder der Begriff des Absoluten ist, ist bei weitem nicht erkannt. Der einzige Hinweis, den das letzte Kapitel der Seinslogik diesbezüglich liefert, ist, dass das Absolute, sofern es tatsächlich mit der absoluten Indifferenz systematisch gekoppelt ist, eine enge logische Verbindung mit dem Anfang der Seinslogik aufweist, und zwar so, dass das Absolute das anfängliche Werden als bereichert darstellt durch das Wissen, dass sie das Prinzip und Element der seinslogischen Bestimmungen ausmacht. Diese Verbindung ist ferner aus dem zusätzlichen Grund für die vorliegende philosophisch-theologische Untersuchung der Logik besonders interessant, weil sie die absolute Indifferenz aus dem Prozess der seienden Vermittlung auszunehmen scheint, der zum ersten Mal mit dem Dasein als solchem vollzogen wurde und, wie es dort hieß, mit dem Begriff als solchem seine Vollendung erreichen wird 36: Die absolute Indifferenz scheint also eine besondere Funktion in der Logik und der philosophischen Theologie
35 36
Näheres dazu unten II.B.1.ii. und Zwischenbemerkung zu II.B.2. Vgl. episodischer Abschnitt zu II.A.2.i.
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derselben zu erfüllen, gerade weil sie nicht auf die seiende Bestimmtheit angewiesen ist, wie diese in der übrigen Seinslogik von ihrem zweiten Kapitel an exponiert wird. Aber auch darüber kann an der jetzigen Stelle keine nähere Auskunft gegeben werden. Nach dem Verhältnis der absoluten Indifferenz zum Begriff des Absoluten betrifft nämlich das weitere noch zu registrierende Desiderat der philosophisch-theologischer Untersuchung das Verhältnis der absoluten Indifferenz zum Begriff als solchem. Episodischer Abschnitt: Das Maß als Definition des Absoluten oder als der logische Kern bestimmter metaphysischer Auffassungen Der letzte ausformulierte Definitionsversuch in der Seinslogik knüpft an d ie logische Bestimmung des Maßes an: „Das Absolute, Gott ist das Maaß aller Dinge“ (a.a.O. 326,2). Hegel notiert, dass dieser Definitionsversuch nicht „stärker pantheistisch […] aber unendlich wahrhafter“ als der anfängliche der Seinslogik ist. „Unendlich wahrhafter“ ist er, weil das Maß in sich viel konkreter als das reine Sein ist und dadurch das Definiendum ‚Gott‘ oder ‚Absolutes‘ nicht nur präziser fasst, sondern überhaupt qualitativ und quantitativ bestimmt. Was aber die Bezeichnung ‚pantheistisch‘ betrifft, muss man zunächst Hegels impliziten Hinweis darauf berücksichtigen, dass eine Gottesdefinition stärker oder weniger stark pantheistisch sein kann. Zudem darf auch nicht übersehen werden, dass Gott in dieser Definition für von allen Dingen unterschieden gehalten wird, da er ihr Maß ist, während sie ein Maß bloß haben. Das pantheistische Element dieser Definition muss demzufolge allein im Bezug Gottes auf alle Dinge liegen. Diesen Bezug darf man sich des Weiteren nicht als denjenigen zwischen einem absoluten Maßstab und allen endlichen Dingen vorstellen. Gott als das Maß ist nicht im Sinne von einem „Grundmaaß“ zu verstehen (a.a.O. 330,27), d.h. im Sinne von einem bestimmten und zugleich uneingeschränkt gültigen Maß, woran sich alle Dinge messen ließen. Ein solches Maß entspräche nicht der Natur jedes einzelnen Dinges und wäre allen gleichermaßen äußerlich. Darüber hinaus würde ein solches Maß keinen Gegenstand der spekulativ-logischen Wissenschaft bilden, sondern nur das bloß „gemeinschaftliche“ Merkmal als Resultat der Betrachtung von vielen empirischen Gegenständen sein, ein (inter-)subjektives „Uebereinkommen“, das dem Bereich des endlichen Erkennens angehört (a.a.O. 331,1f.). Hegel setzt hingegen an dieser Stelle der Logik den Gedanken vom Maß überhaupt mit dem Absoluten gleich, was der Einheit von Qualität und Quantität überhaupt entspricht und mit keiner bestimmten, für ein Dasein spezifischen Einheit zu verwechseln ist. In der Tat ist also dieser Bezug nicht enger (und dennoch viel konkreter bzw. wahrhafter) als der entsprechende in der Definition Gottes als des Seins, worin Gott als „das Reale in aller Realität“ und „das Prinzipium des Seins in allem Dasein“ festgestellt und vom zufälligen Dasein nur abgegrenzt wurde. Das stellt aber einen gewiss sehr
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schwachen Begriff von Pantheismus dar, ja einen solchen, der von jedem Monotheismus zugestanden werden muss. In diesem Sinne findet Hegel das Verständnis Gottes als des Maßes in „manche[n] althebräischen Gesänge[n]“.37 In diesen wird Gott als derjenige gepriesen, der allen endlichen Dingen die diversen spezifischen Grenzen bzw. Maße gesetzt hat. Er wird für das Prinzip bzw. – wenn man das Prinzip jedes Einzelnen für dessen spezifisches Maß vorbehalten will – für die Bedingung der Möglichkeit aller geordneten Existenz gehalten. Er wird also als das Maß selbst vorgestellt, an dem alles Dasein teilnimmt, insofern es sein eigenes Maß hat und ihm untergeordnet ist. Und schließlich findet Hegel den Gedanken des Maßes auch in den griechischen Vorstellungen von „Schicksal“ und „Nemesis“ (vgl. a.a.O. 325,33ff.) – offenbar in dem Sinne, dass der Mensch, der sein ihm spezifisches (also menschliches) Maß überschreitet, zugrunde gehen muss. Allerdings notiert Hegel, dass das „entwickeltere, reflectirtere Maaß […] die Nothwendigkeit“ ist (ebd.), und weist somit bereits hier darauf hin, dass der ganze begriffliche Gehalt von ‚Schicksal‘, ‚Nemesis‘ und daher der gesamten griechischen Religion in der wesenslogischen Bestimmung der Notwendigkeit zu suchen ist. Das Maßlose, das die Vollendung des dialektischen Moments des Maßes darstellt, soll § 85 zufolge als eine Definition des Endlichen angesehen werden können. Sollte es aber als Definiens des Absoluten gebraucht werden, so dürfte es eine gewisse Vergöttlichung des Endlichen und einen Pantheismus in irgendeinem Sinne ergeben. In der Tat bringt Hegel das Maßlose in Verbindung mit der indischen Religion bzw. dem „indische[n] Pantheismus“ (a.a.O. 324,26).38 In dieser Absolutheitsauffassung geht es um die „Substanzialität in der Totalität ihrer Äußerlichkeit“ (VANM 4a: 475), d.h. nicht um das Substantialitätsverhältnis (aus der Wesenslogik) und sicherlich nicht um das Subjekt (der Begriffslogik), sondern um das bloß unmittelbar bestehende Substrat, welches das seinslogische Maßlose wiedergibt. Hegel unterscheidet in der indischen Vorstellung dreierlei, deren Drittes er als das Maßgebende hervorhebt. Das Erste ist Brahma als die abstrakte Fassung der Substanzialität; das Zweite Krischna als das ungeordnete Aggregat der besonderen Manifestationen Brahmas in der Welt; das Dritte Schiwa, das die Einheit der ersten zwei darstellen soll. Die Einheit aber, die Schiwa zum Ausdruck bringt, ist keine konkrete, keine Versöhnung der beiden Extreme. Vielmehr handelt es sich um die „Veränderung überhaupt“ (a.a.O. 487). Schiwa ist „der Modus, […] Entstehen und
37 Vgl. § 107 Z. Anscheinend bezieht sich Hegel dabei auf Stellen aus den Psalmen wie die 74: 17 und 104: 9. Dass er ferner speziell „althebräische[] Gesänge“ und nicht die (jüdische) Religion der Erhabenheit erwähnt, erklärt sich durch Hegels Ansicht, dass der Kern dieser Religion allein in den fünf Büchern Moses besteht. 38 Vgl. alle drei religionsphilosophischen Kollegien (VANM 4a: 29; 229; 487), die trotz ihrer verschiedenen Herangehensweisen an diesem Punkt im Einklang miteinander stehen.
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Vergehen, das Feld der Aeusserlichkeit überhaupt“ (SL: 324,31), das real Existierende, das an sich die Elemente des Qualitativen und Quantitativen hat, aber sie maßlos verwaltet (vgl. a.a.O. 325,28). 6. Vorbemerkungen über das Wesen im Anschluss an das Sein i. Die logische Bestimmung ‚Wesen‘ Am Anfang der Wesenslogik mag die Versuchung groß sein, das Wesen analog zum reinen Sein zu interpretieren – etwa als das Resultat von Überlegungen, die nicht von der Seinslogik ausgehen, oder gar von einer außerhalb der Grenze der Logik liegenden Wissenschaft. Eine solche Herangehensweise hält Hegel offenbar für so falsch, dass er sich nicht einmal die Mühe gibt, sie im Vorspann zur Wesenslogik zu widerlegen. Anders verhält es sich aber mit der Versuchung, den Anschluss des Wesens an die Seinslogik als einen äußerlichen und oberflächlichen zu verstehen, etwa als die „äusserliche Negation“ der bloß vorgefundenen Bestimmungen des Seins (WL: 242,6–13). Gegen diese Versuchung spricht sich Hegel unmissverständlich aus: Eine solche Negation würde dem Wesen „weder an sich, noch für sich selbst“ gerecht und würde lediglich ein nebulös Anderes des Seins, eine einfache Abstraktion, eine „in sich todte, leere Bestimmungslosigkeit“ zum Ausdruck bringen (ebd.). Vielmehr plädiert Hegel im Vorspann zur Wesenslogik für die logisch-systematische Kontinuität zwischen Sein zum Wesen, welche er nicht zuletzt durch die paronymische Bedeutung des Ausdrucks ,Erinnerung‘ pointiert: Die logische Entwicklung des Seins soll als das „Insichgehen“ des Seins, und das Wesen als die „Wahrheit des Seyns“ aufgefasst werden, d.h. als dasjenige „Wissen“ bzw. „vermittelte[] Wissen“ von Sein, das sich nicht mit dem bloß „Unmittelbaren und dessen Bestimmungen“ zufriedengibt, sondern das Innere der Unmittelbarkeit oder das, was „hinter“ dieser Oberfläche liegt, zum Gegenstand hat (a.a.O. 241,3–22). Dieses Innere oder ‚Hinter‘, die Wahrheit aller Unmittelbarkeit, beschreibt aber genau denselben Sachverhalt wie die absolute Indifferenz im letzten Unterkapitel der Seinslogik, welche, wie oben skizziert, das Prinzip und Element des unmittelbaren Seins darstellt und als solche von diesem ‚Sein‘ (d.h. von ihrem eigenen Dasein) unterschieden ist. Dort war es allerdings die äußere Reflexion, die auf der Oberfläche der logischen Darstellung stehen geblieben ist und am unmittelbaren Gegensatz zwischen der absoluten Indifferenz als Prinzip und Element einerseits und der Menge aller vorhergehenden seinslogischen Bestimmungen andererseits festhielt. So markiert ‚Wesen‘ hier, im Vorspann zur Wesenslogik, aber auch in der ganzen Logik, die spekulative und logischkonsequente Betrachtung der absoluten Indifferenz, die den Akzent darauf setzt, dass die absolute Indifferenz primär inhaltlich und nicht formell bestimmt ist, d.h., dass sie keine bloß weitere Bestimmung der Unmittelbarkeit
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ist, die von anderen bloß unmittelbar abgegrenzt ist, sondern dass sie das Prinzip und Element dieser Bestimmungen darstellt und sich auch als solches (als Prinzip und Element) zu diesen verhält. Das Wesen im Anschluss an das Sein gedacht fällt demnach mit dem am Ende der Seinslogik von der äußeren Reflexion vernachlässigten genuinen Sinn der absoluten Indifferenz zusammen. Die Konkretisierung dieses genuinen Sinns – wie ja auch des von der äußeren Reflexion hervorgehobenen Sinns der absoluten Indifferenz – geht dort einher mit der Bestimmung des Daseins der absoluten Indifferenz, also mit der Menge aller seinslogischen Bestimmungen und dem Verhältnis der absoluten Indifferenz zu diesen Bestimmungen. Demzufolge besteht die logische Bestimmung des Wesens, die ja logisch an die absolute Indifferenz anknüpfen soll, darin, dass, sobald das Wesen das Thema der logischen Untersuchung ausmacht, die erwähnten „Bestimmungen […] nicht in Selbstständigkeit oder Aeusserlichkeit hervor[treten], sondern […] als Momente“ in zweifachem Sinne sind (SL: 382,22–30): Einerseits sind sie „der ansichseyenden Einheit angehörig, nicht von ihr entlassen“ (ebd.), d.h., sie stellen die Momente dar, die, obwohl sie unmittelbar nebeneinander bestehen, wesentlich von einer logischen Bestimmung zusammengefasst sind: die seinslogischen Bestimmungen als im Element des Wesens gesetzt. Andererseits sind dieselben Bestimmungen „der fürsichseyenden Einheit immanent“ (ebd.), d.h., sie sind allesamt in einem Gedanken, dem Wesen oder der absoluten Indifferenz, aufgenommen: die seinslogischen Bestimmungen als wesentlich (nicht summarisch) in ihrem Prinzip aufgehoben. So sind diese Bestimmungen „statt Seyender, wie in der ganzen Sphäre des Seyns nunmehr schlechthin nur als Gesetzte, schlechthin mit der Bestimmung und Bedeutung, auf ihre Einheit […] bezogen zu seyn“, also auf ihr gemeinsames Prinzip und Element, „und somit“, d.h. über diese Einheit, „jede auf ihre andere und Negation“ (ebd.). Es geht somit um eine zweifache „Relativität“ der seienden Bestimmtheit (ebd.), die den seienden Charakter der Bestimmtheit überhaupt relativiert: zum einen die Relativität des Daseins in toto zum Wesen, zum anderen der Daseienden zueinander, aber vermittels des Wesens. Entscheidend für das Verständnis des Wesens im Anschluss an das Sein ist die Bemerkung Hegels, dass die Reflexion, die bei der absoluten Indifferenz als bloß letzter Bestimmung des Seins stehenbleibt und nicht in das Wesen fortgeht, die „äussere Reflexion des denkenden, subjectiven Bewußtseyns“ ist (a.a.O. 382,3). Diese Reflexion will sich selbst, d.h. ihre äußeren und bloß unmittelbar begründeten Ansichten, nicht aufgeben. Sie neigt dazu, die eigene Dynamik der logischen Sache zu vernachlässigen und schließlich verweigert sie den weiteren logischen Schritt in das Wesen.39 Sie betrachtet nämlich die 39 Anders bewertet A. F. Koch die Rolle der äußeren Reflexion beim Übergang von der absoluten Indifferenz in das Wesen: „Wir in unserer äußeren Reflexion erkennen notgedrungen an, daß das reine Denken des Seins unwahr ist (es selbst ist dazu nicht in der Lage; es
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absolute Indifferenz weiterhin indifferent, wie eine logische Bestimmung der Unmittelbarkeit, die sich unmittelbar unter anderen befindet und sich primär wie eine unmittelbare zu den anderen verhält. Doch äußert sich Hegel prägnant gegen diese äußere Reflexion: Das „Sich-Aufheben der Bestimmung der Indifferenz […] hat sich [am Ende der Seinslogik] bereits ergeben“ (a.a.O. 382,7), und es kommt nun lediglich darauf an, das, was sich bereits ergeben hat, anzuerkennen; nämlich das, „was die Indifferenz in der That ist“ (a.a.O. 382,16): Dem logischen Inhalt der absoluten Indifferenz nach sind alle seinslogischen Bestimmungen nicht mehr indifferent gegeneinander. Vielmehr hat sich der wesentliche Unterschied zwischen dem Gedanken der absoluten Indifferenz und allen anderen Gedanken ergeben, was eine neue Dimension von Beziehungen jenseits der bloßen Unmittelbarkeit eröffnet. Nun ist es aber auch wichtig, explizit darauf hinzuweisen, dass es dabei um den im Vorspann zur Wesenslogik exponierten Begriff von Wesen geht. Dass dieser Begriff weder mit dem systematischen Anfang der Wesenslogik noch mit sonst einer bestimmten wesenslogischen Bestimmung zusammenfällt, hat zu verschiedenen fruchtbaren Interpretationen geführt, die hier nicht eigens thematisiert werden können. 40 Unabhängig davon, ob irgendwo das Wesen als solches dargestellt wird, – eine Gedankenbestimmung, die in der Wesenslogik ohnehin nicht vorhanden ist, ja im Hinblick auf die Seins- und Begriffslogik fehlt –, soll hier aber vielmehr darauf hingewiesen werden, dass der im Vorspann exponierte Begriff von Wesen gemäß dem Anspruch eines Vorspanns alle wesenslogischen Bestimmungen umfassen soll oder umgekehrt, dass all diese Bestimmungen Spezifikationen desselben darstellen sollen. Obwohl darüber hinaus dieser Begriff in einem Vorspann expliziert wird, darf die Wesenslogik aus seinem Blickwinkel betrachtet werden, weil dieser Begriff (anders als etwa das reine Sein) im systematischen Korpus der Logik entstanden ist, nämlich bereits am Ende der Seinslogik.
verfügt bei weitem noch nicht über die dazu nötigen Denkbestimmungen). Aber wir halten ebensosehr daran fest, daß ein reines Denken – ob wahr oder unwahr – sich wirklich vollzieht (daß es kein Hirngespinst ist). Indem wir beides tun, erklären wir das Sein insgesamt […] zu einem täuschenden Schein. Das Denken steht unter diesem Schein, und wir durchschauen ihn nun, am Ende der Seinslogik, als Schein.“ (Anton Friedrich Koch Die Evolution des logischen Raumes. Aufsätze zu Hegels Nichtstandard-Metaphysik, Tübingen 2014, 122.) 40 Vgl. Dieter Henrich, „Hegels Logik der Reflexion. Neue Fassung“, in: ders., Die Wissenschaft der Logik und die Logik der Reflexion, Bonn 1978, 203–324; Falk Wagner, Zur Revolutionierung des Gottesgedankens. Texte zu einer modernen philosophischen Theologie. Aus dem Nachlass ediert von Christian Dan und Michael Murrmann-Kahl, Tübingen 2014, 399–434. Das vorliegende Buch teilt zentrale Ansichten Ch. Ibers und geht mit ihm davon aus, dass Hegel in diesem Vorspann eine Skizze entwirft, die für das „Gesamtkonzept der Wesenslogik einen ersten Orientierungsrahmen“ gibt (Christian Iber, Metaphysik absoluter Relationalität. Eine Studie zu den beiden ersten Kapiteln von Hegels Wesenslogik, Berlin 1990, 27).
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Was demnach vom wesenslogischen Gang zu erwarten ist, ist die logische Entwicklung des so aufgefassten Wesens, und zwar, wie der Vorspann im Einklang zum bisher Gesagten antizipiert, in folgenden drei Schritten. 41 Zunächst handelt es sich um das Wesen als die absolute Indifferenz in der Bedeutung, das Prinzip und die fürsichseiende Einheit zu sein, in welcher „die Bestimmungen des Seyns […] aufgehoben“ sind (WL: 242,23). Dabei hat sich das Wesen allein auf sich und nicht auf das Unmittelbare zu beziehen, was der logischen Entwicklung einen anderen Charakter als den seinslogischen Übergehens verleiht, nämlich das Scheinen in sich selbst oder das Reflektieren (vgl. a.a.O. 243,22–28). Alsdann ist die logische Fortbestimmung des Wesens als der absoluten Indifferenz in der Bedeutung des Elements und der ansichseienden Einheit zu erwarten, nach welcher es sich an sein Dasein bzw. an die von ihm durchdrungenen seinslogischen Bestimmungen wendet. 42 Dabei spricht Hegel von einem Heraustreten des Wesens in das Dasein, also in die seinslogische Bestimmtheit, was die logische Entwicklung näher als Erscheinen bestimmt. Schließlich ist eine solche logische Fortbestimmung des Wesens zu erwarten, nach welcher es Prinzip und Element des Daseins zugleich ist, d.h., dass das Wesen als Prinzip des Daseins in demjenigen Dasein präsent ist, das ins Element des Wesens aufgenommen worden ist. Diese Etappe der wesenslogischen Entwicklung charakterisiert Hegel als Offenbaren oder Manifestieren (ebd.). Alle diese drei Schritte der wesenslogischen Entwicklung, die den drei Abschnitten der Wesenslogik entsprechen, sind besonders relevant für die philosophisch-theologische Thematik.
41 Bekanntlich weichen Struktur und Inhalt der kleinen Logik von denen der großen teilweise ab. Eine Untersuchung der Entsprechung dieser Texte fällt nicht in den Rahmen dieses Buches, obwohl seine Fragestellung die Berücksichtigung beider Texte verlangt. Für das Folgende wird wegen ihrer Ausführlichkeit die große Logik maßgebend sein. Die kleine wird, insofern sie von der großen nicht abweicht, ergänzend zu dieser benutzt. 42 Diese zwei wesenslogischen Entwicklungen, die das letzte Kapitel der Seinslogik als die fürsich- und die ansichseiende Einheit der absoluten Indifferenz eingeführt hat (SL: 382,22–30), markiert der Vorspann zur Wesenslogik wie folgt: „Das Wesen als die vollkommene Rückkehr des Seyns in sich ist so zunächst das unbestimmte Wesen; die Bestimmtheiten des Seyns sind in ihm aufgehoben; es enthält sie an sich; aber nicht wie sie an ihm gesetzt sind. Das absolute Wesen in dieser Einfachheit mit sich hat kein Daseyn. Aber es muß zum Daseyn übergehen; denn es ist An-und-Fürsichseyn, das heißt, es unterscheidet die Bestimmungen, welche es an sich enthält; weil es Abstossen seiner von sich oder Gleichgültigkeit gegen sich, negative Beziehung auf sich ist, setzt es sich somit sich selbst gegenüber, und ist nur insofern unendliches Fürsichseyn als es die Einheit mit sich in diesem seinem Unterschiede von sich ist“ (WL: 242,22–30).
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ii. Das Wesen als rein logische Absolutheitskonzeption: Das fürsichseiende Absolute Dass Hegel im letzten Kapitel der Seinslogik mit Nachdruck auf die erschwerende Rolle der äußeren Reflexion hinweist, hat wichtige Folgen nicht nur für den Übergang in das Wesen, sondern auch für die angedeutete Unterscheidung zwischen den zwei Weisen vom Absoluten, dem ansich- und dem fürsichseienden (SL: 381,26f.): War es die absolute Indifferenz, die, insofern sie von der äußeren Reflexion formell betrachtet wurde, die letzte seinslogische Bestimmung und das ansichseiende Absolute darstellte, so ist es nun dieselbe logische Bestimmung, aber insofern sie spekulativ-begreifend betrachtet wird, welche den Rahmen der Wesenslogik und das fürsichseiende Absolute bildet. Das fürsichseiende Absolute ist somit nicht etwa wie ein neues Absolutes neben dem ansichseienden zu verstehen. Vielmehr handelt es sich um dieselbe logisch-immanent gewonnene Absolutheitskonzeption, insofern sie nun logischkonsequent bzw. inhaltlich und nicht bloß formell-unmittelbar betrachtet wird. Diese Weise, das Absolute zu betrachten, besteht der logischen Bestimmung des Wesens zufolge darin, den unmittelbar vorhandenen und das ansichseiende Absolute konstituierenden Gegensatz zwischen der absoluten Indifferenz und deren Dasein bzw. den seinslogischen Bestimmungen nicht zu nivellieren, sondern in die Selbstbeziehung, das Fürsichsein und die Idealität der absoluten Indifferenz qua Wesen aufzunehmen und aus dieser Perspektive neu zu bewerten. An dieser Stelle ist es nicht angebracht, das fürsichseiende Absolute näher zu bestimmen, denn der logische Prozess hat noch nicht ergeben, was das Absolute als solches bzw. der Begriff des Absoluten ist, und Hegel selbst erwähnt es in diesem Zusammenhang nur beiläufig. Doch ist der Gewinn für die Suche nach philosophischer Theologie in der Logik erheblich. Denn dadurch, dass diese Weise, das Absolute zu betrachten, mit dem Wesen überhaupt identifiziert wird, hat sich der systematische Ort präziser definiert, innerhalb dessen das Absolute „gedacht“ (ebd.), d.h. logisch-adäquat gedacht werden kann. Dieser Ort ist nämlich nicht die Seins-, sondern die Wesenslogik, und zwar die ganze Wesenslogik, da der im Vorspann zur (ganzen) Wesenslogik und im Anschluss an die absolute Indifferenz exponierte Begriff von Wesen als solcher mit keiner einzeln bestimmten wesenslogischen Bestimmung zusammenfällt. Hat die Rede vom ansichseienden Absoluten darauf hingewiesen, dass die Seinslogik an ihrem Ende eine logisch-immanente Absolutheitskonzeption exponiert, die alle einzelnen seinslogischen Bestimmungen durchdringt, so bedeutet die Identifizierung des fürsichseienden Absoluten mit dem Wesen überhaupt nicht nur, dass auch die Wesenslogik eine logisch-immanente Absolutheitskonzeption exponiert, sondern auch, dass die jetzige Exposition adäquater ist. Die wesenslogischen Bestimmungen fassen nämlich das Absolute nicht bloß so auf, wie es an sich ist, gefangen in der Unmittelbarkeit des Daseins
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bzw. in den seinslogischen Bestimmungen und bestimmt als ein bloßes Anderes gegen Andere; sondern sie fassen es auf, wie es für sich ist, als ein inhaltlich in sich selbst Bestimmtes, das als solches (also als Fürsichseiendes und so Bestimmtes) mit dem Dasein umgeht. In der Wesenslogik handelt es sich somit um verschiedene Konzeptionen von einem solchen Absoluten, das nicht nur absolut, etwa das eine Prinzip und Element von allem bloß ist, sondern diese seine Absolutheit auch kundtut. Näher und in Anlehnung an die Einteilung der Wesenslogik betrachtet (vgl. WL: 243,22ff.), hat eine vom Interesse an der philosophischen Theologie geleitete Lektüre der Wesenslogik Konzeptionen des Absoluten von folgenden drei allgemeinen Arten zu erwarten. Zunächst wird das fürsichseiende Absolute nur insofern betrachtet, als es schlicht für sich ist, als nur das in sich bleibende Prinzip, ohne den äußeren Bezug auf das Dasein bzw. die seinslogischen Bestimmungen. Die in sich bleibende Idealität und konkrete Selbstbezüglichkeit dieses Absoluten tut sich als das Scheinen in sich selbst oder als Reflexion kund. Vom zweiten Abschnitt der Wesenslogik sind Konzeptionen eines solchen Absoluten zu erwarten, das zwar ein fürsichseiendes ist, sich aber explizit auf das Dasein bezieht. Diese Bezugnahme ist keine bloß seinslogische oder rein formelle, sondern das Kundtun des fürsichseienden Absoluten vermittels eines Daseins oder die Prägung eines Daseins durch dieses Absolute qua Element: die Erscheinung des fürsichseienden Absoluten. Vom dritten Abschnitt der Wesenslogik schließlich sind Konzeptionen eines fürsichseienden Absoluten zu erwarten, die dieses in Einheit mit seiner Erscheinung, seinem eigenen Dasein, darstellen: das Absolute, das sich als Prinzip des Daseins in seinem Dasein, d.h. in dem von ihm qua Element gefassten Dasein, offenbart. Schließlich ist es wichtig, explizit darauf aufmerksam zu machen, dass das ‚fürsichseiende Absolute‘ eine logisch-immanente Auszeichnung ist, sodass die soeben angedeuteten Absolutheitskonzeptionen nicht nur auf Definientia des Definiendums ‚Absolutes‘ hinweisen, sondern den eigenen Charakter der wesenslogischen Bestimmungen selbst angeben sollen. Das gilt an dieser Stelle noch als eine Versicherung. Wie aber bereits im Kontext der absoluten Indifferenz bemerkt wurde, scheint diese Versicherung in einer weiteren, ‚esoterischen‘ Dimension der Logik begründet zu liegen, welche die philosophischtheologisch Untersuchung der Logik noch zu erkunden hat.43
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Vgl. II.A.5.ii. Zur erstmaligen systematischen Einführung dieser Ebene vgl. II.B.1.ii. und die Zwischenbemerkung zu II.B.1.
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iii. Episodischer, aber nicht nur episodischer Abschnitt: Das Wesen und die Logik der exoterischen Ebene philosophisch-theologischer Untersuchung der Logik Die Bedeutung der soeben angestellten Metaüberlegungen zum Absolutheitscharakter aller wesenslogischen Bestimmungen beschränkt sich nicht nur auf diese Bestimmungen als solche, sondern sie erstreckt sich auch auf die Definitionsversuche des Absoluten, die in der Wesenslogik eventuell noch zu finden sind. Jene Metaüberlegungen lassen Definitionsversuche erwarten, die sich nicht nur von den seinslogischen wesentlich unterscheiden, sondern auch drei große Gruppen bilden (je nachdem, ob sie sich von Schein, Erscheinung oder Offenbarung des wesenslogischen Absoluten speisen). Es zeichnet sich also eine gewisse Logik der Definitionsversuche des Absoluten und anderer Absolutheitsauffassungen aus der Philosophie des absoluten Geistes ab. Hiermit müssen die methodologischen Überlegungen von I.C.3. aber auch die entsprechenden Bemerkungen der Einleitung (Ziffer 6) hinsichtlich der dritten, exoterischen Ebene der philosophisch-theologischen Untersuchung erweitert werden. Nicht zuletzt weist darauf der Titel des vorliegenden Zwischenabschnitts hin: Es handelt sich um eine Betrachtung des Inhalts von episodischen Abschnitten aus der Perspektive des jetzigen logischen Standpunktes. In diesem Sinne findet sich in der Anmerkung zu § 112 die definitionsartige Formulierung: „Das Absolute ist das Wesen“.44 Dass das Wesen im oben skizzierten Anschluss an die absolute Indifferenz, also als das Prinzip und Element aller Unmittelbarkeit, aufgenommen wird, dürfte einen hier nicht wundern. 45 Es fällt jedoch auf, dass Hegel diese ‚Definition‘ keiner bestimmten Auffassung aus der Philosophie des absoluten Geistes zuschreibt, sondern sie stattdessen mit der ersten definitionsartigen Exposition der Seinslogik vergleicht. Es scheint nämlich, dass der logische Aspekt hier deutlicher als bei anderen solchen Definitionsversuchen im Mittelpunkt steht. Und tatsächlich ist es so, dass Hegel durch diese ‚Definition‘ mehr oder anderes als eine bloße Übertragung einer weiteren logischen Bestimmung auf die Form der Definition beabsichtigt. Anders nämlich als alle bisher berücksichtigten Definitionsversuche ist der jetzige direkt im Vorspann zur (sowohl kleinen als auch großen) Wesenslogik platziert und knüpft an keine bestimmte wesenslogische Bestimmung an. Dies 44
Ähnlich auch in WL: 241,23. Man könnte das Wesen auch in dem oben zurückgewiesenen Sinne einer bloß äußerlichen Negation des Seins (II.A.6.i.) als Definiens des Absoluten ansehen. Ein solcher Definitionsversuch des Absoluten entspräche aber dem Inhalt und den Mängeln derjenigen Definitionen, die an dem Stichwort des Inbegriffs aller Realitäten ansetzen, und wird von Hegel selbst zurückgewiesen (vgl. § 112 A). Deshalb muss hier nicht erneut auf die Diskussion jener Problematik eingegangen werden. Vgl. dazu die episodischen Abschnitte zu Sein und Dasein (II. A. 1. i. und ii.). 45
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gibt deutlich zu erkennen, dass der Satz ‚Das Absolute ist das Wesen‘ einerseits eine Affinität zu allen nachfolgenden wesenslogischen Bestimmungen und allen an dieselben anknüpfenden Definitionen hat; andererseits aber auch, dass dieser Satz über keinen eigenen spezifischen logischen Inhalt verfügt, welcher ihn von den nachfolgenden wesenslogischen Definitionen unterscheiden könnte. Da ferner keine ähnlich pauschale Definition des Absoluten in der Seinslogik registriert wurde, lässt sich auch auf der episodischen Ebene der Definitionen eine gewisse Überlegenheit der gesamten Wesenslogik gegenüber der Seinslogik vermuten – die sich allerdings noch zu bewähren hat. Der jetzige Definitionsvorschlag scheint nämlich anzudeuten, dass die wesenslogischen Definitionen des Absoluten adäquater als die der Seinslogik sind. So hat sich der Leser darauf einzustellen, dass der wesenslogische Prozess irgendein Indiz dafür ergeben wird, dass das wesenslogische definitorische Unternehmen, obwohl es wie das seinslogische weiterhin eine exoterische Ergänzung am logischen Prozess selbst ausmacht, seinem Inhalt nach dem gesuchten genuinen Begriff des Absoluten nähersteht. Demnach ist die Besonderheit der definitionsartigen Formulierung ‚Das Absolute ist das Wesen‘ im Vorspann zur Wesenslogik allen herkömmlichen Definitionen gegenüber eine doppelte. Zum einen ist diese Formulierung im Hinblick auf den bevorstehenden Prozess inhaltslos. Doch ist sie zum anderen nicht funktionslos, denn sie hebt die Relevanz des Bevorstehenden hervor. Diese doppelte Besonderheit lässt sich als der Charakter einer Vorankündigung zusammenfassen, die direkt an den Leser gerichtet ist und die logische Entwicklung selbst nicht beeinflusst. Diese Vorankündigung knüpft zwar an den logischen Prozess an, im Gegensatz aber zu allen bisherigen Definitionsversuchen verhält sie sich ihm gegenüber nicht so, als ob sie selbstständig wäre und nur eine exoterische Relevanz (etwa für Konzepte aus der Philosophie des absoluten Geistes) hätte, sondern sie weist auf den logischen Prozess zurück. Insofern darüber hinaus diese Vorankündigung die bevorstehenden Definitionsversuche selbst betrifft, kann von einer Definition des Absoluten zweiter Stufe die Rede sein. Das ist eine definitionsartige Exposition, die das Absolute nicht mit einer einzelnen logischen Bestimmung verbindet und sich dadurch von den anderen Definitionsversuchen trennt, sondern eine solche, die darin besteht, Bedeutung und Inhalt anderer Definitionsversuche hervorzuheben und das Absolute erst durch diese zu definieren. Somit wird zum ersten Mal seit § 85 die Logik bzw. die logisch-methodologische Grundlage des episodischen definitorischen Unternehmens etwas näher beleuchtet. Sicherlich ist sie noch ziemlich schattenhaft. Wichtig für die gesamte Untersuchung von philosophischer Theologie in der Wissenschaft der Logik und nicht nur für die Erklärung der Definitionen des Absoluten in derselben ist aber, dass diese erste Beleuchtung der Logik der Definitionen an derselben Stelle registriert wird, wo zum ersten Mal von ansich- bzw.
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fürsichseiendem Absoluten die Rede ist, an der Stelle also, wo die Wissenschaft der Logik eine logisch-immanente Absolutheitskonzeption, und somit den logischen Kern aller philosophischen Theologie angedeutet hat. Mehr noch: Die Beleuchtung der Logik der Definitionen besteht in nichts anderem als in der Übertragung des vorhin hinsichtlich dieser logischen Absolutheitskonzeption Gesagten, also in den Überlegungen zum Wesen als das fürsichseiende Absolute, auf die episodische Ebene der Definitionen. Dies verrät den Zusammenhang von Logik der Definitionen und dem in der Logik steckenden logischen Kern aller philosophischen Theologie: Das definitorische Unternehmen scheint nicht nur exoterisch, also eine bloß äußere Reflexion zu sein, die beliebig mit den logischen Bestimmungen umgeht. Vielmehr scheint das Potential aller Definitionsversuche – dass nämlich nach § 85 die logischen Bestimmungen als Definitionen „angesehen werden können“ – im logischen Prozess selbst begründet zu sein. Das sind aber hier wieder Vorwegnahmen. Ausführlich erläutert und begründet können sie erst in den Kapiteln über das Absolute und den Begriff als solchen werden. 7. Schein i. Die logische Bestimmung ‚Schein‘ Das erste Kapitel der Wesenslogik knüpft zwar an das letzte Unterkapitel der Seinslogik („Übergang in das Wesen“) an, jedoch nicht so, dass es direkt über das Resultat dieses Unterkapitels hinausgeht, sondern so, dass es den dort vollzogenen Übergang in das Wesen ausführlich und nun aus der Perspektive des Wesens expliziert. Dort ging es nämlich um einen Übergang von der Unmittelbarkeit in das Wesen, und das Hauptproblem war die äußere Reflexion, die an der Unmittelbarkeit und der formellen Betrachtung der absoluten Indifferenz festgehalten hat. Dieses Problem wurde dann dadurch behoben, dass die äußere Reflexion kurzerhand durch die inhaltliche, spekulativ-begreifende Betrachtung der absoluten Indifferenz ersetzt wurde, nach welcher die absolute Indifferenz das Prinzip und Element des Daseins, also das Wesen ausmacht und sich erst als solche zum Dasein verhält. Im ersten Kapitel der Wesenslogik hingegen wird dargelegt, wie sich die absolute Indifferenz qua Wesen herabsetzt und von der äußeren Reflexion als etwas Unmittelbares gedacht wird, damit sie schließlich an den wahren Begriff des Wesens, die Reflexion, gelangt. Die im Vergleich zum Schluss der Seinslogik umgekehrte Strategie für die Bestimmung des Wesens zum Beginn der Wesenslogik besteht also darin, vom Wesen als dem Prinzip und Element alles Unmittelbaren auszugehen; seine ihm selbst inadäquate Beziehung auf das Unmittelbare zu untersuchen, – d.h. die unmittel-
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bare und noch seinslogisch bestimmte Beziehung des Wesens auf das Unmittelbare; und schließlich erst über diese mangelhafte Beziehung in das Wesen zu gelangen. 46 So lässt Hegel das Wesen zunächst in unmittelbarer Beziehung auf die seinslogischen Bestimmungen stehen, also das Dasein des Wesens oder das Sein überhaupt, und fasst es als „seyendes, unmittelbares Wesen“ bzw. als die (unmittelbar) „bestimmte Negation“ des Seins auf (WL: 245,7f.). Dabei gilt das Wesen zwar als das Prinzip und Element allen Seins; es befindet sich aber nur auf der einen Seite der unmittelbaren Beziehung und stellt somit „nur ein anders bestimmtes Daseyn“ neben dem Sein dar (a.a.O. 245,16). Dieses so begrenzte Wesen ist das, was die logische Bestimmung vom Wesentlichen bezeichnet. Das Sein andererseits, das nur als das bestimmt ist, was das Wesen unmittelbar begrenzt, nennt sich Unwesentliches. „Genauer betrachtet“ aber – und mit diesem Ausdruck signalisiert Hegel die nähere Berücksichtigung des Inhalts von Wesen und Sein, insofern Wesen und Sein weiterhin in einer unmittelbaren Beziehung aufgefasst werden – muss eine weitere logische Bestimmung angeführt werden, die das Verhältnis zwischen Wesen (nicht nur als der unmittelbar bestimmten Negation, sondern) als der „absolute[n] Negativität des Seyns“ und Sein als einem durchsichtig gewordenen Nichtigen, das im Wesen vollständig aufgehoben ist, ausdrückt (a.a.O. 245,31). Zugleich muss diese neue Bestimmung hinsichtlich des Resultats der Seinslogik einerseits das Wesen als die herauskristallisierte Negativität apostrophieren, d.h. nicht nur als das Prinzip und Element des Seins, sondern auch als das Ergebnis der gesamten seinslogischen Vermittlung. Andererseits muss sie das Sein nicht nur als Nichtiges, sondern als das Andere des Vermittelten, also als das nur Unmittelbare hinstellen. Gesucht wird nämlich eine logische Bestimmung, die die prinzipielle Abhängigkeit der nichtigen Unmittelbarkeit von einer Negativität zum Ausdruck bringt, die selber nicht unmittelbar, sondern etwas Vermitteltes ist. Diese Anforderungen erfüllt die Bestimmung des Scheins: die an sich nichtige Unmittelbarkeit, deren Prinzip und Element das Wesen als etwas Vermitteltes und Inneres ist. Die Bestimmung des Scheins, dass er, obwohl an sich nichtig, nicht unverzüglich vollständig verschwindet, ist auf die Ansicht der äußeren Reflexion zurückzuführen, die an der unmittelbaren Beziehung zwischen Wesen und Sein festhält. Der Schein ist demnach dieses Sein, das nur
In diesem Sinne kann in den ersten zwei Unterkapiteln die Rede von „Reste[n] des Seyns“ sein, die das Wesen (und sein Verhältnis zu den seinslogischen Bestimmungen) nicht wesentlich, sondern unmittelbar bestimmt: Die ersten zwei Gedanken der Wesenslogik, „das Unwesentliche und der Schein als Reste des Seyns […] sowie der Unterschied des Wesens von ihnen, bestehen in weiter nichts, als darin, daß das Wesen zuerst, als ein unmittelbares genommen wird, nicht wie es an sich ist, nämlich nicht als die Unmittelbarkeit, die als die reine Vermittlung oder als absolute Negativität Unmittelbarkeit ist“ (WL: 249,7–12). 46
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dank seinem Anderen, dem Wesen, und nur als bezogen auf dieses besteht. Er ist die Nichtigkeit, die unmittelbar als Nichtigkeit gesetzt ist. Das Wesen hingegen wird als diejenige Negation des Seins gedacht, die als solche nicht in der Unmittelbarkeit zu finden ist, sondern hinter derselben als deren Prinzip notwendigerweise anzunehmen ist. So stellt der Schein nicht nur das Unselbstständige überhaupt dar, das seine Negation wesentlich (als sein Prinzip) voraussetzt, sondern das unselbstständige Unmittelbare, welches auf das NichtUnmittelbare, auf seine Vermittlung, als auf sein Element verweist und nichts anderes als dieser Verweis selbst ist.47 Das Problematische, weswegen auch durch den Schein der genuine Wesensbegriff nicht adäquat aufgefasst wird, ist, dass dabei die Unmittelbarkeit nicht als in ihrer Negativität völlig aufgehoben, sondern als konstitutiver Bestandteil für ein qualitatives Verhältnis zwischen zwei Anderen genommen wird. In diesem Verhältnis erscheint die Negativität selbst als ein abstrakt-Anderes, das dem Sich-Negierenden gegenübersteht. Die logische Entwicklung des genuinen Wesensbegriffs beginnt aber erst, nachdem aufgezeigt worden ist, „daß das Wesen […] den Schein in sich selbst enthält, als die unendliche Bewegung in sich“ (a.a.O. 249,15), dass das Wesen somit in sich nicht abstrakt, sondern konkret ist. Es kommt also darauf an, dass der Schein nicht seinslogisch und unmittelbar an dem Wesen, sondern in demselben aufgefasst wird; oder anders gewendet: Es kommt darauf an, dass das an sich nichtige Sein nicht an, sondern im Wesen scheint. Erst dadurch stellt das Wesen die Negativität des Seins, die am Ende der Seinslogik durch die spekulative Betrachtung der absoluten Indifferenz erreicht worden ist, ohne Verzerrung dar. Dieses Wesen, also diese Selbstbeziehung und Idealität, die das Prinzip und Element allen Seins ausmacht und ihre unmittelbare Beziehung auf das Sein in sich aufgehoben hat, ist das, was Hegel Reflexion nennt.48 Die Reflexion bildet in diesem Sinne das Wesen als dasjenige Fürsichsein, welches die Menge aller seinslogischen Bestimmungen in sich als ein unselbstständiges Moment aufgehoben hat, ohne dadurch das Werden überhaupt oder die ganze logische Bewegung getilgt zu haben. Alles Sein stellt in der Reflexion kein seiendes Anderes oder keine seiende Bestimmtheit mehr dar, sondern die nichtige und sich negierende Unmittelbarkeit, die als nichtige und sich negierende erkannt worden ist und somit nicht mehr am Wesen gelten gelassen wird. So kann die logische Fortbestimmung der Reflexion
47 „Der Schein ist das Negative, das ein Seyn hat aber in einem Andern, in seiner Negation; er ist die Unselbständigkeit, die an ihr selbst aufgehoben und nichtig ist.“ (WL: 248,25f.) 48 „Der Schein ist dasselbe, was die Reflexion ist; aber er ist die Reflexion als unmittelbare; für den in sich gegangenen, hiemit seiner Unmittelbarkeit entfremdeten Schein, haben wir das Wort der fremden Sprache, die Reflexion.“ (WL: 249,21f.)
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nicht in einem Übergehen in etwas anderes oder in einem solchen Werden bestehen, bei welchem etwas über sich hinausgeht. Vielmehr ist es hier dieses Etwas selbst, das sich selbst negiert, sodass es nicht über den Rahmen seiner Innerlichkeit hinausgeht. Im Gegensatz zur Sphäre der Seinslogik bildet nun die Reflexion die bei sich bleibende Negativität, nämlich das Werden, das „nur als sich auf sich beziehende Negation ein Seyn hat“ (a.a.O. 249,28). So besteht schließlich der nächste Schritt dieser Untersuchung nicht darin, das Wesen überhaupt, sondern – wie auch der Titel dieses Abschnitts der Wesenslogik ausdrückt – darin, das „Wesen als Reflexion in ihm selbst“ zu betrachten; nämlich das Wesen, insofern es bloß innerlich durch seinen eigenen Schein bestimmt ist und bei sich bleibt. Episodischer Abschnitt: Der Schein als Definition des Absoluten oder als der logische Kern bestimmter metaphysischer Auffassungen Die Gedankenbestimmung des Wesentlichen liegt der populären metaphysischen Ansicht zugrunde, dass es ein höchstes Wesen gebe, was als ein alternativer Ausdruck zum ‚Absoluten‘ oder zu ‚Gott‘ benutzt wird (vgl. § 112 Z). Der Absolutheit dieses Wesens wird aber durch den unbestimmten Artikel ‚ein‘ sowie den Ausdruck ‚es gibt‘ widersprochen, welche eine Vielheit von Wesen implizieren. Selbst wenn die vielen Wesen ausdrücklich als endliche bezeichnet werden, schwächt das nicht den Einwand ab, dass das Absolute wie ein beliebiges endliches Dasein in einer unmittelbaren Beziehung auf bloß Anderes herabgesetzt wird. Darüber hinaus ist bereits die Wortwahl des Superlativs ‚höchst‘ für den Ausdruck der Absolutheit des Wesens unglücklich gewählt. Denn zusätzlich zur Implikation der unmittelbaren Beziehung zwischen Daseienden banalisiert der Vergleich mittels des gesteigerten Adjektivs ‚höchst‘ die Beziehung zwischen dem Absoluten und Nicht-Absoluten insofern, als er diese Beziehung als eine bloß quantitative tituliert. Die damit verbundenen Probleme sind bereits oben, im Kapitel über die Größe, besprochen. Darüber hinaus versucht die „moderne Aufklärung“, die Auffassung ‚Es gibt ein höchstes Wesen‘ so zu konkretisieren, dass Gott „das höchste jenseitige Wesen“ sei (ebd.). Doch damit geht sie nicht etwa der genannten Problematik nur schlicht aus dem Weg; sondern sie legt damit ein noch mangelhafteres Konzept vor, nach welchem Gott das per definitionem Abstrakte und Leere sei. Dahingegen erhebt Hegel den Anspruch, das Absolute nicht als irgendein, sondern als „das Wesen“, d.h. als „das Wesen schlechthin“ aufzufassen (ebd.), womit er nicht das Wesen überhaupt, das die ganze Wesenslogik umfasst, sondern den genuinen Begriff von Wesen, die Reflexion, meint.
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Dieser genuine Begriff von Wesen, die Reflexion, macht des Weiteren den logischen Kern der jüdischen und islamischen Gottesvorstellung aus49, „Betrachten wir Gott nur als das Wesen schlechthin und bleiben wir dabeistehen, so wissen wir ihn nur erst als die allgemeine, widerstandslose Macht oder, anders ausgerückt, als den Herrn. […] Es ist zunächst die jüdische und dann weiter die mohammedanische Religion, in welchen Gott als der Herr und wesentlich nur als der Herr aufgefaßt wird“ (§ 112 Z). Dieselbe logische Bestimmung hebt auch das religionsphilosophische Manuskript hervor 50 und erklärt die Verwendung von ‚Macht‘ in diesem Kontext wie folgt: „Mächtig ist das, welches die Seele, die Idee des Anderen hat, das nur ist, in seiner Unmittelbarkeit ist. (Wer das denkt, was die Anderen nur sind, ist ihre Macht.)“ (VANM 4a: 30) Als „Seele“ und „Idee“ dessen, was „nur ist“, also des bloß Unmittelbaren, sofern es noch nicht aus dieser Seele gesetzt ist, hat sich aber das Wesen qua Reflexion ergeben: das Prinzip und Element allen Seins, sofern es das Sein bloß aufgehoben hat, ohne durch die unmittelbare Beziehung auf dasselbe bestimmt zu sein. Dieselbe Selbstbeziehung und Idealität allen Seins aber „als SUBJEKT“ vorgestellt, d.h. als ein Zugrundeliegendes und dazu – von wem oder was? – Gemacht-wordenes, drückt wie die Macht auch die Bezeichnung ‚Herr‘ aus: Trotz des faktisch vorhandenen Seins erkennen Judentum und Islam Gott als den „Herrscher ÜBER ALLES“ an, der „keine selbständige Seite an ihm hat“, also als ein solches Subjekt, das alles Unmittelbare in sich aufgehoben hat oder als ein solches Subjekt, das insofern vermittelst des Unmittelbaren bestimmt worden ist, als es das Prinzip und Element des Unmittelbaren darstellt. Das faktisch vorhandene unmittelbare Sein stellt im jüdischen und islamischen Konzept lediglich den Schauplatz für das Sich-Kundtun der Macht Gottes dar, seiner Herrschaft über dieses Sein und insgesamt die Idealität desselben. Dieser Gott behandelt das Sein wie ein Nichtiges und bestimmt es allein nach seiner eigenen Beschaffenheit. Dadurch kann die zunächst unbestimmte Macht Gottes auch näher, etwa als „Güte“ und „Gerechtigkeit“, beschrieben werden (vgl. a.a.O. 44f.). Dieser Prozess der „Darstellung der Macht Gottes“ (ebd.) geht aber über die Reflexion des ersten Kapitels der Wesenslogik hinaus und speist sich aus den logischen Bestimmungen des zweiten Abschnittes der Wesenslogik, was hier nicht weiter berücksichtigt werden kann. Entscheidend für das Verständnis der jüdischen und islamischen Gottesvorstellung ist jedoch, dass sie trotz der weiteren logischen Bestimmungen fest auf der Reflexion fußen. 49
Die logische Zusammengehörigkeit von jüdischer und islamischer Religionen streift Hegel des Öfteren am Rande der Abhandlung der jüdischen Religion, ohne deren Unterschiede deutlich zu machen (vgl. GW 13: 507,18; VANM 4a: 35f.; § 112 Z). 50 Der Gott dieser Religionen ist die „Macht“ bzw. die „absolute Macht“, „DAS Wesen“ und „der HERR“ (VANM 4a: 30f.).
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Dieselbe logische Bestimmung meint Hegel auch in der Vorstellung zu finden, dass dieser Gott nicht „das Eine“, sondern „Einer“ bzw. „der Eine“ ist. 51 Dabei unterscheidet er den Einen – zumindest terminologisch – deutlich vom Einen (im Neutrum) und lehnt hinsichtlich dieses Gottes die Qualität, das Fürsichsein und die abstrakte Grenze seiner selbst in bloß seinslogischem Sinne strikt ab. 52 Vielmehr soll dabei „das in sich reflektierte Subjekt, das Fürsichseiende“ verstanden werden, „in dem alles Sinnliche aufgehoben ist“ (VANM 4a: 294). Und dies bedeutet die Aufhebung und Idealisierung aller seienden (und nicht nur der qualitativen) Bestimmtheit bzw. das eine Prinzip und Element allen Seins, das keine seinslogische Bestimmung, sondern das Subjekt, also das Zugrundeliegende, derselben darstellt. Dieses Zugrundeliegende fällt aber wiederum nicht nur mit dem Wesen als dem Inneren oder dem ‚Hinter‘ des Seins überhaupt zusammen, sondern genauer mit dem genuinen Begriff des Wesens, mit der Reflexion, welche kraft des in ihr aufgehobenen Seins qua Scheins konkret ist. Doch weist diese Vorstellung Gottes trotz aller Konkretion und Idealität einen gravierenden Mangel auf. Sie ist nämlich so konzipiert, dass mit ihr „das Endliche nicht zu seinem Rechte kommt“ (§ 112 Z). Das Endliche, also das Sein überhaupt, ist in diesem Gott absorbiert und verfügt über keine eigene Selbstständigkeit, sodass bei Judentum und Islam ein gewisser Akosmismus zu registrieren ist. Zwar leugnen diese Religionen das faktisch vorhandene unmittelbare Sein nicht. Indem sie aber auf die logische Bestimmung der Aufhebung des Seins aufbauen, lassen sie dasselbe nicht mehr als solches gelten, sondern betrachten es als wesentlich von Gott abhängig. In diesem Sinne kann Hegel antizipieren, dass die logische Zukunft dieser Religionen, d.h. die Behebung dieses Mangels, in den „heidnischen und hiermit zugleich polytheistischen Religionen“ zu suchen ist, deren „Charakteristische[s]“ es ist, an dem Endlichen
51
VANM 4a: 35; vgl. a.a.O. 325; 562. Anders W. Jaeschke: „Schon äußerlich fällt auf, daß der Begriff des Einen, den Hegel vornehmlich an der Religion Israels heraushebt, nicht so sehr der Wesens- als der Seinslogik angehört. So geht Hegel in diesem Zusammenhang auch auf die Dialektik des Einen und Vielen ein, die ebenfalls ihren Ort in der Seinslogik hat“ (Walter Jaeschke, „Zur Logik der bestimmten Religion“, in: Dieter Henrich/Rolf-Peter Horstmann (Hgg.), Hegels Logik der Philosophie. Religion und Philosophie in der Theorie des absoluten Geistes, Stuttgart 1984, 175). Diese Betrachtung macht ferner einen zentralen Punkt von Jaeschkes Kritik an der logischen Strukturierung der hegelschen Religionsphilosophie aus, vor allem bezüglich Hegels „Zuordnung der drei Stufen der Logik zur Religionsgeschichte“, welche Jaeschke für unbegründet hält (ebd.). Dahingegen geht die vorliegende Betrachtung der jüdischen und islamischen Religion von der Erläuterung Hegels aus, dass der Gott dieser Religion ein „[i]n sich reflektiertes Ens, Ding – Individuum – allgemeines Ens, als der Eine“ ist, und zwar ausdrücklich „nicht als das Eine, τὸ ἕν“, zu verstehen ist, „denn das Eine ist das Abstrakte, nicht als das in sich reflektierte Unendliche, sondern das Maßlose, Ohnmächtige“ (VANM 4a: 35; vgl. a.a.O. 325; 562). 52
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festzuhalten „(sei es als ein Natürliches oder als ein Endliches des Geistes)“ (ebd.). 8. Die Reflexionsbestimmungen i. Die logischen Bestimmungen ‚Identität‘ und ‚realer Grund‘ Die Reflexion wurde im Allgemeinen als das Wesen aufgefasst, das in sich selbst scheint, als diejenige Selbstbeziehung und dasjenige Fürsichsein also, das durch die Aufhebung allen unmittelbaren Seins in sich zustande kommt. Dasselbe lässt sich weiter im Sinne der drei Momente des Logischen (vgl. §§ 79ff.) bestimmen, was die drei Reflexionsbestimmungen und zunächst die der Identität ergibt. Die Identität liegt in der aus logischer Sicht unprätentiösen Feststellung, dass das seinslogische Dasein und die damit einhergehende unmittelbare Beziehung aufgehoben sind. Doch ist die so exponierte Gedankenbestimmung der Identität mit Nachdruck von der geläufigen Verstandes-Identität abzuheben, welche lediglich als das Gegenteil von ‚Unterschied‘ definiert wird und sich in der leeren Formel ‚A=A‘ erschöpft. Solch eine abstrakte Identität ist logisch auf der Ebene der Qualität und genauer auf der Bestimmung des inhaltsleeren Eins zu verorten, das lediglich die „ganz abstracte Grenze seiner selbst“ markiert (SL: 151,4). Dahingegen verfügt die wesenslogische Identität als das Resultat der seinslogischen Aufhebung über einen konkreten Inhalt und erst durch diesen Inhalt bildet sie eine „Beziehung auf sich“ bzw. die „reflektierte“ Beziehung auf sich (§ 115). Zwar könnte man die Formel ‚A=A‘ als eine reflektierte Beziehung auf sich ansehen, zumal sie die Widerspiegelung von ‚A‘ zum Ausdruck zu bringen pflegt. Hegels Pointe ist aber dabei, dass die ‚Widerspiegelung‘ keine bloß quantitative Verdoppelung sein soll, sondern der Ausdruck von einem ‚A‘ mittels der nichtigen, sich selbst aufhebenden und aufgehobenen Unmittelbarkeit, also mittels des Seins als Schein, was mit dem ‚A‘ nicht schlicht zusammenfällt. Für die Identität von ‚A‘ mit sich selbst ist gemäß Hegel daher ein von ‚A‘ unterschiedenes Moment unentbehrlich. Dieses Moment ist ein Unterschied, der keine Selbstständigkeit hat, sondern „in seinem Entstehen verschwindet“, sodass die Identität als ein solches Unterscheiden zu verstehen ist, „wodurch nichts unterschieden wird, sondern das unmittelbar in sich selbst zusammenfällt“ (WL: 261,28f.). 53 Da ferner im Hinblick auf die logische
53
Dass der Unterschied in der Identität logisch eingebettet ist oder dass die Identität eine durch einen nichtigen Unterschied vermittelte Beziehung auf sich ist, ist plausibler, als es zunächst klingen mag. Um die Identität z.B. einer Person mit sich festzustellen oder einfach zu behaupten, muss man mindestens einen Unterschied gebrauchen: Diese Person etwa, die jetzt hier ist und etwas tut, ist genau dieselbe Person, die gestern irgendwo anders war und etwas anders tat. Oder am populär gewordenen Beispiel, ‚Der Abendstern ist der Morgenstern‘, würde Hegel bemerken, dass die Identität, die Selbstbeziehung durch den Unterschied
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Bestimmung der Reflexion das nichtige Sein in der Reflexion scheinen muss, ist dieses von ‚A‘ unterschiedene Moment als ein im ‚A‘ unterschiedenes zu denken. Handelt es sich aber um die logische Bestimmung der Identität überhaupt und nicht um die Identität von etwas, also von beliebigen Dingen, etwa von irgendeinem ‚A‘, so bedeutet die Identität im ersten Abschnitt der Wesenslogik die Reflexion überhaupt (nicht bezogen auf ein Dasein außer derselben), die das Prinzip und Element alles Unmittelbaren ausmacht und sich in sich durch allen Schein überhaupt auf sich bezieht. Alles in allem ist die Identität der Gedanke, dass alle Unmittelbarkeit, und somit aller unmittelbare Unterschied, an sich nichtig ist und nur der einen Selbstbeziehung der Reflexion dient. Das in der Identität qua nichtiger Unterschied aufgehobene Sein wird in den Reflexionsbestimmungen von absolutem Unterschied, Verschiedenheit, Gegensatz und Widerspruch durchdekliniert. Dadurch gewinnt die reflektierte Selbstbezüglichkeit eine immer reichere und konkretere Struktur, die schließlich zu einer solchen Expansion des aufgehobenen Seins führt, die ein gewisses Bestehen auch außerhalb der reflektierten Selbstbeziehung zuzuerkennen erforderlich macht. Dieses Sein erhält nämlich die Bestimmung, von der Reflexion gesetzt zu sein: Dabei ist das, was nun als außer derselben nachweisbar ist, weder ein nur im Inneren der Reflexion aufgehobenes Moment noch das bloß unmittelbare Dasein der Seinslogik, sondern die Reflexion in der Form des unmittelbaren Daseins oder das, was die Reflexion in sich konstituiert. Was in der Reflexion aufgehoben ist, die sich ohnehin als das Prinzip und Element allen Seins erwiesen hat, ist nun auch unmittelbar vorhanden. Diese letzte Entwicklungsstufe des sich einfach auf sich beziehenden Wesens bzw. des ersten Abschnitts der Wesenslogik, die die letzte Reflexionsbestimmung bildet 54, nennt Hegel Grund bzw. Grundbeziehung. Konstitutiv für diese reflektierende Selbstbeziehung ist die Gliederung in einen Grund (im engen Sinne) qua
bezüglich des Sinns, bereits vollbracht ist und dass es nicht nötig ist, eine weitere identitätsstiftende Bedeutung, etwa die Venus, zu suchen. Allerdings heißt dies mitnichten, dass auch das Kriterium der Identität, d.h. das Kriterium dafür, ob eine festgestellte Identität tatsächlich eine Selbstbeziehung ist, ebenfalls gefunden ist. Die Problematik der Suche nach einem solchen Kriterium sprengt den Rahmen der Reflexion und insgesamt der Wesenslogik und wird auch hier nicht weiter verdeutlicht. Es reicht nur der Hinweis darauf, dass dieses Kriterium entweder in die Anschauung (wie bei der Bedeutung ‚Venus‘ von Abend- und Morgenstern) fällt – was Hegel im Rahmen des endlichen Erkennens bespricht – oder (hinsichtlich der logischen Wahrheit) im Begriff bzw. der absoluten Idee enthalten ist. 54 An dieser Stelle lässt sich der Unterschied der Gliederung der verschiedenen Fassungen der Wesenslogik nicht diskutieren. Diesbezüglich sei hier nur angemerkt, dass auch der großen Logik zufolge der „Grund […] selbst eine der Reflexionsbestimmungen des Wesens [ist], aber die letzte, vielmehr nur die Bestimmung, daß sie aufgehobene Bestimmung ist“ (WL: 291,16f.).
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Grundlage einerseits und einem Begründeten andererseits. Ersteres ist die Reflexion, wie sie in sich ist, oder das Wesen; Letzteres ist die Reflexion, insofern sie sich in ihrem Anderen, im Unterschied, findet oder das vom Wesen Abhängige ist (vgl. WL: 292). Den Grund untersucht Hegel zunächst abstrakt, und zwar als die reine Grundbeziehung oder die Struktur des Beziehens des Wesens auf sich überhaupt vermittels der Unmittelbarkeit, was den absoluten Grund ergibt. Sobald aber die Grundbeziehung mit irgendeinem Inhalt aufgefasst wird, handelt es sich um den bestimmten Grund, welcher wiederum zunächst formell ist. Die Bestimmtheit der formellen Grundbeziehung liegt darin, dass ihre beiden Seiten nur einen Inhalt aufweisen, bloß doppelt, „das einemal in der Form des Gesetzten, das anderemal in der des in sich reflectirten Daseyns, der Wesentlichkeit“ (a.a.O. 303,38f.) – wie etwa bei der (newtonschen) Begründung des Phänomens, dass sich die Planeten durch die anziehende Kraft um die Sonne bewegen: Die anziehende Kraft als der Grund lässt sich nur durch den Rekurs auf das Phänomen bzw. das Begründete erklären, sodass sie nichts Weiteres als die unmittelbare Beobachtung selbst besagt (vgl. a.a.O. 304). Der formelle Grund ist daher als eine „leere Tautologie“ zu verstehen (ebd.). 55 Aussagekräftig ist hingegen erst die reale Grundbeziehung, bei welcher der Inhalt des Grundes von dem des Begründeten teilweise verschieden ist. Einerseits stellt der Grund denjenigen Inhalt dar, welcher wesentlich für das Bestehen des Begründeten ist. Dieser Inhalt bildet auch die grundlegende Identität der gesamten Grundbeziehung. Andererseits aber ist das Begründete keine bloße Formvariation des Grundes, sondern ein reales Etwas, das noch weitere Bestimmtheiten als die durch den Grund begründeten aufweist. Ihm kommt nämlich ein weiterer Inhalt zu, der eventuell mannigfaltig, aber verglichen mit dem Grund jedenfalls unwesentlich ist. Sobald also die Grundbeziehung aufhört, einen bloßen Formunterschied auszumachen, und beginnt, gehaltvoll zu sein, schleicht sich Äußerliches in sie ein, womit sie ihre Konsequenz verliert. Der unwesentliche Inhalt des real Begründeten verlangt für seine Erklärung zusätzliche Gründe, die dem anfänglichen Grund gegenüber als äußerlich bzw. zufällig erscheinen. Der anfängliche Grund seinerseits wird dadurch zu einem bloß wesentlichen bestimmt, mithin zu einem relativen unter anderen. Schließlich erhält das reale Etwas selbst, welches durch diese Auffassung des Grundes begründet werden sollte, die Bestimmung, eine bloß äußerliche Verknüpfung von einem wesentlichen und einem unwesentlichen Inhalt darzustellen, was aber den Mangel des realen Grundes insgesamt signalisiert (vgl. a.a.O. 308f.). 55 Trotzdem umfasst der formelle Grund mehr als der Satz der (Verstandes-)Identität, welcher sich in der Formel ‚A=A‘ erschöpft, sowie die genuin wesenslogische Reflexionsbestimmung der Identität, welche die abstrakte Vermittlung der Reflexion mit sich markiert. Denn er drückt die Verbindung der Reflexion mit der realen Unmittelbarkeit aus.
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Episodischer Abschnitt: Die Identität und der reale Grund als Definitionen des Absoluten oder als die logischen Kerne bestimmter metaphysischer Auffassungen Die Reflexionsbestimmung der Identität kann das Definiens für eine weitere Definition des Absoluten liefern: „das Absolute ist das mit sich Identische“ (§ 115 A).56 Wegen der Form der Definition ist es jedoch unklar, ob hier die Identität eine formal abstrakte oder die in sich konkrete ist. Es handelt sich um die Frage, ob ein Gesetz der abstrakt verständigen oder eine Bestimmung der spekulativen Logik zum Absoluten ernannt wird und ob somit das Absolute aller „schlechte[n] Philosophie“ oder das einer wahren thematisiert wird (§ 115 Z). Im ersten Fall ist es der Satz der Identität, der in Bezug auf das Absolute oder Gott gesetzt wird und für diesen so viel wie der Satz „Gott sey – Gott“ aussagt (WL: 264,12). Eine solche inhaltsleere Tautologie gilt mit Recht nicht nur als „albern“ (§ 115 A); sie widerspricht sogar dem Sinne der Definition sowie des Satzes überhaupt, indem sie, anstatt das Definiendum durch irgendein Prädikat bzw. durch einen Unterschied zu bestimmen, nichts ausspricht. Wird aber die Identität im spekulativ logischen Sinne als Definiens des Absoluten verwendet, so wird das Absolute konkret, als diejenige Selbstbeziehung und fürsichseiende Idealität verstanden, die alles Sein als Schein in sich aufgehoben hat. Es ist wichtig hier hervorzuheben, dass diese Definition auf kein Subjekt am Sein hinweist, das über verschiedene Daseiende reflektiert und Identitätssätze über dieselben zustande bringt, sondern auf die Reflexion, die alles Sein in sich absorbiert hat und sich kraft desselben zur Identität mit sich bestimmt hat. Dies ist ein Gedanke über das Absolute, der sehr nah am jüdischen und islamischen Gottesverständnis liegt, weshalb sich Hegel (die monotheistischen Ansichten seines Publikums berücksichtigend) zu bemerken erlaubt, dass dieser Gedanke „für unser religiöses Bewußtsein“ einen hohen Status genießt (§ 115 Z). Mit der jüdischen und islamischen Religion besagt nämlich die Auffassung des Absoluten als des mit sich Identischen, dass „alle Macht und alle Herrlichkeit der Welt vor Gott zusammensinkt und nur als das Scheinen seiner Macht und seiner Herrlichkeit zu bestehen vermag“ (ebd.), was den Verdacht von Akosmismus weiterhin zulässt oder lediglich durch die logisch unbegründete Annahme des faktisch vorhandenen unmittelbaren Seins relativiert. Anders aber als diese Religionen hat sich Gott hier in sich selbst (und nicht erst in Bezug auf das faktische Sein) etwas konkreter bestimmt denn als nur die Macht oder der Herr. Die jetzige Bestimmung Gottes ist zwar die erste, die mit dem genuinen Begriff vom Wesen über den abstrakten hinausgeht und ihn konkretisiert; aber sie
56 Alle Reflexionsbestimmungen insgesamt bringt D. Schlitt in Verbindung mit dem Absoluten (vgl. Dale M. Schlitt, Divine subjectivity. Understanding Hegel’s philosophy of religion, London/Toronto 1990, 133–144).
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ist dennoch eine minimale, was Hegel dazu veranlasst, auf den Begriff als die letzte Wahrheit dieser Bestimmung Gottes zu verweisen (§ 115 A). Die volle Bedeutung der ersten Reflexionsbestimmung für die philosophische Theologie wird sich nämlich allererst in der Begriffslogik zeigen. Und wenn hier eine weitere Antizipation erlaubt sein kann, so sei schließlich angemerkt, dass der Gedanke der Identität eine zentrale Rolle auch im Kapitel der Wesenslogik über das Absolute und somit für die wesenslogische Untersuchung des Kerns aller philosophischen Theologie spielen wird. Der Gedanke des realen Grundes bildet darüber hinaus den logischen Kern der metaphysischen Auffassung, dass „Gott [der] Grund der Natur“ ist (WL: 310,5). Solches Gottesverständnis erkennt Gott zwar als das Wesen der Natur betreffend, das ihr das Bestehen gewährleistet. Darüber hinaus leistet aber ein solcher Gott keineswegs eine Begründung für die ganze Natur, welche ohnehin eine unendlich große Menge von Unwesentlichem in sich einschließt. In dieser Mannigfaltigkeit liegt die Verschiedenheit der Natur von Gott, welche sich aber im Rahmen dieser Gottesauffassung nicht begreiflich machen lässt. Eine Erklärung für die Zufälligkeit in der Natur, für die Notwendigkeit der Verknüpfung des Wesentlichen mit dem Zufälligen oder gar dafür – und das ist das Tragische an dieser Gottesauffassung –, wie das Wesentliche aus dem Unwesentlichen heraus zu bestimmen sein soll, liefert die Ernennung Gottes zum Grund der Natur nicht. Mag auch diese Gottesauffassung den Akosmismus entscheidend umgehen sowie dessen jüdische und islamische Modifikation erneut verbessern, indem sie die vorhandene Unmittelbarkeit, nicht nur faktisch akzeptiert, sondern ihr ein wirkliches Bestehen zuerkennt, so liefert sie doch noch lange keine Erklärung – geschweige denn eine begreifende Erklärung – für den konkreten Kosmos. 9. Erscheinung i. Die logischen Bestimmungen ‚Existenz‘ und ‚Verhältnis von Kraft und ihrer Äußerung‘ Mit der Grundbeziehung kommt die Unmittelbarkeit als etwas an der Reflexion selbst Gesetztes ins Spiel der reflektierenden Selbstbeziehung. Solche Unmittelbarkeit ist von der Reflexion-in-sich bzw. dem Grund abhängig und zugleich davon unterschieden. Als solche aber stellt sie ein mannigfaltiges Dasein dar, das außerhalb der Grundbeziehung liegt und zugleich für dieselbe notwendig ist. Sie macht nämlich die Bedingung dafür aus, dass der Grund er selbst und nicht bloß ein Schein der Reflexion in sich ist, d.h. die Bedingung für die Realisierung der reflektierenden Selbstbeziehung insgesamt, insofern diese in Bezug auf das Andere der Reflexion gesetzt ist. So tritt die Bedingung zunächst als eine bloß äußere Voraussetzung für die Grundbeziehung hervor (vgl. a.a.O. 315.). Hegels Argumentation läuft aber darauf hinaus, dass auch umgekehrt die Bedingung den Grund voraussetzt (vgl. a.a.O. 292), sodass der Gedanke der
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Bedingung in ein Ganzes von diversen bedingten Gründen bzw. begründeten Bedingungen mündet. Ein solches Ganzes ist die in der Reflexion aufgehobene nichtige Unmittelbarkeit, nicht aber als eine von der Reflexion bloß an ihr gesetzte, sondern nun als seiende. Mit diesem Ganzen befasst sich der zweite Abschnitt der Wesenslogik, der den Titel „Erscheinung“ trägt. Wird diese seiende Unmittelbarkeit anfänglich nach dem ersten Moment der Methode abstrakt aufgefasst, ergibt das die logische Bestimmung der Existenz. Die Existenz steht für die reflektierende Selbstbeziehung, welche sich uneingeschränkt vom Anderen der Reflexion, der Unmittelbarkeit, ja kraft dieser und im Einklang mit ihr vollzieht. Weder bildet nun die Reflexion ausschließlich das Scheinen in sich und nur das Prinzip bzw. Element der Unmittelbarkeit, ohne sich unmittelbar auf dieselbe zu beziehen, (wie die Reflexion vor der Grundbeziehung) noch identifiziert sie sich als die Reflexion-in-sich mit nur einem begründeten Dasein als der Reflexion-in-Anderes, sondern sie kontinuiert sich in der Unmittelbarkeit insgesamt und konstituiert sie mit. Die Existenz versteht Hegel demnach nicht als das bloß Andere des Wesens, sondern als die „ununterschiedene Einheit des Wesens mit seiner Unmittelbarkeit“ bzw. als das „wesentliche Seyn“ (a.a.O. 323,23; 11). Zwar kommt sie im wesenslogischen Prozess als Resultat der Grundbeziehung vor, indem sie aus dem Grund hervorgeht, dennoch befinden sich in ihr Grund, Begründetes und Bedingtes, d.h. Wesen und Unmittelbarkeit, als Aufgehobene. 57 In diesem Sinne lässt sich ferner der hegelsche Begriff von Existenz nicht als Prädikat dem Wesen oder irgendeinem anderen Begriff zuschreiben. Denn das würde eine Absonderung von Sein und Wesen oder gar die Degradierung der Existenz zum bloßen Sein suggerieren. Vielmehr gilt nach Hegel, dass das Wesen selbst „in die Existenz übergegangen“ ist (a.a.O. 326). Das dialektische Moment, das auf die Existenz als eine undifferenzierte Einheit folgt, trägt dieselbe logische Bezeichnung wie der gesamte Abschnitt, nämlich Erscheinung, und macht das Gegenüberstellen von reflektierter und seiender Unmittelbarkeit aus. Einerseits verhalten sich die Reflexionsbestimmungen so, wie sie unmittelbar sind: als die unmittelbar bestehende Reflexionin-sich; und andererseits verhält sich die Unmittelbarkeit so, wie sie an der Reflexion existiert, d.h. nicht als in der Weise der Seinslogik, sondern als die
57 „Die Sache geht aus dem Grunde hervor. Sie wird nicht durch ihn so begründet oder gesetzt, daß er noch unten bliebe, sondern das Setzen ist die Herausbewegung des Grundes zu sich selbst, und das einfache Verschwinden desselben. Er erhält durch die Vereinigung mit den Bedingungen die äusserliche Unmittelbarkeit und das Moment des Seyns. Aber er erhält sie nicht als ein äusserliches noch durch eine äusserliche Beziehung; sondern als Grund macht er sich zum Gesetztseyn, seine einfache Wesentlichkeit geht im Gesetztseyn mit sich zusammen, und ist in diesem Aufheben seiner selbst das Verschwinden seines Unterschiedes von seinem Gesetztseyn, somit einfache wesentliche Unmittelbarkeit.“ (WL: 321.)
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Reflexion-in-Anderes, d.h. als das unmittelbare Sein, das vom Element der Reflexion geprägt ist. Insofern aber diese beiden Seiten Reflexion und Unmittelbarkeit aufweisen, lassen sie sich auch spekulativ in einer konkreten Einheit untersuchen, was nun im Kapitel über das wesentliche Verhältnis beabsichtigt und hier näher zu betrachten ist. Zunächst werden die in sich reflektierte und die seiende Unmittelbarkeit als das Verhältnis des Ganzen und der Teile betrachtet. Indem aber „die Teile in dem Ganzen und dieses aus jenen bestehen soll“ (§ 136 A), zeigt sich bald, dass beide entgegengesetzten Seiten des Verhältnisses einander voraussetzen, und zwar so, dass jede ihre Bedeutung und ihr Bestehen in ihrem Anderen findet. Wird die eine als bloß unmittelbar und für sich bestehend genommen, schlägt sie unmittelbar in ihr Gegenteil um: Das Ganze zerfällt in seine Teile und jedes Teil stellt ein neues Ganzes dar usw.; mit dem Ergebnis, dass die Wahrheit von beiden in einen unendlichen Progress gesetzt ist. Hierdurch wird aber die starre Entgegensetzung von reflektierter und seiender Unmittelbarkeit entscheidend verflüssigt: Es handelt sich nicht mehr nur um eine bloß gegenseitige Negation zweier Totalitäten, sondern um das unmittelbare Sich-Reflektieren der einen in der anderen. Sie sind nicht nur gesetzt, sondern, indem sie sich selbst ihrem Begriff nach negieren, setzen sie sich stets neu und bestimmen sich zu einer regsamen Vermittlung. Dadurch wird aber das wesentliche Verhältnis zum Verhältnis der Kraft und ihrer Äußerung abgewandelt. Die Kraft steht hier für die reflektierte Unmittelbarkeit, – aber nicht als eine ruhende Bestimmtheit, sondern als eine Tätigkeit, die nur dann besteht, wenn sie ausgeführt wird, d.h. in ihrer Äußerung. Insofern wird mit der Kraft auch die seiende Unmittelbarkeit zusammen gedacht, und zwar als ihre „Voraussetzung und Bedingung“ (WL: 361,21). Die Vermittlung von Kraft und Äußerung jedoch erschöpft sich nicht in diesem Bedingtsein oder in der einseitigen Feststellung, dass die Kraft ihrem Begriff nach das Übergehen in ihr Anderes ist bzw. dass sie ihr Anderes an ihr selbst enthält. Es ist nicht nur die Kraft, die ihr Bestehen erst an der seienden Unmittelbarkeit gewinnt; sondern auch umgekehrt besteht die seiende Unmittelbarkeit nur darin, eine aufgehobene bzw. andere Kraft zu sein. Denn die Äußerung der Kraft bedeutet nicht Auflösung der Kraft, sondern denselben Inhalt wie die Kraft selbst, aber ihn außer ihr gesetzt, d.h. in einer anderen Form. Es handelt sich lediglich um eine Transformation der Kraft – wie etwa bei der elektrischen Kraft, wenn sie sich als magnetische äußert. Die Kraft in der neuen Formbestimmung muss ferner, damit sie als Kraft ein Bestehen hat, ebenfalls tätig sein und sich äußern, sodass diese Transformation der Kraft in ein ins Unendliche erweiterbares Netz (der Form nach) verschiedener Kräfte mündet. In diesem Netz sind alle Glieder wesentlich durch einander bedingt und lassen sich beliebig als ursprüngliche Kräfte oder Kraftäußerungen bezeichnen, sodass die einzigen zwei Seiten des jetzigen wesentlichen Verhältnisses, die erkennbar sind, die der Aktivität und die der Passivität sind.
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Freilich sind die Glieder dieses Netzes nicht in zwei Gruppen geteilt, sondern alle zeigen gleichermaßen diese Seiten an ihnen auf. Jede der einzelnen Kräfte stellt den Anstoß für eine Andere dar, während diese von einer anderen Kraft, d.h. von Außen, angestoßen wird. Dieses Reagieren der Kräfte aufeinander nennt Hegel bezeichnenderweise Sollizitation. Er signalisiert damit den besonderen Charakter der Fremdbestimmung der Kräfte, solange sie als einzelne Teile in einem ins Unendliche erweiterbaren Ganzen verstanden werden. Die eine Seite „als sollicitirend“ und die andere „als sollicitirt-werdend“ bilden nun gemeinsam die Realität der Kraft als einen unendlichen Progress, dem der eine Begriff der Kraft zugrunde liegt, nämlich die logische Bestimmung, dass die Kraft in ihr Anderes übergehen muss, um das zu sein, was sie an sich ist (a.a.O. 362). Nun ist es genau dieser Charakter, welcher sowohl die Unendlichkeit als auch die Endlichkeit des jetzigen wesentlichen Verhältnisses ausmacht. Denn zum einen sind jetzt die zwei Seiten der Sollizitation, insofern sie das bei sich bleibende negative Verhältnis der Kraft überhaupt mit sich darstellen, an sich identisch. Schließlich handelt es sich ja um die Äußerung und nicht um das bloß Äußere der Kraft, mithin um die Assimilation des Äußeren durch das Setzen desselben in das schlicht Äußere, was die Kraft als Reflexion-in-sich ist. In diesem Sinne bildet das Kraft-Verhältnis ein durch sich selbst vermitteltes Ganzes, das nicht von der Äußerlichkeit begrenzt wird. Zum anderen bleibt aber die Äußerung der Kraft (und somit die logische Bestimmung der Kraft) noch der Form der Unmittelbarkeit verhaftet, d.h., sie wird zwar von der Unmittelbarkeit nicht begrenzt, sie findet aber in dieser als Progress statt, ohne das unmittelbar Seiende völlig idealisiert und in das Fürsichsein der reflektierenden Selbstbeziehung zurückgeführt zu haben. So sind die zwei sich miteinander vermittelnden Seiten nur an sich identisch, d.h., die Totalität, welche die einzelnen Kräfte gemeinsam konstituieren sollen, hat sich noch nicht als solche ergeben und über diese erhoben. Die Kräfte erscheinen als für sich bestehende und wirken aufeinander unmittelbar und „blind“, in der Weise der äußerlichen Sollizitation, ohne dass jede Kraft ihren Grund in sich einschließt (§ 136 A). Zwar bildet das Kraft-Verhältnis ein Ganzes, das nicht von der Äußerlichkeit begrenzt wird; es ist aber durch die Äußerlichkeit so bedingt, dass es eine zufällige und insofern noch abstrakte Interaktion von Kräften darstellt, dem die eigene Zweckbestimmung fehlt bzw. verborgen bleibt. Episodischer Abschnitt: Die Existenz und das Verhältnis von Kraft und ihrer Äußerung als Definitionen des Absoluten oder als die logischen Kerne bestimmter metaphysischer Auffassungen Die logische Bestimmung der Existenz, in der Perspektive der Gottesthematik betrachtet, hängt zunächst mit den sogenannten Beweisen vom Dasein Gottes zusammen, und zwar so, dass sie deren eigentlich Gesuchtes darstellt, welches
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nur fälschlicherweise als das Dasein Gottes bezeichnet wird (vgl. WL: 325). Diese Beweise bestehen methodologisch in der Unterscheidung zwischen einem Grund – etwa die Zufälligkeit der Weltdinge – und dem zu begründenden Dasein Gottes. Als gelungener Beweis gilt üblicherweise jene vermittelnde Denkbewegung, die von der Unmittelbarkeit auf das Wesen Gottes schließt, und zwar so, dass dieses Wesen nicht nur über ein Bestehen verfügt, sondern auch so, dass dieses Bestehen für sich notwendig und unabhängig von der übrigen Unmittelbarkeit bzw. dem Ausgangspunkt des Beweises ist. Die zufälligen Dinge müssen nämlich vor dem göttlichen Wesen als hinfällig betrachtet werden. Aber genau darin besteht in Hegels Sicht der Mangel der Gottesbeweise. Denn durch diesen Gedankengang gelangt weder die Unmittelbarkeit noch das göttliche Wesen zu deren gemeinsamer Wahrheit, welche in ihrer gegenseitigen Vermittlung im Begriff der Existenz liegt. Vielmehr erscheint die Vermittlung in diesem Beweisen als eine bloß subjektive Vernunft, die sich dem göttlichen Wesen gegenüber äußerlich verhält. Der Gott solcher Beweise ist demnach nur das Ende eines äußeren Schließens, d.h. ein Gesetztes, das von seinem eigenen Grund und der entsprechenden Vermittlung ferngehalten wird. Er stellt nicht die reflektierende Selbstbeziehung dar, die sich in das Andere der Reflexion kontinuiert, sondern diejenige, die sich von diesem Anderen abhebt, sodass dieser Gott zurückfällt auf die logische Ebene des Wesens als Reflexion in sich. Ähnlich wird die göttliche Existenz auf die logisch ungenügende Trennung von Wesen und Unmittelbarkeit degradiert, wenn sie umgekehrt „für etwas unbeweisbares“ gehalten wird, was die Grundannahme des „nur unmittelbare[n] Bewußtseyn[s]“ bzw. die Bestimmung des „Glauben[s]“ ausmacht (a.a.O. 325,37–326,4). Zwar wird nämlich das göttliche Wesen vom unreflektierten Glauben – umgekehrt als in den Gottesbeweisen – nicht als das Ende, sondern nur als der Anfang einer gedanklichen Vermittlung genommen. Doch darf diese Vermittlung im Rahmen des unreflektierten Glaubens gar nicht stattfinden, weil dies automatisch zur Selbstauflösung des unreflektierten Glaubens und des nur unmittelbaren Bewusstseins führen würde. Dieser Glaube bleibt somit beim Anfang einer gedanklichen Vermittlung stehen; und so verabsolutiert er irgendeine dürftige Auffassung von göttlichem Wesen, oder er kapituliert gar vor einem in sich verschlossenen Wesen und gibt allen Anspruch auf Wissen auf. Was die Beweise Gottes nicht erzielen und was im Konzept des nur unmittelbaren Bewusstseins von Gott axiomatisch abgelehnt wird, ist jedoch in der philosophisch-theologischen Einsicht enthalten, „das Wesen Gottes sey der Abgrund für die endliche Vernunft“ (a.a.O. 326,4–21). ‚Abgrund‘ interpretiert Hegel paronymisch; und er verwendet es, um damit die spekulative Auffassung der Existenz anschaulich zu machen. Denn zum einen weist dieser Ausdruck darauf hin, dass das Wesen Gottes das Ende der Vermittlung durch die Ver-
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nunft darstellt, und zwar so, dass dieses Ende zugleich der Untergang der endlichen Vernunft ist, d.h. derjenige Gedanke, in welchem die Vermittlung durch Trennungen – wie etwa die zwischen Grund und Begründetem oder Reflexion und Unmittelbarkeit – verschwunden ist. Zum anderen aber impliziert der Ausdruck ‚Abgrund‘ den Grund bzw. den wesentlichen Anfang einer Vermittlung, sei es der Vernunft, sei es des unmittelbaren Daseins selbst. Die Bezeichnung des Wesens Gottes als Abgrund soll daher nach Hegel nicht als eine Reduktion Gottes auf ein abstraktes Wesen verstanden werden, sondern als Hinweis auf dessen immanente Vermittlung; und sie soll insofern die Einheit vom Wesen und Dasein, also die Existenz Gottes signalisieren. Eine Trennung zwischen dem Wesen und der Existenz Gottes ist bereits wegen der logischen Bestimmung von Existenz unhaltbar, selbst wenn diese Trennung dadurch verschleiert wird, dass Wesen und Existenz addiert werden: Gottes Wesen hat keine Existenz oder existiert auch nicht, sondern ist die Existenz selbst – was jedoch, wie die logische Bestimmung der Existenz als der „ununterschiedenen Einheit des Wesens mit seiner Unmittelbarkeit“ verrät und die weitere logische Entwicklung darlegt, noch lange nicht die letzte Wahrheit aller philosophischen Theologie in der Wissenschaft der Logik darstellt. Eine erste Konkretisierung der Einheit von Wesen und seiner Unmittelbarkeit, wie sie in der Rede von Gott als Abgrund der Vernunft angedeutet wird, sieht Hegel in Herders Versuch, das spinozistische System durch den Begriff der Kraft zu ergänzen (vgl. § 136 A).58 Im zweiten Teil seines Werkes Gott, Einige Gespräche plädiert Herder dafür, dass die Materie in jedem ihrer Punkte von Kräften, und zwar von unbestimmt vielen „göttliche[n] Kräfte[n]“ durchdrungen sei, sodass die ganze Wirklichkeit als ein „Ozean der Allmacht“ aufzufassen sei, in welchem wir, die Menschen, „schwimmen“. 59 Gemäß dieser Vorstellung eines nicht konkret strukturierten und doch seinem Begriff nach irgendwie zusammenhängenden Ganzen schwebt Gott einem als der „Selbstständige“ vor, bzw. als die „im höchsten, einzigen Verstande des Worts, Kraft, d. i. [als] die Urkraft aller Kräfte“. 60 Es ist aber Herder selbst, welcher die begrenzte Tragweite dieses Konzepts markiert: „Wir wissen nicht, was Kraft sei oder wie Kraft wirke; viel weniger wissen wir, wie die göttliche Kraft etwas hervorgebracht habe und sich jedem Dinge nach seiner Weise mitteile.“ 61 58
Hegel deutet seine Kritik an Herder nur an, ohne sie detailliert auszuführen. Folgende Rekonstruktion beruht sich auf Johann Gottfried Herder, „Schriften zu Philosophie, Literatur, Kunst und Altertum 1774–1787“, in: Jürgen Brummack/Martin Bollacher (Hgg.), Johann Gottfried Herder Werde, Bd. 4, Frankfurt a. M. 1994, 701ff. 59 A.a.O. 712f. 60 Das Zitat geht so weiter: „Ohn’ ihn entstand keine derselben, ohn’ ihn wirkt keine derselben und alle im innigsten Zusammenhange drucken in jeder Beschränkung, Form und Erscheinung sein selbstständiges Wesen aus, durch welches sie bestehen und wirken.“ (A.a.O. 710.) 61 A.a.O. 704.
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Illustrierend für die Kritik an Herder – welche Hegel allerdings nur andeutet – wirkt der zweite Zusatz zu § 136. Dort wendet sich Hegel allem Anschein nach gegen den Deismus, welchen er als eine Variation des „Materialismus und der modernen Aufklärung“ behandelt. Mit dem Materialismus teilt der Deismus das (vermeintliche) Wissen von dem bloßen „Daß“ und die explizite „Verzichtleistung auf das Was“ Gottes. Anders aber als der (nach Hegels Auffassung) übliche aufklärerische Materialismus nimmt der Deismus Gott als eine „Urkraft“ an, welche die Welt erschaffen habe, während er anschließend aber auf das Regieren der Welt verzichte und sich seit dem einmaligen Akt der Erschaffung bei sich ausruhe. Offenkundig ist die Unzulänglichkeit dieser Vorstellung – der logischen Bestimmung des Kraft-Verhältnisses und genauer der Sollizitation von Kraft zufolge – eine zweifache: Indem nämlich, erstens, ein solcher Gott als ein Jenseits ferngehalten wird von aller Realität, bleibt ihm nur die Bestimmung der leeren Abstraktion übrig, und er wird zu „einem müßigen Zuschauer“ des Spiels der realen Kräfte degradiert. Dabei drängt sich der Einwand auf, dass die Annahme eines solchen Gottes schlicht unnötig ist. Denn sie trägt zur Erklärung sowohl der Welt als auch des Wesens Gottes nichts bei. Aber auch, zweitens, wird die Erklärung des Verhältnisses Gottes zur Welt nicht um das Geringste konkretisiert. Denn die Erschaffung der Welt, der Abstoß der Urkraft in die realen Kräfte, wird dabei ohne eine konkrete Begründung angenommen. Insofern setzt die deistische Gottesauffassung Faktoren stillschweigend als notwendig voraus, die eine Rolle bei der Tätigkeit Gottes spielen, die aber von diesem Konzept aus nicht begrifflich erklärbar sind bzw. als äußerlich und zufällig erscheinen. ii. Die logische Bestimmung des Verhältnisses des Äußeren und Inneren und der Fortgang in das Absolute Mit dem wesentlichen Verhältnis zwischen Kraft und Äußerung wird die regsame Vermittlung von reflektierter und seiender Unmittelbarkeit um den Unterschied zwischen ihnen selbst und dem Begriff ihrer negativen Einheit bereichert. Reflektierte und seiende Unmittelbarkeit verhalten sich zueinander wie zwei an sich identische Totalitäten, sodass sich ein unendlicher Progress von Kräften und Äußerungen ergibt, dem der Begriff der Kraft als einer Tätigkeit zugrunde liegt. Die Eröffnung dieser neuen Dimension des wesentlichen Verhältnisses – dass also dem unendlichen Progress eine an sich seiende Identität zugrunde liegt – führt aber zur nächsten logischen Bestimmung: zum wesentlichen Verhältnis des Äußeren und Inneren, d.h. zu einer Bestimmung, die sich zweifach vom Verhältnis der Kraft und ihrer Äußerung unterscheidet. Zum einen erhält nun nämlich die identische Grundlage des wesentlichen Verhältnisses die Bedeutung, Inhalt des gesamten Verhältnisses zu sein. Zum anderen müssen umgekehrt die zwei an sich identischen Totalitäten als die Formbestim-
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mungen dieses Inhalts verstanden werden. Das ständige Umschlagen der Formbestimmungen ineinander (der unendliche Progress von Kräften und Äußerungen) findet daher jetzt lediglich am Inhalt (dem Begriff der Kraft) statt. Das aber heißt: Es verändert ihn nicht, und zwar findet es als eine nur äußere Unterscheidung statt, eine Unterscheidung des Scheins ohne die Festigkeit der seienden Bestimmtheit. 62 Für das Verständnis des Verhältnisses von Äußerem und Innerem ist demnach wichtig, zunächst daran festzuhalten, dass nun die Äußerlichkeit des wesentlichen Verhältnisses, und zwar die Äußerlichkeit gegen seine eigene Grundlage gesetzt ist. Anders als die Transformationen der Kraft erscheinen Äußeres und Inneres nicht mehr als selbstständig und vereinzelt, sondern sie sind zwei Formbestimmungen, die nur in Bezug auf ein Anderes, ihren Inhalt, bestehen. Dadurch ist jedoch die negative Einheit der zwei Seiten des wesentlichen Verhältnisses nicht nivelliert. Vielmehr spielt sie sich jetzt in der Äußerlichkeit ab, was wiederum bedeutet, dass die Äußerlichkeit für die Vermittlung des jetzigen wesentlichen Verhältnisses unentbehrlich ist. Äußeres und Inneres gehören in diesem Sinne als zwei Bestimmungen der einen Äußerlichkeit bzw. der einen Form, die vom Inhalt unterschieden ist, zusammen. Sie bilden nämlich angesichts des Unterschieds, die sie im Vergleich zu ihrer Grundlage teilen, eine Einheit, innerhalb derer sie einander entgegengesetzt sind. Denn Äußeres und Inneres stehen nicht für zwei beliebige Formbestimmungen, sondern für die Totalität der seienden und der reflektierten Unmittelbarkeit, welche im Zuge des wesenslogischen Prozesses die Zuspitzung der Entgegensetzung von Sein und Wesen ausmachen. 63
62 Treffend bezeichnen G. Kruck und F. Schick dieses ständige äußere Umschlagen als einen „Wechsel in den Ansichten der Sache“ (Günter Kruck/Friedrike Schick, „Reflexion und Absolutes. Ein Kommentar zur Kategorie ‚das Absolute‘ in Hegels Wissenschaft der Logik“, Theologie und Philosophie 69 (1994), 91). Unglückich gewählt ist hingegen das Beispiel, das diesen Wechsel veranschaulichen soll: Die Erklärung einer „aggressive[n] Handlung als Äußerung eines Aggressionstriebs“ und die Rede von „Explanans und Explanandum“ dienen eher der Erläuterung des wesentlichen Verhältnisses von Kraft und Äußerung als desjenigen von Innerem und Äußerem (ebd.). 63 Es sei hier angemerkt, dass dieses Verhältnis, worauf Hegel bereits im Vorspann zur Wesenslogik mit dem Stichwort „Erinnerung“ hingewiesen hat (WL: 241), auch im jetzigen letzten Kapitel vom wesentlichen Verhältnis einen wichtigen Punkt auszumachen scheint: „Das Innere ist somit die Vollendung des Wesens der Form nach. Das Wesen, indem es nemlich als Innres bestimmt ist, enthält es, daß es mangelhaft und nur ist, als Beziehung auf sein anderes, das Aeussere; aber dieses ist eben so nicht nur Seyn oder auch Existenz sondern als auf das Wesen oder das Innere sich beziehend“ (a.a.O. 366,17–21). Oder: „So ist die Sphäre des Seyns überhaupt nur erst das schlechthin noch Innre, und deßwegen ist sie die Sphäre der seyenden Unmittelbarkeit oder der Aeusserlichkeit. – Das Wesen ist nur erst das Innre; darum wird es auch für eine ganz äusserliche, systemlose Gemeinschaftlichkeit genommen“ (a.a.O. 367,25–28).
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Nun erinnert dies – wie es ja vom Verhältnis des Äußeren und Inneren als von dem dritten Moment des wesentlichen Verhältnisses zu erwarten war – an das Motiv des spekulativen Moments der Methode logischen Erkennens, welches „die Einheit der Bestimmungen in ihrer Entgegensetzung“ auffassen soll (§ 82). Entscheidend ist aber dabei, dass die jetzige Einheit eine der seienden und reflektierten Unmittelbarkeit ist, welche sich in dieser und als Äußerlichkeit findet. Sie steht daher so nah am seinslogischen Prozess, dass sie als ein „Uebergehen“ charakterisiert werden kann (WL: 365,38; 368,22): Äußeres und Inneres zeigen ihre Wahrheit, welche weder nur das Eine noch nur das Andere, sondern ihr gemeinsamer Inhalt und ihre grundlegende Identität ist, indem sie ineinander übergehen. Nicht nur in der Relation auf ihre Grundlage sind sie nicht selbstständig, sondern auch ihr Verhältnis aufeinander ist „die schlechthin zusammengebundene Einheit beyder entgegengesetzter Bestimmungen“ (a.a.O. 366,4); und diese besteht darin, dass, indem das Eine angenommen wird, unmittelbar auch das Andere zugestanden werden muss. Hegel nennt dabei einige Beispiele (von logischen Begriffen sowie realen Gegenständen), die eben darum, weil sie nur in der Form des Äußeren bzw. Inneren angenommen werden, auch umgekehrt als nur Inneres bzw. Äußeres betrachtet werden müssen. Am prägnantesten wirkt dabei das Beispiel vom Keim der Pflanze: Der Keim der Pflanze ist als Keim nur ein Inneres, d.h. noch keine äußere, wirkliche Pflanze, sondern nur der Möglichkeit nach eine. Genau als solcher aber zeigt er sich in der Unmittelbarkeit als ein Passives, „das sich noch nicht die negative Beziehung auf sich selbst gegeben hat“: eine bloße Grenze nach außen, mithin ein Äußeres, das gleichgültig neben Anderem liegt (a.a.O. 367,34f.). Versucht man also den Keim als Inneres aufzufassen, ist man gezwungen, auf die entgegengesetzte Bestimmung zu rekurrieren, und umgekehrt. Äußeres und Inneres setzen sich gegenseitig so voraus, dass ihr Bestimmen die „unmittelbare Umkehrung“ bzw. das „Uebergehen beyder in einander“ erfordert (a.a.O. 368,22). Sie sind demnach zwei verschiedene Formbestimmungen, die aufeinander angewiesen sind und immer innerhalb des einen wesentlichen Verhältnisses zusammengedacht werden müssen. Dieses Umkehren des Äußeren in das Innere und des Inneren in das Äußere macht eine entscheidende Modifizierung am Motiv des unendlichen Progresses aus, das für die vorherigen Momente des wesentlichen Verhältnisses noch prägend war – und es ist jetzt darin nach dem Fortgang in die nächste logische Bestimmung zu suchen. Jeder unendliche Progress ist die gesetzte Äußerlichkeit – und das heißt: die gedankenlose Reproduktion des Scheins – eines spekulativen Begriffs, der sein unmittelbar Anderes an ihm selbst hat bzw. qua ‚Be-griff‘ eine Variation der negativen Einheit mit sich auffasst. 64 Beim Verhältnis des Ganzen und der Teile bedeutete dies immerfort eine Produktion von „Diese Umdeutung des unendlichen Progresses zu einem in sich beschlossenen Verhältnis ist wie überall die einfache Reflexion, daß in jener gedankenlosen Wiederholung nur 64
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neuen Ganzen bzw. Teilen und beim Verhältnis von Kraft ebenfalls eine Reproduktion von unbestimmt vielen scheinbar neuen und selbstständigen Kräften. Solche Progresse überwindet Hegel typischerweise, indem er den spekulativen Begriff der jeweiligen Selbstbeziehung herausarbeitet, die den unendlich vielen Wiederholungen zugrunde liegt. Nun hat die Deutung des Verhältnisses des Äußeren und Inneren als des Umkehrens des Einen in das Andere für das Herausarbeiten dieses Begriffs in zweierlei Hinsicht Substantielles beigetragen. Einerseits ist dabei die unbestimmte Vielheit der Scheinexemplare, die ein unendlicher Progress hervorbringt, auf nur zwei reduziert, nämlich auf die Formbestimmungen des Äußeren und Inneren, die, wie es am Beispiel des Keims anschaulich wurde, nicht über sich hinaus auf weitere Äußere bzw. Innere hinweisen, sondern ineinander zurückfallen. Andererseits ist der gesuchte Begriff von Selbstbeziehung bereits in der Äußerlichkeit, als Form, vorhanden: die Identität des Äußeren und Inneren, aber als das ständige Umkehren des Einen in das Andere, d.h. als eine „unvermittelte“ oder „unmittelbare“ (a.a.O. 368,7; 22). In der Tat vollzieht Hegel den Schritt in die nächste logische Bestimmung durch den schlichten Hinweis darauf, dass das „Uebergehen“ von Äußerem und Innerem „in einander“, d.h. deren „unmittelbare Identität“, „auch ihre vermittelte Identität“ ist; dass „nemlich jedes […] eben durch sein anderes [das ist], was es an sich ist, die Totalität des Verhältnisses“ (a.a.O. 368,5–28). Mit dieser lapidaren Bemerkung hebt Hegel die logische Konsequenz aus der Beobachtung hervor, dass diese zwei Formbestimmungen immer zusammengedacht werden: Der Unterschied zwischen Äußerem und Innerem ist ein nichtiger, und es ist ihre eigene Bestimmung und keine äußere Reflexion, die sie (wesentlich) miteinander verbindet. Der Gedanke spekulativer Selbstbeziehung, welchen Hegel dadurch gewinnt und gleich als die Vollendung und Überwindung des wesentlichen Verhältnisses insgesamt akzentuieren wird, ist die Wiederherstellung der Reflexionsbestimmung der Identität, nun aber als die seiende Reflexion, d.h. nicht als die allein in sich scheinende, sondern als dieselbe, insofern sie ebenso unmittelbar, aber durch nichts Unmittelbares beschränkt ist: die seiende Identität der gesamten seienden und reflektierten Unmittelbarkeit, deren Vermittlung durcheinander im zweiten Abschnitt der Wesenslogik dargelegt wurde. Wird diese Selbstbeziehung vom nichtigen Unterschied her betrachtet; wird nämlich an der Meinung festgehalten, dass Äußeres und Inneres, obwohl sie nur Formbestimmungen sind, voneinander getrennt gehalten werden müssen, so zeigt sich diese Identität als die unmittelbare oder unvermittelte und ist noch dem Standpunkt des wesentlichen Verhältnisses zuzuordnen. Wird aber der Akzent auf die Nichtigkeit des Unterschiedes verschoben und wird die lo-
ein und dasselbe ist, nämlich eine und eine andere Ursache und deren Beziehung aufeinander.“ (§ 154 A.)
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gische Beobachtung ernst genommen, dass Äußeres und Inneres ihrer Bestimmung nach aufeinander angewiesen sind, so handelt es sich um ihre vermittelte Identität, in welcher beide gleichrangige Momente sind, die nur gemeinsam ihr eigenes Wesen darstellen. Mit der vermittelten Identität von Äußerem und Inneren wird eine neue Phase im logischen Prozess initiiert. In dieser sind Sein und Wesen nicht nur aufeinander wesentlich bezogen – was der Fall bei der Erscheinung war –, noch ist das Eine bloß im Anderen aufgehoben – was der Fall beim Wesen als Reflexion in ihm selbst war –; sondern beide zusammen bilden ein neues Fürsichsein, in welchem sie gleichrangig und gleichermaßen aufgehoben sind, ohne dass etwa das Wesen das Prinzip des Seins oder das Sein das unmittelbare Andere des Wesens ausmacht. In dieser Identität sind aber alle seins- und wesenslogischen Bestimmungen so aufgehoben worden, dass zum einen der bisherige logische Prozess eine Vollendung erreicht hat und zum anderen der bevorstehende zunächst nur darin liegen kann, das zu offenbaren, was in dieser Identität als versunken enthalten ist (vgl. a.a.O. 243, 368). Die terminologische Bezeichnung für diese allumfassende und seiende Identität in ihrem vollen Umfang genommen lautet Wirklichkeit. Außerordentlich interessant für die philosophisch-theologische Problematik ist aber das erste, abstrakte Moment dieser Wirklichkeit: die genuine logische Bestimmung des Absoluten. So ist nun das Absolute nicht mehr bloß im Rahmen einer Anmerkung oder eines episodischen Abschnittes zu erwähnen oder zu bestimmen, sondern als immanentes Moment des logischen Prozesses selbst aufzuklären – und zwar, wie sich gleich zeigen wird, in direkter Anlehnung an das wesentliche Verhältnis und die vermittelte Identität von Äußerem und Innerem.
B. Das Absolute Das Absolute
Mit der Gedankenbestimmung ‚das Absolute‘ greift Hegel auf einen Terminus zurück, der längst im Mittelpunkt der dritten, exoterischen Ebene philosophisch-theologischer Untersuchung der Logik steht. Ein Nexus des logischen Prozesses mit der philosophisch-theologischen grundlegenden Begrifflichkeit wird also an dieser Stelle augenfällig. Zwar verspricht die Verwendung dieses Ausdrucks nicht die ausschöpfende Interpretation aller bestimmten theologischen und philosophischen Absolutheitsauffassungen. Gleichwohl aber muss die logische Bestimmung bzw. der Begriff des Absoluten jenes Wesentliche liefern, das all diese Konzepte und alle Verwendungen des Ausdrucks ‚das Absolute‘ miteinander teilen. Zu erhoffen ist nämlich Auskunft über den logischen Kern aller vernünftigen Rede vom Absoluten, und somit auch von Gott, sofern Gott vor übrigem Seienden durch irgendeine Form von Absolutheit ausgezeichnet wird. Und wenn dieser logische Kern tatsächlich mit der Gedanken-
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bestimmung ‚das Absolute‘ gefunden wird, so wird dadurch nicht nur die Suche nach philosophischer Theologie in der Logik legitimiert, sondern auch die philosophisch-theologische Untersuchung desselben Werkes. Die außerordentliche Bedeutung der jetzigen Gedankenbestimmung für die philosophisch-theologische Thematik verlangt die detaillierte Lektüre aller drei Unterkapitel des Kapitels ‚Das Absolute‘ (II.B.1., II.B.2. und II.B.3.). Der größte Gewinn wird die logisch-immanente Legitimation der zweiten, esoterischen Lesart der Logik sein. Die Konsequenzen dieser Legitimation für die philosophische Theologie in der Logik werden in II.B.4. erörtert. 1. Die Auslegung des Absoluten i. Die logische Bestimmung ‚das Absolute‘ Die logische Bestimmung des Absoluten führt Hegel in direkter Anlehnung an die vermittelte Identität von Äußerem und Innerem ein, und zwar mit dem nachdrücklichen Hinweis darauf, dass Äußeres und Inneres die Vollendung jeweils des Seins und des Wesens bilden, insofern sie aufeinander bezogen sind und nicht nur jedes vom Anderen separat betrachtet wird. 65 Das Absolute steht somit für die „absolute Einheit“ von Sein und Wesen (WL: 370,30), für diejenige Einheit von Sein und Wesen also, in welcher diese beiden sich nicht wie die zwei Formbestimmungen bloß ineinander verkehren bzw. miteinander zusammengedacht werden, sondern „Eine absolute Totalität“ bilden (a.a.O. 369,16). Das Adjektiv ‚absolut‘ hat ferner „häufig keine weitere Bedeutung als die von ‚abstrakt‘“ (§ 115 A), die Bedeutung nämlich, dass etwas zwar all seine Bestimmungen, aber noch undifferenziert in sich enthält. 66 Unter dem Begriff des Absoluten ist daher nun diejenige Totalität zu verstehen, in welcher „alle Bestimmtheit des Wesens und der Existenz, oder des Seyns überhaupt sowohl als der Reflexion aufgelöst“ ist (WL: 370,4f.). 67 65 „Das Innre ist das Wesen aber als die Totalität, welche wesentlich die Bestimmung hat, auf das Seyn bezogen und unmittelbar Seyn zu seyn. Das Aeussere ist das Seyn, aber mit der wesentlichen Bestimmung, auf die Reflexion bezogen unmittelbar eben so verhältnißlose Identität mit dem Wesen zu seyn. Das Absolute selbst ist die absolute Einheit beyder“ (WL: 370,25–371,1). 66 ‚Absolut‘ „heißt sehr häufig nichts weiter als abstrakt, und es gilt ebenso oft dafür, daß mit dem Wort des Absoluten alles gesagt sei und dann keine Bestimmung angegeben werden könne noch solle“ (TWA 17: 455). In diesem Sinne wird das Wort konsequent in der ganzen Wesenslogik gebraucht. Man denke etwa an die Reflexion, welche ihren drei Entwicklungsmomenten vorausgeschickt und als absolut bezeichnet wird (WL: 250,12), oder an den absoluten Unterschied und den absoluten Grund. 67 In demselben Sinne merken G. Kruck und F. Schick zu Beginn der Exposition des Begriffs des Absoluten im Anschluss an die Dialektik von Äußerem und Inneren an: „Dennoch ist so erst eine mangelhafte Weise der Koinzidenz beider [Wesens und Erscheinung] erreicht, in der ihre Beziehung, d.h. das Inwiefern ihrer Einheit, unaussprechlich geworden ist. Es ist nämlich eine Einheit von Wesen und Erscheinung erreicht, in der der Unterschied
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Nachdem sich mit der absoluten Indifferenz der (wesentliche) Unterschied zwischen allen seinslogischen Bestimmungen und ihrem Prinzip bzw. Element ergeben hat, handelt es sich im logischen Prozess um einen gewissen Umgang des Wesens mit dem Sein, sei es im Wesen selbst, sei es im Sein. 68 Dieses asymmetrische Verhältnis findet aber mit dem Absoluten sein Ende. In der vermittelten Identität von Äußerem und Innerem hat sich die Bestimmung sowohl von Sein als auch von Wesen als nur eine Totalität (und nicht mehr als zwei konkurrierende bzw. ineinander umschlagende Totalitäten) erfüllt: Das Wesen hat sich nämlich in seiner Beziehung auf das Sein als das Prinzip und Element von Sein gezeigt, d.h. als das, was es (das Wesen) seiner Bestimmung nach ist. Umgekehrt hat sich auch das Sein in seiner Beziehung auf das Wesen als im Einklang mit demselben erwiesen, sodass auch das Sein erst in dieser Beziehung das ist, was es seinem Prinzip und Element nach sein soll. Das Absolute markiert demnach die logische Bestimmung, dass alles Sein und alles Wesen nicht nur zusammengehören bzw. äußerlich zusammen gedacht werden – dies wäre die unvermittelte Identität von Äußerem und Inneren –, sondern ihrer eigenen Bestimmung nach eine Totalität bilden und nur als aufeinander bezogen bestehen können. Nicht nur das Wesen ist für das Sein wesentlich, sondern auch umgekehrt das Sein für das Wesen, sodass keines ohne sein Anderes bestehen kann. Sein und Wesen sind gleichermaßen aufeinander angewiesen: Dies ist der einzig genuine Begriff vom Absoluten, wenn dieses logisch konsequent, d.h. im Anschluss an die Dialektik von Äußerem und Innerem gedacht wird. Wurden im logischen Prozess bereits verschiedene Einheiten von Sein und Wesen exponiert, so zeichnet sich die Gedankenbestimmung ‚das Absolute‘ vor diesen dadurch aus, dass sie die Einheit von Sein und Wesen als solche thematisiert und sich zur Bestimmung von Sein und Wesen erklärt. Mit dem Absoluten stellt nämlich der logische Prozess das Prinzip und Element fest, das alle logischen Bestimmungen von Sein und Wesen durchdringt und in sich fasst, d.h. das Prinzip, aus dem alles Sein und Wesen bestimmt wird, und das Element, in dem alles Sein und Wesen das je bestimmte sind. In diesem Sinne figuriert das Absolute als eine neue explizite Absolutheitskonzeption, die sich über alle einzelnen seins- und wesenslogischen Bestimmungen erhebt und – wie es unten noch ausführlicher zu zeigen ist – auch die Gedankenbestimmung der absoluten Indifferenz in sich aufhebt, welche zuvor das Prinzip und Element alles Seins (ohne Berücksichtigung auf das Wesen) festgestellt hat.
beider verschwunden ist“ (Günter Kruck/Friedrike Schick, „Reflexion und Absolutes. Ein Kommentar zur Kategorie ‚das Absolute‘ in Hegels Wissenschaft der Logik“, Theologie und Philosophie 69 (1994), 93). 68 Vgl. II.A.6.
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Wichtig für das Verständnis der logischen Absolutheit des Absoluten ist hervorzuheben, dass das Absolute alles Sein und alles Wesen überhaupt umfasst. Es bildet nicht nur irgendeine bestimmte Einheit von Sein und Wesen unter und in Abgrenzung von anderen, was etwa die Konzeption eines ‚höchsten‘ Wesens in Kauf nimmt – obwohl das Absolute im faktischen Verlauf der Logik tatsächlich als eine solche Einheit hervortreten muss. Das Absolute stellt nämlich vielmehr – nicht zuletzt im Hinblick auf das Inhaltsverzeichnis der Wesenslogik – das erste Moment der Wirklichkeit, also die ganze Wirklichkeit in ihrer abstraktesten Auffassung und nicht bloß ein Wirkliches dar.69 Hegel apostrophiert ferner das Absolute zu Beginn des Unterkapitels „A. Die Auslegung des Absoluten“, bevor er sich weiter mit der Auslegung des Absoluten befasst, mehrfach als „absolute Form“, „absoluten Inhalt“ und „absolute Identität“ (a.a.O. 371,4–30). Inwiefern durch diese genau die soeben angedeutete absolute Einheit von allem Sein und Wesen apostrophiert wird, soll nun noch kurz skizziert werden. Was zunächst das Absolute als „die absolute Form“ betrifft, so versteht Hegel unter ‚Form‘ „das vollendete Ganze der Reflexion“, d.h. des genuinen Begriffs von Wesen, wozu – der Genese der Reflexion sowie deren Bestimmungen nach – die Beziehung „auf ihr Aufgehobenseyn, auf ein Anderes, das nicht selbst Form, sondern an dem sie sey“, gehört (a.a.O. 296,8f.). Für diese Apostrophierung des Absoluten geht Hegel nämlich davon aus, dass die Form allein in Beziehung auf eine „unbestimmte und unthätige Grundlage“ denkbar ist (a.a.O. 296,12), also auf die durch seinslogische Bestimmungen beschriebene Unmittelbarkeit, was im bisherigen wesenslogischen Prozess ein breites Spektrum von Entwicklungsgraden aufweist. Absolute Form kann im Anschluss an diesen Prozess – und angesichts von ‚absolut‘ im Sinne von ‚abstrakt‘ bzw. ‚vollständig‘ und zugleich ‚undifferenziert‘ – eine solche Form genannt werden, die einerseits alle Bestimmungen der Form enthält, d.h. dasjenige Ganze der Reflexion ist, das sich auf die seinslogische Grundlage bezieht. Andererseits darf aber diese Form weder in sich noch an ihr eine Einschränkung aufweisen, was das Sein als eine zweite Totalität neben der Form implizieren würde. Form und deren Anderes, Reflexion und Sein, sind in diesem Sinne nicht als einseitige und selbstständige Qualitäten, sondern als zwei wesentlich aufeinander bezogene Bestimmungen aufzufassen, d.h. als Momente einer Identität, deren „jedes an ihm selbst die Totalität“ und der „vollständige Inhalt des Ganzen“ ist (a.a.O. 371,6f.). Die absolute Form kommt ihrem Anderen nicht äußerlich zu, sondern sie offenbart genau – nur und in vollem Umfang – das, was dieses Andere, das Sein, als etwas Verborgenes darstellt; und umgekehrt ist das Andere der Form nur an ihr, d.h. innerhalb der einen Totalität, dasjenige, was es an sich sein soll. Bei der Apostrophierung des Absoluten als 69
Damit dieser hochspezifische Begriff vom Absoluten anschaulicher wird, sei bereits hier angemerkt, dass ihn Hegel mit Spinozas einer Substanz parallelisiert (WL: 376f.).
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der absoluten Form handelt es sich also um einen nichtigen Unterschied (und nicht bloß um eine Tilgung des Unterschieds) 70, der ganz im Sinne der vermittelten Identität von Äußerem und Innerem die gemeinsame Wahrheit von Sein und Reflexion zum Ausdruck bringt. 71 Dasselbe ist der Fall auch bei der umgekehrten Bezeichnung des Absoluten, dass es nämlich nicht nur die absolute Form, sondern auch der „absolute Inhalt“ ist (a.a.O. 371,8–11). Unter Inhalt versteht Hegel eine bestimmte Einheit aus Form und Materie überhaupt, die einer Form und einer Materie als deren wesentliche Identität zugrunde liegt (vgl. a.a.O. 301). Wie die Form weist auch die hiermit angedeutete Beziehung im wesenslogischen Prozess ein breites Spektrum von Entwicklungsgraden auf. Absoluter Inhalt kann nun ein solcher genannt werden, der einerseits die Bestimmung der Beziehung auf Form und Materie überhaupt beibehält, andererseits aber die Ausgrenzung der Form bzw. der Materie von der wesentlichen Grundlage auflöst. Auch hierdurch drückt sich die vermittelte Identität von Wesen und Sein aus: Der Inhalt hat an ihm die Formbeziehung, aber so, dass er sich völlig und unverzerrt an der Form bzw. Materie wiederfindet. Umgekehrt verfügt auch diese über keine weiteren, d.h. unwesentlichen, Bestimmtheiten, die nicht in der wesentlichen Grundlage enthalten sind. Form und Inhalt als Apostrophierungen des Absoluten aufgefasst bilden „nur Eine gediegene Identität“ (a.a.O. 371,10f.), indem sie sich selbst aneinander als eine Wahrheit offenbaren. „Aber das Absolute selbst ist die absolute Identität; diß ist seine Bestimmung, indem alle Mannichfaltigkeit der an sich seyenden und der erscheinenden Welt, oder der innerlichen und äusserlichen Totalität in ihm aufgehoben 70 Der nichtige Unterschied, der bereits beim Schein und der Reflexionsbestimmung der Identität dokumentiert wurde, hat beim Absoluten überhaupt die Bestimmung, „daß jeder seiner [des Absoluten] Theile selbst das Ganze oder jede Bestimmtheit die Totalität ist, d.h. daß die Bestimmtheit überhaupt ein schlechthin durchsichtiger Schein, ein in seinem Gesetztseyn verschwundener Unterschied geworden ist“ (WL: 371,12–15). 71 Anders versteht Chr. G. Martin die absolute Form. Im Hinblick auf den Begriff, den Hegel ebenfalls als absolute Form akzentuiert, bemerkt Martin Folgendes: „In der Bestimmung des Begriffs als absoluter Form liegt aber gerade, dass dieser, als Form, kein selbständiges Bestehen unabhängig von einem korrelativen Inhalt, zu dem er sich auslegt, besitzen kann.“ (Christian Georg Martin, Ontologie der Selbstbestimmung. Eine operationale Rekonstruktion von Hegels „Wissenschaft der Logik“, Tübingen 2012, 194) Im Anschluss daran vertritt Martin die These, dass der Begriff „als solcher […] allein in Gestalt von Zentren geistigen Sichbestimmens“ selbstständiges Bestehen habe, also in „leibhaftig[en]“ Lebewesen (ebd.). Aus der Sicht der vorliegenden Studie liegt jedoch die Pointe der absoluten Form genau darin, nicht die bloße Form zu sein, sondern ihren korrelativen Inhalt in sich aufgehoben zu haben, sodass sie auch als solche sein kann, d.h., eine distinkte und selbstständige logische Bestimmung darstellen kann. Die Bedeutung dieser Anmerkung wird sich aber im Kapitel III, bei der Interpretation des Begriffs als solchen, zeigen, der sich als das wahrhaft Absolute erweisen wird, im Unterschied sowohl von allen übrigen logischen Bestimmungen als auch von seinen realen Existenzweisen.
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ist“ (a.a.O. 371,24–26). Hiermit fasst Hegel die Apostrophierungen der logischen Bestimmung des Absoluten prägnant zusammen. Mit ‚Identität‘ weist Hegel auf die erste Reflexionsbestimmung hin, welche in einem durch das nichtige Sein in sich konkret gewordenen Fürsichsein besteht. Diese Selbstbeziehung kehrt mit der absoluten Identität insofern bereichert ins Zentrum des logischen Prozesses zurück, als in ihr „alle Mannichfaltigkeit der an sich seyenden und der erscheinenden Welt oder der innerlichen und äusserlichen Totalität“, d.h. alles auf das Sein bezogene Wesen und alles auf das Wesen bezogene Sein, „aufgehoben ist“. Mit dieser Aufhebung geht die Ernennung des Absoluten zum Prinzip, Element und zur Wahrheit allen Seins und Wesens einher, das in ihm aufgehoben ist. Doch ist damit nichts Näheres mehr über die Wahrheit dieses Seins und Wesens ausgesagt, außer dass es nun im Absoluten versunken, irgendwie enthalten ist oder nur eine Totalität bildet. Zwar ist erkannt worden, dass Sein und Wesen ihrer eigenen Bestimmung nach zusammengehören; worin aber genau diese Bestimmung besteht, hat der logische Prozess noch nicht offengelegt. Die absolute Identität stellt nämlich noch nicht die konkrete Identität von Sein und Wesen dar. Und diese absolute Totalität, auf welche alles Sein und Wesen zurückgeführt worden ist, ist noch eine dunkle: Es handelt sich um ein dunkles Prinzip und eine dunkle Wahrheit, die beide noch ans (logische) Licht gebracht bzw. noch konkretisiert werden müssen. Jedenfalls können wir, bevor wir den logischen Prozess weiterverfolgen, daran festhalten, dass an dieser Stelle eine ziemlich präzise Angabe über Hegels strikt logischen Gebrauch von ‚Absolutes‘ vorliegt: Das Absolute bzw. die logische Bestimmung oder auch der Begriff des Absoluten72 bedeuten die gedankliche Einheit von allem Sein und Wesen ohne weitere Präzisierung oder Erläuterung. Überall, wo das Substantiv ‚das Absolute‘ verwendet wird – und damit sind ausdrücklich auch die Absolutheitsvorstellungen und die Definitionen des Absoluten gemeint –, liegt eine solche, zunächst nicht weiter konkretisierte Einheit von Sein und Wesen vor, die je nach Kontext andere zusätzliche Bestimmungen erhält. ‚Absolute Totalität von Sein und Wesen‘, ‚absolute Form‘, ‚absoluter Inhalt‘ und ‚absolute Identität‘ sind synonyme Ausdrücke für die vollständige, aber undifferenzierte Einheit aller seins- und wesenslogischen Bestimmungen, die durch das Absolute signalisiert werden. Besonders die absolute Identität – nicht zuletzt im Anschluss an die Antizipation von § 115 A und eines entsprechenden Hinweises beim Begriff als solchem (vgl. BL: 33,17)
Den Ausdruck ‚Begriff des Absoluten‘ verwendet Hegel selbst, allerdings nicht im Haupttext des Kapitels, sondern erst in der Anmerkung zum entsprechenden Kapitel (vgl. WL: 376,2). Wenn die vorliegende Studie den Ausdruck ‚Begriff‘ in Bezug auf logische Bestimmungen verwendet, die keine begriffslogischen sind, so ist dies im Sinne von den „bestimmten Begriffen“ zu verstehen, deren Charakter Hegel im ersten Kapitel der Begriffslogik angibt (BL:38,22–43,6) und unten, im Kapitel III unter dem Stichwort der wahrhaften Lesart der Logik eigens thematisiert werden wird. 72
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– wird im Folgenden mit der Absicht verwendet, an die logische Bestimmung des Absoluten zu erinnern. ii. Das Absolute als rein logische Absolutheitskonzeption I: Die Forderung, die objektive Logik als Auslegung des Absoluten zu betrachten Doch fällt der nächste logische Schritt schwer. Es ist in der Wissenschaft der Logik beiläufig sehr viel über das Absolute gesagt worden, das an der jetzigen Stelle Rechenschaft verlangt. Mit der eigenen Thematisierung des Absoluten als systematisch exponierter, rein logischer Begriff ist jedenfalls ein Meilenstein bei der Suche nach philosophischer Theologie in der Logik erreicht. – Allein, wer ist überhaupt der, der den nächsten Schritt vollziehen soll? Denn das in der Wesenslogik bisher Vorantreibende, die Reflexion, findet plötzlich sich selbst in der absoluten Identität aufgehoben. Es ist nicht mehr die Reflexion, welche ihr Anderes zu assimilieren sucht oder zum Absoluten drängt, sondern das Absolute selbst, was nun eine aktive Rolle in der logischen Bewegung zu spielen hat. Doch wie ist eine Aktivität des Absoluten logisch zu verstehen? In eine ähnliche Verlegenheit geriet der logische Prozess mit der absoluten Indifferenz, die den Abschied von der bloßen Unmittelbarkeit und die Vertiefung in das Innere und in das Wesen desselben markierte. Welchen Charakter kann aber jetzt die logische Bewegung haben, wenn sie zur absoluten Identität gelangt ist? Denn allein die Vorstellung einer Bewegung in der Identität oder einer Bewegung, die in einem Wechsel von identischen Orten besteht, scheint kontraintuitiv. In der Tat handelt es sich beim größten Teil des Kapitels „Das Absolute“ um Metaüberlegungen, die genau auf solche Fragen eingehen. 73 Das zentrale Zu Recht macht G. M. Wölfle darauf aufmerksam, dass es sich bei diesem Kapitel „um metatheoretisch-strukturelle Betrachtungen über den bisherigen und noch zu erwartenden Gang der Logik [handelt], die unter der Fragestellung der angemessenen Darstellung des Absoluten durchgeführt werden“ (Gerhard Martin Wölfle, Die Wesenslogik in Hegels „Wissenschaft der Logik“. Versuch einer Rekonstruktion und Kritik unter besonderer Berücksichtigung der philosophischen Tradition, Stuttgart Bad Cannstatt 1994, 407). Verwunderlich wirkt jedoch seine daraus gezogene programmatische Schlussfolgerung: „Eines ausführlichen Kommentars Wort für Wort bedarf [das Kapitel über das Absolute] nicht, denn der Text ist“, so Wölfles Begründung, „sehr redundant und gehört nicht zum strengen Gang der Logik“ (a.a.O. 431) – verwunderlich, zumal Wölfles mehr als 500 Seiten umfassender Kommentar seinem Titel nach die Wesenslogik im Rahmen der gesamten Logik, und zwar vergleichend zu verschiedenen philosophischen Traditionen, zu betrachten beabsichtigt. Denn genau an der Bezeichnung „metatheoretisch-strukturell“ lässt sich ablesen, dass dieser Textabschnitt außerordentlich wichtig für den gesamten Gang der Logik ist, dass er nämlich allen einzelnen, „strengen“ logischen Schritten überlegen ist und allein er als (bisher) einziger in der Lage ist, eine Logik-immanente Perspektive auf das gesamte Projekt der objektiven Logik zu eröffnen. Wenn aber die eigenen Metaüberlegungen der Wesenslogik zur Wesenslogik selbst „sehr redundant“ seien, dann fragt sich, welche Passagen denn dafür geeigneter 73
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Anliegen besteht dabei darin, darzulegen, welchen Charakter die logische Bewegung als Ganzes erhält, wenn sie in der Lage ist, allein aus sich selbst heraus, ohne äußere Beihilfe, nicht irgendeine Absolutheitskonzeption, sondern die logische Bestimmung des Absoluten selbst zu gewinnen. Dadurch nämlich, dass in dieser logischen Bestimmung alle Reflexion, d.h. das, was bisher für das Movens der bisherigen logischen Bewegung gehalten wurde, aufgehoben ist, erhalten jede Reflexion und jede logische Bewegung, die noch nicht im Absoluten aufgehoben sind oder womöglich auf dasselbe folgen, eine neue Bedeutung: Sie scheinen „sich gegen diß Absolute als äusserliche zu verhalten“ (WL: 369,20). In diesem Sinne hat das Kapitel, das sich die Aufgabe stellt, den Begriff des Absoluten zu eruieren, die Frage zu stellen und zu beantworten, inwiefern im logischen Rahmen etwas Anderes in oder an der Bestimmung des Absoluten hervortreten kann und was überhaupt dabei eine Andersheit bedeuten kann, wenn das Absolute wirklich in sich vollständig und nach außen nicht begrenzt ist. Und diese Frage muss in beide Richtungen gestellt werden: zunächst im Hinblick auf das in der Logik bereits Geschehene und alsdann im Hinblick auf die bevorstehende logische Bewegung. In diesem Sinne widmet sich Hegels Unterkapitel „A. Die Auslegung des Absoluten“ dem vorangegangenen Teil der Logik; „B. Das absolute Attribut“ akzentuiert die soeben angedeutete logische Bestimmung des Absoluten vor dem Hintergrund des im ersten Unterkapitel Bemerkten neu; und „C. Der Modus des Absoluten“ beschließt die Abhandlung des Absoluten dadurch, dass es die Perspektive auf den bevorstehenden logischen Prozess eröffnet.
sein können, die Richtung der einzelnen strengen Gedankenschritte zu entschlüsseln. Sollte es der Logik darüber hinaus gelingen, ihre eigene Metaebene als immanente Ausführung ihrer selbst (in sich selbst) darzulegen, sollte sie also tatsächlich ihre eigene Selbstauslegung enthalten, so machte dies die entsprechenden Textstellen sowie die gesamte Logik ebenfalls keineswegs redundant, sondern einzigartig. Allein aber die Eventualität dieses Falls müsste ausreichende Gründe darstellen, das Kapitel über das Absolute viel akribischer und nicht nur flüchtig im Rahmen eines Exkurses zu behandeln (vgl. a.a.O. 430–445). – Auch die vorliegende Studie kann sich nicht auf ein ausführliches Kommentieren oder auf eine Rekonstruktion der einzelnen Bestandteile dieses ausgesprochen komplexen Kapitels einlassen. Sie strebt jedoch an, die Hauptpunkte von dessen Intention herauszuarbeiten, die darin liegt, die Wissenschaft der Logik als Ganzes, d.h. rückwirkend und nicht minder bindend für das Bevorstehende, als die wissenschaftliche Untersuchung dessen zu deuten, was den logischen Kern aller vernünftigen Gotteslehre darstellt: des Absoluten. Wenn ferner gegen das Absolute im logischen Gang mit Rekurs auf die Enzyklopädie argumentiert wird, ist hier mit Nachdruck auf den Charakter eines Grundrisses zu verweisen, der als Gedächtnisstütze für mündliche Vorträge gedacht war: Was die große Logik unterwegs zu ihrer Vollendung entwickelt, hat die kleine zum besseren Verständnis dieses Weges im Wesentlichen bereits in dem einleitenden § 85 vorausgeschickt.
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Solche ‚Metaüberlegungen‘ die ganze (objektive) Logik betreffend74, die – wohlgemerkt – nicht durch ein exoterisches Interesse an der philosophischen Theologie motiviert sind, sondern von der logischen Bestimmung ‚das Absolute‘ selbst verlangt werden, signalisiert Hegel im Vorspann zum gesamten Kapitel, nach welchem es darum geht, die „Auslegung und zwar die eigene Auslegung des Absoluten“ in Angriff zu nehmen (a.a.O. 370,18) sowie durch die Überschrift des ersten Unterkapitels (A. Die Auslegung des Absoluten). Eigens und explizit stellt Hegel sie in demselben Unterkapitel an (a.a.O. 371,30– 373,7). Dabei ist es bereits der Wortlaut, der auf die Abhängigkeit dieser Metaüberlegungen von der Dialektik des Äußeren und Inneren verweist. Unmittelbar fühlt man sich nämlich durch die paronymische Bedeutung des Wortes „Auslegung“ angeregt zu fragen: In was für ein Äußeres und wie überhaupt verlegt sich denn das Absolute, wenn es sich auslegt? Wenn Hegel ferner die „eigene Auslegung“ des Absoluten ostentativ betont, sodass er die Reflexion, die bisher für die Dynamik des logischen Prozesses stand, zu eliminieren und einfach durch das Absolute selbst zu ersetzen scheint, dann ist es umso dringender, die Bestimmungen des Inneren und Äußeren erneut im Hinblick auf die Reflexion und das Absolute zu erkunden. Entscheidend fürs Verständnis der hegelschen Konzeption von Auslegung des Absoluten ist, dass Inneres und Äußeres in ihrer oben angeführten Dialektik in mindestens zweierlei Bestimmungen hervorgetreten sind. Erstens machen sie zwei Formbestimmungen aus, die untrennbar in einer unmittelbaren Einheit zusammengebunden sind bzw. eine unvermittelte oder unmittelbare Identität bilden. Zweitens beziehen sie sich aufeinander als zwei Momente, sodass sie in einer Totalität aufgehoben sind: die vermittelte Identität von Äußerem und Innerem, die mit dem Absoluten überhaupt in eins fällt. Mit dem Stichwort der Auslegung ist demnach zugleich zweierlei Äußeres angedeutet, in welches sich das Absolute versetzen kann. Beim Ersteren ist das Absolute mit der Bestimmtheit der Entgegensetzung von Innerem und Äußerem behaftet und insofern weist es eine seiende Bestimmtheit auf. Beim Zweiten ist der Unterschied zwischen Äußerem und Innerem ein nichtiger, sodass sich das Absolute ins Feld von keinem seienden Anderem versetzen kann, sondern lediglich bei
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Vom jetzigen Standpunkt aus betrachtet muss einstweilen offengelassen werden, ob die Metaüberlegungen im Anschluss an das Absolute die gesamte oder nur die objektive Logik betreffen. B. Nonnenmacher argumentiert beispielsweise dafür, dass Hegels gesamte „reife Philosophie des Absoluten“, also nicht nur die ganze Logik, sondern auch die Enzyklopädie, das Äußern und die eigene Auslegung des Absoluten entfaltet (Burkhard Nonnenmacher, Hegels Philosophie des Absoluten. Eine Untersuchung zu Hegels „Wissenschaft der Logik“ und reifem System, Tübingen 2013, 9) – allerdings ohne das entsprechende Kapitel der Wesenslogik über das Absolute eigens zu thematisieren. Unten und spätestens in der Abhandlung des Begriffs als solchen wird sich jedoch zeigen, dass die hiesigen Metaüberlegungen ausschließlich die objektive Logik betreffen.
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sich selbst bleibt. Demnach kommt es auch zu zweierlei Auslegungen des Absoluten. Erstere lässt sich als insuffizient betrachten, da sie sich auf die Differenzierung zwischen Äußerem und Innerem stützt, die ihrer eigenen Dialektik nach unhaltbar ist. Letztere hingegen, da deren Äußeres und Inneres als Momente in einer Totalität aufgehoben sind, ist als eine bei sich bleibende Vermittlung, als ein in sich unendliches Fürsichsein und insofern als die vollendete Auslegung zu verstehen. Jene ist also mit einem Mangel der Unmittelbarkeit behaftet und insofern unvollendet, während diese die vollkommene Durchsichtigkeit des Absoluten für sich selbst darstellt. In der Tat belegt der hegelsche Text diese zweierlei Auslegungen mehrfach, am prägnantesten aber, wenn zu Beginn des zweiten Unterkapitels zwischen der „vollendeten“ und einer Phase „vor“ ihr unterschieden wird: Während die vollendete Auslegung eine der absoluten Form (d.h. des Absoluten selbst) ist, handelt es sich bei der noch nicht vollendeten um die Form, die ganz im Sinne der unmittelbaren Identität von Äußerem und Innerem „nur erst innerlich, oder was dasselbe ist, nur äußerlich, überhaupt zuerst bestimmte Form“ ist (a.a.O. 373,14–16).75 Die Unterscheidung zwischen unvollendeter und vollendeter Auslegung des Absoluten deutet das um, worauf bisher immer wieder (als auf ein irgendwie Bekanntes) rekurriert wurde: die Bewegung des Logischen bzw. den logischen Prozess. In dessen nächstliegender Fassung bedeutet dieser Prozess die Abfolge aller logischen Bestimmungen. Als sein vorantreibendes Prinzip gilt die Reflexion. Indem aber nun die Wahrheit der auf das Sein bezogenen Reflexion selbst thematisiert und Absolutes genannt wird, muss das Vorangegangene als eine logische Bewegung interpretiert werden, die nur scheinbar von der Reflexion getrieben wurde. Ihre eigentliche Konstante – so scheint es auf dem jetzigen Standpunkt – ist der Begriff des Absoluten, sodass, was bisher als die Selbstentfaltung der Reflexion betrachtet wurde, nun den Charakter der eigenen Auslegung des Absoluten erhält. Dennoch ist der Anschein, dass die Reflexion der Hauptakteur der logischen Bewegung sei, nicht völlig zu tilgen, sondern zur Erscheinung des Absoluten zu korrigieren: Der logische Verlauf vor der logischen Bestimmung des Absoluten überhaupt ist mit dem Absoluten zwar innerlich, d.h. wesentlich, verbunden; er ist aber von ihm äußerlich unterschieden. Eigentlich war es das Absolute, das seit dem logischen Anbeginn am Werk war und sich ausgelegt hat – das Absolute jedoch als diejenige Re-
75 Die Phase „vor“ der vollendeten Auslegung apostrophiert Hegel am Ende des ersten Unterkapitels als dasjenige „Auslegen des Absoluten“, das „ein unvollkommenes“ ist (WL: 372,32). Der Unterschied zwischen den zweierlei Auslegungen wird aber auch in späteren Zusammenhängen dokumentiert. In der Einführung zum absoluten Verhältnis z.B. wird das Absolute, das sich „als absolute Form oder als Nothwendigkeit“ auslegt, vom Attribut ferngehalten, in welchem „das Absolute nur in einem seiner Momente, als einem vorausgesetzten und von der äusseren Reflexion aufgenommen“ scheint. Ersteres Auslegen hingegen ist nur das „sich-selbst-setzen“ des Absoluten (a.a.O. 393,10–24).
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flexion, die sich verglichen mit der logisch genuinen Bestimmung des Absoluten, d.h. mit der absoluten Identität, als „nur deren Inneres“ erweist, „hiermit aber […] ihr äusserlich“ ist (a.a.O. 371,31f.). Was andererseits im logischen Prozess noch bevorsteht, hat ebenfalls den Charakter von Auslegung des Absoluten, nun aber der Auslegung als derjenigen Reflexion, welche sich in der absoluten Identität aufgehoben hat; – und, wie später erläutert wird, sind dieser Auslegung die Termini ‚Manifestation‘, ‚Offenbarung‘ und ‚Modus‘ vorbehalten. Der Begriff des Absoluten markiert somit einen signifikanten Unterschied zwischen dem Teil der Logik, bevor, und dem Teil, nachdem der Begriff des Absoluten exponiert worden ist. Das Absolute wird bei beiden als die Grundlage und die eine Identität der logischen Bewegung statuiert; seine Formbestimmung ist aber jeweils eine andere. So erklärt Hegels Unterkapitel über die „Auslegung des Absoluten“: Bei der unvollendeten Auslegung des Absoluten fallen Formbestimmung und Grundlage auseinander, und daher ist irgendeine „Verschiedenheit des Inhalts“ bzw. der Form vorhanden, welche die „mannichfaltigen Unterschiede und Bestimmungen und deren Bewegung“ vom Absoluten differenziert (a.a.O. 371,23; 33). Gemeint sind die vielen seins- und wesenslogischen Bestimmungen, die offenbar nicht mit dem Begriff des Absoluten zusammenfallen. Bei der vollendeten Auslegung des Absoluten sind hingegen Formbestimmung und Grundlage miteinander durchaus vermittelt und konstituieren gemeinsam eine bestimmte Art und Weise des Absoluten. Diese Dichotomie der (objektiven) Logik ist hier im Fortgang noch ausführlich zu klären. Worauf jedoch an dieser Stelle nochmals und mit allem Nachdruck – nicht zuletzt mit Hinblick auf die philosophisch-theologische Untersuchung der Logik – aufmerksam gemacht werden muss, ist die Innovation des Kapitels über das Absolute hinsichtlich der Deutung der Logik. Denn das Absolute tritt hier als das Prinzip und Element der ganzen objektiven Logik hervor und lädt – anders als vorher die absolute Indifferenz – explizit dazu ein, die objektive Logik neu zu interpretieren. Obwohl die Seinslogik als solche und die Wesenslogik zum größten Teil nicht als Wissenschaften des Absoluten fungiert haben, obwohl also das Absolute ihren Gedankengang explizit nicht beeinflusst hat, plädiert das jetzige Kapitel dafür, dass sie wesentlich und inkognito – etwa nach dem bekannten hegelschen Motiv der List der Vernunft – das Absolute ausgelegt haben. Nicht nur führt in diesem Sinne die Autonomie der voraussetzungslosen Ersten Wissenschaft zum Absoluten überhaupt, wie sie bereits zu den verschiedenen seins- und wesenslogischen Bestimmungen geführt hat. Vielmehr ist es die Selbstbestimmung des Absoluten, welche die seins- und wesenslogischen Bestimmungen hervorgebracht hat, sodass nun diese Bestimmungen vor dem Hintergrund des Absoluten neu zu verstehen sind. Das Abso-
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lute hebt sich somit von allen übrigen Gedankenbestimmungen als eine Absolutheitsauffassung im objektiv-logischen Kontext hervor, prägt diese ausdrücklich oder entlarvt sie sogar als seine Auslegung. Hiermit wird der logische Verlauf selbstbezüglich und eröffnet eine weitere Perspektive auf sich selbst: Die Logik ist nicht nur so zu verstehen, wie sie sich in ihrer anfänglichen Perspektive als eine voraussetzungslose Entstehung logischer Bestimmungen gibt, sondern auch so, wie sie sich selbst explizit charakterisiert. Beide Perspektiven sind gleichermaßen Logik-immanent, also Dimensionen oder Aspekte der Logik selbst, die sich ohne jegliche der Logik äußerlichen Überlegungen und Einflüsse erschließen. Beide sind nämlich hinsichtlich allem nicht strikt Logischen gleichermaßen voraussetzungslos und folgen allein der logischen Autonomie. Während aber Erstere dieser Autonomie nur folgt und die Fortbestimmung des Logischen nur unbefangen nachvollzieht, besteht Letztere in einer tieferen Einsicht in solche Autonomie und in dem Nachvollziehen jener Fortbestimmung anhand dieser Einsicht. In diesem Sinne lassen sich Erstere als die unbefangene und Letztere als die esoterische Perspektive auf die Logik kennzeichnen. Die Bezeichnung ‚esoterisch‘ soll hierbei darauf hinweisen, dass diese Lesart der Logik einen großen Teil der logischen Fortbestimmung voraussetzt, der aus logisch-immanenter Sicht wahr, zu Beginn der Logik jedoch noch nicht erkannt ist. Bevor weitere Momente der Gedankenbestimmung des Absoluten berücksichtigt werden, soll nun die Konsequenz solcher logischen Metaüberlegungen für den Aufbau der vorliegenden Untersuchung gezogen werden. Dadurch werden die Vorbemerkungen, die dem gesamten Kapitel II präponiert wurden (am Ende von I.C.), entscheidend erweitert und wird die dreistufige Herangehensweise an die philosophisch-theologische Problematik der Logik, die in der Einleitung (Ziffer 6) angedeutet wurde, endlich aus der Perspektive der Logik legitimiert. Zwischenbemerkung zum bedeutsamen Stand und Aufbau der vorliegenden Untersuchung Mit der logischen Bestimmung des Absoluten entwirft die Wesenslogik eine eindringliche Absolutheitskonzeption: die absolute Einheit von allem Sein und Wesen, die alle Bestimmungen von Sein und Wesen als deren Prinzip und Element in sich aufgehoben hat. Anders als bei den herkömmlichen Definitionsversuchen des Absoluten handelt es sich dabei um die Markierung einer Absolutheitskonzeption mit rein logischen Mitteln, die ihre Geltung zunächst in einem rein logischen Kontext hat. Doch für die Suche nach philosophischer Theologie in der Wissenschaft der Logik und den weiteren Verlauf der vorliegenden Studie hat diese Absolutheitskonzeption weitreichende Folgen. Das wesenslogische Kapitel über das Absolute formuliert zwar selbst keine herkömmliche philosophische Theologie im Sinne von Religionsphilosophie,
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wohl aber eine philosophische Absolutheitslehre, die auch aller Theologie zugrunde liegt, sofern substantiell zu ‚θεὸς‘ die Bestimmung gehört, von allem Sein und Wesen wesentlich unterschieden zu sein und eben dieses doch zu durchdringen. Sollte nämlich eine philosophische oder auch eine im weitesten Sinne vernünftig artikulierte Rede von ‚θεὸς‘ überhaupt möglich sein, so hat sie auf die Begrifflichkeit zu rekurrieren, die in diesem Kapitel dargelegt wird. Die logische Bestimmung des Absoluten ist für die philosophische Interpretation von ‚Gott‘ – überhaupt oder von ‚Gott‘ in verschiedenen bestimmten theologischen und philosophischen Konzepten – unentbehrlich, solange ‚Gott‘ eine Überlegenheit gegenüber allem Sein und Wesen ausdrücken soll. Und dies bedeutet wiederum, dass es an dieser Stelle die Logik selbst ist, die durch ausschließlich Logik-immanente Schritte und mit rein logischen Mitteln den logischen Kern bzw. die begriffliche Grundlage philosophischer Theologie zu erkennen gibt. Die philosophisch-theologische Untersuchung der Logik kann sich daher nicht allein mit der Berücksichtigung und adäquaten Interpretation von solchen verschiedenen Definitionen des Absoluten und Konzepten aus der Philosophie des absoluten Geistes begnügen, die nur episodisch mit dem logischen Gang zusammenhängen – wie es bisher auf der dritten, exoterischen Ebene geschehen ist. Vielmehr hat sie sich auch mit jener logischen Bestimmung ausführlich auseinanderzusetzen, die bereits aus logischer Sicht einen Absolutheitsanspruch erhebt und somit auf den logischen Kern philosophischer Theologie hinweist, den sie enthält; – und zwar hat die philosophisch-theologische Untersuchung diese logische Bestimmung ausdrücklich vor dem Hintergrund zu erhellen, dass sie einen logischen Absolutheitsanspruch erhebt. Dadurch wird eine weitere Ebene der philosophisch-theologischen Untersuchung umrissen: Neben der Untersuchung auf der Ebene der logischen Bestimmungen als solchen und auf der exoterischen Ebene diverser Definitionen des Absoluten und übriger Absolutheitsauffassungen muss die Ebene derjenigen logischen Bestimmungen gründlich erwogen werden, die bereits im logischen Kontext einen Absolutheitsanspruch erheben. Diese Ebene muss sogar schematisch als die mittlere bzw. zweite zwischen den zwei soeben genannten betrachtet werden 76, weil hier einerseits logische Bestimmungen, andererseits grundlegende philosophisch-theologische Begrifflichkeiten untersucht werden, ohne jedoch die außerlogischen philosophisch-theologischen Debatten in die logische Analyse explizit einzubeziehen.77 Die Existenz dieser zweiten Ebene, auf welcher die
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Vgl. Tabelle im Anhang dieses Buches. Treffend unterscheidet K. Düsing zwischen den drei Ebenen philosophisch-theologischer Untersuchung der Logik: Bei einer Lektüre der Logik muss zwischen den Ebenen „der Begründung einer reinen Ontologie, einer philosophischen Theologie und des Begreifens realgeschichtlicher Religionen“ unterschieden werden (Klaus Düsing, Aufhebung der Tradi77
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philosophisch-theologische Untersuchung der Logik vollzogen werden muss, wurde aber darüber hinaus bereits am Ende der Seinslogik anhand der absoluten Indifferenz antizipierend angedeutet. 78 So kann an jetziger Stelle behauptet werden, dass die Untersuchung auf dieser Ebene mindestens zwei logische Bestimmungen umfasst: das wesenslogische Absolute und die seinslogische absolute Indifferenz, die an jener Stelle ‚ansichseiendes Absolutes‘ genannt wurde. Doch damit noch nicht genug! Die logische Bestimmung des Absoluten erhebt nicht nur einen Absolutheitsanspruch im logischen Kontext der Seins- und Wesenslogik, sondern sie geht, wie in II.B.1.ii. gesehen, mit weitreichenden Metaüberlegungen zum Charakter aller anderen objektivlogischen Bestimmungen einher und verlangt, dass alle objektivlogischen Bestimmungen als die Auslegung des Absoluten interpretiert werden. Für die philosophisch-theologische Untersuchung der Logik heißt das, dass auf ihrer zweiten Ebene nicht nur das Absolute selbst und die absolute Indifferenz, sondern die ganze objektive Logik thematisiert werden müssen. Entwerfen nämlich das Absolute und die absolute Indifferenz Absolutheitskonzeptionen, die den logischen Kern philosophischer Theologie mit ausschließlich logischen Mitteln zu erkennen geben, und hängt ihre Absolutheit mit allen objektivlogischen Bestimmungen zusammen, so müssen auch die objektivlogischen Bestimmungen den logischen Kern philosophischer Theologie irgendwie zu erkennen geben. Oben wurde beispielsweise vom Zusammenhang zwischen dem ansichseienden Absoluten und allen seinslogischen Bestimmungen einerseits und andererseits dem fürsichseienden Absoluten und allen wesenslogischen Bestimmungen gesprochen. 79 Die Verdeutlichung dieses Zusammenhangs ist nun eines der Themen, die auf der zweiten Ebene der phi-
tion im dialektischen Denken. Untersuchungen zu Hegels Logik, Ethik und Ästhetik, Paderborn 2012, 217). Hierbei unterscheidet sich nämlich die erstere Ebene als die unbefangene Lesart der Logik nicht nur von der dritten als einer episodischen Dimension der Logik, sondern ausdrücklich auch von der zweiten, die darin besteht, dass bereits abgehandelte logische Bestimmungen rückwirkend „eine spekulativ-theologische Bedeutung erhalten“ (a.a.O. 211). Düsing plädiert allerdings des Weiteren dafür, dass die logischen Bestimmungen diese „Bedeutung“ erst von der Idee her erhalten (ebd., vgl. ders., Das Seiende und das göttliche Denken. Hegels Auseinandersetzung mit der antiken Ersten Philosophie, Paderborn 2009, 27–31), während die wesenslogischen Bestimmungen „des Einen Absoluten“ und „der Einen Substanz“ nicht ausreichen, „um Definitionen Gottes zu liefern“ (im Sinne von § 85). Dagegen versucht die vorliegende Studie plausibel zu machen, dass es bereits das wesenslogische Kapitel über das Absolute ist, das Entscheidendes dazu beiträgt, die logischen Bestimmungen mit der Bedeutung philosophischer Theologie zu untersuchen – selbst wenn sich Hegels genuine philosophische Theologie, wie Düsing richtig sieht, keineswegs in diesem Kapitel oder in der gesamten objektiven Logik erschöpft. 78 Vgl. II.A.5.ii. und II.A.6.ii. 79 Vgl. II.A.5.ii. und II.A.6.ii. Zum Verhältnis von ansich- und fürsichseiendem Absoluten zum Absoluten überhaupt vgl. unten II.B.2.iv.
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losophisch-theologischen Untersuchung bewältigt werden müssen. Dabei erscheinen das Absolute und die absolute Indifferenz als gewisse Vollendungsmomente des logischen Kerns philosophischer Theologie, die Knotenpunkte für die gesamte philosophisch-theologische Untersuchung der Logik darstellen und die übrigen objektivlogischen Gedankenbestimmungen als die bestimmten Entfaltungen, das Werden oder die Fortbestimmung dieses logischen Kerns deuten. Die zweite Ebene philosophisch-theologischer Untersuchung der Logik entwirft somit eine neue Lesart der Logik. Diese Lesart unterscheidet sich zum einen von der unbefangenen der ersten Ebene, welche die Logik allein in der anfänglichen Perspektive der ersten, voraussetzungslosen Wissenschaft untersucht und sich darauf beschränkt, bloß den autonomen Ablauf von Gedankenbestimmungen zu dokumentieren. Auf der zweiten Ebene der Untersuchung muss dagegen die Logik vor dem Hintergrund ihrer eigenen auf dem Standpunkt des Absoluten umrissenen Selbstdeutung gelesen werden; vor dem Hintergrund also, dass die Logik einen Absolutheitsanspruch im logischen Kontext erhebt. Es handelt sich um eine Ergänzung – also keine Korrektur oder Widerlegung – der unbefangenen Lesart der Logik; – eine Ergänzung, die zu vergegenwärtigen versucht, inwiefern der voraussetzungslose und autonome logische Prozess auch Auslegung des Absoluten ist: die Untersuchung der Logik aus jener Perspektive, von welcher die Logik selbst angibt, sie sei für ihr Verständnis äußerst wichtig. Und da diese Lesart, Ebene und Perspektive erst an einer späteren Stelle und nicht gleich am Anfang des logischen Verlaufs ersichtlich wird, kann sie als die esoterische Ebene philosophisch-theologischer Untersuchung der Logik bezeichnet werden. Zum anderen unterscheidet sich diese neue Lesart von der philosophischtheologischen Untersuchung der dritten, exoterischen Ebene, die nicht die logischen Bestimmungen selbst, sondern nur episodisch das Potential der Logik für verschiedene Definitionen Gottes und bestimmte Theologien bzw. für bestimmte philosophisch-theologische Konzepte aus der Geschichte menschlichen Denkens zum Thema hat. Dagegen geht die neue Lesart davon aus, dass logische Absolutheitskonzeptionen wie der Begriff des Absoluten die begriffliche Grundlage philosophischer Theologie als solche, d.h. als rein begriffliche, bilden und arbeitet somit allein den logisch-immanenten Nexus zwischen logischen Bestimmungen und philosophisch-theologischer Thematik heraus. Die Untersuchung dieses Nexus als solchen (also der logischen Bestimmungen weder ohne jeglichen Absolutheitsanspruch noch als Kern außerlogischer Absolutheitsauffassungen) ist des Weiteren die elementarste philosophisch-theologischen Grundlagenforschung, die allein die Begrifflichkeit jeglicher Absolutheitsauffassung ergründet (und nicht etwa eine getrennt von ihr existierende Sache).
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Dass die zweite, esoterische Ebene der philosophisch-theologischen Untersuchung im Mittelpunkt des philosophisch-theologischen Interesses an der Logik steht, versteht sich von selbst: Hier wird Hegels genuine Art und Weise erhellt, vom begrifflichen Kern Gottes oder des Absoluten in all dessen verschiedenen Entwicklungsmomenten zu sprechen, ohne sich von Vorstellungen und fremden Theoremen ablenken oder zu Nebenursächlichem verleiten zu lassen. Deshalb muss die Untersuchung auf dieser Ebene entsprechend umfangreich und ausdrücklich distinkt von der auf den anderen zwei Ebenen ausgeführt werden. Die Überschriften der Unterkapitel, welche die philosophischtheologische Untersuchung auf der zweiten Ebene vorantreiben, werden schließlich – wie bereits bei II.A.5.ii. und II.A.6.ii. – komplett kursiv markiert. iii. Das Absolute als rein logische Absolutheitskonzeption II: Die unvollendete Auslegung des Absoluten Die Forderung an die objektive Logik und die Dichotomie derselben, mit welchen der Begriff des Absoluten als rein logische Absolutheitskonzeption einhergeht, wurden oben bereits klargestellt. Hier soll zunächst der erste Teil dieser Dichotomie, die unvollendete Auslegung des Absoluten, ins Visier genommen werden. Die Reflexion ist bei der unvollendeten Auslegung, wie bereits zitiert, nur das „Innere[]“ der absoluten Identität, „hiermit aber ist sie ihr äusserlich“. Nach der Dialektik des unvermittelten Inneren und Äußeren kann und muss allerdings auch genau das Umgekehrte behauptet werden: „Oder die Reflexion ist nicht nur ihm [dem Absoluten] äußerlich; sondern unmittelbar, darum weil sie ihm äußerlich ist, ist sie ihm innerlich“ (WL: 373,2–4). Für eine adäquate Abhandlung der unvollendeten Auslegung ist es also erforderlich, die Reflexion nicht eindimensional, sondern vor dem Horizont ihrer zwei unmittelbar entgegensetzten Formbestimmungen zu betrachten. Es sei hier jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es nicht um einzelne Teile oder Momente der Reflexion geht, welche eine äußere oder innere Funktion hätten. Vielmehr ist es die gesamte Bewegung der Reflexion, die sich im Hinblick auf das Absolute doppelgesichtig zeigt. 80 Selbst wenn der Wortlaut speziell an die äußere
80
Im Kapitel über das Absolute wird die Innerlichkeit und Äußerlichkeit der Reflexion naheliegenderweise besonders im Hinblick auf das Absolute betont (vgl. die soeben zitierten Stellen aus WL: 371; 373). Das darf aber nicht als eine neue Bestimmung der Reflexion verstanden werden, die erst jetzt hervortritt. Vielmehr rekapituliert die Bestimmung des Inneren und Äußeren den doppelten Charakter aller bisher abgehandelten reflektierten Gedankenbestimmungen, welche allesamt (der Natur der Reflexionsbestimmung nach) verschiedene Einheiten vom „Reflectiertseyn in sich“ und „Gesetztseyn“ darstellen (a.a.O. 257). In der enzyklopädischen Logik wird dieser Charakter in der kristallisierten Formel „Reflexionin-sich“ versus „Reflexion-in-Anderes“ mit großem Nachdruck hervorgehoben (vgl. z.B. §§ 121; 123; 125; 131).
Das Absolute
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Reflexion, d.h. an das zweite Moment des Selbstbestimmens der Reflexion, erinnert, oder wenn die äußere Reflexion bisweilen sogar eigens thematisiert wird, ist diese als „eine formelle unsystematische Dialektik“ von der „wahrhaften Darstellung“ des „bisherige[n] Ganze[n] der logischen Bewegung“ strikt zu unterscheiden (a.a.O. 370,10; 371,37f.). Diese Unterscheidung wird jedoch erst unten näher ins Auge gefasst. Wird die Reflexion insgesamt nun einerseits als äußerlich, andererseits als innerlich angenommen, so muss auch die ihr entsprechende unvollendete Auslegung zweidimensional sein. Sie muss nämlich sowohl das „Aufnehmen“ der mannigfaltigen Bestimmungen der Reflexion im Absoluten als auch „zugleich ihr Untergehen“ vollziehen (a.a.O. 371,35). Die nächste Unterscheidung, an welcher festgehalten werden muss, ist daher – mit Hegels Worten – die zwischen „positive[r]“ und „negative[r] Auslegung des Absoluten“ (a.a.O. 372,13; 371,36). Die positive (unvollendete) Auslegung ist das Setzen aller bisherigen logischen Bestimmungen. Sie hält an der Unmittelbarkeit der Bestimmungen als bestehender Momente in der logischen Bewegung fest. Jedoch schreibt sie ihnen keine Selbstständigkeit zu, sondern führt sie bloß auf das Absolute zurück. Die positive Auslegung besteht nämlich darin, die einzelnen Gedankenbestimmungen als mit dem Absoluten innerlich verbunden festzustellen und an ihnen das Absolute wiederzuerkennen. Von diesem Blickwinkel aus, d.h. als Werk der positiven Auslegung, stellt also jede vorangegangene logische Bestimmung den „Schein“ des Absoluten dar (a.a.O. 372,11). 81 Jede von ihnen ist nämlich nicht belanglos, nicht bloß eine unter vielen, sondern (kraft des Absoluten) für sich bedeutsam: Jede logische Bestimmung besitzt den Rang „Ausdruck und Abbild des Absoluten“ zu sein (a.a.O. 372,14f.). In diesem Sinne weist die positive Auslegung auf das hin, was dieses Buch Element einer Gruppe von logischen Bestimmungen nennt und zur esoterischen Betrachtung der Logik gehört. Die positive Auslegung hebt nämlich hervor, dass voneinander unterschiedene logische Bestimmungen des Absoluten als deren gemeinsame Absolutheitskonzeption geprägt werden und zugleich hinsichtlich desselben zusammengehören. „Schein“, „Ausdruck und Abbild des Absoluten“ stellen etwa den Rahmen fest, innerhalb dessen sich der größte Teil der objektivlogischen Gedankenbestimmungen entfaltet bzw. entfaltet hat. Die negative (unvollendete) Auslegung ist auf der anderen Seite als das schonungslose Negieren aller bisherigen logischen Bestimmungen zu verstehen. Sie besteht nicht nur im dialektischen Moment des spekulativen Verfahrens, sondern fasst die gesamte Abfolge der logischen Bestimmungen aus dem Wie bereits oben bemerkt wurde, versteht Hegel unter „Schein“ ein Unmittelbares und Unselbstständiges, das nur in der Beziehung auf sein Anderes bzw. auf seine eigene Negation besteht (WL: 246). In diesem Sinne bestehen zwar alle im Bereich der unvollendeten Auslegung des Absoluten entstandenen Gedanken unmittelbar, aber nur insofern sie innerlich, d.h. wesentlich, mit dem Absoluten zusammenhängen. 81
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Kapitel II: Der werdende absolute Begriff
Blickwinkel der Negativität als den Prozess von vollständigem Untergehen aller logischen Bestimmungen auf. Als solche erfüllt die Auslegung eine doppelte Funktion: Zum einen gelingt es ihr, die totale Negation aller Bestimmungen in einem Punkt zusammenzufassen bzw. durch stetes Negieren zum Absoluten überhaupt zu kommen. Zum anderen negiert sie nicht bloß und ohne Weiteres die logischen Bestimmungen, sondern sie eruiert ihre Natur, und, indem sie diese sich als das „Endliche“, d.h. als negierbar, und zwar als selbstnegierend, zeigen lässt, beweist sie deren wesentliche Bezogenheit auf das Absolute als die kardinale wesenslogische Negation.82 Das Resultat dieser zweiten Funktion, die eher eine „Auslegung der Bestimmungen“ als des Absoluten selbst vollzieht, ist das „gänzliche[] Verschwinden“ des Endlichen (a.a.O. 372,9; 16). Wenn ferner das Endliche, bevor es völlig verschwindet, von der positiven Auslegung aufgefangen wird, indem es in der positiven Auslegung als Schein des Absoluten gewürdigt wird, besteht die negative Auslegung darin, das, was im Endlichen scheint, als das Negieren selbst darzulegen. Und wenn das Endliche als Ausdruck und Abbild des Absoluten angesehen wird, ist das auch aus der Sicht der negativen Auslegung richtig; denn in der Tat drückt das Endliche das Absolute als das unerbittliche Negieren mit seinem Untergang aus. Es darf aber nach der negativen Auslegung nicht zu sehr auf der Festigkeit im Ausdruck „Abbild“ beharrt werden: Das Endliche dient bei der in Negationen sich ausführenden Bewegung zum Absoluten als eine Art aufzulösendes Rohmaterial; es ist lediglich das „Medium“, das am Ende dieser Bewegung „von dem, was durch es scheint, absorbirt wird“ (a.a.O. 372,18). Was somit die negative Auslegung leistet, ist, das Absolute als – wie dieses Buch zu formulieren pflegt – das Prinzip aller ihm vorangegangenen Gedankenbestimmungen zu statuieren. Sie weist darauf hin, dass das Absolute keine herkömmliche Gedankenbestimmung neben anderen ist, sondern diejenige, die die anderen zu dem macht, was sie sind, nämlich endlich. Die negative Auslegung macht also deutlich, dass das gemeinsame Element der genannten Gedankenbestimmungen auch herauskristallisiert neben ihnen – eben als Prinzip – besteht und lokalisiert den Angelpunkt der esoterischen Lesart der objektiven Logik unmissverständlich im Begriff des Absoluten. Die unvollendete Auslegung des Absoluten insgesamt, d.h. die positive und negative, markiert die Lesart der bisherigen objektiven Logik in der Perspektive der logischen Bestimmung des Absoluten. In dieser Perspektive zeigt sich der bisherige Verlauf der objektiven Logik als die endliche Weise des Absoluten, sich auszulegen. Dies lässt sich an einer beliebigen Gedankenbestimmung, 82
Tatsächlich handelt es sich dabei um eine sehr subtile Unterscheidung. Möchte man aber Hegels Argumentation gerecht werden, so ist seine unmissverständliche Bemerkung ernst zu nehmen, dass diese zweite Dimension der negativen Auslegung „nicht so sehr die positive Auslegung des Absoluten selbst, als vielmehr die Auslegung der Bestimmungen“ ist (WL: 372,8f.).
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z.B. an der der Unendlichkeit anschaulich machen, die bereits bei der ersten, unbefangenen Lektüre der Logik als Definition des Absoluten angesehen werden konnte. Vom jetzigen Standpunkt aus erhält sie die zusätzliche Bedeutung, Schein und Negation des Absoluten zu sein. Einerseits bringt nämlich die Unendlichkeit die absolute Einheit von Sein und Wesen83 als eine bestimmte Qualität und Idealität ans Licht. Obwohl es also diese Qualität und Idealität ist, die im Vordergrund steht, ist sie als mit dem Absoluten innerlich verbunden und als eine bestimmte Auslegung desselben zu verstehen. Andererseits, gerade als eine bestimmte Auslegung des Absoluten, welche die absolute Einheit von Sein und Wesen nicht als solche ans Licht bringt und etwa das Wesen nur als etwas Beiläufiges enthält, stellt die Unendlichkeit eine Negation aller anderen Auslegungen des Absoluten dar und dient schließlich als Medium, das zum Begriff des Absoluten führt. Eine Ausführung dieser Lesart hätte nicht viel mehr über die jeweilige logische Bestimmung zu sagen, als was hier bemerkt wurde, und würde die philosophisch-theologische Untersuchung der Logik nicht wesentlich vorantreiben. Jedoch ist es von ungeheurer Bedeutung, sie registriert zu haben. So deuten der Titel von Kapitel II dieses Buches sowie die Gliederung jenes Kapitels in A., B. und C. an, was solche Lesart beinhalten sollte. Für die Vervollständigung der jetzigen Metaüberlegungen über die bisherige objektive Logik und zugleich für den Fortgang in die nächste logische Bestimmung ist jedoch der Hinweis auf den Endlichkeitscharakter der unvollendeten Auslegung des Absoluten wichtig. Sowohl der innerlich-positiven als auch der äußerlich-negativen Auslegung bleibt nämlich die logische Bestimmung des Absoluten als solche vorenthalten. Während diese ohnehin im Aufzeigen der Endlichkeit diverser Gedankenbestimmungen besteht, lässt die positive Auslegung das Absolute nur in diversen endlichen Formen als ein relatives Positives erscheinen, legt aber nicht das „wahrhaft Positive“ selbst (a.a.O. 372,20), das Absolute ohne Einschränkung der Form, dar.84 Die Frage also, welche die logische Fortbestimmung als nächste zu beantworten hat, ist folgende: Wie steht es mit dem Resultat der unvollendeten Auslegung, d.h. mit der exponierten logischen Bestimmung des Absoluten, vor dem Hintergrund ihrer eigenen Auslegung betrachtet? Zwar zeigt sich das Absolute bereits unbefangen betrachtet in seinem unmittelbaren logischen Kon-
83 Die hier aufgestellte These, bereits in der Seinslogik sei Wesen vorhanden, mag wundern. Doch tatsächlich sind wesenslogische Bestimmungen wie etwa ‚Unterschied‘, ‚Identität‘, ‚Inneres‘, ‚Äußeres‘ bereits für die Auslegung des reinen Seins unverzichtbar. Vgl. dazu unten III.B.2. 84 Dieses „Bestimmen [ist] ein noch von der Aeusserlichkeit verschiedenes; die innre Bestimmung durchdringt das Absolute nicht“ (WL: 374,13f.).
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Kapitel II: Der werdende absolute Begriff
text als eine Absolutheitskonzeption. Ist es aber auch dann eine standhafte Absolutheitskonzeption, wenn es sich als die Auslegung seiner selbst fortbestimmt, d.h., insofern es sich selbst auslegt? 2. Das absolute Attribut i. Die logische Bestimmung ‚das absolute Attribut‘ Hegels Antwort auf diese Frage mag überraschen: Das durch die unvollendete Auslegung gewonnene Absolute ist weder „das Absolut-Absolute“ noch das „wahrhafte[] Absolute[]“85, sondern „das Absolute in einer Bestimmtheit, oder es ist Attribut“ bzw. das absolute Attribut (WL: 372,36f.; 374,10). Hegel scheint somit das zuvor in den Mittelpunkt der objektiven Logik gesetzte Absolute gewissermaßen zu depotenzieren. Zwar handelt es sich dabei weiterhin um eine Konzeption des Absoluten; nun wird aber das Absolute in gewisser Hinsicht zu den endlichen Momenten seiner unvollendeten Auslegung zugezählt. Was bringt also die Formulierung ‚absolutes Attribut‘ genau zum Ausdruck? Außer Frage steht, dass diese neue logische Bestimmung für den „ganze[n] Inhalt des Absoluten“ steht bzw. „das Absolute zu seinem Inhalt“ hat (a.a.O. 373,17; 373,36f.). Wie das Absolute selbst repräsentiert das absolute Attribut in der objektiven Logik die eine „Totalität“, und zwar ausdrücklich als das Ergebnis der Vermittlung zwischen der Seins- und Wesenstotalität, wie sie im bisherigen Verlauf der Wesenslogik stattgefunden hat (vgl. a.a.O. 373,17–28). Ferner hat auch dieses die „Bedeutung“, dass „alle Bestimmungen aufgehoben sind“ (a.a.O. 373,28f.) und ist als die „absolute Identität“ zu apostrophieren (a.a.O. 372,35; 373,30). Insofern scheint das Adjektiv ‚absolut‘ im Ausdruck ‚das absolute Attribut‘ plausibel zu sein. Warum aber nur ‚Attribut‘ und nicht gleich ‚das Absolute‘? Hegel richtet dabei sein Augenmerkt nicht mehr auf die Vollständigkeit des Absoluten hinsichtlich der Seins- und Wesensbestimmungen, sondern auf dessen Unterschied von diesen hinsichtlich seiner Formbestimmung. Denn nicht nur gilt, dass der Begriff des Absoluten ein solcher ist, „bei welchem“ im logischen Verlauf faktisch „nur angekommen wird“ (a.a.O. 372,34), während die übrigen logischen Begriffe weiterhin neben ihm bestehen bleiben. Vielmehr besteht der Begriff des Absoluten genau darin, von der Mannigfaltigkeit der objektivlogischen Bestimmungen unterschieden zu sein; dass er sich „gegen die Entgegensetzung und Mannichfaltigkeit“ geltend macht (a.a.O. 372,31). Das Absolute steht nämlich aller vorangegangenen Vermittlung von Sein und 85 Wie sich im weiteren Verlauf zeigen wird, ist das „Absolut-Absolute“ vom „wahrhaften Absoluten“ terminologisch strikt zu trennen: Jenes wird im letzten Kapitel der Wesenslogik, und dieses im ersten Kapitel der Begriffslogik erreicht, und zwar so, dass sich das wahrhafte Absolute von allem wesenslogischen Absoluten entscheidend abhebt.
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Wesen entgegen als dieselbe Vermittlung „in der Bestimmung der Identität“ (a.a.O. 373,30f.), d.h. „als [I]dentisches“ (a.a.O. 372,30) oder als die eine Gedankenbestimmung, nach welcher alles Sein und Wesen in einer absoluten Identität aufgehoben seien, und nicht als die Entfaltung dieser Identität. Das Absolute wird somit ausdrücklich als „gesetzt“ neben der Mannigfaltigkeit des bisherigen objektivlogischen Verlaufs aufgefasst (a.a.O. 372,31; 373,28; 373,35; 374,2). Damit aber noch nicht genug! ‚Gesetzt‘ heißt, dass beide Momente des Verhältnisses für das Verhältnis notwendig sind. Das Absolute allein besagt aber nur die absolute Identität von Sein und Wesen. Ohne die Entfaltung von Sein und Wesen ist also unklar, was diese Identität in sich umfasst. Die logische Bestimmung des Absoluten ist, anders gewendet, auf die ganze Fortbestimmung von Sein und Wesen, d.h. auf seine Auslegung, angewiesen: Ohne sie bleibt es ein Abstraktum. Als Identität schließt nämlich das Absolute all das aus, was es seiner Bestimmung nach in sich einschließen und wodurch es expliziert wird. Es stellt „nur das Negative der Reflexion und des Bestimmens“, d.h. seiner eigenen Auslegung dar (a.a.O. 372,31f.), was aber in diesem gesetzten Verhältnis auch „als das [U]wesentliche“ betrachtet werden muss. Denn zwar stellt das Absolute das Prinzip und Element des objektivlogischen Verlaufs dar, was ihn wesentlich prägt; gleichwohl hat es „sein wahres und einziges Bestehen“ allein in diesem Verlauf, sodass er ihm zugrunde liegt und insofern gleichermaßen für das Absolute wesentlich ist (a.a.O. 373,28f.). Die „Formbestimmung“ der Identität, wodurch sich das Absolute von seiner Auslegung unterscheidet, ist, so betrachtet, „blosser Schein“ (a.a.O. 374,2): die nichtige Unmittelbarkeit des gesamten bisherigen objektivlogischen Prozesses, die auf ihn angewiesen ist und auf ihn verweist. Das ist aber genau das Verhältnis, auf welchem ein Attribut – zumindest, wenn es treffend ist – aufbaut. Ein Attribut kann nämlich nicht selbstständig bestehen, sondern setzt immer einen Träger voraus, dessen charakteristische Eigenschaft es zum Ausdruck bringen soll. ‚Absolutes Attribut‘ weist also auf das Absolute in der Bedeutung hin, dass es logisch auf die einzelnen objektivlogischen Bestimmungen angewiesen ist. Seine Erklärung, worin nämlich die absolute Identität von Sein und Wesen besteht, verlangt seine Auslegung, d.h. die Rekapitulation des gesamten bisherigen objektivlogischen Verlaufs. Getrennt von seiner Auslegung betrachtet bleibt es etwas Dunkles, die bloße Behauptung, Sein und Wesen seien ihrer Bestimmung nach miteinander identisch. ‚Absolutes Attribut‘ bedeutet daher das Absolute als Attribut oder dass das Absolute Attribut „ist“ (a.a.O. 373,30): Das Prinzip und Element von Sein und Wesen ist als solches unselbstständig und unerklärlich und setzt die Fortbestimmung von Sein und Wesen wesentlich voraus. Anders gewendet: Absolutes Attribut heißt so viel wie das Adjektiv ‚absolut‘: ‚abstrakt‘, ‚in sich vollständig, aber zugleich undifferenziert‘, wie bereits oben antizipiert wurde (vgl.
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Kapitel II: Der werdende absolute Begriff
TWA 17: 455). Der Unterschied des absoluten Attributs vom in anderen Kontexten verwendeten Adjektiv ‚absolut‘ besteht darin, auf das ganze Sein und Wesen als auf das Kriterium für die Vollständigkeit und Undifferenziertheit des durch dieses Adjektiv jeweils Bezeichneten zu verweisen.86 Tatsächlich besteht also die logische Bestimmung des absoluten Attributs in einer Depotenzierung des als Resultat seiner eigenen Auslegung aufgefassten Absoluten: Es handelt sich um „das nur relative Absolute“ (WL: 373,12), dessen Relativität bzw. Mangel auf seine eigene Formbestimmung zurückzuführen ist. So ist nun die Konsequenz jener logischen Bestimmung für die objektivlogische Absolutheitskonzeption kurz zu vergegenwärtigen. ii. Das absolute Attribut als rein logische Absolutheitskonzeption Das absolute Attribut bestreitet nicht, dass das Absolute die bisher höchste logische Absolutheitskonzeption ist. Es weist jedoch darauf hin, dass das Absolute nicht die letzte logische Absolutheitskonzeption sein kann. Zwar ist das Absolute eine logisch treffende Feststellung des Prinzips und Elements von allem Sein und Wesen. Ihm fehlt jedoch die weitere Auskunft über die Beschaffenheit dieser Identität. Zwar stellt nämlich das absolute Attribut nicht infrage, dass alles Sein und Wesen ihrer Bestimmung nach eine Einheit, ja Identität bilden sollen. Worin jedoch diese gemeinsame Bestimmung genau besteht, ist dabei noch nicht begriffen. Vielmehr wird die eine Totalität von Sein und Wesen als die eine absolute Identität behauptet, als etwas nämlich, das noch im Dunklen liegt und ans Licht gebracht werden muss. Mit der jetzigen logischen Absolutheitskonzeption wird alles Sein und Wesen nicht begriffen, sondern bloß versunken in die Reflexionsbestimmung der Identität und als eine „unbestimmte, abstracte Identität“ statuiert (WL: 374,10f.). Somit stellt das absolute Attribut den logischen Prozess qua Auslegung des Absoluten – und dadurch auch die vorliegende Untersuchung der Logik auf ihrer zweiten, esoterischen Ebene – vor die Aufgabe, nach einer weiteren logischen Absolutheitskonzeption zu suchen, welche Auskunft über die Art und Weise der Auslegung des Absoluten liefert. Hegels Unterkapitel „B. Das absolute Attribut“ gibt sogar eine Bezeichnung sowohl für diese Absolutheitskonzeption als auch für den Weg, der dahin führt: Es handelt sich um die „vollendete[] Auslegung“ des Absoluten, die darin besteht, dass das Absolute „in seiner Form in sich zurük[kehrt]“ und schließlich zum „Absolut-Absolute[n]“ gelangt (a.a.O. 373,10–14). Solche Metaüberlegungen und Ankündigungen den
86 Dieser Verweis ist, wie es unten noch zu zeigen wird, fürs Verständnis des Ausdrucks ‚absoluter Begriff‘ (vgl. III.D.) sowie für alle rein logischen Absolutheitskonzeptionen wichtig.
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übrigen objektivlogischen Verlauf betreffend werden jedoch erst vor dem Hintergrund des letzten Vollendungsmoments der logischen Bestimmung des Absoluten, des Modus, einsichtig. 3. Der Modus des Absoluten i. Die logische Bestimmung ‚der Modus des Absoluten‘ Die entscheidende Wende, wodurch sich das absolute Attribut zum Modus fortbestimmt, vollzieht sich durch die schlichte Bilanzierung des bisher in der Sphäre des Absoluten Bemerkten (vgl. WL: 375,3–22): Alles Sein und Wesen ist auf das Absolute qua deren Prinzip und Element angewiesen (Auslegung des Absoluten), aber auch umgekehrt ist das Absolute auf alles Sein und Wesen angewiesen (absolutes Attribut). Absolutes und Mannigfaltigkeit von Seinsund Wesensbestimmungen setzen sich gegenseitig voraus und lassen sich ohne einander jeweils nicht erkennen. Noch weiter: Der Unterschied zwischen den beiden beschränkt sich auf deren Form und ist lediglich ein Schein- bzw. ein nichtiger Unterschied. Denn beide drücken dieselbe Totalität von Sein und Wesen aus, einmal in der Formbestimmung der Identität und einmal zersplittert in vielen einzelnen logischen Bestimmungen. Absolutes und der bisherige objektivlogische Verlauf werden voneinander unterschieden, obwohl sie wesentlich zusammengehören. Schließlich ist aber dieser Scheinunterschied nicht nutzlos, sondern er dient der Erkenntnis sowohl des Absoluten als auch der einzelnen objektivlogischen Bestimmungen. Beide weisen aufeinander hin und erklären sich gegenseitig, sodass sie gemeinsam das Absolute oder die Totalität von Sein und Wesen als eine sich durch sich erklärende Selbstbeziehung konstituieren. In diesem Sinne besteht die Gedankenbestimmung ‚Modus des Absoluten‘ in der Feststellung, dass objektivlogische Unterschiede nicht nur zusammenhangslose Unterschiede sind, sondern die absolute Identität, d.h. das Absolute selbst, zum Ausdruck bringen; oder umgekehrt, dass die absolute Identität erwiesenermaßen das gemeinsame Zugrundeliegende alles objektivlogischen Unterschieds ausmacht. Bemerkenswert ist dabei der Wortlaut dieser logischen Bestimmung, der nicht schlicht ‚Modus‘, sondern ‚Modus des Absoluten‘ lautet: Während nämlich ‚Modus‘ für allen seins- und wesenslogischen Unterschied steht, weist der Genitiv ‚des Absoluten‘ auf die Nichtigkeit und das gemeinsame Wesen allen Unterschieds hin, auf die Bedeutung allen Unterschieds also, genau dieselbe Totalität von Sein und Wesen auszudrücken. Alternativ (aber nicht weniger pointiert) lässt sich die logische Bestimmung ‚Modus des Absoluten‘ auch als die „blosse Art und Weise“ bezeichnen (a.a.O. 374,18): Sein und Wesen mögen vielfache unterschiedliche Konstellationen bilden; doch ist aller Unterschied „ein äusserlicher Schein“ (a.a.O. 374,17f.), der ausschließlich der Manifestation der Identität von Sein und Wesen dient, eben nur die Art und Weise darstellt, wie diese Identität unmittelbar vorhanden
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ist. Es handelt sich demnach um die Totalität von Sein und Wesen, wie sie sich zwar bestimmt, also ausdrücklich Unterschiede an ihr selbst hervorruft, aber so, dass sie sich (als die eine Totalität) nicht wesentlich verändert. Was dabei ins Auge fällt, ist nicht nur die „Aeusserlichkeit des Absoluten“ (a.a.O. 374,32f.), d.h. nicht nur die Indifferenz des Absoluten gegenüber allen seins- und wesenslogischen Unterschieden. Vielmehr ist es „die als Aeusserlichkeit gesetzte Aeusserlichkeit“ (ebd.), d.h. die reflektierte Verdoppelung dieser Indifferenz, die nun als das Verhältnis von Absolutem und objektivlogischen Unterschieden besteht. Wurde nämlich das Absolute anfänglich als die absolute Identität aufgefasst und mit dem absoluten Attribut als das relative Absolute charakterisiert, so ist „im Modus das Absolute als absolute Identität gesetzt“ (a.a.O. 374,36), d.h., das Absolute ist nun um das Wissen bereichert, dass solche Identität nur in Bezug auf ihre objektivlogische Auslegung bestehen kann – und umgekehrt. So stilisiert Hegel den Modus des Absoluten, das explizierte Verhältnis des Absoluten zu seiner Auslegung, als den logisch stabilen Begriff des Absoluten: Das Absolute „ist nur, was es ist, nemlich Identität mit sich, als sich auf sich beziehende Negativität, als Scheinen, das als Scheinen gesetzt ist“ (a.a.O. 374,36ff.), d.h. als der ausdrückliche End- und Bezugspunkt der gesamten negativen und positiven unvollendeten Auslegung des Absoluten.87 Der Modus steht weder für die unvollendete Auslegung des Absoluten noch für das einseitig-relative Absolute, sondern für den anfänglichen Begriff des Absoluten, nunmehr als diejenige Selbstbeziehung aufgefasst, die ihr scheinbar Anderes in sich einschließt. Erst als Modus seiner selbst scheint also das Absolute „wahrhaft“ das zu sein, was es sein soll, nämlich „die absolute Identität“ (a.a.O. 375,7f.), weil es in reflektierter Zusammengehörigkeit mit der Mannigfaltigkeit von Sein und Wesen gedacht wird und in reflektierter Weise das ausdrückt, was die Reflexionsbestimmung der Identität in sich aufgehoben hat. Ist nun damit schon alles bezüglich des Absoluten gesagt? Ist die schlichte ‚Art und Weise‘ tatsächlich die gesuchte letzte rein logische Absolutheitskonzeption, womit sich nicht nur die philosophisch-theologische Untersuchung der Wissenschaft der Logik, sondern der logische Verlauf selbst zufrieden stellen lässt? ii. Der Modus des Absoluten als rein logische Absolutheitskonzeption Aus der Sicht der zweiten Ebene philosophisch-theologischer Untersuchung der Logik besteht der Modus des Absoluten darin, das Prinzip und Element der objektiven Logik, das bereits zu Beginn des Kapitels „Das Absolute“ festgestellt wurde (die absolute Identität von allem Sein und Wesen), explizit zum von ihm Unterschiedenen (dessen unvollendete Auslegung, die mannigfaltigen 87
Vgl. II.B.1.iii.
Das Absolute
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seins- und wesenslogischen Bestimmungen) in ein Verhältnis zu setzen. Dass dieses Verhältnis (der durch sich selbst vermittelte Begriff des Absoluten) nicht das Ende der Auslegung des Absoluten bedeutet, sondern deren Fortsetzung, sofern sie aber nun im Einklang mit dem Absoluten steht, macht Hegel in den letzten Absätzen von „C. Modus des Absoluten“ deutlich. An derselben Stelle eröffnet Hegel auch eine weitere Dimension jener rein logischen Absolutheitskonzeption für die objektive Logik. Den Modus des Absoluten fasst nämlich Hegel ausdrücklich als „die reflectirende eigene Bewegung des Absoluten“ auf (WL: 375,23), die – wie bereits oben in II.B.1.ii. im Anschluss an die Dialektik von Äußerem und Inneren vermutet werden konnte – deshalb die „eigene“ Bewegung des Absoluten ist, weil sich dabei das Absolute nicht mehr in ein Äußeres verlegt, das mit der Bestimmtheit der Entgegensetzung von Innerem und Äußerem behaftet ist, sondern in ein Äußeres, das in vermittelter Identität mit seinem Inneren erkannt worden ist. Die Auslegung, die der Modus des Absoluten verlangt, ist, so aufgefasst, „ein Bestimmen“, also das Hervorrufen einer Bestimmtheit, „aber nicht wodurch [das Absolute] ein Anderes würde, sondern nur dessen, was es schon ist“ (a.a.O. 375,24f.). Da nämlich das Absolute bereits die Totalität des Seins und Wesens ist, macht jede neue Konstellation von Sein und Wesen, die es an ihm hervorruft, eine äußerliche Variation seiner bereits vorhandenen Identität aus. Dieses äußerliche und doch bei sich bleibende Variieren des Absoluten charakterisiert Hegel auch als das „Zeigen seiner selbst“ (a.a.O. 375,26): als eine quasi indexikalische Bezugnahme ohne externen Referenzpunkt außer dem Absoluten selbst oder als einen Akt von belangloser Selbstunterscheidung, der allein dem Sich-Vergewissern der Identität des Absoluten dient. Noch pointierter apostrophiert Hegel den Modus des Absoluten angesichts der vermittelten Identität von Äußerem und Innerem als „eine Bewegung aus sich heraus“: Das ist die einzig denkbare Bewegung unter der Bedingung, dass „diß Seyn-nach Aussen eben so sehr die Innerlichkeit selbst“ ist, dass nämlich kein unvermitteltes Äußeres vorhanden ist, sodass das Absolute stets bei sich bleibt und sich nicht hinausbewegt (a.a.O. 375,26f.). Dass hiermit die Bestimmung einer neuen, nicht mehr der unvollendeten, sondern der vollendeten Auslegung des Absoluten angegeben wird, braucht nicht weiter erläutert zu werden. Für die Selbstinterpretation und die ‚esoterische‘ Lesart der objektiven Logik ist es jedoch die brisante Frage, ob sich die vollendete Auslegung des Absoluten auf dessen Modus oder Art und Weise beschränkt, wie sie im Kapitel über das Absolute dargelegt werden, oder ob sich diese Auslegung über die nun folgenden objektivlogischen Bestimmungen erstreckt. Ersteres würde heißen, dass keine rein logische Auslegung des Absoluten mehr möglich sei und dass ab sofort Auskunft über Gott im Sinne Hegels ausschließlich in seiner Real- oder Religionsphilosophie gesucht werden sollte. Letzteres hingegen impliziert, dass der Modus des Absoluten den Cha-
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rakter weiterer logischer Bestimmungen bestimmt. Noch genauer heißt das Dilemma: Sind die Modi des Absoluten bzw. die diversen Konstellationen der einen Totalität von Sein und Wesen aus logischer Sicht nicht weiter analysierbar oder lassen sie sich vielleicht logisch kategorisieren, und zwar genau nach den Kategorien, welche die objektive Logik im Anschluss an den Modus des Absoluten darlegt? Die Antwort auf diese Fragen liefert der Terminus technicus, den Hegel am Ende dieses Unterkapitels einführt (vgl. a.a.O. 375,29–39): Der „Inhalt der [vollendeten] Auslegung“ bzw. „der Inhalt des Absoluten“ ist nur dies, „sich zu manifestieren“. Auf ‚Manifestation‘ rekurriert aber Hegel nicht nur für die Charakterisierung etwa des kompletten nächsten Kapitels, also der Wirklichkeit. Vielmehr benutzt er – im logischen Kontext – ‚Manifestation‘ synonym zu ‚Offenbaren‘ (vgl. a.a.O. 378,27–31; 391,38–392,4 sowie § 151). ‚Offenbaren‘ wurde aber bereits im Vorspann zur Wesenslogik als Charakterisierung derjenigen Fortbestimmung des Wesens reserviert, die im gesamten dritten Abschnitt der Wesenslogik (und nicht nur im Kapitel über das Absolute) stattfindet (a.a.O. 243,22–28). Durch jene Wortwahl scheint Hegel somit tatsächlich auf eine übergreifende Struktur hinzuweisen, nach welcher der gesamte letzte Abschnitt der Wesenslogik bestimmte Typen von Modi oder Arten und Weisen des Absoluten bildet. Für das adäquate Verständnis der ganzen Wirklichkeit und des absoluten Verhältnisses etwa reicht es nicht aus, diese nur als solche zu thematisieren. Vielmehr müssen sie auch vor dem Hintergrund des Absoluten als diejenigen Arten und Weisen interpretiert werden, auf welche das Absolute sich selbst zeigt.88 Die Rede von ‚Manifestation‘ oder ‚Offenbaren‘ ist in diesem Sinne als Akzentuierung der Folgen des vollendeten Begriffs des Absoluten für den restlichen objektivlogischen Verlauf zu verstehen: Sobald erkannt worden ist, dass voneinander unterschiedene Konstellationen von Sein und Wesen nur die Art und Weise von deren Identität bzw. des Absoluten sind, erhalten sie explizit den Charakter von ‚Unverborgenheit‘. Von nun an sind solche logischen Bestimmungen zu erwarten, die genau das Absolute (die absolute Identität von Sein und Wesen) auf verschiedene Weisen explizieren. Daher stellt der Modus keine neue, selbstständige logische Absolutheitskonzeption und kein neues Prinzip und Element des Logischen dar, sondern jenes Prinzip und jenes Element, die bereits zu Beginn des Kapitels über das Absolute festgestellt wurden – nun allerdings erweitert um das Wissen, wie diese in Bezug auf ihre Auslegung durch Sein und Wesen konkret zu verstehen sind. Das Erhalten des Charakters von ‚Unverborgenheit‘ ist dann auf die Bereicherung des Absoluten durch jenes Wissen zurückzuführen, also auf eine logische Erkenntnis. 88 Es sei hier angemerkt, dass sich die ‚esoterische‘ Interpretation von Wirklichkeit und absolutem Verhältnis auch auf die Vorspanne der entsprechenden Kapitel stützt (vgl. WL: 380,3–381,5; 393,3–34).
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So ist ferner der Charakter von ‚Unverborgenheit‘, Manifestation, Modus oder Art und Weise des Absoluten als die bereits zu Beginn von „B. Das absolute Attribut“ vorweggenommene eigene „Form“ des Absoluten zu identifizieren (a.a.O. 373,11f.): Mit dem Modus beginnt eine solche logische Bewegung, bei welcher sich das Absolute in ein Äußeres versetzt, das nicht in unmittelbarer, sondern in vermittelter Identität mit dem Inneren zu verstehen ist; ein Fortbestimmen des Absoluten gemäß der vermittelten Identität von Äußerem und Innerem, ohne sich zu verlieren. Das ist die vollendete Auslegung des Absoluten, an dessen Ende das durch seine Modi vermittelte Absolute zu erwarten ist, d.h. mit Hegels Worten: „das in seiner Form in sich zurückgekehrte Absolute, oder [das Absolute,] dessen Form seinem Inhalt gleich ist“, das „Absolut-Absolute“ (ebd.).89 Derartige weitere rein logische Absolutheitskonzeptionen hat die nun folgende philosophisch-theologische Untersuchung des dritten Abschnitts der objektiven Logik auf ihrer zweiten Ebene zu erforschen. Zuvor lohnt sich aber der bilanzierende Blick auf die gesamte Sphäre des Absoluten bei gleichzeitiger Bezugnahme auf frühere objektivlogische Absolutheitskonzeptionen. 4. Das Absolute als die genuine objektivlogische Absolutheitskonzeption i. Das ansichseiende, das fürsichseiende und die exponierte logische Bestimmung ‚das Absolute‘ Die im Kapitel über das Absolute angestellten Metaüberlegungen legitimieren auf logisch-immanente Weise die Rede vom Absoluten an verschiedenen Stellen der objektiven Logik und erklären die beim Fortgang in die Wesenslogik erwähnten zwei Weisen des Absoluten, das ansich- und das fürsichseiende Absolute. Das soll hier näher erläutert werden.
89 Im Vorspann zum Wirklichkeitskapitel, also direkt nach der Erörterung des Modus motiviert Hegel die Wirklichkeit als die soeben angedeutete in seiner Form vollzogene Rückkehr des Absoluten in sich zu verstehen wie folgt: „Diese Reflexion“, d.h. der Modus, „als sich selbst in ihren Bestimmungen aufgebend, und überhaupt als die in sich zurückkehrende Bewegung ist erst wahrhaft absolute Identität, und zugleich ist sie das Bestimmen des Absoluten oder die Modalität desselben“, was dazu veranlasst, die „Wirklichkeit […] als diese reflectirte Absolutheit zu nehmen“ (WL: 380,11–20). In derselben Perspektive der „in sich zurückkehrenden Bewegung“ des Absoluten ist dann auch das Kapitel über das absolute Verhältnis zu lesen (vgl. a.a.O. 393,10–13). Ähnlich hebt schließlich auch K. Düsing die logische Bewegung, die sich an den Modus anschließt, von der vorangegangenen unvollendeten Auslegungen des Absoluten ab: „Somit ist [das Absolute] nicht nur Ende, sondern auch Anfang der Auslegung als Selbstauslegung. […] Damit wird bereits eine Reihe von Bestimmungen vom Absoluten als positiv gültig ausgesagt, die in der werteren Kategorienlehre, z.B. im Begriff der Einen Substanz noch fortzuführen ist.“ (Klaus Düsing, Subjektivität und Freiheit. Untersuchungen zum Idealismus von Kant bis Hegel, Stuttgart Bad Cannstatt 2002, 194f.)
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Kapitel II: Der werdende absolute Begriff
Die Totalität von Sein und Wesen wurde zum ersten Mal bereits mit dem Gedanken der absoluten Indifferenz festgestellt.90 Allerdings wurde am Ende der Seinslogik diese Totalität als ein logischer Punkt gegen alle seinslogischen Bestimmungen bestimmt, d.h. gegen ihr Dasein oder die seiende Bestimmtheit. Das Wesen, das Prinzip und Element allen Seins, kam dort zum Ausdruck, wurde aber lediglich an dem Sein aufgefasst. So war bereits in jenem Kontext ersichtlich, dass dies eine oberflächliche und formelle Betrachtung von absoluter Indifferenz, nur die äußere Reflexion der absoluten Indifferenz, ausmachte. Insofern aber diese Betrachtung nicht nur die absolute Indifferenz, die bereits dort für das Wesen stand, sondern auch das Sein bzw. die Menge aller seinslogischen Bestimmungen mitberücksichtigte, kann dabei ein verschleierter Gedanke von Sein-Wesen-Einheit, und somit von Absolutem zugestanden werden. Es handelt sich um eine oberflächliche Auslegung des Absoluten, nach welcher Sein und Wesen eine zwar vollständige, aber unmittelbare Einheit bilden. In der Tat rückt hier das Absolute, die absolute Identität von Sein und Wesen, in den Vordergrund des logischen Verlaufs; dessen eigentliche Tiefe bleibt aber verborgen in der Unmittelbarkeit des Seins. Daher verdient die absolute Indifferenz die Auszeichnung durch das absolute Attribut, weil sie alles Sein und (auf noch nicht ausgelegter Weise) alles Wesen in sich enthält; sie ist das ansichseiende Absolute, die Identität von Sein und Wesen nicht für sich, sondern nur unmittelbar bestimmt. Entsprechend müssen auch alle übrigen seinslogischen Bestimmungen als Auslegungen des ansichseienden Absoluten verstanden werden. Zweifelsohne ist es das unmittelbare Sein, das den seinslogischen Prozess dominiert. Nichtsdestotrotz ist aber auch das Wesen latent vorhanden. Denn es sind Reflexionsbestimmungen wie Identität, Unterschied und Widerspruch, die den seinslogischen Prozess vorantreiben und die diversen seinslogischen Bestimmungen auftreten lassen, ohne selbst im Mittelpunkt des logischen Interesses zu stehen. Daher sind auch die übrigen seinslogischen Bestimmungen als Momente der ansichseienden absoluten Identität von Sein und Wesen zu betrachten, die ihre Wesen-Dimension nicht ausdrücklich thematisieren. Das Wesen überhaupt hat sich darüber hinaus als die inhaltliche und spekulativ begreifende Betrachtung der absoluten Indifferenz ergeben, die darin besteht, das Dasein derselben bzw. alles Sein nicht an ihr gelten zu lassen, sondern in ihr aufgehoben zu haben. 91 Dies stellt anders als in der Seinslogik erwiesenermaßen eine Einheit von Sein und Wesen dar, und zwar eine solche, bei welcher Sein und Wesen nicht bloß unmittelbar voneinander abgegrenzt werden, sondern als Momente gemeinsam ein Fürsichsein bilden. Dass also dem Wesen die Auszeichnung ‚das Absolute‘ zukommt, scheint evident zu sein. Wie das Absolute drückt das Wesen in der Tat auch die fürsichseiende 90 91
Vgl. II.A.5.ii. Vgl. II.A.6.ii.
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Einheit aus, die Sein und Wesen gleichermaßen in sich enthält. Sowohl ‚fürsichseiend‘ als auch ‚Wesen‘ sind aber Bestimmungen, die sich zunächst von einem Anderen, dem Ansichsein bzw. Sein, logisch abgrenzen und sich näher bestimmen lassen. Wie nämlich das Wesen alle wesenslogischen Bestimmungen charakterisiert, so kommt auch das ‚fürsichseiende Absolute‘ allen wesenslogischen Bestimmungen und nicht nur dem genuinen Begriff des Absoluten zu. So legt der erste Abschnitt der Wesenslogik die Einheit von Sein und Wesen insofern dar, als das Sein im Wesen versunken ist und dadurch das Wesen in ihm selbst scheint. Dabei tut sich die absolute Einheit von Sein und Wesen, d.h. das Absolute, als ein nur bei sich bleibendes Fürsichsein kund. Die unvollendete Auslegung des Absoluten hat also hier die nähere Bestimmung des Scheinens in sich selbst: das Prinzip und Element alles Unmittelbaren ohne Berücksichtigung des Unmittelbaren als Äußeren. Im zweiten Abschnitt wird alsdann eine unmittelbare Bestimmtheit thematisiert, und zwar insofern sie aus der fürsichseienden Einheit von Sein und Wesen heraustritt. Dies macht die Erscheinung der absoluten Einheit von Sein und Wesen bzw. des Absoluten aus, welche einerseits ein Fürsichseiendes bleibt, andererseits auch unmittelbar durch eine reflektierte (nicht nur seiende) Bestimmtheit begrenzt ist. Das Absolute legt sich hier aus als das Prinzip und Element alles Unmittelbaren in Bezug auf dasselbe. Der dritte Abschnitt schließlich, der mit dem Absoluten selbst eröffnet wird, hat weiterhin die absolute Einheit von Sein und Wesen auszulegen, aber so, dass diese Einheit als solche nur reflektiert (und nicht unmittelbar bestimmt) wird. Dabei geht es um Manifestation des fürsichseienden Absoluten, nach welcher der Unterschied zwischen ihm und dem Unmittelbaren ein nichtiger, d.h. keine Grenze, ist und nur das Fürsichsein des Absoluten zum Ausdruck bringt. Aus formeller Sicht erklären solche Überlegungen (zumindest teilweise), worauf die Überschriften des vorliegenden Kapitels II und von dessen Unterkapiteln verweisen: Die objektive Logik lädt zu ihrer Lektüre qua Auslegung des Absoluten ein und teilt sich ein in die unvollendete und die vollendete Auslegung. Während Letztere mit der vollendeten Weise des fürsichseienden Absoluten zusammenfällt, umfasst Erstere das ansich- und die zwei endlichen Weisen des fürsichseienden Absoluten.92 Alle Abschnitte und Gedankenbestimmungen der objektiven Logik gehören nämlich hinsichtlich einer einzelnen rein logischen Absolutheitskonzeption bzw. eines einzelnen logischen Kerns philosophischer Theologie zusammen und bilden eine einzelne philosophische Theologie. Das Absolute bestimmt den Charakter aller objektivlogischen Rede 92 Für eine nähere Differenzierung zwischen den Weisen des Absoluten vgl. die mittlere Spalte in der Tabelle im Anhang dieses Buches. Ein Hinweis des Weiteren darauf, warum in der Überschrift von Kapitel II neben ‚Auslegung des Absoluten‘ auch der Ausdruck ‚werdender Begriff‘ vorkommt, findet sich gleich im nächsten Unterkapitel.
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Kapitel II: Der werdende absolute Begriff
von Gott und aller objektivlogischen Grundlagenforschung zur theologischen Begrifflichkeit. Diese rein logisch exponierte Theologie, die alle anderen in der objektiven Logik enthaltenen Theologien als Momente einer sich prüfenden Theologie in sich vereint, muss nun auch inhaltlich betrachtet werden. ii. Das logische Defizit des Absoluten: Ontotheologie Das Absolute unterscheidet sich von den anderen objektivlogischen Gedankenbestimmungen in der Weise der Reflexion: Es stellt das Wesen bzw. Prinzip und Element objektivlogischer Gedankenbestimmungen als ein zu Klärendes dar, das auf sie angewiesen ist. Das Absolute ist nämlich etwas, das sich notwendigerweise durch die mannigfaltigen Bestimmungen des Seins und Wesens ergänzt, d.h., es trägt die Bestimmung eines reflektierten Seienden, das explizit in Bezug auf alles Sein und Wesen steht. Nun heißt die philosophische Theologie, die ein – im weitesten Sinne – Seiendes zum Absoluten ernennt, Ontotheologie: der λόγος von θεός qua ὄν. Ist damit ausdrücklich das wahre Seiende gemeint, das allem Sein und Wesen wesentlich überlegen ist, so besagt die Ontotheologie, dass jene Bestimmung (‚wahres Seiendes‘) nicht als etwas Anderes, sondern als solche, d.h. eben als Seiendes zu explizieren ist. Genau diese Explikation findet aber in der objektiven Logik durch die Bestimmungen des Seins und des Wesens statt.93 So gesehen lässt sich die Forderung, die objektive Logik als Auslegung des Absoluten zu betrachten, treffend als das Projekt einer rein logisch voranschreitenden Ontotheologie auffassen. Die esoterische Lesart der objektiven Logik bzw. die Untersuchung der objektiven Logik auf ihrer zweiten Ebene erweist sich als die logisch immanente Analyse der Ontotheologie. Diese unterscheidet sich wiederum in sich in die Exposition des ansichseienden, dann des fürsichseienden Absoluten usw. je nachdem, wie stark die Seinhaftigkeit der jeweiligen Weise des Absoluten akzentuiert wird. Doch entscheidend ist es, genauso scharf auch die logische Tragweite der konstatierten Ontotheologie in der Wissenschaft der Logik ins Auge zu fassen. Das Absolute ist zwar in sich vollständig, da es alle Bestimmungen von Sein und Wesen in die Formbestimmung der Identität aufgehoben hat; es ist aber zugleich abstrakt und undifferenziert, weil sich diese Formbestimmung nicht weiter analysieren lässt. Das Absolute macht eher die Versicherung aus, Sein 93 ‚Ontotheologie‘, und zwar als Klage über Hegels Metaphysik, wurde in der Hegelrezeption durch M. Heidegger und K. Löwith prominent (vgl. dazu oben I.A.2.i.). Anders als jene Deutungen plädiert dieses Buch nicht lediglich dafür, dass sich die objektive Logik aus sich selbst heraus (und nicht erst am Ende des enzyklopädischen Systems) als Ontotheologie bestimmt. Vielmehr bestimmt sich die objektive Logik so, um die Ontotheologie immanent zu eruieren und logisch-begrifflich zu überwinden. Aus der Sicht dieses Buches bedeutet nämlich der Übergang in die Begriffslogik auch die Überwindung der Ontotheologie und die Exposition einer neuen rein logischen Absolutheitskonzeption.
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und Wesen seien wesentlich aufeinander angewiesen, und dessen Auslegung zeigt nur, dass das auch stimmt. Begrifflich erklärt ist das aber noch nicht. Die Antwort auf die Frage gilt es somit noch im weiteren Verlauf der Logik zu suchen: Worin liegt die Identität von allem Sein und Wesen logisch begründet? Sicherlich hat die Logik mit dem Absoluten den logischen Kern nicht nur einer bestimmten, sondern aller vernünftig artikulierten Theologie exponiert. Denn auf den Anspruch, allem Sein und Wesen überlegen zu sein, kann jede konsequente Theologie ungeachtet ihrer spezifischen Bestimmung nicht verzichten. Wie aber, konkret, genügt eine zu Ende gedachte rein logische Absolutheitskonzeption diesem Anspruch? Die Gedankenbestimmung ‚das Absolute‘ verweist lediglich auf eine nicht hinterfragbare Bestimmung, die sich sogar wie ein Seiendes unter den übrigen objektivlogischen Bestimmungen verhält, welche die seine Absolutheit gewährleistende genaue begriffliche Beschaffenheit nicht zu erkennen gibt. Die rein logische Absolutheitskonzeption des Absoluten bleibt nämlich ein Inneres, Dunkles, ein zu manifestierendes Seiendes hinter allem Sein und Wesen – und dies trotz der mit dem Modus konstatierten ‚Unverborgenheit‘. Denn was wie im Fall der vollendeten Auslegung des Absoluten bloß gezeigt wird oder sich manifestiert, ist nicht gleich auch begriffen. Man kann ja durchaus etwas sehen und bei der bloßen Bewunderung bleiben, ohne es wirklich zu verstehen. Oder mit Hegels berühmten Diktum: Was bekannt ist, ist noch lange nicht erkannt. Deutet sich also die objektive Logik mit dem Absoluten zu einer Ontotheologie um, so hat damit weder das Gesamtprojekt der Logik noch die rein logische bzw. philosophische Theologie ihre Vollendung erreicht. ‚Ontotheologie‘ bezeichnet die Exposition einer Absolutheitskonzeption, die noch an den Charakter des Seienden gebunden ist und keine vollkommene begriffliche Transparenz aufweist. Und in der Logik kommt alles auf genau solche Transparenz an und nicht bloß auf die Exposition des Absoluten qua ὄν, also auf eine Ontologie. Deutlich wird dieses – aus der Sicht einer Wissenschaft der Logik erhebliche – Defizit durch einen Vorgriff auf die noch ausstehende vollendete Auslegung des Absoluten. Offenbar beschränkt sich der letzte Abschnitt der Wesenslogik nicht darauf, das Absolute bloß auszulegen oder Modi desselben einfach zu konstatieren. Vielmehr bringt es logische Bestimmungen systematisch hervor, die in einem systematischen Zusammenhang sowohl miteinander als auch mit dem Absoluten selbst stehen. Zwar stellt jede einzelne dieser Bestimmungen einen Modus, eine Manifestation, die vermittelte Äußerlichkeit des Absoluten oder die eine Totalität aus Sein und Wesen dar. Gleichwohl unterscheiden sie sich logisch, d.h. ihrer logisch-begrifflichen Verfasstheit nach voneinander: Die diversen Bestimmungen der vollendeten Auslegung des Absoluten sind nicht nur diverse, sondern begrifflich unterschiedene Arten und Weisen des Absoluten. Der letzte Abschnitt der Wesenslogik legt nämlich nicht nur das Absolute aus,
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sondern er kategorisiert zugleich dessen Modi, Manifestationen und Arten und Weisen. Das Kriterium jedoch für solche Kategorisierung wurde mit dem Absoluten selbst noch nicht erkannt. Gott als Ens und die Ontotheologie der objektiven Logik erklären bestenfalls, dass es Manifestationen Gottes gibt oder dass Gott sich manifestieren muss, nicht aber, welche seine konkreten Manifestationsweisen sind, die im letzten Abschnitt der Wesenslogik noch dokumentiert werden. Es müsste daher ein verborgenes Kriterium vorhanden sein, das die genaue Kategorisierung bzw. begriffliche Differenzierung von Modi und Manifestationen des Absoluten erklärt. Diese Kategorisierung deutet nämlich auf ein weiteres Prinzip und Element hin, das im letzten Abschnitt der Wesenslogik – aber auch in der gesamten objektiven Logik! – am Werk sein muss, ohne mit dem Absoluten festgestellt worden zu sein. Dies ist – so viel sei hier mit Blick auf den Titel des vorliegenden Buches vorausgeschickt – der Begriff, und zwar der Begriff als solcher. Solange ferner der Begriff in der objektiven Logik nicht als solcher vorhanden, aber doch am Werk ist, und zwar so, dass er die objektivlogische Bewegung auf ihn zusteuert, lässt sich die objektive Logik pauschal als werdender Begriff charakterisieren.94 Das logische Defizit des Absoluten ist also wie folgt zu formulieren: Obwohl das Absolute während seiner vollendeten Auslegung im Schlussabschnitt der Wesenslogik faktisch an begrifflicher Konkretion gewinnt, d.h. begrifflich mit sich zusammenwächst, wird ihm der begriffliche Aspekt seiner eigenen Konkretisierung vorenthalten. Die Notwendigkeit der Konkretisierung seiner Modi und Manifestationen bleibt noch eine innere, nicht erkannte, nicht begriffene. Solch begriffliche Undurchdringlichkeit macht des Weiteren nach Hegel den logischen Kern jeder konsequent gedachten Ontotheologie aus, die an Gott ein irgendwie Seiendes sieht, und stellt somit einen außerordentlich wichtigen logischen Kern philosophischer Theologie dar. Diesen möchte die vorliegende Untersuchung als den absoluten logischen Kern philosophischer Theologie festhalten: die Grundannahme, Gott sei etwas im Vergleich zu allem Sein und Wesen Vollständiges, bei gleichzeitiger Nicht-Bereitschaft, auf den Charakter eines Seienden zu verzichten und gedanklich bis hin zu letzter begrifflicher Transparenz vorzudringen. Die Rede vom absoluten logischen Kern markiert also zusätzlich die Dichotomie, die in der objektiven Logik und ihrer philosophischen Theologie mit dem Absoluten zu Tage tritt, als die zwischen der Genese und Konkretisierung jenes Kerns. Und zugleich deutet sie an, dass das bisher Erreichte für die eigene Charakterisierung des logischen Verlaufs begrifflich insuffizient ist, sodass der philosophisch-theologisch interessierte Leser der Logik auf einen weiteren, etwa konkreten logischen Kern philosophischer Theologie gespannt sein darf und die gesamte objektive Logik als das Werden dieses Kerns betrachten kann. 94
Vgl. die Überschrift von Kapitel II.
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Episodischer Abschnitt: Das Absolute als der logische Kern bestimmter metaphysischer Auffassungen „Dem Begriff des Absoluten und dem Verhältnisse der Reflexion zu demselben, wie es sich hier dargestellt hat,“ stellt Hegel den „Begriff der Spinozistischen Substanz“, der „orientalische[n] Vorstellung der Emanation“ und dem „Begriff[] der Leibnizischen Monade“ (WL: 376,2f.;10; 19f.) zur Seite. Und es ist dabei wichtig, dass Hegel ausdrücklich auch vom Verhältnis der Reflexion zum Begriff des Absoluten spricht, und somit auf die gesamte Sphäre des Absoluten verweist. Denn mit dieser Anmerkung hebt Hegel tatsächlich darauf ab, die drei soeben genannten Konzepte hinsichtlich der Stellung der Reflexion zum Absoluten zu korrigieren. Was zunächst das System von Spinoza betrifft, welches das Absolute auslegt, indem es „von dem Absoluten anfängt, hierauf das Attribut folgen läßt und mit dem Modus endigt“ (a.a.O. 378,1f.), so weist es eine sogleich erkennbare Parallelität zu Hegels Abhandlung des Absoluten auf, von welcher Hegel sogar anmerkt, dass sie „vollständig“ ist (ebd.). Doch er führt weiter aus, dass „diese drey […] nur nach einander ohne innere Folge der Entwicklung aufgezählt“ werden (a.a.O. 378,3f.), dass es also um eine quantitative Vollständigkeit der Aufzählung geht, dass Spinozas Auslegung des Absoluten „ein äusserliches Denken“ (a.a.O. 376,5), „die äusserliche Reflexion“ (a.a.O. 376,24), aber „kein immanentes Erkennen“ des Absoluten selbst ist (a.a.O. 376,17) – ein Vorwurf, der alle drei Momente der spinozistischen Auslegung des Absoluten trifft. Beginnend mit der Substanz, was in diesem Kontext für Spinozas Absolutes steht, bemerkt Hegel, dass diese im spinozistischen System kein Resultat einer immanenten Auslegung bildet, sondern eingangs mit zwei Axiomen bloß vorwegdefiniert bzw. als selbstevident vorausgesetzt wird (a.a.O. 376,29–37). Zwar mögen diese Definitionen „tief und richtig“ sein (ebd.); dies ändert aber nichts am Mangel des Verhältnisses der Reflexion zur Substanz, welches wesentlich unbegriffen bleibt. Ähnlich versteht Spinoza auch unter ‚Attribut‘ der Substanz die Weise, wie ein der Substanz äußerer Verstand sie auffasst (a.a.O. 377,1–30). Demnach sind alle Attribute der Substanz per definitionem keine Resultate einer Auslegung oder einer immanenten Betrachtung derselben, sondern sie werden ihr nur von außen zugeschrieben. Überdeutlich wird dies bei den einzigen zwei Attributen, dem Denken und der Ausdehnung, die Spinoza nennt: Beide sind schlicht „empirisch aufgenommen“ (ebd.). Dass unter diesen Prämissen auch der Modus „nicht nur aus sich selbst zu begreifen“ ist und dass mit demselben schließlich nicht die „Rückkehr in die erste Identität“ des Absoluten selbst vollzogen wird, was Hegels Kapitel „Das Absolute“ darlegt, ist dann einfach zu erraten (a.a.O. 377,31–378,9). Statt des „Fortgangs des Absoluten zur Unwesentlichkeit“, zum äußeren Selbstbestimmen und zur Manifes-
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tation des Absoluten also, oder statt des „Werden[s] der Identität“, d.h. der Reflexionsbestimmung der Identität, die sich auch seinslogisch bestimmt, ist der spinozistische Modus ein „unmittelbar gegebenes“ (ebd.), das sogar der Äußerlichkeit des Seins, und genau genommen der Bestimmung des Maßlosen, zuzuordnen ist.95 Erweckt mithin die Rede von der einen Substanz bei Spinoza und der absoluten Identität von Sein und Wesen bei Hegel den Anschein, dass der hegelsche Begriff des Absoluten mit der spinozistischen Substanz kongruiere, so ist hierauf zu erwidern, dass diese vielmehr hinter jenen zurückfällt; dass der hegelsche Begriff des Absoluten als der sich auslegenden Identität von Sein und Wesen die spinozistische Reflexion über das Absolute bereits überwunden hat und dazu nicht etwa der Fortbestimmung zur Begriffslogik bedarf. Ein ähnliches Verfehlen wie bei Spinoza, die mit sich geschlossene Selbstbezüglichkeit des Absoluten herzustellen, findet Hegel in der orientalischen Vorstellung der Emanation und Lichtmetaphorik (a.a.O. 378,10–17). Zwar wird dabei das Absolute als ein sich Erleuchtendes vorgestellt, und insofern bildet es das Fürsichsein aus Sein und Wesen. Indem es aber zugleich ausströmt und immer trübere und unvollkommenere Entitäten entstehen lässt, führt es schließlich zur „Nacht“, also nicht in sich selbst zurück, sondern zu seinem Anderen und seinem vollständigen „Verlust“ (ebd.). In diesem linearen Konzept – wie sonst bei jedem linearen Konzept – bleibt das Erste, das Absolute, unvermittelt durch seine Emanationen, die Attribute, die ihm zukommen, oder durch die Modi, als welche sich das Absolute unmittelbar zeigt, und wird nur abstrakt neben ihnen gedacht.96 95 Der spinozistische Modus fällt in das Maßlose und nicht in die absolute Indifferenz zurück: Jenes ist im Vergleich zu einem Maß maßlos, während diese überhaupt keine wesentliche Differenzierung zulässt. Die Funktion des Maßes beim spinozistischen Konzept erfüllt ferner die eine mit sich absolut identische Substanz. Vgl. oben II.A.5. sowie SL: 325. 96 J. Halfwassen arbeitet unter Bezugnahme auf den Haupttext des Kapitels „Das Absolute“ die grundsätzlichen Unterschiede zwischen der hegelschen und der neuplatonischen Konzeption des Absoluten heraus, was nicht zuletzt wichtige Implikationen für das Verständnis von Hegels Deutung der Emanationslehre hat. Halfwassen zufolge weicht einerseits der von Hegel bevorzugte Ausgangspunkt vom neuplatonischen Absoluten ab. Die absolute Einheit von Sein und Wesen bildet nämlich tatsächlich „nicht das Eine selbst wie für den Platonismus, sondern das All-Eine“ (Jens Halfwassen, „Hegels Auseinandersetzung mit dem Absoluten der negativen Theologie“, in: Anton Friedrich Koch/Friedrike Schick (Hgg.), G. W. F. Hegel. Wissenschaft der Logik, München 2010, 38). Andererseits insistiert Halfwassen darauf, dass auch der von Hegel beschriebene Fortgang von diesem Ausgangspunkt, unter zwei Prämissen vollzogen wird („die Methode der bestimmten Negation“ und „die positive Bedeutung der Negation der Negation als absolute Affirmation“, vgl. a.a.O. 41; vgl. ders., Hegel und der spätantike Neuplatonismus. Untersuchungen zur Metaphysik des Einen und des Nous in Hegels spekulativer und geschichtlicher Deutung, Bonn 1999, 423f.), welche die neuplatonische negative Theologie nicht teilt. Insofern kann Hegels knappe Darstellung der Emanationslehre tatsächlich nicht als eine immanente oder treffende Widerlegung der
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Die orientalische und spinozistische Konzeption sieht Hegel schließlich in Leibniz’ Begriff der Monade ergänzt. Die Monade steht dabei eindeutig nicht für die Äußerlichkeit in ihrer Unmittelbarkeit, sondern sie verkörpert nach Hegels Verständnis das „Princip der Reflexion-in-sich“: Sie ist „ein in sich reflectirtes Negatives“, und zwar die „Totalität der Form“, deren „Veränderungen und Bestimmungen […] Manifestationen ihrer selbst“ sind (a.a.O. 378,18– 379,34). Dennoch schreibt ihr Leibniz selbst nur eine „gewisse Vollendung in sich“ zu. Denn das Konzept der Monade wird durch das Faktum ergänzt, dass es mehrere Monaden gibt. Hier soll an das im Zusammenhang von Eins und Vielem Angedeutete erinnert werden, wo der Mangel der leibnizschen Philosophie darauf zurückgeführt wurde, dass sie die Vielheit als eine unmittelbar gegebene aufnimmt bzw., dass sie sich zu dieser wie ein äußerliches Denken verhält.97 Denn die vielen Monaden sind gegenseitig begrenzt, und eine „Harmonie“ in solcher Mannigfaltigkeit ist nur durch eine äußerliche Instanz zu erzielen, welche im Begriff der „absoluten Monade“ oder in der Vorstellung eines Gottes, der „die Quelle der Existenz und des Wesens der Monaden ist“, zu suchen wäre (ebd.). Obwohl also die leibnizsche Philosophie die reflektierende Selbstbestimmung zu ihrem Prinzip macht, fällt sie in anderer Weise als die spinozistische in die Äußerlichkeit des Seins zurück: indem sie nämlich den Modus, das sich äußerlich bestimmende Absolute, zwar auf ein Prinzip zurückführt, aber auf ein äußeres und auf die äußere Gewalt der absoluten Monade. Allen drei Konzepten (dem spinozistischen, orientalischen und Leibniz’schen) ist aus hegelscher Sicht das Versagen gemeinsam, die Reflexion in das Absolute zu integrieren bzw. das Absolute als immanente Selbstbeziehung und in Einheit mit der Mannigfaltigkeit seiner Auslegung zu begreifen. Obwohl sie die Frage nach der Reflexion und dem konsequenten Nachdenken über das Absolute ausdrücklich stellen, bleibt ihnen die eigene Auslegung des Absoluten ein unerfülltes Desiderat.
neuplatonischen negativen Theologie gelesen werden. Nichtsdestotrotz kann Hegels Beobachtung über den Endpunkt der Emanationslehre zwar nicht als eine Kritik, aber als eine treffende Feststellung akzeptiert werden. Denn ‚Emanation‘ weist auf ein vertikales Verständnis des Verhältnisses zwischen dem sich erleuchtenden Licht, das sich ausströmt, und dem Dunklen, das dadurch graduell entsteht, hin. Beharrt man ferner dabei auf der absoluten Transzendenz des Absoluten, wird das Absolute ausdrücklich als von den übrigen Entitäten unvermittelt konzipiert. Auf diese Unvermitteltheit zwischen Aus- und Endpunkt der Emanation reagiert Hegel mit seiner Konzeption eines Absoluten, zu dessen Bestimmung die reflektierte Einheit mit allen Seins- und Wesensbestimmungen gehört. 97 Vgl. episodischen Abschnitt zu II.A.3.
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iii. Episodischer, aber nicht nur episodischer Abschnitt: Das Absolute und die Logik der exoterischen Ebene philosophisch-theologischer Untersuchung der Logik Zweifelsohne liegt das größte Verdienst der Metaüberlegungen, die im Kapitel über das Absolute angestellt werden, in der Forderung, die objektive Logik auch als die Auslegung des Absoluten zu lesen, und somit in der Initiierung der zweiten, esoterischen Ebene philosophisch-theologischer Untersuchung der gesamten Logik. Keineswegs zu vernachlässigen ist aber der Beitrag jener Metaüberlegungen zur Begründung und Erklärung der dritten, exoterischen Ebene der philosophisch-theologischen Untersuchung. Darin findet sich nämlich die erste logisch-immanente Legitimation und Erklärung der in § 85 einleitendend und von der Geistphilosophie systemimmanent erteilten Lizenz, die Logik philosophisch-theologisch zu untersuchen. 98 Bereits im Vorspann zum Kapitel „Das Absolute“ räumt Hegel unmissverständlich ein, dass ein Unterschied besteht zwischen der „eigene[n] Auslegung des Absoluten“, die „nur ein Zeigen dessen [ist,] was es ist“, und einer „formelle[n] unsystematische[n] Dialektik“ (WL: 370,3–19). Die eigene Auslegung des Absoluten fällt mit dem objektivlogischen Verlauf selbst zusammen, insofern ihm das Absolute die Bedeutung zugewiesen hat, seine Auslegung zu sein.99 Im Rahmen dieser Auslegung, die nur dem logisch-begreifenden Verfahren verpflichtet ist, haben Definitionen und Definitionsversuche tatsächlich keinen Platz. Anders verhält es sich aber mit der im Zitat erwähnten formellen, unsystematischen Dialektik. Auch diese stellt zwar eine gewisse Auslegung des Absoluten dar; sie ist aber nicht deckungsgleich mit der Fortbestimmung des Logischen, sondern sie greift „mit leichter Mühe die mancherley Bestimmungen hieher und dorther [auf] und mit eben so leichter Mühe [zeigt sie] einerseits ihre Endlichkeit und blosse Relativität [auf]“ und andererseits spricht sie vom Absoluten „das Innwohnen aller Bestimmungen“ aus (ebd.). Unter diese formelle und unsystematische Dialektik fallen verschiedenartige, nicht zum Projekt der Logik gehörende Auseinandersetzungen mit dem Absoluten, also weitere metaphysische, philosophische, theologische oder religiöse Auffassungen, Untersuchungen von Prädikaten Gottes, die aus dem Bereich des Realen stammen – kurzum: die Definitionsversuche und Konzepte aus der Phi-
98
Vgl. I.C. und die sich daran anschließenden Vorbemerkungen. „In ihrer wahrhaften Darstellung ist diese Auslegung das bisherige Ganze der logischen Bewegung der Sphäre des Seyns und des Wesens, deren Inhalt nicht von aussen als ein gegebener und zufälliger aufgerafft, noch durch eine ihm äussere Reflexion in den Abgrund des Absoluten versenkt worden, sondern sich an ihm durch seine innere Nothwendigkeit bestimmt und als eignes Werden des Seyns, und als Reflexion des Wesens in das Absolute als in seinen Grund zurückgegangen ist.“ (WL: 371,37–372,4.) 99
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losophie des absoluten Geistes, welche die Logik allesamt nebenbei, im Rahmen von Anmerkungen, und das vorliegende Buch in ‚episodischen Abschnitten‘ berücksichtigt. Die soeben zitierte Stelle deutet zudem an, dass die formelle und unsystematische Auslegung des Absoluten, die keineswegs im Mittelpunkt der Logik steht, wie die eigene Auslegung des Absoluten, einerseits eine positive und andererseits eine negative ist. Der Unterschied zur spekulativ-systematischen eigenen Auslegung des Absoluten liegt aber darin, dass die unsystematische Auslegung „diese Positionen und jene Negationen zu [keiner] wahrhaften Einheit erheben“ kann (ebd.). Und tatsächlich identifiziert jeder Definitionsversuch und jedes Konzept aus der Philosophie des absoluten Geistes das Absolute mit einer logischen Bestimmung (positive Auslegung). Es sind aber gleich die nächste Definition und das nächste Konzept, die dieser Identität widersprechen, und die somit die Vielheit der Definitionsversuche bzw. Konzepte (als solche betrachtet) zu einem zusammenhanglosen Aggregat macht. So ist es die Form der Definition, die das definitorische Unternehmen zu einer bloß formellen und unsystematischen Auslegung verdammt. Hinsichtlich des Inhalts, d.h. des jeweiligen Definiens, und insofern dieser Inhalt bzw. dieses Definiens als eine Denkbestimmung in der Logik abgehandelt wird, können die Definitionen in einem systematischen Ganzen aufgefasst werden. Das fällt aber außerhalb des Aufgabenbereichs von Definieren selbst. Auf diesen episodischen Charakter des definitorischen Unternehmens im Anschluss an den logischen Prozess und zugleich von ihm abweichend, wird ferner in § 85 mit der Formulierung hingewiesen, dass die logischen Bestimmungen als Definitionen des Absoluten ‚angesehen werden können‘. Diesbezüglich liefert das Kapitel über das Absolute eine Erklärung für die Frage, wer die logischen Bestimmungen so ansehen kann und warum dies möglich ist. Im Vorspann zu diesem Kapitel bemerkt Hegel, dass die formelle und unsystematische Auslegung des Absoluten, unter welche auch die Definitionsversuche fallen, „der äussern Reflexion angehört“ (WL: 370,9). Dabei ist es entscheidend, diese äußere Reflexion und die oben ins Zentrum der Analyse des Absoluten gestellte Reflexion ausdrücklich auseinanderzuhalten. Hierbei nämlich handelt es sich um die Reflexion, welche durch die „Endlichkeit und blosse Relativität“ in Bezug auf „die Totalität“ der logischen Bestimmungen bestimmt ist, die das Absolute auslegt (a.a.O. 370,12f.). Das ist offenbar nicht die Reflexion, welche die Dialektik des Äußeren und Inneren durchlaufen hat und in ihrem Verhältnis zum Absoluten äußerlich und ipso facto innerlich ist, d.h. nicht die äußere Reflexion, die sich als unmittelbar oder auch vermittelt identisch mit der inneren ergeben hat; also nicht die Reflexion des Absoluten. Vielmehr handelt es sich um die Reflexion im Sinne der anfänglichen wesenslogischen Bestimmung, die auf die setzende Reflexion folgt und noch keine bestimmende Reflexion ist. Die Bestimmung der so aufgefassten äußeren Reflexion liegt lediglich darin, etwas, was ebenfalls durch Reflexion gesetzt worden ist,
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unmittelbar vorauszusetzen. Sie „findet“ nämlich ihr unmittelbares Setzen „vor, als ein solches von dem sie anfängt, und von dem aus sie erst das Zurückgehen in sich, das Negiren dieses ihres Negativen ist“ (a.a.O. 253,9f.). Solch äußere Reflexion mag an sich auch die innere Reflexion des Absoluten sein. Da sie sich aber die Dialektik des Äußeren und Inneren noch nicht errungen hat, verfügt sie noch nicht über dieses Wissen. Wenn die Reflexion also das Absolute unter dieser Prämisse mit einer logischen Bestimmung in Verbindung bringt, so weist sie lediglich auf die logische Tatsache als eine äußere hin, dass die jeweilige logische Bestimmung und das Absolute zusammengehören: Solche Reflexion hat sich noch nicht in Einheit mit jeder logischen Bestimmung und dem Absoluten erkannt. Es handelt sich um eine äußerliche Widerspiegelung bzw. Übertragung in Reflexionsbestimmungen von Momenten der eigenen Auslegung des Absoluten ohne Berücksichtigung von ihrer inneren Systematik. Die Frage nach dem Subjekt also, das die logischen Bestimmungen als Definitionen Gottes ansehen kann, lässt sich mit dem Verweis auf den Leser der Logik beantworten, der von dieser unterschieden ist und sie für seine reflexive Tätigkeit voraussetzt. Gemeint ist sogar genau derjenige Leser, der entweder die logische Fortbestimmung bis hin zum Begriff des Absoluten nicht nachvollzogen hat, und sich selbst somit nicht als in einer Einheit mit dem Absoluten oder als die Reflexion des Absoluten begreift; oder sich zeitweise einfach dafür entscheidet, einen anderen als den in der Logik empfohlenen Denkakt zu vollziehen und etwa logische Bestimmungen mit außerlogischen Absolutheitsauffassungen zu vergleichen. Das ‚Wie‘ dieses Denkakts bzw. des ‚Ansehens‘ nach der Formulierung von § 85 ist dem Belieben des Lesers überlassen und wird im Kapitel „Das Absolute“ nicht näher bestimmt. Fest steht nur, dass ein solcher Akt vom begreifenden Denken abweicht, sich von ihm nach der Art der äußeren Reflexion abgegrenzt und insofern ein endlicher ist. ‚Definieren‘ – nicht zuletzt in seiner paronymischen Bedeutung oder als ‚Urteilen‘ aufgefasst100 – ist dafür sicherlich eine treffende Bezeichnung. Was ferner die Frage betrifft, warum die logischen Bestimmungen als Definitionen des Absoluten angesehen werden können, so haben die Metaüberlegungen über die Auslegung des Absoluten die Antwort besonders leicht gemacht: Wenn die objektive Logik ohnehin rein logische Absolutheitskonzeptionen hervorbringt und die objektivlogischen Bestimmungen insgesamt Momente dieser Konzeptionen sind, dann darf es einen nicht wundern, dass solche Bestimmungen auch äußerlich in Verbindung mit dem Absoluten gebracht werden. Die objektivlogischen Bestimmungen können nämlich als Definitionen des Absoluten angesehen werden, weil sie bereits aus logisch-immanenter Sicht teilweise Abbilder, teilweise Manifestationen des Absoluten sind. Sie dürfen sogar so angesehen werden, weil es die Logik selbst ist, die dies im 100
Vgl. I.C.1.
Das Absolute
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Kapitel „Das Absolute“ als Teil ihres immanenten Verlaufs (und nicht nur in einer einleitenden Partie wie § 85) zulässt. Die in Anmerkungen erwähnten Definitionen des Absoluten sind zwar Einfälle, worauf der Leser der Logik gelegentlich kommt oder andere Denker in der Philosophiegeschichte nachweislich gekommen sind; sie sind aber nicht auf die bloße Willkür des außerlogischen Subjekts zu reduzieren. Vielmehr fußen sie systematisch auf dem Logischen selbst und spiegeln dessen Bedeutung als Auslegung des Absoluten wider. Solche Einfälle des Lesers widersprechen nicht etwa dem logisch-immanenten Verlauf, sondern begleiten ihn episodisch und ergänzen ihn in einem exoterischen Sinne. So müssen sie sogar als Ausdruck der sich als richtig erwiesen habenden Intuition betrachtet werden, dass die Wissenschaft der Logik Substantielles zur philosophischen Theologie beizutragen hat – eine Intuition, die in der Hegelrezeption weitverbreitet ist und den Anlass auch für die vorliegende Untersuchung bot. Wenn ferner das Logische nicht bloß zufälligerweise mit der exoterischen Ebene philosophisch-theologischer Untersuchung der Logik zusammenhängt, sondern dieser wesentlich zugrunde liegt, so lassen sich auch in inhaltlicher Hinsicht gewichtige Rückschlüsse sowohl auf die bisherige als auch auf die noch ausstehende exoterische Untersuchung ziehen. Anhand der Metaüberlegungen bezüglich der Auslegung des Absoluten zeichnet sich nämlich eine Ordnung, ja ein Rangverhältnis unter den möglichen Definientia und den diversen Definitionsversuchen ab. So bestätigen zum einen jene Metaüberlegungen aus logisch-immanenter Sicht die Vorankündigung des Vorspanns zur Wesenslogik, der wesenslogischen Prozess werde insgesamt Definientia des Absoluten liefern, die denjenigen der Seinslogik überlegen seien.101 Denn während die an seinslogische Bestimmungen anknüpfenden Definitionsversuche das ansichseiende Absolute und das Wesen der absoluten Einheit von Sein und Wesen nur bedingt zum reflektierten Ausdruck bringen, heben die an wesenslogische Bestimmungen anknüpfenden Definitionsversuche das fürsichseiende Absolute und die absolute Einheit von Sein und Wesen mit dem expliziten Hinweis auf das Wesen hervor. Zum anderen bedeutet die Zweiteilung der objektiven Logik in unvollendete und vollendete Auslegung des Absoluten die Überlegenheit der Definitionsversuche, die sich aus dem dritten Abschnitt der Wesenslogik speisen, gegenüber allen Vorangegangenen. So sind etwa erst vom dritten Abschnitt der Wesenslogik solche Definitionsversuche zu erwarten, die das unmittelbar unbegrenzte fürsichseiende Absolute und diejenige absolute Einheit von Sein und Wesen zum Ausdruck bringen, als welche sich diese Einheit zeigt oder manifestiert, ohne sich unmittelbar zu verzerren. In diesem Sinne liegt der Beitrag der logischen Bestimmung des Absoluten zur Logik der exoterischen Ebene philosophisch-theologischer Untersuchung der Logik darin, deren Inhalte pauschal zu gruppieren und dadurch eine erste Hierarchie zu 101
Vgl. II.A.6.iii.
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Kapitel II: Der werdende absolute Begriff
markieren: Die Gruppe der wesenslogischen Definitionsversuche und theologischer Auffassungen steht höher als die der seinslogischen, während wiederum die Definitionsversuche und theologische Auffassungen aus dem dritten Abschnitt der Wesenslogik auf dem höchsten Platz der gesamten objektiven Logik rangieren. Allerdings schließt die logische Bestimmung des Absoluten nicht aus, dass der logische Prozess eine neue logische Bestimmung ergeben wird, die eine weitere, noch höhere Gruppierung von Inhalten der exoterischen Ebene, etwa die der begriffslogischen, für die gesamte exoterische Ebene philosophischtheologischer Untersuchung der Logik erforderlich machen wird. Das Absolute als die absolute Identität von Sein und Wesen, bei welcher das konkrete Prinzip und Element der begreifenden Fortbestimmung des Logischen noch nicht aufgegangen ist 102, scheint das sogar zu fordern. Was solch eine weitere logische Bestimmung im Hinblick auf die objektivlogischen Definitionsversuche noch zu leisten hätte, ist jedenfalls, diese konkret und im Einzelnen, etwa in Triaden zu ordnen. Denn das Absolute legitimiert zwar die genannten Klassen von Definitionsversuchen, lässt aber noch offen, ob bzw. nach welchem Kriterium die Definitionsversuche innerhalb der jeweiligen Klasse hierarchisiert sind. Den oben103 antizipierten logisch-immanenten Nexus zwischen – nicht dem Logischen überhaupt, sondern – der Methode logischen Erkennens und den Definitionsversuchen gilt es systematisch noch einzuholen. Dass der logische Verlauf mit dem Absoluten noch nicht die Methode logischen Erkennens festgestellt hat, sondern nur die Zusammengehörigkeit von Sein und Wesen als eine innere Notwendigkeit und nicht weiter ergründete absolute Identität, zählt schließlich zu den wichtigsten Aspekten des Beitrags des Absoluten zum Verständnis der Logik der exoterischen Ebene philosophischtheologischer Untersuchung der Logik. Denn dieses logische Defizit kommt allen aus der objektiven Logik stammenden Definientia zu und fasst alle entsprechenden Definitionsversuche in einer einzigen Gruppe zusammen. Der allgemeine Charakter dieser Definitionsversuche nämlich, die nach dem jetzigen logischen Standpunkt ausdrücklich darin bestehen, Abbilder und Manifestationen der absoluten Identität von Sein und Wesen, des absoluten logischen Kerns philosophischer Theologie, also der Absolutheitskonzeption des maximal reflektierten Seienden hervorzubringen, ist der der Ontotheologie. Alle auf der exoterischen Ebene bisher betrachteten oder im Rahmen der objektiven Logik noch zu betrachtenden Definitionsversuche und alle bestimmten philosophischen bzw. theologischen Auffassungen gehören als ontotheologische Variationen zusammen. Gravierend ist diese Bemerkung hinsichtlich des in der Hegelrezeption sehr verbreiteten und in I.A. mehrfach konstatierten Dilemmas zwischen ‚rechts‘ 102 103
Vgl. II.B.4.ii. Vgl. I.C.2. und 3.
Die vollendete Auslegung des Absoluten
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und ‚links‘ bzw. des angeblichen Theismus und Atheismus Hegels. Denn Ontotheologie scheint die minimale von Theismus und Atheismus geteilte Bedingung zu sein: Streitet man darüber, ob es ein persönliches Wesen oder Seiendes gibt, das allem Sein und Wesen überlegen ist, so ist man im Voraus darüber einig, dass Gott ein gewisses Wesen oder Seiendes ist. Diese Voraussetzung teilen zumindest alle bisher betrachteten Definitionsversuche und philosophisch-theologischen Auffassungen sowie die in I.A. berücksichtigten theistischen und atheistischen Deutungen hegelschen Denkens. Wenn also Hegels philosophische Theologie im Rahmen der Wissenschaft der Logik die Ontotheologie als Ganzes überwindet, so würde sie ipso facto auch allen Theismus und Atheismus umgehen. Dann wäre genau die Bestimmung dieser Überwindung der systematische Ort, an dem nach Hegels Generaleinwand gegen alle genannten Deutungen zu suchen wäre. Ob die Überwindung von Ontotheologie das Theismus-Atheismus-Dilemma nicht nur umgeht, sondern vielleicht sogar eine dieser Positionen widerlegt, bleibe an dieser Stelle zunächst dahingestellt. Jedenfalls betrifft die vermutete Überwindung der Ontotheologie nur die Auffassung, Gott sei ein persönliches Wesen oder Sein, und nicht die Persönlichkeit überhaupt. Der Ausweg aus dem Theismus-Atheismus-Dilemma kann nämlich aus der jetzigen Perspektive durchaus in der Feststellung der rein logischen Struktur von Persönlichkeit oder Subjektivität bestehen, ohne zugleich Existenz-Ansprüche zu erheben. Dabei ist – wie bereits beim Etwas registriert wurde, was der „Anfang“, noch lange nicht aber die Vollendung „des Subjects“ ist (SL: 103,23, vgl. den episodischen Abschnitt zu I.A.2) – die Analyse des Begriffs als solchen, d.h. des ersten Kapitels des Abschnitts, der die Überschrift „Die Subjektivität“ trägt, vielversprechend. Das gilt es aber alles noch zu untersuchen.
C. Die vollendete Auslegung des Absoluten Die vollendete Auslegung des Absoluten
1. Wirklichkeit i. Die logische Bestimmung ‚absolute Notwendigkeit‘ Im Anschluss an die unmittelbare Identität der entgegengesetzten Bestimmungen von Äußerem und Innerem wurde das Absolute zunächst als diejenige Totalität aufgefasst, welche Äußeres und Inneres als miteinander vermittelt in sich aufgehoben hat. Mit dem Modus des Absoluten wurde dieselbe vermittelte Identität alsdann in ihrem Verhältnis zu der von ihr unterschiedenen Mannigfaltigkeit fortbestimmt. Daran anknüpfend soll nun das Kapitel „Die Wirklichkeit“ genau dieses Verhältnis weiterbestimmen. Die beiden Relata des im jetzigen Kapitel zu exponierenden Verhältnisses sind somit einerseits die SeinWesen-Totalität in der Formbestimmung der Identität und andererseits ebenfalls die Sein-Wesen-Totalität, aber als die Mannigfaltigkeit von Seins- und
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Kapitel II: Der werdende absolute Begriff
Wesensbestimmungen. ‚Inneres‘ steht also nicht mehr wie zu Beginn des Kapitels „Das Absolute“ für das Wesen mit der Bestimmung, wesentlich auf das Sein angewiesen zu sein. Und umgekehrt steht ‚Äußeres‘ auch nicht bloß für das ganze Sein mit der Bestimmung, wesentlich auf das Wesen angewiesen zu sein. Vielmehr bedeutet nun ‚Inneres‘ die Sein-Wesen-Totalität in der Bestimmung der Identität, die sich auf dieselbe Totalität in der Bestimmung des Unterschieds bezieht, während diese Totalität in der Bestimmung des Unterschieds und als auf das jetzige Innere wesentlich bezogen fürs ‚Äußere‘ steht. Terminologisch legt Hegel diese neuen logischen Bestimmungen als Möglichkeit und Wirklichkeit (im engeren Sinne) fest (vgl. WL: 381,9–14).104 Die „Beziehung beyder auf einander“, und somit die Nachfolgerbestimmung des Verhältnisses, das mit ‚Modus des Absoluten‘ zum Ausdruck gebracht wurde, heißt Notwendigkeit (ebd.). So gilt es im Kapitel „Die Wirklichkeit“, das Zusammenspiel von Wirklichkeit und Möglichkeit bzw. verschiedene Weisen von Notwendigkeit logisch zu erforschen. Nach dem hier Gesagten unterscheiden sich Wirklichkeit und Möglichkeit voneinander nicht hinsichtlich ihres Inhalts und ihrer Totalität, sondern nur hinsichtlich ihrer Formbestimmung; sie sind – im Anschluss an den Modus des Absoluten – lediglich zwei nebeneinander gesetzte „formelle Unterschiede“ und „ihre Beziehung [ist] gleichfalls nur formell“ (a.a.O. 381,15f.). Der Inhalt von Wirklichkeit und Möglichkeit besteht allein in den zahlreichen seins- und wesenslogischen Differenzierungen und ist für ihre Beziehung aufeinander belanglos. Anders gewendet: Wirklichkeit und Möglichkeit sind angesichts ihrer anfänglichen Beziehung aufeinander inhaltsleer. So betrachtet können sie aber nach Belieben getauscht werden: Ihre Einheit ist als ein „unmittelbares Umschlagen“ der einen in die andere zu verstehen, d.h. als die „absolute Unruhe [ihres] Werdens“ (a.a.O. 385,20; 384,31). Daran legt Hegel den Begriff von Zufälligkeit fest: Das ist nämlich die Gedankenbestimmung, dass sich Wirkliches und Mögliches voneinander nicht inhaltlich unterscheiden und jedes genauso gut das Andere sein kann, oder dass alles Wirkliche „nur als möglich bestimmt [ist und] dessen Anderes oder Gegenteil eben so sehr ist“ (a.a.O. 383,37f.). Hegel nennt die Zufälligkeit paradoxerweise Notwendigkeit, weist aber darauf hin, dass es sich dabei die bloß formelle Notwendigkeit handelt,
104 Zur Plausibilisierung der Deutung, dass es sich bei ‚Möglichkeit‘ und ‚Wirklichkeit‘ um die logischen Nachfolger von Innerem und Äußerem handelt, kann man sich auf die schematisierende Fassung der enzyklopädischen Logik berufen. Die enzyklopädische Fassung, obwohl sie das Konzept von „erster“ und „reflektierter“ Wirklichkeit bzw. Zufälligkeit weitgehend neu betrachtet, ist hinsichtlich der Nachfolgerschaft von Äußerem bzw. Innerem mit der großen Logik durchaus kompatibel: „In der Tat ist die Möglichkeit die leere Abstraktion der Reflexion-in-sich, das, was vorhin das Innere hieß, nur daß es nun als das aufgehobene, nur gesetzte, äußerliche Innre bestimmt und so allerdings als eine bloße Modalität, als unzureichende Abstraktion […] auch gesetzt ist.“ (§ 143 A, vgl. §§ 144; 145.)
Die vollendete Auslegung des Absoluten
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die allein die Bezogenheit überhaupt und keine bestimmte Beziehung von Wirklichkeit und Möglichkeit ausdrückt. Eine Bestimmtheit und einen Inhalt, die sich von der bisher erreichten SeinWesen-Totalität unterscheidet und sich ausschließlich aus ihrer Beziehung ergibt, erhalten Wirklichkeit und Möglichkeit, sobald die Zufälligkeit als gesetzte und Wirklichkeit und Möglichkeit erneut in Bezug auf sie betrachtet werden. Dadurch werden Wirklichkeit, Möglichkeit und ihre Beziehung aufeinander „relativ“, „bestimmt“ und „real“ (a.a.O. 385–389). Es handelt sich nicht mehr um die abstrakte Einheit, die bloß formelle Notwendigkeit, dass Wirklichkeit und Möglichkeit überhaupt ineinander umschlagen müssen. Vielmehr handelt es sich um den Gedanken, dass auch zufällig bestimmtes Wirkliches und Mögliches ineinander umschlagen müssen. Nicht die ganze Wirklichkeit und Möglichkeit sind dabei gemeint, sondern Teile derselben, die vom Zufälligen eingeschränkt sind, bzw. dieses zu ihrer „Voraussetzung“ und ihrem „Ausgangspunkt“ haben (a.a.O. 388,21f.). Solche Notwendigkeit stellt „irgend eine beschränkte Wirklichkeit“ dar, d.h. ausdrücklich kein absolutes, sondern ein partielles und auf Andere relatives Notwendiges, das „um dieser Beschränktheit willen in anderer Rücksicht auch nur ein Zufälliges ist“ (a.a.O. 389,6f.).105 In diesem Sinne bezeichnet Hegel sie als relative oder reale Notwendigkeit und gibt die logische Bestimmung von ‚Notwendigkeit‘ an, die dem Alltagssprachgebrauch daher am nächsten liegt, weil sie Wirklichkeit und Möglichkeit der einzelnen Dinge der Erfahrung logisch erfasst: die logische Bestimmung von Wahrscheinlichkeit, die relativ hoch sein kann, niemals aber eine allumfassende oder absolute Notwendigkeit ausdrückt.
105
D. Henrich setzt in einem aufschlussreichen Aufsatz Zufälligkeit und relative Notwendigkeit gleich, und zwar so, dass er die Zufälligkeit als die relative Notwendigkeit interpretiert: „Zufälligkeit ist die Weise, in der Möglichkeit als realisierte gesetzt ist. Etwas, das nur möglicherweise existiert, ist, wenn es wirklich ins Dasein tritt, mit Rücksicht auf diese bloße Möglichkeit zufälligerweise wirklich geworden. Also ist das wirklich gewordene Mögliche insofern zufällig, als der Bereich des Möglichen den des Realisierten umgreift. Die Wirklichkeit hat aber wiederum einen eigenen selbst wirklichen Bereich ihrer Möglichkeit, den ihrer Bedingtheit, aus dem sie hervortritt, wenn er vollständig gesetzt ist. In Beziehung auf die Bedingungen, die selbst schon wirklich sind, ist das im ersten Sinne Zufällige notwendig.“ (Dieter Henrich, Hegel im Kontext, Mit einem Nachwort zur Neuauflage, Frankfurt a. M. 2010, 163. Hervorhebung von mir) Die Beziehung zwischen diesen zwei Bereichen und das Gesetztsein aber, welche Henrich übrigens ohne konkrete Verweise auf den hegelschen Text thematisiert, befinden sich nicht im Einklang mit Hegels eigener Konzeption von Zufälligkeit als eines inhaltlosen, lediglich „unmittelbare[n] Umschlagen[s]“ und als der „absolute[n] Unruhe [des] Werdens“ bloßer Formbestimmungen (WL: 385,20; 384,31). Dieses Abstrahieren von der genuinen Bestimmung der Zufälligkeit hat wiederum, wie gleich zu sehen sein wird, wichtige Folgen für Henrichs Auffassung der hegelschen absoluten Notwendigkeit.
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Kapitel II: Der werdende absolute Begriff
Bereits diese knappe Erörterung der realen Notwendigkeit legt offen, dass sie und deren Voraussetzung, die Zufälligkeit, keineswegs schlechthin entgegengesetzt sind. Hegels lakonische Argumentation beim Fortgang in die dritte Weise der Notwendigkeit läuft darauf hinaus, die Voraussetzung der realen Notwendigkeit als „ihr eigenes Setzen“ zu erweisen (a.a.O. 390,7) und insofern das, was vorher in Abgrenzung zu der Zufälligkeit eine Inhaltsbestimmtheit bildete, in einer übergreifenden Einheit wieder versinken zu lassen, der es aber nicht mehr an Inhalt mangelt wie der formellen Notwendigkeit. Es handelt sich nämlich um eine Erweiterung der logischen Bestimmung von Notwendigkeit, welche alles, was ist und sein kann, d.h. alle Teile der Wirklichkeit (im umfassenden Sinne), als ihren eigenen mannigfaltigen und dennoch ideellen Inhalt umfasst. Auch hier ereignet sich ein „Werden“ und „einfache[s] Umschlagen“ des Wirklichen in Mögliches und umgekehrt (a.a.O. 390,4; 9); nicht jedoch aufgrund einer Leere, sondern aufgrund der Idealität des Inhalts dieser Momente. In diesem Sinne ist die jetzige Stufe in sich vollständig und uneingeschränkt, d.h. die absolute Notwendigkeit, welche die mannigfaltigen inhaltlichen Unterschiede der Wirklichkeit und Möglichkeit als selbst notwendig in sich aufhebt. Als Ganzes betrachtet bildet also die absolute Notwendigkeit die Beziehung der gesamten Wirklichkeit und Möglichkeit als eine im Hinblick auf alle objektivlogischen Differenzierungen inhaltsvolle Einheit, die auf keine Bedingung außer sich verweist. Auf einen Satz reduziert heißt diese selbstgenügsame Einheit: Das schlechthin Notwendige ist, „weil es ist“ (a.a.O. 391,15). Durch die Akzentverschiebung auf das ‚ist‘ drückt diese Formulierung die Beziehung von Wirklichkeit und Möglichkeit als ein seinslogisches Übergehen, als das bloß Faktische und Zufällige, die grundlose Unmittelbarkeit aus. Durch die Akzentverschiebung auf das ‚weil‘ hingegen deutet der Satz dieselbe Beziehung als eine reflektierte an, die nicht zufällig, sondern in sich begründet ist bzw. sich selbst zum Grund hat. In diesem Sinne stellt der Gedanke der absoluten Notwendigkeit die abgeschlossene Identität von Grund und Unmittelbarkeit dar. Als ein Ganzes aus Teilen betrachtet stellt die absolute Notwendigkeit eine „seyende Mannichfaltigkeit“ dar, „welche die Gestalt von selbstständigen Anderen gegen einander hat“ (a.a.O. 391,21f.). Sie besteht nämlich in diversen Unterschieden, welche als reflektierte Entitäten gleichermaßen seins- und wesenslogisch konstituiert sind. Im Hinblick auf die erreichte Einheit von Wirklichkeit und Möglichkeit aber, die ihren Inhalt als ideell in sich aufgehoben hat, sind all diese Unterschiede bestimmt, fortwährend in Wirklichkeit wie in Möglichkeit umzuschlagen. In ihren Teilen manifestiert sich also die absolute Notwendigkeit als ein unstillbares Werden, welches sich von den reflektierten Bestimmungen der seienden Unterschiede unbeeinflusst vollzieht. Die Reflexion stellt nämlich ihre Unzulänglichkeit fest, die vorhandene Mannigfaltigkeit adäquat wiederzugeben und tritt in die Äußerlichkeit des Seins zurück. Schien
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zuvor die reale Notwendigkeit eine relative Einsicht in die Komplexität der Wirklichkeit zu ermöglichen, so muss dagegen die absolute Notwendigkeit als „blind“ apostrophiert werden (a.a.O. 391,25). Denn bereits jene Einsicht war eben nur eine relative, und die absolute Notwendigkeit insistiert darauf, dass es um zufällig bestimmte Wirkliche und Mögliche geht, die ineinander umschlagen, sodass alle Aussagen über die Notwendigkeit einzelner Fälle nur gelegentlich zutreffen können. Durch die Einholung der Zufälligkeit in die Notwendigkeit weist die jetzige Gedankenbestimmung darauf hin, dass es letzten Endes zufällig ist, ob eine Erklärung eines bestimmten Falls von Werden stimmt oder nicht. Zwar bedeutet die absolute Notwendigkeit keinen bloßen Rückfall in die Zufälligkeit. Sie stellt aber eine neue Art von Zufälligkeit dar106, nämlich die Ansicht, dass das notwendige Werden von bestimmten Wirklichen und Möglichen nur partiell erklärbar bzw. als Ganzes unerklärlich ist. Die Novität der absoluten Notwendigkeit besteht genau in der Feststellung dieser Unerklärlichkeit, deshalb markiert Hegel sie auch besonders pointiert und ausführlich (vgl. a.a.O. 391,18–392,25): Wirklichkeit und Möglichkeit als die Nachfolger des Äußeren und Inneren bzw. als die Sein-Wesen-Totalität in der Bestimmung des Äußeren und des Inneren, verhalten sich zueinander auf diesem Standpunkt des logischen Prozesses nicht als ein Scheinen ineinander oder Erscheinen, wie es in den ersten zwei Dritteln der Wesenslogik üblich war. Es ist nämlich nicht die Möglichkeit, welche als die Reflexion-in-sich die Wirklichkeit begründet oder bestimmt, oder umgekehrt. Sie verhalten sich aber auch nicht zueinander nach der Art der Seinslogik als ein Übergehen ineinander. Denn beim Übergehen verliert sich die erste Bestimmtheit in der zweiten; die absolute Notwendigkeit aber ist als das Zusammenspiel ihrer beiden Momente aufgefasst. Vielmehr schlagen die bestimmte Möglichkeit und Wirklichkeit als Ganze und in logisch gleicher Weise ineinander um und bilden somit gleichrangige Momente in der gemeinsamen Beziehung. Auch die Möglichkeit figuriert dabei nicht als ein bloß Inneres, sondern als eine weitere Wirklichkeit; und insofern bezeichnet Hegel diese beiden Momente als zwei „freye Wirklichkeiten, deren keins im andern scheint, keins eine Spur seiner Beziehung auf das Andere an ihm zeigen will“ (a.a.O. 391,28f.). Dies ist jedoch sicherlich nicht als eine Eliminierung der Beziehung selbst, der „Berührung dieser Wirklichkeiten durch einander“ (a.a.O. 391,31), zu verstehen. Hegels Pointe ist hier vielmehr, dass die Beziehung dieser Wirklichkeiten aufeinander besteht, obwohl ihre Natur und genaue Weise auf dem Standpunkt der absoluten Notwendigkeit unerklärbar ist: Die zwei Sein-Wesen-Totalitäten müssen sich bloß irgendwie aufeinander beziehen; ihre Beziehung erscheint ihnen „als eine leere Aeusserlichkeit“ (a.a.O. 391,32), die sich einfach ereignet. Nun macht solche Äußerlichkeit, indem sie die Möglichkeit
106
„Aber diese Zufälligkeit ist vielmehr die absolute Notwendigkeit“ (WL: 391,38).
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und Wirklichkeit neu bzw. als freie Wirklichkeiten bestimmt, zugleich ihr Wesen aus. Als unerklärlich und äußerlich zeigen sich Wirklichkeit und Möglichkeit nicht nur, sofern sie unmittelbar betrachtet werden. Vielmehr sind sie das – so viel wird auf dem logischen Standpunkt der absoluten Notwendigkeit festgestellt – auch wesentlich. Die Gedankenbestimmung ‚absolute Notwendigkeit‘ schreibt nämlich der inhaltlich mannigfaltig bestimmten Wirklichkeit und Möglichkeit vor, ohne weiteren Grund ineinander umzuschlagen; und diese sind, was sie sind, nur indem sie dieses Umschlagen ausführen. In diesem Sinne stellt die absolute Notwendigkeit „das Wesen jener freyen, an sich nothwendigen Wirklichkeiten“ dar (a.a.O. 391,39).107 Allerdings schreibt die jetzige logische Bestimmung nichts Näheres als diese Notwendigkeit des Umschlagens und Werdens vor. Erkannt worden ist, dass Wirklichkeit und Möglichkeit über ein gemeinsames Wesen verfügen, nicht aber, was es genau ist. An diesen zwei freien Wirklichkeiten ist „kein Scheinen, kein Reflex“ (a.a.O. 392,1f.), das die konkrete Beschaffenheit solchen Wesens zu erkennen geben würde. Das hier konstatierte Wesen ist daher, so Hegels prägnante Wortwahl, „das Lichtscheue“ (ebd.). Absolute Notwendigkeit ist also eine abstrakte Gedankenbestimmung, die die vorgefundene Zufälligkeit und relative Notwendigkeit für absolut erklärt, bezüglich deren Verdeutlichung aber lediglich auf die Unzulänglichkeit des bisher gewonnenen logischen Instrumentariums verweist. Sie bildet vielmehr bloß das Plädoyer für eine allumfassende, vollkommene Notwendigkeit, statt diese tatsächlich zu begreifen. In ihren Umfang fällt weder das Wissen dessen, was sie ist, noch ihr eigener Zweck, nach welchem alle Wirklichkeiten bestimmt werden sollen. Sie deklariert einen überhaupt alles durchdringenden Zusammenhang, den sie aber nicht begreift und insofern erweist sie sich selbst als blind und demonstriert den logischen Bedarf einer höheren Gedankenbestimmung, welche das angekündigte Wesen konkreter auffassen soll. 108 107 Hier sei explizit darauf hingewiesen, dass Hegel nicht das Wesen überhaupt oder die wesenslogischen Bestimmungen als Ganzes meint, sondern die absolute Notwendigkeit als das Verhältnis und Dritte nach den Momenten von Wirklichkeit und Möglichkeit. Die absolute Notwendigkeit erfüllt nämlich im Unterschied zu ihren Momenten die Funktion des verborgenen Wesens ihrer Momente, die sie als freien Wirklichkeiten bestimmt. 108 D. Henrich hebt hervor, dass die absolute Notwendigkeit das „Selbstsetzen ihrer vorausgesetzten Bedingungen ist“ (Dieter Henrich, Hegel im Kontext, Mit einem Nachwort zur Neuauflage, Frankfurt a. M. 2010, 165). Dieses Selbstsetzen versteht er aber als eine bestimmte Realität, etwa als einen Akteur oder ein Ding, das sich in Bezug auf eine vorhandene Zufälligkeit realisiert, bzw. die vorhandene und von diesem Ding selbst unterschiedene Zufälligkeit als seine eigene Bedingung setzt: „Als notwendig erweist sich eine Wirklichkeit gerade darin, daß sie aus jeder beliebigen Bedingtheit hervorgeht; und so sind die Bedingungen, die solche Notwendigkeit sich selbst setzt, ebenfalls je beliebige, willkürliche“ (a.a.O. 164. Hervorhebung von mir). In diesem Sinne versteht Henrich die absolute Notwendigkeit parallel zum griechischen Konzept von νέμεσις und δίκη – wohlgemerkt nicht von εἱμαρμένη bzw. πεπρωμένον –, während beide (νέμεσις und δίκη) für nur eine bestimmte Instanz in der
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ii. Die absolute Notwendigkeit in der Perspektive der rein logischen Absolutheitskonzeption ‚das Absolute‘ Gemäß den Metaüberlegungen des Kapitels „Das Absolute“ ist man gefordert, die Wirklichkeit und par excellence deren Vollendung, die absolute Notwendigkeit, in Verbindung mit jener rein logischen Absolutheitskonzeption zu bringen und als Momente der vollendeten Auslegung bzw. Manifestationen und Modi des Absoluten zu lesen. 109 Diese Forderung erneuern expressis verbis nicht zuletzt die Vorspanne sowohl zum ganzen dritten Abschnitt der Wesenslogik als auch zum jetzigen Kapitel „Die Wirklichkeit“. Jener charakterisiert die logischen Materialien, mit welchen das Kapitel „Die Wirklichkeit“ arbeitet, die „Wirklichkeit, Möglichkeit, und Notwendigkeit“, programmatisch als „die formellen Momente des Absoluten, oder die Reflexion desselben“ (WL: 369,24–26). Im zweitgenannten Vorspann andererseits wird die Wirklichkeit im direkten Anschluss an das Absolute eingeführt (vgl. a.a.O. 380,3– 17) und „als diese reflektierte Absolutheit“ akzentuiert, nämlich „als die Manifestation“, welche auch „das Absolute“ ist (a.a.O. 380,18f., vgl. 381,1–5). Was für Manifestationen sind also die Zufälligkeit, die relative und die absolute Notwendigkeit und inwiefern ist es das Absolute, dass sich durch sie zeigt? Hiermit soll nun die philosophisch-theologische Untersuchung der Logik auf ihrer zweiten, esoterischen Ebene weitergeführt und die Frage beantwortet werden, was der jetzige Standpunkt zur rein logischen Erforschung der theologischen Fundamentalbegrifflichkeit beiträgt. Am spannendsten ist dabei die logische Bestimmung der absoluten Notwendigkeit, welche Hegel als „die Reflexion oder Form des Absoluten“ hervorhebt (a.a.O. 391,18). Was zunächst die Zufälligkeit betrifft, so stellt sie in der Tat eine Manifestation der Sein-Wesen-Totalität dar, und zwar eine fürsichseiende, weil in ihrem Rahmen Wirklichkeit und Möglichkeit ineinander umschlagen. Da sich aber diese zwei Momente nur ihrer Form nach voneinander unterscheiden, handelt es sich dabei um eine lediglich formelle, inhaltlich nichtssagende Mani-
Wirklichkeit und nicht für die gesamte Wirklichkeit stehen (ebd.; vgl. dazu den nächsten episodischen Abschnitt vorliegenden Buches). Dadurch deutet aber Henrich die absolute Notwendigkeit als eine bloß ‚größere‘ relative Notwendigkeit an, die durch die Zufälligkeit auch dann bestimmt bleibt, wenn sie über gewisse Zufälligkeiten konkret verfügt. So geht Zweierlei vom genuin hegelschen Gedanken der absoluten Notwendigkeit verloren. Zum einen verfehlt diese Auffassung den Anspruch von Uneingeschränktheit der absoluten Notwendigkeit, die die gesamte Wirklichkeit, die Sein-Wesen-Totalität als Äußeres und Inneres, umfassen soll. Zum anderen impliziert Henrichs Verständnis von Notwendigkeit eine aufgeklärte bzw. erkannte Notwendigkeit, wie ja das Konzept von νέμεσις und δίκη andeutet, was zwar bei späteren logischen (namentlich begriffslogischen) Bestimmungen zutreffen mag, mit Hegels markanten Bezeichnungen „blind“ und „Lichtscheues“ aber nicht vereinbar ist (WL: 391,25; 392,1). 109 Vgl. II.B.1.ii.; II.B.3.ii.; II.B.4.i. und ii.
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festation des Absoluten. Die Zufälligkeit erkennt nämlich prinzipiell und ungeachtet eines Inhalts alles Wirkliche und Mögliche in ihrer Abwechslung als Modi des Absoluten an, sodass die Auszeichnung ‚Modus‘ oder ‚Manifestation des Absoluten‘ keine Auszeichnung mehr, sondern eine irrelevante Bezeichnung ausmacht. Zwar drückt sie die ‚Unverborgenheit‘ des Absoluten als das ständige Wechseln von Wirklichem und Möglichem aus. Der Wissensgewinn aber durch solch pompöse Bezeichnung beschränkt sich in diesem Fall nur auf den Gedanken, dass sich an jedem Wirklichen und Möglichen alle objektivlogischen Bestimmungen zeigen. Die Absolutheitskonzeption ‚Zufälligkeit‘ ist demnach begrifflich besonders arm: Zwar umfasst sie alles in sich, d.h., sie figuriert als ein Prinzip und Element von allem Sein und Wesen. Gleichwohl hält sie an einer intransparenten Bestimmung fest, die nichts als das permanente Wechseln zwischen zwei Formbestimmungen erklärt. Mit der relativen Notwendigkeit werden die zwei Sein-Wesen-Totalitäten dank der Abgrenzung von der Zufälligkeit inhaltlich bestimmt. ‚Manifestation‘ und ‚Modus‘ des Absoluten verfügen dabei über einen weiteren Inhalt als das bloße Umschlagen von Möglichkeit und Wirklichkeit ineinander und kommen nur bestimmten Teilen der Wirklichkeit zu. Insofern stellen diese Termini nun tatsächliche Auszeichnungen dar, die einerseits nicht prinzipiell für die ganze Wirklichkeit gelten und andererseits inhaltlich verschieden bestimmten Manifestationen und Modi des Absoluten in Aussicht stellen. Doch aus genau demselben Grund verfehlt die reale Notwendigkeit den Standard, den der Begriff des Absoluten für die rein logischen Absolutheitskonzeptionen gesetzt hat. Denn die mit der realen Notwendigkeit erzielte Konkretion ist zweifach relativ und damit nicht absolut: Zum einen ist sie das Resultat der Einschränkung durch die Zufälligkeit, sodass die so konzipierten Modi des Absoluten eine deutliche Grenze nach außen haben und nicht das Prinzip und Element von allem Sein und Wesen zum Ausdruck bringen. Zum anderen sind diese Modi von dem, was nicht sie selbst ist, von der Zufälligkeit, auch inhaltlich abhängig. Solche Modi sind nämlich von der Zufälligkeit auch innerlich bestimmt. Sie drücken lediglich eine – womöglich hohe – Wahrscheinlichkeit aus, kein jedoch in sich vollständiges Prinzip. Anders als die relative bedeutet die absolute Notwendigkeit die übergreifende Einheit von relativer Notwendigkeit und Zufälligkeit. Ihr zufolge stellen alles Wirkliche und Mögliche inhaltlich bestimmte, aber keine inhaltlich oder nach außen hin eingeschränkten Manifestationen und Modi der Sein-WesenTotalität dar. Die absolute Notwendigkeit kommt zwar wie die Zufälligkeit allem Wirklichen und Möglichen gleichermaßen zu und mag auch als zufällig und unerklärlich vorkommen. Trotzdem macht sie eine inhaltliche Auszeichnung und Würdigung für alles aus, was sie betrifft. Denn sie ist nicht wie die Zufälligkeit inhaltlich nichtssagend, sondern unüberschaubar und versichert, dass alles Umschlagen von Wirklichem und Möglichem ineinander an sich inhaltlich hinreichend erklärbar ist, ohne jedoch diese Erklärung zu liefern. Die
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Absolutheitskonzeption ‚absolute Notwendigkeit‘ besagt also zweierlei: Anders als bei der Zufälligkeit muss jede gegebene und mögliche Sein-WesenTotalität ihrer konkreten Beschaffenheit nach und aus bestimmten Gründen in ihre andere umschlagen. Und, zweitens, solche Beschaffenheit und Gründe können zwar erforscht werden, anders aber als bei der realen Notwendigkeit wird nun in Kauf genommen, dass sie die Kapazitäten der Reflexion und des gesamten bisherigen logischen Apparats übersteigen, sodass jene Erforschung verdammt ist, in einen unendlichen Progress zu geraten, und sie das reflektierende Subjekt gleich lassen kann. So versichert die absolute Notwendigkeit nicht bloß formell die ‚Unverborgenheit‘ des Absoluten, d.h. die unmittelbare Manifestation der ganzen Identität von Sein und Wesen; sie lädt zu einem Staunen mit gutem Grund vor derselben ein: Das Absolute ist unmittelbar manifest, und darüber kann man solange nur irgend möglich reflektieren ohne die Größe seiner Absolutheit zu erschöpfen: Dies ist das philosophisch-theologische Diktum der absoluten Notwendigkeit. Entsprechend bemerkt Hegel: „Die absolute Notwendigkeit ist so die Reflexion oder Form des Absoluten“ (WL: 391,18; vgl. a.a.O. 369,24–26). Das Ineinander-Umschlagen der gesamten bestimmten Wirklichkeit und Möglichkeit, diese unmittelbar erfahrbare „Einheit des Seyns und Wesens, einfache Unmittelbarkeit, welche absolute Negativität ist“ (a.a.O. 391,19f.), ist das Höchste, was die eigene Reflexion des Absoluten über sich selbst angesichts der Wirklichkeit feststellen kann. Oder: Jenes Umschlagen ist die Form, in welcher sich das Absolute zeigt, ohne seine vermittelte Identität zu verletzen. Die entscheidende Wende in der vollendeten Auslegung des Absoluten, und somit einen wichtigen Punkt für die philosophisch-theologische Untersuchung der gesamten Logik markiert jedoch die Rede vom lichtscheuen Wesen, auf welches Wirklichkeit und Möglichkeit zurückzuführen sind (vgl. WL: 391,38ff.). Das ist nicht nur eine weitere pointierte Formulierung dafür, dass hier die vollendete Auslegung des Absoluten als die Reflexion über ein objektivlogisch bestimmtes Seiendes geschieht, ohne es zu begreifen; dass diese Auslegung aus begrifflicher Sicht blind ist; und dass sich auch die entsprechenden Manifestationen äußerlich zueinander verhalten. Vielmehr zeichnet sich dadurch ein neues Wesen bzw. Inneres aus, ja eine neue rein logische Absolutheitskonzeption, die den zwei Sein-Wesen-Totalitäten, der Wirklichkeit und Möglichkeit, gemeinsam zugrunde liegt. Das Motiv zweier Sein-Wesen-Totalitäten, die sich reflexiv aufeinander beziehen, wurde bereits bei der Auslegung und dem Modus des Absoluten beobachtet und als das Verhältnis von Wirklichkeit und Möglichkeit namens ‚Zufälligkeit‘ und ‚reale Notwendigkeit‘ fortbestimmt. In der Formel „Reflexion oder Form des Absoluten“ wird es der absoluten Notwendigkeit sogar adäquat attestiert. Sobald aber die absolute Notwendigkeit als Wesen akzentuiert wird, wird dieser dualen Struktur das Verhältnis zwischen den beiden Momenten explizit als ein Drittes zugrunde gelegt. Es wird ein Drittes im wesentlichen Unterschied zu den zwei gleichrangigen
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Momenten der absoluten Notwendigkeit gesetzt. Wirklichkeit und Möglichkeit verhalten sich äußerlich aufeinander und verändern sich gegenseitig nicht, – darauf läuft die Rede von ‚Wesen‘ hinaus – weil sie ein gemeinsames Inneres teilen. Oder: Sie können wie zwei „freye Wirklichkeiten“ nebeneinanderstehen (a.a.O. 391,28); dieses ‚Können‘ aber ist ein Drittes, eine logisch noch zu ergründende Möglichkeit. Im Unterkapitel „C. Absolute Notwendigkeit“ wird diese Möglichkeit noch nicht ergründet, sondern nur angedeutet. Nichtsdestotrotz ist es der Vorspann zum nächsten (und letzten) Kapitel der Wesenslogik, der das Verhältnis zwischen den zwei Sein-Wesen-Totalitäten und ihrem gemeinsamen Wesen markant zum Ausdruck bringt: „Die Auslegerin des Absoluten aber ist die absolute Notwendigkeit, die identisch mit sich ist, als sich selbst bestimmend“ (a.a.O. 393,18f.). Ohne voreilige terminologische Vorgriffe etwa auf die Begriffslogik rekurriert diese Formulierung auf die logische Bestimmung des Absoluten, wie sie in II.B.1.i. als etwas Inneres und Dunkles erfasst wurde, um auf die begrifflich noch nicht transparent gewordene Bedingung der absoluten Notwendigkeit zu verweisen. Zugleich betont jene Formulierung das aktive Moment der absoluten Notwendigkeit; dass sie nämlich die Vollstreckerin der vollendeten Auslegung des Absoluten ist, die solches Absolute, das dem Zusammenspiel der freien Wirklichkeiten noch zugrunde liegt, sogar in gewissem Sinne verändert bzw. ans Licht bringt. Es ist nicht das lichtscheue Wesen, das etwa seine Scheu überwindet und sich selbst offenbar macht. Vielmehr ist hier die umgekehrte Richtung gemeint: Die Äußerlichkeit, „die identisch mit sich ist, als sich selbst bestimmend“, das notwendige Umschlagen von Wirklichkeit und Möglichkeit ineinander, ist es, was das lichtscheue Wesen an sie heranziehen, auslegen, soll, um dadurch an die neue rein logische Absolutheitskonzeption zu gelangen. In diesem Sinne ist vom letzten Kapitel der Wesenslogik diejenige logische Fortbestimmung des Modus zu erwarten, die erkannt hat, dass ihm ein Wesen zugrunde liegt, das als solches aber noch nicht zutage getreten ist. Die restliche vollendete Auslegung des Absoluten hat somit dazu zu verhelfen, dieses Wesen vollständig ans Licht zu bringen und in eins mit seinen Modi zu setzen. Das ist die logische Erforschung weder allein des Absoluten, noch seines Modus oder seiner Reflexion und Form, sondern vielmehr die Erforschung der „Einheit des Absoluten und seiner Reflexion“ (a.a.O. 369,27). Ganz am Ende dieses – nicht mehr langen – logischen Prozesses soll dann eine neue rein logische Absolutheitskonzeption stehen, die in keinerlei Hinsicht verborgen ist.
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Episodischer Abschnitt: Die absolute Notwendigkeit als Definition des Absoluten oder als der logische Kern bestimmter metaphysischer Auffassungen Wird die absolute Notwendigkeit außerhalb der systematischen Darstellungsweise der Logik gesucht, so macht sie den logischen Kern der Vorstellung vom Schicksal im Kontext der griechischen Religion aus: „So sehen wir die absolute Notwendigkeit als das Schicksal in der Religion der Griechen als das Oberste, Letzte gestellt“. 110 Hegels Subsumierung der vielen griechischen Götter unter nur einen Gesichtspunkt mag zunächst paradox scheinen. Doch ist dabei zu berücksichtigen, dass der Standpunkt der absoluten Notwendigkeit kein leerer Begriff ist. Denn einerseits besteht sein Inhalt bzw. seine Intension in der aufgehobenen Gesamtheit der seins- und wesenslogischen Bestimmungen; und andererseits fällt in seinen Umfang bzw. in seine Extension die gesamte empirische Realität mit all ihrer Mannigfaltigkeit. Indem nun die griechische Mythologie eine Vielheit von Göttern, d.h. personifizierten Geistes- und Naturkräften, annimmt, versucht sie die Mannigfaltigkeit der empirischen Realität nicht bloß unmittelbar wiederzugeben, sondern reflektiert zu erklären. Durch solche Götter erzielt jedoch die griechische Mythologie nur eine Erklärung von Teilen der Wirklichkeit, ist nicht immer widerspruchsfrei und erkennt de facto das Zufällige neben dem Notwendigen an. Wäre also der logische Kern der griechischen Mythologie allein in der Vielgötterei zu suchen, so entspräche diese dem Standpunkt der bestimmten oder relativen Notwendigkeit. Durch die Vorstellung von εἱμαρμένη bzw. πεπρωμένον (das ‚vom Schicksal Verhängte‘)
110 STV 17: 488; vgl. dazu a.a.O. 457. Die Verbindung der absoluten Notwendigkeit mit dem „Schicksal“ bzw. mit der εἱμαρμένη und dem πεπρωμένον des griechischen religiösen Denkens belegt neben den hier zitierten Vorlesungen über die Beweise vom Dasein Gottes auch der Vorspann zum Maß aus der Seinslogik: Dort wird das Schicksal als das „entwickeltere, reflectirtere Maaß“ charakterisiert, das über das indische Maßlose und den spinozistischen Modus hinausgeht (SL: 325,33). Zum Teil wird dieselbe Verbindung sehr ausführlich in den religionsphilosophischen Vorlesungen dokumentiert. Im Manuskript (VANM 4a: 46ff.) z.B. deduziert Hegel alle Bestimmtheit der griechischen Religion aus dem Begriff der absoluten Notwendigkeit. Dort wird sogar die griechische Religion Religion der Notwendigkeit genannt. Die Akzentverschiebung der späteren Kollegien auf die reale Bestimmung der Schönheit dieser Religion widerspricht dem keineswegs, sondern beruht darauf, dass der logisch fundamentalste Gehalt dieser Religion die absolute Notwendigkeit ist. (Vgl. VANM 4a: 288f.; 292; 295ff.; 369 für das Kollegium aus dem Jahr 1824, sowie a.a.O. 535; 542f. für das Kollegium aus dem Jahr 1827.) Die Verbindung der griechischen Religion mit dem Begriff der absoluten Notwendigkeit wird darüber hinaus in dem Zusatz zu § 147 der Enzyklopädie überliefert und von Hegels Notizen zum absoluten Geist vorausgesetzt (vgl. GW 13: 515ff.). Ähnlich verhält es sich auch mit der enzyklopädischen Thematisierung der griechischen Kunst, die aber nicht hier, sondern erst in einer künftigen Fortsetzung der vorliegenden philosophisch-theologischen Untersuchung der Logik und der Realphilosophie abgehandelt werden kann.
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jedoch, die ausdrücklich über den griechischen Göttern steht und diese ausnahmslos regiert, erhebt sich die griechische Mythologie zur Vorstellung von absoluter Notwendigkeit. Denn die Annahme des Schicksals suggeriert, dass alles Zufällige und relativ Notwendige innerhalb der Mannigfaltigkeit der empirischen Realität Teile und Manifestationen eines übergreifenden Zusammenhangs bilden – eines Zusammenhangs aber, der durch Reflexion letzten Endes nicht zu bewältigen ist. Das Schicksal stellt nämlich für das über die Wirklichkeit reflektierende griechische Bewusstsein die letzte Begründung und zugleich das größte Mysterium dar. Die griechische Religion bildet des Weiteren den ersten Fall in der Reihe von Konzepten des absoluten Geistes, worin die eigene Reflexion und Form des Absoluten real vorhanden ist. Angesichts des griechischen subjektiven Bewusstseins verlangt nämlich der Gedanke des Schicksals das Aufopfern des eigenen subjektiven Denkens und das Versinken in eine überwältigende Einheit, sodass jede weitere denkerische Tätigkeit nur eine bestimmte Auffassung des Absoluten zum Ausdruck bringt. Denn mit der Anerkennung des Schicksals konzediert das reflektierende Subjekt, dass die faktische Äußerlichkeit, derer es selbst auch ein Teil ist, etwas für seine Reflexion Unergründliches manifestiert. Insofern dabei ein subjektives Element noch vorhanden ist, beschränkt es sich auf einen Gemütszustand, und zwar auf diesen Gemütszustand, nach welchem das Subjekt bloß zustimmt, was unmittelbar der Fall zu sein scheint, indem es bemerkt: ‚Es ist so‘. Die Reflexion, die hier tätig ist, ist daher keine äußere, die das Absolute als einen ihr äußeren Gegenstand betrachtet, sondern sie ist und erkennt sich auch als aufgehoben in ihm – genauer: in der allumfassenden Macht des Schicksals. Die Tätigkeit, die diese Reflexion vollzieht, ist die Auslegung des Absoluten: Das real vorhandene Bewusstsein als etwas dem Absoluten Äußeres drückt nicht sich selbst aus, sondern es bringt das Absolute ans Licht der Reflexion, das aller Äußerlichkeit als ein lichtscheues Inneres zugrunde liegt. Das reflektierende Bewusstsein ist dabei nur formell tätig. Denn inhaltlich betrachtet bringt es nur das Absolute selbst zum Ausdruck. Trotzdem verliert sich das Subjekt in dieser Auslegung nicht, denn es denkt sich bei der Auslegung des Schicksals mit und bejaht dabei seine eigene wesentliche Bestimmung. 2. Das absolute Verhältnis i. Die logischen Bestimmungen ‚absolutes Verhältnis‘ und insbesondere ‚Kausalitätsverhältnis‘ Der Hinweis – im Kontext der absoluten Notwendigkeit – auf ein lichtscheues Wesen, das der Wirklichkeit zugrunde liegt, führt weiter zum Gedanken des absoluten Verhältnisses. Zum einen handelt es sich dabei um ein Verhältnis, und zwar nicht nur um das Verhältnis zwischen Wirklichkeit und Möglichkeit qua zwei Sein-Wesen-Totalitäten, sondern um das Verhältnis zwischen diesen
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zwei Totalitäten als deren gemeinsamem lichtscheuem Wesen. Zum anderen ist dieses Verhältnis absolut im Sinne von allumfassend und abstrakt. Allumfassend ist es nämlich, weil es alle Wirklichkeit, Möglichkeit und allen Grund ihrer Einheit in sich enthält. Und abstrakt ist es, weil es (anders als etwa das wesentliche Verhältnis) nicht etwas bereits Erkanntes, die Wirklichkeit oder die Möglichkeit, sondern ein verborgenes, noch nicht mit sich selbst zusammengewachsenes Wesen, zum Grund und Wesen des gesamten Verhältnisses kürt. Das letzte Kapitel der Wesenslogik fußt demnach auf der Entdeckung der absoluten Notwendigkeit und hat das Verhältnis zwischen Modus bzw. vermittelter Äußerlichkeit und ihrem verborgenen Wesen zu explizieren. „[I]n seinem unmittelbaren Begriff“, d.h. zunächst abstrakt betrachtet, ist dieses Verhältnis „das Verhältniß der Substanz und der Accidenzen“ (WL: 393,25f.). ‚Substanz‘ ist die neue logische Bezeichnung für das lichtscheue Wesen, insofern es explizit in einem Verhältnis aufgefasst wird, während ‚Akzidenzien‘ für die zwei freien Wirklichkeiten, die Wirklichkeit und die Möglichkeit, steht, die an ihnen selbst zwar keine Spur des jeweils Anderen, wohl aber von ihrem gemeinsamen Wesen aufzeigen. Hegel macht hier ausdrücklich darauf aufmerksam, dass es dabei alle (bisherigen) seins- und wesenslogischen Bestimmungen sind, die explizit in Bezug auf das noch nicht entschleierte Wesen gesetzt werden: Das „Scheinen der Kategorien des Seyns und der Reflexionsbestimmungen des Wesens“ stellt die „Bewegung der Accidentalität“ dar (a.a.O. 394,21f.). Das Substanzialitätsverhältnis besteht also darin, alle seinsund wesenslogischen Bestimmungen, die das Entstehen und Vergehen von allen wirklichen und möglichen Unterschieden logisch charakterisieren, als für sich nichtige, scheinhafte und bloße Modi explizit auf ein gemeinsames Wesen, die Substanz, zurückzuführen. Die einzige Bestimmung, die vom lichtscheuen Wesen qua Substanz erkannt ist, ist, dass sie alles irgendwie durchdringt, d.h., dass sie „die absolute Macht“ ist (a.a.O. 395,13). Wenn es des Weiteren um eine Macht geht, die sich zur Akzidentalität bestimmt, somit nicht bloß in sich verschlossen bleibt, sondern sich außer sich setzt bzw. in ihrem Anderen verwirklicht, zeigt sich das absolute Verhältnis als das der Kausalität: Das aller Wirklichkeit und Möglichkeit zugrundeliegende Wesen, die Substanz, lässt sich in diesem Sinne als die Ursache betrachten und alle Einheit von Wirklichkeit und Möglichkeit, also die Akzidenzien, als die Wirkung der Ursache. Das Kausalitätsverhältnis ist zunächst im Anschluss an das Substanzialitätsverhältnis aufgefasst nur formell: Ursache und Wirkung sind – analog zum wesentlichen Verhältnis von Kraft und Äußerung aber auch zur Zufälligkeit – dem Inhalt nach identisch und nur der Form nach unterschieden. Hegel veranschaulicht das unter anderem am Beispiel eines (endlichen) Kausalitätsverhältnisses: Der „Regen, die Ursache, und die Nässe, die Wirkung, sind ein und dasselbe existierende Wasser“ (§ 153 A). Derselbe Inhalt ist das eine Mal als sich setzend, das andere Mal als gesetzt. Im Gegensatz aber zum wesentlichen Verhältnis sind beide jetzigen Korrelate als bestehende
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Wirklichkeiten erkannt, die gleichermaßen Reflexion-in-sich und Unmittelbarkeit sind. Die Kraft hatte nämlich kein Bestehen, insofern sie von ihrer Äußerung getrennt gehalten wurde, wohingegen die Ursache gleichermaßen wie die Wirkung wirklich ist, wie etwa der Regen genauso gut wie die Nässe wirkliches Wasser ist. Denn auf der Ebene des absoluten Verhältnisses handelt es sich nicht um ein Wesen, das sich zu einer seienden Unmittelbarkeit als einem Anderen verhält, sondern um den absoluten Inhalt, der sich so zu sich verhält, als ob er von sich verschieden wäre. Der Formunterschied des formellen Kausalitätsverhältnisses beschränkt den Inhalt nicht, sondern er dient als der Garant für das gesamte Verhältnis. Dieselbe Identität und dasselbe unmittelbare Setzen von Ursache und Wirkung drückt sich auch durch das bestimmte oder reale Kausalitätsverhältnis aus, welches sich aber – ähnlich wie beim Verhältnis von Zufälligkeit und relativer Notwendigkeit – vom formellen insofern unterscheidet, als es in Bezug auf eine vorgefundene Unmittelbarkeit steht. Es handelt sich um eine fragmentarisch aufgefasste bzw. um eine „zufällige Causalität“ (WL: 398,37), welche in der Suche nach Vervollständigung zu einem unendlichen Progress von bestimmten Ursachen und Wirkungen führt. Ursache und Wirkung multiplizieren sich dabei zu unzählig vielen Substanzen, die sich zueinander äußerlich und mechanistisch verhalten (vgl. a.a.O. 407). Deren Identität ist eine gesetzte und zeigt sich in der doppelten Betrachtung, dass einerseits jede endliche Ursache zu einer endlichen Wirkung wird und umgekehrt jede endliche Wirkung auf eine endliche Ursache zurückverweist; und dass sich andererseits beide in diesem ständigen Anderswerden nicht verlieren, sondern das neu setzen, was sie bereits sind (vgl. a.a.O. 404). Im Rahmen solchen Progresses von unendlich vielen kausal bedingten Substanzen erhalten Ursache und Wirkung die Bestimmung von zweierlei Substanzen, die sich voneinander lediglich darin unterscheiden, dass in ihrem gemeinsamen Verhältnis die eine aktiv und die andere passiv ist. Solche Substanzen – wie vorher die Kraft und ihre Äußerung – gehören wesentlich zusammen, insofern sie sich gegenseitig voraussetzen, um das zu werden, was sie ihrem Begriff nach sind. Die aktive Substanz setzt nämlich die passive als Bedingung und Empfänger für ihre Aktivität voraus, während die passive nur im Verhältnis auf eine Aktivität passiv ist. Entscheidend an diesem Verhältnis ist jedoch, dass beide gleichermaßen wirkend sind. Denn auch die Passivität ist eine Wirkung, da sie das Setzen der Aktivität einer Substanz als die eigene Bestimmtheit einer anderen darstellt: Die passive Substanz ist wirkend, indem sie auf die empfangene Aktivität „reagiert“, d.h., indem sie „die Aktivität der ersten Substanz auf[hebt]“ (§ 154). Daher bringt sich die gesetzte Identität von Ursache und Wirkung zum Verhältnis von Wirkung und Gegenwirkung. Diese Konzeption von Kausalitätsverhältnis macht die Wahrheit der Ursache aus, und zwar als Weiterführung der Gedankenbestimmung des Modus als von der absoluten Notwendigkeit ausgelegt: Die Ursache setzt zum einen für
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ihr Wirken sich selbst voraus und bleibt zum anderen mit ihrem Wirken bei sich selbst, d.h. weiterhin Ursache. Die Unterscheidung zwischen Ursache und Wirkung ist nur das Scheinen der einen Substanz. In der Tat ist es stets die eine Ursache, die „auf sich als auf ein anderes“ wirkt (a.a.O. 405,13) und demnach Ursache nicht von etwas anderem, sondern ihrer selbst ist, d.h. „causa sui“ (§ 153 A). Der abschließende Gedanke des Kapitels über das absolute Verhältnis, und somit derjenige der gesamten Wesenslogik, die Wechselwirkung, besteht – analog zum abschließenden Gedanken der Seinslogik 111 – in der inhaltlichen und spekulativ begreifenden Betrachtung dessen, was sich formell bereits ergeben hat. Hegel spricht vom „äussern Zusammenfassen[] dessen, was bereits sowohl an sich als gesetzt ist“ (WL: 408,1), wobei das ‚äussern‘ auf keine äußere Reflexion, sondern auf die Plausibilität und Leichtigkeit des nächsten logischen Schrittes anspielt. Dieser Schritt braucht hier nicht eigens erläutert zu werden. An dieser Stelle genügt der Hinweis darauf, dass man sich die causa sui nicht nur als eine Substanz neben anderen vorstellen darf; sie steht beispielsweise nicht nur am Beginn eines unendlichen Kausalprogresses. Vielmehr sind beide Seiten des Kausalitätsverhältnisses sowohl an sich (vgl. § 155) als auch für sich (vgl. § 156) dasselbe, sodass die unendliche kausale Kette als die mechanische Replikation der Wechselwirkung von nur zwei Substanzen ist, die sich voneinander nur scheinbar unterscheiden. In diesem Sinne stellt die Gedankenbestimmung ‚Wechselwirkung‘ die Abschaffung von Ursächlichkeit im logischen Prozess dar oder den Abschied vom Gedanken, dass es ein verborgenes, ‚lichtscheues‘, zugrundeliegendes Wesen gibt, das der logische Grund für alle Modi, alle Einheit von Wirklichkeit und Möglichkeit und alle Sein-Wesen-Totalität überhaupt ist. Mit der Wechselwirkung wird dieses Äußere als gleichermaßen ursprünglich mit jenem Inneren gesetzt und vice versa. ii. Das absolute Verhältnis in der Perspektive der rein logischen Absolutheitskonzeption ‚das Absolute‘ Was bedeutet das absolute Verhältnis für die zweite Ebene philosophisch-theologischer Untersuchung der Logik und was hat die Wesenslogik an ihrem Ende hinsichtlich ihrer immanenten, esoterischen, Selbstdeutung und der logischen Fortbestimmung fundamentaler theologischer Begrifflichkeit erreicht? Im Anschluss an die absolute Notwendigkeit tritt beim absoluten Verhältnis das Absolute erneut in den Vordergrund der objektivlogischen Fortbestimmung – wenn auch, da es nun ausdrücklich als Verhältnis konzipiert wird, unter anderen terminologischen Bezeichnungen –, sodass es außer Frage steht, dass die vollendete Auslegung des Absoluten auch im dritten Abschnitt der We-
111
Vgl. II.A.5.ii.
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senslogik fortgesetzt wird. Anders als das Kapitel „Die Wirklichkeit“ thematisieren Substanzialitäts-, Kausalitätsverhältnis und Wechselwirkung die Modalität, Manifestation, Art und Weise oder Reflexion des Absoluten im expliziten Bezug auf das Absolute als deren zugrundeliegendes Wesen. Substanz, Ursache und wechselwirkende Substanz sind die logischen Bezeichnungen für das Absolute, wie es sich erwiesenermaßen zu seinen Modi verhält. Umgekehrt stellen alle Akzidenzien, Wirkungen und wechselwirkenden Substanzen keine losen und sinnlosen Akzidenzien, Wirkungen und wechselwirkenden Substanzen dar, sondern genau die des Absoluten. Es handelt sich nicht nur um zwei ineinander umschlagende Sein-Wesen-Totalitäten wie etwa die Wirklichkeit und Möglichkeit. Vielmehr ist mit dem absoluten Verhältnis an diesen beiden unruhigen Totalitäten als einer Einheit ihr Stifter, das Absolute, gesetzt, und zwar so, dass sie ihm nicht äußerlich sind, sondern seine eigene und erkannte Manifestation, seine eigene Art und Weise, ausmachen. Noch weiter: Das Absolute hat sich selbst nicht eigenmächtig in die Nähe der unruhigen Sein-Wesen-Totalitäten versetzt, sondern es wurde von denselben an sie herangezogen: Es ist nämlich die Beobachtung von manifesten Akzidenzien, Wirkungen und wechselwirkender Substanz, die eine Substanz, Ursache und eine andere wechselwirkende Substanz verlangt. Es sind also die zwei Sein-Wesen-Totalitäten, wie sie sich notwendiger- aber unerklärlicherweise in Bezug aufeinander verhalten, d.h. die absolute Notwendigkeit und nicht das Absolute selbst, was in jenem letzten Kapitel der Wesenslogik die Funktion der „Auslegerin des Absoluten“ erfüllt hat (WL: 393,18f.). In diesem Sinne bildet das absolute Verhältnis tatsächlich „die Einheit des Absoluten und seiner Reflexion […] oder vielmehr das Absolute als Verhältniß“ nicht zu etwas Anderem, sondern „zu sich selbst“ (a.a.O. 369,27f.). Das Absolute ist daher hier ausdrücklich fürsichseiend und für sich offenbar, wie bereits oben112 für alle bzw. für die wesenslogischen Absolutheitskonzeptionen des dritten Abschnittes vorausgesagt wurde. Der attributive Gebrauch von ‚absolut‘ dient ferner als Hinweis auf die wesentliche Zusammengehörigkeit dieses Verhältnisses mit der logischen Bestimmung des Absoluten sowie darauf, dass in diesem Verhältnis (wie bereits beim Absoluten) alle Seins- und Wesensbestimmungen enthalten sind. Hiermit kommt das absolute Verhältnis dazu, ein Versprechen einzulösen, das bereits im Kapitel „Das Absolute“, im Kontext des absoluten Attributs, gemacht wurde: die Konzeption des Absoluten qua „das Absolut-Absolute“ (a.a.O. 373,10). Das absolute Verhältnis ist nicht „nur als absolute Identität“ (a.a.O. 372,35), nicht nur „in einer Formbestimmung“ (a.a.O. 373,13), sondern ausdrücklich auch als das andere jener Identität und auch in einer weiteren Formbestimmung. Das Absolut-Absolute stellt ein relatives Absolutes dar, nicht jedoch wie das Attribut „das nur relative Absolute“ (a.a.O. 373,12; kursiv 112
Vgl. II.A.6.ii. und II.B.4.i.
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von mir), sondern das zu sich selbst relative Absolute: das Absolute als die Substanz seiner Akzidenzien, die Ursache seiner selbst und die Wechselwirkung mit einer ihm identischen Substanz. Das auf der zweiten Ebene philosophisch-theologischer Untersuchung der Logik gesuchte Absolut-Absolute ist daher das Absolute, das von sich selbst ausgegangen ist (Kapitel „Das Absolute“), sich somit in keinem fremden Element, sondern „in seiner Form“ (a.a.O., 373,11), ja als seine eigene „Form“ fortbestimmt hat (a.a.O. 391,18) und schließlich „in sich zurückgekehrt[]“ ist (a.a.O., 373,11), d.h., sich in Einheit mit seiner Form erfasst hat. Dadurch hat sich das Absolute als das Prinzip und Element des dritten Abschnittes der Wesenslogik auf besonders prägnante Weise erwiesen, und somit als die rein logische Absolutheitskonzeption der gesamten objektiven Logik bewährt. Rückblickend muss also der philosophisch-theologisch interessierte Leser feststellen, dass die ganze objektive Logik das Absolute in verschiedenen Weisen auslegt, oder dass das Absolute die aus der Sicht der objektiven Logik grundlegendste Absolutheitsbestimmung aller vernünftigen Rede von Gott ausmacht. Lässt sich aber dasselbe auch aus der Sicht der gesamten Logik behaupten? Ist durch das sich zu sich verhaltende Absolute alles logisch-transparent geworden? Oder ist vielleicht eine noch fundamentalere rein logische Absolutheitskonzeption denkbar? In der Tat ist ein Desiderat durch die vollendete Auslegung des Absoluten noch nicht erfüllt worden. Im letzten Abschnitt der Wesenslogik wurden nicht bloß verschiedene Modi, sondern verschiedene Kategorien von Modi des Absoluten dokumentiert; eine logische Bereicherung ist dabei augenfällig. Doch war das vom Standpunkt des Absoluten aus nicht vorhersehbar gewesen. Noch nicht gefunden wurde nämlich mit dem absoluten Verhältnis das Kriterium, das die verschiedenen Modi des Absoluten kategorisiert und etwa die absolute Notwendigkeit nach der Zufälligkeit und realen Notwendigkeit logisch ordnet.113 Der Unterschied zwischen Absolutem und seinen Modi ist zwar weitgehend entschärft. Während aber der Begriff des Absoluten lediglich für die rhapsodische Auflistung verschiedener vollendeter – und unvollendeter – Auslegungen reichen würde, hat sich jene Entschärfung systematisch abgewickelt. Es scheint nämlich ein weiteres Prinzip und Element am Werk zu sein, das als solches noch nicht exponiert worden ist. Das ist das Thema von Kapitel III. Oben114 wurde das Absolute als der absolute logische Kern philosophischer Theologie bezeichnet, weil es zwar etwas im Vergleich zu Sein und Wesen Vollständiges, dennoch aber etwas zum Ausdruck bringt, d.h. nicht auf die seiende Bestimmtheit komplett verzichtet und die letzte begriffliche Transparenz erreicht. Aus diesem Grund wurde die Auslegung des Absoluten, d.h. die rein
113 114
Vgl. II.B.4.ii. Vgl. II.B.4.ii.
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logisch konzipierte Theologie der gesamten objektiven Logik, als Ontotheologie bezeichnet. Dies bestätigt sich nun auch für das absolute Verhältnis und das Absolut-Absolute. Auch das Verhältnis der Substantialität, der Kausalität und der zwei miteinander wechselwirkenden Substanzen speisen sich aus der seienden Bestimmtheit. Sie bauen auf Substanzen auf, die zwar manifest, jedoch noch nicht ausdrücklich als Begriffe gesetzt sind. Zwar hat sich der absolute logische Kern philosophischer Theologie weitgehend konkretisiert; zwar ist er weitgehend mit sich zusammengewachsen; er ist „in seiner Form in sich zurückgekehrt[]“ (a.a.O., 373,11). Diese seine Form ist aber die der objektiven Logik und der seienden Bestimmtheit. Auch die Absolutheitskonzeptionen des absoluten Verhältnisses sind also unter ‚Ontotheologie‘ zu subsumieren, weil sie alle Seins- und Wesensbestimmungen als ein auszulegendes Etwas gesetzt haben, nicht als begriffliche und zu begreifende Unterscheidungen, nicht als der Begriff. Episodischer Abschnitt: Das Kausalitätsverhältnis als Definition des Absoluten oder als der logische Kern bestimmter metaphysischer Auffassungen Das logisch konzipierte Kausalitätsverhältnis setzt Hegel Jacobis Auffassung von Ursache entgegen (vgl. § 153 A). Jacobi versteht die Ursache als einen „Erfahrungsbegriff“, der den „Begriff einer Handlung“ notwendig mit sich bringt.115 Hiermit setzt er den unendlichen Progress von endlichen Ursachen als unerschütterlichen Ausgangspunkt seines Konzepts und die erscheinende Trennung zwischen Ursache und Wirkung als unhintergehbares Faktum der Vernunft. Wenn Jacobi nun unter diesen Prämissen über Gott und die Ursache des Wirklichen insgesamt reflektiert, muss er die prinzipielle Einschränkung seines Konzepts zugeben, nämlich die „Unbegreiflichkeit“, dass „die Bedingung der Möglichkeit des Daseyns einer successiven Welt ausser dem Gebiete ihrer [d.h. der Vernunft] Begriffe [liege], nämlich ausser dem Zusammenhange bedingter Wesen, das ist der Natur“. 116 Ein solcher Gott aber, der nicht in Einheit mit seinen Wirkungen, sondern jenseits ihrer gedacht wird, ist nach Hegels Auffassung nicht bloß ein Schlecht-Unendliches, sondern ein abstraktes und leeres Schlecht-Unendliches, das von seiner eigenen Wirklichkeit getrennt ist.
115 Friedrich Heinrich Jacobi, „Über die Lehre des Spinoza“, in Catia Goretzki, Werke, Werke. Bd. IV, 2. Abt., Hamburg/Stuttgart 2009, 145; 147. 116 Das Zitat geht so weiter: „Sie [die Vernunft] sucht also, wenn sie jener Bedingung nachforscht, das Aussernatürliche oder Übernatürliche in ein Natürliches, – oder auch, das Natürliche in ein Übernatürliches zu verwandeln. Indem sie auf diese Weise ausser ihrem Berufe thätig ist, kann sie um keinen Schritt ihrem Zwecke näher kommen, sondern immer nun Bedingungen des Bedingten, Naturgesetze, Mechanismus zu Tage bringen.“ (A.a.O. 148f.)
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Auf dieses Schema fixiert findet Jacobi auch in dem spinozistischen Theorem von causa sui, worin Hegel den logischen Ausweg aus dieser Problematik sieht, nichts weiter als eine leere Konvention der Vernunft. 117 Er versteht nämlich die causa sui bloß als die metaphysisch erste Ursache von allem Realen, die außerhalb vom Progress der endlichen Ursachen liegen soll und eine bestimmte Ursache, jedoch nicht der Begriff der Ursache überhaupt ist, welcher auch in der Wirkung immanent ist und das Kausalitäts- zu einem Wechselwirkungsverhältnis macht. So entschieden von den übrigen bestimmten Ursachen abgelöst oder gar als verabsolutiert vorgestellt, entbehrt die so verstandene causa sui jeden Inhaltes, sodass sie nicht die logisch konzipierte causa sui, sondern lediglich eine bloß formelle Ursache darstellt. Jacobi reduziert daher die spinozistische causa sui auf einen Kompromiss der Vernunft: auf einen bloßen Namen für ein unerfahrbares und unbegreifliches Absolutes – einen Namen, der, obwohl inhaltsleer, zumindest den Anschein eines Begriffs hat. In diesem Sinne wirft Hegel Jacobi „Formalismus“ vor (§ 153 A). Die Unzulänglichkeit des jacobischen Konzepts lässt sich schließlich mit Hegel nicht allein durch die Endlichkeit des Kausalitätsverhältnisses als des zweiten Gedankens innerhalb der Triade des absoluten Verhältnisses vollständig beschreiben. Indem vielmehr die Ursache nicht als unmittelbar existierend, also nicht als wirklich, sondern als die abstrakte Reflexion-in-sich gedacht wird, wird sie von der Wirklichkeit insgesamt abgelöst und fällt somit (der logischen Reihenfolge nach) hinter den Standpunkt des Absoluten zurück. Obwohl Jacobi das Wort ‚Ursache‘ favorisiert, entspricht sein Konzept eher dem hegelschen Begriff von Kraft, welche ohne ihre Äußerung abstrakt ist und als solche keine Existenz hat. Eine Kritik an Jacobi im Sinne Hegels ist daher nur dann voll zutreffend, wenn sie den Einwand mitberücksichtigt, der oben 118 gegen das deistische Konzept Gottes als der Urkraft erhoben wurde: Die Erklärung des Wesens und Wirkens dieses Gottes ist der Zufälligkeit überlassen worden. Wie sähe aber eine Absolutheitsauffassung aus, die ganz am Ende der Wesenslogik anknüpfen würde und die Gedankenbestimmung ‚Wechselwirkung‘ als ihren logischen Kern aufwiese? Zu erwarten wäre eine Zuspitzung der Ontotheologie, die weder der Entgegensetzung noch der Einheit entbehren würde. Die Wechselwirkung würde nicht nur einen Pantheismus gebieten, nach welchem die Welt causa sui wäre. Denn sie ist die Wechselwirkung von ausdrücklich zwei Substanzen. Aber auch nicht ein merkwürdiger Pantheismus wäre damit gemeint, nach welchem die Welt aus zwei Substanzen bestünde. Denn anders als beim Verhältnis der Substantialität oder der bestimmten Kausalität 117 „Aus dem apodictischen Satze: daß alles eine Ursache haben müsse, hielt es hart zu folgern: daß nicht alles eine Ursache haben könne. Darum erfand man die Causam sui, wozu nothwendig auch der Effectus sui gehört.“ (A.a.O. 146.) 118 Vgl. Episodischer Abschnitt zu II.A.9.i.
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leugnet die Wechselwirkung alle Unterschiede zwischen den zwei Substanzen. Wegen dieser Leugnung wäre solch eine Absolutheitsauffassung vielmehr ein Akosmismus, und zwar ein vollkommener und ebenso merkwürdiger Akosmismus. Denn während zum einen typische akosmistische Systeme (im Sinne von § 573 A) die Wahrheit der weltlichen Mannigfaltigkeit leugnen, ihre Faktizität aber doch als Akzidenz oder Modus anerkennen, sieht die Wechselwirkung überhaupt keinen logischen Platz für die unendlich vielen Unterschiede der Welt vor. Zum anderen wäre dies ein wirklich merkwürdiger Akosmismus, weil er alle weltliche Mannigfaltigkeit zugunsten zweier und nicht bloß einer Substanz leugnete. Statt einer Welt und dem Verhältnis zwischen Absolutem und Welt würde solcher Akosmismus nur zwei miteinander wechselwirkende, für absolut geltende, aber nicht weiter bestimmte Substanzen annehmen. Aus der Unzulänglichkeit dieses hypothetischen Akosmismus, die den Abschluss der philosophisch-theologischen Untersuchung der objektiven Logik auf besonders markante Weise illustriert, lässt sich folgender Schluss ziehen: Entweder sollte man die Ontotheologie nicht zu Ende denken, weil sie sich in absurden Vorstellungen verwickelt, die viel problematischer sind als ihre logisch weniger entwickelten Formen. Oder man sollte sie hinter sich lassen und entschieden nach einer neuen metaphysischen Auffassung jenseits der Ontotheologie suchen.119 Offenbar spricht sich Hegel für Letzteres aus und setzt die Wissenschaft der Logik mit der Lehre des Begriffs fort.
119
A. F. Koch z.B. stellt sich im Anschluss an Max Black eine Welt vor, die sich ausschließlich aus zwei identischen und voneinander nur nummerisch verschiedenen Kugeln besteht (vgl. Anton Friedrich Koch, Versuch über Wahrheit und Zeit, Paderborn 2006, 118f.; 318ff.). (Von Wechselwirkung ist dabei nicht die Rede; das Beispiel würde aber genauso gut funktionieren, wenn man eine Wechselwirkung zwischen den zwei identischen Kugeln annehmen würde wie im Fall der entsprechenden logischen Gedankenbestimmung.) Kochs Pointe ist, dass in dieser Welt die identitas indiscernibilium nur dann nicht verletzt werden würde, wenn es ein Subjekt gäbe, das die zwei Kugel indexikalisch voneinander unterscheiden würde (vgl. a.a.O. 330–337). Koch zieht nämlich aus der metaphysischen Absurdität zweier identischen Substanzen die Konsequenz, dass die Subjektivität metaphysisch notwendig bzw. notwendig für die Metaphysik ist. Seine „Subjektivitätsthese“ ergänzt Koch zwar durch einige „Personalitätsthese[n]“ (vgl. ebd.), die deutlich über das hinausgehen, was Hegel am Anfang der Begriffslogik als den Begriff als solchen exponiert. Die Diagnose jedoch, dass eine Metaphysik, die ausschließlich auf seiender Bestimmtheit und Substanz, d.h. nicht auf Subjektivität, fußt, unhaltbar ist, teilen sowohl Koch als auch Hegel. Die weitere Untersuchung der Begriffslogik und vorzüglich ihres letzten Kapitels könnte ferner zeigen, dass Hegel auch die „Personalitätsthesen“ Kochs als logisch notwendig erkennt. Solche Untersuchung kann aber hier sicherlich nicht vorgenommen werden.
Kapitel III
Philosophische Theologie und der Begriff als solcher: Der absolute Begriff Vorüberlegungen zum Begriff im Allgemeinen
Vorüberlegungen zur subjektiven Logik
1. Der Terminus ‚Begriff‘ Im Vorspann zum zweiten Band der Logik, also vor dem Beginn des eigentlichen Gedankengangs der subjektiven Logik, führt Hegel den Terminus ‚Begriff‘ als die systematisch adäquate Bezeichnung für das Resultat der objektiven Logik ein.1 Den Begriff konzipiert er dort als die „Grundlage und Wahrheit“, d.h. als das Prinzip und Element, von Sein und Wesen bzw. von aller Unmittelbarkeit und Reflexion, „in welcher sie untergegangen und enthalten sind“ (BL: 11,19–22); und noch spezifischer als „die aus der Wechselwirkung resultirende Totalität“ (a.a.O. 15,28). Die Wortwahl ‚Begriff‘ jedoch für die Bezeichnung einer solchen Totalität mag befremdlich wirken und für Verwirrung sorgen – und gewiss ist sie dies auch, wenn der Begriff im geläufigen Sinne, d.h. lediglich als ein weiterer genereller Terminus im Sinne referenziellen Gebrauchs genommen wird, der auf den semantischen Gehalt eines Wortes hinweist. 2 Denn der semantische Gehalt ist nichts Anderes als die nach Reflexionsbestimmungen abstrakte Repräsentation eines Unmittelbaren, und zwar
Das vorliegende Buch unterscheidet zwischen ‚Begriff‘ und ‚Begriff als solchem‘. Wie unten ausführlich dargelegt wird (vgl. z.B. III.B.2.), steht ‚Begriff‘ für die logische Totalität überhaupt, also für die ganze Wissenschaft der Logik. Mit ‚Begriff als solcher‘ – in Anlehnung an die enzyklopädische Fassung der Logik, aber ohne dem Sinn der großen Logik zu widersprechen (vgl. BL: 31,3–7) – wird hingegen das erste Kapitel der subjektiven Logik und die dortige Abhandlung des Begriffs markiert. ‚Begriff als solcher‘ betitelt die logische Feststellung, worin die logische Totalität besteht, was auch das Hauptthema des vorliegenden Kapitels III ausmacht. ‚Begriffslogik‘ bezeichnet dann die spezifische Exposition der logischen Totalität unter der Bedingung jener Feststellung. 2 K. Hartmann sieht richtig im hegelschen Begriff einerseits „etwas Ontologisches (eine höchste Strukturgestalt)“, andererseits „etwas Logisches (de[n] Begriff, durch den etwas gedacht wird“; Klaus Hartmann, Hegels Logik, hg. von Olaf Müller, mit einem Vorw. von Klaus Brinkmann, Berlin 1999, 293). Ersteres behandle Hegel im Vorspann „Vom Begriff im Allgemeinen“, Letzteres im Kapitel über den Begriff als solchen. Das vorliegende Buch geht indes davon aus, dass es das Resultat der Wesenslogik ist, dass beide Bedeutungen 1
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Kapitel III: Der absolute Begriff
diese Repräsentation in Abgrenzung von ihrem Unmittelbaren selbst, sodass der Begriff in diesem Sinne mit der einen Seite des Verhältnisses von Sein und Reflexion zusammenfällt und nicht dessen Grundlage oder Wahrheit ausmacht. Der bloße semantische Gehalt stellt ferner weder die aus der Wechselwirkung resultierende noch irgendeine seiende Totalität dar, sondern einerseits ein gedankliches Inneres, d.h. eine Gedankenbestimmung, die von ihrem Äußeren, dem von ihr umrissenen Seienden oder jedenfalls Gedachtem, verschieden ist, und andererseits ein gedankliches Inneres, d.h. eine partielle Bestimmung, die notwendigerweise von anderen Bestimmungen oder auch Begriffen ergänzt wird. Hingegen ist Hegel offenbar der Meinung, dass das spekulativ konzipierte Wort ‚Begriff‘ mit dessen alltagssprachlichem Gebrauch im Einklang steht (vgl. § 160 Z). Dies lässt sich anhand eines Rekurses auf die Etymologie des Wortes erläutern. Die ursprüngliche Bedeutung von ‚Begriff‘ ist „complexus, umfang“ bzw. das, „was räumlich begriffen, umfangen ist“; das Verb ‚Begreifen‘ bedeutete zudem „sinnlich berühren“ bzw. „sinnlich ergreifen, erfassen, fassen“ oder auch „umfassen, einschlieszen“ 3, was auch die paronymische Konnotation von Begreifen noch erahnen lässt. Demnach ist das Element der Unmittelbarkeit und des Seins verträglich mit dem Ausdruck ‚Begriff‘, sodass unter demselben nicht nur eine Abstraktion oder gedankliche Abbildung, sondern auch ein Unmittelbares und Seiendes durchaus denkbar ist. Doch nicht nur ein Seiendes, sondern alles Seiende bzw. die Totalität des Seins lässt sich unter dem Begriff subsumiert denken, insofern nämlich dieser nicht nur als ein Umfangendes, sondern als der complexus, Umfang und das Einschließen überhaupt genommen wird. Nun bildete genau diese Totalität des Seins (und nicht die reale Summe der unzähligen empirisch wahrnehmbaren Seienden) das Thema der Seinslogik, sodass Hegels spekulatives Verständnis des Ausdrucks ‚Begriff‘ auch im Sinne eines Verweises auf den ersten Teil der Logik nicht als befremdlich erscheinen muss, sondern eine Stütze im Ausdruck selbst hat. Ähnlich verhält es sich ferner mit den übrigen und heute noch geläufigen etymologischen Bedeutungen der Ausdrücke ‚Begriff‘ und ‚Begreifen‘: „Conceptio“ und „notio“ beispielsweise, bzw. „verba concipere“ und „comprehendere“4 müssen nicht ausschließlich an einzelne Seiende gebunden sein und insofern als einzelne Repräsentationen im Geist oder Vorstellungen bzw. das Repräsentieren im Geist oder das Sich-Vorstellen von einzelnen Dingen verstanden werden; sondern sie können auch in dem umfassendsten Sinne genommen werden, nämlich als der semantische Gehalt oder das geistige Repräsentieren nunmehr im ‚Begriff‘ so eng miteinander verbunden sind, dass sie sich nicht getrennt voneinander analysieren lassen. 3 Jacob Grimm, Deutsches Wörterbuch, Leipzig 1854ff., Lemmata „Begriff“ und „Begreifen“. 4 Ebd.
Vorüberlegungen zur subjektiven Logik
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überhaupt, das nach Reflexionsbestimmungen zustande kommt. Wenn demnach unter ‚Begriff‘ ein semantischer Gehalt verstanden werden muss, so muss dieser nicht nur das abstrakte Korrelat zu einem Seienden, sondern er kann auch das reflektierte Korrelat zu der Totalität des Seins, nämlich die Totalität der Reflexion und ihres Inhalts sein. Da nun diese Totalität das Thema der Wesenslogik bildet, darf der spekulativ konzipierte Ausdruck ‚Begriff‘ auch als ein Verweis auf den zweiten Teil der Logik betrachtet werden. Doch zentral für das spekulative Verständnis von ‚Begriff‘ ist erst, dass dieser Ausdruck beide etymologischen Hauptbedeutungen gleichermaßen aufweist. Er lässt nämlich seine Verwendung im Sinne vom ganzen Sein und ganzer Reflexion zugleich, d.h. als deren Einheit, zu, sodass der Begriff auch als die alles Sein und Reflexion übergreifende Totalität verstanden werden muss. Allerdings handelt es sich dabei um keine numerische Totalität, keine bloße Summe oder Menge aller seins- und wesenslogischen Bestimmungen. Und diese Totalität ist auch nicht der logische Raum, wenn unter diesem Ausdruck lediglich ein neutraler Behälter aller logischen Bestimmungen verstanden wird, welche die Erforschung des Logischen bereits aufgedeckt oder eventuell noch zu entdecken hat.5 Ein solcher Raum oder eine solche Menge berücksichtigt den wesentlichen Aspekt des Begriffs und seines Zusammenhangs mit den übrigen logischen Bestimmungen nicht – beide Ausdrücke, ‚Raum‘ und ‚Menge‘, erklären z.B. nicht, was das Logische dieser Bestimmungen ist. Vielmehr soll der Begriff, wenn er tatsächlich das folgerichtige Produkt der sukzessiven Aufhebung aller objektivlogischen Bestimmungen ist, das Prinzip und Element darstellen, das all diese Bestimmungen trotz ihrer signifikanten Unterschiede prägt und zusammenhält. Der Begriff soll die spezifischen Prinzipien und Elemente von Sein und Wesen, also die absolute Indifferenz und die Reflexion, nicht bloß in sich synthetisieren, sondern aus ihrer gegenseitigen Abgrenzung und Bestimmtheit in ihre eigene Bestimmung und (gemeinsame) substantielle Einheit erheben. Wenn aber der Begriff tatsächlich als diese Einheit verstanden wird, welche die ersten zwei Teile der Logik in sich aufhebt, wenn ferner das dritte und letzte Buch der Logik aber ausschließlich den Begriff – und sei’s in seinen diversen Spezifikationen – zum Thema hat, dann kann bereits hier bemerkt werden, dass der Begriff mit der Totalität des Logischen bzw. der logischen Totalität zusammenfällt, d.i. mit dem Prinzip und Element, das alles Logische wesentlich prägt und in sich fasst. In dieser Bedeutung verwendet Hegel 5 A. F. Koch initiiert den Ausdruck ‚logischer Raum‘ zunächst als Bezeichnung für das reine Sein und im Anschluss daran als Bezeichnung für alle logischen Bestimmungen, die in der Wissenschaft der Logik exponiert werden (vgl. Anton Friedrich Koch, Die Evolution des logischen Raumes. Aufsätze zu Hegels Nichtstandard-Metaphysik, Tübingen 2014). Das vorliegende Buch vertritt eine ähnliche Ansicht, bevorzugt aber diese Formulierung deshalb nicht, weil sie als etwas nur Äußerliches missverstanden werden könnte, dass nämlich der Begriff nur ein gleichgültiger Behälter von zusammenhanglosen Dingen und nicht das Prinzip und Element dessen wäre, was er in sich fasst.
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den Ausdruck ‚Begriff‘, wenn er etwa – wie unten6 ausführlich untersucht wird – die Gliederung der gesamten Logik als die eigene Einteilung des Begriffs in solchen Teilen erörtert, die unterschiedene aber substantiell zusammengehörende Totalitäten und einer übergreifenden Totalität unterworfen sind. 2. Der Begriff als Nachfolgebestimmung des Absoluten i. ‚Absolutes‘ und ‚Begriff‘: Eine terminologische Abgrenzung Bereits diese terminologischen Vorbemerkungen zum Ausdruck ‚Begriff‘ signalisieren eine logische Bestimmung, die sich entscheidend von allen objektivlogischen abhebt. Solch eine Abhebung hat aber gravierende Auswirkungen auf die bisher herausgearbeiteten immanenten Absolutheitskonzeptionen und Selbstcharakterisierungen der Logik, und somit auf das begriffliche Fundament aller vernünftigen Rede von Gott, wie auch auf den gesamten Verlauf einer Untersuchung der Logik in Bezug auf philosophische Theologie. So ist es angebracht und trägt zur Plausibilisierung des Fortgangs der vorliegenden Untersuchung bei, an dieser Stelle auf manche markanten terminologischen Aspekte des Unterschieds zwischen Absolutem und Begriff zu verweisen. Angesichts der Etymologie des Terminus ‚Begriff‘ stellt sich für den philosophisch-theologisch interessierten Leser die Frage, warum nicht bereits die wesenslogische Gedankenbestimmung ‚das Absolute‘ diese Bezeichnung verdient hätte. Denn anders als etwa die Gedankenbestimmungen im Abschnitt über die Erscheinung stellte das Absolute ebenfalls wie der Begriff eine Einheit und Totalität des ganzen Seins und der ganzen Reflexion, ja eine gewisse „Grundlage und Wahrheit“ von beiden dar. Doch war diese Totalität noch in der Bestimmung des Inneren und musste noch ausgelegt, d.h. zugleich als Äußeres betrachtet werden. Anders nämlich als der Terminus ‚Begriff‘, der in seinem spekulativen Gebrauch nur eine übergreifende, in sich vollständige und selbstgenügsame Totalität andeutet, bedarf die Gedankenbestimmung des Absoluten noch dessen Reflexion oder reflektierender Verdoppelung, die noch an ihm ausgelegt wurde.7 Demnach ist es wichtig – worauf ja Hegel selbst in dem Vorspann zur Begriffslogik wiederholt aufmerksam macht –, den Begriff nicht bloß als die Totalität, sondern als das Resultat insbesondere der letzten drei Kapitel der Wesenslogik aufzufassen. Denn dort ereignet sich die allmähliche Abschaffung des Unterschieds zwischen der Totalität qua eines Inneren, verborgener Substanz oder Notwendigkeit bzw. qua einer Ursprünglichkeit und der Totalität qua Sphäre von Modus, Äußerlichkeit oder Wirklichkeit, die die ursprüngliche Totalität manifestiert. Am Ende dieses Prozesses, der Offenba-
6
Vgl. III.B.2. Besonders deutlich kam diese Verdoppelung durch das absolute Attribut (II.B.2) und den Modus des Absoluten (II.B.3.) zum Ausdruck. 7
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rung oder Manifestation des Absoluten, wo es logisch nicht mehr um den Unterschied zwischen verborgener Ursprünglichkeit und manifester Äußerlichkeit geht, ist nur eine mit sich identische Totalität noch zu begreifen. Diese resultierte eine Totalität wird durch das Singularetantum ‚Begriff‘ bezeichnet. Alsdann drängt sich allerdings die Frage auf, in welchem Sinne nun noch eine logische Bewegung möglich ist. Denn in der einen übergreifenden logischen Totalität ist kein solches festes Anderes mehr denkbar, das ein Übergehen oder Scheinen – sei’s als eine Weiterführung der vollendeten Auslegung – ermöglichen würde. Beispielsweise kann die logische Bewegung in dieser Totalität nicht mehr wie beim Modus des Absoluten in einem „Zeigen seiner selbst“ bestehen. Denn der Akt des Zeigens setzt den Unterschied zwischen Zeigendem und Gezeigtem voraus, welcher sich bestenfalls auf die reflektierende Verdoppelung des Zeigenden reduziert, nicht aber bis zu seiner Eliminierung getrieben wird. Die richtige Spur für das Verständnis der bevorstehenden Bewegung gibt uns Hegel im enzyklopädischen § 161 durch das Stichwort ‚Entwicklung‘ vor. Entwicklung ist diejenige spontane Tätigkeit von etwas, bei welcher etwas sich selbst in einer solchen Weise bestimmt, die seiner eigenen Bestimmung entspricht, ohne also ein qualitativ oder wesentlich Anderes zu werden. Das Resultat oder Gesetztsein einer Entwicklung ist zwar unterschieden von ihrem anfänglichen Moment, aber kein von ihm Verschiedenes. Es handelt sich nämlich um keine Veränderung im starken Sinne, bei welcher etwas durch etwas anderes ersetzt wird, sondern um eine Fortbestimmung der Form bei welcher anfängliche, gesetzte und letzte Form des sich Entwickelnden wesentlich identisch und als Identische erkannt sind. Treffend erklärt der Zusatz zu § 161 die begriffliche Entwicklung anhand des hegelschen Beispiels von Keim und Pflanze: Was aus dem Keim folgt, die Pflanze, ist ja vom Keim nicht wesentlich unterschieden, sodass dabei eine Veränderung im starken Sinne ausgeschlossen wird. Der Unterschied ist aber auch kein bloß quantitativer, wie eine „Einschachtelungshypothese“ annehmen könnte, dass nämlich „die verschiedenen Teile der Pflanze […] im Keim bereits realiter, jedoch nur ganz klein vorhanden wären“. Stattdessen enthält der Keim die ganze Pflanze in sich „in ideeller Weise“, sodass die Entwicklung die Fortbestimmung der Form der Pflanze von der ideellen in die reelle bedeutet. Das ist kein bloßes Explizieren im Sinne von ‚Ans-Licht-Bringen‘ einer zuvor verborgenen Bestimmung. Vielmehr handelt es sich um die Entfaltung einer bereits bekannten Bestimmung, und zwar um eine Entfaltung nicht in der sturen Weise der Reflexion, die immer das bloße Übersetzen des Inneren ins Äußeres vorschreibt, sondern um eine Entfaltung im Einklang mit der jeweiligen Bestimmung selbst, was eine große begriffliche Flexibilität verlangt und auch zulässt. Nun macht es mehr als eine interessante Parallele aus, dass Hegel das KeimPflanzen-Beispiel auch für die Erklärung des (wesenslogischen) Formunterschieds von Äußerem und Innerem gebraucht (WL: 367,31ff.). Anhand der
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zwei Verwendungen dieses Beispiels lässt sich nämlich der Unterschied zwischen Auslegung des Absoluten und Entwicklung des Begriffs pointiert illustrieren. So bezeichnen beide eine Tätigkeit, und zwar – solange mit ‚Auslegung‘ die eigene Reflexion und Auslegung des Absoluten gemeint ist, wovon die Rede im entsprechenden Kapitel der Wesenslogik ist – eine spontane Tätigkeit der jeweiligen Sache, die sogar im Neubestimmen der eigenen Form besteht. Während sich aber bei der Entwicklung des Keims die Form von ideeller zur reellen fortbestimmt, wurde der Keim im Kontext der Dialektik von Äußerem und Innerem als „innre Pflanze“ und ipso facto als „ein unmittelbares, ein Aeusseres“ interpretiert (ebd.). Dort wies nämlich das Beispiel auf einen starren Formunterschied und aufgrund dessen auf das bloße Umschlagen der einen Form in die andere je nach Sichtweise des Betrachters; nicht aber auf die Entfaltung des Keims zur Pflanze – eine Metapher, die offensichtlich für die Entwicklung und den Begriff reserviert ist. Entsprechend legt sich das Absolute bloß aus, d.h., es betrachtet sich auf eine von der Reflexion diktierte Weise als ein Äußeres und bleibt zugleich auch als ein Inneres vorhanden. Der Begriff hingegen entwickelt sich, d.h., er bestimmt seine Form – und etwas anderes als Form, etwa ein ursprüngliches Zugrundeliegendes wird auf dem Standpunkt des Begriffs nachdrücklich zurückgewiesen – im Einklang mit sich selbst neu. ‚Auslegung‘ ist eine durch Reflexion standardisierte Betrachtungsweise. ‚Entwicklung‘ hingegen bedeutet die Autonomie des sich Entwickelnden, des Begriffs; sie ereignet sich nach dem eigenen Gesetz bzw. der eigenen Bestimmung des jeweiligen sich Entwickelnden. Und schließlich ist Entwicklung erst auf dem Standpunkt des Begriffs möglich, weil erst nach dem ManifestationsProzess des letzten wesenslogischen Abschnittes solches Gesetz bzw. solche Bestimmung kein verborgenes Inneres und keine ursprüngliche Sache mehr, sondern etwas begrifflich Transparentes ist, das sich selbst als solches und Erkanntes souverän bestimmen kann. Dieses Verständnis von Entwicklung wird schließlich durch die Rede vom „Reich der Freyheit“ konsolidiert, welches sich im Begriff erst „eröffnet“ hat (BL: 15,35; vgl. WL: 409,36). Denn einerseits bedeutet die Freiheit bei Hegel eine spontane und autonome Tätigkeit, bei welcher etwas sich nicht zu etwas anderem, sondern zu sich selbst verhält und sich nach seiner eigenen Bestimmung bestimmt, d.h. nicht so, dass es hierbei von einem qualitativen oder wesentlichen Anderen substituiert wird, sondern so, dass es das wird, was es seiner ideellen Bestimmung nach ist. 8 Andererseits weist das Wort ‚Reich‘ auf eine Mannigfaltigkeit hin, die von gewissen Gesetzen gekennzeichnet ist, d.h.,
8 Vgl. Hans Friedrich Fulda, „Freiheit als Vermögen der Kausalität und als Weise, bei sich selbst zu sein“, in: Thomas Grethlein/Heinrich Leitner (Hgg.), Inmitten der Zeit. Beiträge zur europäischen Gegenwartsphilosophie, Festschrift für Manfred Riedel, Würzburg 1996, 55–61.
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auf bestimmter Weise mit und in sich zusammenhängt, sodass von der Begriffslogik verschiedene Formen von Freiheit zu erwarten sind, die am Ende sogar miteinander zusammengewachsen sein werden. 9 Allen diesen terminologischen Indizien hat die philosophisch-theologische Untersuchung der Logik möglichst genau nachzugehen. Denn sie weisen auf eine neue, logisch-immanent entwickelte Absolutheitskonzeption hin, die nicht nur die Wahrheit des vorangegangenen Teils der Logik darstellt, sondern auch die bevorstehende Begriffslogik explizit prägt: der Begriff als die Nachfolgebestimmung des wesenslogischen Absoluten. Diese Wende in der philosophisch-theologischen Untersuchung der Logik hat das vorliegende Buch in seiner Einleitung antizipiert, als es von gewissen Stadien gesprochen hat. Die Stadien, die durch den Begriff – wie er im Vorspann „Vom Begriff im Allgemeinen“ charakterisiert wird – als Nachfolgebestimmung des Absoluten geprägt sind, sind das zweite und dritte.10 Dabei handelt es sich nicht nur um die absolute Einheit von Sein und Wesen überhaupt und deren Auslegung, sondern um die begriffene „Grundlage und Wahrheit“, also um die begriffene Einheit von Sein und Wesen und die Entwicklung derselben. Die These jedoch, dass die philosophisch-theologische und insgesamt metaphysische Thematik in der Begriffslogik eine – wichtige! – Rolle spielen, wird in der Forschung nicht für selbstverständlich gehalten. Deshalb kann hier noch kurz auf eine zentrale Bemerkung Hegels aufmerksam gemacht werden. ii. Objektive und subjektive Logik im Verhältnis zur Metaphysik Im Vorspann zur gesamten Logik mit dem Titel „Allgemeine Einteilung der Logik“ macht Hegel eine pointierte und ebenso rätselhafte Bemerkung: „Die objective Logik tritt […] an die Stelle der vormaligen Metaphysik, als welche das wissenschaftliche Gebäude über die Welt war, das nur durch Gedanken aufgeführt seyn sollte“ (SL: 48,22f.). In der Tat konnte die Auseinandersetzung mit der objektiven Logik – vorzüglich mit der des wesenslogischen Absoluten – zeigen, inwiefern die objektive Logik das logische Fundament philosophischer Theologie zu erkennen gibt, und somit einen ausgesprochen wichtigen Beitrag zu aller Erforschung der Metaphysik bzw. von jenem „wissenschaftlichen Gebäude über die Welt“ leistet. Nun kann man sich jedoch die Frage stellen, was der Fortgang von der objektiven in die subjektive Logik für die Frage nach Metaphysik und philosophischer Theologie in der Wissenschaft der Logik bedeutet.
9 Diese zusammengewachsene Mannigfaltigkeit von Formen von Freiheit wird beispielsweise in dem ersten und letzten Paragrafen der enzyklopädischen Begriffslogik angedeutet: „Der Begriff ist das Freie“ § 160; „Die absolute Freiheit der Idee aber […]“ § 244. 10 Vgl. Einleitung, Ziffer 8 und 9.
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Die vorliegende Studie argumentiert im Folgenden, dieser Fortgang führe nicht dazu, dass das logische Fundament philosophischer Theologie unerkennbar wird oder gar vollkommen verloren geht. Vielmehr signalisiert dieser Fortgang den Abschied von bzw. die Aufhebung eines bestimmten Verständnisses von philosophischer Theologie und Metaphysik. In der subjektiven Logik ist nicht mehr das Absolute qua absolute Einheit von Sein und Wesen und logisches Inneres der gesamten Realität zu erkennen, wohl aber eine Begrifflichkeit, die für die philosophische Theologie und die Metaphysik überhaupt noch grundlegender ist. Ist es die objektive Logik, welche nach dem angeführten Zitat „an die Stelle der vormaligen Metaphysik“ tritt (erstes Stadium der philosophisch-theologischer Untersuchung), so werden das zweite und dritte Stadium zeigen, dass es eben die Abhandlung der vormaligen Metaphysik ist, welche mit dem Ende der objektiven Logik abgeschlossen wird – nicht aber die logische Abhandlung der Metaphysik überhaupt, einer modernen kantischen oder auch einer nachkantischen, etwa Tatsachen-Metaphysik.11 ‚Vormalige Metaphysik‘ versteht Hegel im soeben angeführten Zitat als ein „wissenschaftliche[s] Gebäude über die Welt“, d.h. als einen Supranaturalismus, der Gott als einen übernatürliches Ens annimmt – kurzum: als eine Ontotheologie.12 Wurde also im ersten Stadium der philosophisch-theologischen Untersuchung nach-
11 In diesem Sinne stimmt das vorliegende Buch Th. Lewis zu, wenn er hinsichtlich der Religionsphilosophie des reifen Hegel pointiert: The „basis for Hegel’s account of God lies in his confrontation with the problem of thought’s spontaneity that Hegel took to be at the heart of post-Kantinan German idealism“ (Thomas Lewis, Religion, Modernity, and Politics in Hegel, Oxford/New York 2011, 73). Allerdings ist hier Vorsicht geboten: Weder darf man Hegels Auseinandersetzung mit Kant und der spezifischen kantischen Problematik gleich im ersten Kapitel der Begriffslogik suchen oder gar als die genuine Problematik der hegelschen Logik nehmen, noch darf man den gesamten (begriffs-)logischen Verlauf überspringen und sich einfach nach einigen – wenn auch treffenden – einleitenden Bemerkungen – dem letzten Kapitel der Logik widmen. Beim Ersteren läuft man Gefahr, das logische Denken als „intrinsically intersubjective“ (a.a.O. 80; vgl. a.a.O. 87) und nicht als genuin spekulatives aufzufassen. Tut man hingegen Letzteres, kann man nicht befriedigend die – wohl richtige – These belegen, Hegels Gott und die absolute Idee seien keine „version of a cosmic spirit“ (a.a.O. 89) oder kein „transcendent, cosmic subject“ (a.a.O. 95): Sofern man darauf verzichtet, „all the elements of that argument here“ zurückzuverfolgen („retrace“, a.a.O. 93), kann man nicht umhin, sich mit einer bloßen Versicherung vorläufig zu begnügen und schließlich notgedrungen zuzugeben, der Begriff sei „in some sense, […] appropriately referred to as ‚divine‘“ (a.a.O. 96). Die genaue Untersuchung der Begriffslogik, die bemerkenswerterweise bereits vom „göttliche[n] Begriff“ (BL: 129,23) spricht – und zwar im Unterschied zur Idee, auf welche Lewis ausschließlich zurückgreift – ist unumgänglich, wenn es darum geht eine definitive Antwort auf die Frage nach Hegels eigener philosophischer Theologie zu geben. 12 Dieselbe Annahme eines festen Seienden, das schließlich nach der Weise empirischer Gegenstände akzeptiert oder abgelehnt werden muss, führt Hegel ferner zur weiteren pointierten Akzentuierung der vormaligen Metaphysik, nämlich als „Dogmatismus“ (§§ 28–32).
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gewiesen, dass in Hegels Wissenschaft der Logik der logische Kern verschiedener ontotheologisch-metaphysischer Konzepte steckt, so schließt das keineswegs aus, dass dasselbe über solche Konzepte metaphysisch forschend hinausgehen kann. Dieselbe Richtung deutet ein anderes berühmtes einleitendes Zitat Hegels, diesmal aus der Enzyklopädie: „Die Logik fällt daher mit der Metaphysik zusammen, der Wissenschaft der Dinge in Gedanken gefaßt, welche dafür galten, die Wesenheiten der Dinge auszudrücken.“ (§ 24). Hier geht es uneingeschränkt um die Metaphysik überhaupt, sodass auch das dritte Buch der Logik, die Begriffslogik, problemlos einbegriffen wird. Zugleich deutet das Präteritum ‚galten‘ die Möglichkeit einer anderen, nicht-ontotheologischen Metaphysik an, die – nach der hier vertretenen Position – für die Begriffslogik reserviert ist. Markant ist ferner bei beiden Zitaten die Pointierung von „Gedanken“ unabhängig davon, ob sie „Wesenheiten der Dinge ausdrücken“ bzw. als ein Gebäude „über die Welt“ existieren oder nicht. Eine solche Metaphysik reiner Gedanken und jenseits von Ontotheologie, wie sie par excellence in der Begriffslogik betrieben wird, ist von der ‚vormaligen‘ als die Metaphysik des Begriffs abzuheben.13 Dieses neuartige Metaphysik-Konzept zu erläutern, macht das zentrale Anliegen des zweiten und dritten Stadiums philosophisch-theologischer Untersuchung der Logik aus.14 13 Vgl. Hans Friedrich Fulda, „Hegels Dialektik als Begriffsbewegung und Darstellungsweise“ in: Rolf-Peter Horstmann, Seminar. Dialektik in der Philosophie Hegels, Frankfurt a. M. 1978. 124–174, 129ff.; ähnlich auch Stephen Houlgate, „Hegel’s Logic“, in: Frederick C. Beiser, The Cambridge Companion to Hegel and nineteenth-century philosophy, Cambridge 2008, 117–124. 14 Es sei hier vorweggenommen, dass die Metaphysik, für welche das vorliegende Buch argumentiert, sich nicht so radikal von K. Hartmanns Logik-Interpretation unterscheidet, wie der Titel seines Aufsatzes Hegel. A non-metaphysical view vermuten lässt. Das vorliegende Buch kann Hartmanns Plädoyer für „a categorial and systemic approach“, das in der Logik nach keiner „omniscience“ sucht und hingegen darauf abzielt, „we merely learn about the rational explanation of categories“, nur zustimmen (Klaus Hartmann, „Hegel: A Non-Metaphysical View“, in: Alasdair MacIntyre, Hegel. A Collection of Critical Essays, New York 1972, 112; 109). Allerdings stimmt das vorliegende Buch diesem Plädoyer unter der Bedingung zu, dass ‚categorial‘, ‚categories‘ und ‚rational‘ nicht in einem strikt kantischen Sinne zu verstehen sind, d.h. in unüberbrückbarem Unterschied zum ‚Ding an sich‘. Aber auch Hartmann selbst hütet sich vor diesem einseitigen Verständnis, nach welchem „[w]e seem to remain entrenched on the side oft he mind and therefore isolated from any referent of mental acts“ (a.a.O. 115). Dagegen schlägt er mit Blick auf Hegel vor: „we can accommodate reference in a notion of thought such that reference to being is already a constitutive feature of its being thought“ (ebd.). Die Beschäftigung aber mit den begrifflichen Referenzen, die den Seins- oder Existenzgedanken dieser Referenzen selbst konstituieren, ist Metaphysik im Sinne von Analyse der allgemeinsten Begriffe, etwa im aristotelischen Sinne der Untersuchung der Intelligibilität des Seins (und nicht des empirischen Seins als Empirischen, auf welches sich alltägliche Referenzen beziehen). Die Metaphysik, die Hartmann zurückweist, ist das Postulieren anhand rein begrifflicher Gründe oder sogar das Erkennen von Entitäten,
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3. Episodischer, aber nicht nur episodischer Abschnitt: Der Begriff im Allgemeinen und die Logik der exoterischen Ebene philosophischtheologischer Untersuchung der Logik Wichtige Indizien dafür, dass mit der Begriffslogik die philosophisch-theologische Untersuchung der Logik in ihr zweites Stadium tritt, finden sich auch auf ihrer dritten, exoterischen Ebene, auf welcher die Definitionsversuche des Absoluten und diverse bestimmte Absolutheitskonzepte aus der Philosophie des absoluten Geistes thematisiert werden. Dass der Begriff, der bekanntlich eine ausgesprochen hohe Reputation im gesamten philosophischen System Hegels genießt, in verschiedenen Textstellen mit dem Definiendum ‚Absolutes‘ in Verbindung gebracht wird (vgl. z.B. § 115 A; WL: 243), mag keinen HegelKenner überraschen. Nahezuliegen scheint auch, dass sich ‚Begriff‘ als das beste Definiens des Absoluten anbietet, und zwar auch im Sinne christlicher Dogmatik, wie der Zusatz zum enzyklopädischen § 161 und eine Nachschrift der letzten Vorlesung über die Logik (VANM 10: 177) andeuten. Doch sind Hegels Formulierungen eine genauere Untersuchung wert. Denn sie signalisieren eine noch subtilere Wende auf der dritten Ebene der philosophisch-theologischen Untersuchung der Logik. Hegel beginnt die Zusammenfassung der logischen Genese des Begriffs im Vorspann zur Begriffslogik mit der Konstatierung, die den üblichen Definitionsversuchen ähnelt: „Die Substanz ist das Absolute, das an- und für sichseyende Wirkliche“ (BL: 12,16). Zwei Dinge fallen aber in diesem Satz sofort auf, wenn man ihn mit anderen Definitionsversuchen vergleicht. Erstens befindet sich ‚das Absolute‘ nicht an der üblichen Stelle des Definiendums, sondern diesmal an der des Definiens. Begibt sich also der Begriff auf das logische Terrain, scheint das Absolute von der Stelle der Konstante in der Reihe der Definitionsversuche vertrieben und lediglich als Verständnisstütze für den Begriff gebraucht zu werden. Auf diese Ansicht lässt sich zwar anhand der zweiten Stelle aus demselben Text, die den Begriff mit dem Absoluten verbindet, nicht mit Sicherheit zurückschließen: „Der jetzige Standpunkt […] ist, daß die Form des Absoluten, welche höher als Seyn und Wesen [ist], der Begriff ist“ (a.a.O. 24,20–22). Ohne Zweifel wird jedoch jene Ansicht durch die Abschlussbemerkung der Einleitung in die Wesenslogik belegt: Der „Begriff ist das Absolute, wie es in seinem Daseyn absolut oder an und für sich ist“ (WL: 243,18). Zweitens – und das gilt für alle drei hier angeführten relevanten Sätze – wird dabei ‚das Absolute‘ so stark spezifiziert, dass unter diesem Wort nicht die sich von den verwendeten Begriffen ontologisch unterscheiden. Zu solchen Entitäten gehören etwa das Ding an sich (vgl. a.a.O. 117) oder Gott (vgl. a.a.O. 118). Die verschiedenen Versionen von Letzterem, der Ansicht nämlich, Gott sei ein Ens im Unterschied zu den Begriffen, die seiner Auslegung dienen, fasst dieses Buch als Ontotheologie zusammen, die es hinsichtlich des Begriffs als Nachfolgebestimmung des Absoluten im Kontext der Logik zurückweisen möchte.
Vorüberlegungen zur subjektiven Logik
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das Absolute selbst – und zwar weder im gemeinen vorstellungshaften noch im wesenslogisch spezifischen Sinne –, sondern eine spätere logische Bestimmung zu verstehen ist. Nicht nur gilt das Absolute im Verhältnis zum Begriff für keine Konstante; zudem wird auch noch angedeutet, dass sein spezifischer wesenslogischer Gehalt überholt und es insuffizient ist, den Begriff zu definieren. Die Verwendung des Ausdrucks ‚das Absolute‘ ist daher eine Paraphrasierung des Standpunkts des Begriffs, die sich unter Rekurs auf den wesenslogischen Gedanken des Absoluten die Selbstbezüglichkeit des jetzigen, begriffslogischen Standpunkts zum Ausdruck bringt und schließlich dazu dient, den philosophisch-theologisch interessierten Leser terminologisch, d.h. exoterisch, auf die Relevanz des Begriffs bezüglich der Absolutheitsproblematik hinzuweisen. Anders als bei den üblichen Definitionsversuchen handelt es sich also bei den jetzigen Paraphrasen um keine Benennung eines diffusen Substrats der Vorstellung nach einer logischen Bestimmung oder um die ausdrückliche Zustimmung der äußeren Reflexion dazu, dass der logische Gang etwas mit dem Absoluten zu tun hat. Vielmehr scheint die Vorstellung vom Absoluten durch dessen wesenslogischen Gedanken ersetzt zu werden. Man ist in der Tat nicht gewöhnt, so komplexe und logisch gehaltvolle Charakterisierungen wie etwa das Absolute, das „in seinem Daseyn absolut oder an und für sich ist“ auf der exoterischen Ebene der Definitionen zu lesen. So müssen solche Paraphrasen als eine Unterbrechung des eigentlichen definitorischen Verfahrens verstanden werden, die darin besteht, den logischen Gehalt systematisch konsequent und ohne begriffliche Verluste auf die dritte, exoterische Ebene der philosophischtheologischen Untersuchung der Logik zu übertragen, und somit den Begriff auch auf der dritten Ebene als die Nachfolgebestimmung des wesenslogischen Absoluten zu markieren. Die Stelle im Korpus der Logik, an welcher diese drei Paraphrasen vorkommen, in Vorspannen nämlich und nicht gebunden an bestimmte einzelne Bestimmungen des begriffslogischen Prozesses, verrät ferner, dass sie gewissermaßen alle im Rahmen der Begriffslogik zu formulierenden Definitionsversuche prägen. Eine ähnliche pauschale Hervorhebung von Definitionen des Absoluten wurde im Vorspann der Wesenslogik gefunden und gleich als Definition zweiter Stufe festgelegt.15 Zeichnete aber die wesenslogische Definition zweiter Stufe ausschließlich die wesenslogischen vor den seinslogischen Definitionen aus, so weist die jetzige Definition zweiter Stufe darauf hin, dass die subjektivlogischen Definitionsversuche einen logisch höheren Rang haben als alle objektivlogischen.16
15
Vgl. II.A.6.iii. Für eine detaillierte Betrachtung der Logik der Definitionen, die mit diesen zwei Definitionen zweiter Stufe einhergeht vgl. unten III.D.3. 16
272
Kapitel III: Der absolute Begriff
Auch auf der dritten Ebene der philosophisch-theologischen Untersuchung der Logik lässt sich also zu Beginn der Begriffslogik ein weiteres Stadium verzeichnen. Seine Bestimmung besteht darin, Definientia und logische Kerne metaphysischer Konzepte zu thematisieren, die kein verborgenes Inneres darstellen und keiner reflektierten Verdoppelung bedürfen, sondern Entwicklungsmomente des Resultats des im letzten Abschnitt der Wesenslogik ausgeführten Prozesses der Offenbarung sind (WL: 243,23): Momente der offenbar und konkret gewordenen einen logischen Totalität. Gerade aber wenn hier das Stichwort ‚offenbar‘ fällt, darf die programmatische Verbindung des christlichen Dreieinigkeitsdogmas mit der exoterischen Ebene der gesamten Begriffslogik nicht verschwiegen werden 17, was auch sekundär überlieferte Äußerungen Hegels belegen (vgl. §§ 161 Z; 163 Z; VANM 10: 177). Welche spezifische begriffslogische Bestimmung jedoch für die Deutung des christlichen Gottes geeignet ist, etwa die Letzte (die absolute Idee) oder vielleicht doch die Erste (der Begriff als solcher), würde sich erst nach der Untersuchung der gesamten Begriffslogik mit Sicherheit lassen sagen. 18 Vorbemerkungen zur Bedeutsamkeit und dem Ziel der Untersuchung des Begriffs als solchen Vorbemerkungen zum Begriff als solchem
Die soeben im Anschluss an den begriffslogischen Vorspann angestellten Vorüberlegungen betreffen die ganze Begriffslogik, und somit nicht nur das zweite, sondern auch das dritte Stadium philosophisch-theologischer Untersuchung der Logik. Die jetzigen Vorbemerkungen dienen hingegen der spezifischen Orientierung an der nun folgenden Auseinandersetzung mit dem ersten Kapitel der Begriffslogik, und somit allein am zweiten und letzten Stadium der vorliegenden Untersuchung. Bereits an dieser Stelle ist vorwegzunehmen, dass das außerordentlich vielschichtige erste Kapitel der Begriffslogik eine besonders intensive Lektüre und dessen koordinierte Untersuchung auf allen drei Ebenen verlangt, die sich im Laufe der vorliegenden Arbeit herausgestellt haben. Zudem sei hier angemerkt, dass, da die aufgestellte These Wirkungen auf das Verständnis der gesamten Logik hat, Rückgriffe auf die objektive Logik sowie Verweise auf die bevorstehende subjektive nicht nur nicht zu vermeiden sind. Vielmehr machen sie – 17 Bekanntlich nennt Hegel die christliche Religion je nach Kontext „offenbare“ (Phänomenologie) und „geoffenbarte“ (Enzyklopädie). 18 Wie sich zeigen wird, kann der logische Kern der christlichen Religion nicht im jetzt beginnenden zweiten Stadium philosophisch-theologischer Untersuchung adäquat abgehandelt werden, sondern erst in einer künftigen Arbeit, welche sich mit dem Gang auch der übrigen Begriffslogik auseinandersetzt (vgl. Episodischen Abschnitt zu III.D.). Diese Auseinandersetzung, obwohl die Bemerkungen über den Begriff im Allgemeinen für sie relevant sind, bildet das dritte Stadium der philosophisch-theologischen Untersuchung (vgl. Einleitung, Ziffer 9).
Vorbemerkungen zum Begriff als solchem
273
wie auch der Primärtext eindrücklich belegt – einen substantiellen Bestandteil der Untersuchung des Begriffs als solchen aus. 1. Auf der ersten Ebene Auf der ersten, unbefangenen Ebene der philosophisch-theologischen Untersuchung muss der Begriff als solcher als eine weitere logische Bestimmung der ersten und voraussetzungslosen Wissenschaft analysiert werden. Dabei ist der eigene logische Gehalt des Begriffs als solchen ans Licht zu bringen, der diesen von allen anderen (objektiv- und subjektivlogischen) Bestimmungen unterscheidet. Dieser Gehalt ist aber dasjenige Resultat der objektiven Logik, das – wie etwa die Etymologie von ‚Begriff‘ veranschaulicht – auch alle objektivlogischen Bestimmungen in sich umfasst. Diese Behauptung, der Begriff sei die übergreifende Totalität des Logischen, die einerseits aus Sein und Wesen resultiere und andererseits dieselben in sich umfasse, ist aber offensichtlich kontraintuitiv. So wird von der Analyse des Begriffs als solchen auf der ersten Ebene ein logischer Gehalt erwartet, der eine Erklärung zumindest ermöglicht, wie sich der Begriff als solcher von den einzelnen logischen Bestimmungen unterscheidet, zugleich aber sie alle in sich verbindet. Die Hauptthese, die somit auf der unbefangenen Ebene philosophisch-theologischer Untersuchung des Begriffs als solchen vertreten wird, ist, dass dieser Begriff die erste logisch-immanent erfolgte Exposition der Art und Weise des Begreifens19 ist – in Abhebung etwa vom Urteilen und Schließen, was das Thema des zweiten und dritten Kapitels der Begriffslogik ausmacht.20 Das vorliegende Buch argumentiert nämlich dafür, dass das Singularetantum ‚Begriff 19 Dagegen waren die Ausführungen der §§ 79–82 nicht logisch-immanent. Und die entsprechenden Überlegungen über die Methode im Kapitel „Die absolute Idee“ machen erst die letzte logisch-immanente Exposition der Art und Weise des Begreifens bzw. logischen Erkennens aus. 20 Diese These widerspricht etwa R. Brandoms Hegel-Lektüre. Im Zuge seines semantischen Pragmatismus substituiert Brandom die dringend gebotene konsequente Analyse begreifenden Denkens durch einen Rekurs auf die phänomenologischen Ausführungen über Anerkennung und Geist (Robert B. Brandom, Tales of the Mighty Dead. Historical Essays in the Metaphysics of Intentionality, Cambridge [u.a.] 2002, 216ff.) sowie manche Verweise auf den Schluss bzw. die logische Vermittlung des Syllogismus (a.a.O. 192ff.). Begreifendes Denken, wie es etwa ungetrübt und nach Hegels Anspruch voraussetzungslos und autonom in der Wissenschaft der Logik stattfindet, scheint Brandom spätestens dann für irrelevant zu erklären, wenn er zum Urteil, und zwar zu allen empirischen Urteilen bemerkt: Hegel „aims at a conception of experience that does not distinguish two different kinds of activity, one of which is the application of concepts in (determinate) judgment and action, and the other of which is the institution or discovery of those concepts (by ‚judgments of reflection‘). For Hegel, empirical judgment and action is not (as for Kant and Carnap) just the selection of concepts. Conceptual content arises out of the process of applying concepts–the determinate content of concepts is unintelligible apart from the determination of that content, the process of determining it. Concepts are not fixed or static items. Their content is altered by every
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Kapitel III: Der absolute Begriff
als solcher‘ diejenige spezifische Art und Weise logischer Operation exponiert, die überall in der Logik – wenn auch in verschiedenen Weisen – stattfindet: das begreifende Denken. Der Leser des ersten Kapitels der Begriffslogik konfrontiert sich in diesem Sinne mit Hegels Epistemologie des Begriffs bzw. begreifenden Denkens oder logisch-begreifenden Erkennens.21 Allgemeines, Besonderes und Einzelnes sind keine bloßen Bestandteile von Begriffen – noch weniger von Vorstellungen –, sondern festgelegte Gedankenschritte, die sich in jeder rein logischen Operation wiederholen. Auf der ersten Ebene der Untersuchung des Begriffs als solchen wird es jedoch nicht so sehr um die Verbindung mit und den Unterschied von den übrigen logischen Bestimmungen gehen. Das soll auf der zweiten Ebene untersucht werden. Vielmehr werden dabei die innere Dynamik des Begreifens und die logische Notwendigkeit des Fortgangs vom Allgemeinen über das Besondere zum Einzelnen behandelt. 2. Auf der zweiten Ebene Bereits die Ausführungen der unbefangenen Ebene legen nahe, dass die erste begriffslogische Gedankenbestimmung die Feststellung von einem Prinzip und Element des Logischen, und zwar als Feststellung des Prinzips und Elements von ausdrücklich allem Logischen ist, kurz: als Feststellung der logischen To-
particular case in which they are applied or not applied in experience“ (a.a.O. 215). Allerdings gibt er selbst zu: „I cannot properly justify [this]claim textually“ (a.a.O. 211). Sehr viel näher an der hegelschen Intention ist hingegen Chr. G. Martin, von welchem sich die vorliegende Untersuchung mit der obigen These ebenfalls teilweise distanziert. Martin zählt nämlich zu den „logische[n] Formen des Begreifens“ den gesamten ersten Abschnitt der Begriffslogik, also „Begriff, Urteil und Schluss“ (Christian Georg Martin, Ontologie der Selbstbestimmung. Eine operationale Rekonstruktion von Hegels „Wissenschaft der Logik“, Tübingen 2012, 197). Begriff, Urteil und Schluss gehören zwar zusammen, jedoch nicht als Formen des Begreifens, sondern als Momente der Subjektivität, wie sie nicht raumzeitlich existiert, sondern begriffen wird. 21 M. Wildenauer weist entschieden auf den epistemologischen Charakter nicht nur des Begriffs als solchen, sondern der gesamten Begriffslogik hin (Miriam Wildenauer, Epistemologie freien Denkens. Die logische Idee in Hegels Philosophie des endlichen Geistes, Hamburg 2004, 12–47). Dabei interpretiert sie den Begriff als solchen treffend als den „funktionale[n] Nachfolger des Kantischen Konzepts transzendentaler Einheit der Apperzeption“ (a.a.O. 14), ohne etwa mit R. Pippin den Schluss zu ziehen, dass der Begriff als solcher schlicht identisch mit dem „reinen Selbstbewusstsein“ wäre (a.a.O. 15). Darüber hinaus hebt sie den Begriff als solchen ebenfalls mit Recht (als Epistemologie begreifenden Denkens) ausdrücklich von einer „metaphysische[n] Theologie“ ab (a.a.O. 27). Auf eine Rekonstruktion des Kapitels jedoch, das den epistemologischen Charakter des Begriffs als solchen argumentativ untermauert, auf eine Rekonstruktion also des allerersten Kapitels der Begriffslogik, verzichtet Wildenauer bewusst und setzt sich direkt mit dem Objektbegriff auseinander (ebd.). Dieser Rekonstruktion widmet sich nun Kapitel III des vorliegenden Buches.
Vorbemerkungen zum Begriff als solchem
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talität. Das macht das Thema der zweiten, esoterischen Ebene der Untersuchung aus, auf welcher der Begriff als solcher als die rein logische Absolutheitskonzeption par excellence figuriert und eine außerordentlich große Bedeutung für die philosophisch-theologische Grundbegrifflichkeit erahnen lässt. Die Gefahr, die es hier zu beheben gilt, ist genau die, die bei der ersten Feststellung eines logischen Prinzips und Elements verzeichnet wurde 22 und beim Absoluten durch dessen Auslegung behoben wurde: Die Auseinandersetzung mit dem Begriff als solchem darf nicht bei der formellen, gar oberflächlichen Betrachtung desselben stehen bleiben, nach welcher er eine bloß weitere logische Bestimmung unter anderen und die bloße Feststellung der Art und Weise begreifenden Denkens bildet. Vielmehr muss diese Feststellung auch inhaltlich bzw. logisch-konsequent betrachtet werden. Es muss nämlich gezeigt werden, inwiefern der Begriff als solcher alle logischen Bestimmungen wesentlich durchdringt und in sich fasst, sodass seine Absolutheit konkret in Bezug auf sein Anderes aufgefasst wird. So geht es auf der zweiten Ebene der Untersuchung des Begriffs als solchen um dessen Bedeutung für die übrigen logischen Bestimmungen bzw. um Metaüberlegungen über die gesamte Logik. Dabei soll zumindest skizziert werden, wie der voraussetzungslose und autonome logische Prozess den Begriff als solchen in seinen Mittelpunkt setzt und sich selbst in Bezug auf ihn teils rückwirkend, teils antizipierend, neu charakterisiert, was schließlich auf eine neue (esoterische) Lesart der gesamten Wissenschaft der Logik hinausläuft. Unten wird sich sogar zeigen, dass die drei Momente des Begriffs als solchen bestimmten Teilen bzw. Begriffskomplexen der Logik in jeweils besonderer Weise zukommen, was eine sehr differenzierte Lesart der Logik ermöglicht. Hat sich daher der Begriff als solcher auf der ersten Ebene als Epistemologie begreifenden Denkens ergeben, so wird nun das Hauptanliegen der zweiten die Erörterung der These sein, inwiefern alle logischen Bestimmungen bestimmte Begriffe sind; inwiefern sie vom Singularetantum ‚Begriff als solcher‘ durchdrungen werden und ‚Begriffe‘ im Plural sind. Das wird sich als eine mühsame, akribische Arbeit erweisen, die dem philosophisch-theologisch interessierten Leser, der daran gewöhnt ist, die philosophisch-theologische Bedeutung der Logik allein auf der exoterischen Ebene zu suchen, als eine rein innerlogische Angelegenheit – wenn nicht schlicht redundant – erscheinen mag. Unmittelbar wird sich für solche Überlegungen zunächst allein derjenige Leser interessieren, der darüber gerätselt hat, warum Hegel in verschiedenen Vorspannen die Seinslogik den Begriff „an sich“ und die Wesenslogik das „Fürsichsein und [den] Schein des Begriffes“ nennt (§ 83, vgl. §§ 84; 112; 162 A sowie SL: 44ff.). Doch sind die Ausführungen über den immanenten, begrifflichen Charakter der Logik von ungeheurer Bedeutung für Hegels eigenes metaphysisches und 22
Vgl. II.A.5.i. und ii. sowie II.A.6.i. und ii.
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Kapitel III: Der absolute Begriff
philosophisch-theologisches Konzept. Denn solche Ausführungen ergeben, dass die nach Hegel höchste rein logische Absolutheitskonzeption, der Begriff als solcher, kein Ens, sondern eine rein denkerische Art und Weise sind: die Art und Weise, alle (philosophisch-theologisch grundlegende) Begrifflichkeit und alle rein logischen Absolutheitskonzeptionen zu erzeugen und zu begreifen. Dadurch erfolgt eine entscheidende Ergänzung etwa der zentralen These des vorliegenden Buches, die Logik betreibe eine begriffliche Grundlagenforschung zu aller Metaphysik und philosophischen Theologie: Die rein logische Absolutheitskonzeption ‚Begriff als solcher‘ liefert sogar die Methode, anhand welcher die begriffliche Grundlagenforschung zu aller Metaphysik bzw. philosophischer Theologie zu betreiben ist. Die Epistemologie begreifenden Denkens ist in diesem Sinne ipso facto Epistemologie rein logischer MetaphysikErforschung: die Exposition der Art und Weise, nach welcher die logischen Kerne aller Metaphysik und Theologie abzuleiten, zu erkunden und zu kritisieren sind. Und das ist der Aufbruch der Metaphysik des Begriffs als solchen bzw. die Grundlage, auf welcher die oben 23 angedeutete nicht-vormalige, nicht-ontotheologische Metaphysik nun als solche betrieben werden kann. 24 Darauf, dass die jeweils folgende Textpassage die vorliegende Untersuchung auf ihrer zweiten Ebene fortführt, werden schließlich gemäß der bisher verfolgten Praxis die Kursivschrift des kompletten Titels und der Titelzusatz ‚als rein logische Absolutheitskonzeption‘ aufmerksam machen. 3. Auf der dritten Ebene Wie gewöhnlich ist die Untersuchung des Begriffs als solchen auch auf der dritten, exoterischen Ebene auszuführen. Im Vergleich jedoch zu den Ergeb-
23
Vgl. 2.ii. der Vorüberlegungen zu Kapitel III. Das Verhältnis von Logik und Metaphysik, und zwar mit Schwerpunkt auf der Begriffslogik, macht das zentrale Thema der sehr präzisen und ebenso facettenreichen Arbeit von F. Schick aus (Friedrike Schick, Hegels Wissenschaft der Logik – metaphysische Letzbegründung oder Theorie logischer Formen?, Freiburg (Breisgau)/München 1994). Obwohl sie aber im Begriff als solchem eine innovative und weitgreifende „konsistente Theorie des Denkens“ findet, sieht sie in der Idee das „dem Denken vorausgesetzte[] universelle[] Subjekt und teleologische[] Prinzip des Wirklichen“ und stellt schließlich die Inkompatibilität der zweierlei in der Begriffslogik stattfindenden Untersuchungsvorhaben fest (a.a.O. 303f.). Das vorliegende Buch hingegen beansprucht die Relevanz jener „konsistente[n] Theorie des Denkens“, des Begriffs als solchen, für die Metaphysik klarzulegen, und somit die Grundlage für die Widerlegung der Behauptung Schicks zu schaffen. Auf Schicks Feststellung, in der Logik bestehe ein „unversöhnte[r] Gegensatz einer antimetaphysischen Erkenntnistheorie und einer erkenntniskritischen Metaphysik“ (a.a.O. 306), reagiert das vorliegende Buch mit der Erklärung der Grundlagenforschung zu den begrifflichen Fundamenten der Metaphysik, die (bereits) zu Beginn der Begriffslogik ihre Methode (und kein Absolutes oder „vorausgesetztes universelles Subjekt“) zu ihrer Vollendung verkündet. 24
Der allgemeine Begriff
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nissen der esoterischen Ebene zeigen sich die Parallelen zu außerlogischen philosophisch-theologischen Konzepten eindeutig als sekundär. Entsprechend nehmen die episodischen Abschnitte im Folgenden zugunsten der Erklärung von Hegels eigener Absolutheitskonzeption weniger Platz in Anspruch. Gleichwohl verzeichnet der Begriff als solcher einen monumentalen Beitrag zur exoterischen Untersuchung der Logik. Dieser besteht aber nicht in einer weiteren Parallele, sondern in der Erklärung der Logik der gesamten exoterischen Ebene, wie sie bereits anhand von §§ 79–82 vor dem Beginn vorliegender Untersuchung antizipiert wurde 25, und erfolgt unten in einem Episodischen, aber nicht nur episodischen Abschnitt.26
A. Der allgemeine Begriff Der allgemeine Begriff
1. Die logische Bestimmung ‚allgemeiner Begriff‘ Dem Begriff ohne jegliche Einschränkung und vor jeglicher Spezifikation, so, wie er sich direkt aus der Wechselwirkung ergibt, als der transparent gewordenen, sich auf nur sich selbst beziehenden und sich setzenden einen Totalität ist die Bezeichnung ‚allgemeiner Begriff‘ vorbehalten. ‚Allgemeinheit‘ und ‚Allgemeines‘ dienen dabei als Abbreviaturen für den allgemeinen Begriff und sind mit Nachdruck von dem bloß Gemeinsamen oder Gemeinschaftlichen zu unterscheiden: Während Letztere generelle Termini im referenziellen Sinne sind, welche die ontologische und epistemologische Priorität von selbstständigen Einzeldingen billigen und erst das abstrahierende Ergebnis von deren äußerlichem Vergleichen ausmachen, stellt das Allgemeine die umgekehrte Bewegung dar, die mit der schrankenlosen Totalität beginnt und alles Partikulare (Seiende und Wesen) innerhalb derselben begreift.27 25
Vgl. I.C.3. Vgl. III.D.3. 27 „Wenn unter dem Allgemeinen das verstanden wird, was mehrern Einzelnen gemeinschaftlich ist, so wird von dem gleichgültigen Bestehen derselben ausgegangen, und in die Begriffsbestimmung die Unmittelbarkeit des Seyns eingemischt. Die niedrigste Vorstellung, welche man vom Allgemeinen haben kann, wie es in der Beziehung auf das Einzelne ist, ist diß äusserliche Verhältniß desselben, als eines bloß Gemeinschaftlichen.“ (BL: 51.) In diesem Sinne rät auch der erste Zusatz zu § 163 von der Vorstellung des Gemeinschaftlichen ab und deutet das Allgemeine als das Movens der logischen Bewegung an: „Nun aber ist das Allgemeine des Begriffs nicht bloß ein Gemeinschaftliches, welchem gegenüber das Besondere seinen Bestand für sich hat, sondern vielmehr das sich selbst Besondernde (Spezifizierende) und in seinem Anderen in ungetrübter Klarheit bei sich selbst Bleibende. Es ist von der größten Wichtigkeit sowohl für das Erkennen als auch für unser praktisches Verhalten, daß das bloß Gemeinschaftliche nicht mit dem wahrhaft Allgemeinen, dem Universellen, verwechselt wird.“ Vielmehr ist das Gemeinschaftliche eine Bestimmung, die zum Urteil gehört, und genauer genommen das Allgemeine des universellen Urteils ausmacht (vgl. BL: 26
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Kapitel III: Der absolute Begriff
i. Die mit sich identische Bestimmtheit der „totalen Reflexion“ bzw. des „Doppelscheins“ In Hegels Ausführungen über den allgemeinen Begriff fällt der wiederholte Rekurs auf Ausdrücke wie ‚Negation der Negation ‘ und ‚absolute Negativität‘ auf, die üblicherweise für den Kern seines Denkens genommen werden. Bemerkenswert ist auch, dass sich eine ähnliche Anhäufung solcher Ausdrücke im wesenslogischen Unterkapitel „C. Die Reflexion“ findet28, was eine Affinität zwischen den zwei logischen Standpunkten – zumindest formell – zu erkennen gibt. Besonders prägnant bringt jedoch folgendes Diktum die logische Bestimmung ‚allgemeiner Begriff‘ auf den Punkt: Das Allgemeine ist „erstens die einfache Beziehung auf sich selbst; es ist nur in sich. Aber diese Identität ist zweytens in sich absolute Vermittlung; nicht aber ein vermitteltes“ (a.a.O. 33,34–36). Hiermit wird der allgemeine Begriff einerseits mit all denjenigen (in der Logik exponierten) Selbstbeziehungen kontrastiert, welche nicht „einfach“ und nicht „nur in sich“ sind, und andererseits mit allen Vermittlungen, die nicht „in sich absolut“ sind und insofern nicht die Vermittlung selbst, sondern geläufige Vermittelte sind. Freilich muss es dabei um eine sehr subtile Kontrastierung gehen. Denn programmatisch wurde darauf hingewiesen, dass einerseits die dritte Bestimmung jeder logischen Sphäre eine „einfache[] Beziehung auf sich“ ist (§ 85), und andererseits das „Moment der Vermittlung“ so wie ja auch das der Negation sich „überall und allenthalben, in jedem Begriffe“ befindet (SL: 104,6), d.h. in jeder logischen Bestimmung. Vermutlich handelt es sich um unterschiedene Weisen derselben Selbstbeziehung, Vermittlung und Negation. Um jedoch den Sinn dieser Weisen und der genannten Kontrastierung genau zu verstehen, ist zunächst ein Rückblick auf die objektive Logik vonnöten. Bei diesem Rückblick ist insbesondere auf Zweierlei zu achten, worauf die soeben angeführten Zitate aufmerksam machen: Zum einen wird expressis verbis allein über die dritte Bestimmung jeder logischen Sphäre gesagt, dass sie die einfache Selbstbeziehung ausdrückt; – dass die übrigen zwei überhaupt dieselbe Funktion erfüllen können, wird weder eingeräumt noch ausgeschlossen. Dahingegen verbindet zum anderen das Moment der Vermittlung (und der Negation) nicht nur alle drei Bestimmungen jeder Sphäre, sondern überhaupt alle logischen Bestimmungen miteinander. Die Herausforderung der soeben angeführten doppelten Bestimmung ist daher, den allgemeinen Begriff, erstens, als eine Selbstbeziehung aufzufassen, obwohl er formell betrachtet nur das erste Moment der 74,23; § 175). Diese Kontrastierung von Allgemeinem des Begriffs als solchen und Allgemeinem des Urteils soll nicht zuletzt darauf hinweisen, dass für das Verständnis der Momente des Begriffs als solchen der Rekurs auf spätere Kapitel der Begriffslogik irreführend ist. 28 Ausführlich dazu vgl. Dieter Henrich, „Hegels Logik der Reflexion. Neue Fassung“, in: ders., Die Wissenschaft der Logik und die Logik der Reflexion, Bonn 1978, 203–324.
Der allgemeine Begriff
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Sphäre des Begriffs als solchen ausmacht. Zweitens soll der allgemeine Begriff als eine solche Selbstbeziehung aufgefasst werden, welche die Vermittlung nicht nur der drei Momente der ihm eigentümlichen Sphäre, sondern aller logischen Bestimmungen überhaupt darstellt und insofern mit keinem bloß Vermittelten, d.h. mit keinem üblichen Resultat einer logischen Sphäre, zu verwechseln ist. Innerhalb der Seinslogik ist die spekulative Selbstbeziehung der dritten Bestimmung jeder Sphäre immer dadurch entstanden, dass ein qualitativ Anderes, eine Schranke, die seiende Bestimmtheit, in die erste Bestimmung, welche eingangs für etwas abstrakt Unmittelbares galt, eingeholt wurde. Das qualitativ Andere, die zweite Bestimmung, wurde dabei als eine notwendige Bereicherung des anfänglichen Abstrakten verstanden. So tilgt etwa die affirmative Unendlichkeit das Endliche nicht, selbst wenn sie seine Wahrheit ausmacht, sondern benötigt es, und zwar als eine feste Bestimmung, um das Dasein als eine konkrete Selbstbeziehung aufzufassen. Diese Selbstbeziehung mag eine einfache sein, da es nur Dasein ist, was sich auf sich bezieht; sie ist dies aber als ein Vermitteltes, d.h. einerseits erst als das Resultat einer Vermittlung und andererseits abgegrenzt von den anderen Vermittlungen und deren Resultaten. Aufgrund der Festigkeit der seienden Bestimmtheit (die die Seinslogik am eindrücklichsten prägt) hat hier die logische Vermittlung die Form des Übergehens in qualitativ Andere, die auch unabhängig voneinander als solche bestehen, und wird in den zu Vermittelnden und den Vermittelten segmentiert. Oder mit Rekurs auf den Prozess des Negierens formuliert: Innerhalb der seinslogischen Vermittlung ist die erste Negation von der zweiten qualitativ unterscheidbar.29 Ähnlich (aber nicht gleich) konstitutiv ist die seiende Bestimmtheit für die dritten Bestimmungen jeder wesenslogischen Sphäre. Zwar macht es die Bestimmung der Reflexion als solcher aus, sich auf sich zu beziehen, was auch in jedem einzigen Moment – nicht erst im dritten – des wesenslogischen Prozesses präsent ist. Die Reflexion braucht jedoch das qualitativ Andere, um ihre Selbstbeziehung so zu bereichern, dass sie sich in diesem kundgibt und insofern aus ihrer Ursprünglichkeit heraustritt und dabei unmittelbares Bestehen gewinnt. Indem sich aber die Reflexion in dem qualitativ Anderen kundgibt, hebt sie dessen Verschiedenheit auf und schwächt diese zum Formunterschied der Reflexion selbst ab. So macht das erste Moment jeder wesenslogischen
29
Zur Abgrenzung von der Begriffslogik bemerkt Hegel programmatisch zu Beginn des Kapitels über das Dasein Folgendes im Hinblick auf den bevorstehenden Prozess des Negierens in der objektiven Logik: „Allen diesen Bestimmungen liegt die negative Einheit mit sich zu Grunde. Aber dabey [d.h. in der objektiven Logik] ist die Negation als erste, als Negation überhaupt wohl zu unterscheiden von der zweyten, der Negation der Negation, welche die concrete, absolute Negativität, wie jene erste dagegen nur die abstracte Negativität ist.“ (SL: 103,25–29.)
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Kapitel III: Der absolute Begriff
Sphäre die Reflexion als Reflexion-in-sich und das zweite die Reflexion aus, insofern sie sich in ihrem qualitativ Anderen befindet, nämlich die Reflexion in-Anderes. Dieser Formunterschied wird beim dritten Moment überwunden, welches eine unmittelbar realisierte einfache Selbstbeziehung, d.h. eine Einheit von Reflexion-in-sich und -in-Anderes darstellt. Die logische Vermittlung hat hier nicht die Form des Übergehens, sondern des Scheinens in das qualitativ Andere und in diesem Sinne vollzieht sie sich auch in der Wesenslogik als eine bestimmte, zerlegt unter der Voraussetzung der seienden Bestimmtheit in gegenseitig bedingten Momenten von zu Vermittelnden und Vermittelten oder von zu Negierenden und Negierten. Aber auch die Vermittelten der diversen wesenslogischen Sphären schließen sich gegenseitig aufgrund der seienden Bestimmtheit aus und bestehen in gewissem Sinne nebeneinander, sodass sie nicht die absolute, in sich alles umfassende Vermittlung darstellen. Der allgemeine Begriff hingegen, der direkt aus der Wechselwirkung resultiert, soll genau die Aufhebung auch des letzten Restes eines qualitativ Anderen oder der seienden Bestimmtheit, mithin die allumfassende Totalität markieren, die nichts mehr in sich einzuholen hat, bereits unmittelbar besteht und in dieser ihrer Unmittelbarkeit vermittelt und völlig offenbar geworden ist. 30 Indem nämlich am Ende der Wesenslogik die Ursprünglichkeit als ebenso Gesetztsein wie die Reflexion-in-Anderes aufgezeigt wurde, erübrigt sich die der Wesenslogik grundlegende Verschiedenheit zwischen Reflexion und Unmittelbarkeit. Der Unterschied zwischen Reflexion-in-sich und -in-Anderes etwa besteht weder als das Verhältnis zwischen einer Substanz und deren Gesetztsein (Kausalität) noch zwischen zwei Substanzen (Wechselwirkung). Vielmehr enthüllt er sich als der Formunterschied von zwei gleichrangigen Gesetztseienden. Im allgemeinen Begriff ist nicht mehr die Reflexion gegen eine Unmittelbarkeit vorhanden, sondern nur die eine Reflexion, die sich selbst reflektiert. Kommt es ferner im allgemeinen Begriff noch dazu, über eine Bestimmtheit zu sprechen, so ist sie nicht mehr im Sinne der seienden Bestimmtheit zu verstehen, sondern als die Weise der Selbstbeziehung der einen Reflexion, wie sie bei sich bleibende Reflexionsunterschiede hervorbringt bzw. sich reflektorisch bestimmt, ohne sich zu verändern. In diesem Sinne zeigt sich der allgemeine Begriff als die letzte Radikalisierung der wesenslogischen Vermittlung bei vollständiger Aufhebung der durch die Seinslogik eingeführten seienden Bestimmtheit. 31 30 Zum allgemeinen Begriff als Resultat der ‚Wechselwirkung‘ vgl. Friedrike Schick, Hegels Wissenschaft der Logik – metaphysische Letzbegründung oder Theorie logischer Formen?, Freiburg (Breisgau)/München 1994, 187f. 31 Der Gedanke der einen Reflexion, der gleich unten als die „totale Reflexion“ und der „Doppelschein“ bezeichnet wird, wird im Folgenden eine zentrale Rolle für das Verständnis nicht nur des allgemeinen Begriffs, sondern des gesamten Begriffs als solchen und dann aller Vermittlung, die in der Logik vollzogen wird, einnehmen. Hierin liegt es systematisch begründet, wenn etwa R. Bubner ‚Reflexion‘ mit ‚Begriff‘, und zwar als die „Sache selbst“
Der allgemeine Begriff
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Über die Bestimmtheit (überhaupt) qua eine Reflexion äußert sich Hegel wiederholt und ziemlich präzis. 32 In einem aus systematischer Sicht gravierenden Satz legt er die Bestimmtheit terminologisch als „die totale Reflexion“ und den „Doppelschein“ fest, was „einmal der Schein nach aussen, die Reflexion in anderes; das andremal der Schein nach innen, die Reflexion in sich“ ist (BL: 35,36–38). Allerdings bezeichnet dieser Satz die Bestimmtheit „als im Begriffe“ (ebd.). Diese präpositionale Fügung signalisiert nämlich, dass, was hier berichtet wird, die Bestimmtheit nicht in ihrer Unmittelbarkeit betrifft, sondern dieselbe vor der Perspektive des Begriffs als solchen thematisiert.33 Vom unmittelbaren Kontext des zitierten Satzes (a.a.O. 35,36–36,30) her wird jedenfalls deutlich, dass unter diese terminologische Festlegung insgesamt dreierlei Weisen von Bestimmtheit fallen. Von diesen dreien ist es allein die zweite, welche den allgemeinen Begriff nicht nur betrifft, sondern sogar mit ihm zusammenfällt (a.a.O. 36,19–22). Sie soll hier näher betrachtet werden. Auf eine Betrachtung der übrigen zwei lässt sich vorerst mit der Anmerkung verzichten, dass dieselben eine Affinität zum allgemeinen Begriff aufweisen, zugleich aber so, dass in ihnen die zwei Seiten der totalen Reflexion auseinandergehen. Der allgemeine Begriff hingegen oder das „wahrhaft höhere Allgemeine“ (ebd.)34, wie ihn Hegel in diesem Kontext und im Vergleich zu den anderen zwei Weisen der totalen Reflexion auszeichnet, stellt die Identität der zwei Seiten der totalen Reflexion dar. In ihm ist die „nach aussen gehende Seite nach innen zurückgenommen“ (ebd.), d.h., nicht nur die Verschiedenheit zwischen Reflexion und Unmittelbarkeit ist aufgehoben, sondern auch die zwei Mo-
oder die „Autonomie des Gedankens“ gleichsetzt (Rüdiger Bubner, „Die ‚Sache selbst‘ in Hegels System“, in: Rolf-Peter Horstmann, Seminar: Dialektik in der Philosophie Hegels, Frankfurt a. M. 1978, 101–123). Was Bubner „Faktum der Reflexion“ nennt (a.a.O. 107ff.), muss nicht als die spezifische Reflexion der Wesenslogik, sondern als die eine Reflexion verstanden werden, die überall in der Logik stattfindet, erst aber im ersten Kapitel der Begriffslogik sich als solche herauskristallisiert. 32 Auf Kernbestandteile der hier zunächst nur vorläufig zu deutenden Stelle BL: 35,36– 36,30 verweist Hegel beispielsweise in a.a.O. 37,35–38,9; 41,20–22 und 49,10–21. 33 Beachtlich ist es dabei, was weiter unten (in III.B.2.iii.) eine tragende Rolle spielen wird, dass diese Signalisierung der Betrachtung der Bestimmtheit „als im Begriffe“ von wesenslogischen Termini begleitet wird, welche sogar in einer Weise gebraucht werden, die in der Wesenslogik kein Pendant hat. Denn nirgends in der Wesenslogik bekundet sich die Reflexion als „totale“ oder wird auf einen „Doppelschein“ aufmerksam gemacht. So handelt es sich beim zitierten Satz um folgende komplexe Angelegenheit: Um die logische Bestimmtheit überhaupt, d.h. auch bereits die seinslogische zu beschreiben, werden auf dem Standpunkt des Begriffs Mittel eingesetzt, die in gewisser Weise zunächst erst in der Wesenslogik artikuliert werden. – Vor diesem Problem stand aber, wie gesehen, bereits das erste Kapitel der Wissenschaft der Logik (vgl. II.A.1.i.). 34 Diese Formulierung wird unten näher bestimmt. Es ist jedoch wichtig zu registrieren, dass sie in diesem Kontext fällt.
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mente der sich reflektierenden (totalen) Reflexion zeigen sich nun als miteinander identisch: Der für die Wesenslogik konstitutive Unterschied zwischen der Reflexion-in-sich oder dem Schein-nach-innen und der Reflexion-in-Anderes oder dem Schein-nach-außen ist nun vollständig aufgehoben. Die Bestimmtheit ist hier lediglich ein „Gesetztes“ und „Schein“ (ebd.), das der allgemeine Begriff nach seiner Vollmacht in ihm selbst rein reflexiv enthält. In der Tat handelt es sich dabei um einen Sonderfall in der logischen Erzählung von der seienden Bestimmtheit, der so deutlich wie möglich markiert werden muss. Der allgemeine Begriff bedarf keines Anderen, um bestimmt zu sein: Die mit sich identische Bestimmtheit der totalen Reflexion ist „nur Eine Bestimmtheit“ (a.a.O. 38,20). Sie ist keine seiende, die, um sie selbst zu sein, mit einer anderen kontrastiert werden muss, sondern die einfache Bestimmtheit, die bereits in sich selbst vollständig ist und den Kontrast zum Anderen nicht braucht. Hegel akzentuiert sie sogar in Abhebung von den anderen Weisen der Bestimmtheit als „die Bestimmtheit schlechthin“ (a.a.O. 36,21f.) und deutet an, dass sie den Angelpunkt für das Verständnis aller übrigen in der Logik thematisierten Bestimmtheit bildet. Das gehört aber zum Themenbereich der zweiten Ebene der vorliegenden Untersuchung. Vor diesem Hintergrund werden ferner die in dem jetzigen Unterkapitel so häufig verwendeten Formulierungen ‚absolute Negativität‘ und ‚Negation der Negation‘ einsichtiger. Wenn der allgemeine Begriff das ist, was von selbst die Bestimmtheit nicht als ein qualitativ Anderes außer sich, sondern als reflektiertes Moment seiner in sich selbst setzt, und da ferner die Bestimmtheit per definitionem die Negation von etwas ist, so ist der allgemeine Begriff als der (Reflexions-)Prozess des Negierens seiner selbst als solcher aufzufassen, wie er sogar nur bei sich selbst ist und kein Anderes hervorgebracht hat. Indem der allgemeine Begriff seine Bestimmtheit setzt, negiert er sich; da aber diese Negation nur als sein Schein, und zwar als sein Schein-nach-außen verstanden wurde, der identisch mit ihm selbst ist d.h. mit seinem Schein-nach-innen, geht es dabei um die selbstbezügliche Negation, die als totale Reflexion bei sich anfängt, bei sich endet und in sich vollständig ist. So ist aber des Weiteren der allgemeine Begriff nicht bloß als eine (bestimmte und statische) Negation, sondern als der Prozess der (reinen) Negativität aufzufassen; er ist das Movens des Negierens und das Negieren selbst zugleich, das sich nicht an etwas ereignet, sondern zum ersten Mal in der Logik als solches thematisiert wird. Alle vorangegangenen (objektivlogischen) Negationen müssen hingegen im Vergleich zu der jetzigen Negativität als angewandte bezeichnet werden. Zwar weisen sie auch eine gewisse Selbstbezüglichkeit auf, jedoch, wie oben angedeutet, eine solche, die sich mit Hilfe des qualitativ Anderen ereignet. Sollte schließlich der allgemeine Begriff weiterhin als eine Negation (statt Negativität) beschrieben werden, sollte nämlich ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass der allgemeine Begriff einen weiteren bestimmten Gedanken innerhalb der Wissenschaft der Logik ausmacht, dann im Sinne der Negation der Negation selbst,
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d.h. des Zurückweisens der seienden Bestimmtheit. Die logische Bestimmung ‚allgemeiner Begriff‘ unterscheidet sich von allen vorangegangenen objektivlogischen Bestimmungen, insofern sie genau die Aufhebung der Festigkeit der Bestimmtheit und die einfache Bestimmtheit markiert: die radikale Verwandlung jener Festigkeit ausschließlich in Reflexionsverhältnisse. Negation der Negation bedeutet, die seiende Bestimmtheit, die den objektivlogischen Prozess geprägt hat, als Schein oder Reflexionsmoment zu betrachten, die lediglich der reinen Selbstbestimmung der einen Reflexion dient. ii. Das erste Moment begreifenden Denkens Offenkundig übertrifft dieses Verständnis vom Allgemeinen die erste oben gestellte Herausforderung, das Allgemeine als einfache Selbstbeziehung aufzufassen, obwohl die, formell betrachtet, lediglich das erste Moment des Begriffs als solchen ausmacht. Bevor wir uns aber der zweiten (und noch komplexeren) Herausforderung widmen, ist es sehr erhellend, die logische Bestimmung ‚allgemeiner Begriff‘ auch in einer terminologisch weniger beladenen Sprache aufzufassen. Die These, die nun aufgestellt wird und die gesamte Sphäre des Begriffs als solchen betrifft, lautet: Der allgemeine Begriff sei das erste Moment der Art und Weise begreifenden Denkens, – Entsprechendes wird dann auch für die übrige Sphäre des Begriffs als solchen behauptet. Hiermit möchte die vorliegende Untersuchung diversen Stellen Rechenschaft tragen35, in welchen bemerkt wird, dass der Gegenstand der Logik „das Denken oder bestimmter das begreiffende Denken“ ist und dass „der Begriff desselben […] sich in ihrem Verlauf“ erzeugt (SL: 27,21f.). ‚Begreifendes Denken‘ wird zwar auch realphilosophisch im Rahmen des subjektiven (theoretischen) Geistes exponiert (vgl. § 467). Gleich zum selben Paragrafen merkt aber Hegel an, dass dasselbe Denken auch in der Logik tätig ist, und zwar so, „wie es erst an sich ist“ und ohne die für die Realphilosophie charakteristische „Form des Gegensatzes“ (§ 467 A). Es handelt sich nämlich um das Denken des Denkens ohne etwa die Trennung zwischen einem realen existierenden Denksubjekt, das ein ihm äußeres Objekt denkt, und diesem Objekt. In der Logik wird allein das reine Denken ohne weitere reale Komponente oder Träger seiner selbst gedacht, d.h., das begreifende Denken wird dort „wesentlich […] abgehandelt“, sodass erst die Logik der richtige Ort für die Suche nach seinem „Begriff“ ist (SL: 27,21f.). Der Begriff des begreifenden Denkens jedoch – so zumindest der Anspruch von „A. Der allgemeine Begriff“ – liegt weder in der Seins- noch in der We-
35 Dazu gehört etwa der größte Teil der Einleitung zur Wissenschaft der Logik (SL: 27ff.), wo es um das Verhältnis von Denken und Logik geht, sowie §§ 19–25, die das Denken als das „abstrakte[] Element[]“ erklären, innerhalb dessen sich die Idee befindet, sofern sie in der Logik thematisiert wird.
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senslogik, sondern erst im Begriff als solchem. Denn die denkerische Metaebene zur seienden Bestimmtheit wird erst am Ende der Seinslogik erzeugt (absolute Indifferenz) und in der gesamten Wesenslogik nicht als solche, sondern in Bezug auf die seiende Bestimmtheit fortbestimmt. ‚Reflexion‘ ist zwar eine denkerische Tätigkeit. In der Wesenslogik beschränkt sie sich aber darauf, verschiedene Gedanken von Wesen in Bezug auf die seiende Bestimmtheit zu erzeugen. Die totale Reflexion und der Doppelschein hingegen, wie sie soeben dargelegt werden, signalisieren eine andere, uneingeschränkte denkerische Tätigkeit bzw. die denkerische Selbstbeziehung als solche. Die totale Reflexion und der Doppelschein des allgemeinen Begriffs stehen für keinen fremdbestimmten Denkakt, für keinen Gedanken von einer seienden Bestimmtheit, sondern genau für die reine Art und Weise begreifenden Denkens, d.h. für die Art und Weise desjenigen sehr spezifischen Denkens, das voraussetzungslos und autonom nur seine Selbstbeziehung entwickelt und reine Gedanken von sich selbst, Denkbestimmungen, hervorbringt. Näher besehen ist das Allgemeine nur das erste Moment des Begriffs als solchen, das lediglich den Prozess des Negierens überhaupt und den identischen Status seiner zwei Momente (Reflexion-in-sich und -in-Anderes) feststellt. Es erklärt etwa nicht, wie sich dieser Prozess konkret ausführt und wie sich diese Momente bei solcher Ausführung zueinander verhalten. Der allgemeine Begriff registriert nämlich nur noch den Anfang oder das erste Moment, mit welchem jeder Akt begreifenden Denkens zu beginnen hat. Und das ist die einfache, nicht eine sich vom reinen Denken unterscheidende seiende Bestimmtheit. Charakteristisch für das anfängliche Moment des Begreifens ist aber nicht nur die Zurückweisung aller seienden Bestimmtheit, sondern auch die rein reflexive Konstitution der einfachen Bestimmtheit, worin das Potential einer rein reflexiven Entwicklung begründet liegt. Die zwei im allgemeinen Begriff bloß enthaltenen Momente nämlich bergen das Potential ihrer Unterscheidung in sich, die rein denkerisch unternommen werden kann, ohne die anfängliche, übergreifende Identität zu verletzen. Begreifendes Denken, wie es im „A. Der allgemeine Begriff“ initiiert wird, beginnt mit der Feststellung seiner eigenen reinen Negativität und legt das Fundament für seine eigene Entwicklung. Die Art und Weise dieser Entwicklung haben die übrigen Momente des Begriffs als solchen zu klären. Aufdringlicher ist jedoch an der vorliegenden Stelle die Frage nach der Verbindung des ersten Moments begreifenden Denkens zu den logischen Bestimmungen jenseits der Sphäre des Begriffs als solchen. Denn ohne eine solche Verbindung scheint der allgemeine Begriff ein irrelevanter Platzhalter zu sein, ohne die Funktion im logischen Verlauf zu erfüllen, welche von der hiesigen Rede über begreifendes Denken suggeriert wird. Damit hängt die zweite oben gestellte und kurz beiseitegelegte Herausforderung eng zusammen.
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2. Der allgemeine Begriff als rein logische Absolutheitskonzeption: Die Forderung, die Logik insgesamt aus der Sicht des Begriffs als solchen zu lesen i. Formelle und inhaltliche Betrachtung des allgemeinen Begriffs Die zweite interpretatorische Herausforderung der Bestimmung ‚allgemeiner Begriff‘ besteht darin, den allgemeinen Begriff als die „in sich absolute Vermittlung“ und nicht als irgendein bloß „Vermitteltes“ zu konzipieren (BL: 33,35f.). Sie betrifft nicht mehr die innere Dynamik der Sphäre des Begriffs als solchen, in welcher der allgemeine Begriff, obwohl er für das erste Moment dieser Sphäre steht, eine einfache Selbstbeziehung darstellt. Vielmehr fordert sie Auskunft über das Verhältnis des allgemeinen Begriffs zu allen übrigen logischen Bestimmungen und verlangt, diese als in ihm begrifflich aufgehoben zu betrachten. Vor eine ähnliche Herausforderung stellte zunächst die logische Bestimmung ‚absolute Indifferenz‘ und dann ‚das Absolute‘, indem beide eine Metaebene im logischen Verlauf signalisierten. Die bereits dort verzeichnete Gefahr war, diese Denkbestimmungen wie gewöhnlich in ihrem formellen Ablauf zu betrachten und dabei ihre inhaltliche, spekulativ-begreifende Tiefe zu übersehen. Die gleiche Vorsicht ist auch bei der Interpretation des Allgemeinen geboten. Oberflächlich oder formell betrachtet tritt der allgemeine Begriff als das Resultat der bisherigen Vermittlung hervor und somit tatsächlich auch als ein weiteres von allen vorangegangenen Bestimmungen Vermitteltes. Faktisch stellt er nämlich eine bestimmte logische Bestimmung in einer langen logischen Kette dar, und als solcher wurde er auf der ersten, unbefangenen Ebene der Untersuchung thematisiert. In diesem Sinne bemerkt Hegel selbst gleich im Vorspann zum ersten Kapitel, dass der allgemeine Begriff „auch nur ein bestimmter, oder besonderer Begriff [ist], der sich auf die Seite neben die andern stellt“ (a.a.O. 32,23f.) – eine Bemerkung, die mit der anderen im Einklang steht, dass nämlich alles überhaupt, somit auch der allgemeine Begriff, gleichermaßen unmittelbar wie vermittelt ist. 36 Doch ist dies nur eine formelle Beobachtung, die zwar richtig ist, aber nicht den eigentlichen Inhalt der logischen Bestimmung ‚allgemeiner Begriff‘ erschöpft. Denn inhaltlich und spekulativ-begreifend betrachtet stellt der allgemeine Begriff die totale Reflexion oder die Identität von Reflexion-in-sich und -inAnderes nicht nur gegen die anderen Weisen von totaler Reflexion dar und den Prozess des Selbstnegierens sowie die Negation der Negation nicht nur gegen 36 Im Vorspann zur Seinslogik merkt Hegel pauschal an, „daß es Nichts gibt, nichts im Himmel oder in der Natur oder im Geist oder wo es sey, was nicht ebenso die Unmittelbarkeit enthält, als die Vermittlung, so daß sich diese beyden Bestimmungen als ungetrennt und untrennbar und jener Gegensatz sich als ein Nichtiges zeigt“ (SL: 54).
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die angewandten Negationen, – kurzum: das erste Moment begreifenden Denkens nicht nur gegen alle bestimmten Akte begreifenden Denkens und Denkbestimmungen. Vielmehr erhebt er den Anspruch, all das als die eine Vermittlung darzustellen, die sich in allem Vermittelten der Logik wiederfindet. Das festgestellte begreifende Denken soll „wesentlich“ – wenn nicht als seine Art und Weise wie in der Sphäre des Begriffs als solchen – auch in der übrigen Logik „abgehandelt“ werden (SL: 27,21f.). Seinem Inhalt nach zeichnet sich nämlich der allgemeine Begriff den anderen logischen Bestimmungen gegenüber als ein logisches Prinzip und Element bzw. als eine rein logische Absolutheitskonzeption aus. Und er erhebt sogar den Anspruch nicht einer bloß weiteren rein logischen Absolutheitskonzeption, sondern – anders als die absolute Indifferenz und das Absolute – einer uneingeschränkten, die das Prinzip und Element alles Logischen darstellt. Zwar tritt also der allgemeine Begriff im logischen Prozess wie ein Vermitteltes hervor; seine inhaltliche Bestimmung liegt aber darin, die in sich absolute Vermittlung zu sein, die alles logisch Vermittelte prinzipiell in sich enthält und wesentlich prägt.37 Hegel spricht dabei von einer speziellen „Form“, welche einerseits „alle Momente durchdringt und in sich faßt“, d.h., das Element und Prinzip aller logischen Bestimmungen ausmacht, andererseits „sich bestimmt, nur das Allgemeine gegen die Unterschiedenheit der Momente zu seyn“ (a.a.O. 32,27– 29), also sich als ein Vermitteltes von anderen zu unterscheiden. Es handelt sich also wie im Fall des wesenslogischen Absoluten, das als die absolute Form apostrophiert wurde, um eine Form. Die ist aber nun als die Form begreifenden Denkens bestimmt, die als solche, d.h. begreifend, zum einen alle logischen Bestimmungen wesentlich durchdringt und in sich fasst und zum anderen doch das Recht behält, als von ihnen unterschieden (in der Sphäre des Begriffs als solchen) betrachtet zu werden. Hegels Akzentuierung, dass der allgemeine Begriff die „in sich absolute Vermittlung“, „nicht aber [bloß] ein vermitteltes“ sei (a.a.O. 33,35f.), zielt somit auf die inhaltliche Betrachtung des allgemeinen Begriffs ab, welche die vorliegende Untersuchung für ihre zweite, esoterische Ebene vorbehalten hat. Das Unterkapitel „A. Der allgemeine Begriff“ unternimmt jedoch diese Betrachtung nicht, sondern deutet sie nur an. Es bringt das Allgemeine nicht in explizite Verbindung mit den einzelnen logischen Bestimmungen und untersucht seine Bedeutung für diese nicht in concreto. Die mit dem Allgemeinen
37 Ähnlich sieht das auch K. Hartmann, der den allgemeinen Begriff als eine logische Metaebene auslegt und erst dadurch von anderen Begriffen und logischen Begriffen unterscheidet: „Wir merken zum allgemeinen Begriff an, daß bei ihm eine metatheoretische Prinzipposition mit dem Allgemeinbegriff in eins gesetzt ist, so daß man gar nicht sagen kann, der allgemeine Begriff sei Allgemeinbegriff im üblichen Sinne.“ (Klaus Hartmann, Hegels Logik, hg. von Olaf Müller, mit einem Vorw. von Klaus Brinkmann, Berlin 1999, 295.)
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einhergehenden Metaüberlegungen über die Logik beschränken sich nämlich darauf, die abstrakte Forderung zu erheben, alles Logische in Bezug auf das Allgemeine zu betrachten, und verzichtet darauf, sie gleich zu erfüllen. Diese Forderung muss nun ausbuchstabiert werden. ii. „Totale Reflexion“ bzw. „Doppelschein“ und die Zweiteilung der Logik Die Metaüberlegungen zu einer Lesart der Logik aus der Sicht des Begriffs als solchen stellt Hegel zunächst in der dichten Textpassage BL: 35,31–36,30 kurz vor dem Schluss des Unterkapitels „A. Der allgemeine Begriff“ an.38 In ihr erhellt er nur die Grundzüge solcher Forderung und lässt sie als ein Desiderat gelten. Eine detaillierte Analyse dieser Forderung hingegen kann erst auf dem Standpunkt des besonderen Begriffs erfolgen. 39 Die Frage, um welche es in der Passage a.a.O. 35,31–36,30 geht, ist, wie aus den ersten Sätzen dieser Passage eindeutig hervorgeht, wie sich das Allgemeine als die „Totalität des Begriffs“ (a.a.O. 35,25), d.h. als die Einheit aller drei Momente des Begriffs als solchen, „ergibt“ (a.a.O. 35,31). Es geht nämlich ausdrücklich nicht um „die erste“ und zweite „Negation“ in der Sphäre des Begriffs als solchen oder um das „Besondere[]“ und Einzelne (a.a.O. 35,33– 34), sondern um den logischen Prozess, aus welchem das Allgemeine als das erste Moment und der ganze Begriff als solcher resultiert: um die objektive Logik, insofern sie zum Allgemeinen führt, oder um die objektive Logik als das Werden des Allgemeinen. Näher noch geht es um die objektive Logik nicht als etwas vom Allgemeinen bloß Verschiedenes und mit ihm nur äußerlich Verbundenes, als wäre das Allgemeine eine weitere seiende Bestimmtheit neben den übrigen objektivlogischen Bestimmungen. Vielmehr legt die vorliegende Passage Wert darauf, dass das Allgemeine „in dieser Bestimmtheit“ des objektivlogischen Prozesses vorhanden ist, und zwar als „wesentlich noch allgemeines“ (a.a.O. 35,34–35) – wohlgemerkt als nur „wesentlich“ und noch nicht vollkommen geoffenbart. In diesem Sinne wird dabei die Bestimmtheit nicht als seiende oder als die bloße seinslogische Qualität, sondern „als im Begriffe“ aufgefasst. Sie wird nämlich in der Perspektive des Begriffs bzw. der logischen Totalität betrachtet, welche sich genau im ersten Kapitel der Begriffslogik eröffnet. In dieser Perspektive zeigt sich die Bestimmtheit wie oben angemerkt
38 Auch Chr. G. Martin kommt im Kontext des Unterkapitels „A. Der allgemeine Begriff“ dazu, die Bedeutung des Allgemeinen für den logischen Verlauf hervorzuheben. Dabei lässt er sich aber nicht auf Hegels eigene Metaüberlegungen ein, sondern fügt im Anschluss an seine Ausführungen über „reale Ausprägungen des Allgemeinen und philosophiegeschichtliche Bezüge“ lediglich einen „Exkurs zur methodischen Kontrollierbarkeit von Dialektik“ ein (Christian Georg Martin, Ontologie der Selbstbestimmung. Eine operationale Rekonstruktion von Hegels „Wissenschaft der Logik“, Tübingen 2012, 235ff.). 39 Vgl. III.B.2.
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als die totale Reflexion und der Doppelschein; und sie subsumiert mindestens drei Weisen unter sich. Die ersten zwei Weisen der so betrachteten Bestimmtheit sind bereits registriert worden40: die seiende Bestimmtheit im Kontext des objektivlogischen Prozesses und die einfache Bestimmtheit als das Ergebnis dieses Prozesses, d.h. die Bestimmtheit im reinen Prozess der absoluten Negativität des Allgemeinen selbst, die das erste Moment begreifenden Denkens ausmacht. Während bei der Ersteren die zwei Seiten der totalen Reflexion auseinanderfallen, bilden sie beim Allgemeinen eine Identität. Hegel legt des Weiteren Wert darauf, dass alle objektivlogische Denkbestimmung, vermöge der Reflexion-insich bzw. des Scheins-nach-innen, über den „Charakter des Allgemeinen“ verfügt, „relativ-allgemeines“ und „bestimmter Begriff“ ist (a.a.O. 36,2;6). Vermöge ihrer anderen Seite, der Reflexion-in-Anderes bzw. des Scheins-nachaußen, hängen ferner alle objektivlogischen Denkbestimmung in einem Prozess so miteinander zusammen, dass jede „ihre Auflösung in einem höhern Allgemeinen“ hat (a.a.O. 36,1).41 Auffällig ist dabei, dass Hegel dieselben terminologischen Mittel gebraucht (Reflexion-in-sich, -in-Anderes usw.), um objektivlogische Denkbestimmungen und Allgemeines zu charakterisieren. Wenn er ferner den allgemeinen Begriff dem objektivlogischen Auflösungsprozess in höheren Allgemeinen als das „wahrhaft höhere Allgemeine“ überordnet (a.a.O. 36,19–22), so besiegelt er die Umdeutung der gesamten objektiven Logik zum werdenden allgemeinen Begriff. Für die Deutung der übrigen (nicht nur objektiven) Logik aber ist des Weiteren wichtig, dass Hegel gleich in derselben Passage eine dritte Weise der totalen Reflexion bzw. der Bestimmtheit als im Begriff andeutet (a.a.O. 36,22– 30). Auch auf ihre systematische Analyse lässt sich Hegel an dieser Stelle noch nicht ein. Er erwähnt aber einige Beispiele von philosophischen Bestimmungen, die zum neuen (nicht-objektivlogischen) Auflösungsprozess der dritten Weise der totalen Reflexion zählen, nämlich „Leben, Ich, Geist, absoluter Begriff“, „endlicher Geist“ sowie die „Idee des unendlichen Geistes“. Gravierend ist aber eine Vermutung, die Hegels Formulierung dabei zulässt: Solche Bestimmungen sind nicht nur bestimmte Begriffe und verfügen über den Allgemeinheitscharakter nicht nur vermöge der Reflexion-in-sich bzw. des Scheinsnach-innen.42 Aus diesem Puzzle von Hinweisen lassen sich die nun folgenden Schlussfolgerungen ziehen.
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Vgl. III.A.1. Diese Anmerkungen werden weiter unten anhand des besonderen Begriffs ausführlich erläutert (vgl. III.B.1.iii. und III.B.2.iii.). 42 Die rätselhafte Stelle lautet: „Leben, Ich, Geist, absoluter Begriff, sind nicht Allgemeine nur als höhere Gattungen, sondern Concrete, deren Bestimmtheit auch nicht nur Arten oder niedrige Gattungen sind, sondern die in ihrer Realität schlechthin nur in sich und davon erfüllt sind. Insofern Leben, Ich, endlicher Geist, wohl auch nur bestimmte Begriffe sind, so 41
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Zunächst ist die Intention unverkennbar, die Allgemeinheit als die wichtigste rein logische Absolutheitskonzeption zu präsentieren. Alle drei Weisen der Bestimmtheit werden zugleich als Weisen des allgemeinen Begriffs akzentuiert, d.h. als Gedanken, die den Charakter des Allgemeinen aufweisen bzw. von ihm durchdrungen sind, und somit mit dem begreifenden Denken wesentlich zusammenhängen. Selbst die Seinslogik, die wegen der seienden Bestimmtheit am wenigsten mit dem Begriff zu tun zu haben scheint, teilt gewissermaßen den gemeinsamen Charakter begreifenden Denkens, wie er durch das Allgemeine festgestellt wird und sollte in Termini der totalen Reflexion aufgefasst werden. Auffällig sind des Weiteren die Beispiele der drittgenannten Kategorie, die – anders als vielleicht erwartet – nicht nur den bevorstehenden begriffslogischen Verlauf antizipieren, sondern teilweise den gesamten logischen Rahmen sprengen (z.B. „Ich“ und „Geist“). Wenn Hegel also diese Beispiele nicht einfach unglücklich ausgewählt hat, bedeuten sie, dass das Allgemeine nicht nur die objektive Logik durchdringt, wie die Gedankenbestimmung des Absoluten, sondern die ganze Logik und eventuell auch die ganze spekulative Philosophie. In dieser Menge von Gedanken, die vom Allgemeinen durchdrungen sind, kommt das Allgemeine auch als solches vor und somit bildet es wie die Gedankenbestimmung des Absoluten etwas unter Anderen Bestimmtes, das die im Vergleich zu diesen Anderen zusätzliche Funktion hat, die Menge aller logischen Gedanken zweizuteilen: in die Gedanken, die den werdenden allgemeinen Begriff darstellen, und in diejenigen, die auf diesen Begriff aufbauen. In Abgrenzung von allen zum werdenden Allgemeinen gehörenden Gedanken, welche den Charakter des Allgemeinen aufweisen, markiert Hegel den als solchen bestehenden allgemeinen Begriff als das „wahrhafte, unendliche Allgemeine“ (a.a.O. 36,31). Dieser darf jedoch nicht als etwas Leeres, wie beispielsweise das seinslogische Eins, verstanden werden; sondern er muss genommen werden als dasjenige einzigartige Allgemeine, das alles von ihm Durchdrungene auch in sich fasst. So heißt das Allgemeine im Hinblick auf die objektive
ist ihre absolute Auflösung in demjenigen Allgemeinen, welches als wahrhaft absoluter Begriff, als Idee des unendlichen Geistes zu fassen ist […].“ (BL: 36, 22–28; kursiv teilweise von mir) Hier sind es besonders die kursiv gesetzten Partikel, auf welche sich die vorliegende Interpretation stützt (mehr zu dieser Interpretation vgl. unten III.C.2.ii.). F. Schick hingegen fokussiert auf den hier zweitzitierten Satz, versteht Leben, Ich, endlichen Geist „als nur bestimmte[] Begriffe[]“ und rätselt gleichzeitig darüber, denn wie sie mit Recht bemerkt, „[n]ach dem Vorigen entbehrt dieses ‚Nur‘ der Begründung“ (Friedrike Schick, Hegels Wissenschaft der Logik – metaphysische Letzbegründung oder Theorie logischer Formen?, Freiburg (Breisgau)/München 1994, 200). Dieses Rätseln macht des Weiteren einen zentralen Punkt ihrer Kritik aus, Hegel gelinge es nicht, eine „konsistente[] Theorie des allgemeinen Begriffs“ zu entwerfen (a.a.O. 197), und mündet in das abschließende Urteil vom „Scheitern des Versuchs, Metaphysik als Logik zu denken“ (a.a.O. 303ff.).
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Logik und den Auflösungsprozess in immer höhere Allgemeine „wahrhaft höhere[s] Allgemeine[s]“, was zum Ausdruck bringen soll, dass der allgemeine Begriff nicht die quantitative Summe, sondern die wesentliche Aufhebung bzw. das Prinzip und Element aller objektivlogischen Gedanken darstellt. Im Hinblick auf die subjektive Logik, die aus der objektiven resultiert und selbst einen gewissen Auflösungsprozess aufweist, wird er sogar als „absoluter Begriff“ akzentuiert, was bedeutet, dass der allgemeine Begriff alle begriffslogische Bestimmtheit in sich, aber in nicht ausdifferenzierter Form enthält, und somit den Ausgangspunkt für eine weitere, begriffliche Differenzierung darstellt. Demnach muss der allgemeine Begriff als dieser Punkt im logischen Prozess verstanden werden, der alles ihm Vorangegangene und Bevorstehende in sich auf ideelle Weise fasst.43 Und anders hätte es nicht sein können, wenn die Feststellung des Prinzips und Elements der gesamten logischen (oder womöglich der gesamtphilosophischen) Totalität nicht am Anfang oder Ende ihrer Fortbestimmung erfolgt. Nicht unwichtig ist außerdem, dass der allgemeine Begriff als solcher nicht das Ende des ersten, auch nicht die abstrakte Grenze zwischen den zwei genannten Teilen, sondern den Beginn des zweiten Teils markiert; dass er nämlich dem zweiten Teil des durch ihn eingeteilten logischen Ganzen angehört. Ähnlich wie die vollendete Auslegung des Absoluten steht der logische Prozess von nun an in explizitem Zusammenhang mit dem Allgemeinen: Die bevorstehenden Gedanken sind vom Allgemeinen nicht bloß durchdrungen, sondern auch von ihm „erfüllt“: Ihr Zusammenhang ist kein quantitativ aufsteigender Auflösungsprozess, sondern er findet eine „absolute Auflösung“, und zwar „in demjenigen Allgemeinen, welches“ in Anlehnung zum allgemeinen qua absoluten Begriff „als wahrhaft absoluter Begriff […] zu fassen ist“ (a.a.O. 36,22– 31). Dadurch wird eine noch zu ergründende Spanne von logischen Nuancierungen der logischen Totalität signalisiert, die mit dem erkannten Prinzip und Element der Logik beginnt und voraussichtlich mit einem solchen Begriff schließt, der alle anderen Begriffe in wahrhafter Weise in sich aufgehoben haben wird. Welche diese Weise sein wird, muss zunächst offenbleiben. 44 43 In diesem Sinne teilt die vorliegende Arbeit nicht die Ansicht V. Hösles, der im Anschluss an C. L. Michelet und G. Lasson dafür argumentiert, dass die Dichotomie in objektive und subjektive Logik eine sekundäre und unvollständige sei (Vittorio Hösle, Hegels System. Der Idealismus der Subjektivität und das Problem der Intersubjektivität. Bd. 1. Systementwicklung und Logik, Hamburg 1987, 212). Inwiefern sie vollständig ist, lässt sich zwar erst bei der Abhandlung der absoluten Idee sagen. Was jedoch ihre Signifikanz angeht, so hängt sie mit der herausragenden Rolle des Allgemeinen und des Begriffs als solchen insgesamt zusammen, die darin liegt, das Prinzip und Element der ganzen Logik festzustellen und somit den Mittelpunkt des gesamten logischen Prozesses zu bilden. 44 V. Hösle plädiert beispielsweise für eine explizite Abhandlung der Intersubjektivität als der Subjekt-Subjekt-Relation, die auf die Analyse der Subjektivität (erster Abschnitt der Begriffslogik) folgen sollte und die Dichotomie zwischen objektiver und subjektiver Logik
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Schließlich indiziert Hegel diesen wahrhaft absoluten Begriff, der den vom Allgemeinen initiierten logischen Prozess vollenden soll, „als Idee des unendlichen Geistes […], [deren] Gesetztseyn die unendliche, durchsichtige Realität ist, worin [sie ihre] Schöpfung, und in ihr sich selbst anschaut“ (ebd.). Aber auch dieses Indiz macht die Sache an dieser Stelle nicht verständlicher. Ganz im Gegenteil: Es stellt die Frage nach der Vollendung jenes Prozesses erneut, aber wegen lauter äußerlicher terminologischer Assoziationen aufdringlicher und mit weniger Aussicht auf eine befriedigende Antwort: Was ist denn mit dem wahrhaft absoluten Begriff gemeint? Die absolute Idee am Schluss der Wissenschaft der Logik? Der absolute Geist, wie er bereits in SL: 57,20–26 erwähnt wurde? Das, was in § 577 der Enzyklopädie „Idee der Philosophie“ heißt? Oder womöglich gar all dies zusammen? iii. Philosophisch-theologisches Zwischenresümee Trotz aller offenen Fragen und der Unvollständigkeit der Überlegungen im Anschluss an den allgemeinen Begriff sind die Implikationen des allgemeinen Begriffs für die philosophische Theologie qua rein logische Grundlagenforschung zum begrifflichen Fundament aller Metaphysik und Theologie immens. Mit dem allgemeinen Begriff scheint die Logik folgende These aufzustellen: Alle logischen Bestimmungen, und somit auch alle rein logischen Absolutheitskonzeptionen (wie die absolute Indifferenz und das Absolute) und alle übrigen Bestimmungen, die dafür gebraucht werden, die Absolutheit Gottes rein logisch zum Ausdruck zu bringen (wie etwa die Unendlichkeit oder das Kausalitätsverhältnis), sind wesentlich vom Allgemeinen geprägt. Alle logischen Kerne vernünftiger Gotteslehre, welche die Logik zu erkennen gibt, sind nicht bloß logische Bestimmungen, sondern sie müssen in Termini der totalen Reflexion, d.h. als Akte und Inhalte begreifenden Denkens aufgefasst werden. Wer also nach Hegels eigener Absolutheitskonzeption sucht, sucht nach etwas Begreifbarem, und zwar nicht nach einer zu begreifenden seienden Bestimmtheit, sondern nach der reinen Form begreifenden Denkens. Hegels begriffliche Grundlagenforschung zur Theologie und Metaphysik teilt sich in den objektivlogischen und in einen Teil, der mindestens die gesamte subjektive Logik umfasst. Davon scheint Ersterer den zweiten vorzubereiten, der sogar mit Hegels eigener rein logischen Absolutheitskonzeption eröffnet wird. Damit werden alle Absolutheitskonzeptionen und alle philosophische Theologie der objektiven Logik pauschal depotenziert. Auch die logische adäquater ergänzen würde (Vittorio Hösle, Hegels System. Der Idealismus der Subjektivität und das Problem der Intersubjektivität. Bd. 1. Systementwicklung und Logik, Hamburg 1987, 217–227; 263–275). Hösles Gedanken führt D. Wandschneider entscheidend weiter (Dieter Wandschneider, Grundzüge einer Theorie der Dialektik. Rekonstruktion und Revision dialektischer Kategorienentwicklung in Hegels „Wissenschaft der Logik“, Stuttgart 1995, 117f.).
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Bestimmung ‚Das Absolute‘ verfehlt die hegelsche Absolutheitskonzeption und muss als ein Begriff verstanden werden. Schließlich macht der allgemeine Begriff nur das erste Moment des Begriffs als solchen aus, das sich zu seinen weiteren fortbestimmen muss. Sehr wahrscheinlich gehören also zur hegelschen Absolutheitskonzeption auch die anderen Momente des Begriffs als solchen. Dies sowie die philosophisch-theologische Bedeutung der Aufstellung einer Denkart – d.h. der Art und Weise begreifenden Denkens – an der Spitze der Metaphysik muss noch weiter unten intensiv diskutiert werden. In der Erwartung jedoch, dass sich all diese Implikationen vom weiteren Verlauf der Untersuchung bewahrheiten werden, und im Hinblick auf alle drei Momente des Begriffs als solchen sei hier die Bezeichnung „absoluter Begriff“ registriert (BL: 36,22; 129,23). Wo auch sie verwendet wird, etwa im Titel vom Kapitel II, soll sie auf den Absolutheitsanspruch des Begriffs als solchen hinweisen. Episodischer Abschnitt: Der allgemeine Begriff als Definition des Absoluten oder als der logische Kern bestimmter metaphysischer Auffassungen Seine komplexen Ausführungen zum allgemeinen Begriff illustriert Hegel in einem kurzen Absatz im Haupttext des entsprechenden Unterkapitels, wo er das Allgemeine „die freye Macht“ nennt und weiter bemerkt, es „könnte […] auch die freye Liebe, und schrankenlose Seeligkeit genannt werden“ (BL: 35,10–15). Diese Formulierung ähnelt sehr der Lizenz von § 84, nach welcher logische Bestimmungen „als Definitionen des Absoluten […] angesehen werden“ können. Was jedoch irritiert, ist, dass nun, erstens, das Satzsubjekt kein leerer Name ist (wie ‚Absolutes‘ oder ‚Gott‘), sondern die gehaltvolle Bestimmung des Allgemeinen; und dass, zweitens, die an die übliche Stelle des Definiens Vorkommenden („Macht“, „Liebe“, „Seeligkeit“) keine logischen, sondern realphilosophische Bestimmungen sind (vgl. z.B. §§ 479f.; 484; 518). Die erste Anomalie im Vergleich zum üblichen definitorischen Unternehmen wurde bereits bei den einleitenden Definitionsversuchen des Begriffs verzeichnet und als eine Paraphrasierung von dessen logischem Inhalt festgehalten. 45 Die Frage ist also jetzt, inwiefern die Paraphrasierung durch realphilosophische Bestimmungen zum Verständnis der logischen Bestimmung ‚das Allgemeine‘ beiträgt. Hegel sagt, dass er hier ‚Macht‘, ‚Liebe‘ und ‚Seligkeit‘ als Namen benutzt. Namen sind keine Einzeldinge, keine Vorstellungen und auch keine Begriffe, sondern eine Art feste indexikalische Markierung von etwas. Sofern sie über einen eigenen Inhalt verfügen und kein bloßer sprachlicher Klang sind, macht dieser Inhalt eine äußere Konnotation zum von ihnen Markierten aus. Begegnet
45
Vgl. Ziffer 3 (Episodischer, aber nicht nur episodischer Abschnitt) der Vorüberlegungen zum Begriff im Allgemeinen zu Beginn von Kapitel III.
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etwa jemand einer Person namens Hermes, so würde er vielleicht an griechische Mythologie oder an Paketdienstleister denken; er würde jedoch sicherlich nicht diese Person mit der griechischen Mythologie oder dem Paketdienstleister verwechseln. Wenn nun Hegel bewusst ‚Macht‘, ‚Liebe‘ und ‚Seligkeit‘ als Namen auswählt, so ist zu erwarten, dass er möchte, dass sein Leser an die entsprechenden realphilosophischen Bestimmungen denkt, ohne aber den allgemeinen Begriff mit ihnen zu verwechseln. Darauf weisen auch die Adjektive ‚frei‘ und ‚schrankenlos‘ hin. Denn alle reale Macht, Liebe und Seligkeit befindet sich immer in einem begrenzten Kontext, ist durch diverse Umstände bedingt und richtet sich nach bestimmten Gegenständen. Hegel nimmt also zwar Bezug auf die realen Phänomene von Macht, Liebe und Seligkeit, deutet aber das Allgemeine nicht anthropomorphisch als eine mächtige, liebende oder selige Person. Vielmehr nutzt er diese Konnotationen, um sich ein zusätzliches vorstellungshaftes Bild für die logische Bestimmung ‚allgemeiner Begriff‘ zu verschaffen. Er geht nicht von empirischer Macht, Liebe und Seligkeit aus, um die Existenz einer überempirischen, freien und schrankenlosen Macht, Liebe und Seligkeit zu behaupten. Wie man sich eine freie Macht usw. im Bereich des Realen vorstellen kann, so soll man das Allgemeine im Bereich des Logischen verstehen: als eine rein logische Selbstbeziehung, die alles Logische durchdringt. Oder wie Hegel es formuliert: Das Allgemeine „ist es selbst und greift über sein [logisch] Anderes über“; oder „es ist ein Verhalten seiner zu dem [im Bereich des Logischen] Unterschiedenen nur als zu sich selbst, in demselben ist es zu sich selbst zurückgekehrt“ (BL: 35,10–15). Es handelt sich also um eine Illustration der oben skizzierten rein logischen Absolutheit des Allgemeinen unter Rekurs auf das Reale und nicht etwa um die Zuschreibung göttlicher Eigenschaften, die den Bereich des Logischen sprengen würden. Was darüber hinaus speziell die Macht betrifft, so wurde sie bereits einmal als der logische Kern einer Gottesauffassung in der Reihe von Definitionsversuchen registriert. In der jüdischen bzw. islamischen Religion nämlich wurde Gott als Macht, ja als die absolute Macht vorgestellt, die ihre Konkretion dadurch gewinnt, dass sie sich zu ihrem Anderen, der Welt, als zu einem Nichtigen verhalte bzw. die faktische Bestimmtheit der Welt allein nach der eigenen Beschaffenheit negiere. 46 Das Adjektiv ‚absolut‘ deutet bei diesem reflektierten Verhältnis an, dass, obwohl die Bestimmtheit des Seins enthalten ist, sie hier nicht zu ihrem Recht gekommen ist. Wird im Gegenzug dazu die Bezeichnung des allgemeinen Begriffs als der „freien Macht“ auf das Gottesbild übertragen, so geht es nun um den logischen Kern eines Gottes, der gerade durch die eigentümliche Bestimmtheit des jeweilig Anderen er selbst ist bzw. sich selbst durch das von ihm Unterschiedene verwirklicht. Dieser Gott greift „nicht als ein gewaltsames“ über sein Anderes über, sondern er verhält sich „ruhig“ 46
Vgl. Episodischer Abschnitt zu II.A.7.
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Kapitel III: Der absolute Begriff
zu sich selbst, indem er die Bestimmtheit des Anderen bestehen lässt und sich in derselben wiederfindet (a.a.O. 35,10–13). Man tut dabei nichts Falsches, an das christliche Gottesverständnis zu denken, und zwar nicht nur an das Verhältnis Gottes zur Welt, sondern auch des Gott-Vaters zu Gott-Sohn und -Geist. Nicht zuletzt veranlasst dazu auch die sekundäre Überlieferung von Hegels Erläuterungen zu den anfänglichen Paragrafen der enzyklopädischen Fassung der Begriffslogik (vgl. die Zusätze zu den §§ 161; 163; VANM 10: 177). Doch lässt sich hier nicht auf eine nähere Betrachtung des christlichen Gottesbildes eingehen – jedenfalls nicht, bevor das Desiderat der Absolutheit des allgemeinen Begriffs durch die Untersuchung des restlichen Kapitels „Der Begriff“ bestätigt wird. Woran aber hier schon festgehalten werden kann und muss, ist, dass durch die „freie Macht“ ein Verständnis Gottes angedeutet wird, das explizit das jüdische und islamische sowie alle wesenslogischen Definientia, d.h. alle Definitionen, die sich aus der Reflexion speisen, aufhebt bzw. vervollständigt und überwindet, sodass das Allgemeine tatsächlich als Erstes zu demjenigen Stadium der philosophischtheologischen Untersuchung auf ihrer dritten, exoterischen Ebene gehört, die im Vorspann zur Begriffslogik angedeutet wurde.
B. Der besondere Begriff Der besondere Begriff
1. Die logische Bestimmung ‚besonderer Begriff‘ i. Zum logischen Fortgang des allgemeinen in den besonderen Begriff Es ist bezeichnend sowohl für das Konzept der nächsten logischen Bestimmung sowie für deren Zusammengehörigkeit mit dem allgemeinen Begriff, dass Hegel den Fortgang am Ende des Unterkapitels „A. Der allgemeine Begriff“ nur flüchtig erwähnt: Das „wahrhafte, unendliche Allgemeine“, d.h. den allgemeinen Begriff, habe man einfach „als Besonderheit zu betrachten“, da er ohnehin „das Unterscheiden in sich“ und ein „Bestimmen“ bzw. „die absolute Negativität [ist], die sich auf sich selbst bezieht“ (BL: 36,31–36). Hegel scheint nämlich die Auffassung zu vertreten, der Grund für den Fortgang in die nächste logische Bestimmung sei nach dem bisher Gesagten evident. Diese Auffassung soll hier kurz erläutert werden. Indem Hegel den allgemeinen Begriff als „einfache Beziehung auf sich selbst“, „in sich absolute Vermittlung“, und „absolute Negativität“ apostrophiert hat, machte er deutlich, dass das erste Moment der jetzigen logischen Sphäre über einen konkreten begrifflichen Inhalt verfügt, der in keinem bloß gemeinsamen Merkmal, sondern im eigenen Charakter alles Logischen als eines Logischen besteht. Hiermit ist bereits die Frage redundant geworden, was den Fortgang in das zweite Moment des Begriffs als solchen motiviert: Die
Der besondere Begriff
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eigene Dynamik des Begriffs als solchen, der Grund seiner logischen Bewegung und Entwicklung, d.h. das Movens des Begreifens des Begriffs als solchen, liegt im allgemeinen Begriff selbst, der seiner eigenen logischen Bestimmung nach verlangt, sich auf sich zu beziehen, sich zu vermitteln und sich zu negieren. Als das festgestellte Prinzip und Element des Logischen – das inhaltlich und nicht bloß formell, oberflächlich und nach der Art der äußeren Reflexion betrachtet wird – ist nun nicht nur die Notwendigkeit sondern auch die Weise – die konkrete Operation – erkannt, nach welcher der allgemeine Begriff seine nächste logische Bestimmung ergibt 47: Der allgemeine Begriff hat lediglich seine eigene Bestimmung auszuführen – die Selbstbeziehung, Vermittlung und Negation seiner selbst. Ähnlich plausibel wird durch die inhaltliche Betrachtung des allgemeinen Begriffs auch der nächste logische Gedanke, der auf ihn folgen soll. Da der allgemeine Begriff sich selbst negieren, sich auf sich beziehen und schließlich seine absolute Vermittlung allein in sich ausführen soll, kann der Inhalt des nächsten Gedankens in der Sphäre des Begriffs als solchen in nichts anderem als im allgemeinen Begriff selbst bestehen. Der auf den allgemeinen Begriff folgende Gedanke muss genauso gut wie er absolute Negativität, einfache Selbstbeziehung und absolute Vermittlung sein. Zugleich aber, da der postulierte Gedanke durch die Ausführung der absoluten Negativität, Selbstbeziehung und Vermittlung des allgemeinen Begriffs entstehen soll, muss er den allgemeinen Begriff als dessen eigene Ausführung oder als von ihm selbst abhängig darstellen. Das zweite Moment des Begriffs als solchen muss nämlich zwar wie das erste die absolute Negativität, Selbstbeziehung und Vermittlung darstellen; anders aber als das erste kann das zweite Moment die absolute Negativität, Selbstbeziehung und Vermittlung nicht als die anfängliche und abstrakte darstellen, sondern als die unmittelbar von der anfänglichen und abstrakten absoluten Negativität, Selbstbeziehung und Vermittlung selbst gesetzte. In diesem Sinne bildet das zweite Moment des Begriffs als solchen keine im Vergleich zum ersten Moment neue seiende Bestimmtheit, sondern lediglich die Entwicklung des ersten Moments und der einfachen Bestimmtheit: die Entfaltung der absoluten Negativität usw. in Bezug nicht auf etwas Äußeres, sondern auf sich selbst. Der allgemeine Begriff macht das Prinzip, das Element und den einzigen Inhalt des zweiten Moments aus. Auch bei der Analyse dieses zweiten Moments ist also auf die zwei Momente der totalen Reflexion bzw. 47 Nicht übersehen werden darf das Novum des jetzigen logischen Fortgangs. In der objektiven Logik ereignete sich der Fortgang in jede neue Gedankenbestimmung quasi von selbst, durch die immanente Betrachtung der jeweiligen Sache. Er war keine explizierte Anforderung, sondern eine Notwendigkeit, die jeder Gedankenbestimmung zugrunde lag und erst durch deren Untersuchung ans Licht kam, und zwar so, dass sich die Gedankenbestimmung selbst als ihr Anderes zeigte. Indem aber nun das Prinzip als solches aller logischen Bewegung festgestellt worden ist, findet sich die Notwendigkeit des Fortgangs zum ersten Mal in der Logik als enthüllte und offenbare.
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des Doppelscheins zurückzugreifen und es ist als die Art und Weise begreifenden Denkens aufzufassen. Als das zweite Moment ist aber der allgemeine Begriff ausdrücklich in Verhältnis zu sich selbst gesetzt: die in sich seiende „einfache Beziehung auf sich selbst“ und die „in sich absolute Vermittlung“ nicht mehr abstrakt und als der reine Prozess der Negativität, auch (noch) nicht als „ein vermitteltes“ (a.a.O. 33,34–36), sondern als ein sich Vermittelndes, das womöglich ein Resultat ergeben wird. Reflexion-in-sich und -in-Anderes bzw. Schein-nach-innen und -nach-außen werden nämlich nun als die Fortbestimmung ihrer anfänglichen Identität aufgefasst, und die Art und Weise begreifenden Denkens zeigt sich allmählich als ein sich selbst bestimmender Prozess. ii. Abgrenzung des besonderen Begriffs von seins- und wesenslogisch inspirierten Deutungen desselben Die soeben postulierte logische Bestimmung, die denselben Inhalt mit dem allgemeinen Begriff teilt, diesen aber als von sich selbst gesetzt darstellt, nennt Hegel besonderen Begriff. ‚Besonderheit‘ und ‚Besonderes‘ dienen ihm wie beim allgemeinen Begriff als Abbreviaturen. Der besondere Begriff soll gleichermaßen Begriff bzw. Begriff als solcher wie der allgemeine Begriff sein. Zugleich soll er aber das, was der allgemeine Begriff seiner Bestimmung nach ist, ausführen oder entfalten, sodass der allgemeine Begriff selbst als etwas Besonderes an ihm selbst akzentuiert werden muss. Erste Bedingung für das adäquate Verständnis dieser Besonderheit ist aber ihre Abgrenzung von seins- und wesenslogischen Auffassungen derselben. Das ist das Thema der ersten zwei Absätze des Unterkapitels „B. Der besondere Begriff“ (BL: 37,8–34). In der genannten Passage wird zum einen klargestellt, dass die Besonderheit die Bestimmtheit des Begriffs und nicht des Seins ist, also „keine Grenze“ und keine seiende Bestimmtheit dem Allgemeinen gegenüber, sondern dessen „immanente[s] Moment“ (a.a.O. 37,8–13), was im Hinblick auf das über die absolute Negativität und die Entwicklung Gesagte leicht nachvollziehbar ist. Zum anderen – und hier ist der Gedankengang beachtlich komplexer – wird die Besonderheit abgegrenzt von einem geläufigen Verhältnis von Gattung und Art und mit einem Schlag von einer wesenslogischen Annäherung (a.a.O. 37,14– 34)48, welche die Besonderheit zu einem generellen Terminus im referenziellen Sinne missdeutet.
48
Dafür, dass sich das geläufige Verständnis von Gattung und Art eher an wesenslogische Bestimmungen als an den Beginn der Begriffslogik anlehnt, spricht auch die Beobachtung, dass Hegel das geläufige Gattung-Art-Verhältnis nicht unter das Urteil generell subsumiert, sondern unter die Urteile der Reflexion und der Notwendigkeit (vgl. § 177; BL: 75ff.). Dieselbe Beobachtung verstärkt auch die Einsicht, dass der Begriff als solcher nicht von späteren begriffslogischen Kontexten her zu verstehen ist, in welchen Allgemeines, Besonderes und Einzelnes wieder vorkommen. Selbst wenn im allerersten Kapitel der Begriffslogik die
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Geht man von der Vorstellung aus, dass alles, was ist, in diverse Gattungen und Arten gegliedert ist, scheint es plausibel, Allgemeinheit und Besonderheit mit gewöhnlicher Gattung und Art gleichzusetzen. Dabei übernimmt die Allgemeinheit qua Gattung die Rolle einer bestimmten „Substanz“ (ebd.), die den de facto vielen Besonderen qua Arten zukommt; und jede Art wird als ein weiteres Ganzes dieser Substanz und einer zusätzlichen Bestimmtheit aufgefasst. 49 In diesem Gedankenschema ist die letztgenannte zusätzliche Bestimmtheit für sich betrachtet irrelevant und fällt in den Bereich der Akzidentalität zurück. Berücksichtigt wird sie nur, insofern sie einen Grund für die Vielheit und Mannigfaltigkeit der Arten liefert. So führt die geläufige Vorstellung von Gattung und Arten zu folgendem Verständnis von Allgemeinheit und Besonderheit und deren Verhältnis zueinander: „Das Besondre enthält […] das Allgemeine“ und stellt zugleich „dasselbe auch durch seine Bestimmtheit dar“; umgekehrt macht das Allgemeine „eine Sphäre aus, welche das Besondere erschöpfen muß“ (ebd.). Es mag sein, dass eine sehr genaue Lektüre der vorliegenden Textpassage vonnöten ist; aber gemessen an den einleitenden Überlegungen zum Fortgang des allgemeinen in den besonderen Begriff fällt auf, dass das soeben angedeutete Gedankenschema keine Rücksicht nimmt auf die von Hegel angegebenen Charakteristika des allgemeinen und des besonderen Begriffs, des Fortgangs von jenem in diesen sowie des Verhältnisses beider zueinander. Im Gegensatz nämlich zur logischen Bestimmung des allgemeinen Begriffs, d.h. der absoluten Negativität, des Prozesses und der einfachen Bestimmtheit, wird hier das Allgemeine für eine starre „Substanz“ gehalten, die bloß „enthalten“ ist oder qua „Sphäre“ einen bloßen Rahmen für das Besondere lediglich definiert. Im Gegensatz andererseits zu der einleitenden Aufforderung, das Besondere aufzufassen als dieselbe Totalität wie das Allgemeine, aber mit dem einzigen Unterschied, dass es von ihm gesetzt wird, ist hier das Besondere nur etwas Partielles in der „Sphäre“ des Allgemeinen; zudem wird sein Verhältnis zum Allgemeinen sogar umgekehrt verstanden: Nun ist es nämlich das Besondere, welches das Allgemeine „darstellt“ und damit setzt. Schließlich ist es aber das Motiv des Progresses ins Unendliche, welches – indem es in dieser Vorstellung mitschwingt – eindringlich davor warnt, dieses Verständnis mit Hegels Konzept von Allgemeinheit bzw. Besonderheit zu verwechseln. Denn dabei wird die Totalität als ein Schlecht-Unendliches vorgestellt, wohingegen das Besondere, das nur ein Partielles ausmacht, die Totalität nicht erschöpft hat, sondern
Rede gelegentlich von Gattung und zwei Arten ist, dürfen diese Gattung und diese zwei Arten nicht mit allen übrigen kurzerhand gleichgesetzt werden. 49 Vgl. beispielsweise José María Sánchez de León Serrano, Zeichen und Subjekt im logischen Diskurs Hegels, Hamburg 2013, 297ff.
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noch „erschöpfen muß“, d.h., sich das Besondere der vorgestellten Totalität durch seine schöpferische Tätigkeit annähern muss. 50 Trügerisch ist jedoch, dass es dieser geläufigen Vorstellung trotz aller Mängel gelingt, das Verhältnis von Allgemeinheit und Besonderheit als eine gewisse „Vollständigkeit“ aufzufassen (ebd.), und zwar so, dass das Verhältnis zwischen der einen Gattung und der unbestimmt vielen Arten auf das Verhältnis zwischen nur zwei Arten reduziert wird – was offenbar in Einklang mit Hegels eigener Auffassung steht (vgl. a.a.O. 38,5; 39,2). Dies gelingt allerdings, indem man die vielen Bestimmtheiten, welche die Arten voneinander unterscheiden, auf einen Sammelbegriff reduziert bzw. durch ihren Sammelbegriff ersetzt. Hierbei aber wird deutlich, inwiefern die geläufige Vorstellung von Gattung und Art an den wesenslogischen Standpunkt gebunden ist. 51 Denn der logische Status dieses Sammelbegriffs ist kein anderer als derjenige der Reflexionsbestimmung „Verschiedenheit“ (a.a.O. 37,23), welche hier neben der Substanz zugegeben wird. Indem aber die vielen Bestimmtheiten und Arten auf die bloße Verschiedenheit reduziert werden, geschieht zweierlei: Zum einen tritt anstelle der vielen partikularen Arten bzw. anstelle dessen, was das Besondere in diesem Gedankenschema bilden soll, etwas Allgemeines. Umgekehrt bezieht sich zum anderen die Substanz, welche vorhin als das einzige Allgemeine angenommen wurde, nicht mehr auf ein Besonderes, sondern auf ein weiteres Allgemeines, was die Substanz selbst zum Besonderen macht. Also lässt sich die Substanz nicht allein für diejenige Totalität halten, welche gewöhnlich unter ‚Gattung‘ vorgestellt wird. Vielmehr konstituiert sie die Gattung gemeinsam mit der Verschiedenheit, indem beide als zwei gleichberechtigte Bestandteile koordiniert werden. Ferner geht es bei der so aufgefassten Gattung nur noch um die Erscheinung der vollständigen Totalität (vgl. a.a.O. 37,22), d.h. um eine bestimmte Verbindung einer Substanz mit einer seienden Bestimmtheit, oder um ein solches Allgemeines, das durch irgendeine Bestimmtheit (in der Unmittelbarkeit) dargestellt worden ist. Der Mangel dieser Erscheinung – weshalb sie auch Hegels Konzeption von Allgemeinheit und Besonderheit nicht entspricht – wurde bereits oben genannt: Sie verfehlt den prozessualen Charakter sowohl der Allgemeinheit und Besonderheit als auch des Verhältnisses beider zueinander. In 50
Ganz in diesem Sinne sind Hegels Bemerkungen über das universelle Urteil. Vgl. insbesondere BL: 75,7–19, wo der Progress in (schlecht) Unendliche und die Maxime einer Erschöpfung des Allgemeinen durch die Einzelnen der Allgemeinheit des Begriffs kontrastiert wird. 51 Im ersten Teil des hier besprochenen Absatzes (BL: 37,14–19) skizziert Hegel die geläufige Vorstellung von Gattungen und Arten, nach welcher mehrere Arten vorhanden sind (vgl. a.a.O. 37,16–17). Diese Vorstellung führt er anschließend auf die wesenslogischen Bestimmungen zurück, deren immanente Kritik in a.a.O. 37,22–29 zu finden ist. Schließlich distanziert sich Hegel entscheidend von diesen Konzepten, indem er in a.a.O. 37,30–33 die adäquate Bestimmung der Besonderheit (erneut) angibt.
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dem so konzipierten Zusammenspiel von Allgemeinem und Besonderem ist nämlich die innere Notwendigkeit nicht erkennbar, aus welcher das Allgemeine mit der jeweiligen Bestimmtheit verbunden wurde. Vielmehr sind dabei nur zwei Arten erkannt, für welche „kein innerer Maßstab, oder Princip vorhanden“ ist (a.a.O. 37,25).52 Hegels Einwände sind an diesem Punkt äußerst prägnant und stellen das gemeine Gattung-Arten-Verständnis massiv in Frage: Solange die Bestimmtheit eines Besonderen nicht von seinem Allgemeinen aus notwendig zu erschließen ist, stellt dieses kein wahres, sondern nur ein behauptetes Allgemeines dar, einen „bloß äußerliche[n] Reflex“. Unter solchen Annahmen können neue Bestimmtheiten nach Belieben in Betracht gezogen und mit gleichem Recht als Substanz, Gattung und Art angesehen werden. Die Totalität oder Systematizität, die von solcherlei Allgemeinem ausgedrückt wird, ist nichts weiter als eine „zufällige Vollständigkeit“ (a.a.O. 37,28), und die vielfachen Gattungen und Arten in diesem Sinne sind nichts Höheres „als die willkührlichen Einfälle des Geistes in seinen Vorstellungen“ (a.a.O. 39,15). So kann schließlich in diesem Gedankenschema nicht nur nicht von Allgemeinen und Besonderen die Rede sein, sondern nicht einmal von Begriffen (im hegelschen Sinne), vielmehr nur von „Verstandes-Bestimmungen“, von „nur allgemeine[n] Vorstellungen“ und „daher überhaupt endliche[n] Bestimmungen“ (§ 162 A).53 Der besondere Begriff im Sinne Hegels hingegen, welches 52 In dem Vorspann mit dem Titel „Allgemeine Einteilung der Logik“ erklärt Hegel diesen Mangel mit folgenden Beispielen: „Die Rechtwinklichkeit, Spitzwinklichkeit u.s.f. wie die Gleichseitigkeit u.s.f. nach welchen Bestimmungen die Dreyecke eingetheilt werden, liegt nicht in der Bestimmtheit des Dreyecks selbst, d.h. nicht in dem, was der Begriff des Dreyecks genannt zu werden pflegt, ebenso wenig als in dem, was für den Begriff des Thiers überhaupt, oder des Säugethiers, Vogels u.s.w. gilt, die Bestimmungen liegen, nach welchen jenes in Säugethiere, Vögel u.s.w. und diese Classen in weitere Gattungen eingetheilt werden. Solche Bestimmungen werden anderswoher, aus der empirischen Anschauung aufgenommen; sie treten zu jenem sogenannten Begriffe von Aussen hinzu. In der philosophischen Behandlung des Einteilens, muß der Begriff sich als ihren Ursprung enthaltend zeigen.“ (SL: 44,17–26.) 53 Auf den Unterschied zwischen Vorstellung und Begriff bei Hegel kann man nicht häufig genug aufmerksam machen. Selbst bei R. Pippin – der entschieden darauf hinweist, dass Hegels Idealismus „(a) anti-empiristisch und (b) verpflichtet auf die Hinlänglichkeit der Selbstbestimmung der Vernunft bezüglich ihrer eigenen Voraussetzungen und ihrer Selbstautorisierung“ ist (Robert Pippin, Die Aktualität des Deutschen Idealismus, Cambridge 1989, 16) – kommt jener Unterschied manchmal nicht deutlich zum Ausdruck. Das ist beispielsweise der Fall, wenn Pippin hinsichtlich der (auch für die vorliegende Untersuchung sehr wichtigen) Bemerkung Hegels über den „gewußte[n] Begriff“ bzw. den „Begriff als solche[n]“ (SL: 33,32) von einer „bessere[n] oder schlechtere[n] Exemplifikation d[es] Begriffs“ von „Wolf“ spricht und den „‚eigentliche[n]‘ Wolf“ im Unterschied zu „bloß ‚existierende[n]‘“ in der „Verwirklichung der Wolfheit“ sieht (Robert Pippin, Die Aktualität des Deutschen Idealismus, Cambridge 1989, 168). Mit Pippin teilt das vorliegende Buch die These, in der Logik finde eine Analyse von „Prinzipien der Intelligibilität“ oder vom „Verständlichmachen von Verstehen“ statt, kraft derer Hegel ein „logischer Monist“ ist (a.a.O.
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auch das zweite Moment begreifenden Denkens bildet, soll als die Selbstunterscheidung einer einzigen (einfachen) Bestimmtheit verstanden werden, die aus eigener und erkannter Notwendigkeit, d.h. im Einklang mit sich selbst geschieht und, ohne eine zufällige Vielheit zu implizieren, bei sich vollständig bleibt. iii. Die sich in sich unterscheidende Bestimmtheit der „totalen Reflexion“ bzw. des „Doppelscheins“ Das im Sinne Hegels adäquate Verständnis vom Besonderen sowie dessen Verhältnis zum Allgemeinen findet sich thematisiert in BL: 37,30–38,9. Die Pointe dieser knappen Beschreibungen liegt nicht in der Bemerkung, dass die Arten des Allgemeinen „nur“ zwei sind, nämlich „a) das Allgemeine selbst und b) das Besondere“ (ebd.). Dies konnte, wie gesehen, bereits unter den Prämissen der geläufigen Vorstellung von Gattung in Anlehnung an wesenslogische Kategorien behauptet werden. Das Neue, wodurch das Allgemeine nun „als der Begriff“, d.h. als genuiner begriffs- und nicht seins- oder wesenslogischer Terminus gekennzeichnet wird, ist vielmehr, dass es nicht nur irgendeine Totalität, sondern auch das „Princip seiner Verschiedenheit“ ist (ebd.). Das Besondere andererseits ist ebenfalls „Princip“, aber es ist dies nur „wesentlich“ (a.a.O. 37,33). Was hier näher betrachtet werden muss, ist also genau diese wesentliche Identität vom Allgemeinen und Besonderen sowie der dadurch implizierte unwesentliche Unterschied zwischen den beiden. ‚Prinzip‘ ist dabei – wie überall im vorliegenden Buch – nicht nur im Sinne des Substanzialitätsverhältnisses zu verstehen, dass nämlich das vom Allgemeinen oder Besonderen Verschiedene auf das Allgemeine und Besondere nur wie auf ein wesentlich zugrundeliegendes angewiesen ist. Es ist aber auch nicht nur im Sinne des Kausalitätsverhältnisses zu verstehen, dass nämlich das Allgemeine oder Besondere das erste Zugrundeliegende oder der bloße Auslöser eines unendlichen Progresses von denselben Verschiedenen ist. Vielmehr ist mit ‚Prinzip‘ zugleich auch das Element gemeint, welches alles auf demselben fußende Unterschiedene durchdringt, prägt und in sich fasst, und somit nicht
17; 173; 171). Das vorliegende Buch markiert aber solche Analyse auch durch die pointierte Verwendung des Ausdrucks ‚Begriff‘ bzw. ‚Begreifen‘ in Abhebung von ‚Vorstellung‘ und ‚Vorstellen‘, die für die nicht intelligiblen, aber doch verständlichen empirischen Dinge wie Wölfe reserviert werden. Bei R. Brandom hingegen ist der Unterschied zwischen Vorstellungen und Begriffen zugunsten Ersterer nahezu verschwunden. Vom Bewusstseinskapitel der Phänomenologie ausgehend arbeitet Brandom konsequent mit Beispielen wie „nail“, „hammer“, „beautiful“, und „red“ (Robert B. Brandom, Tales oft he Mighty Dead. Historical Essays in the Metaphysics of Intentionality, Cambridge [u.a.] 2002, 195; 199), um seinen semantischen Pragmatismus zu stützen, nach welchem „the use of concepts determines their content, that is that concepts can have no content apart from that conferred on them by their use“ (a.a.O. 210).
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nur den Ursprung, sondern auch den gesamten Rahmen bestimmt, der alle entsprechenden Unterschiede ermöglicht. In diesem Sinne ist die Frage nach der wesentlichen Identität und dem unwesentlichen Unterschied vom Allgemeinen und Besonderen auf die Frage zuzuspitzen, wie genau das Besondere vom Allgemeinen einerseits durchdrungen und in demselben gefasst, andererseits von demselben unterschieden wird. Die Antwort ist in Hegels Angabe zu suchen, das Besondere sei das „Scheinen nach Aussen“ des Allgemeinen (a.a.O. 38,1). Im Unterkapitel „A. Der allgemeine Begriff“ hatte Hegel, wie gesehen, das „wahrhaft höhere Allgemeine“, also das Allgemeine in Abgrenzung von seinen übrigen objektiv- und subjektivlogischen Weisen, als jenen Gedanken der Wissenschaft der Logik aufgefasst, dem zufolge der Schein-nach-innen bzw. die Reflexion-in-sich und der Schein-nach-außen bzw. die Reflexion-in-Anderes identisch sind. So stellt das Besondere diesen speziellen Schein-nach-außen (oder Reflexion-in-Anderes) dar, der identisch mit dem Schein-nach-innen (oder Reflexion-in-sich) ist. Sogleich sind aber zwei Weisen des Besonderen voneinander zu differenzieren. Einerseits geht es um das Besondere als den Schein-nach-außen im Allgemeinen gefasst, d.h. im Sinne der zweiten Weise von Doppelschein, die im ersten Unterkapitel erwähnt wurde – also nicht um das zweite Moment der Sphäre des Begriffs als solchen, sondern um das eine Moment im reinen Prozess der absoluten Negativität, der Vermittlung oder der einfachen Selbstbeziehung des Allgemeinen. Dabei ist das Allgemeine als „die Totalität des Begriffs“ maßgeblich (a.a.O. 35,25), während das Besondere nur ein aufgehobenes Moment in dieser Totalität ist. Andererseits geht es um das Besondere als den Scheinnach-außen, der zwar mit dem Schein-nach-innen identisch ist, aber außerhalb oder im Unterschied zu der Totalität betrachtet wird, welche das wahrhafte Allgemeine ist. Erst dieses Besondere macht das zweite Moment des Begriffs als solchen und das Scheinen des gesamten wahrhaften Allgemeinen nach Außen aus. Dabei setzt das Allgemeine sich, d.h. seine eigenen Momente, aus sich selbst heraus oder bringt seinen Schein-nach-außen (das Besondere) hervor, während das Besondere seinerseits „keine andere Bestimmtheit [hat], als welche durch das Allgemeine selbst gesetzt ist“ (a.a.O. 37,33). Es handelt sich um dieselbe einfache (keine seiende) Bestimmtheit wie beim Allgemeinen, die aber nun als in sich unterschieden betrachtet wird. Indem aber des Weiteren das Allgemeine das Besondere aus sich heraus setzt, d.h., indem es als Movens die logische Bewegung in das zweite Moment des Begriffs als solchen leitet, verändert es auch sich selbst.54 Das Allgemeine
54 Vgl. § 163 Z: „Nun aber ist das Allgemeine des Begriffs nicht bloß ein Gemeinschaftliches, welchem gegenüber das Besondere seinen Bestand für sich hat, sondern vielmehr das sich selbst Besondernde (Spezifizierende) und in seinem Anderen in ungetrübter Klarheit bei sich selbst Bleibende. Es ist von der größten Wichtigkeit sowohl für das Erkennen als
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bestimmt sich nämlich als lediglich sein Schein-nach-innen im Unterschied zu seinem Schein-nach-außen. Es ist nicht mehr das Allgemeine als dasjenige Allgemeine, welches das Besondere enthält oder dasselbe hervorbringen kann, sondern als dasjenige Allgemeine, welches neben dem Besonderen besteht und dasselbe hervorgebracht hat. Nun wird auch klar, warum das wahrhaft Allgemeine nach Hegels Auffassung nur zwei Arten haben kann, warum gerade zwei, und welche zwei Arten es nur haben kann; nämlich, wie bereits erwähnt, „nur a) das Allgemeine selbst und b) das Besondere“: Es sind die zwei (einzig vorhandenen) Momente der absoluten Identität des wahrhaften Allgemeinen, die nun nebeneinander treten und jeweils a) nur den Schein-nach-innen und b) nur den Schein-nach-außen darstellen. Die erste Art des Allgemeinen (a) ist das Allgemeine, aber auf seinen Schein-nach-innen reduziert. Die zweite Art des Allgemeinen (b) ist ebenfalls das Allgemeine, aber als nur dessen Scheinnach-außen, der neben dem Schein-nach-innen besteht bzw. von demselben hervorgebracht worden ist. So stellt das Besondere, das den nächsten Gedanken des wahrhaft Allgemeinen ausmacht, weder nur das (b) noch nur das (a), sondern das Verhältnis von (a) und (b) dar. Dieses Besondere wird hier in Abgrenzung zu (b) aber auch zum Schein-nach-außen, der im wahrhaften Allgemeinen aufgehoben ist, als die Sphäre des Besonderen bezeichnet und synonym mit dem zweiten Moment des Begriffs als solchen verwendet. Anders formuliert: Hegels genuines Verständnis vom besonderen Begriff besteht in der gesetzten Einheit dieser zwei Momente, die im wahrhaften Allgemeinen als im reinen Prozess der absoluten Negativität noch nur enthalten waren. Auch hier handelt es sich also um die mit sich identische Bestimmtheit der totalen Reflexion bzw. des Doppelscheins, die beim Allgemeinen registriert wurde; gleichwohl hat sie nun die Bestimmung, durch sich selbst gesetzt zu sein und insofern sich von sich zu unterscheiden. Der Akzent liegt somit nicht auf die Identität der zwei Momente, sondern auf der Zweiheit der identischen Momente der totalen Reflexion bzw. des Doppelscheins. Anhand dieser Beobachtungen lässt sich auch Hegels Konzeption von Gattung und Arten wie folgt fixieren: Unter ‚Gattung‘ ist das wahrhaft Allgemeine zu verstehen, d.h. das erste Moment des Begriffs als solchen, welches zu dessen deutlicherer Abhebung von (a) und (b) auch ‚Gattungsallgemeines‘ genannt werden kann. Sobald diese Gattung sich selbst anders bestimmt denn als die reine Negativität, ergibt sie spontan aus sich heraus – und nicht in der Weise eines „äußerliche[n] Reflex[es]“ oder unter Berufung auf eine faktisch bestehende Verschiedenheit (vgl. a.a.O. 37,27) – ihre zwei Arten, die genau das (a) und (b) sind und entsprechend jeweils ‚Artallgemeines‘ und ‚Artbesonderes‘
auch für unser praktisches Verhalten, daß das bloß Gemeinschaftliche nicht mit dem wahrhaft Allgemeinen, dem Universellen, verwechselt wird.“
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genannt werden können. 55 Das Artallgemeine bezeichnet Hegel im näheren Kontext, wie unten zu sehen ist, als unmittelbares und unbestimmtes (vgl. a.a.O. 38,11). Das Artbesondere kann im Weiteren auch als Besonderes bezeichnet werden, aber mit dem ausdrücklichen Vorbehalt, dass es weder mit jenem Moment im wahrhaft Allgemeinen (im Sinne von a.a.O. 35,16–27) zusammenfällt noch die gesamte Sphäre des Besonderen erschöpft. Mit dieser Konzeption ist sowohl die wesentliche Identität von Allgemeinem und Besonderem als auch deren Unterschied gewährleistet. Denn einerseits sind es dieselben Momente, die Gattungsallgemeines und Sphäre des Besonderen konstituieren; andererseits besteht der Unterschied zwischen den beiden lediglich darin, dass dieselben Momente in der Sphäre des Besonderen auseinandertreten bzw. sich als Unterschiedene zueinander verhalten. Gattungsallgemeines und Sphäre des Besonderen hängen darüber hinaus wesentlich miteinander zusammen, und zwar so, dass jenes das einzig vorhandene Prinzip von diesem darstellt, das dieses in seinen Momenten gesetzt hat. Dass ferner die Sphäre des Besonderen selbst auch, jedoch nur wesentlich Prinzip ist, weist auf das Auseinandertreten von Schein-nach-innen und Schein-nachaußen sowie den Primat des Ersten vor dem Letzteren hin. Zum adäquaten Verständnis der logischen Bestimmung des besonderen Begriffs trägt darüber hinaus folgende Akzentuierung desjenigen Novums im logischen Verlauf bei, das die hier umrissene Veränderung des allgemeinen Begriffs signalisiert: Anders als beim seinslogischen Übergehen in das zweite Moment einer logischen Triade, in welchem ein anderer Gedanke, eine weitere seiende Bestimmtheit vorhanden war; anders aber auch als beim wesenslogischen Scheinen, nach welchem im zweiten Moment der erste Gedanke und dessen reflektierte Verdoppelung vorhanden war, bedeutet die begriffslogische Entwicklung vom Allgemeinen zum Besonderen die Einteilung des Ersten: Die mit sich identische einfache Bestimmtheit des wahrhaften Allgemeinen bietet sich dabei als ein Ganzes an, das sich spontan dadurch bestimmt, dass es sich in zwei Teile dividiert. Durch diese Einteilung wird zwar auf eine Zweiheit hingewiesen, die charakteristisch für die seiende Bestimmtheit ist, wie unten noch näher zu problematisieren sein wird. Anders aber als im objektivlogischen Kontext ist das eine rein formelle Zweiheit. Denn nach wie vor ist es die einfache Bestimmtheit, die sich einteilt.
Die Bezeichnungen ‚Gattungsallgemeines‘, ‚Artallgemeines‘ und ‚-besonderes‘ stammen von Christian Iber, „Hegels Konzeption des Begriffs“, in: Anton Friedrich Koch/Friedrike Schick (Hgg.), G. W. F. Hegel. Wissenschaft der Logik, München 2010, 181– 201, 193. Es ist aber auch Hegel selbst, der darüber in späterem Zusammenhang notiert: „nachdem vorhin nur das Allgemeine und Besondere als die Arten des Besonderen angegeben wurden“ (BL: 50,18f.), was bedeutet, dass (a) und (b) zwei Arten sind, welche die Sphäre des Besonderen gemeinsam konstituieren. 55
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iv. Das zweite Moment begreifenden Denkens Anschließend stellt sich die Frage: Wozu dient denn das alles? Denn die Sphäre des Besonderen sowie der logische Fortgang in sie sind sehr viel spezifischer und subtiler als etwa das Verhältnis zwischen den Arten ‚Mensch‘ und ‚Tier‘ oder die Fortbestimmung der Gattung ‚Lebewesen‘ zu diesen anhand von Unterscheidungskriterien wie ‚vernunftbegabt/nicht-vernunftbegabt‘, ‚ungefiederter Zweibeiner/nicht-ungefiederter Zweibeiner‘ oder auch ‚Ohrläppchenhabend/nicht-Orhläppchen-habend‘. Doch haben alle bisher in der Logik exponierten Gedankenbestimmungen einen Anwendungsbereich, etwa das Reale. Welcher ist aber der Anwendungsbereich des besonderen Begriffs? Oder muss man ihn als ein gedankliches Konstrukt ohne jegliche Bedeutung außer sich selbst auffassen, etwa als eine logische Spielerei, die überflüssig ist gleichermaßen für das Reale wie für das Logische? 56 Die These der vorliegenden Untersuchung lautet: Mit dem besonderen Begriff exponiert die Logik das zweite Moment begreifenden Denkens, das überall dort am Werk ist, wo etwas begriffen wird, vorzüglich also in der Logik selbst. Dieses Moment besteht im Setzen genau derjenigen einen Bestimmtheit, die bereits im Allgemeinen als die mit sich identische totale Reflexion enthalten war. Es handelt sich somit weder um die Lieferung eines neuen Gegenstandes für denkerische Betrachtung, was der Fall bei der Untersuchung empirischer Gattungen und Arten ist, noch um die willkürliche denkerische Verknüpfung von etwas mit einer Eigenschaft wie etwa beim Urteil und auch nicht um 56 Vor diesem Problem steht etwa K. Hartmann, der die oben, in III.B.1.ii., ausgearbeitete Kritik an dem üblichen Gattungs-Art-Verständnis zum Teil als die eigene These Hegels versteht und behauptet: „Verschiedenheit des Besonderen ist nicht theoretisierbar (so sehr das Allgemeine als absolute Einheit und Prinzip dafür geltend gemacht wird).“ (Klaus Hartmann, Hegels Logik, hg. von Olaf Müller, mit einem Vorw. von Klaus Brinkmann, Berlin 1999, 295). Zwar sieht Hartmann richtig ein, das der allgemeine Begriff eine „metatheoretische Prinzipposition“ hat (ebd.). Anders aber als die gleich zu formulierende zentrale These des vorliegenden Buches verzichtet er auf eine entsprechende Würdigung des besonderen Begriffs, da dies aufgrund von Hartmanns Interpretation vom Besonderen unhaltbare Implikationen für das Verständnis der gesamten Logik hätte. So sieht Hartmann bereits in der aus Sicht des vorliegenden Buches gravierenden Äußerung Hegels über die wahrhafte Einteilung, nämlich in der Bemerkung, das Besondere habe zwei Arten, „a) das Allgemeine selbst und b) das Besondere“, den vermeintlichen „Übergang […] vom metatheoretisch (oder Prinzip-) Allgemeinen zum Allgemeinbegriff“ (a.a.O. 296). Dadurch verdunkelt sich aber der logische Status des Besonderen vollkommen. Denn Hartmann bestreitet nicht nur die metatheoretische Bestimmung des Besonderen und reduziert es auf einen ‚Begriff‘ ohne „Totalitätsstruktur“, d.h. auf einen ‚Begriff‘, „durch den etwas gedacht wird“ (a.a.O. 293). Weiter noch lehnt er die Deutung – diesmal sogar mit Recht – ab, das Besondere falle mit der „Totalität der Anschauung“ oder mit den „vielen Arten“ zusammen, „die in der Natur vorkämen“ (a.a.O. 297; 296). Woran jedoch zu denken ist, wenn vom Besonderen die Rede ist, wenn nicht an Gegenstände der Anschauung oder an ontologische Strukturen, bringt Hartmann auf keine positive Aussage.
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die Einführung einer neuen Prämisse wie im Fall des Syllogismus. Vielmehr besteht das zweite Moment begreifenden Denkens in der Ausführung des Prozesses rein reflexiver Selbstbeziehung, die bereits vom ersten Moment verlangt wurde. Die Sphäre des Besonderen ist die Identität von Reflexion-in-sich und -in-Anderes nicht als solche, sondern als vor dem Hintergrund dieser Identität selbst betrachtet: die einfache Bestimmtheit der totalen Reflexion bzw. des Doppelscheins als durch sich selbst gesetzt. Somit heißt ‚Begreifen‘ nach dem jetzigen Stand des Begriffs als solchen, von einer reinen Denkbestimmung ausgehend sich spontan in Bezug auf sich selbst zu setzen, also reine Denkbestimmungen im Einklang mit sich selbst fortzubestimmen. Dadurch wird die Frage nach dem Anwendungsbereich des besonderen Begriffs in die Forderung gewandelt, die Logik aus der Sicht des Allgemeinen und des Besonderen zu lesen. Wie beim allgemeinen Begriff wird nämlich auch jetzt Auskunft über die Verbindung der Art und Weise begreifenden Denkens zu den logischen Bestimmungen jenseits der Sphäre des Begriffs als solchen verlangt. Bestünde diese Verbindung nicht, so wäre der besondere Begriff nichts Besonderes, sondern ein redundanter Gedanke im logischen Verlauf. Das verlangt aber neue Metaüberlegungen zur Logik und leitet uns weiter zur zweiten Ebene der vorliegenden Untersuchung. 2. Der besondere Begriff als rein logische Absolutheitskonzeption: Erläuterung der Forderung, die Logik insgesamt aus der Sicht des Begriffs als solchen zu lesen i. Formelle und inhaltliche Betrachtung des besonderen Begriffs Die soeben erfolgte formelle Betrachtung des besonderen Begriffs beschränkt sich zwar auf dessen Exposition in direktem Anschluss an den allgemeinen Begriff und somit im Unterschied zu allen übrigen logischen Bestimmungen. Gleichwohl ist es aber der besondere Begriff selbst, der den inhaltlichen Aspekt seiner Bestimmung und deren Inhaltliche Verbindung mit allen logischen Bestimmungen nicht verkennen lässt. Wie beim Allgemeinen ist also auch hier eine inhaltliche und spekulativ-begreifende Analyse als notwendige Ergänzung zur formellen und unbefangenen geboten. Verlangt werden nun Metaüberlegungen zum begrifflichen Charakter aller logischen – womöglich aller spekulativ-philosophischen überhaupt – Bestimmungen im Sinne des Unterkapitels „A. Der allgemeine Begriff“, die auch den besonderen Begriff als rein logische Absolutheitskonzeption und Feststellung des Prinzips und Elements alles Logischen – oder Spekulativ-Philosophischen – hervortreten lassen. Dabei darf jedoch nicht der Anschein entstehen, das Besondere sei eine neue Absolutheitskonzeption neben dem Allgemeinen. Vielmehr ist jenes die spontane Fortbestimmung oder Entwicklung von diesem, sodass es ebenfalls die „in sich absolute Vermittlung“ darstellt (BL: 33,35), die
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alle übrige logische (oder spekulativ-philosophische) Vermittlung in sich fasst. Das Besondere muss nämlich als wesentlich dieselbe Absolutheitskonzeption wie das Allgemeine verstanden werden, d.h. als ein Moment der mit dem Allgemeinen eröffneten und gleich mit dem höchsten Absolutheitsanspruch hervorgetretenen Sphäre des Begriffs als solchen. Vom Folgenden ist also eine Erklärung darüber zu erwarten, inwiefern der besondere wie sonst der allgemeine Begriff etwa alle logischen Bestimmungen durchdringt und in sich fasst; oder anders formuliert: inwiefern das begreifende Denken mit dem besonderen Akzent auf den besonderen Begriff innerhalb der gesamten Logik „wesentlich […] abgehandelt“ wird (SL: 27,21f.). Dabei darf jedoch der Unterschied zwischen den Metaüberlegungen des Allgemeinen und des Besonderen nicht übersehen werden. Der besondere Begriff ist erst die zweite Weise der Feststellung als des Prinzips und Elements alles Logischen bzw. der Art und Weise begreifenden Denkens, die sich von der ersten dadurch unterscheidet, dass sie von ihr veranlasst worden ist bzw. auf sie aufbaut und ihren Inhalt expliziert. Anders als beim Allgemeinen geht der Absolutheitsanspruch des Besonderen nicht mit dem bloßen Hinweis auf begreifendes Denken als das Prinzip und Element von allem Logischen einher, sondern mit einer ausführlicheren Thematisierung solchen Prinzips und Elements, die jenen Hinweis erläutern soll. Erwartet wird nicht mehr die bloße Forderung, alle Bestimmtheit „als im Begriffe“ (BL: 35,36), als bestimmte Weise der totalen Reflexion und das Zusammenspiel von Reflexion-in-sich und -in-Anderes zu betrachten, auch nicht die bloße Versicherung, dass das möglich sei. Vielmehr wird nun die Erläuterung darüber erwartet, wie solche Lesart der Logik vollzogen werden muss, zumal Allgemeines und Besonderes so scharf von aller bisherigen objektivlogischen Bestimmtheit abgehoben wurden. In diesem Sinne versprechen die nun anstehenden Metaüberlegungen genaue Auskunft über die Begriffsartigkeit aller logischen Bestimmungen. Dieselbe Begriffsartigkeit gilt vermutlich auch für die übrigen spekulativ-philosophischen Bestimmungen. Diese Vermutung lässt sich jedoch im Rahmen der vorliegenden Analyse zunächst nicht untersuchen, sodass an sie im Folgenden nur gelegentlich erinnert wird. Diese Analyse wird schließlich in drei Schritten vollzogen. Zunächst wird ein Überblick über den allgemeinen Aufbau der gesamten Logik vom Standpunkt des Begriffs als solchen erstellt (III.B.2.ii.). Alsdann wird der Charakter der einzelnen logischen – aber in erster Linie der bereits exponierten objektivlogischen – Bestimmungen analysiert, insofern sie esoterisch, vom Begriff als solchem her zu betrachten sind (III.B.2.iii.). In einem dritten Schritt wird explizit auf die philosophisch-theologische Bedeutung der dadurch umrissenen Absolutheitskonzeption aufmerksam gemacht (III.B.2.iii.).
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ii. Die „wahrhafte Eintheilung“ der Logik insgesamt Textanalyse der Passage über die „wahrhafte Eintheilung“ Auf die Angabe der adäquaten logischen Bestimmung des besonderen Begriffs folgt ein Absatz (BL: 38,10–21), welcher die „wahrhafte Eintheilung“ des Begriffs zum Thema hat und in fünf Sätzen sechs verschiedene Variationen des Verhältnisses vom allgemeinen und besonderen Begriff dokumentiert. Die knapp formulierten aber ziemlich genauen Differenzierungen dieses Absatzes scheinen zur bisherigen Argumentation nichts substantiell Neues beizutragen, und man könnte sie sogar als einen nicht ernst zu nehmenden Ausdruck von Hegels Penibilität marginalisieren. 57 Denn diese sechs Variationen lassen sich in der Tat auf die nur drei zurückführen, die bereits betrachtet wurden, nämlich, erstens, auf die reine Negativität des Gattungsallgemeinen, zweitens, auf das Verhältnis des Gattungsallgemeinen zur Sphäre des Besonderen und, drittens, auf das Verhältnis des Artallgemeinen zum Artbesonderen. Doch diese Beschreibung der Variationen des Verhältnisses zwischen Allgemeinheit und Besonderheit erhält großen Wert, wenn man diese als Teile der logischen Totalität betrachtet, die von den bereits entdeckten logischen Prinzipien und Elementen geprägt sind, und wenn man sie dann konkret mit dem Aufbau der gesamten Logik in Verbindung bringt. Für die Berücksichtigung dieses Gesichtspunktes sprechen sogar mehrere Gründe, über welche unten nähere Auskunft gegeben wird. Bevor jedoch der Absatz unter diesem Gesichtspunkt betrachtet wird, ist eine genaue Lektüre des vorliegenden Textes vonnöten.
57 Die in diesem Absatz signalisierte wahrhafte Einteilung – wie auch die im Anschluss daran exponierte wahrhafte Lesart der Logik – hat bisher in der Sekundärliteratur wenig Beachtung gefunden. Einige sonst sehr aufschlussreiche Beiträge abstrahieren völlig von der Rede über diese Einteilung und erklären die in demselben Kontext reichlich vorhandenen Auskünfte Hegels über die gesamte Wissenschaft der Logik nur bedingt. Vgl. Anton Friedrich Koch, Die Evolution des logischen Raumes. Aufsätze zu Hegels Nichtstandard-Metaphysik, Tübingen 2014, 155ff.; Christian Georg Martin, Ontologie der Selbstbestimmung. Eine operationale Rekonstruktion von Hegels „Wissenschaft der Logik“, Tübingen 2012, 241f. Christian Iber, „Hegels Konzeption des Begriffs“, in: Anton Friedrich Koch/Friedrike Schick (Hgg.), G. W. F. Hegel. Wissenschaft der Logik, München 2010, 193; Vittorio Hösle, Hegels System. Der Idealismus der Subjektivität und das Problem der Intersubjektivität. Bd. 1. Systementwicklung und Logik, Hamburg 1987, 212–235; Klaus Hartmann, Hegels Logik, hg. von Olaf Müller, mit einem Vorw. von Klaus Brinkmann, Berlin 1999, 296; Friedrike Schick, Hegels Wissenschaft der Logik – metaphysische Letzbegründung oder Theorie logischer Formen?, Freiburg (Breisgau)/München 1994, 205; John McTaggart Ellis McTaggart, A commentary on Hegel’s Logic, New York 1964, 199.
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Das erste Satzgefüge58 beginnt überraschenderweise gleich mit einer „wahrhafte[n] Eintheilung“, ohne zuvor deren logische Voraussetzung, das Ganze, das sich einteilt, eigens thematisiert zu haben. Zwar wird der „Begriff“ erwähnt, von welchem bereits registriert worden ist, dass er die logische Totalität ist.59 Er wird aber zugleich als derjenige Begriff akzentuiert, der „sich selbst auf die Seite stellt“, d.h. die Sphäre des besonderen Begriffs bildet, in welcher die zwei Arten nebeneinander qua zwei Bestandteile einer gesetzten Einheit bestehen. Der Begriff als das wahrhafte oder Gattungsallgemeine bleibt hingegen zunächst geflissentlich verborgen. Dies macht die erste Verhaltensweise des allgemeinen zum besonderen Begriff aus: das Gattungsallgemeine, das hinter der Sphäre des Besonderen verborgen ist. Näher betrachtet wird die im ersten Satzgefüge angedeutete Sphäre des besonderen Begriffs dadurch akzentuiert, dass sie das Allgemeine „als die unmittelbare, unbestimmte Allgemeinheit“ aufweist. Diese Allgemeinheit stellt die eine der zwei oben genannten Arten dar, nämlich nur den Schein-nach-innen in Abgrenzung vom Schein-nach-außen oder wie Hegel bemerkt, „ein Besonderes“ bzw. nur ein Besonderes. Dadurch aber, dass der Schein-nach-innen und der Schein-nach-außen nun auseinandergetreten sind, dadurch also, dass das Allgemeine in Beziehung auf sein Anderes gesetzt worden ist, kann die Rede – anders als beim wahrhaften Allgemeinen – von einer seienden Bestimmtheit sein, eine solche jedoch, die der Begriff in sich selbst qua Einteilung seiner selbst und nicht im Hinblick auf etwas Anderes hat. Und da ferner hier eine Bestimmtheit vorhanden ist, müssen auch die zwei Arten voneinander unterscheidbar sein: Das Artallgemeine kann als die „unmittelbare“ und „unbestimmte“ Allgemeinheit aufgefasst werden, weil es nicht mehr als die in sich seiende absolute Vermittlung gedacht wird, sondern als das auf den Scheinnach-innen reduzierte Allgemeine, und zwar in Abgrenzung von seinem Schein-nach-außen, welcher die Vermittlung des Artallgemeinen darstellt. Das Artbesondere kann umgekehrt nicht als Unmittelbares bezeichnet werden, weil es genau diejenige Seite der Sphäre des besonderen Begriffs darstellt, welche für die Vermittlung des Artallgemeinen steht, insofern sie nämlich am und nicht im Allgemeinen ist. Dieser Unterschied zwischen Artallgemeinem und Artbesonderem führt – versteht sich – nicht dazu, dass diese einander ausschließen; er bewirkt vielmehr, dass das eine durch das andere (d.h. nicht durch etwas Drittes) vermittelt wird, damit sie zusammen bestehen bzw. nur zusammen bestehen können. So bemerkt Hegel im zweiten Satzgefüge, dass sie gemeinsam „das Besondere“ und nicht mehr nur „ein Besonderes“ ausmachen –
58 Im Folgenden beziehen sich die Rede von ‚Satzgefügen‘ sowie alle als Zitate markierten Wörter und Phrasen ohne weitere Angaben auf den Absatz von BL: 38,10–21. 59 Die Feststellung der logischen Totalität hingegen ist nach der hier vertretenen Interpretation der Begriff als solcher, d.h. allein das erste Kapitel der Begriffslogik.
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d.h., dass sie die Sphäre des besonderen Begriffs und nicht bloß das Artbesondere konstituieren und dass sie als solche „coordiniert“ sind. Diese Koordination des Artallgemeinen und Artbesonderen macht die zweite Verhaltensweise des allgemeinen zum besonderen Begriff aus. Dass es dabei allein um die Koordination der zwei Arten innerhalb der Sphäre des Besonderen geht, ist von großer Bedeutung. Denn allein in dieser Hinsicht erscheint das Artallgemeine als unmittelbar und unbestimmt. Dem Leser hingegen, der den Fortgang vom allgemeinen zum besonderen Begriff nachvollzogen hat, ist bewusst, dass das Artallgemeine (wie das Artbesondere) vom (wahrhaften) Gattungsallgemeinen als dessen Prinzip hervorgebracht wurde; dass nämlich das Artallgemeine durch das Gattungsallgemeine vermittelt wird. In der Sphäre des besonderen Begriffs, sofern sie für sich betrachtet wird, darf die erste Art als die unmittelbare und die nur durch die andere Art bestimmte Allgemeinheit gelten. Werden aber die Überlegungen mitberücksichtigt, die das Verhältnis zwischen Allgemeinem und Besonderem als Momente des Begriffs als solchen betreffen, so muss auch die unmittelbare und unbestimmte Allgemeinheit als eine durch das wahrhafte Allgemeine vermittelte anerkannt werden. Dies macht die explizite Einführung des Gattungsallgemeinen beim dritten Satzgefüge in BL: 38,10–21 besonders aufschlussreich. Dabei geht es um das explizite Verhältnis des Gattungsallgemeinen zu den zwei koordinierten Arten. Letztere werden nicht mehr als die zwei Arten akzentuiert, die lediglich gegeneinander bestimmt sind (qua Unmittelbares und dessen Vermittlung), sondern als eine Einheit, „als Besonderes“, d.h. als die Sphäre des Besonderen insgesamt, und zwar als dieselbe Sphäre, insofern sie durch ihre Beziehung auf das Gattungsallgemeine bestimmt ist. Diese Beziehung fasst Hegel zunächst als die Subordination der Sphäre des Besonderen unter das Gattungsallgemeine auf, weil dieses das Prinzip und Element von jener Sphäre darstellt, in welchem jene enthalten ist. Der Ausdruck ‚Subordination‘ räumt nämlich – anders als die ersten zwei Satzgefüge – das Bestehen des Begriffes als des Ganzen, das sich einteilt, ein, und drückt dessen Beziehung auf den Begriff, der eingeteilt ist, explizit aus, und zwar als das logische Enthaltensein von diesem in jenem. Nicht zu übersehen ist, dass dadurch nicht nur die Sphäre des Besonderen qua Untergeordneten gegen das Gattungsallgemeine bestimmt wird, sondern auch umgekehrt das Gattungsallgemeine als das dieselbe Sphäre Unterordnende gegen diese: Das wahrhafte Allgemeine wird demnach nicht mehr nur als solches betrachtet, sondern in explizitem Bezug auf das, was es hervorgebracht hat, und zwar als dasselbe in sich enthaltend, was die dritte Verhaltensweise des allgemeinen zum besonderen Begriff ausmacht. Die kontradiktorische Konjunktion, mit welcher das vierte Satzgefüge beginnt, signalisiert die Initiierung einer neuen Einsicht in die wahrhafte Einteilung und zugleich die vierte Verhaltensweise. Wenn das Gattungsallgemeine
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als das die Sphäre des Besonderen Enthaltende bestimmt und insofern von derselben logisch abgrenzbar ist, so behält es einerseits seine logische Priorität vor der Sphäre des Besonderen, erhält aber andererseits die Bestimmtheit, „nur eines der Gegenüberstehenden“ darzustellen. Das Gattungsallgemeine ist zwar von der Sphäre des Besonderen als deren Prinzip und Element wesentlich unterschieden, es ist aber zugleich an ihr gesetzt. Gattungsallgemeines und Sphäre des Besonderen bilden demnach gemeinsam eine explizite Beziehung oder gesetzte Einheit, deren Komponenten voneinander wesentlich unterschieden sind. Das fünfte Satzgefüge zieht die Schlussfolgerung aus der Einsicht, dass Gattungsallgemeines und Sphäre des Besonderen als „zwey Gegenüberstehende[]“ in expliziter Beziehung zueinander gesetzt sind: Sie sind beide so aufeinander angewiesen, dass sie einander brauchen, um das zu sein, was sie sind, d.h., sie bilden gemeinsam ein neues Koordinationsverhältnis, und sind innerhalb desselben beide gleich erforderlich und gleich bedingt. So aber verliert das Gattungsallgemeine seine logische Priorität vor der Sphäre des Besonderen; und die Sphäre des Besonderen hört ihrerseits auf, nur das zu sein, was vom Gattungsallgemeinen hervorgebracht worden ist und wird für dieses selbst konstitutiv. Von diesem Koordinationsverhältnis kann treffend behauptet werden, dass Gattungsallgemeines und Sphäre des Besonderen nun gemeinsam erneut „das Besondere ausmachen“. Dieses neue Besondere bedeutet jedoch keinen bloßen Rückfall in die bereits von den ersten zwei Satzgefügen her bekannte Sphäre des Besonderen. Denn weder zersplittert sich dabei das Gattungsallgemeine in die zwei Arten oder verbirgt sich hinter der Sphäre des Besonderen, noch bildet das zweite Gegenüberstehende nur das Artbesondere gegen das Artallgemeine. Vielmehr handelt es sich um das vollständige Gattungsallgemeine und die vollständige Sphäre des Besonderen, insofern sie sich zwar explizit aufeinander beziehen und eine gesetzte Einheit bilden, ohne aber einander untergeordnet oder voneinander wesentlich unterschieden zu sein. Qua Gegenüberstehendes ist jedes nicht im Hinblick auf seine eigene Bestimmung fixiert, d.h. etwa als das Prinzip des Anderen oder das vom Anderen Hervorgebrachte, sondern lediglich seiner Stelle nach in der gemeinsamen gesetzten Einheit bestimmt. Die fünfte Verhaltensweise des allgemeinen zum besonderen Begriff besteht daher in deren gesetzter Einheit, die von einem unwesentlichen Unterschied geprägt ist. „[W]esentlich“ ist vielmehr „nur Eine Bestimmtheit“ vorhanden, nämlich die eine Beziehung zweier Identischer oder „die Negativität“, dass zwei, die an sich identisch sind, sich gegenseitig negieren und sich einander die Grenze setzen. An sich identisch sind beide einander Gegenüberstehenden, weil jedes gleichermaßen die ganze Identität von Schein-nach-innen und -nach-außen darstellt. Unwesentlich unterschieden sind sie voneinander, insofern das eine Gegenüberstehende die Rolle des Artallgemeinen übernimmt und für ein Ur-
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sprüngliches gilt; während das andere Gegenüberstehende die Rolle des Artbesonderen übernimmt und für ein Gesetztes gilt. Wohlgemerkt übernimmt jedes eine Rolle und gilt nur für die eine von beiden Seiten; jedes ist aber diese Rolle nicht und lässt sich auf die eine bestimmte Seite nicht reduzieren. Vielmehr ist jedes Gegenüberstehende die Identität von Schein-nach-innen und -nach-außen, welche sich um der expliziten Beziehung und der gesetzten Einheit willen einmal in der Bestimmung des Scheins-nach-innen (Ursprüngliches) und einmal des Scheins-nach-außen (Gesetztes) manifestiert. Doch schließt das fünfte (und letzte) Satzgefüge der wahrhaften Einteilung nicht mit der gesetzten Einheit und dem unwesentlichen Unterschied der zwei Gegenüberstehenden, sondern mit der Bemerkung, dass die „Eine Bestimmtheit, die Negativität,“ die im vorliegenden Satzgefüge betrachtet wurde, „im Allgemeinen einfach ist“; dass es hier nicht mehr um die seiende, sondern um die einfache Bestimmtheit geht. Diese Bemerkung ist deswegen überraschend und signalisiert die sechste Verhältnisweise vom allgemeinen zum besonderen Begriff, weil sie den Bogen zurück auf diese Weise des (wahrhaften) Gattungsallgemeinen schlägt, die im Unterkapitel „A. Der allgemeine Begriff“ thematisiert wurde. Durch diese Bemerkung wird nämlich, erstens, auf das Gattungsallgemeine als solches in Abgrenzung von seinen übrigen Bestehensweisen aufmerksam gemacht: Wie gesehen war das Gattungsallgemeine in den ersten zwei Satzgefügen logisch aber stillschweigend vorausgesetzt und von der Sphäre des Besonderen scheinbar ersetzt; im dritten Satzgefüge trat es als das die Sphäre des Besonderen Unterordnende hervor; im vierten wurde es als die überlegene, jedoch die nur eine Seite der gesetzten Einheit mit der Sphäre des Besonderen bestimmt; und in dem fünften verlor es seine Bestimmtheit, nur die eine bestimmte Seite der gesetzten Einheit darzustellen, wurde von seinem Anderen nur unwesentlich unterschieden und ließ sich jeder der beiden Seiten der gesetzten Einheit zuschreiben. Allen diesen Weisen des Gattungsallgemeinen ist gemeinsam, dass dasselbe stets unter Bezugnahme auf sein Anderes, die Sphäre des Besonderen bzw. den besonderen Begriff, charakterisiert wurde. Was es für sich ist, die einfache Selbstbeziehung, absolute Vermittlung und Negativität, wurde in diesem Absatz noch nicht thematisiert. Zweitens wird aber durch diese Bemerkung nicht nur auf das Gattungsallgemeine als solches aufmerksam gemacht. Zugleich wird angedeutet, dass dasselbe erst am Ende der in diesem Absatz skizzierten wahrhaften Einteilung aufzufassen ist. Die wahrhafte Einteilung stellt demnach den Prozess dar, der mit einem geflissentlichen Verbergen des Gattungsallgemeinen beginnt (vgl. die ersten zwei Verhaltensweisen oder Satzgefüge) und über drei Weisen dessen expliziter Beziehung auf die Sphäre des Besonderen (vgl. die dritte, vierte und fünfte Verhaltensweise bzw. Satzgefüge) zum Gattungsallgemeinen als solchem führt. Nicht nur führt aber die wahrhafte Einteilung zum Gattungsallgemeinen als solchem;
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sondern sie demonstriert dabei, drittens, die verschiedenen Weisen, nach welchen das Gattungsallgemeine auf sein Anderes, die Sphäre des besonderen Begriffs, Bezug nimmt und sie wesentlich durchdringt. Denn alle fünf aufgezeigten Verhaltensweisen des allgemeinen zum besonderen Begriff setzen entweder das Gattungsallgemeine vor der Sphäre des Besonderen voraus, oder sie thematisieren es explizit, um auf verschiedenen Ebenen seine Überlegenheit über die Sphäre des Besonderen hervorzuheben. Je nach Prägungsweise des besonderen Begriffs vonseiten des Gattungsallgemeinen erhält dieses eine andere Bestimmung und differenziert sich insofern vom Gattungsallgemeinen als solchem. Dass aber das Gattungsallgemeine als solches die Konstante der wahrhaften Einteilung ist, wird spätestens bei der letzten Bemerkung des fünften Satzgefüges deutlich. Zwischenüberlegung zur Bestimmung einer „wahrhaften Eintheilung“ der Logik Nun fragt es sich, inwiefern dieser Exkurs das Verständnis von allgemeinem und besonderem Begriff gefördert hat. Denn einerseits war der Fortgang vom allgemeinen zum besonderen Begriff bereits vor der wahrhaften Einteilung vollzogen; andererseits hat die Analyse sowohl dieses Fortgangs als auch der zwei ersten Momente des Begriffs als solchen keine sechsfache Differenzierung der Verhaltensweise dieser zwei Momente zueinander verlangt. Die im Absatz über die wahrhafte Einteilung geschilderte sechsfache Differenzierung wird sogar auch in dem Unterkapitel „C. Das Einzelne“ nicht wieder aufgenommen. So liegt die Vermutung nahe, dass diese Differenzierung von der inneren Dynamik des Begriffs als solchen und des entsprechenden Kapitels zwar zugelassen wird, diese aber nicht substantiell vorantreibt. Warum erwähnt sie aber Hegel ausgerechnet an dieser Stelle und nicht etwa in der längeren Anmerkung zum zweiten Unterkapitel worin er übrigens auf sie ohnehin zurückgreifen muss (vgl. BL: 46,28)? Die These, die im Folgenden vertreten wird, ist, dass diese sechsfache Differenzierung der Funktion des Kapitels über den Begriff als solchen dient, Metaüberlegungen zur gesamten Logik anzustellen. Für das Herleiten der Begriffsmomente und die weitere formelle Ausführung des logischen Prozesses ist nämlich diese Differenzierung entbehrlich; gewiss aber nicht für die spekulative Tiefe des Begriffs als solchen, die darin besteht, die höchste rein logische Absolutheitskonzeption, das Prinzip und Element der ganzen logischen Totalität festzustellen und hiermit neues Licht auf die ganze Wissenschaft der Logik zu werfen. In der Tat belegt der Beginn des ersten Satzgefüges („Es gibt daher keine andere wahrhafte Eintheilung, als daß der Begriff sich selbst auf die Seite stellt, …“) einen mehrfachen Bruch mit der unmittelbar davor behandelten Thematik. Zunächst spricht der Satz anders als noch beim vorherigen Absatz, in welchem
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der Hauptakteur der allgemeine Begriff war, vom Begriff überhaupt.60 Dadurch wird angedeutet, dass nun nicht mehr die Momente des Begriffs als solchen berücksichtigt werden, sondern dieselben Momente in Bezug auf den ganzen logischen Verlauf, was wiederum heißt: in der Perspektive auf die Logik, die durch den Begriff als solchen eröffnet wurde. Wie soeben bemerkt wurde, wird aber eingangs der Begriff nicht einmal als das Gattungsallgemeine, sondern allein als die Sphäre des Besonderen thematisiert, als wäre das Gattungsallgemeine, das im vorherigen Absatz das Tragende war, gar nicht vorhanden. Dass ferner der jetzige Absatz keine bloße Paraphrase des vorherigen ist, wird durch das Kausaladverb ‚daher‘ bekräftigt, welches den gedeuteten Perspektivwechsel als konsequente Schlussfolgerung der vorangegangenen Bemerkungen akzentuiert. Außerdem wird das neue Thema explizit genannt: die „wahrhafte Einteilung“. Und dass diese Einteilung nicht auf den Fortgang des allgemeinen in den besonderen Begriff oder die Systematik des Kapitels über den Begriff als solchen zu reduzieren ist, deutet der Hinweis auf „andere“ Einteilungen und zugleich auf die Abhebung von solchen an. Denn „andere“, d.h. nicht wahrhafte, Einteilungen kennt man ausschließlich aus Vorspannen der Wissenschaft der Logik, wo sie die Funktion erfüllen, den Aufbau der gesamten Logik oder einzelner Teile dieses Werkes vorläufig anzudeuten. Auf die Redewendung ‚Einteilung‘ greift Hegel ferner in der Anmerkung zum zweiten Unterkapitel zurück und meint damit ebenfalls nicht lediglich das Verhältnis von zwei gewöhnlichen Begriffen zueinander, sondern den intrinsischen Aufbau von gesamten (der Wissenschaft der Logik konkurrierenden) Logik-Projekten (vgl. a.a.O. z.B. 43,29–44,9). Aber auch im restlichen Haupttext des zweiten Unterkapitels, der unten näher betrachtet wird, befasst sich Hegel – nicht zuletzt anhand zahlreicher Beispiele von Gedankenbestimmungen aus der objektiven Logik – mit einer übergreifenden Thematik, die den formellen Rahmen jeglicher gewöhnlich logischen Bestimmung bei Weitem sprengt. 61 Sollte nach alldem die „wahrhafte Einteilung“ tatsächlich Metaüberlegungen zur logischen Totalität anstellen, so muss genau an dieser Stelle der Grund des Aufbaus sowie (von ihm aus) der Aufbau selbst der Wissenschaft der Logik ausfindig gemacht werden können. In dieser Passage muss nämlich der Grund ermittelt werden, weshalb das logische Kontinuum in diejenigen bestimmten Teile geteilt ist, welche der Leser vom Inhaltsverzeichnis dieses Werkes her
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Bemerkenswert ist, dass dieser Perspektivwechsel auf ähnlich frappierende Weise wie in BL: 35,31–36 geschieht, wo von der Bestimmtheit des Allgemeinen zur Bestimmtheit „als im Begriffe“ gewechselt wurde. 61 Bemerkenswert ist übrigens die Ähnlichkeit zu den abschließenden Bemerkungen des Unterkapitels „A. Der allgemeine Begriff“ (vgl. III.A.2.): Auf die Exposition der Bestimmung des Allgemeinen folgten dort diverse Beispiele, die auf einen Zusammenhang hindeuteten, der wie gesehen mindestens auf die gesamte objektive und subjektive Logik übergriff.
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kennt. Zudem sollen der ermittelte Grund und die Beschreibungen aller vorläufigen Einteilungen konvergieren, und zwar so, dass er diese vom Standpunkt des Begriffs her erklärt. Denn wie es im Vorspann mit dem Titel „Allgemeine Eintheilung der Logik“ heißt: Am Anfang der Logik wird „vorausgesetzt […], die Eintheilung müsse mit dem Begriffe zusammenhängen, oder vielmehr in ihm selbst liegen“ (SL: 44,12).62 Die Teile der Logik werden darüber hinaus bereits im gerade zitierten einleitenden Kontext als Weisen oder Sphären des Begriffs antizipiert (vgl. a.a.O. 45f., § 83). Wenn nun die hier diskutierte Einteilung tatsächlich die wahrhafte Einteilung der Wissenschaft der Logik darstellt, so müssen die sechs aufgefundenen Verhaltensweisen des allgemeinen zum besonderen Begriff mit den antizipierten Weisen oder Sphären des Begriffs deckungsgleich sein. Ist ferner diesen Weisen oder Sphären des Begriffs Rechnung zu tragen, so gehört dazu sowohl die Dreiteilung in Seins-, Wesensund Begriffslogik als auch die Zweiteilung von objektiver und subjektiver Logik. 63 Zudem ist bereits vor der bevorstehenden Untersuchung klarzustellen, dass, was eingangs als Weise oder Sphäre des Begriffs antizipiert wurde, im jetzigen Kontext explizit als Weise der logischen Totalität gelten kann. Eine Weise der logischen Totalität kann darüber hinaus als Äquivalent zu einem Teil der Wissenschaft der Logik insofern betrachtet werden, als Letzterer die Abhandlung (im Rahmen eines Buchprojekts) von einer und nur einer konkreten Weise der logischen Totalität darstellt, nämlich eine Weise neben anderen, in welcher die logische Totalität bestimmt, aber vollständig ist. Die logische Totalität kann sich ferner in verschiedenen Weisen, und zwar im Hinblick entweder auf das Reale oder auf sich selbst, zeigen. Da das Reale für die immanente Betrachtung der logischen Totalität vorerst irrelevant ist, werden die Weisen der logischen Totalität im Folgenden als solche der in sich immanenten Selbstbeziehung dieser, d.h. der logischen Totalität genommen. Die ‚Selbstbeziehung der logischen Totalität‘ ist aber nichts Anderes als eine alternative Formulierung für die wahrhafte Einteilung des Begriffs, und sie artikuliert sich in den sechs bereits betrachteten Verhaltensweisen des allgemeinen zum besonderen Begriff. So ist es nicht unplausibel, diese Verhältnisweisen auf die Teile der Wissenschaft der Logik zu beziehen.
62 Vgl. dazu §§ 79–83, die bereits durch ihre Überschrift („Über den näheren Begriff und die Einteilung der Logik“; kursiv von mir) auf den systematischen Zusammenhang zwischen Begriff und Einteilung hinweisen. 63 Zur Problematik der zwei- bzw. dreifachen Teilung der Logik vgl. Vittorio Hösle, Hegels System. Der Idealismus der Subjektivität und das Problem der Intersubjektivität. Bd. 1. Systementwicklung und Logik, Hamburg 1987, 210–227. Allerdings ist Hösle der Ansicht, dass „die Zweiteilung der Logik für eine überflüssige Ungeschicklichkeit Hegels anzusehen und festzuhalten“ ist, während „nur die daneben vorkommende Dreiteilung […] die eigentlich gültige“ sei (a.a.O. 212).
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Die „wahrhafte Eintheilung“ als der Aufbau der Logik Die Suche nach den Entsprechungen zwischen Verhaltensweisen und Teilen der Logik kann am günstigsten mit der Weise beginnen, die am leichtesten zu identifizieren ist, nämlich mit der sechsten, die in der letzten Bemerkung des letzten Satzgefüges signalisiert wird. Oben wurde darauf aufmerksam gemacht, dass es dabei um das Gattungs- oder wahrhafte Allgemeine geht, welches dadurch die einfache Bestimmtheit und absolute Negativität ist, dass es die Identität von seinem Schein-nach-innen und -nach-außen ausmacht bzw. den besonderen Begriff in sich aufgehoben hat. Dasselbe (wahrhafte) Allgemeine stellt aber auch das erste Kapitel und den Ausgangspunkt aller gedanklichen Entwicklung der Begriffslogik dar. Weiter noch teilt das wahrhafte Allgemeine, wie bereits angedeutet, die gesamte Logik so in zwei Teile, dass dies Geteilt-Sein zur Begriffslogik gehört und sie als Ganze prägt. Durch die Kombination dieser zwei Passagen – und wenn die „wahrhafte Einteilung“ im geringsten Sinne mit dem Aufbau der gesamten Logik zusammenhängt –, darf also behauptet werden, dass die sechste Verhaltensweise auf die Begriffslogik hinweist und ihren Verlauf einleitet. Der wahrhaften Einteilung nach macht nämlich die Begriffslogik diesen Teil der Logik aus, der dadurch charakterisiert wird, die logische Totalität als die erkannte Identität von Schein-nach-innen und -nach-außen zu bilden. Die begriffslogischen Bestimmungen müssen dabei als Variationen dieser Identität verstanden werden. Worin genau dieses Variieren besteht, wird erst im dritten Unterkapitel über das Einzelne präzisiert. Hier lässt sich zum einen auf die Versicherung vom ersten Unterkapitel hinweisen, dass nämlich die begriffslogischen Bestimmungen im gewissen Sinne „wohl auch“ bestimmte Begriffe sind (BL: 36,26), d.h. einen gewissen Unterschied zwischen Schein-nach-innen und -nach-außen aufweisen und insofern eine dritte Weise von Doppelschein und totaler Reflexion ausmachen, welche sich direkt an die zweite Weise, also an den Begriff als solchen, anschließt. Zum anderen lässt sich hierzu hinsichtlich des damit problematisierten Absatzes ergänzen: die begriffslogischen Variationen der Identität von Schein-nach-innen und -nach-außen sind gegenüber allen übrigen (logischen) Bestimmungen dadurch gekennzeichnet, dass sie die nur eine Bestimmtheit der Negativität als einfache darstellen, und insofern nicht oder nicht nur Verborgenheit, Koordination, Subordination, wesentlicher oder unwesentlicher Unterschied zweier Gegenüberstehenden sind. Vor diesem Hintergrund lassen sich auch die Antizipationen der „Allgemeinen Einteilung der Logik“ (SL: 45,26–46,3) erklären: Da alle begriffslogischen Bestimmungen Variationen der einfachen Negativität darstellen und da diese Negativität die genuine Bestimmung des Begriffs als solchen ausmacht, lässt sich die Begriffslogik als derjenige Teil der Logik akzentuieren, der den „ganze[n] Begriff“, die logische Totalität in allen ihren Weisen, „als Begriff“, d.h. explizit und erkannt als die eine logische Totalität, zum Gegenstand hat,
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und nicht etwa als etwas Verborgenes oder als ein Seiendes usw. Weiter noch, da diese Variationen zum einen Variationen von absoluter Negativität sind und zum anderen aus der absoluten Negativität selbst hervorgehen, kann die Begriffslogik als der „für sich seyende[] Begriff“ bezeichnet werden, d.h. als Begriff, der sich direkt auf sich selbst, und zwar als Begriff, bezieht und sich selbst so bestimmt, ohne sich zu verändern. Aus demselben Grund und im Hinblick auf den Bereich des Realen kann dieser Teil der Logik subjektiv genannt werden. Denn einerseits sind alle begriffslogischen Bestimmungen bzw. das, wozu sich hier der Begriff bestimmt, im Element der einfachen Negativität gefasst, sodass sie kein festes Objekt im gewöhnlichen Sinne bilden. Andererseits sind diese Negativität und deren Akt der Selbstbeziehung das, was im Bereich des Realen ‚Subjekt‘ genannt wird und etwa den „denkenden Menschen“ oder das (sich) „empfindende[] Thier“ der starren Objektivität gegenüber auszeichnet (ebd.). Wenn nun mit der sechsten Verhaltensweise des allgemeinen zum besonderen Begriff auf die ganze subjektive Logik hingewiesen wird, so müssen die (übrigen) ersten fünf Verhaltensweisen der objektiven Logik zugeordnet werden. Da ferner die objektive Logik in Seins- und Wesenslogik geteilt ist, liegt es nahe, in den fünf Verhaltensweisen nach einer Klassifizierung zu suchen, welche sich am besten mit der Konstante der wahrhaften Einteilung, dem Gattungsallgemeinen, nachweisen lässt. In diesem Sinne fällt auf, dass die ersten zwei und (dann) die weiteren drei Verhaltensweisen insofern zusammengehören, als das Gattungsallgemeine bei jenen abwesend zu sein scheint, während es bei Letzten unmittelbar vorhanden ist. Tatsächlich wird das Gattungs- oder wahrhafte Allgemeine in der Seinslogik nicht thematisiert. Sollte es aber trotzdem in diesem Teil der Logik um die logische Totalität gehen, dann nur in einer so verzerrten Form, dass sie kaum mehr erkennbar ist, und zwar derart unkenntlich, dass sie mit ihrem Gegenteil, der bloßen Unmittelbarkeit, verwechselbar ist und in den Augen des Lesers, der die Metaüberlegungen des Kapitels „Der Begriff“ nicht berücksichtigt, als nur die bloße, belanglose Unmittelbarkeit gelten muss. Eine derartige Abhandlung des Logischen in der Seinslogik ist aber keine bloße Vermutung seitens der wahrhaften Einteilung, sondern bereits die Bedeutung der absoluten Indifferenz64, die als das Prinzip und Element aller seinslogischen Bestimmungen zwar ihre logische Prägung erklärt, aber nicht als die dem Begriff eigentümliche, sondern als eine belanglos unmittelbare und bloß indifferente. Dass das wahrhafte Allgemeine in der Seinslogik nicht thematisiert wird und nicht als solches vorhanden ist, bestätigt nämlich, dass die absolute Indifferenz eine treffende Feststellung von Prinzip und Element der Seinslogik war. Für dieselbe logische Totalität qua absolute Indifferenz, die sich selbst verloren zu haben
64
Vgl. II.A.ii.
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scheint, hat nun die „Allgemeine Einteilung der Logik“ eine Bezeichnung parat, nämlich „seyender Begriff“ oder „nur Begriff an sich“ (ebd., vgl. § 83). Dadurch soll nicht der sich auf sich selbst als solcher beziehende Begriff, sondern der Begriff „der Realität oder des Seyns“ zum Ausdruck gebracht werden; es geht um die logische Totalität als ausschließlich das Andere ihrer selbst darstellend oder um die Unmittelbarkeit, die zwar vom Begriff dargestellt wird, aber so, als ob der Begriff selbst noch nicht vorhanden wäre. Als Begriff sollte jedoch die Seinslogik irgendeine Selbstbeziehung und Negativität aufzeigen. Diesbezüglich wird in der Anmerkung zu § 162 tatsächlich versichert, alle seinslogischen Bestimmungen seien „nicht bloße Gedankenbestimmungen“, sondern „Begriffe“, wenn auch „nur bestimmte Begriffe“. Das Modell, das der Erklärung für diese Art der logischen Selbstbeziehung zugrunde liegt, findet sich in den ersten zwei Verhaltensweisen des allgemeinen zum besonderen Begriff: Zum einen wird dabei auf das Gattungsallgemeine verzichtet, sodass lediglich die Sphäre des Besonderen thematisiert wird. Zum anderen wird die Sphäre des Besonderen unter Berufung auf allein die Koordination des „unmittelbaren“ und „unbestimmten“ (Art-)Allgemeinen mit dem Artbesonderen, und des nur Scheins-nach-innen mit dem nur Scheinnach-außen, erklärt. Auch an diesem Punkt stimmt die wahrhafte Einteilung mit den abschließenden Bemerkungen im Unterkapitel „A. Der allgemeine Begriff“ überein, nach welchen sämtliche objektivlogischen Gedankenbestimmungen als die totale Reflexion bzw. der Doppelschein mit einer gewissen Diskrepanz zwischen Schein-nach-innen und Schein-nach-außen aufzufassen sind. Der konkrete Nachweis, dass die seinslogischen Gedankenbestimmungen Koordinationen von Schein-nach-innen und Schein-nach-außen darstellen, verlangt jedoch einen genaueren Rückblick auf diesen vorausgegangenen Teil der Logik, was nicht mehr zu den Aufgaben einer wahrhaften Einteilung gehört. Wie in den Metaüberlegungen, die an das erste Unterkapitel anschließen, muss ein solcher Nachweis auch hier zunächst verschoben werden, nämlich auf eine Abhandlung der wahrhaften Lesart der objektiven Logik, die nicht lediglich die Einteilung, sondern die einzelnen Gedankenbestimmungen der objektiven Logik vor dem Hintergrund des Begriffs als solchen zum Thema hat. 65 Die Wesenslogik zeichnet sich hingegen nach der „Allgemeine[n] Eintheilung der Logik“ im Vergleich zur Seins- und Begriffslogik dadurch aus, dass sie die „Sphäre der Vermittlung“ zwischen ansich- und fürsichseiendem Begriff darstellt (SL: 46,7–11). Diese Sphäre sei näher „der Begriff als System der Reflexionsbestimmungen, d. i. des zum Insichseyn des Begriffs übergehenden Seyns, der auf diese Weise noch nicht als solcher für sich gesetzt ist, sondern mit dem unmittelbaren Seyn als einem ihm auch Aessern zugleich behaftet
Vgl. III.B.2.iii., insbesondere Wahrhafte Lesart und „wahrhafte Eintheilung“: Eine Skizze. 65
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ist“ (ebd.).66 Diese Beschreibung der Wesenslogik steht sogar im Einklang mit den Metaüberlegungen über dieselbe, die im Anschluss an die absolute Indifferenz angestellt und von der darauf folgenden Untersuchung bestätigt werden konnten: In ihr geht es um das festgestellte Prinzip und Element der Seinslogik, insofern es in sich selbst, im unmittelbaren Anderen und im mit ihm selbst vermittelten Anderen sich kundtut.67 Dieselbe Sphäre der Vermittlung der festgestellten seinslogischen Totalität mit der von derselben wesentlich geprägten Unmittelbarkeit ist aber genau das, was die wahrhafte Einteilung im Hinblick auf den Aufbau der gesamten Logik angibt, wenn sie sich einschiebt zwischen einerseits den ersten zwei Verhaltensweisen (die die Seinslogik bezeichnen) und andererseits die allerletzten (die die Begriffslogik bezeichnenden) drei Verhaltensweisen, die das Gattungsallgemeine in explizitem Bezug auf die Sphäre des Besonderen bzw. die Seinslogik auffassen. Denn hier ist das Gattungsallgemeine zwar vorhanden, oder „für sich gesetzt“, jedoch noch nicht „als solches“, sondern in drei verschiedenen Weisen durch sein unmittelbares Verhältnis zur Sphäre des Besonderen bestimmt. Was die gesetzte Einheit von Gattungsallgemeinem und Sphäre des Besonderen konkret für das Verständnis der wesenslogischen Bestimmungen bedeutet, muss weiter unten noch behandelt werden. Für die weitere Erläuterung der Einteilung der Logik ist wichtig, präsent zu haben, dass das Gattungsallgemeine, d.h. die absolute Negativität, erst zu Beginn der Wesenslogik zum Vorschein kommt. 68 Anders als die ersten zwei Verhaltensweisen, die von der wahrhaften Einteilung angedeutet werden und gemeinsam die Seinslogik als ganze betreffen, bezeichnen die darauffolgenden drei Verhaltensweisen drei verschiedene Weisen der expliziten Bezugnahme des Gattungsallgemeinen auf die Sphäre des Besonderen, die nicht zugleich gelten, sondern sukzessiv aufeinander folgen. So soll nun gezeigt werden, dass diese drei Verhaltensweisen den drei Abschnitten der Wesenslogik entsprechen, sofern sie unter dem Gesichtspunkt des Begriffs gelesen werden, d.h. unter dem Gesichtspunkt, dass in ihnen die logische Totalität thematisiert wird. Sollte ‚Wesen‘ diejenige Bezeichnung des Begriffs ausmachen, die den Begriff im Sinne der oben genannten vorläufigen Einteilungen als in wesentlichem Bezug auf sein Anderes, den ansichseienden
66
Vgl. im Einklang dazu alle entsprechenden Vorspanne: WL: 243,10–21; § 83 (Die Wesenslogik sei die Lehre von „Fürsichsein und Schein des Begriffes.“); § 112 („Das Wesen ist der Begriff als gesetzter Begriff, die Bestimmungen sind im Wesen nur relative, noch nicht als schlechthin in sich reflektiert; darum ist der Begriff noch nicht als Fürsich.“) 67 Vgl. II.A.6.ii. 68 Vgl. Anton Friedrich Koch, Die Evolution des logischen Raumes. Aufsätze zu Hegels Nichtstandard-Metaphysik, Tübingen 2014, 133–147; insbes. 140ff.
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Begriff oder die Unmittelbarkeit und das Sein, thematisiert 69, so ist die Entsprechung zwischen Verhaltensweisen und wesenslogischen Abschnitten wie folgt festzulegen. 70 Die dritte Verhaltensweise, nach welcher das Gattungsallgemeine als dasjenige bestimmt ist, was die Sphäre des Besonderen in sich als sein eigenes (subordiniertes) Moment enthält, entspricht dem im ersten wesenslogischen Abschnitt entfalteten Verständnis von Wesen „als Reflexion in ihm selbst“. Die Sphäre des Besonderen ist dabei als das sich selbst aufhebende Sein im Wesen enthalten, und das (wahrhafte) Gattungsallgemeine ist noch nicht als solches, d.h. nicht als die reine und absolute Negativität, die sich ausschließlich auf sich selbst bezieht. Vielmehr vollzieht sie ihre Selbstbeziehung, indem sie ihre andere Form, das Sein, in Anspruch nimmt. Immerhin jedoch – und darin kommt diese Form der logischen Totalität dem Gattungsallgemeinen als solchem sehr nahe – vollzieht sich diese Beziehung ausschließlich in dem so bestimmten Gattungsallgemeinen. 71 Die vierte Verhaltensweise, nach welcher das Gattungsallgemeine das für sich bestehende Prinzip der Sphäre des Besonderen neben dieser Sphäre selbst darstellt, während umgekehrt diese Sphäre das von jenem Prinzip Gesetzte ist, beschreibt pauschal die in den zweiten wesenslogischen Abschnitt („Erscheinung“) fallenden logischen Bestimmungen. Das Ding und seine Eigenschaften oder die erscheinende und die an-sich-seyende Welt sind beispielsweise solche Denkbestimmungen, die einerseits das Gattungsallgemeine in der Bestimmung des Ursprünglichen oder Scheins-nach-innen, andererseits die Sphäre des Besonderen, die Unmittelbarkeit, als das vom Gattungsallgemeinen Gesetzte oder
69 Es ist im Aufbau aller Auffassungen der Wissenschaft der Logik auffällig, dass kein Kapitel der Erläuterung der Bestimmung des Wesens als solchen gewidmet ist. Im Gegensatz zur Seins- und Begriffslogik, die jeweils ein Kapitel namens „Sein“ bzw. „Der Begriff“ oder „Der Begriff als solcher“ haben, erfährt der Leser nicht, was das Wesen als solches, sondern lediglich was das Wesen „als Reflexion in ihm selbst“ (große Logik) bzw. „als Grund der Existenz“ (kleine Logik) ist. Die vorliegende Untersuchung der wahrhaften Einteilung sowie die unten ausgearbeitete wahrhafte Lesart der objektiven Logik sollen demnach auch zum Verständnis des Wesens als solchen beitragen. 70 Es sei an dieser Stelle auf die Vorbemerkungen über das Wesen im Anschluss an das Sein verwiesen (insbesondere II.A.6.i. und ii.). Was im jetzigen Kontext als ‚Wesen‘ oder der ‚Begriff in wesentlichem Bezug auf sein Anderes, den ansichseienden Begriff oder die Unmittelbarkeit und das Sein‘ analysiert wird, konnte bereits an jener Stelle als die absolute Indifferenz registriert werden, insofern sie inhaltlich und logisch konsequent betrachtet und neben ihrem Dasein ausdrücklich als dessen Prinzip und Element gesetzt wird. 71 Diese Ähnlichkeit zwischen der absoluten Negativität qua allgemeinem Begriff und der qua Reflexion oder Identität stellt sicherlich einen der Umstände dar, der die Suche nach der Systematik der Logik nicht im Anfang der Begriffs-, sondern der Wesenslogik begünstigt hat (vgl. Dieter Henrich, Hegels Logik der Reflexion. Neue Fassung“, in: ders., Die Wissenschaft der Logik und die Logik der Reflexion, Bonn 1978, 203–324).
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dessen Schein-nach-außen darstellen. Dass es sich hier um eine gesetzte Einheit handelt, die – selbst im entschärftesten Fall des wesentlichen Verhältnisses von Äußerem und Innerem – unverkennbar aus etwas Ursprünglichem und etwas Gesetztem besteht, ist leicht ersichtlich und wird hier nicht eigens ausgeführt. Die fünfte Verhaltensweise, nach welcher Gattungsallgemeines und Sphäre des Besonderen eine gesetzte Einheit bilden, ohne aber voneinander wesentlich unterschieden zu sein, ist auch die letzte, die der Wesenslogik zukommt, und entspricht deren drittem Abschnitt („Wirklichkeit“). Denn in diesem Abschnitt ist nicht nur die Einheit von Sein und Wesen vorhanden, sondern auch deren reflektierte Verdoppelung, die sich in der Rede von zwei Sein-Wesen-Totalitäten herauskristallisiert hat. Es ist nämlich die ganze Einheit von Sein und Wesen, die in den logischen Bestimmungen dieses Abschnitts das eine Mal als nach innen, das andere Mal als nach außen scheinend dargestellt wird. Zwischen Wirklichkeit und Möglichkeit etwa oder Ursache und Wirkung besteht kein inhaltlicher, sondern nur ein formeller, unwesentlicher Unterschied, was einerseits den Austausch der Bezeichnungen von Ursprünglichem und Gesetztem miteinander zulässt, andererseits aber die Unterscheidung zwischen zwei Seiten überhaupt nicht preisgeben kann. Die Wesenslogik wird als ganze der objektiven Logik zugeordnet, weil das Gattungsallgemeine, obwohl vorhanden, noch das von der Sphäre des Besonderen bestimmte Allgemeine ist. Die Selbstbeziehung der logischen Totalität ereignet sich nicht rein, sondern unter der Bedingung derjenigen logischen Totalität, die als das Andere ihrer selbst, d.h. als das unmittelbare Sein oder der nur ansichseiende Begriff, ist. Der Fortgang aber in die subjektive Logik besteht in der Veränderung der Bestimmung der Sphäre des Besonderen, wodurch auch die Bestimmtheit des wesenslogischen Gattungsallgemeinen beseitigt wird: Im absoluten Verhältnis ist der letzte Schein von Selbstständigkeit des Besonderen vor dem Gattungsallgemeinen dasjenige, was abgebaut wird – nämlich der Schein, dass beide, obwohl sie eine gesetzte Einheit bilden, miteinander wesentlich austauschbar sind. Der wahrhaft allgemeine Begriff als erstes Moment des Begriffs als solchen, mit welchem die wahrhafte Einteilung der objektiven Logik endet und die subjektive Logik beginnt, besteht in dem Gedanken der absoluten Negativität, der alles Sein und Wesen als seine eigenen bestimmten Weisen erkennt, sich selbst zu setzen. Und dieser Gedanke macht genau die Feststellung der logischen Totalität, die höchste rein logische Absolutheitskonzeption, aus – die Feststellung nämlich, dass, erstens, alles überhaupt in der Wissenschaft der Logik Betrachtete zusammengehört und gemeinsam eine Totalität bildet, und, zweitens, egal ob Sein, Wesen oder Begriff, als Logisches zusammengehört, d.h. vom begreifenden Denken durchdrungen ist und Weisen desselben (der ‚logischen Denkbestimmungen‘) darstellt.
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Zusammenfassung Zusammenfassend lassen sich folgende Punkte festhalten: Indem die wahrhafte Einteilung zwischen sechs Verhaltensweisen des allgemeinen zum besonderem Begriff differenziert, bietet sie die innerlogisch-systematische Erklärung für alle vorläufigen Einteilungen der Logik an. Da der besondere Begriff terminologisch mit der Reflexion-in-Anderes bzw. dem Schein-nach-außen zusammenfällt (vgl. BL: 38,1) und da sich der allgemeine Begriff auf die Reflexionin-sich bzw. den Schein-nach-innen reduzieren lässt, sind alle sechs Verhaltensweisen auch als Variationen der Einheit von Reflexion-in-sich und -in-Anderes bzw. Schein-nach-innen und -nach-außen zu verstehen. Diese Einheit wurde bereits im Unterkapitel über den allgemeinen Begriff als totale Reflexion bzw. Doppelschein bezeichnet und sollte die Bestimmtheit „als im Begriffe“, d.h. vom Standpunkt des Begriffs als solchen her betrachtet, ausdrücken. In jenem Kontext wurde ferner zwischen drei Weisen des Doppelscheins unterschieden und entsprechend die Logik in zwei Teile geteilt: Die erste Weise des Doppelscheins betraf die objektive Logik; die zweite Weise, worin die „nach Aussen gehende Seite nach innen zurückgenommen ist“ (a.a.O. 36,20), betraf den Beginn der subjektiven und zugleich deren Grenze zur objektiven Logik; und die dritte Weise bezog sich auf die übrige subjektive Logik (wenn nicht gar auf die restliche enzyklopädische Philosophie überhaupt). Die wahrhafte Einteilung ergänzt diese Zweiteilung, insofern sie die Weisen des Doppelscheins, die der objektiven Logik entsprechen, genauer differenziert. So weisen die ersten zwei gemeinsam auf die Seinslogik hin, die weiteren drei auf die drei Abschnitte der Wesenslogik, und die sechste auf die Begriffslogik. Von Bedeutung ist außerdem: Obwohl all diese Einteilungen stets auf den Begriff zurückgreifen, bleibt die Konstante und das Movens der entsprechenden Untersuchungen und Differenzierungen der allgemeine Begriff – sei es als das Gattungsallgemeine selbst oder als dieses in einer bestimmten Form des Allgemeinen, als Art- oder bestimmtes Gattungsallgemeines. Der Terminus ‚Begriff‘ funktioniert nämlich in diesem Kontext 72 als Indikator für eine holistische Betrachtung der logischen Bestimmungen sowie der Teile der logischen Totalität, was die Absolutheit des allgemeinen Begriffs notwendigerweise begleiten und markieren muss.
72 Vgl. BL: 38,10 („Es gibt daher keine andere wahrhafte Eintheilung, als daß der Begriff sich selbst auf die Seite stellt […]“) mit der obigen Kommentierung; a.a.O. 35,35 („Diese Bestimmtheit ist nemlich als im Begriffe […]“).
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iii. Die wahrhafte Lesart der Logik insgesamt Vorbemerkungen Es trägt zur Wertschätzung der nun folgenden Analyse viel bei, sich kurz zu vergegenwärtigen, wie häufig das Desiderat einer genauen Analyse der einzelnen logischen Bestimmungen aus der Sicht des Begriffs als solchen konstatiert wurde. Ohne den Erfolg dieser Analyse konnte zunächst die Abhandlung des allgemeinen Begriffs, der die „in sich absolute Vermittlung“ sein sollte, nicht für abgeschlossen gehalten werden.73 Dasselbe wurde auch für den besonderen Begriff bemerkt. 74 Beide erheben als Momente des Begriffs als solchen den rein logischen Absolutheitsanspruch, alle logischen Bestimmungen wesentlich in sich zu fassen und zu durchdringen. Dieser Anspruch kann jedoch nicht ohne Weiteres akzeptiert werden, zumal der Unterschied der Momente des Begriffs als solchen zu jenen Bestimmungen besonders deutlich formuliert wurde. 75 Einen Hinweis darauf – noch längst aber keine Erklärung darüber –, inwiefern die Momente des Begriffs als solchen dazu in der Lage sind, haben die Bezeichnungen der totalen Reflexion bzw. des Doppelscheins geleistet. Diesen Hinweis haben zwar die soeben angestellten Überlegungen über die wahrhafte Einteilung der Logik aufgenommen. Auch sie können aber nicht als gültig akzeptiert, sondern müssen als eine sachlich unbegründete Zumutung beiseitegelegt werden, wenn totale Reflexion und Doppelschein nicht auch die einzelnen logischen Bestimmungen wesentlich charakterisieren. Demnach sind spätestens an dieser Stelle weitere Metaüberlegungen vonnöten, die in erster Linie nicht mehr den Gesamtverlauf der Logik, sondern den Charakter der einzelnen logischen Bestimmungen betreffen. Solche Metaüberlegungen richten sich primär auf die objektivlogischen Bestimmungen, die bereits logisch erkannt worden sind; mutatis mutandis gelten sie aber auch für die subjektivlogischen oder insgesamt spekulativ-philosophischen, die eine markante Ähnlichkeit zur objektivlogischen aufweisen sollen. 76 Es muss nämlich konkret untersucht werden, inwiefern jede objektivlogische Bestimmung vom allgemeinen Begriff, also von der absoluten Negativität, Vermittlung, Selbstbeziehung usw., durchdrungen ist und einen bestimmten Doppelschein darstellt, also nicht der allgemeine Begriff selbst, dennoch aber dessen Werden ist. Dafür, dass sich Hegel tatsächlich auf solche Metaüberlegungen einlässt, spricht bereits der Wortlaut des Unterkapitels über den besonderen Begriff: Nicht nur bezieht er objektivlogische Bestimmungen umfassend mit ein, die er als „bestimmte Begriffe“ deutet; er schließt das gesamte Unterkapitel mit der Bemerkung ab, dass das Verdienst des „Bisherigen“ d.h. des Unterkapitels „B. 73
Vgl. III.A.2.i. Vgl. III.B.2.i. 75 Vgl. III.A.1.i. und III.B.1.ii. 76 Vgl. III.A.2.ii. 74
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Der besondere Begriff“, darin liege, den bestimmten Begriff nicht in seiner unbefangenen Form, sondern „in seiner Wahrheit“ dargestellt zu haben (BL: 43,7).77 Für den Betätigungskontext solcher Metaüberlegungen hat das vorliegende Buch den Ausdruck ‚wahrhafte Lesart der objektiven Logik‘ gewählt. 78 Das Adjektiv ‚wahrhaft‘ wird nicht nur im Hinblick auf die Bezeichnung der vorhin skizzierten wahrhaften Einteilung bevorzugt, sondern auch in Anlehnung an Hegels im vorliegenden Kontext häufige Verwendung des Ausdrucks ‚Wahrheit‘. Durch den Hinweis auf die Wahrheit der objektivlogischen Bestimmungen macht Hegel auf eine Betrachtung dieser Bestimmungen aufmerksam, die den Verlauf der Logik nicht bloß unbefangen verfolgt und nachvollzieht. Eine unbefangene Lesart pocht nämlich auf ein so strenges Verständnis der Voraussetzungslosigkeit der Logik, dass sie nicht nur keinen Rekurs auf ein der Logik äußerliches Mittel duldet, sondern auch keine Vorwegnahme von Gedanken, die zwar innerhalb der Logik, aber in einem späteren Kontext entstehen und begründet werden. Die wahrhafte Lesart der objektiven Logik besteht hingegen in der Analyse der objektivlogischen Bestimmungen im Hinblick auf den Begriff als solchen, d.h. auf die Feststellung des Prinzips und Elements alles Logischen. Diese Lesart bedeutet mithin die holistische Betrachtung aller objektivlogischen Bestimmungen, die durch die explizite Bezugnahme auf das Prinzip und Element alles Logischen gewährleistet wird. Die Wortwahl ‚Lesart‘ will darüber hinaus auf keine schwammige Formulierung in dem zugrundeliegenden Text anspielen, welche entgegengesetzte Deutungen zulässt, wie etwa im Fall eines Genitivs, der sich mit gleichem Recht als Genitivus subiectivus wie auch Genitivus obiectivus interpretieren lässt. Vielmehr wird hierbei davon ausgegangen, dass die Formulierungen der objektiven Logik ziemlich präzis sind. Es handelt sich jedoch um eine weitere Perspektive auf die objektive Logik, die sich erst mit dem Begriff als solchem eröffnet und die die eingangs unentbehrliche unbefangene Perspektive auf die Logik erweitert, ohne sie zu revidieren. Die wahrhafte Lesart bedeutet das Wiederfinden des Begriffs in der objektiven Logik und stellt darum die Erweiterung der unbefangenen Lesart dar, weil sie, erstens, nicht bloß die Wahrheit der Gedankenbestimmungen, und, zweitens, diese Wahrheit nicht nur post festum, d.h. erst bei der Vollendung jeder logischen Sphäre erkennt, sondern viel-
77 Auch diese Metaüberlegungen, die für das Verständnis der immanenten Selbstdeutung der Logik, und somit für das Verständnis aller in ihr entworfenen Absolutheitskonzeptionen nicht weniger entscheidend als die Metaüberlegungen zur wahrhaften Einteilung sind, haben bisher in der Sekundärliteratur kaum Beachtung gefunden (vgl. erste Fußnote zu III.B.2.ii. sowie I.A.). 78 Zu der Unterscheidung zwischen verschiedenen Lesarten der Logik bzw. den ersten zwei Ebenen, auf welchen die Untersuchung der Logik vollzogen werden muss, vgl. z.B. Einleitung, Ziffer 6 oder Zwischenbemerkung zu II.B.1.
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mehr darum, weil sie in der Einsicht besteht, dass überhaupt alle Gedankenbestimmungen der objektiven Logik trotz ihrer Unmittelbarkeit begriffsartig beschaffen sind, und dass es diese Begriffsartigkeit ist, welche die Wahrheit der Gedankenbestimmungen ausmacht. 79 Die Rede von zwei ‚Lesarten‘ weist in diesem Sinne auf den Überblick hin, der erst an einer bestimmten Stelle der Logik entsteht, bzw. auf den fehlenden Überblick über die logische Kontinuität aller einzelnen logischen Bestimmungen. 80 Begriffliche Grundlagen für eine wahrhafte Lesart der objektiven Logik Direkt nach der Erörterung der wahrhaften Einteilung thematisiert Hegel „alle[n] frühere[n]“, d.h. objektivlogischen, Unterschied und kontrastiert ihn, wie er sich „hier“, d.h. „in seinem Begriffe, und damit in seiner Wahrheit“ gezeigt hat (BL: 38,22), mit dem Unterschied, wie er in den zwei Teilen der objektiven Logik bereits für sich, ohne Berücksichtigung des Begriffs, betrachtet worden war. Die Pointe dieser Kontrastierung ist folgende: Obwohl der Unterschied die Schnittstelle zwischen zwei Unterschiedenen bzw. zwischen zwei, die für sich bestehen sollten, markiert, zeigt er sich stets als eine „Einheit“ (a.a.O. 38,23). Näher noch zeigt sich der Unterschied als genau „diese“ Einheit, welche er „in seinem Begriffe, und damit in seiner Wahrheit“ hat, jedoch nur ansatzweise, und zwar vorzüglich erst im dritten Moment jeder logischen Sphäre. Der unbefangenen Lesart nach gilt nämlich der seinslogische Unterschied als ein nur „unmittelbarer“ bzw. „die Grenze eines Anderen“, und der wesenslogische als ein „relativer“ bzw. der „Schein an einem Anderen“ (a.a.O. 38,24– 27). Jedoch hat die objektivlogische Bewegung bzw. das „Übergehen“ und das Scheinen – kurzum: die „Auflösung“ – aller objektivlogischen Bestimmungen nur einen einzigen „wahren Sinn“: dass nämlich die jeweiligen logischen Bestimmungen „ihren Begriff, ihre Wahrheit erreichen“ (a.a.O. 38,27–29). In diesem Sinne ist nun das dritte, spekulative Moment jeder logischen Sphäre – welches sich ohnehin bereits bei einer unbefangenen Lektüre als die Wahrheit der jeweiligen zwei vorangegangenen Momente ergeben hat – auch als ihr Begriff, d.h. als das objektivlogische Pendant des Begriffs als solchen, rückblickend zu erkennen. Denn das jeweilige dritte Moment drückt die Selbstbeziehung und 79 Diese Einsicht soll – wie gleich angedeutet wird – eine Erklärung dafür bieten, warum genau diejenigen Gedanken in das Projekt der Wissenschaft der Logik aufgenommen werden konnten, die faktisch aufgenommen sind, und inwiefern sie sich von ihrem Gebrauch in anderen Kontexten, etwa in der Phänomenologie des Geistes oder gar in der Alltagssprache, unterscheiden. 80 Gemeint ist dabei allein der Haupttext der Wissenschaft der Logik und nicht die diversen Vorspanne und vorläufigen Einteilungen, welche dem Leser ohnehin stets einen gewissen Überblick über das gesamte Projekt vermitteln – einen solchen jedoch, der vom jeweiligen unmittelbaren Kontext aus unerklärlich, ja überflüssig erscheinen mag.
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Vermittlung einer logischen Sphäre bzw. diese Einheit der entsprechenden objektivlogischen Gedankenbestimmungen aus, die durch ihre gegenseitige Negation zustande kommt, welche (Selbstbeziehung, Vermittlung und Einheit) als solche zum ersten Mal mit dem Begriff als solchem hervorgetreten sind. Dass das dritte Moment den Begriff und die Wahrheit der beiden vorangegangenen darstellt, erlaubt außerdem den Umkehrschluss, dass auch die zwei vorangegangenen Gedankenbestimmungen in gewissem Sinne Begriffe sind, und zwar in Hegels Wortlaut „nur Ein bestimmter Begriff“ (a.a.O. 38,38). Denn sie drücken in bestimmter Weise diese Selbstbeziehung, Vermittlung und negative Einheit aus, welche sich bei der dritten Gedankenbestimmung als ein Ganzes erweist, nämlich in der Weise, dass sie am Unterschied bzw. an jeweils zwei Unterschiedenen festhalten. Hegels markante These an diesem Punkt lautet: Vom Standpunkt des Begriffs her betrachtet müssen alle objektivlogischen Bestimmungen pauschal als bestimmte Begriffe bezeichnet werden.81 Und er drückt die These unmissverständlich aus: „Die vorhergehenden logischen Bestimmungen, die Bestimmungen des Seins und Wesens, sind zwar nicht bloße Gedankenbestimmungen; in ihrem Übergehen, dem dialektischen Momente, und in ihrer Rückkehr in sich und Totalität erweisen sie sich als Begriffe. Aber sie sind (vgl. § 84 u. 112) nur bestimmte Begriffe, Begriffe an sich, oder was dasselbe ist, für uns“ (§ 162 A, 2. Absatz; vgl. BL: 38,31–39; 46,2–4).82
81 Ähnlich konzipiert das Verhältnis zwischen den ersten zwei Momenten des Begriffs als solchen einerseits und allen objektivlogischen Begriffen andererseits J. M. Sánchez de León Serrano: Erstere zwei stellen die „Matrix“ aller vorhergehenden Begriffe dar oder das „Erreichen dieses ‚einen‘ Gegenstandes, um welchen es sich jederzeit eigentlich handelt. Kraft dieses ‚einen‘ Gegenstandes haben wir in der Logik nicht mit verschiedenen Begriffen zu tun, sondern immer mit demselben Begriff, von welchem jeder bestimmte Denkinhalt eine Besonderheit, eine ‚freie Verendlichung‘ ausmacht“ (José María Sánchez de León Serrano, Zeichen und Subjekt im logischen Diskurs Hegels, Hamburg 2013, 303f.). Das vorliegende Buch nennt diese ‚Matrix‘ und dieses ‚Erreichen‘ die ‚Feststellung des Prinzips und Elements des Logischen‘. Das damit zusammenhängende Postulat einer wahrhaften Lesart der Logik lässt schließlich Sánchez de León Serrano in der soeben zitierten Stelle durch das Adverb ‚eigentlich‘ erahnen. 82 Ganz anders fasst J.-G. Schülein das Verhältnis zwischen (singulärem) Begriff und Begriffen bzw. bestimmten Begriffen (im Plural): „Wenn Hegel von Begriffen im Plural redet, stellt er grundsätzlich auf eine der wohl bis heute gewöhnlichsten Begriffsauffassungen ab. In diesem Sinne gibt er an“ – und hier greift Schülein auf die oben zitierte Anmerkung zu § 162 zurück –, „‚[w]as gewöhnlich unter Begriffen verstanden wird, sind Verstandes-Bestimmungen, auch nur allgemeine Vorstellungen‘, und meint damit generell eine Auffassung von Begriff als Gattungs- oder Artallgemeinheit, die das Gemeinsame mehrerer Dinge zum Ausdruck bringt.“ (Johannes-Georg Schülein, Metaphysik und ihre Kritik bei Hegel und Derrida, Hamburg 2016, 162f.) Dass aber die Pointe in diesem Zitat die Distanzierung und Korrektur vom „gewöhnlichen“ Sprachgebrauch ist, verrät nicht nur der oben
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Die Begriffsartigkeit der objektivlogischen Gedankenbestimmungen liegt demnach an der spekulativen Vermittlung, welche sie innerhalb jeder logischen Sphäre aufweisen und nach welcher sie in der Logik geordnet sind. Ihre Begriffsartigkeit liegt darüber hinaus an ihrer Negativität, darin nämlich, dass sie sich gegenseitig negieren, d.h. (logisch) angewandte Negationen und nicht die absolute Negativität des wahrhaften Allgemeinen darstellen. 83 Ferner liegt ihre Beschaffenheit auch darin, dass sie Variationen der logischen Totalität darstellen, welche die Selbstbeziehung, Vermittlung und Negativität nicht als solche, sondern durch den Unterschied zwischen jeweils zwei für sich bestehenden logischen Bestimmungen abbilden. Diese Begriffsartigkeit der Gedankenbestimmungen muss nun näher aufgefasst werden, und zwar so, dass – der vorhin geforderten Absolutheit der Allgemeinheit zufolge – die diversen Gedankenbestimmungen auf das Allgemeine zurückgeführt werden. Die Stichwörter, mit denen Hegel diese Begriffsartigkeit zusammenfasst und in den Mittelpunkt seiner Analyse (vgl. a.a.O. 39–43) stellt, lauten „abstracte Allgemeinheit“, „Form der abstracten Allgemeinheit“ oder, schlichter aber mit demselben Sinn, „Form der Allgemeinheit“ und „Abstract-Allgemeines“. Die Kernthese, die er dabei vertritt und hauptsächlich im Absatz a.a.O. 39,23–37 einführt, ist, dass in der objektiven Logik Form und Inhalt nicht zusammenfallen. 84 Die Form der objektivlogischen Bestimmungen macht zitierte Text von § 162 A, von welchem der von Schülein favorisierte Satz mit einem Gedankenstrich abgehoben ist, sondern auch von der deutlich pejorativen Bedeutung des Ausdrucks ‚gewöhnlich‘ im unmittelbar darauf folgenden Satz aus § 162 A: „Die Logik des Begriffs wird gewöhnlich als nur formelle Wissenschaft so verstanden, daß es ihr auf die Form als solche des Begriffs, des Urteils und Schlusses, aber ganz und gar nicht darauf ankomme, ob Etwas wahr sei“, was sicherlich nicht Hegels eigene Absicht ist. Vollkommen richtig hingegen – jedenfalls aus der Sicht dieses Buches – sind die Einsichten Schüleins, der spekulative Begriff stelle „den systematischen Fluchtpunkt von Hegels logischer Wissenschaft“ (a.a.O. 163) und somit „kein Signifikat“ dar (a.a.O. 172). Ebenfalls treffend und aufschlussreich ist Schüleins Kritik an Derridas „behauptete[m] Zusammenhang zwischen Phonozentrismus und Metaphysik […] im Falle Hegels“ (ebd.). Vollständig immun gegen die von Derrida unternommene Reduktion Hegels „auf einen Philosophen des Verstandes und der Repräsentation“ (a.a.O. 173) ist aber die hegelsche Logik, wenn sie insgesamt – und nicht nur der Subjektivitätsabschnitt und das Kapitel über die absolute Idee (vgl. a.a.O. 173–232) – die in sich mehrfach differenzierte „selbstexplikative Darstellung“ des spekulativen Begriffs bildet. 83 Vgl. III.A.1.i. 84 Auf dieselbe Stelle bezieht sich ausdrücklich Chr. G. Martin, um die These zu stützen, Hegel teile „die gewöhnliche Auffassung des Besonderen als Verknüpfung eines Allgemeinen mit einer von ihm unabhängigen Differenz“ und das Besondere erscheine „nicht als Ergebnis von Selbstbesonderung, sondern als Verknüpfung selbständiger Bestandteile, womit die Allgemeinheit der Differenz gegenüber als abstrakte Form auftritt“ (Christian Georg Martin, Ontologie der Selbstbestimmung. Eine operationale Rekonstruktion von Hegels „Wissenschaft der Logik“, Tübingen 2012, 241). Dabei übersieht aber Martin Hegels Absicht, an dieser Stelle Metaüberlegungen anzustellen, und verwechselt, wie die vorliegende
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ein solches Allgemeines aus, das nur „an“ etwas ist, bzw. einen „Inhalt“ oder etwas „Wesentliche[s]“ notwendigerweise „bekleidet“ (a.a.O. 39,32–37).85 Ein solches Allgemeines kann nur formell „Allgemein“ heißen und muss von allem bisher betrachteten Allgemeinen als abstraktes abgehoben werden. Den Inhalt der objektivlogischen Bestimmungen macht andererseits die seiende oder gesetzte „Bestimmtheit des Unterschieds“, „die Bestimmtheit als solche“ oder schlicht der „Unterschied“ aus (ebd.). Im Einklang mit dem oben Angemerkten ist dieser Unterschied als ein solcher zu verstehen, der von der einfachen Bestimmtheit bzw. von dem Unterschied im wahrhaften Allgemeinen und der gesamten Sphäre des Begriffs als solchen divergiert (vgl. a.a.O. 39,36–37). Es geht nämlich um die Bestimmtheit „als Bestimmtheit gegen die andere Bestimmtheit“ (a.a.O. 39,24) oder um den Unterschied, der auf Zweiheit der Unterschiedenen beharrt. Wenn nun der Inhalt, an welchem das Allgemeine als seine Form ist, eine Zweiheit ist, so muss auch die Form diese Zweiheit aufweisen. Da es sich aber um nur eine Form handelt, so kann diese Zweiheit nur die Zersplitterung von unterschiedenen Momenten bedeuten, welche gemeinsam die eine Form der abstrakten Allgemeinheit konstituieren. Demnach kann die Wirkung des Inhalts qua Unterschied auf die Form wie folgt aufgefasst werden. Wenn die (verschiedenen Weisen von) Allgemeinheit (verschiedene Weisen von) Einheit von Schein-nach-innen und -nach-außen bedeutet bzw. bedeuten, und wenn die abstrakte Allgemeinheit das Zersplittern der Momente der Allgemeinheit bzw. des Begriffs als solchen bedeutet, so geht es in der objektiven Logik um den Schein-nach-innen und -nach-außen, insofern diese auseinanderfallen und doch in gewissem Sinne zusammengehören. Dass also die Begriffsartigkeit der objektivlogischen Bestimmungen in der Form der abstrakten Allgemeinheit liegt, führt zu der Forderung, die objektivlogische Vermittlung, d.h. das Übergehen und das Scheinen, mit den Momenten des Scheins-nach-innen, Scheins-nach-außen sowie deren Einheit zu vereinbaren. Dies ist in der Tat auch die Absicht der hier zu besprechenden Textpassage. Hegel gibt aber auch darüber Auskunft, worin der Inhalt qua Unterschied und die Form der abstrakten Allgemeinheit ihren Ursprung finden. Dafür blickt er auf den Beginn der wahrhaften Einteilung zurück (vgl. a.a.O. 39,25–27). Wie die entsprechende Analyse ergeben hat, bestand bereits die erste Verhaltensweise des Begriffs darin, eine Zweiheit oder einen Unterschied zu markieren, während alle darauffolgenden Verhaltensweisen dieselbe Zweiheit bzw.
Untersuchung findet, die logische Bestimmung des Besonderen in der Sphäre des Begriffs als solchen mit dem begrifflichen Charakter der objektivlogischen Bestimmungen – wenn nicht sogar mit dem außerlogischen, endlichen Erkennen, auf welches er indirekt ebenfalls rekurriert, wenn er im selben Kontext Hegels Anmerkung zur Definition zitiert (a.a.O. 242). 85 Vgl. BL: 37,2: „[…] die Allgemeinheit, mit welcher Form der unendliche Begriff seine Unterschiede bekleidet“.
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denselben Unterschied auffassten und allmählich entschärften. Der hier besprochene Absatz betrachtet aber diesen Unterschied nicht mit dem Akzent auf Nuancierung seiner verschiedenen Weisen, sondern auf die Form-Inhalt-Problematik. So merkt hier Hegel an: Insofern sich der Begriff einteilt bzw. „sich bestimmt oder unterscheidet, ist er negativ auf seine Einheit gerichtet“ (ebd.), d.h., er bringt eine seiende Bestimmtheit oder einen Unterschied, kurz eine Zweiheit hervor, welche von nun an als der zugrundeliegende Inhalt fungiert, an welchem sich die eine Selbstbeziehung des Begriffs zu vollziehen hat. Genauer noch: Indem sich der sich auf sich beziehende Begriff zu dieser Zweiheit bestimmt, macht er sich zu einem „seiner ideellen Momente des Seyns“ (ebd.). Gleich weist Hegel dabei auf die wahrhafte Lesart dieses Seins hin: „Diß Seyn hat aber nicht mehr den Sinn der blossen Unmittelbarkeit, sondern der Allgemeinheit, der durch die absolute Vermittlung sich selbst gleichen Unmittelbarkeit, die eben so sehr auch das andere Moment, das Wesen oder die Reflexion in sich enthält“ (a.a.O. 39,28–31). Durch die „absolute Vermittlung“, d.h. durch das wahrhafte Allgemeine und den gesamten Begriff als solchen, erhält die Unmittelbarkeit, d.h. die Ansammlung von Unterschieden und seienden Bestimmtheiten, die nun als das Resultat der wahrhaften Einteilung betrachtet werden, den ergänzenden „Sinn“, dass sie dem Allgemeinen ähnelt. Das Allgemeine nämlich kommt zur Unmittelbarkeit als deren Form hinzu. Da ferner das Allgemeine die Einheit von Reflexion-in-sich und -in-Anderes ist und Sein und Wesen gleichwohl durchdringt, so besteht die Ähnlichkeit der Unmittelbarkeit zum Allgemeinen zudem darin, auch die Reflexion-in-sich formell aufzuweisen, welche der unbefangenen Lesart nach erst durch die Wesenslogik bekannt wird. Außerdem werden nun, d.h. im Anschluss an die wahrhafte Einteilung und von der unbefangenen Lesart abweichend, die Momente des Seins als „ideelle“ betrachtet, d.h. von Anfang an als unselbstständig und in einer übergreifenden Ordnung aufgehoben. 86 Demnach ist es die wahrhafte Lesart, welche zwischen bloßer Unmittelbarkeit bzw. Inhalt und ergänzendem Sinn bzw. Form der objektivlogischen Bestimmungen differenziert und feststellt, dass diese auseinanderfallen. Oder vielmehr liegt die wahrhafte Lesart der objektiven Logik genau darin, zwischen Form und Inhalt derselben zu differenzieren und anzuerkennen, dass ihre Form das gleiche Allgemeine ist, das am Beginn der Begriffslogik als solches hervortritt, hier aber noch als zersplittert in verschiedenen Momenten auftritt.
86 Der unbefangenen Lesart nach wird die Idealität erst mit der affirmativen Unendlichkeit erreicht und ist bei allen nachfolgenden Gedankenbestimmungen noch aufzuzeigen (vgl. SL: 139). Im Gegensatz dazu wird sie der wahrhaften Lesart zufolge von Anfang an angenommen, wie nun ausgearbeitet werden soll.
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Die wahrhafte Lesart der objektiven Logik Hiermit sind alle Komponenten für eine Antwort auf alle in der bisherigen Untersuchung des Begriffs als solchen offen gebliebenen Fragen vorhanden: Das Allgemeine und mit ihm der gesamte Begriff als solcher durchdringen und prägen die objektivlogischen Bestimmungen, insofern sie die seiende Bestimmtheit in solche triadisch gegliederten Vermittlungen ordnen, die einerseits der jeweiligen Bestimmtheit, also dem Inhalt der Bestimmungen, andererseits der Negativität des Allgemeinen entsprechen. Insofern diese Triaden tatsächlich dem Inhalt der einzelnen Bestimmungen entsprechen, dürfen sie nicht als bloß äußerliche Negationen oder Operationen eines willkürlichen Auflösens von Bestimmtheiten vorgestellt werden (vgl. a.a.O. 34,5–10). Vielmehr sind es erst diese Triaden, welche das entfalten, was die objektivlogischen Bestimmungen an sich sind, sodass sie deren Wahrheit aufgehen lassen. Denn es ist bereits der Inhalt der objektivlogischen Bestimmungen, also die Zweiheit des Unterschieds oder der Bestimmtheit, welcher verlangt, dass jede objektivlogische Bestimmung in Bezug auf eine Andere gesetzt wird, und darauf hinweist, dass ihre Wahrheit in der Beziehung von zweierlei liegt. In diesem Sinne lässt sich festlegen, dass das Allgemeine die eigentümliche Form der objektivlogischen Bestimmungen ausmacht. Dieses Allgemeine schließlich, das nur als Form an einem Inhalt ist – sei’s als die eigentümliche und adäquate Form an einem Inhalt, nicht aber der Inhalt selbst wie beim wahrhaften Allgemeinen und dem ganzen Begriff als solchem –, ist dasjenige, was die objektivlogischen Bestimmungen zu bestimmten Begriffen macht; und sich weiter vom wahrhaften Allgemeinen am Beginn der Begriffslogik sowie von allen übrigen begriffslogischen Weisen des Allgemeinen unterscheidet. Dieses Allgemeine lässt sich terminologisch als das abstrakte Allgemeine festlegen. Inwiefern aber entspricht die der abstrakten Allgemeinheit zufolge triadisch entfaltete Vermittlung tatsächlich auch dem Inhalt der jeweiligen objektivlogischen Bestimmung? Dass der Unterschied oder die seiende Bestimmtheit ohnehin eine Zweiheit bedeutet, impliziert eine gewisse Negation und somit eine Beziehung überhaupt. Das Projekt der Wissenschaft der Logik besteht genau darin, diese Grundanlage der Negation und Beziehung logisch zu erkennen bzw. zu begreifen; die wahrhafte Lesart dieses Projektes soll nun die „Bestimmtheit als im Begriffe“ oder als einen „Doppelschein“ und eine „totale Reflexion“ aufzeigen. Das bedeutet wiederum, dass jede objektivlogische Sphäre als die Aufgliederung der Momente des Scheins-nach-innen, -nach-außen und deren Einheit betrachtet werden soll. Anders gewendet: Die Momente, die im wahrhaften Allgemeinen als eine Identität aufgehoben sind, sollen als gesetzt in jeder Triade wiedergefunden werden. Und dies geschieht problemlos, wenn davon ausgegangen wird, dass das dritte Moment jeder Sphäre die Einheit der anderen beiden ist. Dann können die ersten zwei retrospektiv als die Scheine oder Reflexionen des dritten Moments innerhalb der jeweiligen logischen
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Sphäre interpretiert werden, welche (Scheine und Reflexionen) ohne ihren substantiellen Bezug auf das dritte Moment keinen Bestand hätten. Sollte nämlich die wahrhafte Lesart behaupten dürfen, dass das dritte Moment jeder logischen Sphäre einen bestimmten Begriff ausmacht, so darf sie auch die ersten zwei Momente als zwei bestimmte Scheinmomente dieses Begriffs auffassen. Die Bestimmtheit dieser Scheinmomente, d.h. ihr Unterschied voneinander, liegt lediglich in ihrer Form: Das erste Moment hat die Formbestimmung eines Inneren bzw. es fasst die Bestimmtheit als eine noch in-sich-seiende auf, während das zweite die Formbestimmung eines Äußeren hat und somit das Verhältnis zu Anderem widergibt. Ihrem Inhalt nach sind diese zwei Scheinmomente hingegen identisch. Denn es ist genau dieselbe Bestimmtheit bzw. derselbe Unterschied, was sie ausdrücken, bloß mit dem Akzent auf derjenigen Zweiheit und nicht der Einheit wie beim dritten Moment, die jede Bestimmtheit und jeder Unterschied impliziert. Es lässt sich daher für die ganze objektive Logik pauschal bemerken, dass all ihre Triaden, die jeweils eine seiende Bestimmtheit logisch aufzufassen haben, in dem Sinne Doppelschein bzw. totale Reflexionen darstellen, dass das erste Moment der Schein-nach-innen, das zweite der Schein-nach-außen und das dritte die Einheit von beiden sind. Anders gewendet: Jeder einzelne objektivlogische Gedanke stellt entweder eine der zwei Seiten oder den gesamten Doppelschein dar, als welcher die seiende Bestimmtheit „als im Begriffe“ aufgefasst werden muss. Nun kann derselbe Charakter objektivlogischer Bestimmungen noch differenzierter gefasst werden, wenn die hier dargelegte wahrhafte Lesart in Bezug auf die wahrhafte Einteilung und die verschiedenen Verhaltensweisen der Begriffsmomente gesetzt wird. Wahrhafte Lesart und „wahrhafte Eintheilung“: Eine Skizze Dass alle seiende Bestimmtheit „als im Begriffe“ ein Doppelschein ist, klingt befremdlich, besonders wenn dabei explizit auf die Seinslogik Bezug genommen wird. Doch hat die wahrhafte Einteilung Entscheidendes dafür geleistet, die seinslogischen Bestimmungen in einer konkreten Weise als Scheinmomente oder Reflexionen zu verstehen, ohne sie mit den wesenslogischen Bestimmungen zu verwechseln. Denn in der Seinslogik, so die erste Verhaltensweise des Begriffs, ist das wahrhafte (Gattungs-)Allgemeine, anders als in der Wesenslogik, nicht vorhanden. Der Schein-nach-innen und -nach-außen sowie deren gemeinsame Beziehung, die jede seinslogische Triade konstituieren, stellen lediglich die Sphäre des Besonderen dar. Es geht um nur Schein-nach-innen und nur Schein-nach-außen, bzw. um das unmittelbare, unbestimmte Allgemeine einerseits und das Besondere als ein aus dem Allgemeinen entlassenes Moment andererseits, welche sich beim dritten Moment in unmittelbare Einheiten zusammenschließen. Solche Scheinmomente stellen ausdrücklich nicht
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den Schein des wahrhaften Allgemeinen dar und keines ist vom anderen wesentlich bedingt, d.h., sie sind weder durch das wahrhafte Allgemeine noch durch sich selbst vermittelt. So ist etwa ein seinslogischer Schein-nach-außen nicht das vom ersten Moment, dem unmittelbaren Allgemeinen oder dem nur Schein-nach-innen Gesetzte. Vielmehr, so die zweite Verhaltensweise, sind die beiden ersten Momente nebeneinander gleich unmittelbar und selbstständig, und ihre Beziehung aufeinander ist keine wesentliche, sondern lediglich die der Koordination. Als vermittelte sind sie erst im dritten Moment einer logischen Sphäre, sodass sie sich ausschließlich im Hinblick auf dieses Moment als Scheine bzw. Reflexionen bezeichnen lassen. Die seinslogische Vermittlung und Negation, das Übergehen der Bestimmungen ineinander, macht nämlich die Begriffsartigkeit von genau solchen Bestimmungen aus, die, je für sich genommen, für unmittelbar gelten. In diesem Sinne wird die unbefangene Lesart der Seinslogik, die auf deren Voraussetzungslosigkeit pocht, keineswegs verletzt. Die wahrhafte Lesart interpretiert wesenslogische Bestimmungen nicht einfach in die Seinslogik hinein, sondern sie konstatiert, dass die Form, welche die seinslogische Bewegung ohnehin aufweist, eine gesetzte Variation der Identität von Schein-nach-innen und -nach-außen darstellt, nämlich dessen, was im wahrhaften Allgemeinen und dem Begriff als solchem als absolute Negativität und einfache Selbstbeziehung festgestellt wird. Wenn die wahrhafte Einteilung zeigt, dass das Sein aus dem Begriff entstanden ist, und dass die Seinslogik gemäß dem Begriff verläuft, so zielt sie nicht auf die Tilgung des spezifischen Seinscharakters ab. Vielmehr interpretiert sie den Charakter des Seins und der Seinslogik als den Begriff, der sich so begreift, als ob er nicht vorhanden wäre. Das Sein ist in diesem Sinne der Begriff, der bloß wird: der werdende Begriff. In Bezug auf die Wesenslogik klingt die Rede von Schein-nach-innen und -nach-außen plausibler, denn dort sind es (anders als in der Seinslogik) auch die ersten zwei Momente jeder logischen Sphäre, welche sich wesentlich aufeinander beziehen. Dennoch besteht die Aufgabe der wahrhaften Lesart nicht darin, darauf hinzuweisen, dass das erste Moment einer wesenslogischen Sphäre die Reflexion-in-sich ist, das zweite die Reflexion-in-Anderes und das dritte die Einheit der beiden ersten. Vielmehr sollen nun diese Wesensbeziehungen als begriffsartig oder als Momente des abstrakten Allgemeinen interpretiert werden. Dass nämlich das erste Moment einer wesenslogischen Sphäre sein eigener Schein-nach-innen und das zweite der Schein-nach-außen des ersten ist, muss nun in Einklang damit gebracht werden, dass diese zwei Momente auch umgekehrt Momente des dritten Moments sind. Die Überlegungen zur wahrhaften Einteilung geben reichlich Auskunft darüber. Zunächst lässt sich für die gesamte Wesenslogik pauschal festmachen, dass die Einführung des bestimmten Gattungsallgemeinen eine Anreicherung des Inhalts bzw. der Bestimmtheit oder des Unterschieds der objektiven Logik dar-
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stellt und dass diese Anreicherung entscheidende Folgen für die Form der objektivlogischen Vermittlung hat. Denn das Gattungsallgemeine macht kein weiteres bloß Unmittelbares neben anderen aus, sondern die absolute Negativität, also das Prinzip und Element der logischen Bewegung, welches nun die wesenslogische Vermittlung explizit mit vorantreibt. War die Form des abstrakten Allgemeinen bei der seinslogischen Bewegung erst kraft des dritten Moments erkennbar, so besteht das Novum der Wesenslogik darin, den Drang zur begriffsartigen Vermittlung bereits im ersten Moment gesetzt zu haben. Allerdings stellt das jeweilige wesenslogische Moment das bestimmte Gattungsallgemeine dar, d.h. das Gattungsallgemeine in der Zweiheit der Bestimmtheit oder des Unterschieds, sodass die objektivlogische Diskrepanz zwischen Inhalt und Form des abstrakten Allgemeinen, obwohl entschärft, weiterhin besteht. Was näher den ersten Abschnitt der Wesenslogik betrifft, so geht es hier gemäß der wahrhaften Einteilung um ein solches bestimmtes Gattungsallgemeines, das sich über die Sphäre des Besonderen auf sich bezieht, und zwar so, dass es diese in sich enthält bzw. unter sich subordiniert hat. Die Form des abstrakten Allgemeinen entfaltet sich bei den logischen Sphären dieses Abschnittes in folgenden drei Momenten (vgl. § 164 A, 1. Absatz; BL: 46,18–27): Das erste Moment stellt das Gattungsallgemeine (den allgemeinen Begriff qua wahrhaftes Allgemeines) als von den anderen zwei Momenten unterschieden dar, also als das nach Innen scheinende Gattungsallgemeine, das die anderen Momente in sich enthält und sich in dieselben kundtut (vgl. die logischen Bestimmungen ‚Identität‘ und ‚absoluter Grund‘). Das zweite Moment stellt die Sphäre des Besonderen dar, aber insofern als sie (anders als in der Seinslogik) ihre Selbstständigkeit verloren hat; bzw. dieses Sein, das sich selbst aufgehoben hat und sich als Moment im bestimmten Gattungsallgemeinen erwiesen hat, kurz: als die aufgehobene Unmittelbarkeit. Die Sphäre des Besonderen wurde oben als die koordinierte Einheit von Schein-nach-innen und -nach-außen definiert. Dass dieselbe nun in Beziehung auf das Gattungsallgemeine als dessen Schein-nach-außen aufgefasst wird, macht die Bestimmung der gesamten Wesenslogik aus. Dass sie aber nicht außerhalb des durch das bestimmte Gattungsallgemeine gesetzten Rahmens besteht, macht das Charakteristikum allein des ersten Abschnitts der Wesenslogik aus (vgl. die logischen Bestimmungen ‚Unterschied‘ und ‚bestimmter Grund‘). Das dritte Moment stellt schließlich die vollendete Vermittlung des bestimmten Gattungsallgemeinen durch seinen Schein-nach-außen dar, aber insofern dieses nicht über sich hinausgegangen ist und nur einen solchen Unterschied oder eine solche Bestimmtheit eingeholt hat, die als nur innerhalb des bestimmten Gattungsallgemeinen aufgefasst worden ist (vgl. die logischen Bestimmungen ‚Widerspruch‘ und ‚Bedingung‘). Zwar lassen sich von diesem dritten Moment her die ersten zwei retrospektiv als Schein-nach-innen und -nach-außen, und somit weiter die je-
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weilige Triade als ein Doppelschein bzw. totale Reflexion betrachten. Gleichwohl ist diese Betrachtung wie gezeigt bereits dadurch vorweggenommen worden, dass das bestimmte Gattungsallgemeine jeweils das erste Moment ausmacht. So darf die Begriffsartigkeit der Gedankenbestimmungen aus dem ersten Abschnitt der Wesenslogik als zweifach gerechtfertigt gelten: einmal vom dritten und einmal vom ersten Moment her betrachtet. Dasselbe gilt mutatis mutandis auch für die logischen Bestimmungen des zweiten und dritten Abschnitts der Wesenslogik und braucht hier nicht mehr im Detail ausgeführt zu werden: Die Form des abstrakten Allgemeinen ist an diesen Denkbestimmungen sowohl vom dritten als auch vom ersten Moment her nachweisbar. Mit Hinblick auf die wahrhafte Einteilung gilt für die begriffsartige Vermittlung der Denkbestimmungen speziell im zweiten Abschnitt, dass deren zweites Moment, die Sphäre des Besonderen, nicht mehr die aufgehobene, sondern die reflektierte Unmittelbarkeit ist. Hier ist nämlich das Sein aus dem Gattungsallgemeinen herausgesetzt und besteht neben demselben aber als von demselben wesentlich durchdrungen und abhängig, d.h., es macht den Schein-nach-außen des ersten Moments aus (vgl. z.B. die Gedankenpaare ‚Das Bestehen des Dings aus Materien‘, ‚Die erscheinende und die an-sich-seiendeWelt‘ und ‚Das Verhältnis der Kraft und ihrer Äußerung‘). Das erste Moment hingegen stellt das in sich reflektierte Gattungsallgemeine dar, das sich in Abgrenzung zu seinem Schein-nach-außen aufzufassen pflegt (vgl. etwa die logischen Bestimmungen ‚Das Ding und seine Eigenschaften‘, ‚Das Gesetz der Erscheinung‘ und ‚Das Verhältnis des Ganzen und der Theile‘). Für die begriffsartige Vermittlung der Bestimmungen des dritten Abschnitts ist ferner von Bedeutung: Bereits das jeweilige erste Moment macht deutlich, dass ein Unterschied nur als die eigene Reflexion dieses ersten Moments denkbar ist, und zwar als eine solche Reflexion, die kein Anderes, keine Bestimmtheit oder Unmittelbarkeit, braucht, sondern lediglich das erste Moment selbst als deren Substrat hat (vgl. z.B. die logischen Bestimmungen ‚Die Auslegung des Absoluten‘, ‚Zufälligkeit‘ und ‚Verhältnis der Substantialität‘). Die Sphäre des Besonderen, das zweite Moment nämlich, stellt die Unmittelbarkeit nicht mehr als reflektierte Unmittelbarkeit dar, sondern tatsächlich als Reflexion, sodass keine zwei mehr vorhanden sind, sondern nur die eine Bestimmtheit bzw. nur der Unterschied zwischen zwei nur scheinbar Unterschiedenen. Die Unterscheidung zwischen Schein-nach-innen und -nach-außen, mit welcher in diesem Moment operiert wird, ist höchstens eine Formunterscheidung, von welcher aus sich nicht mehr endgültig sagen lässt, welches das Innere und welches das Äußere sei (vgl. z.B. die logischen Bestimmungen ‚Das absolute Attribut‘, ‚Relative Notwendigkeit‘ und ‚Kausalitätsverhältnis‘). So lässt sich wie soeben im Hinblick auf die Seinslogik nun auch hinsichtlich der gesamten Wesenslogik zusammenfassend bemerken, dass die wahrhafte Lesart der unbefangenen nicht widerspricht. Auch alle wesenslogische Bewegung, also alles Scheinen, Erscheinen und Manifestieren, wird dadurch
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gekennzeichnet, dass sie eine gesetzte Variation der Identität von Schein-nachinnen und -nach-außen darstellt, die im wahrhaften Allgemeinen als absolute Negativität und einfache Selbstbeziehung festgestellt wird. Wie in der Seinslogik ist jenes Gesetzt-Sein auf die Unmittelbarkeit oder Bestimmtheit zurückzuführen – allerdings mit dem Unterschied zur Seinslogik, dass nun das bestimmte Gattungsallgemeine vorhanden ist. Vom Standpunkt des Begriffs als solchen her besteht demnach der Charakter des Wesens und der Wesenslogik in dem Begriff, der sich so begreift, als ob er nur als ein unmittelbar-bestimmter vorhanden wäre. In diesem Sinne ist das Wesen der scheinende, erscheinende und sich manifestierende Begriff. Insofern aber der Begriff als solcher hier nicht erkannt worden ist und die Bestimmtheit bzw. die Unmittelbarkeit eine tragende Rolle spielt, lässt sich auch das Wesen als der werdende Begriff charakterisieren, wenn auch im weiteren Sinne als beim Sein. Begriffslose Begriffe All diese Nuancierungen fasst Hegel in der ausdrucksstarken Bezeichnung der objektivlogischen Bestimmungen als begriffsloser Begriffe: „Das AbstractAllgemeine ist somit zwar der Begriff, aber als Begriffloses, als Begriff, der nicht als solcher gesetzt ist“ (BL: 40,15; vgl. a.a.O. 40,18–21). Begriffe sind die objektivlogischen Bestimmungen, weil sie wie, bereits gesehen, Erzeugnisse des Begriffs als solchen und von dessen Form der Allgemeinheit geprägt sind. Bei einem direkten Vergleich mit dem Begriff als solchem zeigen sie sich aber alle zusätzlich als begriffslos. Denn zwar weisen sie eine begriffsartige Vermittlung, ja die drei Momente der Selbstvermittlung des Begriffs als solchen auf (vgl. a.a.O. 40,4); doch macht diese Vermittlung nicht ihren Inhalt aus, sondern ist „nur Bedingung […], oder nicht an ihr selbst gesetzt“ (a.a.O. 40,11). Im Gegensatz nämlich zum Beginn der Begriffslogik ist ihr Inhalt irgendeine seiende Bestimmtheit, welche von ihrer Allgemeinheit qua ihrer Form unterscheidbar ist, und nicht „diese Totalität […], welche die Allgemeinheit der absoluten Negativität ist“ (a.a.O. 40,13). Die Bezeichnung ‚begriffsloser Begriff‘ trifft auf alle objektivlogischen Bestimmungen zu, insofern sie die Form des abstrakten Allgemeinen aufweisen – ausdrücklich auch auf die wesenslogischen (vgl. a.a.O. 40,23–33). Denn trotz der Anreicherung des Inhalts der objektivlogischen Bestimmungen durch das bestimmte Gattungsallgemeine ist es immer noch nicht der Begriff als solcher, welcher ihre „innerste Wahrheit“ ausmacht (ebd.). Denn das Gattungsallgemeine ist dort noch nicht als solches, nicht als die absolute Negativität, gesetzt und tätig, sondern stets mit dem Bezugspunkt der Unmittelbarkeit behaftet. Die Bestimmung des Begriffs als solchen besteht aber darin, genau diejenige absolute Negativität zu sein, welche die Unmittelbarkeit in sich aufgehoben hat, nämlich die übergreifende Totalität von Sein und Wesen und nicht bloß eine Komponente zu bilden.
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Außerdem bilden Anreicherungen des Inhalts in gewissem Sinne alle objektivlogischen Vermittlungen und Triaden überhaupt. Die Einführung des bestimmten Gattungsallgemeinen ist ein einmaliges Ereignis für die objektivlogische Bewegung. Der Inhalt wird aber bei jedem Fortgang um eine weitere Bestimmtheit angereichert, was in der objektiven Logik immer höhere Allgemeine zum Resultat hat (vgl. a.a.O. 36,15–17). ‚Höher‘ ist jedoch eine quantitative Angabe. Allgemeine, die als höher bezeichnet werden, sind dieser Angabe zufolge unmittelbar relativ auf andere (vgl. a.a.O. 36,2) und verhalten sich zueinander wie Mengen, die quantitativ Bestimmtheiten beinhalten, d.h. ohne Kenntnis oder Angabe über das eigentliche Prinzip und Element, das diese Bestimmtheiten wesentlich durchdringt und zusammenhält. Die Substanz etwa, welche dank ihrer Stelle kurz vor dem Abschluss der Wesenslogik als ein sehr hohes Allgemeines gelten kann, umfasst die Bestimmtheiten von Etwas oder Quantum in sich. Was aber das Etwas oder das Quantum für sich sind, vermag die Substanz nicht zu erklären, d.h., die Substanz macht nicht das Prinzip vom Etwas und Quantum aus und kann ihre logische Bestimmung nicht allein aus sich selbst herleiten – im Gegensatz zum Begriff als solchem, welcher wie gesehen als die absolute Negativität aus sich heraus all seine Bestimmungen überhaupt hervorbringt. In diesem Sinne werden seins- und wesenslogische Bestimmungen – trotz oder gerade dank der Anreicherung mit Bestimmtheiten – immer abstrakter: Als begriffslose Begriffe umfassen sie ihrer Form der Allgemeinheit nach immer mehr Bestimmtheiten, ohne jedoch die logische Herkunft dieser Bestimmtheiten, mithin den Inhalt der objektivlogischen Bestimmungen, zu erschließen. Man denke dabei an die oben87 umrissene massive Kritik Hegels an der gemeinen Gattung-Arten-Vorstellung: Solange ein Allgemeines nicht die innere Notwendigkeit der Bestimmtheit des Besonderen erschließt, das jenes unter sich subsumiert, kann es nicht als ein wahres, sondern nur als ein behauptetes Allgemeines, als ein „bloß äußerlicher Reflex“, genommen werden (a.a.O. 37,27). Nun ist die Substanz zwar nicht der bloß äußerliche Reflex von Etwas und Quantum – d.h., das jeweils höhere Allgemeine ist nicht der bloß äußerliche Reflex von allen im Verhältnis zu ihm niedrigeren Allgemeinen. Denn die Substanz ist aus den Letzteren, wie das Projekt der Wissenschaft der Logik nachzuweisen beansprucht, notwendiger- und nicht willkürlicherweise entstanden, sodass jedes höhere Allgemeine mit gutem Grund für ein relatives Allgemeines gehalten wird. 88 Was aber bloß irgendwie höhere Allgemeine allesamt aus der begriffslogischen Ära ausschließt, ist, dass innerhalb der objektiven Logik das Prinzip und Element der logischen Bewegung, die absolute Negativität, noch nicht als solches gesetzt bzw. festgestellt ist. Die immer höheren 87
Vgl. III.B.1.ii. Auf willkürliche Weise entstehen nur die Vorstellungen von realen Gegenständen, etwa die „vielfachen Naturgattungen“ (vgl. BL: 39,14–22). 88
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Allgemeinen sind nämlich die Ergebnisse der „Notwendigkeit des Uebergehens und Vergehens“ (a.a.O. 41,19), d.h. der noch nicht erkannten und zu ihrer Einheit drängenden Zweiheit der jeweiligen Bestimmtheit. Nun hat die wahrhafte Lesart erkannt, dass die Bestimmtheit überhaupt von der absoluten Negativität gesetzt worden ist und dass sie sogar eine Weise von Doppelschein und der Selbstrealisierung dieser Negativität ist. Doch besteht diese Weise genau darin, dass der Übergang als von einer verborgenen oder inneren Notwendigkeit getrieben, nicht autonom oder frei, vollzogen wird, d.h., als ob der Übergang nicht allein von der absoluten Negativität selbst getrieben wäre. So konstituieren die diversen relativ höheren Allgemeinen den Bereich der Notwendigkeit innerhalb der Wissenschaft der Logik (vgl. a.a.O. 40,21–24). Der Fortgang hingegen in einen solchen Gedanken, der dieselbe Notwendigkeit zum eigenen Thema hat, d.h., diese Notwendigkeit als etwas Erkanntes und für sich Offenbares darstellt, signalisiert den Beginn der Begriffslogik bzw. den Eintritt in das „Reich der Freyheit“ (a.a.O. 15,35). Die wahrhafte Lesart der subjektiven Logik So ist die kurze Passage des Unterkapitels „A. Der allgemeine Begriff“, welche die zweite und dritte Weise des Doppelscheins, d.h. das wahrhafte Allgemeine und mit ihm den ganzen Begriff als solchen und die übrige Begriffslogik, von der ersten Weise abgrenzt (BL: 35,31–36,30), die Passage also, die zum ersten Mal auf den Unterschied zwischen objektiver und subjektiver Logik der wahrhaften Lesart nach hingewiesen hat, wie folgt zu kommentieren: Das „wahrhaft höhere Allgemeine“ (und mit ihm die gesamte Sphäre des Begriffs als solchen), d.h. die zweite Weise des Doppelscheins, zeichnet sich allen bloß höheren Allgemeinen gegenüber dadurch aus, dass die „nach aussen gehende Seite“, d.h. der Schein-nach-außen, welcher die objektivlogische Bewegung zu einer zweiten Bestimmtheit bzw. zur zweiten Seite einer vorhandenen Bestimmtheit geleitet hat, „nach innen zurückgenommen ist“, d.h., keine weitere Bestimmtheit, sondern sich selbst zum Inhalt hat (a.a.O. 36,19–22). Einen Schein-nach-außen stellt sowohl das zweite Moment einer logischen Sphäre als auch eine gesamte logische Sphäre neben einer anderen dar, sowohl etwa die logische Bestimmung ‚Wechselbestimmung des Endlichen und Unendlichen‘ als auch das gesamte Dasein neben dem Sein oder die Wesenslogik neben der Seinslogik. Den Inhalt des wahrhaft höheren Allgemeinen und des Begriffs als solchen macht aber keine solche Bestimmtheit aus, die zu einer weiteren Seite ihrer selbst oder zu einer seienden Bestimmtheit drängt. Vielmehr ist es „die Bestimmtheit schlechthin nur als Gesetztes, oder als Schein“ (ebd.) 89, – nämlich die absolute 89 Bei der Betrachtung des allgemeinen Begriffs wurde ausgeführt, dass die Bestimmtheit schlechthin nur als Gesetztes oder als Schein der reine Prozess der absoluten Negativität ist. Dass die Bestimmtheit schlechthin nichts Anderes als Gesetztes oder als Schein ist, machte die Versicherung der wahrhaften Einteilung aus, welche die Unmittelbarkeit als die
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Negativität selbst, das Zusammenspiel von Schein-nach-innen und -nach-außen als solches – was nun den Inhalt ausmacht. Es ist keine verborgene Zweiheit mehr, die zum Vorschein drängt. Vielmehr ist es der Prozess der einfachen Selbstbeziehung selbst, was am Beginn der Begriffslogik thematisiert wird, und zwar als der enthüllte Grund aller bisherigen Zweiheit und Einheit. Der Wechsel von der ersten in die zweite Weise des Doppelscheins bzw. der Fortgang von dem letzten, höchsten und abstraktesten Allgemeinen in das wahrhaft höhere Allgemeine – was äquivalent zu einer wahrhaften Lesart des allerletzten Abschnittes der Wesenslogik ist – bedeutet demnach den Fortgang von der quantitativ reichsten Bestimmtheit zum Prinzip und Element, das alle Bestimmtheit wesentlich durchdringt, prägt und in sich fasst. Und dieser Fortgang liegt des Weiteren an der Veränderung der Bestimmtheit selbst, die bisher in der objektiven Logik als der Inhalt an der Form der abstrakten Allgemeinheit gedient hat.90 Diese Veränderung ist deswegen möglich, weil am Ende der Wesenslogik die Zweiheit, die von jeder Bestimmtheit und jedem Unterschied impliziert wird, derart entschärft worden ist, dass sie mit der Form der Allgemeinheit zusammenfällt und nicht mehr als ein für sich bestehendes Substrat der logischen Bewegung dienen kann. Weiter ist diese Veränderung auch deswegen notwendig, weil das Movens und Prinzip der logischen Bewegung, die absolute Negativität, die weitere Ausführung dieser Bewegung verlangt, und zwar nun genau mit der Betrachtung dieser Bestimmtheit, die mit der Form konvergiert. Die Begriffe, welche direkt an die durch das wahrhaft höhere Allgemeine eröffnete Sphäre des Begriffs als solchen anschließen, bilden die dritte Weise des Doppelscheins. Hier wird die logische Bewegung nicht mehr von der Notwendigkeit qua verborgener Zweiheit jeder Bestimmtheit, sondern von der absoluten Negativität als solcher getrieben. Die Allgemeinheit macht nicht nur die Form, sondern auch den Inhalt dieser Begriffe aus. So sind „Leben, Ich, Geist, absoluter Begriff“ sowie alle übrigen begriffslogischen – eventuell auch
Zersplitterung der Momente der absoluten Negativität auffasste. Zu erklären schließlich, inwiefern jede einzelne seiende Bestimmtheit schlechthin ein Gesetztes oder einen Schein darstellt, ist das Anliegen der wahrhaften Lesart. 90 Chr. Iber (vgl. Christian Iber, „Hegels Konzeption des Begriffs“, in: Anton Friedrich Koch/Friedrike Schick (Hgg.), G. W. F. Hegel. Wissenschaft der Logik, München 2010, 192) im Anschluss an Fr. Schick (vgl. Friedrike Schick, Hegels Wissenschaft der Logik – metaphysische Letzbegründung oder Theorie logischer Formen?, Freiburg (Breisgau)/München 1994, 197–202) rätselt darüber, „wie aus dem Aufstieg zu immer höheren, abstrakteren Allgemeinen das ‚wahrhaft höhere Allgemeine’ hervorgehen soll“. Da es dabei um Bezeichnungen von konkreten Gedanken der Logik aus der Perspektive der wahrhaften Lesart geht, ist es sicherlich verwirrend, allein diese Bezeichnungen ohne den Bezug auf die entsprechenden Gedanken zu betrachten. Gleichwohl ist der Fortgang der Wechselwirkung in den allgemeinen Begriff nicht so problematisch wie der dubios klingende Fortgang von einem unbekannten „abstrakten Allgemeinen“ in ein „wahrhaft höheres“.
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Kapitel III: Der absolute Begriff
realphilosophischen – Begriffe „in ihrer Realität schlechthin nur in sich und davon erfüllt“ (a.a.O. 36,22–25) und brauchen auf keinen Begriff außer sich selbst zu rekurrieren, um sich zu erschließen. Zwar bleibt die Bestimmtheit erhalten, und die begriffslogischen Gedanken zeichnen sich untereinander weiterhin auch „als höhere Gattungen“, jedoch nicht „nur“ als höhere Gattungen aus (ebd.). Da nämlich die Bestimmtheit nun enthüllt ist, sind diese Gedanken nicht nur der Form nach allgemein, d.h. weitere abstrakte oder begriffslose Begriffe, sondern „Concrete“ (ebd.). In demselben Sinne können sie ferner als weitere „bestimmte Begriffe“ betrachtet werden, die „ihre absolute Auflösung“ in einem anderen Allgemeinen haben, welches am Ende der Logik oder der Enzyklopädie vorkommt (a.a.O. 36,25–31). Doch haben sie eine Auflösung nur, „insofern“ sie „wohl auch nur bestimmte Begriffe“ sind (ebd.), d.h. nur ihrer Form nach, denn ihrem Inhalt nach sind sie (anders als die objektivlogischen Bestimmungen) für sich bestehende Begriffe und lassen sich nicht auflösen. Eine nähere Auskunft darüber, inwiefern die darauffolgenden Gedanken Begriffe darstellen, und zwar im Sinne der dritten Weise von Doppelschein, findet sich aber erst im Kapitel „C. Das Einzelne“.91 Weitere Akzentuierungen der wahrhaften Lesart Das Unterkapitel „B. Der besondere Begriff“ präsentiert ferner zwei letzte wichtige Gedanken, welche die wahrhafte Lesart weiter charakterisieren und die doppelte Funktion der Form der abstrakten Allgemeinheit abschließend markieren. Zum einen macht die Form der abstrakten Allgemeinheit die „Festigkeit“ oder „das fixe Bestehen“ aller Bestimmtheit aus, die für sich endlich und haltungslos ist (a.a.O. 41,15; 42,17). Die „Notwendigkeit des Uebergehens und Vergehens“ nämlich, welche allen seins- und wesenslogischen Bestimmungen zugrunde liegt, muss nicht zwangsweise das geordnete Übergehen von Gedankenbestimmungen zum Ergebnis haben, welches innerhalb der Logik dargestellt wird; sie könnte auch zu einer Verschmelzung oder Verleugnung und Vernichtung aller logischen Bestimmungen führen. Der Grund aber der Ordnung in der Logik, dass nämlich die diversen logischen Bestimmungen nicht als bloße Andere gleichgültig nebeneinanderstehen, sondern Affinitäten aufweisen und sich in konkreten Verhältnissen zueinander auffassen lassen, ist genau die Form der abstrakten Allgemeinheit. Weiter noch werden die logischen Bestimmungen durch die Form abstrakter Allgemeinheit nicht nur unverwechselbar, sondern auch unvergänglich. Denn indem sie triadisch aufgefasst werden, zeigen sie sich als sich auf sich selbst beziehend bzw. kraft ihrer selbst und für sich bestehend. So fixiert die Form der Allgemeinheit jede logische Bestimmung als einen bestimmten Begriff im logischen Kontinuum – in
91
Vgl. III.C.2.ii.
Der besondere Begriff
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Abgrenzung von den anderen logischen Bestimmungen und Triaden. Darin liegen auch der Wert und das Recht jeder objektivlogischen Bestimmung begründet, auch nach ihrem Übergang in ihr Anderes weiterhin in allen Teilen der Wissenschaft der Logik sowie im gesamten philosophischen Gebilde aufzutauchen und sich verwenden zu lassen, als wäre sie überhaupt nicht übergegangen.92 Zum anderen werden die Gedankenbestimmungen durch die Form der abstrakten Allgemeinheit, wie Hegel sagt, auch „begeistet“, d.h., in ihrem fixen Bestehen als etwas Lebendiges mit eigener Dynamik und Zielsetzung nachgewiesen (vgl. a.a.O. 42,22–37). Die dreigliedrigen Vermittlungen machen nämlich die eigene Bewegung und Selbstverwirklichung der jeweiligen logischen Bestimmung aus, und die weiteren oder übergreifenden Vermittlungen bilden einen logischen Organismus, innerhalb dessen jede Bestimmung nicht nur ihren eigentümlichen Platz hat, sondern als lebendiges Organ tätig ist. iv. Philosophisch-theologisches Zwischenresümee Versteht man wie das vorliegende Buch unter ‚philosophische Theologie‘ die rein logische Grundlagenforschung zum begrifflichen Fundament von Theologie bzw. Metaphysik überhaupt, so ist die philosophisch-theologische Bedeutung der soeben erfolgten Analyse unübersehbar. Zwar hat diese Analyse keine neue rein logische Absolutheitskonzeption auf der zweiten Ebene der philosophisch-theologischen Untersuchung der Logik geliefert; aber doch eine deutliche Bekräftigung und detaillierte Erklärung des Absolutheitsanspruchs, den der allgemeine Begriff erhoben hat: Das begreifende Denken, wie es in der
92
Der in der in allen Teilen der Logik sowie des gesamten philosophischen Systems unverzichtbare Rekurs auf aufgehobene Gedanken sollte ein Skandalon für die unbefangene Lesart dieses Werks sein. Denn sollte der logische Übergang von Bestimmung zu Bestimmung bloß das sukzessive Negieren und schlichte Auflösen von logischen Bestimmungen bedeuten, so sollten mindestens alle objektivlogischen Gedankenbestimmungen nach ihrem Übergang ineinander oder schließlich nach ihrem Übergang in den Begriff als unbrauchbar und überflüssig verworfen werden, wie etwa eine Leiter nach dem Erreichen der erwünschten Stufe. Hegels Auskunft über die aufbewahrende Funktion der ‚Aufhebung‘ bekräftigt diese Einsicht sogar, denn sie spricht genau für ein Aufbewahren erst im Resultat, jedenfalls aber nicht für das Aufbewahren der vorangegangenen Bestimmungen als solcher (vgl. SL: 94f.). Hegel selbst meint, bereits im Laufe der objektiven Logik wiederholt versucht zu haben, das Skandalon der Festigkeit der aufgehobenen Gedankenbestimmungen zu mäßigen, allerdings nur mit vorläufiger Wirkung: „Das isolirte Bestehen des Endlichen, das sich früher als sein Fürsich-seyn, auch als Dingheit, als Substanz bestimmte, ist in seiner Wahrheit die Allgemeinheit, mit welcher Form der unendliche Begriff seine Unterschiede bekleidet – eine Form, die eben einer seiner Unterschiede selbst ist.“ (BL: 36,39ff.) Der einzige Versuch jedoch, die Festigkeit des Endlichen innerhalb des Rahmens der objektiven Logik systematisch zu klären, findet sich, wie gesehen, im Kapitel „Das Absolute“.
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Kapitel III: Der absolute Begriff
Sphäre des Begriffs als solchen eigens thematisiert wird, macht nicht bloß einen weiteren Gedankenschritt aus; vielmehr durchdringt es und fasst in sich als deren Prinzip und Element alle logischen Bestimmungen und alle Begrifflichkeit, derer es bedarf, die Absolutheit Gottes vernünftig auszudrücken. Nicht nur artikuliert also die Logik rein logische Absolutheitskonzeptionen und gibt mit rein logischen Mitteln die begriffliche Grundlage verschiedener vernünftiger Gotteslehre zu erkennen. Durch die Metaüberlegungen des besonderen Begriffs ist man sogar bestens darüber informiert, inwiefern jene Absolutheitskonzeptionen und Grundlage sowie ihre Erforschung tatsächlich begrifflich sind. Hinsichtlich aller auf der zweiten Ebene der Untersuchung registrierten Absolutheitskonzeptionen und der mit ihnen zusammenhängenden Bestimmungen ist dem besonderen Begriff nach festzuhalten, dass sie allesamt gewisse Begriffe bzw. bestimmte Begriffe oder auch den Begriff als solchen darstellen. Die philosophische Theologie der Logik unterscheidet sich von anderen entsprechenden Projekten, insofern sie nicht auf Entitäten aufbaut, die empirisch wahrnehmbar, existent oder manifest sind, um eine Absolutheitskonzeption zu artikulieren. Vielmehr erforscht sie ausschließlich Begriffe, ohne mögliche Entitäten in Betracht zu ziehen, die diesen Begriffen eventuell entsprechen könnten. Und sie erforscht diese Begriffe rein begrifflich: Die in der Logik betriebene philosophische Theologie, die rein logische Grundlagenforschung, ist die begriffliche Grundlagenforschung zum begrifflichen Fundament der Theologie und aller Metaphysik. Die rein logischen Absolutheitskonzeptionen und die logischen Kerne philosophischer Theologie, die sie zu erkennen gibt, bilden trotz ihrer Unterschiede bestimmte Konstellationen vom allgemeinen und besonderen Begriff bzw. von Reflexion-in-sich und -in-Anderes, welche ihren logischen Archetyp in der Sphäre des Begriffs als solchen hat. Dies präzisieren die Metaüberlegungen des besonderen Begriffs zweifach: hinsichtlich der Makrostruktur bzw. der wahrhaften Einteilung der begrifflichen Grundlagenforschung und hinsichtlich ihrer Mikrostruktur, d.h. der wahrhaften Lesart jeder einzelnen theologischen Grundbestimmung in Bezug auf ihre Andere. Was die Makrostruktur der begrifflichen Grundlagenforschung betrifft, so stellen die obigen Metaüberlegungen eine klare Klassifizierung – gar Hierarchisierung – von rein logischen Absolutheitskonzeptionen fest. Je nachdem, wie sich Allgemeines und Besonderes jeweils zueinander verhalten, teilen sich Konzeptionen innerhalb der Logik in diejenigen, die vor oder nach der Feststellung der absoluten Negativität als solcher vorkommen, d.h. vor oder nach der Feststellung des Gattungsallgemeinen und der Identität von Reflexion-insich und -in-Anderes. Erstere sind die objektivlogischen Absolutheitskonzeptionen, die zu den Letzteren, den subjektivlogischen, hinführen. Unter den objektivlogischen bilden sich zwei weitere Klassen heraus: einerseits die Klasse von Absolutheitskonzeptionen, welche die absolute Negativität schlicht nicht
Der besondere Begriff
341
berücksichtigt (Seinslogik), andererseits die, welche sie in gewisser Weise berücksichtigt (Wesenslogik). Zur Letzteren gehören schließlich Absolutheitskonzeptionen, nach welchen sich die absolute Negativität das Sein subordiniert, es als von ihr abhängig setzt, oder sich von ihm nur scheinbar unterscheidet. Ein Vergleich dieser Klassifizierung zu der durch den wesenslogischen Begriff des Absoluten initiierten findet sich weiter unten. 93 Für den Moment ist jedoch wichtig festzuhalten, dass die wahrhafte Einteilung auf ein begriffliches Rangverhältnis hinweist, das die begriffliche Überund Unterlegenheit von bestimmten Gruppen von Absolutheitskonzeptionen und theologischen Grundbestimmungen deutlich macht. Hegels rein logische Grundlagenforschung zum begrifflichen Fundament der Metaphysik scheut sich nicht davor, klar Position zu beziehen, metaphysische Grundannahmen als logisch insuffizient zu betrachten und gleichzeitig das Ziel ihrer Fortentwicklung zu nennen. In diesem Sinne bietet die wahrhafte Einteilung eine schnelle und ebenso präzise Orientierung in Hegels philosophisch-theologischer Grundlagenforschung, darin nämlich, was eine philosophische Theologie im Sinne Hegels überhaupt und hinsichtlich einzelner Absolutheitsauffassungen zu leisten hat. Darauf aufbauend ermöglichen ferner die Metaüberlegungen des besonderen Begriffs ein neues Verständnis der Mikrostruktur der Logik, das sich nicht auf den bloßen Vorschlag einer neuen Lesart beschränkt, sondern die auf dem wesenslogischen Standpunkt des Absoluten prominent gewordene esoterische Lesart zur wahrhaften pointiert. Die wahrhafte Lesart erklärt nämlich, worin der begriffliche Charakter einzelner logischer Bestimmungen liegt, die Absolutheitskonzeptionen darstellen oder mit solchen zusammenhängen; wie sich diese Bestimmungen im Einzelfall zueinander verhalten, auseinander entstehen und sich gegenseitig aufheben; oder kurz: wie sie sich begreifen lassen. Demnach geht die begriffliche Grundlagenforschung in Triaden aus Reflexion-insich, -in-Anderes und deren konstatierter Einheit voran, was die Momente einer potenziellen Selbstunterscheidung, ihrer Ausführung bzw. Fortbestimmung und schließlich der Feststellung der Zusammengehörigkeit jener ersten zwei Momente bedeutet. Ob diese triadische Struktur als die Notwendigkeit erkannt ist, welche die gesamte begriffliche philosophisch-theologische Grundlagenforschung durchdringt und vorantreibt, macht den inhaltlichen Unterschied zwischen objektiv- und subjektivlogischen Absolutheitskonzeptionen aus, die jene als begriffslos und blind, diese als vom Begriff erfüllt und frei kennzeichnet. Wie noch weiter unten thematisiert wird 94, blieb die dreigliedrige Herangehensweise begrifflicher Grundlagenforschung auf dem wesenslogischen Standpunkt des Absoluten ein Rätsel, was die Bedeutsamkeit der jetzigen Metaüberlegungen unterstreicht. 93 94
Vgl. III.D.2.ii. Vgl. III.D.2.ii.
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Kapitel III: Der absolute Begriff
Der wichtigste Beitrag des besonderen Begriffs zur begrifflichen Grundlagenforschung besteht jedoch nicht in den Metaüberlegungen über den Charakter der logischen Bestimmungen und dieser Grundlagenforschung selbst. Beachtenswerter noch ist die Bestätigung des Absolutheitsanspruchs des allgemeinen Begriffs. Denn dadurch bestätigt sich die Auffassung, Hegels philosophische Theologie plädiere für keine so oft kritisierte Ontotheologie bzw. ‚vormalige‘ Metaphysik, sondern für eine Epistemologie, und zwar für die Epistemologie begreifenden Denkens: Keine Entität, kein fixes Absolutes und keinen Begriff, dem eine seiende Bestimmtheit zugrunde liegt, stellt die begreifende Grundlagenforschung als ihre Vollendung hin, sondern den Begriff als solchen, die Feststellung der Art und Weise begreifenden Denkens. Die begreifende Grundlagenforschung zum Fundament aller Theologie und Metaphysik kulminiert nämlich mit der Exposition ihrer eigenen Methode, das ist: mit der Exposition der Art und Weise, alle logischen Bestimmungen, alle rein logische Absolutheitskonzeption und das begriffliche Fundament jeglicher Gotteslehre und Metaphysik begrifflich zu erforschen. Wahrhaft absolut ist aus logischer Sicht allein die Art und Weise, die die konsequente Untersuchung jeden Absolutheitsanspruchs ermöglicht und vorantreibt. Die Exposition dieser Art und Weise aber ist eine Epistemologie, sodass die begriffliche Grundlagenforschung zur Metaphysik nicht in einem herkömmlichen metaphysischen Begriff, sondern in der Epistemologie ihre Kulmination erreicht. Hiermit wird ersichtlicher, was es mit der Metaphysik des Begriffs95 auf sich hat, als welche sich die Logik zu Beginn der Begriffslogik frei, also spontan und autonom, bekennt. Die begriffliche Grundlagenforschung zur Metaphysik ergibt die Exposition des Begriffs als solchen, also die Epistemologie begreifenden Denkens, als ihren Mittelpunkt, der die begriffliche Kommensurabilität aller Absolutheitsauffassungen gewährleistet. Wie noch weiter unten zu besprechen sein wird, hat das gravierende Folgen nicht zuletzt für die exoterische Ebene der philosophisch-theologischen Untersuchung der Logik.96 Die Metaphysik des Begriffs ist jedoch eine primäre Angelegenheit der esoterischen Ebene philosophisch-theologischer Untersuchung bzw. des esoterischen Aspekts der Logik selbst. Und es ist bereits dieser Kontext, in dem sich der Begriff als solcher als der absolute Begriff bezeichnen lässt, als der Begriff nämlich, der alle übrigen mit Absolutheitsansprüchen einhergehenden Begriffe in sich aufgehoben hat. Von ihm her betrachtet zeigen sich alle objektivlogischen Absolutheitskonzeptionen als Vorformen oder das Werden des absoluten Begriffs. Von der übrigen subjektiven Logik andererseits – oder womöglich auch von der Realphilosophie – sind Begriffe zu erwarten, die vom absoluten Begriff „erfüllt“ sind und schließlich zum „wahrhaft absolute[n] Begriff“ führen (BL: 36,25–27). Das sind Begriffe, die genau deshalb einen Absolutheitsanspruch 95 96
Vgl. Vorüberlegungen, Ziffer 2.ii. und Vorbemerkungen, Ziffer 2 zu Kapitel III. III.D.5.
Das Einzelne
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erheben, weil ihnen erwiesenermaßen keine seiende Bestimmtheit, sondern die Art und Weise begreifenden Denkens zugrunde liegt. Anders gewendet: Sie gelten als absolut ausdrücklich aus rein epistemologischer Sicht.
C. Das Einzelne Das Einzelne
1. Die logische Bestimmung ‚Einzelnes‘ i. Die konkret mit sich identische Bestimmtheit der „totalen Reflexion“ bzw. des „Doppelscheins“ Vor dem Fortgang in den besonderen Begriff ist darauf hingewiesen worden 97, dass einerseits das Prinzip und Movens, das zu diesem Fortgang gedrängt hat, mit dem allgemeinen Begriff bereits gegeben war, und dass andererseits der besondere Begriff kein festes Anderes neben dem allgemeinen Begriff darstellen konnte, sondern denselben Inhalt mit ihm teilen musste. Näher wurde sogar der besondere Begriff als die eigene Ausführung des Allgemeinen aufgefasst, d.h. als die spontane Entfaltung der absoluten Selbstbezüglichkeit, Vermittlung, Negativität etc. – kurz: das spontane Aneinander-Setzen der Momente des Begriffs als solchen. All dies gilt auch für den auf das Besondere folgenden Gedanken, sofern er noch der Sphäre des Begriffs als solchen angehört. So muss dieser neue Gedanke einerseits mit dem besonderen Begriff inhaltlich identisch sein und andererseits von ihm als dessen Ausführung und Produkt gesetzt werden. Bildete nämlich der allgemeine Begriff die absolute Selbstbezüglichkeit, Vermittlung, Negativität usw. als solche, und wurde der darauffolgende besondere Begriff als die aus sich heraus entfaltete oder als die (bloß) gesetzte Selbstbezüglichkeit aufgefasst, so muss der jetzt gesuchte Gedanke dieselbe Selbstbezüglichkeit und Negativität als eine solche darstellen, die erneut gesetzt wird, d.h. das Resultat des vorangegangenen Setzens bildet. Die logische Bezeichnung dieses Resultats lautet „Einzelnes“; Einzelheit – oder in Hegels Sprachgebrauch „Einzelnheit“ – ist als Synonym für das Einzelne zu betrachten. Dass das dritte und letzte Moment des Begriffs als solchen, die anderen zwei als eine gewisse Einheit widergibt, hat Hegel bereits aus verschiedenen Anlässen im Laufe des Kapitels „Der Begriff“ antizipiert (vgl. BL: 35,24; 40,3–6) und stillschweigend immer dann nahegelegt, wenn er von Allgemeinem und Besonderem gesprochen hat (Sphäre des Besonderen) oder das Besondere als Moment im Allgemeinen erklärt hat (Gattungsallgemeine als solches). Nun geht es jedoch um die genaue Bestimmung solcher Einheit ausdrücklich als das Resultat der bisherigen Vermittlung. Und bereits vor dem neuen Unterkapitel „C. Das Einzelne“ spitzt Hegel die Anforderungen an dieses Resultat weiter 97
Vgl. III.B.1.i.
344
Kapitel III: Der absolute Begriff
zu, indem er es nicht als irgendein Gesetztsein, sondern als das Fürsichsein und die Idealisierung des Vorangegangenen präzisiert: Das, was im allgemeinen Begriff enthalten und im besonderen Begriff gesetzt war, muss nun als „für sich gesetzt“ werden (a.a.O. 43,13). Näher betrachtet ist vom Einzelnen gefordert, die bereits mit dem Allgemeinen in den logischen Verlauf als solche initiierte einfache Bestimmtheit als durch sich selbst vermittelt festzulegen. Es handelt sich um die zweite Weise der totalen Reflexion bzw. des Doppelscheins, nach welcher Reflexion-in-sich und -in-Anderes bzw. Schein-nach-innen und -nach-außen – anders als in der objektiven Logik und bei der ersten Weise der totalen Reflexion – substantiell zusammengehören.98 Waren aber Reflexion-in-sich und -in-Anderes beim allgemeinen Begriff miteinander identisch und als das Potential einer einfachen Unterscheidung enthalten; und waren sie beim besonderen Begriff als zwei sich unterscheidende Momente der einen substantiellen Einheit gesetzt; so stellt sie das Einzelne als ideale Momente einer fürsichseienden Einheit dar. Anders gewendet: War zunächst die Bestimmung der Reflexion-in-sich und dann die der Reflexion-in-Anderes maßgebend für die einfache Bestimmtheit ‚Begriff als solcher‘, so tritt nun ihre Einheit als solche in den Vordergrund. Oder auch: Ging es zunächst in der Sphäre des Begriffs als solchen um die einfache Identität der einfachen Bestimmtheit mit sich und dann um die gesetzte, so bedeutet das Einzelne die konkrete, d.h. die mit sich zusammengewachsene Identität der einfachen Bestimmtheit mit sich. Das Einzelne muss daher als die voll entwickelte, und zwar als die rein reflektierend voll entwickelte einfache Bestimmtheit verstanden werden. Es ist die Denkbestimmung, dass die einfache Bestimmtheit als solche, d.h. als die einfache Selbstbeziehung und absolute Vermittlung, nicht an einer seienden Bestimmtheit oder die Härte solcher Bestimmtheit aufweisend, alle Momente ihrer Entwicklung durchlaufen hat und nun konkret geworden ist. ‚Einzelnes‘ steht in diesem Sinne in der Sphäre des Begriffs als solchen für die denkerisch mit sich zusammengewachsene Identität der einfachen Bestimmtheit. Für das Einzelne gilt also par excellence, dass in ihm als dem dritten Moment des Begriffs als solchen genau das erkannt worden ist, was bereits beim ersten Moment bekannt im Sinne von ‚enthalten‘ und beim zweiten gesetzt war. Denn während es etwa in objektivlogischen Triaden seiende Bestimmtheiten sind, die erkannt werden, steht das Einzelne in der Sphäre des Begriffs als solchen für die Erkenntnis der Momente allein der rein reflexiven bzw. denkerischen Selbstbeziehung. Dass vom abschließenden Gedanken der Sphäre des Begriffs als solchen genau diese reine Erkenntnis des Begriffs als solchen über sich selbst zu erwarten ist, gibt auch der letzte Absatz des Unterkapitels „B. Der besondere Begriff“
98
Vgl. III.A.2.ii.
Das Einzelne
345
zu verstehen: „Indem der bestimmte Begriff in dem Bisherigen in seiner Wahrheit dargestellt ist, so ist nur noch übrig anzuzeigen, als was er hiemit schon gesetzt ist“ (a.a.O. 43,7f.). Das Resultat und die Idealisierung der Sphäre des Begriffs als solchen müssen demzufolge als das „Anzeigen“, d.h. als eine Neufassung und Übersicht über das Vorhandene verstanden werden. So wäre dem systematischen Interesse am jetzt näher zu betrachtenden Unterkapitel „C. Das Einzelne“ damit Genüge getan, dass man, anstatt einen radikal neuen Gedanken zu suchen, den Gedankengang des Unterkapitels „B.“, welcher wiederum die Feststellungen des Unterkapitels „A.“ analysiert hat, zu bilanzieren versuchte. Beim Einzelnen handelt es sich nämlich ausdrücklich um den bilanzierenden Überblick über das in der Sphäre des Begriffs als solchen bisher Geschehene. Diesen bilanzierenden Überblick präzisiert und liefert Hegel sogar in zwei Schritten. Zunächst charakterisiert er das Einzelne als „die Rückkehr des Begriffs in sich selbst“ oder „die Reflexion des Begriffs aus seiner Bestimmtheit in sich selbst“ (a.a.O. 49,6f.; 51,10). Dadurch akzentuiert er den bilanzierenden Überblick als den Rückblick auf die Sphäre des Begriffs als solchen. Bald wird sich jedoch zeigen, dass das Einzelne auch den „Verlust“ des Begriffs als solchen darstellt (a.a.O. 51,11). Das Einzelne markiert nämlich nicht nur die Vollendung, sondern ausdrücklich auch das Ende dieser Sphäre und signalisiert zugleich den Fortgang der begreifenden Bewegung, sodass das Einzelne auch den abschließenden Überblick über den Begriff als solchen und den Ausblick auf das Darauffolgende ausmacht. ii. Das Einzelne als die Rückkehr des Begriffs als solchen in sich selbst Die soeben umrissene konkret mit sich identische einfache Bestimmtheit exponiert Hegel unter Ziffer 1 des Unterkapitels „C. Das Einzelne“ als die „Rückkehr“ des Begriffs als solchen in sich selbst (BL: 43,18; 51,10). Damit ist zunächst eine Bewegung gemeint, und zwar die eigene Dynamik oder das Begreifen des Begriffs als solchen, deren Movens bereits mit dem Allgemeinen entdeckt worden ist. 99 ‚Rückkehr‘ bedeutet außerdem die Vollendung (also keine bloße Zwischenstation einer Bewegung), die sogar darin besteht, dass das Subjekt der Bewegung zum Ausgangspunkt, d.h. im jetzigen Fall zum Allgemeinen, zurückkommt. Auch in diesem Sinne vollzieht das Einzelne, wie es hier verstanden wird, eine Rückkehr. Denn das Einzelne bildet wie bereits das Allgemeine die Identität von Schein-nach-innen und -nach-außen, aber mit der zusätzlichen Bedeutung, diese Identität nicht als eine anfängliche und einfache darzustellen, sondern sie erkannt zu haben in ihrer ganzen Tragweite (durch ihre Bezugnahme auf das Besondere). In demselben Sinne lässt sich das Einzelne außerdem auch als „Reflexion“ bezeichnen (a.a.O. 49,6): Das Einzelne 99
Vgl. Vorüberlegungen zu Kapitel III, Ziffer 3.i; III.B.1.i.
346
Kapitel III: Der absolute Begriff
ist nicht das Allgemeine als solches, sondern die Widerspiegelung desselben im Medium der durch dasselbe vollständig gesetzten einfachen Bestimmtheit oder das Allgemeine als durch seine von ihm gesetzte einfache Bestimmtheit vermittelt. Ferner, so Hegel weiter, handelt es sich dabei um eine Rückkehr oder Reflexion allein „des Begriffs“, d.h. des Begriffs als solchen, die so stattfindet, dass der Begriff darin als solcher allein „in sich selbst“ ist und bleibt (a.a.O. 51,10; 43,18; 49,7). Dadurch weist Hegel auf die Identität der drei Momente dieser Sphäre hin. Obwohl Allgemeines, Besonderes und Einzelnes ineinander gehen und jedes an ihm selbst sein Anderes hat, bleibt ihre Identität, die bereits mit dem Allgemeinen als eine einfache festgestellt worden ist, ungetrübt: Alle Vermittlung und ausdrücklich das Resultat der Vermittlung dieser Sphäre sind insofern identisch, als sie sich in der „Bestimmung der absoluten Negativität“ befinden (a.a.O. 49,10). Reflexion und Rückkehr sollen als ausschließlich innerhalb der Sphäre des Begriffs als solchen stattfindende verstanden werden, also als dem Begriff als solchem zugehörende Momente, und somit von einem Begriff, der „ausser sich“ wird bzw. „in Wirklichkeit“ tritt, klar unterschieden werden (a.a.O. 51,12).100 Wurde darüber hinaus oben das Allgemeine als die Negation der Negation akzentuiert, d.h. als das Zurückweisen der seienden Bestimmtheit überhaupt, als die Negativität selbst oder die reine Selbstbezüglichkeit, so ist auch die Rückkehr des Allgemeinen in seine eigene Bestimmung als die „sich auf sich beziehende Negativität“ oder die „unmittelbare Identität des Negativen mit sich“ zu verstehen (a.a.O. 51,20f.). Das Einzelne stellt nämlich die absolute Negativität dar, insofern sie nicht nur als solche besteht, sondern zugleich erwiesenermaßen mit sich zusammenhängt und das Resultat ihrer Vermittlung durch sich selbst ist. Während schließlich das Besondere der Begriff als solcher in „seiner Bestimmtheit“ bzw. derselbe als sein „Andersseyn“ ist, vollzieht das Einzelne die „Vermittlung“ dieses Begriffs, insofern „sein Andersseyn sich wieder zu einem Andern gemacht“ hat (a.a.O. 49,7f.). Weiterhin handelt es sich um eine rein reflexive Vermittlung, bei welcher das jeweilige Andere kein objektivlogisches und keine seiende Bestimmtheit ist. Das Neue aber im Vergleich zum Besonderen besteht darin, dass der Schein-nach-außen ausdrücklich nicht mehr selbstständig neben dem Schein-nach-innen besteht, sondern als Scheinmoment gesetzt ist, und somit als ein Ideelles im Doppelschein erkannt ist. Nicht zu verschweigen ist vor dem Hintergrund des so aufgefassten Einzelnen die Affinität der drei Begriffsmomente – des Allgemeinen, Besonderen und Einzelnen – zur Form der abstrakten Allgemeinheit, welche der wahrhaften 100 Der Begriff als solcher, wie er „ausser sich“ oder „in Wirklichkeit“ ist, signalisiert wie es unten eigens zum Thema gemacht wird, den Verlust des Begriffs als solchen (III.C.1.iii.) und leitet in die wahrhafte Lesart der übrigen subjektiven Logik ein (III.C.2.ii.).
Das Einzelne
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Lesart nach etwa in der objektiven Logik wiederzuerkennen ist.101 Das Allgemeine bildet nämlich den logischen Archetyp des ersten Moments bzw. der Reflexion-in-sich einer objektivlogischen Triade; das Besondere, das logische Archetyp des zweiten Moments usw. Doch, anders als in der objektiven Logik, handelt es sich in der Sphäre des Begriffs als solchen nicht allein um die Form der Allgemeinheit bzw. nur um die abstrakte Allgemeinheit, welche eine seiende Bestimmtheit qua Inhalt nur bekleidet. Vielmehr fällt die Form des Begriffs als solchen, welche die gleiche wie die Form der abstrakten Allgemeinheit ist und den Begriff als solchen in seinen drei Momenten gliedert, mit dem Inhalt des jeweiligen Moments zusammen. Jedes der Momente der Identität von Reflexion-in-sich und -in-Anderes macht nämlich die Bestimmung aus, in welcher wiederum nichts anderes als diese Identität selbst zu finden ist. So gilt für die Sphäre des Begriffs als solchen, dass dieser sich selbst, und zwar als Ganzes, in sein jeweiliges Moment versetzt. Um den Unterschied zwischen allen objektivlogischen und der ersten begriffslogischen Triade noch einmal plakativ zu formulieren: Während jene als begriffslose Begriffe aufgefasst werden müssen, d.h. als die nach den Begriffsmomenten bloß formierte seiende Bestimmtheit, ist der Begriff als solcher, da seine Momente gleichermaßen seine Form und seinen Inhalt bilden, in sich und durch sich selbst vollständiger, absoluter Begriff. Der Beitrag des Einzelnen zum logischen Verlauf besteht daher darin, dass in ihm das „wahre Verhältnis, die Untrennbarkeit der Begriffsbestimmungen“ nicht nur vorhanden ist – dies war bereits beim Allgemeinen als der absoluten Negativität der Fall –, sondern „gesetzt“, d.h. nachgewiesen oder erkannt (a.a.O. 50,39). Jedes der drei Momente des Begriffs als solchen ist mit den anderen zwei inhaltlich identisch und enthält in sich die Form oder Bestimmung derselben, ist also von diesen tatsächlich untrennbar. Speziell für das Einzelne, welches den Inhalt des Begriffs als solchen in der Bestimmung der Einheit von Schein-nach-innen und -nach-außen darstellt, gilt sogar, dass es das „Zusammengegangenseyn“ der zwei vorangegangenen Begriffsbestimmungen miteinander ausmacht (a.a.O. 51,2). Im Hinblick ferner auf das zweite Moment, den besonderen Begriff, welches die durch das Allgemeine gesetzte Identität von Schein-nach-innen und -nach-außen oder schlicht das „Gesetztseyn“ des Begriffs als solchen bildet, ist folgendes anzumerken: „[N]unmehr“, d.h., sobald sich der Begriff als solcher zum Einzelnen fortbestimmt hat, ist „gesetzt“, d.h. erkannt, dass der besondere Begriff ebenfalls wie das Allgemeine „das An- und fürsichseyn“ ist, nämlich die Identität von Scheinnach-innen und -nach-außen (a.a.O. 51,5–9, vgl. a.a.O. 31,4–7). Der Unterschied, der dort wie auch in den anderen zwei Begriffsbestimmungen zu finden ist, schränkt den Begriff als solchen nicht wie der fremde Inhalt einer seienden Bestimmtheit ein, sondern dient dazu, die „Totalität“ zum Ausdruck zu bringen 101
Vgl. III.B.2.iii.
348
Kapitel III: Der absolute Begriff
(ebd.). Oder anders gewendet: Auf dem Standpunkt des Einzelnen ist erkannt worden, dass selbst der besondere Begriff trotz bzw. „in seiner Bestimmtheit der ganze Begriff“ ist (ebd.), denn diese Bestimmtheit ist die einfache, die von und in dem Begriff als solchem gesetzt ist. In der objektiven Logik hingegen hatte die Bestimmtheit dazu geführt, dass erst das jeweilige dritte Moment der ganze Begriff war, und zwar lediglich der ganze jeweilige bestimmte und begriffslose Begriff. Hiermit ist die konkrete Identität von Allgemeinem, Besonderem und Einzelnem gewonnen. Der Unterschied zwischen diesen drei Momenten dient ohne jegliche Einschränkungen allein deren Identität; und deren logischer Fortgang ineinander besteht nur in der Entwicklung derselben. Schließlich sind für das adäquate Verständnis der Identität von Allgemeinem, Besonderem und Einzelnem zwei weitere Bemerkungen Hegels hilfreich. Die eine versteht sich von selbst und bedarf keiner weiteren Erläuterung: „Nur die blosse Vorstellung, für welche […] das Abstrahiren [jede Unterscheidung des Begriffs als solchen] isolirt hat, vermag sich das Allgemeine, Besondere und Einzelne fest auseinander zu halten; so sind sie zählbar, und für einen weitern Unterschied hält sie sich an den völlig äusserlichen des Seyns, die Quantität, die nirgend weniger, als hieher gehört“ (a.a.O. 50,34–38).
Die zweite Bemerkung Hegels besteht in der Warnung davor, das Einzelne „als eine der besondern Begriffsbestimmungen“ aufzuführen (a.a.O. 50,24–30), d.h. als eine Begriffsbestimmung – sei’s auch die Einheit der Begriffsbestimmungen –, die nur am Allgemeinen und Besonderen bestehe. Denn das wäre äquivalent mit einer Verwechslung des Einzelnen durch die „Besonderheit“, die die Besonderheit fälschlicherweise für diejenige „Totalität“ halten würde, „welche alle [Begriffsbestimmungen] in sich begreift“ (ebd.). Gravierend ist allerdings Hegels weitere daran anschließende Andeutung, dass die Besonderheit diese Funktion tatsächlich übernehmen kann, jedoch nicht innerhalb der Sphäre des Begriffs als solchen, sondern erst in dem Schluss-Kapitel. Dort wird nämlich die Besonderheit, so Hegel weiter, in der Form der Totalität zum Vorschein kommen, die alle Begriffsbestimmungen in sich begreift, und als solche „wird sie die Mitte des formalen Schlusses ausmachen“ (ebd.). Die Frage, welche Rolle die Besonderheit beim Schluss spielt, lassen wir an dieser Stelle auf sich beruhen. Keineswegs darf aber die allgemeinere darin enthaltene Pointe marginalisiert werden: Allgemeines, Besonderes und Einzelnes in der Sphäre des Begriffs als solchen sind offenbar vom Allgemeinen, Besonderen und Einzelnen, wie sie im späteren Kontext der Begriffslogik, etwa beim Urteil, Schluss oder bei der Objektivität wieder vorkommen, zu unterscheiden. Dieser Punkt ist nun eigens hervorzuheben.
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iii. Das Einzelne als der Verlust des Begriffs als solchen Gleich die ersten Sätze von Ziffer 2 der Untersuchung des Einzelnen bekunden unzweideutig einen Bruch, der weitreichende Folgen nicht nur für das Einzelne selbst und die Sphäre des Begriffs als solchen insgesamt, sondern – wie unten noch ausführlich berichtet wird 102 – auch für den weiteren Verlauf der Begriffslogik hat: „Die Einzelnheit ist aber nicht nur die Rückkehr des Begriffes in sich selbst, sondern unmittelbar sein Verlust. Durch die Einzelnheit, wie er darin in sich ist, wird er ausser sich, und tritt in Wirklichkeit“ (BL: 51,10–12). Es ist auffällig, dass Hegel nur lapidare Hinweise dafür gibt, wie das Einzelne zu diesem Verlust kommt, und stattdessen direkt zur Charakterisierung von dessen Bestimmung übergeht. Beides dreht sich um die Akzentuierung des Einzelnen als ein „für sich seyendes“ (a.a.O. 51,21). Sie ist hier eigens zu betrachten. Dass das Einzelne ein Fürsichsein bildet, war bereits vor dem Hintergrund des Besonderen absehbar (vgl. a.a.O. 43,13) und wurde oben in der Formulierung ‚die konkret mit sich identische Bestimmtheit der totalen Reflexion‘ und als die Rückkehr des Begriffs als solchen in sich verdeutlicht. ‚Fürsichsein‘ nämlich drückt in diesem Fall die Idealität des erkannten Unterschieds in der einfachen Bestimmtheit bzw. die Aufhebung des nichtigen Unterschieds des Besonderen und die Wiederherstellung der anfänglichen absoluten Negativität und Selbstbeziehung aus. Nun bildete aber bereits jene anfängliche Negativität und Selbstbeziehung (der allgemeine Begriff) ein Fürsichsein, das den nichtigen Unterschied zwischen Reflexion-in-sich und -in-Anderes in sich enthielt.103 Also muss das Einzelne nicht nur als ein Fürsichsein verstanden werden, sondern, insofern es das Resultat der Entwicklung des anfänglichen Fürsichseins darstellt, als das Fürsichseiende der jetzigen Sphäre aufgefasst werden, das genau die Bestimmtheit der absoluten Negativität und Selbstbeziehung idealisiert und aufhebt.104 Es handelt sich nämlich um die „sich auf sich beziehende Negativität“ und die „unmittelbare Identität des Negativen mit
102
Vgl. III.C.2.ii. Vgl. BL: 49,26. Die Zusammengehörigkeit von allgemeinem Begriff qua absoluter Negativität, Vermittlung und einfacher Selbstbezüglichkeit, deren Momente nur innere sind, ist bereits in die terminologische Festsetzung des Fürsichseins der Seinslogik eingebettet: ‚Fürsichsein‘ wird jenes Dasein genannt, welches „wesentlich Negation der Negation, die sich auf sich beziehende Negation“ ist (SL: 137,21–24). „Das Fürsichseyn ist die einfache Einheit seiner selbst und seines Moments, des Seyns für-eines. Es ist nur Eine Bestimmung vorhanden, die Beziehung-auf-sich-selbst des Aufhebens“ (a.a.O. 150,26–28). 104 Wie beim Allgemeinen und Fürsichsein, so ist auch in die terminologische Festsetzung des Eins das Einzelne qua Rückkehr des Allgemeinen in sich und sich auf sich beziehende Negativität eingebettet: „Das Eins ist die einfache Beziehung des Fürsichseyns auf sich selbst, in der seine Momente in sich zusammengefallen sind,“ oder die „Beziehung des Negativen auf sich“ bzw. die „Beziehung [des Negativen] auf sich“ (SL: 151,21–25). 103
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sich“ (a.a.O. 51,20f.), welche die anfängliche Negativität und Identität als bereichert durch das Besondere, und somit als ein in sich bestimmtes Fürsichsein wiederherstellen. Hegel führt also die Bezeichnung ‚Fürsichseiendes‘ für das Einzelne so abrupt ein, weil sie das Einzelne als die Rückkehr des Begriffs als solchen zunächst bloß zusammenfasst. Das Fürsichseiende bildete ferner keinen fixen Endpunkt in der objektivlogischen Bewegung, sondern leitete weiter zur Repulsion und den vielen Eins. Hierin ist auch nach dem Grund des Verlustes des Begriffs als solchen zu suchen. Indem nämlich die Überlegungen zum Einzelnen als Rückkehr des Begriffs als solchen in der Bezeichnung ‚Fürsichseiendes‘ zusammengefasst werden, wird deutlich, dass das Einzelne auch über die Sphäre des Begriffs als solchen hinausweist und über das logische Potential verfügt, diese Sphäre zu sprengen. Dabei ist es Hegel selbst, der bei der Erläuterung des Verlusts des Begriffs als solchen explizit auf das Einzelne als „ein qualitatives Eins oder Dieses“ hinweist (a.a.O. 51,23). In diesem Sinne besagt der Verlust des Begriffs als solchen die erneute Einführung des qualitativen Elements bzw. der seienden Bestimmtheit in den logischen Prozess. Als ein Fürsichseiendes hat nämlich der Begriff als solcher sich von sich abzustoßen (Repulsion) und sich selbst als die Beziehung von Vielen zu setzen (Attraktion), sodass sich die einfache Selbstbeziehung und die sich auf sich beziehende Negativität zu vervielfältigen haben und sich nicht mehr bloß rein, sondern qualitativ bzw. in der Unmittelbarkeit vollziehen müssen. Es handelt sich nun nicht mehr um den Begriff als solchen oder das Allgemeine, Besondere und Einzelne als solche, die die Entwicklung allein der einfachen Bestimmtheit darstellen, sondern um den Begriff und seine drei Bestimmungen als selbstständige und qualitativ verschiedene, d.h. um die einfache Bestimmtheit, insofern sie zusätzlich als eine seiende bestimmt worden ist. Dies signalisiert den „Verlust“ der Sphäre des Begriffs als solchen insofern, als nun das qualitative Element an die Stelle der Idealität der drei Begriffsbestimmungen tritt; insofern nämlich, als sich das Augenmerkt nun nicht mehr auf die ideelle, sondern „die gesetzte Einheit“ der drei Begriffsbestimmungen der logischen Abhandlung richtet; und insofern, als dieselben „nicht mehr als Momente, als der Schein [des Begriffs als solchen]“ betrachtet und auseinander heraus entwickelt werden, sondern „als an und für sich bestehende“ (a.a.O. 52,20–23). Bereits an dieser Stelle lässt sich aus dem Vorhergehenden schließen, dass das Einzelne als Fürsichseiendes nicht kurzerhand auf die Qualität und die seiende Bestimmtheit zu reduzieren ist, und dass der Verlust des Begriffs als solchen nicht mit einem schlichten Rückfall in die objektive Logik gleichzusetzen ist. Hegel macht das aber noch deutlicher, indem er das Einzelne qua Verlust des Begriffs als solchen von zwei Interpretationen desselben ausdrücklich abgrenzt, die sich jeweils zu sehr am qualitativen Eins oder an der „Reflexionssphäre der Existenz“ orientieren (a.a.O. 51,36).
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Was zunächst die Interpretation in Anlehnung an das Eins betrifft, so ist das Einzelne „erstlich Repulsion seiner von sich selbst, wodurch die vielen andern Eins vorausgesetzt werden; zweytens ist es […] gegen diese vorausgesetzten Andern negative Beziehung, und das Einzelne insofern ausschließend“ (a.a.O. 51,23–27). Dabei wird aber vom eigentlichen Inhalt des Einzelnen abstrahiert. Gemeint sind nicht die als selbstständige und einzelne gesetzten Begriffsbestimmungen vom Allgemeinen, Besonderen und Einzelnen, sondern eher die leere und „ganz abstracte Grenze seiner selbst“ (SL: 151,4). Sollten solche vermeidlichen Einzelnen eine Attraktion aufweisen, so entspricht sie nicht der begriffenen und durch die Rückkehr des Begriffs in sich entstandenen; sie entspricht nämlich nicht dem Allgemeinen als der sich auf sich beziehenden Negativität. Vielmehr handelt es sich um „das Gemeinsame“, also jenes „äusserliche Verhältniß“, das „von dem gleichgültigen Bestehen“ der Selbstständigen ausgeht und deren bloße Ähnlichkeiten dokumentiert, jedoch das logisch exponierte Allgemeine verpasst (BL: 51,27–35). Die zweite Fehlinterpretation des Einzelnen sieht Hegel in der Verwechslung des Einzelnen mit der Funktion des Demonstrativpronomens ‚dieses‘, welches paradigmatisch für die inhaltlich bestimmten (und nicht bloß auf die Repulsion reduzierten) Beziehungen aus der wesenslogischen Sphäre der Existenz steht (vgl. a.a.O. 51,36–52,7). Das ‚Dieses‘ drückt eine Beziehung zu Dingen aus, d.h. zu solchen Eins, die nicht nur unmittelbar bestehen, sondern auch in sich reflektiert sind. Diese Beziehung stellt sogar insofern eine „reflectirende Vermittlung“ dar, als sie das indexikalische Zeigen oder, mit Hegel, das „Monstrieren“ eines Dinges ausmacht, was diesem Ding eine Bestimmung in Bezug auf ein anderes reflektierendes Ding bzw. Subjekt verleiht. Doch handelt es sich dabei offenbar um eine nur äußerlich reflektierende Vermittlung, welche die Reflexion-in-Anderes als eine unwesentliche enthält und nicht im jeweiligen Ding selbst verortet. Diese Vermittlung fällt sogar hinter den Standpunkt der geläufigen Vorstellung von Gattung und Arten zurück, weil sie nicht einmal für einen „bloß äusserliche[n] Reflex“ des entsprechenden Dinges selbst gehalten (vgl. a.a.O. 37,27), sondern ausschließlich vom Subjekt durchgeführt wird, welches das Ding indexikalisch bezeichnet. Es handelt sich um die „von einem Aeusserlichen gezeigte Unmittelbarkeit“ (a.a.O. 52,4). Dabei ist es ein anderes Subjekt und nicht das Ding selbst oder zumindest eine seiner Eigenschaften, was das Prinzip dieser Vermittlung bildet und dem Ding seinen reflektierten Inhalt verleiht. Dagegen muss das Einzelne als diejenige Unmittelbarkeit, seiende Bestimmtheit und als dasjenige ‚Dieses‘ verstanden werden, welches die Vermittlung, Negativität und Selbstbeziehung auch immanent in sich selbst enthält: Das Einzelne ist „selbst repellirende Abscheidung, die gesetzte Abstraction, aber in seiner Abscheidung selbst positive Beziehung“ (vgl. a.a.O. 52,7–10).
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So fasst Hegel die logische Bestimmung ‚Einzelnes‘ qua Verlust des Begriffs als solchen in Bezug zu den entsprechenden objektivlogischen Interpretationen und abgrenzend davon in folgenden drei Punkten zusammen (vgl. a.a.O. 52,11–19): Erstens führt das Einzelne den Begriff als solchen – anders als dessen erste zwei Momente – zu einer Repulsion und Verselbstständigung, d.h., es verwandelt ihn in verschiedene Fürsichseiende. Das bedeutet, dass das Einzelne „ein Setzen der Unterschiedenen“ vollzieht, also der in der Sphäre des Begriffs als solchen vorhandenen Momente, „als selbstständiger, in sich reflectirter“. Zweitens jedoch hängen die jetzigen Verselbstständigten und Fürsichseienden, anders als die seinslogische Repulsion, wesenslogisch miteinander zusammen: Sie stellen „das Scheinen des einen im andern [dar und] so stehen sie in wesentlicher Beziehung“. Und drittens, anders als das wesenslogische ‚Dieses‘ sind die Selbstständigen und Fürsichseienden, die aus dem Verlust des Begriffs als solchen hervorgehen, keine bloßen Dinge, sondern die drei Begriffsmomente, nämlich das Allgemeine, das Besondere und das Einzelne: Die „sich als bestimmt setzende Einzelnheit setzt sich nicht in einem äusserlichen, sondern im Begriffsunterschiede“. Auch die vereinzelten Allgemeines, Besonderes und Einzelnes hängen nämlich nach der bereits dargelegten Form der Allgemeinheit miteinander zusammen. Als vereinzelt und durch die seiende Bestimmtheit verfestigt ist aber die Form der Allgemeinheit am Verhältnis der drei Begriffsbestimmungen zueinander nicht mehr als solche vorhanden (wie in der Sphäre des Begriffs als solchen), sondern nur „wesentlich“. Das Allgemeine und die gesamte Sphäre des Begriffs als solchen scheinen sich nämlich nach dem Verlust dieser Sphäre in Bezug auf die seiende Bestimmtheit als deren Wesen zu bestimmen und explizit das Prinzip und Element aller bevorstehenden logischen Auseinandersetzung mit derselben zu bilden. Dass der so konzipierte Verlust des Begriffs als solchen wichtige Konsequenzen für die Selbstdeutung der Logik und speziell der Begriffslogik hat, lässt sich leicht vermuten. Noch deutlicher werden sie jedoch, wenn man sich zunächst vor Augen führt, inwiefern das Einzelne (sowohl qua Rückkehr als auch qua Verlust des Begriffs als solchen) das abschließende Moment begreifenden Denkens darstellt. iv. Das dritte Moment begreifenden Denkens Wie beim allgemeinen und besonderen Begriff besteht auch beim Einzelnen die Gefahr, es als einen sinnlosen logischen Platzhalter zu übergehen. Zwar mag der abschließende Überblick über den Begriff als solchen konsequent und in sich schlüssig sein – aber wozu nur? Denn das ist kein Überblick über das geläufige Gattung-Art-Verhältnis und mit dem Einzelnen meint Hegel offenbar nicht ein Einzelding von einer Art oder, wie er selbst ausdrücklich zurückgewiesen hat, die objektivlogischen ‚Eins‘ und ‚Dieses‘.
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Die allgemeine These der vorliegenden Untersuchung lautet: Die Vermittlung der einfachen Bestimmtheit, die in der Sphäre des Begriffs als solchen exponiert wird, ist die Art und Weise begreifenden Denkens und vollzieht sich auch anhand der seienden Bestimmtheit, sofern sie begriffen wird. Das Einzelne macht demnach das dritte Moment begreifenden Denkens aus, das überall dort wiederzuerkennen ist, wo ein Akt des Begreifens stattfindet, vorzüglich in der Logik, aber auch in der gesamten spekulativen Philosophie. Es steht für eine Denkoperation, und zwar für den abschließenden Gedankenschritt einer begrifflichen Triade. Das Einzelne besteht aber in keiner bloßen Schlussfolgerung auf etwas Neues wie im Fall des Syllogismus. Vielmehr ist es der bilanzierende Überblick über die sich bereits in den Momenten des Allgemeinen und Besonderen vollzogene reflexive Selbstbeziehung. Dieser Überblick hat sogar einen doppelten Charakter, den es im Folgenden anzusprechen gilt. Einerseits ist das Einzelne der Rückblick auf die Momente der bisherigen denkerischen Entwicklung, und somit die Herstellung der Einheit der zuvor betrachteten Bestimmtheit. Genau genommen handelt es sich um die Wiederherstellung der anfänglichen Einheit, nun aber angereichert durch den gesetzten Unterschied des zweiten Moments als die konkrete (d.h. mit sich zusammengewachsene) Einheit. Das dritte Moment begreifenden Denkens erkennt somit die Idealität der betrachteten Bestimmtheit bzw. des gesetzten Unterschieds und konstatiert die Vollständigkeit des gesamten jeweiligen begreifenden Denkprozesses. Die oben gebrauchten begrifflichen Mittel von Reflexionin-sich und -in-Anderes bzw. Schein-nach-innen und -nach-Außen erklären im Detail, wie solche Idealität und Vollständigkeit zustande kommt und zu verstehen ist, und brauchen hier nicht wiederaufgenommen zu werden. Andererseits beschränkt sich das Einzelne als das dritte Moment begreifenden Denkens nicht auf das Abschließen einer begrifflichen Triade, sondern es gibt den Ausblick auf die weitere denkerische Betrachtung. Wie gesehen zeichnet sich nämlich das Einzelne aus auch als der Verlust des Begriffs als solchen und die Repulsion von sich selbst. Selbst wenn wie im Fall des Begriffs als solchen der bisherige Vermittlungsprozess nicht die Entwicklung einer seienden Bestimmtheit gewesen ist, drängt das Einzelne zur bzw. zu einer neuen seienden Bestimmtheit. Das Einzelne signalisiert also den Fortgang begreifenden Denkens anhand der seienden Bestimmtheit. Die abschließenden Bemerkungen zum Einzelnen qua Verlust machen sogar deutlich, dass dieser Fortgang eine wesentliche Ähnlichkeit zum vorangegangenen Akt begreifenden Denkens aufweisen wird, sodass auch hier Reflexion-in-sich und -in-Anderes eine wesentliche Rolle spielen werden. Mit der Exposition des Einzelnen sind nun alle Ecksteine für eine Epistemologie begreifenden Denkens gelegt: Der Prozess des Begreifens beginnt mit einer rein denkerischen Bestimmtheit, die das Potential ihrer Selbstunterscheidung in sich birgt (Allgemeines). Dann setzt er sie in Bezug auf sich selbst (Besonderes). Abschließend stellt er ihre konkrete Einheit mit sich selbst fest
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(Einzelnes), was wiederum zu einer weiteren aber genauso zu begreifenden Bestimmtheit führt. Dazu gehören jedoch einige Metaüberlegungen zur Logik insgesamt und hauptsächlich zur subjektiven Logik, die sich an das Einzelne anschließt. 2. Das Einzelne als rein logische Absolutheitskonzeption: Überblick über die Forderung, die Logik insgesamt aus der Sicht des Begriffs als solchen zu lesen i. Einige Bemerkungen über das Einzelne und die wahrhafte Lesart der Logik insgesamt sowie die objektive Logik insbesondere Bereits aus dem soeben über das dritte Moment begreifenden Denkens Gesagten ist leicht ersichtlich, dass auch beim Einzelnen wie beim Allgemeinen und Besonderen eine inhaltliche Betrachtung geboten ist. Deshalb braucht hier nicht eigens erörtert zu werden, dass auch zur Bestimmung ‚das Einzelne‘ derselbe rein logische Absolutheitsanspruch und entsprechende Metaüberlegungen zum Charakter aller logischen Bestimmungen gehören wie bei den anderen Momenten des Begriffs als solchen. Ebenso leicht ist aus dem bisher Gesagten ersichtlich, dass das Einzelne die dritte Weise der Feststellung des Prinzips und Elements alles Logischen ist. Diese dritte Weise besteht gemäß der logischen Bestimmung ‚das Einzelne‘ weder in der abstrakten Forderung, die Logik aus der Sicht des Begriffs als solchen zu lesen, (Allgemeines) noch in der Erläuterung dieser Forderung (Besonderes), sondern im bilanzierenden Überblick darüber. Aber auch ein solcher Überblick wäre an dieser Stelle redundant, zumal oben jene Forderung besonders ausführlich erläutert wurde. Hegel selbst fasst sich in diesem Zuge unter Ziffer 1 des Unterkapitels „C. Das Einzelne“ eher kurz (vgl. BL: 49,10–50,13). Insbesondere hinsichtlich der objektiven Logik dürfte hier folgende stichwortartige Rekapitulation genügen: Jede objektivlogische Triade stellt die „Rückkehr“ des Scheins-nach-außen in den Schein-nach-innen bzw. „in das Allgemeine“ dar (a.a.O. 49,13), allerdings in der Bestimmung der Abstraktion, d.h. so, dass die objektivlogischen Bestimmungen „begrifflos“ bleiben (a.a.O. 49,32) und das Allgemeine nicht als ihren Inhalt, sondern nur als ihre „Form“ aufweisen (a.a.O. 50,9). Viel spannender jedoch als der Rückblick auf die wahrhafte Lesart der objektiven Logik ist der Überblick über die gesamte Logik und der Ausblick auf die subjektive, die sich aus dem Einzelnen qua Verlust des Begriffs als solchen ergeben. ii. Der Verlust des Begriffs als solchen und die Zweiteilung der Logik Es ist bereits bei der logischen Bestimmung des Einzelnen bemerkt worden, dass der Verlust des Begriffs als solchen nicht den Verlust des Begriffs überhaupt impliziert, den Übergang etwa in eine völlig neue logische Bestimmung,
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die selbst kein Begriff bzw. keine begriffslogische sei. Vielmehr handelt es sich beim durch solchen Verlust eingeleiteten subjektivlogischen Prozess um die durch die seiende Bestimmtheit vereinzelten Begriffsbestimmungen, also um die selbstständigen und fürsichseienden Allgemeinen, Besonderen und Einzelnen, die sich erneut gemäß der Form des Allgemeinen zueinander verhalten.105 Hinsichtlich der Zweiteilung der Logik, die zunächst im Unterkapitel „A. Der allgemeine Begriff“ formuliert und dann im Unterkapitel „B. Der besondere Begriff“ erläutert wurde 106, ist wichtig zu registrieren, dass solcher Verlust auch die Zusammengehörigkeit des Begriffs als solchen mit der gesamten ausstehenden Begriffslogik und zugleich deren Unterschied zur objektiven Logik markiert. Wenn nämlich das Einzelne die übrige subjektive Logik als die Entwicklung der vereinzelten Begriffsbestimmungen bestimmt, so geht es in ihr wie in der Sphäre des Begriffs als solchen explizit auch um die Begriffsbestimmungen, wodurch sich die subjektivlogischen Bestimmungen allesamt von den objektivlogischen markant unterscheiden, da in den letzteren die Begriffsbestimmungen noch nicht erkannt und als solche nicht vorhanden waren. Während seiende Bestimmtheit sowohl in der objektiven als auch in der übrigen subjektiven Logik vorhanden ist, unterscheiden sich diese zwei Teile anhand der Erkenntnis der einfachen Bestimmtheit voneinander. So bilden die drei Momente des Begriffs als solchen gemeinsam keine abstrakte, sondern die inhaltlich zur subjektiven Logik gehörende Grenze zur objektiven Logik. Wie bereits bei der ersten Feststellung der Zweiteilung der Logik muss allerdings auch hier offengelassen werden, welcher der genaue Umfang des zweiten Teils ist. Ein flüchtiger Vorblick auf das Ende der Logik („Die absolute Idee“) scheint für die These zu sprechen, dass es erst dort wieder um den Begriff ohne den Zusatz der seienden Bestimmtheit geht (vgl. a.a.O. 238,6– 239,12), was der bisherigen Rede von einer Zweiteilung der Logik zumindest nicht widerspricht. Das Einzelne qua Verlust des Begriffs scheint in besonderem Maße die begriffslogischen Bestimmungen (bis auf die absolute Idee) zu prägen. Nach wie vor ist jedoch nicht auszuschließen, dass der mit dem Begriff als solchem beginnende zweite Teil auch die Realphilosophie umfasst. 107 Darüber hinaus gibt die vom Einzelnen qua Verlust angedeutete übergreifende Struktur der Logik ansatzweise Antwort auf diverse Fragen, die mit der Zweiteilung einhergehen und im Unterkapitel „A. Der allgemeine Begriff“
105
Ähnlich auch K. Hartmann mit Berücksichtigung der doppelten Bestimmungen des Einzelnen (Rückkehr und Verlust): „[A]us dem besonderen Begriff entwickelt sich ein Oppositum des Begriffs (als dessen Fazit), das als Referent des Begriffs (und zwar im Urteil) fungieren kann“ (Klaus Hartmann, Hegels Logik, hg. von Olaf Müller, mit einem Vorw. von Klaus Brinkmann, Berlin 1999, 298). 106 BL: 36,22–30; vgl. III.A.2.ii. und III.B.2.ii. 107 Vgl. Einleitung, Ziffer 9.
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zwar gestellt, aber einstweilen offengelassen wurden (vgl. BL: 36,22–30). Zunächst wird nun deutlich, inwiefern die bevorstehenden (begriffslogischen aber womöglich auch realphilosophischen) Begriffe „auch“ bestimmte Begriffe seien (ebd.). Dazu ist nun vor dem Hintergrund der logischen Bestimmung des Einzelnen zweierlei zu bemerken. Erstens: Wenn die begriffslogischen Bestimmungen die vereinzelten Allgemeinen, Besonderen und Einzelnen darstellen, und wenn das Einzelne auch die Rückkehr des Begriffs in sich selbst ist, dann folgt daraus, dass jedes der begriffslogischen Allgemeinen, Besonderen und Einzelnen auch der ganze Begriff ist. Anders als die objektivlogischen Bestimmungen sind also die begriffslogischen ihrem Inhalt nach Begriffe bzw. nicht begriffslos, oder in den Worten des ersten Unterkapitels gefasst: Sie sind solche höhere Allgemeine, die „in ihrer Realität schlechthin nur in sich und davon erfüllt sind“ (ebd.). Zweitens sind sie jedoch der ganze Begriff mit der seienden Bestimmtheit und verhalten sich zueinander als Allgemeine, Besondere und Einzelne, sie sind also auch bestimmte Begriffe. Anders aber als die objektivlogischen Bestimmungen sind die begriffslogischen ihrem Inhalt nach nicht nur bestimmt. Denn ihr Inhalt erschöpft sich nicht in der seienden Bestimmtheit, sondern umfasst auch die einfache, d.h. die absolute Negativität, Selbstbeziehung und Vermittlung. Dass die begriffslogischen Begriffe „auch“ bestimmte Begriffe seien, bedeutet demnach, dass sie ihrem Inhalt nach sowohl Allgemeine, Besondere und Einzelne als auch selbstständig sind, d.h., dass sie über eine „Tiefe“ verfügen, „in der der Begriff sich selbst erfaßt, und als Begriff gesetzt ist“ (a.a.O. 49,20f.). Im Unterkapitel über den allgemeinen Begriff blieb ferner die Frage vorerst unbeantwortet, worin die dritte Weise des Doppelscheins bzw. des Nach-innenZurückkommens des Scheins-nach-außen liege (nach der objektivlogischen und der Weise des Begriffs als solchen). Jetzt zeigt sich aber, dass die logische Bewegung, die das Einzelne qua Verlust des Begriffs als solchen einleitet, einen Doppelschein hervorbringt, der sich dadurch vom objektivlogischen unterscheidet, dass Schein-nach-innen und -nach-außen nicht einer zugrundeliegenden Bestimmtheit zufolge unterschieden und allein der Form nach miteinander verbunden sind, sondern bereits ihrem Inhalt zufolge zusammengehören und zugleich selbstständig sind. Mit anderen Worten: Im Gegensatz zum objektivlogischen Doppelschein korrespondieren Inhalt und Form beim jetzigen Doppelschein miteinander so vollkommen, dass sein Bestimmt-Sein gleichermaßen in seinem Inhalt wie in seiner Form zu finden ist. Insofern aber die bevorstehenden Begriffe auch der Form nach bestimmt sind und in Triaden der Momente von Allgemeinem, Besonderem und Einzelnem aufgefasst werden, kommen auch ihnen die Metaüberlegungen zu, die im Unterkapitel „B. Der besondere Begriff“ angestellt wurden. Wahrhafte Lesart, Form der Allgemeinheit, Doppelschein usw. bezeichnen auch die subjektivlogischen Begriffe, was wiederum bedeutet, dass die Feststellung des Prinzips und Elements des Logischen, die mit dem besonderen Begriff vollzogen wurde,
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tatsächlich alles Logische und nicht nur einen Teil desselben, die objektive Logik, betrifft. Wie oben ausführlich gezeigt worden ist, charakterisiert diese Feststellung die objektive Logik sehr genau; ihre Valenz erschöpft sich aber nicht darin. Gleichermaßen kommt sie auch der subjektiven Logik zu, jedoch so, dass sie einen zusätzlichen Aspekt derselben nicht berücksichtigt; dass nämlich die subjektivlogischen bestimmten Begriffe über einen Inhalt verfügen, welcher der Form adäquat ist. Genau diese Adäquatheit wird aber mit der Einzelheit angedeutet, sodass sie die Begriffslogik spezifischer als die Allgemeinheit und Besonderheit charakterisiert. Auch in dieser Hinsicht betrifft also das Einzelne qua Verlust des Begriffs als solchen, d.h. qua Verselbstständigung der Begriffsbestimmungen, (anders als das Einzelne qua Rückkehr des Begriffs als solchen in sich) vorzugsweise die übrige subjektive Logik. Ferner: Fragte sich oben, inwiefern der subjektivlogische Prozess die „absolute Auflösung“ seiner Begriffe erzielen könne (a.a.O. 36,26), so ist nun deutlich geworden, dass es bei diesem Prozess um die Aufhebung in der Form des Allgemeinen der im Inhalt verankerten seienden Bestimmtheit handelt. Und da diese seiende Bestimmtheit nicht mehr (wie in der objektiven Logik) bloß weggelassen wird, was zu immer abstrakteren Allgemeinen führte, sondern von sich selbst vollzogen wird und im Einklang mit der Form des Allgemeinen steht, besteht die Aussicht auf eine absolute Auflösung, die alle begriffslogische seiende Bestimmtheit in die Form des Allgemeinen erhoben hat. Diese absolute Auflösung gilt es noch zu suchen. iii. Der Verlust des Begriffs als solchen und die wahrhafte Lesart der subjektiven Logik Was bedeutet aber der Verlust des Begriffs als solchen für die esoterische bzw. wahrhafte Lesart der subjektiven Logik? Die wahrhafte Lesart der Logik insgesamt wurde als die Lesart jeder einzelnen Bestimmung vor dem Hintergrund des Begriffs als solchen aufgefasst, so dass einerseits der Begriff als solcher als das wahrhaft Absolute, andererseits jede logische Triade als eine bestimmte Begriffstriade verstanden werden muss. Für die bereits vorangegangene objektive Logik bedeuteten die Metaüberlegungen am Anfang der Begriffslogik die Forderung, jene retrospektiv so zu betrachten. Für die nun ausstehende subjektive Logik hingegen bedeuten sie die Forderung, die subjektivlogischen Bestimmungen gleich vor dem Hintergrund des Begriffs als solchen zu betrachten – und d.h.: vor dem Hintergrund der festgestellten Absolutheit des Begriffs und dem Verlust derselben. Dabei muss einerseits untersucht werden, inwiefern der Charakter der begriffslogischen Bestimmungen vom Begriff durchdrungen ist, andererseits muss überprüft werden, inwiefern der Begriff als solcher auch in Bezug auf sie (wie vorher in Bezug auf die objektivlogischen Bestimmungen) wahrhaft absolut ist. Während sich etwa die unbefangene Lesart auf die for-
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melle108 Betrachtung der ausstehenden begriffslogischen Bestimmungen beschränkt und sie wie gewöhnlich allein als solche, in ihrem unmittelbaren logischen Kontext untersucht, hat die wahrhafte Lesart die inhaltliche Betrachtung fortzuführen, den Bogen auf die Absolutheit des Begriffs als solchen zurückzuschlagen und herauszuarbeiten, inwiefern diese Absolutheit auch bei den übrigen begriffslogischen Bestimmungen ungetrübt, bloß erkennbar oder womöglich gänzlich verloren ist. Kurzgefasst: Ist der Begriff auch im ausstehenden begriffslogischen Kontext wahrhaft absolut oder war seine Absolutheit vielleicht doch nur eine logische Annahme, die zwar vor dem Hintergrund der objektiven Logik logisch plausibel erschien, die an der von ihm selbst gestellten Herausforderung seines Verlusts aber scheitert? Die Hauptfrage lautet dabei, inwieweit die durch das Einzelne wiedereingeführte seiende Bestimmtheit den absoluten Begriff zu etwas Seiendem macht. Und der zu prüfende Verdacht ist, dass mit dem Verlust des absoluten Begriffs womöglich ein Rückfall in objektivlogische Absolutheitskonzeptionen zu befürchten steht. In der Tat ist es gleich der zweite Satz unter Ziffer 2 des Unterkapitels „C. Das Einzelne“, der den Verlust des Begriffs als solchen nachdrücklich mit der Thematik der esoterischen Lesart in Verbindung bringt: „Durch die Einzelnheit, wie [der Begriff] darin in sich ist, wird er ausser sich, und tritt in Wirklichkeit“ (BL: 51,10–12). Auffällig ist dabei der Rekurs auf diejenigen wesenslogischen Bestimmungen, die so zentral für die Begründung der esoterischen Lesart der Logik waren: die wesenslogische Dialektik von Äußerem und Innerem, und zwar die vermittelte Identität von Äußerem und Innerem, die im Kapitel „Die Wirklichkeit“ dargelegt wird, also im zweiten Kapitel des dritten Abschnitts der Wesenslogik, das unmittelbar auf das Absolute aufbaut. Durch das Einzelne qua Rückkehr in sich, so erfährt der Leser nun in der Begriffslogik, deutet sich der Begriff als ein Inneres und ipso facto schlägt er – gemäß der Äußeres-Inneres-Dialektik – ins Äußere um. Mit dem Einzelnen hört also der Begriff auf, als solcher zu sein und versetzt sich in den Formunterschied von Äußerem und Innerem. Anders gewendet: Durch die Vollendung des Fürsichseins des Begriffs als solchen, also seines Inneren, tritt das Äußere, also die seiende Bestimmtheit, als die andere Formbestimmung des Begriffs hervor. Äußeres und Äußerlichkeit sind somit von nun an nicht als bloße Äußerlichkeit, sondern als die des Begriffs zu verstehen. Bedeutsam ist ferner in demselben Zitat die Erwähnung von ‚Wirklichkeit‘, in Bezug auf welche der Begriff nun tritt, aber somit nicht mehr als solcher. ‚Wirklichkeit‘ wurde im entsprechenden wesenslogischen Kontext, erstens, als die reflektierte absolute Einheit von Sein und Wesen aufgefasst, und somit als alle in der objektiven Logik exponierte seiende Bestimmtheit. 109 Zudem – und 108 109
Vgl. III.A.2.1. und III.B.2.i. Vgl. II.C.1.i.
Das Einzelne
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das gehört zur zweiten Ebene der Untersuchung der Logik – wurde immer deutlicher, dass der Wirklichkeit ein „lichtscheues“ Wesen zugrunde liegt, wodurch die These belegt wurde, dass die Wirklichkeit, zweitens, die Reflexion, das Äußere, den Modus, die Manifestation und die Art und Weise des Absoluten darstellt.110 Daher bedeutet die Einführung von ‚Wirklichkeit‘ für die wahrhafte Lesart der subjektiven Logik erstens, dass nun eine neuartige Auseinandersetzung des Begriffs mit der gesamten, in der objektiven Logik explizierten seienden Bestimmtheit untersucht werden muss. Zu dieser Auseinandersetzung gehört aber, zweitens, dass die seiende Bestimmtheit nun als der Modus, das Äußere usw. des Begriffs, und zwar durch den Begriff als deren Inneres bestimmt wird. Die objektive Logik hat nämlich den Begriff anstelle des Absoluten hervortreten lassen und die absolute Einheit von Sein und Wesen als auf ihn angewiesen ergeben. Noch pointierter: Das in der Wesenslogik vermutete und aller Wirklichkeit zugrundeliegende „lichtscheue“ Wesen ist zu Beginn der Begriffslogik ans Licht getreten und hat sich als der Begriff als solcher zu erkennen gegeben. Durch den Verlust des Begriffs als solchen, durch dieses Treten „in die Wirklichkeit“, wie es im Zitat heißt, behält also die seiende Bestimmtheit ihre aus dem dritten Abschnitt der Wesenslogik bereits bekannte Bestimmung des Äußeren, des Modus und der Manifestation – nun allerdings mit der Pointierung, dass sie das Äußere des Begriffs ausmacht. Umgekehrt erhält der Begriff die Bestimmung des erkannten Inneren, Zugrundeliegenden und Movens, also des konkreten Prinzips und Elements der seienden Bestimmtheit. Dieses gegenseitige Bestimmtsein sollen der wahrhaften Lesart nach auch alle subjektivlogischen vereinzelten Allgemeinen, Besonderen und Einzelnen ausdrücken. Die Aufgabe der wahrhaften Lesart der subjektiven Logik besteht daher darin, zu untersuchen, inwiefern der Begriff trotz oder dank der Einführung der Formbestimmungen des Äußeren und Inneren weiterhin absolut bleibt und inwiefern alle seiende Bestimmtheit tatsächlich sein Äußeres bildet. Diesbezüglich kündigt das Unterkapitel „A. Der allgemeine Begriff“ einen Auflösungsprozess der seienden Bestimmtheit an, und somit auch des Formunterschieds, und versichert zugleich, dass er mit dem „wahrhaft absolute[n] Begriff“ und der „Idee des unendlichen Geistes“ enden wird, „dessen Gesetztseyn die unendliche, durchsichtige Realität ist, worin er seine Schöpfung, und in ihr sich selbst anschaut“ (a.a.O. 36,27f.). Was es mit dem Unterschied zwischen einerseits dem „wahrhaft höheren Allgemeinen“ (a.a.O. 36,20) bzw. dem „absoluten Begriff“ und andererseits dem „wahrhaft absoluten Begriff“ bzw. der „Idee des unendlichen Geistes“ auf sich hat, muss die wahrhafte Lesart der subjektiven Logik ergeben. Wo genau im subjektivlogischen Verfahren – bzw. ob überhaupt im logischen oder vielleicht auch oder gerade im realphilosophischen Verfahren – jener wahrhaft absolute Begriff und jene Idee hervortreten, 110
Vgl. II.C.1.ii.
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Kapitel III: Der absolute Begriff
ist des Weiteren an dieser Stelle offen. Der Optimismus des Unterkapitels „A.“, die spekulative Philosophie werde ein positives Resultat bezüglich der Frage nach einem wahrhaft Absoluten liefern, wird jedenfalls die Triebkraft einer weiteren Untersuchung der Wissenschaft der Logik sein oder, wenn nötig, auch der Untersuchung anderer Teile des systematisch konzipierten hegelschen Denkens. Daher zeigen sich logische oder philosophische Bestimmungen, die auf den Verlust des Begriffs als solchen folgen, aus der Sicht der wahrhaften Lesart wie folgt: Ist der Begriff als solcher zu Beginn der Begriffslogik als „absoluter Begriff“ hervorgetreten, so sollen auf dessen Verlust bestimmte absolute Begriffe folgen, Auffassungen also des absoluten Begriffs, wie er durch die seiende Bestimmtheit bestimmt ist. Diese Auffassungen sollen ihrerseits Momente eines Prozesses bilden, der die seiende Bestimmtheit allmählich auflöst. Und am Ende dieses Prozesses soll die seiende Bestimmtheit wieder gänzlich aufgelöst sein, wie bereits am Anfang der Begriffslogik mit dem absoluten Begriff. Das wird schließlich Hegels letztes Wort über eine philosophisch-konsequente Absolutheitskonzeption sein. Dass sich aber diese Absolutheitskonzeption von der bereits konzipierten nicht substantiell unterscheidet, lässt bereits der Wortlaut erahnen: Der „wahrhaft absolute Begriff“ ist der absolute Begriff, aber so, wie er in wahrhafter Weise vorhanden ist. Auch hierzu verhilft der Rückblick auf die Wesenslogik und die dortige registrierte esoterische Lesart. Der absolute Begriff hat nämlich nach seinem Verlust seine Bestimmtheit aufzulösen wie vor ihm das wesenslogische Absolute, das seine Bestimmtheit bzw. seine Formbestimmung als das Innere der Wirklichkeit durch die vollendete Auslegung aufgehoben hatte.111 Die wahrhafte Lesart des auf den Verlust des Begriffs als solchen Folgenden hat daher hervorzuheben, inwiefern sich der absolute Begriff in den nächsten Bestimmungen wiederfindet, die seiende Bestimmtheit allmählich aufhebt und schließlich zu sich zurückkehrt. Nun nimmt Hegel diese Untersuchung in den nächsten Kapiteln der Begriffslogik offenbar nicht vor – zumindest nicht explizit. Heißt das also, dass eine solche Lesart unnötig, durch den Verlust des Begriffs als solchen gar obsolet geworden ist? Das vorliegende Buch vertritt die Ansicht, dass die wahrhafte Lesart der Begriffslogik gleich fortgeführt werden kann; nicht aber, dass sie es auch muss. Anders nämlich als bei der objektiven Logik, die eingangs als eine unbefangene Betrachtung des Seins ohne die Erkenntnis darüber erscheinen musste, dass sie ein Begreifen war, kann die Begriffslogik von Anfang an vor dem Hintergrund ihres Prinzips und Elements gelesen werden. Dennoch bleibt die unbefangene Lesart, d.h. die Exposition der begriffslogischen Bestimmungen als solcher, logisch grundlegend. Und erst sobald sie vollzogen wird, kann der Bezug der begriffslogischen Bestimmungen auf den 111
Vgl. II.B.3.ii. und II.C.2.ii. Näheres zum Verhältnis zwischen Absolutem und absolutem Begriff wird noch unten ausgeführt (III.D.2.).
Das Einzelne
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Begriff als solchen hergestellt werden und ihre Wahrheit aufgehen. Die wahrhafte Lesart, d.h. die zweite Ebene der Untersuchung der Logik, beansprucht nicht, die erste zu ersetzen. Die Begriffslogik ist auch dann logisch konsequent, wenn sie unbefangen vorgeht und nur gelegentlich Absolutheitsansprüche, die mit dem Begriff als solchem zusammenhängen, zu erkennen gibt. Das ist beispielsweise der Fall bei der logischen Bestimmung ‚Urteil‘: In der vorliegenden Fassung der Begriffslogik wird allein die begriffliche intrinsische Struktur des Urteils dargelegt, bzw. inwiefern es ein bestimmtes Verhältnis von vereinzelten Allgemeinen, Besonderen und Einzelnen darstellt. Die vermeintliche Absolutheit des Urteils, die es kraft seines Charakters als eines erkannten bestimmten Begriffs erhebt, dass das Urteil also wie der Begriff als solcher alles Logische und Reale prägt und in sich fasst, deutet Hegel nur an, wenn er bemerkt, „alle Dinge sind ein Urteil“ (§ 167). Dadurch wird sicherlich der Status der wahrhaften Lesart bzw. der zweiten Ebene der philosophisch-theologischen Untersuchung der subjektiven Logik relativiert: Die wahrhafte Lesart erscheint zunächst nur als eine mögliche neben der unbefangenen; sie ist zwar in gewisser Hinsicht plausibel, doch hat sie sich noch nicht bewährt. In diesem Sinne lässt sie sich sogar zusätzlich als eine subjektive akzentuieren. ‚Subjektiv‘ soll dabei auf denjenigen logischen Gesichtspunkt hinweisen, der sich einerseits von der objektiven Logik unterscheidet, die komplett ohne den expliziten Rekurs auf den Begriff verlaufen ist und von der seienden Bestimmtheit unmittelbar dominiert wird, und andererseits von der Objektivität, wie sie im zweiten Abschnitt der Begriffslogik exponiert wird. Diese Relativierung der wahrhaften Lesart macht aber keinen prinzipiellen Einwand gegen ihre Wahrheit aus. Sie kann sogar die Versicherung, sie sei die wahrhafte Lesart, indirekt verstärken. Denn immer steht die Wahrheit eines begrifflichen Prozesses bei Hegel als solche nicht am Anfang, sondern am Ende dieses Prozesses. Was anfänglich vorhanden ist und unmittelbar einleuchtet, ist in der Regel nur eine Erscheinung und Vorstufe dessen, was sich am Ende herauskristallisiert. Doch die Forderung, die subjektive Logik im Sinne der wahrhaften Lesart und der zweiten Ebene der philosophisch-theologischen Untersuchung zu betrachten, wird nicht dadurch widerlegt, dass sie zunächst als ein subjektiver Gesichtspunkt erscheint: Zwar sind die unbefangene Lesart der subjektiven Logik und die erste Ebene der philosophisch-theologischen Untersuchung die elementaren und zugrundeliegenden; gleichwohl stellen sie nicht die Vollendung dar und erschöpfen nicht die Wahrheit der subjektiven Logik, wie sie sich konsequent aus sich selbst heraus interpretiert. An dieser Stelle bleibt jedoch die Ausführung jener Lesart, wie stets im ersten Kapitel der Begriffslogik gedeutet, ein Desiderat – sowohl für den logischen Prozess selbst als auch für das vorliegende Buch.
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Kapitel III: Der absolute Begriff
iv. Philosophisch-theologisches Zwischenresümee Wie das Besondere hat auch das Einzelne keine neue Absolutheitskonzeption als das Allgemeine geliefert. Nichtsdestoweniger hat es aber die Absolutheitskonzeption ‚Begriff als solcher‘ vervollständigt. Seine philosophisch-theologische Bedeutung besteht darin, die Methode rein logischer Grundlagenforschung zum begrifflichen Fundament aller Theologie und Metaphysik vollständig exponiert und ihre Position anstelle eines fixen Absoluten ontotheologischer Natur gesichert zu haben. Gesichert ist dadurch auch der epistemologische Charakter der bereits mit dem Allgemeinen aufgedeckten hegelschen Metaphysik des Begriffs. Zu diesem Charakter bzw. zur Mikro- und Makrostruktur solcher rein logischen Grundlagenforschung ist an vorliegender Stelle allerdings zu dem im Philosophisch-theologischen Resümee vom besonderen Begriff (III.B.2.iv.) nicht viel Neues hinzuzufügen. Bezüglich der Mikrostruktur der hegelschen philosophisch-theologischen Grundlagenforschung erfährt man vom Einzelnen, dass das dritte Moment jeder Begriffstriade eine konkrete Einheit ist bzw. dass die Wiederherstellung der anfänglichen Einheit durch den gesetzten Unterschied des zweiten Moments angereichert ist, was zur Wiederholung der dreischrittigen Begriffsvermittlung anhand einer neuen Bestimmtheit drängt. Das bietet eine Einsicht nicht nur in das begriffliche Verhältnis zwischen Absolutheitskonzeptionen, die derselben Begriffstriade angehören, sondern auch in den Zusammenhang und das Verhältnis zwischen Absolutheitskonzeptionen, die verschiedenen Triaden angehören. Etwas aufschlussreicher sind die Schlussfolgerungen aus dem Einzelnen qua Verlust des Begriffs als solchen für die Zweiteilung der philosophisch-theologischen Grundlagenforschung, und zwar für ihren zweiten Teil. Die Art und Weise begreifenden Denkens ist zwar die rein logische Absolutheitskonzeption par excellence und der wichtigste Beitrag der philosophisch-theologischen Grundlagenforschung zum Verständnis aller theologischen und metaphysischen Auffassung; sie ist aber weder der einzige Beitrag überhaupt noch der letzte nach der Überwindung der Ontotheologie. Der Verlust des Begriffs als solchen stellt die Grundlagenforschung vor die Aufgabe, die Absolutheit des Begriffs als solchen, nachdem sie vor dem Hintergrund der objektiven Logik festgestellt wurde, im Kontext der subjektiven Logik zu überprüfen. Erforscht werden soll dabei der Begriff in Bezug auf das begriffliche Fundament von metaphysischen Auffassungen, die explizit auf das Faktum des Denkens, die Subjektivität und epistemologische Betrachtungen setzen. Der zweite Teil der hegelschen Metaphysik des Begriffs, der mit dem Verlust des Begriffs als solchen dringend erforderlich ist, hat zu überprüfen, inwiefern die Epistemologie begreifenden Denkens anderen epistemologischen oder metaphysischen Konzepten, die eine epistemologische Grundlage haben, logisch überlegen ist. Das Kriterium für solche logische Überlegenheit ist ferner der Begriff als solcher
Die genuine rein logische Absolutheitskonzeption
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selbst, sodass jene Konzepte ausdrücklich aus epistemologischer Sicht betrachtet werden müssen. Kurz gefasst geht es bei der ausstehenden rein logischen Grundlagenforschung zum begrifflichen Fundament von Theologie und Metaphysik darum, dass sich der Begriff in seiner genuinen Weise durch andere ebenfalls als begrifflich erkannte Konzepte bewährt. Dieses epistemologische Bekenntnis der philosophischen Theologie Hegels soll nun abschließend anhand des direkten Vergleichs zwischen Begriff als solchem und dem in der Wesenslogik festgestellten Absoluten bzw. anhand der die Logik insgesamt und der speziell die objektive Logik charakterisierenden Metaüberlegungen festgelegt werden.
D. Der Begriff als solcher als die genuine rein logische Absolutheitskonzeption Die genuine rein logische Absolutheitskonzeption
1. Der Begriff als solcher und die Antizipation der Methode logischen Erkennens Was bereits klar sein dürfte, aber noch einmal explizit gemacht werden sollte, bevor die vorliegende Untersuchung zu ihrem Abschluss kommt, ist dieses: Die Art und Weise begreifenden Denkens, wie sie mit dem Begriff als solchem exponiert wird, ist dem Leser der Logik bereits aus deren Einleitungen, am markantesten aber aus §§ 79–82 bekannt, über welche auch das vorliegende Buch eingangs referiert hat.112 Die dortigen Reflexionen über die Methode logischen Erkennens, auf welche Kapitel II des vorliegenden Buches wiederholt zur Erleichterung der Untersuchung rekurriert hat, waren nichts anderes als eine exoterische Antizipation des Begriffs als solchen. Die drei Seiten des Logischen, die Hegel explizit als „Momente jedes Logisch-Reellen, das ist jedes Begriffes“ akzentuiert hat (§ 79), sind die drei Momente begreifenden Denkens, die als solche in der Sphäre des Begriffs als solchen exponiert werden und sich als angewandte in jedem bestimmten Begriff wiederfinden lassen. Bezeichnungen wie „Denken als Verstand“ bzw. „beschränktes Abstraktes“ oder Verständiges, das „dialektische Moment“ bzw. das „negativ-vernünftige“ und schließlich das „Spekulative oder Positiv-Vernünftige“ (§§ 79–82) wurden bereits dort als „antizipiert und historisch“ markiert (§ 79 A) und dafür gebraucht, ein vorläufiges, aber treffendes Bild über das ‚Wie‘ des begreifenden Denkens zu vermitteln, das erst zu Beginn der Begriffslogik systematisch und in seiner eigenen Notwendigkeit exponiert wird. 113 Denn sicherlich wäre es 112
Vgl. I.C.2. Vor dem Hintergrund des Begriffs als solchen und dessen Metaüberlegungen erklären sich die in §§ 79ff. fallenden Bezeichnungen von ‚Verstand‘ und ‚Vernunft‘ und so kann die vorliegende Untersuchung R. Brandom zustimmen, wenn er von „two metaconcepts of the 113
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Kapitel III: Der absolute Begriff
dem unbefangenen Leser der Logik nicht besonders hilfreich gewesen, gleich eingangs über totale Reflexion, Schein-nach-innen und -nach-außen oder die einfache Bestimmtheit informiert zu werden. Selbst die Erwähnung von Allgemeinem, Besonderem und Einzelnem hätte, wie oben114 gezeigt wurde, ohne den übrigen logischen Kontext zu Missverständnissen in Anlehnung an den alltagssprachlichen Gebrauch führen können. Nun jedoch hat sich immanent aus sich heraus ergeben, inwiefern die Methode begreifenden Denkens eine gewisse ‚Metamethode‘ ist, die die Gesichtspunkte des naiven Dogmatikers, des radikalen Skeptikers und des spekulativen Philosophen systematisch in sich miteinander koordiniert: Es handelt sich um den Denkprozess, von einer rein denkerischen Bestimmtheit auszugehen, die, sofern sie wirklich denkerisch ist, das Potential ihrer Selbstunterscheidung in sich birgt; diese Bestimmtheit in Bezug auf sich selbst zu setzen, d.h., sie von sich und in ihr selbst zu unterscheiden; und abschließend ihre konkrete Einheit mit sich festzustellen und zu einer weiteren aber auf dieselbe Weise zu denkenden Bestimmtheit überzuleiten. Hiermit wird ersichtlich, dass jene Antizipation der Methode begreifenden Denkens bereits vor dem Beginn der Untersuchung des logischen Verlaufs kein willkürlicher Verstoß gegen die absolute Voraussetzungslosigkeit und Autonomie der Logik war, wie es vielleicht aus der anfänglichen Perspektive der unbefangenen Lesart scheinen mag. Vielmehr hat sie gleich verraten, worin jene Voraussetzungslosigkeit und Autonomie aus logisch-immanenter Sicht – wenn auch nicht im anspruchsvollen Vokabular der Begriffslogik – besteht, und gleich dazu eingeladen, die Logik aus dieser Perspektive zu lesen. Also war jene Antizipation nicht bloß exoterisch. Sie war aus logisch-immanenter Sicht wohlbegründet, selbst wenn diese Sicht erst spät im logischen Verlauf gewonnen wurde. Jene Antizipation war nämlich vielmehr eine esoterische und conceptual“ spricht (Brandom, Robert B., Tales of the Mighty Dead. Historical Essays in the Metaphysics of Intentionality, Cambridge [u.a.] 2002, 215). Nicht ganz falsch liegt er, wenn er Verstand und Vernunft wie folgt karikiert: „Reason (his [Hegel’s] good, dynamic, active, living conception), and Unterstanding (Kant’s, and everyone else’s, bad, static inert, dead conception)“ (ebd.): Verstand ist das erste Moment begreifenden Denkens, das im Vergleich zum zweiten und dritten, dem Negativ- und Positiv-Vernünftigen noch nicht bewegt ist. Nicht nachvollziehbar scheint schließlich aus der Sicht des vorliegenden Buches die weitere Erklärung Brandoms unter Rekurs auf das Urteil: „Understanding concepts in terms of the Categories of Understanding […] allows progress only in the sorting of judgements into true and false, that is, in the selection from a repertoire fixed in advance of the correct concepts to apply in a particular instance. But Hegel wants to insist that if one ignores the process by which concepts develop […] then the sort of content they have is bound to remain unintelligible“ (ebd.). Umso problematischer ist diese Erklärung, zumal Brandom unter „process which concepts develop“ nicht die logische Bewegung versteht, sondern etwa „to be applied in judgment“ und die „role [of the concepts] in experience“ (ebd.) – eine Interpretation, die er im Übrigen mit keinem Verweis auf eine Textstelle belegt. 114 Vgl. III.B.1.ii. und iv. sowie III.C.1.iv.
Die genuine rein logische Absolutheitskonzeption
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gehörte zum Programm der wahrhaften Lesart der Logik. Hegel gibt also mit jener Antizipation des Begriffs einen deutlichen Hinweis dazu, wie die Logik in ihrem eigenen Sinne zu deuten ist, und dieser darf zugunsten einer radikal voraussetzungslosen Untersuchung keineswegs bagatellisiert werden. Diese Ansicht legitimiert ferner nachträglich auch die Praxis von Kapitel II des vorliegenden Buches, zwecks des schnelleren Fortgangs der Argumentation gelegentlich auf jene Antizipation zurückzugreifen: Man kann sich auf die Methode logischen Erkennens selbst dann verlassen, wenn sie den logischen Verlauf zum Teil nur schematisch widergibt. Schematismus an sich ist nicht das Problem. Schematisch ist ja auch die ganze enzyklopädische Darstellung der Logik im Vergleich zur viel ausführlicheren großen Logik. Das ist aber ein Schematismus im Einklang mit der Logik selbst, der sogar als roter Faden umso wichtiger wird, wenn dieses Werk nicht aus rein logischem, sondern etwa aus philosophisch-theologischem Interesse gelesen wird, wozu nicht zuletzt andere Systemteile der spekulativen Philosophie, namentlich die ganze Geistphilosophie, einladen.115 Das Problem bei der Anwendung der Methode liegt entweder darin, dass man falsche, nicht im Einklang mit dem Begriff als solchem stehenden Schemata verwendet, oder darin, dass man das richtige Schema nicht zu Ende denkt, etwa – um ein Beispiel aus dem Interessensbereich philosophischer Theologie zu wählen – bei der Unendlichkeit oder dem Absoluten stehenbleibt und nicht diesem Schema gemäß gedanklich zum wahrhaft Absoluten voranschreitet. Bemerkenswert ist außerdem, dass die Antizipation logischen Erkennens so pointiert und an solch prominenter Stelle nur in der Enzyklopädie und nicht in der großen Logik zu finden ist. Anders als die große Logik, die jeden einzelnen Gedankenschritt ausführlich darzulegen hat, beabsichtigt die Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse „einen Leitfaden zu [Hegels] philosophischen Vorlesungen“, also einen kompendiösen Überblick über Hegels Werk zu verschaffen (Enz: 23,3). Es gehört nämlich zum Programm der Enzyklopädie, dem Leser zuliebe an markanten Stellen Metaüberlegungen zum Charakter des gesamten Werks, die in der großen Logik hauptsächlich im systematischen Verlauf dieses Werks selbst angestellt werden, zu präponieren. So gewinnt der Leser von Beginn an die richtige Einstellung und kann sie sich schnell wieder vergegenwärtigen. Das ist vermutlich der Grund auch dafür, warum Metaüberlegungen zur esoterischen Lesart, die sich in der großen Logik im Kapitel „Das Absolute“ und „Der Begriff“ finden, an den entsprechenden Stellen der Enzyklopädie fehlen: Sie sind an Stellen zu finden, die aus unbefangener und nicht unbedingt logisch-immanenter Sicht schwerwiegend sind,
115
Vgl. I.B.
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Kapitel III: Der absolute Begriff
nämlich ganz am Anfang der Untersuchung. Dazu gehören etwa §§ 79–85 sowie die Anmerkungen zu §§ 86–88.116 Wohlgemerkt antizipiert Hegel zu Beginn der enzyklopädischen Logik die Methode begreifenden Denkens, nicht der Auslegung des Absoluten. Der Begriff ist der Schlüssel für die wahrhafte Lesart der Logik, nicht das Absolute. Wird das Absolute in § 85 programmatisch erwähnt, so fehlt ein Kapitel über dasselbe in der Enzyklopädie gänzlich. Allein diese Betrachtung macht an vorliegender Stelle den längst angekündigten direkten Vergleich der Metaüberlegungen zu den zweierlei esoterischen Lesarten der Logik, die jeweils vom Absoluten und vom Begriff als solchem ausgehen, unausweichlich. 2. Der Begriff als solcher und das Absolute: ein Vergleich Dass der Begriff als solcher die logische Bestimmung ‚das Absolute‘ wie ja auch die objektivlogischen Bestimmungen allesamt ablöst, ist bereits durch den Blick auf die Gliederung der Logik klar. Hier geht es aber nicht so sehr um diese zwei logischen Bestimmungen als solche, sondern um diese als die wichtigsten Stationen auf der Suche nach Hegels eigener rein logisch entwickelter Absolutheitskonzeption, d.h. um die zweite, esoterische Ebene philosophischtheologischer Untersuchung der Logik. i. Die genuine rein logische und die genuine objektivlogische Absolutheitskonzeption Die Affinitäten zwischen den zwei rein logisch gewonnenen Absolutheitskonzeptionen lassen sich schnell zusammenfassen 117: Beide stellen eine Einheit bzw. Totalität von Sein und Wesen fest. Bei beiden ist ferner keine bloß summarische Einheit bzw. Totalität gemeint, sondern das Prinzip und Element, das mindestens alles Objektivlogische durchdringt, prägt und in sich fasst. Und zur Exposition von beiden Absolutheitskonzeptionen gehören Metaüberlegungen zum Charakter anderer logischer (mindestens aller objektivlogischen) Bestimmungen. Das sind beachtliche Affinitäten, die sie gemeinsam von allen üblichen als logische Bestimmungen zweiter Stufe abheben. Nun kommt es aber auf die Unterschiede an, die nach dem bisher Gesagten im Folgenden darzulegen sind. Während das Absolute die eine Totalität als die absolute Einheit von Sein und Wesen feststellt, steht der Begriff als solcher für dieselbe Totalität als die konkrete bzw. begrifflich mit sich zusammengewachsene Einheit von Sein und 116
Analysiert wurden diese Stellen oben, in I.C. und im episodischen Abschnitt zu II.A.1. Der § 83 sowie Teilaspekte von §§ 84 und 112 (der Anfang von jeweils der Seins- und Wesenslogik) wurden bei der Analyse der wahrhaften Einteilung berücksichtigt (III.B.2.ii.). 117 Für das Folgende sei hier pauschal auf die Abschnitte II.B.1.i. und iii., II.B.2.ii., II.B.3.ii., aber hauptsächlich II.B.4.ii. verwiesen.
Die genuine rein logische Absolutheitskonzeption
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Wesen. Wurde das Absolute als die absolute Form und der absolute Inhalt apostrophiert, so ist das der Begriff als solcher auch, aber konkreter, als die denkerische Vermittlung durch sich selbst, die sich in aller logischen Form begrifflich wiederfindet und allen logischen Inhalt in sich ebenso begrifflich fasst. Oder wurde das Absolute betont als die absolute Identität apostrophiert, so stellt der Begriff als solcher „die absolute Identität mit sich“ dar118: Unterscheidet sich das Absolute von anderen Bestimmungen nur äußerlich, indem es lediglich als die Identität durch das übrige Unterschiedene abgegrenzt wird, handelt es sich beim Begriff als solchem um dieselbe Identität, insofern sie explizit auf sich selbst zurückgreift und sich durch sich selbst konkretisiert. Bleibt das Absolute in der Dialektik des Äußeren und Inneren befangen als ein Inneres, das sich ins Äußere verlegen muss, so besteht der Begriff als solcher seiner Bestimmung nach genau darin, Äußeres und Inneres zugleich zu sein, nämlich der Doppelschein als solcher, Schein-nach-innen und -nach-außen ohne Abgrenzung von einem Anderen. Oder: Weist das Absolute noch eine seiende Bestimmtheit auf, ist es nämlich ein reflektiertes Seiendes, das sich in seinem Anderen reflektieren muss, so ist der Begriff als solcher die einfache Bestimmtheit und die zweite Weise der totalen Reflexion, die keines anderen bedarf, obschon sie alles andere als Weisen ihrer selbst setzt. Ist das Absolute in der Bestimmung der Identität hinsichtlich aller Mannigfaltigkeit von Sein und Wesen vollständig, aber zugleich abstrakt, so hat sich der Begriff als solcher als der Inbegriff des Begreifens erwiesen, das alle Seinsund Wesensmannigfaltigkeit begrifflich in sich aufgehoben hat. Umgekehrt: Ist das Absolute an aller Mannigfaltigkeit manifest und hat es sie zu seiner ‚Unverborgenheit‘ erklärt, so wird mit dem Begriff als solchem die begriffliche Transparenz erreicht, in welcher alles Sein und Wesen als bestimmte Begriffe kategorisiert sind. Fordert darüber hinaus das Absolute seine Auslegung, so verhält es sich wie etwas, das notwendigerweise von den mannigfaltigen Bestimmungen des Seins und Wesens ergänzt wird. Das Begreifen hingegen ist eine Art und Weise, die ihr Anderes, das Etwas oder die seiende Bestimmtheit, frei durchdringt, ohne von ihm ergänzt zu werden. Einerseits ist nämlich die objektivlogische Mannigfaltigkeit keine Ergänzung oder äußerliche Erklärung, sondern der begriffliche Weg, der zum logisch autarken Begriff als solchem führt. Andererseits bringt das Begreifen (qua Einzelnes und Verlust) die subjektivlogische Mannigfaltigkeit gemäß seiner erkannten Bestimmung, d.h. frei, hervor und lässt 118 BL: 33,17; vgl. a.a.O. 32,27; 34,35; 35,17. Obwohl der Ausdruck ‚absolute Identität mit sich‘ am markantesten im Unterkapitel „A. Der allgemeine Begriff“ fällt, eignet er sich nicht ausschließlich für den allgemeinen Begriff, sondern, wie auch Chr. G. Martin richtig interpretiert, für die gesamte Sphäre des Begriffs als solchen (vgl. Christian Georg Martin, Ontologie der Selbstbestimmung. Eine operationale Rekonstruktion von Hegels „Wissenschaft der Logik“, Tübingen 2012, 227f.).
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Kapitel III: Der absolute Begriff
sie als die begriffene seiende Bestimmtheit an ihm bestehen, ohne sich selbst zur seienden Bestimmtheit zu ergänzen. Während also das Absolute der objektivlogischen Mannigfaltigkeit gegenüber schlicht als Identität bestimmt ist und den Unterschied außer sich sucht, ist der Begriff als solcher sowohl der objektiv- als auch der subjektivlogischen Mannigfaltigkeit gegenüber autark, insofern er über die bei sich bleibende Dynamik der Sphäre des Begriffs als solchen verfügt und nicht nur sein Anderes, sondern sich selbst begreift. Ist daher das Absolute die rein logische Absolutheitskonzeption in der Weise der objektiven Logik, so beansprucht der Begriff als solcher, die genuine rein logische Absolutheitskonzeption nur im Anschluss an die objektive Logik zu sein. Das Absolute wird durch die seiende Bestimmtheit bestimmt und ist somit eine solche Bestimmtheit. Es bildet die genuine objektivlogische Absolutheitskonzeption und erstreckt sich nicht über die subjektive Logik. Der Begriff als solcher hingegen begreift sich, ohne auf die seiende Bestimmtheit rekurrieren zu müssen, er ist die einfache Bestimmtheit, die sich gleichermaßen in der objektiven wie in der subjektiven Logik wiederfindet. Daher beansprucht der Begriff als solcher, die genuine rein logische Absolutheitskonzeption ohne jegliche Einschränkung zu bilden. Schließlich liefert die rein logische Grundlagenforschung zum begrifflichen Fundament aller Theologie und Metaphysik sowohl mit dem Absoluten als auch mit dem Begriff als solchem markante Kenntnisse über den logischen Kern jeder Gotteslehre, die sich der Aufgabe verpflichtet fühlt, die Absolutheit Gottes vernünftig auszudrücken. Gibt aber das Absolute den absoluten logischen Kern aller Theologie zu erkennen, handelt es sich beim Begriff als solchem um den begrifflich-konkreten logischen Kern ausdrücklich der philosophischen Theologie, und zwar derselben qua rein logische Grundlagenforschung im Sinne der wahrhaften Lesart der Logik. Während sich nämlich das Absolute darauf beschränkt, die Absolutheit (Gottes) als eine seiende Vollständigkeit zu konzipieren, fasst der Begriff als solcher sie als eine rein begriffliche auf, die einerseits nicht im Sinne der seienden Bestimmtheit sein muss, andererseits aber die drei Begriffsmomente aufweist. Beschränkt sich also die philosophisch-theologische Grundlagenforschung der objektiven Logik auf die Untersuchung des absoluten logischen Kerns der Theologie, so geht es in ihr um die Suche nach einem vollständigen Seienden. Erweitert sich aber solche Grundlagenforschung durch die subjektive Logik und den begrifflich-konkreten logischen Kern, so entpuppt sie sich als die Suche nach dem vollständigen Begreifen, d.h. nach der Art und Weise, in der Begriffe, die alles Seiende und vollständige Seiende begrifflich charakterisieren, sich selbst adäquat begreifen. Erscheint ferner die rein logische Grundlagenforschung in Bezug zur theologischen und insgesamt metaphysischen Begrifflichkeit zunächst als eine Ontotheologie, so rückt der Begriff als solcher die Epistemologie unwiderruflich in den Mittelpunkt ihres Interesses: Auch die höchste ontotheologische Konzeption und der absolute logische Kern aller Theologie sind nicht aus sich
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heraus, sondern aus epistemologischer Sicht die höchste und der absolute – was wiederum heißt, dass sie nicht diese Sicht selbst, und somit nicht die wahrhaft höchste und nicht wahrhaft absolut sind. All diese Punkte des direkten Vergleichs von Begriff als solchem und Absolutem spiegeln sich in den entsprechenden Metaüberlegungen zum Charakter der logischen Bestimmungen wider. ii. Zweierlei Metaüberlegungen Die Metaüberlegungen des Begriffs als solchen zum Charakter der übrigen logischen Bestimmungen werden im Folgenden den entsprechenden Metaüberlegungen des Absoluten in zwei Schritten kontrastiert. 119 Zunächst wird pauschal auf den Unterschied am Konkretionsgrad der Charakterisierung jeder einzelnen logischen Bestimmung durch den Begriff als solchen und das Absolute hingewiesen. Zentral sind dabei die Überlegungen zur wahrhaften Lesart der Logik. Alsdann wendet sich die Untersuchung dem Aufbau der Logik zu und stellt die wahrhafte Einteilung den entsprechenden Hinweisen des Absoluten gegenüber. Was zunächst die Charakterisierungen jeder einzelnen logischen Bestimmung betrifft, so führten sie die objektivlogischen Metaüberlegungen wesentlich in einer doppelten Weise auf das Absolute zurück, was die zwei Dimensionen der Auslegung des Absoluten ausmachte: die positive, die für das „Aufnehmen“ der mannigfaltigen Bestimmungen im Absoluten stand, und die negative, die deren „Untergehen“ markierte (WL: 371,35). Während die positive Auslegung die objektivlogischen Bestimmungen „als einen Ausdruck und Abbild“ bzw. als den „Schein“ des Absoluten setzte und sie dadurch vor ihrem „Verschwinden“ bewahrte (a.a.O. 372,11–14), bestand die negative Auslegung darin, dieselben Bestimmungen als ein zu negierendes „Medium“ aufzufassen, das schließlich zum Absoluten selbst hinführt und von demselben „absorbiert“ wird (a.a.O. 372,18). Das gleiche Schema findet sich nun auch auf der Ebene des Begriffs als solchen wieder, aber viel konkreter: Anders als die positive Auslegung des Absoluten verleiht die wahrhafte Lesart allen logischen Bestimmungen dadurch eine „Festigkeit“ oder ein „fixes Bestehen“, dass sie diese Bestimmungen vor dem völligen Verschwinden im logischen Verlauf beständig bewahrt (BL: 41,15), indem sie sie in den nach der Form der Allgemeinheit geordneten Triaden, d.h. als „bestimmte Begriffe“, auffasst. Sie betrachtet nämlich die logischen Bestimmungen als Ausdrücke, Abbilder und Schein des Begriffs als solchen; und mittels der Momente des Allgemeinen, Besonderen
119 Der nun folgende Vergleich speist sich hauptsächlich aus den Ergebnissen der Abschnitte II.B.1.ii. und iii., II.B.3.ii. und III.B.4.i. bezüglich des Absoluten und III.B.2.iii. und ii. bezüglich des Begriffs als solchen.
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Kapitel III: Der absolute Begriff
und Einzelnen vermag sie den jeweiligen logischen Ablauf konkret zu begreifen und als solchen gelten zu lassen. Das Pendant der wahrhaften Lesart zur negativen Auslegung bildet ferner jener Prozess der Auflösung der seienden Bestimmtheit, der sie „begeistet“ (a.a.O. 42,25) und gemäß den drei Begriffsbestimmungen nicht nur zu immer höheren Allgemeinen und Gattungen, sondern schließlich zum „wahrhaft höheren Allgemeinen“ führt (a.a.O. 36,20), das begriffen wird als der Begriff als solcher. Dieser Prozess stellt den werdenden absoluten Begriff dar, was im Kapitel II des vorliegenden Buches behandelt wurde. Kurz gefasst besteht der Hauptunterschied zwischen den zweierlei esoterischen Lesarten der Logik darin, dass der Begriff als solcher auch die triadische Dynamik jeder logischen Bestimmung erklärt und sie nicht bloß als Scheine oder Negationen zusammenhangslos nebeneinander gelten lässt. Der Vergleich zwischen den Metaüberlegungen zum Aufbau der Logik kann jedoch detaillierter verlaufen. Anlass dazu geben nicht zuletzt die Überlegungen im Anschluss an das Absolute, die nun viel differenzierter sind als diejenigen zu den einzelnen logischen Bestimmungen. Allerdings – und das ist der erste und gravierendste Unterschied zwischen Begriff als solchem und Absolutem hinsichtlich des Aufbaus der Logik – gibt das Absolute keinerlei Auskunft über die subjektive Logik. Während nämlich die Auslegung des Absoluten dem wesenslogischen Standpunkt oblag und nicht über die objektive Logik hinausblicken konnte, liefern die mit dem Begriff als solchem einhergehenden Metaüberlegungen eine Gesamtdeutung der ganzen Logik. Dabei steht die objektive Logik nicht nur nicht im Mittelpunkt, sondern sie bildet als Ganzes lediglich den vom Begriff geprägten – d.h. den begrifflichen – Weg zum Begriff selbst. Aber auch in den Aufbau der objektiven Logik selbst gewährt der Begriff als solcher einen tieferen Einblick als das wesenslogische Absolute. Die wesenslogischen Metaüberlegungen haben nämlich lediglich den Unterschied zwischen unvollendeter und vollendeter Auslegung des Absoluten hervorheben können. Der Grund dafür liegt in der logischen Bestimmung der Auslegung, die sich ausschließlich aus der Identität von Äußerem und Innerem speist, welche entweder unvermittelt oder vermittelt sein kann. So war des Weiteren das Auseinanderhalten von ansich- und fürsichseiendem Absoluten in der objektiven Logik aus der Sicht des wesenslogischen Absoluten zwar nachvollziehbar, dennoch nicht ableitbar. Dasselbe gilt für die Unterscheidung zwischen den drei Abschnitten der Wesenslogik, die ohnehin nur dem Vorspann und an keiner programmatischen Stelle dem Haupttext der Wesenslogik zu entnehmen war.120 Jede überzeugende weitere Einteilung der objektiven Logik neben der Dichotomie aus unvollendeter und vollendeter Auslegung widerspricht zwar dieser Dichotomie nicht, sondern ist sogar mit ihr kompatibel. Sie verrät aber,
120
Vgl. II.A.6.i. und ii. sowie II.B.4.i.
Die genuine rein logische Absolutheitskonzeption
371
dass ein anderes, konkreteres Prinzip und Element die objektivlogische Fortbestimmung vorantreibt – aber eines, das als solches erst jenseits dieser (d.h. der objektivlogischen) Fortbestimmung zutage kommt. Näher betrachtet beginnt die weitere Einteilung der objektiven Logik – die vom wesenslogischen Absoluten aus nicht ableitbar ist – mit der absoluten Indifferenz, welche bereits im Rahmen der unbefangenen Lektüre der objektiven Logik als die Feststellung des spezifischen Prinzips und Elements der Seinslogik erkannt wurde.121 Insofern diese Feststellung keine bloß weitere seinslogische Bestimmung markierte, sondern eine solche, die das Wesen alles vorangegangenen Seins zum Vorschein brachte, konnte sie als eine Einheit von Sein und Wesen, und somit als eine Weise des Absoluten apostrophiert werden.122 Und da dort das Wesen bzw. das Prinzip und Element, das alle seinslogischen Bestimmungen prägte und in sich fasste, nicht als solches, sondern nur „in dem Gegensatze“ zu diesen Bestimmungen festgestellt wurde (SL: 381,24), d.h. unmittelbar, oberflächlich und ohne Berücksichtigung der ihm eigentümlichen Tiefe, konnten die absolute Indifferenz und alle von ihr geprägten seinslogischen Bestimmungen präziser als das ansichseiende Absolute aufgefasst werden. Wenn aber – und das ist entscheidend für das Verständnis des ansichseienden Absoluten und aller objektivlogischen Bestimmungen vom Standpunkt des Begriffs aus gesehen – die dem Wesen eigentümliche Tiefe nicht berücksichtigt wird und die Einheit von Sein und Wesen als eine unmittelbare aufgefasst wird, macht es keinen Unterschied für die logische Betrachtung, ob jene Tiefe und diese Einheit als solche nur absolute und abgründige oder eventuell konkrete und begriffene sind. Auf dem Standpunkt der absoluten Indifferenz und der Seinslogik insgesamt ist es nämlich irrelevant, ob dieser Standpunkt selbst im Hinblick auf das wesenslogische Absolute oder den Begriff als solchen charakterisiert wird. Anders aber als das Absolute verlangt der Begriff als solcher, dass dieser (und jeder logische) Standpunkt von sich selbst her verstanden wird. Tatsächlich charakterisieren die ersten zwei Verhaltensweisen von Allgemeinem und Besonderem, welche die wahrhafte Einteilung registrierte und auch der Seinslogik zugeschrieben werden konnten123, eine solche Einheit von Sein und Wesen, die unmittelbar und oberflächlich bleibt, d.h., weder das Wesen als das Innere des Seins noch das dem Sein und Wesen gemeinsam Zugrundeliegende darstellt. Diese Einheit wird nämlich dort als die Sphäre des Besonderen aufgefasst, in welcher es allein um das unmittelbare (Art-)Allgemeine und das unmittelbare (Art-)Besondere geht, insofern sie miteinander lediglich koordiniert sind. Der Bezug auf ihr gemeinsames Prinzip, das (wahrhafte) Gattungsallgemeine wird hingegen nicht thematisiert. Obwohl aber die wahrhafte 121
Vgl. II.A.5.i. Vgl. II.A.5.ii. und II.B.4.i. 123 Vgl. III.B.2.ii. 122
372
Kapitel III: Der absolute Begriff
Einteilung dieselbe Einheit von Sein und Wesen wie der Ausdruck ‚ansichseiendes Absolutes‘ beschreibt, ist sie viel konkreter, weil sie, wie die wahrhafte Lesart gezeigt hat, die Dynamik der begrifflichen Differenzierungen in jeder seinslogischen Triade zu erklären vermag. Anders nämlich als der Ausdruck ‚ansichseiendes Absolutes‘, der die Seinslogik als die unmittelbare unvollendete Auslegung des Absoluten bezeichnet, akzentuiert der Begriff als solcher die Seinslogik als diejenige Untersuchung des Absoluten, in welcher die Begriffsartigkeit jener Momente desselben herausgearbeitet wird, die bloß unmittelbar sind, d.h., die Tiefe des Gattungsallgemeinen nicht aufweisen. Aus der Sicht des Begriffs als solchen besteht nämlich die Konkretion der seinslogischen Absolutheitskonzeptionen in der begrifflichen Selbstbeziehung, Vermittlung, Negativität und Idealität des nur Unmittelbaren. Darüber hinaus wurde oben das Wesen als die inhaltliche und logisch-konsequente Betrachtung der absoluten Indifferenz eingeführt, und somit als die Feststellung des Prinzips und Elements alles Seins, insofern sie (die absolute Indifferenz) sich nicht als ein weiteres Dasein zu allem Sein verhält, sondern tatsächlich als dessen Prinzip und Element.124 Dadurch hat der objektivlogische Prozess Abschied von der bloßen Unmittelbarkeit genommen und eine erste Einsicht in das Innere, die Tiefe und Wahrheit aller Unmittelbarkeit gewonnen. Der in demselben Zusammenhang eingeführte Ausdruck ‚fürsichseiendes Absolutes‘, der die ganze Wesenslogik bezeichnen soll, markierte pauschal diejenige Sein-Wesen-Einheit, in welcher das Sein ein ideelles Moment des fürsichseienden Wesens ist und ihm ermöglicht, dass es sich kundtut. 125 Denselben Sachverhalt signalisiert die wahrhafte Einteilung, indem sie mit der dritten, vierten und fünften Verhaltensweise des allgemeinen zum besonderen Begriff das Gattungsallgemeine hervortreten und neben der Sphäre des Besonderen bestehen lässt. Konkreter als die Rede vom ‚fürsichseienden Absoluten‘ kündigt die wahrhafte Einteilung der Wesenslogik die Begriffsartigkeit der Sein-Wesen-Einheit an, und zwar so, dass in der unmittelbaren Begriffsartigkeit auch das Movens, Prinzip und Element der Unmittelbarkeit selbst vorhanden ist. Die Wesenslogik liefert demnach Variationen von begrifflicher Selbstbeziehung, Vermittlung und Negativität, die zwar unmittelbar, aber mit dem Wissen darüber vollzogen werden, dass sie über ein Inneres und ihnen Zugrundeliegendes verfügen. Dass dieses Innere noch als etwas Absolutes, d.h. tatsächlich als das Prinzip von allem Sein, aber noch abstrakt und nicht in sich differenziert bestimmt ist, drückt die wahrhafte Einteilung dadurch aus, dass das Gattungsallgemeine „gegen“ die Sphäre des Besonderen, und somit noch nicht für sich selbst begriffen ist (BL: 38,14–17): Die in der Wesenslogik zu erkennenden Absolutheitskonzeptionen sind zwar nicht bloß unmittelbar,
124 125
Vgl. II.A.6.i. Vgl. II.A.6.ii. und II.B.4.i.
Die genuine rein logische Absolutheitskonzeption
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aber dennoch durch die Unmittelbarkeit bestimmt; einerseits sind sie in sich vollständig, andererseits aber noch in die Äußerlichkeit verwickelt. Außerdem differenziert die wahrhafte Einteilung, wie bereits der Vorspann zur Wesenslogik126, zwischen den drei Abschnitten der Wesenslogik, während die im Kapitel über das Absolute angestellten Metaüberlegungen lediglich den Unterschied zwischen unvollendeter und vollendeter Auslegung des Absoluten hervorhoben, d.h. den Unterschied zwischen dem letzten Abschnitt und der vorangegangenen objektiven Logik. Sprach der Vorspann zur Wesenslogik vom Scheinen des Wesens in sich, so fasst die wahrhafte Einteilung dieses Scheinen-in-sich als die dritte Verhaltensweise vom Allgemeinen zum Besonderen auf, nämlich als die Subordination der Sphäre des Besonderen in Bezug auf das Gattungsallgemeine. ‚Subordination‘ charakterisiert dabei unter Rekurs auf die Begriffsverhältnisse die innere Konstitution der unmittelbar bestimmten Einheit von Sein und Wesen: Einerseits ist diese Einheit ausdrücklich allem unmittelbaren Bezug entnommen und insofern doch unmittelbar bestimmt; andererseits aber stellt das Sein nur ein Moment für die Ausführung der absoluten Negativität und Vermittlung dar. Der zweite Abschnitt der Wesenslogik wurde ferner deren Vorspann zufolge dem Erscheinen des Wesens gewidmet, d.h. der expliziten Bezugnahme des Wesens auf das Unmittelbare, die darin besteht, dass das Wesen als das Ursprüngliche das Unmittelbare prägt. Entsprechend heißt es in der vierten Verhaltensweise der wahrhaften Einteilung, dass das Gattungsallgemeine, „gegen welches“ die Sphäre des Besonderen, also das Unmittelbare, „bestimmt ist“, selbst auch „nur eines der Gegenüberstehenden“ ist (a.a.O. 38,15f.), dass es somit auf das von ihm geprägte Unmittelbare angewiesen ist und nur als bezogen auf dasselbe das ist, was es seiner Bestimmung nach sein soll. Im dritten Abschnitt der Wesenslogik sollte schließlich ihrem Vorspann zufolge das Wesen und Prinzip allen Seins in dem von ihm selbst geprägten Sein offenbar oder manifest sein. Diese Präsenz der absoluten Einheit von Sein und Wesen in der Unmittelbarkeit wurde durch die wesenslogischen Metaüberlegungen als die vollendete Auslegung, Manifestation, Äußerlichkeit, als das Zeigen und als der Modus des Absoluten präzisiert: Das Absolute tat sich in demjenigen Äußeren kund, das in vermittelter Identität mit dem Inneren erkannt worden ist und keine Subsistenz außer dem Absoluten selbst hat. Die logische Fortbestimmung dieser Manifestation lag darin, die bereits errungene vermittelte Identität von Äußerem und Innerem bzw. die absolute Einheit von Sein und Wesen als eine reflektierte oder die zwei nur scheinbar voneinander unterschiedenen Sein-Wesen-Totalitäten zu konkretisieren. Dasselbe drückt nun auch die fünfte Verhaltensweise der wahrhaften Einteilung aus, wenn sie feststellt, dass die Bestimmtheit von Gattungsallgemeinem und Sphäre des Be-
126
Vgl. II.A.6.i. und ii.
374
Kapitel III: Der absolute Begriff
sonderen „gegeneinander […] wesentlich […] nur Eine Bestimmtheit, die Negativität“, bildet (a.a.O. 38,20). Die begriffsartige Selbstbezüglichkeit ist in der reflektierten Unmittelbarkeit manifest, aber nicht als von ihr unmittelbar begrenzt, sondern als die einzig vorhandene und ganze, reflektierte Unmittelbarkeit. Die Absolutheitskonzeptionen, die dabei logisch erkannt werden, sind absolut nicht im Sinne der ersten zwei Abschnitte der Wesenslogik, wonach sie nur in sich vollständig sind, während sie jedoch zugleich von der Unmittelbarkeit bestimmt sind. Vielmehr aber stehen sie für die ganze Unmittelbarkeit als nur eine, wenn auch reflektiert verdoppelte, Bestimmtheit. All dem Gesagten zufolge ist abschließend zu bemerken, dass die Metaüberlegungen des Begriffs als solchen sowohl hinsichtlich des Aufbaus der Logik als auch hinsichtlich des Charakters jeder einzelnen logischen Bestimmung die Metaüberlegungen des Absoluten signifikant übertreffen, und zwar so, dass sie auch alle anderen Metaüberlegungen einbetten, die in Vorspannen der Logik zu finden sind. Zugleich illustriert der hier angestellte Vergleich, worin die Präferenz Hegels begründet liegt, auf den Begriff und nicht auf das wesenslogische Absolute zu rekurrieren wenn es in diversen einleitenden Passagen wie etwa §§ 79–84 und 112 um einen Vorblick auf den Aufbau der Logik und den allgemeinen Charakter einzelner Gedankenschritte geht. Bezeichnungen der Logik, die sich ans Absolute anschließen, mögen zwar wegen der vorstellungshaften Konnotationen des Ausdrucks ‚das Absolute‘ den Anschein von Vertrautheit erwecken. Doch ist dieser Anschein trügerisch. Denn solche Bezeichnungen lassen sich zum größten Teil nicht durch den wesenslogischen Begriff des Absoluten erklären. Bezeichnungen hingegen – wie etwa „Begriff an sich“ oder „seyender Begriff“ für die Seinslogik und „Fürsichsein und Schein des Begriffes“ oder „Sphäre der Vermittlung“ und „Begriff als System […] des zum Insichseyn des Begriffs übergehenden Seyns“ für die Wesenslogik (§ 83, SL: 45,26–46,15) – sind vom Begriff als solchem her weitgehend verständlicher und besagen Konkretes für jede entsprechende einzelne logische Bestimmung sowie für den gesamten Aufbau der logischen Wissenschaft. Diesen Gedanken muss man noch weiter zuspitzen. Damit gelangt man zu der Einsicht, dass Begriff als solcher und Absolutes nicht irgendein, sondern ein begriffliches Rangverhältnis bilden. iii. Ein begriffliches Rangverhältnis Der direkte Vergleich des Begriffs als solchen mit dem Absoluten plausibilisiert und sichert zunächst das Rangverhältnis zwischen den beiden logischen Bestimmungen. Dasselbe kann auch anhand der Reflexionsbestimmung ‚Identität‘ festgestellt werden, die sich wie ein roter Faden durch alle rein logischen Absolutheitskonzeptionen zieht: Wurde nämlich die absolute Indifferenz (und mit ihr alle seinslogischen Bestimmungen), d.h. das ansichseiende Absolute, als das formelle Verständnis dessen aufgefasst, was die Reflexion inhaltlich
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ist127, so war es die erste Reflexionsbestimmung, die Identität, die alles ansichseiende Absolute in sich aufhob und das fürsichseiende Absolute zum ersten Mal inhaltlich bestimmte. 128 Ihre abstrakte Vollendung erreichte die Identität mit dem Absoluten, welches dementsprechend als die „absolute Identität“ apostrophiert wurde (WL: 371,24). 129 Von dort aus hat sich dieselbe Identität fortbestimmt und auf dem Standpunkt des absoluten Verhältnisses als ein Inneres ergeben, das sich zu sich selbst als Äußerem verhält, somit als das „Absolut-Absolute“ (a.a.O. 372,34).130 Den Begriff als solchen akzentuiert aber Hegel schließlich als „die absolute Identität mit sich“ (BL: 33,17; vgl. a.a.O. 32,27; 34,35; 35,17). In dieser Reihe von rein logischen Absolutheitskonzeptionen erhebt also der Begriff als solcher den Anspruch, die Identität von allem Sein und Wesen als eine Idealität und konkrete bzw. mit sich zusammengewachsene Beziehung auf sich selbst darzustellen, die den für das absolute Verhältnis noch konstituierenden Scheinunterschied zweier Substanzen in sich aufgehoben hat. Und nicht zuletzt wird mit dieser absoluten Identität „mit sich“ das Versprechen von § 115 A eingelöst, dass die Reflexionsbestimmung der Identität – die ohnehin bereits auf ihrem eigenen Standpunkt als das Absolute angesehen werden konnte – mit dem Begriff endgültig „als in sich konkrete“ aufgefasst wird und ihre „höhere[] Wahrheit“ erreicht. Doch der direkte Vergleich des Begriffs als solchen mit dem Absoluten verkündet mehr als ein Rangverhältnis auf der Basis von Identitätsweisen. Alle Formulierungen und Metaüberlegungen über den Charakter einzelner logischer Bestimmungen und den Aufbau der Logik, die sich aus dem ‚Absoluten‘ speisen, schematisieren ohne Einblick in die begriffliche Notwendigkeit und simplifizieren insgesamt stark die entsprechenden Metaüberlegungen des Begriffs als solchen. ‚Ansichseiendes Absolutes‘, ‚Auslegung des Absoluten‘ usw. reduzieren die begriffslogischen Metaüberlegungen auf das, was lediglich in der objektiven Logik mit objektivlogischem Instrumentarium ausgesagt werden kann. Vom Standpunkt des Begriffs als solchen aus gesehen zeigen sich daher alle objektivlogischen Absolutheitskonzeptionen und Metaüberlegungen als insuffizient und mangelhafte Abbildungen seiner. Was ihnen fehlt, ist eben der Begriff. Sie vermögen ihre eigene Begriffsartigkeit nicht zu erklären und bleiben sich selbst zum großen Teil ein Rätsel. Die triadische Fortbestimmung beispielsweise erscheint ihnen wie eine innere Notwendigkeit. Sobald also der Begriff als solcher erkannt wird, setzt er den Maßstab für die Beurteilung seines Verhältnisses zum Absoluten. Es handelt sich um ein begriffliches Rangverhältnis. Der Begriff als solcher ist dem Absoluten über-
127
Vgl. II.A.5.ii. Vgl. II.A.6.ii. und II.A.8.i. 129 Vgl. II.B.1.i. 130 Vgl. II.C.2.ii. 128
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Kapitel III: Der absolute Begriff
legen, insofern er ihm einen ziemlich genauen Platz im begrifflichen Kontinuum der Logik zuweist, während das Absolute vom Begriff als solchem bestenfalls nur sagen könnte, er sei ein weiterer Modus bzw. eine weitere SeinWesen-Totalität neben anderen. Aber auch für die Klassifizierung seiner Modi selbst hat das Absolute kein Kriterium vorzuweisen, obwohl der wesenslogische Verlauf einem solchen Kriterium offenbar zu entsprechen hat131: Während die Auslegung des Absoluten begrifflicher Art ist, hat es diese seine Begriffsartigkeit nicht erkannt. Es ist also die begriffliche Erklärungskraft, die das Rangverhältnis zwischen Begriff als solchem und Absolutem begründet, welche, obwohl sie das Absolute für seine Auslegung in Anspruch nimmt, erst mit dem Begriff als solchem zutage tritt. Auf den Punkt gebracht: Der Begriff als solcher begreift das Absolute und all seine Auslegung – aber nicht umgekehrt: Für das Absolute bleibt der Begriff und der gesamte begriffliche Ablauf eine unerklärliche Notwendigkeit. Nach diesem epistemologischen Kriterium – und das ist das einzige allen logischen Einwänden standhaltende Kriterium in der ganzen Wissenschaft der Logik – lässt sich ferner das Verhältnis zwischen Begriff als solchem und Absolutem wie folgt zusammenfassen: Das Absolute ist nach Hegel nur ein bestimmter, ja begriffsloser Begriff; erst der Begriff als solcher ist das wahrhaft Absolute. Auf diese Erkenntnis zielt alle rein logische Grundlagenforschung zum Fundament der Theologie und Metaphysik: Sie hat die Epistemologie begreifenden Denkens als das Fundament aller begrifflichen Fundamente jeder vernünftig artikulierten Gotteslehre etabliert. Es ist des Weiteren zwar sicherlich nicht falsch, den Begriff als solchen auch als die Nachfolgebestimmung des Absoluten zu betrachten. Das entspricht aber dem Standpunkt der unbefangenen Lesart, die an der Anfangsperspektive des logischen Verlaufs festhält. Nach dem bisher Gesagten muss jedoch der Begriff als solcher als die Nachfolgebestimmung des Absoluten verstanden werden, nicht nur im Sinne einer bloß späteren Bestimmung, sondern – worauf auch die oben erwähnten einleitenden Passagen unmissverständlich anspielen – als die Wahrheit und das wahrhaft Erste des Absoluten. Das ist auch die Bedeutung des bereits gelegentlich gefallenen Ausdrucks ‚absoluter Begriff‘, der nun für sich zu betrachten ist. 3. Der Ausdruck ‚absoluter, göttlicher Begriff‘ Im Vorspann zum Abschnitt über die Objektivität verweist Hegel auf die Sphäre des Begriffs als solchen (vermutlich genau auf die oben mehrfach hervorgehobene Passage BL: 35,31–36,30) und bezeichnet diese Sphäre als den
131
Vgl. II.B.4.ii.
Die genuine rein logische Absolutheitskonzeption
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„absolute[n], göttliche[n] Begriff selbst“ (a.a.O. 129,23). 132 Den darauffolgenden logischen Verlauf (namentlich das Urteil und den Schluss), schlägt er vor, als „die unmittelbare Darstellung der Selbstbestimmung Gottes zum Seyn“ zu betrachten (a.a.O. 129,25). Obwohl das Thema jenes Vorspannes der ontologische Beweis vom Dasein Gottes ist, dürfen solche Bezeichnungen nicht kurzerhand der dritten, exoterischen Ebene der philosophisch-theologischer Untersuchung der Logik zugewiesen werden. Vielmehr zeigt sich der Begriff als solcher nach dem bisher Gesagten bereits auf der zweiten, esoterischen Ebene der Untersuchung der Logik als der absolute, göttliche Begriff. Mit allem Nachdruck ist darauf hinzuweisen, dass ‚absoluter Begriff‘ nicht mit ‚Begriff des Absoluten‘, und dass ‚göttlicher Begriff‘ nicht mit ‚Begriff Gottes‘ zu verwechseln ist. Was den absoluten Begriff betrifft, so ersetzt Hegel den Begriff als solchen nicht durch das wesenslogische Absolute, wenn er ihn durch das Adjektiv ‚absolut‘ bezeichnet. Vielmehr ist das Substantiv – also das Tragende in diesem Ausdruck – der Begriff, der zwar in Anlehnung an die Wesenslogik, aber lediglich zusätzlich zu dem, was er als solcher ist, akzentuiert wird. Das Adjektiv ‚absolut‘ deutet an, dass es nunmehr der Begriff als solcher ist, der für das steht, was die wesenslogische Bestimmung des Absoluten in ihrer Weise erreicht hatte: die absolute Einheit von Sein und Wesen, das Prinzip und Element des Logischen, die genuine rein logische Absolutheitskonzeption. ‚Absoluter Begriff‘ ist in diesem Sinne nicht als eine Verlängerung der Wesens- in die Begriffslogik hinein, sondern als ein terminologischer Hinweis darauf zu verstehen, dass der Begriff als solcher die Nachfolgebestimmung des Absoluten und das wahrhaft Absolute bildet – wohlgemerkt: nicht nur das wahrhafte Absolute –, eine Bestimmung also, die das objektivlogische Absolute ablöst und dessen Funktion nun in der Weise des Begriffs erfüllt. Es ist der Begriff als solcher, der die logische Bestimmung des Absoluten aufgehoben hat, und nicht umgekehrt das Absolute, das die logische Bestimmung des Begriffs als solchen wesentlich prägt. Entsprechend verhält es sich mit dem ‚göttlichen Begriff‘. Auch in diesem Ausdruck ist der Begriff bzw. der Begriff als solcher das Substantiv, und somit das Tragende, das durch das Adjektiv ‚göttlich‘ zusätzlich akzentuiert wird. Es handelt sich nicht um irgendeine bestimmte religiöse Gottesvorstellung, die außerlogisch gerafft und im ersten Kapitel der subjektiven Logik begriffen werden soll, sondern um den Begriff als solchen, dem innerhalb des rein logi-
132 Die Ausdrücke ‚absoluter Begriff‘ und ‚Begriff Gottes‘ sind in erster Linie durch die Vorlesungen über die Philosophie der Religion und die Beweise vom Dasein Gottes bekannt geworden. Dort benutzt sie Hegel zum Teil sogar mit dem expliziten Hinweis auf den Begriff als solchen, wenn es darum geht, den logischen Kern seiner eigenen philosophisch-theologischen Konzeption im Unterschied zu anderen zu verdeutlichen (vgl. z.B. TWA 17: 396; 419).
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Kapitel III: Der absolute Begriff
schen Kontextes Eigenschaften aus der Gottesvorstellung zugeschrieben werden. Auch dieser Ausdruck bekräftigt nämlich, dass trotz aller Parallelen zwischen der Wissenschaft der Logik und bestimmten Gotteslehren es der Begriff ist, der das konstante Thema der Logik bildet. Zwar wird in der Logik von Gott bzw. dem Absoluten rein logisch gesprochen. Diese philosophische Rede von Gott beansprucht aber nicht – wie etwa die Religionsphilosophie – eine gegebene Vorstellung Gottes oder eine außerlogische Absolutheitsauffassung zu interpretieren, sondern die Begrifflichkeit als solche, die bis zu einem gewissen Grad jeder Gottesvorstellung zugrunde liegt, allein aus dem Begriff abzuleiten. Und wie die vorliegende Untersuchung ergeben hat, erweist sich der Begriff als solcher innerhalb der rein logischen Grundlagenforschung und hinsichtlich der anderen Absolutheitskonzeptionen in der Tat als schöpferisch, allmächtig und autonom sich selbstbestimmend bzw. frei – alles im begrifflichen Sinne versteht sich. Wenn man darüber hinaus die Voraussetzungslosigkeit der rein logischen Grundlagenforschung berücksichtigt, kann man sogar die begriffliche Schöpfung des Begriffs als solchen als eine im rein logischen, begrifflichen und epistemologischen Sinne creatio ex nihilo apostrophieren. Nicht nur erklärt sich aber dadurch das Adjektiv ‚göttlich‘; es wird auch der Bogen zum Begriff des Geistes, etwa zu § 384 geschlagen, wo Hegel dann vom begrifflichen „Erschaffen“ gesprochen hat. 133 Die Absolutheit und Göttlichkeit des Begriffs als solchen spielt daher eine ähnliche Rolle wie das wesenslogische Absolute in der objektiven Logik und Gott bzw. das Absolute in aller Religion: Der Begriff als solcher bildet den Ausgangs- und Mittelpunkt alles Logischen, das alles Logische begründet, wesentlich prägt und zugleich in sich als aufgehoben enthält. Er tut das aber nicht in der Weise des Absoluten oder eines vorgestellten Gottes, nämlich ontotheologisch, wie ein Seiendes, sondern rein begrifflich: Er ist das epistemologische Prinzip und Element aller Absolutheitskonzeption und aller Begrifflichkeit überhaupt, das sie epistemisch durchdringt und in sich fasst. In diesem Sinne wurde der Ausdruck ‚absoluter Begriff‘ im vorliegenden Buch stets als Indikator für die zweite, esoterische Ebene der Untersuchung der Logik gebraucht, um z.B. die gesamte objektive Logik als das Werden der genuinen rein logischen Absolutheitskonzeption und den Begriff als solchen als diese Absolutheitskonzeption selbst zu charakterisieren.134 Allerdings ist ‚absolut‘ nicht nur Auszeichnung. In gewissem Sinne scheint dieses Adjektiv den Begriff als solchen sogar zu beflecken, was den oben eingeführten Gedanken von Verlust des Begriffs als solchen weiterführt und eine Perspektive auf die übrige subjektive Logik eröffnet.
133 134
Vgl. I.B.1. Vgl. die Überschriften von Kapiteln II und III.
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4. Der Verdacht der Subjektivität Der Anspruch des Begriffs als solchen, er sei die genuine rein logische Absolutheitskonzeption, das wahrhaft Absolute und der absolute Begriff, ist zu Beginn der subjektiven Logik zunächst im Anschluss an und zugleich im Unterschied zur objektiven Logik nur versichert. Hegel selbst ordnet diesen Anspruch ausdrücklich dem Abschnitt „Subjektivität“ zu. Und oben hat die vorliegende Untersuchung deutlich genug gemacht, dass die esoterische Lesart, die der Begriff als solcher fordert, zwar die wahrhafte sein soll. Gleichwohl bleibt sie an diesem Punkt des logischen Verlaufs eine noch unerfüllte Forderung. Die Überlegungen bezüglich des Verlusts des Begriffs als solchen haben sogar als Arbeitshypothese für die übrige Begriffslogik den Verdacht, die Begriffslogik als solche könne diese Forderung nicht erfüllen, systematisch eingeführt: Vielleicht ist ja der Begriff als solcher wahrhaft absolut nur hinsichtlich der objektiven, nicht aber hinsichtlich der subjektiven Logik. Vielleicht bewältigt die Epistemologie begreifenden Denkens zwar alles Sein und Wesen, scheitert aber an der Objektivität. Ein Erkenntnisdualismus à la Kant ist noch nicht vom Tisch. Vielleicht entpuppt sich am Ende das begreifende Denken doch noch als eine einseitige Subjektivität in Abgrenzung vom Nicht-Subjektiven oder gar von anderem Subjektiven, etwa dem urteilenden und syllogistischen Denken. Zu Beginn der subjektiven Logik steht also der Begriff als solcher noch im Verdacht der bloßen Subjektivität. Dieser Verdacht kann nur durch die Untersuchung des Begriffs in Bezug auf die seiende Bestimmtheit ausgeräumt werden, die durch seinen Verlust erneut ins Spiel kommt. Die Absolutheit des Begriffs als solchen muss auch bei seinem Umgang mit der neuen von ihm gesetzten seienden Bestimmtheit überprüft werden. Sollte nun diese Überprüfung zu einem positiven Ergebnis führen, so wird der Verdacht ausgeräumt, der Begriff als solcher sei einseitig subjektiv; an der Sache selbst aber, der Beschaffenheit des Begriffs als solchen, ändert sich nichts. Vielmehr wird dieses Ergebnis die Bedeutung haben, dass genau das, was im ersten Kapitel der Begriffslogik dargelegt wurde, die Wahrheit ist; dass also die Subjektivität dieses ersten Kapitels weiterhin eine Subjektivität ist, aber keine „einseitige“, sondern eine „übergreifende“ (§ 215 A), die auch ihr Anderes, etwa die Objektivität durchdringt und in sich fasst. Genau diese Aussichten eröffnet nun auch der Ausdruck ‚absoluter Begriff‘. 135 Das Adjektiv ‚absolut‘ verweist – ergänzend zum oben Gesagten – 135 Das gilt auch für den Ausdruck ‚göttlicher Begriff‘. Hier wird er aber nicht eigens thematisiert, weil er, erstens, enger mit der dritten, exoterischen Ebene der philosophischtheologischen Untersuchung, und zwar mit dem ontologischen Gottesbeweis zusammenhängt, und, zweitens, weil ihn Hegel erst im Vorspann zur Objektivität einführt (BL: 129,21– 39), der den Gegenstand einer künftigen Untersuchung ausmacht (vgl. Tabelle im Anhang des Buches).
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auch auf etwas Undifferenziertes und Dunkles, etwas, das, obwohl in sich vollständig und stimmig, noch konkret aufgefasst werden muss. Einen Komparativ, etwa ‚noch absolutere Begriffe‘, lässt dieses Adjektiv nicht zu. Bei der weiteren Untersuchung des absoluten Begriffs in Bezug auf die von ihm gesetzte seiende Bestimmtheit geht es demnach lediglich darum, das bereits Vorhandene, den absoluten Begriff, selbst adäquat zu verstehen. Dabei steht jedoch nicht das eigene Selbstwissen des absoluten Begriffs im Mittelpunkt: An seiner Wahrheit hat er in der Sphäre des Begriffs als solchen nicht gezweifelt. Vielmehr geht es darum, seine Wahrheit, Absolutheit und übergreifende Subjektivität auch für das durch ihn Gesetzte ersichtlich zu machen. Für den absoluten Begriff, der von dem Verdacht der Subjektivität befreit ist und auch von dem durch ihn Gesetzten als absolut bestätigt wird, hatte bereits das Unterkapitel „A. Der allgemeine Begriff“ einen Ausdruck parat: „wahrhaft absoluter Begriff“ (BL: 36,27). Wie also auf den werdenden absoluten Begriff (Kapitel II) die Exposition des absoluten Begriffs (Kapitel III) folgte, steht nun der Weg vom absoluten zum wahrhaft absoluten Begriff bevor. Das macht jedoch das Thema des dritten Stadiums der philosophisch-theologischen Untersuchung der Logik aus und muss erst in einer künftigen Arbeit behandelt werden.136 Von der subjektivlogischen Grundlagenforschung zum begrifflichen Fundament von Theologie und Metaphysik ist aber die Untersuchung des Umgangs des Begriffs mit der durch ihn gesetzten seienden Bestimmtheit zu erwarten. Dieser Umgang lässt sich im Anschluss an den Vorspann zur Begriffslogik (insbesondere a.a.O. 24,20–25,6) und in Kombination mit der seinslogischen Bemerkungen zu ‚Realität‘ (SL: 98,19–99,6) als die Realisierung des absoluten Begriffs apostrophieren. Wenn schließlich die hier vorliegenden Ausführungen zutreffen, dann ist vorauszusagen, dass die Vollendung solcher Realisierung keine inhaltlich neue Bestimmung, sondern die Befreiung des absoluten Begriffs vom Verdacht der einseitigen Subjektivität und die Rückkehr in den absoluten Begriff sein wird. 5. Episodischer, aber nicht nur episodischer Abschnitt: Der Begriff als solcher und die Logik der exoterischen Ebene philosophisch-theologischer Untersuchung der Logik Derweil ist deutlich geworden, dass die Bedeutung des Begriffs als solchen für das Verständnis der gesamten Logik und speziell für ihre zweite, esoterische Dimension enorm ist. Nichtsdestoweniger darf die ebenfalls enorme Bedeutung des Begriffs als solchen für die dritte, exoterische Ebene philosophischtheologischer Untersuchung nicht unbeachtet bleiben. Denn der Begriff als solcher leistet einen Beitrag zur Begründung und Erläuterung der in § 85 system136
Vgl. Einleitung, Ziffer 9 sowie Ausblick.
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aber nicht Logik-immanent erteilten Lizenz, die Logik philosophisch-theologisch zu untersuchen – einen Beitrag, der bei weitem den entsprechenden Beitrag des Absoluten übertrifft. Zunächst liefert der Begriff als solcher keine neuen Erkenntnisse bezüglich der Fragen danach, wer die logischen Bestimmungen als Definitionen des Absoluten ansehen kann und wie überhaupt solches Ansehen stattfindet. Demnach ist nach wie vor das gesamte definitorische Unternehmen und sind die Anmerkungen über die logischen Kerne außerlogischer Absolutheitsauffassungen auf die äußere Reflexion zu verschieben bzw. dem Leser der Logik zu überlassen, der sich gelegentlich dafür entscheidet, den spekulativ-begreifenden Gedankengang zu unterbrechen und logische Bestimmungen nach seinem Belieben – vermutlich sogar in der Weise des (endlichen) theoretischen Erkennens – zu behandeln oder sonst wie mit anderem, nicht rein logischem Gedankengut in Verbindung zu bringen. Kenntlich wird jedoch die substantielle Ergänzung zu Überlegungen im Anschluss an das objektivlogische Absolute, sobald die Frage gestellt wird, warum die logischen Bestimmungen als Definitionen des Absoluten angesehen werden können. Die Antwort darauf lautete auf dem Standpunkt des Absoluten: Ohnehin sind die logischen Bestimmungen der Schein, Abbilder oder Manifestationen des Absoluten. Nun aber muss es aber präziser heißen: Sie sind bestimmte Begriffe. Sie können nämlich als Definitionen des Absoluten angesehen werden, weil sie vom Begriff durchdrungen und geprägt sind, der sich ohnehin als die genuine rein logische Absolutheitskonzeption erwiesen hat. Den episodischen Charakter der Definitionsversuche bestätigt der Begriff als solcher also begrifflich. Definitionsversuche und Anmerkungen zu diversen metaphysischen Konzepten machen zwar weder eine Ursache noch eine Wirkung für das logische Verfahren aus. Gleichwohl weist der Begriff als solcher darauf hin, dass in diesem Verfahren ihr begrifflicher Grund enthalten und zu erkennen ist. Der Begriff als solcher liefert jedoch nicht nur die definitive, logisch-immanente Begründung der systemimmanenten Lizenz von § 85. Er trägt auch die begrifflich-konkrete Erklärung der Logik der Definitionsversuche bei, die in jenem Paragrafen antizipiert wurde: Es ist „nur die erste einfache Bestimmung einer Sphäre, und dann die dritte, als welche die Rückkehr aus der Differenz zur einfachen Beziehung auf sich ist“, die als Definitionen des Absoluten angesehen werden können, weil nur diese zwei die Vollständigkeit der jeweiligen Bestimmung zum Ausdruck bringen – das eine Mal abstrakt, das andere Mal konkret. „Die zweiten Bestimmungen, als welche eine Sphäre in ihrer Differenz sind, dagegen sind die Definitionen des Endlichen“, weil bei ihnen die Grenze und der Unterschied als gesetzter im Vordergrund stehen. Auf dem Standpunkt des Begriffs als solchen ist nämlich erkannt, dass die logischen Bestimmungen die Definientia verschiedener Definitionsversuche sowie den logischen Kern bestimmter metaphysischer Auffassungen zu erkennen geben, indem sie sich
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zueinander wie Allgemeine, Besondere und Einzelne verhalten und Triaden bilden, die in sich begrifflich strukturiert sind. ‚Begriffliche Struktur‘ bedeutet aber auch ein begriffliches Rangverhältnis. Anders als beim Absoluten liefert der Begriff als solcher das Kriterium für eine begrifflich-konkrete Hierarchisierung von Definitionsversuchen und logischen Kernen bestimmter Absolutheitsauffassungen, nach welchem man bei der Lektüre der Logik nicht nur lose Definitionen des Absoluten nebeneinander aufstellen, sondern mit guten (begrifflichen) Gründen behaupten kann, manche Definitionen und sonstige logische Kerne seien vollständiger und treffender als andere. Es handelt sich um eine unparteiische Untersuchung von Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen Metaphysik-Konzepten, die eine von jeglichen raumzeitlichen Zusammenhängen gänzlich abgelöste Hierarchie zu erkennen gibt. So lässt sich etwa anhand der drei Begriffsmomente das begriffliche Verhältnis zwischen den Fundamenten von eleatischer Philosophie, Buddhismus und Heraklit feststellen137: Das heraklitische ‚Werden‘ ist dem eleatischen ‚reinen Sein‘ und dem buddhistischen ‚reinen Nichts‘ begrifflich überlegen, insofern es den gemeinten Unterschied zwischen den zwei Letzteren in sich aufgehoben hat und ihre begrifflich-konkrete Einheit darstellt. Die rein logische Hierarchie von Definientia und übrigen Grundbestimmungen metaphysischer Konzepte beschränkt sich nicht auf nur eine Triade oder auch auf einzelne Triaden, die bloß nebeneinander bestehen, sondern sie erweitert sich in eine sehr umfangreiche Hierarchie, die womöglich alle vernünftig artikulierten Gotteslehren in sich einschließt und der groben Struktur der wahrhaften Einteilung der Logik folgt.138 Die niedrigsten zwei Drittel dieser Hierarchie bestehen aus Definitionsversuchen und metaphysischen Auffassungen, die sich aus immer höheren, aber begriffslosen Allgemeinen speisen. Das sind allesamt ontotheologische Konzepte, die nur auf den absoluten logischen Kern der Theologie, d.h. auf den Gedanken einer absoluten Einheit von Sein und Wesen, aufbauen. In diesem Sinne lässt sich etwa die jüdische Religion als höherrangig als der indische Pantheismus, dieser wiederum als höherrangig als der Atomismus von Leukipp und Demokrit deuten. Das letzte Drittel besteht aus solchen Konzepten, die sich zwar ebenfalls aus in gewissem Sinne höheren Allgemeinen speisen, die aber auch den Begriff als solchen voraussetzen. Das sind metaphysische Konzepte, die der Epistemologie und der Subjektivität überhaupt Rechenschaft tragen und auf den begrifflich-konkreten logischen Kern jeder vernünftig artikulierten Theologie, d.h. auf den Gedanken aufbauen, dass die absolute Einheit von Sein und Wesen als eine begriffliche möglich ist.
137 Allerdings macht diese anfängliche Triade, wie bereits im entsprechenden episodischen Abschnitt (zu II.A.1.) bemerkt wurde, einen Grenzfall im definitorischen wie ja auch im rein logischen Unternehmen aus. 138 Vgl. die Tabelle im Anhang des Buches.
Die genuine rein logische Absolutheitskonzeption
383
Auch hierzu gehören ontotheologische Konzepte – aber nicht ausschließlich diese und jedenfalls solche Konzepte, die Gott als Subjekt auffassen. 139 Die ganze begrifflich-konkrete Hierarchie mündet jedoch – und das ist der wertvollste Beitrag des Begriffs als solchen zur dritten, exoterischen Ebene der philosophisch-theologischen Untersuchung der Logik – in den Begriff als solchen. Der explizite und episodische Umgang mit dem logischen Kern diverser theologischer und metaphysischer Konzepte im Anschluss an den rein logischen Verlauf hat einen klaren Höhepunkt und erweist somit auch eine logische Vollständigkeit, zumal dieser Höhepunkt autonom zustande gekommen ist und genau in der Feststellung dieser Autonomie besteht: Die exoterische Ebene philosophisch-theologischer Untersuchung behandelt zwar ihrer Bestimmung nach die Grundbestimmungen von außerlogischen Konzepten; gleichwohl ist ihre Logik, die Art und Weise ihres Fortgangs keine außerlogische, sondern der sich selbst rein logisch exponierte Begriff als solcher. Das erste Kapitel der Begriffslogik gewährleistet die wesentliche Autonomie der rein logischen Grundlagenforschung zum begrifflichen Fundament jeder vernünftigen Gotteslehre auch hinsichtlich der gesamten Geschichte der Metaphysik, und zwar durch den Verweis auf die esoterische Dimension der Logik bzw. auf die rein logische Grundlagenforschung als solche. So führt sich der Begriff als solcher als die logische Konstante ins Feld der historisch aufgestellten metaphysischen Konzepte ein und gewährleistet ihnen eine Kommensurabilität, die sie in ihrer raumzeitlichen Abfolge nicht haben. An der Spitze der Hierarchie der diversen historischen metaphysischen Konzepte sitzt kein konventioneller logischer Kern, sondern der Maßstab, kraft dessen alle anderen logischen Kerne und herkömmlichen Definientia des Absoluten hierarchisiert werden. Schließlich: Von den Definitionsversuchen und den logischen Kernen, die im Anschluss an die subjektive Logik zu berücksichtigen sind, lässt sich erwarten, dass sie keinen neuen Maßstab hervorbringen, sondern die Gültigkeit des absoluten Begriffs unter der Bezeichnung ‚wahrhaft absoluter Begriff‘ bestätigen. Diese Fortführung der exoterischen philosophisch-theologischen Untersuchung wird im vorliegenden Buch nicht mehr vorgenommen. Die letzte und die die meisten philosophisch-theologisch motivierten Leser Hegels bewegende Frage, die sich hinsichtlich des Begriffs als solchen stellt, fragt danach, ob der Begriff als solcher mit dem logischen Kern einer bestimmten Metaphysik bzw. Religion deckungsgleich ist. Diese Frage gehört zur exoterischen Ebene der Untersuchung als solcher und ist abschließend im nun folgenden episodischen Abschnitt zu diskutieren.
139
Vgl. den zweiten Teil der Tabelle im Anhang des Buches.
384
Kapitel III: Der absolute Begriff
Episodischer Abschnitt: Der Begriff als solcher als Definition des Absoluten oder als der logische Kern bestimmter metaphysischer Auffassungen Dass die bisherige exoterische philosophisch-theologische Untersuchung der Logik nicht alle denkbaren Definitionsversuche oder alle logischen Kerne historisch vertretener metaphysischer Positionen berücksichtigt hat, ist evident. Der logische Kern der römischen und christlichen Religion oder die aristotelische νόησις νοήσεως etwa, Themen, die in den religionsphilosophischen und philosophiegeschichtlichen Vorlesungen Hegels jeweils auf ihre Weise zentral sind, müssen noch im systematischen Umfang der subjektiven Logik gesucht werden. Gibt der Begriff als solcher sie vielleicht bereits zu erkennen? In der Tat weisen einige von Hegels (sekundär überlieferten) Vorspanne zur Begriffslogik – wie bereits oben an entsprechender Stelle markiert wurde 140 – auf eine Parallelität zwischen dem Begriff als solchem und dem christlichen Trinitätsdogma hin (vgl. § 161 Z; § 163 Z; VANM 10: 177). Von den Interpreten darüber hinaus, die im ersten Kapitel des vorliegenden Buches berücksichtigt werden konnten, ist es F. Wagner, der für diese Parallelität am ausführlichsten und überzeugendsten argumentiert. 141 Ist also der absolute Begriff nun als der christliche dreieinige Gott anzusehen? Nein, das würde weder den systematischen Stellen, an welchen Hegel auf solche Parallelität im Kontext der Logik verweist, noch der Komplexität der christlichen Gottesvorstellung und deren Interpretation durch Hegel gerecht. Zum einen deuten jene Stellen, wie bereits oben bemerkt, eine Parallelität zwischen der christlichen Gottesvorstellung und der gesamten Begriffslogik an. Zum anderen spricht einiges dafür, dass nach Hegel dem gläubigen Christen die göttliche Trinität nicht als solche offenbar ist, sondern durch die Schöpfung, die Person Christi, die Gemeinde usw. vermittelt. Selbst wenn die drei göttlichen Personen parallel zum Allgemeinen, Besonderen und Einzelnen zu verstehen sind, handelt es sich dabei um diese drei Momente nicht als solche, sondern als durch ihre Realität, die seiende Bestimmtheit bzw. ihren ‚Verlust‘ vermittelt, und d.h.: bewährt. In diesem Sinne ist es nicht so sehr der absolute Begriff, der sich für die Interpretation der christlichen Trinität eignet, als vielmehr der wahrhaft absolute Begriff, der wiederum sehr wahrscheinlich eine alternative Bezeichnung der absoluten Idee ist. Die adäquate Betrachtung des speziellen logischen Kerns der christlichen Dogmatik muss daher auf eine künftige Fortführung der philosophisch-theologischen Untersuchung der Logik verschoben werden. Um jedoch die vorliegende Untersuchung nicht allzu prompt abzuschließen, kann eines im Ausgang von der hiesigen Analyse des absoluten Begriffs vorweggenommen werden: Ist der wahrhaft absolute Begriff keine substantiell neue logische Bestimmung,
140 141
Vgl. Vorüberlegungen zu III., Ziffer 2 sowie Episodischer Abschnitt zu III.A.2. Vgl. I.A.3.iii.
Die genuine rein logische Absolutheitskonzeption
385
sondern der durch die seiende Bestimmtheit bewährte absolute Begriff – und ist er als solcher, d.h. als der bewährte absolute Begriff, als die christliche Trinität anzusehen –, so zeichnet sich dadurch eine gewaltige Korrektur des vorstellungshaften Konzepts des christlichen Gottes ab. Den dreieinigen Gott wird Hegel als die einfache, rein denkerische, nicht-seiende Bestimmtheit, d.h. ausdrücklich als nicht existent, interpretieren. Den Gottesvorstellungen aller anderen Religionen gegenüber wird Hegel ihn nicht aufgrund historischer Fakten, sondern als rein begrifflich überlegen auszeichnen. Wird sich diese Vermutung bewahrheiten, so handelt es sich dabei um eine eindrucksvolle Illustration für Hegels meisterhafter Lösung des TheismusAtheismus-Dilemmas, die sich bereits auf der zweiten Ebene philosophischtheologischer Untersuchung der Logik logisch-immanent erhellt hat: Das Christentum wird als diejenige Religion behandelt, deren logischer Kern und tiefste Wahrheit auf kein Seiendes angewiesen sind, das sie instanziieren würde. Zwar spricht sich das Christentum mit dem Dreifaltigkeitsdogma eindeutig für die Subjektivität oder gar Persönlichkeit als das oberste Prinzip und Element von allem aus, worauf die Begriffslogik nichts zu erwidern hat. Um von der Wahrheit solcher Subjektivität oder Persönlichkeit überzeugt zu sein, muss man aber nicht an die vorstellungshafte Existenz eines unermesslich großen, mächtigen, gütigen etc. Subjekts glauben. Der Begriff selbst und die gesamte rein logische Grundlagenforschung zum begrifflichen Fundament aller Metaphysik werfen grelles Licht auf diese Wahrheit. Ein solches Subjekt hingegen ist zum Teil sogar hinderlich und muss denkend aufgehoben werden. Im logischen Kern des Christentums sieht Hegel eine vernünftige Rede von Gott auf der Basis zwar von Subjektivität, ausdrücklich aber keine Ontotheologie. Hegels Bezeichnung des Christentums als die absolute Religion ist somit nicht als Indiz für ein bedingungsloses Bekenntnis der spekulativen Philosophie zum Christentum zu verstehen. Vielmehr bedeutet diese Bezeichnung, dass Hegel das Christentum als exemplarisch für eine bestimmte Tendenz religiöser Gottesvorstellungen ansieht, die sich ja aus dem Begriff bzw. aus bestimmten Begriffen speisen; diejenigen nämlich, die zum absoluten Begriff hinzudrängen. Die christliche ist die absolute Religion, weil ihr logischer Kern gerade dazu einlädt, die für alle Religion typische Vorstellung der Existenz Gottes aufzuheben und stattdessen den (wahrhaft absoluten) Begriff zu begreifen, d.h. von Gott spekulativ-philosophisch zu reden. Auf die verbreitete Meinung, Hegels ausdrückliches Lob des Christentums zementiere den Rückfall in eine vorkantische, theistische Metaphysik, erwidert daher die vorliegende Untersuchung: Dieses Lob ist der aus religiöser Sicht äußerst geschickt formulierte Appell, Religion im Sinne des Begriffs zu interpretieren, zu würdigen, zu korrigieren und nicht zuletzt dazu, Metaphysik des Begriffs zu betreiben.
Fazit und Ausblick Fazit: Der absolute Begriff als das Ergebnis der hegelschen rein logischen Grundlagenforschung zum begrifflichen Fundament jeder vernünftig artikulierten Gotteslehre Fazit
1. Ziel des vorliegenden Buches war, der Frage nach Gott oder dem Absoluten bei Hegel nachzugehen. Das zu dieser Frage hinleitende Referat über verschiedene religionsphilosophische und philosophisch-theologische Herangehensweisen in der Hegel-Forschung (I.A.) hat das Bild einer anhaltenden Polarisierung zwischen theistischen und atheistischen Antworten ergeben. Dasselbe Referat hat zugleich deutlich gemacht, dass eine mögliche Lösung dieses Dilemmas zunächst Rechenschaft über die gesamte hegelsche Geistphilosophie ablegen soll. Bereits die darauffolgende Skizze der Geistphilosophie (I.B.) hat deutliche Signale dafür gegeben, dass Hegels Antwort auf die Gottesfrage weder theistisch noch atheistisch ist. Eine fundierte Auskunft darüber lieferte allerdings jene Skizze nicht. Ihr wichtigster Beitrag zur Suche nach Hegels Absolutem war vielmehr die systemimmanent gewonnene Lizenz, die Wissenschaft der Logik hinsichtlich der Gottesfrage zu untersuchen, sodass direkt nach dem Abschluss jener Skizze und für die gesamte übrige vorliegende Untersuchung die Logik stets im Mittelpunkt des Interesses lag: Nach Hegels eigener philosophischen Theologie muss man primär in der Logik suchen. Diese Ansicht wurde auch im § 85, ganz am Anfang der enzyklopädischen Fassung der Logik, programmatisch auf die Formel gebracht, alle logischen Bestimmungen, vorzüglich jedoch jede erste und dritte einer logischen Sphäre, „können als Definitionen des Absoluten, als die metaphysischen Definitionen Gottes angesehen werden“ (I.C.). Bereits an jener Stelle war aber ersichtlich, dass es sich dabei zwar um eine system-, jedoch noch lange nicht um eine Logik-immanente Legitimation handelte. 2. Von diesem Sachverhalt aus ergaben sich zunächst zwei Ebenen, auf welchen die philosophisch-theologische Untersuchung der Logik ausgeführt werden musste (I.C.3.). Die erste betrachtet die logische Bewegung als solche, d.h. als eine absolut voraussetzungslose, die sich spontan und ausdrücklich unbeeinflusst entfaltet – und zwar unbeeinflusst sowohl von allem weiteren Interesse des Lesers als auch von aller möglichen weiteren Thematik, die im späteren logischen Verlauf aufgegriffen werden sollte. Diese Ebene fällt mit der unbefangenen Lesart der Logik zusammen, welche die Logik aus ihrer anfänglichen Perspektive, also als die erste, absolut voraussetzungslose Wissenschaft,
Fazit
387
zum alleinigen Gegenstand hat. Obwohl diese Lesart keine explizit philosophisch-theologisch akzentuierte Untersuchung der Logik ist, schließt sie solch eine Untersuchung nicht prinzipiell aus, vielmehr liegt sie ihr zugrunde. Die andere Ebene, auf welcher die philosophisch-theologische Untersuchung der Logik gemäß der Philosophie des absoluten Geistes und der Lizenz von § 85 ausgeführt werden muss – welche bemerkenswerterweise nicht als die zweite, sondern als die dritte Ebene dieser Untersuchung zu nehmen ist –, ist eine exoterische. Auf dieser Ebene werden einerseits die diversen Definitionen des Absoluten und andererseits die Parallelen zu den grundlegenden Begriffen bestimmter metaphysischer Konzepte, auf welche Hegel in Anmerkungen (und in der Regel nicht im Haupttext) der Logik aufmerksam macht, aufgegriffen. Zwar werden auf dieser Ebene theologische Fragen gestellt und beantwortet. Diese Abhandlung betrifft aber Hegels hermeneutische Ansätze hinsichtlich anderer metaphysischer Auffassungen und muss stets von den eigenen philosophisch-theologischen Ansichten Hegels getrennt gehalten werden, die womöglich in der Logik enthalten sind und auf spekulativ-begreifende Weise dargestellt werden. In diesem Sinne muss die dritte, exoterische, Ebene philosophisch-theologischer Untersuchung der Logik als eine episodische markiert werden – als eine Untersuchung also, die einerseits den logischen Prozess voraussetzt, diesen aber nur fakultativ begleitet und sich andererseits auch aus außerlogischen Quellen speist. Dabei lautet die womöglich wichtigste Fragestellung, mit welcher das vorliegende Buch konfrontiert ist: Was erlaubt es Hegel, von der unbefangenen Betrachtung der Logik aus zur fakultativen Berücksichtigung verschiedener historisch-theologischer Konzepte überzugehen? Welche gemeinsame Grundlage legitimiert die Verbindung dieser zwei Ebenen der Untersuchung der Logik? Oder mit der Formulierung von § 85 gewendet: Warum können die logischen Bestimmungen als Definitionen des Absoluten angesehen werden? Zwar scheint daher eine Untersuchung der Logik in Bezug auf philosophische Theologie vor dem Hintergrund der Philosophie des absoluten Geistes insgesamt plausibel. Gleichwohl kann aus der anfänglichen Sicht der voraussetzungslosen Wissenschaft der Logik eine solche Untersuchung zunächst bestenfalls an deren äußerstem Rande als eine fakultative geduldet werden, und zwar ohne weitere (logisch-immanente) Erklärung. Die unbefangene Lesart der Logik und die episodische Berücksichtigung von Definitionen des Absoluten und Grundbestimmungen der Metaphysik erscheinen demnach als zwei Extreme der philosophisch-theologischen Untersuchung, nämlich als deren erste und dritte (also nicht zweite) Ebene1, die unvermittelt nebeneinander bestehen. Eine Vermittlung zwischen ihnen bleibt zunächst aus und hat sich noch aus dem logischen Verlauf selbst, also aus der ersten, zugrundeliegenden Ebene zu ergeben. 1
Schematisch werden sie im tabellarischen Anhang dieses Buches als erste und dritte Spalte dargestellt.
388
Fazit und Ausblick
Die Herausforderung also, vor welcher jede philosophisch-theologische Untersuchung der Logik bereits von ihrem Beginn an steht, ist folgende: Sie soll theologische Grundbestimmungen in der Logik wiedererkennen und die Definitionen des Absoluten logisch-immanent plausibilisieren, ohne jedoch die unbefangene Lesart preiszugeben; nämlich so, dass sie sich die unbefangene Lesart als die wesentliche Grundlage für jegliche Interpretation der Logik bewahrt. 3. Substantielles zur Bewältigung dieser Aufgabe trägt die zweite Ebene der Untersuchung bei. Die Forderung der Ausführung der Untersuchung auf dieser zusätzlichen, nicht unmittelbar einleuchtenden zweiten Ebene wird immer an jenen Stellen ausdrücklich konstatiert, an welchen die unbefangene Untersuchung auf der ersten Ebene eine rein logische Absolutheitskonzeption diagnostiziert. Solche Absolutheitskonzeptionen sind Feststellungen des Prinzips und Elements des Logischen, die rein logisch und unabhängig von den Absolutheitsvorstellungen der dritten Ebene zustande kommen. Von den üblichen logischen Bestimmungen unterscheiden sie sich dadurch, dass sie weite Teile und Bestimmungen der Logik sowie ihres Ganges wesentlich prägen und in sich fassen. Sie sind nämlich logische Bestimmungen zweiter Stufe, deren Inhalt allein in der Herauskristallisierung des Prinzips besteht, aus dem Teile der Logik bestimmt werden, und zugleich des Elements, in dem sie die je bestimmten sind. Vor den übrigen Gedankenbestimmungen zeichnen sich außerdem die rein logischen Absolutheitskonzeptionen dadurch aus, dass sie Metaüberlegungen den Charakter der durch sie geprägten Bestimmungen betreffend anstellen. Rein logische Absolutheitskonzeptionen sind in diesem Sinne als die eigenen, logisch-immanenten und expliziten Selbstcharakterisierungen der Logik zu betrachten. Die Lesart der Logik oder die zweite Ebene ihrer Untersuchung gemäß ihrer Selbstcharakterisierung lassen sich darüber hinaus als die esoterische pointieren: Anders als die unbefangene, welche die Logik so betrachtet, wie sie eingangs erscheint, besteht die esoterische Lesart darin, die Logik im Einklang mit Prinzipien und Elementen zu betrachten, die zwar von ihr selbst, also nicht bloß exoterisch, aber nicht an ihrem Anfang, sondern erst in ihren späteren Entwicklungsstufen festgestellt werden. Indem sich nun die Logik an bestimmten Stellen ihres Verlaufs selbst neu charakterisiert, verliert sie nicht ihre anfängliche Bestimmung erster, voraussetzungsloser Wissenschaft. Gleichwohl bestimmt sie sich zusätzlich als die autonome Entwicklung rein logischer Absolutheitskonzeptionen und sieht sich in ihrem eigenen Element gefasst und von ihrem eigenen Prinzip durchdrungen. Indem im logischen Prozess das Prinzip und Element eines seiner Teile erkannt wird, fasst dieser den entsprechenden logischen Kontext in Zusammenhang mit diesem Prinzip und Element neu auf und interpretiert ihn erneut aus dieser Perspektive, ohne jedoch die anfängliche Perspektive und unbefangene Lesart desselben zu leugnen. Die Feststellung eines logischen Prinzips und Elements und die esoterische Lesart sind vielmehr die logisch-immanente Erklä-
Fazit
389
rung, worin die Autonomie und Voraussetzungslosigkeit des logischen Verlaufs tatsächlich besteht. Es handelt sich um eine neue Lesart der Logik, die an der unbefangenen ihre logische Wahrheit ergänzt. Die unbefangene Lesart bleibt aber nach wie vor auch ohne diese Einsicht in sich schlüssig, d.h. voraussetzungslos und autonom. 4. Besonders wichtig für die philosophische und alle Theologie sowie Metaphysik insgesamt ist ferner die zweite, esoterische Ebene der Untersuchung der Logik. Die Verbindung dieser Ebene wird deutlich, sobald man sich vergegenwärtigt, dass einerseits die zentrale Aufgabe jeder Theologie darin besteht, die göttliche Absolutheit adäquat aufzufassen, und dass andererseits die logischen Bestimmungen nicht bloß logisch und abstrakt sind, sondern alles im weitesten Sinne Seiende, Wesentliche und Begriffliche betreffen bzw. umfassen. Die Logik untersucht nämlich in rein logischem Kontext zahlreiche Begriffe, auf welche alle Theologie als auf ein vorgefundenes begriffliches Instrumentarium zurückgreift, um ihre Absolutheitstheoreme zu artikulieren. Die Theologie ist sogar – sofern sie eine vernünftige Lehre von Gott und keine bloße Emotions- und Erlebnisbeschreibung sein soll – auf dieses Instrumentarium angewiesen: Je schärfer und logisch konsequenter ihre Begrifflichkeit ist, desto präziser, konsequenter und vernünftig-kommunizierbarer ist auch die Rede von Gott. Aus theologischer Sicht zeigt sich also die Logik als die rein logische Grundlagenforschung zu ihrer (d.h. zur theologischen) fundamentalen Begrifflichkeit. Brisant ist jedoch – und erst das leistet die zweite Ebene der vorliegenden Untersuchung –, dass die Logik selbst dazu in der Lage ist, Absolutheitskonzeptionen hervorzubringen, sodass auch sie selbst aus sich heraus als die rein logische Grundlagenforschung zu jeglicher begrifflichen Absolutheit bestimmt. Die Logik stellt nämlich rein logisch das Prinzip und Element und bestimmt sich spontan als die rein logische Untersuchung derjenigen Begrifflichkeit, die aller Theologie und Metaphysik zugrunde liegt. Indem sie Gedanken konstatiert und eruiert, die in einem bestimmten logischen Kontext als absolut gelten, erforscht sie die Grundlage aller Theologie und Metaphysik, und zwar so, dass sie sich nicht von den auf dieser Grundlage aufbauenden Lehren beeinflussen lässt, sondern absolut voraussetzungslos und autonom bleibt. Die zweite Ebene der philosophisch-theologischen Untersuchung der Logik betreibt jedoch keine philosophische Theologie im herkömmlichen Sinne: Weder ist sie eine Religionsphilosophie, die eine bestimmte Gottesauffassung voraussetzt und interpretiert oder die Bedeutung einer logischen Bestimmung für eine bestimmte religiöse oder metaphysische Auffassung untersucht, noch sucht sie die Existenz Gottes rein logisch zu beweisen. Vielmehr betreibt sie philosophische Theologie im rein philosophischen Sinne, d.h., sie geht allein aus der Liebe zur Weisheit hervor, verhält sich allem empirischen Gegenstand gegenüber voraussetzungslos und autonom, und redet von Gott als einem Wis-
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Fazit und Ausblick
sens-, nicht Erfahrungsgegenstand bzw. als dem reinen Begriff von Absolutheit. Philosophische Theologie, wie sie die zweite Ebene der Untersuchung der Logik zutage bringt, ist demnach die rein logische Grundlagenforschung zur Begrifflichkeit, die herkömmlichen theologischen und metaphysischen Konzepten zugrunde liegt. Zur Bestimmung einer Grundlagenforschung gehört darüber hinaus, dass sie die Thematik ihrer zugehörigen Disziplin (in diesem Fall: der Philosophie, Theologie, Metaphysik und Religionsphilosophie) nicht erschöpft. So problematisiert die philosophische Theologie im Sinne der zweiten Ebene der Untersuchung der Logik nur die begriffliche Bedingung, die es metaphysischen Konzepten ermöglicht, die Absolutheit (beispielsweise Gottes) hinsichtlich alles Seins, Wesens und Begriffs vernünftig auszudrücken. Zu dieser Bedingung zählen nur die logisch ableitbaren Grundbestimmungen von Sein, Wesen und Begriff und nicht etwa schlicht alle Prädikate Gottes, alle Erzählungen über ihn, sein Verhältnis zum Menschen oder der Kult – kurz: nicht all dasjenige, was seinen Ursprung in der empirischen Partikularität des jeweiligen Konzepts oder Vorstellungskomplexes hat. In diesem Sinne verwendet das vorliegende Buch den Ausdruck ‚logischer Kern aller Theologie‘, den die Logik rein logisch eruiert und auf welchem verschiedene theologische Entwürfe mit zusätzlichen denkerischen und vorstellungshaften Mitteln aufbauen. Ferner ist wichtig festzuhalten, dass die zweite Ebene philosophisch-theologischer Untersuchung der Logik die eigene Dynamik des Logischen erforscht und hervorhebt. Weist sie auf Absolutheitskonzeptionen hin, die den logischen Kern außerlogischer Konzepte zu erkennen geben, so sind das logische Bestimmungen, die ohnehin eine zentrale Rolle in der Logik spielen, das Prinzip und Element des Logischen feststellen oder von entsprechenden Prinzipien und Elementen durchdrungen sind. Das ist deshalb wichtig, weil darin begründet liegt, inwiefern die dritte Ebene philosophisch-theologischer Untersuchung nicht bloß willkürlich, sondern exoterisch ist, d.h., obwohl nicht rein logisch, so doch in der Logik verankert. Die zweite Ebene der Untersuchung pointiert nämlich den rein logischen Nexus zwischen autonomer Fortbestimmung des Logischen selbst und der theologischen Thematik. Sie vermittelt zwischen der ersten und der dritten Ebene der Untersuchung, indem sie einerseits aufzeigt, dass die voraussetzungslose und autonome Erste Wissenschaft tatsächlich auch die Funktion erfüllt, Absolutheitskonzeptionen zu entwickeln, und andererseits die außerlogisch motivierte Berücksichtigung diverser theologischer und metaphysischer Auffassungen innerlogisch untermauert. 5. Die zweite, esoterische Ebene der Untersuchung der Logik ist des Weiteren nicht nur von ungeheurem systematischem Interesse sowohl für die Logik selbst als auch für die philosophisch-theologische Thematik. Sie ist auch hinsichtlich der Zahl der logischen Bestimmungen außerordentlich ergiebig, die sie mit rein logischen Absolutheitskonzeptionen verbindet, und somit auch philosophisch-theologisch hervorhebt. Einerseits beschränkt sich nämlich die
Fazit
391
zweite Ebene der Untersuchung nicht darauf, eine einzige Absolutheitskonzeption auszusuchen und sie zum logischen Kern aller Theologie zu ernennen. Vielmehr erhebt ihre gesamte logische Genese den Anspruch, genau zu untersuchen, was nicht nur andere logische Bestimmungen berücksichtigt, die selbst keinen logischen Absolutheitsanspruch erheben, sondern auch verschiedene Absolutheitskonzeptionen ergibt. Andererseits stellt jede dieser Konzeptionen Metaüberlegungen an, welche auch auf die philosophisch-theologische Relevanz aller durch diese Konzeptionen geprägten logischen Bestimmungen hinweisen. So hat die philosophisch-theologische Untersuchung zwischen Bestimmungen zu unterscheiden, die selbst einen rein logischen Absolutheitsanspruch erheben und den logischen Kern aller Theologie ohne Weiteres zu erkennen geben, und solchen, die mit einer rein logischen Absolutheitskonzeption (logisch) zusammenhängen. Erstere sind Gedankenbestimmungen, die Prinzip und Element des Logischen als solches feststellen. Letztere hingegen sind Gedankenbestimmungen, die zwar von solchen Prinzipien und Elementen geprägt und durchdrungen sind, über ihren festgestellten Charakter hinaus aber noch eine zusätzliche logische Bestimmtheit aufweisen. Aus der Sicht der philosophisch-theologischen Grundlagenforschung sind darüber hinaus nur die Ersteren unmittelbar relevant; Letztere hingegen nur vermittelst der Ersteren. Erstere sind Vollendungsmomente oder in sich begrifflich abgeschlossene Bestimmungen der philosophisch-theologischen Grundlagenforschung, während Letztere als bestimmte Entfaltungen der Ersteren zu betrachten sind, d.h. entweder als das Werden oder als das Weiterführen dieser im logischen Kontext. An dieser Stelle ist es nicht nötig, alle Momente des in der Logik enthaltenen begrifflichen Fundaments aller Theologie und Metaphysik aufzulisten, die im Laufe des vorliegenden Buches berücksichtigt werden konnten. Es reicht vielmehr festzuhalten, dass sich Hierarchie und Struktur all dieser Momente aus den Vollendungsmomenten dieses Fundaments erklären, die das Prinzip und Element des Logischen feststellen. Diesen Vollendungsmomenten folgend teilt sich die vorliegende Untersuchung der Logik in zwei aufeinander folgende Stadien (Kapitel II und III), von denen das erste ebenfalls zweigeteilt wird. Entsprechend konzentriert sich der nun folgende Überblick über den oben dokumentierten Inhalt der hegelschen rein logischen Grundlagenforschung auf folgende drei Absolutheitskonzeptionen: (A) die absolute Indifferenz (B) das Absolute und (C) den Begriff als solchen. 6. (A) Bei der unbefangenen Lektüre der Seinslogik ergibt sich die absolute Indifferenz als keine bloß weitere seinslogische Bestimmung neben anderen. 2 Vielmehr hebt Hegel deutlich hervor, dass ‚Indifferenz‘ der Ausdruck für Gleichgültigkeit und Äußerlichkeit ist, was allen seinslogischen Bestimmungen zukommt (vgl. SL: 373,5–13). In diesem Sinne ist die absolute Indifferenz 2
Vgl. II.A.5.ii.
392
Fazit und Ausblick
die „Indifferenz selbst als Resultat“ oder die Indifferenz als „das in ihm selbst durch die Negation aller Bestimmungen des Seins mit sich Vermittelte“ (a.a.O. 373,18f.). Die absolute Indifferenz ist somit auch nicht die bloße Gesamtheit und Verdichtung aller seinslogischen Negationen oder die letzte, kardinale Negation von allem Äußerlichen. Vielmehr macht sie das Prinzip und Element aus, das alle seinslogischen Bestimmungen prägt und in sich fasst, also dasjenige Prinzip und Element, das eine logische Bestimmung zu einer seinslogischen macht: die Äußerlichkeit und Gleichgültigkeit nicht an einer Qualität, Quantität oder am Maß, sondern als die aus aller Qualität, Quantität und allem Maß herauskristallisierte. Als solches Prinzip und Element scheint sie aber das Absolute der Seinslogik bzw. das (vollständig aber zugleich ausschließlich) seinslogisch bestimmte Absolute zu bilden. Und tatsächlich geht die Intention Hegels dahin, die absolute Indifferenz als eine bestimmte Weise des Absoluten zu deuten, wenn er die absolute Indifferenz als „das ansichseyende [Absolute]“ akzentuiert, d.h. als das Prinzip und Element, das alles bis dahin betrachtete Logische durchdringt, das sich aber „im Gegensatze“ befindet zu seinem eigenen „Daseyn“, also zu allen seinslogischen Bestimmungen (a.a.O. 381,25–27). Die absolute Indifferenz signalisiert somit das Absolute, wie es einerseits das Sein unmittelbar prinzipiiert und andererseits als Unmittelbares neben demselben besteht. Das begriffliche Fundament wiederum, das dadurch philosophisch gewonnen wurde, ist das einer Theologie, die nach der Absolutheit ausschließlich im Bereich des Seins sucht und, z.B., das Wesen außer Acht lässt. Das Absolute ist dabei ausschließlich als ein Ens, Seiendes oder Etwas aufgefasst, das zwar alle anderen Seienden prägt, aber lediglich zu bloßen Seienden prägt und als ein weiteres Seiendes unmittelbar unter ihnen liegt. Momente dieser Absolutheitskonzeption liegen schließlich, wie die dritte, exoterische Ebene der Untersuchung illustriert, unter anderem dem Manichäismus, Atomismus, den Pythagoreern, dem mathematischen Standpunkt und der indischen Religion zugrunde.3 7. Die Identifizierung dieser Absolutheitskonzeption hat wichtige Folgen für das Verständnis sowohl aller vorangegangenen seinslogischen als auch der bevorstehenden wesenslogischen Bestimmungen. Da erstere von der absoluten Indifferenz geprägt werden und da diese das ansichseiende Absolute bildet, muss rückwirkend konstatiert werden, dass auch alle seinslogischen Bestimmungen von diesem Absoluten geprägt werden und Momente des Werdens dieses Absoluten darstellen. Die anhand der absoluten Indifferenz deutlich gewordene Nähe der Seinslogik zur philosophischen Theologie (qua rein logische Grundlagenforschung begrifflicher Absolutheit) erlaubt es also, auch die übri-
3
Für einen ausführlicheren Überblick über die Inhalte der exoterischen Ebene der Untersuchung der Seinslogik vgl. die dritte Spalte der Tabelle im Anhang dieses Buches.
Fazit
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gen seinslogischen Bestimmungen als das logische Werden und als die verschiedenen endlichen Momente dieser Absolutheitskonzeption zu interpretieren. Zugleich erklärt sich dadurch, wieso die daran anknüpfenden Definitionen des Absoluten und der logischen Kerne bestimmter theologischer Systeme – also die dritte Ebene der philosophisch-theologischen Untersuchung – dem Pantheismus so naheliegen: Als ein Seiendes unter anderen Seienden nämlich, das all diese lediglich unmittelbar und als Seiende bestimmt, lässt sich das ansichseiende Absolute intuitiv nicht vom Nicht-Absoluten unterscheiden. Dies ändert sich bei den logischen Bestimmungen, die auf die absolute Indifferenz folgen.4 Hegel weist dabei auf die esoterische Lesart der Wesenslogik hin, indem er von dem „fürsichseyende[n] Absoluten“ spricht (SL: 381,27). Mit diesem Absoluten ist weiterhin das festgestellte Prinzip und Element der Seinslogik, also die absolute Indifferenz, gemeint – nun aber so, wie sie nicht bloß unmittelbar besteht und an ihrem Dasein bzw. am von ihr Geprägten liegt, sondern für sich ist, d.h., ihr Dasein als ihr eigenes, ideelles Moment setzt. Diese nicht nur formelle und unmittelbare, sondern inhaltliche und logischkonsequente Betrachtung der absoluten Indifferenz ergibt Fundierungs- und Wesensverhältnisse, in welchen der Akzent nicht so sehr darauf liegt, dass das Absolute ein Seiendes ist, sondern auf der Rolle, die es erfüllt: dass es nämlich alles Sein tatsächlich prinzipiiert und als dessen Element prägt. Das fürsichseiende Absolute und mit ihm (im weiteren Sinne) alle wesenslogischen Bestimmungen lassen sich als der logische Kern einer philosophischen Theologie verstehen, die im Absoluten einen wesentlichen Unterschied zum unmittelbaren Sein sieht. Entsprechend weisen die Definitionen des Absoluten und die Konzeptionen aus der Philosophie- und Theologiegeschichte, die an wesenslogische Bestimmungen anknüpfen, auf ein Absolutes hin, das alles Sein wesentlich bestimmt, ohne selbst ein nur unmittelbareres Teil desselben zu sein. Solche Definitionen und Konzeptionen heben sich von den pantheistischen der Seinslogik deutlich ab, indem sie eher zu Panentheismus tendieren, zur Auffassung also, Gott sei etwas, das sich in allem Seienden befindet oder alles Seiende wesentlich durchdringt. Beispiele panentheistischer Auffassung sind etwa die jüdische Religion, die Auffassung, Gott sei der Grund der Natur, und der aufklärerische Materialismus. 8. (B) Doch was ist nach Hegel das Absolute als solches? Die Feststellung des Prinzips und Elements des Seins hat zwar Anlass dafür gegeben, auf der zweiten Ebene der Untersuchung der Logik das ansich- und das fürsichseiende Absolute, also zwei Weisen des Absoluten, einzuführen. Damit ist aber noch nicht geklärt, was das Absolute selbst ist. So führt Hegel die logische Bestimmung ‚das Absolute‘ im Anschluss an das wesentliche Verhältnis von Äußerem und Innerem ein, welches für das wesentliche Verhältnis des ganzen Seins
4
Vgl. II.A.6.i und ii.
394
Fazit und Ausblick
und Wesens steht (vgl. WL: 366,17–21).5 In diesem Sinne erhebt das Absolute den Anspruch, nicht bloß eine weitere logische Bestimmung zu bilden, sondern das wesenslogisch aufgefasste Verhältnis von Sein und Wesen überhaupt herauszukristallisieren (vgl. a.a.O. 370,26–371,11).6 Dieser Anspruch geht einher mit den Metaüberlegungen über „das bisherige Ganze der logischen Bewegung der Sphäre des Seyns und des Wesens“ – d.h. mit Metaüberlegungen, die deutlich machen, sowohl dass dieses Ganze „in das Absolute als seinen Grund zurückgegangen ist“ als auch dass das Absolute von Anfang an kein zufälliger und äußerer Grund war, sondern das im Sein und Wesen selbst immanente Movens, das zum „eignen Werden des Seyns und [zur eigenen] Reflexion des Wesens“ getrieben hat (a.a.O. 371,37–372,4).7 Das Resultat der Dialektik von Äußerem und Innerem ist also die wesenslogische Feststellung des die gesamte objektive Logik prägenden und in sich fassenden Prinzips und Elements allen Seins und Wesens. Genau genommen bestehen dieses Resultat und diese Feststellung in der „absoluten Einheit“ von Sein und Wesen oder – was dasselbe bedeutet – in der „absolute[n] Form“, dem „absolute[n] Inhalt“ und der „absolute[n] Identität“ (a.a.O. 370,30–371,30). Das Absolute macht daher nach Hegel den Gedanken aus, dass alles Sein und alles Wesen ihrer eigenen Bestimmung nach, d.h. wesentlich, aufeinander angewiesen sind. Diese Feststellung soll sogar auch dort gelten, wo vom Sein-Wesen-Verhältnis explizit noch keine Rede ist, namentlich in der gesamten Seinslogik. De facto ist das aber seit der ersten Seite der Seinslogik der Fall, wo beispielsweise das reine Sein nicht rein seinslogisch, sondern durch wesenslogische Termini wie „gleich“, „Verschiedenheit“, „Inhalt“ usw. begrifflich fixiert wird (SL: 68,20ff.). 9. Die Verbindung der logischen Bestimmung ‚das Absolute‘ mit der philosophischen Theologie ist schon dem Wortlaut dieser Bestimmung nach unbestreitbar. Verdeckt wird sie möglicherweise durch den Charakter rein logischer Grundlagenforschung, der eher unüblich für die theologischen Debatten ist. Mit dem Absoluten ist jedoch logisch der philosophisch-theologische Grundgedanke gewonnen, dass es etwas gibt, das alles Sein und Wesen in sich als eine absolute Einheit fasst und zugleich alles Sein und Wesen, insofern es von ihm unterschieden ist, wesentlich prägt. Das ansichseiende Absolute zeigt sich dabei als eine Einschränkung dieses Absoluten auf den seinslogischen Bereich bzw. als die Einheit von Sein und Wesen, insofern sie als eine nur unmittelbare genommen wird.8 Das fürsichseiende Absolute muss hingegen als eine noch nicht spezifizierte Auffassung des Absoluten verstanden werden, nämlich als jene wesentliche Einheit von Sein und Wesen, die nicht festlegt, gemäß welchem wesenslogischen Sinne genau die Einheit von Sein und Wesen besteht, 5
Vgl. II.A.9.ii. Vgl. II.B.1.i. 7 Vgl. II.B.1.ii. 8 Vgl. II.B.4.i. 6
Fazit
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sodass die Bezeichnung ‚fürsichseiendes Absolutes‘ neben dem Kapitel über das Absolute auch anderen Kapiteln und Abschnitten der Wesenslogik zukommt. Dies ist allerdings bereits eine Überleitung zum für die esoterische Lesart der Logik brisanten Stellenwert des Absoluten: zu den Metaüberlegungen zum Charakter der gesamten objektiven Logik bzw. zur Auslegung des Absoluten.9 Hegels (explizite und implizite) Ausführungen darüber, inwiefern zumindest die objektive Logik die Auslegung des Absoluten ausmacht, bestätigen unmissverständlich, dass die Logik nicht nur unbefangen, sondern auch in Bezug auf das Absolute untersucht werden muss; dass sie nicht nur bei der Bestimmung Erster Wissenschaft stehenbleibt, sondern sich autonom und als Ganzes zu einem Absolutheitsentwurf bestimmt. Hiermit wird aber nicht nur dieser einzelne Gedanke ‚das Absolute‘ für die Grundlagenforschung zum begrifflichen Fundament der Metaphysik interessant. Vielmehr zeigt es sich, dass mindestens die gesamte objektive Logik Substanzielles zu dieser Grundlagenforschung beiträgt, dass also die zweite Ebene der vorliegenden Untersuchung die ganze objektive Logik umfassen muss, was dazu veranlasst, die philosophisch-theologische Auseinandersetzung mit der gesamten objektiven Logik als ein – bzw. als das erste – Stadium dieser Untersuchung zu klassifizieren. Und dies geschieht nachdrücklich ohne den expliziten Rekurs auf bestimmte theologische und metaphysische Konzepte, was erst auf der dritten, exoterischen, Ebene der Untersuchung berücksichtigt wird. Die Metaüberlegungen im Kapitel über das Absolute markieren nämlich die Zusammengehörigkeit der objektiven Logik – und somit zumindest im gewissen Sinne auch der ganzen Logik – mit der philosophisch-theologischen Grundfrage nach dem Absoluten, ohne sie (die objektive oder die ganze Logik) in eine bestimmte Theologie zu verkehren. Genauer betrachtet deuten die Ausführungen zur Auslegung des Absoluten einerseits alle dem Absoluten vorangegangenen logischen Bestimmungen rückwirkend als die unvollendete Auslegung des Absoluten.10 Das sind diejenigen logischen Bestimmungen, welche die absolute Einheit von Sein und Wesen zwar zum Prinzip und Element haben, gleichwohl aber sie nicht als solche explizieren. Dabei bleibt diese absolute Einheit bzw. das Absolute ein Inneres, das der Unmittelbarkeit der Seinslogik oder der vermittelten Unmittelbarkeit der ersten beiden Abschnitte der Wesenslogik unbekannterweise zugrunde liegt. Andererseits stellen alle direkt an das Absolute anschließenden wesenslogischen Bestimmungen die vollendete Auslegung desselben dar, die ausdrücklich von ihm ausgeht, bzw. die es erwiesenermaßen zu ihrem Prinzip und Element hat.11 In diesen (verglichen mit der übrigen objektiven Logik nur wenigen) logischen Bestimmungen ist das Absolute bzw. die absolute Einheit von 9
Vgl. die Zwischenbemerkung zu II.B.1.ii. Vgl. II.B.1.iii. 11 Vgl. II.B.3.ii. 10
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Fazit und Ausblick
Sein und Wesen als ihr Inneres gesetzt. Dies hat wiederum zum Ergebnis, dass diese Bestimmungen keine unmittelbaren Einheiten von Sein und Wesen oder bloße Äußere sind, sondern die Arten und Weisen, die Modi und die Manifestationen des Absoluten selbst bilden – solche Äußere nämlich, die ihr Inneres nicht verbergen, sondern exakt wiedergeben. Allerdings verrät bereits die Existenz einer ‚vollendeten Auslegung‘ im logischen Prozess, dass die wesenslogische Bestimmung des Absoluten nicht Hegels letztes Wort zur rein logischen Untersuchung des begrifflichen Fundaments aller vernünftigen Gotteslehre ist. Das Absolute muss sich noch auslegen.12 Warum und wie genau das geschieht, ist mit dem begrifflichen Instrumentarium dieses logischen Standpunktes noch nicht ersichtlich. Die absolute Einheit von Sein und Wesen bedeutet außerdem noch lange keine konkrete und begriffene. Und nach welchen Regeln sich Sein und Wesen im Rahmen dieser Einheit aufeinander beziehen, bleibt zunächst vage. ‚Absolut‘ (in adjektivischem Gebrauch) signalisiert ja lediglich etwas Abstraktes (vgl. § 115 A), das in sich zwar vollständig ist, alle seine relevanten Bestimmungen aber als undifferenzierte enthält (vgl. TWA 17: 455). Hegel selbst lässt keinen Zweifel daran, dass das durch die unvollendete Auslegung exponierte Absolute tatsächlich weiter nichts als das absolute Attribut ist (vgl. WL: 372,34–37).13 Das wahrhaft Absolute gilt es noch zu suchen. In diesem Sinne handelt sich bei diesem Vollendungsmoment hegelscher philosophischer Theologie zunächst nur um den absoluten logischen Kern der Theologie, der zwar hinsichtlich allen Seins und Wesens vollständig ist, noch nicht aber erklärt hat, worin die Sein-Wesen-Totalität begrifflich begründet liegt und wie die gesamte rein logische Grundlagenforschung vorangeht. Die Sein-Wesen-Einheit, die jedem theologischen Absolutheitsanspruch unentbehrlich ist, wird mit dem Absoluten nur versichert, nicht begriffen. Insofern aber noch etwas Nicht-Begriffenes, Unerkanntes, Dunkles, vorliegt, hat die philosophisch-theologische Grundlagenforschung nur den logischen Kern der Ontotheologie überhaupt gewonnen. Das Absolute, der absolute logische Kern aller Theologie, ist eine seiende Bestimmtheit, die zwar allem Sein und Wesen wesentlich überlegen ist, wohl aber auch eine seiende Bestimmtheit, ein gewisses ὄν, bleibt; es ist in einer Weise bestimmt, die ihm selbst unbegreiflich ist. Entsprechend prägt dieser (absolute) logische Kern der Ontotheologie alle weiteren Absolutheitskonzeptionen der objektiven Logik: Ontotheologie, der Gedanke, Gott sei in irgendeinem Sinne Seiendes oder existent, ist die Grundannahme allen Pantheismus der Seins- und allen Panentheismus der Wesenslogik. Demnach illustrieren auch alle Definitionen und historischen Konzepte, die im Anschluss an die objektive Logik thematisiert werden, zahlreiche Facetten der Ontotheologie. 12 13
Vgl. II.B.4.ii. Vgl. II.B.2.
Fazit
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10. Der Gewinn für die dritte Ebene der philosophisch-theologischen Untersuchung der Logik durch die logische Bestimmung ‚das Absolute‘ ist aber größer als die bloße Bezeichnung der objektivlogischen Definitionsversuche als ontotheologisch. Er betrifft vielmehr die Logik der gesamten dritten Ebene14: Wenn alle objektivlogischen Bestimmungen – mit Hegels Worten – ohnehin „die eigene Auslegung des Absoluten“ und das „Zeigen dessen, was es ist“, sind (WL: 370,18f.), dann darf es nicht mehr verwundern, warum sie auch als Definitionen des Absoluten „angesehen werden können“ (§ 85). Der Akt des ‚Ansehens‘ bzw. die Übertragung der jeweiligen logischen Bestimmung auf die Form einer Definition ist als Zustimmung des Lesers der Wissenschaft der Logik zu verstehen, der bei seiner Lektüre und vor dem Hintergrund der Philosophie- und Theologiegeschichte zugibt, dass die jeweilige logische Bestimmung auch in seinem Sinne das Absolute darstellt. Es ist zwar der Leser, der die in § 85 nur systemimmanent behauptete Ebene der philosophisch-theologischen Untersuchung der Logik noch fakultativ und episodisch ausführt. Dazu hat ihn aber nun die logische Bestimmung des Absoluten Logik-immanent berechtigt. Ungeklärt bleibt jedoch auf diesem Standpunkt noch, nach welcher Systematik die episodische Untersuchung verläuft, d.h., wie sich die verschiedenen Definitionen zueinander verhalten oder warum etwa „immer nur die erste einfache Bestimmung einer Sphäre, und dann die dritte, als welche die Rückkehr aus der Differenz zur einfachen Beziehung auf sich ist“, als Definition des Absoluten angesehen werden können. 11. (C) Die entscheidende Wende, die direkt zu Hegels eigener Absolutheitskonzeption führt und das zweite Stadium philosophisch-theologischer Untersuchung der Logik ausmacht, wird im logischen Prozess zu Beginn der Begriffslogik durch die logische Bestimmung ‚der Begriff als solcher‘ vollzogen. Der Begriff als solcher ist kein Begriff von etwas (anderem), etwa der Begriff vom Absoluten oder der Begriff der absoluten Indifferenz, sondern höchstens der Begriff seiner selbst, der vollständige und ungetrübte Ausdruck dessen, was er selbst ist. Die Herausforderung der ersten, unbefangenen Ebene der Untersuchung besteht dabei darin, dieses Novum im logischen Verlauf, den Begriff als solchen, im Unterschied von allen übrigen logischen Bestimmungen aufzufassen. Zu diesem Zweck rekurriert das erste Kapitel der Begriffslogik auf wesenslogische Termini, die nun auf andere Weise auftauchen, und zwar ohne Bezug auf die seiende Bestimmtheit, welche den Inhalt der objektiven Logik ausmacht. Der Begriff als solcher wird als diejenige „totale Reflexion“ bzw. als derjenige „Doppelschein“ apostrophiert (BL: 35,36), die nur sich selbst und sich nur als solche (d.h. ausschließlich als Reflexion und Schein) bestimmen. Solche Bestimmtheit ist keine seiende. Sie ist nicht die Bestimmtheit als der Unterschied zwischen zwei Seienden, sondern die einfache, d.h.
14
Vgl. II.B.4.iii.
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Fazit und Ausblick
allein die sich durch sich selbst bestimmende totale Reflexion, die rein reflektorische oder denkerische Bestimmtheit ohne einen außerdenkerischen Bezugspunkt. Damit ist aber, dem Ergebnis der unbefangenen Analyse des Begriffs als solchen zufolge, allein die Art und Weise des begreifenden Denkens exponiert, ohne etwa auf einen (noch zu begreifenden) Gegenstand angewendet zu werden.15 In diesem Sinne entfaltet sich im ersten Kapitel der Begriffslogik eine ganz spezifische Epistemologie: die Epistemologie begreifenden Denkens. Einerseits unterscheidet sie sich als Epistemologie begreifenden Denkens von den Abhandlungen des Urteils und des Schlusses oder auch von der des endlichen Erkennens; als Epistemologie überhaupt unterscheidet sie sich andererseits von der ganzen objektiven Logik, die nur logische Bestimmungen wie die absolute Indifferenz und das Absolute darlegt, nicht aber die Art und Weise dieser Darlegung selbst. Genauer besehen ist das Begreifen ein Denkprozess, der sich in drei Momenten vollzieht und bei welchem das Denken sich selbst bestimmt und zugleich mit sich identisch bleibt. Dieser Prozess beginnt mit der Feststellung einer rein denkerischen Bestimmtheit, die das Potential ihrer Selbstunterscheidung in sich birgt (Allgemeines). Anschließend wird diese Potentialität analysiert und es wird auf die Dualität und Beziehung hingewiesen, die jene Bestimmtheit mit sich bringt (Besonderes). Anschließend wird die dank des zweiten Moments erkannte und konkret gewordene Einheit der anfänglichen Bestimmtheit mit sich selbst festgestellt, was zu einer erneuten Ausführung desselben Denkprozesses einlädt (Einzelnes). Entscheidend für das Gelingen dieser denkerischen Vermittlung durch sich selbst ist, dass bereits das erste Moment (und im Anschluss an dieses auch die anderen beiden) die totale Reflexion bzw. der Doppelschein ist, was eine sehr spezifische Einheit von Reflexion-in-sich und -in-Anderes bzw. Schein-nach-innen und -nach-außen bildet. Solche Einheit, Bestimmtheit und insgesamt denkerische Vermittlung tauchen als solche nicht nur äußerst selten unter den alltäglichen Denkakten auf, sondern sie stellen selbst in der Logik einen Grenzfall dar. Die Untersuchung des Begriffs als solchen scheint nämlich bald vor dem umgekehrten Problem zu stehen: Nicht nur sein Unterschied von anderen Bestimmungen muss klar umrissen werden, sondern auch seine Affinität zu ihnen. Sonst läuft man Gefahr, die Art und Weise begreifenden Denkens als belangloses logisches ‚spinning in the void‘ zu bagatellisieren. Daher fordert bereits die unbefangene Lesart des Begriffs als solchen, seine Bedeutung für sein Anderes, ausdrücklich die anderen logischen Bestimmungen, zu untersuchen. 12. In der Tat befasst sich ein großer Teil des ersten Kapitels der Begriffslogik mit Metaüberlegungen und problematisiert den Begriff als solchen auf
15
Vgl. III.A.1.i.; III.B.1.iv.; III.C.1.iv.; III.D.1.
Fazit
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der zweiten, esoterischen Ebene der Untersuchung, nämlich als eine rein logische Absolutheitskonzeption. Diese Metaüberlegungen zeigen auf, wie logische Bestimmungen durch den Begriff als solchen zu ihrem triadischen Aufbau gelangen, und inwiefern sie deshalb – zwar nicht den Begriff als solchen, aber immerhin – „Begriffe“ bzw. „bestimmte Begriffe“ darstellen (§ 162). Genau genommen fordert das Unterkapitel „A. Der allgemeine Begriff“ dazu auf, den Begriff als solchen als Mittelpunkt der gesamten Logik zu betrachten, der sie einerseits in das Werden und die Vorgeschichte des Begriffs und andererseits in eine weitere logische Entwicklung des Begriffs teilt, der somit auf konkrete Weise mit dem Begriff verbunden ist (BL: 35,31–36,30).16 Der erste Teil – der faktisch mit der objektiven Logik zusammenfällt – hat zum „absolute[n] Begriff“ geführt, während Letzterer – der vermutlich mit der subjektiven Logik konvergiert – mit dem „wahrhaft absolute[n] Begriff“ endet (ebd.). Das Unterkapitel „B. Der besondere Begriff“ erläutert detailliert jene Aufforderung des ihm vorangehenden Unterkapitels, indem es die „wahrhafte Eintheilung“ der gesamten Logik skizziert und die Grundzüge der wahrhaften Lesart der objektiven Logik ausführlich darlegt (a.a.O. 38,10–43,6).17 Jene Einteilung besteht nicht in der verständigen Übertragung der drei Begriffsmomente auf die drei Teile der Logik. Vielmehr ermöglicht sie eine detaillierte Erklärung der Einteilung der Logik aus der Sicht des Begriffs als solchen und parallelisiert, grob gefasst, die objektive Logik mit der Sphäre des Besonderen, befestigt den Begriff als solchen als das wahrhaft Allgemeine im Mittelpunkt des logischen Verlaufs und bringt schließlich die übrige subjektive Logik in Verbindung mit dem Einzelnen. Im Einklang damit erklärt das Referat über die wahrhafte Lesart der objektiven Logik den Begriff als solchen zur „Form“ aller objektivlogischen Bestimmungen am „Inhalt“, der in der Bestimmtheit bzw. in der Unmittelbarkeit besteht und hebt hervor, dass die objektive Logik „zwar der Begriff [ist], aber als Begriffloses, als Begriff, der nicht als solcher gesetzt ist“ (a.a.O. 39,23–40,17). Das Unterkapitel „C. Das Einzelne“ rekapituliert schließlich die Metaüberlegungen zur Dichotomie der Logik und die wahrhafte Lesart zunächst in Bezug auf die objektive Logik (vgl. a.a.O. 49,10–50,13);18 dann aber besonders pointiert auch im Hinblick auf die übrige subjektive Logik (a.a.O. 52,11–26).19 Solche im logischen Verlauf einmalig ausführlichen und präzisen Metaüberlegungen zum Charakter alles Logischen heben den Begriff als solchen nicht nur ab vom üblichen Ablauf der logischen Bestimmungen als der Absolutheitskonzeption nur eines bestimmten logischen Kontextes oder als der Feststellung nur eines bestimmten logischen Prinzips und Elements. Vielmehr heben sie den 16
Vgl. III.A.2.ii. Vgl. III.B.2.ii. und iii. 18 Vgl. III.C.2.i. 19 Vgl. III.C.2.ii. 17
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Fazit und Ausblick
Begriff als solchen auch von den anderen bereits registrierten Absolutheitskonzeptionen und Feststellungen ab als die genuine Absolutheitskonzeption der ganzen Logik und als die Feststellung des Prinzips und Elements von allem Logischen. Der Begriff als solcher ist das Prinzip und Element, das alle logischen (d.h. alle seins-, wesens- und begriffslogischen) Bestimmungen begrifflich durchdringt und als seine Bestimmungen in sich fasst, d.h. als die Bestimmungen begreifenden Denkens – kurz: als Denkbestimmungen und bestimmte Begriffe. Sein und Wesen behandelt er als bestimmte Begriffe, als Erzeugnisse begreifenden Denkens. Er selbst ist aber die herauskristallisierte Art und Weise begreifenden Denkens. Art und Weise ist wiederum keine bloße Grenze, sondern ihre Bestimmung besteht darin, über verschiedene seiende Bestimmtheiten hinweg zu kontinuieren. So wird zugleich der Unterschied des Begriffs als solchen von allen übrigen Bestimmungen und dessen Absolutheit in Bezug auf diese gewährleistet. Die Art und Weise begreifenden Denkens prägt den Inhalt der gesamten Logik, ohne mit den früher festgestellten logischen Prinzipien und Elementen in Konflikt zu geraten. Denn sie konstituiert das Logische als solches bzw. als Begriff und prägt dadurch das Logische fundamentaler als die übrigen logischen Prinzipien und Elemente, welche das Logische in besonderen (objektivlogischen) Weisen spezifizieren. Der Begriff als solcher unterscheidet sich beispielsweise von der schieren Unmittelbarkeit, insofern er Begriffe begreift bzw. nach seiner Begriffsstruktur ordnet. Die absolute Indifferenz unterscheidet sich ebenfalls von der schieren Unmittelbarkeit; sie weicht aber auch vom Begriff als solchem insofern ab, als sie einen besonderen Charakter von Begriffen markiert, nämlich den der Begriffe von Unmittelbarkeit: Die absolute Indifferenz stellt den gemeinsamen Charakter nur derjenigen Begriffe fest, welche die Gleichgültigkeit und Äußerlichkeit zum begrifflichen Ausdruck bringen sollen. Die logische Bestimmung ‚das Absolute‘ hat ferner die absolute Einheit von Sein und Wesen als das Prinzip und Element der ganzen objektiven Logik festgestellt. Auch das wird beibehalten als der spezifische Charakter derjenigen Begriffe, die eine unmittelbare Einheit von Sein und Wesen bilden, ohne dass dabei thematisiert worden wäre, nach welchen Regeln genau dies geschehen ist und nach welcher Bestimmung von Sein und Wesen sie aufeinander angewiesen sind. Dies wird nun durch den Begriff als solchen ergänzt, der alle Einheit von Sein und Wesen als begriffliche auffasst und der zugleich die in der objektiven Logik noch vorherrschende innere Notwendigkeit, aus der heraus verschiedene Sein-Wesen-Einheiten erzeugt werden, als seine eigene Autonomie enthüllt.20 Die vom Absoluten geprägten objektivlogischen Bestimmungen verlieren also keineswegs ihr Recht durch die Feststellung des Prinzips und Elements der gesamten Logik. Vielmehr werden sie erst mittels dieser Feststel-
20
Vgl. III.D.2.ii.
Fazit
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lung begriffen (im wahrsten Sinne des Wortes) und weiterhin als Begriffe verwendet, bzw. als diejenigen bestimmten Begriffe, welche die Unmittelbarkeit und seiende Bestimmtheit begreifen, also von ihrem Inhalt her begriffslos sind, und die so zum Begriff als solchem führen. 13. Hiermit wird ersichtlich, inwiefern nicht nur die esoterische Lesart der Logik, und zwar speziell die vom Begriff als solchem initiierte, obwohl eingangs nicht kenntlich, für das adäquate Verständnis der Logik unerlässlich ist. Und es wird auch ersichtlich, inwiefern die in der Logik betriebene rein logische Grundlagenforschung zum begrifflichen Fundament aller Metaphysik erst mit dem Begriff als solchem (und nicht mit dem Absoluten) kulminiert. Beides gilt sogar auch dann, wenn das Absolute keine Berücksichtigung als eigenständige logische Bestimmung findet – wie etwa bei der enzyklopädischen Fassung der Logik. Denn zum einen haben die mit dem Begriff als solchem einhergehenden Metaüberlegungen deutlich gemacht, dass die Lesart der Logik vor dem Hintergrund des Begriffs nicht nur eine bloß weitere Lesart neben der unbefangenen ist. Vielmehr plädiert der Begriff als solcher dafür, dass diese zweite, esoterische Lesart sogar die wahrhafte ist, die das Logische als solches und den logischen Verlauf überhaupt weitgehend erklärt und nicht bloß in der Vagheit Erster Wissenschaft gelten lässt. Dadurch entsteht keine Konkurrenz zur unbefangenen Lesart der Logik, welche weiterhin ihre Berechtigung als die erste und radikal voraussetzungslose Lektüre der Logik behält. Die wahrhafte Lesart zeigt jedoch, worin genau die Voraussetzungslosigkeit und die Autonomie des logischen Prozesses aus der Sicht des logischen Prozesses selbst und nicht aus der anfänglichen (subjektiven) Sicht des Lesers bestehen: Der ganze Inhalt der Logik, d.h. alle logischen Bestimmungen von Sein, Wesen und Begriff, sind bestimmte Begriffe, die der Struktur und Dynamik des Begriffs als solchen unterliegen und zum Begriff als zu ihrem wahren und erst im Nachhinein erkannten Prinzip und Element führen. Die Voraussetzungslosigkeit dieser Wissenschaft zeigt sich alsdann als in dieser Wissenschaft selbst, namentlich im Begriff als solchem, fundiert; sie entpuppt sich als die Autonomie und Spontaneität begreifenden Denkens. Aus der anfänglichen, unbefangenen, Perspektive Erster Wissenschaft war sie hingegen mit einer bloß subjektiven Annahme bzw. mit einem bloß subjektiv motivierten Verzicht auf bestimmte außerlogische Annahmen zu verwechseln. Zum anderen erreicht die rein logische Grundlagenforschung zum begrifflichen Fundament aller Theologie erst mit dem Begriff als solchem ihre Kulmination. Denn er geht weiter als das Absolute, das ohnehin die Grundbestimmung jeglicher vernünftigen Gotteslehre ausmacht, d.h. weiter als die Annahme, dass alles Sein und Wesen irgendwie eine absolute Einheit bilden. Der Begriff als solcher legt nämlich die Art und Weise offen, wie sich jede weitere Grundbestimmung bzw. theologische Grundannahme begrifflich erzeugen, exponieren und beurteilen lässt. Nicht den absoluten logischen Kern philosophi-
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Fazit und Ausblick
scher Theologie, auch keinen bestimmten logischen Kern einer einzelnen philosophischen Theologie trägt der Begriff als solcher zur philosophisch-theologischen Grundlagenforschung bei, sondern den begrifflich-konkreten logischen Kern dieser Grundlagenforschung selbst; die herauskristallisierte Art und Weise, wie rein logische Grundlagenforschung zu jeglicher vernünftigen Gotteslehre zu betreiben ist. Hegels eigene philosophische Theologie überwindet also allen Pantheismus, Panentheismus und alle Ontologie insgesamt durch Epistemologie: Die rein logische Absolutheitskonzeption, die allen Gottesauffassungen zugrunde liegt und sie auf eine begriffliche Ordnung bringt, ist kein seiender Gott, kein fixes Seiendes, sondern die Art und Weise begreifenden Denkens. So lässt sich das Ergebnis der zweiten Ebene philosophisch-theologischer Untersuchung der Logik (nicht zuletzt unter Anspielung auf das Absolute der objektiven Logik) wie folgt zusammenfassen: Das wahrhaft Absolute ist nach Hegel der absolute Begriff21 – wie sich der Begriff als solcher esoterisch bezeichnen lässt.22 Erst er ist nicht in einer bestimmten Absolutheitskonzeption befangen, und somit in der Lage, konkret über die Bestimmtheit jeder einzelnen Gottesauffassung überzugreifen. So zeigt sich von ihm aus alle in der objektiven Logik enthaltene Ontotheologie als dessen Vorgeschichte: als Momente des werdenden absoluten Begriffs (Kapitel II bzw. erstes Stadium philosophisch-theologischer Untersuchung der Logik), der in die Exposition des absoluten Begriffs als solchen (Kapitel III bzw. zweites Stadium) mündet. Entsprechend sind alle Definitionsversuche und metaphysischen Konzepte, die auf der dritten, exoterischen Ebene der philosophisch-theologischen Untersuchung berücksichtigt werden, als Ansätze zu einer Hermeneutik ontotheologischer Konzepte unter der Voraussetzung der Epistemologie begreifenden Denkens zu betrachten. 14. Nicht zu übersehen ist darüber hinaus die Übereinstimmung zwischen den Befunden der Untersuchung des Begriffs als solchen mit den Forderungen der zur philosophisch-theologischen Problematik hinführenden Lektüre der Geistphilosophie.23 Die (von der Geistphilosophie formulierte) systemimmanente Forderung, in der Logik – und zwar genau im ersten Kapitel der Begriffslogik – nach Hegels Fundamentalansichten über Gott zu suchen, haben mit den Ausführungen über den absoluten Begriff ihre Logik-immanente Berechtigung und Erklärung gewonnen. Zum einen nämlich verwies der Begriff des Geistes, dessen Verbindung mit der philosophischen Theologie bereits bei einer unbefangenen und entkontextualisierten Lektüre der entsprechenden Paragrafen ins Auge fällt (vgl. etwa § 384 A), durch Termini wie ‚Begriff‘, ‚absolute Negati-
21
Vgl. III.D.2.iii. Vgl. III.D.3. 23 Vgl. I.B.1.ii. und I.B.3.ii. 22
Fazit
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vität‘, ‚Freiheit‘ oder ‚Offenbaren im Begriffe‘ unmissverständlich auf die Begriffslogik und vorzüglich auf den Begriff als solchen. Da sich nun der Begriff als solcher als das wahrhaft Absolute erwiesen hat, verwundern diese Ausdrücke nicht mehr, und ebenfalls muss nicht mehr näher erläutert werden, warum Hegel in diesen Paragrafen nicht primär auf irgendeine objektivlogische Bestimmung, sondern ausgerechnet auf den Begriff zurückgreift. Wenn hingegen des Weiteren der an jener Stelle angedeutete Unterschied von Wesen und Dasein (§§ 382f.)24 auf das Feld der philosophischen Theologie übertragen werden muss, so wird damit verlangt, die Bestimmung einer rein logischen Absolutheitskonzeption und eines bloß logischen Kerns philosophischer Theologie zu überschreiten und weitere Aspekte der hegelschen philosophischen Theologie zu untersuchen. Diesem Verlangen hat aber die philosophisch-theologische Untersuchung erst in ihrem vierten Stadium nachzugehen. 25 Zum anderen wurde der absolute Geist als das reale Wissen der „Wesentlichkeit“ und „konkrete[n] Allgemeinheit“ des Geistes skizziert (§ 552), näher noch als das denkerische Erfassen der „Eine[n] und allgemeine[n] Substanz als geistige[r]“ (§ 554), welches Erfassen sich nicht schlagartig vollzieht, sondern erst in dem begrifflichen Kosmos der Wissenschaft der Logik entfaltet und in die Begriffslogik mündet. Indem diese Vielheit von logischen Bestimmungen (und etwa keine bloße Vorstellung) ‚Gott‘ genannt wurde (vgl. § 554), wurde signalisiert, dass sich das Interesse für die philosophische Theologie nach Hegel im Wesentlichen auf die Untersuchung der Logik und speziell der Begriffslogik richten sollte. Genau das ist aber eine der wichtigsten und in diesen abschließenden Bemerkungen bereits hervorgehobenen Konklusionen der vorliegenden philosophisch-theologischen Untersuchung – eine Konklusion, die im Ausdruck ‚absoluter Begriff‘ zusammengefasst wird: Einerseits impliziert die genuine rein logische Absolutheitskonzeption, die nach Hegels Auffassung aller Theologie und Gottesvorstellung begrifflich zugrunde liegt, eine von ihr durchdrungene Vielheit von logischen Bestimmungen; und andererseits mündet die Darstellung dieser Absolutheitskonzeption im absoluten Begriff, der – anders als alle objektivlogischen Bestimmungen und die bloße Substanz – konkret ist und die Grundlage auch für das begreifende Denken des realen Subjekts ausmacht. Allerdings wurde der absolute Geist ausdrücklich als das „Wissen der absoluten Idee“ (§ 553) gefasst; und auch der Begriff des Geistes hat den Bogen deutlich nicht nur auf den Begriff, sondern auch auf die Idee zurückgeschlagen. Entsprechend musste die Untersuchung des Begriffs als solchen mit der Formulierung des Verdachts einhergehen, dass die Bedeutung des Begriffs als solchen durch die Berücksichtigung der begriffslogischen Bestimmungen ergänzt
24 25
Vgl. III.D.4. Vgl. Einleitung, Ziffer 9 und Ausblick, Ziffer 3 und 4.
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Fazit und Ausblick
werden muss.26 Zugleich wurde die Versicherung formuliert, dass sich der Begriff dabei nicht als solcher verändert, sondern dass er sich am Ende durch seine Realität bewährt und als der „wahrhaft absolute Begriff“ erweist (BL: 36,27). Das ist aber das Thema erst des dritten Stadiums philosophisch-theologischer Untersuchung der Logik.27 15. Der logisch- (nicht bloß system-)immanente Nexus zwischen erster, unbefangener und dritter, exoterischer Ebene philosophisch-theologischer Untersuchung der gesamten Wissenschaft der Logik, den die zweite, esoterische Ebene der Untersuchung des Begriffs als solchen ans Licht bringt, liefert ferner eine gründliche Erklärung der Logik der dritten Ebene 28: Die Bestimmungen, die den Stoff für das fakultative Verfahren der Definitionsversuche und der Betrachtung der historischen theologischen und philosophischen Konzeptionen liefern, verhalten sich zueinander wie die drei Begriffsmomente, sodass an ihnen eine konkrete, begriffliche Hierarchie erkennbar ist. Die diversen Definientia und Hauptbestimmungen stehen somit nicht wie die Modi des wesenslogischen Absoluten gleichgültig nebeneinander, sondern sie zeigen sich als Momente des Entwicklungsprozesses des wahrhaft Absoluten bzw. als die exoterische Veranschaulichung dieses logisch-begrifflichen Prozesses. Definitionsversuche und diverse historische Gottesauffassungen werden demnach ausschließlich nach den Regeln des Begriffs geordnet, kritisiert und überwunden. Außerdem liefert der Begriff als solcher die begriffliche Erklärung zur Lizenz von § 85, dass nämlich nur die ersten und dritten, aber nicht die zweiten Bestimmungen der logischen Triaden als Definitionen des Absoluten angesehen werden können: Indem jede logische Triade nach der Struktur der drei Begriffsmomente gebaut ist, gehören zwar alle drei dem Prozess begrifflicher Fortbestimmung an. Die zweiten Momente nehmen aber die Grenze der anfänglichen Bestimmtheit einer Triade ins Visier, d.h. sie fassen diese Bestimmtheit als ausdrücklich in sich geteilt, und somit genau die Endlichkeit und nicht die Vollständigkeit einer logischen Sphäre. Letzteres wird aber erwartet, wenn man nach Definitionen des Absoluten und eben nicht des Endlichen sucht. – Eine detaillierte Erklärung des Ausdrucks ‚Definition‘, welche genaue Auskunft über die Art und Weise der Übertragung logischer Gehalte auf die exoterische Ebene der Logik gibt, gehört allerdings zu den Aufgaben einer noch ausstehenden Auseinandersetzung mit der Idee des endlichen (theoretischen) Erkennens. Der Begriff als solcher erklärt die Logik der logischen Bestimmungen, bevor sie zu Definientia des Absoluten verwandelt werden. Das Definieren selbst wird hier nicht thematisiert.
26
Vgl. Einleitung, Ziffer 9 und Ausblick, Ziffer 2. Vgl. III.D.4. 28 Vgl. III.D.5. 27
Fazit
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Insgesamt fundiert der Begriff als solcher die exoterische Ebene der philosophisch-theologischen Untersuchung als eine weitere philosophische Disziplin in Abhebung nicht nur von der Logik selbst und derselben als rein logischer Grundlagenforschung zu aller Begrifflichkeit, die rein logisch betrachtet Absolutheitsansprüche erhebt, sondern auch von der Religionsphilosophie qua philosophische Untersuchung des realen Phänomens ‚Religion‘. Diese (auch für den hegelschen Korpus neue) philosophische Disziplin setzt sich allein mit dem logischen Aspekt historischer Absolutheitsauffassungen auseinander und untersucht allein die begriffliche Konsistenz logischer Kerne verschiedener historisch formulierter Gotteslehren. Der Unterschied zur rein logischen Grundlagenforschung der zweiten Ebene der Untersuchung ist die explizite Bezugnahme auf historische Konzepte. Religionsphilosophie hingegen hat viele zusätzliche (empirische) Aspekte zu berücksichtigen, die ihre Aufgabe erheblich komplexer machen. Die besondere Leistung dieser neuen Disziplin besteht jedoch darin, den Begriff als solchen als eine Art metametaphysischen und überreligiösen Bezugspunkt unter allen metaphysischen Systemen und Religionen zu etablieren. Im Umgang mit historischen Gotteslehren verfügt der Begriff als solcher über seine eigene Logik und Autonomie, die erwiesenermaßen (vgl. zweite Ebene) über die Logik übriger metaphysischer Begrifflichkeit hinausgreift. Dadurch gewährleistet er eine gewisse (logisch-begriffliche) Kommensurabilität unter allen historischen metaphysischen Auffassungen, sodass diese neue Disziplin dazu einlädt, solche Auffassungen zwar als im Grunde begriffliche zu respektieren, aber doch nicht (etwa im Sinne einer populären Interpretation der Postmoderne) als bloß gleichgültig zu behandeln und mit gleichem Recht nebeneinander gelten zu lassen. Metaphysische Auffassungen sind nicht indifferent. Sie lassen sich intrinsisch miteinander vergleichen, ja systematisch anordnen und schließlich hierarchisieren. Man muss aber dafür den – begrifflichen – Mut haben – und sich die entsprechende Mühe geben. 16. Ist nun Hegel ein Theist oder ein Atheist? So lautet das Dilemma, das die – religionsphilosophisch bzw. philosophisch-theologisch interessierte aber bemerkenswerterweise auch desinteressierte – Auseinandersetzung mit Hegel explizit oder implizit wie kaum ein zweites polarisiert hat. Der logische Verlauf bis hin zum Begriff als solchem weist den Pantheismus, den Panentheismus und alle Ontotheologie insgesamt zurück. Vielleicht spricht er sich aber für eine göttliche Person aus. Nach dem bisher Gesagten kann das aber nicht der Fall sein. Keine seiende Bestimmtheit, nichts, das auch im weitesten Sinne ein Eins, Dasein, Wesen oder empirisch existent ist, kann nach Hegel wahrhaft absolut sein. Und eine Person – auch eine göttliche – muss ein Ens sein, muss existieren usw., sonst ist sie keine Person, sondern eine zufälligerweise zusammengesetzte Vorstellung ohne reale Intension. Das ist aber auch kein Argument für den Atheismus, sondern gegen die Prämisse, die sich Theismus und Atheismus gleichermaßen
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Fazit und Ausblick
teilen: die Ablehnung der Ontotheologie insgesamt als Basis für die philosophisch-theologische Debatte. Hegels Wissenschaft der Logik umgeht das Theismus-Atheismus-Dilemma, indem sie die Endlichkeit allen Seins, Daseins, Wesens, aller Existenz usw. aufzeigt, unabhängig davon, ob sie zusätzlich als persönlich bestimmt sind oder nicht. Es gibt zwei Züge, um die Konsequenz und Nachhaltigkeit des Auswegs aus dem Theismus-Atheismus-Dilemma zu gewährleisten: Zum einen beginnt die philosophisch-theologische Grundlagenforschung und geht insgesamt absolut voraussetzungslos vor, ohne die Existenz eines Gegenstands zu postulieren, der der untersuchten Begrifflichkeit entsprechen würde. Absolutheitskonzeptionen ergeben sich ungezwungen und werden allein auf ihre Begrifflichkeit hin untersucht. Zum anderen ist die höchste, genuine rein logische Absolutheitskonzeption selbst der Begriff von keinem Ens, Sein oder Wesen, sondern die Feststellung der Art und Weise über alle Absolutheitsauffassung rein logisch bzw. begreifend nachzudenken. Der Höhepunkt der Grundlagenforschung besteht nämlich in der Feststellung ihrer Autonomie, die ihr weiterhin erlaubt, rein begriffliche Absolutheit unabhängig von ihrer empirischen Existenz zu untersuchen. So etabliert die Logik eine neue Metaphysik: die Metaphysik des Begriffs. Handelt es sich dabei um die Existenz oder das Dasein des wahrhaft Absoluten, was das größte Problem herkömmlicher philosophischer Theologie und den Stein des Anstoßes zwischen Theisten und Atheisten ausmacht, dann nur um die rein logische bzw. rein begriffliche Existenz des absoluten Begriffs: einen Begriffskosmos aus bestimmten Begriffen, die sich miteinander nach der Weise vom Allgemeinen, Besonderen und Einzelnen zusammenfügen. Sucht man ferner in der Logik nach einem Gottesbeweis, so findet man den rein logischen Beweis der rein logischen Wahrheit des absoluten Begriffs: den absoluten Begriff als Grundlegung und Höhepunkt des ganzen Begriffskosmos. Wahrhaft existiert der absolute Begriff nur begrifflich. Eine Argumentation für oder gegen die empirische Existenz einer göttlichen Person fällt aus der Metaphysik des Begriffs und der spekulativen Philosophie insgesamt heraus. Vielleicht gibt es auch eine solche Person. Dann wäre sie aber ein Gegenstand nicht des begreifenden, sondern des endlichen Erkennens: Man ist dabei auf seine Wahrnehmung, die Betrachtung des Nicht-rein-Begrifflichen bzw. des empirisch-Realen oder auf die historische Forschung und die Meinungen Anderer angewiesen – was sich die Logik und weiter auch die spekulative Philosophie als autonome und voraussetzungslose Wissenschaft nicht erlauben dürfen. Ist also Hegel ein Agnostiker? Auch diese Option griffe zu kurz. Denn die Wissenschaft der Logik untersucht die Begrifflichkeit und liefert schließlich eine eigene Absolutheitskonzeption, die auch das Kriterium darstellt, anhand dessen die Absolutheit von vermeintlichen im Bereich des empirisch-Realen existierenden göttlichen Personen beurteilt werden kann. Der absolute Begriff
Fazit
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ist die erkannte Grundlegung einer Metaphysik, die metaphysischen Auffassungen, welche auf die Existenz göttlicher Personen bauen, vorausgeht und sich sogar erlaubt, solche Auffassungen zu korrigieren. Ein Beispiel einer solchen korrektiven Funktion des absoluten Begriffs an einer theistischen Auffassung ist etwa der Umgang der hegelschen Religionsphilosophie mit der christlichen Eschatologie oder den Berichten über Wunder. Ein Agnostiker würde hingegen versuchen, jeder religiösen Behauptung gegenüber neutral zu bleiben. Hegel spricht jedoch an prominenten Stellen bereits in der Logik lobend von Ich, Selbstbewusstsein, Person, und Persönlichkeit (vgl. z.B. BL: 17,7ff.; 236,13ff.). Ist das kein Zeichen von Theismus in seiner Philosophie? Solche Äußerungen sind in der Tat sehr wichtig für das Verständnis von Hegels eigener Absolutheitskonzeption und müssen in den zwei weiteren Stadien philosophisch-theologischer Untersuchung eigens berücksichtigt werden. Aus solchen Äußerungen darf jedoch keineswegs gefolgert werden, dass der Begriff (der als solcher kein Ens ist) Ich, Person usw. begrifflich nicht in sich einschließe; oder umgekehrt, dass etwa ein existierendes Ich ‚absoluter‘ als der absolute Begriff oder, genau wie dieser, ewig sei. Die höchste, ungetrübte Existenzweise des absoluten Begriffs ist die begriffliche, die aus empirischer Sicht gar keine Existenz hat und aus begrifflicher Sicht kein empirisch wahrnehmbares Ding ist. Unbestreitbar ist aber, dass Hegels gesamte Philosophie eine Vorliebe für den Theismus hegt. Das liegt aber nicht in einer persönlichen bzw. privaten Präferenz Hegels begründet, wie das in der Sekundärliteratur häufig behauptet wird, sondern bereits im absoluten Begriff selbst. Denn ‚Person‘ usw. sind gerade aus der Sicht des Begriffs hohe Bestimmungen, die einen viel eher zur monistischen Metaphysik des Begriffs überleiten können als die pauschale (atheistische) Leugnung jeglicher Absolutheitsauffassung. Hegels Philosophie ist nicht theistisch; sie zielt nicht auf die Existenz einer vorstellungshaft göttlichen Person. Gleichwohl ist Theismus eine deutlich bessere Hinführung zum monistischen Ansatz, der in der Logik exponiert wird, als der Atheismus. Nicht zuletzt ist das der Sinn auch der so umfangreichen Religionsphilosophie Hegels. Wie steht es ferner mit dem Panlogismus? Wenn selbst die theistischen Züge der rein logischen Absolutheit des Begriffs und der Überleitung zu seiner logischen Existenz dienen sollen, dann haben vielleicht diejenigen frühen Interpreten und Kritiker Hegels Recht, die in seiner Philosophie einen minutiös ausgeführten Panlogismus gesehen haben. Auch dieser Deutung möchte die vorliegende Untersuchung widersprechen. Der Monismus des Begriffs behauptet nicht, dass schlicht alles, und zwar als empirisch Wahrnehmbares, logisch sei oder von einer mystischen Logik wie von einer ‚List der Vernunft‘ dirigiert werde, sodass dadurch schließlich Kontingenz hinfällig werde. Letzteres mag noch auf dem Standpunkt der absoluten Notwendigkeit behauptet werden können. Jener Monismus ist aber ein epistemologischer. Die Epistemologie begreifenden Denkens untersucht, inwiefern der absolute Begriff alles Logische als
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Fazit und Ausblick
Logisches durchdringt und in sich fasst. Das außerlogische empirisch-Reale respektiert diese Epistemologie und überlässt es den ‚exakten Wissenschaften‘ – oder, wie Hegel sie nennt, dem endlichen theoretischen Erkennen. Das impliziert umgekehrt auch keinen epistemologischen Dualismus, nach welchem sich empirisch-Reales vom rein Logischen dadurch unterscheidet, dass ihm etwas prinzipiell Unerkennbares, etwa ein ‚Ding an sich‘, zugrunde liegt. Dahingegen ist das begreifende Denken in der Lage, das außerlogische empirisch-Reale – zwar nicht als Empirisches, aber als rein Logisches – zu begreifen. Das leistet etwa die gesamte objektive Logik, die Begriffe vom Übergehen und ineinander Scheinen liefert, Begriffe also von Seienden, die endlich und im verschiedensten Sinne vergänglich sind – Begriffe nicht vom autonomen und standhaltenden Begriff, sondern von Bestimmtheiten, die ihrer Bestimmung nach, d.h. an sich endlich und vergänglich sind. Paradox formuliert eruiert die objektive Logik die Logik des Nicht-Logischen, um sie in die Epistemologie begreifenden Denkens münden zu lassen. Vielleicht haben dann diejenigen Kritiker recht, die Hegel (Selbst-)Apotheose des endlichen Denkens vorwerfen. Denn ein Denken, das Endliches und Unendliches gleichermaßen begreift, müsste selbst unendlich sein. Und es wurde ja in der vorliegenden Untersuchung so häufig wie nur möglich wiederholt, dass das begreifende Denken als solches das wahrhaft Absolute sei. Nun klingt dies nur in den Ohren derjenigen nach Hybris, die noch an einem vorstellungshaften Denken und der Bestimmung des Schlecht-Unendlichen festhalten. Unter diesen Prämissen bedeutet unendliches oder absolutes Denken nicht mehr das begreifende, sondern das Denken eines allwissenden Gottes, der das empirisch-Reale zum Gegenstand hat und etwa ‚jedes einzelne Ding bei seinem Namen kennt‘. Dass aber Hegels gesamte spekulative Philosophie ein solches Denken ausdrücklich nicht betätigt oder beneidet, steht außer Frage und wurde auch soeben durch die Anspielung auf das endliche Erkennen ins Gedächtnis gerufen. Häufig ist jedoch mit der Anschuldigung der Selbstapotheose gemeint, dass Hegels begreifendes Denken mit dem Denken eines allwissenden Gottes in dem Sinne konkurriert, dass es impliziert, es gebe kein höheres Denken als das begreifende. Nun vertritt Hegel diese These tatsächlich, aber nur hinsichtlich all derjenigen Begriffe, die in den Bereich der spekulativen Philosophie fallen. Ob es irgendwo im Universum oder im Jenseits eine ‚Hyper-Vernunft‘ oder sogar ein göttliches Wesen gibt, dessen Göttlichkeit in der Widerlegung der Vernunft besteht, oder ob vielleicht eine göttliche Person existiert, die kein Ens ist, also nicht existiert, oder ein Ding, das kein Ding ist usw. – all das mag den vermeintlichen Gegenstand einer paradoxen Wahrnehmung, manch einer Religion oder der empirischen Forschung ausmachen, nicht aber denjenigen der spekulativen Philosophie. Über die Existenz (oder Inexistenz) solcher Dinge, die die Logik offensichtlich verletzen, trifft die spekulative Philosophie keine Aussagen. Aus logischer und spekulativ-philosophischer Sicht erscheint diese
Ausblick
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Existenz äußerst merkwürdig; sie ist aber, wie gesagt, nicht die einzige Denkhaltung, die Erkenntnis liefert. Eines aber behauptet Hegels Philosophie über die mögliche Existenz solcher Dinge gewiss: Sollte sich uns als vernunftbegabten Lebewesen eine vermeintliche göttliche Hyper- bzw. Unvernunft oder ein Ding, das keins ist, offenbaren wollen, so müssten dabei die Regeln unserer Vernunft, unsere Grundbegrifflichkeit und unsere Denkbestimmungen respektiert bleiben. Sollte sich nämlich ein derartiges, die Vernunft verletzendes Ding vernunftbegabten Lebewesen zugänglich machen wollen, so müsste es sich dieser Vernunft, die in der Wissenschaft der Logik exponiert wird, anpassen. In diesem Sinne gilt: Ja, begreifendes Denken definiert die Normen auch für das vermeintlich göttliche Denken und Handeln und ist selbst göttlich. In der Tat gelingt es Hegel also philosophische Theologie als eine distinkte und unparteiische Disziplin zu fundieren, die sowohl aller Theologie als auch aller Philosophie substantielle Erkenntnisse liefert, ohne gegen ihre Prinzipien zu verstoßen. Die rein logische Grundlagenforschung zum begrifflichen Fundament allen vernünftigen Absolutheitsanspruchs bleibt der (philosophischen) ‚Liebe zum Wissen‘ treu und schafft es, eine Gotteslehre zu artikulieren, die – wie ‚Theologie‘ selbst gebührt – logisch, ja sogar – wie ‚Philosophie‘ verlangt – rein logisch ist. Ausblick: Die Realisierung des Begriffs
Ausblick
1. Mit dem Begriff als solchem hat die Wissenschaft der Logik die Art und Weise enthüllt, wie alle logischen Bestimmungen absolut voraussetzungslos und autonom erzeugt werden können. Und es war derselbe Begriff, anhand dessen festgelegt werden konnte, inwiefern die Logik philosophische Theologie betreibt: Sie entwickelt die einzige logisch immanente und standhafte Absolutheitskonzeption, die die logischen Kerne aller vernünftigen Gotteslehre erzeugt, begreift und beurteilt. Ist nun damit schon alles gesagt in Sachen philosophische Theologie in Hegels Wissenschaft der Logik? Nein, bei Weitem nicht! Erst jetzt hat der philosophisch-theologisch interessierte Leser einen konkreten Ansatzpunkt, auf welchen er Hegels eigene Ansichten über Gott oder das (wahrhaft) Absolute festlegen und ihrer Gültigkeit nachgehen kann. Bisher wurden nur die Exposition und Darlegung dieses Ansatzpunktes, der Metaphysik des Begriffs, problematisiert. Jetzt können aber die konkrete Auseinandersetzung mit dieser Metaphysik und die Untersuchung ihrer Vertretbarkeit sowie Fruchtbarkeit im Verhältnis zu anderen konkurrierenden Konzepten beginnen. 29 Erfreulicherweise ist der Leser dabei nicht alleine: Es ist Hegel
29 Diese Auseinandersetzung wurde bereits in den Vorüberlegungen zu Kapitel III (2.ii.) angedeutet, welche die Perspektive auf die gesamte Begriffslogik (und nicht nur auf ihr erstes Kapitel) eröffneten.
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Fazit und Ausblick
selbst, der die von ihm vorgeschlagene Absolutheitskonzeption infrage stellt und versucht, alle möglichen Mängel und Einwände minutiös nicht bloß zu widerlegen, sondern zu begreifen, wodurch seine philosophisch-theologische Überlegungen enorm an begrifflicher Differenziertheit gewinnen. Die Notwendigkeit, der Charakter und der Umfang der an die Exposition des Begriffs als solchen anschließenden philosophisch-theologischen Untersuchung seien hier kurz skizziert.30 2. Zunächst ist es die Bestimmung des Begriffs als solchen selbst, welche die Fortsetzung der philosophisch-theologischen Untersuchung der subjektiven Logik gebietet 31: Das Einzelne qua Verlust des Begriffs als solchen stellt die Untersuchung der Logik vor die Aufgabe, den Begriff so zu berücksichtigen, wie er durch die seiende Bestimmtheit bestimmt wird, und kündigt somit ein weiteres, das dritte Stadium dieser Untersuchung an. Dieses Stadium unterscheidet sich vom zweiten (Kapitel III) durch die Wiedereinführung der seienden Bestimmtheit, und vom ersten (Kapitel II) durch den Begriff, der nun als solcher erkannt wurde. So kann es in Anlehnung an das Tragende der logischen Bestimmung der seienden Bestimmtheit, d.h. in Anlehnung an die Realität (vgl. SL: 98,19–99,6), als die Realisierung des Begriffs bezeichnet werden. Das erste und zweite Stadium der philosophisch-theologischen Untersuchung müssen hingegen nachträglich als die logische Vorgeschichte akzentuiert werden, die zum dritten Stadium führt: Im ersten wurde allein die (zu begreifende) bloße Realität dargelegt und im zweiten der (noch zu realisierende) Begriff als solcher. Genauer noch fordert der Verlust des Begriffs als solchen dazu auf, die logischen Bestimmungen zu berücksichtigen, die den Begriff in explizitem Bezug auf die seiende Bestimmtheit auffassen. Bei der Fortsetzung der philosophisch-theologischen Untersuchung handelt es sich also zunächst nicht um die Realisierung des Begriffs überhaupt, sondern um dessen logische Realisierung. Zugleich hat der Verlust des Begriffs als solchen keinerlei Anlass dazu gegeben, den im bisherigen Verlauf herauskristallisierten dreistufigen Aufbau der philosophisch-theologischen Untersuchung zu modifizieren, sodass die logische Realisierung des Begriffs auf allen drei Ebenen problematisiert werden muss. Von der ersten, zugrundeliegenden, Ebene dieser Untersuchung ist demnach die unbefangene Lesart der logischen Entwicklung von Bestimmungen zu erwarten, welche die verschiedenen Etappen der Realisierung des Begriffs erhellen. Urteil und Schluss, aber auch Mechanismus, Chemismus usw. sind dabei als Weisen zu lesen, wie begreifendes Denken mit der Realität umgeht: wie es sie und umgekehrt wie sie es bestimmt. Von der dritten, exoterischen Ebene andererseits ist eine Hierarchie zu erwarten von denjenigen logischen Kernen 30 Das Folgende wird anschaulich in der (nur vorläufig konzipierten) zweiten Hälfte der Tabelle im Anhang dieses Buches präsentiert. 31 Vgl. III.C.1.iii.; III.C.2.ii. und iii.; III.D.4.
Ausblick
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bestimmter theologischer und philosophischer Konzeptionen, die das begreifende Erkennen in seinem Bezug auf die Realität wiedergeben. Zu solchen Konzeptionen zählen beispielsweise die christliche Dogmatik, die römische Gottesvorstellung und der neuzeitliche metaphysische Standpunkt, insofern er sich aus dem Subjekt-Objekt-Verhältnis speist. Mit der größten Spannung sind aber die Ergebnisse der zweiten Ebene der philosophisch-theologischen Untersuchung zu erwarten. Hier muss gezeigt werden, was es mit der Forderung einer wahrhaften Lesart der subjektiven Logik auf sich hat und inwiefern die subjektivlogischen Bestimmungen die Realisierung des absoluten Begriffs darstellen; wie nämlich Hegels logische Absolutheitskonzeption auch dann alles Sein und Wesen epistemisch prägt und in sich fasst, wenn sie in die Realität umgesetzt wird, in ihr besteht und von ihr bestimmt wird. In diesem Sinne erhält die Realisierung des absoluten Begriffs den Charakter einer logischen Überprüfung seines Absolutheitsanspruchs. Und Hegel versichert, dass diese Überprüfung ein glückliches Ende haben wird: Die vollendete Realisierung des absoluten Begriffs antizipiert er als den „wahrhaft absoluten Begriff“ bzw. die „Idee des unendlichen Geistes“, was auf die Rückkehr in den absoluten Begriff, und somit auf den durch seine Realisierung bewährten absoluten Begriff hinweist. Hegel pointiert sogar die Vollendung der begrifflichen Realisierung explizit als keine seiende Bestimmtheit, sondern als die „durchsichtige Realität“, die paradoxerweise als das krönende Resultat eines Auflösungsprozesses der Realität selbst auftritt (vgl. BL: 36,15–30). 3. Selbst wenn es aber dem absoluten Begriff gelingt, sich durch die Auflösung seiner Realität zu bewähren, und noch dringender wenn es dabei zunächst ausdrücklich um die logische Realität geht – was der bevorstehende subjektivlogische Prozess deutlich macht –, so ist auch dieses Resultat noch nicht in jeder Hinsicht vollständig: Am Ende der Logik erweist sich der absolute Begriff zwar als der wahrhaft absolute Begriff und als die Idee des unendlichen Geistes; gleichwohl bleibt er aber nur der wahrhaft absolute Begriff und die Idee des unendlichen Geistes, also nur eine logische Realisierung im Unterschied zum Realen oder dem unendlichen Geist selbst. Der Leser also, der Hegels Absolutheitskonzeption samt ihren Implikationen erforschen möchte, kann sich auch nicht mit dem wahrhaft absoluten Begriff am Ende der Logik zufriedengeben. Denn dieser Begriff ist vorerst ein rein logisches Gebilde, hinsichtlich dessen Hegel noch keine systematischen Angaben darüber machen kann, worin seine Absolutheit im Realen tatsächlich liegt. Dass der wahrhaft absolute Begriff sich so zum Realen verhält wie der absolute Begriff zur logischen Realität, wie also zur logischen Präfiguration des Realen, ist eine logische Versicherung, die noch überprüft werden muss, wobei prinzipiell nicht auszuschließen ist, dass vielleicht diese Absolutheitskonzeption doch noch im Hinblick auf das Reale modifiziert werden muss.
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Fazit und Ausblick
Gefordert wird hiermit ein viertes Stadium philosophisch-theologischer Untersuchung der Logik. Im Mittelpunkt steht hier nicht mehr die Logik als solche, sondern deren Bedeutung bzw. die Bedeutung des logisch exponierten und in sich bewährten wahrhaft Absoluten für das Reale: Kann der wahrhaft absolute Begriff das Reale epistemisch durchdringen und konstituieren wie im Fall des Logischen? Lässt sich nämlich auch das Reale wie bereits das Logische begreifen? Der Begriff ist dabei durch das Reale bestimmt, und bei dieser realen Realisierung kommt es darauf an, aus dem bloß Realen Realphilosophie bzw. aus der Natur und dem Geist Natur- und Geistphilosophie zu machen. So hat die philosophisch-theologische Untersuchung der Logik in ihrem vierten Stadium ihren Gegenstand zu ändern: Es geht nicht mehr um eine Logik-immanente Suche nach dem wahrhaft Absoluten, sondern um die systematische Überprüfung der systemimmanenten Lizenz, welche die Philosophie des absoluten Geistes erteilt und der enzyklopädische § 85 der gesamten Auseinandersetzung mit der Logik vorausschickt, – der Lizenz nämlich, nach diesem Absoluten in der Logik zu suchen. Dieser systemimmanenten Lizenz muss nun vor dem Hintergrund der Ergebnisse der logisch-immanenten Untersuchung erneut nachgegangen werden. Die Frage, die es zu beantworten gilt, lautet: Inwiefern weist das enzyklopädisch konzipierte System tatsächlich auf die logisch entwickelte Absolutheitskonzeption hin, und was bedeutet es für diese Absolutheitskonzeption, dass das System auf sie hinweist? Auch in diesem vierten Stadium müssen die drei Ebenen philosophisch-theologischer Untersuchung voneinander getrennt gehalten werden. Da es aber jetzt um den allgemeinen Charakter der Realphilosophie vom wahrhaft absoluten Begriff her betrachtet geht, kann sich die Untersuchung auf jene wenigen entscheidenden Stellen beschränken, die diesen Charakter angeben. Eine davon wurde oben einleitend berücksichtigt: der Begriff des Geistes. 32 Bereits dort konnte der enge Zusammenhang des Geistes und der gesamten Geistphilosophie mit dem Begriff und der Begriffslogik herausgestellt werden; ein Zusammenhang, der – wie ebenfalls gezeigt werden konnte – enger noch wird als derjenige zwischen Begriff und Natur, und am engsten auf der letzten Entwicklungsetappe der Geistphilosophie, beim absoluten Geist. 33 Wenn diese Skizzierung der Realphilosophie eine vorläufige Schlussfolgerung erlaubt, dann wohl die Vermutung, dass auch im vierten Stadium philosophisch-theologischer Untersuchung eine paradoxe Realisierung zu erwarten ist, die in der allmählichen Auflösung der Realität besteht und mit dem wahrhaft absoluten Begriff vollendet wird, insofern er sich aber nun durch das Reale bewährt hat. 4. Diese vollendete Realisierung, die auf das letzte Entwicklungsmoment des Geistes, die Philosophie des absoluten Geistes, hinweist, wurde oben als die Rückbindung des wirklichen Geistes an das wahrhaft Absolute aufgefasst, 32 33
Vgl. I.B.1. Vgl. I.B.3.
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mit der besonderen Akzentuierung, dass sie als das reale Wissen von diesem Absoluten zu verstehen ist. 34 So gehört weiter zur Aufgabe des vierten Stadiums der philosophisch-theologischen Untersuchung, über dieses reale Wissen Auskunft zu geben, als welches der wahrhaft absolute Begriff in der Realität existiert, alles Reale epistemisch prinzipiiert und in sich fasst, sich selbst und seiner epistemischen Absolutheit bewusst ist, und das, ohne seine Absolutheit zu verletzen. Hegels abschließendes Wort zur philosophischen Theologie ist also der Erklärung der realen Bedingungen gewidmet, unter welchen das logisch exponierte und das Logische sowie das Reale begreifende Denken seine wahrhafte Absolutheit adäquat und ohne jegliche äußere Bestimmtheit entfalten kann. Durch eine solche Erklärung wird der wahrhaft absolute Begriff selbst nicht verändert; es erhellt sich aber seine Bedeutung für bzw. seine Einheit mit dem ihn erkennenden Subjekt, und somit das Wissen dieses Subjekts von sich selbst, das nicht der spekulativ-begreifend denkende Philosoph sein muss, sondern das auch Subjekte sein können, die auf andere Art denken, sich Vorstellungen machen oder anschauen. Die Untersuchung der realen Realisierung des wahrhaft absoluten Begriffs hat daher auch einen entscheidenden Beitrag zu leisten zur Selbsterkenntnis der Subjekte, die Theologie betreiben. 5. Es gibt aber einen weiteren Grund, weshalb die reale Realisierung des wahrhaft absoluten Begriffs im Rahmen einer Auseinandersetzung mit der ‚Frage philosophischer Theologie in Hegels Wissenschaft der Logik‘ berücksichtigt werden muss: nämlich die in der Debatte über Hegels theologische Ansichten so häufig zitierte Anmerkung zu ¹§ 17, die Logik erhalte nach dem Abschluss des enzyklopädischen Kreises philosophischer Wissenschaften die „Bedeutung speculativer Theologie“. Dass dies nicht den Sinn hat, die Logik – in der von Hegel selbst angefertigten und als ersten Teil der Enzyklopädie konzipierten Fassung – werde zur spekulativen Theologie, schließt bereits Hegels Formulierung aus, die auf eine „Bedeutung“ hinweist, die der vorhandenen Sache hinzukommt. Doch das schließt nicht aus, dass die Logik außerhalb des enzyklopädischen Grundrisses philosophischer Wissenschaften als spekulative Theologie neu konzipiert werden kann. In der Tat scheinen die drei Schlüsse am Ende der Enzyklopädie (§§ 574–577) sowie das dieselbe krönende Aristoteles-Zitat die Anmerkung zu ¹§ 17 so weit zu ergänzen, dass sie neben der bloßen Bedeutung spekulativer Theologie auch die Perspektive auf eine spekulative Theologie und letzte Wissenschaft als eine weitere, eigenständige philosophische Disziplin jenseits des enzyklopädischen Grundrisses eröffnen, ohne sie auszuführen. Auch diese Möglichkeit einer ausstehenden philosophischen Theologie im Sinne Hegels neben der Logik mit der bloßen Bedeutung spekulativer Theologie wäre sicherlich eine nähere Untersuchung wert.
34
Ebd.
Anhang
Tabelle mit den Hauptpunkten der drei Ebenen philosophischtheologischer Untersuchung der Logik Folgende Tabelle versucht, alle Hauptpunkte, welche sich auf den drei Ebenen der philosophisch-theologischen Untersuchung der Logik bisher ergeben haben („Erstes und zweites Stadium der philosophisch-theologischer Untersuchung: Das Absolute und der Begriff“) oder noch herauszuarbeiten sind („Vorblick auf das dritte und vierte Stadium der philosophisch-theologischen Untersuchung: Die Realisierung des Begriffs“), koordiniert darzustellen. 1 Letztere Hauptpunkte werden hier nur vorläufig und unvollständig präsentiert. In der linken Spalte stehen die Bezeichnungen der logischen Bestimmungen, wie sie bereits bei einer unbefangenen, absolut voraussetzungslosen Lektüre der Logik erkennbar sind, was die vorliegende Untersuchung auf ihrer ersten Ebene zu berücksichtigen pflegt. Die rechte Spalte verweist auf einzelne Definitionen des Absoluten und auf bestimmte metaphysische Konzeptionen, deren logische Kerne den logischen Bestimmungen der linken Spalte entsprechen. Sie enthält also die Hauptpunkte der dritten, exoterischen, Ebene, die sich logisch betrachtet aus der ersten Ebene speisen. Die mittlere Spalte macht auf die rein logischen Absolutheitskonzeptionen und die Selbstdeutungen aufmerksam, welche die Logik selbst, voraussetzungslos und autonom aus sich heraus entwickelt. Sie berichtet also über die Befunde der zweiten Ebene der Untersuchung, die nicht nur aus philosophisch-theologischer, sondern auch aus rein logischer Sicht am interessantesten ist.
1 Für einen Überblick über die drei Ebenen philosophisch-theologischer Untersuchung, über deren Charakter, deren Inhalt sowie darüber, wie sie im Verlauf vorliegender Studie äußerlich markiert werden, vgl. Einleitung, Ziffer 6ff.
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Anhang
Koordinierte Hauptpunkte auf den drei Ebenen philosophisch-theologischer Untersuchung der Wissenschaft der Logik
Ebene 1 (unbefangene Lesart)
Ebene 2 (esoterische Lesart)
Ebene 3 (exoterische Lesart)
Logische Bestimmungen als solche
Rein logische Absolutheitskonzeptio nen bzw. der logische Kern philosophischer Theologie im Sinne Hegels
Einzelne Definitionen des Absoluten und die logischen Kerne bestimmter metaphysischer Auffassungen
[Erstes und zweites Stadium der philosophisch-theologischen Untersuchung: Das Absolute und der Begriff]
Reines Sein
Eleatische Philosophie; Ontologischer Gottesbeweis
Nichts
Buddhismus; Transzendentalphilosophie
Werden
Dasein als solches
Die unvollendete Auslegung des (ansichseienden) Absoluten bzw. des werdenden absoluten Begriffs
Heraklit
Erläuterung der Auffassung, Gott sei der Inbegriff aller Realitäten; Andeutung auf den Begriff als den Kern der philosophischen Theologie Hegels
416
Anhang
Endlichkeit
[Keine bekannte theologische Auffassung]
Unendliches überhaupt
Erste Fassung vom Akosmismus
Wechselbestimmung des Endlichen und Unendlichen
Dualismus; Religion der Parsen; Manichäismus
Affirmative Unendlichkeit
Andeutung auf Hegels monistische Metaphysik des Begriffs als Alternative zu Akosmismus und Dualismus
Fürsichsein als solches
Malebranche; Leibniz
Eins und Vieles
Antiker Atomismus (Leukipp, Demokrit); Leibniz
Größe
Mathematischer Standpunkt
Reine Quantität
Französischer Materialismus
Zahl
Mathematisches Kalkül; Pythagoreer
Quantitativ-unendlicher Progress
Potential und aktual Unendliches; Kants und Fichtes praktisches und theoretisches Erkennen; Französischer Materialismus
417
Anhang
Quantitatives Verhältnis
Vollendung des mathematischen Standpunktes
Maß
„Gott ist das Maaß aller Dinge“ Althebräische Gesänge; Antizipation des griechischen Konzepts von Schicksal und Nemesis
Maßloses
Indischer Pantheismus
Absolute Indifferenz
Das als ansichseiendes bestimmte Absolute
Wesen (überhaupt)
Das als fürsichseiendes gedachte Absolute
[Anmerkung zur Logik der dritten Ebene philosophischtheologischer Untersuchung]
Wesentliches
„Es gibt ein höchstes Wesen“; Gott als „das höchste jenseitige Wesen“
Reflexion
Jüdische und islamische Religion
Identität
Die unvollendete Auslegung des (fürsichseienden) Absoluten bzw. des werdenden absoluten Begriffs
Eine hohe Bestimmung für das monotheistische religiöse Bewusstsein und alle wahre Philosophie
Realer Grund
Gott als Grund der Natur
Existenz
Anmerkung zu den Beweisen vom Dasein Gottes und zum Glauben; Gott als Abgrund für die endliche Vernunft
418
Anhang
Kraft und Äußerung
Herder; Deismus; aufklärerischer Materialismus
Absolutes
Spinoza; Emanationslehre; Leibniz; [Anmerkung zur Logik der dritten Ebene philosophischtheologischer Untersuchung]
Das Absolute bzw. der werdende absolute Begriff
Die Vorstellung des Schicksals in der griechischen Religion
Absolute Notwendigkeit
Kausalitätsverhältnis
Die vollendete Auslegung des (fürsichseienden) Absoluten bzw. des werdenden absoluten Begriffs
Jacobi
Wechselwirkung
Vollkommener Akosmismus
Allgemeiner Begriff
Überwindung der jüdischen und islamischen Gottesvorstellung
Der absolute Begriff als solcher
Begriff als solcher
Hegels eigener, rein logisch exponierter Begriff Gottes; eine abstrakte Fassung des christlichen dreieinigen Gottes; [Anmerkung zur Logik der dritten Ebene philosophischtheologischer Untersuchung]
419
Anhang
[Vorblick auf das dritte und vierte Stadium der philosophisch-theologischen Untersuchung: Die Realisierung des Begriffs]
Urteil
„Alle Dinge sind ein Urteil“; omnitudo realitatis
Schluss
„Alles (Vernünftige) ist ein Schluss“; omnitudo entiarum rationis
Objektivität
Leibniz; die christliche Lehre, Gott sei Liebe; ontologischer Gottesbeweis Der absolute Begriff, wie er seine logische Realität begreift bzw. wie er sich logisch realisiert
Teleologie
Römische Religion; Kants Freiheitsantinomie; teleologischer Gottesbeweis; List der Vernunft bzw. Lehre von göttlicher Vorsehung
Idee überhaupt
Die „absolute Definition des Absoluten“
Idee des Erkennens
Kants und Fichtes theoretisches und praktisches Erkennen; [Anmerkung zur Logik der dritten Ebene philosophischtheologischer Untersuchung]
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Anhang
Der christliche dreieinige Gott mit seiner durch die ganze Dogmatik vermittelten Bedeutung für den Menschen; Aristoteles‘ Denken des Denkens; [Anmerkung zur Logik der dritten Ebene philosophischtheologischer Untersuchung]
Absolute Idee
Der absolute Begriff, wie er allein sich selbst, aber mit seiner Bedeutung für die logische Realität begreift, bzw. die vollendete logische Realisierung des absoluten Begriffs: der wahrhaft absolute Begriff
Der Begriff der Natur
Der wahrhaft absolute Begriff, wie er anfängt, die reale Realität zu begreifen, bzw. sich real zu realisieren: Naturphilosophie
Der Begriff des Geistes
Der wahrhaft absolute Begriff, wie er diejenige reale Realität begreift, in welcher er zu sich selbst zurückkehrt: Geistphilosophie
Die „höchste Definition des Absoluten“
Der absolute Geist als solcher
Der wahrhaft absolute Begriff als zu sich selbst zurückgekehrt: das reale Wissen des wahrhaft absoluten Begriffs
Alle Konzeptionen, die zur Philosophie des absoluten Geistes gehören
Anhang
Der absolute Geist als spekulative Philosophie
Die Logik als letzte Wissenschaft
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Das reale Wissen des wahrhaft absoluten Begriffs von sich mit der Bedeutung des Geistigen
Hegels Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse; und ausdrücklich die Logik als Teil dieses Grundrisses, d.h., insofern sie die „Bedeutung spekulativer Theologie“ erhalten hat
Das reale Wissen des wahrhaft absoluten Begriffs, der sich erneut als Geistiges begreift
Das Aristoteles-Zitat am Ende der Enzyklopädie; das von Hegel nicht ausgeführte Projekt der Logik außerhalb des enzyklopädischen Grundrisses.
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Register Personenregister Adorno, Theodor 54, 97 Albrecht, Wolfgang 44 Aristoteles 3f., 13, 31, 413 Bachmann, Carl Friedrich 28 Barth, Karl 51–53,70, 97 Bauer, Bauer 30–32 Baur, Ferdinand Christian 25–28, 32, 44, 87, 150 Brandom, Robert B. 100, 273, 300, 363 Bruaire, Claude 41f. Bubner, Rüdinger 280f. Chapelle, Albert 47 Conradi, Kasimir 23 Croce, Benedetto 48 Derrida, Jacque 95, 325f. Desmond, William 64 Dilthey, Wilhelm 40f. Düsing, Klaus 7, 213f., 227 Ellis McTaggart, John McTaggart 49, 307 Erdmann, Johann Eduard 24 Feuerbach, Ludwig 17, 29, 30 Fichte, Immanuel Hermann 33, 34, 35, 36f., 97, Fichte, Johann Gottlieb 161 Fulda, Hans Friedrich 61, 63, 79, 82, 84, 126, 266, 269 Gabler, Georg Andreas 24f., 89 Garaudy, Roger 54–56, 120 Göschel, Carl Friedrich 17–20, 23, 41, 78
Habermas, Jürgen 79, 97 Halfwassen, Jens 139, 234 Hartmann, Klaus 261, 269, 286, 304, 307, 355 Heede, Reinhard 66, 68f., 79, 88 Heidegger, Martin 45, 46, 230 Henrich, Dieter 141, 175, 243, 246f., 278, 319 Heraklit 143, 382 Herder, Johann Gottfried 196f. Horstmann, Rolf-Peter 63, 116 Hösle, Vittorio 290f., 307, 314 Houlgate, Stephen 119, 269 Iber, Christian 175, 303, 307, 337 Jacobi, Friedrich Heinrich 258, 259 Jaeschke, Walter 65–68, 84f., 88, 186 Kant, Immanuel 3, 17, 41, 70, 129, 138, 161, 227, 268, 273, 364, 379 Keyserlingk, Alexander von 70, 150 Koch, Anton Friedrich 119, 174, 260, 263, 307, 318 Koch, Traugott 48 Kojève, Alexandre 49f., 97 Kruck, Günter 64, 198, 203 Küng, Hans 60 Lasson, Georg 41, 290 Lauer, Quentin 64 Leibniz, Gottfried Wilhelm 155f., 235, Lewis, Thomas A. 103f., 268 Löwith, Karl 46f., 60, 230 Malebranche, Nicolas 155 Martin, Christian Georg 205, 274, 287, 307, 326, 367
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Register
Noack, Ludwig 28 Nonnenmacher, Burkhard 70, 209
Splett, Jörg 58f. Staudenmaier, Franz Anton 32f., 87, 97 Strauss, David Friedrich 16f., 39
Pannenberg, Wolfhart 52, 70, 73, 139 Pippin, Robert B. 274, 299 Pythagoreer 160
Tegtmeyer, Henning 108 Theunissen, Michael 60–63, 79 Trawny, Peter 70, 73
Rosenkranz, Karl 21–23, 60 Ulrici, Hermann 38 Sánchez de León Serrano, José María 166, 297, 325 Schaller, Julius 23 Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph 26–28, 34, 36, 43, 70, 87, 120 Schick, Friedrike 198, 203, 276, 280, 289, 307, 337 Schmidt, Erik 41, 59 Schülein, Johannes-Georg 325, 326 Schulz, Michael 70f., 79, 138 Spinoza, Baruch de 151, 233, 234, 258
Wagner, Falk 63, 71–74, 89, 175, 384 Wallace, Robert M. 70, 150 Wandschneider, Dieter 291 Weischedel, Wilhelm 64, 150 Weisse, Christian Hermann, 37, 64 Wendte, Martin 74–79 Wildenauer, Miriam 274 Windelband, Wilhelm 41 Wölfle, Gerhard Martin 207
Sachregister ‚Absolut‘ als Attribut – absolute Einheit von Sein und Wesen 12, 202, 204, 212, 219, 229, 234, 239, 267f., 304, 358, 359, 366, 373, 377, 382, 394–396, 400f. – absolute Form 204–207, 210, 286, 367 – absolute Identität 204–207, 211, 216, 220–228, 234, 240, 256, 302, 367, 375 – absolute Notwendigkeit 241, 243– 252, 255–257, 407 – absoluter Grund 189, 202 – absoluter Inhalt 205, 367 – absolutes Verhältnis 226f., 252–258, 320, 375 – das absolute Attribut 220–223, 227f., 256, 333, 396 Absolute Idee – und Begriff 137, 268, 272, 273, 291, 326, 355 – Wissen der absoluten Idee 26, 33, 62, 105f., 403
Absolute Indifferenz 165–183, 203f., 207, 211, 214, 228, 234, 263, 284– 286, 291, 316, 318f., 371f., 374, 391–393, 397–400 Absolute, das – als Definiendum 116f., 139, 171, 178, 190, 270 – als Definiens 270 – das ansichseiende 167–170, 177, 214, 228, 239, 371f., 374f., 392–394 – das fürsichseiende 168, 177f., 181, 214, 227, 229f., 239, 372, 375, 393– 395 – Definientia und Definitionsversuche (Definitionen) des Absoluten 5f., 8, 22, 25, 48, 81, 89f., 115ff., 121–130, 138–143, 145, 148–151, 155, 159f., 162, 171f., 179–181, 184, 190, 194, 206, 212–215, 219, 233, 236–240, 251, 258, 270–272, 292–294, 327, 381–383, 386–388, 393, 396, 397, 404 – Definitionen zweiter Stufe 180, 271 – die Logik der Definitionsversuche 179, 236, 270, 380
437
Register – die Logik der Definitionsversuche und § 85 116–131, 180, 236, 380, 386f., 397, 404 – die Auslegung des Absoluten 207– 212 – die logische Bestimmung ‚das Absolute‘ 202–207 – die unvollendete Auslegung des Absoluten 131, 133, 216–220, 224, 229, 372, 395f. – die vollendete Auslegung des Absoluten 31, 210, 225, 227, 229, 231, 239, 241, 249f., 255, 257, 290, 360, 373, 395 Akosmismus 150f., 186, 190f., 260 Atomismus 155f., 160, 382, 392 Begriff – als das wahrhaft Absolute 13, 25, 75, 79, 131, 205, 357, 360, 365, 376, 377, 379, 403f., 406, 408, 412 – als solcher 272–385 – Art und Weise begreifenden Denkens 63, 275, 283f., 292, 296, 305f., 342f., 353, 362f., 398, 400, 402 – Begriffe zweiter Stufe 10, 366, 388 – Begriff Gottes 5, 23f., 28, 32, 41, 44, 66f., 116, 140f., 377 – bestimmte Begriffe 67, 141, 206, 275, 288, 315, 317, 322, 325, 329, 338, 340, 356, 367, 369, 381, 385, 399–401, 406 – das Einzelne (Einzelheit) 343–362 – der absolute Begriff 13, 131, 261, 290, 342, 358–360, 377, 379f., 383– 386, 402f., 406f., 411f., 415, 417– 420 – der allgemeine Begriff (Allgemeines, Allgemeinheit) 277–294 – der besondere Begriff (Besonderes, Besonderheit) 294–343 – der wahrhaft absolute Begriff 291, 359f., 380, 384, 404, 411–413 – der werdende absolute Begriff 131, 133, 370, 380, 402 Bestimmtheit – „als im Begriffe“ 287, 308, 327 – des Geistes 83, 85f.
– einfache 133, 135–138, 140, 171, 278, 284, 295f., 305, 343, 345, 349, 364, 379, 384, 397 – seiende 144f., 148, 152, 157, 168, 174, 183, 186, 229, 279, 396 – einfache und seiende zugleich 288, 290, 356, 358 – totale Reflexion (Doppelschein) 278–284, 287–292, 300–304, 321, 329, 343–345, 364 causa sui 255, 259 creatio ex nihilo 87, 378 Ding an sich 17, 143, 269, 408 Dogmatismus (als Moment begreifenden Denkens) 120, 123, 364 Dualismus 103, 151, 155, 408 Eleatische Philosophie 139, 144, 382 Epistemologie begreifenden Denkens 11, 13, 27, 274–276, 342, 353, 362, 368, 376, 378f., 382, 398, 402, 407f. Erste Wissenschaft (Erste Philosophie) 3, 7f., 13, 34, 114, 211, 390 Freiheit 24, 41, 52f., 84–96, 101f., 105– 107, 113, 161, 266f., 403 Fürsichsein – der Seinslogik 152, 158 – der Wesenslogik 177, 183, 187, 194, 201, 275, 374 – des Absoluten 206, 210, 228 – des Begriffs als solchen 344, 349, 358 Gott – als Abgrund für die endliche Vernunft 195, 196 – als das Maß aller Dinge 171 – als der Inbegriff aller Realitäten 30, 139–143, 148, 179 – als Grund der Natur 191, 393 – als höchstes Wesen 184 – der jüdischen und islamischen Religion 172, 185, 186, 190, 191, 293, 294, 382, 393 – der Religion der Parsen 151
438 – des Buddhismus 143, 382 – des Deismus 197 – Erhebung des Geistes zu 26, 32f., 56, 70, 98, 99–105, 109, 111, 118, 146, 150, 161 – mancher althebräischen Gesänge 172 Gottesbeweis 44, 102, 140f., 195, 379, 406 Idealität (ideelles Moment) – des Begriffs als solchen 290, 328, 346, 349f., 353, 375 – des Geistes 93, 101 – in der Begriffslogik 265, 266 – in der Seinslogik 148, 151, 153–155, 157 – in der Wesenslogik 178, 183, 185, 190, 372 identitas indiscernibilium 260 Logischer Kern theologischer und anderer metaphysischer Auffassungen – aller vernünftig artikulierten Theologie 11f., 73, 114, 170, 181, 201, 213f., 231, 276, 291, 340, 390f., 409 – der absolute logische Kern 12, 232, 240, 368, 382, 396, 401 – der begrifflich-konkrete logische Kern 13, 368, 382, 402 – einzelner Auffassungen 8, 10, 129f., 142, 148, 155, 185, 190, 194, 251, 259, 293, 381, 383, 393 Manichäismus 151, 392 Materialismus 160, 162, 197, 393 Mathematischer Standpunkt 159–163, 166, 392 Metaphysik – des Begriffs 11, 269, 276, 342, 362, 385, 406f., 409 – Grundlagenforschung zum begrifflichen Fundament aller 11, 13, 18, 37, 215, 230, 276, 291, 339–342, 362, 363, 368, 376, 378, 380, 383, 385f., 389–396, 401f., 405f., 409 – vormalige 91, 121, 126, 267–269, 342
Register Metaüberlegungen zum Charakter und zur Struktur der Logik 10, 179, 207– 209, 212, 214, 219, 222, 227, 236, 238f., 247, 275, 287, 305f., 312f., 316–318, 322f., 326, 340–342, 354, 356, 357, 363, 365f., 369f., 373–375, 388, 391, 394f., 398–401 Monade der Monaden (absolute Monade) 155f., 235 Monismus 17–19, 33, 35, 151f., 162, 407 Negation (Negativität) – als Anwendung der Momente begreifenden Denkens 72, 140, 145– 148, 150, 157f., 164f., 173, 182, 326, 329, 331 – als eine Seite der Auslegung des Absoluten 218, 219 – als der Prozess des Negierens (erstes Moment begreifenden Denkens) 83, 278, 282f.,285, 295, 346 – als zweites Moment begreifenden Denkens 103, 121–124, 278 – der Negation (drittes Moment begreifenden Denkens 145, 278f., 282 – des Geistes 86, 90, 94 Nemesis 172 Offenbarung – als wesenslogische Begriffsbewegung 85, 178f., 205, 211, 265, 272 – des Geistes 19, 50, 86, 88, 99, 100 – religiöse 2, 3, 17, 37, 48, 51f., 60f. Ontologie 45f., 214, 231, 402 Ontotheologie 11–13, 46f., 69, 78, 138, 141, 230–232, 240f., 258–260, 268– 270, 276, 342, 362, 368, 378, 382, 385, 396f., 402, 405f. Panentheismus 41, 393, 396, 402, 405 Panlogismus 18, 41, 407 Pantheismus 18, 25, 26, 28, 32, 39f., 43, 57, 79, 87, 149, 152, 171f., 259, 382, 393, 396, 402, 405
Register Rein logische Absolutheitskonzeption – der Seinslogik 12, 167, 169, 170, 392 – der objektiven Logik 12, 177, 181, 204, 207, 208, 212, 216f., 222, 224, 227, 229, 231, 240, 247, 249, 255, 257f., 368 – der gesamten Logik 10, 12, 46, 127, 130, 267, 275, 285, 289, 291, 292, 305, 312, 339, 354, 362, 363, 366, 368, 388, 397, 400 Schicksal 172, 251 Schluss (im Unterschied zum Begriff) 68, 74, 348, 377, 398, 410 Skeptizismus (als Moment begreifenden Denkens) 121, 123, 135, 146, 364 Supranaturalismus 17–19, 37, 94, 103, 268 Transzendentale Einheit der Apperzeption 274 Transzendentalphilosophie 17, 144 Transzendenz 37, 48, 50, 54–56, 104, 108, 235 Trinität (christliches Dreieinigkeitsdogma) 20f., 31f., 41, 53, 58f., 63, 65, 70f., 73f., 80, 138, 384
439 Unendliches – überhaupt 25, 30, 32, 70, 146, 150f. – potential und aktual (kardinal) 161– 163 – quantitativ 157, 161 – Schlecht-Unendliches 53, 146, 151, 158 – wahrhaft Unendliches 147, 151 – Unendlichkeit des Geistes 37, 53, 54, 78, 90–95, 109 – wahrhafte Unendlichkeit des Quantums 159, 162 Unverborgenheit 226f., 231, 248f., 367 Urteil – im Unterschied zum Begriff 41f., 44, 68, 74, 112, 116–118, 138, 273f., 277, 296, 298, 304, 348, 355, 361, 364, 377, 398, 410 – des absoluten Geistes 107 Vorstellung 20, 22, 25, 27, 32, 35, 46f., 49, 51, 55f., 59f., 62, 69, 72f., 87, 89, 101, 103f., 109, 111, 117, 119, 125, 127f., 134, 141, 147, 150f., 153, 161, 163, 172, 186, 196, 197, 207, 233–235, 251, 262, 271, 277, 297– 300, 335,348, 351, 378, 385, 403, 405, 418, 421f., 430