Übungen im Bürgerlichen Recht: Eine Anleitung zur Lösung von Rechtsfällen an Hand von praktischen Beispielen [10, Aufl., Reprint 2020] 9783112318713, 9783112307441


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German Pages 189 [192] Year 1969

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Table of contents :
VORWORT
INHALTSÜBERSICHT
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
Erster Teil: Übungen für Anfänger
Zweiter Teil: Übungen für Vorgerückte
Dritter Teil: Examensklausuren
Merkblatt: Zusammenstellung der Richtlinien für die Fallbearbeitung
10 Gebote zum juristischen Stil
Übersicht über die wichtigsten der besprochenen Anspruchsgrundlagen und Gesetzesbestimmungen
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Übungen im Bürgerlichen Recht: Eine Anleitung zur Lösung von Rechtsfällen an Hand von praktischen Beispielen [10, Aufl., Reprint 2020]
 9783112318713, 9783112307441

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BERG Übungen im Bürgerlichen Recht

Übungen im Bürgerlichen Recht Eine Anleitung z u r Lösung von Rechtsfällen an H a n d von praktischen Beispielen

Von

Dr. Hans Berg Oberlandesgerichtsrat Mitglied des Justizprüfungsamtes Köln Lehrbeauftragter an der Universität Köln

Zehnte, neubearbeitete und erweiterte Auflage

Berlin 1969 Walter de Gruyter & Co. vormals G. J. Göschen'sche Verla gshandlung • J . Gattentag, Verlagsbuchhandlung Georg Belmer • Karl J . Trübner • Veit & Comp.

Archiv-Nr. 23 25 691 Satz und Druck: Walter de Gruyter & Co., Berlin 30 Alle Rechte, einschließlich des Rechts der Herstellung von Photokopien und Mikrofilmen, vorbehalten

Dem Andenken an Professor Dr. Heinrich Lehmann gestorben am 7. Februar 1963

AUS

DEM

V O R W O R T

ZUR

2.

AUFLAGE

Anders als die erste Auflage ist die Neuauflage auch für den jüngeren Rechtsstudenten gedacht und soll ihm den Übergang von der Vorlesung zum praktischen Fall erleichtern. Das Buch besteht nunmehr aus zwei Teilen: „Übungen für Anfänger" und „Übungen für Vorgerückte". Ferner sind die Beispiele nach „Besprechungsfällen", „Häuslichen Arbeiten" und „Klausurarbeiten" geschieden. Auf diese Weise wird dem Studenten wirkliches Anschauungsmaterial für die an ihn gestellten Anforderungen gegeben. Im übrigen ist die bewährte Methode beibehalten worden, die Aufbaufragen und die Anspruchsgrundlagen in den Vordergrund zu stellen. Ferner wird durch Vor- und Zwischenbemerkungen, die zur eigentlichen Lösung nicht gehören, der Fall jeweils vertieft und zum Ausgangspunkt grundsätzlicher Erörterungen gemacht, so wie es der Dozent bei der Besprechung in den Übungen zu machen pflegt. Ein Merkblatt am Schluß des Bandes faßt die Richtlinien zur Fallbearbeitung nochmals zusammen. Die Bedenken, die von wissenschaftlicher Seite gegen Fallsammlungen mit Lösungen erhoben werden, sind bei dieser Art der Fallbehandlung unbegründet. Der Student braucht nicht nur gute theoretische Lehrbücher, sondern auch gute Anleitungsbücher für die Fallbearbeitung. Das theoretische Wissen ist wertlos, wenn es nicht in die Praxis umgesetzt werden kann. Mit der Teilnahme an den Übungen an der Universität allein ist dem Studenten nicht geholfen. Er braucht ein Buch, bei dem er das dort Gelehrte an Hand von Musterbearbeitungen in Ruhe nacharbeiten kann. Besonderen Dank schulde ich Herrn Professor Dr. Heinrich Lehmann, dessen Assistent an der Universität Köln ich lange Jahre war und der mir durch seine hervorragende und lebendige Lehrweise die Anregung zu dem vorliegenden Buche gegeben hat. R o d e n k i r c h e n bei Köln, im März 1951 Dr. H a n s B e r g VII

V O R W O R T Z U R 10. A U F L A G E Bei der jetzigen Auflage wurden einige Fälle des ersten Teils umgestellt, um dem jungen Juristen die Lösung praktischer Aufgaben noch mehr zu erleichtern. An die Spitze kam nunmehr ein Fall, bei dem die Frage eindeutig gestellt ist und bei dem lediglich Probleme des allgemeinen Teils (Zustandekommen eines Vertrags) zu erörtern sind, die selbst einem 2. Semester geläufig sein müssen. Erst nach und nach werden die Anforderungen gesteigert, sowohl was den Aufbau als auch was das materielle Recht betrifft. Einem vielfach geäußerten Wusch entsprechend wurde ein weiterer Examensfall beigefügt. Nunmehr sind die Examensfälle in einem besonderen dritten Teil zusammengestellt. Im übrigen wurde allenthalben die neueste Literatur und Rechtsprechung berücksichtigt. E s konnte auch auf die Anleitung zur Lösung zivilrechtlicher Fälle von Diederichsen (Die BGB-Klausur) hingewiesen werden, die in Fortsetzungen in J u S 1968/69 ab Heft 4 erscheint und die mit den hier gegebenen Richtlinien übereinstimmt. Rodenkirchen bei Köln, im Januar 1969

VIII

Dr. Hans Berg

INHALTSÜBERSICHT E r s t e r T e i l : Ü b u n g e n für A n f ä n g e r 1. F a l l : 1. Besprechungsfall Vorbemerkung: Aufbau. Die Frage als Ausgangspunkt Gutachten: A. Aufforderung und Angebot beim Vertrag. Wirksamwerden der empfangsbedürftigen Willenserklärung (Zugang), Rechtzeitigkeit der Annahme bei Anwesenden und Abwesenden (§ 147), Bote und Stellvertreter, die Bedeutung der verspäteten Annahme (§ 150 Abs. 1). B. Kündigung und Neuabschluß eines Vertrags. 2. F a l l : 1. Hausarbeit Vorbemerkung: I. Aufbaufragen. II. Richtlinien für die Ausarbeitung: Keine Wiederholung des Tatbestands, keine Vorwegnahme des Ergebnisses, Gutachtenstil, Zitate, Sprache und äußere Form. Gutachten: A. Haftung für Vermögensschaden, Bestimmtheit der Offerte, Annahme nach § 151, gemischte Verträge, Verzug und Unmöglichkeit, Schadenersatz wegen Nichterfüllung und Vertrauensschaden, Differenz- und Austauschtheorie, die Voraussetzungen des § 701 und sein Verhältnis zu anderen Anspruchsgrundlagen. B. Die Voraussetzungen des §826 (Verleitung zum Vertragsbruch). C. Zur Lehre von der culpa in contrahendo. 3. F a l l : 2. Besprechungsfall Vorbemerkung: Aufbau Historische und konstruktive Methode; Einteilung nach Parteien, Anspruchsbegehren und Anspruchsgrundlagen. Anspruchsgrundlagen bei Schadensersatz. Gutachten: A. Vertragsverletzung und unerlaubte Handlung, Beschränkung des Haftungsmaßstabs, defensiver und agressiver Notstand. B. Aktivlegitimation bei Sozialversicherung, Tierhalterhaftung nach § 833, Verkehrshaftung aus § 823 Abs. 1 neben § 833, Schaden als Aufwendungsersatz, Haftung des Tierhüters. C. Verhältnis der Mängelhaftung nach dem Mietrecht zu den allgemeinen Bestimmungen der §§320 ff. 4. F a l l : 1. Klausurarbeit Vorbemerkung: I. Aufbaufragen. II. Richtlinien für die Klausurarbeit: Keine Zitate, Durchskizzieren in Stichworten, sofortige Reinschrift.

Gutachten: A. Vertretung ohne Vertretungsmacht durch einen Minderjährigen, Voraussetzungen der Geschäftsführung ohne Auftrag, Interesse und Wille des Geschäftsherrn, Begriff der Aufwendungen, Voraussetzungen und Umfang des Anspruchs aus ungerechtfertigter Bereicherung, Anspruch nach § 951 bei Verbindung, Haftung des vollmachtlosen Vertreters (§ 179), Betrug und vorsätzlich sittenwidrige Schädigung durch einen Minderjährigen, Haftung des Aufsichtspflichtigen (§ 832). B. Deliktische Haftung bei Eigentumsbeschädigung und Verletzung der Aufsichtspflicht, Inhalt der Schadensersatzpflicht. F a l l : 3. Besprechungsfall Vorbemerkung: Aufbau. Gutachten: A. Wirksamkeit des Verkaufs einer fremden Sache. Unmöglichkeit der Leistung durch Zeitablauf und durch Weiterveräußerung der verkauften Sache. Konkretisierng einer Gattungsschuld. Annahmeverzug des Gläubigers. B. RückZahlungsansprüche des Käufers bei Unmöglichkeit der Lieferung. Pflichten des Verkäufers bei Annahmeverzug des Käufers. Haftung für Erfüllungsgehilfen. Haftungsmaßstab bei Annahmeverzug F a l l : 2. Hausarbeit Vorbemerkung: I. Aufbau. II. Weitere Richtlinien für die Fallbearbeitung: Kein Suchen nach dem „ähnlichen Fall", Verbot der „Tatbestandquetsche", Bedeutung der Rechtsansichten der Parteien, Billigkeit des Ergebnisses und Korrektur durch Berufung auf Treu und Glauben. Gutachten: A. Der Tauschvertrag, Bedeutung der Formvorschrift beim Grundstückskauf, Heilung des Formmangels beim Tauschvertrag, Berufung auf den Formmangel als Verstoß wider Treu und Glauben. B. Zulässigkeit eines Eventualantrags, Verbot von Unterstellungen, Unabhängigkeit (Abstraktheit) des Erfüllungsgeschäfts vom Verpflichtungs-(Kausal-)geschäft, der Kondiktionsanspruch als Ausgleich, Bedeutung der §§ 814, 818 Abs. 2. C. Zulassung einer Klagänderung (§ 264 ZPO), Bedeutung der §§ 819 Abs. 1, 816 Abs. 1 S. 1 und 818 Abs. 1. F a l l : 2. Klausurarbeit Vorbemerkung: Aufbau. Gutachten: A. Ansprüche auf den Erlös (Surrogatansprüche): §§ 323, 325 in Verbindung mit § 281, das stellvertretende commodum in § 281, die Verfügung des Nichtberechtigten in § 816 Abs. 1 S. 1, Anrechnung der Gegenleistung (Saldotheorie), unechte Geschäftsführung nach § 687 Abs. 2. Haftung für Erfüllungs- bzw. Ver-

Seite

richtungsgehilfen und eigenes Verschulden bei Vertrag und unerlaubter Handlung (§§ 278, 276, 831, 823 Abs. 1). B. Haftung für Rechts- und Sachmängel beim Kauf, Wandlung trotz Unmöglichkeit der Rückgabe? Ausschluß der Anfechtung aus §119 Abs. 2 durch die §§459 ff. 8. F a l l : 3. Hausarbeit 62 Vorbemerkung: I. Aufbaufragen. II. Materielle Fragen. Die Lösung des Falles seiner Eigenart gemäß. Die Tatbestände des Lebens, nicht die Rechtsbegriffe als das Primäre. Gutachten: A. Auslegung eines Wiedergutmachungsversprechens: Vergleich? abstraktes Schuldanerkenntnis? bloßes Beweismittel? deklaratorisches Schuldanerkenntnis? — Annahme als Erfüllung und Beweislast, der geheime Vorbehalt (§ 116). B. Die Bedeutung des mitwirkenden Verschuldens (§ 254) „entsprechende" Anwendung des § 278 in § 254, Abwägung des beiderseitigen Verschuldens. 9. F a l l : 3. Klausurarbeit 71 Vorbemerkung: Aufbaufragen: Dingliche und schuldrechtliche Ansprüche auf Herausgabe (§§ 861, 985, 1007, 812, 823), Reihenfolge der Prüfung, Verbot der Voranstellung allgemeiner Rechtsbegriffe, Anspruchs-, Definitions- und Gegennormen, Parallele zum Aufbau eines Strafrechtsfalls. Gutachten: A. Der possessorische Anspruch aus § 861: Begriff des fehlerhaften Besitzes und der verbotenen Eigenmacht, die rei vindicatio und die Klage des früheren Besitzers, Konkurrenz der schuldrechtlichen Ansprüche auf Herausgabe, Selbsthilfe auf Grund der §§ 859 und 229, Bedeutung des § 861 Abs. 2. B. Einwendungen aus einem Recht zum Besitz nach §§ 986 und 1007: beim Pfandleiher, Vermieter und Beschenkten, Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung in § 812 und § 816. Zweiter Teil: Übungen für Vorgerückte R i c h t l i n i e n f ü r die f o l g e n d e n F ä l l e : Nicht durchlesen, sondern erst selbst lösen und dann vergleichen. 10. F a l l : Besprechungsfall Vorbemerkung: Aufbau. Gutachten: A. Vertragsschluß bei Verkauf einer fremden Sache, Handeln „unter fremdem Namen", subjektiv und objektiv unmögliche Leistung, Eigentumserwerb nach § 892 im Vertrauen auf das Grundbuch, Verfügung eines Nichtberechtigten nach § 185, Zwangskonvaleszenz nach § 185 Abs. 2.

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XI

Seite

B. Form der Bürgschaft beim Grundstückskauf, Bedeutung der selbstschuldnerischen Bürgschaft. Gesamtschuld und Bürgschaft, Bürgschaft und Schuldmitübernahme, Klagantrag bei Klage gegen Hauptschuldner und Bürgen. 11. Fall: 1. Hausarbeit 93 Vorbemerkung: Aufbau. Gutachten: Voraussetzungen des Anspruchs auf Finderlohn und des Anspruchs aus einer Auslobung, Auslegung einer Dankeserklärung: Erlaß, negatives Schuldanerkenntnis oder Annahme als Erfüllung. 12. F a l l : 1. Klausurarbeit 100 Vorbemerkung: Aufbau. Gutachten: A. Vertrag zugunsten Dritter, Auslegung eines Alimentenversprechens: Schenkung, Leibrente, Schuldversprechen, Vergleich, Versorgungsvertrag; Verstoß gegen Gesetz und gute Sitten. B. Anspruch aus § 1708 bei in der Ehe geborenen unehelichen Kindern. 13. F a l l : 2. Hausarbeit 106 Vorbemerkung: Aufbau. Gutachten: A. Rei vindicatio, Abhandenkommen bei Weggabe durch Angestellten? condictio gegen den Beschenkten (§816 Abs. 1 S. 2). B. Eigentumserwerb bei der Versteigerung gepfändeter Sachen, „privatrechtliche" und „hoheitsrechtliche" Theorie, condictio gegen den Ersteher? C. Ersatzansprüche nach dem Erwerb auf Grund einer öffentlichen Versteigerung. Anwendbarkeit der §§ 989 ff. und ihr Verhältnis zu den allgemeinen Bestimmungen, Anwendbarkeit der §§812, 816. 14. F a l l : 2. Klausurarbeit 117 Vorbemerkung: Aufbau. Gutachten: A. Rechtliche Bedeutung einer Auswahlsendung, Haftung für culpa in contrahendo. B. Abnahme und Gefahrtragung beim Werkvertrag, Gefahr der „Leistung" und der „Gegenleistung", Verhältnis der §§ 323ff. zu den §§275 ff. 15. F a l l : 3. Hausarbeit 123 Vorbemerkung: Aufbau. Gutachten: A. Rechtslage vor der Anfechtung: Bedeutung eines Vereinbarungsdarlehns, Entstehung und Rang einer Buchhypothek. B. Rechtslage nach der Anfechtung: Voraussetzungen und Folgen der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung, Eigentümergrundschuld oder nichtige Hypothek? XII

Seite

G. Rechtslage auf Grund der „Bestätigung": Neuvornahme im Sinne des § 141, Wiedererstehung und Rang der Hypothek. 16. F a l l : 3. Klausurarbeit 135 Vorbemerkung: Aufbau. Gutachten: A. Entstehung einer Briefhypothek, ratio des § 1117, Rechtsnatur des Anlagedarlehns, Bedeutung des § 370 und des Rechtsscheines, Handlungen in „Erfüllung" und bei „Gelegenheit" einer Verbindlichkeit. B. Berichtigungsanspruch, Widerspruch und Anspruch auf Herausgabe des Hypothekenbriefes nach §§985, 952 Abs. 2 und §896. D r i t t e r Teil: E x a m e n s k l a u s u r e n Allgemeines über Examensarbeiten 17. Fall: 1. Examensklausur Vorbemerkung zum Aufbau. Gutachten: A. Rechtsstellung des Gläubigers bei dem Erfüllungsversprechen eines Dritten, Herausgabeansprüche B. Entschädigungsanspruch bei Besitzvorenthaltung 18. Fall: 2. Examensklausur Vorbemerkung: Allgemeines, Aufbau. Gutachten: A. Die dingliche Rechtslage: Eigentum bei Einlagerung, Gutgläubiger Erwerb vom Lagerhalter, Übergabe auf Geheiß des Veräußerers. B. Die Ansprüche der Beteiligten: Der Herausgabeanspruch, Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche bei Gattungs- und Speciesschuld, bei ursprünglichem und nachträglichem Unvermögen, Anspruchskonkurrenz der Schadensersatzansprüche aus Vertrag, Delikt und Eigentümer- und Besitzerverhältnis. 19. F a l l : 3. Examensklausur Vorbemerkung: Allgemeines, Aufbau. Gutachten: A. Anspruchsgrundlage für Pfandgläubiger, Erlöschen des Pfandrechts bei Rückgabe der Pfandsache, Vorrang eines späteren Pfandgläubigers. B. Stellung des vorrangigen Pfandgläubigers bei Pfandreife des nachgehenden Pfandrechts. Ablösungsrecht des nachrangigen Pfandgläubigers. C. Dingliche Surrogation und Rechtsstellung der Beteiligten nach dem Pfandverkauf. Umfang der Pfandhaftung. M e r k b l a t t : Zusammenstellung der Richtlinien für die Fallbearbeitung 10 Gebote zum j u r i s t i s c h e n Stil Ü b e r s i c h t über die wichtigsten der besprochenen A n s p r u c h s g r u n d lagen und G e s e t z e s b e s t i m m u n g e n

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XIII

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS der hauptsächlich benutzten Literatur Lehrbuch des Sachenrechts, 4. Aufl. 1968. Baur Recht der Schuldverhältnisse, 15. Bearb., 1958. Enneccerus-Lehmann Allgem. Teil des Bürgerl. Rechts, 15. Aufl. 1959/60. Enneccerus-Nipperdey Handkommentar zum BGB, 4. Aufl. 1967. Erman Lehrbuch des Schuldrechts, 2. Aufl. 1960. Esser Schuldrecht, Allgemeiner Teil, 3. Aufl. 1968. Esser SAT Der Rechtsfall im Privatrecht, 1965. Fabricius Das Schuldrecht, 1965. Fikentscher Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 2. Bd.: Flume Das Rechtsgeschäft, 1965. Lehrbuch des Schuldrechts, 8./9. Aufl. 1967/68. Larenz Allg. Teil des BGB, 16. Aufl. 1966 bearb. v. Hübner Lehmann Bürgerliches Recht, 1968. Medicus Kommentar zum BGB, 28. Aufl. 1968. Palandt Kommentar der Reichsgerichtsräte und BundesRGRKomm richter zum BGB, 11. Aufl. Kommentar zum BGB, 10. Aufl. 1967/68. Soergel Kommentar zum BGB, 11. Aufl. Staudinger Lehrbuch des Sachenrechts, 5. Aufl. 1966. Westermann Sachenrecht, 10. Bearb. von Raiser, 1957. Wolff Hinweise auf weitere Anleitungsbücher des Verfassers Familien- und Erbrecht, Schaeffers-Rechtsfälle Familienrecht Bd. 4, 31.—33. Tsd., 1968 bearbeitet von Berg. Gutachten und Urteil, Schaeffers-Rechtsfälle Bd. Gutachten 12, 23.-26. Tsd. 1967. Handelsr. einschl. Gesellschafts- U.Wertpapierrecht, Handelsrecht Scheaffers-Rechtsfälle Bd.5,16—19.Tsd. 1967. Die Hausarbeit im Referendarexamen, SchaeffersHausarbeit Rechtsfälle Bd. 10, 4 . - 6 . Tsd. 1965. Die Klausurarbeit im Referendarexamen,SchaeffersReferendarklausur Rechtsfälle Bd. 11, 8.—10. Tsd. 1964.

AcP BGH JR JuS JW JZ Lind-Möhr. NJW OLG RG RGSt. XIV

Sonstige Abkürzungen = Archiv für civilistische Praxis. = Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen. = Juristische Rundschau. = Juristische Schulung. = Juristische Wochenschrift. = Juristenzeitung. = Das Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs, herausgegeben von Lindenmaier u. Möhring. = Neue Juristische Wochenschrift. = Sammlung der Rechtspr. der Oberlandesgerichte. = Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen. = Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen.

E r s t e r Teil

Übungen für Anfänger

1. F a l l 1. Besprechungsfall Der 22jährige stud. phil. Fenton bewohnte bei Frau Flut ein möbliertes Zimmer. Frau Flut zeigte sich stets zuvorkommend und hilfsbereit, so daß zwischen der Vermieterin und dem Mieter ein gutes Einvernehmen bestand. Eines Tages erhielt Frau Flut unerwartet einen Brief ihres auswärts wohnenden Sohnes, in dem dieser ihr mitteilte, er sei plötzlich erkrankt und werde in acht Tagen für längere Zeit nach Hause kommen. Um Platz für ihren Sohn zu schaffen, sah sich Frau Flut gezwungen, ihrem Zimmermieter Fenton zu kündigen. Noch am gleichen Abend hörte dieser zufällig von einem seiner Bekannten, daß in der Nähe, bei einer Frau Reich, ein schönes Zimmer frei sei. Frau Reich habe ihm — dem Bekannten des Fenton — gesagt, sie wolle das Zimmer für 80 DM vermieten. Fenton hielt das Angebot für günstig und schickte, da er selbst eben im Begriff war, zu einem Konzert zu gehen, sogleich das Töchterchen seiner Wirtin mit einem Brief zu Frau Reich. Darin schrieb er, daß er das fragliche Zimmer vom nächsten Ersten an für 80 DM mieten wolle. Frau Reich las den Brief durch, gab dem Mädchen aber keinen Bescheid mit zurück. Sie stand noch mit einem andern Mieter in Unterhandlungen, der ihr evtl. mehr bot. Am übernächsten Tage zerschlugen sich die Verhandlungen aber, und Frau Reich ging darauf noch spät abends zur Wohnung des Fenton, um ihm mitzuteilen, daß sie ihn, wie er geschrieben habe, am 1. erwarte. Da Fenton selbst nicht zu Hause war, wandte sie sich an Frau Flut, diese möge ihm die Nachricht übermitteln. Inzwischen hatte sich aber folgendes zugetragen: Frau Flut hatte telegraphisch Nachricht bekommen, daß ihr Sohn im Krankenhaus sei und nicht nach Hause kommen könne. Auf diese Nachricht hatte sie dem Fenton erklärt, daß sie die Kündigung zurücknähme. Fenton hatte sich sofort damit einverstanden erklärt, da ihm der lästige Umzug erspart wurde und er sowieso lieber bei Frau Flut wohnen blieb. Das erzählte Frau Flut denn auch Frau Reich, die sich daraufhin mit einigen unfreundlichen Worten und der Bemerkung, das alles gehe sie gar nichts an, entfernte. 1

B e r g , Bürgerl. Becht, 10. Aufl.

1

Dem Fenton erzählte Frau Flut von dem ganzen Vorfall nichts. Plötzlich, am 2. des nächsten Monats, erhielt Fenton einen eingeschriebenen Brief, in dem Frau Reich ihn daran erinnerte, daß er j a bei ihr das Zimmer gemietet habe und daß sie, Frau Reich, wenn er nicht zahle, gegen ihn wegen Mietzinsforderung gerichtlich vorgehen werde. Fenton, dem es beim Lesen dieser Zeilen etwas ungemütlich wurde, fragte seinen Freund, einen jungen Juristen, ob er unter den gegebenen Umständen die doppelte Miete zahlen müsse. Vorbemerkung Aufbau Anders als in den Vorlesungen zum B G B kann man beim praktischen Fall nicht entsprechend dem Aufbau des Gesetzes vorgehen. Man kann also nicht erst Fragen des A l l g e m e i n e n T e i l s abhandeln, die irgendwie für den Fall von Bedeutung sein könnten (etwa die Rechts- oder Geschäftsfähigkeit der beteiligten Personen — §§ lff., 104 ff. —, sodann die Voraussetzungen eines Vertragsschlusses — §§ 145ff. —), anschließend zum S c h u l d r e c h t übergehen und hier wieder erst prüfen, ob es sich um einen gegenseitigen Vertrag handelt (§§ 320ff.), um schließlich erst festzustellen, welcher besondere Vertragstyp vorliegt (etwa ein Kauf- oder ein Mietvertrag). Ausgangspunkt eines praktischen Falls ist vielmehr stets die FrageIst sie nicht direkt gestellt (z. B. Kann Frau Reich von Fenton Miete verlangen ?), so ergibt doch meist ein Hineindenken in die Interessenlage des Falles, welche Frage gestellt ist. Im obigen Falle „fragt Fenton einen Juristen, ob er doppelt Miete zahlen müsse". Er fragt also, ob sowohl Frau Reich als auch Frau Flut von ihm Miete verlangen können. Es ist daher nacheinander zu untersuchen, ob Ansprüche beider Personen gegen ihn begründet sind. Zweckmäßig beginnt man mit der Prüfung des Anspruchs von Frau Reich, da dieser Anspruch im Vordergrund des Interesses steht und evtl. den Anspruch der Frau Flut beeinträchtigt. Nachdem so klargestellt ist, welche Fragen zu beantworten sind, setzt nunmehr die eigentliche juristische Denktätigkeit ein. Es ist eine gesetzliche Bestimmung zu finden, die das Begehren — hier die Mietforderungen — rechtfertigen könnte. Man spricht von der A n s p r u c h s norm. Es ist also im konkreten Falle zu prüfen, welche gesetzliche Bestimmung ausspricht, daß Frau Reich bzw. Frau Flut einen Mietanspruch haben. Das wird wahrscheinlich eine Bestimmung im Mietrecht sein, also eine Bestimmung im b e s o n d e r e n T e i l des S c h u l d r e c h t s . Wir finden sie im ersten Paragraphen des Mietrechts: Nach § 535 S. 2 2

wird der Mieter durch den Mietvertrag verpflichtet, dem Vermieter den vereinbarten Mietzins zu zahlen. Wenn also zwischen Fenton und Frau Reich (bzw. Frau Flut) ein Mietvertrag zustandegekommen ist, so muß Fenton die Miete solange zahlen, bis er fristgerecht kündigt. Die nach Klärung der Fragestellung gefundene Anspruchsnorm führt somit e r s t j e t z t zum a l l g e m e i n e n Teil des BGB, und zwar hier zu den Regeln über das Zustandekommen eines Vertrags. Nunmehr ist der Sachverhalt in historischer Reihenfolge dahin zu überprüfen, ob ein ordnungsmäßiger A n t r a g vorligt, der wirksam a n g e n o m m e n wurde. Das Ergebnis der Prüfung ist die Antwort auf die eingangs bezeichnete Frage. Damit schließt sich der Ring: In einem übersichtlichen, durch die Frage und die Logik bestimmten Aufbau wird zum Schluß das Ergebnis aufgezeigt. Das Gutsachten enthält keinen Satz, der nicht durch die Frage und die sich anschließenden Ausführungen bedingt wäre. Gutachten A. Der M i e t a n s p r u c h der F r a u Reich gegen F e n t o n Der Mietanspruch der Frau Reich gegen Fenton ist gemäß § 535 S. 2 in Verbindung mit § 580 begründet, wenn zwischen diesen Personen ein Mietvertrag zustande gekommen ist. Zum Zustandekommen eines Vertrags bedarf es eines ordnungsmäßigen Antrags und einer Annahme dieses Antrags. I. Sieht man in der Mitteilung Frau Reichs an einen Bekannten Fentons, sie habe ein schönes Zimmer für 80 DM zu vermieten, bereits ein hinreichend bestimmtes Angebot, so hätte Fenton dieses Angebot angenommen, als er das Töchterchen der Frau Flut zur Frau Reich schickte und dieser brieflich mitteilte, daß er das Zimmer zum nächsten Ersten mieten wolle. Der Vertrag wäre dann bereits durch diesen Brief zustande gekommen. Das spätere Verhalten der Frau Reich, insbesondere ihre Mitteilung am Abend des übernächsten Tages, wäre rechtlich bedeutungslos. Die Bekanntmachung der Frau Reich, sie habe ein schönes Zimmer für 80 DM zu vermieten, enthält jedoch kein Angebot an eine bestimmte Person, sondern lediglich eine A u f f o r d e r u n g an einen unbestimmten Personenkreis zur Abgabe von Angeboten, ähnlich wie die Anzeige in einer Zeitung. Frau Reich wollte keineswegs mit jedem Interessenten, der das „Angebot" „annahm", abschließen, sondern sich den Interessenten zunächst ansehen und sich den Abschluß des Vertrags vorbehalten. Das zeigt auch ihr Verhalten nach Erhalt des Briefes. Sie verhandelte noch mit einem anderen Mieter, der ihr evtl. mehr bot. 3

Grundsätzlich ist bei Angeboten an unbestimmte Personen, bei denen es auf die Vertrauens- und Kreditwürdigkeit ankommt, nur eine Aufforderung zu Vertragsangeboten anzunehmen. Anders z. B. bei Aufstellung eines Verkaufsautomaten. Hier macht der Unternehmer an jeden, der das verlangte Geldstück einwirft, eine Vertragsofferte, die durch den Einwurf angenommen wird und alsbald zur Erfüllung des Vertrags führt. Vgl. Lehmann, Allg. Teil § 33 II l a und b sowie Flume § 35 I 1. II. Ein V e r t r a g s a n g e b o t kann daher erst in dem Brief Fentons an Frau Reich gesehen werden, in dem er dieser mitteilt, daß er das fragliche Zimmer für 80 DM zum nächsten Ersten mieten wolle. Dieses Angebot war bestimmt genug, um durch ein einfaches „Ja" angenommen zu werden. Ist dieses Vertragsangebot rechtswirksam dadurch a n g e n o m m e n worden, daß Frau Reich am übernächsten Abend der Frau Flut mitteilte, sie erwarte Fenton zum 1. des nächsten Monats ? 1. Da es sich bei der Vertragsannahme nicht um eine einseitige, sondern um eine e m p f a n g s b e d ü r f t i g e Willenserklärung handelt, ist für die W i r k s a m k e i t zunächst bedeutsam, daß sie dem andern Teil zugeht, § 130 Abs. 1. Streng einseitige Willenserklärungen, die bereits mit der A b g a b e wirksam werden, sind z. B. die Testamentserrichtung, die Eigentumsaufgabe (sog. Dereliktion) nach § 959, die Auslobung nach § 657. Empfangsbedürftig sind alle Willenserklärungen, die die Rechtslage einer bestimmten anderen Person beeinflussen sollen, wie z. B. Vertragsangebot und -annahme, Kündigung und sonstige Gestaltungsrechte. Der anderen Person muß hier die Möglichkeit der Kenntnisnahme verschafft werden. Vgl. Lehmann, Allg. Teil § 25 I 1. Zugegangen ist eine Willenserklärung erst, wenn sie so in den Machtbereich des Empfängers gelangt, daß unter gewöhnlichen Verhältnissen mit seiner Kenntnisnahme zu rechnen ist. Vgl. RG 50/194. Das BGB hat sich in § 130 für die „Zugangs-" oder „Empfangstheorie" entschieden und damit zum Ausdruck gebracht, daß es nicht genügt, wenn der Erklärende die Erklärung a b g e s a n d t , z. B. in den Postbriefkasten gesteckt hat (wie die sog. Entäußerungs- oder Absendungstheorie verlangt), daß es aber auch nicht erforderlich ist, daß die Erklärung tatsächlich zur Kenntnis des Empfängers gelangt (wie die sog. Vernehmungstheorie für nötig hält). Vgl. Lehmann a. a. O. § 32 II. § 130 spricht streng genommen nur von der Willenserklärung, die einem „Abwesenden" gegenüber abgegeben wird, ein Fall, der hier vorliegt (vgl. unten 2). Der Grundgedanke des §130 gilt jedoch allgemein auch bei Willenserklärungen unter Anwesenden, jedenfalls soweit es sich um verkörperte Willenserklärungen (Übergabe einer Schrift) handelt. Vgl. den lehrreichen Fall in RG 61/415: Dort wollte sich eine Ehefrau durch Übergabe einer schriftlichen Bürgschaftserklärung dem anwesenden Gläubiger gegenüber verpflichten. Die Übergabe der bereits unterschriebenen Urkunde unterblieb aber, als sich der Hauptschuldner — ihr Ehe4

mann — im Nebenzimmer erschoß. Das Reichsgericht verneinte den „Zugang" der Willenserklärung. Vgl. auch Lehmann, Allg. Teil §32 II 3 sowie BGH NJW 1962/1389, aber auch Flume § 14, 1.

Bei s c h r i f t l i c h e r (sog. verkörperter) Willenserklärung genügt es in der Regel, daß das Schriftstück in die Wohnung des — anwesenden oder abwesenden — Empfängers gelangt, z. B. in den Hausbriefkasten geworfen oder einem Familienangehörigen oder Hausangestellten abgegeben wird. Bei einer m ü n d l i c h e n Erklärung an eine M i t t e l s p e r s o n müssen aber besondere Anforderungen an den Zugang gestellt werden, da in höherem Maße die Gefahr unrichtiger oder verabsäumter Bestellung besteht. Die herrschende Meinung, insbesondere die höchstrichterliche Rechtsprechung, verlangt daher, daß die Mittelperson geeignet und fähig sein muß, die Erklärung pünktlich und richtig weiterzugeben (vgl. RG 60/334, 102/296, RGRKomm. zu § 130 Anm. 1, Enneccerus-Nipperdey § 158 Anm. 24, Flume § 14,3d). Noch weitergehend verlangen StaudingerCoing (BGBKomm, zu § 130 Anm. 13), daß die Mittelperson zur Empfangnahme sogar b e v o l l m ä c h t i g t e r (passiver) Vertreter bzw. Empfangsbote sein müsse, andernfalls die Erklärung erst wirksam werde, wenn sie an den Empfänger weitergegeben werde. Das bedeutet indes in gewissem Sinn die Anwendung der „Vernehmungstheorie" bei nicht verkörperten Erklärungen. Denn der bevollmächtigte Vertreter steht an Stelle des eigentlichen Erklärungsempfängers.

Einer bestimmten Stellungnahme zu dieser Frage bedarf es hier nicht. Denn es kommt darauf nicht an, wie im folgenden ausgeführt wird. Es ist falsch, Streitfragen zu entscheiden, wenn sie letzten Endes durch die besondere Lage des Falles ohne praktische Bedeutung für den gegebenen Sachverhalt sind. Auch das Reichsgericht und der Bundesgerichtshof nehmen grundsätzlich nur Stellung zu einer Frage, wenn sie für die Entscheidung ausschlaggebend ist.

Eine Hauswirtin ist zwar nicht, wie die im Hause lebenden erwachsenen Familienangehörigen und Hausangestellten schlechthin als bevollmächtigt zur Entgegennahme von Erklärungen anzusehen. Hier liegen die Verhältnisse jedoch so, daß ein „gutes Einvernehmen" zwischen Vermieterin und Mieter bestand, und daß Frau Flut sich stets „hilfsbereit und zuvorkommend" gezeigt hatte. Bezeichnend für das Freundschaftsverhältnis ist auch, daß Fenton das Töchterchen als Boten benutzte und sich sofort bereit erklärte, weiter in der Wohnung zu bleiben, als das Hindernis weggefallen war. Frau Flut kann daher als E m p f a n g s b o t e für Fenton angesehen werden, so daß nach beiden Theorien die Annahmeerklärung zugegangen ist. Selbst wenn man aber Frau Flut nicht als Empfangsboten, sondern nur als zum Empfang geeignete und fähige Mittelsperson ansehen würde,

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wäre der Unterschied der beiden Theorien vorliegend nicht bedeutend. Man kommt zwar nach der engeren Auffassung Staudingers dann ohne w e i t e r e s zur Ablehnung des Vertragsschlusses, da die Annahmeerklärung dem Fenton mangels Kenntnis nicht „zugegangen" ist. Die Auffassung der herrschenden Lehre führt aber zum gleichen Ergebnis, und zwar aus folgendem Grunde: Der Zugang der Annahmeerklärung ist allein nicht entscheidend; es muß 2. die Annahmeerklärung auch r e c h t z e i t i g zugegangen sein. Nach § 147 kann der einem Anwesenden gemachte Antrag nur sofort, der einem Abwesenden gemachte Antrag nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in dem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf. Ob ein Antrag an einen Anwesenden oder Abwesenden gemacht wird, richtet sich danach, ob die Vertragsparteien einander persönlich gegenüber treten oder nicht. Telefonische Übermittlung an den Vertragspartner schließt die Anwesenheit nicht aus, § 147 Abs. 1 S. 2. Desgleichen nicht die Übermittlung durch oder an einen Vertreter (vgl. § 164 Abs. 1 und 3). Dagegen ist die Erklärung eines Boten oder an einen Empfangsboten nicht unter „Anwesenden" abgegeben. Denn es fehlt hier die Möglichkeit u n m i t t e l b a r e r Kenntnisnahme, die für eine Erklärung unter Anwesenden wesentlich ist. Vgl. Staudinger-Coing a. a. O. zu § 147 Anm. 3 und Palandt zu §§ 147, 148 Anm. 4. Weitergehend halten Enneccerus-Nipperdey § 161 II 2a die Überbringung eines Antrags durch einen Boten, der zur Entgegennahme der Annahmeerklärung e r m ä c h t i g t ist, für eine Erklärung unter Anwesenden M. E . zu Unrecht: Der Bote ist als Empfangsbote nicht passiver Stellvertreter, sondern nur Überbringer der Botschaft. E r steht nicht wie der Vertreter an Stelle des Erklärungsempfängers. E r vertritt ihn daher auch nicht in der „Anwesenheit" bei Entgegennahme der Willenserklärung. Die Frage kann nur lauten, ob mit Rücksicht auf die Ermächtigung des Boten zur Entgegennahme der Antwort die Annahmeerklärung unter diesen Umständen vom Antragenden sofort erwartet werden darf, vgl. § 147 Abs. 2.

Das Töchterchen der Frau Flut ist nur Bote, da es lediglich einen Brief überbringen soll. Es fehlt ihm die für einen Vertreter notwendige Entschlußfreiheit in der Abgabe der Erklärung. „Wo nur ausgerichtet werden soll, was aufgetragen ist, wird jemand als Bote verwandt; Vertreter ist er da, wo ihm ein Spielraum für die Entschließung gelassen wird, sei es hinsichtlich des Geschäftsinhalts oder der Auswahl des Vertragsgegners oder der zu kaufenden Gegenstände usw." Lehmann, Allg. Teil § 3 6 I l a . Der Unterschied zwischen passivem Stellvertreter ( § 1 6 4 Abs. 3) und Empfangsboten liegt im folgenden: Der Empfangsbote wirkt nur rein

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tatsächlich mit beim Zugang der Willenserklärung, z. B. durch Entgegennahme des Anwortschreibens. „Bei der Annahme einer m ü n d l i c h e n Erklärung kommt es darauf an, ob der Annehmende die Worte rein äußerlich an den Empfänger weitergeben soll, ohne Rücksicht auf ihr Verständnis (Bote) oder ob er ihren Sinn verstehen und die verstandene Erklärung weitergeben soll (Vertreter)", Lehmann a. a. 0 . § 36 I 2.

Fenton hat das Töchterchen auch nicht ausdrücklich beauftragt, s o f o r t die Antwort der Frau Reich entgegenzunehmen. Er mußte billigerweise Frau Reich eine gewisse Bedenkzeit zubilligen, um sich über die Person des neuen Mieters zu vergewissern. Mit einer sofortigen Annahme war daher nicht zu rechnen. Vielmehr war die Antwort „unter regelmäßigen Umständen" (§ 147 Abs. 2) nicht vor dem folgenden Tag zu erwarten. Die Frist zur Antwort bei einer Erklärung unter Abwesenden umfaßt üblicherweise einen Zeitraum, der die normale Laufzeit des A n t r a g s bis zum Eintreffen beim Empfänger, eine angemessene Ü b e r l e g u n g s f r i s t für diesen und die normale Laufzeit der A n t w o r t enthält. Das Angebot Fentons war gegen 8 Uhr abends bei Frau Reich eingegangen. Frau Reich konnte sich im Laufe des Vormittags schlüssig werden und bis spätestens im Laufe des Nachmittags Bescheid geben. Ihre Antwort erst am Abend des nächsten Tages ist nicht mehr rechtzeitig, um so weniger als die Annahme gemäß § 130 Abs. 1 erst in dem Zeitpunkt als zugegangen anzusehen ist, in dem mit der Kenntnisnahme Fentons normalerweise zu rechnen war. Das war aber nicht vor dem Vormittag des folgenden Tages, da Frau Flut ihren Mieter wegen der vorgerückten Abendstunde und wegen seiner Abwesenheit am selben Abend nicht mehr sprechen konnte. Es kommt hinzu, daß Frau Reich „in der Nähe" wohnte und üblicherweise der Mieter bei der Zimmersuche für einen nahen Termin ein starkes Interesse daran hat, nicht zu lange im unklaren gelassen zu werden. Auf § 149 kann sich Frau Reich nicht berufen, da diese Bestimmung voraussetzt, daß die Annahmeerklärung r e c h t z e i t i g a b g e s a n d t ist und die Verzögerung in der B e f ö r d e r u n g (z. B. bei der Post) liegt.

I I I . Die verspätete Annahme eines Antrags gilt nach § 150 Abs. 1 als neuer Antrag. Auf diesen Antrag hat aber Fenton nicht geantwortet und konnte nicht antworten, weil er ihn nicht von Frau Flut mitgeteilt bekam. Sein Schweigen kann nur dann als stillschweigende Annahme angesehen werden, wenn Frau Reich nach Treu und Glauben und nach der Verkehrssitte voraussetzen durfte, daß er trotz der Verspätung die Annahmeerklärung noch gutheißen würde. Hiervon kann aber keine Rede sein, da Frau Flut die Frau Reich bereits über die inzwischen eingetretene Veränderung der Sachlage unterrichtet hatte und Frau Reich daher nicht mehr mit einer Annahme ihres Antrags rechnen konnte.

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B. Der M i e t a n s p r u c h der F r a u F l u t gegen F e n t o n I. Der alte Mietvertrag ist durch die Kündigung der Frau Flut beendigt. Eine Rücknahme der Kündigung mit der Wirkung, daß das alte Mietverhältnis wieder auflebt, gibt es nicht, selbst nicht bei beiderseitigem Einverständnis; denn die Rechtswirkung der Kündigung — die Beendigung des Mietvertrags — ist bereits mit der Ausübung dieses Gestaltungsrechts eingetreten. Es bleibt nur der Abschluß eines neuen Mietvertrags übrig. Nach Kündigung eines formbedürftigen Vertrags bedarf es daher zur „Rückgängigmachung der Kündigung" sogar einer Wiederholung der Form. — Dieselbe Rechtslage besteht bei andern Gestaltungsrechten, z. B. der Anfechtung, durch deren Erklärung das Rechtsgeschäft rückwirkend nichtig wird, und die „Bestätigung" daher als erneute Vornahme zu beurteilen ist (§141).

II. In der dem Fenton gegenüber erklärten Rücknahme der Kündigung ist im Wege der Auslegung (§ 133) ein Antrag der Frau Flut auf A b s c h l u ß eines neuen M i e t v e r t r a g s zum nächsten Ersten zu erblicken. Fenton hat durch die Erklärung seines Einverständnisses diesen Antrag angenommen und dadurch einen neuen Mietvertrag abgeschlossen. Fenton ist daher verpflichtet, die Miete an Frau Flut zu zahlen, aber nur an diese. Der Anspruch der Frau Reich ist abzulehnen.

2. F a l l 1. Hausarbeit Assessor Meyer aus Berlin will im Februar zum Schifahren ins Gebirge reisen und telegrafiert an den ihm von seinen Freunden empfohlenen Wirt des Hotels „Zur Post" in Garmisch-Partenkirchen, Andreas Huber, man möge ihm ein Zimmer reservieren. In Garmisch angekommen, übergibt er das Gepäck dem dort auf Gäste wartenden Portier des Hotels „Zur Post" und geht zu Fuß zum Hotel. Dort erklärt ihm Herr Huber, kein Zimmer mehr frei zu haben. Wie Meyer später in Erfahrung brachte, hatte Herr Huber zwar ursprünglich für ihn ein Zimmer bereitgestellt, als aber am Abend vor der Ankunft des Meyer sich ein ganzer Schiklub im Hotel einquartierte, das Zimmer einem Mitglied des Klubs, dem Schiführer und Bergsteiger Toni Schmidt aus München, der sonst keinen Platz mehr bekommen hätte, überlassen. Meyer läuft sofort zum nächsten Hotel „Zum Bären" und mietet dort ein Zimmer. Er muß aber hier 5 DM mehr für das Zimmer bezahlen, als das Zimmer im Hotel „Zur Post" gekostet hätte. Als er sein Gepäck sucht, muß er zu seinem

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Schrecken entdecken, daß dieses nicht mehr aufzutreiben ist. Der Portier des Hotels „Zur Post" behauptet zwar, es im Hotel abgeliefert zu haben, es muß dann aber dort abhanden gekommen sein. Meyer verlangt jetzt von Huber Schadenersatz a) wegen des höheren Zimmerpreises, b) wegen des abhanden gekommenen Gepäcks. Dringt er mit seinen Ansprüchen durch ? Kann er sich evtl. auch an das Mitglied des Schiklubs, Toni Schmidt halten, der das Zimmer genommen hatte, obwohl er wußte, daß es für Meyer reserviert war? Macht es einen Unterschied, wenn das Zimmer noch nicht für Meyer reserviert war, Huber vielmehr wegen Überfüllung seines Hotels auf das Telegramm nichts veranlaßt hatte ? Vorbemerkung I. A u f b a u f r a g e n Die schriftlichen Arbeiten sollen zeigen, daß das bisher Gelehrte verstanden ist. Der Aufbau muß sich daher nach den aufgezeigten Richtlinien vollziehen. 1. An die Spitze gehören wieder die Fragen. Jede Frage ist einzeln zu stellen und zu beantworten. Insbesondere ist die Alternativfrage: „Macht es einen Unterschied, w e n n . . . " , nicht mit der 1.Frage zu vermengen. Die Lösung würde sonst unübersichtlich, da jeweils der Sachverhalt variiert werden müßte. Der äußere Aufbau gestaltet sich demnach wie folgt: A. Ansprüche Meyers gegen Huber auf Schadensersatz I. wegen des höheren Zimmerpreises, II. wegen des abhanden gekommenen Gepäcks. B. Ansprüche Meyers gegen S c h m i d t auf Schadensersatz. C. Die Alternativfrage mit Untereinteilungen entsprechend den Fragen zu A und B. 2. Da Schadensersatz verlangt wird — und nicht wie im 1. Fall Erfüllung eines Vertrags — ist zu beachten, daß es hierfür typische Anspruchsgrundlagen gibt, insbesondere: a) Verletzung eines V e r t r a g s durch Unmöglichkeit, Verzug oder Schlechterfüllung, b) Verletzung eines v e r t r a g s ä h n l i c h e n Verhältnisses (z. B. culpa in contrahendo oder Geschäftsführung ohne Auftrag), c) U n e r l a u b t e H a n d l u n g , d) D e l i k t s ä h n l i c h e H a f t u n g (z.B. Haftung des Gastwirts nach § 701, des Kraftfahrzeughalters nach § 7 StVG). 9

Im Vordergrund steht hier die Frage einer Vertragsverletzung. Das erfordert wieder Untersuchungen darüber, ob ein Vertrag zustande gekommen ist, und insbesondere welcher Vertrag vorliegt. Letzteres ist wichtig, da Spezialbestimmungen gegeben sein können, die die allgemeinen Bestimmungen über Vertragsverletzungen verdrängen (vgl. unten Fall 3 S. 28). Das Vorgehen bei der Untersuchung, ob ein Vertrag zustande gekommen ist, wurde bereits beim 1. Fall gezeigt: Es ist nacheinander zu prüfen, ob ein wirksames Angebot und eine wirksame Annahme vorliegen. Diese Überlegungen bestimmen den Aufbau im einzelnen. II. R i c h t l i n i e n für die A u s a r b e i t u n g 1. Es ist ein R e c h t s g u t a c h t e n zu erstatten, d. h. es ist nur eine rechtliche Würdigung des Falles zu geben. Der Fall als solcher steht fest und ist dem Bearbeiter und Beurteiler bekannt. Es ist daher falsch, in der schriftlichen Ausarbeitung den Fall ganz oder teilweise zu wiederholen. Es heißt also nicht: „M telegrafiert an H. Darin kann ein Angebot liegen", sondern: „Das Telegramm M's an H kann ein Vertragsangebot sein". Bei umfangreichen Arbeiten ist gegebenenfalls durch kurze Überschriften auf den jeweils untersuchten Teil des Tatbestands hinzuweisen, z. B. „Die Bedeutung des Telegramms des M an H". 2. Das Rechtsgutachten soll den Weg zeigen, auf dem eine Lösung gefunden wird. Es stellt daher nicht das Ergebnis an den Anfang, sondern die Frage. Erst die Frage gibt — wie oben beim 1. Fall gezeigt wurde — der folgenden Untersuchung Ziel und Richtung und ist der Wegweiser für den Leser. Aus der Hauptfrage ergeben sich Unterfragen, die die anschließenden Teiluntersuchungen umreißen. Nur so weiß der Leser in jedem Augenblick, wozu die Rechtsausführungen dienen und inwiefern sie nötig sind, um die gestellte Frage zu beantworten. Die Frage kann in mannigfachster Form gestellt werden, z. B.: „Es fragt sich, ob . . . " , „zunächst ist zu prüfen, ob . . . " , „Der Anspruch k a n n auf Vertragsverletzung gestützt werden", „ V o r a u s s e t z u n g ist, daß ein Vertrag zustande gekommen ist". Die Frage kann aber auch direkt gestellt werden: „Kann M von Sch Schadenersatz verlangen?". Ausdrückliche Erörterungen über den Aufbau sind tunlichst zu vermeiden. Der Aufbau muß in sich selbst verständlich sein. Es erübrigt sich in der Regel, der Arbeit eine besondere Disposition vorauszuschicken. Auch ist eine zu sehr in Einzelheiten gehende Unterteilung zu vermeiden. Durch einige Unterteilungszeichen und durch Absätze erreicht man genügende Übersichtlichkeit. Bei einer häuslichen Examensarbeit ist allerdings die Aufstellung einer besonderen Disposition vorgeschrieben. Im einzelnen s. Diederichsen JuS 68/368.

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3. Der Bearbeiter soll bei einer Hausarbeit zeigen, daß er die einschlägige L i t e r a t u r berücksichtigt hat. Zitate sind aber nur angebracht, wo die Begründung einer Stütze bedarf. Sie sind überflüssig, wo sich das Ergebnis schon aus dem Gesetz ergibt. Sie sollen auch nicht die eigene Meinung ersetzen, sondern nur stützen. Es ist also stets erst eine Begründung mit eigenen Worten zu geben. Das Zitat folgt dann mit den Worten: „So . . . " , „Vgl. . . . " u.ä. Das Zitat muß eine Nachprüfung ermöglichen. RG- und BGH-Entscheidungen sind daher nach Band und Seite, Kommentare nach Auflage, Paragraph und Anmerkung, Schriften und Aufsätze nach dem Verfasser, Titel und Seite des Buchs oder der Zeitschrift zu zitieren. Wörtliche Zitate sind durch „ . . . " oder sonstwie kenntlich zu machen. Es ist nicht angebracht, möglichst viel zu zitieren. Das erweckt den Eindruck, daß man die Stellen nicht gelesen, sondern nur abgeschrieben hat. Vielmehr sind lediglich die wichtigsten Stellen anzuführen. Bei einer ständigen Rechtsprechung genügt es, die erste grundlegende Entscheidung anzuführen sowie die letzte, aus der sich ergibt, daß diese Auffassung noch vertreten wird. Im einzelnen s. v. Lübtow, Richtlinien für die Anfertigung von Übungsund Prüfungsarbeiten (1962) S. 7 ff. sowie Fabricius S. 30 ff.

4. Die S p r a c h e des Gutachtens muß eines Juristen würdig sein. Ein Jurist, der klar denkt, schreibt klar und verständlich. „Den Stil verbessern, heißt den Gedanken verbessern", sagt Nietzsche. Im einzelnen s. hierzu unten S. 173 „10 Gebote zum juristischen Stil". Auseinandersetzungen mit abweichenden Ansichten erfolgen in sachlicher Form. Man spricht z. B. nicht von der „unsinnigen Ansicht des Bundesgerichtshofs", sondern schreibt „Der vom BGH in Band . . . S. . . . vertretenen Ansicht dürfte nicht zuzustimmen sein". 5. Die Arbeit muß s a u b e r und l e s e r l i c h sein. Eine äußerlich unordentliche Arbeit wird selten gut beurteilt. Es ist auch genügend Raum für die Bemerkungen des Prüfers zu lassen. Links oben gehört Vor- und Zuname in deutlicher Schrift hin. Die Arbeit zu unterschreiben ist nur bei Prüfungsarbeiten erforderlich. Gntachten A. M e y e r ( = M) v e r l a n g t v o n H u b e r ( = H) S c h a d e n e r s a t z I. Wegen des höheren Zimmerpreises von 5 DM. Der Anspruch kann nur auf Verletzung eines möglicherweise zustandegekommenen Mietvertrags gestützt werden.

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Eine unerlaubte Handlung scheidet aus, da keinerlei Anzeichen für eine solche vorliegen. Wird — wie hier — nur ein Vermögensschaden geltend gemacht, so kommt als deliktische Anspruchsgrundlage nur § 8 2 3 Abs. 2 (Verletzung eines Schutzgesetzes, etwa durch Betrug gemäß § 2 6 3 StGB) oder § 826 (vorsätzliche, sittenwidrige Schädigung) in Betracht. Dagegen gewährt § 8 2 3 Abs. 1 einen Schadenseratzanspruch nur bei Verletzung der dort aufgeführten absolut geschützten Rechtsgüter und Rechte, zu denen das Vermögen als solches nicht gehört. Die deliktische Haftung ist daher im folgenden ganz auszuscheiden. Es wäre falsch, im einzelnen darzulegen, warum sie nicht in Betracht kommt. Der Fall enthält so viel näherliegende Erörterungen, daß es ein grober Fehler wäre, etwas an den Haaren herbeizuziehen, nur um zu zeigen, daß es nicht zutrifft.

1. Voraussetzung für einen Anspruch aus Vertragsverletzung ist, daß ein V e r t r a g z u s t a n d e g e k o m m e n ist. Ein V e r t r a g s a n g e b o t von M liegt in seinem Telegramm an H, man möge ihm ein Zimmer reservieren. Das Angebot ist genügend bestimmt, so daß es durch ein einfaches „Einverstanden" angenommen werden kann. Zwar geht daraus nicht ohne weiteres hervor, wie teuer das Zimmer sein und wie lange es gemietet werden soll. Gemäß §§ 133, 157 entscheidet aber für die Preislage der in § 243 zum Ausdruck gekommene allgemeine Grundsatz, wonach ein Zimmer mittlerer Art und Güte, also mittlerer Preislage verlangt werden kann. Zeitlich beabsichtigt M wahrscheinlich einige Zeit in Garmisch bleiben zu wollen, da er zum Schisport fährt. Diese Absicht ist aber aus seinem Telegramm nicht eindeutig zu erkennen. Zudem gibt es genug Schifahrer, die Garmisch nur als Durchgangsstation benutzen, um sich alsbald einen höher gelegenen Ort, etwa das Kreuzeck oder die Hochalm als Standquartier auszusuchen. Bei Berücksichtigung der Interessen beider Parteien (keine zu starke Bindung weder des M noch des H) ist daher die Offerte dahin auszulegen, daß das Zimmer jedenfalls für einen Tag und eine Nacht gewünscht werde. Eine A n n a h m e des Angebots ist von H n i c h t e r k l ä r t worden. Jedoch bedarf es nach § 151 der Erklärung gegenüber dem Antragenden nicht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Die Verkehrssitte erwartet bei der Bestellung eines Hotelzimmers für einen k ü r z e r e n Aufenthalt keine Erklärung der Annahme (so Lehmann, Allg. Teil § 33 III 3, Enneccerus-Nipperdey § 162 I 2). Falls, was bei einem Telegramm naheliegt, das Angebot kurz vor der Abreise gemacht wurde, ist zudem ein Verzicht des M auf Annahmeerklärung anzunehmen, da eine Antwort ihn vermutlich nicht mehr in Berlin erreicht hätte. Nach § 151 bedarf es aber zum Zustandekommen des Vertrages jedenfalls einer A n n a h m e des Angebots. Diese Annahme ist mangels Er12

klärung keine Willenserklärung, sondern eine Willensbetätigung. Sie ist in einem tatsächlichen Verhalten zu sehen. In einem bloßen Stillschweigen des H würde keine Annahme liegen. Stillschweigen gilt grundsätzlich als Ablehnung des Antrags. Eine Ausnahme gilt kraft Gesetzes in dem besonders gelagerten Fall des § 362 HGB. (Geschäftsbesorgung durch Kaufleute) sowie nach Treu und Glauben bei längeren Geschäftsbeziehungen und unter Kaufleuten bei Entgegennahme von Bestätigungsschreiben u. dgl. Da diese Ausnahmen hier nicht gegeben sind, bedarf es also einer besonderen Annahme durch Willensbetätigung. Eine solche Willensbetätigung liegt hier vor, da H ursprünglich für M ein Zimmer „bereitgestellt" hatte. Anweisung an sein Personal oder Eintragung in ein Buch genügt. Vgl. Enneccerus-Nipperdey a. a. 0 . Anm. 11. Durch das Reservieren des Zimmers ist demnach ein Vertrag zumindest auf einen Tag zwischen M und H zustande gekommen. Die Bedeutung des § 151 liegt hauptsächlich in der Bereitstellung eines Gasthauszimmers, in der Annahme und dem Verbrauch unbestellter Waren und in der Annahme eines Kaufangebots durch sofortige Erfüllung, z. B. bei drahtlicher Bestellung durch sofortige Absendung der Ware, vgl. Lehmann Allg. Teil § 33 III 3. 2. Es handelt sich um einen B e h e r b e r g u n g s v e r t r a g , der als gemischter Vertrag Bestandteile des Miet-, Dienst- und evtl. Kaufvertrags (Frühstück) enthält. Hier interessieren in erster Linie die Vorschriften der Miete. Miete eines H o t e l z i m m e r s oder eines möblierten Zimmers mit Bedienung enthält als G r u n d t y p u s den M i e t v e r t r a g , dessen Regeln für Vertragsverletzung, Beendigung usw. grundsätzlich maßgebend sind, BGH NJW 1963/1449. A n d e r s der Vertrag auf Gewährung von v o l l e r P e n s i o n . Hier sind auf Seiten des Pensionsinhabers zwei oder noch mehr Vertragstypen miteinander verschmolzen, während der Gast nur eine Leistung, die Zahlung, zu erbringen hat. Für die Kostgewährung ist der Kauf, für die Wohnungsgewährung die Miete maßgebend. Minderung wegen mangelnder Kost trifft nur einen dem Wertverhältnis entsprechenden Teil der Gegenleistung. Aufhebungsgründe heben zunächst nur den entsprechenden Vertragsteil auf, wenn nicht dadurch das einheitliche Ganze gestört wird (§139). Noch a n d e r s der sog. P f ö r t n e r v e r t r a g (freie Wohnung gegen Dienste). Dieser Vertrag ist auf der einen Seite Miete, auf der andern Seite Dienstvertrag. Wo die Rechte der beiden Vertragstypen einander widersprechen, muß man die Interessenlage berücksichtigen. So ist das Recht jederzeitiger Kündigung nach § 623 ausgeschlossen, die Kündigung wegen eines wichtigen Grundes nach § 626 dagegen anwendbar. So Enneccerus-Lehmann §100 B, der den H o t e l v e r t r a g als Vertrag mit untergeordneten andersartigen Leistungen, den P e n s i o n s v e r t r a g als Kombinations- oder Zwillingsvertrag, den P f ö r t n e r v e r t r a g als doppeltypischen oder Zwittervertrag bezeichnet und diesen Vertragstypen im w e i t e r e n Sinne die gemischten Verträge im e n g e r e n Sinne, wie die gemischte Schenkung gegenüberstellt. 13

Bei der Bearbeitung des Falles diese Grundsätze herauszuarbeiten und im einzelnen zu erörtern, wäre ein grober Fehler, da vorliegend nichts davon abhängt. Die Erkenntnis, daß die Mietvorschriften in erster Linie anwendbar sind, ist so naheliegend, daß der oben wiedergegebene Satz genügt. a) Zu erwägen ist daher, ob M seinen Schadenersatzanspruch auf eine b e s o n d e r e V o r s c h r i f t der M i e t v o r s c h r i f t e n stützen kann. Bevor man sich den allgemeinen Vorschriften, die einen Schadensersatzanspruch gewähren können, zuwendet, sind erst etwaige Sondervorschriften zu prüfen, da diese die allgemeinen Vorschriften ausschließen oder doch modifizieren können. Vgl. Diederichsen JuS 68/371. Nach § 541 kann der Mieter, wenn ihm durch das Recht eines Dritten der vertragsmäßige Gebrauch der gemieteten Sache ganz oder zum Teil entzogen wird, vom Vermieter gemäß § 538 Schadenersatz verlangen. § 541 trifft jedoch nicht zu, einmal, weil dem M der Gebrauch nicht e n t z o g e n wird (er hatte das Zimmer noch nicht in Besitz), sodann aber — und das ist der Hauptgrund —, weil das bloße M i e t r e c h t des Schmidt ihm den Gebrauch nicht entziehen könnte. Schmidt hat nur einen Vertragsanspruch auf Gebrauchsgewährung gegen H, nicht aber auf Durchsetzung seines Rechts gegen M. Dem M wird das Recht auf Benutzung des Zimmers nicht durch Schmidt genommen, sondern durch H, indem dieser dem Schmidt das vermietete Zimmer überläßt. Vgl. den ähnlichen Tatbestand des § 434 beim Kauf. Ein Fall des § 541 ist gegeben, wenn der Ersteher in der Zwangsversteigerung dem Mieter auf Grund des § 57 a ZVG kündigt, so Enneccerus-Lehmann § 134 zu Anm. 4. b) Es bewendet also für den Schadenersatzanspruch des M bei den a l l g e m e i n e n B e s t i m m u n g e n der §§ 320ff. H hat dadurch, daß er das an M vermietete Zimmer dem Schmidt überließ, die ihm nach § 535 obliegende Verpflichtung zur G e b r a u c h s g e w ä h r u n g u n m ö g l i c h gemacht. Er hat damit eine Hauptverpflichtung des Mietvertrags verletzt, und zwar, wie sich aus dem Sachverhalt ohne weiteres ergibt, s c h u l d h a f t . Er ist daher dem M aus § 325 Abs. 1 S. 1 schadenersatzpflichtig. Hier von V e r z u g zu sprechen, der den M zur Setzung einer Nachfrist gemäß § 326 zwänge, wäre abwegig. Die Leistung ist dem H zwar wahrscheinlich schon am nächsten Tage wieder möglich, wenn Schmidt auszieht. Jedoch kommt es dem M gerade darauf an, sofort bei seiner Ankunft ein Zimmer zu haben. In solchen Fällen, wo die Zeit eine bestimmte, entscheidende Rolle spielt, ist die Nichtleistung zur festgelegten Zeit als Unmöglichkeit anzusehen. Ein noch krasseres Beispiel ist folgendes: Die vom Händler zu Weihnachten bestellten Weihnachtsbäume werden erst nach den Feiertagen geliefert. Vgl. Enneccerus-Lehmann § 46 IV b) und § 24 I 3, sowie Nastelski JuS 1962/289ff.

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Unbeachtlich ist vorliegend, ob es sich um s u b j e k t i v e s , d . h . nur bei H vorliegendes U n v e r m ö g e n oder um o b j e k t i v e , d.h. für jedermann vorhandene U n m ö g l i c h k e i t handelt. Dieser Unterschied ist nur beachtlich bei der u r s p r ü n g l i c h e n , d.h. zur Zeit des Vertragsabschlusses bereits vorliegenden Unmöglichkeit der Leistung. Dann ist nämlich nach § 306 der auf eine o b j e k t i v unmögliche Leistung gerichtete Vertrag nichtig (beachte aber § 307), während die auf bloßem U n v e r mögen beruhende (subjektive) Unmöglichkeit schlechthin, also ohne Rücksicht auf Verschulden, zu vertreten ist und einen Anspruch auf Schadenersatz wegen Vertragsverletzung gibt. So die heute noch herrschende Lehre, vgl. Enneccerus-Lehmann § 29, insbesondere II, 2, vgl. auch unten S. 60 und 159. 3. Der S c h a d e n des M besteht in dem höheren Zimmerpreis von 5 DM. Insoweit kann M „Schadenersatz wegen Nichterfüllung" verlangen. Denn hätte H dem M das Zimmer überlassen, so hätte er diesen höheren Preis nicht zu bezahlen brauchen (§ 249). Dieses sog. p o s i t i v e Interesse, das H dem M ersetzen muß, ist von dem n e g a t i v e n Interesse oder dem sog. Vertrauensschaden zu unterscheiden. Hätte M bei NichtZustandekommen des Vertrages einen Schadenersatzanspruch wegen culpa in contrahendo (vgl. darüber unten G zu A I 2), so könnte er nur den Vertrauensschaden geltend machen. M kann den Schaden nur für einen Tag ersetzt verlangen, da der Wirt nach dem dahin auszulegenden Vertrag täglich hätte kündigen können (vgl. oben I I ) . Andererseits braucht er seine auf Grund des Vertrags geschuldete Leistung, nämlich die Bezahlung des von ihm gemieteten Zimmers nicht mehr zu erbringen. Bei gleichartigen noch nicht erbrachten Leistungen (hier Zahlung des Mietgeldes von M, Zahlung des Schadenersatzes von H) besteht der Schadenersatz wegen Nichterfüllung — infolge des Abhängigkeitsverhältnisses von Leistung und Gegenleistung beim gegenseitigen Vertrag — lediglich in der Differenz von Leistung und Gegenleistung. Sog. D i f f e r e n z t h e o r i e . Der zum Schadenersatz Berechtigte kann danach also unter Wegfall seiner Verpflichtung zur Gegenleistung den Mehrwert verlangen, den die ihm geschuldete Leistung gegenüber seiner eigenen für ihn hat, d. h. das „Vertragsinteresse" oder die „Wertdifferenz". Ist die Gegenleistung schon erbracht oder stehen sich andersartige Leistungen gegenüber, so muß dem zum Schadenersatz Berechtigten aber auch das Recht eingeräumt werden, auf A u s t a u s c h der Leistungen zu bestehen (sog. A u s t a u s c h t h e o r i e , z. B. beim Tausch, wenn die eine Sache durch Verschulden des Verpflichteten untergegangen ist). Im Zweifel wird man dem Berechtigten entsprechend seinem Interesse ein W a h l r e c h t geben. Vgl. Enneccerus-Lehmann § 53 IV und Soergel, Bern. 31—34 zu § 326 sowie Fikentscher § 44 III 3a). Ist M, ohne sich zu vergewissern, ob nicht noch in der Nähe andere preiswerte Zimmer zu haben waren, gleich in das teuerste Hotel gegangen, so kann ihm auch der E i n w a n d d e s m i t w i r k e n d e n Ver-

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s c h u l d e n s nach § 254 Abs. 2 2. Alternative entgegengehalten werden. Denn M darf den Schaden nicht unnötig vergrößern. II. M v e r l a n g t v o n H w e i t e r h i n S c h a d e n e r s a t z w e g e n des a b h a n d e n gekommenen Gepäcks. 1. Die n ä c h s t l i e g e n d e und für M g ü n s t i g s t e Anspruchsgrundlage ist hier § 701. § 701 stellt eine g e s e t z l i c h e Haftungsgrundlage dar, die sich unmittelbar an die Tatsache der mit Zustimmung des Wirts oder seiner Leute erfolgten Einbringung knüpft, Enneccerus-Lehmann § 172 II.

Nach § 701 ist erforderlich: H muß ein G a s t w i r t sein, der gewerbsmäßig Fremde zur Beherbergung aufnimmt. Diese Voraussetzung ist gegeben. Nicht unter § 701 fallen Schlafwagen- und Passagierschiffahrtunternehmen sowie Heilanstalten, weil die Beherbergung nur als die dem Hauptvertrag untergeordnete Leistung erscheint. Für die Haftung sind hier die Vorschriften über den Dienstvertrag maßgebend; so EnneccerusLehmann § 173 I 1, vgl. auch RG 112, 58. Wohl fallen unter § 701 die Inhaber von Familienpensionen oder eines Hotel garni (RG 103, 10).

Der Gast muß „im B e t r i e b dieses Gewerbes a u f g e n o m m e n " sein. Die Aufnahme ist nicht identisch mit dem Abschluß des Beherbergungsvertrags. Sie kann mit diesem rein zeitlich zusammenfallen; so wenn der Gast mündlich mit dem Wirt im Hotel den Vertrag abschließt. Dieser Zusammenhang ist aber nicht gewahrt, wenn, wie hier, der Vertrag vor der tatsächlichen Aufnahme geschlossen wird. Die Aufnahme ist ein tatsächlicher Vorgang. Zur Begründung der strengen Haftung aus § 701 ist daher nach der herrschenden Auffassung der Abschluß eines Vertrages weder erforderlich noch genügend. Auch ein Geschäftsunfähiger kann i. S. des § 701 aufgenommen sein; vgl. Enneccerus-Lehmann § 172 II, 173 I 2 sowie Fikentscher § 87 I 2. M ist dadurch in den Betrieb des H aufgenommen, daß der an die Bahn geschickte Portier des H sein Gepäck übernommen hat. In der Annahme des Gepäcks liegt die stillschweigende Erklärung, es einstweilen wie die Sachen eines aufgenommenen Gastes zu behandeln. Ob es später zu einem Beherbergungsvertrag kommt, ist demgegenüber unbeachtlich. (So RG 1, 83 und Enneceerus-Lehmann § 173 I 2.) Die dritte Voraussetzung des § 701, daß die Sachen „ e i n g e b r a c h t " sein müssen, fällt hier mit der „Aufnahme des Gastes", die in der Entgegennahme der übernommenen und damit „eingebrachten" Sachen zu sehen ist, zusammen. Vgl. jetzt über eingebrachte Sachen die gesetzliche Fiktion des § 701 Abs. 2 in der ab 1. 4. 1966 geltenden Fassung durch Gesetz vom 24. 3. 1966

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(BGBl I S. 181). Nach Abs. 4 der Neufassung erstreckt sich die Ersatzpflicht nicht mehr auf Fahrzeuge sowie auf Sachen, die in einem Fahrzeug belassen wurden.

Die Haftung des § 701 endet nicht dadurch, daß M zu einem anderen Hotel läuft, um dort ein Zimmer zu suchen. Es ist damit weder die durch die Einbringung des Gepäcks erfolgte Aufnahme beendet noch die zur Wegschaffung der Sachen erforderliche Zeit verstrichen. Vgl. RG 103,10. Ein H a f t u n g s a u s s c h l u ß , der schriftlich erteilt worden sein müßte (s. jetzt § 702a Abs. 2), liegt nicht vor. 2. Durch die gesetzliche Haftung aus § 701 wird eine vertragliche Haftung (wegen schuldhafter Verletzung einer Nebenpflicht zur Aufbewahrung aus dem Beherbergungsvertrag) oder wegen fahrlässiger Eigentumsverletzung nach § 823 Abs. 1 nicht ausgeschlossen. Das ergibt sich für die vertragliche Haftung schon aus der Erwägung, daß hier nicht — wie in § 702 — eine Begrenzung der Entschädigung durch Höchstsätze besteht. Ebensowenig wird die in § 823 Abs. 1 normierte allgemeine Rechtspflicht, niemanden körperlich zu verletzen und keine fremden Sachen zu beschädigen, dadurch beseitigt, daß ein Vertrag die Einwirkung ermöglicht. „Der Vertrag verstärkt die allgemeine Rechtspflicht, nicht aber beseitigt er sie", RG 88/433; ebenso BGH 46/140 (ständige Rechtsprechung). Man spricht hier von A n s p r u c h s k o n k u r r e n z (besser von Anspruchsbegründungskonkurrenz, vgl. B e r g , Anm. NJW 67/1320 mit weiteren Hinweisen). Bestehen Bedenken, ob Anspruchskonkurrenz besteht, oder ob eine Anspruchsnorm durch eine andere ganz oder teilweise ausgeschlossen wird, — strafrechtlich gesprochen, ob Idealkonkurrenz oder Gesetzes(Schein-) Konkurrenz besteht — so sind diese Bedenken gleich zu Anfang zu erörtern. Es wäre unökonomisch und unlogisch, erst ausführlich die gesamten Voraussetzungen einer Norm an Hand des Tatbestandes zu überprüfen, um zum Schluß darzulegen, daß es gar nicht darauf ankommt.

Diese Anspruchsgrundlagen führen hier aber voraussichtlich nicht zum Ziel, weil Verschulden vorliegen müßte, für das der Tatbestand keinen Anhaltspunkt gibt. Nach § 701 haftet H dagegen sogar für Zufall (aber ausschließlich höherer Gewalt) und zwar auch für seine Leute. B. K a n n M von dem Mieter S c h m i d t ( = Sch) S c h a d e n e r s a t z wegen der h ö h e r e n Z i m m e r m i e t e v e r l a n g e n ? Schadenersatz wegen des Gepäcks wäre völlig abwegig zu erörtern und bleibt daher bei der Untersuchung außer Betracht.

Haftungsgrundlage kann nur u n e r l a u b t e H a n d l u n g sein, da M zu Sch nicht in vertraglichen Beziehungen steht. In Betracht kommt 2

B e r g , Bürgerl. Recht, 10. Auf).

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allein § 826 (vorsätzliche sittenwidrige Vermögensschädigung). Zwei Voraussetzungen sind dafür nötig: a) vorsätzliche, b) sittenwidrige Schädigung. a) Sch hat dem M v o r s ä t z l i c h Schaden zugefügt, da ihn H vermutlich darüber aufgeklärt hat, daß das Zimmer reserviert war, und er gleichwohl auf Überlassung des Zimmers bestanden haben wird. Zumindest liegt dolus eventualis bei Sch vor, der bei § 826 ausreicht. b) In der Miete einer bereits vermieteten Sache ist aber nicht ohne weiteres ein V e r s t o ß gegen die g u t e n S i t t e n zu sehen. Sch müßte unter unlauteren Mitteln oder in unlauterer Absicht den H zum Vertragsbruch verleitet haben. Dafür liegen keine Anhaltspunkte vor. Vgl. Enneccerus-Lehmann § 236 III 1 d mit weiteren Nachweisen.

G. M a c h t es einen U n t e r s c h i e d , wenn H das Z i m m e r n o c h n i c h t reserviert hat ? Zu A I (Schadenersatz wegen der höheren Zimmermiete). 1. Die vertragliche Grundlage entfällt, da es mangels der nach § 151 erforderlichen Annahme nicht zu einem Vertrag gekommen ist. 2. Aus dem E i n t r i t t in V e r t r a g s v e r h a n d l u n g e n kann sich aber nach den von der Rechtsprechung und Literatur herausgearbeiteten Grundsätzen ein vertragsähnliches Vertrauensverhältnis entwickeln, das zum Ersatz des Vertrauensschadens (des sog. negativen Schadens) in e n t s p r e c h e n d e r Anwendung der für Vertragsverletzungen bestehenden Bestimmungen (u.a. auch des § 278!) verpflichtet (vgl. §§ 122,179 Abs.2, 307). Die bloße Zuleitung eines Antrags begründet aber noch kein solches Vertrauensverhältnis. Man kann einen Hotelwirt nicht für verpflichtet halten, jedem Fremden auf eine Zimmerbestellung zu antworten. Das wäre eine zu starke Belastung seines geschäftlichen Verkehrs, und zwar wegen des zeitlichen Aufwandes (Korrespondenz) und der damit verbundenen Auslagen (Porto). Ein Telegramm müßte u. U. sogar durch ein Antworttelegramm beantwortet werden! Auch aus § 663, der nur diejenigen zur Antwort verpflichtet, die sich zur Besorgung gewisser Geschäfte öffentlich angeboten haben (z. B. Rechtsanwälte, Wirtschaftsberater, Treuhänder, Agenten, Makler), folgt als Umkehrschluß (argumentum e contrario), daß Hotelwirte grundsätzlich nicht zur Antwort verpflichtet sind. Vgl. aber die Sonderregelung in § 362 HGB; hier tritt sogar eine F i k t i o n der A n n a h m e ein; es ist dann Schadenersatz wegen Nichterfüllung zu gewähren. Vgl. zur culpa in contrahendo Lehmann, Allg. Teil § 33 II 2 b, Fikentscher § 20, Esser SAT § 52 II sowie BGH N J W 1967/2199.

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Der Umfang des Schadens berechnet sich bei der Haftung aus culpa in contrahendo nach der für jeden Schaden grundlegenden Vorschrift des § 249. Es ist auch hier der Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre. Während aber die Vorschrift des § 249 beim Schadenersatz wegen Nichterfüllung dazu führt, den Geschädigten so zu stellen, wie wenn der Vertrag erfüllt worden wäre (sog. positives Interesse), führt die Erstattung des Vertrauensschadens zu einer Entschädigung für das enttäuschte Vertrauen (sog. negatives Interesse). Der Enttäuschte ist so zu stellen, als ob er mit dem Gegner nichts zu tun gehabt hätte. Wäre z. B. H dafür verantwortlich zu machen, daß er keine Absage geschickt hätte, so wäre wahrscheinlich dem M gar kein Schaden entstanden, weil er trotzdem nach Garmisch gefahren wäre. Sollte er aber nachweisen können, daß er dann überhaupt nicht gefahren wäre, so wären evtl. die unnütz verauslagten Fahrtkosten sein Vertrauensschaden. Somit ist die Kausalreihe der Schadensberechnung bei positivem und negativem Schaden verschieden. Nur ausnahmsweise ist der negative Schaden gleich dem Erfüllungsinteresse, nämlich dann, wenn der Vertrag bei richtigem Verhalten ordnungsmäßig geschlossen worden wäre. Sonst ist er meist (aber nicht notwendig) der Höhe nach geringer als der Erfüllungsschaden. Die §§ 122, 179 Abs. 2, 307 Abs. 1 S. 1 beschränken ihn in gewissen Fällen ausdrücklich auf die Höhe des Erfüllungsinteresses. Vgl. Palandt, vor § 249, 3 b und c, RG 151, 356. Zu A II (Schadenersatz wegen des abhanden gekommenen Gepäcks). Der auf die tatsächlich erfolgte Aufnahme und die Einbringung des Gepäcks gestützte Anspruch aus § 701 wird von dem Nichtzustandekommen des Vertrags nicht berührt. Zu B (Schadensersatzanspruch gegen Sch wegen der höheren Zimmermiete). Die oben erörterte Anspruchsgrundlage des § 826 muß hier schon deshalb entfallen, weil Sch mangels Vertrags zwischen M und H den H nicht zum Vertragsbruch verleiten und damit den M gar nicht schädigen konnte. 3.

Fall

2. Besprechungsfall Referendar Flott, der als Student ein paarmal auf dem Gut seines Onkels zu Pferd gesessen hat, möchte sich im Reiten vervollkommnen. Er geht zum Tattersallbesitzer Mosheim, schildert ihm den Sachverhalt und erbittet ein zuverlässiges Pferd. Mosheim verspricht ihm das und gibt ihm beim ersten Ausreiten noch einen Reitknecht mit. Den Mietzins zahlt Flott im voraus. Als Flott bei seinem ersten Ausritt an einer Kolonne Arbeiter vorbeikommt, die mit großem Geräusch Straßenbahnschienen abladen, scheut sein Pferd, wirft ihn ab und rast in die Arbeitergruppe hinein. Der Vorv

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arbeiter Schnell ergreift eine Eisenstange, um das Pferd abzuwehren. In diese verfängt sich das Pferd so unglücklich, daß es stürzt, ein Bein bricht und getötet werden muß. Schnell wird bei seinem Abwehrversuch schwer am Kopf verletzt. Der Reitknecht konnte trotz aller Aufmerksamkeit das Unglück nicht verhindern. Wie ist die Rechtslage ? Vorbemerkung Aufbau Die F r a g e ist wie stets A u s g a n g s p u n k t eines Falles. Vorliegend ist aber nicht wie in den bisher erörterten Fällen eine fest umrissene Frage gestellt; es ist z.B. nicht ausdrücklich gefragt, ob Flott von Mosheim den Mietzins zurückverlangen kann, sondern es ist allgemein nach der Rechtslage gefragt. Man könnte deshalb versucht sein, die einzelnen tatsächlichen Vorgänge in der Reihenfolge ihrer Schilderung auf ihre rechtliche Bedeutung zu untersuchen. Es wäre dann zunächst zu prüfen, welchen Vertrag Flott mit Mosheim geschlossen hat, sodann ob der Vorarbeiter Schnell zu seinem Vorgehen berechtigt war, schließlich welche Ansprüche Schnell und evtl. Mosheim und Flott haben. Ein solcher Aufbau nach der sog. historischen Methode könnte angesichts der allgemein gehaltenen Fragestellung nicht unbedingt als falsch bezeichnet werden. Es ist aber zu berücksichtigen, daß der praktische Jurist es stets mit Ansprüchen bestimmter Personen gegen andere zu tun hat. So hat der Richter über eine Klage des A gegen B zu entscheiden, der Rechtsanwalt die Aussichten eines von A gegen B beabsichtigten Rechtsstreits zu begutachten. Man hält sich daher zweckmäßig auch bei einer allgemein gehaltenen Frage nach der Rechtslage eine etwa mögliche Prozeßstellung der Beteiligten vor Augen und geht demnach von bestimmten Ansprüchen einzelner Personen gegen andere aus. Die Frage nach der Rechtslage ist daher dahin zu verstehen, daß die einzelnen Ansprüche zwischen den Beteiligten geprüft werden sollen. Der Aufbau vollzieht sich somit nicht historisch, sondern nach den P a r t e i e n , die sich jeweils gegenübertreten können, und den zwischen ihnen denkbaren Ansprüchen. Welche Parteien in Betracht kommen, ergibt ein Hineindenken in ihre Interessenlage. Im vorliegenden Falle werden die Geschädigten von den Schädigern Schadenersatz verlangen, evtl. nehmen die Ersatzpflichtigen wieder Rückgriff. Geschädigt sind Mosheim durch den Tod des Pferdes, Schnell durch Gesundheitsschaden, Flott durch Wegfall des Mietgegenstandes. Nach diesen Personen wird sich das Gutachten demnach zunächst aufbauen. Die Untereinteilung erfolgt nach den in Betracht kommenden Ersatzpflichtigen. Den Schluß macht evtl. eine Erörterung über den Ausgleich der Ersatzpflichtigen untereinander. 20

Damit steht der äußere Rahmen des Aufbaus fest. Das eigentliche Rechtsgutachten besteht nun darin, festzustellen, „was" die Beteiligten voneinander wollen und in welchen Rechtsbestimmungen dieses „was" eine rechtliche Grundlage finden kann, oder kürzer ausgedrückt „woraus" dieses „was" verlangt werden kann. Das „was" des Begehrens macht hier keine Schwierigkeiten. Mosheim und Schnell verlangen Ersatz des ihnen entstandenen Schadens, Flott evtl. die Rückzahlung des Mietzinses. Bei den im Vordergrund stehenden S c h a d e n s e r s a t z a n s p r ü c h e n Mosheims und Schnell» kann für die Frage, „woraus" der Schadenersatzanspruch hergeleitet werden kann, wieder auf das oben zu Fall 2 S. 9 wiedergegebene Schema (Vertrag, vertragsähnliche Beziehungen, Delikt, deliktsähnliche Beziehungen) zurückgegriffen werden. V e r t r a g l i c h e A n s p r ü c h e s i n d aber grundsätzlich z u e r s t zu p r ü f e n , da sie angesichts der Vertragsfreiheit außervertragliche Ansprüche weitgehend abändern und sogar ausschließen können. Damit steht auch der Aufbau im übrigen fest. Gleichzeitig sind damit die grundsätzlichen Punkte des Aufbaus jeder Arbeit gegeben. Es ist - gedächtnismößig leicht einprägsam - zu fragen: „Wer" will „von wem", „Was" „Woraus" ? Oder: 1. Welche Personen stehen sich als Parteien gegenüber? Das entspricht der Frage nach den P r o z e ß p a r t e i e n . 2. Was wollen sie voneinander? — Das entspricht im Prozeß dem Klagantrag. 3. Woraus leiten sie ihre Forderung her ? — Das bedeutet die Untersuchung der Rechtssätze, die den Klagantrag begründen können, also die Untersuchung der A n s p r u c h s g r u n d l a g e n . Den hier vorgeschlagenen Aufbau nennt man die k o n s t r u k t i v e Methode. Sie ist für den Anfänger schwieriger als die historische Methode, da das Gefühl noch nicht geschult ist, sofort die in Frage kommenden Rechtsbeziehungen zu überblicken. Sie hat aber den unschätzbaren Vorteil, daß nichts Überflüssiges erörtert wird und daß der junge Jurist unmittelbar für die Praxis geschult wird. S. auch Fabricius S. 17ff, sowie eingehend Diederichsen JuS 68/171f, 223f, 274f und 417. Gutachten A. Die A n s p r ü c h e des T a t t e r s a l l b e s i t z e r s M o s h e i m Mosheim hat einen Schaden erlitten, der darin besteht, daß er sein Pferd verloren hat.

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I. Er wird in erster Linie versuchen, einen Schadenersatzanspruch gegen denR e f e r e n d a r F l o t t geltend zu machen, dem er das Pferd vermietet hat. 1. Eine Sonderbestimmung, die für diesen Fall dem Vermieter nach den Regeln des Mietrechts einen Schadensersatzanspruch gewährt, findet sich in den §§ 535ff. nicht. Insbesondere kommt § 556 nicht in Betracht. Er bestimmt lediglich eine Rückgabepflicht des Mieters „nach Beendigung des Mietverhältnisses". Durch eine vom Mieter verschuldete Unmöglichkeit der Rückgabe der gemieteten Sache wird aber das Mietverhältnis nicht beendet; es verwandelt sich vielmehr nur der Rückgewährsanpruch des Vermieters in einen Schadensersatzanspruch. Bei einer unverschuldeten Unmöglichkeit wird zwar das Mietverhältnis tatsächlich beendet (vgl. RG 98/206); es kann dann aber kein Rückgabeanspruch gemäß § 556 mehr entstehen. 2. Eine Anspruchsgrundlage muß daher aus allgemeinen, an die Bestimmungen des allgemeinen Teils des Schuldrechts über Haftung bei verschuldeter Unmöglichkeit anknüpfenden Gedanken entwickelt werden. Da Flott die ihm obliegende Hauptpflicht (Zahlung des Mietzinses, § 535 S. 2) erfüllt hat, kann er nur aus dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung (Schlechterfüllung) schadensersatzpflichtig sein. Als Mieter hatte er eine nebenvertragliche Obhutspflicht über die Sache. Bei schuldhafter Verletzung dieser Pflicht ist er in rechtsanaloger Anwendung der §§ 280, 286 und aus einem Umkehrschluß zu § 548 (wonach er übliche Abnutzungen nicht zu vertreten hat) zum Schadensersatz verpflichtet. Ob eine gegenüber Mosheim zu vertretende Fahrlässigkeit vorliegt, erscheint indes zweifelhaft, weil Flott darauf vertrauen durfte, daß das Pferd „zuverlässig" war. Zumindest ist beim Abschluß des Mietvertrags der Grad der zu vertretenden Fahrlässigkeit zugunsten Flotts erheblich gemindert worden, da Flott Mosheim zu erkennen gab, daß er sich erst im Reiten vervollkommnen wolle und deshalb sogar einen Reitknecht zugeteilt erhielt. Dem Flott kann daher aus dem Scheuen des Pferdes kein Vorwurf gemacht werden. Die hier in Betracht kommende Anspruchsgrundlage der sog. positiven Vertragsverletzung ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt, sondern erst von der Rechtslehre (namentlich Staub) und von der Rechtsprechung entwickelt worden. Die Rechtslehre hat die Begründung in einer rechtsanalogen Anwendung der §§ 280, 286 bzw. 325, 326 gesehen, das Reichsgericht dagegen unmittelbar in der Bestimmung des § 276 (vgl. namentlich RG 106/25 ff.). Der Bundesgerichtshof (vgl. BGH 11/80) hat die Ansicht des Reichsgerichts mitRecht aufgegeben, da §276 keinen H a f t u n g s g r u n d , sondern nur den H a f t u n g s m a ß s t a b angibt. Es kann daher heute als ausgetragen gelten, daß schuldhafte Schlechterfüllung in Rechtsanalogie zu §§ 280/286 bzw. 325/326 schadensersatzpflichtig macht, vgl. im einzelnen Fikentscher § 47. Es genügt deshalb zur Begründung der im Text an-

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geführte kurze Hinweis. Zu a u s g e t r a g e n e n S t r e i t f r a g e n i s t n u r d a n n S t e l l u n g zu n e h m e n , w e n n m a n v o n i h n e n a b w e i c h e n will.

3. Als g e s e t z l i c h e A n s p r u c h s g r u n d l a g e für den dem Mosheim an seinem Eigentum entstandenen Schaden könnte auch § 823 Abs.l BGB in Frage kommen, vgl. oben S. 17 zu 2. Da aber durch die vertragliche Abmachung der Grad der zu vertretenden Fahrlässigkeit eingeschränkt ist, liegt eine schuldhafte Eigentumsverletzung nicht vor. II. Ansprüche Mosheims gegen den V o r a r b e i t e r S c h n e l l . 1. Mangels Vertrags ist zunächst an § 823 Abs. 1 als Anspruchsgrundlage zu denken. Der Tod des Pferdes ist infolge der Verletzung durch Schnell eingetreten. Die Widerrechtlichkeit seines Handelns kann aber gemäß § 228 ausgeschlossen sein. Das von diesem angewandte Mittel (Abwehr mit einer Eisenstange) war zur Abwendung der Gefahr erforderlich, da ihm in der Eile kein anderes Mittel zur Verfügung stand. Sein eigenes Leben und das seiner Kameraden stand auch höher als das Leben des Tieres. Da Schnell somit nicht widerrechtlich handelte, entfällt ein Schadenersatzanspruch aus § 823. Der zivilrechtliche Notstand des § 228 gibt einen R e c h t f e r t i g u n g s grund im Gegensatz zum strafrechtlichen Notstand des § 54 StGB, der bei Personenverletzungen nur einen E n t s c h u l d i g u n g s g r u n d gewährt. Die Frage eines Verschuldens ist im vorliegenden Falle erst bei Prüfung des § 228 S. 2 aufzuwerfen (vgl. darüber im Text zu 2), da eine unerlaubte Handlung schon mangels Widerrechtlichkeit entfällt. Die R e i h e n f o l g e der Prüfung einer u n e r l a u b t e n (und einer strafbaren) H a n d l u n g ist zwingend folgende: Tatbestandsmäßigkeit, Rechtswidrigkeit, Verschulden. Entfällt eine der vorhergehendenVoraussetzungen, so erübrigt sich die Prüfung der folgenden.

2. Ist das Verhalten infolge N o t s t a n d s nicht widerrechtlich, so kann gleichwohl eine Schadenersatzverpflichtung bestehen, wenn der in Notstand Handelnde die Gefahr v e r s c h u l d e t hat, § 228 S. 2. Schnell hat durch seine und seiner Kameraden Arbeit zwar die Gefahr verursacht, aber nicht verschuldet. Schnell brauchte nicht mit dem Scheuen eines vorüberkommenden Pferdes zu rechnen. § 228, der den sog. defensiven Notstand behandelt, d. h. die Beschädigung der g e f a h r b r i n g e n d e n Sache, ist nicht zu verwechseln mit dem sog. aggressiven Notstand in § 904, d. h. der Einwirkung auf eine n i c h t g e f a h r b r i n g e n d e Sache zur Abwehr gegen eine v o n a n d e r e r S e i t e drohende Gefahr.

III. Ein Anspruch gegen den A r b e i t g e b e r S c h n e l l s (wahrscheinlich die Stadt) aus § 831 entfällt, da Schnell bei Ausführung seiner Verrichtung nicht widerrechtlich gehandelt hat. 23

§ 831 erfordert nur ein widerrechtliches Verhalten des zu einer Verrichtung Bestellten. Das V e r s c h u l d e n des H a n d e l n d e n interessiert nicht, da nicht der Handelnde, sondern der Geschäftsherr für eine unerlaubte Handlung in Anspruch genommen werden soll. Das hierzu grundsätzlich nötige Verschulden des Geschäftsherrn wird vermutet. Es braucht also vom Geschädigten nicht dargelegt zu werden. Es ist Sache des Geschäftsherrn, sich gemäß § 831 Ab. 1 S. 2 zu exkulpieren.

IV. Ein Anspruch Mosheims gegen den R e i t k n e c h t könnte sich — wie bei Flott — entweder auf Vertrag oder auf unerlaubte Handlung gründen. Der Reitknecht war aus seinem Dienstvertrag und aus dem Umstand heraus, daß er die Aufsicht über das Pferd tatsächlich übernommen hatte, zur erhöhten Aufmerksamkeit verpflichtet. Der Tatbestand erwähnt aber ausdrücklich, daß der Reitknecht trotz aller Aufmerksamkeit das Unglück nicht verhüten konnte. Mangels Verschuldens entfällt daher seine Haftung. B. Die A n s p r ü c h e des V o r a r b e i t e r s S c h n e l l Schnell hat einen körperlichen Schaden erlitten. Er kann deswegen aber Ersatzansprüche nur geltend machen, soweit er keinen Erstattungsanspruch gegen den Träger der Unfall- oder Krankenversicherung auf Grund der Reichsversicherungsordnung hat. Andernfalls sind nur die Träger der Sozialversicherung zur Geltendmachung befugt, da seine Ansprüche kraft Gesetzes auf sie übergegangen sind (§ 1542 RVO). Da aber auch diese Stellen nur Ansprüche gegen die Ersatzpflichtigen geltend machen können, soweit sie in der Person des Geschädigten entstanden sind, soll im folgenden von den Ansprüchen des Schnell gesprochen werden, ohne im einzelnen zu untersuchen, ob Schnell oder die Träger der Sozialversicherung zur Geltendmachung „aktiv legitimiert" sind. Fehlt die Aktivlegitimation, so ist die Klage abweisungsreif, ohne daß auf den Klageanspruch im einzelnen einzugehen wäre. Die Frage der Aktivlegitimation ist daher grundsätzlich als erstes zu prüfen. Vgl. Berg, Gutachten S. 53.

I. Es seien zunächst die Ansprüche gegen M o s h e i m untersucht, der wahrscheinlich der kapitalkräftigste Anspruchsgegner ist. Als Anspruchsgrundlagen kommen in Betracht: 1. T i e r h a l t e r h a f t u n g nach § 833. Mosheim ist Tierhalter, da er das Tier „für seinen Gewerbebetrieb verwendete" (RG 62/79). Das Vermieten des Tieres beendigte die Tierhaltereigenschaft nicht: sie bedeutete vielmehr gerade die wirtschaftliche Ausnutzung des Tieres für seinen Betrieb. Vgl. Palandt zu § 833 Anm. 4. Für die Tierhaltereigenschaft sind die tatsächlichen Verhältnisse entscheidend, nicht das Eigentum am Tier.

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Entsprechendes gilt für die Eigenschaft als Halter eines Kraftfahrzeuges nach § 7 Straßenverkehrsgesetz. Der Schaden muß „ d u r c h " das Tier entstanden sein. Das Scheuen, Durchgehen und Ausschlagen ist eine typische Tiergefahr bei Pferden, die sich „aus der Natur dieser Tiere als lebender, aus eigenem Antrieb handelnder Wesen e r g i b t " (Enneccerus-Lehmann § 2 5 3 I V 2 b ) . Anders ist es, wenn der Körper des Tieres durch eine äußere physische Kraft bewegt oder lediglich durch den Willen einer Person geleitet wird. Vgl. Fikentscher § 109 I 1 und Weimar J R 63/414ff. Der Tierhalter haftet grundsätzlich für den durch das Tier entstandenen Schaden schlechthin, also ohne Rücksicht auf Verschulden (Gefährdungshaftung). Etwas anderes gilt aber, wenn der Schaden wie hier durch ein Haustier verursacht wurde, das der Erwerbstätigkeit Mosheims als Tattersallbesitzers diente. Mosheim kann gemäß § 833 S. 2 den Nachweis führen, daß er bei Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet habe oder daß der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde. Mosheim wird dieser Nachweis gelingen, wenn er dem F l o t t wirklich ein zuverlässiges Pferd gegeben hat, das nur infolge der außergewöhnlichen Umstände scheute und durchging. Da er aber die Beaufsichtigung des Pferdes einem Dritten, dem Reitknecht überließ, muß er außerdem entsprechend § 831 Abs. 1 S. 2 nachweisen, daß er bei Auswahl und Überwachung dieser Person die erforderliche Sorgfalt angewandt hat (vgl. EnneccerusLehmann § 253 I V 4 b ) . 2. V e r k e h r s h a f t u n g nach § 823 Abs. 1. Neben § 833 kann Schnell sich auch auf die allgemeine Haftung nach § 823 Abs. 1 berufen. Dadurch, daß Mosheim das Pferd in den Verkehr ließ, setzte er eine Gefahrenquelle und übernahm infolgedessen die Verpflichtung, etwaige Gefahren möglichst zu verhindern. B e i schuldhafter Verletzung dieser Verpflichtung haftet er jedem geschädigten Dritten auf Ersatz. Solche Verkehrspflichten hat jeder, der einen Verkehr eröffnet und damit eine Gefahrenquelle setzt. Sie entspringen „aus dem vorangegangenen Tun". So hat z. B. der Vermieter für die Beleuchtung des Miethauses, der Gastwirt für den ungefährdeten Aufenthalt in seiner Gastwirtschaft, die Gemeinde für den verkehrssicheren Zustand der Straßen zu sorgen. Die allgemeine Verkehrspflicht wird ergänzt durch eine allgemeine Aufsichtspflicht, wenn man die Erfüllung der Verkehrspflicht und die zur Sicherung der Erfüllung erforderlichen Maßnahmen einem Dritten überläßt. Vgl. Enneccerus-Lehmann § 234 11 2 und Fikentscher § 103 III mit weiteren Beispielen. Eine Haftung aus § 823 Abs. 1 entfällt aber wahrscheinlich ebenso wie die zu 1. behandelte Haftung aus § 833, weil Mosheim ein zuverlässiges Pferd und einen zuverlässigen Reitknecht gestellt haben wird. 25

Auch zwischen den Ansprüchen aus Gefährdungshaftung nach § 833 und Schuldhaftung aus § 823 besteht Anspruchskonkurrenz, vgl. oben zu Fall 2 S. 17. Man wird aber stets zuerst § 833 erörtern, da der Geschädigte hier nur darzulegen braucht, daß er durch ein Tier des Tierhalters geschädigt ist, während er in § 823 außerdem ein Verschulden des Tierhalters dartun muß (soweit nicht die Umstände ohne weiteres für ein Verschulden des Tierhalters sprechen — sog. prima-facie-Beweis). Die Anspruchsgrundlage aus § 823 hat hauptsächlich Bedeutung, wenn unklar ist, ob eine besondere Tiergefahr den Schaden verursacht hat. Vgl. Enneccerus-Lehmann § 253 IV 4 b.

3. Ansprüche aus G e s c h ä f t s f ü h r u n g ohne A u f t r a g . Da voraussichtlich die Ansprüche aus §§ 833, 823 an der Exkulpation bzw. dem mangelnden Verschulden Mosheims scheitern, ist noch zu erwägen, ob Schnell nicht seinen Schaden unter dem Gesichtspunkt des Aufwendungsersatzes gemäß § 683 von Mosheim ersetzt verlangen kann. Körperliche Schäden sind dann als Aufwendungen, d.h. als freiwillige Aufopferung von Vermögenswerten zu betrachten, wenn sie mit der Geschäftsführung notwendig verbunden sind und materielle Nachteile mit sich bringen, wie z. B. Kosten für Arztbehandlung, für Medikamente oder eine notwendige Erholungskur (vgl. Enneccerus-Lehmann § 162 zu 4). Der Anspruch setzt aber voraus, daß Schnell bei seinem Handeln ein Geschäft für Mosheim führen wollte und die Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn Mosheim entsprach (§§ 677, 683). Schon an der ersten Voraussetzung fehlt es. Schnell hatte bei der Abwehr des Pferdes nicht den Willen, für Mosheim ein Geschäft zu besorgen; er wollte nicht etwa das durchgehende Pferd anhalten, um es für Mosheim zu sichern, sondern er wollte lediglich sich und allenfalls seine Kameraden schützen und wenn nötig den Mosheim durch Verletzung des Pferdes sogar schädigen. Schnell kann daher keine Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag gegen Mosheim geltend machen, sondern allenfalls gegen die Kameraden, in deren (objektivem) Interesse er zum Schutz ihres Lebens gleichzeitig gehandelt hat. Die Ansprüche gegen die Mitarbeiter aus Geschäftsführung ohne Auftrag werden hier nur beiläufig erwähnt, da der Tatbestand zu wenig Anhaltspunkte für eine eingehendere Untersuchung bietet.

II. Ansprüche gegen den Referendar F l o t t . 1. Schnell kann den Flott nicht aus § 833 in Anspruch nehmen, da Flott durch die vorübergehende Benutzung des Pferdes nicht zum Tierh a l t e r geworden ist. Tierhalter ist vielmehr Mosheim geblieben. Auch § 834, der für den T i e r h ü t e r die Haftung aus § 833 vorsieht, entfällt, weil Flott durch die bloße Benutzung des Tieres noch nicht zum Tierhüter wird. Tierhüter ist derjenige, der gerade die Übernahme der Aufsicht über das Tier durch Vertrag übernimmt. 26

Die Aufsichtführend braucht allerdings nicht ausdrücklich bedungen zu sein. Sie liegt z. B. in der Übernahme des Tiers zur Verwahrung, zur Jagdabrichtung oder zum Zureiten. Vgl. RGRKomm. zu § 834 Anm. 3. S. auch BGH 32, 331 über die Haltereigenschaft des Mieters eines Kraftfahrzeugs.

2. Flott kann aber nach § 823 Abs. 1 haftbar geworden sein, da ihn durch die Benutzung des Reitpferdes gleichfalls eine Verpflichtung traf, die im Verkehr erforderliche Sorgfalt zu beobachten. Voraussetzung hierfür ist ein schuldhaftes Verhalten. Anders als dem Mosheim gegenüber kann er sich bei Schnell nicht darauf berufen, daß der Grad der zu vertretenden Fahrlässigkeit gemindert sei. Denn zu Schnell steht er in keinerlei vertraglichen Beziehungen, durch die die Sorgfaltspflicht herabgesetzt ist. Die im Verkehr erforderliche Sorgfalt ist nach objektiven Maßstäben, nicht — wie das Verschulden im Strafrecht — subjektiv zu bestimmen. Flott hat aber der von ihm zu beobachtenden verkehrsmäßigen Sorgfaltspflicht dadurch genügt, daß er einen Reitknecht zur Beaufsichtigung mitnahm und ein zuverlässiges Pferd verlangte. Mehr konnte von ihm nicht erwartet werden. Mangels Verschuldens ist daher ein Anspruch aus § 823 abzulehnen. III. Ansprüche gegen den R e i t k n e c h t . 1. § 834 käme in Betracht, wenn der Knecht T i e r h ü t e r ist. Der Knecht handelte aber nur auf Anweisung seines Arbeitgebers im Rahmen seines allgemeinen Dienstvertrags. Ihm fehlt die für die Aufsichtsführung im Sinne des § 834 notwendige selbständige allgemeine Gewalt und Aufsicht (vgl. RGR Komm, zu § 834 Anm. 2 und Enneccerus-Lehmann § 254 zu 1). 2. Ob der Knecht die für ihn durch die Übernahme des Pferdes entstandene Verkehrspflicht zur Vermeidung von Gefahren schuldhaft verletzt hat (§ 823 Abs. 1), hängt davon ab, ob er rechtzeitig hätte einspringen und das Durchgehen verhindern können. Diese Tatfrage ist aber nach dem Tatbestand zu verneinen. C. A n s p r ü c h e des F l o t t Da Flott nach dem Sachverhalt keinerlei Sach- oder körperlichen Schaden erlitten hat, bleibt nur zu untersuchen, ob er wegen des vorzeitig abgebrochenen Spazierritts von Mosheim einen Teil des gezahlten Mietzinses zurückfordern kann. 1. Zu prüfen ist zunächst wieder, ob die S o n d e r b e s t i m m u n g e n des Mietrechts, die den allgemeinen Bestimmungen des Schuldrechts vorgehen, einen Rückforderungsanspruch gewähren. 27

Nach § 537 ist der Mieter automatisch von der Zahlung des Mietzinses befreit, wenn die Gebrauchsgewährung infolge eines Fehlers der vermieteten Sache nicht möglich ist. Ist der Mietzins bereits bezahlt, so besteht ein Rückforderungsanspruch gemäß § 812. Anders als bei Mängeln einer gekauften Sache erhält der Mieter also nicht erst einen Wandlungs- oder Minderungsanspruch, sondern wird v o n s e l b s t befreit. Vgl. Enneccerus-Lehmann §128 III l b .

Die Voraussetzungen des § 537 sind aber nicht gegeben. Das Scheuen des Pferdes ist nicht auf den Mangel der zugesicherten Eigenschaft zurückzuführen. Auch ein anderes Pferd hätte sehr wahrscheinlich unter den gegebenen Umständen — plötzlicher ungewöhnlicher Lärm und ein schlechter Reiter — gescheut. Es bedarf keiner besonderen Ausführung, daß § 552 nicht dem Rückforderungsanspruch entgegensteht. Denn eine p e r s ö n l i c h e V e r h i n d e r u n g des Mieters liegt offensichtlich nicht vor, vielmehr handelt es sich um eine o b j e k t i v e U n m ö g l i c h k e i t . Vgl. OLG Bremen, NJW 1953/1393.

2. Die §§ 537—541 geben Spezialregeln nur bei Sach- und Rechtsmängeln der gemieteten Sache. Soweit die Nichterfüllung nicht auf solche Mängel zurückzuführen ist, bewendet es bei den a l l g e m e i n e n V o r s c h r i f t e n über gegenseitige Verträge (§§ 323—327). Mosheim ist die ihm nach dem Mietvertrag obliegende Hauptverpflichtung zur Gewährung des weiteren Gebrauchs der vermieteten Sache unmöglich geworden. Da die Unmöglichkeit weder von Flott noch von Mosheim zu vertreten ist, ist § 323 anzuwenden. Gemäß § 323 Abs. 1 Halbsatz 2 mindert sich bei der hier vorliegenden nur teilweisen Unmöglichkeit der Mietzins gemäß §§ 472, 473. Flott kann demnach die Herausgabe des Mietzinses für die Zeit fordern, in der er das Pferd nicht mehr reiten konnte, und zwar gemäß § 323 Abs. 3 nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Die allgemeinen Bestimmungen über gegenseitige Verträge werden übrigens auch abgesehen von den §§ 537—541 zum Teil durch die Sonderbestimmungen des Mietrechts verdrängt. So ist das Rücktrittsrecht der §§ 325, 326 durch ein Recht zur fristlosen Kündigung nach § 542 ersetzt, das nicht auf die Fälle schuldhafter Nicht- oder Schlechterfüllung beschränkt ist. Jedoch ist das Rücktrittsrecht „nur insoweit ausgeschlossen, als die Kündigungsgründe des § 542 oder umgekehrt beim Vermieter der §§ 553, 554 zutreffen. Erfüllt z. B. der Mieter wesentliche andere, im Mietvertrag festgelegte Verpflichtungen, wie die Leistung einer Bürgschaft, nicht, so bleibt dem Vermieter das Rücktrittsrecht nach § 326", Enneccerus-Lehmann § 128 II 2, BGH NJW 1957/57, vgl. auch BGH NJW 63/804. Die allgemeinen Vorschriften werden eben nur so weit verdrängt, als die Spezialregeln reichen.

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D. Ergebnis Mosheim hat wegen des Verlusts des Pferdes keinen Anspruch. Das gleiche gilt für Schnell wegen des ihm entstandenen Körperschadens. Flott kann für die Zeit des Nichtgebrauchs den Mietzins zurückfordern. Ausgleichsansprüche zwischen den Beteiligten kommen nicht in Betracht.

4. F a l l 1. Klausurarbeit Der 11jährige A zertrümmert durch einen Steinwurf eine Fensterscheibe im Hause des B. B geht sofort auf die Straße und erwischt den Täter. A läuft nicht weg, sondern erklärt dem B: „Entschuldigen Sie vielmals. Ich werde sofort meinen Vater holen. Der ist Glasermeister und wird Ihnen eine neue Scheibe einsetzen." Darauf verschwindet er. Nach einiger Zeit erscheint bei B der Glasermeister G und setzt die Scheibe ein. Nach Beendigung der Arbeit fordert er 30 DM. Auf die erstaunte Bemerkung des B: „Wieso ? Ich denke, Sie sind der Vater des A, der die Scheibe zertrümmert hatl", erklärt er: „So ein Bengel! Mir hat er gesagt, Sie seien sein Vater!" Wie sind die Beteiligten zueinander in rechtliche Beziehungen getreten ? Vorbemerkung I. A u f b a u f r a g e n Rechtsbeziehungen können bestehen: einerseits zwischen dem Hauseigentümer B und dem Jungen A bzw. dessen Vater oder dem sonst Aufsichtspflichtigen, andrerseits zwischen dem Glasermeister C und dem Hauseigentümer B bzw. dem Jungen A oder dem Aufsichtspflichtigen. Zweckmäßig untersucht man zuerst die Ansprüche des Glasers, da der Umfang der Haftung des Hauseigentümers B dessen Ersatzansprüche gegen den Jungen A und den Aufsichtspflichtigen beeinflussen kann. Der äußere Aufbau: „Wer von wem etwas verlangt", steht damit fest. „Was" im einzelnen verlangt werden kann, richtet sich nach den Anspruchsgrundlagen zwischen den Beteiligten. Zwischen G und B ist in erster Linie zu untersuchen, ob ein Vertrag zustande gekommen ist. Wird ein Vertrag verneint, so kommen nacheinander Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag, Bereicherung und aus Verbindung (§ 951) in Betracht. Zwischen C und A sind zunächst Ansprüche aus § 179 zu 29

prüfen. Im übrigen sind nacheinander Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag, Bereicherung und unerlaubter Handlung zu erörtern. Der Aufbau liegt damit auch hinsichtlich der Anspruchsgrundlagen zwingend fest. II. R i c h t l i n i e n für die K l a u s u r a r b e i t 1. Anders als bei den Hausaufgaben sind lediglich die Gesetzestexte zu benutzen. Zitate sind daher nicht möglich. 2. Die beschränkte Zeit erfordert eine besonders konzentrierte Arbeitsweise. Es ist sinnlos, sofort nach Erhalt der Aufgabe wahllos im Gesetz herumzublättern. Man lasse sich zunächst Zeit, den Sachverhalt und den Sinn der Fragestellung zu erfassen. Sodann entwirft man den äußeren Aufbau nach den in Betracht kommenden Personen. In diesen Aufbau trägt man die möglichen Anspruchsgrundlagen ein. Alles das geschieht in Stichworten mit Paragraphenhinweisen. Das Gesetz schlage man erst auf, wenn man sich überlegt hat, welche Bestimmungen in Betracht kommen. Der skizzierte Aufbau sieht etwa folgendermaßen aus: A. Ansprüche des C I. gegen B. 1. Vertrag? A als vollmachtloser Vertreter bei Vertragsschluß (§§ 165, 177). Genehmigung ist nicht erteilt. 2. Geschäftsführung ohne Auftrag? Voraussetzungen (§ 677) sind gegeben. „Aufwendungsersatz" aber nur, wenn § 683 vorliegt. Abzulehnen, da Geschäftsführung nicht dem „objektiven" Interesse des B entspricht, zumindest nicht seinem Willen. 3. Kondiktio? (§§ 684, 812). Voraussetzungen sind gegeben, aber nur Ersatz der Bereicherung, nicht des Verdienstausfalls. 4. §§ 812, 951? Führt nicht weiter als Anspruch aus 3. II. gegen A. 1. § 179 auf Erfüllung oder Schadenersatz wegen Nichterfüllung? Abzulehnen, da § 179 Abs. 3 S. 2. 2. Geschäftsführung ohne Auftrag für A? Nein, da C nicht für A handeln wollte. 3. Kondiktio? Nein, da A mangels Schuldtilgungswillens des C nicht von seiner Haftung gegenüber B befreit wurde (§ 267). 4. Unerlaubte Handlung wegen des durch B nicht zu deckenden Schadens ? a) § 823 Abs. 2 erfordert Betrug, den der 11jährige A nicht begehen kann (§ 1 Abs. 3 JGG). b) § 826 ? Deliktsfähigkeit genügt und kann angenommen werden (§ 828). Vorsatz und Sittenwidrigkeit liegen vor. Daher zu bejahen. III. gegen den Aufsichtspflichtigen. § 832, jedoch Exkulpationsmöglichkeit. 30

B. Ansprüche sich durch ringert. I. gegen I I . gegen

des B wegen des ihm durch A zugefügten Schadens, der das Einsetzen der Scheibe auf den Wert der Scheibe verA : § 823 Abs. 1. den Aufsichtspflichtigen: § 832 wie oben zu A I I I .

3. Das Durchdenken und Durchskizzieren des Falles muß im ersten Drittel der zur Verfügung stehenden Zeit beendet sein. Nunmehr beginnt sofort die Reinschrift. Zu vorherigem Ausarbeiten „ins Unreine" fehlt die Zeit. Zweckmäßig schreibt man auf lose Blätter, die man evtl. auswechseln kann. Die Blätter sind später zusammenzuheften und zu numerieren. 4. Im übrigen gelten die Richtlinien oben S. lOf. zu 1, 2, 4 und 5. Gutachten A. R e c h t s b e z i e h u n g e n des C zu B , zu A und d e s s e n A u f s i c h t s pflichtigem C will Ersatz für die von ihm eingesetzte Scheibe. I. Er wird in erster Linie versuchen, sich an den Hauseigentümer B zu halten. 1. Es fragt sich zunächst, ob er auf Grund eines W e r k v e r t r a g s die übliche Vergütung verlangen kann (§§ 631, 632). C wurde von dem 11jährigen A im Namen des B zum Einsetzen der Scheibe bestellt. A ist demnach als Vertreter des B (§ 164 Abs. 1) aufgetreten. Die beschränkte Geschäftsfähigkeit des A steht der Vertretereigenschaft nicht entgegen (§ 165). A war aber von B nicht bevollmächtigt worden, einen Glasermeister gegen Bezahlung durch B zu bestellen. Er schloß somit als Vertreter ohne Vertretungsmacht einen Vertrag. Eine Genehmigung durch B ist nicht erfolgt, sie kann auch nicht darin gesehen werden, daß B das Einsetzen der Scheibe durch G duldet. Denn eine Genehmigung setzt Kenntnis der schwebenden Unwirksamkeit voraus. B duldete das Einsetzen nur, weil er annahm, daß C den durch seinen „Sohn" verursachten Schaden unentgeltlich wieder gutmachte. Mangels Genehmigung entfällt daher ein Erfüllungsanspruch auf den üblichen Werklohn (§ 177). 2. Mangels Vertrags kann ein Anspruch aus G e s c h ä f t s f ü h r u n g ohne A u f t r a g auf Ersatz der Aufwendungen (§ 683) in Frage kommen. Gemäß § 677 muß C ein Geschäft für einen anderen besorgt haben, ohne von ihm beauftragt zu sein. Gegenstand einer Geschäftsbesorgung kann alles sein, was als Inhalt eines Auftrags, Dienst- oder Werkvertrags möglich ist; das Einsetzen der Scheibe fällt demnach darunter. 31

Vgl. BGH Lind.-Möhr. Nr. 2 zu § 677. Einschränkend ist der Begriff der Geschäftsbesorgung in § 675 auszulegen. Denn § 675 unterscheidet zwischen gewöhnlichen Dienst- bzw. Werkverträgen und solchen Verträgen, die „eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand haben". Unter § 675 fallen demnach nicht Geschäfte rein tatsächlicher Art, sondern nur solche, die eine selbständige Vermögensverwaltung zum Gegenstand haben, wie die Tätigkeit eines Anwalts, eines Treuhänders, einer Bank. Vgl. Fikentscher § 82, 2.

G hat die Geschäftsbesorgung auch ohne „Auftrag" des B vorgenommen. Es fragt sich aber, ob er als Geschäftsführer im Sinne des § 677 „ f ü r " B tätig geworden ist. Er glaubte, zu seiner Leistung auf Grund eines mit B geschlossenen Vertrags verpflichtet zu sein. Diese rechtsirrige Ansicht schließt aber den Willen nicht aus, gegebenenfalls auch als Geschäftsführer ohne Auftrag tätig zu sein. Die Geschäftsführung bietet gerade für den Fall eines nicht zustande gekommenen Vertrags die Möglichkeit, das Handeln des Geschäftsführers als nicht rechtswidrig erscheinen zu lassen und ihm einen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen zu geben. So mit Recht Enneccerus-Lehmann § 165 III 3. Anderer Ansicht RGRKomm. zu § 686 Anm. 2 und Palandt zu § 677 Anm. 3 Wie hier BGH NJW 1962/2010.

Nach § 683 kann C als Geschäftsführer Ersatz seiner Aufwendungen nur verlangen, wenn die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn B entsprach. Das Interesse des Geschäftsherrn ist nach objektiven Gesichtspunkten unter Berücksichtigung der konkreten Sachlage festzustellen. Eine irrige, wenn auch schuldlos irrige Meinung des Geschäftsführers über die Zweckmäßigkeit des Geschäfts genügt nicht. Die Geschäftsführung ohne Auftrag als ein Akt der Gemeinschaftshilfe ist in ihren V o r a u s s e t z u n g e n (§677) e r l e i c h t e r t , um dem Handeln die Rechtswidrigkeit zu nehmen, aber soweit daraus F o r d e r u n g e n erhoben werden (§ 683), e r s c h w e r t , um den Geschäftsherrn vor schädigenden, wenn auch wohlgemeinten Eingriffen nach Möglichkeit zu schützen. So Enneccerus-Lehmann § 165 Vorbem. Vgl. auch BGH 47/ 371 f. und hierzu Berg, MDR 68/717 ff.

Ob die Geschäftsführung des C objektiv dem Interesse des B entsprach, läßt sich nur feststellen, wenn man sich die Folgen einer gemäß § 683 berechtigten Geschäftsführung klarmacht. C könnte dann wie ein Beauftragter Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte (§ 670). Unter diese Aufwendungen fallen zunächst nur bare Auslagen. Die eigene Arbeitskraft oder ein Verdienst wird an sich nur bezahlt, wenn der Geschäftsführer nachweist, daß er um der Geschäftsführung willen anderen Erwerb aufgeopfert hat. Man wird jedoch diese enge Auslegung des Begriffs der Aufwendungen 32

nur beim Auftrag selbst anwenden können, der seinem Wesen nach unentgeltlich ist. Bei der Geschäftsführung ohne Auftrag ist die Unentgeltlichkeit nicht wesensgemäß. Wäre im vorliegenden Falle ein „Auftrag" erteilt worden, so hätte ein entgeltlicher Werkvertrag vorgelegen. Man wird deshalb in erweiternder Auslegung des Begriffs der Aufwendungen einen Anspruch auf die übliche Vergütung dann geben, wenn das Geschäft in den Kreis der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit des Geschäftsführers fällt. In diesem Sinne versteht das Gesetz den Begriff der Aufwendungen auch bei der Führung der Vormundschaft in § 1835 Abs. 2. So Larenz § 53 Ib. Vgl. auch Dorn JZ 64/93ff. — Über die Frage, ob Schäden, die bei der Geschäftsführung erlitten wurden, als Aufwendungen angesehen werden können, vgl. oben S. 26.

B könnte demnach verpflichtet sein, dem G den üblichen Werklohn aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag zu zahlen. Das entspricht aber nicht seinem objektiven Interesse, da er gegen A bzw. dessen Aufsichtspflichtige einen Anspruch auf unentgeltliche Wiedergutmachung des Schadens haben kann. Selbst wenn man aber das Einsetzen der Scheibe als objektiv in seinem Interesse liegend ansieht, so entsprach es weder seinem wirklichen noch seinem mutmaßlichen Willen, deswegen dem G verpflichtet zu sein. 3. Liegen die Voraussetzungen des § 683 nicht vor, so ist der Geschäftsherr verpflichtet, dem Geschäftsführer alles, was er durch die Geschäftsführung erlangt hat, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer u n g e r e c h t f e r t i g t e n B e r e i c h e r u n g herauszugeben, § 684. Es ist also zu untersuchen, ob C nach den §§ 812ff., insbesondere nach § 812 Abs. 1 S. 1 einen Anspruch auf Herausgabe der Bereicherung hat. Die Verweisung auf die Bereicherungsvorschriften in § 684 besagt nicht, daß der Geschäftsherr schlechthin nach diesen Vorschriften haftet. Vielmehr müssen auch die allgemeinen Voraussetzungen der ungerechtfertigten Bereicherung vorliegen. M. a. W.: § 684 bezieht die §§ 812ff. nicht nur nach ihrem U m f a n g (§§818ff.), sondern auch nach ihren V o r a u s s e t z u n g e n (§§ 812—817). Vgl. Schindler AcP 165/499, abw. Soergel 1 zu 684. S. auch Fikentscher § 83 I 5. Eine bloße Bezugnahme auf die F o l g e n der ungerechtfertigten Bereicherung liegt vor bei §§ 323 Abs. 3, 327 S. 2.

Das Einsetzen der Scheibe hat den B gemäß § 946 zum Eigentümer hieran gemacht, da die Scheibe zur Herstellung des ihm gehörenden Hauses eingefügt und damit zum wesentlichen Bestandteil des Hauses wurde (§94 Abs. 2). B hat somit „etwas" erlangt, und zwar „auf Kosten" des C, da ein- und derselbe Umstand, der dem B das Eigentum verschaffte, den C das Eigentum kostete. Diese Bereicherung des B ist 3

B e r g , Bürgerl. Eecht, 10. Aufl.

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durch eine zweckgerichtete, bewußte Vermögenszuwendung des C, also durch eine Leistung erfolgt. Die „Leistung" in § 812 steht im Gegensatz zu der Bereicherung „auf sonstige Weise". Diese ist eine Bereicherung, die ohne einen solchen Zuwendungswillen des Entreicherten eintritt, insbesondere durch eine Handlung des Bereicherten selbst oder durch eine zufällige Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung. Hier geschah die Verbindung in Erfüllung einer vermeintlichen Pflicht.

Die Leistung geschah auch ohne rechtlichen Grund, da G mangels Vertrags hierzu nicht verpflichtet war. Die Voraussetzungen der ungerechtfertigten Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 sind demnach gegeben. B ist zur Herausgabe des „Erlangten" verpflichtet. C kann aber nicht die Scheibe zurückverlangen, da bei einem infolge § 946 eingetretenem Rechtsverlust nach der Sonderbestimmung des § 951 Abs. 1 S. 2 die Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht verlangt werden darf. Die Herausgabe ist daher wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich. C ist gemäß § 818 Abs. 2 auf einen Wertersatzanspruch angewiesen. Es ist lediglich der Wert zu ersetzen, um den das Haus infolge des Einsetzens der Scheibe gestiegen ist. Dieser Wert kann hinter dem Werklohn zurückbleiben, da ein besonderer Verdienst nicht erstattet wird. Vgl. BGH NJW 1961/2252 unter I 2 c. — In dieser Beschränkung auf die beim „Geschäftsherrn" vorhandene bzw. n o c h vorhandene Bereicherung (vgl. § 818 Abs. 3) liegt der wirtschaftlich bedeutsame Unterschied zum Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag, der es auf die Aufwendungen des Geschäftsführers abstellt, und insbesondere zum Schadensersatzanspruch aus §§ 823ff., der den G e s c h ä d i g t e n entschädigen soll (§ 249). Der Bereicherungsempfänger haftet nur ausnahmsweise auf Schadensersatz, vgl. §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, in Verbindung mit §§ 292, 989.

Die Richtigkeit des vorstehenden Ergebnisses ergibt sich auch aus folgender Erwägung: B ist zwar nicht v e r p f l i c h t e t , die Scheibe zurückzugeben, wohl aber b e r e c h t i g t , dem C an Stelle einer Geldentschädigung die Wegnahme zu gestatten. Denn § 951 Abs. 1 S. 2 dient lediglich seinem Interesse an der Erhaltung der Sache. Kann B aber den C auf die Wegnahme verweisen, so erhält G gleichfalls keinen Werklohn. Vgl. Westermann § 54 zu 5c) und BGH 23/61, aber auch Medicus § 32 V, VI.

4. Da C sein Eigentum an der eingesetzten Scheibe gemäß § 946 verloren hat, ist auch an den in § 951 Abs. 1 erwähnten Bereicherungsanspruch zum Ausgleich des eingetretenen Eigentumsverlusts zu denken. § 951 Abs. 1 hat indes keine anspruchsbegründende Kraft. Er soll lediglich klarstellen, daß der gemäß §§ 946ff. eintretende Eigentumsverlust 34

keine Rechtfertigung für die Vermögensverschiebung darstellt. Außerdem beschränkt er die Kondiktion auf einen Geldanspruch (§ 951 Abs. 1 S. 2). Der in § 951 Abs. 1 bezogene Bereicherungsanspruch führt demnach lediglich zu der oben unter 3. behandelten Leistungskondiktion. Zum Teil wird die Auffassung vertreten, § 951 gelte nur für die Eingriffskodiktion. Im einzelnen s. Staudinger-Berg, Anm. 1 zu § 951; Erman-Hefermehl, Anm. 3 zu § 951; Esser § 187 4bcc; Berg AcP 160 505ff. sowie BGH 41/162 und BGH NJW 67/2255.

II. C kann versuchen, sich wegen des durch B nicht zu deckenden Ausfalls an den minderjährigen A zu halten. 1. A ist als v o l l m a c h t l o s e r V e r t r e t e r aufgetreten. Der vollmachtlose Vertreter ist grundsätzlich dem anderen Teil nach dessen Wahl zur Erfüllung oder zum Schadensersatz verpflichtet, § 179 Abs. 1. Er haftet aber nicht als solcher, wenn er minderjährig ist und — was hier wahrscheinlich zutrifft — ohne Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters gehandelt hat, § 179 Abs. 3. 2. C hat gegen A auch keinen Anspruch a u s G e s c h ä f t s f ü h r u n g o h n e A u f t r a g auf Aufwendungsersatz (§§677, 683). C wollte durch das Einsetzen der Scheibe kein Geschäft „für A" besorgen, insbesondere diesen nicht von einer etwaigen dem B gegenüber bestehenden Schadensersatzpflicht befreien, sondern er wollte ausschließlich eine vermeintliche Vertragspflicht gegenüber B erfüllen, also als Geschäftsführer für B tätig sein. Deshalb trifft auch § 686 nicht zu, wonach bei Irrtum über die Person des Geschäftsherrn der wirkliche Geschäftsherr verpflichtet wird. Denn ein Irrtum des C über die Person des Geschäftsherrn liegt nicht vor. Man kann allerdings gleichzeitig die Geschäfte zweier Personen führen. Z. B.: Jemand beteiligt sich freiwillig beim Löschen eines Brandes, rettet dadurch dem Eigentümer seine Habe und erspart gleichzeitig der Versicherungsgesellschaft, bei der der Eigentümer versichert ist, eine beträchtliche Summe. So Enneccerus-Lehmann §165 III 2 a mit weiteren Beispielen. Der vorliegende Fall unterscheidet sich aber dadurch, daß C von vornherein nur für eine bestimmte Person, den B, tätig sein will und nicht für alle, die es angeht. Vgl. auch den lehrreichen Fall 4 bei Berg, Referendarklausur sowie BGH 40/28ff. sowie Medicus § 17 II.

3. Ein Anspruch aus u n g e r e c h t f e r t i g t e r B e r e i c h e r u n g setzt voraus, daß A auf Kosten des C durch dessen Leistung etwas erlangt hat. Eine solche Bereicherung könnte darin liegen, daß C den Schaden wiedergutgemacht hat, den A dem B verursacht hat und für den er wahrscheinlich haftbar ist (vgl. unten zu B). C hätte dann den A von einer Verbindlichkeit befreit und dadurch um „etwas" bereichert. Eine solche Schuldbefreiung kann bei unpersönlichen Leistungen jeder Dritte vornehmen (§ 267), sie setzt aber voraus, daß der Dritte (C) den Schuldner gerade von seiner Schuld befreien wollte. Da C, wie bereits bei der s»

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Geschäftsführung ohne Auftrag dargelegt wurde, lediglich seine eigene Verbindlichkeit dem B gegenüber erfüllen wollte, ist somit eine Schuldbefreiung des A nicht eingetreten. Der Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung entfällt daher schon deshalb, weil A nichts durch die Handlung des G erlangt hat. Vgl. BGH 43/11, 46/319 sowie den anders liegenden Fall 5 bei Berg, Referendarklausur.

4. A kann aber aus u n e r l a u b t e r H a n d l u n g schadensersatzpflichtig geworden sein. In Betracht kommen §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 und 826. a) § 823 Abs. 1 entfällt, weil A nicht das E i g e n t u m des C verletzt hat, sondern nur veranlaßt hat, daß C durch sein eigenes Handeln sein Eigentum an der Scheibe durch das Einsetzen der Scheibe verlor, also selbst eine ihn schädigende Vermögensverfügung traf. Ein Betrug (§823 Abs. 2 i. Vbdg. mit § 263 StGB) ist tatbestandsmäßig nicht gegeben. Der Vorteil, den A erstrebte, entsprach nicht dem Schaden, den er dem C zufügte. A wollte weder selbst in den Besitz der Scheibe kommen noch handelte er, um dem B einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. Er wollte sich lediglich dem Schadensersatzanspruch des B entziehen. Es fehlt somit an der für einen Betrug erforderlichen Substanzgleichheit von Schaden und Vermögensvorteil. Abgesehen davon konnte der 11jährige A schon deshalb keinen strafrechtlichen Betrug begehen, weil er nach § 1 Abs. 3 des Jugendgerichtsgesetzes vom 4. 8.1953 strafrechtlich nicht verantwortlich ist. b) Es bleibt somit lediglich ein V e r s t o ß g e g e n § 826. Die strafrechtliche Verantwortlichkeit spielt hier keine Rolle. Es kommt lediglich auf die deliktische Verantwortlichkeit gemäß §§ 827, 828 an. Nach § 828 Abs. 2 ist ein Elfjähriger für zugefügten Schaden verantwortlich, wenn er bei der Tat die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hatte. Das kann bei dem skrupellosen Verhalten und sicheren Auftreten des A angenommen werden. § 826 erfordert eine vorsätzliche, sittenwidrige Schadenszufügung. A hat den Eintritt des Schadens vorausgesehen, zumindest ihn in Kauf genommen. Dolus eventualis reicht für vorsätzliches Verhalten in § 826 aus. Sittenwidrig ist das Verhalten, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller gerecht und billig Denkenden verstößt. Das läßt sich bei der raffinierten Art, in der A vorging, bejahen. C kann demnach verlangen, so gestellt zu werden, als ob das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre (§ 249). Dann hätte er wahrscheinlich die Scheibe anderswo mit entsprechendem Gewinn eingesetzt (§ 252 S. 2). Er kann also von A den durch B nicht zu deckenden Schaden ersetzt verlangen. 36

I I I . Da A vielleicht vermögenslos ist, wird G auch Interesse haben, gemäß § 832 denjenigen haftbar zu machen, der zur F ü h r u n g der A u f s i c h t über A gesetzlich verpflichtet ist. Das sind im Zweifel die Eltern (§§ 1627, 1631). Voraussetzung für die Haftbarmachung des Aufsichtspflichtigen ist eine widerrechtliche Schadenszufügung durch das Kind. Grundsätzlich genügt objektive Widerrechtlichkeit. Ein Verschulden des Kindes ist nicht erforderlich, da nicht das Kind, sondern der Aufsichtspflichtige aus dieser Bestimmung verantwortlich gemacht wird. Vgl. dieselbe Frage bei § 831, oben S. 23f.

Bei § 826 muß jedoch Vorsatz vorliegen, um die Handlung überhaupt zu einer „widerrechtlichen" zu machen. Objektive Widerrechtlichkeit ist hier nicht denkbar. Vgl. Palandt zu § 832 Anm. 5. Dasselbe gilt für § 831, soweit bei dem Verrichtungsgehilfen § 826 in Betracht kommt.

Da der Tatbestand des § 826 sowohl hinsichtlich des Vorsatzes als auch hinsichtlich der Sittenwidrigkeit erfüllt ist, liegt ein widerrechtliches Verhalten des Kindes vor, für das der Aufsichtspflichtige auf Schadensersatz haftet. Der Inanspruchgenommene kann sich durch den Nachweis entlasten, daß er seiner Aufsichtspflicht genügt hat oder daß der Schaden auch bei gehöriger Aufsichtsführung entstanden sein würde. Ob dieser Nachweis dem Vater gelingt, ist Tatfrage und kann mangels näherer Anhaltspunkte im Tatbestand nicht entschieden werden. Zu II und I I I . Sind für den dem C entstandenen Schaden sowohl A aus § 826 als auch der Aufsichtspflichtige aus § 832 verantwortlich, so haften sie als Gesamtschuldner. Im Verhältnis der Gesamtschuldner zueinander muß das Kind den Aufsichtspflichtigen schadlos halten, § 840 Abs. 1 und 2. B. R e c h t s b e z i e h u n g e n des B zu A und dessen Aufsichtspflichtigem Es kommen nur Ansprüche aus u n e r l a u b t e r H a n d l u n g in Frage. I. A, der, wie sein späteres Verhalten zeigt, deliktsfähig im Sinne des § 828 Abs. 2 ist (vgl. oben zu A II 4b), hat vorsätzlich oder fahrlässig durch Einwurf der Fensterscheibe das Eigentum des B widerrechtlich verletzt und ist deshalb gemäß § 823 Abs. 1 dem B zum Schadensersatz verpflichtet. Er hat für kostenlose Erneuerung der Scheibe zu sorgen (§ 249). Die Wiederbeschaffung einer neuen Scheibe auf Kosten des B ist daher keine genügende Naturalrestitution. Er muß B noch von dem 37

gegen diesen entstandenen Bereicherungsanspruch (oben zu A I 3) freistellen, d. h. er muß dem C die durch das Einsetzen der Scheibe bei B entstandene Bereicherung bezahlen. Die Möglichkeit, als Dritter für B diese Leistung zu erbringen, bietet § 267. Hat B bereits selbst an G gezahlt, so muß er ihm den gezahlten Betrag ersetzen. II. Den gleichen Anspruch hat B gegen den Aufsichtspflichtigen aus § 832. Jedoch kann dieser sich wieder gemäß § 832 S. 2 entlasten. Wegen der gesamtschuldnerischen Haftung A's und seines Aufsichtspflichtigen sowie der Ausgleichung untereinander gilt gleiches wie oben zu A am Ende.

5. F a l l 3. Besprechungsfall A wollte seiner Frau zu ihrem Geburtstag am 1. Oktober einen Mantel schenken, fand aber im Modehaus des B nichts Passendes. B legte ihm daraufhin einen Katalog vor, der unter anderem den schicken Modemantel „Prinzeß" aufzeigte. Er kam mit A überein, daß er ihm diesen Mantel direkt von seinem Großlieferanten C zum 1. Oktober zusenden lasse. A machte eine Anzahlung von 50,— DM. Der Mantel wurde ihm am 1. Oktober durch die Post zugesandt. Die Eheleute A waren aber an diesem Tage wegen einer plötzlichen schweren Erkrankung der Mutter des A zu deren 100 km entfernt liegendem Wohnort gefahren. Sie kamen erst 10 Tage später zurück, da die Mutter an den Folgen der Erkrankung gestorben war. Die Post hatte eine Benachrichtigung hinterlassen, daß das Paket 8 Tage abholbereit auf dem Postamt liege, und es nach Ablauf dieser Zeit an das Versandhaus C zurückgeschickt. Dort wurde es alsbald anderweit verkauft, da man annahm, daß A die Annahme verweigert habe und an dem Kauf nicht mehr interessiert sei. Ein gleiches Modell ist nicht mehr vorhanden, weil die Produktion des Modemantels „Prinzeß" inzwischen eingestellt wurde. A, der an einem anderen Mantel kein Interesse hat, verlangt von B Rückzahlung der angezahlten 50,— DM. Wie ist die Rechtslage ? Vorbemerkung Aufbau „Wer" „von wem" „was" verlangt, ist klar. A will von B Rückzahlung seiner Anzahlung. Es ist demnach nur diese Frage zu beantworten. Ansprüche des A gegen das Versandhaus C oder des B gegen seinen Großlieferanten C interessieren nicht oder nur mittelbar im Rahmen der Frage, wieweit B für C einstehen muß. 38

Anspruchsgrundlagen, wonach das Begehren des A begründet sein kann, sind die bei Nichterfüllung eines Kaufvertrages vom Gesetz gegebenen Möglichkeiten. Ausgehend von der S p e z i a l v o r s c h r i f t des § 440 führt die Untersuchung zu den hier bezogenen §§ 323ff., die die Folgen einer Störung des Gleichgewichts bei den sog. synallagmatischen Verträgen regeln. Erst im Rahmen der §§ 323ff. ist auf die für alle Schuldverhältnisse — also nicht nur für g e g e n s e i t i g e Verträge — geltenden Bestimmungen im 1. Abschnitt des 2. Buchs des BGB einzugehen, soweit sie hier interessieren, nämlich auf die Bestimmungen über Konkretisierung der Leistung und über Gläubigerverzug. Man ersieht hieraus wieder, daß — wie schon eingangs (oben S.2) bemerkt wurde —, beim praktischen Fall grundsätzlich anders vorzugehen ist, als der Gesetzgeber und der Dozent in der Vorlesung es machen. Es werden nicht allgemeine, für möglichst viele Rechtsverhältnisse geltende Begriffe vorangestellt, sondern es wird die speziellste Bestimmung aufgesucht, die für den Fall in Betracht kommt. Erst wenn diese auf die allgemeinen Bestimmungen verweist oder für den praktischen Fall versagt, geht man zu den allgemeineren Bestimmungen über. Vgl. hierzu auch unten S. 55f. sowie die Vorbemerkung zu Fall 9 unten S. 71 ff. Gutachten A. Der Käufer A kann gemäß § 440 I in Verbindung mit den daselbst bezogenen §§ 323 ff. von B Rückzahlung der angezahlten 50,— DM verlangen, wenn zwischen diesen Personen ein Kaufvertrag geschlossen worden ist, dessen Erfüllung nicht mehr möglich ist. Dieser einleitende Satz gibt die Disposition und Überleitung für die im folgenden unter I und II gemachten Ausführungen. Als Anspruchsgrundlage wurde zunächst nur allgemein auf § 440 I i. Vbdg. mit §§ 323ff. hingewiesen, um die Darstellung übersichtlich zu halten. Erst nach Prüfung der grundsätzlich erforderlichen Voraussetzungen (Kaufvertrag und Unmöglichkeit der Leistung) wird — unter B — im einzelnen aufgezeigt, welche Möglichkeiten sich für die Rückforderung der Anzahlung bieten.

I. Gegen das Zustandekommen eines Kaufvertrages zwischen A und B könnte sprechen, daß das Versandhaus G die Lieferung ausführen soll. Es ließe sich die Auffassung vertreten, daß B den Vertrag lediglich als Vertreter des Versandhauses C abschloß. Hierfür könnte man noch auf das spätere Verhalten des Versandhauses verweisen, das den Mantel, nachdem er von der Post zurückgeschickt worden war, nicht dem B zur Verfügung stellte, sondern selbst weiterverkaufte. Jedoch steht die Tatsache, daß B bei Vertragsschluß einen Mantel des Modells „Prinzeß" selbst nicht besaß, der Annahme eines Vertrags zwischen ihm und A nicht entgegen. Gegenstand eines Kaufvertrages 39

kann auch eine Sache sein, die einem D r i t t e n gehört. Der Verkäufer braucht, um seine Pflichten gemäß § 433 I 1 zu erfüllen, nicht einmal vorerst Eigentümer der Kaufsache zu werden. Es genügt, daß ein Dritter auf seine Weisung dem Käufer Besitz und Eigentum verschafft. Vgl. Enneccerus-Lehmann § 101 II 2 sowie zur Verschaffung des Eigentums auf Anweisung unten Fall 18 unter I I I (S. 155).

Entscheidend für die Annahme eines Vertrags zwischen A und B sprechen folgende Umstände: A verhandelt im Geschäft des B mit diesem über den Kauf eines Mantels. Da er nichts Passendes findet, zeigt B ihm an Hand eines Katalogs die Möglichkeiten, die er (B) hat, dem A etwas Passendes zu liefern. A macht von diesen Möglichkeiten Gebrauch und leistet ihm (B) die Anzahlung von 5 0 , — DM. Später wendet er sich nur an B , um die Anzahlung zurückzuerhalten und gibt auch hierdurch zu erkennen, daß er lediglich B als seinen Vertragspartner angesehen hat. I I . Die Verpflichtung des B , als Verkäufer dem A Besitz und Eigentum an dem bestellten Mantel zu verschaffen, kann infolge Zeitablaufs oder infolge späterer Veräußerung des Mantels durch das Versandhaus C, spätestens aber infolge Einstellung der Produktion des Modells „Prinzeß" unmöglich geworden sein. Auch hier gibt wieder der einleitende Satz die Disposition und Überleitung für die im folgenden unter 1 — 3 gemachten Ausführungen. Die Reihenfolge der folgenden Prüfung unter 1 — 3 ist zwingend. Ist die Unmöglichkeit bereits durch Zeitablauf eingetreten (1), so erübrigt sich die Prüfung der Konkretisiernng (2). Ist die Unmöglichkeit der zur Speciesschuld gewordenen Gattungsschuld eingetreten, so erübrigt sich dieJPrüfung der Unmöglichkeit infolge Einstellung der Produktion (3).

1. Der Mantel war als Geburtstagsgeschenk für Frau A gedacht. Deshalb legte A Wert auf Einhaltung des Termins am 1. Oktober. Die T a t sache, daß A an diesem Termin seiner Frau den Mantel nicht überreichen konnte, macht aber die Leistung nicht schlechthin unmöglich. Angesichts der besonderen Umstände (plötzliche Erkrankung der Mutter, die eine Reise der Eheleute A erforderlich machte) ist eine spätere Überreichung des Geburtstagsgeschenks durchaus zumutbar. Nichteinhaltung der Lieferzeit führt nur ausnahmsweise a u t o m a t i s c h Unmöglichkeit herbei. Man spricht dann von a b s o l u t e n Fixgeschäften oder Fixgeschäften im weiteren Sinne, z. B. Bereithalten eines Hotelzimmers zu einem festbestimmten Termin oder Vorfahren eines Taxis zu einem bestimmten Zug, vgl. oben S. 14. Hiervon zu unterscheiden sind die g e w ö h n l i c h e n Fixgeschäfte, bei denen zwar der vertraglich festgelegte Termin für den Gläubiger wesentlich ist, die Leistung aber durch Fristablauf nicht ihren Sinn verliert. § 361 gewährt hier dem Gläubiger lediglich ein Rücktrittsrecht (wobei allerdings — anders als bei § 326 — keine Frist mehr zu setzen ist). Vgl. Larenz § 20 I a ) , Palandt, Anm. 1 zu § 361. Im vorliegenden Falle ist lediglich ein Fixgeschäft i. w. S. gegeben. A macht aber erkennbar nicht ein Rücktrittsrecht nach § 361 geltend (was ange-

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sichts der besonderen Umstände auch nicht gerechtfertigt wäre, da dem § 242 entgegenstände, vgl. Palandt a. a. O.), sondern beruft sich lediglich darauf, daß das bestellte Modell nicht mehr geliefert werden kann.

2. Die Leistung kann aber durch die Weiterveräußerung des Mantels seitens des Versandhauses C unmöglich geworden sein, falls nur noch d i e s e r , dem A zugesandte und später verkaufte Mantel von B geschuldet wurde und der Weiterverkauf nicht mehr rückgängig zu machen ist. a) Ursprünglich war Gegenstand des Kaufvertrags nur ein der Gattung „Prinzeß" entsprechender Mantel, da A keinen konkreten Mantel ausgesucht, sondern seine Bestellung nach dem Katalog gemacht hatte. Ob es sich nur um eine sog. beschränkte Gattungsschuld handelt, d. h. um eine aus einem bestimmten Vorrat zu erbringende Leistung (vgl. hierzu Erman, Bern. 3 zu § 243; Enneccerus-Lehmann § 6 V sowie unten Fall 18 zu B II S.157f.), kann dahingestellt bleiben, falls die im folgenden zu untersuchende Konkretisierung bereits eingetreten ist; s. Larenz § 12 a. E.

Nach § 243 II wird eine Gattungsschuld zur Stückschuld, wenn der Schuldner (B) das seinerseits zur Leistung Erforderliche getan hat. Ob das geschehen ist, richtet sich nach der Art der Leistung. Bei einer H olschuld reicht ein wörtliches Angebot aus; der Schuldner braucht die Leistung dem Gläubiger nur zur Abholung bereit anzubieten. Bei einer Schickschuld (vgl. §§ 270, 447) genügt die Absendung. Bei einer B r i n g schuld ist ein tatsächliches Angebot am Wohnsitz des Gläubigers (A) erforderlich. S. Erman Bern. 6b zu § 243; Larenz § 12 (Mitte) und § 24 IIb. Hier hatte B dem A die Z u s e n d u n g zum 1. Oktober zugesagt. Es kann daher nur eine Schick- oder Bringschuld in Frage kommen. Ob das eine oder andere gegeben ist, braucht aber nicht entschieden zu werden, da B veranlaßt hat, daß das Versandhaus C den Mantel dem A tatsächlich und zur rechten Zeit mittels der Post an dessen Wohnung anbieten ließ. Es lag nur noch an A, durch Entgegennahme des Mantels Besitz und Eigentum daran zu erwerben. A kann sich nicht darauf berufen, daß er zur fraglichen Zeit aus besonderen Gründen an der Annahme verhindert war; denn die Leistungszeit war festbestimmt (§ 299) und der infolgedessen eintretende Gläubigerverzug erfordert — im Gegensatz zum Schuldnerverzug (§ 285) — kein Verschulden des Gläubigers. Trotz der besonderen Umstände, die die Entgegennahme der Leistung durch A verhindert haben, stehen auch Treu und Glauben dem Eintritt des Gläubigerverzugs nicht entgegen (vgl. hierzu Staudinger, Bern. 5 zu § 299), weil A angesichts der längeren Abwesenheit hätte Vorsorge treffen können, daß die Post, die das Paket 8 Tage lang abholbereit hielt, verständigt wurde.

Bei G l ä u b i g e r v e r z u g tritt aber spätestens die Konkretisierung einer Gattungsschuld ein, wie aus § 300 II zu entnehmen ist. 41

§ 300 II ist trotz des § 243 II nicht überflüssig, sondern stellt klar, daß die Konkretisierung spätestens bei Gläubigerverzug eintritt. Sie kann aber schon vorher erfolgt sein, nämlich bei Hol- und Schickschulden sowie bei vorher erklärter Annahmeweigerung. Vgl. Staudinger, Bern. 14 zu § 300; Larenz § 24 IIb.

Die infolge des Gläubigerverzugs eingetretene Konkretisierung auf das angebotene Exemplar wird nach Rücksendung des Mantels keinesfalls wieder hinfällig. Denn die Konkretisierung soll gerade bewirken, daß die ursprüngliche Gattungsschuld nunmehr als Stückschuld gilt, so daß das weitere Schicksal der Leistungsschuld lediglich auf dieses Stück bezogen werden darf. Abw. Medicus § 13 II, Esser SAT § 18 II 3.

b) Die Lieferung des ordnungsmäßig angebotenen Mantels ist infolge der Weiterveräußerung an einen Kunden des Versandhauses C u n m ö g l i c h geworden. Es kann zwar unterstellt werden, daß der Mantel als solcher noch vorhanden ist, so daß keine o b j e k t i v e Unmöglichkeit vorliegt. § 275 II stellt aber das nachträglich eintretende Unvermögen des Schuldners (die sog. s u b j e k t i v e Unmöglichkeit) einer objektiven Unmöglichkeit gleich. Ein subjektives Unvermögen des Schuldners ist anzunehmen, da es dem B kaum möglich sein wird, den Mantel von dem jetzigen Erwerber, der ihn auf Grund eines wirksamen Kaufvertrages von dem bisherigen Eigentümer, dem Versandhaus C, zu Eigentum erworben hat, zurückzukaufen, um ihn dann dem A zu liefern. A seinerseits ist auch schwerlich an einem solchen Rückkauf interessiert, da seine Frau einen bereits getragenen Mantel als Geburtstagsgeschenk wohl nicht haben will. Über Unmöglichkeit der Leistung bei Verkauf der Sache an einen Dritten s. Palandt, Bern. 2 zu § 275, sowie Soergel, Bern. 4 zu § 275.

3. Da die Leistung der Sache unmöglich geworden ist, auf die sich die Gattungsschuld konkretisiert hat, erübrigt sich die Prüfung der Frage, ob die Leistung wegen Einstellung der Produktion des ganzen Modells „Prinzeß" unmöglich geworden ist. B. Nach § 440 I in Verbindung mit §§ 323ff. bestehen für den Käufer verschiedene Möglichkeiten, eine bereits geleistete Zahlung zurückzuverlangen, falls der Verkäufer die ihm obliegende Leistung nicht mehr erbringen kann. I. Hat k e i n e r der Vertragspartner die Unmöglichkeit zu vertreten, so kann das Geleistete nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückgefordert werden, § 323 I I I . Hat der V e r k ä u f e r allein die Unmöglichkeit zu v e r t r e t e n , so kann der Käufer gemäß § 325 1 1 vom Vertrage zurücktreten und dann die Rechte entsprechend dem vertragsmäßigen Rücktrittsrecht (§§ 346ff.) geltend 42

machen (§ 327 S. 1). Statt dessen kann er sich aber auch auf den Standpunkt stellen, als ob keine der Parteien die Unmöglichkeit zu vertreten hätte, und gemäß § 323 I I I Herausgabe nach Kondiktionsrecht verlangen, § 325 I 3. Die Herausgabepflicht nach Kondiktionsrecht ist wegen der Möglichkeit der Beschränkung auf die noch vorhandene Bereicherung (§ 818 III) in der Regel für den Verkäufer günstiger als die Herausgabepflicht nach §§ 346ff. (vgl. § 347 in Verbindung mit §§ 987ff.). Gleichwohl kann der Käufer bei einer vom Verkäufer verschuldeten Unmöglichkeit an einem Vorgehen gemäß § 323 interessiert sein. Denn durch einen Rücktritt löst er das Vertragsverhältnis rückwirkend auf. Bei § 323 erlischt das Schuldverhältnis zwar in der Regel ebenfalls mit der für den anderen Teil ungünstigen Folge, daß die §§ 812ff., insbesondere § 818 III gelten. Der Vertragsgegner kann aber nach § 281 Herausgabe etwaiger Ersatzwerte verlangen; er bleibt dann allerdings — folgerichtig — im Verhältnis der Ersatzwerte zum Wert der ursprünglichen Leistung weiterhin leistungspflichtig. Vgl. §323 II sowie Soergel Bern. 1 zu § 323 und Bern. 3 zu § 325 und Palandt Anm. 8 zu § 325.

Diese Regeln gelten aber nicht, wenn sich der K ä u f e r in A n n a h m e v e r z u g befindet. Der Verkäufer behält dann den Anspruch auf den Kaufpreis, sofern er die Unmöglichkeit nicht infolge Vorsatzes oder grober Fahrlässigkeit zu vertreten hat, § 324 II in Verbindung mit § 300 I. Ein Rückgewähranspruch des Käufers entfällt dann. II. Da bereits oben unter A l l festgestellt wurde, daß der Käufer A in Annahmeverzug gekommen ist, ist demnach lediglich noch zu prüfen, ob der Verkäufer B die Unmöglichkeit im Rahmen des § 300 II zu vertreten hat. 1. Ein e i g e n e s Verschulden des B ist nicht ersichtlich. B hatte auf die Ausführung der Leistung durch das Versandhaus C im einzelnen keinen Einfluß. Es ist sogar anzunehmen, daß er nicht einmal von der Nichtabnahme, geschweige denn von der späteren Rücksendung oder gar dem anderweitigen Verkauf des Mantels Kenntnis hatte. 2. B muß sich aber ein etwaiges Verschulden des Versandhauses G als seines Erfüllungsgehilfen nach § 278 zurechnen lassen. Grundsätzlich ist zwar der Lieferant eines Verkäufers nicht Erfüllungsgehilfe des Käufers, sondern erfüllt lediglich seine eigene Verpflichtung gegenüber dem „Verkäufer". Etwas anderes gilt aber, wenn der Verkäufer sich in einer für den Käufer erkennbaren Weise des Lieferanten bedient, um seine Leistung zu erbringen. Das ist hier der Fall, da B dem Käufer A erklärt hat, daß er ihm die Ware statt durch ihn direkt durch seinen Lieferanten zusenden lassen werde. Das Versandhaus C ist somit hinsichtlich der Lieferung an die Stelle des Verkäufers B getreten und insoweit sein Erfüllungsgehilfe. Vgl. Staudinger, Bemerkung 43 zu § 278 Esser SAT § 39, aber auch BGH 48/120 und BGH N J W 67/2257.

B hat demnach gemäß § 278 eine vom Versandhaus C verschuldete Unmöglichkeit der Leistung in gleichem Umfange zu vertreten wie eige43

nes Verschulden. Da er infolge des Annahmeverzuges des A nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten hatte, fragt sich, ob das Versandhaus ein solches Verschulden trifft. Vorsatz scheidet nach der Sachlage ohne weiteres aus. E i n fahrlässiges Verhalten ist aber gegeben. Der Gläubigerverzug des A berechtigte den Verkäufer bzw. seinen Lieferanten nicht ohne weiteres, die nicht abgenommene W a r e weiter zu veräußern. Vielmehr bleibt der Verkäufer, sofern das Vertragsverhältnis nicht durch Rücktritt oder gegenseitige Vereinbarung aufgelöst ist, weiterhin zur Leistung verpflichtet und muß für Aufbewahrung und Erhaltung der W a r e sorgen. Das ergibt sich aus §§ 3 7 2 , 3 8 3 (vgl. auch §§ 373 ff. H G B ) , die dem Verkäufer bei Annahmeverzug des Käufers unter bestimmten Voraussetzungen nur ein R e c h t zur Hinterlegung bzw. zu einem im einzelnen geregelten Selbsthilfeverkauf geben. Nach § 372 sind nur Geld, Wertpapiere und Kostbarkeiten hinterlegungsfähig. Nach §§ 383ff. erfolgt der Selbsthilfeverkauf in der Regel im Wege der öffentlichen Versteigerung nach vorheriger Androhung. Nach HGB §§ 373ff. sind die Rechte des Verkäufers erweitert, jedoch muß auch hier der Selbsthilfeverkauf grundsätzlich durch öffentliche Versteigerung nach Androhung erfolgen. Zu der oben wiedergegebenen Rechtsstellung des Verkäufers bei Annahmeverzug des Käufers vgl. Larenz § 24 Ild. Das Versandhaus C durfte also nicht ohne weiteres die zurückgesandte W a r e anderweit freihändig veräußern. E s konnte auch nicht allein aus der Tatsache, daß der Mantel von der Post „als nicht a b g e n o m m e n " zurückgeschickt wurde, schließen, daß der Kaufvertrag zwischen A und B rückgängig gemacht worden sei. E s hätte, bevor es den Mantel weiter veräußerte, bei dem Verkäufer B rückfragen müssen, ob bloßer Annahmeverzug oder eine endgültige Rückgängigmachung des Kaufvertrags vorlag. Immerhin kann das Verschulden des Versandhauses nicht als grob fahrlässig angesehen werden. Wird eine zugesandte Sache nicht abgenommen, so liegt die Vermutung nahe, daß der Käufer die Annahme endgültig verweigert und gleichzeitig in Schuldnerverzug gerät, so daß er mit einem Schadensersatzanspruch des Verkäufers oder doch einem R ü c k t r i t t gemäß § 326 rechnen muß. Bei einer Modeware, die einer schnellen Geschmacksänderung unterliegt, wird dann der Verkäufer häufig annehmen, es liege im eigenen wohlverstandenen Interesse des Käufers, wenn die W a r e so schnell wie möglich veräußert werde, um ihn vor größeren Schadensersatzansprüchen zu bewahren. Die Tatsache, daß die Produktion des ausgesuchten Modemantels „ P r i n z e ß " inzwischen eingestellt wurde, zeigt im vorliegenden Fall die Berechtigung solcher Überlegungen. Vgl. Palandt, Bern. 2 zu § 275 unter Hinweis auf RG 60/162.

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Sieht man aus diesen Gründen das Verschulden des Versandhauses G nur als leicht fahrlässig an, so behält der Verkäufer B gemäß § 324 II den Anspruch auf die Anzahlung von 50,— DM, da die Leistung infolge eines von ihm nicht zu vertretenden Umstandes zu einer Zeit unmöglich geworden ist, in welcher der Käufer A sich im Verzuge der Annahme befand. III. Jedoch gilt auch bei § 324 II die Einschränkung des § 324 I S. 2, wonach sich der Verkäufer anrechnen lassen muß, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspart hatte. B hätte, falls der Mantel ordnungsmäßig von C an A geliefert worden wäre, an das Versandhaus C den Kaufpreis aus dem zwischen ihm und dem Versandhaus geschlossenen Kaufvertrag zahlen müssen. Diese Verpflichtung ist jetzt weggefallen, weil das Versandhaus seine Leistung nicht mehr erbringen kann. Es ist aber nicht anzunehmen, daß B hierdurch etwas erspart hat. Als Weiterverkäufer des vom Versandhaus C gekauften Mantels hätte er einen höheren Kaufpreis erzielt, als den, den ihm — als Zwischenhändler — das Versandhaus in Rechnung gestellt hatte. Dieser ihm zukommende Eigenverdienst hätte üblicherweise 25—30% betragen. Es kann unterstellt werden, daß die Anzahlung von 50,— DM dieser Verdienstspanne entspricht, da der Modemantel „Prinzeß" sicher das 3 bis 4fache dieser Summe gekostet hat. B hat also durch den Wegfall seiner Leistungspflicht nichts erspart. 6. F a l l 2. Hausarbeit Musikdirektor a. D. Müller schloß mit dem Kaufmann Wagner einen privatschriftlichen Vertrag, wonach er sein Mietgrundstück gegen die Villa Wagners tauschte. Müller ließ sein Haus am 1. April an Wagner auf und übergab es ihm am gleichen Tage. Am 2. April erfolgte die Eintragung Wagners im Grundbuch. Am gleichen Tage bezog Müller die bisherige Wohnung Wagners. Bereits am 15. April verkaufte Wagner das Mietgrundstück weiter an Schulze. Am gleichen Tage ließ er es an ihn auf und übergab es ihm. Die Eintragung erfolgte am 25. April. Die Auflassung des Villengrundstücks Wagners an Müller zog sich wegen steuerlicher Schwierigkeiten hin. Schließlich kam es zu einem Streit zwischen Wagner und Müller, infolgedessen Wagner die Auflassung verweigerte und sich zur Begründung auf die Formungültigkeit des Vertrages berief. Müller klagt nunmehr gegen Wagner auf Auflassung des Villengrundstücks, hilfsweise auf Rückgabe und Rückübereignung des Mietgrundstücks. Hat die Klage Aussicht auf Erfolg?

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Vorbemerkung I. A u f b a u Der Aufbau bietet keine Schwierigkeiten. Die Parteien stehen fest, ebenso das „Was" ihrer Forderungen. Die Haupteinteilung ergibt sich aus den gestellten Fragen nach dem Anspruch auf Auflassung (A) und dem Anspruch auf Rückgabe und Rücktibereignung (B). Für den Fall, daß keiner dieser Ansprüche Aussicht auf Erfolg hat, kann noch erörtert werden, welche sonstigen Ansprüche in Betracht kommen (C). Der Erfüllungsanspruch (A) läßt sich nur aus einem Vertrag herleiten. Es ist nacheinander zu untersuchen: I. War der Vertrag w i r k s a m g e s c h l o s s e n worden? II. Wenn nicht: Ist er s p ä t e r wirksam geworden? III. Wenn nicht: Muß Wagner sich auf Grund seines Verhaltens so b e h a n d e l n lassen, als ob ein w i r k s a m e r Vertrag zustandegekommen wäre ? Diese Reihenfolge ist zwingend. Sie kommt in ähnlicher Form oft vor. Vgl. auch Fall 2 bei Berg, Referendarklausur. Wenn sich die Untersuchung dem zweiten, hilfsweise geltend gemachten Anspruch (B) zuwendet, bedarf es einer kurzen Erörterung über die Zulässigkeit eines solchen Eventualantrags. Vgl. Berg, Gutachten S. 54 zu III 1. II. W e i t e r e R i c h t l i n i e n f ü r die F a l l b e a r b e i t u n g 1. Wenn bei einer Hausarbeit auch die Literatur berücksichtigt werden muß, so ist es doch unerläßlich, zunächst den Fall lediglich an Hand des Gesetzestextes zu durchdenken und durchzuskizzieren, den Fall also zunächst als Klausuraufgabe zu betrachten. Evtl. kann man einen Grundriß zu Rate ziehen, falls man sich über unbekanntere Rechtsgebiete unterrichten muß. Es muß nachdrücklich aber davor gewarnt werden, in dem Fall sofort ein bestimmtes Problem zu vermuten und nun die Kommentare und Entscheidungssammlungen nach dem „ähnlichen Fall" zu durchsuchen. Das folgerichtige Vorgehen auf Grund eigenen Nachdenkens zeigt meist, daß das wirkliche Problem ein ganz anderes ist und daß der vermeintlich ähnliche Fall doch anders liegt. Stürzt man sich sofort auf die Kommentare und Entscheidungssammlungen, so verliert man das Unterscheidungsvermögen und biegt in dem Bestreben, das Gelesene verwenden zu können, den Sachverhalt einfach so um, daß er auf den ähnlichen Fall paßt. Das ist der schlimmste Fehler bei der Fallösung: die „Tatbestandsquetsche". Eine Lösung kann naturgemäß nicht richtig sein, wenn der Tatbestand verbogen wird. Vgl. Diederichsen JuS 68/222. 2. Im vorliegenden Falle weist Wagner ausdrücklich auf die Formungültigkeit des Vertrags hin. Er macht damit eine Rechtsansicht geltend. 46

Es ist an sich nicht Aufgabe der Parteien, Rechtsansichten zu äußern. Sie haben lediglich Tatsachen vorzutragen; die rechtliche Beurteilung ist Sache des Gerichts bzw. des Gutachters („Da mihi facta, dabo tibi jus!"). Immerhin können Rechtsansichten wertvolle Hinweise sein; sie können aber auch in die Irre führen und werden in den Übungsfällen oft nur gebracht, um den Kandidaten in Versuchung zu führen. Man lasse sich daher durch Rechtsansichten nicht daran hindern, den Sachverhalt zunächst so zu prüfen, als ob die Rechtsansichten nicht geäußert wären. 3. Das gefundene Ergebnis muß das Rechtsgefühl befriedigen. Formell richtige, aber dem Billigkeitsempfinden widersprechende Entscheidungen können eventuell durch den Hinweis auf Arglist und einen Verstoß gegen Treu und Glauben vermieden werden. Jedoch darf nicht einfach unter Berufung auf Treu und Glauben jedes scheinbar unbillige Ergebnis kurzerhand berichtigt werden. Zunächst sind jedenfalls alle rechtlichen Gesichtspunkte, die eine positive gesetzliche Handhabe zur Lösung bieten können, erschöpfend zu behandeln. Manche Entscheidungen gehen zudem mathematisch auf und lassen für das Rechtsempfinden keinen Raum; so oft im Sachenrecht. Treu und Glauben spielen hauptsächlich eine Rolle bei der Auslegung von Parteivereinbarungen und bei Würdigung des Verhaltens einer Partei. Die folgende Lösung gibt ein Beispiel, wie weit Treu und Glauben zu berücksichtigen sind. Sie zeigt auch die Möglichkeit, durch Ausüben des richterlichen Fragerechts (§ 139 ZPO) und Zulassen einer Klagänderung (§ 264 ZPO) zu einem befriedigenden Ergebnis zu kommen. Gutachten A. Die K l a g e M ü l l e r s auf A u f l a s s u n g des V i l l e n g r u n d s t ü c k s Mit der Klage begehrt Müller Erfüllung eines Tauschvertrags. Auf den Tauschvertrag finden die Vorschriften über den Kauf entsprechende Anwendung, da der Unterschied zum Kaufvertrag (Sache gegen Sache statt Sache gegen Geld) nicht von wesentlicher Bedeutung ist (§ 515). Gemäß § 433 Abs. 1 S. 1 hat somit Wagner, wenn ein gültiger Tauschvertrag zustande gekommen ist, an Müller das Grundstück zu übergeben und das Eigentum daran zu verschaffen. Die Übergabe ist erfolgt. Die Übereignung geschieht durch Auflassung ( = dingliche Einigung über den Eigentumsübergang, vgl. § 925) und Eintragung. Die Eintragung kann Müller selbst beantragen, § 13 GBO. Die Auflassung ist ein Vertrag, dessen Annahme Müller ebenfalls ohne Beisein Wagners vor Gericht oder Notar beurkunden lassen kann, § 128. Er bedarf somit nur noch einer ordnungsmäßigen Auflassungserklärung Wagners. Ein rechts47

kräftiges Urteil, das Wagner zur Abgabe dieser Erklärung verurteilt, ersetzt diese und genügt der Form, § 894 ZPO. Es fragt sich, ob Wagner zur Abgabe einer solchen Auflassungserklärung verpflichtet ist, obwohl der Grundstückstauschvertrag nur privatschriftlich abgeschlossen ist. I. Nach §313 S. 1 bedarf ein Vertrag, durch den sich jemand zur Grundstücksübertragung verpflichtet, der gerichtlichen oder notarischen Beurkundung. Ein Tauschvertrag über Grundstücke ist ein Vertrag, durch den sich je d e r der Vertragspartner zu einer Grundstücksübertragung verpflichtet. Der Vertrag war demnach bei seinem Abschluß nichtig, §125. Zu beachten ist, daß lediglich ein Vertrag, durch den sich jemand zur E i g e n t u m s ü b e r t r a g u n g v e r p f l i c h t e t , der Form bedarf. Der Grundgedanke des § 313 geht dahin, den Grundstückseigentümer bei Veräußerung des wertvollsten Sachgutes, des Grundbesitzes, zu schützen. § 313 S. 1 liegt demnach nicht vor, wenn sich jemand lediglich zum E r w e r b von Grund und Boden verpflichtet, mag sich auch aus dem Ervverb eine g e s e t z l i c h e Pflicht zur Veräußerung (z. B. infolge eines Auftrags) ergeben. Jedoch ist die u n w i d e r r u f l i c h e Vollmacht zur Veräußerung eines Grundstücks formbedürftig, weil hier bereits eine Gebundenheit des Veräußerers eintritt, die §313 verhindern will. Formbedürftig ist auch die Bestellung eines (dinglichen oder obligatorischen) Vorkaufsrechts, da hierin die — wenn auch bedingte — Verpflichtung zur Übertragung liegt. Vgl. Larenz § 6 II.

II. Der Vertrag hätte gemäß § 313 S. 2 n a c h t r ä g l i c h durch E r f ü l l u n g seitens des Müller wirksam werden können. Die Auflassung und Eintragung bezüglich des Mietgrundstücks genügt jedoch allein nicht. Wenn, wie hier, b e i d e Teile ein Grundstück aufzulassen und die Eintragung zu bewirken haben, so tritt Heilung der mangelnden Form erst ein, wenn beide den Vertrag erfüllt haben. Andernfalls würde der dem § 313 S. 1 zugrunde liegende Gedanke, den Veräußerer eines Grundstücks vor Übereilung zu schützen, für den Vertragspartner vereitelt, da dieser nach Erfüllung durch den einen Teil aus einem nunmehr gültig gewordenen Vertrage verpflichtet würde, auch seinerseits zu erfüllen, obwohl bei ihm das Schutzbedürfnis des § 313 S. 1 nach wie vor besteht. Erst derjenige, der die gerichtlich oder notarisch vorzunehmende Auflassung (§ 925) und Eintragung (§ 873) bewirkt, zeigt, daß er nicht mehr schutzbedürftig ist. Ebenso RG 56/386, vgl. auch RG 137/351 sowie Enneccerus-Lehmann § 28 II 3 d ß. Daß der Grundbuchrichter trotz der Vorschrift des § 925 a sich nicht einen notariell beurkundeten Kauf- bzw. Tauschvertrag vorlegen ließ, hätte die Rechtsfolge des § 313 S. 2 nicht gehindert, da § 925 a lediglich eine Ordnungsvorschrift ist, Wolff § 61 I 4.

III. Eine andere, nach allgemeinen Gesichtspunkten zu beantwortende Frage ist es, ob Wagner sich wegen seines Verhaltens bei bzw.

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nach Erwerb des Grundstücks so behandeln lassen muß, wie wenn ein formgültiger Vertrag vorliegt. M. a. W.: Es fragt sich, ob die Berufung auf die Formungültigkeit des Vertrags gegen Treu und Glauben verstößt. Durch Abschluß eines Vertrags und schon durch Eintritt in Vertragsverhandlungen treten die Vertragsparteien in ein von dem Gedanken der Treue — gegenüber dem andern — und des Glaubens — auf die Treue des andern — beherrschtes Vertrauensverhältnis zur Regelung ihrer Angelegenheiten. § 242 ist der allgemeine gesetzliche Niederschlag dieser deutschrechtlichen Vertragsauffassung. Auf ihr beruht die Lehre von der culpa in contrahendo, vgl. oben Fall 2 zu C. Die römisch-rechtliche Auffassung kannte nur einen Kampf von 2 Gegnern mit formalen Waffen.

Grundsätzlich verstößt die Berufung auf die mangelnde Form nicht gegen Treu und Glauben. Die gesetzlich vorgeschriebene Form ist vom Richter sogar von Amts wegen, also ohne daß eine Partei den Formmangel rügt, zu beachten. Zeigt der durch die Formvorschrift zu schützende Teil aber durch sein Verhalten, daß er des Schutzes nicht bedürftig, ja nicht würdig ist, so würde das Festhalten an der Form zum leeren Formalismus, der des inneren Grundes entbehrt und den andern Teil für sein vertragswidriges Verhalten geradezu belohnen würde. Jedoch müssen ganz besondere Umstände vorliegen, die eine Verwirkung des durch § 313 gegebenen Schutzes herbeiführen: 1. So wenn ein Teil den andern beim Vertragsschluß bewußt hintergangen hat, indem er ihn von einem formgerechten Vertragsabschluß abhielt, um womöglich später die Nichtigkeit geltend zu machen. 2. Oder wenn er ihn — auch ohne böse Absicht — immerhin schuldhaft durch sein Verhalten in den Irrtum versetzt hat, der Vertrag sei formlos gültig. 3. Oder noch allgemeiner und unabhängig von Verschulden, wenn die Berufung auf den Formmangel mit Rücksicht auf das bisherige Verhalten, insbesondere auch im Hinblick auf die erlangten Vorteile oder die dem andern Teil entstandenen Schäden mit dem allgemeinen Rechtsempfinden unvereinbar ist. Vgl. Larenz § 10 III, Lehmann, Allg. Teil § 31 VII 4, Esser SAT §6 III, BGH 48/396. Die zu 2 und 3 genannten Fälle sind Beispiele eines gegensätzlichen Verhaltens, d.h. eines Verhaltens, das im Widerspruch zu einem früheren Verhalten steht (sog. venire contra factum proprium). Man spricht hier auch von der exceptio doli generalis oder präsentis im Gegensatz zu dem Fall 1, der als exceptio doli specialis oderpräteriti bezeichnet wird. Der Ausdruck exceptio ist aber irreführend, da eine Einrede im eigentlichen Sinne nicht vorliegt. Eine Einrede im eigentlichen Sinne ist nur zu beachten, wenn sie vom Gegner vor4 B e r g , Bürger], Kecht, 10. Aufl.

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gebracht wird (z. B. die Einrede der Verjährung, des Zurückbehaltungsrechts, der Stundung). Ein treuloses Verhalten ist aber von Amts wegen zu berücksichtigen. Besserspricht man von einer durch § 242 gezogenen „Beschränkung des Anspruchsinhalts" oder von,.unzulässiger Rechtsausübung". Hierhergehört auch der Fall der Verwirkung. Eine solche tritt ein, wenn die jetzige Geltendmachung eines Anspruchs oder einer Einrede im Widerspruch zu einem früheren Verhalten steht.

Eine schuldhafte Irreführung Müllers durch Wagner über die Notwendigkeit der Form bei A b s c h l u ß der Vertrags ist nach dem Tatbestand nicht anzunehmen. Erst recht ist kein Anhaltspunkt dafür gegeben, daß Wagner den Müller a r g l i s t i g veranlaßt hat, sein Grundstück zu übereignen, um es dann schleunigst weiter zu übereignen, ohne selbst die Absicht der Erfüllung gehabt zu haben. Die Fälle zu 1 und 2 scheiden demnach aus. Wohl aber liegt ein gewisser — objektiver — Widerspruch Wagners mit seinem früheren Verhalten darin, daß er sich jetzt auf den Formmangel beruft, obwohl er a) die Auflassung von seiten Müllers entgegengenommen hat und sich als Eigentümer im Grundbuch eintragen ließ, b) darüber hinaus sogar über das Grundstück durch Weiterveräußerung verfügt hat. Ein Verstoß wider Treu und Glauben gemäß Fall 3 kann in diesem Fall aber nicht erblickt werden. Zu a): Wollte man in der bloßen Tatsache der Entgegennahme der Auflassung und jetzigen Berufung auf den Formmangel einen solchen Verstoß erblicken, so würde man die bei einem Grundstücks t a u s c h vertrag durch E r f ü l l u n g von nur e i n e r Seite nicht mögliche Heilung nach §313 S. 2 (vgl. oben zu II) t r o t z g l e i c h l i e g e n d e r S a c h l a g e unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt erreichen. Zu b): Auch die von Wagner vorgenommene V e r ä u ß e r u n g des Grundstücks kann nicht zu einer anderen Beurteilung führen. Wagner war durch die Auflassung und Eintragung verfügungsberechtigter Eigentümer des Grundstücks geworden. Müller mußte daher mit einer Weiterveräußerung des Grundstücks durch Wagner rechnen. Wenn Wagner von seiner Verfügungsberechtigung Gebrauch macht, so liegt darin also kein eigentlicher Vertrauensmißbrauch gegenüber Müller. Denn außer in der Erwartung, daß Wagner auch seinerseits erfüllen würde, ist Müller nicht getäuscht worden. Insbesondere hat er keine weiteren ihn schädigenden Schritte im Vertrauen auf das Verhalten Wagners unternommen. Den Vorteil, den Wagner durch die ungerechtfertigte Vermögensverschiebung erlangt hat, gleicht das Gesetz in den §§812ff. aus, auch im Falle der Weiterveräußerung durch den Bereicherten (vgl. unten zu B und C). Es kann also nicht angenommen werden, daß Wagner durch sein Ver-

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halten unter Schädigung des Müller einen Vorteil erlangt hat, dessen Zubilligung dem gesunden Rechtsempfinden gröblich widersprechen würde. Da diese Ausgleichsansprüche bei Unwirksamkeit vorgesehen sind, müssen schon ganz besondere Umstände vorliegen, durch die gerade die Weigerung des Erfüllungszustandes durch den Vertragsgegner mit Treu und Glauben unvereinbar erscheint. Vgl. die Übersicht über die derzeitige Rechtsprechung des BGH in JuS 66/429ff. und 68/138. So hatte in RG J W 1938/1023 der Geschädigte im Vertrauen auf eine wirksame Bürgschaftsverpflichtung seinen bisherigen Darlehnsschuldner aus der Haft entlassen und auf Teilnahme am Konkurs des neuen Darlehnsschuldners verzichtet. In der bedeutsamen Entscheidung RG 153/60, in der der Grundsatz zu 3 in einer ähnlichen Fassung aufgestellt wird, hatte jemand ein Bäckereigrundstück auf Grund einer Pacht 5 Jahre lang genutzt; als er nach Beendigung des Pachtvertrages auf das vertraglich ausgemachte Wettbewerbsverbot in Anspruch genommen wurde, berief er sich auf die Ungültigkeit des — in der Hauptsache erledigten — Vertrags, weil ein im Vertrag vorgesehenes Vorkaufsrecht am Grundstück — das praktisch keine Bedeutung gewonnen hatte — nicht beurkundet gewesen sei. Mit Recht wurde dieser Einwand von allen drei Instanzen als unsittlich angesehen.

B. Die K l a g e M ü l l e r s auf R ü c k g a b e und R ü c k ü b e r e i g n u n g des M i e t g r u n d s t ü c k s Da die in erster Linie erhobene Klage auf Auflassung des Villengrundstücks abzuweisen ist, fragt sich, ob wenigstens dem Hilfsantrag auf Rückgabe des Mietgrundstücks stattgegeben werden kann. Die Stellung eines solchen Hilfsantrags ist zulässig, wenn die Tatsachen, die die beiden Anträge begründen, in einem inneren Zusammenhang stehen, insbesondere wenn, wie hier, der eventuell geltend gemachte Anspruch nur bei Abweisung des Hauptantrags zugesprochen werden kann. Vgl. Baumbach zu § 260 Anm. 2 C. Da kein Vertrag zustande gekommen ist, Wagner sich auch nicht nach Treu und Glauben so behandeln lassen muß, wie wenn ein Vertrag zustande gekommen wäre, ist Müller auf gesetzliche Ausgleichsansprüche angewiesen, um die an Wagner vorgenommene Vermögensverschiebung rückgängig zu machen. I. Ein Schadensersatzanspruch aus u n e r l a u b t e r H a n d l u n g scheidet von vornherein aus. In der Weiterveräußerung des dem Wagner zu Eigentum übertragenen Grundstücks liegt keine Eigentumsverletzung gegenüber Müller. Der Tatbestand der betrügerischen Erlangung des Eigentums (§ 823 Abs. 2 in Verbindung mit § 263 StGB) oder der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung nach § 826 ist — mangels jeglicher Anhaltspunkte im Tatbestand — nicht zu unterstellen. Man hüte sich vor U n t e r s t e l l u n g e n . Es ist davon auszugehen, daß der Tatbestand alles für die Fallösung Notwendige enthält, zumindest 4:

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aber, daß sich eine weitere Klärung nicht hat erzielen lassen. Zum Teil beruhen Unterstellungen auf der Sucht nach dem „ähnlichen Fall" oder doch nach einem dem Bearbeiter passenden Paragraphen. Sie führen dann zur „Tatbestandsquetsche", vgl. oben Vorbemerkung zu II 1. Aber auch abgesehen hiervon ist es grundsätzlich unzulässig, eine Geschäftsunfähigkeit, Unzurechnungsfähigkeit, Bösgläubigkeit oder Formungültigkeit eines Rechtsgeschäfts mangels irgendwelcher Anhaltspunkte einfach zu unterstellen. Im Zweifel ist hier alles in Ordnung. Sollte der Fall wirklich einmal zu Zweifeln Anlaß geben, z. B. wenn von einem Studenten die Rede ist, der volljährig oder minderjährig sein kann, so ist, wenn d a d u r c h die E n t s c h e i d u n g v e r s c h i e d e n a u s f ä l l t , in einer Hauptlösung von der näherliegenden Annahme, wahrscheinlich von der Volljährigkeit, auszugehen, und in einem Hilfsgutachten die andere Möglichkeit zu erörtern. Vgl. Diederichsen JuS 68/516 ff. II. Es bleibt nur der Anspruch aus u n g e r e c h t f e r t i g t e r Ber e i c h e r u n g (§ 812). Wagner hat durch die Leistung Müllers (Auflassung) in Verbindung mit der Eintragung auf Kosten Müllers etwas, nämlich das Eigentum an dessen Grundstück, und zwar ohne rechtlichen Grund erlangt. § 812 Abs. 1 S. 1 ist demnach gegeben. Das u n g ü l t i g e Verpflichtungsgeschäft hat die Wirksamkeit des E i g e n t u m s ü b e r g a n g s nicht beeinträchtigt. Denn der sachenrechtliche Erfüllungsvorgang, die Eigentumsübertragung, ist gegenüber dem schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäft abstrakt, d. h. unberührt von dessen Gültigkeit oder Ungültigkeit. A b s t r a k t sind alle sachenrechtlichen Vorgänge, wie die Übereignung, Hypotheken-, Pfand- und Nießbrauchbestellung, aber auch gewisse im Schuldrecht geregelte Verträge, wie die Zession, Schuldübernahme, das abstrakte Schuld versprechen, die Eingehung einer Wechselverbindlichkeit. K a u s a l sind die meisten im Schuldrecht geregelten besonderen Schuldverhältnisse; es handelt sich hier um Rechtsgeschäfte, denen eine causa ihr besonderes Gepräge gibt, wie die causa credendi beim Darlehn, die causa acquirendi bei Kauf, Miete, Dienst- und Werkvertrag, die causa donandi bei der Schenkung, die causa solvendi bei der Erfüllung nach § 362. Die Trennung in abstrakte und kausale Rechtsgeschäfte hat den Vorteil, daß nach außen hin zum Schutz des Verkehrs klare Verhältnisse geschaffen werden. Ein Dritter, der die Sache vom Ersterwerber erhält, braucht sich nicht an die zwischen diesem und dessen Verkäufer bestehenden schuldrechtlichen Beziehungen zu stören. Sie hat den Nachteil, daß der Erwerber eine viel stärkere Rechtsstellung erhält, als ihm nach den zugrunde liegenden Rechtsbeziehungen gebührt. Der auf Grund der §§ 812 ff. vom Gesetz gegebene Ausgleich ist vielfach ungenügend, so insbesondere im Falle des § 817 bei einem unsittlichen Rechtsgeschäft, vgl. Lehmann, Allg. Teil § 25 III 2. Nach österreichischem allgemeinem BGB ist zur Eigentumsübertragung ein gültiges Kausalgeschäft erforderlich. Vielfach hilft man im deutschen Recht dadurch, daß man nach dem mutmaßlichen Willen der Parteien das Erfüllungsgeschäft b e d i n g t g ü l t i g sein läßt von der Gültigkeit des Kausalgeschäfts, oder indem man bei der wirtschaftlichen Einheit des ganzen Geschäfts auf § 139 hinweist.

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Vgl. Lehmann a. a. O. § 27 III 2, Palandt zu § 139 Anm. 4. Bei der Auflassung ist aber eine solche Abhängigkeit vom Kausalgeschäft durch § 925 Abs. 2 untersagt.

§ 814, wonach das zum Zweck einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden kann, wenn der Leistende gewußt hat, daß er zur Leistung nicht verpflichtet ist, steht dem Herausgabeanspruch nicht entgegen. Es ist im Tatbestand kein Anhaltspunkt dafür vorhanden, daß Müller trotz positiver Kenntnis der Rechtslage die Auflassung vorgenommen hat. Ein „Kennen-müssen" der Unwirksamkeit der Verpflichtung genügt nicht. Auch grobe Fahrlässigkeit schadet nicht. Sogar bei positiver Kenntnis des nichtigen Kausalgeschäfts steht § 814 einer Rückforderung nicht entgegen, wenn Müller in der Erwartung geleistet hat, die Angelegenheit käme dadurch in Ordnung. Er kondiziert dann nicht auf Grund des § 812 Abs. 1 S. 1 (Leistung einer Nichtschuld), sondern nach § 812 Abs. 1 S. 2 Halbsatz 2 (wegen Nichteintritts des mit der Leistung bezweckten Erfolgs). Auf § 812 Abs. 1 S. 2 Halbsatz 2 ist aber § 814 nicht anwendbar. Vgl. Staudinger 7 zu § 814.

Dagegen steht dem Anspruch die Tatsache entgegen, daß Wagner das Grundstück inzwischen rechtswirksam an Schulze weiterveräußert hat und nunmehr weder Besitzer noch Eigentümer ist. Er ist daher zur Herausgabe außerstande und hat nach § 818 Abs. 2 den Wert zu ersetzen. Eine Verpflichtung, das Grundstück von Schulze zurückzuerwerben, besteht für ihn nicht. Wahrscheinlich ist er dazu auch nicht imstande, da Schulze zur Rückgabe rechtlich nicht verpflichtet ist. C. K l a g ä n d e r u n g auf E r s a t z l e i s t u n g ? Der Eventualantrag Müllers auf Rückgabe und Rückübereignung des Grundstücks müßte ebenso wie der zu I behandelte Hauptantrag abgewiesen werden. Jedoch kann es angebracht sein, im Wege des richterlichen Fragerechts (§ 139 ZPO) Müller darauf hinzuweisen, daß er statt auf Rückgabe usw. auf Ersatz klagen kann. Ändert daraufhin Müller seinen Klagantrag, so liegt zwar eine Klagänderung vor, der Wagner an sich widersprechen kann (§ 264 ZPO), da einer der Ausnahmefälle des § 268 ZPO nicht gegeben ist. Das Gericht wird aber die Klagänderung aus prozeßökonomischen Gründen als sachdienlich zulassen (§ 264 ZPO), da dadurch die sachliche Erledigung des Streitfalls gefördert und ein neuer Prozeß vermieden wird (vgl. BGH 33/400 und Baumbach zu § 264 ZPO Anm. 4 B). I. Als Ersatzansprüche kommen in Betracht: 1. Nach § 818 Abs. 2 kann Müller den g e m e i n e n V e r k e h r s w e r t für sein Grundstück ersetzt verlangen. 63

2. Kannte Wagner den Mangel des rechtlichen Grundes zur Zeit der Weiterveräußerung, so kann Müller darüber hinaus S c h a d e n s e r s a t z gemäß § 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 292, 989 verlangen, falls er einen durch den gemeinen Verkehrswert nicht gedeckten Schaden erlitten hat. II. Dagegen kann Müller nicht Herausgabe des von Wagner bei der Weiterveräußerung erzielten E r l ö s e s verlangen. 1. § 816 Abs. 1 S. 1 trifft nicht zu, da es sich dort um die Verfügung eines (dinglich) Nichtberechtigten handelt. Wagner war aber als Eigentümer des Grundstücks zur Verfügung dinglich berechtigt. 2. Auch auf § 818 Abs. 1 (Herausgabe des „auf Grund eines erlangten Rechtes" Erworbenen) läßt sich ein Surrogatanspruch nicht stützen. Wie der Wortlaut des § 818 Abs. 1, namentlich im Vergleich zu dem weitergehenden §163811 ergibt, umfaßt die Herausgabepflicht nach §818 Abs. 1 nur das sog. commodum ex re (z. B. die Einnahme aus einer grundlos erlangten Forderung oder Schadensersatzansprüche für eine Sache), nicht dagegen das sog. commodum ex negotiatione, d. h. den rechtsgeschäftlichen Erwerb. Dieser beruht in erster Linie auf dem Vertrage, nicht auf dem erlangten Gut selbst. Der den gemeinen Wert übersteigende Gewinn einer Weiterveräußerung verbleibt also dem Empfänger. (Vgl. Enneccerus-Lehmann § 227 I 3 und Palandt zu § 818 Anm. 4.) Eneccerus-Lehmann a. a. O. will der darin liegenden Ungerechtigkeit durch eine e n t s p r e c h e n d e Anwendung des §281 zumindest bei B ö s g l ä u b i g k e i t des Bereicherungsschuldners abhelfen. Über die Bedeutung des § 281 im einzelnen vgl. den nächsten Fall.

7. F a l l 2. Klausurarbeit A gibt für die Zeit seiner Sommerreise seinen Silberkasten im Wert von 1000 DM dem Goldschmied B gegen eine angemessene Vergütung in Verwahrung. Während einer Geschäftsreise des B verkauft dessen Prokurist P den Silberkasten für 1200 DM an C. Diesem wird er aus seiner Wohnung gestohlen. Alle Nachforschungen sind vergebens. A verlangt, nachdem er von der Reise zurückgekehrt ist und den Sachverhalt erfahren hat, von B Herausgabe des von C gezahlten Kaufpreises, mindestens aber Wertersatz in Höhe von 1000 DM. C verlangt gleichfalls von B Rückzahlung des Kaufpreises, da der Silberkasten dem A gehört habe und da A das Silber bereits wiederholt benutzt habe. B bittet um ein Gutachten über die Rechtslage. 54

Vorbemerkung Aufbau Der Aufbau richtet sich nach den Ansprüchen A's und G's gegen B. Bei den Ansprüchen A's ist weiter zu unterscheiden: Ansprüche auf Herausgabe des Kauferlöses und auf Wertersatz. Damit ist der Aufbau nach den Fragen: „Wer will von wem was ?" festgelegt. Als Anspruchsgrundlagen für das Begehren A's auf Wertersatz kommen wieder Vertragsverletzung und Delikt in Betracht. Als Anspruchsgrundlagen auf Herausgabe eines Surrogats (eines Ersatzgegenstandes oder des Erlöses) sind die §§ 281, 816 und 687 Abs. 2 in Verbindung mit § 681 S. 2 typisch. An diese Bestimmungen ist stets bei Surrogatsansprüchen zu denken. Vgl. Diederichsen JuS 68/325. Gutachten A. A n s p r ü c h e des A gegen B I. Ansprüche auf H e r a u s g a b e des von G gezahlten K a u f p r e i s e s in Höhe von 1200 DM. 1. In erster Linie ist eine v e r t r a g l i c h e Anspruchsgrundlage zu prüfen. Zwischen A und B besteht ein entgeltlicher Verwahrungsvertrag (§§ 688ff.), also ein gegenseitiger Vertrag gemäß §§ 320ff. Die ordnungsmäßige Aufbewahrung und Rückgabe der aufzubewahrenden Sache ist eine Hauptpflicht des Verwahrers (vgl. § 688). Infolge Verkaufs des Silberkastens durch den Prokuristen ist dem B die weitere Verwahrung und die Rückgabe unmöglich geworden. Die Rechte des A bestimmen sich demnach — mangels besonderer Bestimmungen in den §§ 688ff. — nach den §§ 323 oder 325. Der § 323 setzt nicht zu vertretende Unmöglichkeit voraus. Ob das eine oder andere vorliegt, kann aber für den Herausgabeanspruch auf den Erlös dahingestellt bleiben. Denn nach beiden Vorschriften ist es dem A möglich, gemäß § 281 Herausgabe des für den geschuldeten Gegenstand erlangten Ersatzes zu verlangen (vgl. § 323 Abs. 2 und 325 Abs. 1 S. 3, wo auf § 323 verwiesen wird). Verlangt A Herausgabe, so bleibt er zur Gegenleistung verpflichtet, muß also die für die Verwahrung vereinbarte angemessene Vergütung bezahlen, § 323 Abs. 2. Es wäre falsch, im vorliegenden Falle sofort §281 anzuwenden und die §§ 323, 325, die erst auf § 281 verweisen, zu übergehen. Denn bei im Verhältnis gegenseitiger Abhängigkeit stehenden sog. gegenseitigen (synallagmatischen) Verträgen, wie Kauf, Miete, Dienst-, Werkvertrag und entgeltlicher Verwahrung, geben die §§ 323 ff. Sonderbestimmungen,

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die gerade die Einwirkung der Unmöglichkeit auf die Verpflichtung des andern Teils regeln. E s geht daher nicht an, bei einem gegenseitigen Vertrag nur die den einen Teil begünstigenden Bestimmungen der §§ 280, 281, 284 zu zitieren, ohne die in den §§ 323ff. geregelte Einwirkung auf die eigene Verpflichtung zu erwähnen. § 281 wäre unmittelbar nur anwendbar, wenn ein unentgeltlicher Verwahrungsvertrag, also ein einseitig verpflichtender Vertrag vorgelegen hätte. Vgl. Fikentscher § 44 I.

Bedenken könnte man noch haben, ob der Kaufpreis ein Ersatz im Sinne des § 281 ist. Der Ersatz muß „infolge des Umstandes, der die Leistung unmöglich macht, erlangt sein". Streng genommen wurde die Leistung erst durch die Ü b e r e i g n u n g des Silberkastens an G unmöglich, während der Kaufpreis schon auf Grund des von P mit C geschlossenen o b l i g a t o r i s c h e n K a u f v e r t r a g s geschuldet und gezahlt wurde. Das Merkmal in § 281 „infolge des Umstandes", also der Zusammenhang zwischen Ersatz und Unmöglichkeit ist aber im wirtschaftlichen Sinne zu verstehen. Wirtschaftlich gesehen sind Verkauf und Veräußerung in Erfüllung des Verkaufs eine Einheit. Der durch Verkauf der Sache erzielte Gegenwert, das sog. commodum ex negotiatione, fällt also unter §281. Vgl. Enneccerus-Lehmann § 46 II und Staudinger 10 zu § 281. Nach RG 120/351 geht der Grundgedanke des § 281 dahin, daß Vermögenswerte, die gewissen Personen zugeflossen sind, denen sie nach den zugrunde liegenden Wirtschaftsbeziehungen nicht gebühren, auf die in Wahrheit berechtigten Personen übertragen werden sollen.

A kann also grundsätzlich den von P erzielten Kaufpreis heraus verlangen, bleibt aber an seine eigene Leistungspflicht zur Zahlung der vereinbarten Vergütung gebunden. 2. Als weitere Anspruchsgrundlage auf den erlangten Erlös kommt § 816 Abs. 1 S. 1 in Betracht. Diese Bestimmung will einen Ausgleich für einen Eigentumsverlust schaffen und steht daher gleichberechtigt neben § 281, der einen Ausgleich für die unmöglich gewordene Vertragsleistung darstellt. Es besteht Anspruchskonkurrenz. Die §§ 281, 816 treten an die Stelle der Ansprüche, die vor der Veräußerung des Silberkastens durch P gegen B bestanden. Bei Nichtveräußerung hätte A sowohl den vertraglichen Anspruch auf Rückgabe als auch den dinglichen Anspruch aus § 985 gegen B gehabt.

Voraussetzung für den Surrogatsanspruch aus §816 ist, daß ein Nichtberechtigter über einen Gegenstand eine Verfügung getroffen hat, die dem Berechtigten gegenüber wirksam ist. P, der den Silberkasten für B an C veräußerte, war nicht berechtigt, da dieser Kasten dem B nur zur Verwahrung überlassen war. Die Verfügung war wirksam, wenn der Erwerber gutgläubig war entweder bezüglich des Eigentums des durch P vertretenen B (§ 932) oder — da es sich bei B um einen Kaufmann 56

handelt — bezüglich seiner Verfügungsbefugnis (§366 Abs. 1 HGB). Die Ausnahme des § 935, daß die Sache dem A abhanden gekommen war, liegt nicht vor. Abhanden gekommen ist eine Sache, wenn sie dem unmittelbaren Besitzer ohne seinen Willen wegkommt. A hatte durch die Übergabe der Sache an B auf Grund eines Verwahrungsvertrags diesem freiwillig den unmittelbaren Besitz übertragen (§ 868). Während der Abwesenheit des B übte P als Prokurist den unmittelbaren Besitz aus. Da der gute Glaube des C zu vermuten ist, ist C somit durch Erwerb des Silberkastens von P Eigentümer geworden. Die Verfügung des P ist dem A gegenüber wirksam. A hat den Anspruch auf Herausgabe des Erlöses. Über, Abhandenkommen durch Angestellte vgl. im einzelnen Fall 13 zu A I unten S. 108.

A muß sich aber auch hier die mit B vereinbarte Vergütung in Abzug bringen lassen. Denn der nach § 816 Abs. 1 S. 1 herauszugebende Erlös ist nur ein Ersatz für das Eigentum des A, wie es auf Grund des mit B geschlossenen Vertrags bestand. Hätte B bzw. P die Sache nicht verkauft, so hätte B sie erst herausgeben müssen, wenn A die Vergütung bezahlt hätte. Insoweit hatte B ein Zurückbehaltungsrecht (§ 273). Es geht nun nicht an, das Surrogat für die Sache herauszuverlangen, ohne die Gegenleistung für die (durch das Surrogat ersetzte) Sache zu erbringen. Dem widerspricht auch der in § 818 Abs. 2 ausgedrückte Grundgedanke des Bereicherungsrechts, daß die Herausgabepflicht — abgesehen von §§ 818 Abs. 4, 819, 820 — nicht zu einer Verminderung des Vermögens des Bereicherten über den Betrag der Bereicherung hinaus führen darf. Da sowohl das Surrogat als auch die zu zahlende Vergütung in Geld bestehen, kann A nur die Differenz zwischen beiden als Bereicherung gemäß § 816 Abs. 1 S. 1 herausverlangen. Sog. Saldotheorie, nach der die Gegenleistung als ein Rechnungsfaktor, als Abzugsposten aufzufassen ist. Bs entsteht von vornherein nur ein in sich beschränkter Bereicherungsanspruch. Vgl. Staudinger Bern. 28 und 45ff. zu § 818 sowie Enneccerus-Lehmann § 227 III 2 und 3. Im Gegensatz hierzu will die sog. Zweikondiktionentheorie einen Ausgleich nur nach den Regeln der Aufrechnung oder Zurückbehaltung herbeiführen.

3. Schließlich ist noch § 687 Abs. 2 als Anspruchsgrundlage zu erwägen. § 687 Abs. 2 verweist auf § 681 S. 2 in Verbindung mit § 667. Danach ist alles, was aus einer Geschäftsbesorgung erlangt ist, an den Geschäftsherrn herauszugeben. § 687 Abs. 2 setzt aber voraus, daß der „Geschäftsführer" ein fremdes Geschäft führt, obwohl er weiß, daß er nicht dazu berechtigt ist. Ein (objektiv) fremdes Geschäft wird von P geführt, da er eine fremde Sache veräußert. Es fehlt ihm aber das Bewußtsein, daß er zur Veräußerung nicht berechtigt ist. Als Prokurist 57

konnte P sich zur Veräußerung befugt halten (§ 49 HGB). § 687 Abs. 2 scheidet demnach als Anspruchsgrundlage aus. Das o b j e k t i v fremde Geschäft, das in §687 Abs. 2 erfordert wird, steht im Gegensatz zu einem seiner Natur nach n e u t r a l e n Geschäft, wie es z. B. der A n k a u f einer Sache ist. Ein neutrales Geschäft kann e r s t d u r c h d e n W i l l e n des G e s c h ä f t s f ü h r e r s zu einer Geschäftsbesorgung für einen anderen werden. Es ist daher bei der unechten Geschäftsführung (§ 687 Abs. 2) nicht denkbar, da hier begrifflich der Wille, für einen anderen zu handeln, fehlen muß. Der Übersicht halber sei bemerkt: Eine Besorgung fremder Angelegenheiten ohne Auftrag kann in dreifach verschiedener Weise erfolgen: a) Als e c h t e Geschäftsführung, wenn der Geschäftsführer ein — gleichgültig, ob neutrales oder objektiv fremdes — Geschäft für e i n e n a n d e r e n , d. h. im Interesse eines anderen führt. Hieraufsind die §§ 677 ff. anzuwenden. Vgl. oben Fall 4 S. 31 f. b) Als u n e c h t e Geschäftsführung, wenn der Geschäftsführer ein o b j e k t i v fremdes Geschäft w i d e r b e s s e r e s W i s s e n für sich selbst besorgt. Hier ist § 687 Abs. 2 anzuwenden. Dieser Fall läge vor, wenn P trotz Kenntnis seiner Nichtberechtigung die Sache A verkauft hätte. c) Als Führung eines o b j e k t i v fremden Geschäfts im G l a u b e n , es h a n d l e s i c h um das e i g e n e . Die §§ 677ff. finden dann keine Anwendung (§ 687 Abs. 1). Dieser Fall liegt hier vor. Es bewendet bei den Ansprüchen aus ungerechtfertigter Bereicherung (oben zu 2) bzw. auf Schadensersatz (vgl. unten zu II).

II. Die Ansprüche auf den Erlös können bei einem Verkauf, der den Wert der Sache übersteigt, günstiger sein als die weiterhin geltend gemachten Ansprüche auf Wertersatz. Denn sie ermöglichen es, einen Gewinn einzustecken, den man selbst nicht gemacht hätte, der also auch unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes nicht zu verlangen wäre. Jedoch erscheint es im vorliegenden Falle fraglich, ob A mit dem Anspruch auf Herausgabe des Erlöses durchdringt. Denn G verlangt von B den gezahlten Kaufpreis zurück. Ist B hierzu ganz oder teilweise verpflichtet — was unten zu B untersucht wird •—, so kann der Herausgabeanspruch wertlos sein. Es sei deshalb geprüft, ob A mindestens W e r t e r s a t z in Höhe von 1000 DM verlangen kann. 1. In erster Linie kommt wieder ein v e r t r a g l i c h e r A n s p r u c h in Frage. B ist bei der hier vorliegenden Unmöglichkeit der Leistung nach § 325 zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er die Unmöglichkeit zu vertreten hat. Da nicht B selbst, sondern P den Kasten veräußert, fragt sich zunächst, ob er für das Verhalten des P einstehen muß. P ist hinsichtlich der geschäftlichen Angelegenheiten, wozu auch die Aufbewahrung des Kastens gehört, sein Erfüllungsgehilfe. Nach § 278 hat B für seinen Erfüllungsgehilfen einzustehen, wenn dieser die Vertragsverletzung verschuldet hat (§ 276). Ein Verschulden des P setzt voraus, daß dieser 58

wußte oder wissen mußte, daß der Silberkasten nur zur Verwahrung im Geschäft war und nicht zum Verkauf. Da der Tatbestand für eine solche positive Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis keinen Anhaltspunkt bietet, entfällt die Möglichkeit, den B für das Verhalten des P haftbar zu machen. Es bleibt aber die Möglichkeit, daß B selbst durch sein Verhalten die Unmöglichkeit schuldhaft herbeigeführt hat und daher unmittelbar aus § 325 in Verbindung mit § 276 haftet. Ein Verschulden kann darin gesehen werden, daß er bei seiner Abreise den P nicht darauf hingewiesen hat, daß der Kasten nur zur Verwahrung gegeben wurde. Zu einem solchen Hinweis war er dem A aus dem Verwahrungsvertrag heraus verpflichtet. Da ein Verschulden des P im Zweifel abzulehnen ist, bleibt somit nur die Annahme eines eigenen Verschuldens des B. Der geschädigte A kann demnach zumindest den Wert des Silberkastens verlangen. Er muß sich jedoch auch hier die dem B zu zahlende Vergütung in Anrechnung bringen lassen. Denn beim Schadensersatz wegen Nichterfüllung bleibt man — anders als beim Rücktritt infolge Unmöglichkeit oder Verzugs, §§ 325, 326 — beim Vertrag stehen, muß also die eigene Leistung erbringen und erhält die Gegenleistung in Form eines Ersatzes. Sog. Differenztheorie, vgl. oben S. 15, das Gegenstück der Saldotheorie bei der Bereicherung, oben I 2.

2. In der Veräußerung der Sache, die zur Übereignung an C geführt hat, liegt gleichzeitig eine Eigentumsverletzung, die den B aus Delikt schadensersatzpflichtig machen kann. Nach § 831 muß B für das Verhalten des P als Verrichtungsgehilfen einstehen, da eine objektiv widerrechtliche Schadenszufügung genügt und Verschulden des P nicht erforderlich ist. B kann sich aber gemäß § 831 Abs. 1 S. 2 für P exkulpieren. Eine eigene schuldhaft widerrechtliche Eigentumsverletzung des B, die ihn gemäß § 823 Abs. 1 haftbar macht, kann darin gesehen werden, daß er keine Vorsorge getroffen hat, die Sache gegen eine Veräußerung während seiner Abwesenheit zu schützen. Eine Pflicht hierzu bestand auf Grund des Umstandes, daß B die Verwahrung tatsächlich übernommen hatte (Rechtspflicht aus vorangegangenem Tun). So haften Spediteure, Lagerhalter und Frachtführer für die in ihrer Obhut befindlichen Sachen aus § 823 Abs. 1, auch wenn sie mit dem Eigentümer keinen Vertrag abgeschlossen haben. Vgl. BGH 46/140ff. unter III und Berg, Handelsrecht, Fälle 38, 39, 41. Die Vertragspflicht allein begründet noch keine Rechtspflicht zum Handeln, wie sie für das Vorliegen einer unerlaubten Handlung erforderlich ist, vgl. BGH 9/307.

B haftet somit jedenfalls aus § 823 Abs. 1. Der Umfang des Schadens (§ 249) ist der gleiche wie bei der Haftung wegen Vertragsverletzung. 59

B. A n s p r ü c h e des C g e g e n B I. Soweit C die Rückzahlung des Kaufpreises mit der Begründung verlangt, daß der Kasten dem A gehört habe, kommt ein Anspruch wegen eines R e c h t s m a n g e l s in Betracht. Nach § 433 Abs. 1 ist der Verkäufer verpflichtet, dem Käufer das Eigentum an der Sache zu verschaffen. Erfüllt er diese Verpflichtung nicht, so kann der Käufer gemäß § 440 in Verbindung mit §§ 325, 326 vom Vertrag zurücktreten und Rückgewähr seiner Leistung verlangen. Die in §440 bezogenen §§323ff. setzen an sich n a c h f o l g e n d e Unmöglichkeit voraus. Jedoch ist ihre Anwendbarkeit auf die hier meist vorliegende u r s p r ü n g l i c h e Unmöglichkeit allgemein anerkannt. Nur ist zu beachten, daß der Verkäufer bei ursprünglicher subjektiver Unmöglichkeit (sog. Unvermögen) nicht entsprechend § 323 befreit wird, sondern — aus einem Umkehrschluß zu § 306 — auch ohne Verschulden haftet. Vgl. Enneccerus-Lehmann § 107 I und oben S. 15.

Der Anspruch entfällt jedoch schon aus dem Grunde, weil G infolge seines guten Glaubens tatsächlich das Eigentum an dem Kasten erhalten hat. Dieser Erfolg ist entscheidend für die Frage, ob der Verkäufer seiner Pflicht aus § 433 Abs. 1 nachgekommen ist. Die Ansprüche wegen NichtVerschaffung des Eigentums nach § 440 haben keine große praktische Bedeutung, da der Käufer entweder das Eigentum auf Grund seines guten Glaubens erwirbt oder den Mangel positiv kennt und deshalb keine Ansprüche geltend machen kann (§ 439). Es bleiben nur die Fälle der grobfahrlässigen Unkenntnis und des gutgläubigen Erwerbs von gestohlenen, verlorenen und abhanden gekommenen Sachen, an denen gemäß § 935 ein gutgläubiger Eigentumserwerb ausgeschlossen ist.

II. Soweit C den Anspruch der Rückzahlung des Kaufpreises mit der Begründung verlangt, daß A das Silber bereits wiederholt benutzt habe, kommt ein Anspruch wegen eines S a c h m a n g e l s in Betracht. Gemäß § 462 kann der Käufer wegen eines nach den §§ 459, 460 beachtlichen Sachmangels Rückgängigmachung (Wandlung) oder Herabsetzung des Kaufpreises (Minderung) verlangen. Ein Mangel ist beachtlich, wenn dadurch der Wert zu dem gewöhnlichen oder dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch aufgehoben oder gemindert wird. Eine unerhebliche Minderung kommt nicht in Betracht (§ 459 Abs. 1 S. 1 u. 2). Die wiederholte Benutzung des Silbers kann als erheblicher Mangel bezeichnet werden. Gebrauchtes Silber ist im Wert herabgesetzt. Häufig finden sich auch Spuren des Gebrauchs. 1. Ob C trotz Verlusts des Kastens noch wandeln kann, richtet sich gemäß § 467 nach den §§ 350—354, die die Voraussetzungen des Rücktritts näher regeln.

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Die in § 467 gleichfalls bezogenen §§ 346—348 regeln dagegen die F o l g e n eines an sich zulässigen Rücktritts.

Nach §§ 350 und 351 wird der Rücktritt ausgeschlossen, wenn der Empfänger die Unmöglichkeit der Rückgabe verschuldet hat. Ob der Diebstahl des Silberkastens durch C verschuldet ist, insbesondere ob er infolge ungenügender Beaufsichtigung durch C oder seine Leute (§§ 278, 351 S. 2) ermöglicht wurde, geht aus dem Sachverhalt nicht hervor. Eine leichte Fahrlässigkeit (§ 276) würde ausreichen. Zwar gehörte die Sache dem C, und er war sich selbst gegenüber für eine Nachlässigkeit nicht verantwortlich. Wenn er aber trotz des Verlustes ein Recht auf Wandlung geltend macht, muß er sich jedes Verschulden anrechnen lassen. Es handelt sich um einen Fall des gegensätzlichen Verhaltens (venire contra factum proprium). Vgl. EnneccerusLehmann §39 II l e und die gleiche Rechtslage bei §254 im nächsten Fall zu B (S. 68).

2. Hat C schuldhaft den Diebstahl ermöglicht, so bleibt ihm die Möglichkeit der Minderung. Er kann somit auf jeden Fall verlangen, daß der Kaufpreis in dem Verhältnis herabgesetzt werde, in welchem zur Zeit des Verkaufs der Wert der Sache in mangelfreiem Zustande zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde, § 472 Abs. 1. Was er danach zuviel gezahlt hat, kann er aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 Abs. 1 S. 1) zurückverlangen. III. Es wäre noch zu erwägen, ob C wegen des Sachmangels gemäß § 119 Abs. 2 den Kaufvertrag anfechten und dann Rückforderung des Kaufpreises aus § 812 verlangen könnte. Der Mangel des Kastens (sein wiederholter Gebrauch) betrifft gleichzeitig eine wesentliche Eigenschaft der Sache im Sinne des § 119 Abs. 2. Gegen die Zulässigkeit der Anfechtung spricht aber, daß auf diese Weise der Zweck des Gesetzes, hinsichtlich der Mängel beim Kauf durch die §§ 459ff. (insbesondere durch die kurze Verjährung nach § 477) alsbald klare Verhältnisse zu schaffen, vereitelt würde. Ein Anfechtungsrecht wegen Irrtums ist daher ausgeschlossen, soweit wegen des Mangels die Spezialbestimmungen der § 459 ff. in Betracht kommen. So die höchstrichterliche Rechtsprechung vgl. insbesondere RG 138/543, BGH 16, 57, BGH NJW 1961/773 sowie Fikentscher § 70 IX 4 C und Flume § 24, 3 a). Es sei nochmals darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, erst Spezialvorschriften zu prüfen, ehe man sich den allgemeinen Vorschriften zuwendet. So gibt erst § 440 den Weg frei zu den §§ 320ff., wobei die Einschränkung in § 440 Abs. 2 zu beachten ist. Ebenso bietet erst § 467 die Möglichkeit, die allgemeinen Vorschriften der §§ 346 ff. anzuwenden. — Sogar allgemeine Vorschriften aus dem Schuldrecht (wie die §§ 320ff.,

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die für gegenseitige Verträge gelten) können noch allgemeinere Bestimmungen (wie die §§ 2 7 5 f f d i e für alle Schuldverhältnisse gelten) teils erst beziehen, teils modifizieren. Vgl. auch oben S. 39 und 55 f.

8. F a l l 2. Hansarbeit Frl. Marlene, erste Damenkraft bei Friseur Schulze, war im Besitz eines zahmen Zeisigs. Sie mußte umziehen und gab den Vogel ihrem Dienstherrn für einige Tage in Verwahrung. Das Tierchen war an Freiheit gewöhnt und flog frei in dem hinter dem Laden befindlichen Wohnzimmer umher. Da nahte das Schicksal in der Gestalt des Hundes Karo des Herrn Müller, eines Rasierkunden. Während Müller eingeseift wurde, ging Karo auf Entdeckungsreisen aus, fand die Tür zum Wohnzimmer nur angelehnt, tappte in das Zimmer hinein und sah sich dem Zeisig gegenüber, der offenbar den Neuankömmling als eine Art von Spielgefährten betrachtete und immer näher hüpfte, bis Karo, der anscheinend anderer Ansicht war, gedankenlos zuschnappte und — um den Zeisig wars geschehen. Zwischen Marlene und Müller fand ein lebhafter Wortwechsel statt. Marlene hielt Müller als Tierhalter für schadensersatzpflichtig, während Müller Marlene entgegenhielt, sie habe selbst für die genügende Unterbringung des Zeisigs aufzukommen, Vögel gehörten in ein Bauer und dürften nicht frei im Zimmer herumfliegen. Außerdem habe die Tür zwischen Laden und Wohnung verschlossen zu sein. Immerhin wurde Müller weich und versprach der bitterlich weinenden Marlene einen Ersatzzeisig. Damit erklärte sich diese zufrieden. Der Ersatzzeisig kam und wurde mit Dank in den Käfig gesetzt. Sehr bald stellte sich aber heraus, daß der neue Ankömmling sich in düsteres Schweigen hüllte und überhaupt nicht den Schnabel auftat, während der Verstorbene von morgens bis abends eigene Kompositionen geschmettert hatte. Marlene ging zur benachbarten Vogelhändlerin, und diese sachkundige Dame stellte fest, daß es sich bei dem Ersatzzeisig um eine Angehörige des schönen Geschlechts handelte, das zwar für die Fortpflanzung unentbehrlich sei, dem aber Apoll des „Gesanges Gabe, der Lieder süßen Mund" versagt habe. 62

Daraufhin stellte Marlene Herrn Müller das Fräulein Zeisig zur Verfügung, und als er die Rücknahme und Lieferung eines männlichen Ersatzzeisigs verweigerte, verklagte sie ihn auf Lieferung eines solchen. Müller beantragte Abweisung der Klage. Es liege konkurrierendes Verschulden vor. Er habe mit Lieferung eines, allerdings nicht vollwertigen Zeisigweibchens seiner halben Ersatzpflicht reichlich genügt. Wie ist zu entscheiden ? Trifft Marlene ein mitwirkendes Verschulden ? Vorbemerkung I. A u f b a u f r a g e n Der Fall ist dazu angetan, zu einem historischen Vorgehen zu verführen, d. h. die einzelnen Vorgänge in ihrer geschichtlichen Reihenfolge zu prüfen. Ein solches Vorgehen würde aber bei Beantwortung der Hauptfrage ( „ K a n n Marlene von Müller einen Ersatzzeisig verlangen ?") besonders deutlich machen, daß völlig Überflüssiges geprüft worden wäre. Wie unser Gutachten zeigen wird, interessiert bei dieser Frage weder das Verhältnis Marlenens zu Schulze noch die Tierhalterhaftung Müllers noch ein etwaiges mitwirkendes Verschulden. Im Vordergrund steht vielmehr das Versprechen, das Müller der Marlene gab und das dahin ging, ihr einen Ersatzzeisig zu liefern. Durch dieses Versprechen können die Beziehungen der Prozeßparteien Marlene/Müller auf eine völlig neue Grundlage gestellt worden sein, durch die die früheren Vorgänge rechtlich bedeutungslos wurden. Die früheren Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten bedürfen dann erst bei der 2. Frage einer näheren Untersuchung, hier aber nur deshalb, weil nach dem mitwirkenden Verschulden ausdrücklich gefragt ist, und diese Frage sich nur beantworten läßt, wenn man die sonstigen rechtlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten klärt. Auszugehen ist demnach beim Aufbau wie stets von der Anspruchsgrundlage, und zwar von d e r Anspruchsgrundlage, die alle übrigen Anspruchsgrundlagen ausschließen könnte. Das ist hier das Versprechen Müllers an Marlene. Man beginnt also gewissermaßen mit dem letzten Akt des Dramas. Das tut auch der Richter im Prozeß. Er legt seiner Entscheidung nur den Sachverhalt zugrunde, der in der letzten mündlichen Verhandlung vorgetragen wird und berücksichtigt hierbei alle Umstände, die zu einer rechtlich bedeutsamen Umgestaltung geführt haben, z.B. einen Vergleich in Vermögensstreitigkeiten oder eine Verzeihung in einem Scheidungsprozeß. Vgl. Berg, Gutachten S. 116 ff. II. M a t e r i e l l e F r a g e n Anders als in den bisherigen Fällen wird der Schadensersatzanspruch in erster Linie nicht auf Vertragsverletzung oder Delikt gestützt, sondern 63

auf ein besonderes, auf Erstattung des Schadens gerichtetes Versprechen, also auf eine vertragliche Pflicht zum Schadensersatz. Daß man sich vertraglich verpflichten kann, den durch einen Dritten verursachten Schaden zu ersetzen, zeigt das Versicherungsrecht. Die Besonderheit des vorliegenden Falles besteht darin, daß zu untersuchen ist, welche Bedeutung eine Verpflichtung zur Erstattung des s e l b s t verursachten Schadens hat. Eine solche Verpflichtung macht Schwierigkeiten in der rechtlichen Erfassung, da sie im BGB nicht geregelt ist. Sie muß aber rechtlich zulässig sein, da unser bürgerliches Recht von der Vertragsfreiheit beherrscht wird und jede Leistung zum Gegenstand einer vertraglichen Verpflichtung gemacht werden kann, vgl. §§ 241, 305. Es kommt nun darauf an, die vorliegende Verpflichtung zunächst von ähnlichen, im Gesetz geregelten Rechtsverhältnissen abzugrenzen und sodann aus der besonderen Interessenlage heraus eigenschöpferisch zu entwickeln. Solche Fälle, bei denen die Anspruchsgrundlage nicht ohne weiteres rechtlich zu erfassen ist, sind schwierig, aber auch besonders reizvoll. Man ersieht daran, daß das Leben viel zu mannigfaltig und neuschöpferisch ist, als daß das Gesetz es völlig erfassen und regeln kann. Man hüte sich daher, das Gesetz und seine Begriffe zu überschätzen und krampfhaft alle Lebensvorgänge in Rechtsbegriffe zu pressen. Nicht die Rechtsbegriffe sind das Primäre, sondern die Tatbestände des Lebens. Die Begriffe sind nur Abstraktionen, gewonnen aus der Anschauung vieler gleichgelagerter Fälle. Sie passen bei weitem nicht auf jeden Fall. Stets ist daher auf die Interessenlage des konkreten Falles Rücksicht zu nehmen und aus dieser Interessenlage heraus die Entscheidung zu treffen. S. Diederichsen JuS 68/467. Die 2. Frage („Trifft Marlene ein mitwirkendes Verschulden ?") führt zu den bereits bekannten Anspruchsgrundlagen aus unerlaubter Handlung und Tierhalterhaftung. Eine Ergänzung dieser Anspruchsgrundlagen bringen die Untersuchungen über mitwirkendes Verschulden. Die Art, in der diese Untersuchungen geführt werden, bietet gleichzeitig ein Beispiel, wie man sich mit einer bestrittenen Rechtsfrage auseinandersetzt. Gutachten A. Die K l a g e M a r l e n e s g e g e n M ü l l e r auf L e i s t u n g eines Ersatzzeisigs I. Für den Klaganspruch ist in erster Linie entscheidend, wie das Versprechen Müllers auf Lieferung eines Ersatzzeisigs auszulegen ist. Handelt es sich um ein vertragliches Versprechen, so kann Müller schon aus dem Gesichtspunkt des Vertrags zum Schadensersatz verpflichtet sein.

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1. Zu denken ist zunächst an eine v e r g l e i c h s w e i s e Erledigung des Streitfalles. Ein Vergleich setzt ein gegenseitiges Nachgeben voraus (§ 779). Nachgegeben hat hier nur Müller. Marlene hätte im Wege der Naturalrestitution (§ 249) nichts anderes als einen Ersatzzeisig verlangen können. Ein besonderer Liebhaberwert (ein Affektionsinteresse) ist nicht zu ersetzen. Der Tatbestand spricht auch nicht dafür, daß Marlene ein solches Liebhaberinteresse geltend gemacht und dann „vergleichsweise" hierauf verzichtet hätte. Ein Vergleich liegt demnach bei dem Versprechen Müllers nicht vor. 2. Es könnte weiterhin ein a b s t r a k t e s S c h u l d a n e r k e n n t n i s im Sinne von § 781 vorliegen. Da dieses Schuldanerkenntnis aber nicht vergleichsweise abgegeben worden wäre und deshalb der Schriftform bedurfte (§§ 781, 782), wäre es schon wegen Formmangels ungültig (§ 125). Es erscheint auch fraglich, ob die Parteien ein abstraktes Schuldanerkenntnis haben begründen wollen. Ein solches setzt voraus, daß sie eine n e u e s e l b s t ä n d i g e Verpflichtung schaffen wollten, die den Anspruch unabhängig von dem bestehenden Rechtsgrund begründet. Ein dahingehender Wille ist nicht anzunehmen. Müller will durch sein Versprechen lediglich den Inhalt seiner Schadenersatzverpflichtung festlegen, nicht aber einen abstrakt selbständigen Verpflichtungsgrund schaffen. Der Vorteil eines abstrakten Schuldanerkenntnisses oder — was sachlich dasselbe ist — eines abstrakten Schuldversprechens gemäß § 780 liegt in der Umkehr der Beweislast. Der Versprechensempfänger braucht nicht das zugrunde liegende Schuldverhältnis darzulegen, sondern nur die Verpflichtungsurkunde vorzulegen. Es ist Sache des Anerkennenden, ein ohne rechtlichen Grund gegebenes Versprechen durch eine — von ihm zu begründende und zu beweisende — Kondiktion rückgängig zu machen, § 812 Abs. 2.

3. Das Versprechen könnte lediglich die Bedeutung eines B e w e i s m i t t e l s als eines Zeugnisses gegen sich selbst haben und damit ohne unmittelbar verpflichtende Wirkung sein. Es wäre dann nur im Rahmen einer anderen Anspruchsgrundlage zu würdigen, insbesondere was die Frage eines Verschuldens oder überwiegenden Mitverschuldens betrifft. Der Richter könnte im Wege der freien Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) daraus auf ein Verschulden Müllers schließen, da dieser sich durch diese Erklärung selbst als schuldig angesehen habe. Vgl. Enneccerus-Lehmann §201 II 1. Solche einseitigen Erklärungen kommen bei Schadensfällen, insbesondere Autounfällen, häufig vor, wenn der Schädiger dem Verletzten erklärt, er komme für alles auf. S. hierzu Körner JR 1962/298.

Das Versprechen Müllers ist aber mehr als eine bloß e i n s e i t i g e Erklärung. Frl. Marlene hat es als verpflichtende Erklärung angenommen 5

B e r g , Barger]. Becht, 10. Aufl.

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und sich mit der Lieferung eines Ersatzzeisigs ausdrücklich einverstanden erklärt. 4. Es muß daher eine v e r t r a g l i c h e Anerkennung der Ersatzpflicht seitens Müllers angenommen werden. Im Gegensatz zu dem sog. konstitutiven Anerkenntnis des § 781 handelt es sich um ein sog. deklaratorisches Anerkenntnis. Bei dein konstitutiven Schuldanerkenntnis wird eine neue Verpflichtung unabhängig (abstrakt) von der bisherigen Verpflichtung begründet. (Der Beklagte verspricht schlechthin, 100 DM zu zahlen.) Beim deklaratorischen Schuldanerkenntnis wird eine bestehende Verpflichtung zum Inhalt (zur causa) einer anderen Verpflichtung. Eine aus einem Unfall sich ergebende g e s e t z l i c h e Schadensersatzpflicht wird dadurch zum Inhalt einer v e r t r a g l i c h e n Verpflichtung. Der Unterschied zwischen einem abstrakten und einem deklaratorischen Schuldanerkenntnis zeigt sich in den Folgen. Ein abstraktes Schuldanerkenntnis muß wegen seiner Abstraktheit kondiziert werden, wenn es zu Unrecht gegeben wurde. Es gilt gewissermaßen als Erfüllung, sei es nun, daß es an Erfüllungs Statt oder erfüllungshalber gegeben wurde (vgl. § 364 Abs. 1 und 2). Das deklaratorische Schuldanerkenntnis dagegen enthält nur eine vertragliche Festlegung des Inhalts und Umfangs der Schadenersatzpflicht. Es wird weder an Erfüllungs Statt noch erfüllungshalber gegeben, sondern setzt nur an Stelle einer gesetzlichen eine vertragliche Verpflichtung. Die Parteien wollen lediglich das bereits vorhandene Schuldverhältnis ihrem Streit entrücken und damit die Anrufung des Gerichts vermeiden (RG, JW16/960, vgl. auch Palandt zu § 781 Anm.2 a, der das prozessuale Anerkenntnis nach § 3Ö7ZPO hierher rechne^). Ein solches Anerkenntnis bedarf daher nicht der Kondiktion. Es ist wie ein Vergleich ohne weiteres unwirksam, wenn beide Parteien von falschen Voraussetzungen ausgingen, wenn sich z. B. später herausstellt, daß nicht der Hund des Müller, sondern der des Meier den Zeisig getötet hat, vgl. RG 108/108 f. Wie ein Vergleich hat es aber auch die Wirkungen, daß Einwendungen, die dem Versprechenden bekannt waren, nicht mehr erhoben werden können. Wie ein Vergleich ist es als kausaler Vertrag formlos gültig. Das deklaratorische Schuldanerkenntnis ist zwar kein Vergleich, aber es kann wie ein Vergleich behandelt werden. Denn es ist sachlich kein Unterschied, ob bei einem zum Schadenersatz verpflichtenden Unfall beide Parteien nachgeben oder nur eine Partei. In beiden Fällen wollen die Parteien den Inhalt der Leistung vertraglich festlegen. Es handelt sich beidemal um kausale zur Leistung verpflichtende Verträge. Vgl. Enneccerus-Lehmann § 201 II 4, der von Feststellungsvertrag spricht, BGH NJW 63/2316, dazu Sellert N J W 68/230; z. T. abw. Larenz § 59 II, nach dem nur Einreden in eig. S. ausgeschlossen sein sollen. 66

Müller hat sich demnach durch sein Versprechen, einen Ersatzzeisig zu liefern, vertraglich verpflichtet, seiner gesetzlich bestehenden Schadenersatzpflicht nachzukommen. Wie die Verhandlungen, die zu dem Versprechen führten, ergeben, hat er gleichzeitig den ursprünglich erhobenen Einwand des mitwirkenden Verschuldens fallen gelassen und damit für die Zukunft auf diesen Einwand verzichtet. Marlene kann daher Müller aus seinem Versprechen in Anspruch nehmen. Sie braucht nur dieses Versprechen als Klagebegründung vorzutragen, wobei sie den Anlaß und die Art seines Zustandekommens schildern muß, um den Umfang und die kausale — namentlich auch entgeltliche (sonst evtl. Schenkung ?) — Art des Versprechens darzutun. Sie braucht aber nicht die Voraussetzungen der Tierhalterhaftung (§ 833) oder der unerlaubten Handlung wegen schuldhafter rechtswidriger Sachbeschädigung des Müller (§ 823) im einzelnen darzulegen. Da dieses Versprechen, die Art seines Zustandekommens und der Gang der Verhandlungen von Müller nicht bestritten werden, braucht sie keinerlei Einwendungen mehr zu fürchten. Insbesondere kann Müller sich nicht mehr auf mitwirkendes Verschulden berufen. II. Zu untersuchen ist nur noch, ob Müller sein Versprechen erfüllt hat, als Frl. Marlene den Ersatzzeisig annahm. Die Annahme als Erfüllung erfordert nicht, daß Marlene die Leistung als tadellose angenommen h a t ; es genügt, daß sie sie als im wesentlichen schuldgemäße Erfüllung entgegengenommen hat. (So Palandt zu § 363 Anm. 2 sowie RG 109/295). Das liegt hier vor. Jedoch hat Marlene damit ihre Rechte nicht verloren. Sie braucht nicht einmal nach § 119 anzufechten — die Erfüllung als solche ist zudem kein anfechtbares Rechtsgeschäft, sondern ein tatsächlicher Vorgang —, sondern es bedarf nur des Nachweises, daß der gelieferte Ersatzzeisig nicht als Erfüllung angesehen werden kann. Diesen Nachweis muß allerdings Marlene erbringen. Zwar ist die Erfüllung als rechtsvernichtender Einwand grundsätzlich vom Schuldner (Müller) zu beweisen. Durch die Annahme der Leistung als Erfüllung hat sich aber die Beweislast umgedreht und trifft Marlene, wenn sie die Leistung deshalb nicht als Erfüllung gelten lassen will, weil sie eine andere als die geschuldete Leistung oder weil sie unvollständig gewesen sei, § 363. Dieser Nachweis macht hier keine Schwierigkeiten. Er ergibt sich aus dem unbestrittenen Sachverhalt von selbst. Ein weiblicher, nicht singender Zeisig ist kein Ersatz für ein singendes Zeisigmännchen. Wenn Müller mit seinem Versprechen einen weiblichen Zeisig gemeint hat, so ist das unbeachtlich. Willenserklärungen sind so auszulegen, wie sie der andere Teil, für den sie bestimmt sind, nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen muß. Es ist selbstverständlich, daß Marlene unter dem versprochenen Ersatzzeisig 6»

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nur einen Singvogel verstehen konnte. Der im Prozeß von Müller vorgebrachte Einwand, er habe mit einem Zeisigweibchen seiner nur halben Ersatzpflicht vollauf genügt, ist deshalb unbeachtlich, weil Müller mit seinem Versprechen auf den Einwand des mitwirkenden Verschuldens verzichtet hat. Wollte er gleichwohl nur „halb" erfüllen, so ist dieser nach außen nicht erklärte Wille als geheimer Vorbehalt unwirksam (§ H 6 ) .

Marlene wird daher mit ihrer Klage auf Lieferung eines Ersatzzeisigs Erfolg haben. Weigert sich Müller nach Erlaß des Urteils, das Urteil zu erfüllen, so geschieht die Vollstreckung nach § 887 ZPO. Marlene kann danach vom Prozeßgericht ermächtigt werden, die Handlung auf Kosten des Schuldners vornehmen zu lassen. Dann wird sie selbst einen Zeisig kaufen und die Kosten hierfür von Müller im Wege der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen beitreiben.

B. T r i f f t M a r l e n e ein m i t w i r k e n d e s V e r s c h u l d e n ? Diese Frage muß gesondert erörtert werden, weil sie für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht geprüft zu werden brauchte. I. Das in § 254 geregelte „mitwirkende Verschulden" begründet keine Schadenersatzpflicht gegen andere, sondern bedeutet lediglich den Verlust oder die Minderung eines gegen einen anderen bestehenden Anspruchs. Der Geschädigte darf im Interesse des Schädigers nicht gegen die Gebote des eigenen wohlverstandenen Interesses verstoßen. Man spricht von einem „Verschulden gegen sich selbst". § 254 ist demnach eine besondere Gestaltung des Gedankens von Treu und Glauben und des Verbots des „venire contra factum proprium". Es handelt sich um einen allgemeinen Rechtsgedanken, der für alle Schadensfälle Geltung hat, gleichgültig ob sie aus Vertragsverletzung, schuldhafter unerlaubter Handlung oder Gefährdungshaftung herrühren. Vgl. BGH 34/355 ff. § 254 gilt darüber hinaus nicht nur im Schadensersatzrecht, sondern überall, wo ein beiderseitiges „Verschulden" gegeneinander abzuwägen ist, z. B. bei Zulässigkeit des Rücktritts wegen beiderseits verschuldeter Unmöglichkeit, bei einem Anspruch aus Eigentumsstörung, bei Ausgleich unter Gesamtschuldnern. Vgl. Staudinger 20ff. zu § 254. Prozessual gesehen, liegt eine Einwendung vor, nicht eine Einrede, d. h.: das mitwirkende Verschulden ist von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn es sich aus der Sachlage ergibt. Das folgt notwendig aus der Erkenntnis, daß es sich um eine durch Treu und Glauben gezogene „Beschränkung des Anspruchsinhalts" handelt. Vgl. Fall 6 zu A III oben S . 4 9 f . sowie Enneccerus-Lehmann § 1 6 V , Palandt zu §254 Anm. 7.

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Ist es somit für die Zulässigkeit des Einwands aus § 254 an sich gleichgültig, ob die Schadenersatzpflicht des Müller aus Verschulden oder Gefährdungshaftung herrührt, so ist doch die Frage, ob Verschulden oder bloße Gefährdungshaftung vorliegt, von Bedeutung für die A b wägung des „Verschuldens" Marlenens. Einer bloßen G e f ä h r d u n g s haftung gegenüber wird ein V e r s c h u l d e n M a r l e n e n s schwerer in die Waagschale fallen als einem V e r s c h u l d e n M ü l l e r s gegenüber. Es ist deshalb zu prüfen, auf welche gesetzliche Anspruchsgrundlage sich Marlene berufen kann. 1. In Betracht kommt zunächst die T i e r h a l t e r h a f t u n g gemäß §833. Danach haftet Müller ohne Verschulden. Die bei Haustieren gemäß § 833 S. 2 mögliche Exkulpation ist wohl nicht gegeben. Der Hund ist zwar ein Haustier. Der Tatbestand enthält aber keine Anhaltspunkte dafür, daß der Hund dem Beruf (etwa als Jagd- oder Polizeihund) oder der Erwerbstätigkeit (etwa als Blindenhund eines Erwerbstätigen, evtl. auch als Wachhund bei einem Landwirt) oder dem Unterhalt des Müller dient. 2. In Betracht kommt weiter eine Haftung aus § 823 Abs. 1 wegen s c h u l d h a f t e r Eigentumsverletzung. §823 ist neben §833 anwendbar, da § 833 keine Sonderregelung darstellt, sondern eine Erweiterung der Haftpflicht bedeutet, Enneccerus-Lehmann § 253 IV 4b. Vgl. oben Fall 3 S. 25.

Ein Verschulden Müllers liegt in der m a n g e l h a f t e n B e a u f s i c h t i g u n g des Hundes. Die Pflicht zur Beaufsichtigung ergibt sich aus dem Mitnehmen des Hundes. Dadurch setzte Müller eine Gefahrenquelle, die ihn zu einer besonderen Aufsicht verpflichtete. Müller durfte den Hund nicht frei im Zimmer herumschnüffeln lassen; er mußte zumindest darauf achten, daß der Hund sich nicht aus seinem Gesichtskreis entfernte. II. Das mitwirkende Verschulden Marlenens kann in ihrem eigenen Verhalten, aber auch in einem Einstehenmüssen für fremdes schuldhaftes Verhalten liegen. 1. Ein e i g e n e s Verschulden Marlenens könnte nur darin gesehen werden, daß sie bei Schulze nicht darauf drängte, daß das Tier ständig im Bauer eingeschlossen blieb. Ein Verschulden ist aber zu verneinen, da dem Tier im Wohnzimmer an sich keine Gefahr drohte und das Tier an ein freies Umherfliegen gewöhnt war. 2. Ein V e r s c h u l d e n des F r i s e u r s ist dagegen zu bejahen, da dieser die Wohnzimmertür offen ließ und dadurch das Eindringen des Hundes ermöglichte. Jedenfalls durfte der Friseur die Tür nicht offen lassen, solange der Hund im Laden herumtappte.

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Marlene muß für dieses Verschulden des Friseurs einstehen, wenn § 278 entsprechend anwendbar ist. a) § 278 ist nur im 2. Absatz des § 254 für entsprechend anwendbar erklärt, also namentlich bei der Pflicht zur Schadensminderung. Es ist aber kein Grund ersichtlich, ihn nicht entsprechend auch bei der Schadensentstehung (Schadensverursachung) anzuwenden. §278 wird daher allgemein für § 254 Abs. 1 und 2 für anwendbar erklärt. Er ist gesetzestechnisch als Abs. 3 von § 254 zu denken. (EnneccerusLehmann § 16 II 1, Palandt zu § 254 Anm. 4, BGH 3/48). Sehr bestritten ist aber, ob die „entsprechende" Anwendung des § 254 ein bereits bestehendes, insbesondere ein vertragliches Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten erfordert, weil § 278 seinem Wortlaut nach ein solches Schuldverhältnis voraussetzt, oder ob § 278 schlechthin anwendbar ist. Die engere Auffassung wurde in ständiger Rechtsprechung vom Reichsgericht vertreten (vgl. RG 140/7, 156/205, 159/292). Ihr hat sich der Bundesgerichtshof angeschlossen (vgl. BGH 1/248, 3/46, NJW 1965/ 962). Nach neuerer Rechtsprechung (vgl. BGH 9/316, 24/325, 33/247). genügt allerdings für die entsprechende Anwendung des § 278 schon, daß der Geschädigte „in den Schutzbereich eines zwischen dem Schädiger und einem Dritten geschlossenen Vertrags einbezogen ist". Die Rechtslehre ist dagegen überwiegend der Auffassung, daß der Geschädigte sich stets analog § 278 das Verschulden dessen zurechnen lassen müsse, dem er die Sorge für das geschädigte Gut übertragen habe; auf das Bestehen eines vertraglichen oder besonderen gesetzlichen Schuldverhältnisses zwischen Geschädigten und Schädiger komme es nicht an. Vgl. insbesondere Enneccerus-Lehmann § 16 II, vermittelnd Medicus NJW 1962/2081 ff. mit weit. Hinweisen. Die Frage hat hier praktische Bedeutung, weil vor dem Schadenseintritt schuldrechtliche Beziehungen zwischen Marlene und Müller nicht bestanden haben. Die höchstrichterliche Rechtsprechung „verschärft unerträglich die Haftung des Schädigers, wenn auf der Seite des Geschädigten eine Hilfsperson schuldhaft mitgewirkt hat" (Enneccerus-Lehmann § 16 II 2). Die Rechtsprechung will zwar helfen, indem sie bei außervertraglichen Beziehungen den § 831 „entsprechend" anwendet. Das ist aber meist nur ein theoretischer Ausweg, weil die Möglichkeit der Exkulpation gemäß § 831 S. 2 besteht. Marlene dürfte leicht den Nachweis erbringen, daß sie bei der Auswahl des Schulze als Verwahrer sorgfältig verfahren ist. Die Nichtanwendung des § 278 führt also praktisch dazu, daß bei unerlaubten Handlungen „der Schädiger das Verschulden der Gehilfen des Beschädigten mitzuvertreten hat" (Enneccerus-Lehmann a. a. 0.). Der von der Rechtslehre überwiegend vertretenen Auffassung ist daher zuzustimmen. 70

b) Wendet man § 278 auf den Fall an, so muß Marlene für das Verschulden des Friseurs einstehen. Es fragt sich aber, ob sie auch für eine nur leichte Fahrlässigkeit des Schulze haftet. Zwischen ihr und Schulze besteht ein unentgeltlicher Verwahrungsvertrag, so daß Schulze ihr gegenüber nur für Verschulden in eigenen Angelegenheiten (culpa in concreto) haftet (§ 690, vgl. auch § 277). Das Verhältnis Marlene/Schulze ist aber nicht maßgebend für das Verhältnis Marlene/Müller. Marlene hat Müller gegenüber für Schulze nicht einzustehen wie Schulze ihr gegenüber, sondern wie für ihr e i g e n e s Verschulden gegenüber Müller. Müller gegenüber hat sie aber nach § 254 jedes Verschulden zu vertreten. Sie haftet daher auch für eine nur leichte Fahrlässigkeit des Schulze, die jedenfalls vorliegt. III. Wägt man das V e r s c h u l d e n Müllers — nicht seine bloße Gefährdungshaftung — und das Verschulden Schulzes miteinander ab, so ergibt sich, daß das Verschulden Müllers bei weitem überwiegt. Müller hätte nicht dulden dürfen, daß sein Hund in ein anderes Zimmer eindrang. Das Verschulden Müllers kann man mit etwa 3 / 4 , dasjenige Schulzes mit 1 / i bewerten. Müller müßte daher jedenfalls in Höhe von ®/4 des Wertes des Zeisigs Ersatz leisten. Er wäre demnach zwar nicht verpflichtet, einen Ersatzzeisig zu liefern, wohl aber Geldersatz in Höhe von 3/4 des Wertes eines männlichen Zeisigs. Die Zwangsvollstreckung richtet sich in diesem Fall nach den §§ 803 ff. ZPO, d. h. dem 2. Abschnitt des 8. Buchs der ZPO: Zwangsvollstreckung wegen G e l d f o r d e r u n g e n , nicht wie im Fall A nach den §§ 883ff., insbesondere § 887, d. h. dem 3. Abschnitt des 8. Buchs der ZPO: Zwangsvollstreckung zwecks H e r a u s g a b e von Sachen und Erwirkung von H a n d l u n g e n und Unterlassungen.

9. F a l l 3. Klausuraufgabe Der Referendar A mußte zur Wiederherstellung seiner Gesundheit ein Sanatorium aufsuchen. Während seiner Abwesenheit begab sich sein „Freund" B in seine, des A, Wohnung und holte, indem er der Hauswirtin das Einverständnis des A vorschwindelte, eine Reihe von wertvollen Büchern des A aus dessen Wohnung. Von diesen Büchern verpfändete er eins (Buch I) bei einem Pfandleiher für ein Darlehn von 25 DM, ein anderes (Buch II) überließ er für die Dauer von 5 Monaten einem Büchervermieter gegen eine monatliche Vergütung von 2,50 DM; ein weiteres Buch (Buch III) verschenkte er seinem Freunde F. Die Empfänger der Bücher I—III hielten B für den Eigentümer. Welche Ansprüche hat A auf Herausgabe der Bücher: 71

1. gegen B ? — Er möchte am liebsten in die Wohnung des B eindringen und sich seine dort noch befindlichen Bücher wiederholen. Darf er das ? 2. gegen den Pfandleiher? 3. gegen den Büchervermieter ? 4. gegen F? Vorbemerkung Aufbaufragen Der Aufbau ergibt sich aus den Fragen. Jedoch zeigt das völlige Durchdenken des Falles, daß die Anspruchsgrundlagen gegen die Besitzer der Bücher I—III im wesentlichen dieselben sind und nur die Einwendungen sich unterscheiden. Es bestehen daher bei der Ausarbeitung keine Bedenken, die Ansprüche gegen diese Personen zusammen zu behandeln, um die Darstellung zu vereinfachen. Damit wird am grundsätzlichen Aufbau nichts geändert. Nach wie vor geht die Beantwortung der Fragen von den Anspruchsgrundlagen aus. Erstmals sind im vorliegenden Fall Ansprüche auf H e r a u s g a b e einer Sache zu erörtern. Mangels vertraglicher Rechtsbeziehungen ist in erster Linie an die dinglichen Ansprüche aus §§ 861,1007, 985 zu denken, die gegen j e d e n B e s i t z e r gerichtet sind, in zweiter Linie an die §§ 812 (condictio possessionis) und 823 (Naturalrestitution), die nur einen s c h u l d r e c h t l i c h e n Ausgleich für Handlungen e i n z e l n e r Personen geben. M. a.W.: Ansprüche in rem sind vor Ansprüchen in personam zu untersuchen. Bei den dinglichen Ansprüchen ist möglichst zuerst § 861 zu prüfen, da dieser sog. possessorische Anspruch die geringsten Anforderungen an die Behauptungs- und Beweislast des Klägers stellt und die größte Durchschlagskraft hat. Anschließend kann man § 985 oder § 1007 erörtern. Die Erörterung des § 1007 ist vorzuziehen, wenn bezüglich des Eigentums des Klägers Streit besteht. Denn § 1007 stellt es lediglich auf den Besitz des Klägers ab. Damit ist der Aufbau zwingend festgelegt. Man könnte es allerdings für zweckmäßig halten, die Frage der verbotenen Eigenmacht bzw. des Abhandenkommens, die bei fast allen Anspruchsgrundlagen eine Rolle spielt, vorweg zu erörtern, um auch insoweit Wiederholungen zu vermeiden. Durch das Voranstellen genereller Erörterungen würde sich aber der Aufbau grundlegend ändern. Es kann nicht genug vor einem solchen Verfahren gewarnt werden: Abgesehen davon, daß der Gutachter nur konkrete Rechtsbeziehungen zwischen bestimmten Parteien zu prüfen hat und nicht wie der Gesetzgeber gewissermaßen in einem allgemeinen Teil allgemein interessierende Rechtsbegriffe erläutert (vgl. oben S. 39), besteht bei einem solchen 72

Vorgehen immer die Gefahr, daß willkürlich eine Frage herausgegriffen wird, die das Problem des Falles zu sein scheint und daß man dadurch von einem logischen Vorgehen abgehalten wird. Es läßt sich zudem zu Beginn nie feststellen, ob es auf den vorweg untersuchten Begriff wirklich ankommt. Folgendes Beispiel möge dies näher erläutern: Macht ein Geschäftsunfähiger einen Anspruch geltend, so wäre es sinnlos, Erörterungen über die Bedeutung der Geschäftsunfähigkeit, also über die §§ 104/5 voranzustellen, da diese Bestimmungen nur bei R e c h t s g e s c h ä f t e n Anwendung finden. Es muß daher zunächst festgestellt werden, ob rechtsgeschäftliche Beziehungen in Betracht kommen. Verlangt z. B. der geschäftsunfähige A auf Grund eines Kaufvertrags Zahlung, so muß von der Anspruchsgrundlage, dem Kauf, ausgegangen werden. Die Untersuchung gestaltet sich demnach wie folgt: „ A n s p r u c h s g r u n d l a g e für den K a u f p r e i s a n s p r u c h des A ist §433 Abs. 2 BGB. Voraussetzung hierfür ist der Abschluß eines wirksamen Kaufvertrags. Als Geschäftsunfähiger konnte A einen Kaufvertrag nicht rechtswirksam abschließen (§ 105 Abs. 1 BGB). Dem A steht daher ein Kaufpreisanspruch nicht zu." Der Begriff der verbotenen Eigenmacht und des Abhandenkommens ist also erst dort zu untersuchen, wo die Anspruchsgrundlage, etwa § 861 oder § 1007 dies erfordert. Wird dieser Begriff noch bei einer anderen Anspruchsgrundlage benötigt, so kann hierauf Bezug genommen werden. Keinesfalls ist der Begriff losgelöst von einer Anspruchsgrundlage voranzustellen. Zur vertieften Erfassung der Lehre vom Aufbau sei auf folgendes hingewiesen: Anspruchsgrundlagen sind die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien, in denen ihr Begehren eine Stütze finden kann. Meist findet sich im Gesetz eine positive Norm, die das Begehren unmittelbar rechtfertigt. So bestimmen die hier in Betracht kommenden §§ 861, 1007, 985, 812, 823 ausdrücklich, daß, wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt sind, der Gegner zur R ü c k g a b e v e r p f l i c h t e t ist. Eine solche Bestimmung (die sog. Anspruchsnorm) ist tunlichst als Ausgangspunkt voranzustellen, vgl. oben S. 2. Die anschließende Untersuchung erstreckt sich nun darauf, festzustellen, ob die einzelnen Voraussetzungen für den Eintritt der Rechtsfolge, d.h. die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale, nach dem Sachverhalt gegeben sind. Die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale können durch andere Gesetzesbestimmungen erläutert werden. So werden die in der Anspruchsnorm § 861 erwähnten Begriffe der „verbotenen Eigenmacht" und des,,Besitzers" in den §§ 858 bzw.854—857 erläutert. Die §§ 854—858 sind demnach bloße Zusatznormen, mit denen ein Fall nicht beginnen darf. Die meisten Bestimmungen des Allgemeinen Teil des B G B sind solche Zusatzbestimmungen. Sie enthalten teils bloße 73

Definitionen (so der 2. Abschnitt des Allgemeinen Teils „Sachen"), teils Gegenbestimmungen, die einen Anspruch hindern, vernichten oder hemmen. Anspruchhindernd sind z.B. die §§ 104ff., 116—118, 134, 138, anspruchvernichtend die §§ 362, 378, 389, 397, anspruchh e m m e n d die §§222, 273, 320. Auf solche Gegennormen wird sich im Rechtsstreit gewöhnlich erst der Gegner berufen. A n s p r u c h s n o r m e n finden sich im Allgemeinen Teil des BGB nur ausnahmsweise, so die §§ 12, 228 S. 2, 231. Zur Verdeutlichung sei auch auf die Behandlung eines Strafrechtsfalls hingewiesen, wo der Aufbau ähnlich vor sich geht. Zwar wird hier der Sachverhalt in tatsächlicher Hinsicht zunächst tunlichst in einzelne Szenen in geschichtlicher Reihenfolge aufgeteilt. Die rechtliche Würdigung der einzelnen Szenen geht aber von „Strafnormen" aus. Strafnormen entsprechen den Anspruchsnormen des Bürgerlichen Rechts. Es sind das die Bestimmungen, die unmittelbar eine bestimmte Strafandrohung enthalten, wie z. B. die §§ 242, 263, 370 Ziff. 5 StGB. Die Bestimmungen des Allgemeinen Teil des StGB (z.B. die §§ 51, 53, 54, 59 StGB) oder nur ergänzende Bestimmungen des Besonderen Teils des StGB (z. B. § 226a StGB), sind erst dann zu prüfen, wenn die Untersuchung des einzelnen Delikts dies erforderlich macht. Vgl. im einzelnen Berg, Referendarklausur 2. Teil, 1. Abschnitt. Der folgende Teil bietet ein anschauliches Beispiel dafür, wie man beim bürgerlichrechtlichen Fall von Anspruchsnormen als Anspruchsgrundlagen ausgeht und andere Normen als Ergänzung oder als Gegennormen nach und nach in die Untersuchung einbezieht. Gutachten A. A n s p r ü c h e des A gegen B auf H e r a u s g a b e der n o c h im B e s i t z des B b e f i n d l i c h e n B ü c h e r I. In erster Linie sind d i n g l i c h e Ansprüche zu untersuchen, die gegen B als derzeitigen B e s i t z e r der Bücher bestehen können. In Betracht kommen Ansprüche aus §§ 861, 985, 1007. 1. Zunächst sei der p o s s e s s o r i s c h e Anspruch aus § 861 Abs. 1 geprüft, der die größte Durchschlagskraft hat, da ihm Einreden aus einem Recht zum Besitz grundsätzlich nicht entgegengesetzt werden können (vgl. § 863). Possessorisch heißen die Klagen aus §§ 861/2 deshalb, weil sie ¡sich nur auf die T a t s a c h e des Besitzes, nicht wie die sog. petitorischen Klagen aus §§985, 1007 auf ein R e c h t zum Besitz stützen. Durch die

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§§ 861/2 soll lediglich der Rechtsfriede geschützt und die verbotene Eigenmacht bestraft werden. Diese Klage hat daher sogar der D i e b gegenüber dem B e s t o h l e n e n , es sei denn, daß dieser dem Dieb die Sache innerhalb Jahresfrist wieder abnimmt (§ 861 Abs. 2). Vgl. den lehrreichen Fall 2 bei Berg, Hausarbeit sowie unten zu III 3.

Nach § 861 Abs. 1 kann A von B Herausgabe der in seinem Besitz befindlichen Bücher verlangen, wenn dieser ihm gegenüber fehlerhaft besitzt. Fehlerhaft ist der durch verbotene Eigenmacht erlangte Besitz (§ 858 Abs. 2). Verbotene Eigenmacht liegt vor, wenn B dem unmittelbaren Besitzer den Besitz ohne dessen Willen entzogen hat (§ 858 Abs. 1). Voraussetzung ist also, daß A zur Zeit der Besitzerlangung durch B noch unmittelbarer Besitzer war. War die Hauswirtin unmittelbare Besitzerin, so kommt verbotene Eigenmacht nicht in Frage, da sie freiwillig, wenn auch infolge einer Täuschung die Bücher dem B herausgegeben hat. Vgl. RG 101/225. Die Freiwilligkeit oder Unfreiwilligkeit der Weggabe ist nach tatsächlichen Gesichtspunkten zu entscheiden. Die Weggabe durch eine im natürlichen Sinne willensfähige, wenn auch beschränkt geschäftsfähige Person, z. B. ein Kind, kann als freiwillig angesehen werden. Anders die Weggabe durch einen sinnlos Betrunkenen. Vgl. RGRKomm. zu § 935 Anm. 14, Staudinger-Berg zu § 935 Anm. 8.

A war, solange er bei der Hauswirtin tatsächlich wohnte, nicht nur Eigentümer, sondern auch alleiniger Besitzer der Bücher. Denn der Mieter, der sogar an den gemieteten Räumen unmittelbaren Besitz hat, hat erst recht Besitz an den von ihm in diese Räume eingebrachten eigenen Sachen. Der Vermieter hat an diesen Sachen keinerlei Besitz, sondern nur ein besitzloses Pfandrecht wegen seiner Mietforderungen (§ 559). Es fragt sich, ob diese Rechtslage durch den Aufenthalt des A im Sanatorium geändert wurde. Nach § 856 Abs. 2 wird der Besitz durch eine nur vorübergehende Verhinderung in der Ausübung der tatsächlichen Gewalt nicht beendet. Ob eine solche nur vorübergehende Verhinderung vorliegt, entscheidet die Verkehrsanschauung. Nach ihr ist ein Aufenthalt in einem Sanatorium, der nicht zu lange währt, nur eine vorübergehende Verhinderung. Für eine nur vorübergehende Verhinderung spricht auch der Umstand, daß A weiterhin Mieter der Räume geblieben ist. Er wollte anscheinend alles beim alten Zustand belassen. Wenigstens gibt der Tatbestand keinen Anhaltspunkt dafür, daß er der Hauswirtin seine Sachen zur besonderen Verwahrung überlassen hat und sie dadurch auf Grund eines selbständigen Verwahrungsvertrags zur unmittelbaren Besitzerin (§ 868) gemacht hat. Die Hauswirtin hatte zwar während seiner Abwesenheit eine gewisse Obhutspflicht über die in ihrer Wohnung befindlichen fremden Sachen des Mieters. Eine solche Pflicht besteht meist bei einer vorübergehenden Abwesenheit des Mieters, wenigstens wenn es sich um einen möblierten Mieter handelt. Sie ergibt 75

sich als Nebenverp flichtung aus dem Mietvertrag (§ 242). Sie bedeutet aber keine grundsätzliche Änderung der Besitzverhältnisse. A war also zur Zeit der Weggabe der Bücher durch die Hauswirtin noch unmittelbarer Besitzer. Die Wegnahme der Bücher ohne seinen Willen war somit eine verbotene Eigenmacht. Diese verbotene Eigenmacht hat B begangen, indem er sich der Wirtin als eines gutgläubigen Werkzeugs bediente. A kann demnach von B die Rückgabe der Bücher gemäß § 861 Abs. 1 verlangen. 2. Als E i g e n t ü m e r der Bücher hat A ferner den Eigentumsherausgabeanspruch aus § 985 gegen B als den derzeitigen Besitzer. Ein Recht zum Besitz (§ 986 kann B ihm nicht entgegensetzen. 3. Als f r ü h e r e r B e s i t z e r kann A schließlich noch gemäß § 1007 von B als dem derzeitigen Besitzer Herausgabe verlangen. In Betracht kommt sowohl § 1007 Abs. 1 als auch Abs. 2, weil B beim Erwerb des Besitzes nicht im guten Glauben war (§ 1007 Abs. 1) und weil die Bücher dem A gestohlen oder jedenfalls abhanden gekommen waren (§ 1007 Abs.2). Diebstahl läge vor, wenn B durch die Hauswirtin als gutgläubiges Werkzeug den Gewahrsam des A in Zueignungsabsicht gebrochen hätte. Gewahrsam ist nicht identisch mit Besitz. So hat z. B. der Besitzdiener (§855) Gewahrsam, aber keinen Besitz. Umgekehrt hat der Erbe nach § 857 zwar Besitz, braucht aber keinen Gewahrsam zu haben.

Ob A trotz seiner Abwesenheit noch Gewahrsam, d. h. ein tatsächliches Herrschafts Verhältnis zu seinen Sachen hatte, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Es kommt aber auf die Entscheidung dieser Frage nicht an. Jedenfalls sind die Bücher dem A abhanden gekommen, da er als unmittelbarer Besitzer den Besitz ohne seinen Willen oder sein Zutun verloren hat. Das Abhandenkommen in §§ 935 Abs. 1, 1007 Abs. 2 ist der Oberbegriff, unter den „gestohlene" und „verlorene" Sachen fallen. Verloren ist — zum Unterschied von gestohlen — eine besitzlose Sache. Abhandenkommen ist weiter als gestohlen, weil es einen strafbaren Diebstahl nicht voraussetzt.

II. Neben den dem A zustehenden dinglichen Ansprüchen aus §§ 861, 985, 1007 Abs. 1 und 2 sind noch s c h u l d r e c h t l i c h e Ansprüche auf Herausgabe der Bücher möglich, sofern besondere schuldrechtliche Beziehungen zwischen A und B begründet wurden. In Betracht kommen Ansprüche aus Kondiktion und Delikt. Eine Subsidiarität dieser Ansprüche gegenüber den dinglichen Ansprüchen besteht nicht. Es besteht Anspruchskonkurrenz. 76

Das leuchtet ohne weiteres ein, wenn v e r t r a g l i c h e Beziehungen zwischen A und B bestanden hätten, wenn z. B. A dem B die Bücher geliehen hätte und sie nach Kündigung des Mietverhältnisses zurückforderte. Hier kämen als gleichberechtigte Ansprüche in Betracht: der vertragliche Anspruch aus § 556, der dingliche Anspruch aus § 985 und, falls B die Bücher rechtswidrig für sich behalten wollte, eventuell der deliktische Anspruch aus § 823 Abs. 2 (in Verbindung mit § 246 StGB — Unterschlagung — als Schutzgesetz). Vgl. Erman, l c zu § 985. Auch die Spezialbestimmungen der §§ 987ff. besagen nichts gegen eine Anspruchskonkurrenz. Sie betreffen lediglich die Herausgabe von N u t z u n g e n und S c h a d e n e r s a t z wegen verschuldeter U n m ö g l i c h k e i t der Herausgabe bzw. wegen Verschlechterung der Sache. Hier handelt es sich aber um die Herausgabe der S a c h e s e l b s t .

1. Als Anspruch aus u n g e r e c h t f e r t i g t e r B e r e i c h e r u n g kommt § 812 Abs. 1 S. 1 in Betracht (condictio possessionis). B hat durch sein eigenmächtiges Vorgehen dem A den Besitz genommen und sich verschafft. Er hat demnach „in sonstiger Weise" „etwas" „auf Kosten des A" „ohne rechtlichen Grund" erlangt und ist zur Rückgabe des erlangten Besitzes verpflichtet. 2. Da B die Bücher des A nicht nur objektiv rechtswidrig weggenommen, sondern auch schuldhaft gehandelt hat, liegt ferner eine u n e r l a u b t e E i g e n t u m s - und B e s i t z v e r l e t z u n g nach § 823 Abs. 1 vor. Die verbotene Eigenmacht stellt gleichzeitig einen Verstoß gegen ein Schutzgesetz (§ 858) im Sinne des § 823 Abs. 2 dar. Das Verhalten des B ist auch eine vorsätzlich sittenwidrige Schädigung nach § 826. B ist somit aus unerlaubter Handlung zur Wiedergutmachung des durch ihn verursachten Schadens verpflichtet. Die Wiedergutmachung hat in erster Linie durch Naturalrestitution (§ 249), d. h. durch Rückgabe der Bücher zu erfolgen. III. Die Frage, ob A seine gemäß I und II bestehenden Ansprüche auf Rückgabe der Bücher durchsetzen darf, indem er die Bücher s e l b s t aus der Wohnung des B h o l t , ist wie folgt zu beantworten: 1. Nach der Sonderbestimmung des § 859 Abs. 2 darf A eine Sache, die ihm als Besitzer durch verbotene Eigenmacht entzogen wird, „dem auf frischer Tat betroffenen oder verfolgten Täter mit Gewalt wieder abnehmen". Die eigenmächtige Rücknahme der Sache ist also nur im unmittelbaren Anschluß an die Wegnahme zulässig. A hat somit dieses Recht der Nacheile nicht mehr. 2. Nach der allgemeinen Bestimmung des § 229 darf der Geschädigte nur zur Selbsthilfe greifen, wenn „obrigkeitliche Hilfe nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne sofortiges Eingreifen die Gefahr besteht, daß die Verwirklichung des Anspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert wird". Diese Voraussetzungen liegen gleichfalls nicht vor, da A den B kennt und kein Anhaltspunkt dafür vorliegt, daß B darauf ausgeht, die 77

Rückerlangung der Bücher unmöglich zu machen. Wenn aber der Rückgewähranspruch gefährdet wäre, hätte A wahrscheinlich die Möglichkeit, durch eine einstweilige Verfügung des Gerichts die Bücher sicherstellen zu lassen (§§ 935, 940 ZPO). 3. Eine Selbsthilfe ist daher nicht gestattet. Würde A allerdings innerhalb eines Jahres nach der Besitzentziehung gleichwohl eigenmächtig die Bücher bei B herausholen, so könnte B sie nicht von ihm aus § 861 Abs. 1 wegen verbotener Eigenmacht des A zurückfordern (§ 861 Abs. 2). A läuft aber Gefahr, daß B sich beim Herausholen der Bücher gegen das rechtswidrige Vorgehen des A in Notwehr (§ 227) verteidigt und ihn zudem wegen Hausfriedensbruchs (§ 123 StGB) zur Anzeige bringt. B. A n s p r ü c h e des A g e g e n die B e s i t z e r d e r B ü c h e r I—III I. An d i n g l i c h e n Ansprüchen sind wieder §§ 861, 985, 1007 zu erörtern. 1. § 861 Abs. 1 scheidet aber schon deshalb aus, weil die Besitzer der Bücher I—III nicht selbst verbotene Eigenmacht begangen haben und auch die Fehlerhaftigkeit ihres Vorgängers im Besitz nicht kannten. 2. § 985 erfordert, daß A Eigentümer und die Gegner Besitzer sind. Während der Besitz der Gegner eindeutig feststeht, könnte das Eigentum bei Buch III (Schenkung an den Freund F) fraglich sein. Außerdem könnten alle drei Gegner daran denken, sich auf ein Recht zum Besitz zu berufen (§ 986). a) Beim Buch I (Pfandleiher) ist zu erwägen, ob der Pfandleiher ein Recht zum Besitz geltend machen kann. Das Pfandrecht kann als dingliches Recht an sich jedem Dritten und insbesondere dem Eigentümer gegenüber geltend gemacht werden (vgl. § 1227). Voraussetzung ist aber, daß es wirksam entstanden ist. Nach § 1207 finden, da das Buch dem Verpfänder B nicht gehörte, die Vorschriften der §§ 932, 934, 935 entsprechende Anwendung. An gestohlenen bzw. abhanden gekommenen Sachen ist demnach ein wirksames Pfandrecht nicht möglich. Handelt es sich allerdings bei dem Pfandleiher um eine öffentliche Pfandleihanstalt, so können Sondervorschriften eingreifen. Nach Art. 94 Abs. 2 EG BGB kann landesgesetzlich bestimmt sein, daß einer solchen das Recht zusteht, die ihr verpfändeten Sachen dem Berechtigten (A) nur gegen Bezahlung des auf die Sache gewährten Darlehns herauszugeben. Dieser Lösungsanspruch gibt somit ein Zurückbehaltungsrecht, das gerade in den Fällen praktische Bedeutung hat, in denen ein Pfandrecht gemäß § 935 nicht entstanden ist. Eine öffentliche Pfandleih anstalt kann also evtl. die Herausgabe des Buchs so lange verweigern, bisA das von 78

ihr dem B gegebene Darlehn von 25 DM einlöst. Ein sonstiger Pfandleiher hat aber kein Zurückbehaltungsrecht. Er kann sich insbesondere nicht auf § 1000 berufen. Denn ein auf die Sache gewährtes Darlehn ist keine notwendige Verwendung auf die Sache im Sinne der §§ 994/5. b) Beim Buch II ist das Mietrecht des Büchervermieters lediglich ein schuldrechtlicher Anspruch, der die Beziehungen des Büchervermieters zu B regelt. Ein solches Recht kann der Büchervermieter dem A nicht gemäß § 986 entgegensetzen, weil es dem Eigentümer gegenüber kein Besitzrecht gibt und weil auch der mittelbare Besitzer B, von dem er sein Recht zum Besitz ableitet, dem Eigentümer gegenüber nicht zum Besitz berechtigt ist. Ein Zurückbehaltungsrecht wegen der bereits monatlich gezahlten 2,50 DM gibt ebensowenig ein Zurückbehaltungsrecht aus § 1000 wie das vom Pfandleiher gewährte Darlehn. c) Bei Buch III könnte der beschenkte Freund F daran denken, sich infolge Realisierung der Schenkung durch Einigung und Übergabe des Buchs auf Eigentum zu berufen und damit das Eigentum des A in Abrede zu stellen. Dem steht aber entgegen, daß ein gutgläubiger Eigentumserwerb an abhanden gekommenen Sachen nicht möglich ist (§ 935 Abs. 1). F kann sich auch nicht auf ein Recht zum Besitz gemäß § 986 berufen, weil die Schenkung dem Eigentümer A gegenüber kein Recht zum Besitz gibt und auch sein Rechtsvorgänger B dem A gegenüber nicht zu einer Schenkung berechtigt war. Der Anwendung des § 986 stände an sich nicht entgegen, daß B das Buch dem F g e s c h e n k t hat. Zwar ist der Schenker, ebenso wie ein Verkäufer, kein m i t t e l b a r e r B e s i t z e r seines Vertragspartners. Der Sinn des § 986 erfordert aber eine erweiterte Auslegung auch auf dieses Verhältnis. So die grundlegende Entscheidung des RG 105/21 für den Fall eines Verkaufs durch einen zum Verkauf berechtigten Besitzer.

3. Zu erwägen sind schließlich noch Ansprüche aus § 1007 wegen früheren Besitzes des A. Infolge Gutgläubigkeit der 3 Besitzer entfällt aber § 1007 Abs. 1 ohne weiteres. Dagegen kommt § 1007 Abs. 2 in Betracht, da die Bücher dem A abhanden gekommen sind. Es fragt sich, ob gegen diesen Anspruch durchschlagende Einwendungen erhoben werden können. Diese Frage ist bei den 3 Besitzern ebenso zu beantworten wie bei § 985. Denn nach § 1007 Abs. 3 S.2 finden die Vorschriften der §§ 986—1003 entsprechende Anwendung. Danach hat keiner der Besitzer ein Recht zum Besitz. Nur der Pfandleiher kann nach landesgesetzlichen Sonderbestimmungen ein Zurückbehaltungsrecht wegen des Darlehns geltend machen, wenn es sich um eine öffentliche Pfandleihanstalt handelt. II. Neben den dinglichen Ansprüchen sind auch hier s c h u l d r e c h t l i c h e Ansprüche zu erwägen. 79

1. Bei § 812 Abs. 1 S. 1 (condictio possessionis) erhebt sich aber schon das Bedenken, ob der Besitz an den 3 Büchern „auf Kosten" des A erlangt wurde. „Auf Kosten" bedeutet, daß zwischen A und den jetzigen Besitzern eine unmittelbare Vermögensverschiebung vorliegt, d. h. daß ein und derselbe Umstand, der bei A den Verlust ausgelöst hat, den 3 Besitzern den Gewinn gebracht hat. Davon kann hier keine Rede sein, da die Bücher zunächst an B kamen und erst durch ein neues, mit der bisherigen Besitzverschiebung in keinem Zusammenhang stehendes Rechtsgeschäft an die drei jetzigen Besitzer weitergegeben wurden. § 812 entfällt damit. Das Handeln eines Dritten unterbricht nur dann nicht die Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung, wenn es in Vertretung oder auf Grund einer Anweisung des Entreicherten erfolgt. Vgl. EnneccerusLehmann § 221 II, Berg AcP 160, 505ff. und den lehrreichen Fall 5 bei Berg, Referendarklausur. Die Kondiktion würde dagegen nicht schon daran scheitern, daß die 3 Besitzer „mit rechtlichem Grunde" erworben hätten. Denn die zwischen ihnen und B bestehenden rechtlichen Beziehungen (der Pfandvertrag, die Miete, die Schenkung) interessieren nicht im Verhältnis zu dem Entreicherten A. Dem A gegenüber besitzen sie somit „ohne rechtlichen Grund".

Bei F könnte man noch an § 816 Abs. 1 S. 2 denken. Diese Bestimmung ist eine Ausnahme von der Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung. Sie soll es dem Eigentümer ermöglichen, seine Sache auch von einem Dritten, der sie durch ein weiteres, aber unentgeltliches Rechtsgeschäft erlangt hat, herauszuholen, da dem Geschädigten das bei entgeltlicher Veräußerung greifbare Surrogat (§ 816 Abs. 1 S. 1) entgeht. § 816 Abs. 1 S. 2 ist aber ebenso wie § 816 Abs. 1 S. 1 nur ein Ausgleich für das verlorene Eigentum, setzt somit den Eigentumsverlust voraus. Da F kein Eigentum erworben hat, entfällt damit die Voraussetzung. Ebensowenig ist § 822 anwendbar. Diese Bestimmung erstreckt bei unentgeltlicher Zuwendung den gegen den ursprünglichen Bereicherungsschuldner B gegebenen Anspruch aus der condictio possessionis (vgl. oben zu A II 1) auf den Beschenkten. Diese Erstreckung erfolgt aber nur, wenn infolge der Weggabe an den Beschenkten die Verpflichtung des ursprünglichen Bereicherungsschuldners in Wegfall kommt (§ 818 Abs. 3). Hiervon kann infolge der Bösgläubigkeit des B keine Rede sein (§ 819 Abs. 1). § 822 ist im Gegensatz zu § 816 Abs. 1 kein Ausgleich für das verlorene Eigentum, sondern ein Ausgleich für den Wegfall der Haftung des ursprünglichen Bereicherungsschuldners. Er steht daher — gesetzestechnisch richtig — nicht bei den Vorschriften, die die V o r a u s s e t z u n g e n der ungerechtfertigten Bereicherung regeln (§§812—817), sondern bei den Vorschriften, die den U m f a n g der Bereicherung festlegen (§§818 bis 822). § 822 dehnt nur den Umfang der an sich bestehenden Kondik-

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tionsschuld zum Nachteil Dritter aus („wie wenn er die Zuwendung von dem Gläubiger ohne rechtlichen Grund erlangt hätte"). Das Gegenstück findet sich in §§ 844/5. Dort wird z u g u n s t e n Dritter ein an sich bestehender Schadenersatzanspruch auf andere Personen ausgedehnt. Auch die §§ 844/5 stehen daher gesetzestechnisch richtig im Abschnitt über den Umfang der Schadenersatzverpflichtung, nicht bei ihren Voraussetzungen (§§ 823—839). 2. Aus unerlaubter Handlung würden die 3 Besitzer nur haften, wenn sie an der unerlaubten Handlung des B als Mittäter bzw. Gehilfen (§ 830) oder als Begünstiger oder Hehler (§ 823 Abs. 2) beteiligt wären. Davon kann nach dem Sachverhalt keine Rede sein. Es verbleibt somit bei den dinglichen Ansprüchen zu I. Nach den Ansprüchen der 3 Besitzer gegen B ist nicht gefragt. Ebensowenig ist nach sonstigen Ansprüchen des A gegen B gefragt, etwa nach Ansprüchen auf Herausgabe der von B gezogenen Nutzungen aus dem Mietvertrag oder nach Schadenersatzansprüchen wegen Wertminderung der Bücher. Es wäre falsch, diese Fragen gleichwohl zu stellen und zu beantworten. Man erschwert sich unnütz die Aufgabe und läuft zudem Gefahr, daß man schwere Fehler bei diesen zum Teil nicht leichten Fragen macht. Zumindest läuft man Gefahr, daß der Prüfer die ganzen Ausführungen durchstreicht mit dem Vermerk: „Überflüssig, da nicht danach gefragt." Man soll daher nie mehr beantworten als gefragt ist.

Zusatz Nimmt man an, die H a u s w i r t i n sei infolge längerer Abwesenheit des A auf Grund eines VerwahrungsVertrags unmittelbare Besitzerin geworden, so ändert sich die Lösung in wesentlichen Punkten: A. A n s p r ü c h e d e s A g e g e n B: I. D i n g l i c h e Ansprüche auf Herausgabe: 1. § 861 Abs. 1 entfällt, da B gegenüber dem unmittelbaren Besitzer, der Hauswirtin, keine verbotene Eigenmacht, sondern nur einen Betrug begangen hat. Die Hauswirtin hat infolgedessen freiwillig den Besitz aufgegeben (vgl. oben S. 75). Deshalb gibt auch § 869 dem A keinen Anspruch aus verbotener Eigenmacht. 2. § 985 bleibt. 3. § 1007 Abs. 1 bleibt; § 1007 Abs. 2 kommt nicht in Betracht. II. S c h u l d r e c h t l i c h e Herausgabeansprüche: 1. § 812 Abs. 1 S. 1 (condictio possessionis) bleibt. 6 B e r g , BQrgerl. Recht, 10. Aufl.

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2. § 823 Abs. 1 entfällt, da nur eine Vermögensverletzung gegeben ist. Dagegen bleibt § 823 Abs. 2 in Verbindung mit § 263 StGB: B hat durch Täuschung der Hauswirtin den A in betrügerischer Absicht geschädigt. Ebenso bleibt § 826. III. Selbsthilfe ist nicht zulässig. A würde verbotene Eigenmacht gegen B begehen, ohne sich auf § 861 Abs. 2 berufen zu können. B. A n s p r ü c h e des A gegen die B e s i t z e r der B ü c h e r I—III. I. Dingliche Ansprüche auf Herausgabe: 1. § 861 Abs. 1 entfällt schon deshalb, weil B keine verbotene Eigenmacht beging. 2. Bei § 985 ist zu unterscheiden: a) Da die Bücher der Hauswirtin nicht abhanden gekommen sind, hat der P f a n d l e i h e r gutgläubig ein Pfandrecht an Buch I erworben. Auf dieses Pfandrecht kann er sich, da es ein dingliches Recht ist, jedermann gegenüber als auf ein Recht zum Besitz berufen. A muß das Pfandrecht also gemäß § 986 Abs. 1 gegen sich gelten lassen. b) Da der B u c h v e r m i e t e r nur ein obligatorisches Recht hat, nützt ihm sein guter Glaube nichts. Der Mieter hat lediglich einen obligatorischen Anspruch gegen seinen Vermieter. Dieser (B) war aber dem A gegenüber nicht zur Vermietung berechtigt. A kann also von dem Büchervermieter Herausgabe des Buchs II an den B oder an sich selbst verlangen (§ 986 Abs. 1 S. 1 und 2). c) Der mit Buch III b e s c h e n k t e F r e u n d F hat gutgläubig Eigentum erworben (§ 932). § 985 entfällt damit. 3. Bei § 1007 ergibt sich das gleiche Ergebnis wie zu 2 (vgl. § 1007 Abs. 3 S. 2). II. S c h u l d r e c h t l i c h e Herausgabeansprüche: 1. § 812 Abs. 1 S. 1 entfällt mangels Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung gegen alle. Dagegen ist F nach § 816 Abs. 1 S. 2 zur Herausgabe des Buchs III verpflichtet. § 822 kommt auch hier nicht zum Zuge. 2. Deliktansprüche kommen nicht in Betracht. Der Bearbeiter eines Falles darf nicht glauben, seine Arbeit sei „verbaut", weil er nicht die „richtige" Lösung gefunden habe. Eine Lösung ist richtig, wenn sie vertretbar und folgerichtig ist. Im vorliegenden Falle läßt sich die entscheidende Frage, ob A oder die Hauswirtin unmittelbaren Besitz gehabt hat, sowohl in dem einen Sinne als auch in dem anderen Sinne beantworten. Wichtig ist nur, daß man dieses Problem klar erkennt und konsequent die Folgerungen zieht. Vgl. Diederichsen JuS 68/275.

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Zweiter

Teil

Übungen für Vorgerückte

Vorbemerkung R i c h t l i n i e n f ü r die f o l g e n d e n F ä l l e Die grundlegenden Aufbaufragen und die wichtigsten Anspruchsgrundlagen sind im 1. Teil an Hand praktischer Fälle aufgezeigt worden. In einem Merkblatt zum Schluß des Bandes findet sich hierüber eine übersichtliche Zusammenstellung. Im folgenden gilt es, die gewonnenen Erkenntnisse an schwierigeren Fällen zu erproben und zu vertiefen. Mit einem bloßen Durchlesen der Musterlösungen ist das nicht getan. Es bedarf der eigenen, intensiven Mitarbeit. Man muß jeden Fall erst selbst gelöst haben, bevor man die Musterlösung zum Vergleich heranzieht. Zumindest muß man ihn restlos durchskizziert und bei Hausaufgaben auch die auftauchenden Probleme nachgeprüft haben. Erst der Vergleich der eigenen Lösung mit der Musterlösung zeigt, ob man den Aufbau und die materiellen Fragen erfaßt hat. Nur so erhält man die nötige Sicherheit zur Bearbeitung von praktischen Fällen.

10. F a l l ßesprechungsfall Als Eigentümer des Grundstücks Seestraße 1 ist mit Recht Erich Berger eingetragen. Sein Sohn, der ebenfalls Erich Berger heißt, gibt sich als Eigentümer des Grundstücks aus, verkauft es am 1. April notariell an Konradi für 20000 DM und läßt es dem Konradi vor dem Grundbuchamt auf. Durch die Namensgleichheit lassen sich Konradi und der Grundbuchrichter täuschen; Konradi wird als Eigentümer eingetragen und erhält auch den Besitz des Grundstücks. Den Kaufpreis zahlt Konradi dem Verkäufer sogleich zur Hälfte bar; für die andere Hälfte, die ein halbes Jahr nach Kaufabschluß gezahlt werden soll, übernimmt Konradis vermögende Ehefrau die selbstschuldnerische Bürgschaft in schriftlicher Form. Am 5. Juli desselben Jahres stirbt Erich Bergers Vater, von seinem Sohn allein beerbt. Dieser klagt am 1. Oktober gegen die Eheleute Konradi, die die Zahlung weigern, mit dem Antrag, sie als Gesamtschuldner zur Zahlung von 10000 DM zu verurteilen. Die Eheleute Berger machen geltend, Berger jun. habe kein Eigentum übertragen. Wie ist zu entscheiden ? 85

Aufbau Die Klagen gegen die Eheleute Konradi sind gesondert zu behandeln, und zwar zuerst die Klage gegen den Ehemann, weil die Bürgschaftsschuld der Frau akzessorisch zur Hauptschuld des Mannes ist. Die Frage der gesamtschuldnerischen Haftung ist erst zum Schluß zu erörtern, nachdem man festgestellt hat, daß jeder der Eheleute haftet. Als Anspruchsgrundlage gegen den Ehemann kommt nur ein Vertrag in Betracht. Mangels Vertrags könnte nicht der Restkaufpreis verlangt werden, sondern allenfalls Rückgabe des Grundstücks aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung. Im Mittelpunkt der Untersuchung steht daher die Frage nach der Wirksamkeit des Vertrags. Die Untersuchung der Wirksamkeit des Vertrags zerfällt hier aufbaumäßig in zwei Teile: 1. Ist der Vertrag wirksam zustande gekommen ? 2. Wenn j a : Ist er erfüllt worden? Den Aufbau im einzelnen zeigt die Ausarbeitung. Gutachten A. Die K l a g e B e r g e r s gegen den E h e m a n n K o n r a d i auf Z a h l u n g von 10000 DM Berger kann Konradi gemäß § 433 Abs. 2 nur dann auf Zahlung von 10000 DM in Anspruch nehmen, wenn zwischen ihm und Konradi ein rechtswirksamer Kaufvertrag zustande gekommen ist und die Forderung fällig ist. I. Ist der Kaufvertrag bereits bei seinem A b s c h l u ß rechtswirksam zwischen den Parteien zustande gekommen ? Gegen einen wirksamen Abschluß ergeben sich mehrfache Bedenken. 1. Es erscheint schon zweifelhaft, ob Berger und Konradi überhaupt Vertragsparteien geworden sind. Man könnte daran denken, daß der Vertrag zwischen Konradi und Berger sen. zustande kommen sollte, weil Berger jun. sich als Eigentümer des auf den Namen seines Vaters eingetragenen Grundstücks ausgab und, wie sein späteres Verhalten vor dem Grundbuchamt zeigt, auch als der eingetragene Berger, also als Berger sen. aufgetreten ist. Sieht man hierin ein Handeln „unter fremden Namen", so hat Berger nicht sich selbst, sondern seinen Vater verpflichten wollen. Er hat zwar nicht ausdrücklich als Vertreter „in fremdem Namen" gehandelt; die Vorschriften der Stellvertretung sind aber entsprechend anzuwenden. Vgl. BGH 45/193 sowie insbesondere 86

Lieb, JuS 67/106ff. Berger sen. wird danach allerdings nur verpflichtet, wenn das Auftreten Berger jun. mit seiner Einwilligung erfolgte oder nachträglich von ihm genehmigt wird (§§177 ff.). Mangels seiner Zustimmung haftet Berger jun., aber nur aus dem Gesichtspunkt des §179 als falsus procurator. Es liegt bei Konradi, ob er Berger jun. deswegen auf Vertragserfüllung oder Schadensersatz in Anspruch nehmen will. Jedenfalls wäre Konradi nicht schon aufgrund des Vertragschlusses dem falsus procurator verpflichtet. Selbst wenn Konradi den Berger jun. in entsprechender Anwendung des §179 auf Vertragserfüllung in Anspruch nähme, würde keine gleiche Rechtslage herbeigeführt, wie wenn ein Vertrag zwischen diesen beiden zustandegekommen wäre. Denn die Inanspruchnahme des ohne Vertretungsmacht aufgetretenen Vertreters ist keine vertragliche Haftung, sondern nur eine Schadloshaltung. Der falsus procurator erlangt dadurch also seinerseits nicht einen vertraglichen Anspruch auf Erfüllung, sondern hat — beim gegenseitigen Vertrag — höchstens die Einrederechte aus §§ 320ff., insbesondere das Recht, seine Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung zu verweigern. So R G R K o m m . zu § 179 Anm. 4, Erman zu § 179 Anm. 6, RG 120/126. Die Auffassung, Berger jun. habe „unter fremdem Namen" gehandelt, m u ß jedoch abgelehnt werden. Berger wollte durch sein Auftreten lediglich bekunden, daß ihm das Grundstück gehöre, nicht daß er mit seinem Vater identisch sei. Auch für seinen Vertragspartner Konradi war die Persönlichkeit Bergers nicht von ausschlaggebender Bedeutung, sondern die Beziehung Bergers zu dem verkauften Grundstück, d.h. es kam Konradi nicht darauf an, ob Berger jun. mit Berger sen. identisch war, sondern ob Berger jun. Eigentümer des Grundstücks war. Da Berger das bejahte, indem er „sich als Eigentümer des Grundstücks ausgab", wollte Konradi mit ihm einen Kaufvertrag abschließen. Vertragspartner sind also Berger jun. und Konradi. Es handelt sich, wie L e t z g u s in einer Einzelabhandlung über „Die Pseudopartei im rechtsgeschäftlichen Verkehr" im Archiv für die zivilistische Praxis 1926 § 3 S. 32 ff. schreibt, um eine „unwesentliche Fremderklärung". Das Verpflichtungsgeschäft trägt hier „sozusagen seinen wirtschaftlichen Eigenwert in sich", so daß es „auf die Person des Verpflichteten (und zugleich Berechtigten) nicht ankommt". Der Fall liegt ähnlich wie der Verkauf einer fremden beweglichen Sache. Auch dort kommt es lediglich auf die Behauptung des Verkäufers an, er sei Eigentümer der Sache, nicht auf die — darin gleichzeitig liegende — Erklärung, er sei mit dem (wahren) Eigentümer identisch. Wollte man auf die Identität des Verkäufers mit dem wahren Eigentümer ausschlaggebendes Gewicht legen, so fielen alle Fälle des Verkaufs einer fremden Sache im eignen Namen unter das Problem des Handelns unter fremdem Namen. Nebenbei sei bemerkt, daß auch die Fälle des sog. Pseudonyms auszuscheiden haben, da der unter einem Pseudonym Handelnde nur seinen Namen verdecken, nicht aber auf einen andern Namensträger hinweisen will. Etwas anderes gilt natürlich, wenn der Name eines andern zu Täu87

schungszwecken mißbraucht werden soll (Hochstapler). Dann liegt ein echtes Handeln „unter fremdem Namen" vor.

2. Ein weiteres Bedenken gegen die Rechtswirksamkeit des Vertrags ergibt sich daraus, daß Berger eine ihm n i c h t g e h ö r i g e Sache verkauft hat. Der Vertrag ist also auf eine unmögliche Leistung gerichtet. Berger kann nicht erfüllen, selbst nicht dadurch, daß er dem gutgläubigen Konradi das Grundstück aufläßt. Denn in diesem Falle wird der gute Glaube des Konradi nicht geschützt, weil sich die Unrichtigkeit aus dem Grundbuch ergibt (vgl. unten zu II 1). Die Unmöglichkeit ist aber nur eine subjektive, da sie nicht für jedermann, sondern nur für Berger jun. besteht. Berger sen. könnte den Vertrag erfüllen. § 306, wonach der auf eine — objektiv — unmögliche Leistung gerichtete Vertrag nichtig ist, trifft also nicht zu. Vgl. oben Fall 2 zu A I 2b a. E. und Enneccerus-Lehmann § 29. Subjektive Unmöglichkeit ist in § 306 nicht gemeint, weil das Gesetz diesen Fall nicht mit Unmöglichkeit, sondern mit Unvermögen bezeichnet, s. § 275 Abs. 2

3. Der Kaufvertrag ist daher zwischen Erich Berger jun. und Konradi zustande gekommen. Die Formvorschrift des § 313 S. 1 ist gewahrt. Berger hat einen Kaufpreisanspruch gemäß § 433 Abs. 2. § 433 Abs. 2 erfordert lediglich, daß ein Kaufvertrag zustande gekommen ist. Der Verkäufer braucht nicht vorzutragen, daß er erfüllt habe. Es ist vielmehr Sache des Käufers, die Nichterfüllung im Wege der E i n r e d e geltend zu machen, § 320. Vgl. dazu unten II.

II. Da Konradi die Einrede des nichterfüllten Vertrags erhebt, kann Berger vorbehaltlose Zahlung des Kaufpreises nur verlangen, wenn er seine Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag erfüllt hat. Andernfalls kann er nur eine Verurteilung Konradis Zug um Zug gegen Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtungen erreichen, 322. Das Gericht müßte eine dahingehende Verurteilung auch aussprechen, wenn Berger sie nicht in Form eines Hilfsantrags beantragt. § 308 Abs. 1 S. 1 ZPO steht einer solchen Verurteilung nicht entgegen, da nicht etwas anderes, sondern nur ein Weniger zugesprochen würde. So Erman zu § 322 Anm. 1 mit weit. Nachweisen, Baumbach-Lauterbach zu § 308 Anm. 1 B.

Gemäß § 433 Abs. 1 ist Berger verpflichtet, dem Käufer das Grundstück zu übergeben und das Eigentum hieran zu verschaffen. Die Übergabe ist erfolgt. Es fragt sich jedoch, ob Konradi Eigentümer geworden ist. 1. Das Eigentum an einem Grundstück wird übertragen durch Einigung in Form der Auflassung und Eintragung, §§ 873, 925. Beides liegt vor. Jedoch war Berger jun. zur Zeit der Auflassung nicht Eigentümer des Grundstücks. Konradi konnte infolgedessen das Eigentum nur

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erwerben, wenn die Voraussetzungen des § 892 Abs. 1 S. 1 gegeben waren, d. h. wenn er auf die Richtigkeit des Grundbuchs vertrauen durfte. Konradi kann sich aber auf die Richtigkeit des Grundbuchs nur verlassen, wenn sein Veräußerer als Eigentümer des Grundstücks im Grundbuch eingetragen war. Das trifft nicht zu. Im Grundbuch stand Berger sen. als Eigentümer eingetragen, und zwar mit Recht. Das Grundbuch war demnach materiell richtig. Das Vertrauen auf die Richtigkeit konnte also nicht enttäuscht werden. Konradi wurde nur in seinem Vertrauen an die I d e n t i t ä t des vor ihm stehenden Berger mit dem im Grundbuch eingetragenen Berger getäuscht. Der gute Glaube an die Identität des Veräußerers wird nicht geschützt. Ebensowenig wie der gute Glaube an die Verfügungsberechtigung. (Ausnahme in HGB § 366.) Vgl. Staudinger-Seufert (11. Aufl. 1955) zu § 892 Anm. 31, Palandt zu § 892 Anm. 4, RG Bd. 128 S. 284. Bei Erwerb von F a h r n i s ist die Gefahr eines Identitätsirrtums kaum vorhanden, da der Veräußerer meist im Besitz der Sache ist und sich dadurch für einen gutgläubigen Erwerber genügend ausweist.

Konradi ist daher seinerzeit nicht Eigentümer geworden. 2. Die Rechtslage kann sich aber dadurch geändert haben, daß Berger sen. g e s t o r b e n ist und Berger j u n . ihn b e e r b t hat. Nach § 185 Abs. 2, 2. Alt. wird die Verfügung eines Nichtberechtigten wirksam, wenn der V e r f ü g e n d e den Gegenstand e r w i r b t . Berger hat durch die von ihm vorgenommene bzw. veranlaßte Auflassung und Eintragung eine V e r f ü g u n g über das Grundstück vorgenommen. Verfügungen sind Rechtsgeschäfte, die auf die u n m i t t e l b a r e Änderung der Rechtslage eines Gegenstandes abzielen, also Übereignung von Grundbesitz und Fahrnis, Abtretung einer Forderung, Erlaßvertrag, Bestellung, Aufhebung oder Änderung von Hypotheken- und Pfandrechten u. dgl. mehr, ferner die einseitigen unmittelbar wirkenden Rechtsgeschäfte, die sog. Gestaltungsrechte, wie Anfechtung, Rücktritt, Aufrechnung und Kündigung. Verfügungen stehen im Gegensatz zu den Verpflichtungsgeschäften, die nur einen Anspruch auf eine Rechtsänderung geben, diese Rechtsänderung aber nicht unmittelbar herbeiführen.

Mangels Einwilligung des Berechtigten handelte es sich um die Verfügung eines Nichtberechtigten. Durch die Alleinerbschaft des Berger jun. ist aber eine Universalsukzession in die gesamten Rechte und Pflichten des bisherigen Berechtigten, Berger sen., eingetreten. Berger jun. hat damit nachträglich auch das Grundstück, über das er unberechtigterweise verfügt hat, erworben. Die Verfügung ist somit gemäß § 185 Abs. 2 2. Alt. wirksam geworden. Ob der Erwerb durch Singular- oder Universalsukzession erfolgt, ist für diese Alternative gleichgültig. Wichtig ist aber, daß Alleineigentum des Verfügenden begründet wird, daß also bei einer Erbschaft nicht eine

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Erbengemeinschaft entsteht, der das Grundstück nur zur gesamten Hand gehört. Die hier vorliegende 2. Alt. des § 185 Abs. 2 ist nicht mit der 3. Alt. zu verwechseln, wo — gerade umgekehrt — der Verfügende von dem Berechtigten beerbt wird. Ergänzend sei noch darauf hingewiesen, daß bei Annahme eines Handelns „unter fremdem Namen" § 185 nicht anwendbar ist. Hier sind die §§164ff., insbesondere §179, entsprechend anzuwenden. Diese Bestimmungen regeln nicht nur Verpflichtungsgeschäfte, sondern auch Verfügungen, die für einen anderen vorgenommen werden bzw. unter dem Namen eines anderen vorgenommen werden. § 185 trifft also nur Verfügungen, die im eigenen Namen vorgenommen werden. Unerheblich ist allerdings, ob der im eigenen Namen Handelnde für eigene Rechnung oder — etwa als Kommissionär — für fremde Rechnung handelt. Vgl. Enneccerus-Nipperdey, Allg. Teil § 204 I 3, Palandt zu 185 Anm. 2. Die in § 185 Abs. 2 vorgesehene im Gegensatz zu der in § 1 8 5 A b s . l nehmigung (vgl. § 184 Abs. 1) keine hierdurch nicht schlechter gestellt. Eigentümer geworden ist.

sog. Zwangskonvaleszenz hat zwar geregelten Konvaleszenz durch GeRückwirkung. Jedoch wird Konradi Entscheidend ist, daß er nunmehr

Man kann nicht einwenden, daß bei einer Zwangskonvaleszenz die Auflassung nicht in Ordnung sei, sondern entgegen der Bestimmung des § 925 Abs. 2 b e d i n g t abgegeben worden sei. Denn §925 Abs. 2 trifft nur r e c h t s g e s c h ä f t l i c h e Bedingungen. Hier aber liegt eine R e c h t s b e dingung vor, d. h. eine g e s e t z l i c h e Voraussetzung des wirksamen Eigentumsübergangs, vgl. RGRKomm. zu §§ 925, 925 a Anm. 54. Es sei bei dieser Gelegenheit auf die große Bedeutung des § 185 hingewiesen, der in vielen Fällen, wo der Eigentumsübergang sonst nicht möglich ist, zum Ziele führt. Mittels einer Genehmigung wird sogar die Verfügung des Diebes über die gestohlene Sache wirksam; der Bestohlene kann infolgedessen den Erlös, den der Dieb aus der Sache durch Verkauf erzielt hat, herausverlangen (§§ 816 Abs. 1 S. 1 in Verbindung mit § 185 Abs. 1, 1. Alt.). Vgl. die grundlegenden Entscheidungen RG 106/44 und 115/34 sowie Larenz § 62 II c 1. Konradi erhebt daher zu Unrecht die Einrede des nichterfüllten Vertrags. E r muß den Restkaufpreis zahlen. B. D i e K l a g e B e r g e r s g e g e n die E h e f r a u K o n r a d i a u f v o n 1 0 0 0 0 DM a u s d e r B ü r g s c h a f t

Zahlung

Berger kann Frau Konradi aus der Bürgschaftserklärung in Anspruch nehmen, wenn die B ü r g s c h a f t o r d n u n g s m ä ß i g abgegeben wurde u n d die H a u p t s c h u l d b e s t a n d . I. Nach § 766 ist zur Gültigkeit des Bürgschaftsvertrages eine s c h r i f t l i c h e Erteilung der Bürgschaftserklärung erforderlich. Daß die

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Bürgschaft hier für eine Verbindlichkeit aus einem Grundstückskauf gegeben wurde, bedingt nicht etwa die Form des § 313 S. 1, jedenfalls dann nicht, wenn dadurch nicht die Grundstücksveräußerung, sondern lediglich die Kaufpreisschuld des Käufers gesichert werden soll. Denn die dem § 313 S. 1 zugrunde liegende Absicht des Gesetzes, den Grundstückseigentümer vor einer Übereilung zu schützen, trifft insoweit nicht zu. So RG 134/245. Vgl. auch RG 140/219 und 336 (340) sowie RGRKomm. zu § 313 Anm. 48, ferner Palandt zu § 313 Anm. 4b.

Die Bürgschaft ist daher formell in Ordnung. II. Die Bürgschaft dient lediglich der Sicherung einer Hauptschuld, § 765. Sie ist daher abhängig vom Bestehen der Hauptschuld (sog. Akzessorietät der Bürgschaft). Wie zu A. ausgeführt wurde, besteht aber die Hauptschuld; die Einrede des nichterfüllten Vertrags, die an sich auch dem Bürgen zusteht (§ 768 S. 1), ist unbegründet. Der Anspruch gegen Frau Konradi ist daher gleichfalls begründet. Da Frau Konradi sich s e l b s t s c h u l d n e r i s c h verbürgt hat, kann sie auch nicht die Einrede der Vorausklage erheben, d. h. die Befriedigung Bergers solange verweigern, als nicht der Gläubiger eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner ohne Erfolg versucht hat (§§ 771, 773 Abs. 1 Ziff. 1). G.

Kann

B e r g e r die E h e l e u t e K o n r a d i verklagen ?

als

Gesamtschuldner

Eine Gesamtschuld im eigentlichen Sinne liegt nicht vor. Eine solche setzt die S e l b s t ä n d i g k e i t der Verpflichtungen der einzelnen Schuldner voraus, auf deren Bestand wegen der vorhandenen Zweckgemeinschaft zwar einzelne Ereignisse, insbesondere die Erfüllung seitens eines Schuldners einwirken (vgl. §§ 422—424), die aber im übrigen unabhängig voneinander bestehen (vgl. § 425). Gleichheit des Inhalts oder des Entstehungsgrundes ist dagegen für die Gesamtschuld nicht erforderlich. So haften z. B. bei Vertragsverletzung der V e r t r a g s p a r t n e r aus § 278 für seinen Erfüllungsgehilfen u n d der E r f ü l l u n g s g e h i l f e selbst u. U. aus unerlaubter Handlung als Gesamtschuldner. Dagegen besteht m a n g e l s einer Z w e c k g e m e i n s c h a f t keine Gesamtschuld bei einem Brandstifter und der Versicherungsgesellschaft. Hier findet also insbesondere ein Ausgleich nach § 426 nicht statt. Vgl. Enneccerus-Lehmann § 90 II 3 und Fikentscher § 62 III, aber auch Dilcher JZ 67/113, der Gesamtschuld annimmt, wenn jeder Schuldner den Schaden mitverursacht hat. Im einzelnen vgl. die kritischen Ausführungen bei Medicus § 33 II.

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Die Bürgschaft als solche ist zwar selbständig, was z. B. Erfüllungsort und Verjährung betrifft. Sie ist aber in ihrem I n h a l t v ö l l i g a b h ä n g i g von der Hauptschuld. Kündigung, Verzug, verschuldete Unmöglichkeit beim Hauptschuldner wirken z.B. — entgegen der Regelung in § 425 bei der Gesamtschuld — auf die Bürgschaft infolge ihrer Akzessorietät ein. Vgl. namentlich RG 134/128, 137/11 sowie BGH N J W 1955,1398. Keine Bürgschaft, sondern eine echte Gesamtschuld liegt bei einer Schuld m i t Übernahme vor. Der B ü r g e haftet für eine f r e m d e Schuld; er erwartet, daß er womöglich nicht in Anspruch genommen wird; er handelt vielfach aus Gefälligkeit. Daher auch die Formvorschrift, die vor einer Übereilung schützen soll. Anders der S c h u l d m i t ü b e r n e h m e r . Er hat ein e i g e n e s , u n m i t t e l b a r e s , w i r t s c h a f t l i c h e s I n t e r e s s e an der Erfüllung der Schuld. Er übernimmt daher eine e i g e n e Schuld n e b e n der des bisherigen Schuldners. Eine Form erscheint bei diesem — ohnehin nicht gesetzlich geregelten — Verhältnis unnötig. Eine Schuldmitübernahme liegt z. B. vor bei der Zahlungszusage eines Hypothekengläubigers an die Bauhandwerker, die wegen Zahlungsunfähigkeit des Bauherrn Bedenken haben, weiter zu arbeiten. Vgl. Enneccerus-Lehmann § 84.IV 2c, Larenz § 31 II sowie RG 135/107/8 und 143/156. Über Abgrenzung der Bürgschaft vom Garantieversprechen s. BGH NJW 67/1020. Der Antrag auf Verurteilung der Eheleute Konradi als Gesamtschuldner ist daher unrichtig. Es muß heißen: Der Ehemann Konradi soll zur Zahlung von 10000 DM an Berger verurteilt werden, die Ehefrau Konradi soll verurteilt werden, für diese Schuld den Kläger aus ihrem Vermögen zu befriedigen. Die bei der Hypothekenklage übliche Fassung: Die Zwangsvollstreckung (sc. in ein Grundstück) wegen der Forderung zu d u l d e n , ist hier nicht verwertbar, da der Kläger nicht nur ein R e c h t auf Volls t r e c k u n g hat, sondern die beklagte Ehefrau dem Kläger gegenüber z u r Z a h l u n g v e r p f l i c h t e t ist. Darin zeigt sich wieder der Unterschied zwischen personeller und dinglicher Haftung oder zwischen Forderungs- und dinglichem Recht. Der Unterschied der im Text wiedergegebenen Formulierung zu der begehrten Verurteilung „als Gesamtschuldner" erscheint zunächst nicht bedeutsam. Jedoch kommt darin zum Ausdruck, daß keine Gesamtschuld im eigentlichen Sinne vorliegt, daß also namentlich nicht die §§ 425/6 anwendbar sind (an deren Stelle gelten vielmehr die §§ 767,774). Vgl. auch Schneider MDR 67/353. Die unrichtige Formulierung des Antrags führt nicht zur Abweisung der Klage. Es handelt sich um eine bloße Richtigstellung des Klagantrags, die das Gericht von sich aus im Urteilsspruch vornehmen kann. Zumindest hat das Gericht gemäß § 139 ZPO die Pflicht, dem Kläger Gelegenheit zu geben, den Klagantrag anders zu formulieren. 92

11. F a l l 1. Hausarbeit Eine berühmte Sängerin verlor im Münchener Opernhaus während einer Gastvorstellung von Figaros Hochzeit, worin sie die Rolle der Gräfin gab, eine Perlenkette im Werte von 20000 DM. Da sie den Verlust gleich nach der Heimkehr in ihr Hotel bemerkte, veröffentlichte sie schon anderen Tages in den Ortszeitungen eine Beschreibung der Kette, die deren Wert erkennen ließ, bat den ehrlichen Finder um Ablieferung und versprach ihm eine reichliche Belohnung. Der Handwerker H., der eine Reparatur auf der Bühne auszuführen hatte, hatte die Kette gefunden und zunächst behalten. Nachdem er anderen Tages die Veröffentlichung gelesen hatte, hielt er es für ratsam, als ehrlicher Finder aufzutreten und brachte die Kette zur Sängerin. Diese gab ihm als Belohnung 50 DM, und er nahm das Geld mit den Worten an: „Ich danke auch vielmals." Als H. demnächst den Vorfall unter Hervorhebung seiner Redlichkeit überall erzählte, entstand Entrüstung über den Geiz der Sängerin; man riet ihm, sie auf Zahlung von noch 200 DM zu verklagen. Hätte eine solche Klage Aussicht auf Erfolg? Vorbemerkung Aufbau Für den Anspruch des Handwerkers H. gegen die Sängerin kommen Fund und Auslobung in Frage. Welche dieser Anspruchsgrundlagen zuerst zu behandeln ist, erscheint zweifelhaft. Man könnte daran denken, die Auslobung einer v e r t r a g l i c h e n Anspruchsgrundlage gleichzusetzen und als erste zu erörtern, weil Verträge a u ß e r vertragliche Ansprüche beeinflussen können (vgl. oben S. 21). Die folgende Darstellung wird aber zeigen, daß die Auslobung im vorliegenden Fall den Fundanspruch unberührt läßt und den Finder nur besserstellen soll. Es zeigt sich weiter, daß der gesetzliche Anspruch unbegründet ist. Unter diesen Umständen ist es unbedenklich, den abzulehnenden Anspruch zunächst zu erörtern, zumal man bei der Auslobung an manche der dort erörterten Begriffe anknüpfen kann. Man kann diesen Aufbau allerdings erst vornehmen, wenn man den Fall restlos durchdacht bzw. durchskizziert hat. Im einzelnen kommt es bei den Anspruchsgrundlagen darauf an, zunächst darzulegen, daß die Ansprüche entstanden sind, und sodann, daß sie nicht durch spätere Ereignisse erloschen sind. Beim Fund ist überdies zu beachten, daß § 978 eine Sondervorschrift enthält, die die 93

allgemeinen Fundvorschriften nicht zur Anwendung kommen läßt. Diese Bestimmung ist daher als erste zu erörtern. Im übrigen ergibt sich der Aufbau eindeutig aus der folgenden Darstellung. Gutachten Gefragt ist, ob eine Klage des Handwerkers H. auf Zahlung weiterer 200 DM Aussicht auf Erfolg hat. I. Ein solcher Anspruch kann sich aus dem F u n d r e c h t ergeben. 1. Bevor geklärt wird, ob die Voraussetzungen für einen Finderlohn vorliegen, insbesondere ob es sich um eine verlorene und von dem Handwerker gefundene Sache handelt, bedarf es zunächst der Feststellung, ob die Kette „in den Geschäftsräumen einer öffentlichen Behörde oder einer dem öffentlichen Verkehr dienenden Verkehrsanstalt" gefunden wurde. In diesem Falle finden nämlich nach der Sonderbestimmung des § 978 die Vorschriften der §§ 965—977 keine Anwendung. An deren Stelle treten die §§ 978—983. Danach ist ein Anspruch auf Finderlohn nicht gegeben. Es bedarf nicht einmal der Untersuchung, ob die Kette „verloren" war. Es kommt lediglich darauf an, daß die Kette in den genannten Räumen vorgefunden wurde (vgl. RGRKomm. zu § 978 Anm. 1). Die Kette wurde auf der Bühne eines städtischen Theaters gefunden. Es erscheint fraglich, ein städtisches Theater als „Geschäftsraum einer öffentlichen Behörde" zu betrachten. Die Verkehrsanschauung spricht hier nicht von einem Geschäftsraum. Eher könnte man an eine „Verkehrsanstalt" denken, wenn man hierunter eine Einrichtung versteht, in der ein erheblicher Publikums-„Verkehr" stattfindet. Jedoch auch diese Annahme erscheint gekünstelt. Eine Verkehrsanstalt im eigentlichen Sinne ist eine Transportanstalt. Eine Erweiterung dieses Begriffs ist angesichts des Ausnahmecharakters bedenklich. Sie ließe sich nur rechtfertigen, wenn überwiegende Zweckmäßigkeitsgründe dies erforderten. Das Gegenteil ist der Fall. Bei Erweiterung des Begriffs würde sich eine sichere Grenzlinie zu dem sonstigen Fundrecht nicht mehr ziehen lassen; auch der Fund in einem Hotel, einer Bank, einem Warenhaus, einem Kino fiele unter § 978. Das müßte den Interessen des Verlierers selbst nachteilig werden, da die Versagung des Anspruchs auf Finderlohn die Neigung zur Ablieferung der gefundenen Sachen erheblich abschwächt. Eine Erweiterung des § 978 wird daher auch von der Rechtsprechung und Literatur abgelehnt. Vgl. RG 108/259, Palandt zu § 978 Anm. 1, Staudinger-Berg Anm. 25 zu § 978. Selbst bei einer erweiternden Auslegung würde man aber nur bei den dem Verkehr des Publikums freigegebenen Räumlichkeiten des Theaters von einer „dem öffentlichen Verkehr dienenden Verkehrsanstalt" oder 94

„dem Geschäftsraum einer öffentlichen Behörde" sprechen können, keinesfalls aber bei einer Bühne, zu der jedem Unbefugten der Zutritt streng verboten ist. Die allgemeinen Fundregeln werden somit durch die Sonderregelung der §§ 978—983 nicht verdrängt. 2. Nach § 971 kann ein „Finder" als Finderlohn 5 % des Wertes der Sache bis zu 300 DM und 1 % des Mehrwertes verlangen. Als gesetzlicher Finderlohn käme demnach ein Betrag von 15 DM ( = 5 % von 300 DM) + 197 DM ( = 1 % von 19700 DM), insgesamt von 212 DM abzüglich der bereits gezahlten 50 DM, also von noch 162 DM in Betracht. a) Voraussetzung für einen Anspruch in dieser Höhe ist, daß der Handwerker Finder im Sinne des § 965 Abs. 1 ist. Nach dieser Bestimmung ist Finder, „wer eine verlorene Sache findet und an sich nimmt". Es bedarf daher der Untersuchung, ob die Kette verloren war und ob der Angestellte sie gefunden und an sich genommen hat. Verloren ist eine Sache, „deren Besitz zufällig und nicht bloß vorübergehend abhanden gekommen ist. Sie darf dadurch aber nicht herrenlos geworden und nicht in den Besitz Dritter gelangt sein. Die Sache ist nicht verloren, solange der Ort des Verlustes bekannt und die Wiedererlangung möglich ist". Palandt vor § 965 Anm. 1. Die ersteren Voraussetzungen sind erfüllt. Die Perlenkette, die der Sängerin gehörte, ist während der Vorstellung zufällig abhanden gekommen, ohne daß ein Dritter durch den Verlust Besitz erlangte. Fraglich könnte nur sein, ob nicht der Ort des Verlusts bekannt und dadurch die Wiedererlangung möglich ist, weil die Bühnenräume nach Art einer abgeschlossenen Wohnung als Fundstätte nicht in Betracht kämen. Der Satz: „Das Haus verliert nichts", kann aber nur in gewissen Grenzen als richtig anerkannt werden. Sachen, die jemand innerhalb seiner e i g e n e n abgeschlossenen Wohnung „verliert", können zwar in der Regel nicht als „verloren" im Rechtssinne gelten, weil sie im Machtbereich des Verlierers bleiben. Der Dienstbote, der sie findet, hat keinen Anspruch auf Finderlohn. Doch ist selbst hier durchaus denkbar, daß nach Ablauf einer bestimmten Zeit ein Besitzverlust eintritt und die Sache dadurch zu einer im Rechtssinne verlorenen wird.

Dagegen wird man eine Sache, die jemand in der Wohnung oder in den Geschäftsräumen eines a n d e r e n „verliert", grundsätzlich als im Rechtssinne verloren anzusehen haben. Der Besitz an einer in fremden Räumen liegen gelassenen Sache geht nicht etwa ohne weiteres auf den Besitzer der Räumlichkeit über, da ein entsprechender Besitzwille des Inhabers der Räume nicht zu unterstellen ist; Besitz ohne Besitzwille 95

ist undenkbar, vgl. Palandt zu § 854 Anm. 2. Erst recht ist bei Verlast von Sachen im Hotel oder, wie hier auf der Bühne, ein Besitzverlust im technischen Sinne anzunehmen, wenn nicht eine unverzüglich eingeleitete Nachforschung nach der Sache zu ihrer Wiederauffindung führt. Die Perlenkette war demnach verloren. H ist Finder, wenn er die verlorene Sache „findet", d. h. entdeckt, und „an sich nimmt". In letzterer Hinsicht könnten Bedenken entstehen, wenn H in einem festen Anstellungsverhältnis zum Theater stände. Angestellte des Theaters sind wahrscheinlich auf Grund einer Hausordnung, zumindest aber auf Grund ihrer Treupflicht zur Ablieferung des Fundstücks an die Leitung des Theaters verpflichtet. Es läßt sich daher die Ansicht vertreten, daß sie einen Fund nur im Rahmen dieser ihrer Verpflichtung machen können. Finder wäre dann der Leiter des Theaters, der Angestellte wäre bloßes Werkzeug, ein Besitzdiener im Sinne des § 855. So BGH 8/130. Vgl. auch die Rechtslage bei Herstellung einer neuen Sache durch Verarbeitung (§ 950). Der Fabrikarbeiter, der im Auftrag seines Arbeitgebers eine neue Sache herstellt, erwirbt nicht selbst auf Grund des § 950 das Eigentum hieran, sondern vermittelt nur den Eigentumserwerb für den Arbeitgeber. Der unselbständige Arbeiter ist nicht Hersteller im Sinne dieser Bestimmung. Vgl. Palandt zu § 950, 3 a und Staudinger-Berg zu § 950, Bern. 13.

Der Fall liegt hier aber besonders. Es steht zunächst nicht einmal fest, ob H zum ständigen „Theaterpersonal" gehört. Selbst wenn dies aber zutrifft, so darf die Pflicht zur Ablieferung der Fundsachen an die Theaterleitung mit der Wirkung, daß nur diese als Finder gilt, nicht zu weit ausgelegt zu werden. Sie betrifft lediglich die Angestellten, die unmittelbar mit dem Aufräumen und Ordnen der Theaterräume beauftragt sind, wie Platzanweiserinnen und Putzfrauen, nicht aber solche Angestellte und Arbeiter, die andere Arbeiten zu erledigen haben, wie hier eine Reparatur der Bühne, und die nur bei Gelegenheit dieser Arbeiten die Theaterräume betreten. Auch diese haben zwar die Pflicht, gefundene Sachen der Theaterleitung zu melden, da sich der Verlierer in erster Linie an die Theaterleitung wegen seines Verlustes wenden wird. Da das Durchsuchen der Räume aber nicht ihre eigentliche Aufgabe ist, soll ihnen durch diese Pflicht nicht die Berechtigung genommen werden, als Finder zu gelten und womöglich sich selbst an den Verlierer zu wenden. Schon praktische Erwägungen sprechen für diese Auffassung, da nur so genügend Anreiz für den tatsächlichen Finder besteht, die Sache ordnungsmäßig abzuliefern. Auch die Rechtsprechung hat sich auf den Standpunkt gestellt, daß bei einem gelegentlichen Funde in

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Lagerräumen durch Angestellte regelmäßig der auffindende Angestellte als Finder zu gelten habe (vgl. OLG 41/158 sowie Staudinger-Berg zu § 965 Bern. 18). In BGH 8/130 handelte es sich um die Platzanweiserin eines Lichtspieltheaters, für die die ausdrückliche Anweisung bestand, nach Beendigung der Vorstellung das ganze Theater zu durchsuchen und Fundgegenstände sofort der Geschäftsleitung zu übergeben. Der Bundesgerichtshof hat hier mit Recht angenommen, daß nur der Besitzer des Theaters Finder im Rechtssinne ist.

Die Tatsache, daß H bei Gelegenheit seiner Arbeit die Kette gefunden hat, hindert daher nicht, ihn als Finder im Sinne des § 965 anzusehen. Damit sind die Voraussetzungen für den Anspruch auf Finderlohn an sich gegeben. b) Der Anspruch kann aber dadurch wieder verloren gegangen sein, daß der Handwerker die Pflicht zur unverzüglichen Anzeige des Fundes verletzt hat, § 971 Abs. 2. Der Handwerker hat die Kette „zunächst behalten". Erst nach Erscheinen der Anzeige hat er sich entschlossen, als Finder aufzutreten. Das war nicht „unverzüglich". Er hätte den Fund schon am Abend, spätestens am anderen Morgen, mitteilen müssen, entweder der Sängerin oder der dafür bestimmten Fundstelle im Theater oder der Polizeibehörde (vgl. § 965). Da die Verlustanzeige frühestens in den Mittag- oder Abendblättern erschienen ist, hat er zu lange gezögert und seinen Anspruch auf Finderlohn verloren. Aus der gesetzlichen Regelung des Fundrechts kann daher der Handwerker keinen Anspruch herleiten. II. Der Anspruch könnte sich weiter aus einer A u s l o b u n g ergeben, §657. Theoretische Erörterungen über die Rechtsnatur der Auslobung als eines einseitig verpflichtenden Versprechens (vgl. Enneccerus-Lehmann § 159 I und II 1) erübrigen sich, da sie den Fall in keiner Weise der Lösung näher bringen.

1. Durch ihre Zeitungsanzeige hat die Sängerin dem „ehrlichen Finder" für die Vornahme einer Handlung, nämlich für die „Ablieferung der Kette" eine Belohnung zugesagt. Es fragt sich, ob die Voraussetzungen dieser Auslobung durch den Angestellten erfüllt wurden und in welcher Höhe er dadurch einen Anspruch erworben hat. Der Handwerker hat die Kette abgeliefert. Ist er aber auch als „ehrlicher Finder" im Sinne der Auslobung anzusehen ? Ein ehrlicher Finder im Sinne des Fundrechts ist er nicht, da er die Meldung bzw. Ablieferung nicht unverzüglich vorgenommen hat. Man wird jedoch den Begriff des „ehrlichen Finders" nicht im Sinne des Fundrechts auslegen dürfen. 7 B e r g , BOrgerl. Recht, 10. A n a

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Durch das Inaussichtstellen einer reichlichen Belohnung im Wege einer Auslobung will der Verlierer erfahrungsgemäß der Ehrlichkeit des Finders und seinem Entschluß, die Sache zurückzugeben, nachhelfen. Für ihn ist jeder Finder ehrlich, der ihm die Sache freiwillig zurückgibt, mag er sie auch ohne die Auslobung behalten haben wollen. Auf die „Unverzüglichkeit" der Rückgabe kommt es ihm nicht entscheidend an. So auch Weimar JR1962/175. Die Voraussetzungen, unter denen der Auslobungsanspruch entstehen sollte, sind somit bei dem Handwerker gegeben. Geht man davon aus, daß der Auslobende dem Finder einen besonderen Anreiz zur Ablieferung der Fundsache geben wollte, so muß auch die zugesagte „reichliche Belohnung" größer als der gesetzliche Finderlohn sein. Die nähere Bestimmung der Höhe der Belohnung behält sich allerdings der Auslobende — im Gegensatz zu § 316 — selbst vor. Er hat sie jedoch gemäß § 315 nach billigem, gegebenenfalls richterlich nachprüfbarem Ermessen zu treffen. Ein Anspruch von 250 DM — das wären 38 DM mehr als der gesetzliche Finderlohn von 212 DM — dürfte zumindest der Billigkeit entsprechen. Der Anspruch des Handwerkers auf die noch nicht erhaltenen 200 DM ist somit an sich berechtigt. 2. Es fragt sich, welchen Einfluß die Dankesäußerung des Handwerkers bei Entgegennahme der 50 DM auf diesen Anspruch hat. Stellt diese Äußerung lediglich eine H ö f l i c h k e i t s f o r m e l dar und fehlte dem Erklärenden damit das Bewußtsein einer „rechtsgeschäftlichen Willenserklärung", so ist sie ohne rechtliche Bedeutung. Die Annahme einer bloßen Höflichkeitsformel dürfte aber der Sachlage nicht gerecht werden. Dem Handwerker war durch die Auslobung bekannt, daß die Kette ein besonderes Wertstück darstellte; er hatte sich gerade durch die Aussicht auf die zugesagte reichliche Belohnung bestimmen lassen, das Fundstück doch noch abzuliefern und seinen Anspruch auf den Lohn geltend zu machen. Leute mit geringem Einkommen legen erfahrungsgemäß kräftig Verwahrung ein, wenn sie sich in einem solchen Anspruch verkürzt fühlen. Daß ein Anspruch auf Finderlohn besteht, ist zudem fest in das Volksbewußtsein eingegangen. Der Regel des Lebens und den besonderen Umständen widerspricht es daher, anzunehmen, daß dem Handwerker das Bewußtsein einer a u c h r e c h t lichen Bedeutung seines Verhaltens ganz gefehlt habe. Das genügt. Eine klare Vorstellung der Rechtsfolgen seines Verhaltens braucht der Erklärende nicht zu haben; die nähere Deutung des objektiven Sinnes der Erklärung und die Ausgestaltung der Rechtsfolgen ist Sache des Gerichts (vgl. Lehmann, Allg. Teil § 24 IV 1). Als rechtlich bedeutsame Erklärung könnte die Dankeserklärung, die der Handwerker auf die Übergabe der 50 DM als der „geschuldeten 98

Leistung" abgab, den Abschluß eines Erlaßvertrags über eine Mehrforderung bedeuten (§ 397 Abs. 1) oder den Abschluß eines Vertrags über ein „Anerkenntnis, daß das Schuldverhältnis nicht bestehe" (§ 397 Abs. 2), also über ein sog. negatives Schuldanerkenntnis. Ein E r l a ß v e r t r a g setzt voraus, daß der Handwerker als Gläubiger sich seiner Mehrforderung bewußt war und gleichwohl im Einverständnis mit dem Schuldner auf die Mehrforderung „verzichtet". Ein einseitiger Verzicht ist bei Forderungen nicht möglich, es bedarf vielmehr stets eines Erlaß-,.Vertrags". Vgl. RG 110/418, EnneccerusLehmann §74 I, Palandt zu § 397 Anm. l a .

Ein solches Bewußtsein fehlte dem Handwerker. Er glaubte zunächst, eine reichliche Belohnung erhalten zu haben und wurde erst später durch Dritte über seine höheren Forderungen belehrt. Die Annahme eines Erlaßvertrags entfällt damit. Ein n e g a t i v e s S c h u l d a n e r k e n n t n i s im Sinne des §397 Abs. 2 würde nicht schon an der mangelnden Schriftform scheitern. Schriftform ist nur zu einem positiven Schuldanerkenntnis erforderlich (§ 781). Es fragt sich aber, ob ein negatives Schuldanerkenntnis gewollt war. Ein solches muß gewissermaßen als das Spiegelbild des positiven Schuldanerkenntnisses angesehen werden, da § 812 Abs. 2 es zusammen mit diesem nennt und beide als kondizierbar bezeichnet. Es erfordert daher wie dieses den Willen der Parteien, das Schuldverhältnis, losgelöst von den bisherigen Beziehungen auf eine neue Grundlage zu stellen. Die Parteien müssen also klar zum Ausdruck bringen, daß das Schuldverhältnis nunmehr sein Ende gefunden hat und daß keine Forderungen mehr bestehen. Ein solches negatives Schuldanerkenntnis findet sich vielfach bei Vergleichen, in denen zum Schluß erklärt wird, daß „keine weiteren Forderungen mehr bestehen". Auch die „Entlastung" eines Vorstandes bei einem Verein u. dgl. kann ein negatives Schuldanerkenntnis sein. Ist das Anerkenntnis zu Unrecht gegeben, so kann es — wie im Text gesagt wurde — gemäß § 812 Abs. 2 kondiziert werden. Der Schuldner ist dann zur Rückgewähr durch Wiederherstellung der Schuld verpflichtet. Einer besonderen Anfechtung wegen Irrtums bedarf es neben der Kondiktio nicht. Vgl. RG 108/107. Erfolgt das Anerkenntnis im Wege eines Vergleichs, so ist jedoch zu beachten, daß, soweit etwaige Streitpunkte hierdurch ausgeräumt werden sollten, weder eine Kondiktio noch Anfechtung möglich ist. Enthält das Anerkenntnis gleichzeitig einen Verzicht auf Mehrforderungen, so liegt ein Erlaßvertrag gemäß § 397 Abs. 1 vor, der eventuell der Anfechtung bedarf. Vgl. Enneccerus-Lehmann § 74 II, Palandt zu § 397 Anm. 6. 7'

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Die bloße Entgegennahme des Geldes, verbunden mit einer Dankesäußerung kann als eine solch eindeutige Erklärung, daß das Schuldverhältnis nicht mehr bestehe, nicht angesehen werden. Näher liegt die Auffassung, daß es sich lediglich um die Annahme der angebotenen Leistung als Erfüllung im Sinne des § 363 gehandelt hat. Bei einer Annahme als Erfüllung behält der Annehmende seinen Erfüllungsanspruch auf die Leistung, soweit sie in Wahrheit noch nicht erbracht ist. Nur die Beweislast, die grundsätzlich der Schuldner hinsichtlich der Erfüllung hat, dreht sich zu seinem Nachteil um. Er muß nunmehr beweisen, daß die Leistung trotz der Entgegennahme noch nicht erbracht ist. Dieser Beweis ergibt sich aber hier ohne weiteres aus dem unbestrittenen Sachverhalt. Vgl. die gleiche Lage oben S. 66 bei Fall 8. — Der Unterschied der Annahme als Erfüllung zum negativen Schuldanerkenntnis zeigt sich am besten bei Sicherheiten, die für die Forderung bestellt sind. Solche Sicherheiten (Bürgen, Pfänder) haften bei einer Annahme als Erfüllung (im Sinne des § 363) weiter, bei einem negativen Schuldanerkenntnis werden sie frei und müssen auf eine Kondiktio hin neu bestellt werden.

Eine Klage auf Zahlung von weiteren 200 DM aus dem Gesichtspunkt der Auslobung hat somit Aussicht auf Erfolg. 12. F a l l 1. Klausurarbeit Adam hatte mit Fräulein Margot außerehelich verkehrt und sie geschwängert. Fräulein Margot heiratete darauf Herrn Schön. Adam versprach Fräulein Margot und Herrn Schön vor der Hochzeit mündlich, für das zu erwartende Kind, wenn seine Ehelichkeit durch Schön nicht angefochten werden sollte, bis zur Volljährigkeit 1000 DM jährlich Alimente zu zahlen. Nach der Geburt des Kindes und dem ungenutzten Ablauf der Anfechtungsfrist verweigerte er die Zahlung, weil er nicht Vater sei, sein Versprechen außerdem gegen die guten Sitten verstoße und der Form entbehre. Wie ist die Rechtslage ? Vorbemerkung Aufbau Die Frage nach der Rechtslage ist in erster Linie dahin zu verstehen, ob A aus seinem Zahlungsversprechen in Anspruch genommen werden kann. Erst in zweiter Linie interessieren gesetzliche Anspruchsgrundlagen. Zunächst ist daher das Zahlungsversprechen auf seine rechtliche 100

Bedeutung und Wirksamkeit zu untersuchen. Das Vorbringen des A über Unsittlichkeit und Formmangel ist dabei sofort mit zu erörtern; es handelt sich lediglich um Rechtsansichten, also nur um Hinweise auf Bestimmungen, die das Gericht bei der unstreitigen Sachlage sowieso von Amts wegen beachten müßte (vgl. Berg, Gutachten S. 57 zu B I). Bei Prüfung des Zahlungsversprechens interessiert zunächst, wer Rechte hieraus erwerben sollte, wer also in einem Rechtsstreit als Kläger gegen A auftreten könnte oder — prozeßtechnisch gesprochen — wer zur Klage aktiv legitimiert ist (vgl. Berg a.a.O., S. 53 zu II). Diese Überlegungen bestimmen den Aufbau. Gutachten A. Die R e c h t s l a g e auf G r u n d des Z a h l u n g s v e r s p r e c h e n s des A d a m Schön und Margot haben das Zahlungsversprechen Adams angenommen, wie daraus hervorgeht, daß sie bis zum Ablauf der Anfechtungsfrist nichts gegen ihn unternommen haben. Adam hat sich also durch V e r t r a g verpflichtet, bis zur Volljährigkeit des Kindes 1000 DM jährlich zu zahlen. I. Es fragt sich zunächst, wer aus diesem Vertrag Ansprüche gegen Adam erheben kann, wer also zu einer Klage aktiv legitimiert ist. 1. Die Versprechensempfänger Margot und Schön könnten als V e r t r e t e r des zu erwartenden Kindes gehandelt haben. Dann wäre lediglich das Kind zur Geltendmachung von Ansprüchen berechtigt. Dieser Annahme steht aber entgegen, daß es zur Vertretung einer Leibesfrucht der Bestellung eines besonderen Pflegers bedarf. Eine Ausnahme gilt nur, wenn das Kind, falls es bereits geboren wäre, unter elterlicher Gewalt stehen würde, § 1912. Hier wäre das Kind zur Zeit des Zahlungsversprechens unehelich gewesen. Gesetzlicher Vertreter wäre das Jugendamt, § 40 JWG. Margot und Schön können daher nicht als Vertreter gehandelt haben. 2. In Betracht kommt weiter die Annahme eines Vertrags zugunsten des Kindes im Sinne des § 328. Das Kind würde dann unmittelbar das Recht erworben haben, die Leistung zu fordern. Die Versprechensempfänger — Margot und Schön — könnten daneben im eigenen Namen Leistung fordern, allerdings nur Leistung an das Kind, nicht an sich selbst, § 334. Für die Wirksamkeit des Vertrags ist unerheblich, ob der Dritte bereits geboren ist; es genügt, daß der Dritte hinreichend bestimmbar ist. Der Dritte braucht nicht einmal erzeugt zu sein. Vgl. RG 65/283, 106/126 und Palandt zu § 328 Anm. 1.

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Jedoch ist nicht jeder Vertrag, durch den ein Dritter begünstigt wird, ein echter Vertrag zugunsten Dritter. In Ermangelung einer besonderen Bestimmung über das Recht des Dritten ist aus den Umständen, insbesondere aus dem Zweck des Vertrags zu entnehmen, ob der Dritte ein eigenes Recht erwerben soll, § 328 Abs. 2. Der Zweck des Vertrags ging dahin, dem Kind den Makel der Unehelichkeit zu nehmen, Frau Schön nicht als uneheliche Mutter und Adam nicht als außerehelichen Erzeuger in Erscheinung treten zu lassen. Zu diesem Zweck belastete Herr Schön sich mit den Pflichten eines ehelichen Vaters, namentlich mit den Unterhaltspflichten aus §§ 1601 ff., Adam übernahm als Ausgleich die Verpflichtung, Herrn Schön von dieser Belastung im wesentlichen freizustellen. So erklärt sich zwanglos, daß Adam nicht nur bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, wozu er als unehelicher Vater grundsätzlich verpflichtet gewesen wäre (§ 1708 n. F.), sondern bis zur Volljährigkeit den Unterhalt zahlen wollte, und zwar in einer Höhe, die in etwa den erforderlichen Aufwendungen eines ehelichen Vaters entsprach. Der Vertrag stellt somit lediglich eine Entlastung des Herrn Schön für die von diesem übernommene Belastung dar. Damit entfällt die Annahme eines echten Vertrags zugunsten des Kindes. Würde man anders entscheiden, so ergäbe sich das eigenartige Ergebnis, daß das Kind nunmehr zwei Verpflichtete hat, nämlich Schön auf Grund des § 1601 und Adam auf Grund des Vertrags, während Schön keinerlei Ausgleich erhält. Gegen einen Vertrag zugunsten des Kindes spricht ferner die Erwägung, daß das Kind von Adam als seinem Erzeuger nichts erfahren soll. 3. Somit ist nicht das Kind, sondern Schön zur Geltendmachung des Anspruchs befugt, und zwar zur Geltendmachung an sich, nicht an das Kind. Ob daneben auch Margot, die jetzige Frau Schön, einen eigenen vertraglichen Anspruch gegen Schön erhalten soll, erscheint zweifelhaft. Sie ist sowohl als uneheliche Mutter als auch als eheliche Mutter gemäß § 1601 zum Unterhalt verpflichtet. Durch die Stellung einer ehelichen Mutter wird sie wahrscheinlich besser gestellt. Denn die Haftung der Eheleute Schön gegenüber dem als ehelich geltenden Kinde bestimmt sich auf Grund der Neufassung des § 1606 Abs. 3 „nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen". Das Kind wird daher in der Regel den „Vater" Schön wegen des Unterhalts in Anspruch nehmen. Die Mutter trägt zum Unterhalt durch ihre Arbeit im Haushalt bei, § 1360 BGB n. F. Es besteht daher kein Bedürfnis, Frau Margot einen Ausgleichsanspruch gegen Adam zu geben. Sie ist nicht eigentliche Vertragspartei, sondern lediglich als Zeuge der Abmachung zu betrachten. Die Frage, wer aus dem Vertrag Ansprüche gegen Adam geltend machen kann, ist also dahin zu beantworten, daß hierzu Schön allein befugt ist. 102

Vgl. zur Unterhaltspflicht gegenüber ehelichen Kindern nach dem Gleichberechtigungsgesetz Familienrecht Fall 33.

II. Der Anspruch auf Zahlung von jährlich 800 DM bis zur Volljährigkeit des Kindes ist berechtigt, wenn der Vertrag rechtswirksam ist. Gegen die Rechtswirksamkeit ergeben sich 2 Bedenken, auf die Adam besonders hinweist. Der Vertrag kann wegen Formmangels ungültig sein und er kann gegen das Gesetz oder gegen die guten Sitten verstoßen. 1. Für die F o r m b e d ü r f t i g k e i t ist entscheidend, um welchen Vertrag es sich handelt. a) Da kein Vertrag zwischen dem — unehelichen — Kinde und dem Erzeuger Adam geschlossen wurde, liegt eine Unterhaltsvereinbarung gemäß § 1714, die der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bedurft hätte, nicht vor. b) Ein — formbedürftiges — S c h e n k u n g s v e r s p r e c h e n (§ 518) scheidet aus, da objektiv weder eine Bereicherung des Schön gegeben ist (er belastet sich ja mit der Unterhaltspflicht nach §§ 1601 ff.) noch subjektiv eine Einigung über die Unentgeltlichkeit vorliegt: Beide Parteien sind sich bewußt, daß Adam auf Grund des § 1708 auch ohne besonderen Vertrag zahlen muß. Auch soweit Adam über die Alimentenverpflichtung aus § 1708 hinaus zahlen will, liegt keine Einigung über Unentgeltlichkeit vor. Denn Adam will von dem Makel der unehelichen Vaterschaft loskommen, Schön übernimmt die Unterhaltspflicht eines Vaters. c) Zur — schriftbedürftigen — L e i b r e n t e (§ 759ff.) fehlt die Begründung eines geschlossenen Grundrechts, aus dem sich die Ansprüche auf die einzelnen Bezüge als Erträge herleiten. Die vertraglich zugesagten Alimente sollen im wesentlichen den Schön von seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht freistellen. Vgl. RG 106/95; kritisch hierzu Larenz § 59 III. — Gegen eine Leibrente spricht nicht schon, daß die Leistungen nicht auf die L e b e n s d a u e r des K i n d e s abgestellt sind, es genügt, daß sie an d a s L e b e n des K i n d e s g e k n ü p f t sind, mögen sie auch zeitlich (Volljährigkeit) begrenzt sein, Enneccerus-Lehmann § 187 I 1.

d) Ein — schriftbedürftiges — a b s t r a k t e s S c h u l d v e r s p r e c h e n bzw. Schuldanerkenntnis (§§ 780/1) wollten die Parteien nicht begründen, wie schon das Wort „Alimente" andeutet, das auf den Schuldgrund ausdrücklich hinweist. Abzulehnen ist auch ein (im B G B nicht geregeltes, formlos gültiges), sog. d e k l a r a t o r i s c h e s Schuldversprechen. Durch ein solches soll eine an sich bestehende gesetzliche Pflicht zu einer vertraglichen erhoben 103

werden. Hier ist aber Adam dem Schön nicht schon kraft Gesetzes verpflichtet, vielmehr soll durch den Vertrag eine eigene Verpflichtung diesem gegenüber erst übernommen werden. Vgl. den anders liegenden Fall 8 oben S. 65.

e) Nahe liegt ein — formlos gültiger — Vergleich. Fraglich erscheint jedoch, ob hier ein „Streit oder die Ungewißheit über ein Rechtsverhältnis" im Wege „beiderseitigen Nachgebens" beseitigt wird (§ 779). Die Parteien sind sich über die Rechtslage und ihre Pflichten klar. Keiner der Parteien gibt auch im eigentlichen Sinne nach, vielmehr nimmt Schön das Zahlungsversprechen des Adam lediglich entgegen. Er verpflichtet sich nicht einmal zur Nichtanfechtung der Ehelichkeit. Die Nichtanfechtung ist lediglich eine Potestativbedingung, von der die Zahlungsverpflichtung des Adam abhängen soll. Immerhin ist bei wirtschaftlicher Betrachtung die Annahme eines Vergleichs nicht von der Hand zu weisen: Adam verpflichtet sich zu mehr als er gesetzlich verpflichtet ist, Schön übernimmt — aufschiebend bedingt durch sein Verhalten — die Last des gesetzlichen Unterhalts. Hierdurch soll der Makel beseitigt und evtl. auch ein Prozeß vermieden werden. f) Lehnt man einen Vergleich ab, so liegt ein im BGB nicht geregelter (atypischer) Vertrag vor, ein sog. U n t e r h a l t s - oder V e r s o r g u n g s v e r t r a g . Angesichts der Vertragsfreiheit (§ 305) ist er möglich. Formvorschriften sind — als Ausnahmebestimmungen — nicht entsprechend anwendbar. Ebenso BGH JZ 52/654 sowie OLG Königsberg, Höchstrichterliche Rechtspr. 1937 Nr. 81, vgl. auch Warn. 1918 Nr. 172, JW 1924/2623.

Also ist der Vertrag nicht wegen Formmangels unwirksam. 2. Verstößt der Vertrag seinem Inhalt nach gegen das Gesetz (§ 134) oder gegen die guten Sitten (§ 138) und ist deshalb unwirksam ? a) Der Vertrag könnte gegen das gesetzliche Verbot des § 169 StGB verstoßen. Danach ist die vorsätzliche „Veränderung oder Unterdrückung des Personenstandes eines andern" strafbar. Auch die uneheliche Vaterschaft begründet einen Personenstand. Durch die Nichtgeltendmachung des Anfechtungsrechts wird dieser Personenstand unterdrückt. Jedoch ist zu berücksichtigen, daß das BGB in den §§ 1591 ff., selbst diese Möglichkeit zuläßt, da Kinder, die in der Ehe geboren werden als ehelich gelten, sofern keine Anfechtung erfolgt. Das BGB stellt es also dem Ehemann frei, von seinem Anfechtungsrecht Gebrauch zu machen und läßt es damit zu, daß uneheliche Kinder zu ehelichen werden. Die im Vertrag vorgesehene Unterlassung der Anfechtung ist daher 104

nicht gesetz- bzw. rechtswidrig. Sie kann den Vertrag nicht wegen Verstoßes gegen § 169 unwirksam machen. Anders dagegen die Anerkennung eines u n e h e l i c h geborenen Kindes gemäß §1720. Sie kann, wenn sie falsch ist, nach §169 StGB strafbar sein. Vgl. RGSt. 70/237 und zur Frage des Personenstandes unehelicher Kinder RGSt. 41/302.

b) Als Unterhaltsvertrag ist der Vertrag auch nicht unsittlich. Die Verschleierung der natürlichen Abstammung, die er zur Folge hat, wird vom BGB selbst gestattet, wie soeben dargelegt wurde. Sie nimmt zudem dem Kinde den Makel der Unehelichkeit und stellt es einem ehelichen gleich (vgl. Bonner GG Art. 6 Abs. 5). Es müssen schon besondere Umstände vorliegen, die den Vertrag gleichwohl als unsittlich erscheinen lassen. Solche Umstände könnten darin gesehen werden, daß die Nichtanfechtung von einer Geldleistung abhängig ist, obwohl die Anfechtungsmöglichkeit als höchst persönliches Recht nur auf Grund freien Entschlusses erfolgen soll. Vgl. OLG Celle Nds. Rpfl. 1962/188 und Lehmann, Allg. Teil § 29 IV 3 a sowie die daselbst gegebenen Beispiele: Zusage der Ehelosigkeit, des Religionswechsels gegen Entgelt.

Dem ist aber entgegenzuhalten, daß Schön sich nicht zur Nichtanfechtung verpflichtet. Es handelt sich um eine in sein freies Belieben gestellte Bedingung (Postestativbedingung). Ferner spricht gegen die Unsittlichkeit, daß Schön keine Zahlung zu seinem persönlichen Vorteil erhält, sondern nur einen Ausgleich dafür, daß er mit der gesetzlichen Unterhaltspflicht belastet wird. Durch den Vertrag wird also lediglich eine Besserstellung des Kindes ohne persönliche Vorteile der Vertragschließenden erreicht. Ein solcher Vertrag ist nicht unsittlich. So auch BGH 46/56.

III. Schön kann somit nach ungenutztem Ablauf der Anfechtungsfrist Adam auf Zahlung der versprochenen Alimente in Anspruch nehmen. Das Vorbringen Adams bezüglich des Formmangels und der Unsittlichkeit des Versprechens ist unbeachtlich. Der weitere Einwand Adams, er sei nicht Vater, kann — da die natürliche Vaterschaft nach dem Tatbestand feststeht — nur bedeuten, daß Adam sich nicht zur Zahlung für verpflichtet hält, da das Kind infolge der Nichtanfechtung ehelich ist und damit der Anspruch des unehelichen Kindes aus § 1708 gegen ihn entfällt. Dieser Einwand ist aber schon deshalb unbeachtlich, weil er aus einem Vertrag in Anspruch genommen wird und hierbei die Vaterschaft bzw. Erzeugerschaft nicht Inhalt der Verpflichtung, sondern nur ihr Anlaß war. Der Einwand führt jedoch zur Untersuchung der Frage, ob noch andere gesetzliche Ansprüche gegen Adam bestehen. 105

B. W e i t e r e , k r a f t Gesetzes b e s t e h e n d e gegen A d a m

Anspruchsgrundlagen

I. Ein Anspruch des Kindes aus § 1708 entfällt, da das Kind, das nach der Eingehung der Ehe geboren wurde, ehelich ist (§ 1591). Solange die Ehelichkeit nicht angefochten ist, ist auch eine Klage auf Feststellung der Unehelichkeit ausgeschlossen. Vgl. Palandt zu § 1593 Anm. 3, BGH 14/358; vgl. auch BGH 24/11 f. sowie 46/56 ff.

II. Ein Anspruch des Schön aus unerlaubter Handlung könnte in Betracht kommen, falls Adam von vornherein durch Abgabe des Versprechens die Nichtanfechtung durch Schön erreichen wollte (§ 823 Abs. 2 in Verbindung mit § 263 StGB) oder falls Adam sittenwidrigerweise jetzt die Zahlung verweigert, nachdem er durch sein Verhalten den Wegfall des Anspruchs aus § 1708 herbeigeführt hat (§ 826). Vgl. BGH NJW 1962/1057.

Solche Schadensersatzansprüche entfallen aber schon deshalb, weil Schön keinen Schaden erlitten hat. Er wollte gegen Adam einen vertraglichen Anspruch erwerben und hat einen rechtswirksamen Anspruch, wie zu A dargelegt wurde. III. Noch fraglicher erscheint ein Anspruch des Schön gegen Adam aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 S. 1. Die Bereicherung des Adam könnte darin gesehen werden, daß er von seiner Unterhaltspflicht aus § 1708 befreit wurde. Diese Bereicherung ist aber, selbst wenn sie „auf Kosten" des Schön eingetreten sein sollte, nicht „ohne rechtlichen Grund" erfolgt, vielmehr die Folge des mit Schön abgeschlossenen Vertrags. Dadurch hat Schön zum Ausgleich einen vertraglichen Anspruch auf Zahlung der jährlichen Rente von 1000 DM gegen Adam erhalten.

13. F a l l 2. Hausarbeit Der Geschäftsreisende Erich Wohlgemut bringt einen von seinem Großvater ererbten, mit „E. W." gezeichneten Ring mit echten Brillanten zum Juwelier Fahrig, um ihn etwas enger machen zu lassen. Durch die Unaufmerksamkeit eines Angestellten des Fahrig wird der Ring der Filmschauspielerin Editha Wonnig ausgehändigt, die einen ähnlichen Ring mit unechten Brillanten zum Eingravieren ihrer Ini106

tialen gebracht hatte. Die Wonnig, die von Brillanten nichts verstand, bemerkte die Verwechslung nicht und schenkte den Ring ihrem Bräutigam Max Feste. Hat Wohlgemut Aussicht, seinen Ring wiederzubekommen? Wie ist die Rechtslage, wenn der Ring, bevor die Wonnig ihn verschenken konnte, von einem ihrer zahlreichen Gläubiger namens Gierig durch den Gerichtsvollzieher gepfändet und in öffentlicher Versteigerung von X erworben wurde ? Welche Ansprüche hat in diesem Falle Wohlgemut gegen sämtliche Beteiligten ? Vorbemerkung Aufbau Der Fall enthält die Fragen: Kann Wohlgemut seinen Ring wiederbekommen : A. vor der Versteigerung von Feste ? B. im Falle der Versteigerung vom Erwerber ? C. Welche (sonstigen) Ansprüche hat W im Falle der Versteigerung gegen sämtliche Beteiligten? Bei den Fragen A und B sind lediglich Herausgabeansprüche zu erörtern (vgl. Fall 9). Bei der Frage C kommen Ersatzansprüche in Betracht. Im einzelnen ergibt sich der Aufbau aus der Musterbearbeitung. Gutachten A. H a t W o h l g e m u t A u s s i c h t , seinen Ring w i e d e r z u b e k o m m e n ? Ansprüche auf Rückgabe des Ringes kann Wohlgemut nur gegen F e s t e als den d e r z e i t i g e n B e s i t z e r des Ringes richten. I. In erster Linie kommt der E i g e n t u m s h e r a u s g a b e a n s p r u c h aus § 985 in Betracht. Voraussetzung hierfür ist, daß Wohlgemut noch Eigentümer des Ringes ist. Zu prüfen ist daher, ob er sein Eigentum nicht inzwischen verloren hat. Daß W. Eigentümer war, braucht als selbstverständlich nicht weiter ausgeführt zu werden. 1. In der durch Fahrig im Rahmen des abgeschlossenen Werkvertrags vorgenommenen B e a r b e i t u n g des Ringes („Enger machen") lag keine Verarbeitung im Sinne des § 950, auf Grund deren Fahrig originär das Eigentum an dem Ringe hätte erwerben können. Denn durch das bloße „Engermachen" des Ringes wurde keine „neue Sache" hergestellt. Außerdem war der Wert der „Verarbeitung" erheblich geringer als der Wert des Stoffes. 2. Das Eigentum ist auch nicht untergegangen durch W e i t e r g a b e des Ringes an die Wonnig. Die Herausgabe an die Wonnig stellt keine 107

Ü b e r e i g n u n g dar, da der Angestellte kein Eigentum übertragen, die Wonnig kein Eigentum erwerben wollte. Es handelte sich lediglich um die t a t s ä c h l i c h e Rückgabe eines vermeintlich mit Initialen versehenen Ringes. 3. Dagegen konnte Feste auf Grund einer R e a l s c h e n k u n g von Wonnig Eigentum an dem Ringe erhalten. Wonnig war zwar nicht Eigentümerin, wohl aber Besitzerin des Ringes. Feste erwarb also bei seiner zu unterstellenden Gutgläubigkeit auf Grund des § 932 Eigentum, sofern der Ring nicht abhanden gekommen war (§ 935). Abhanden gekommen ist eine Sache dann, wenn der unmittelbare Besitzer ohne seinen Willen oder ohne sein Zutun den Besitz verloren hat. Vgl. RG 101/225. Der Besitzverlust des mittelbaren Besitzers (Wohlgemut) ist nicht entscheidend, da „Abhanden gekommen" als tatsächlicher Begriff eine tatsächliche Herrschaft voraussetzt. Der mittelbare Besitz beruht lediglich auf einem Rechtsverhältnis. Vgl. auch oben S. 57.

Unmittelbarer Besitzer ist Fahrig, nicht etwa der Angestellte. Denn dieser übt die tatsächliche Gewalt nur für Fahrig in dessen Erwerbsgeschäft aus, und zwar auf Grund eines Verhältnisses, durch das „er den sich auf die Sache beziehenden Weisungen des anderen Folge zu leisten hat". Der Angestellte ist demnach nur Besitzdiener (§ 855), d.h. er hat nur — unselbständigen — Gewahrsam, keine wirkliche Sachherrschaft, wie sie der Besitz voraussetzt. Die Fortgabe des Ringes durch den Angestellten gegen den Willen Fahrigs würde daher an sich genügen, um die Sache als abhanden gekommen anzusehen. Vgl. RG 71/253, 106/6. Das kann aber nur dort gelten, wo der Angestellte den allgemeinen Rahmen seines Angestelltenverhältnisses überschreitet. Irrt er sich lediglich innerhalb des ihm zugewiesenen Aufgabenkreises, indem er, wie hier, die Sache versehentlich dem falschen Kunden aushändigt, so ist das so anzusehen, wie wenn der Geschäftsherr selbst die Sache irrtümlich weggegeben hätte. Das ergibt sich sowohl nach den Regeln der Stellvertretung (HGB §§ 54, 56, BGB § 166) wie nach der für einen unselbständigen Gehilfen geltenden Bestimmung des § 120. Wollte man anderer Ansicht sein, so wäre jede irrtümlich von einem Angestellten herausgegebene Sache als eine abhanden gekommene anzusehen, was den im Interesse des redlichen Verkehrs gegebenen Gutglaubenschutz der §§ 932 ff. stark beeinträchtigen würde. Vgl. auch Westermann § 49 I 6, Staudinger-Berg, Anm. 9 zu § 935, Schlegelberger-Hefermehl Anm. 5 zu § 366 HGB, Hoche, Juristische Schuldng 1961, 79, Baur § 52 V 2abb. 108

Eine A n f e c h t u n g der Besitzaufgabe durch den Geschäftsherrn, durch die die Sache zu einer abhanden gekommenen gemacht werden soll, ist unzulässig, da die Besitzaufgabe keine Willenserklärung, sondern eine — unanfechtbare — Tathandlung ist. Vgl. Lehmann Allg. Teil §27 II 2d. Der Geschäftsherr hat nur eine condictio possessionis gegen Wonnig.

Der Ring ist somit dem Fahrig nicht abhanden gekommen. Der Eigentumsherausgabeanspruch aus § 985 scheitert daher an dem mangelnden Eigentum des Wohlgemut. II. Ein Anspruch aus f r ü h e r e m B e s i t z aus § 1007 ist schon deshalb ausgeschlossen, weil Feste den Ring gutgläubig erwarb (§ 1007 Abs. 1) und der Ring nicht abhanden gekommen war (§ 1007 Abs. 2). Der Anspruch aus verbotener Eigenmacht (§ 861) liegt so entfernt, daß er nicht zu erörtern ist.

III. Es bleibt daher nur der s c h u l d r e c h t l i c h e Anspruch aus B e r e i c h e r u n g , mit dem Wohlgemut die ungerechtfertigte Vermögensverschiebung ausgleichen kann. In Betracht kommt § 816 Abs. 1 S. 2: Durch die Verfügung der Wonnig hat Wohlgemut sein Eigentum an dem Ring verloren. Die Wonnig wäre ihm daher an sich auf Grund des § 816 Abs. 1 S. 1 zur Herausgabe des Erlangten verpflichtet. Da Wonnig aber nichts erlangt, den Ring vielmehr verschenkt hat, gibt das Gesetz aus Billigkeitsgründen den gegen den Verfügenden gerichteten Herausgabeanspruch auch gegen den unentgeltlichen Erwerber, der auf Grund der Verfügung unmittelbar einen rechtlichen Vorteil erlangt hat. Das ist der Beschenkte, Feste, der aus diesem Grunde den Ring an Wohlgemut zurückgeben muß. Hätte Feste den Ring seinerseits weiterverschenkt, so wäre seine Herausgabepflicht nach § 818 Abs. 3 weggefallen, dafür aber eine Herausgabepflicht des weiter Beschenkten nach § 822 begründet. B. Ä n d e r t sich die R e c h t s l a g e , w e n n d e r R i n g v o n X in d e r öffentlichen Versteigerung erworben worden ist? Der Herausgabeanspruch richtet sich hier gegen den E r w e r b e r X als den Besitzer der Sache. I. Der Herausgabeanspruch aus § 985 setzt das Eigentum Wohlgemuts am Ring im Augenblick seiner Geltendmachung voraus. Durch die Pfändung, die der Gläubiger Gierig vornehmen ließ, verlor Wohlgemut sein Eigentum noch nicht. Dagegen kann der Erwerber X auf Grund der öffentlichen Versteigerung Eigentum erworben haben. 1. Früher wandte man bei der öffentlichen Versteigerung gepfändeter Sachen die Vorschriften des BGB über den Pfandverkauf an, die 109

für v e r p f ä n d e t e Sachen gelten oder für Sachen, an denen kraft Gesetzes ein Pfandrecht entstanden ist (§§ 1235ff., vgl. auch § 1257). So RG 104/302; 126/26. Nach diesen Bestimmungen ist es bedeutungslos für den Eigentumserwerb des Erstehers, ob die versteigerte Sache abhanden gekommen war; dagegen kommt es bei Sachen, an denen kein Pfandrecht entstanden ist, entscheidend auf den guten Glauben des Erstehers hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Versteigerung an. Das ergibt sich aus § 1244, wonach nicht § 935, wohl aber die §§ 932—934 und 936 für entsprechend anwendbar erklärt werden. Nach dieser Auffassung bedarf es also der Untersuchung, ob durch die Pfändung ein materiell wirksames Pfandrecht entstanden ist, und, falls diese Frage zu verneinen ist, ob der Ersteher gutgläubig in bezug auf das Pfandrecht war. Ob durch die P f ä n d u n g an Sachen, die dem Schuldner nicht gehören, ein Pfandrecht entsteht, ist sehr bestritten. Gegen ein Pfandrecht spricht, daß die Vorschriften über den gutgläubigen Pfandrechtserwerb (§§ 1207/8) nur bei einem vertraglich eingeräumten Pfandrecht gelten. Eine entsprechende Anwendung dieser Bestimmungen ist nicht einmal bei g e s e t z l i c h e n Pfandrechten (z. B. beim Vermieterpfandrecht) möglich. § 1257, der die Vorschriften über das rechtsgeschäftliche Pfandrecht für entsprechend anwendbar erklärt, setzt ein bereits „entstandenes" Pfandrecht voraus. Nur HGB § 366 Abs. 3 kennt einen gutgläubigen gesetzlichen Pfandrechtserwerb. Deshalb läßt RG 90/198 bei P f ä n d u n g von Sachen, die dem Schuldner nicht gehören, nur eine staatliche Verstrickung, dagegen kein Pfandrecht entstehen. Dagegen hält Baumbach (zu § 804 ZPO Anm. 1 und 2) die Vorschriften des BGB beim Pfändungspfandrecht für unanwendbar. Er stützt sich auf den Wortlaut des § 804 Abs. 1, wonach der Gläubiger schlechthin, also auch an schuldnerfremden Sachen, ein „Pfandrecht" an dem gepfändeten Gegenstande erwerbe. Im einzelnen s. Arndt MDR 1961, 368 ff.

2. Die frühere „privatrechtliche" Auffassung ist jetzt von der „hoheitsrechtlichen" Auffassung verdrängt. Diese Auffassung betont, daß bei der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen die Verwertung nicht in Ausübung eines privatrechtlichen Pfandrechts und nicht auf Grund eines „eigenbestimmten Willens der Parteien" geschieht, wie der Pfandverkauf des BGB, sondern auf Grund des Rechts und der Pflicht der Rechtsordnung, dem Gläubiger das Geld, das er von dem Schuldner verlangen kann, „durch Verwertung der durch die Pfändung der Vollstreckung zugeführten Sache zu verschaffen. Nicht das Pfandrecht, sondern die Pfändung ist die Grundlage der Verwertung... Die Zwangsvollstreckung greift zwar in privatrechtliche Verhältnisse ein, sie liegt aber nicht selbst auf dem Gebiet des Privatrechts. Danach ist anzunehmen, daß der Gerichtsvollzieher durch die Ablieferung einer versteigerten Sache an den Ersteher diesem auch dann das Eigentum verschafft, wenn ein anderer als der Schuldner Eigentümer war, ebenso wie der Richter in der Zwangsversteigerung von Grundstücken durch 110

den Zuschlag dem Ersteher das Eigentum verschafft (§ 90 ZVG), gleichviel wem das Eigentum vorher zustand und ohne Rücksicht auf den guten oder bösen Glauben des Erstehers". Diesem Standpunkt, den das RG 156/397 f. unter Aufgabe seiner bisherigen Auffassung vertritt, ist zuzustimmen. Die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen nach dem 8. Buch der Zivilprozeßordnung dient der Durchsetzung des staatlichen Urteilsspruchs. In ihr findet die Hoheitsgewalt des Staates ihren sichtbaren Ausdruck. Die Anwendung privatrechtlicher Rechtssätze auf diese Tätigkeit ist daher grundsätzlich nicht angängig. Es entspricht insbesondere nicht der hoheitsrechtlichen Auffassung von der Tätigkeit des Staates, die Wirksamkeit von Amtshandlungen von privatrechtlichen Gesichtspunkten, wie dem guten Glauben der beteiligten Personen abhängig zu machen. Ebenso Baumbach zu § 817 ZPO Anm. 3; vgl. auch Lüke JZ 1957, 239. X hat daher unabhängig von seinem guten oder bösen Glauben Eigentum am Ring bei der Versteigerung erworben. II. Ansprüche Wohlgemuts aus f r ü h e r e m B e s i t z scheitern, selbst wenn die übrigen Voraussetzungen des § 1007 Abs. 1 (Bösgläubiger Erwerb) oder Abs. 2 (Abhandenkommen) gegeben sein sollten, daran, daß X Eigentümer geworden ist und dadurch dem früheren Besitzer gegenüber ein Recht zum Besitz erworben hat (vgl. § 1007 Abs. 2 und 3). III. Auch ein Anspruch aus u n g e r e c h t f e r t i g t e r B e r e i c h e r u n g auf Rückgabe des Besitzes und Rückübereignung gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 ist unbegründet. Es erscheint schon fraglich, ob X den Besitz des Ringes „auf Kosten" Wohlgemuts erlangt hat, da der Gerichtsvollzieher sich in die Vermögensverschiebung zwischen Wohlgemut und X als ein Dritter selbständig eingeschoben hat. Jedenfalls fehlt es an dem Mangel des rechtlichen Grundes. Zweck und Bedeutung der öffentlichen Versteigerung für den allgemeinen Verkehr lassen darauf schließen, daß nicht nur eine f o r m a l e Rechtsverschiebung (der Eigentumsübergang), sondern eine e n d g ü l t i g e Vermögensverschiebung herbeigeführt werden soll, d. h. daß der Ersteher den Besitz behalten soll und daß der Ausgleich dort vorzunehmen ist, wo die Rechtsverschiebung veranlaßt wurde (s. unten zu C II 3). Vgl. Enneccerus-Lehmann § 221 III 2 zur Frage der sog. Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung und § 222 III zur Frage des rechtlichen Grundes bei Ersitzung, Fruchterwerb und Verbindung, Verarbeitung u. dgl. Über den Sonderfall, daß der Vollstreckungsgläubiger selbst die Pfandsache ersteigert, s. v. Gerkan NJW 1963/1140.

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c. E r s a t z a n s p r ü c h e W o h l g e m u t s n a c h der V e r s t e i g e r u n g Da Wohlgemut sein Eigentum an dem Ring verloren hat, hat er Interesse an einem Ersatz hierfür. I. Ersatzansprüche gegen den E r w e r b e r X. 1. S c h a d e n s e r s a t z a n s p r ü c h e aus §989/990 setzen voraus, daß zwischen Wohlgemut und dem Erwerber X ursprünglich das Verhältnis von Eigentümer zu Besitzer bestanden hat, auf Grund dessen Wohlgemut von X gemäß § 985 die Herausgabe der Sache hätte verlangen können. X ist aber bei seinem Besitzerwerb auf Grund der Versteigerung sofort Eigentümer geworden. Eine rei vindicatio war somit nie gegen ihn möglich. Schadensersatzansprüche aus dem Eigentümer-Besitzverhältnis sind somit nicht denkbar. 2. Ansprüche aus D e l i k t sind gleichfalls nicht gegeben. § 823 Abs. 1 (Eigentumsverletzung) scheidet aus, weil der Erwerb in der Versteigerung nicht rechtswidrig ist. Für § 826 (vorsätzliche sittenwidrige Schädigung durch den Erwerb in der Versteigerung) fehlen tatsächliche Anhaltspunkte. 3. Desgleichen ist ein Anspruch auf W e r t e r s a t z aus u n g e r e c h t f e r t i g t e r B e r e i c h e r u n g nicht gegeben. Ist schon der Besitz nicht herauszugeben, weil der Erwerb mit Rechtsgrund erfolgte (vgl. oben zu B III), so ist erst recht keine Verpflichtung zum Wertersatz aus § 818 Abs. 2 entstanden. Denn diese setzt rechtlosen Erwerb voraus und gibt den Wertersatzanspruch nur als Ersatz für die nicht mehr mögliche Herausgabe des rechtlos Erlangten. Gegen den Erwerber X hat Wohlgemut somit keinen Ersatzanspruch. II. Ansprüche gegen den G l ä u b i g e r Gierig. 1. Ob das für S c h a d e n s e r s a t z a n s p r ü c h e a u s §§ 989/990 benötigte Eigentümer-Besitzer-Verhältnis jemals bestanden hat, erscheint fraglich. An sich erlangt der Pfändungsgläubiger an der gepfändeten Sache einen durch den Gerichtsvollzieher vermittelten „mittelbaren Besitz" (vgl. RG 126/25). Nach Baumbach (zu § 804 ZPO Anm. 3 A) soll dies auch gelten, wenn die gepfändete Sache dem Schuldner nicht gehört. Selbst wenn man aber dieser Ansicht folgt, so hätte doch der Eigentümer gegen den Pfändungsgläubiger nicht auf Herausgabe gemäß § 985 bzw. auf „Freigabe der gepfändeten Sache" auf Grund des § 985 klagen können, sondern nur mit der Interventionsklage aus § 771 ZPO verlangen können, daß die Zwangsvollstreckung in den gepfändeten Gegenstand „für unzulässig erklärt werde". § 771 ZPO ist eine prozessuale Gestaltungsklage, gerichtet gegen den Vollstreckungsakt, da112

gegen kein aus dem Eigentum fließender privatrechtlicher Anspruch (Baumbach, Einf. zu §§ 771—774 Anm. 1 A). Die Voraussetzungen des § 985 lagen somit gegen den Gläubiger Gierig nicht vor. Schadensersatzansprüche wegen Unmöglichkeit der Besitzherausgabe nach Durchführung der Zwangsversteigerung sind deshalb nicht möglich. 2. D e l i k t s a n s p r ü c h e aus §§ 823 Abs. 1 und § 826 wegen schuldhaft veranlaßter Vollstreckung in eine fremde Sache (Eigentumsverletzung bzw. vorsätzlich-sittenwidrige Schädigung) scheiden aus, weil der Sachverhalt keinen Anhaltspunkt für ein Verschulden des Gläubigers gibt (vgl. RG 156/400). 3. In Betracht kommt aber ein B e r e i c h e r u n g s a n s p r u c h . a) §816 Abs. 1 S. 1 trifft allerdings nicht zu. Nicht der G l ä u b i g e r Gierig trifft eine V e r f ü g u n g als Nichtberechtigter, die dem Berechtigten gegenüber wirksam ist, sondern der G e r i c h t s v o l l z i e h e r . Der Gerichtsvollzieher kann nicht etwa als Vertreter des Gläubigers angesehen werden. Denn er handelt als Beamter kraft staatlichen Hoheitsrechts (RG 82/85). Der Auftrag des Gläubigers ist kein privatrechtlicher Auftrag verbunden mit Vollmachterteilung, sondern nur der Antrag auf Vornahme einer Amtshandlung. In § 816 sind daher mit Recht die im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgenden Verfügungen den rechtsgeschäftlichen Verfügungen nicht gleichgestellt, im Gegensatz z.B. zu den §§ 135, 161, 184. So RG 156, 399, Erman Anm. 5 Cb zu § 812, Staudinger, Anm. 5 zu § 816. Abweichend Palandt zu § 816 Anm. 2c. Vgl. auch Lüke AcP Bd. 153, 523. b) Dagegen trifft § 812 zu. Gierig hat auf Kosten Wohlgemuts in sonstiger Weise etwas ohne rechtlichen Grund erlangt. Denn Gierig hat infolge der Versteigerung von dem Gerichtsvollzieher den Erlös für die versteigerte Sache erhalten, obwohl ihm dieser nicht gebührte, da das Nichteigentum Wonnigs bzw. das Eigentum Wohlgemuts für ihn kein Zugriffsobjekt war (vgl. § 1247). Der Erwerb ist „in sonstiger Weise", also nicht durch „Leistung" erfolgt, weil der Gerichtsvollzieher keine privatrechtliche Leistung, sondern einen staatlichen Hoheitsakt vornahm. Der Erwerb erfolgt auf Kosten Wohlgemuts, weil ein und derselbe Umstand (im wirtschaftlichen Sinne genommen) den Wohlgemut um sein Eigentum brachte, dem Gierig aber den Erlös verschaffte. Ebenso RG 156, 399, Baumbach, Einf. zu §§ 771—774 ZPO Anm. 2 B. Gierig muß den Erlös herausgeben, auch soweit er den gemeinen Wert der Sache übersteigt. Denn Wohlgemut war infolge dinglicher Surrogation (§ 1247 S. 2) Eigentümer des Erlöses geworden und hat diesen unmittelbar an Gierig verloren. Er kann auch nicht die Kosten der Zwangsvollstreckung abziehen, da Erwerbskosten nur abzugsfähig sind, wenn sie im Verhältnis zum Kondiktionsgläubiger, nicht, wenn sie im 8

B e r g , Bürgerl. Recht, 10. Aufl.

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Verhältnis zu einem Dritten (der Schuldnerin Wonnig) aufgewendet worden sind. Vgl. Strutz NJW 68/141 mit weiteren Hinweisen zu dieser sehr umstrittenen Frage. Es besteht demnach im konkreten Falle die gleiche Rechtslage, wie wenn § 816 Abs. 1 S. 1 Anspruchsgrundlage wäre, so daß die obige Streitfrage praktisch bedeutungslos ist. Grundsätzlich besteht allerdings ein Unterschied zwischen §812 und § 816 Abs. 1 S. 1, da §812 bei Unmöglichkeit der Herausgabe in Natur nur einen Anspruch auf den g e m e i n e n W e r t (§ 818 Abs. 2), § 816 Abs. 1 S. 1 aber einen Anspruch auf den E r l ö s gibt, und zwar nach der umstrittenen Entscheidung BGH 29, 157 auf den vollen Erlös.

III. Ansprüche aus einem s c h u l d h a f t e n V e r h a l t e n des Ger i c h t s v o l l z i e h e r s (§ 839, vgl. dazu BGH 32, 240), die gemäß Art. 34 Bonner GG gegen den Staat zu richten wären, entfallen. Der Gerichtsvollzieher hat in die im Gewahrsam des Schuldners befindlichen Sachen zu vollstrecken; er braucht sich grundsätzlich um die Eigentumsverhältnisse an diesen Sachen nicht zu kümmern. BGH NJW 1957, 544. Im übrigen ist wegen der Möglichkeit, vom Staat Ersatz zu bekommen, auch § 839 Abs. 1 S. 2 zu beachten. Kondiktionsansprüche u. dgl. sind gegen einen Beamten wegen seiner amtlichen Tätigkeit nicht möglich, da insoweit der Rechtsweg unzulässig wäre, siehe GVG § 13. Gegen eine unzulässige Zwangsvollstreckung sind zudem die Rechtsbehelfe der ZPO (insbesondere §§ 766, 771) gegeben.

IV. Ansprüche gegen Wonnig. 1. Gegen Wonnig bestand ursprünglich das Verhältnis von Eigentümer zu Besitzer. Wohlgemut hätte seinen Ring von ihr auf Grund des § 985 herausverlangen können. Der Besitz der Wonnig war auch objektiv rechtswidrig. Gleichwohl entfallen S c h a d e n s e r s a t z a n s p r ü c h e aus §§990 bzw. 989, weil Wonnig beim Erwerb des Ringes nicht bösgläubig war. 2. Der „Nur-Besitzer", d.h. derjenige, der zum Eigentümer in keinen anderen Beziehungen steht als dem eines Besitzers, der die Sache dem Eigentümer gemäß § 985 herausgeben muß, haftet bei Unmöglichkeit der Herausgabe, Verschlechterung der Sache und hinsichtlich der gezogenen Früchte nur nach den §§987ff. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so ist er weder zum Schadensersatz noch zur Herausgabe von Nutzungen verpflichtet (§ 993 Abs. 1 Halbsatz 2). Da Wonnig beim Besitzerwerb gutgläubig war, haftet sie demnach n i c h t aus § 823 Abs. 1 wegen f a h r l ä s s i g e r E i g e n t u m s v e r l e t z u n g , etwa weil sie die Versteigerung nicht verhindert hat. Sie ist so zu behandeln, als ob sie ihre eigene Sache vernachlässigt hätte. Die §§987 ff. sind insoweit Spezialbestimmungen. Sie wollen die §§932ff. ergänzen, wenn der gutgläubige Erwerber einer — objektiv rechtswidrig erworbenen — fremden Sache kein Eigentum erlangen kann, weil die Sache abhanden gekommen ist, oder weil es — wie hier — an einer

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Einigung über den Eigentumsübergang gefehlt hat. Der gutgläubige Erwerber, der E i g e n t u m e r h ä l t , gewinnt dadurch einen vollwertigen Schutz gegenüber dem bisherigen Eigentümer. Er kann weder auf Herausgabe des Eigentums noch auf Schadensersatz belangt werden, da er bei Verschlechterung der Sache lediglich s e i n e e i g e n e S a c h e v e r n a c h l ä s s i g t hat. Der gutgläubige Erwerber, der aus den genannten Gründen k e i n E i g e n t u m e r w o r b e n hat, muß zwar die Sache selbst herausgeben, soll aber wenigstens gegen Schadensersatz- und Nutzungsansprüche geschützt werden ( „ q u a s i r e m s u a m n e g l e x i t " ) . Vgl. auch den lehrreichen Fall 7 bei Berg, Referendarklausur.

3. Ein W e r t e r s a t z a n s p r u c h aus § 818 Abs. 2 setzt voraus, daß gegen Wonnig ursprünglich ein Anspruch des Wohlgemut aus ungerechtfertigter Bereicherung bestanden hat. §§818ff. regeln lediglich die F o l g e n der ungerechtfertigten Bereicherung. Es müssen somit zuerst die V o r a u s s e t z u n g e n einer ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812—817) festgestellt sein. Vgl. oben G I 3.

Ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung auf Herausgabe des unrechtmäßig erlangten Besitzes (condictio possessionis, § 812 Abs. 1 S. 1) scheitert daran, daß der Besitzerwerb Wonnigs an dem Ring nicht „auf Kosten" Wohlgemuts, sondern auf Kosten des Fahrig erfolgte. Wohlgemut hatte den Besitz dem Fahrig überlassen, Fahrig übertrug ihn durch seinen Angestellten auf Grund eines neuen, eigenbestimmten Entschlusses an Wonnig. Die Besitzüberlassung Wohlgemuts an Fahrig bewirkte also nicht als solche den Besitzerwerb der Wonnig. Es fehlt an der unmittelbaren Vermögensverschiebung. Eine condictio possessionis hätte nur Fahrig gegen Wonnig. Wohlgemut hat somit gegen Wonnig keinen Schadens- oder Wertersatzanspruch. V. Ansprüche gegen F a h r i g . 1. In erster Linie kommt ein Schadensersatzanspruch aus V e r t r a g s v e r l e t z u n g in Betracht. Fahrig war aus dem mit Wohlgemut abgeschlossenen Werkvertrag zur besonderen Obhut über die entgegengenommene Sache verpflichtet. Für das Verschulden seines Angestellten hat er einzustehen (§ 278). Er haftet somit, weil er die Unmöglichkeit der Rückgabe verschuldet hat, auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung (§§ 280, 276). Die §§ 320ff. interessieren hier nicht, weil es sich nicht um die Frage der Erfüllung der H a u p t pflichten aus dem Werkvertrag (Reparatur gegen Werklohn, vgl. § 631) handelt, sondern um die Nichterfüllung einer vertraglichen N e b e n Verpflichtung, nämlich der aus der Entgegennahme der zu reparierenden Sache sich ergebenden Obhutspflicht. Es bewendet daher bei den allgemeinen Bestimmungen der §§ 275ff. Vgl. unten S.122f, aber auch Fikentscher § 44 III.

2. Gleichzeitig liegt in dem Verhalten des Angestellten des Fahrig, der den Ring Wohlgemuts an Wonnig herausgibt, eine rechtswidrige 8*

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Eigentumsverletzung, für die Fahrig gemäß § 831 einstehen muß. Er kann sich jedoch gemäß § 831 S. 2 für seinen Angestellten exkulpieren. Es erübrigt sich, auf die §§ 989/990 einzugehen, da der Besitzerwerb Fahrigs nicht rechtswidrig war sondern auf Grund der Übergabe durch Wohlgemut erfolgte. Fahrig war, von vornherein nur Fremdbesitzer. Bei einem solchen taucht die Frage eines bösgläubigen Besitzerwerbs grundsätzlich nicht auf. Vgl. auch unten Fall 14 zu A I 3 und Fall 18 zu B III l b .

3. Fahrig hat somit dem Wohlgemut aus dem Gesichtspunkt der Vertragsverletzung und evtl. der unerlaubten Handlung den Wert des Ringes zu ersetzen (§ 249). Er ist hierzu aber nur gegen Abtretung des dem Wohlgemut gegen Gierig aus § 812 zustehenden Anspruchs verpflichtet (§ 255). Andernfalls würde der Geschädigte eine den Ersatz des Schadens übersteigende Bereicherung erhalten. § 255 gibt dem Verpflichteten eine Einrede. VI. Ansprüche gegen den A n g e s t e l l t e n des F a h r i g . 1. Da zwischen Wohlgemut und dem Angestellten des Fahrig kein Vertragsverhältnis bestand, könnte man zunächst an Schadensersatzansprüche aus §§ 990/989 denken. Dem steht aber entgegen, daß zwischen Wohlgemut und dem Angestellten nie das Verhältnis von Eigentümer zum Besitzer bestanden hat. Der Angestellte hatte keinen selbständigen Besitz, sondern lediglich Gewahrsam im Rahmen seiner Besitzdienerschaft (§855). 2. Dagegen besteht ein unmittelbarer S c h a d e n s e r s a t z a n s p r u c h a u s §823 Abs. 1. Durch die irrtümlich infolge Unaufmerksamkeit erfolgte Herausgabe des Rings an Wonnig hat der Angestellte rechtswidrig und schuldhaft das Eigentum Wohlgemuts verletzt. Kausalzusammenhang zwischen der versehentlichen Weggabe des Ringes und dem späteren Eigentumsverlust des Wohlgemut ist gegeben, da mit einem Eigentumserwerb eines Nachmannes zu rechnen war. Der Angestellte muß somit gleichfalls den Wert des Ringes ersetzen (§ 249). Er haftet mit Fahrig als Gesamtschuldner (§ 840). Zusatz: Bei der vorstehenden Fallösung haben sich für die Anwendbarkeit der §§ 987ff. folgende Grundsätze gezeigt: 1. Die §§ 987ff. kommen nur in Betracht, wenn ursprünglich eine rei vindicatio (§ 985) möglich gewesen wäre u n d wenn der Besitzerwerb zumindest o b j e k t i v r e c h t s w i d r i g war. In diesen Fällen sind die §§ 987ff. S p e z i a l b e s t i m m u n g e n , die eine Anwendbarkeit der allgemeinen Vorschriften über unerlaubte Handlungen und Herausgabe von Nutzungen nur gestatten, soweit sie ausdrücklich hierauf verweisen (vgl. § 993 Abs. 1, Halbs. 2). 2. Die §§ 987ff. kommen n i c h t in Betracht, wenn ursprünglich § 985 nicht gegeben war (etwa weil der Besitzer sofort Eigentum erwarb oder

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nur Besitzdiener war oder nur einen durch den Gerichtsvollzieher vermittelten Pfandbesitz hatte) und wenn der Besitzerwerb nicht objektiv rechtswidrig war (wie der Besitz eines Fremdbesitzers, z. B. des Mieters, Verwahrers, Geschäftsführers ohne Auftrag). Soweit hier eine Eigentumsverletzung und unberechtigte Nutzziehung vorliegt, bewendet es bei den allgemeinen Vorschriften, insbesondere § 823 Abs. 1 und § 687 Abs. 2. Im einzelnen vgl. Staudinger-Berg Vorbem. zu §§ 987 ff., aber auch Fikentscher § 102 V und § 103 I 4.

14. F a l l 2. Klausurarbeit Während sich der Kaufmann K auf einer Geschäftsreise befindet, wird bei dem Juwelier J angerufen, er möchte eine Auswahlsendung Schmucksachen in die Wohnung K.s bringen. J fragt, ob er auch den Schmuck, den K zur Ausbesserung geschickt habe und der fertig sei, mitschicken solle. Der Anrufer bejaht das. Das Paket wird durch einen Angestellten des J an die Hausangestellte des K abgegeben. Eine Stunde später erscheint jemand, der sich gleichfalls als Angestellter des J vorstellt, überreicht ein anderes Paket und bittet um Rückgabe des ersten, da es sich um eine Verwechslung gehandelt habe. Die Hausangestellte gibt daraufhin das 1. Paket zurück. Nach Rückkehr von seiner Reise stellt K fest, daß die Hausangestellte einem Schwindler zum Opfer gefallen ist. Der Schwindler und der wertvolle Inhalt des ersten Pakets sind unauffindbar. Wie ist die Rechtslage? Vorbemerkung Aufbau Die Rechtslage bezüglich der Auswahlsendung und des reparierten Schmucks ist getrennt zu behandeln. Im übrigen bedeutet die Frage nach der Rechtslage wieder: „Wer" will „vom wem" „was" „woraus"? Im einzelnen ergibt sich der Aufbau aus der Musterlösung. Der Fall ist besonders lehrreich wegen der Fragen über Gefahrtragung, die oft in den Übungen und im Examen eine Rolle spielen. Gutachten A. Die R e c h t s l a g e b e z ü g l i c h der A u s w a h l s e n d u n g J hat Interesse an Bezahlung oder Ersatz der Auswahlsendung. In Betracht kommen Ansprüche gegen K und die Angestellte. I. Gegen K können vertragliche und außervertragliche Ansprüche entstanden sein. 1. Wäre durch Zusendung ein Kaufvertrag zwischen J und K zustande gekommen, so hätte J einen Anspruch auf Zahlung des Kauf117

preises gemäß § 433 Abs. 2. Durch die Zusendung einer Auswahl wird aber, selbst wenn die Auswahl bestellt ist, kein Kaufvertrag begründet, da noch keine Einigung über den Kaufgegenstand vorliegt. Es entfällt daher auch die Annahme eines Kaufs auf Probe im Sinne des § 495, bei dem immerhin ein bestimmter Gegenstand vorliegt. Die Zusendung einer Auswahl stellt vielmehr lediglich ein Verkaufsangebot über eine Reihe von Gegenständen dar. Der Kaufvertrag kommt erst zustande, wenn der Empfänger eine bestimmte Wahl trifft. Da K hier keine Wahl getroffen hat, entfällt somit eine vertraglicher Anspruch auf den Preis des übersandten Schmucks. Vgl. Enneccerus-Lehmann §115 III 3. — Die Wahl könnte konkludent durch Ingebrauchnahme eines bestimmten Gegenstandes erfolgen. Eine E r k l ä r u n g der Annahme gegenüber dem Absender kann sich gemäß §151 erübrigen. Vgl. oben Fall 2 S. 12 f.

2. Das in der Zusendung der Auswahl liegende Verkaufsangebot bedeutet aber bereits einen Eintritt in Vertragsverhandlungen, da die Hausangestellte nach der Verkehrsauffassung als ermächtigt gilt, eingehende Sendungen entgegenzunehmen. Hierdurch wird, wie sich in Rechtsanalogie zu den §§ 122, 149, 179, 307 u. a. ergibt, ein vertragsähnliches Vertrauensverhältnis begründet, das den Beteiligten gewisse Mitteilungs- und Erhaltungspflichten auferlegt. Die Verletzung dieser Pflichten gewährt dem Berechtigten zwar keinen Erfüllungsanspruch, wohl aber einen Anspruch auf das neg. Interesse, d. h. er ist so zu stellen, als ob er zu dem Gegner in keine Beziehungen getreten wäre. Als Haftungsmaßstab kommt grundsätzlich § 276 in Frage, wonach die im Verkehr erforderliche Sorgfalt anzuwenden ist. Für das Verschulden eines Gehilfen ist gemäß § 278 einzustehen. Die Angestellte, die das Paket mit der Auswahlsendung ohne weitere Prüfung dem Unbekannten wieder aushändigte, könnte danach fahrlässigerweise eine Erhaltungspflicht verletzt haben und den K haftbar gemacht haben. Es ist aber zu berücksichtigen, daß K in keiner Weise zum Eintritt in Vertragsverhandlungen über den Ankauf einer Auswahlsendung mitgewirkt hat. Er hat mit der Abgabe eines Pakets nicht rechnen können. Das Verhalten des Unbekannten, der als Vertreter ohne Vertretungsmacht aufgetreten ist, kann ihm nicht angerechnet werden, da er nichts dazu beigetragen hat, um für diesen den Anschein einer Berechtigung zu schaffen. Er steht daher der Auswahlsendung als Empfänger unbestellter Ware gegenüber. In solchem Falle muß der Haftungsmaßstab erheblich herabgesetzt werden, wie sich daraus ergibt, daß sogar derjenige, der eine Verwahrung v e r t r a g l i c h , aber u n e n t g e l t l i c h übernommen hat, nur für Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten bzw. für grobe Fahrlässigkeit haftet (§§ 690,277). Entsprechend mindert sich

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der Haftungsmaßstab für den,Erfüllungsgehilfen" (§ 278 S.l). Bei dieser Sachlage kann es der Hausangestellten nicht als (grobes) Verschulden angerechnet werden, daß sie ein Paket, mit dessen Ankunft nicht zu rechnen war und dessen Inhalt ihr unbekannt war, an einen angeblichen Angestellten herausgab, zumal dieser Angestellte durch Sachkenntnis und durch das zweite Paket legitimiert schien und eine ausreichende Erklärung für sein Verhalten gab. Damit entfällt auch die Möglichkeit, K aus dem Gesichtspunkt der culpa in contrahendo haftbar zu machen. Über culpa in contrahendo vgl. auch oben Fall 2 S. 18f., über die Haftung bei unbestellter Auswahlsendung Enneccerus-Lehmann § 115 III 3.

3. In Betracht kommt noch ein Anspruch auf Schadensersatz wegen rechtswidriger schuldhafter Eigentumsverletzung aus § 823 Abs. 1 bzw. 831. Da die Hausangestellte im Zweifel zur Entgegennahme einer unbestellten Sendung ermächtigt war, hatte K durch sie als Besitzdienerin (§ 855) Besitz erlangt. Er hatte somit die Pflicht, die Sache aufzubewahren. Die Weggabe des Pakets an einen Schwindler durch die Angestellte war eine objektiv rechtswidrige Eigentumsverletzung, für die er an sich gemäß § 831 einstehen muß. Er kann sich aber gemäß § 831 S. 2 entlasten, wenn er die Angestellte sorgfältig ausgewählt hat, zumindest kann er vorbringen, daß der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden wäre. Schadensersatzansprüche aus dem Verhältnis des Eigentümers zum Besitzer (§§ 989ff.) sind nicht zu prüfen, da es schon an der o b j e k t i v e n Voraussetzung zur Anwendung dieser Bestimmungen, dem r e c h t s w i d r i g e n B e s i t z e r w e r b , fehlt. Die Frage der Spezialität dieser Bestimmungen taucht daher nicht auf. So wendet auch die höchstrichterliche Rechtsprechung den § 823 Abs. 1 unmittelbar an, ohne sich mit den §§ 989 ff. auseinanderzusetzen, wenn es sich z. B. um die Haftung der Spediteure usw. für die in ihre Obhut gelangten Sachen handelt, auch wenn mit diesen kein Vertrag zustandegekommen ist. Vgl. BGH 46/140ff. unter III mit weiteren Hinweisen. Vgl. im einzelnen oben Fall 13 zu C IV—VI, aber auch Fall 18 zu B III l b .

II. Gegen die A n g e s t e l l t e kann nur ein deliktischer Anspruch aus § 823 A b . l in Frage kommen. Da die Angestellte das Paket in Gewahrsam genommen hatte, mußte sie es auch hüten. Der Grad der Fahrlässigkeit wird jedoch auch bei Delikt durch Vertrag oder vertragsähnliche Beziehungen beeinflußt. Die mildere Haftung des K muß sich für sie als Angestellte zu ihren Gunsten auswirken. Eine grobe Fahrlässigkeit (§ 277) kann ihr aber nicht vorgeworfen werden. III. J kann daher den Verlust der Auswahlsendung weder auf K noch die Angestellte abwälzen. Etwaige Ansprüche gegen den Schwindler brauchen nicht untersucht zu werden, da sie praktisch wertlos sind.

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B. Die R e c h t s l a g e b e z ü g l i c h des r e p a r i e r t e n S c h m u c k s J hat Interesse an der Zahlung des Reparaturlohns, K an einem Ersatz für seinen Schmuck. I. Für die R e p a r a t u r f o r d e r u n g des J kommt nur ein Anspruch aus W e r k v e r t r a g gegen K in Betracht, § 631 Abs. 1. Als deliktische Haftung für den Ausfall einer Forderung käme nur § 823 Abs. 2 (namentlich bei Betrug) und § 826 in Frage. Hierfür fehlt bei K und der Angestellten jeder Anhaltspunkt.

1. J hätte einen Anspruch auf den Werklohn, wenn der reparierte Schmuck durch K abgenommen worden wäre, §§ 641, 644. Abnahme im Sinne des § 641 ist nicht, wie beim Kauf, die bloße körperliche Entgegennahme, sondern erfordert außerdem die Anerkennung, daß das Werk als in der Hauptsache „vertragsgemäße Leistung" gelten soll, wie sich aus § 640 ergibt. Zu einer solchen Abnahme war die Angestellte weder in der Lage noch berechtigt. Sie konnte die Sache zwar entgegennehmen, aber nicht „abnehmen". 2. Trotz der Nichtabnahme kann J einen Vergütungsanspruch haben, wenn die „Gefahr" bereits auf K übergegangen war. Nach § 644 ist das in zwei Fällen möglich: wenn der Besteller in Annahmeverzug gekommen ist (§ 644 Abs. 1 S. 2) oder wenn das Werk „auf Verlangen des Bestellers" „an einen anderen Ort als den Erfüllungsort" versandt wurde (§ 644 Abs. 2 in Verbindung mit § 447). Annahmeverzug liegt nicht vor, da K die Annahme nicht verweigert hat. Schwieriger zu entscheiden ist die Frage, ob ein „Versendungs"-Werkvertrag vorlag. Ein solcher würde nicht daran scheitern, daß J das Werk innerhalb d e r selben Ortschaft durch seinen eigenen Angestellten versendet. Es ist im Zweifel auch anzunehmen, daß das Geschäftslokal des J und nicht die Wohnung des K Erfüllungsort war, da Gegenteiliges weder vereinbart wurde noch sich „aus der Natur des Schuldverhältnisses" ergibt (§ 269 Abs. 1 und 2). Es fehlt aber an der Voraussetzung, daß der Unternehmer das Werk „auf Verlangen des Bestellers" versandt hat. Die Bestellung des Schwindlers, die dieser dem J auf dessen Anfrage gemacht hat, ist für K nicht maßgebend. K selbst hat nicht gewünscht, daß ihm der reparierte Schmuck gebracht werden solle, wie sich aus der an den Schwindler gerichteten Frage des J ergibt. Es bleibt somit bei der Regel des § 644 Abs. 1 S. 1, daß der Unternehmer J bis zur Abnahme die „Gefahr", d.h. die Gefahr seines Lohnanspruchs trägt. §§ 644 Abs. 1 S. 1 und S. 2 wiederholen im wesentlichen die Regelung, die die §§ 323, 324 Abs. 2 allgemein für die Gegenleistung bei gegenseitigen Verträgen geben. Eine Ausnahme zu § 323 ist dagegen § 644 Abs. 2. Entsprechende Ausnahmen finden sich beim Kauf in §§ 446/7 und bei der Pacht in § 588 Abs. 1.

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3. § 644 regelt nur die Gefahr eines zufälligen Untergangs (wie sich aus § 644 Abs. 1 S. 3 und aus der Fassung in § 446 ergibt). Ob ein zufälliger, d. h. von keinem Vertragsteil zu vertretender Untergang vorlag, brauchte bisher nicht untersucht zu werden, da § 644 schon aus anderen Gründen nicht zutraf. Trifft K aber ein Verschulden bei der Abnahme, so hat er eine Hauptpflicht des Werkvertrags verletzt (§ 640 Abs. 1) und kann, da die Sonderbestimmung des § 645 nicht zutrifft, nach der allgemeinen Bestimmung des § 325 wegen verschuldeter Nichterfüllung schadenersatzpflichtig sein. Vgl. Palandt zu § 644 Anm. 1, Enneccerus-Lehmann § 153 I. Man könnte statt an § 325 an § 324 Abs. 1 denken. Nach dieser Bestimmung behält der Unternehmer J den Anspruch auf die Gegenleistung (den Werklohn), wenn die ihm obliegende Leistung durch einen vom Gegner (K) zu vertretenden Umstand unmöglich geworden ist. Vgl. oben Fall 5 S. 43. Die ihm obliegende (Haupt-) Leistung, die Reparatur des Schmucks, ist aber dem Unternehmer J durch das Verhalten des K nicht unmöglich geworden. Unmöglich wurde nur die von K geschuldete Abnahme des Werks. Daher rechtfertigt sich die Heranziehung des § 325.

K mußte alles tun, um eine ordnungsmäßige Abnahme des Werks sicherzustellen. Der Haftungsmaßstab ist hier nicht herabgesetzt, da es sich um eine Verpflichtung aus einem entgeltlichen Vertrag handelt. Für Verschulden seiner Angestellten muß er in gleicher Weise wie für eigenes Verschulden einstehen (§ 278). Es ist aber auch hier zu berücksichtigen, daß er mit der Zusendung des reparierten Schmucks nicht rechnen konnte, da hierüber nichts vereinbart war, und daß er für das Verhalten des Schwindlers nicht verantwortlich gemacht werden kann. Auch gegen die Annahme einer Fahrlässigkeit auf Seiten seiner Hausangestellten bestehen Bedenken. Die gleichen Gründe, die oben (A I 2) zur Ablehnung einer groben Fahrlässigkeit angeführt wurden, sprechen auch gegen Annahme einer leichten Fahrlässigkeit. Die Angestellte konnte mit einer wertvollen Sendung nicht rechnen, da der Angestellte des J sie hierauf nicht aufmerksam gemacht hatte. Sie durfte deshalb auch den Angaben des Schwindlers Glauben schenken, zumal dieser durch seine Sachkenntnis, sein Vorbringen und die Überreichung eines anderen Pakets glaubhaft erschien. Zumindest muß sich J entgegenhalten lassen, daß er durch sein eigenes leichtfertiges Verhalten (vgl. unten zu II 1 a) den Schaden überwiegend selbst verursacht hat (§ 254 Abs. 1). Es entfällt somit auch ein Schadenersatzanspruch des J. Der Juwelier bekommt seine Arbeit nicht bezahlt. II. Für den V e r l u s t des S c h m u c k s , also für den Sachschaden, den K erlitten hat, kommen Ansprüche des K gegen J und seine Angestellte in Frage. 121

1. J kann eine Vertragsverletzung und eine unerlaubte Handlung begangen haben. a) Als Anspruchsgrundlage interessiert zunächst der Werkvertrag. Aus dem Werkvertrag ergibt sich für den Unternehmer regelmäßig eine Obhutspflicht hinsichtlich der in seinen Gewahrsam gelangten oder seiner Einwirkung unmittelbar unterliegenden Sachen des Bestellers. J wäre nur bei einem z u f ä l l i g e n Untergang des vom Besteller gelieferten „Stoffes" nicht verantwortlich (§ 644 Abs. 1 S. 3). § 644 Abs. 1 S. 3 spricht den selbstverständlichen Gedanken aus: casum sentit dominus. Zusammenfassend sei zum Problem der G e f a h r t r a g u n g bemerkt: Das Problem der Gefahrtragung taucht nur auf, wenn keine der Parteien die Leistungsstörung (Unmöglichkeit, Verzug) zu vertreten hat, also namentlich bei zufälligem Untergang der geschuldeten Sache oder bei zufälliger Unmöglichkeit der geschuldeten Leistung. Gefahrtragung kann in diesen Fällen aber in einem dreifachen Sinne verstanden werden: 1. Als Sachgefahr: Wer verliert die untergegangene Sache? Das Gesetz spricht beim Werkvertrag überflüssigerweise den selbstverständlichen Satz aus: casum sentit dominus. 2. Als L e i s t u n g s g e f a h r : Wird der Schuldner von seiner Leistungspflicht befreit? Die Frage ist für alle Schuldverhältnisse, also auch für e i n s e i t i g verpflichtende Verträge, durch §275 in bejahendem Sinne beantwortet. Beim Werkvertrag lautet die Frage konkreter: Bleibt der Unternehmer trotz nicht zu vertretender Unmöglichkeit seiner bisherigen Leistung zur Leistung, insbesondere zur Neuherstellung verpflichtet? Diese Frage ist grundsätzlich zuungunsten des Unternehmers zu bejahen, da es beim Werkvertrag nicht auf die Tätigkeit, sondern auf den Erfolg ankommt und der Unternehmer vor der Abnahme noch nicht erfüllt hat. Vgl. Enneccerus-Lehmann § 153 II l b . 3. Als V e r g ü t u n g s g e f a h r : Behält der eine Teil trotz eigener Befreiung von seiner Leistungspflicht den Anspruch auf die Gegenleistung? Diese Frage kann nur beim g e g e n s e i t i g e n Vertrag auftauchen. Die gesetzliche Regelung findet sich allgemein in §§ 323, 324, für den Kauf in §§ 446, 447, für den Werkvertrag in §§ 644 Abs. 1 S. 1 und 2, Abs. 2, 645. Die obigen Ausführungen der Lösung zu I befaßten sich mit dieser Frage, vgl. namentlich oben S. 120 zu 2. Der vorstehende Abschnitt zu II dagegen befaßt sich mit Ansprüchen wegen des Verlustes des Eigentums des K. Es handelt sich also bei nicht-zu-vertretendem Untergang um die „Sachgefahr" (1), bei zu vertretendem Untergang um die im folgenden untersuchten Schadenersatzansprüche wegen Beschädigung des Eigentums. Vgl. hierzu auch BGH 40/71, Fikentscher § 80 II 4 und Medicus § 13 IV. Hat J aber die Unmöglichkeit der Rückgabe der zur Reparatur übernommenen Sache zu vertreten, so hat er eine vertragliche Nebenverpflichtung verletzt und haftet nach der allgemeinen Bestimmung des § 280 auf Schadenersatz. Die §§323ff. regeln nur die Verletzung von Hauptleistungen, die die Äquivalenz des synallagmatischen Vertrags erschüttern und namentlich das Schicksal der Gegenleistung beeinflussen. Im vorliegenden Falle handelt es sich nicht darum, sondern lediglich um die in den §§ 275ff. 122

ganz allgemein geregelte Frage, ob J wegen Unmöglichkeit einer geschuldeten Leistung zum Schadenersatz verpflichtet ist.

Ob J dadurch, daß er auf den telefonischen Anruf sich zur Überbringung des Schmucks erbot und diesen der Angestellten des K aushändigen ließ, fahrlässig (§ 276) gehandelt hat, ist ohne Kenntnis der näheren Umstände nicht leicht zu entscheiden. Allgemein ist zu sagen, daß ein Juwelier besonders vorsichtig sein muß, zumal bei einem telefonischen Anruf. Im Zweifel muß er sich durch einen eigenen Anruf bei dem Besteller vergewissern, daß die Bestellung ihre Richtigkeit hat. Zumindest mußte er seinen Angestellten unterrichten, daß er das Paket nur dem K persönlich aushändigte, oder doch, daß er die Hausangestellte auf den Wert aufmerksam machte. Daß J durch Übersendung der Auswahlsendung sich gleichzeitig selbst schädigte, entschuldigt ihn nicht für ein fahrlässiges Verhalten gegenüber den Sachen des K. Fahrlässigkeit entfiele nur dann, wenn ein Anruf Ks, insbesondere eine Übersendung einer Auswahlsendung auf telefonischen Anruf nicht ungewöhnlich gewesen wäre, die Stimme am Telefon bekannt geklungen hätte und dem J die Abwesenheit des K nicht bekannt gewesen wäre. Da der Tatbestand in dieser Hinsicht nichts Näheres enthält, liegt ein fahrlässiges Verhalten des J am nächsten. Tatsachen, die eine Fahrlässigkeit ausschließen, müßte J darlegen und beweisen. Vgl. zu dieser —• noch umstrittenen — Frage der Beweislast bei Schlechterfüllung Fikentscher § 47 II.

Bejaht man Fahrlässigkeit, so ist J zum Ersatz des von K hingegebenen Schmucks, also ohne Berücksichtigung der Wertsteigerung durch die Reparatur, gemäß §§ 249, 280 verpflichtet. b) Daneben haftet J wegen fahrlässiger Eigentumsverletzung aus §823 Abs.l. Eine Rechtspflicht zur sorgfältigen Behandlung des Eigentums des K ergab sich aus der Tatsache, daß er den Schmuck zur Reparatur übernommen hatte. 2. Ansprüche gegen die Angestellte wegen schuldhafter Verletzung ihrer Pflicht aus dem Dienstvertrag oder wegen Eigentumsverletzung (§ 823 Abs. 1) entfallen, da ein fahrlässiges Verhalten der Angestellten zu verneinen ist. Vgl. oben I 3 am Ende.

15. F a l l 3. Hausarbeit Am 30. 3. verkauft und liefert V dem K für 15000 DM einen gebrauchten Lastkraftwagen mit der Zusicherung, daß der Wagen erst 10000 km gelaufen sei. V und K vereinbaren, daß K den Kaufpreis als mit 6% verzinsliches Darlehen schulden und durch eine Buchhypothek an bereiter Stelle auf seinem Hausgrundstück sichern solle. Auf Antrag 123

des V und mit Bewilligung des K wird die Hypothek am 24. 4. unter lfd. Nr. 1 zugunsten des V eingetragen. Auf dem gleichen Grundstück bestellt K dann eine zweite Hypothek für ein ihm von seinem Bruder B gewährtes Darlehen von 8000 DM, die am 29. 4. auf Antrag des B und mit Bewilligung des K unter der lfd. Nr. 2 eingetragen wird. In der Folgezeit erfährt K bei einer Reparatur des von V gekauften Lastkraftwagens von dem Inhaber der Reparaturwerkstatt, daß der Wagen schon mindestens 50000 km gelaufen ist und daß V den Kilometerzähler vor dem Verkauf zurückgestellt hat. K ficht deshalb am 4. 5. den Kaufvertrag und die Hypothekenbestellung durch Erklärung gegenüber V an und droht ihm mit einer Strafanzeige wegen Betrugs. V ersetzt hierauf sofort den an K verkauften Lastkraftwagen durch einen anderen, der K völlig zufriedenstellt. K erklärt dem V deshalb am 9. 5., daß er die ausgesprochene Anfechtungserklärung zurücknehme und den Kaufvertrag und die Hypothekenbestellung bestätige. Am 14. 8. zahlt K seinem Bruder B das Darlehen in Höhe von 8000 DM zurück. Da dem V inzwischen Zweifel gekommen sind, bittet er um ein Rechtsgutachten darüber, ob seine frühere Rechtsstellung, wie sie vor der Anfechtung bestanden habe, durch die Erklärung des K vom 9. 5. wiederhergestellt sei oder ob ihm in dieser Hinsicht noch ein Anspruch gegen K zustehe und was zur Erfüllung dieses Anspruchs von K getan werden müsse. Vorbemerkung Aufbau Auch hier ist wie stets von der Frage auszugehen. Dabei zeigt sich aber, daß die eigentliche Frage, ob V seine frühere Rechtsstellung wiedererlangt hat, nur beantwortet werden kann, wenn man klargestellt hat, wie die frühere Rechtsstellung des V war und wie sie durch die Anfechtung geändert wurde. Ein historischer Aufbau ist daher nicht zu umgehen. Er ist durch die Fragestellung bedingt. Zweckmäßig weist man zu Beginn des Gutachtens kurz auf diese Besonderheit des Aufbaus hin. Gutachten Das von V erbetene Rechtsgutachten soll die Frage beantworten, ob die frühere Rechtsstellung des V, wie sie vor der Anfechtung bestanden hat, durch die Erklärung des K vom 9.5. wiederhergestellt ist oder ob dem V in dieser Hinsicht ein Anspruch gegen K zusteht. Demgemäß ist zu prüfen, wie die Rechtsstellung des V vor der Anfechtung war (unter A), wie sie durch die Anfechtung verändert worden ist (unter B) sowie schließlich, welche Wirkung die Erklärung des K vom 9. 5. ausgeübt hat (unter C). 124

A. Die R e c h t s l a g e vor der A n f e c h t u n g I. Der Kaufpreisanspruch Aus dem am 30. 3. abgeschlossenen Kaufvertrag hat V gegen K eine Kaufpreisforderung von 15000 DM (§ 433 Abs.2). Diese Forderung kann inhaltlich geändert worden sein, als V und K vereinbarten, K solle „den Kaufpreis als verzinsliches Darlehen schulden". Eine derartige Abmachung, daß eine aus einem anderen Grunde — hier aus dem Kaufvertrag — geschuldete Geldsumme als Darlehen geschuldet werden soll, ist vom Gesetz in § 607 Abs. 2 behandelt. Man spricht von „Vereinbarungsdarlehen" (Enn.-Lehmann § 142 IV). Eine solche Vereinbarung kann eine dreifache Bedeutung haben (vgl. Enn.-Lehmann a.a.O.): 1. Sie kann eine bloße S c h u l d a b ä n d e r u n g im Sinne des §305 bedeuten: Die alte Forderung behält ihren Charakter, hier den einer Kaufpreisforderung; sie wird nur in einzelnen Beziehungen wie eine Darlehnsforderung behandelt, z.B. hinsichtlich der Verzinsung und Kündbarkeit. Bürgen und Pfänder, insbesondere aber auch die Einreden aus dem früheren Schuldverhältnis bleiben erhalten. 2. Sie kann eine sog. S c h u l d e r s e t z u n g oder S c h u l d u m s c h a f f u n g bezwecken: Es wird eine neue k a u s a l e Verbindlichkeit, eben eine Darlehnsschuld, geschaffen. Dann werden Bürgen und Pfänder für die alte Schuld frei; Einreden aus dem alten Schuldverhältnis sind ausgeschlossen. Immerhin ist die neue Schuld von der alten unmittelbar abhängig; besteht die alte Schuld nicht, so entsteht auch die neue nicht. Der Einwand, daß die alte Schuld nicht bestanden habe, ist also möglich. 3. Es kann eine sog. S c h u l d n e u s c h a f f u n g vorliegen: Es wird durch ein abstraktes Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnis (§§780, 781) eine neue a b s t r a k t e Verbindlichkeit geschaffen, die vom alten Schuldgrund völlig losgelöst ist. Die Geltendmachung von Einwendungen aus dem alten Schuldverhältnis ist hier nur durch Kondiktion oder Anfechtung des Anerkenntnisses möglich. Die Wirkungen einer Fehlerhaftigkeit des ursprünglichen Geschäfts hängen also davon ab, welchen Inhalt die Vereinbarung nach § 607 Abs. 2 hatte. Wegen der späteren Anfechtung des Kaufvertrags durch K ist es deshalb erforderlich, festzustellen, welche der drei Möglichkeiten des Vereinbarungsdarlehns hier anzunehmen ist. Eine allgemeine Regel darüber, welche Bedeutung der Abschluß eines Vereinbarungsdarlehens im Einzelfall hat, läßt sich nicht aufstellen. Der Zweck der Abrede kann ein durchaus verschiedener sein. Es muß daher gemäß §§ 133, 157 der wahre erklärte Wille der Parteien ermittelt werden; dabei sind alle Umstände des Einzelfalles, insbeson125

dere das Verhalten der Parteien und der wirtschaftliche Zweck des Rechtsgeschäfts zu erforschen, vgl. Lehmann § 30 VI. Wenn man dementsprechend die Abmachung zwischen K und V prüft, so ist nichts dafür ersichtlich, daß die Parteien den Willen gehabt hätten, das gerade erst begründete Schuldverhältnis durch ein anderes zu ersetzen oder gar als abstraktes Schuldversprechen neu zu schaffen. Ein wirtschaftlicher Zweck, der hierfür spräche, wäre nur dann gegeben, wenn die Parteien das Schuldverhältnis von etwaigen Einwendungen und Einreden hätten lösen wollen. Es muß jedoch gerade beim Kauf eines gebrauchten Kraftfahrzeugs mit dem Auftreten von Mängeln gerechnet werden. Der Käufer wird auf die ihm aus den Mängeln erwachsenden Ansprüche nur unter ganz besonderen Umständen verzichten wollen, etwa wenn er den Wagen zu einem besonders niedrigen Preise gekauft hat. Derartige Umstände sind nicht ersichtlich. Die Vereinbarung vom 30. 3. muß deshalb dahin verstanden werden, daß die Kaufpreisforderung gestundet und nur hinsichtlich der Rückzahlung, der Verzinsung und der Kündigung wie eine Darlehnsforderung behandelt werden sollte. V und K haben daher lediglich eine Schuldabänderung vorgenommen. V hatte also trotz der genannten Abrede weiterhin eine Kaufpreisforderung gegen K. Diese Forderung war mit 6% zu verzinsen. II. Die Hypothekenbestellung. 1. Gemäß der Vereinbarung vom 30. 3. sollte das Darlehen, also in Wirklichkeit die abgeänderte Kaufpreisforderung, durch eine Hypothek an bereiter Stelle, d.h. hier an erster Stelle, auf dem Grundstück des K gesichert werden. Diese Verpflichtung wurde erfüllt, wenn die Parteien sich über die Entstehung der Hypothek einig waren und die Hypothek eingetragen wurde, § 873 Abs. 1. Beide Voraussetzungen sind gegeben. Die Eintragung ist laut Sachverhalt unter Nr. 1 zugunsten des V erfolgt. Der Sachverhalt erwähnt zwar nicht die erforderliche dingliche Einigung. Jedoch kann, auch wenn keine besondere Einigung erklärt wurde, in dem Eintragungsantrag des V und der Eintragungsbewilligung des K der übereinstimmende Wille zur Entstehung der Hypothek, also die dingliche Einigung gesehen werden (RG 54/378). Die Hypothek ist demnach entstanden. Sie haftet gemäß § 1113 Abs. 1 für die Forderung. Hierzu gehören auch die vereinbarten Zinsen, sofern sie eingetragen sind (§ 1115 Abs. 1). Letzteres ist anzunehmen, da dies naheliegt und der Sachverhalt nichts Gegenteiliges besagt. 2. B hat durch die am 29. 4. erfolgte Hypothekeneintragung gleichfalls eine Hypothek an dem Grundstück des K erworben. Für das Rangverhältnis der beiden Hypotheken ist § 879 maßgebend. Gemäß § 879 126

Abs. 1 bestimmt sich das Rangverhältnis unter mehreren Rechten, die in derselben Abteilung des Grundbuchs eingetragen sind, nach der Reihenfolge der Eintragungen. Demnach genießt die Hypothek des V, die am 24. 4. eingetragen wurde, den Vorrang vor der am 29. 4. eingetragenen Hypothek des B. Die spätere Rückzahlung des Darlehns an B (am 14. 8.) hat an diesem Rangverhältnis nichts geändert. Jedoch hat sich die Hypothek des B infolge Erlöschens der Forderung in eine Eigentümergrundschuld des K verwandelt, §§ 1163 Abs. 1 S. 2, 1177 Abs. 1 S. 1. III. V hatte also vor der Anfechtung eine Kaufpreisforderung gegen K in Höhe von 15000 DM nebst 6% Zinsen seit dem 30. 3. Diese Forderung war durch eine an erster Rangstelle stehende Hypothek auf dem Hausgrundstück des K gesichert. B. Die R e c h t s l a g e n a c h d e r A n f e c h t u n g I. Die Anfechtung des Kaufvertrags. Die Anfechtung des K erfolgte wegen arglistiger Täuschung, § 123 Abs. 1. Denn K fühlte sich „betrogen" und drohte deswegen gleichzeitig mit einer Strafanzeige wegen Betrugs. Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung auf Grund des § 123 wird nicht wie die Anfechtung wegen Irrtums über wesentliche Eigenschaften auf Grund des § 119 Abs. 2 durch die Sonderregeln der §§ 459ff. ausgeschlossen. Denn ihre Voraussetzungen sind wesentlich anders: Die Wandlung erfordert nur einen Sachmangel oder das Fehlen zugesicherter Eigenschaften, ohne daß diese Tatsachen dem Verkäufer bekannt sein müssen; § 123 dagegen setzt voraus, daß der Anfechtende von dem Anfechtungsgegner arglistig, also bewußt getäuscht worden ist. Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ist daher zulässig. Vgl. Enneccerus-Lehmann § 112 III. Die Anfechtung ist rechtzeitig innerhalb der Jahresfrist des § 124 erfolgt. Die Voraussetzungen der arglistigen Täuschung sind gegeben. V hat durch seine Zusicherung, der Wagen sei erst 20000 km gelaufen, getäuscht. Er hat die Unrichtigkeit der Zusicherung gekannt. Die dahingehende Mitteilung des Inhabers der Reparaturwerkstätte kann den Umständen nach als richtig angesehen werden. V würde, wenn der Zähler nicht von ihm, sondern von einem Dritten ohne sein Einverständnis zurückgestellt worden wäre, sich gegen die Anfechtungserklärung des K und die mit ihr ausgesprochene Beschuldigung gewehrt haben. Daraus, daß er dies nicht tat, sondern sich sofort bemühte, den K durch Hingabe eines anderen Wagens zu beschwichtigen, ist ersichtlich, daß 127

er „ein schlechtes Gewissen" hatte. Zur Arglist gehört noch, daß er annahm, der andere werde die falschen Behauptungen für wahr halten und sich durch sie bestimmen lassen (vgl. RG 107/179). Auch dies trifft zu. Denn die unrichtige Angabe des V verfolgte den Zweck, in K eine falsche Vorstellung hervorzurufen und ihn dadurch zu dem abgeschlossenen Vertrag zu veranlassen. Diesen Zweck hat V auch erreicht. K konnte daher wegen arglistiger Täuschung anfechten. Durch die Anfechtung ist der Kaufvertrag mit rückwirkender Kraft vernichtet § 142 Abs. 1. Beachte: Der Aufbau zu B I vollzieht sich logisch wie folgt: 1. Was w o l l t e K? (Anfechtung wegen argl. Täuschung). 2. Ist diese Anfechtung neben den Sonderrechtsbehelfen der §§ 459 ff. zulässig? 3. Ist die F r i s t gewahrt? 4. Liegen die m a t e r i e l l e n Voraussetzungen einer argl. Täuschung vor ? Ziff. 2 und Ziff. 3 ist vor Ziffer 4 zu prüfen; denn wenn die Anfechtung aus r e c h t l i c h e n Gründen n i c h t z u l ä s s i g oder im konkreten Fall v e r s p ä t e t ist, erübrigt sich ein Eingehen auf die m a t e r i e l l e n V o r a u s s e t z u n g e n im e i n z e l n e n . Insbesondere erübrigt sich in einem Rechtsstreit eine Beweisaufnahme über das — meist bestrittene — Vorliegen dieser Voraussetzungen. Vgl. Berg, Gutachten S. 13 ff., 163 ff.

II. Die Anfechtung der Hypothekenbestellung. 1. K hat gleichzeitig die Hypothekenbestellung angefochten. Da nur Willenserklärungen anfechtbar sind, kann das lediglich bedeuten, daß er die zur dinglichen E i n i g u n g gehörende W i l l e n s e r k l ä r u n g angefochten hat. Eine solche Anfechtung ist begründet, wenn die arglistige Täuschung auch diesen Teil des Erfüllungsgeschäftes erfaßte (Lehmann, Allg. Teil § 27 III 2, RGRKomm. zu § 123 Anm. 17, BGH Betrieb 66/818). Dafür daß dies der Fall war, spricht zunächst der Umstand, daß die Einigungserklärung und die schuldrechtliche Verpflichtungserklärung in einem einheitlichen Willensakt zusammenfielen. Weiter ist zu erwägen, daß die Parteien sich darüber einigten, dem V solle eine Hypothek „zur Sicherung der Darlehnsforderung" zustehen. Beide gingen also bei der Einigung davon aus, daß eine (abgeänderte) Kaufpreisforderung des V gegen K bestand; mit der Hypothek sollte V für diese Forderung gesichert werden. Ohne eine zugrunde liegende Forderung hätte die Einigung über die Hypothekenbestellung keinen wirtschaftlichen Wert gehabt. Falls K den wahren Sachverhalt gekannt hätte, würde er sich weder zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet noch eine Hypothek zu deren Sicherung gewährt haben. Es wäre dann nicht zur Einigung über die Hypothekenbestellung gekommen. V hat also mit seiner falschen Zusicherung den K nicht nur zum Abschluß des schuldrechtlichen Vertrages, sondern gleichzeitig zur Abgabe der dinglichen 128

Einigungserklärung bestimmt. Infolgedessen war auch die Einigung gemäß § 123 Abs. 1 anfechtbar. 2. Infolge der Anfechtung wird die Einigung gemäß § 142 Abs. 1 rückwirkend nichtig. Damit fehlt eine für das Zustandekommen der Hypothek wesentliche Voraussetzung. Eine Hypothek ist demnach nicht entstanden. Das Grundbuch ist unrichtig geworden. Wie die materielle Rechtslage am Grundstück sich nun gestaltet, ist sehr umstritten. Nach der z. Zt. noch h. L. entsteht bei nichtiger Einigung überhaupt kein Grundstücksrecht, so daß nachfolgende Posten aufrücken (so RG 70/353ff.; 106/139; RGRKomm zu § 1177 Anm. 1; Palandt zu § 1163 Anm. 3; BGH 36/84 läßt die Frage offen). Begründet wird dies mit dem Wortlaut des Gesetzes: Nach § 1163 Abs. 1 S. 1 steht die Hypothek dann dem Eigentümer zu, wenn die Forderung, für die sie bestellt ist, nicht zur Entstehung gelangt ist; Entsprechendes gilt nach § 1163 Abs. 1 S. 2 für den Fall des Erlöschens der Forderung. Hiernach setzt § 1163 voraus, daß die Hypothek „bestellt" ist. Eine Hypothek wird aber durch Einigung und Eintragung bestellt (§873 Abs. 1). Wenn also die Einigung fehlt, so ist die Hypothek nicht wirksam „bestellt"; § 1163 Abs. 1 ist somit nicht anwendbar. Auch die Entstehunggeschichte des BGB spricht für diese Auffassung: Ein Antrag, dem Eigentümer die Befugnis zu geben, an Stelle einer unwirksamen Hypothek eine andere Hypothek eintragen zu lassen, wurde ausdrücklich abgelehnt (Prot. III 603). b) Demgegenüber macht eine neuerdings vordringende Mindermeinung geltend, die nachstehenden Gläubiger würden auf Kosten des Eigentümers ohne Grund bevorzugt, wenn sie aufrücken würden. Diese Ungerechtigkeit könne nur vermieden werden durch die Annahme, daß bei einer unwirksamen Einigung eine Eigentümergrundschuld entstehe. Das müsse jedenfalls dann gelten, wenn der Eintragungsantrag wirksam vom Eigentümer beim Grundbuchamt gestellt worden sei. Vgl. Wolff § 145 13; Westermann § 117 I 4; Staudinger, 2f. zu § 1196; Baur § 36 V 4b. a) Zur Begründung wird insbesondere eine e n t s p r e c h e n d e Anwendung des § 1163 vorgeschlagen. Diese Bestimmung zeige das Bestreben des Gesetzgebers, bei Freiwerden einer Rangstelle die Interessen des Eigentümers gegenüber den Nachhypothekaren zu schützen. Hieraus sei der allgemeine Grundsatz abzuleiten, daß in allen Fällen des Freiwerdens einer Hypothek — gleichgültig, ob es an der dinglichen Einigung oder der Forderung mangele — der Eigentümer an der freien Stelle eine Eigentümergrundschuld erwerbe. Die Eigentümergrundschuld sei also im bürgerlichen Recht nicht die Ausnahme, sondern die Regel. 9

B e r g , Bfirgerl. Recht, 10. Aufl.

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Zum Nachweise der Richtigkeit dieser Auffassung wird darauf hingewiesen, daß eine Zwangshypothek bei Aufhebung der vollstreckbaren Entscheidung, auf Grund deren sie eingetragen ist, ebenfalls nicht erlischt, sondern zur Eigentümerhypothek wird (§§ 868 Abs. 1, 932 Abs. 2 ZPO). Diese Begründung ist indes nicht stichhaltig. Die Fälle, in denen eine Eigentümerhypothek entstehen soll, sind im Gesetz besonders geregelt. Es handelt sich um A u s n a h m e f ä l l e . Das folgt schon aus der Tatsache, daß das B G B mit der Eigentümergrundschuld für wesentliche Teile Deutschlands eine völlige Neuerung gebracht hat (vgl. Biermann, BGB-Kommentar, Sachenrecht, 3. Aufl., zu § 1163 Nr. 7b). Auch die Berufung auf § 868 ZPO schlägt nicht durch. Diese Bestimmung setzt ebenso wie § 1163 voraus, daß eine Hypothek wirksam entstanden ist, entfällt also, wenn z.B. bei der Eintragung die wesentlichen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung (wie vollstreckbarer Titel, Klausel, Zustellung) nicht vorlagen (vgl. Baumbach zu § 868 Anm. 1 B ; OLG 26/158). Es muß also als a l l g e m e i n e Regel erachtet werden, daß eine Hypothek sich nur dann in eine Eigentümergrundschuld verwandelt, wenn Einigung und Eintragung rechtswirksam gemäß § 873 vorliegen. ß) Zur Begründung wird weiter auf § 1196 hingewiesen. Die Erklärung des Eigentümers sei, wenn sie schon nicht die Fremdhypothek zur Entstehung bringe, zumindest gemäß § 140 dahin umzudeuten, daß sie den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, nämlich der Bestellung einer Eigentümergrundschuld nach § 1196 entspreche. Zwar fordere § 1196 die Eintragung auf den Namen des Eigentümers. Diese Eintragung sei aber für das Bestehen einer Eigentümergrundschuld nicht wesentlich; das zeige § 1163, bei dem ebenfalls der Eigentümer die Hypothek ohne seine eigene Eintragung erwerbe. Auch diese Deutung läßt den Ausnahmecharakter des § 1196 außer acht. Grundsätzlich ist zur Entstehung einer Post eine Einigung erforderlich (§ 873). Hiervon sieht das Gesetz nur da ab, wo ein Geschäftsgegner nicht vorhanden ist, mit dem man sich einigen kann, nämlich in den Fällen des § 1196 und des § 1188. Wo aber, wie hier, die Hypothek für eine bestimmte andere Person entstehen soll, verlangt das Gesetz die Einigung. Im Falle der Bestellung einer Fremdhypothek ist zudem der Wille des Eigentümers ein ganz anderer als bei Bestellung einer Eigentümergrundschuld. Selbst wenn aber ein dahingehender Eventualwille anzunehmen sein sollte, so ist er nicht, wie § 1196 verlangt, e r k l ä r t worden. Damit fehlt es gerade an dem Erfordernis des § 1196, daß nämlich der Eigentümer erklärt hat, die Eigentümergrundschuld solle für ihn eingetragen werden. Die Erklärung des Eigentümers, 130

er bestelle eine Hypothek für einen anderen, genügt somit nicht den Anforderungen des § 1196. Eine Umdeutung nach § 140 ist ausgeschlossen (RG 70/358). Der herrschenden Lehre ist daher zuzustimmen. Im vorliegenden Falle ist das Ergebnis, zu dem die h. L. kommt, jedenfalls schon deshalb gerechtfertigt, weil K ausdrücklich auch die Hypothekenbestellung angefochten hat. Hätte er Interesse an einer Eigentümergrundschuld gehabt, so hätte es genügt, wenn er den Kaufvertrag angefochten hätte. Die — wirksam bestellte — Fremdhypothek hätte sich dann automatisch in eine Eigentümergrundschuld verwandelt (§§ 1163 Abs. 1 S. 1, 1177 Abs. 1 S. 1). III. Die Anfechtungserklärung vom 4. 5. hat also zur Folge, daß sowohl der Kaufpreisanspruch des V als auch die zur Sicherung bestellte Hypothek rückwirkend vernichtet sind. Eine Eigentümergrundschuld ist nicht entstanden. C. Die R e c h t s l a g e n a c h der E r k l ä r u n g vom 9. 5. I. Die Bestätigung des Kaufvertrags. Rein äußerlich gesehen hat K zwei Erklärungen abgegeben: Er „nimmt die Anfechtungserklärung zurück" und „bestätigt" den Kaufvertrag. Inhaltlich besagen jedoch beide Erklärungen das gleiche. K will, daß der ursprüngliche Kaufvertrag unter Änderung des Kaufgegenstandes weitergelte. In Wahrheit liegt also nur eine Erklärung vor, in der K seinen Willen zur Bestätigung des Vertrags zum Ausdruck bringt. Für die rechtliche Würdigung dieser Erklärung sind verschiedene Deutungen zu erwägen: 1. Hat K durch seine einseitige Erklärung die Anfechtung rückgängig gemacht und dadurch den früheren Vertrag wiederhergestellt? Das Gesetz sieht zwar eine einseitige Bestätigung eines anfechtbaren Vertrages vor (§ 144 Abs. 1). Diese setzt aber voraus, daß der Vertrag noch „anfechtbar" ist. Das ist nicht der Fall, wenn die Anfechtung bereits erklärt ist; denn dann ist aus dem anfechtbaren Vertrag ein nichtiger Vertrag geworden (§ 142 Abs. 1), der nur auf dem Wege des § 141, also durch einen neuen V e r t r a g bestätigt werden kann. 2. Liegt ein bestätigender V e r t r a g im Sinne des § 141 vor? Ein solcher Vertrag kann dadurch zustande gekommen sein, daß V nach der Anfechtung den ersten Wagen durch den zweiten ersetzte und K daraufhin am 9. 5. die Bestätigung erklärte. V hatte ein Interesse an der Wiederherstellung der vertraglichen Beziehungen. Die Ersetzung des Wagens durch einen anderen enthielt somit eine Offerte, die hinreichend bestimmt war. Dieses Angebot hat K zwar noch nicht durch die Entgegennahme des zweiten Wagens angenommen; denn zu dieser 9*

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Zeit fehlte ihm der Wille, erneut vertraglich gebunden zu sein. Dagegen stellte seine Erklärung vom 5. eine Annahme dar. Angebot und Annahme fallen zwar zeitlich um mehrere Tage auseinander: V machte sein Angebot sofort nach der Anfechtung vom 4. 5., während K erst am 9. 5. annahm. Die in § 147 für die Annahme vorgesehenen Fristen gelten aber nur subsidiär, d.h. nur wenn nicht der Antragende eine andere Frist bestimmt hat, § 148. V hielt sich hier an eine angemessene Frist gebunden, da er dem K genügend Zeit lassen mußte zur Untersuchung und Erprobung des Wagens, zumal K nach der Täuschung zu solchen Vorsichtsmaßnahmen besonderen Anlaß hatte. Die kurze Spanne von höchstens 5 Tagen muß den Umständen nach als angemessen bezeichnet werden. K hat also das Angebot des V fristgemäß angenommen. Demnach ist zwischen V und K ein Vertrag zustande gekommen, durch den der alte Kaufvertrag „bestätigt" wurde. Die in § 141 Abs. 1 vorgesehene Bestätigung ist jedoch keine Bestätigung in dem Sinne, daß das Rechtsgeschäft dadurch nachträglich gültig und wiederhergestellt wird, sondern eine N e u v o r n a h m e . Dies entspricht dem Begriff der Nichtigkeit; ein nichtiges Geschäft kann nicht nachträglich wieder zum Leben erweckt werden. Immerhin waren beide Teile sich dahin einig, daß die Bedingungen des alten Vertrags gelten sollten (V „ersetzt" den Wagen, K „nimmt die Anfechtung zurück und bestätigt den Vertrag"). V und K haben somit die Pflicht übernommen, einander so zu stellen, wie sie gestanden hätten, wenn der ursprüngliche Vertrag von Anfang an wirksam gewesen wäre; vgl. auch § 141 Abs. 2. K. ist demnach wieder zur Zahlung des Kaufpreises von 15000 DM verpflichtet. Er muß auch die Kaufsumme für die ganze Zeit seit Abschluß des ersten Vertrag, also seit dem 30. 3. verzinsen. II. Die Bestätigung der Hypothekenbestellung. In dem neuen Vertrag hat V sich weiterhin verpflichtet, dem V die frühere hypothekarische Sicherstellung der Forderung wieder einzuräumen. K hat diese Verpflichtung erfüllt, wenn infolge der „Bestätigung" für V eine gleichwertige Hypothek entstanden ist. Da die Bestätigung gemäß § 141 Abs. 1 als „erneute Vornahme" zu beurteilen ist, müssen die Voraussetzungen des § 873 Abs. 1 wieder erfüllt sein, also Einigung und Eintragung vorliegen. 1. Zur Annahme einer dinglichen E i n i g u n g genügt es, wenn sich aus den gesamten Umständen der Wille der Parteien ergibt, daß das Recht entstehen soll; es ist nicht erforderlich, daß die Parteien ihre Willensäußerung ausdrücklich als Einigung bezeichnen und einen bestimmten Wortlaut wählen (RG 54/381, 108/148). Eine solche übereinstimmende Willensäußerung ist darin zu erblicken, daß V den ersten 132

Wagen durch den zweiten ersetzte und daß K am 9. 5. erklärte, er „bestätige die Hypothekenbestellung". V hat zwar bei der Ersetzung des Wagens die Hypothek nicht ausdrücklich genannt. Er wollte aber erkennbar dadurch erreichen, daß seine alte Rechtsstellung wiederhergestellt werde. Somit haben V und K sich erneut darüber geeinigt, daß das Grundstück des K mit einer Hypothek des V belastet sein solle. 2. Eine E i n t r a g u n g des V liegt vor, da dieser als Gläubiger der Hypothek noch nicht im Grundbuch gelöscht ist. 3. Einigung und Eintragung stimmen somit — jedenfalls äußerlich — dahin überein, daß V Gläubiger der Hypothek Nr. 1 sein soll. Daß die neue Einigung erst nach der Eintragung entstanden ist, hindert die Entstehung des Rechts nicht; wie § 879 Abs. 2 zeigt, kann die Einigung der Eintragung nachfolgen. Dennoch aber erscheint es zweifelhaft, ob die äußerliche Übereinstimmung von Einigung und Eintragung zur Neuentstehung der Hypothek ausreicht. Denn die Eintragung wurde auf Grund der ursprünglichen nichtigen Einigung und zur Sicherung der ersten, durch den Vertrag vom 30. 3. begründeten Forderung vorgenommen, während ihr nunmehr eine neue Einigung und eine neue Forderung zugrunde liegen. Damit ergibt sich die Frage, ob § 873 Abs. 1 sich mit einer Einigung und Eintragung begnügt, die sich äußerlich decken, oder ob außerdem ein Zusammenhang zwischen Einigung und Eintragung zu fordern ist. Die Frage ist umstritten. Planck-Strecker Erl. II 4 zu § 873 hält die äußere Übereinstimmung für genügend. Nach ihm kann eine Einigung zusammen mit einer bereits bestehenden Eintragung die Rechtsänderung auch dann herbeiführen, wenn die Eintragung aus einem völlig anderen Anlaß, j a sogar durch ein Versehen des Grundbuchbeamten bewirkt wurde. Gegen diese Meinung spricht jedoch, daß § 873 Abs. 1 die „Einigung über den Eintritt der Rechtsänderung und die Eintragung der Rechtsänderung" verlangt. Daraus muß entnommen werden, daß gerade die Änderung, auf die sich die Einigung bezieht, einzutragen ist. Unter Eintragung i. S. des § 873 ist nicht der Zustand des Eingetragenseins, sondern die Eintragungstätigkeit des Grundbuchamtes zu verstehen; diese Tätigkeit muß gerade die Rechtsänderung zum Gegenstand haben, über die sich die Beteiligten einigen (RG 131/100; BGH LindMöhr § 873 Nr. 1; RGRKomm. zu § 873 Anm. 88). Somit ist die Hypothek des V auf Grund der neuen Einigung nur entstanden, wenn zwischen der Eintragung des V vom 24. 4. und der neuen Einigung ein innerer Zusammenhang besteht. Ob das zutrifft, kann entscheidend davon abhängen, welche Wirkung die Anfechtung auf die ursprünglich eingetragene Hypothek gehabt hat. 133

a) Legt man die oben zu B II 2 b abgelehnte Mindermeinung zugrunde, wonach die Nichtigkeit der Hypothek zur Entstehung einer E i g e n t ü m e r g r u n d s c h u l d führt, so ist die neue Einigung dahin auszulegen, daß K als Inhaber der Eigentümergrundschuld diese unter Umwandlung in eine Fremdhypothek an K abtritt. Gegenstand der Einigung ist somit die A b t r e t u n g u n d U m w a n d l u n g einer Eigentümergrundschuld, Gegenstand der Eintragung aber war die N e u b e g r ü n d u n g einer Fremdhypothek. Es fehlt demnach der erforderliche innere Zusammenhang; die neue Einigung kann nicht zusammen mit der bereits bestehenden Eintragung die Rechtsänderung herbeiführen. K muß deshalb bewirken, daß V nochmals als Hypothekengläubiger eingetragen wird. Das ist nur möglich, wenn zuvor der jetzige Berechtigte (K) als solcher eingetragen wird, § 39 Abs. 1 GBO. K muß deshalb zunächst seine Eintragung als Inhaber der Eigentümergrundschuld im Wege der Grundbuchberichtigung durchführen, wozu er die Bewilligung des Buchberechtigten V verlangen kann, § 894. Danach muß er die Eigentümergrundschuld unter Umwandlung in eine Hypothek an V abtreten. Da eine diesbezügliche Einigung bereits vorliegt, kann V sodann von K verlangen, daß dieser die entsprechende Eintragungsbewilligung (§19 GBO) in der Form des § 29 I 1 GBO abgibt, und V kann mit dieser Eintragungsbewilligung seine Eintragung als Berechtigter beantragen, § 13 GBO. Erst mit der darauf vorzunehmenden Eintragung erlangt V (durch Einigung und Eintragung, § 873) die Stellung als Gläubiger der erststelligen Hypothek. Vgl. KG JW 1933/2010. Anders BGH 36/86 in dem hier nicht gegebenen Fall, daß die Eigentümergrundschuld erst bei Valutierung durch einen Dritten als Fremdhypothek entstehen sollte.

b) Geht man mit der herrschenden Meinung (oben zu B II 2 a) davon aus, daß infolge der Nichtigkeit der Einigung überhaupt k e i n G r u n d s t ü c k s r e c h t entstanden ist, so bestehen auch hier gewisse Bedenken gegen das Vorliegen des notwendigen inneren Zusammenhangs. Denn die ursprünglich eingetragene Hypothek diente der Sicherung der durch Anfechtung vernichteten Forderung, jetzt dagegen soll sie der Sicherung der neuen Forderung dienen. Diese ist zwar mit der alten Forderung inhaltlich gleich, aber nicht identisch, da es sich gemäß § 141 Abs. 1 um eine Neubegründung handelt. Jedoch darf man das Erfordernis des inneren Zusammenhangs nicht überspannen. Notwendig ist nur, daß die Einigung und die Eintragung sich auf dieselbe dingliche Rechtsänderung beziehen. Dies ist hier trotz der Neubegründung des Schuldverhältnisses der Fall. Denn sowohl die Einigung als auch die Eintragung haben die Bestellung einer Hypothek für eine Kaufpreisforderung des V gegen K in Höhe von 15000 DM zum Gegenstand. So hat auch das Kammergericht (JW 1925/26174) in einem Fall, der dem vorliegenden vergleichbar war (die ursprüngliche Auflassung war wegen Verstoßes gegen gesetzliche Vorschriften nichtig und war später wirk134

sam nachgeholt worden), die Wirksamkeit des Eigentumsübergangs ohne Herbeiführung einer neuen Eintragung bejaht (ebenso KG JW 1927/8542 und OLG 45/185). Die Entscheidungen RG JR Rspr. 1926 Nr. 804, KGJahrb. 51/187 und BGH Lind-Möhr zu § 873 Nr. 1, die einen innerenZusammenhang verneinen, liegen anders, da dort bei der späteren Einigung sich andere Personen gegenüberstehen als bei der ursprünglichen Einigung.

Demnach ist vom Standpunkt der herrschenden Lehre, der hier gefolgt wurde (vgl. oben S. 129ff.), die Hypothek des V durch bloße nachträgliche Einigung erneut wirksam geworden. 4. Zu klären ist noch, welchen R a n g die Hypothek des V jetzt hat. Nach § 879 Abs. 2 wahrt die Eintragung auch dann den Rang, wenn die Einigung erst nach der Eintragung zustande gekommen ist. Dies ist hier der Fall. Zwar war zur Zeit der Eintragung bereits eine, wenn auch nichtige Einigung vorhanden. Wenn aber § 879 Abs. 2 die Eintragung schon dann zur Erhaltung des Ranges ausreichen läßt, wenn vorher überhaupt keine Einigung bestand, so muß dies um so mehr gelten, wenn mehr als eine nicht existente, nämlich eine infolge Anfechtung vernichtete Einigung vorlag (so auch die herrsch. Lehre, vgl. Güthe-Triebel, 6. Aufl., zu § 45 GBO Anm. 39 unter Aufgabe der in früheren Auflagen vertretenen gegenteiligen Ansicht, ferner RG HRR 1932/1823). S. auch den lehrreichen Fall 3 bei Berg, Die Hausarbeit im Referendarexamen.

Die Eintragung der Hypothek ist somit für ihren Rang maßgebend, obwohl die Einigung erst später zustande gekommen ist (§ 879 Abs. 2). Infolgedessen hat die am 24. 4. eingetragene Hypothek des V wieder den Vorrang vor der am 29. 4. eingetragenen Hypothek des B (§ 879 Abs. 1). V hat demnach zur Sicherung seiner Kaufpreisforderung von 15000 DM nebst 6% Zinsen vom 30. 3. ab wieder eine Hypothek an erster Stelle erworben. Seine ursprüngliche Rechtslage (oben A) ist wiederhergestellt. V braucht keine weiteren Schritte mehr zu unternehmen. 16. F a l l 8. Klausurarbeit Der Kaufmann Peter Platz, dem von dem Rentner Hohn ein Darlehn von 20000 DM für die Modernisierung seines Hauses zugesagt worden war, hatte dafür abredegemäß eine Hypothek auf sein Grundstück eintragen lassen. Er beauftragte und bevollmächtigte seinen Angestellten Vohwinkel, den Hypothekenbrief auf dem Grundbuchamt abzuholen. Dieser — statt den Brief seinem Auftraggeber abzuliefern — erhob gegen Übergabe des Briefs an Hohn, demgegenüber er sich als dazu ermächtigt ausgab, das versprochene Darlehn und verschwand. 135

Fragen: 1. Ist der Darlehnsgeber gesichert ? Welche Rechte stehen ihm zu ? 2. Was kann Platz tun, um sich zu sichern ? Vorbemerkung Aufbau Der Aufbau ergibt sich aus den Fragen und der folgenden Musterbearbeitung. Gutachten A. Ist der D a r l e h n s g e b e r Hohn g e s i c h e r t ? Welche Rechte stehen ihm zu? I. Hohn wäre gesichert, wenn für ihn entweder eine H y p o t h e k entstanden ist oder doch wenigstens ein A n s p r u c h gegen Platz auf E i n r ä u m u n g einer Hypothek. 1. Eine Briefhypothek bedarf zu ihrer Entstehung der Einigung, Eintragung und Übergabe des Briefs durch den Eigentümer (§§ 873,1117). Die dingliche E i n i g u n g über die Begründung einer Hypothek zwischen dem Eigentümer Platz und dem Rentner Hohn sowie die Eintragung der Hypothek zugunsten Hohns (§ 873 Abs. 1) sind erfolgt, da Platz „abredegemäß" die Hypothek auf seinem Grundstück hatte „eintragen" lassen. Dagegen ist der Brief nicht, wie es § 1117 Abs. 1 erfordert, von dem „Eigentümer des Grundstücks", sondern von einem Angestellten des Eigentümers dem „Gläubiger" übergeben worden. Eine solche Übergabe wäre ausreichend, wenn der Angestellte Vohwinkel zur Übergabe berechtigt gewesen wäre. Vohwinkel war jedoch lediglich zur Abholung des Briefs vom Grundbuchamt und zur Überbringung an den Eigentümer berechtigt. Es fragt sich, ob der gute Glaube des Hohn an die Berechtigung Vohwinkels zu schützen ist. Dem steht entgegen, daß grundsätzlich der gute Glaube an die Vertretungsmacht nicht geschützt wird. Hier kommt hinzu, daß der Schutz eines solchen Glaubens auch der ratio des § 1117 widerspricht. § 1117 will den Eigentümer bei einer Briefhypothek dagegen schützen, daß der Hypothekengläubiger ihn schon auf Grund der Einigung und Eintragung als Hypothekengläubiger in Anspruch nimmt, bevor die Valuta gegeben wurde. Eine entsprechende Schutzbestimmung findet sich bei der Buchhypothek in § 1139, wo die auf der Eintragung beruhende Position des Gläubigers durch Eintragung eines Widerspruchs, den der Eigentümer innerhalb eines Monats ohne weitere Erfordernisse beantragen kann, erschüttert wird. Dieser Schutz 136

wäre bei der Briefhypothek illusorisch, wenn der Hypothekenbrief ohne Einwilligung des Eigentümers dem Gläubiger rechtswirksam ausgehändigt werden könnte. Die Übergabe als solche bewirkte somit noch nicht die Entstehung der Hypothek für den Rentner Hohn. Ist der Gläubiger im Besitz des Briefs, so besteht nur eine Vermutung dafür, daß die Übergabe ordnungsmäßig erfolgt ist (§ 1117 Abs. 3). Diese Vermutung wird aber hier auf Grund des unstreitigen Sachverhalts widerlegt. Ebenso Palandt zu § 1117 Anm. 5.

2. Ist somit Hohn nicht durch eine Hypothek gesichert, so könnte doch ein A n s p r u c h auf E i n r ä u m u n g d e r H y p o t h e k gegen Platz entstanden sein. Voraussetzung hierfür ist, daß durch die Hingabe des Geldes an Vohwinkel rechtswirksam ein Darlehnsanspruch gegen Platz begründet wurde. Hohn hätte dann auf Grund des zugrunde liegenden obligatorischen Vertrags einen Anspruch auf Sicherung durch die Hypothek. Da Einigung und Eintragung vorliegen und Hohn auch bereits im Besitz des Hypothekenbriefs ist, bedürfte es lediglich noch der Zustimmung des Platz zur Belassung des Briefs im Besitz des Hohn. Diese Zustimmung kann gemäß § 1117 Abs. 1 S. 2 in Verbindung mit § 929 S. 2 ohne weiteres gegeben werden (brevi manu traditio). Ein rechtskräftiges Urteil auf Erteilung der Zustimmung würde sie notfalls ersetzen (§ 894 ZPO). Wäre also ein Darlehnsanspruch gegen Platz entstanden, so käme Hohn zu einer dinglichen Sicherung. Gemäß § 607 Abs. 1 begründet erst die Entgegennahme des Geldes durch den Darlehnsempfänger den Darlehnsanspruch. Das Darlehn ist danach ein sog. Realvertrag. Von einem solchen einseitig verpflichtenden und erst durch die Hingabe des Geldes entstehenden Vertrag kann aber keine Rede sein, wenn wie hier der Geldgeber, ein Rentner, anscheinend selbst an einer langfristigen Anlage des Geldes interessiert ist. Ein solches Anlagedarlehn ist ein gegenseitig verpflichtender Konsensualvertrag, wie es bei einer Gebrauchsgewährung die Miete ist. Der Kreditgeber verpflichtet sich zum Geben des Darlehns, der Kreditnehmer verpflichtet sich schon bei Abschluß des Vertrags zur Rückzahlung, allerdings aufschiebend bedingt durch den Empfang des Geldes. Ein solches Konsensualdarlehn ist auch von dem Vorvertrag auf Abschluß eines Handdarlehns (Realvertrag) — pactum de mutuo dando, vgl. § 610 — zu unterscheiden. Beim Vorvertrag kann der Kreditgeber bei Nichthergabe der Valuta nur auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung verklagt werden, bei einem Konsensualvertrag auf Erfüllung. Auf der anderen Seite ist der Anspruch des Kreditnehmers aus einem Vorvertrag, der erst auf Abschluß eines Vertrags geht, unpfändbar, der Anspruch aus einem Konsensualvertrag, der auf Geldzahlung geht, dagegen pfändbar. Vgl. Larenz § 47.

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Die Hingabe des Geldes durch Hohn war somit die Erfüllung der von diesem eingegangenen Verpflichtung. Wäre die Erfüllung ordnungsmäßig gewesen, so hätte sie gleichzeitig die Bedingung ausgelöst, unter der die Rückgabeverp flichtung des Platz endgültig entstanden wäre. Es erscheint aber fraglich, ob die Leistung an den Angestellten Vohwinkel eine ordnungsmäßige Erfüllung darstellte. a) Eine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht zur Entgegennahme des Geldes hatte Vohwinkel nicht. Es ist unrichtig, zum Beweis dafür, daß Vohwinkel als kaufmännischer Angestellter einer Vollmacht bedurfte, auf § 54 Abs. 2 HGB zu verweisen. Diese Bestimmung sagt nur, daß ein „Handlungsbevollmächtigter" nicht „zur Aufnahme von Darlehn" gesetzlich befugt ist. Es steht hier weder fest, daß Vohwinkel Handlungsbevollmächtigter war, noch handelt es sich um die A u f n a h m e eines Darlehns, sondern lediglich um die Entgegennahme der Valuta als Erfüllung des bereits a b g e s c h l o s s e n e n Darlehnsvertrags.

Man könnte erwägen, ob Vohwinkel nicht kraft Gesetzes als ermächtigt galt, die Leistung zu empfangen. Nach § 370 träfe das zu, wenn der Hypothekenbrief als eine Quittung anzusehen wäre. Dagegen spricht aber, daß der Hypothekenbrief nicht wie eine Quittung eine Erklärung des Schuldners über eine Leistung enthält, sondern eine öffentliche Urkunde über eine Eintragung im Grundbuch darstellt. Die Hingabe des Geldes soll dadurch also nicht bewiesen werden. Vielmehr ist es üblich, daß der Schuldner neben der Übergabe des Hypothekenbriefs eine förmliche Quittung über den Empfang der Valuta gibt. b) Ist somit mangels rechtsgeschäftlicher Vertretungsmacht bzw. mangels gesetzlicher Ermächtigung die Hingabe der Valuta an Vohwinkel keine Erfüllung des Darlehnsversprechens, so könnte doch die Möglichkeit bestehen, daß Platz sich nach Treu und Glauben so behandeln lassen muß, als ob eine Vollmacht vorgelegen hätte. Dies träfe zu, wenn er durch das Auftreten seines Angestellten schuldhaft den Rechtsschein einer Vollmacht erweckt hätte, auf den Hohn vertrauen durfte. In der bloßen Tatsache, daß Platz seinen Angestellten mit der Abholung des Hypothekenbriefs beim Grundbuchamt beauftragt hatte, liegt aber noch nicht die schuldhafte Verursachung eines Rechtsscheins. Platz brauchte normalerweise mit einer mißbräuchlichen Ausnutzung durch seinen Angestellten nicht zu rechen; er brauchte erst recht nicht damit zu rechnen, daß Hohn ohne förmliche Quittung oder eine Rückfrage bei ihm dem Angestellten einen so hohen Betrag auszahlen würde. Anhaltspunkte dafür, daß Vohwinkel schon mehrfach für Platz selbständig Aufträge erledigt hätte und daß deshalb Hohn ihm vertrauen konnte, liegen nicht vor. Es entfällt somit auch die 138

Annahme, daß Platz sich auf Grund des Rechtsscheins so behandeln lassen müßte, als ob er Vohwinkel zur Entgegennahme des Darlehns bevollmächtigt hätte. Man unterscheidet heute einerseits zwischen a u s d r ü c k l i c h e r und s t i l l s c h w e i g e n d e r Vollmacht —• wo der Vertretene das Bewußtsein gehabt haben muß, eine W i l l e n s e r k l ä r u n g abzugeben —, andrerseits zwischen Duldungsvollmacht —• wo der Vertretene das Verhalten des Handelnden gekannt hat, ohne dagegen einzuschreiten — und A n scheinsvollmacht, wo der Vertretene das Verhalten des Handelnden hätte kennen müssen. In den beiden letzteren Fällen ist außerdem erforderlich, daß der Vertragspartner auf die Duldungs- bzw. Anscheinsvollmacht vertrauen durfte. Eine Anfechung des Vertretenen gemäß § 119 wird nur in den ersten drei Fällen (ausdrücklicher, stillschweigender und durch Duldung erzeugter Vollmacht) zugelassen, nicht aber bei der Anscheinsvollmacht, weil hier überhaupt keine rechtsgeschäftliche Willenserklärung vorliegt. Im einzelnen vgl. Fabricius JuS1966 S. 1 ff., 50 ff. sowie Soergel Anm. 16 ff. zu § 167. Flume (§ 49) zieht aus dem nichtrechtsgeschäftlichen Charakter der Anscheinsvollmacht sogar die Folgerung, daß nicht, wie in den ersten drei Fällen, eine vertragliche Haftung, sondern lediglich eine Vertrauenshaftung auf das negative Interesse entstehe. S. hierzu Mediens § 5 I I I . Vgl. zu dem vorstehenden Fall auch die eingehende Darstellung von Neumann-Duesberg, Betriebsberater 1966/308 ff. sowie zum RechtsscheinProblem die interessanten Fälle Nr. 20 und 24 bei Berg, Handelsrecht und Nr. 2 bei Berg, Referendarklausur. II. Hohn ist daher weder hypothekarisch gesichert noch hat er einen Anspruch auf hypothekarische Sicherung. E s fragt sich, welche Rechte ihm sonst noch zustehen. 1. Gegenüber P l a t z wäre zu erwägen, ob dieser nicht gemäß § 2 7 8 oder § 831 für das schadenverursachende Verhalten seines Angestellten Vohwinkel einstehen muß. Hohn hätte dann zwar keinen Anspruch auf hypothekarische Sicherung, wohl aber auf Rückgabe des dem Angestellten gegebenen Geldes (§ 249). a) Eine Haftung des Platz aus § 278 käme in Betracht, wenn er sich des Angestellten zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber Hohn bedient hätte. Davon kann aber keine Rede sein, wenn er den Vohwinkel zum Grundbuchamt schickt, um für sich selbst den Brief abholen zu lassen. Wenn Vohwinkel diese Gelegenheit zur mißbräuchlichen Verwendung des Briefs ausnutzt, so handelt es sich nur um eine bei G e l e g e n h e i t seines Auftrags verübte Tat, nicht aber um die E r f ü l l u n g e i n e r V e r b i n d l i c h k e i t dem Hohn gegenüber. Platz hatte zwar auf Grund des mit Hohn abgeschlossenen Konsensualvertrags die Nebenverpflichtung, nach Möglichkeit alle Schäden von seinem Vertragsgegner fernzuhalten. Diese Pflicht kann er verletzt

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haben, wenn er einem Angestellten eine Gelegenhiet zu einer Schädigung seines Vertragsgegners gab. Es läge dann aber nicht eine Haftung aus § 278 vor, sondern eine Haftung aus eigener positiver Vertragsverletzung (analog §§280, 286). Sie setzt e i g e n e s Verschulden des Platz voraus. Ein solches läge vor, wenn ihm eine Neigung seines Angestellten zu unredlichen Machenschaften bekannt gewesen wäre. Der Tatbestand gibt hierfür aber keinen Anhaltspunkt. b) Auch eine Haftung aus § 831 entfällt. Vohwinkel hat zwar den Hohn rechtswidrig durch Betrug geschädigt. Er war aber nicht zur Ausführung einer Verrichtung dem Hohn gegenüber bestellt. Er hat nur gelegentlich einer anderen Verrichtung die widerrechtliche Handlung vorgenommen. 2. Es bleiben dem Hohn somit lediglich Ansprüche gegen den A n g e s t e l l t e n . Da sie infolge der Flucht z.Z. wertlos sind, sollen sie nur kurz gestreift werden. a) Hohn kann das Geld aus § 985 zurückverlangen, da es zu einer Einigung über den Eigentumsübergang infolge des vollmachtlosen Auftretens des Angestellten nicht gekommen ist. Nach Vermischung besteht ein Anspruch aus § 951. Außerdem besteht ein selbständiger Bereicherungsanspruch aus § 812 wegen der Besitzübertragung (condictio possessionis). b) Auf Grund des Betrugs und der vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung hat er Schadensersatzansprüche aus §§ 823 Abs. 2 (Betrug als Schutzgesetz) und 826. Dagegen kommt § 823 Abs. 1 nicht in Betracht. Vohwinkel hat lediglich das Vermögen Hohns geschädigt. Das Eigentum am Gelde oder der Besitz am Gelde wurde nicht verletzt, da Hohn das Geld freiwillig aus der Hand gab. Vgl. oben Fall 4 S. 36 zu II 4a. Auch ein Anspruch aus § 687 Abs. 2 kommt nicht in Betracht. Vohwinkel führte kein Geschäft des H o h n wider besseres Wissen, sondern ein Geschäft des P l a t z . Aus § 687 Abs. 2 könnte somit lediglich Platz Rechte gegen Vohwinkel herleiten.

B. W a s k a n n P l a t z t u n , u m s i c h zu s i c h e r n ? Gemeint ist nicht eine Sicherung gegenüber dem verschwundenen Angestellten, sondern gegenüber Hohn, der die auf Grund der Eintragung im Grundbuch und des Besitzes des Hypothekenbriefs bestehende günstige Rechtslage zum Schaden des Platz ausnutzen könnte. I. Bezüglich der Eintragung des Hohn als Hypothekengläubiger kann Platz B e r i c h t i g u n g des Grundbuchs dahin verlangen, daß die Hypo-

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thek ihm als Eigentümer zustehe (§ 894). Es liegt eine Eigentümerhypothek (richtiger: Eigentümergrundschuld, § 1177 Abs. 1 S. 1) vor, sowohl weil der Brief noch nicht vom Eigentümer übergeben wurde (§ 1163 Abs. 2) als auch weil die Forderung, für die die Hypothek bestellt wurde, noch nicht vollwirksam entstanden ist (§ 1163 Abs. 1 S. 1). Vgl. oben zu A I 1 und 2. Diese Gründe hindern aber nur die Entstehung einer Fremdhypothek, nicht einer Hypothek in der Form einer Eigentümerhypothek bzw. Eigentümergrundschuld. Eine dingliche Belastung des Grundstücks liegt damit vor. Nachstehende Posten rücken nicht aufl Dagegen wäre ein dingliches Recht überhaupt nicht entstanden, wenn keine dingliche Einigung gemäß § 873 vorgelegen hätte (vgl. oben Fall 15 zu B II 2). Hier würden nachstehende Posten ohne weiteres aufrücken. Die Eintragung als Hypothek wäre zu löschen.

Zur Sicherung seines Berichtigungsanspruchs kann Platz gemäß § 899 einen W i d e r s p r u c h gegen die Richtigkeit des Grundbuchs eintragen lassen. II. Bezüglich des Besitzes des Hohn am Hypothekenbrief kann Platz gemäß § 985 H e r a u s g a b e des B r i e f s an sich verlangen. Da er Inhaber der Eigentümergrundschuld ist, steht ihm gemäß § 952 Abs. 2 auch das Eigentum am Hypothekenbrief zu. Beachte: Man spricht vom E i g e n t u m an einer Sache und Urkunde, dagegen von I n h a b e r s c h a f t bei Rechten, insbesondere von Hypothekenrechten.

Außerdem kann er gemäß § 896 zum Zweck der Durchführung seines Berichtigungsanspruchs (oben I) Vorlage des Hypothekenbriefs an das Grundbuchamt verlangen. Die Durchführung dieser Ansprüche kann er notfalls durch eine einstweilige Verfügung gemäß §§ 935ff. ZPO sichern. Ob außerdem ein Aufgebotsverfahren gemäß § 1162 in Betracht kommt, erscheint fraglich. Selbst wenn der Angestellte den Brief zunächst nur als Besitzdiener für Platz entgegengenommen hat und diesem infolgedessen der Brief „abhanden gekommen ist", so besteht doch kein Bedürfnis für ein Aufgebotsverfahren, wenn der Besitzer des Briefs feststeht und die Herausgabe von ihm gemäß § 985 erzwungen und der Herausgabeanspruch durch einstweilige Verfügung gesichert werden kann. Die Zulässigkeit eines Aufgebotverfahrens ist daher abzulehnen. Zudem läßt schon die lange Aufgebotsfrist von 6 Monaten (vgl. § 1015 ZPO) ein solches Verfahren untunlich erscheinen. Vgl. auch Palandt zu §1162 Anm. 1 und RG 155/74.

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D r i t t e r Teil

Examensklausuren

Allgemeines über Examensarbeiten Die folgenden Fälle zeigen, welche Anforderungen im 1. Staatsexamen gestellt werden. Aus räumlichen Gründen werden nur Examenski a u s u r e n wiedergegeben. Häusliche Aufgaben, die in vielen Ländern der Bundesrepublik zusätzlich bzw. anstelle weiterer Klausuren als sog. Sechs-Wochen-Arbeiten gestellt werden, finden sich in dem auf Blatt X I V aufgeführten Anleitungsbuch des Verfassers. Zudem unterscheidet sich die Hausarbeit im Referendarexamen von den Klausurarbeiten nur dadurch, daß die einschlägige Literatur und Rechtsprechung sorgfältig zu berücksichtigen und zu verarbeiten ist. Jeder Fall, also auch eine Examens-Hausarbeit, ist daher zunächst nur an Hand des Gesetzestextes zu' lösen. Erst wenn man sich ohne sonstige Hilfsquellen eine bestimmte Ansicht über Aufbau und Lösungsmöglichkeiten gebildet hat, ist man kritisch genug, sich in Kommentaren, Lehrbüchern und an Hand von Entscheidungen weiter über das auftauchende Problem zu orientieren. Vgl. im einzelnen oben S. 46, sowie Diederichsen JuS 68/171 f. Man achte bei Examensklausuren ganz besonders darauf, die auftauchenden Fragen eigenständig zu lösen. Der bloße Hinweis auf eine „herrschende Ansicht" oder auf eine bestimmte, in der Rechtsprechung oder Literatur vertretene Auffassung ist bei den Kernproblemen des Falles nicht ausreichend. Man braucht zwar keine originelle, bisher noch nirgends vertretene Ansicht zu finden — eine solche läßt sich im Rahmen einer Klausurarbeit kaum hinreichend begründen —, aber man soll zeigen, daß man die möglichen und zumeist vertretenen Lösungen in ihrer Bedeutung und rechtlichen Tragweite erkannt hat und zu ihnen Stellung nehmen kann. Denn die im Examen gestellten Klausuraufgaben sollen in erster Linie erweisen, ob der Kandidat „juristisch denken kann". Positive Rechtskenntnisse sind zwar unerläßlich, sie helfen aber nur dem, der sie unter Berücksichtigung der Eigenart des Falles richtig anzuwenden versteht. Zur Bearbeitung stehen bei den Examensklausuren in der Regel 5 Stunden Zeit zur Verfügung und es dürfen nur die bei Schönfelder enthaltenen Gesetzestexte benutzt werden. Es empfiehlt sich daher dringend, die folgenden Fälle ebenfalls in 5 Stunden mit Hilfe des bloßen Gesetzestextes zu bearbeiten und erst dann die Lösungen zu lesen. Vgl. auch die Hinweise bei B e r g , Die Referendarklausur, S. 9ff., wo 19 Klausurfälle aus allen Gebieten des Examens (also auch Straf- und Verwaltungsrecht) eingehend behandelt werden. 10

B e r g , Bfirgerl. Hecht, 10. Aufl.

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17. F a l l 1. Examensklausur Maschinenschriftlehrer M in Dortmund hat von der Firma S in Hamburg Schreibmaschinen gegen eine bestimmte Monatsmiete gemietet. Sein Angestellter A hält mit solchen Schreibmaschinen in Bochum einen Kursus ab. Eine der Maschinen gibt er der 21-jährigen E zu Übungszwecken mit nach Hause, wie er das schon des öfteren mit Wissen des M getan hat. Kurz darauf scheidet A bei M aus. Fräulein E tritt eine Stellung in Düsseldorf an und bittet ihren Vater, die Maschine dem Berechtigten herauszugeben. M verlangt von Vater V die Maschine heraus. V verlangt den Nachweis der Berechtigung. M legt darauf den Mietvertrag mit der Hamburger Firma S vor. Nunmehr fordert V die Beibringung des Einverständnisses dieser Firma zur Herausgabe an M. M lehnt das ab und klagt gegen V 1. auf Herausgabe der Maschine, 2. auf Erstattung der von ihm an die Firma S zu zahlenden Miete für die Zeit der Vorenthaltung bis zur Herausgabe. Ist die Klage begründet ? V o r b e m e r k u n g zum A u f b a u des F a l l e s Der Aufbau an sich macht keine Schwierigkeiten. Es handelt sich um eine Klage des M gegen V, bei der im Wege der objektiven Klagenhäufung (§ 260 ZPO) zweierlei verlangt wird: Herausgabe der Maschine und Zahlung einer Entschädigung für die Zeit der Vorenthaltung. Beide Ansprüche sind getrennt zu untersuchen. Die eigentliche Schwierigkeit liegt im Aufsuchen der Anspruchsgrundlage. Bei dem Anspruch auf Herausgabe wird man zwar schematisch an die dinglichen Ansprüche nach §§ 861, 985 und 1007 sowie an die obligatorischen Ansprüche nach §§ 812, 823 (in Verbindung mit §249) denken, vgl. oben S. 74. Aber schon eine oberflächliche Prüfung dieser Normen zeigt, daß sie hier nicht weiterhelfen. Man wird daher versuchen, aus den Besprechungen zwischen den Beteiligten, insbesondere zwischen Tochter E und Vater V eine vertragliche oder doch vertragsähnliche Anspruchsgrundlage zugunsten des M zu entwickeln. Solche Untersuchungen über einen etwaigen vertraglichen Anspruch gehören sogar grundsätzlich an die Spitze der Prüfung, da sie außervertragliche Anspruchsgrundlagen beeinflussen können (vgl. oben S.21,55). Sie sind hier nicht einfach, da sie ein Hineindenken in die Interessenlage der Beteiligten erfordern. (Vgl. hierzu auch oben S. 64, 103ff). Aber gerade dieses 146

Hineindenken in die Besonderheit des Falles macht den Fall als Examensfall interessant, da der Kandidat seine Fähigkeit zum eigenständigen juristischen Denken unter Beweis stellen kann. Gutachten A K l a g e des M gegen V auf H e r a u s g a b e der M a s c h i n e I. Zu erwägen ist, ob aufgrund der Zusage, die V seiner Tochter über die Rückgabe der Maschine an den Berechtigten gemacht hat, sich für M eine vertragliche oder doch vertragsähnliche Anspruchsgrundlage ergibt. 1. In Betracht kommt die Übernahme einer Verpflichtung der Tochter zur Rückgabe durch ihren Vater. a) Zwischen der Tochter E und M, vertreten durch seinen Angestellten A, war ursprünglich ein Dienstvertrag über das Erlernen des Schreibmaschinenschreibens zustandegekommen. Im Rahmen dieses Vertrags überließ A, erkennbar als Vertreter des M mit dessen Einwilligung, also mit Wirkung für und gegen M, die Maschine an E , §§ 164 I, 167. Die Fragen nach der Vertreterstellung des A und der (Duldungs-) Vollmacht (vgl. dazu oben S. 139) sind bewußt knapp und bestimmt beantwortet, da hier ernstlich keine Zweifel bestehen. Nur so gewinnt man die bei Klausuren erforderliche Zeit, die eigentlichen Probleme eingehender zu erörtern.

Diese Überlassung, die nur in einem losen Zusammenhang mit dem Dienstvertrag stand, kann als Leihe oder—wenn man in dem aufgrund des Dienstvertrags zu zahlenden Entgelt eine Mitvergütung der Überlassung sieht — als Miete angesehen werden. Es bedarf jedoch keiner bestimmten Stellungnahme zu der Frage, ob Miete oder Leihe vorliegt, da beide Rechtsinstitute einen Rückgewähranspruch geben, wenn die für die Überlassung vorgesehene Zeit beendet ist, vgl. § 556 I für die Miete, § 604 I für die Leihe. Vgl. auch oben S. 22f. Dieser (Neben-) Vertrag war wirksam abgeschlossen worden. Unerheblich ist, ob die Firma S in Hamburg dem M gestattet hatte, die Maschine einem Dritten zu überlassen (vgl. § 549). Eine etwaige Verletzung des mit S geschlossenen Mietvertrages hätte lediglich M dieser Firma gegenüber haftbar gemacht, nicht aber die Wirksamkeit des mit der E abgeschlossenen Überlassungsvertrags berührt. Es liegt dann ähnlich wie beim Verkauf einer dem Verkäufer nicht gehörenden Sache, die den Kaufvertrag selbst nicht ungültig macht 10*

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(vgl.S.39f.). Im einzelnen s. hierzu Palandt, Anm. 1 und 3 zu § 549.Vgl. auch Söllner JuS 1967, 449ff. über Ansprüche des Vermieters gegen den Mieter bei unberechtigter Untervermietung.

Dieser Überlassungsvertrag war spätenstens beendet, als die Tochter eine Stelle in Düsseldorf antrat. Sie konnte nunmehr den Kursus in Bochum nicht weiter besuchen. Zudem scheint der Zweck der Ausbildung erreicht zu sein. Vgl. § 604 II S. 2. Fräulein E war also zur Rückgabe der Maschine verpflichtet, b) Fräulein B, die sich dieser Rückgabeverpflichtung bewußt war, aber nicht wußte, wer nach dem Ausscheiden des M zur Entgegennahme berechtigt war, wollte ihre Schuld durch ihren Vater erfüllen. Ihre Vereinbarung mit V kann als Auftrag i. S. des § 662 angesehen werden, durch den sich V ihr gegenüber verpflichtete, die Maschine dem Berechtigten herauszugeben. Bei dem Interesse, das die Tochter E daran hatte, nach Antritt einer Stelle in Düsseldorf nicht weiter mit dieser Verpflichtung belastet zu sein, ein Interesse, das der Vater durchaus erkannte und — wie sein späteres Verhalten zeigt — auch wahrnehmen wollte, läßt sich keine bloße Gefälligkeit annehmen, bei der die Tochter keinen Anspruch gegen ihren Vater auf Erfüllung erhalten hätte. Über die Abgrenzung und die Bedeutung der Gefälligkeitsverträge gegenüber den im Schuldrecht geregelten einseitig verpflichtenden Verträgen, wie Schenkung, Auftrag, Leihe und unentgeltlicher Verwahrung, vgl. BGH 21/102 und Medicus § 16.

Die somit von V im Wege eines Auftrags übernommene Verpflichtung, die Schuld seiner Tochter zu erfüllen, begründet allerdings nach § 329 im Zweifel keinen unmittelbaren Anspruch des Gläubigers (M) gegen den Übernehmer, es sei denn, daß eine Schuldübernahme vorliegt oder daß entgegen der Vermutung des § 329 ein echter Vertrag zugunsten des M als eines Dritten geschaffen wurde. Eine Schuldübernahme gemäß §§ 414, 415 stößt schon auf formelle Schwierigkeiten: Es liegt kein Vertrag des M mit V über eine Schuldübernahme vor (§ 414), vielmehr hat lediglich E mit V einen Vertrag geschlossen. Dieser Vertrag ist auch nicht — wie § 415 erfordert — dem M mitgeteilt und von ihm genehmigt worden. Man könnte allerdings daran denken, von einer Mitteilung an M abzusehen, da ihm die Übernahme der Verpflichtung durch seine späteren Verhandlungen mit V bekannt geworden ist, und man könnte eine Genehmigung in der Klage erblicken, mit der er V auf Herausgabe in Anspruch nimmt. Man würde dann aber, da die §§ 414, 415 eine sog. privative Schuldübernahme zur Folge haben, die bisherige Schuldnerin aus ihrer Verpflichtung entlasten und den M auf die Inanspruchnahme des V beschränken. Das liegt schwerlich im Interesse des M. Er wird sich die Möglichkeit offen halten 148

wollen, notfalls — d. h. wenn er mit seiner Klage gegen V aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen (etwa bei später eingetretenem Verlust oder einer Beschädigung der Maschine) keinen vollen Erfolg hat — auf E als ursprüngliche Schuldnerin zurückzugreifen. Zu erwägen ist aber eine kumulative Schuldübernahme. Bei einer solchen tritt neben dem ursprünglichen Schuldner (E) ein weiterer Schuldner (V), der gesamtschuldnerisch mithaftet (§ 421). Ein solcher Schuldbeitritt, für den sich im Gesetz Anhaltspunkte z. B. in § 419 oder HGB § 25 finden, ist angesichts der unser Recht beherrschenden Vertragsfreiheit (§ 305) zulässig. Er läge auch im Interesse des M, da dieser dadurch besser als bisher gestellt wird. Es zeigen sich allerdings Berührungspunkte mit der Bürgschaft, bei der das Gesetz zum Schutz des „schuldbeitretenden" Bürgen Schriftform vorschreibt (§ 766). Da der Schuldbeitritt formlos begründet werden kann, rechtfertigt es sich, eine Schuldmitübernahme nur anzunehmen, wenn der Übernehmer ein eigenes unmittelbares sachliches Interesse an der Erfüllung der Schuld hat. Begrifflich unterscheidet sich die Bürgschaft von der Schuldmitübernahme dadurch, daß sie das Einstehen für eine f r e m d e Schuld, also eine der Verbindlichkeit des Hauptschuldners akzessorische Verpflichtung (§767) enthält, während die Schuldmitübernahme die Begründung einer e i g e n e n , von der des ursprünglichen Schuldners später weitgehend unabhängigen Verpflichtung (vgl. §§ 422—425) zum Gegenstand hat. Ein eigenes unmittelbares sachliches Interesse an einem Schuldbeitritt hat z. B. ein Hypothekengläubiger, der den Bauhandwerkern — formlos — Erfüllung ihrer Forderungen gegen den Bauherrn zusagt, weil durch die Fertigstellung des Baus seine Hypothek gesichert wird. Im einzelnen vgl. zur Abgrenzung von Bürgschaft, Schuldmitübernahme und Garantievertrag Fikentscher § 11 unter 3; Larenz, Schuldrecht, § 31 II und § 58 I.

Im vorliegenden Falle ist ein unmittelbares eigenes sachliches Interesse des V an einem Schuldbeitritt, durch den V selbst (Mit-) Schuldner des M würde, nicht ohne weiteres erkennbar. Wenn er seiner Tochter die Erfüllung ihrer Herausgabepflicht zusagte, so geschah es in erster Linie aus familiären Gründen. Es ist indes nicht zu verkennen, daß er infolge seines Versprechens den alleinigen unmittelbaren Besitz an der herausgegebenen Sache erlangte. M könnte zwar die E weiterhin als — nunmehr mittelbare — Besitzerin auf Herausgabe in Anspruch nehmen. Er könnte diesen Anspruch aber nur realisieren, indem er nach Erhalt eines Urteils gegen sie ihren Anspruch auf Herausgabe bzw. auf Erfüllung der durch Auftrag übernommenen Herausgabepflicht gegen ihren Vater gemäß § 886 ZPO pfänden und sich überweisen ließ. Vgl. Staudinger-Berg, Anm. 12 zu § 985; Erman-Hefermehl, Anm. 3 zu § 985 mit weiteren Nachweisen.

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Das wäre aber ein umständliches Verfahren, das insbesondere nicht im Interesse der Tochter selbst läge, da sie zusätzlich mit Gerichtskosten belastet würde. Diese Erwägung sowie die Situation, daß sich V im unmittelbaren Alleinbesitz des Vollstreckungsobjekts befindet, rechtfertigt zumindest eine erweiternde Anwendung des dem § 419 zugrundeliegenden Gedankens: Der Gläubiger soll sich zusätzlich an denjenigen halten dürfen, der in den unmittelbaren Besitz des Haftungsobjekts gekommen ist. Abgesehen hiervon läßt sich angesichts der besonderen Lage des Falles (Versprechen der Erfüllungsübernahme und zusätzliche E n t g e g e n n a h m e des herauszugebenden Gegenstandes) die Ansicht vertreten, daß die gegen einen echten Vertrag zugunsten Dritter sprechende Vermutung des § 329 widerlegt ist. M wäre dann als begünstigter Dritter i. S. des § 328 unmittelbar durch den zwischen Vater und Tochter geschlossenen Vertrag berechtigt, von V die Leistung (Herausgabe der Maschine) zu fordern. Vgl. auch RG 65/164ff., wo ausgeführt wird: Derjenige, der Erfüllung der mit einem Gegenstand zusammenhängenden Verpflichtung unter gleichzeitiger Übernahme des Gegenstands versprochen habe, wolle im Zweifel nicht unredlich handeln und hafte deshalb gemäß § 328 dem Gläubiger unmittelbar. Schuldmitübernahme und Vertrag zugunsten eines Dritten sind allerdings begrifflich nicht dasselbe und können zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Bei Vertrag zugunsten eines Dritten stehen zwei Gläubiger (der Versprechensempfänger und der Dritte, vgl. § 335) e i n e m Versprechenden gegenüber; bei der Schuldmitübernahme dagegen steht ein Gläubiger zwei Schuldnern gegenüber. Zudem richten sich die Einwendungen bei §§ 328ff. nach § 334, bei der Schuldmitübernahme dagegen grundsätzlich nach § 417. Vgl. im einzelnen Larenz, Schuldrecht, § 31 Ib, aber auch Palandt, 1b zu § 329, der bei einer Schuldmitübernahme auch § 334 zuläßt.

2. Unterstützend zu der hier vertretenen Auffassung, daß M einen unmittelbaren Herausgabeanspruch gegen V hat, kann die Bestimmung des § 604 IV (bei der Leihe) bzw. des § 556 I I I (bei der Miete) herangezogen werden. In diesen Fällen hat der Verleiher oder Vermieter nach Beendigung des Leih- oder Mietvertrags einen Rückforderungsanspruch auch gegen den Dritten, dem der Entleiher oder Mieter die Sache zum Gebrauch überlassen hat. Fräulein E hat die Maschine ihrem Vater zwar nicht „zum Gebrauch" überlassen. Deshalb trifft der eigentliche, diesen Vorschriften zugrundeliegende Gedanke nicht zu, daß derjenige, der den gleichen Nutzen von der Sache hat wie der Schuldner, auch in dessen Rückgabepflicht eintreten soll. Die rechtliche Natur der §§ 604 IV, 556 III ist umstritten. Teils werden sie der gesetzlichen Schuldmitübernahme zugeordnet, teils als

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eine besondere actio in rem scripta angesehen. Vgl. Staudinger, Anm.32 zu § 556 und Anm. 9 zu § 604.

Die entsprechende Anwendung dieser Bestimmungen rechtfertigt sich aber dann, wenn der herausgabepflichtige Schuldner die Sache einem anderen ausdrücklich zum Zwecke der Herausgabe an den Berechtigten übergeben hat und diesen dadurch in seine Position hat einrücken lassen. 3. Zu Unrecht macht V geltend, M müsse zum Nachweis seiner Berechtigung noch das Einverständnis seines Vermieters, der Hamburger Firma S, zur Herausgabe an ihn beibringen. Der von M vorgelegte Mietvertrag ergibt zur Genüge die Berechtigung des M. Etwas anderes würde nur gelten, wenn dieser Mietvertrag beendet wäre, da dann nur mehr der E i g e n t ü m e r (S) Herausgabe an sich oder M Herausgabe an den E i g e n t ü m e r (S) verlangen könnte (vgl. § 986 I S. 2). Der Sachverhalt gibt jedoch keinen Anhaltspunkt dafür, daß der Mietvertrag mit der Hamburger Firma inzwischen beendigt ist. II. Sonstige kraft Gesetzes mögliche Anspruchsgrundlagen sind hier nicht gegeben. 1. Verbotene Eigenmacht gegen den unmittelbaren Besitzer (§ 861) liegt nicht vor, da A — obgleich bloßer Besitzdiener (§ 855) — mit Duldung des M die Maschine an E weitergab und zudem E nicht bösgläubig war (§ 858 II S. 2). 2. § 985 entfällt schon mangels Eigentums des M. 3. § 1007 II kommt nicht in Betracht, da die Sache — wie oben zu 1 gezeigt — dem M nicht abhanden gekommen war. § 1007 I scheidet aus, weil V nicht als unrechtmäßiger Besitzer die Maschine von seiner Tochter entgegennahm. Er handelte hier als Geschäftsführer ohne Auftrag im Interesse des „Berechtigten", da er die Maschine nach dem Wegzug des bisherigen Besitzers sicherstellte. Deshalb kann er auch nicht „bösgläubig" i. S. des § 1007 sein. 4. Bei § 812 I (condictio possessionis) fehlt die Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung. Die Maschine ist an E „geleistet" worden und erst durch einen neuen selbständigen Willensentschluß der E an V gelangt. Abgesehen hiervon stellt das von V übernommene Schuldverhältnis einen rechtlichen Grund dar, so daß es ausschließlich nach den hierfür geltenden Bestimmungen (§§ 604, 556) abzuwickeln ist. Vgl. Erman, Anm. 3 vor § 812.

5. Die bloße Vorenthaltung des Besitzes ist auch keine Besitzverletzung i. S. des § 823 I, die im Wege der Naturalrestitution (§ 249) zur Rückgabe verpflichten würde. Der Besitz ist als „sonstiges Recht" 151

nur gegen unmittelbare Eingriffe im tatsächlichen Bereich geschützt, nicht — wie hier — gegen Mißachtung eines Herausgabeanspruchs. Vgl. BGH 32/205 sowie BGH N J W 1967/47.

B. K l a g e des M auf E r s t a t t u n g der v o n i h m an die F i r m a S zu z a h l e n d e n M i e t e f ü r die Z e i t von der V o r e n t h a l t u n g b i s zur H e r a u s g a b e . Dieser Anspruch läßt sich nur unter dem Gesichtspunkt eines dem M entstandenen Mindestschadens, also als Schadensersatzanspruch verstehen. I. Als Anspruchsgrundlage kommt wieder der gegen V bestehende Herausgabeanspruch in Betracht, mit dessen Erfüllung V in Schuldnerverzug geraten ist (§§ 604 bzw. 556 mit §§ 284ff.). 1. Der Anspruch war mit Beendigung des Leih-, bzw. Mietverhältnisses fällig. 2. Die nach § 284 I erforderliche Mahnung liegt spätestens in der Klageerhebung. 3. Das Verschulden des Schuldners, dessen Nichtvorliegen V zu beweisen hätte (§ 285), ist mangels Gegenbeweises gegeben. Der Rechtsirrtum des V über die Berechtigung des M ist zumindest fahrlässig verschuldet. V hätte evtl. Rechtsrat einholen müssen. Über Verschulden bei Rechtsirrtum vgl. Palandt, Anm. 2 zu § 285.

II. Zur Höhe des Schadens hat M zwar nur darauf verwiesen, daß er an S weiter die Miete zahlen müsse. Streng genommen hätte er darlegen müssen, daß ihm durch die Nichtbenutzung der Maschine ein Schaden entstanden sei, weil er nunmehr weniger Schüler hätte unterrichten können. Jedoch kann schon das Nichtinnehaben einer Sache, die üblicherweise wirtschaftlich genutzt wird, einen Schaden darstellen. Die für diese Sache nutzlos weiterzuzahlende Miete ist dann der Mindestschaden. Vgl. die Rechtsprechung des BGH (40/345, 45/212 ff.) zur Nutzungsentschädigung bei beschädigten Kraftfahrzeugen, wo die Anmietung eines Ersatzwagens nicht nachzuweisen ist. Im vorliegenden Falle ist der eingetretene Schaden im Zweifel auch als entgangener Gewinn i. S. des § 252 anzusehen; s. auch § 287 ZPO. Die Barauslagen für eine solche, zur Gewinnerzielung gemietete Sache sind dann Mindestschaden. Vgl. BGH N J W 1967/1802 ; kritisch hierzu Stoll JuS 68/504.

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18. F a l l 2. Examensklausur Bei dem Lagerhalter Klaumann haben sowohl Schmitz als auch Müller Wein eingelagert. Müller verkauft seinen gesamten bei Klaumann lagernden Wein — 500 Flaschen Zeller Schwarze Katz — für 1250 DM an Krause und erteilt Klaumann die Weisung, den Wein an Krause auszuliefern. Klaumann liefert auch tatsächlich Krause 500 Flaschen Zeller Schwarze Katz aus. Es stellt sich aber heraus, daß dies nicht der Wein des Müller ist. Vielmehr hatte Klaumann diesen im eigenen Namen an Haase — dem böser Glaube nicht nachgewiesen werden kann — veräußert und den Erlös von 1000 DM für sich behalten. Die dem Krause gelieferten Flaschen hatte er den bei ihm lagernden Vorräten des Schmitz entnommen. Wie ist die Rechtslage ? Vorbemerkung Allgemeines Der Sachverhalt läßt sich besser übersehen, wenn man eine Skizze anfertigt.

Schmitz

»Krause

Müller

Die Skizze zeigt in der oberen Zeile die bei Klaumann lagernden Vorräte des Schmitz und des Müller. Der Wein des Müller geht an Haase, der Wein des Schmitz geht an Krause. Die untere Zeile zeigt mit den gestrichelten Linien die Personen auf, die Ansprüche geltend machen werden. Der Fall ist nicht einfach, aber sehr lehrreich wegen der sachenrechtlichen Vorgänge und der schuldrechtlichen Beziehungen. Aufbau Wenn allgemein nach der Rechtslage gefragt ist, so interessieren doch auch hier letztlich nur die zwischen den Beteiligten bestehenden Ansprüche (auf Herausgabe des Weins, auf Erfüllung, Schadensersatz und Herausgabe des Erlöses). Man kann daher den Fall ebenso wie etwa den 3. Fall (obenS. 20f.) lediglich nach der k o n s t r u k t i v e n Methode auf-

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bauen. Die Interessenlage ergibt dann, daß Schmitz primär geschädigt ist. Er wird also „den Stein ins Rollen bringen" und von Krause Herausgabe „seines Weins" oder doch von Klaumann Ersatz für den Verlust fordern. Muß Krause den Wein an Schmitz herausgeben, so wird Krause Vertragserfüllung oder Schadensersatz von Müller verlangen, Müller wird sich gegebenenfalls an Haase und Klaumann wenden. Die Ausarbeitung nach dieser Methode zeigt aber, daß verhältnismäßig oft wegen der sachenrechtlichen Vorgänge „zwischengeblendet" werden muß. Die sachenrechtlichen Vorgänge nehmen einen ziemlich großen Raum ein (Übergabe des Weins von Seiten des Schmitz und Müller an Klaumann, Veräußerung des Weins des Müller durch Klaumann an Haase, Herausgabe des Weins des Schmitz an Krause). Hier liegen auch die eigentlichen Probleme. Sie drängen sich — im Gegensatz zu Fall 3, wo n u r s c h u l d r e c h t l i c h e Beziehungen in Frage kommen — geradezu auf. Es läßt sich daher ein Aufbau rechtfertigen, der zunächst nach den sachenrechtlichen Vorgängen und erst in einem zweiten Teil nach den Ansprüchen der beteiligten Personen ausgerichtet ist. Die Vorprüfung der sachenrechtlichen Vorgänge wird die Prüfung der möglichen Anspruchsgrundlagen weitgehend erleichtern und die Darstellung übersichtlicher machen. Es wurde deshalb hier eine Zweiteilung im Aufbau gewählt: 1. Ein h i s t o r i s c h e s Vorgehen bei Prüfung der s a c h e n r e c h t l i c h e n Verhältnisse an den Weinen, 2. Ein k o n s t r u k t i v e s Vorgehen bei Prüfung der A n s p r ü c h e der beteiligten Personen. In einem einleitenden Satz wird (ähnlich wie oben S. 124) kurz die Besonderheit des Aufbaus gerechtfertigt. Gutachten A. Da allgemein nach der Rechtslage gefragt wird, sollen zunächst die sachenrechtlichen Verhältnisse am Wein des Schmitz und des Müller untersucht werden. Nach Prüfung dieser dinglichen Rechtslage werden die Ansprüche zwischen den Beteiligten leichter erkennbar und können übersichtlicher dargestellt werden. I. Durch die E i n l a g e r u n g des Weins bei Klaumann — von dem unterstellt wird, daß er Lagerhalter i. S. des § 416 HGB ist — wurden weder die Eigentumsverhältnisse am Wein des Schmitz noch am Wein des Müller verändert. Es handelt sich zwar bei den Weinflaschen um vertretbare Sachen i. S. der §§ 91 BGB, 419 HGB; keiner der beiden Einlagerer 154

hat aber dem Lagerhalter die Vermischung gestattet — das hätte zum Miteigentum der Einlagerer geführt, § 419 I, II HGB — oder das Gut derart hinterlegt, daß das Eigentum auf den Lagerhalter übergehen und dieser (schuldrechtlich) verpflichtet sein soll, Sachen gleicher Art zurückzugewähren, § 419 I I I HGB. (Vgl. auch § 700 B G B über diesen sog. Summen- oder irregulären Verwahrungsvertrag). II. M ü l l e r hat aber sein Eigentum an den eingelagerten 500 Flaschen Wein dadurch verloren, daß Klaumann diese Sachen im eigenen Namen dem g u t g l ä u b i g e n H a a s e veräußert hat, §§ 929, 932 BGB. Dem Eigentumserwerb steht § 935 nicht entgegen, da Müller infolge der Einlagerung lediglich mittelbarer Besitzer war (§ 868) und der unmittelbare Besitzer (Klaumann) den Besitz freiwillig aufgegeben hat. Es erübrigt sich, § 366 HGB zu erwähnen, da Klaumann nach dem Sachverhalt als Eigentümer aufgetreten ist, so daß kein Anhaltspunkt gegeben ist, daß Haase lediglich an seine V e r f ü g u n g s b e f u g n i s geglaubt hat. Die zu I und II behandelten Fragen sind ausnahmsweise nicht im Gutachtenstil, sondern im sog. Urteilsstil — bei dem nicht die Frage, sondern das Ergebnis vorangestellt wird (vgl. B e r g , Gutachten S. 147) — beantwortet, da die Ergebnisse unproblematisch sind und dadurch Zeit für die eigentlichen Probleme des Falles (vgl. namentlich die unter III folgende Untersuchung) gewonnen wird.

I I I . Schwieriger zu beantworten ist die Frage, ob S c h m i t z sein Eigentum an Krause verloren hat, als Klaumann diesem auf Weisung des Müller 500 Flaschen Wein herausgab. In Betracht kommt ein Eigentumserwerb des Krause gemäß §§ 929, 932, nicht nach §§ 931,934, da Krause auf Grund der mit Müller getroffenen Vereinbarung nicht einen Herausgabeanspruch gegen Klaumann als bloßes Übergabesurrogat, sondern den unmittelbaren Besitz erwerben wollte: Klaumann soll ihm anstelle des Müller den Wein ausliefern. Eine solche Auslieferung „auf Geheiß" ist eine reale Übergabe i. S. des § 929 S. 1, kein bloßes Übergabesurrogat. Es ist für eine reale Übergabe gemäß dieser Bestimmung unerheblich, ob der Veräußerer persönlich die Sache übergibt oder lediglich veranlaßt, daß ein Dritter die Sache übergibt. Entscheidend ist allein, daß der Veräußerer sich seines Besitzes völlig begibt und daß der Erwerber auf Veranlassung des Veräußerers die Herrschaft über die Sache erlangt. Eine gute Übersicht der möglichen Übergabe-Variationen i. S. des § 929 S. 1 bei B a u r § 51 I I I ; s. ferner W o l f f § 66 I l a ) , v. Caemmerer JZ 1963/ 586ff., S t a u d i n g e r - B e r g Anm. 22 zu § 932 sowie BGH 36/56ff. (60/1). — Es handelt sich hierbei um eine reale Übergabe gemäß § 854 I, nicht um rechtsgeschäftliche Einigung über die Übergabe gemäß § 854 II.

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Es ist indes zweifelhaft, ob Krause in dieser Form den Besitz am Wein erlangt hat. Krause sollte nicht irgendeinen Wein, sondern den Wein des Müller durch Klaumann ausgeliefert erhalten; die Weisung des Müller an Klaumann ging ausdrücklich dahin, dem Krause den bei Klaumann lagernden Wein des M ü l l e r auszuhändigen. Klaumann hat aber nicht den Wein des Müller, sondern den Wein des S c h m i t z an Krause ausgehändigt. Es fehlt somit an dem Erfordernis, daß der dem Krause ausgelieferte Wein auf V e r a n l a s s u n g des Müller ausgehändigt wurde. Es liegt demnach die gewollte Übergabe im Sinne des § 929 S. 1 nicht vor. Die Tatsache, daß Müller hinsichtlich des von Klaumann herausgegebenen Weins des S c h m i t z nicht mittelbarer Besitzer war, würde allerdings allein die Übergabe nicht hindern. § 929 S. 1 kann auch erfüllt sein, wenn der Veräußerer nicht einmal mittelbarer Besitzer ist. Jedoch ist stets erforderlich, daß der unmittelbare Besitzer seinen Besitz gerade a u f Geh e i ß des Veräußerers dem Erwerber überträgt. Vgl. W o l f f § 66 I 1 a. Es würde also genügen, wenn Müller und Klaumann gemeinsame Sache gemacht hätten, z. B. wenn Müller über s e i n e n Wein bereits selbst durch Veräußerung an Haase verfügt hätte und nun den Klaumann veranlaßt, den Wein des Schmitz als „seinen" Wein an Krause auszuliefern. So liegt der Fall hier aber nicht. Die Weisung des Müller ist zwar der A n l a ß zu dem Verhalten des Klaumann, jedoch handelt Klaumann nunmehr s e l b s t ä n dig und nicht mehr auf Geheiß des Müller.

Schmitz hat daher durch die Aushändigung seines Weins sein Eigentum schon deshalb nicht verloren, weil keine Übergabe i. S. des § 929 S. 1 vorliegt. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob auch die zum Eigentumsübergang erforderliche d i n g l i c h e E i n i g u n g fehlt. (Der Sachverhalt ist in dieser Hinsicht unklar, da er nur von einem V e r k a u f des Weins durch Müller an Krause spricht. Darin kann zwar konkludent auch eine dingliche Einigung gesehen werden. Es kann aber auch sein, daß Müller dem Krause vorerst nur den Besitz verschaffen wollte, sich das Eigentum aber, etwa bei noch nicht völliger Zahlung des Kaufpreises, vorbehalten hatte). Unerheblich ist ferner, ob Krause gutgläubig annahm, es handele sich bei dem ihm ausgehändigten Wein um den Wein des Müller. Denn ein gutgläubiger Eigentumserwerb nach § 932 kommt nur in Betracht, wenn — abgesehen vom Eigentum des Veräußerers — die sonstigen Voraussetzungen des § 929 (Einigung und Ü b e r g a b e ) vorliegen. Hier fehlt aber gerade nicht das E i g e n t u m des Veräußerers (Müller), es fehlt vielmehr — abgesehen von der nicht eindeutigen Einigung — die erforderliche Ü b e r g a b e . Es scheidet auch ein Eigentumserwerb nach § 366 HGB aus. Klaumann hat dem Krause den Wein des Schmitz nicht — wie vordem den Wein des Müller an Haase — im Betrieb seines Handelsgewerbes v e r ä u ß e r t . Er ist nicht einmal als Vertreter aufgetreten, da er keinerlei 156

r e c h t s g e s c h ä f t l i c h e Erklärung abzugeben hatte. Er war lediglich Auslieferer auf Geheiß. Als solcher hatte er den eingelagerten Wein n u r real auszuhändigen. Er konnte und brauchte nicht zu wissen, welchen rechtsgeschäftlichen Zweck der Anweisende mit der Auslieferung verfolgte (ob die Auslieferung z. B. zum Zweck des Eigentumserwerbs oder nur zur vorübergehenden Überlassung — mietweise u. dgl. — erfolgen sollte). Klaumann gab somit, und zwar erkennbar für Krause, keinerlei rechtsgeschäftliche Erklärung ab. IV. Als E r g e b n i s hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse ist demnach festzustellen: Der Wein des Müllerist in das Eigentum Haases übergegangen. Schmitz aber ist nach wie vor Eigentümer seines Weins. B. Auf Grund der unter A aufgezeigten dinglichen Rechtslage ergeben sich folgende Ansprüche unter den Beteiligten: I. S c h m i t z kann von K r a u s e — dessen Besitz mangels anderweiter Angaben im Sachverhalt zu unterstellen ist — Herausgabe der ihm von Klaumann übergebenen Flaschen gemäß § 985 verlangen, und zwar entgegen § 986 I S. 2 u n m i t t e l b a r an sich, sofern er den mit Klaumann bestehenden Verwahrungsvertrag gemäß § 695 kündigt. Krause hat gegenüber Schmitz kein Recht zum Besitz (§ 986). Sonstige Ansprüche hat Schmitz nicht gegen Krause. Insbesondere kann er nicht § 1007 geltend machen, da Krause beim Besitzerwerb gutgläubig war (§ 1007 I) und der Wein dem unmittelbaren Besitzer (Klaumann) nicht abhandengekommen ist (§ 1007 II). Es wäre abwegig, die §§ 861, 869 zu erörtern. Auch eine condictio possessionis (§ 812 I) scheidet aus, weil Krause den Besitz nicht durch eine L e i s t u n g des S c h m i t z erhalten hat und es für einen Besitzerwerb „in sonstiger Weise" an der Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung fehlt, weil Klaumann sich eigenmächtig „zwischengeschaltet" hat. Vgl. oben S. 80.

II. K r a u s e wird Müller in Anspruch nehmen, falls er den Wein an Schmitz herausgeben muß. Anspruchsgrundlage ist der mit Müller geschlossene Kaufvertrag. Dieser Kaufvertrag ist wirksam, auch wenn — was aus dem Sachverhalt nicht ersichtlich ist — der Müller'sche Wein zur Zeit des Kaufabschlusses bereits an Haase wirksam veräußert worden war. Denn ein auf eine (objektiv) unmögliche Leistung im Sinne des § 306 gerichteter Vertrag lag nicht vor, da jedenfalls Haase die Leistung hätte erbringen können. Vgl. oben S. 15 und P a l a n d t , Anm. 3 zu § 306; E n n e c c e r u s - L e h m a n n § 29 II; E r m a n , Vorbemerkung 13 vor § 275.

1. Da Krause den ihm verkauften Wein nicht erhalten hat, steht ihm ein Anspruch auf E r f ü l l u n g zu (§ 433 I), sofern Müller noch erfüllen 157

kann. Müller könnte trotz wirksamer Übereignung an Haase noch erfüllen, wenn es sich bei dem verkauften Wein um eine (noch nicht konkretisierte) Gattungsschuld i. S. des § 243 gehandelt hätte. Das ist jedoch zu verneinen. Müller hat nicht schlechthin 500 Flaschen Zeller Schwarze Katz verkauft, sondern „seinen g e s a m t e n bei Klaumann lagernden Wein". Es liegt hier also nicht einmal eine sog. beschränkte Gattungsschuld vor („500 Flaschen aus seinem Vorrat"), vielmehr eine genau umgrenzte Stückschuld („sein g e s a m t e r Vorrat"). Diese Leistung kann Müller infolge Eigentumserwerb des Haase nicht mehr erbringen. Sie ist ihm unmöglich geworden. Vgl. P a l a n d t , Anm. 1 zu § 243 — Wein ist zwar im allgemeinen entsprechend der Verkehrsauffassung eine vertretbare Sache i. S. des § 91; für die Frage, ob es sich um eine Stückschuld oder eine Gattungsschuld handelt, ist aber nicht die Verkehrsauffassung, sondern die Parteibestimmung maßgebend. E n n e c c e r u s - L e h m a n n § 6 I, L a r e n z I § 11, E s s e r SAT § 18.

2. Krause ist demnach auf die sonstigen in § 440 I bezogenen Ansprüche (§§ 323—327) angewiesen. Hierbei ist zu unterscheiden: a) Hat — was nach der Fallgestaltung weniger wahrscheinlich, aber immerhin möglich ist — Klaumann den Wein des Müller erst n a c h dem Vertragsschluß Müller-Krause an Haase veräußert, so liegt ein n a c h t r ä g liches U n v e r m ö g e n vor. Für Rücktritt oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung ist hier entscheidend, ob die Unmöglichkeit von Müller zu v e r t r e t e n ist. Müller hat lediglich eine von ihm selbst oder einem Erfüllungsgehilfen v e r s c h u l d e t e Unmöglichkeit zu vertreten (§§ 325,326, 276, 278), da der Fall der Gattungsschuld (§ 279) aus dem oben zu 1 gegebenen Grunde nicht vorliegt. Müller trifft p e r s ö n l i c h kein Verschulden, da er mit einer Unterschlagung des Klaumann nicht rechnen konnte. Er hat auch nicht für das schuldhafte Verhalten Klaumanns gemäß § 278 einzustehen. Denn die Handlung Klaumanns, die die Leistung Müllers unmöglich machte, geschah unabhängig von dem von Müller mit Krause abgeschlossenen Vertrag. Die Handlung, die Klaumann auf Anweisung Müllers als sein E r f ü l l u n g s g e h i l f e vornahm, war nicht die schädigende Handlung, sondern diente nur der Verdeckung der Handlung, die durch die Unmöglichkeit bereits herbeigeführt worden war. Bei nachträglicher Unmöglichkeit stehen Krause demnach mangels Verschulden nur die Rechte aus § 323 zu: Er kann eine bereits geleistete Zahlung nach den Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung zurückverlangen (§ 323 III) oder beim Vertrage stehenbleiben und das sog. stellvertretende commodum verlangen (§ 323 II mit § 281, vgl. darüber unten zu III). 158

b) Hat — was nach der Fallgestaltung wahrscheinlicher ist — Klaumann den Wein Müllers bereits vor dem Vertragsschluß Müller-Krause an Haase veräußert, so liegt u r s p r ü n g l i c h e s U n v e r m ö g e n vor. Es läßt sich die Auffassung vertreten, daß analog der in § 440 I bezogenen Bestimmungen der §§ 325/326 auch hier eine verschuldete Unmöglichkeit erforderlich ist. Richtiger Ansicht nach ist dieser Fall aber im Gesetz nicht geregelt. Vielmehr ergibt ein Umkehrschluß zu § 306, daß bei ursprünglichem U n v e r m ö g e n nicht wie bei der in § 306 behandelten ursprünglichen objektiven U n m ö g l i c h k e i t Nichtigkeit des Vertrags eintritt (und allenfalls ein Anspruch auf das negative Interesse gemäß § 307 gegeben ist), sondern daß der Verkäufer für das ursprüngliche Unvermögen schlechthin einstehen muß im Sinne einer G a r a n t i e h a f t u n g . Diese Lösung könnte unbillig erscheinen, namentlich wenn — wie hier — der Zeitpunkt des Eintritts der Unmöglichkeit rein zufällig sein kann. Jedoch ist zu berücksichtigen, daß das Risiko für Erfüllungshindernisse bei Vertragsschluß eher dem Verkäufer, in dessen Sphäre sie liegen, anzulasten ist als dem Käufer, der darauf vertrauen kann, daß der Verkäufer bei Vertragsschluß die Möglichkeit der Erfüllung geprüft hat. Vgl. oben S. 15, 60 sowie BGH NJW1954/270 (272) und MDR 1963/404 ferner Larenz § 7 II, Fikentscher § 43 III 4 und Medicus § 14 I.

Krause kann daher von Müller gemäß § 325 Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen oder vom Vertrag zurücktreten, obwohl Müller die Unmöglichkeit nicht zu vertreten hat. III. Müller wird gegen K l a u m a n n vorgehen. Ein Vorgehen gegen H a a s e wäre aussichtslos, da Haase den Müller'schen Wein nicht auf dessen Kosten i. S. des § 812 I erlangt hat (vielmehr hat lediglich K l a u m a n n durch seine Veräußerung an Haase „etwas in sonstiger Weise auf Kosten Müllers erlangt", wie § 816 beweist); zudem wird der Rechtserwerb Haase's auf Grund des § 932 vom Gesetzgeber als gerechtfertigt und nicht als rechtsgrundlos angesehen. Gegen die rechtsirrige Auffassung, Haase habe wegen seines K a u f v e r t r a g s m i t K l a u m a n n einen Rechtsgrund gegenüber M ü l l e r vgl. oben S. 80 und Berg AcP 160/505ff. sowie JuS 64/137.

1. Müller ist hauptsächlich an einem S c h a d e n s e r s a t z a n s p r u c h interessiert, da der von Klaumann erlangte Erlös nur 1000 DM beträgt. Als Anspruchsgrundlagen für das Begehren auf Schadensersatz kommen in Betracht: a) Vorsätzliche Verletzung des mit Klaumann geschlossenen L a g e r v e r t r a g s , § 417 I mit § 390 HGB. Diese Haftung kann nicht durch besondere Abmachungen (etwa die Unterwerfung unter die Allgemeinen Spediteurbedingungen) wegbedungen werden (s. § 276 II) oder auf bloßen Ersatz des gemeinen Wertes beschränkt werden. 159

Vgl. Schlegelberger-Schröder,4. Aufl., Anm. 15 zu § 416 HGB und Berg, Handelsrechtsfälle Nr. 38. Beachte, daß — wie stets (s. oben S. 61) — S o n d e r b e s t i m m u n g e n den allgemeinen Bestimmungen vorgehen. Es ist daher nicht zu prüfen, ob Ansprüche gemäß § 325 oder § 280 bestehen (je nachdem ob eine Haupt- oder Nebenpflicht verletzt ist, s. dazu oben S. 115). Vielmehr ist § 417 I mit § 390 HGB für die Vertragsverletzung eine ausreichende Anspruchsgrundlage.

b) Ob außerdem Schadensersatzansprüche aus u n e r l a u b t e r H a n d l u n g oder aus dem E i g e n t ü m e r - B e s i t z e r v e r h ä l t n i s gegeben sind, insbesondere ob das eine das andere ausschließt, ist umstritten. Gegen die Anwendung der Schadensersatzansprüche aus dem Eigentümer-Besitzerverhältnis spricht an sich, daß Klaumann auf Grund des Lagervertrags rechtmäßiger Besitzer war und daß die §§ 987 ff. nur auf den unrechtmäßigen Besitzer zutreffen. Es läßt sich aber argumentieren, Klaumann habe sich durch seinen Entschluß, den Wein durch Veräußerung an Haase zu unterschlagen, zum Eigenbesitzer gemacht und im gleichen Augenblick unrechtmäßig und bösgläubig Eigenbesitz im Sinne des § 990 erlangt. Er hafte deshalb nunmehr gemäß § 989 wegen schuldhafter Eigentumsverletzung auf Schadensersatz. So in der Tat BGH 31/129 in einem Falle, wo sonstige Ansprüche verjährt waren und nur die erst in 30 Jahren verjährenden Schadensersatzansprüche aus §§ 990, 989 zum Ziele führen konnten. — Innerhalb dieser Lehre besteht noch Streit, ob n e b e n dem Anspruch aus §§ 990, 989 deliktische Ansprüche aus §§ 823ff. zulässig oder a u s g e s c h l o s s e n sind (vgl. hierzu Westermann § 31 III 2).

M. E. ist jedoch die Auffassung, daß der „Nicht-so-Berechtigte" einem „Nichtberechtigten" gleichzustellen sei, abzulehnen. Die §§ 989, 990 und 992 zeigen deutlich, daß die unrechtmäßige Besitzerlangung der Eigentumsverletzung vorausgegangen sein muß. Das trifft beim Fremdbesitzerexcess nicht zu: Hier liegt bei natürlicher Betrachtung eine einheitliche Handlung vor, die sich nicht in einzelne, um „logische Sekunden" auseinanderliegende Abschnitte aufteilen läßt. Der Übergang vom rechtmäßigen Fremdbesitz zum unrechtmäßigen Eigenbesitz vollzieht sich lediglich durch eine Änderung des inneren Willens des Besitzers; nach außen tritt diese Änderung erst durch die Vereitlungshandlung in Erscheinung. Überall dort aber, wo eine Rechtsänderung allein vom inneren Willen abhängt, etwa beim In-sich-Geschäft, ist nicht der Zeitpunkt der Willensbildung, sondern der Zeitpunkt der Verlautbarung maßgebend. Fallen somit unrechtmäßige Besitzerlangung und Eigentumsschädigung zusammen, so ist der Tatbestand des § 990 nicht erfüllt. Vgl. namentlich Staudinger-Berg, Anm. 2 zu § 989 und Anm. 3 zu § 993 sowie Anm. 1 zu § 992 (wo ausgeführt wird, daß eine Unterschlagung nicht hierunter fällt); ferner Erman-Hefermehl, Vorbemerkung 7 zu §§ 987ff. Im übrigen vgl. oben S. 114, 116, 119 aber auch Blancke JuS 68/263.

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Folgt man dieser Auffassung, so bestehen gegen die Annahme einer Anspruchskonkurrenz von Vertragsverletzung und unerlaubter Handlung keine Bedenken. Klaumann haftet demnach auch wegen vorsätzlicher Eigentumsverletzung (§ 823 I) und Unterschlagung (§ 823 II mit § 246 StGB) auf Ersatz des dem Müller entstandenen Schadens. 2. Da der Schaden voraussichtlich größer ist als der von Klaumann durch die unrechtmäßige Veräußerung erlangte Erlös in Höhe von 1000 DM, seien die Ansprüche auf Herausgabe dieses Erlöses nur kurz erwähnt. Müller kann statt des Schadensersatzes Herausgabe des Erlöses gemäß § 323 III mit § 281 verlangen. Hiermit konkurrieren Ansprüche wegen Geschäftsanmaßung gemäß § 687 II mit § 667 und aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 816 I S. 1. Vgl. hierzu im einzelnen oben S. 55 ff.

19. Fall 3. Examensklausur S erhält von G ein Darlehn von 100 DM und verpfändet ihm hierfür sein Fahrrad. G, der bald darauf eine längere Reise antritt, gibt das ihm von S übergebene Fahrrad seinem Freunde F in Verwahrung. S, der dies zufällig erfährt, bittet F unter dem Vorwand, er benötige das Fahrrad dringend für eine zweitägige Fahrt, um leihweise Überlassung. F kommt dieser Bitte ohne Wissen des G nach. S bringt das Fahrrad nicht zurück, sondern verpfändet und übergibt es dem D, der ihm ein Darlehn von 50 DM gewährt und von der früheren Verpfändung an G nichts weiß. 1. Kann G vor Fälligkeit seiner Darlehnsforderung von D die Herausgabe des Fahrrades verlangen ? 2. Kann G nach Fälligkeit seiner Darlehnsforderung von D zum Zweck eines Pfandverkaufs die Herausgabe des Fahrrades verlangen ? 3. Hat G einen Anspruch gegen D, wenn dieser bei einem ordnungsmäßigen Pfandverkauf einen Erlös von 80 DM erzielt, davon 55 DM (5 DM betragen die Kosten des Pfandverkaufs) entnimmt und den Rest in seinem Schreibtisch verwahrt ? Vorbemerkung Allgemeines Wie bei Fall 18 läßt sich auch hier der Sachverhalt leichter übersehen, wenn man sich eine Skizze macht. Sie könnte hier folgendermaßen aussehen : 11

B e r g , Biirgerl. Hecht. 10. Aufl.

161

G

§688

§1205

§ 1205

F §598

S*-

Die gestrichelten Pfeillinien zeigen den Weg des Fahrrades, das von S an G verpfändet, von G dem F in Verwahrung gegeben, von F dem S leihweise zurückgegeben und sodann von S an D erneut verpfändet wurde. Die feste Pfeillinie zeigt an, daß G gegen D vorgeht. Ein weiteres Beispiel mit Skizze s. bei B e r g , Referendarklausur Fall 8 S. 66 Aufbau Die drei Fragen sind gesondert zu behandeln. Bei allen drei Fragen ist zu beachten, daß lediglich bestimmte Ansprüche des G gegen D erörtert werden sollen. Die hierfür in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen bilden daher den Ausgangspunkt bei jeder Frage. Das rechtliche Schicksal des Fahrrades ist zwar historisch zu verfolgen, weil sich nur so feststellen läßt, ob und mit welchem Range G Pfandgläubiger ist. Dieses historische Vorgehen erfolgt aber im Rahmen der konstruktiven Untersuchung, die stets von der Anspruchsgrundlage ausgeht. Vgl. oben S. 3. Gutachten A. Kann G vor Fälligkeit seiner Darlehnsforderung v o n D d i e H e r a u s g a b e des P f a n d e s f o r d e r n ? I. Als nächstliegende Anspruchsgrundlage kommt § 1227 in Verbindung mit § 985 in Betracht. Danach muß G Pfandgläubiger und durch den Besitz des D in seinem Besitzrecht an dem Pfände beeinträchtigt sein. Letzteres trifft zu. Es bestehen auch keine Bedenken, daß G ursprünglich von S das Fahrrad ordnungsgemäß nach § 1205 durch Einigung und Übernahme zum Pfand erhielt. G kann aber später sein Pfandrecht verloren haben oder einem Pfandrecht des D im Range nachgehen. Die vorstehende Ausarbeitung zeigt, daß zügig auf die entscheidenden Probleme des Falles zugegangen wird. Typische Anspruchsgrundlage für einen im Pfandrecht beeinträchtigten Pfandgläubiger ist § 1227. Sonstige Anspruchsgrundlagen wie §§ 1007, 812 spielen demgegenüber nur eine un-

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bedeutende Rolle. Sie werden deshalb erst zum Schluß kurz gestreift (vgl. unter II). Ihre Nichterwähnung ist bei einer Examensklausur kein Fehler, da die begrenzte Zeit oft nur eine Prüfung der maßgeblichen Anspruchsgrundlage gestattet. — Es erübrigt sich auch, eingehend darzulegen, daß die Pfandbestellung zwischen S und G wirksam erfolgte, daß D Besitzer ist und durch seinen Besitz den G in seinem Pfandrecht beeinträchtigen kann. Durch breite Ausführungen über diese Feststellungen, die hier offensichtlich gegeben sind, verliert man wertvolle Zeit. Wichtig ist allein, möglichst bald zu den eigentlichen Problemen des Falles vorzustoßen und diese sorgfältig zu behandeln. Die erforderliche Konzentration auf das Wesentliche — das Kriterium des guten Juristen! — setzt allerdings dreierlei voraus: a) Man muß gediegene Rechtskenntnisse haben, b) Man muß in der Lösung von praktischen Fällen geschult sein, c) Man muß den gegebenen Fall erst restlos durchdacht haben, bevor man mit der Ausarbeitung beginnt.

1. Hat G sein Pfandrecht verloren ? § 1252 scheidet als Erlöschensgrund aus, da die Forderung des G gegen S nach wie vor besteht. Es ist aber möglich, daß G sein Pfandrecht nach § 1253 verloren hat. Nach dieser Bestimmung erlischt dag Pfandrecht, wenn der Pfandgläubiger das Pfand dem Verpfänder oder dem Eigentümer zurückgibt. Das Gesetz knüpft diese Rechtsfolge an die T a t s a c h e der R ü c k g a b e ; ein r e c h t s g e s c h ä f t l i c h e r Wille zur Aufgabe des Pfandrechts ist nur bei einem — hier nicht in Betracht kommenden — V e r z i c h t gemäß § 1255 erforderlich. In § 1253 zieht der Gesetzgeber die Konsequenz aus seiner Forderung, daß ein Pfand rechtswirksam nur durch Übergabe der Sache seitens des Verpfänders bestellt werden kann (§§ 1205,1206). Erhält der Verpfänder den Besitz freiwillig zurück, so entsteht ein besitzloses Pfandrecht, das dem vom Gesetz aufgestellten Grundsatz der Klarheit und Publizität der dinglichen Rechte widerspricht. Durch die Aushändigung des Fahrrades an den F r e u n d F zum Zweck der Verwahrung ist weder der Wortlaut des § 1253 noch seine ratio erfüllt. G hat das Rad nicht dem S zurückgegeben. Er hat auch nach wie vor die Besitzherrschaft. Er ist lediglich aus einem unmittelbaren Besitzer zu einem mittelbaren Besitzer (§ 868) geworden. Schwieriger zu entscheiden ist die Frage, ob das Pfandrecht des G untergegangen ist, als F das Fahrrad dem S a u s h ä n d i g t e . Hätte G selbst das Rad dem S auf dessen Bitte vorübergehend zurückgegeben, so wäre das Pfandrecht gemäß § 1253 erloschen. S wäre wieder in den unmittelbaren Besitz des Rades gelangt. Das auf Grund des Leihvertrags zwischen G und S neu begründete Besitzmittlungsverhältnis hätte dem Verlust des Pfandrechts nicht entgegengestanden, da schon zur Pfandb e s t e l l u n g ein B e s i t z k o n s t i t u t nicht genügt (§ 1205). Es geht nicht an, nachträglich den vom Gesetzgeber mißbilligten Rechtszustand einer



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Pfandbestellung mittels Besitzkonstitutes zu schaffen. Die Rückgabe des Rades wäre auf Seiten des G auch freiwillig gewesen, da ein durch Täuschung veranlaßter Irrtum die Freiwilligkeit der Aufgabe des unmittelbaren Besitzes nicht ausschließt. Selbst eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung hätte die T a t s a c h e der f r e i w i l l i g e n Besitzaufgabe nicht ändern können, da nur r e c h t s g e s c h ä f t l i c h e Erklärungen anfechtbar sind. Vgl. oben S. 109 und Wolff § 171 zu Anm. 10, Staudinger zu § 1253 Anm. 5.

Nun hat nicht G, sondern F dem S das Rad freiwillig zurückgegeben. Der Wortlaut des § 1253 umfaßt diesen Fall nicht, da danach der P f a n d gläubiger das Pfand dem Verpfänder zurückgeben muß. Es läßt sich allerdings die Auffassung vertreten, daß G durch Überlassung des Rades an F die Möglichkeit gesetzt hat, daß das Rad durch diesen dem S zurückgegeben wurde; er müsse sich daher das Verhalten des F zurechnen lassen. Es läge ähnlich wie bei § 932, wo der Eigentümer sein Eigentum verliert, wenn der Besitzer, dem er den Besitz freiwillig überlassen hat, die Sache einem gutgläubigen Dritten veräußert. Jedoch ist der dort festgelegte Grundsatz des „Hand wahre Hand" hier nicht anwendbar. Der auf Grund des § 932 eingetretene Rechtsverlust wird durch das Erfordernis des guten Glaubens auf Seiten des Erwerbers eingeschränkt. Das Gesetz knüpft dagegen in § 1253 den Rechtsverlust an die bloße Tatsache der freiwilligen Rückgabe ohne Rücksicht auf den guten oder bösen Glauben des Verpfänders. Man darf daher nicht ohne weiteres den Fall der freiwilligen Besitzaufgabe durch einen Besitzmittler des Pfandgläubigers dem in § 1253 allein geregelten Fall der freiwilligen Besitzaufgabe durch den Pfandgläubiger selbst gleichstellen. Eine solche Gleichstellung ist vielmehr nur dann gerechtfertigt, wenn F mit Wissen und Willen des G die S a c h e dem S zurückgibt. Ebenso Wolff § 171 I 3 c, Staudinger 3 zu § 1253. Hinzuweisen ist auch auf die Auslegung, die das Wort „Besitzaufgabe" in § 856 I und in § 1007 III S. 2 in der Rechtslehre gefunden hat. Der Besitz ist danach zwar nicht „abhanden gekommen", aber auch nicht „aufgegeben", wenn der Besitzmittler ihn ohne Willen und Wissen des mittelbaren Besitzers weggibt. Der mittelbare Besitzer kann deshalb gegen den Dritten zwar nicht gemäß § 1007 II vorgehen, wohl aber gemäß § 1007 I, sofern der Dritte beim Besitzerwerb bösgläubig war. Staudinger-Berg Anm. 12 c zu § 1007; Wolff §§ 15 II 1 c, 23 I 2.

Da die Rückgabe des Fahrrads ohne Wissen des G erfolgt ist, h a t G sein P f a n d r e c h t n i c h t verloren. 2. Hat D ein Pfandrecht erworben, das dem Pfandrecht des G im Range vorgeht ? D hätte bei einem Vorrang ein Recht zum Besitz, auf das er sich gemäß §§ 1227, 986 Abs. 1 dem Pfandgläubiger G gegenüber berufen könnte. 164

D hat das Fahrrad gemäß § 1205 durch Einigung und Übergabe vom E i g e n t ü m e r S zum Pfand erworben. Er hat jedoch das Pfandrecht erst erworben, nachdem das Pfandrecht für G bereits bestellt war. Sein Pfandrecht würde also gemäß dem Grundsatz der Priorität (§ 1209) dem Pfandrecht des G im Range nachgehen. Etwas anderes kann sich aber aus § 1208 ergeben. Danach geht das neue Pfandrecht dem älteren vor, es sei denn, daß der Pfandgläubiger (D) in Ansehung des Rechts nicht im guten Glauben ist oder die Sache dem älter Berechtigten abhanden gekommen ist. An dem guten Glauben des D besteht nach dem Sachverhalt kein Zweifel. Es fragt sich lediglich, ob das Fahrrad dem G abhanden gekommen ist. Eine Sache kommt abhanden, wenn der unmittelbare Besitzer den Besitz daran wider seinen Willen — also unfreiwillig — verliert. Der Verwahrer F hat dem Gläubiger G den Besitz auf Grund eines Verwahrungsvertrags vermittelt (§ 868). F war somit unmittelbarer Besitzer. F hat aber den Besitz f r e i w i l l i g aufgegeben. Er hat dem S den Besitz auf dessen Bitte freiwillig übertragen. Von einem „Abhandenkommen" kann daher keine Rede sein. D hat demnach Vorrang vor dem Pfandrecht des G und damit ein Recht zum Besitz. G k a n n die H e r a u s g a b e des F a h r r a d e s vor Fälligkeit nicht verlangen. II. Andere Anspruchsgrundlagen führen nicht weiter. 1. Ein d i n g l i c h e r A n s p r u c h a u s § 1007 II entfällt, da die Sache dem G nicht abhanden gekommen ist (oben I 2). § 1007 I hilft nicht, da D beim Erwerb des Besitzes im guten Glauben war. 2. Ein s c h u l d r e c h t l i c h e r A n s p r u c h aus § 812 I S. 1 (condictio possessionis) scheitert daran, daß der Besitzerwerb des D nicht unmittelbar auf Kosten des G erfolgte, sondern mittels eines neuen, selbständigen Übertragungsaktes seitens des F. Vgl. Enneccerus-Lehmann § 221 III 2.

Zudem ist der durch § 1208 geschützte gutgläubige Erwerb eines vorrangigen Pfandrechts als ein vom Gesetz anerkannter „rechtlicher Grund" im Sinne des § 812 I anzusehen. Das zeigt § 816 I S. 1, der einen Ausgleichsanspruch nur gegen den Verfügenden (S) gibt, nicht aber gegen den gutgläubigen Erwerber. Der Ausnahmefall des § 816 I S. 2 liegt nicht vor, da der Rechtserwerb des D nicht unentgeltlich erfolgte, sondern zur Sicherung seiner Darlehnsforderung in Höhe von 50 DM.

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B. K a n n G nach F ä l l i g k e i t s e i n e r D a r l e h n s f o r d e r u n g v o n D die H e r a u s g a b e des P f a n d e s f o r d e r n ? Durch die Fälligkeit der Darlehnsforderung ist die sog. Pfandreife eingetreten. Ein Pfandgläubiger ist nunmehr nicht nur zum Besitz der Pfandsache berechtigt, sondern auch zum Verkaufe zum Zweck der Befriedigung gemäß §§ 1228, 1233 ff. Der Verkauf auf Grund dieser Bestimmungen setzt den Besitz des den Verkauf betreibenden Gläubigers voraus. G ist also jetzt besonders daran interessiert, den Besitz des Fahrrades zu erlangen. Anspruchsgrundlage ist wieder § 1227 in Verbindung mit § 985. § 1231 kommt nicht in Betracht. Diese Bestimmung gibt dem Pfandgläubiger, der „nicht im Alleinbesitz" des Pfandes ist, nach der Pfandreife einen Anspruch auf Herausgabe zum Zwecke des Verkaufs. Es wird also in § 1231 vorausgesetzt, daß zwischen G und D M i t b e s i t z an dem Pfandgegenstand besteht. Davon kann keine Rede sein, da D den alleinigen Besitz an dem Pfände hat. Trotz des erheblichen Interesses, das G am Besitz des Pfandgegenstandes hat, kann er auch jetzt nicht die Herausgabe des Fahrrades an sich — oder entsprechend § 1231S. 2 an einen gemeinsamen Verwahrer — zum Zwecke des Verkaufs fordern. Nach der ausdrücklichen Bestimmung des§ 1232 ist der vor r a n g i g e Pf an d g l ä u b i g e r D n i c h t v e r p f l i c h t e t , dem n a c h r a n g i g e n G das P f a n d zum Z w e c k e des V e r k a u f s h e r a u s z u g e b e n . Es bleibt allein dem vorrangigen Pfandgläubiger überlassen, zu bestimmen, ob und wann ein Pfandverkauf stattfinden soll und der nachgehende Gläubiger sich aus dem verbleibenden Mehrerlös befriedigen kann. Vgl. Wolff, § 172 III 3, Erman Anm. 1 zu § 1232, Staudinger 1 b zu § 1232.

Zu A. und B. G kann die in beiden Fällen für ihn bestehende ungünstige Position mit Hilfe des in § 1249 S. 1 geregelten A b l ö s u n g s r e c h t e s verbessern. Nach dieser Bestimmung kann G, der durch einen von D betriebenen Pfandverkauf sein Pfandrecht verlieren würde (§ 1242 II S. 1), den vorgehenden Pfandgläubiger D befriedigen. Das nach § 1249 S. 1 gegebene Befriedigungsrecht ist unabhängig von der Pfandreife. Es besteht, „sobald der Schuldner zur Leistung berechtigt ist". Nach § 271 ist der Schuldner, sofern nichts anderes bestimmt ist, berechtigt, die Leistung sofort zu bewirken. Das gilt nach § 271 II im Zweifel sogar, wenn eine bestimmte Zeit für die Rückzahlung festgelegt wurde. 166

Bezahlt G die Forderung des D, so geht nach § 1247 S. 2 in Verbindung mit § 268 III die Forderung des D und gleichzeitig das erstrangige Pfandrecht des D auf G über (§§ 412, 401,1250). Ein entgegenstehender Wille des D wäre unbeachtlich. Als neuer — nunmehr alleiniger — Pfandgläubiger kann G dann von dem bisherigen Pfandgläubiger D die Herausgabe des Pfandes verlangen (§§ 1251 I, 1227, 985). Da das Pfandrecht des D durch Befriedigung erloschen ist (§ 1252), hat D nicht mehr ein Recht zum Besitz. Dem G haftet das Pfand sowohl für seine Forderung in Höhe von 100 DM als auch für die Forderung des D in Höhe von 50 DM, die auf G übergegangen ist. G kann dann nach Eintritt der Pfandreife selbst den Pfandverkauf betreiben. C. H a t G einen A n s p r u c h gegen D, w e n n dieser b e i m P f a n d v e r k a u f 80 DM erzielt, d a v o n 55 DM ( d a r u n t e r 5 DM K o s t e n ) e n t n i m m t u n d den R e s t in seinem S c h r e i b t i s c h a u f b e w a h r t ? Als Anspruchsgrundlage kommt hinsichtlich des dem D nicht gebührenden Betrags § 1227 (§ 985) in Verbindung mit § 1247 S. 2 (dingliche Surrogation) in Betracht, da D den Rest des Erlöses gesondert in seinem Schreibtisch aufbewahrt, ihn also nicht mit seinem übrigen Geld vermischt hat. Bei V e r m i s c h u n g wäre an Stelle des dinglichen Herausgabeanspruchs ein schuldrechtlicher Kondiktionsanspruch gemäß §§ 948, 951 I getreten. Vgl. Wolff § 166 VII 2a und § 172 III 3 (jeweils am Ende), ferner Westermann § 130 II 3c) am Ende, Erman Anm. 1 zu § 1247.

Nach § 1247 gilt bei einem ordnungsmäßigen Pfandverkauf — der zu unterstellen ist — die Forderung des Pfandgläubigers (D) „als von dem Eigentümer (S) berichtigt", soweit der Erlös dem Pfandgläubiger zu seiner Befriedigung gebührt. Im übrigen tritt der Erlös an die Stelle des Pfandes. Diese Regelung enthält hinsichtlich des dinglichen Schicksals des Erlöses eine Sonderregelung. Nach der allgemeinen Regel des § 929 müßte der Pfandgläubiger — vertreten durch den Versteigerer — bei der Pfandveräußerung Eigentümer des g e s a m t e n , dem Veräußerer durch den Erwerber übereigneten Erlöses werden. Die anderen dinglich Beteiligten (Eigentümer und nachrangige Pfandgläubiger) hätten nur schuldrechtliche (Bereicherungs-) Ansprüche gegen ihn. § 1247 ordnet aber unabhängig von dem Übereignungswillen der bei der Pfandveräußerung Beteiligten d i n g l i c h e S u r r o g a t i o n am Erlös an, um die übrigen Berechtigten weitgehend zu schützen. Vgl. Westermann § 130 II 1 3; Wolff § 166 Anm. 31.

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D wird demnach nur Alleineigentümer des Erlöses, wenn dieser ihm g ä n z l i c h „gebührt". Andernfalls fällt das Geld, das der Erwerber des Pfandobjekts zahlt, nicht in sein Alleineigentum, sondern in sein und des Pfandeigentümers M i t e i g e n t u m gemäß §§ 1008, 741. Der Veräußerer wird Miteigentümer und nicht bloßer Pfandgläubiger am Erlös, weil seine Forderung, „soweit ihm der Erlös gebührt, als von dem Eigentümer berichtigt gilt" (§§ 1247 S. 1,1252). Die H ö h e s e i n e r M i t e i g e n t u m s q u o t e richtet sich nach dem, was ihm bei einem rechtmäßigen Pfandverkauf „gebührt". Er kann das Miteigentumsverhältnis allerdings jederzeit von sich aus durch Realteilung auflösen. Denn es muß auf Grund des § 1247 S. 1 so angesehen werden, als ob ihm der Pfandgläubiger diesen Teil des Erlöses zur alleinigen Verfügung gestellt hätte. Vgl. Staudinger 1 zu § 1247; Wolff § 166 2 VII 2a und § 172 III 3, ferner § 173 Anm. 2. Diese Auffassung leuchtet ein, wenn man bedenkt, daß der Erwerber der Pfandsache den Erlös meist nicht aufgeteilt zahlt nach dem, was dem Versteigerer gebührt, und dem, was den übrigen Beteüigten zukommt. Er wird einen oder mehrere Geldscheine geben, die erst gewechselt werden müssen. Immerhin zwingt der Wortlaut des § 1247 nicht zu der vorstehenden, von der h. L. vertretenen Auffassung. Es läßt sich durchaus die Auffassung vertreten, daß der Versteigerer sofort das Alleineigentum an dem Erlös erwirbt, soweit ihm dieser gebührt, eine Auffassung, die von der h. L. nur dann vertreten wird, wenn ihm der Erlös v o l l s t ä n d i g gebührt. Das Wechseln des Geldes ist ein technischer, rechtlich nicht bedeutsamer Vorgang. Die Annahme eines Miteigentums und seine Auflösung durch Realteilung erübrigt sich dann. Der bisherige Pfandeigentümer erhält vielmehr sofort Alleineigentum an dem Rest, belastet mit dem Pfandrecht des G (vgl. darüber den folgenden Text). Jedenfalls ist diese Auffassung in einer Klausur durchaus vertretbar. Nimmt man mit der h. L. bei überschießendem Erlös Miteigentum an, so ist es aber falsch, hierauf die in § 1258 getroffene Regelung anzuwenden. § 1258 setzt voraus, daß u r s p r ü n g l i c h ein Pfandrecht an dem A n t e i l eines M i t e i g e n t ü m e r s entstanden ist, z. B. ein gesetzliches Vermieterpfandrecht an einer in die Mietwohnung eingebrachten Sache des Mieters, die nur in seinem Miteigentum steht. Vgl. Wolff § 173 II. Die in § 1258 II vorgeschriebene Aufteilung des Miteigentums der Gemeinschaft, die nur einen s c h u l d r e c h t l i c h e n Anspruch des Pfandgläubigers auf die Ersatzstücke im Gefolge hat, § 1258 III (Wolff a. a. O. Anm. 7, Staudinger 3 zu § 1258), kommt deshalb hier nicht in Betracht. Um die Höhe des Herausgabeanspruchs des G zu bestimmen, ist nunmehr festzustellen, wieweit der Erlös dem D zu seiner Befriedigung gebührte. Das bestimmt § 1210 I und II. Nach dieser Bestimmung haftet das Pfand namentlich für die F o r d e r u n g und die K o s t e n des Pfandverkaufs. Dem D gebührten somit 50 DM wegen seiner Darlehnsforderung und 5 DM wegen der Kosten des Pfandverkaufs, insgesamt also 55 DM. Da der Erlös 80 DM betrug, erwarb er an diesem Betrag Miteigentum, und zwar zu 11/ie- Hinsichtlich der restlichen 6 /ie wurde der bisherige

168

Eigentümer S Miteigentümer. An d i e s e m B r u c h t e i l s e t z t e sich g e m ä ß § 1247 S. 2 das P f a n d r e c h t des G f o r t , nachdem sein früheres Pfandrecht an der Sache durch den rechtmäßigen Pfandverkauf erloschen ist (§ 1242 I I S. 1). Da D das Miteigentum an dem Erlös befugtermaßen durch Realteilung (Ansichnahme der 55 DM) aufgelöst hat, ist nunmehr S Alleineigentümer an den verbleibenden 25 DM geworden. Dieser Betrag bleibt belastet mit dem Pfandrecht des G. G kann infolgedessen mit der dinglichen Klage aus §§ 1227, 985 von D Herausgabe der 25 DM verlangen, und zwar v o r F ä l l i g k e i t seiner Darlehnsforderung zum Zwecke der Verwahrung des Pfandes (§ 1215), n a c h E i n t r i t t der P f a n d r e i f e zum Zwecke seiner Befriedigung (§ 1247 S. 1). D hat kein Recht zum Besitz mehr, da sein Pfandrecht durch Befriedigung erloschen ist (§§ 1247 S. 1, 1252).

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Merkblatt Z u s a m m e n s t e l l u n g der R i c h t l i n i e n f ü r die F a l l b e a r b e i t u n g A. Der Tatbestand I. G r u n d v o r a u s s e t z u n g der Fallösung ist das E r f a s s e n des T a t b e s t a n d s u n d der F r a g e s t e l l u n g (vgl. S. 2, 20 und 30 zu II 2). Fehler, die hier gemacht werden, machen die ganze Lösung wertlos. II. T y p i s c h e F e h l e r : 1. Die Erinnerung an einen „ähnlichen Fall" führt zur „ T a t b e s t a n d s q u e t s c h e " (vgl. S. 46 zu II 1). 2. W i l l k ü r l i c h e U n t e r s t e l l u n g e n vereinfachen den Fall unerlaubterweise oder erschweren ihn unnötigerweise (vgl. S. 51). 3. R e c h t s a n s i c h t e n der P a r t e i e n , die der Tatbestand wiedergibt, werden in ihrer Bedeutung ü b e r s c h ä t z t (vgl. S. 46 zu II 2). B. Das Gutachten 1. Das r e c h t l i c h e D u r c h s k i z z i e r e n I. A u s g a n g s p u n k t ist die am Schluß des Falles gestellte F r a g e . Zur Beantwortung der Frage ist regelmäßig zunächst festzustellen, „ W e r " „vom wem" „was" v e r l a n g t . Sodann ist zu prüfen, „ w o r a u s " die sich gegenüberstehenden Parteien ihr Begehren herleiten können, d.h. welche Anspruchsgrundlagen in Betracht kommen. Historisch vorzugehenist grundsätzlich nur im Rahmen dieser „konstruktiven Methode" gestattet (vgl. S. 3, 20f u. a.). Jedoch kann eine Überprüfung der tatsächlichen Vorgänge in historischer Reihenfolge („historische Methode") zur ersten Orientierung zweckmäßig sein. Sie kann auch der „Rückversicherung" dienen, daß nichts Wesentliches übersehen wurde. Die Ausarbeitung ist jedoch nach dieser Methode nur vorzunehmen, wenn die Fragestellung dies bedingt (vgl. S. 124, 153f.). II. Insbesondere: Die A n s p r u c h s g r u n d l a g e n . 1. Anspruchsgrundlagen sind die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien, in denen ihr Begehren eine Stütze finden kann (vgl. S. 73.). Solche Rechtsbeziehungen können durch Rechtsgeschäft (insbesondere durch Vertrag) oder auf sonstige Weise (negotiorum gestio, Delikt, 170

Kondiktion, Verwandtschaft u. dgl.) entstanden sein. Mitunter ist die Anspruchsgrundlage eigenschöpferisch unter Berücksichtigung der Interessenlage oder der Analogie zu entwickeln (vgl. S. 64, 103 ff.). In den meisten Fällen gibt es aber je nach dem Begehren gewisse t y p i s c h e Anspruchsgrundlagen: a) S c h a d e n s e r s a t z a n s p r ü c h e ergeben sich in der Regel aus Vertrag (Vertragsverletzung), vertragsähnlichen Beziehungen, Delikt und deliktsähnlichen Beziehungen (vgl. S. 9, 21 u. a.). Auch aus dem Verhältnis von Eigentümer zu Besitzer können Schadensersatzansprüche erwachsen (vgl. S. 112f., 160f.). b) S u r r o g a t a n s p r ü c h e (Ansprüche auf Herausgabe eines Ersatzgegenstandes oder des Erlöses) können sich ergeben: bei Vertrag aus § 281 (bei Auftrag aus § 667), im übrigen aus § 687 Abs. 2 (i. Vbdg. mit § 667) und § 816 (vgl. S. 55ff.). c) H e r a u s g a b e a n s p r ü c h e auf bestimmte Sachen können dinglicher Art sein (§§ 861, 985,1007) und schuldrechtlicher Art (§§ 812,823). Vgl. S. 72 ff. d) E r f ü l l u n g s - und G e w ä h r l e i s t u n g s a n s p r ü c h e erfordern grundsätzlich einen Vertrag (vgl. S. 46). 2. Bei der Fallbearbeitung sind alle Anspruchsgrundlagen zu untersuchen, die ernsthaft in Betracht kommen können. Jedoch ist eine gewisse R e i h e n f o l g e einzuhalten: a) Anspruchsbestimmungen, die als S p e z i a l b e s t i m m u n g e n andere Bestimmungen ausschließen und damit weitere Untersuchungen erübrigen können, sind z u e r s t zu prüfen (vgl. S. 14,27f,39,61,93f, 160). V e r t r a g l i c h e Anspruchsgrundlagen sind daher regelmäßig v o r a u ß e r v e r t r a g l i c h e n Anspruchsgrundlagen zu erörtern (vgl. S.21,55). Sie erfordern meist auch eine Feststellung des Vertragstyps, da die Vertragsbestimmungen der einzelnen Vertragstypen weitgehend die allgemeinen Normen abändern (vgl. S. 10, 55, 122). b) Im übrigen ist möglichst die Anspruchsgrundlage voranzustellen, die die g r ö ß t e D u r c h s c h l a g s k r a f t hat und die geringsten Anforderungen an die Behauptungs- und Beweislast stellt (vgl. S. 26,72). Bei echter Anspruchskonkurrenz (über den Begriffs. S. 17)kann es ausnahmsweise zweckmäßig sein, eine abzulehnende Anspruchsgrundlage vorweg zu erörtern (vgl. S. 93). 3. Bei Untersuchung der e i n z e l n e n Anspruchsgrundlage ist möglichst die „ A n s p r u c h s n o r m " v o r a n z u s t e l l e n , d.h. die Bestimmung, die unmittelbar die begehrte Rechtsfolge ausspricht (vgl. S. 73.). Es ist dann darzulegen, wieweit die einzelnen Voraussetzungen dieser Anspruchsnorm durch die tatsächlichen Angaben der Fallerzählung aus171

gefüllt oder ausgeschlossen werden (vgl. S. 73 f., 95ff. u. a.). Auf diese Weise wird s t e t s F ü h l u n g m i t dem T a t b e s t a n d gehalten. Nie dürfen Rechtsausführungen losgelöst von der Frage und dem Tatbestand gemacht werden. Deshalb sind auch nicht allgemeine Begriffe als „Vorfragen" zu erörtern (vgl. S. 72). III. K o m m e n t a r e und E n t s c h e i d u n g e n sind erst heranzuziehen, wenn die Durcharbeit an Hand des Gesetzestextes nicht weiter führt. Sie dienen aber nur zur N a c h p r ü f u n g e i n z e l n e r b e s t i m m t e r F r a g e n oder zum Belegen für eine einzelne bestimmte Ansicht (vgl. S. 46 zu II 1). IV. Das Ergebnis muß der B i l l i g k e i t entsprechen, darf aber nicht dem Gesetz widersprechen (vgl. S. 47 zu II 3). V. Über die Form des rechtlichen Durchskizzierens vgl. S. 30f. 2. Die A u s a r b e i t u n g I. Es ist ein R e c h t s g u t a c h t e n zu erstatten, das den Weg zeigen soll, auf dem die Lösung gefunden wird. Daraus folgt: 1. Der T a t b e s t a n d ist n i c h t mehr zu w i e d e r h o l e n (vgl. S. 10 zu II 1). 2. An die Spitze des Gutachtens gehört die Frage, an die Spitze eines jeden Teilabschnitts des Gutachtens die Unterfrage ( G u t a c h t e n s t i l , vgl. S. 10 zu II 2). 3. Im einzelnen entspricht der Aufbau den zu B 1 gegebenen Richtlinien. II. J e d e r S a t z des Gutachtens muß den F a l l der L ö s u n g näherbringen. Ausführungen, die diesen Zweck nicht erfüllen, sind unnachsichtlich zu streichen (vgl. S. 3,12,14,97). Insbesondere sind Fragen, die nicht gestellt sind, nicht aufzuwerfen und zu erörtern (vgl. S. 81). Zu Streitfragen ist nur soweit Stellung zu nehmen, als es für die Lösung erforderlich ist (vgl. S. 5). Ausgetragene Streitfragen sind nicht breit zu erörtern (vgl. S. 22). III. Die Begründung hat mit e i g e n e n W o r t e n zu erfolgen. Zitate dienen lediglich zum Belegen der eigenen Ansicht (vgl. S. 11 zu II 3); in Klausurarbeiten gibt es sowieso keine Zitate (vgl. S. 30). Auseinandersetzungen mit abweichenden Ansichten haben sachlich zu geschehen (vgl. S. 11 zu 4 und die Beispiele S. 70, 129 ff.). IV. Eine D i s p o s i t i o n e r ü b r i g t s i c h (vgl. S. 10 zu II 2). Im übrigen vgl. über Z i t i e r w e i s e und ä u ß e r e F o r m S. 11 zu II 4. Über die Sprache s. die folgenden 10 Gebote zum juristischen Stil. 172

Zehn Gebote zum juristischen Stil I. H ü t e D i c h v o r dem Krebsübel der Juristensprache, der S u b s t a n t i v s u c h t . Diese Sucht besteht darin, Substantive auf „ung", „keit" oder „heit" zu bilden und sogar hintereinander zu häufen. Ein § „gilt nicht", sondern „findet Anwendung". Ein Schuldner „leistet nicht", sondern „bewirkt eine Leistung". Eine Klage „wird nicht abgewiesen", sondern „unterliegt der Abweisung". II. Z i e h e b e i Z e i t w ö r t e r n die T a t f o r m (das Aktiv) der L e i d e f o r m (dem Passiv) vor. Es heißt also nicht: „Wenn der Antrag von dem gesetzlichen Vertreter oder mit dessen Zustimmung gestellt wird", sondern „Wenn der gesetzliche Vertreter den Antrag stellt oder ihm zustimmt". III. V e r m e i d e S c h a c h t e l - u n d B a n d w u r m s ä t z e . Wenn man einen Satz zweimal lesen muß, um ihn zu verstehen, ist dies ein Warnzeichen, daß man gegen das Grundgebot der Klarheit und Einfachheit verstoßen hat. Man kann nicht zwei Gedanken auf einmal aussprechen. Jeder Hauptgedanke erfordert einen Hauptsatz. Selbst ein kurzer und übersichtlicher Nebensatz ist von Übel, wenn er eine Hauptsache wiedergeben soll. Ein Relativsatz soll nur der Schatten sein, den ein Hauptwort abwirft; er darf nie die Hauptsache enthalten (Reiners, Stilkunst, S. 167). IV. V e r m e i d e e i n e f a l s c h e B e t o n u n g . Das sinntragende Wort gehört an die Stelle, die den Redeton hat. Also nicht „Das klageabweisende Urteil des Landgerichts hat das Berufungsgericht aufgehoben" (so RG JW 1936, 3187), sondern „Das Berufungsgericht hat das Urteil des Landgerichte, das die Klage abgewiesen hat, aufgehoben". V. VermeideSuperlative(Marktschreierstil).AuchTonverstärkung durch fette Schrift und Sperrdruck bleibt wirkungslos, wenn sie sich ständig wiederholt. Zu vermeiden sind Redewendungen wie „Es ist h ö c h s t u n b i l l i g " , „Der Vertrag ist vollgültig zustande gekommen", „Das trifft in k e i n s t e r Weise zu". Kraftwörter wie „offenbar", „natürlich", „selbstverständlich" verbergen die Schwäche der Begründung und sind deshalb gleichfalls zu meiden. VI. G e b r a u c h e k e i n e s c h i e f e n B i l d e r u n d f a l s c h e S a t z konstruktionen. Beispiele: „Es wirft sich aber nun noch die Frage auf" statt „Es fragt sich weiter". „Dieser Anspruch geht aber auch nicht durch" statt „Dieser Anspruch ist gleichfalls unbegründet". „K kann auf N i c h t e r f ü l l u n g des Vertrags klagen" statt „K kann wegen Nichterfüllung des Vertrags folgende Rechte geltend machen".

173

VII. V e r m e i d e nichtssagende F ü l l - u n d F l i c k w ö r t e r , wie „auch", „nun", „aber", „eigentlich", „doch", „übrigens". „Aber" und „doch" sind nur zu setzen, wo ein Gegensatz aufgezeigt werden soll. „Auch" ist nur angebracht, wenn eine weitere Begründung folgt. „Also" bringt lediglich eine Schlußfolgerung. „Nun" ist ein bloßes Leimwort und zeigt meist, daß der Aufbau falsch ist. „Übrigens" wird in der Regel verwandt, wenn etwas vorgebracht wird, was mit der Sache wenig zu tun hat, oder wenn man zu bequem ist, den richtigen Übergang zu dem neuen Gedanken zu suchen. VIII. V e r m e i d e F r e m d w ö r t e r , w e n n sie e n t b e h r l i c h s i n d , d. h. wenn ein guter deutscher Ausdruck für sie vorhanden ist. So läßt sich „latent" in „verborgen", „instruktiv" in „anschaulich" verdeutschen. Dagegen lassen sich Fachausdrücke wie „Hypothek", „abstrakt" nicht verdeutschen. Zweifelhaft ist, ob man „Kommentar" durch „Erläuterungswerk", „Problem" durch „Fragestellung" ersetzen soll. Mir erscheinen die deutschen Ausdrücke schwerfällig. IX. A c h t e auf d e n r i c h t i g e n G e b r a u c h der A u s s a g e f o r m (des Modus). Der Konjunktiv wirkt schwerfällig und ist daher nur anzuwenden, wenn es nicht zu vermeiden ist. Unnötig ist der Konjunktiv in Redewendungen wie „Es k ä m e ein Herausgabeanspruch aus § . . . in Frage" oder „Es w ä r e an einen Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung zu denken". Der Konjunktiv ist namentlich angebracht, wo der Sprecher etwas als Aussage, Meinung oder Wunsch eines anderen mitteilt, mit der eigenen Meinung aber zurückhält. Beispiel: „Larenz ist der Ansicht, bei einem faktischen Vertragsverhältnis s e i . . . " . Wo der Sprecher aber der wiedergegebenen Ansicht zustimmt, setzt er den Indikativ. X. A c h t e auf d e n r i c h t i g e n G e b r a u c h der Z e i t f o r m (des Tempus). Rechtsansichten werden grundsätzlich im Präsens wiedergegeben („Der BGH vertritt die Auffassung..."). Bei indirekter Rede ist dieselbe Zeitform zu setzen wie bei der direkten Rede. Nur wenn der Konjunktiv gleich lautet wie der Indikativ, nimmt man eine Zeitform, bei der die Möglichkeitsform (der Konjunktiv) zu erkennen ist.

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Übersicht über die wichtigsten der besprochenen Anspruchsgrundlagen und Gesetzesbestimmungen

§§

91 94 119 120 122 123, 124 125 128 130 133 134, 138 139 140 141 142 144 147 148 149, 150 151 157 164 165 166 167 177 179 185 228 229 242 243 249 252 254 255 267 268 271 273 275 276

Seite

154 33 61, 67, 139 108 18, 19, 118 127 f. 48, 65 47 4, 7 8, 12, 125 74, 104 f. 13, 52 130 8, 131f., 134 128f., 131 131 6f., 132 132 7 7, 12, 18, 118 12, 125 6, 31, 90, 147 31 108 139, 147 31, 87 35, 87, 90, 118 89 f. 23, 74 77 49f. 12, 41, 158 15, 19, 37, 65, 77, 139 36, 152 16, 68 ff., 121 116 35, 38 167 166 57, 74 42, 122 22,58,118,123

§§

277 278 279 280, 286 281 284, 285 299 300 305 306 307 313 315, 316 320, 322 323 324 325 326 328 329 334 350, 351 361 363 370 372, 383 397 414, 415 421 ff. 433 439 440 446, 447

Seite

71, 118, 119 43, 58, 70, 118f., 121,139, 158 158 22, 115, 122, 140 55, 56, 161 152 41 41, 43 64, 104, 125, 149 15, 60, 88, 159 15,18,19,118, 159 48, 91 98 14, 88, 115 28, 42f., 55, 120, 122 45, 120, 121, 122 14, 42f., 58f., 121, 159 14 101f., 150 148, 150 101, 150 60 40 67, 100 138 44 74, 99 148 91 f., 149 40,47,60,86ff., 118,125,157 60 39, 42, 60f., 158 120f., 122

§§

459, 460 462, 467 472, 477 495 515 518 535 537 538, 541 549 552 556 604 607 610 631, 632 640—645 657 662 663 670, 675 677, 683 684 686 687 688 690 701 741 759 765—774 779 780—782 812

812 II 814 816

Seite

60, 61, 127 60, 61 61 118 47 103 3, 14, 22 28 14 147 28 22,77,147,150 148, 150 125, 137 137 31, 120 120 ff. 4, 97 ff. 148 18 32 26, 31 f., 35 33 35 57 f., 117, 140, 161 55 71, 118 16f., 19 168 103 90 ff., 149 65, 104 65,99,103,125 33ff., 52, 57, 80, 106, 111, 113, 115, 151, 159, 165 65, 99 53 54, 56 f., 80, 82, 90, 109, 113f., 165 175

H 818 819 822 823

826 827, 828 830 831 832 833 834 839 840 844, 845 854 855 856 857 858 859 861 868 869 873

Seite 3 4 , 4 3 , 53 f., 112, 115 3 4 , 5 4 , 80 80, 82, 109 1 7 , 2 3 , 25 , 2 7 , 36, 5 9 , 77, 8 2 , 112, 116, 119, 123,140,151f., 161 1 8 , 3 6 f . , 77, 140 36 81 2 3 f . , 5 9 , 70, 1 1 6 , 1 1 9 , 140 36, 38 24 f., 2 6 , 6 9 27 114 37, 116 81 73, 1 5 5 76, 96, 108, 116, 119 75, 1 6 4 76 7 5 , 77 77 7 2 , 7 4 f . , 78, 81, 151 57,75,155,165 81 126,130,132f„ 136, 141

Seite 126f., 133, 135 89 134, 141 141 140 23 4 7 , 88, 9 0 137, 155f. 155 78, 8 2 , 108, 110, 155, 164 935 5 7 , 79, 108, 110, 155 33 f . 946 950 9 6 , 107 34 f., 1 4 0 , 167 951 952 141 95 ff. 965, 971 94 978 76, 78, 82, 985 107 f f . , 1 0 9 f . , 140, 157, 162 7 8 f . , 82, 1 5 1 , 986 157 77,114f.,116f., 987 f f . 160 112, 114, 116, 989 f. 119, 160 114, 116 993 79 994, 995 76, 79, 8 1 , 1 0 9 , 1007 1 1 1 , 1 5 1 , 157 1008 168 1 1 1 3 , 1 1 1 5 126 S§ 879 892 894 896 899 904 925 929 931 932

§§ 1117 1139 1162 1163,1177 1196 1205 1207 1208,1209 1210,1215 1227 1228 1231,1232 1235 1242 1244 1247 1249,1250 1251 1252 1253,1255 1257 1258 1360 1601,1606 1627,1631 1708 1714 1720 1835 1912

Seite 136 f. 136 141 127, 131, 141 130 1 6 2 ff. 78, 110 165 168 f. 78, 162, 166 166 166 110 166, 169 110 113, 167f. 166 f. 167 163, 168 163 f. 110 168 102 102 37 102, 103, 105f. 103 105 33 101