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German Pages 381 [414] Year 1801
C.
M.
WIELANDS
SÄMMTLICHE W E R K E VIER
UND
DREYSSIGSTER
BAND.
A R I S T I P P
ZWETTER BAND. L E I P Z
I G
bey Georg Joachim Göschen l 8 o ».
A R I S T I P P UND EINIGE SEINER
ZEITGENOSSEN.
Omnis Aristippum decuit color et status et res, Tentantem majora fere,
Sibi
minoribus aequum.
res non se rebus
submit
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HERAUSGEGEBEN VON C.
M.
W
I E
Z W E Y T E R
L
A
N
D.
B A N D .
L E I P Z I G , B E Y GEORG
JOACHIM G Ö I C H I H .
1800.
A
R
I
S
T
Z W E I T E S
Ariatipp, s* 3.
I
P
P
BÜCH.
.
L a i s an
Aristipp.
D i e ungewöhnliche Schönheit dieses Frühjahres hat mich schon in den ersten Tagen derBlüthenzeit nach Agina gelockt; oder vielmehr die kleine M u s a r i o n liefs mir keine R u h e , sobald sie die erste Schwalbe zwitschern hörte. D u solltest nur um der Nachtigallen willen eher nach Agina g e h e n , sagte sie alle M o r gen und A b e n d ; gewifs sie singen nirgend so schön als in unsermLustwäldclien zuÄgina. D u mufst wissen A r i s t i p p , dafs Musarion meinem alten P a t r o n , vor ungefähr sechzehn Jahren, von einer schönen Thrazischen Sklavin geboren, und auf seinem Gule zu Agina bis an seinen Tod erzogen wurde. E r selbst entdeckte mir diefs kurz vor seinem E n d e , indem er das Schicksal des jungen Mädchens gänzlich in meine H ä n d e stellte. D u zweifelst nicht d^fs ich ihr 6ogleich die Freyheit g a b ; und da ich nicht alt genug bin ihre M u t t e r vorzustellen, gehe ich mit i h r , wie du gesehen h a s t , wie mit einer jüngern Schwester um.
A m s n t i s
BRIEFS.
Die Sehnsucht des guten Kindes nachÄgina ward nach und nach so lebhaft, dafs ich ihrem Andringen nicht länger widerstehen konnte. W i r sind also wieder hier in deinem Lieblingssitz, und unsre Nachtigallen greifen sich so gewaltig an, dafs man sie bis in A t h e n hören m u f s ; denn sie haben bereits den begeisterten K l e o m b r o t u s im Gefolge seines edeln Freundes zu uns herüber gesungen. E u r y b a t e s hat (wie dir bekannt i s t ) auch eine Nachtigall, oder vielmehr eine S i r e n e , A g i n a , deren Zaubergesang ihm so gefährlich zu werden droht, dafs ich mich ziemlich versucht f ü h l e , den armen Menschen aus purem Mitleiden dem Verderben zu entreifsen, das sie ihm zubereitet. In ganzem Ernst, Freund Aristipp! Eurybates dauert mich, und wer weifs w i e w e i t ich die Grofsmuth zu treiben fähig w ä r e , w e n n ich nicht — rathe selbst w e n ? — in wenig Wochen zu Ägina erwartete , dessen gute Meinung von mir ich nicht gern verscherzen möchte, und der eine so heroische Aufopferung meiner selbst — blofs um einen Abkömmling des Kodrus im Besitz seines schönen Landguts zu erhalten — vielleicht nicht verdienstlich genung finden dürfte, sie für ein würdiges Gegenstück der peinlichen Tugendübungen anzusehen, die er sich selbst ganzer drey Monate lang zu Syrakus auferlegt haben soll.
Z W E Y T E S
Buen.
Ohne Scherz", lieber Aristipp , auch deine F r e u n d i n , sich schmeichelnd dafs sie immer noch die e i n s i g e i s t , sehnt sich dich bald wieder zu sehen; und wenn sie dir gleich eine T r e u , die ihr nichts kostet, nicht hoch anzurechnen gedenkt, so gesteht sie doch dafs sie dirs schwerlich verzeihen könnte, wenn du deine filosofischen Kampfübungen auf ihre Rechnung länger fortsetzen, und anstatt — zu den Nachtigallen in Ägina zurückzueilen, etwa noch eine kleine Reise zu den u n b e s c h o l t n e n Äthiopiern machen wolltest. Ich habe dir eine Neuigkeit mitzutheilen, die nicht sehr geschickt ist, deine Meinung von d e n Athenern zu verbessern. Sokrates, unter allen beschuhten und unbeschuhten Acliaiern unstreitig der beste, soll ( w i e die Rede g e h t ) von drey redseligen Buben, dem Gerber und Volksredner A n y t n s, dem Rhetor L y k o n , und einem gewissen Dichterling, wenn ich nicht irre M e l i t u s genannt, angeklagt worden s e y n , „dafs er n e u e G ö t t e r in Athen einführen wolle, u n d d i e j u n g e n L e u t e v e r d e r b e ! " Jedermann findet diese Anklage gar zu ungereimt, und ich habe noch niemanden gesehen, der ernsthaft davon hätte sprechen k ö n n e n , oder im geringsten f ü r unsern alten Freund in Sorgen stände, wiewohl der Klaget auf keine geringere als die Todesstrafe anträgt.
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• A R I S T I P I S
B R I E F S .
Ungeachtet ich die Sache eben so ansehe, so gestehe ich doch ich t r a u e den Athenern nur h a l b , und verlasse mich mehr auf die Au zahl und den E i f e r seiner F r e u n d e , als auf die Güte seiner Sache und die Gerechtigkeit der Heliasten oder Areopagiten, Hoffentlich w i r d der Sturm schon glücklich vorüber seyn, e h e du dich von C y r e n e losmachen kannst. D e n n so eben versichert mich einer meiner Athenischen B e k a n n t e n , der die Stadt erst diesen M o r g e n verlassen h a t , der berühmte L y s i a s arbeite an einer ganz vortrefflichen Schutzrede f ü r unsern e h r w ü r d i g e n Freund, u n d die allgemeine Stimmung sey dem B e k l a g ten so g ü n s t i g , dafs es ihm nur ein gutes W o r t an seine R i c h t e r kosten w e r d e , um lauter w e i f s e Steine z u erhalten. In der T h a t sind seine A n k l ä g e r so gar schlechte Menschen und die K l a g e p u n k t e passen so übel auf Sóc r a t e s , dafs Aristófanes selbst, w i e ich höre, sich darüber ä r g e r t , dafs solche verächtliche S y k o f a n t e n aus seinem schon vier und z w a n z i g j ä h r i g e n Spafs Ernst machen w o l l e n , und sich schlechterdings w e i g e r t , an ihrer Vers c h w ö r u n g T h e i l zu nehmen. D u kannst -also, d e n k e i c h , deines alten C h i r o n s w e g e n aufser aller Sorge seyn.
Z w i v n s
Buen.
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2. An
Lais.
D e i n e Briefe müssen einen sehr betriebsamen Genius haben, schöne L a i s ; denn der Schiffer, der mir so eben den letzten überbringt, versichert m i r , dafs er die Reise von Agina nach. Cyrene, die er seit vielen Jahren z w e y bis dreymahl jährlich mache, in seinem L e b e n nie in so Kurzer Zeit und mit so günstigen W i n d e n gemacht h a b e , als diefsmahl. Deine Neuigkeit hat mich befremdet, aber nicht im geringsten beunruhigt. Eine so boshafte Anklage, von so nahmenlosen Menschen w i e diese, kann einem Sokrates nicht gefährlich seyn, oder die K e c h e n ä e r müfsten von aller Scham und Vernunft gänzlich verlassen werden. Ich kenne von den Anklägern nur einen persönlich, den Lederhändler Anytus, einen würdigen Nachfolger des berüchtigten K l e o n s , nur d a f s ' e r sich gegen diesen ungefähr verhält wie ein Schafsfell zu einer Ilirschhaut; ob er sichs gleich ein paar hundert tüchtige Bocksfelle kosten liefs, um es in der edeln K u n s t , dem übelhörenden halbkindischen alten D e m o s im P n y x dio
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A R I S U I I S
B I I I F
I,
Ohren voll zu schreyen, so weit zu bringen, dafs er sich unter den dermahligen Volksxednern so gut als e i a Anderer hören lassen darf. L y k o n ist ein verdorbner Schulhalter in der Rhetorik, und ich entsinne mich nicht, den Nahmen des Dichterlings M e l i t u s je gehört zu haben. W a s für L e u t e , um gegen einen Mann w i e Sokrates aufzustehen! und w i e fände nur ein Schatten von Wahrscheinlichkeit Statt, dafs die Athener den biedersten und tugendhaftesten aller ihrer Mitbürger, einen Mann dessen Nähme im ganzen Griechenland in Ehren gehalten w i r d , die Profession eines freywilligen unbezahlten V o l k s - u n d J u g e n d - L e h r e r s dreyfsig Jahre lang ungestört hätten treiben lassen, um ihn erst in seinem siebzigsten deswegen zur Rede zu stellen, und solcher albernen Beschuldigungen wegen aus der Stadt zu verw e i s e n , oder gar zum Tode zu verurtheilen? W i e du sagst, w i r haben nichts für ihn zu fürchten; die ganze Komödie wird sich, so gut als ehemalils die W o l k e n des Aristófanes, auf eine ehrenvolle Art für ihn und auf eine so schmählige für die drey Sykofanten endigen, dafs sie uns hinter drein StoiF genug zum Lachen geben solL W i r hüben, meines W i s s e n s , keine N a c h t i g a l l e n in Cyrene. Ich werde mich
Z w i v i t s
B U C H .
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also, 80 bald ich hier loskommen kann, auf den W e g machen, um die deinigen noch singen zu hören bevor ihre Zeit vorüber ist. An S i r e n e n fehlt es auch bey uns nicht; aber ich kenne keine schlimmere als die schlaue Lysandra, von welcher du den armen Eurybates zu erlösen gesönnen scheinst. I n der That w a r ' es eine verdienstliche That, u n d , um eine der schönsten Historien daraus zu machen, brauchte es nichts, als dafs der edle K o d r i d e grofsmüthig genug w ä r e keinen Ersatz von dir zu fordern, oder, w i e der gute Kleombrot, sich am geistigen Ambrosia deines blofsen Anschauens geniigen liefse; wiewohl zu befürchten i s t , dafs so materielle W e s e n , w i e die Athenischen und Korinthischen Eupatriden, es bey einer so leichten e r o t i s c h e n D i ä t schwerlich lange aushalten möchten. D u wirst von Learch vernommen haben, dafs ich nicht so glücklich war, den A r i t a d e s noch am Leben anzutreffen. I c h habe einen «ehr gütigen Vater, Cyrene einen ihrer besten Bürger an ihm verloren. Seine Jugend fiel in eine Zeit, w o die Lebensart bey uns viel einfacher, die Sitten reiner, die Verhältnisse unter Verwandten, Nachbarn und Mitbürgern enger und herzlicher waren Als heut zu Tage. Aritades blieb dem Genius
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A H U T I I H
B n i f i i .
seiner bessern Zeit getreu, ohne von der jetzigen Generazion zu verlangen, dafs sie vorsetzlich wieder sq weit zurückschreite, als sie in allem unvermerkt vorwärts gerückt ist. Wahrscheinlich hat der traurige Ausgang unsrer letzten Revoluzion den Faden, seines Lebens früher abgerissen als die Natur es wollte. Das Vordringen des republikanischen Kriegsheers in den letzten Tagen Aristons nöthigte i h n , sich in die Stadt zu flüchten und seiner Güter der Verheerung Preis zu geben. Natürlicher Weise treffen die Folgen dieses Unfalls auch mich. Ich werde nicht reich genug zurückkommen, um meine gewohnte Lebensart in die L ä n g e fortsetzen zu können; und ich sehe eine Zeit voraus, w o ich mich vielleicht werde entschliefsen müssen, entweder bey der Filosofie des Sokrates zu hungern, oder meine von I l i p p i a s gelernten Künste wuchern zu lassen. — D o c h , diese Zeit ist noch fern genug, und im nächsten Jahrzehend wenigstens soll es mir nicht an Mitteln fehlen , den Lebensplan, den ich mir für diese Periode gemacht habe, vollständig und gemächlich auszuführen. S e y also von dieser Seite unbesorgt für mich, meine L i e b e ; ich werde in zehen Jahren so viel Vorrath für die Zukunft gesammelt und so grofs© Fortschritte in der K u n s t z u l e b e n gemacht haben, dafs ich mit beyden
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B V C II.
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auszulangen hoffe, wenn ich auch so alt w i « Tithon würde. Mein Bruder ist zu tief in die Geschäfte «einer einzigen Liebschaft, unsrer aus den» politischen M e d e e n k e s s e l heuverjüngt heiausgestiegenen Republik verwickelt,, als dafs ihm Mufse zu seinen Privatangelegenheiten übrig bliebe. Aber Eros und Afrodite verhüt e n , dafs ich hier so lange ausharre, bis unwe Erbschaftssache bey Drachmen und Obolen ausgeglichen ist! Ich gedenke mich mit irgend einer mäfsigen Summe abfinden zu lassen, um desto eher in Agina anzukomm e n , wo ich meinen edlen Freund Eurybates (unter uns g e s a g t ) lieber zu deinen schönen Füfsen als in deinen Armen überraschen möchte.
o*
Lais
an
Aristipp,
E » ist vielleicht glücklich für dich, lieher Aristipp, dafs du länger in Cyrene aufgehalten •wirst als du hofftest; denn die Sachen in der Minervenstadt haben indefs eine
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B V C II.
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auszulangen hoffe, wenn ich auch so alt w i « Tithon würde. Mein Bruder ist zu tief in die Geschäfte «einer einzigen Liebschaft, unsrer aus den» politischen M e d e e n k e s s e l heuverjüngt heiausgestiegenen Republik verwickelt,, als dafs ihm Mufse zu seinen Privatangelegenheiten übrig bliebe. Aber Eros und Afrodite verhüt e n , dafs ich hier so lange ausharre, bis unwe Erbschaftssache bey Drachmen und Obolen ausgeglichen ist! Ich gedenke mich mit irgend einer mäfsigen Summe abfinden zu lassen, um desto eher in Agina anzukomm e n , wo ich meinen edlen Freund Eurybates (unter uns g e s a g t ) lieber zu deinen schönen Füfsen als in deinen Armen überraschen möchte.
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Lais
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Aristipp,
E » ist vielleicht glücklich für dich, lieher Aristipp, dafs du länger in Cyrene aufgehalten •wirst als du hofftest; denn die Sachen in der Minervenstadt haben indefs eine
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A R I S T I F B S
B R I E F E .
W e n d u n g genommen, die sieb niemand einbilden konnte. O die A t h e n e r , die A t h e n e r ! W i e verhafst ist mir jetzt dieser N ä h m e ! Ich verbiete a l l e n , die um mich s i n d , ihn auszusprechen, und er soll in den nächsten fünf Jahren nicht über meine L i p p e n kommen. Kannst du glauben dafs die Elenden unmenschlich genug seyn k o n n t e n ? — die Iland Versagt mir fortzufahren — O dafs ich nicht C i r c e , nicht M e d e a , nicht der E r i n n y e n e i n e b i n ! — Und w e n n ich dir erst sage, W a r u m sie ihn verurtheilt h a b e n , und w i e w i l d es dabey zugegangen i s t ! — Sokrates hielt es ( m i t R e c h t ) seiner u n w ü r d i g , sich auf die boshaft alberne A n k l a g e in eine Vertheidigung in gewöhnlicher Form einzulassen, gab auch nicht z u , dafs einer von seinen Freunden f ü r ihn aufträte. In der That, (nachdem, w a s man mir davon erzählt hat, zu u r t h e i l e n ) ist nie e t w a s jämmerlicheres gehört w o r d e n , als die B e w e i s e , w o m i t der S c h w ä t z e r M e l i t u s seine A n k l a g e gut zu machen suchte. Sokrates hörte ihm lachend z u , und fand, sie bedüiften keiner W i d e r l e g u n g , da er sich auf die eigene Überzeugung der Richter berufen könne. , , M e i n ganzes L e b e n , sagte e r , ist die vollständigste A n t w o r t auf d i e Beschuldigungen meiner A n k l ä g e r / ' — D i e ehrsamen Ileliasten fanden sich durch die K ü r z e dieser Apologie beleidigt. Welcher
Z W E Y T B S
B
U c
N.
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T r o t z , sagten slö unter einander, welcher ßbermuth! das ist nicht zu dulden, das mufs bestraft werden, wenn er auch sonst nichts verbrochen hat. Sie schritten zum Urtheil, und der Beklagte wurde mit 2Q1 Steinen von 500 f ü r schuldig erklärt. Weil es indessen doch ihre Meinung w a r , i h n , wenn er utn Milderung der Strafe bäte, mit einer Geldbufse davon kommen zu lassen, so fragte man ihn, was er für eine Strafe verdient zu haben glaube? „Lebenslänglich im Prytaneum unterhalten zu w e r d e n , " w a r seine Antwort. Diefs brachte die Richter dermafsen a u f , dafs sie unter grofsem L ä r m zu einer nochmahligen Stimmgebung schritten, w o sich dann ergab, dafs er mit 360 Steinen zum Tode verurtheilt war. Dabey blieb e s , und er wurde sofort in das öffentliche Gefängnifs abgeführt. D e r Tag seines Todes i s t , einer alten Gewohnheit zu F o l g e , auf die Wiederkunft des heiligen Schiffes ausgesetzt, welches alle Jahre mit den Abgeordneten der Republik zum Andenken der berühmtesten Ileldenthat des Theseus nach D e 1 o s geschickt wird. Seine Freunde haben indefs die Freyheit ihn täglich zu besuchen, und et unterhält sich mit ihnen, auf seine gewohnte A r t , so unbefangen und heiter, als ob das was ihm bevorsteht, nur eine kleine Reise nach Agina wäre.
A4
A IL
Alle
s T 11 Î S
E L I M .
diese Umstände
habe ich v o n seht
guter H a n d , und auch diesen, dafs sein vertrautester alter Freund
Kriton
(der
reich
mögliche
angewandt
seyn
soll ) alles
sehr
h a b e , ihn z u b e w e g e n , dafs er sich von ihm b e f r e y e n und aufser bringen
Landes
lassen möchte.
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Sicherheit
A b e r Sokrates
unerschütterlich auf seinem Vorsatz
sey
beharret
sich dem Urtheil seiner gesetzmäfsigen R i c h ter nicht zu entziehen.
,,Tch b l e i b e , habe er
g e s a g t , um den Gesetzen meines Vaterlandes, denen ich Gehorsam schuldig b i n , thun;
so
sterbe ich schuldlos,
lebt h a b e ; Tod
genug z u
w i e ich ge-
durch die F l u c h t w ü r d e ich den
verdienen,
den ich jetzt unschuldig
leide. Ich
mufs a u f h ö r e n , Aristipp
immerhin w o
du b i s t ;
über f l i e g e n fen?
wenn
könntest,
I c h danke den
was
—
bleibe
du auch
her-
w ü r d ' es hel-
Göttern,
dafs ich
dir
den Schmerz, ein Z e u g e seines T o d e s z u seyn, erspart
habe. —
Und
lich i s t , so k o m m !
doch —
w e n n ' s mög-
komm je eher je l i e b e r !
D u kannst z w a r deinem alten F i e u n d e nichts h e l f e n ; aber i c h kannst
die
bedarf deiner.
schwarzen
Wolken
die mein Gemüth verdüstern und drücken.
Du
allein
zerstreuen, zusammen-
Z f f l i T E l
B U C ir.
4Eurybates
an
Aristipp.
L a i s bat dicli vorbereitet, Freund A r i s t i p p ; aber dir das ärgste zu melden , versagt ihr der M u t h . Sokrates — ist nicht m e h r ! E i n unglücklicher Augenblick, eine Art von Mifsverständnifs, unzeitiger Stolz von Seiten der Richter, vnd — wenn ichs sagen darf — ein wenig Eigensinn auf Seiten de» n o c h s t o l z e r z u s e y n freylich nur zu wohl berechtigten Sokrates, ist Schuld an einer Übereilung, welche die Athener sich selbst nie verzeihen werden. D u weifst w i e sie sind. E s ist nun einmahl von jeher Sitte bey uns g e w e s e n , dafs ein Beklagter, w a r ' er noch so unschuldig, mehr die H u m a n i t ä t seiner Richter als ihre G e r e c h t i g k e i t auf seine Seite zu bringen suchen mufs. M a n versichert mich beilig, das Gericht sey in keiner ihm ungünstigen Stimmung gewesen. Aber seine ihm zur andern Natur gewordene Ironie , eine Kaltblütigkeit, die ihm f ü r Trotz ausgelegt w u r d e , die tumultuarische A r t , w i e es bey der ganzen Verhandlung z u g i n g , und
»