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German Pages 349 [352] Year 1798
G.
M.
WIELANDS
S Ì MMTLICHE WERKE
SUPPLEMENTE DRITTER
B À K Ti.
LEIPZIG » e t Geobo Joachim Gösch e rr. 1798.
I
N
H
A
L
D I E PRÜFUNG ABRAHAMS. SYMPATHIEN. PSALMEN. D E R FRÜHLING. HYMNE AUF GOTT.
DIE PRÜFUNG
ABRAHAMS IN
DREÏ
GESANGEN.
1
7 5 3-
WlIIAMDI W. SL'PII.. III. B.
V O R B E R I C H T .
D a s folgende ist das einzige biblische Gedicht, welches der V. zu v e r a n t w o r t e n h a t , wiewohl ihm damahls noch verschiedene, die von dem sei. B o d m e r
in der Folge selbst reklamiert
worden
vor die T h ü r
sind,
gelegt
wurden.
Es wurde in dessen Hause, in eben dem Zimmer
und
an
eben
woran B o d m e r
dem
Tische
verfertiget,
wcchselsweise bald an seiner
Übersetzung Homers,
bald an einer von den
kleinen Epopöen , wozu ihm die Familie Abrahams den Stoff gab, arbeitete; und sehr w a h r scheinlich würde es ohne diesen Umstand und aus selbsteigner Bewegung,
nie von
unserin
4
VoBBERICIIT.
Dichter unternommen
worden seyn.
Nähere
Aufschlüsse hierüber sollen künftig am gehörigen Orte gegeben werden. wir nur n o c h , bedeutenden
Hier
bemerken
dafs, aufser manchen
Veränderungen,
das
minder Gespräch
zwischen dem Erzvater und seinem
Vertrau-
ten im eisten Gesang, aus G r ü n d e n ,
die, bey
Vergleicbung mit den vorigen Ausgaben, jedem Ton selbst in die Augen fallen m ü s s e n , lich umgeschinolzen worden ist.
gänz-
D I E P R Ü F U N G
A B R A H A M S .
ERSTEH
O E 9 A FJ C.
V. i — 5T o c h t e r des Himmels, die einst, auf Edens Hügeln erzogen, Tu der Jugend der W e l t ,
in mehr als goldenen Zeiten,
Ihren E l i h u geliebt, und die i m Garten der Unschuld Unter lieblichen Schatten mit S i p h a t
Töchtern
gewohnet. Himmlische M u s e , du Sängerin Gottes, du Mutter der Tugend,
Die
6
Prüfuno
Abraham».
V. 6 —
17.
L e h r e m i c h Abrahams P r ü f u n g , den Sieg des f r o m men Gehorsams, L e h r e m i c h singen den H e l d e n , d e r , als der H e i r es befohlen, Vater zu seyn r e r g a f s , und auf Moria den L i e b l i n g Seines Herzens , den einzigen S o h n , z u m O p f e r i h m brachte; L e h r e m i c h göttliche T u g e n d m i t w ü r d i g e n T ö n e n besingen!
Schon entsprang auf den östlichen Bergen der fröhliche Morgen, Welcher
den A b r a h a m i d e n ,
den Sohn der
Ver-
h e i f s u n g , aus I l a r a n , W o dem J ü n g l i n g ein J a h r b e y seinen V e r w a n d t e n entfloh'n w a r , B r i n g e n s o l l t e ; er s c h w a n g sich m i t ausgebreiteten Flögeln Heller über die E b n e n ,
auf denen i h m
Isaak
folgte. Schon w a r A b r a h a m w a c h , u n d h i n g m i t
spähen-
den Blicken An den östlichen B e r g e n , u n d glaubt 1 in dem p u r p u r n e n Schimmer
E r s t e h
GES.4. SO.
7
V. 18 — 3o. Öfters die hochgehalste Gestalt des Kamehles zu sehen, Oder wandernde Füfse; sein Vaterlicrz liebte deij Irrthum, Der die Augen betrog.
I t t t eilt' e r , vom Morgen gerufen
Und von heiligem T r i e b h i n a u f , zu dem Hügel der Cedern, W o ein Opfer •Altar, v o n Gott begnadigt, emporstieg. M y r r h e n und Kassia w a r d von seinen geweihet.en Händen Iiier dem Herren verbrannt; m i t des Opfers sufsen Gerüchen Stieg sein reines Gebet durch alle H i m m e l z u n j T h r o n auf. E w i g e Güte, ( s o sprach sein Ilerz und sein h i m m lisches Auge, O b die L i p p e gleiph schwieg) o ! die du Abraham wähltest. Deine unendliche Macht an seinem Geschlecht zu erweisen, Vater desSegens, der itzt auf deinem besten Geschenkt D e r auf Isaak r u h t , dem E r b e n deiner Verheifsung,
g
D I E
Pniiiuso V.
31
—
A B R A H A M S ,
42.
Sey m i t Demuth. i m Staube von deinem
Knechte
gepriesen! Lafs u n s , die du auf Erden dein Antlitz zu sehen begnadigst, Deinen W i l l e n v o l l b r i n g e n , w i e ihn die H i m m e l vollbringen, W o dein göttliches W o r t die r e i n e m Geister beherrschet, Lafs v o r dir Isaak l e b e n ! G e w ä h r ' es dem
Vater-
herzen, Dafs i c h den K n a b e n ,
gekrönt m i t
himmlischer
T u g e n d und w ü r d i g , Dafs der Segen der W e l t
aus seinem Samen entsprösse,
W i e d e r e r b l i c k e ! So b r i n g ' i h n der frohe T a g m i r entgegen. D e r i t z t , v o n deinem Anblick g e s e g n e t , v o m H i m mel herabsinkt, Also bat er, und klebte m i t seinem Antlitz am Boden. D a er noch l a g , verbreitete sich ein plötzlicher Schimmer U m und Aber d i e H ü g e l , stets w a r d er heller und zog sich
E n s
T i
B
V . 43 -
9
G E S A N O .
5"-
W i e ein ätherisches S t r a h l e n g e w ö l k u m den azurnen Himmel. Abraham hob die Augen e m p o r ,
und fühlte die
Gottheit G e g e n w ä r t i g ; ein E n g e l , v o m W i n k e dos Herren befehligt, Stieg unsichtbar herab und stärkte das Auge des Alten, Und er sähe m i t E i n e m Blicke (die menschliche Seele W a r n u r Einen zu tragen v e r m ö g e n d ) die Herrlichkeit Gottes, Mitten durch unabsehbare Reihen anbetender E n g e l Sah er die Herrlichkeit dessen, der auf den Cherub i m thronet. Unter dem göttlichen Anblick entsank der Körper von Erde, Und die S e e l e , ganz v o l l des g e g e n w ä r t i g e n Gottes, F ü h l t e nur Gott, sich selber nicht mehr.
So hatt«
Jehovali N i e m a h l s sich i h r verklärt.
Doch hob e r ,
vom
göttlichen L i c h t e W i e d e r gestärkt, sich e m p o r ; da kam die S t i m m « Jehovahs D u r c h die feiernde Stille des
Himmels
hernieder.
mächtig;
JO
Die PRÜFVH O A BRAHAM9. V. 57 -
68-
A b r a h a m , rief die göttliche S t i m m e ; er sagte, h i e bin ich. N i m m , so sprach J e h o v a h , den Isaak, deinen Geliebten, Deinen einzigen S o h n ,
und geh in die Gegend Moria,
Und auf einem der B e r g e , den dir ein Zeichen bestimmet, Opfre den Knaben m i r .
So sprach die Stimme Jehovahs.
Abraham sank aufs neue dahin.
Der gottliche
Schimmer Stärkt' i h n , dafs er nicht ganz dem Donner des strengen Befehles Sterbend e r l a g ; doch bebt' i h m das Mark in den schwanken Gebeinen» A b e r , obgleich der feurige Schmerz das Hera i h m durchwühlte, Dennoch erhob sich nicht Einer der unterworfnen Gedanken Gegen das göttliche W o r t .
E r betete thräncnd i m Staub an,
Breitete sich vor Gott, mit den Armen den Bodea umfassend,
E R S T E R
V.
6g
G E S A N G .
—
U
8. Seine G e s p i e l e n , z w e y blumichte K ü r e ; sie tanzten
und sangen, Isaak stieg vom Kamehl, dann fiel er in Asaels Arme, Seines Geliebtesten, küfste dann Abel und Dedan und Karrai, Liebenswürdige Knaben in Abrahams Hause geboren. Aber sein Ilerz befahl i h m zu e i l e n ; das Wiedersehen SeineT Gespielin beflügelte
n u r die f r o m m e Begierde,
Sarah wieder zu küssen, und Abrahams Knie zu umfassen.
Beide erwarteten i h n ,
doch nicht mit gleicher Empfindung,
Unter der lioh.cn Cypresse, die über der Hütte sich •wölbte.
O w i e hüpft 1 ihm sein Herz! W i e flog er in Sarens Umarmung! Auch sie eilet ihm selber mit zärtlich verbreiteten Armen Liebreich entgegen, und küfst i h n , und drückt ihn m i t inniger L i e b e
An i h r schlagendes l l e r z , das i h r von wallenden Freuden
Z w E Y T r n
GESANG.
15
V . 1 9 — 50. Sanft i m Busen zerflofs.
So
unifängt
den
edeln
Geliebten E i n e
zärtliche B r a u t ; er w a r , das Schicksal befahl e»,
Sieben langsame Jahre v o n i h r e n t f e r n e t ;
itzt f ü h r t
ihn I h r e r w ü r d i g die V o r s i c h t z u r ü c k ; der schönste der Tage, Seiner Hoffnungen L o h n ,
eilt m i t i h m ; die zärtliche Schone
Flieget ihm z u ,
und w i n d e t entzückt die liebenden Arme
I h m u m den I l a l s , und w e i n t , und kann v o r l'utz ü c k u n g nicht r e d e n : A l s o f ü h l t e die h e i l i g e F r a u i n des Sohnes Umarmung, Netzte m i t W o n n e t h r ä n e n die g l ü h e n d e n
Wangen
des Knaben, A b e r n o c h red'te sie n i c h t , so v o l l w a r das s c h w e l lende Herz i h r ,
A b r a h a m sah die rührende Scene.
Sein ¡.tarkes
Gemüthe W i c h der stärkern N a t u r , er sah gen H i m m e l , Thiänen
und
46
D X E . I ' 11 Ii F V IN G
A I I R A I I A M S .
V. 51 — 42Zitterten über die Wangen herab. — Itzt wand sich der Jüngling Sanft aus den Armen der Mutter, sich zu den Füfsen des Alten Kindlich zu w e r f e n ; er warf sich vor i h n , und umfafst' ihm dieKniee. Segne mich w i e d e r , mein Vater, so stammelt' er, segne mich w i e d e r ! Abrahams Gott sey dreymalii gelobt! Ich sehe dein Antlitz W i e d e r auf mich herunter in seiner Liebe sich neigen. Also sagt' er.
Den Vater, dem niemahls derVaternahme
Süfser und furchtbarer schallte,
durchlief
ein
Schauer, aus Freude Und aus Wehmuth gemischt, ein unbeschreiblicher Schauer. Dennoch slärlu',ihn sein Geist, die segnenden Worte zu sprechen : Sey gesegnet,
mein Solin,
o Sohn der Ver-
heifsungen Gottes, Sey gesegnet! Der H e r r , der dich zu eigen sich wählte,
ZWEITER V. 4 3 -
Gesang.
47
55-
Segne dich väterlich selbst! Er gebe d i r , w a s v o r i h m gut ist I Sarah erblickte Hie Thrätien des A l t e n ,
nicht
Tliränen der Freude, Und die Züge der heimlichen Angst i m A u g e der Liebe; Aber sie w a r zu i n n i g erfreut, w a s Böses zu fürchten. Dennoch bewahrte sie es in ihrem Ilerzen. Uzt eilte Isaak w i e d e r zu i h r , sie umfing iiin von neuem m i t Inbrunst, Gleich als kam' er erst itzt.
N u n schlofs die gemilderte Freude
Die von der zärtlichen B r u s t , w o h i n sie s t r ö m e n d geflossen, Sanfter durch jede Ader mit lieblichen W a l l u n g e n abflofs, Auch die Lippen auf, zu W o r t e n frohlockender L i e b e . W i e s i c h das Herz in Empfindung e i g i e f s t , w i e die holde Natur sich F r e y in Unschuld ei k l ä r t , so sprach sie.
DerSeraf
Elhanan, Isaaks h i m m l i s c h e r Freund, sclis^ebt über der frommen U m a r m u n g
Die
48
P a ü f u k g
Abrahams.
V . 56 -
69.
S e i n e r G e l i e b t o n , u n d sah m i t bethränten
schim-
mernden Augen Bald
auf
Abraham ,
bald
auf
Sarah'»
erneuerte
Schönheit, D i e w i e ein p u r p u r n e r A b e n d des h e i l i g e n W i n t e r « tags glänzte. I t z o b e h e r r s c h t e die L u s t die w e i t v e r b r e i t e t e n Hütten. S t i m m e n d e r H a r f \ und L i e d e r v o n j u n g e n b l ü h e n den L i p p e n Zitterten
tief
aus den rauschenden
Fahnen
und
tonvollen Lauben U m da» h o h e G e z e l t des g ö t t l i c h e n
Patriarchen.
W o das h i n t r e Gezelt an einen Felsen sich lehnet, I s t i n den alabasternen F e l s ein G e w ö l b e gehauen ; M i t t e n darin ein k ü h l e n d e s Bad aus l e b e n d e m W a s s e r . H i e h e r f ü h r t e n den J ü n g l i n g z w e y dienende K n a b e n ; sie w u s c h e n I h m den Staub v o n den F ü f s e n ,
und
übergössen
die Eliitlie Seiner G l i e d e r m i t N a r d u s ,
und rieben sie w i e d e r mit Leinen.
A l s er das B a d v e i l i e f s ,
u m g a b i h n ein L e i b r o t k v o n Byssus,
Z w e y t e h
Gesang.
V . 70. —
49
82-
Und ein g o l d e n e r G ü r t e l u m s c h l o f s die geschmeidige H ü f t e . A l s o g e s c h m ü c k t , in der zarten E n t f a l t u n g der l i e b l i c h e n Jugend, So steigt ein lächelnder
T r a t er hinein ins Gezelt.
Frii Illing .Durch
die blühende L u f t in Rosenthäler h e r u n t e r ;
U m i h n tanzen die goldenen Stunden , d e r U b e r flufs schwebet Neben
ihm
her,
und schüttet
aus seinem
ver-
sch w e n d r i s e h e n F ü l l h o r n F r u c h t b a r k e i t , A u m u t h und L u s t w i e T h a u auf die scherzenden Fluren. A b r a h a m sah in dem K n a b e n die Jugend der göttlichen Sarah ; S o umflofs ihr ein j u g e n d l i c h R o t h die L i l i e n w a n g e , S o entzückt' i h r A u g e die S e h e r ,
so trug sie die
Stirne. Sarah «ah die männliche
Hoheit,
die
Abrahams
Jugend V o r m a h l s geschmückt, aus der zarten Schönheit des K n a b e n schon l e u c h t e n ; E b e n so sprach i h m ein h i m m l i s d i e r Geist aus den
Wielauds
mächtigen Blicken! W.
S E R N . . III. B .
RJ
5
D I E
P K Ö H U O
Dieser
entschlossene M u t h erhob die denkenden
V. 85 -
A B J I A B A M S .
94Züge!
Also salin sie e i n a n d e r , und liebten sich z w e y f a c l l i m Sohne, Aber Abraham s c h l u g bey jedem erneuerten Anblick Stärker das duldende H e r z ;
kaum könnt 1 er den Augen gebieten.
N u n m e h r rief sie die S t u n d e , das M a h l danksagend zu nehmen. Z i e r l i c h gegürtete Mädchen bekrönten die festliche Tafel Mäfsig, m i t kunstlosen Speisen und perlenfarbichtem Wasser ; Denn die Natur begehrt nicht v i e l , und die edler© Freude Hat nicht nöthig von sprudelndem W e i n
erwecket
zu w e r d e n . A l s sie das M a h l g e n o m m e n ,
sprach Sarah
mit
freundlichen Augen Also zu I s a a k : M e i n S o h n , itzt da die erste Begierde, W i e d e l dein w e r t h e s Antlitz zu sehen, so l i e b l i c h gestillt ist,
ZtVEYTER v . 95 —
GESANO. 10i
5»
>-
Wallet ein neues Verlangen in meinem Herzen, zu wissen. W i e du die tlieureu Verwandten verlassen.
Wid
stellt es um ¡Vlilka, Meiner jungfräulichen Jugend vertrauteste, schönste Gespii lin ? Geht es den Söhnen auch w o h l , die sie dem N a h o r geboren? S a g e , w i e blühet Bethuels T o c h t e r , die E n k e l i n Milka's? D o c h v o r allem erzähle, mein K i n d , w i e hast du die ¡Monden D i e dich aus meinen Augen entwandten, in Haran gelebet? L a i s uns die liebliche Rede von deinen Lippen erquicken, Dafs w i r zum mind'sten durchs Ohr die entbehrten T a g e geniefsen. Isaak neigte sein Haupt zu der Bitte der liebenden Muiter. N u n verstummte die silberne L a u t e , die Sängerinnen Unterbrachen
die H y m n e n ,
w o m i t sie die Tafel gekrönet.
5 2
D I E
P R Ü F U N G
A B R A H A M S .
V. 107 — 119. Timna, Sarens geliebteste Sklavin , ein Spiegel der .Ainmuli, Hatte v o m Wiedersehn der F r e u n d e , v o m Finden der Heizen, D i e unwissend sich liebten, gesungen; sie sang von den Töchtern, W e l c h e S i f a , das Paradies zu beleben, gezeuget, Und v o n Noahs einsamen Söhnen; w i e endlich ein Engel J a f e t den W e g eröffnet, und ihn i n den Garten geleitet, W o er mit süfser Erstaunung die heiligen Schwestern gesehen, Und die jüngste geliebt, die ihn zu hören zurück blieb; W i e der göttliche S i f a , v o n Noahs Sölinen geleitet, M i t den Kindern des Paradieses zu Noah gekommen ; W i e sie sich, zärtlich umarmt und goldene T a g e gelebet, Alles diefs hattest du erst, harmonische T i m n a , gesungen. Aber du s c h w i e g s t , da Isaak sich zu der Bitte der Mutter
Z w e y t e r
G e s A n o .
53
V . 120 — »52Neigte, s c h w e b t e s t m i t g i e r i g e m A u g ' auf der S t i n t e des J ü n g l i n g s , U n d vergafsest, sobald sein M u n d s i c h a u f t h a t , der Cither. Alle sammelten sich und s c h w i e g e n .
An Abraham»
Linken Safs E l i e s c r , an S a r a h s R e c h t e n d i e f r o m m e K e t u r a , I h r e " V e r t r a u t e , an i h r d i e F ü r s t i n d e s
singenden
Kores, Timiis.
ISey Isaak w a r d s e i n Asael sitzen g e s e h e n ,
I h m d t ' r ä h n l i c h s t 1 , ein g ö t t l i c h e r Geist r e g i e r t e d e n Knaben.
W i e an e i n e m s a n f t b l ü h e n d e n A b e n d d e s F r ü h lings
Gespielin,
F i l o m e l a , den d ä m m e r n d e n H a i n m i t L i e d e r n e r r e g e t , Um und u m schweigen die W i p f e l ,
es s c h w e i g e n
die A b e n d w i n d e t T n d d i a S ä n g e r des I l a i n s , auf b e n a c h b a r t e Z w e i g e versammelt, Lauschen h e r v o r , mit verlängertem Halse und prüfendem O h r e : A l s o s p r a c h itzc d e r g ö t t l i c h e J ü n g l i n g , umgab ihn
u n d also
54
D I E
P N I R U B G
A M A H A M S .
Y. i33 —
1 ! i4-
E i n b e g i e r i g e r Ki e i s , die sfifsen Reden zu h ö r e n , Die in kunstloser Anmuth ihm
von den L i p p e n
entflossen: Nahors
gottseliges
Haus,
in welches
Betlniel W u r d e m i r bald e i n z w e y t e s M a m r e .
mich
brachte. Die Liebe
di'T M i l k a , D i e , w e n n ' s m ö g l i c h , m i r Sarah zu seyn sich zärtlich bemühte, B r a c h t ' auf m e i n e S t i r n bald w i e d e r d i e F r o h h e i t zurücke. O f t i m süfsen B e t r u g ,
wenn
sie m i c h m ü t t e r l i c h kiifste,
S c h i e n m i r ' s d i e M u t t e r z u s e y n , in deren
Umar-
m u n g ich weinte. A u c h k a m i n den T r ä u m e n der N a c h t ein
glänzen-
der E n g e l Z u m i r h e r a b u n d tröstete m i c h , und s c h w o r m i r , ich sollte W i e d e r m e i n v ä t e r l i c h H a u s , v o n Gott beschirmet» begrüfsen. A l s o r u h t e m e i n HeTz b a l d w i e d e r i n f r ö h l i c h e r Stille,
Z W E Y T E R
G E S A N O .
55
V- «45 — 156. F ü h l t e w i e d e r das L ä c h e l n des H i m m e l s u n d l i e b e n der F r e u n d e O h n e V e r m i s c h u n g m i t G r a m . Von sittsamen F r e u den begleitet, K a m e n die S t u n d e n z u u n s m i t s c h w e s t e r l i c h ähnlicher Schönheit. Bald d u r c h i r r t ' ich m i t m e i n e n Gespielen die H ü g e l u m Haran, B l u m r n zu suchen, u n d , w i e die N a t u r sie g e o r d n e t , zu s p ä h e n . O f t m a h l s safs i c h z u N a h o r s F ü f s e n ,
und hörte die
Weisheit Und die Sitten der V ä t e r , u n d w i e «ic d e m H e r r e n gelebet, U m g a n g m i t i h m u n d den E n g e l n gepflegt.
Von
Nahors Munde Lächelt ernstliche Weisheit.
D i e S t u n d e n , die m a n
i h n höret, Flieim w i e Minuten vorbey.
Ich sah a u c h W e r t e
des W i t i e s Und der n a c h a h m e n d e n
K u n s t in I l a r a n s M a u e r n entstehen.
Denn
ein Geist der
erfindsamen W e i s h e i t , S c h ö p f e r gesendet,
vom
56
D I E
P H Ü F C N G
A B R A H A M S .
V . 157 — ' 7 o . Ist auf etliche Männer gekommen.
Sie bilden aus
Marmor Helden und Patriarchen.
Ich sah aus
gestaltlosen
Felsen E i n verwundersam V o l k ¡11 wenigen Monden erwachsen, In der regesten Stellung, mit A u g e n , die Seelen versprachen. Aber doch steinern und todt; sie schienen auf Leben zu warten. Also sah ich die Reihen von heiligen V ä t e r n ;
sie
weckten E h r f u r c h t in jedem Seher.
Man giefst auch aus fliefsendem Golde
Ihre Gestalten, und stellet sie aufs Gesimse derSähle. A u c h der holde Gesang, die schönste der menschlichen Künste, Blühet in Haran. D i e Schäferinnen beleben die Haine M i t süfs schallenden Hymnen , von jungen Hil ten gedichtet. Aber die Enkelin Milka's besieget jede Gespielin. W i e s i e sang,
so hab' ich in meiner zärtlichen Kindheit
ö f t e r s i m luftigen Schlaf die E n g e l singen gehöret.
Z W E Y T E R
G E S A N O .
V.- 171 —
57
1 ¡j2-
W e n n sie m i t ihren Schafen die m i l d e n F l u r e n bosuchte, K a m ein F i iihling v o n A n m u t h tnit ihr, cler heiterste Himmel L ä c h e l t ' i n ihren A u g e n m i c h an, dann s c h m o l z m i r m e i n Busen. Ach
warum
hat m i c h
die
Vorsicht Schwester
O w i e w o l l t ' i c h sie l i e b e n !
mit
keiner
be^löcket?
U n d w ä r ' es P>.iDka, w i e zärtlich
W o l l t ' i c h sie l i e b e n ! Z w a r sind w i r
Geschwister
aus Tharas'Geschlechte, Und w i r liebten uns s o , und M i l k a l i e b t ' uns w i e Kinder. O f t m a h U safsen w i r drey in einer
umschattenden
L.aube, D a n n nahm Ribka die C i t h e r , und sang in die g o l denen T ö n e V o n d e r S c h ö n h e i t derUnschuld ; die Unschuld k ö n n t auch n i c h t schöner In der Sängerin A n t l i t z ,
in i h r e n H y m n e n n i c h t reitzen.
U n v e r w a n d t h ö r t ' ich i h r z u , dann w e i n t ' i c h zärtliche T h r ä n e n .
5 8
J } I E
P R Ü F U N G
A B R A H A M S .
V. i83 — 194Und umarmte die Schwester, und Milka segnet' uns beide. Dann empfand ich mein Herz von neuen Gedanken erhaben; Schöne Gedanken, w i e Ribka so schön, w i e Ribka voll Unschuld, Führten auf ihren Flügeln mich bis zum Thore des Himmels. O w i e däuchte mich da
die
selige Tugend so
lieblich, Leicht zu üben ! Ich liebte sie stets, doch schien mir, ich liebte Itzo sie mehr, da mir Ribka von ihr ein sichtbares Bild war. Sage m i r , tlieure Mutter, du liebtest Brüder und Schwestern, W a r ' s nicht der Zug der Natur, der Schwester und Bruder verbindet, W a s uns im Herzen w a l l t e , wenn w i r uns sahen? Zuweilen, W e n n ich in einem Hain , ein Hörer der Nachtigall, irrte, Fühlt' ich ein laises Lispeln im Herzen, ein wunderbar Dringen
Z w * VT EB
GE»ano.
59
V. 105 — 2 ° 7 . Da oder dorthin zu gehn.
Dann fand ich R i b k * dort weiden,
O w i e flössen bey ihr die stiften Stunden vorüber, Süfs w i t die silbernen Tön' aus ihrem Nelkenmund flössen ! .Niemahls ermüdete s i e , von m i r die Geschichten zu hören, Die mein göttlicher Vater und Eiieser mich lehrten ; Nier.iahls w a r d ich es müde, die frommen Gesänge zu hören. W e l c h e sie A b i a s a f , der dicht'rische J ü n g l i n g , gelehret, Iska,
die Schwester der M i l k a ,
mit Kenas v o n
Haran vermählet. Hat i h m Abiasaf, den einzigen Knaben, geboren. Als er geboren w a r d , kam die Musa, die Freundin Elilms, Legte d en Knaben an ihre B r u s t , und w e i h t 1 i h n zum Sänger. Achtzehn Frühlinge blühten ihm erst, doch singt er schon Lieder, Welche den Weisen g e f a l l e n : er ist der König der Jugend.
6 o
D I E
P R Ü F U N G
A B R A H A M S .
V . 208 — 21g. J e d e S c h ä f e r i n e i f e r t , des D i c h t e r s L o b z u
ver-
dienen. U n d er l o b t n u r die T u g e n d , er n e n n t die U n s c h u l d nur Anmuth. D i e s e r w a r m e i n zärtlichster F r e m d ; z w a r etliche Sommer A l t e r als i c h , z w a r w e i s e r als i c h , d o c h vereint 1 uns Ein Wille, Gleiche N e i g u n g zur T u g e n d , ein g l e i c h e r G e s c h m a c k an der S c h ö n h e i t . D i e s e m w a r e n v o r a n d e r n , die IIar:m z u F i e u n d e n m i r anbot, Meine Morgen geweiht.
D u sollst,
o beste d e r
Mütter, K ü n f t i g seine Gesäng' an h e i t e r n Abenden h ö r e n ; D e n n er l e h r t e sie m i c h ; v o n m i r soll T i m n a sie lernen. O w i e siifs w a r u n s r e L i e b e !
W i e k ö n n t ' i c h sie
missen, W e n n m i r n i c h t Vater u n d M u t t e r den F r e u n d u n d Ribka ersetzten! S i e h e , so lebt' i c h m e i n L e b e n i n H a r a n s f r u c h t baren F l u r e n .
/ , vv
G
E Y T 1- R
E S A N ü.
6l
y . 220 — 252. Also erzählete
Isaak;
er
fü^te noch
vieles
zu
diesem, Bis er den
zärtlichen Abschied
von N a h o r
und
Abiasaf,
U n d v o n Milka
u n d Ribha in seiner
Erzählung
erneute. V o n der E r i n n ' r u n g e r w a c h e t e n schnell die E m p f i n dungen wieder, D i e er beyn» Abschied g e f ü h l t ; sie u n t e r d r ü c k t e n die Rede Auf den L i p p e n , sein A n g e s i c h t w a r d m i t T h r ä n e n bedecket. Sa?ah küfste sie w e g .
I h r A u g e glänzte m i t L i e b a
Auf die Augen des K n a b e n .
D a n n pries sie den
H e r r n des H i m m e l s , D o r , den V e r h e i f s u n g e n t r e u , w o m i t er A b r a h a m e h r tu, Isaak s c h ü t z t e , u n d Scenen v o n k ü n f t i g e n Seligkeiten Schon vor i h m aufthat.
N o c h h i n g e n die
Blicke
der edeln V e r s a m m l u n g Auf den L i p p e n des J ü n g l i n g s , n o c h h ö r t e n
sie;
A b r a h a m staunte N o c h i n tiefer B e t r a c h t u n g .
X)a Kam Bote,
fcein
eilender
62
DIE
PRÜFUNG
V . 233 —
A B R A H A M S .
215.
I h m die N a c h r i c h t z u g e b e n , dafs vieT K a m e h l e m i t Fremden Unter den Vorliof gekommen.
Ein
Mann von
er-
habenem Anselm, I n der ü l ü t l i e der m ä n n l i c h e n J u g e n d ,
ein w ü r d i -
ger Alter N e b e n i h m , dem ein reitzender K n a b ' i m
Schoofs
l a g , und S k l a v e n N ä h i h e n die L a s t v o m dritten K a m e h l ,
Arabische
Schätze, S t o i a x ttnd G u m m i u n d
S a ' b e n aus G i l h a d s
balsa-
mischen Hügeln. A b r a l u m eilte h e r a u s m i t L l i e s e r , d i e F r e m d e n F r e u n d l i c h z u g r ü l s e n , und z u s i c h i n s e i n e H ü t t e n zu
laden.
A b e r w i e w a r er b e t r o f f e n , da er i n den M i e n e n des Fremden 1 Sinti6 1
w i e d e r erkannte,
den S o l i n d e r Ä g y p t i schen
Isruael
fiel
zur Eid',
U n d Orbat sich den Segen.
D e r Vater umarmt' ihn und
Sey g e s e g n e t ,
Ungar!
u m f i n g d i e K n i e e des V a t e r s
mein Sohn,
sagte:
auf dessen G e s i c h t i c h m i c h könne,
Z W E Y T E R
G E S A N G .
65
V . 2,1(7 — 257. Sey dem Herrn gesegnet I Ich sehe mit zärtlicher Freude Z ü g e der T u g e n d in deinem Antlitz, ich rieche mit Wollust Deines Gewandes G e r u c h , w i e des Feldes der Segnungen Gottes. Komm,
mein W e r t h e r , h e r e i n , und lafs uns die Tliaten vernehmen,
Welche der Herr an Ismael tliat,
an Abrahams
Samen. Aber sage v o r h e r , w e r ist der zärtliche Knabe, D e n der Alte hier tragt i E r ist w i e nach dir gebildet.
Ismael nahm den K n a b e n , und lehrt* ihn m i t kindlicher E h r f u r c h t V o r dem göttlichen Ahnherrn die zarten Kniee zu beugen. Ismael sprach: O segne auch diesen, mein Vater, Nebaioth, Meinen E r s t l i n g , den m i r dein Gott in Paran geschenket. D » mich Geschäfte nach Gilhad beriefen, so nalna ich den Knaben«
64
D I E
P R U F U K O
A B R A H A M S .
V. 258 — 2^9Dafs du ihn segnend kiifstest, m i t mir.
Erlaube,
mein Vater. Dafs er hier bey dir bleibe, bisGillidd mich wieder zurück schickt. Abraham nahm den Knaben auf seine Arme»
und
küfst' ihn Segnend, und hob die Augen mit f r o m m e n W ü n schen gen Himmel. Itzo befahl ei dem S q h n ,
i h m in die Hütte zu
folgen. Elieser e n t w i c h , f ü r ihre Bpvyjithung zu sorgen,. Und die Geschenke von Ismaels Segen in JianniK'iii zu billigen. Abrahan» stellte- der Frauen und ihrem gelicbtesten Sohne Ismael v o r , und den lieblichen Knaben.
Als Isaak
den Bruder Sab, d,a wallt' i h m sein Herz von inniger Fröhlichkeit über, Wartete n i c h t , bis er Sarah gegrüfst, und eilte m i t Inbrunst I h n zu umarmen.
W i e B r ü d e r , die E i n e Mutter geboren,
Z W E I T E R
«5
G E S A N G .
V . 270 — 281. Zwillinge,
w e l c h e zugleich an ihren Brüsten gehangen,
Sich nach langer beseufzter Entfernung mit Thränen umarmen, So umarmten sie sich.
D e r Anblick der redlichen Liebe
Rührte Sarah das
Herz;
auch s i e
küfst'
Isaaks
Bruder M ü t t e r l i c h , und verweilte mit Lust auf d e m Antlitz des S o h n e s ; Aber n o c h zärtlicher eilt s i e , den jungen Nebajoth zu küssen, D e r , als o b er in i h r die liebende Mutter erblickte, Lächelnd mit freyem holdseligem Antlitz die kleinen Arme Um
den Nacken ihr schlang.
Sie deckt' ihn m i t
zärtlichen Küssen.
Itzo
setzten
sie
sich auf
purpurne
Teppich«
nieder. Ismael gab dem Vater auf sein Verlangen die Nachricht, W i e der Herr ihn g e f ü h r t ; ihn in der Wüste Beersaba, WIELANDS
S i r p i , . IIJ. B .
E
CS
DIE P»irrüHO V. 582
ABKAHAMS. -
Da er zu sterben v e r m e i n t e , d u r c h einen Engel erhalten : W i e er dann i n der Einöd', in Parans palmichten Tliälern, Anfangs ein J ä g e r , g e w o h n t ; dann m i t der Aegypterin ß a s m a t h S i c h v e r m ä h l e t , Hagars V e r w a n d t e n , m i t der i h m ein R e i c h t h u m Von i i a m e h l e n und R i n d e r n und Schafen nach Parans gefolget; W i e er sich drauf m i t B e w o h n e r n der Berge Paran verbunden, Die i h n z u m H a u p t e r w ä h l t ,
sie feegen die R ä u b e r der Wüsten
Sin
und S a f e r zu schützen', und w i e er
dem
GottSchaddai E i n e n Altar in den blühenden Ebnen von R i m m a erbauet. Und i n des F e i g e n b a u m s Schatten
sich
bleibende
Zelte gespannet. Also erzählt' er die W e g e des H e r r n , dem Abrah a m dienet, U n d die E r f ü l l u n g des Segens, den seiner M a t t e r ein Engel
Z W E Y T E R
G E » A N O.
67
V . 294 — 305. In der Wüste gegeben.
D e n n , w a r er nicht Abrahams Samen,
Den sich der Herr e r w ä h l t , an ihm sich der W e l t zu v e r k l ä r e n ? In den vertraulichen Reden beschlich sie der Abend. Doch hatte Immer ein mehr als gewöhnlicher Ernst die Stirne des Alten Sanft umwölkt.
Jetzt w a r er genöthigt, die herrschende Freude
Also zu hemmen:
O Sarah,
und i h r ,
gesegnete
Sohne, Heute hat m i r der H e r r zwey
Söhne w i e d e r
ge-
schenket. Isaak, seinen V e r h e i f s n e n , der i h m besonders gew e i h t ist. Meinen Geliebten,
ihn hab' ich
mit wachsender
Tupend und
Schönheit
Wieder aus Haran empfangen. . D i c h , Isroael, L i e b ling der V o r j i c h t , Giebt mir derselbige T a g , und meiner Zärtlichkeit Werth er, Als du damahls es w ä r e s t , da mir ein Traumgeticht sagte,
FI8
D I E
PÄÜFUNO
A B R A H A M S .
V. 3°6 — 318. Dafs dir ein andrer W o h n o r t vom Gott Schaddui bestimmt sey. Aber «o w i l l i g mein Herz dem siifsen Vergnügen sich aufthut. Diese T a g e m i t euch in zärtlichem U m g a n g
zu
leben, Folget es doch dem höheren W i n k .
Am heutigen
Morgen Ist m i r der Herr e r s c h i e n e n , und hat m i r befohlen, m i t Isak Nach Moria zu g e h n , daselbst auf einem der Berge, Den er selber bezeichnet, ein gottgeiälliges Opfer Darzubringen.
A m morgenuen Tag soll mich Isak begleiten,
L a b e demnach dein m ü t t e r l i c h A u g e ,
so lang' es
noch seyu kann, Auf dem Antlitz des Knaben, o S a t a h , u n d l a f s d a n n Nebajoth D i r die Zeit der Entfernung- m i t ähnlichen Freuden verküizen. Also sagt' er.
M i t sanftem Antlitz e r w i e d e r t e Sarah:
T h u e w i e d i r Jehovali b e f a h l ! V o r seinem Befehle
Z w e i t e r
GESANC.
69
V. 319 — S c h w e i g e t der zärtlichste Wunsch in meinem Herzen. Soll nicht w e i n e n ; diefs A u g e ,
Mein Auge das Isaak wieder
gesehen, Das so glänzende Spuren der gottlichen Güte gesehen, Soll nicht klagen, soll künftig nur Thränen
der
Fröhlichkeit weinen. Gehe, mein S o h n , du bist im Auge des E w i g e n theuer. U m dich wachet der Flügel der Vorsicht, w o h i n du auch gehest. D ü r f t ' ich dir f o l g e n ! P o c h jede B e w e g u n g des heiligen Herzens, Jede Entzückung der zitternden Andacht, mit der du zum T h r o n auf, Hin zum Z i e l des Menschengeschlechts den beten. den Arm hebst, Ist auch m e i n !
Jehovah w i r d auch in der Ferne mich hören!
Geh denn, und komm mit neuem Segen gesegnet zurücke. Also sprach s i e , und kiifste den Knaben, er küfste sie wieder
7°
D I «
P R Ü F U N G
A B R A H A M S .
V. 331 — 342Auf die lächelnde Stirne; lang' schwieg er in ihrer Umarmung. Endlich sagt1 e r : W i e ehret mich Gott mit diesem Bifehle, D a er mich w ä h l t ,
das Opfer mit meinem Vater 7.n b r i n g e n ,
Da9 er selber geordnet!
W e n n nicht die Vermuthung zu kühn ist,
W ü r d ' ich glauben, es steh' ein sonderbares Begegnifs Dort uns bevor.
Vielleicht dafs sich der Himmel herab neigt,
Dafa ich gewürdiget werde, den Saum des Herren zu sehen, Und zu leben;
vielleicht
aus seinem
göttlichen
Munde, Oder von seiner Seraiim
einem die Zukunft zu hören,
Oder selbst in die goldenen Zeiten , die Hoffnung der Väter, Selige Blicke zu thun.
D o c h was der Befehl auch verberge,
S i e h e , mein V a t e r , hier bin i c h ;
sobald der Mor-
genstern winket,
Z W i Y T E R
GESANO'.
V . 313 — 354B i n ich b e r e i t ! O käme sie s c h o n , die g e h e i l i g t e Stunde! Abraham hört' i h n so reden,
und seufzte gen
Himmel. Die Leiden, D i e er vorher i m
Herzen g e f ü h l t , eh' Jsak gekommen,
W a r e n nur Schatten v o n diesen, die itzt am L e b e n i h m nagten, Da dt;r göttliche J ü n g l i n g in seiner Unschuld so redte. Dennoch ruhte sein W i l l e geduldig unter den Leiden. S c h w e i g e n d dacht' er zu Gott: Der Knab' ist dein, o Jeliovah! D i e s i r gottselige Geist, diefs Herz voll U n s c h u l d , sind Gaben Deiner Gnade.
D i r stellt es auch z u , i h n , deinem Erwählten,
Auf der Erde zu lassen, ein Beyspiel
gottseligen
Enkeln, Oder zu dir in die Köre der h i m m l i s c h e n
Geister
zu nehmen, W i e du Enoch vordem v o n der Erde h i n w e g genommen.
7a
DIE
Prüfbno
ABRAHAM».
V. 555 — 3^6. Dafs kein entheiligtes A u g ihn m e h r sehe. — So n i m m denn a u c h Isaak ! A b e r , o stärke m i c h , V a t e r , damit mein Geist nicht erliege. Und vergieb, w e n n der Schmerz,
der diesen Busen
zerreifset, D i c h b e l e i d i g t ! Auch dieser, o H e r r , soll v o r d i r verstummen ! Schon u m h ü l l t e die N a c h t , w i e ein sechsmahl geflügelter C h e r u b , Mit gestirntem Gefieder den stillen s c h l u m m e r n d e n Himmel. Abraham hatte das M a h l m i t seinen Geliebten genommen, Unter Gesprächen, w i e denen g e b ü h r t e n , m i t denen schon öfters Engel geredet,
den A u s e r w ä h l t e n aus a l l e n Geschlechtern.
E n d l i c h beschlofs ein festliches L i e d die w ü r d i g e n Reden; Isaak Sang, von T i m n a ' s h a r m o n i s c h e r L a u t e begleitet, Von der T u g e n d sang I s a k , die auf den H e r r e n i h r Auge
Z W E Y T E R
G E S A N G .
75
V. 367 - 3-?3Unverwandt richtet, nur ihm und seiner Bestimmung zu. leben; Die mit gleichem Gemüth aus seinen Händen itzt Freuden, Itzo Schmerzen empfängt; mit dankbarem ruhigem Herzen Heut in Scenen voll Hoffnung und Seligkeiten hinaus sieht, Und die Aussicht auch liebt und sie zu sehen gewohnt ist, Morgen sie wieder verschwunden, und jede Hoffnung verwelkt sieht. Denn sie w e i f s , dafs der Vater der Wesen das Beste für alle Immer erkiefst, u n d , von ihm gesendet, das Böse uns gut ist. Dieses saug Xsak.
Die Stärke der Wahrheit, die Hoheit des Schwunges,
Und die Gewalt der geistigen Saiten entzückten die Hörer. Abraham fiel in ein angenehm Staunen, die denkende Seele Stieg von Wahrheit zu Wahrheit, von einer Betrachtung zur andern,
74
D I E
P R Ü S UNG
A B R A H A M « .
V. 379 — 389' Iiis es so hell in i h r w a r d , dafs in dem Glänze der Weisheit Alle S c h m e r z e n , die stillen V c r k l ä g e r der Vorsicht, zerflossen. Endlich schwieg
der Gesang-
D o c h tönten die
Harmonien I m m e r noch fort in Abrahams Herz.
Er lag in
Gedanken, W i e i m Schlummer.
So sinket ein E n g e l ,
der
Gottes Befehle Fremden H i m m e l n g e b r a c h t , e r m ü d e t , unter dem Wohlklang H i m m l i s c h e r Harfen, von Freunden g e r ü h r t , in lieblichen Schlummer
Als nun alle den Schlaf in iliTen Kammern genossen. Und sich Abram und Sarai) im Innern des Zeltes befanden, Forschte die zärtliche Mutter die Ursach' des heimlichen Kummers, D e n sie i n seinem Gesicht zu etlichen M a h l e n bemerket.
Z W
E X T E R
G E S A N C .
7J
V. 390 — 401. Abraliani gab ihr zur A n t w o r t :
Ich kann dein
V e r w u n d e r n nicht
tadeln;
W o man Freude nur sucht, da Mienen des Schmerzens zu seilen, Ist ein seltsamer Anblick,
Doch kann es zuweilen begegnen,
D a f s sich die reinste L u s t in flüchtige Wolken verbirget: D e n n w i e nah ist der Schmerz deT L u s t ! D i e Freude hat Seufzer, Und die Traurigkeit Reitze.
V e r n i m m indefs den
Gedanken, D e r mir die Thränen der L u s t mit Thränen der T r a u rigkeit mischte. Als du den Knaben umfingst, so kam mir der schwarz« Gedanke, Mitten in einer süfsen Empfindung befiel mich sein Schrecken: W i e , wenn dir den J ü n g l i n g ein plötzlicher U n f a l l . entrisse ? O f t hat der Herr die Liebsten durch diese Dornen geführet! Siehe diefa dacht' i c h , und bebte, doch blieb die Empfindung nicht lange.
?6
D I E
P R Ü F U N G
V . 402 —
A B R A H A M S .
413.
A l s o sagt' e r , - u n d redete w a h r .
D o c h konnte
die M u t t e r Sein G i h e i m n i f s d.iraus n i c h t entdecken.
V o l l Rüh-
r u n g versetzt s i e :
W i e b e w e g e s t du m i c h , m e i n T h e u r e r , w i e hat der Gedanke D e i n e Seele g e f u n d e n ?
der
s c h w ä r z e s t e aller Gedanken !
I c h erzittre v o n fern i h n z u denken. — W i e k ö n n t ' i c h dich missen, Isak m e i n S o h n , m e i n e i n z i g e r S o h n , w i e
könnt'
i c h dich m i s s e n ? D o c h w a r u m sollten w i r uns m i t solchen Gedanken die R u h e Selbst v e r g i f t e n ? uns selbst m i t bangen
Ahnungen
quälen ? L a f s uns v i e l m e h r
das I l e r z
den schönsten
Hoff-
nungen öinien, H o f f n u n g e n , die dem W u n d e r , das ihn uns schenkte, geiriäfs sind ! I m m e r näher seh' ich i m Geiste die selige Z u k u n f t , D e r e n Spuren »ich m i r i n
Isaks
Erzählung
deckten.
ent-
Z w E Y T F R
77
OES" AMC.
V . 414 — 426T h e u r e r J ü n g l i n g , i c h sehe d i c h s c h o n i n den l i e benden Einer Geliebten beglückt,
Armen
die d e i n e r U m a r m u n g e n Werth i s t ;
G o t t selbst hat sie f ü r d i c h m i t d e m G l a n z des M o r gens gesclimücket, G a n z nach deinem Heizen g e b i l d e t , nach
jeglicher
Neigung, D i e d u selbst n o c h
nicht kennst.
Sie liebt
du liebest sie
dich,
wieder.
S c h o n u m g i e b t m i c h die b l ü h e n d e S c h a a r v o n
lieb-
lichen Enkeln. D i e d i c h V a t e r b e g r ü f s e n , in deTen Z ü g e n du l e b e s t . V i e l f a c h e r n e u e r t ; sie s c h e r z e n u m m i c h i n d e n B l u m e n des F r ü h l i n g s , H i e r ein hüpfendes P a a r , dort z w e y ,
d i e s i c h zärt-
lich umhalsen, H i e r das J ü n g s t e , der M u t t e r i m S c h o o f s , i h i j u g e n d lich lächeln. Süfser A n b l i c k ! O s e l i g e r S o h n ! und s e l i g e M u t t e r , Die
dich
gebar,
und
s e l i g die B r u s t ,
an der
du
gesogen ! Unter der r u h i g e n H o f f n u n g w i r d Jahren,
die R e i h e
von
JQ
D I E
F M I N S O
A B R A H A M S .
V. 427 ~ 438Die die Erfüllung entfernt, gleich schnellen Monden vorbey fliehn. Und wenn mein Auge zuvor sich schliefst,
und
nimmer die siehet, Die er einst l i e b t , liochEnkel, die lächelnd Mutter mir stammeln, Theurer Gemahl, so w i l l ich alsdann, von Engeln begleitet, Unsichtbar über euch schweben, und eure Seligkeit theilen. Also sagte die beste der Mütter;
der Vater
versetzte: B i l l i g erwarten w i r Gutes vom Ursprung des Guten.
Er w i r d auch
Mehr als w i r wünschen t h u n ! Die Hoffnung, ¡in die sich , o Sarah, Dein so müttcrlich Herz mit allen Gedanken ergiefset, Ist die schönste, die Gott den sterblichen Menschen erlaubet. Dennoch bewache dein Herz, damit es, in seine Geschöpfe Nicht zu verliebt, die Gedanken der Gottheit den seinigen heimlich
Z W E Y T E R
G E S A
N U.
7G
V . -139 — 445U n t e r w e r f e ; denn oft sind unsre Gedanken nicht seine. I m m e r geniefse voraus die Seligkeiten der Z u k u n f t ; Aber docli s o , als könntest du sie zur Stunde verlassen.
Also besprachen sich Sarah und Abraham u n t e r einander. B i s sie der milde Schlaf m i t seinen F l ü g e l n bedeckte.
D I E
PRÜFUNG
ABRAHAMS.
S K I T T E R
V. 1 -
G E S A N G .
5.
Isaaks h i m m l i s c h e r F r e u n d und Sarah's s der E n g e l Elhanan, Hatt' aus den Schatten des nächtlichen L a g e r s die Reden gehöret, W e l c h e Sarah m i t Abram geflogen.
Itzt sah er sie
schlummern. Und er sprach bey sich selbst: W i e ruhst du, zärtliche M u t t e r , Noch i n deinen T r ä u m e n so l i e b l i c h ! i n w e l c h e r Hoffnung
D r i t t e r
V. 6 -
G e s a n c .
gi
17.
Schliefest du ein ! N o c h lächelt von ihr dein freundliches Antlitz. Aber diefs Liicheln, wie bald wird sich's in J a m m e r verwandeln, TTnd diefs ruhig wallende Herz in Schauern erstarren ! Ach dann w i r s t d u , verlassen und ausgezogen und bebend, W i e vom I l i m m e l gestürzt, in einer E i n ö d ' an Freude Dnstclm und j a m m e r n ! Dann flehst du am Morgen, ach käme der Abend! Fürchtest den T a g und das L i c h t , das sonst Vergnügen gestrahlet, f.'nd verlangest die N a c h t ; noch sucht der unsterbliche K u m m e r In den Schatten der Nacht die fliehende Ruhe vergebens. Wahrlich deine Gedanken sind nicht die Gedanken der Gottheit, Nicht der E n g e l ! D i e beten mit D e m u t h der Gottheit Gedanken TJnd mir Entzückungen an. WiEiiüND» W. Surrt,, ,IIT. E.
Wellklagende Geister zu hören
F
SA
D I E
P R Ü F U N G
V
A Ü R A H A M S ,
13 — 29.
Tonet in unserm O h r ,
als w e n n der Sfären GesHi.ge
Plötzlich die Himmel umher mit w i l d e m Mifslaut erschreckten. Dennoch fühlet mein Herz d i i n L e i d e n , o liebende Mutter, D e n n du bist fühlelid erschaffen,
dir schlägt i m
zärtlichen Busen Eine empfindliche Seele, z w a r edel und rein w i e die Unschuld, A b e r doch s c h w a c h , die Leiden zu t r a g e n , die über dich kommen. Seh' ich dich an, so bebt mir mein Herz, so tliränet mein A u g e ; Aber mitten i m Mitleid umgiebt mich die f r ö m m e r s Freude. Neue Scenen umglänzen mich s a n f t ! Sie ehren das Schicksal! Isaak, eh' ich es h o f f t e , umarmt dich dein zartlieber Engel. D u bist f r ü h dem Ilitnmel g e r e i f t ! — Eröffnet euch, Himmel! Schimmert h e l l e r , i h r Lauben, w o r i n er m i t englischer S t i m m s
D r i t t e r
GesAno.
83
V. 30 — 41. Bald den Unendlichen l o b t !
Ätherische
Wolke,
betliaue Diese Blurnengefilde mit einem schöneren Frühling, W o ich zur ersten Umarmung ihn unter die Serafim führte! Dürft 1 ich es hotten, mein Freund, so bald dich Bruder zu nennen. Da d u ,
den L e i b von Staub zu bewohnen,
mit
unbewufst folgtest? Z w a r auch damahls, da Sarah zuerst mit Entzückung dich küfste, Schaut' ich in schone Gesichte hinaus ; dein irdisches Leben, Dessen
Zeug 1
und Beschützer ich w a r , versprach m i r Vergnügen,
Die der Himmel nicht hat. Der Anblick der menschlichen Tugend Ist für Olympier reitzend, auch liat sie oft Engel zu Zeugen. J a , es ist süfs, auf Wangen voll Unschuld, in Augen voll Liebe Thränen blinken zu sehn, die Thränen der ersten Entzückung,
84
DIE PRÜIUKO
Abrahams.
V. 42. -
54-
W e n n die ganze Gewalt der innern Zärtlichkeit ausbricht Lieblich ist es, das Stammeln des zarten Knaben zu hören, Der auf dem Sclioofs der
Mutter
die süfsesten
Nahmen zu Teden Lächelnd sich ü b t , die sein Herz, lang' eh' er sia nennen kann,
fühlte,
Lieblich ist es zu sehn, w i e sich das dämmernde Auge Eines Vaters erhellt , der über Reihen von Enkeln, Welche sein Beyspiel zur Tugend erhitzt, den Segen verbreitet. DieseFreudeu erblickt' ich vor m i r , die fröhlichen Scenen Sollte mir Isaak schenken; itzt sind sie in befoie verschwunden, W i e vor dem Tag die Dämmrung entflieht.
Viel
heilere Scenen, Reinere Freuden eröffnen sich u n s ! — Dem Anschaun der Gottheit Stirbst du entgegen, o J ü n g l i n g
den Liedern Eloa's
dem Umgang Himmlischer Freunde, dem ewigen Leben,
der
frühem Vollendung!
D R I T T E R
V. 55 -
G E S A S
O.
GG
65.
Komm, ich weine nicht, Freund, wenn bald dein Leben verblutet, Wenn d u , der sterbenden Lilie gleich, dein lächelndes Haupt neigst. Nein ! ich weine dann n i c h t ! Mit heller entfalteten Flögeln Nehm 1 ich dich, Seele, dann a u f , und strahl' in die Köre der Engel. Also sagt 1 er, und kam zu Isaaks Lager zurücke, Holde Träum' um das Haupt des heiligen Knaben zu gleisen. Endlich erwachte der Tag.
Von den ersten
Strahlen gewecket, Machte sich Abraham auf.
Da fand er Isak i m Sahle
Schon zur Reise gegürtet.
Aus einem heiligen Tranme
W a r der Jüngling erwacht.
Noch sah er der Serafim Schaaren,
Die am eröiFucten Himmel herab um die .Wolke der Gottheit
8«
D I E
P R Ü F U N G
V.
A B R A H A M S .
6C— 79.
Schwebeten; noch umflofs ihn von ihren azurnen Flügeln
Süfser ambrosischer Duft.
Vom Traum zur Entzückung erwecket.
Sprang er v o m Lager und eilte, sich zu der Reise zu rüsten, D i e i h m die himmlische Scene versprach , das Urbild des Traumes. Itzt trat Ismael a u c h , sein Bruder mit Elieser Traurig h e r z u ;
sie fühlten,
doch ungleich,
die
Schmerzen derTrennung. Ismael wollte noch diesen T a g die müden Kamehle Rasten lassen, dann ruften ihm Gilhads umduftete Berge, Ladan und Nardus von d a , und Thränen der lieblichen Myrrhe Nach Mizraini zu führen; er w o l l t e , nach ihrer Zuriickkunft, Etliche festliche T a g ' in ihren Umarmungen leben, Und dann wieder nach Paran zu Basmuths Zärtlichkeit eilen. Unterdefs hatte Sarah mit L i l i t h und ihrer Ketura Etliche Säcke
mit
Vorrath für sieben Tage gefüllet.
D r i t t e k V.
G e s a n g .
80 -
87
91.
Alles e r w a r t e t den A u f b r u c h ; z w e y Sklaven stehen am W e g e B e y dem Lastthier,
N u n mahlet der Morgen die Stirne der Berge.
Abraham schied m i t zärtlichen Wünschen aus Sarairs Umarmung, Dann unifing er den Sohn der H a g a r ,
und kufst'
i h n voll L i e b e . Isaf.k hatt' in Eliesers umschlingenden Armen Lange
verweilt,
kaum
könnt' ihn der f r o m m e Alte verlassen.
Endlich bezwang ihn die W e h m u t h . Ein Strom von gesammelten T h r ä n e n Schofs i h m ins A u g ' , er wandte sich schnell v o m Antlitz des J ü n g l i n g s . Dieser w a r f sich i n Ismaels A r m ,
und sah
ihn
nicht w e i n e n . Aber n u n fordert d i c h ,
Jüngling,
und
deine
zärtlichsten Küsse Eine geliebtore Stirn ; nun eilet die göttliche Sarah, Dich noch eine Minute in ihrer U m a r m u n g halten.
zu
88
D I E
P B Ö I I I S O
A B R A H A M S ,
V. 92 — 105. Segnend küsset sie i h n , uiul weint nicht; ruhiges Lächeln Wallet um ihr zufriednes Gesicht;
sie glaubet,
er eile Zu den Segnungen Gottes; hier war' es Sünde zu weinen. Thränenfrey lag auch der Jüngling auf ihren sanft glühenden Wangen. Also schieden sie sich.
Nach langer zarter Umar-
Läfst ihn Sarah zuletzt.
Dann spricht sie die seg-
mung nenden Worte: Gehe, mein Sohn, wohin dich der Gott Schaddai beschieden! O w i e entzückt mich diefsFeuer in deinen blühenden Augen! Diese heilige Sehnaucht, die Stimme des Gottes zu hören, Der dich erschuf, den Segen, den Trost der Kinder von Adam, Selbst au9 seinem allmächtigen Mund erschallen zu hören! Gehe denn h i n , und komm von Gott begnadigt zurücke !
D r i t t e r
G E S A N C.
£g
V . 104 — 116. Also spraclx sie.
Nun flog er von ihr.
So eilet
die Hindin Oder ein jugendlich Reil von Myrrhenbergen herunter. Schon entfloh das schattigte
Mamie
vor
ihrem
Gesichte, Und deT begierigste Blich der Hinterbliebenen sucht« Sie vergeblich i m fernesten B l a u der, steigenden Hügel. Neben den Reisenden schwebt Elhanan, der himmlische Zeuge Dieser Geschieht'.
Itzt lieset sein Tiefsinn in Abrahams Auge,
D u , von der ich den frommen Gesang zu singen entflammt bin, Heilige M u s e , vor der die Gedanken der Menschen und Engel Sich entblöfsen, die du die leisesten R.egungen höresf, Welche der Busen v e r b i r g t , itzt neige dein O h r zu m i r nieder! S a g e , was hat Elhanan in Abrahams Augen gelesen, W a s für Empfindungen fühlt' e r , mit was für Gedanken besprach sich
9°
D I E
P R Ü F U N G
A B R A H A M S .
V. 117 — 128Seine S e e l e , da e r , v o l l E i n s t und in sich geisehret, N i c h t die Schönheit dos Tages in »einer sanften Entfaltung, N o c h die w e c h s e l n d e n Scenen der A u s s i c h t , noch Isaak
wahrnahm,
Der i n lauter Entzückung den Schöpfer der D i n g e verehrte ? U n d so g e h ' i c h dir d e n n , o L a n d der Erschein u n g , entgegen, Eile, M o r i a , dir z u ,
dich m i t dem
schuldlosen
Blute M e i n e s einzigen Sohnes zu tränken.
Von
dieser
Rechten Soll es s t r ö m e n ! D u , H ü g e l , und deine umgebenden Cedern Sollen trauernd es s e h n , w e n n u n t e r den Händen des Vaters E i n g e l i e b t e r , ein einziger S o h n ,
als Opferlamm
hinsinkt. Also besah es der Gott Schaddai.
Er hat ihn zum
Opfer A u s e r s e h e n , sein reineres Blut als der weisesten Lämmer
D R I T T E R
G E S A N G .
YI
V . 129 — i/jo. Soll ihm dort angenehm seyn ! — O meine v e r w e l kende Krone, Meine sterbende H o f f n u n g ! Nc.cli singst du sorgenirey L i e d e r , Kennest dein Schicksal nicht; noch Iaclit dein heiteres Antlitz, W i e diefs T h a l , noch fliefsen in dir die
Quellen
des Lebens, Gleich den Brunnen im Garten des Herrn , gleich blumicliten Bächen. Aber bald ist diefs alles vergangen! bald zittert dein Antlitz Sterbend, erblafst, im eigenen B l u t ! D e r
Schau-
platz des Schreckens Steht schon v o r m i r ; ich sehe dich schon, o J ü n g l i n g , verbluten, Höre das letzte Pochen der B r u s t ,
und sehe die
Wangen Sich entfärben, die brechenden Augen sich mühsam erheben, M i c h noch ansehn, dann i m Todesschlummer
erlö-
schen. Ringsum schweigt die bleiche N a t u r ; Moria,
du wandest,
92
DIE PKÜFCSO
ABRAhams.
V . 141 — 154. Unter mir, Sion, du bebst auf diese Scene herunter A c h , i h r sähet auch einmahl auf Scenen der Freude herunter ! Sion, oft hat dein Cedernschatten den betenden N o a h Eingehiillet,
es hat in deinen wolkichten W i p f e l n
O f t D e b o r e n s Hymne gerauscht, dein blumichtes Saron O f t die erneuerte Jugend i n »eine Piosen geladen. A b e r itzt w i r s t du umher ein banges
sterbendes
Köcheln Bebend vernehmen.
B a l d strömet das Blut des einzigen Sohnes,
D e n sein Vater geschlachtet,
an deinen Hügeln
hinunter Ach w i e starret mein H e r z ! — W a r u m
erstarrst
d u ? Mein W i l l e Hat sich dem Herren verlobt.
I h r Ariern, schauert nicht länger,
Gott gebietet! so fliefset denn w i l l i g zu seinem Befehle ! Z w a r ist ein furchtbares Dunkel um
mein
Ver-
liängnifs gezogen, Eine
dickere
Nacht,
als die mich damahls geschrccket,
D r i t t e r
GESAS.«..
93
V. 155 — 167. D a ich in dunkeln Bildern die fernen W u n d ergeschickten Meines Geschlechtes s a h , da nächtliche Schrecken vom Herren Über mich k a m e n , und D o n n e r aus seinem Munde m i r sprachen. H e r r , d u bist dunkel in deinen Gerichten, erhaben und dunkel! Undurchdringbar dorn steiblichen Blick,
bedecke.ü
dein Schicksal Eine heilige Nacht. — Doch, weich ein plötzlicher Lichtstrahl Fällt in mein Herz u n d ei hellet auf einmahl d,.i Dunkel der Seele? Täusch' ich mich, oder kommst du vorn Herrn, Gedanke, der itzo In mir h e r v o r g e h t ? Ein Anfang,
mein schwarzes
Geschick zu enthüllen. W a r u m mufste mein erster S o h n , von Hagar geboren, E b en an diesem T a g e , da Gott m i r Isaak fordert. Wiederkommen? D u r c h was füi laUyrinthischeWege Z o g ihn die Rechte des H e r r n , w i e zu verborgener Absicht?
94
D I E
P H Ü I C B O V.
168 —
A B R A H A M S . 179-
Ist es v i e l l e i c h t N e b a j o t h , d e m G o t t die Vcrheifsitng bestimmt hat? H a t er n u r , m e i n e n G l a u b e n zu p r ü f e n , auf w e n i g e Jahre Isaaks h i m m l i s c h e U n s c h u l d v o m H i m m e l h e r u n t e r gesendet ? I s t es i n I s m a e l s S a m e n , i n dem die V ö l k e r s i c h segnen ? O
so
sey
mir
willkommen,
Gebenedeyter
des
Herren! Sey w i l l k o m m e n ! I s t Isak n i c h t m e h r ,
so sey du
m i r Isak. A b e r v i e l l e i c h t b e t r ü g t m i c h m e i n H e r z m i t diesem Gedanken ? So v e r g i e b es, o H e r r , v e r g i e b es d e r k ü h n e n V e r muthung, D i e in dein Geheimnifs sich wagt.
Schon zittert
sie w i e d e r E i l e n d z u r ü c k ! K e i n S t e r b l i c h e r soll m i t k ü h n e m Erforschen D e i n e n R a t h s c h l u f s e n t w e i h n ! H i e r deckt d e r Che« r u b sein A n t l i t z ! W a s er a u c h s e y t der g ö t t l i c h e S c h l u f s , so ist di« Verheil'sung,
D n i T T r u G f c S A N G , V . lQo — 191. D i e du m i t gabst, ein ewiges W o r t .
D i e Sfäre der
Himmel
r„.
Steht nicht so fest, als die W o r t e des Her
'
Ell
müfste die Asche Meines geopferten Sohnes, v o n deinem Hauche befruchtet, YVieder zu einem Jüngling hervorbliilm, eil' müfsten die Steine Menschen w e r d e n , eh.1 dafs von deiner erhabnen Verheifsung Nur ein W o r t die E r f ü l l u n g , die ihm bestimmt ist, verfehlte! Also dachte der Vater.
Itzt wandt' er wieder sein Auge
A u f den Jüngling: der Jüngling lächelt' ihm gleichfalls entgegen; Sprach dann zu i h m : O V a t e r , die Gegend, die v o r uns hier lieget, Bringt mir eine vors A u g e , w o r i n mich die himmlische Ribka Einen Frühlingsgesang mit begleitenden Saiten gelehret : W e n n dir'« gefällt, so «ollst du ihn hören.
Mein
Herz ist v o m Anblick
I/J
l ) L £
I ' K U 1 TJ 1\ O
A U H A I I A M ! ,
V . 192 — 203. Dieser Gegend so fi 0I1, und vorn Gesänge der V ö g e l So h a r m o n i s c h , dafs a l l e s ,
w a s Ribka m i r jemahl» gesungen,
O d e r m e i n A b i a s a f , auf eiinnahl in j n i r e r w a c h e t .
A b r a h a m w i n k t i h m die A n t w o r t
mit
Liebe:
dann singet der J ü n g l i n g , U n d die Z w e i g e u m h e r b e w u n d e r n den Sänger, und schweigen.
F r e u d e , du L u s t der G ö t t e r und M e n s c h e n , Gespielin der U n s c h u l d , K o m m z u m e i n e m Gesang v o n
jenem Hügel
her-
unter, O d e r aus diesem T h a l ,
w o r i n d i c h der
Frühling
umarmet, K o m m v o n der L i l i e n a u ,
u n d au« dem duftenden Haine.
W e r ist d i e s e , die dort aus dem
duftenden Haine
hervor geht, S c h ö n w i e der sittsame M o n d , und w i e die Ceder erhaben ? Tst sie ein E n g e l , ein J ü n g l i n g des H i m m e l s , erst neulich geschaffen?
D r i t t e r
Gesako.
97
V . 204 — 216. W a h r l i c h i h r B l i c k g i e f s t L i e b ' in die B r u s t : sie i s t w o h l ein E n g e l ! O d e r nennt m a n d i c h F r e u d e ? W i e selig preis' i c h die A u g e n , D i e dich allezeit sehn, und deine B l i c h e g e n i e f s e n ! J a , sie ist e s ! Sie i s t auf meine B i t t e g e k o m m e n ! S i e h e , da w i m m e l n aus i h r e m F u f s t r i t t ambrosische iilumen Schimmernd hervor!
D a k o m m t sie d a h e r ,
dia
S c h w e s t e r des F r ü h l i n g s ! Tiber i h r s c h w e b e n
die rosenbekränzten lächelnden Stunden,
A l l e r e i t z e n d , und alle v o n einer M u t t e r
geboren.
Itzt v e r b r e i t e t die F r e u d e die sanften F l ü g e l ,
und
trägt m i c h H o c h in die W o l k e n .
I c h seh' die N a t u r h i e r unter m i r grünen.
Auf
den F l ü g e l n
der F x e u d e
z u deinem
Throne
genähert, S i n g ' i c h , o S c h ö p f e r , dein L o b ; die N a t u r v e r m i schet den m e i n e n Ihre H y m n e n ,
dir steigt aus dem H a i n ein h a r m o n i s c h Getöne,
V/lEI.UtDS SCiiL. 111. b.
G
93
DIE P r ü f u n g
ABRAHAMS.
V- 217. — 223. Aus den Thälern ein blumicliter Raucli,
w i e ein
O p f e r , entgegen. Singet mit m i r , i h r Kinder dei Schöpfung, besinget die L i e b e , D i e uns gebar! erzähle sein L o b , serafischer H i m mel ! D i e du dort über die Blumen hingleitest, krystallene Quelle, Rausch' es den Blumen zu von einer Welle zur andern ! Alles w a s l e b t , das lobe den Herrn und erfreue sich seiner! Also sang e r ;
das L i e d begleiteten ernste Gespräche.
So verschwand v o r ihnen der W e g .
Schon waren
zwey Tage Und z w e y
Nächte vorüber gegangen.
Der
dritte
Morgen T r a t itzt am H i m m e l herauf; da hob der göttliche Abram Seine Augen e m p o r ,
und sah in der grauen Entfernung
E i n Gebirge verbreitet.
Diefs war Alte
Moria.
Der
D R I T T E R
99
G E S A N G .
y . 229 — 240. Kannte «lic Gegend.
JSim gingen sie durch das thauichte Savon,
Abraham ernst mit heiligem Tiefsinn , sein
Geist
war der Gottheit is'äher, als seinem eignen L e i b ; 6ein Gefährte ging fiöli lieh. Tu der entwichenen
Nacht war
ein Traum
zum
Alten gekommen; Einer vom
Epyreum
erschien
ihm
und
sagte:
Zum Zeichen, Welches der Hügel s c y , w o Gott dein Opfer begehret, Tai dir eine Taube von schimmernden Federn gegeben, Die dir aus Saron entgegen wird
kommen.
Der
Führenden folge. Bis sie auf einem der Hügel sich setzt; dort opfre Gott Isaak! Itzo sah er die schimmernde T a u b e , der Jüngling noch früher, Und, wie entzückt, vermuthet er g l e i c h , sie sey vom Geschlechte Jener Sernfischen, welche dem S e m auf Sion begegnet.
loo
D I E
P R Ü T U N O
A B R A H A M S .
V . 241 — 252. W i e ihn die alten Gesänge gelehrt.
Sie folgten der
Taube Bis an den Fufs des Moria.
Hier liefs der Vater die Sklaven,
Ihn zu e r w a r t e n , zurück.
Dann legt' er das Holz zum Opfer
Auf die Schultern des Knaben, und nahm das Messer und Feuer. Also ging er m i t Isak allein , die führende Taube Immer voTan.
Des Jünglings Herz erhob sich von Andacht,
Und v o n stillen Schauern, als fühlt' er die Gottheit schon nahe, Und ein heiliges Roth u m s c h i m m e r t sein betendeä Antlitz. Itzo sprach er zu Abraham : V a t e r , siehe, w i r nahen Uns dem B e r g e , w o Gott sich unser Opfer ersehn hat. 1
Schon erblick ich die Taube auf jenem Hügel sich setzen. Aber w o ist das L a m m , das i h m zu E i n e n dort blute?
D R I T T E R
G E S A N G .
101
V . 253 — 264. Also sagt' er in Unschuld.
M i t bangen zärtlichen
Augen Sah sein Vater ihn an, und sagte : Der Gott Schaddai Hat sich selbst, o mein Sohn , ein L a m m zum Opfer ersehen; Sah dann thränend gen H i m m e l , und schwieg. Auch schwieg itzt der J ü n g l i n g .
Bald erstiegen sie auch den heiligen H ü g e l : man rannt' ihn Golgatha in den spätem Zeiten ; hier hast du, Messias, V o n der Hohe des Kreuzes dein göttliches L e b e n geblutet! E h r f u r c h t s v o l l fielen sie hin und hüfsten die E r d e . D a n n thürmte Abraham einen Altar aus frischem R a s e n , und deckt' ihn Mit dem gespalteten Holz ; dann sprach er zum staunenden Sohne:
l u o vernimm,
mein S o h n , was Gott für ein Lamra
sich erwählt hat.
Z i t t i c nicht, K i n d ! — Jeliovah befiehlt, vernimm ihn mit E h r f u r c h t ,
102
Die
Prüttuno
Abrahams.
V . 265 —
27?.
D i c h , befahl er m i r , soll ich Ulm opfern, dich, meinen Geliebten, Sarah's einzigen Sohn, — Ich folge dem h o h e n Befehle. Z w a r es b r i c h t m i r mein H e r z ! — D o c h Gott ist's, der dich m i r schenkte, I h m gelierst d u , er fordert dich w i e d e r ! —
Erfieue
d i c h , Jüngling, ( A b e r d u w e i n s t ! ) o w e i n e n i c h t m e h r ! du solltest dich freuen, D a f s der R i c h t e r dein B l u t , v o r dem B l u t e der L ä m mer im Thale, Sich zum Zeichen erwählt,
das i h n des Mittlers
erinnre. S i e h e , m e i n K i n d , dort o b e n , w o schon sich die P f o r t e n dir öffnen, W i n d e n die Serafim K r ä n z e ;
dort w i r s t du leben
und Gott sehn, W a s du so zärtlich g e w ü n s c h t ; v i e l h e r r l i c h e r w i r s t du i h n sehen. Als
ein sterbliches A u g e v e r m a g , v o n A n t l i t z z u Antlitz!
L a i s v o r der h i m m l i s c h e n H o f f n u n g , die alle irdischen tilget,
D R I T T E R
G E S A K O .
103
v . 277 — 26-
Abraham siiumte noch zwey
Stunden m i t sei-
nem Geliebten Auf M o r i a , so h ' n g ' e i n sanftes ambrosisches Säuseln N o c h von der hohen E r s c h e i n u n g zurück blieb, u n d lobte den Herren Mit erhabnen,
vom
göttlichen Geist beflügelten Reden.
Alsdann stiegen sie f r ö h l i c h h e r a b , und fanden die Sklaven Unten am Berge ; der süfse Geruch der E r s c h e i n u n g Eloa's Hatto auch sie m i t F r e u d e begeistert.
S i e zogen
nach M a m r e W i e d a r z u r ü c k , und der W e g s c h w a n d unter der Glücklichen Fölsen.
S Y M P A T H I E N .
1 7 5 4.
E I N L E I T U N G .
W i e g l ü c k l i c h , w e n n sympathetische S e e l e a einander f i n d e n ! S e e l e n , die vielleicht schon u n t e r einem a n d e r n i l i m m e l sich l i e b t e n , u n d i t z t , da sie sich s e h e n , sich dessen wieder e r i n n e r n , wie man eines Trmnns sich e r i n n e r t , von dem n u r eine d u n k l e angenehme E m p f i n d u n g im Geumthe zurück geblieben ist. Das Schicksal t r e n n t e sie vielleicht, als sie von jenen seligen Gestaden h e r a b s a n k e n , i h r e Prülungszeit in diesem f r e m d e n Lande a n z u t r e t e n . Aber i h r e b e f r e u n d e t e n Kugel bringen sie wieder z u s a m m e n , w e n n gleich J a h r e , Gebirge u n d Flusse zwischen sie gelegt sind. Kaum c r w a c h e n die schwesterlichen Seelen w i l d e r von d e r B e t ä u b u n g , w o r e i n der Fall in xlen irdischen K l u m p e n sie s t ü t z t e ; kaum f ü h l e n sie sich selbst wieder r e c h t , so e r w a c h t auch eine geheim» Sehnsucht, die ihnen selbst f r e m d ist. Sie atbmeri nach einem G u t e , das ihnen Ii tili : sie s t a u n e n ; oft sinken sie, in einsamen S c h a t t e n , o d e r u r t e r den Flügeln der IN'acht, in e r n s t e WlKXiAWDS W. Sl'PiL. i n , B.
I
E I N L E I T U N G .
T r ä u m e . Tausend Gestallen der Dinge gehen v o r der denkenden Seele vorb>y, ohne sie zu r ü h i e n ; Sit erfindet sich zuletzt ein liebenswürdiger* Bild, sie mahlet es aus und liebt es, und w ü n s c h t , wie P y g m a l i o h , dafs es leben m ö g e , unwissend, dai's dieses Bild ein Ölbild hat., und dafs sie sich nur wieder auf seine Züge besinnt. Wie si'ifs ist darin das Erstaunen dieser barnionischen Geister, w e n n sie sich u n v e r hofft f i n d e n ! Ein geheimer magnetischer Reitz n ä h e r t sie einander, sie schauen sich a n , u n d lieben sich immer m e h r , je länger sie sich a n schauen. Und wia könnten sie anders als sich l i e b e n ? Ihre Heizen sind iri -den lieblichsten Gleichlaut gestimmt. Die JNatur hat gleiche Reitze fiii b. ide. Dieser reine Azur des H i m mels, diese balsamischen Blumen, diese blühende Gegend, die im Mondschein schlummert — aber noch viel mehr das g e i s t i g e S c h ö n e , die Ordnung, die G ü t e , die Unschuld, die stille T u g e n d , die u n a u f g e m u n t e r t , u n e r k a n n t u n d unnachgeahint, mitten in dem Getümmel einer ausgearteten W e l t , der Stimme des Himmels getreu bleibt, — alle diese Gegenstände r ü h r e n beide auf gleiche Ai t. Wie siifs ist es ihnen, ihr Innerstes einander aufzuschliefsen ! Wie leicht verstehen sie sich ! Wie schnell geht jede E m p f i n d u n g aus der einen in die andere ü b e r ! Sie scheinen nur zwey Hälften zu seyn, welche, die Freundschaft wieder i n eine Seele zusam-
E i H i i i i t s t , m e n f i i g t . Kein grofser G e d a n k e , l e i n e s c h ö n e E m p f i n d u n g , keine frohe H o f f n u n g , keine edle T h a t , die sie nicht u n t e r sieh gemein h a ben ! Kein Milsklatig in d e r einen , d e r n i c h t d u r c h die a n d e r e in U s r m o n i e a u f g e l ö s t w e r d e ! Divr Begiei de, sich den U n s t e r b l i c h e n , j e n e m heiligen L a n d e , w o sie e n t s p r u n g e n s i n d , i m m e r m e h r zu n ä h e r n ; diese e j h a b n e Begierde, m a n . m a g sie n u n T n g e n'd o d e r Religion n e n n e n , v e r e i n i g t sie in allem , was sie d e n k e n oder Ihun. D e n n was f ü r e i n e a n d e r e H a r m o n i e k a n n , u n t e r Geistern s e y n , w e n n es n i c h t d i e T u g e n d ist. O h ü t e t euch , die geheiligten N a h m e n der Liebe u n d F r e u n d s c h a f t zu e n t w e i h e n , i h r k l e i n e n S e e l e n , w e l c h e Khrgeilz o d e r W o l l u s t auf k u r z e Zeil an das gleiche J o c h s p a n n e n ; n e n n e t n i c h t S y m p a t h i e , w a s eine s c h ä n d l i c h e Z u s a m m e n r o t t u n g i s t , die ihr u m s o n s t m i t d e m N a h m e n der Li-be u n d F r e u n d s c h a f t b e d e c k t , w i e Afra ein häfsliches Gejniith u n t e r den Rosen i h r e r W a n g e n v e r b e r g e n will. B e g n ü g e t euch, v o n ; u n s n n b e n e i d e t , an e u e r n t h i e i i - c h e n T r i e b e n u n d F r e u d e n , aber h a l l e t euch in euer.n Grenzen,, u n d g ö n n e t u n s , dafs wir die W e l t i n e i n e m a n d e r n Lichte b e t r a c h t e n ; dafs w i r u n s e r n Geist lieber mit gi Olsen und gewissen H o f f n u n g e n n ä h r e n und e r w t i l e m , als in s c h n e l l v o r b t y r a u s c h e n d e n .W o I 1 ii s t e 11 z e r s c h m e l z e n W ü l l e n ; u n s lieber mit einem g ö t t l i c h e n G l a u b e n
E j N L E I T U
i32
J» O.
n ä h r e n , als mit E i n b i l d u n g e n , die k e i n e W a h r heit
aufser dem Hirn des T i ä t i m e r s h a b e n ; dafs
a n s r e S e e l e n l i e b t r bei sieb seibsl w o h n e n ,
als
in tausend eitle ß • a u i a s s u n g zu dieser Ei billei utig g ' g e f i das nieiisc),liehe Geschlecht gewesen sf-y. B - k e n n e n u r ol'tenh c i z i g , du bi.st vun einem N i e d e r t ! ä c h h g e n vei Iäumdet w o r d e n , von einem Menschen , d e m j e d e r m a n n gesunde V e r n u n f t und R e d l i c h k e i t abspiicht, und d e r docli Leute g e f u n d e n h a t , die ihm glaubten Dicfs hat d e i n e Galle so a u f g e b r a c h t . In d e r Thal eitie s c h w a r z e H a n d l u n g , a b e r w e l c h e k e i n e n s o l c h e n S t u r m in e i n e m Weisen hätte sollen e r r e g e n k ö n n e n . D e n n d u sieh«st l e i c h t , dafs es s e h r unbillig ist, den Z o r n , den ein einziger v e r d i e n t h a t , alle ü b r i gen o h n e Unterschied e n t g e l t e n zu lasseil. J a , s p r i c h s t d u , w e n n ich n i c h t wüTsfe, dafs die ü b r i g e n eben so s c h l i m m w i e dieser sind. \ \ as ist g ' g e n die W a h r h e i t des G e m ä h l d c s e i n z u w e n d e n , das i c h v o m M e n s c h e n g e m a c h t habe ? Vielleicht s e h r viel. Aber a n t w o r t e j e t z t n u r auf diese F i a g e : Giebt es k e i n e t u g e n d h a f t e n M e n s c h e n auf d e r W e l t ? — J a , a n t w o r t e s t du, aber es sind i h r e r so w e n i g , dafs sie gegen d i e s c h l i m m e n in k e i n e B e t r a c h t u n g k o m m e n . Du ui (heilest sehr s c h n e l l . Ein einziger T u g e n d h a f t e r k o m m t gegen eine ganze Hölle V ' l l Bösew i c h t e r in B e t r a c h t u n g . Aber w a r u m m a c h s t
S
V M 1» A T H I E N.
dn tlie Zahl der Redlichen so klein ? Kennst da nicht selbst verschiedene? und sind es dieje nigen desto minder, die du nicht kennst? Wie wenn ihie Zahl in den Registern des Himmels vit I gröfser w ä i e ? Und sollte nicht ein einziger Tugendhafter einem wohl beschaffnen Geiste so viel Vergnügen geb« n , dafs de)' Anblick vou zehn Boshaften es niclit sollte veimindern könn e n ? — Lais mich i'i eymüthig reden, A l c e s t , du liebest die Freymüihigkeit an dir selbst —Hat nicht eine Leidenschaft, die vielleicht unedler ist, als du denkst, dein inwendiges Auge benebelf? Du kennst doch die JNatu» der Leidenschaften. Sie vergröfb'ern, sie leihen den Sachen ihre eigene Gestalt, sie sind die ältesten und künstlichsten Sofisten. Von Leidenschaft erhitzt sieht der Anhänger Mahomeds in der blutigen Schlacht den Himmel voll scliwai zäugichter Mädchen, im Affekt sieht und höit der Fuichtsame lauter Gespenster um sich h e r ; im Affekt siebest du eitel Thorheil und Laster, eitel Unordnung in der Welt. — Ist sie dir allezeit so Läl'slich vorgekommen ? — Du erröthest! Erst gestern schien dir alles blühend, da du von der schönen D e l i a kamst; alles war Himmel um dich her, du tiäumlest lauter UnscHul'i und Zärtlichkeit. Die Welt ist gleich unschuldig, wenn du sie l'iir schöner, als wenn du sie f ü r Lälslicher hältst, als sie ist. .Nimm sie lür das was sie ist, und gewöhne dich, sie mit dem
S y m p a t h i e n .
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Auge des echten Christen anzusehen, und sie wird wieder zu einer paradiesischen Schönheit vor dir aufblühen. Diefs ist mehr als blofse Weltweisheit kann. Diese kann uns g e d u l d i g , die christliche Weisheit allein k a n n uns v e r g n ü g t machen. Meinest d u , der Schöpfer w ü r d e diese Erde nur einen Augenblick v o r seinem Angesicht dulden, w e n n er nicht eine ihm gefällige Schönheit, eine überwiegende Güte i n derselben f ä n d e ? Glaubest du, der Sohn Gottes sey vergebens herunter gestiegen, sich eine u n sichtbare Gemeine von Heiligen zu sammeln, damit die alten Ansprüche des Himmels an die Erden gültig blieben ? Schäme dich deines u n b e sonnenen Eifers, der die Gottheit schmähet, da er n u r die Menschen zu tadeln glaubt. — Und wie verträgt sich diese Verbitterung gegen das menschliche Geschlecht mit der G ü t e , welche du vor dir selbst fordern solltest, da du an a n dern den Mangel derselben so streng v e r d a m mest? Ich f o r d r e nicht v o n dir, ein Menschenf r e u n d zu seyn, so lange du sie liassenswürdig findest. Aber als ein W e l t b ü r g e r darfst du keinem Insekt Unrecht thun. Wenn du also deine Beschuldigungen nicht auf alle und jede Menschen erweisen k a n n s t ; w e n n es sich befindet, dafs der Mensch eine schöne Seite hat, w e l che die unvollkommne bey weitem überglänzt, und dafs die Quellen der moralischen Übel vielm e h r Mängel sind als Bosheit: so würdest du, WiiLAJirs W. Surrt . III.B. K
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n a c h dem Ausspruch deines eignen Herzens, ein s e h r u n g e r e c h t e s Geschöpf seyn, und es w ü r d e n i e m a n d w e n i g e r als dir a n s t e h e n , so u n b a r m h e r z i g auf die Sterblichen herab zu d o n n e r n . Verstatte mir in diesem Augenblick d e i n G e w i s s e n z u s e y n , u n d dich an dich selbst zu e r i n n e r n . Siehe in dein Leben z u r ü c k , u n d sage mir dann, ob du lätignen kannst, dafs auch, d u zu den Menschen g e h ö r s t ? Wie v i e l T h o r h e i t w i r d diese Selbstbeschauung in deinem eignen Busen entdecken ! Vielleicht findest du bey gen a u e r Untersuchung, dafs das menschliche G e schlecht erst alsdann so v e r a c h t e t zu w e r d e n v e r d i e n t e , w e n n ein j e d e r n a c h dem V e r h ä l t nifs seiner K r ä f t e u n d der G e l e g e n h e i t e n , die e r zu seiner Selbstverbesserung h a t , noch ein so grofses Mafs v o n Fehlern hätte wie du. Ich sehe, w i e beschämt dich diese B e t r a c h t u n g macht. Ich Avil! dich nicht noch mehr zu Boden d r ü c k e n . Aber ich hoffe, dafs du jetzt an den göttlichen L e h r e r d e r Chiisten d e n k e n w e r d e s t , der, gewifs aus tiefer Einsicht in die K a t u r des Menschen, seine J ü n g e r so stark z u r Demuth ermahnet. D e m u l h , oder S f l b s t e r k e n n t n i f s , ist das beste Gegengift gegen eine M i s a n t h r o p i e w i e die deinige; die z w a r aas e i n e m Eifer f ü r das Gute entspringt, aber v o m Stolz zu einer Leidenschaft aufgeschwellt w i r d , die den Menschen schändet, u n d eine A r t v o n E m p ö r u n g gegan die V o r s i c h t ist.
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Y M r
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3.
I n einer mitternächtlichen S t u n d e , als meine S e e l e in stille Schatten gehüllt umher gleitete, h o r t e sie mit dem inwendigen leisen Gehör, w o mit sie die Hymnen der N a t u r , und die noch zartere S t i m m e v e r n i m m t , die bey jeder I d e e oder Handlung uns Beylall giebt oder tadelt, einen Streit zwischen z w e y G e i s t e r n , w e l c h e um das Haupt der schlummernden S a c h a r i s s a schwebten. D e r eine w a r leicht f ü r einen guten E n g e l , und f ü r ihren Beschützer zu erkennen : aber den andern verrieth sein schwellichter G l a n z und eine Miene v o l l tückischer Bosheit, dafs er einer v o n denen s e y , welche im F i n stern umherschleichen, um das reine Herz der Unschuld zu beflecken. Denn eine jede Seele, o S a c h a r i s s a , ist von z w e y G e n i e n umgeben. D e r eine, ihr Freund und getreuer Wächter, ist unablässig bemüht, sie unverletzt durch die I r r g ä n g e des Lebens zu leiten : rr w i r k t durch geheime Einflüsse in den edelsten T b e i l der Seele, w o er die V e r n u n f t stärket, und sich v o n da ins willige Herz ergiefst. S o s ü f s ist nicht dem zärtlichen J ü n g l i n g die S t i m m e der Geliebten , noch der liebenden Mutter das S t a m m e l n des Kindes, das um ihren Busen lächelt, als seine
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S Y M P A T H I E N .
ätherische Stimme sanft säuselnd ins Herz hinab t ö n t , wenn er eine gute Th;il mit inwendigem Beyfall belohnt, und der in sich selbst gesammelten Seele ein Triumflied singt. Unter seinen Flügeln im Bewufstseyn der Unschuld ruhen, ist lieblicher, als in Bächen sinnlicher Freuden schwimmen. Von ihm kommt es, schön«- S a c h a r i s s a , wenn du durch ein wunderbares geheimes Gefühl gewarnt wirst, Gedanken in deinem Gemütbe Platz zu geben, welche den bolden Frieden deiner Seele zerstören können. Von ihm kommt die Bestrafung, die du auf deinem nächtlichen Lager f ü h l s t , w e n n du einen Tag zum O p f e r der Eitelkeit abgeschlachtet, oder ans allzu grofserGefälligkeit, wider deinen eigenen Geschmack, Thorheiten, die der Gebrauch nicht rechtfertigen kann, mitgemacht hast. Glücklich, •wenn du einen solchen Beschützer nie von dir verscheuchest, noch dein leicht verwundetes Herz dem tückischen D ä m o n aussetzest, der i m m e r , bald n a h e r , bald e n t f e r n t e r , nach dir schielt, und aüf Gelegenheit lauert, irgend einen u n v e r w a h r t e n Zugang in deine Sf-ele zu finden. Und wie leicht ist diefs möglich, da er die gefährliche Gabe besitzt, gleich dem b e z ü g l i c h e n W i t z , allerley Gestalten a n z u n e h m e n ! Wie oft versteckt er sich hinter eine Schaar von J u g e n d f r e u d e n , die er unschuldig n e n n t , und lauert w i e der Skorpion unter Blumen ! Lafs dich nicht durch seine glatten Worte v e r f ü h r e n ! Durch
S Y M P A T H
I E N .
solche v e r f ü h r t e einer seines gleichen die u n schuldigste unter allen Weibern. .Nur dann bist du unschuldig, wenn du dein Herz mit Freuden v o r dem Allwissenden ausbreiten k a n n s t ; w e n n keine Schwäi merey eitler Begierden, keine u n b e sonnenen Wünsche, keine Ungeduld, kein Stolz ü b e r Vorzüge, die auf der Wage der Weisheit von einem Sonnenstaub überwogen werden, dainen Geist beflecken. Glaube nicht dem Unbedachlsamen, der dich geistreich n e n n t , weil deine Augtn mit ihren lieblichen Blitzen sein Herz geschmelzt hoben, und dich tugendhaft glaub!., weil er sich beredet, dafs in einem blendenden Busen nothwendig die schnceweifse Unschuld wohnen müsse. Du bist e d e l , weil du Begierden in dir fühlst, den erhabensten Vorbildern der Tugend nachzueifern. Aber du bist n o c h weit entlernt sie erreicht zu haben, w e n n du ihnen schon diese oder jene Empfindungen abgelernt hast. Eine K l a r i s s a , eine B y r o n oder A t n a l i a , ist die höchste Zierde der Menschheit; sie schwebt zwischen der englischen u n d menschlichen Natur in der Milte. Du hast alle ihre Zärtlichkeit, S a c h a r i s s a , strebe auch nach ihrer Gröfse. Jene ist eine Gabe der Natur j diese kann und mufs dein eigenes Werk seyn. Zärtlichkeit des Gemüths ohne S t ä r k e , ohne Grofsmuth, ist Weichlichkeit; ein Rohr, das v o n jedem Winde bewegt wird. Aber eine Seele, die sich eine erhabene Art zu denken angewöhnt
S V BI r A T H 1 E N. hat, h ö r t ungereitzt die S t i m m e der Freuden, die an ihre Ufer zu einem wollüstigen T o d e e i n l a d e t , und stehet unerscliütLert im S l u r m , w i e eine Ceder Gottes, deren Wurzeln in die T i e f e hinab reichen. Und wie kann eine Seele anders als g r o f s s e y n , die ihren Adel b e d e n k t , die diesen E r d c n k l o s gegen jene himmlischen W e l t e n , und T a g e , die w i e ein Schatten dahin gehen, gegen die E w i g k e i t abgewogen hat? Was liat denn Eitelkeit und Wollust einer solchen S e e l e anständiges a n z u b i e t e n ? Was hat ein Stäubchen f ü r ein Verhältnifs gegen den H i m m e l ? Mufs n i c h t , w e n n du s o d e n k s t , die getreue Ausübung der kleinsten P f l i c h t dir ein g r ö f s e res Vergnügen geben, als jene flaLternden S e e l chen zu kennen fähig s i n d , die i m m e r aufser ihrem eigenen Bezirk in den Auen der T h o r heit herum irren, und alle Dinge um sich her mit t r u n k n e m , ungewissem Auge a n g a f f e n ? N e i n , S a c h a r i s s a ; der neidische D ä m o n soll nicht triumfieren, dich in diese Labyrinthe hineingezogen zu haben. D u wirst u n v e r w a n d t dein Ohr nach der sanften S t i m m e der Weisheit lenken, und den Weg mit immer stärkern Schritten f o r t w a n d e l n , auf welchem R u h e und Zufriedenheit unter deinen Tritten blühen, und tausend Serafim, v o n deiner demuthsvollen T u gend a n g e l o c k t , um dich her s e h w e b e n , und einen Kreis um dein Herz z i e h e n , durch den kein Ü b e l dringen kann.
SYMPATIIIJvK.
r5i
4. I n w e l c h e n Gefilden i r r e s t du j e t z t , Mmgeniöthe Schatten,
umgeben,
welche
deckt d i c h ?
o
selbsfgewachsetie
Welche
von
Cyane?
der
Welche Laube b e -
Blume zieht dein i m m e r
heitres Auge auf ihre sittsame einfarbige S c h ö n heit,
als
ob
sie sich s e h n t e an deinem
aul'zublühn ? —
Oder
ßnsen
h ü l s t du s t i l l lauschend
der w i i b e l n d e n L e r c h e zu, die ihre f l o h e n G e fühle,
Hymnen
empfindlich
dem
schuf,
W i e zufrieden
Gott der sie zur
dem
lächelt
Tag
Freude
entgegen
dein denkendes
singt? Antlitz,
aus dem eine ungeschminkte Seele g l ä n z t !
Wie
v e r s c h ö n e r t sich die JNatur um dich her, da dein Geist die G e g e n w a r t seines S c h ö p f e r s fühlt, die G e g e n w a i t des unsichtbaren G e n i u s der g a n zen
Welt,
dessen
Athem
alle
diese
Kiäfte
der JNatur bewegt, und nahmenlose u n z ä h l b a r e Lieblichkeiten
über
alles S i c h t b a r e
ausbreitet!
W i e lroh wandelst du in diesen einsamen G e b ü schen !
Deine Empfindungen a n t w o r t e n ,
gleich
der JNymfe in F e l s e n , den S t i m m e n der JN'atur, die dich zum siifsen Gefühl deines Daseyns e r wecken.
K e i n e Sorge, k e i n e lüsterne Begierde,
b e w ö l k t den reinen Himmel deiner S e e l e .
Un-
e n t w e i h t von den S i t t e n der v e r d o r b e n e n W e l l ,
»52
S y m p a t h i e n .
kennest du kaum die Nahmen der Verstellung, der Ziererey, der geschminkten Tugenden, und der schlauen Künste städtischer Buhlerinnen, — Bulxlerinnen um Ruhm oder Wollust. Du entbehrest leicht, mit deiner eignen Anmulli gezieret, ihren erbettelten Golhischen Putz. Ungesehen, wie diese balsamische Feldrose im Gebüsche, blühest du. Du weifst nicht, du schöne Unschuld, dafs du Zeugen um dich her hast. Ich sehe sie ihr goldlockichtes Haupt aus Purpurwolken herabneigen, oder gleich Frühlingslüften an deiner Seite hinschweben; sie lächeln dich brüderlich an. — Denn Engel umgeben allezeit die Unschuld, Engel bewachen die S e e len , deren himmlische Nahmen im Buche de» Lebens schimmern. Wie oft empfindest du ihre leisen Eingebungen ! Ergetze immerfort, o C y a s t , ihr Auge; beschäftige sie unaufhörlich mit deinen frommen Thaten; denn sie sind befehligt, sie alle aufzüschreiben. Die kleinste Handlung, die ein reines Herz, eine zärtliche Sorgfalt die Pflichten unsers Berufs zu erfüllen, zur Quelle hat, ist wichtig in den Augen des Ewigen, der nnser Richter seyn wird.
S V AT l' A T H 1 j: N .
1 f> 3
5. " W a r u m weinest du, G l y c e r a ? werum blickt deine sonst immer lächelnde Anmuth wie ein verblühender Frühling aus feuchten Wolken h e r v o r ? Warum fliehst du die gesellige Freude, und suchest den melankolischen Hain, wo niemand deiiie Thränen t a d e i l ? — A c h ! du beklagst eine verlorne Freundin. Vor w e n i gen Stunden blühte sie wie eine Morgenrose; da pllückte sie plölzlich der Tod, und sie v e r dorrete wie eine Rose im Mittag. Eine Gesundh e i t , welche Unsterblichkeit zu versprechen schien, die regeste Munterkeit, die frischeste Blume der Schönheit, konnten sie nicht vorm Grabe bewahren. Sie, die vor kurzem alle Augen ergetzte, in allen Jünglingen Verlangen und Liebe anzündete, von allen bewundert oder beneidet wurde, sie ist nicht m e h r ! Das schmelzende Feuer ihrer Augen ist verloschen, die Farbe ihrer Wangen gleicht der welken Lilie, alle ihre lächelnden Grazien sind verschmachtet! Dieser Leib, in dem die Natur ihre schönste Idee ausgebildet zu haben schien, ist schon ein moderndes Scheusal, eine Speise der Würmer. Und wo ist nun die Schönheit, welche deine Gespielen an ihr beneideten? die Schönheit,
S V jr !• A T II I H N . Wesen welcher ihre Schmeichler sie bald L e d a c1 bald V e n u s n a n n t e n ? — Du staunest, G l y c e r a ! E i n ' a h n e n d e r Schauer erschüttert dein zartes Gebein. Die Schatten um dich her w e r den dir zu Todesgestalten, und du hörest a u s d> rn rauschenden halb entblätterten Gebüsche die Slimme deiner Freundin, die dir r u f e t : Folge m i r ! — Ach! G l y c e r a , was sind diese Farben, diese stolze Bildung? Eine gemahlte Speise der Augen, und wie o f t ein Köder lüsterner, nach Wollust wiehernder Blicke; eine N a h r u n g der E i t e l k e i t , ol't ein Raub des Lasterhaften, und eine Verrätherin der Unschuld. — (Jrid wie f l ü c h t i g , wie vergänglich ist sie ihrer Natur n a c h ! E.ine glänzende Seifenblase; ein buntes Nichts. — Wache auf, Seele! Unsterbliche, E r bin der Ewigkeit, wache a u f ! Schwinge dich ü b e r diesen blühenden Staub und erkenne deinen Adel. D i e T u g e n d i s t d i e S c h ö n h e i t d e s M e n s c h e n , eines Geschöpfs, das, über die unbeseelte und thierische Welt erhaben , von einer Seite den Geistern des Äthers v e r w a n d t ist. Veeachte, o G l y c e r a , diese W ü r m e r - Seel e n , die, von niedrigen Begierden gedrückt, auf deinen Warigen k i i e c h e n ; sie mifskennen sich selbst und d i c h ! — Siehe, diese W e l t ist nicht wie T r ä u m e der wollüstigen Jugend sie zaubern. Sie v e r g e h t mit i h r e r Lust. Die ßetiiigerin verspricht dir beständige F r e u den , u n d bezahlet deine E r w a r t u n g mit Reue
S y m p a t h i e n
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o d e r Ü b e r d r u f s . — Lafs das G r a b d e i n e r F r e u n d i n dich Weisheit l e h r e n . Weise seyn in d e r B l u l h e des Lebens, w e n n jede Ader nach V e r g n ü g e n lechzet, w e n n tausend S i r e n e n die l e i c h t sinnige Seele an i h r e t ö d l l i c h e n U f e r l a d e n ; alsd a n n weise s e y n , eil' u n s die E r f a h r u n g zu s p ä t w e i s e m a c h t ; — o das ist ein T r i u m f f ü r die S e r a f i m , die i m m e r u n t e r u n s w a n d e l n , u n d die ich oft in n ä c h t l i c h e n S t u n d e n h ö r e , w e n n sie, in t r a u r i g e W o l k e n v e r h ü l l t , den Fall d e r U n s c h u l d u n d die V e r b l e n d u n g u n s t e r b l i c h e r S e e l e n , d e r e n W ä c h t e r sie s i n d , auf w e i n e n den Lauten bejammern. K o m m , G l y c e r a , lafs u n s das G r a b u n s r e r V e r s t o r b n e n b e s u c h e n ! Du stiller Mond, neige d e i n u m s c h l e i e r t e s m e l a n k o l i s c h e s Antlitz aus d e m h e r b s t l i c h e n D u f t h e r a b , und zeig u n s d e n W e g . Hier in dieser f e i e r l i c h e n e i n ö d e n S t i l l e , •wo die N a c h t und d e r T o d u n t e r z e r s t r e u t e n G e b e i n e n s c h l u m m e r n , auf den G r ä b e r n d e r C h r i s t e n , die einst a u f e r s t e h e n w e r d e n , hier lafs lins mit u n s r e r Seele e i n e n B u n d m a c h e n ! Engelgestalten s c h w e b e n h a l b s i c h t b a r , mit Schatten vermischt, u m uns her. Der E w i g e , u n s e r Richter, h ö r t uns zu. Lafs uns ein f e i e r liches G e l ü b d e t h u n , weise zu seyn, u n d f ü r die Ewigkeit zu l e b e n ! Lafs u n s diese k i n d i s c h e n E i t e l k e i t e n mit Fiifsen t r e t e n , b e y d e n e n die T h o r e n R u h e f ü r i h r e Seele suchen u n d n i c h t
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S Y M T
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Jä N.
f i n d e n ! Sie m ö g e n , v o m Wein des U n s i n n s t r u n k e n , uns als E i n f ä l t i g e u n d Warren v e r l a c h e n j g e n u g , da'fs w i r den Beyfall des Himmels Laben, u n d , was sie n i e m a h l s s e y n w e r d e u , glücklich sind.
6. W a s liesest d u h i e r , A e d o n , das ein so v e r gi.ii^les Lächeln in d e i n e m Gesicht erregt, u n d den Schlaf von d e i n e n A u g e n l i e d e r n e n t f e r n t , obgleich die äuf>ei8len S t e r n e schon s i n k e n ? Es sind Ariakrr-ons O d e n . Du bist e n t z ü c k t ü b e r di« seil Liebling d e r JNalur, i n dessen L i e d e r n die IVniste Wollust u n d die naivsten G r a z i e n a l h m e n . Du hast i h m eine gute Gesellschaft auf drinern P u l t e gegeben. Hier liegt G. sein N e b e n b u h l e r , doi t C h a u 1 i e u ; T i b u 11, G a y, P r i o r , d e i n e V e r t r a u t e n , liegen m i t a n d e r n D i c h t e r n , d e r e n Muse die F r e u d e ist, in a n g e n e h m e r U n o r d n u n g z e r s t r e u t . E i n e l ä c h e l n d e Tiefsinnig» k e i l v e r k ü n d i g t m i r , w a s jetzt in d e i n e r Seele v o r g t ht. D u siehst die Welt aus e i n e m lustigen Gesichtspunkt, lauter Myrtenhaine, Rosenlager u n d ewiger F i ü h l i n g , willige Mädchen, F a u n e n u n d t a n z e n d e M ä n a d e n , und Wachligallen, d e r e n S i r e n e n g e s a n g z u r Liebe einladet. — Ein solches Gesicht, allzu p o e t i s c h e r J ü n g l i n g , b r c i -
S Y M P A T H I E N .
,5;
tele die Gegnerin der Tugend vor dem H e r k u les aus, da er gedankenvoll auf dem Sch-idewog safs, u n d , was du noch nie gethan, mit Ernst darauf dachte, wie er leben wolle. — Höre, (wenn dich anders die Fantasie niclil sclmn so •weit von der Weisheit abgeführt hat, dafs dich Anakreon ein W e i s e r dünkt,) höre die Stimme eines Freundes, welcher frühzeitig den reitzenden Gefahren entronnen ist, denen du zueilest. — Ein dichtrischer Jüngling, dem die .Natur ein feines Gefühl f ü r ihre Schönheiten und einen Überflufs an Witz gegeben, ist mehr als irgend ein andrer benötiiigt, ein Schüler der echten Weisen zu seyn. Je weiter die Grenzen des Wilzes w e r d e n , desto enger wird das G e biet der Vernunft. Und die Vernunft mufs doch in einem Geschöpfe h e r r s c h e n , welches m e h r als das schönste Thier ist. Der Rath, den ich dir gebe, hat nichts unangenehmes. Ich e r laube dir den Suarez zu v e r s p o t t e n , ob du ihn gleich nicht kennest. Ich will dich nur zu einem gröfsern V i r t u o s o machen. Du sollst das ganze Reich der Schönheit d u r c h r e i s e n , u n d dich überzeugen, dafs es höhere Schönheiten giebt, als Rosenwangen und milchweifse Busen-, dafs es höhere Freuden giebt, als die von den Lippen der Mädchen und aus s p r u delnden Gläsern w i n k e n ; dafs die Weisheit, die Tugend, die Unschuld unsre höchste Bewunde» r u n g u n d Liebe verdienen. Aber was sage i c h ?
S
Y
M
r
A
T
H
X E
JST .
Was bedeuten diese Nahmen ? Was ist W e i s h e i t ? Was
ist
Unschuld ?
Unsre
Zeiten
n e u e S p i a c h e angenommen. Weiser
und Leontiurn
haben
unschuldig.
So
und schwindlig dachte man n i c h t , als fon
und P l u t a r c k
Von d i e s e n ,
eine
A n a k i e o n ist e i n schief Xeno-
noch i h r e S c h ü l e r hatten.
von einem P l a t o
oder
Schaf-
t e s b u r y, l e r n e was JN a t u r und T u g e n d und
gieb
dir,
ist,
ich b e s c h w ö r e dich b e y dieser
L i e b e zum V e r g n ü g e n , die in deiner B r u s t w a l let,
bey
den
unsterblichen
Begierden
deiner
S e e l e nach Glückseligkeit, gieb dir n u r bald so v i e l Mühe v e r n ü n f t i g denken zu l e r n e n , als sich eine deiner unschuldigen JN'ymfen giebt, ihre feile S c h ö n h e i t auszulegen.
W i d e r s t e h e den R e i t z c n
der sinnlichen S c h ö n h e i t , damit du n i c h t in G e fahr
k o m m e s t , eine Circe so sehr zu schätzen
als eine unschuldsvolle Lavinia. S o l l Witz, S c h ö n heit und Anmulli geliebt w e r d e n , o h n e dafs man frage, ob ein r e c h t e r Gebrauch von diesen ]N'aturgaben gemacht w o r d e n s e y ? S o l l O v i d aufh ö r e n abscheulich zu seyn, w e i l e r reitzend i s t ? Welch
eine
Verwirrung
der
Ideen!
Welche
V e r k e h r u n g der Natur und w a h r e n Gestalt der Dinge! —
Erwache
Der
wenn
Wilz,
er
aus
deiner
nicht
Verblendung!
ein A u f w ä i t e r der
W a h r h e i t ist, ist ein T e u f e l in einen E n g e l des Lichts verkleidet. die
keuschen
Tliorheit
E r raubt mit f r e v e l n d e r Hand
S c h ö n h e i t e n der JN'atur,
damit auszuschmücken. —
um die
W e n n du
S Y M P A T H I E N .
so e m p f i n d l i c h f ü r die V e r g n ü g e n d e r E i n b i l d u n g s k r a f t bist, A e d o n, hat d e n n die wahre U n schuld, die R.echtschaffenbeit, die Religion k e i n e G r a z i e n ? O d e r ist es u n m ö g l i c h , sie in e i n e r g e f a l l e n d e n Gestalt, in i h r e m v o r t e i l h a f t e s t e n Licht u n d m i t lieblichen F a r b e n zu s c h i l d e r n ? Aber diese leichtsinnigen K u p i d o n s , diese L e h r e r d e r K u n s t zu küssen u n d z u t r i n k e n , haben dir e i n e n G e s c h m a c k an d e r T ä n d e l e y eingeflüfst, d e r d i c h gegen die e r n s t h a f t e n u n d f r o m m e n M u s e n gleichgültig m a c h t . S c h ä m e dich deines v e r w ö h n t e n u n e d e l n Geschmacks ! E r w e i t e r e d e i n e Seele u n d l e h r e sie e r n s t h a f t seyn, w e n n du die W e l t u n d jedes Ding in seinem w a h r e n u n d s c h ö n s t e n Licht u n d E b e n m a f s sehen willst. E i n f r o m m e r Alter h a t d e r m i f s b r a u c h t e n D i c h t k u n s t i h r e n r e c h t e n .Nahmen gegeben, da er sie d e n W e i n d e r T e u f e l n a n n t e , w o m i t sie unbesonnene Seelen berausche, um sie, wie d u r c h e i n e n Z a u b e r t r a n k , in niedriges Vieh zu v e r w a n d e l n . Aber B e r e d s a m k e i t u n d Witz, w e n n sie in weisen H ä n d e n z u m Dienst d e r W a h i h e i t z u g e r i c h t e t w e r d e n , sind ambrosische F r ü c h t e , eine liebliche u n d gesunde Wahrung d e r S e e l e n . W i e v e r d i e n t m a c h t sich d e r n i c h t u m die M e n schen, d e r n e u e R e i t z u n g e n in d e r T u g e n d e n t d e c k t ! Der u n s die strengsten Pflichten zu l i e b e n n ö l h i g t ! Der u n s r e Fantasie m i t grofsen, h i m m lischen Bildern a n f ü l l t , u n s r e Affekten l.eiliget, und u n s d u r c h die N e i g u n g z u m V e r g n ü g e n , d i e
I G'O
S Y M P A T H I E N .
lins gemeiniglich von der T u g e n d hinweg gel o c k t , zu ihr zurück f ü h r t ! — Wenn du ein dichterisches Feuer in dir f ü h l s t , so habe den Ehrgeilz solche L o r b e r n zu v e r d i e n e n , oder schweige. Denn es w i l d eine Zeit kommen, da diese wollüstigen Weisen richtiger denken, und wünschen werden, damahls keinen Witz gehabt zu h a b e n , da die N a c h t i g a l l e n schrieben, und in Lydisclien T ö n e n zur Weichlichkeit und zum Entschlummern am Busen der Venus einluden. L a i s die Worte des weisen Griechen etwas bey dir gelten, A e d o n ! D i e M u s e n s i n d nie s c h ö n e r , als w e n n sie Aufw ä r t e r i n n e n d e r T u g e n d s i n d ; oder dein Witz werde so oft du schreiben willst, zu Wass e r ; deine Feder gebe lauter geistlose R e i m e und platte Gedanken h e r v o r ; wenn du s c h e r zest, so gähne dein Leser, und schlafe wie berauscht e i n , wenn du ihn zum T r i n k e n aufforderst !
SYM
P A T n i K N .
IGI
7W e l c h eine M i s c h u n g v o n zärtlichen A f f e k t e n d r ü c k t dein Gesicht a u s , a n m u t h s v o l l e M a j a ? I n der Stille dieser nächtlichen Stunden hast d u die r ü h r e n d e Geschichte der f r o m m e n K l e m e nt i n a gelesen. Sympathetische T h r ä n e n gleit e n von deinen schönen W a n g e n , u n d seufzende W e h m u t h regt dein klopfendes H e r z . I c h sehe dich , ob du mich gleich nicht siehest, ich b e w u n d r e die mitleidige, t u g e n d h a f t e Z ä r t lichkeit deines H e r z e n s . — A b e r , o erlaube d e m , der deine Seele l i e b t , ( d u w i r s t ihn erst in einer andern W e l t k e n n e n l e r n e n ) erlaube ihm nach den innersten E m p f i n d u n g e n seines H e r z e n s mit dir zu reden , u n d die Vorstellungen in dir z u erregen , die er , vielleicht aus allzu sorgsamer F r e u n d s c h a f t , dir am nöthigsten g l a u b t ; G e d a n k e n , die dir n i c h t fiemd sind, u n d w e l c h e allein G e w i c h t g e n u g h a b e n , eine feste T u g e n d in einer w e i c h e n Seele a u f z u r i c h ten. — Stille den L a u f dieser allzu willigen T h ränen ! H ä n g e diesen schmelzenden E m p f i n dungen über die unglückliche L i e b e deiner K l em e n t i n a n i c h t l ä n g e r n a c h ! — O n e n n e sie nicht unglücklich! S i e , der ihr Gewissen mit der Stimme eines S e r a f s , mit einer S t i m m e , die Wienand* W. Sirw., Iii. B. L
S
^
51 1' A T u
1 i;
X.
Torlesqualen zu E n t z ü c k u n g e n machen k ö n n t e , s a g t : D u h a s t die g r ö f s t e aller P f l i c h t e n er l u l l t ! D u h a s t d e i n e n Gott ü b e r a l l e s g e l i e b t ! ü b e r a l l e s , da d u i h n m e h r l i e b t e s t a l s e i n e n F r e u n d , dem Kronen keinen mehrern W e r t h geben konnten. — H i e r , M a j a , hier lafs dein g a n z e s H e r z E m p f i n d u n g werden ! Hier mögen T h r ä n e n der E n t z ü c k u n g in d e i n A u g e d r i n g e n , der E n t z ü c k u n g d a r ü b e r , dals die menschliche S e e l e so g r o f s s e y n k a n n ! W e l c h ein B e y s p i e l ! S o s t a r k , so h e r o i s c h , u n d d o c h so z ä r t l i c h , so e m p f i n d l i c h , u n d in L i e b e g l ü h e n d ! A b e r , w i e ein s i e g r e i c h e r E n g e l , s t e h t s i e a u f d e n E m p f i n d u n g e n von S t a u b , u n d tritt die e i g e n n ü t z i g e L e i d e n s c h a f t mit F ü f s e n . E i n s o l c h e r S i e g , d a s B e w u f s t s e y n einer solchen That, mufs eine E i q u i c k u n g in der letzten feierlichen Stunde s e y n . W e n n alle irdischen D i n g e den Glanz verlieren, den unsre Affekten ihnen gaben ; w e n n uns selbst vor denen F r e u d e n e k e l t , die n u r u n s c h u l d i g w a r e n ; w e n n w i r t r a u r i g in t a u s e n d die leere verscherzte Stunden zurück sehen, u n s n i c h t in d i e E w i g k e i t b e g l e i t e n , w e i l s i e mit keiner g u t e n T h a t bezeichnet s i n d : ach M a j a , d a n n ist d a s ein t r ö s t e n d e s , ein s r l i g e s !B»-wnfstseyn, w e n n w i r uns erinnern, dafs w i r D e n über alles geliebt h a b e n , nach dessen A n s c h a u e n w i r u n s j e t z t s e h n e n ; d a f s w i r mit unverfälschter Absicht uns bestrebt haben, Ihm •¿u g e f a l l e n , u n d u n s i e W ü n s c h e u n t e r s e i n e n
S Y M P A T H I E N .
W i l l e n zu demüthigen. — E i n H e r z , w i e das d e i n i g e , i s t der W e l t ein B e y s p i e l s c h u l d i g . L a f s deine Zärtlichkeit nur der T u g e n d geheilig e t s e y n ! M a c h e dich s t a r k , u n d l e g e uin d i e s e allzu zarte Brust, w i e einen diamantnen Schild, den g r o f s e n G e d a n k e n : I c h b i n f ü r d i e E w i g k e i t e r s c h a f f e n . L a f s deine inbrünstigsten Empfindungen nur zuGottliinauf f l a m men. Hebe deine begierigsten Blicke immer in j e n e W e l t e n , v o n d e n e n n u r w e n i g e v e r i r r t e S t r a h l e n a u s def T i e f e d i e s e s n ä c h t l i c h e n H i m m e l s dein A u g e e n t z ü c k e n . D i e s e W e l t w ü r d e dein redliches Herz nur betrügen. Sie hat nichts, w a s wahrhaftig glücklich machen k ö n n t e ! Verschmähe ihre Lockungen, ihre Versprechen, ihre rauschenden Freuden. T r ä u m e nicht willkührl i c h e G l ü c k s e l i g k e i t e n , d i e sich v i e l l e i c h t i n P l a g e n verwandelten, w e n n sie dir zugestanden w ü r d e n . L e g e dich u n b e s o r g t in den A r m d e r V o r s i c h t . L a f s das S c h i c k s a l , das Gott f ü r d i c h bestimmt, das lafs dir w i l l k o m m e n s e y n . W i s s e , d a f s T u g e n d n i c h t s a n d e r s i s t , a l s ein t a p f r e r , Tinermüdeter, g r o f s m ü t h i g e r S t r e i t , m i t dem u n e d l e m und sterblichen Theil unser selbst. N u r d e m , der bis a n s E n d e a u s h ä l t , n u r dein Ü b e r w i n d e r w i r d die K r o n e z u e r k a n n t .
S 1 -M i" A i'
II
1 ji X.
8W i e zufrieden lächelt diese M u t t e r auf den Zarten Knaben, der unter den Lilien ihres keuschen Busens weidet! Bald hehen sich ihre entzückten Blicke a u f w ä r t s , indem stille Gebete aus ihrem Innersten zu Gott aufsteigen, o * bald sinken sie wieder auf den Säugling, in dessen Gesichte die erste Morgenröthe einer schönen Seele zu glühen scheint. L a n g e schaut sie ihn an , wie ein Schutzengel, von ätherischem, obgleich unsichtbarem Schimmer umflossen, dich, schöne C . . ansieht, wenn d u , von deiner U n schuld bedeckt, an der einsamen Quelle schlummerst; er betrachtet unverwandt die holdselige Majestät der frommen jungfräulichen Seele, die aus der blühenden Gestalt wie aus einem reinen Krystall hervor scheint. So lächelt die tugendhafte Mutter auf das Kind ihres Herzens, und freuet sich, dafs durch sie die Zahl der Verehrer Gottes, der Christen und zukünftiger Engel, vermehrt werden soll. Jetzt denkt sie n a c h , wie sie, sobald sein zarter Leib fester geworden, und die junge Seele aus der ersten Betäubung sich erholt und sich selbst zu fühlen angefangen bat, wie sie die Triebe, welche der Schöpfer in dieselbe gelegt, entwickeln und bilden
S Y M P A T H I E N .
I65
w o l l e ; w i e sie seine Zärtlichkeit zu Menschenliebe, seinen Stolz zu Grofsmuth, seine Neugier z u Wahrheitsliebe erhöhen wollt-, Sie staunt, und sinnt auf anmuthige Fabeln und rührende E r z ä h l u n g e n , in welche sie die W a h r h e i t verhüllen w i l l , damit ihr blendender Glanz die zarte unerfahrne Seele nicht v e r l e t z e ; sie gelobt auf sich selbst immer wachsamer zu s e y n , damit k e i n e Geberde, kein W o r t , k e i n e Handlung die Bildung dieses w e i c h e n Herzens durch schäd« liehe Eindrücke verunstalte. Ihr L e b e n soll ihm z e i g e n , w a s Tugend ist, und w i e hebensw ü r d i g sie ist. A c h ! mit welchem süfsen Ers t a u n e n , so denkt diese w ü r d i g e M u t t e r , w i r d er mich h ö r e n , w e n n ich ihm s a g e , w a s der M e n s c h i s t , in w e l c h eine W e l t er gesetzt ist, und dafs ihn ein unaussprechlich wohlthätiger Geist darein gesetzt hat. W e n n ich im blumichten Gefilde seine jungen Tritte leite ; w e n n er mit r e g e r , fröhlicher M u n t e r k e i t von einer B l u m e zur andern h ü p f t , und ihre vielfache Bildung und Farben mit sprachloser V e r w u n d e rung bey sich selbst v e r g l e i c h t ; w e n n ihn alles anzulächeln s c h e i n t ; wenn er voll E n t z ü c k u n g die süfsen Geister der Rose in sich athmet: dann w i l l ich mich unter die Blumen setzen, und den zärtlichen Knaben an mein Herz drükk e n , und s a g e n : Siehe, mein Kind, diese schönen Auen waren vor wenigen W o c h e n mit Schnee b e d e c k t , diese grünen B ä u m e standen
166 ohne
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E
N.
w i e verdorret; diese ganze Geschien vor Kälte verschmachtet zu seyn, und w i r alle hätten zuletzt in derselben verschmachten müssen. Aber ein gütiger, liebreicher G e i s t , der über diesem Himmel wohnt, und seine Freude daran findet, alle Lebendigen reit Freude zu e r f ü l l e n , hat Mitleiden mit uns g e h a b t , und uns die w a r m e erquickende Sonne zugeführt. Sobald er diese Erde anlächelte, grünten die B ä u m e , und tausend Blumen stiegen aus dem zarten Gras h e r v o r , unser Auge und unsern Geruch zu e r g e t z e n , und mit uns eine u n z ä b l b a r e M e n g e v o n T h i e r e n Zuspeisen. Und w a r u m liebt uns der grofse Herr des Himmels s o s e h r ? Höre, mein Kind, w i e g r o f s unsre Seligkeit i s t ! Alles w a s du h i e r u m dich siebest, der Himmel und die Erde sind das Eigenthum dieses G o t t e s , (mit diesemNabmen nennen w i r unsern grofsen unsichtbaren W o h l t h ä t e r ) alle diese angenehme D i n g e , d i e s e - A u e n , diese grünen W ä l d e r , diese lieblich singenden Vögel, diese T h i e r e , und w i r M e n s c h e n , alles w a s du siehest, alles w a s ist und l e b t , i s t , ehemahls n i c h t g e w e s e n ; und w i r w ä r e n jetzt n o c h nicht, so w i e du vor w e n i g e n Jahren noch nicht wärest, wofern nicht dieser Gott uns-, und alles w a s um uns i s t , gemacht hätte. Und jetzt liebet er u n s , w e i l er unser Vater i s t , und er hat uns versprochen, uns ohne Aufhören immer mehr Gutes zu thun, wenn w i r ihn wieder lieben, gend
Schmuck
SYST
L- A T ii i E N .
u n d u n s b e f l e i f s i g e n , s e l b s t g u t zu s e y n . Auf e i n i g e Zeit b a t er u n s in diese a n g e n e h m e W o h » n u r i g g e s e t z t , und da giebt e i u n s alle Ta,'{e n e u e P r o b e n s e i n e r G ü t e , d a m i t w i r ihn l i e b e n , u n d u n s b e s t r e b e n i m m e r besser zu w e r d e n , d a m i t e r u n s immer mehr Gntes t h u n k ö n n e ; denn weil er selbst l a u t e r G ü t e i s t , so k a n n er das B ö s e n i c h t leiden, -r- Auf diese W e i s e w i l l ich d i e s e r j u n g e n w i s s e n s b e g i e r i g e n Seele i h r e S p e i s e geb e n ; aber n u r die M i l c h der W a h r h e i t , w i e es sich Kir dieses Alter schickt. I c h w i l l sein H e r z g e w ö h n e n , n u r die W a h r h e i t , n u r das G u t e z u l i e b e n ; diefs ist die b e s t e Z u b e r e i t u n g e i n e r o m e n s c h l i c h e n Sei'le z u r R e l i g i o n , w e l c h e d i e h ö c h s t e V o l l k o m m e n h e i t u n s . er N a t u r , u n d d i e Q u e l l e d e r G l ü c k s e l i g k e i t ist. W e r das G u t e l i e b t , mufs auch Gott lieben, und w e r G o t t l i e b t , v e r a c h t e t a l l e s , w a s ihn n i c h t z u r V o l l k o m m e n h e i t b e f ö r d e r t , w e i l er G o t t d e s t o m e h r l i e b e n k a n n , j e v o l l k o m m n e r er ist. U n d so w e r d e ich dich, du s ü f s e r L i e b l i n g m e i n e s H e r z e n s zu j e d e r V o l l k o m m e n h e i t b i l d e n , w e n n i c h dich v o n d e i n e r z a r t e n J u g e n d an z u r W a h r h e i t u n d O r d n u n g u n d G ü t e bilde. H i e r i n soll meine mütterliche Liebe keine Grenzen haben. Sie w i r d n i c h t , w i e die k i n d i s c h e n M ä d c h e n , w e l c h e zu f r ü h M ü t t e r w e r d e n , i n d e m sie s e l b s t n o c h unei z o g e n s i n d , sie w i r d n i c h t a u s b l ö d e r Gefälligkeit deiner N e i g u n g e n s c h o n e n , w e n n sie a u c h n u r in i h r e n e n t f e r n t e s t e n F o l g e n d i r
j 69
S Y M P A T H I E N .
zum Schaden gereichen könnten. Sie wird streng gegen die Gebrechen deines Temperaments und gegen die kleinsten Ausbrüche de» angebornen Übels seyn. Ich werde nie vergessen, dafs du nicht mein Geschöpf bist, ob ich gleich deine M u t t e r heifse, sondern dafs du mir von Gott anbefohlen bist, dem ich dich zuführen soll. Welch ein Triumf wird es f ü r mich seyn, dich an dem grofsen feierlichen Tage deinem Schöpfer darzustellen, dessen Gnade meine treuen Bemühungen unterstützt, und mich zu einem nützlichen Werkzeug, seine E h r e auf dieser E r d e zu befördern, gemacht h a t ! I n solche heilige Gedanken ergiefsen sich die stillen Empfindungen dieses mütterlichen Herzens. E i n e solche M u t t e r zu seyn , ist die höchste Stufe des weiblichen Ruhms. Entsaget der Eitelkeit und der Ausschweifung, ihr Schön e n , bearbeitet euern Verstand, und erweitert euer H e r z , dafs der grofse Gedanke, nützliche Glieder der Gesellschaft zu werden, darin Raum habe. So werdet ihr dem Stand, in welchen ihr zu treten wünschet, gröfsere E h r e machen, und unsre Kinder werden den Affen weniger ähnlich s e y n , u n d der W e l t zu einem bessern Geschlechte von Menschen Hoffnung machen. o
S y m p a t h i e n .
169
9-
O d u , welche nur der Enthüllung vom Leibe bedarf, um ein Engel zu s e y n , schöne harmonische Seele! desto schöner, da D e m u t h u n d bescheidnes Mifstrauen deine eigne Vortrefflichkeit vor dir verbirgt; erlaube, Selima, dafs mein Geist sich im Stillen dir n ä h e r e , und dir helfe die Gedanken aufzuklären, die jetzt deinen seligen Geist erfüllen, und ein so himmlisches Lächeln über dein sanftes Antlitz verbreiten. — D u denkst die allgegenwärtige L i e b e , den E r barmer der Menschen — die versöhnte E r d e — die E r n e u e r u n g zur Heiligkeit und Ordnung, den aufgeschlofsnen Himmel — die unaussprechliche Ewigkeit. Diese W a h r h e i t e n , die für die meisten Nahmen ohne Bedeutung und K r a f t s i n d , entzücken dein Herz. D u siebest diese vergängliche W e l t , dieses unnütze Leben, diese heitern oder finstern T r ä u m e , die wir träumen und Glück oder Unglück nennen, in einem ganz andern Licht, als bethörendeLeidenschaften sie zeugen; die Freuden der W e l t verlieren darin ihren blendenden Schimmer, und, w a s sie Übel n e n n t , seine schreckliche Gestalt. Aber was f ü r eine Weisheit hat dich zugleich so ei haben und so richtig denken gelehrt?
S r
M
v
A T
n i r. .N*
.
W-lcberGebetninissp hat sich dein forschender Geist bemächtigt'? Welcher magischen Kräfte, die Gestalt der Dinge zu verwandeln, und dich iu einen Himmel zu versetzen, wählend andre im Thal des.lamme: s und