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German Pages 358 Year 2008
Constitutions of the World from the late 18th Century to the Middle of the 19th Century Verfassungen der Welt vom späten 18. Jahrhundert bis Mitte des 19. Jahrhunderts
Constitutions of the World from the late 18th Century to the Middle of the 19th Century Sources on the Rise of Modern Constitutionalism Editor in Chief Horst Dippel Europe: Volume 3
Verfassungen der Welt vom späten 18. Jahrhundert bis Mitte des 19. Jahrhunderts Quellen zur Herausbildung des modernen Konstitutionalismus Herausgegeben von Horst Dippel Europa: Band 3
K·G ·Saur 2008
Deutsche Verfassungsdokumente 1806–1849 Teil VI: Sachsen-Meiningen – Württemberg Addenda Herausgegeben von Werner Heun
German Constitutional Documents 1806–1849 Part VI: Saxe-Meiningen – Württemberg Addenda Edited by Werner Heun
K·G ·Saur 2008
Bibliographic information published by the Deutsche Nationalibliothek The Deutsche Nationalibliothek lists this publication in the Deutsche Nationalbibliografie; detailed bibliographic data are available in the internet at http://dnb.d-nb.de.
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U Printed on acid-free paper / Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier © 2008 by K . G. Saur Verlag, München Ein Imprint der Walter de Gruyter GmbH & Co. KG Printed in Germany All Rights Strictly Reserved / Alle Rechte vorbehalten. Technical Partner / Technischer Partner: Mathias Wündisch, Leipzig Printed and Bound / Druck und Bindung: Strauss GmbH, Mörlenbach ISBN 978-3-598-35718-3
Inhalt – Contents Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfassung von Sachsen-Meiningen (1824) Verfassung von Sachsen-Meiningen (1829) Revision von 1831 . . . . . . . . . . Revision von 1848 . . . . . . . . . .
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Verfassung von Sachsen-Weimar-Eisenach (1809) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfassung von Sachsen-Weimar-Eisenach (1816) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Verfassung von Schaumburg-Lippe (1816) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 Verfassung von Schleswig-Holstein (1831) / Forfatningen af Slesvig og Holsten (1831) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 Verfassung von Schleswig-Holstein (1848) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 Verfassung von Schwarzburg-Rudolstadt (1816) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 Verfassung von Schwarzburg-Sondershausen (1830) . . . . . . . . . Verfassung von Schwarzburg-Sondershausen (1841) . . . . . . . . . Patent zur Verfassung von Schwarzburg-Sondershausen (1841) Verfassung von Schwarzburg-Sondershausen (1849) . . . . . . . . .
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Organisations-Edikt von Waldeck (1814) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 Verfassung von Waldeck (1816) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 Verfassung von Waldeck-Pyrmont (1849) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 Constitution du Royaume de Westphalie (1807) / Verfassung für das Königreich Westphalen (1807) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 Premier Règlement Supplémentaire de 1808 / Erste Ergänzungsverordnung von 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 Deuxième Règlement Supplémentaire de 1808 / Zweite Ergänzungsverordnung von 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 Verfassung von Württemberg (1806) . . . . . Verfassungsentwurf von Württemberg (1815) Verfassung von Württemberg (1819) . . . . . Erste Revision von 1849 . . . . . . . . Zweite Revision von 1849 . . . . . . .
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Addenda Verfassungsentwurf für Baden (1808) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 Verfassungsentwurf für das Großherzogtum Baden (1809) . . . . . . . . . . . . . . . 319
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C ONTENTS Verfassungsentwurf für Bayern (1815) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 Deutscher Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 English Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353
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Vorwort
Mit diesem sechsten Band kommt das Projekt der Edition sämtlicher deutscher Verfassungen und Verfassungsentwürfe in der Zeit von 1776 bis 1849 zum Abschluss. Der Schlussband eröffnet auch die Möglichkeit, noch Nachträge aufzunehmen. Deshalb werden am Ende des Bandes drei handschriftliche Verfassungsentwürfe publiziert,
die in den betreffenden Archiven aufgefunden werden konnten. Schließlich kann ich an dieser Stelle noch einmal meinen Dank an die schon im Vorwort zum ersten Band erwähnten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aussprechen. Werner Heun
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Verfassung von Sachsen-Meiningen (1824) Verordnung, die Bekanntmachung des Grundgesetzes über die Landschaftliche Verfassung des Herzogthums S. Coburg Meiningen betr.1
Nachdem wir von des Herrn Herzogs Durchlaucht, unserm gnädigsten Landesherrn, mittelst höchster Rescripte vom 6. und 21. d. M. den gnädigsten Auftrag erhalten haben, das in dem beiliegenden Abdruck enthaltene Grundgesetz über die Landschaftliche Verfassung des Herzogthums S. Coburg Meiningen öffentlich zu verkünden; so wird dasselbe den sämmtlichen Behörden und Unterthanen des Landes mit Einschluß des Herzogl. S. gemeinschaftlichen Amtes Römhild, nach dazu ausdrücklich erklärter Zustimmung des Herrn Herzogs zu Sachsen Gotha Durchlaucht hiermit zur Nachachtung öffentlich bekannt gemacht, mit dem Beisatze, daß nach einem mit erlassenem höchsten Insert-Rescripte die Casse-Deputation zur Zeit in Wirkung und das Cassenverhältniß unverändert bleibt. Meiningen zur Elisabethenburg, den 24. Sept. 1824. Herzogl. S. Landes-Regierung und OberLandesgericht. C. Fr. Chr. Döbner. C.v. Uttenhoven. Wir Bernhard, von Gottes Gnaden Herzog zu Sachsen, Jülich, Cleve und Berg, auch Engern und Westphalen, Landgraf in Thüringen, Markgraf zu Meißen, gefürsteter Graf zu Henneberg, Graf zu der Mark und Ravensberg, Herr zu Ravenstein etc.
Es ist Uns nicht entgangen, daß die Zusammensetzung Unserer bisherigen Unterländischen Landschaft keineswegs für eine, den Erfordernissen der Zeit entsprechende, vollkommene Repräsentation aller Stände geachtet werden konnte und daß es in vielen Fällen an genauer Bestimmung der landschaftlichen Rechte und Pflichten fehlte. Um diesen Mängeln abzuhelfen und zugleich, der Deutschen Bundes-Akte gemäß, die Wohlthaten einer landständischen Einrichtung auf Unsere sämmtlichen Landestheile zu erstrecken, haben Wir beschlossen, nachfolgende Bestimmungen, als Grundgesetz über die landschaftliche Verfassung des Herzogthums Sachsen-Coburg-Meiningen eintreten zu lassen.
I. ABSCHNITT Allgemeine Bestimmungen § 1. In dem Herzogthum Sachsen-Coburg-Meiningen besteht eine landständische Verfassung, welche allen Theilen desselben, das gemeinschaftliche Amt Römhild, unter Sachsen-Gothaischer Zustimmung, mit eingeschlossen, gemeinschaftlich ist. § 2. Drei Stände sind in dem Herzogthum Sachsen-Coburg-Meiningen als Landstände anerkannt; der Stand der Ritterguts-
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S ACHSEN -M EININGEN besitzer, der Stand der Bürger und der Stand der Bauern. § 3. Diese drei Stände bilden die Landschaft, aus ihrer Mitte werden Abgeordnete gewählt und durch diese sämmtliche Staatsbürger vertreten. § 4. Alle der Landschaft zukommende Rechte können nur von gesetzlich bestehenden Volksvertretern in der Art und unter den Bedingungen ausgeübt werden, wie solches in gegenwärtiger Verfassungskunde festgesetzt ist. § 5. Die bisherige, nur auf einen Theil des Herzogthums, nämlich das Unterland, Bezug habende Landschaft, wird als aufgelößt betrachtet, sobald dieses Grundgesetz verkündigt ist. § 6. Die ältere landschaftliche Verfassung und das auf vieljährige Observanz gegründete Verfahren bei derselben behält aber in den Fällen, in welchen dieses Grundgesetz keine Auskunft giebt, so lange subsidiarische Gültigkeit, bis eine Abänderung gesetzlich verordnet seyn wird.
II. ABSCHNITT Rechte des Regenten, in Bezug auf die landständische Verfassung § 7. Der Regent beruft und eröffnet den Landtag. Ohne des Regenten ausdrückliche Genehmigung können die Landstände sich nie zu einem Landtag vereinigen. § 8. Die Eröffnung des Landtags kann der Regent durch einen hiezu bevollmächtigten Commissarius bewerkstelligen lassen. § 9. Der Regent schließt den Landtag und vertagt denselben. § 10. Der Schluß des Landtags wird durch einen Landtags-Abschied bewirkt,
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die Vertagung geschieht nach dem Ermessen des Regenten, oder auf Antrag des Landtags selbst. Ohne landesherrliche Genehmigung darf der Landtag nicht auseinander gehen. Die Vertagung erfolgt durch ein an die gesammte Landschaft gerichtetes, vom Regenten, nach vorgängiger Contrasignatur seines geheimen Ministeriums, vollzogenes Rescript. Nach dessen Eingang sind alle weiteren Verhandlungen des Landtags ungesetzlich. § 11. Aus jedem der drei Landstände, nämlich aus den Rittergutsbesitzern, aus den Bürgern und aus den Bauern ernennt der Regent einen Abgeordneten zum Landtag. Derjenige, welcher vom Regenten hierzu aus dem Stande der Rittergutsbesitzer erwählt wird, ist Landmarschall und verliert diese Stelle nur dann, wenn 2/3 der gesammten Landschaft beim Regenten darauf antragen und ihren Antrag mit triftigen Gründen unterstützen. § 12. Die Wahlen der landschaftlichen Vorstands- und Ausschuß-Mitglieder, so wie die der sonstigen landschaftlichen Beamten, bedürfen der landesherrlichen Bestätigung, diese Bestätigung wird jedoch nur unter Anführung der Gründe versagt. § 13. Zu den landschaftlichen Sitzungen können vom Landesherrn 1 bis 2 Commissarien abgeordnet werden, die in denselben Antheil an den Deliberationen nehmen, aber kein wirkliches Stimmrecht und sich während der Abstimmung zu entfernen haben.
III. ABSCHNITT Rechte der Landstände § 14. Es stehen den Landständen zur Ausübung durch ihre Vertreter (§. 4.) folgende Rechte zu: 1) das Recht, gemeinschaftlich mit dem
V ERFASSUNG VON S ACHSEN -M EININGEN (1824) Landesfürsten und den von Ihm dazu beauftragten Behörden, die Staatsbedürfnisse, soweit dieselben aus landschaftlichen Kassen und aus dem Vermögen der Staatsbürger zu bestreiten sind, zu prüfen und die zu ihrer Deckung erforderlichen Einnahmen und Ausgaben festzusetzen. (Bestimmung des Etats.) 2) das Recht, über jede Besteuerung und andere Belastung der Staatsbürger, so wie über jede allgemeine Anordnung, welche darauf Einfluß haben möchte, ehe sie zur Ausführung kommt, gehört zu werden, dergestalt, daß ohne der Landstände ausdrückliche Verwilligung, weder Steuern oder andere Abgaben und Leistungen im Lande ausgeschrieben und erhoben, noch Anleihen auf die landschaftlichen Kassen und das Vermögen der Staatsbürger gemacht, noch sonst Finanz-Maaßregeln ergriffen werden dürfen, welche das Landes-Eigenthum und das Vermögen der Staatsbürger in Anspruch nehmen. 3) das Recht, alle Einnahmen an Steuern und allen sonstigen von ihnen verwilligten Abgaben in einer eigenen Kasse zu verwalten und nur zu den im Etat angegebenen bestimmten Zwecken verwenden zu lassen. 4) das Recht, darüber zu wachen, daß die Substanz des Kammervermögens erhalten werde. 5) das Recht, dem Fürsten Vortrag zu thun über Mängel und Mißbräuche in der Gesetzgebung und in der Staats-Verwaltung mit Vorschlägen zu deren Abstellung. 6) das Recht, bei dem Fürsten Beschwerde und Klage zu erheben gegen die Geheimen Räthe und gegen die andern Staatsdiener und Staatsbehörden, über derselben Willkühr und über deren Eingriffe in die gesetzliche Freiheit, die Ehre und das Eigenthum der Staatsbürger, so wie über Verletzung der landschaftlichen Verfassung. 7) das Recht, an der Gesetzgebung in der Art Theil zu nehmen, daß neue Gesetze, welche entweder die Landes-Verfassung be-
treffen, oder die persönliche Freiheit, die Sicherheit und das Eigenthum der Staatsbürger im ganzen Lande, oder in seinen einzelnen Theilen, zum Gegenstande haben, ohne ihren, der Landstände, vorherigen Beirath nicht erlassen werden dürfen. 8) das Recht, sich durch einen landschaftlichen Vorstand (§. 72.) permanent vertreten zu lassen; einen weitern Ausschuß, (§. 74.) einen landschaftlichen Syndicus oder Secretär (§. 87.) und einen landschaftlichen Kassier (§. 88.) zu wählen, welche die landschaftlichen Angelegenheiten von einem Landtag zum andern zu besorgen haben.
IV. ABSCHNITT Anzahl und Wahl der Volksvertreter aus den drei Landständen § 15. Für das gesammte Herzogthum werden 21 Abgeordnete, als Volksvertreter erwählt, 7 von dem Stande der Rittergutsbesitzer, 7 aus dem Stande der Bürger und 7 aus dem Stande der Bauern, alles mit Einschluß derer, die der Regent zu erwählen hat. (§. 11.) § 16. Aus dem Stande der Rittergutsbesitzer werden zwei, aus dem Stande der Bürger und Bauern aber für jeden Abgeordneten auch ein Stellvertreter gewählt. Allgemeine Bestimmungen über die Wahl der Abgeordneten § 17. Jeder Wähler muß das 25ste Lebensjahr erreicht haben, seinen Willen selbstständig erklären können, sich zur christlichen Religion bekennen und in unbescholtenem Rufe stehen, auch nicht in einem selbstverschuldeten Concurse befangen seyn. § 18. Die Wahlen geschehen nach absoluter Stimmenmehrheit der Wähler, und
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S ACHSEN -M EININGEN zu einer gültigen Wahl müssen zwei drittel derselben versammelt gewesen seyn und gestimmt haben. § 19. Staats- und Hofdiener sind von den Wahlen nicht ausgeschlossen, sondern wählen in dem Stande, in welchem sie, nach ihrem staatsbürgerlichen Verhältnisse, eingereiht sind. Sie bedürfen aber zur Annahme des Amtes eines landschaftlichen Abgeordneten die ausdrückliche Erlaubniß des Landesherrn. Wahl der Abgeordneten aus dem Stande der Rittergutsbesitzer § 20. Das Wahlrecht zur Bestimmung der ritterschaftlichen Landesabgeordneten steht dermalen zu, den Besitzern folgende Güter: Allendorf, Almerswind, Bauerbach, Behlrieth, Berkach, Bibra, Craimer, Dietlas, Ehnes, Einödhausen, Ellingshausen, Frauenbreitungen, Friedelshausen, Geba, Gleicherwiesen, Gleimershausen, Grumbach, Harles, Haselbach, Hüttensteinach (Hammerwerk,) Jüchsen, Katzberg, Kätzerode, Melkers, Metikesche Lehnschaft,
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Niederschmalkalden, Nordheim, Oberellen, Oberkatz, Oberrohn, Rabelsgrube, Rippershausen, Röhrigshof, Rosa, Roßdorf, (v. Wechmar.) Roßdorf, (v. Geyso.) Rupprechtshain, Salzungen, (v. Buttlar.) Salzungen, (v. Reckrodt ad dies vitae.) Stepfershausen, Steinach, (Hammerswerk.) Sinnershausen, Schwallungen, Sorge, Träbes,
Unterlind, Walldorf, (v. Bibra.) Walldorf, (v. Diemar.) Welkershausen, Wenigenschweina, Wernshausen und Todenwarth,
Weissenbrun, wegen der Lehnschaft zu Mengersgereuth Wildenheid, wegen der Lehnschaft zu Schwärzdorf Wildprechtrode.
Dieses Wahlrecht kann der Regent künftig auch andern dazu geeigneten Gütern ertheilen. § 21. Jedes Gut hat bei den Wahlen Ein Stimmrecht, daher müssen die Besitzer eines gemeinschaftlichen Guts sich über ihre Abstimmung vereinigen und wo eine solche Vereinigung nicht zu Stande kömmt, da gilt die Abstimmung des ältesten der Besitzer. § 22. Die Verhandlung geschieht in der Residenz unter der Leitung eines hierzu vom Landesherrn zu bevollmächtigenden Rittergutsbesitzers und sämmtliche Wähler haben sich entweder persönlich einzufinden oder ihre Vota versiegelt einzusenden, oder auch ihre Abstimmung durch einen Bevollmächtigten, der sich mit einer SpecialInstruction zu legitimiren hat, abgeben zu lassen. Wahl der Abgeordneten aus dem Stande der Bürger § 23. Die Residenzstadt Meiningen wählt 1 Abgeordneten, I I I I I
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die " " " "
Landstadt " " " "
Salzungen, Wasungen, Römhild, Sonneberg, Schalkau.
§ 24. Die Wahlhandlung geschieht unter der Leitung eines Herzogl. Commissarii und es sind nur diejenigen zur Wahl berechtigt, die, außer den §. 17. bedungenen allgemeinen Erfordernissen, das Bürgerrecht in
V ERFASSUNG VON S ACHSEN -M EININGEN (1824) der Stadt besitzen und ausüben. Sie werden im Ganzen, oder in schicklichen Abtheilungen zum Abgeben ihrer Wahlstimmen vorgeladen.
Ort von mehr als 50 Häusern aber zwei. Einzeln gelegene Häuser werden zu dem Dorfe gezählt, in welches die Bewohner derselben zur Kirche gehen.
§ 25. Wählbar ist nur derjenige unter den Wählern, der ein besteuertes Besitzthum hat, oder ein besteuertes Gewerbe treibt und ein unabhängiges Einkommen von wenigstens 300 fl. rhein. jährlich genießt.
§ 30. Die Wahl der Wahlmänner geschieht, unter der Leitung des Ortsgeistlichen und des Schultheißen, in der Art, daß jeder stimmfähige Einwohner des Orts (§. 17. und 26.) die von ihm getroffene Wahl auf einen Zettel schreibt und solchen in Gegenwart des Ortsgeistlichen, des Schultheißen und wenigstens noch dreier Gemeide-Mitglieder in ein dazu bestimmtes verschlossenes Gefäß legt.
Wahl der Abgeordneten aus dem Stande der Bauern § 26. Im Stande der Bauern sind diejenigen zur Wahl berechtigt, welche zu einer Landgemeinde gehören, ein Haus, oder wenigstens 6 Acker Grund-Eigenthum besitzen und nicht schon mitstimmten bei der Wahl der landschaftlichen Abgeordneten aus einem der zwei höhern Stände. § 27. Zur Erleichterung der Wahl im dritten Stande werden drei Wahlbezirke gebildet:
der erste Bezirk begreift die sämmtlichen Amts- und Patrimonial-Gerichts-Ortschaften der Aemter Meiningen, Maßfeld und Römhild,
der Zweite faßt sämmtliche Ortschaften der Aemter Wasungen und Sand, Frauenbreitungen, Salzungen und Altenstein in sich;
der dritte Wahlbezirk besteht aus den Ortschaften der drei Aemter des Oberlandes, Sonneberg, Schalkau und Neuhaus. § 28. Aus jedem dieser Bezirke sind zwei landschaftliche Abgeordnete und zwei Stellvertreter zu wählen. § 29. Zu dem Ende wählt jeder Ort, der bis 50 Häuser zählt, einen Wahlmann, jeder
§ 31. Der Ortsgeistliche nimmt, wenn alle Zettel eingelegt worden sind, sie einzeln wieder heraus und verliest laut die darauf befindlichen Namen, welche von dem Gemeindeschreiber und noch einem Gemeindegliede zu Papier gebracht werden. § 32. Sollte bei der ersten Wahl sich nicht gleich eine absolute Stimmenmehrheit für die zu wählenden Wahlmänner gezeigt haben, so ist unter denen, welche die mehrsten Stimmen erhielten, die Wahl auf die vorbeschriebene Weise so lange fortzusetzen, bis mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen gleich sind. Theilen sich die Stimmen gerade in Hälften, so entscheidet das Loos. § 33. Nach geschehener Ernennung der Wahlmänner haben sich dieselben an einem Tage, welchen für die erste Wahl eine zu diesem Geschäft ernannte Organisations-Commission bestimmen und nebst dem Orte der weitern Wahlverhandlungen in jedem Bezirke, durch die Unterobrigkeiten bekannt machen lassen wird, vor einer Commission, die aus einem Beamten, einem Geistlichen oder sonstigen dazu geeigneten Bewohner des Wahlbezirks und aus einem Protocollführer, nach den Bestimmungen erstgedachter Organisations-Commission, bestehen soll, zu versammeln.
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S ACHSEN -M EININGEN § 34. Diese Wahl-Commission hat sich weder durch Vorschläge noch auf irgend eine Weise in die Wahl einzumischen, sondern ihr Geschäft besteht nur darin, den erschienenen Wahlmännern die Veranlassung ihres Erscheinens nochmals vorzuhalten und solche mit den Eigenschaften, wodurch sich Jemand zu einem Volksvertreter eignet, bekannt zu machen. Ist dieses geschehen, so muß die weitere Berathung über die Wahl den Wahlmännern allein überlassen bleiben, jedoch einige Zeit darauf und jeden Falls noch an demselben Tage, läßt die Commission jeden Wahlmann einzeln vor sich kommen und fragt ihn, wem er seine Stimme geben wolle, nimmt die Angabe zu Protocoll und berichtet den Erfolg der Wahlhandlung mit Einsendung der dabei ergangenen Akten an die ernannte Organisations-Commission. § 35. Bei Stimmengleichheit entscheidet auch hier das Loos. § 36. Jeder Wahlmann ist verpflichtet, an dem ihm bekannt gemachten Orte und zu der bestimmten Zeit vor der zur Aufnahme der Wahlstimmen verordneten Commission zu erscheinen und muß, wenn ihm dieses unmöglich wäre, die Verhinderungsgründe, von dem Schultheißen und dem Ortsgeistlichen bescheinigt, der Commission vorlegen lassen. § 37. Kommen nicht wenigstens 2/3 der Wahlmänner eines Wahlbezirks zusammen und müßte sonach ein anderer Wahltag anberaumt werden, so fallen die hierdurch verursacht werdenden Kosten auf die Wahlmänner, welche, ohne triftige und bescheinigte Verhinderungsgründe, bei dem zuerst anberaumten Wahltag fehlten. § 38. Die hier bei der Wahl der Abgeordneten aus dem Stande der Bauern gegebenen speciellen Bestimmungen sollen
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in analogen Fällen auch bei den Wahlhandlungen in den andern Ständen Anwendung finden. § 39. Alle Landtags-Abgeordnete werden nur auf 6 Jahre gewählt, nach Verlauf der ersten 6 Jahre kann der Landmarschall, in Uebereinstimmung des Regenten mit der Landschaft, auf Lebenszeit ernannt werden. In diesem Falle wird, bei einer neuen Wahl der landschaftlichen Abgeordneten, der Regent keinen aus dem Stande der Rittergutsbesitzer erwählen. (§. 11.) § 40. Sollte ein Abgeordneter während der 6 Jahre, auf die er gewählt ist, abgehen, welches durch den Tod, durch freiwilliges Austreten, oder durch Verlust der zu einem landschaftlichen Abgeordneten gesetzlich gehörenden Eigenschaften, geschehen kann; so tritt ein Stellvertreter für ihn ein. Fehlt auch dieser, so muß auf die noch übrige Zeit der 6 Jahre eine neue Wahl angeordnet werden. Diese kann bei den Rittergutsbesitzern, in einem solchen Fall, auch durch Einsendung versiegelter Wahlzettel an den landschaftlichen Vorstand geschehen. § 41. Nach jeder Wahl darf der Gewählte das ihm angetragene Amt ausschlagen, weil man voraussetzen muß, daß Niemand, ohne die allerwichtigsten Gründe, sich einem so ehrenvollen Amte entziehen werde. § 42. Die oberste Leitung sämmtlicher Wahlen wird fürs Erste einer besonderen Organisations-Commission übertragen, bei späterhin nothwendig werdenden Wahlen besorgt diese Geschäfte der landschaftliche Vorstand. § 43. Demnach werden sämmtliche Wahl-Protocolle von den Wahlversammlungen in den drei Ständen das erste Mal der Organisations-Commission, künftig aber dem landschaftlichen Vorstande übergeben,
V ERFASSUNG VON S ACHSEN -M EININGEN (1824) daselbst geprüft und mit Bericht dem Regenten zur Bestätigung vorgelegt. § 44. Sind die Wahlen gültig und genehmigt, so erfolgt, das erste Mal durch die Organisations-Commission, fernerhin aber durch den landschaftlichen Vorstand die Einberufung zum Landtag. § 45. Ist die Wahl von der untersuchenden Behörde für ungültig befunden worden, so trägt diese bei dem Fürsten, mit Darstellung der Gründe, auf Vernichtung derselben an. § 46. Jede Wahl eines Wahlmannes oder eines Abgeordneten, welche den gesetzlichen Bestimmungen über die Fähigkeit zu einer solchen Stelle nicht entspricht, ist ungültig. § 47. Ungültig, mit Vorbehalt der Bestrafung des dabei vorgekommenen Verbrechens, ist ferner jede Wahl, welche durch Geld oder Geldes-Werth erwirkt worden ist, ingleichen jede Wahl, von welcher sich erweisen läßt, daß sie zufolge gemachter Versprechungen von Gunst oder Vortheil irgend einer Art, oder zufolge geschehener Bedrohungen mit Nachtheil irgend einer Art erfolgt ist.
V. ABSCHNITT Der Landtag § 48. Die Versammlung der auf verfassungsmäßige Weise erwählten landschaftlichen Abgeordneten bildet den Landtag. § 49. Die Landtage theilen sich in ordentliche und außerordentliche. Zu einem ordentlichen Landtage werden die landschaftlichen Abgeordneten von drei zu drei Jahren, zu einem außerordentlichen Landtage aber so oft zusammenberufen, als es, nach dem Ermessen des Regenten, nothwendig ist.
§ 50. In der Regel wird der Landtag in der Residenzstadt gehalten und die landschaftlichen Sitzungen finden in dem daselbst befindlichen landschaftlichen Gebäude statt. § 51. Die in Folge erhaltener Einberufungsschreiben an dem darin bestimmten Tage sich versammelnden landschaftlichen Abgeordneten haben sich, gleich nach ihrer Ankunft in der Residenz, bei demjenigen anzumelden, welcher die Einberufungsschreiben unterzeichnet hat und der die desfallsige weitere Anzeige bei dem Regenten besorgt. § 52. Das landschaftliche Directorium besteht aus dem Landmarschall, welcher Präsident in den landschaftlichen Versammlungen ist, und aus zwei landschaftlichen Vorstehern, die vom Landtag nach Stimmenmehrheit aus sämmtlichen landschaftlichen Abgeordneten zu wählen und dem Regenten zur Bestätigung vorzustellen sind. Derjenige, welcher bei der Vorsteherwahl die meisten Stimmen erhalten hat, wird Erster – und der, der Stimmenzahl nach, auf ihn Folgende, Zweiter Vorsteher genannt. § 53. Diese landschaftlichen Vorsteher haben den Landmarschall in allen seinen Functionen zu unterstützen und sie provisorisch ganz zu übernehmen, wenn die Stelle des Landmarschalls erledigt ist. § 54. Obwohl die Volksvertreter in dieser Eigenschaft sich alle gleich. sind; so beobachten sie doch unter einander folgende Sitzordnung: 1) der Landmarschall, als Präsident der Versammlung, 2) zu dessen Rechten der erste, zu dessen Linken der zweite Vorsteher, 3) auf beiden Seiten der Vorsteher die Abgeordneten der ritterschaftlichen Gutsbesitzer; an diese schließen sich an 4) die der Städte, oder des Bürgerstandes, und
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S ACHSEN -M EININGEN 5) die Abgeordneten aus dem Stande der Bauern. Die Sitzordnung der Abgeordneten jeden Standes unter sich wird durch das Loos bestimmt. § 55. Der Landschafts-Syndicus, dessen hauptsächlichste Bestimmung die Führung des Protocolls bei den Landtags-Sitzungen ist, nimmt einen Platz ein, von welchem aus er sämmtliche Abgeordnete sehen und ihre Aeußerung deutlich vernehmen kann. § 56. Der Landtag ist nur dann als gehörig constituirt zu betrachten, wenn wenigstens 2/3 der Abgeordneten versammelt sind. Ein Beschluß, welcher in Gegenwart von weniger als vierzehn Abgeordneten gefaßt wird, ist ungültig. § 57. Die Tagesordnung für die Sitzungen des Landtags bestimmt der Landmarschall, zu dessen Obliegenheiten während dem Landtag ferner noch gehört, die vorliegenden Berathungsgegenstände dem Landtag im Allgemeinen bekannt zu machen, Referenten für die einzelnen Sachen zu bestimmen, wo es nöthig ist, Berichts-Commissionen zu bilden, und überhaupt alles dasjenige zu thun, was ein Collegial-Präsident zu besorgen hat. § 58. Wenn ein Abgeordneter irgend einen Antrag stellen und darüber einen ausführlichen mündlichen Vortrag beim Landtage halten will, so ist derselbe verbunden, dieses dem Landmarschall anzuzeigen, welcher ihm dann die Zeit dazu bestimmen wird. § 59. Ist ein Gegenstand zum Vortrag gelangt und wird zur Berathung über denselben geschritten, dann kann jeder Abgeordnete das Wort verlangen und darf nicht unterbrochen werden, es sey denn, daß der Redner sich von dem Berathsgegenstande zu sehr entferne, oder die Grenzen der Re-
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defreiheit überschreite, in welchem Falle der Präsident der Versammlung verpflichetet ist, ihn zur Ordnung zu verweisen. § 60. Neue Anträge und Abhandlungen über Gegenstände, welche vor den Landtag gehören, kann jeder Abgeordnete auch schriftlich einreichen. Sie werden dem Directorio übergeben, in die Registrande eingetragen, und kommen, wie die andern schriftlichen Eingaben, zum Vortrag. § 61. Jeder Abgeordnete, von welchem Stande und von welchem Bezirke er auch sey, ist Vertreter aller Staatsbürger, und hat, außer den Gesetzen, keine andere Richtschnur anzuerkennen, als seine Ueberzeugung und sein Gewissen. Hieraus folgt: 1) Kein Abgeordneter hat besondere Pflichten gegen diejenigen, welche ihn gewählt haben, 2) alle Vorschriften, wodurch die Stimmfreiheit eines Abgeordneten auf irgend eine Weise beschränkt werden soll, sind gesetzwidrig und ungültig; 3) übernimmt ein Abgeordneter von seinen Mitbürgern Aufträge zu Vorstellungen und Bitten beim Landtage, als wozu er allerdings berechtigt und verbunden ist; so versteht sich dieses unbeschadet seiner Meinung und seiner Abstimmung. § 62. Alle Abgeordnete haben auf dem Landtage gleiches Stimmrecht ohne Unterschied des Standes und des persönlichen Ranges. § 63. Die Abstimmung über einen Berathungs-Gegenstand erfolgt, wenn der Landmarschall die Discussion über denselben für erschöpft erachtet, und geht der Reihe nach, entweder von unten nach oben, oder umgekehrt, je nachdem der Landmarschall die Abgeordneten dazu auffordert, welche dann auf die gestellten Fragen nur mit Ja, oder mit Nein, ohne weitern Beisatz zu antworten haben. Der Landmarschall giebt seine
V ERFASSUNG VON S ACHSEN -M EININGEN (1824) Stimme jedes Mal zuletzt, sie gilt jedoch nicht mehr, als die eines jeden Abgeordneten, daher ist bei Gleichheit der Stimmen die Sache in der nächsten Sitzung nochmals zur Abstimmung zu bringen und – tritt hier wieder Stimmengleichheit ein – die Entscheidung dem Landesherrn anheim zu stellen. § 64. Halten sich die Abgeordneten eines Standes oder eines besondern Landestheils durch einen Landtagsbeschluß in ihren Rechten verletzt, oder übermäßig beschwert, und sind dieselben hierüber einstimmig; so hält ihre desfalls zu Protocoll zu gebende Protestation die Vollziehung des Landtagsbeschlusses so lange auf, bis der Regent darüber entschieden hat. § 65. Der Landesherr läßt dem Landtag seine Anträge in Rescripten zugehen, und die von dem Landtage darauf gefaßten Beschlüsse werden in Schriften übergeben, welche überschrieben sind: „Unterthänigste Erklärungsschrift“ und mit dem Collectivnamen: „die getreuen Stände“ vom Landmarschall unterzeichnet werden. § 66. Versagt der Fürst einem GesetzesVorschlag, der Ihm vom Landtage vorgelegt worden, die Genehmigung, welches derselbe ohne Angabe der Gründe zu thun berechtigt ist, so darf der Landtag seinen Vorschlag wiederholen. Glaubt der Landtag einem vom Regenten an denselben gelangten Gesetzes-Vorschlag, im Ganzen oder im Einzelnen, seine Zustimmung versagen zu müssen, so ist er verbunden, seine Gründe dagegen bestimmt und ausführlich anzugeben. § 67. Der Landtag communicirt mit den oberen Landesbehörden durch Anschreiben, tritt aber nie in unmittelbare Geschäfts-Ver-
bindung mit den Aemtern und sonstigen untern Behörden des Landes. § 68. Niemand kann wegen seiner Aeußerungen in der ständischen Versammlung verantwortlich gemacht werden. Es versteht sich, daß dabei keine den Anstand verletzende Reden vorkommen dürfen, und daß Verunglimpfung der höchsten Person des Landesfürsten, oder eine Beleidigung der Staatsbehörden, oder auch Einzelner, hier, wie allerwärts, verboten und nach den Gesetzen strafbar ist. § 69. Die landständischen Abgeordneten, mit Einschluß des Landmarschalls und der landschaftlichen Vorsteher, genießen sowohl in ihrer Gesammtheit, als einzeln, völlige Unverletzlichkeit der Person, vom Anfang des Landtages bis 8 Tage nach dem Schlusse desselben. Nur mit Einwilligung des Landtags kann in dringenden Fällen auf dem Wege Rechtens gegen sie verfahren werden. § 70. Alle Abgeordnete, auch die Mitglieder des Vorstandes und der LandschaftsSyndicus beziehen für die Zeit ihres Aufenthalts beim Landtage, vom Tage des Eintreffens an bis zu und mit dem Tage nach dem Schlusse desselben, eine nach den verschiedenen Ständen noch zu regulirende, tägliche Auslösung, ingleichen für jede Meile ihres inländischen Wohnorts oder Gutes von der Residenz eine verhältnißmäßige Vergütung für Reise- und Zehrungskosten aus der landschaftlichen Kasse. § 71. Ohne vom Landmarschall Urlaub erhalten zu haben, darf sich kein Abgeordneter vom Landtag entfernen, und sämmtliche Abgeordnete sind verpflichtet, beisammen zu bleiben, bis der Landesherr sie entläßt.
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VI. ABSCHNITT Rechte und Wirkungskreis der landschaftlichen Abtheilungen und landschaftlichen Beamten § 72. Der landschaftliche Vorstand besteht aus dem Landmarschall, den zwei landschaftlichen Vorstehern und aus dem Landschafts-Syndicus. Ersterer, so wie wenigstens einer der landschaftlichen Vorsteher und der Landschafts-Syndicus müssen in der Residenz wohnen. § 73. Als Haupt-Rechte und Verbindlichkeiten des Vorstandes sind folgende anzusehen: 1) Wenn ein Landtag bevorsteht, hat der Vorstand alles so vorzubereiten, daß der Landtag jedes Mal sogleich mit seiner Eröffnung in volle Thätigkeit gesetzt werden kann. Zu diesem Zwecke sollen dem Vorstande hinlängliche Zeit vor Eröffnung des Landtags die nöthigen Mittheilungen gemacht werden; auch steht es demselben frei, in Ansehung der ihm erforderlichen Nachrichten und Aufschlüsse sich unmittelbar an die obersten Landesbehörden zu wenden. 2) Außer den Landtagen ist die Landschaft fortwährend durch ihren Vorstand zu vertreten und aus diesem Grunde ist derselbe verbunden: a) auf die einstweilige Besetzung solcher landschaftlichen Stellen Rücksicht zu nehmen, welche bis zum nächsten Landtag nicht unbesetzt bleiben können, b) beständig den Faden aller landschaftlichen Geschäfte zu behalten und darüber zu wachen, daß nichts gegen die Verfassung geschehe, wohl aber alle von dem Fürsten in Übereinstimmung mit der Landschaft getroffenen Anordnungen zur Ausführung kommen, c) daferne ihm ein, das allgemeine Beste betreffender, Gegenstand so dringend scheint, daß solcher nicht bis zum nächsten
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Landtage auszusetzen seyn möchte, davon sofort bei dem Regenten Anzeige zu thun, d) wenn sich die Anordnung eines außerordentlichen Landtages nothwendig machen sollte, mit vollständiger Aufführung aller Gründe darauf anzutragen. 3) die Aufsicht über das Steuerwesen in Concurrenz mit der Landesregierung, welche dahin bestimmt wird, daß der Vorstand nicht zu eigenen Verfügungen in Steuersachen berechtigt ist, sondern daß er seine desfallsigen Ansichten und Vorschläge durch den Landmarschall an die Landesregierung gelangen läßt, und daß diese bei Irrungen und sonstigen Anständen im Steuerwesen das Gutachten des Vorstandes einholen wird; 4) die Curatel über die landschaftliche Kassenverwaltung; 5) die erste Entwerfung des landschaftlichen Kassen-Etats, der sodann vom Vorstande dem Landesfürsten zur Prüfung und einstweiligen Genehmigung vorzulegen ist, nach welcher vorläufigen Genehmigung des Etats dieser vom Fürsten unmittelbar an den Landtag geht, damit derselbe sowohl über den Etat an sich, als auch über die Mittel, die erforderlichen Bedürfnisse aufzubringen, berathe und beschließe; 6) auf richtige Einhaltung der von dem Landtage festgesetzten und von dem Fürsten genehmigten Kassen-Etats, während der Rechnungsjahre auf das Strengste und Unverbrüchlichste zu halten. § 74. Die Durchsicht, Prüfung und Abnahme der landschaftlichen Haupt- und Nebenrechnungen geschieht jährlich von einem durch den Landtag zu wählenden Ausschusse und in Beiseyn eines vom Regenten zu ernennenden Rechnungsverständigen. Der hierzu besonders bestimmte landschaftliche Ausschuß soll außer den Mitgliedern des landschaftlichen Vorstandes noch aus 6 Abgeordneten bestehen, 2 vom Stande der ritterschaftlichen Gutsbesitzer,
V ERFASSUNG VON S ACHSEN -M EININGEN (1824) 2 vom Stande der Bürger und 2 vom Stande der Bauern. § 75. Der Ausschuß wird, wenn alles zur Rechnungs-Ablage vorbereitet ist, durch den landschaftlichen Vorstand einberufen und dieses dem Regenten berichtlich angezeigt. § 76. An den zur Rechnungs-Ablage versammelten Ausschuß kann der Vorstand, nach Beendigung dieses Geschäfts, auch noch andere Berathungs-Gegenstände gelangen lassen, vornehmlich solche, die nicht eigentlich zu des Vorstands Competenz gehören und doch nicht wohl bis zum nächsten Landtage ausgesetzt bleiben dürfen: doch darf der Ausschuß, nachdem die Rechnungs-Abnahme und Justificatur vollendet ist, ohne landesherrliche Genehmigung nicht über 3 Tage beisammen bleiben. § 77. Die Sitzungen des landschaftlichen Vorstands bestimmt der Landmarschall, monatlich soll aber wenigstens eine gehalten werden. § 78. Alle an die Landschaft, an den Vorstand, oder an den landschaftlichen Ausschuß gerichtete Rescripte und sonstige Schriften müssen bei dem Landmarschall eingegeben werden, welcher dieselben eröffnet und von dem Landschafts-Syndicus in die Registrande eintragen läßt.
der treffenden Oberbehörde zu machen, und nur, wenn hier die Sache nicht erledigt wird, hat er dieselbe bei dem landschaftlichen Vorstand, mit dem Antrag zur Berichts-Erstattung, vorzutragen. § 81. Der Landschafts-Syndicus ist der Rechtsanwalt und Secretär der Landschaft, seine Haupt-Obliegenheiten bestehen darin: 1) in allen Fällen, wo die Landschaft den Beistand eines Rechtskundigen bedarf, derselben nach Kräften Dienste zu leisten, 2) die landschaftliche Registrande zu führen, 3) die landschaftliche Registratur in bester Ordnung zu erhalten, 4) in allen landschaftlichen Sitzungen das Protocoll zu führen, 5) alles dasjenige zu concipiren, was ihm vom Landmarschall in landschaftlichen Angelegenheiten aufgetragen wird, 6) das landschaftliche Interesse wachsam vor Augen zu haben und beim Vorstand anzuzeigen, was ihm dem entgegen zu laufen scheint. § 82. Der Syndicus der bisherigen unterländischen Landschaft geht an die neue über. Bei einem vorkommenden Veränderungsfalle wählt die Landschaft einen Syndicus und unterstellt ihre Wahl der Bestätigung des Regenten. Erst nach dreijähriger Dienstleistung kann der Syndicus, nach desfallsigem Antrage der Landschaft, auf Lebenszeit ernannt werden.
§ 79. Alle Berichte und sonstige schriftliche Erlasse der Landschaft, des Vorstandes und des landschaftlichen Ausschusses werden im Concept von dem Landmarschall und den zwei landschaftlichen Vorstehern signirt, im mundum aber von Ersterem unterzeichnet und von dem Landschafts-Syndicus contrasignirt.
§ 83. Der landschaftliche Kassier wird ebenfalls von der Landschaft gewählt und von dem Regenten bestätigt. Seine Dienstpflichten sollen durch eine besondere Instruction bestimmt werden.
§ 80. Bringt der Landmarschall irgend einen gesetzwidrigen Vorgang bei den untern Verwaltungs-Behörden, oder von Seiten der Unterthanen in Erfahrung, so ist derselbe verpflichtet, die Anzeige darüber bei
§ 84. Der Landmarschall, die zwei landschaftlichen Vorsteher, der LandschaftsSyndicus und der Landschafts-Kassier sind landschaftliche Beamte und erhalten fixe Besoldungen aus der Landschaftskasse,
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S ACHSEN -M EININGEN welche nach den Dienstansprüchen, die an sie gemacht werden, und nach ihren persönlichen Verhältnissen zu regulieren sind.
VII. ABSCHNITT Gewähr der Verfassung § 85. Gegenwärtiges Grundgesetz der landschaftlichen Verfassung kann nur durch Uebereinstimmung des Regenten und des Landtags abgeändert werden. § 86. Künftig sind alle Staatsdiener vor ihrer Anstellung auf die landschaftliche Verfassung und deren Festhaltung mit zu verpflichten. § 87. Jede absichtliche Verletzung der Verfassung im Staatsdienste soll als Verbrechen angesehn und bestraft werden. § 88. Tritt der Fall eines Regierungswechsels ein; so soll der neue Landesfürst bei dem Antritt der Regierung sich schriftlich, bei fürstlichen Worten und Ehren, verbindlich machen, die bestehende landschaftliche Verfassung während seiner Regierung zu beobachten, aufrecht zu erhalten und zu schützen. § 89. Im Fall der Unmündigkeit des Fürsten, oder einer andern Verhinderung des Regierungs-Antritts, ist dieselbe Versicherung von der Vormundschaft, oder dem Verweser der Regierung auszustellen. § 90. Ueber alle Klagen und Beschwerden, welche die Landschaft gegen Staatsbehörden oder Staatsdiener zu erheben sich verpflichtet erachtet, und die nicht vom Regenten zur Zufriedenheit der Landschaft erledigt werden, hat die gesetzlich competente Behörde zu entscheiden. § 91. Außerdem wird die Sicherstellung dieser Verfassung dem Deutschen Bunde übertragen werden, und an diesen sollen sich die Landstände durch ihre Vertreter auch in dem Falle wenden dürfen, wenn
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einem Erkenntnisse, welches auf eine von dem Landtage erhobene Anklage erfolgt ist und wogegen kein Rechtsmittel weiter statt gefunden hat, die Vollziehung verweigert würde. Durch gegenwärtiges Grundgesetz der landschaftlichen Verfassung Unserer Lande glauben Wir der Landes-Vertretung eine billige Ausdehnung in allen Klassen Unserer Unterthanen gegeben und die höchstmöglichste Ordnung im Staatshaushalte gesichert zu haben. Wir verpflichten daher auch Unsere dermaligen Staatsdiener, bei ihrem Uns geleisteten Dienst-Eide zur Ausführung und Aufrechthaltung dieses Grundgesetzes getreulich mitzuwirken. Urkundlich haben Wir dasselbe eigenhändig vollzogen und mit Unserem größeren Herzoglichen Siegel bedrucken lassen. So geschehen und gegeben Meiningen zur Elisabethenburg, den 4. September 1824. (L. S.)
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Bernhard Erich Freund.
Ediert nach Sammlung der in dem Herzogthum Sachsen-Meiningen ergangenen Landes-Gesetze, Jahrgang 1824, No. 39, Hildburghausen, S. 35–48. Das Grundgesetz wurde am 4. September 1824 unterzeichnet sowie am 24. September 1824 verkündet und trat an diesem Tag auch in Kraft. Siehe dazu die „Verordnung, die Bekanntmachung des Grundgesetzes über die landschaftliche Verfassung des Herzogthums S. Coburg Meiningen betr.“ (Sammlung der in dem Herzogthum Sachsen-Meiningen ergangenen LandesGesetze, Jahrgang 1824, No. 39, Hildburghausen, S. 35). Das Grundgesetz trat mit Inkrafttreten des nachfolgenden Grundgesetzes außer Kraft, vgl. Art. 110 des „Grundgesetzes für die vereinigte landschaftliche Verfassung des Herzogthums Sachsen Meinungen“ vom 23. August 1829, siehe unter „Grundgesetz von Sachsen-Meiningen (1829)“. Hierbei handelt es sich um die erste gemeinsame Verfassung nach der Vereinigung des Fürstentums Saalfeld und des Herzogtums Hildburghausen mit Sachsen-Meiningen nach dem Vertrag vom 12. November 1825. Für weiterführende Hinweise siehe Oskar Oberländer, Verfassung und Verwaltung des Herzogtums Sachsen-Meiningen, Hannover 1909.
Verfassung von Sachsen-Meiningen (1829) Grundgesetz für die vereinigte landschaftliche Verfassung des Herzogthums Sachsen Meiningen1
Wir Bernhard, von Gottes Gnaden Herzog zu Sachsen Meiningen etc.
haben bei dem Antritt Unserer Regierung über die in Folge des Staatsvertrags vom 12. November 1826 mit Unserm angestammten Herzogthum Meiningen vereinigten Lande im Voraus Unsere Ueberzeugung: daß das wahre Wohl Unserer Unterthanen durch möglichst innige Vereinigung der verschiedenen Landestheile immer mehr gefördert werden würde, ausgesprochen und Unsere landesväterliche Absicht: aus den verschiedenen landschaftlichen Institutionen derselben nach reiflicher Erwägung des Bestehenden und mit sorglicher Beachtung örtlich wesentlicher Verschiedenheit, ein Ganzes aufstellen zu wollen, erklärt.
Nachdem Wir nun auch die Wünsche Unserer getreuen Stände über die landständische Verfassung durch einen zu dem Ende erwählten und hier in Unserer Residenzstadt Meiningen versammelt gewesenen Ausschuß auf verfassungsmäßigem Wege vernommen und in möglichster Berücksichtigung derselben Unsere Entschließung gefaßt haben; so sehen Wir Uns nunmehr bewogen, diese landständische Verfassung, verbunden mit den übrigen dahin gehörigen gesetzlichen Bestimmungen, in eine Urkunde zusammen zu fassen, und verordnen daher folgendes:
TIT. I Von dem Herzogthum, dessen Bestandtheilen und dem Landesherrn A RT. 1. Das Herzogthum S. Meiningen bildet in seinen durch die Theilungsverträge in dem Gesammthause Sachsen bis jetzt bestimmten und durch künftige Hausoder Staatsverträge noch zu bestimmenden einzelnen Bestandtheilen ein staatsrechtliches Ganze unter dem Namen: Herzogthum Sachsen Meiningen. A RT. 2. Von dem hierunter begriffenen staatsrechtlichen Gebiet soll unter keinem Vorwande der Allodialqualität jemals ein Theil, wenn er auch noch so gering wäre, abgetrennt und der Staatserbfolge (Landeshoheit des Regierungsnachfolgers) zu Gunsten eines Allodialerben entzogen werden, jedoch mit Vorbehalt der bereits vertragsmäßig anerkannten Ansprüche der Allodialerben auf den Werth einzelner Bestandtheile des Domainengutes. A RT. 3. Der Herzog ist erblicher Landesherr oder Oberhaupt des Staats. In seiner Hand vereinigen sich alle Zweige der obersten Staatsgewalt. Die Staatserbfolge richtet sich, was das Herzogliche Specialhaus betrifft, vermöge der Primogenitur-Constitution vom 12. März 1802 nach den Grundsätzen der Erstgeburt und Linealordnung nach dem Alter der Linie; im übrigen nach den Verträgen und Observanzen des Herzoglichen, Groß-
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S ACHSEN -M EININGEN herzoglichen und Königlich Sächsischen Gesammthauses. A RT. 4. Der Herzog und sämmtliche Prinzen des Herzoglichen Hauses werden mit dem zurückgelegten 21sten Lebensjahre großjährig und regierungsfähig. Den Prinzen des Herzoglichen Specialhauses ertheilt der regierende Herzog auf Ansuchen ihres bisherigen oder hiezu besonders bestellten Vormunds die Großjährigkeit, wenn sie wenigstens das 18te Jahr ihres Alters erfüllt haben. Der Herzog selbst kann von der Obervormundschaft, unter Zustimmung des an Jahren ältesten regierenden Herrn des Sächsischen Gesammthauses aller Linien nach zurückgelegtem 18tem Lebensjahre für großjährig erklärt werden. A RT. 5. Das gesammte Herzogthum hat eine gemeinschaftliche landständische Verfassung, bestimmt durch das Erforderniß ihrer Mitwirkung zu den unten näher bezeichneten Regierungshandlungen, in der Staatsverwaltung Festigkeit und Stetigkeit erhalten zu helfen, so wie eine größere Sicherheit des allgemeinen Rechtszustandes zu gewähren.
TIT. II Allgemeine Rechte und Pflichten der Unterthanen A RT. 6. Unterthanen sind diejenigen, welche von inländischen Eltern geboren sind, das ist: bei ehelichen Kindern, deren Vater, und bei unehelichen, deren Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes im Unterthanenverbande stand; ferner diejenigen, welche das Bürger- oder Nachbarrecht eines Orts erlangen, oder in den Staatsdienst aufgenommen werden. In wiefern bloßer zehnjähriger Aufenthalt den Fremden Unterthanenrechte gebe, hängt bis zu Erlassung eines allgemeinen
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Gesetzes von den bestehenden Verordnungen in einzelnen Landestheilen und von den Verträgen mit andern Staaten ab. A RT. 7.Unterthanen sind den Gesetzen des Landes auch im Auslande, soweit das Land dabei betheiligt ist, Gehorsam schuldig, und sind wegen der im Auslande begangenen Handlungen, nach diesen Gesetzen zu beurtheilen. Sie sollen an fremde Staaten nicht ausgeliefert, und nicht an fremde Gerichte gestellt werden, jedoch mit Vorbehalt der wegen Stellung zur Confrontation, ingleichen wegen geringer Vergehen, insbesondere wegen Forstfrevel, Schwängerungssachen und dergleichen bestehenden und noch zu errichtenden Verträge. A RT. 8. Unterthanen haben Anspruch auf Gestattung der Gewerbsberechtigungen, zu welchen sie sich vorbereitet haben, nach Vorschrift der besondern, über diese Gegenstände ergangenen und ergehenden Verordnungen. Sie haben Anspruch auf Versorgung, wenn sie ihren Unterhalt nicht mehr zu erwerben vermögen, mit Vorbehalt der über die Verbindlichkeit der Blutsverwandten bestehenden oder noch zu erlassenden Gesetze, zunächst in ihrer Gemeinde, und sodann von den allgemeinen Armengeldern nach den hierüber bestehenden Ordnungen. A RT. 9. Dies allgemeine Unterthanenrecht geht verloren durch die Auswanderung. Zu dieser Auswanderung ist ein jeder berechtigt, jedoch unter der Bedingung, daß er seine (bereits fällig gewordenen) Verbindlichkeiten gegen das Land und seine Mitbürger erfülle. A RT. 10. Alle Unterthanen sind schuldig, nach dem Gesetz der Gleichheit und nach Verhältniß ihres Vermögens und ihrer Kräfte zu dem Zweck des Staats beizutragen, namentlich:
V ERFASSUNG VON S ACHSEN -M EININGEN (1829) a) durch Steuern, nach den darüber vorhandenen und zu erlassenden Gesetzen, b) durch Kriegsdienste für das Land und den deutschen Bund. Die Aufhebung der bisherigen und noch bestehenden Befreiungen, so wie die Bestimmung der dafür zu bewilligenden Entschädigung bleibt künftigen Gesetzen vorbehalten. In fremdem Solde sich brauchen zu lassen sind die Unterthanen nicht verbunden. A RT. 11. Alle Unterthanen männlichen Geschlechts haben nach zurückgelegtem 18tem Jahre, oder bei ihrer Aufnahme in das Land, den Huldigungseid abzulegen, welcher auch in allen Diensteiden enthalten sein muß. A RT. 12. Die Verschiedenheit der anerkannten christlichen Confessionen zieht keinen Unterschied in den staatsbürgerlichen Verhältnissen der Unterthanen nach sich. Die Verhältnisse der Bekenner der mosaischen Religion werden durch besondere Gesetze bestimmt. A RT. 13. Das Staatsbürgerrecht bestehet in der Fähigkeit 1) Feierlichkeitszeuge und Gerichtsmann zu sein; 2) bei den Wahlen der Gemeinden und zu den Landständen Theil zu nehmen; letzteres nach den besondern, diese Gegenstände betreffenden Bestimmungen. A RT. 14. Das Staatsbürgerrecht steht jedem großjährigen Unterthan zu. Der Zeitpunkt der Großjährigkeit wird für alle Unterthanen hierdurch auf das zurückgelegte 21ste Jahr festgesetzt. Es geht verloren durch Auswanderung und durch die rechtskräftige Verurtheilung zu einer entehrenden peinlichen Strafe und ist der Verlust im Erkenntniß ausdrücklich auszusprechen; es kann aber durch spätere
Ausführung der Unschuld (Rehabilitation) wieder hergestellt werden. Es kann vorübergehend nicht ausgeübt werden: a) während einer angeordneten Curatel; b) während eines Concurses der Gläubiger vom Gemeinschuldner; c) während einer Criminaluntersuchung von der Versetzung in den Anklagestand an; tritt aber wieder ein, bei Beendigung der Curatel, nach voller Bezahlung der Gläubiger und bei Angeschuldigten nach erfolgtem Urtheil, wenn dieses entweder freisprechend ist, oder doch zu einer entehrenden Strafe nicht verurtheilt. A RT. 15. Die besondern Rechtsverhältnisse der verschiedenen Stände genießen den Schutz der Verfassung, Kein Standesunterschied giebt jedoch im Herzogthum eine Befreiung von den allgemeinen Unterthanenpflichten, noch ein Vorrecht bei dem Erwerb der Grundherrlichkeit und der Gelangung zu irgend einem Staatsamte. A RT. 16. Alle Unterthanen, auch Gemeinheiten, ingleichen das Domainen- und Schatullgut sind verbunden, Grundstücke, welche zu einem öffentlichen Zwecke, Anlagen von Landstraßen und Gemeindewegen, zu Erweiterung der Städte und öffentlichen Gebäuden, Herstellung eines geraden Straßenzugs in den Städten und zu Anlegung der Marktplätze, insbesondere bei Wiederherstellung zerstörter Gebäude u. s. w. nothwendig sind, abzutreten, jedoch muß die Nothwendigkeit der Anlage und der Abtretung von der höhern Behörde anerkannt sein, und gleich bei der Abtretung der volle gemeine, durch Abschätzung mit Berücksichtigung specieller Verhältnisse auszumittelnde Werth, wo nicht durch ein Gesetz oder durch Vertrag mit dem Staate oder der Gemeinde selbst darüber bestimmt ist, aus der Staats- oder respective Gemeindekasse vergütet werden.
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S ACHSEN -M EININGEN A RT. 17. Andere Sachen können durch besondere Gesetze dem gemeinen Besitz und Verkehr entzogen werden, und es ist dann ein jeder verbunden, die vorher besessenen gegen Entschädigung, die nachher in seine Hände kommenden, ohne solche abzuliefern. A RT. 18. Alle im Staate sich aufhaltende Fremde, in so fern sie nicht eine völkerrechtliche Ausnahme genießen, sind den Gesetzen des Landes Gehorsam schuldig, und werden wegen der im Lande vorgenommenen Handlungen und begangenen Verbrechen nach diesen Gesetzen beurtheilt. Sie genießen, so lange sie sich ruhig und gesetzlich verhalten, den Schutz der Gesetze, können aber im entgegengesetzten Falle aus dem Lande gewiesen werden. Verurtheilungen wegen Verbrechen ziehen in der Regel die Ausweisung nach sich. Auslieferungen sollen nur verfügt werden, wenn ein Ausländer wegen eines gemeinen Verbrechens, z. B. des Diebstahls, Raubs, Betrugs, Mords, Todschlags, Brandstiftung, welches nach hiesigen Rechten die Verhaftung nach sich zieht, beschuldigt, und deshalb die Auslieferung von dem Gerichtshofe des Landes, wo das Verbrechen begangen ist, oder der Heimath des Angeschuldigten begehrt wird. Die deshalb schon abgeschlossenen Verträge mit andern Staaten sind jedoch auch ferner zu beobachten.
TIT. III Von den Gemeinden und Corporationen A RT. 19. Das Band der Ortsgemeinden umfaßt alle Landesunterthanen und es kann in Zukunft Niemand Staatsbürger sein, ohne zugleich auf eine oder die andere Weise im Gemeindeverbande zu stehen.
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Das Nähere hierüber wird durch die Gemeindeordnung bestimmt. A RT. 20. Die Ortsgemeinden haben das Recht der Persönlichkeit und der geordneten Gesellschaften. Sie können Eigenthum erwerben, Beamte und Vorsteher bestellen, Beschlüsse mit Verbindlichkeit für die nicht einwilligenden und künftigen Mitglieder machen, auch Rechte erlangen, welche von ihren einzelnen Mitgliedern zu deren besondern Vortheil ausgeübt werden. A RT. 21. Sie haben dagegen auch die Pflicht, für die Erhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit in den ihnen zugewiesenen Gegenständen aus eigenen Kräften zu sorgen, namentlich ihre Vicinalwege und ihre Brücken zu unterhalten, und ihre Armen zu verpflegen, alles nach Maasgabe der darüber ergehenden weiteren Verordnungen. A RT. 22. Die Gemeinden genießen die Rechte der Minderjährigen in Beziehung auf ihre Rechte und ihr Vermögen, als Gesammtheit. Sie stehen unter der Aufsicht und besondern Fürsorge des Staats. Keines ihrer Mitglieder kann der Gesammtheit durch seine einseitigen Handlungen Gerechtsame vergeben oder dadurch besondere Befreiungen gegen die Gesammtheit erwerben. A RT. 23. Einzelnen Klassen der Gemeindemitglieder kommt die Befugnis der gemeinschaftlichen Wahrnehmung ihrer Rechte zu, und sie können die übrigen Rechte der moralischen Personen durch Verwilligung des Staats erlangen. A RT. 24. Die Gemeinden eines Amtes bilden eine Amtsgemeinde zu gemeinschaftlicher Besorgung der dazu bestimmten Angelegenheiten. Hierüber, so wie über die innere Verfassung der Gemeinden überhaupt, wird die Gemeindeordnung das Nähere besagen.
V ERFASSUNG VON S ACHSEN -M EININGEN (1829) A RT. 25. In einer gleichen Gemeindeverbindung stehen die Kirchspielsgemeinden mit der gemeinschaftlichen subsidiären Verbindlichkeit, die Schulen, Kirchen und Pfarreien zu unterhalten, sowohl, was die Unterhaltung der Geistlichen und Schullehrer, als auch die Gebäude betrifft, in so fern die eigene Dotation der Kirchen und Schulen nicht ausreicht. A RT. 26. Das Vermögen der Gemeinden, sowohl Kämmereivermögen, welches der Gesammtheit zur Bestreitung der Gemeindeausgaben, als das Bürgervermögen, (Nachbar- und Gemeinderecht) dessen Genuß den einzelnen Mitgliedern zustehet, genießt gegen den Staat privatrechtliche Sicherheit, und kann, so lange die Gemeinde bestehet, einseitig zum unmittelbaren Staatsgut nicht gezogen werden. Zugleich stehet dasselbe aber unter der Aufsicht des Staats, so daß dessen Benutzung zum wahren Wohl der Gemeinheit geordnet werden kann. Die Ausgabe- und Einnahmeanschläge der Gemeinden müssen von der Staatsregierung resp. durch die competenten Unterbehörden genehmigt werden. A RT. 27. In wie fern anderen Klassen der Einwohner, welche durch ein gemeinschaftliches Interesse mit einander verbunden sind, ausser der gemeinschaftlichen Vertretung in Processen corporative Rechte, welche sie dermalen nicht schon besitzen, annoch beizulegen sind, bleibt besondern Verordnungen vorbehalten. A RT. 28. Es ist zwar den Unterthanen nicht verwehrt, zu Zwecken, welche an sich nicht gesetzwidrig sind, Gesellschaften zu stiften; allein das Recht der Persönlichkeit, die Fähigkeit, auf den Namen der Gesellschaft Grundeigenthum zu erwerben, Beamte zu bestellen, ein Siegel zu führen und Statuten zu errichten, erlangen sie nur durch die Bewilligung des Staats.
TIT. IV Von den Kirchen und milden Stiftungen A RT. 29. Die evangelische Kirche ist die Landeskirche, und sie wird, wenn ihre Dotationen in irgend einer Hinsicht unzureichend sind, aus den Landeseinkünften unterhalten. Doch genießen auch alle andere Kirchen den Schutz des Staats und volle Gewissensfreiheit, in so fern sie sich den Gesetzen und Ordnungen des Staats gemäs bezeigen. Keine vorgebliche Religionsmeinung kann von den Verbindlichkeiten gegen den Staat entbinden. A RT. 30. Keine kirchliche Verordnung darf ohne Vorwissen des Landesherrn und ohne dessen Genehmigung erlassen und in Vollzug gesetzt werden. A RT. 31. Der Staat wacht über die Ausbildung, Berufung und Amtsführung aller Geistlichen und anderer kirchlichen Beamten, doch ohne in das Innere der Kirche weiter als zu diesem Endzwecke nöthig ist, einzugreifen. Beschwerden über die Diener der Kirche gehören, wenn ihr Gegenstand blos das geistliche Amt betrifft, an die kirchlichen Obern; wenn hingegen über eine Ueberschreitung der geistlichen Amtsbefugnisse geklagt wird, an die landesherrliche weltliche Behörde. A RT. 32. Das in der evangelischen Kirchenverfassung gegründete landesherrliche Recht der Direction, der Vocation und resp. Bestätigung der Kirchendiener und der Dispensation von kirchlichen Verboten in Ehesachen, ingleichen der Verwaltung des Kirchenvermögens soll nur durch eine Behörde ausgeübt, und resp. zur landesherrlichen Entscheidung vorbereitet werden, welche neben den weltlichen auch mit geistlichen Räthen besetzt ist. A RT. 33. Die Dotation der Kirchen und Schulen soll, so lange die Kirche und Schu-
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S ACHSEN -M EININGEN le besteht, derselben nicht entzogen werden. Das Vermögen eingegangener Kirchen, Schulen und anderer frommen Stiftungen aber kann zu einem allgemeinen Kirchenund Schulfonds gezogen werden. Eben dies tritt ein, wenn durch besondere Umstände das Vermögen einer einzelnen Kirche oder Schule dergestalt anwachsen sollte, daß es die Bedürfnisse derselben unverhältnißmäßig überschritte, indem alsdann der Ueberschuß der jährlichen Revenüen ebenfalls zum allgemeinen Kirchenund Schulfonds genommen und, wenn dieser hinreichend ausgestattet sein sollte, anderen gemeinnützigen Zwecken und Anstalten gewidmet werden kann. Dasselbe gilt von der Dotation der Armen- und Krankenhäuser, Spitäler und anderer Stiftungen, deren Zweck entweder ganz hinwegfällt oder übermäßig versorgt ist. Privatstiftungen sollen jedoch, so lange ihr Zweck mit den Gesetzen des Landes bestehen kann, nicht verändert werden. A RT. 34. Zu dergleichen Aenderungen und Uebertragungen, so wie zu Veräußerung eines der Kirche, Schule oder andern frommen Stiftungen gehörigen Vermögensstückes, wenn nicht dafür ein anderes von gleichem Werthe sofort erworben wird, soll jedesmal die Erklärung der betheiligten Familien, Collatoren, Patronen und Gemeinden vernommen, und ausser ihrer Einwilligung, so weit sie rechtlich nothwendig ist, der Beirath und die Zustimmung der Stände erfordert, auch das Stiftungsvermögen nie zum unmittelbaren Staatsgut gezogen werden. A RT. 35. Neue Erwerbungen an Grundstücken und Realgerechtigkeiten können Kirchen, Schulen und andere Stiftungen nur mit Genehmigung der Regierung machen. Vermächtnisse und Schenkungen zu Gunsten einer frommen Stiftung bedürfen zu ihrer Rechtsbeständigkeit keiner vorgängigen landesherrlichen Genehmigung.
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A RT. 36. Die übrigen Verhältnisse der Kirchen sind durch besondere Verordnungen bestimmt.
TIT. V Vom Staatsvermögen, Kammergut und Schatullgut 2 A RT. 37. Das Staatsvermögen begreift die Gesammtheit derjenigen Mittel unter sich, aus welchen die allgemeinen Landesund Staatsbedürfnisse bestritten werden, so wie alles dasjenige, was dem allgemeinen Nutzen und Gebrauch bleibend gewidmet ist. Den größten Theil des Staatsvermögens machen die Beiträge der Unterthanen (das steuerbare Vermögen derselben) aus, welche auf verfassungsmäßigem Wege zu Staatszwecken ausgeschrieben werden. Auch die Ueberschüsse und Ersparnisse in der Verwaltung des Staatsvermögens gehören dem Staate, und können nicht zu den Domainen, noch weniger zu dem Schatullvermögen gezogen werden. A RT. 38. Das Domainenvermögen an Gebäuden, Cammergütern, Waldungen, liegenden Gründen, grundherrlichen Zehnten, Erbzinsen, Gülten und andern aus der Grundherrlichkeit fließenden Renten und Gerechtsamen ist Eigenthum des Herzoglichen Specialhauses und bestimmt, davon zunächst die Kosten der Hofhaltung und der Unterhaltung der Herzoglichen Familie zu bestreiten. Dagegen sollen die jetzt noch zur Domainenkasse fließenden directen und indirecten Steuern, so wie alle noch künftig zu verwilligenden Abgaben, ingleichen die Einkünfte aus Regalien und die aus der Uebung der landesherrlichen Gewalt entspringenden Gefälle, insonderheit auch Chausseeund Weggelder, Schutzgelder und alle Leistungen zum Behuf des Militairs zur Landeskasse gegen verhältnißmäßige Uebernahme
V ERFASSUNG VON S ACHSEN -M EININGEN (1829) von Kosten der Staatsverwaltung und temporären, auf der Domainenkasse haftenden Lasten überwiesen werden. Es soll über die genauern Bestandtheile des Domainenvermögens, so wie über die der Landeskasse zuzuweisenden Fonds und Lasten eine Designation entworfen werden, welche nach getroffener Uebereinkunft als ein integrirender Theil dieses Grundgesetzes anzusehen ist.3 Ueberschüsse in der Kammerkasse fallen der freien Disposition des Herzogs zu und können, in so ferne die Domainenkasse keine Zuschüsse aus der Landeskasse erhebt und wenn nicht die Umstände und dringende Landesbedürfnisse dem Souverain eine Verwendung zum Nutzen des Landes anrathen, zu dem Schatullgut gezogen werden. A RT. 39. Das Schatullgut ist dasjenige, was der regierende Herzog aus der Landesund Kammerkasse für seine Person beziehet, und daraus erübrigt, aus den Ersparnissen der Kammerkasse dazu ausdrücklich bestimmt oder sonst durch Erbschaft, Testamente oder auf irgend eine Weise erwirbt. Zu dem Schatullgut können auch heimfallende Lehen gezogen werden und nur die Lehnherrlichkeit, nebst den davon abfallenden Nutzungen gehört zum Domainengut und zu dem Fideicommiß des Herzoglichen Hauses. A RT. 40. Es soll demnächst ein Verzeichnis derjenigen Gegenstände und Sammlungen angelegt werden, welche als Staatsgut angesehen werden sollen. A RT. 41. Zum Domainengut gehören sämmtliche Herzogliche Schlösser, nebst dem darin befindlichen Inventarium; doch versteht es sich, daß die Inventarien nur im Ganzen, als Pertinenz der Schlösser zu betrachten sind und ihre Veränderung im einzelnen lediglich von dem Ermessen des Souverains abhängt. Es sollen nur gegen
die, jetzt oder künftig regierenden Herzoge aus dem jetzigen Herzoglichen Specialhause niemals Allodialansprüche deshalb gemacht werden können. A RT. 42. Für die mit Genehmigung der Stände aufgenommenen Landesschulden haftet das gesammte steuerbare Vermögen der Unterthanen. Die vorhandenen Landesschulden der verschiedenen Landestheile, sollen der Verwaltung nach in eine allgemeine Landesschuld zusammen gezogen und aus einer allgemeinen Tilgungskasse verzinßt und abgetragen werden. Neue Landesschulden, d. h. solche, wodurch die Masse der bestehenden vermehrt oder die verfassungsmäßig fortgehende Tilgung wieder aufgehoben wird, sind ohne ausdrücklichen Consens der Landstände ungültig und unverbindlich, und nur diejenigen persönlich dafür verhaftet, welche solche Anlehen gemacht, und die Schuldscheine unterzeichnet haben, wie das Statut über die Tilgungskasse das Nähere besagen wird. Es soll keine neue Anleihe gemacht werden, ohne neben der jährlichen Verzinsung zugleich eine Tilgungsrente anzuweisen, durch welche das Kapital längstens in 50 Jahren wieder abgetragen ist. A RT. 43. Für die verfassungsmäßig aufgenommenen Kammerschulden haften die Einkünfte des Kammergutes für ewige Zeiten. Neue Schulden, d. h. solche, wodurch der Gesammtbetrag derselben vermehrt wird, können ohne ausdrückliche Zustimmung der Landstände nicht gemacht werden, und sind für den Regierungsnachfolger, wenn er auch Sohn des Vorfahrers ist, schlechterdings unverbindlich. Sie haften nur auf dem Privatnachlaß des Vorfahrers und es sind dafür diejenigen Staatsdiener, welche die Schuldscheine unterschrieben haben, persönlich verantwortlich.
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S ACHSEN -M EININGEN Die Stände sind jedoch schuldig zu consentiren: a) wenn die Schulden zu Erwerbung neuer Domainengüter gemacht werden, auf die Hälfte des Kaufpreises; b) bei der Vermählung des Souverains, der Prinzen und der Herzoglichen Prinzessinnen zu einem nach den Umständen zu bestimmenden Betrag; c) bei Unglücksfällen, welche das Fürstliche Residenzschloß betreffen, zur Wiederherstellung desselben. Bei jeder neuen Schuld soll die jährliche Verzinsung und eine längstens 50jährige Tilgungsrente sogleich angewiesen werden. A RT. 44. Die mit vollständiger Beobachtung aller Förmlichkeiten, welche in besondern Gesetzen, (über die Schuldentilgungskasse,) werden bestimmt werden, ausgestellten Schuldverschreibungen gewähren jedoch den Gläubigern volle Sicherheit und rechtliche Wirksamkeit gegen die Landesund Domainenkassen, und diesen bleibt, wenn dennoch Unrichtigkeiten vorgegangen sein sollten, der Regreß gegen die schuldigen Beamten. A RT. 45. Die Substanz des Kammergutes soll durch irgend eine Art von Veräußerungen, Verkauf, Schenkung, Belastung mit Renten und dergleichen nicht vermindert werden, und es ist zur rechtlichen Gültigkeit einer solchen Veräußerung, unbeschadet des agnatischen Konsenses auch die Zustimmung der Stände nothwendig. Zwar soll es der Domainenverwaltung unbenommen sein, über einzelne Bestandtheile und Gerechtigkeiten eines Kammergutes, so wie über kleinere Waldparzellen, Jagdund Forstgerechtsame durch Kauf, Tausch, Vergleich und auf andere Weise zu verfügen, auch Zinsen, Zehnten, Dienste und Gerechtigkeiten ablösen zu lassen. Es soll aber der dafür erlößte Betrag, so fern er nicht nach der Natur des Geschäftes von selbst der Immobiliarmasse des Domainengutes
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zugewachsen ist, niemals zu den laufenden Einnahmen und Ausgaben der Domainenkasse gezogen, sondern zu der Schuldentilgungskasse abgewährt und in derselben als ein verzinsliches Activum des Domainengutes fortgeführt werden. A RT. 46. Das Schatullgut stehet unter der unbeschränkten Disposition des Souverains und wird nach privatrechtlichen Grundsätzen beurtheilt. Privatschulden des Souverains können nur gegen das Schatullgut geltend gemacht werden und der Regierungsnachfolger ist für solche nur in so weit zu zahlen verbunden, als dasselbe reicht. Auch durch Testamente, Schenkungen und Vermächtnisse kann nur über das Schatullgut gültig verfügt werden. A RT. 47. Die Einkünfte des Staatsvermögens bilden die Landeskasse, aus welcher aller eigentliche Staatsaufwand bestritten wird. Diese Kasse wird unter der obern Leitung des Ministeriums und Mitwirkung der Stände von einem Kassirer verwaltet, welchen die Stände wählen und der Landesherr bestätigt. Die Summen, welche auf die verschiedenen Zweige der Staatsverwaltung verwandt werden sollen, werden jährlich (oder nach Befinden auf mehrere Jahre) auf den Vorschlag des Staatsministeriums von den Ständen verwilligt, und die Aufbringungsweise derselben wird unter Bestätigung des Landesherrn festgesetzt. Die Rechnung wird den Ständen jährlich gelegt, von ihnen durch ihren Ausschuß mit Zuziehung der Rechnungskammer monirt, und durch ihr Anerkenntniß (auf einem Landtage definitiv) justificirt. Weder den Ständen, noch dem Ministerium steht ein Recht zu, einseitig andere, als etatsmäßige Ausgaben aus der Landeskasse zu decretiren.
V ERFASSUNG VON S ACHSEN -M EININGEN (1829) A RT. 48. Das Kammervermögen wird von einer landesherrlichen Behörde, unter Aufsicht des Ministeriums, und die Kasse durch einen besondern Kassirer verwaltet. Der Etat für die Domainenverwaltung wird von der Kammer entworfen, der Kasseetat von der Rechnungskammer formirt und vom Landesherrn festgesetzt. Die jährliche Rechnung wird von der Rechnungskammer geprüft und von dem Souverain über die Justification entschieden. Den Ständen muß von Landtag zu Landtag nachgewiesen werden, daß weder die Substanz des Kammerguts im Ganzen vermindert worden ist, (mit Ausnahme der im Art. 45. bestimmten Fälle, und mit Vorbehalt des Antrags auf Ergänzung der Immobiliarmasse), noch dasselbe mit neuen Schulden belastet, vielmehr die Schuldentilgung verfassungsmäßig fortgesetzt worden ist.
TIT. VI Von den Landständen
Kapitel 1 Allgemeine Bestimmung A RT. 49. Um die Rechte und Befugnisse zu vertreten, welche dem Volke in seiner Gesammtheit im Verhältnisse zu der Regierung zustehen und um den Gang der ganzen Staatsverwaltung stets in der gesetzmäßigen Bahn erhalten zu helfen, besonders auch um diejenige Regelmäßigkeit bei der Bestimmung und Aufbringung der Staatsbedürfnisse und in der Behandlung des Staats- und Domainenvermögens zu sichern, welche das Wohl des Herzoglichen Hauses wie des Landes erfordert, und um nicht nur bei gesetzlichen Bestimmungen, welche die Landesverfassung oder sonstige Rechte der Staatsbürger betreffen, wichtigen allgemeinen Bestimmungen den Rath und resp. die Zustimmung einer größern Zahl erfahrner Männer benutzen, sondern
auch allen immer die Ueberzeugung geben zu können, daß die Regierung stets nur das Beste der Unterthanen und die Aufrechterhaltung einer sittlich gesetzlichen Ordnung vor Augen habe, sollen auch ferner Abgeordnete des Landes erwählt werden, welche theils in voller Versammlung, theils durch ihre Beamten, die durch jene Zwecke gegebenen Pflichten erfüllen. A RT. 50. Diese Abgeordneten sollen aus den drei Klassen, 1) der Rittergutsbesitzer des Landes, 2) der Städte, 3) der Bauern, zu gleichen Theilen nach den unten folgenden nähern Bestimmungen erwählt werden, und die getreuen Stände des Herzogthums bilden. A RT. 51. Sie sollen regelmäßig alle drei Jahre und ausserdem so oft es nöthig ist, nach Meiningen oder einen andern Ort berufen werden. Ihre Versammlung kann von dem Landesherrn zu jeder Zeit geschlossen werden. Ohne Berufung von dem Landesherrn sind nicht nur alle Beschlüsse einer eigenmächtigen Versammlung schlechthin nichtig und ungültig, sondern es kann auch gegen die Theilhaber einer solchen eine Untersuchung und Bestrafung eingeleitet werden. A RT. 52. Auch hat der Landesherr das Recht, die Stände nach Gutbefinden aufzulösen und neue Wahlen zu verordnen. Sogleich bei Auflösung der vorigen Stände soll aber das Ausschreiben neuer Wahlen erfolgen. A RT. 53. Die Beamten der Stände, theils zu Leitung und Besorgung der Geschäfte während der Versammlung, theils zu Wahrnehmung der städtischen Obliegenheiten und Gerechtsame in der Zwischenzeit, sind: 1) der Landmarschall,
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S ACHSEN -M EININGEN 2) zwei landschaftliche Vorsteher, 3) ein Syndikus, 4) ein Cassirer nebst den nöthigen Gehülfen. Sie haben einen landschaftlichen Canzlisten und einen Canzleiboten. A RT. 54. Der Landmarschall wird von den Ständen bei dem Anfange des Landtags aus der Klasse der Rittergutsbesitzer durch einfache Stimmenmehrheit gewählt und von dem Landesherrn bestätigt, wenn gegen den Gewählten nichts einzuwenden ist. Sein Amt dauert in der Regel sechs Jahre, oder so lange die Stände bestehen, welche ihn wählten. Nach Ablauf dieser sechs Jahre oder nach Auflösung der Ständeversammlung setzt er seine Amtsverrichtungen provisorisch bis zum nächsten Landtage fort. Der abgehende Landmarschall ist aufs neue wählbar. Wenn er abgeht oder verhindert ist, tritt der erste Vorsteher an seine Stelle. Es ist nicht nothwendig, daß er in der Stadt Meiningen wohne, er muß sich aber alle Jahre einen Monat daselbst aufhalten, um der Prüfung der Rechnungen beizuwohnen und er ist schuldig, daselbst sich jedesmal einzufinden wenn es vom Landesherrn erfordert wird, oder die beiden Vorsteher auf seine ausserordentliche temporäre Gegenwart antragen. A RT. 55. Die beiden Vorsteher werden gleichfalls von den Ständen aus ihrer Mitte, ohne an eine Klasse gebunden zu sein, bei dem Anfange des Landtags auf dieselbe Zeit, wie der Landmarschall erwählt und vom Landesherrn bestätigt. Sie versehen auch bei Auflösung der Ständeversammlung ihr Amt bis zum nächsten Landtage und sind wieder wählbar. Einer von ihnen muß in der Stadt Meiningen als fungirender Vorsteher wohnen, der zweite aber auf Erfordern des Landmarschalls oder des fungirenden Vorstehers, so wie bei dessen Abgang, sich daselbst einfin-
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den, wenn er nicht ohnedies in Meiningen wohnt. Diese Vorsteher bilden mit dem Landmarschalle das landschaftliche Directorium, der Landmarschall kann in landschaftlichen Angelegenheiten nur mit Zuziehung eines Vorstehers handeln; sie sind sämmtlich den Ständen für die verfassungsmäßige Erfüllung ihrer Pflichten verantwortlich. Eine Ergänzung des Directoriums ist zwischen den Landtagen nur nothwendig, wenn a) zwei Mitglieder desselben, oder b) der fungirende Vorsteher abgegangen sind und dieser nicht durch den zweiten ersetzt werden kann. Die Wahl eines einstweiligen Vorstehers bis zum nächsten Landtage erfolgt dann durch schriftliche Abstimmungen der Stände. A RT. 56. Die besondern Obliegenheiten und Amtsbefugnisse des Landmarschalls sind: a) den Faden aller landschaftlichen Angelegenheiten stets zu behalten, die Ständeversammlung und ihre Rechte allenthalben zu vertreten, und zu wachen, daß nichts gegen die Verfassung geschehe. Er ist berechtigt, wenn er in der Stadt Meiningen anwesend ist, den Sitzungen des Steuersenats der Landesregierung und der Schuldentilgungskommission beizuwohnen und die Vorsteher sind schuldig, ihm, in näher zu bestimmender Form, regelmäßige Kenntniß über die Operationen der Schuldentilgungkasse und die Verwaltung der Landeskasse zu geben. Er ist befugt, gegen Beschlüsse und Verfügungen, welche der Verfassung und den Rechten der Stände zuwiderlaufen, Verwahrung einzulegen und bei dem Landesherrn Anzeige zu machen. Er kann, wenn die Umstände es fordern, unter Vorlegung seiner Gründe auf Berufung eines ausserordentlichen Landtags antragen. Die Rechnung der Landeskasse wird von ihm, nachdem sie bereits von der Rechnungskammer monirt ist, mit Zuziehung der
V ERFASSUNG VON S ACHSEN -M EININGEN (1829) beiden Vorsteher und des unten bestimmten Ausschusses geprüft und provisorisch bis zu den Beschlüssen des Landtags abgeschlossen. b) Er hat die Geschäfte des Landtags vorzubereiten, wozu ihm vom Landes-Ministerium die nöthigen Nachrichten und Aufklärungen zeitig mitzutheilen sind. c) Während des Landtags leitet er die Geschäfte desselben; er hat die Anordnung der Sitzungen, die Reihenfolge der Geschäfte, worunter die landesherrlichen Propositionen vorangehen, – er bestellt die Referenten, Correferenten und die Kommissionen, wenn nicht die Ständeversammlung nöthig findet, deren Mitglieder durch Stimmenmehrheit zu ernennen. Er wacht über die Ordnung und den Anstand der Berathungen, sammelt die Stimmen, zieht den Beschluß und bringt solchen, nach genehmigter Redaction, an das Ministerium. Er ist Sprecher der Stände. d) Er wacht über die Amtsführung der landschaftlichen Beamten und Diener und besorgt mit den Vorstehern die Wiederbesetzung der erledigten Stellen. A RT. 57. Die in Meiningen anwesenden beiden Vorsteher sind Mitglieder des Steuersenats und der Schuldentilgungskommission. Jede Verfügung an die Landeskasse und Schuldentilgungskasse muß wenigstens von einem derselben gezeichnet sein. Sie sind den Ständen ganz besonders dafür verantwortlich, daß die ganze Verwaltung der Kasse den Gesetzen gemäs geführt werde; daß die Etats richtig eingehalten und keine ordnungswidrigen Ausgaben dekretirt werden. Jede Abweichung von der Ordnung ist dem Landmarschall sofort anzuzeigen. Wohnt der eine Vorsteher nicht in Meiningen, so ist er verbunden, sich unverzüglich auf Erfordern des Landmarschalls, oder auf Ersuchen des fungirenden Vorstehers in Meiningen einzufinden, um Letztere zu ersetzen, wenn dieser verhindert sein sollte.
Beide Vorsteher sind Beistände des Landmarschalls und treten, wenn er verhindert oder abgegangen ist, an seine Stelle. Sie sind gleich ihm verpflichtet, die Rechte der Stände zu vertreten und schuldig, ihm von jeder bemerkten Verletzung der Verfassung Nachricht zu geben. A RT. 58. Der Syndicus ist a) Secretär der Ständeversammlung, des Steuersenats der Landesregierung, der Schuldentilgungskommission und des landschaftlichen Vorstandes, hat die Registrande und Protocolle zu führen, Berichte, Anschreiben u. s. w. zu entwerfen, so wie die landschaftlichen Acten in gehöriger Verwahrung und Ordnung zu halten. Er ist b) Rechtskonsulent und Fiskal der Stände. Er wird von den Ständen aus der Klasse derer, welche zur Praxis als Advocaten beim Oberlandesgericht befugt sind, zuerst auf drei Jahre und sodann nach Befinden auf Lebenszeit gewählt. A RT. 59. Allen diesen Beamten wird vom Landtage unter landesherrlicher Genehmigung, eine Besoldung aus der Landeskasse bestimmt. A RT. 60. Zu der jährlichen Durchsicht und Abnahme der landschaftlichen Hauptund Nebenrechnungen, erwählt der Landtag einen Ausschuß, der außer dem Landmarschall und beiden Vorstehern aus dreien Abgeordneten der verschiedenen Stände besteht. Diese drei Abgeordnete zu berufen und den Ausschuß zu bilden, ist der Landmarschall auch in andern wichtigen, ausserhalb des Landtages, vorkommenden Angelegenheiten berechtigt, insbesondere 1) wenn der Fall eintritt auf Berufung ausserordentlicher Landtage anzutragen, 2) für den bevorstehenden Landtag besonders wichtige Geschäfte vorzubereiten. A RT. 61. Den Kassirer ernennen die Stände unter landesherrlicher Bestätigung auf Lebenszeit. Er hat eine angemessene
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S ACHSEN -M EININGEN Caution zu bestellen. Seine genauern Obliegenheiten werden durch die Kassenordnung bestimmt. A RT. 62. Die Bestellung der Kanzlei und der Diener wird den Ständen überlassen.
Kapitel 2 Wahlen4 A RT. 63. Die Landstände bestehen aus 24 Abgeordneten des Landes, von welchen jede der drei Klassen der Rittergutsbesitzer, Städte und Bauern acht erwählt. A RT. 64. Zu dem Ende ist das Herzogthum in vier Wahlbezirke getheilt, in welchen die Städte und Landbewohner ihre Abgeordneten durch Wahlmänner erwählen. Die Rittergutsbesitzer aus dem ganzen Herzogthum wählen ihre 8 Deputirte in zwei Abtheilungen zu Meiningen und Saalfeld nach einer künftig erfolgenden nähern Bestimmung. A RT. 65. Die Wahlbezirke sind folgendermaasen gebildet: 1) Meininger Kreis mit den bisherigen Aemtern: Meiningen, Maßfeld, Wasungen mit Sand, Salzungen und Glücksbrunn, oder das Kreisgericht Meiningen mit den Landgerichten Wasungen und Salzungen. 2) Hildburghäuser Kreis, Bezirk des dasigen Kreisgerichts, nebst den Landgerichten Römhild und Heldburg (oder den bisherigen Aemtern, Hildburghausen, Themar, Römhild und Heldburg.) 3) Sonneberger Kreis mit dem Kreisgerichte Sonneberg und dem in dieser Hinsicht zugezogenen Landgerichte Eisfeld, (oder den bisherigen Aemtern Sonneberg, Eisfeld, Schalkau und Neuhaus.) 4) Saalfelder Kreis, mit dem dasigen Kreisgerichte und dem Landgericht Gräfenthal und den Aemtern Camburg und Crannichfeld.
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In diesen Bezirken wählen, a) die Städte Meiningen, Salzungen, Wasungen zusammen zwei, die Städte Hildburghausen, Römhild, Themar, Heldburg und Ummerstadt gleichfalls zwei, die Städte Sonneberg, Eisfeld, Schalkau, Gräfenthal und Lehesten zwei, und endlich die Städte Saalfeld, Pösneck, Camburg und Crannichfeld ebenfalls zwei Abgeordnete, so wie b) die Landgemeinden zwei Abgeordnete. Zu jedem Abgeordneten wird ein Stellvertreter gewählt. A RT. 66. In den sämmtlichen Wahlbezirken muß der eine Deputirte, so wie der eine Stellvertreter nothwendig aus der Klasse, zu welcher die Wählenden gehören, genommen werden; der andere kann auch ausserhalb der Klasse erwählt werden. A RT. 67. Wahlberechtigt ist im Stande der Rittergutsbesitzer jeder großjährige, im Genuß des Staatsbürgerrechts stehende Besitzer christlicher Religion eine landtagsfähigen Ritterguts, deren Verzeichnis in der Anlage enthalten ist. Dieses Wahlrecht kann der Landesherr künftig auch andern, dazu geeigneten Gütern ertheilen. Der Besitz mehrerer Güter berechtigt nicht zu mehr als einer Wahlstimme. Mehrere Theilnehmer eines Guts haben nur eine Stimme, welche in Ermangelung einer gütlichen Vereinbarung dem Aeltesten zusteht. Frauen können ihr Stimmrecht durch ihre Ehemänner und Curatoren ausüben. Für Minderjährige und Pflegebefohlene sind stimmberechtigte Curatoren zu bestellen. Vollmachten sind unzulässig, ausser im Stande der Rittergutsbesitzer; doch soll auch in diesem die Vollmacht nur an einen Rittergutsbesitzer aus dem Wahlbezirke gegeben werden können, und keiner mehr als zwei Vollmachten annehmen dürfen. Die Vollmachten müssen von dem Aussteller
V ERFASSUNG VON S ACHSEN -M EININGEN (1829) mit dem Namen des Bevollmächtigten versehen sein. A RT. 68. Stimmberechtigt bei der Wahl der Wahlmänner sind alle, welche als selbstständige Hausväter christlicher Religion in den Städten und Landgemeinden directe Steuern bezahlen und sich im vollen Genuß des Staatsbürgerrechts befinden. A RT. 69. Die Wahlen der Deputirten von Seiten des Bürger- und Bauernstandes geschehen in den Städten Meiningen, Hildburghausen, Sonneberg und Saalfeld durch Wahlmänner. Zu diesem Geschäft ernennen, A. die Städte dieser vier Kreise: 1)
Meiningen Salzungen Wasungen
2)
Hildburghausen Römhild = Heldburg = Themar = Ummerstadt =
3)
4)
= = =
Sonneberg Eisfeld Gräfenthal Schalkau Lehesten
= = = = =
Saalfeld Pösnech Camburg Crannichfeld
= = = =
8 5 3 16 7 4 2 2 1 16 6 6 2 1 1 16 7 6 2 1 16
von welchen die städtischen Deputirten und eben so viel Stellvertreter erwählt werden. B. Die Landesgemeinden wählen jede, welche über 25 Häuser zählt, einen Wahlmann, von 75 Häusern zwei und so auf je-
des 50 Häuser mehr, einen mehr. Kleinere Gemeinden und einzelne Höfe werden den nächstgelegenen Orten zum Wahlgeschäft zugezählt. Die Wahlmänner kommen in der Kreisstadt zusammen und wählen die Deputirten und Ersatzmänner. A RT. 70. Um Wahlmann zu sein, ist erforderlich: Genuß des Bürger- oder Nachbarrechts, des Staatsbürgerrechts, christliche Religion, dreißigjähriges Alter und Ansässigkeit in dem Orte, von welchem die Wahl geschiehet. A RT. 71. Um Deputirter oder Ersatzmann zu sein, wird, im Stande der Rittergutsbesitzer, erfordert: Genuß des Staatsbürgerrechts, christliche Religion, 25jähriges Alter und der Besitz oder Mitbesitz eines landtagsfähigen Ritterguts; in den Städten und auf dem Lande außer den Bedingungen des Art. 70 die Entrichtung von wenigsten 15 fl. jährlicher directer Steuer von Grundstücken oder Gewerben. Der Besitz der Ehefrauen kommt hierin dem Manne zu gut. A RT. 72. Oeffentlich angestellte, das ist, Staats- und Hofdiener, Militairpersonen, Geistliche, Aerzte, Advocaten bedürfen zur Annahme einer Deputirtenstelle den Urlaub ihrer vorgesetzten Behörde. A RT. 73. Jeder kann nur an einer Wahl als Wähler und Wahlmann Theil nehmen. Wer von zwei oder mehr Klassen oder Bezirken zum Abgeordneten oder Ersatzmann erwählt wird, muß sich binnen drei Tagen erklären, welche Wahl er annehme, sonst geht Wahl des Bezirks und der Klasse vor, welcher er selbst angehört und in welchem er wohnt. A RT. 74. Nach jeder Wahl darf der Gewählte das ihm angetragene Amt ausschlagen, weil man voraussetzen muß, daß Niemand ohne die allerwichtigsten Gründe sich
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S ACHSEN -M EININGEN einem so ehrenvollen Amte entziehen werde. A RT. 75. Die Wahlen der Deputirten geschehen durch absolute Mehrheit der Stimmen, mittelst geheimer Stimmzettel immer für einen Deputirten oder Ersatzmann. Bleiben in fortgesetzter Stimmensammlung zuletzt gleiche Stimmen für zwei übrig, so entscheidet das Loos. Bei der Wahl der Wahlmänner ist relative Stimmenmehrheit hinreichend. A RT. 76. Alle Wahlen werden unter der Aufsicht der Landesregierung von Herzoglichen Commissarien geleitet. An die Landesregierung werden die Wahlprotocolle eingeschickt. Sie hat die Obliegenheit unförmliche und gesetzwidrige Wahlen zu kassiren und neue anzuordnen. Das gleiche Recht stehet den Ständen zu. Das Nähere soll durch eine Wahlordnung bestimmt werden. A RT. 77. Die Deputirten werden auf 6 Jahre erwählt. An die Stelle eines wegen Krankheit, Tod, eintretender Unfähigkeit oder dringender Geschäfte abtretenden Deputirten wird der Ersatzmann einberufen. A RT. 78. Bei dem Eintreten als Deputirter leistet ein jeder einen Eid, worin er wiederholt gelobt: Treue dem Landesherrn, gewissenhafte Beobachtung der Verfassung und der bestehenden Gesetze, redlichen, uneigennützigen Eifer für das Gesammtwohl des Landes. A RT. 79. Die Abgeordneten sind nicht Vertreter ihres Districts und ihrer Klasse, sondern müssen sich bei ihrem Wirken in der Ständeversammlung nur von der Rücksicht auf das Gemeinwohl ihrer sämmtlichen Mitbürger leiten lassen. Sie sind aber berechtigt, die besondern Wünsche und Beschwerden ihres Bezirks und Einzelner aus demselben anzunehmen und an die Ständeversammlung zu bringen. –
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Kapitel. 3 Pflichten und Rechte der Landstände5 A RT. 80. I. Die erste Obliegenheit der getreuen Stände des Herzogthums ist, an ihrem Theile dahin mitzuwirken, daß die Beiträge der Unterthanen zu dem, was das Gemeinwohl erheischt, mit kluger Sparsamkeit gefordert, mit Gerechtigkeit vertheilt, und mit strenger Gewissenhaftigkeit und Genauigkeit ihrer Bestimmung gemäs verwendet werden. A RT. 81. Es soll zu dem Ende den Ständen, a) ein genauer Anschlag von dem, was zu den Zwecken des Staats in ihren verschiedenen Beziehungen erforderlich ist, zur Berathung vorgelegt, und der Bedarf mit ihnen gemeinschaftlich geprüft und festgesetzt, b) die Art, wie dieser Bedarf mit möglichster Gleichheit und Schonung von den Unterthanen aufzubringen ist, mit ihnen bestimmt, und demnach ohne ihre ausdrückliche Zustimmung keine neue Steuer irgend einer Art oder solche, deren Bewilligungszeit abgelaufen ist, ausgeschrieben werden. Jedoch müssen auch abgelaufene Verwilligungen in der Zwischenzeit bis zur verfassungsmäßigen Periode des nächsten Landtags, wenn nicht dies ausdrücklich bei der Verwilligung ausgeschlossen ist, und nach Eröffnung des Landtags bis zur Bestimmung des neuen Finanzetats fortgesetzt werden. Nur über das, was zur Erfüllung bundesgesetzlicher Pflichten nothwendig geleistet werden muß, stehet ihnen kein Versagungsrecht zu. Es soll c) ihnen alljährlich vollständige Rechnung von der Verwendung der bewilligten Steuern und Abgaben nach den oben Art. 47. getroffenen Bestimmungen gelegt, und diese von ihnen geprüft und respective anerkannt werden.
V ERFASSUNG VON S ACHSEN -M EININGEN (1829) A RT. 82. Die Verwilligungen der Stände können jedoch nicht einzelnen Personen und Stellen gegeben, sondern müssen jedem Zweige der Staatsverwaltung und darunter begriffenen Anstalten im Ganzen ertheilt, und der Staatsregierung überlassen bleiben, die verwilligten Summen etatsmäsig zu verwenden. Sie wird indessen auch hierbei die Erinnerungen der Stände willig vernehmen und möglichst berücksichtigen. A RT. 83. II. Wie die von den Ständen verwilligten öffentlichen Abgaben in einer eigenen Kasse, unter Mitaufsicht und Leitung derselben verwaltet werden, ist theils oben schon bestimmt, theils werden darüber besondere Statuten und Ordnungen mit ihnen verabredet werden. A RT. 84. III. Den Ständen liegt ob, über die ungeschmälerte Erhaltung des Kammervermögens zu wachen, worüber nach den oben gegebenen Bestimmungen die nöthigen Nachweisungen zu geben sind. A RT. 85. IV. Verordnungen und Gesetze, durch welche nicht blos die organische Einrichtung der Behörden und die Form der Geschäftsführung bestimmt, auch nicht blos die nähern Anordnungen zu Ausführung schon bestehender Gesetze gegeben, sondern wodurch Eigenthum und Freiheit der Unterthanen getroffen, oder eine Veränderung der Abgaben und Rechte herbeigeführt wird, können ohne Beirath und Zustimmung der Stände nicht gegeben oder aufgehoben werden. Jedoch sollen dergleichen Gesetze über Gegenstände des bürgerlichen und peinlichen Rechts und alles, was nicht den Unterthanen neue Abgaben auflegt, von den Ständen, an welche sie durch landesherrliche Propositionen gelangen, nur mit einer Mehrheit von 3 Stimmen über die Hälfte der anwesenden Stimmen die Zustimmung versagt werden können. Ueber Steuerbewilligungen, wie über alle
andere Anträge in der Ständeversammlung entscheidet die einfache Stimmenmehrheit. A RT. 86. V. Den Ständen stehet es frei, ihre Wünsche für die Vervollkommung der Gesetzgebung dem Landesherrn vorzulegen und Anträge sowohl im allgemeinen zu stellen, als auch Gesetzentwürfe einzureichen, welche stets mit Sorgfalt erwogen, und nicht ohne triftige Gründe abgelehnt werden sollen. A RT. 87. VI. Die Stände sind berechtigt, Mißbräuche, welche ihnen in den verschiedenen Zweigen der Verwaltung bekannt werden, zur Abhülfe anzuzeigen. Es soll ihnen von dem Landesministerium, um über die Beschwerden, welche theils durch Vorträge der Abgeordneten, theils durch Eingaben Anderer zur Sprache kommen, auf Verlangen vollständige Auskunft ertheilt, und es sollen die von den Ständen angebrachten Beschwerden mit vorzüglicher Sorgfalt untersucht, und den gegründet befundenen abgeholfen werden. A RT. 88. VII. Den Ständen stehet die Befugnis zu, gegen Staatsdiener wegen Verletzung der Verfassung, – Mißbrauch der Amtsgewalt, Untreue und Erpressung förmliche Anklage zu erheben. Gegen Beamte, welche unter höherer Leitung stehen, soll jedoch allemal erst Beschwerde bei dem Ministerium geführt, und nur, wenn dieser nicht abgeholfen wird, zur Anklage geschritten werden. Die Anklage soll bei dem Oberappellationsgericht zu Jena angebracht, im förmlichen Rechtswege durch ein hiermit zu beauftragendes Criminalgericht des Landes untersucht und vom Oberappellationsgericht entschieden werden. Dem Verurtheilten stehet eine nochmalige Vertheidigung frei, worauf auswärtiges Urtheil einzuholen ist.
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S ACHSEN -M EININGEN
Kapitel 4 Der Landtag A RT. 89. Die auf landesherrliche Einberufung zusammentretenden Stände bilden den Landtag. A RT. 90. Die Einberufungsschreiben ergehen auf Anordnung des Ministeriums an den Landmarschall und von diesem an jeden einzelnen der sämmtlichen Deputirten mit Bestimmung des Orts und der Zeit. Die Einberufenen haben es bei dem Landmarschall zeitig anzuzeigen, wenn sie zu erscheinen verhindert sein sollten, damit an ihrer Stelle die Ersatzmänner einberufen, oder die Landesregierung um Anordnung einer neuen Wahl ersucht werden könne. A RT. 91. Der Landtag ist für gesetzmäßig constituirt zu achten, wenn nach seiner Einberufung wenigstens 20 Abgeordnete versammelt sind. Daß dies der Fall sei, ist der Landesregierung anzuzeigen, worauf die feierliche Eröffnung vor sich gehet. A RT. 92. Die Eröffnung wird vorbereitet durch eine kirchliche Feier, mit einer dem Zweck angemessenen Predigt. Darauf versammeln sich die Deputirten in Gegenwart des Herzogs oder einer landesherrlichen Commission. Die zum erstenmal Erscheinenden legen den vorgeschriebenen Eid ab. Der Landtag wird mit einer Anrede vom Landesherrn, oder dessen Commissär eröffnet. A RT. 93. Die Berathungen des Landtags werden veranlaßt: a) durch landesherrliche Propositionen, welche in der Ordnung, wie sie eingehen, oder welche ihnen vom Landesherrn bestimmt wird, vor allen andern Geschäften zu erledigen sind. b) durch Anträge der Mitglieder, welche immer schriftlich, so daß nur der Vorschlag bestimmt ausgedrückt ist, dem Landmarschall zu übergeben sind, und auf einen blos
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gelegentlich ausgesprochenen Antrag kein Beschluß gefaßt werden kann. c) durch Schreiben und Vorstellungen Anderer, welche aber nur dann zu einer Berathung gebracht werden dürfen, wenn auf Angabe des Inhalts mit Vorlesen der Bitte ein Abgeordneter dieselbe zu unterstützen sich erklärt. A RT. 94. Ueber die landesherrlichen Propositionen und Anträge wird zuerst die Discussion eröffnet, in welcher ein jeder seine Ansichten zu entwickeln befugt ist. An denselben nehmen die landesherrlichen Commissarien, so viel ihnen nöthig scheint, Theil. Sie haben aber, wenn sie die nöthigen Erläuterungen gegeben haben, den Ständen zu fernerer Berathung ohne ihr Beisein Zeit zu lassen. Auch bleibt den Ständen das Recht vertraulicher Sitzungen vorbehalten, wo die landesherrlichen Commissarien nicht zugegen sind. A RT. 95. Ist die Discussion geschlossen, welches von dem Ermessen des Landmarschalls, bei dem Widerspruch eines Deputirten aber vom Beschluß des Landtages abhängt, so stellt der Landmarschall die zu entscheidenden Fragen, und es wird darauf, in der Regel am nächstfolgenden Tage, nachdem die Commissarien ihren Abtritt genommen haben, mit Ja oder Nein abgestimmt. Auf den Antrag eines einzigen Deputirten muß geheim, d. h. mit schwarzen oder weißen Kugeln abgestimmt werden. Erinnerungen gegen die Stellung der Fragen sind sowohl die landesherrlichen Commissarien als jedes Mitglied zu machen berechtigt, und wenn beide Theile sich nicht vereinigen, so wird vom Landtag darüber durch Stimmenmehrheit beschlossen. Die Entscheidung der dem Landtag vorgelegten Fragen erfolgt nach einfacher Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit, welche sich nach einmal, an einem andern
V ERFASSUNG VON S ACHSEN -M EININGEN (1829) Tage wiederholter Abstimmung noch erhält, entscheidet der Landesherr. A RT. 96. Sollte ein Stand sich durch einen Beschluß des Landtags in seinen wohlerworbenen Rechten beeinträchtigt erachten, so bleibt demselben nachgelassen bei dem Landesherrn unter Darlegung seiner Gründe in einer besondern Vorstellung darauf anzutragen, daß dem Beschlusse die höchste Genehmigung versagt werde. Ergibt sich bei genauerer Prüfung des Beschlusses eine solche Betheiligung und ist derselbe nicht etwa ganz zu verwerfen, so wird derselbe zu nochmaliger Berathung und gütlicher Vereinigung an den Landtag zurückgewiesen. Kommt auch dann eine Vereinigung nicht zu Stande, so tritt landesherrliche Entscheidung ein. A RT. 97. Der Landtag legt seine Erklärungen und Wünsche dem Landesherrn unter der Form: unterthänigste Erklärung – oder Bitte mit der Unterschrift die getreuen Stände des Herzogthums vor. A RT. 98. In den Sitzungen wird ein Protocoll vom Syndikus, unter Aufsicht einer vom Landtag bestellten Commission, geführt, welches die Vorträge und den Inhalt der Discussionen, wie die Resultate der Abstimmung angiebt. Es wird in der nächsten Sitzung verlesen und vom Landmarschall, den beiden Gehülfen, der Redactionscommission und dem Syndikus unterzeichnet, und, nachdem es von den landesherrlichen Commissarien in Beziehung auf ihre Erklärungen als richtig anerkannt worden ist, durch den Druck zur öffentlichen Kenntniß gebracht. A RT. 99. Die Abgeordneten können wegen ihrer Aeusserungen in der Ständeversammlung nicht zur gerichtlichen Rechen-
schaft gezogen werden. Dem Landtage liegt aber ob, unanständige und verfassungswidrige Ausdrücke und Erklärungen zu verhüten zu rügen. In dieser Hinsicht hat, 1) der Landmarschall das Recht und die Pflicht, jeden, welcher sich, ohne das Wort zu haben, zum Sprechen drängt, andere unterbricht, im Reden auf andere nicht zur Sache gehörige Dinge abschweift und sich Unanständigkeiten erlaubt, zur Sache, und zur Ordnung zu weisen, 2) die Ständeversammlung hat dasselbe zu thun, wenn das Betragen eine ernstere Rüge verdient, und sie kann 3) so weit gehen, einen Deputirten durch eine Mehrheit von drei Viertheilen der Anwesenden gänzlich auszuschließen, worauf der Stellvertreter eingerufen wird. A RT. 100. Vom Landtage soll sich kein Deputirter entfernen, ohne die Gründe anzuzeigen, worüber der Landtag entscheidet. Der Lauf der Justiz kann gegen die Deputirten nicht gehemmt werden; nur sollen sie während ihrer Anwesenheit am Landtage nicht zum persönlichen Erscheinen in bürgerlichen Rechtssachen und in Polizeisachen vorgeladen und in diesen nicht mit Verhaft belegt werden, ausser wegen fälliger Wechsel. Wenn Wechselarrest oder eine Criminaluntersuchung gegen einen Deputirten erkannt wird, muß der Stellvertreter desselben einberufen werden. A RT. 101. Der Landtag wird durch landesherrliche Erklärung geschlossen, und geht sofort, ohne eine weitere Verhandlung vornehmen zu können, auseinander.
TIT.VII Allgemeine Bestimmungen A RT. 102. Der Landesherr selbst ist über alle persönliche Verantwortung erhaben. Al-
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S ACHSEN -M EININGEN le Regierungshandlungen müssen jedoch unter persönlicher Verantwortlichkeit eines Staatsbeamten geschehen. A RT. 103. Zu dem Ende muß eine jede im Namen des Landesherrn ergehende Verfügung von einem Mitgliede des Geheimenrathscollegiums oder des Landesministeriums contrasignirt sein, welches für die Gesetzmäßigkeit derselben persönlich verhaftet ist. A RT. 104. Die Verantwortlichkeit für jede gesetzwidrige Verfügung haftet zunächst auf demjenigen, von welchem sie ausgegangen ist; Befehle einer höhern Behörde decken solche nur, wenn sie in gehöriger Form von den competenten Obern ausgegangen sind. A RT. 105. Alle Gerichtsbarkeit geht vom Staat und dem Landesherrn aus und soll nur durch die vom Staate unmittelbar oder mittelbar bestellten Gerichte ausgeübt und der Lauf der Justiz nicht gehemmt werden. A RT. 106. Das Recht der Begnadigung in Strafsachen steht nur dem Landesherrn zu, jedoch mit der Einschränkung, daß 1) die ertheilte Begnadigung niemand hindert, seine aus einer Rechtsverletzung herfließende Privatansprüche gerichtlich zu verfolgen; 2) ein auf Anklage der Stände zur Entsetzung verurtheilter Beamter zwar hinsichtlich der Strafe begnadigt werden, jedoch nicht im Dienst bleiben, noch darin wieder aufgenommen werden, auch aus keiner Staatskasse Pensionen beziehen kann. A RT. 107. Tritt der Fall eines Regierungswechsels ein, so soll der neue Landesherr bei dem Antritt der Regierung sich schriftlich bei fürstlichen Worten und Ehren verbindlich machen, die Verfassung nach dem ganzen Inhalte dieser Urkunde zu beobachten, aufrecht zu erhalten und zu schützen. Um diese Versicherung noch vor der
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Huldigung der Stände von dem Fürsten in Empfang zu nehmen, ist ein ausserordentlicher Landtag zusammen zu berufen. Im Falle der Unmündigkeit oder einer andern Verhinderung des Regierungsantrittes des Landesfürsten ist diese Versicherung vom Verweser der Regierung für die Zeit seiner Verwaltung auszustellen. A RT. 108. Alle Staatsbeamte sind auf die Beobachtung des Grundgesetzes zu vereidigen. A RT. 109. An diesem Grundgesetze und der durch solches gestifteten Verfassung darf in keinem Punkte, weder unmittelbar noch mittelbar ohne gemeinsame Uebereinstimmung des Landesherrn und des Landtages etwas geändert werden. A RT. 110. Die ältern landschaftlichen Verfassungen sind aufgehoben, sobald das jetzige Grundgesetz durch Eröffnung eines Landtages in Wirksamkeit tritt. Die bisherigen landständischen Corporationen behalten jedoch in Beziehung auf ihre besondern, jetzt noch bestehenden privatrechtlichen Verhältnisse und Ansprüche bis zu deren Erledigung, ihre corporativen Rechte. Urkundlich unter Unserer eigenhändigen Unterschrift und dem vorgedruckten Herzoglichen Siegel. Gegeben Meiningen zur Elisabethenburg, den 23. August 1829. (L.S.) Bernhard Erich Freund. Ch. F. Frhr. v. Koenitz. von Baumbach. D. v. Stein. von Fischern.
1
Ediert nach Sammlung der landesherrlichen Verordnungen im Herzogthum S. Meiningen, Jahrgang 1829, No. 13, No. 15, Meiningen, S. 139–174. Das Grundgesetz wurde am 23. August 1829 unterzeichnet und am 12. September 1829 verkündet. Gem.
V ERFASSUNG VON S ACHSEN -M EININGEN (1829) Art. 110 trat es jedoch erst mit Eröffnung des Landtags in Kraft. Hierbei handelt es sich nach der Vereinigung von Sachsen-Meiningen mit Sachsen-Hildburghausen um die erste gemeinsame Verfassung für Sachsen-Meiningen-Hildburghausen. Demzufolge sind der Verfassung das Grundgesetz von Sachsen-Meiningen vom 24. September 1824 (Sammlung der in dem Herzogthum Sachsen-Meiningen ergangenen Landes-Gesetze, Jahrgang 1824, No. 39, Hildburghausen, S. 35–48; siehe unter „Grundgesetz von Sachsen-Meiningen (1824)“) sowie das Grundgesetz der landschaftlichen Verfassung von Sachsen-Hildburghausen vom 19. März 1818 (Sammlung der in dem Herzogthume Sachsen-Hildburghausen seit dem Jahre 1810 erschienen landesherrlichen Edicte und Verordnungen, II. Band, Hildburghausen ca. 1826, S. 1–16; siehe unter „Verfassung von SachsenHildburghausen (1818)“) vorausgegangen. Für die späteren Änderungen siehe Horst Dippel (Hrsg.), Verfassungen der Welt, 1850 bis zur Gegenwart, Teil 1: Europa, München, K. G. Saur 2002–2005, Mikrofiche-Nr. 364, 1–90.
Für weiterführende Hinweise siehe Huber, Verfassungsgeschichte II, S. 533; Oskar Oberländer, Verfassung und Verwaltung des Herzogtums Sachsen-Meiningen, Hannover 1909. 2 Siehe dazu das „Gesetz über das Finanzwesen“ vom 27. April 1831 (Sammlung der landesherrlichen Verordnungen im Herzogthum Sachsen-Meiningen, Jahrgang 1831, Bd. 2, No. 2, Meiningen, S. 7–9). Siehe unter „Revision von 1831“. 3 Ein entsprechendes Gesetz konnte nicht ermittelt werden. 4 Siehe dazu das „Gesetz vom 3. Juni 1848, die Wahl der Landtagsabgeordneten für das Herzogthum S. Meiningen betreffend“, Sammlung der landesherrlichen Verordnungen im Herzogthume Sachsen-Meiningen, Jahrgang 1848, Bd. 9, No. 14, Meiningen, S. 93–124. Siehe unter „Revision von 1848“. 5 Zu den Art. 80–82 siehe das „Gesetz über das Finanzwesen“ vom 27. April 1831 (Sammlung der landesherrlichen Verordnungen im Herzogthum SachsenMeiningen, Jahrgang 1831, Bd. 2, No. 2, Meiningen, S. 7–9). Siehe unter „Revision von 1831“.
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Revision von 1831 Gesetz über das Finanzwesen vom 27. April 18311
Wir Bernhard, von Gottes Gnaden Herzog zu Sachsen Meiningen etc. haben in der Absicht, den Staatshaushalt auf ein einfaches und übereinstimmendes Verhältnis zu gründen und dem gemäs Bestimmungen zu treffen, welche die Ausführung erleichtern, mit Zustimmung Unserer getreuen Stände verordnet, wie folgt: A RT 1. Die Domänen – deren Eigenschaft durch das Gesetz vom 23. August 1829 nicht verändert seyn soll, und welche dieselbe so, wie sie bis dahin anerkannt worden und rechtsverbindlich bestanden, behalten – sind zunächst zur Bestreitung des Bedarfes des Herzoglichen Hauses und Hofes und zur Erfüllung der ihnen sonst obliegenden Leistungen bestimmt, und liefern den Ueberschuß ihrer Einnahme zur Verwendung für die Zwecke der Landesverwaltung ab. Zum Domänenvermögen gehören auch diejenigen künftig heimfallenden Lehen, welche nicht innerhalb eines Jahres, von der Zeit des angezeigten Heimfalles an, vom Herzoge anderweit verliehen worden, welches an Glieder des Herzoglichen Hauses, an Rittergutsbesitzer oder zur Belohnung von kundbar ausgezeichneten Verdiensten um den Staat geschehen kann. A RT. 2. Ein auf jedem Landtage oder auch auf längere Zeit zwischen der Regierung und den Ständen vereinbarter Theil des Domänenüberschusses bleibt der eigenen Verfügung des Herzogs überlassen, um denselben im Interesse des Staatswohls,
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insbesondere zur Gründung gemeinnütziger Anstalten, zur Beförderung und Belebung der Landwirthschaft, der Gewerbe und Künste zu verwenden. Der andere Theil wird auf dem Landesetat in Einnahme gebracht. A RT. 3. Für Aufbringung des ordentlichen und ausserordentlichen Staatsbedarfes, so weit derselbe aus den Mitteln der Domänen und andern Einnahmequellen nicht zu decken ist, haben die Stände durch Verwilligung von Abgaben an directen und indirecten Steuern zu sorgen (Art. 80. 81. 82. des Grundgesetzes vom 23. August 1829. und Art. 9. dieses Gesetzes). Auf gleiche Weise wird ein, den Ständen gehörig nachgewiesener Ausfall auf dem Domänenetat, nach erfolgter Zustimmung derselben durch den Landesetat gedeckt. A RT. 4. Die gesammte Finanzverwaltung wird unter die obere Leitung Einer Behörde gestellt. A RT. 5. Die einzige allgemeine Staatskasse ist die Hauptkasse. Sie steht unter der Aufsicht des Finanzsenats der Landesregierung und unter der Specialleitung einer Kassenkuratel. A RT. 6. Die Hauptkasse ist bestimmt, die sämmtlichen Einkünfte aus dem Domänenund Landesvermögen nach Maasgabe des Hauptetats zu vereinnahmen, zu verausgaben und zentralisirt zu verrechnen. Die Domäneneinnahme und Ausgabe, so wie die Landeseinnahme und Ausgabe wird durch doppelte Buchführung geschieden.
R EVISION VON 1831 A RT. 7. Das landschaftliche Directorium ist zu jeder Zeit befugt, Kenntnis zu nehmen von dem Zustande des Staatshaushaltes, von der Lage und Geschäftsführung der Hauptkasse, und es werden demselben, auf deshalb an das Landesministerium gerichtetes Begehren, die erforderlichen Nachweisungen mitgetheilt, auch die Bücher und Rechnungen zur Einsicht vorgelegt, so wie die gemachten Anträge auf verfassungsmäßige Weise erledigt. Insbesondere soll die Jahresabrechnung der Hauptkasse nicht eher abgeschlossen werden, bis die Stände dieselbe geprüft und ihre Erinnerungen dagegen gestellt haben. Die Justification erfolgt erst, nachdem die Stände die Richtigkeit der Rechnung anerkannt haben. A RT. 8. Die Grundlage für den gesammten Staatshaushalt ist der Hauptetat; er dient d[e]r Hauptkasse zur Richtschnur für ihre Verwaltung und Verrechnung. A RT. 9. Der Hauptetat wird in der Regel für drei Jahre aufgestellt und bildet zwei Hauptabtheilungen: 1) für Domäneneinnahme und Ausgabe, 2) für Landeseinnahme und Ausgabe. Der Hauptetat wird vom Herzoge festgestellt und zwar der Domänenetat mit Beirath der Stände, der Landesetat, nach erfolgter Zustimmung der Stände. Für unverbrüchliche Einhaltung beider
Etats haben die mit deren Vollzug beauftragten Staatsdiener gleiche Verantwortlichkeit gegen Uns, wie gegen die Stände. A RT. 10. Für die Schuldentilgung der Domänen und des Landes besteht unter der Leitung einer eigenen Behörde eine vereinigte Anstalt. A RT. 11. Die zur Vollziehung dieses Gesetzes – welches mit dem ersten Juni d. J. in Wirksamkeit tritt, erforderlichen nähern Bestimmungen bleiben besondere Verordnungen und Instructionen vorbehalten. Durch dieses Gesetz werden die betreffenden Bestimmungen älterer Verordnungen, insbesondere des Grundgesetzes vom 23. August 1829. erläutert, modifizirt und bezüglich aufgehoben. Urkundlich unter Unserer eigenhändigen Unterschrift und dem vorgedruckten Herzoglichen Siegel. Meiningen zur Elisabethenburg den 27. April 1831. (L. S.) Bernhard Erich Freund. Krafft. von Fischern.
1
Ediert nach Sammlung der landesherrlichen Verordnungen im Herzogthume Sachsen-Meiningen, Jahrgang 1831, Bd. 2, No. 2, Meiningen, S. 7–9.
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Revision von 1848 Gesetz vom 3. Juni 1848, die Wahl der Landtagsabgeordneten für das Herzogthum S. Meiningen betreffend1
Wir Bernhard, von Gottes Gnaden Herzog zu Sachsen-Meiningen etc.
bestimmten Anzahl und Bezirksabgrenzung vorgenommen.
haben beschlossen und verordnen mit Beirath und Zustimmung Unserer getreuen Stände, was folgt:
A RT. 5. Die Abgeordneten und Ersatzmänner haben beim Eintritt in den Landtag folgenden Eid zu leisten: „Ich gelobe Treue dem Landesherrn, gewissenhafte Beobachtung der Verfassung und der bestehenden Gesetze, redlichen, uneigennützigen Eifer für das Gesammtwohl des Herzogthums."
ABSCHNITT I Bestimmungen über die Zusammensetzung des Landtags A RT. 1. Der Landtag des Herzogthums besteht aus fünfundzwanzig, auf 6 Jahre erwählten Abgeordneten der in der Beilage A verzeichneten 25 Wahlbezirke. A RT. 2. Die Abgeordneten sind nicht Vertreter ihres Bezirks, sondern müssen sich bei ihrem Wirken auf dem Landtage nur von der Rücksicht auf das Gemeinwohl ihrer sämmtlichen Mitbürger leiten lassen. Sie sind aber berechtigt, die besondern Wünsche und Beschwerden ihres Bezirks und Einzelner aus demselben anzunehmen und an den Landtag zu bringen. A RT. 3. Die Wahl der Abgeordneten erfolgt durch Wahlmänner. Zu jedem Abgeordneten wird für den Fall des Nichteintritts des Abgeordneten in den Landtag oder seines Abgangs aus demselben, sowie zu seiner Vertretung bei zeitweiser Verhinderung ein Ersatzmann gewählt. A RT. 4. Die Wahl der Wahlmänner wird von Urwählern nach der in der Beilage A
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A RT. 6. Die Leitung der Verhandlungen der Landtagsabgeordneten erfolgt durch einen Präsidenten, welche aus dreien von den Ständen nach Eröffnung des Landtages mit absoluter Stimmenmehrheit aus ihrer Mitte zu wählenden Candidaten vom Herzog ernannt wird.
ABSCHNITT II Bedingungen des Wahlrechts und der Wählbarkeit A RT. 7. Jeder Staatsbürger des Herzogthums (Art. 14 des Grundgesetzes vom 23. August 1829) ist in der Gemeinde, in welcher er seinen ordentlichen Wohnsitz hat, als Urwähler wahlberechtigt und im ganzen Herzogthum als Wahlmann wählbar. Mit der Suspension oder dem Verluste des Staatsbürgerrechts nach den Bestimmungen des Grundgesetzes im Art. 14 und des Gesetzes vom 2. Mai 1846 tritt zugleich
R EVISION VON 1848 die Suspension oder der Verlust der Wahlberechtigung und Wählbarkeit ein. A RT. 8. Jeder, der die Eigenschaft eines Wahlmanns besitzt (Art. 7), ist vom zurückgelegten dreißigsten Lebensjahre an als Abgeordneter oder Ersatzmann für den Landtag wählbar. A RT. 9. Beamte im unmittelbaren Staatsund im Hofdienst, Militärpersonen, Geistliche und Lehrer bedürfen, so lange sie sich im activen Dienst befinden, zur Annahme einer Deputirtenwahl der Erlaubniß der Staatsregierung. A RT. 10. Das Wahlrecht kann nur in Person und nur in Einem Wahlbezirke ausgeübt werden.
ABSCHNITT III Verfahren bei den Wahlen A RT. 11. Das Wahlgeschäft erfolgt unter Aufsicht der Staatsregierung. Die Wahlmännerwahlen leiten die Gemeindebehörden der Wahlbezirke. Bei Vereinigung mehrerer Gemeinden zu einem Wahlbezirke leiten deren Vorstände die Wahl gemeinschaftlich unter Vorsitz des Vorstandes, den die übrigen Vorstände dazu ausersehen. Die Abgeordneten- und ErsatzmannsWahlen leiten Beauftragte der Staatsregierung. A RT. 12. Die Wahltermine müssen den Urwählern und Wahlmännern acht Tage vor dem Wahltermine unter Angabe des Orts der Wahlversammlung gehörig bekannt gemacht werden. Das Ausschreiben der Wahl im Regierungsblatt und durch Anschlag an die Gemeindetafel vierzehn Tage vor dem Wahltermine gilt für eine gehörige Bekanntmachung des Wahltermins. Dem Ermessen der Gemeinde bleibt es
überlassen, die Kenntniß von dem Wahltermin auch noch auf andere Weise zu verbreiten. A RT. 13. Zwischen der Tagfahrt der Wahlmänner- und der Abgeordneten- und Ersatzmanns-Wahl müssen mindestens acht Tage in Mitte liegen. A RT. 14. Die Urwahlen ländlicher Gemeinden werden in den Gemeindehäusern oder sonst einer geeigneten Räumlichkeit des Dorfes, bei Vereinigung mehrerer Ortschaften zu einem Urwahlbezirk des meist bevölkerten Dorfes dieses Bezirks vorgenommen. Die Abgeordneten- und ErsatzmannsWahlen der ländlichen Wahlbezirke geschehen innerhalb des betreffenden Wahlbezirks in dem Lokale, dessen Bestimmung dem Wahlcommissarius überlassen bleibt, die Ur- und Hauptwahlen in den Städten auf den dasigen Rathhäusern. A RT. 15. Die Urwahlen sind auf den Grund von Wahllisten zu bewirken. Die Wahllisten sollen wenigstens drei Tage lang vor dem Wahltermin am Wahlort öffentlich aufgelegt werden. A RT. 16. Jeder Wähler hat das Recht und die Pflicht, Berichtigungen der Wahlliste bei der wahlleitenden Behörde zu beantragen. Der Wahlact selbst kann durch Anträge auf Berichtigung der Wahlliste keinen Aufschub erleiden. A RT. 17. Die Wahlen erfolgen mittelst geheimer Abstimmung durch Wahlzettel. A RT. 18. Die Wahlversammlung darf die Stimmzettel durch drei Wahlberechtigte einsehen lassen. A RT. 19. Die Wahlmänner eines und desselben Urwahldistricts sind in einem Wahlact, die Abgeordneten und Ersatzmänner dagegen einzeln zu wählen.
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S ACHSEN -M EININGEN A RT. 20. Die Wahlmänner-Wahl erfolgt nach relativer Stimmenmehrheit der am ausgeschriebenen Wahltag am Orte der Wahlhandlung bis Nachmittags 4 Uhr erschienenen Urwähler. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Loos zwischen Denen, welche eine gleiche Stimmenzahl erhalten haben. Schlägt ein Wahlmann die auf ihn gefallene Wahl aus, so ist eine neue Wahl vorzunehmen. A RT. 21. Für die Abgeordneten- und Ersatzmanns-Wahl ist die Teilnahme von wenigstens zwei Dritttheilen der Wahlmänner an der Wahl wesentliches Erforderniß. Die Wahl der Abgeordneten und Ersatzmänner erheischt absolute Stimmenmehrheit der erschienenen Wahlmänner.
ABSCHNITT IV Prüfung der Wahlen A RT. 22. Nach Beendigung der Wahlen sind dieselben bei dem Landesministerium einer Vorprüfung zu unterwerfen und wird durch dessen Entscheidung die vorläufige Legitimation der einberufenen Abgeordneten begründet. A RT. 23. Die definitive Entscheidung über die Gültigkeit der Abgeordneten- und Ersatzmanns-Wahlen und über die hiervon abhängige fernere Zulassung oder Abweisung der Gewählten gehört zur Competenz des Landtags, sobald derselbe eröffnet worden ist.
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ABSCHNITT V Schlußbestimmungen A RT. 24. Der Art. 50 und das zweite Capitel im Tit. VI (Art. 63–79) des Grundgesetzes vom 23. August 1829, ferner die Wahlordnung von demselben Tage sind aufgehoben. Die Bestimmungen des Grundgesetzes über die landständischen Beamten in den Art. 53–62 und über den Landtag in den Art. 89–101 bleiben einer Revision und Abänderung mit Beirath und Zustimmung der nach diesem Wahlgesetze einberufenen ersten Abgeordnetenversammlung vorbehalten. A RT. 25. Gegenwärtiges Gesetz gilt als Theil der Verfassung des Herzogthums. Sollten durch die für Deutschland festzustellende Verfassung Abänderungen dieses Gesetzes nöthig werden, so wird die Staatsregierung dieselben anordnen und diese Anordnungen auf dem nächsten Landtage der Abgeordnetenversammlung mittheilen. Diese wird dann Beschluß darüber fassen, ob die vorläufig angeordneten Abänderungen mit der deutschen Verfassung in Uebereinstimmung stehen. Das Gesetz tritt mit der Verkündigung in Kraft. Urkundlich unter Unserer eigenhändigen Unterschrift und dem vorgedrucken Herzoglichen Siegel. Hildburghausen, den 3. Juni 1848. (L. S.) Bernhard Erich Freund. v. Werthern. Dr. Brandis.
R EVISION VON 1848
BEILAGE A WahlBezirk. I.
Ortschaften
Bevölkerung
Namen Stadt Salzungen Dorf Allendorf Kl. Allendorf Wildprechtroda Sa. Grundhof Neuendorf Witzelroda Sa. Nitzendorf Gräfendorf Röhrigshof, großer und kleiner Oberrohn Hüttenhof Möhra Sa. Waldfisch Gumpelstadt mit Erbach und Moormühle Sa. Oberellen Hütschhof, Clausberg Frommshof Sa.
II.
Marienthal Profisch Schweina mit Glücksbrunn Sa. Steinbach Altenstein Sa. Liebenstein mit Grumbach
3144 280 202 215 697 16 113 247 376 36 65 49 42 23 489 704 216 768 984 682 18 700 23 11 1535 1569 1412 18 1430
Zahl Bevölkerung Zahl der des der Wahlmänner Wahlbezirks Abgeordneten 9
2
1
2
3
2 19
6605
1
2
4
45
S ACHSEN -M EININGEN
WahlBezirk.
Ortschaften
Bevölkerung
Namen (Sauerbrunn) Bairode Rabelsgrube Sorge Meimers Farnbach Sa. Immelborn Hauenhof Ettmarshausen Uebelrode Kaltenborn Sa. Leimbach Dietlas Sa. Herrmannsrode Hohleborn Polsamich Langenfeld Unter- und Obersorghof Sa.
III.
Grumbach Altenbreitungen Neuhof Sa. Frauenbreitungen Bußhof Knollenbach Craimerhof Sa. Wernshausen Georgenzell Helmers Sa.
46
793 57 13 11 207 36 324 400 13 51 103 179 746 436 165 601 91 50 6 497 36 680 26 1059 62 1147 648 33 45 20 746 1073 150 239 389
Zahl Bevölkerung Zahl der des der Wahlmänner Wahlbezirks Abgeordneten 2
1
2
2
2 18
3
2 3
1
6143
1
R EVISION VON 1848
WahlBezirk.
Ortschaften
Bevölkerung
Namen Eckarts mit Schildbachsmühle Bernshausen Rosa Sa. Roßdorf Roßhof Kohlbachsmühle Sa. Kaltenlengsfeld Oberkatz Unterkatz Dörrensolz Oehlmühle Reifendorfer Mühle Sa.
IV.
Oepfershausen Hümpfershausen Sinnershausen Sa. Friedelshausen Die 3 Aumühlen Sa. Schwarzbach mit Schneidemühle Luckmühle Sa. Wahns Niederschmalkalden Zwick Warthammer Fischhaus Sa. Schwallungen Winde
353 170 256 426 950 14 9 973 530 380 488 8 9 4 509 595 465 58 523 606 27 635 431 6 437 375 288 20 48 6 362 854 11
Zahl Bevölkerung Zahl der des der Wahlmänner Wahlbezirks Abgeordneten 1
1
3 2 1
2 19 2
6526
1
2
2
1 1
1
47
S ACHSEN -M EININGEN
WahlBezirk.
Ortschaften
Bevölkerung
Namen Papiermühle Möckers Sa. Stadt Wasungen Maienluft Kloster Katzmühle Bonndorf Sa.
V.
Metzels Oberwallbachsmühle Kehlmühle Wallbach Sa. Solz Mehmels mit den beiden Mühlen Sa. Utendorf Bräuberg Helba Jerusalem Johannisberg Welkershausen Sa. Walldorf Landsberg Brückenmühle Sa. Melkers Rippershausen mit Schneidemühle Sa. Stepfershausen Herpf mit Papiermühle
48
10 191 1066 2544 7 17 6 64 2638 417 4 5 271 697 239 417 656 235 12 264 5 17 115 646 1569 14 9 1592 177 200 377 667 562
Zahl Bevölkerung Zahl der des der Wahlmänner Wahlbezirks Abgeordneten
3
8 20
2
2
2
5
1 2
6629
1
R EVISION VON 1848
Ortschaften
WahlBezirk.
Bevölkerung
Namen Träbes Sa. Geba Seeba Sa. Bettenhausen Heftenhof Schmerbach Ruppers Sa.
VI.
Stedtlingen Hermannsfeld Wolfgang Thurmgut Sorghof Fischhaus Sa. Henneberg Fasanerie Einödhausen Oberharrles Unterharrles Sa. Nordheim Bauerbach Sülzfeld Haselbach Gleimershausen Schmale Neumühle Amalienruh Schreckenmühle Haselmühle Sa. Dreißigacker
66 628 131 177 308 773 52 42 47 914 336 311 4 28 50 5 398 545 15 18 16 40 634 321 405 465 69 71 4 11 68 6 3 697 404
Zahl Bevölkerung Zahl der des der Wahlmänner Wahlbezirks Abgeordneten 2
1
3 20 1
6485
1
1
2 1 1
2 1
49
S ACHSEN -M EININGEN
WahlBezirk.
Ortschaften
Bevölkerung
Namen Untermaßfeld Knochenmühle Sa. Wölfershausen Steinmühle Kätzeroda Sa. Bibra Heinmühle Aroldshausen Sa. Jüchsen Schreckenmühle Unrathsmühle Sa. Neubrunn Ritschenhausen Sa. Obermaßfeld
VII.
VIII.
Residenzstadt Meiningen mit der Wust. Defertshausen
6458
Einhausen Grimmenthal Ellingshausen Sa. Behlrieth Hofteich Sa. Vachdorf Leutersdorf Henfstädt
50
667 3 670 288 4 7 299 565 8 16 589 800 9 6 815 370 257 627 346
359 26 227 612 340 6 346 660 350 356
Zahl Bevölkerung Zahl der des der Wahlmänner Wahlbezirks Abgeordneten
2
1
2
2
2 1 19
6641
1
6458
1
20
2
1 2 1
R EVISION VON 1848
WahlBezirk.
Ortschaften
Bevölkerung
Namen Tachbachsmühle Sa. Lengfeld Oberstadt Tachbach Grub Sa. Marisfeld mit Schloßmühle Schmehheim Themar mit der Rangen- und Stangenmühle Rasenmühle Weißbacher Papiermühle Ehrenberg Sa. Beinerstadt Grimmelshausen Wachenbrunn Sa.
IX.
Reurieth Holzmühle Trostadt Siegritz Sa. St. Bernhard Dingsleben Obendorf Sa. Erdorf mit Mühle Queienfeld Rentwertshausen Sa. Schwickershausen Debertshausen
5 361 346 373 109 127 609 650 315 1420 14 5 110 1609 373 151 151 302 445 9 71 197 722 224 283 156 663 411 552 202 754 289 3
Zahl Bevölkerung Zahl der des der Wahlmänner Wahlbezirks Abgeordneten 1 1
2 2 1
5 1
1 20
6533
1
2
2 1
2
51
S ACHSEN -M EININGEN
WahlBezirk.
Ortschaften
Bevölkerung
Namen Sa. Behrungen Berkach Sa. Wolfmannshausen Mendhausen Milz Brettermühle das. Braundorfsmühle Geiersmühle Sülzdorf Mönchshof Sa. Heina Spring- und Lohmühle Hutschmühle Sa.
X.
Stadt Römhild mit Hospital Westenfeld mit Mühle Gleichamberg Glasersmühle Buchenhof Hindfeld Sa. Eicha Linden Gleicherwiesen Sa. Simmershausen Stressenhausen Bedheim Roth
52
292 557 514 1071 416 362 826 5 11 7 146 32 1027 725 16 5 746
Zahl Bevölkerung Zahl der des der Wahlmänner Wahlbezirks Abgeordneten 1
3 1 1
3
2 18
1649
5
332 473 3 11 137 624 364 260 444 704 332 377 499 275
1
2 1
2 1 1
6464
1
R EVISION VON 1848
WahlBezirk.
Ortschaften
Bevölkerung
Namen Sa. Zeilfeld Friedenthal Sa. Streufdorf Seidingstadt Sa.
XI.
Westhausen Völkershausen Haubinda Schlechtsart Sa. Leitenhausen Gompertshausen Albingshausen Sa. Rieth Schweikershausen Volkmannshausen Sa. Poppenhausen Käßlitz Sa. Hellingen Lindenau Friedrichshall Erlebach Colberg Billmuthhausen Sa. Ummerstadt Holzhausen Gellershausen Sa. Heldburg mit Veste
774 261 39 300 815 280 1095 560 127 92 153 932 19 477 106 602 427 211 68 706 160 207 367 742 396 12 29 199 75 711 774 205 458 663 1166
Zahl Bevölkerung Zahl der des der Wahlmänner Wahlbezirks Abgeordneten 2
1
3 19
6551
1
3
2
2
1 2
2 2
2
53
S ACHSEN -M EININGEN
Ortschaften
WahlBezirk.
Bevölkerung
Namen Einöd Neuhof, Hundshauk u. Seemühle
46
Sa. XII.
Stadt Hildburghausen Sophienthal Wallrabs Sa. Ebenharz Häßelrieth Sa. Pfersdorf Leimrieth Sa. Steinfeld Adelhausen Eishausen Massenhausen Sa.
XIII.
Birkenfeld Heßberg Weitersroda Friedrichsanfang Sa. Kloster Veilsdorf Dorf Veilsdorf Hetschbach Schackendorf Sa. Bockstadt Herbartswind Harras Sa. Bürden
54
Zahl Bevölkerung Zahl der des der Wahlmänner Wahlbezirks Abgeordneten
85 1297 4360 21 207 4588 218 420 638 254 141 395 368 145 490 70 705 308 362 237 29 628 98 654 113 192 1057 134 99 430 663 239
4 20
6794
1
6694
1
13
2
1 1
2 19
2
3
2
R EVISION VON 1848
WahlBezirk.
Ortschaften
Bevölkerung
Namen Goßmannsroda mit Seemühle Poppenwind Sa. Brünn Crock Hirschendorf Sa. Hinterrod Brattendorf Oberwind Sa. Sachsendorf Tossenthal Schwarzenbrunn Schirnrod Sophienau Sa.
248 216 703 344 588 221 804 122 244 270 636 651 63 423 159 13 658
Zahl Bevölkerung Zahl der des der Wahlmänner Wahlbezirks Abgeordneten
2 1
2
2 2
2 6457
XIV.
Stadt Eisfeld mit Herrnmühle, Neumühle, Trauts- und Wiesenmühle Steudach Sa. Einsiedel Waffenrod Sa. Tellerhammer Schwarzbach mit Apelsthaler Mühle Merbelsrod mit Herrnmühle Engenstein
2998 144 3142 70 237 307 62
10
1
234
Sa.
242 99 637
2
Biberschlag mit
55
S ACHSEN -M EININGEN
WahlBezirk.
Ortschaften
Bevölkerung
Namen Richters- und Rothemühle Schnett Fehrenbach Heubach
XV.
386 644 450 746
Lichtenau Ernstthal Sa. Gabel Oberneubrunn Unterneubrunn Sa. Neustadt Kahlert Sa. Gießübel Stelzen Friedrichshöhe Saargrund Siegmundsburg Limbach mit Massenmühle und Pochwerk Sa. Weitesfeld Gundelswind Truckenthal mit Lindners Schneidemühle Sa. Schalkau Schaumberg Sa. Bachfeld Ehnes Katzberg
56
137 209 346 73 516 250 839 710 33 743 711 138 48 110 273 71 640 55 27
227 309 1113 7 1120 316 101 100
Zahl Bevölkerung Zahl der des der Wahlmänner Wahlbezirks Abgeordneten 1 2 1 2 19
1
2
2 2
2
1
3 1
6312
1
R EVISION VON 1848
WahlBezirk.
Ortschaften
Bevölkerung
Namen Hörnleinsburg Heid Sa. Almerswind Biegemühle Roth (Unterroth) Foßloch (Oberroth) Sa. Truckendorf Weihersmühle Emstadt Görsdorf Sa. Döhlau Korberoth Rückerswind Selchendorf Welchendorf Sa.
XVI.
Grümpen Fichtach Hohetann Melchersberg Rabenäussig Sa. Effelder Aumühle Papiermühle Blatterndorf Seltendorf Sa. Schichtshöhn Mengersgereuth Kleinmühle das. Schmidtsgrund
15 133 349 217 4 90 20 331 112 22 76 100 310 101 21 123 50 77 372 191 43 22 94 27 377 453 11 10 126 116 716 168 418 50 67
Zahl Bevölkerung Zahl der des der Wahlmänner Wahlbezirks Abgeordneten
1
1
1
1 18
6386
1
1
2
57
S ACHSEN -M EININGEN
WahlBezirk.
Ortschaften
Bevölkerung
Namen Sa. Hämmern Grabenguth Augustenthal Schwarzwald Sa. Meschenbach Rauenstein Sa. Theuern Richtersmühle Theurergrund Massenmühle Neundorf Neumannsmühle Neumannsgrund mit Massenmühle Mausendorf Zairenhaus Sa. Steinheid Lauscha mit Massenmühle Bernhardsthal Glücksthal Unterlauscha Wiesleinsmühle Sa. Igelshieb
XVII.
Forschengereuth mit Ziegelhütte Mürschnitz Sa. Sonneberg, Stadt, mit 2 Massenmühlen,
58
703 785 11 51 90 937 136 577 713 119 2 128 4 53 5 17 63 8 399 756 1033 7 18 20 168 9 1255 339
196 167 363
Zahl Bevölkerung Zahl der des der Wahlmänner Wahlbezirks Abgeordneten 2
3
2
1 2
4 1 18
1
6195
1
R EVISION VON 1848
WahlBezirk.
Ortschaften
Bevölkerung
Namen einer Lohmühle einer Schneidmühle und Ziegelhütte dem vordern und hintern Eichberg Neufang Bettelhecken mit Merbelmühle Hönbach Sa. Oberlind mit Ackersmühle
Sa. Heubisch mit Schreppols- und Heins Schneidemühle, Berg- und Wiesenmühle Mupperg Mogger Liebau Kaulsroth Oerlsdorf Lindenberg Sichelreuth mit Körners- und Veitswustung
13 1
173 196 369
1
267 12 66 345
377 333 58 47 16 135 160
Sa. Rotheul mit Mühle Biedermannswustung Bühlswustung Manschettenwustung
4444 303
920
XVIII. Unterlind Rohhof Weidhausen
Zahl Bevölkerung Zahl der des der Wahlmänner Wahlbezirks Abgeordneten
216 632 45 5 5 4
5 19
6399
1
1
1 1
2
59
S ACHSEN -M EININGEN
WahlBezirk.
Ortschaften
Bevölkerung
Namen Dreiwustungen Fähnleinswustung Frankenwustung Gründleinswustung Hasenwirthshaus Hasenwustung Kesselswustung Peschenwustung Kirchnerswustung Mörderswustung Krögelswustung Langenmüß Neuburg Pfadenhauerswustung Regelswustung Röhrigswustung Schorangerswustung Schneiderswustung Schwarzenwustung Siebenbirkenwustung Vetterswustung Sa. Neuhaus Bernhardsgrube, Minna und Sophiengrube Eisenwerk bei Neuhaus Buch Gefell Mark Schierschnitz Rottmar Sa.
60
1
25
Sa.
Altenberg
14 7 17 3 8 13 16 4 12 11 3 3 9 31 18 4 6 7 8 7 8 314 705
Zahl Bevölkerung Zahl der des der Wahlmänner Wahlbezirks Abgeordneten
106 68 904 245 38 226 130 639 8
3
2
R EVISION VON 1848
WahlBezirk.
Ortschaften
Bevölkerung
Namen Gessendorf Schwärzdorf Eichitz Föritz mit Föritz am Berg Sa. Malmerz mit Fuchsmühle Steinbach Sa. Köppelsdorf Mönchsberg Heinersdorf Sa. Jagdshof Hüttengrund Bergnersmühle Heymannsmühle Oberhammer Hüttensteinach Bernhardshütte Unterhammer Sa.
XIX.
Judenbach Räppoldsburg Rottenbach Sa. Steinach mit Heubachsmühle Hohenhofen das. Obersteinach Sonntagshammer Wiefelsburg Sa. Sattelpaß Sattelgrund Neuenbau
21 152 46 137 364 148 211 359 319 86 876 962 202 268 29 11 74 82 44 27 737 1069 14 30 1113 2430 23 5 30 16 27 2531 119 11 266
Zahl Bevölkerung Zahl der des der Wahlmänner Wahlbezirks Abgeordneten
1
1 1
3
2 19
6285
1
3
8
61
S ACHSEN -M EININGEN
WahlBezirk.
Ortschaften
Bevölkerung
Namen Eschenthal mit Hohenhofen das. Sa. Haselbach Friedrichthal (S.B.) Giftigsmühle Sa. Haasenthal Hohenofen Friedrichthal (Gr. Bez.) Vorwerk Haasenthal Marienthal Sa. Ernsthal Spechtsbrunn mit Christiangrün Sa. Creunitz mit Arnsbach Lichtenhain Buchbach Sa.
XX.
Piesau mit Mittelberg Wallendorf Ascherbach Bock untere und obere Teich Sa. Sommersdorf Lippelsdorf Sa. Gebersdorf Taubenbach Sa. Stadt Gräfenthal Meernach
62
36 33 465 335 22 10 367 365 83 36 56 66 606 287 464 17 768 159 233 274 666 497 628 17 87 76 808 108 218 326 298 48 346 1530 115
Zahl Bevölkerung Zahl der des der Wahlmänner Wahlbezirks Abgeordneten
1
1
2
2
2 19 1
2
1
1
6506
1
R EVISION VON 1848
WahlBezirk.
Ortschaften
Bevölkerung
Namen Sa. Probstzella Zopten Schlaga Sa. Lichtentann Schmiedebach Petersgrün (Louisengrün) Sa. Brennersgrün Lehesten Sa.
XXI.
Großgeschwenda Kleinneundorf Sa. Großneundorf Gösselsdorf Sa. Reichmannsdorf Schmiedefeld mit Schwefelloch Lamprecht Schlagathal Sa. Limbach (Gr. Bez.) Markgölitz Gabegottes Obergölitz Hühnerschenke Königsthal Pippelsdorf Sa. Reichenbach Oberloquitz
1645 514 201 62 777 386 335 25 360 180 1130 1310 264 121 385 194 212 406 777 730 115 46 891 121 312 36 14 7 78 51 619 71 174
Zahl Bevölkerung Zahl der des der Wahlmänner Wahlbezirks Abgeordneten 5
2 1
1
4 18
6365
1
1
1 2
3
2
63
S ACHSEN -M EININGEN
WahlBezirk.
Ortschaften
Bevölkerung
Namen Jemichen Schaderthal Sa. Wickersdorf Kleingeschwende mit Windmühle Karlshausen Hoheneiche Lositz Sa. Bernsdorf Volkmannsdorf Sa. Arnsgereuth Witzendorf Elsterschenke Birkenhaide Sa. Wittmannsgereuth Garnsdorf Sa. Weischwitz Obernitz Köditz mit Neumühle u. Wetzelstein Sa. Unterwirrbach Beulewitz Au am Berg Grabe Crösten Wölsdorf Remschütz mit Göritzmühle Dorf Culm
64
43 77 365 133 122 8 35 79 377 103 262 365 129 93 14 144 380 106 178 284 130 135
116 381 381 86 111 179 82 50 195 75
Zahl Bevölkerung Zahl der des der Wahlmänner Wahlbezirks Abgeordneten
1
1
1
1
1
1 1
R EVISION VON 1848
WahlBezirk.
Ortschaften
Bevölkerung
Namen Sa.
XXII.
Stadt Saalfeld Alt-Saalfeld Blaufarbenwerk und Schmelzhütte
778 4483 295
Sa. Altefreiheit Altemarkt Grünhain Sa. Oberpreilipp Unterpreilipp Schloßkulm Sa. Gorndorf Röblitz Oberwellenborn Unterwellenborn Sa. XXIII. Birkigt Eichschenke Westenhof Lausnitz Sa. Reichenbach Langenschade Catharinau Naundorf mit Pfeffermühle Sa. Weißbach Weißen Weißenburg Sa.
32 327 99 145 72 316 108 158 100 366 261 160 271 281 973 204 13 6 98 321 146 301 155 51 653 100 232 16 348
Zahl Bevölkerung Zahl der des der Wahlmänner Wahlbezirks Abgeordneten 2 18 6389 1 13
1
1
1
3 19
6465
1
1
2
1
65
S ACHSEN -M EININGEN
WahlBezirk.
Ortschaften
Bevölkerung
Namen Friedebach Herschdorf Hütten Schlettwein Sa. Jüdewein Pößneck Erkmannsdorf Sa.
XXIV. Rödelwitz mit Heilingen Milda Sa. Großkochberg mit Teichmühle u. Cleswitz Treppendorf Barchfeld Kaffenburg Sa. Stedten Stedter Mühle Achelstädt Sa. Osthausen Riechheim Gügleben Hohenfelden mit Hornmühle Sa. Crannichfeld mit Oberschloß, Ziegelhütte und Mühlen Mosen
66
161 200 125 276 762 342 4066 10 4076
132 252 384
379 166 165 5 336 70 10 240 320 398 174 154
Zahl Bevölkerung Zahl der des der Wahlmänner Wahlbezirks Abgeordneten
2 1
12 19
1
1
1
1 1
71 399
1
804 357
2 1
6502
1
R EVISION VON 1848
WahlBezirk.
Ortschaften
Bevölkerung
Namen Lichtenhain Vierzehnheiligen Sa. Eckelstädt Würchhausen Rodameuschel Sa. Münchengosserstädt Döbritschen Sa. Schmiedehausen Tümpling Sa. Weichau Stöben Ober- u. UnterNeusulza
XXV.
153 307
Stadt Camburg Wonnitz Zöthen Posewitz Schinditz Sa. Crölpa Lobschütz Tultewitz Kaatschen Freiroda Schieben Sa. Boblas Neidschütz Sa. Priesnitz
246 170 416 490 90 91 671 297 72 369 520 109 629 47 107
1498 58 25 36 33 1650 120 78 86 102 172 127 685 179 241 420 342
Zahl Bevölkerung Zahl der des der Wahlmänner Wahlbezirks Abgeordneten
1
2
1
2
1 16
5769
1
5
2
1 1
67
S ACHSEN -M EININGEN
WahlBezirk.
Ortschaften
Bevölkerung
Namen Abtlöbnitz Leislau Sa. Kleingestewitz Krauschwitz Sieglitz Schleuskau Döbrichau Molau Sa. Köckenitsch Casekirchen Sa. Aue Kauerwitz Utenbach Sa. Seidewitz Seiselitz Kleinprießnitz Graitschen Sa. Wichmar mit Papiermühle Thierschneck Sa. Janisrode Heiligenkreuz Sa.
1
215 207 422 81 127 234 69 33 161 705 145 156 301 142 80 83 305 123 42 79 154 398 244 119 363 174 187 361
Zahl Bevölkerung Zahl der des der Wahlmänner Wahlbezirks Abgeordneten
1
2
1
1
1
1
1 17
5952
1
Ediert nach Sammlung der landesherrlichen Verordnungen im Herzogthume Sachsen-Meiningen, Jahrgang 1848, Bd. 9, No. 14, Meiningen, S. 93–124.
68
Verfassung von Sachsen-Weimar-Eisenach (1809) Constitution der vereinigten Landschaft der Herzogl. Weimar und Eisenachsch. Lande, mit Einschluß der Jenaischen Landesportion, jedoch mit Ausschluß des Amtes Ilmenau1 CAP. I Haupt-Grundsätze § 1. Drey Kreise. Die zeitherigen 3 Landschaften, von Weimar, Eisenach und Jena, werden in eine gemeinschaftliche Landschaft vereinigt, welche aus 3 Kreisen, dem Weimarischen, Eisenachis. und Jenaischen besteht. § 2. Landschaftliche Deputation und General-Landschafts-Director. Die sämmtlichen Geschäfte dieser vereinigten Landschaft besorgt, unter dem Vorsitze eines General-Landschafts-Directors, eine besondere Ständische Deputation, und alle zeitherige Ausschüße der drey Landschaften, nebst der Jenaischen Ordinar-Deputation, auch der Weimaris. und Jenaischen Prälatur, hören völlig auf, doch verliehrt dadurch keins der aus den Landschaftlichen Cassen zeither salarirten Glieder der Landschaften, so wenig als einer der Landschaftl. Diener, auf seine Lebenszeit etwas an seinem Gehalte oder sonstigen Vortheilen. § 3. Landschafts-Kollegium und Landräthe. An die Stelle der drey verschiedenen, zeither zu Verwaltung der Steuergeschäfte verordnet gewesenen Behörden, nehmlich der beyden Landschafts-Caßen Directorien zu Weimar und Eisenach und der Jenaischen ordinar Deputation, in der Eigenschaft eines Steuer Collegii, zu Jena, tritt
eine einzige, unter den Nahmen des Landschafts-Collegii zu Weimar, welchem zugleich die Verwaltung noch einiger anderer öffentlicher Caßen übertragen wird, und mit dem auch die Landräthe verbunden werden. § 4. Anfang der neuen Einrichtung. Alle vorstehende Einrichtungen fangen mit dem bevorstehenden 23ten October des gegenwärtigen Jahres an.
CAP. II Von den drey Kreisen § 5. Der zu jedem Kreise gehörige Theil der Herzogl. Lande. Der Weimaris. Kreis begreift die sämmtlichen Herzogl. Weimaris. Lande, jedoch mit Ausnahme des Amtes Ilmenau, in sich. Daß unlängst zu diesen Landen geschlagene, vormals Eisenachis. Amt Großenruderstädt gehört daher mit zu dem besagten Kreise. Den Eisenachis. Kreis machen die Herzogl. Eisenachis. Lande, sowie sie sich dermalen befinden, aus. Der Jenais. Kreis besteht aus der zeitherigen Jenaischen Landesportion. § 6. Jeder Kreis besteht aus zwey Classen von Ständen. Ein jeder Kreis erhält zwey verschiedene Classen von Ständen, a.) Gutsbesitzer und b.) Städte.
69
S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH Zu der ersten Classe gehören alle diejenigen, welche zeither, in Absicht ihrer Güter, Gerichtsortschaften oder anderer Zubehörungen, das Recht hatten, zu den allgemeinen Landtagen ihrer Landschaft berufen zu werden. Bloße Besitzer von Erbzinsen und andern Gefällen, welchen weder ein Gut noch die Gerichtsherrlichkeit zusteht, haben des Vorzugs der Standschaft sich nicht zu erfreuen. Zu der zweiten Classe gehören alle Städte, welche bisher bey den allgemeinen Landtagen ihrer Landschaft mit einberufen wurden. § 7. Die Academie Jena ist in allen 3. Kreisen gehöriger Stand. Die Academie Jena behält, und zwar als Academie, das Recht der Standschaft, wird jedoch, ungeachtet des Besitzes ihrer beyden Dotalgüter, zu keinem einzelnen Kreise gerechnet, sondern, in der Eigenschaft einer Landes-Academie, als allen 3 Kreisen gehörig angesehen.
CAP. III Von der landschaftlichen Deputation § 8. Organisation der Deputation. Die landschaftliche Deputation besteht, außer dem General-Landschafts-Director, von welchem das folgende Capitel besonders handelt, aus zwölf Deputirten. Von diesen sind 6. aus dem Weimaris. Kreise, als: 3 Gutsbesitzer, 3. von den Städten, 3. aus dem Eisenachischen Kreise, als: 2. Gutsbesitzer, 1. von den Städten, 2. aus dem Jenaischen Kreise, als: 1. Gutsbesitzer, und 1. von den Städten, und 1. von der Academie Jena. Die Deputirten aus der Classe der Gutsbesitzer können eben sowohl nichtadelichen
70
als adelichen Standes sein. Bey den städtischen Deputirten wird nicht die ganze Stadt, sondern bloß dieses oder jenes Individuum aus dem städtischen Corpore selbst zum Deputirten bestimmt, und es ist übrigens hinreichend, wenn daßelbe ein wirkliches Rathsglied einer der Städte des Kreises ist. Der academische Deputirte muß ein Glied des academischen Senats seyn. § 9. Versammlungen derselben. Diese Landschaftliche Deputation versammelt sich ordentlicher Weise zu Weimar alle Jahre einmal; und zwar ohne, daß es einer besondern Zusammenberufung bedarf, jedesmal an dem zweyten, auf die Zahlwoche der Leipziger Michaelis Messe fallenden Montage. Eine außerordentliche Versammlung der Deputirten findet nur dan Statt, wenn der Landesherr solches für nöthig findet, und daher ihre Zusammenberufung befiehlt. In dem gegenwärtigen Jahre geschieht die ordentliche Versammlung am 23ten des bevorstehenden Monats October, und dies ist auch die Ursache, warum, nach dem 4ten §., die neue Einrichtung gerade mit diesem Tage ihren Anfang nehmen soll. § 10. Glieder der ersten Deputation und deren Sitzordnung. Es ist nothwendig, daß die Landschaftliche Deputation aus solchen Gliedern zusammen gesezt sey, welche sattsame Kenntniß von den Landschaftlichen Angelegenheiten haben; mit Einwilligung der Stände ist gegenwärtig die Einrichtung getroffen worden, daß dieselbe zu Anfange, außer dem General-Landschafts-Director, aus folgenden Personen, und in der nachbemerkten Ordnung, bestehen solle: 1.) dem Herzogl. Weimaris. wirkl. Geheimen Rathe und Landschafts-Director, von Wangenheim, von Seiten der Gutsbesitzer des Eisenachis. Kreises, 2.) dem Herzogl. Weimaris. Geheimen Kirchen Rathe und Profeßor der Theologie,
V ERFASSUNG VON S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH (1809) D. Griesbach zu Jena, von Seiten der dasigen Universität, 3.) dem Königl. Sächsis. Cammerherrn, von Helldorf, 4.) dem Königl. Preußis., auch Herzogl. Weimarischen Cammerherrn und Herzogl. Weimaris. Landrathe, Freyh. von Egloffstein, 5.) dem Fürstl. Schwarzburg-Rudolstädtis. Geheimen Cammerrathe und Herzogl. Weimaris. Landrathe, Freiherrn von Lyncker, den 3. leztern, von Seiten der Gutsbesitzer des Weimaris. Kreises, 6.) dem Herzogl. Weimaris. Geheimen Cammerrathe Eichel, von Seiten der Gutsbesitzer des Eisenachis. Kreises, 7.) dem Herzogl. Weimaris. Landrathe von Schlegel, von Seiten der Gutsbesitzer des Jenaischen Kreises, 8.) dem Deputirten der Residenzstadt Weimar, 9.) dem Deputirten der Stadt Buttstädt, 10.) dem Deputirten der Stadt Dornburg, den 3. leztern von Seiten der Städte des Weimaris. Kreises, 11.) dem Deputirten der Residenzstadt Eisenach von Seiten der Städte des Eisenachis. Kreises, und 12.) einem Deputirten der beyden Städte, Jena und Allstädt, welche deshalb unter sich selbst sich noch zu vereinigen haben werden, von Seiten der Städte des Jenais. Kreises. § 11. Succeßive Erneuerung der Deputationsglieder. Diese 12 Deputirten werden alle 6. Jahre, erneuert, und zwar so, daß in jedem Jahre zwey ausgehen, an deren Stelle sodan wieder zwey neue gewählt werden. Die Reihe, wie solches geschehen soll, wird für die ersten 6. Jahre durchs Loos bestimmt. Doch ist hiervon der Herzogl. Weimaris. wirkl. Geheime Rath und Landschafts-Director von Wangenheim ausge-
nommen, als welcher Lebenslänglich ein Glied der Deputation bleibt. Auch bey den übrigen dermaligen Deputirten nimmt die Zeit des succeßiven Austritts erst nach Verfluß von 3. Jahren mithin im October 1812. ihren Anfang, und es geschieht daher die diesfallsige Bestimmung durchs Loos erst bey der ordentlichen Deputations-Versammlung des Jahres 1811. § 12. Wie es mit der Wahl neuer Deputirten der Kreise zu halten? Wenn unter den Landschaftl. Deputirten entweder durch das, nach Ablauf ihrer 6.Jährigen Zeit geschehende Austreten, oder durch den unterdeßen erfolgenden tödtl. Hintritt eines derselben, oder dadurch, daß eines unter ihnen die Eigenschaft, welche ihn zum Deputirten qualificiert, verliert (z. B. wenn ein Gutsbesitzer das Gut in dem Kreise, von dem er Deputirter war, verkauft, wenn der academische Deputirte seine Professor-Stelle niederlegt, wenn ein städtischer Deputirter aufhört, ein wirkliches Rathsglied zu sein.) oder sonst auf eine andere Art eine Vacanz entsteht; so wird, im ersten Falle, bey der von der Austrittszeit nächstvorhergehenden ordentlichen Deputations-Versammlung, und in den übrigen Fällen bey der, auf das Absterben oder den Abgang zunächstfolgenden – ordentlichen oder außerordentlichen – Landschaftlichen Deputations-Zusammenkunft, über die vorzunehmende Wahl gemeinsame Deliberation angestellt, und es dabey in nachstehender Maaße gehalten. Gehört der Abgegangene zu einem der 3. Kreise; so ist der Neue nicht nur wieder aus eben dem Kreise, sondern auch aus eben der Classe des Kreises zu nehmen, wozu sein Vorgänger sich zählte. War daher solcher ein Gutsbesitzer; so muß der neue gleichfalls ein Gutsbesitzer aus eben dem Kreise; und war es ein Deputirter von den Städten, so muß der neue gleichfalls ein Rathsglied eines der Städte eben dieses Kreises sein.
71
S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH Die Deputirten des Kreises, zu welchem der Abgegangene sich rechnete, schlagen hierbey zuvörderst der gesamten Landschaftl. Deputation einige ihnen hierzu schicklich scheinende Personen vor, diese aber stellt sodann darüber ihre collegialische Berathschlagung an, und in Gemäsheit des darauf nach den mehresten Stimmen, gefaßten Schlusses, fordert der GeneralLandschafts-Director die sämmtlichen Stände des Kreises, zu welchem der Abgegangene gehörte, mittelst Circulars zur Wahl eines neuen Deputirten auf, und macht ihnen dabey zugleich einige, der ganzen Landschaftl. Deputation als vorzüglich empfehlungswürdig erschienene Personen nahmhaft. Doch sind die Stände deshalb nicht gerade gebunden, nothwendig eine dieser Personen wirklich zu wählen. Wenn an die Stelle eines, nach Verfluß der constitutionsmäßigen 6. Jahre austretenden Deputirten, ein neuer zu wählen ist; so kann auch der vorige wieder gewählt werden und ebenso kann auch derselbe von der Landschaftl. Deputation den Ständen des Kreises vorgeschlagen werden. Ein Stand hingegen, deßen Wohnort sich über 12. Meilen von Weimar entfernt befindet, ist schlechterdings unwahlfähig, und es darf folglich auch ein Deputationsglied, wenn es während seiner 6.jährigen Zeit einen entfernten Wohnort genommen hätte, nicht weiter gewählt werden. Sollten bey der Wahl eines Deputirten 2. Personen völlig gleiche Stimmen haben; so entscheidet darüber das Loos, welches entweder bey der Landschaftl. Deputation selbst oder bey dem General-LandschaftsDirector gegriffen wird. Wofür nun die Wahl der Stände ausgefallen ist, davon wird sofort dem Landesherrn von dem General-Landschafts-Director zum Behuf der zu ertheilenden Confirmation, gehörige Anzeige gethan. Erfolgt dieselbe, mittelst eines an den leztern erlassenen Landesherrlichen Decrets, so macht
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er solche nicht nur dem neuen Deputirten mittelst Schreibens, sondern auch den sämmtlichen Ständen aller 3. Kreise mittelst Circulars bekannt. § 13. Vorschriften wegen des diesfallsigen Stimmrechts der Kreisstände. In Ansehung des Rechtes der Stände eines jeden Kreises, bey der Wahl eines neuen Deputirten seines Kreises ihre Stimmen zu geben, ist noch folgendes zu bemerken: 1.) Der General-Landschafts-Director verliert durch seine Stelle keineswegs das Stimmrecht bey der Wahl eines neuen Deputirten seines eigenen Kreises; und es ist ihm daher verstattet, in dem deshalb an die Stände deßelben zu erlassenden Circular selbst, denjenigen Stand zu benennen, welchem er seine eigene Stimme zu ertheilen sich veranlaßt findet. 2.) Ein jedes der Glieder der Deputation hat ebenfalls das Recht, bey der Wahl eines neuen Deputirten seines eigenen Kreises seine Stimme zu geben und die Deputirten des Kreises, welcher zu wählen hat, erhalten zu dem Ende das diesfallsige Circular allezeit zuerst. 3.) Wenn einer einzigen Person mehrere landtagsfähige Güter in einem Kreise zustehen, so hat sie für jedes derselben eine besondere Stimme; wenn hingegen mehrere Personen zusammen ein einziges Gut dieser Art in einem Kreise gehört, so haben sie deshalb zusammen nur eine einzige Stimme. 4.) Wenn Frauenzimmer, oder außerhalb der Herzogl. Weimar- und Eisenachis. Lande wohnende Gutsbesitzer, bey einer Wahl mitstimmen wollen, so haben sie deshalb im voraus einen Gutsbesitzer ihres Kreises Auftrag zu thun, auch solches dem GeneralLandschafts-Director anzuzeigen. An diejenigen, welche dies nicht gethan haben, wird von dem leztern das Wahlcircular nicht erlaßen. Doch darf ein Stand neben seiner eigenen Stimme nicht mehr als eine fremde
V ERFASSUNG VON S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH (1809) Stimme führen, den einzigen Fall ausgenommen, wenn in einem Kreise die Zahl der Frauenzimmer oder der außer den Herzogl. Landen wohnenden Gutsbesitzer größer wäre, als die Zahl der in dem Kreise wohnenden Gutsbesitzer selbst.
§ 14. Wie es mit der Wahl eines neue academischen Deputirten zu halten? Kommt die Stelle des Deputirten der Academie Jena, entweder durch den, nach abgelaufenen sechs Jahren, erfolgenden constitutions mäßigen Austritt, oder in der Zwischenzeit durch Absterben oder sonstigen Abgang zur Erledigung, so werden im erstern Falle spätestens vier Wochen vor der zunächst vor dem Austritts Termine vorhergehenden ordentlichen Deputations-Versammlung, und im leztern Falle spätestens vier Wochen vor dem auf das Absterben oder den sonstigen Abgang zunächst folgenden ordentlichen oder außerordentlichen Versammlung der Deputation, dem General-Landschafts-Director von dem academischen Senate zwey bis drey seiner Glieder – unter welchen im erstern Falle auch der Austretende wieder mit begriffen sein kann, – nahmhaft gemacht; worauf der General-Landschafts-Director dieselben sofort dem Landesherrn schriftlich präsentirt. Der leztere wählt sodann einen darunter, und macht solches dem ersten mittelst Decrets bekannt. Sobald dieses einlangt, gibt der General-Landschafts-Director davon nicht nur dem akademischen Senate, mittelst Schreibens, sondern auch der gesammten Landschaft, mittelst Circulars gehörige Kenntniß.
§ 15. Sitzordnung der künftig hinzukommenden Deputirten. In Ansehung der Sitzordnung der künftig neu hinzukommenden Deputirten wird es in folgender Maaße gehalten.
Tritt ein neuer Deputirter aus der Classe der Gutsbesitzer in die Deputation, so nimmt derselbe er sey von welchem Kreise er wolle, allezeit den lezten Platz unter den Deputirten dieser Classe ein. Kommen mehrere Gutsbesitzer aus verschiedenen Kreisen auf einmal in die Deputation, so ordnen sie sich unter einander nach der oben §. 1. und 5. bestimmten Ordnung der Kreise. Wenn daher ein Weimaris. und ein Eisenachischer Deputirter zugleich einrücken, so sitzt zuerst der Weimaris. und dann der Eisenachische; wenn ein Eisenachis. und Jenaischer Deputirter zugleich einrücken, so sitzt zuerst der Eisenachische und dann der Jenaische u. s. w.. Treten bey dem Weimarund Eisenachis. Kreise mehrere Gutsbesitzer eines Kreises zugleich in die Deputation, so bestimmt die Zeit ihrer ersten Belehnung den Rang unter ihnen. Wird der academische Deputirte erneuert, so nimmt der neue Deputirte den Platz zwischen dem sechsten Deputirten aus der Classe der Gutsbesitzer und dem ersten Deputirten aus der Classe der Städte ein; in der Folge aber roulirt er mit den Deputirten aus der Classe der Gutsbesitzer, so daß der nächste derselben, welcher nach ihm in die Deputation gesezt wird, den Platz hinter ihm erhält. Kommt ein neuer Städtischer Deputirter hinzu; so nimmt er jederzeit den lezten Platz unter allen 12. Deputirten ein, ohne Unterschied, zu welchem Kreise er gehört. Treten mehrere Städtische Deputirte auf einmal in die Deputation, so ordnen sie sich unter einander, nach der vorerwähnten Rangordnung der Kreise. Treten bey dem Weimaris. Kreise mehrere städtische Deputirte deßelben auf einmal hinzu, so bestimmt der Rang, welcher zeither bey Landtagen die Städte unter einander hatten, ihre Sitzordnung unter sich. Wird ein schon vorhandener Deputirter nach Ablauf der 6. Jahre aufs neue wieder gewählt, so behält er seinen alten Platz.
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S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH § 16. Von den Suppleanten der Deputirten. Damit die Deputation bey jeder Versammlung möglichst vollständig sein möge, werden den Deputirten aus der Classe der Gutsbesitzer und den Deputirten aus der Classe der Städte zusammen 6. Suppleanten aus jedem Kreise zwey, nehmlich ein Gutsbesitzer und ein Städtisches Rathsglied, bestellt. Mit der Wahl, Präsentation und Confirmation derselben, wird es völlig so gehalten, wie es oben, §. 12., in Ansehung der Deputirten selbst vorgeschrieben worden ist. Wegen der Wahl der ersten 6. Suppleanten ist sogleich bey der ersten Deputations Versammlung das Nöthige zu besorgen. Sollte bey einer der jährlichen Versammlungen der Deputation oder auch bey einer außerordentlichen Zusammenberufung derselben, einer der Deputirten aus der Claße der Gutsbesitzer oder der Städte zu erscheinen behindert werden, so ist er verbunden, solches dem General-Landschafts-Director zeitig anzuzeigen, damit von dem leztern sofort der Suppleant seines Kreises und seiner Classe einberufen werden könne. Bey dem Erscheinen nimmt der Suppleant nicht die Stelle deßen, welchen er vertritt, sondern jederzeit die unterste Stelle seiner Classe ein. § 17. Diäten und Reisekosten der Deputirten und des Landschafts-Syndici. Bey einer jeden ordentlichen und ausserordentlichen Versammlung der Deputation, so wie bey einer jeden Gelegenheit, wo sonst ein Deputirter in landschaftlichen Geschäften gebraucht wird, erhält derselbe, ohne Unterschied, aus welcher Classe er sey: an Diäten, auf jeden Tag seiner Anwesenheit an dem Orte, wo das Geschäfte geführet wird, von dem Tage der Ankunft bis zu dem Tage seiner Abreise incl. Drey Rthlr. Zwölf Groschen;
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an Reisekosten, auf jede Meile, sowohl bey der Hin- als bey der Rückreise, für Postgeld und alle Nebenkosten zusammen, Einen Rthlr. zwölf Groschen, wobey die Meilenzahl in Absicht der Deputirten aus der Classe der Gutsbesitzer, von dem Gute an, von welchem das Recht ihrer Standschaft abhängt, und wenn sie mehrere Güter haben, von dem nächsten derselben, in Ansehung der übrigen, von dem Orte des Geschäfts entfernten Deputirten aber, von ihrem Wohnorte zu berechnen ist. Sollte der Landschafts-Syndicus der gesammten Landschaft an auswärtige Orte verschickt werden, so erhält er an Diäten auf jeden Tag seiner Anwesenheit daselbst, vom Tage der Ankunft bis zum Tage der Abreise incl. Zwey Rthlr.; an Reisekosten eben soviel wie vorerwähntermaßen ein Deputirter. Während der Versammlungen der Deputation hingegen bekommt derselbe keine Diäten. § 18. Ein Deputationsglied ist auch Glied des Landschafts-Collegii. Eines der in der Residenzstadt Weimar wohnenden Glieder der Landschaftl. Deputation aus der Classe der Gutsbesitzer, ist zugleich auch Glied des Landschafts-Collegiums, und hat in dieser Eigenschaft eben so wohl alle Rechte, als alle Obliegenheiten der übrigen Glieder des leztern. Die Präsentation desselben geschieht von der Deputation selbst und zwar ohne vorherige Rücksprache mit den gesammten Ständen, jederzeit bey der nächsten ordentlichen oder außerordentlichen DeputationsVersammlung, welche nach der sich ereignenden Erledigung gehalten wird. Die erste Präsentation wird bey der am nächstbevorstehenden 23ten October Stattfindenden ersten Deputations-Versammlung vorgenommen. Trüge sich indeß der Fall zu, daß unter den wirklichen Deputations Gliedern keines vorhanden wäre das füglich zu dieser Stelle
V ERFASSUNG VON S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH (1809) präsentirt werden könnte, dagegen aber unter den Suppleanten derselben (§. 16. ) ein dergleichen Subject sich befände, so könnte auch solches dazu präsentirt werden. Nach eingelangter Landesherrlicher Confirmation des Präsentirten, welche der Landschaftl. Deputation jederzeit, mittelst Herzogl. Decrets bekannt gemacht wird, geschiehet sogleich die wirkliche Einführung desselben in das Landschafts-Collegium. Sollte er vielleicht in der Folge aufhören, ein Glied der Landschaftl. Deputation oder ihrer Suppleanten zu seyn, oder seinen Wohnsitz verändern, so hört er auch dadurch von selbst auf ein Glied des Landschafts-Collegii zu seyn, und es wird alsdann ein neuer an seine Stelle präsentirt. Die Besoldung dieses Gliedes des Collegii wird unten §. 34. bestimmt werden. § 19. Geschäfte der Deputation. Die vorzüglichsten Geschäfte der Landschaftl. Deputation bey ihren ordentlichen jährlichen Zusammenkünften sind folgende. Das erste und vornehmste unter allen ist die Durchgehung und Abnehmung der, sowohl über die Haupt-Landschafts-Caße, als die übrigen dem Landschafts Collegio untergeordneten Cassen, geführten Rechnungen. In welcher Maaße dieses geschieht, davon ist unten (§. 41.) umständliche Anweisung zu befinden. Ein anderes nicht minder wesentliches Geschäfte ist die Regulierung der sämmtlichen Cassen-Etats auf das nächste Rechnungs-Jahr, wie auch die Ausfindigmachung der Mittel, um die nach diesen Etats erforderlichen Staatsbedürfniße aufzubringen. Die Art und Weise wie hierbei zu Werke zu gehen ist, wird §. 42. näher bestimmt werden. Wenn neue Landesgesetze zu erlassen sind, welche nicht bloße, weder mit der Landesverfaßung, noch mit besondern LocalUmständen in Verbindung stehende Rechts-
Gegenstände betreffen, und deren Promulgation nicht so nothwendig ist, daß sie keinen Aufschub verstattet, so werden die Entwürfe davon zuvörderst der Landschaftl. Deputation zu Eröffnung ihres unvorgreiflichen Gutachtens vorgelegt. Die genaue Durchgehung dieser Entwürfe und die Erstattung ihres Gutachtens darüber macht daher ebenfalls einen wesentlichen Theil der Beschäftigung derselben bey diesen Zusammenkünften aus. Wird von dem Landesherrn über einen andern das Wohl des ganzen Landes betreffenden Gegenstand ihr unvorgreifliches Gutachten vernommen; so zieht sie die Sache in reifliche Erwägung und eröffnet sodann ihre patriotischen Gedanken darüber schriftlich. Gehen ihr selbst zu Beförderung des allgemeinen Besten gereichende Vorschläge bey, so läßt sie solche ebenfalls schriftlich an den Landesherrn gelangen. Damit aber bey ihren Zusammenkünften die Zeit möglichst benutzt werden möge, ist in solchen keineswegs Alles in pleno zu verhandeln, sondern es hat der GeneralLandschafts-Director, sogleich beim Anfange einer jeden Versammlung, die Glieder der Deputation in mehrere Sectionen zu vertheilen, und sich dabey zu bemühen, einer jeden dieser Sectionen gerade solche Gegenstände zur Bearbeitung zu übertragen, welche den Kenntnißen der Personen, aus denen sie besteht, am meisten angemeßen sind. Eine jede solche Section darf zwar aus nicht weniger als drey Personen bestehen, es ist aber auch schon hinlänglich, wenn sie nur diese Zahl von Gliedern enthält. Uebrigens hängt es lediglich von dem Gutbefinden des General-Landschafts-Directors ab, wie er jede Section ordnen und aus welcher Classe von Deputirten er dieselbe ganz oder zum Theil zusammensetzen will, so wie auch die Einrichtung ihrer verschiedenen Sitzungs Zeiten, bloß und allein seiner Anordnung überlaßen bleibt. Das Protocoll
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S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH bey den Sectionen führt jederzeit dasjenige Glied derselben, welches im Range das lezte ist. Ist von einer Section die ihr zur Durchgehung und Erwägung übergebene Sache gehörig bearbeitet, so wird sodann der ganzen Deputation von dem Resultate Vortrag gethan, und nach angestellter fernerer Deliberation darüber, ein gemeinschaftlicher Deputations Schluß gefaßt. § 20. Subalternen derselben. Die Subalternen der Landschaftlichen Deputation sind 1.) der bey der vereinigten Landschaft anzustellende Landschafts Syndicus, und 2.) ein Landschafts Canzlist. Die erstere Stelle wird gegenwärtig mit dem zeitherigen Landschafts-Syndicus der Weimaris. Landschaft besezt; die zweite kann jederzeit von einem Steuer-Subalternen mit versehen werden. Dieser beyden Subalternen bedient sich auch der General-Landschafts-Director bey den außer der Versammlung der Deputation vorfallenden Expeditionen. Da aber solchergestalt der LandschaftsSyndicus der künftigen vereinigten Landschaft weit mehrere Geschäfte hat, als der Syndicus der Weimaris. Landschaft zeither hatte, so wird die Besoldung von 133 rthlr. 8 gr., welche der leztere in dieser Eigenschaft bezog, bis auf 233 rthlr. 8 gr. erhöhet. § 21. In wie fern außer der Deputation noch sonst Zusammenkünfte der Landstände Statt finden. Außer den ordentlichen und außerordentlichen Versammlungen der Landschaftlichen Deputation findet sonst keine Zusammenkunft der Landstände oder Einberufung derselben, weder im Allgemeinen noch theilweise Statt, es sey denn, daß der Landesherr zu irgend einer Feierlichkeit, oder zu einem besondern Zwecke, für nöthig finden sollte, alle oder einige Stände zu convociren, oder daß sie selbst, unter Vorlegung vorzüglich wichtiger Gründe, auf Verstat-
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tung einer allgemeinen Zusammenkunft antragen sollten. § 22. Jedem einzeln Stande ist erlaubt, seine Anliegen an die Deputation gelangen zu laßen. Doch wird hierdurch den zur Landschaftl. Deputation nicht gehörigen Ständen – welche übrigens ferner wie bisher Stände des Landes bleiben – keineswegs die Erlaubniß benommen, in dem Falle, wenn Einer oder der Andere unter ihnen einen, nach seiner Ansicht zum besten des Landes gereichenden Vorschlag oder Wunsch hegen, oder sonst ein Gebrechen deßen Remedur das allgemeine Wohl ihm zu erfordern schiene, bemerkt zu haben glauben sollte, davon der Landschaftl. Deputation, während ihrer Versammlung, oder auch vorher schon dem Landschafts-Director zum Vortrage bey der leztern, schriftlichen Anzeige zu machen. Geschiehet dies, so hat die Deputation die Sache in Deliberation zu ziehen, und wenn sie solche beachtungswerth findet, dieselbe dem Landesherrn zur weitern Beherzigung vorzulegen. § 23. Von den wichtigsten Beschlüßen der Deputation erhalten die übrigen Stände Nachricht. Dem General-Landschafts-Director ist es verstattet, von Zeit zu Zeit die sämmtlichen Stände durch an sie zu erlaßende Circularien von den wichtigsten bey den Versammlungen der Deputation gefaßten Beschlüssen mittelst Circulars Notiz zu ertheilen, doch versteht es sich von selbst, daß hierbey von einer wirklichen Abstimmung nicht die Rede seyn könne. § 24. Von den gemeinschaftlichen Commißionen. Sollte eine aus Herzogl. Commißarien und Landschaftlichen Deputirten bestehende gemeinschaftl. Commißion nieder zu setzen seyn, so werden hierzu Landschaftl.
V ERFASSUNG VON S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH (1809) Seits in der Regel nur Glieder aus der Landschaftlichen Deputation gebraucht, den einzigen Fall ausgenommen, wenn vielleicht gerade unter den zu derselben nicht gehörigen Ständen Einer oder der Andere sich befände welcher in dem Geschäfte, das den Gegenstand der Commißion ausmacht, ganz vorzügliche Kenntniße besäße, da sodann der Landschaftlichen Deputation, und außer ihrer Nicht-Versammlung dem General-Landschafts-Director, erlaubt ist, diesen Stand statt eines Deputationsgliedes zu der Commißion abzuordnen.
CAP. IV Vom General Landschafts-Director § 25. Behält seine Stelle lebenslänglich. Der General-Landschafts-Director tritt, nicht so, wie die übrigen Glieder der Deputation, nach einer gewißen Reihe von Jahren ab, sondern behält seine Stelle lebenslänglich. § 26. Obliegenheiten deßelben Die Hauptobliegenheiten deßelben sind folgende: 1.) Hat er bey allen Versammlungen der Landschaftlichen Deputation, den außerordentlichen eben so als den ordentlichen, das Directorium zuführen, und in der Maaße, wie es bereits im 19ten § vorgeschrieben ist, die Geschäfte unter den DeputationsGliedern auf eine Zweckmäßige Art zu vertheilen. 2.) Erfordert seine Pflicht, jedesmal einige Zeit vor der Zusammenkunft der Deputation Alles so vorzubereiten, damit dieselbe sogleich mit ihrer Eröffnung in volle Thätigkeit gesezt werden kann. In Ansehung der ihm hierzu erforderlich scheinenden Nachrichten und Aufschlüsse hat er sich an die
diesfallsigen Behörden, auch wo nöthig an das Herzogl. Ministerium selbst zu wenden. 3.) Liegt ihm die Erlassung aller Landschaftl. Circularien ob, sie mögen an die sämmtlichen Stände aller 3. Kreise, oder nur an die Stände eines einzigen Kreises gerichtet seyn; wobey er übrigens in Benutzung der ihm im 23ten §. ertheilten Erlaubniß jedesmal vorsichtigen Gebrauch zu machen wißen wird. 4.) Sind von ihm außer den Versammlungen der Deputation die Stände zu vertreten und alle vorfallenden landschaftlichen Geschäfte allein zu besorgen, und aus diesem Grunde ist er verbunden: a.) beständig den Faden aller Landschaftl. Geschäfte zu behalten, vorzüglich aber dafür Sorge zu tragen, daß die beyden Deputations Versammlungen, unter Genehmigung des Landesherrn, genommenen Beschlüße nachher auch wirklich zur Ausführung gebracht werden, und zu dem Ende, wo nöthig, bey den diesfallsigen Behörden gehörige Instanz zu thun, b.) wenn in einer des Landes Beste betreffenden Angelegenheit ihm von dem Regenten seine Erklärung oder sein unvorgreifliches Gutachten abgefordert wird, solches ungesäumt zu erstatten, c.) im Falle der Landesherr seine persönliche Gegenwart nöthig findet, sich an dem ihm hierzu von demselben bestimmten Orte schleunigst einzufinden, d.) dafern ihm ein das allgemeine Beste des ganzen Landes betreffender Gegenstand so dringend schiene, daß seiner Ansicht nach solcher bis zur nächsten Deputations Versammlung füglich nicht aufgeschoben werden könnte, davon sofort bei dem Landesherrn, unter allenfallsiger Eröffnung seiner diesfallsigen unmasgeblichen Gedanken, Anzeige zu thun, Welcher Subalternen er sich hierbey zu seinen Expeditionen zu bedienen habe, ist schon im 20ten §. enthalten.
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S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH § 27. Bereits geschehene Ernennung des ersten General-Landschafts-Directors. Da bey der im Jan. und Febr. d. J. Statt gefundenen Versammlung der Deputirten aller 3. bisherigen Landschaften der einmüthige Wunsch geäußert worden, daß der von ihnen damals mit Genehmigung des Landesherrn zum Directore pleni gewählte Herzogl. Gothaische Minister und Herzogl. Sächsische gemeinschaftliche Hofrichter, Freyherr von Zigesar, wegen der ihm in den Landschaftlichen Angelegenheiten beywohnenden besondern Kenntniße, welche er auch bey diesem Directorialgeschäfte noch mehr zu erweitern Gelegenheit gehabt hatte, zum ersten General-Landschafts-Director der neuen vereinigten Landschaft ernannt werden möchte; so ist, in der Voraussetzung, daß dieser Wunsch, wie es auch nunmehr wirklich geschehen, die Bewilligung der sämmtlichen Landstände erhalten werde, derselbe hierzu bereits ernannt, auch deshalb mit einem Landesherrlichen Decrete versehen worden. § 28. Wiederbesetzung dieser Stelle im Erledigungsfalle. Bey dereinstiger Erledigung dieser Stelle wird es in Ansehung der Wiederbesetzung in nachstehender Maaße gehalten. Nach der Erledigung schreibt der Landesherr eine außerordentliche Versammlung der Landschaftlichen Deputation zu der Veranstaltung des Wahlgeschäfts aus. Bey dieser Versammlung, bey welcher das älteste Deputationsglied den Vortrag hat, vereinigt man sich, nach den mehresten Stimmen, über 3. Personen, von denen man überzeugt zu seyn glaubt, daß sie die zu der Stelle eines General-Landschafts-Directors nöthigen Eigenschaften besitzen. Ist solches geschehen, so erläßt die Deputation an die Stände aller Kreise ein von ihren sämmtlichen Gliedern zu unterschreibendes Circular, mittelst deßen sie dieselben
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auffordert, ihre einzelnen Stimmen darüber schriftlich abzugeben, welcher unter den vorgeschlagenen Personen dem Regenten zu präsentiren sey? Sobald dies Circular erlaßen ist, trennt die Deputation sich wieder. Der General-Landschafts-Director kann aus jedem der 3. Kreise gewählt werden, und eben so gut nicht-adelichen als adelichen Standes, auch eben sowohl ein Herzogl. Sachsen-Weimaris.- und Eisenachis. als ein fremder Diener seyn, wenn er nur nicht unter die Zahl der wirklichen Glieder des Herzogl. Weimaris. Staats Ministerii und der Präsidenten der Weimar- und Eisenachis. höhern Collegien gehört, auch sonst in solchen Verhältnissen sich befindet, daß er sowohl den jährlichen Versammlungen der Landschaftlichen Deputation gehörig beywohnen, als, wenn es sonst die Umstände erheischen, sich in Weimar persönlich einfinden könne. Bey der Abstimmung der sämmtl. Stände aller 3. Kreise, zum Behuf seiner Wahl, wird gerade so verfahren, wie es oben §. 12. und 13. in Absicht der Stände eines jeden einzelnen Kreises, bey der Wahl eines Deputirten deßelben, vorgeschrieben worden. Die Glieder der Landschaftlichen Deputation selbst stimmen daher eben so gut mit, als die übrigen Stände. Bey der Stimmenzählung werden alle einzelnen Stimmen gerechnet, und es finden hierbey keine vota curiata der Kreise Statt. Die auf solche Art erwählte Person präsentirt sodann die Landschaftl. Deputation dem Landesherrn, mittelst eines von ihren sämmtlichen Gliedern zu unterschreibenden, und zu dem Ende vorher jedem einzelnen Gliede durch ihren Vorsitzenden zuzusendenden Schreibens, zur Confirmation. Diese leztere wird von dem Landesherrn der Deputation, mittelst eines ihrem Vorsitzenden zu insinuirenden Decrets, bekannt gemacht, und zugleich wird dem neuen General-Landschafts-Director über seine Er-
V ERFASSUNG VON S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH (1809) nennung ein Herzogl. Decret in der gewöhnlichen Maaße zugefertigt, unter deßen Beylegung er sich darauf selbst der gesammten Landschaft mittelst Circulars vorstellet. § 29. Besoldung, Diäten und Reisekosten des General-Landschafts-Directors. Die jährliche Besoldung des GeneralLandschafts-Directors bestehet in fünfhundert Reichsthalern. Da indeßen der gegenwärtige, aus eigener Bewegung, sich erklärt hat: daß er, zu Schonung der Haupt Landschafts-Casse, vor der Hand blos mit seinem zeitherigen, als ordentlicher ritterschaftlicher Deputirter der Jenaischen Landschaft, bezogenen Gehalte von 300 rl2 . sich begnügen, in den Genuß der übrigen 200 rl. aber erst alsdann eintreten wolle, wenn dereinst durch den Abgang des Einen oder des Andern der zeitherigen Directoren der Weimar- und Eisenachischen Landschaften, eine Besoldung zurückfallen würde; so behält es dabey sein Bewenden. So oft der General-Landschafts-Director in Landschaftlichen Angelegenheiten Reisen zu machen hat, erhält er, an Diäten während der Zeit seines Aufenthaltes an dem Orte des Geschäftes, vom Tage der Ankunft an, bis zum Tage der Abreise incl. täglich Fünf Rthlr. an Reisekosten, sowohl auf der Hinreise, als auf der Rückreise, für jede Meile, von dem Gute an, von welchem er das Recht der Standschaft hat, oder wenn er deren zwey besitzt, von dem nächsten derselben an gerechnet, überhaupt und mit Einschluß alles neben Aufwandes, Drey Rthlr.
CAP. V Vom Landschafts-Collegio § 30. Glieder desselben und seiner beyden Abtheilungen. Das Landschafts-Collegium, welches unmittelbar dem Landesherrn untergeben ist,
besteht aus 16. Personen, in folgender Ordnung: Zwey Präsidenten (den zeitherigen beyden Landschafts-Cassen-Directoren zu Weimar und Eisenach) Einem Vice Präsidenten, Sechs Herzogl. Räthen, Einem Landschaftsdeputirten und Sechs Landräthen. Diese bilden zwey verschiedene Abtheilungen; die Weimaris., welche aus einem Präsidenten (dem zeitherigen Weimaris. Landschafts-Cassen-Director) einem Vice Präsidenten, vier Herzogl. Räthen, dem Landschafts-Deputirten und vier Landräthen, und die Eisenachis., welche aus einem Präsidenten (dem zeitherigen Eisenachis. Landschafts-Cassen-Director) zwey Herzogl. Räthen und zwey Landräthen, zusammengesezt ist. Sollte vielleicht in der Folge die Erfahrung ergeben, daß eine Verminderung der Präsidentenstellen Platz greifen könnte, so geschiehet solche dereinst bey sich ereignenden Erledigungen. Die Residenzstadt Weimar ist der Sitz des Collegii. Allda versammlen sich daher von Zeit zu Zeit die beyden Abtheilungen deßelben, um unter der Direction des ältern ihrer beyden Präsidenten, ein Plenum zu constituiren. Aus eben dem Grunde führt auch außer diesen Versammlungen die Weimarische Abtheilung den Nahmen des Landschafts Collegii. § 31. Geschäfte deßelben. Die Geschäfte, welche dem LandschaftsCollegio obliegen, sind: 1.) die Besorgung des ganzen Steuerwesens in seinem vollen Umfange und die Verwaltung sämmtlicher Landschaftlichen Cassen in den Herzogl. Weimar- und Eisenachischen Landen mit Einschluß der Jenaischen
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S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH Landesportion, jedoch mit Ausschluß des Amtes Ilmenau, so wie alles dies zeither in Weimar und Eisenach von den beiden Landschafts-Cassen-Directorien, und in Jena von der dasigen Ordinar Deputation, in der Eigenschaft als Steuer Collegium geschehe; 2.) die Leitung aller Kriegs und CantonsGeschäfte, welche bisher der Kriegs-Commißion zu Weimar übertragen waren; 3.) die Verwaltung der beyden Weimarund Eisenachischen Brand-AssecurationsInstitute, so wie solche zeither von den beyden Brand Assecurations-Commißionen, zu Weimar und Eisenach, besorgt wurde; 4.) die Anordnung alles deßen, was den Wege- und Straßen-Bau in den Herzogl. Weimar- und Eisenachis. Landen, mit Einschluß der Jenaischen Landesportion, jedoch mit Ausschluß des Amtes Ilmenau, ferner den Weimar-, Eisenach- und Jenaischen Waßerufer-Bau, wie auch den Weimarischen Stadtpflaster-Bau betrifft, so wie dies zeither von der vereinigten Cammer zu Weimar und Eisenach geschahe; 5.) die Oberaufsicht über die allgemeine Landes Cultur, so wie solche zeither zu Weimar von dem Polizey Collegio, und zu Eisenach von der Regierung geführt wurde; und 6.) die Besorgung alles dessen, was dem neu zu errichtenden Vermessungs Bureau angeht. Hiervon gehören A.) für das ganze Collegium: ad: 1.) das, was die Landschaft im allgemeinen betrifft, und darunter vorzüglich die Verwaltung der Haupt-Landschafts-Casse ad 2.) die Kriegs- und Cantons Sachen in den sämmtlichen Herzogl. Landen und ad. 6.) die Geschäfte des neu zu errichtenden Vermessungs-Bureau in den sämmtlichen Herzogl. Landen B.) für die Weimaris. Abtheilung insbesondere: ad. 1.) die Besorgung des Steuerwesens in den Herzogl. Weimaris. Landen mit Ein-
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schluß der Jenaischen Landesportion, und die Verwaltung der Weimar und Jenaischen Kreis-Cassen, ad. 3.) die Verwaltung des Weimar und Jenaischen Brand-Aßecurations-Instituts, ad. 4.) die Anordnung deßen was den Weg- und Straßen-Bau in den Herzogl. Weimaris. Landen, mit Einschluß der Jenaischen Landesportion, jedoch mit Ausschluß des Amtes Ilmenau, wie auch dessen, was den Weimar und Jenaischen WasseruferBau, ingleichen den Weimaris. Stadtpflasterbau betrifft, und ad 5.) die Oberaufsicht über die LandesCultur in den Herzogl. Weimaris. Landen, mit Einschluß der Jenaischen Landesportion. C.) für die Eisenachsche Abtheilung insbesondere: ad 1.) die Besorgung des Steuerwesens in den Herzogl. Eisenachis. Landen, und die Verwaltung der Eisenachis. Kreis-Casse, ad 3.) die Verwaltung des Eisenachis. Brand-Assecurations-Instituts; ad 4.) die Anordnung deßen, was den Straßen- und Waßerbau in den Herzogl. Eisenachis. Landen angeht, und ad 5.) die Oberaufsicht über die LandesCultur in diesen Landen. Die für das ganze Landschafts-Collegium gehörigen Geschäfte werden, wenn es in ein plenum versammelt ist, von diesem, außerdem aber von der Weimaris. Abtheilung besorgt, welche jedoch in wichtigen und dabey Aufschub leidenden Fällen vorher mit der Eisenachis. Abtheilung communicirt § 32. Subalternen deßelben. Die Subalternen des Landschafts-Collegii sind: 1.) die sämmtlichen Subalternen der beyden vormaligen Landschafts-Cassen-Directorien zu Weimar und Eisenach, wie auch der Landschaftl. Ordinardeputation zu Jena, 2.) die sämmtlichen Subalternen der vor-
V ERFASSUNG VON S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH (1809) maligen Kriegs-Commißion, 3.) die sämmtlichen bisher bey dem Weimar- und Eisenachis. Wege und Strassen-Bau, dem Weimar- und Jenaischen Waßeruferbau, und dem Weimaris. Stadtpflasterbau angestellten Officianten, 4.) die bey dem Landvermessungs Bureau anzustellenden Feldmesser und andern Subalternen, 5.) der zeitherige Syndicus der Weimaris. Landschaft, als künftiger Procurator des Landschafts-Collegii, 6.) der zeitherige Syndicus der Eisenachschen Landschaft, und 7.) der zeitherige Syndicus der Jenaischen Landschaft, als künftiger Concipient in den Jenaischen Steuersachen. Davon stehen A.) unter dem ganzen Collegio: ad 1.) der Cassier bey der Haupt-Landschafts-Casse und überhaupt alle bey dem ganzen Collegio, als solchem, anzustellende Subalternen, ad 2.) die sämmtlichen Subalternen der vormaligen Kriegs Commißion, ad 4.) die sämmtlichen bey dem Vermessungs Bureau anzustellenden Feldmesser und Subalternen, und ad 5.) der zeitherige Landschafts-Syndicus, als künftiger Procurator des ganzen Landschafts-Collegii. B.) unter der Weimaris. Abtheilung: ad 1.) die bey den beyden Kreiskaßen zu Weimar und Jena anzustellenden Subalternen, ad 3.) die Officianten bey dem Weimarund Jenaischen Weg- und Straßen- auch Wasseruferbau, ingleichen dem Weimaris. Stadtpflaster-Bau und ad 7.) der Landschafts-Syndicus zu Jena, als künftiger Concipient bey den dasigen Steuer-Angelegenheiten. C.) unter der Eisenachis. Abtheilung ad 1.) die Subalternen des vormaligen Eisenachschen Landschafts-Cassen-Directoriums,
ad 3.) die Officianten bey dem Eisenachis. Wege- und Straßen-Bau, ad 6.) der Landschafts-Syndicus zu Eisenach Sollte es sich in Zukunft zeigen, daß unter den vorstehenden verschiedenerley Subalternen, entweder durch Einziehung einer oder der andern Stelle, oder Verbindung mehrerer, oder sonst auf eine andere Art, eine Verminderung thunlich wäre, so geschieht es, sobald als sich, bey sich ereignenden Vacanzen, eine Gelegenheit darzu darbietet. § 33. Besetzung der Stellen bey dem Collegio und unter den Subalternen. In Ansehung folgender Stellen, als des im Collegio Sitz und Stimme habenden Landschaftlichen Deputirten, der Sechs Landräthe, des Cassiers der General-LandschaftsCasse, und des Syndici der vereinigten Landschaft, als solche, steht den Ständen das PräsentationsRecht zu. Wie solches bey Besetzung des Landschaftl. Gliedes im Collegio auszuüben ist, davon ist schon im 18ten §. nähere Vorschrift ertheilet worden. Völlig so wird es auch mit Präsentation des Cassiers bey der General LandschaftsCasse und des Landschafts-Syndici der vereinten Landschaft gehalten. Wegen der Präsentation der Landräthe wird das Weiter unten im 55ten §. vorkommen. Alle übrigen Stellen, sowohl im Collegio selbst, als unter den Subalternen, besetzt der Landesherr lediglich nach eigener Willkühr, jedoch soviel die Subalternen betrifft, jederzeit nach vorher geschehener Vernehmung des Collegii mit seinem gutachtlichen Berichte. § 34. Gehalt dieser Stellen. Die bereits vorhandenen Glieder des Landschafts-Collegii und die schon ange-
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S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH stellten Subalternen behalten ihre gegenwärtigen Besoldungen. In Ansehung der neu hinzukommenden wird der Gehalt des Vice Präsidenten auf 800 rl. bestimmt. Das Landschaftliche Glied der Deputation erhält jährlich 300 rl. Ein Landrath bekommt in der Regel 300 rl. Sollte jedoch etwa bey Einem, oder dem Andern der ihm angewiesene Sprengel ganz besonders klein seyn; so werden ihm nur 200 rl. ausgesezt. Ereignete sich der Fall, daß das LandschaftsGlied auch zugleich Landrath wäre, so wird ihm die Besoldung der 300 rl. gleichwohl nur einfach verabreicht. Über die dem künftigen Caßier bey der Haupt-Landschafts-Casse und den etwa sonst noch neu anzustellenden Subalternen auszuwerfende Besoldung, werden sich bey der nächsten Versammlung der Landschaftlichen Deputation, der Landesherr und die Deputirten vereinigen. § 35I . Die dem Landschafts-Collegio untergeordneten Caßen. a.) Haupt Landschafts-Caße und KreisCaßen. Zu den Landschaftlichen Einnahmen und Ausgaben werden vier besondere, völlig von einander separirte und nie mit einander zu vermengende Cassen errichtet, nehmlich eine Haupt-Landschafts-Casse, und drey Kreis-Kassen, bey jedem Kreise eine eigene. Zu einer jeden dieser 4. Cassen wird ein besonderer Cassier bestellt, und von demselben eine, mit seiner Einnahme in Verhältniße stehende Caution geleistet. Die 3. Kreis-Cassen werden aus den zeitherigen 3. Landschafts-Cassen formirt, dergestallt, daß jede derselben zwar die ganze Einnahme der Landschafts-Casse aus welcher sie entstanden ist, ohne Ausnahme behält, jedoch davon nicht alle bisherigen AusI
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Confer. den Nachtrag.
gaben dieser Casse, sondern nur einige darunter bestreitet, und alles was übrig bleibt, nach Abzug einer gewißen bestimmten eisernen Vorrathssumme, von Monat zu Monat, an die Haupt-Landschafts-Casse abliefert. Die vorzüglichsten Ausgaben, welche einer jeden Kreis-Casse obliegen, sind: 1.) die Bezahlung der Zinßen der PassivCapitalien ihrer zeitherigen Landschaft, unter welche aber diejenigen nicht gehören, die zu Bestreitung der Kosten des leztern Kriegs aufgenommen worden sind, 2.) die Abtragung dieser Landschaftlichen Passiv-Capitalien selbst, insofern Eines oder das Andere davon heimgezahlet werden muß, 3.) die Ablieferung der bestimmten Summen, welche zeither aus den SpecialLandschafts-Cassen zu den KriegsschuldenAmortisations-Cassen jährlich abgegeben wurden, so wie derjenigen, welche vielleicht noch künftig etwa auf die Kreis Cassen gelegt werden könnten, 4.) die Verabreichung der festgesezten Besoldungen und Pensionen der bey dem Kreiße angestellten, oder doch in demselben wohnenden Personen, und 5.) der durch die Verwaltung der Casse selbst entstehende Aufwand, wohin besonders Steuer-Erlasse, Caducitäten, Einzählgelder, Postgeld, Botenlohn, Copial- und Druckgebührn, Reisekosten und Diäten in den Geschäften des Kreises gehören. Die Haupt-Landschafts-Casse, deren Einnahme auf diese Art blos aus den von den 3. Kreis-Cassen eingesendeten Ueberschüßen besteht, hat vorzüglich zu bestreiten: 1.) Alles, was zeither aus den SpecialLandschafts-Cassen zu diesem oder jenem Zwecke an andere öffentliche Cassen, z. B. die Cammer-Cassen, die Kriegs-Casse pp abgegeben wurde, und 2.) Alles, was zum Besten der ganzen
V ERFASSUNG VON S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH (1809) Landschaft aufgewendet wird, wohin alßo auch die Verzinsung und Wiederabtragung solcher Passiv-Capitalien gehört, welche etwa in der Folge, bey vorkommenden außerordentlichen Ereignißen, zum Nutzen der vereinigten Landschaft würden aufgenommen werden müßen. Nach diesen Grundsätzen fertigt das Landschafts-Collegium sowohl dem Cassier der Haupt-Landschafts-Casse, als dem Cassier einer jeden besondern Kreis-Casse eine detaillirte Instruction aus, in welcher nicht nur alles, was von ihm aus seiner Casse zu bestreiten ist, sondern auch alles, was sonst noch zu seiner Obliegenheit gehört, umständlich angegeben, und zugleich bey einer jeden Kreis-Casse genau bestimmt wird, wie hoch ihre eiserne Vorraths Summe sich belaufen solle. Zu Führung der Aufsicht über die Jenaische Kreiß-Casse, als zu welcher durchaus verschiedene Local-Kenntniße erforderlich sind, die erst durch mehrere Erfahrung erworben werden müßen, hat die Weimaris. Abtheilung des Landschafts-Collegii, welcher sie untergeordnet ist, jederzeit einem ihrer Glieder besondern Auftrag zu ertheilen. § 36. Kriegs-Schulden-Caßen sind ausgenommen. Da zur successiven Amortisation der durch den lezten Krieg entstandenen Landschaftl. Schulden, bey jedem der 3. Kreise bereits eigene Cassen errichtet, auch jeder derselben besondere fonds' ausgesezt, und zu deren Verwaltung eigene Behörden angeordnet sind; so behält es hierbey für die Folge ferner sein Bewenden, und bleiben daher die gedachten Cassen von den dem Landschafts-Collegio untergeordneten Cassen völlig getrennt. Ein Gleiches findet auch in Ansehung derjenigen Cassen Statt, welche zur Bestreitung des Aufwandes der noch fortdauernden Durchmärsche und Einquartierungen
fremder Truppen bereits errichtet und deren ebenfalls besondere fonds angewiesen auch eigene Behörden zur Aufsicht vorgesezt sind. Doch werden die über beyderley Cassen geführte Rechnungen bey den jährlichen Versammlungen der Landschaftl. Deputation derselben zur Einsicht vorgelegt. § 37. Kriegs-Caße. Die Kriegs-Casse, welche nach §. 31. dem ganzen Landschafts-Collegio untergeordnet ist, hat ihren eigenen Cassirer und ihre eigenen fonds; sie wird besonders verwaltet, liefert jedoch, wenn sie am Ende des Jahres entbehrliche Ueberschüsse haben sollte, solche an die Haupt-LandschaftsCasse ab. § 38. Brand-Aßecurations-Caßen. Die Cassen der beyden Brand-Assecurations-Institute, zu Weimar und Eisenach, von denen nach §. 31. die eine der Weimaris., und die andere der Eisenachis. Abtheilung des Landschafts-Collegii untergeben ist, und deren jede ihren eigenen Cassier hat, werden gleichergestallt besonders geführt, und bloß ihrer zeitherigen Bestimmung gemäß verwaltet. Sie stehen daher mit der Haupt-Landschafts-Casse durchaus in keinem Verhältniße. § 39. Weimar. und Eisenachis. Wegund Straßen-Bau, Weimar. und Jenais. Waßeruferbau – auch Weimarische Stadtpflasterbau-Caßen. Die Weimar- und Eisenachis. Weg- und Straßenbau-Cassen, ingleichen die Weimarund Jenaischen Waßerufer-Bau-Casse und die Weimarische Stadtpflasterbau-Casse, welche nach §. 31. den respectiven Abtheilungen des Landschafts-Collegii zu Weimar und Eisenach untergeordnet sind, werden ebenfalls besonders, jede ihrer Absicht gemäß, aus den ihr zeither angewiesenen fonds verwaltet, und bleiben daher nicht minder außer aller Verbindung mit
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S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH der Haupt-Landschafts-Casse. Diejenigen bestimmten Summen, welche zeither aus den Cassen der 3 Landschaften, theils an die nur bemeldeten verschiedenen Cassen selbst, theils in Rücksicht derselben an die Cammer-Casse, zu Weimar und Eisenach, abgegeben wurden, werden hinführo aus der Haupt-Landschafts-Casse an jede der gedachten Cassen abgeliefert. Das aus den Ueberschüßen der Weimarund Jenaischen Waßeruferbau-Casse nach und nach angesammelte Capital von 2500 rl. verbleibt derselben ferner als ein Activ-Capital. Auch fließen in eben diese Casse nicht nur die Strafen, welche zeither von den Flößern und andern Personen, wenn sie an den Ufern und Wehren Schaden thaten, erlegt werden mußten, und an die Weimarische Cammer-Casse berechnet wurden, sondern auch alle diejenigen Abgaben, welche die Flößer zeither zur Unterhaltung der Ufer an die leztgedachte Casse entrichteten. Sollten bey der Weimaris. Weg und Straßenbau-Casse, oder bey der Weimar- und Jenaischen Waßerufer-Bau-Casse über ihre fonds noch außerordentliche Zuschüsse nöthig sein, so werden solche, auf den diesfalls von dem Landschafts-Collegio, bey Gelegenheit der jährlichen Einschickung seiner Bau-Disposition erstatteten Bericht, ferner wie bisher aus der Weimaris. Cammer-Casse - in so weit es deren Kräfte erlauben - geleistet werden. § 40. Rechnungsschluß aller Caßen. Alle dem Landschafts-Collegio und seinen beyden Abtheilungen unterworfenen Cassen, schließen mit dem künftigen 1ten Novemb. ihre Rechnungen, und werden zwar bis dahin noch auf den bisherigen Fuß fortgeführt, von da an aber nach den Vorschriften der gegenwärtigen Constitution eingerichtet. Für die Zukunft läuft bey allen Cassen ohne Ausnahme das Rechnungs-Jahr vom 1ten April des einen, bis II
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Conf. der Nachtrag.
zum 31ten Merz des nächstfolgenden Jahres. Vom 1ten Nov. des jetzigen, bis zum 31. Merz des künftigen Jahres wird daher bey einer jeden Casse eine Stückrechnung gefertiget. § 41II . Rechnungs Abnahme. Mit der Abnahme und Justification der Rechnungen bey den sämmtlichen Cassen ist es folgendergestalt zu halten: Die Rechnungen über die Haupt-Landschafts-Casse, über die Kriegs-Caße und über die sämmtlichen nach §. 31. der Weimarischen Abtheilung des Landschafts-Collegii unterworfenen Cassen, werden zu Weimar, hingegen die Rechnungen über die der Eisenachis. Abtheilung unterworfenen Cassen zu Eisenach abgenommen; jene gemeinschaftlich von dem Landschafts-Collegio und der Landschaftl. Deputation, diese bloß von der Eisenachis. Abtheilung des Landschafts-Collegii und zwey in den Eisenachis. Landen wohnhaften Gliedern der Landschaftl. Deputation; jene während der jährlichen Versammlung der Landschaftl. Deputation und diese bereits einige Wochen vorher, damit solche noch zur rechten Zeit an das Landschafts-Collegium eingesendet, und sodann ebenfalls der Deputation bei ihrer Versammlung vorgelegt werden können. Das Landschafts-Collegium und seine beyden Abtheilungen treffen übrigens die Einrichtung, daß spätestens binnen vier Monaten nach dem Rechnungsschlusse, die sämmtlichen Rechnungen revidiert, die dabey gestellten monita beantwortet, und solchergestallt die Rechnungen zur Abnahme völlig bereit sind. Um auch sonst alles, was zu der Rechnungsabnahme gehört, in Zeiten vorzubereiten, ist es der Landschaftl. Deputation gestattet, schon einige Tage vor ihrer Versammlung die sämmtl. Rechnungen von einigen ihres Mittels welche sich alsdann
V ERFASSUNG VON S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH (1809) um soviel früher zu Weimar einzufinden haben durchgehen; und über die etwa findenden Bedenklichkeiten sofort von den Rechnungsführern vorläufig die nöthigen Erläuterungen einziehen zu laßen. Wenn darauf die ganze Landschaftl. Deputation versammelt ist, so geschiehet die wirkliche Abnahme der Rechnungen, und zwar in Ansehung der Haupt-LandschaftsRechnung, durch das ganze LandschaftsCollegium (soweit es nemlich sich zu solcher Zeit gerade zu Weimar anwesend befindet) und die ganze Landschaftl. Deputation, in Absicht der übrigen Rechnungen aber bloß durch einige Glieder des Landschafts Collegii und einige Glieder der Landschaftl. Deputation, wobey es zugleich, soviel diese leztern Rechnungen betrift, um mehrere derselben auf einmal vornehmen zu können, erlaubt ist, zur Abnahme verschiedener Rechnungen, auch verschiedene Personen abzuordnen. Sollte vielleicht die Landschaftl. Deputation bey den zu Eisenach abgenommenen Rechnungen einen oder den anderen Anstand finden, welchen die bey der Abnahme derselben mit gegenwärtig gewesenen Deputations-Gliedern sofort zu heben nicht vermöchten, so ist ihr verstattet, sich darüber von dem Landschafts-Collegio Erläuterung zu erbitten. Aus dem vorstehenden ergiebt sich von selbst, daß bey der in dem gegenwärtigen Jahre zu haltenden ordentlichen Versammlung der Landschaftl. Deputation, noch gar keine Rechnungs-Abnahme, bey der Versammlung des künftigen Jahres aber bloß die Abnahme der vom 1ten Nov. 1809. – 31ten Merz 1810. zuführenden Stück-Rechnungen, und erst bey der Versammlung des Jahres 1811. die Abnahme voller Jahres Rechnungen (nehml. der vom 1ten April 1810 bis 31. Merz 1811.) werde geschehen können. Doch werden der Landschaftl. Deputation, bey ihren nächsten beyden ordentlichen Versammlungen, des gegenwärtigen
und künftigen Jahres, alle diejenigen, nach der zeitherigen Verfaßung noch geführten und abgenommenen resp: Jahres und StückRechnungen, deren sie zu ihrem Geschäfte bedarf, zur Einsicht vorgelegt werden. § 42. Jährliche Caßen Etats-Aufbringung der diesfalsigen Bedürfniße und Ausschreibung der Auflagen. Einige Zeit vor jeder jährl. Versammlung der Landschaftl. Deputation, entwirft das Landschafts-Collegium die Etats aller ihm, nach §§. 35. 37. 38. und 39., untergeordneten Cassen für das nächste RechnungsJahr, wobey demselben zugleich, soviel die Haupt-Landschafts-Rechnung und die 3 Kreis-Rechnungen betrift, zu desto vollständiger Uebersehung des ganzen Landschaftl. Passivzustandes, verstattet ist, von den zur Verwaltung der Kreis-Schulden-Tilgungs-Cassen (s. §. 36.) bestellten besondern Behörden die Rechnungen und die etwann sonst ihr nöthig scheinenden Nachrichten sich zu erbitten. Uebrigens bedarf es keiner besondern Erwähnung, daß in Absicht des Eisenachis. Kreises, die Etats-Entwürfe von der Eisenachis. Abtheilung des Landschafts-Collegii zu begreifen sind, und sich alsdann deshalb zwischen ihr und dem übrigen Theile des Collegii einzuverstehen ist. Sind nun die sämmtlichen Etats gefertigt und berichtigt, so sendet das LandschaftsCollegium solche an den Landesherrn zur vorläufigen Genehmigung ein, und wenn diese erfolgt ist, so legt sie dieselben der Landschaftlichen Deputation bey ihrer Versammlung vor, um sowohl über die Etats selbst, als auch über die ihr am schicklichsten scheinenden Mittel zu Aufbringung der, nach solchen erforderlichen Bedürfnisse ihr Gutachten zu erstatten. Schlägt die Deputation alsdann zu dem leztern Behufe eine oder die andere Auflage vor, so muß sie dabey zugleich darauf ihr vorzügliches Augenmerk mit richten, ob
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S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH solche auch für einen jeden einzelnen Landestheil gleich zweckmäßig sey. Sollte dies aber nicht der Fall, und eine dergleichen Auflage keineswegs für die sämmtlichen Herzogl. Lande, sondern nur für einen Theil derselben passend sein, so hat die Deputation in Ansehung desjenigen Theils, bey dem sie nicht anwendbar ist, eine andere für ihn schicklichere und doch der quota seines Beytrags angemessene Gattung von Auflagen auszumitteln. Wie hiernächst der Landesherr nicht gemeint ist, jemals Steuern oder andere öffentliche Abgaben aufzulegen, ohne vorher die Landschaftl. Deputation mit ihrem Gutachten darüber gehört zu haben, so wird auch derselbe, wofern er etwas wünschen sollte, daß diese oder jene Art von Auflagen, es sey ganz allgemein, oder doch in einem oder dem andern Landestheile, eingeführt werden möchte, alsdann jedesmal, zugleich bey Vorlegung der Etats an die Landschaftl. Deputation, ihr Gutachten hierüber erfordern. Doch können unter dergleichen Auflagen solche Polizey-Abgaben nicht verstanden werden, welche vielleicht, wenn andere Mittel nichts helfen wollen, zu Verhütung dieses oder jenen Nachtheils – so wie z. B. Hunde- oder Nachtigallen-Steuern aufzulegen, die Nothwendigkeit erfordern möchte. Sollte vielleicht sich der Fall zutragen, daß entweder über die Auflegung einer Abgabe selbst, oder über die Art und Weise ihrer Erhebung, Discrepanzen entstünden, die bey der Versammlung der Landschaftl. Deputation nicht zu heben wären, gleichwohl aber die Sache sehr dringend zu seyn schiene, so wird zu gründlicher Erörterung derselben, noch während der DeputationsVersammlung, eine gemeinschaftliche Commißion ernannt, die aus zwey Herzogl. Dienern, welche der Landesherr, und drey Ständen, welche die Landschaftl. Deputation bestimmt, zusammengesezt ist, und nach deren Gutachten sodann der Landesherr die Decision ertheilt. Unter den zu der besag-
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ten Commißion abzuordnenden 3. Ständen, ist in der Regel jedesmal der LandschaftsDirector mitbegriffen. Käme es dabey etwa auf besondere Localkenntnisse an, so hat die Landschaftl. Deputation sich zu bemühen, zugleich einen damit vorzüglich versehenen Stand aufzufinden und denselben mit zubenennen, wenn er auch gleich kein Glied der Deputation selbst wäre. Sind nun der Regent und die Landschaftl. Deputation über die sämmtl. für das nächste Rechnungs-Jahr zu bestimmenden öffentlichen Abgaben einverstanden, oder doch die diesfallsigen Umstände gehoben, so werden darauf diese Abgaben von dem Regenten, als Landschaftl. Seits vorgeschlagene und von demselben genehmigte, mittelst gewöhnlichen Patents ausgeschrieben. Auf die bey den Deputations Versammlungen regulirten und von dem Landesherrn aprobirten jährlichen Cassen-Etats ist alsdann, während des ganzen Rechnungsjahrs auf das strengste und unverbrüchlichste von dem Landschafts-Collegio zu halten, wie denn der Landesherr selbst sich keine ihnen entgegenlaufende Einweisung in eine der diesem Collegio untergeordneten Cassen erlauben, auch in dem Falle, wenn vielleicht des allgemeinen Bestens wegen es die dringende Nothwendigkeit erfordern sollte, während des Etats-Jahres einem bey der Academie Jena oder einem der bey den Gymnasien angestellten besonders verdienten Lehrer eine Besoldung auszusetzen, oder eine Zulage zu machen, solches nie anders als mit Rücksicht auf den CassenEtat thun wird. § 43. Wie es bey außerordentlichen Ereignißen zu halten? Sollten aber gleichwohl in dem Laufe des Rechnungsjahres sich solche außerordentliche, nicht vorher zusehen gewesene Ereigniße zutragen, welche aus einer oder der andern Casse eine beträchtliche Zahlung, auf die in dem Etat nicht gerechnet worden,
V ERFASSUNG VON S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH (1809) unabwendbar erforderten; so wird alsdann der Landesherr, wenn der Gegenstand von besonderer Wichtigkeit ist und es irgend die Zeit erlaubet, die Landschaftliche Deputation außerordentlich einberufen, und sie darüber mit ihren patriotischen Vorschlägen hören; wenn aber der Gegenstand von minderer Wichtigkeit, oder die Sache zu dringend wäre, um erst eine Convocation der Landschaftl. Deputation vornehmen zu können, wenigstens den General-Landschafts-Director darüber mündlich oder schriftlich, mit seinem Gutachten vernehmen, auch nachher die Landschaftl. Deputation von der Bewandniß der Sache, und den nach Verhältniß der Umstände zu treffen gewesenen Verfügungen, mittelst eines von dem General-Landschafts-Director zu erlaßenden eigenen Circulars, ausführlich unterrichten zulaßen. § 44. Landschaftliche Obligationen. Die Ausstellung aller Landschaftlichen Obligationen, ohne Unterschied, geschiehet von der Landschaftlichen Deputation unter dem Siegel und der Unterschrift ihrer sämmtlichen Glieder und unter der Confirmation des Landesherrn, wobey es folgendergestallt zu halten ist. Wird bey einer Kreis-Casse ein PassivCapital aufgenommen, es sey nun solches zur Abtragung einer bereits vorhandenen Schuld, oder sonst zu einem andern etatsmäßigen Bedürfniße des Kreises bestimmt, so werden, ungeachtet der von der gesammten Landschaftl. Deputation geschehenden Ausstellung der Obligation, doch blos die Einkünfte der Kreis-Casse und zwar gerade so verpfändet, wie ehemals die Einkünfte der Landschafts-Casse verpfändet wurden. Sollte hingegen zu einem, die vereinigte Landschaft aller 3. Kreise zusammen angehenden Bedürfniße ein Passiv-Capital aufgenommen werden müssen – welches folglich bey der Haupt Landschafts-Casse selbst in Einnahme käme – so werden in
der darüber auszustellenden Obligation die sämmtlichen Landschaftlichen Einkünfte aller 3. Kreise zusammen verschrieben. Bey jeder ordentlichen oder außerordentlichen Versammlung der Landschaftl. Deputation legt das Landschafts-Collegium derselben ein Verzeichniß aller seit ihrer lezten Zusammenkunft, sowohl bey der HauptLandschafts-Casse, als bey den 3. KreisCassen, gegen einstweilige Cassenscheine, aufgenommenen Passiv-Capitalien, unter Beyfügung der bey dem Abtrage der damit etwa bezahlten Capitalien zurück empfangenen quittirten Schuld-Dokumente, vor, um darüber die Obligationen auszustellen, und diese Obligationen werden sodann von der Deputation mittelst Berichts an den Landesherrn zur Confirmation eingesendet. § 45. Vermeßungs-Bureau. Die vorzüglichsten Incumbenzen des Vermessungs Bureau, welcher nunmehr errichtet worden, sind: 1.) für die Richtigkeit der Maaße, Gemäße und Gewichte in den sämmtl. Herzogl. Landen Sorge zu tragen. 2.) die in den sämmtlichen Herzogl. Landen bereits angestellten Feldmesser zu prüfen und, wenn sie tüchtig befunden werden, ihnen darüber Legitimations-Scheine zu ertheilen, ohne welche die von ihnen hinführo in gerichtlichen und außergerichtlichen Privat-Angelegenheiten geschehende Vermessungen keine Beweiskraft haben können. 3.) alle diejenigen Personen, welche in Zukunft als Feldmesser in den sämmtlichen Herzogl. Landen angestellt zu werden wünschen, zu prüfen, und wenn sie tüchtig befunden worden, ihnen Anstellungs-Scheine auszufertigen. 4.) alle Vermessungen, welche auf Befehl des Landesherrn oder seiner Collegien in öffentlichen Angelegenheiten vorgenommen werden, anzuordnen und zu leiten. Die nähere Bestimmung davon wird eine dem Bureau zu ertheilende umständliche
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S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH Instruction enthalten. Auch wird darauf von dem Bureau selbst eine Instruction, nach welcher alle Feldmesser in den sämmtlichen Herzogl. Landen, sowohl bey öffentlichen als bey Privat-Vermessungen sich zu richten haben, nebst Beyfügung einer Taxe, welche von ihnen bey den zu machenden Ansätzen, sowohl für die Ausmessung selbst, als für Fertigung der Lagerbücher, Cataster und Buchstaben, Belegung, zu beobachten ist, entworfen, und nach geschehener Landesherrlicher Genehmigung, öffentlich bekannt gemacht werden. Uebrigens ist es zu der Besorgung der dem Bureau obliegenden Geschäfte nothwendig, daß wenigstens eines der Glieder des Landschafts-Collegii und einer seiner Subalternen ein Kunstverständiger sey.
CAP. VI Von den Landräthen § 46. Aufsichtsbezirke derselben. Die sämmtl. Herzogl. Lande, mit alleiniger Ausnahme des Amtes Ilmenau, werden in Hinsicht auf die Landräthe, in 6. verschiedene Aufsichts-bezirke vertheilt, und zwar so, daß die Weimaris. Lande mit Einschluß der Jenais. Landes-Portion 4., die Eisenachis. Lande aber 2. solcher Bezirke ausmachen. Einem jeden der 6. Landräthe, wird einer dieser Bezirke zur Aufsicht übertragen. Da bey der vor erwähnten Eintheilung der Herzogl. Lande, außer der geographischen Lage, auch noch andere Umstände zu berücksichtigen sind, z. B. die subjective Beschaffenheit der jedesmaligen Landräthe selbst, ingleichen die etwa dem einen oder dem anderen außerdem noch übertragenen Dienst Geschäfte, so können diese Aufsichts Bezirke nicht im voraus für beständig bestimmt, sondern es müßen solche jedesmal nach den von Zeit zu Zeit sich verändernden Verhältnissen
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eingerichtet werden. Ein jeder Landrath ist verbunden, entweder in dem ihm angewiesenen Bezirke selbst oder doch wenigstens solchem so nahe zu wohnen, daß er denselben zu einer jeden Jahreszeit ohne Schwierigkeiten täglich besuchen könne. Die Besoldung der Landräthe ist schon oben §. 34. bestimmt worden. Diäten und Sporteln finden bey ihren Verrichtungen nicht Statt. § 47. Pflichten derselben als Glieder der Landschafts-Collegii. Da nach §. 30. die Landräthe zugleich Glieder des Landschafts-Collegii sind, so haben sie doppelte Pflichten auf sich; einmal in Rücksicht des Collegii selbst, und dann in Rücksicht des ihnen zur Aufsicht anvertrauten Bezirks. In der erstern Rücksicht sind sie, wenn sie in Weimar oder Eisenach wohnen, in sofern sie nicht etwa durch auswärtige Dienstgeschäfte daran behindert werden verbunden den sämmtlichen Sitzungen, jene des Landschafts-Collegii und diese der Eisenachis. Abtheilung deßelben - beyzuwohnen, und dabey alle diejenigen collegialischen Geschäfte zu besorgen, welche ihnen von den Präsidenten oder Vorsitzenden werden übertragen werden. Ist aber ihr Wohnsitz außerhalb der erwähnten beyden Städte, so sind sie verpflichtet, das Collegium, oder resp. die Eisenachis. Abtheilung desselben, wenigstens dann zu besuchen, wenn sie sich resp. in Weimar oder Eisenach anwesend befinden. In einem und dem andern Falle liegt ihnen vorzüglich ob, in Ansehung der ihren Aufsichts-Bezirk betreffenden Angelegenheiten die nöthigen Aufschlüsse und Erklärungen zu geben. § 48. Pflichten derselben in Absicht ihrer Bezirke. a.) Beförderung der Landes Cultur. In Rücksicht ihres Aufsichtsbezirks selbst haben sie zuvörderst ihr Augenmerk
V ERFASSUNG VON S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH (1809) auf all das zu richten, was zur mehreren Aufnahme der Landescultur in ihrem ganzen Umfange gehört, z. B. die Verbesserung der Wiesen, den Anbau zweckmäßiger Futterkräuter, die Bepflanzung der Leiten3 und anderer schicklichen Plätze mit Obstbäumen, die möglichste Verhinderung aller übertriebenen und daher schädlichen Ausdehnung oder Einschränkung der Triftgerechtigkeiten, die Abwendung des Wildschadens von den Feldern der Unterthanen und dergleichen. § 49. b.) Sorge für die öffentliche Sicherheit. Ferner liegt ihnen ob, für die öffentliche Sicherheit in den ihnen anvertrauten Bezirken, und den Schutz der Unterthanen gegen Landstreicher und Bettler, die möglichste Sorge zutragen, wobey sie zugleich, wenn es nöthig seyn sollte und die Umstände es nur irgend erlauben, durch verhältnißmäsigen Militair-Beystand werden unterstützt werden. § 50. c.) Aufsicht auf den Weg- und Straßen – auch Waßerufer-Bau. Nicht minder erfordert ihre Pflicht, dahin zusehen, daß in ihren Aufsichtsbezirken, sowohl die öffentlichen Heerstraßen, als die von einem Orte zum andern führenden Wege, in gutem Stande erhalten, auch die Reparaturen derselben zweckmäßig, und dabey doch mit möglichster Kosten Ersparniß veranstaltet werden. Geht ein Fluß durch ihren Bezirk, so müßen sie dafür besorgt sein, daß alle Ausbrüche deßelben und alle Beschädigungen der anliegenden Grundstücke mittelst zeitigen und zweckmäßigen Verbauens verhindert werden. Geschieht in ihrem Bezirke die Führung eines Straßen- oder Waßerufer-Baues auf öffentliche Kosten, so sind sie verbunden nicht nur ihr pflichtmäßiges Gutachten über die ihnen am zweckmäßigsten scheinende Art der Einrichtung desselben auf Erfordern
zu erstatten, sondern auch nachher mit darauf zu sehen, daß die Ausführung wirklich der Vorschrift gemäß erfolge. § 51. d.) Concurrenz in Steuersachen. Weiter müßen sie in ihrem Aufsichtsbezirke auf den Dienstfleiß, die Wirthschafts und die Vermögens-Umstände der Steuerbeamten aller Classen, auf die Art und Weise der Beitreibung der Steuern und anderer öffentlicher Abgaben, auf die Richtigkeit des Ab- und Zuschreibens, und auf die zweckmäßige Fortführung der Steuer Cataster und Heberegister ein aufmerksames Auge haben. Bey, Wiederbesetzung erledigter Untereinnehmerstellen concurriren sie mit den Beamten, Obersteuer-Einnehmern und Amtssteuer-Einnehmern. Werden zum Behuf gesuchter Steuer-Erlasse Schätzungen vorgenommen, so wohnen sie den diesfallsigen Besichtigungen zu Beobachtung des Interesses der KreisCasse, bey. § 52. e.) desgleichen in Canton und Militair-Angelegenheiten. An der Canton Einrichtung haben sie insofern Theil zu nehmen, daß sie nicht nur für richtige Führung der Register mit Sorge tragen, sondern auch eben sowohl bey der Enrollirung der Unterthanen, als bey ihrer nachherigen Verabschiedung mit zugezogen werden. Sollten fremde Truppen in dem ihrer Aufsicht übergebenen Bezirk einquartiert werden, so haben sie, ob ihnen gleich das Einquartierungs Geschäfte selbst nicht obliegt, doch wenigstens darauf mit zusehen, daß, soviel es sich den Umständen nach thun läßt, kein Ort vor dem anderen prägravirt werde, auch keine Unordnungen und Exceße vorfallen. § 53. Anzeigen beym Landschafts-Collegio. Wenn sie in den von 48–52. bemerkten
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S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH Angelegenheiten, als weswegen sie noch mit einer besondern Instruction versehen werden, eine Anzeige zu machen oder Vorschläge zu thun, für nöthig finden, so geschiehet solches entweder mündlich in den Sitzungen des Landschafts-Collegii, und soviel die Eisenachis. Lande betrifft, der dasigen Abtheilung desselben, oder schriftlich, mittelst eines an eines oder die andern zu erstattenden Berichts. Die hierauf gefaßten Beschlüsse haben sie aufs pünktlichste zur Vollziehung bringen zu helfen. § 54. Aufträge von dem Landesherrn und den übrigen Collegiis. Sollte ein anderes Landes-Collegium, oder auch der Landesherr selbst, dieselben mit besondern Aufträgen versehen; so haben sie solche auf das genaueste zu erfüllen, und dann ihren Bericht im ersten Falle an das Collegium, von welchem der Auftrag gekommen ist, und im zweyten, an den Landesherrn selbst, zurichten. Uebrigens ist ihnen, besonders wenn vielleicht dergl. Aufträge einigen Einfluß auf die ihnen nach den §. 47.–52. obliegenden Dienstgeschäfte haben sollten, unbenommen, dem Landschafts-Collegio und resp. der Eisenachis. Abtheilung desselben, oder wenigstens den Präsidenten oder Vorsitzenden des Einen oder des Andern, davon Meldung zu thun. § 55. Besetzung der Landraths Stellen. Von den jezt vorhandenen sechs Landräthen bleiben die 3. ältesten bis zur ordentlichen Deputations-Versammlung des Jahres 1812. und die 3. jüngern bis zur ordentlichen Deputations-Versammlung des Jahres 1813. In der Folge tritt jeder Landrath, wenn er seine Stelle 3. Jahre verwaltet hat, wieder aus. Die Landschaftliche Deputation hat das Recht der Wahl und Präsentation der Landräthe, wobey lediglich die Mehrheit der Stimmen der Deputationsglieder zu berücksichtigen ist. In der Regel werden dieselben aus den wirklichen Gutsbesitzern, ade-
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lichen oder nichtadelichen Standes, genommen. Im Nothfall können jedoch auch deren Söhne und mitbelehnte Brüder praesentirt werden. Sowohl die Wahl, als die Praesentation, geschiehet ordentlicher Weise bey der Versammlung der Landschaftlichen Deputation, ist aber die Sache dringend, so kann die Wahl auch durch ein Circular, und die nachherige Praesentation von dem GeneralLandschafts-Director geschehen. In einem und dem andern Falle haben die Deputirten des Kreises, zu welchem der erledigte Bezirk gehört, oder wenn er aus Theilen zweier Kreise zusammen gesezt war, die Deputirten dieser beyden Kreise, das Recht der ganzen Deputation eine oder zwey Personen vorzuschlagen. Der Austretende kann aufs neue wieder gewählt werden, und alsdann behält er seinen vorigen Stuhl in dem Landschafts-Collegio und resp. seiner Abtheilung. Kommt aber ein neuer hinein, so wird er jederzeit der lezte unter allen Landräthen. Treten mehrere auf einmal hinzu, so wird es gerade so gehalten, wie es oben §. 15. auf diesen Fall in Ansehung der Glieder der Landschaftlichen Deputation vorgeschrieben ist.
NACHTRAG IN ANSEHUNG DER BEYDEN §.§. 35. UND 41 ad §. 35 Die hier vorgeschriebene Einrichtung in Ansehung der 3 Kreis-Cassen wird, so sie die Eisenachis. Kreis-Casse betrift, vor der Hand noch ausgesezt, und es findet dagegen vorerst folgende Einrichtung Statt: Diese Casse behält nicht nur ihre ganze Einnahme, sondern es werden ihr noch überdieß die sämmtlichen Steuern und anderen Abgaben aus dem vormals zu den
V ERFASSUNG VON S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH (1809) Herzogl. Eisenachis. Landen gehörig gewesene und vor einiger Zeit zu den Herzogl. Weimaris. Landen geschlagene Amte Großenrudestädt wieder überlaßen, wogegen es sich aber auch von selbst versteht, daß sie ihre ganze zeitherige Schuldenlast behält, und daß ihr davon in Absicht des gedachten Amtes – welches übrigens in allen andern Rücksichten ferner mit den Herzogl. Weimaris. Landen verbunden bleibt nichts abgenommen werden kann. Von diesen sämmtlichen Einkünften sendet die Eisenachis. Kreis-Casse nichts an die Haupt-Landschafts-Caße monatlich ein, als: 1) ihre quotam an dem, was von dem ganzen Lande zu den Cammern, zur KriegsCasse und zu den Gesandtschafts-Kosten bezahlet wird, und 2) ihre quotam an den sonst von dem ganzen Lande zu bestreitenden Ausgaben, jedoch mit Ausnahme der Kosten der Unterhaltung des Landschafts-Collegii, als solchen, in Ansehung deßen die Eisenachis. Kreis-Casse blos zu den Besoldungen des Vice-Präsidenten und Haupt LandschaftsCassiers beyträgt, dagegen sie aber auch die Kosten der Unterhaltung der Eisenachis. Abtheilung des Landschafts-Collegii allein bestreitet. Die sämmtlichen Ueberschüße der Casse werden zur successiven Minderung ihrer Schulden angewendet. Um jene Beytragsquota derselben zu bestimmen, wird bey der nächsten Versammlung der Landschaftl. Deputation ein verhältnißmäßiger Divisor in Ansehung aller 3. Kreiß-Cassen ausgemittelt.
ad. §. 41 Wenn bey der jährlichen Versammlung der Landschaftl. Deputation die Abnahme der Weimar und Jenaischen Kreiß-Rech-
nung geschiehet, so concurriren die Eisenachis. Glieder der Deputation nicht dabey. Jedoch werden ihnen diese Rechnungen nach geschehener Abnahme eben so zur Einsicht vorgelegt, wie auch sie dabey die Eisenachis. Kreis-Rechnung den übrigen Deputirten zur Einsicht mittheilen. In allen hier nicht abgeänderten Puncten bleibt es lediglich bey der Disposition der beyden obigen §.§.
FORMÜL DER UNTERSCHRIFT DER NEUEN CONSTITUTION Obstehende auf die landschaftlichen Verhandlungen bey der in dieser gehaltenen Versammlung der getreuen Deputirtenstände der bisherigen drey Landschaften, gegründete Constitution der vereinigten Landschaft der Herzogl. Weimar- und Eisenachischen Lande, mit Einschluß der Jenaischen Landes Portion, jedoch mit Ausschluß des Amtes Ilmenau, ist von Uns durchgängig genehmigt und bekräftiget worden. Zu dessen Urkunde haben Wir solche gegenwärtig vollzogen und mit Unserm Herzoglichen Insiegel versehen lassen. So geschehen Weimar, den 20ten Sept. 1809.
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Ediert nach Konstitution der vereinigten Landschaft der Herzoglich Weimar- und Eisenach´schen Lande vom 20. September 1809; Handschrift aus dem Thüringischen Hauptstaatsarchiv Weimar. Abgelöst durch das Grundgesetz über die Landständische Verfassung des Großherzogthums SachsenWeimar-Eisenach vom 5. Mai 1816 (Weimar 1816); siehe unter „Verfassung von Sachsen-Weimar-Eisenach (1816)“. 2 rl. steht hier wohl für Reichsthaler. 3 Nicht eindeutig lesbar.
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Verfassung von Sachsen-Weimar-Eisenach (1816) Grundgesetz über die Landständische Verfassung des Großherzogthums Sachsen-Weimar-Eisenach1 Wir Carl August, von Gottes Gnaden, Großherzog zu Sachsen-Weimar-Eisenach, Landgraf in Thüringen, Markgraf zu Meißen, gefürsteter Graf zu Henneberg, Herr zu Blankenhayn, Neustadt und Tautenburg. Obgleich Wir bereits im Jahre 1809 bemüht gewesen durch ein Gesetz, welches die in Unsern Alt-Fürstlichen Landen herkömmliche Landständische Verfassung betraf, die zwischen Uns und Unsern getreuen Unterthanen stets unverletzt erhaltenen Bande zu bewahren; so konnten doch jene Bestimmungen in der gegenwärtigen, durch schwere Opfer und harte Prüfungen erkämpften, bessern Zeit, den Landesväterlichen Gesinnungen nicht genügen, mit welchen Wir das dauerhafte Wohl Unserer Lande fest begründen wollen. Wir haben daher, eingedenk der Vorschrift und des Sinnes des Teutschen Bundes Vertrags vom 9. Junius 1815, den schicklichen Augenblick, da Uns zu Unsern Alt-Fürstlichen Landen ein bedeutender Zuwachs zu Theil geworden, ergriffen, um die in den Besitznahme-Patenten vom 15. November des vorigen, und vom 24. Januar dieses Jahres ausgesprochene Vereinigung Unserer neuen Lande mit Unsern alten, zunächst durch eine neue, dieser Gesammtheit gemeinschaftliche und angemessene Landständische Verfassung zu beurkunden. Zu dem Ende haben Wir durch Unsere Verordnung vom 30. Januar d.J. die Landschaftlichen Deputirten Unserer alten, und Abgeordnete Unserer neuen Lande berufen, um sich in Gemeinschaft mit einigen dazu beauftragten Staatsdienern, über die Bedin-
gungen und Formen zu vereinigen, unter welchen die von Uns als nothwendig anerkannten Rechte der Landstände auszuüben sind. Durch diese abgeordnete BerathungsVersammlung ist mit Thätigkeit und einmüthigem Vaterlandssinn ein, Unsern wohlgemeinten Absichten angemessener, Entwurf einer Landständischen Verfassungsurkunde ausgearbeitet, und zu Unserer Landesfürstlichen Bestätigung eingesendet worden, und Wir nehmen keinen Anstand, solchen, nur mit wenigen – keine wesentliche Bestimmungen abändernden – Modificationen zu bestätigen. Demnach haben Wir, unter Zustimmung der Landschaftlichen Deputirten Unserer alten Lande, und unter Beirath der berufenen Abgeordneten der Uns zugefallenen neuen Gebiete, folgende Bestimmungen, als ein Grundgesetz für Unser gesammtes Großherzogthum, festgestellt:
GRUNDGESETZ ÜBER DIE LANDSTÄNDISCHE VERFASSUNG DES GROSSHERZOGTHUMS SACHSEN-WEIMAREISENACH ERSTER ABSCHNITT Allgemeine Bestimmungen § 1. In dem Großherzogthume SachsenWeimar-Eisenach besteht eine Landständi-
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S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH sche Verfassung, welche allen Theilen des Großherzogthums, als einem Ganzen, gemeinschaftlich ist. § 2. Drei Stände sind in dem Großherzogthume Sachsen-Weimar-Eisenach als Landstände anerkannt: der Stand der Rittergutsbesitzer, der Stand der Bürger und der Stand der Bauern. § 3. Diese drei Landstände, und in ihnen sämmtliche Staatsbürger, werden durch Männer vertreten, welche aus ihrer Mitte, durch freie Wahl, als Landständische Abgeordnete, hervorgehen. § 4. Alle den Landständen zukommende Rechte können nur durch diese gesetzlich erwählten Vertreter, in der Art und unter den Bedingungen, ausgeübt werden, wie solches in gegenwärtiger Verfassungs-Urkunde, als einem Grundgesetze des Großherzogthums Sachsen-Weimar-Eisenach, niedergeschrieben ist.
ZWEITER ABSCHNITT Rechte der Landstände § 5. Es stehen den Landständen zur Ausübung durch ihre Vertreter (§. 4.) folgende Rechte zu: 1) Das Recht, gemeinschaftlich mit dem Landesfürsten, und den von diesem beauftragten Behörden, die Staatsbedürfnisse, so weit dieselben aus Landschaftlichen Cassen und aus dem Vermögen der Staatsbürger zu bestreiten sind, zu prüfen und die zu ihrer Deckung erforderlichen Einnahmen und Ausgaben festzusetzen (Bestimmungen der Etats). 2) Das Recht, über jede Besteuerung und andere Belastung der Staatsbürger, so wie über jede allgemeine Anordnung, welche darauf Einfluß haben möchte, ehe sie zur Ausführung kommt, gehört zu werden; dergestalt, daß ohne dieses Gehör, und ohne
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ihre, der Landstände, ausdrückliche Verwilligung, weder Steuern oder andere Abgaben und Leistungen im Lande ausgeschrieben und erhoben, noch Anleihen auf die Landschaftlichen Cassen und das Vermögen der Staatsbürger gemacht, noch sonst FinanzMaaßregeln ergriffen werden dürfen, welche das Landes-Eigenthum, oder das Eigenthum der Staatsbürger in Anspruch nehmen, oder die Gefährdung des Landständischen Interesse nach sich ziehen könnten. 3) Das Recht, die Rechnungen über bestrittene Staatsbedürfnisse, der oben erwähnten Art, zu prüfen, und sowohl über darin bemerkte Anstände Auskunft, als überhaupt über die Verwendung von Einnahmen Landschaftlicher Cassen, und aus dem Vermögen der Staatsbürger, Rechenschaft zu verlangen. 4) Das Recht, dem Fürsten Vortrag zu thun, über Mängel und Mißbräuche in der Gesetzgebung und in der Verwaltung des Landes, mit gutachtlichen Vorschlägen zu Abstellung derselben. 5) Das Recht, bei dem Fürsten Beschwerde und Klage zu erheben, gegen die Minister und gegen andere Staatsbehörden, über derselben Willkühr, und über deren Eingriffe in die Freiheit, die Ehre und das Eigenthum der Staatsbürger, so wie in die Verfassung des Landes. 6) Das Recht, an der Gesetzgebung in der Art Theil zu nehmen, daß neue Gesetze, welche entweder die Landesverfassung betreffen, oder die persönliche Freiheit, die Sicherheit und das Eigenthum der Staatsbürger in dem ganzen Lande, oder in einer ganzen Provinz, zum Gegenstand haben, und eben deßhalb das Allgemeine angehen, ohne ihren, der Landstände, vorgängigen Beirath und ihre Einwilligung nicht erlassen werden dürfen. 7) Das Recht, zur Erleichterung der Ausübung aller bisher aufgeführten Befugnisse, a. die Landräthe zu wählen und dem
V ERFASSUNG VON S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH (1816) Fürsten zur Bestätigung vorzustellen; b. zwei Räthe oder Assessoren bei dem Landschafts-Collegium, und zwar den einen für die erste Section in Weimar, den andern für die zweite Section in Eisenach, zu ernennen, und dem Landes-Fürsten zur Bestätigung vorzustellen; (§. 118. 119.) c. in vorkommenden außerordentlichen Fällen, z. B. in Kriegszeiten, wo irgend ein Collegium oder eine besondere Commission, außer dem gewöhnlichen Geschäftsgange, Einfluß auf die Landschaftlichen Cassen gewinnen dürfte, zu verlangen, daß diesem Collegium oder dieser Commission Einer, oder Einige ihrer Vertreter zugeordnet werden; d. den Cassier bei der Hauptlandschafts-Casse zu ernennen.
DRITTER ABSCHNITT Anzahl und Wahl der Volksvertreter aus den drei Landständen § 6. Für das gesammte Großherzogthum werden ein und dreißig Abgeordnete, als Volksvertreter, erwählt, eilf von dem Stande der Ritterguts-Besitzer, zehn von dem Stande der Bürger und zehn von dem Stande der Bauern. Ein jeder der drei Landstände hat die seiner Wahl überlassenen Abgeordneten aus seiner Mitte zu erwählen. § 7. Für jeden Abgeordneten muß gleichzeitig ein Stellvertreter bestimmt werden. Was über die Eigenschaften und über die Wahl der Abgeordneten selbst gesetzlich ist, gilt auch von den Stellvertretern. § 8. Um das Wahlgeschäft zu erleichtern, und um, so viel als möglich, dafür zu sorgen, daß jeder durch Lage, Gewerbe oder frühere Verhältnisse sich auszeichnende Theil des Großherzogthums einen oder mehrere Vertreter in der Landständischen Vereinigung habe, welchem genaue
Kenntniß von seinen Eigenthümlichkeiten beiwohnt, ist das Großherzogthum Weimar in Wahlbezirke eingetheilt worden. § 9. Für die Ritterguts-Besitzer bestehen drei Wahlbezirke, oder Provinzen. Der erste dieser Wahlbezirke begreift den Weimarischen und Jenaischen Kreis, mit Einschluß des Amtes Ilmenau und derjenigen Landestheile, welche durch das BesitzergreifungsPatent vom 15ten November 1815 in Thüringen dazu gekommen sind. Der zweite begreift den Eisenachischen Kreis, mit Einschluß der Ämter Dermbach und Geis, und den in dem BesitzergreifungsPatente vom 24sten Januar 1816. angegebenen Landestheilen. Der dritte endlich umfaßt den Neustädtischen Kreis, wie solcher in dem Besitzergreifungs-Patente vom 15ten November 1815 bezeichnet ist. § 10. Aus dem ersten Wahlbezirke werden vier, aus dem zweiten drei, und aus dem dritten ebenfalls drei Abgeordnete von den Rittergutsbesitzern unmittelbar gewählt, mit der Beschränkung, daß unter den drei Abgeordneten der Rittergutsbesitzer im zweiten Bezirke regelmäßig wenigstens einer aus der vormaligen, in diesem Bezirke mit sonst Reichsunmittelbaren Gütern ansässigen, Reichsritterschaft sich befinden soll. Die Akademie Jena, als eine mit Rittergütern ausgestattete, dem ganzen Lande angehörige Anstalt, stellt den eilften Abgeordneten. § 11. Für den Stand der Bürger bestehen zehn Wahlbezirke. Der erste umfaßt die Residenzstadt Weimar, der zweite die Städte Jena, Bürgel und Lobeda, der dritte die Städte Allstädt, Rastenberg, Buttstädt und Buttelstädt, nebst dem Flecken Neumark; der vierte die Städte Ilmenau, Blankenhayn, Krannichfeld, Remda und Berka, nebst dem Flecken Tannroda; der fünfte die
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S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH Städte Apolda, Dornburg, Sulza und Magdala; der sechste die Stadt Eisenach mit Fischbach; der siebente die Städte Ostheim, Geis und Lengsfeld; der achte die Städte Vacha, Berka an der Werra und Kreuzburg; der neunte die Städte Neustadt und Triptis; der zehnte die Städte Weida und Auma. § 12. Für den Stand der Bauern bestehen ebenfalls zehn Wahlbezirke. Der erste dieser Bezirke ist zusammengesetzt aus den Aemtern Weimar und Capellendorf; der zweite aus den Aemtern Bürgel, Dornburg, Tautenburg und Jena, mit den StadtgerichtsDörfern; der dritte aus den Aemtern Allstädt, (Oldisleben), Hardisleben, Niederroßla und den Stadtgerichts-Dörfern von Buttstädt; der vierte aus den Ämtern Blankenhayn, Ilmenau, Berka und Remda; der fünfte aus den Aemtern Rudestedt, Atzmannsdorf und Tonndorf; der sechste aus den Aemtern Kaltennordheim, Ostheim, Dermbach und Geis, nebst dem Gericht Wenigentafft; der siebente aus den Aemtern Vacha, mit der Vogtei Kreuzburg, Tiefenort mit dem Gericht Marksuhl und Frauensee, nebst den Patrimonial-Aemtern Lengsfeld und Völkershausen; der achte aus den Aemtern Gerstungen, Haußbreitenbach, Kreuzburg und Eisenach; der neunte aus dem Amte Neustadt; der zehnte aus dem Amte Weyda mit Mildenfurth. Jedes Amt wird hier mit Inbegriff der Patrimonial-Gerichtsdörfer verstanden, welche innerhalb des Amtsbezirks liegen. § 13. Aus jedem dieser für den Stand der Bürger, und für den Stand der Bauern, angeordneten Wahlbezirke wird ein Abgeordneter erwählt. Die Wahl geschieht durch Wahlmänner. § 14. In dem Stande der Ritterguts-Besitzer hat derjenige das Recht, an der Wahl Antheil zu nehmen, welcher ein Rittergut entweder allein, oder mit Andern gemeinschaftlich besitzt, ohne Unterschied des
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Standes, der Geburt und der Religion, auch ohne Unterschied, ob das Rittergut schriftoder amtsässig ist; nur muß das Rittergut, wenn es nicht zu den ehemaligen Reichsunmittelbaren gehört, die Landstandschaft schon gehabt haben, oder künftig noch unter die Zahl dieser Rittergüter aufgenommen werden; welches auf Ansuchen des Besitzers, bis zum nächsten Landtage, von der alleinigen Bestimmung des Landesfürsten abhängen, nach dem nächsten Landtage aber, nur mit Zustimmung der Landständischen Abgeordneten, geschehen wird. § 15. Wie derjenige, welcher mehrere Rittergüter der gedachten Art besitzt, von jedem dieser Rittergüter Eine Stimme abgiebt; so haben hingegen mehrere, welche Besitzer Eines Gutes sind, zusammen nur Eine Stimme. § 16. Frauen und Unmündige üben, wenn sie ein Rittergut besitzen, ihr Stimmrecht durch ihre Ehemänner oder Vormünder, so fern letztere, die Vormünder, selbst Rittergutsbesitzer in demselben Wahlbezirke sind; außerdem durch Bevollmächtigte. Unter mehrern Vormündern, hat der LehnsVormund den Vorzug. Bei den im Concurs befangenen Rittergütern ruht die Stimme. § 17. Bevollmächtige werden bei den Wahlen der Rittergutsbesitzer nicht nur in den schon angegebenen Fällen, sondern überhaupt zugelassen; nur muß der Bevollmächtigte, als Ritterguts-Besitzer, eine eigene Stimme in demselben Wahlbezirke haben. Niemand darf von mehrern, als von zwei andern Ritterguts-Besitzern, die Vollmacht annehmen. Die Vollmachten, welche nothwendig schriftlich zu geben sind, können sowohl mit Bezeichnung dessen, für welchen im Namen des Ausstellers zu stimmen ist, als im Allgemeinen abgefaßt seyn.
V ERFASSUNG VON S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH (1816) § 18. Da die Wahl der Abgeordneten aus dem Stande der Bürger und Bauern nicht unmittelbar, sondern mittelbar, durch Wahlmänner geschehen soll, ist festgesetzt worden, daß jeder Ort (Stadt, Flecken oder Dorf), so viel Wahlmänner zu stellen habe, als er je 50 Wohnhäuser zählt. Ein Ort von funfzig Wohnhäusern und darunter, stellt Einen; ein Ort von 51 bis 100 Wohnhäusern, stellt zwei Wahlmänner u. s. w. Einzeln liegende Häuser, z.B. Gasthöfe und Mühlen, ingleichen einzelne Höfe, werden zu demjenigen Orte gerechnet, zu welchem dieselben bisher, bei andern Gemeinde-Angelegenheiten, gezogen worden sind, z. B bei Einquartierungen und Spannungen. § 19. Ohne Unterschied der Religion, nimmt jeder Einwohner einer Stadt, eines Fleckens oder eines Dorfs, der darinn ein Haus besitzt, oder daselbst das Bürger- oder Nachbarrecht erworben hat, in diesem seinem Wohnorte Theil an der Wahl des Wahlmannes, oder der Wahlmänner. Kleinhäusler auf den Dörfern sind von dieser Befugniß keineswegs ausgeschlossen; wohl aber sind es bloße Schutzbürger in den Städten. § 20. Frauen und Unmündige, welche sich unter den stimmenfähigen Einwohnern eines Orts befinden, üben ihr Stimmrecht durch ihre Ehemänner, Vormünder oder Bevollmächtigte aus. § 21. Jeder Wahlmann muß dieselben Eigenschaften haben, welche von den Wählenden überhaupt erfordert werden (§. 19.); auch muß derselbe volljährig seyn. Der Gewählte darf das Amt nicht ausschlagen. § 22. Die Wahlfähigkeit zu der Stelle eines Volksvertreters erfordert, außer dem Bekenntnisse zur christlichen Religion, 1) Teutsche Geburt, welches dahin genauer bestimmt wird, daß der zu Erwählende von einem Vater abstammen muß, der selbst in Teutschland geboren war, und
den wesentlichen Wohnsitz (domicilium) in Teutschland hatte, 2) eheliche Geburt, 3) christliche Geburt (Geburt von Aeltern, welche sich ebenfalls zur christlichen Religion bekannt haben), 4) dreißigjähriges Alter, 5) unbescholtenen Ruf. § 23. Außer diesen allgemeinen Eigenschaften, werden zu der Wahlfähigkeit in jedem Stande noch besondere Eigenschaften erfordert. § 24. Wer in einem Wahlbezirke der Ritterguts-Besitzer zum Abgeordneten gewählt werden soll, muß mit einem ihm ganz, oder zum Theil, gehörigen Rittergute und zwar, wenn er das Gut zuerst erworben, nicht durch Erbgangsrecht erhalten hat, wenigstens seit drei Jahren in dem Bezirke ansässig seyn; jedoch ist es nicht wesentlich nothwendig, daß er in dem Bezirke wohne. § 25. Von dem Abgeordneten der Akademie Jena wird verlangt, daß er Mitglied des akademischen Senats sey, und sich die Facultäts-Rechte statutenmäßig erworben habe. § 26. In den Städten ist nur derjenige Einwohner des Wahlbezirks wahlfähig, welcher, außer dem Besitze eines in der Stadt oder Vorstadt liegenden Wohnhauses, ein unabhängiges Einkommen nachweisen kann, und zwar muß dieses Einkommen, mit Einschluß des Ertrags von jenem Wohnhause, in den Residenzstädten Weimar und Eisenach wenigstens 500 Rthlr., in den übrigen Städten aber 300 Rthlr. jährlich betragen. Der Ertrag desjenigen Vermögens, welches ein Ehemann, als gesetzlicher Nutznießer der Güter seiner Ehefrau, zu benutzen hat, wird mit gerechnet. Als unabhängiges Einkommen aber kann ein Dienst-Einkommen, es bestehe in fixer Besoldung, oder in Accidenzen, es werde vom Staate oder von
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S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH Privatpersonen gezogen, nicht angesehen werden; auch gilt dasselbe von Pensionen. § 27. Wer im Stande der Bauern wahlfähig seyn soll, muß in dem Kreise, worin sein Wahlbezirk liegt, an Haus und Feldgütern entweder eigenthümlich, oder als gesetzlicher Nutznießer des Vermögens seiner Ehefrau einen Werth, wenigstens von 2000 Thalern besitzen. § 28. Sollte Jemand in verschiedenen Ständen wahlfähig erscheinen, z.B. durch den Besitz eines Ritterguts in dem Stande der Rittergutsbesitzer, und durch den Besitz eines Bauernguts in dem Stande der Bauern, so kann er doch nur in einem Stande, und zwar in demjenigen gewählt werden, welcher nach der § 79 bestimmten Sitzordnung vorausgeht, z.B. in dem hier angegebenen Falle, nur in dem Stande der Rittergutsbesitzer. § 29. Blutsverwandte, in auf- und absteigender Linie, können zu gleicher Zeit in der Landständischen Vereinigung so wenig Platz finden, als Blutsverwandte im 2ten Grade der Seitenlinie (Brüder.) Kommt ein solches Zusammentreffen vor in einem und demselben Stande, oder in verschiedenen Ständen, so giebt die frühere Wahl und, wenn dieß nicht entscheidet, das höhere Alter einen Vorzug. § 30. Jeder Abgeordnete wird nur auf 6 Jahre gewählt. Im siebenten Jahre tritt er regelmäßig aus. Es muß eine neue Wahl angeordnet werden. Bei dieser Wahl ist der Ausgetretene wieder wahlfähig. § 31. Länger als sechs Jahre, und wenigstens zwölf Jahre, bleibt derjenige Abgeordnete in seiner Stelle als Volks-Vertreter, welcher zum Land-Marschall gewählt worden, und in dieser Eigenschaft aus einer Landständischen Vereinigung in die andere übergegangen ist. (§. 58. §. 59.)
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§ 32. Sollte ein Abgeordneter während der sechs Jahre, auf die er gewählt ist, abgehen, welches durch den Tod, durch freiwilliges Austreten, und durch Verlust einer der oben (§. 22. - 27.) angegebenen Eigenschaften, in sofern solche verlierbar sind, geschehen kann; so tritt der Stellvertreter für ihn ein. Fehlt auch dieser, so muß auf die noch übrige Zeit der sechs Jahre eine neue Wahl angeordnet werden. § 33. Nach jeder Wahl darf der Gewählte das ihm angetragene Amt ausschlagen, weil man voraussetzen muß, daß Niemand ohne die allerwichtigsten Gründe sich einem so ehrenvollen Amte entziehen werde. § 34. Die oberste Leitung aller Wahlen ist den Landes-Regierungen zu Weimar und Eisenach, jeder in ihrem Bezirke, übertragen. Die Anordnungen der Wahlen, durch solche, erfolgt unmittelbar von dem Fürsten; das erste Mal auf den Grund der gegenwärtigen Verfassungsurkunde, allein in künftigen Fällen auf die Anzeige des Vorstands (§. 57.), daß die Wahl nothwendig sey. § 35. Weder von den Landes-Regierungen, noch von denjenigen Behörden und Personen, welche unter jener oberen Leitung das Wahlgeschäft, in Ansehung der Abgeordneten selbst, oder der Wahlmänner zu besorgen haben, sollen einige Kosten dafür berechnet werden, einen einzigen Fall ausgenommen (§. 44.). § 36. Die Wahl im Stande der Rittergutsbesitzer geschieht in jedem Bezirke für sich. Die Landes-Regierung ertheilt einem Rittergutsbesitzer des Bezirks Auftrag zur Anordnung der Wahl, und zwar regelmäßig demjenigen, welcher, nach seiner Ansässigkeit mit einem Rittergute im Bezirke, der älteste ist. Der Beauftragte beruft sämmtliche Rittergutsbesitzer zu einer Wahl-Versammlung,
V ERFASSUNG VON S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH (1816) bei welcher er den Vorsitz und den Vortrag hat. Auslösung und Reisekosten werden den Erscheinenden nicht vergütet. Als Protokollführer wird eine zu den Acten verpflichtete Person beigezogen, jedesmal besonders und auf Kosten der sämmtlichen Rittergutsbesitzer im Wahlbezirke. § 37. Bei der Wahl-Versammlung entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen; es mögen nun viele oder wenige Stimmberechtigte erscheinen, viele oder wenige Stimmen, unmittelbar, oder mittelbar durch Bevollmächtigte, abgegeben worden seyn. Haben mehrere Personen gleich viel Stimmen für sich, so entscheidet das Loos. Die getroffene Wahl wird, von dem Wahldirigenten, der Landesregierung angezeigt, unter Einsendung der Protokolle. § 38. Vorstehende Bestimmungen über die Art der Wahl im Stande der Rittergutsbesitzer leiden einige Ausnahmen in Ansehung der reichsritterschaftlichen Abgeordneten (§. 10.) und des Abgeordneten der Akademie Jena (§. 10.). Die ehemaligen, mit sonst reichsunmittelbaren Gütern im Eisenachischen Kreise ansässigen Reichsritter wählen, auf Anordnung der Landes-Regierung zu Eisenach, unter sich, wozu ihnen jedesmal eine ausreichende Frist zu setzen ist. Erst, wenn dieselben binnen solcher Frist niemand ernennt haben, welcher das Amt eines Landständischen Abgeordneten übernehmen kann und will, wächst diese dritte Stelle den übrigen Rittergutsbesitzern des Eisenachischen Kreises zu. Der akademische Deputirte wird, auf Anordnung der Landes-Regierung zu Weimar, welcher in dieser Beziehung von dem Landesfürsten besonderer Auftrag (mandatum speciale) ertheilt werden soll, von dem akademischen Senate gewählt und nach geschehener Wahl derselben Behörde angezeigt. § 39. Das Wahlgeschäft in dem Stan-
de der Bürger und Bauern beginnt mit Ernennung der Wahlmänner (§. 13.). Diese geschieht in den Städten von sämmtlichen dazu stimmfähigen Einwohnern der Stadt (§. 19.), unter Leitung des Stadtraths, auf den Dörfern unter sämmtlichen stimmfähigen Einwohnern des Dorfes (§. 19.), unter Leitung der Ortsvorgesetzten, Vormundschaftspersonen, Schulzen, Gerichtsschöppen u. s. w. Steht das Dorf unter mehreren Untergerichten und hat es deshalb mehrere Schulzen, so ist demjenigen die Leitung zu überlassen, welcher überhaupt die Gemeindeangelegenheiten besorgt. § 40. Wenigstens zwei Drittheile der stimmfähigen Einwohner müssen bei einer solchen Wahl zugegen seyn. Es entscheidet Stimmenmehrheit und, bei gleichen Stimmen, das Loos. Der Erwählte erhält zu seiner Rechtfertigung eine Urkunde, welche nach einem gedruckten Muster von dem Stadtrathe oder den Ortsvorgesetzten zu vollziehen ist. § 41. Damit diese Vorschriften auch auf den Dörfern genau beobachtet werden, hat jedes Amt und jedes andere Untergericht, welchem von der Landes-Regierung der Befehl zur Anordnung der Wahl der Wahlmänner in seinem Bezirke zugegangen, zuvörderst die Ortsvorgesetzten (Vormundschaftspersonen, Schulzen u. s. w.), welche unter seiner Aufsicht die Gemeindeangelegenheiten in den verschiedenen Ortschaften zu besorgen haben, vor sich zu bescheiden, und dieselben, jedoch ohne alle Einmischung in die Wahl selbst, von dem Zwecke und Gange des Geschäfts genau und vollständig zu unterrichten. § 42. Nach geschehener Ernennung der Wahlmänner haben sich die Wahlmänner eines jeden Bezirks an einem Tage, welchen die Landes-Regierung bestimmen und
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S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH nebst dem Orte der weiteren Wahl-Verhandlungen in jedem Bezirke durch die Unterobrigkeiten bekannt machen lassen wird, vor einer Commission einzufinden, welche aus einem Landrathe, und aus einem Amtmann, Stadtrichter, Bürgermeister oder Gerichtsverwalter des Bezirks, nach Bestimmung der Landes-Regierung, bestehen soll.
seyn. Alle Aufträge solcher Art werden im Voraus für nichtig erklärt.
§ 43. Diese Commission hat sich ebenfalls in das Wahlgeschäft selbst, weder durch Vorschläge, noch auf andere Weise, einzumischen, sondern den erschienenen Wahlmännern nur die Veranlassung ihres Erscheinens nochmals vorzuhalten und solche mit den Eigenschaften, wodurch sich jemand zu der Stelle eines Volksvertreters eignet, bekannt zu machen. Ist dieses geschehen, so muß zuvörderst die weitere Berathung den Wahlmännern allein überlassen bleiben. Es besteht das Hauptgeschäft der Commission endlich nur darin, daß nach einiger Zeit, jedoch an demselben Tage, jeder einzelne Wahlmann darüber, wem er seine Stimme geben wolle, zu dem Protokolle vernommen, und der Erfolg des Wahlgeschäfts der Landes-Regierung mit Einsendung der Acten, berichtlich angezeigt werden.
§ 47. Nach vollendeter Wahl legen die Wahlmänner ihr Amt sogleich nieder und bleiben, als gewesene Wahlmänner, in keinem Verhältnisse zu einander. Es müssen vor jeder neuen Wahl eines Volksvertreters neue Wahlmänner ernannt werden.
§ 44. In der Regel müssen alle Wahlmänner des ganzen Bezirks bei der Wahl des Landständischen Abgeordneten anwesend seyn, doch ist die Wahl nur in dem Falle für ungültig zu halten, wenn nicht zwei Drittheile der Wahlmänner des Bezirks dabei zugegen gewesen sind. In einem solchen Falle sind die Kosten einer neu anzuordnenden Wahl von den ausgebliebenen Wahlmännern einzubringen; es wäre denn, daß ein reiner, unabwendbarer Zufall sie von dem Erscheinen abgehalten habe. § 45. Jeder Wahlmann stimmt aus eigener Ueberzeugung, ohne an einen Auftrag von Seiten seiner Gemeinde gebunden zu
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§ 46. Auch bei der Wahl durch die Wahlmänner gilt die Stimmen-Mehrheit. Sind für zwei oder mehrere wahlfähige Personen gleichviel Stimmen vorhanden, so entscheidet das Loos.
§ 48. Ueber alle Wahlen, sowohl im Stande der Bauern und Bürger, als im Stande der Rittergutsbesitzer, erstatten die Landes-Regierungen Bericht an den Fürsten mit ihrem Gutachten darüber, ob die Wahl für gültig anzusehen sey, oder nicht. Diese Berichte werden das erstemal einer zur Zusammenberufung des Landtags zu ernennenden Commission (§. 76.), nachher aber dem Vorstande (§. 57.) unter Beischluß der Wahlacten mitgetheilt. § 49. Sind die Wahlen gültig, so erfolgt von dieser Commission, oder späterhin von dem Vorstande, die Einberufung zum Landtage. Der Erscheinende rechtfertiget sich bei dem Landtage durch das erhaltene Einladungsschreiben. § 50. Ist die Wahl, entweder nach dem Urtheile der Landes-Regierung und der zur Zusammenberufung des Landtags beauftragten Behörde, (für das erstemal der gedachten Commission, späterhin des Vorstandes) oder nach dem Urtheile dieser Behörde allein für ungültig anzusehen; so wird bei dem Fürsten, mit Anführung der vorliegenden Gründe, auf Vernichtung der geschehenen, und auf Anordnung einer neuen, Wahl angetragen.
V ERFASSUNG VON S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH (1816) § 51. Jede Wahl eines Wahlmannes oder eines Abgeordneten, welche den gesetzlichen Bestimmungen über die Fähigkeit zu einer solchen Stelle, und über die Form der Wahl, nicht entspricht, ist ungültig. § 52. Ungültig, mit Vorbehalt der Bestrafung des dabei vorgekommenen Verbrechens, ist ferner jede Wahl, welche durch Geld oder Geldeswerth erwirkt worden ist, ingleichen jede Wahl, von welcher sich erweisen läßt, daß sie zu Folge gemachter Versprechungen von Gunst oder Vortheil irgend einer Art, oder zu Folge geschehener Bedrohungen mit Nachtheil irgend einer Art, erfolgt sey.
VIERTER ABSCHNITT Landtag, Vorstand, (Landständisches Directorium), Landständischer Syndikus, Rechte der Abgeordneten, Eröffnung des Landtags, GeschäftsOrdnung, Vertagung, Auflösung, Schluß des Landtags § 53. Die Versammlung der auf verfassungsmäßige Weise erwählten Landständischen Abgeordneten bildet den Landtag. § 54. Die Landtage theilen sich in ordentliche und außerordentliche. Zu einem ordentlichen Landtage werden die Landständischen Abgeordneten von drei zu drei Jahren, und zwar regelmäßig in der ersten Woche des Januars; zu einem außerordentlichen aber so oft zusammengerufen, als es nach dem Ermessen des Fürsten nothwendig ist. § 55. Der Ort, wo der Landtag gehalten werden soll, hängt von Bestimmung des Fürsten ab, doch muß derselbe nothwendig in dem Großherzogthume liegen. In der Regel wird die Residenzstadt Weimar als Versammlungs-Ort angesehen.
§ 56. Außer den Landtagen giebt es keine ständischen Versammlungen, weder des ganzen Landes, noch der Kreise; vielmehr sind alle solche Versammlungen für gesetzwidrig, und alle Beschlüsse auf solchen Versammlungen für nichtig erklärt. Dieses schließt jedoch nicht aus, daß in den einzelnen Kreisen die Ritterguts-Besitzer oder die Städte, oder die Dorfschaften (Städte und Dorfschaften durch ihre Ortsvorsteher) mit Vorwissen und Genehmigung der Landes-Regierung, zusammenkommen können zur Berathung über gemeinsame Angelegenheiten. § 57. Zur Leitung der Landständischen Geschäfte wird durch Stimmen-Mehrheit unter den sämmtlichen Abgeordneten der Landstände, und zwar aus der Mitte des Standes der Ritterguts-Besitzer ein LandMarschall, aus der Mitte sämmtlicher Abgeordneten aber werden zwei Gehülfen erwählt, welche drei zusammen den Vorstand (das Landständische Directorium) bilden. § 58. Der Land-Marschall wird, wenn es dem Landtage nicht gefallen sollte, ihm die Stelle auf Lebenslang zu übertragen, das erstemal auf zwölf Jahre, für die Zukunft aber jedesmal auf sechs Jahre gewählt. Die Wahl der beiden Gehülfen besteht nur drei Jahre. Sowohl die abgehenden Gehülfen, so lange sie in der Zahl der Landständischen Abgeordneten bleiben, als auch der abgehende Land-Marschall, sind wieder wählbar. § 59. Da, nach vorstehender Bestimmung, der Land-Marschall von sechs zu sechs Jahren aus der sich auflösenden Landständischen Vereinigung in die neue übergehet, so hat bei der neuen Wahl derjenige Stand und Kreis, aus dessen Mitte der Land-Marschall genommen ist, eine Stelle weniger zu besetzen, als er außerdem zu besetzen haben würde.
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S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH § 60. Niemand kann zum Land-Marschall gewählt werden, welcher im Großherzogthume Sachsen-Weimar-Eisenach wirklicher Staatsdiener ist, oder aus einer Landesfürstlichen Gasse eine Besoldung zieht. § 61. Die geschehene Wahl des LandMarschalls ist dem Fürsten zur Bestätigung vorzutragen. Die Wahl der Gehülfen wird dem Fürsten nur angezeigt. § 62. Als Haupt-Rechte und Verbindlichkeiten des Vorstandes sind folgende anzusehen: 1) Dem Vorstande liegt, wenn ein Landtag angeordnet worden, die Zusammenberufung der Landständischen Abgeordneten ob; auch können andere Mittheilungen an jene Abgeordnete durch Umläufe, oder besondere Schreiben, nur durch ihn erfolgen. 2) Der Vorstand hat Alles so vorzubereiten, daß der Landtag jedesmal sogleich mit seiner Eröffnung in volle Thätigkeit gesetzt werden kann. Zu diesem Zwecke sollen dem Vorstande bei sehr wichtigen Gegenständen, hinlängliche Zeit vor Eröffnung des Landtags, die nöthigen Mittheilungen gemacht werden, auch steht es demselben frei, in Ansehung der ihm erforderlichen Nachrichten und Aufschlüsse sich unmittelbar, sowohl vor dem Landtage, als während des Landtags, an die Landesbehörden und an das Staats-Ministerium zu wenden. 3) Der Vorstand hat bei allen Landtagen die Geschäfte zu leiten und unter die einzelnen Abgeordneten auf eine zweckmäßige Art zu vertheilen. 4) Außer den Landtagen sind die Landstände fortwährend durch den Vorstand zu vertreten, und aus diesem Grunde ist derselbe verbunden: a. auf die einstweilige Besetzung solcher Landständischen Stellen Rücksicht zu nehmen, welche bis zum nächsten Landtage nicht unbesetzt bleiben können. (§. 73. 119. 122.) b. beständig den Faden aller Land-
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ständischen Geschäfte zu behalten und darüber zu wachen, daß nichts gegen die Verfassung geschehe; wohl aber alle, von dem Landtage und von dem Fürsten gefaßten, Beschlüsse wirklich zur Ausführung kommen. c. Dafern ihm ein, das allgemeine Beste betreffender Gegenstand, dessen Ausführung auf einem bereits vorhandenen Gesetze beruhet, so dringend scheint, daß solcher bis zum nächsten Landtage nicht wohl ausgesetzt werden möchte, davon sofort bei dem Regenten Anzeige zu thun. d. Wenn sich die Anordnung eines außerordentlichen Landtags nothwendig machen sollte, mit vollständiger Aufführung aller Gründe darauf anzutragen. e. Zur Berathung über diese Landständischen Angelegenheiten jedes Jahr wenigstens zweimal zusammenzukommen, auch, im Fall der Fürst eine solche Zusammenkunft nöthig finden sollte, sich an dem hierzu bestimmten Orte schleunigst einzufinden. Uebrigens wird in Ansehung dieser Obliegenheiten der Vorstand sich besonders der Unterstützung, des Raths und des Gutachtens der Landräthe zu bedienen haben. § 63. Was das Verhältniß des Land-Marschalls und der Gehülfen zu einander betrifft; so hat der Erstere nicht nur den Vorsitz, sondern in der Regel auch den Vortrag bei den Landtagen. Nur in Verhinderungsfällen geht die persönliche Leitung des Ganzen auf den ersten, und wenn dieser verhindert seyn sollte, auf den zweiten Gehülfen über. Außerdem kann in Landständischen Angelegenheiten, sowohl während des Landtags, als außer dem Landtage, der LandMarschall nie für sich allein, sondern nur mit Zustimmung der Gehülfen handeln, auch sind die bei dem Vorstande außer den Landtagen nothwendig werdenden Umläufe und andere Ausfertigungen von dem Land-
V ERFASSUNG VON S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH (1816) Marschall und seinen Gehülfen zu zeichnen. Die Vollziehung aber erfolgt von dem Erstern allein. § 64. Sollte in der Zeit von einem Landtage zum andern ein Glied, oder sollten gar zwei Glieder des Vorstandes versterben oder sonst austreten (§. 32.), so dauert deren Amt bis zum nächsten Landtage, und auch jeden Falls auf den nächsten Landtag, bis zur Wahl eines neuen Land-Marschalls, in den Personen der Bleibenden fort, jedoch ist, wenn nur ein Glied des Vorstandes noch übrig seyn sollte, die Zusammenberufung eines Landtags möglichst zu beschleunigen. § 65. Der Land-Marschall und seine beiden Gehülfen ziehen ein jeder eine jährliche Besoldung aus der Haupt-Landschafts-Casse. § 66. Alle Abgeordnete haben auf dem Landtage gleiches Stimmrecht, ohne Unterschied des persönlichen Ranges, der Kreise, oder der Bezirke. § 67. Jeder Abgeordnete, von welchem Stande, von welchem Kreise, von welchem Bezirke er auch sey, ist Vertreter aller Staatsbürger und hat außer den Gesetzen keine andere Richtschnur anzuerkennen, als seine Überzeugung und sein Gewissen. Hieraus folgt: 1) kein Abgeordneter hat besondere Verpflichtungen gegen diejenigen, welche ihn gewählt haben, 2) alle Vorschriften (Instructionen), wodurch die Stimmfreiheit eines Abgeordneten auf irgend eine Weise beschränkt werden soll, sind gesetzwidrig und ungültig, 3) übernimmt ein Abgeordneter in seinem Kreise oder sonst, Aufträge zu Vorstellungen und Bitten bei dem Landtage, als wozu er allerdings berechtigt und verbunden ist, so versteht sich dieses unbeschadet der Freiheit seiner Meinung und Stimme.
§ 68. Niemand kann wegen seiner Aeußerungen in der ständischen Versammlung verantwortlich gemacht werden. Es versteht sich, daß allezeit der gehörige Anstand beobachtet wird, und daß jede Verunglimpfung der höchsten Person des Landesfürsten oder eine Beleidigung der Regierung, des Landtags oder Einzelner, verboten und nach den Gesetzen strafbar ist. § 69. Die Landständischen Abgeordneten, mit Einschlusse des Land-Marschalls und seiner Gehülfen, genießen sowohl in ihrer Gesammtheit als einzeln völlige Unverletzlichkeit der Person vom Anfange des Landtags bis acht Tage nach dem Schlusse desselben. Nur mit Einwilligung des Landtags, auf dem Wege Rechtens, kann, in dringenden Fällen, gegen sie verfahren werden. § 70. Alle Abgeordnete, auch die Mitglieder des Vorstandes, genießen für die Zeit ihres Aufenthalts auf dem Landtage, vor und mit dem Tage vor der Eröffnung, bis und mit dem Tage nach dem Schlusse des Landtags, eine tägliche Auslösung, ingleichen für jede Meile der Entfernung ihres inländischen Wohnorts oder Gutes von dem Orte des Landtags, eine Vergütung für Reise- und Zehrungskosten aus der HauptLandschafts-Casse. § 71. Zur Führung des Protokolls und zur Abfassung von Schriften auf dem Landtage, ingleichen zu den Ausfertigungen in Landständischen Angelegenheiten außer dem Landtage unter Leitung des Vorstands, erwählen sich die Abgeordneten einen Syndikus. Die Wahl ist dem Fürsten anzuzeigen. § 72. Der Syndikus darf kein von dem Landesfürsten unmittelbar besoldeter Diener seyn. Er muß in Weimar sich wesentlich aufhalten. Seine Verpflichtung geschieht vor der Landesregierung zu Weimar. Der Landtag hat das Recht, ihn nach Befinden zu entlassen.
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S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH § 73. Sollte sich der Fall ereignen, daß zu einer Zeit, wo der nächste Landtag über zwei Monate noch entfernt ist, der Landständische Syndikus verstürbe, oder seine Stelle niederlegte: so hat der Vorstand einstweilen Jemand in die erledigte Stelle einzusetzen, und nachher bei dem Landtage darüber entscheiden zu lassen, ob diese Einsetzung zu bestätigen, oder eine andere Wahl zu wünschen sey. § 74. Der Syndikus zieht eine jährliche Besoldung aus der Landschafts-Casse, und während des Landtags dieselbe Auslösung, welche den einzelnen Abgeordneten bestimmt ist. § 75. Während des Landtags steht dem Syndikus dieselbe Unverletzlichkeit der Person zu, welche den Abgeordneten zugesichert ist. (§. 69.) § 76. Zur Zusammenberufung des nächsten Landtags wird eine Landesfürstliche Commission niedergesetzt werden, wenn aber künftighin ein Landtag ausgeschrieben werden soll, so geht das deßhalb zu erlassende Landesfürstliche Decret an den Vorstand. Kein Abgeordneter aber hat sich in dieser Eigenschaft an dem Orte der Landständischen Versammlung früher einzufinden, als bis er durch den Vorstand eine schriftliche Einladung dazu erhalten hat. Wie ein Abgeordneter, in Gemäßheit eines solchen Einladungsschreibens, zum Landtage eintrifft, hat er sich bei dem LandMarschall anzumelden. § 77. Haben sich an dem bestimmten Tage alle Mitglieder der Ständischen Versammlung, oder haben sich wenigstens ein und zwanzig dieser Abgeordneten, und unter solchen aus jedem Kreise zwei aus verschiedenen Ständen, an dem bestimmten Orte eingefunden; so geschieht auf vorhergegangene Anzeige des Vorstandes bei dem Fürsten die Eröffnung des Landtags unter
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den besonders festgesetzten Förmlichkeiten, entweder von dem Fürsten selbst, oder durch eine zu diesem Zwecke anzuordnende Commission. § 78. Die Landständische Versammlung bildet nur ein Ganzes, nicht mehrere Kammern. § 79. Obwohl die Volksvertreter in dieser Eigenschaft sich alle gleich sind, so beobachten sie doch unter einander folgende Sitzordnung. Es sitzen 1) obenan der Landmarschall und die beiden Gehülfen neben diesem; 2) zu beiden Seiten die Abgeordneten der Rittergutsbesitzer, und zwar a) des Weimarischen, b) des Eisenachischen, c) des Neustädtischen Kreises. 3) Die Abgeordneten der Städte und 4) die Abgeordneten des Bauernstandes in derselben Folge nach den Kreisen. Die Sitzordnung der einzelnen Abgeordneten eines Standes und eines Kreises unter sich wird auf jedem Landtage von neuem durch das Loos bestimmt. Der reichsritterschaftliche Abgeordnete looset unter den Rittergutsbesitzern des Eisenachischen, der Akademische Abgeordnete looset unter den Rittergutsbesitzern des Weimarischen Kreises. § 80. Der Landtag kann keine Sitzung halten, wenn nicht wenigstens ein und zwanzig Abgeordnete, und unter diesen wenigstens zwei aus verschiedenen Ständen eines jeden Kreises, zugegen sind. Ein Beschluß, welcher mit Vernachlässigung dieses Satzes gefaßt wird, ist ungültig. § 81. Kommt es zur Abstimmung: so stimmt der Landmarschall zuerst und nach ihm stimmen die übrigen Abgeordneten, das erste Mal von der rechten zur linken Hand, das zweite Mal von der linken zur rechten Hand u. s. w.
V ERFASSUNG VON S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH (1816) § 82. Alle Beschlüsse werden nach der absoluten Mehrheit der Stimmen gefaßt, der Landmarschall hat keine entscheidende Stimme (votum decisivum); vielmehr ist, wenn Gleichheit der Stimmen eintritt, die Sache noch einmal in voller Sitzung zum Vortrag zu bringen. Wird auch in dieser Sitzung die Gleichheit der Stimmen nicht gehoben; so sind die beiderseitigen Meinungen dem Landesfürsten zur Entscheidung vorzutragen. § 83. Die Abstimmungen geschehen einzeln, nie nach Ständen, Kreisen oder Bezirken. Jedoch bleibt es den Abgeordneten Eines Standes oder Eines Kreises vorbehalten, wenn sie ihren Stand, oder ihren Kreis durch den Beschluß der Mehrheit für beschwert erachten, sich über Eine Stimme (votum separatum) zu vereinigen und solches zum Protokoll zu geben. § 84. Eine solche Curiat- oder ProvinzialStimme hat die Kraft, daß sie die Ausführung des, von der Mehrheit gefaßten Beschlusses aufhält, in die von dem Landtage an den Landesfürsten ergehende Erklärung, neben dem Beschlusse der Mehrheit, aufgenommen werden muß, und nebst diesem der Entscheidung des Fürsten zu unterwerfen ist. § 85. Damit eine Separatstimme diese Kraft erlangen möge, ist Einstimmigkeit aller Abgeordneten aus dem Stande oder dem Kreise, welcher dadurch verwahrt werden soll, erforderlich. Nur die entgegengesetzte Meinung des Landmarschalls kann die Bildung einer Curiat- oder Provinzial-Stimme für den Stand oder den Kreis nicht hindern, aus welchem der Landmarschall als Abgeordneter hervorgegangen ist. § 86. Wenn die Abfassung einer Curiatoder Provinzial-Stimme einige Zeit erfordert, so können diejenigen Abgeordneten, welche solche wünschen, den Antrag machen, daß ihnen Zeit vergönnt werde, sich
zu besprechen und über ihre Erklärung zu vereinigen. Der Vorstand bestimmt ihnen hierzu eine Frist von zwei bis drei Tagen, welche sie, bei Verluste des Rechtes auf die begehrte Curiat- oder Provinzial-Stimme, einhalten müssen. § 87. Außer dem Falle einer Curiat- oder Provinzial-Stimme kann ein Beschluß des Landtags, weder durch Protestation, noch durch Berufung auf höchste Entscheidung, noch auf andere Weise gehindert werden, vielmehr wird jeder Versuch dieser Art schon im Voraus für gesetzwidrig und ungültig erklärt. Die Minderheit muß sich, jenen Fall ausgenommen, der Mehrheit unbedingt unterwerfen, wiewohl jedem Abgeordneten das Recht zusteht, seine Meinung auszuführen und entweder in dem Protokolle niederschreiben zu lassen, oder in einem eigenen Aufsatze zu den Acten zu bringen. § 88. Der Landesfürst läßt dem Landtage seine Anträge (Propositionen) schriftlich mittheilen, entweder auf einmal, oder nach und nach. Sollten bei neuen Gesetzes-Vorschlägen, oder andern wichtigen Anträgen, mündliche Erörterungen den Gang der Geschäfte befördern können; so wird der Landesfürst Minister oder andere Staatsbeamte, als seine Commissarien, zu einzelnen Sitzungen des Landtags abordnen, welche den Gegenstand nach seinen Beweggründen zu entwickeln, jedoch der Landständischen Abstimmung und Beschlußfassung nicht beizuwohnen haben. § 89. Wenn der Landmarschall über einen wichtigen Gegenstand, welcher nicht schon in den Fürstlichen Anträgen enthalten ist, Vortrag thun will, so zeigt er seine Absicht der Versammlung an und bestimmt dazu einen gewissen Tag. § 90. Jedem Abgeordneten steht es frei, Anträge an die Versammlung zu bringen,
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S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH wenn solches der Versammlung vorher angezeigt worden ist. Auf eine solche Anzeige hat der Landmarschall ebenfalls einen gewissen Tag zu dem Vortrage fest zu setzen. § 91. Wo die Versammlung es dienlich findet, können Ausschüsse zur Bearbeitung einzelner Gegenstände, zur Anstellung von Untersuchungen, zur Abgebung von Gutachten, zur Abfassung von Schriften niedergesetzt werden. § 92. Solche Ausschüsse bestehen aus drei oder fünf Personen. Der Landmarschall ernennt ein Mitglied, welches den Vorsitz führt, die übrigen wählt die Versammlung, ohne besondere Rücksicht auf Stand und Provinz. § 93. In der Sitzung des Ausschusses führt ein Mitglied desselben das Protokoll. Die Beschlüsse werden nach Mehrheit der Stimmen gefaßt und kommen weiter zum mündlichen oder schriftlichen Vortrage, bei dem Landtage. Bei den Erörterungen darüber hat jedes Mitglied des Ausschusses wieder seine Stimme, als Mitglied des Landtags überhaupt. § 94. Die Beschlüsse der Stände werden in Schriften über einzelne, oder über mehrere Gegenstände zusammen, dem Landesfürsten übergeben. In der Ausfertigung sind solche Schriften: »unterthänigste Erklärungsschrift«, zu überschreiben und unter dem Collectiv-Namen: »Die getreuen Landstände des Großherzogthums SachsenWeimar-Eisenach« von dem Landmarschall zu unterzeichnen. Der Landesfürst läßt seine Beschlüsse hierauf ebenfalls schriftlich »an den Landtag« gelangen, worauf dann die versammelten Abgeordneten nach Befinden weiter antworten können. § 95. Die Verhandlung schließt ein Landtagsabschied, mit welchem die Versammlung von dem Fürsten entlassen wird.
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§ 96. Dem Landesfürsten steht das Recht zu, durch einen solchen Abschied die Landständische Versammlung nicht nur zu vertagen, sondern auch gänzlich aufzulösen. Geschieht das letztere, so verlieren sämmtliche Abgeordnete ihre Stellen, den Landmarschall ausgenommen. Es müssen sofort und längstens binnen drei Monaten neue Wahlen verfügt werden, bei welchen die Mitglieder der aufgelös’ten Versammlung wieder wählbar sind. Erfolgt diese Anordnung binnen dreimonatlicher Frist nicht: so ist die vorige Vereinigung von selbst wieder hergestellt.
FÜNFTER ABSCHNITT Nähere Bestimmungen über die Ausübung der den Landständen zustehenden Rechte durch den Landtag § 97. Alle Landschaftliche Cassen stehen unter dem Landschafts-Collegium, als der obersten Steuerbehörde, diejenigen Cassen ausgenommen, für deren Verwaltung, mit Einwilligung der Stände, besondere Commissionen und Deputationen schon niedergesetzt worden sind, oder etwa noch niedergesetzt werden. § 98. Einige Zeit vor Eröffnung eines ordentlichen Landtags entwirft das Landschafts-Collegium die Etats aller ihm untergeordneten Cassen auf die nächsten drei Jahre, wobei es sich von selbst versteht, daß sich dasselbe zu diesem Zwecke, und um zugleich eine vollständige Übersicht des Zustandes aller Landschaftlichen Cassen geben zu können, von jeder andern Behörde die erforderlichen Nachrichten erbitten darf. § 99. Sind die sämmtlichen Etats gefertigt und berichtigt; so sendet das Landschafts-Collegium solche an den Fürsten ein, zur vorläufigen Genehmigung.
V ERFASSUNG VON S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH (1816) Nach erfolgter vorläufigen Genehmigung werden die Etats dem Landtage von dem Fürsten unmittelbar zugefertigt, damit derselbe sowohl über die Etats an sich, als über die Mittel, die erforderlichen Bedürfnisse aufzubringen, sich berathen und urtheilen könne. § 100. Die dadurch veranlaßte Beurtheilung der Etats, und die als verfassungsmäßig anerkannten Verwilligungen, gehen mittelst einer eigenen Erklärungsschrift an den Fürsten zurück, worauf von Seiten des Letzteren, entweder sofort die Bestätigung der, von dem Landtage geschehenen, Vorschläge erfolgt, oder eine nochmalige Prüfung und Erörterung der Sache bei solchem veranlaßt wird. § 101. Sind der Landesfürst und der Landtag über die sämmtlichen, für die nächsten drei Rechnungsjahre, und in diesen Jahren erforderlichen, öffentlichen Abgaben, über deren Betrag, Art und Erhebungsweise einverstanden, so werden diese Abgaben, als von den Landständen verwilligte, und von dem Landesfürsten genehmigte, mittelst gewöhnlichen Patents ausgeschrieben. Der Entwurf dieses Patents gehört in den Geschäftskreis des LandschaftsCollegiums; die öffentliche Bekanntmachung aber geschieht durch die Landesregierung. § 102. Auf die bei dem Landtage festgesetzten und von dem Fürsten anerkannten Cassen-Etats ist von dem Landschafts-Collegium, während der Rechnungsjahre, auf das Strengste und Unverbrüchlichste zu halten, wie denn der Fürst selbst sich keine Einweisung in eine der Landschaftlichen Cassen, welche jenen Etats in irgend einem Puncte entgegenläuft, erlauben wird. § 103. Die vorstehenden Bestimmungen, welche zunächst die Deckung der gewöhnlichen Staatsbedürfnisse zum Gegenstande haben, gelten in ihrer Art auch von
dem Falle, wo entweder auf den Bericht eines Landes-Collegiums, oder ohne solchen nach eigenem Ermessen des Fürsten, andere Finanzmaaßregeln, welche auf das Landschaftliche Interesse Einfluß haben können, ergriffen, oder andere außerordentliche Leistungen und Anstrengungen der Staatsbürger erfordert werden sollen. Der Antrag dazu geht von dem Fürsten unmittelbar an den Landtag, und erst, wenn dieser seine Einwilligung ertheilt hat, erfolgt die endliche Bestätigung und die Bekanntmachung derselben in dem gesetzlichen Wege. § 104. Sollten sich in der Zeit von einer der gewöhnlichen Landständischen Versammlungen zu der andern solche außerordentliche, nicht vorher zu sehen gewesene, Ereignisse zutragen, welche aus der einen oder der andern Landschaftlichen Casse eine beträchtliche Zahlung, auf die in dem Etat nicht gerechnet worden, unabwendbar erfordern, oder andere Anstrengungen und Leistungen der Unterthanen unabwendbar nothwendig machen, so wird eine außerordentliche Versammlung der Landständischen Abgeordneten verfügt werden. § 105. Die Durchsicht, Prüfung und Abnahme aller Rechnungen, über die dem Landschafts-Collegium untergeordneten Cassen, geschieht jährlich bei diesem Collegium und vor einem Ausschusse aus dem Mittel der Landständischen Abgeordneten. Dieser Ausschuß besteht, außer dem Landmarschall und seinen beiden Gehülfen, aus sechs Ständischen Abgeordneten, nämlich zweien des Weimarischen, zweien des Eisenachischen, und zweien des Neustädtischen Kreises in der Maaße, daß aus jedem Kreise ein Abgeordneter von dem Stande der Rittergutsbesitzer, und ein Abgeordneter von dem Stande der Bürger, oder von dem Stande der Bauern, dazu gewählt wird. Die Wahl geschieht auf jedem ordentlichen
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S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH Landtage für die nächstfolgenden drei Jahre. § 106. Die Zeit, wann dieser Ausschuß in Weimar zusammenkommt, ist, die Jahre ausgenommen, welche einem ordentlichen Landtage unmittelbar vorausgehen, in welchen mithin die Rechnungsabnahme füglich bis zur Zeit des Landtags ausgesetzt bleiben kann, auf den 20sten December eines jeden Jahres bestimmt. Das LandschaftsCollegium hat dem Ausschusse an diesem Tage, außer der Nachweisung, wie bisher die, von dem letzten Landtage gebilligten, Etats im Allgemeinen ausgeführt worden, die Rechnungen des vorigen Jahres, welche schon durchgesehen, monirt, und durch die Beantwortungen der dagegen aufgestellten Erinnerungen zur Abnahme vorbereitet seyn müssen, sammt allen dazu gehörigen Belegen und den gegen die Rechnungen gestellten Erinnerungen mitzutheilen. Es erfolgt eine nochmalige genaue Durchsicht und Prüfung bei dem Ausschusse, wobei dieser über gefundene Anstände und Bedenklichkeiten sofort bei dem LandschaftsCollegium die nöthigen Erläuterungen verlangen darf. § 107. Die förmliche Abnahme der Hauptlandschafts-Casse-Rechnung geschieht durch das ganze Landschafts-Collegium und den ganzen Landständischen Ausschuß, die übrigen Rechnungen aber können durch einige Glieder des Landschafts-Collegium und einige Glieder des gedachten Ausschusses abgenommen werden. Die Justification der Rechnung und die Entlastng des Rechnungsführers wird von denen vollzogen, welche aus dem Mittel der Landständischen Abgeordneten und aus dem Mittel des Landschafts-Collegium an der Abnahme Theil genommen haben. § 108. Außer den Nachweisungen über die Ausführung der Etats und außer den
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Rechnungen über die dem Landschafts-Collegium untergeordneten Cassen, werden dem Landständischen Ausschusse, bei seiner Anwesenheit in Weimar, alle Rechnungen vorgelegt, welche bei solchen Cassen geführt worden sind, deren obere Verwaltung besonderen Commissionen und Deputationen anvertraut ist, z.B. bei den Amortisations-Cassen der alten Lande. § 109. Soll wegen bemerkter Mißbräuche in der Gesetzgebung, oder in der Verwaltung, dem Fürsten Landständischer Seits Vorstellung gethan werden; so ist es, unbeschadet des dem Vorstande nachgelassenen Rechts (§. 62.) durchaus nothwendig, daß die Sache bei dem Landtage zum Vortrage und zur Abstimmung gekommen sey. Kein einzelner der erwählten Volksvertreter darf sich in dieser Eigenschaft unmittelbar an den Fürsten wenden, auch sind Vereinigungen mehrerer Landständischen Abgeordneten zu solchem Zwecke, sowohl während des Landtags, als zu anderer Zeit, unerlaubt. § 110. Wenn irgend ein Staatsbürger, welcher zwar durch den Landtag mit vertreten wird, aber nicht selbst Volksvertreter ist, ein Gebrechen, dessen Abstellung das allgemeine Wohl zu erfordern scheint, bemerkt, oder einen nach seiner Ansicht zum Besten des Landes gereichenden Vorschlag aufgefaßt hat; so bleibt es ihm unbenommen, davon den Landtag oder den Vorstand in Kenntniß zu setzen. § 111. Die Ausführbarkeit des fünften Landständischen Rechts (§. 5.) ist in der Großherzoglichen Verordnung, die Organisation des Staats-Ministeriums betreffend, vom l. December 1815 gesichert worden, in folgender Stelle: „Alle Verordnungen, Patente, Edicte und jedwede andere Unserer Ausfertigungen in Regierungsgeschäften, die Wir eigenhändig unterschreiben, müssen, je nachdem
V ERFASSUNG VON S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH (1816) dieselben in das eine oder das andere Departement des Staats-Ministeriums gehören; oder, und zwar namentlich in Verhandlungen mit den Landesständen, je nachdem dieselben der gemeinschaftlichen Berathung und Besorgung sämmtlicher Mitglieder des Staats-Ministerium vorbehalten bleiben, von dem Chef des Departements im Staats-Ministerium oder in letzerwähntem Falle von sämmtlichen Mitgliedern desselben, welche bei der Beschlußnahme gegenwärtig waren, und Sitz und Stimme hatten, in der Reinschrift der Ausfertigung zum Zeichen der Verantwortlichkeit des Ministers oder des Staats-Ministeriums, für die Zweckmäßigkeit und Uebereinstimmung der Verfügung mit den Gesetzen und der Verfassung des Landes, contrasignirt werden.“ § 112. Dieses Recht kann ausgeübt werden: l) auf dem Wege der bloßen Beschwerdeführung, 2) auf dem Wege der förmlichen Klage. Es hat aber nur die Amtsführung des Staats-Ministerium der einzelnen Staatsminister, in ihrem Geschäftskreise, und der höhern Landesbehörden, wie sie dermalen in dem Patente wegen Ordnung des Staatsdienstes vom 15. December 1815, aufgeführt worden sind, oder künftighin bestimmt werden möchten, zum Gegenstande. Unerlaubte Handlungen, oder Versehen und Nachlässigkeiten der unteren Staatsdiener, können dem Landtage nur alsdann zur Ausübung dieses Rechts die Veranlassung geben, wenn der dadurch unmittelbar Gekränkte bei der zuständigen höhern Behörde vergebens Klage geführt, oder sonst die gesetzlichen Vorschritte gethan, und eben, weil solches vergeblich gewesen, die höhere Behörde selbst der Pflichtwidrigkeit sich theilhaftig gemacht hat. § 113. Nur Beschwerdeführung, nicht förmliche Klage, ist zulässig, wenn die Un-
zweckmäßigkeit einer Verordnung, oder einer andern Maaßregel, den Landtag zum Gebrauche seines Rechtes auffordert; förmliche Klage darf erhoben werden, wenn Unterschleife bei öffentlichen Cassen, Bestechlichkeit, absichtlich verweigerte oder verzögerte Rechtspflege, absichtliche Verzögerung in der Verwaltung, oder andere willkührliche Eingriffe in die Verfassung oder in die gesetzliche Freiheit, die Ehre und das Eigenthum der Staatsbürger, zur Kenntniß des Landtags gekommen sind. § 114. Ist nur Beschwerde erhoben worden, so wird der dadurch getroffene Staatsdiener, oder die dadurch getroffene Behörde, mit einer Verantwortung, worin die angefochtene Verordnung, oder sonstige Maaßregel, zu rechtfertigen ist, gehört. Ist diese Verantwortung nicht ausreichend, sondern ist die von dem Landtage angebrachte Rüge, ganz oder zum Theil gegründet; so erfolgt Landesfürstlicher-Seits die Anweisung, zur Verbesserung des Fehlers, zur Abstellung des Mangels, zur Aufhebung des Mißbrauchs, vorbehältlich des dem Landesfürsten zustehenden Rechts, auch auf die bloße Beschwerdeführung, wenn sich bei weiterem Eingehen in die Sache gröbere Ungebührnisse hervorthun, die förmliche Untersuchung anzuordnen. Der Landtag soll von dem Erfolge seiner Beschwerdeführung jedesmal in Kenntniß gesetzt werden. § 115. Ist förmliche Klage erhoben, und auf rechtliches Verfahren der Antrag gerichtet worden: so soll diese Klage von dem Landesfürsten, an das Großherzogliche und Herzoglich Sächsische gemeinschaftliche Ober-Appellationsgericht zu Jena abgegeben werden, welches, vorausgesetzt, daß dieselbe hinlänglich begründet, und durch Angabe der Beweismittel gehörig unterstützt ist, als ein durch gegenwärtige Verfassungsurkunde für solche Fälle zuständiges Gericht, nach den gesetzlichen Formen das
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S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH Verfahren einzuleiten, das Erkenntniß mit Gründen, im Namen des Landesfürsten, zu sprechen, und auf die dagegen eingelegten Rechtsmittel dasselbe Verfahren wie in Sachen, welche durch Compromiß, in erster Instanz, an dieses Gericht gelangen, zu beobachten hat. § 116. Auf die von dem Landesfürsten erfolgte Benachrichtigung, daß die Abgabe der Anklage an das Appellationsgericht geschehen sey, kann der Landtag, wenn er noch versammelt ist, oder der Vorstand zu jeder andern Zeit, dem Landschafts-Syndikus zur Verfolgung der angebrachten Klage und zur Wahrnehmung des Ständischen Interesse bei dem Appellationsgerichte, Auftrag ertheilen. Kommt bei einem solchen rechtlichen Verfahren das Interesse Landschaftlicher Cassen zur Sprache, so hat der Landschafts-Syndikus oder ein anderer Sachführer dieser Cassen, mit Vorwissen und Genehmigung des Landschafts-Collegium, den Civil-Punkt neben dem AnklagePunkte anhängig zu machen. § 117. Der Vorschlag zu neuen, das Allgemeine angehenden, Gesetzen kann sowohl von dem Fürsten dem Landtage, als von dem Landtage dem Fürsten, vorgelegt werden. Versagt in dem letzten Falle der Fürst die Genehmigung, so darf der Landtag seinen Vorschlag noch auf zwei anderen seiner verfassungsmäßigen Zusammenkünfte wiederhohlen. Die Ständische Versammlung hat, wenn sie ihre Zustimmung zu einem ihr vorgelegten Gesetzes-Entwurfe verweigert, jedesmal die Gründe ausführlich anzugeben, der Fürst hingegen wird auf einen, von dem Landtage gethanen Gesetzes-Vorschlag, nur die Ertheilung, oder die Vorenthaltung seiner Sanction aussprechen. § 118. Die Landräthe, welche sowohl in dem Landschafts-Collegium, als in der
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Landes-Direction, nach Maaßgabe der Verordnung vom 15. December 1815, Sitz und Stimme haben, werden von dem Landtage, nach Stimmenmehrheit, aus den wirklichen Rittergutsbesitzern gewählt; im Nothfalle kann jedoch auf deren Söhne und Mitbelehnte Rücksicht genommen werden. Vor der Wahl sind die Volksvertreter aus demjenigen Kreise, in welchem die Stelle erledigt ist, aufzufordern, eine oder zwei Personen dazu in Vorschlag zu bringen. Der Erwählte, welcher übrigens dem Landesfürsten zur Bestätigung vorzustellen ist, behält die Stelle als Landrath lebenslänglich. § 119. Die Wahl der Landständischer Seits zu ernennenden Mitglieder bei dem Landschafts-Collegium, geschieht auf dem nächsten ordentlichen oder außerordentlichen Landtage, welcher nach der sich ereignenden Erledigung einer solchen Stelle gehalten wird. Sollte jedoch die Zeit eines Landtags von dem Tage der Erledigung so weit entfernt seyn, daß die Stelle über sechs Monate unbesetzt bleiben müßte, so hat der Vorstand die Wahl zur Wiederbesetzung der erledigten Stelle zu veranlassen. § 120. Nach eingegangener landesherrlicher Bestätigung der geschehenen Wahl, welche dem Landtage oder dem Vorstande mittelst Dekrets bekannt gemacht wird, geschieht sogleich die wirkliche Einführung in das Landschafts-Collegium. Der Eingeführte hat alle Pflichten und Rechte der übrigen Glieder des Collegium, auch bezieht derselbe die seiner Stelle zukommende, etatsmäßige Besoldung. § 121. Wenn eine aus Staatsdienern und Landständischen Abgeordneten bestehende, gemeinschaftliche Commission niederzusetzen ist; so werden hierzu Landständischer-Seits nur Landständische, zu dem Landtage erwählte Abgeordnete, oder deren Stellvertreter, bestimmt.
V ERFASSUNG VON S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH (1816) Dasselbe ist Regel für den Fall, wenn der Landtag in außerordentlichen Fällen, z B. in Kriegszeiten, auf die Beiziehung einer Landständischen Deputation zu den Arbeiten eines Landes-Collegium angetragen hat. § 122. Die Wahl des Haupt-Landschafts Cassirers und die Vorstellung desselben zur Landesfürstlichen Bestätigung geschieht in der Regel auf dem nächsten Landtage, nach Erledigung der Stelle. Sollte jedoch ein solcher Landtag bei dem Falle der Erledigung so entfernt seyn, daß die Stelle, wenn man die Wahl bis dahin aussetzen wollte, über zwei Monate unbesetzt bleiben müßte, so ist dasjenige zu beobachten, was oben, (§. 119.) über eine durch den Vorstand zu veranlassende Wahl festgesetzt worden ist.
SECHSTER ABSCHNITT Gewähr der Verfassung § 123. An diesem Grundgesetze des Großherzogthums Sachsen-Weimar-Eisenach und der durch solches gestifteten Verfassung darf in keinem Punkte, und weder mittelbar, noch unmittelbar, weder durch Aufhebung, noch durch Zusätze, etwas geändert werden, ohne Uebereinstimmung des Landesfürsten und des Landtages. § 124. Künftig sind alle Staatsdiener, vor ihrer Anstellung, auf den Inhalt des gegenwärtigen Grundgesetzes und dessen Festhaltung mit zu verpflichten. § 125. Jede absichtliche Verletzung der Verfassung im Staatsdienste soll als Verbrechen angesehen und gestraft werden. Jede Handlung eines Staatsdieners, welche in der Absicht unternommen wird, um diese Verfassung heimlich zu untergraben, oder gewaltsam aufzulösen, ist Hochverrath.
§ 126. Tritt der Fall eines RegierungsWechsels ein, so soll der neue Landesfürst bei dem Antritte der Regierung sich schriftlich bei fürstlichen Worten und Ehren verbindlich machen, die Verfassung, so wie sie durch gegenwärtige Urkunde bestimmt worden, nach ihrem ganzen Inhalte während seiner Regierung zu beobachten, aufrecht zu erhalten und zu schützen. § 127. Um diese schriftliche Versicherung, noch vor der Huldigung, von dem Fürsten in Empfang zu nehmen, ist ein außerordentlicher Landtag zusammen zu berufen. § 128. Im Fall der Unmündigkeit des Regenten, oder einer andern Verhinderung des Regierungs-Antritts, ist dieselbe Versicherung von dem Verweser der Regierung (dem Administrator) für die Zeit seiner Verwaltung auszustellen. § 129. Außerdem wird die Sicherstellung dieser Verfassung dem Teutschen Bunde übertragen werden. An den Teutschen Bund sollen sich die Landstände durch ihre Vertreter auch in dem Falle wenden dürfen, wenn einem Erkenntnisse, welches das Appellationsgericht zu Jena, auf eine von dem Landtage erhobene Anklage, gesprochen hat, und wogegen kein Rechtsmittel weiter Statt gefunden (§. 115.), die Vollziehung verweigert würde. Gleichwie Wir nun durch vorstehende Bestimmungen die Landständischen Rechte Unserer getreuen Unterthanen, und durch diese die Rechte der einzelnen Staatsbürger dauerhaft gesichert zu haben, auch zu solchen Zwecke folgende bereits anerkannten Rechte: das Recht auf eine, auch die Verbindlichkeiten des Fiskus umfassende, in drei Instanzen geordnete, unpartheiische Rechtspflege, und das Recht auf Freiheit der Presse, hierdurch ausdrücklich anerkennen und gesetzlich begründen; also wollen Wir,
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S ACHSEN -W EIMAR -E ISENACH im Sinne der in vorstehendem § 124. enthaltenen Bestimmung, auch Unsere dermaligen Staatsdiener auf gegenwärtiges Grundgesetz besonders verpflichtet, und ihren uns geleisteten Diensteid auf die Beobachtung dieses Grundgesetzes, wozu Wir sie hiermit anweisen, ausdrücklich erstrecket haben. Die bisherige Landständische Deputation Unserer alten Lande betrachten Wir, ihrer eigenen Zustimmung gemäß, mit dem Eintritte des neuen Landtags für aufgelöset, und erkennen zugleich ihre bisherige thätige und patriotische Wirksamkeit, als ein rühmliches Vorbild der künftigen Landständischen Repräsentation, mit dankbaren Gesinnungen an. Urkundlich ist gegenwärtiges Patent von Uns eigenhändig vollzogen, mit Unserm Großherzoglichen Insiegel versehen worden, und soll durch den Druck zu Jedermanns Kenntniß und Nachachtung gebracht werden. So geschehen und gegeben Weimar, den 5. Mai 1816. (L.S.) Carl August. G. v. Voigt. C. W. Frh. v. Fritsch. v. Gersdorf. Graf Edling. vdt. Ackermann.
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Ediert nach [Großherzog Karl August], Grundgesetz über die Landständische Verfassung des Großherzogthums Sachsen-Weimar-Eisenach, Weimar 1816, 30 S. Das Grundgesetz wurde am 5. Mai 1816 beschlossen, unterzeichnet und verkündet. Dem Grundgesetz vorausgegangen ist die „Constitution der vereinigten Landschaft der Herzoglich Weimar- und Eisenach’schen Lande“ vom 20. September 1809 (Handschrift aus dem Thüringischen Hauptstaatsarchiv Weimar; siehe unter „Verfassung von Sachsen-WeimarEisenach (1809)“). Es wurde abgelöst von einer revidierten Verfassung vom 15. Oktober 1850. Siehe dazu Horst Dippel (Hrsg.), Verfassungen der Welt, 1850 bis zur Gegenwart, Teil 1: Europa, München, K. G. Saur 2002–2005, Mikrofiche-Nr. 366, 1–20. Für weiterführende Angaben siehe Hans Blesken, „Der Landtag im Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach vom Erlaß des Grundgesetzes (1816) bis zum Vorabend der Revolution von 1848,” in: Thüringer Landtag Erfurt (Hrsg.), Konstitutioneller Parlamentarismus in Sachsen-Weimar-Eisenach, Jena 1992, S. 7– 68; Hans Boldt, Reich und Länder, Texte zur deutschen Verfassungsgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert, München 1987, S. 262 ff.; Huber, Verfassungsgeschichte I, S. 650; ders., Verfassungsgeschichte II, S. 530 ff.; Herbert Gottwald / Gerhard Müller, „Zur Geschichte des Parlamentarismus in Thüringen, Ein Abriß,” in: Thüringer Landtag Erfurt (Hrsg.), Thüringische Verfassungsgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert, Jena 1993; Reinhard Jonscher, “Thüringische Verfassungsgeschichte im 19. Jahrhundert – Ein Abriß,” in: Thüringer Landtag Erfurt (Hrsg.), Thüringische Verfassungsgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert, Jena 1993; ders. / Willy Schilling, Kleine thüringische Geschichte – Vom Thüringer Reich bis 1900, 4. Aufl., Jena 2005, S. 164–165; Carola Schulze, Frühkonstitutionalismus in Deutschland, Baden-Baden 2002, S. 66 ff.
Verfassung von Schaumburg-Lippe (1816) Verordnung, die Schaumburgischen Landstände betrf., vom 15. Januar 18161
Von Gottes Gnaden Wir Georg Wilhelm, regierender Fürst zu Schaumburg-Lippe, Graf und edler Herr zu Lippe und Sternberg etc. etc. Nachdem Wir, in vollkommener Ueberzeugung des Nutzens und der Vortheile, welche aus einer landständischen Verfassung für Unser Fürstenthum erwachsen werden, bereits durch Unsern bevollmächtigten Gesandten am Congresse in Wien, gemeinschaftlich mit andern verbündeten deutschen Fürsten, durch eine Note vom 16. November 1814 Unsere Absicht haben erklären lassen, da, wo eine landständische Verfassung nicht bereits bestehe, solche eintreten lassen zu wollen, auch demnächst in dem unterm 8. Junius v. J. abgeschlossenen deutschen Bundes-Vertrage den Grundsatz aufgestellt und angenommen haben, daß landständische Verfassungen in allen Bundesstaaten Statt finden sollen; so verordnen Wir, wie folgt: § 1. Zur Beförderung der allgemeinen Wohlfahrt Unsrer Schaumburgischen Lande, zur Berathung über die zu diesem Zwecke diensamsten Mittel und zur Ausübung der landständischen Gerechtsame sollen in Zukunft in folgenden Verhältnissen Landstände in Unsern Schaumburgischen Landen bestehen. § 2. Die Landstände Unserer Schaumburgischen Lande sollen folgende Rechte auszuüben haben: 1) das Recht, die zur Staatsverwaltung
nothwendigen Ausgaben nach den ihnen vorzulegenden Berechnungen zu prüfen, mit Uns über das Maaß und die Art der Besteurung sich zu vereinigen und die danach erforderlichen Steuern zu verwilligen, in welcher Hinsicht Wir den Landesvergleich vom 3. December 1792 hierdurch ausdrücklich bestätigen und wollen, daß derselbe jederzeit befolgt und in Anwendung gebracht werden soll; 2) das Recht, über die zu erlassenden allgemeinen Landesgesetze ihr Gutachten zu geben und, wenn sie auf die Landesverfassung einen wesentlichen Einfluß haben, ihre Einwilligung zu denselben zu ertheilen; 3) das Recht, von der Verwendung der Landessteuern zu den Landesbedürfnissen Kenntniß zu nehmen und Uns ihre Bemerkungen vorzulegen, zu welchem Ende ihnen die Rechnungen der Landessteuercasse jährlich mitgetheilt werden sollen; 4) das Recht, über Gegenstände der allgemeinen Wohlfahrt Uns Vorschläge zu machen und ihre Beschwerden über etwaige Mißbräuche oder Unregelmäßigkeiten im öffentlichen Dienste, mit den erforderlichen Beweisen belegt, bei Uns anzubringen, wie denn solches auch bisher jedem Unserer lieben und getreuen Unterthanen verstattet gewesen ist. § 3. Wir behalten Uns vor, über die Art und Weise der Ausübung dieser Rechte eine ausführlichere Anweisung zu ertheilen und solche den versammelten Landständen demnächst zugehen zu lassen.
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S CHAUMBURG -L IPPE § 4. Alle Unsere lieben und getreuen Unterthanen Unserer Schaumburgischen Lande sind zu der Landstandschaft berechtiget, dergestalt, daß a. Die wirklichen Besitzer adelicher Güter, b. Deputirte der Städte und Flecken, c. Deputirte der Amts-Unterthanen auf dem Landtage zu erscheinen befugt sein sollen. § 5. Die Landstände von der Ritterschaft müssen in dem wirklichen Besitze eines adelich freien Guts sich befinden. Vereinzelte adelich freie Grundstücke oder adelich freie Wohnhäuser berechtigen nicht zur Landstandschaft. Jedem Landstande von der Ritterschaft, selbst auch demjenigen, welcher sich in dem Besitze mehrerer adelich freien Güter befindet, stehet auf dem Landtage nur eine Stimme zu. Sie können nur zugelassen werden, wenn sie das 25ste Jahr ihres Alters zurückgelegt haben. Sie sind gehalten in Person zu erscheinen, wobei ihnen zwar erlaubt ist, durch einen Bevollmächtigten ihres Standes sich vertreten zu lassen, jedoch soll ein Landstand von der Ritterschaft die Vollmacht nur von Einem seiner Mitstände zu übernehmen befugt sein. § 6. Die Städte Bückeburg und Stadthagen, imgleichen die Flecken Steinhude und Hagenburg, sollen, jeder Ort einen Deputirten, zum Landtage schicken. Es wird dem Magistrate der Städte und der Flecken nachgelassen, den LandtagsDeputirten aus ihrer Mitte oder aus der Bürgerschaft zu bestellen. § 7. Unsere Aemter sollen zum Landtage Deputirte in folgender Zahl schicken: Bückeburg zwei, Stadthagen zwei, Hagenburg einen und Arensburg einen. Sie sollen aus den wirklichen Besitzern von Bauerngütern gewählt werden.
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§ 8. Keiner Unserer Unterthanen vom Bauernstande kann zum Landtags-Deputirten gewählt werden, wenn er nicht das dreißigste Jahr zurückgelegt, der Militairpflicht Genüge gethan und allezeit einen unbescholtenen Lebenswandel geführt hat. § 9. Die Wahl der Deputirten ist unter der Leitung der ordentlichen Obrigkeiten vorzunehmen. In dem Amte Bückeburg sollen 17, in dem Amte Stadthagen 19, in dem Amte Hagenburg 11, in dem Amte Arensburg 5 Wahlmänner ernannt, und von diesen die Deputirten zum Landtage aus ihrer Mitte erwählt werden. Die Stimmen für die Wahlmänner sind zum Protocoll zu geben, die Stimmen für die Deputirten sollen von den Wahlmännern auf Zettel geschrieben, verschlosssen übergeben, von der Obrigkeit in Beisein aller Wahlmänner eröffnet, und die Wahlen nach der Mehrheit der Stimmen ausgesprochen und bekannt gemacht werden. § 10. Nur solche Amtsunterthanen, welche Grundeigenthum besitzen, sollen befugt sein, an der Wahl der Deputirten Theil zu nehmen. § 11. Es soll jährlich ein Landtag gehalten und von Unserer Regierung ausgeschrieben werden. Gegeben Bückeburg, den 15. Januar 1816. Georg Wilhelm. (L.S.) vt. Spring.
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Ediert nach Schaumburg-Lippische Landesverordnungen, Jahrgang 1837, Bd. 4, Nr. 117, Bückeburg, S. 293–296. Bei der Verfassung handelt es sich um eine einseitige Verordnung des Fürsten von Schaumburg-Lippe, die am 15. Januar 1816 unterzeichnet und verkündet
V ERFASSUNG VON S CHAUMBURG -L IPPE (1816) wurde sowie an diesem Tag auch in Kraft trat. Allerdings ist der Text in den Schaumburg-Lippischen Landesverordnungen erst im Jahr 1837 bekanntgegeben worden. Die Verfassungsverordnung wurde vom Verfassungsgesetz für das Fürstentum SchaumburgLippe vom 17. November 1868 abgelöst. Siehe dazu Horst Dippel (Hrsg.), Verfassungen der Welt, 1850 bis zur Gegenwart, Teil 1: Europa, München, K. G. Saur 2002–2005, Mikrofiche-Nr. 314, 1–20.
Siehe dazu Rolf Michael Havliza, Die Verfassungsentwicklung im Freistaat Schaumburg-Lippe 1848/49, 1975; Heiko Holste, Schaumburg-Lippe: Vom souveränen Staat zum halben Landkreis, Steinhude 2003; Rainer Polley, „Die Landesverfassung von Schaumburg-Lippe und Kurhessen im 19. Jahrhundert,“ in: Hubert Höing (Hrsg.), Vom Ständestaat zur freiheitlichdemokratischen Republik: Etappen in Schaumburg, Schaumburger Studien Heft 55, Melle 1995.
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Verfassung von Schleswig-Holstein (1831)
Forfatningen af Slesvig og Holsten (1831)
Allgemeines Gesetz wegen Anordnung von Provinzialständen in den Herzogthümern Schleswig und Holstein1
Anordning angaaende Provindsial-Stænders indførelse i Hertugdømmerne Slesvig og Holsten1
Wir Frederik der Sechste etc. thun kund hiemit: Wie Wir mit Rücksicht auf Unseren für das Herzogthum Holstein erfolgten Beitritt zum Deutschen Bunde bereits früher beschlossen haben, für dieses Herzogthum eine den Zeitumständen und Verhältnissen angemessene ständische Verfassung einzuführen, so wollen Wir auch dem Herzogthum Schleswig eine gleiche Verfassung zu Theil werden lassen, und dadurch Unseren sämmtlichen getreuen Unterthanen in beiden Herzogthümern einen neuen dauernden Beweis Unseres unerschütterlichen Vertrauens und Unserer ungetheilten Huld und Liebe geben. Die zu einer möglichst zweckmäßigen Vollziehung dieser Verfassung erforderlichen, für das Herzogthum Holstein getroffenen Einleitungen und Vorbereitungen, auf welche Wir landesväterlich bedacht gewesen sind, sollen daher auf das Herzogthum Schleswig erstreckt, besonders die Trennung der Administration von der Justiz in beiden Herzogthümern zur Ausführung gebracht, und zu dem Ende ein gemeinschaftliches Oberappellationsgericht, wel-
Vi Frederik den Sjette, af Guds Naade, Konge til Danmark etc. etc., Gjøre vitterligt: Ligesom Vi, med Hensyn til den af Os for Hertugdommet Holsten skete Tiltrædelse til det tydske Forbund, allerede forhen have besluttet at indføre i dette Hertugdom en med Tider og Forhold passende stændisk Forfatning, saaledes ville Vi ogsaa have Vort Hertugdom Slesvig tildeelt en saadan Forfatning, og derved give samtlige Vore troe Undersaatter i begge Hertugdømmer et nyt og varigt Beviis paa Vor urokkelige Tillid, samt Vor udeelte Hyldest og Kjærlighed. De, til saadan Forfatnings hensigtsmæssigste Indførelse fornødne, for Hertugdommet Holsten trufne Indledninger og Forberedelser, paa hvilke Vi landsfaderlig have været betænkt, skulle derfor udvides til Hertugdommet Slesvig. I Særdeleshed skal i begge Hertugdømmerne Administrationen adskilles fra Justitsvæsenet, og med Hensyn hertil oprettes en fælleds Over-AppellationsRet, hvilken tillige skal være den øverste Instants for Hertugdommet Lauenborg. Samtidigen med disse nye Indretninger skulle Stænderne træde i Virksomhed, for
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S CHLESWIG -H OLSTEIN ches gleichfalls für das Herzogthum Lauenburg die höchste Instanz bildet, errichtet werden. Gleichzeitig mit diesen neuen Einrichtungen sollen die Stände in Wirksamkeit treten, um, durch eine angemessene Theilnahme an der Verwaltung, in Unseren getreuen Unterthanen den Sinn und Eifer für das gemeinsame Wohl noch mehr zu beleben, Uns von den Mitteln zur Beförderung dieses Wohls die zuverlässigste Kunde zu verschaffen, und dadurch das Band, welches Unser Königliches Haus mit Unserem Volke vereinigt, noch fester zu knüpfen.
at der ved en passende Deeltagelse i Forvaltningen kan hos Vore troe Undersaatter end mere oplives Sands og Nidkjærhed for det almeene Vel, samt at den paalideligste Kundskab om Midlerne til at fremme dette Vel kan forskaffes Os, og derved det Baand, som forener Vort Kongelige Huus med Vort Folk knyttes end fastere.
Zur Begründung des Verhältnisses der Stände wollen Wir Folgendes allergnädigst angeordnet haben:
For at grundfæste Stændernes Forhold, ville Vi allernaadigst have anordnet Følgende:
§ 1. Es sollen zuvörderst für Unsere Herzogthümer Schleswig und Holstein Provinzialstände eingeführt werden, welche sich als berathende Stände in jedem Herzogthum für sich versammeln, jedoch mit völlig gleichen Befugnissen und Pflichten. Durch die abgesonderte Versammlung der Stände wird so wenig in dem SocialNexus Unserer Schleswig-Holsteinischen Ritterschaft, für welchen es bei den bisherigen Vorschriften, und namentlich bei dem Inhalt der Resolution vom 27sten Jun. 1732 sein Bewenden behält, als in den sonstigen Verhältnissen, die Unsere Herzogthümer Schleswig und Holstein verbinden, etwas verändert.
§. 1. Først skal der i Vore Hertugdømmer Slesvig og Holsten indføres ProvindsialStænder, hvilke, i hvert af disse Hertugdømmer særskilt, forsamles som raadgivende Stænder, med fuldkommen lige Rettigheder og Pligter. Ved den særskilte Forsamling af Stænderne bliver ligesaa lidet noget forandret i Vort Slesvig-Holstenske Ridderskabs Social-Nexus, (i Henseende til hvilken det forbliver ved de hidtil gjældende Forskrifter, og navnlig ved Indholdet af Resolutionen af 27de Juni 1732) som i noget andet af de Forhold, der forbinde Vore Hertugdømmer Slesvig og Holsten.
§ 2. Die Provinzialstände bestehen aus gewählten, so wie aus solchen Abgeordneten, denen Wir eine besondere Stimme beilegen werden, und bilden das gesetzmäßige Organ der verschiedenen Stände Unserer getreuen Unterthanen in jedem Herzogthum.
§. 2. Provindsial-Stænderne bestaae af valgte, saa og af saadanne Medlemmer, hvilke Vi ville tillægge en særskilt Stemme, og de danne det lovmæssige Organ for de forskjellige Stænder blandt Vore troe Undersaatter i hvert Hertugdom.
§ 3. Die allgemeine Bedienung der Wahlberechtigung wie der Wählbarkeit ist das Land- und das städtische Eigentum. Zur Wahlberechtigung wie zur Wählbarkeit eines städtischen Abgeordneten ist zwar
§. 3. Den almindelige Betingelse saavel for Rettigheden til at kunne vælge som for den, at kunne vælges, er Eiendomsbesiddelse enten paa Landet eller i en Kjøbstæd. Til at kunne vælge, som og til at kun-
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V ERFASSUNG VON S CHLESWIG -H OLSTEIN (1831) das städtische Bürgerrecht nicht erforderlich; jedoch bedarf die Wahl eines jeden Abgeordneten, welcher mit einer Bestallung, oder zum Behuf amtlicher Verrichtungen mit einem Confirmationspatente versehen ist, Unserer allerhöchsten Genehmigung. Auch sollen der ständischen Versammlung in jedem Herzogthum Abgeordnete für die Geistlichen und für Unsere Kielische Universität beiwohnen, die Wir allergnädigst ernennen werden.
ne vælges for en Kjøbstæd som Medlem af den stændiske Forsamling udfordres ikke at have vundet Borgerskab i Byen. Men, i Tilfælde at den Valgte er forsynet med en Bestalling, eller med et Confirmationspatent til Embedsforretningers Udførelse, er Vort allerhøieste Samtykke dertil fornødent. Ogsaa skulle Medlemmer for de Geistlige og for Vort Universitet i Kiel, hvilke Vi allernaadigst ville udnævne, bivaane den stændiske Forsamling i ethvert Hertugdom.
§ 4. Mit Rücksicht auf die im §. 2. enthaltenen Bestimmungen werden Wir die Entwürfe solcher allgemeinen Gesetze, welche Veränderungen in Personen- und Eigenthumsrechten und in den Steuern und öffentlichen Lasten zum Gegenstande haben, soweit sie Ein Herzogthum allein angehen, der ständischen Versammlung dieses Herzogthums, soweit sie aber beide Herzogthümer betreffen, beiden ständischen Versammlungen der Herzogthümer zur Berathung vorlegen lassen.
§. 4. Med Hensyn til de i §. 2 indeholdte Bestemmelser, ville Vi lade Udkastene til saadanne almindelige Love, som angaae Forandringer i personlige og EiendomsRettigheder, eller i Skatterne og de offentlige Byrder, forsaavidt de angaae eet af Hertugdømmerne allene, forelægge den stændiske Forsamling i dette Hertugdom til Raadgivning, men forsaavidt de angaae begge Hertugdømmer, da for begge Hertugdømmers stændiske Forsamlinger.
§ 5. Die ständische Versammlung für jedes Herzogthum kann nicht nur in Ansehung der zu ihrer Wirksamkeit gehörigen Gegenstände Vorschläge und Anträge, sondern auch Bitten und Beschwerden, welche auf das specielle Wohl und Interesse des ganzen Herzogthums oder eines Theils desselben Beziehung haben, anbringen, und Wir werden über solche, wie über diejenigen Puncte, die Wir Ihnen zur Berathung vorlegen lassen, Unsere Beschlüsse ertheilen.
§. 5. Den stændiske Forsamling for hvert Hertugdom kan i Henseende til de dens Virksomhed vedkommende Gjenstande ikke allene anbringe Forslag og Andragender, men ogsaa Begjeringer og Besværinger, som angaae det hele Hertugdommes eller en af dets Deles særlige Vel og Interesse, og ville Vi saavel over saadanne Gjenstande, som over hvad Vi lade Forsamlingen forelægge til Raadgivning, meddele Vor Beslutning.
§ 6. Die Communalangelegenheiten in jedem Herzogthum wollen Wir unter Vorbehalt Unserer Aufsicht und Genehmigung den Beschlüssen der ständischen Versammlung überlassen, wie derselben denn auch die Befugniß beigelegt seyn soll, die Repartition der in jedem Herzogthum zu entrichtenden, nicht bereits gesetzlich regulirten Anlagen über die contribuirenden Districte
§. 6. Communal-Anliggenderne i hvert Hertugdom ville Vi, under Forbehold af Vort Tilsyn og Samtykke, overlade til den stændiske Forsamlings Beslutninger; ligesom Forsamlingen ogsaa skal være berettiget til, i Henseende til de Afgifter, som i ethvert af Hertugdømmerne skulle erlægges, forsaavidt samme ikke allerede ere ved Anordninger regulerede, selv at foranstal-
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S LESVIG OG H OLSTEN selbst zu beschaffen, und die Art der Vertheilung zu bestimmen; Beides jedoch unter Vorbehalt Unserer zu bewirkenden Genehmigung.
te Repartitionen over de contribuerende Districter, og at bestemme Fordelingsmaaden, dog at paa begge Dele erhverves vor Approbation.
§ 7. Die ständische Versammlung für jedes Herzogthum tritt zusammen, wenn Wir selbige einberufen. Dieses wird regelmäßig jedes zweite Jahr geschehen, außerordentlich aber, so oft Wir es für nöthig finden. Die Dauer der ständischen Versammlung für jedes Herzogthum wollen Wir immer den Umständen nach bestimmen, und darnach der Versammlung die Aufhebung derselben ankündigen lassen.
§. 7. Den stændiske Forsamling for ethvert Hertugdom træder sammen, naar Vi indkalde den. Dette skeer ordentligviis hvert andet Aar, og overordentlig, saa ofte Vi finde det nødvendigt2 . Den stændiske Forsamlings Vedvaren i hvert Hertugdom ville vi hvergang bestemme efter Omstændighederne og derefter lade Forsamlingen tilkjendegive dens Ophør.
§ 8. Zur näheren Regulierung der ständischen Verhältnisse in jedem Herzogthum und über das Verfahren bei den Wahlen und in den ständischen Versammlungen, wollen Wir für jedes Herzogthum besondere Vorschriften erlassen.2 In denselben werden Wir auch Unsere allerhöchste Entschließung über die Zahl der verschiedenen Abgeordneten für jedes Herzogthum eröfnen. Ehe Wir aber in Ansehung des sonstigen Inhalts der Uns zu solchen Vorschriften vorzulegenden Entwürfe Unsere endliche allerhöchste Resolution ertheilen, sollen darüber erfahrene Männer aus beiden Herzogthümern vernommen und zur Berathung gezogen werden. Auch werden Wir, wenn Wir künftig in diesen besonderen Gesetzen Abänderungen als wohlthätig und nützlich erachten würden, diese nur nach vorgängiger Berathung mit den Ständen jedes Herzogthums treffen.
§. 8. For nærmere at regulere de stændiske Forhold i hvert Hertugdom samt Fremgangsmaaden ved Valgene og i de stændiske Forsamlinger, ville Vi lade udgaae særegne Forskrifter for hvert Hertugdom. I disse ville Vi ogsaa tilkjendegive Vor allerhøieste Beslutning angaaende Antallet af de forskjellige Medlemmer for hvert Hertugdom. Men forinden Vi afgive Vor endelige allerhøieste Resolution i Henseende til det øvrige Indhold af de Udkast til saadanne Forskrifter, som ville blive Os forelagte, skulle erfarne Mænd fra begge Hertugdømmer blive hørte og kaldte til Raadgivning. Ogsaa ville Vi, saafremt Vi i Fremtiden skulle ansee Forandringer i disse særskilte Anordninger som velgjørende og nyttige, ikke foretage saadanne uden foregaaende Raadførsel med Stænderne i hvert Hertugdom.
Urkundlich etc. Gegeben etc. Kopenhagen, den 28sten Mai 1831. 1
Ediert nach Chronologische Sammlung der Verordnungen und Verfügungen für die Herzogthuemer Schleswig und Holstein, die Herrschaft Pinneberg, Grafschaft Ranzau und Stadt Altona, Jahrgang 1831, Nr. 49, Kiel, S. 80–83. Das Gesetz wurde am 28. Mai 1831 beschlossen
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Givet etc. etc.
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Ediert von Thomas Riis nach Collegial-Tidende for Danmark, 34. Aargang, Kopenhagen 1831, Nr. 23 vom 4. Juni 1831 S. 373–378 mit der einleitenden Bemerkung: „Igjennem det Slesvig-Holsten-Lauenborgske Cancellie er den 28de Maii udkommet følgende Anordning angaaende Provindsial-Stænders Indførelse i
F ORFATNINGEN AF S LESVIG OG H OLSTEN (1831) und unterzeichnet und trat auch an diesem Tag in Kraft. Das Gesetz wurde abgelöst durch das „Staatsgrundgesetz für die Herzogtümer Schleswig-Holstein“ vom 15. September 1848, (Chronologische Sammlung der Verordnungen und Verfügungen für die Herzogthuemer Schleswig und Holstein, die Herrschaft Pinneberg, Grafschaft Ranzau und Stadt Altona, Jahrgang 1849, Nr. 172, Kiel, S. 281–311). Siehe unter „Verfassung von Schleswig-Holstein (1848)“. Für weiterführende Hinweise siehe Joachim Krech, Das schleswig-holsteinische Staatsgrundgesetz vom 15. September 1848, Frankfurt am Main 1985, S. 55 ff. 2 Durch die „Verordnung wegen näherer Regulierung der ständischen Verhältnisse im Herzogthum Schleswig (Holstein)“ vom 15. Mai 1834 (Chronologische Sammlung der Verordnungen und Verfügungen für die Herzogthuemer Schleswig und Holstein, die Herrschaft Pinneberg, Grafschaft Ranzau und Stadt Altona, Jahrgang 1834, Nr. 60, S. 139–197, mit Anhängen A und B) kam es zu der in §. 8 des Gesetzes angekündigten näheren Ausgestaltung. Die Regelungen selbst bilden jedoch keinen Bestandteil der Verfassung.
Hertugdømmerne Slesvig og Holsten.” Literatur: Jensen, Hans: De danske Stænderforsamlingers Historie 1830–1848, 2 Bde., København 1931–34. 2 In Collegial-Tidende „nødvenigt“.
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Verfassung von Schleswig-Holstein (1848) Staatsgrundgesetz für die Herzogthümer Schleswig-Holstein1 Nachdem kraft des mit Zustimmung der vereinigten Schleswig-Holsteinischen Ständeversammlung erlassenen Wahlgesetzes vom 13ten Juli d. J. alle mündigen Staatsbürger jeden Standes aufgefordert waren, Abgeordnete für eine neue volksvertretende Versammlung zu berufen, um in Uebereinstimmung mit der Landesregierung die Verfassung des Landes festzustellen; nachdem ferner die solchergestalt gewählte, am 15ten August d. J. zusammengetretene Landesversammlung nach vorgängiger Berathung und Beschlußnahme, auch nach bewirkter Verständigung mit der provisorischen Regierung über mehrere einzelne Artikel das gegenwärtige Staatsgrundgesetz zur Genehmigung vorgelegt hat und solchem am 9ten d. M. von der provisorischen Regierung Namens des Landesherrn ihre Zustimmung ertheilt worden: So wird gegenwärtiges Gesetz als Grundgesetz für die Herzogthümer Schleswig-Holstein hierdurch zur öffentlichen Kunde gebracht.
I Vom Staatsgebiet Art. 1. Die Herzogthümer SchleswigHolstein sind ein einiger, untheilbarer Staat. Art. 2. Jede Veränderung der Gränzen des Staatsgebiets enthält eine Aenderung der Verfassung.
II. Vom Verhältnisse zu Deutschland A RT. 3. Die Herzogthümer Schleswig-
Holstein sind ein Bestandtheil des deutschen Staatsverbandes. A RT. 4. Die Verfassung Deutschlands, wie sie jetzt ist, oder künftig sein wird, findet auf die Herzogthümer ihre volle und unbeschränkte Anwendung. A RT. 5. Die für ganz Deutschland oder die Herzogthümer insbesondere von den gegenwärtigen oder zukünftigen verfassungsmäßigen Gewalten Deutschlands erlassenen oder zu erlassenden Gesetze und Anordnungen sind für die Schleswig-Holsteinischen Staatsgewalten und Staatsbürger verbindlich.
III. Von den Staatsbürgern A RT. 6. Der Vollgenuß der bürgerlichen und öffentlichen Rechte ist durch das Schleswig-Holsteinische Staatsbürgerrecht bedingt. A RT. 7. Das Schleswig-Holsteinische Staatsbürgerrecht steht Allen zu, welche, ohne in einem fremden Staatsverbande zu stehen, bereits am 15ten August 1848 ihren ordentlichen Wohnort im Lande hatten, und, in so fern sie eingewandert sind, ohne Vorbehalt das Recht sich hier niederzulassen erworben hatten, so wie allen an dem gedachten Tage abwesenden, welche von einem Schleswig-Holsteinischen gebürtigen, nicht ausgewanderten Vater stammen, und auch selbst nicht ausgewandert sind. Bei unehelichen Kindern kommt in diesem Falle
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S CHLESWIG -H OLSTEIN die Abstammung von einer in SchleswigHolstein gebürtigen Mutter in Betracht. A RT. 8. Das Staatsbürgerrecht wird, vom 15ten August 1848 an gerechnet, erworben. a) durch eheliche Abstammung von einem Vater oder uneheliche von einer Mutter, welche das Schleswig-Holsteinische Staatsbürgerrecht entweder zur Zeit der Geburt des Kindes schon besaßen oder vor der Mündigkeit desselben erworben haben; b) von deutschen Staatsbürgern durch feste Niederlassung im Lande, nachdem sie ihr bisheriges particulares Staatsbürgerrecht aufgegeben haben; c) durch Abstammung von Fremden, welche in Schleswig-Holstein sich niedergelassen und zur Zeit der Geburt des Kindes bereits die Bedingungen der festen Niederlassung erfüllt haben; d) durch Verheirathung mit einem Manne, der das Schleswig-Holsteinische Staatsbürgerrecht besitzt; e) durch ein Naturalisationsgesetz.
A RT. 13. Das Waffenrecht und die Wehrpflicht sind für Alle gleich. Stellvertretung findet nicht Statt. A RT. 14. Durch das religiöse Glaubensbekenntniß wird der Genuß der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte weder bedingt noch beschränkt. Die staatsbürgerlichen Pflichten sind von Jedem ohne Unterschied des Glaubensbekenntnisses zu erfüllen; gesetzliche Ausnahmen bleiben vorbehalten. A RT. 15. Niemand kann durch eine Verfügung der Regierung seinem ordentlichen Richter entzogen werden.
A RT. 11. Alle Staatsbürger sind vor dem Gesetze gleich.
A RT. 16. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. Die gerichtliche Verhaftung einer Person soll – außer im Fall der Ergreifung auf frischer That – nur geschehen in Kraft eines richterlichen, mit Gründen versehenen Befehls. Dieser Befehl muß im Augenblick der Verhaftung oder spätestens innerhalb der nächsten 24 Stunden dem Verhafteten zugestellt werden. Die Polizeibehörde muß Jeden, den sie in Verwahrung genommen hat, im Laufe des folgenden Tages entweder freilassen oder der richterlichen Behörde übergeben. Jeder Angeschuldigte soll gegen Stellung einer vom Gerichte zu bestimmenden Caution oder Bürgschaft der Haft entlassen werden, sofern nicht dringende Anzeigen eines schweren peinlichen Verbrechens gegen denselben vorliegen. Wegen unbefugt verhängter oder widerrechtlich verlängerter Gefangenschaft haften die daran Schuld Tragenden und nöthigenfalls der Staat dem Gefangenen für Entschädigung und Genugthuung.
A RT. 12. Alle Staats- und GemeindeAemter sind für alle Staatsbürger gleich zugänglich. Alle Privilegien, welche hiemit im Widerspruch stehen, sind aufgehoben.
A RT. 17. Die Haussuchung findet nur auf Verfügung des zuständigen Gerichts oder der Ortsobrigkeit in den gesetzlich bestimmten Fällen und Formen Statt.
A RT. 9. Das Staatsbürgerrecht wird durch Auswanderung verloren. A RT. 10. Jeder Staatsbürger männlichen Geschlechts legt nach erreichter Mündigkeit vor seiner Obrigkeit mittelst Handschlages folgendes Gelöbniß ab: „Ich gelobe unverbrüchliche Beobachtung der Verfassung, Gehorsam den Gesetzen und Treue dem Herzoge". Von Denjenigen, welche nach erlangter Mündigkeit das Staatsbürgerrecht erwerben, ist dieses Gelöbniß bei der Erwerbung desselben zu leisten.
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V ERFASSUNG VON S CHLESWIG -H OLSTEIN (1848) A RT. 18. Die Beschlagnahme und Einsicht von Privatpapieren darf nur auf Grund einer richterlichen Verfügung vorgenommen werden. A RT. 19. Das Briefgeheimniß darf nicht verletzt werden. Ausnahmen davon können nur in Folge einer richterlichen Verfügung Statt finden, oder in Kriegsfällen angeordnet werden. A RT. 20. Jeder hat das Recht, sich mit Bitten und Beschwerden schriftlich an den Herzog, an die Landesversammlung und an die Behörden zu wenden. Dies Recht kann sowohl von Einzelnen, als von Mehreren gemeinschaftlich ausgeübt werden. Bitten oder Beschwerden unter einem Gesammtnamen sind nur Behörden und Corporationen gestattet. A RT. 21. Das Recht, Vereine zu bilden, wird anerkannt. Dasselbe darf durch keine vorbeugende Maaßregel beschränkt werden. A RT. 22. Die Schleswig-Holsteiner haben das Recht, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Volksversammlungen unter freiem Himmel können bei drohender Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit verboten und aufgelöst werden. A RT. 23. Jeder Schleswig-Holsteiner hat das Recht, durch Wort und Schrift seine Meinung frei zu äußern. Die Censur ist und bleibt aufgehoben. Die Preßfreiheit darf weder durch das Erforderniß von Concessionen noch durch Sicherheitsleistungen beschränkt werden. Die Postbeförderung findet für alle Zeitungen und Zeitschriften unter gleichen Bedingungen Statt. A RT. 24. Der bestehende Gebrauch der Sprachen in Kirche und Schule, Rechtspflege und Verwaltung ist gewährleistet. Die Gesetze werden in deutscher Sprache erlassen; denselben wird für diejenigen
Districte, in denen die dänische Sprache Kirchen- und Schulsprache ist, eine beglaubigte dänische Uebersetzung hinzugefügt. A RT. 25. Die Auswanderungsfreiheit ist von Staatswegen nicht beschränkt. Abzugsgelder werden von Auswandernden nicht erhoben. A RT. 26. Das Eigenthum und alle Privatrechte sind unverletzlich. Eine Enteignung kann nur aus Gründen des gemeinen Besten in den Fällen und in der Art, welche das Gesetz bestimmt, und gegen Entschädigung vorgenommen werden. A RT. 27. Vermögensconfiscation darf nicht Statt finden. A RT. 28. Kein Staatsbürger ist verpflichtet und kann gezwungen werden, eine Steuer oder Abgabe an den Staat zu bezahlen, welche nicht auf die durch das Staatsgrundgesetz vorgeschriebene Weise bewilligt ist. A RT. 29. Alle Bannrechte und Grundlasten, soweit letztere in Naturalleistungen bestehen, sind auf Antrag der Belasteten ablösbar. Das Gesetz wird die Art und Weise der Ablösung bestimmen. Prohibitivrechte, welche dem Gemeinwohl widerstreiten, sollen durch das Gesetz entfernt werden. A RT. 30. Das Jagdrecht steht Jedem auf eigenem Grund und Boden zu; die Ausübung dieses Rechts wird nach Gründen des öffentlichen Wohls durch das Gesetz geordnet werden. A RT. 31. Die den Gemeinden oder Privaten zustehende Gerichtsherrlichkeit und die gutsherrliche Polizei werden aufgehoben werden. Mit diesen Rechten fallen auch die Gegenleistungen und Lasten weg, die den bisher Berechtigten dafür oblagen.
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S CHLESWIG -H OLSTEIN A RT. 32. Kein Schleswig-Holsteinischer Staatsbürger darf von einer fremden Macht Titel oder Orden annehmen.
Ausnahmen machen, als ein Gesetz aufheben, vorbehältlich derjenigen Fälle, in denen die bestehenden Gesetze eine Dispensation ausdrücklich zulassen.
IV
A RT. 38. Der Herzog ernennt und entläßt die Minister.
Vom Herzoge A RT. 33. Dem Herzog steht als Oberhaupt des Staats die vollziehende Gewalt, in Gemeinschaft mit der Landesversammlung die gesetzgebende Gewalt mit Einschluß des Rechts der authentischen Gesetzauslegung zu; Er übt diese Gewalten in dem Umfange und in den Formen aus, wie durch dieses Grundgesetz bestimmt wird. Er befiehlt die Verkündigung der Gesetze und erläßt die zu deren Vollziehung nöthigen Verordnungen. Art. 34. Vor dem Antritt der Regierung leistet der Herzog den folgenden Eid entweder schriftlich oder vor der Landesversammlung persönlich: „Ich gelobe und schwöre die Verfassung und die Gesetze der Herzogthümer Schleswig-Holstein zu beobachten und die Rechte des Volks aufrecht zu halten. So wahr mir Gott helfe und sein heiliges Wort". Die Urkunde über den geleisteten Eid wird in dem Archiv der Landesversammlung aufbewahrt. Bevor der Herzog den Eid geleistet hat, steht ihm keine Regierungsgewalt zu. A RT. 35. Die Person des Herzogs ist unverletzlich. Seine Minister sind verantwortlich. A RT. 36. Keine Anordnung des Herzogs in Regierungsangelegenheiten ist gültig, wenn die Urkunde über dieselbe nicht von einem Minister gegengezeichnet ist. Die Gegenzeichnung macht den Minister verantwortlich. A RT. 37. Der Herzog kann eben so wenig von der Anwendung eines Gesetzes
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A RT. 39. Der Herzog führt den Oberbefehl über die Land- und Seemacht. A RT. 40. Der Herzog besetzt alle Civilund Militair-Staatsämter, soweit das Gesetz nicht eine andere Art der Besetzung bestimmt. A RT. 41. Der Herzog schließt Verträge mit anderen Staaten. Alle Verträge, welche den Herzogthümern Schleswig-Holstein oder einzelnen Staatsbürgern Verbindlichkeiten oder Lasten auferlegen, bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Zustimmung der Landesversammlung. A RT. 42. Der Herzog hat das Recht der Begnadigung. Ein wegen seiner Amtshandlungen verurtheilter Minister kann nur auf Antrag der Landesversammlung begnadigt werden. A RT. 43. Der Herzog hat das Recht, Geld prägen zu lassen. Das Gesetz bestimmt den Münzfuß, die Münzeintheilung und das Gepräge. A RT. 44. Der Herzog kann nur an Militairpersonen Orden und Ehrenzeichen ertheilen. Adel und persönliche Titel können vom Herzoge nicht verliehen werden. A RT. 45. Der Herzog kann ohne Zustimmung der Landesversammlung nicht Oberhaupt eines anderen Staates werden. Schon begründete agnatische Rechte sind vorbehalten. Die Zustimmung der Landesversammlung kann nur in der für die Aenderungen des Grundgesetzes Artikel 154 festgesetzten Weise erfolgen. Die ohne die Zustimmung der Landesversammlung erfolgte Erklärung des Herzogs,
V ERFASSUNG VON S CHLESWIG -H OLSTEIN (1848) die Regierung eines fremden Staats übernehmen zu wollen, gilt als Verzicht auf die Herzogliche Gewalt zu Gunsten des nächsten Thronerben. A RT. 46. Wenn der Herzog zugleich Oberhaupt eines nicht deutschen Staates sein sollte, so läßt er, so oft und solange er sich außerhalb der Grenzen der Herzogthümer befindet, alle kraft dieses Grundgesetzes und der Gesetze ihm zustehenden Rechte durch einen Statthalter selbstständig ausüben. Der Statthalter kann durch keine Befehle und Instructionen des Herzogs beschränkt werden. A RT. 47. Der Herzog ernennt und entläßt den Statthalter. Nur Mitglieder deutscher Fürstenhäuser oder Schleswig-Holsteinische Staatsbürger können zu Statthaltern ernannt werden. A RT. 48. Die Ernennung und Entlassung des Statthalters geschieht in einer von dem Herzoge zu unterzeichnenden und von mindestens zwei Staatsministern gegenzuzeichnenden Urkunde. Die Ernennung wird wirksam, nachdem sie verkündigt ist, und der Statthalter vor dem versammelten Staatsministerium den folgenden Eid geschworen hat: „ich gelobe und schwöre als Statthalter der Herzogthümer Schleswig-Holstein in Ausübung der mir anvertrauten Gewalt die Verfassung und die Gesetze der Herzogthümer Schleswig-Holstein zu beobachten und die Unabhängigkeit des Staates, so wie die Rechte des Herzogs und des Volks aufrecht zu erhalten. So wahr mir Gott helfe und sein heiliges Wort!” A RT. 49. Der Statthalter wohnt am Sitz der Regierung, und kann in Einem Jahre nicht länger als drei Monate außerhalb der Grenzen des Staatsgebiets sich aufhalten. A RT. 50. Nach dem Tode oder Abgange des Statthalters bis zum Wiederantritt
eines neuen, oder wenn der Statthalter sich in der Unmöglichkeit befindet, die ihm anvertraute Gewalt auszuüben, übernimmt der älteste Staatsminister, nachdem er den im Art. 48 vorgeschriebenen Eid geleistet hat, die Gewalt desselben. A RT. 51. Dem Statthalter wird ein den Verhältnissen seines Amtes angemessenes Einkommen ausgesetzt. A RT. 52. Der Statthalter hat dem Herzoge über die Geschäftsführung Bericht zu erstatten. A RT. 53. Alle, die Unterschrift des Herzogs erfordernden Gesetze, Verordnungen und Befehle werden während der Abwesenheit des Herzogs vom Statthalter Namens desselben unterschrieben, und soweit es dieses Grundgesetz vorschreibt, von den Ministern gegengezeichnet. A RT. 54. Wenn der Herzog zugleich Oberhaupt eines anderen Staates ist, so können Verträge mit diesem Staate nur unter Zuziehung von besonders Bevollmächtigten der Landesversammlung und unter Vorbehalt der Ratification unterhandelt werden. Die Ratification geschieht von dem Herzoge und der Landesversammlung. A RT. 55. Die Herzogliche Gewalt vererbt im Mannsstamme des Oldenburgischen Fürstenhauses vermöge Abstammung aus rechtsgültiger Ehe nach dem Rechte der Erstgeburt und der agnatischen Linealfolge, ohne Rücksicht auf die Nähe des Grades. A RT. 56. Vom Tode des Herzogs an, bis sein Nachfolger oder der Regent den verfassungsmäßigen Eid geleistet hat, wird die Herzogliche Gewalt durch den Ministerrath Namens des Herzogs verantwortlich ausgeübt. Dasselbe tritt in dem Falle ein, wenn beim Tode des Herzogs eine Statthalterschaft bestehen sollte. Die Statthalterschaft erlischt mit dem Tode des Herzogs.
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S CHLESWIG -H OLSTEIN A RT. 57. Nach dem Tode des Herzogs versammelt sich sofort die Landesversammlung ohne Zusammenberufung. War dieselbe vorher aufgelöst, und fällt der Termin des Zusammentretens der neu berufenen Landesversammlung später, so tritt die aufgelöste Landesversammlung wieder in Wirksamkeit und bleibt bis zum Zusammentreten der in der Auflösungsacte zusammenberufenen vereinigt. A RT. 58. Der Herzog wird mit Vollendung des Achtzehnten Lebensjahres mündig. A RT. 59. Wenn der Herzog unmündig ist, oder er sich in der Unmöglichkeit zu regieren befindet, tritt eine Regentschaft ein. Dieselbe wird Namens des Herzogs von dem nächsten regierungsfähigen Agnaten geführt. Der Regent leistet den im Art. 34 vorgeschriebenen Eid. A RT. 60. Ob die Voraussetzungen einer Regentschaft vorhanden sind, so wie darüber, ob sie aufgehört haben, entscheiden in Verbindung mit dem Staatsministerium die im Lande anwesenden mündigen Agnaten mit Ausschluß des nächsten durch absolute Stimmenmehrheit. Wenn kein zur Theilnahme an der Entscheidung berechtigter Agnat im Lande vorhanden ist, entscheidet das Staatsministerium allein. A RT. 61. Die Civilliste des Herzogs wird zu Anfang jeder Regierung durch ein Gesetz bestimmt. A RT. 62. Etwanige Apanagen, Ausstattungen und Witthümer des Herzoglichen Hauses bestimmt das Gesetz.
V Von den Ministern
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A RT. 63. Niemand kann zum Minister ernannt werden, welcher nicht das SchleswigHolsteinische Staatsbürgerrecht besitzt. A RT. 64. Das Gesetz bestimmt die Abtheilungen der Verwaltung. Jeder besonderen Abtheilung der Verwaltung steht ein Minister vor. Nur außerordentlich und auf kurze Zeit kann ein Minister mehreren Abtheilungen der Verwaltung vorstehen. A RT. 65. Die Minister vereinigen sich unter Vorsitz des Herzogs oder Statthalters zum Staatsrath. Der Staatsrath beräth über Gesetzvorlagen und über Anträge der Landesversammlung so wie über alle wichtigeren Angelegenheiten, und entscheidet über Zweifel hinsichtlich der Zuständigkeit der einzelnen Ministerien. Ueber die im Staatsrath gefaßten Beschlüsse wird ein Protocoll geführt, welches die Vota der einzelnen Mitglieder enthält. Dies Protocoll nebst dessen Beilagen wird einem Ausschusse in der Landesversammlung auf deren Verlangen zur Einsicht vorgelegt. A RT. 66. Die Minister haben freien Zutritt zu den Sitzungen der Landesversammlung und müssen auf ihr Verlangen gehört werden. Auf Verlangen der Landesversammlung sind die Minister verpflichtet in der Versammlung zu erscheinen. Die Minister können Mitglieder der Landesversammlung sein. A RT. 67. Durch keine Anordnung des Herzogs oder Statthalters können die Minister der ihnen wegen der Verwaltung ihres Amtes obliegenden Verantwortlichkeit enthoben werden. A RT. 68. Nur Kraft eines Beschlusses der Landesversammlung kann gegen die
V ERFASSUNG VON S CHLESWIG -H OLSTEIN (1848) Minister wegen der Verwaltung ihres Amtes ein Strafverfahren eingeleitet werden. Das Gesetz bestimmt die Fälle, wegen welcher ein Strafverfahren Statt findet, die Strafen, das Gericht und die Art des Verfahrens. A RT. 69. Ist das in dem gegen Minister eingeleiteten Strafverfahren erfolgende Endurtheil nicht freisprechend, so hat dasselbe stets den Austritt aus dem Amte zur Folge.
VI Von der Landesversammlung A RT. 70. Die Landesversammlung übt in Gemeinschaft mit dem Herzoge die gesetzgebende Gewalt. Jedes Gesetz erfordert zu seiner Gültigkeit die Uebereinstimmung des Herzogs und der Landesversammlung. Wird, während der Herzog Oberhaupt eines anderen, nicht deutschen Staates ist, ein Gesetzantrag auf drei verschiedenen Landtagen von der Landesversammlung mit einer Stimmenmehrheit von zwei Drittheilen unverändert angenommen, so kann der Herzog seine Zustimmung zu demselben nicht verweigern und verkündigt ihn als Gesetz. A RT. 71. Der Landesversammlung gebührt gleich dem Herzoge, das Recht des Gesetzvorschlages. A RT. 72. Die Landesversammlung hat das Recht, Adressen und Anträge zu beschließen. A RT. 73. Die Landesversammlung kann in Ausführung der ihr in Betreff des Staatshaushalts und sonst zustehenden Befugnisse, Ausschüsse zur Untersuchung von Thatsachen ernennen und denselben das Recht verleihen, allein oder unter Zuziehung von
richterlichen Beamten, Vernehmungen vorzunehmen und die Behörden zur Hülfe zu requiriren. A RT. 74. Die Landesversammlung besteht aus 100 gewählten Abgeordneten. A RT. 75. Die Wahl der Abgeordneten ist eine unmittelbare. Die einfache Stimmenmehrheit entscheidet bei derselben. A RT. 76. Von den 100 Abgeordneten werden 50 Abgeordnete durch allgemeine Wahlen gewählt. Zum Behuf dieser allgemeinen Wahlen wird das Land in 50 Wahldistricte getheilt, in denen je Ein Abgeordneter gewählt wird. Wahlberechtigt und wählbar in diesen Wahldistricten ist jeder mündige SchleswigHolsteinische Staatsbürger, welcher nicht für seine Person oder sein Vermögen unter gerichtlicher Curatel steht, während des letzten Jahres, vom Wahltage angerechnet, keine Armenunterstützung genossen hat, und nicht wegen eines in der öffentlichen Meinung entehrenden Verbrechens oder Vergehens verurtheilt ist, oder sich wegen eines solchen in Untersuchung befindet. Die anderen 50 Abgeordneten werden auch folgende Weise gewählt: 1) in den Städten und den Orten, die vorzugsweise städtisches Gewerbe treiben, von den Einwohnern, welche einen Grundbesitz zum Brandkassenwerth von mindestens 600 Rthlrn. besitzen, oder ein reines Einkommen von mehr als 150 Rthlr. jährlich haben, in 20 verschiedenen Wahldistricten 20 Abgeordnete; 2) in den ländlichen Districten von denjenigen Einwohnern, welche einen Grundbesitz zum Steuerwerth von nicht weniger als 600 Rthl. und nicht mehr als 30,000 Rthlr. besitzen, oder ein reines Einkommen von mehr als 150 Rthlr. jährlich haben, ebenfalls in 20 verschiedenen Wahldistricten 20 Abgeordnete;
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S CHLESWIG -H OLSTEIN 3) von den größeren Landbesitzern, welche einen Grundbesitz zum Steuerwerth von mehr als 30,000 Rthlr. besitzen, in einem gemeinschaftlichen Wahldistricte 10 Abgeordnete. Die Wählbarkeit ist auch in diesen städtischen und ländlichen Wahldistricten weder durch Grundbesitz, noch durch einen bestimmten Census bedingt. Dagegen müssen auch für diese Wahlen die oben angegebenen allgemeinen Erfordernisse der Wahlberechtigung und der Wählbarkeit vorhanden sein. Die näheren Bestimmungen über die Ausführung dieser Grundsätze werden im Wahlgesetz enthalten sein. A RT. 77. Die Wahlhandlung ist öffentlich. Die Abstimmung ist mündlich. A RT. 78. Das Wahlrecht kann nur in Person ausgeübt werden. A RT. 79. Die Wahlperiode umfaßt 4 Jahre und beginnt mit dem Tage der Eröffnung der neugewählten Landesversammlung. A RT. 80. Jede erledigte Stelle eines Abgeordneten wird sofort durch neue Wahl wieder ersetzt. Wenn ein Abgeordneter 14 Tage nach Eröffnung des Landtags, ohne von der Landesversammlung gebilligte Gründe angeführt zu haben, sich nicht eingefunden hat, so kann die Landesversammlung die Vornahme einer neuen Wahl beschließen. A RT. 81. Für das bei den Wahlen der Abgeordneten zu beobachtende Verfahren werden die näheren Bestimmungen in einem besonderen Wahlgesetze festgesetzt. A RT. 82. Der gewählte Abgeordnete vertritt das gesammte Schleswig-Holsteinische Volk, nicht allein die Wähler seines Districts. A RT. 83. Beamte, die zu Abgeordneten gewählt werden, bedürfen keines Urlaubs.
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A RT. 84. Nimmt ein Abgeordneter ein besoldetes Staatsamt an, so hört er auf, Mitglied der Landesversammlung zu sein, kann indessen sofort wieder gewählt werden. A RT. 85. Die Landesversammlung tritt Ein Mal im Jahre, und zwar am 1sten November, und wenn dieser Tag auf einen Sonntag fällt, am folgenden Tage, auch ohne besondere Berufung, zu dem ordentliche Landtage zusammen. Dem ordentlichen Landtage ist jedes Mal der jährliche Voranschlag zum Staatshaushalt vorzulegen. Außerordentlich für die Landesversammlung vom Herzoge berufen, so oft er es für nöthig erachtet. A RT. 86. Dem Herzoge steht die Befugniß zu, den Landtag zu vertagen, zu schließen und die Landesversammlung aufzulösen. Der ordentliche Landtag kann ohne Zustimmung der Landesversammlung nicht vor Ablauf von 30 Tagen vertagt oder geschlossen werden. A RT. 87. Zur Gültigkeit jeder Auflösung der Landesversammlung wird erfordert, daß die Auflösungsacte die Anordnung neuer Wahlen, so daß dieselben innerhalb 30 Tagen nach dem Auflösungstage beendigt sein können und die Berufung der neugewählten Landesversammlung, so daß dieselbe innerhalb fernerer 30 Tage zusammentrete, enthalte. A RT. 88. Der Sitz der Regierung ist der regelmäßige Versammlungsort der Landesversammlung. A RT. 89. Die Landesversammlung wird von dem Alterspräsidenten für eröffnet erklärt. Sie wählt ihren Präsidenten, ihre Vicepräsidenten und Schriftführer. Sie prüft die Legitimation ihrer Mitglieder und ordnet ihren Geschäftsgang durch eine Geschäftsordnung. Die Landesversammlung wählt am Anfang jeder Legislaturperiode für die Dauer
V ERFASSUNG VON S CHLESWIG -H OLSTEIN (1848) derselben einen Justizausschuß von 13 Mitgliedern und einen Finanzausschuß von 5 Mitgliedern. A RT. 90. Dem Präsidenten der Landesversammlung steht während der Dauer des Landtags die Polizei im Versammlungshause zu. A RT. 91. Zu einer gültigen Beschlußnahme der Landesversammlung wird erfordert, daß von der gesetzlichen Anzahl ihrer Mitglieder die Mehrheit anwesend ist. A RT. 92. Bei jeder Beschlußnahme der Versammlung entscheidet die absolute Stimmenmehrheit, soweit nicht das Grundgesetz Anderes bestimmt. Bei Wahlen entscheidet relative Stimmenmehrheit, ausgenommen bei den Wahlen des Präsidenten und der Vicepräsidenten, welche durch absolute Stimmenmehrheit erwählt werden. A RT. 93. Die Sitzungen der Landesversammlung sind öffentlich. Auf Verlangen des Präsidenten oder einer Anzahl von 5 Mitgliedern kann die öffentliche Sitzung in eine geheime übergehen und es hängt dann von der Entscheidung der Versammlung ab, ob Grund vorhanden ist, in geheimer Sitzung zu berathen. A RT. 94. Ueber jeden Gesetzvorschlag sowie über alle Anträge, zu deren Annahme eine größere als die absolute Stimmenmehrheit erfordert wird, muß regelmäßig an 2 nicht unmittelbar auf einanderfolgenden Tagen berathen werden. Ausnahmen hiervon können nur mit einer Stimmenmehrheit von zwei Drittheilen der anwesenden Mitglieder beschlossen werden. A RT. 95. Kein Abgeordneter kann wegen seiner Abstimmungen oder Aeußerungenen in der Landesversammlung von Staatswegen gerichtlich verfolgt oder zur Rechenschaft gezogen werden.
A RT. 96. Nur mit Erlaubniß der Landesversammlung kann ein Mitglied derselben während des Landtages verhaftet oder einem Strafverfahren unterworfen werden, es sei denn, daß es bei einem Verbrechen auf offener That ergriffen wäre. A RT. 97. Es ist untersagt, der Landesversammlung in Person oder durch Deputationen Bittschriften zu überreichen. Die Landesversammlung hat das Recht, die an sie gerichteten Bittschriften an die Minister zu überweisen. Die Minister sind verbunden über deren Inhalt Auskunft zu ertheilen, wenn die Landesversammlung es verlangt. A RT. 98. Jeder Abgeordnete ist berechtigt, von den Ministern Aufschlüsse zu verlangen, wenn er seine Absicht, eine Frage zu stellen unter Bezeichnung des Gegenstandes derselben, in einer vorhergehenden Sitzung angekündigt hat. A RT. 99. Jeder Abgeordnete erhält während des Landtags ein Tagegeld von 2 Species und als Ersatz der Reisekosten einen halben Species für jede Meile.
VII Von dem Verhältniß des Staates zu den religiösen Gemeinschaften A RT. 100. Der Staat gewährt allen Kirchen- und religiösen Gemeinschaften gleichen Schutz. Er wacht indessen darüber, daß alle sich innerhalb der Grenzen des Gehorsams halten, den sie den Gesetzen des Staats schuldig sind. A RT. 101. Die Freiheit des Bekenntnisses, der Bildung neuer Religionsgesellschaften und der gemeinsamen Religionsübung wird gewährleistet. Art. 102. Corporationsrechte sind einer religiösen Gemeinschaft nur in dem Falle zu verweigern, wenn Lehre, Verfassung und
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S CHLESWIG -H OLSTEIN Disciplin den Staatszwecken zuwiderlaufen.
VIII Von der Schule A RT. 103. Die Verwaltung der Schule wird einer besonderen Behörde anvertraut werden. A RT. 104. Die Theilnahme der Geistlichen an der Beaufsichtigung der Schule wird durch ein Gesetz regulirt werden.
IX Von der richterlichen Gewalt A RT. 105. Die Gerichte sind innerhalb der Grenzen ihres richterlichen Berufes unabhängig. A RT. 106. Eine richterliche Behörde kann nur in Folge eines Gesetzes errichtet oder aufgehoben werden. A RT. 107. Die innere Einrichtung und die Zahl der Mitglieder der Gerichte wird durch das Gesetz bestimmt. A RT. 108. Ein Richter kann nur auf Lebenszeit ernannt werden. A RT. 109. Kein Richter kann außer durch Urtheil und Recht seines Amtes entsetzt werden. Eine Suspension vom richterlichen Amte kann nur Kraft richterlicher Verfügung Statt finden. A RT. 110. Ein Richter darf wider seinen Willen nur in den durch das Gesetz näher zu bestimmenden Fällen und Formen in Ruhestand versetzt werden. A RT. 111. Kein Richter kann zugleich ein anderes vom Staate besoldetes Amt bekleiden.
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A RT. 112. Einem Richter können außer seinem Gehalte keine Nebengehalte oder
V ERFASSUNG VON S CHLESWIG -H OLSTEIN (1848) Gratificationen irgend einer Art von der Regierung zu Theil werden. A RT. 113. Die Frage, ob ein Gesetz auf verfassungsmäßigem Wege zu Stande gekommen, gehört nicht zur gerichtlichen Beurtheilung. A RT. 114. Die Trennung der Rechtspflege von der Verwaltung soll auch bei den unteren Behörden eingeführt werden. A RT. 115. Jeder, der sich durch eine Handlung der Staatsgewalt in seinem Rechte verletzt glaubt, hat Anspruch auf gerichtliches Verfahren. Ein besonderes Gesetz wird die näheren Bestimmungen und nothwendigen Beschränkungen festsetzen, damit durch die Ausübung dieser Befugniß der freie Fortgang der Verwaltung nicht gehemmt werde. A RT. 116. Alle bevorrechteten Gerichtsstände der Personen und Grundstücke werden aufgehoben werden.
A RT. 122. Kein ohne Zeitbeschränkung angestellter Staatsbeamter kann ohne gerichtliches Urtheil des mit seinem Amte verbunden Gehaltes oder Einkommens verlustig erklärt werden, vorbehältlich der Ausnahmen und Bestimmungen, welche das Gesetz machen wird. Die Anstellung von Staatsbeamten auf bestimmte Zeit kann nur kraft Gesetzes Statt finden. A RT. 123. Kein Staatsbeamter kann ohne seine Einwilligung versetzt werden, vorbehältlich der Ausnahmen und Bestimmungen, welche das Gesetz machen wird. A RT. 124. Staatsbeamte können nur kraft des Gesetzes Gebühren erheben. A RT. 125. Die Staatsbeamten sind bei Ueberschreitung ihrer Amtsbefugnisse jedem Beschädigten verantwortlich.
XI Von der bewaffneten Macht
A RT. 117. Das Gerichtsverfahren wird regelmäßig öffentlich und mündlich sein. A RT. 118. In Strafsachen wird regelmäßig der Anklageproceß Statt finden. A RT. 119. Ueber schwerere Strafsachen und über alle politische und Preßvergehen werden Schwurgerichte urtheilen. A RT. 120. Rechtskräftige Urtheile deutscher Gerichte sind in den Herzogthümern Schleswig-Holstein gleich den Erkenntnissen der einheimischen Gerichte vollziehbar.
X Von den Staatsbeamten A RT. 121. Es können nur Schleswig-Holsteinische und andere deutsche Staatsbürger als Staatsbeamte angestellt werden.
A RT. 126. Die bewaffnete Macht besteht aus dem Landheere, der Seemacht und der Bürgerwehr. A RT. 127. In der bewaffneten Macht Schleswig-Holsteins können nur SchleswigHolsteiner und andere deutsche Staatsbürger dienen. Ausnahmen können nur kraft eines Gesetzes Statt finden. A RT. 128. Die Art und Weise der Einstellung zum Landheer und zur Seemacht, sowie die Dienstzeit, bestimmt das Gesetz. A RT. 129. Die Officiere des Landheeres und der Seemacht können, wenn sie ohne Zeitbeschränkung angestellt sind, nur kraft richterlichen Spruches des ihnen ertheilten Grades und des mit demselben verbunden Gehaltes verlustig werden, vorbehältlich der Ausnahmen und Bestimmungen, welche das Gesetz machen wird.
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S CHLESWIG -H OLSTEIN A RT. 130. Die bewaffnete Macht kann gegen Staatsbürger nur auf Verlangen der Civilbehörde und in den vom Gesetze bestimmten Fällen und Formen verwandt werden. A RT. 131. Schleswig-Holsteinische Staatsbürger können nicht in der bewaffneten Macht eines nicht deutschen Staates dienen. Ausnahmen können nur mit Einwilligung der Landesversammlung Statt finden. A RT. 132. Schleswig-Holsteinische Truppen können nur mit Einwilligung der Landesversammlung oder auf Verfügung der deutschen Centralgewalt die Grenzen des deutschen Staatsgebiets überschreiten. A RT. 133. Die Seemacht hat ihre Stationen, Werften und Arsenäle in SchleswigHolstein. Ausnahmen können nur mit Einwilligung der Landesversammlung Statt haben. A RT. 134. Es kann Truppen nicht deutscher Staaten nur mit Einwilligung der Landesversammlung die Betretung des Staatsgebiets gestattet werden. A RT. 135. Die Verhältnisse der Bürgerwehr werden durch ein besonderes Gesetz geordnet werden.
XII Vom Staatshaushalt A RT. 136. Alles bisher als landesherrlich bezeichnete Eigenthum und Vermögen jeder Art in den Herzogthümer ist, da die regierende Linie hier kein Privat- oder Familienvermögen besitzt, Staatseigenthum. Alles aus Staatsmitteln oder für den Staat Erworbene wird Theil des Staatsvermögens. Kriegscontributionen, Entschädigungsgelder und sonstige Erwerbungen, welche dem Landesherrn zufolge eines Staatsvertrages,
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Bündnisses oder Krieges zu Theil werden, sind daher ebenfalls Staatseigenthum. Ueber das gesamte Staatsvermögen, namentlich über die grundherrlichen Abgaben und Leistungen, welche die Staatskasse zu erheben berechtigt ist, sowie über die ausstehenden Forderungen werden genaue und vollständige Inventarien aufgenommen. Einzelne Theile des Staatsvermögens, wie z. B. gewisse Schlösser und Gärten, werden dem Herzoge bei Bestimmung seiner Civilliste oder den Mitgliedern der fürstlichen Familie bei Bestimmung ihrer Apanagen und Witthümer zur Benutzung übergeben. Alles übrige Staatsvermögen wird den einzelnen Abtheilungen der Staatsverwaltung zur Verwaltung und Verwendung überwiesen. Jede Abtheilung der Staatsverwaltung hat jährlich mit der Rechnungsablage einen genauen Nachweis über die Vermehrung oder Verminderung des ihr anvertrauten Staatsvermögens einzuliefern. Das unbewegliche Staatsvermögen soll in seinem wesentlichen Bestande erhalten werden und kann daher ohne Einwilligung der Landesversammlung weder durch Veräußerung vermindert, noch mit Schulden oder sonst mit einer bleibenden Last beschwert werden. A RT. 137. Die Beibehaltung, Einführung oder Abschaffung von Regalien hängt von dem Beschlusse der Landesversammlung ab, welche die Art ihrer Verwaltung bestimmt. A RT. 138. Die Erhebung von Gebühren für die Benutzung öffentlicher Anstalten, wie z. B. Chausseegelder, Fährgelder u. s. w. oder für Dienste der Staatsbeamten und für die Ausübung sogenannter Fiscirechte, wie Gerichtssporteln, Dispensationsgelder u. s. w. kann nur durch ein Gesetz angeordnet werden. A RT. 139. Alljährlich wird der ordentlichen Landesversammlung ein Voranschlag
V ERFASSUNG VON S CHLESWIG -H OLSTEIN (1848) über alle zu erwartenden Ausgaben des Staats, unter Nachweis ihrer Nothwendigkeit oder Nützlichkeit zur Genehmigung vorgelegt. Abweichungen von dem genehmigten Voranschlage im Ganzen oder in seinen einzelnen Positionen bedürfen der nachträglichen Genehmigung der Landesversammlung. A RT. 140. Soweit der Ertrag des Staatsvermögens, der Regalien und die Gebühren nicht ausreichen, um die bewilligten Ausgaben zu decken, wird der Staatsbedarf durch Steuern und Abgaben bestritten. Der Voranschlag über die Ausgaben muß von Vorschlägen über die Behufs der Deckung des Staatsbedarfs erforderlichen Steuern und Abgaben begleitet sein, über deren Erhebung die Landesversammlung beschließt. Die Bewilligung der Steuern und Abgaben gilt nur für ein Jahr. Die bewilligten Steuern und Abgaben werden jährlich durch ein Steuergesetz ausgeschrieben. Keine Behörde ist berechtigt, Steuern und Abgaben zu erheben, wenn die Erhebung nicht durch das Gesetz angeordnet ist. A RT. 141. Die jährliche Staatsrechnung über alle Statt gehabten Einnahmen und Ausgaben des Staats wird mit allen Belegen dem von der letzten ordentlichen Landesversammlung erwählten Finanzausschuß zwei Monate vor der Eröffnung der nächsten ordentlichen Landesversammlung zur Prüfung mitgetheilt. Derselbe hat das Recht, jede Art der Aufklärung von dem Ministerium zu verlangen. Die Staatsrechnung sammt ihren Belegen wird mit dem Berichte des Finanzausschusses der nächsten ordentlichen Landesversammlung bei ihrer ersten Sitzung vorgelegt. A RT. 142. Der Staat wird durch Anleihen und Garantien nur dann verpflichtet,
wenn dieselben von der Landesversammlung genehmigt sind. A RT. 143. Die Staatshauptkasse bleibt in Rendsburg, bis ein Gesetz anders darüber verfügt. A RT. 144. Bevorzugungen können in Betreff der Steuern und Abgaben nicht eingeführt werden. Die bestehende Steuergesetzgebung wird einer Revision unterzogen werden.
XIII Allgemeine Bestimmungen A RT. 145. Das Staatswappen bilden zwei blaue Löwen im goldenen Felde und ein silbernes Nesselblatt im rothen Felde. A RT. 146. Jeder Deutsche genießt in den Herzogthümern des den Schleswig-Holsteinischen Staatsbürgern gewährleisteten Schutzes. A RT. 147. Der Sitz der Regierung kann nur innerhalb der Landesgrenzen sein und wird durch das Gesetz bestimmt. A RT. 148. Die Gemeindeverfassungen für Stadt und Land werden auf Grund freier Wahl der Vorsteher und Vertreter, regelmäßiger Oeffentlichkeit der Gemeindeberathungen und selbstständiger Verwaltung des Gemeindevermögens unter Aufsicht des Staats gegründet werden. A RT. 149. In jedem Gesetze muß ausdrücklich erwähnt werden, daß es in Uebereinstimmung mit dem Beschluß der Landesversammlung erlassen werde. A RT. 150. Zur Ausführung der in den Artikeln 17, 29, 110, 111, 112, 115, 116, 117, 118, 119, 130 ausgesprochenen Grundsätze werden besondere Gesetze ergehen. Bis zum Erlaß dieser Gesetze bleiben die in
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S CHLESWIG -H OLSTEIN Bezug auf Gegenstände derselben bestehenden Gesetze und Rechtsnormen in Gültigkeit. Alle den übrigen Bestimmungen des Staatsgrundgesetzes entgegenstehenden gesetzlichen Vorschriften und Rechtsnormen treten sofort außer Kraft.
dieses Staatsgrundgesetzes bis zum Zusammentreten der ersten ordentlichen Landesversammlung bestehen und hat alle Rechte und Pflichten, welche dieses Grundgesetz einer ordentlichen Landesversammlung beilegt.
A RT. 151. Alle durch dieses Grundgesetz nicht aufgehobenen gesetzlichen Bestimmungen und ihnen gleichstehenden Rechtsnormen bleiben in Kraft.
A RT. 156. Die constituirende Landesversammlung kann wider ihren Willen weder aufgelößt noch vertagt werden. Jede Veränderung in der bestehenden Landesregierung bedarf der Zustimmung der Landesversammlung. Alle seit dem 24sten März 1848 von der provisorischen Regierung Schleswig-Holsteins erlassenen Gesetze können nur mit Zustimmung der Landesversammlung verändert oder aufgehoben werden. Ohne Zustimmung der Landesversammlung kann kein neues Gesetz erlassen und keine Steuer neu aufgelegt werden. Alle bestehenden Steuern und Abgaben, sowie andere Staatseinkünfte werden bis zum 31sten December 1848 von der durch die Landesversammlung anerkannten Landesregierung forterhoben.
A RT. 152. Die Artikel 13, 16, 18, 19 und 22 können zur Zeit eines Krieges oder Aufruhrs für bestimmte Districte und auf bestimmte Zeit durch besonderes Gesetz außer Kraft gesetzt werden. Ist die Landesversammlung nicht versammelt, so kann die provisorische Suspension durch Anordnung des Herzogs unter Gegenzeichnung und Verantwortlichkeit aller Minister ausgesprochen werden. Eine solche Verfügung ist dem Justizausschuß der Landesversammlung unverzüglich mitzutheilen, und auf dessen etwaniges Verlangen ist die Landesversammlung sofort zu berufen. A RT. 153. Die Mitglieder der Landesversammlung, alle Staatsbeamten und die bewaffnete Macht haben dem Herzoge und dem Staatsgrundgesetz Treue und Gehorsam zu schwören. A RT. 154. Eine Abänderung dieses Grundgesetzes erfordert zu ihrer Gültigkeit die Uebereinstimmung des Herzogs und der Landesversammlung, und zwar mit einer Stimmenmehrheit von zwei Drittheilen der gesetzlichen Anzahl ihrer Mitglieder.
XIV Transitorische Bestimmungen A RT. 155. Die verfassunggebende Landesversammlung bleibt nach Verkündigung
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A RT. 157. Alle bestehenden Gebühren werden bis zum Erlaß neuer gesetzlicher Bestimmungen darüber forterhoben. A RT. 158. Die Bestimmungen dieser Verfassung bleiben nur so weit gültig, als sie mit der künftigen definitiven Verfassung Deutschlands in Uebereinstimmung stehen. Bis zur Feststellung der deutschen Verfassung gehen die einstweiligen, die Verfassung Deutschlands bestimmenden grundgesetzlichen Anordnungen, soweit der Inhalt dieses Grundgesetzes mit ihnen nicht in Uebereinstimmung ist, demselben auch ohne Zustimmung der Schleswig-Holsteinischen Staatsgewalten ihrer Geltung nach vor, und sind für die Schleswig-Holsteinen Staatsgewalten und Staatsbürger verpflichtend. A RT. 159. Bei der nächsten Revision des Staatsgrundgesetzes können Abänderungen
V ERFASSUNG VON S CHLESWIG -H OLSTEIN (1848) in demselben durch einfache Majorität beschlossen werden. Allen Einwohnern des Landes, insonderheit allen Obrigkeiten, Behörden und Beamten wird geboten, den vorstehenden grundgesetzlichen Vorschriften in allen Stücken zu geleben. Rendsburg, den 15ten September 1848. Die provisorische Regierung.
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Ediert nach Chronologische Sammlung der Verordnungen und Verfügungen für die Herzogthuemer Schleswig und Holstein, die Herrschaft Pinneberg, Grafschaft Ranzau und Stadt Altona, Jahrgang 1849, Nr. 172, Kiel, S. 281–311. Die handschriftliche, gesiegelte Urschrift des Staatsgrundgesetzes befindet sich im Landesarchiv Schleswig-Holstein in Schleswig, Abt. 63 Nr. 1371.
Das Staatsgrundgesetz wurde am 8. September 1848 beschlossen sowie am 15. September 1848 verkündet und trat an diesem Tag auch in Kraft. Vorgänger war das Allgemeine Gesetz wegen Anordnungen von Provinzialständen in den Herzogtümern Schleswig und Holstein vom 28. Mai 1831, Chronologische Sammlung der Verordnungen und Verfügungen für die Herzogthuemer Schleswig und Holstein, die Herrschaft Pinneberg, Grafschaft Ranzau und Stadt Altona, Jahrgang 1831, Nr. 49, Kiel, S. 80–83. Siehe unter „Verfassung von Schleswig-Holstein (1831)“. Die Verfassung wurde am 2. Februar 1851 von der dänischen Regierung aufgehoben. Für weiterführende Hinweise siehe Huber, Verfassungsgeschichte II, S. 661 ff.; Joachim Krech, Das schleswig-holsteinische Staatsgrundgesetz vom 15. September 1848, Frankfurt am Main 1985; Landesarchiv Schleswig-Holstein und Stiftung Mecklenburg (Hrsg.), Staatsgrundgesetz 1848/49 in Schleswig-Holstein und Lauenburg (Ausstellungskatalog), Schleswig 1999; Georg-Christoph von Unruh, Das Schleswig-Holsteinische Staatsgrundgesetz von 1848, Husum 1981.
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Verfassung von Schwarzburg-Rudolstadt (1816) [Verordnung für die neue Organisation der ständischen Verfassung]1
Von Gottes Gnaden, Friedrich Günther, Fürst zu Schwarzburg-Rudolstadt.
terthanen, welche weder Rittergüter besitzen, noch städtische Bürger sind.
Das Vertrauen, welches Wir zu der oft erprobten Liebe und Anhänglichkeit Unserer getreuen Unterthanen mit Recht hegen, so wie die Zuversicht, mit welcher dieselben von Uns herzliche landesväterliche Fürsorge für ihr Bestes, möglichste Schonung in Ansehung der drückenden Lasten der Zeit, und billige und gleichmäßige Vertheilung derselben erwarten, und nach der Erfahrung, die ihnen vor Augen liegt, erwarten können, bedarf keiner Bevestigung oder Vermehrung. Um jedoch den Bestimmungen des deutschen Bundes-Vertrags Genüge zu leisten, und die Verfassung Unsers Fürstenthums mit den Einrichtungen in den benachbarten deutschen Bundesstaaten auf gleichen Fuß zu setzen, finden Wir gut, Folgendes anzuordnen:
3) Die sämmtlichen Ritterguts-Besitzer in der Obern Herrschaft wählen aus ihrer Mitte Vier, die Ritterguts-Besitzer in der Untern Herrschaft Zwei Landes-Repräsentanten.
1) Es soll eine Repräsentation des Volks in Unserm Fürstenthum gebildet werden, deren Wirksamkeit sich auf die Berathung über alle Gegenstände der Gesetzgebung, welche die persönlichen und EigenthumsRechte der Staatsbürger mit Einschluß der Besteuerung betreffen, erstrecket. 2) Diese Volks-Repräsentation soll aus Achtzehn, durch freie Wahl zu ernennenden Landes-Repräsentanten bestehen, nämlich: 6 Ritterguts-Besitzer; 6 Einwohner von Städten; 6 mit Land-Eigenthum angesessene Un-
4) Die Städte in der Obern Herrschaft wählen zusammen Vier, die Städte in der Untern Herrschaft zusammen Zwei LandesRepräsentanten aus ihrer Mitte. 5) In jedem Orte des Fürstenthumes, Dorf oder Flecken, so wie auch in der Patrimonial-Stadt Schlotheim, treten die sämmtlichen Landeigenthums-Besitzer, mit Einschluß der nahe gelegenen Mühlen oder anderer einzelnen Höfe und Wirthschaften, und mit Zuziehung der Geistlichen und Schullehrer zusammen, und ernennen für diesen Ort aus ihrer Mitte einen daselbst angesessenen unbescholtenen und rechtlichen Mann zum Wähler. Diese sämmtlichen Wähler eines Distrikts erwählen nun aus ihrer Mitte einen Landes-Repräsentanten, und zwar nach folgender Distrikts-Bestimmung, einschließlich der PatrimonialGerichts-Orte: Die Wähler aus den Aemtern Rudolstadt und Blankenburg zusammen einen; die aus dem Amte Schwarzburg einen; aus den Aemtern Ilm, Ehrenstein, Paulinzelle, Seebergen, einen; aus Leutenberg und Könitz einen; aus der Unter-Herrschaft zwei Repräsentanten, jeder Distrikt aus seiner Mitte.
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S CHWARZBURG -RUDOLSTADT 6) Wenn ein Ritterguts-Besitzer auch noch anderes Land-Eigenthum, oder das Bürgerrecht in einer Stadt besitzt, so kann er zwar in diesen andern Beziehungen mit wählen, allein zum Landes-Repräsentanten kann er nur als Besitzer seines Ritterguts gewählt werden. Wenn er mehrere Rittergüter besitzt, wählt er zwar für jedes, kann aber nur von einem gewählt werden. Eben so, wenn jemand Bürgerrechte und Landeigenthum an verschiedenen Orten besitzt, kann er zwar an allen diesen Orten mit wählen, aber nur an seinem gewöhnlichen Wohnorte gewählte werden. Von mehrern Mitbesitzern eines gemeinschaftlichen Landeigenthums ist nur einer wahlfähig und berechtiget. Personen weiblichen Geschlechts und Vormünder für ihre Pflegebefohlnen können zwar mit wählen, aber nicht gewählet werden. 7) Die Landes-Repräsentanten werden auf 6 Jahre erwählet, nach deren Verfluß eine neue Wahl vorgenommen wird, wobei die abgegangenen Repräsentanten auf die nämliche Art wiederum gewählet werden können. Einzelne Wahlen in der Zwischenzeit finden nicht Statt. Wenn unterdessen Repräsentanten abgehen, so wird dadurch die Volks-Repräsentation nicht unterbrochen. 8) So bald die Wahlen, wegen deren Art und Weise und nähern Veranstaltung
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Wir Unsere Landes-Behörden mit besonderer Instruction versehen werden, geschehen, und die Landes-Repräsentanten in dieser Eigenschaft von Uns anerkannt sind, werden Wir wegen ihrer Zusammen-Berufung hierher in Unsere Residenz, wegen der ihrer Berathung vorzulegenden Propositionen, und ihrer Wieder-Entlassung die weiter nöthigen Befehle ertheilen. Rudolstadt, den 8. Januar 1816. (L. S.) Friedrich Günther, F. z. S.
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Ediert nach Fürstlich Schwarzburg-Rudolstädtische privilegirte Zeitung, Jahrgang 1816, Beilage zum 3. Stück des privil. Rudolst. Wochenblatts 1816, Rudolstadt, 2 S. Die Verordnung wurde am 8. Januar 1816 unterzeichnet und am 15. Januar 1816 verkündet. Allerdings kam es erst im Jahre 1821 zu einem ersten Zusammenrufen der Deputierten, vgl. Hans Patze / Walter Schlesinger (Hrsg.), Geschichte Thüringens, 5. Band: Politische Geschichte in der Neuzeit, 1. Teil, 2. Teilband, Köln u. a. 1982, S. 725–726. Sie wurde abgelöst vom „Grundgesetz für das Fürstenthum Schwarzburg-Rudolstadt vom 21. März 1854“. Siehe dazu Horst Dippel (Hrsg.), Verfassungen der Welt, 1850 bis zur Gegenwart, Teil 1: Europa, K. G. Saur 2002–2005, Mikrofiche-Nr. 369, 1–12. Für weiterführende Hinweise siehe Hans Patze / Walter Schlesinger (Hrsg.), Geschichte Thüringens, 5. Band: Politische Geschichte in der Neuzeit, 1. Teil, 2. Teilband, Köln u. a. 1982, S. 725 f.
Verfassung von Schwarzburg-Sondershausen (1830) Landständische Verfassungs-Urkunde für das Fürstenthum Schwarzburg-Sondershausen1 Von Gottes Gnaden, WIR Günther Friedrich Carl, souverainer Fürst zu Schwarzburg-Sondershausen etc. Des Königl. Preuß. schwarzen und großen rothen Adler- so wie des Königl. Baier. St. Hubertus-Ordens Ritter. Wir haben während Unsrer sechsunddreißigjährigen Regierung Unsern getreuen Unterthanen hinreichende Beweise Unsrer landesväterlichen Fürsorge für ihr Bestes gegeben und es ist Uns gelungen, daß ohngeachtet der in diesem Zeitraume stattgehabten vielen und großen politischen Ereignisse und Kriege und der damit für die Landschafts-Casse verknüpft gewesenen mannigfaltigen und beträchtlichen Ausgaben dennoch das Land nur mit einer unbedeutenden Schuld im Verhältniß gegen andere Staaten noch belastet ist. Wir dürfen daher wohl erwarten, daß Unsre geliebten Unterthanen mit der oft erprobten Liebe und Anhänglichkeit das Vertrauen zu Uns verbinden, daß Wir auch ferner ihr Wohl zu befördern Uns bestreben werden. Sie werden es mithin als ein abermaliges Merkmal Unserer landesväterlichen Liebe betrachten, wenn Wir, eingedenk der Bestimmung der deutschen Bundes-Acte, Unserm Fürstenthume eine landständische Verfassung zu geben Uns entschlossen haben, und zu dem Ende Folgendes hiermit verordnen:
ERSTER ABSCHNITT Allgemeine Bestimmung § 1. Für Unser Fürstenthum soll eine al-
len Theilen desselben, als einem Ganzen, gemeinschaftliche landständische Verfassung bestehen, und es sind drei Stände als Landstände anerkannt, nämlich der Stand der Ritter und Freigutsbesitzer, sofern letztere nicht unter 6 Hufen Land besitzen, der Stand der Bürger und der Stand der Bauern. Aus und von diesen drei Ständen werden Abgeordnete gewählt, welche die Gesammtheit der Unterthanen in der landständischen Versammlung vertreten.
ZWEITER ABSCHNITT Die Wahl der Mitglieder der Ständeversammlung betreffend § 2. Die Landstände bilden sich: 1) aus fünf Abgeordneten der Rittergutsbesitzer mit Einschluß der Freigutsbesitzer, sofern letztere wenigstens 6 Hufen Land besitzen, 2) aus fünf Abgeordneten der Städte und 3) aus fünf Abgeordneten der Grundeigenthümer, die weder Rittergutsbesitzer, noch Freigutsbesitzer von wenigstens 6 Hufen Land, noch städtische Bürger sind. A. Wahl der Ritter- und Freigutsbesitzer § 3. Die sämmtlichen Ritter- und die treffenden Freigutsbesitzer in der Unterherrschaft wählen aus ihrer Mitte Drei, die in der Oberherrschaft Zwei Vertreter, und die resp. Fürstlichen Regierungen allhier und zu Arnstadt leiten diese Wahlen, bei
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S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN welchen Stimmen-Mehrheit der Wählenden entscheidet. B. Wahl in den Städten § 4. Die drei Städte in der Unterherrschaft und die zwei Städte in der Oberherrschaft wählen, eine jede aus ihrer Mitte nach der Stimmen-Mehrheit der Bürger und unter Leitung resp. ihrer Stadträthe und des Stadtamtes, einen Abgeordneten zur Ständeversammlung. C. Wahl der Abgeordneten für den dritten Stand § 5. Alle Grundeigenthümer in jedem Orte des Fürstenthums, Dorfe oder Flecken, so wie auch Stadt-Flecken mit Einschluß derjenigen, welche außer ihren Ritter- und Freigütern noch besondere Grundstücke auf dem Lande besitzen, und derjenigen städtischen Bürger, welche auf dem Lande angesessen sind, treten mit den Besitzern der in ihren Fluren gelegenen Mühlen oder andern einzelnen Höfen und Wirthschaften zusammen und bestimmen für diesen Ort aus ihrer Mitte einen daselbst eingesessenen, unbescholtenen und rechtlichen Mann zum Wähler. Sämmtliche Wähler eines Distrikts erwählen nun aus ihrer Mitte einen Vertreter bei der landständischen Versammlung und zwar nach folgenden Bestimmungen: Die Wähler aus dem Amte Sondershausen, mit Einschluß der Gerichtsorte Großenfurra und Bendeleben wählen zusammen Einen, die aus den Aemtern Clingen und Ebeleben mit Inbegriff des Gerichtsorts Bellstedt Einen, aus den Aemtern Keula und Schernberg Einen, aus dem Amte Arnstadt und Käfernburg mit Einschluß der Gerichtsorte Geschwende, Kleinbreitenbach und Bähringen Einen, und aus dem Amte Gehren Einen aus ihrer Mitte. Diese Wahlen leiten die treffenden Justizämter in ihren Amts- und den dazu geschlagenen Gerichtsbezirken, jedoch wenn
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die Aemter Clingen und Ebeleben zusammentreten, das Amt Clingen, und wenn sich die Aemter Keula und Schernberg vereinigen, das Amt Keula, und entscheidet dabei die Mehrheit der Stimmen der Wähler. § 6. Ein Ritter- oder Freigutsbesitzer kann nur als Besitzer seines Ritter- oder Freigutes zum Abgeordneten gewählt werden, besitzt er mehrere Ritter- oder Freigüter im Lande, so wählt er zwar für jedes, kann aber nur in Rücksicht auf eins derselben gewählt werden. Sobald Jemand Bürgerrechte und Grund-Eigenthum an verschiedenen Orten besitzt, kann er zwar an allen diesen Orten mit wählen, aber nur an seinem gewöhnlichen Wohnorte gewählt werden. Von mehrern Besitzern eines gemeinschaftlichen Grundeigenthums kann nur der Aelteste wählen und gewählt werden. Vormünder für ihre Pflegbefohlnen können zwar mit wählen, aber nicht gewählt werden. Zur Wahlberechtigung gehört außerdem noch das zurückgelegte einundzwanzigste Lebensjahr. § 7. Die Mitglieder der Ständeversammlung werden auf sechs Jahre erwählt, nach deren Verfluß eine neue Wahl statt findet, wobei die abgegangenen Vertreter auf die nämliche Art wiederum gewählt werden können. Wenn in der Zwischenzeit Mitglieder der Ständeversammlung abgehen, so sollen an deren Stelle sofort andere gewählt werden und wird übrigens durch einen solchen Abgang die Volks-Vertretung nicht unterbrochen. Alle Abgeordnete müssen rechtliche und unbescholtene Leute und wenigstens 30 Jahre alt, von deutscher und ehelicher Geburt seyn, auch sich zur christlichen Religion bekennen. Auch können die auf diese Art Erwählten die Stellvertretung nicht ablehnen. Ueberhaupt müssen sowohl die Wählenden als auch die Gewählten männlichen Geschlechts seyn und, insofern es nicht Ritter- oder Freigutsbesitzer sind, so wie letztere in §. 2. bezeichnet wur-
V ERFASSUNG VON S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN (1830) den, in Unsern Fürstlichen Landen wohnen. Tritt bei der Wahl Stimmengleichheit ein, so mag das Loos entscheiden. Sollte der Fall eintreten, daß eine Person von zwei verschiedenen Ständen gewählt würde, so gehet die der Zeit nach erste Wahl vor.
DRITTER ABSCHNITT Rechte der Landstände § 8. Die auf solche Art gewählten Landstände sollen folgende Rechte haben: 1) das Recht der Berathung bei allen neu zu erlassenden Landes-Gesetzen, welche die persönlichen Verhältnisse oder das Eigenthum der Unterthanen betreffen, jedoch mit Ausnahme derjenigen interimistischen Gesetze, welche die Dringlichkeit der Umstände gebieten, so wie der Beschlüsse der Bundesversammlung, welche die verfassungsmäßigen Verhältnisse Deutschlands oder die allgemeinen Verhältnisse deutscher Staatsbürger betreffen, und nach ihrer Verkündigung durch den Regenten Gesetzeskraft erhalten; 2) das Recht neue Landes-Gesetze in Antrag zu bringen; 3) das Recht der Berathung und Bewilligung aller zur Deckung der nothwendigen Staatsbedürfnisse künftig auszuschreibenden Steuern. So lange nicht eine neue Steuer-Verfassung mit den Ständen berathen und ausgemittelt worden ist, bleibt es bei der Erhebungsart und bei dem Betrage der Landessteuern im Jahre 1830. Jene Bewilligung kann nie verweigert werden, wenn das zu deckende Staatsbedürfniß entweder zu Erfüllung der bundesmäßigen Verpflichtungen des Fürstenthums, oder zu Führung einer wohlgeordneten, nach der Natur der Sache und nach Sitte, Gebrauch und Herkommen eingerichteten Staatsverwaltung erforderlich ist. 4) in der Zwischenzeit von einer Landtags-Versammlung zur andern soll ein all-
jährlich wechselnder Ausschuß von drei Mitgliedern der Ständeversammlung, einem Rittergutsbesitzer, einem städtischen und einem Deputirten vom Lande in Funktion bleiben. Den desfallsigen Turnus bestimmen zwar die Mitglieder der Ständeversammlung unter sich, jedoch nach dem Grundsatze der vollkommenenen Gleichheit, so, daß jeder Abgeordnete während des Zeitraums von sechs Jahren wenigstens einmal bei dem Ausschusse ist, und dergestalt, daß nicht mehrere Vertreter aus dem nämlichen Bezirke, sondern so viel wie möglich aus den verschiedenen Theilen des Landes zusammentreffen. Die Mitglieder dieses Ausschusses treten so oft, als es sich wirklich nothwendig macht, hier zusammen. Sie sind befugt, allen demjenigen beizustimmen, und dazu mitzuwirken, was mit den am vorhergehenden Landtage getroffenen Bestimmungen und Festsetzungen übereinstimmt. Davon abweichende oder neue Gegenstände gehören nicht zu ihrer Competenz, sondern sie haben, wenn dergleichen vorkommen sollten, auf Zusammenberufung der Landtags-Versammlung anzutragen. Den Mitgliedern dieses Ausschusses sollen nach dem Schlusse jedes Jahres sämmtliche Rechnungen des verflossenen Jahres über alle aus den von den Landständen verwilligten Steuern von der Landschafts-Casse bestrittenen Ausgaben mit den Belegen vorgelegt werden. Ihre dabei zu machenden Bemerkungen und Erinnerungen haben sie Unserer hiesigen Regierung zu übergeben, welche dann weitere Resolution darauf ertheilen wird. Die Protokolle oder andere schriftliche Verhandlungen über dieses Geschäft werden der nächstkommenden landständischen Versammlung, um nach Befinden weitere Anträge darauf zu begründen, vorgelegt. 5) Neue Landesschulden können ohne ausdrückliche Genehmigung der LandtagsVersammlung nicht gemacht werden, es sey
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S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN denn, daß die neu aufzunehmende Anleihe zur Bezahlung einer frühern Schuld verwendet wird, oder ganz besondere dringende Umstände solche erheischen. Wenn der Fall dieser Einwilligung eintreten sollte, so soll jede auszustellende Obligation von den drei Mitgliedern des Ausschusses signirt und Abschrift bei dem nächsten Landtage vorgelegt werden. 6) Die Mitglieder der Ständeversammlung haben das Recht alle Mängel und Gebrechen, insoweit sie Landschafts-CassenVerwaltung und Vollstreckung der Gesetze betreffen, dem Landesfürsten anzuzeigen, worauf genaue Untersuchung und Benachrichtigung vom Erfolge zugesichert wird.
Resultat Uns zur weitern Entscheidung vorlegt. Die Berathungen sowohl als überhaupt die Aeußerungen der Landstände müssen in bescheidener Art und ruhig statt finden und muß jeder Zwist dabei vermieden werden. Die Anträge der Landstände und deren Erklärungen und Aeußerungen auf die landesherrlichen Propositionen sind schriftlich zu bewirken. Uns steht das Recht zu, die Landstände convociren zu lassen, den Landtag zu vertagen oder aufzulösen; geschieht das Letztere, so verlieren sämmtliche Abgeordnete ihre Stellen. Längstens binnen drei Monaten müssen neue Wahlen verfügt werden, doch sind die Mitglieder der aufgelöseten Versammlung wieder wählbar.
VIERTER ABSCHNITT Den Landtag betreffend
FÜNFTER ABSCHNITT Die Landschafts-Casse betreffend
§ 9. Alle Sechs Jahre soll eine landständische Versammlung statt finden. Ob in der Zwischenzeit die Mitglieder dieser Versammlung zusammenberufen werden sollen, hängt von Unsrer Entscheidung ab. Die landständische Versammlung bildet nur Ein Ganzes, nicht mehrere Kammern. Alle Beschlüsse werden nach der absoluten Mehrheit der Stimmen gefasset, jedoch können landesherrliche Propositionen nur mit einer Mehrheit von 2/3der Stimmen verworfen werden. Die Abstimmungen geschehen einzeln, nie nach Ständen oder Bezirken. Wir als Landesherr werden dem Landtage Unsere Anträge schriftlich mittheilen, entweder auf einmal oder nach und nach, Wir werden zugleich einen Landesfürstlichen Commissarius zu dem bevorstehenden Landtage ernennen, welcher dessen Sitzungen, so weit er es nothwendig und zweckmäßig findet, beiwohnt, sich über Unsere landesherrlichen Propositionen mit den Landständen berathet und zu seiner Zeit das
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§ 10. Die Landschafts-Casse steht unter Unsrer Regierung allhier. Einige Zeit vor Eröffnung eines Landtages entwirft Unsre Regierung die Etats auf die nächsten Sechs Jahre, sind diese gefertiget und berichtiget, so legt Unsre Regierung solche Uns zur vorläufigen Genehmigung vor. Sobald diese letztere erfolgt ist, so werden die Etats dem Landtage von Uns unmittelbar zugefertiget, damit derselbe sowohl über die Etats an sich, als über die Mittel die erforderlichen Bedürfnisse aufzubringen, sich berathen kann. Ist nun nach Unserer erfolgten Genehmigung der Betrag des für die nächsten Sechs Jahre erforderlichen Bedarfs der Steuern ausgemittelt, so wird derselbe dann, als von den Landständen verwilliget und von Uns genehmiget, mittelst Patents ausgeschrieben. Der Landschafts-Cassen-Rendant wird den Ständen mittelst Eides verpflichtet. § 11. Die Rechte und Befugnisse der Landstände treten erst mit der Zusammen-
V ERFASSUNG VON S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN (1830) berufung derselben in das Leben und können, wie sich dies ohnehin versteht, nicht rückwirkend seyn, sondern bloß auf die Zukunft sich erstrecken. Was übrigens die Verwaltung Unserer Fürstlichen Kammer und deren Finanzen, so wie die Forst-Administration und was damit in Verbindung stehet, betrifft, so dürfen sich die Landstände in dieselbe durchaus nicht mischen.
SECHSTER ABSCHNITT Die Gewähr der Verfassung betreffend § 12. An der gegenwärtigen Verfassung darf, ohne Unsere Uebereinstimmung mit den Landständen, in keiner Art etwas abgeändert werden, sondern sie ist für immer und also auch für Unsere Nachfolger in der Regierung gültig. Auch wird der Durchlauchtigste deutsche Bund um Uebernahme der Garantie dieser Verfassung ersucht werden.
Berathungen irgend zur Endschaft gediehen sind, damit Unsern Unterthanen durch die Diäten der Deputirten keine unnöthigen Kosten verursacht werden. Auch soll das Ergebniß der Verhandlungen einer jeden ständischen Versammlung öffentlich bekannt gemacht werden. Wir behalten Uns vor, den bei den landständischen Versammlungen zu adhibirenden Protokollführer zu ernennen und zu bestimmen. Gegenwärtige Urkunde, welche als Grundgesetz der landständischen Verfassung in Unserm Fürstenthume betrachtet werden soll, haben Wir eigenhändig vollzogen und selbiger Unser Fürstliches Insiegel beifügen lassen. Sondershausen, am 28sten Dezember 1830. (L S) Günther Friedrich Carl, F. z. S.
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§ 13. Sind die Wahlen in der vorgeschriebenen Art geschehen, und die Abgeordneten zur Ständeversammlung bei Uns angezeigt und von Uns, als gesetz- und verfassungsmäßig gewählt, anerkannt worden, so werden Wir wegen ihrer möglichst baldigen Zusammenberufung hierher in Unsere Residenz, wegen der ihrer Berathung vorzulegenden Propositionen und künftigen Wiederentlassung der Mitglieder der Ständeversammlung die weiter nöthigen Befehle ertheilen. Zu der ebenerwähnten Entlassung werden Wir übrigens sobald schreiten, als die
Ediert nach Landständische Verfassungs-Urkunde für das Fürstenthum Schwarzburg-Sondershausen, Sondershausen 1831, 14 S. Die Verfassung wurde zwar am 28. Dezember 1830 unterzeichnet, ist jedoch nie in Kraft getreten. Sie wurde von der Arnstädter Bürgerschaft abgelehnt. Es ergingen zahlreiche Bittschriften an Fürst Günther Friedrich Karl I., die Verfassung zu ändern, auf die er jedoch nicht eingegangen ist. Siehe zum Ganzen Friedrich Lammert, Verfassungsgeschichte von SchwarzburgSondershausen, Bonn, Leipzig 1920, S. 72 ff. Für weiterführende Hinweise siehe Reinhard Jonscher, „Thüringische Verfassungsgeschichte im 19. Jahrhundert – Ein Abriß,“ in: Thüringer Landtag Erfurt (Hrsg.), Thüringische Verfassungsgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert, Jena 1993, S. 21–22; Friedrich Lammert, Verfassungsgeschichte von Schwarzburg-Sondershausen, Bonn, Leipzig 1920.
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Verfassung von Schwarzburg-Sondershausen (1841) Landesgrundgesetz für das Fürstenthum Schwarzburg-Sondershausen1 Wir Günther Friedrich Carl von Gottes Gnaden Fürst zu Schwarzburg, Graf zu Hohnstein, Herr zu Arnstadt, Sondershausen, Leutenberg und Blankenburg etc.
dershausen bildet in seinen durch die bestehenden Haus- und Staatsverträge bestimmten Bestandtheilen für immer ein unveräußerliches und untheilbares Ganzes.
Seit dem Antritte Unserer Regierung ist Unser Bestreben stets darauf gerichtet gewesen, das Wohl Unseres Landes möglichst zu befördern. Demgemäß gaben Wir Unsern getreuen Unterthanen, eingedenk der Bestimmungen der deutschen Bundesacte, die Zusicherung, daß Wir, sobald es Zeit und Umstände gestatten würden, ein Landesgrundgesetz für Unser Fürstenthum zu erlassen gesonnen seien. Nachdem Uns nun der Entwurf desselben von einer dieserhalb niedergesetzten Commission überreicht und auf Unsere Anordnung nicht nur von Unsern obern Landesbehörden, sondern auch von Unserem Geheimerathscollegium, so wie von Uns Selbst, reiflich geprüft worden ist, finden Wir Uns bewogen, mit ausdrücklicher Bezugnahme auf das unter heutigem Tage erlassene, die Abtretung mehrerer zeither in die Kammerkasse geflossenen Einnahmen an das Land und einige andere Gegenstände betreffende Patent2 , welches Wir hiermit für einen wesentlichen Bestandtheil des Landesgrundgesetzes erklären, zur Publication des letztern zu schreiten, und verordnen demgemäß, wie folgt;
§ 2. Die Regierungsform bleibt, so wie bisher, die erblich monarchische und es besteht dabei eine landständische Verfassung.
KAPITEL I Von dem Fürstenthume und seiner Verfassung § 1. Das Fürstenthum Schwarzburg-Son-
§ 3. Das Verhältniß des Fürstenthums zum deutschen Bunde macht einen Theil der Grundverfassung desselben aus, und die Gesetze und Beschlüsse der deutschen Bundesversammlung werden durch die landesherrliche Publication derselben für alle Unterthanen und Landesbehörden verbindlich.
KAPITEL II Von dem Landesherrn, der Regierungsfolge, der Vormundschaft und der Regierungsverwesung § 4. Der Fürst ist das souveraine Oberhaupt des Staates; er vereiniget in sich alle Rechte der Staatsgewalt und übt sie unbeschränkt aus, insofern nicht durch gegenwärtige Verfassung den Ständen eine Mitwirkung eingeräumt ist. § 5. Die Person des Fürsten ist heilig und unverletztlich. Er ist über alle persönliche Verantwortung erhaben. Ansprüche wegen seiner Regierungshandlungen können nur gegen die Staatsregierung, und nach den Umständen gegen die verantwortlichen Beamten, geltend gemacht werden. In Ansehung seiner privatrechtlichen Verhältnisse wird derselbe vor den Regierungen, und
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S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN künftig vor dem zu errichtenden Landesjustizcollegio, in erster Instanz, jedoch nur nach den Formen des Ordinarprocesses, Recht geben. § 6. Die Regierungsfolge ist erblich im Mannsstamme nach dem Rechte der Erstgeburt und nach Ordnung der Linien nach dem Fürstlichen Hausvertrage vom 7. September 1713. Nach gänzlichem Erlöschen des Mannsstammes im Fürstlich-Schwarzburgischen Gesammthause geht die Regierung an die nächste weibliche Verwandte des letztregierenden Fürsten, gleichfalls nach dem Rechte der Erstgeburt und der Linealordnung, über und bleibt so lange in weiblicher Hand, bis ein regierungsfähiger Prinz dieselbe beanspruchen kann, welcher selbst alle nähern weiblichen Verwandten von der Thronfolge ausschließt. § 7. Der Regierungsfolge fähig sind nur die Kinder aus ebenbürtigen Ehen, d. h. aus Ehen mit Personen aus souverainen Fürstlichen und solchen Häusern, welche diesen durch die Gesetze des deutschen Bundes gleichgestellt sind. § 8. Der Fürst wird mit zurückgelegtem ein und zwanzigsten Lebensjahre großjährig und regierungsmündig. Nach zurückgelegtem achtzehnten Jahre kann derselbe mit Zustimmung der Landstände von dem regierenden Senior des Fürstlichen Gesammthauses für großjährig erklärt und ihm die Regierung übergeben werden. § 9. Die Vormundschaft und Regierungsverwesung tritt während der Minderjährigkeit des Fürsten ein. In diesem Falle ist die Vormundschaft über seine Person und die Regierung an seiner Statt zunächst von denjenigen Personen und in der Art zu führen, wie es von dem letzten Fürsten durch Testament, oder andere ausdrückliche und förmliche schriftliche Erklärung, angeordnet worden ist.
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§ 10. In Ermangelung einer solchen Anordnung tritt zuerst die leibliche Mutter, und nach ihr die Großmutter väterlicher Seite, wenn und so lange sie nicht anderweit vermählt sind, als Vormünderin und Regierungsverweserin ein. § 11. Außerdem hat das Geheimerathscollegium mit Zustimmung des Seniors des Fürstlichen Gesammthauses einen regierungsfähigen Prinzen, und zwar zunächst aus der Zahl der vorhandenen Agnaten, und in Ermangelung eines solchen aus einem andern zum deutschen Bunde gehörigen souverainen Hause, den Ständen als Vormund und Regierungsverweser zu bezeichnen. Den Ständen steht hierbei das Recht der Ablehnung unter Angabe der Gründe zu, in welchem Falle eine wiederholte Wahl stattfinden muß. – Der zu erwählende Regierungsverweser muß übrigens jedenfalls das fünf und zwanzigste Jahr seines Alters zurückgelegt haben und seinen Aufenthalt im Lande nehmen. § 12. Eine Regierungsverwesung tritt ferner ein, wenn der Fürst durch irgend eine andere Ursache an der Ausübung der Regierung auf längere Zeit verhindert ist. Ist in einem Falle der Art das Hinderniß, sei es nun entweder beim Anfalle der Regierung vorhanden, oder während derselben entstanden, binnen sechs Monaten nicht gehoben, so hat, in Ermangelung einer vom Fürsten selbst oder dessen Vorgänger deshalb getroffenen Fürsorge, die Regierungsverwesung sein zur unmittelbaren Nachfolge berechtigter Sohn, oder wenn dieser noch minderjährig sein sollte, des letztern leibliche Mutter zu übernehmen. Außer diesen Fällen tritt hinsichtlich der Wahl eines Regierungsverwesers die im §. 11. enthaltene Bestimmung ein. § 13. Sollten über die natürliche Fähigkeit des Regierungsfolgers zur Regierung
V ERFASSUNG VON S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN (1841) Zweifel entstehen, so hat das Geheimerathscollegium darüber mit den höheren Landescollegien und der Cammer Rücksprache zu nehmen und sodann eine Zusammenkunft der großjährigen Agnaten zu veranlassen. Wenn deren, ohne den nächsten an der Regierungsfolge stehenden, welcher keine Stimme hat, nicht wenigstens drei vorhanden sein sollten, oder der eine oder andere der vorhandenen Agnaten nicht Theil nehmen wollte oder könnte, so daß nicht die Zahl von wenigstens drei großjährigen Agnaten zu erlangen wäre, so sind von den alsdann einzuberufenden Ständen andere befreundete regierende Fürsten des deutschen Bundes, so viel als an der Zahl drei fehlen, auf Vorschlag des Geheimerathscollegiums zu erwählen und zu dieser Versammlung einzuladen, an welcher sie in Person oder durch Bevollmächtigte Theil nehmen können. Diese Versammlung, welche zuvörderst noch das obere Gericht des Landes mit seinem rechtlichen Gutachten hören muß, wird nach Mehrheit der Stimmen entscheiden, ob eine Regierungsverwesung anzuordnen sei. § 14. Streitigkeiten über die Vormundschaft und Regierungsverwesung sollen auf gleiche Weise entschieden werden. § 15. Der Regierungsverweser übt im Namen des Fürsten alle Hoheits- und Regierungsrechte der Verfassung gemäß aus. Nur sollen während der Regierungsverwesung keine Veränderungen in der Verfassung vorgenommen, keine Domainen veräußert und heimfallende Lehen nicht wieder vergeben werden; jedoch soll ihm freistehen, begangene Lehnsfehler zu condoniren. § 16. Dem Regierungsverweser stehet ein Regentschaftsrath zur Seite, zu welchem insofern nicht in der §. 9. und 12. gedachten Weise etwas Anderes bestimmt ist, außer den Mitgliedern des Geheimerathscollegiums, die Dirigenten des Fürstlichen
Landesjustizcollegiums, der Fürstlichen Regierungen und der Fürstlichen Cammer, der jedesmalige Landtags- (oder Landschafts-) Director, und ein von den Ständen zu erwählendes Mitglied gehören. Ueber alle wichtigen Angelegenheiten, zu denen insbesondere Anordnungen über die Erziehung des Fürsten, und Anstellungen oder Entlassungen von Beamten gehören, ist der Regierungsverweser das Gutachten des Regentschaftsrathes einzuholen und zu berücksichtigen verbunden. § 17. Bis zum Beginn der Regierungsverwesung hat das Geheimerathscollegium, in Ermangelung einer ihm ertheilten und ihm größere Befugnisse einräumenden landesherrlichen Ermächtigung, alle vorkommenden Angelegenheiten in der Regel blos provisorisch, und nur diejenigen, wo letzteres schlechterdings nicht thunlich ist, definitiv zu erledigen. § 18. Die Regierungsverwesung hört auf, sobald das Hinderniß der eigenen Regierung des Landesherrn gehoben ist.
KAPITEL III Von der Fürstlichen Familie § 19. Die Mitglieder der FürstlichSchwarzburg-Sondershäusischen Speciallinie sind der Hoheit und Familiengewalt des regierenden Fürsten unterworfen. § 20. Kein Prinz und keine Prinzessin des Fürstlichen Hauses darf ohne Einwilligung des regierenden Fürsten sich vermählen, oder den wesentlichen Wohnsitz im Auslande nehmen; und insbesondere dürfen die Prinzen ohne jene Zustimmung auch nicht in fremde Dienste treten. § 21. Hinsichtlich der Ansprüche der Prinzen auf Apanage und der unvermählten Prinzessinnen auf standesmäßigen Unterhalt und auf Ausstattung und Mitgift, be-
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S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN wendet es vor der Hand bei den hausgesetzlichen Bestimmungen, jedoch sollen diese Verhältnisse durch ein neues Hausgesetz genauer regulirt werden. § 22. Die Mitglieder des Fürstlichen Hauses werden in ihren privatrechtlichen Verhältnissen, wo nicht besondere Ausnahmen durch das gegenwärtige Grundgesetz oder durch die bestehenden und künftig zu errichtenden Hausverträge begründet sind, nach dem im Fürstenthume SchwarzburgSondershausen geltenden Rechte beurtheilt und haben in ihren privatrechtlichen Angelegenheiten denselben Gerichtsstand, wie der regierende Fürst. (§. 5). § 23. Der Regierungsnachfolger hat für die Privatschulden, so wie für die besondern Dispositionen des Vorgängers in Beziehung auf sein Privatvermögen, nur insoweit zu haften, als der Privatnachlaß in seine Hände gekommen und zureichend ist, und er kann sich dieser Privaterbschaft auch dann entschlagen, wenn er Sohn des Vorgängers ist. In diesem Falle wird die Regulirung des Nachlasses und der Schulden des letztern dem Landesjustizcollegium in dem gerichtlichen Wege überlassen.
KAPITEL IV Das Cammergut § 24. Das Cammergut bleibt ein immerwährendes und unveräußerliches Fideicommiß der Fürstlichen Familie. Die Einkünfte desselben sind hauptsächlich zum standesmäßigen Unterhalt des Landesherrn und der Fürstlichen Familie, so wie zur Bestreitung des zur Erhaltung und Verwaltung des Cammerguts nöthigen Aufwandes, und zur Besoldung der Hofdiener, bestimmt. § 25. Im Falle der Unzulänglichkeit der Cammereinkünfte zu Bestreitung des im vorigen §. erwähnten Aufwandes ist das Land
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verbunden, das Erforderliche nach Bewilligung der Stände beizutragen. § 26. Dagegen soll auch das Cammergut seiner Substanz nach durch Veräußerungen irgend einer Art nicht vermindert und mit Schulden nicht belastet werden, ohne daß den Ständen die Nothwendigkeit davon nachgewiesen worden ist, dieselben ihre Einwilligung ertheilt haben, und zugleich über die Mittel der Verzinsung und successiven Abtragung der gemachten Schulden das Nöthige festgesetzt worden ist. § 27. Der Einwilligung der Stände bedarf es jedoch nicht 1) wenn für einen vom Cammergute abgegebenen Theil ein gleich werthvoller und wenigstens eben so viel rentirender dem Fideicommiß gleichzeitig einverleibt wird; 2) zur Ablösung von Gerechtigkeiten und Renten; 3) zu Schulden, welche in Folge neuer, dem Cammergute einzuverleibender Erwerbungen gemacht werden müssen, und deren Betrag durch den Werth der neuen Erwerbung gedeckt wird. In diesen Fällen sind den Ständen nur die vorgenommenen Veränderungen, die Verwendung des Erlöses zu Erwerbung anderer Realitäten, und die Mittel zur Verzinsung und successiven Abtragung der Schulden, so wie in der Folge alljährlich die letztere selbst, anzuzeigen und nachzuweisen. § 28. Alle übrigen Veräußerungen und Schulden des Cammergutes sind für den Nachfolger unverbindlich, wenn sie nicht unter Zustimmung der Stände erfolgt sind. § 29. Der in Folge der höchsten Verordnung vom 11. December 1837 errichtete Cammerschuldentilgungs-Fonds besteht so lange fort, bis sämmtliche Passiva, mit Abschluß der Cautionen, berichtigt sind. § 30. Die Verwaltung des gesammten Cammergutes gebührt dem Fürsten ohne
V ERFASSUNG VON S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN (1841) Mitwirkung der Stände. § 31. Die Fürstl. Cammer hat das Recht, die Gefälle und Abgaben, in deren Besitz sie sich befindet, oder welche auf allgemeinen gesetzlichen Vorschriften beruhen, mittelst Execution beizutreiben, oder durch die betreffenden Gerichte beitreiben zu lassen. § 32. Bei allen Anforderungen aber, bei welchen das Recht oder der Besitz streitig ist, hat die Cammer vor den Gerichten Recht zu nehmen. § 33. Die Fürstl. Cammer hat in Ansehung ihrer Verwaltung alle gemeinrechtlichen Rechte des Fiscus, Pfandrechte an den Gütern ihrer Verwalter, und die Rechte der Minderjährigen. Sie ist aber von der Entrichtung der Verzugszinsen nicht befreit.
KAPITEL V Das Staatsgut § 34. Das Staatsgut steht unter der Verfügung und Verwaltung der Staatsregierung und der verschiedenen dazu eingerichteten Behörden, welche verpflichtet sind, dasselbe zum allgemeinen Besten und nach den darüber vorhandenen und zu erlassenden Bestimmungen und Gesetzen zu verwenden. § 35. Veräußerungen der zum Staatsvermögen gehörigen unbeweglichen Güter und Gerechtigkeiten können nur mit Zustimmung der Stände vorgenommen werden. § 36. Staatsschulden auf die Landescasse können nicht gemacht werden, ohne die unten näher bestimmte Mitwirkung der Landstände. Ohne diese Mitwirkung sind sie sowohl für den Nachfolger in der Regierung, als für das Land selbst völlig unverbindlich. § 37. Für alle Landesschulden soll eine Tilgungscasse angelegt werden, welche mit festen und sicheren Einkünften dotirt wird,
und unter der Garantie und wesentlichen Mitverwaltung der Landstände steht. Sie muß 1) die vertragsmäßige Verzinsung der Landesschulden, und 2) deren allmählige Tilgung übernehmen, wie die darüber zu erlassenden besondern Statuten besagen werden. § 38. Der Landescasse stehen alle gemeinrechtlichen Rechte des Fiscus zu, mit denselben Bestimmungen, welche oben in Ansehung der Cammer aufgestellt worden sind.
KAPITEL VI Von den allgemeinen Rechten und Pflichten der Unterthanen § 39. Hinsichtlich des Erwerbes und Verlustes des Rechtes der Unterthanenschaft bewendet es bei den Bestimmungen des Gesetzes vom 19. Februar 1833 und den mit andern Staaten abgeschlossenen Verträgen. § 40. Alle Unterthanen sind, wenn sie das achtzehnte Jahr ihres Alters zurückgelegt haben, eidesmündig, und alle männlichen Unterthanen haben alsdann herkömmlicherweise den Unterthaneneid abzulegen. § 41. Alle Unterthanen genießen den gleichen Schutz der Gesetze, volle Freiheit in der Wahl des Berufs, und die Fähigkeit zur Erwerbung jeder Art von Eigenthum. § 42. Nur die der christlichen Religion zugethanen Unterthanen haben, insoweit nicht ihre Confession eine nothwendige Ausnahme begründet, die Fähigkeit zu allen öffentlichen Aemtern. § 43. Sämmtliche Unterthanen sind schuldig, zu den Bedürfnissen und Zwecken des Staates nach den darüber bestehenden Einrichtungen oder noch zu erlassenden Gesetzen beizutragen, namentlich
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S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN die erforderlichen Steuern oder Abgaben zu entrichten und auch ihre übrigen gesetzlichen Obliegenheiten zu erfüllen. § 44. Neue bleibende Befreiungen von Staatslasten können künftig in keiner Weise bewilligt oder erworben werden. Die bisherigen rechtmäßig erworbenen Befreiungen von Grundsteuern können jedoch nur gegen Entschädigung zurückgezogen werden. § 45. Eine Auslieferung von Unterthanen an fremde Staaten kann nur auf den Grund vorhandener Staatsverträge geschehen. § 46. Niemand darf ohne rechtlichen Grund, namentlich nicht auf eine anonyme Anzeige, verfolgt, verhaftet oder bestraft, und überhaupt Niemand über vier und zwanzig Stunden über die Ursache seiner Verhaftung in Ungewißheit gelassen werden. § 47. Den Ständen soll sobald als möglich ein Strafgesetzbuch und eine CriminalProceßordnung vorgelegt werden. § 48. Die Strafe der allgemeinen Vermögensconfiscation findet in keinem Falle mehr statt. § 49. Niemand kann anders, als durch Verfügungen der zuständigen Gerichts- und Polizeibehörden auf einen gewissen Ort oder Bezirk eingeschränkt, oder von andern Orten ausgeschlossen werden; vielmehr hat ein Jeder die Freiheit, mit Beobachtung der allgemeinen polizeilichen Vorschriften und seiner etwaigen Amtspflichten, seinen Aufenthalt beliebig zu verändern. § 50. Niemand kann gezwungen werden, sein Eigenthum oder sonstige Rechte und Gerechtigkeiten zu öffentlichen Zwecken abzutreten, es sei denn, daß solches entweder durch dringende Nothwendigkeit geboten werde, oder daß gemeinnützige Anlagen nach dem Ermessen Sachverständiger ohne
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eine solche Abtretung nicht so zweckmäßig auszuführen wären, in welchen Fällen jedoch völlige Entschädigung gereicht werden muß. § 51. Jedem Unterthanen steht das Recht zu, in angemessener Form und auf vorgeschriebenem Wege seine Bitten und Wünsche an die Landesbehörden, so wie auch an den Fürsten selbst, gelangen zu lassen. § 52. Eben so hat Jeder das Recht, über gesetz- oder ordnungswidriges Verfahren einer Staatsbehörde oder eines Beamten bei der unmittelbar vorgesetzten Stelle Beschwerde zu erheben. Wird diese von der vorgesetzten Behörde gar nicht, oder nicht zu seiner Zufriedenheit erledigt, so kann er sich auch unmittelbar an den Landesherrn wenden. § 53. Den Unterthanen steht das Recht zu, Thatsachen und Meinungen im Wege des Druckes öffentlich bekannt zu machen, so weit sie dadurch weder Privatrechte, die Pflicht der Verschwiegenheit, die dem Staatsoberhaupte, dem deutschen Bunde oder einem seiner Mitglieder, den Behörden oder einzelnen Beamten schuldige Achtung verletzen, noch Andere zur Verletzung ihrer Unterthanenpflichten auffordern, und nicht gegen die Religion oder die guten Sitten verstoßen. Auch versteht es sich, daß die im Lande publicirten Gesetze und Bestimmungen des deutschen Bundes über den Gebrauch der Presse für sämmtliche Unterthanen verbindlich sind, und daß zur Verhütung des Mißbrauches der Presse nach wie vor geeignete Maßregeln statt finden. § 54. Die Verbindlichkeit zum Kriegsdienste ist allgemein, und es finden dabei keine andern als die gesetzlich bestimmten Ausnahmen statt. § 55. Die Befugniß auszuwandern haben alle Unterthanen, soweit ihnen nicht die Verpflichtung zum activen Kriegsdienste oder
V ERFASSUNG VON S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN (1841) sonstige Verbindlichkeiten gegen den Staat oder Privatpersonen entgegenstehen.
als auch, und zwar vornehmlich, denjenigen, welcher solche in Vollzug gesetzt hat.
§ 56. Einem Jeden soll Gelegenheit gegeben werden, sich den möglichst freien Gebrauch seines Eigenthums und seiner Kräfte zu verschaffen, und es sollen zu dem Ende, sobald es möglich ist, den Ständen darauf abzweckende Gesetzentwürfe vorgelegt werden.
§ 61. Die in verfassungsmäßiger Form und von den competenten Behörden erlassenen Verfügungen müssen befolgt werden; jedoch bleibt den Landständen vorbehalten, ihre Gerechtsame dabei auf dem geordneten Wege wahrzunehmen, so wie es den einzelnen dadurch Verletzten unbenommen ist, in den geeigneten Fällen den Rechtsweg zu betreten.
§ 57. Fremde, welche sich nur vorübergehend im Lande aufhalten, stehen, wenn ihnen nicht die völkerrechtlichen Grundsätze das Recht der Exterritorialität zusichern, unter den Gesetzen des Landes.
KAPITEL VII Von den Staatsbehörden ihren Verhältnissen, Rechten und Pflichten § 58. Die Staatsregierung übt die Leitung aller öffentlichen Angelegenheiten durch ihre hierzu erforderlichen Beamten aus, welche für die gewissenhafte Erfüllung ihrer Dienstpflichten verantwortlich sind. Die Vertheilung der Geschäfte unter die verschiedenen Stellen und Beamten hängt lediglich von dem Ermessen des Landesherrn ab. § 59. Alle Verfügungen, welche der Fürst erläßt, seien es nun Gesetze, welche nach §. 151. mit den Ständen berathen werden müssen, oder andere Verordnungen, müssen von einem Mitgliede des Geheimerathscollegiums in der Reinschift contrasignirt sein, und dieses Mitglied wird dadurch für ihren Inhalt verantwortlich. § 60. Eine nicht contrasignirte Verfügung hat die Vermuthung der Erschleichung gegen sich, und wenn daraus eine Verantwortlichkeit entsteht, so trifft solche sowohl denjenigen, welcher die Verfügung ausgewirkt hat, oder dazu beiräthig gewesen ist,
§ 62. Die Strafen, welche die Behörden Kraft ihrer Competenz androhen können, müssen der Größe der Vergehen und den Verhältnissen angemessen sein. Körperliche Züchtigungen können von den Polizeibehörden nur gegen Bettler und Landstreicher angeordnet werden; als Criminalstrafen finden Sie jedoch nach wie vor in den gesetzlich bestimmten Fällen statt. § 63. Die Staatsregierung ist verbunden, die Handlungen ihrer Beamten, welche diese in Gemäßheit und nach den Vorschriften ihres Amtes vorgenommen haben, zu vertreten. Sie muß daher 1) die von denselben in gehöriger Form ausgestellten Urkunden gegen sich gelten lassen, wenn auch nichts in die treffende Casse geflossen ist; 2) für alle Deposita, und ebenso 3) für die Richtigkeit der Consens- und Hypothekenbücher und der daraus von den Behörden ertheilten Scheine haften; für die Abschätzung des Werthes und die Zulänglichkeit des Erlöses, so wie dafür, daß keine frühern gesetzlichen Hypotheken vorhanden sind, übernimmt sie aber, wenn nicht das letztere von der Behörde ausdrücklich zugesichert worden ist, keine Gewähr. Uebrigens soll zur festern Begründung des Credits den Ständen bald möglichst ein Hypothekengesetz vorgelegt werden. § 64. Ist Jemand durch eine rechtswidrige Handlung der Staatsdiener in seinen
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S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN Rechten verletzt worden, und konnte er weder jene, noch ihre für ihn nachtheilige Folgen, vermöge der bestehenden Staatseinrichtungen abwenden, so haftet, wenn er bei der obern Behörde von der Verletzung sofort Anzeige gemacht hat, die Staatsregierung ebenfalls, und sie kann in diesem Falle sowohl, als in den §. 63. gedachten Fällen in Anspruch genommen werden, ohne daß es einer Vorausklage gegen den schuldigen Beamten bedarf; jedoch hat sie ohne Cession eine Regreßklage gegen den letztern. § 65. Ist die im vorigen §. zur Pflicht gemachte Anzeige gar nicht oder nicht zur rechten Zeit geschehen, so haftet die Staatsregierung im Falle einer Rechtswidrigkeit ihrer Behörden oder Beamten nur insoweit, als die betheiligte Casse durch die Handlungen der erstern bereichert worden ist. § 66. Da, wo die Staatsregierung nach den §§. 63. 64. und 65. haftet, trifft nach Verschiedenheit der Fälle entweder die Landschafts-, oder Cammer- und Forstcasse, oder die städtischen Aerarien, oder die Gerichtsherrschaften die Haft- und Zahlungspflicht, weshalb denn auch den betheiligten Stadt-Gemeinden oder Gerichtsherrschaften gestattet ist, die Deposital- und sonstigen Gelder mit ihren Beamten unter gemeinschaftlichem Beschlusse zu haben. § 67. Die zahlungspflichtigen Cassen, Aerare und Gerichtsherrschaften haben jedoch in allen diesen Fällen, wo sie für ihre Beamten einstehen müssen, nur den wirklichen Verlust, nicht den entzogenen Gewinn oder ein weiteres Interesse, und jenen nur mit landüblichen Zinsen zu ersetzen. § 68. Die bewaffnete Macht stehet allein unter dem Landesherrn und ist nur ihm und den von ihm Beauftragten zum vollkommenen Gehorsam verpflichtet. Es findet daher die im §. 205. enthaltene Bestimmung auf Militairpersonen, als solche, keine Anwendung.
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KAPITEL VIII Von den Staatsdienern § 69. Als Staatsdiener sind zu betrachten alle zu öffentlichen Zwecken angestellte Justiz- und Verwaltungs-, insbesondere auch Cammer- und Forstbeamte, so wie die bei dem Bundes-Contingente angestellten Officiere und Militairbeamten. § 70. Die Anstellung im Staatsdienst geht von dem Landesherrn aus, jedoch soll jederzeit das Geheimerathscollegium zuvor mit seinem Gutachten gehört werden. § 71. Niemand kann ein Staatsamt erhalten, ohne zuvor in dem Fache, in welchem er sich dem Staatsdienst widmen will, gesetzlich geprüft und für tüchtig erkannt zu sein. Landeseingeborne sind bei gleicher Tüchtigkeit vorzugsweise vor Fremden zu berücksichtigen. § 72. Die Mitglieder des Geheimerathscollegiums und die Chefs der höheren Verwaltungsbehörden ernennt der Fürst nach eigener freier Entschließung, ohne hierbei an die in den §§. 70. und 71. erwähnten Beschränkungen gebunden zu sein. § 73. Niedere zu mechanischen Hülfsleistungen bestimmte Diener können entweder auf einen gewissen Zeitraum oder gegen Kündigung angenommen werden. § 74. In jedem Zweige des öffentlichen Dienstes stehet den vorgesetzten Behörden und Beamten, (Chefs der Collegien, höhern Stellen und Oberbeamten), nicht nur die Befugniß zu, sondern sie sind auch verbunden, die ihnen untergebenen Beamten und Diener zu ihrer Schuldigkeit anzuhalten und deshalb in Aufsicht zu haben. Dieses erstreckt sich nicht nur auf die unmittelbar zu dem Dienste gehörigen Arbeiten und Handlungen, sondern auch auf das übrige Leben der Staatsdiener, welches sie so einzurichten schuldig sind, daß der Staatsdienst im
V ERFASSUNG VON S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN (1841) Allgemeinen die Achtung und das Vertrauen der Unterthanen und des Auslandes genieße. § 75. Die Mittel, die Untergebenen zu pünktlicher Erfüllung ihrer Obliegenheiten anzuhalten, sind Ermahnungen und Belehrungen, Verweise, Geldstrafen, wie solche das Gesetz vom 20. Januar 1827 näher bestimmt, und welche nach der Wichtigkeit des Gegenstandes, nach der Größe der Pflichtwidrigkeit und unter Berücksichtigung der Wiederholungsfälle, nach Befinden bis zu einhundert Thalern steigen können. § 76. Zurückversetzung eines Staatsdieners auf eine im Rang oder Gehalte geringere Stelle kann nicht Statt finden. § 77. Amtsentsetzung oder Entlassung, sowie Suspension als Strafe, können nicht anders, als nach vorgängigem vollständigem rechtlichem Gehör durch richterliche Entscheidung erfolgen. § 78. Amtsentsetzung hat den Verlust der Standesrechte, des Gehaltes, und die Unfähigkeit zur Wiederanstellung, zur Folge. § 79. Die im §. 77. enthaltene Bestimmung schließt nicht aus, daß Staatsdiener, wenn und so lange wichtige Staatsrücksichten solches gebieten, durch den Landesherrn von ihren Dienstgeschäften entbunden, oder auch auf dringenden Verdacht eines begangenen und mit Amtsentsetzung bedrohten Verbrechens provisorisch vom Richter suspendirt werden können; in keinem von diesen beiden Fällen kann jedoch dem betheiligten Diener an seinem Einkommen etwas geschmälert werden. § 80. Auch können Mitglieder des Geheimerathscollegiums von dem Landesherrn zu jeder Zeit, aber nur auf ehrenvolle Weise und ohne Schmälerung ihres Diensteinkommens, entlassen werden.
§ 81. Ebenso muß jeder Staatsdiener auf sein Verlangen entlassen werden; derselbe ist jedoch verbunden, seinen Dienst noch bis zum Zeitpunkte der Entlassung, welche spätestens vier Wochen nach geschehenem Nachsuchen erfolgen muß, fortzusetzen. § 82. Ein Staatsdiener, welcher die Entlassung aus wirklichem Mangel der Kräfte sucht hat standesmäßigen Unterhalt anzusprechen, welcher wenigstens in drei Viertheilen seines Diensteinkommens, nach zurückgelegtem vierzigsten Dienstjahre aber in seinem vollen Diensteinkommen bestehen muß. Ausländern, welche der Landesherr zu berufen für gut befunden hat, werden hierbei die im auswärtigen Staatsdienst bereits zurückgelegten Dienstjahre angerechnet. § 83. Die weitern Rechte und Pflichten der Staatsdiener behält sich der Fürst in einer besondern Verordnung zu bestimmen vor. § 84. Die in den §§. 70. 71. 74. 75. 76. 77. 78. 79. und 81. enthaltenen Bestimmungen finden auch auf Patrimonialbeamte, Kirchen- und Schuldiener, Aerzte, Sachwalter und ähnliche vom Staate Angestellte Anwendung, indem dieselben in jenen Beziehungen den wirklichen Staatsdienern gleichgestellt werden.
KAPITEL IX Von der Rechtspflege § 85. Alle Gerichtsbarkeit geht von dem Landesherrn aus und kann nur vermöge einer von ihm herrührenden Verleihung oder Uebertragung ausgeübt werden. Auch wenn das Recht, die Gerichte zu bestellen, Körperschaften und Grundbesitzern verliehen ist, bleibt das Recht der obern Aufsicht und der für die Ausübung der Gerichtsbarkeit zu gebenden Vorschriften dem Staate völlig ungeschmälert.
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S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN § 86. Die Gerichtsbarkeit soll in ihrem ganzen Umfange nur durch besonders verpflichtete und bestätigte Richter ausgeübt werden. § 87. Zu dem Richteramte gehört die rechtliche Verhandlung und Entscheidung aller Streitigkeiten über wohlerworbene Rechte, die Untersuchung und Bestrafung der Verbrechen und Vergehen der Unterthanen nach den darüber bestehenden und zu erlassenden Gesetzen. § 88. Von der gerichtlichen Verhandlung und Entscheidung sind ausgeschlossen: 1) die Ausübung der landesherrlichen Hoheitsrechte, jedoch mit Vorbehalt der Entschädigungsansprüche für diejenigen, welche dadurch in ihren wohlerworbenen Rechten beeinträchtiget sein sollten; 2) die Handlungen der gesetzgebenden Gewalt; – der Richter hat nicht darüber zu entscheiden, ob ein in verfassungsmäßiger Form erlassenes Gesetz hätte gegeben werden sollen, sondern lediglich den wahren Sinn und Umfang desselben zu ermitteln, und es im Geiste der Gerechtigkeit anzuwenden; – 3) die Erfüllung allgemeiner Unterthanenpflichten, wie Kriegsdienst, Entrichtung der Steuern und Abgaben und anderer allgemeiner Obliegenheiten, so lange nicht eine Ausnahme vermöge eines besondern Rechtstitels behauptet werden kann; 4) die Zweckmäßigkeit der von der Staatsverwaltung ausgehenden Verfügungen. § 89. In das Richteramt soll auch von der höchsten Regierungsbehörde in keiner Weise eingegriffen werden, und dieser stehet nur das Recht zu, dahin zu sehen, daß die Gerichte überhaupt schleunige und unverzögerte Gerechtigkeit handhaben; sie kann daher auf erhobene Beschwerden Befehle zur Beförderung der Rechtspflege an das Landes-Justiz-Collegium, und durch dieses
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an die Untergerichte, erlassen; sie ist aber nicht befugt, der Entscheidung der Sache selbst vorzugreifen. So sehr die Gerichte verbunden sind, den Beförderungsbefehlen gehörige Folge zu leisten, so wenig dürfen sie sich an etwaige in das Richteramt selbst eingreifende Verfügungen kehren. § 90. Das Recht der Begnadigung, welches sowohl durch Niederschlagung der Untersuchung, als durch Erlaß, Minderung oder Verwandlung einer erkannten Strafe ausgeübt werden kann, steht jedoch, insoweit es nicht den Behörden übergetragen worden, dem Landesherrn zu; es kann aber die Begnadigung in keinem Falle dem einzelnen durch eine strafbare Handlung Verletzten seine Rechte entziehen. Auch sollen keine Moratorien mehr ertheilt werden. § 91. Kein Einzelrichter und kein richterliches Collegium ist befugt, seine einmal gefällten Erkenntnisse selbst wieder abzuändern; es gehen jedoch 1) erweisliche Rechnungs- und Schreibefehler niemals in Rechtskraft über, sondern sollen durch bloße Declaratorien des Gerichts verbessert werden; auch können 2) Dunkelheiten und Unbestimmtheiten durch dergleichen Declaratorien erläutert, und 3) in der Entscheidung übergangene Punkte auf Anträge der Parteien ohne eigentliche Rechtsmittel durch ergänzende Nachträge nachgeholt werden, und es sind 4) in Strafsachen die Gerichte befugt und verbunden, wenn von den Angeschuldigten oder Verurtheilten neue erhebliche Thatsachen zu ihrer Entschuldigung beigebracht werden, anderweite Untersuchung zu verfügen und anderweit zu erkennen. § 92. Niemand soll seinem ordentlichen Richter entzogen werden, außer in den durch die Gesetze nachgelassenen und bestimmten Fällen.
V ERFASSUNG VON S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN (1841)
KAPITEL X Von Gemeinden und Corporationen § 93. Den Unterthanen ist gestattet, zu erlaubten Zwecken Verbindungen unter einander zu schließen, und Gesellschaften zu errichten; es versteht sich aber von selbst, daß diese nach wie vor der Oberaufsicht des Staats unterworfen sind. § 94. Die ausdrückliche Genehmigung der Staatsregierung ist erforderlich bei allen Gesellschaften, welche die Rechte der juridischen Persönlichkeit, das Recht, Vermögen und Grundstücke auf ihren Namen zu besitzen, Beamte und Vorsteher zu bestellen, und Beschlüsse zu fassen, welche auch für die Widersprechenden verbindlich sind, ausüben wollen. § 95. Die Angelegenheiten der Gemeinden sollen durch ein Gesetz geordnet werden, welches als Grundlage die eigene selbstständige Verwaltung ihres Vermögens durch von der Gemeinde Gewählte, unter der Oberaufsicht des Staats, aussprechen wird. Die Grundbestimmungen dieses Gesetzes werden einen Bestandtheil der Verfassung bilden.3
KAPITEL XI Von den Kirchen und Schulen § 96. Niemand soll wegen seiner religiösen Meinungen angefochten und in der Ausübung der öffentlichen oder häuslichen Andacht gestört werden. § 97. Die drei anerkannten Hauptparteien der christlichen Kirchen genießen gleichen Schutz des Staates. § 98. Die evangelische christliche Kirche ist die Landeskirche. Für ihre Bedürfnisse muß, wenn die Mittel der besondern Kirchengemeinden nicht zureichen, aus allgemeinen Landesmitteln gesorgt werden. Die
kirchlichen Angelegenheiten derselben werden unter dem Schutze des Landesherrn von Behörden geleitet, welche aus geistlichen und weltlichen Mitgliedern zusammengesetzt sind. Der evangelische Landesherr übt in ihr die Rechte aus, welche mit dem Namen der bischöflichen bezeichnet zu werden pflegen. § 99. In Ansehung der katholischen Kirche bleibt es bei den besondern deshalb geschlossenen Verträgen. § 100. Auch die kirchlichen Verhältnisse der Juden stehen unter dem Schutze und der besondern Aufsicht des Staats. § 101. Der Staatsregierung gebührt die Aufsicht über alle kirchlichen Anstalten des Landes und die kirchlichen Vorsteher, Lehrer und Beamten, über die Vorbereitung, Anstellung und Amtsführung derselben, so weit alles dieses nicht den eigentlichen Lehrbegriff der Kirche betrifft. § 102. Keine kirchliche Gesellschaft darf ohne Vorwissen und Genehmigung der Staatsregierung Verordnungen erlassen, und die letztere ist berechtiget, solche Religionshandlungen, welche die Ordnung des Staats und den Frieden unter den Unterthanen gefährden, entweder ganz zu untersagen, oder auf das Innere des Kirchengebäudes zu beschränken. § 103. Das einmal erworbene Vermögen der Kirchen darf nicht zu anderen Zwecken verwendet oder zum Staatsvermögen eingezogen werden, so lange die betreffende Kirche als solche und mit einer kirchlichen Gemeinde besteht. Sollte aber der Fall eintreten, daß eine solche Kirche sich ganz ohne Gemeinde befände, so soll die Dotation derselben zu einem Kirchenfonds gezogen und in dieser Weise zu kirchlichen Zwecken verwendet werden.
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S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN § 104. Das gesammte Schul- und Erziehungswesen steht unter der Aufsicht und Leitung des Staats, und die Aufbringung der dazu nöthigen Mittel ist, insofern die Dotationen der Stellen nicht auslangen, und einzelne Gemeinden jene zu verbessern unvermögend sind, eine allgemeine Landeslast. § 105. Für den öffentlichen Unterricht, sonach für die Erhaltung und Vervollkommung der niedern und höhern Bildungsanstalten, so wie für die Landschullehrer-Seminare, ist zu allen Zeiten nach Kräften zu wirken. § 106. In Ansehung der besondern Stiftungen sollen die Anordnungen der Stifter aufrecht gehalten werden. § 107. Das Vermögen solcher Stiftungen, welche von selbst eingehen, soll, wenn nicht die Stifter und deren Erben rechtliche Ansprüche daran haben, zunächst nach den Bestimmungen der erstern, und, sind solche nicht vorhanden, nach Beschaffenheit der Stiftung, zu den öffentlichen Zwecken der Kirchen, Schulen und sonstigen milden Stiftungen gezogen werden.
KAPITEL XII Von den Landständen im Allgemeinen und ihrer Wahl § 108. Zur Vertretung des Landes sollen aus allen Theilen desselben und aus den verschiedenen Klassen der Unterthanen einsichtsvolle und redliche Männer erwählt werden, welche alle vier Jahre zusammenberufen werden sollen. § 109. Diese Abgeordneten sollen bestehen A. in der Unterherrschaft 1) aus einem Mitgliede der Ritter- und Freigutsbesitzer,
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2) aus einem Deputirten der Stadt Sondershausen, 3) aus einem Abgeordneten der Städte Creußen, Großenehrich, und des Stadtfleckens Clingen, 4) aus zwei Deputirten der bäuerlichen Grundbesitzer aus den übrigen Orten der Unterherrschaft, und zwar a) aus einem Abgeordneten der zu den Aemtern Sondershausen und Clingen gehörigen Ortschaften und des Gerichtsortes Bendeleben, jedoch mit Ausschluß des Stadtfleckens Clingen, und b) aus einem Deputirten der Aemter Schernberg-Ebeleben, Keula, und der Gerichtsorte Bellstedt und Großenfurra, 5) aus einem Deputirten aus dem Gelehrten- und 6) einem Abgeordneten aus dem Handelsstande, B. in der Oberherrschaft 7) aus einem Abgeordneten von der Zahl der Ritter- und Freigutsbesitzer, 8) aus einem Deputirten der Stadt Arnstadt, 9) aus einem Abgeordneten der Stadt Plaue und der Stadtflecken Gehren, Breitenbach und Langewiesen, 10) aus einem Deputirten der bäuerlichen Grundbesitzer aus den übrigen Orten der beiden oberherrschaftlichen Aemter Arnstadt und Gehren und dem Gerichtsorte Behringen, 11) aus einem Abgeordneten des Gelehrten- und 12) aus einem des Handelsstandes. § 110. Allgemeine Bedingungen des Rechts zu wählen (actives Wahlrecht) sind 1) christlicher Glaube und Unterthanenrecht, 2) einundzwanzigjähriges Alter dergestalt, daß bei allen Minderjährigen ihr Stimmrecht bis zur erlangten Volljährigkeit ruht, 3) Selbstständigkeit, so daß keiner, wel-
V ERFASSUNG VON S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN (1841) cher sich in väterlicher Gewalt befindet, oder in Kost und Lohn eines Andern steht und ihn zu vollkommenem Gehorsam verpflichtet ist, an den Wahlen Theil nehmen kann, 4) Unbescholtenheit dergestalt, daß alle, welche wegen eines Verbrechens in Untersuchung gewesen sind, so lange als sie keine vollständige Freisprechung erlangt haben, sich des Wählens enthalten müssen. Das Letztere gilt auch von denen, gegen welche der Concurs gerichtlich eröffnet worden ist, und selbst nach geendigtem Concursverfahren dauert ihre Unfähigkeit fort, wenn in Folge des Gesetzes vom 21. November 1835 eine Strafe gegen sie ausgesprochen worden ist. § 111. Frauen sind nur als Besitzerinnen von Ritter- oder Freigütern oder von Handlungen, und auch hier blos activ, wahlberechtigt, § 112. I. In der Klasse der Ritter- und Freigüter gehört noch zur Bedingung des Stimmrechts bei den Wahlen der eigenthümliche Besitz eines grundsteuerfreien Ritteroder Freigutes, das mindestens vier Hufen artbares Land enthält. Ein Besitzer mehrerer Ritter- und Freigüter hat nur eine Stimme. Mehrere Besitzer eines ungetheilten Gutes müssen sich über Führung der Wahlstimmen vereinigen, und dies der die Wahlen leitenden Behörde anzeigen; sonst wird der an Jahren älteste zur Wahl geladen. Die Stimme eines zu einer Concursmasse gehörigen Ritter- oder Freigutes ruht, bis dasselbe auf einen andern stimmfähigen Besitzer übergeht. II. In den Städten, Stadtflecken und übrigen Orten wird noch erfordert, daß der, welcher wählen will, in denselben das Bürgerresp. Nachbarrecht besitze. In der Klasse der bäuerlichen Grundbesitzer sind auch die Besitzer derjenigen Ritterund Freigüter stimmberechtiget, welche we-
gen des geringen Umfanges ihrer Besitzung nicht in der ersten Klasse stimmen können. III. In der Klasse der Gelehrten sind zu wählen berechtiget diejenigen, welche irgend eine Wissenschaft studirt und entweder ein Staatsexamen bestanden, oder einen academischen Grad erlangt haben, insbesondere also alle wissenschaftlich vorbereitete Geistliche, Aerzte und Wundärzte, Lehrer, Advocaten und privatisirende Gelehrte. IV. In der Klasse des Handelsstandes sind wahlberechtiget alle eigentliche Kaufleute, Fabrikunternehmer, Banquiers, Apotheker und alle, welche ein Geschäft kaufmännisch mit regelmäßig geführten Büchern drei Jahre betrieben haben. Von ihnen ist in jedem Landestheile eine besondere Liste zu fertigen und von den vom Landesherrn hierzu beauftragten Behörden zu bestätigen. Kaufleute, welche einer vorsätzlichen Steuer- und Zollfraudation überführt werden, verlieren ihr Wahlrecht. § 113. Neben den §. 110. bis 112. aufgestellten Erfordernissen des Wahlrechtes gehört zur Wählbarkeit zum Landesvertreter (passives Wahlrecht) 1) dreißigjähriges Alter und 2) bleibender Aufenthalt im Lande. Vom activen und passiven Wahlrechte sind ausgeschlossen die Mitglieder des Geheimen Raths, der höhern Landescollegien, der Justiz- und Rentämter, alle Canzlei- und Forstbeamte, Officiere und Militairbeamte. § 114. Außerdem wird bestimmt I. in der Klasse der Ritter- und Freigutsbesitzer, daß nur diejenigen wählbar sind, welche sich jährlich wenigstens vier Monate im Inlande aufzuhalten pflegen. II. In den §.109. A. 2. und 3. und B. 8. und 9. genannten Städten und Stadtflecken ist zur Wählbarkeit ein jährliches Einkommen von Dreihundert Thalern, und III. Bei den bäuerlichen Grundbesitzern ein nach Abzug der Schulden übrig blei-
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S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN bendes Vermögen von Zweitausend Thalern, welches in Haus und Aeckern bestehen muß, erforderlich. IV. In der Klasse der Gelehrten gehört zur Wählbarkeit ein jährliches Einkommen von Dreihundert Thalern, und V. in der Klasse des Handelsstandes von Sechshundert Thalern.
§ 120. Bei der mittelbaren Wahl stellt die Gemeinde eines Orts von funfzig Wohnhäusern und darunter einen, ein Ort von ein und funfzig bis hundert Wohnhäuser zwei Wahlmänner, und so tritt fortschreitend mit der Ueberschreitung von je funfzig Wohnhäusern für einen Ort ein Wahlmann mehr hinzu.
§ 115. Zum Beweise der im vorigen §. unter II. III. IV. und V. gedachten Bedingungen der Wählbarkeit sind Zeugnisse der Justizämter und Magisträte, und in Ermangelung derselben eidliche Bestärkung, hinreichend, jedoch vorbehältlich der Prüfung der Legitimation eines jeden Deputirten von Seiten der Regierung und der versammelten Stände.
§ 121. Das Wahlgeschäft in dem Stande der Bürger und bäuerlichen Grundbesitzer beginnt mit Ernennung der Wahlmänner. Diese geschieht unter Leitung der Magisträte, der Patrimonialgerichte, der Stadt- und Justizämter, bei letztern durch hierzu committirende Amtspersonen, welchen vorher die Wahllisten mitzutheilen sind und welche nach diesen blos die Stimmfähigen zum Wählen zuzulassen haben.
§ 116. Niemand ist in mehr als einer Klasse zu wählen berechtigt und wählbar; auch darf Keiner die Stimme sich selbst geben. § 117. Die Justizämter, Magisträte und Patrimonialgerichte haben in ihren Bezirken vollständige Wahllisten zu errichten, die Unfähigen darin unter Anführung des Grundes zu bezeichnen, und die in mehreren Klassen zur Wahl Berechtigten zur Erklärung darüber, in welcher sie wählen wollen, aufzufordern. Derjenige, welcher sich nicht binnen der festgesetzten Zeit erklärt, kann in keiner Klasse mitwählen. Diese Wahllisten sind an die Regierung zur Prüfung einzusenden, die ihrerseits die Listen über die stimmfähigen Ritter- und Freigutsbesitzer aufzunehmen haben. § 118. Die Ritter- und Freigutsbesitzer, der Gelehrten- und Handelsstand, wählen ihre Deputirten unmittelbar, die übrigen Klassen bewirken diese Wahl durch Wahlmänner. § 119. Sowohl die Wahlmänner, als auch die Landesabgeordneten kann jede Klasse nur aus ihrer Mitte wählen.
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§ 122. Ueber den Wahlact in jedem Orte, bei welchem Jeder einzeln und so vielmal als Wahlmänner zu wählen sind, abzustimmen hat, sind besondere Acten zu halten, wobei der die Wahl leitende Beamte die Protocolle führt, welche dann nebst den Acten an die vorgesetzte Regierung berichtlich eingesendet werden. § 123. Wer nicht erscheint, wird seines Wahlrechts für diesen Wahlact verlustig; doch müssen zwei Drittheile der stimmfähigen Einwohner bei einer solchen Wahl, wenn sie gültig sein soll, zugegen sein. Es entscheidet Stimmenmehrheit und bei Stimmengleichheit das Loos. Der Erwählte, der die Wahl nicht ablehnen darf, erhält zu seiner Rechtfertigung eine Urkunde, welche nach einem gedruckten Muster von dem die Wahl leitenden Beamten zu unterzeichnen und zu besiegeln ist. § 124. Die das Wahlgeschäft leitenden obrigkeitlichen Personen haben sich aller Einmischung in die Wahlen zu enthalten, dürfen nur die baaren Auslagen berechnen, und sollen sich angelegen sein lassen an
V ERFASSUNG VON S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN (1841) einem Tage in mehreren Orten das Wahlgeschäft vorzunehmen.
ten derjenigen Klassen, in denen unmittelbar gewählt wird, abgestimmt haben.
§ 125. Die Wahl der Landesabgeordneten erfolgt vor Wahlcommissionen, welche die Regierungen zu Sondershausen und Arnstadt nach ihrem Ermessen zu ernennen haben, nach Stimmenmehrheit.
§ 131. Ein jeder Deputirte und Stellvertreter wird auf acht Jahre gewählt und beide dürfen sich bei Verlust ihres activen und passiven Wahlrechts der Wahl nicht entziehen, ausgenommen 1) bei langdauernder nothwendiger Abwesenheit von der Heimath, 2) bei zurückgelegtem sechzigstem Lebensjahr oder andern gleich triftigen Gründen, über deren Gewicht die betreffende Regierung zu entscheiden hat. Jeder gewählte Deputirte und Stellvertreter hat sich binnen drei Tagen von der Zeit an, wo er von seiner Wahl officielle Kenntniß erhalten hat, bei der betreffenden Regierung zu erklären, ob er von einem ihm zur Seite stehenden Entschuldigungsgrunde Gebrauch machen wolle, widrigenfalls angenommen wird, daß er darauf verzichte.
§ 126. Diese Commissionen, welche die Wahlberechtigten wenigstens vierzehn Tage vor der Wahl mit Angabe des Ortes, Tages und der Stunde zur Wahlhandlung vorzuladen haben, dürfen sich auf keine Weise in das Wahlgeschäft einmischen und eben so wenig eine Berathung der Wahlmänner oder der Stimmfähigen anderer Klassen über die Person des zu wählenden Deputirten hindern; vielmehr besteht ihr Geschäft nur darin, den Erschienenen den Zweck ihres Erscheinens nochmals vorzuhalten; die Stimme jedes Wahlfähigen zu Protocoll zu nehmen, das Resultat des Wahlgeschäft bekannt zu machen, und überall bei Stimmengleichheit durch das Loos die Entscheidung herbeizuführen. § 127. Jeder Stimmberechtigte hat dreimal abzustimmen; er hat nämlich einen Abgeordneten und einen ersten und zweiten Stellvertreter zu wählen. § 128. In der Regel muß jeder Wahlberechtigte bei Verlust seines Wahlrechts für diesen Wahlact in Person erscheinen, und nur stimmberechtigten Frauen ist nachgelassen, durch ihre Ehemänner oder durch Specialbevollmächtigte zu wählen. § 129. Jeder Wähler stimmt aus eigener Ueberzeugung und jeder ihm in dieser Hinsicht ertheilte Auftrag, so wie jedes von ihm gegebene Versprechen, ist nichtig. Nach vollendeter Wahl erlischt das Amt der Wahlmänner. § 130. Die Wahl eines Abgeordneten ist nur dann gültig, wenn wenigstens zwei Drittel der Wahlmänner oder Stimmberechtig-
§ 132. Wenn ein erwählter Deputirter in den Fall kommt, die erforderlichen Eigenschaften nicht mehr zu besitzen, so muß der erste Stellvertreter, und wenn auch bei diesem der gleiche Fall eintritt, der zweite Stellvertreter einberufen werden. § 133. Die Wahlorte oder der Sitz der Wahlcommissionen sind A. In der Unterherrschaft, 1) für die §. 109. unter 1. 5. 4a. 2. und 6. bezeichnen Deputirten die Residenzstadt Sondershausen, 2) für die unter Nr. 3. bezeichnete Klasse die Stadt Greußen, und 3) für den unter Nr. 4b. angegebenen Deputirten der Amtsort Ebeleben. B. In der Oberherrschaft sind alle Deputirte in Arnstadt zu wählen, mit Ausnahme des §. 109. unter Nr. 9. bezeichneten, welcher in dem Amtsflecken Gehren gewählt wird. § 134. Nach Beendigung der Wahlen schicken die Wahlcommissionen ihre Ac-
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S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN ten mit Bericht an die vorgesetzten Regierungen ein. Diese prüfen die Gültigkeit der Wahlen und ordnen entweder neue an, oder senden sämmtliche Wahlacten an den Landesherrn ein, welcher sie zur Vornahme der letzten Prüfung den versammelten Ständen vorlegen lassen wird. § 135. Nach Verlauf von acht Jahren tritt eine neue Wahl von Deputirten in der vorstehend bestimmten Weise ein.
KAPITEL XIII Von den Rechten der Landstände § 136. Die Stände sind das gesetzmäßige Organ der Gesammtheit der Unterthanen und berufen, der letztern Rechte in dem durch die Verfassung bestimmten Verhältnisse zu der Staatsregierung geltend zu machen, so wie das unzertrennliche Wohl des Fürsten und des Landes mit treuer Anhänglichkeit an die Grundsätze der Verfassung möglichst zu befördern. § 137. Die Angelegenheiten, welche vor die Ständeversammlung gehören, sind in gegenwärtiger Urkunde bestimmt vorgezeichnet. Sie kann sich daher nur mit jenen, oder mit den vom Fürsten besonders an sie gebrachten, Gegenständen beschäftigen.
aufzubringenden Bedarf ihre Erklärung an den Landesherrn gelangen zu lassen. § 141. Insofern sie hierbei auf Verminderung der verlangten Summen antragen, muß dieses unter bestimmter und ausführlicher Nachweisung der Gründe und Gegenstände, aus und bei welchen, so wie der Art, wie ohne Hintansetzung des Staatszweckes, Ersparnisse gemacht werden können, geschehen. § 142. Solche Anträge werden auf das Reiflichste erwogen und, so weit es nur immer mit dem Staatswohle vereinbar ist, jederzeit berücksichtiget werden. § 143. Die Bewilligung der verlangten Summen darf nicht an Bedingungen geknüpft werden, welche das Wesen der vorgeschlagenen Ausgaben oder die Verwendung der zu verwilligenden Gelder nicht unmittelbar betreffen. § 144. Das Recht einer Ablehnung der Bewilligung steht den Ständen nur bei denjenigen Ausgaben zu, welche weder zur Führung der Regierung, noch zur Erfüllung bestimmter bundes- oder landesgesetzlicher Verpflichtungen unabweisbar nothwendig sind. (Bundesbeschluß vom 28. Juni 1832.)
§ 139. Den Ständen wird bei jedem ordentlichen Landtag ein Voranschlag des Bedarfs für die nächstfolgenden vier Jahre vorgelegt werden.
§ 145. Die für den stehenden nothwendigen Staatsbedarf (§. 144.) erforderlichen Steuern werden so lange erhoben und können nicht eher zurückgenommen werden, bis der Bedarf auf andere Weise gedeckt ist. Die für den übrigen Staatsbedarf verwilligten Steuern hingegen dürfen nicht weiter erhoben werden, als bis zum Ablauf desjenigen Rechnungsjahres, in welchem der neue Landtag gehalten werden mußte, also höchstens noch, wenn die Regierung solches nöthig findet, ein Jahr weiter, als die ursprüngliche Verwilligung ging.
§ 140. Nach pflichtmäßiger genauer Prüfung desselben haben sie über den danach
§ 146. Die Landesgelder dürfen zu keinem anderen Zwecke, als wozu sie be-
§ 138. Den Ständen gebührt I. eine wesentliche Mitwirkung bei der Finanzverwaltung des Landes, so daß ohne ihre Zustimmung weder neue directe oder indirecte Steuern ausgeschrieben und erhoben, noch die bestehenden erhöhet werden können.
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V ERFASSUNG VON S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN (1841) stimmt sind, verwendet, und ebenso dürfen Ersparnisse und Ueberschüsse in dem einen Zweige ohne Vorwissen und Genehmigung der Stände nicht für andere Zweige verwendet und Etatsüberschreitungen damit gedeckt werden. Um jedoch die Regierung für unvorhergesehene Ereignisse mit den erforderlichen außerordentlichen Hülfsmitteln zu versehen, ist ein Reservefonds zu bilden, welcher in das Budget aufgenommen und jedesmal besonders bewilliget wird. § 147. Landesschulden können künftig gültigerweise nicht ohne Zustimmung der Landstände gemacht werden, und die wirklich erfolgte Zustimmung derselben muß in den darüber auszustellenden Urkunden ausdrücklich erwähnt sein. § 148. Die über Landesanlehne auszustellenden Urkunden werden im Namen der Landstände, unter Genehmigung des Landesherrn, ausgefertigt. In denselben muß enthalten sein: 1) die Erklärung der Stände, daß die Anleihe von ihnen zum Nutzen des Landes für nothwendig erachtet worden ist, 2) die Erklärung über die Verzinsung und Rückzahlung, 3) die Genehmigung des Landesherrn, und 4) das Bekenntniß der Staatskasse über die wirklich geschehene Einzahlung der Darlehnssumme. Diese Urkunden müssen daher von den Mitgliedern des ständischen Ausschusses, von dem Kassenbeamten, und von der competenten Staatsbehörde, unterzeichnet und mit dem Amtssiegel versehen sein. § 149. Die Stände haben ferner das Recht, bei der Errichtung, Dotirung und Verwaltung des in §. 37. erwähnten Landesschuldentilgungsfonds mitzuwirken. § 150. II. In Ansehung des Cammeroder Hausfideicommiß-Gutes ist die Mit-
wirkung der Stände oben in Kapitel IV. genau bestimmt. § 151. Den Ständen gebührt III. eine wesentlicher Antheil an der Gesetzgebung dergestalt, daß ohne ihren Beirath keine Gesetze oder Staatsverträge, welche das Privat- oder peinliche Recht und das gerichtliche Verfahren betreffen, erlassen und abgeschlossen, verändert oder aufgehoben werden können; und es gehört sonach zur verfassungsmäßigen Form eines solchen Gesetzes oder Staatsvertrages, daß bei ihrer Bekanntmachung der Zustimmung der Stände gedacht ist. § 152. Sie sind daher, wenn ihnen ein Gesetzentwurf vorgelegt wird, befugt, 1) über das Princip desselben abzustimmen und ihn im Ganzen entweder anzunehmen, oder unter ausführlicher Angabe der Gründe zu verwerfen, und 2) zu den einzelnen Bestimmungen motivirte Abänderungen und Zusätze in Antrag zu bringen. § 153. Wird ein solcher Antrag vom Landesherrn nicht genehmigt, so kann der Gesetzesentwurf entweder ganz zurückgenommen, oder vorher noch einmal während desselben Landtags mit Widerlegungsgründen in der vorigen Maaße, oder auch mit von der Regierung selbst vorzuschlagenden Abänderungen, an die Stände gebracht werden. In beiden letztern Fällen steht der Regierung frei, die unbedingte Erklärung über Annahme oder Ablehnung desselben zu verlangen. § 154. Den Landständen steht frei, der Staatsregierung ihrerseits Wünsche hinsichtlich der Erlassung neuer, sowie wegen Abänderung oder Zurücknahme bestehender Gesetze vorzutragen; doch sollen die Stände keine vollständigen Gesetzes-Entwürfe vorlegen, sondern nur den Zweck und die Principien im Allgemeinen angeben; auch können sie sich auf bereits vorlie-
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S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN gende Gesetze und ausgearbeitete Entwürfe anderer Staaten beziehen. § 155. Die Stände haben überhaupt IV. das Recht, in Angelegenheiten, welche im allgemeinen Interesse des Landes, oder auch blos eines der beiden Landestheile, liegen, Vorstellungen, Bitten und Beschwerden in angemessener Form an den Landesherrn gelangen zu lassen. § 156. Zu diesem Behufe werden ihnen diejenigen Notizen amtlich mitgetheilt werden, deren sie zu ihrer Belehrung und gründlicher Prüfung der in dieser Hinsicht gemachten Anträge bedürfen. Davon sind jedoch etwaige Verhandlungen mit andern Staaten, insbesondere im deutschen Bunde, ausgenommen, deren Mittheilung der Beurtheilung der Staatsregierung überlassen bleiben muß. § 157. Die Staatsregierung ist verpflichtet, auf die an sie gebrachten Anträge der Stände diesen motivirte Entschließungen zu ertheilen. § 158. Einzelne Unterthanen sowohl, als Corporationen, können Gebrechen, deren Abstellung das allgemeine Wohl zu erfordern scheint, oder auch sonstige nach ihrer Ansicht zum Besten des Landes gereichende Vorschläge, zur Kenntniß des Landtags, oder seines Vorstandes, bringen. § 159. Wenn die Mitglieder des Fürstlichen Geheimeraths-Collegiums eine Verfügung, welche eine Verfassungsverletzung enthält, in der wirklichen Absicht, die Verfassung zu verletzen, contrasigniren, oder sonst vorsätzlich irgend eine auf Verletzung der Verfassung gerichtete Handlung vornehmen, oder wenn andere Beamte in gleicher Absicht eine nicht contrasignirte und ihrem Inhalte nach verfassungswidrige Verfügung in Vollzug setzen, so steht den Ständen V. das Recht zu, die Schuldigen in Anklagestand zu versetzen. In andern Fällen eines
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aus Unachtsamkeit oder Irrthum entsprungenen Zuwiderhandelns gegen bestimmte Vorschriften der Verfassung sind sie berechtiget, bei den höhern Collegien, oder beim Landesherrn, Beschwerde zu führen, welche entweder sofort erlediget, oder zur Einleitung einer Untersuchung an die betreffende Gerichtsbehörde abgegeben werden wird. § 160. Jene Anklagen sind bei dem Oberappellationsgerichte anzubringen. Findet dasselbe, daß in der Anklage diejenigen thatsächlichen Voraussetzungen vorhanden sind, welche, ihren Beweis vorausgesetzt, eine absichtliche Verletzung der Verfassung begründen würden, so hat das Oberappellationsgericht dem Landesjustizcollegium Auftrag zur Einleitung der Untersuchung zu ertheilen Diese ist in pleno zu führen, und der Angeschuldigte nach seinem Verlangen mündlich oder schriftlich zu vernehmen. § 161. Von der Publication jener Verfügung des Oberappellationsgerichtes an, und so lange nicht eine rechtskräftige Freisprechung erfolgt ist, muß der betreffende Staatsdiener von seinem Dienste suspendirt werden, welches das Oberappellationsgericht ebenfalls zu verfügen und hiervon den Landesherrn und die Ankläger zu benachrichtigen hat. § 162. Der Angeklagte hat das Recht in allen Instanzen auf die Entscheidung der obern Justizstelle einer andern bei dem Oberappellationsgericht zu Zerbst betheiligten Regierung anzutragen. § 163. Die Dienstniederlegung des Angeschuldigten hat auf die wider ihn eingeleitete Untersuchung und deren Folgen keinen Einfluß.
V ERFASSUNG VON S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN (1841)
KAPITEL XIV Vom Landtage und der Landtagsordnung § 164. Die Stände können ihre verfassungsmäßige Thätigkeit nur ausüben: 1) in der allgemeinen Ständeversammlung, dem Landtage, und 2) durch den zwischen den Landtagen bestehenden Ausschuß. § 165. Der Landtag soll regelmäßig alle vier Jahre, und außerordentlich so oft, als sich eine hinreichende Veranlassung dazu zeigt, zusammenberufen werden. Ort und Zeit werden von dem Landesherrn bestimmt. § 166. Ohne von der Staatsregierung berufen zu sein, dürfen die Stände nicht zusammentreten, und alle Verhandlungen und Beschlüsse einer unbefugten Versammlung sind von Rechtswegen nichtig. § 167. Wenn neun Landesdeputierte versammelt sind, so übernimmt der älteste an Jahren vorläufig die Geschäfte des Directors und ernennt aus der Zahl der ersteren einstweilen einen Secretair der Versammlung. Dieses wird der Staatsregierung angezeigt, welche ihrerseits einen oder nach Befinden mehrere Landtagscommissarien bestellt. § 168. Unter Mitwirkung eines landesherrlichen Commissarius erfolgt nunmehr die Prüfung und Genehmigung der Wahlen von Seiten der Landstände, welche letztere jedoch nur wegen verfassungswidriger Wahl versagt werden kann.
Commissarius folgenden Eid abzulegen: Ich schwöre, die Verfassung heilig zu halten, und in der Ständeversammlung das unzertrennliche Wohl des Fürsten und des Vaterlandes, ohne alle Nebenrücksicht, nach meiner eigenen Ueberzeugung treu und gewissenhaft zu berathen, so wahr mir Gott helfe! § 171. Wird ein gewesener Abgeordneter durch neue Wahl in die ständische Versammlung berufen, so gelobt er die Erfüllung seiner Pflichten blos mittelst Handschlags an. § 172. Hiernächst sind die etwa noch abwesenden Landesdeputirten auf ihre Kosten zum Erscheinen vom interimistischen Director aufzufordern. Statt derer, welche binnen drei Tagen nicht erscheinen, oder ihr baldiges Eintreffen nicht anzeigen, so wie derer, die sich mit gültigen Gründen entschuldigen, sind sofort die Stellvertreter einzuberufen. Dies gilt auch von denen, deren Wahl verworfen ist, insofern nicht die Mängel der letzteren auch die Stellvertreter treffen; denn in diesem Falle müssen neue Wahlen von der Staatsregierung angeordnet werden. § 173. Sowie neun Landesdeputirte vereidigt sind, wird die feierliche Eröffnung des Landtags nach Anordnung der Regierung erfolgen, entweder durch den Landesherrn in eigner Person, oder durch ein Mitglied des Geheimerathscollegium.
§ 169. Die Abgeordneten, deren Wahl beanstandet wird, wohnen den Sitzungen nicht mehr bei, bis über die Gültigkeit ihrer Wahl entschieden ist.
§ 174. Sodann haben die Stände vier aus ihrer Mitte zu erwählen, aus welchen der Landesherr den Director und einen Stellvertreter desselben ernennt. Sie wählen ferner zwei Mitglieder, welche mit dem Director den Landtagsausschuß zwischen den Landtagen bilden, und ebenso erwählen sie zwei Stellvertreter für dieselben.
§ 170. Die als gültig erwählt Anerkannten haben in die Hände des landesherrlichen
§ 175. Der Director leitet die äußeren Angelegenheiten des Landtags und hand-
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S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN habt während desselben in und außer den Sitzungen die ständische Geschäftsordnung. Er präsentirt alle Zufertigungen, Anträge und Vorstellungen, welche eingehen, ernennt Deputationen und Referenten, leitet die Discussionen, bestimmt die Tagesordnung, theilt diese jedesmal dem Geheimeraths-Collegium mit, duldet keine Abweichung von derselben, stellt die Fragen, über welche abgestimmt werden soll, und sammelt die Stimmen. Jeder, der sprechen will, hat ihn um das Wort zu bitten, welches er jedoch Keinem verweigern darf; er bestimmt den Anfang und Schluß der Sitzungen und bewilligt den Abgeordneten Urlaub, jedoch ohne Zustimmung des Geheimeraths-Collegiums nicht auf längere Zeit, als auf zwei Tage; er verweist Ständemitglieder, wenn ihre Discussionen zur Sache nicht gehörige Gegenstände berühren, oder wenn sie die Ordnung und den Anstand verletzen zur Ordnung, und stellt endlich nöthigenfalls den Antrag an die Ständeversammlung auf Ausschließung eines Mitgliedes wegen wiederholten ordnungswidrigen Betragens, welche dann verfügt wird, wenn neun der anwesenden Mitglieder dafür stimmen. § 176. Die Stände haben ferner dem Landesherrn eine hinlängliche Anzahl rechtskundiger Personen Behufs der Ernennung eines Landschaftssyndicus vorzuschlagen, welcher in der Regel für vier Jahre ernannt wird, und dann sowohl auf Antrag der Regierung, als der Stände, entlassen werden muß, aber auch unter beiderseitiger Zustimmung länger im Amte bleiben kann. Derselbe muß das dreißigste Jahr zurückgelegt haben und darf nicht in landesherrlichen Diensten stehen. Es wird demselben vom Fürsten eine Besoldung aus der Landschaftkasse ausgesetzt werden. § 177. Der Syndicus ist der Secretair der Ständeversammlung und des Directors der Landstände, so wie des Ausschusses. Er hat die Registrande und die Protocol-
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le zu führen, Berichte und andere Schriften zu entwerfen, so wie die landschaftlichen Acten und Urkunden in gehöriger Ordnung und Verwahrung zu halten. Er ist überhaupt Rechtsconsulent der Stände und insbesondere Fiscal derselben in dem §.159. gedachten Falle. – Seine Verpflichtung erfolgt durch den Landschafts-Director im Beisein des Fürstlichen Commissarius. § 178. Die Protocolle der Versammlung werden in der nächsten Sitzung vorgelesen und die dagegen erhobenen Bemerkungen sofort erledigt, oder es wird von den Ständen darüber entschieden, und das Protocoll von dem Director, den beiden Ausschußmitgliedern, oder deren Stellvertretern und dem Protocollführer unterschrieben. Nach diesem Acte können keine weitern Einwendungen gegen die Richtigkeit eines Protocolles gemacht werden. § 179. Jeder Gewählte ist als Abgeordneter nicht des einzelnen Standes oder Wahlbezirkes, sondern des ganzen Landes und aller Stände zu betrachten, und es kann auch von keiner Klasse der Deputirten eine Abstimmung nach Ständen verlangt werden. § 180. Alle Landesdeputirte haben ihre Stimme nur nach gewissenhafter Ueberzeugung zu geben und können durch keine Aufträge oder Instruction ihrer Wähler darin beschränkt werden. Auch ist ein jedes Versprechen, oder eine Erklärung über gewisse Grundsätze, unstatthaft und unverbindlich. § 181. Die Stände genießen, sowohl in ihrer Gesammtheit, als einzeln, völlige Unverletzlichkeit der Person während der Dauer des Landtags. Daher darf insbesondere, außer dem Falle der Ergreifung auf frischer That bei einem begangenen peinlichen Verbrechen und dem Falle des Wechselverfahrens, kein Mitglied der Ständeversammlung während ihrer Dauer, ohne ausdrückliche Zustimmung der Stände, verhaftet werden.
V ERFASSUNG VON S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN (1841) § 182. Niemand kann wegen seiner Aeußerungen in der Ständeversammlung verantwortlich gemacht werden. Es versteht sich jedoch, daß allezeit der gehörige Anstand beobachtet werden muß, und daß jede Verunglimpfung der höchsten Person des Landesherrn, des deutschen Bundes oder eines seiner Mitglieder oder eine Beleidigung der Behörden, des Landtags oder Einzelner, verboten und nach den Gesetzen strafbar ist. § 183. Ueberdies hat die Versammlung selbst das Recht und die Pflicht, ihre Mitglieder zur Ordnung zu weisen, wenn sie sich in der im vorigen §. angegebenen Weise vergehen sollten. Jenes thut, wie schon oben im §. 175. erwähnt ist, der Landschaftsdirector aus eigener Bewegung, oder auf Erinnern eines andern Mitgliedes oder der landesherrlichen Commissarien, und ein jedes Mitglied ist schuldig, sich danach zu achten. Doch ist der Director auch seinerseits verpflichtet, wenn ihm gegen diese Weisung Erinnerungen gemacht werden, darüber sofort die Stände zu befragen, bei deren Entscheidung durch Stimmenmehrheit es unbedingt bewendet. § 184. Die Verhandlungen der Stände sind der Regierung auf ihr Verlangen mitzutheilen; ebenso stehet aber auch den Ständemitgliedern zu jeder Zeit die Einsicht in die Eingaben an den Landtag, in die bezüglichen Acten, Urkunden und literärischen Werke zu. § 185. Die Mitglieder des GeheimrathsCollegiums und die landesherrlichen Commissarien haben das Recht, den Verhandlungen der Stände beizuwohnen, darin Erklärungen zu geben und ihre Ansichten auseinander zu setzen; sie dürfen zwar einen Sprechenden nicht unterbrechen, können aber nach diesem vor jedem andern Ständemitgliede das Wort verlangen.
Nur bei Verhandlungen über Beschwerden oder Anklagen gegen Staatsbeamte müssen sie sich zurückziehen. § 186. Es mag an der Tagesordnung stehen, was da wolle, so wird dieselbe ausgesetzt, sobald ein Regierungsbevollmächtigter erscheint, um im Namen des Fürsten eine Eröffnung zu machen. § 187. Alle Beschlüsse der Ständeversammlung werden mit Stimmenmehrheit gefaßt, ohne daß die Stimme des Directors doppelt zählt. – Die Ständeversammlung soll aber möglichst vollzählig gehalten werden, nöthigenfalls durch Einberufung der Stellvertreter und anzuordnende neue Wahlen. Bei Stimmengleichheit, die in der nächsten Sitzung auf nochmalige Discussion nicht gehoben wird, entscheidet der Fürst durch Hinzufügung seiner Stimme nach Maaßgabe des §. 189. § 188. Die Abstimmung ist mündlich und die landesherrlichen Deputirten müssen, wenn zu ihr geschritten wird, abtreten. Wenn sie jedoch erklären, daß sie noch Erörterungen und Nachweisungen beizubringen haben, so muß die Abstimmung ausgesetzt werden; auch darf überhaupt zu dieser vor völlig beendigter Discussion nicht geschritten, und letztere nach Entfernung der Commissarien nicht fortgesetzt werden. § 189. Die Abgeordneten stimmen mit Ja oder Nein, das erste Mal von der rechten zur linken Hand, das zweite Mal von der linken zur rechten Hand, und so abwechselnd fort, der Landschaftsdirector jedes Mal zuletzt. Der Sitz eines jeden Abgeordneten wird durch das Loos bestimmt. § 190. Wenn bei einer Beschlußfassung neun Deputirte anwesend waren, so ist der Beschluß gültig und die später Erscheinenden sind ihres Stimmrechtes verlustig. § 191. Die von den Ständen gefaßten Beschlüsse treten jedoch erst dann in Kraft
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S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN und Wirksamkeit, wenn sie die Genehmigung des Landesherrn erhalten haben. § 192. Ueber keinen von dem Landesherrn oder dessen Geheimeraths-Collegium an die Stände gebrachten Antrag darf eher abgestimmt werden, bevor er nicht von einer Deputation geprüft, von dieser in der Ständeversammlung Vortrag gethan und der Antrag von allen Seiten erörtert worden ist. § 193. Die landständischen Verhandlungen sind nicht öffentlich. Allein die Ergebnisse des Landtages, – obgleich während desselben jede einzelne Angelegenheit sofort besonders abgethan werden muß, – werden in dem vom Fürsten zu publicirenden Landtagsabschiede, nebst den landesherrlichen Resolutionen auf die bis dahin unerlediget gebliebenen ständischen Anträge, zusammengestellt werden. § 194. Die Dauer jedes ordentlichen Landtages soll in der Regel sich nicht über sechs Wochen erstrecken.
Meile Zwei Thaler, und für jede folgende Ein Thaler, vergütet. Alle diese Ausgaben werden von der Landschaftskasse getragen. § 197. Nähere Bestimmungen über den Betrieb der Landtagsgeschäfte können künftig von den Ständen unter landesherrlicher Genehmigung getroffen werden.
KAPITEL XV Der Landtagsausschuß § 198. Der Director und die beiden aus der Mitte der Ständeversammlung gewählten Mitglieder bilden den stehenden Landtagsausschuß, welcher bis zur wirklichen Eröffnung der nächsten Ständeversammlung die Stelle und Rechte der Stände vertritt.
§ 195. Dem Landesherrn steht es zu jeder Zeit frei, die Ständeversammlung zu vertagen, oder ganz aufzulösen; im Falle der Auflösung aber muß binnen drei Monaten zu einer neuen Wahl der Abgeordneten geschritten werden. Der Landtagsausschuß hingegen bleibt so lange in aller verfassungsmäßigen Thätigkeit, bis eine neue Ständeversammlung wirklich zusammengetreten ist und die neuen Ernennungen des Directors und der andern Ausschußmitglieder erfolgt sind. Erst an diesen neuen Ausschuß hat der frühere seine Geschäfte und Acten abzugeben.
§ 199. Wenn in der Zwischenzeit vor Wiedereröffnung der Ständeversammlung der Director oder ein Mitglied des Ausschusses mit Tode abgehen oder verhindert werden sollte, die ihm obliegenden Geschäfte zu besorgen, so rückt (nach §. 174.) für ihn dessen Stellvertreter ein.
§ 196. Jeder Abgeordnete erhält für den Tag Drei Thaler Diäten, außer denen, die in dem Orte wohnen, wo der Landtag gehalten wird, welche täglich Einen Thaler funfzehn Silbergroschen Auslösung bekommen. Außerdem werden jedem auswärtigen Abgeordneten an Reisekosten für die erste
§ 201. Der Ausschuß hat sich, außerordentliche Einberufungen abgerechnet, regelmäßig alljährlich im Anfange des Monats März auf vier Wochen in Sondershausen zu versammeln. Diese Versammlung wird vom Director ausgeschrieben und es wird davon der Staatsregierung nur Anzeige gemacht.
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§ 200. Alle Mitglieder des Ausschusses müssen bei dessen Verhandlungen erscheinen. Der Director führt den Vorsitz und die Leitung der Geschäfte; als Protocollführers, Expedienten und Archivars hat der Ausschuß sich des Syndicus zu bedienen.
V ERFASSUNG VON S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN (1841) § 202. Zu den ordentlichen Geschäften des Ausschusses gehört: 1) die Controle der Landeskassenverwaltung, insbesondere der gehörigen Verwendung der Gelder nach Maaßgabe der Verwilligung, zu welchem Zwecke ihm die jährlich zu legenden Landschaftskassenrechnungen nebst Belegen mitzutheilen sind; 2) Die Aufsicht über die Schuldentilgungskasse und Ausstellung der Urkunden über Landesschulden; 3) die Wahrnehmung der landständischen Rechte nöthigen Falls durch Vorstellungen, Beschwerden und Verwahrungen bei der Staatsregierung; 4) die Aufsicht über das ständische Archiv; 5) die Vorarbeiten zu dem nächsten Landtage auf die ihm von der Staatsregierung gemachten Mittheilungen.
§ 203. Der Ausschuß ist aber auch berechtigt und verpflichtet, in eiligen und dringenden Fällen die an sich erforderliche Zustimmung der Stände zu den von der Staatsregierung für nöthig erachteten Maaßregeln und Anordnungen zu ertheilen, und zwar so, daß 1) gesetzliche Bestimmungen, welche keinen Aufschub leiden, mit seiner Einwilligung getroffen, auch 2) unter gleichen Voraussetzungen Steuern ausgeschrieben oder Anleihen gemacht werden können. Allein in beiden Fällen muß dem nächsten Landtage hiervon Kenntniß gegeben und die Dringlichkeit nachgewiesen werden.
§ 204. Die Ständeversammlung kann dem Ausschusse im Voraus ihre Befugnisse für einzelne Fälle und Geschäfte übertragen, wenn die Staatsregierung damit einverstanden ist.
KAPITEL XVI Gewähr der Verfassung § 205. Der einem neuen Landesherrn zu leistende Huldigungseid soll jederzeit zugleich auf die bestehende Verfassung gerichtet, und wenn es auch nicht ausdrücklich darin enthalten ist, doch in keinem andern Sinne verstanden und geleistet werden. § 206. Die in verfassungsmäßiger Form bekannt gemachten und zur Ausübung gebrachten Grundgesetze des Staats sind für alle Regierungsnachfolger verbindlich, und können nur durch Uebereinkunft mit der Ständeversammlung wieder verändert oder außer Wirksamkeit gesetzt werden. § 207. Jeder Regierungsnachfolger wird bei dem Antritte seiner Regierung den Ständen bei Fürstlichen Ehren und Würden die unverbrüchliche Festhaltung der Verfassung in einer Urkunde zusichern. Ein Gleiches ist auch von dem Regierungsverweser zu bewirken. § 208. Anträge auf Abänderungen und Erläuterungen der Bestimmungen der Verfassungsurkunde können von dem Fürsten wie von der Ständeversammlung gemacht werden, aber nur mit beiderseitiger Zustimmung zur Ausführung kommen. Zu einem gültigen Beschlusse in dieser Angelegenheit von Seiten der Landstände wird nicht nur in der ersten Versammlung, in welcher die Abänderung oder Erläuterung zur Sprache kommt, die Anwesenheit aller Ständemitglieder und die Zustimmung von Neun derselben, sondern auch auf dem unmittelbar darauf folgenden Landtage eine wenigstens absolute Stimmenmehrheit erfordert. § 209. Streitigkeiten, welche sich zwischen der Staatsregierung und den Ständen über den Sinn und die Anwendung der Verfassung erheben könnten, sollen zuvörderst durch landesherrliche Commissarien und
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S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN dazu besonders erwählte ständische Abgeordnete ausgeglichen, sodann aber, wenn dies nicht zu erreichen ist, auch keine andere Weise der Entscheidung durch Vergleich bestimmt wird, durch eine Entscheidung des Schiedsgerichts nach dem Beschlusse des deutschen Bundes vom 30. October 1834 beseitigt werden. § 210. Endlich gehört zur Gewähr der Verfassung die bereits oben §. 59. 60. und 159. ausgesprochene Verantwortlichkeit der Mitglieder des Geheimerathscollegiums und anderer Beamten. – Indem Wir die vorstehenden und die in dem Eingangs erwähnten Patente vom heutigen Tage enthaltenen Bestimmungen für das Landesgrundgesetz Unseres Fürstenthums erklären, bestimmen Wir zugleich, daß dasselbe mit dem 1. Januar 1842 in Kraft treten soll, und versichern hierdurch förmlich und feierlich, daß Wir die in demselben und dem gedachten Patente enthaltenen Grundsätze und Gelobungen nicht nur Selbst treu und unverbrüchlich halten, sondern auch dieselben gegen alle Eingriffe und Verletzungen kräftigst zu schützen und zu erhalten stets bedacht sein werden. Schließlich eröffnen Wir Unsern treuen Unterthanen, daß Wir in den ersten Monaten des kommenden Jahres die Stände zum ersten Male zusammenzuberufen gesonnen sind, und haben urkundlich dieses Landesgrundgesetzes eigenhändig unterschrieben und Unser Fürstliches Siegel beidrucken lassen.
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So geschehen in Unserer Residenzstadt Sondershausen, den 24. September 1841. Günther Friedrich Carl, (L. S.) F. z. S. S. W. von Kauffberg. F. B. Busch. K. Pietzker.
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Ediert nach Gesetzsammlung für das Fürstenthum Schwarzburg-Sondershausen, Jahrgang 1841, No. 262, Sondershausen, S. 202–247. Das Landesgrundgesetz wurde am 24. Sepetmber 1841 unterzeichnet und verkündet. Es trat am 1. Januar 1842 in Kraft (vgl. die Schlußbestimmung des Landesgrundgesetzes). Es wurde aufgehoben durch § 5 des Verfassungsgesetzes vom 12. Dezember 1849 (Gesetzsammlung für das Fürstenthum SchwarzburgSondershausen, Jahrgang 1849, Sondershausen, Besondere Abtheilung, S. 1–28). Siehe unter „Verfassung von Schwarzburg-Sondershausen (1849)“. Das Landesgrundgesetz blieb jedoch laut des der Verfassung von 1849 vorangestellten Textes bis zum 30. Juni 1850 in Kraft. Für weiterführende Hinweise siehe Reinhard Jonscher, „Thüringische Verfassungsgeschichte im 19. Jahrhundert – Ein Abriß,“ in: Thüringer Landtag Erfurt (Hrsg.), Thüringische Verfassungsgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert, Jena 1993, S. 21–22; Friedrich Lammert, Verfassungsgeschichte von Schwarzburg-Sondershausen, Bonn, Leipzig 1920, S. 79 ff. 2 Patent, die Abtretung mehrerer zeither in die Kammerkasse geflossenen Einnahmen an das Land und einige andere Gegenstände betreffend vom 24. September 1841. Siehe unter „Patent zum Landesgrundgesetz von Schwarzburg-Sondershausen (1841)“. 3 Ein entsprechendes Gemeindegesetz konnte nicht ermittelt werden. Die Bestimmung wird durch § 37 der Verfassung von 1849 abgelöst. Siehe unter „Verfassung von Schwarzburg-Sondershausen (1849)“.
Patent zur Verfassung von SchwarzburgSondershausen (1841) Patent, die Abtretung mehrerer zeither in die Kammerkasse geflossenen Einnahmen an das Land und einige andere Gegenstände betreffend1
Wir Günther Friedrich Carl von Gottes Gnaden Fürst zu Schwarzburg, Graf zu Hohnstein, Herr zu Arnstadt, Sondershausen, Leutenberg und Blankenburg etc. In dem unter dem heutigen Tage erlassenen Landesgrundgesetze haben Wir auf ein Patent verwiesen, in welchem eine für alle Zeiten gültige Auseinandersetzung der Rechte und Verbindlichkeiten der Landschafts- und Kammerkasse erfolgen soll. Nachdem Wir die desfallsigen, von einem Theile Unserer getreuen Unterthanen unter der Regierung Unseres in Gott ruhenden Herrn Vaters, Gnaden, vorgetragenen Wünsche und Bitten einer genauen Prüfung unterworfen haben, finden Wir uns bewogen, über die Art und Weise jener Auseinandersetzung sowohl, als auch noch über einige andere, bei dem Erlasse des Landesgrundgesetzes zu erledigende Puncte folgendes zu verordnen: § 1. Alle indirecten Steuern, welche bisher in die Kammerkasse geflossen sind, insbesondere die Tranksteuer nebst allen damit verbundenen Einnahmen und Emolumenten, ferner die gesammten Revenüen der Kammer von dem Handels-, Fabrik- und Gewerbswesen, mögen jene von den Innungen, oder andern Privilegien, oder in Folge ertheilter Concessionen, bezogen werden, nicht minder die der Landschaftskasse bereits überwiesenen Stempelgelder, so wie
die aus dem Amte Gehren alljährlich gezahlte Reichssteuer, und endlich die dem Fürstenthume gebührende Rate an der Steuer des deutschen Zoll- und Handels-Vereins werden vom 1. Januar 1842 ab für alle kommenden Zeiten unter nachfolgenden Bestimmungen und Beschränkungen an die Landschaftskasse abgetreten. § 2. Diese übernimmt nicht nur die Verbindlichkeit, unter Wegfall der der Kammerkasse von der Vereinssteuer zeither jährlich gezahlten Entschädigungssumme von Zehntausend Thalern, vom 1. Januar künftigen Jahres ab aus Landesmitteln ein jährliches Aequivalent von Neunzehntausend Thalern in trimestrischen Fristen und gleichen Theilen postnumerando an die Kammerkasse zu bezahlen, sondern bestreitet auch nach wie vor und für alle Zeiten die Besoldungen der Landesdiener und die unter dem Namen der Weimarschen Receßgelder alljährlich aus der Landschaftskasse an die Kammerkasse für abgetretene Domanialgrundstücke und Gefälle zu zahlende Entschädigungssumme. Eine Ablösung dieser letztern sowohl, als auch obiger Neunzehntausend Thaler, soll dem Lande jederzeit gestattet sein, das Weitere jedoch einem dieserhalb zu treffenden Uebereinkommen vorbehalten bleiben. § 3. In die Kammerkasse fließen ferner auch künftig die Erneuerungsgebüh-
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S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN ren und Laudemialgelder von Privilegien, und sämmtliche Gefälle von den Mühlen, wie sie solche bisher bezogen hat, sowie der Kammer überhaupt das ausschließliche Recht verbleibt, zur Anlegung neuer und zur Veränderung schon bestehender Mühlen Concession zu ertheilen. § 4. Die Verwaltung sämmtlicher nach §. 1. dem Lande überwiesenen Gerechtsame und deren Revenüen geht nebst der damit verbundenen Polizeigewalt auf das Land und dessen Behörden über, wogegen der Kammer die Polizei hinsichtlich der ihr verbleibenden Regalien zusteht. § 5. Die Sportelfreiheit, welche zeither die Kammer in Processen, die sie führte, genossen hat, hört mit dem 1. Januar k. J. auf. § 6. Sämmtliche in dem Besitze der Kammer befindlichen Chausseen werden mit dem 1. Januar k. J. dem Lande übereignet und es zahlt dasselbe für jene nach seiner Wahl entweder die Summe von 100,000 Thlr. oder den gegenwärtigen Taxwerth derselben, wie solcher durch unparteiische, von einer benachbarten ausländischen Behörde zu ernennende, Sachverständige, die, wenn sie verschiedener Meinung sind, einen Obmann zu wählen haben, festgestellt werden wird. Bei dem Ausspruche der Sachverständigen behält es dann für beide Theile sein unabänderliches Bewenden. § 7. Geldstrafen und confiscirte Gegenstände werden derjenigen Kasse zu Theil, aus welcher das Personal der Behörde, welche die Strafe und Confiscation ausgesprochen hat, besoldet wird. Vacante Erbschaften fallen der Landschaftskasse anheim. § 8. Was die herrschaftlichen Gebäude, in denen Landesbehörden ihren Sitz und Justizbeamte ihre Wohnung haben, anlangt, so wird der status quo als rechtlich und für beide Theile so lange bindend erklärt, bis in
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demselben durch eine Uebereinkunft zwischen dem Lande und der Kammer eine Aenderung herbeigeführt worden sein wird. § 9. Alle übrigen Besitzungen, Einkünfte, Regalien, grund- und gutsherrliche Gefälle, Rechte und Freiheiten, hinsichtlich welcher in diesem Patente nicht ein Anderes bestimmt ist, bleiben der Kammer ungeschmälert in der Art und Weise, wie sie solche, dem Lande gegenüber, bisher besessen, ausgeübt und genutzet hat. § 10. Alle gegenseitigen Ansprüche zwischen dem Lande und der Kammer, mögen sie in der Vergangenheit oder Gegenwart begründet sein, und bestehen, worin sie wollen, sind mit dem Erlasse des Landesgrundgesetzes für aufgehoben zu achten und können von keiner Seite mehr geltend gemacht werden. § 11. Die vorstehenden Bestimmungen (§. 1. bis 10.) bilden einen wesentlichen Bestandtheil der Verfassung und sind von dieser unzertrennbar. Erwägen Wir, daß zur Zeit Unseres Regierungsantrittes die Hälfte der auf das Fürtenthum fallenden Rate der deutschen Zollvereinssteuer, also ohngefähr die Summe von 28,000 Thalern, in die Kammerkasse floß und daß diese ebenfalls die gegen 7000 Thaler betragende jährliche Brutto-Einnahme des Stempels bezog, daß Wir jedoch diese Revenüen blos mit Ausschluß von 10,000 Thalern, die Wir Uns als jährliche Entschädigung von der Vereinssteuer reservirten, sofort dem Lande abgetreten und ihm sonach gegen 25,000 Thaler jährlich mehr überwiesen haben, als dasselbe vor unserm Regierungsantritte bezog, und berücksichtigen Wir ferner, daß die Tranksteuer über 11,000 Thaler, die Abgaben vom Handel, den Gewerben und Privilegien gegen 7000 Thalern dermalen jährlich abgeworfen haben und daß diese Summen sich
PATENT ZUR V ERFASSUNG VON S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN (1841) künftig eher vermehren als vermindern werden, daß ferner die aus dem Amte Gehren zu entrichtende Reichssteuer jährlich 734 Thaler beträgt: so ergiebt sich, ganz abgesehen von der Aufhebung der Sportelfreiheit Unserer Kammer, daß Wir der Landschaftskasse jetzt abermals eine jährliche Mehreinnahme von ohngefähr 10,000 Thalern überwiesen haben, und daß durch diese Abtretungen dem Lande der große Vortheil erwächst, eine gleichmäßigere Besteuerung, als die bis jetzt herkömmliche war, ungehindert einführen zu können. Wir glauben Uns daher der Ueberzeugung hingeben zu dürfen, daß Unsere getreuen Unterthanen in obiger dem Rechte und der Billigkeit entsprechenden Auseinandersetzung und Bestimmung dessen, was dem Lande und der Kammer künftig gebühren soll, einen neuen Beweis Unserer landesväterlichen Gesinnungen um so mehr erkennen werden, da, wie sich aus den Trankzehntordnungen von 1631 und vom 25. Februar 1684 ersehen und durch ein, Jahrhunderte hindurch beobachtetes, Herkommen erweisen läßt, das Besteuerungsrecht in Bezug auf Bier, Wein und Branntwein, sowie die Erhebung eines Impostes von ein- und durchgehenden fremden Getränken jener Art, der Kammer stets zugestanden und letztere ebenfalls in Folge eines in die frühesten Zeiten zurückgehenden Herkommens Zölle und Gewerbsabgaben aller Art bezogen hat. Von diesem Gesichtspunkte aus läßt sich nicht verkennen, daß für die Kammer dann, wenn sie Ansprüche auf eine weit größere Quote der Vereinssteuer machen würde, sehr erhebliche Gründe geltend gemacht werden könnten, indem sich kaum bezweifeln läßt, daß ihr dem Staatsherkommen nach ein ausschließliches Recht auf alle indirecten Steuern und Abgaben wenigstens unter der Voraussetzung, daß sie die Besoldungen der Landesdiener wieder übernähme, zustehen, und daß ihr, wenn jene Besoldungen nach wie vor von dem Lande
bestritten werden, doch mindestens der Antheil an der Vereinssteuer gebühren dürfte, der nach Abzug jener Ausgabe übrig bliebe und gegen Sechsundzwanzig bis Dreißigtausend Thaler betragen würde. Erwägen Wir ferner, daß namentlich auch unter Berücksichtigung des Rechtes, für die von Unserer Fürstlichen Hofhaltung zu zahlende Verbrauchssteuer eine bedeutende jährliche Entschädigung beanspruchen zu können, die Abfindungssumme von 19,000 Thalern, die für alle obengenannte Abtretungen aus der Landschaftskasse an die Kammerkasse alljährlich gezahlt werden soll, eine in jeder Hinsicht mäßige und billige genannt werden muß, und ziehen Wir endlich in Betracht, daß die Länge der von der Kammer besessenen Chausseen sich zusammen auf 16,000 Ruthen beläuft, deren käufliche Uebernahme und Bau einen Aufwand von 150,000 bis 160,000 Thaler verursacht hat, während dieselben für die Summe von 100,000 Thalern dem Lande überlassen werden sollen, so sind Wir vollkommen überzeugt, daß Wir Unsererseits allen billigen Wünschen und Anforderungen des Landes entsprochen haben. Schließlich eröffnen Wir noch Unsern getreuen Unterthanen, daß Wir Uns in Folge der im Landesgrundgesetze Cap. VI. §. 44. enthaltenen Bestimmung bewogen gefunden haben, die von dem steuerfreien Grundeigenthum zeither entrichtete Extrasteuer dergestalt aufzuheben, daß dieselbe für dieses Jahr zum letzten Male entrichtet werden soll, und haben urkundlich dieses Patent eigenhändig vollzogen und Unser Fürstliches Insiegel beidrücken lassen. So geschehen Sondershausen, den 24. September 1841. (L. S.) Günther Friedrich Carl, F. z. S. S, W. von Kauffberg, F. B. Busch. K. Pietzker.
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Ediert nach Gesetzsammlung für das Fürstenthum Schwarzburg-Sondershausen, Jahrgang 1841, Sondershausen, S. 247–251. Das Patent wurde am 24. September 1841 unterzeichnet und ist laut Einleitung zum Landesgrundge-
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setz für das Fürstenthum Schwarzburg-Sondershausen vom 24. September 1841 – siehe unter „Verfassung von Schwarzburg-Sondershausen (1841)“ – ein Bestandteil dessen.
Verfassung von Schwarzburg-Sondershausen (1849) [Verfassungsgesetz für das Fürstenthum Schwarzburg-Sondershausen]1
Günther Friedrich Carl, Fürst von Schwarzburg-Sondershausen.
ten. Solche Grenzberichtigungen kann die Staatsregierung allein erledigen.
Von der Ueberzeugung geleitet, daß das Landesgrundgesetz vom 24. Sept. 1841 in mehrfachen Beziehungen weder den Wünschen und Bedürfnissen des Volks entspricht, noch auch mit der neuen Gestaltung des öffentlichen Lebens im deutschen Gesammtvaterlande im Einklange steht, habe ich es für nöthig erachtet, durch Vereinbarung mit dem zu diesem Zwecke einberufenen Landtage eine neue Verfassung für das Fürstenthum festzustellen. Nachdem dies geschehen, so verkündige Ich hierdurch das nachfolgende unter landesgrundgesetzlicher Mitwirkung und Zustimmung des Landtages errichtete neue Verfassungsgesetz:
§ 3. Das Fürstenthum ist ein Glied des deutschen Reichs. Als solches ist es in seiner Selbstständigkeit durch die deutsche Reichsverfassung beschränkt, und der Reichsgewalt unterworfen.
I. ABSCHNITT Von dem Fürstenthume und seiner Verfassung im Allgemeinen § 1. Das Fürstenthum Schwarzburg-Sondershausen bildet in seinen gegenwärtigen Bestandtheilen einen untheilbaren unter einer Verfassung vereinigten Staat. § 2. Eine Veränderung der Grenzen des Staatsgebietes kann nur in Uebereinstimmung des Fürsten und des Landtags vorgenommen werden. Der Zustimmung des Landtags bedarf es jedoch nicht bei Grenzberichtigungen, durch welche keine Staatsangehörigen aus dem Staatsverbande tre-
§ 4. Die Regierungsform des Fürstenthums ist die demokratisch-monarchische. Sie wird durch gegenwärtiges Verfassungsgesetz geordnet. § 5. Das Landesgrundgesetz vom 24. September 1841 mit dem dazu gehörigen Patente von demselben Tage ist aufgehoben.
II. ABSCHNITT Von den Staatsangehörigen und ihren Grundrechten § 6. Die Bedingungen für den Erwerb und Verlust der Staatsangehörigkeit werden durch das Gesetz bestimmt. § 7. Alle Staatsangehörige männlichen Geschlechts haben nach Zurücklegung des 18. Lebensjahres, sofern sie übrigens eidesfähig sind, den Staatsbürgereid abzuleisten und durch denselben Befolgung der Landesverfassung und Gesetze, sowie Treue dem Fürsten anzugeloben. Männliche Personen, welche erst nach
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S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN Zurücklegung des achtzehnten Lebensjahres in den Staatsverband aufgenommen werden, haben diesen Eid bei Erlangung des Staatsbürgerrechts abzulegen. § 8. Vor Ableistung des Staatsbürgereides kann Niemand die politischen Rechte ausüben namentlich auch Staatsämter verwalten. § 9. An den durch den Staatsbürgereid übernommenen Verpflichtungen kann durch keine Art von Diensteiden etwas geändert werden. § 10. Vor dem Gesetz gilt kein Unterschied der Stände. Der Adel als Stand ist aufgehoben. Alle Standesvorrechte sind abgeschafft. Die Staatsangehörigen sind vor dem Gesetze gleich. Alle Titel, insoweit sie nicht mit einem Amte verbunden sind, sind aufgehoben, und dürfen nie wieder eingeführt werden. Kein Staatsangehöriger darf von einem auswärtigen Staate einen Orden annehmen. Die öffentlichen Aemter sind für alle Befähigten gleich zugänglich. Die Wehrpflicht ist für alle gleich; Stellvertretung bei derselben findet nicht statt. § 11. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. Die Verhaftung einer Person soll, außer im Falle der Ergreifung auf frischer That, nur geschehen in Kraft eines richterlichen, mit Gründen versehenen Befehls. Dieser Befehl muß im Augenblick der Verhaftung oder innerhalb der nächsten vier und zwanzig Stunden dem Verhafteten zugestellt werden. Die Polizeibehörde muß jeden, den sie in Verwahrung genommen hat, im Laufe des folgenden Tags entweder freilassen oder der richterlichen Behörde übergeben. Jeder Angeschuldigte soll gegen Stellung einer vom Gericht zu bestimmenden Caution oder Bürgschaft der Haft entlassen wer-
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den, sofern nicht dringende Anzeigen eines schweren peinlichen Verbrechens gegen denselben vorliegen. Im Fall einer widerrechtlich verfügten oder verlängerten Gefangenschaft ist der Schuldige und nöthigenfalls der Staat dem Verletzten zur Genugthuung und Entschädigung verpflichtet. Die für das Militär erforderlichen Modificationen dieser Bestimmung bleiben einem besonderen Gesetze vorbehalten. § 12. Die Todesstrafe, ausgenommen wo das Kriegsrecht sie vorschreibt, so wie die Strafe der körperlichen Züchtigung ist abgeschafft. Die Strafen des bürgerlichen Todes, des Prangers und der Brandmarkung dürfen niemals eingeführt werden. § 13. Die Wohnung ist unverletzlich. Eine Haussuchung ist nur zulässig: 1) In Kraft eines richterlichen, mit Gründen versehenen Befehls, welcher sofort oder innerhalb der nächsten vier und zwanzig Stunden dem Betheiligten zugestellt werden soll, 2) Im Fall der Verfolgung auf frischer That durch den gesetzlich berechtigten Beamten, 3) In den Fällen und Formen, in welchen das Gesetz ausnahmsweise bestimmten Beamten auch ohne richterlichen Befehl dieselbe gestattet. Die Haussuchung muß, wenn thunlich, mit Zuziehung von Hausgenossen erfolgen. Die Unverletzlichkeit der Wohnung ist kein Hinderniß der Verhaftung eines gerichtlich Verfolgten. § 14. Die Beschlagnahme von Briefen und Papieren darf, außer bei einer Verhaftung oder Haussuchung, nur in Kraft eines richterlichen, mit Gründen versehenen Befehls vorgenommen werden, welcher sofort oder innerhalb der nächsten vier und
V ERFASSUNG VON S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN (1849) zwanzig Stunden dem Betheiligten zugestellt werden soll. § 15. Das Briefgeheimniß ist gewährleistet. Die bei strafgerichtlichen Untersuchungen und in Kriegsfällen nothwendigen Beschränkungen sind durch die Gesetzgebung festzustellen. § 16. Jeder Staatsangehörige hat das Recht, durch Wort, Schrift, Druck und bildliche Darstellung seine Meinung frei zu äußern. Die Preßfreiheit darf unter keinen Umständen und in keiner Weise durch vorbeugende Maßregeln, namentlich Censur, Concessionen, Sicherheitsbestellungen, Staatsauflagen, Beschränkungen der Druckereien oder des Buchhandels, Postverbote oder andere Hemmungen des freien Verkehrs beschränkt, suspendirt oder aufgehoben werden. Ueber Preßvergehen, welche von Amtswegen verfolgt werden, wird durch Schwurgerichte geurtheilt. § 17. Jeder Staatsangehörige hat volle Glaubens- und Gewissensfreiheit. Niemand ist verpflichtet, seine religiöse Ueberzeugung zu offenbaren. § 18. Jeder Staatsangehörige ist unbeschränkt in der gemeinsamen häuslichen und öffentlichen Uebung seiner Religion. Verbrechen und Vergehen, welche bei Ausübung dieser Freiheit begangen werden, sind nach dem Gesetze zu bestrafen. § 19. Durch das religiöse Bekenntniß wird der Genuß der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte weder bedingt noch beschränkt. Den staatsbürgerlichen Pflichten darf dasselbe keinen Abbruch thun. § 20. Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbstständig, bleibt aber den allgemeinen Staatsgesetzen unterworfen. Sie bleibt
im Besitze und Genusse der für ihre Cultus-, Unterrichts- und WohlthätigkeitsZwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und Fonds. Keine Religionsgesellschaft genießt vor anderen Vorrechte durch den Staat; es besteht fernerhin keine Staatskirche. Neue Religionsgesellschaften dürfen sich bilden; eine Anerkennung ihres Bekenntnisses durch den Staat bedarf es nicht. Das Kirchenpatronat ist aufzuheben. § 21. Niemand soll zu einer kirchlichen Handlung oder Feierlichkeit gezwungen werden. § 22. Die Formel des Eides soll künftig lauten: So wahr mir Gott helfe. § 23. Die bürgerliche Gültigkeit der Ehe ist nur von der Vollziehung des Civilactes abhängig. Die kirchliche Trauung kann nur nach der Vollziehung des Civilactes stattfinden. Die Religionsverschiedenheit ist kein bürgerliches Ehehinderniß. § 24. Die Standesbücher werden von den bürgerlichen Behörden geführt. § 25. Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei. § 26. Das Unterrichts- und Erziehungswesen steht unter der Oberaufsicht des Staats, und ist, abgesehen vom Religionsunterricht, der Beaufsichtigung der Geistlichkeit als solcher enthoben. § 27. Unterrichts- und Erziehungsanstalten zu gründen, zu leiten und an solchen Unterricht zu ertheilen, steht jedem Staatsangehörigen frei, wenn er seine Befähigung der betreffenden Staatsbehörde nachgewiesen hat. Der häusliche Unterricht unterliegt keiner Beschränkung. § 28. Für die Bildung der Jugend soll durch öffentliche Schulen überall genügend
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S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN gesorgt werden. Eltern oder deren Stellvertreter dürfen ihre Kinder oder Pflegebefohlenen nicht ohne den Unterricht lassen, welcher für die unteren Volksschulen vorgeschrieben ist.
§ 35. Die in den §§. 33 und 34 enthaltenen Bestimmungen finden auf die bewaffnete Macht Anwendung, insoweit die militärischen Disciplinarvorschriften nicht entgegenstehen.
§ 29. Die öffentlichen Lehrer haben die Rechte der Staatsdiener. Der Staat stellt unter gesetzlich geordneter Betheiligung der Gemeinden aus der Zahl der Geprüften die Lehrer der Volksschulen an.
§ 36. Die Bedingungen, unter welchen Corporationsrechte ertheilt oder verweigert werden, sind durch ein Gesetz zu bestimmen.
§ 30. Für den Unterricht in Volksschulen und niedern Gewerbeschulen wird kein Schulgeld bezahlt. Unbemittelten soll auf allen öffentlichen Unterrichtsanstalten freier Unterricht gewährt werden. § 31. Es steht einem Jeden frei, seinen Beruf zu wählen, und sich für denselben auszubilden, wie und wo er will. § 32. Jeder Staatsangehörige hat das Recht, sich mit Bitten und Beschwerden schriftlich an den Fürsten und die Behörden, wie an den Landtag zu wenden. Dies Recht kann sowohl von Einzelnen als von Mehreren im Verein ausgeübt werden; bei dem Militär jedoch nur in der Weise, wie es die Disciplinarvorschriften bestimmen. § 33. Die Staatsangehörigen haben das Recht, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln; einer besonderen Erlaubniß dazu bedarf es nicht. Volksversammlungen unter freiem Himmel können bei dringender Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit verboten werden. § 34. Die Staatsangehörigen haben das Recht, Vereine zu bilden. Dieses Recht soll durch keine vorbeugende Maßregel beschränkt werden.
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§ 37. Jede Gemeinde hat als Grundrechte ihrer Verfassung a) die Wahl ihrer Vorsteher und Vertreter; b) die selbstständige Verwaltung ihrer Gemeindeangelegenheiten mit Einschluß der Ortspolizei unter gesetzlich geordneter Oberaufsicht des Staats; c) die Veröffentlichung ihres Gemeindehaushaltes; d) Oeffentlichkeit der Verhandlungen als Regel. Jedes Grundstück muß einem Gemeindeverbande angehören. Beschränkungen wegen Waldungen und Wüsteneien bleiben der Gesetzgebung vorbehalten. § 38. Das Eigenthum ist unverletzlich. Eine Enteignung kann nur aus Rücksichten des gemeinen Besten, nur auf Grund eines Gesetzes und gegen gerechte Entschädigung vorgenommen werden. § 39. Jeder Grundeigenthümer kann seinen Grundbesitz unter Lebenden und von Todeswegen ganz oder theilweise veräußern. Für die todte Hand sind Beschränkungen des Rechts, Liegenschaften zu erwerben und über sie zu verfügen, im Wege der Gesetzgebung aus Gründen des öffentlichen Wohls zulässig. § 40. Ohne Entschädigung sind aufgehoben: 1) die Patrimonialgerichtsbarkeit und die
V ERFASSUNG VON S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN (1849) grundherrliche Polizei sammt den aus diesen Rechten fließenden Befugnissen, Exemtionen und Abgaben. 2) die aus dem guts- und schutzherrlichen Verbande fließenden persönlichen Abgaben und Leistungen. Mit diesen Rechten fallen auch die Gegenleistungen und Lasten weg, welche dem bisher Berechtigten dafür oblagen. § 41. Alle auf Grund und Boden haftenden Abgaben und Leistungen, insbesondere die Zehnten, sind ablösbar. Die Bedingungen der Ablösung sind durch Gesetz festzustellen. Es soll fortan kein Grundstück mit einer unablösbaren Abgabe oder Leistung belastet werden. Auf die Grundsteuer finden diese Bestimmungen keine Anwendung. § 42. Das Jagdrecht auf fremden Grund und Boden darf in Zukunft nicht wieder als Grundgerechtigkeit bestellt werden. § 43. Die Familien-Fideicommisse sind aufzuheben. Die Art und Bedingungen der Aufhebung werden durch ein Gesetz bestimmt. Diese Bestimmung findet auf das Fideicommiß des Fürstl. Hauses (§. 68.) keine Anwendung. § 44. Aller Lehnsverband ist aufzuheben. Die Art und Weise der Ausführung wird durch ein Gesetz geordnet. § 45. Die Strafe der Vermögenseinziehung soll nicht stattfinden. § 46. Die Besteuerung soll so geordnet werden, daß die Bevorzugung einzelner Stände und Güter in Staat und Gemeinde aufhört. § 47. Die Auswanderungsfreiheit ist von Staatswegen nicht beschränkt. Abzugsgelder dürfen nicht wieder eingeführt werden.
§ 48. Im Fall des Kriegs oder Aufruhrs können die Bestimmungen dieses Abschnitts über Verhaftung, Haussuchung und Versammlungsrecht von der Regierung für einzelne Bezirke zeitweise außer Kraft gesetzt werden, jedoch nur unter folgenden Bedingungen: 1) Die Verfügung muß in jedem einzelnen Falle von dem Gesammtministerium ausgehen; 2) Das Ministerium hat die Zustimmung des Landtags, wenn derselbe zur Zeit versammelt ist, sofort einzuholen. Ist derselbe nicht versammelt, so darf die Verfügung nicht länger als 14 Tage dauern, ohne daß der Landtag zusammenberufen, und die getroffenen Maßregeln zu seiner Genehmigung vorgelegt werden.
III. ABSCHNITT Von dem Fürsten § 49. Der Fürst ist das Oberhaupt des Staates. Er hat diejenigen Rechte der Staatsgewalt, welche ihm die Verfassung und die kraft derselben gegebenen Gesetze beilegen, auf verfassungsmäßige Weise (§. 67.) auszuüben. Seine Person ist unverletzlich und unverantwortlich. § 50. Die Regierungsfolge ist erblich in dem Mannesstamme des Fürstlichen Hauses nach dem Rechte der Erstgeburt und der Linealordnung. Nach gänzlichem Erlöschen des Mannesstammes im Fürstlich Schwarzburgischen Gesammthause geht die Regierung auf die weibliche Linie ohne Unterschied des Geschlechts über, und zwar dergestalt, daß die Nähe der Verwandtschaft mit dem letztregierenden Fürsten, und bei gleichem Verwandtschaftsgrade, sowohl zwischen mehreren Linien als innerhalb einer und derselben, das höhere Alter den Vorzug verschafft. Unter den Nachkommen desjeni-
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S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN gen, welcher hiernach zur Regierung berufen ist, tritt der Vorzug des Mannesstammes mit dem Erstgeburtsrechte und der reinen Linealfolge wieder ein. Ist er bereits Oberhaupt eines andern Staats, so muß er auf Verlangen des Landtags entweder auf diese Eigenschaft oder auf die ihm angefallene Regierungsfolge verzichten. § 51. Die rechtmäßigen Regierungshandlungen des Vorfahren verbinden den Nachfolger. § 52. Der Fürst wird mit dem zurückgelegten ein und zwanzigsten Jahre großjährig und regierungsfähig. § 53. Ist der Fürst minderjährig, so tritt für die Dauer seiner Minderjährigkeit eine Regentschaft ein. Eine solche ist auch dann anzuordnen, wenn der Fürst zur Selbstregierung unfähig sein sollte. Die Regentschaft kann nur einer Person übertragen werden. Die näheren Bestimmungen über die Bedingungen der Regierungsunfähigkeit, das Verfahren bei Einsetzung der Regentschaft und die zu derselben berechtigten Personen, sowie über die Erziehung des minderjährigen Fürsten bleiben einem besonderen Gesetze vorbehalten. § 54. Der Regent übt im Namen des Fürsten die Staatsgewalt, wie sie dem Fürsten selbst zusteht. Es dürfen jedoch während der Regentschaft Veränderungen der Verfassung, welche die verfassungsmäßigen Rechte des Fürsten schmälern, oder demselben neue Verpflichtungen auferlegen, nicht vorgenommen werden. § 55. Der Fürst leistet bei seinem Regierungsantritt vor dem sofort zu berufenden Landtage folgenden Eid: Ich schwöre, die Verfassung des Fürstenthums SchwarzburgSondershausen zu halten und getreulich zu schützen und in Gemäßheit derselben, sowie nach den Gesetzen zu regieren, so wahr
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mir Gott helfe. Dieser Eid wird dem Fürsten von dem Präsidenten des Landtags abgenommen. Wird der Landtag innerhalb acht Tagen vom Regierungsantritte an nicht berufen, so tritt er mit Ablauf dieser Frist aus eigener Macht zusammen. Vor der Ablegung des obigen Eides ist der Fürst zur Ausübung der Regierung nicht befugt. In der Zwischenzeit werden die verfassungsmäßigen Rechte desselben von dem Ministerium mit Verantwortlichkeit ausgeübt. Diese Bestimmungen kommen auch bei dem Eintritt einer Regentschaft zur Anwendung. § 56. Der Fürst darf den Sitz der Staatsregierung – dringende Nothfälle wegen Kriegs oder Aufruhrs ausgenommen – nicht aus dem Staatsgebiet verlegen. Der selbst regierende Fürst darf seinen Wohnsitz nicht außerhalb Landes nehmen. Auch kann er nur mit Zustimmung des Landtags in auswärtige Staatsdienste treten oder darin verbleiben. Dieser Paragraph gilt auch gleichmäßig von der Regentschaft. § 57. Wenn der Erbprinz außer Landes erzogen wird, oder wenn er einen dauernden Aufenthalt außer Landes nimmt, so sind die Motive hierzu dem Landtage zur Kenntnißnahme und Begutachtung vorzulegen. § 58. Für Fälle vorübergehender Abwesenheit des Fürsten aus dem Fürstenthume hat derselbe das Recht, und bei Abwesenheit über vier Wochen auch die Pflicht, eine Stellvertretung anzuordnen. Dieselbe ist entweder einer zur Uebernahme der Regentschaft fähigen Person, oder dem Chef des Ministeriums oder in dessen Verhinderung einem andern verantwortlichen Mitgliede des letzteren aufzutragen. § 59. Der Fürst hat die gesetzgebende Gewalt in Gemeinschaft mit dem Landtage (§. 100–109.)
V ERFASSUNG VON S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN (1849) § 60. Der Fürst vertritt das Fürstenthum nach Außen, und schließt Verträge mit andern Staaten. Zu ihrer Gültigkeit bedürfen solche Verträge der Zustimmung oder Genehmigung des Landtages insoweit, als sie Bestimmungen enthalten, welche von der Regierung nicht ohne Einwilligung des Landtages getroffen werden können. § 61. Die vollziehende Gewalt steht dem Fürsten allein zu. Er erläßt die zu Vollziehung der Gesetze erforderlichen Verordnungen und leitet und überwacht die gesammte Landesverwaltung. § 62. Dem Fürsten gebührt die Besetzung aller Staatsämter. Er hat aber vor jeder Anstellung, die der Mitglieder des Ministeriums ausgenommen, das Gutachten des Letzteren zu hören. § 63. Dem Fürsten steht die Verfügung über die bewaffnete Macht in dem Umfange zu, in welchem sie nach der Reichsverfassung den Einzelstaaten überlassen bleibt. Die bewaffnete Macht darf jedoch für Zwecke der inneren Ordnung und Sicherheit nur auf Antrag der zuständigen Verwaltungs- oder Gerichtsbehörden einschreiten. Die Verhältnisse der Bürgerwehr werden durch ein Gesetz geregelt. § 64. Der Fürst übt das Münzrecht nach Maaßgabe der Gesetze.
§ 67. Alle Verfügungen des Fürsten in Staatsangelegenheiten bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung wenigstens eines Mitglieds des Ministeriums. § 68. Das Kammergut bleibt ein immerwährendes, und – soweit nicht rücksichtlich einzelner Bestandtheile eine in dem früheren Familienrecht begründete Ausnahme nachgewiesen werden kann, – nach der Regierungsfolge forterbendes Fideicommiß des Fürstlichen Hauses. Dasselbe muß unbeschadet nothwendiger oder nützlicher Veränderungen mit einzelnen Bestandtheilen seinem Werth nach unvermindert erhalten werden. Die Verwaltung und Nutzung des Kammerguts soll aber, mit Ausschluß der zu unmittelbarer Benutzung des Fürstlichen Hauses bestimmten Bestandtheile auf die Dauer der Selbstständigkeit des Fürstenthums nach Vereinbarung einer dem Fürsten zu gewährenden Civilliste, aus welcher alle Bedürfnisse des Fürstlichen Hauses und Hofes zu bestreiten sind, unwiderruflich dem Staate überlassen werden. Die näheren Bestimmungen hierüber bleiben einem besondern Gesetze vorbehalten.
IV. ABSCHNITT Von dem Ministerium und der Einrichtung der Staatsverwaltung
§ 65. Von dem Fürsten hängt die Ertheilung von Dispensationen ab, soweit dieselben nach den Gesetzen zulässig sind.
§ 69. Unter dem Fürsten werden sämmtliche Regierungsgeschäfte durch ein Ministerium geleitet.
§ 66. Der Fürst hat das Recht der Begnadigung. Zu Gunsten von Staatsbeamten, gegen welche eine Anklage durch den Landtag oder auf dessen Antrag erhoben worden ist (§. 127–129), kann dieses Recht nur mit Zustimmung des Landtags ausgeübt werden.
§ 70. Der Fürst ernennt und entläßt die Mitglieder des Ministeriums nach eigener Entschließung. Die desfallsigen Verfügungen bedürfen der Gegenzeichnung (§. 67) insofern sie die Gewährung eines Einkommens aus der Staatskasse zur Folge haben oder haben können.
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S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN § 71. Die Mitglieder des Ministeriums sind für alle Handlungen in ihrer Amtsführung, sowie für die Unterlassung ihrer Obliegenheiten verantwortlich. Die Verantwortlichkeit für die Verfügungen des Fürsten trifft zunächst diejenigen Mitglieder, welche dieselben mitunterzeichnet haben. (§. 67.) Die näheren Bestimmungen bleiben einem besondern Gesetze vorbehalten. § 72. Kein Mitglied des Fürstlichen Hauses kann Mitglied des Ministeriums sein. Der Erbprinz kann jedoch nach zurückgelegtem 18. Lebensjahre an den Berathungen des Ministeriums Theil nehmen. § 73. Unter dem Ministerium stehen alle Landesbehörden. Dasselbe ist berechtigt und verpflichtet, darüber zu wachen, daß die Behörden in allen Zweigen der Verwaltung verfassungs- und gesetzmäßig handeln. § 74. Die Staatsverwaltung soll dergestalt neu organisirt werden, daß die Mittelbehörde wegfallen, und die für die einzelnen Bezirke, in welche das Land zu theilen ist, zu bestellenden Behörden unmittelbar unter dem Ministerium stehen. § 75. An der Bezirksverwaltung sollen künftig die Bezirksangehörigen durch von ihnen auf bestimmte Zeit gewählte Vertreter Theil nehmen. Die deshalb erforderlichen näheren Vorschriften bleiben einem besondern Gesetze vorbehalten.
V. ABSCHNITT Von dem Landtage
A. Allgemeine Bestimmungen § 76. Der Landtag vertritt die Gesammtheit des Volkes und hat die ihm in dieser Verfassung beigelegten Rechte.
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§ 77. Der Landtag besteht aus achtzehn Abgeordneten, welche von den stimmfähigen Staatsbürgern nach dem Verhältniß der Einwohnerzahl der einzelnen Wahlbezirke unmittelbar gewählt werden. § 78. Die Wahl der Abgeordneten erfolgt jedesmal auf eine Finanzperiode von vier Jahren. (§. 111.) Im Fall einer Auflösung des Landtags (§. 91. 93.) werden die neuen Wahlen nur für den Ueberrest der laufenden Finanzperiode vorgenommen, es müßte denn bei der Auflösung bereits die zweite Hälfte derselben eingetreten sein, in welchem Falle die Wahlen auch für die folgende Finanzperiode gelten. § 79. Wähler ist jeder Staatsangehörige männlichen Geschlechts, welcher unbescholten ist, und das 25. Lebensjahr zurückgelegt hat. Ausgeschlossen sind jedoch: 1) Personen, welche unter Alters- oder Zustands-Vormundschaft stehen; 2) Personen, über deren Vermögen Concurs- oder Fallitzustand gerichtlich eröffnet worden ist, und zwar während der Dauer dieses Concurs- oder Fallitverfahrens; 3) Personen, welche eine Armenunterstützung aus Staats- oder Gemeindemitteln beziehen, oder mit Zurückerstattung des Empfangenen in Rückstand verblieben sind. § 80. Als bescholten, also von der Berechtigung zum Wählen ausgeschlossen, sollen angesehen werden Personen, denen durch rechtskräftiges Erkenntniß, entweder unmittelbar oder mittelbar der Vollgenuß der staatsbürgerlichen Rechte entzogen ist, sofern sie in diese Rechte nicht wieder eingesetzt worden sind. Ueber die Entziehung der staatsbürgerlichen Rechte wegen begangener Verbrechen wird ein besonderes Gesetz erlassen werden.
V ERFASSUNG VON S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN (1849) § 81. Des Rechts zu wählen soll unbeschadet der sonst verwirkten Strafen für eine Zeit von vier bis zwölf Jahren durch strafgerichtliches Erkenntniß verlustig erklärt werden, wer bei den Wahlen Stimmen erkauft, seine Stimme verkauft, oder mehr als einmal bei der für einen und denselben Zweck bestimmten Wahl seine Stimme abgegeben, oder zur Einwirkung auf die Wahl überhaupt gesetzlich unzulässige Mittel angewendet hat. § 82. Zum Abgeordneten wählbar ist jeder Wahlberechtigte, der seit mindestens drei Jahren dem Staate angehört hat. Erstandene oder durch Begnadigung erlassene Strafe wegen politischer Verbrechen schließt von der Wahl in den Landtag nicht aus. § 83. Die Wahl abzulehnen, und das bereits übernommene Amt eines Abgeordneten niederzulegen, steht jedem frei. § 84. Personen, die ein öffentliches Amt bekleiden, bedürfen keines Urlaubs zum Eintritt in den Landtag. § 85. Wenn ein Abgeordneter von der Staatsregierung oder dem Fürstlichen Hofe ein Amt erhält, oder von einem vor der Wahl bekleideten Amte zu einer höhern oder bessern Stelle befördert wird, oder auch nur eine nicht auf gesetzlicher Vorschrift beruhende Gehaltsvermehrung annimmt, so erlöscht dadurch seine Eigenschaft als Abgeordneter. Er kann jedoch bei der hierdurch bedingten neuen Wahl wieder gewählt werden. § 86. Die Abgrenzung der einzelnen Wahlkreise, sowie die Bestimmungen über das Wahlverfahren bleiben einem besonderen Gesetze vorbehalten. § 87. Ueber die Gültigkeit der Wahlen hat nur der Landtag zu entscheiden.
§ 88. Der Fürst verordnet die Zusammenkunft des Landtags regelmäßig im zweiten und vierten Jahre jeder Finanzperiode, und außerdem so oft es die Umstände erheischen. § 89. Der Fürst bestimmt den Ort der Zusammenkunft. Dieser darf jedoch, die im §. 56. bezeichneten Nothfälle ausgenommen, nicht außerhalb des Fürstenthums liegen. § 90. Der Fürst eröffnet und schließt den Landtag entweder in eigener Person oder durch einen besonders dazu Bevollmächtigten. § 91. Der Fürst hat das Recht, den Landtag zu vertagen und aufzulösen. Die Gründe der Vertagung oder Auflösung sind dem Landtage mitzutheilen. § 92. Jeder Landtag darf ohne seine Zustimmung nur einmal und nicht länger als auf dreißig Tage vertagt werden. Nach Ablauf dieser oder der verabredeten Frist tritt der Landtag aus eigener Macht wieder zusammen. § 93. Im Fall einer Auflösung muß die Anordnung neuer Wahlen binnen drei Tagen nach der Auflösung erfolgen. Die Frist zur Eröffnung des neugewählten Landtags darf nicht über neunzig Tage nach erfolgter Auflösung ausgedehnt werden. Nach vergeblichem Ablauf dieser Frist tritt der neugewählte, oder, falls die neuen Wahlen eine zur Beschlußfähigkeit des Landtags erforderliche Anzahl von Abgeordneten nicht ergeben haben oder ganz unterblieben sind, der zuletzt versammelt gewesene Landtag aus eigner Macht zusammen. § 94. Ohne Einberufung von Seiten des Fürsten darf sich der Landtag nur vermöge der Verfassung in den Fällen der §§. 55. 92. 93 versammeln. Nach der Vertagung, dem
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S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN Schluß oder der Auflösung darf er nicht versammelt bleiben. Alle Verhandlungen und Beschlüsse einer unbefugt zusammengetretenen oder zusammengebliebenen Abgeordneten-Versammlung sind nichtig. § 95. Die Abgeordneten haben sich als Vertreter des ganzen Volks anzusehen, und auf dem Landtage nur nach ihrer Ueberzeugung zu stimmen. Sie sind an Aufträge oder Instruktionen nicht gebunden. § 96. Jeder Abgeordnete hat bei seinem ersten Eintritt in den Landtag folgenden Eid zu leisten: „Ich schwöre, die Verfassung getreulich zu beobachten und aufrecht zu erhalten, so wahr mir Gott helfe.“ Abgeordnete, welche durch Wiedererwählung wieder eintreten, werden unter Verweisung auf den früher abgelegten Eid mittelst Handschlags verpflichtet. § 97. Kein Mitglied des Landtags darf zu irgend einer Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen der in Ausübung seines Berufs gethanen Aeußerungen gerichtlich oder disciplinarisch verfolgt, oder sonst außerhalb der Versammlung zur Verantwortung gezogen werden. Wegen eines durch solche Aueßerungen etwa begangenen Verbrechens oder Vergehens kann der Landtag seine Mißbilligung aussprechen, oder den Fall zur strafrechtlichen Erledigung an den zuständigen Richter verweisen. § 98. Kein Abgeordneter darf während der Dauer eines Landtags ohne Zustimmung desselben verhaftet oder in strafrechtliche Untersuchung gezogen werden, mit alleiniger Ausnahme der Ergreifung auf frischer That. In diesem letzteren Falle ist dem Landtage von der erfolgten Verhaftung oder Untersuchung unter Angabe des Grundes sofort Kenntniß zu geben. Dieser ist befugt, die Aufhebung der Haft oder Untersuchung bis
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zum Schlusse der Zusammenkunft zu beschließen. Dieselbe Befugniß steht ihm in Betreff einer Verhaftung oder Untersuchung zu, welche über einen Abgeordneten vor Eröffnung des Landtags bereits verhängt gewesen ist. Das Ministerium hat die desfallsigen Beschlüsse, welche von allen Behörden befolgt werden müssen, sofort auszuführen. Die obigen Bestimmungen gelten auch für den Landtagsausschuß und dessen Mitglieder. § 99. Die Abgeordneten erhalten aus der Staatskasse Reisekosten und Tagegelder nach Maaßgabe der Geschäftsordnung. Ein Verzicht hierauf ist unstatthaft.
B. Von dem Wirkungskreise des Landtages § 100. Der Landtag übt die gesetzgebende Gewalt in Gemeinschaft mit dem Fürsten aus. (§. 59.) Gesetze können, insofern nicht nach §. 104. 107 eine Ausnahme stattfindet, nur in Uebereinstimmung des Fürsten und des Landtags gegeben, aufgehoben, geändert oder authentisch ausgelegt werden. § 101. Das Recht, Gesetze vorzuschlagen, steht sowohl dem Fürsten als dem Landtage zu. § 102. Zu Gesetzentwürfen, die von dem Fürsten an den Landtag gelangen, kann der Letztere Abänderungen oder Zusätze in Antrag bringen. § 103. Werden von dem Fürsten solche Abänderungen oder Zusätze entweder gar nicht oder nur theilweise genehmigt, so muß der Landtag den Gesetzentwurf in der ihm wieder vorgelegten Fassung entweder ganz ablehnen oder unverändert annehmen.
V ERFASSUNG VON S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN (1849) § 104. Ein von dem Landtage eingebrachter Gesetzentwurf darf während derselben Zusammenkunft nicht wieder vorgelegt werden, wenn der Fürst denselben abgelehnt hat. Wird auf dem darauf folgenden Landtage ein solcher Gesetzentwurf von der Abgeordneten-Versammlung wieder angenommen, so hat der Fürst denselben entweder zu genehmigen oder den Landtag aufzulösen. Beschließt aber im letzteren Falle der neugewählte Landtag während der ersten Zusammenkunft die unveränderte Annahme des Gesetzentwurfs mit einer Mehrheit von wenigstens zwei Dritttheilen der nach §. 77 zu wählenden Abgeordneten, so muß derselbe binnen der im §. 108 bestimmten Frist vom Fürsten als Gesetz verkündigt werden. § 105. Die im zweiten und dritten Satze des §. 104 enthaltenen Bestimmungen finden jedoch keine Anwendung auf Gesetze, durch welche das verfassungsmäßige Rechtsverhältniß des Fürsten geändert werden soll. Solche Gesetze können nur nach Uebereinstimmung des Fürsten und des Landtags gegeben werden.
Aenderung der Verfassung enthalten, müssen mit den Beweggründen sofort nach der Verkündigung dem Landtagsausschuß mitgetheilt (§ 158) und auf Antrag des nächsten Landtags sofort wieder aufgehoben werden. § 108. Der Fürst erläßt und verkündet die Gesetze mit ausdrücklichem Bezug auf die erfolgte Zustimmung des Landtags, beziehungsweise auf die nach §. 107 vorliegenden Umstände. Die Verkündigung muß, insofern nicht von dem Landtage eine längere Frist bewilligt worden ist, binnen vier Wochen nach angezeigter Zustimmung geschehen. § 109. Durch Verkündigung der Gesetze in der im §. 108 vorgeschriebenen Form erhalten dieselben verbindliche Kraft. Entstehen Zweifel darüber, ob der Inhalt eines gehörig verkündigten Gesetzes mit den Beschlüssen des Landtags in Uebereinstimmung stehe, so hat nur Letzterer das Recht, deshalb Anträge zu machen. § 110. Ohne Bewilligung des Landtags dürfen weder neue Steuern und andere in die Staatskasse fließenden Abgaben eingeführt, noch in bestehenden Staats-Abgaben erhöhet oder vermindert oder auch nur forterhoben werden.
§ 106. Zu einem Beschluß des Landtags, durch welchen Abänderungen der Verfassung oder Zusätze zu derselben beantragt oder zugestanden werden, bedarf es zweier Abstimmungen, zwischen welchen ein Zeitraum von wenigstens vierzehn Tagen liegen muß, und bei jeder der beiden Abstimmungen einer Stimmenmehrheit von mindestens zwei Dritttheilen der im §. 77 bestimmten Abgeordnetenzahl.
§ 111. Die Bewilligung der in die Staatskasse fließenden Steuern und andern Abgaben erfolgt – mit Ausnahme der Fälle, in welchen eine zu Deckung eines vorübergehenden Bedürfnisses bestimmte Abgabe nur während eines kürzeren Zeitraums stattfinden soll – jedesmal auf eine Finanzperiode von vier Jahren.
§ 107. Der Fürst kann gesetzliche Bestimmungen dann ohne Mitwirkung des Landtags erlassen, wenn dieselben durch die Umstände dringend geboten sind, und durchaus keinen Aufschub bis nach Zusammentritt des eben nicht versammelten Landtags leiden; dieselben dürfen jedoch keine
§ 112. Zu diesem Zwecke ist dem Landtag im vierten Jahre jeder Finanzperiode ein Voranschlag für die nächstfolgende Finanzperiode vorzulegen, welcher mit möglichster Vollständigkeit und Genauigkeit alle Ausgaben und Einnahmen des Staats umfassen, das Bedürfniß der zu machenden
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S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN Ausgaben nachweisen, die Aufbringung der Deckungsmittel begründen, und mit allen zur Prüfung erforderlichen Belegen und Erläuterungen versehen sein muß. § 113. Nach Prüfung und Erörterung aller Bestandtheile dieses Voranschlags wird der gesammte Staatshaushaltsbedarf nebst den Deckungsmitteln vom Landtage für die nächste Finanzperiode festgestellt. § 114. Der Landtag darf seine Genehmigung und die Deckungsmittel zu Ausgaben, welche auf reichs- oder landesverfassungsmäßigen, oder auf privatrechtlichen Verbindlichkeiten des Staats beruhen, nicht verweigern. § 115. Um die Staatsregierung für unvorhergesehene Ereignisse mit den erforderlichen außerordentlichen Hülfsmitteln zu versehen, ist derselben bei der Feststellung des Budgets ein angemessener Reservefonds zur Verfügung zu stellen. § 116. Das festgestellte Budget bildet die Grundlage des für jede Finanzperiode zu erlassenden Finanzgesetzes. § 117. Ist bei dem Ablauf einer Finanzperiode die neue Bewilligung in Folge einer Auflösung des Landtags oder eines sonstigen unabwendbaren Hindernisses noch nicht erfolgt, so können die bestehenden Abgaben, soweit sie nicht zu einem vorübergehenden bereits erreichten Zwecke ausgeschrieben worden sind, noch sechs Monate hindurch forterhoben werden. Diese sechs Monate werden in die neue Finanzperiode eingerechnet. § 118. Die Staatseinkünfte dürfen nur zu den Zwecken, für welche sie bewilligt worden sind, verwendet werden. Das Ministerium hat daher auch, wenn es aus Gründen der Nothwendigkeit oder Nützlichkeit Ersparnisse und Ueberschüsse in dem einen Verwaltungszweige für andere
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Zweige verwendet, hierüber Rechenschaft zu geben (cf. §. 128, 152–154.) § 119. Die Erlassung rückständiger Staatseinkünfte an einzelne Zahlungspflichtige bleibt dem Ermessen der Staatsregierung überlassen. Jedoch sind die Grundsätze, welche letztere dabei zu befolgen hat, durch ein Gesetz festzustellen. § 120. Zur Aufnahme neuer Staatsschulden, Ausgabe von Papiergeld und Uebernahme von Garantieen zu Lasten der Staatscasse bedarf es der Zustimmung des Landtags. § 121. Als neue Staatsschulden sind jedoch Darlehne, welche behufs der Tilgung älterer Staatsschulden aufgenommen werden, nicht zu betrachten. Auch findet die Bestimmung des §. 120 keine Anwendung auf Schulden, die durch die Annahme von Cautionen entstehen. § 122. Die Schuldurkunden über Staatsanleihen werden von der Verwaltung der Staatshauptkasse ausgestellt. Zu ihrer Gültigkeit ist aber erforderlich, daß ihnen sowohl von Seiten des Ministeriums, als von Seiten des Landtagsausschusses eine Genehmigungsurkunde beigefügt wird. § 123. Eine Veräußerung des Staatsgutes kann nur mit Zustimmung des Landtags geschehen. Ausnahmsweise ist diese Zustimmung nicht erforderlich: 1) bei Veräußerungen, die als nothwendige Folgen gesetzlicher Bestimmungen oder rechtskräftiger Entscheidungen eintreten; 2) bei Veräußerungen beweglicher Sachen, zu welchen auch Activkapitalien zu rechnen sind, und privatrechtlicher Gerechtigkeiten; 3) zu dem Verkaufe oder Austausche von Grundstücken oder Grundstückstheilen, welche nicht über 500 Thlr. werth sind oder in entbehrlichen Gebäuden bestehen.
V ERFASSUNG VON S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN (1849) 4) Bei Abtretungen zum Zwecke der Berechtigung streitiger Grenzen. § 124. Nach Eintritt der im §. 68 erwähnten Vereinbarung gelten die Bestimmungen der §§. 120–123 auch für die Aufnahme von Schulden auf das Kammergut, sowie für Veräußerungen von Theilen desselben. § 125. Der Landtag hat das Recht, Vorstellungen und Beschwerden von einzelnen Staatsbürgern und Corporationen dem Ministerium oder dem Fürsten zur geeigneten Berücksichtigung vorzulegen, sowie aus eigenem Antriebe über Mängel und Mißbräuche in der Landesverwaltung und der Rechtspflege Beschwerde zu führen, und Wünsche und Anträge, die auf Beförderung der Landeswohlfarth gerichtet sind, vorzutragen. Die Abstellung gegründet befundener Beschwerden soll ohne Verzug geschehen. Dem Landtage ist jedenfalls der Erfolg seiner Beschwerden und Anträge mitzutheilen. § 126. Der Landtag ist berechtigt, über alle Gegenstände, welche zu seinem Wirkungskreise gehören, von dem Ministerium Auskunft zu verlangen. Diese kann nur dann verweigert werden, wenn sie schwebenden Verhandlungen nachtheilig sein würde. Die Bestimmungen über die Ausübung des Interpellationsrechts der Abgeordneten bleiben der Geschäftsordnung vorbehalten. § 127. Der Landtag ist befugt, gegen Mitglieder des Ministeriums, welche sich, sei es durch Handeln oder Unterlassen vorsätzlich oder fahrlässig einer Verletzung der Verfassung oder überhaupt ihrer Amtspflicht schuldig gemacht haben sollten, Anklage zu erheben, mögen dieselben noch im Dienste oder bereits aus demselben entlassen sein. (cf. §. 71.) § 128. Der Landtag hat das Recht, die Ansprüche der Staatscasse auf den Ersatz
von Staatsgeldern, welche von dem Ministerium ohne genügende Rechtfertigung nicht bestimmungsmäßig verwendet worden sein sollten, gegen die schuldigen Mitglieder im Wege des Civilprocesses vor Gericht geltend zu machen. § 129. Der Landtag hat die Befugniß, gegen andere, nicht zu den Mitgliedern des Ministeriums gehörende Beamte wegen Verletzung der Verfassung oder wegen sonstiger Amtsverbrechen oder Amtsvergehen eine gerichtliche oder Disciplinar-Untersuchung durch Antrag bei dem Ministerium zu veranlassen. Dieses hat hierauf die geeigneten Schritte behufs der Einleitung der Untersuchung zu thun und den Landtag von dem Erfolg in Kenntniß zu setzen.
C. Von dem Geschäftsbetrieb des Landtages § 130. Der Landtag steht nur mit dem Ministerium in unmittelbarer Geschäftsbeziehung. § 131. Der Landtag hat nach der Eröffnung aus seiner Mitte einen Präsidenten und einen Vicepräsidenten zu wählen. § 132. Der Landtag hat aus den geprüften und nicht im Staatsdienste befindlichen Rechtskundigen des Landes einen Landtagssyndicus zu wählen. Derselbe ist Rechtsconsulent, Schriftführer und Archivar des Landtags und des Landtagsausschusses. Das Nähere wird durch die Geschäftsordnung (§. 147.) bestimmt. § 133. Petitionen und Beschwerden, welche an den Landtag von Nichtmitgliedern gerichtet werden, dürfen demselben nicht persönlich überreicht oder mündlich vorgetragen, sondern müssen dem Präsidenten schriftlich zugestellt werden.
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S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN § 134. Die Sitzungen des Landtags sind öffentlich. Sie werden ausnahmsweise geheim: 1) Auf Verlangen eines Organs der Staatsregierung für Mittheilungen, deren Geheimhaltung dasselbe für nöthig erachtet; 2) auf den von wenigstens noch drei Landtagsmitgliedern unterstützten Antrag eines Abgeordneten, wenn demselben nach Entfernung der Zuhörer die Mehrzahl der Abgeordneten beistimmt. § 135. Den Zuhörern ist keinerlei Einwirkung auf die Versammlung oder den Gang der Verhandlungen, namentlich keine Aeußerungen des Beifalls oder der Mißbilligung gestattet. § 136. Die über die Verhandlungen des Landtags aufgenommenen Protocolle werden durch den Druck bekannt gemacht. Ausgenommen sind hiervon die Protocolle über geheime Sitzungen, insofern deren Veröffentlichung vom Landtage nicht besonders beschlossen wird. § 137. Die zur Beschlußnahme des Landtags vorliegenden Gegenstände sind in der Regel durch von demselben gewählte Deputationen zu prüfen, ehe sie in der Plenarversammlung des Landtags zur Berathung und Abstimmung kommen. § 138. Die Mitglieder des Ministeriums sind berechtigt, den Sitzungen des Landtags beizuwohnen. Sie sind hierzu, sowie zur Beiwohnung bei den Deputationssitzungen verpflichtet, so oft es von dem Landtag oder den Deputationen beantragt wird. Sie müssen auf ihr Verlangen jederzeit gehört werden. § 139. Die Mitglieder des Ministeriums sind berechtigt, zu ihrer Vertretung oder Unterstützung andere Staatsbeamte, welchen dann dieselben Befugnisse, wie ihnen selbst zustehen, in die Landtags- und DeputationsSitzungen abzuordnen.
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§ 140. Der Landtag ist nur dann fähig, Beschlüsse zu fassen, wenn wenigstens zwei Dritttheile der Abgeordneten in der Sitzung gegenwärtig sind. § 141. Die Beschlüsse des Landtags werden in allen Fällen, in welchen nicht dieses Verfassungsgesetz oder in Beziehung auf Wahlen die Geschäftsordnung ein Anderes bestimmt, durch absolute Stimmenmehrheit der anwesenden Abgeordneten gefaßt. § 142. Ergiebt sich Gleichheit der Stimmen, so ist die Discussion und Abstimmung in einer der folgenden Sitzungen zu wiederholen. Wird auch bei dieser zweiten Abstimmung die Stimmengleichheit nicht gehoben, so gilt der Antrag für abgelehnt. § 143. Erörterungen zum Zweck der Aufhebung eines von dem Landtage gefaßten Beschlusses dürfen während derselben Sitzungsperiode nur dann eröffnet werden, wenn der hierauf gerichtete Antrag von wenigstens sechs Mitgliedern unterstützt wird. Die Aufhebung selbst aber kann nur nach vorgängiger Prüfung der Sache durch eine Deputation mit einer Mehrheit von wenigstens zwei Dritttheilen der anwesenden Abgeordneten beschlossen werden. § 144. Beschlüsse, durch welche der Landtag Vorlagen der Staatsregierung angenommen hat, können jedoch nur mit Zustimmung des Ministeriums zurückgenommen werden. § 145. Erklärungen, durch welche der Landtag Anträge der Staatsregierung ablehnt, müssen die Beweggründe der Ablehnung enthalten. Dasselbe gilt von ablehnenden Erklärungen der Staatsregierung auf Anträge des Landtags. § 146. Vor dem Schluß des Landtags sind demselben die Entschließungen des Fürsten auf die von dem Landtage gestellten Anträge mitzutheilen.
V ERFASSUNG VON S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN (1849) § 147. Die näheren Bestimmungen über die Geschäftsordnung werden durch ein besonderes Gesetz getroffen.
VI. ABSCHNITT Von dem Landtagsausschuß § 148. Der Präsident des Landtags und zwei von dem Letztern alsbald nach der Wahl des Präsidenten und Vicepräsidenten aus den übrigen Abgeordneten zu wählende Mitglieder bilden den stehenden Landtagsausschuß. Auf jedem Landtage findet eine neue Wahl der beiden Ausschußmitglieder statt. § 149. Im Fall einer Auflösung des Landtags bleibt der zur Zeit der Auflösung bestehende Ausschuß so lange in Wirksamkeit, bis von dem neuen Landtage eine anderweite Wahl der Ausschußmitglieder vorgenommen worden ist. § 150. Wenn in der Zwischenzeit von einem Landtage zum andern der Präsident stirbt, seine Eigenschaft als Abgeordneter verliert oder zeitig verhindert ist, die Geschäfte zu besorgen, so rückt für ihn der Vicepräsident ein. Für jedes der beiden andern Ausschußmitglieder aber hat der Landtag für solche Fälle alsbald bei der im §. 148 erwähnten Wahl einen Stellvertreter aus seiner Mitte zu wählen. § 151. Der Vorsitz im Ausschusse und die Leitung der Geschäfte steht dem Präsidenten und bezüglich dem Vicepräsidenten zu. § 152. Der Landtagsausschuß hat hauptsächlich die Aufgabe, die gehörige Erhebung und bestimmungsmäßige Verwendung der Staatseinkünfte zu überwachen. (§. 118.) § 153. Es sind ihm deshalb jährlich die gesammten Rechnungen über den Staatshaushalt des vorhergegangenen Jahres nebst
den Belegen und Revisionsverhandlungen, sowie eine Nachweisung über die Verwendung des Reservefonds und eine Rechtfertigung der Etatüberschreitungen zur Prüfung aus dem im §. 152 gegebenen Standpunkte vorzulegen. § 154. Trägt der Ausschuß Bedenken, die richtige Erhebung oder bestimmungsmäßige Verwendung von Staatsgeldern oder Abweichungen vom Budget als gerechtfertigt anzuerkennen, so hat derselbe seine Bedenken dem nächsten Landtage vorzutragen. Von diesem hängt es dann ab, entweder das Verfahren der Staatsregierung zu genehmigen, oder die etwaigen Ersatzansprüche des Landes nach Maßgabe des §. 128 geltend zu machen. § 155. Der Ausschuß ist befugt, sowohl bei dem Ministerium, als bei dem Landtage Anträge auf Verbesserungen oder auf Beseitigung etwaiger Mängel und Mißbräuche in der Finanzverwaltung zu stellen. § 156. Dem Ausschuß liegt ob, die Genehmigungsurkunden zu den Staatsobligationen (§. 122.) nach Prüfung der verfassungsmäßigen Zulässigkeit auszustellen. § 157. Der Ausschuß ist befugt und verpflichtet, die Rechte des Landtags wahrzunehmen, nöthigenfalls durch Vorstellungen, Beschwerden und Verwahrungen bei der Staatsregierung und den Organen der Reichsgewalt. Auch kann er unter Darlegung der Gründe auf Einberufung des Landtages antragen. § 158. Auf Einberufung des Landtags hat der Ausschuß jedenfalls dann sofort anzutragen, wenn er gesetzliche Verfügungen, die der Fürst nach §. 107 ohne Mitwirkung des Landtages erlassen hat, mit den Rechten oder Interessen der Staatsangehörigen nicht für vereinbar hält. In Folge eines solchen Antrags muß entweder der Landtag binnen zwei Monaten
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S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN zusammenberufen und eröffnet, oder die fragliche Verfügung binnen gleicher Frist außer Kraft gesetzt werden. § 159. Der Ausschuß hat nach Auftrag des Landtags Vorarbeiten für die nächste Versammlung des Landtags zu übernehmen. § 160. Der Landtag kann dem Ausschusse im Voraus seine verfassungsmäßigen Rechte für einzelne Fälle und Geschäfte übertragen, wenn die Staatsregierung damit einverstanden ist. § 161. Der Ausschuß hat sich behufs der Controlirung des Staatshaushalts, insofern er von der Regierung nicht auf einen früheren Termin einberufen wird, (§. 152–154) alljährlich im Monat November am Sitze der Staatsregierung auf Berufung des Präsidenten zu versammeln. Außerordentliche Einberufungen für andere Geschäfte können sowohl vom Präsidenten, als auch vom Ministerium verfügt werden. Ruft der Präsident den Ausschuß zusammen, so hat derselbe gleichzeitig dem Ministerium davon Anzeige zu machen. § 162. Andere Geschäfte, als die Controlirung des Staatshaushalts, können nach dem Ermessen des Präsidenten auch ohne persönliche Zusammenkunft der Ausschußmitglieder durch schriftliche Erklärung derselben erledigt werden. Diese Bestimmung ist jedoch nicht zur Anwendung zu bringen, wenn das Ministerium eine Zusammenkunft des Ausschusses ausgeschrieben hat. § 163. Der Landtagsausschuß faßt alle Beschlüsse durch Stimmenmehrheit. Die Sitzungen sind nicht öffentlich. Hinsichtlich der Theilnahme des Ministeriums sind die Bestimmungen der §§. 138, 139 maßgebend.
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§ 164. Der Ausschuß hat dem nächsten Landtage über seine Thätigkeit während der Zwischenzeit seit der vorhergegangenen Landtagsversammlung Bericht zu erstatten.
VII. ABSCHNITT Von der richterlichen Gewalt § 165. Alle Gerichtsbarkeit geht vom Staate aus. Die richterliche Gewalt wird im Namen des Fürsten durch die Gerichte ausgeübt. § 166. Die Gerichte sind innerhalb der Grenzen ihrer Zuständigkeit unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. In die ihnen vom Gesetz übertragenen Verrichtungen darf sich kein anderes Organ der Staatsgewalt mischen. § 167. Kein Richter darf, außer durch Urtheil und Recht, von seinem Amte entfernt, oder an Rang und Gehalt beeinträchtigt werden. Suspension darf nicht ohne gerichtlichen Beschluß erfolgen. Kein Richter darf wider seinen Willen, außer durch gerichtlichen Beschluß in den durch das Gesetz bestimmten Fällen und Formen, zu einer andern Stelle oder in Ruhestand versetzt werden. Den Richtern sind keine andern Staatsämter zu übertragen. § 168. Rechtspflege und Verwaltung sollen immer getrennt und von einander unabhängig sein. Ueber Competenzconflicte zwischen den Verwaltungs- und Gerichtsbehörden entscheidet ein durch das Gesetz zu bestimmender Gerichtshof. § 169. Die Verwaltungsrechtspflege hört auf. Ueber alle Rechtsverletzungen entscheiden die Gerichte. Der Polizei steht keine Strafgerichtsbarkeit zu.
V ERFASSUNG VON S CHWARZBURG -S ONDERSHAUSEN (1849) § 170. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Ausnahmsgerichte sollen nie stattfinden. § 171. Es soll keinen privilegirten Gerichtsstand der Personen oder Güter geben. Die Militärgerichtsbarkeit ist auf die Aburtheilung militärischer Verbrechen und Vergehen, sowie der Militär-Disciplinarvergehen beschränkt, vorbehältlich der Bestimmungen für den Kriegsstand. § 172. Das Gerichtsverfahren soll öffentlich und mündlich sein. Ausnahmen von der Oeffentlichkeit bestimmt im Interesse der Sittlichkeit das Gesetz. § 173. In Strafsachen gilt der Anklageproceß. Schwurgerichte sollen jedenfalls in schwereren Strafsachen und bei allen politischen Vergehen urtheilen. § 174. Die bürgerliche Rechtspflege soll in Sachen besondrer Berufserfahrung durch sachkundige von den Berufsgenossen frei gewählte Richter geübt oder mitgeübt werden. § 175. Eine vorgängige Genehmigung der Behörden ist nicht nothwendig, um öffentliche Beamte wegen ihrer amtlichen Handlungen gerichtlich zu verfolgen. § 176. Jedem, der sich durch eine Verwaltungsmaßregel in seinen Privatrechten gekränkt glaubt, steht deshalb der Rechtsweg offen. Ein Gesetz wird die nöthigen Bestimmungen treffen, damit durch die Ausübung dieser Befugniß der freie Fortgang der Verwaltung nicht gehemmt werde.
§ 177. Das Ministerium hat ein für allemal einen Fiscal zu ernennen, gegen welchen alle Klagen wider die Verwaltung des Staats- und Kammerguts und der Steuern zu richten sind. Urkundlich habe Ich dieses Verfassungsgesetz, welches Ich treu und unverbrüchlich zu beobachten und gegen alle Eingriffe und Verletzungen kräftigst zu schützen und zu erhalten verspreche, eigenhändig unterschrieben, und mit Meinem Fürstlichen Siegel bedrucken lassen. Sondershausen, den 12. December 1849. (L.S.) Günther Friedrich Carl F. z. S. S. contrasignirt Friedrich Chop.
Heinrich Kurtz.
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Ediert nach Gesetzsammlung für das Fürstenthum Schwarzburg-Sondershausen, Jahrgang 1849, Sondershausen, Besondere Abtheilung, S. 5–28. Die Verfassung wurde am 26. Juli 1849 beschlossen, am 12. Dezember 1849 unterzeichnet und am 20. Dezember 1849 verkündet. Laut dem der Verfassung vorangestellten Text sollte sie jedoch erst am 1. Juli 1850 in Vollzug gesetzt werden. Diese Verfassung löste das „Landesgrundgesetz für das Fürstenthum Schwarzburg-Sondershausen“ ab (Gesetzsammlung für das Fürstenthum Schwarzburg-Sondershausen, Jahrgang 1841, Sondershausen, S. 202– 247). Siehe unter „Verfassung von Schwarzburg-Sondershausen (1841)“). Sie wurde ihrerseits abgelöst durch das „Landesgrundgesetz für das Fürstenthum Schwarzburg-Sondershausen“ vom 8. Juli 1857. Siehe dazu Horst Dippel (Hrsg.), Verfassungen der Welt 1850 bis zur Gegenwart, Teil 1: Europa, München, K. G. Saur 2002–2005, Mikrofiche-Nr. 370, 36–51. Für die ergangenen Änderungen siehe Horst Dippel (Hrsg.), Verfassungen der Welt 1850 bis zur Gegenwart, Teil 1: Europa, München, K. G. Saur 2002–2005, Mikrofiche-Nr. 370, 27–35. Für weiterführende Hinweise siehe Friedrich Lammert, Verfassungsgeschichte von Schwarzburg-Sondershausen, Bonn, Leipzig 1920, S. 112 ff.
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Organisations-Edikt von Waldeck (1814) Organisations-Edict1
Nachstehendes von des Fürsten, Unseres gnädigsten Herrn Durchlaucht, erlassenes Organisations-Edict Von Gottes Gnaden Georg Heinrich, regierender Fürst zu Waldeck und Pyrmont etc. etc. Demnach Wir die feste Ueberzeugung geschöpft haben, daß die bisherige Staats- und Finanzeinrichtung Unserer beyden Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont, denen jetzigen Zeit-Umständen, besonders bey den ausserordentlichen Anstrengungen, denen jeder Staat seit Jahren her schon untergelegen hat, und jetzt gerade, wo die größte Anspannung und Aufbietung aller Kräfte für den großen Zweck Deutschlands erforderlich wird, durchaus nicht mehr angemessen ist, daß in Entrichtung von Abgaben Freiheiten, die Freiheit und Gerechtigkeiten, die öffentliche Gerechtigkeit zernichten, daß durch eine gleiche Vertheilung der Staatslasten alle Unterthanen nur eine Furcht, aber auch nur eine Hofnung haben – daß durch sie der Enthusiasmus der Freiheit – der wahre Patriotismus entsteht, welcher, heller betrachtet, nichts anders als die Vorstellung der allgemeinen Gerechtigkeit ist – daß die ganze Steuerlast aber beynahe bisher auf der producirenden Classe gelegen, und daher nicht eine billige gerechte Gleichheit in der Vertheilung der Staats-Erfordernisse geherrscht, indem ein Theil dazu wenig oder gar nichts, ein anderer Theil hingegen öfters über seine Kräfte beygetragen hat – daß unter die Letztern auch ganz vorzüglich Wir
gehört haben, indem aus Unsern und Unserer Vorfahren Domanial-Revenüen, der Gehalt des größeren Theils der Staatsdiener, und sonstige ausserordentliche Ausgaben, die von dem Gesammtstaat hätten geleistet werden müssen, bestritten sind, ein Grund mit, wodurch Unser Fürstliches Haus in eine so große Schuldenlast gestürzt worden ist – daß daher nichts billiger ist, als daß von nun an keine Staatsbürger mehr, so wenig als Wir selbst, so wenig als Wir selbst, von Unserm Domanial- und Privat-Vermögen, in Ansehung der Beyträge zu den Staatsbedürfnissen, befreyet werde; als haben Wir Uns bewogen gefunden zu verordnen, und verordnen hiermit, wie folgt: § 1. Es soll gegenwärtiges Gesetz auf Unsere Gesammt-Besitzungen, die Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont, ausgedehnt werden. Die Staatsschulden beyder Länder sollen zusammen geworfen, und von dem Gesammtstaat übernommen, und aus der für diese von nun an bestehenden einzigen Staats-Casse verzinßt, und nach und nach gelöscht werden. Unsere bisherigen Stände des Fürstenthums Waldeck werden daher darin bestätigt, daß Wir denenselben wegen des Fürstenthums Pyrmont, um auch in dieser Hinsicht eine Gleichheit herbeyzuführen, Vier Mitglieder beygeordnet wissen wollen, wovon zwey aus den Gütherbesitzern, einer aus dem Gewerbstande, und einer aus der Gelehrten Classe bestehen, und durch diejenigen Unterthanen des Fürstenthums Pyrmont gewählt wer-
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WALDECK -P YRMONT den sollen, die monatlich nicht unter zwey Rthlr an Contribution und Steuer erlegen. § 2. Als Stände des Fürstenthums Pyrmont können keine unter Zwanzig Fünf Jahren alt gewählt werden, und versteht es sich von selbst, daß solche des unbescholtensten Lebenswandels seyn müssen. § 3. Sämmtliche Unsere Stände sollen sich den 14ten künftigen Monats in Unserer Residenz-Stadt Arolsen versammlen, um zu der Wahl eines neuen engern landständischen Ausschusses, der daselbst seinen beständigen Sitz haben soll, zu schreiten. § 4. Nach Inhalt des vorhergehenden §. haben die Stände zu jenem engern Ausschuß aus dem Fürstenthum Waldeck drey Personen und eine Person aus dem Fürstenthum Pyrmont zu wählen. Da der engere Ausschuß jedoch nur aus zwey Mitgliedern der Stände, mit Ausnahme eines Fürstlichen Commissarii, des zeitigen Landrentmeisters, eines Secretairs und eines Canzlisten nebst einem Pedell, bestehen soll; so behalten Wir Uns die Wahl dieser LandesComitée aus jenen Uns präsentirt werdenden vier Canditaten ausdrücklich vor. § 5. Keiner von den vieren Uns zur Wahl des engeren Ausschusses präsentirt werdenden Stände, soll der Regel nach, so viel als möglich, ausser dem von uns besonders ernannt werdenden Commissario, in keinem sonstigen Dienstverhältniß zu Uns stehen. § 6. Der Wirkungskreis der ständischen Comitée soll darin bestehen: 1 – das Landständische Staats-Büdjet für das Etats-Jahr 1814, welches mit dem 1sten April dieses Jahres beginnen soll, und für die folgenden Jahre zu entwerfen, welches, nachdem es durch die Stände discutirt worden, durch Unsere Regierung mit ihren Anmerkungen versehen, Uns zur Genehmigung, nach vorher gegangener Berathung mit Unserm Geheimen Raths-Collegium,
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vorgelegt werden soll. 2 – Die Soll-Einnahme-Etats der Ständischen Einkünfte anzufertigen, wonach die zeitigen Oberrenterey-Amts-Erhebungsbeamte die Hebung und zwar monatlich besorgen sollen. 3 – in der Regulirung des directen und indirecten Steuerwesens. 4 – die erste Revision aller landschaftlicher Rechnungen zu bewerkstelligen, dann Wir die zweyte und letzte hiernächst für unsere Regierung vorbehalten. 5 – Die Functionen der bisherigen Kriegs-Commission zu versehen und die dieser übertragen gewesene VerwaltungsGegenstände, zu welchem Ende sie mit dem Officier-payeur und dem Capitaine d`habillement zu communiciren hat. 6 – ihr, dieser Comitée, ist die GeneralStaats-Casse anvertraut, daher sämmtliche Erhebungsbeamte derselben verantwortlich sind. Sie hat die Befugniß alle mögliche Zwangsmittel gegen einen jeden sich Saumseligkeit zu Schulden kommen lassenden Erhebungsbeamten zu verfügen. 7 – Sie hat sich von Monat zu Monat nicht allein den Situations-Etat der Casse eines jeden Ober Renterey-Amts-Erhebers einreichen zu lassen, sondern auch von Monat zu Monat von demselben die baar eingegangene Gelder zur General-Staats-Casse, die mit vier Schlössern versehen seyn muß, und wozu die zwey Landständischen Deputirten, der Fürstl. Commissarius und der zeitige Landrentmeister, jeder einen Schlüssel haben soll, in Empfang zu nehmen. Das General-Cassenbuch führt der zeitige Landrentmeister. 8 – Sie, diese Comitée, ist das SprachOrgan zwischen Uns und Unsern Ständen, daher sie auch die bisherigen Landsyndicats-Geschäfte zu versehen hat. Endlich 9 – hat dieselbe für die Erhaltung und Instandsetzung aller Commerzial- oder Hauptstrassen, Sorge zu tragen, indem durch den Zufluß aller aus der Souverainität entsprin-
O RGANISATIONS -E DIKT VON WALDECK (1814) genden Einkünfte, der Staats-Casse unter andern auch das Auskommen aus dem Postwesen, der Chaussee und den Zöllen zufließt. § 7. Die Erhebungsbeamten sollen sich von nun an aller Justitzpflege enthalten, so wie alle Patrimonialgerichtsbarkeit auf ewig hiermit aufgehoben ist. § 8. In dieser Hinsicht theilen Wir Unsere Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont in Vier Oberämter ein, und zwar I. In das Oberamt der Diemel, worin der Hauptort Arolsen, und bestehen soll: a) aus dem bisherigen Amt und Stadt Rhoden, b) aus dem Amt Eilhausen, c) aus dem bisherigen Amt und der Stadt Arolsen, d) aus dem bisherigen Amt und der Stadt Landau, e) aus dem Amt Wetterburg, f) aus der Stadt Mengeringhausen. II. In das Oberamt des Eisenbergs, mit dem Hauptort Corbach. Zu demselben sollen gehören: a) das Amt Eisenberg, b) die Stadt Corbach, c) das Amt Lichtenfels, d) die Städte Sachsenberg und Fürstenberg. III. In das Oberamt der Eder, mit dem Hauptort Nieder-Wildungen. Dasselbe ist zusammengesetzt: a) aus dem Amt Wildungen, b) aus den Städten Nieder- und Alt-Wildungen und Züschen, c) aus dem Amt und der Stadt Waldeck, d) aus den Städten Sachsenhausen und Freienhagen. IV. In das Oberamt Pyrmont, mit dem Hauptort Pyrmont, bestehend a) aus dem bisherigen Oberamt, und b) der Stadt Pyrmont. § 9. In jedem dieser Oberämter soll, mit
Ausnahme des Oberamts Pyrmont, die Justitz durch zwey Beamte mit einem Secretair, der, wenn beyde Beamte in Ertheilung einer Sentenz verschiedener Meinung sind, ein votum haben soll, nebst einem Gerichtsdiener und einem Schließvoigt in erster Instanz gehandhabt, auch durch diese die vorläufige Untersuchung bey sich ereignenden Criminalfällen vorgenommen, die Erhebung der Staats-Revenüen aber durch einen sogenannten Ober-Renterey-Amts-Erheber bewerkstelligt werden, dem für die specielle Erhebung in jeder Comüne der bisherige Gemeinde-Vorsteher derselben, für den jeder Ober-Renterey-Amts-Erheber den Soll-Einnahme-Etat der Comüne anzufertigen hat, untergeordnet ist. Ausserdem versteht es sich von selbst, daß auch einem jeden Ober-Renterey-Amts-Erheber, ein Erhebungs-Pedell gehalten werden muß. Die Instructionen für die Oberamts-Justitzgerichte haben Unsere Regierung; die der Oberamts-Renterey- und Comunen-Erheber die Staats-Comitée und Unsere Domainen-Cammer zu entwerfen, und Uns, da die Staats-Comitée sobald als möglich zusammen treten soll, vor Ablauf des Monats März d. J. zur Genehmigung vorzulegen. § 10. Die Gehalte sämmtlicher Beamten, der Landes-Dicasterien und aller übrigen Staatsbehörden und nöthigen Staatsdiener, so wie die Pensionen der ausser Activität fallenden Diener, sind in der Anlage unter Ziefer I. so ausgeworfen, wie sie aus der Staats-Casse vom 1sten April d. J an, ausbezahlt werden sollen, und wie Wir glauben, daß davon ein jeder Staatsdiener nach seinen Verhältnissen mit Berücksichtigung auf die Localität und auf die jetzigen Zeitumstände, wo es ohnedem für die Unterthanen äusserst schwer wird, die dringendsten sehr erhöheten Staats-Abgaben aufzubringen und da Wir mit Einschränkungen aller Art bey Uns selbst den Anfang gemacht haben, immer noch wird anständig leben
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WALDECK -P YRMONT können. Sie diese Anlage enthält zugleich auch das namentliche Verzeichniß derjenigen Diener, die nach der gegenwärtigen neuen Einrichtung vom 1ten April d. J. an, eine Dienstbestimmung wieder erhalten haben, und derer, die von diesem Tage an, theils ihres Alters halber, theils vorerst in Pensionsstand verfallen. Die täglichen Diäten eines jeden Landstands, so lange die Stände versammelt bleiben werden, sollen mit Einschluß der Hin- und Herreise-Tage in drey Thaler bestehen. § 11. Alle Exemtionen in Ansehung der Gerichtsbarkeit hören auf, und jeder Unterthan ohne Ausnahme hat, bey dem Gericht in dessen District er wohnt, seine erste Instanz. § 12. Auf gleiche Weise soll ein OberJustitz-Amts-Gericht als erste Instanz durch Commissionsgesuche auf eine dritte Behörde oder Person nicht umgangen werden können, es müsten dann Gründe der höchsten Wichtigkeit dargethan werden, und eine Landesherrliche Verfügung darin eine Abänderung treffen. § 13. Bey denen Ober-Justitz-Aemtern soll alles mündlich, bey einer nahmhaften Strafe von 20 Rthlr im entgegengesetzten Fall, zu Protokoll verhandelt werden, auch bey Verbal-Injurien-Sachen, keine Appellationsgestattung fernerhin zugelassen werden. Wir erwarten, daß die Städte Corbach, N. Wildungen und Arolsen ihre bisherigen Rathsstuben denen Justitzbeamten zu ihren Sessionsstuben und zu Aufbewahrung der Registraturen um so mehr vorerst willig einräumen werden, als es ohnleubar ist, daß diesen Städten mehrere Nahrung als bisher, durch die gegenwärtige Einrichtung zufliessen muß. In Pyrmont wollen Wir die Sessionsstube in dem hintern Gebäude des Schlosses, wo sich solche jetzt befindet, einstweilen belassen.
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§ 14. Unsere zeitige Regierung, zu deren Ressort alle Regiminal- ConsistorialPolizey- und Criminalsachen verbleiben, entscheidet zugleich in allen Justitzsachen in der zweyten, so wie unser bisheriges Hofgericht in der dritten Instanz. § 15. Die Sporteln sollen sowohl bey den Untergerichten, als auch bey sämmtlichen Landes-Dicasterien, der Staats-Casse berechnet werden. Ein jeder Staatsdiener hat nur in der Branche von Geschäften zu arbeiten, bey der er angestellt ist. Er kann in dieser Hinsicht zu keinem andern Geschäft gerufen werden, es müste dann von Uns unmittelbar geschehen. Alle bisher bestandene Commissionen hören daher bey jedem Staatsdiener von nun an auf, insofern sie nicht in den Geschäftsgang der Branche einschlagen, bey der er angestellt ist. § 16. Die Ausübung der Gerichtsbarkeit in der ersten Instanz in den Ortschaften Bergheim, Welle und Königshagen bleibt der Gräflichen Linie Unsers Fürstlichen Hauses Waldeck fernerhin, wann derselben solches Vergnügen machen sollte, belassen. Indessen soll die Appellation aus besagten Comünen, gleich wie bey Unsern OberJustitz-Aemtern, an Unsere Regierung als zweyte Instanz gebracht werden. Sollte gedachte Gräfliche Linie Unsers Fürstlichen Hauses aber auf sothane Jurisdiction verzichten wollen, so werden beregte drey Dorfschaften zu dem Ober-Justitz-Amt der Eder geschlagen. § 17. Die Handhabung der administrativen Polizey in den Oberämtern, haben die Ober-Rentereybeamten, nach einer von Unserer Regierung ebenfalls zu entwerfenden, und Uns vor Ablauf des nächsten Monats zur Genehmigung vorzulegenden Instruction, zu besorgen, und sie sind in dieser Hinsicht nur Unserer Regierung verantwortlich.
O RGANISATIONS -E DIKT VON WALDECK (1814) § 18. Der von Uns gebildet werdende Geheime-Rath soll sich nur mit denjenigen wichtigen Verwaltungs- RegierungsFinanz- und Militair- Gegenständen beschäftigen, welche Wir an ihn zu verweisen für gut finden werden. Er hat seinem Wesen nach nur eine berathende Stimme, und kann qua Collegium nie Verfügungen erlassen. Zu den wichtigsten für ihn geeigneten Gegenständen gehören vor allen die Prüfung der beyden Budjects, des ständischen und des Unserer Cammer, welche, nachdem sie vor Uns discutirt seyn werden, im Geheimen Rath festzusetzen sind. § 19. Die Staats-Casse zahlt jedem Geheimen-Rath, deren jedoch niemals über vier derselben zur Last fallen sollen, jährlich 300 Rthlr, als den in der Anlage unter Ziefer 1. ausgeworfenen Gehalt. Sollten Wir es nöthig finden, mehrere Personen in den Geheimen Rath einzuführen, so haben solche die ihnen zugetheilt werdende Geschäfte so lange und unentgeltlich zu versehen, bis sie durch den Abgang eines oder des andern der Vier im Gehalt stehenden Geheimen Räthe, ebenfalls in Gehalt einrücken. Ueberhaupt fällt der Staats-Casse nur die Salarirung aller wirklichen Staatsdiener, wohin auch das Militair gehört, und dessen Etat, durch Communicirung mit unsern Landständen, baldigst regulirt werden soll, zur Last, in welche Cathegorie aber unsere Hofdienerschaft und unsere Domainen- und Forst-Cammer nicht gesetzt werden mögen, als deren Salarirung unsere Privat-Casse einzig und allein zu tragen hat. Schließlich soll es sich die Staats-Casse zur angelegentlichsten Pflicht machen, den Staatsdienern monatlich ihren ausgeworfenen Gehalt zu entrichten. § 20. Um die Beamten sowohl, als auch sämmtliche Collegia in Ausübung ihrer Pflichten gehörig zu controlliren, so verordnen Wir, daß sowohl die Ober-Justitz-
Amts- als Ober-Renterey-Amtsbeamte ein Journal in tabellarischer Form halten sollen, in dessen verschiedenen Columnen alle Eingaben nach Ordnung und Zeit eingetragen werden müssen. Es enthält eine Columne für den Datum den die Eingabe enthält, eine für das Präsentatum, eine für den Namen des Eingebers, eine in welche der Inhalt der Eingabe kurz bemerkt wird, eine für den gedrängten Auszug der darauf erlassenen Verfügung, und endlich eine zu Bemerkung des Tages des Abgangs. Gleiche Journale haben sämmtliche Collegia mit Hinzufügung folgender drey Columnen als: eine für den Namen des Referenten, die zweyte für den Datum der Zutheilung, und die dritte für den Tag der im Collegio erstatteten Relation einzuführen. § 21. Da Wir bey denen der Staats-Casse nach dem gegenwärtigen Gesetzes-Entwurf obliegenden Zahlungen nichts gerechter finden, als daß jeder Unterthan ohne Ausnahme des Standes, und wozu Wir Uns selbst, in Ansehung unserer Privatbesitzungen zählen, zu den jährlichenStaatsbedürfnissen nach seinem Vermögen verhältnißmäßig beytrage, so befehlen Wir hiermit, daß alle aus der Souverainität fließende Einkünfte ohne Ausnahme, auch die so vorhin von unserer Rent-Cammer-Casse berechnet worden sind, so wie sämtliche directe als indirecte Steuern, vom 1sten April dieses Jahrs an, der General-Staats-Casse, aus unsern beiden Fürstenthümern Waldeck und Pyrmont, zufliessen sollen. § 22. Die directen Steuern sollen bestehen in einer Grund- und Personal-Steuer – und zwar A. Die Erstere ruhen: I. auf sämmtlichen der Cultur unterworfenen Ländern, auf Wiesen, Waldungen und Weiden, auf Zehnten, Heuer- und Meyer- Gefällen, auf Erbzins und allen feststehenden Einnahmen dieser Art.
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WALDECK -P YRMONT II. auf allen Wohn- und sonstigen Häusern und Gebäuden. Es sind daher alle Freyheiten und Exemtionen ohne Ausnahme, vom 1sten April dieses Jahrs an, auch in Ansehung unserer Privatbesitzungen aufgehoben, und Wir verordnen daher und bis dahin, daß der §. 31. gegenwärtiger Verordnung in Vollzug gebracht werden kann, daß sämmtliche unsere Domainen in ein verhältnißmäßiges Grundgeld, wie solches Unsere Unterthanen unter dem Nahmen von Contribution bisher gezahlt haben, gesetzt werden. Den Maßstab zu dieser Grundsteuer soll die jeder Domaine im Boden gleich und zunächst gelegene Gemeinde nach deren bisherigen Contributionsfuß in Verhältniß der Größe ihrer schatzungspflichtigen Länderey zu der Länderey einer solchen Domaine abgeben. Angenommen z.B. also, die Schatzung der Comüne Giflitz von 500 Morgen cultivirten Bodens, hätte bisher monatlich 30 Rthlr betragen, so würde unsere Domaine Giflitz, wenn sie 1000 Morgen benutzt werdendes Land enthielte, von nun an in jede monatliche Schatzung 60 Rthlr zu entrichten haben. § 23. Nach gleichem Prinzip sollen alle übrigen freyen Güter und bisher Schatzungsfrey gewesene Grundstücke ohne Ausnahme, und so weit sie innerhalb der Grenzen unserer Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont belegen sind, in die Grundsteuer gesetzt werden. Die Besitzer solcher freyen Güter und Grundstücke, auch diejenigen so bisher Grundgeld oder Schatzung von ihren auf diesseitiger Hoheit belegenen Grundstücken an ein auswärtiges Gouvernement abgegeben haben, sollen gehalten seyn, ein specifiques Verzeichniß ihrer auf solche Art bis hierhin frey gewesenen oder in auswärtiger Contribution gestandenen Güter und Grundstücke mit möglichst genauer Angabe der Größe derselben, in dem Zwischen-
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raum vom 1sten bis zum 10ten April d. J., bey Vermeidung einer unabläßigen Strafe von 50 Rthlr, an ihren Ober-Rentereybeamten zu übergeben, der solche Verzeichnisse alsdann sofort an die Landständische Comitée zur weitern Verfügung einzureichen hat. § 24. Ueber Zehnt-Berechtigungen, Meyergefälle, Erbheuer, Erbzins, Grundheuergelder, Waldungen, Huten, Dienste, Jagd- und Fischerey-Gerechtigkeiten hat ebenfalls jeder Besitzer derselben, gleich Uns, ein specifikes Verzeichniß mit gewissenhafter Bemerkung des jährlichen reinen Ertrags oder Werths des einen oder des andern, binnen der im vorhergehenden § bestimmten Frist und bey Vermeidung der daselbst angedrohten Strafe, an seinen OberRentereybeamten zur weitern Beförderung an die Landständische Comitée einzugeben. § 25. Als Grundsteuer sollen von denen in dem vorhergehenden § gedachten Einkünften und Befugnissen, 10 Procent vom jährlichen reinen Ertrag an die Staats-Casse, bis dahin, daß der §. 31. dieser Verordnung seine Erledigung erhalten hat, entrichtet werden. § 26. Von denen den Auswärtigen nach denen §§. 8. und 9. zustehenden Liegenheiten und Einkünften, entrichtet der Pachter, Verwalter oder derjenige, welcher solchen Auswärtigen zu Geld und andern Leistungen verpflichtet ist, die von ihnen zu erlegende Steuer, und zieht das Erlegte bey der Berechnung wegen der Pacht, oder andern Leistungen ab. § 27. Die nach dem § praec. zu Erlegung der Steuer schuldigen Personen, sind auch verpflichtet, die nach denen §§. 23. und 24. vorgeschriebenen Verzeichnisse, binnen der dabey zugleich bestimmten Zeitfrist und angedroheten Strafe, an die einschlagende Behörde einzureichen.
O RGANISATIONS -E DIKT VON WALDECK (1814) § 28. Würde es sich zeigen, daß Einer oder der Andere absichtlich ein zu versteuerndes Object ausgelassen habe, so soll derselbe als Strafe an die Steuer-Casse, den sechsfachen Betrag der Summe, die er nachseiner falschen Versicherung zu wenig gezahlt haben würde, entrichten. Wer aus bloßer Fahrlosigkeit eine unrichtige Angabe gemacht hat, erlegt zur Strafe das dreyfache dessen, was er nach seiner unrichtigen Angabe zu wenig beygetragen haben würde. § 29. Wer in mehreren Oberämtern Grundeigenthum oder Gerechtigkeiten besitzt, leistet die Angabe derselben an die Ober-Rentereybehörde desjenigen Amts, in dem er lebt, muß aber zur Vermeidung besorglicher Unordnungen, der Behörde eines jeden andern Oberamts, wo er ein Grundeigenthum oder sonstige nutznießliche Gerechtsame besitzt, durch den Heuersmann oder Bewohner anzeigen lassen, es gehöre ihm das Grundstück, Zehnten etc., oder er sey Nutzniesser davon, und habe die verordnungsmäßige Angabe bey der Behörde seines Wohn-Districts mitgeleistet. Für jeden Uebertretungsfall wird eine nach Umständen zu bestimmende Geldbuße von 5 bis 20 Rthlr festgesetzt. § 30. Soll die Erhebung der, nach denen §§. 22 und 25. gegenwärtigen Verordnung festgesetzten Steuern, durchaus Monatsweise geschehen. Restanten in den dritten Monat überzutragen, ist gänzlich unerlaubt, und passiren denen Erhebern durchaus keine andere, als deren Inexigibilität rechtlich und in continenti dargethan werden kann. § 31. Die Erhebung der Grundsteuer, so wie solche vorläufig in denen §§. 22 und 25. bestimmt ist, soll nicht länger als bis zum Jahr 1818 inclusive dauren. Während dieser Zeit soll das ganze Land, den Morgen zu 120 Ruthen gerechnet, vermessen, und durch beeidigte Sachverstän-
dige bonitirt werden. Bey denen der Cultur unterworfenen Ländern, sollen drey Haupt-Classen, nämlich gut, mittelmäßig und schlecht, angenommen, und jede dieser drey Haupt-Classen wieder in drey Neben-Classen eingetheilt werden, wodurch zugleich der Zweck von guten Laager- oder Saalbüchern, auch eines untadelhaften Hypotheken-Wesens erreicht werden muß, der jede gute und weise Staats-Verfassung characterisirt. Nach geschehener Vermessung und Bonitirung wird es sich nach der Lage der Staatsbedürfnisse leicht beurtheilen lassen, wie viel von jedem Morgen Land, ob 1/32, 1/16, 1/8, 1/4, 1/2 oder 1 Pfennig erhoben werden muß. Ein vorzügliches Augenmerk wird bey Bonitirung der Ländereyen dahin gerichtet werden müssen, ob sie Heuer- oder Zehntfrey sind, in welch letzterem Falle bey Schätzung eines Landes dasjenige mit in Anschlag gebracht werden muß, was der nachfolgende § bestimmt. § 32. Zehntberechtigungen, Meyergefälle, Erbheuer, Erbzins, Huthen und Waldungen, Jagdgerechtigkeiten, Fischereyen und Dienste sind ebenfalls durch die beeidigten Sachverständigen dergestalt zu bonitiren, daß von jedem Thaler 1/32, 1/16, 1/8, 1/4, 1/2 oder1 Pfennig, je nachdem es die Staatsbedürfnisse erheischen, in jede monatliche Erhebung entrichtet werden. § 33. Die Grundsteuer von allen Wohnhäusern und sonstigen übrigen Gebäuden, soll nach dem im Brand-Catastro angegebenen Werth derselben dahin bestimmt werden, daß von einem jeden Rthlr monatlich 1/16 Pfennig entrichtet werden soll, wobey diejenigen Gebäude, die allenfalls in der Brand-Casse nicht assecurirt sind, durch Sachverständige in einen Capital-Anschlag gebracht werden müssen, um gleiches Prinzip auf diese anwenden zu können. § 34. Der Grundsteuer unter den Ziefern I. und II. sind auch nicht allein sämmtliche
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WALDECK -P YRMONT Geistliche und Schullehrer, wofür jedoch solche die Comünen zu entrichten haben, sondern auch alle unsere Domanial-Erbbeständer (über die Gültigkeit deren Erbbestands-Recht Wir das Rechtliche demnächst entscheiden zu lassen Uns ausdrücklich vorbehalten) nach Abzug der an Uns zu zahlenden Erbpacht, wovon Wir nach Inhalt des §. 25 die Steuer an die Staats-Casse entrichten lassen werden, unterworfen. § 35. III. Die Personal-Steuer soll nach Köpfen und Monatsweise von allen Waldeckischen Unterthanen und allen im Waldeckischen lebenden Fremden nach fünf Classen erhoben werden. § 36. Die in die 1ste Classe gestellten Personen sollen monatlich und nach Köpfen für sich und ihre Frauen und ihre Kinder, welche das 16te Jahr zurückgelegt haben, jedoch eine Familie nie mehr als für Drey Individuen mit Ausnahme des Gesindes zahlen . . . . . . . . . . . . . 9 Mgl. in der zweiten Classe . . . . . . . . . 6 – in der dritten Classe . . . . . . . . . . 4 – in der vierten Classe . . . . . . . . . 3 – in der fünften Classe . . . . . . . . . 2 – § 37. Die Hausherren sollen die Personalsteuer für jeden ihrer Dienstboten, sowohl männlichen als weiblichen Geschlechts, monatlich mit 2 Mgl. entrichten, und befugt seyn, den Betrag derselben, an dem mit ihrem Gesinde übereingekommenen Dienstlohn wieder abzuziehen. § 38. In die erste Classe sollen gehören alle Oberhof- und Staatsbeamte, die Räthe bey den Landes-Dicasterien, die Justitzund Erhebungsbeamten in den Oberämtern, alles Militair bis zum Grade des Capitains inclusive, die großen Gutsbesitzer und die Pachter aller solchen großen Güther, die Kaufleute und Fabrikanten, die über den gewöhnlichen Krämern stehen, desgleichen die Apotheker in den Städten Arolsen, Pyrmont, Mengeringhausen, Corbach und N.
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Wildungen. In die zweyte Classe sollen gehören, die Secretarien bey den Landes-Collegien, die Oberjäger und Oberförster, die Doctoren, die Apotheker in den übrigen Städten, die Geistlichkeit und die Schullehrer bey den Landes-Gymnasien, insoweit deren jährliche Einkünfte nicht unter der Summe von 300 Rthlr stehen, die Postdirectoren, die Hütten- und Hammergewerke, Papier- und übrige Fabrikanten in deren Geschäftstrieb jährlich bis zu 5000 Rthlr umgeworfon wird. In die dritte Classe sollen gehören, alle Staatsdiener sowohl geistlich- als weltlichen Standes, deren jährliche Einkünfte nicht unter der Summe von 150 Rthlr betragen, alles Militair bis zum Unterlieutenant inclusive, die Procuratoren, Advocaten, Verwalter auf Domainen und sonstigen großen Güthern, alle übrige Kauf- und Wirthsleute in den Städten, Müller, Voll- und Halbmeyer, so wie alle übrige Fabrikanten und Handwerker, die zu ihrem Geschäftsbetrieb, ausser ihrer Person, annoch fremder Hülfe bedürfen. In die vierte Classe sollen gehören alle Hof- und Staatsdiener, sowohl geist- als weltlichen Standes, deren jährliche Einnahme nicht unter dem Ertrag von 100 Rthlr steht, alle Köther, die Wirthsleute und Branteweinsschenker in den Dörfern, überhaupt alle Handwerksleute, deren in den vorhinnigen Classen nicht gedacht worden ist. In die fünfte und letzte Classe sollen gezählt werden, alle Beywohner, Tagelöhner, und überhaupt alle diejenigen, deren in den 4 ersten Classen nicht gedacht worden ist. § 39. Von Bezahlung der Personalsteuer sind befreyet: a) die Militairpersonen vom Grade des Feldwebels an, und diese mit einbegriffen, für sich und ihre Frauen. b) Die Invaliden. c) Die Wittwen derer Soldaten, welche
O RGANISATIONS -E DIKT VON WALDECK (1814) im wirklichen Dienst verstorben sind, und endlich d) alle diejenigen, so nur von Almosen leben. § 40. Die Wittwen, und diejenigen öffentlichen Beamten und Officiers, welche im Pensionsstand sich befinden, oder darin gesetzt werden, sollen nur die Hälfte von dem zahlen, was sie nach der Classe, zu welcher sie gehören, bezahlen müsten. § 41. B. Die indirecten Steuern anlangend, so werden die bisherige nasse Accise, der Blasenschatz, der Fleisch-Licent, der 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29.
Stempel und die Hundesteuer beybehalten. Die letztere soll auch für das Fürstenthum Pyrmont vom 1sten April d. J. an Gesetzes Kraft haben, mit der Erweiterung, daß vom beregten Tage an in Unsern beyden Fürstenthümern für jeden Hund das Doppelte, was bisher nach der deshalb bestehenden Verordnung entrichtet wurde, gezahlt werden soll. Ausserdem § 42. soll in Unsern beyden Fürstenthümern Waldeck und Pyrmont, von folgenden Consumtibilien nachstehende Abgabe entrichtet werden, als:
Vom ausländischen Mehl, vom Spind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Von Stärke und Puder, vom Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Von Chocolade, vom Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Cacao, vom Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Caffee, vom Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zucker, vom Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chicorien, vom Centner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reiß, vom Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Syrup, vom Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Taback, Rauch und Schnupftaback, von jedem Pfund . . . . . . . . . . Allaun, vom Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anis, vom Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Blaue, vom Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Blauholz, vom Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Blaukugel oder Lakmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bolus von 100 Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Braunroth Berlinerblau, vom Pfund Capern, vom Pfund Castanien und Maronen, vom Pfund Cochenille, vom Pfund Colephonium und Harz, vom Pfund Coriander, vom Pfund Corinten, vom Pfund Englische Erde vom Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Sand Färberwaaren und Hölzer, insofern sie nicht besonders benannt sind, vom Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Feigen, trockene, vom Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fischbein, vom Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rthlr – – – – – – 2 – – – – – – – –
gl. – – 6 – 1 1 6 – – 1 – – – – –
pf. 6 1 – 6 5 5 – 2 2 – 2 2 2 2 6
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WALDECK -P YRMONT 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51. 52. 53. 54. 55. 56. 57. 58. 59. 60.
61. 62. 63. 64. 65. 66. 67. 68. 69.
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Gewürze, vom Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hirschhorn, geraspeltes zum Verkauf, das Pfund . . . . . . . . . . . . . . Indigo, das Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Krapp, das Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kreide, das Orhoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Holländischer Käse, Rohm und Eidamer, das Pfund . . . . . . . . . . . Käse, englischer, – schweizer, vom Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Parmesan, – Limburger, Leim, Tischler, vom Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Morcheln, vom Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mandeln, vom Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Oliven, vom Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Orangen, Zitronen, Apfelsienen, Limonen u. s. w. vom Stück . . . Pech, (schwarzes) von der Tonne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – (weißes und gelbes) von der Tonne zu 50 Pf. . . . . . . . . . . . . Pfeffer, ohne Unterschied, wie anderes Gewürz, das Pfund . . . . . Pottasche, von 100 Pfund. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pottloth, von 100 Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rosinen, vom Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seefische ohne Unterschied, mit Ausnahme der Heeringe, vom Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seiffe, weiße, vom Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – braune oder schwarze, vom Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Senf, von jedem Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pfeiffen, ausländische erdene, das Stück . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Talg, (eingeführtes auswärtiges) das Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Talglichter, das Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thee, vom Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thran, vom Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Papier zu Tapeten und deren Einfassungen, werden verlicentet mit 10 Procent oder vom Thaler des Werths 4 mgl. Die Häute des Schlachtviehes, als von einem Lammfell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – – Schaaffell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . von einem Ziegenfell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – – Kalbfell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eine Ochsen- Rinder- oder Kuhhaut, wenn sie frisch und naß ist, im Durchschnitt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unbereitete trockene Häute werden, wenn sie unter 4 Pfund wiegen, für Kälberhäute gerechnet. Unbereitete trockene Häute, wenn sie von 4–6 Pfund wiegen, wird davon entrichtet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . von 6–10 Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . von 10–12 Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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– 3 4
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O RGANISATIONS -E DIKT VON WALDECK (1814) 70. 71. 72.
73. 74. 75. 76. 77. 78. 79. 80. 81. 82. 83. 84. 85.
von 12–20 Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ueber 20 Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gehen solche Häute blos durch, und werden im Lande nicht verarbeitet, so wird vom Dutzend, wenn sie über 48 Stunde in einem Ort liegen, bezahlt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Braune oder weiße gare Schaaffelle, vom Stück . . . . . . . . . . . . . . Seemisch bereitetes Leder, und zwar von einem Bock oder Gemsenfell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Von einem Ziegenfell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Von einem Kalb auch Schaaffell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Juchten Pfund, unächt Schmier, Trucken, Moringer, Roß und Lücker Leder, wird verlicentet der Centner mit . . . . . . . . . . . . . . . Rauch- und gefärbtes Carduan, vom Pfund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Roth- und gelben Saffian, vom Stück . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pergament, vom Dutzend Kalbfelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pergament, vom Dutzt Schaaffelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auswärtige Leder-Arbeiten und zwar: Von einem Paar vollständigen Mannsstiefeln . . . . . . . . . . . . . . . . . – – – Mannschuhen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – – – Frauenschuhen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – – – Kinderschuhen, wohin alle Personen unter 13 Jahr gezählt werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
§ 43. Jeder Defraudationsfall, von denen im vorhergehenden § gedachten Artikeln, soll ernstlich bestraft, und von jedem Pfennig, der wirklich defraudirt worden ist, oder solches hat werden sollen, 6 Mgl. Strafe erlegt werden, wovon dem Denuncianten die Hälfte mit Verschweigung seines Namens aus der Staats-Casse, ohne Berücksichtigung eines dem Defraudanten etwa gewordenen Nachlasses, ausbezahlt werden soll. Ausserdem ist jeder Defraudant schuldig, die defraudirte Steuer annoch besonders zu erlegen. § 44. In Gemäßheit der im § praec. geschehenen Verfügung darf kein Fuhrmann die mindeste Waare, bey einer unabläßigen Strafe von 10 Rthlr. abladen, er habe dann zuvor der Ortsbehörde, die über das Steuerwesen zu wachen hat, davon Anzeige gemacht. In eine gleiche Strafe verfällt jeder Kauf- und Handelsmann, der Waaren ab-
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laden läßt, ohne davon gleichfalls bey der Behörde Anzeige gemacht zu haben. § 45. Jeder Kaufmann und Krämer soll gehalten seyn bey der Landschaftlichen Comitée vom 1ten April d. J. angerechnet jährlich ein Patent zu lösen. Kein solches Patent soll über 30 Rthlr, aber auch keins unter 4 Rthlr zu stehen kommen, und wird für jedes Individuum bey Bestimmung dieser Steuer die Landschaftliche Comitée auf den Umfang des Handels, die Lage und auf die Zahl der Kaufleute und Krämer, die in einem und dem nehmlichen Ort leben, Rücksicht nehmen. § 46. Derjenige, der ohne solches Patent gelößt zu haben Handel treiben wird, verfällt in eine unabläßliche Strafe von 50 Rthlr. § 47. Ausländer sollen die Patent-Steuer und zwar das doppelte, was ein Einländer
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WALDECK -P YRMONT nach seinen Verhältnissen zu entrichten haben würde bey Strafe der Confiscation ihrer Waaren, zu erlegen, und das desfalsige Patent zu lösen gehalten seyn. § 48. Diejenigen bisherigen Landschaftlichen Steuern und Abgaben, derer in gegenwärtiger Verordnung nicht erwähnt ist, so wie die bisherige Vermögenssteuer, wovon bis zum 1ten April d. J. zum letztenmal noch ein Anschlag zu Bestreitung der augenblicklich unaufschieblichsten Ausgaben erhoben werden soll, desgleichen die Judenschutzgelder, da die Israeliten Unsern übrigen Unterthanen hierdurch gleichgestellt werden, und der Glaube kein Unterschied mehr machen soll, sind hiermit gänzlich aufgehoben. § 49. In Unsern beyden Fürstenthümern wird provisorisch der 20 Fl. Fuß eingeführt, und sollen daher auch alle Staats-Lasten in diesem Münzfuß entrichtet und die Dienerschafts-Gehalte darin ausbezahlt werden. § 50. Die bisherigen Stadtsecretarien sollen unter Leistung hinlänglicher Sicherheit und Bestimmung eines passenden Gehalts die Administration über das Vermögen ihrer Comüne führen, ihnen auch dabey das Geschäft der Erhebung der Staats- und Domanial-Revenüen in ihrer Stadt, insofern sie ebenfalls eine angemessene Sicherheit dafür zu leisten vermögen, übertragen werden. Die Bestimmung der Cautionen für die Ober-Renterey Amts- und Comüne-Erheber, wird Unsern getreuen Ständen, vorbehaltlich Unserer Genehmigung überlassen, so wie wir die Festsetzung einer annoch besondern Caution für die Erhebung Unserer Domanialgefälle Uns ausdrücklich vorbehalten, auch Unserer Regierung und RentCammer, insoweit es eine jede angeht, hierdurch in Gnaden aufgeben: das Nöthige an sämmtliche Erhebungs-Beamte wegen Abschliessung ihrer Rechnungen bis zum 1ten April d. J. ohne Zeitverlust zu erlassen.
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§ 51. Wir werden durch die Landständische Comitée Unsern getreuen Ständen jedes Jahr Unser Cameral-Budjet der Einnahme und dringensten Ausgaben zeitig, und vor Entwerfung des Landschaftlichen Budjets, wie solches in diesem Jahre schon geschehen wird, vorlegen lassen, und gern durch einen jährlichen ausserordentlichen Beytrag an noch nach Möglichkeit die Staats-Casse unterstützen, indem Uns, Wir schwören es bey dem ewigen Gott, nichts mehr am Herzen liegt, als Unsern durch die Zeitumstände gedrückten Unterthanen ihr Loos zu erleichtern. Wird jährlich mit Verzinsung und Amortisirung der dringensten Staatsschulden, von nun an nach einem bestimmten Plan verfahren, und schenkt Uns die gütige Vorsehung den so lange schon gesehnten Frieden, wo alsdann durch Verminderung, oder auch Beurlaubung eines Theils Unsers in Kriegszeiten zu stellenden Contingents eine bedeutende Ausgabe in der Staats-Casse ausfällt, so muß jeder redliche Waldecker von der Wahrheit belebt seyn, daß Fürst und Unterthanen glücklich seyn werden, und man in dieser Hinsicht mit froher Hofnung der Zukunft entgegen sehen könne. § 52. Wird Unsere Regierung gnädigst beauftragt, die weiter nöthigen Verfügungen nicht allein wegen der für das Fürstenthum Pyrmont zu wählenden Landstände, so wie überhaupt wegen der im §. 3. festgesetzten Zusammenberufung aller Landstände zeitig zu treffen, sondern auch die Publication des gegenwärtigen Gesetzes ungesäumt zu bewerkstelligen. Arolsen am 28 Januar 1814. Georg Heinrich. wird hiermit zu jedermanns Nachricht und Nachachtung öffentlich promulgirt. Arolsen den 2 Februar 1814. Fürstl. Waldeck. Regierung daselbst. Vt. W. Hagemann.
O RGANISATIONS -E DIKT VON WALDECK (1814) 1
Ediert nach Fürstl. Waldeck. Regierungs-Blatt, Jahrgang 1814, Nro. 6, Mengeringhausen, S. 21–47. Das Organisationsdekret wurde am 28. Januar 1814 beschlossen und unterzeichnet und am 2. Februar 1814 verkündet und in Kraft gesetzt. Das Dekret wurde aufgrund der Widerstände der Landstände nie ausgeführt (siehe dazu Thomas Seibel, Die Waldeckischen Landstände im Vormärz, Frankfurt
am Main u. a. 1997, S. 43–44.). Für weiterführende Hinweise siehe Karl Murk, Vom Reichsterritorium zum Rheinbundstaat: Entstehung und Funktion der Reformen im Fürstentum Waldeck (1780–1814), Arolsen 1995; Thomas Seibel, Die Waldeckischen Landstände im Vormärz, Frankfurt am Main u. a. 1997, S. 41 ff.
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Verfassung von Waldeck (1816) Nachstehende Landständische Verfassungs-Urkunde für das Fürstenthum Waldeck1
Von Gottes Gnaden Georg Heinrich, souverainer Fürst zu Waldeck und zu Pyrmont, Graf zu Rappoltstein, Herrn zu Hohenack und Geroldseck am Waßigen etc. etc. Der Artikel 13. der zu Wien am 8ten Junius vorigen Jahrs abgeschlossenen deutschen Bundes-Acte verordnet die Einführung einer ständischen Verfassung in allen deutschen Bundes-Staaten. Obgleich eine solche Verfassung schon von grauen Zeiten her, auch in Unserm Lande bestanden hat, so hat sie doch in mehreren Hinsichten eine Abänderung bedurft, und haben Wir Uns deshalb veranlaßt gesehen, Unsere lieben und getreuen Landstände von Ritterschaft und Städten durch Unsere Regierung zu einem allgemeinen Landtage auf den 28ten März dieses Jahrs zusammen berufen zu lassen, und in Einverständniß mit ihnen der bisherigen Landes- und ständischen Verfassung folgende nähere Einrichtung zu geben: § 1. So viel die Einrichtung I. der Landes-Verfassung betrift, so ist zur Erleichterung der Justiz für nöthig erachtet worden, A. Unser Fürstenthum Waldeck in Fünf Ober-Justiz-Aemter einzutheilen, und zwar: 1) in das Ober-Justizamt der Diemel, welches seinen Sitz in Stadt Rhoden haben und aus den ehemaligen Aemtern Rhoden und Eilhausen, und den Dorfschaften Schmillinghausen, Herbsen und Hörle des ehemaligen Amts Arolsen bestehen soll. 2) in das Ober-Justizamt Twiste, dessen
Hauptort Arolsen ist, und die ehemaligen Aemter Arolsen, Landau und Wetterburg, mit Ausschluß der unter Ziffer 1. bereits genannten, und den weitern Ortschaften Strote und Meineringhausen vom Amt Landau umfaßt. 3) in das Ober-Justizamt Werbe, zu dessen Hauptort die Stadt Sachsenhausen bestimmt ist, und die Städte Sachsenhausen, Waldeck und Freienhagen, das ehemalige Amt Waldeck mit Ausschluß der Ortschaften Bringhausen, Hemfurth, Kleinern und Gellershausen, dann die Dorfschaften Strote und Meineringhausen, des vorhinnigen Amts Laudau enthalten soll. 4) in das Ober-Justizamt der Eder, welches seinen Sitz in der Stadt N. Wildungen haben und bestehen soll, aus den Städten Alt-Wildungen und Züschen, ferner aus dem ehemaligen Amt-Wildungen und den unter Ziffer 3. angeführten Resten des vorhinnigen Amts Waldeck. 5) in das Ober-Justizamt Eisenberg, welches seinen bisherigen Sitz in Corbach und seine jetzigen Bestandtheile beybehält. § 2. Jedes Ober-Justizamt wird mit einem Ober-Justizbeamten und einem zweyten Beamten, welcher Leztere zugleich die Stelle des Secretairs versieht, besetzt. Eine Ausnahme hierunter macht jedoch das Ober-Justizamt Eisenberg, bey welchen, wie bisher, zwey Beamte und ein Secretair bleiben. § 3. Mit dem Ober-Justizamt der Werbe wird wegen seiner Nähe bey der Festung
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WALDECK -P YRMONT Waldeck ein allgemeines Criminal-Gericht für das ganze Land verbunden. Uebrigens soll Unsere Regierung ein Regulativ entwerfen, welche Sachen ausschließlich der übrigen Ober-Justizämter, zur Competenz dieses Criminal-Gerichts gehören sollen.
§ 8. In jedem Ober-Justizamt wird ein Ober-Renterey-Beamter angestellt, dessen Wirkungskreis durch eine besondere Instruction genau bestimmt werden soll.
§ 4. Der erste Justizbeamte des Oberamts der Twiste versiehet zugleich die Geschäfte des Stadt-Commissarii in Mengeringhausen, wie der des Ober-Justizamts der Eder gleiches Amt in Nieder-Wildungen. Die dadurch erspart werdenden beyden Stadt-Commissariats-Gehalte fallen der Landsalarien-Casse zu, und verbleibt es in Ansehung der Sporteln-Berechnung aus beyden Städten, bey der bisherigen Bestimmung.
§ 10. B. In Betref der Justiz und Renterey in Unserm Fürstenthum Pyrmont, bey der bisherigen Einrichtung. II. Die Repräsentation Unserer Unterthanen anlangend, so wird solche
§ 5. Die bisher den Ober-Rentereybeamten aufgetragen gewesene Polizey-Verwaltung übernehmen die Ober-Justizämter. § 6. Alle Nebenverdienste der Justizbehörden durch Deputationen, Commissionen etc. hören gänzlich auf. In sofern das Geschäft nothwendig ausser dem Gerichtsorte besorgt werden muß, z. B. Besichtigungen etc. so erhält davon der Commissarius, oder Deputatus, nachdem in der Sporteln-Ordnung bestimmten Ansätzen, die Pferdemiethe und Zehrungskosten etc. die übrigen Gebühren werden der Sportuln-Casse berechnet. § 7. Die Patrimonial-Gerichtsbarkeit bleibt der von Dalwigkschen Familie in dem Amte Lichtenfels, und den drey deputirten Städten Corbach, N. Wildungen und Mengeringhausen in erster Instanz, desgleichen die Schriftsässigkeit der Ritterschaft und ihren Familien, weniger nicht den drey deputirten Städten, in sofern sie als corpora auftreten, oder belangt werden, vorbehalten.
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§ 9. In Ansehung Unserer Regierung und Unseres Hofgerichts verbleibt es vorerst, so wie
§ 11. folgendermaßen bewerkstelligt werden: A. durch die Besitzer bisheriger Landtagsfähiger Rittergüter, oder die Ritterschaft. B.) durch die Städte, denen Arolsen unter den im Rezeß vom 19ten d. festgestellten Bestimmungen, beygezählt werden soll, oder den Bürgerstand. C. durch Zehen Repräsentanten des Bauer-Standes, deren jedes Ober-Justizamt zwey zu stellen hat. § 12. In den drey deputirten Städten wird das Repräsentationsrecht durch den ersten Burgermeister und Stadt-Secretair, in den nicht deputirten Städten hingegen, durch den Burgermeister allein, in bisheriger Weise, ferner ausgeübt. § 13. Die Eigenschaften eines Repräsentanten im allgemeinen sind: daß er 1) zu einer der drey christlichen Confessionen gehöre, 2) 25 Jahr alt, und eigenen Rechtens, 3) Landes Unterthan, 4) der Militair-Pflicht nicht mehr unterworfen, und 5) unbescholtenen Rufs sey, auch 6) Geschriebenes lesen könne, und seine Gedanken gehörig niederzuschreiben vermöge.
V ERFASSUNG VON WALDECK (1816) Insbesondere aber wird annoch erfordert bey dem Repräsentanten a) des Bürgerstandes, unverschuldeter Besitz von liegenden Gütern, die wenigstens einen Wert von 500 Rthlr. haben, und b) des Bauerstandes, Eigenthum eines Schatzungpflichtigen nicht verschuldeten Gutes von wenigstens 30 Morgen den Morgen zu 120 Ruthen gerechnet, in dem AmtsDistrict belegen, aus welchem er als Repräsentant gewählt werden soll, wobey es gerade nicht erforderlich, daß er den Landbau selbst betreiben muß. § 14. Staatsbeamte, oder sonst zu Uns in Dienstpflicht stehende Personen, können an der Landes-Repräsentation keinen Antheil nehmen, es wäre dann, daß die Landstände die Aufnahme eines solchen in Vorschlag brächten. § 15. Die Kührgenossen zur Wahl der Repräsentanten des Bauernstandes sollen auf folgende Weise erkieset werden: daß jede Gemeinde des Oberamts-Districts, unter Leitung ihres Geistlichen, einen ordnungsliebenden, durch sittliches Betragen allgemeines Vertrauen verdienenden Mann aus ihrer Mitte zum Wähler ersiehet, und ihn zur Wahl der zwey Repräsentanten beauftragt. Ein solcher Wähler muß a) volljährig, b) unbescholten, c) Besitzer eines Acker- oder Kötherguts und d) als guter Wirth bekannt seyn. § 16. Die Wahl der Repräsentanten selbst geschiehet im Orte des Sitzes des OberJustizamts, unter Leitung des Land-Syndici und ersten Justizbeamten. § 17. Wenn nun auf vorstehende Art die Wähler erkieset worden sind, so sollen sie an dem bestimmten Wahltag, nach vorhergegangener deutlicher Verständigung von den Pflichten und Eigenschaften eines Landstands, und nach zweckmäßiger Ermahnung
und Verwarnung: daß sie bey der vorzunehmenden Wahl keine Nebenzwecke berücksichtigen, sondern lediglich auf den Hauptzweck, nämlich auf die Wahl eines redlichen, gottesfürchtigen, einsichtsvollen und erfahrnen, auch ordnungsliebenden Landstandes allein Bedacht nehmen, und dabey überall gewissenhaft zu Werke gehen wollen, in Eid und Pflichten genommen werden, darauf abtreten, und hiernächst Mann für Mann, zu Abgabe ihrer Stimme zum Protokoll, wieder vorgelassen werden. § 18. Bey diesen Wahlen entscheidet die Mehrheit der Stimmen; bey deren Gleichheit aber das Loos. § 19. Die Wahl der Repräsentanten des Bauerstandes und des Repräsentanten aus Stadt Arolsen, geschiehet auf Lebenszeit und bey letzterer durch eine freye Wahl, wie beym Bauerstand; jedoch erlöscht die Repräsentation alsdann früher, wenn die Eigenschaften, wodurch die Wahl bedingt ist, wegfallen, namentlich, wenn der Gewählte aufhört, ein guter Wirth etc. zu seyn. Auf den Todesfall des einen oder andern Mitglieds, wird an dessen Stelle auf die oben bestimmte Weise, auf jedesmaligen Antrag des Land-Syndici, ein Anderes erwählt. § 20. Zu Erhaltung der Repräsentation des Ritterstandes wird hiermit festgesetzt, daß 1) jeder neue Ritterguts-Eigenthümer, vom Tage des Anfalls, oder Erwerbs des Guts, binnen zwey Monathen zum Aufschwören bey dem Land-Syndico sich anmelde, daß 2) keine Allodificationen dergleichen Lehns-Rittergüther, ohne Zustimmung der Landstände, geschehen, 3) daß bey einer Versplitterung dergleichen Güter, so wie bey Veräußerungen ganzer Rittergüter durch Unsern und der Stände gemeinsamen Beschluß bestimmt werde, in
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WALDECK -P YRMONT wie fern der bisherige Eigentümer ferner als Landstand auftreten, oder der neue Erwerber als solcher aufgenommen werden könne. § 21. Zur Vollziehung der im folgenden Paragraph bestimmten Geschäfte, ist ein engerer Ausschuß ernannt, welcher besteht: 1) aus zwey ritterschaftlichen Deputirten, welche nach dem jedesmaligen Abgang in bisheriger Weise, durch die Stände auf Lebenszeit gewählt und Uns zur Bestätigung präsentirt werden, 2) aus den bisherigen Abgeordneten der drey deputirten Städte, die schon vermöge ihrer Aemter hierzu berufen sind, und 3) aus einem Deputirten des Bauerstandes, welchen die Landstände aus dessen Repräsentanten auch auf Lebenszeit wählen, und Uns ebenfalls zur Bestätigung präsentiren. § 22. Jene Deputation ist die vollziehende Behörde der vom corpore statuum gefaßten Beschlüsse, und sie kann in der Regel ohne dasselbe nicht handlen. Die Gewalt und die Geschäfte der Deputation bestehen darin: 1) auf die Ablegung der landschaftlichen Rechnungen zu dringen, deren Abnahme, wenn solche zuerst vom Land-Syndico und sodann von Unserer Regierung monirt sind, unter Zuziehung des Land-Syndici, beyzuwohnen, sowie auch selbst allenfallsige weitere Erinnerungen dagegen aufzustellen, 2) die Landtags-Abschlüsse so wohl, als auch die von sämmtlichen Landständen entschiedenen Angelegenheiten in Vollziehung zu bringen, 3) den Antrag neuer Steuern vorläufig zu prüfen, und gesammten Ständen zur Abstimmung vorzulegen, 4) zu etwaiger Verbesserung bewilligter Steuern Vorschläge zu machen und etwa eingeschlichene Mißbräuche zu rügen, 5) die Angelegenheiten, welche eine nothwendige, 2000 Rthlr. nicht überstei-
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gende Ausgabe erfordern, für sich, vorbehaltlich Unserer Genehmigung, zu beschließen. 6) Erlaß-Gesuche der Unterthanen zu prüfen und, in sofern solche die unter Ziffer 5. gedachte Summe nicht übersteigen, nach ebenfalls zuvor von Uns eingeholter Genehmigung, zu bewilligen, und 7) in Fällen, denen Gefahr im Verzug unterliegt, oder die sonst eine eilige Entscheidung erfordern, in Einverständnis mit Uns zu beschliessen; und erkennen sämmtliche Landstände dergleichen Beschlüsse als gültig und als von ihnen selbst ausgegangen. § 23. Die gewöhnliche Zusammenkunft der Deputation ist der jedesmalige dritte Montag im Monat Junius jeden Jahres, als der zu Abnahme der landschaftlichen Rechnungen bestimmte Termin, und wird deren außerordentliche Versammlung auf Unsern Befehl, durch Unsere Regierung, mittelst eines Schreibens an den Syndicus, oder auf Antrag der Stände, bey Unserer Regierung, nach vorher gegangener Unserer Genehmigung, zusammen berufen. § 24. Eine allgemeine Landtags-Versammlung kann nur in besonders wichtigen Fällen, entweder aus Unserer Veranlassung oder auf Antrag der Stände, nach vorhergegangener Unserer Genehmigung, durch Unsere Regierung, zusammen berufen werden. Zu jenen Fällen gehören unter andern, wenn z. B. 1) entweder von Veränderung der Verfassung und der Grundgesetze, oder 2) von Einführung einer neuen SteuerOrdnung die Rede ist. § 25. Indem Wir den Landständen gnädigst gestatten, sich bey LandtagsAbfassungen eines Siegels, mit dem Landeswappen und der Umschrift: „Waldeckische Landstandschaft“ versehen, zu bedienen, und ihre hergebrachten Landständischen Rechte im allgemeinen bestätigen,
V ERFASSUNG VON WALDECK (1816) so sollen solche insonderheit ferner fundirt seyn: a) in dem Recht der Verwilligung und Regulirung sämmtlicher, so wohl ständiger als unständiger, zur Staatsverwaltung nothwendiger Steuern. Alles was auf Abänderung bestehender, oder Einführung neuer Steuern, und auf Steuer-Verfassung überhaupt Bezug hat, soll nur unter Zustimmung der Landstände vorgenommen werden, b) in dem Recht, die Landes-Cassen, nach wie vor zu verwalten, und es dürfen die Steuern nur zu den, durch Uns und die Landstände bestimmten Zwecken verwendet werden, weshalb die Verwalter der Cassen in Landespflichten stehen, c) in dem Recht der Berathung und Einwilligung bey allen Gesetzen und Anordnungen, welche auf die Landesverfassung und deren Veränderung Beziehung haben; bey Gesetzen, wodurch über das Eigenthum der Unterthanen zum Gebrauch der Landesherrschaft oder des Landes verfügt, die persönliche Freyheit der Unterthanen gegen bestehende Gesetze beschränkt, oder dadurch wohlerworbene Rechte einzelner oder ganzer Classen derselben, aufgehoben oder beschränkt werden sollen. Bey allen übrigen Landesgesetzen wollen Wir (Anordnungen in eiligen Fällen und wobey Gefahr im Verzug ist, ausgenommen) d) den Rath, und das Gutachten Unserer Stände einholen, und dürfen e) dieselben Vorschläge zur Abänderung bestehender und zur Einführung neuer Gesetze einreichen, so wie Wir sie überhaupt verpflichten, ihre Aufmerksamkeit auf alles dasjenige zu richten, was das Wohl der Unterthanen erfordert, und diejenigen Mittel in Antrag zu bringen, welche dasselbe befördern, oder die ihm entgegen stehenden Hindernisse aus dem Wege räumen können. Sollten f) durch den Bundestag zu Frankfurt den Landständen im allgemeinen, hinsichtlich
der Gesetze und Gesetzgebung, größere Rechte, als hier angeführt sind, eingeräumt werden; so wollen Wir solche auch Unsern Landständen zu Theil werden lassen. Wie die Stände g) mit darauf zu wachen haben, daß von den Justizbehörden eine untadelhafte Justizpflege – worin aus dem Cabinet niemals Verfügung, vorbehaltlich der Uns zustehenden Oberaufsicht, statt finden sollen – gehandhabt werde, und sie ihren Pflichten überhaupt nachkommen; so wird ihnen auch das Recht der Beschwerdeführung, insbesondere in Fällen der Malversation der Staatsdiener und bey sich ergebenden Mißbräuchen jeder Art, eingeräumt. Staatsdiener sollen daher von den Landständen wegen Verfassungswidrigen Betragens, jedoch nur vor dem ordentlichen Richter, angeklagt werden können, vor welchem sie sich zu verantworten und Recht zu nehmen, verbunden sind, so wie h) auf der andern Seite jedem Staatsdiener hiermit die Zusicherung geschiehet, daß keiner, ohne gerechte Ursache und vorhergegangene richterliche Untersuchung und Entscheidung, seines Amts entsetzt werden soll. Die Sporteln werden in solchen Fällen für den Beklagten bis zur Beendigung des Processes aufgezeichnet. Auch wollen Wir der Billigkeit gemäß i) bey Besetzung der Bedienungen, den dazu fähigen Landeskindern, den Vorzug vor Ausländern einräumen. § 26. Kein Landstand kann an den Versammlungen und Berathschlagungen der Stände eher Theil nehmen, bis er folgenden Eid: „Ich gelobe und verspreche als Landstand, in allen meinen Handlungen und Rathschlägen, die allgemeine Wohlfahrt des Landes vor Augen zu haben, die Unserm gnädigsten Fürsten und Herrn schuldige Treue und Ehrerbietung stets zu beobach-
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WALDECK -P YRMONT ten, in nichts zu willigen, was des Herrn oder Landes-Rechten oder Vortheilen zuwider wäre, insonderheit die Gerechtsame der Landstände getreulich zu bewahren und mit allem Fleiß darauf zu achten und zu halten, daß dieselben unter keinerley Vorwand verletzt, oder vernachläßigt werden.“ abgeleistet hat. § 27. Bey den jedesmaligen Zusammenkünften der Landstände, haben dieselben aus ihrer Mitte für die Dauer des Land- oder Deputations-Tags, einen Director durch Stimmenmehrheit zu wählen, welcher mit dem Syndico die Geschäfte leitet. § 28. Vorschläge und Anträge aller Art, welche den Landständen zu machen sind, sollen in der bisher üblich gewesenen Form, nämlich durch Unsere Regierung, an sie gelangen. Die Art, wie sie darüber abstimmen wollen, bleibt ihnen ganz überlassen; jedoch sollen, so oft der Syndicus es für nöthig erachtet, die Stimmen durch Kugelung gesammelt werden, und steht es jedem Mitglied frey, zu verlangen, daß die Discussion, über den zur Berathung vorliegenden Punct, auf den andern Tag verlegt und ihm erlaubt werde, seine Ansicht der Versammlung schriftlich vorzulegen. § 29. In den Fällen, wo die Erklärung der Stände ablehnend ist, müssen die Gründe dazu angegeben werden, und behalten Wir Uns vor, den gemachten Vorschlag oder Antrag, unter Auseinandersetzung aller dafür sprechenden Gründe, durch Unsere Regierung wiederholen zu lassen, allenfalls auch bey beharrlicher Ablehnung, den befragten Gegenstand zur Berathung an die gesammten Stände gelangen zu lassen. Sollte aber auch hierdurch der Zweck nicht erreicht werden; so soll eine Commission aus einem herrschaftlichen Diener und einem landschaftlichen Mitglied niedergesetzt werden, welche die Sache prüft und
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wo möglich, eine Vereinigung zu Stande bringt. Würde aber auch dieser Versuch fehl schlagen; so werden die Verhandlungen, in sofern sie Steuern und Verwilligungen nicht betreffen, an eine auswärtige Juristen-Facultät, oder an das Appellationsgericht eingesandt. Die Wahl einer dieser Behörden bleibt den Landständen überlassen, und im Fall solche auf eine Facultät fällt, haben diese die Commissarien zu bestimmen, müssen aber darunter Verschwiegenheit angeloben. § 30. Bey eingetretener Stimmengleichheit, gibt das votum des Land-Syndici den Ausschlag. § 31. Welche Gedanken auch ein Mitglied in den Versammlungen geäussert, und mit welchen Gründen dasselbe sie vorgetragen hat, darüber braucht solches nie dem Staate Rede und Antwort zu geben, vorausgesetzt jedoch, daß er überall, die dem Regenten schuldige Treue und Ehrfurcht, so wie die den Landesbehörden zu beweisende Achtung nicht ausser Augen gesetzt hat; wie dann auch kein Landstand angehalten und gezwungen werden kann, über dasjenige, was in den Berathschlagungen vorfällt, Auskunft zugeben, oder gar Zeugniß darüber gegen seinen Mitstand abzulegen; vielmehr macht sich derjenige, der die ihm obliegende Verschwiegenheit verletzt, dadurch unfähig, ferner die Stelle eines Landstands zu bekleiden, und dessen Mitstände sind berechtigt, auf dessen Entfernung zu dringen. § 32. Die durch die Convention vom 3ten Julius 1814 §. 2. angeordnete Landschaftliche Cammer, der Wir hierdurch den Rang eines Landes-Collegii gnädigst beylegen, und die Uns und den Ständen allein untergeordnet ist, soll vorläufig bestehen: 1) aus einem Mitglied der deputirten Ritterschaft, 2) aus einem der Burgermeister oder Secretarien der drey deputirten Städte,
V ERFASSUNG VON WALDECK (1816) 3) aus dem Land-Syndico, 4) aus einem Cassenführer, zugleich Secretair, 5) aus einem Registrator, zugleich Canzelisten, und 6) aus einem Pedell und einem Boten. Uebrigens behalten Wir Uns vor, einen Commissarium zu ernennen, welcher, ohne Sitz in der Cammer zu haben, von Zeit zu Zeit den Situations-Etat sich vorlegen lassen und überhaupt Unsere Rechte wahrnehmen soll. § 33. Die Mitglieder unter den Ziffern 1. und 2. sollen auf die in der im vorstehenden §. angezogenen Convention enthaltene Weise gewählt werden. § 34. Der Wirkungskreis der landschaftlichen Cammer umfaßt nicht die auf der Einlösungs und Accis-Casse haftenden Schulden, indem beyde Cassen nicht zu ihrem Ressort gehören, sondern nach wie vor unter der Aufsicht der bisher bestandenen landschaftlichen Landes-Schulden-CassenDirection verbleiben. Ohne Beziehung auf die landschaftlichen Schulden-Cassen – die Einlösungs und Accis-Casse – soll dieser landschaftlichen Cammer Beschäftigung darin bestehen: 1) den Statum exigentiae publicae für jedes Jahr zu entwerfen, und nachdem solcher den Ständen zur Prüfung vorgelegt und von ihnen genehmigt ist, Uns zur gleichmäßigen Genehmigung vorzulegen. 2) die Soll-Einnahme-Etats der Landeseinkünfte anzufertigen, wonach die zeitigen Ober-Rentereybeamten und die städtischen Erheber, die Erhebung, und zwar so viel als möglich, monatlich besorgen sollen; 3) in der Function der ehemaligen KriegsCommission; 4) in der Besorgung des Stempeln des Papiers und dessen Zustellung an die Rentereybeamten, zum Berechnen, So wie der landschaftlichen Cammer 5) die Befugniß zusteht, zweckdienliche
Zwangsmittel gegen säumige Erhebungsbehörden zu verfügen; so hat sie auch 6) von Monat zu Monat die SituationsEtats der ihr anvertrauten Cassen und die baar eingegangenen Gelder in Empfang zu nehmen, letztere hinter drey Schlösser in Verschluß zu bringen; wozu jeder der ständischen Mitglieder und der Cassenführer einen Schlüssel besitzen sollen. § 35. Da das Land durch die am 3ten Julius 1814 abgeschlossene Convention die Salarirung und Pensionirung aller wirklichen Staatsdiener und deren Wittwen, wie solche in dem, im Receß vom 19ten d. sub lit. C. enthaltenen Etat bestimmt ist, übernommen hat und dagegen ihm die Beziehung a) aller Sporteln, b) aller Strafen, und c) aller Confiscationen aus Unserem Fürstenthum Waldeck überlassen ist: So hat die Landschaftlichen Cammer nach jenem Etat die Zahlungen monatlich zu verfügen. Ausserdem hat dieselbe § 36. Alle sonstige dem Land obliegende Ausgaben, mit Ausschluß der, der landschaftlichen Schulden-Tilgungs-Casse überwiesenen Zahlungen, namentlich zur Unterhaltung des Militairs, nach dem ebenfalls im Receß vom 19ten d. sub lit. C. aufgestellten Friedens-, auf den unverhoffentlichen Fall eines Kriegs, anders zu regulirenden Feld-Etats; so wie die alsdann eintreten könnenden sonstigen Kriegsleistungen, zu besorgen; zu welchem Behuf sie alle bestehende Landesrevenüen, mit Ausnahme der in die Landesschulden-Tilgungs-Casse fliessenden, und der im folgenden §. 37.genannten, zu vereinnahmen hat, auch wird sie daneben authorisirt, bey nicht ständigen, keine nachtheilige Zögerung leidenden Ausgaben, bis zu der Summe von Dreyhundert Rthlr. für sich zu handeln; dagegen aber ist sie verpflichtet, so bald der Gegenstand diese Summe übersteigt, weiteren Verhalt zuvor einzuholen.
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WALDECK -P YRMONT § 37. Um außerdem eine besondere Casse zur Salarirung der Staatsdiener zu bilden, werden derselben, außer den in §. 35. bereits bestimmten Einflüssen, auch 1) die vorhinnige Land-Salarien-Casse und 2) der Ertrag des Stempelpapiers überwiesen. § 38. Die den Landes-Gläubigern versicherte Einlösungs- und Accise-Casse ist die eigentliche Landesschulden-Tilgungs-Casse, woraus jene Gläubiger ihre Zinszahlung und Capital-Ablage erhalten. Zur Beruhigung der Landes-Gläubiger, und zu Aufrechthaltung des öffentlichen Credits, soll die landschaftliche Kammer, mit dieser Casse nicht in Berührung stehen. Nur allein sollen sie, wie bisher, unter der Aufsicht der Cassen-Direction, nämlich der beyden Deputirten der Ritterschaft, und der Secretarien der drey deputirten Städte, stehen, welche zu diesem Ende jeden Jahres, Frühjahrs und Herbsts, zwey ZusammenkunftsTage haben, und befugt sind, den CassenBestand selbst zu untersuchen, oder auch dieses Geschäft durch eins ihrer Mitglieder bewirken zu lassen. Der Land-Syndicus nebst den drey deputirten städtischen Burgermeistern und Unsere Regierung haben darauf zu sehen, daß alle dahin einfliessenden Gelder zu ihren bestimmten Zwecken verwendet werden, und hat zu desfallsiger Ersehung, der Landrentmeister von Monat zu Monat den Situations-Etat seiner Casse nicht allein an die Regierung und den Syndicum einzureichen, sondern er verwaltet auch wie bisher, diese Casse, indem er auf keine andere Anweisung einige Zahlung verfügt, als auf die des genannten Cassen-Directorii. Dem Syndico bleibt indessen, wie bisher, erlaubt, Anweisungen für Botengänge zu ertheilen. § 39. Da übrigens die promte Zinszahlung allein den Credit nicht zu erhalten vermag, vielmehr zu Erreichung dieses
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Zwecks auch jährliche Capitals-Ablage geschehen muß; so soll aus dieser Schuldentilgungs-Casse neben der Zinszahlung auch jährlich der Betrag von wenigstens Fünf Tausend Reichsthalern auf Capital Forderungen abgetragen und diese Summe nach Erleidniß erhöhet werden. § 40. So wohl die Abnahme dieser Schuldentilgungs-Cassen-Rechnung und der gleichfalls vom Landrentmeister geführt werdenden Brand-Cassen-Rechnung, als auch alle übrigen Landes-Cassen-Rechnungen, soll in dem §. 23.bestimmten Termin, vor Unserer Regierung, geschehen. § 41. Die Landes-Cammer ist wegen der dem Fürstenthum Pyrmont obliegenden jährlichen, so wohl gewöhn- als aussergewöhnlichen Beiträgen verpflichtet, die jetzigen Deputirten gedachten Fürstenthums Pyrmont von den Verhandlungen des Ausgabe-Etats, und dessen Aufbringen, nicht allein gehörig zu unterrichten, sondern auch allenfallsige Erinnerungen derselben zu hören und, wo solche gegründet, sie abzustellen. § 42. Bei dem Antritt eines neuen Regenten, werden die Stände zusammen berufen, und nach, von Demselben ausgestellten Reversalen zur Befolgung gegenwärtiger Constitution, zum Huldigungs-Eide zugelassen. Schließlich ist § 43. dieser Landes-Vertrag, worin, wie Wir hoffen, sich die Grundsätze einer allgemeinen Liberalität genugsam aussprechen, und von welchem weder Wir, noch Unsere Nachkommen in der Regierung, in irgend einem Punct, ohne Zustimmung Unserer getreuen Landstände abgehen wollen und sollen, von beyden Seiten gehörig vollzogen worden, und zu dessen öffentlichen Bekanntmachung Unsere Regierung beauftragt. Arolsen den 19 April 1816.
V ERFASSUNG VON WALDECK (1816) Georg Heinrich. Kreusler. wird auf Befehl Seiner Durchlaucht des Fürsten, Unsers gnädigsten Herrn, hiermit zur Befolgung bekannt gemacht. Arolsen den 30sten April 1816. Fürstl. Waldeckische Regierung daselbst. v. Preen. F. Varnhagen.
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Ediert nach Fürstl. Waldeck. Regierungs-Blatt, Jahrgang 1816, Nro. 10, Mengeringhausen, S. 33–53. Die Verfassung wurde am 19. April 1816 beschlossen und unterzeichnet. Verkündet wurde sie jedoch
erst am 30. April 1816, womit sie gleichzeitig auch in Kraft getreten ist. Vorausgegangen ist der Verfassung das „Organisations-Edict“ vom 28. Januar 1814 (Fürstl. Waldeck. Regierungs-Blatt, Jahrgang 1814, Nro. 6, Mengeringhausen, S. 21–47.) Siehe unter „Organisationsedikt von Waldeck (1814)“. Die Verfassung wurde nach der Vereinigung von Waldeck mit Pyrmont zu einem einheitlichen Staatsgebiet durch das „Staatsgrundgesetz für die Fürstentümer Waldeck und Pyrmont“ abgelöst, das am 1. Juni 1849 in Kraft getreten ist (Fürstlich Waldeckisches Regierungs-Blatt, Jahrgang 1849, Nro. 13, Mengeringhausen, S. 27–51). Siehe unter „Verfassung von Waldeck-Pyrmont (1849)“. Für weiterführende Hinweise siehe Eckhard Werner Budach, Das Fürstentum Waldeck in der Zeit des Deutschen Bundes: Studien zur Verfassungsgeschichte der Kleinstaaten 1815–1866; die Beziehungen des Fürstentums Waldeck zum Deutschen Bund und seinen einzelnen Mitgliedern, besonders Preußen, sowie die innere Verfassungsentwicklung des Staates, Kiel 1973; Thomas Seibel, Die Waldeckischen Landstände im Vormärz, Frankfurt am Main u. a. 1997.
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Verfassung von Waldeck-Pyrmont (1849) Staatsgrundgesetz für die Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont1
Wir Emma, von Gottes Gnaden verwittwete Fürstin zu Waldeck und Pyrmont, Gräfin zu Rappoltstein, Herrin zu Hohenack und Geroldseck am Waßigen etc., Vormünderin und Regentin.
Grenzberichtigungen, wobei Staatsangehörige aus dem Staatsverbande treten, bedürfen gleichmäßig der Genehmigung der Stände.
Wir sind den Wünschen unsers Volks, mit seinen Vertretern eine den Bedürfnissen der Zeit entsprechende Verfassung zu errichten, mit Aufrichtigkeit und Bereitwilligkeit entgegengekommen.
TITEL II
Wir verkünden das gegenwärtige Staatsgrundgesetz mit dem Wunsche, daß es die Freiheit unseres Volks, das Wohl aller Staatsangehörigen auf dauernde Weise begründen, und die Eintracht zwischen Fürst und Volk befestigen möge.
Von den Grundrechten des Volks § 3. Wer auf die vom Gesetz bezeichnete Weise das Recht des bleibenden Wohnsitzes innerhalb der Grenzen des Landes erworben hat, ist Staatsangehöriger. § 4. Ein jeder Staatsangehörige ist zugleich Staatsbürger, wenn er die zur Theilnahme an der Volksvertretung verfassungsmäßig erforderlichen Eigenschaften besitzt.
Staatsgrundgesetz für die Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont.
§ 5. Das Recht der Landesangehörigen zu Begründung eines Familienstandes mittelst einzugehender Ehe an dem Orte, wo ihnen das Heimathsrecht zusteht, ist von Staatswegen nicht beschränkt.
TITEL I
§ 6. Vor dem Gesetze gilt kein Unterschied der Stände. Der Adel als Stand ist aufgehoben. Alle Standesvorrechte sind abgeschafft. Alle Staatsangehörige sind vor dem Gesetze gleich. Alle Titel, in so weit sie nicht mit einem Amte verbunden sind, sind aufgehoben und dürfen nie wieder eingeführt werden. Kein Staatsangehöriger darf von einem nichtdeutschen Staate einen Orden annehmen.
Von dem Staatsgebiete § 1. Die Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont bilden einen durch ein und dieselbe Verfassung vereinigten Staat. Derselbe ist ein Bestandtheil des deutschen Reichs. § 2. Kein Theil des Staatsgebiets kann ohne Zustimmung der gemeinschaftlichen Stände veräußert werden.
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WALDECK -P YRMONT Die öffentlichen Aemter sind für alle Befähigten gleich zugänglich. Die Wehrpflicht ist für Alle gleich; Stellvertretung bei derselben findet nicht statt. § 7. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. Die Verhaftung einer Person soll, außer im Falle der Ergreifung auf frischer That, nur geschehen in Kraft eines richterlichen, mit Gründen versehenen Befehls. Dieser Befehl muß im Augenblick der Verhaftung, oder innerhalb der nächsten vier und zwanzig Stunden, dem Verhafteten zugestellt werden. Die Polizeibehörde muß Jeden, den sie in Verwahrung genommen hat, im Laufe des folgenden Tages entweder frei lassen, oder der richterlichen Behörde übergeben. Jeder Angeschuldigte soll gegen Stellung einer vom Gerichte zu bestimmenden Caution oder Bürgschaft der Haft entlassen werden, sofern nicht dringende Anzeigen eines schweren peinlichen Verbrechens gegen denselben vorliegen. Im Falle einer widerrechtlich verfügten oder verlängerten Gefangenschaft ist der Schuldige und nöthigenfalls der Staat dem Verletzten zur Genugthuung und Entschädigung verpflichtet. Die für das Militair erforderlichen Modificationen dieser Bestimmungen bleiben einem besondern Gesetze vorbehalten. § 8. Die Todesstrafe, ausgenommen wo das Kriegsrecht sie vorschreibt, so wie die Strafen des Prangers, der Brandmarkung und der körperlichen Züchtigung sind abgeschafft. An die Stelle dieser Strafen tritt Freiheitsstrafe. Abbitte und Widerruf, so wie der Zwang zur Ehrenerklärung sind ebenfalls abgeschafft und soll Geld- oder verhältnißmäßige Freiheitsstrafe an deren Stelle treten. Die Strafe des bürgerlichen Todes soll nicht stattfinden. Die Strafe der Vermögenseinziehung soll
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nicht stattfinden. An die Stelle derselben tritt Geld- oder verhältnißmäßige Freiheitsstrafe. § 9. Die Wohnung ist unverletzlich. Eine Haussuchung ist nur zulässig: 1. in Kraft eines richterlichen, mit Gründen versehenen Befehls, welcher sofort oder innerhalb der nächsten vier und zwanzig Stunden dem Betheiligten zugestellt werden soll; 2. im Falle der Verfolgung auf frischer That durch den gesetzlich berechtigten Beamten; 3. in den Fällen und Formen, in welchen das Gesetz ausnahmsweise bestimmten Beamten auch ohne richterlichen Befehl dieselbe gestattet. Die Haussuchung muß, wenn thunlich, mit Zuziehung von Hausgenossen geschehen. Die Unverletzlichkeit der Wohnung ist kein Hinderniß der Verhaftung eines gerichtlich Verfolgten. § 10. Die Beschlagnahme von Briefen und Papieren darf, außer bei einer Verhaftung oder Haussuchung, nur in Kraft eines richterlichen, mit Gründen versehenen, Befehls vorgenommen werden, welcher sofort oder innerhalb der nächsten vier und zwanzig Stunden dem Betheiligten zugestellt werden soll. § 11. Das Briefgeheimniß ist gewährleistet. Die bei strafgerichtlichen Untersuchungen und in Kriegsfällen nothwendigen Beschränkungen werden durch die Gesetzgebung festgestellt werden. § 12. Jeder Staatsangehörige hat das Recht, durch Wort, Schrift, Druck und bildliche Darstellung seine Meinung frei zu äußern. Die Preßfreiheit darf unter keinen Umständen und in keiner Weise durch vorbeugende Maßregeln, namentlich Censur, Con-
V ERFASSUNG VON WALDECK -P YRMONT (1849) cessionen, Sicherheitsbestellungen, Staatsauflagen, Beschränkungen der Druckereien oder des Buchhandels, Postverbote oder andere Hemmungen des freien Verkehrs beschränkt, suspendirt oder aufgehoben werden. Ueber Preßvergehen, welche von Amtswegen verfolgt werden, wird durch Schwurgerichte geurtheilt. § 13. Ein Jeder hat volle Glaubens- und Gewissensfreiheit. Niemand ist verpflichtet, seine religiöse Ueberzeugung zu offenbaren. § 14. Jeder ist unbeschränkt in der gemeinsamen häuslichen und öffentlichen Uebung seiner Religion. Verbrechen und Vergehen, welche bei Ausübung dieser Freiheit begangen werden, sind nach dem Gesetze zu bestrafen. § 15. Durch das religiöse Bekenntniß wird der Genuß der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte weder bedingt noch beschränkt. Den staatsbürgerlichen Pflichten darf dasselbe keinen Abbruch thun. Jede Religionsgesellschaft bleibt im Besitz und Genuß der für ihre Kultus-, Unterrichts- und Wohlthätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und Fonds. § 16. Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbstständig, bleibt aber den allgemeinen Staatsgesetzen unterworfen. Keine Religionsgesellschaft genießt vor andern Vorrechte durch den Staat; es besteht keine Staatskirche. Neue Religionsgesellschaften dürfen sich bilden; einer Anerkennung ihres Bekenntnisses durch den Staat bedarf es nicht. § 17. Niemand soll zu einer kirchlichen Handlung oder Feierlichkeit gezwungen werden. § 18. Die Formel des Eides soll künftig lauten: „So wahr mir Gott helfe.“
§ 19. Die bürgerliche Gültigkeit der Ehe ist nur von der Vollziehung des Civilacts abhängig; die kirchliche Trauung kann nur nach der Vollziehung des Civilactes stattfinden. Die Religionsverschiedenheit ist kein bürgerliches Ehehinderniß. § 20. Die Standesbücher werden von den bürgerlichen Behörden geführt. § 21. Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei. § 22. Das Unterrichts- und Erziehungswesen steht unter der Oberaufsicht des Staats und ist, abgesehen vom Religionsunterricht, der Beaufsichtigung der Geistlichkeit als solcher enthoben. § 23. Unterrichts- und Erziehungsanstalten zu gründen, zu leiten und an solchen Unterricht zu ertheilen, steht Jedem frei, wenn er seine Befähigung der Regierungsbehörde nachgewiesen hat. Der häusliche Unterricht unterliegt keiner Beschränkung. § 24. Für die Bildung der Jugend soll durch öffentliche Schulen genügend gesorgt werden. Eltern oder deren Stellvertreter dürfen ihre Kinder oder Pflegebefohlenen nicht ohne den Unterricht lassen, welcher für die unteren Volksschulen vorgeschrieben ist. § 25. Die öffentlichen Lehrer haben die Rechte der Staatsdiener. Der Staat stellt unter gesetzlich geordneter Betheiligung der Gemeinden die Lehrer der Volksschulen aus der Zahl der Geprüften an. § 26. Für den Unterricht in Volksschulen und niedern Gewerbsschulen wird kein Schulgeld bezahlt. Unbemittelten soll auf allen öffentlichen Unterrichtsanstalten freier Unterricht gewährt werden.
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WALDECK -P YRMONT § 27. Es steht einem Jeden frei, seinen Beruf zu wählen und sich für denselben auszubilden, wie und wo er will. § 28. Die Landesbewohner haben das Recht, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln; einer besondern Erlaubniß dazu bedarf es nicht. Volksversammlungen unter freiem Himmel können bei dringender Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit verboten werden. § 29. Die Landesbewohner haben das Recht, Vereine zu bilden. Dieses Recht soll durch keine vorbeugende Maßregel beschränkt werden. § 30. Die in den §§. 28 und 29 enthaltenen Bestimmungen finden auf den Militärstand Anwendung, in so weit die militärischen Disciplinarvorschriften nicht entgegen stehen. § 31. Jeder Landesbewohner hat das Recht, sich mit Bitten und Beschwerden schriftlich an die Behörden und an die Volksvertreter zu wenden. Dieses Recht kann sowohl von Einzelnen, als von Korporationen und Mehreren im Verein ausgeübt werden. Beim Militär jedoch nur in der Weise, wie es die Disciplinarvorschriften bestimmen. § 32. Das Eigenthum ist unverletzlich. Eine Enteignung kann nur aus Rücksichten des gemeinen Besten, nur auf Grund eines Gesetzes und gegen gerechte Entschädigung vorgenommen werden. Das geistige Eigenthum wird durch die Reichsgesetzgebung geschützt werden. § 33. Jeder Grundeigenthümer kann seinen Grundbesitz unter Lebenden und von Todeswegen ganz oder theilweise veräußern. Die Durchführung des Grundsatzes der Theilbarkeit alles Grundeigenthums wird durch ein Uebergangsgesetz vermittelt werden.
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Für die todte Hand werden unter Umständen und aus Gründen des öffentlichen Wohls Beschränkungen des Rechts, Liegenschaften zu erwerben und über sie zu verfügen, im Wege der Gesetzgebung erlassen werden. § 34. Jeder Unterthänigkeits- und Hörigkeitsverband hört für immer auf. § 35. Ohne Entschädigung sind aufgehoben: 1. die Patrimonialgerichtsbarkeit und die grundherrliche Polizei, sammt den aus diesen Rechten fließenden Befugnissen, Exemtionen und Abgaben; 2. die aus dem guts- und schutzherrlichen Verbande fließenden auf der Person haftenden Abgaben und Leistungen. Mit diesen Rechten fallen auch die Gegenleistungen und Lasten weg, welche dem bisher Berechtigten dafür oblagen. Hinsichtlich Aufhebung der aus dem guts- und schutzherrlichen Verbande [nro. 2] geflossenen auf der Person haftenden Domanial-Abgaben und Leistungen hat es bei der Bekanntmachung vom 28. April 1848 und bei dem Gesetze vom 20. November desselben Jahres sein Bewenden. Insofern jedoch dergleichen DomanialAbgaben und Leistungen außerdem noch beständen, soll deren Aufhebung annoch erfolgen. Bei etwa vorhandenen aus privat- gutsoder schutzherrlichem Verbande fließenden, auf der Person haftenden Abgaben und Leistungen bleibt den Pflichtigen die Wahrnehmung ihrer Zuständigkeiten überlassen. § 36. Alle auf Grund und Boden haftenden Abgaben und Leistungen sind ablösbar, nach Vorschrift der unterm 7. und 8. Juli und 20. November vorigen Jahrs ergangenen oder weiter zu erlassenden Gesetze. Es soll fortan kein Grundstück mit einer unablösbaren Abgabe oder Leistung belas-
V ERFASSUNG VON WALDECK -P YRMONT (1849) tet werden. [§. 23 des Gesetzes vom 20. November 1848.] § 37. Im Grundeigenthum liegt die Berechtigung zur Jagd auf eigenem Grund und Boden. Die Jagdgerechtigkeit auf fremden Grund und Boden, imgleichen alle Leistungen für Jagdzwecke, wo deren etwa noch beständen, sind ohne Entschädigung aufgehoben. Wegen der Ausübung des Jagdrechts hat es bei dem Gesetz vom 6. November 1848 sein Bewenden. Die Jagdgerechtigkeit auf fremdem Grund und Boden darf in Zukunft nicht wieder als Grundgerechtigkeit bestellt werden. § 38. Die Familienfideicommisse, mit Ausnahme desjenigen der regierenden Fürstlichen Familie, sollen durch ein Gesetz aufgehoben werden. § 39. Der Lehnsverband ist ablösbar nach den Vorschriften des Gesetzes vom 15. August 1848 und etwa fernerweit zu erlassenden Bestimmungen. § 40. Die Auswanderungsfreiheit ist von Staatswegen nicht beschränkt; Abzugsgelder dürfen nicht erhoben werden.
TITEL III Von den Gemeinden und Kreisverbänden § 41. Das Staatsgebiet zerfällt in Gemeinden und Kreise, deren Vertretung und Verwaltung durch besondere Gesetze geregelt wird. § 42. Folgende Grundsätze sollen dabei beobachtet werden: 1. Jede Gemeinde und jeder Kreis wählen ihre Vertreter, welche Versammlungen
bilden und über die inneren und besonderen Gemeinde- und Kreisangelegenheiten berathen und beschließen; 2. Die Beschlüsse dieser Versammlung werden durch Vorsteher der Gemeinden und Kreise zur Ausführung gebracht. 3. Die freie Selbstverwaltung ihrer Angelegenheiten steht den Gemeinden und Kreisen unter gesetzlich geordneter Oberaufsicht des Staates zu, und kann nur durch ein Gesetz und auch durch dieses nicht weiter beschränkt werden, als der Staatszweck es nothwendig erfordert. Die Ortspolizei wird den Gemeindeangelegenheiten beigezählt. 4. Die Vorsteher der Gemeinden werden durch die Gemeindemitglieder gewählt; die Vorsteher der Kreise werden von der Staatsregierung ernannt. 5. Für die Verhandlungen der Gemeindeund Kreisversammlungen gilt der Grundsatz der Oeffentlichkeit als Regel. Ausnahmen können gesetzlich angeordnet werden. Ueber die Einnahmen und Ausgaben muß jährlich ein Bericht veröffentlicht werden. 6. Kleinere Gemeinden werden zu einem Gemeindeverbande vereinigt werden.
TITEL IV Von der Volksvertretung § 43. Die gesetzgebende Gewalt wird gemeinschaftlich durch den Fürsten und durch den Landtag ausgeübt. Die Gesetze und authentischen Gesetzesauslegungen bedürfen der Zustimmung des Landtags und der Sanction des Fürsten. § 44. Dem Fürsten so wie dem Landtage steht das Recht zu, Gesetze vorzuschlagen. § 45. Der Landtag wird gebildet durch die vom Volke nach dem dieser Verfassung beigefügten Gesetze gewählten Vertreter. Dieselben werden jedesmal für zwei Jahre gewählt.
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WALDECK -P YRMONT § 46. Für alle den Fürstenthümern Waldeck und Pyrmont gemeinsamen Angelegenheiten treten die beiderseitigen Abgeordneten zu gemeinschaftlichen Landtagen im Fürstenthum Waldeck zusammen. Die besondern Angelegenheiten des Fürstenthums Waldeck werden auf den Landtagen, ohne den Hinzutritt der Abgeordneten des Fürstenthums Pyrmont, berathen und beschlossen. Für die besondern Angelegenheiten des Fürstenthums Pyrmont treten die Abgeordneten dieses Fürstenthums daselbst besonders zusammen. Die Zahl der Abgeordneten des Fürstenthums Waldeck beträgt zwölf, diejenige der Abgeordneten des Fürstenthums Pyrmont beträgt drei. Zu den gemeinschaftlichen Angelegenheiten gehören für jetzt: 1. die Verhältnisse des Landes zum deutschen Reich, 2. die Gesandtschaften, 3. die allgemeine Gesetzgebung, 4. die Civilliste und Apanagen, 5. die Regierung und das Consistorium, 6. die Obergerichte, 7. Schloß Waldeck, 8. das Criminialgericht, 9. der Staatsanwalt, 10. das Archiv, 11. das Militär, 12. das Landesgymnasium zu Corbach, 13. die Staatsdienerwittwenkasse, 14. die Brandkasse, 15. das Regierungsblatt, 16. Veräußerung von Domanialgütern. § 47. Wähler ist jeder unbescholtene Landesbewohner, welcher das fünf und zwanzigste Lebensjahr zurückgelegt hat. § 48. Von der Berechtigung zum Wählen sind ausgeschlossen: 1. Personen, welche unter Vormundschaft oder Curatel stehen; 2. Personen, über deren Vermögen Con-
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curs gerichtlich eröffnet ist und zwar während der Dauer dieses Concurses; 3. Personen, welche eine Armenunterstützung aus öffentlichen oder Gemeindemitteln beziehen, oder im letzten der Wahl vorhergegangenen Jahre bezogen haben. § 49. Als bescholten, also von der Berechtigung zum Wählen ausgeschlossen, sollen angesehen werden: Personen, denen durch rechtskräftiges Erkenntniß eines Gerichts entweder unmittelbar oder mittelbar der Vollgenuß der staatsbürgerlichen Rechte entzogen, namentlich solche, gegen welche Zuchthausstrafe rechtskräftig auserkannt ist, so lange sie in jene Rechte nicht wieder eingesetzt worden sind. § 50. Des Rechts zu wählen soll, unbeschadet der dadurch sonst verwirkten Strafe, für die Zeit von vier bis zwölf Jahren durch strafgerichtliches Erkenntniß verlustig gehen: wer bei Wahlen Stimmen erkauft, seine Stimme verkauft oder mehr als einmal bei der für einen und denselben Zweck bestimmten Wahl seine Stimme abgegeben, oder überhaupt zur Einwirkung auf die Wahl gesetzlich unzulässige Mittel angewendet hat. § 51. Wählbar zum Abgeordneten ist jeder wahlberechtigte Landesangehörige ohne Unterschied an welchem Orte des Landes er wohne, welcher das fünf und zwanzigste Lebensjahr zurückgelegt und seit wenigstens drei Jahren dem Staate angehört hat. § 52. Personen, welche ein öffentliches Amt bekleiden, bedürfen zum Eintritt in die Kammer der Abgeordneten keines Urlaubs. Dieselben haben innerhalb drei Tagen, nachdem die Wahl ihnen bekannt gemacht worden, der Staatsregierung Anzeige von deren Annahme zu machen.
V ERFASSUNG VON WALDECK -P YRMONT (1849) § 53. Jeder Wahlbezirk wählt einen Abgeordneten durch unmittelbare (directe) Wahl. § 54. Stellvertreter werden nicht gewählt. § 55. Der Landtag wird durch den Fürsten regelmäßig in der Mitte des Monats October jeden Jahrs und außerdem so oft es die Umstände erheischen, berufen. Auf den vierzehnten Tag nach dem Tode des Fürsten treten die zuletzt versammelt gewesenen Stände ohne Berufung zusammen, falls sie nicht schon früher berufen sind. § 56. Die Eröffnung und die Schließung des Landtags geschieht durch den Fürsten in Person oder durch ein dazu von ihm beauftragtes Mitglied der Staatsregierung im ständischen Sitzungssaale. Die Eröffnung geschieht nach vorläufiger Berichtigung der Legitimation der Abgeordneten, sobald deren wenigstens zwei Drittel anwesend sind. § 57. Der Landtag prüft die Vollmachten seiner Mitglieder und entscheidet über deren Zulassung. §. 58. Zur Annahme oder Beibehaltung des Amtes eines Abgeordneten kann Niemand gezwungen werden. § 59. Wenn ein Mitglied ein Staatsamt oder eine Beförderung annimmt, so muß es sich einer neuen Wahl unterwerfen; es behält jedenfalls seinen Sitz in der Kammer, bis eine neue Wahl stattgefunden hat. § 60. Die Abgeordneten sind Vertreter des ganzen Volks. Sie können durch Instructionen nicht gebunden werden. § 61. Jedes Mitglied leistet bei seinem Eintritt den Eid: „Ich schwöre, dem Fürsten Treue zu leisten und die Verfassung gewis-
senhaft zu beobachten und aufrecht zu erhalten, so wahr mir Gott helfe.“ Dieser Eid wird vom Präsidenten des Landtags in die Hände des Fürsten, oder des dazu von ihm beauftragten Mitgliedes der Staatsregierung, und von den übrigen Mitgliedern dem Präsidenten in der Versammlung abgelegt. Wenn ein ehemaliger Abgeordneter durch neue Wahl wieder eintritt, so verpflichtet er sich mittelst Handschlags auf seinen frühern Eid. § 62. Die Ständeversammlung hat das Recht, sich eine Geschäftsordnung selbst zu geben, mit Ausnahme derjenigen Punkte, welche die geschäftlichen Beziehungen zu der Staatsregierung betreffen. Diese werden durch Uebereinkunft geordnet. § 63. Die Ständeversammlung wählt ihren Präsidenten und ihren Vicepräsidenten. Zur Wahrnehmung der Schriftführung wählt der Landtag für seine Dauer einen oder mehrere Schriftführer entweder aus seiner Mitte oder aus drei vom Präsidenten vorzuschlagenden anderen Personen. Im letzteren Falle erhält der Schriftführer eine angemessene Vergütung. § 64. Die Sitzungen sind öffentlich. Die Geschäftsordnung bestimmt, unter welchen Bedingungen vertrauliche Sitzungen stattfinden können. § 65. Zu einem Beschluß ist die Anwesenheit von wenigstens zwei Dritteln der Mitglieder und die absolute Stimmenmehrheit erforderlich. Im Falle der Stimmengleichheit wird ein Antrag als abgelehnt betrachtet. § 66. Das Recht der Beschwerde, der Adresse und der Erhebung von Thatsachen und Gutachten, so wie der Anklage der verantwortlichen Mitglieder der Staatsregierung, steht dem Landtage zu.
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WALDECK -P YRMONT § 67. Der Landtag nimmt Petitionen an und bringt solche zur Berathung. Dieselben dürfen dem Landtage nicht in Person überreicht, noch überhaupt Deputationen zugelassen werden. § 68. Ein Mitglied des Landtags darf während der Dauer desselben ohne dessen Zustimmung wegen strafrechtlicher Anschuldigungen weder verhaftet, noch in Untersuchung gezogen werden, mit alleiniger Ausnahme der Ergreifung auf frischer That. In diesem Falle ist dem Landtage von der angeordneten Maßregel sofort Kenntniß zu geben. Es steht demselben zu, die Aufhebung der Haft und der Untersuchung bis zum Schluß des Landtags zu verfügen. § 69. Dieselbe Befugniß steht dem Landtage in Betreff einer Verhaftung oder Untersuchung zu, welche über ein Mitglied desselben zur Zeit seiner Wahl verhängt gewesen, oder nach dieser bis zur Eröffnung des Landtages verhängt worden ist. § 70. Kein Abgeordneter darf zu irgend einer Zeit wegen seiner Abstimmungen oder wegen der in Ausübung seines Berufs gethanen Aueßerungen gerichtlich oder disciplinarisch verfolgt, oder sonst außerhalb der Versammlung zur Verantwortung gezogen werden. Die Ständeversammlung hat das Recht, ihre Mitglieder wegen unwürdigen Verhaltens in der Versammlung zu bestrafen und äußersten Falls auszuschließen. Das Nähere bestimmt die Geschäftsordnung. Eine Ausschließung kann nur dann ausgesprochen werden, wenn eine Mehrheit von drei Viertel der Stimmen sich dafür entscheidet. § 71. Die Abgeordneten erhalten aus der Staatskasse Diäten, auf welche nicht verzichtet werden darf.
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TITEL V Von dem Fürsten und dem Fürstlichen Hause § 72. Die Person des Fürsten ist unverletzlich und unverantwortlich. § 73. Die Mitglieder der Staatsregierung sind verantwortlich. Alle Erlasse des Fürsten in Staatsangelegenheiten bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung wenigstens eines Mitgliedes der Staatsregierung, welches dadurch die Verantwortlichkeit übernimmt. § 74. Dem Fürsten allein steht die vollziehende Gewalt zu. Er ernennt und entläßt die verantwortlichen Mitglieder der Staatsregierung, wobei es der im §. 73 gedachten Gegenzeichnung nicht bedarf. § 75. Der Fürst übt die gesetzgebende Gewalt in Gemeinschaft mit dem Landtage aus. Er verkündigt die Gesetze mit Bezug auf die Zustimmung der Stände, beziehungsweise auf die nach §. 137 vorliegenden Umstände, und erläßt die zur Vollziehung derselben nöthigen Verordnungen. § 76. Der Fürst führt den Oberbefehl über das Militär und besetzt alle Stellen in demselben, so wie in den übrigen Zweigen des Staatsdienstes, insofern nicht das Gesetz ein Anderes verordnet. § 77. Der Fürst hat das Recht, Verträge mit fremden Regierungen zu schließen – innerhalb der durch die Reichsverfassung vorgezeichneten Grenzen. Verträge, durch welche dem Staate Lasten oder einzelnen Staatsbürgern Verpflichtungen auferlegt werden, bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Zustimmung der Stände. § 78. Der Fürst hat das Recht der Begnadigung und Strafmilderung, so wie der Amnestirung. Das Verbot der Einleitung oder Fortsetzung einer einzelnen Untersuchung kann der Fürst nur mit Zustimmung
V ERFASSUNG VON WALDECK -P YRMONT (1849) des Landtags erlassen. Zu Gunsten eines auf Anklage der Stände wegen seiner Amtshandlungen verurtheilten Mitgliedes der Regierung kann der Fürst das Recht der Begnadigung und Strafmilderung nur dann ausüben, wenn die Stände darauf antragen. Die Erlassung rückständiger Steuern, Abgaben, Domanial-Einnahmen, Sporteln und Gebühren in einzelnen Fällen bleibt dem Ermessen des Fürsten vorbehalten. § 79. Der Fürst beruft den Landtag und schließt die Sitzungen desselben. Er hat das Recht, die Stände aufzulösen. Es müssen in diesem Falle neue Wahlen angeordnet und innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten nach der Auflösung die neuen Stände versammelt werden. Nach vergeblichem Ablauf dieser Frist tritt der neugewählte, oder insofern die neuen Wahlen noch nicht stattgefunden haben, der zuletzt versammelt gewesene Landtag ohne Einberufung wieder zusammen. § 80. Vor Schließung oder baldigst nach Auflösung der jedesmaligen Versammlung eröffnet der Fürst dem Landtage über dessen bis dahin nicht erledigten Anträge seine Erklärung in einem Landtagsabschiede. Der Landtagsabschied ist in die Gesetzsammlung einzurücken. § 81. Der Fürst kann die Stände vertagen. Ohne deren Zustimmung jedoch darf diese Vertagung weder die Frist von dreißig Tagen überschreiten, noch während derselben Diät wiederholt werden. Auch der Landtag kann sich auf vierzehn Tage vertagen. § 82. Der Fürst darf den Sitz der Staatsregierung nicht außer Landes verlegen, auch ohne Zustimmung des Landtags seinen wesentlichen Aufenthalt nicht außerhalb des Landes nehmen. § 83. Ist der Fürst an der Ausübung der Regierung verhindert, so führt während die-
ser Verhinderung der von ihm zu ernennende Stellvertreter die Regierung nach den Bestimmungen dieser Verfassung. Auch der Stellvertreter darf seinen wesentlichen Aufenthalt nicht außerhalb Landes nehmen. § 84. Die Regierung ist erblich in dem Mannstamme des Waldeckischen Fürstenhauses nach dem Rechte der Erstgeburt und der agnatischen Linealfolge. Erlischt der Mannsstamm, so geht die Regierungsfolge auf die weibliche Linie über. Hierbei entscheidet die Nähe der Verwandtschaft mit dem zuletzt regierenden Fürsten und bei gleichem Verwandtschaftsgrade das höhere Alter. Nach dem Uebergange gilt wieder der Vorzug des Mannsstammes in der Primogeniturordnung. In Ansehung des Fürstenthums Pyrmont bleibt es bei den bestehenden Verträgen. § 85. Der Fürst wird mit Vollendung des ein und zwanzigsten Lebensjahres volljährig und regierungsfähig. Er schwört in der Landtagsversammlung einen Eid, die Verfassung fest und unverbrüchlich zu halten und in Uebereinstimmung mit derselben und den Gesetzen zu regieren. Erst nach geleistetem Eide ist der Fürst berechtigt, Regierungshandlungen vorzunehmen. Bis zur Eidesleistung wird die Regierung von der verantwortlichen Staatsbehörde geführt. § 86. Erst nach dieser Eidesablegung wird die Huldigung geleistet. Der Huldigungseid wird allgemein dahin festgesetzt: „Ich schwöre dem Fürsten und der Verfassung Treue und Gehorsam zu leisten.“ Der Huldigungseid wird zuerst von den Abgeordneten geleistet. Jeder Staatsangehörige männlichen Geschlechts hat den Huldigungseid, insofern er nicht schon früher geleistet wurde, bei
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WALDECK -P YRMONT seiner Verheirathung oder selbstständigen Einrichtung abzulegen. § 87. Im Falle der Minderjährigkeit des Fürsten hat der Landtag die Regentschaft und Vormundschaft anzuordnen, insofern nicht schon durch ein besonderes Gesetz für beides Vorsorge getroffen ist. Die leibliche Mutter und Großmutter und die Agnaten des Fürstlichen Hauses sind nicht ohne zureichende Gründe zu übergehen. § 88. Ist der Fürst in der Unmöglichkeit zu regieren, so beruft die Staatsregierung den Landtag, um die Regentschaft und Vormundschaft anzuordnen. § 89. Die Regentschaft kann nur einer Person übertragen werden. Der Regent schwört bei Antritt der Regentschaft in der Landesversammlung einen Eid, die Verfassung fest und unverbrüchlich zu halten und in Uebereinstimmung mit derselben und den Gesetzen zu regieren. Die Regentschaft dauert bis zur Eidesleistung des Fürsten. § 90. Der Regent übt im Namen des Fürsten die volle Staatsgewalt, wie sie diesem selbst verfassungsmäßig zusteht. § 91. Der Regent, mit Ausnahme der Mutter und Großmutter, kann die Vormundschaft über den minderjährigen Fürsten nicht führen. § 92. Die Erziehung des minderjährigen Fürsten gebührt, wenn darüber vom letztregierenden Fürsten keine Anordnung getroffen worden, zunächst der leiblichen Mutter und nach dieser der Großmutter von väterlicher Seite, falls und so lange sie nicht anderweit vermählt sind. In Ermangelung derselben die mit der Leitung zu beauftragende Person auf den Vorschlag der Staatsregierung vom Landtage zu bestimmen.
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In allen Fällen bedarf es bei Annahme der übrigen zur Erziehung und zum Unterricht erforderlichen Personen der Zustimmung der Staatsregierung. Sollte diese mit der die Erziehung leitenden Person sich nicht einigen können, so hat der Landtag die Vermittlung zu übernehmen und nöthigenfalls für die eine oder andere Ansicht zu entscheiden. § 93. Der Erbprinz kann nach vollendetem ein und zwanzigsten Lebensjahre an den Berathungen der Staatsregierung Theil nehmen, nicht aber an der Beschlußfassung, an der Gegenzeichnung und Verantwortlichkeit der Mitglieder derselben. § 94. Das im Fürstenthum Waldeck gelegene Domanialvermögen wird für Staatsgut erklärt. Das Domanialvermögen im Fürstenthum Pyrmont geht zur Benutzung und Verwaltung für immer auf das Fürstenthum Pyrmont über. Die nähern Bedingungen und Bestimmungen über die Erklärung zu Staatsgut bei Waldeck und über den Uebergang in Benutzung und Verwaltung bei Pyrmont enthält die Anlage I. § 95. Dem Fürstenhause wird eine Civilliste ausgesetzt, die zunächst aus den Einkünften des gesammten Domanialvermögens beider Fürstenthümer gewährt wird. Dieselbe wird bei jedem Regierungswechsel von Neuem mit der Ständeversammlung vereinbart. Die weiteren Bestimmungen enthält gleichfalls die Anlage I. § 96. Die übrigen Verhältnisse des Fürstlichen Hauses werden vom Fürsten hausgesetzlich bestimmt. Das Hausgesetz ist den Ständen zu ihrer Kenntnißnahme, und so weit nöthig zu ihrer Zustimmung vorzulegen.
V ERFASSUNG VON WALDECK -P YRMONT (1849)
TITEL VI Von der Staatsregierung § 97. Die Mitglieder der Staatsregierung haben den Zutritt zu den Sitzungen des Landtags und der Ausschüsse. Es muß ihnen vor dem Schluß der Debatte und vor dem letzten Wort des Antragstellers oder Berichtserstatters auf Verlangen zu jeder Zeit das Wort ertheilt werden. § 98. Dieselben haben die Verpflichtung, persönlich oder in Vertretung durch ein anderes Mitglied den Sitzungen des Landtags und der Ausschüsse auf Verlangen anzuwohnen und Auskunft zu ertheilen. § 99. Die Mitglieder der Staatsregierung sind für alle von ihnen unterzeichnete Verfügungen des Fürsten und für alle ihre Amtshandlungen verantwortlich. Die Mitglieder der Staatsregierung können wegen des Verbrechens der Verfassungsverletzung oder sonstiger Verletzung ihrer Amtspflicht von den Ständen angeklagt werden. Das Reichsgericht wird über die Anklage entscheiden. Die nähern Bestimmungen werden einem besondern Gesetze vorbehalten. § 100. Die wegen politischer Gründe entlassenen Mitglieder der Staatsregierung erhalten eine nach den Bestimmungen des Pensionirungsgesetzes sich regelnde Pension oder werden mit Berücksichtigung ihrer bisherigen Stellung und mit Belassung ihres Diensteinkommens im Staatsdienst anderweit angestellt.
TITEL VII Von der richterlichen Gewalt § 101. Alle Gerichtsbarkeit geht vom Staate aus. Es sollen keine Patrimonialgerichte bestehen.
§ 102. Die richterliche Gewalt wird selbstständig von den Gerichten geübt. Kabinets- und Ministerialjustiz ist unstatthaft. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Ausnahmegerichte sollen nie stattfinden. § 103. Es soll kein privilegirter Gerichtsstand der Personen oder Güter geben. Der Militärgerichtsbarkeit bleibt auf die Aburtheilung militärischer Verbrechen und Vergehen, so wie der Militärdisciplinarvergehen beschränkt, vorbehaltlich der Bestimmungen für den Kriegsstand. § 104. Kein Richter darf, außer durch Urtheil und Recht, von seinem Amte entfernt oder an Rang und Gehalt beeinträchtigt werden. Suspension darf nicht ohne gerichtlichen Beschluß des Hofgerichts erfolgen. Kein Richter darf wider seinen Willen, außer durch gerichtlichen Beschluß des Hofgerichts in den durch das Gesetz bestimmten Fällen und Formen, zu einer andern Stelle versetzt oder in Ruhestand gesetzt werden. § 105. Das Gerichtsverfahren soll öffentlich und mündlich sein. Ausnahmen von der Offentlichkeit wird das zu erlassende Gesetz im Interesse der Sittlichkeit bestimmen. § 106. In Strafsachen soll der Anklageproceß gelten. Schwurgerichte sollen in schwereren Strafsachen und bei allen politischen Vergehen urtheilen. § 107. Die bürgerliche Rechtspflege soll, insofern das Bedürfniß von der Landesgesetzgebung anerkannt wird, in Sachen besonderer Berufserfahrung durch sachkundige, von den Berufsgenossen frei gewählte Richter geübt oder mitgeübt werden.
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WALDECK -P YRMONT § 108. Rechtspflege und Verwaltung sollen getrennt und von einander unabhängig sein. Bei einem Streit zwischen Verwaltungsund Justizbehörden über die Zuständigkeit der letztern, so wie überhaupt über die Frage, ob eine Sache zum Gerichtsverfahren sich eigne, entscheiden die Gerichte im regelmäßigen Instanzenzuge. § 109. Die Verwaltungsrechtspflege hört auf; über alle Rechtsverletzungen entscheiden die Gerichte. Der Polizei steht keine Strafgerichtsbarkeit zu. § 110. Rechtskräftige Urtheile anderer deutschen Gerichte sind gleich denen der einheimischen Gerichte wirksam und vollziehbar. § 111. Anstandsbriefe [Moratorien] dürfen nicht ertheilt werden.
TITEL VIII Von der bewaffneten Macht § 112. Die bewaffnete Macht soll den Gesetzen des deutschen Reichs gemäß aufgestellt werden. Neben dem zum deutschen Heere zu stellenden Theile derselben soll jedenfalls eine allgemeine Volkswehr eingerichtet werden, bei welcher jeder Landesbewohner vom vollendeten zwanzigsten bis zum vollendeten fünfzigsten Lebensjahre Dienst zu leisten berechtigt und verpflichtet ist. Die Ausnahmen hiervon wird das Gesetz bestimmen. Die Volkswehr ist berufen und verpflichtet, für Aufrechthaltung der Landesverfassung, für Vertheidigung der Landesgrenzen, für Erhaltung der Ruhe und Ordnung im Innern zu wirken, Personen und Eigenthum zu beschützen. Die Officiere und Unterofficiere des zum deutschen Heere gehörenden Theils der bewaffneten Macht sind Staatsdiener und werden vom Fürsten ernannt; die Officiere und
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Unterofficiere der Volkswehr werden von den Mannschaften gewählt. Der Fürst als solcher hat den Oberbefehl über alle Theile der bewaffneten Macht und übt denselben unter Gegenzeichnung und Verantwortlichkeit der Staatsregierung aus. § 113. Zur Aufrechthaltung der inneren Ruhe und Sicherheit, so wie zur Vollziehung der von den bürgerlichen Behörden ergangenen Verfügungen kann die bewaffnete Macht nur auf ausdrücklichen Antrag der zuständigen, dafür verantwortlichen bürgerlichen Behörde einschreiten, und nicht weiter als diese es verlangt. § 114. In den Fahneneid ist die Verpflichtung zur Treue gegen das Reichsoberhaupt und die Reichsverfassung an erster Stelle aufzunehmen.
TITEL IX Von der Finanzverwaltung § 115. Die bestehende Steuergesetzgebung soll einer Revision unterworfen und so geordnet werden, daß die Bevorzugung einzelner Stände und Güter in Staat und Gemeinde aufhört. § 116. Sobald die neue Regulirung der Grundsteuer und die Landeskatastrirung im Fürstenthum Waldeck zur Ausführung kommen werden, soll auch im Fürstenthum Pyrmont dazu geschritten werden und soll alsdann überhaupt dahin gestrebt werden, das Steuersystem der beiden Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont in Uebereinstimmung zu bringen, zwischen denselben eine völlige Vereinigung der Finanzen und Kassen herzustellen, die unterscheidende Behandlung der gemeinschaftlichen und besonderen Angelegenheiten aber aufzuheben und eine einzige gemeinsame Vertretung des Fürstenthums Waldeck-Pyrmont stattfinden zu lassen.
V ERFASSUNG VON WALDECK -P YRMONT (1849) Eine den Umständen angemessene Vereinbarung wegen der wechselseitigen Landesschulden soll alsdann getroffen werden. Für den Fall, daß jene gänzliche FinanzKassen- und Repräsentationsvereinigung nicht zu erreichen stände, bleiben beiden Fürstenthümern alle in den bis jetzt geltenden Verhältnissen begründeten Rechte und Zuständigkeiten vorbehalten. § 117. Bis zu obigem Zeitpunkt der Finanzvereinigung werden die Intraden und Ausgaben eines jeden der beiden Fürstenthümer besonders vereinnahmt und verrechnet, und aus den Intraden des Fürstenthums Pyrmont, neben den besonderen Ausgaben desselben, diejenigen Beiträge zu den Staatsausgaben des Fürstenthums Waldeck in den angemessenen Zielern geleistet, welche bisher geleistet worden sind. Diese Beiträge bestehen in dem neunten Theile der bei den oben §. 46 genannten gemeinschaftlichen Angelegenheiten stattfindenden Ausgaben, mit Ausnahme der [cf. nro. 3. ibid. allgemeine Gesetzgebung] Diäten der beiderseitigen Abgeordneten, welche jeder Seite für sich zur Last fallen, und mit Ausnahme nro. 4 ibid. Civilliste und Apanagen, worüber die §§. 95 und 118 bestimmen. § 118. Auf der Gesammtmasse des Domanialvermögens in den beiden Fürstenthümern Waldeck und Pyrmont ruhen und haften die Civilliste und sämmtliche Domanialschulden und sind die damit verbundenen Lasten und Beschwerden daraus zu bestreiten. Die Antheile, welche jedes der beiden Fürstenthümer an Civilliste, Schuldenverzinsung und Schuldenabtrag zu leisten hat, werden nach den Rein-Erträgen, welche das Domanialvermögen in jedem Fürstenthum nach den Rechnungen der letzten funfzehn Jahre von 1848 rückwärts gerechnet, abgeworfen hat, ermittelt und festgestellt und bis dahin, daß die in §. 116 erwähnte Finanzver-
einigung etwa zu Stande kommt, geleistet. Der alsdann und nach Abzug der sonstigen Verwaltungskosten verbleibende Ueberschuß der Domanialverwaltung im Fürstenthum Waldeck wird der Staatskasse dieses Fürstenthums und der Ueberschuß der Domanialverwaltung im Fürstenthum Pyrmont der dortigen Staatskasse überwiesen. § 119. Die Finanzverwaltung der Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont wird von einer gemeinsamen Finanzbehörde (Finanzkammer) geführt. Bei derselben sollen wenigstens zwei Abtheilungen (Domänen und Forsten; Steuern und Abgaben) mit besonderer Kasse- und Rechnungsführung eingerichtet werden. Die hiernächstige Vereinigung der Finanzkammer mit der Staatsregierung bleibt vorbehalten. § 120. Es wird eine zweijährige Finanzperiode angenommen und soll die erste derselben mit dem 1. Januar 1850 beginnen. § 121. Auf die Dauer dieser Periode wird das Budget entworfen und durch ein Gesetz festgestellt. § 122. Das Budget wird dem Landtage vorgelegt und von demselben in seinen einzelnen Ansätzen und nach den Erläuterungen und Belegen, welche die Staatsregierung vorzulegen hat, geprüft und ganz oder theilweise bewilligt oder verworfen. § 123. Wenn nach Ablauf der Bewilligungszeit das Zustandekommen eines neuen Finanzgesetzes aus dem einen oder andern Grunde sich verzögert, so dürfen die für den ordentlichen Staatsbedarf bewilligten Steuern und Abgaben noch sechs Monate hindurch forterhoben werden. Diese sechs Monate werden in die neue Finanzperiode eingerechnet. § 124. Zur Einführung neuer Steuern, so wie zur Aenderung und Forterhebung der
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WALDECK -P YRMONT bestehenden Steuern bedarf es der Zustimmung des Landtags.
genden Landtag zur Prüfung und Genehmhaltung vorzulegen.
§ 125. Jede Bewilligung gilt nur für den besondern Zweck, für welchen sie bestimmt worden. Die Verwendung darf nur innerhalb der Grenze der Verwilligung erfolgen.
§ 130. Vorübergehende Bedürfnisse der Kasse, zu deren Bestreitung die Mittel derselben anreichen, jedoch für den Augenblick nicht flüssig sind, können bis zur Beseitigung der Hindernisse einstweilen durch Borg gedeckt werden.
§ 126. Die Bewilligungen dürfen nicht an Bedingungen geknüpft werden, welche mit dem Wesen der vorgeschlagenen Ausgabe oder mit der Verwendung der zu verwilligenden Gelder nicht im unmittelbaren Zusammenhange stehen. § 127. Die Landesschulden sind gewährleistet. Die Rechte aller Gläubiger des Landes werden dem besondern Schutze der Verfassung unterstellt. § 128. Zur Aufnahme neuer Landesschulden, dieselbe möge im Wege der Darleihe oder durch Einführung von Kassescheinen oder auf sonstige Weise bewerkstelligt werden, ist die Zustimmung des Landtags erforderlich. Als neue Schulden sind nicht solche Vorschüsse zu betrachten, welche zu Tilgung von Landesschulden aufgenommen werden. Zur Ausstellung neuer Schuldurkunden an die Stelle älterer Obligationen, so wie über Gelder, welche aus der Kasse der Depositen- und Massegelder, aus der Brandkasse, Staatsdienerwittwenkasse und aus der Landessparkasse in die Landeskasse einfließen, ist die Zustimmung des Landtags nicht erforderlich. § 129. Wenn durch plötzlich eingetretene Ereignisse in Kriegszeiten außerordentliche Ausgaben und desfallsige Anleihen nothwendig werden, eine schleunige Berufung des Landtags zu Bewilligung des Bedarfs aber nicht möglich war, so ist die Staatsregierung ermächtigt, die nothwendigen Maßregeln unter ihrer Verantwortlichkeit vorzukehren, und sind diese dem fol-
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§ 131. Das Vermögen der Religionsgesellschaften, Wohlthätigkeits- und Unterrichtsanstalten darf dem Staatsvermögen nicht einverleibt und überhaupt seinem stiftungsmäßigen Zwecke nicht entzogen werden. Sollte der stiftungsmäßige Zweck nicht mehr zu erreichen sein, so darf eine Verwendung zu ähnlichen Zwecken nur mit Zustimmung der Betheiligten, und wenn von Landesanstalten die Rede ist, mit Zustimmung der Stände erfolgen. § 132. Die von der Finanzkammer alljährlich zu stellenden Rechnungen werden von der Staatsregierung geprüft und abgeschlossen, und dem Landtag zur Wahrnehmung der verfassungsmäßigen Rechte vorgelegt. Die Resultate derselben sollen öffentlich bekannt gemacht werden.
TITEL X Von den Staatsdienern § 133. Ueber die besondern Rechtsverhältnisse der Staatsdiener, über deren Anstellung und Entlassung, so wie über die Disciplin im Staatsdienste, soll ein besonderes Gesetz, unbeschadet der Bestimmungen des §. 104, erlassen werden. Bis dahin hat es in Ansehung der nicht zum Richterstande gehörigen Staatsdiener bei der Bestimmung des §. 25 litt. h. der Verfassungsurkunde vom 19. April 1816 sein Bewenden.
V ERFASSUNG VON WALDECK -P YRMONT (1849) § 134. Alle Staatsdiener sind, jeder für seinen Theil, wegen ihrer amtlichen Handlungen verantwortlich und belangbar. § 135. Die Pensionirung der Staatsdiener richtet sich einstweilen nach den Bestimmungen des Gesetzes vom 6. Juni 1828. Die dabei festgesetzte Mitwirkung der landständischen Deputation geht auf die Ständeversammlung über.
TITEL XI Allgemeine Bestimmungen § 136. Die Gesetze und Verordnungen sind nur verbindlich, wenn sie in der durch das Gesetz vorgeschriebenen Form bekannt gemacht worden sind. § 137. Wenn der Landtag nicht versammelt ist, können in dringenden durchaus keinen Aufschub erleidenden Fällen von der Staatsregierung unter ihrer Verantwortlichkeit Verordnungen, welche eine Abänderung der Verfassung nicht enthalten und nicht Steuerverhältnisse betreffen, mit Gesetzeskraft erlassen werden. Dieselben sind den Abgeordneten bei ihrer nächsten Versammlung vorzulegen, und wenn deren Zustimmung nicht erfolgt, wieder aufzuheben. § 138. Im Falle des Krieges oder Aufruhrs können die Bestimmungen der Grundrechte über Verhaftung, Haussuchung und Versammlungsrecht von der Staatsregierung zeitweise, soweit es nothwendig ist, außer Kraft gesetzt werden. Die Staatsregierung hat die Zustimmung des Landtags, wenn derselbe zur Zeit versammelt ist, sofort einzuholen. Ist der Landtag nicht versammelt, so darf die Verfügung nicht länger als vierzehn Tage dauern, ohne daß derselbe zusammen berufen und die getroffene Maßregel ihm zur Genehmigung vorgelegt wird.
§ 139. Ein Beschluß der Stände, wodurch eine Abänderung, Erläuterung oder Ergänzung der Verfassung beantragt oder auf Vorschlag des Fürsten eingewilligt wird, erfordert zu seiner Gültigkeit, daß er an drei verschiedenen Tagen berathen und jedesmal mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der verfassungsmäßigen Zahl der Stände gefaßt werde. § 140. In den Diensteid der Staatsbeamten und in den Eid der Gemeindebürger, so wie in den Fahneneid ist der Eid auf diese Verfassung aufzunehmen. § 141. Gesetzliche Bestimmungen, welche mit dieser Verfassungsurkunde in Widerspruch stehen, sind aufgehoben. § 142. Alle Gesetze und Verordnungen der Reichsgewalt erhalten verbindliche Kraft durch ihre Verkündigung von Reichswegen. Die Verpflichtung auf die Reichsverfassung ist mit der Verpflichtung auf die Landesverfassung zu verbinden und dieser voranzusetzen.
TITEL XII Vorübergehende Bestimmungen § 143 Zu §. 7 letzter Absatz, zu §. 9 Nr. 3 und zu §. 11 zweiter Absatz. Bis zu Erlassung der hier vorbehaltenen Gesetze bleiben die auf diese Gegenstände sich beziehenden bis jetzt gültigen Einrichtungen bestehen. Zu §. 12 zweiter Absatz. Bis zum Erlaß des Reichspreßgesetzes bleibt das Gesetz vom 14. März 1848, die Aufhebung der Censur betreffend, in Kraft. Zu §. 12. dritter Absatz. Bis zu Einführung der Schwurgerichte wird über die hier erwähnten Preßvergehen von den gewöhnlichen Gerichten entschieden.
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WALDECK -P YRMONT Zu §. 16 erster Absatz. Bis dahin, wo die zur Durchführung des hier ausgesprochenen Grundsatzes der Selbstständigkeit der Religionsgesellschaften erforderlichen Einrichtungen und Gesetze getroffen und erlassen sein werden, bleibt die gegenwärtige evangelische Kirchenverfassung bestehen. Zu §§. 18. 19. 20. Bis zu Erlassung der erforderlichen Gesetze über Eid, Ehe und Standesbücher bleiben die bisherigen gesetzlichen Einrichtungen in Kraft. Zu §§. 22, 25 und 26. Bis zu anderweitiger Anordnung des Schulwesens auf Grund dieser §§. bleibt es bei der Schulordnung vom 30. Januar 1846 und bei dem Gesetze vom 16. December 1848, so wie bei den sonstigen einschlägigen bisher gültigen Bestimmungen. Zu §. 28. Wo das Verbot von Volksversammlungen unter freiem Himmel zulässig ist, und in Anwendung kommen muß, soll dasselbe bis auf Weiteres von derjenigen Polizeibehörde ausgehen, welche über den Ort, wo solche gehalten werden sollen, die zuständige ist. Zu §. 33 erster Absatz. Bis zu Erlassung des hier erwähnten Uebergangsgesetzes bleiben die, die Theilbarkeit des Grundeigenthums beschränkenden bisherigen Gesetze bestehen. Zu §. 103. Das Gesetz vom 4. Juli 1836, den Gerichtsstand der Mitglieder der Untergerichte betreffend, bleibt vorerst bestehen. Zu §. 104. Bis zum Erlaß des im dritten Absatz erwähnten Gesetzes bleibt es bei den bisher gültigen Bestimmungen. § 144. Alle gegenwärtig bestehenden Gerichts- und Verwaltungsbehörden bleiben in ihrer bisherigen Thätigkeit bis zur Ausführung der organischen Gesetze, welche Bezug auf sie haben. [§§. 101. 105 bis 109 einschließlich.]
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§ 145. Wenn durch die Verfassung des deutschen Reichs Abänderungen des gegenwärtigen Verfassungsgesetzes nöthig werden, so wird der Fürst dieselben alsbald anordnen und diese Anordnungen dem Landtage bei seiner nächsten Versammlung mittheilen. Der Landtag wird dann Beschluß darüber fassen, ob die vorläufig angeordneten Abänderungen mit der Reichsverfassung in Uebereinstimmung stehen. § 146. Der im §. 140 vorgeschriebene Verfassungseid der Staatsbeamten und des Militärs ist sogleich nach Vereidung der Abgeordneten der nächsten Ständeversammlung zu leisten. Indem Wir zu dem vorstehenden Staatsgrundgesetz Unserer Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont hierdurch die förmliche und feierliche Versicherung ertheilen, daß Wir dasselbe treu und unverbrüchlich halten, und gegen alle Eingriffe und Verletzungen zu schützen stets bedacht sein werden, bestimmen und verordnen Wir noch im Einverständniß mit Unseren getreuen Ständen was folgt: § 1. Die Verfassung vom 19. April 1816 tritt am 1. k. M. Juni außer Geltung, und damit das gegenwärtige Staatsgrundgesetz in Kraft. § 2. Die dermaligen Stände bleiben bis zu dem Zeitpunkte in Wirksamkeit, wo nach Vorschrift des vorstehenden Staatsgrundgesetzes Abgeordnete erwählt und beeidigt sind. Urkundlich Unserer eigenhändigen Unterschrift und beigedruckten Fürstlichen Insiegels. Gegeben Arolsen, am 23. Mai 1849. (L.S.) Emma. Gleisner. C. Bauer. H. Varnhagen. Winterberg. L. Severin.
V ERFASSUNG VON WALDECK -P YRMONT (1849)
Anlage I Vereinbarung zwischen Ihro Durchlaucht der regierenden Fürstin von Waldeck und Pyrmont etc., Vormünderin und Regentin, und dem constituirenden Landtage der Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont, wegen der Domänen und der Civilliste. § 1. Es wird ständischer Seits anerkannt, daß das von der Domänenkammer bisher verwaltete Waldeckische Domanialvermögen, wozu auch die an das Land eingezahlten und noch ferner einzuzahlenden Zehntund sonstigen Ablösungsgelder gerechnet werden, Familiengut des Fürstlichen Hauses ist. Diese Anerkennung geschieht jedoch unter der Bedingung, daß dagegen die im §. 5. näher bezeichneten Verbindlichkeiten vom Fürstlichen Hause eintretenden Falles erfüllt werden. § 2. Das Fürstliche Haus verzichtet auf diese Familiengutsqualität und läßt das gesammte Domanialvermögen im Fürstenthum Waldeck in Staatsgut übergehen. § 3. Sollte jedoch das Fürstliche Haus einstmalen aufhören, über das Fürstenthum Waldeck zu regieren, so wird der im §. 2 gedachte Verzicht und Uebergang als von Anfang an nicht erfolgt betrachtet, und dergestalt rückwärts vernichtet, daß die Rechte des Fürstlichen Hauses auf das im Fürstenthum belegene Domanialvermögen in dessen jetzigen Umfange und Bestande, sowohl in Ansehung des Eigenthums wie der Verwaltung und Benutzung, von Rechtswegen, ohne daß es also der Ausübung irgend einer Handlung bedürfte, wieder aufleben. § 4. Von dem Augenblick an, wo es sich entschieden hat, daß das Fürstliche Haus über das Fürstenthum Waldeck zu regieren aufhört, hört der Besitz Seitens des Staats
im eigenen Namen von Rechtswegen auf. Von diesem Augenblick an sind der Staat beziehungsweise dessen Behörden nur noch Mittelspersonen, welche den Besitz des Domanialvermögens für das Fürstliche Hause als dessen Mandatare und Namens desselben ausüben. § 5. Wenn der im §. 3 gedachte Falle eintreten, das jetzt in Staatsgut übergegangene Domanialvermögen wieder Eigenthum der Fürstlichen Familie werden sollte, so muß dieselbe das Brenn-, Bau-, Nutz- und Werkholz, dessen die Einwohner des Fürstenthums Waldeck benöthigt sind, und soweit dasselbe unter Handhabung einer nachhaltigen forstmännischen Bewirthschaftung abgegeben werden kann, so viel das Brennholz anlangt, in den jetzt bestehenden Preisen – das Malter (80 Kubikfuß haltend) Buchen- zu 20 Sgr., Eichenholz zu 15 Sgr. –, so viel es aber das Bau-, Nutz- und Werkholz betrifft, in den Preisen abgegeben, welche sofort nach Vollzug der gegenwärtigen Vereinbarungen gesetzlich bestimmt werden sollen und welche die jetzt bestehenden Preise nicht übersteigen dürfen. Die gesammten bestehenden beziehungsweise sofort zu bestimmenden Preise dürfen in keiner Weise vom Fürstlichen Hause jemals erhöht werden. Dasselbe darf auch die unentgeltlichen Holzabgaben niemals schmälern, und es muß alle sonstigen bestehenden Berechtigungen der Landeseinwohner auf Laub, Hute, Leseholz etc. bestehen lassen. § 6. Wenn der im §. 3 gedachte Fall eintreten sollte, so gewährleistet das Fürstliche Haus allen bei der Domänen- und Forstverwaltung Angestellten in Beziehung auf Gehalt und Pensionirung die Rechte der Staatsdiener. § 7. Das Domanialvermögen im Fürstenthum Pyrmont, wozu auch die etwa eingezahlt werdenden Ablösungsgelder gehören,
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WALDECK -P YRMONT geht zur Benutzung und Verwaltung auf das Fürstenthum Pyrmont über. Für den Fall, daß das Fürstliche Haus aufhören sollte über das Fürstenthum Pyrmont zu regieren, wird mit dem Augenblick, wo dies entschieden ist, der Uebergang in Verwaltung und Benutzung als nicht erfolgt betrachtet und dergestalt rückwärts vernichtet, daß die bis dahin ruhenden Rechte des Fürstenhauses auf Selbstverwaltung und Selbstbenutzung des Pyrmonter Domanialvermögens im jetzigen Umfange und Bestande, ohne daß es eines besonderen Akts bedürfe, wieder aufleben.
§ 11. Zu dem in Staatsgut beziehungsweise zur Benutzung und Verwaltung übergehenden Domanial-Vermögen gehören nicht die in der Unteranlage A. verzeichneten Gebäude, Grundstücke und sonstigen Gegenstände. Diese verbleiben dem Fürstl. Hause und behalten ihre Eigenschaft als unveräußerliches Familienfideicommißgut.
§ 8. Von dem Rückfall an das Fürstliche Haus sowohl in Waldeck wie in Pyrmont bleiben ausgenommen, und es gehen für immer auf den Staat über die Einkünfte aus folgenden Hoheitsrechten: 1. der Justizhoheit, 2. der Lehnshoheit 3. der Finanzhoheit, mit dem in derselben begriffenen Steuer-, Straßen-, Post-, Münz-, Bergwerks-, und Industrie-Concessions-Regal. Im Betreff der Mineral- und Salzquellen im Fürstenthum Waldeck sowie im Fürstenthum Pyrmont soll es so gehalten werden, wie es im §. 7 wegen des Domanialvermögens bei Pyrmont bestimmt ist.
§ 13. Aus der Civilliste, welche in monatlichen Zielern pränumerando bezahlt wird, werden die Bedürfnisse des Fürstenhauses, so wie sämmtliche gegenwärtige und zukünftige Apanagen, die der Gräflichen Linie mit einbegriffen, alle Mitgiften, Aussteuern, Witthümer u. s. w. bestritten.
§ 9. Eine Veräußerung oder Verpfändung des in Staatsgut beziehungsweise zur Benutzung und Verwaltung übergehenden Domanialvermögen kann, in so weit es in Immobilien besteht, rechtsgültig nur mit Zustimmung der Staatsregierung vorgenommen werden. § 10. Das Domanialvermögen wird dem Staate nach einem aufzunehmenden Inventar übergeben, und beim Eintritte der Bedingungen §§. 3 und 7 in dem jetzigen Aktivund Passiv-Bestande zurückgewährt. An die Stelle der veräußerten oder abgelös’ten Stücke tritt deren Erlös.
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§ 12. Alle in der Unteranlage A. verzeichneten Grundstücke und Gebäude sollen in die Grundkataster aufgenommen, die Steuern jedoch, so lange die Civilliste zu zahlen ist, nicht erhoben werden.
§ 14. Die Civilliste wird bei jedem Regierungswechsel von Neuem mit der Ständeversammlung vereinbart. Wenn eine Vereinbarung vor Erlassung des nächsten Finanzgesetzes nicht zu Stande gekommen ist, so soll das deutsche Reichsgericht angegangen werden, über die Höhe der Civilliste Entscheidung abzugeben. Sollte sich das Reichsgericht nicht für competent halten, so soll das Reichsministerium wegen Abgabe der Entscheidung angegangen werden. Bis dahin daß diese erfolgt, bleibt der Regierungsnachfolger im Genuß der vom Regierungsvorfahr bezogenen Summe. § 15. Die Civilliste darf mit directen Steuern nicht belegt werden. Die Apanagen und Witthümer bleiben der Besteuerung jedoch unterworfen. § 16. Für die Zeit bis zum Regierungsantritt des minderjährigen Fürsten Georg
V ERFASSUNG VON WALDECK -P YRMONT (1849) Victor beträgt die Civilliste jährlich Sechzig Tausend Thaler. § 17. Außer der Gewährung dieser Civilliste übernimmt der Staat: 1. die unentgeltliche Abgabe a. des zur Hofhaltung und zur Heitzung der hiesigen Gewächshäuser nöthigen Brennholzes aus hiesigem Magazin nach Bedürfniß bis zu jährlich Drei Hundert und sechzig Malter. b. des zur Bewirthschaftung der hiesigen herrschaftlichen Gärten erforderlichen Holzes. c. des für die Zeit der Hofhaltung in Pyrmont und zur Heitzung der dortigen Gewächshäuser nöthigen Holzes bis zu jährlich funfzig Pyrmonter Malter. d. des für die Hofhaltung, den Fürstl. Marstall und das Landgestüt nöthigen Heus bis zu jährlich 1150 Centner. 2. Die Baukosten des Residenzschlosses zu Arolsen, ohne Nebengebäude, auf die Fälle, wenn das Schloß dergestalt beschädigt wird, daß es ganz oder ein wesentlicher Theil desselben neu gebaut werden muß. Sollte der Neubau des ganzen Schlosses nöthig werden, so wird der Staat ein seinen Kräften entsprechendes Gebäude herstellen. Bei Neubauten oder Hauptreparaturen der andern Schlösser bleibt es dem Fürstenhause vorbehalten, bei dem Staate Anträge auf angemessene Hülfsbewilligung einzubringen. Das nöthige Bau- und Rüstholz wird unentgeltlich in jedem Falle verwilligt. Das Rüstholz fällt jedoch nach gemachtem Gebrauch an den Staat wieder zurück. § 18. Um dem Fürstlichen Hause die Gewährung der Gräflichen Apanage zu erleichtern, sollen von der Civilliste nur die baar zu zahlenden Vier Tausend und dreizehn Thaler getragen, dagegen alles das was in Ansehung der Apanage dem Gräflichen Hause
gegenüber sonst zu gewähren und zu leisten ist, es bestehe worin es wolle, vom Staate gewährt und geleistet werden. Auch übernimmt der Staat die Vertretung des Fürstlichen Hauses bei allen Ansprüchen, welche vom Gräflichen Hause in Beziehung auf die vom Staate zu gewährenden Aganagenstücke erhoben werden. Es gilt dies auch von Ansprüchen auf Entschädigung wegen entzogener Steuerfreiheit und dergleichen, die vom Gräflichen Hause etwa sollten geltend gemacht werden. Alle Verbindlichkeiten, welche dem Gräflichen Hause gegenüber in dieser Hinsicht erfüllt werden müssen, gehen auf den Staat über. Alle diese Verbindlichkeiten gegen das Gräfliche Haus übernimmt der Staat jetzt nur bis zur Volljährigkeit des Fürsten Georg Victor, wo alsdann eine weitere Vereinbarung getroffen werden wird. § 19. Mit dem Uebergange des Waldeckischen Domanialvermögens in Staatsgut, des Pyrmontischen zur Benutzung und Verwaltung übernimmt der Staat weiter: a. alle auf dem Domanialvermögen haftenden Schulden und Lasten, so wie alle Schulden in so weit sie nach den bisherigen Rechtsverhältnissen von der Domanialverwaltung hätten bezahlt werden müssen, wohin auch die vom Fürsten Friedrich contrahirten Schulden, insofern zu deren Zahlung eine rechtliche Verbindlichkeit irgendwie vorliegen sollte, gerechnet werden; b. alle mit der Domanialverwaltung verbundenen Ausgaben, mit alleiniger Ausnahme der in der Anlage A. zum höchsten Resolut vom 6. Feburar 1849 (Landtagsprotokoll No. 19 Seite 139) aufgeführten Gehalte und Pensionen der Hofdienerschaft; c. alle etwaigen Entschädigungen, welche aus irgend einem Rechtsgrunde für aufgehobene Privilegien, Concessionen, Bannrechte, Steuerbefreiungen u. s. w. an die vorhin Berechtigten etwa zu gewähren sein möchten.
235
WALDECK -P YRMONT § 20. Wenn das Waldeckische Domanialvermögen dereinst wieder Familiengut werden (§. 3), das Pyrmontische aber in die Selbstbenutzung und Verwaltung der Fürstlichen Familie zurückfallen sollte (§. 7), so hören die in den §§. 13, 17, 18, 19, gedachten Verpflichtungen und Gegenleistungen des Staats nicht allein von selbst auf, sondern es wird auch der Betrag der jetzt auf dem Domanialvermögen ruhenden Schulden, so wie sämmtliche jetzt darauf haftenden Verpflichtungen und Verbindlichkeiten vom Fürstenhause im Augenblicke des Rückfalls wieder übernommen, ohne daß eine Vertheilung derselben auf die sowohl Waldeck wie Pyrmont verbleibenden hoheitsrechtlichen Einkünfte (§. 8) Statt fände. Etwaige von dem Staate auf das Domanialvermögen gelegte Schulden müssen demselben alsdann auch wieder abgenommen werden. Unteranlage A Verzeichniß der zur Hofverwaltung des Fürstlichen Hauses verbliebenen Gebäude, Grundstücke und sonstigen Gegenstände. Dem Fürstlichen Hause verbleiben: I. im Fürstenthum Waldeck 1. das alte und neue Schloß zu Arolsen nebst den dabei befindlichen Anlagen und Parks und den dazu gehörigen Gärten; 2. die Schlösser zu Rhoden, A. Wilduugen und Landau mit den dazu gehörigen Gärten und Parks; 3. folgende in und bei Arolsen gelegene herrschaftliche Gebäude: a. das sogenannte Branntweinshaus; b. die unter und hinter dem Branntweinshause gelegenen herrschaftlichen Gebäude; c. der mittlere Theil des Brauhauses, in welchem sich die Wäscherei befindet, mit den dazu gehörigen Wohn- und sonstigen Räumen und der dazu gehörigen Bleiche. Die Unterhaltung liegt dem Staate ob.
236
Die übrigen Theile des Gebäudes gehen mit Braugerechtigkeit und Braugeräthschaften auf den Staat über. d. die auf dem Vorhof gelegenen herrschaftlichen Gebäude, vorbehaltlich des dem Lande für die Zeit eines desfallsigen Bedürfnisses eingeräumten Mitbenutzungsrechts des Generalfruchtbodens; e. die Reitbahn; f. der Marstall mit dem daran befindlichen Pavillon; g. die bei dem neuen Schloß in der sogenannten Melkerei befindlichen Gebäude; h. der Jägerhof; i. das Fischhaus; k. das Brunnenmeisterhaus zu Luisenthal, l. die bei dem neu angelegten Wildpark befindlichen Wärterwohnungen nebst den dabei gelegenen Grundstücken; 4. das Prinzen- und Jägerhaus zu A. Wildungen; 5. das in den sub 1 bis 4 genannten Gebäuden befindliche Inventar; 6. die herrschaftlichen Fischteiche; 7. die großen Eichenalleen bis Luisenthal; 8. die Lindenallee nach der Spendelmühle; 9. die Ulmenallee nach dem Eiskeller; 10. die Kastanienallee nach den Tannen; Alle diese Alleen – Nr. 7 bis 10 – werden vom Fürstlichen Hause erhalten, dürfen aber nicht anders verwendet, auch dem öffentlichen Gebrauch nicht entzogen werden. 11. die alleinige Ausübung der Jagd auf dem Helser, Rhoder und Schmillinghäuser Forst, so wie auf den Revieren des Wetterburger Forstes am linken Ufer der Twiste, einschließlich des neu angelegten Wildparks; 12. zeitweise wird dem Fürstlichen Hause überlassen: a. die Jagd auf den zur Meierei Arolsen und Hünighausen gehörigen Grundstücken,
V ERFASSUNG VON WALDECK -P YRMONT (1849) so weit allgemeine Landesgesetze Abänderungen hierin nicht nöthig machen; b. die dem Prinzen Hermann Durchlaucht nießbräuchlich gegebenen Jagden auf dem Landauer, Freienhagener, Volkhardinghäuser und Wetterburger Forst, auf dem letztern bis zur Twiste, für die Lebenszeit des Inhabers; c. die dem Prinzen Hermann Durchlaucht eingeräumten Fischereien, für die Lebenszeit des Inhabers, in so weit allgemeine Landesgesetze nicht Anderes bestimmen, II. im Fürstenthum Pyrmont 1. das Schloß zu Pyrmont nebst den dazu gehörigen beiden Gärten; 2. das Kommandanten- und sogenannte Gärtnerhaus zu Pyrmont; 3. das in den unter 1 und 2 genannten Gebäuden befindliche Inventar; 4. das in dem Badelogir- und Kaffeehause befindliche Silbergeschirr; 5. die herrschaftlichen Fischteiche; 6. die Fischerei in der Emmer, so weit die allgemeine Gesetzgebung nicht Aenderungen nöthig macht.
1
Ediert nach Fürstlich-Waldeckisches RegierungsBlatt, Jahrgang 1849, Nro. 13, Mengeringhausen, S. 27–58. Das Staatsgrundgesetz wurde am 18. Mai 1849 beschlossen und am 23. Mai 1849 unterzeichnet und verkündet. Es ist schließlich am 1. Juni 1849 in Kraft getreten, vgl. § 1 im Anschluß an das Staatsgrundgesetz. Durch das Staatsgrundgesetz wurde die Landständische Verfassungs-Urkunde des Fürstentums Waldeck vom 19. April 1816 aufgehoben (siehe unter „Verfassung von Waldeck (1816)“), vgl. § 1 im Anschluß an das Staatsgrundgesetz. Das Staatsgrundgesetz wurde seinerseits abgelöst durch die Verfassungsurkunde für die Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont vom 17. August 1852, siehe Horst Dippel (Hrsg.), Verfassungen der Welt 1850 bis zur Gegenwart, Teil 1: Europa, München, K. G. Saur 2002–2005, Mikrofiche-Nr. 302, 1–16. Für weiterführende Hinweise siehe Michael Bürsch, Kleinstaatliche Verfassungen zwischen Vormärz und Reaktion: Studien zur Entstehung der waldeckisch-pyrmontischen Verfassungsurkunden von 1849 und 1852, Kiel 1970; Eckhard Werner Budach, Das Fürstentum Waldeck in der Zeit des Deutschen Bundes: Studien zur Verfassungsgeschichte der Kleinstaaten 1815–1866; die Beziehungen des Fürstentums Waldeck zum Deutschen Bund und seinen einzelnen Mitgliedern, besonders Preußen, sowie die innere Verfassungsentwicklung des Staates, Kiel 1973.
237
Constitution du Royaume de Westphalie (1807)
Verfassung für das Königreich Westphalen (1807)
Décret Royal du 7 Décember 1807, portant publication de la constitution du Royaume de Westphalie1
Königliches Decret vom 7. December 1807, wodurch die Publikation der Constitution des Königreichs Westphalen verordnet wird1
NAPOLÉON ,
Voulant donner une prompte exécution à l’article 19 du traité de paix de Tilsit, et établir pour le Royaume de Westphalie des constitutions fondamentales, qui garantissent le bonheur des peuples qui le composent, et qui, en même tems, assurent au Souverain les moyens de concourir, en qualité de Membre de la Confédération du Rhin, à la sureté et à la prospérité communes, Nous avons statué et statuons ce qui suit :
Wir Napoleon, von Gottes Gnaden und durch die Constitution Kaiser der Franzosen, König von Italien und Beschützer des Rheinischen Bundes, haben in der Absicht, den 19ten Artikel des Tilsiter Friedensschlusses schleunig in Vollzug zu setzen, und dem Königreiche Westphalen eine Grundverfassung zu geben, welche das Glück seiner Völker sichere und zugleich dem Souverain, als Mitgliede des Rheinischen Bundes, die Mittel gewähre, zur gemeinschaftlichen Sicherheit und Wohlfahrt mitzuwirken, verordnet und verordnen, wie folget.
TITRE I
ERSTER TITEL
A RTICLE 1. Le Royaume de Westphalie est composé des Etats ci-après, savoir : les Etats de Brunswick-Wolfenbuttel, la partie de l’Altmark, située sur la rive gauche de l’Elbe, la partie du pays de Magdebourg, située sur la rive gauche de l’Elbe, le territoire de Halle,
1ster A RTIKEL . Das Königreich Westphalen ist aus folgenden Staaten zusammengesetzt, nämlich: aus den Braunschweig-Wolfenbüttelschen Staaten, aus dem auf dem linken Ufer der Elbe gelegenen Theile der Altmark, aus dem auf dem linken Elbufer gelege-
PAR LA GRACE DE
D IEU
ET LES CONSTITUTIONS , E MPEREUR DES F RANÇAIS , ROI D ’I TALIE ET P ROTEC TEUR DE LA CONFÉDÉRATION DU RHIN ,
239
ROYAUME DE W ESTPHALIE le pays de Hildesheim et la ville de Goslar, le pays de Halberstadt, le pays de Hohenstein, le territoire de Quedlinbourg, le Comté de Mansfeld, l’Eichsfeld avec Treffurth. Mulhausen. Nordhausen, le Comté de Stolberg-Wernigerode, les Etats de Hesse-Cassel avec Rinteln et le Schaumbourg, non compris le territoire de Hanau et le Catzenelnbogen sur le Rhin, le territoire de Corvey, Göttingen et Grubenhagen, avec les enclaves de Hohenstein, et Elbingerode, l’Evêché d’Osnabrück, l’Evêché de Paderborn, Minden et Ravensberg, le Comté de Rietberg-Kaunitz.
nen Theile der Provinz Magdeburg, aus dem Gebiete von Halle, aus dem Hildesheimischen und der Stadt Goslar, aus dem Lande Halberstadt, aus dem Hohensteinischen, aus dem Gebiete von Quedlinburg, aus der Graffschaft Mansfeld, aus dem Eichsfelde, nebst Treffurt, Mühlhausen, Nordhausen, aus der Graffschaft Stollberg-Wernigerode, aus den Staaten von Hessen-Cassel, nebst Rinteln und Schaumburg, jedoch mit Ausnahme des Gebietes von Hanau und Catzenellnbogen am Rheine, aus dem Gebiete von Corvey, Göttingen und Grubenhagen, nebst den Zubehörungen von Hohenstein und Elbingerode, aus dem Bisthume Osnabrück, aus dem Bisthume Paderborn, Minden und Ravensberg, aus der Graffschaft Rietberg-Kaunitz.
A RT. 2. Nous Nous réservons la moitié des domaines allodiaux des Princes, pour être employés aux récompenses, que Nous avons promises aux Officiers de Nos armées, qui Nous ont rendu le plus de service dans la présente guerre. La prise de possession de ces biens sera faite, sans délai, par Nos Intendans, et le procès -verbal en sera dressé contradictoirement avec les autorités du pays avant le 1er Decembre.
2ter A RT. Wir behalten Uns die Hälfte der Allodial-Domainen der Fürsten vor, um solche zu den Belohnungen zu verwenden, die Wir den Offizieren Unserer Armeen versprochen haben, welche Uns im gegenwärtigen Kriege die meisten Dienste leisteten. Die Besitznahme von diesen Gütern soll unverzüglich durch Unsere Intendanten geschehen, und das Protocoll darüber soll vor dem ersten December mit Zuziehung der Landesbehörden aufgesetzt werden.
A RT. 3. Les contributions extraordinaires de guerre, qui ont été mises sur les dits pays, seront payées, ou des suretés seront données pour leur payement avant le 1er Decembre.
3ter A RT. Die, besagten Ländern auferlegten, außerordentlichen Kriegssteuern sollen abgetragen, oder es soll für ihre Abzahlung, vor dem ersten December, Sicherheit gegeben werden.
A RT. 4. Au 1er Décembre le Roi de Westphalie sera mis en possession, par des Commissaires, que Nous nommerons à cet effet, de la pleine jouissance et souveraineté de son territoire.
4ter A RT. Den ersten December soll der König durch Commissarien, welche Wir zu dem Ende ernennen werden, in den Besitz des vollen Genusses und der Souverainität seines Gebietes gesetzt werden.
240
C ONSTITUTION DU ROYAUME DE W ESTPHALIE (1807)
TITRE II
ZWEYTER TITEL
A RT. 5. Le Royaume de Westphalie fait partie de la Confédération du Rhin. Son Contingent sera de vingt cinq mille hommes de toutes armes, présens sous les armes, savoir :
5ter A RT. Das Königreich Westphalen macht einen Theil des Rheinischen Bundes aus. Sein Contingent soll aus fünf und zwanzig tausend Mann wirklich dienstthuender Soldaten von Waffen aller Art bestehen, nämlich:
20,000 3,500 1,500
hommes ....... .......
d’Infanterie, de Cavalerie, d’Artillerie.
20000 3500 1500
Mann “ “
Infanterie, Cavallerie, Artillerie.
Pendant ces premières années, il sera seulement soldé dix mille hommes d’infanterie, deux mille de cavalerie et cinq cent d’artillerie ; les douze mille cinq cents autres seront fournis par la France, et tiendront garnison à Magdebourg. Ces douze mille cinq cent hommes seront soldés, nourris et habillés par le Roi de Westphalie.
Während der ersten Jahre sollen nur zehn tausend Mann Infanterie, zwey tausend Mann Cavallerie, und fünfhundert Mann Artillerie besoldet werden. Die übrigen zwölftausend fünfhundert Mann sollen von Frankreich gestellt werden und die Garnison von Magdeburg bilden. Diese zwölftausend fünfhundert Mann sollen vom Könige von Westphalen besoldet und gekleidet werden.
TITRE III
DRITTER TITEL
A RT. 6. Le Royaume de Westphalie sera héréditaire dans la descendance directe ; naturelle et légitime du Prince JEROME NAPOLEON, de mâle en mâle, par ordre de primogéniture, et à l’exclusion perpétuelle des femmes et de leur descendance. À défaut de descendance naturelle et légitime du Prince JEROME NAPOLEON, le trône de Westphalie sera dévolu à Nous et à Nos héritiers et descendans naturels et légitimes ou adoptifs, à défaut de ceux-ci, aux descendans naturels et légitimes du Prince JOSEPH NAPOLEON, Roi de Naples et de Sicile, à défaut des dits Princes, aux descendans naturels et légitimes du Prince LOUIS NAPOLEON, Roi de Hollande, et à défaut de ces derniers, aux descendans naturels et légitimes du Prince JOACHIM, Grand-Duc de Berg et de Clèves.
6ter A RT. Das Königreich Westphalen soll in des Prinzen Hieronymus Napoleon directer, natürlicher und rechtmäßiger Nachkommenschaft, männlichen Geschlechtes, in Folge der Erstgeburt, und mit beständiger Ausschließung der Weiber und ihrer Nachkommenschaft, erblich seyn. Falls der Prinz Hieronymus Napoleon keine natürliche und rechtmäßige Nachkommenschaft haben würde, soll der Thron Westphalens Uns, und Unsern natürlichen und rechtmäßigen oder adoptirten Erben und Nachkommen, in Ermangelung dieser, den natürlichen und rechtmäßigen Nachkommen des Prinzen Joseph Napoleon, Königs von Neapel und Sicilien, in Ermangelung dieser Prinzen, den natürlichen und rechtmäßigen Nachkommen des Prinzen Ludwig Napoleon, Königs von Holland,
241
W ESTPHALEN und in Ermangelung dieser letztern, den natürlichen und rechtmäßigen Nachkommen des Prinzen Joachim, Großherzogs von Berg und Cleve, anheim fallen. A RT. 7. Le Roi de Westphalie et sa famille sont soumis, pour ce qui les concerne, aux dispositions du pacte de la famille Impériale.
7ter A RT. Der König von Westphalen und seine Familie sind in dem, was sie betrifft, den Verfügungen der Kaiserlichen FamilienStatuten unterworfen.
A RT. 8. En cas de minorité, le Régent du Royaume sera nommé par Nous ou Nos Successeurs, en Notre qualité de Chef de la famille Impériale. Il sera choisi parmi les Princes de la famille Royale. La minorité du Roi finit à l’age de 18 ans accomplis.
8ter A RT. Im Falle der Minderjährigkeit, soll der Regent des Königreichs von Uns oder Unsern Nachfolgern, in unserer Eigenschaft als Haupt der Kaiserlichen Familie, ernannt werden. Er soll unter den Prinzen der Königlichen Familie gewählt werden. Die Minderjährigkeit des Königs endigt sich mit dem zurückgelegten achtzehnten Jahre.
A RT. 9. Le Roi et la famille Royale ont, pour leur entretien, un trésor particulier sous le titre de Trésor de la Couronne, montant à une somme de cinq millions de francs de rente. Les revenus des forêts domaniales et une partie des domaines sont affectés à cet effet. En cas que les revenus des domaines soient insuffisans, le surplus sera payé par douzième, de mois en mois, par la caisse du trésor public.
9ter A RT. Der König und die Königliche Familie haben zu ihrem Unterhalte einen besondern Schatz, unter dem Titel KronSchatz, welcher fünf Millionen Franken Revenüen beträgt. Der Ertrag der Domanial-Waldungen und ein Theil der Domainen sind zu diesem Behufe bestimmt. Falls der Ertrag der Domainen nicht zureichend seyn würde, so soll das Fehlende aus der Staatskasse mit einem Zwölftel jeden Monat zugeschossen werden.
TITRE IV
VIERTER TITEL
A RT. 10. Le Royaume de Westpalie sera régi par des constitutions, qui consacrent l’égalité de tous les sujets devant la loi, et le libre exercice des cultes.
10ter A RT. Das Königreich Westphalen soll durch Constitutionen regiert werden, welche die Gleichheit aller Unterthanen vor dem Gesetze, und die freye Ausübung des Gottesdienstes der verschiedenen ReligionsGesellschaften festsetzen.
A RT. 11. Les Etats, soit généraux, soit provinciaux, des pays dont le Royaume est composé, toutes corporations politiques de cette espèce, et tous privilèges des dites corporations, villes et provinces sont supprimés.
11ter A RT. Die Landstände der Provinzen, aus welchen das Königreich besteht, sowohl die allgemeinen, als die besondern, alle politische Korporationen dieser Art und alle Privilegien besagter Korporationen, Städte und Provinzen, sind aufgehoben.
242
V ERFASSUNG FÜR DAS KÖNIGREICH W ESTPHALEN (1807) A RT. 12. Sont pareillement supprimés tous privilèges individuels, en tant qu’ils sont incompatibles avec les dispositions de l’article ci-dessus.
12ter A RT. Gleichergestalt sind alle Privilegien einzelner Personen und Familien, in so fern sie mit den Verfügungen vorstehenden Artikels unverträglich sind, aufgehoben.
A RT. 13. Tout servage de quelque nature et sous quelque dénomination qu’il puisse être, est supprimé, tous les habitans du Royaume de Westphalie devant jouir des mêmes droits.
13ter A RT. Alle Leibeigenschaft, von welcher Natur sie seyn, und wie sie heißen möge, ist aufgehoben, indem alle Einwohner des Königreichs die nämlichen Rechte genießen sollen.
A RT. 14. La noblesse continuera de subsister dans ses divers dégrés et avec ses qualifications diverses, mais sans donner ni droit exclusif à aucun emploi et à aucune fonction ou dignité, ni exemption d’aucune charge publique.
14ter A RT. Der Adel soll in seinen verschiedenen Graden und mit seinen verschiedenen Benennungen fortbestehen, ohne daß solcher jedoch ein ausschließendes Recht zu irgend einem Amte, Dienste oder einer Würde, noch Befreyung von irgend einer öffentlichen Last verleihen könne.
A RT. 15. Les statuts des Abbayes, Prieurés et Chapitres nobles seront modifiés de telle sorte, que tout sujet du Royaume puisse y être admis.
15ter A RT. Die Statuten der adelichen Abteyen, Priorate und Capitel sollen dahin abgeändert werden, daß jeder Unterthan des Reichs darin zugelassen werden könne.
A RT. 16. Le système d’imposition sera le même pour toutes les parties du Royaume. L’imposition foncière ne pourra dépasser le cinquième du revenu.
16ter A RT. Es soll ein und dasselbe Steuer-System für alle Theile des Königreichs seyn. Die Grundsteuer soll das Fünftel der Revenüen nicht übersteigen dürfen.
A RT. 17. Le système monétaire et le système des poids et mesures, maintenant en vigueur en France, seront établis dans tout le Royaume.
17ter A RT. Das Münzsystem und das System der Maaße und Gewichte, welche dermalen in Frankreich bestehen, sollen im ganzen Königreiche eingeführt werden.
A RT. 18. Les monnaies seront frappées aux armes de Westphalie et à l’effigie du Roi.
18ter A RT. Die Münzen sollen mit dem Wappen Westphalens und mit dem Bildnisse des Königs geschlagen werden.
TITRE V
FÜNFTER TITEL
A RT. 19. Les Ministres sont au nombre de quatre, savoir : un pour la justice et l’intérieur, un pour la guerre, un pour les finances, le commerce et le trésor ; il y aura un Ministre, Secrétaire d’Etat.
19ter A RT. Es sollen vier Minister seyn, nämlich: einer für das Justizwesen und die innern Angelegenheiten,2 einer für das Kriegswesen, einer für die Finanzen, den Handel und den öffentlichen Schatz;
243
ROYAUME DE W ESTPHALIE es soll ein Minister Staats-Secretaire seyn. A RT. 20. Les Ministres seront responsables, chacun pour sa partie, de l’exécution des lois, et des ordres du Roi
20ter A RT. Die Minister sind, jeder in seinem Fache, für die Vollziehung der Gesetze und der Befehle des Königs verantwortlich.
TITRE VI
SECHSTER TITEL
A RT. 21. Le Conseil d’Etat sera composé de seize membres au moins, et de vingt cinq membres au plus, nommés par le Roi et révocables à volonté. Il sera divisé en trois sections, savoir : section de la justice et de l’intérieur, section de la guerre, section du commerce et des finances. Le Conseil d’Etat fera les fonctions de Cour de cassation. Il y aura auprès de lui des Avocats pour les affaires qui sont de nature à être portées à la Cour de cassation, et pour le contentieux de l’administration.
21ter A RT. Der Staatsrath soll zum wenigsten aus sechzehn und höchstens aus fünf und zwanzig Mitgliedern bestehen, welche vom Könige ernannt werden, und deren Ernennung von ihm nach Gutdünken zurückgenommen werden kann. Er soll in drey Sectionen abgetheilt werden, nämlich: Section des Justizwesens und der innern Angelegenheiten, Section des Kriegswesens, Section des Handels und der Finanzen. Der Staatsrath soll die Verrichtungen des Cassations-Gerichts versehen. Es sollen bey demselben für die Geschäfte, welche geeignet sind, vor das Cassationsgericht gebracht zu werden, und für die streitigen Fälle in Verwaltungssachen, Advocaten angestellt werden.
A RT. 22. La loi sur les impositions ou loi des finances, les lois civiles et criminelles seront discutées et rédigées au Conseil d’Etat.
22ter A RT. Das Gesetz über die Auflagen, oder das Finanz-Gesetz, die Civil- und peinlichen Gesetze sollen im Staatsrathe discutirt und entworfen werden.
A RT. 23. Les lois qui auront été rédigées au Conseil d’Etat, seront données en communication à des commissions nommées par les Etats. Ces commissions, au nombre de trois, savoir : commission des finances, commission de justice civile, commission de justice criminelle, seront composées de cinq membres des Etats, nommés et renouvellés chaque session.
23ter A RT. Die im Staatsrathe entworfenen Gesetze sollen den von den Ständen ernannten Commissionen mitgetheilt werden. Diese Commissionen, deren drey seyn sollen, nämlich eine Finanz-Commission, eine Commission des bürgerlichen Justizwesens, und eine Commission des peinlichen Justizwesens, sollen aus fünf Mitgliedern bestehen, welche in jeder Session ernannt und erneuert werden müssen.
A RT. 24. Les commissions des Etats pourront ont discuter, avec les Sections res-
24ter A RT. Diese ständischen Commissionen können mit den respectiven Sectio-
244
C ONSTITUTION DU ROYAUME DE W ESTPHALIE (1807) pectives du Conseil, les projets de lois, qui leur auront été communiqués. Les observations des dites commissions seront lues en plein Conseil d’Etat, présidé par le Roi, et il sera délibéré, s’il y a lieu, sur les modifications dont les projets de lois pourront être reconnus susceptibles.
nen des Staatsrathes die ihnen mitgetheilten Gesetzes-Entwürfe discutiren. Die Bemerkungen besagter Commissionen sollen im versammelten, vom Könige präsidirten Staatsrathe verlesen, und es soll, wenn man es nöthig finden wird, über die Modificationen, deren die Gesetzes-Entwürfe für empfänglich werden gehalten werden, berathschlaget werden.
A RT. 25. La rédaction définitive des projets de lois sera immédiatement portée, par des Membres du Conseil aux Etats, qui délibéreront, après avoir entendu les motifs des projets de lois et les rapports de la commission.
25ter A RT. Die definitiv angenommene Redaction der Gesetzes-Entwürfe soll durch Mitglieder des Staatsrathes unmittelbar den Ständen überbracht werden, welche nach Anhörung der Beweggründe jener GesetzesEntwürfe und der Berichte der Commission, darüber berathschlagen werden.
A RT. 26. Le Conseil d’Etat discutera et rédigera les réglemens d’administration publique.
26ter A RT. Der Staatsrath hat die Verwaltungs-Verordnungen zu discutiren und solche zu entwerfen.
A RT. 27. Il connaitra des conflits de jurisdiction entre les Corps administratifs et les Corps judiciaires, du contentieux de l’administration, et de la mise en jugement des Agens de l’administration publique.
27ter A RT. Er hat über die unter den Verwaltungs- und gerichtlichen Behörden sich erhebenden Jurisdictions-Streitigkeiten, über die streitigen Verwaltungsgegenstände und über die Frage zu erkennen, ob Verwaltungs-Beamte vor Gericht gestellt werden können und sollen?
A RT. 28. Le Conseil d’Etat, dans ses attributions, n’a que voix consultative.
28ter A RT. Der Staatsrath hat, in Ausübung seiner Attributen, nur eine berathende Stimme.
TITRE VII
SIEBENTER TITEL
A RT. 29. Les Etats du Royaume seront composés de cent membres, nommés par les Collèges de département, savoir : soixante dix membres choisis parmi les propriétaires, quinze parmi les négocians et les fabricans, et quinze parmi les Savans et les autres Citoyens qui auront bien mérité de l’Etat. Les membres des Etats ne recevront pas de traitemens.
29ter A RT. Die Stände des Reichs sollen aus hundert Mitgliedern bestehen, welche durch die Departements-Collegien ernannt worden, nämlich: siebenzig werden gewählt aus der Classe der Grundeigenthümer, funfzehn unter den Kaufleuten und Fabrikanten, und funfzehn unter den Gelehrten und andern Bürgern, welche sich um den Staat verdient gemacht haben. Die Mitglieder der Stände bekommen keinen Gehalt.3
245
W ESTPHALEN A RT. 30. Ils seront renouvellés par tiers, tous les trois ans : les membres sortant pourront être immédiatement réélus.
30ter A RT. Sie sollen alle drey Jahre, zu einem Drittel, erneuert werden; die austretenden Mitglieder können unmittelbar wieder gewählt werden.
A RT. 31. Le Président des Etats est nommé par le Roi.
31ter A RT. Der Präsident der Stände wird vom Könige ernannt.
A RT. 32. Les Etats s’assemblent sur la convocation ordonnée par le Roi. Ils ne peuvent être convoqués, prorogés, ajournés et dissous que par le Roi.
32ter A RT. Die Stände versammeln sich auf die vom Könige anbefohlene Zusammenberufung. Sie können blos durch den König zusammenberufen, prorogirt, vertagt und aufgelöset werden.
A RT. 33. Les Etats délibèrent sur les projets de lois qui ont été rédigés par le Conseil d’Etat, et qui lui sont présentés par ordre du Roi, soit pour les impositions ou la loi annuelle des finances, soit sur les changemens à faire au code civil, au code criminel, et au système monétaire. Les comptes imprimés des ministres leur sont remis chaque année. Les Etats délibèrent sur les projets de lois au scrutin sécret et à la majorité absolue des suffrages.
33ter A RT. Die Stände berathschlagen über die vom Staatsrathe verfaßten Gesetzes-Entwürfe, welche ihnen auf Befehl des Königs vorgelegt worden, sowohl über die Auflagen oder das jährliche Finanz-Gesetz, als über die im Civilgesetzbuche und im Münzsysteme vorzunehmenden Veränderungen. Die gedruckten Rechnungen der Minister sollen ihnen alle Jahre vorgelegt werden. Die Stände berathschlagen über die Gesetzes-Entwürfe im geheimen Scrutinium durch absolute Mehrheit der Stimmen.
TITRE VIII
ACHTER TITEL
A RT. 34. Le territoire sera divisé en départemens, les départemens en districts, les districts en cantons et ceux-ci en municipalités. Le nombre des départemens ne pourra être au dessous de huit, ni au dessus de douze. Le nombre des districts ne pourra être au dessous de trois, ni au dessus de cinq par département.
34ter A RT. Das Gebiet soll in Departemente, die Departemente in Districte, die Districte in Cantone, und diese in Municipalitäten eingetheilt werden. Die Zahl der Departemente soll weder unter acht, noch über zwölf seyn. Die Zahl der Districte soll in einem Departemente weder unter drey, noch über fünf seyn.
TITRE IX
NEUNTER TITEL
A RT. 35. Les départemens seront administrés par un Préfet. Il y aura dans chaque Préfecture un
35ter A RT. Die Departemente sollen durch einen Präfekten verwaltet werden. Es soll in jedem Departemente ein Prä-
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V ERFASSUNG FÜR DAS KÖNIGREICH W ESTPHALEN (1807) Conseil de préfecture pour les affaires contentieuses, et un conseil général de département.
fekturrath für die streitigen Sachen, und ein General-Departementsrath seyn.
A RT. 36. Les districts seront administrés par un Sous-Préfet. Il y aura dans chaque district ou SousPréfecture un conseil de district.
36ter A RT. Die Districte sollen durch einen Unterpräfekten verwaltet werden. Es soll in jedem Districte oder in jeder Unterpräfektur ein Districts-Rath seyn.
A RT. 37. Chaque municipalité sera administrée par un Maire. Il y aura dans chaque municipalité un conseil municipal.
37ter A RT. Jede Municipalität soll durch einen Maire verwaltet werden. Es soll in jeder Municipalität ein Municipal-Rath seyn.
A RT. 38. Les membres des conseils généraux de département, des conseils de districts, et des conseils municipaux seront renouvellés par moitié tous les deux ans.
38ter A RT. Die Mitglieder der General-Departements-Räthe, der Districts-Räthe und der Municipal-Räthe sollen alle zwey Jahre zur Hälfte erneuert werden.
TITRE X
ZEHNTER TITEL
A RT. 39. Il sera formé dans chaque département un Collège de département.
39ter A RT. Es soll in jedem Departemente ein Departements-Collegium gebildet werden.
A RT. 40. Le nombre des membres des Collèges de département sera à raison d’un membre pour mille habitans, sans qu’il puisse néanmoins être moindre de deux cent.
40ter A RT. Die Zahl der Mitglieder der Departements-Collegien soll durch die Zahl der Bewohner des Departements bestimmt werden, so daß ein Mitglied auf tausend Bewohner desselben kommt; doch darf die Zahl der Mitglieder nicht unter zweyhundert seyn.
A RT. 41. Les membres des Collèges de département seront nommés par le Roi et seront choisis, savoir : les 4 sixièmes parmi les 600 plus imposés du département, un sixième parmi les plus riches négocians et fabricans, et un sixième parmi les savans, les artistes les plus distingués, et les citoyens, qui auront le mieux mérité de l’Etat.
41ter A RT. Die Mitglieder der Departements-Collegien sollen vom Könige ernannt und folgendermaßen gewählt werden, nämlich: Vier Sechstel unter den sechs hundert Höchst-Besteuerten des Departements, Ein Sechstel unter den reichsten Kaufleuten und Fabrikanten, und Ein Sechstel unter den ausgezeichnetesten Gelehrten und Künstlern, und unter den Bürgern, welche sich am meisten um den Staat verdient gemacht haben.
A RT. 42. Nul ne peut être nommé membre d’un Collège de département, s’il n’a 21 ans accomplis.
42ter A RT. Es kann niemand, der nicht volle 21 Jahre alt ist, zum Mitgliede eines Departements-Collegiums ernannt werden.
247
ROYAUME DE W ESTPHALIE A RT. 43. Les fonctions des membres de Collèges de département sont à vie ; nul ne peut en être privé que par un jugement.
43ter A RT. Die Funktionen der Mitglieder der Departements-Collegien sind lebenslänglich; es kann keines derselben anders, als durch einen Urtheilsspruch, entsetzt werden.
A RT. 44. Les Collèges de département nommeront les membres des Etats, et présenteront au Roi les Candidats pour les places de juges de paix et de membres des Conseils de département, des Conseils de district et des Conseils municipaux. Les présentations seront en nombre double des nominations à faire.
44ter A RT. Die Departements-Collegien sollen die Mitglieder der Stände ernennen, und dem Könige Candidaten für die Stellen der Friedensrichter, Departements-, Districts- und Municipal-Räthe vorschlagen. Für jede zu machende Ernennung sollen zwey Candidaten vorgeschlagen werden.
TITRE XI
EILFTER TITEL
A RT. 45. Le Code Napoléon formera la loi civile au Royaume de Westphalie, à compter du 1er Janvier 1808.
45ter A RT. Der Codex Napoleon soll vom ersten Januar 1808 an, das bürgerliche Gesetzbuch des Königreichs Westphalen seyn.
A RT. 46. La procédure sera publique et le jugement par jurés aura lieu en matière criminelle. Cette nouvelle jurisprudence criminelle sera mise en activité au plutard au 1er Juillet 1808.
46ter A RT. Das gerichtliche Verfahren soll öffentlich seyn, und in peinlichen Fällen sollen die Geschwornen-Gerichte statt haben. Diese neue peinliche Jurisprudenz soll spätestens bis zum ersten Julius 1808 eingeführt seyn.
A RT. 47. Il y aura, par chaque canton, une justice de paix ; par chaque district, un tribunal civil de 1re instance ; par chaque départément, une cour de justice criminelle, et pour tout le Royaume, une seule cour d’appel.
47ter A RT. In jedem Cantone soll ein Friedensgericht, in jedem Districte ein CivilGericht erster Instanz, und in jedem Departemente ein peinlicher Gerichtshof, und für das ganze Königreich ein einziger Appellations-Gerichtshof seyn.
A RT. 48. Les Juges de paix resteront en fonctions pendant quatre ans, et seront immédiatement rééligibles, s’ils sont présentés comme Candidats par les Collèges de département.
48ter A RT. Die Friedensrichter sollen vier Jahre lang im Amte bleiben und sollen sogleich darauf wieder gewählt werden können, wenn sie als Candidaten von den Departements-Collegien vorgeschlagen worden.
A RT. 49. L’ordre judiciaire est indépendant.
49ter A RT. Der gerichtliche Stand ist unabhängig.
A RT. 50. Les Juges sont nommés par le Roi ; des provisions à vie leur seront délivrées, lors-qu’après cinq années d’exercices,
50ter A RT. Die Richter werden vom Könige ernannt. Ernennungen auf Lebenszeit sollen sie
248
C ONSTITUTION DU ROYAUME DE W ESTPHALIE (1807) il sera reconnu, qu’ils méritent d’être maintenus dans leur emploi.
erst erhalten, wenn man, nachdem sie ihr Amt fünf Jahre lang werden verwaltet haben, überzeugt seyn wird, daß sie in ihren Ämtern beybehalten zu werden verdienen.
A RT. 51. La Cour d’appel pourra, soit sur la dénonciation du Procureur Royal, soit sur celle d’un de ses Présidens, demander au Roi la destitution d’un Juge, qu’elle croirait coupable de prévarications dans ses fonctions. Dans ce seul cas la déstitution d’un Juge pourra être prononcée par le Roi.
51ter A RT. Das Appellationsgericht kann auf die Denunciation des königlichen Prokurators sowohl, als auf jene eines seiner Präsidenten, vom Könige die Absetzung eines Richters begehren, welchen es in der Ausübung seiner Amtsverrichtungen einer Verletzung seiner Pflichten für schuldig hält. In diesem einzigen Falle soll die Amtsentsetzung eines Richters vom Könige ausgesprochen werden können.
A RT. 52. Les jugemens des Cours et Tribunaux sont rendus au nom du Roi. Seul il peut faire grâce, remettre ou commuer la peine.
52ter A RT. Die Urtheile der Gerichtshöfe und Tribunale werden im Namen des Königs ausgesprochen. Er allein kann Gnade ertheilen, die Strafe erlassen oder mildern.
TITRE XII
ZWÖLFTER TITEL
A RT. 53. La conscription sera loi fondamentale du Royaume de Westphalie. L’enrôlement à prix d’argent ne saurait avoir lieu.
53ter A RT. Die Militair-Conscription soll Grundgesetz des Königreichs Westphalen seyn. Es dürfen keine Werbungen für Geld statt haben.
TITRE XIII
DREYZEHNTER TITEL
A RT. 54. La constitution ci-dessus sera complétée par des règlemens du Roi, discutés dans son Conseil d’Etat.
54ter A RT. Gegenwärtige Constitution soll durch königliche, im Staatsrathe discutirte Verordnungen ergänzt werden.
A RT. 55. Les lois et règlemens d’administration publique seront publiés au bulletin des lois, et n’ont pas besoin d’autre forme de publication, pour devenir obligatoires.
55ter A RT. Die Gesetze und VerwaltungsVerordnungen sollen im Gesetz-Bülletin bekannt gemacht werden, und haben zu ihrer Verbindlichkeit keiner anderweiten Publications-Formalität nöthig.
Donné en Notre Palais de Fontainebleau le 15me jour du mois de Novembre de l’an 1807.
Gegeben in Unserm Pallaste zu Fontainebleau, am 15ten Tage des Monats November des Jahres 1807.
Signé : NAPOLÉON, Par l’Empereur.
Unterschrieben: Napoleon. Auf Befehl des Kaisers,
249
W ESTPHALEN le Ministre Secrétaire d’Etat. signé : Hugues B. Maret. JÉRÔME NAPOLEON, PAR LA GRACE DE D IEU ET LES CONSTITUTIONS , ROI DE W ESTPHALIE , P RINCE FRANCAIS , etc. vû l’acte constitutionnel du Royaume de Westphalie en date du 15 Novembre 1807, ordonnons qu’il sera inséré au bulletin des lois, et publié dans toute l’étendue du Royaume. Donné en Notre Palais royal à Napoléonshoehe le 7. Décembre 1807, 1er de Notre règne.
der Minister Staats-Secretaire, Hugo B. Maret. WIR HIERONYMUS NAPOLEON, von Gottes Gnaden und durch die Constitutionen König von Westphalen, französischer Prinz etc. etc. nach Ansicht der Constitution des Königreichs Westphalen vom 15. November 1807, befehlen, daß dieselbe in’s Gesetz-Bülletin eingerückt und im ganzen Umfange des Königreichs bekannt gemacht werden soll. Gegeben in Unserm königlichen Pallaste zu Napoleonshöhe am 7ten December 1807, im 1sten Jahre Unsrer Regierung.
signé : JÉROME NAPOLÉON. Par le Roi. En l’absence du Ministre Secrétaire d’Etat, le Secrétaire du cabinet et des commandemens,
Unterschrieben: Hieronymus Napoleon. Auf Befehl des Königs. In Abwesenheit des Ministers Staats-Secretaire, der Cabinets-Secretaire,
Signé : C OUSIN DE M ARINVILLE. Certifié conforme Le Ministre provisoire de la Justice et de l’Intérieur, S IMÉON .
Unterschrieben: Cousin von Marinville. Als gleichlautend bescheiniget. Der provisorische Minister des Justizwesens und der innern Angelegenheiten, Siméon.
1
1
Ediert nach Bulletin des lois du Royaume de Westphalie / Gesetz-Bulletin des Königreichs Westphalen, Jahrgang 1808, Erster Theil, Nr. 1, Cassel, S. 2–30. Hierbei handelt es sich um die identische französische Fassung der Verfassung des Königreichs Westphalen von 1807. Für weitere Angaben vgl. die dortigen Hinweise.
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Ediert nach Bulletin des lois du Royaume de Westphalie / Gesetz-Bulletin des Königreichs Westphalen, Jahrgang 1808, Erster Theil, Nr. 1, Cassel, S. 3–31. Die Verfassung wurde nicht beschlossen, sondern per königlichem Dekret von Napoleon Bonaparte verordnet. Die Unterzeichnung erfolgte am 15. November 1807 und die Verkündung fand am 7. Dezember 1807 statt. Für weiterführende Angaben siehe Helmut Berding, Napoleonische Herrschafts- und Gesellschaftspolitik, Göttingen 1973; Rüdiger Ham, Die Constitution für das Königreich Westfalen von 1807, ZNR 26 (2004), S. 227 ff.; Michael Hecker, Napoleonischer Konstitutionalismus in Deutschland, 2005; Huber, Verfassungsgeschichte I, S. 88–90; Theodir Ilgen, Das Königreich Westphalen: Sieben Jahre französischer Fremdherrschaft im Herzen Deutschlands, 1807–1813, Düsseldorf 1888; Arthur Kleinschmidt, Geschichte des Königreichs Westfalen, Gotha 1893; Hans-Peter Ullmann, „Finanzreformen im Königreich Westfalen 1807–1813“, in: Konflikt und Reform: Festschrift für Helmut Berding, hrsg. von Winfried Speitkamp und
V ERFASSUNG FÜR DAS KÖNIGREICH W ESTPHALEN (1807) Hans-Peter Ullmann, Göttingen 1995, S. 118–135. 2 Durch königliches Statut vom 23. Dezember 1808, in Kraft getreten am 1. Januar 1809, wurden die Abteilungen Justiz und Inneres in zwei Ministerien getrennt (Bulletin des lois du Royaume de Westphalie / GesetzBulletin des Königreichs Westphalen, Jahrgang 1809, Dritter Theil, Nr. 73, Nr. 161, Cassel, S. 571–575). Siehe unter „Zweite Ergänzungsverordnung von 1808“. 3 Durch königliches Dekret vom 10. Mai 1808 wurde den Mitgliedern der Stände für die Reise- und Aufenthaltskosten während der Dauer der Sitzung eine Entschädigung bewilligt (Bulletin des lois du Royaume de Westphalie / Gesetz-Bulletin des Königreichs Westphalen, Jahrgang 1808, Zweiter Theil, Nr. 80, Cassel, S. 45–49). Siehe unter „Erste Ergänzungsverordnung von 1808“.
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Premier Règlement Supplémentaire de 1808
Erste Ergänzungsverordnung von 1808
Décret Royal du 10 Mai 1808, contenant fixation des indemnités accordées aux membres des Etats, pour frais de voyage et pour séjour pendant la durée de leur session1
Königliches Decret vom 10. May 1808, welches die den Mitgliedern der Stände für Reise- und AufenthaltsKosten während der Dauer der Sitzung bewilligte Entschädigung bestimmt1
J ÉRÔME NAPOLEON, par la grace de Dieu et les constitutions, Roi de Westphalie, Prince français, etc.
Wir Hieronymus Napoleon, von Gottes Gnaden und durch die Constitutionen König von Westphalen, französischer Prinz etc. etc.
sur ce qui Nous a été représenté, que la plupart des personnes qui ont été ou qui seront nommées membres des Etats, ne pourraient se rendre dans Notre ville de Cassel, où ils seront convoqués, et y résider pendant la session, sans une indemnité que la cherté des loyers et de toutes les choses nécessaires à la vie, et la modicité des fortunes, rendent indispensable ;
haben, auf die Uns gemachten Vorstellungen, daß der größte Theil derjenigen Personen, welche zu Mitgliedern der Stände bereits ernannt sind oder noch ernannt werden dürfen, nach Unserer Stadt Cassel, wohin sie zusammenberufen worden, sich nicht begeben und daselbst während der Dauer der Sitzung aufhalten können, ohne daß ihnen eine Entschädigung, welche die hohen Miethpreise und die Theurung aller nothwendigen Lebens-Bedürfnisse, so wie die Beschränktheit ihrer VermögensUmstände durchaus unvermeidlich machen, bewilligt werde;
Considérant que l’article 29 de l’acte des constitutions en date du 15 Novembre 1807, qui porte que les membres des Etats ne recevront pas de traitement, ne peut avoir pour but que d’exclure un traitement annuel indépendant de l’époque et de la durée de la
in Erwägung, daß der 29. Artikel der Constitutions-Urkunde vom 15. Novbr. 1807, wodurch bestimmt wird, daß die Mitglieder der Stände keinen Gehalt bekommen sollen, nur den Zweck haben kann, einen jährlichen von dem Zeitpunkte und der Dauer der Sit-
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P REMIER R ÈGLEMENT S UPPLÉMENTAIRE DE 1808 session, d’empêcher que l’honorable fonction de représenter ses concitoyens, ne soit regardée et recherchée comme une fonction lucrative ; qu’en exigeant de ceux qui y sont appelés le sacrifice de leur tems et de leurs travaux, il n’est pas juste de leur imposer encore une dépense qui pourrait être onéreuse à plusieurs, et qu’en les garantissant de toute perte sans leur donner aucun gain, on saisira le véritable esprit de la disposition constitutionelle ;
zung unabhängigen Gehalt, auszuschließen, und zu verhindern, daß das ehrenvolle Amt, seine Mitbürger zu vertreten, nicht als eine Gewinn bringende Stelle angesehen und gesucht werde; daß es ungerecht ist, ausser der Aufopferung der Zeit und Abhaltung von den Geschäften, noch von denjenigen, die hierzu berufen sind, eine Ausgabe zu verlangen, welche mehreren unter ihnen beschwerlich fallen könnte; daß endlich der wahre Sinn der Constitutions-Urkunde am ersten erreichen wird, wenn man ohne den Ständen irgend einen Gewinnst zu verschaffen, sie doch gegen alle Nachtheile sicher stellt;
sur le rapport de Notre Ministre de la justice et de l’intérieur ;
auf den Bericht Unsers Ministers des Justizwesens und der innern Angelegenheiten;
Notre Conseil d’Etat entendu ;
nach Anhörung Unsers Staatsraths;
Nous avons décrété et décrétons :
verordnet und verordnen:
A RT. 1. Il sera payé à chaque membre des Etats dix-huit francs par jour, à titre d’indemnité pendant toute la session.
A RT. 1. Einem jeden Mitgliede der Stände sollen Achtzehn Franken, als Entschädigung während der Dauer der Sitzung, täglich ausbezahlt werden.
A RT. 2. La même indemnité de dix - huit francs par jour, sera accordée aux membres des Etats pour leurs frais de voyage, savoir aux membres des Etats des départemens de la Fulde et de la Leine, autres que ceux qui résident à Cassel, à raison de quatre jour pour l’allée et le retour ; à ceux du département du Harz à raison de six jours ; à ceux de l’Ocker, de la Saale et de la Werra à raison de huit ; à ceux du Weser à raison de neuf, et à ceux de l’Elbe à raison de dix jours.
A RT. 2. Einem jeden Mitgliede der Stände wird gleichfalls eine tägliche Entschädigung von Achtzehn Franken für ihre Reisekosten bewilligt, nehmlich: den Mitgliedern der Stände aus dem Fulda- und Leine-Departement, mit Ausschluß derjenigen, welche zu Cassel wohnen, für vier Tage zur Herund Rückreise; denjenigen aus dem HarzDepartement, für sechs Tage; denjenigen aus dem Ocker-, Saale- und Werra-Departement, für acht Tage; denjenigen aus dem Weser-Departement für neun Tage, und denjenigen aus dem Elbe-Departement für zehn Tage.
A RT. 3. Notre Ministre de la justice et de l’intérieur est chargé de l’exécution du présent décret, qui sera inséré au bulletin des lois.
A RT. 3. Unser Minister des Justizwesens und der innern Angelegenheiten ist mit der Vollziehung des gegenwärtigen Decrets beauftragt, welches in das Gesetz-Bülletin eingerückt werden soll.
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W ESTPHALEN Donné en Notre palais royal de Napoléonshoehe, le 10 Mai, an 1808, de Notre règne le second.
Gegeben in Unserem königlichen Pallaste zu Napoleonshöhe, am 10. May 1808, im zweyten Jahre Unserer Regierung.
signé : JÉROME NAPOLÉON.
Unterzeichnet: Hieronymus Napoleon
Par le Roi Le Ministre Sécrétaire d’Etat signé : COMTE DE FÜRSTENSTEIN
Auf Befehl des Königs Der Minister Staats-Secretaire Unterschrieben: Graf von Fürstenstein
1
Ediert nach Bulletin des lois du Royaume de Westphalie / Gesetz-Bulletin des Königreichs Westphalen, Jahrgang 1808, Nr. 80, Cassel, S. 44–48.
254
1
Ediert nach Bulletin des lois du Royaume de Westphalie / Gesetz-Bulletin des Königreichs Westpahlen, Jahrgang 1808, Zweiter Theil, Nr. 80, Cassel, S. 45–49.
Deuxième Règlement Supplémentaire de 1808
Zweite Ergänzungsverordnung von 1808
Statut Royal du 23 Décembre 1808, portant règlement supplémentaire à la constitution, pour la division du Ministère de la Justice et de l’Intérieur en deux ministères à dater du 1er Janvier 18091
Königliches Statut vom 23ten December 1808, eine Ergänzungs-Verordnung für die Constitution enthaltend, wegen Abtheilung des Ministeriums der Justiz und des Innern in zwey Ministerien, vom 1sten Januar 1809 angerechnet1
J ÉRÔME NAPOLEON, par la grace de Dieu et les constitutions, Roi de Westphalie, Prince français, etc.
W IR H IERONYMUS NAPOLEON, von Gottes Gnaden und durch die Constitutionen König von Westphalen, französischer Prinz etc. etc.
considérant que l’administration générale de la Justice et de l’Interieur, présente journellement une trop grande multiplicité d’affaires, pour que Notre Ministre chargé à la fois de ces deux départemens, puisse en embrasser seul les détails nombreux et essentiellement différents ;
haben, in Erwägung, daß die allgemeine Verwaltung der Justiz und des Innern täglich zu viele und zu verschiedene Gegenstände darbietet, als daß Unser, mit diesen beyden Departements zugleich beauftragte Minister die zahlreichen und wesentlich von einander abweichenden Details derselben allein bearbeiten könnte;
en vertu de l’art. 54 de l’acte constitutionnel, portant que la constitution sera complétée par des réglemens émanés de Nous et discutés dans Notre Conseil d’Etat :
kraft des 54sten Artikels der Constitutions-Urkunde, welcher verfügt, daß die Constitution durch, von Uns erlassene, und im Staatsrath discutirte, Verordnungen ergänzt werden soll;
Notre Conseil d’Etat entendu ;
nach Anhörung Unseres Staatsraths;
Nou avons statué et statuons ce qui suit :
beschlossen und beschließen folgendes:
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ROYAUME DE W ESTPHALIE
RÉGLEMENT SUPPLÉMENTAIRE À LA CONSTITUTION
ERGÄNZUNGSVERORDNUNG FÜR DIE CONSTITUTION
A RT. 1. A compter du 1er Janvier 1809, l’administration générale de la Justice et de l’Intérieur formera deux Ministères séparés.
A RT. 1. Die allgemeine Verwaltung der Justiz und des Innern soll, vom 1sten Januar 1809 angerechnet, zwey getrennte Ministerien bilden.
A RT. 2. Les attributions du Ministère de la Justice, seront : La correspondance habituelle avec les cours de justice et tribunaux, et avec les procureurs royaux, pour tout ce qui a rapport à l’administration de la Justice, soit au civil, soit au criminel ; l’organisation des cours, tribunaux et justices de paix et l’exercice du droit de les surveiller et de les reprendre ; le régime du notariat et celui des hypothèques ; les rapports des recours en grace, et l’envoi aux tribunaux, des lettres de grace et de commutation de peine ; les rapports sur les questions qui exigent l’interprétation des lois, le compte à rendre au Roi, des observations recueillies sur les diverses parties de la législation, sur les abus qui se seraient introduits dans l’exercice de la justice et sur la discipline des tribunaux ; l’ordonnance des dépenses relatives à l’ordre judiciaire ; l’impression des lois, décrets royaux, proclamations ou réglémens, au bulletin, et son envoi à toutes les autorités ; la présidence de Notre Conseil d’Etat, lorsqu’il fera les fonctions de cour de cassation, conformément à l’article 22 de l’acte constitutionnel du 15 Novembre 1807 ; la haute police du Royaume.
A RT. 2. Die Attributionen des Justiz-Ministeriums sind: die gewöhnliche (laufende) Correspondenz mit den Gerichtshöfen und Tribunälen, und mit den Königlichen Procuratoren in allem was auf die Verwaltung der Justiz, sowohl im Civil- als in peinlichen Sachen, Bezug hat; die Organisation der Gerichtshöfe, Tribunale und Friedens-Gerichte, und die Ausübung des Rechts der Oberaufsicht und der Zurechtweisung; das Notariats- und Hypothekenwesen; die Berichte über die Begnadigungsgesuche und die an die Tribunäle zu machende Versendung der Gnadenbriefe, und solcher welche eine Milderung der Strafe enthalten; die Berichte über solche Fragen, welche eine Auslegung der Gesetze nothwendig machen; die Rechenschaft, welche dem Könige in Hinsicht der gesammelten Bemerkungen über die verschiedenen Zweige der Gesetzgebung über die Mißbräuche, welche in die Ausübung der Justiz sich eingeschlichen haben, und über die Disciplin der Tribunäle, abzulegen ist; die Anweisung zur Bezahlung aller, die gerichtliche Ordnung betreffenden Ausgaben; das Abdrucken der Gesetze, Königlichen Decrete, Proclamationen oder Verordnungen in das Bülletin, und die Versendung desselben an alle Behörden; der Vorsitz in Unserm Staatsrathe, wenn derselbe, in Gemäßheit des 22sten Artikels der Constitutions-Urkunde vom 15ten November 1807, die Geschäfte des CassationsGerichts versieht; die hohe Policey des Königreichs;
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D EUXIÈME R ÈGLEMENT S UPPLÉMENTAIRE DE 1808 A RT. 3. Les attributions du Ministère de l’Intérieur seront : la correspondance avec les Préfets et la surveillance du régime administratif ; le maintien des lois relatives aux collèges de département, aux conseils généraux de département, aux conseils de district, et aux conseils municipaux ; le personnel des nominations, suspensions et destitutions des Préfets, Souspréfets et Maires ; la comptabilité des departemens et des communes ; lès prisons, maisons d’arrêt et de réclusion ; les hôpitaux civils, les dépôts de mendicité, les secours publics et établissemens de bienfaisance ; l’agriculture, les pépinières et bergeries ; les cultes, l’industrie, les arts et métiers, les primes et encouragemens, les mesures sanitaires, les poids et mesures ; l’instruction publique, les musées, les fêtes publiques, les universités, les théâtres ; la formation des tableaux de population, de statistiques et des produits territoriaux ; les travaux publics, excepte les canaux, ponts et chaussées, qui continueront à être dans les attributions du Ministère des finances jusqu’au 1er Janvier 1810, époque à laquelle ils feront partie des attributions du Ministère de l’Intérieur. Mandons et ordonnons que le présent Statut, revêtu du sceau de l’Etat, inséré au bulletin des lois, soit adressé aux Cours, aux Tribunaux et Autorités administratives, pour qu’ils l’inscrivent dans leurs registres, l’observent et le fassent observer, et le Ministre de la Justice est chargé d’en surveiller l’exécution.
A RT. 3. Die Attributionen des Ministeriums des Innern sind: die Correspondenz mit den Präfecten, und die Oberaufsicht über die Verwaltung; die Aufrechterhaltung der, die Departements-Collegien und die General-Departements-, Districts- und Municipal-Räthe betreffenden Gesetze; das Personale der Ernennungen der temporairen und gänzlichen Dienstentsetzung der Präfecten, Unter-Präfecten und Maire; das Rechnungswesen der Departements und der Gemeinden; die Gefängnisse und Zuchthäuser; die Civil-Hospitäler, die zur Aufnahme der Bettler bestimmten Gebäude, die öffentlichen Unterstützungs- und WohlthätigkeitsAnstalten; der Ackerbau, die Baumsschulen und Schäfereyen; die öffentlichen Gottesdienste, die Industrie, die Künste und Gewerke; die Prämien und Aufmunterungen, die Gesundheits-Maaßregeln, die Maaße und Gewichte; der öffentliche Unterricht, die Museen, Volksfeste, Universitäten und Theater; die Verfertigung der Bevölkerungs- und der statistischen Tabellen, so wie derjenigen, über den Territorial-Ertrag; die öffentlichen Arbeiten, mit Ausschluß der Canäle und Chausseen, welche, bis zum 1sten Januar 1810, fortfahren werden zu den Attributionen des Finanz-Ministeriums zu gehören, von dieser Zeit angerechnet aber einen Theil der Attributionen des Ministeriums des Innern ausmachen sollen. Es ist Unser Wille und Befehl, daß das gegenwärtige Statut, mit dem Staatssiegel versehen, in das Gesetz-Bülletin eingerückt, und an die Gerichtshöfe, Tribunale und Verwaltungs-Behörden gesandt werde, damit dieselben es in ihre Register eintragen, sich genau darnach achten und auf dessen Beobachtung halten: Unser Justiz-Minister ist beauftragt über die Vollziehung desselben zu wachen. 257
W ESTPHALEN Donné en Notre palais royal à Cassel, le 23 Décembre, l’an 1808, de Notre règne le second.
Gegeben in Unserm Königlichen Pallaste zu Cassel, am 23sten Decbr. 1808, im 2ten Jahre Unserer Regierung.
Signé : JÉRÔME NAPOLÉON Par le Roi Le Ministre Secrétaire d’Etat et des relations extérieures signé : COMTE DE FÜRSTENSTEIN Pour copie conforme Le Ministre de la justice SIMÉON
Unterschrieben: Hieronymus Napoleon Auf Befehl des Königs Der Minister Staatssecretair u. der auswärtigen Angelegenheiten unterschrieben: Graf von Fürstenstein Als gleichlautend bescheiniget Der Justiz-Minister unterschrieben: Siméon
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Ediert nach Bulletin des lois du Royaume de Westphalie / Gesetz-Bulletin des Königreichs Westphalen, Jahrgang 1808, Zweiter Theil, Nr. 73, Nr. 161, Cassel, S. 570–574.
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Ediert nach Bulletin des lois du Royaume de Westphalie / Gesetz-Bulletin des Königreichs Westphalen, Jahrgang 1808, Zweiter Theil, Nr. 73, Nr. 161, Cassel, S. 571–575.
Verfassung von Württemberg (1806) Organisations-Manifest, d. d. 18. März 18061
Friderich, von Gottes Gnaden, König von Württemberg etc. etc. etc. entbieten Unsern lieben und getreuen Dienern, Vasallen und Unterthanen Unsere Königliche Gnade. Wir finden für nöthig, für die Gesammtheit Unserer zu einem Ganzen vereinigten alten und neuen Staaten eine durchaus gleichförmige Staats-Verwaltung anzuordnen und festzusetzen, und haben daher beschlossen, und beschließen wie folgt: § 1. Die oberste Staats-Behörde im Königreiche ist das königliche Staats-Ministerium. Es besteht aus den Chefs sämtlicher Departements und denjenigen Mitgliedern, welche Wir ausser diesen noch zu ernennen für gut befinden. § 2. Es sind 6 Departements: 1) das Departement der auswärtigen Angelegenheiten, 2) das Departement des Innern, 3) das Justiz-Departement. 4) das Kriegs-Departement, 5) das Finanz-Departement, 6) das Geistliche Departement. § 3. Das Departement der auswärtigen Angelegenheiten, unter der Benennung Cabinets-Ministerium, hat zu besorgen: alle Verhandlungen mit Auswärtigen, die Aufrechthaltung und genaue Befolgung der bestehenden Tractaten, die Correspondenz mit auswärtigen Ministern, die Ausfertigung der öffentlichen Correspondenz des Königs mit andern Regenten und Gouvernements, die Angelegenheiten des Königli-
chen Hauses, das Ceremoniel mit Auswärtigen, das Ceremoniel im Innern, die Direction des Postwesens, Ordens-Angelegenheiten, Standes-Erhöhungen, die Verwendung für die Königlichen Unterthanen im Auslande, Ausfertigung von Pässen und Beurkundung von Documenten, die für dasselbe bestimmt sind. § 4. Das Departement des Innern umfaßt das polizeiliche, staatswirthschaftliche und Regiminal-Fach nach den weiter unten folgenden näheren Bestimmungen. § 5. Zu dem Ressort des Justiz-Departements gehört das Justiz-Wesen in seinem ganzen Umfange. Es führt die Ober-Aufsicht über sämtliche Civil- und CriminalJustiz-Stellen, über Advokaten und Notarien, und beschäftigt sich mit dem Vortrage neuer Gesetze und Verordnungen, in so fern sie auf rechtliche Verhältniße und die JustizPflege Bezug haben. § 6. Das Kriegs-Departement besorgt alles, was zu Militär-Einrichtungen im Allgemeinen gehört. § 7. Das Finanz-Departement begreift unter sich: alles, was sich auf Staats-Einnahmen, sie mögen Namen haben, welche sie wollen, bezieht, die Ober-Aufsicht über die Haupt-Staats-Cassen, über das Rechnungs-Wesen, und über alle Staats-Ausgaben nach dem zu bestimmenden Finanz-Plane, Verbesserung der Landes-Administration in Finanz-Sachen, die Ober-Aufsicht über das Forst-Departement, Salinen- und Bergwerks-Departement, über das Münz-
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W ÜRTTEMBERG und das Postwesen, in so fern in Bezug auf das Leztere von Einnahmen und Ausgaben die Rede ist. § 8. Zu dem Geschäfts-Kreise des Geistlichen Departements gehört der Cultus, sowohl der evangelischen, als katholischen Religion, und anderer im Staate tolerirten Gemeinden, das Curatorium der Universität, Schulen, und überhaupt gelehrte und Bildungs-Anstalten. § 9. Die Chefs der Departements haben Uns den Vortrag bei Besetzung der darunter begriffenen Stellen zu machen, und zwar gemeinschaftlich, je nachdem ein Amt in verschiedener Beziehung unter mehr als ein Departement gehört. § 10. Die Königlichen Collegien sind angewiesen, die ihnen von dem Staats-Ministerium zukommenden Befehle aufs genaueste zu befolgen, welche durch den Chef des Departement und zwei andere Mitglieder des Staats-Ministeriums unterzeichnet sind. § 11. Der Chef eines Departement hat im Staats-Ministerium den Vortrag über die zum obenbemerkten Geschäfts-Kreise gehörigen Angelegenheiten. § 12. Es werden so viele Geheime-Secretairs angestellt, als Departements sind. Jeder führt das Protokoll in der Session über die in sein Departement einschlagenden Gegenstände, und wird in der Ausarbeitung von den weniger beschäftigten unterstützt. Der erste Geheime-Secretair empfängt alle einkommende Sachen, führt darüber ein Diarium, numerirt die verschlossenen, und stellt die an das Staats-Ministerium, ohne Bezeichnung des Departement, addressirten, der geheimen Registratur, die für einzelne Departements gehörigen aber den Secretairs derselben zu, welche sie dem Chef zur Eröffnung und Zurückgabe, um das Diarium der Materie nach suppliren zu können,
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übergeben. Ausserdem sind bei dem StaatsMinisterium angestellt: 2 Geheime-Archivarii, 2 Geheime-Registratoren, und 5 Geheime-Cancellisten. § 13. Zu dem Departement der auswärtigen Angelegenheiten oder dem CabinetsMinisterium gehören: 2 Cabinets-Minister, Der Ober-Ceremonienmeister, Der Chef vom Bureau der auswärtigen Angelegenheiten, 3 vortragende Räthe, 3 Geheime Legations-Secretairs, 1 Geheimer Ober-Archivar, 1 Geheimer-Registrator, 3 Geheime-Cancellisten. § 14. Das dem Cabinets-Ministerium untergeordnete Ober-Post-Directorium besteht aus: 1 Ober-Post-Director, 2 Ober-Post-Räthen, 1 Ober-Post-Secratair, 1 Sekretair, 1 Cancellisten. § 15. Dem Minister des Innern ist ein General-Secretair und ein Cancellist zugegeben. Der General-Secretair empfängt die an den Minister besonders einkommenden Sachen, hält ein Diarium darüber, übergibt die verschlossenen jenem zur Eröffnung und Vertheilung an die nachgesetzten Stellen und contrasignirt die Expeditionen, welche von dem Minister unterzeichnet werden. § 16. Der ganze Umfang der zu diesem Departement gehörigen Geschäffte theilt sich unter folgende Stellen: I) Ober-Landes-Regierung Diese besteht aus 1 Präsidenten; 8 Räthen; 5 Secretairs; 2 Registratoren, und 5 Cancellisten. Zu ihrem Ressort gehört: das RegiminalFach, besonders die Wahrung der Königlichen Souverainetäts-Rechte, die Landes-Po-
V ERFASSUNG VON W ÜRTTEMBERG (1806) lizei im allgemeinen, worunter jedoch die Orts-Polizei von den 2 Hauptstädten Stuttgart und Ludwigsburg nicht begriffen ist, die Ober-Aufsicht über die Land-Beamten in allen Fächern, mit Ausschlusse der Justiz-Verwaltung, Bestätigung der Wahlen zu Magistrats- und andern Stellen, Sachen in Beziehung auf Auswanderung, Ertheilung des Unterthanen- und Bürgerrechts, Bevölkerungs-Tabellen, Gefängnisse, ZuchtArbeits- u. Waisen-Häuser, Armen-Anstalten, Zünfte u. Handwerker, Brand-Assecuration. § 17. Den Lehen-Hof bilden der Minister des Innern als Lehen-Probst, und 2 Referenten in Lehens-Sachen; dazu gehören 1 Secretair und 1 Registrator. Die Belehnungen selbst aber geschehen vor der Ober-LandesRegierung in Gegenwart des Ministers des Innern. § 18. Eine besondere Direction besorgt den Straßen-Brücken- und Wasserbau, Marsch- und Einquartirungs-Sachen. Sie besteht aus 1 Director; 2 Räthen und 2 Kunstverständigen in Beziehung auf den Brücken- und Wasserbau; 1 Secretair; 1 Cassier; 1 Cancellisten. § 19. Zu Versehung der auf die Medicinal-Anstalten und das Sanitätswesen überhaupt sich beziehenden Geschäffte besteht eine besondere Direction in 2 Räthen; den wirklichen Leib-Medicis; 2 Leib-Chirurgis und 2 Thier-Aerzten; welche 1 Secretair und 1 Cancellisten erhalten. § 20. II. Ober-Landes-Oekonomie-Collegium Es hat das Staatswirthschaftliche Fach im Allgemeinen unter sich, dazu gehören besonders: Commerz und Landes-Cultur, Manufacturen und Fabriken, die über diese Gegenstände einkommenden periodischen Tabellen und Berichte, Gestüte und Schaafzucht, Oekonomie der Communen, piorum
Corporum und Spitäler, das Oekonomische der Universität, welches vom Staats-Ministerium dahin zu geben ist. § 21. Dieses Collegium besteht aus 1 Director; 6 Räthen; 6 Rechnungs-Räthen, Secretairs; 1 Registrator; 4 Cancellisten. Nach Beschaffenheit der Gegenstände wird der Minister des Innern oder der Director Handlungs-Verständige, die Directoren der Fabriken und Manufacturen, und überhaupt Sachverständige in sonstigen Fächern beiziehen. § 22. Das Königreich ist in folgende 12 Kreise getheilt: 1. Kreis, Heilbronn. 2. Kreis, Ludwigsburg. 3. Kreis, Stuttgart. 4. Kreis, Maulbronn. 5. Kreis, Schorndorf. 6. Kreis, Urach. 7. Kreis, Rotenburg. 8. Kreis, Calw. 9. Kreis, Rottweil. 10. Kreis, Tuttlingen. 11. Kreis, Zwiefalten. 12. Kreis, Ellwangen Die zu jedem Kreise gehörigen Aemter und Ortschaften behalten Wir Uns bevor, hienächstens bekannt zu machen. § 23. Es wird eine zwekmäßige Eintheilung und Vereinigung der Ober- und StabsAemter, Steuer-Einnehmereien, Kellereien, Verwaltungen u. s. w. nach und nach getroffen werden. § 24. Die unter der Kreis-Eintheilung begriffenen, bisher zu der sogenannten Cammerschreiberei, nun zur Hof- und Domänen-Cammer gehörigen Aemter und Orte sind nur in Beziehung auf Regiminal- Justiz- und Polizei-Administration zu den Kreisen gerechnet. Die Einkünfte davon werden nach wie vor unmittelbar an die GeneralDomänen-Casse eingeliefert, und auch dahin die Rechnungen gestellt.
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W ÜRTTEMBERG § 25. Jedem Kreise ist ein Kreis Hauptmann vorgesetzt. Demselben wird ein Actuar zugegeben, der Rechts-Kenntnisse haben muß, und gegen Uns in Pflichten genommen wird. In allen Regiminal- Polizeiund Staatswirthschaftlichen Sachen, also mit Ausschluße von Gegenständen, die sich auf die Rechts-Pflege beziehen, senden die Beamte ihre Berichte an den Kreis-Hauptmann, welcher, wenn er nichts dabei zu erinnern findet, sie blos mit seinem vidit, im entgegengesezten Falle aber mit seinen Bemerkungen begleitet, und an die höheren Behörden abgehen läßt. Seine Verrichtungen beziehen sich hauptsächlich auf obgenannte Gegenstände im Umfange des ihm untergebenen Kreises. Insbesondere besorgt er Straßen-Sachen, Feuer-Lösch-Armen-Bettel- und überhaupt Sicherheits-Anstalten. Er dirigirt das Marschwesen und die Conscription. Die zu dem Kreise gehörigen Beamte stehen unter ihm, über deren Amtsführung überhaupt ihm eine strenge Aufsicht zu führen obliegt. Ein bedeutender Theil seiner Verrichtungen wird in Commissionen bestehen, welche ihm von den obern Behörden werden übertragen werden. § 26. Die adelichen Güter gehören zu demjenigen Kreise, in dem sie gelegen sind, oder an welchen sie mit dem grösten Umfange anstoßen. Von den Beamten, Geistlichen, übrigen Dienern und Hintersassen des Adels wird die Huldigung Unsern Königlichen Beamten abgelegt. Die Ritterguts-Besitzer schwören den Eid der Treue und des Gehorsams entweder zu Stuttgart vor dem Minister des Innern, oder vor dem KreisHauptmanne. Sie stehen in keiner politischen Verbindung unter sich. § 27. Die Ritterguts-Besitzer bleiben im Besitz und Genusse ihrer bisher rechtmäßig bezogenen gutsherrlichen und andern Revenüen. Jedoch gebühren Uns alle wesentliche Regalien, besonders auch Zoll, Accis,
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Umgeld, so wie das Chaussee-Geld, letzteres gegen Uebernahme der Chaussee-Kosten. Wo jedoch das Umgeld aus irgend einem gültigen Rechts-Titel oder durch unvordenkliche Verjährung erweislich hergebracht ist, wird wegen dessen Bouification nach dem billigen Durchschnitt eine Uebereinkunft getroffen werden. Ebenso wird denjenigen Gutsbesizern, welche sonst ein nuzbares Regal, ausser obgedachten, auf eine rechtsbeständige Weise besizen, solches unter der Höchsten Aufsicht belassen, und im Falle hierinn irgend eine abändernde Maasregel eintreten sollte, eine Vergütung des jährlichen nach einer 20jährigen Bilance zu berechnenden Ertrags zugesichert. § 28. Die Inngesessenen adelicher Güter genießen die Rechte und Vorzüge Unserer übrigen Königl. Unterthanen, und sind denselben Pflichten unterworfen, alles unter den in gegenwärtiger Verordnung enthaltenen näheren Bestimmungen. In Absicht der Militair-Pflichtigkeit, der Einquartirung und Militair-Frohnen sind sie den Königl. Unterthanen völlig gleichgestellt, auch in der Regel der Nachsteuer und dem Abzuge unterworfen, so wie die Ritterguts-Besizer selbst mit ihren Angehörigen, wenn das Vermögen in einen Staat exportirt wird, mit welchem kein Freizügigkeits-Vertrag besteht. § 29. In Beziehung auf gedachte Güter hängen die Ertheilung des Land-Unterthanen-Rechts, der Erlaubnis zum Auswandern, die Concession zu Erbauung neuer Gebäude und Ansiedlungen, zu neuen Gewerben, Krämereien, Brauhäusern, Branntewein-Brennereien, Wirthshäusern, alle Einrichtungen des Salzverkaufs, so wie überhaupt der obersten Landes-Polizey gänzlich von Uns ab. § 30. Die Ritterguts-Besizer selbst nebst ihren Angehörigen sind den Gesetzen und
V ERFASSUNG VON W ÜRTTEMBERG (1806) Landesstellen eben so, wie andere, ohne einen Vorzug unterworfen, ausser daß sie ein forum privilegiatum haben, welches weiter unten bestimmt ist. § 31. Wir werden für die Ritterguts-Besizer, welche keine Hof- und sonstige Stellen bekleiden, auf ihr unterthänigstes Bitten eine eigene Uniform bestimmen, auch denjenigen, welche bisher zu Tragung eines Ritter-Ordens berechtiget waren, eine in den Zeichen abgeänderte Decoration verleihen. § 32. Sämtliche Ritterguts-Besizer sind von Personal-Steuern befreit, hingegen von sonstigen Abgaben nicht, und von den gewöhnlichen Grundsteuern nur in Absicht solcher Güter, welche erwiesenermaßen schon vor 60 Jahren ein eigentliches adeliches steuerfreyes Hofgut zusammen bildeteu; die Freiheit von Einquartirungen findet für Ritterguts-Besizer in Zeiten des Kriegs, bei Lagern, und überhaupt wenn Königl. Truppen zusammen gezogen werden, nicht Statt. § 33. Den Ritterguts-Besizern wird die Forst- und Jagd-Gerichtsbarkeit, wo sie solche erweislich hergebracht und ungestört ausgeübt haben, in ihren eigenen geschlossenen Jagd-Districten, und über ihre eigene sowohl, als die zum Rittergut gehörigen Commun-Waldungen, zur Ausübung nach den Königl. allgemeinen Forst- und JagdGesezen, und unter Ober-Aufsicht der Königl. Oberforst-Aemter und geeigneten Departements und Collegien, gelassen. § 34. Dem Chef des Justiz-Departement ist, wie dem Minister des Innern, ein General-Secretair und ein Cancellist zugegeben. Jener hat in Absicht seiner Functionen das nehmliche zu beobachten, was dem General-Secretair von dem Departement des Innern in Beziehung auf dasselbe vorgeschrieben ist.
§ 35. Der Justiz-Minister hat bei der Ober-Aufsicht über sämtliche Civil- und Criminal-Justiz-Stellen besonders sein Augenmerk darauf zu richten, daß jede Instanz in dem vorgeschriebenen Gange ihrer Geschäfte und Verrichtungen bleibe. Alle Klagen über verzögerte Justiz müssen zuerst an ihn gebracht werden, und erst dann, wann keine Abhülfe von seiner Seite geschieht, darf man sich deßwegen an Uns unmittelbar wenden. Wenn dergleichen Beschwerden über Verzögerungen oder Saumseeligkeit und Nachläßigkeit der untergeordneten Stellen oder Personen vorkommen, so wird der Minister die Beschaffenheit der Sache sogleich ernstlich untersuchen, und nach Umständen, wenn die Klage gegründet ist, entweder Verweise geben, oder besonders aggravirende Fälle zu Unserer Kenntniß bringen, um mit schärfern Ahndungen stufenweise von Geldstrafen, welche bei solchen Gelegenheiten ad pios usus verwendet werden sollen, bis selbst zur Dimission vorgehen zu können. § 36. Unter dem Justiz-Departement stehen folgende Collegien: I) Das Ober-Appellations-Tribunal Hiezu gehören: 1 Präsident; 1 Director; 8 Ober-Tribunals-Räthe; 2 Secretairs; 2 Cancellisten; 1 Pedell; 1 Bothe. Es entscheidet als oberste Justiz-Behörde alle Civil-Justizsachen in lezter Instanz und bildet zugleich die Revisions-Behörde. § 37. Mündliche Vorträge der Partheien finden bei diesem Tribunale nicht statt. Es werden schriftliche Appellations-Libelle eingereicht, und es dürfen neue Gründe und Beweise im Appellations-Processe gebraucht werden. § 38. In zweifelhaften, wichtigen und weitläufigen Fällen wird dem Referenten ein Coreferent zugegeben, dessen Wahl von dem Präsidium abhängt. In eben solchen
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W ÜRTTEMBERG Fällen circuliren die Acten weiter bei dem Präsidenten und noch einem Rathe, der durch jenen bestimmt wird. (Die Fortsezung folgt.)
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Ediert nach Königlich-Württembergisches Staatsund Regierungsblatt, Jahrgang 1806, Stuttgart, S. 6– 12.
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Das Organisations-Manifest wurde am 18. März 1806 beschlossen, unterzeichnet sowie verkündet und trat an diesem Tag auch in Kraft. Ihm ging die altständische Verfassung Württembergs voraus, die durch Erlaß König Friedrichs vom 30. Dezember 1805 aufgehoben wurde. Es wurde von der Verfassungsurkunde für das Königreich Württemberg (Königlich-Württembergisches Staats- und Regierungsblatt, Jahrgang 1819, Nr. 65, Stuttgart, S. 633–682) am 27. September 1819 abgelöst, siehe unter „Verfassung von Württemberg (1819)”.
Verfassungsentwurf von Württemberg (1815) [Verfassungsentwurf von Württemberg]1
Friderich, von Gottes Gnaden, König von Württemberg, souverainer Herzog in Schwaben, und von Teck, etc. etc. etc. Wir haben in dem Manifeste vom 11. Jenner Unseren lieben und getreuen Unterthanen Unsern Entschluß kund gethan, Unserem Königreiche eine ständische Verfassung zu geben. Da nun die in dieser Gemäsheit entworfene Urkunde von Uns bei Eröffnung der Versammlnng der Landstände Unsers Königreichs feyerlich sanctionirt worden ist, so wollen und befehlen Wir, daß solche allgemein bekannt gemacht werde. Unsere Königl. Ober-Beamten haben für die gehörige Publication Sorge zu tragen. Gegeben Stuttgart, den 15. Merz 1815. Friderich. Minister des Innern, Staats-u. ConferenzMinister, Graf v. Reischach. Ad. Mand. Sacr. Reg. Maj. propr. Minister, Staats-Secretair, v. Vellnagel. Wir Friderich, von Gottes Gnaden, König von Württemberg, souverainer Herzog in Schwaben und von Teck, Herzog zu Hohenlohe, Landgraf zu Tübingen, Fürst von Mergentheim, Ellwangen und Zwiefalten, Oberherr der Fürstenthümer Buchau, Waldburg, Baldern, Ochsenhausen und Neresheim, Graf zu Gröningen, Limpurg, Montfort, Tettnang, Hohenberg, Biberach, Schelklingen und Egloffs, Oberherr der Herrschaften Aulendorf, Scheer-Friedberg, Roth, Baindt und Ißny, Herr zu Altdorf, Leutkirch, Heidenheim, Justingen, Crailsheim, der Donaustädte, Ulm, Rothweil, Heilbronn, Hall und Wie-
senstaig etc. etc. etc. entbiethen allen Unsern lieben und getreuen Dienern, Vasallen und Unterthanen Unsere Königliche Gnade. In der Ueberzeugung von dem hohen Bedürfnisse einer festen Staats-Constitution, und in der sicheren Hoffnung, dadurch den Wohlstand Unserer lieben und getreuen Unterthanen für alle künftige Zeiten zu begründen, haben Wir Uns entschlossen, nicht nur eine diesen Absichten entsprechende Stände-Verfassung in Unserem Königreiche einzuführen, sondern auch in Beziehung auf einige der wichtigeren Vorrechte und Verbindlichkeiten Unserer Königlichen Unterthanen nähere Bestimmungen zu erheischen; zu welchem Ende Wir die gegenwärtige Verfassungs-Urkunde in gehöriger Form haben ausfertigen lassen.
I Landständische Verfassung
1) Von den Mitgliedern der Ständischen Repräsentation § 1. Die Ständische Repräsentation des Königreichs besteht theils aus Mitgliedern, welche in der Stände-Versammlung eine Viril-Stimme haben, theils aus gewählten Repräsentanten. § 2. Zu Viril-Stimmen sind berechtiget: 1) die Inhaber der 4 Erb-Kron-Aemter, welche ihrer übrigen Verhältnisse wegen ohnehin in der Stände-Versammlung erscheinen;
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W ÜRTTEMBERG 2) die vormals reichsunmittelbaren Fürstlichen und Gräflichen Familien, auf deren Besitzungen Reichs- oder Kreistags-Stimmen ruhten, repräsentirt durch das Haupt derselben, und in dessen Ermanglung durch den ältesten Volljährigen; 3) die im Königreiche begüterten Fürsten, Grafen und Edelleute, welchen das Recht zu Sitz und Stimme in der Stände-Versammlung von dem Könige besonders verliehen wird. 4) der Kanzler der Universität Tübingen, und der an Dienstzeit älteste evangelische General-Superintendent; 5) die katholischen Bischöfe des Königreichs, und einstweilen der General-Vicar zu Ellwangen, und der an Dienstzeit älteste katholische Dekan. Der König behält sich ausdrücklich das Recht vor, die Anzahl der Viril-Stimmen durch neue besondere Verwilligungen, jedoch nur in der Maße zu vermehren, daß die Mehrzahl immer auf der Seite der gewählten Repräsentanten verbleibt. § 3. Das Stimmrecht der in dem Königreiche begüterten vormaligen Reichsund Kreis-Stände haftet auf ihren ehemals reichsunmittelbaren Gütern, und kann von jenen solange ausgeübt werden, als sie noch einen Theil davon im Besitze haben. Eine Vertheilung dieser Gütrr begründet kein Recht zu weiteren Viril-Stimmen. Kommen dieselben in fremde Hände, so kann das Stimm-Recht auf den neuen Besitzer ohne besondere Königliche Bewilligung nicht übergehen, welche nicht anders ertheilt wird, als wenn ein Ebenbürtiger die ganze Besitzung an sich bringt. § 4. Wenn bei denjenigen Familien, denen der König eine Viril-Stimme verliehen hat, eine Veränderung in dem Güterbesitze vorgeht, so können dieselbe das Landstandschaftrecht nur in so weit beybehalten, als sie in dem Besitze eines reinen Einkommens von wenigstens 5000 fl. aus liegenden
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Gründen im Königreiche verbleiben. § 5. Das Recht der Landstandschaft der Fürsten, Grafen und Edelleute beschränkt sich allein auf den Mannsstamm. Nach Erlöschung desselben geht dieses Recht auf die weiblichen Verwandten nicht über. § 6. Von einer zur Landstandschaft berechtigten Familie kann nur eine einzige Stimme geführt werden. Theilt sich die Familie in mehrere Zweige, so hat der älteste der zur Familie gehörigen Agnaten, und wenn dieser von seinem Rechte keinen Gebrauch machen will oder kann, der Nach-Aelteste das Stimmrecht auszuüben. Trägt ein Mitglied der Familie zugleich ein Erb-Kron-Amt, so führt dasselbe die ihm als Erb-Kron-Beamten zustehende Stimme zugleich auch wegen seiner Besitzungen und für die übrigen Familien-Glieder, so daß immer nur Eine Stimme geführt wird. Wenn an einer Besitzung, worauf ein Stimmrecht ruht, verschiedene Familien Antheil haben, so ist von den männlichen Mitbesitzern, ohne Rücksicht auf ihre übrigen Verhältnisse, ein Stimm-Vertreter zu wählen. § 7. Zu Ausübung des Viril-Stimmrechts wird erfordert, daß der Stimmführende das 25ste Jahr zurückgelegt hat. Während der Minderjährigkeit ruht das Stimmrecht. Eben dieses findet Statt, wenn ein wegen Geistes-Abwesenheit oder aus andern Ursachen, unter persönlicher Curatel stehender landständischer Gutsbesitzer durch kein anderes sich zur Stimmführung eignendes Familienmitglied vertreten werden könnte. Die unter einer Debit-Administration stehenden Fürsten, Grafen und Edelleute sind von der Stimmführung nicht ausgeschlossen, so lange nicht im Wege eines förmlichen Concurs-Verfahrens ihre Besitzungen den Gläubigern zuerkannt, oder zu deren Befriedigung zum Verkaufe ausgesetzt sind.
V ERFASSUNGSENTWURF VON W ÜRTTEMBERG (1815) § 8. Die Fürsten, Grafen und Edelleute, welche zu Führung einer Viril-Stimme berechtiget sind, können sich in Ausübung dieses Rechts durch ein Mitglied ihrer Familie, oder jeden anderen im Königreiche wohnenden Ebenbürtigen, welcher die Volljährigkeit erreicht hat, auf kürzere oder längere Zeit vertreten lassen. Von dieser Befugniß sind auch diejenigen Fürsten und Grafen, welche ausserhalb des Königreichs ihren beständigen Wohnsitz haben, nicht ausgeschlossen. Es kann jedoch ein zu einer Viril-Stimme berechtigtes Ständisches Mitglied, ausser seiner eigenen, nie mehr als 2 Stimmen übernehmen. § 9. Jede Stadt, welche das Prädicat: „Unsere gute Stadt“ erhalten hat, und jeder Oberamts-Bezirk des Königreichs hat zu der allgemeinen Stände-Versammlung einen Repräsentanten zu wählen. Jene können jedoch nicht, wie andere OberamtsStädte, an der Wahl der Repräsentanten für den Oberamts-Bezirk, zu welchem sie gehören, Antheil nehmen. § 10. Das Recht, bey der Wahl eines Repräsentanten eine Stimme zu geben, haben ohne Unterschied der Religion alle männlichen Orts-Einwohner, sie mögen dem AdelBürger- oder Bauern-Stande angehören, wenn sie über 25 Jahre alt sind, und einen Liegenschafts-Ertrag von 200 fl. oder darüber haben. Diejenigen von Adel, welche bei der Stände-Versammlung eine Viril-Stimme führen, haben bey der Wahl eines Repräsentanten kein Stimmrecht; die übrigen Mitglieder ihrer Familie hingegen sind nicht davon ausgeschlossen. Wer in mehreren Oberamts-Bezirken Liegenschaft besitzt, und in jedem derselben ein Einkommen von 200 fl. daraus bezieht, darf in jedem mitstimmen; er muß aber jedesmal seine Stimme selbst ablegen, und kann sie einem Anderen nicht übertragen.
Hat Jemand Besitzungen an mehreren Orten, welche zwar nicht einzeln, aber doch in Verbindung mit einander den bestimmten Ertrag von 200 fl. gewähren, so erhält er für alle zusammen nur Eine Stimme, die er in seinem Wohnorte abgibt. § 11. Zu der Stelle eines Repräsentanten sind alle, ohne Unterschied des Standes, fähig, welche Unterthanen-Rechte im Königreiche haben, wenn sie 30 Jahre alt, und einem der drey durch das Religions-Edict anerkannten christlichen Religions-Bekenntnisse zugethan sind, mit Ausnahme der in Königlichen Stellen befindlichen Diener, der in Militär-Diensten stehenden Unteroffiziere und Soldaten, der Geistlichen, der Aerzte und der Chirurgen. Die Officiere, welche in Friedenszeiten wählbar sind, müssen bei eintretendem Marsche ihre Repräsentanten-Stelle niederlegen, welche alsdann durch einen neu zu wählenden Repräsentanten ersetzt wird. Die dem Wahlgeschäffte zu dessen Leitung und Beurkundung und zu Führung des Protocolls anwohnenden Personen können zwar nicht für die Stadt, oder den OberamtsBezirk, auf welchen sich dieses Geschäfft bezieht, hingegen, wenn sie die sonst nöthigen Eigenschaften haben, für jede andere zu Abordnung eines Repräsentanten berechtigte Stadt, oder Oberamts-Bezirk gewählt werden. Ausserdem hängt es von dem Vertrauen der Wählenden ab, ob sie einem im nähmlichen Oberamts-Bezirke, oder in einem andern Theile des Königreichs wohnenden wahlfähigen Manne ihre Stimme geben wollen. Wenn jemand wegen eines Verbrechens von dem Königl. Criminal-Tribunale eine Zuchthaus- oder Festungs-Strafe, Cassation oder Entlassung auf gerichtlichen Ausspruch zuerkannt ist, oder derselbe in einer Criminal-Untersuchung befangen ist, so wird er zu der Stelle eines Repräsentanten nicht zugelassen. Eben dieses findet bei
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W ÜRTTEMBERG denjenigen Statt, welche in Gant gerathen und deßhalb bestraft worden sind, oder über deren Vermögen der Concurs erkannt, und denen die eigene Administration abgenommen ist. § 12. Die Wahl-Handlung selbst geschieht nach den in der General-Verordnung vom 29sten Januar dieses Jahrs enthaltenen Vorschriften. In der Stadt Stuttgart hat der Stadt-Director, in den übrigen guten Städten der Landvogt, und bei den Wahlen der OberamtsBezirke der Oberamtmann den Vorsitz. Wer die relative Stimmen-Mehrheit erhalten hat, ist als gewählter Ständischer Repräsentant anzusehen. Bei einer gleichen Stimmen-Zahl entscheidet das Loos. Nimmt der Gewählte die Stelle nicht an, so ist sie demjenigen zu übertragen, welcher nach der relativen Stimmen-Mehrheit der Zweite ist. Tritt der nähmliche Fall bei diesem ein, so geht die Repräsentanten-Stelle auf die Nächstfolgenden über. Werden von verschiedenen Städten oder Oberamts-Bezirken Vater und Sohn gewählt, so wird der Sohn durch den Vater ausgeschlossen. Eben so kann der Sohn nicht zum Repräsentanten gewählt werden, dessen Vater eine Viril-Stimme in der Stände-Versammlung führt. Ist jemand von zwey Oberamts-Bezirken gewählt worden: so kann er nicht für beide zugleich als Repräsentant erscheinen, sondern er muß sich entscheiden, von welchem Bezirke er die Wahl annehmen will. § 13. Alle 3 Jahre tritt die Hälfte der gewählten Repräsentanten aus, und wird durch neue Wahlen ersetzt; die Abgehenden werden bei der ersten Stände-Versammlung durch das Loos bestimmt. Sie können jedoch wieder gewählt werden. Stirbt ein gewählter Repräsentant, oder wird er auf irgend eine Weise unfähig, seine Stelle ferner zu versehen, oder legt er dieselbe aus freyer Entschließung nieder, so
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ist eine neue Wahl zu veranstalten. Eben dieses ist der Fall, wenn ein gewählter Repräsentant, ausser einer Militär-Anstellung, in Königl. Hof- oder Civil-Dienste tritt, und dadurch aufhört Repräsentant zu seyn. Die Führung der Stimme einem Anderen zu übertragen, wird den gewählten Repräsentanten nicht gestattet.
2) Von den allgemeinen StändeVersammlungen § 14. Die Stände treten theils bei allgemeinen Stände-Versammlungen, welche nur auf eine besondere Königliche Einberufung Statt finden können, theils bei Ausschuß-Conventen zusammen. Alle 3 Jahre, wenn nicht dringende Umstände es früher nothwendig machen, wird auf den 1sten Februar eine allgemeine Versammlung der Stände ausgeschrieben, welche nicht über 6 Wochen dauern soll. Bei jeder Regierungs-Veränderung wird der neue König gleich bei dem Antritte der Regierung eine Stände-Versammlung einberufen. § 15. Sämmtliche zum erstenmal erscheinenden Mitglieder der Stände-Versammlung haben sich vor einer unter dem Vorsitze des Ministers des Innern niedergesetzten Königl. Commission, zu welcher auch der ErbMarschall, und zwey von diesem zu ernennende Viril-Stimmführer beizuziehen sind, zu legitimiren. Diejenigen, welche entweder als Familien-Aelteste oder zu Folge eines persönlichen Rechts, oder kraft ihres Amts, zu Führung einer Viril-Stimme einberufen sind, legitimiren sich durch das Original der an sie erlassenen Einberufung. Wer von einem zu Ausübung des VirilStimm-Rechts einberufenen Fürsten, Grafen oder adelichen Gutsbesitzer, oder von mehreren Theilhabern an einer gemeinschaftlichen Viril-Stimme als Stimmvertreter
V ERFASSUNGSENTWURF VON W ÜRTTEMBERG (1815) aufgestellt ist, hat neben dem EinberufungsSchreiben, auch noch die auf ihn ausgestellte Vollmacht vorzulegen. Die gewählten Repräsentanten übergeben zu ihrer Legitimation die in der Königl. Verordnung vom 29. Jan. 1815 vorgeschriebenen Zeugnisse. Die Legitimation der etwa später eintretenden Versammlungs-Mitglieder geschieht bei der Stände-Versammlung selbst. § 16. Präsident der Stände-Versammlung ist der jedesmalige Erb-Marschall. In Verhinderungsfällen vertritt, wenn der König nicht eine besondere Anordnung trifft, der anwesende Aelteste aus dem Fürstlich Hohenlohischen Hause dessen Stelle. Zur Assistenz desselben wird von den Ständen ein Rechtsgelehrter aus der Mitte der gewählten Repräsentanten durch absolute Stimmen-Mehrheit zum Vice-Präsidenten, und für den Fall, daß dieser von Versehung seiner Functionen abgehalten würde, unter ebendenselben Bestimmungen ein zweiter Vice-Präsident gewählt. Beide Wahlen sind dem Könige zur Bestätigung vorzulegen. Bis ein Vice-Präsident gewählt und bestätiget ist, vertritt der älteste der gewählten rechtsgelehrten Repräsentanten dessen Stelle. Kommt die Stelle des ersten oder zweiten Vice-Präsidenten durch den Tod oder sonst durch den Austritt aus der Landständischen Versammlung in Erledigung, so wird statt des Abgehenden ein Anderer gewählt. § 17. Zu Führung des Protocolls und der damit verbundenen Functionen wählen die Stände aus ihrer Mitte die erforderlichen Secretärs auf die Dauer der Versammlung, wovon sie jedesmal dem Könige Anzeige zu machen haben. Das übrige landständische Personal besteht aus einem Archivar, der zugleich Registrators-Dienste versieht, einem Registrator, und drey Cancellisten, deren Annahme
und Entlassung von der Stände-Versammlung abhängt, und welche aus der StaatsCasse besoldet werden. Unter welchen Bestimmungen der Archivar und Registrator auch zu SecretariatsGeschäfften zu verwenden seyen, wird dem Ermessen der Landstände überlassen. § 18. Der Präsident oder dessen Stellvertreter legt der Stände-Versammlung mittelst eines bei den Acten zu verwahrenden Reverses einen besonderen Amtseid ab. Der Vice-Präsident und dessen Stellvertreter, die Secretärs, und die übrigen Dienstleistenden Personen, werden durch den Präsidenten beeidigt. § 19. Die Aufsicht über die landständischen Officialen und niederen Diener haben der Präsident und Vice-Präsident während ihrer Anwesenheit in Stuttgart. In Abwesenheit derselben ist das gedachte Personal sammt dem Aufwärter, der Aufsicht des Archivars untergeordnet, welcher in wichtigen Vorfällen die Befehle des Präsidenten einzuhohlen hat. § 20. In den Sitzungen der Stände-Versammlung haben die Stimmführer folgende Ordnung im Sitzen zu beobachten: Zur rechten Seite des Präsidenten sitzen: 1.) die Fürsten, welche ein Erb-Kron-Amt haben; 2.) die Bischöfe 3.) die vormals Reichsunmittelbaren Fürsten, nach der für sie festgesetzten RangOrdnung; 4.) der jetzige Erb-Panner; 5.) die vormals Reichsunmittelbaren Grafen, nach der für sie festgesetzten RangOrdnung; 6.) die übrigen Grafen und Edelleute nach dem natürlichen Alter. Auf der linken Seite sitzen: 1.) der Canzler der Universität Tübingen;
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W ÜRTTEMBERG 2.) der evangelische General-Superintendent; 3.) der provisorisch die zweite bischöfliche Stimme führende katholische Dekan; 4.) die gewählten Repräsentanten der guten Städte Stuttgart, Tübingen, Ludwigsburg, Ellwangen, Ulm, Heilbronn und Reutlingen; 5.) die der Oberamts-Bezirke nach dem natürlichen Alter. Wer als Stimmvertreter eines zur Stände-Versammlung berufenen Fürsten, Grafen oder adelichen Gutsbesitzers erscheint, ohne in eigenem Nahmen eine Stimme zu führen, nimmt den Sitz desjenigen ein, den er zu vertreten hat. § 21. Die Zeit der Sitzungen wird jedesmal von dem Präsidenten bestimmt, welcher auch die Sitzungen eröffnet und schließt. Sämmtliche zufolge der Einberufungen erschienenen Mitglieder der Stände-Versammlung haben das Recht und die Verpflichtung, jeder Sitzung anzuwohnen. In Verhinderungs-Fällen haben sie sich bei dem Präsidenten zu entschuldigen. Wenn einzelne Fürsten, Grafen oder adeliche Gutsbesitzer, welche zu einer VirilStimme berechtiget sind, sich veranlaßt finden, auf kürzere oder längere Zeit, mit oder ohne Bestellung eines Stimmvertreters, den Ort der Versammlung zu verlassen, so liegt ihnen ob, dem Präsidenten hievon die Anzeige zu machen. Andern Stimmführern kann der Präsident auf höchstens 8 Tage Urlaub ertheilen. § 22. Zu Vorbereitung der Berathschlagungen steht der Stände-Versammlung frey, besondere Commissionen aus ihrer Mitte zu ernennen, und die von diesen zu beobachtende Geschäffts-Behandlung nach ihrem Ermessen zu bestimmen. § 23. Kommt ein Gegenstand in der Versammlung zum Vortrage, so hat jedes Mitglied das Recht, wenn die dazu bestimmten
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Referenten ihre Vorträge geendiget haben, vor der Abstimmung gleichfalls darüber zu sprechen, und seine Ansicht in einem eigenen Vortrage den versammelten Ständen zu eröffnen. Bei der Abstimmung werden nach dem Vice-Präsidenten oder dessen Stellvertreter, welcher zuerst seine Stimme abzugeben hat, sämmtliche Stimmführer nach ihrer Ordnung im Sitzen, jedoch mit jedesmaliger Abwechslung zwischen der rechten und linken Seite, aufgerufen. Die Stimmvertreter legen ihre Stimmen in derjenigen Ordnung ab, in welcher die Gewaltgeber, wenn sie anwesend sind, aufgerufen werden. Die Stimmenmehrheit der Anwesenden macht den Beschluß. In dem Falle einer Stimmen-Gleichheit hat der Präsident eine entscheidende Stimme. § 24. Weder die gewählten Repräsentanten, noch die Stimmvertreter eines zur Landstandschaft berechtigten Fürsten, Grafen oder adelichen Gutsbesitzers sind an eine Instruction gebunden; sie geben ihre Stimmen nach eigener Einsicht und Ueberzeugung, und sind überhaupt wegen ihrer Abstimmung gegen Niemand verantwortlich. § 25. Jedes Mitglied der Stände-Versammlung ist befugt, den versammelten Landständen eigene schriftliche Anträge zu übergeben, und kann erwarten, daß ein Beschluß von Seiten der Versammlung darüber gefaßt werde. Zu mündlichen Anträgen ist zuvor die Erlaubniß des Präsidenten einzuhohlen, welcher sie jedoch nicht verweigern kann, wenn die Ordnung der Berathschlagungen dadurch nicht gestört wird. § 26. Die Minister haben zu jeder Zeit den Zutritt zu der Stände-Versammlung. Wenn sie Vorträge an die Stände zu machen haben, wozu sie einen oder zwey Staats-Räthe beizuziehen befugt sind, so
V ERFASSUNGSENTWURF VON W ÜRTTEMBERG (1815) ist der Präsident hiervon Tags zuvor zu benachrichtigen, damit sie mit Beiseitesetzung anderer Geschäffte von der Versammlung angehört werden. Wenn sie einer Berathschlagung anwohnen, so steht ihnen frey, ebenfalls das Wort zu nehmen. Sie werden sich aber jedesmal vor der Abstimmung aus der Versammlung entfernen. § 27. Die nähere Bestimmung der Geschäffts-Behandlung und Collegial-Einrichtung, der inneren Polizei und der Verrichtungen und Geschäffts-Verhältnisse der einzelnen Mitglieder und Officialen bleibt den Landständen unter Rücksichtsnahme auf die ihnen im Allgemeinen ertheilten Vorschriften überlassen. § 28. Zu den Ausfertigungen wird den Landständen ein eigenes Sigill bewilliget. § 29. So wie der König seine Verordnungen, Ansinnen und Eröffnungen an die versammelten Landstände durch das Königl. Staats-Ministerium ergehen läßt, so haben auch die Stände in der Regel, ihre Erklärungen, Bitten und Wünsche durch die eben genannte Stelle an den König zu bringen. Nur bey Anlässen, welche sich nicht auf Geschäffts-Gegenstände beziehen, können landständische Schreiben unmittelbar bei dem Könige übergeben werden. Persönliche Abordnungen an Denselben oder den Kron-Prinzen können nur auf vorher erhaltene besondere Erlaubniß des Königs Statt finden. § 30. Die zu Berathung landständischer Geschäffts-Gegenstände niedergesetzten Commissionen sind berechtigt, mit den einzelnen Ministern, in deren Geschäfftskreis der Gegenstand einschlägt, Rücksprache zu nehmen, und die zu dessen Beurtheilung erforderlichen Erläuterungen nachzusuchen. Andere unmittelbare Communicationen
der Landstände mit Königlichen Stellen finden nicht Statt. § 31. Communicationen der Landstände mit einzelnen Oberamts-Corporationen oder Gemeinden können an diese nicht anders, als durch das Organ des denselben vorgesetzten Oberamts gebracht werden. § 32. Die Landstände haben sich zunächst und vor Allem mit den ihnen von dem Könige mitgetheilten Anträgen zu beschäftigen, darüber sich zu berathen, und abzustimmen, und die Resultate dem Könige vorzutragen. § 33. Die Gerechtsame der Landstände in Hinsicht auf Gegenstände der StaatsVerwaltung bestehen theils in der Mitwirkung bei der Besteurung und Gesetzgebung, theils in dem Petitions-Rechte. § 34. Ohne die ausdrückliche Bewilligung der allgemeinen Stände-Versammlung können die gegenwärtig bestehenden directen und indirecten Staats-Abgaben, welche für die Regierungszeit des jetzigen Königs als Grundlage bleiben, nicht erhöht werden, und selbst in Kriegszeiten können ohne diese Bewilligung keine neuen, weder directen noch indirecten Abgaben eingeführt werden. Wenn eine Erhöhung der Abgaben als nothwendig oder eine wesentliche Veränderung derselben als räthlich erscheint, und als solche durch das Königl. Staats-Ministerium in Antrag gebracht wird, so wird deshalb der Stände-Versammlung durch den Finanz-Minister das Ansinnen gemacht, und in derselben darüber abgestimmt. Jedes Jahr wird den Ständen die Berechnung des Ertrags der directen und indirecten Steuren und deren Verwendung vorgelegt werden. Bei dem Regierungs-Antritte eines neuen Königs werden wegen der Steuern mit den einberufenen Ständen neue Verhandlungen gepflogen.
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W ÜRTTEMBERG § 33.2 Die Initiative zu neuen Gesetzen oder zu wesentlichen Abänderungen in der bestehenden Gesetzgebung kommt dem Könige zu. Die Stände haben darüber zu berathschlagen und abzustimmen. Ohne ihre Zustimmung erhält kein neues, die persönliche Freyheit und das Eigenthum oder die Verfassung betreffendes allgemeines Gesetz die Königl. Sanction, und kann nicht promulgirt werden. Den Ständen ist gestattet, Gesetzes-Vorschläge als Wünsche dem Könige vorzutragen, und solche im Falle einer abschlägigen Antwort bis auf dreymal in den nachfolgenden Versammlungen zu wiederhohlen. Nach der dritten abschlägigen Antwort des Königs, welche motivirt seyn muß, können die Stände in Hinsicht auf die Motive neue Vorstellungen machen. § 36. Vermöge des Petitions-Rechts können die Stände allgemeine Wünsche, Vorstellungen und Beschwerden dem Könige vorlegen. Auf jeden Vortrag derselben wird der König eine Entschließung ertheilen. Die von einzelnen Unterthanen, Communen und Amts-Corporationen an sie gebrachten Beschwerden dürfen von Ihnen nicht anders angenommen werden, als wenn bescheinigtermaßen die Königl. Justiz-Stellen und andere Königl. Behörden sich geweigert haben, sie anzunehmen, in welchem Falle sie von den Ständen als Beschwerden bey dem Könige angebracht werden können. Wenn Orts-Magistrate oder Amts-Corporationen in dem Falle sind, eine Beschwerde an die Stände-Versammlung oder den Ausschuß gelangen zu lassen: so haben sie solches und den Gegenstand der Beschwerde dem ihnen vorgesetzten Oberamt anzuzeigen, welches ihnen nicht verwehren darf, sich deßwegen in der vorgeschriebenen Ordnung zu versammeln, und einen Beschluß zu fassen. § 37. Glauben die Stände Ursache zu
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haben, einen Königl. Staats-Beamten anzuklagen, so haben sie dieses dem Könige mit Anführung besonderer Beschuldigungen anzuzeigen, und um die Anordnung einer Untersuchung zu bitten. Auf die von dem Könige nie zu versagende Bewilligung wird nach geendigter Untersuchung das weitere Verfahren in den ordentlichen Rechtsweg eingeleitet. Betrift aber die Anklage einen Staats-Beamten, der an der Spitze eines Departement steht, und hat sie Mißbrauch seiner Gewalt zu verfassungswidriger Unterdrückung der Rechte der Stände und Unterthanen, oder überhaupt Verletzung der durch die Urkunde bestimmten Verfassung zum Gegenstand, so wird von einem eigenen Ständischen Gerichte das Urtheil gesprochen, in Ansehung dessen sich der König das Begnadigungsrecht vorbehält. Dieses Gericht besteht unter dem Präsidium des Justizministers aus 4 VirilStimmführern des Ständischen Adels und 6 Landes-Deputirten, welche sämtlich Rechtsgelehrte seyn müssen, und von den versammelten Ständen zum Voraus auf die Dauer der Stände-Versammlung ernannt werden. § 38. Wenn der König die zusammenberufenen Stände entläßt, oder die Landes-Versammlung vertagt, oder dieselbe auch ganz auflößt, so hat keine weitere Sitzung oder gemeinschaftliche Berathung Statt, und jedes längere Zusammenseyn ist unerlaubt. Im Falle der gänzlichen Auflösung wird eine neue Repräsentanten-Wahl in allen guten Städten und Oberamts-Bezirken angeordnet, und eine neue Stände-Versammlung vor dem 1. Februar des nächstfolgenden Jahrs einberufen.
3) Von den Ausschuß-Versammlungen § 39. In denjenigen Jahren, in welchen nicht die gesammten Landstände einberu-
V ERFASSUNGSENTWURF VON W ÜRTTEMBERG (1815) fen werden, versammelt sich auf den 1. Februar ein landständischer Ausschuß auf 4 Wochen ohne besondere Einberufung. Derselbe besteht aus dem Erbmarschalle als Präsidenten oder dessen Stellvertreter, dem Vice-Präsidenten und 12 Mitgliedern der Stände-Versammlung, nämlich 4 fürstlichen, gräflichen oder adelichen Viril-Stimmführern, und 8 gewählten Repräsentanten. § 40. Wenn der Vice-Präsident der Stände-Versammlung an der Uebernahme seiner Functionen im Ausschusse bleibend verhindert ist, so tritt für denselben der zweyte Vice-Präsident ein. Ist letzterer zugleich ein Ausschuß-Mitglied, so hat er auch bey temporären Verhinderungen des Vice-Präsidenten dessen Stelle im Ausschusse zu übernehmen. Sollte dieses der Fall nicht seyn, so wird dazu ein anderer im Ausschusse sitzender gewählter Repräsentant durch Wahl bestimmt. § 41. Die Ernennung der 12 AusschußMitglieder beruht auf der Wahl der allgemeinen Stände-Versammlung, durch welche zugleich auch 2 weitere Viril-Stimmführer, und 4 Repräsentanten der Städte oder Oberamts-Bezirke bestimmt werden, um auf den Fall, daß einer oder der andere von den Gewählten die Stelle eines Ausschuß-Mitglieds zu versehen verhindert würde oder sonst abginge, statt des Verhinderten oder Abgehenden, nach einer gleich bey der Wahl festzusetzenden Ordnung in den Ausschuß einzutreten. Die geschehene Wahl ist jedesmal dem Könige anzuzeigen. Wenn der Gewählte die auf ihn gefallene Wahl zum Ausschuß-Mitgliede angenommen hat, so kann er bis zu einer neuen Stände-Versammlung ohne wichtige Gründe seine Stelle nicht niederlegen. § 42. Sobald der Ausschuß versammelt ist, hat er dem Könige davon die Anzeige zu machen.
Eben dieses geschieht, wenn bey einer bleibenden Verhinderung oder dem Abgange des Vice-Präsidenten der zweyte VicePräsident, oder statt eines Ausschuß-Mitglieds ein Anderes durch den Präsidenten einberufen wird. § 43. Die versammelten Ausschuß-Mitglieder haben sich mit Erledigung der Angelegenheiten, die keinen Aufschub gestatten, zu beschäfftigen. Es steht ihnen frey, Beschwerden und Wünsche nach den bereits festgesetzten Bestimmungen an den König zu bringen Auch wird ihnen in Abwesenheit der gesammten Landstände die oben erwähnte Berechnung des Ertrags und der Verwendung der directen und indirecten Steuern vorgelegt. Sie können aber weder in eine AbgabeErhöhung, noch in eine Abänderung in der Gesetzgebung einwilligen, indem diese beyden Gegenstände der allgemeinen StändeVersammlung ausschließend vorbehalten sind. §3 Bey der nächsten allgemeinen Stände-Versammlung hat der Ausschuß über die von ihm verhandelten Geschäfts-Gegenstände den versammelten Landständen Bericht zu erstatten.
4) Von den persönlichen Vorrechten der Ständischen Repräsentanten § 46. So lange ein ständischer Repräsentant einer allgemeinen Stände-Versammlung oder einem Ausschuß-Convent anwohnt, kann derselbe nicht wegen Schulden, wegen anderer Ursachen aber nur mit Wissen der versammelten Stände oder des Ausschusses, durch die gesetzliche Behörde, und ohne unmittelbare Einwirkung des Königs verhaftet werden. Ausser der Zeit dieser Anordnung sind
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W ÜRTTEMBERG die Mitglieder der ständischen Repräsentation, wie jeder Andere, den allgemeinen Gesetzen unterworfen.
5) Von den Kosten der StändeVersammlungen und AusschußConvente § 47. Die Kosten, sowohl der allgemeinen Stände-Versammlungen, als der AusschußConvente werden aus der Staats-Casse bestritten. Für die innern Einrichtungen des Locals und die nöthigen Geräthschaften, so wie für den erforderlichen literarischen Apparat und die zum amtlichen Gebrauche nöthigen Bedürfnisse wird das Königliche Finanz-Ministerium Sorge tragen. Der Kanzler der Universität Tübingen, der evangelische General-Superintendent, der katholische Dekan und die gewählten Repräsentanten, in soferne sie ausserhalb des Versammlungs-Orts ihren Wohnsitz haben, mit Einschluß des Vice-Präsidenten, erhalten die für sie bestimmten Diäten und Reisekosten aus der Staats-Casse.
II Allgemeine Bestimmungen in Beziehung auf die Verfassung des Königreichs, und die Rechte und Verbindlichkeiten der Königlichen Unterthanen § 48. Der Huldigungs-Eid wird den Regierungs-Nachfolgern erst alsdann abgelegt, wenn sie die Verfassung beschworen haben. § 49. Das Staats-Eigenthum soll in seiner Substanz nicht vermindert werden. § 50. Die Sicherheit aller Staats-Schulden an Capital und Interessen wird, als die
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erste und heiligste Schuldigkeit des Königreichs von Seite des gesammten Staats garantirt. Zu Abtragung der Zinse und Capitalien werden gewiße sichere Einkünfte der Staats-Casse bestimmt, welche unter keinerley Vorwand zu irgend einer andern Bestimmung verwendet werden dürfen. § 51. Den Gemeinden wird das Recht zugestanden, die Ortsbürgermeister, Magistratsglieder, Dorfsgerichtsschreiber und andere Gemeinde-Diener zu wählen. Auch verbleibt denselben, wie bisher, die Verwaltung des Gemeinde-Eigenthums unter der Aufsicht der Königlichen Behörde. § 52. Die Rechte der drey christlichen Confessionen verbleiben, wie sie durch das Religions-Edict vom 15. Oct. 1806 bestimmt sind. Die Ausgaben für kirchliche- Lehr-Armenund andere gemeinnützige Anstalten sollen in Gemäsheit des Königl. Rescripts vom 22. Jan. 1806 auf das genaueste geleistet, und die hierzu gehörigen Fonds erhalten werden. Jeder kirchlichen Gemeinde wird der Genuß ihrer Güter und Einkünfte, so wie ihrer Schul- und Armen-Fonds zugesichert. Kein Religionstheil kann an den Mitgenuß ihrer Güter, Einkünfte und Stiftungen der Kirche eines andern Religionstheils Ansprüche machen. § 53. Alle Unterthanen sind vor dem Gesetze gleich. Sie haben zu allen Staats-Aemtern Zutritt; weder Stand noch Geburt, noch eines der drey christlichen Religions-Bekenntnisse schließt davon aus. § 54. Zu den öffentlichen Lasten und Abgaben haben nach den Gesetzen Alle verhältnißmäßig gleich beyzutragen. § 55. Alle Unterthanen haben die Verpflichtung, für das Vaterland die Waffen zu tragen.
V ERFASSUNGSENTWURF VON W ÜRTTEMBERG (1815) Die Art und Zeit ihrer Dienstleistung im regulirten Militair oder der Landmilitz ist durch das Gesetz vom 17. Febr. dieses Jahrs bestimmt. § 56. Jeder Unterthan hat, wenn er von der Militairpflichtigkeit befreyt ist, oder derselben Genüge geleistet hat, das Recht, mit seiner Familie auszuwandern. Nur muß er dieses Vorhaben nicht nur seiner vorgesetzten Obrigkeit anzeigen, sondern auch in den öffentlichen Blättern bekannt machen, und auf das Unterthanen- und Bürgerrecht für sich und seine mit ihm auswandernden Kinder Verzicht leisten. Vor dem Ablaufe eines Jahrs nach dieser Bekanntmachung darf er das Königreich nicht verlassen, um innerhalb dieses Zeitraums seine Angelegenheiten in Richtigkeit zu bringen, und in streitigen Fällen rechtlichen Austrag vor den Behörden des Königreichs zu geben und zu nehmen. Frauens-Personen, welche sich auswärts verheirathen, müssen während des bestimmten Jahrs hierin von ihren Eltern oder Pflegern vertreten werden. An Abzugs-Gebühren hat der Auswanderer eben so viel zu bezahlen, als die in das Königreich einziehenden Angehörigen des fremden Staats, in welchem jener sich niederlässt, zu entrichten haben. § 57. Jedem Unterthan steht es frey, seinen Stand und Gewerbe nach eigener freyer Neigung zu wählen und sich dazu auszubilden, in so weit ihm nicht die allgemeinen Gesetze oder seine Pflichten gegen den Staat entgegen stehen, worunter ausdrücklich das Tragen der Waffen in einem fremden Dienste ausserhalb der teutschen Staaten mitbegriffen ist. § 58. Jeder Unterthan hat, wenn und so lange er nicht durch die Pflicht, die Waffen für das Vaterland zu tragen, verhindert wird, das Recht, in das Ausland auf die Wanderschaft zu gehen, oder auswärtige Lehr-An-
stalten zu besuchen, wovon er jedoch jedes Mal seiner Obrigkeit die Anzeige zu machen hat. Auch müssen diejenigen, welche sich den höhern Studien widmen, und auf ein Staatsamt Anspruch machen, zwey Jahre auf einer Landes-Universität studiren. In Ansehung des Lehrcurses der Theologen verbleibt es bey den bisherigen Einrichtungen und Verordnungen. § 59. In der freyen Ausübung des Eigenthums-Rechts kann kein Unterthan weiter beschränkt werden, als die allgemeinen Gesetze bestimmen, oder eine besondere Local-Verfassung oder privatrechtliche Verhältnisse mit sich bringen. Sollte es nothwendig seyn, das Eigenthum der Einzelnen zu allgemeinen StaatsZwecken zu verwenden, so haben dieselbe, wie es bisher allgemein beobachtet worden ist, die gebührende Entschädigung dafür zu erwarten. § 60. Wie bisher, können keiner Gemeinde und keinem Unterthan Frohnen und Dienstleistungen oder andere Abgaben auferlegt werden, wozu sie nicht durch die allgemeinen Gesetze, Lagerbücher, oder besondere Privatrechts-Titel, oder einen unvordenklichen Besitzstand verbunden sind. § 61. Außer dem Falle des Hochverraths gegen die Person des Königs oder den Staat, wofür das Königliche Staats-Ministerium mit Beiziehung sechs rechtsgelehrter Staatsräthe als ein bleibendes Gericht hiermit bestellt wird, kann kein Angeschuldigter seinem ordentlichen Richter entzogen, und durch eine außerordentliche Commission gerichtet werden. § 62. Kein Unterthan kann verhaftet werden, als in Gemäsheit der Gesetze. Von dem Augenblicke der Verhaftung an darf Keiner länger als dreymal 24 Stunden unverhört, und über die Ursache seines Verhafts in Ungewißheit bleiben. Die Minister und andere obrigkeitliche
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W ÜRTTEMBERG Personen sind für jede von ihnen veranstaltete unbefugte oder gesetzwidrige Verhaftung verantwortlich. § 63. Jedem Angeschuldigten ohne Unterschied des Standes kommt das Recht der Vertheidigung nach den Bestimmungen der Instruction für die höhere Criminal-Justiz-Behörde vom 27sten Jul. 1806. §. 9. und 10. zu Statten. § 64. Keine entehrende oder Leib und Leben angreifende Strafe, überhaupt keine Criminal-Strafe, mit Einschluß der Vermögens-Confiscation, kann gegen einen Unterthan Statt finden, wenn solche nicht von der hierzu geeigneten Criminal-Justiz-Behörde nach Maßgabe der Gesetze rechtlich erkannt worden ist. Wenn Polizei-Stellen oder andere Administrations-Behörden, vermöge der ihnen nach den Gesetzen zustehenden beschränkten Befugniß, auf eine Zuchthausoder Festungsstrafe oder auf die Einsperrung in ein Arbeitshaus erkennen, so darf solches nicht anders, als nach einem collegialischen rechtlichen Beschluß geschehen. § 65. Der Rechtsgang kann weder in Civil- noch in Criminal-Sachen durch Einschreitungen fremder Instanzen gestört werden. § 66. Die bei den im Königreiche bestehenden Justiz-Collegien angestellten Präsidenten, Vice-Präsidenten, Directoren, Räthe und Assessoren können ohne Urtheil und Recht von ihren Stellen mit Nachtheil nicht entfernt werden.
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§ 67. In allen durch die vorstehenden Bestimmungen nicht abgeänderten Puncten verbleibt es bei den bisherigen Gesetzen, Verordnungen und Rechten. Gegeben unter Unserer höchsteigenhändigen Unterschrift und angefügten Königlichen Insiegel, in Unserer Königlichen Residenz zu Stuttgart, den 15ten März im Jahre Christi Eintausend Achthundert und Fünfzehn, Unserer Königlichen Regierung im Zehnten. (L. S.) Friderich. Der Minister des Innern, Staats- und Conferenz-Minister, Graf von Reischach. Ad Mandatum Sacrae Regiae Majestatis proprium Minister, Staats-Secretär, Freyherr von Vellnagel.
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Ediert nach Königlich-Württembergisches Staatsund Regierungsblatt, Jahrgang 1815, Nro.15, Stuttgart, S. 117–131. Hierbei handelt es sich um den am 15. März 1815 beschlossenen Entwurf einer Verfassung, den König Friedrich den Ständen vorgelegt hat, der von diesen aber abgelehnt wurde. Siehe dazu Carl Victor Fricker (Hrsg.), Die Verfassungs-Urkunde für das Königreich Württemberg vom 25. Sept. 1819 mit dem offiziellen Auslegungs-Material, Tübingen 1865, insbes. S. IX ff. 2 Fehlerhafte Numerierung im Original. 3 Im Original nicht nummeriert. Es fehlen die Bezeichnungen § 44 und § 45.
Verfassung von Württemberg (1819) Verfassungs-Urkunde für das Königreich Württemberg, vom 25. September 18191
Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Württemberg. Thun kund und zu wissen für Uns und Unsere Nachfolger in der Regierung: Unseres in Gott ruhenden Herrn Vaters Majestät und Gnaden haben schon im Jahre 1815 auf die Errichtung einer StaatsGrund-Verfassung für das gesamte Königreich Württemberg ernstlichen Bedacht genommen, und zu diesem Ende mit den zu einer Stände-Versammlung einberufenen Fürsten, Grafen, Edelleuten, Geistlichen beider Haupt-Confessionen und den von einigen Städten, auch sämtlichen OberamtsBezirken gewählten Abgeordneten Unterhandlungen eröffnen lassen, welche unter Unserer Regierung bis in das Jahr 1817 fortgesetzt wurden. Wiewohl damals der gewünschte Zweck nicht zu erreichen gewesen, so haben Wir denselben dennoch unverrückt im Auge behalten, und um einestheils der Uns, als einem Gliede des deutschen Bundes, obliegenden Verbindlichkeit zu Erfüllung des XIII. Artikels der Bundes-Akte, anderntheils den Wünschen und Bitten Unserer getreuen Unterthanen um endliche Begründung des öffentlichen Rechtszustandes, übereinstimmend mit Unserer eigenen Ueberzeugung, zu entsprechen, eine neue Stände-Versammlung auf den 13. Juli gegenwärtigen Jahres in Unsere Residenz-Stadt Ludwigsburg berufen.
Nachdem nun über den Entwurf einer den früheren vertrags- und gesetzmäßigen Rechten und Freiheiten Unseres alten Stammlandes, so wie der damit vereinigten neuen Landestheile, zugleich aber auch den gegenwärtigen Verhältnissen möglichst angemessenen, Grund-Verfassung die von der Stände-Versammlung hiezu besonders gewählten Mitglieder sich mit den von Uns ernannten Commissarien vorläufig beredet haben, und die hierüber erstatteten Berichte einerseits von Uns in Unserem Geheimen Rathe, andererseits von der vollen StändeVersammlung vollständig und sorgfältig geprüft und erwogen, sodann die gesamten Wünsche Unserer getreuen Stände Uns vorgelegt worden sind: so ist endlich durch höchste Entschließung und allerunterthänigste Gegen-Erklärung eine vollkommene beiderseitige Vereinigung über folgende Punkte zu Stande gekommen:
I. KAPITEL Von dem Königreiche § 1. Sämtliche Bestandtheile des Königreichs sind und bleiben zu einem unzertrennlichen Ganzen und zur Theilnahme an Einer und derselben Verfassung vereinigt. § 2. Würde in der Folgezeit das Königreich einen neuen Landeszuwachs durch Kauf, Tausch oder auf andere Weise erhalten, so wird derselbe in die Gemeinschaft der Verfassung des Staates aufgenommen. Als Landeszuwachs ist alles anzusehen,
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W ÜRTTEMBERG was der König nicht bloß für Seine Person, sondern durch Anwendung der Staatscräfte, oder mit der ausdrücklichen Bestimmung, daß es einen Bestandtheil des Königreichs ausmachen soll, erwirbt. Sollte ein unabwendbarer Nothfall die Abtretung eines Landestheiles unvermeidlich machen, so ist wenigstens dafür zu sorgen, daß den Eingesessenen des getrennten Landestheiles eine hinlängliche Zeitfrist gestattet wird, um sich anderwärts im Königreiche mit ihrem Eigenthume niederlassen zu können, ohne in Veräußerung ihrer Liegenschaften übereilt oder durch eine auf das mitzunehmende Vermögen gelegte Abgabe oder sonst auf andere Weise belästigt zu werden. § 3. Das Königreich Württemberg ist ein Theil des deutschen Bundes; daher haben alle organischen Beschlüsse der Bundesversammlung, welche die verfassungsmässigen Verhältnisse Deutschlands, oder die allgemeinen Verhältnisse deutscher Staatsbürger betreffen, nachdem sie von dem Könige verkündet sind, auch für Württemberg verbindende Kraft. Jedoch tritt in Ansehung der Mittel zu Erfüllung der hiedurch begründeten Verbindlichkeiten die verfassungsmäßige Mitwirkung der Stände ein.
II. KAPITEL Von dem Könige, der Thronfolge und der Reichsverwesung § 4. Der König ist das Haupt des Staates, vereinigt in sich alle Rechte der Staatsgewalt, und übt sie unter den durch die Verfassung festgesetzten Bestimmungen aus. Seine Person ist heilig und unverletzlich. § 5. Der König bekennt sich zu einer der christlichen Kirchen. § 6. Der Sitz der Regierung kann in keinem Falle außerhalb des Königreichs verlegt werden.
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§. 7. Das Recht der Thronfolge gebührt dem Mannsstamme des Königlichen Hauses; die Ordnung derselben wird durch die Lineal-Erbfolge nach dem Erstgeburtsrechte bestimmt. Erlischt der Mannsstamm, so geht die Thronfolge auf die weibliche Linie, ohne Unterschied des Geschlechtes, über, und zwar so, daß die Nähe der Verwandtschaft mit dem zuletzt regierenden Könige, und bei gleichem Verwandtschafts-Grade das natürliche Alter den Vorzug gibt. Jedoch tritt bei der Descendenz des sodann regierenden Königlichen Hauses das Vorrecht des Mannstammes wieder ein. § 8. Die Fähigkeit zur Thronfolge setzt rechtmäßige Geburt aus einer ebenbürtigen, mit Bewilligung des Königes geschlossenen Ehe voraus. § 9. Die Volljährigkeit des Königes tritt mit zurückgelegtem achtzehnten Jahre ein. § 10. Der Huldigungs-Eid wird dem Thronfolger erst dann abgelegt, wann Er in einer den Ständen des Königreichs auszustellenden feierlichen Urkunde die unverbrüchliche Festhaltung der Landes-Verfassung bei Seinem Königlichen Worte zugesichert hat. § 11. Ist der König minderjährig, oder aus einer andern Ursache an der eigenen Ausübung der Regierung verhindert; so tritt eine Reichs-Verwesung ein. § 12. In beiden Fällen wird die ReichsVerwesung von dem der Erbfolge nach nächsten Agnaten geführt. Sollte kein dazu fähiger Agnat vorhanden seyn, so fällt die Regentschaft an die Mutter, und nach dieser an die Großmutter des Königes von väterlicher Seite. § 13. Sollte sich bei einem zunächst nach dem regierenden Könige zur Erbfolge bestimmten Familien-Gliede eine solche Geistes- oder körperliche Beschaffenheit
V ERFASSUNG VON W ÜRTTEMBERG (1819) zeigen, welche demselben die eigene Verwaltung des Reichs unmöglich machen würde; so ist noch unter der Regierung des Königes durch ein förmliches Staats-Gesetz über den künftigen Eintritt der gesetzmäßigen Reichs-Verwesung zu entscheiden. Würde der König während seiner Regierung oder bei dem Anfall der Thronfolge durch ein solches Hinderniß von der eigenen Verwaltung des Reiches abgehalten seyn, ohne daß schon früher die oben bestimmte Vorsehung getroffen wäre; so soll längstens binnen Jahresfrist in einer von dem Geheimen Rathe zu veranlassenden Versammlung sämtlicher im Königreich anwesenden volljährigen, nicht mehr unter väterlicher Gewalt stehenden Prinzen des Königlichen Hauses, mit Ausschluß des zunächst zur Regentschaft berufenen Agnaten, auf vorgängiges Gutachen des Geheimen Rathes, durch einen nach absoluter Stimmen-Mehrheit zu fassenden Beschluß, mit Zustimmung der Stände über den Eintritt der gesetzmäßigen Regentschaft entschieden werden. § 14. Der Reichs-Verweser hat eben so, wie der König, den Ständen die Beobachtung der Landes-Verfassung feierlich zuzusichern. § 15. Der Reichs-Verweser übt die Staats-Gewalt in dem Umfange, wie sie dem Könige zusteht, im Namen des Königes verfassungsmäßig aus; daher steht auch der Geheime Rath zum Reichs-Verweser in demselben Verhältnisse, wie zu dem regierenden Könige. Es kann aber der Reichs-Verweser keine Standes-Erhöhungen vornehmen, keine neuen Ritter-Orden und Hofämter errichten, und kein Mitglied des Geheimen Rathes anders, als in Folge eines gerichtlichen Erkenntnisses, entlassen. Jede während einer Reichs-Verwesung verabschiedete Abänderung eines Verfassungs-Punktes gilt nur auf die Dauer der Regentschaft. Auch können
die dem Reiche heimgefallenen Lehen während der Regentschaft nicht wieder verliehen werden. § 16. In Ermanglung einer von dem Könige getroffenen, und dem Geheimen Rathe bekannt gemachten Anordnung gebührt die Erziehung des minderjährigen Königes der Mutter, und wenn diese nicht mehr lebt, der Großmutter von väterlicher Seite; jedoch kann die Ernennung der Erzieher und Lehrer und die Festsetzung des Erziehungs-Planes nur unter Rücksprache mit dem Vormundschafts-Rathe geschehen, welcher sich aus den Mitgliedern des Geheimen Rathes unter dem Vorsitze des Reichsverwesers bildet, so, daß Letzterer bei den deshalb zu fassenden Beschlüssen eine mitzuzählende, und im Falle einer StimmenGleichheit eine entscheidende Stimme hat. Bei einer Verschiedenheit der Ansichten hat der Vormundschafts-Rath die Entscheidung; auch liegt diesem nach dem Ableben der Mutter und der Großmutter die Sorge für die Erziehung des minderjährigen Königes allein ob. § 17. Die Reichs-Verwesung hört auf, sobald der König das Alter der Volljährigkeit erreicht hat, oder sonst das bisherige Hinderniß seiner Selbst-Regierung gehoben ist. § 18. Die Verhältnisse der Mitglieder des Königlichen Hauses zum Könige, als Oberhaupt der Familie, und unter sich, werden in einem eigenen Haus-Gesetze bestimmt.
III. KAPITEL Von den allgemeinen RechtsVerhältnissen der Staats-Bürger § 19. Das Staatsbürgerrecht wird theils durch Geburt, wenn bei ehelich Geborenen der Vater, oder bei Unehelichen die Mutter
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W ÜRTTEMBERG das Staatsbürgerecht hat, theils durch Aufnahme erworben. Letztere setzt voraus, daß der Aufzunehmende von einer bestimmten Gemeinde die vorläufige Zusicherung des Bürger- oder Beisitz-Rechtes erhalten habe. Außerdem erfolgt durch die Anstellung in dem Staatsdienste die Aufnahme in das Staatsbürgerrecht, jedoch nur auf die Dauer der Dienstzeit. § 20. Der Huldigungs-Eid ist von jedem gebornen Württemberger nach zurückgelegtem sechzehnten Jahre, und von jedem neu Aufgenommenen bei der Aufnahme abzulegen. § 21. Alle Württemberger haben gleiche staatsbürgerliche Rechte, und eben so sind sie zu gleichen staatsbürgerlichen Pflichten und gleicher Theilnahme an den Staats-Lasten verbunden, so weit nicht die Verfassung eine ausdrückliche Ausnahme enthält; auch haben sie gleichen verfassungsmäßigen Gehorsam zu leisten. § 22. Kein Staatsbürger kann wegen seiner Geburt von irgend einem Staatsamte ausgeschlossen werden. § 23. Die Verpflichtung zur Vertheidigung des Vaterlandes und die Verbindlichkeit zum Waffendienste ist allgemein; es finden in letzterer Hinsicht keine andere, als die durch die Bundes-Akte und die bestehenden Gesetze begründeten Ausnahmen Statt. Ueber das Recht, Waffen zu tragen, wird ein Gesetz die nähere Bestimmung geben. § 24. Der Staat sichert jedem Bürger Freiheit der Person, Gewissens- und DenkFreiheit, Freiheit des Eigenthums, und Auswanderungs-Freiheit. § 25. Die Leib-Eigenschaft bleibt für immer aufgehoben. § 26. Niemand darf seinem ordentlichen Richter entzogen, und anders, als in den
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durch das Gesetz bestimmten Fällen, und in den gesetzlichen Formen verhaftet und bestraft, noch länger als Einmal vier und zwanzig Stunden über die Ursache seiner Verhaftung in Ungewißheit gelassen werden. § 27. Jeder ohne Unterschied der Religion genießt im Königreiche ungestörte Gewissens-Freiheit. Den vollen Genuß der staatsbürgerlichen Rechte gewähren die drei christlichen Glaubens-Bekenntnisse. Andere christliche und nicht christliche Glaubens-Genossen können zur Theilnahme an den bürgerlichen Rechten nur in dem Verhältnisse zugelassen werden, als sie durch die Grundsätze ihrer Religion an der Erfüllung der bürgerlichen Pflichten nicht gehindert werden. § 28. Die Freiheit der Presse und des Buchhandels findet in ihrem vollen Umfange statt, jedoch unter Beobachtung der gegen den Mißbrauch bestehenden oder künftig zu erlassenden Gesetze. § 29. Jeder hat das Recht, seinen Stand und sein Gewerbe nach eigener Neigung zu wählen, und sich dazu im In- und Auslande auszubilden, mithin auch auswärtige Bildungs-Anstalten in Gemäßheit der gesetzlichen Vorschriften zu besuchen. § 30. Niemand kann gezwungen werden, sein Eigenthum und andere Rechte für allgemeine Staats- oder Corporations-Zwecke abzutreten, als nachdem der Geheime Rath über die Nothwendigkeit entschieden hat, und gegen vorgängige volle Entschädigung. Entsteht aber ein Streit über die Summe der Entschädigung, und der Eigenthümer will sich bei der Entscheidung der VerwaltungsBehörde nicht beruhigen; so ist die Sache im ordentlichen Rechtswege zu erledigen, einstweilen aber die von jener Stelle festgesetzte Summe ohne Verzug auszubezahlen.
V ERFASSUNG VON W ÜRTTEMBERG (1819) § 31. Ausschließliche Handels- und Gewerbs-Privilegien können nur zu Folge eines Gesetzes, oder mit besonderer, für den einzelnen Fall gültiger Beistimmung der Stände ertheilt werden. Dem Ermessen der Regierung bleibt überlassen, nützliche Erfindungen durch Patente zu deren ausschließlichen Benützung bis auf die Dauer von zehn Jahren zu belohnen. § 32. Jedem Staatsbürger steht frei, aus dem Königreiche, ohne Bezahlung einer Nachsteuer, auszuwandern, sobald er dem ihm vorgesetzten Beamten von seinem Vorsatze die Anzeige gemacht, seine Schulden und andere Obliegenheiten berichtigt, und hinreichende Versicherung ausgestellt hat, daß er innerhalb Jahresfrist gegen König und Vaterland nicht dienen, und eben so lange in Hinsicht auf die vor seinem Wegzuge erwachsenen Ansprüche vor den Gerichten des Königreichs Recht geben wolle. § 33. Durch den Wegzug verliert der Auswandernde sein Staatsbürgerrecht für sich und seine mit ihm wegziehenden Kinder. Das Vermögen derjenigen Kinder, welche nicht mit den Eltern auswandern, wird im Lande zurückbehalten. § 34. Wer ohne einen ihm zugestandenen Vorbehalt des Staatsbürgerrechtes in auswärtige Staatsdienste tritt, wird desselben verlustig. § 35. Wer in einem fremden Staate seine bleibende Wohnung nimmt, kann sein Württembergisches Staatsbürgerrecht nur mit Königlicher Bewilligung und unter der Bedingung beibehalten, daß er den ihm obliegenden staatsbürgerlichen Pflichten in jeder Hinsicht Genüge leiste. § 36. Jeder hat das Recht, über gesetzund ordnungswidriges Verfahren einer
Staats-Behörde oder Verzögerung der Entscheidung, bei der unmittelbar vorgesetzten Stelle schriftliche Beschwerde zu erheben, und nöthigenfalls stufenweise bis zur höchsten Behörde zu verfolgen. § 37. Wird die angebrachte Beschwerde von der vorgesetzten Behörde ungegründet gefunden, so ist letztere verpflichtet, den Beschwerdeführer über die Gründe ihres Unheils zu belehren. § 38. Glaubt der Beschwerdeführer sich auch bei der Entscheidung der obersten Staats-Behörde nicht beruhigen zu können; so darf er die Beschwerde den Ständen mit der schriftlichen Bitte um Verwendung vortragen. Haben sich diese überzeugt, daß jene Stufen-Folge beobachtet worden, und die Beschwerde eine Berücksichtigung verdiene, so ist ihnen auf ihr Verlangen von dem Königlichen Geheimen Rathe die nöthige Auskunft über den Gegenstand zu ertheilen. § 39. Der ritterschaftliche Adel des Königreichs bildet zum Behuf der Wahl seiner Abgeordneten in die Stände-Versammlung und der Erhaltung seiner Familien in jedem der vier Kreise eine Körperschaft. § 40. Die Aufnahme in eine dieser Körperschaften hängt von ihrer Zustimmung und der Genehmigung des Königes ab. In Beziehung auf die Aufnahme adelicher Besitzer immatrikulirter Rittergüter soll jedoch durch die Statute dieser Körperschaften das Nähere festgesetzt werden. § 41. Gedachte Statute erhalten auf eben die Art wie andere Landes-Gesetze verbindliche Kraft. § 42. Den Mitgliedern der Ritterschaft stehen alle allgemeinen staatsbürgerlichen Rechte zu. Die näheren Bestimmungen über die Ausübung der im XIV. Artikel der BundesAkte der Ritterschaft zugesicherten Rechte werden den Ständen mitgetheilt.
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IV. KAPITEL Von den Staats-Behörden A. Allgemeine Bestimmungen § 43. Die Staatsdiener werden, soferne nicht Verfassung oder besondere Rechte eine Ausnahme begründen, durch den König ernannt, und zwar — die Collegial-Vorstände ausgenommen — auf Vorschläge der vorgesetzten Collegien, wobei jedesmal alle Bewerber aufzuzählen sind. § 44. Niemand kann ein Staatsamt erhalten, ohne zuvor gesetzmäßig geprüft und für tüchtig erkannt zu seyn. Landes-Eingeborne sind bei gleicher Tüchtigkeit vorzugsweise vor Fremden zu berücksichtigen. § 45. In den Dienst-Eid, welchen sämtliche Staatsdiener dem Könige abzulegen haben, ist die Verpflichtung aufzunehmen, die Verfassung gewissenhaft zu wahren. § 46. Kein Staatsdiener, der ein Richteramt bekleidet, kann aus irgend einer Ursache ohne richterliches Erkenntniß seiner Stelle entsetzt, entlassen, oder auf eine geringere versetzt werden. § 47. Ein Gleiches hat bei den übrigen Staatsdienern statt, wenn die Entfernung aus der bisherigen Stelle wegen Verbrechen oder gemeiner Vergehen geschehen soll. Es kann aber gegen dieselben wegen Unbrauchbarkeit und Dienst-Verfehlungen auch auf Collegial-Anträge der ihnen vorgesetzten Behörden und des Geheimen Raths die Entlassung oder Versetzung auf ein geringeres Amt durch den König verfügt werden; jedoch hat in einem solchen Falle der Geheime Rath zuvor die oberste Justizstelle gutächtlich zu vernehmen, ob in rechtlicher Hinsicht bei dem Antrage der Collegialstelle nichts zu erinnern sey. Nach diesem Grundsatze sind auch die Vorsteher und übrigen Beamten der Gemeinden und anderer Körperschaften zu behandeln.
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§ 48. Die nämlichen Bestimmungen, wie bei Entlassungen und Versetzungen auf eine geringere Stelle, treten bei Suspensionen ein, welche mit Verlust des Amts-Gehaltes verbunden sind. § 49. Versetzungen der Staatsdiener ohne Verlust an Gehalt und Rang können nur aus erheblichen Gründen und nach vorgängigem Gutachten des Departements-Chefs verfügt werden. Staatsdiener, welche ohne ihr Ansuchen versetzt werden, erhalten für die Umzugskosten die gesetzliche Entschädigung. § 50. Für die Staatsdiener, welche durch Krankheit oder Alter zu Führung ihres Amtes unfähig geworden sind, so wie für die Hinterbliebenen der Staatsdiener, ist durch ein Gesetz gesorgt. § 51. Alle von dem Könige ausgehenden Verfügungen, welche die Staats-Verwaltung betreffen, müssen von dem DepartementsMinister oder Chef contrasignirt seyn, welcher dadurch für ihren Inhalt verantwortlich wird. § 52. Außerdem ist jeder DepartementsMinister oder Chef für dasjenige verantwortlich, was er für sich verfügt, oder was ihm vermöge des ihm zugewiesenen Geschäftskreises zu thun oder zu verfügen obliegt. § 53. Auf gleiche Weise (§. 52) sind auch die übrigen Staatsdiener und Behörden in ihrem Geschäftskreise verantwortlich; sie haben bei eigener Verantwortlichkeit nur die ihnen von den geeigneten Stellen in der ordnungsmäßigen Form zukommenden Anweisungen zu beobachten. Sind sie im Zweifel, ob die Stelle, welche ihnen einen Auftrag ertheilte, dazu competent sey; so haben sie darüber bei ihrer vorgesetzten Behörde anzufragen, so wie ihnen auch obliegt, wenn sie bei dem Inhalt einer höhern Verfügung Anstände finden,
V ERFASSUNG VON W ÜRTTEMBERG (1819) solche auf geziemende Weise und unter Vermeidung jeder nachtheiligen Verzögerung, der verfügenden Stelle vorzutragen, im Fall eines beharrenden Bescheides aber die Verfügung zu befolgen.
B. Von dem Geheimen Rath insbesondere § 54. Der Geheime Rath bildet die oberste, unmittelbar unter dem Könige stehende, und seiner Hauptbestimmung nach bloß berathende Staatsbehörde. § 55. Mitglieder des Geheimen Raths sind die Minister oder die Chefs der verschiedenen Departements und diejenigen Räthe, welche der König dazu ernennen wird. § 56. Die Verwaltungs-Departements, an deren Spitze die verschiedenen Minister stehen, sind folgende: das Ministerium der Justiz; das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten; das Ministerium des Innern; das des Kirchen- und Schulwesens; das Ministerium des Kriegswesens, und das Ministerium der Finanzen. § 57. Der König ernennt und entläßt die Mitglieder des Geheimen Rathes nach eigener freier Entschließung. Wird ein Mitglied des Geheimen Rathes entlassen, ohne daß Dienst-Entfernung gegen dasselbe gerichtlich erkannt wäre; so behält ein Minister viertausend Gulden als Pension, und ein anderes Mitglied des Geheimen Rathes die Hälfte seiner Besoldung, so ferne dem einen oder dem andern nicht durch Vertrag eine andere Summe, welche jedoch zwei Drittel des Gehalts nicht übersteigen wird, zugesichert worden ist. § 58. Alle dem Könige vorzulegenden Vorschläge der Minister in wichtigen Angelegenheiten, namentlich in solchen, wel-
che auf die Staats-Verfassung, die Organisation der Behörden und die Abänderung der Territorial-Eintheilung, oder auf die StaatsVerwaltung im Allmeinen und die Normen derselben sich beziehen, wie auch in Gegenständen der Gesetzgebung und allgemeiner Verordnungen, so weit es sich von deren Erlassung, Abänderung, Aufhebung oder authentischen Erklärung handelt, müssen, so ferne nicht bei Gegenständen des Departements der auswärtigen Angelegenheiten oder des Kriegswesens die Natur der Sache eine Ausnahme begründet, in dem Geheimen Rathe zur Berathung vorgetragen, und mit dessen Gutachten begleitet an den König gebracht werden. § 59. Uebrigens gehören zu dem Geschäftskreise des Geheimen Rathes als berathender Behörde 1.) alle ständischen Angelegenheiten; 2.) Anträge auf Entlassung oder Zurücksetzung eines Staatsdieners nach §. 47; 3.) Competenz-Streitigkeiten zwischen den Justiz- und Verwaltungs-Behörden; 4.) die Verhältnisse der Kirche zum Staate, oder auch Streitigkeiten einzelner Kirchen unter einander, wenn die Centralstellen dieser Kirchen sich nicht vereinigen können; 5.) alles, was dem Geheimen Rathe von dem Könige zur Berathung besonders aufgetragen wird. § 60. Als entscheidende und verfügende Behörde wirkt der Geheime Rath 1.) bei Recursen von Verfügungen der Departements-Minister, wobei jedesmal die Vorstände des Ober-Tribunals zuzuziehen sind; 2.) bei Recursen von Straf-Erkenntnissen der Administrativstellen, wobei 6 Rechtsgelehrte zugegen seyn müssen, deren Zahl erforderlichen Falls durch Mitglieder des Ober-Tribunals vom Präsidenten abwärts zu ergänzen ist; 3.) im Falle des §. 30.
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W ÜRTTEMBERG § 61. Kein Mitglied des Geheimen Rathes kann außer dem Falle, wenn der Gegenstand dasselbe persönlich angeht, von der Theilnahme an den collegialischen Berathschlagungen ausgeschlossen werden.
V. KAPITEL Von den Gemeinden und AmtsKörperschaften § 62. Die Gemeinden sind die Grundlage des Staats-Vereins. Jeder Staatsbürger muß daher, so ferne nicht gesetzlich eine Ausnahme besteht, einer Gemeinde als Bürger oder Beisitzer angehören. § 63. Die Aufnahme der Gemeindebürger und Beisitzer hängt von der Gemeinde ab, unter Vorbehalt der gesetzmäßigen Entscheidung der Staats-Behörden in streitigen Fällen. Indessen setzt die Ertheilung des Bürger- und Beisitzrechtes die vorgängige Erwerbung des Staatsbürgerrechtes voraus. § 64. Sämtliche zu einem Oberamte gehörige Gemeinden bilden die Amtskörperschaft. Veränderung der Oberamts-Bezirke ist Gegenstand der Gesetzgebung. § 65. Die Rechte der Gemeinden werden durch die Gemeinde-Räthe unter gesetzmäßiger Mitwirkung der Bürger-Ausschüsse, die Rechte der Amtskörperschaften durch die Amts-Versammlungen verwaltet, nach Vorschrift der Gesetze und unter Aufsicht der Staats-Behörden. § 66. Keine Staats-Behörde ist befugt, über das Eigenthum der Gemeinden und Amtskörperschaften mit Umgehung oder Hintansetzung der Vorsteher zu verfügen. § 67. Weder die Amtskörperschaften noch einzelne Gemeinden sollen mit Leistungen und Ausgaben beschwert werden, wozu sie nicht vermöge der allgemeinen Gesetze, oder kraft der Lagerbücher oder
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anderer besondern Rechts-Titel, verbunden sind. § 68. Was nicht auf örtliche Bedürfnisse der Gemeinden oder Amtskörperschaften, sondern zu Erfüllung allgemeiner LandesVerbindlichkeiten zu verwenden ist, kann nur auf das gesamte Land vertheilt werden. § 69. Sämtliche Vorsteher der Gemeinden und Amtskörperschaften sind eben so, wie die Staatsdiener, auf Festhaltung der Verfassung, und insbesondere auch auf Wahrung der dadurch begründeten Rechte der Gemeinden und Körperschaften, zu verpflichten.
VI. KAPITEL Von dem Verhältnisse der Kirchen zum Staate § 70. Jeder der drei im Königreiche bestehenden christlichen Confessionen wird freie öffentliche Religions-Uebung und der volle Genuß ihrer Kirchen- Schul- und Armenfonds zugesichert. § 71. Die Anordnungen in Betreff der innern kirchlichen Angelegenheiten bleiben der verfassungsmäßigen Autonomie einer jeden Kirche überlassen. § 72. Dem Könige gebührt das obersthoheitliche Schutz- und Aufsichtsrecht über die Kirchen. Vermöge desselben können die Verordnungen der Kirchengewalt ohne vorgängige Einsicht und Genehmigung des Staats-Oberhauptes weder verkündet noch vollzogen werden. § 73. Die Kirchendiener sind in Ansehung ihrer bürgerlichen Handlungen und Verhältnisse der weltlichen Obrigkeit unterworfen. § 74. Kirchen- und Schul-Diener, welche durch Altersschwäche oder eine ohne
V ERFASSUNG VON W ÜRTTEMBERG (1819) Hoffnung der Wiedergenesung andauernde Kränklichkeit zu Versehung ihres Amtes unfähig werden, haben Anspruch auf einen angemessenen lebenslänglichen Ruhe-Gehalt. § 75. Das Kirchen-Regiment der evangelisch-lutherischen Kirche wird durch das Königliche Consistorium und den Synodus nach den bestehenden, oder künftig zu erlassenden verfaßungsmäßigen Gesetzen verwaltet. § 76. Sollte in künftigen Zeiten sich der Fall ereignen, daß der König einer andern, als der evangelischen Confession zugethan wäre; so treten alsdann in Hinsicht auf dessen Episcopal-Rechte die dahin gehörigen Bestimmungen der früheren Religions-Reversalien ein. § 77. Die abgesonderte Verwaltung des evangelischen Kirchenguts des vormaligen Herzogthums Württemberg wird wieder hergestellt. Zu dem Ende wird ungesäumt eine gemeinschaftliche Commission niedergesetzt, welche zuvörderst mit der Ausscheidung des Eigenthums dieser Kirche in dem alten Land und mit Bestimmung der Theilnahme der Kirche gleicher Confession in den neuen Landestheilen sich zu beschäftigen, und sodann über die künftige Verwaltungsart desselben Vorschläge zu machen hat.
von dem Könige durch eine aus katholischen Mitgliedern bestehende Behörde ausgeübt, welche auch bei Besetzung geistlicher Aemter, die von dem Könige abhängen, jedesmal um ihre Vorschläge vernommen wird. § 80. Die katholischen Kirchendiener genießen eben dieselben persönlichen Vorrechte, welche den Dienern der protestantischen Kirchen eingeräumt sind. § 81. Auch wird darauf Rücksicht genommen werden, daß katholische Geistliche, welche sich durch irgend ein Vergehen die Entsetzung vom Amte zugezogen haben, ohne zugleich ihrer geistlichen Würde verlustig geworden zu seyn, ihren hinreichenden Unterhalt finden. § 82. Die katholische Kirche erhält zu Bestreitung derjenigen kirchlichen Bedürfnisse, wozu keine örtlichen Fonds vorhanden sind, oder die vorhandenen nicht zureichen, und besonders für die Kosten der höheren Lehranstalten, einen eigenen, diesen Zwecken ausschließlich gewidmeten Kirchenfond. Zum Behufe der Ausscheidung desselben vom Staatsgut, und der näheren Bestimmung der künftigen Verwaltungsweise, wird auf gleiche Art, wie oben (§. 77) bei dem altwürttembergischen Kirchengute festgesetzt ist, eine Commission niedergesetzt werden.
§ 78. Die Leitung der innern Angelegenheiten der katholischen Kirche steht dem Landes-Bischoffe nebst dem Domkapitel zu. Derselbe wird in dieser Hinsicht mit dem Kapitel alle diejenigen Rechte ausüben, welche nach den Grundsätzen des katholischen Kirchenrechts mit jener Würde wesentlich verbunden sind.
§ 83. Was die in dem Königreiche befindlichen reformirten Kirchen-Gemeinden betrifft, so wird sowohl auf Verbesserung ihrer kirchlichen Einrichtung und besonders ihrer Unterrichts-Anstalten, als auch auf Ausmittlung hinreichender Einkünfte zum Unterhalt ihrer Kirchen- und Schuldiener und zu Bestreitung der übrigen kirchlichen Bedürfnisse gesorgt werden.
§ 79. Die in der Staatsgewalt begriffenen Rechte über die katholische Kirche werden
§ 84. Für Erhaltung und Vervollkommnung der höheren und niederen Unterrichts-
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W ÜRTTEMBERG Anstalten jeder Art und namentlich der Landes-Universität wird auch künftig auf das zweckmäßigste gesorgt.
VII. KAPITEL Von Ausübung der Staatsgewalt § 85. Der König vertritt den Staat in allen seinen Verhältnissen gegen auswärtige Staaten. Es kann jedoch ohne Einwilligung der Stände durch Verträge mit Auswärtigen kein Theil des Staats-Gebietes und Staats-Eigenthums veräußert, keine neue Last auf das Königreich und dessen Angehörige übernommen, und kein Landesgesetz abgeändert oder aufgehoben, keine Verpflichtung, welche den Rechten der Staatsbürger Eintrag thun würde, eingegangen, namentlich auch kein Handels-Vertrag, welcher eine neue gesetzliche Einrichtung zur Folge hätte, und kein Subsidien-Vertrag zu Verwendung der Königlichen Truppen, in einem Deutschland nicht betreffenden Kriege, geschlossen werden.
treffen und in dringenden Fällen zur Sicherheit des Staates das Nöthige vorzukehren. § 90. Eben diese Bestimmungen (§.§. 88, 89) finden auch bei den Gesetzen, Verordnungen und Anstalten im Landes-Polizeiwesen Statt. § 91. Alle Gesetze und Verordnungen, welche mit einer ausdrücklichen Bestimmung der gegenwärtigen Verfassungs-Urkunde im Widerspruche stehen, sind hiedurch aufgehoben. Die übrigen sind der verfassungsmäßigen Revision unterworfen. § 92. Die Gerichtsbarkeit wird im Namen des Königs und unter dessen Oberaufsicht durch collegialisch gebildete Gerichte in gesetzlicher Instanzen-Ordnung verwaltet. § 93. Die Gerichte, sowohl die bürgerlichen als die peinlichen, sind innerhalb der Grenzen ihres Berufes unabhängig. § 94. Der Königliche Fiskus wird in allen Privatrechtsstreitigkeiten bei den ordentlichen Gerichten Recht geben und nehmen.
§ 86. Der König wird von den Traktaten und Bündnissen, welche von ihm mit auswärtigen Mächten angeknüpft werden, die Stände in Kenntniß setzen, sobald es die Umstände erlauben.
§ 95. Keinem Bürger, der sich durch einen Akt der Staatsgewalt in seinem auf einem besondern Titel beruhenden Privatrechte verletzt glaubt, kann der Weg zum Richter verschlossen werden.
§ 87. Alle Subsidien und Kriegs-Contributionen, so wie andere ähnliche Entschädigungs-Gelder und sonstige Erwerbungen, welche dem Könige zu Folge eines StaatsVertrags, Bündnisses oder Krieges zu Theil werden, sind Staats-Eigenthum.
§ 96. Die Erkenntnisse der Criminalgerichte bedürfen, um in Rechtskraft überzugehen, keiner Bestätigung des Regenten.
§ 88. Ohne Beistimmung der Stände kann kein Gesetz gegeben, aufgehoben, abgeändert oder authentisch erläutert werden. § 89. Der König hat aber das Recht, ohne die Mitwirkung der Stände die zu Vollstreckung und Handhabung der Gesetze erforderlichen Verordnungen und Anstalten zu
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§ 97. Dagegen steht dem Könige zu, Straf-Erkenntnisse vermöge des Begnadigungs-Rechtes auf erforderten und erstatteten Bericht des erkennenden Gerichts aufzuheben oder zu mildern. Es sind daher die Criminal-Gerichte nicht nur verbunden, in schweren Fällen die Akten samt ihrem Erkenntnisse vor der Eröffnung desselben durch das Königliche Justiz-Ministerium dem Könige zum Behuf einer etwaigen Begnadigung vorzulegen; sondern es kann
V ERFASSUNG VON W ÜRTTEMBERG (1819) auch nach Eröffnung des Erkenntnisses der Verurtheilte sich an die Gnade des Königs wenden. Auf gleiche Weise kann auch, wenn nach dem Gutachten des Königlichen JustizMinisteriums hinlängliche Gründe dazu vorhanden sind, vermöge des dem Könige zustehenden Abolitions-Rechts, noch ehe das Verbrechen oder Vergehen untersucht, oder über die Bestrafung erkannt worden ist, alles Verfahren gegen den Beschuldigten eingestellt und niedergeschlagen werden. Der König wird jedoch bei Ausübung sowohl des einen, als des andern Rechtes darauf Rücksicht nehmen, daß dem Ansehen und der Wirksamkeit der Straf-Gesetze dadurch nicht zu nahe getreten werde. § 98. Die Strafe der Vermögens-Confiscation ist allgemein aufgehoben. § 99. Was die Militär-Verfassung betrifft, so wird die Zahl der zu Ergänzung des Königlichen Militärs jährlich erforderlichen Mannschaft mit den Ständen verabschiedet. § 100. Die Auswahl-Ordnung, die nähere Bezeichnung der übrigen Landes-Vertheidigungs-Anstalten und der Verbindlichkeit der Staatsbürger, sich außerhalb des regulären Militärs zu dem Waffendienste tüchtig zu machen, die bürgerlichen Verhältnisse der unter dem Militär befindlichen StaatsAngehörigen, die militärischen Straf-Gesetze, wie auch die Bestimmung der Fälle, in welchen das Königl. Militär ausnahmsweise bei den Bürgern einquartirt werden kann, sind Gegenstände der Gesetzgebung und Gesetz-Revision. § 101. Für die Unterstützung der MilitärPersonen, welche im Dienste des Vaterlandes ihre Krafte aufgeopfert haben, so wie ihrer Hinterbliebenen, ist durch ein Gesetz gesorgt.
VIII. KAPITEL Von dem Finanzwesen § 102. Sämtliche zu dem vormaligen Herzoglich Württembergischen FamilienFidei-Commisse gehörigen, so wie die von dem Könige neu erworbenen Grundstücke, Gefälle und nutzbaren Rechte, bilden, mit Ausschluß des sogenannten Hof-DomainenKammer-Guts, das Königl. Kammer-Gut. § 103. Auf demselben haftet die Verbindlichkeit, neben den persönlichen Bedürfnissen des Königes als Staats-Oberhauptes und der Mitglieder des Königlichen Hauses, auch den mit der Staats-Verwaltung verbundenen Aufwand, so weit es möglich ist, zu bestreiten; es kommt ihm daher die Eigenschaft eines von dem Königreich unzertrennlichen Staatsgutes zu. § 104. Für den Aufwand, welchen die Bedürfnisse des Königes und der Hofstaat erfordern, wird auf die Regierungszeit eines jeden Königes eine theils in Geld, theils in Naturalien bestehende Civil-Liste verabschiedet, deren Betrag in bestimmten Raten an die von dem Könige zu benennende Verwaltungs-Stelle abgegeben wird. § 105. Die Appanagen, Wittume, Heirathgüter und andere dergleichen Leistungen, welche die Mitglieder des Königlichen Hauses in Anspruch zu nehmen haben, werden an diese von der Staatskasse unmittelbar entrichtet. § 106. Die Kosten der Hofhaltung des Reichsverwesers werden aus den Mitteln der Civil-Liste bestritten; die Appanage desselben wird bis zum Betrag der einem Kronprinzen gebührenden erhöht. § 107. Das Kammergut ist in seinem wesentlichen Bestande zu erhalten, und kann daher ohne Einwilligung der Stände weder durch Veräußerung vermindert, noch mit Schulden oder sonst mit einer bleibenden
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W ÜRTTEMBERG Last beschwert werden. Als eine Verminderung des Kammerguts ist es jedoch nicht anzusehen, wenn zu einer entschieden vortheilhaften Erwerbung ein Geld-Anlehen aufgenommen, oder zum Vortheil des Ganzen eine Veräußerung oder Austauschung einzelner minder bedeutender Bestandtheile desselben vorgenommen wird. Es muß aber den Ständen in jedem Jahre eine genaue Berechnung über den Erlös aus solchen Veräußerungen und über dessen Wieder-Verwendung zum Grundstocke vorgelegt werden. Auch ist unter Veräußerung der Fall nicht begriffen, wenn vom Könige ein heimfallendes Lehen zur Belohnung ausgezeichneter Verdienste um den Staat wieder verliehen wird. § 108. Das oben (§. 102) erwähnte HofDomänen-Kammergut ist ein Privat-Eigenthum der Königlichen Familie, dessen Verwaltung und Benutzung dem Könige zusteht; der Grundstock darf nicht vermindert werden; es gelten jedoch, was die Aufnahme von Geld-Anlehen zu einer vortheilhaften Erwerbung und die Veräußerung oder Austauschung einzelner minder bedeutenden Bestandtheile zum Vortheil des Ganzen betrifft, die in dem vorigen §. bei dem Kammergut angegebenen Verwaltungs-Grundsätze. Zu den allgemeinen Landes-Lasten liefert das Hof-Domänen-Kammergut seinen Beitrag, und zwar, so weit es bisher steuerfrei war, gleich andern früher steuerfreien Gütern. § 109. Soweit der Ertrag des Kammerguts nicht zureicht, wird der Staatsbedarf durch Steuern bestritten. Ohne Verwilligung der Stände kann weder in Kriegsnoch in Friedenszeiten eine direkte oder indirekte Steuer ausgeschrieben und erhoben werden. § 110. Dem Ansinnen einer SteuerVerwilligung muß jedesmal eine genaue
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Nachweisung über die Nothwendigkeit oder Nützlichkeit der zu machenden Ausgaben, über die Verwendung der früheren StaatsEinnahmen und über die Unzulänglichkeit der Kammer-Einkünfte vorangehen. § 111. Zu dem Ende hat der Finanzminister den Haupt-Etat den Ständen zur Prüfung vorzulegen. Die einzelnen Minister haben die Ausgaben für ihre Ministerien zu erläutern. § 112. Der von den Ständen anerkannte und angenommene Haupt-Etat ist in der Regel auf drei Jahre gültig. § 113. Die Verwilligung der Steuern darf nicht an Bedingungen geknüpft werden, welche die Verwendung dieser Steuern nicht unmittelbar betreffen. § 114. Die auf einen gewissen Zeitraum verwilligten Jahres-Steuern werden nach Ablauf dieses Zeitraumes, in gleichem Maße, auch im ersten Drittel des folgenden Jahres auf Rechnung der neuen Verwilligung eingezogen. § 115. Die verwilligten Steuern werden auf die Amts-Körperschaften ausgeschrieben und von diesen sowohl auf die einzelnen Gemeinden, als auch auf die in keinemGemeinde-Verbande stehenden Güterbesitzer vertheilt. Letztere liefern ihre SteuerAntheile unmittelbar an die Amts-Pflegen. § 116. Von den Amts-Pflegern, so wie von den Ober-Einbringern der indirekten Steuern, werden die Steuer-Gelder theils an die Staats-Casse, theils an die SchuldenZahlungs-Casse, nach der deshalb bei der Verwilligung zu treffenden Verabschiedung, eingeliefert. Die erwähnten Steuer-Einnehmer sind dafür verantwortlich, daß sie die eingehenden Steuer-Gelder unter keinem Vorwand an eine andere, als an die durch die Verabschiedung bestimmte Casse, oder auf eine von derselben im gesetzlichen Wege ausgestellte Anweisung verabfolgen.
V ERFASSUNG VON W ÜRTTEMBERG (1819) § 117. Die höhere Leitung des Einzugs der direkten und indirekten Steuern ist einer Central-Behörde übertragen. Diese hat die Akkorde über indirekte Steuern zu schließen, die Repartition der direkten zu entwerfen, für deren Beitreibung zu sorgen, über Steuer-Nachlässe nach verabschiedeten Grundsätzen Anträge zu machen, und diese, so wie die Steuer-Repartition, dem Finanz-Ministerium vorzulegen. § 118. Das Finanz-Ministerium hat den Ständen die ihm vorgelegte Steuer-Repartition, so wie monatlich den Cassen-Bericht über die eingegangenen Steuern und etwaigen Ausstände, mitzutheilen. § 119. Die Staats-Schuld, worunter auch diejenige begriffen ist, welche derzeit noch auf den neuen Landestheilen haftet, ist unter die Gewährleistung der Stände gestellt. § 120. Die Schulden-Zahlungs-Casse wird nach den Normen eines zu verabschiedenden Statuts von ständischen, durch die Regierung bestätigten Beamten, unter Leitung und Verantwortlichkeit der Stände, verwaltet. § 121. Es werden dem ständischen Ausschusse monatliche Cassenberichte gedoppelt ausgefertigt übergeben, und jener hat jedesmal Ein Exemplar dem Finanz-Ministerium mitzutheilen. § 122. Der Regierung steht vermöge des Ober-Aufsichts-Rechtes frei, von dem Zustande dieser Casse zu jeder Zeit Einsicht nehmen zu lassen. § 123. Die Jahres-Rechnung über dieselbe wird von einer Königlichen und ständischen Commission abgehört, das Resultat aber öffentlich durch den Druck bekannt gemacht.
XI. KAPITEL2 Von den Landständen § 124. Die Stände sind berufen, die Rechte des Landes in dem durch die Verfassung bestimmten Verhältnisse zum Regenten geltend zu machen. Vermöge dieses Berufes haben sie bei Ausübung der Gesetzgebungs-Gewalt durch ihre Einwilligung mitzuwirken, in Beziehung auf Mängel oder Mißbräuche, die sich bei der Staats-Verwaltung ergeben, ihre Wünsche, Vorstellungen und Beschwerden dem Könige vorzutragen, auch wegen verfassungswidriger Handlungen Klage anzustellen, die nach gewissenhafter Prüfung für nothwendig erkannten Steuern zu verwilligen, und überhaupt das unzertrennliche Wohl des Königes und des Vaterlandes mit treuer Anhänglichkeit an die Grundsätze der Verfassung zu befördern. § 125. Angelegenheiten, welche, der (§. 124) angegebenen Bestimmung zu Folge, vor die gesamten Stände gehören, werden in keinem Falle, weder von dem Könige und der Regierung, noch von den LandStänden und dem ständischen Ausschusse, an einzelne Stände gebracht, oder die Erklärungen einzelner ständischer Mitglieder, Städte oder Oberamtsbezirke darüber eingefordert werden. § 126. Der Geheime Rath ist die Behörde, durch welche sowohl der König seine Eröffnungen an die Stände erlassen wird, als auch letztere ihre Erklärungen, Bitten und Wünsche an den König zu bringen haben. Der Geheime Rath hat dieselben jedesmal dem Könige vorzulegen, wenn er nicht Anstände dabei findet, welche ihn veranlassen, vor der Vorlegung an den König mit den Landständen Rücksprache zu nehmen. Die Anträge der Stände sind von ihm mit seinen auf die Verfassung gegründeten Berichten und Gutachten zu begleiten.
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W ÜRTTEMBERG § 127. Der König wird alle drei Jahre die Versammlung der Stände (Landtag) einberufen; und außerordentlicherweise, so oft es zur Erledigung wichtiger oder dringender Landes-Angelegenheiten erforderlich ist. Auch werden bei jeder Regierungs-Veränderung die Stände innerhalb der ersten vier Wochen versammelt werden. § 128. Die Stände theilen sich in zwei Kammern. § 129. Die erste Kammer (Kammer der Standesherrn) besteht: 1.) aus den Prinzen des Königlichen Hauses; 2.) aus den Häuptern der fürstlichen und gräflichen Familien, und den Vertretern der standesherrlichen Gemeinschaften, auf deren Besitzungen vormals eine Reichs- oder Kreistags-Stimme geruht hat; 3.) aus den von dem Könige erblich oder auf Lebenszeit ernannten Mitgliedern. § 130. Zu erblichen Mitgliedern wird der König nur solche Gutsbesitzer aus dem standesherrlichen oder ritterschaftlichen Adel ernennen, welche von einem mit FideiCommiß belegten, nach dem Rechte der Erstgeburt sich vererbenden Grundvermögen im Königreiche, nach Abzug der Zinsen aus den darauf haftenden Schulden, eine jährliche Rente von sechstausend Gulden beziehen. § 131. Die lebenslänglichen Mitglieder werden vom Könige, ohne Rücksicht auf Geburt und Vermögen, aus den würdigsten Staatsbürgern ernannt. § 132. Die Zahl sämtlicher von dem Könige erblich oder auf lebenslang ernannten Mitglieder kann den dritten Theil der übrigen Mitglieder der ersten Kammer nicht übersteigen. § 133. Die zweite Kammer (Kammer der Abgeordneten) ist zusammengesetzt:
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1.) aus dreizehn Mitgliedern des ritterschaftlichen Adels, welche von diesem aus seiner Mitte gewählt werden; 2.) aus den sechs protestantischen General-Superintendenten; 3.) aus dem Landesbischoff, einem von dem Domkapitel aus dessen Mitte gewählten Mitgliede und dem der Amtszeit nach ältesten Dekan katholischer Confession; 4.) aus dem Kanzler der Landes-Universität; 5.) aus einem gewählten Abgeordneten von jeder der Städte Stuttgart, Tübingen, Ludwigsburg, Ellwangen, Ulm, Heilbronn und Reuttlingen; 6.) aus einem gewählten Abgeordneten von jedem Oberamts-Bezirke. § 134. Der Eintritt in die erste Kammer geschieht bei den Prinzen des Königlichen Hauses und den übrigen erblichen Mitgliedern nach zurückgelegtem Alter der Minderjährigkeit, deren Dauer bei den ersteren von der hausgesetzlichen, bei den letzteren von der gemeinrechtlichen Bestimmung abhängt. In die zweite Kammer kann keiner gewählt werden, welcher noch nicht das dreißigste Lebensjahr zurückgelegt hat. § 135. Die allgemeinen Erfordernisse eines Mitglieds der Stände-Versammlung sind folgende: 1.) dasselbe muß einem der drei christlichen Glaubens-Bekenntnisse angehören und das württembergische Staatsbürgerrecht haben; 2.) dasselbe darf weder in eine Criminal-Untersuchung verflochten, noch durch gerichtliches Erkenntniß zur Dienst-Entsetzung, zur Vestungsstrafe mit Zwang zu öffentlichen Arbeiten oder angemessener Beschäftigung, oder zum Zuchthaus verurtheilt worden, oder wegen eines angeschuldigten Verbrechens blos von der Instanz entbunden seyn; 3.) es darf kein Concurs gegen dasselbe
V ERFASSUNG VON W ÜRTTEMBERG (1819) gerichtlich eröffnet seyn; und selbst nach geendigtem Concurs-Verfahren dauert seine Unfähigkeit fort, wenn es wegen Vermögens-Zerrüttung gestraft worden ist. Jedoch werden die erblichen Mitglieder der ersten Kammer durch die Erkennung einer DebitCommission von der Stimmführung nicht ausgeschlossen, wenn ihnen eine Competenz von wenigstens Zweitausend Gulden ausgesetzt ist. Endlich 4.) darf ein Mitglied der Stände-Versammlung weder unter väterlicher Gewalt, noch unter Vormundschaft, noch unter Privat-Dienstherrschaft stehen . § 136. Die dreizehn ritterschaftlichen Mitglieder der zweiten Kammer werden von den immatriculirten Besitzern oder Theilhabern der Rittergüter nach den vier Kreisen des Königreichs, in den Kreisstädten, unter der Leitung des betreffenden Regierungs-Präsidenten mit Zuziehung zweier Mitglieder der Ritterschaft, aus sämtlichen Mitgliedern ritterschaftlicher Familien gewählt. § 137. Die Abgeordneten von den Städten, die eigenes Landstandschaftsrecht haben, und von den Oberamts-Bezirken, werden durch die besteuerten Bürger jeder einzelnen Gemeinde gewählt. § 138. Die Zahl der Wählenden verhält sich zur Zahl der sämtlichen Bürger einer Gemeinde wie eins zu sieben, so daß z. B. auf 140 Bürger (ungefähr 700 Einwohner) zwanzig Wahlmänner kommen. § 139. Zwei Drittheile der Wahlmänner bestehen aus denjenigen Bürgern, welche im nächstvorhergegangenen Finanzjahre die höchste ordentliche directe Steuer, sey es aus eigenem oder aus nutznießlichem Vermögen, an den Staat zu entrichten hatten. Diese werden jedesmal vor Anstellung einer Wahl von dem Ortsvorsteher nebst dem Steuer-Einbringer, dem Obmann des Bürger-Ausschusses und dem Rathsschreiber,
oder, wenn dessen Amt mit der Stelle eines Ortsvorstehers vereinigt ist, dem ersten Gemeinde-Rath, aus dem Steuer-Register, als Wahlmänner ausgezeichnet. § 140. Das letzte Drittheil der Wahlmänner wird von den übrigen Steuer-Contribuenten, unter der Leitung des Ortsvorstehers mit Zuziehung der (§. 139) erwähnten Personen gewählt. Die Stimmen müssen einzeln (im Durchgang) abgegeben werden. § 141. Die Liste der Wahlmänner, sowohl derjenigen, welche wegen der Größe ihres Steuer-Antheiles von selbst zur Wahl berechtigt sind, als der gewählten, wird der Gemeinde bekannt gemacht. § 142. Zur Ausübung des Wahlrechtes jeder Art werden eben die persönlichen Eigenschaften erfordert, welche nach § 135 der Abzuordnende selbst haben muß, nur mit der Ausnahme, daß das Alter der Volljährigkeit hinreicht. § 143. Eine gültige Wahl kommt nur durch die Abstimmung von wenigstens zwei Drittheilen der Wahlberechtigten zu Stande. Die Ausübung des Wahlrechts kann nicht durch einen Bevollmächtigten geschehen; den Fall ausgenommen, wenn der Wahlberechtigte durch Dienstverhältnisse verhindert ist, sich am Wahlorte einzufinden. § 144. Die Wahlen geschehen nach relativer Stimmenmehrheit; jedoch darf diese niemals weniger als den dritten Theil der abgegebenen Stimmen betragen. Nur in dem Falle des §. 140 findet die letztere Beschränkung nicht Statt. Im Falle der Stimmen-Gleichheit zwischen zwei Gewählten geht der Aeltere dem Jüngeren vor. Niemand kann sich selbst die Stimme geben. § 145. Wer in mehreren Kreisen als Rittergutsbesitzer, oder in mehreren Orten
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W ÜRTTEMBERG als Gemeindebürger besteuert wird, kann in mehreren Kreisen oder Gemeinden das Wahlrecht ausüben. § 146. Wählbar ist jeder, welchem die oben (§. 134 und 135) vorgeschriebenen Eigenschaften nicht fehlen. Jedoch können Staatsdiener nicht innerhalb des Bezirks ihrer Amts-Verwaltung, und Kirchendiener nicht innerhalb des Oberamts-Bezirkes, in welchem sie wohnen, gewählt werden, und eine anderwärts auf sie gefallene Wahl nur mit Genehmigung der ihnen vorgesetzten höchsten Behörde annehmen. Auch können weder die Häupter der standesherrlichen Familien, noch die Rittergutsbesitzer (§. 136) gewählt werden. § 147. Die Wahlmänner eines Kreises, eines Oberamts oder einer Stadt sind in Ansehung der Person des Abgeordneten nicht auf ihren Wahlbezirk beschränkt; sie können auch einem anderswo im Königreiche wohnenden Staatsbürger ihre Stimme geben. Wer aber an mehreren Orten gewählt worden ist, kann nur Eine der auf ihn gefallenen Wahlen annehmen. § 148. Tritt der Fall ein, daß Vater und Sohn zugleich Mitglieder der Stände-Versammlung werden, so wird, wenn der Vater nicht aus eigener Entschließung zurücktritt, der Sohn durch denselben ausgeschlossen. § 149. Was das Wahlverfahren betrifft, so müssen von den Städten und Oberamtsbezirken längstens binnen acht Tagen von der Zeit an, da das Einberufungs-Rescript zu ihrer amtlichen Kenntniß gekommen ist, die Listen sämtlicher Wahlmänner an das Oberamt eingeschickt werden; worauf sodann von letzterer Behörde längstens binnen zehn Tagen, von dem Empfange jenes Rescripts an gerechnet, ein Wahltermin zu bestimmen ist, dessen Bekanntmachung acht Tage vor dem Eintritte geschehen muß.
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§ 150. Die Wahl geschieht in der Amtsstadt durch die persönlich anwesenden Wahlmänner vermittelst der Uebergabe eines von ihnen geschriebenen oder wenigstens unterschriebenen oder, wenn der Wahlmann nicht schreiben kann, mit dessen beglaubigtem Handzeichen, statt der Unterschrift, versehenen Stimmzettels. § 151. Die Leitung der Wahl steht dem Oberamtmann zu, bei den zu eigener Landstandschaft berechtigten Städten, unter Zuziehung eines aus wenigstens vier Personen bestehenden Ausschusses von dem Stadtrathe und dem Bürger-Ausschusse; bei den Oberamts-Bezirken besteht dieser Ausschuß aus vier Mitgliedern der Amtsversammlung, nebst einem Mitgliede des Bürger-Ausschusses von der Stadt und einem von dem Lande; das Protokoll hat der betreffende Aktuar zu führen. Die Mitglieder dieses Ausschusses sind nicht wählbar in ihrem Bezirke, und eben so wenig bei den Wahlen der Ritterschaft die zur Leitung der Wahlhandlung zuzuziehenden ritterschaftlichen Mitglieder (§. 136). § 152. Die Wahlhandlung darf nicht über drei Tage dauern, welche sich in ununterbrochener Reihe folgen müssen. § 153. Kann oder will der Gewählte die Wahl nicht annehmen, so kann der nächste in der Stimmenzahl für ihn eintreten, vorausgesetzt, daß dieser nicht weniger als den dritten Theil der abgelegten Stimmen erhalten hat; außerdem muß eine neue Wahl vorgenommen werden. Das Letztere muß auch dann geschehen, wenn nach bereits angenommener Wahl die Stelle des Abgeordneten wieder erledigt wird. § 154. Nach dem Schlusse der Wahlhandlung muß für den Gewählten zu dessen Legitimation eine Wahlurkunde mit der
V ERFASSUNG VON W ÜRTTEMBERG (1819) Unterschrift sämtlicher zur Leitung und Beurkundung der Wahl zugegen gewesenen Personen ausgefertigt werden. § 155. Der Gewählte ist als Abgeordneter, nicht des einzelnen Wahlbezirkes, sondern des ganzen Landes anzusehen. Es kann ihm daher auch keine Instruktion, an welche er bei seinen künftigen Abstimmungen in der Stände-Versammlung gebunden wäre, ertheilt werden. § 156. Die Mitglieder beider Kammern haben ihr Stimmrecht in Person auszuüben; nur den erblichen Mitgliedern der ersten Kammer ist gestattet, ihre Stimme einem andern in der Versammlung anwesenden Mitgliede dieser Kammer oder einem Sohne oder dem sonstigen präsumtiven Nachfolger in der Standesherrschaft zu übertragen. Dieses besondere Recht der Stimm-Uebertragung kann auf gleiche Weise auch für einen wegen Minderjährigkeit oder anderer persönlichen Unfähigkeit unter Vormundschaft stehenden Standesherren von dessen Vormund ausgeübt werden. In jedem Fall aber kann ein Mitglied der ersten Kammer oder ein Stellvertreter desselben niemals mehr als Eine übertragene Stimme führen. § 157. Alle sechs Jahre muß eine neue Wahl der Abgeordneten, welche nicht Amtshalber Sitz und Stimme in der zweiten Kammer haben, vorgenommen werden; die bisherigen sind wieder wählbar. § 158. Während dieses sechsjährigen Zeitraumes erfolgt der Austritt eines Mitgliedes der Kammer, außer dem Falle des freiwilligen Entschlusses oder der gerichtlich erkannten Ausschließung (§. 199) nur dann, wenn 1.) ein Mitglied das Grund-Vermögen, den Stand oder das Amt, worauf dessen Befähigung beruht, zu besitzen aufhört;
2.) wenn das Mitglied in der Zwischenzeit eine der oben (§. 136) festgesetzten Eigenschaften verliert. In solchen Fällen wird, wenn das austretende Mitglied ein gewählter Abgeordneter war, eine neue Wahl von einem neuen WahlCollegium vorgenommen. § 159. Die Mitglieder beider Kammern haben sich vor Eröffnung des Landtages zu legitimiren, und zu dem Ende einige Tage vor dem in dem Einberufungs-Rescripte vorgeschriebenen Termin an dem bestimmten Orte der Versammlung sich einzufinden. Die Legitimation geschieht, für den ersten künftigen Landtag, auf die bisher übliche Weise, in der Folge aber bei dem ständischen Ausschusse (§. 187) durch Vorlegung des Einberufungsschreibens, welches in dem (§. 156) erwähnten Falle der StimmUebertragung mit der hierauf gerichteten Vollmacht begleitet seyn muß, und vermittelst der Wahlurkunde. Die zur Versammlung aufs neue gewählten Mitglieder des Ausschusses selbst werden zur Prüfung ihrer eigenen Legitimation durch die zuerst legitimirten Abgeordneten ersetzt. Es hängt von dem Könige ab, zu dem Legitimations-Geschäfte Commissarien abzuordnen. § 160. Die erste Kammer wird durch die Anwesenheit der Hälfte, die zweite Kammer durch das Erscheinen von zwei Drittheilen ihrer Glieder als vollständig besetzt angesehen. Der ständische Ausschuß hat am Tage vor dem in dem Einberufungsschreiben bestimmten Termin dem Geheimen Rathe von dem Erfolge des Legitimations-Geschäfts Anzeige zu machen. Der König wird hierauf, wenn jene Zahl durch solche Abgeordnete erfüllt ist, bei deren Legitimation sich kein Anstand gefunden hat, den Landtag in den für diesen Fall vereinigten Kammern eröffnen; wobei der
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W ÜRTTEMBERG vom König ernannte Präsident der ersten Kammer, oder, wenn noch keiner ernannt ist, derjenige, welcher es bei der vorigen Versammlung war, die Stelle des Vorstandes vertritt. Die Legitimation der etwa später eintreffenden Mitglieder, so wie die Erledigung der noch übrigen Legitimations-Anstände, geschieht bei der betreffenden Kammer. Das Resultat muß dem Geheimen Rathe vorgelegt werden; auch ist der andern Kammer davon Nachricht zu ertheilen. § 161. Sollte bei Einberufung eines Landtages eine der beiden Kammern nicht in der nach §. 160 erforderlichen Anzahl zusammen kommen, so wird sie als einwilligend in die Beschlüsse der andern angesehen. Jedoch steht es in diesem Falle den erschienenen Mitgliedern der unvollzähligen Kammer frei, den Sitzungen der andern mit Stimmrecht beizuwohnen. § 162. In der ersten Kammer nehmen die Prinzen des Königlichen Hauses den ersten Platz ein; auf sie folgen die Standesherren, beide unter sich nach ihrem sonst bestehenden Range; sodann die übrigen erblichen und die auf Lebenszeit vom König ernannten Mitglieder, nach der Zeit ihrer Ernennung. In der zweiten Kammer sitzen die verschiedenen Classen, woraus sie zusammengesetzt ist, in der §. 187 angegebenen Ordnung; unter den Gliedern jeder einzelnen Classe entscheidet, je nach Beschaffenheit derselben, das Amts- oder das Lebens-Alter, und unter den Geistlichen katholischer Confession der Vorzug der Amtswürde. Die Abstimmungen geschehen nach der Sitz-Ordnung, jedoch so, daß in der zweiten Kammer bei dem Stimmen-Aufrufe immer zwischen den vier ersten und den zwei übrigen Classen gewechselt wird, bis jene erschöpft sind. § 163. Jedes Mitglied der ersten und der
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zweiten Kammer hat bei seinem erstmaligen Eintritte in dieselbe den Stände-Eid abzulegen. Dieser lautet so: „Ich schwöre, die Verfassung heilig zu halten, und in der Stände-Versammlung das unzertrennliche Wohl des Königs und des Vaterlandes, ohne alle Nebenrücksicht, nach meiner eigenen Ueberzeugung, treu und gewissenhaft zu berathen. So wahr mir Gott helfe!“ Der Stände-Eid wird von einem bei Eröffnung eines Landtages neu eintretenden Mitglied in die Hände des Königs selbst oder des zur Eröffnung bevollmächtigten Ministers, außerdem in die Hände des Präsidenten einer jeden Kammer abgelegt. § 164. Der Vorstand der Stände-Versammlung besteht aus einem Präsidenten und einem Vice-Präsidenten in jeder der beiden Kammern. Das Amt desselben dauert bis zum Ablaufe des sechsjährigen Zeitraumes (§. 157). Den Präsidenten der ersten Kammer ernennt der König ohne Vorschlag; für die Stelle des Vice-Präsidenten werden von der ersten Kammer drei standesherrliche Mitglieder durch absolute Stimmen-Mehrheit gewählt, aus welchen der König eines ernennt. Ebenso wählt die zweite Kammer aus ihrer Mitte, ohne Unterschied der Classen, drei Mitglieder zur Stelle ihres Präsidenten, und wenn hierauf die Königliche Ernennung erfolgt ist, auf gleiche Art zu dem Amte des Vice-Präsidenten, welchen der König ebenfalls aus den hiezu vorgeschlagenen drei Mitgliedern ernennt. Kommt nach Ablauf des sechsjährigen Zeitraumes die zweite Kammer zum erstenmal zusammen, oder sollte sonst der Fall eintreten, daß bei derselben beide PräsidialStellen zugleich erledigt wären, so vertritt bis zur Ernennung des Präsidenten das älteste rechtsgelehrte Mitglied die Stelle des Vorstandes.
V ERFASSUNG VON W ÜRTTEMBERG (1819) Jede der Kammern wählt auf die Dauer eines Landtages einen oder mehrere Sekretäre aus ihrer Mitte. § 165. Der Präsident einer jeden Kammer sorgt für die Aufrechthaltung der Ordnung, bestimmt die Sitzungstage, eröffnet und schließt die Sitzungen, ordnet den Gang der Verhandlungen, und leitet die Berathungen und Abstimmungen. § 166. Die Mitglieder der Kammern sind verbunden, jeder Sitzung anzuwohnen; im Falle eines gegründeten Hindernisses haben sie solches dem Präsidenten anzuzeigen. Während der Dauer der Versammlung dürfen sie sich nicht ohne Erlaubniß des Präsidenten entfernen, und bei einer über acht Tage dauernden Abwesenheit nicht ohne Bewilligung der Kammer; jedoch kann der Präsident in besonders dringenden Fällen auch einen solchen längern Urlaub ertheilen, hat aber davon der Kammer in der folgenden Sitzung Kenntniß zu geben. § 167. Die Sitzungen der zweiten Kammer sind öffentlich; auch hat sie ihre Verhandlungen durch den Druck bekannt zu machen. Von der ersten Kammer muß wenigstens das letztere geschehen. Die Zuhörer, die ein Zeichen des Beifalls oder der Mißbilligung geben, werden unverzüglich entfernt. § 168. Die Sitzungen werden geheim, theils auf das Begehren der Minister und Königlichen Commissarien bei Vorträgen, die sie, ihrer Erklärung nach, im Namen des Königes zu machen haben, und welche nur im Fall einer solchen Erklärung für amtliche Aeußerungen zu halten sind; theils auf den Antrag von wenigstens drei Mitgliedern, wenn diesen, nach vorläufigem Abtritt der Zuhörer, die Mehrheit der Kammer beistimmt. § 169. Die Minister sind befugt, den Verhandlungen der beiden Kammern anzuwoh-
nen und an den Berathschlagungen Theil zu nehmen. Sie können sich auch von andern Staatsdienern begleiten lassen, welche etwa den vorliegenden Gegenstand besonders bearbeitet haben, oder sonst vorzügliche Kenntniß davon besitzen. An den Sitzungen der ständischen Commissionen steht ihnen im Fall einer ausdrücklichen Einladung gleichfalls Theilnahme zu. § 170. Deputationen kann die Ständeversammlung weder annehmen, noch ohne Erlaubniß des Königes abordnen. § 171. Nur den Ministern oder Königl. Commissarien, den Bericht-Erstattern der ständischen Commissionen und den Mitgliedern, welche einen Gegenstand zur Berathung in Antrag zu bringen (eine Motion zu machen) haben, steht die Befugniß zu, schriftliche Reden in der Versammlung abzulesen. Außerdem finden bloß mündliche Vorträge statt. § 172. Gesetzes-Entwürfe können nur von dem Könige an die Stände, nicht von den Ständen an den König gebracht werden. Den Ständen ist aber unbenommen, im Wege der Petition auf neue Gesetze sowohl, als auf Abänderung oder Aufhebung der bestehenden anzutragen. Der König allein sanctionirt und verkündet die Gesetze unter Anführung der Vernehmung des Geheimen Raths und der erfolgten Zustimmung der Stände. § 173. In der Regel soll kein Gegenstand der Berathung in derselben Sitzung, worin der Antrag dazu gemacht wird, zur Verhandlung und Abstimmung gebracht werden. Wenn jedoch drei Viertheile der Mitglieder einstimmen, kann ein Gegenstand für so dringend oder so unwichtig erklärt werden, daß von jener Regel abgegangen werden darf. Königliche Anträge sind, ehe sie zur Berathung in der Versammlung kommen können, an Kommissionen zu verweisen, wel-
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W ÜRTTEMBERG che über deren Inhalt Vortrag zu erstatten haben. § 174. Bei der Abstimmung ist der Antrag, mit den während der Berathschlagung in Vorwurf gekommenen Modificationen, in einzelne, einfache Fragen so aufzulösen, daß jedes Mitglied durch bloße Bejahung oder Verneinung seine Stimme abgeben kann. § 175. Zu Fassung eines gültigen Beschlusses wird in jeder Kammer, die zur vollständigen Besetzung derselben (§. 160) nothwendige Anzahl von Mitgliedern erfordert. § 176. Die Beschlüsse werden nach der Stimmenmehrheit, welche nach Beschaffenheit des Gegenstandes eine absolute oder relative seyn kann, abgefaßt, so daß im Falle der Stimmen-Gleichheit der Präsident den Ausschlag gibt. Wenn jedoch von Abänderung irgend eines Punktes der Verfassung die Rede ist, so ist die Beistimmung von zwei Drittheilen der anwesenden Mitglieder in beiden Kammern nothwendig. § 177. Die zum Wirkungskreise der Stände gehörigen Angelegenheiten werden in jeder Kammer besonders verhandelt. Doch können, um eine Ausgleichung verschiedener Ansichten zu versuchen, beide Kammern sich miteinander zu vertraulichen Besprechungen, ohne Protokoll-Führung und Beschlußnahme, vereinigen. § 178. Es hängt von dem Könige ab, die Gesetzes-Entwürfe oder andere Vorschläge an die erste oder an die zweite Kammer zu bringen, ausgenommen, wenn sie Verwilligung von Abgaben betreffen; in welchem Falle solche immer zuerst an die zweite Kammer gelangen. § 179. Die von der einen Kammer gefaßten Beschlüsse werden der andern zu gleichmäßiger Berathung mitgetheilt. Nur zu Ausübung des Rechts der Petitionen und
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Beschwerden, so wie zu einer Anklage wegen verletzter Verfassung (§. 199), ist jede Kammer auch einzeln berechtigt. § 180. Die Kammer, an welche die Mittheilung geschieht, kann den Antrag der mittheilenden verwerfen oder annehmen, und zwar entweder unbedingt, oder mit beigefügten Modificationen. Die Verwerfung muß aber jederzeit mit Anführung der Gründe geschehen. § 181. Von der vorstehenden Regel (§. 180) macht die Abgaben-Verwilligung eine Ausnahme in folgenden Punkten; 1.) Eine Abgaben-Verwilligung wird in der zweiten Kammer, nach der von ihr in Gemäßheit des § 110 vorgenommenen Untersuchung, in Berathung gezogen, und nach vorgängiger vertraulicher Besprechung mit der ersten Kammer, (§. 177) Beschluß darüber in der zweiten gefaßt; 2.) dieser Beschluß wird sodann der ersten Kammer mitgetheilt, welche denselben nur im Ganzen, ohne Aenderung, annehmen oder verwerfen kann; 3.) erfolgt das Letztere, so werden die bejahenden und die verneinenden Stimmen beider Kammern zusammen gezählt, und nach der Mehrheit sämtlicher Stimmen wird alsdann der Stände-Beschluß abgefaßt. Würde in diesem Falle Stimmen-Gleichheit eintreten, so hat der Präsident der zweiten Kammer die Entscheidung. § 182. In allen andern Fällen gilt der Grundsatz, daß nur solche Beschlüsse, worüber beide Kammern, nach gegenseitiger Mittheilung, einverstanden sind, an den König gebracht und von dem Könige bestätigt werden können. § 183. Der von der einen Kammer verworfene Antrag der andern kann auf demselben Landtage nicht wiederholt werden. Wird aber ein solcher Antrag bei der nächsten Stände-Versammlung erneuert und abermals verworfen, so treten die zwei Kam-
V ERFASSUNG VON W ÜRTTEMBERG (1819) mern zu einer vertraulichen Besprechung über den Gegenstand zusammen. Sollte auch hiedurch die Verschiedenheit der Ansichten nicht ausgeglichen werden, so haben die Kammern, wenn die Frage einen ihnen von dem Könige zugekommenen Gegenstand betrifft, ihre Nicht-Uebereinstimmung dem Könige blos anzuzeigen, woferne sie nicht mit einander übereinkommen, die Entscheidung dem Könige zu überlassen. § 184. Kein Mitglied der beiden Kammern kann während der Dauer der StändeVersammlung ohne Einwilligung der betreffenden Kammer zu Verhaft gebracht werden, den Fall der Ergreifung auf frischer That wegen eines Verbrechens ausgenommen. In letzterem Fall ist aber die Kammer von der geschehenen Verhaftung, mit Angabe des Grundes, unverzüglich in Kenntniß zu setzen. § 185. Niemand kann wegen seiner, in der Stände-Versammlung gehaltenen Vorträge und gegebenen Abstimmungen zur Verantwortung gezogen werden. Jedoch sind Beleidigungen oder Verläumdungen der Regierung, der Stände-Versammlung oder einzelner Personen der Bestrafung nach den bestehenden Gesetzen in dem ordentlichen Wege des Rechts unterworfen. Verfehlungen gegen die Gesetze des Anstandes oder der innern Polizei, oder gegen die Geschäfts-Vorschriften, hat der Präsident zu bemerken, und, wenn sie bedeutend sind, solche zur Kenntniß der Kammer zu bringen, welche nach Beschaffenheit der Umstände ihre Mißbilligung ausdrücken, Verweis ertheilen, oder auch Widerruf verlangen kann. § 186. Der König eröffnet und entläßt die Stände-Versammlung entweder in eigener Person, oder durch einen dazu bevollmächtigten Minister. Dem Könige steht auch das Recht zu, die
Versammlung zu vertagen oder ganz aufzulösen. Im Falle der Auflösung wird spätestens binnen sechs Monaten eine neue Versammlung einberufen werden; es ist hiezu eine neue Wahl der Abgeordneten nöthig, bei welcher jedoch die vorigen Mitglieder wieder gewählt werden können. § 187. So lange die Stände nicht versammelt sind, besteht, als Stellvertreter derselben, ein Ausschuß für diejenigen Geschäfte, deren Besorgung von einem Landtage zum andern zur ununterbrochenen Wirksamkeit der Repräsentation des Landes nothwendig ist. § 188. In dieser Hinsicht liegt dem Ausschuß ob, die ihm, nach der Verfassung, zur Erhaltung derselben zustehenden Mittel in Anwendung zu bringen, und hievon bei wichtigen Angelegenheiten, die in dem Königreich wohnenden Stände-Mitglieder in Kenntniß zu setzen, in den geeigneten Fällen bei der höchsten Staats-Behörde Vorstellungen, Verwahrungen und Beschwerden einzureichen, und nach Erforderniß der Umstände, besonders wenn es sich von der Anklage der Minister handelt, um Einberufung einer außerordentlichen Stände-Versammlung zu bitten, welche in letzterem Falle nie verweigert werden wird, wenn der Grund der Anklage und die Dringlichkeit derselben gehörig nachgewiesen ist. Außerdem hat der Ausschuß am Ende der in die Zwischenzeit fallenden Finanz-Jahre nach Maßgabe dessen, was §. 110 festgesetzt ist, die richtige, der Verabschiedung angemessene Verwendung der verwilligten Steuern in dem verflossenen Jahre zu prüfen, und den Etat des künftigen Jahrs mit dem Finanz-Ministerium zu berathen. Auch steht dem Ausschusse die Aufsicht über die Verwaltung der Staats-Schulden-ZahlungsCasse zu. Insbesondere gehört es zu seinem Wirkungskreise, die für eine Stände-
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W ÜRTTEMBERG Versammlung sich eignenden GeschäftsGegenstände, namentlich die Erörterungen vorgelegter Gesetzes-Entwürfe, zur künftigen Berathung vorzubereiten, und für die Vollziehung der landständischen Beschlüsse Sorge zu tragen. § 189. Dagegen kann sich der Ausschuß auf solche Gegenstände, welche verfassungsmäßig eine Verabschiedung mit den Ständen erfordern, namentlich auf Gesetzgebungs-Anträge, Steuer-Verwilligungen, Schulden-Uebernahmen und Militär-Aushebungen, nicht anderst als auf eine vorbereitende Weise einlassen. § 190. Der ständische Ausschuß besteht aus zwölf Personen, nämlich den Präsidenten der beiden Kammern, zwei Mitgliedern aus der ersten und acht aus der zweiten Kammer. Die Wahl derselben geschieht von den zu diesem Zwecke vereinigten Kammern nach relativer Stimmenmehrheit auf die Zeit von einem ordentlichen Landtage zum andern (auf drei Jahre), und ist jedesmal dem Könige anzuzeigen. Ein in der Zwischenzeit abgehendes Ausschuß-Mitglied wird von der nächsten Versammlung der Stände wieder definitiv ersetzt; bis dahin rückt an dessen Stelle dasjenige Stände-Mitglied ein, welches bei der letzten Ausschußwahl die meisten Stimmen nach den Gewählten erhalten hatte. In Verhinderung der Präsidenten treten die Vice-Präsidenten für sie ein; sind letztere schon Mitglieder des Ausschusses, so werden deren Stellen auf die so eben festgesetzte Weise ersetzt. Sechs Mitglieder des Ausschusses, die Präsidenten der beiden Kammern mit eingeschlossen, müssen in Stuttgart anwesend seyn. Die übrigen sechs Mitglieder können außerhalb Stuttgart ihre Wohnungen haben, und werden, so oft es die Umstände erfordern, von den Anwesenden einberufen. § 191. Bei jeder Stände-Versammlung
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hat der Ausschuß über dasjenige, was von ihm in der Zwischenzeit verhandelt worden ist, in einem Zusammentritte beider Kammern Rechenschaft abzulegen. § 192. Die Verrichtungen des Ausschusses hören mit der Eröffnung eines neuen Landtages auf, und werden nach einer bloßen Vertagung desselben, oder nach Beendigung einer außerordentlichen Stände-Versammlung, wieder fortgesetzt. Bei der Auflösung eines jeden Landtages und bei der Entlassung eines ordentlichen muß ein neuer Ausschuß gewählt werden, wobei die vorigen Mitglieder wieder wählbar sind. Zu dieser Wahl wird den Ständen jedesmal, auch bei einer Auflösung der Versammlung, die erforderliche Sitzung noch gestattet. Sollten außerordentliche Umstände es ihnen unmöglich machen, diese Sitzung noch zu halten, so haben die bisherigen Mitglieder oder deren Stellvertreter (§. 190), so ferne sie zugleich Stände-Mitglieder sind, die Verrichtungen des Ausschuß-Collegiums wieder zu übernehmen. § 193. Das ständische Amts-Personal besteht, außer den Beamten der Schulden-Zahlungs-Kasse, für beide Kammern aus einem Archivar, für jede Kammer aus einem Registrator und den erforderlichen Canzellisten; die Registratoren haben zugleich bei dem Ausschuß das Secretariat zu versehen. Jede Kammer wählt ihren Registrator und Canzellisten; die Beamten der Schulden-Zahlungs-Kasse, so wie der Archivar, werden von den hiezu vereinigten Kammern gewählt. Dem König ist die Bestellung der Kassenbeamten, des Archivars und der Registratoren zur Bestätigung vorzulegen, und von der Wahl der Canzellisten Anzeige zu machen. Die Dienst-Entlassung dieser Beamten geschieht auf die gleiche Art, wie deren Anstellung, durch die einzelnen oder durch die
V ERFASSUNG VON W ÜRTTEMBERG (1819) vereinigten Kammern, und richtet sich im Uebrigen nach den deshalb bei den Königlichen Beamten geltenden Gesetzen. Die Annahme und Entlassung der ständischen Kanzlei-Diener hängt von den Präsidenten ab. Das gesamte Amts- und Dienst-Personal steht bei nicht versammeltem Landtag unter der Aufsicht und den Befehlen des Ausschusses, welcher auch in der Zwischenzeit die erforderlichen Amtsverweser zu bestellen, und ungetreue oder sonst sich vergehende Diener in den gesetzlichen Fällen den Gerichten zu übergeben hat. § 194. Eine eigene ständische Kasse, welche die für sie jedesmal zugleich mit dem Finanz-Etat zu verabschiedende Summe aus der Staats-Kasse in bestimmten Raten erhält, bestreitet den ständischen Aufwand. Hieher gehören die Taggelder und Reisekosten der Mitglieder der Stände-Versammlung, die Besoldungen der ständischen Ausschuß-Mitglieder, Beamten und Diener, die Belohnungen derjenigen, welche durch besondere Aufträge der Stände oder des ständischen Ausschusses bemüht gewesen sind, die Unterhaltung einer angemessenen Büchersammlung, die Canzlei-Kosten überhaupt, und andere mit der Geschäftsführung verbundene Ausgaben. Die jährliche Kassenrechnung, welche mit Angabe aller einzelnen Einnahmen und Ausgaben zu führen ist, wird von einer besondern ständischen Commission probirt, in der Stände-Versammlung zum Vortrag gebracht, und von dieser justificirt. Jedes Mitglied der Versammlung kann die eigene Einsicht dieser Rechnung verlangen. Die Besoldungen der Mitglieder und der Beamten des Ausschusses, so wie die Taggelder und Reisekosten der Stände-Mitglieder, werden durch Verabschiedung bestimmt werden. Die nicht in Stuttgart anwesenden Mit-
glieder des Ausschusses erhalten, wenn sie einberufen werden, gleiche Diäten und Reisegelder, wie die Stände-Mitglieder, und beziehen solche aus der ständischen Casse.
X. KAPITEL Von dem Staats-Gerichtshofe § 195. Zum gerichtlichen Schutze der Verfassung wird ein Staats-Gerichtshof errichtet. Diese Behörde erkennt über Unternehmungen, welche auf den Umsturz der Verfassung gerichtet sind, und über Verletzung einzelner Punkte der Verfassung. § 196. Der Staats-Gerichtshof besteht aus einem Präsidenten, welcher von dem Könige aus den ersten Vorständen der höheren Gerichte ernannt wird, und aus zwölf Richtern, wovon der König die Hälfte aus den Mitgliedern jener Gerichte ernennt, die Stände-Versammlung aber die andere Hälfte nebst drei Stellvertretern im Zusammentritte beider Kammern außerhalb ihrer Mitte wählt. Unter den ständischen Mitgliedern müssen wenigstens zwei Rechts-Gelehrte seyn, welche auch, mit Vorbehalt der Einwilligung des Königes, aus Königlichen Staatsdienern gewählt werden können. Außerdem müssen die Mitglieder alle zur Stelle eines Stände-Mitgliedes erforderliche Eigenschaften haben. Das Canzlei-Personal wird aus dem Ober-Tribunal genommen. § 197. Sämtliche Richter werden für diesen ihren Beruf besonders verpflichtet, und können gleich den übrigen Justiz-Beamten nur durch Urtheilsspruch ihrer Stelle als Mitglieder dieses Gerichtshofes entsetzt werden. Nimmt jedoch ein ständischer Richter ein Staatsamt an, so hört er dadurch auf, Mitglied dieser Stelle zu seyn, kann aber von der Stände-Versammlung wieder gewählt werden. Ebenso tritt ein vom Könige
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W ÜRTTEMBERG ernanntes Mitglied aus dem Gerichte, wenn es aufhört, sein richterliches Hauptamt zu bekleiden. § 198. Das Gericht versammelt sich auf Einberufung durch den Präsidenten, welche von diesem sogleich geschehen muß, wenn er dazu einen von dem Justiz-Minister contrasignirten Befehl des Königes oder eine Aufforderung mit Angabe des Gegenstandes von einer der beiden Kammern durch deren Präsidenten erhält. Das Gericht löst sich auf, wenn der Proceß geendigt ist. Der Präsident hat für die Vollziehung der Beschlüsse zu sorgen, und in Anstands-Fällen das Gericht wieder zu versammeln. § 199. Eine Anklage vor dem StaatsGerichtshofe wegen der oben (§. 195) erwähnten Handlung kann geschehen von der Regierung gegen einzelne Mitglieder der Stände und des Ausschusses und von den Ständen sowohl gegen Minister und Departements-Chefs als gegen einzelne Mitglieder und höhere Beamten der StändeVersammlung. Andere Staatsdiener als Minister und Departements-Chefs können vor diesem Gerichte nicht angeklagt werden, außer wegen Uebertretung der §. 53 enthaltenen Vorschrift. Anklage und Vertheidigung geschieht öffentlich. Die Protocolle werden mit den Abstimmungen und Beschlüssen durch den Druck bekannt gemacht. § 200. Wenn es erforderlich ist, Inquirenten zu bestellen, so wählt der Gerichtshof dieselben aus den Räthen der Criminal-Gerichte. Der Untersuchung hat jedesmal ein Königliches und ein ständisches Mitglied des Gerichtshofs anzuwohnen. § 201. Es werden jedesmal zwei Referenten bestellt. Ist der erste Referent ein Königlicher Richter, so muß der Correferent ein ständischer seyn, und umgekehrt.
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§ 202. Bei jedem Beschlusse muß eine gleiche Anzahl von Königlichen und ständischen Richtern anwesend seyn. Sollte durch Zufall eine Ungleichheit der Zahl eintreten, welche nicht sogleich durch anderweitige Ernennung oder Eintritt eines Stellvertreters gehoben werden könnte, so tritt der Jüngste im Dienste von der überzählenden Seite aus; doch darf die Zahl der Richter nie unter zehn seyn. Im Verhinderungsfalle vertritt die Stelle des Präsidenten der erste Königliche Richter. Dem Präsidenten steht keine Stimme zu; im Falle der Stimmengleichheit entscheidet die für den Angeklagten günstigere Meinung. § 203. Die Strafbefugniß des Gerichtshofes erstreckt sich nur auf Verweise und Geldstrafen, auf Suspension und Entfernung vom Amte, auf zeitliche oder immerwährende Ausschließung von der Landstandschaft. Wenn dieses Gericht die höchste in seiner Competenz liegende Strafe erkannt hat, ohne eine weitere ausdrücklich auszuschließen, so bleibt den ordentlichen Gerichten vorbehalten, gegen den Verurtheilten ein weiteres Verfahren von Amtswegen eintreten zu lassen. § 204. Gegen den Ausspruch des StaatsGerichtshofes findet keine Appellation statt, sondern nur das Rechtsmittel der Revision und der Wieder-Einsetzung in den vorigen Stand. § 205. Der König wird nicht nur die Untersuchung niemals hemmen, sondern auch das ihm zustehende Begnadigungsrecht nie dahin ausdehnen, daß ein von diesem Gerichte in die Entfernung vom Amte verurtheilter Staatsdiener in seiner bisherigen Stelle gelassen, oder daß derselbe in einem andern Justiz- oder Staats-Verwaltungs-Amte angestellt würde, es wäre denn, daß in
V ERFASSUNG VON W ÜRTTEMBERG (1819) Rücksicht auf Wieder-Anstellung das gerichtliche Erkenntniß einen ausdrücklichen Vorbehalt zu Gunsten des Verurtheilten enthielte. Wie nun die vorstehenden Bestimmungen von nun an die Staats-Grund-Verfassung Unseres Königreichs enthalten; so geloben Wir hiemit bei Unserer Königlichen Würde, für Uns und Unsere Nachfolger in der Regierung, den gegenwärtigen Vertrag fest und unverbrüchlich nicht nur für Uns Selbst zu halten und zu erfüllen, sondern auch gegen alle Eingriffe und Verletzungen zu schützen und bei Kräften zu erhalten. Zu dessen Urkunde haben Wir denselben eigenhändig unterzeichnet, und mit Unserem großen Königlichen Insiegel versehen lassen. So geschehen in Unserer Haupt- und Residenzstadt Stuttgart an dem 25sten Tage des Monats September im Eintausend Achthundert und Neunzehnten Jahre, Unserer Königlichen Regierung im dritten. (Unterzeichnet) Wilhelm. (L.S.) Auf Befehl des Königs: der Staats-Sekretär (Unterzeichnet) Vellnagel. 1
Ediert nach Königlich-Württembergisches Staatsund Regierungsblatt, Jahrgang 1819, Nro. 65, Stuttgart, S. 633–682. Die Verfassung wurde am 23. September 1819 beschlossen und am 25. September 1819 unterzeichnet. Sie trat schließlich nach ihrer Verkündung vom 27. September 1819 an diesem Tag auch in Kraft. Ihr ging das Organisations-Manifest vom 18. März 1806 voraus, Königlich-Württembergisches Staatsund Regierungsblatt, Jahrgang 1806, Stuttgart, S. 6– 12. Siehe unter „Verfassung von Württemberg (1806)“. Sie wurde ihrerseits abgelöst durch die Verfassungsurkunde des freien Volksstaates Württemberg vom 26. April 1919, zu finden bei Horst Dippel (Hrsg.), Verfassungen der Welt, 1850 bis zur Gegenwart, Teil 1: Europa, München, K. G. Saur 2002–2005, MikroficheNr. 252, 1–31.
Für die ab 1850 ergangenen Änderungen siehe Horst Dippel (Hrsg.), Verfassungen der Welt, 1850 bis zur Gegenwart, Teil 1: Europa, München, K. G. Saur 2002–2005, Mikrofiche-Nr. 249, 1–31. Der Verfassung sind langandauernde Auseinandersetzungen zwischen König Friedrich, später dann König Wilhelm I. und dem Landtag, der die altständische Verfassung beibehalten wollte, vorausgegangen. König Friedrich hatte dem Landtag am 15. März 1815 (Königlich-Württembergisches Staats- und Regierungsblatt, Jahrgang 1815, Nro. 15, Stuttgart, S. 117–131; siehe unter „Verfassungsentwurf von Württemberg (1815)“) sowie am 13. November 1815 einen Entwurf vorgelegt, die jedoch beide vom Landtag abgelehnt worden sind. Am 3. März 1817 legte König Wilhelm dem Landtag erneut einen Entwurf vor, den dieser von neuem am 2. Juni 1817 ablehnte, woraufhin Wilhelm I. den Landtag auflöste. Der neue Landtag hat dann nach seiner Konstituierung am 13. Juli 1819 die Verfassung beschlossen. Zu den einzelnen Entwürfen siehe insbes. Carl Victor Fricker (Hrsg.), Die Verfassungs-Urkunde für das Königreich Württemberg vom 25. Sept. 1819 mit dem offiziellen Auslegungs-Material, Tübingen 1865, S. 14 ff. Für weiterführende Angaben siehe Günter Dürig / Walter Rudolf (Hrsg.), Texte zur deutschen Verfassungsgeschichte, 3. Aufl., München 1996, S. 21–64; Carl Victor Fricker (Hrsg.), Die Verfassungs-Urkunde für das Königreich Württemberg vom 25. Sept. 1819 mit dem offiziellen Auslegungs-Material, Tübingen 1865; Huber, Dokumente I, S. 187–219; ders., Verfassungsgeschichte I, S. 318, 329–334; Carola Schulze, Frühkonstitutionalismus in Deutschland, BadenBaden 2002, S. 78–79; Hartwig Brandt, Parlamentarismus in Württemberg: 1819–1870, Düsseldorf 1987, Rainer Wahl, „Die Entwicklung des deutschen Bundesstaates bis 1866”, in: Josef Isensee / Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band I, Heidelberg 2003, S. 61; Dieter Langewiesche, Liberalismus und Demokratie in Württemberg zwischen Revolution und Reichsgründung, Düsseldorf 1974; Franz MögleHofacker, Zur Entwicklung des Parlamentarismus in Württemberg. Der „Parlamentarismus der Krone“ unter König Wilhelm I., Stuttgart 1981. 2 Ersetzt durch das „Gesetz, betreffend die Einberufung einer Versammlung von Volksvertretern zur Berathung einer Revision der Verfassung“ vom 1. Juli 1849 (Regierungsblatt für das Königreich Württemberg, Jahrgang 1849, No. 34, Stuttgart, S. 237–246). Siehe unter „Erste Revision von 1849“. Am 12. November 1849 folgte eine weitere Revision dieser Verordnung: “Königliche Verordnung, betreffend die Abänderung der von den Mitgliedern der verfassungsberathenden Versammlung zu beschwörenden Eidesformel.” (Regierungsblatt für das Königreich Württemberg, Jahrgang 1849, Nro.74, Stuttgart, S. 710–711). Siehe unter „Zweite Revision von 1849“.
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Erste Revision von 1849 Gesetz, betreffend die Einberufung einer Versammlung von Volksvertretern zur Berathung einer Revision der Verfassung1
Wilhelm, König von Württemberg. In Vollziehung des deutschen Reichsgesetzes vom 27. December v. J., betreffend die Einführung der Grundrechte des deutschen Volkes, Art. 8, und in Gemäßheit der Unseren getreuen Ständen bei Eröffnung des gegenwärtigen Landtages ertheilten Zusicherung, verordnen und verfügen Wir, nach Anhörung Unseres Geheimen Rathes und unter Zustimmung Unserer getreuen Stände, wie folgt: A RT. 1. An die Stelle der bisherigen, nach den Vorschriften des IX. Kapitels der Verfassungs- Urkunde vom 25. September 1819 zusammengesetzten Stände-Versammlung wird nach den Bestimmungen des gegenwärtigen Gesetzes Eine Versammlung von Vertretern des Volkes berufen. Diese Versammlung tritt in das Rechtsverhältniß der bisherigen Stände-Versammlung ein, so weit nicht die nachfolgenden Bestimmungen etwas Anderes festsetzen. Sie hat in Gemäßheit des §. 187 der deutschen Reichs-Verfassung das Recht des Gesetzes-Vorschlags. A RT. 2. Ihre Thätigkeit erstreckt sich zunächst auf Verabschiedung derjenigen Abänderungen der Landes-Verfassung, welche
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in Folge der Abschaffung der Standesvorrechte und anderer Bestimmungen der deutschen Reichs-Verfassung nothwendig werden, oder sich sonst als zweckmäßig erwiesen haben; sodann aber auch auf alle diejenigen Staatsgeschäfte, welche zu dem Wirkungskreise der Stände-Versammlung gehören, und welche entweder von der StaatsRegierung an sie gebracht, oder welche von der Versammlung selbst durch eine Mehrheit von zwei Dritttheilen der anwesenden Mitglieder für so dringend erklärt werden, daß ihre Erledigung nicht bis auf den unmittelbar nach Abschluß der neuen Verfassung einzuberufenden und ordentlichen Landtag verschoben werden kann. Bis zur Verabschiedung der neuen Verfassung bleiben die Bestimmungen der Verfassungs-Urkunde vom 25. September 1819, so weit sie nicht durch das gegenwärtige Gesetz und nach Maaßgabe des EinführungsGesetzes durch die als Landesgesetz geltenden Grundrechte des deutschen Volkes abgeändert sind, in Kraft. Die Staats-Regierung ist ermächtigt, auf den Grund des für das Jahr 1848–49 zu verabschiedenden ordentlichen Etats die in demselben verwilligten Steuern und Abgaben bis zum letzten December des laufenden Jahres fortzuerheben. Ueber diesen Termin hinaus findet die Vorschrift des §. 114 der Verfassungs-Urkunde keine Anwendung. Die Mittel zu Bestreitung etwaiger außerordentlicher Bedürfnisse blei-
E RSTE R EVISION VON 1849 ben der Verabschiedung mit der neuen Versammlung vorbehalten. A RT. 3. Die zu Verabschiedung der vorzunehmenden Verfassungs-Aenderungen berufene Versammlung besteht aus 64 zu Einer Kammer vereinigten Abgeordneten, von welchen jeder Oberamtsbezirk (der Stadtdirektionsbezirk Stuttgart mit eingeschlossen) je einen zu wählen hat. A RT. 4. Wahlberechtigt sind alle diejenigen volljährigen oder für volljährig erklärten im Lande wohnhaften württembergischen Staatsbürger, welche zu der direkten Staatssteuer aus Grund-Eigenthum, Gefällen, Gebäuden, Gewerben, Capitalien und Besoldungen oder anderem, den Besoldungen in der Steuer gleichgestellten Einkommen in dem der Wahl vorausgegangenen Finanzjahre beigetragen haben und zugleich im laufenden Finanzjahre noch beitragen. Von dem Wahlrechte ausgeschlossen sind: 1) Personen, welche unter väterlicher Gewalt, unter Vormundschaft oder Pflegschaft stehen; 2) Personen, welche im Laufe der der Wahl vorangegangenen drei Jahre – den Fall eines vorübergehenden unverschuldeten Unglücks, z. B. einer Krankheit oder Fruchttheurung, ausgenommen – Beiträge zu ihrem oder ihrer Familien Unterhalt aus öffentlichen Kassen empfangen haben oder zur Zeit der Wahl empfangen; 3) diejenigen, gegen welche ein Gantverfahren gerichtlich eröffnet ist, während der Dauer des Gantverfahrens; 4) die durch rechtskräftiges gerichtliches Erkenntniß zum bleibenden oder zeitlichen Verluste der Wahlrechte, oder zu einer diesen Verlust nach sich ziehenden Strafe oder zur Dienstentsetzung verurtheilten oder unter polizeiliche Aufsicht gestellten, so wie die wegen eines mit dem Verluste der Wahlrechte bedrohten Vergehens in Anschuldigungstand (Straf-Prozeß-Ordnung Art. 87)
versetzten Personen, so weit sie nicht durch einen allgemeinen oder besonderen Gnadenakt amnestirt worden sind. Diejenigen, welche eine Gefängnißstrafe erstehen oder sich in Untersuchungshaft befinden, können während dieses Zustandes das Wahlrecht nicht ausüben. A RT. 5. Mit dem Verluste des Rechtes zu wählen für eine Zeit von vier bis zwölf Jahren, außer den durch die Strafgesetze bestimmten oder zu bestimmenden Strafen, ist zu belegen: wer bei den Wahlen Stimmen erkauft, seine Stimme verkauft, oder mehr als einmal bei der für einen und denselben Zweck bestimmten Wahl seiner Stimme abgegeben hat. A RT. 6. Wer in mehreren, zu verschiedenen Wahlbezirken gehörenden Gemeinden seinen Wohnsitz hat, übt das Wahlrecht in dem Bezirke derjenigen dieser Gemeinden aus, in welcher er zur Zeit der Abfassung der Wählerliste sich aufhält, oder zuletzt aufgehalten hat. Nach gleicher Rücksicht ist unter mehreren Gemeinden eines Wahlbezirks, in welchem ein Wahlberechtigter seinen Wohnsitz hat, diejenige zu bestimmen, in deren Wählerliste (Art. 8) er aufgenommen wird. Für Wahlberechtigte vom Militärstande, welche sich bei der Fahne befinden, gilt die Garnison, in der sie zur Zeit der Abfassung der Wählerliste stehen oder vor derselben zuletzt standen, als Wohnort. A RT. 7. Zum Abgeordneten wählbar ist jeder württembergische Staatsbürger, welcher im Lande oder in einem andern deutschen Staate seinen Wohnsitz, das dreißigste Lebensjahr zurückgelegt hat und nicht nach Art. 4, Ziffer 1 - 4 (mit Ausnahme des Schlußsatzes) von dem Wahlrechte ausgeschlossen ist. A RT. 8. Für die Entwerfung der Wählerlisten wird in jeder Gemeinde eine aus dem
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W ÜRTTEMBERG Ortsvorsteher, dem Staatssteuer-Einbringer, dem Obmann des Bürger-Ausschusses, und, wenn der Ortsvorsteher nicht zugleich Rathsschreiber ist, dem letzteren bestehende Commission zusammengesetzt. Die größten Gemeinden können in Bezirke getheilt werden, für deren jeden der Gemeinderath eine aus mindestens drei verpflichteten Personen bestehende Commission zu Entwerfung der Listen aufstellt. Die Wählerliste hat alle in dem Gemeindebezirke, mit Inbegriff der demselben in gerichtlicher und polizeilicher Beziehung zugetheilten Domänen und Güter, wohnhaften Personen (Art. 6), denen nach Art. 4 die Wahlberechtigung zukommt, zu enthalten. A RT. 9. Die Wählerliste muß längstens binnen zehen Tagen von dem Erscheinen des Gesetzes an entworfen seyn, und ist sodann sechs Tage lang auf dem Rathhaus oder einem andern Orte zu allgemeiner Einsichtnahme aufzulegen, und daß dieses geschehen, öffentlich bekannt zu machen. Innerhalb dieses Zeitraums ist jeder Einwohner der Gemeinde befugt, gegen die aufgelegte Wählerliste, wegen Uebergehung von Personen, welche in dieselbe aufzunehmen gewesen wären, oder wegen der Aufnahme wahlunfähiger Personen bei der Commission für die Abfassung der Liste schriftlich oder mündlich Beschwerde zu erheben. Die Commission hat über diese Beschwerden, für deren Erledigung sie von dem Gemeinderathe mit zwei weiteren verpflichteten Mitgliedern verstärkt wird, längstens binnen drei Tagen von der Vorbringung an Beschluß zu fassen und die Beschwerdeführer davon in Kenntniß zu setzen. Eine Berufung an eine andere Behörde ist nicht zulässig. Die Verhandlungen über diese Beschwerden sind öffentlich. Nach Ablauf des in den beiden vorhergehenden Absätzen dieses Artikels vorgesehenen sechstägigen Zeitraumes ist eine Anfechtung der Wählerliste wegen Ueber-
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gehung eines Wahlberechtigten unzulässig. Dagegen ist die Wahl-Commission befugt, einen in die Liste Eingetragenen von der Wahl auszuschließen, wenn zur Zeit der Wahlhandlung der Mangel einer allgemeinen Bedingung der Wahlberechtigung gegen denselben auf unzweifelhafte Art dargethan ist, und sämmtliche Mitglieder der Wahl-Commission darüber einverstanden sind. A RT. 10. Längstens binnen zwanzig Tagen von dem Erscheinen des Gesetzes an müssen die Wählerlisten durch den Gemeindevorsteher dem Distrikts-Commissär (Art. 11) eingesendet werden, welcher die Verzeichnisse prüft und äußerlich wahrnehmbare Mängel berichtigen läßt. A RT. 11. Zur Leitung der Wahlen wird für jeden Wahlbezirk durch das Ministerium des Innern ein Wahl-Commissär ernannt. Jeder Wahlbezirk zerfällt zum Zwecke der Abstimmung in eine angemessene Zahl von Distrikten, welche durch das Ministerium des Innern, unter Bezeichnung der Abstimmungsorte, festgestellt wird. In gleicher Weise können auch die größten Gemeinden in mehrere Abstimmungsdistrikte getheilt werden. Der Wahl-Commissär bestimmt die zu jedem Distrikt gehörigen Gemeinden und ernennt Distrikts-Commissäre. Die Eintheilung in Wahldistrikte und die Namen der Distrikts-Commissäre sind durch die Lokalblätter bekannt zu machen. A RT. 12. Die Wahlhandlung ist genau dreißig Tage nach dem Erscheinen des Gesetzes im Regierungsblatt in allen Distrikten vorzunehmen und muß längstens in zwei fortlaufenden Tagen beendigt seyn. Der Distrikts-Commissär hat den Tag der Wahl den Wahlmännern jeder einzelnen Gemeinde wenigstens drei Tage vorher bekannt machen zu lassen. Zugleich ist die
E RSTE R EVISION VON 1849 Zeit des Schlusses der ganzen Wahlhandlung in jedem Distrikte zu veröffentlichen, und es darf diese unter keinen Umständen über den festgesetzten letzten Tag der Wahlhandlung erstreckt werden. A RT. 13. Den Distrikts-Commissären werden zu der Wahlhandlung zwei von dem Gemeinderath und Bürgerausschuß des Abstimmungsorts in gemeinschaftlicher Sitzung unter Durchzählung der Stimmen zu bestellende Urkundspersonen beigegeben. Außerdem hat bei der Abstimmung der Wahlmänner jeder Gemeinde der Vorsteher der letzteren, und im Falle seiner Verhinderung, ein anderes, von dem Gemeinderath hiezu bestimmtes Mitglied desselben anwesend zu seyn, um die Wahl-Commission in der Prüfung der Richtigkeit der als Wahlmänner erscheinenden Personen zu unterstützen. A RT. 14. Die Wahl geschieht in der Art, daß jeder einzelne Wahlmann in eigener Person einen weißen Stimmzettel, auf welchem der von ihm gewählte Abgeordnete deutlich bezeichnet ist, dem Commissär übergibt, der ihn in Gegenwart des Wählers ungelesen in die Wahlurne legt. Farbige Stimmzettel und solche, auf welchem der Name des Gewählten nicht geschrieben, sondern gedruckt ist, werden nicht berücksichtigt. Enthält der Stimmzettel mehr als Einen Namen, so werden die Ueberzähligen, von links nach rechts oder von oben nach unten gerechnet, als nicht vorhanden angesehen. Die abstimmenden Wahlmänner werden in der Wählerliste der betreffenden Gemeinde bemerkt. Wahlmänner, welche nicht an dem für ihre Gemeinde bestimmten Tag erscheinen, sind von der Wahl ausgeschlossen. A RT. 15. Das von dem Distrikts-Commissär zu führende und von den Urkundspersonen zu beglaubigende Protokoll ent-
hält neben Zeit und Ort und dem Namen der Urkundspersonen nur die Zahl der aus jeder Gemeinde an Einem Tage abstimmenden Wähler im Ganzen und etwaige, bei der Wahlhandlung vorgekommene, auf die Gültigkeit der Wahl Einfluß übende Vorfälle. Bei jeder Unterbrechung des Geschäfts ist die Wahlurne sorgfältig zu verschließen, zu versiegeln und an einem sichern Orte aufzubewahren. Die Wahl soll in der Regel nicht über sechs Uhr Abends erstreckt werden. Den Distrikts-Commissären ist nicht gestattet, eine Abzählung und Durchsicht der bei ihnen abgegebenen Stimmen vorzunehmen. A RT. 16. Nach Vollendung der Wahlhandlung wird zur Zusammenzählung der Stimmen geschritten. Zu diesem Zwecke haben die Commissäre in den einzelnen Bezirken das Wahlprotokoll nebst den Wählerlisten und Stimmzetteln wohlversiegelt an den Wahl-Commissär des ganzen Wahlbezirks einzusenden. Dieser nimmt unter Beiziehung der beiden Urkundspersonen, welche dem Wahlgeschäfte an dem Oberamtssitze angewohnt haben, und unter Zuziehung von je einem Mitgliede der Bezirks-Wahl-Commissionen, welches von diesen zu bezeichnen ist, die Gesammt-Stimmenabzählung vor. Den Mitgliedern der Gemeinderäthe und Bürgerausschüsse, welche als Urkundspersonen bei den einzelnen Wahlen Theil genommen haben, steht es frei, bei der Stimmenabzählung gegenwärtig zu seyn. Als gewählt ist Derjenige anzusehen, auf welchen sich verhältnißmäßig die meisten der abgegebenen Stimmen vereinigt haben. Jedoch darf die Stimmenmehrheit nicht weniger als den dritten Theil der abgegebenen Stimmen betragen; übrigens hat es jedenfalls beim Ergebnis der zweiten Wahl sein Bewenden. Im Falle der Stimmengleichheit geht der Aeltere dem Jüngeren vor.
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W ÜRTTEMBERG Die Wahl-Commission hat bei der Stimmenabzählung zunächst keine Rücksicht darauf zu nehmen, ob die Gewählten wahlfähig sind, vorbehältlich des bei Ausstellung der Wahlurkunden zu beobachtenden Verfahrens. A RT. 17. Für den zum Abgeordneten Gewählten ist von dem Wahl-Commissär eine von ihm und den beigezogenen Urkundspersonen unterzeichnete Wahlurkunde auszustellen, welche zu enthalten hat: 1) den Namen des Oberamtsbezirkes; 2) die Zahl der gesetzlich berufenen und der zur Abstimmung erschienenen Wahlmänner; 3) die Zeit des Wahlgeschäfts; 4) den vollständigen Namen und Stand des Gewählten, dessen Alter, sofern es der Wahl-Commission bekannt ist, und die auf ihn gefallene Stimmenzahl; 5) die Beurkundung, daß den Ausstellern der Wahlurkunde kein Grund bekannt ist, aus welchem der Gewählte für unfähig zu halten wäre, die Wahl anzunehmen, oder die Erklärung ihrer Zweifel gegen seine Wahlfähigkeit. A RT. 18. Die Wahl ist ungültig, wenn die für das Wahlverfahren vorgeschriebenen Formen unbeachtet blieben und weder eine nachträgliche Ergänzung möglich, noch nachgewiesen ist, daß die Versäumung gewisser Formen auf das Resultat der gesammten Wahl keinen materiellen Einfluß ausüben konnte. Die Anfechtung einer Wahl wegen Nichtbeachtung der für das Wahlverfahren vorgeschriebenen Formen ist nach Ablauf von fünfzehen Tagen, vom Eintritt des gewählten Abgeordneten in die Versammlung an, nicht mehr zulässig. Außerdem ist die Wahl ungültig, wenn der Gewählte zur Zeit der Wahl wahlunfähig war, oder sich, um bei der betreffenden Wahl Stimmen zu erhalten, einer Bestechung (Straf-Gesetzbuch Art. 160), einer Erpressung (Straf-Gesetzbuch Art. 314),
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oder eines Betruges schuldig gemacht hat. Im Falle der Ungültigkeit der Wahl, oder wenn der Gewählte die Wahl nicht annimmt, oder nicht die erforderliche Stimmenzahl erhalten hat (Art. 16), oder nach der Zeit der Wahlhandlung die zur Wählbarkeit erforderlichen Eigenschaften verliert, oder vor oder nach dem Eintritte in die Versammlung aus irgend einem Grunde wegfällt, so ist eine neue Wahl einzuleiten. A RT. 19. Oeffentliche Diener, welche als Abgeordnete zur Ständeversammlung gewählt werden, bedürfen zum Eintritte in dieselbe keines Urlaubs. Sie haben jedoch die Kosten des aufzustellenden Amtsverwesers zu bestreiten. Der Beruf eines Mitglieds des Reichstags ist mit dem eines Mitglieds der verfassungberathenden Versammlung unvereinbar. Oeffentliche Diener, welche am Sitze der Ständeversammlung wohnen und zur Ständeversammlung gewählt werden, haben entweder auf die ständischen Diäten oder für die Dauer der Versammlung auf ihre Besoldung zu verzichten, wogegen der Staat ihre Amtsverweser besoldet. Dieselbe Bestimmung findet auf pensionirte öffentliche Diener, welche am Sitze der Ständeversammlung wohnen, Anwendung. Staatsbezirks-Beamte können innerhalb des Bezirkes ihrer Amtsverwaltung, Dekane und Schul-Inspektoren innerhalb des Oberamtsbezirkes, in welchem sie wohnen, nicht gewählt werden. Die übrigen Bestimmungen des §. 146 der Verfassungs-Urkunde treten außer Wirkung. A RT. 20. Die Prüfung der Legitimation geschieht durch den ständischen Ausschuß, an welchen die Gewählten die Wahlurkunden sogleich einzusenden haben. Der Ausschuß verweist alle diejenigen Wahlen, bei welchen sich irgend ein Anstand gibt, zur Entscheidung der Versammlung, welche auch die später einkommen-
E RSTE R EVISION VON 1849 den Wahlurkunden prüft und über die Legitimation der Gewählten Beschluß faßt. A RT. 21. Sobald der ständische Ausschuß wenigstens zwei Dritttheile der Abgeordneten als legitimirt erkannt hat, wird der Tag der Eröffnung der Versammlung durch den König anberaumt. Die Eröffnung erfolgt durch den König oder einen Königl. Commissär. A RT. 22.2 Jedes Mitglied schwört bei seinem Eintritt in die Versammlung in die Hände des Königs oder des Königl. Commissärs: „Ich schwöre, als Mitglied der zur Revision der Verfassung berufenen Versammlung das Wohl des Königs und des Vaterlandes gewissenhaft zu wahren, und ohne alle Nebenrücksichten nach freier eigener Ueberzeugung mitzuwirken zu einer der deutschen Reichsverfassung und den Grundrechten des deutschen Volkes entsprechenden Aenderung der Landesverfassung.“ Später Eintretende legen diesen Eid in die Hand des Präsidenten ab. Wer sich der unbedingten Ablegung dieses Eides weigert, verzichtet auf seine Stelle als Abgeordneter. A RT. 23. Die Mitglieder der Versammlung sind als Abgeordnete des ganzen Landes, nicht des einzelnen Wahlbezirks anzusehen. Es kann ihnen in keiner Weise eine für sie bindende Instruktion ertheilt werden. Die Mitglieder der Versammlung haben ihr Amt in Person auszuüben, eine Stellvertretung durch Bevollmächtigte findet nicht Statt. Auch kann Niemand zugleich Abgeordneter mehrerer Wahlbezirke seyn. A RT. 24. Die Versammlung wählt auf die Dauer ihrer Wirksamkeit aus ihrer Mitte durch absolute Stimmenmehrheit der Anwesenden einen Präsidenten und Vice-Präsidenten, und durch relative Stimmenmehrheit die erforderliche Zahl von Schriftfüh-
rern. Von diesen Wahlen ist dem Könige Anzeige zu erstatten. Bis zur Wahl des Präsidenten versieht das älteste Mitglied die Stelle des Vorstandes und bestimmt vorläufig einige Schriftführer. A RT. 25. Die bisherigen gesetzlichen Bestimmungen über die Taggelder der Mitglieder der Kammer der Abgeordneten finden auch auf die Mitglieder der verfassungberathenden Versammlung Anwendung; die Reisekosten sind nach Maßgabe der K. Verordnung vom 2. Juli 1848, betreffend die Abänderung einiger Bestimmungen des DiätenRegulativs, zu berechnen. Der Präsident erhält den doppelten Betrag der Taggelder eines Abgeordneten. A RT. 26. Eine Vertagung der verfassungberathenden Versammlung kann höchstens auf vier Wochen geschehen. Im Falle der Auflösung der Versammlung wird längstens binnen drei Monaten eine neue Versammlung nach den Vorschriften dieses Gesetzes einberufen. A RT. 27. Ueber die Annahme der neuen Verfassungs-Bestimmungen findet eine wiederholte Berathung und Beschlußfassung in der Art statt, daß nach beendigter erster Lesung eine zweite Lesung vorgenommen wird, und erst die bei dieser gefaßten Beschlüsse an die Staats-Regierung gebracht werden können. Zwischen der Beendigung der ersten und dem Beginn der zweiten Lesung müssen mindestens acht Tage in der Mitte liegen. Die Beschlüsse werden mit einfacher Stimmenmehrheit gefaßt. Zur Gültigkeit jedes Beschlusses ist die Anwesenheit von zwei Dritttheilen der Mitglieder der Versammlung nothwendig. Motivirte Abstimmungen sind unzulässig. Die Abgeordneten sind in der Wahl ihrer Plätze nicht beschränkt.
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W ÜRTTEMBERG An die Stelle des Geheimen-Raths (Verfassungs-Urkunde §§. 58 und 59, Ziff. 1 und §. 126) tritt in Beziehung auf die Berathung der Verfassungs-Aenderungen und den Verkehr zwischen der Staats-Regierung und der einzuberufenden Versammlung das Gesammt-Ministerium. Die näheren Bestimmungen über die Geschäfts-Ordnung stehen, unbeschadet der Vorschriften, welche die Verfassung und das gegenwärtige Gesetz aufstellt, der Versammlung zu. Unser Ministerium des Innern ist mit der Vollziehung dieses Gesetzes beauftragt. Gegeben, Ludwigsburg den 1. Juli 1849. Wilhelm.
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Der Chef des Departements des Innern: Duvernoy Auf Befehl des Königs, der Cabinets-Direktor: Maucler.
1 Ediert nach Regierungsblatt für das Königreich Württemberg, Jahrgang 1849, No. 34, Stuttgart, S. 237– 246. 2 Revidiert durch “Königliche Verordnung, betreffend die Abänderung der von den Mitgliedern der verfassungberathenden Versammlung zu beschwörenden Eidesformel.” vom 12. November 1849 (Regierungsblatt für das Königreich Württemberg, Jahrgang 1849, No. 74, Stuttgart, S. 710–711). Siehe unter „Zweite Revision von 1849“.
Zweite Revision von 1849 Königliche Verordnung, betreffend die Abänderung der von den Mitgliedern der verfassungberathenden Versammlung zu beschwörenden Eidesformel1
Wilhelm, König von Württemberg. Nach Ansicht des Art. 22 des Gesetzes vom 1. Juli 1848 in Betreff der Einberufung einer Versammlung von Volksvertretern zu Berathung einer Revision der Verfassung und in Erwägung 1) daß die in diesem Artikel vorgeschriebene Aufnahme der deutschen Reichsverfassung in die Formel des von den Mitgliedern der gedachten Versammlung abzulegenden Eides einer Zeit entstammt, in welcher das Zustandekommen einer solchen Verfassung vor der Eröffnung der revidirenden Versammlung als gewiß angenommen wurde; 2) daß diese Voraussetzung nicht eingetreten ist, indem zur Zeit eine Reichsverfassung zwischen den deutschen Regierungen und dem Volke, wozu der Bundesbeschluß vom 30. März 1848 eine Versammlung von Vertretern des Volks berufen hat, noch nicht abgeschlossen ist, und eine in Deutschland zur Anerkennung gelangte Reichsverfassung nicht besteht; 3) daß aber die Beachtung eines künftigen, noch unbekannten Zustandes vernünftiger und gewissenhafter Weise nicht beschworen werden kann und die Heiligkeit des Namens Gottes verbietet, in zweideutigen Worten mit Eiden zu spielen, daß vielmehr ein solches Verfahren durch tiefste Verletzung des religiösen und sittlichen Ge-
fühls und durch Irreleitung des Rechtsbewußtseyns des Volkes dem Staate unheilbare Nachtheile bringen müßte; 4) daß die hienach für jetzt nothwendig gewordene Abänderung der in dem obgedachten Gesetzes-Artikel für die Mitglieder der revidirenden Versammlung vorgeschriebene Eidesformel mit dieser Versammlung selbst nicht verabschiedet werden kann, da zu der Constituirung derselben die vorgängige Vereidung ihrer Mitglieder gesetzlich gefordert ist, verordnen und verfügen Wir in Kraft des §. 89 der Verfassungs-Urkunde, nach Anhörung Unseres Geheimen-Rathes, wie folgt: A RT. 1. Die Aufnahme der deutschen Reichsverfassung in die Eidesformel, nach welcher die Mitglieder der einberufenen Versammlung von Volksvertretern zur Berathung einer Revision der Verfassung bei ihrem Eintritt in die Versammlung verpflichtet werden, ist auszusetzen, und wird daher die Formel zur Zeit folgendermaaßen lauten: „Ich schwöre als Mitglied der zur Revision der Verfassung berufenen Versammlung das Wohl des Königs und des Vaterlandes gewissenhaft zu wahren, und ohne alle Neben-Rücksichten nach freier eigener Ueberzeugung mitzuwirken zu einer den Grundrechten des deutschen Volks entsprechenden Aenderung der Landes-Verfassung.“ Unser Minister des Innern ist mit der Vollziehung dieser Verordnung beauftragt.
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W ÜRTTEMBERG Gegeben, Stuttgart den 12. November 1849.
der Cabinets-Direktor: Maucler.
Wilhelm. Herdegen. Schlayer Wächter-Spittler. Baur. Hänlein. Auf Befehl des Königs,
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1 Ediert nach Regierungsblatt für das Königreich Württemberg, Jahrgang 1849, No. 74, Stuttgart, S. 710– 711.
Addenda
Verfassungsentwurf für Baden (1808)
Entwurf einer Constitutions Urkunde für das Großherzogthum Baden1
In der durch das Regierungs Blatt Nr. XXI verkündeten Verordnung wegen der Organisation der obersten Staatsbehörden haben Wir bereits die Motive Unseres Entschlußes ausgesprochen, nach welchem unserm Großherzogthum eine GrundVerfaßung und zweckmäßigere VerwaltungsOrdnung gegeben werden sollte. Mit keiner feyerlicheren Handlung glaubten Wir nun unsern Staatsrath heute eröffnen zu können, als mit der Berathung über eben diesen, für die Würde und Sicherheit des Staates, so wie für das Gesamtwohl unserer lieben Unterthanen gleich wichtigen Gegenstand. Nach Anhörung unseres Staatsrathes haben Wir daher der gegenwärtigen Constitutions-Urkunde unsere Sanktion gegeben. Wir verordnen demnach, wie folgt:
ERSTER TITEL Haupt Bestimmungen § 1. Das Großherzogthum Baden macht einen Theil der rheinischen Länder aus. § 2. Es wird in drei möglichst gleiche Kreiße eingetheilt. § 3. Es wird durch eine Constitution regiert werden, welche allen Staatsgenoßen Sicherheit der Personen und des Eigenthums, vollkommene Gewissens Freiheit, ungehinderte Ausübung des bisherigen Religionskultus und Preßfreiheit gewährt – lezte
provisorisch nach der Bücher-Censur-Ordnung vom 19. sebre 1807. § 4. Das ganze Großherzogthum wird durch Stände vertreten, nach gleichen Gesezen gerichtet und nach gleichen Grundsätzen verwaltet. § 5. Der Adel soll in seinen verschiedenen Graden, und mit seinen verschiedenen Benennungen fortbestehen, aber kein ausschließendes Recht auf Staatsämter und Staatswürden haben. In Hinsicht der Standes und Grundherrn bleibt es bei den wegen ihrer persönlichen Verhältniße im dritten und vierten Constitutions Edict vom 22. July 1807 verordneten Bestimmungen. § 6. Es soll ein und daßelbe Steuer System für alle Theile des Großherzogthums eingeführt werden. – Die Grundsteuer soll den fünften Theil des reinen Ertrags nicht übersteigen. – Die Liegenschaften und Einkünfte der Standesherrn werden eben so wie die der Prinzen unseres Hauses nach dem dritten Constitutions Edict §. 43 in ordentliche Schatzung gelegt. Die Grundherren aber werden nach dem II. Absatze des vierten Constit. Edicts behandelt. § 7. Die Geistlichkeit hat keine Privilegien anzusprechen, welche mit den Verfügungen dieser Constitution unverträglich sind. Uebrigens bleibt einem jeden der Religionstheile der ausschließliche und vollkommene Besiz und Genuß des ihren ausgedehnten Zwecken ausschließend gewidmeten
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BADEN Pfarr-, Schul- und Kirchenvermögens gewähret; keiner dieser Vermögenstheile soll einem fremdartigen Zwecke bestimmt, nach Befriedigung der Lokalstiftungserforderniße aber soll der Vermögens Uberschuß zu den Bedürfnißen der mangelnden gleichartigen Stiftungen und öffentlichen Anstalten derselben Religion verwendet; zur Erzielung der Einheit, zur Vermehrung der Kräfte und zur Minderung der Verwaltungskosten soll in der Zeitfolge eine Central Curatel für jeden Religionstheil errichtet, und im ganzen sowie im Königreich Baiern, in wieweit es auf unser Großherzogthum anwendbar ist, verfahren werden. Dieses geistliche Vermögen ist unter keinem Vorwande einzuziehen, noch zu einem fremden Zwecke zu veräußern. Es bleibt von unserm Finanzvermögen gesöndert. § 8. Eben so soll es mit dem Vermögen der Gemeinden gehalten werden; es macht einen selbstständigen von dem allgemeinen Staatsvermögen getrennten Theil der Staatsverwaltung aus. § 9. Die Aufhebung der persönlichen Leibeigenschaft, mit welcher wir bereits im Jahre 1783 in unsern alten Lande vorgegangen sind, soll auf die neuen Lande, wo sie noch besteht, ausgedehnt, und das Hagestolzen-Recht soll allenthalben aufgehoben sein. § 10. Das Indigenat wird nur nach vorgängiger Würdigung von Seite unserer einschlägigen obersten Staats Behörde von Uns ertheilet werden. § 11. Jeder Staatsbürger, der das 2lte Jahr zurückgelegt hat, ist schuldig einen Eyd abzulegen, daß er dem Souverain treu sein, der Constitution und den Gesetzen gehorchen wolle. Dieser Huldigungseyd soll nach vorgehender Ablesung der Constitution von den ins 22te Jahr eingetrettenen Bürgern auf einen bestimten Tag im Jahre in jedem
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Amts Bezirk eines Kreises feyerlich abgelegt werden. § 12. Kein Staatsangehöriger darf ohne unsere Erlaubniß in fremde Dienste übergehen, noch von einer auswärtigen Macht Gehälter oder EhrenZeichen annehmen, noch eine fremde Gerichtsbarkeit über sich erkennen, bei Verlust der bürgerlichen Rechte, und bei noch schärferer Ahndung. § 13. Nur Eingeborene der rheinischen Bundes Staaten, oder mit dem IndigenatsRecht Begnadigte können Staatsämter im Großherzogthume bekleiden. § 14. Die Verhältniße unseres Staatsdiener Standes werden wir nach dem Vorgange in Baiern durch eine eigene Pragmatik nächstens bestimmen, und wegen der Wittwen- und Waisenversorgung wollen wir ebenmäßig eine geeignete Verordnung erlassen. § 15. Alle Staatsdiener sowohl die noch nicht fünf volle Jahre dienende, als die noch anzustellende sind nur dann als wirkliche Staatsdiener anzusehen, wenn sie ihrer Stelle, es sei ein Justiz oder Verwaltungs Amt, fünf Jahre hindurch ununterbrochen gut vorgestanden sind.
ZWEITER TITEL Vom großherzoglichen Hauße § 1. Das Großherzogthum ist erblich in dem Mannsstamme des regierenden Hauses nach dem Rechte der eingeführten Primogenitur, und der agnatischen LinealErbfolge. § 2. Die Prinzeßinnen sind auf immer von der Regierung ausgeschloßen, und bleiben es in der Erbfolge in so lange, als noch ein männlicher Sproße des regierenden Hauses vorhanden ist.
V ERFASSUNGSENTWURF FÜR BADEN (1808) § 3. Nach gänzlicher Erlöschung sämtlicher männlichen successionsfähigen Nachkommenschaft aus unserer ersten Ehe erklären Wir kraft der Uns zustehenden Souverainété und unter Mitwirkung der Agnaten unseres Hauses unsere aus zweiter Ehe erzeugten Söhne die Grafen von Hochberg samt deren männlichen ehelichen und ebenbürtigen Nachkommenschaft zur Folge in der Regierung Unseres souverainen Großherzogthums Baden fähig und theilhaftig. § 4. Die unterm 21. Juny 1792 errichtete Fideicommiss Constitution soll zwar in Hinsichten der beiden Fideicommißen ganz bei Kräften bleiben. Außer dem bereits bestehenden Paragiat soll aber den nachgeborenen Prinzen eine jährliche Rente von . . . . theils in Geld theils in Naturalien, nach dem jedesmaligen MittelMarktPreiße aus unsern Staatsmitteln ausbezahlt, der Wittwe des regierenden Großherzogs ein Wittum von . . . ausgeworfen und das Heirathgut einer Prinzeßin auf......bestimmet werden. Die Verhältniße der Prinzen und Prinzeßinnen, in Hinsicht ihrer Erziehung, ihrer Vermählung, ihres Gerichtsstandes und der übrigen gegen den regierenden Souverain eintrettenden persönlichen Beziehungen werden in einen Familien Gesezen ihre Bestimmung erhalten. § 5. Die Volljährigkeit der großherzoglichen Prinzen tritt mit dem zurückgelegten 18ten Jahre ein. § 6. Der Regent des Großherzogthums als Haupt der großherzoglichen Familie wählt im Falle der Minderjährigkeit seines Regierungs Nachfolgers – solange als dieselbe währet, unter den volljährigen Prinzen des großherzoglichen Hauses den Verweser des Großherzogthums. In Ermanglung einer solchen Bestimmung tritt der nächste volljährige Agnat als solcher ein. Der weiter entfernte, welcher wegen Unmündigkeit eines näheren die Verwaltung übernommen
hat, sezt sie bis zur Volljährigkeit des Regenten fort. Die Regierung wird im Nahmen des Minderjährigen geführt und die RegierungsGewalt geht für die Dauer des ZwischenZustandes auf den Verweser über, mit der Beschränkung jedoch, daß alle während der Regentschaft erledigten Staatsdienste nur provisorisch besezt, neue Ämter nicht geschaffen, heimfallende Lehen als solche nicht begeben, Privilegien, StandesErhöhungen und Hauß Ordens Ertheilungen nicht verliehen werden dürfen. In Ermanglung eines volljährigen Agnaten verwaltet der erste Staats Minister unter Zuziehung des Staatsrathes das Großherzogthum. Eine verwittibte Großherzogin kann die Regierungs Verwaltung nie ansprechen.
DRITTER TITEL Von der Verwaltung des Großherzogthums § 1. Das Ministerium theilt sich nach unserer Verordnung vom 5ten July d. J. in fünf Departements: 1. der Justiz, 2. der auswärtigen Angelegenheiten, 3. des Innern, 4. der Finanzen, 5. des Kriegswesens. Die Geschäfts Sphäre eines jeden ist in der näheren Verordnung von dem nämlichen Tage vorgezeichnet. Mehrere dieser Ministerien können in einer Person vereinigt sein. Die Minister wachen auf den genauen Vollzug unserer Befehle, und sind für jede Verletzung der Constitution, inwieweit sie daran Theil haben, dem Souverain verantwortlich. Sie erstatten am Ende eines jeden Jahres über den Zustand ihres Departements umständlichen Bericht. Diese Berichte werden gesammelt und ins Archiv niedergelegt. Sie bilden eine fortlaufende Cultur Geschichte der ihnen aufgetragenen Geschäfte, und der ganzen Staatsverwaltung. § 2. Zur Vorbereitung der Gegenstände von größerer Wichtigkeit, Entwerfung von
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BADEN Grundgesezen und Hauptverordnungen haben Wir bereits einen Staatsrath angeordnet, welcher nun in drei Sektionen getheilt werden soll. Die eine derselben widmen Wir der bürgerlichen und peinlichen Gesezgebung, die andere den Geschäften des Innern, und die dritte den Finanzen. Jede Sektion besteht wenigstens aus drei Mitgliedern, und bereitet die Geschäfte zum Vortrage in dem versammelten Staatsrathe vor. § 3. In einem jeden der drei Kreise steht ein Kreisobrist (Kreis Director, General Comissaire, Präfekt) an der Spitze der Geschäfte. Diese Geschäfte sind in mehrere Sektionen abgetheilt; in jeder sind höchstens drei Glieder, welche die vorkommenden executiv Gegenstände in bureaux erledigen; die deliberativ Objekte aber dem Kreis Obrist zur Entscheidung vortragen. In jedem Kreise ist eine Kreis Versamlung, und jeder Kreis ist in Amts Distrikte abgetheilt. § 4. Die Zahl der Mitglieder der Kreisversamlung wird durch die Zahl der Kreis Bewohner bestimt, so, daß Ein Mitglied auf 1000 Bewohner gerechnet wird. Die Mitglieder, welche volle 21 Jahre alt sein müßen, werden aus den Höchstbesteuerten vom Souverain ernannt. Die Stellen werden lebenslänglich begeben. § 5. Die Kreisversamlungen sollen die Mitglieder der Stände wählen. Sie haben statt, so oft die Wahl eines Repräsentanten vorfällt, oder der Souverain sie zusammen berufen läßt. – Die Zeit ihrer Versamlung dauert höchstens 8 Tage. Die Kreis Obriste haben denselben vorzusitzen und sie zu dirigiren. Sie bringt die zu Bestreitung der KreisAusgaben nöthigen Auflagen in Vorschlag, und läßt die Wünsche, welche zur Verbesserung des Kreis Zustandes dienen, durch den Kreis Obrist an das Ministerium des Innern gelangen. § 6. In jedem Amts Bezirke ist eine hinreichende Anzahl von Beamten, sowohl für
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die Justizpflege, als für die Polizei; – für die Gefälle, Steuern und andere herrschaftliche Einnahmen aber sind eigene Gefällverwalter aufgestellt.
VIERTER TITEL Von den Ständen des Großherzogthums § 1. Die Stände des Großherzogthums sollen aus 21 Mitgliedern bestehen, welche durch die Kreisversamlungen gewählt werden. Die Wahlmänner wählen aus 200 Höchstbesteuerten eines jeden Kreises sieben Mitglieder, welche zusammen die Stände bilden. § 2. Der Präsident der Stände und ein Sekretaire wird aus den Mitgliedern der Stände Versamlung auf eine oder mehrere Sitzungen von dem Souverain ernannt. § 3. Die Mitglieder der Stände sollen alle 3 Jahre zu 31 el erneuert werden, die austretenden sind unmittelbar wieder wählbar. § 4. Die Stände versammeln sich in der Regel, einmal im Jahre auf die vom Souverain durch den Minister des Innern auszuschreibende Zusamenberufung. Der Souverain eröffnet und schließt die Versamlung. Er kann sie vertagen oder auflößen; nur mus im lezten Falle wenigstens innerhalb 2 Monathen eine neue zusamenberufen werden. Die Mitglieder der Stände beziehen keinen Gehalt; nur Reise und Zehrungskosten werden vergütet. § 5. Die Stände-Versamlung wählt aus ihrer Mitte drei Commissionen; eine für die bürgerliche und peinliche Gesezgebung; eine für die innere Verwaltung, und eine für die Tilgung der StaatsSchulden. – Eine jede Commission besteht aus drei Mitgliedern. Diese ständischen Commissionen können mit den einschlägigen Sektionen unseres StaatsRathes correspondiren. Sie diskutiren
V ERFASSUNGSENTWURF FÜR BADEN (1808) über die ihnen mitgetheilten GesezEntwürfe, welche ihnen auf Befehl des Souverain vorgelegt werden, über die Auflagen, über das jährliche Finanzgesez, über die Gesezbücher und Münzveränderungen. Ihre Bemerkungen werden im versammelten vom Souverain präsidirten Staatsrath verlesen, und im Falle, da sie bedeutend ermeßen werden, wird darüber berathschlagt. § 6. Die hiernach definitiv angenommene Redaction der GesezEntwürfe soll durch zwei, höchstens drei Mitglieder des Staatsrathes an die Stände Versamlung zur Berathschlagung gebracht werden, welche dann im geheimen Skrutinium durch absolute StimmenMehrheit vor sich geht. § 7. Die gedruckten Rechnungen über die Finanzverhältniße sollen den Ständen alle Jahre zur Einsicht vorgelegt werden.
FÜNFTER TITEL Von der Justizpflege § 1. Es soll für das ganze Großherzogthum ein eigenes bürgerliches und peinliches Gesezbuch eingeführt werden. § 2. Die Justizpflege wird in erster Instanz von Hoheits-, Standes- und grundherrlichen Ämtern besorgt, welche zugleich die Stellen der Friedensrichter in sich vereinigen. Von den Ämtern gehen die Berufungen an die Obergerichte (bisher Hofgerichte) der einschlägigen Kreise – und von den Obergerichten geht der Appellationszug an unsern obersten Gerichtshof (bisher Oberhofgericht) welcher zugleich der Caßationshof unseres Großherzogthums ist. § 3. Für die peinliche Justizpflege werden wir in jedem Kreise eigene Criminal Richter in geeigneter Zahl aufzustellen bedacht sein und in jedem der oberen Gerichte wo nicht
eigene Criminal Senate aus ständigen Mitgliedern bilden, doch wenigstens besondere Criminal Referenten ernennen. § 4. Zu Gliedern der Justiz Collegien werden wir künftig nur diejenigen aufnehmen, welche einem Justiz Amte in unserem Großherzogthume fünf Jahre lang gut vorgestanden sind. Sie können nur durch einen förmlichen Spruch ihre Stellen verlieren. § 5. Der großherzogliche Fiscus wird in allen streitigen privatRechtsVerhältnißen bei den großherzoglichen Gerichtshöfen Recht nehmen. § 6. In criminal-Sachen kann der Souverain allein Gnade ertheilen, die Strafe erlaßen oder mildern; aber in keinem Falle irgend eine anhängige Streitsache, oder angefangene Untersuchung hemmen, vielweniger eine Parthei ihrem gesezlichen Richter entziehen. § 7. Die Güter Confiscation hat nur in dem Falle der militär Desertion statt. Die Vermögens Einkünfte eines Verbrechers können zur Bezahlung der Gerichtskosten verwendet werden.
SECHSTER TITEL Von dem Militär Stande § 1. Zur Vertheidigung des Staates und zur Erfüllung der durch die rheinische Bundes Acte eingegangenen Verbindlichkeiten wird ein stehendes Militaire unterhalten. § 2. Die Militaire Conscription soll grundgesez des Großherzogthums sein. § 3. Zur Handhabung der Polizei soll eine Gens d'armerie errichtet werden. § 4. Die MilitärPersonen stehen nur in Kriminal- und Dienstsachen unter der militaire Gerichtsbarkeit; in allen übrigen aber sind sie den einschlägigen civilGerichten untergeben.
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BADEN Hierin besteht nun die Grundverfaßung und Verwaltungs Ordnung, welche wir Unserm souverainen Großherzogthum zu geben uns bewogen gefunden haben. Wir vertrauen in unsere Staatsangehörige, sie werden in diesen Bestimmungen, durch welche wir die Rechte Unserer Souverainität mit dem Wohle unseres Landes auf die dauerhafteste Weise zu vereinigen bemühet waren, einen neuen Beweis jener Regenten Sorgfalt mit dankbarem Gemüthe erkennen, mit welcher wir seit sechs Jahrzehnten unsere Regierung unter Gottes Segen ausgezeichnet zu haben glauben. Von dieser Constitutions Urkunde soll ein Exemplar in unser Hausarchiv niedergelegt, und ein anderes dem obersten Gerichtshofe zu Bruchsal insinuiert; Sie soll durch das Regierungs Blatt, und die drei Provinzial Blätter
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unseres Großherzogthums verkündet; noch besonders gedrukt und zu jedermanns Wißenschaft allenthalben öffentlich angeschlagen werden. Hieran geschieht unser Wille. Urkundlich unserer eigenen Unterschrift und Besieglung. Gegeben etc. S. m. von Schmitz.
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Ediert nach Staatsverfassung und Landstände, Akte GLA 48, Nr. 6063 aus dem Bestand des Generallandesarchivs Karlsruhe, Baden-Württemberg. Bei dem Dokument handelt es sich um einen Verfassungsentwurf vom 19. August 1808, der vom Staatsrath v. Schmitz vorgelegt wurde. Für weiterführende Hinweise siehe Michael Kotulla, Deutsches Verfassungsrecht: 1806–1918, 1. Band, Berlin 2006, S. 390–391; Friedrich von Weech, Geschichte der Badischen Verfassung, Karlsruhe 1868, S. 153–158.
Verfassungsentwurf für das Großherzogtum Baden (1809) Haupturkunde der Grundverfassung des Grosherzogthums Baden1
Nachdem Wir in sieben constitutions Edikten2 vom 14. May, 14. und 22. July, 12. August 1807, 4. Juny 1808 und 25. April 1809 jene grundgesezlichen Bestimmungen ausgesprochen haben, welche die unwandelbaren Verhältniße zwischen Staat und Kirche, zwischen den verschiedenen Classen der Staatsangehörigen gegen sich sowohl, als gegen unsere höchste Staatsgewalt – endlich zwischen den Zweigen der obristhoheitlichen Gewalt unter sich festsetzen; so wollen wir nun der Grundverfassung unseres Grosherzogthums in Verbindung mit den angezogenen früheren Edikten auch noch in Hinsicht unseres Grosherzoglichen Hauses, der Staatsverwaltung und Justizpflege, des Militär-Standes, der Staats Repräsentation, und der Gewährleistung der Constitution selbst die grundgesetzlichen Bestimmungen beifügen, und durch diese HauptUrkunde die ganze Verfassung unseres Staates vervollständigen. Wir haben daher über diesen, für die Würde und Sicherheit unseres Grosherzogthums so wie für das Gesamtwohl unserer lieben Unterthanen und Staatsangehörigen gleich wichtigen Gegenstand unsern Staatsrath ausführliche Berathung pflegen lassen, nach dessen Anhörung Wir nun bestimmen und verordnen, wie folgt:
ERSTER TITEL Hauptbestimmungen § 1. Das Grosherzogthum Baden macht vermöge der rheinischen Bundes Acte vom
12. July 1806 einen Theil dieses Bundes aus. § 2. Daßelbe bleibt nach seinem gegenwärtigen Länder Bestand in drey Provinzen eingetheilt. § 3. Es wird durch eine Constitution regiert, welche allen Staatsgenoßen Sicherheit der staatsbürgerlichen Rechte, Gleichheit vor dem Geseze und dem Richter, vollkommene Gewißensfreiheit, ungehinderte Ausübung des bisherigen Religions Cultus und Preß Freiheit gewährt, lezte nach bestimmten Censur Gesetzen. § 4. Das ganze Grosherzogthum wird nach einförmigen Gesezen gerichtet, und nach gleichen Grundsäzen verwaltet. § 5. Der Erwerb und der Verlust des Adels so wie dessen Rechte sind in dem sechsten Constitutions Edikte Art. 21 und 22 bestimmt, und die besondern Rechte der Standesherrn beruhen auf dem dritten, sowie jene der Grundherrn auf dem vierten Constitutions Edikte. § 6. Es soll Ein und daßelbe Steuer System für alle Theile des Grosherzogthums eingeführt werden. Die Liegenschaften und Einkünfte der Standes Herrn werden eben so wie die der Prinzen unseres Hauses, nach dem dritten Constitutions Edikte § 43 besteuert und die Grundherrn werden nach dem II. Absatze des vierten Constitutions Ediktes behandelt.
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BADEN § 7. Die kirchliche Staatsverfassung hat in dem ersten Constitutions Edikte ihre Bestimmung erhalten, nur soll auch noch für das katholische Kirchen und fromme StiftungsVermögen, so wie das protestantische der Aufsicht des evangelischen Oberkirchenraths untergeben ist, eine Central Inspection bestehen. Das geistliche und fromme StiftungsVermögen beider Confessionen ist unter keinem Vorwande einzuziehen, noch zu einem fremdartigen Zwecke zu verwenden. Es bleibt von dem unmittelbaren Staatsvermögen gesöndert. § 8. Das Leibeigenschafts- Hagestolzenund andere dergl. Rechte sind in dem sechsten Constitutions Edikte bereits aufgehoben, und es enthalten der Art. 18 und 25 dieses Edikts die näheren grundgesezlichen Bestimmungen hierüber. § 9. Eben so wird das Indigenat auf die im 8ten § des sechsten Constitutions Edikts ausgezeichnete verschiedene Weise erlangt. Stillschweigend wird es verliehen durch Ertheilung eines Staatsamtes. § 10. Jeder Staatsbürger ist schuldig, einen Eyd abzulegen, daß er dem Souverain treu seyn, der Constitution und den Gesezen gehorchen wolle. § 11. Die Verhältnisse der Staatsdiener, ihrer Wittwen und Waisen sind in dem siebenten Constitutions Edikt grundgesezlich bestimmt.
ZWEITER TITEL Vom Grosherzoglichen Hauße § 1. Das Grosherzogthum ist erblich in dem Mannsstamme des regierenden Hauses nach dem Rechte der eingeführten Primogenitur und mit dem Vorzuge der Linien.
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§ 2. Die persönlichen Verhältniße der Familien Glieder des grosherzoglichen Hauses wird ein eigenes Familien Gesez bestimmen. § 3. Der standesmäßige Unterhalt dieser Familien Glieder soll nur nach Vernehmung des Finanz Ministeriums und nach Anhörung des Staatsraths bestimmt werden. § 4. Der grosherzogliche Haus- und FamilienSchaz bleibt vom Staatsschaze getrennt. § 5. Die Volljährigkeit des präsumtiven Regierungs Nachfolgers tritt mit dem zurückgelegten 18ten, die der andern Prinzen des grosherzoglichen Hauses mit dem zurückgelegten 21ten Lebensjahre ein. § 6. Der Souverain erwählt im Falle der Minderjährigkeit seines Regierungs Nachfolgers, so lange dieselbe währt, unter den volljährigen Prinzen des grosherzoglichen Hauses, in Ermanglung eines wahlfähigen Prinzen aber unter seinen StaatsMinistern den Verweser des Grosherzogthums. Diese Wahl spricht der Souverain in dem versammelten vollen Staats-Rathe aus, und unterschreibt hier die desfalls ausgefertigte Urkunde, welche von dem ersten StaatsMinistre –wenn aber dieser der gewählte Regierungsverweser ist, von dem nachfolgenden Ministre unterzeichnet, und von dem Staats Secretaire contrasignirt wird. Stirbt der von dem Souverain erwählte RegierungsVerweser, oder wird dieser unvermögend die Verwesung des Grosherzogthums fortzuführen, ohne daß der Souverain einen andern Prinzen des grosherzoglichen Hauses oder einen andern seiner StaatsMinister dem erwählten Verweser substituirt hätte; – oder hat der Souverän keinen Verweser ernannt; so wird gleich nach dem Ableben des Regenten der Regierungs Verweser durch den vollen Staatsrath nach der absoluten Stimmen Mehrheit mittels eines geheimen Skrutiniums erwählt. Sollten hier
V ERFASSUNGSENTWURF FÜR DAS G ROSSHERZOGTUM BADEN (1809) die Stimmen sich gleich theilen; so gilt die Meinung, auf welcher die Stimme des ersten StaatsMinistre steht, als entscheidend. § 7. Die Regierungs Verwesung wird im Namen des minderjährigen Regenten geführt, und die Regierungs Gewalt geht für die Dauer des ZwischenZustandes auf den Verweser über; doch darf dieser in allen wichtigen vor den Staatsrath gehörigen Angelegenheiten, ohne Anhörung und Beystimmung desselben nach der StimmenMehrheit, nichts verfügen. § 8. Die StaatsVerwesung soll von der Vormundschaft über den minderjährigen Regenten getrennt seyn, so, daß, wer StaatsVerweser ist, nicht zugleich Familien Vormund seyn kann. Weder die Wittwe des Souverain noch die Mutter des minderjährigen Regenten kann die Staatsverwesung übernehmen; aber als Mutter kann sie nach unserem Civil Gesez Familien Vormünderin sein.
DRITTER TITTEL Von der Verwaltung des Grosherzogthums § 1. Die Central Verwaltung des Staats theilt sich nach den verschiedenen Geschäftszweigen in mehrere Ministerial Departements. Mehrere Ministerien können in einer Person vereinigt seyn. Es sollen aber nie weniger als drei,— und nie mehr als sechs Minister angestellt werden. § 2. Zur Vorbereitung der Gegenstände von gröserer Wichtigkeit zur regentenamtlichen Entschliesung constituieren Wir einen Staatsrath. Dieser besteht a, aus dem präsumtiven Regierungs Nachfolger und denjenigen Gliedern des Grosherzoglichen Hauses, welche der Souverain den Staatsraths Versammlungen beyzuziehen für zweckmäsig erachten wird,
b. aus den Ministern, Ministerial Directoren und zwey, höchstens vier, am Residenz Ort eigends ernannten Staatsräthen, von welchen einer zugleich Staats Secretaire ist, als ordentlichen verpflichteten Mitgliedern c, aus den Vorstehern der Kirchen und ProvinzCollegien und zwey, höchstens vier ausser dem Residenz Ort wohnenden eigends ernannten Staatsräthen als ausserordentlichen verpflichteten Mitgliedern. Er hat zu berathen a, in ordentlicher Versammlung mit Berufung aller ordentlichen Mitglieder von welchen wenigstens sechs ohne jenen Staatsrath, der zugleich StaatsSecretaire ist, erscheinen müssen, b, in ausserordentlicher Versammlung mit Berufung aller ordentlichen und derjenigen ausserordentlichen Mitglieder, die nach der Natur der Geschäfte dazu berufen werden, oder aller Mitglieder, wenn es dieselbe fordern. Gegenstände der Berathung sind 1. Vorbereitung der Landtags Deliberationen, 2. allgemeine Instructions Entwürfe zu Bundestags Geschäften, 3. Feststellung allgemeiner Verfassungsund Verwaltungs Grundsäze. 4. bürgerliche und peinliche Geseze womit ältere aufgehoben oder die Freiheiten der Staats Bürger mehr wie zuvor eingeschränkt werden sollen, 5. Berathung über Unterhandlungen mit Nachbarn über territorial Verhältnisse 6. imgleichen jener welche mit Vorstehern der katholischen Kirchen Hierarchie über die kirchlichen Landes Verhältnisse gepflogen werden 7. Änderungen in der Verfassung der Körperschaften Gemeinden und Landesanstalten, 8. Änderungen in dem Steuerfuß oder in den Steuer Gattungen, in dem Münz System und in dem System von Maas und Gewicht.
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BADEN 9. Berathung über Handelsgeseze, 10. Berathung des jährlichen Staats Budgets in seinen Einnahme und Ausgabe Rubriquen, 11. Berathung der ausserordentlichen Steuerauflagen 12. Diensteinziehungen, Diensterrichtungen, Dienstwiederherstellungen nach berichtigtem Dienst System;— und biß dahin, da solches bestehen wird, die Frage: ob ein aufgehender Dienst zu besezen ist oder nicht 13. Bestimmung, ob in dienstpolizeilichem oder in gerichtlichem Wege gegen Mitglieder der obersten Staats Behörden Vorsteher der Gerichte und Provinz Collegien wegen vorkommender Dienstvergehen zu verfahren sey. § 3. Für einen jeden der beiden Religionstheile soll ein eigener Oberkirchenrath bestehen, und diese sollen dem einschlagenden Ministerium unmittelbar untergeordnet seyn. § 4. In jeder Provinz besteht eine Regierung und Kammer, und in den Aemtern einer jeden Provinz ist eine hinreichende Zahl von Beamten sowohl für die Justizpflege und Polizei als für die herrschaftliche Gefälle aufgestellt.
VIERTER TITEL Von der StaatsRepräsentation § 1. Für die unten benannten allgemeinen Angelegenheiten aller Staatsbürger besteht ein aus Stell Vertrettern derselben zusammengesezter Landrath. § 2. Dieser Landrath soll in vier und zwanzig Mitgliedern aus den verschiedenen Ständen und Landesgegenden des Grosherzogthums bestehen.
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§ 3. Drei seiner Mitglieder werden aus der Classe der landtafelmäsigen Gutsbesizer zusammengesezt, neun aus dem Stand der Landwirthschaft treibenden Staatsbürger; neun aus dem Handel und GewerbsStand, und drei aus denen – den Wissenschaften obliegenden Staatsbürgern. § 4. Zu jeder solchen Landrathsstelle müssen drei befähigte Personen gewählt werden, aus welchen der Regent Einen als eintrettend – und einen andern für Verhinderungsfälle des Ersten als nachtrettend ernennt. § 5. Die Wahl geschieht nicht von allen Bürgern aller Bezirke des Staats zugleich, sondern durch Umwechslung nach einer schicklichen, in der Anlage bestimmten Reihenfolge, wovon das erste Mal die drei ersten Reihen zugleich einrücken. § 6. Die Stimme der Mitglieder aus den landtafelmäsigen Gutsbesizern wird von allen, welche in dem Gutsbezirke, der dem in der Reihe stehenden Wahlorte zugetheilt ist, wirklich anwesend sind, theils schriftlich theils mündlich dem landesfürstlichen Commissaire an dem dazu bestimmten Versammlungs Orte abgegeben. Die schriftlichen Stimmen müssen wenigstens 14 Tage vor dem Wahltag an denselben verschlossen eingesendet werden. Sind die Gutsbesizer in mehreren Wahlbezirken zugleich begütert, so geben sie nur da, wo sie anwesend sind, ihre Stimme ab. § 7. In den Bezirken welche jedesmal an der Reihe sind wählen die ersten Vorstands Personen, oder in deren Verhinderungsfall die zweiten, welche landesverfaßungsmäßig durch Wahl ihrer Gemeinde und durch obrigkeitliche Bestätigung zu dem Amt eines Ortsvorstehers gelangt sind, durch Stimmen Mehrheit die Mitglieder aus der Claße der Landwirthe.
V ERFASSUNGSENTWURF FÜR DAS G ROSSHERZOGTUM BADEN (1809) § 8. Die Wahl der Mitglieder aus der Handels und Gewerbklasse geschieht von dem, durch ordnungsmäßige Wahl bestehenden Rath und Ausschuß derjenigen Stadt oder Städte, welche jedesmal an der Reihe ist, oder sind, so, daß wo mehr als zwey daran sind, jede drei, Wahl Candidaten – wenn ihrer aber nur zwei in der Reihe genannt sind – die erstgenannte sechs vorschlägt. § 9. Die Wahl der wißenschaftlichen Mitglieder geschieht von der Mehrheit der Stimmen aus allen Fächern der Gelehrten, welche an dem in der Reihe stehenden Ort dieser Classe sich befinden. Sie geschieht so, daß, wo zwey Orte in der Reihe genannt sind, die Gelehrten des ersten Orts sechs – die des lezten drei Wahl Candidaten vorschlagen. § 10. Wahlfähig ist jeder Staatsbürger, welcher aus der Classe ist, die wählt – welcher in derjenigen Provinz wohnt, der die Wahlmänner angehören, und welcher auch wenigstens schon sechs Jahre darinn gewohnt hat, nicht in auswärtigen Staatsdiensten steht, noch in den inländischen Centralstellen angestellt, 40 Jahre alt und unbescholtenen Wandels ist. Bei den Landwirthschaftlichen wird noch weiters erfordert, daß er eigenes Feld besitze – und bei den stadtwirthschaftlichen, daß er ein eigenes Gewerb treibe – Wer bei den Central Behörden des Landes angestellt ist, hat keine Wahlstimme. § 11. Die Mitglieder sind auf drei Jahre gewählt, so, daß jedes Jahr 31 tel der Mitglieder aus, und ein anderes neu eintritt. § 12. Es tritt jedesmal eine ganze JahresReihe in allen Classen aus – in den zwei ersten Jahren entscheidet das Loos die austrettenden – nachher steets der Ablauf der dreijährigen Zeit. § 13. Niemand kann durch neue Erwählung mehr als sechs Jahre hintereinander
im Landrathe sitzen; nachmals müssen erst sechs Jahre umgelaufen seyn, ehe er wieder wahlfähig wird. § 14. Niemand kann von seinen Wahlmännern Instruktion empfangen oder annehmen, sondern jeder hat als Fürsprecher des ganzen Staats nur nach eigenem besten Wissen und Gewissen zu stimmen und zu handeln. Bei seinem Eintritt in den Landrath muß er dieses in die Hände des Regenten oder seines Stellvertretters eydlich geloben. § 15. Die Wahlversammlung geht den 11ten November jeden Jahres vor sich. Die ordentliche Versammlung des Landraths wird jährlich den 11ten Decembris gehalten. Sie kommt, wenn sie nicht wegen ausserordentlicher Umstände verschoben wird, ohne Berufung abzuwarten zusammen. Ueber ein Jahr darf sie nicht verschoben, sie kann aber ausserordentlicher Weise, wenn es der Regent gut findet, zusammen berufen werden. § 16. Der Souverain ernennt einen Präsidenten und einen Secretaire aus der Zahl der gewählten Landräthe. § 17. Die Landrathsversammlung kann über nichts berathschlagen, als über dasjenige, was der Souverain ihr zu diesem Ende durch abgeordnete Staatsräthe vortragen läßt. § 18. Sie hat zu erwarten, daß ihr vorgelegt werden 1, die Einsicht der jährlichen Staatshaushaltung und Staatschulden TilgungsRechnung zur Erinnerung 2, der Vorschlag der ausserordentlichen Staats Auflagen, wenn deren jeweils nöthig werden, zur Prüfung und Bewilligung; 3, die Aenderungen, welche im Münzfuß, in Maas und Gewicht – im Steuerfuß – im Zoll und Handelsverkehr nöthig gefunden werden, zur Prüfung und Begutachtung;
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BADEN 4, die Aenderungen oder definitive Erläuterungen welche in Bezug auf die Staats Constitution von dem Regenten auf Antrag seines Staatsraths oder obersten Gerichtshofs dienlich befunden werden möchten, zur Prüfung und beiräthlichen oder abräthlichen Beschließung, welch leztere nochmals den Antrag auf ein Jahr – und wenn er da wieder verworfen wird, auf 9 Jahr bei Seite sezt. § 19. Sie hat bei den Regierungswechsel statt der allgemeinen Erneuerung der Huldigung die jeder zuvor schon auf den Regierungs Nachfolger zugleich mit abgelegt hat, die Erneuerung in ihre Seele und in Aller Namen zu bewürken, und damit die Anerkenntniß der Unterthänigkeit gegen den Regierungs Nachfolger öffentlich auszusprechen. § 20. Sie kann wenn sie Gebrechen in Absicht auf die Constitution vorzutragen hat, Erlaubniß zur Beratschlagung darüber bitten, die ihr nicht versagt werden soll; – Sie kann durch die Stimmen Mehrheit Vorstellung darüber einreichen; Sie kann niemals selbst Bescheid darüber erwarten, als wozu der Regent sich jedesmal Zeit bis zur folgenden Jahrs Versammlung nehmen, und dort das dienliche zur Landraths Prüfung aussezen kann. – § 21. Beschwerden einzelner Unterthanen, Stände oder Körperschaften über Kränkung ihrer Rechte, selbst der grundgesezmäsigen, können als solche niemals an den Landrath gebracht sondern müssen einzig in den im folgenden Titel angegebenen Wegen erledigt werden. § 22. Der Regent spricht nach erfüllten oder in einzelnen Punkten nach Gutfinden verschobenen Zwecken die Auflösung der Zusammenberufung aus; Sobald dieses geschehen ist, kann unter Mitgliedern weder öffentliche noch geheime Berathung über Staatsangelegenheiten weiter statt finden, und zwar bei Strafe des Hochverraths.
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§ 23. Die Art, wie der Landrath seine Berathung zu pflegen, und seine Geschäfte zu führen hat, wird so, wie das Maas der Tagsgebühren und Reisekosten zu dem Landtag, ein eigenes Vollziehungs Edikt bestimmen.
FÜNFTER TITEL Von der Justiz Pflege § 1. Die Justiz wird in erster Instanz – von Landes- Standes- und grundherrlichen Aemtern besorgt, welche zugleich die Stellen der Friedensrichter in sich vereinigen. Von den Aemtern gehen die Berufungen an die Hofgerichte der einschlagenden Provinzen und von den Hofgerichten geht der Appellationszug an unser Oberhofgericht, welches zugleich der Cassationshof unseres Grosherzogthums ist. § 2. Die Civil Rechtspflege geschieht nach dem auf die eigenthümlichen Verhältniße des Grosherzogthums angewandten Code Napoleon. § 3. Der Grosherzogliche Fiscus wird in allen streitigen privat Rechts Verhältnißen bei den Grosherzoglichen Gerichtshöfen Recht nehmen. Er ist nach dem privat Recht des Staates zu beurtheilen, und genießt nur in so weit Vorrechte, als solche auf klaren Gesezen beruhen. § 4. In peinlichen Sachen kann der Souverain allein Gnade ertheilen, die Strafe erlassen oder mildern, nicht aber schärfen, noch ohne Vernehmung des Staatsraths eine Abolition verfügen. Eben so wenig kann der Souverain eine willkührliche Entscheidung oder Behandlung eines Rechtsstreites, oder willkührliche Einmischung in den Rechtsgang eines vor einem Gerichtshof anhängigen Rechtshandels ertheilen vornehmen verfügen oder zulassen.
V ERFASSUNGSENTWURF FÜR DAS G ROSSHERZOGTUM BADEN (1809)
SECHSTER TITEL Von dem Militär Stande § 1. Zur Vertheidigung des Staats – zur Handhabung der innern Sicherheit – und zur Erfüllung der durch die rheinische Bundes Akte eingegangenen Verbindlichkeiten wird ein stehendes Militaire unterhalten. § 2. Dieses stehende Militaire wird durch Conscription gebildet. § 3. Die Militär Personen stehen nur in peinlichen und Dienstsachen unter der Militaire Gerichtsbarkeit; in allen übrigen aber sind sie den einschlägigen Civil Gerichten und Polizei Behörden untergeben. § 4. Das Militär kann weder gegen einzelne noch versammelte Staatsbürger Handlungen der obrigkeitlichen Gewalt verhängen oder vollziehen, ohne dazu von den bürgerlichen Obrigkeiten aufgefordert zu seyn. Die Staatsbürger können von Militär Obrigkeiten und nach Militärgesezen nicht gerichtet werden, wenn nicht wegen ausserordentlicher Anlässe zuvor durch landesherrliche auf Anhörung der Meinung des Staatsraths erkannte und verkündete zeitliche Aufhebung der Kraft der bürgerlichen Geseze die Ermächtigung vorausgegangen ist. § 5. Bewafnete Bürgervereine sind ohne besondere StaatsErmächtigung unter Strafe des Aufruhrs untersagt.
SIEBENTER TITEL Von der Gewährleistung der Staatsverfassung § 1. Zur Wahrung der in den sieben constitutiv Edikten, und in dieser Haupt Urkunde der GrundVerfassung unseres Grosherzogthums sowohl in Hinsicht der Souverainitäts Befugniße als der Privatrechte unserer
Staatsangehörigen grundgesezlich festgesezten Bestimmungen ordnen Wir unser Oberhofgericht als aufsehende Stelle an. § 2. Vor dieses Oberhofgericht gehören als Constitutions Sachen: 1, diejenigen Streitigkeiten über Rechte, welche aus unzweideutigen von Unsern Hofgerichten aber als unanwendbar erkannten Stellen der Grundgeseze hervorgehen, im weiteren Rechtszug. Hier ersezt das hinzukommende Intereße der Aufrechthaltung einer grundgesezlichen Befugniß den eigenen Werth der Berufungs Summe, 2, die in einem Rechtsstreite unter Privaten sich aufwerfende Vorfrage: welcher bestimmte Sinn einer in Anwendung zu bringen den von den Parthien verschieden angesehenen Constitutions Stelle gebühre, 3, die über Gewaltausübung oder Rechtsanmaßung zwischen Staatsbürgern auf der einen – und Regierungs oder Polizey Stellen auf der andern Seite obwaltende AnsichtsVerschiedenheit über eine Constitutions Stelle, 4, durch RegierungsMaasnahmen erfolgte und durch Rekurse an die obersten Staatsbehörden nicht zurückgenommene Angriffe verfassungsmäßiger wohl erworbener privat Rechte. § 3. In welcher Form diese Sachen von dem Oberhofgericht mit Rücksicht auf die Kronanwaltschaften zu behandeln sind, wird ein eigenes Vollziehungs Edikt vorschreiben. § 4. Sind diese Sachen gehörig verhandelt so ertheilt das Oberhofgericht in dem ersten Fall einen förmlichen Urtheils Spruch, in dem 2ten, 3ten und 4ten gibt es eine Rechtsweisung in der Form eines Urtheils. § 5. Solche von dem Oberhofgericht ergehende Urtheile und Rechtsweisungen in den ausgezeichneten constitutions Sachen, sind, nachdem sie in dem Regierungsblatt
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BADEN verkündet worden, als ergänzender Theil der aus sieben Edikten und dieser Haupt Urkunde zusammengesezten grundgesezlichen Verfassung, solange nicht von dem Regenten nach Anhörung des Landraths in grundgesezlicher Form Aenderungen getroffen werden, anzusehen; von jedem StaatsAngehörigen sind sie als solche unwandelbar zu achten und von unsern amtshalber zu executiven Maasnahmen ermächtigten Staatsdienern auf Anrufen zu vollziehen. Auch ist das Recht, den Vollzug solch hofgerichtlicher Constitutions Erkenntniße zu verlangen, unverjährbar. Hierin bestehen die grundgesezlichen Bestimmungen, welche wir unserm Souverainen Grosherzogthum zu geben uns bewogen gefunden haben. – So wie wir die Festhaltung dieser Grundverfassung – soviel an uns ist, hiermit versichern; und Gleiches von unseren Nachfolgern in der Regierung erwarten; so sind auch unsere Unterthanen uns und unsern Nachfolgern Treue, und dieser Constitution Gehorsam zu geloben schuldig; unsere Staatsdiener haben aber nebst dem noch die Aufrechthaltung dieser lezten nach bestem Wißen, Gewißen und Vermögen in ihre mittelst leiblichen Eydes zu leistenden Dienstpflichten zu übernehmen. Wir wiederholen die im ersten Constitutions Edikt enthaltene und in den nachgefolgten stillschweigend einbegriffene feyerliche Erklärung, daß jede mit diesen Grundgesezen streitende Verordnung der gemeinen bürgerlichen und kirchlichen Rechte, auch der ältern oder neueren Landesgeseze tod, aufgehoben und kraftlos seyn sollen, und daß alle unsere Minister, Räthe und übrigen Staatsdiener, auch Angehörige geistlichen und weltlichen Standes in allen ihren Amts und privat Handlungen bei Straf der Nichtigkeit und Unverjährbarkeit jeder Entgegenhandlung, so wie bei schwerer persönlicher Verantwortlichkeit genau darnach sich ach-
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ten, auch von Uns und unsern Nachfolgern in der Regierung dagegen mit Rath oder That etwas auszuwirken sich nicht unterfangen sollen. Wir vertrauen in unsere Staatsangehörige, sie werden in diesen Bestimmungen, wodurch wir die Rechte Unserer Souverainität mit dem Wohl unseres Landes, und der Gesammtberuhigung zu vereinigen bemüht waren, einen neuen Beweis jener Regenten Sorge erkennen, welche wir seit 6 Jahrzehnten unserer Regierung ununterbrochen gewidmet haben. Von dieser Haupt Urkunde der Grundverfassung soll ein von uns eigenhändig unterzeichnetes Exemplar in Unser Hauptarchiv niedergelegt und ein anderes dem Oberhofgericht zu Bruchsal insinuirt – dieselbe soll durch das Regierungsblatt verkündet und zu den sieben constitutions Edikten eigens abgedrukt werden. Hieran geschieht unser Wille. Gegeben in unserer Residenzstadt. Vdt. Gemmingen, Frhr. von Gayling, Frhr. von Hacke, Frhr. von Dalberg, F. Brauer, Hofer, E. Meier, von Schmitz.
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Ediert nach Staatsverfassung und Landstände, Akte GLA 48, Nr. 6063 aus dem Bestand des Generallandesarchivs Karlsruhe, Baden-Württemberg. Bei dem Dokument handelt es sich um einen Verfassungsentwurf vom Dezember 1809. 2 In der Handschrift werden viele zusammensetzte Hauptworte in der Weise geschrieben, daß jedes Hauptwort groß geschrieben und meist auch erkennbar zwischen den zusammengesetzten Hauptworten getrennt wird. Allerdings variiert der Abstand, so daß oft etwas dezisionär zwischen getrennter oder Zusammenschreibung gewählt werden mußte, zumal die Schreibweise uneinheitlich ist. Für weiterführende Hinweise siehe Michael Kotulla, Deutsches Verfassungsrecht: 1806–1918, 1. Band, Berlin 2006, S. 391; Friedrich von Weech, Geschichte der Badischen Verfassung, Karlsruhe 1868, S. 176– 184.
Verfassungsentwurf für Bayern (1815) Entwurf der Konstitution für das Königreich Baiern, nach den Beschlüssen der Mehrzahl der Mitglieder des Ausschusses, mit kurzer Bemerkung der Meinungen der Minderzahl derselben1
ERSTER TITEL Allgemeine Bestimmungen
§ 1 bis 5 § 1. Das Königreich Baiern bildet in der Gesammt-Vereinigung aller älteren und neueren Gebiets-Theile einen souverainen Staat in monarchischer Verfaßung, nach den näheren Bestimmungen der gegenwärtigen Reichs-Konstituzion. § 2. Das Königreich wird mit Rücksicht auf die natürlichen Gränzen in mögichst gleiche Kreise eingetheilt. § 3. Alle besonderen Verfaßungen, Privilegien, Erbämter und landschaftliche Korporazionen der einzelnen Provinzen bleiben aufgehoben. § 4. Das ganze Königreich hat eine Nazional-Repräsentazion, welche aus der Kammer der Reichsräthe und der Kammer der Deputirten besteht. Daßelbe wird nach gleichen Gesezen gewichtet, und nach gleichen Grundsäzen verwaltet. § 5. Im Innern des Reichs besteht durchgehends eine unbeschränkte Freizügigkeit.
ZWEITER TITEL Von dem König und der Thronfolge, dann der Reichs-Verwesung
§ 1 bis 29 § 1. Die Krone ist erblich in dem Manns-
stamme des königlichen Hauses, nach dem Rechte der Erstgeburt und der agnatischlinealischen Erbfolge. § 2. Zur Sukzeßions-Fähigkeit wird eine rechtmäsige Geburt aus einer solchen Ehe erfodert, welche von dem königlichen Hause als standesmäßig anerkannt ist. § 3. Nach der Mehrheit der Stimmen Der Mannsstamm hat vor den weiblichen Nachkommen den Vorzug, und die Prinzeßinnen sind von der Regierungsfolge in so lange ausgeschlossen, als in dem königlichen Hause noch ein Sukzeßionsfähiger männlicher Sproße vorhanden ist, ohne daß es deshalb bei ihren Verehelichungen künftig einer besonderen Verzichtleistung bedarf. § 4. Nach der Mehrheit der Stimmen Nach gänzlicher Erlöschung des Mannsstammes geht das Recht der Regierungsfolge auf die männliche Nachkommenschaft der Töchter in der Art über, daß der erstgeborene Sohn derjenigen Prinzeßin succesirt, welche dem lezten Monarchen im Grade die Nächste ist. Bei mehreren in gleichem Grade verwandten Prinzeßinnen hat der erstgeborene Sohn der ältesten Prinzeßin in der ErbfolgeOrdnung den Vorzug. § 5. Nach der Stimmen-Mehrheit Wäre keine männliche erbfähige Nachkommenschaft von der ältesten Tochter vorhanden, so fällt die Erbfolge auf den erstgeborenen Sohn der zweitgeborenen Tochter,
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BAYERN u. s. w. Das nemliche findet statt, bei den zur Erbfolge berufenen männlichen Nachkommen der übrigen Prinzeßinnen. Die Prinzeßinnen sind für sich selbst auch immer von der Regierungsfolge ausgeschloßen, und können aus einem eigenen Rechte hieraus keinen Anspruch machen. § 6. Nach der Stimmen-Mehrheit Wenn die eben bestimmte Erbfolge-Ordnung in der weiblichen Nachkommenschaft auf einen Prinzen fällt, welcher zur Erbfolge in einem auswärtigen, in dem deutschen Bunde nicht begriffenen Staate berufen ist, oder schon wirklich einen solchen Staat als Regent besizt und nicht hierauf verzichtet, so soll an deßen Stelle der zunächst folgende Sohn treten oder wenn in dieser Linie nur ein einziger Prinz vorhanden wäre, derjenige Prinz, welcher nach §: 5. zur Thronfolge berechtiget ist. § 7. Nach der Stimmen-Mehrheit Der zur Thronfolge berufene minderjährige Prinz muß im Königreiche unter der Aufsicht der Reichs-Verwesung erzogen werden. § 8. Nach der Stimmen-Mehrheit Alle künftigen Regenten Baierns, welche allenfalls noch andere deutsche Staaten besizen, müßen ihre gewöhnliche Residenz in der dafür bestimmten Hauptstadt des Königreichs aufschlagen. § 9. Nach der Stimmen-Mehrheit Sollte der unglückliche Fall sich ergeben, daß nach den bisherigen Bestimmungen sowohl in der männlichen als weiblichen Nachkommenschaft des königlichen Hauses kein Successionsfähiger Erbe weder wirklich vorhanden, noch mit Wahrscheinlichkeit zu hoffen wäre, noch daß mit anderen fürstlichen Häusern in Beziehung aus einem solchen Fall verbindliche Erbverträge bestimmen, so wird es dem lezten Monarchen zur Pflicht gemacht, durch Annahme
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eines Prinzen aus einem deutschen fürstlichen Hause, welcher noch keinen Staat besizt, oder zu deßen Regierung nicht unmittelbar berufen ist, an Kindesstatt sich einen Nachfolger zu bestimmen. § 10. Nach der Stimmen-Mehrheit Die Unterhandlungen über die Ernennung eines Nachfolgers durch die Adopzion werden allein durch den adoptirenden Monarchen geführt, zur wirklichen Adopzion ist aber die Zustimmung der Reichsstände zu erholen. Erst dann, wenn diese erfolgt ist, tritt der adoptirte Prinz in die Linie der direkten Nachkommenschaft des Monarchen ein, erhält den Titel eines baierischen Prinzen und wird als solcher öffentlich ausgeschrieben. § 11. Nach der Stimmen-Mehrheit Stirbt in der Folge der Monarch ohne Hinterlaßung einer ehelichen erbfolgefähigen männlichen Nachkommenschaft; so folgt unmittelbar der Adoptirte. § 12. Nach der Stimmen-Mehrheit Sollte aber nach der Adopzion dem lezten Monarchen vor seinem Ableben noch ein Erbfolgefähiger ehelicher Sohn geboren werden; so bleibt das Erbfolgerecht des Adoptirten bis zur Erlöschung der daraus entstehenden männlichen Nachkommenschaft aufgeschoben. Der Adoptirte und seine Nachkommen erhalten indeßen alle Vorrechte und Vortheile baierischer Prinzen und Prinzeßinnen. § 13. Nach der Stimmen-Mehrheit Sollte in dem oben : §:9.: vorausgesezten Falle der lezte unbeerbte Monarch ohne vorgenommene Adopzion eines Nachfolgers mit Tode abgehen; so tritt sogleich die konstituzionelle Reichsverwesung ein, welche die Stände des Reichs in der kürzesten Zeitfrist zu versammeln, und die Vorsorge zu treffen hat, damit das Reich mit Zustimmung der Stände aus einem deutschen Souverainen fürstlichen Hause, wobei auf die obi-
V ERFASSUNGSENTWURF FÜR BAYERN (1815) gen Vorschriften: §: 9.: Rüksicht zu nehmen ist, längstens in den ersten sechs Monaten nach dem Tode des lezten Monarchen einen Regenten erhalte. § 14. Die Reichsverwesung tritt ein: a.) während der Minderjährigkeit des Monarchen, b.) wenn derselbe an der Ausübung der Regierung auf längere Zeit verhindert ist, und für die Verwaltung des Reichs nicht selbst Vorsorge getroffen hat, oder treffen kann, c.) im Falle gänzlichen Aussterbens der regierenden Familie, wo bei dem Ableben des lezten Monarchen sein Nachfolger noch nicht ernannt wäre. § 15. Einem jeden Monarchen steht es frei, unter den volljährigen Prinzen des Hauses den Reichsverweser während der Minderjährigkeit seines Nachfolgers zu wählen. In Ermanglung einer solchen Bestimmung gebührt dieselbe demjenigen volljährigen Agnaten, welcher nach der Lineal-ErbfolgeOrdnung und nach dem Rechte der Erstgeburt der Nächste an der Erbfolge ist. Wäre derjenige Prinz, welchem die Reichsverwesung nach obiger Bestimmung gebührt, selbst noch minderjährig, oder durch ein sonstiges Hinderniß abgehalten, die Regentschaft zu übernehmen, so fällt sie auf denjenigen Agnaten, welcher in der oben festgesezten Ordnung nach ihm der Nächste ist. Dieser sezt dieselbe so lange fort, bis der durch das Gesez vor ihm berufene Agnat die Volljährigkeit erreicht, oder das Hinderniß, welches ihn von der Übernahme der Regentschaft abhielt, aufgehört hat. § 16. Sollte der Monarch durch irgend eine Ursache, die in ihrer unglücklichen Wirkung länger als ein Jahr dauert, an der Ausübung der Regierung gehindert werden, und für diesen Fall nicht selbst Vorsehung getroffen haben, oder treffen können, so findet
mit Zustimmung der Stände, welchen die Verhinderungs-Ursachen anzuzeigen sind, gleichfalls die für den Fall der Minderjährigkeit bestimmte gesezliche Regentschaft statt. § 17. Wenn der König, nach §: 15. den Reichs-Verweser für den Fall der Minderjährigkeit ernennt, so wird die darüber ausgefertigte Urkunde durch denjenigen Minister, welchem die Verrichtungen eines Ministers des königlichen Hauses übertragen sind, im Haus-Archiv bis zum Ableben des Monarchen aufbewahrt und dann durch diesen den Reichsständen und den Ministerien zur weiteren Ausschreibung im Königreiche bekannt gemacht. Dem Reichs-Verweser wird die über seine Ernennung ausgefertigte Urkunde zugleich mitgetheilt, worauf derselbe nach abgelegtem Eide : §: 22.: die ReichsVerwesung übernimmt. § 18. In dem oben §: 14. c. vorausgesezten Falle steht die Reichsverwesung dem ersten Kron-Beamten zu, welcher auch in gänzlicher Ermanglung eines volljähigen Agnaten das Reich verwaltet, bis der durch das Gesez zur Reichsverwesung berufene Agnat die Volljährigkeit erlangt hat. § 19. Einer verwittweten Königin gebührt zwar unter der Aufsicht des Reichsverwesers die Erziehung Ihrer Kinder nach den in dem Familien-Geseze hierüber vorkommenden nähern Bestimmungen; derselben kann aber die Verwaltung des Reichs nie übertragen werden. § 20. In den im §: 14. a und b. bezeichneten Fällen wird die Regierung im Namen des minderjährigen, oder in der Ausübung der Regierung gehinderten Monarchen geführt. § 21. So wie in diesen Fällen alle Ausfertigungen im Namen des minderjährigen, oder in der Ausübung der Regierung gehinderten Königs geschehen, so werden auch
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BAYERN alle Münzen mit Seinem Brustbilde, Wappen und Titel geprägt, und die Siegel nebst dem königlichen Wappen, wo es erfoderlich ist, mit Seinem Namen bezeichnet. § 22. Der Prinz des Hauses, oder derjenige Kronbeamte, welchem die Reichs-Verwesung übertragen wird, muß bei dem Antritte der Regentschaft in dem Reichsrathe in Gegenwart eines Ausschußes der Kammer der Deputirten, der Staatsminister, der obern Hofämter und der Mitglieder des Geheimen Raths nachstehenden Eid ablegen: „Ich schwöre die Geschäfte des Staats in Gemäßheit der Constitution des Reichs und der Geseze zu verwalten, die Integrität des Königreichs, die Rechte der Nazion und der königlichen Würde zu erhalten, und dem Könige die Gewalt, deren Ausübung mir anvertraut ist, getreu zu übergeben.“ worüber ein besonderes Protokoll aufgenommen wird. § 23. Der Regent übt während seiner ReichsVerwesung alle Rechte aus, welche in der Constitution nicht besonders ausgenommen sind. § 24. Alle Ämter, mit Ausnahme der Justizstellen, können während der ReichsVerwesung nur provisorisch besezt werden. Der Reichsverweser kann weder Krongüter veräußern, oder heimgefallene Lehen verleihen, noch neue Ämter einführen. § 25. Der ReichsVerweser ist für die Handlungen seiner Verwaltung nicht persönlich verantwortlich. In allen wichtigen Angelegenheiten ist er aber verbunden, das Gutachten des Gesammt-Ministeriums zu erholen, welches als der Regentschaftsrath anzusehen ist. § 26. Dem gewöhnlichen Titel, welchen der Regent geführt, wird beigesezt: Des Königreichs Baiern Verweser. § 27. Der ReichsVerweser hat während der Dauer der Regentschaft seine Wohnung
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in der königlichen Residenz, und wird auf Kosten der Staatskaße unterhalten, auch welche er nebstdem, zu seiner eigenen Verfügung jährlich Zwei mal Hundert Tausend Gulden in monatlichen Raten anweisen darf. § 28. Die Regentschaft dauert in dem im §: 15. bemerkten Falle bis zur Großjährigkeit des Königs, im Falle des §: 16. bis das eingetretene Hinderniß aufhört, und in dem §: 18. angeführten Falle bis zur Ernennung des neuen Monarchen. § 29. Nachdem die Regentschaft auf die eine oder andere dieser Arten beendigt ist, und der in die Regierung eintretende neue König den feyerlichen Eid :Titel XII. §: 1: abgelegt hat, werden alle Verhandlungen der Regentschaft geschloßen, und der Regierungs-Antritt des Königs wird in der Residenz und in dem ganzen Königreiche feierlich kund gemacht.
DRITTER TITEL Von dem königlichen Hause
§ 1 bis 15 § 1. Alle Glieder des königlichen Hauses stehen unter der Hoheit und Gerichtsbarkeit des Monarchen. § 2. Die Ehen, welche von Mitgliedern des königlichen Hauses ohne Einwilligung des Monarchen eingegangen werden, sind als nichtig anzusehen, nach den in dem Familien-Geseze hierüber enthaltenen nähern Bestimmungen. § 3. Der Unterhalt des Kronprinzen wird von dem König allezeit besonders festgesezt, und auf die Staatskaße angewiesen. Die nachgeborenen Prinzen erhalten eine jährliche Appanagial-Rente von höchstens Ein mal Hundert Tausend Gulden, die nach Abgang ihrer männlichen Erben an die Krone zurückfällt.
V ERFASSUNGSENTWURF FÜR BAYERN (1815) § 4. Diese Appanage wird von dem König durch eine besondere Urkunde festgesezt und angewiesen, sobald der nachgeborene Prinz die Volljährigkeit erreicht hat, und bei Seiner Vermählung ein eigenes Haus für denselben gebildet wird. Bis dahin werden die nachgeborenen Prinzen zwar auf Kosten der königlichen Staatskaße unterhalten, dieser Unterhalt wird aber jährlich von dem König besonders bestimmt. § 5. Wenn die nachgeborenen Prinzen nicht Söhne des Monarchen, und zwar volljährig, aber noch nicht vermählt und vollkommen etablirt sind; so soll ihnen inzwischen und bis zur gänzlichen Etablirung der dritte Theil der gesezlichen Appanage zu ihrem Unterhalte angewiesen werden. § 6. Wenn für einen nachgeborenen Prinzen die Appanage festgesezt und angewiesen ist; so muß derselbe davon nicht nur den Unterhalt seines Hauses, sondern auch die Aussteuer seiner Töchter, die Etablirung seiner Söhne und die Witthume in seiner Linie bestreiten. Sollte deßen Familie so zahlreich sein, daß die ausgesezte Appanage zu ihrem standesmäsigen Unterhalt nicht mehr hinreichte; so wird der König für solche einzelne Fälle geeignete Vorsorge treffen. § 7. Die Volljährigkeit der Prinzen und Prinzeßinnen des königlichen Hauses tritt mit dem zurückgelegten achtzehnten Jahre ein. § 8. Bei Ihrer Vermählung ist für jede Prinzeßin aus der königlichen Haupt-Linie zur Aussteuer und Total-Abfindung ein Betrag von Einmal Hundert Tausend Gulden festgesezt. § 9. Die Prinzeßinnen sind nicht nur von der Regierungsfolge : Titel II § 2.: sondern auch von der Intestat-Erbfolge in alles bewegliche Vermögen des leztverstorbenen
Monarchen ausgeschloßen, solange noch Mannsstamm im königlichen Hause vorhanden ist. Bis zu Erlöschung des Mannsstammes bleiben Sie auf die Ihnen ausgesezte Aussteuer beschränkt. § 10. Im Falle gänzlicher Erlöschung des Mannsstammes wird den Prinzeßinnen zwar ein Erbfolge-Recht, aber nur auf jenes zurükgelaßene Vermögen eröfnet, welches nicht als Bestandtheil des der Krone angehörigen Vermögens erklärt ist. : Titel IV. §: 2: § 11. Da die Prinzeßinnen zum Besten des Mannsstammes von der Erbfolge ausgeschloßen sind, so muß, so lange sie ledig sind, für ihren standesmäsigen Unterhalt gesorgt werden, welcher von dem König für seine Prinzeßinnen Töchter in dem für das königliche Haus entworfenen Etat jährlich bestimmt wird. § 12. Wenn der Monarch für den Fall seines Ablebens mit dem Regierungs-Nachfolger wegen des Unterhalts Seiner zurükgelaßenen Prinzeßinnen keine besondere Verabredung getroffen hat, und die verwittwete Königin gleichfalls nicht mehr am Leben ist, so ist der Nachfolger verbunden, einer jeden volljährigen Prinzeßin, sobald ein eigenes Haus für Sie gebildet wird, bis zu Ihrer Vermählung für Ihren standesmäsigen Unterhalt eine jährliche Rente von 24/m bis 30/m fl. in monatlichen Raten anzuweisen. Nach Ihrem Ableben fällt diese Rente an die Staatskaße zurück. § 13. So lange die verwittwete Königin am Leben ist und Ihren Wittwenstand nicht ändert, verbleiben die ledigen Prinzeßinnen Töchter in Ihrem Hause unter Ihrer unmittelbaren Aufsicht, und empfangen von dem Thronerben für Ihren Unterhalt die Hälfte der obigen Summe. § 14. Das Witthum der regierenden Königin ist, nebst einer anständigen Residenz
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BAYERN auf Zweimal Hundert Tausend Gulden jährlicher Einkünfte als Maximum bestimmt. § 15. Alle übrigen, hier entweder nicht berührten, oder nicht vollständig bestimmten Verhältniße der Mitglieder des königlichen Hauses richten sich nach den Bestimmungen des besonderen Familien-Gesezes.
VIERTER TITEL Von dem Staats-Gute
§ 1 bis 7 § 1. Der ganze Umfang des Königreichs Baiern bildet eine einzige, untheilbare, unveräußerliche Gesammtmaße aus sämmtlichen gegenwärtigen und künftigen Bestandtheilen an Landen, Leuten, Herrschaften, Gütern, Regalien und Renten, mit allem Zubehör. Auch werden alle neuen Erwerbungen aus Privat-Titeln an unbeweglichen Gütern, sie mögen in der Haupt- oder Neben-Linie geschehen, wenn der erste Erwerber während seines Lebens nicht darüber verfügt hat, und sie in den Erbgang des Mannsstamms gekommen sind, als der Gesammtmaße einverleibt angesehen. § 2. Zu dem unveräußerlichen Staatsgute, welches im Falle einer Sönderung der Staats- und Privat-Verlaßenschaft in das Inventar der Allodien nicht gebracht werden darf, gehören: 1.) Alle Archive und Registraturen; 2.) Alle öffentliche Anstalten und Gebäude mit ihrem Zugehör; 3.) Alles Geschüz, Munizion, alle MilitairMagazine, und was zur Landeswehr nötig ist; 4.) Alle Einrichtungen der Hofkapellen und Hofämter mit allen Mobilien welche der Aufsicht der Hofstäbe und Hof Intendanzen anvertraut sind, und zur Nothdurft oder zum Glanze des Hofes gehören.
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5.) Alles was zur Nothdurft oder zur Zierde der Residenzen und Lustschlößer gehört; 6.) Der Hausschaz und was von dem Erblasser mit demselben bereits vereinigt worden ist; 7.) Alle Sammlungen für Künste und Wißenschaften, als Bibliotheken, physikalische, Naturalien- und Münz-Cabinete, Antiquitäten, Statuen, Sternwarten mit ihren Instrumenten, Gemählde und KupferstichSammlungen, und sonstige Gegenstände, die zum öffentlichen Gebrauche, oder zur Fortpflanzung der Künste und Wißenschaften bestimmt sind; 8.) Alle vorhandenen Voräthe von Renten oder Gefällen an baarem Gelde und Kapitalen in den Staatskaßen, oder an Naturalien bei den Rezepturen, ferner die Ausstände der Gefälle, welche zur Führung und Forschung der Staats-Regierung und Forthaltung erfoderlich sind; 9.) Alles was aus Mitteln des Staats- und Kameral-Vermögens erworben wurde. § 3. Sämtliche Bestandtheile des Staatsguts sind, wie bereits in der Pragmatik vom 20en Oktober 1804 bestimmt war, aus welcher die nach den veränderten Verhältnißen hierüber noch geltenden Bestimmungen in gegenwärtige Konstituzions-Urkunde übergetragen sind, auf ewig unveräußerlich, vorbehaltlich der unten folgenden nähern Modifikazionen. Vorzüglich sollen ohne Ausnahme alle Rechte zur Souverainetaet bei der Primogenitur untheilbar und unveräußert erhalten werden. § 4. Als Veräußerung des Staatsguts ist anzusehen nicht nur jeder wirkliche Verkauf, sondern auch eine Schenkung unter den Lebendigen, oder eine Vergebung durch eine lezte Willens-Verordnung, Verleihung neuer oder Wieder-Verleihung heimgefallener Lehen, oder Beschwerung mit einer ewigen Last, oder Verpfändung, oder Hin-
V ERFASSUNGSENTWURF FÜR BAYERN (1815) gabe durch einen Vergleich gegen Annahme eines Stück Geldes. Auch kann keinem Staatsbürger eine Befreiung von den öffentlichen Lasten bewilligt werden. § 5. Dem Könige steht es jedoch frei, : unter Zustimmung der Stände des Reichs: zur Belohnung groser und bestimmter, dem Staate geleisteter Dienste, vorzüglich die heimfallenden Lehen oder neu erworbenen Staats-Domainen zu verwenden, die sodann die Eigenschaft von Manulehen der Krone annehmen. Anwartschaften auf künftig der Krone heimfallende Güter können aber so wenig als auch Ämter und Würden ertheilt werden. § 6. Unter dem Veräußerungs-Verbote sind ferner begriffen: 1.) Alle Staatshandlungen des Monarchen, welche innerhalb der Vermögen des Ihm zustehenden Regierungsrechts nach dem Zweke und zur Wohlfarth des Staats mit Auswärtigen oder mit Unterthanen im Lande über Stamm- und Staats-Güter vorgenommen werden, insbesondere was 2. an einzelnen Gütern und Gefällen zur Beendigung eines anhängigen Rechtsstreites gegen Erhaltung oder Erlangung anderer Güter, Renten oder Rechte, oder zur Gränzberichtigung mit benachbarten Staaten gegen andere angemeßene Äquivalente abgetreten wird; 3.) Was gegen andere Realitäten von gleichem Werthe vertauscht wird, 4.) Die Belehnungen mit der Gerichtsbarkeit zum Zweke der Errichtung von Herrschafts- und Amts-Gerichten; 5.) Alle einzelnen Veräußerungen oder Veränderungen, welche bei den Staats- und Kammer-Gütern, dem Staatszweke gemäß, und in Folge der bereits erlaßenen Vorschriften, nach richtigen Grundsäzen der fortschreitenden Staatswirthschaft, zur Beförderung der Landes-Kultur, oder sonst zur Wohlfarth des Landes, oder zum Besten des Staats-Ärars und zur Aufhebung einer
schädlichen Selbst-Regie für gut gefunden werden. § 7. In allen diesen Fällen : §: 6.: ist jedoch der Bedacht darauf zu nehmen, daß die Staats-Einkünfte nicht geschmälert, sondern als Ersaz entweder eine DomanialRente, wo möglich in Frucht dafür bedungen, oder der Kaufschilling zu neuen Erwerbungen, oder zu Bezalung anerkannter, giltiger Schulden, oder zu andern, das Wohl des Landes beziehenden Absichten verwendet werde. Auch verstehet es sich von selbst, daß es dem Regenten freistehe, mit den unter dem Staats-Vermögen begriffenen Mobilien : §: nach Zeit und Umständen zwekmäsige Veränderungen und Veräußerungen vorzunehmen.
FÜNFTER TITEL Von den allgemeinen konstitutionellen Rechten und Pflichten
§ 1 bis 17 § 1. Zum vollen Genuße aller bürgerlichen, öffentlichen und Privat-Rechte in Baiern wird das Indigenat erfodert, welches entweder durch die Geburt oder durch die Naturalisirung erworben wird. Diejenigen, welche weder auf die eine noch die andere Weise daßelbe erlangt haben, sind Fremde. § 2. Vermöge der Geburt steht das baierische Indigenat zu: 1.) jedem der in Baiern geboren, und deßen Vater ein Eingeborener, oder deßen Mutter eine Eingeborene ist; 2.) den im Auslande geborenen Kindern, deren Vater oder Mutter zur Zeit ihrer Geburt das Indigenat hatte; 3.) den Kindern, welche von Eltern abstammen, die des Baierischen Indigenats
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BAYERN verlustig geworden sind, unter den in dem Edikte über das Indigenat bestimmten Voraussezungen; 4.) dem von einem eingeborenen Vater zwar abstammenden, aber im Auslande gebornen unehelichen Kinde, wenn daßelbe in gesezlicher Form anerkannt worden ist.
§ 8. Nur derjenige Baier, welcher den oben bemerkten Bedingungen Genüge geleistet hat, erhält den politischen Stand eines Staatsbürgers, und die konstituzionelle Theilnahme an der Nazional-Repräsentazion, nach den hierüber bestehenden besonderen Bestimmungen.
§ 3. Durch Naturalisazion wird das Indigenat erlangt: 1.) wenn eine Ausländerin einen Baier heurathet, 2.) wenn ein Fremder seinen Wohnsiz in Baiern, in der Absicht da zu verbleiben, und während 10. Jahren ununterbrochen fortgesezt, auch während dieser Zeit sich wegen eines Verbrechens keine Strafe zugezogen hat, 3.) durch ein besonderes auf erfolgte Zustimmung der Stände des Reichs ausgefertigtes königliches Dekret.
§ 9. In dem Umfange des Reichs kann keine Leibeigenschaft bestehen, nach den näheren Bestimmungen des Edikts von 31n August 1808.
§ 4. Jeder Baier ohne Unterschied kann zu allen Zivil-Militair- und Kirchen-Ämtern oder Pfründen gelangen. § 5. Zu Kron-Obern Hofämtern, zu Staats- und Kirchen-Ämtern oder Pfründen können nur Eingeborene oder Verfaßungsmäsig Naturalisirte gelangen. § 6. Das Baierische Staatsbürgerrecht wird durch das Indigenat dergestallt bedingt, daß jenes ohne dieses nicht ausgeübt werden kann, und mit deßen Verlust zugleich verloren wird. § 7. Nebst diesem wird noch hinzu erfodert: a.) die gesezliche Volljährigkeit, nemlich das zurückgelegte Ein und Zwanzigste Jahr; b.) die Ansäßigkeit im Königreiche entweder durch den Besiz besteuerter Gründe, Renten oder Rechte, oder durch die Ausübung besteuerter Gewerbe, oder durch den Eintritt in ein öffentliches Amt.
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§ 10. Alle ungemeßene Frohnen sollen in gemeßene umgeändert werden, und auch diese ablösbar sein. § 11. Der Staat gewährt jedem Einwohner Sicherheit seiner Person, seines Eigenthums/: und seiner wohlbegründeten Rechte:/ und es darf Niemand seinem natürlichen Richter entzogen werden. Niemand darf verfolgt oder verhaftet werden, als in den durch die Geseze bestimmten Fällen und in der gesezlichen Form. Niemand darf gezwungen werden, sein Privat-Eigenthum, selbst für öffentliche Zweke, abzutreten, als nach einer förmlichen Entscheidung des Geheimen Raths und nach vorgängiger Entschädigung. § 12. Jedem Einwohner des Reichs wird vollkommene Gewißens Freiheit gesichert; die einfache Haus-Andacht darf sonach Niemand, zu welcher Religion er sich bekennen mag, untersagt werden. Die in dem Königreiche bestehenden drei kristlichen Glaubens Konfeßionen sind als öffentliche Kirchen-Gesellschaften mit gleichen Rechten anerkannt, nach den in dem Edikte über die äussern Rechts Verhältniße der Einwohner des Königreichs Baiern in Erziehung und Religion und kirchliche Gesellschaften von 24ten März 1809./: Regierungsblatt 1809. XL. Stück Seite 898:/ enthaltenen näheren Bestimmungen. Die nicht kristlichen Glaubens-Genoßen genießen zwar vollkommene Gewißens-
V ERFASSUNGSENTWURF FÜR BAYERN (1815) Freiheit; sie erhalten aber an den Staatsbürgerrechten nur in dem Maaße einen Antheil, wie ihnen dieselben in den organischen Edikten über ihre Aufnahme in die Staatsgesellschaft zugesichert sind. Allen Religions-Theilen ist ohne Ausnahme dasjenige, was sie an Eigenthum gesezmäsig besizen, es sei für den Kultus, oder den Unterricht bestimmt, garantirt. § 13. Das gesammte StiftungsVermögen nach den drei Zweken des Kultus, des Unterrichts und der Wohlthätigkeit wird gleichfalls unter den besonderen Schuz des Staats gestellt: es darf unter keinem Vorwande zu dem Finanz Vermögen eingezogen, und für andere als die drei genannten Zweke ohne Zustimmung der Stände des Reichs veräußert oder verwendet werden. Auch darf über die Vermögens Substanz des einen zum besten eines anderen dieser Zweke ohne gleichmäsige Zustimmung der Stände nicht verfügt werden. Dasselbe gilt von den zur Dotazion der Bißthümer und Kapiteln angewießenen Gütern. § 14. Sämmtlichen Einwohnern wird die Freiheit der Preße und des Buchhandels gesichert, nach den nähern Bestimmungen des hierüber bestehenden besonderen Edikts.
Gehalte oder Ehrenzeichen annehmen, bei Verlust der staatsbürgerlichen Rechte. Alle jene, welche außer den durch Herkommen oder Verträge bestimmten Fällen eine fremde Gerichtsbarkeit über sich erkennen, verfallen in dieselbe Strafe.
SECHSTER TITEL Von besondern Rechten und Vorzügen
§ 1 bis 12 § 1. Es sollen sechs Kronämter als oberste Würde des Reichs bestehen; ein Kronobersthofmeister, ein Kronoberstkämmerer, ein Kronoberstmarschall, ein Kronoberstpostminister, ein Kronoberstkanzler und ein Kronoberstschazmeister. Diese Reichswürden sind Thronlehen, und können auf die Lebenszeit des Würdenträgers, oder auf deßen männliche Erben nach dem Rechte der Erstgeburt und der agnatisch linealischen Erbfolge verliehen werden. Die Kronbeamten sind geboren Reichsräthe, und theilen alle Ehren und Vorzüge mit den wirklich dirigirenden geheimen StaatsMinistern.
§ 16. Die Theilnahme an den Staatslasten ist für alle Einwohner des Reichs allgemein ohne Ausnahme irgend eines Standes, und ohne Rüksicht auf vormals bestandene besondere Befreiungen.
§ 2. Den vormals reichsunmittelbaren Fürsten und Grafen werden alle jene Vorzüge und Rechte bestätigt, welche in der königlichen Deklarazion vom 19n März 1807 ausgesprochen sind. Sie bilden mit den Reichsräthen die erste Klaße des Adels, welchem die Vertheidigung und Wahrung der Ehre der Krone und des königlichen Hauses vorzüglich anvertraut ist.
§ 17. Niemand kann ohne ausdrükliche Erlaubniß des Monarchen in fremde Lande auswandern, oder in fremde Dienste übergehen, noch von einer auswärtigen Macht
§ 3. Von den königlichen Stellen wird gegen dieselbe ein, ihren Verhältnißen angemeßenes ausgezeichnetes Kanzlei Zeremonial beobachtet, und rüksichtlich des
§ 15. Alle Baiern haben gleiche Pflichtigkeit zu dem Kriegsdienst und zur Landwehr, nach den hierüber bestehenden besondern Bestimmungen.
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BAYERN Kirchengebetes, Trauer-Geläutes und Wappenschildes ihnen jene Ehren-Vorzüge bewilligt, welche in den nähern Bestimmungen hierüber enthalten sind.
errichten, ohne daß sie an die in dem Edikte über die Majorate vom 22ten Dezember 1811. enthaltenen Vorschriften gebunden sind.
§ 4. So wie sie schon für sich und ihre Familien den befreiten Gerichtssstand zu genießen haben; so wird ihnen noch für ihre eigene Person das Vorrecht ertheilt, daß sie in Sachen, wo es auf ihre persönliche Ehre, Freiheit oder Leben ankömmt, auf eben jene Art, wie in der königlichen Deklarazion vom 19ten Marz 1807 A. 11. vorgeschrieben ist, und von den versammelten Reichsräthen gewichtet werden können.
§ 9. Die nachgeborenen Söhne und die Töchter der erblichen Reichs-Räthe sind, sobald ihnen eine Appanage oder Heurathgut ausgesprochen ist, als völlig verzichtet anzusehen. Mit der männlichen Nachkommenschaft erlöschen diese Vorrechte, und in solchem Falle tritt die gewöhnliche Erbfolge zu Gunsten der Testaments- oder Intestat-Erben des lezten Besizers ein.
§ 5. Der König wird die Familien-Verträge der vormals reichsunmittelbaren Fürsten und Grafen, wenn sie nicht ohnehin bereits vorgelegt und mit der königlichen Bestätigung versehen worden sind, durchaus zu bestätigen keinen Anstand nehmen, so ferne nicht ihr Inhalt mit der Unabhängigkeit des Reichs und den Rechten der Krone unvereinbar gefunden wird.
§ 7. Die Reichsräthe theilen mit den vormahls reichsunmittelbaren Fürsten und Grafen alle persönlichen Rechte und Vorzüge.
§ 10. Auch der gesammte übrige Adel des Reichs behält seine Titel, und ein jeder Guts Eigenthümer seine gutsherrlichen Rechte nach den gesezlichen Bestimmungen. Übrigens hat derselbe folgende Vorzüge zu genießen: 1.) Das ausschließende Recht, Orts- und Herrschafts Gerichte zu besizen, 2.) Familien Fidei Kommiße auf GrundVermögen zu errichten, 3.) den befreiten Gerichtsstand in bürgerlichen und peinlichen Fällen 4.) Die Rechte der Siegelmäßigkeit unter den Beschränkungen der Geseze über das Hypothekenwesen 5.) bei der Militair-Konskripzion die Auszeichnung, daß die Söhne der Adelichen als Kadetten eintreten, endlich 6.) diejenigen Rechte, welche den Adeligen nach den Gesezbüchern besonders zukommen.
§ 8. Damit die erblichen Reichsräthe desto eher in den Stand gesezt werden, die ihnen verliehene Würde zu behaupten, wird ihnen das unbeschränke Recht eingeräumt, über ihre Besizungen entweder ganz oder wenn sie beträchtlich sind, zum Theil Fidei Commisse nach dem Rechte der Erstgeburt und der agnatisch linealischen Erfolge zu
§ 11. Einige dieser Adelsrechte theilen für ihre Personen die Geistlichen und die wirklichen Kollegial-Räthen und mit diesen in gleicher Kathegorie stehenden höhern Beamten. Die Geistlichen genießen den befreiten Gerichtsstand in bürgerlichen und peinlichen Fällen: die Kollegialräthe und höhe-
§ 6. Verlassenschafts-Verhandlungen, welche Mitglieder der Familie betreffen, kann der Chef des Hauses durch seine Kanzlei vornehmen, und erledigen laßen, solange darüber kein Rechtsstreit entsteht, in welchem Falle sie an den einschlägigen Gerichtshof zum geeigneten rechtlichen Verfahren abgeliefert werden müßen.
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V ERFASSUNGSENTWURF FÜR BAYERN (1815) ren Beamte ausser diesem auch die Rechte der Siegelmäsigkeit und die obige Auszeichnung bei der Militair Konskripzion. § 12. Die Dienstes-Verhältniße und Pensionsansprüche der Staatsdiener und öffentlichen Beamten richten sich nach den Bestimmungen der Hauptverordnungen vom 1ten Jänner 1805, vom 8ten Juni 1807 und 28ten November 1812.
SIEBENTER TITEL Von der Nazional Repräsentazion überhaupt
§ 1 bis 17 § 1. Die Nazional Repräsentazion besteht unter den Namen: Versammlung der Stände des Reichs aus zwei Kammern, jener der Reichsräthe und jener der Deputirten. § 2. Die beiden Kammern können nur über jene Gegenstände in Berathung treten, welche der König an sie bringen läßt, um ihre Zustimmung zu erholen. § 3. Unter diese Gegenstände, die der König an sie bringen wird, gehören: 1. die Abänderung, Erläuterung, Abschaffung eines bestehenden, oder Einführung eines neuen Gesezes, 2. die Bestimmung der jährlichen GrundDominikal- Gewerb- Häuser- Zugvieh- und Familien-Steuern, welche jedes mal nur auf die Dauer eines Jahrs ausgesprochen werden; 3. die Veräußerung der Stiftungs-Güter, wenn ihr Erlös zu anderen als den drei bestimmen Zweken des Kultus, des Unterrichts und der Wohlthätigkeit verwendet, oder wenn selbst ein Theil der Substanz des zu einem dieser Zweke bestimmten Vermögens zum Besten eines anderen dieser Zweke überlaßen werden soll;
4. die Vorlage der jährlichen Rechenschaft über die Verwendung des gesammten Stiftungs-Vermögens, 5. die Wieder-Einrichtung eines abgeschaften, oder die Errichtung eines neuen religiösen Ordens, oder einer unter fremdem Einfluße stehenden Körperschaft; 6. die Verleihung der Indigenats; 7. die Aufnahme einer jeden neuen Staatsschuld, wodurch die zur Zeit bestehende Schuldenmaße im KapitalsErtrage und der jährlichen Verzinsung vergrößert wird; 8. die Zustimmung zu jenen größern Dotazionen, welche sich der König für außerordentliche Verdienste zu ertheilen vorbehalten hat, : Titel §: wenn hierdurch die Maße der StaatsDomaine beträchtlich geschmälert wird. § 4. In Beziehung auf die im vorgehenden §: No. 2 angeführte Bestimmung der jährlichen Steuern ist jedoch dem König vorbehalten, jedes Jahr einen Vorschuß der genannten Steuern erheben zu laßen, welcher keiner vorläufigen Billigung bedarf, und auf zwei Drittheile der vorjährigen Steuern in der Art festgesezt sein soll, daß dieser zwei Drittheile nach der durch die Reichsstände im vorgehenden Jahre bewilligten ganzer Steuersumme berechnet werden, sohie immer nach dem Verhältniße der zunehmenden oder sich mindernden Bedürfniße des verfloßenen Jahres sich richten. § 5. Dem König bleibt auch überlaßen, wenn durch den Drang der Umstände und eine drohende Gefahr die alsbaldige Ausschreibung einer besonderen direkten Auflage nothwendig werden sollte, solche, jedoch vorerst nur auf die Dauer eines Jahrs auszuschreiben. Diese Auflage soll aber nie länger bestehen, als es die Noth unumgänglich erfodert, und die Zustimmung der Stände, sobald sie zusammen berufen werden können, nachgeholt werden.
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BAYERN § 6. Damit auch Jedermann Kenntniß erhalte, welche wesentliche Erfoderniße zur Giltigkeit einer neuen Staatschuld : Titel VII. §: 3. No. 7 : gehören, werden aus der früheren Schulden Pragmatik vom 20n Oktober 1804. die für die Zukunft noch geltenden Normen in nachfolgenden Bestimmungen zusammen gefaßt: a. Die Aufnahme neuer Schulden hat nur statt für solche dringende LandesBedürfniße, welche weder durch die ordentlichen, noch durch außerordentliche Beiträge den Unterthanen ohne zu große Bedrückung derselben bestritten werden können, und die zum wahren Nuzen des Landes gereichen; b. In solchen Fällen hat das Ministerium der Finanzen das Bedürfniß umständlich zu entwikeln, und der Stände Versammlung vorzulegen, welche nach pflichtmäsiger genauer Untersuchung sowohl über die wirkliche Aufnahme der Schuld, als über die Ausmittlung der erforderlichen Fonds zur Abbezahlung der Zinsen und des Kapitals ihre bestimmte Erklärung abzugeben hat; c. Erhält der vorgelegte Antrag die königliche Genehmigung, so wird die auszustellende Hauptschuld-Urkunde, in welcher die Einwilligung der Reichsstände ausdrücklich angeführt werden soll, von dem Monarchen selbst unterzeichnet, und von dem Finanz Ministerium ausgefertigt; d. über die genaue Verwendung der eingegangenen Gelder zu dem bestimmten Zweke soll das Finanz Ministerium durch getreue Kaßenbuchs-Auszüge eine vollständige Ausweisung der Versammlung der Reichsstände vorlegen; e. Sollten jedoch in einem außerordentlichen Falle, z.B. in Kriegszeiten wegen besondern Dranges der Umstände die vorgeschriebenen Förmlichkeiten nicht vollständig beobachtet werden können; so soll wenigstens jedesmal von den zur Schulden Tilgungs Commission verordneten Deputation der Reichsstände : Titel §: ein Berath-
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schlagungs Protokoll über die dringende Nothwendigkeit abgehalten, und die übrigen Förmlichkeiten sogleich bei der ersten folgenden ReichsVersammlung vorschriftmäßig ergänzt werden; f. Alle anderen als unter den vorgezeichneten Formen, unter was immer für einem Vorwande aufgenommenen neuen Schulden sind als ungiltige, die StaatsWohlfarth störende Wandlungen anzusehen und können nie eine rechtliche Klage gegen das StaatsVermögen begründen, sondern die über solche Schulden ausgestellten Verschreibungen werden hierdurch als unkräftig und nichtig erklärt. § 7. Auf welche Art die Stände des Reichs zur Aufrechthaltung der Constitution mitzuwirken haben, ist am Schluße dieser Urkunde: Titel XII. §:1. bis 4 näher bestimmt. § 8. Die Stände des Reichs versammeln sich wenigstens einmal im Jahre auf die vom König erhaltene Zusammenberufung, welcher die Versammlung eröfnet und schließt; Er kann sich auch vertagen, oder, soviel die Kammer der Deputirten betrift, selbst auflösen; jedoch muß im lezten Falle wenigstens innerhalb drei Monaten eine neue zusammen berufen werden. § 9. Der König eröfnet und schließt die ReichsVersammlung entweder in Person, oder durch besonders dazu beauftragte Kommißarien. § 10. Die Staatsminister können in beide Kammern zur Erläuterung der dorthin gebrachten Gegenstände eintreten, wenn sie auch nicht Mitglieder derselben sind. § 11. Jedes Mitglied der ReichsVersammlung soll auf folgenden Eid verpflichtet werden: „Ich schwöre Treue dem König, Gehorsam dem Geseze, Beobachtung und Aufrechthaltung der Constitution.“
V ERFASSUNGSENTWURF FÜR BAYERN (1815) § 12. Kein Mitglied der ReichsVersammlung kann während der Dauer der VersammlungsZeit ohne Einwilligung der betreffenden Kammer zu Verhaft gebracht werden. § 13. Kein Mitglied der ReichsVersammlung kann für die Stimme, welche es in seiner Kammer geführt hat, anders als in Folge des Reglements durch die Versammlung selbst zur Rede gestellt werden. § 14. Ein Gegenstand, über welchen die beiden Kammern nicht einhellig einstimmen, kann in derselben JahrsVersammlung nicht mehr zur Berathung gebracht werden. § 15. Die königliche Genehmigung auf die Anträge der Reichsstände erfolgt, wenn sie ertheilt wird, nicht einzeln, sondern auf alle verhandelten Gegenstände zugleich bei dem Schluße der Versammlung. § 16. Die Geseze werden jedesmal unter der Unterschrift des Königs, und mit Anführung des erfolgten Beiraths und Zustimmung der Lieben und Getreuen, der Stände des Reichs verkündet. § 17. Wenn die Versammlung der Reichsstände formlich geschloßen oder vertagt oder aufgelößt worden ist, können die Kammern nicht mehr giltig berathen, und jede fernere Verhandlung ist ungesezlich.
ACHTER TITEL Von der Kammer der Reichsräthe und der Kammer der Deputirten insbesondere
Lebenszeit, 3.) den Kronbeamten des Reichs, welche, je nachdem sie diese Würde erblich oder persönlich erlangt haben, erbliche oder auf Lebenszeit ernannte Reichsräthe sind, 4.) den vormals reichsunmittelbaren Fürsten und Grafen in den königlichen Staaten als erblichen Reichsräthen und 5.) denjenigen, welche der König zu solchen, seie es erblich oder lebenslänglich, besonders ernennt. Die erbliche Würde wird der König nur denjenigen verleihen, welche ein denselben angemeßenes Grundvermögen besizen. § 2. Die Reichsräthe erhalten für die Ausübung ihrer Funkzionen als solche, weder Gehälter noch Entschädigung. § 3. Der König ernennt den ersten und zweiten Präsidenten der Kammer der Reichsräthe für die Zeit der Jahres-Sizung. § 4. Die Kammer der Reichsräthe kann mit Giltigkeit berathen und beschließen, wenn mehr als die Hälfte der ernannten Mitglieder anwesend sind. § 5. Zu allen Beschlüßen der Kammer wird die absolute Mehrheit der Stimmen erfodert in so ferne nicht bei einigen Gegenständen nähere Bestimmungen getroffen sind. § 6. Die zweite Kammer der ReichsVersammlung bildet sich aus den Deputirten der Städte und Märkte, der Besizer der Herrschafts- und Ortsgerichte, jener der frei eigenen, keinem Grundherrn untergebenen Güter und aus den Deputirten der Universitäten.
§ 1 bis 27 § 1. Die Kammer der Reichsräthe ist zusammengesezt, aus 1.) den volljährigen Prinzen des königlichen Hauses als erblichen Reichsräthen, 2.) dem Erzbischof und den Bischöfen des Reichs als ernannten Reichsräthen auf
§ 7. Die Zahl der Mitglieder richtet sich im Ganzen nach der Zahl der Familien des Königreichs in dem Verhältniße, daß auf 5000. Familien ein Deputirter gerechnet wird. § 8. Von der auf solche Art bestimmten Zahl stellt die Klaße der Städte und Märkte
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BAYERN ein Viertheil, die der Herrschafts- und Ortsgerichts-Besizer ein Viertheil und die der übrigen Grund-Eigenthümer zwei Viertheile, zu welchen noch jede der Universitäten des Reichs einen Deputirten zu stellen hat. § 9. Die Gesammtzahl der Deputirten einer jeden Klaße wird besonders nach ihren unter sich bestehenden Verhältnißen und nach den hierüber in dem konstituzionellen Edikte enthaltenen Bestimmungen auf die einzelnen Kreise vertheilt. § 10. Jede Klaße wählt in ihrem Kreise eine dreifache Zahl der dieselbe betreffenden Deputirten nach den hierüber bestehenden Wahlordnungen, aus welchen sodann der König die auf die fünfjährige Dauer der Versammlung eintretenden Mitglieder dergestallt ernennt, daß die Übrigen für diesen Zeitraum als Suppleanten verbleiben, aus welchen die während der Dauer der Versammlung erledigten Stellen besezt werden. § 11. Jedes Mitglied der Kammer der Deputirten muß ohne Rüksicht auf Standesoder Dienstes-Verhältniße ein selbstständiger Staatsbürger sein, welcher wenigstens das 25te Lebensjahr zurükgelegt hat, keinem allgemeinen Konkurse der Gläubiger unterworfen gewesen ist, und den freien Genuß eines solchen im betreffenden Kreise oder Orte gelegenen Vermögens besizt, welches seinen unabhängigen Unterhalt sichert, und durch die Größe der jährlichen Versteuerung begründet wird. Er muß sich zu einer der drei kristlichen Religionen bekennen, und darf niemal einer Spezial Untersuchung wegen Verbrechen unterlegen haben, wovon er nicht gänzlich frei gesprochen worden ist. § 12. Alle fünf Jahre wird eine neue Wahl der Deputirten vorgenommen, und sonst nur in dem Falle, wenn die Kammer von dem König aufgelöset wird.
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§ 13. Der Austritt eines bereits ernannten Mitglieds kann während der Dauer der Funkzion verfügt werden: 1.) wenn das Mitglied die Qualität, das Gericht oder Gewerb, welche seine Wahl für den betreffenden Kreis oder die Klaße besonders begründeten, aus was immer für Veranlaßungen abtritt, ohne einen gleichen Ersaz in demselben Kreise, Orte oder Klaße zu erwerben; 2.) wenn daßelbe unter der Zeit eine der oben : Titel §: zur passiven Wahlfähigkeit wesentlich erfoderliche Eigenschaft verliert; 3.) wenn es sich der öffentlichen Achtung unwürdig macht; 4.) wenn ein Mitglied bei zwei nach einander folgenden JahresVersammlungen ohne hinreichende Verhinderungs-Ursache nicht erscheint. § 14. In den angezeigten Fällen hat die Kammer der Deputirten auf die geschehene Anzeige und nach vernommener Vertheidigung des Betheiligten zu entscheiden. Zur Ausschließung werden Drei Viertheile der anwesenden Stimmen erfodert. § 15. Den Mitgliedern der Kammer der Deputirten wird für ihre Funkzion eine angemeßene Entschädigung für Reise- und Zahlungs-Posten auf die Dauer der Versammlung gegeben werden. § 16. Der König ernennt die Präsidenten und Sekretairs aus den vorgeschlagenen Mitgliedern der Kammern. § 17. Zur giltigen Konstituirung der Kammer der Deputirten wird die Anwesenheit von wenigstens zwei Drittheilen der gewählten Mitglieder, und zur giltigen Abstimmung die Gegenwart von zwei Drittheilen der anwesenden Mitglieder erfodert. § 18. Zu allen Beschlüßen der Kammer wird die absolute Mehrheit der Stimmen erfodert, in so ferne nicht bei einigen Gegen-
V ERFASSUNGSENTWURF FÜR BAYERN (1815) ständen nähere Bestimmungen getroffen sind. § 19. Die Kammer der Reichsräthe wird gleichzeitig mit jener der Deputirten zusammenberufen, eröfnet und geschloßen. Beide Kammern können ihre Sizungen nur inner dem gleichen Zeitraume halten. § 20. Die Vorträge über die Staats Auflagen geschehen zuerst in der Kammer der Deputirten, und werden erst durch diese an die Kammer der Reichsräthe gebracht. Alle übrigen Gegenstände können nach der Bestimmung des Königs in einer oder der andern Kammer zuerst oder in beiden zugleich vorgelegt werden. § 21. Kein Gegenstand des den Ständen des Reichs angewießenen gemeinschaftlichen Wirkungs-Kreises kann von einer Kammer allein in Berathung gezogen werden, und die Wirkung einer giltigen Einwilligung der Stände verlangen.
nach dem Schluße derselben in bestimmten Zeiträumen fortsezen, und ihre Fürsorge auch auf die Aufsicht über die ProvinzialSchulden erstreken. § 25. Die gemeinschaftliche Commission zur Untersuchung der Beschwerden: Titel VIII. §: 22. und Titel XII. §: 2: versammelt sich auf Einberufung des Präsidenten, wenn Gegenstände der Berathung vorhanden sind, wenigstens in jedem Monate einmal. § 26. Ausser dem einschlägigen königlichen Ministerium haben die beiden Kammern mit keiner andern königlichen Behörde in Geschäfts-Benehmen zu treten. § 27. Es ist keiner Kammer gestattet, sich mit einer KreisDeputazion in Benehmen zu sezen, noch minder an das Volk Addreßen zu erlaßen.
NEUNTER TITEL Von den Kreis Deputazionen
§ 22. Jede Kammer wählt aus ihrem Mittel fünf Kommißionen, und zwar: 1. Für die Gegenstände der Gesezgebung; 2. für die der Steuern; 3. für die übrigen an die Kammer gelangenden Gegenstände der innern Verwaltung; 4. für die Schulden-Tilgung, und 5. für die Untersuchung der vorkommenden Beschwerden. § 23. Die Kommißionen für die SchuldenTilgung und für die Untersuchung der Beschwerden sind zwischen beiden Kammern gemeinschaftlich. § 24. Die gemeinschaftliche Kommißion zur Staatsschulden-Tilgung wird ihre Sizungen nicht blos während der Dauer der ReichsVersammlung, sondern auch
§ 1 bis 12 § 1. In jedem Kreise besteht eine KreisDeputazion von 12. Mitgliedern, welche der König aus sämmtlichen, im Kreise wohnhaften und zur Nazional Repräsentazion paßiv wahlfähigen Staatsbürgern dargestellt auswählt, daß sie aus den verschiedenen Gegenden des Kreises, und aus den verschiedenen Kassen der Stände, mit Ausschluß der funkzionirenden königlichen Beamten einberufen werden. § 2. Die Funkzion eines KreisDeputirten muß persönlich ausgeübt und kann andern nicht übertragen werden. Auch kann man nicht zugleich Kreis Deputirter und Mitglied der Kammer der Deputirten sein, sondern bei dem Eintritte eines Kreis Deputirten in leztere wird deßen Stelle wieder besezt.
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BAYERN § 3. Die KreisDeputirten werden auf sechs Jahre ernannt, und alle zwei Jahre nach dem Loose zum dritten Theil erneuert, wobei es jedoch dem König vorbehalten ist, die austretenden wieder neuerdings zu ernennen. Mit dem Verluste der Wahlfähigkeit zur Nazional Repräsentazion ist auch der Verlust der Stelle eines KreisDeputierten verbunden. Auch verliert man solche, wenn man ohne hinreichende Entschuldigungs Ursache auf die geschehene Zusammenberufung nicht erscheint, oder auch mit genügender Entschuldigung bei zwei auf einander folgenden Versammlungen ausbleibt. § 4. Die KreisDeputazionen werden durch besondere Ausschreiben, welche das einschlägige königliche Ministerum ausfertigt, jährlich wenigstens einmal an den Siz des General-Kommißariats des Kreises einberufen, wo sie ohne besondere königliche Verlängerung nicht über vier Wochen versammelt bleiben. Die erscheinenden Kreis Deputirten erhalten für jede Zusammenberufung eine bestimmte Entschädigung für ihre Reise- und Zehrungs-Kosten. § 5. Der König ernennt den Präsidenten und den Sekretär, und zwar leztern allezeit aus der Zahl der Deputirten auf eine oder mehrere Zusammenberufungen. § 6. Die Mitglieder der KreisDeputazionen haben folgenden Eid abzulegen: „Ich schwöre Treue dem König, Gehorsam dem Geseze und der Konstituzion und nach meinen Pflichten das Beste des Kreises zu berathen.“ § 7. Der Wirkungskreis der Kreis Deputirten umfaßt folgende Verrichtungen: 1.) die Darstellung des Zustandes und der Bedürfniße des Kreises und die auf die Verbeßerung deßelben abzielenden Vorschläge und Wünsche nebst der Anzeige
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allenfallsiger AmtsMißbräuche; 2.) den Vorschlag der besondern Kreisauflagen, welche, nachdem sie die königliche Genehmigung erhalten haben, abgesondert erhoben und ausschliesend zu dem Zweke, wozu sie bestimmt sind, verwendet werden müßen; 3.) die Mitwirkung zur einzelnen Vertheilung sowohl der allgemeinen als der besonderen Kreis-Konkurrenzen, nach den besonders hierüber zu erlassenden Vorschriften; 4.) die Vorlage der über die besondern Kreis Auflagen und Kreis Konkurrenzen abzulegenden Rechnungen zur Einsicht und Erinnerung; 5.) die Aufsicht über die Tilgung der allenfalls abgesöndert bestehenden Kreisschulden; 6.) die Ausmittlung der hiezu erfoderlichen Fonds und die Aufsicht über deren getreue Verwendung, dann Vorlage der hierüber zu stellenden Rechnungen zur Einsicht und Erinnerung;; 7.) die jährliche Vorlage der Rechenschaft über die Verwendung des StiftungsVermögens des Kreises; 8.) die Erstattung besonders gefoderter Gutachten. § 8. Die KreisDeputazionen können nicht anders als auf unmittelbare königliche Ausschreiben, an keinem andern Orte und zu keinem andern Zweke, als ihnen bestimmt ist, zusammentreten, und nicht über die festgesezte Zeit versammelt bleiben; Nur in dem außerordentlichen Falle, daß irgend ein Landestheil durch feindliche Invasion von dem Size der Regierung abgeschnitten wäre, ist es dem dortigen General Kommißär gestattet, die Zusammenberufung der KreisDeputazion, wenn er sie nötig finden sollte, für sich zu verfügen. § 9. Die KreisDeputazionen können unter keinem Vorwande, weder unter sich noch mit der National Repräsentazion, oder mit andern Behörden, ausser dem General
V ERFASSUNGSENTWURF FÜR BAYERN (1815) Kommißariate des Kreises korrespondieren. Sie können weder Instrukzionen einholen, noch annehmen, noch öffentliche Bekanntmachungen oder Umlaufschreiben erlaßen, noch Deputazionen an das königliche Hoflager abordnen. § 10. Sollte eine KreisDeputazion diese Gränzen ihrer Ermächtigung überschreiten; so ist der General Kommißär des Kreises nach vorgängiger fruchtloser Ermahnung befugt und verpflichtet, sie alsbald aufzulösen. Wenn diese Maasregel, welche dem König alsbald angezeigt werden muß, deßen Genehmigung erhält; so verlieren alle Mitglieder ihre Stellen bei der Kreis-Deputazion, und es wird eine neue zusammen gesezt. § 11. Zur Eröffnung der Sizung einer Kreis-Deputazion ist die Anwesenheit von wenigstens zwei Drittheilen der Mitglieder nothwendig, und bei endlicher Abstimmung über die vorkommenden Gegenstände sollen wenigstens sieben Mitglieder gegenwärtig sein. § 12. Die Berichte, welche an den König, nach dem vorgeschriebenen Style gerichtet sind, werden an das einschlägige Ministerium erstattet.
ZEHENTER TITEL
peinlichen Endurtheilen dem Angeklagten nicht bekannt gemacht werden sollen, entscheidet das Gesez. § 3. Die Glieder der Justiz Kollegien werden von dem König auf Lebenszeit ernannt, und können nur durch einen Rechtsspruch ihre Stellen verlieren. § 4. Der König kann in peinlichen Sachen Gnade ertheilen, die Strafe erlaßen oder mildern: aber in keinem Falle irgend eine anhängige Streitsache oder angefangene Untersuchung hemmen, vielweniger eine Parthei ihrem gesezlichen Richter entziehen. § 5. Der königliche Fiskus wird in allen streitenden Privat-RechtsVerhältnißen bei den königlichen Gerichtshöfen Recht nehmen. § 6. Die Vermögens-Konfiskazion hat in keinem Falle, den der Deserzion ausgenommen, statt. § 7. Es soll für das ganze Reich ein und daßelbe bürgerliche und peinliche Gesezbuch bestehen.
ELFTER TITEL Von dem Kriegswesen
§ 1 bis 7
§ 1 bis 7
§ 1. Jeder Baier ist verpflichtet zur Vertheidigung seines Vaterlandes mitzuwirken. Von der Pflicht die Waffen zu tragen ist der geistliche Stand ausgenommen.
§ 1. Die Rechtspflege wird durch die in geeigneter Zahl bestimmte Unter- und OberGerichte verwaltet; von den Erkenntnißen der lezten gehet die Berufung an die Oberste Justizstelle.
§ 2. Zur Vertheidigung des Staats wird eine stehende Armee erhalten, welche auf dem Wege der allgemeinen Militair-Konskripzion ergänzt, und auch im Frieden gehörig unterhalten wird.
§ 2. Alle Gerichtsstellen sind verbunden, bei Endurtheilen die EntscheidungsGründe anzuführen: in welchen Fällen dieselben bei
§ 3. Neben der stehenden Armee bestehen noch Landregimenter und die Landwehr.
Von der Rechts-Pflege
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BAYERN § 4. Die Landregimenter : Nazionalgarde zweiter Klasse : sind zur Unterstüzung des stehenden Heeres bestimmt, und werden nur dann, wenn es des StaatesVertheidigung erfodert, zu den Waffen gerufen und mobilisirt. Im Falle des Aufgebotes theilen sie alle Verpflichtungen, so wie alle Ehren und Vorzüge mit dem stehenden Heere. Im Frieden bleibt sämmtliche in den Landregimentern eingereihte Mannschaft, die zu den Waffenübungen erfoderliche Zeit ausgenommen, in ihrer Heimath, frei von allen militairischen Zwängen, blos der bürgerlichen Gerichtsbarkeit und den bürgerlichen Gesezen unterworfen, ohne an der Veränderung des Wohnsizes, Ansäßigmachung oder Verehelichung gehindert zu sein. § 5. Die Landwehr : Nazionalgarde dritter Klaße : kann in Kriegszeiten als Reserve der schon durch die Landregimenter verstärkten Armee auf besondern königlichen Aufruf, jedoch nur innerhalb der Gränzen des Reichs in militairische Thätigkeit treten. Zur zwekmäsigen Benüzung dieser Maße wird dieselbe in zwei Abtheilungen ausgeschieden, deren zweite die zur Mobilisirung weniger geeigneten Individuen begreift, und in keinem Falle außer ihrem Bezirke verwendet werden soll. In Friedenszeiten wirkt die Landwehr, in so ferne es erfoderlich ist, und die dazu bestimmte Gendarmerie nicht hinreicht, zur Erhaltung der innern Sicherheit mit. § 6. Die Armee handelt nur gegen den äussern Feind, und im Innern nur dann, wenn es der Monarch in einem besondern Falle ausdrüklich befiehlt, oder die Militärmacht von der kompetenten Zivil-Behörde förmlich dazu aufgefodert wird. § 7. Die Militair-Personen stehen in Dienst- und persönlichen Rechts-Sachen, dann wegen Verbrechen oder Vergehen unter der Militair-Gerichsbarkeit, in Real- und
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gemischten Rechts-Sachen aber unter den bürgerlichen Gerichten.
ZWÖLFTER TITEL Von der Garantie der konstituzionellen Rechte § 1. Bei dem RegierungsAntritte schwört der König in einer feierlichen Versammlung folgenden Eid: „Ich schwöre nach der Konstituzion des Reichs und den Gesezen zu regieren und stets unpartheiische Rechtspflege handzuhaben.“ Hierüber wird eine Urkunde verfaßt, in das Reichs-Archiv hinterlegt, und beglaubigte Abschriften davon der ReichsVersammlung mitgetheilt. § 2. Damit ferner der Constitution die nötige Garantie gegeben werde, soll auch den Ständen des Reichs jedes Jahr eine Commission durch sie selbst gewählt und zusammengesezt werden, bei welcher jeder Unterthan, der seine durch die Constitution gesicherten Rechte gekränkt glaubt, und auch seine bei den geeigneten Behörden gemachte Vorstellung keine Abhilfe erlangt hat, seine Beschwerden anbringen kann. § 3. Wenn diese Commission die Klage ungegründet findet, kann sie solche ohne weiteres zurükweisen. Wird sie aber begründet gefunden, so soll sie bei Eröffnung der nächsten Versammlung der Kammer der Reichsräthe vorgelegt werden, welche die Sache in Überlegung nimmt, und wenn eine Verlezung der Constitution anerkannt wird, den Gegenstand an den König bringt. § 4. Der König wird sodann nicht entstehen, entweder der Klage abzuhelfen, oder wenn ein Zweifel dabei obwalten sollte, nach der Natur des Gegenstandes durch die betreffende oberste Justiz- oder Administrativ-
V ERFASSUNGSENTWURF FÜR BAYERN (1815) Stelle entscheiden, sofort den Spruch ohne Anstand vollziehen zu laßen.
Dem Verfassungsentwurf folgt die Verfassungs-Urkunde des Königreichs Baiern vom 26. Mai 1818, siehe unter „Verfassungsurkunde für das Königreich Bayern (1818)“ im Band 2.
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Für weiterführende Hinweise siehe Michael Kotulla, Deutsches Verfassungsrecht: 1806–1918, 2. Band, Berlin 2007, S. 127f., s. auch Wolfgang v. Rimscha, Die Grundrechte im Süddeutschen Konstitutionalismus, Berlin 1973.
Ediert nach Staatsrat 1653 aus dem Bestand des Bayerischen Hauptstaatsarchivs. Bei dem Dokument handelt es sich um einen Verfassungsentwurf, der am 14. Februar 1815 vorgelegt wurde.
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Deutscher Index
Adel, 262, 266–267, 281, 319, 335–336 – Privilegien, 243, 313, 335–336 – Stellung, 176, 217–218, 335 Bevölkerungsgruppen – Ausländer, 24 Bildung, 132, 157–158, 177–178, 219, 260, 285–286 – allgemeine Schulen, Errichtung, 132, 177, 219 Eide, 23, 36, 124, 126, 151, 169, 175–177, 180, 184, 211–212, 214, 219, 223, 225, 226, 228, 231, 274, 280, 282, 294, 307, 309, 326, 330, 338, 344 – Amtseide, 111, 127–128, 165, 269 – Treueeide, 34, 42, 136, 262, 314, 320, 342 erbliche Titel, Verbot, 176, 217 Exekutive, 126, 181, 210 – Befugnisse, 15, 43, 98, 151, 157, 179, 181, 210, 321, 322 – – Abberufungsrecht, 155 – – Auflösung der Legislative, 106, 112, 127–128, 136, 144, 168, 183, 246, 316, 324, 338 – – Außenpolitik, 126, 286 – – – Verträge, 126 – – Begnadigungsrecht, 126, 156, 181, 224–225, 249, 272, 317, 324, 343 – – Einberufung der Legislative, 10, 15, 36, 70, 101, 104, 114, 120, 127–128, 165, 183, 246, 307, 316, 323, 338, 342 – – Ernennungsrecht, 10, 19, 119, 154, 181, 221, 246–247, 323 – – Haushaltsrechte, 144, 186, 230, 322 – – judikative Befugnisse, 153, 155, 191, 196, 249, 286–287, 317, 322, 324, 343 – – legislative Befugnisse, 105, 145, 155, 180, 185, 224, 231, 286, 321–323, 337 – – – Gesetzesinitiative, 110, 184, 337
– – – Sanktionierung von Gesetzen, 17, 110, 163, 221 – – Militärbefehlsgewalt, 154, 181, 224, 228, 344 – – Vertagungsrecht bez. Legislative, 10, 106, 144, 168, 183, 225, 246, 316, 338 – exekutive Körperschaften, 40, 261, 263, 288–289, 321 – – Ministerien, 256, 259–260, 271, 315, 321 – – – Kompetenzen, 256–260, 315, 338 – Minister, 126–128, 131, 243–244, 253, 260–261, 263, 270–271, 283, 308, 315, 321 – Mitglieder, 265, 267, 269–270, 321 – – Amtsenthebungsverfahren, 128–129, 227 – – Anwesenheitsrecht i. d. Legislative, 10, 105, 144, 167, 188, 227, 295, 338 – – Ernennung, 283 – – Qualifikationen, 267–268, 283 – – Verantwortlichkeit, 37–38, 109, 127, 147–148, 153, 170, 180–182, 224, 227, 244, 282–283 – – Vergütung, 127, 274, 283 – – Virilisten, 266–268 – – Wahl, 247, 267–269 – – Wiederwahl, 268 – Monarch, 22, 147–150, 179–180, 224– 226, 240, 242, 278–279, 314, 320, 328 – – Abstammung, 21, 148, 179–180, 225, 241–242, 314–315, 320, 327 – – Apanagen, 128, 149–150, 287, 330– 331 – – Domäne, 26–27, 40, 193, 226, 233, 236, 240, 242, 288 – – Huldigung, 225–226 – – Kammergut, 27–28, 145, 150–151, 181, 187, 287–288 – – königliche Zustimmung, 167–168, 269
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D EUTSCHER I NDEX – – königlicher Haushalt, 40, 150, 226, 242, 315, 330–331 – – Regentschaft, 128, 149, 180, 226, 242, 278–279, 315, 320–321, 328–330 – – Thronfolge, 241–242, 278, 327–328 – – Unverletzlichkeit, 126, 147–148, 179, 224, 278, 330 – – Zivilliste, 128, 181, 226, 233, 236, 287, 330–331 – offizieller Sitz des Parlaments, 127, 130, 180 – Pflichten, 134 – Staatsoberhaupt, 126–128, 147, 179 – – Befugnisse, 10, 29, 126–127, 150–151, 154–155, 180–181, 223, 284–285, 316, 323–324, 337 – Staatsrat, 79–82, 89–90, 108–109, 128, 196–197, 244–245, 253, 255, 283, 315– 316, 321–322 – Verhältnis zu anderen Gewalten, 133, 244–245, 283 Feudale Institutionen und Praktiken, 125, 134, 179, 195, 220, 262, 275, 313, 319 – Fideikommiß, 150, 179, 221, 336 – grundherrliche Rechte, 125 – Lehen, 40, 179, 221 – Leibeigenschaft – – Abschaffung, 243, 280, 314, 320, 334 – Primogenitur, 127 – Privilegien, 124, 176, 242–243, 280– 281, 336–337 – Stände, 9–10, 23, 69–70, 94, 117, 118, 141, 176, 193, 194, 212, 242–243, 245– 246, 265–271, 283, 313, 316 Gesetze, 123, 126, 132, 134–136, 152, 211, 244, 249, 271–272, 276, 279, 302, 315, 317, 320, 332, 343 – Kodifizierung bestehender Gesetze, 136– 137, 271–272 – Übergangsbestimmungen, 10, 38, 41, 127, 135–136, 231, 302 – Zivilrecht, 244, 248, 324 Grundrechte, 175, 178, 217
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Hoheitsrechte, 156 – Bergrecht, 133, 324 – Münzrecht, 126, 181, 243 Infrastruktur – Postwesen, 194 – Straßen, 194 Judikative, 38, 132, 190, 196, 227, 324, 343 – Gerichte, 132, 190, 195–196, 227, 248, 286, 317, 325 – – Berufungsgericht, 317 – – Kriminalgericht, 133, 207–208, 286 – – Militärgerichte, 191, 227, 317–318, 325 – – Oberster Gerichtshof, 109–110, 117, 164, 249, 317 – – – als Verfassungsgericht, 169–170, 299, 325–326, 344–345 – – – Richter – – – – Amtsenthebungsverfahren, 249 – – – – Qualifikationen, 299 – – – – Unvereinbarkeit mit anderen Ämtern, 132 – – Zusammensetzung, 132, 317 – Gerichtsdistrikte, 196 – Gerichtsprozesse, 133, 191, 227, 248, 300 – Rechtsprechung, 156, 208, 300, 325– 326 – – Beschränkungen, 300 – – Wechselseitige Anerkennung der Rechtsprechung, 133, 228 – Richter, 132–133, 155–156, 190, 227, 248, 282, 317 – – Amtsenthebung, 132, 190, 227 – – Ernennung oder Wahl, 132, 248–249 – – gesetzliche Richter, 156, 190–191, 227, 317, 343 – – Unvereinbarkeit mit anderen Ämtern, 190 – Verhältnis zu anderen Gewalten, 155– 156, 190–191, 227–228, 300–301, 324 – – Unterscheidung von administrativen Körperschaften, 117
D EUTSCHER I NDEX Kirche, 25, 157, 283–285, 319–320 – Hierarchie, 285 – Kirchenautonomie, 284 – Trennung von Staat und Kirche, 177, 219 Kriegszustand, 136 Legislative, 126, 129, 221, 337 – Befugnisse, 337 – dritte und weitere Häuser oder Kammern, 18–19, 30, 70, 113, 118, 168, 189, 194, 212–213, 244, 289, 297–298, 302– 303, 316–317, 322, 341 – – Befugnisse, 10, 18–19, 28, 30–31, 34– 35, 44, 94, 95, 102, 113, 119–120, 143–145, 150–151, 162, 169, 183–184, 187, 189–190, 194–195, 213, 223–225, 297–298, 302, 316–317, 323–324, 342 – – – Amtsenthebungsverfahren, 187 – – – Budgetrecht, 10, 11, 18, 40–41, 113, 143, 162–163, 169, 185–187, 189, 194, 229–230, 323, 337, 338 – – – Ernennungen, 14 – – – – Bestätigung von Ernennungen, 10 – – – Geschäftsordnung, 184, 223, 308 – – – Gesetzgebung, 11, 113, 129, 133, 156, 163, 184–185, 246, 286 – – – – Einschränkungen – – – – – parlamentarische Strafbeschlüsse, 128–129 – – – – – Verfassungsmäßigkeit, 133 – – – – Gesetzesinitiative, 110, 143, 163– 164, 184, 302 – – – – Inkrafttreten von Gesetzen, 185 – – – – Lesung von Gesetzesentwürfen, 129, 163, 244–245, 295–296, 307– 308, 316–317 – – – – Sanktionierung von Gesetzen, 17, 35, 94, 110, 163 – – – – Steuergesetzgebung, 11, 18, 34, 35, 40, 113, 143, 162, 185, 194, 210, 229–230, 337 – – – – Verabschiedung von Gesetzesentwürfen, 131 – – – – – Mehrheiten, 131, 185, 307
– – – Interpellation, 11, 113, 119, 164, 187 – – – judikative Funktionen, 35, 94, 109– 110, 164, 227, 299 – – – Ratifizierung von Verträgen, 127, 163, 181 – – – Vertagung, 307 – – – Zuweisung von Haushaltsmitteln, 35, 169, 189 – – Mitglieder, 11, 15, 18–19, 29–32, 42, 70, 73–76, 78–79, 95, 98, 102–104, 107, 110, 113–114, 118, 129–130, 139, 158, 166, 182–183, 212–213, 221–222, 245–246, 298, 303, 322, 341–342 – – – Ämterhäufung, 33, 43, 101–102, 183, 194, 223, 306 – – – Amtszeit, 14, 34, 42, 71, 77, 90, 98, 110, 140, 142–143, 161, 182, 221, 246, 316, 323, 341 – – – Ernennung, 78, 95, 245–246, 341– 342 – – – Immunität, Indemnität, 17, 37, 103– 104, 131, 166–167, 184, 224, 338– 339 – – – Inkompatibilität, 341 – – – Pflichtanwesenheit, 17 – – – Qualifikationen, 70, 119 – – – Vergütung, 17, 19–20, 31, 74, 79, 88, 103–104, 110, 131, 166, 168, 184, 196, 213–214, 224, 245, 253, 299, 307, 316, 324, 342 – – – Virilisten, 265–266 – – – Wahl, 11–14, 31, 42, 71–74, 78–79, 94, 95, 99, 114, 118–120, 130, 139, 141–142, 182, 194, 213, 303, 322 – – – Wiederwahl, 30, 98, 101, 130, 140, 142–144, 246 – – Verfahren, 15–17, 19, 31, 36–37, 101– 108, 144, 165–168, 187–188, 190, 246, 289, 293–298, 307, 324, 339 – – – Abstimmungen, 16–17, 36–37, 104– 105, 144, 167, 188, 296 – – – Auflösung, 182–183, 225, 307, 343 – – – Ausschüsse, 31, 76–77, 106–108, 130–131, 143, 270–271, 306–307 – – – Beschlussfähigkeit, 16, 104, 131,
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D EUTSCHER I NDEX 167, 188, 223, 296, 307, 343 – – – Dauer der Sitzungsperiode, 120, 131, 168 – – – Eröffnungssitzung, 10, 36, 100, 104, 165, 223, 323 – – – Öffentlichkeit der Sitzungen, 131, 133, 168, 187–188, 221, 223 – – – Sitzungsprotokoll, 16, 19, 103, 166 – – – – Veröffentlichung, 145, 188 – – – Wahl parlamentarischer Amtsträger, 11, 15, 19, 101, 103, 110–111, 131, 165, 187, 223, 298, 307 – Einberufung, 15, 19, 70, 143, 168, 183– 184, 189–190, 293, 341 – gemeinsame Sitzung der Kammern, 296, 338, 341 – Oberhaus, 339 – – Befugnisse – – – Budgetrecht, 94 – – – Geschäftsordnung, 271 – – – Gesetzgebung – – – – Steuergesetzgebung, 94 – – Mitglieder, 290, 339 – – – Parlamentssprecher, 76 – – – Vorsitzender des Oberhauses, 77, 339 – – Verfahren, 294, 296, 341 – – – Ausschüsse, 341 – – – Beschlussfähigkeit, 339 – offizieller Sitz, 15, 135, 208 – Struktur – – bikameral, 337 – Unterhaus, 339 – – Befugnisse – – – Gesetzgebung, 127 – – – Steuerbewilligungsrecht, 296 – – – Zuweisung von Haushaltsmitteln, 134 – – Mitglieder, 273, 290, 294, 339–340 – – – Amtszeit, 340 – – – Ernennung, 294, 340 – – – Immunität, Indemnität, 273–274 – – – Vergütung, 340 – – – Wahl, 340 – – Verfahren, 296, 341 – – – Abstimmungen, 270, 294
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Auflösung, 130 Ausschüsse, 129, 210, 272–273, 341 Beschlussfähigkeit, 340 Haushaltsbericht, 134–135
Mandatsverteilung – nach Einwohnerzahl, 97 Militär, 89, 126, 133–134, 241, 274–275, 287, 325, 343–344 – Marine, 134 – Mitglieder, 133, 344 – – besondere Regelungen für, 133–134 – Oberkommando, 126 – Organisation, 228, 344 – stehendes Heer, 317, 325, 343 – Wehrpflicht, 23, 152, 176, 218, 228, 280, 343 Polizeigewalt, 172, 317 Rechte, 22, 25, 123, 125, 129, 151, 157, 176, 178, 274, 280–281, 319, 334 – Auswanderung, 22, 124–125, 152–153, 221, 275, 281 – Berufsfreiheit, 151, 178–179, 219–220, 275 – Briefgeheimnis, 125, 177, 218 – Ehestand, 177, 217, 219 – Eigentumsrechte, 124–125, 151–153, 178, 220–221, 280–281, 313, 334 – – Eigentumsfreiheit, 94, 125, 220, 275, 334 – – Enteignung, 23–24, 125, 152, 178, 220 – Freiheit der Wissenschaft, 177, 219 – Freiheit und Sicherheit der Person, 124, 275–276, 313, 334 – Freizügigkeit, 275, 327 – Gewerbefreiheit, 22, 280 – Gleichheit, 124, 151, 176, 217, 242, 274, 280, 319 – Justizgrundrechte, 152, 176, 218 – – Anklageerhebung durch Staatsanwalt oder Geschworene, 191 – – Geschworenengerichte, 191, 227, 248 – – Kaution, 124, 176, 218 – – rechtliches Gehör, 124, 155 – – Rechtsbeistand, 276
D EUTSCHER I NDEX – – Rechtsweggarantie, 133, 191, 275– 276, 286 – – Verbot grausamer oder ungewöhnlicher Bestrafung, 152, 176, 218, 276, 287 – Petitionsrecht, 76, 108, 125, 152, 164, 178, 187, 220, 271–272, 344 – Pressefreiheit, 111, 125, 152, 177, 218, 280, 313, 319, 335 – Recht auf freie Meinungsäußerung, 125, 152, 177, 218–219 – Redefreiheit, 131 – Religionsfreiheit, 23, 157, 177, 219, 242, 284, 313, 319, 334–335 – Schutz der persönlichen Freiheit (habeas corpus), 176, 218 – Unverletzlichkeit der Wohnung, 124, 176, 218 – Vereinsfreiheit, 125, 178, 220 – Versammlungsfreiheit, 125, 178–179, 220 – Waffen, Besitz oder Tragen von, 124, 274–275, 280 Regierung, 260 – Beziehungen Bund - Einzelstaat, 20, 44, 123, 139, 147, 231, 278 – – Befugnisse des Bundesstaates – – – judikative Kompetenz, 111–112 – Finanzen, 26–28, 40, 75, 82–87, 90, 91, 106, 108, 135, 144, 151, 153, 193, 194, 197, 211, 213–214, 229–230, 274, 286, 289, 299 – – Einnahmen, ordentlich u. außerordentlich, 40, 134, 171–172, 194, 208, 288 – – Haushalt, 40–41, 94, 106–107, 130, 134, 171–173, 204, 271, 274, 288 – – Haushaltsjahr, 41, 135, 185, 229 – – Staatsschuld, 27–28, 41, 143, 151, 186, 193, 204, 274, 289, 337–338 – Korruption, 302 – öffentliche Institutionen, 153 – öffentlicher Besitz, 314, 332–333 – Regierungsform, 175 – – Monarchie oder Kaisertum, 147, 327 – subnationale Regierung, 24–25, 208, 284
– – Kommunalregierung – – – Kommunalbeamte, 24, 274, 284 – – Kommunalverfassungen, 24, 135, 178 – – Provinz- oder Länderparlamente, 76, 126–129, 136, 210, 212, 272 – – Provinzuntergliederungen (Grafschaften/Landkreise etc.), 88–89, 207, 261– 262 – Verklagen des Staates, 131, 153–154 Religion, 131, 157, 177, 274, 313–314 – Christentum, 151 – Judentum, 157 Repräsentation, 10, 16, 34, 42, 94, 118, 139, 141, 158, 166, 208–209, 293, 302, 307, 327 – freies Mandat, 16, 103, 166, 184, 223, 293, 307, 323 Ritterschaft, 95, 114, 209–210, 262–263, 281 soziale Wohlfahrt, 22 Sprache, 125 Staats- und Verwaltungsapparat, 131, 133, 157, 178, 195–196, 204, 221, 246, 259, 261, 282, 321–322 – Beamte, 19–20, 126, 130, 133, 153–155, 195–197, 207–209, 230–231, 247–248, 261–262, 272, 282–283, 314, 320 – Verwaltung, 69, 128, 134, 154–155, 182, 208, 246–248, 271, 316 Staatsbürgerschaft, 22–23, 123–126, 128, 133–135, 151, 175, 217, 261, 279–281, 314, 333–334 – Verlust, 22–23, 281, 334–335 – Verpflichtungen, 22–24, 124–126, 137, 151–152, 156, 176, 225, 314, 320, 335 Staatsgebiet, 21, 123, 135, 217, 239, 277– 278 Staatsstruktur, 147, 175, 241, 313, 319, 327 – föderaler Staat, 313 Staatssymbole, 135 Steuern, 23, 26, 89, 125, 135–136, 143, 151–152, 156, 171–172, 193, 197–201, 203–204, 211, 228–229, 240, 243, 263, 271, 288, 313, 319
351
D EUTSCHER I NDEX – Besteuerung, 172, 173, 179, 197–203, 271, 319, 333 – Steuergleichheit, 135, 193, 197, 203, 274, 313, 335 territoriale Organisation, 69 – Föderalismus, 217 – Grenzen, 123, 134, 175, 217 – Hauptstadt, 101, 301, 328 Verfassung, 22, 93–94, 123, 136, 265 – rechtlicher Status, 20, 111, 130, 169 – Status, 9, 38, 145, 232, 301 – Verfassungsrevision, 20, 38, 111, 169, 185, 231, 302 Wahlen, 23, 32, 45, 209, 291–292, 316 – Anfechtung, 43, 100, 304, 306 – Wahlergebnisse, 14–15, 305–306 – Wahlkomitee, 13–14, 99–100, 160–161, 292, 303–304 – Wahlregister, 43, 160, 304 – Wahltag, 43, 292, 304–305 – Wahlverfahren, 12–14, 32–34, 42–44, 98–100, 114, 130, 139, 142, 160–162, 209, 268, 291–293, 303–306, 322 – – mündlich, 14, 130, 322 – – Stimmzettel, 13, 43, 114, 305, 322 Wahlkreise, 13, 32, 68, 95, 129, 142, 304 – Einzelwahlkreise, 42, 95–96, 304 Wahlprinzipien, 42–43, 96–97, 160 – allgemeine Wahlen, 129–130 – direkte Wahlen, 95, 129, 160, 182 – freie Wahlen, 13–15, 94, 100, 161, 209, 222, 270
352
– geheime Wahlen, 43 – Mehrheitsprinzip, 11–13, 43–44, 99– 100, 114, 141–142, 160–161, 209, 291, 305, 322 Wahlrecht, aktiv, 11–13, 32, 42, 96–97, 118, 130, 142, 158–160, 182, 265–266, 291–292, 303, 322–323 – Alter, 11, 158, 182, 266, 303 – Bildung, 159 – Disqualifikation, 42, 97, 159, 182–183, 222, 303 – Eigentum, 12–13, 96–97, 114, 118–119, 142, 159 – Geschlecht, 32, 94, 96–97, 140, 142, 159, 182 – Konfession, 11, 158 – Staatsbürgerschaft, 12–13, 42–43, 158, 303 – Wohnort, 142, 303 Wahlrecht, passiv, 13, 42, 95, 97–98, 114, 118, 142, 159–160, 194, 290–291, 303, 323, 340 – Alter, 43, 97, 114, 142, 159, 194, 247– 248, 303, 323, 340 – Bildung, 97 – Disqualifizierung, 42, 98, 101–102, 139, 140, 159, 290–293, 306, 323 – Eigentum, 13, 97–98, 114, 118–119, 139, 142, 323 – Geschlecht, 142 – Konfession, 97, 142, 340 – Staatsbürgerschaft, 42–43, 142, 303, 323 – Wohnort, 30, 97, 142, 159, 303, 323 Zölle, 194
English Index
apportionment of representatives – by inhabitants, 97 church, 25, 157, 283–285, 319–320 – autonomy of the church/of churches, 284 – hierarchy, 285 – separation of church and state, 177, 219 citizenship, 22–23, 123–126, 128, 133– 135, 151, 175, 217, 261, 279–281, 314, 333–334 – loss of, 22–23, 281, 334–335 – obligations of, 22–24, 124–126, 137, 151–152, 156, 176, 225, 314, 320, 335 constitution, 22, 93–94, 123, 136, 265 – constitutional review, 20, 38, 111, 169, 185, 231, 302 – legal status of, 9, 38, 145, 232, 301 – purpose, 20, 111, 130, 169 education, 132, 157–158, 177–178, 219, 260, 285–286 – common schools, establishment of, 132, 177, 219 election, eligibility for, 13, 42, 95, 97–98, 114, 118, 142, 159–160, 194, 290–291, 303, 323, 340 – age, 43, 97, 114, 142, 159, 194, 247– 248, 303, 323, 340 – citizenship, 42–43, 142, 303, 323 – disqualifying attributes, 42, 98, 101–102, 139, 140, 159, 290–293, 306, 323 – education, 97 – gender, 142 – property, 13, 97–98, 114, 118–119, 139, 142, 323 – religion, 97, 142, 340 – residence, 30, 97, 142, 159, 303, 323 elections, 23, 32, 45, 209, 291–292, 316 – contestation of, 43, 100, 304, 306 – election committee, 13–14, 99–100, 160– 161, 292, 303–304 – election day, 43, 292, 304–305
– electoral returns, 14–15, 305–306 – voter registration, 43, 160, 304 – voting procedure, 12–14, 32–34, 42–44, 98–100, 114, 130, 139, 142, 160–162, 209, 268, 291–293, 303–306, 322 – – ballot, 13, 43, 114, 305, 322 – – viva voce, 14, 130, 322 electoral districts, 13, 32, 68, 95, 129, 142, 304 – single constituency, 42, 95–96, 304 electoral principles, 42–43, 96–97, 160 – direct elections, 95, 129, 160, 182 – free elections, 13–15, 94, 100, 161, 209, 222, 270 – general elections, 129–130 – majority principle, 11–13, 43–44, 99– 100, 114, 141–142, 160–161, 209, 291, 305, 322 – secret elections, 43 executive, 126, 181, 210 – council of state, 79–82, 89–90, 108–109, 128, 196–197, 244–245, 253, 255, 283, 315–316, 321–322 – duties, 134 – executive agencies, 40, 261, 263, 288– 289, 321 – – ministries, 256, 259–260, 271, 315, 321 – – – competencies, 256–260, 315, 338 – head of state, 126–128, 147, 179 – – competencies, 10, 29, 126–127, 150– 151, 154–155, 180–181, 223, 284–285, 316, 323–324, 337 – members, 265, 267, 269–270, 321 – – appointment, 283 – – election, 247, 267–269 – – impeachment, 128–129, 227 – – qualifications, 267–268, 283 – – re-eligibility, 268 – – remuneration, 127, 274, 283 – – responsibility, 37–38, 109, 127, 147–
353
E NGLISH I NDEX 148, 153, 170, 180–182, 224, 227, 244, 282–283 – – right of attendance in legislature, 10, 105, 144, 167, 188, 227, 295, 338 – – virilists, 266–268 – ministers, 126–128, 131, 243–244, 253, 260–261, 263, 270–271, 283, 308, 315, 321 – monarch, 22, 147–150, 179–180, 224– 226, 240, 242, 278–279, 314, 320, 328 – – appanage, 128, 149–150, 287, 330– 331 – – civil list, 128, 181, 226, 233, 236, 287, 330–331 – – demesne, 27–28, 145, 150–151, 181, 187, 287–288 – – domain, 26–27, 40, 193, 226, 233, 236, 240, 242, 288 – – homage, 225–226 – – inviolability, 126, 147–148, 179, 224, 278, 330 – – lineage / descent, 21, 148, 179–180, 225, 241–242, 314–315, 320, 327 – – regency, 128, 149, 180, 226, 242, 278– 279, 315, 320–321, 328–330 – – royal assent, 167–168, 269 – – royal household, 40, 150, 226, 242, 315, 330–331 – – succession, 241–242, 278, 327–328 – official seat, 127, 130, 180 – powers, 15, 43, 98, 151, 157, 179, 181, 210, 321, 322 – – adjourning legislature, 10, 106, 144, 168, 183, 225, 246, 316, 338 – – appointing power, 10, 19, 119, 154, 181, 221, 246–247, 323 – – budgetary powers, 144, 186, 230, 322 – – convoking legislature, 10, 15, 36, 70, 101, 104, 114, 120, 127–128, 165, 183, 246, 307, 316, 323, 338, 342 – – dissolving legislature, 106, 112, 127– 128, 136, 144, 168, 183, 246, 316, 324, 338 – – foreign affairs, control of, 126, 286 – – – treaties, 126 – – judicial powers, 153, 155, 191, 196,
354
249, 286–287, 317, 322, 324, 343 – – legislative powers, 105, 145, 155, 180, 185, 224, 231, 286, 321–323, 337 – – – legislative initiative, 110, 184, 337 – – – sanctioning of laws, 17, 110, 163, 221 – – military commanding power, 154, 181, 224, 228, 344 – – pardoning power, 126, 156, 181, 224– 225, 249, 272, 317, 324, 343 – – removal power, 155 – relation to other branches, 133, 244–245, 283 feudal institutions and practices, 125, 134, 179, 195, 220, 262, 275, 313, 319 – entail, 150, 179, 221, 336 – estates, 9–10, 23, 69–70, 94, 117, 118, 141, 176, 193, 194, 212, 242–243, 245– 246, 265–271, 283, 313, 316 – feudal tenure, 40, 179, 221 – primogeniture, 127 – privileges, 124, 176, 242–243, 280–281, 336–337 – seignorial rights, 125 – serfdom – – abolishment of, 243, 280, 314, 320, 334 fundamental rights: see rights, 175, 178, 217 government, 260 – corruption, 302 – federal - state relations, 20, 44, 123, 139, 147, 231, 278 – – federal powers – – – judiciary, 111–112 – finances, 26–28, 40, 75, 82–87, 90, 91, 106, 108, 135, 144, 151, 153, 193, 194, 197, 211, 213–214, 229–230, 274, 286, 289, 299 – – budget, 40–41, 94, 106–107, 130, 134, 171–173, 204, 271, 274, 288 – – fiscal period, 41, 135, 185, 229 – – public debt, 27–28, 41, 143, 151, 186, 193, 204, 274, 289, 337–338
E NGLISH I NDEX – – revenue, ordinary and extraordinary, 40, 134, 171–172, 194, 208, 288 – form of, 175 – – monarchy or empire, 147, 327 – public domain, 314, 332–333 – public institutions, 153 – subnational government, 24–25, 208, 284 – – municipal constitutions, 24, 135, 178 – – municipal government – – – municipal officers, 24, 274, 284 – – provincial or state parliaments, 76, 126–129, 136, 210, 212, 272 – – provincial subdivisons (counties etc), 88–89, 207, 261–262 – suits against the state, 131, 153–154 hereditary distinctions, outlawed, 176, 217 infrastructure – postal system, 194 – roads, 194 judiciary, 38, 132, 190, 196, 227, 324, 343 – courts, 132, 190, 195–196, 227, 248, 286, 317, 325 – – appellate court, 317 – – composition of courts, 132, 317 – – court of sessions, 133, 207–208, 286 – – military courts, 191, 227, 317–318, 325 – – supreme court, 109–110, 117, 164, 249, 317 – – – as constitutional court, 169–170, 299, 325–326, 344–345 – – – judges – – – – impeachment, 249 – – – – incompatibility with other offices, 132 – – – – qualifications, 299 – judges, 132–133, 155–156, 190, 227, 248, 282, 317 – – appointment or election, 132, 248–249 – – incompatibility with other offices, 190 – – legally competent judges, 156, 190– 191, 227, 317, 343
– – removal, 132, 190, 227 – judicial districts, 196 – jurisdiction, 156, 208, 300, 325–326 – – reciprocity of recognition of judgments, 133, 228 – – restrictions upon, 300 – relation to other branches, 155–156, 190– 191, 227–228, 300–301, 324 – – distinction from administrative bodies, 117 – trials, 133, 191, 227, 248, 300 knighthood, 95, 114, 209–210, 262–263, 281 language, 125 law, 123, 126, 132, 134–136, 152, 211, 244, 249, 271–272, 276, 279, 302, 315, 317, 320, 332, 343 – civil law, 244, 248, 324 – codification of existing bodies of law, 136–137, 271–272 – transitional provisions, 10, 38, 41, 127, 135–136, 231, 302 legislature, 126, 129, 221, 337 – convocation of, 15, 19, 70, 143, 168, 183–184, 189–190, 293, 341 – joint sessions, 296, 338, 341 – lower house, 339 – – members, 273, 290, 294, 339–340 – – – appointment, 294, 340 – – – election, 340 – – – immunity, indemnity, 273–274 – – – length of term, 340 – – – remuneration, 340 – – powers – – – appropriation of funds, 134 – – – legislation, 127 – – – tax grants, right of, 296 – – procedures, 296, 341 – – – budget report, 134–135 – – – committees, 129, 210, 272–273, 341 – – – dissolution, 130 – – – quorum, 340 – – – votes, 270, 294 – official seat, 15, 135, 208
355
E NGLISH I NDEX – powers, 337 – structure – – bicameral, 337 – third and further houses or chambers, 18– 19, 30, 70, 113, 118, 168, 189, 194, 212– 213, 244, 289, 297–298, 302–303, 316– 317, 322, 341 – – members, 11, 15, 18–19, 29–32, 42, 70, 73–76, 78–79, 95, 98, 102–104, 107, 110, 113–114, 118, 129–130, 139, 158, 166, 182–183, 212–213, 221–222, 245–246, 298, 303, 322, 341–342 – – – appointment, 78, 95, 245–246, 341– 342 – – – election, 11–14, 31, 42, 71–74, 78– 79, 94, 95, 99, 114, 118–120, 130, 139, 141–142, 182, 194, 213, 303, 322 – – – immunity, indemnity, 17, 37, 103– 104, 131, 166–167, 184, 224, 338– 339 – – – incompatibility, 341 – – – length of term, 14, 34, 42, 71, 77, 90, 98, 110, 140, 142–143, 161, 182, 221, 246, 316, 323, 341 – – – mandatory attendance, 17 – – – plurality of offices, 33, 43, 101–102, 183, 194, 223, 306 – – – qualifications, 70, 119 – – – re-eligibility, 30, 98, 101, 130, 140, 142–144, 246 – – – remuneration, 17, 19–20, 31, 74, 79, 88, 103–104, 110, 131, 166, 168, 184, 196, 213–214, 224, 245, 253, 299, 307, 316, 324, 342 – – – virilists, 265–266 – – powers, 10, 18–19, 28, 30–31, 34– 35, 44, 94, 95, 102, 113, 119–120, 143–145, 150–151, 162, 169, 183–184, 187, 189–190, 194–195, 213, 223–225, 297–298, 302, 316–317, 323–324, 342 – – – adjournment, 307 – – – appointing power, 14 – – – – confirmation of appointments, 10 – – – appropriation of funds, 35, 169, 189 – – – budgetary power, 10, 11, 18, 40–41,
356
113, 143, 162–163, 169, 185–187, 189, 194, 229–230, 323, 337, 338 – – – bylaws, 184, 223, 308 – – – impeachment, 187 – – – interpellation, 11, 113, 119, 164, 187 – – – judiciary functions, 35, 94, 109– 110, 164, 227, 299 – – – legislation, 11, 113, 129, 133, 156, 163, 184–185, 246, 286 – – – – legislative initiative, 110, 143, 163–164, 184, 302 – – – – passage of bills, 131 – – – – – majorities, 131, 185, 307 – – – – reading of bills, 129, 163, 244– 245, 295–296, 307–308, 316–317 – – – – restrictions – – – – – bills of attainder, 128–129 – – – – – constitutionality of laws, 133 – – – – sanctioning of laws, 17, 35, 94, 110, 163 – – – – taking effect of laws, 185 – – – – tax or revenue legislation, 11, 18, 34, 35, 40, 113, 143, 162, 185, 194, 210, 229–230, 337 – – – ratification of treaties, 127, 163, 181 – – procedures, 15–17, 19, 31, 36–37, 101– 108, 144, 165–168, 187–188, 190, 246, 289, 293–298, 307, 324, 339 – – – committees, 31, 76–77, 106–108, 130–131, 143, 270–271, 306–307 – – – dissolution, 182–183, 225, 307, 343 – – – duration of session, 120, 131, 168 – – – election of officers, 11, 15, 19, 101, 103, 110–111, 131, 165, 187, 223, 298, 307 – – – first/constitutive session, 10, 36, 100, 104, 165, 223, 323 – – – journal, 16, 19, 103, 166 – – – – publication of, 145, 188 – – – quorum, 16, 104, 131, 167, 188, 223, 296, 307, 343 – – – sessions open to public, 131, 133, 168, 187–188, 221, 223 – – – votes, 16–17, 36–37, 104–105, 144, 167, 188, 296
E NGLISH I NDEX – upper house, 339 – – members, 290, 339 – – – leader of upper house, 77, 339 – – – speaker, 76 – – powers – – – budgetary power, 94 – – – bylaws, 271 – – – legislation – – – – tax or revenue legislation, 94 – – procedures, 294, 296, 341 – – – committees, 341 – – – quorum, 339 military, 89, 126, 133–134, 241, 274–275, 287, 325, 343–344 – conscription, 23, 152, 176, 218, 228, 280, 343 – members, 133, 344 – – special regulations for, 133–134 – navy, 134 – organization of, 228, 344 – standing army, 317, 325, 343 – supreme command, 126 nobility, 262, 266–267, 281, 319, 335–336 – position of, 176, 217–218, 335 – privileges, 243, 313, 335–336 oaths, 23, 36, 124, 126, 151, 169, 175–177, 180, 184, 211–212, 214, 219, 223, 225, 226, 228, 231, 274, 280, 282, 294, 307, 309, 326, 330, 338, 344 – loyalty oaths, 34, 42, 136, 262, 314, 320, 342 – of office, 111, 127–128, 165, 269 police power, domestic security, 172, 317 population groups – foreigners, 24 religion, 131, 157, 177, 274, 313–314 – Christianity, 151 – Judaism, 157 representation, 10, 16, 34, 42, 94, 118, 139, 141, 158, 166, 208–209, 293, 302, 307, 327
– free mandate, 16, 103, 166, 184, 223, 293, 307, 323 rights, 22, 25, 123, 125, 129, 151, 157, 176, 178, 274, 280–281, 319, 334 – assembly, freedom of, 125, 178–179, 220 – association, freedom of, 125, 178, 220 – bearing or keeping of arms , 124, 274– 275, 280 – emigration, right of, 22, 124–125, 152– 153, 221, 275, 281 – equality, 124, 151, 176, 217, 242, 274, 280, 319 – expression, freedom of, 125, 152, 177, 218–219 – habeas corpus, 176, 218 – inviolability of the home, 124, 176, 218 – legal rights, 152, 176, 218 – – bail, 124, 176, 218 – – counsel, 276 – – cruel or unusual punishment, prohibition of, 152, 176, 218, 276, 287 – – due process, 133, 191, 275–276, 286 – – indictment and information, 191 – – to be heard, 124, 155 – – trial by jury, 191, 227, 248 – liberty and security of person, 124, 275– 276, 313, 334 – matrimony, 177, 217, 219 – movement, freedom of, 275, 327 – occupation, freedom of, 151, 178–179, 219–220, 275 – petition, right of, 76, 108, 125, 152, 164, 178, 187, 220, 271–272, 344 – press, freedom of the, 111, 125, 152, 177, 218, 280, 313, 319, 335 – privacy of mail, 125, 177, 218 – property rights, 124–125, 151–153, 178, 220–221, 280–281, 313, 334 – – expropriation, 23–24, 125, 152, 178, 220 – – freedom of ownership, 94, 125, 220, 275, 334 – religion, freedom of, 23, 157, 177, 219, 242, 284, 313, 319, 334–335 – science, freedom of, 177, 219
357
E NGLISH I NDEX – speech, freedom of, 131 – trade, freedom of, 22, 280 social welfare, 22 sovereign rights of the state, 156 – mining privileges, 133, 324 – right of coinage, 126, 181, 243 state and administrative apparatus, 131, 133, 157, 178, 195–196, 204, 221, 246, 259, 261, 282, 321–322 – administration, 69, 128, 134, 154–155, 182, 208, 246–248, 271, 316 – civil servants, 19–20, 126, 130, 133, 153– 155, 195–197, 207–209, 230–231, 247– 248, 261–262, 272, 282–283, 314, 320 state insignias, 135 state structure, 147, 175, 241, 313, 319, 327 – federal state, 313 state territory, 21, 123, 135, 217, 239, 277– 278 tariffs and duties, 194 taxes, 23, 26, 89, 125, 135–136, 143, 151– 152, 156, 171–172, 193, 197–201, 203– 204, 211, 228–229, 240, 243, 263, 271,
358
288, 313, 319 – tax equity, 135, 193, 197, 203, 274, 313, 335 – taxation, 172, 173, 179, 197–203, 271, 319, 333 territorial organization, 69 – boundaries, 123, 134, 175, 217 – capital, 101, 301, 328 – federalism, 217 voting rights, 11–13, 32, 42, 96–97, 118, 130, 142, 158–160, 182, 265–266, 291– 292, 303, 322–323 – age, 11, 158, 182, 266, 303 – citizenship, 12–13, 42–43, 158, 303 – disqualifying attributes, 42, 97, 159, 182– 183, 222, 303 – education, 159 – gender, 32, 94, 96–97, 140, 142, 159, 182 – property, 12–13, 96–97, 114, 118–119, 142, 159 – religion, 11, 158 – residence, 142, 303 war, state of, 136