Buchhandelsstrategien im digitalen Markt: Reaktionen der großen Buchhandelsketten auf technologische Neuerungen 9783110478693, 9783110475791

This study seeks to discover potentially successful responses and strategic positions on the part of bookseller chains i

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German Pages 393 [394] Year 2016

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Table of contents :
Inhalt
Abkürzungsverzeichnis
Teil I: Grundlegendes
1 Ausgangslage und Forschungsfragen
1.1 Einführung
1.2 Aufbau der Untersuchung
1.3 Forschungsstand und Quellenlage
2 Forschungsmethodik Case Study
2.1 Definition
2.2 Auswahl der Märkte
2.3 Auswahl der Unternehmen
2.4 Auswahl der Instrumente
Teil II: Theoretische Grundlagen und ihre Anwendung
1 Einordnung in die Strategieforschung
1.1 Strömungen in der Strategieforschung
1.2 Marktorientierter Ansatz
1.3 Ressourcenorientierter Ansatz
1.4 Konfigurationstheoretischer Ansatz nach Miles / Snow
1.5 Auswahl des strategischen Instrumentariums
2 Einordnung in die Internetökonomie
2.1 Eigenschaften der Internetökonomie
2.2 Auswirkungen auf die Buchbranche
3 Diskontinuierlicher technologischer Wandel
3.1 Forschungsströmungen zu diesem Phänomen
3.2 Modell der disruptiven Innovation
3.3 Reaktionsmöglichkeiten auf disruptive Innovationen
Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland
1 Buchmärkte in Deutschland und den USA
1.1 Marktübersicht des US-amerikanischen Buchmarkts
1.2 Marktübersicht des deutschen Buchmarkts
1.3 Branchenstrukturanalyse
2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen
2.1 Gründungsphase und Expansion
2.2 Reaktionen auf die disruptive Innovation auf Geschäftsmodellebene
2.3 Reaktionen auf die disruptive Innovation auf Produktebene
3 Fallstudien zu den deutschen Unternehmen
3.1 Gründungsphase und Expansion
3.2 Reaktionen auf die disruptive Innovation auf Geschäftsmodellebene
3.3 Reaktionen auf die disruptive Innovation auf Produktebene
Teil IV: Einordnung der Unternehmen in die Strategietypen
1 Einordnung der Unternehmen in die Strategietypen
1.1 Einordnung von Amazon in den Strategietyp Prospector
1.2 Einordnung von Barnes & Noble in den Strategietyp Analyser
1.3 Einordnung von Thalia in den Strategietyp Analyser
1.4 Einordnung von Borders in die Strategietypen Defender / Reactor
1.5 Einordnung der DBH in die Strategietypen
2 Cross-Case-Analyse
2.1 Vorgehen
2.2 Gegenüberstellung der Marktaktivitäten der US-amerikanischen Unternehmen
2.3 Gegenüberstellung der Marktaktivitäten der deutschen Unternehmen mit denen von Amazon
2.4 Beantwortung der Forschungsfragen
Teil V: Aktuelle Entwicklungen und Schlussbetrachtung
1 Aktuelle Entwicklungen
2 Zusammenfassung und Limitationen
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Register
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Buchhandelsstrategien im digitalen Markt: Reaktionen der großen Buchhandelsketten auf technologische Neuerungen
 9783110478693, 9783110475791

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Simon Hiller Buchhandelsstrategien im digitalen Markt

Schriftmedien / Written Media

Kommunikations- und buchwissenschaftliche Perspektiven / Perspectives in Communication and Book Studies

Herausgegeben von Heinz Bonfadelli, Ursula Rautenberg und Ute Schneider

Band 5

Simon Hiller

Buchhandelsstrategien im digitalen Markt

Reaktionen der großen Buchhandelsketten auf technologische Neuerungen

Die Reihe In der Reihe werden Monographien und Sammelbände in deutscher und englischer Sprache publiziert, die sich aus buch-, kommunikations- und medienwissenschaftlicher Perspektive mit Schriftmedien und dem Lesen beschäftigen. Das Reihenprofil umfasst das spezifische Problemlösungspotential eines interdisziplinären Zugangs zur schriftbasierten Kommunikation in Geschichte und Gegenwart. Themenfelder sind die Herstellung und Verbreitung von Medien schriftbasierter Kommunikation in den Organisationen Verlag, Buchhandel und Bibliotheken, die soziale Funktionalität der Schriftmedienkommunikation und die gesellschaftliche und individuelle Bedeutung des Lesens sowie nicht zuletzt die Herstellung, Typographie und Gestaltung von Lesemedien. Editorial Board Prof. Dr. Frédéric Barbier (Paris); Jun.-Prof. Dr. Daniel Bellingradt (Erlangen); Prof. Dr. Natalie Binczek (Bochum); Prof. Dr. Heiko Droste (Stockholm); Prof. Dr. Thomas Gergen (Luxemburg); Dr. Jonathan Green (USA); Prof. Dr. Svenja Hagenhoff (Erlangen); Dr. Axel Kuhn (Erlangen); Jun.-Prof. Dr. Patrick Merziger (Leipzig); Prof. Dr. István Monok (Szeged / Budapest); Prof. Dr. Martin Mulsow (Erfurt); Prof. Dr. Rudolf Stöber (Bamberg); Prof. Dr. Konrad Umlauf (Berlin). Dissertation Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, 2015 (ursprgl. Titel: „Reaktionsmöglichkeiten der Buchhandelsketten in Deutschland und den USA auf disruptive Innovationen“)

ISBN 978-3-11-047579-1 e-ISBN (PDF) 978-3-11-047869-3 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-047648-4 Set-ISBN 978-3-11-047870-9 ISSN 2364-9771 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2016 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Umschlagabbildung: Tailex/iStock/thinkstock Satz: PTP Protago-TEX-Production GmbH, Berlin Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck ♾ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

Dank Die Buchbranche sieht sich, ebenso wie andere Branchen, mit der digitalen Transformation konfrontiert. Die Handelsstufe sieht sich in besonderem Maße mit Herausforderungen konfrontiert, da mit der Digitalisierung des Kernprodukts (E-Book) zentrale Funktionen in Frage gestellt sind. Das Phänomen kann als disruptive Innovation bezeichnet werden. Dabei geht es um die Frage, warum etablierte Unternehmen angesichts von technologisch induzierten Veränderungen von ihrem Kernmarkt verdrängt werden können. Zwei derartige Veränderungen waren auf dem Buchmarkt beobachtbar: Einerseits die Entstehung des elektronischen Handels mit physischen Büchern Mitte der 1990er Jahre, die maßgeblich durch das US-amerikanische Unternehmen Amazon vorangetrieben wurde, andererseits die Digitalisierung von Buchinhalten in Form von E-Books. Letztere gewann vor allem ab 2007 durch die zunehmende Verbreitung von elektronischen Lesegeräten bzw. Tablets an Dynamik, die sich beispielsweise in der Markteinführung des E-Readers Kindle in den USA im Jahr 2007 zeigte. Diese Veränderungen können als disruptive Innovationen auf Geschäftsmodellbzw. Produktebene bezeichnet werden. Sie sind typischerweise durch ein verändertes Leistungsvermögen gekennzeichnet und somit für andere Zielgruppen als die bisherige Kernzielgruppe von etablierten Unternehmen interessant. Es stellt sich die Frage, welche strategische Ausrichtung bzw. Unternehmenspositionierung in einem solchen dynamischen Umfeld zielführend sind. Die Untersuchung gliedert sich in zwei Teile. In einem ersten Schritt wurde das disruptive Innovationspotential von E-Commerce und E-Books beurteilt und geeignete Instrumente aus der Strategieforschung identifiziert. In einem zweiten Schritt wurden dann die Reaktionsmuster der großen Buchhandelsketten in Deutschland und den USA in Theorie und Praxis anhand von Fallstudien herausgearbeitet, die abschließend in strategische Grundtypen eingeordnet wurden. Die Arbeit richtet sich in erster Linie an ein wissenschaftliches Publikum. Die identifizierten Reaktionsmöglichkeiten können darüber hinaus auch für Entscheider aus der Buchbranche nutzbringend sein. Diese Arbeit entstand in den Jahren 2010 bis 2015 als Dissertation mit dem Titel Reaktionsmöglichkeiten der Buchhandelsketten in Deutschland und den USA auf disruptive Innovationen am Institut für Buchwissenschaft an der philosophischen Fakultät der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg unter der Betreuung von Prof. Dr. Ursula Rautenberg (Institut für Buchwissenschaft) und Prof. Dr. Svenja Hagenhoff (Institut für Buchwissenschaft). Ganz besonders möchte ich mich bei meiner Hauptgutachterin Frau Prof. Dr. Rautenberg bedanken, die die Dissertation während des gesamten Bearbeitungsprozesses betreut hat und mich stets umfassend unterstützt hat. Ohne ihren wertvollen Rat wäre diese Arbeit nicht entstanden. Auch Frau Prof. Dr. Svenja Hagenhoff möchte ich für ihre wertvollen Hinweise danken. Weiterhin gilt mein Dank dem Unternehmen Thalia Universitätsbuchhandlung GmbH, Hagen für die finanzielle Unterstützung durch das Thalia-Promotionsstipendium, DOI 10.1515/9783110478693-001

VI   

   Dank

welches ich von August 2010 bis März 2013 erhalten habe. Nicht zuletzt ist auch meiner Familie und meiner Freundin an dieser Stelle ein Dank für ihre Unterstützung auszusprechen.

Inhalt Abkürzungsverzeichnis | IX

Teil I: Grundlegendes 1 Ausgangslage und Forschungsfragen | 3 1.1 Einführung | 3 1.2 Aufbau der Untersuchung | 5 1.3 Forschungsstand und Quellenlage | 7 2 Forschungsmethodik Case Study | 13 2.1 Definition | 13 2.2 Auswahl der Märkte | 15 2.3 Auswahl der Unternehmen | 16 2.4 Auswahl der Instrumente | 17

Teil II: Theoretische Grundlagen und ihre Anwendung 1 Einordnung in die Strategieforschung | 21 1.1 Strömungen in der Strategieforschung | 21 1.2 Marktorientierter Ansatz | 28 1.3 Ressourcenorientierter Ansatz | 35 1.4 Konfigurationstheoretischer Ansatz nach Miles / Snow | 43 1.5 Auswahl des strategischen Instrumentariums | 57 2 Einordnung in die Internetökonomie | 59 2.1 Eigenschaften der Internetökonomie | 59 2.2 Auswirkungen auf die Buchbranche | 68 3 Diskontinuierlicher technologischer Wandel | 75 3.1 Forschungsströmungen zu diesem Phänomen | 75 3.2 Modell der disruptiven Innovation | 81 3.3 Reaktionsmöglichkeiten auf disruptive Innovationen | 98

VIII   

   Inhalt

Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland 1 Buchmärkte in Deutschland und den USA | 115 1.1 Marktübersicht des US-amerikanischen Buchmarkts | 115 1.2 Marktübersicht des deutschen Buchmarkts | 125 1.3 Branchenstrukturanalyse | 136 2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen | 149 2.1 Gründungsphase und Expansion | 149 2.2 Reaktionen auf die disruptive Innovation auf Geschäftsmodellebene | 190 2.3 Reaktionen auf die disruptive Innovation auf Produktebene | 220 3 Fallstudien zu den deutschen Unternehmen | 251 3.1 Gründungsphase und Expansion | 251 3.2 Reaktionen auf die disruptive Innovation auf Geschäftsmodellebene | 259 3.3 Reaktionen auf die disruptive Innovation auf Produktebene | 267

Teil IV: Einordnung der Unternehmen in die Strategietypen 1 Einordnung der Unternehmen in die Strategietypen | 301 1.1 Einordnung von Amazon in den Strategietyp Prospector | 301 1.2 Einordnung von Barnes & Noble in den Strategietyp Analyser | 304 1.3 Einordnung von Thalia in den Strategietyp Analyser | 308 1.4 Einordnung von Borders in die Strategietypen Defender / Reactor | 310 1.5 Einordnung der DBH in die Strategietypen | 313 2 Cross-Case-Analyse | 317 2.1 Vorgehen | 317 2.2 Gegenüberstellung der Marktaktivitäten der US-amerikanischen Unternehmen | 318 2.3 Gegenüberstellung der Marktaktivitäten der deutschen Unternehmen mit denen von Amazon | 324 2.4 Beantwortung der Forschungsfragen | 329

Inhalt   

Teil V: Aktuelle Entwicklungen und Schlussbetrachtung 1

Aktuelle Entwicklungen | 337

2

Zusammenfassung und Limitationen | 343

Literaturverzeichnis | 345 Abbildungsverzeichnis | 375 Tabellenverzeichnis | 379 Register | 381

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Abkürzungsverzeichnis AWS BB BBG BIZ BV DRM Ebitda Gfk PBS

Amazon Web Services Börsenblatt Börsenverein des deutschen Buchhandels Beteiligungsgesellschaft Buchhandel in Zahlen Börsenverein Digital Rights Management Earnings before interest, taxes, depreciation and amortization Gesellschaft für Konsumforschung Papier, Büro, Schreibwaren

DOI 10.1515/9783110478693-002

Teil I: Grundlegendes

1 Ausgangslage und Forschungsfragen 1.1 Einführung Die Buchbranche sieht sich ebenso wie andere Branchen bereits seit Beginn der 1990er Jahre durch die zunehmende Verbreitung von Informations- und Kommunikationstechnologien mit einem Digitalisierungsprozess konfrontiert. Auf der Ebene der Produktion fand dies vor allem in der wachsenden Bedeutung des Self-Publishings seinen Niederschlag. Auf der Ebene der Wertschöpfungsstufe Vertrieb zeigten sich diese Veränderungen zunächst Mitte bis Ende der 1990er Jahre durch das Aufkommen des E-Commerce, dessen wachsende Bedeutung als Vertriebskanal maßgeblich durch den Markteintritt des US-Unternehmens Amazon bestimmt wurde. Seit 2007 ist auch eine zunehmende Verbreitung von digitalisierten Buchinhalten, den sogenannten E-Books, zu beobachten. Der Marktanteil beläuft sich in Deutschland mittlerweile (Stand 2015) auf über vier Prozent und in den USA bei über 20 Prozent. Veränderungen, die aus Sicht der etablierten Akteure zunächst als nicht bedrohlich für das Kerngeschäft angesehen werden, werden in der Literatur als disruptive Innovationen auf Geschäftsmodell- und Produktebene bezeichnet. Von den beschriebenen Entwicklungen sind alle drei Wirtschaftsstufen der Buchbranche betroffen, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Während die Wirtschaftsstufe Produktion und damit die Verlage auch bei E-Books weiterhin eine wichtige Gatekeeperfunktion bei der Selektion und Bewertung der Inhalte erfüllen kann, gerät vor allen Dingen der Bucheinzelhandel unter Druck. Seine primäre Aufgabe im physischen Markt, nämlich die Vermittlung zwischen Anbietern und Nachfragern zu niedrigeren Transaktionskosten als bei einem direkten Kontakt anzubieten, unterliegt auf elektronischen Märkten einem Wandel durch den Markteintritt neuer Wettbewerber. Vor allem die klassischen Handelsfunktionen können bei nicht-physischen Produkten wie E-Books auch von anderen Akteuren erfüllt werden. Dies zeigt sich am Markteintritt neuer Anbieter wie z. B. Apple oder Google Zudem werden die Funktionen auch von neuen Akteuren innerhalb der Branche erfüllt, wie sich am Beispiel Amazon zeigt. Wegen der durch die Digitalisierung induzierten Veränderungen der Marktsituation und der daraus entstandenen Herausforderungen für die vormals mit großer Marktmacht ausgestatteten Filialisten hat sich im Zeitverlauf eine neue Situation für die Handelsunternehmen ergeben. Während sie bis circa Mitte der 2000er Jahre einen massiven Expansionsprozess einschlugen und ihre Marktmacht stetig zu Lasten der kleinen und mittleren Unternehmen ausbauen konnten, kam es infolge der sukzessiven Verschiebung innerhalb der Vertriebskanäle, die maßgeblich durch ein Erstarken des Internetvertriebs zustande kamen, zu einem Rückgang der Marktanteile. Beschleunigt wurde diese Tendenz durch die zunehmende Verbreitung von E-Books. Dies trug in seiner Kombination und aufgrund von Managementfehlern schlussendDOI 10.1515/9783110478693-003

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   Teil I: Grundlegendes

lich auch zu Insolvenzen vormals mit großer Marktmacht versehener Unternehmen bei (Borders Group  / Weltbild). Die Veränderungen können dabei insofern als disruptive Innovationen bezeichnet werden, als dass ihre Auswirkungen aus Sicht der etablierten Unternehmen zunächst als nicht bedrohlich für das eigene Kerngeschäft angesehen wurden. In erster Linie war dies vor allem beim Unternehmen Weltbild der Fall, das seine Wurzeln im Versandhandel hatte und erst nach und nach eine physische Präsenz mit Ladengeschäften entwickelte. Dass das Unternehmen dennoch in Schwierigkeiten geriet, ist eng mit den Eigenschaften disruptiver Innovationen verknüpft. Derartige Innovationen zeichnen sich in erster Linie durch die Tatsache aus, dass sie zunächst ein verändertes und oftmals niedrigeres Leistungsvermögen aufweisen und für die Kernzielgruppe eines Unternehmens von untergeordneter Bedeutung sind. Erst im Zeitverlauf gewinnen sie auch aufgrund eines erhöhten Leistungsvermögens an Bedeutung für den Kernmarkt und können diesen schlussendlich dominieren oder zumindest einen signifikanten Marktanteil erreichen. Da dieser Prozess aber sehr langsam vonstatten geht, wird dies von den bisher eine Branche dominierenden Unternehmen aber zunächst nicht als Bedrohung eingestuft. Vielmehr werden derartige Entwicklungen verspätet als Risiko wahrgenommen, woraufhin dann erst eine Verhaltensänderung eingeleitet wird, um den Erhalt des Unternehmens zukünftig zu sichern. Die Zielstellung dieser Arbeit besteht darin, diese Verhaltensänderungen im Vergleich zwischen den Buchmärkten in Deutschland und den USA aufzuarbeiten und die unterschiedlichen Lösungsansätze aufzuzeigen. Daraus ergeben sich folgende Forschungsinteressen für die vorliegende Untersuchung: Die übergeordnete Zielsetzung besteht darin, die Reaktionsmöglichkeiten von Buchhandelsunternehmen angesichts infolge der Digitalisierung angestoßenen Veränderungen in theoretischer und empirischer Hinsicht aufzuzeigen. Im Vordergrund steht dabei die Frage inwieweit der Unternehmenserfolg in dynamischen Märkten sichergestellt werden kann. Hierfür gilt es zunächst geeignete Instrumente aus den Wirtschaftswissenschaften zu identifizieren und auf ihre Anwendbarkeit in der Internetökonomie zu überprüfen, bevor im Anschluss dann anhand von Fallstudien die unternehmensspezifischen Verhaltensmuster dargestellt und diskutiert werden. Aus dieser Herangehensweise ergeben sich die fünf folgenden Leitfragen. – Sind die Instrumente des strategischen Managements innerhalb der Internetökonomie weiterhin anwendbar? – Welche Veränderungen ergeben sich aus der Internetökonomie für die Unternehmen des Bucheinzelhandels? – Stellt das Aufkommen elektronischer Handelsformen und digitalisierter Produkte eine disruptive Innovation dar? – Welche Reaktionsmöglichkeiten bestehen für die Unternehmen in theoretischer Hinsicht und, wie wurden diese umgesetzt? – Welche strategische Orientierung ist in digitalen Märkten erfolgversprechend?

1 Ausgangslage und Forschungsfragen   

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1.2 Aufbau der Untersuchung Die vorliegende Untersuchung gliedert sich demzufolge in fünf Teile, von denen die Teile II bis IV den Kern bilden. Teil II umfasst neben der Festlegung und Erläuterung der theoretischen Grundlagen deren Anwendung auf den Untersuchungsgegenstand auf der Marktebene. Der Teil III hingegen überträgt die in Teil II gewonnenen Erkenntnisse auf die einzelnen Handelsunternehmen. Im hier vorliegenden ersten Teil erfolgt neben oben dargestellten Einführung und der zugrunde gelegten Forschungsfragen (Teil I, Punkt 1.1) ein Überblick über den Forschungsstand und die Quellenlage (Teil I, Punkt  1.3). Außerdem wird hier die Definition der Forschungsmethodik vorgenommen (Teil  I, Punkt  2.1) sowie die Auswahl der Märkte (Teil  I, Punkt  2.2), nämlich die des amerikanischen Buchmarkts als Vergleichsmarkt, der Unternehmen (Teil  I, Punkt 2.3), den großen Buchhandelsketten in Deutschland und den USA und die des Instrumentariums (Teil I, Punkt  2.4). Innerhalb der Arbeit wurde die Forschungsmethodik der Case Study gewählt, wie sie unter anderem von Yin und Eisenhardt definiert wurde. Diese Methodik ist besonders für dynamische Untersuchungsgegenstände geeignet. Ein derartiger Untersuchungsgegenstand zeichnet sich durch stetige Veränderungen der betrachteten Formalobjekte aus. Der zweite Teil zeigt die theoretischen Grundlagen und ihre Anwendung auf den Untersuchungsgegenstand. Dies beinhaltet die Vorstellung und kritische Reflektion des wirtschaftswissenschaftlichen Instrumentariums aus dem Bereich der strategischen Managementforschung (Teil  II, Punkt  1). Hierzu werden neben einer Überblicksdarstellung der Strömungen der Strategieforschung (Teil II, Punkt 1.1) zunächst die beiden Ansätze, die in der Literatur die größte Beachtung finden, diskutiert. Einerseits handelt es sich um den marktorientierten Ansatz (Teil II, Punkt 1.2), der maßgeblich von Michael E. Porter weiterentwickelt wurde und sich im Wesentlichen auf die Auswirkungen des jeweiligen Marktumfeldes für die Positionierung eines Unternehmens konzentriert, um daraus Wettbewerbsvorteile generieren zu können. Um neben der Umweltsituation auch die unternehmensinternen Aspekte mitzeinzubeziehen, wird im Anschluss daran der ressourcenorientierte Ansatz dargestellt (Teil  II, Punkt 1.3). Er fungiert als komplementäre Ergänzung des marktorientierten Ansatzes und wurde von der Ökonomin Edith Penrose formuliert. Hier dient die spezifische Ressourcenausstattung bzw. ihre Akquisition als Quelle für Wettbewerbsvorteile, weshalb die unternehmensinterne Perspektive in den Mittelpunkt der Betrachtung rückt und als Grundlage für die Kategorisierung der Marktaktivitäten der untersuchten Unternehmen dient. Ergänzend wird der von Mintzberg und Miles / Snow vertretene konfigurationstheoretische Ansatz vorgestellt (Teil II, Punkt 1.4). Dies geschieht in erster Linie aufgrund seines Potentials, verschiedene heterogene Strategieschulen zu vereinigen und wegen seiner Eignung für die Untersuchung von Phänomenen des Einzelhandels. Jeweils im Anschluss an die Vorstellung der einzelnen Ansätze des strategischen Managements erfolgt eine kritische Reflektion bzw. Modifikation

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   Teil I: Grundlegendes

des jeweiligen Ansatzes für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand (Teil  II, Punkt 1.2.2; Teil II, Punkt 1.3.2; Teil II, Punkt 1.4.5). Im zweiten Teilkapitel der theoretischen Grundlagen erfolgt die Einordnung des Untersuchungsgegenstandes in die Internetökonomie. Es dient der Darstellung der durch die Digitalisierung ausgelösten Veränderungen: Sie umfassen veränderte Gütereigenschaften (Teil  II, Punkt  2.1.1), eine veränderte Kostenstruktur (Teil  II, Punkt  2.1.2), die Existenz von Netzeffekten (Teil  II, Punkt  2.1.3) und eine veränderte Rolle des Endkonsumenten (Teil II, Punkt 2.1.4). Die Zielsetzung besteht dabei zunächst in der Festlegung der im Rahmen der Arbeit verwendeten Begriffe, bevor im Anschluss daran die Auswirkungen der Internetökonomie auf die Wertschöpfungskette diskutiert werden (Teil II, Punkt 2.2). Sie erstrecken sich auf die maßgeblichen Veränderungen in der Wertschöpfungsstufe Distribution infolge des elektronischen Vertriebs bzw. der Digitalisierung des Kernprodukts. Um die Auswirkungen der Internetökonomie auf der Unternehmensebene näher zu beleuchten, schließt sich daran die Darstellung des technologieinduzierten diskontinuierlichen Wandels an (Teil  II, Punkt  3). Hierzu wird zunächst ein theoretischer Überblick über die Forschungsströmungen in dieser Hinsicht gegeben, bevor dann das Modell disruptiver Innovationen nach Christensen diskutiert wird (Teil II, Punkt  3.1). Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie für die etablierten Unternehmen in Hinsicht auf ihr Leistungspotential als unattraktiv erscheinen und deshalb von diesen zunächst ignoriert werden. Um diese Problematik zu erläutern, werden zunächst die Eigenschaften disruptiver Innovationen auf Geschäftsmodell- bzw. Produktebene herausgearbeitet (Teil II, Punkt 3.2), bevor diese auf die Buchbranche angewendet werden (Teil II, Punkt 3.2.2; Teil II, Punkt 3.2.3). Daraus ergeben sich die Festlegung der untersuchten Zeitabschnitte sowie die Kategorisierung der Unternehmensaktivitäten. In Teil III werden zunächst die Buchmärkte in Deutschland und den USA anhand der Kriterien Preisgestaltung, Branchenverband, zentrale Akteure, Marktpotential und Konsumentenstruktur vorgestellt (Teil  III, Punkt  1.1; Teil  III, Punkt  1.2), bevor diese gemäß des in Teil II, Punkt 1.2 vorgestellten marktorientierten Ansatzes mithilfe der von Michael E. Porter entwickelten Branchenstrukturanalyse betrachtet werden. Dadurch werden die von der Internetökonomie ausgelösten Veränderungen auf die Unternehmensumwelt analysiert. Als ergänzender Ansatz wird dann der ressourenorientierte Ansatz zur Untersuchung der strategischen Verhaltensmuster verwendet (Teil II, Punkt 3.3.1) und der konfigurationstheoretische Ansatz zur Einordnung der Unternehmen in verschiedene Strategietypen. Teil  III beinhaltet außerdem die Fallstudien zu den Unternehmen des USamerikanischen Buchmarkts. Zur Eingrenzung der Untersuchungszeiträume werden die in Teil II, Punkt 3.2 identifizierten Formen von disruptiven Innovationen herangezogen. Somit dient der Markteintritt von Amazon im Jahr 1995 als Ausgangspunkt für das Aufkommen einer disruptiven Innovation auf Geschäftsmodellebene. Die Markteinführung des elektronischen Lesegeräts Kindle im Jahr 2007 stellt hingegen die dis-

1 Ausgangslage und Forschungsfragen   

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ruptive Innovation auf Produktebene dar. In einem ersten Schritt wird die jeweilige Entwicklung der großen Buchhandelsketten in den USA bis zum Aufkommen des E-Commerce erläutert, die sich durch einen massiven Expansionsprozess auszeichneten (Teil  III, Punkt  2.1) Die Unternehmensentwicklung von Amazon ist dabei für beide Märkte repräsentativ. Wegen des früheren Markteintritts und der Unternehmensherkunft fällt sie in den Bereich der US-amerikanischen Unternehmen. (Teil III, Punkt 2.1.3). An die Betrachtung der Reaktionsmuster der US-amerikanischen Unternehmen schließen sich die Fallstudien zu den deutschen Unternehmen an (Teil III, Punkt  3). Zur Beantwortung der Forschungsfragen werden die Reaktionen der einzelnen Unternehmen auf die disruptiven Innovationen auf Geschäftsmodellebene analysiert und miteinander verglichen (Teil III, Punkt 2.2; Teil III, Punkt 2.3; Teil III, Punkt 3.2; Teil III, Punkt 3.3). Ihren Abschluss findet die Untersuchung in Teil IV, das die Einordnung in den konfigurationstheoretischen Ansatz nach Miles / Snow beinhaltet, bevor ein Vergleich zwischen den einzelnen Fällen in Teil IV, Punkt 2 vorgenommen wird. Abschließend werden in Teil V aktuelle Entwicklungen und Limitationen beleuchtet.

1.3 Forschungsstand und Quellenlage Im Folgenden wird ein grober Gesamtüberblick über die Literatur- und Quellenlage zu den in diese Untersuchung einfließenden Themengebiete gegeben. Die sich daran anschließenden Gliederungspunkte beinhalten dann eine spezifische Übersicht über die jeweils relevante Literatur. Insgesamt ist der Forschungsstand zu Fragestellungen bezüglich des Buchhandels gering ausgeprägt. Zu diesem Befund kommt auch Kerstin Emrich, die mit ihrer Studie zu Konzentrationsprozessen im Sortimentsbuchhandel aus dem Jahr 2011 eine Analyse der Ursachen und Auswirkungen der Konzentration und einen Überblick über die damals vorherrschende Branchensituation gewährt.¹ Neben dieser Betrachtung der zum damaligen Zeitpunkt vorherrschenden Gegebenheiten liegt das Augenmerk von Arbeiten mit medienökonomischem Fokus meist in der Beschreibung anderer Branchen, wie der Film- oder der Fernsehindustrie. Ökonomische Betrachtungen der Buchbranche konzentrieren sich meist auf das Verlagswesen.² So kommt auch Christoph Janello in seiner Untersuchung zur Wertschöpfung im digitalisierten Buchmarkt zu dem Ergebnis, dass der stationäre Buchhandel im E-Book-Segment nicht mehr zwingend benötigt wird.³ Konsequenterweise konzentriert er sich dann auch auf neu entstehende Geschäftsmodelle, in denen der

1 Vgl. Emrich 2011, S. V. 2 Ein Beispiel ist die Studie ist von Hua et al., die sich mit der Frage beschäftigen, ob ein Verlag EBooks ins Programm aufnehmen sollte, beleuchtet diese aber ausschließlich unter dem Aspekt der Buchpreise. Vgl. Hua et al. 2010, S. 346. 3 Vgl. Janello 2010, S. 85.

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   Teil I: Grundlegendes

Buchhandel nur in Form des E-Book Vertriebs durch den Zwischenbuchhandel thematisiert wird.⁴ Eine explizite Bezugnahme zu ökonomischen Betrachtungen der Wirtschaftsstufe Buchhandel findet sich lediglich in einzelnen Sammelbänden wie in dem 2009 erschienen Band Ökonomie der Buchindustrie. Hier widmet sich beispielsweise der Beitrag von Thorsten Brunn und Eva Blömeke explizit dem Buchhandel. Arik Meyer und Michael Treutler gehen der Online-Distribution digitaler Bücher nach, konzentrieren sich aber auf die Seite der Endabnehmer. Gerd Robertz zeigt in seinem Beitrag die verschiedenen Betriebsformen des Online-Buchhandels und beschreibt Erfolgsfaktoren. Strategische Fragestellungen werden jedoch ausgeblendet bzw. auf das Marketing beschränkt.⁵ Svenja Hagenhoff geht in ihrem Beitrag im Handbuch Lesen auch auf deren Hauptakteur Buchhandel ein und beleuchtet die Veränderungen durch das Aufkommen digitaler Marktplätze.⁶ Clay et  al. beschäftigen sich in ihrer Studie aus dem Jahr 2002 mit Onlinehandelsstrategien im Buchmarkt, beleuchten dabei aber ausschließlich die Preisgestaltung. Sie kommen zu dem Schluss, dass sich die Durchschnittspreise zwischen Onlinehandel und stationären Ladengeschäften ähneln, wohingegen eine Zersplitterung im Onlinehandel erkennbar sei. Dies ist darauf zurückzuführen, dass einige Firmen niedrige Preise bei gleichzeitig hohen Versandkosten verlangten.⁷ In Anbetracht jüngerer Entwicklungen wie der des Agency-Modells. und der Angleichung der Lieferkonditionen im Zeitverlauf ist die Beleuchtung für den Fortgang der Arbeit weniger bedeutsam. So gestehen auch die Autoren der Produktdifferenzierung durch die im Rahmen dieser Arbeit diskutierten innovativen Unternehmensaktivitäten einen höheren Stellenwert für den Unternehmenserfolg ein.⁸ Latcovich und Smith kommen in ihrer Studie ebenfalls zu dem Schluss, dass eine Preisdifferenzierung eine untergeordnete Rolle im Vergleich zu Marketingausgaben spielt, die besser in der Lage sind, Qualität und Sicherheit des Anbieters zu signalisieren.⁹ Im Gegensatz dazu ist das strategische Management als ein Teilbereich dieser Untersuchung ein in theoretischer Hinsicht weit ausgebautes Feld, das mit dem ressourcen- und dem marktorientierten Ansatz auch über geschlossene Theoriegebäude verfügt.¹⁰ Die bisherige Forschung zu Unternehmensstrategien im Buchmarkt bzw. zum Umgang mit diskontinuierlichen Innovationen hat sich allerdings ebenfalls auf die Verlagsseite fokussiert, wie sich exemplarisch anhand zweier Studien von Bozena Mierzejwska zeigt. So hat sie sich mit den Auswirkungen disruptiver Innovationen

4 Vgl. Janello 2010, S. XI. 5 Vgl. Clement / Sambeth 2009, S. 8. 6 Vgl. Hagenhoff 2015, S. 628. 7 Vgl. Clay 2002, S. 365 f. 8 Vgl. ebd., S. 366. 9 Vgl. Latcovich / Smith, S. 232 f. 10 Vgl. Goos / Hagenhoff 2003, S. 70.

1 Ausgangslage und Forschungsfragen   

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auf Produktebene auf das Verlagswesen beschäftigt und kommt dabei zu dem Ergebnis, dass sich die etablierten Unternehmen im Jahr 2008 noch nicht mit einem strategischen Wandel beschäftigt hatten. Vielmehr strebten sie für den Fall eines Bedeutungszuwachses von E-Books eine Ad-hoc-Strategie an.¹¹ Zwei Jahre später hatte sich diese Wahrnehmung nicht verändert. Anhand von Experteninterviews kam Mierzewjewska zu dem Schluss, dass die etablierten Unternehmen den Markt sowohl von der Angebotsseite als auch von der Nachfrageseite als nicht bereit für eine umfassende Durchdringung mit digitalisierten Buchinhalten ansahen.¹² In diesen Kontext ist auch die jüngere Studie von Buschow et al. anzusehen, die sich ebenfalls mit disruptiven Innovationen auf der Verlagsebene beschäftigt. Hier wurde mithilfe von Onlinebefragungen untersucht, aufgrund welcher Faktoren sich deutsche Verlage für oder gegen einen Markteintritt im E-Book-Segment entscheiden.¹³ Dabei kam die Studie zu dem Ergebnis, dass die persönliche Einstellung der Managementebene einen wesentlichen Faktor für den Markteintritt darstellt. Jedoch waren Selbstzuschreibungen wie ein generell innovativer Ansatz nicht mit einem Markteintritt verbunden. Die Autoren vermuten, dass die innovative Komponente auf den Content und nicht auf eine technologische Adaption bezogen wurde.¹⁴ Dies spricht wiederum für den in dieser Arbeit zugrundegelegten Ansatz, die Aktivitäten der Unternehmen zu beleuchten und nicht auf Eigenbekundungen zurückzugreifen. Shaver und Shaver gehen in ihrer Studie aus dem Jahr 2003 auf der Konsumentenebene auf die Akzeptanzbarrieren für neue Technologien ein und kommen dabei zu dem Ergebnis, dass u. a. die Qualität der Displays einen Faktor für mangelnde Akzeptanz darstellt.¹⁵ Mit der Entwicklung der E-InkTechnologie konnte dieses Hemmnis jedoch beseitigt werden, was eine neuerliche Betrachtung auch vor diesem Hintergrund lohnenswert erscheinen lässt. Andere Untersuchungen beschäftigen sich hingegen mit der Thematik auf der Ebene der Organisationsentwicklung und beleuchten dabei einzelne Aspekte, ohne jedoch ein ganzheitliches Bild zu zeichnen. Zu nennen ist in diesem Zusammenhang die Studie von John Mc Cray et al., die das Krisenmanagement von Organisationen im Rahmen technologischer Transformationen anhand der Beispielfälle Amazon und Barnes & Noble aufzeigt. In dieser Hinsicht sind auch mehrere Fallstudien über Amazon und Barnes  & Noble einzuordnen, die jedoch hauptsächlich auf einzelne Aspekte wie z. B. Finanzkennzahlen zurückgreifen und einen engen Zeitraum betrachten. Exemplarisch hierfür steht die Case Study der Harvard Business School über digitale Infrastrukturen bei Amazon aus dem Jahr 2000, die jedoch wegen ihrer Zielstellung als Lehrmaterial nur Teilbereiche abdeckt.¹⁶ Aktuellere Fallstudien wie z. B. die

11 Vgl. Mierzejewska 2008, S. 109. 12 Vgl. Mierzejewska 2010, S. 51. 13 Vgl. Buschow et al. 2014, S. 67. 14 Vgl. ebd. 2014., S. 74. 15 Vgl. Shaver / Shaver 2003, S. 78. 16 Vgl. Rahman 2000.

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   Teil I: Grundlegendes

von Richard Price beschäftigen sich mit den Finanzkennzahlen von Amazon.¹⁷ Einen weiteren Ausschnitt liefert Greco, der sich mit der Marktkonzentration der ConsumerBook-Verlage in den USA beschäftigt, sich aber ausschließlich auf den Zeitraum von 1995 bis 1996 konzentriert und zu dem Schluss kommt, dass u. a. aufgrund der niedrigen Eintrittsbarrieren ein niedriger Konzentrationsgrad bestand. Durch den engen Zeitraum und die in der Zwischenzeit stattgefundenen Veränderungen wie den dann erfolgten Markteintritt von Amazon sowie größerer Fusionen wie der von Penguin mit Random House sind diese Erkenntnisse nur noch von geringer Bedeutung für die vorliegende Untersuchung.¹⁸ Für den deutschen Buchmarkt konnten lediglich drei umfassendere Studien identifiziert werden, die sich allerdings nur auf disruptive Innovationen auf Geschäftsmodellebene und damit auf den ersten im Rahmen dieser Untersuchung beleuchteten Zeitabschnitt konzentrieren. Zum einen hat sich Gertrud Walgenbach in ihrer Studie mit der Rolle des Markteintrittszeitpunktes im deutschen Online-Buchhandel auseinandergesetzt und diskutiert die Vor- und Nachteile eines frühen Markteintritts in innovativen Geschäftsfeldern.¹⁹ Zum anderen greift Andreas König in seiner Dissertation aus dem Jahr 2009, die sich mit den kognitiven Prozessen innerhalb von etablierten Unternehmen angesichts diskontinuierlicher technologischer Innovationen beschäftigt, exemplarisch den deutschen Onlinebuchhandel heraus. Jan-Felix Schrape arbeitet in seiner Untersuchung drei wesentliche Phasen für die Entwicklung des Onlinebuchhandels in Deutschland heraus, wobei bedingt durch den Zeitpunkt der Veröffentlichung die Entwicklung des E-Book-Segmentes noch nicht weit vorangeschritten war.²⁰ Die drei Studien betrachten demnach nur einen eingeschränkten Zeitraum bzw. sie beziehen keinen internationalen Vergleich mit ein.²¹ Für die Marktdaten in Deutschland und den USA wurden verschiedene Quellen herangezogen. Die Daten bezüglich der E-Commerce- und E-Book-Marktanteile des deutschen Buchmarkts werden vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels in der jährlich erscheinenden Publikation Buch und Buchhandel in Zahlen zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus gibt der Börsenverein gemeinsam mit der Gfk jährlich erscheinende E-Book-Studien heraus, in denen eine repräsentative Auswahl von Mitgliedern und Endkonsumenten zu E-Book-Absätzen und Umsätzen auf dem deutschen Markt befragt werden.²² Weitere Quellen zu den aktuellen Veränderungen und solchen aus der Vergangenheit sind die Webauftritte und Printversionen der Branchenzeitschriften Buchreport und Börsenblatt. Bei der Untersuchung der Marktaktivitäten der deutschen Unternehmen wird auf die jeweiligen Webseiten zurückgegriffen bzw. auf die

17 Vgl. Price 2013. 18 Vgl. Greco 2000, S. 334. 19 Vgl. Walgenbach 2005, S. 4. 20 Vgl. Schrape 2011, S. 4. 21 Vgl. König 2009. 22 Vgl. http://www.boersenverein.de/ebookstudie

1 Ausgangslage und Forschungsfragen   

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Wirtschaftsdatenbank Nexis. Die auf die jeweiligen Unternehmen bezogenen Daten werden aus den jeweiligen Geschäftsberichten, sofern die Unternehmen wie im Falle von Thalia und buch.de börsennotiert sind bzw. waren, bezogen. Im Falle von Weltbild wird auf die jährlich erschienenen Pressemitteilungen, die Geschäftszahlen publizieren, rekurriert. Die Datengrundlage für den US-amerikanischen Buchmarkt ist vergleichsweise schwieriger einzustufen, da, anders als für den deutschen Markt, eine größere Heterogenität der Datenquellen besteht. Allgemeine Marktdaten werden zwar vom Marktforschungsunternehmen Bowker Research und der American Association of Publishers bereitgestellt, diese sind aber oftmals nicht öffentlich bzw. nur für einen eingeschränkten Zeitraum zugänglich. Für den E-Book-Markt existieren einige Studien, wie z. B. vom Meinungsforschungsinstitut Pew Research Center. Das Onlineportal Statista bietet eine aktuelle Auswahl von Datenmaterial zum US-amerikanischen Buchmarkt aus verschiedenen privaten und amtlichen Institutionen, die jedoch nicht den gesamten Untersuchungszeitraum abdeckt. Deshalb wurde für die Daten zum E-CommerceMarkt in den USA auch auf die dortige Statistikbehörde United States Census Buereau zurückgegriffen. Für die Betrachtung der Unternehmensaktivitäten wird ebenso wie im Fall der deutschen Unternehmen auf die jeweiligen Webseiten und die Datenbank Nexis Bezug genommen. Die Branchenzeitschrift Publishers’ Weekly dient als weitere Quelle für Datenmaterial sowie für aktuelle Branchenentwicklungen in den USA und die jeweils vorherrschende Unternehmensituation in den einzelnen Zeitabschnitten. Der Untersuchungszeitraum der vorliegenden Arbeit beschränkt sich auf die Spanne zwischen der Herausbildung des E-Commerce-Handels (Buchbranche)  in den 1990er Jahren bis zum Jahr 2013. Die Eingrenzung wurde aus zwei Gründen heraus gewählt: Zum Einen sollen die unmittelbaren Reaktionen der beteiligten Unternehmen auf maßgebliche Innovationen (Kindle Fire von Amazon im Jahr 2011) herausgestellt werden, die, so eine Erkenntnis, rasch erfolgten und dann abebbten. Zum Anderen wurde im Sommer 2013 das Agency-Modell (Teil III, Punkt 1.1.2) vom Supreme Court der USA als unrechtmäßig eingestuft, was die Vergleichbarkeit des deutschen und US-amerikanischen Buchmarkts ab dann einschränkt.

2 Forschungsmethodik Case Study 2.1 Definition In der vorliegenden Untersuchung wird für die Beantwortung der oben formulierten Forschungsfragen auf die Forschungsmethodik der Case Study zurückgegriffen, wie sie von Yin definiert wurde. Dabei werden Fallstudien nicht als alleiniges Ergebnis von teilnehmender Beobachtung beschrieben, da eine Vielzahl auch ohne Nutzung dieser Herangehensweise konzipiert wurde. Yin stellt heraus, dass die Datensammlung bei Fallstudien sowohl qualitativ als auch quantitativ erfolgen kann.²³ Miles und Huberman haben für die Analyse der in dieser Arbeit zugrunde gelegten qualitativen Daten Analysetechniken dargelegt und kommen zu dem Ergebnis, dass Tabellen und Graphen adäquate Formen der Präsentation darstellen.²⁴ In Abgrenzung zu anderen Methoden wie dem Experiment oder der Simulation, die ebenfalls nicht auf eine bestimmte Art der Datensammlung begrenzt sind, zeichnet sich die Fallstudienmethodik als Forschungsstrategie durch folgende Eigenschaften aus: […] the distinguishing charakteristic of the case study is that it attempts to examine: (a) a contemporary phenomen in its real-life context, especially when (b) the boundaries between phenomen and context are not clearly evident.²⁵

Aus dieser Beschreibung wird deutlich, dass die Fallstudie anders als das Experiment keine bewusste Trennung von Phänomen und Kontext vornimmt. Yin betont dabei, dass eine Orientierung an einem Framework bzw. übergeordneten Konzept hilfreich für die Vermeidung von langwierigen Narrativen ist.²⁶ Hierzu sollte eine Kette für jeden einzelnen Analyseschritt implementiert werden, für den jeweils Belege zitiert werden.²⁷ Die explanative Komponente ist dabei das Ergebnis einer Suche nach Mustern innerhalb der verschiedenen Fälle.²⁸ In der vorliegenden Untersuchung erfolgt diese Mustergenerierung durch eine vergleichende Betrachtung der Marktaktivitäten der Unternehmen innerhalb des in Teil II, Punkt 3.3.1 dargestellten Kategoriensystems. Als übergeordneter zeitlicher Rahmen erfolgt die Betrachtung anhand der Zeitpunkte, in denen sich die Unternehmen des verbreitenden Buchhandels mit disruptiven Innovationen konfrontiert sahen. Diese Innovationen gingen maßgeblich auf den Akteur Amazon zurück und fanden in den Zeiträumen von 1997 bis 2002 und von 2007 bis 2013 statt.

23 Vgl. Yin 1981, S. 58. 24 Vgl. Miles / Huberman 1984 zitiert in: Eisenhardt 1989, S. 534. 25 Yin 2008, S. 16. 26 Vgl. Yin 1981, S. 64. 27 Vgl. ebd., S. 63. 28 Vgl. ebd., S. 61. DOI 10.1515/9783110478693-004

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   Teil I: Grundlegendes

Eisenhardt beschreibt den Forschungsansatz Case Study als besonders geeignet für dynamische Untersuchungsgegenstände mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Ausprägungen, was den Umfang anbelangt, der von Untersuchungen mit einem Fall bis zu 10 Fällen reicht.²⁹ Yin führt in dieser Hinsicht aus, dass die Untersuchung eines einzelnen Falles dann sinnvoll ist, wenn ein Unternehmen beispielsweise prototypisch für andere Unternehmen in einer Industrie oder Branche steht. Eine Einzelfalluntersuchung kann auch als Test einer signifikanten Theorie fungieren. Ebenso ist dieses Instrument für einzigartige Phänomene geeignet.³⁰ Im Gegensatz sind Studien mit mehreren Fällen robuster hinsichtlich der daraus ableitbaren Ergebnisse. Sie ermöglichen, eine Replikation zwischen den einzelnen Fällen zu vollziehen. Die Anzahl der Fälle muss dabei so hoch sein, dass diese Vergleichbarkeit gewährleistet ist, ohne dass die notwendige Untersuchungstiefe nicht mehr abgebildet werden kann.³¹ Fallstudien erweisen sich als besonders zielführend für Phänomene, die bisher keine breite oder keinerlei empirische Fundierung erfahren haben oder für solche, die über keine breite Literaturbasis verfügen.³² Auch wenn die Methode für historische Untersuchungen ebenfalls Anwendung finden kann, ist der überwiegende Teil der Untersuchungen auf die Beschreibung gegenwärtiger Ereignisse ausgerichtet³³, was ihre Nutzung auch in diesem Gesichtspunkt für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand zielführend erscheinen lässt. Die Methoden der Datenerfassung können Interviews, Archivarbeit und auch reine Beobachtungen beinhalten. Ferner können sie sowohl rein deskriptiv gestaltet werden, aber auch mit den Zielstellungen der Theorieprüfung und -generierung. Besonders für letzteres ist es unabdingbar, eine klar eingegrenzte Forschungsfrage zu formulieren, da ansonsten keine systematische Datenerfassung erfolgen kann und die Gefahr einer Konfusion des Forschenden in der Beurteilung der Relevanz der einzelnen Datensätze besteht.³⁴ Demzufolge können Fallstudien dazu dienen, Theorien aus der Empirie abzuleiten. Sie sind folglich Beschreibungen von Belegen für ein bestimmtes Phänomen, die auf einer Auswertung von Datenmaterial basieren.³⁵ Eisenhardt formuliert den Prozess der Erstellung von Fallstudien in folgenden Schritten: Am Anfang steht die Formulierung der Forschungsfrage und die Auswahl der Fälle. Ersteres dient der Eingrenzung der potentiellen Maße für das Forschungskonstrukt. Zweiteres erfolgt unter Einbeziehung möglicher Replikationen zwischen den einzelnen Fällen. Bei der Auswahl ist es notwendig auf Unternehmenstypen mit

29 Vgl. Eisenhardt 1989, S. 537. 30 Vgl. Yin 2008, S. 47 f. 31 Vgl. ebd., S. 55. 32 Vgl. Eisenhardt 1989, S. 548. 33 Vgl. Eisenhardt / Graebner 2007, S. 25. 34 Vgl. Eisenhardt 1989, S. 537. 35 Vgl. Eisenhardt / Graebner 2007, S. 25.

2 Forschungsmethodik Case Study   

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ähnlichen Merkmalen und abgegrenzte Märkte zurückzugreifen, da nur hierdurch eine Replikationslogik zwischen den Fällen erreicht werden kann.³⁶ Die sich daran anschließende Bestimmung der Untersuchungsinstrumente sollte verschiedene Datenquellen berücksichtigen, was mit der eigentlichen Datenanalyse abgeschlossen wird. Danach können die eingangs formulierten Hypothesen überprüft werden und eine Logik zwischen den einzelnen Fällen identifiziert werden. Im Vergleich mit der Literatur zum jeweiligen Forschungsfeld können schlussendlich Übereinstimmungen und Unterschiede herausgearbeitet werden.³⁷

2.2 Auswahl der Märkte Für die vorliegende Untersuchung wurden der Forderung von Eisenhardt entsprechend zwei klar abgrenzbare Buchmärkte in Deutschland und den USA ausgewählt. Dies geschah unter Maßgabe, dass der US-amerikanische Buchmarkt einerseits eine Vorreiterrolle in Bezug auf den elektronischen Handel und die Verbreitung von E-Books einnimmt und andererseits maßgebliche Akteure aus den USA, die Antreiber bzw. Initiatoren für die Digitalisierung auf dem Buchmarkt darstellen und auch international agieren. Die Vorreiterrolle des US-amerikanischen Buchmarktes zeigt sich beispielsweise in den Marktanteilen von E-Books, die sich dort im Jahr 2012 auf 22 Prozent beliefen. In Deutschland hingegen lag der Marktanteil im selben Jahr lediglich bei 2 Prozent, hatte sich aber im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Betrachtung der E-Commerce-Marktanteile. Hier nahmen die USA ebenfalls eine Vorreiterrolle im Zeitverlauf ein. So lag der Anteil hier in den USA im Jahr 2012 bei 43,8  Prozent, in Deutschland hingegen bei lediglich 19,1  Prozent. In den USA löste der E-Commerce-Vertriebskanal den stationären Buchhandel als größten Vertriebskanal bereits im Jahr 2011 ab, wohingegen er in Deutschland bisher (Stand 2015) noch einen kleineren Anteil aufweist. Dies liegt sicherlich auch in der Tatsache begründet, dass der deutsche Buchhandel über ein weitaus dichteres Filialnetz verfügt. Nichtstdestotrotz ist die Tendenz zum Wachstum des E-Commerce-Vertriebs zu Lasten des stationären Buchhandels hier gleichermaßen beobachtbar, wenn auch in geringerem Ausmaß. Ein zentraler Unterschied zwischen den beiden betrachteten Märkten ist die Tatsache, dass es im US-Buchmarkt keine gesetzliche Preisbindung gibt, die in Deutschland im Jahr 2002 gesetzlich verankert wurde und das bis dahin gültige Sammelrevers, eine einvernehmliche Branchenregelung zur Preisbindung durch bilaterale Verträge zwischen Verlagen und Buchhandlungen, ablöste. Die Vergleichbarkeit zwischen den Märkten bleibt aber im zweiten Untersuchungszeitraum der Arbeit, der von 2007 bis 2013 reicht in dieser Hinsicht insofern gewährleistet, als dass in diesen Zeitraum das 36 Vgl. Eisenhardt 1989, S. 537. 37 Vgl. ebd., S. 534.

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   Teil I: Grundlegendes

sogenannte Agency-Modell Anwendung fand, das mit dem vormals in Deutschland betriebenen Sammelrevers vergleichbar ist. Das im Jahr 2010 eingeführte Modell verpflichtete die Vertriebskanäle den vom Verlag festgelegten Preis bei E-Books nicht zu überschreiten.³⁸

2.3 Auswahl der Unternehmen Die Auswahl der Unternehmen erfolgte unter der oben dargestellten Prämisse, dass sie eine große Ähnlichkeit hinsichtlich vorweg definierter Faktoren aufweisen sollten, um eine Vergleichbarkeit der Fälle zu gewährleisten. Bedingt durch die Zielstellung der Untersuchung, handelt es sich um eine bewusste Auswahl und nicht um eine Analyse zufälliger Stichproben. Diese Herangehensweise ist einerseits durch die Tatsache bestimmt, dass vermutlich nur große bzw. mit ausreichend Investitionskapital ausgestattete Unternehmen in der Lage sind, die notwendigen Ressourcen für den eigenständigen Aufbau einer konkurrenzfähigen IT-Infrastruktur aufzubringen, wie sie für eine E-Commerce-Präsenz bzw. den digitalen Vertrieb von Inhalten notwendig ist. Insofern war der Ausgangspunkt für die Auswahl der Unternehmen das Vorhandensein eines eigenen E-Commerce-Webshops, was die Ziehung einer zufälligen Stichprobe ausschließt. Außerdem geraten besonders die großen Filialunternehmen, die sich vormals durch einen massiven Expansionsprozess einen großen Anteil innerhalb der Vertriebskanäle sichern konnten, besonders unter Druck. Für die vorliegende Untersuchung wurden unter Berücksichtigung der oben beschriebenen Aspekte fünf bzw. sechs Unternehmen, die dem Großflächenbuchhandel zuzurechnen sind, ausgewählt.³⁹ Großflächen sind einerseits dadurch gekennzeichnet, dass sich die Standorte entweder in Innenstadtlagen oder auch in Einkaufscentern mit einem hohen Maß an Publikumsverkehr befinden. Sie werden überwiegend von Buchhandelsketten verantwortet.⁴⁰ In der vorliegenden Untersuchung wird deshalb auf die Betriebsform der Filialisten abgestellt, die sich dadurch bestimmen, dass sie mindestens fünf Verkaufsstellen betreiben.⁴¹ Als typische Repräsentanten in Deutschland wurden folgende Unternehmen ausgewählt: die Deutsche Buchhandelsholding (DBH) und die Thalia Holding. Für den amerikanischen Markt wurden die zu Beginn der Untersuchung bestehenden beiden größten Buchhandelsketten Barnes & Noble und die Borders Group sowie der E-Commerce Anbieter Amazon, der als Treiber der Marktveränderungen gelten kann, herangezogen.

38 Vgl. www.boersenblatt.net/tag/Agency+Modell 39 Die Zahlen beziehen sich darauf, dass die beiden größten Mitglieder der Deutschen Buchhandelsholding die Filialisten Weltbild und Hugendubel sind. 40 Vgl. Emrich 2010, S. 99. 41 Vgl. ebd., S. 100.

2 Forschungsmethodik Case Study   

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2.4 Auswahl der Instrumente Für die Untersuchung der Reaktionsmöglichkeiten der Unternehmen des verbreitenden Buchhandels werden in der Untersuchung verschiedene Datenquellen herangezogen, die sowohl quantitativ als auch qualitativ ausgewertet werden, wodurch der bei Eisenhardt formulierten Forderung nach einer Kombination der Herangehensweisen entsprochen wird. Die Kombination dient dazu Übereinstimmungen bzw. Widersprüche zwischen quantitativen und qualitativen Daten zu beleuchten. Für die Untersuchung der Verhaltensmuster der Akteure werden die Marktaktivitäten anhand der Kategorien neue Produkte / Serviceleistungen, Kooperationen / Allianzen  / Übernahmen sowie Marketingaktivitäten quantitativ ausgewertet. Die Kategorisierung orientierte sich dabei an in der bisherigen Forschung identifizierten Marktaktivitäten, die für eine erfolgreiche strategische Positionierung als zentral angesehen werden.⁴² Der Zeitraum der Auswertung ist durch die beiden disruptiven Innovationen auf Geschäftsmodell- bzw. Produktebene vorgegeben. Als Quelle für die Marktaktivitäten dient einerseits die Fachdatenbank Nexis, die Volltexte aus englisch- und deutschsprachigen Quellen mit Wirtschaftsinformationen ab den 1980er Jahren bereitstellt.⁴³ Andererseits wird hierfür auf die Rubrik Pressemitteilungen auf den Webseiten der Unternehmen zurückgegriffen sowie auf die Portale der Branchenzeitschriften. Dies geschieht vor dem Hintergrund, dass die Pressemitteilungen der deutschen Unternehmen oftmals nicht vollumfänglich in der Datenbank verfügbar sind. Eine weitere zentrale Quelle in quantitativer Hinsicht stellen die Geschäftsberichte der Unternehmen dar, sofern diese an der Börse gelistet sind. Dies trifft auf die drei US-amerikanischen Unternehmen zu sowie im Untersuchungszeitraum von 1999 bis 2001 auf den Onlineshop Buch.de, der mittlerweile eine Tochtergesellschaft der Thalia Holding ist. Die Geschäftsberichte werden dabei hinsichtlich der Ausgaben für Forschung und Entwicklung sowie hinsichtlich der Marketingausgaben in der Frühphase der Unternehmensentwicklung abgeglichen. Darüber hinaus dienen die nationalen Branchenzeitschriften zur Einordnung der Marktaktivitäten in qualitativer Hinsicht sowie die Inhalte der Pressemitteilungen.

42 Vgl. Rindova / Petkova / Kotha 2007, S. 7. 43 Die Datenbank beinhaltet 821 Publikationen aus dem deutsch- und englischsprachigen Raum. Darunter befinden sich neben überregionalen auch regionale Zeitungen und Nachrichtenmagazine. Vgl. www.nexis.com

Teil II: Theoretische Grundlagen und ihre Anwendung

1 Einordnung in die Strategieforschung 1.1 Strömungen in der Strategieforschung Der etymologische Ursprung des Begriffs Strategie liegt im griechischen Wort ,strategos‘, welches die Kunst der Heerführung bezeichnet. Daher wurde er auch in Deutschland zunächst im militärischen Bereich verwendet wie z. B. von dem preußischen Militärtheoretiker Carl Philipp Gottlieb von Clausewitz (1780–1831), der Strategie als den „Gebrauch des Gefechts zum Zwecke des Krieges“ bezeichnete.⁴⁴ Erstmalige Anknüpfungspunkte zu den Wirtschaftswissenschaften fanden sich in der ökonomischen Spieltheorie, die Strategie als die Planung bestimmter Spielzüge unter Berücksichtigung der Einflussnahme fremder und eigener Spielzüge auf den Ablauf begreift.⁴⁵ Problematisch an diesen Ansätzen ist der Versuch, beobachtetes Verhalten durch passend gestaltete Spielkonstellationen abzubilden und zu rationalisieren. Die Spieler können dabei zwischen verschiedenen Handlungsalternativen wählen. Im Rahmen einer praxisorientierten Analyse ergibt sich allerdings das Problem des unvollkommenen Informationsstandes der beteiligten Akteure bzgl. der Umweltsituation, der nur schwierig abzubilden ist. Auch wenn sich erste Anknüpfungspunkte in den 1940er Jahren finden, ist die Strategieforschung eine junge Disziplin innerhalb der Betriebswirtschaftslehre. Dies zeigt sich in der Tatsache, dass maßgebliche Forschungsarbeiten erst in den 1960er und 1970er Jahren größere Beachtung fanden. Zentral sind dabei die Arbeiten von Alfred Chandler, Igor Ansoff und Kenneth Andrews. Während Chandler in seiner Monographie Strategy and Structures den Begriff ,Strategie‘ in ökonomischer Hinsicht begründete, entwickelte Andrews Überlegungen zum strategischen Management auf Geschäftsfeldebene. Sein Verdienst bestand dabei in einer Integration von externer und interner Analyse, indem er die Chancen und Risiken der Umweltsituation als externe Faktoren und die Stärken und Schwächen eines Unternehmens als interne Faktoren beschrieb.⁴⁶ Ansoff hingegen legte den Schwerpunkt seiner Analyse auf die Unternehmensebene, wobei er insbesondere auf die Entstehung von Wettbewerbsvorteilen einging. Er gilt auch als Begründer der Strategieprozessforschung, die neben der Strategieinhaltsforschung einen zentralen Zweig der Strategieforschung darstellt. Während sich die Strategieinhaltsforschung mit der Ausgestaltung von Strategien beschäftigt, bezieht sich die Strategieprozessforschung auf die Prozesse der Strategieformulierung und Strategieumsetzung. Dabei kann zwischen dem Planungsmodell und dem Inkrementalmodell unterschieden werden.⁴⁷ 44 Vgl. Clausewitz 1833, S. 1; Militärische Terminologie findet vor allem in der Betriebswirtschaftslehre ihren Niederschlag, was sich z. B. an Formulierungen wie ,Eroberung von Marktanteilen‘ zeigt. 45 Vgl. Hungenberg 2011, S. 5. 46 Vgl. ebd., S. 58. 47 Vgl. ebd., S. 59. DOI 10.1515/9783110478693-005

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   Teil II: Theoretische Grundlagen und ihre Anwendung

Ursprünglich schlug sich das Begriffsverständnis von Strategie in der langfristigen Unternehmensplanung in ausschließlich finanzieller Hinsicht nieder, die auf die Festlegung des Mittelbedarfs und Abweichungsanalysen bei zu diesem Zweck aufgestellten Mehrjahresbudgets abzielte.⁴⁸ Ein Fokus lag dabei auf der Formulierung eines rationalen Plans, einem gedanklichen Konstrukt, welches die gewünschten Unternehmensziele beschrieb und die notwendigen Mittel festlegte, weshalb dieser Ansatz, der auf Ansoff zurückgeht, auch als Planungsmodell bzw. Rationalmodell bezeichnet wird. Demzufolge sollte ein Unternehmen zunächst versuchen, einerseits seine Wertaktivitäten und Kompetenzen zu analysieren und andererseits die Umweltentwicklungen miteinzubeziehen und auf dieser Basis erfolgversprechende Strategien für die Erreichung der Unternehmensziele festlegen, z. B. mithilfe von Kennziffern. In einem nächsten Schritt sollte dieser Plan in konkretes betriebliches Handeln umgesetzt werden. Dies beinhaltete eine normative Herangehensweise. Darüber hinaus muss ein Unternehmen die Pläne und Strategien anderer Akteure wie z. B. von Konkurrenten kennen, weil sie die Umweltsituation maßgeblich mitbestimmen. Da diese aber wiederum die Strategie des betreffenden Unternehmens kennen müssen, führt dies zu einer Zirkularität. Insofern wurde dieser sequentielle Prozess der Strategieformulierung als zunehmend problembehaftet angesehen.⁴⁹ Auch wenn der Zweck der Strategieformulierung, nämlich die langfristige Existenzsicherung eines Unternehmens, durch die Generierung von Wettbewerbsvorteilen bis heute gleich geblieben ist, haben sich deshalb im Zeitverlauf einige Perspektivenwechsel ergeben. Während in der oben beschriebenen Phase der strategischen Planung, die auch als Rationalmodell bezeichnet wird, eine gewisse Stabilität der makroökonomischen Rahmenbedingungen zugrundegelegt wurde, was die Planbarkeit aus Unternehmenssicht erleichterte, wandelte sich dies infolge des Ölpreisschocks Mitte der 1970er Jahre. Das hatte auch zur Folge, dass die Unternehmensumwelt nun zunehmend dynamischer betrachtet wurde und eine Planbarkeit auch infolge des technologischen Fortschritts komplexer wurde.⁵⁰ Die Mitte der 1970er Jahre stellt unter anderem insofern die Geburtsstunde der modernen Strategieforschung dar, als dass hier erstmals der Begriff des ,Strategischen Managements‘ durch Igor Ansoff gebraucht wurde und eine stärkere Verknüpfung von Theorie und Praxis angestrebt wurde.⁵¹ Sein Verdienst war in dieser Hinsicht die Thematisierung der Implementierungsproblematik von strategischen Plänen in betriebliches Handeln. Damit rückte auch eine praxisorientierte Komponente in den Vordergrund. Vorformulierte Pläne müssen in konkrete Aktivitäten transformiert werden, was in der Perspektive von Strategie als Managementaufgabe zum Ausdruck kommt. Aus dieser Feststellung heraus entwickelte sich die ,Learning 48 Vgl. Andrews 1980, S. 7. 49 Vgl. Schreyögg 1999, S. 391. 50 Vgl. Goos / Hagenhoff 2003, S. 12. 51 Vgl. Schreyögg 1999, S. 387.

1 Einordnung in die Strategieforschung   

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School‘, die die Rationalität des Planungsprozesses in Frage stellte und stärker auf unternehmensinterne Prozesse wie eben die notwendige Anpassung von Organisationen an intendierte Strategien einging. Die Stoßrichtung bestand dabei in einer Integration zwischen der analytischen Komponente des Planungsprozesses mit dem in der Praxis beobachtbaren bestimmenden Determinanten von menschlichen Verhaltensmustern innerhalb von Unternehmen. Diese umfassten Legitimität, Symbole, Rituale und Glaubensgrundsätze innerhalb von Organisationen.⁵² Betont wurden folglich im Gegensatz zum Rationalmodell die interne Sichtweise und die Rolle von unternehmensspezifischen Faktoren wie z. B. die Unternehmenskultur. Während im Rationalmodell die Objektivierung der Umwelt im Vordergrund stand, bezog sich die ,Learning School‘ auf die subjektive Konstruktion der Umwelt und die Auswirkungen dieser Tatsache auf das strategische Management. Jedoch führte diese Sichtweise zu einer Betonung der subjektiven Komponenten im Prozess der Strategieformulierung, was letztlich zu der Problematik führte, dass die Option, einen Kontext zwischen Umwelt und Unternehmen herzustellen und damit eine Anpassung zu erreichen, als höchstens kurzfristig realisierbar erschien. Darüber hinaus bewegte sich der Diskurs auf einem weitgehend theoretischen Niveau, so dass sich hieraus ein Mangel an Instrumenten ergab.⁵³ Aufgrund der makroökonomischen Veränderungen (Ölkrise etc.) entwickelte sich darüber hinaus ein auch den heutigen Diskurs weiterhin bestimmender Ansatz, die Positionierungsschule. Grundlage hierfür war die Feststellung, dass sich die Renditen innerhalb verschiedener Branchen maßgeblich voneinander unterscheiden.⁵⁴ Dies konnte schwerlich auf unternehmensspezifisches Verhalten zurückgeführt werden, sondern vielmehr auf Markteintrittsbarrieren, die eine Mobilität der Unternehmen einschränken. Um erfolgreich zu sein, müssen Unternehmen demzufolge eine Positionierung innerhalb ihrer Branche wählen, die auf einer systematischen Analyse der Umweltgegebenheiten basieren sollte. Insofern stellt diese Denkschule eine Rückbesinnung auf die Umweltkomponente dar, die bereits vom Rationalmodell eingefordert wurde. Ein maßgeblicher Vertreter dieser Sichtweise ist der Harvardökonom Michael E. Porter, dessen Modell in Teil II, Punkt 1.2.2 kritisch für den Untersuchungsgegenstand überprüft wird. An dieser Stelle sei aber bereits angemerkt, dass ein wesentlicher Vorteil dieser Sichtweise, nämlich ihre Einfachheit, zugleich auch einen wesentlichen Kritikpunkt darstellt. Im Gegensatz zur interpretativen Sichtweise der ,Learning school‘ wurde die subjektive Konstruktion der Umwelt durch Individuen nicht thematisiert. Dies hatte den Nachteil, dass die Positionierungsschule zwar einen vergleichsweise leicht operationalisierbaren Werkzeugkasten zur Analyse der Umweltgegebenheiten etablieren konnte, jedoch die spezifischen Gegebenheiten der

52 Vgl. Mc Kiernan 2006, S. 12. 53 Vgl. ebd., S. 15. 54 Vgl. Moldaschl 2008, S. 18.

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   Teil II: Theoretische Grundlagen und ihre Anwendung

Unternehmensorganisation tendenziell vernachlässigt wurden.⁵⁵ Diese Tatsache geht darauf zurück, dass der Ausgangspunkt dieser Denkrichtung in der Industrieökonomik zu finden ist, die grundsätzlich einem Gleichgewichtsdenken geprägt ist und von homogenen Unternehmen ausgeht. Auch wenn Porter diese Homogenität durch sein Konzept der strategischen Gruppen bestritt, treten bei dieser Sichtweise dennoch die unternehmensinternen Prozesse in den Hintergrund, was ihre Verwendbarkeit für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand zumindest einschränkt. Problematisch ist auch, dass der Markteintritt branchenfremder Unternehmen eine Abgrenzung des Konstrukts ,Branche‘ zunehmend erschwert.⁵⁶ Um dem wesentlichen Defizit der Positionierungsschule entgegenzutreten, nämlich der mangelnden Betrachtung unternehmensinterner Prozesse, entwickelte sich in den 1990er Jahren die ressourcenbasierte Sichtweise, die derartige Faktoren in den Mittelpunkt der Betrachtung rückte. Dabei sollte einerseits das Problem der schwierigen Branchenabgrenzung gelöst werden, indem die Konzentration auf einzelne Unternehmungen verstärkt in den Fokus geriet und andererseits die Fähigkeiten von Unternehmen im Vergleich zu ihren Konkurrenten, die als maßgeblich für den Erfolg eingeschätzt wurden. Daher wurden unternehmensinterne Faktoren als erfolgsrelevant erachtet und weniger die Positionierung eines Unternehmens im Wettbewerb. Insofern griff der ressourcenorientierte Ansatz stärker auf die interpretative Sichtweise der ,Learning school‘ zurück, da nunmehr die Modellierung der Umwelt als unternehmensspezifisches Unterfangen herausgestellt wurde. Dabei geht es insbesondere um die Frage, inwieweit es gelingt, eine einzigartige Ressourcenkombination zu erzielen, die für die Wettbewerber nicht replizierbar ist und die gleichzeitig zu einer schnellen Anpassungsfähigkeit an Umweltveränderungen führt.⁵⁷ Ihre Entsprechung findet diese Entwicklung des Planungsmodells in der Herausbildung des Inkrementalmodells, das maßgeblich von Henry Mintzberg und James Quinn Ende der 1970er Jahre entwickelt wurde und das den Gegenpol zum Planungsmodell darstellt. Ihre Arbeit baute dabei auf den Erkenntnissen von Charles Lindblom aus dem Jahr 1959 auf, der die Rationalität des Planungsprozesses auf der administrativen Ebene im Politikbereich in Frage stellte. Er stellt dabei heraus, dass die Bürokratie und Verwaltung nicht grundsätzlich alle möglichen Optionen bei der Entscheidungsfindung realisieren, sondern vielmehr dazu neigen den Entscheidungsraum zu begrenzen, indem sie bisherige Praktiken anpassen, aber nicht grundsätzlich in Frage stellen. Es handelt sich dabei folglich um einen inkrementellen Prozess, der auf bereits bestehenden Vorgehensweisen basiert und seiner Ansicht nach auch auf den privaten Sektor übertragbar ist.⁵⁸

55 Vgl. Mc Kiernan 2006, S. 15. 56 Eine Branchenstrukturanalyse erfolgt in Teil III, Punkt 1.3. 57 Vgl. Mc Kiernan 2006, S. 16. 58 Vgl. Lindblom 1959.

1 Einordnung in die Strategieforschung   

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Diese Erkenntnis wurde von Quinn mit einer Untersuchung zehn großer USUnternehmen aufgegriffen. Ähnlich wie Mintzberg geht er dabei von der Annahme aus, dass sich Strategien sukzessive herausbilden und nicht durch eine globale Formulierung bestimmt werden.⁵⁹ Dieser Sichtweise zufolge bilden sich Strategien aus einer Reihung strategischer Subsysteme heraus, die jeweils eine bestimmte strategische Zielsetzung verfolgen. Dies wäre z. B. im Rahmen einer Unternehmensübernahme oder bei Desinvestitionen der Fall. Aus den Aktivitäten in diesen Subsystemen entstehen dann jeweils Muster, die die Gesamtstrategie bestimmen.⁶⁰ Somit bildet sich die Gesamtstrategie prozessual im Sinne einer fragmentierten Mischung aus betriebsinternen und externen Ereignissen heraus. Der Anlass für eine Veränderung der strategischen Herangehensweise kann dabei aus verschiedenen Richtungen erfolgen: Zu nennen wären hier beispielsweise organisationale Neustrukturierungen bzw. auch Veränderungen der technologischen Umweltgegebenheiten.⁶¹ Zentral ist Quinn zufolge die Notwendigkeit einer Offenheit bei der Formulierung strategischer Ziele, um nicht Gefahr zu laufen, aufgrund einer deterministischen Handlungsweise maßgebliche Umweltveränderungen nicht mehr miteinbeziehen zu können. Aufgrund der schwierigen Prognostizierbarkeit von zukünftigen Ereignissen, die für die Unternehmensentwicklung von Bedeutung sein könnten, empfiehlt er, lediglich Faktoren zu berücksichtigen, deren Eintritt eine hohe Wahrscheinlichkeit aufweist und sich dabei gleichzeitig auf stabile Markt- bzw. Produktsegmente zu konzentrieren, um die bisher vorhandenen Stärken auszuspielen. Auch Henry Mintzberg sieht Strategien als sich herausbildendes Muster im Strom der Handlungen an (pattern in a stream of actions) und verfolgt damit einen deskriptiven Ansatz.⁶² Er begreift den Prozess der Strategieentstehung dabei als Wechselwirkung zwischen einer dynamischen Umweltsituation, die aufgrund von Diskontinuitäten starken Veränderungen unterworfen ist, und einem organisationalen System, welches in erster Linie auf Kontinuität in der Handlungsweise ausgerichtet ist, was auf eine Starrheit der Strukturen innerhalb der Organisation zurückzuführen ist. Dem Management bzw. der Führungsebene kommt die Aufgabe zu, zwischen diesen beiden Feldern zu vermitteln, um einerseits eine Stabilität im operativen Geschäft zu gewährleisten und andererseits die Anpassung an Umweltveränderungen zu ermöglichen. Strategie wird dabei als konsistentes Verhaltensmuster verstanden, das über die Zeit hinweg ständig angepasst werden muss, was von Mintzberg als strategischer Wandel beschrieben wird.⁶³ Er unterscheidet dabei zwischen intendierten Strategien und emergenten Strategien. Intendierte Strategien können demzufolge realisiert werden und werden dann von Mintzberg als deliberate Strategien bezeich-

59 Vgl. Quinn 1980, S. 34. 60 Vgl. ebd., S. 35. 61 Vgl. ebd., S. 37. 62 Vgl. Mintzberg 1978, S. 934. 63 Vgl. ebd., S. 941.

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   Teil II: Theoretische Grundlagen und ihre Anwendung

net. Werden intendierte Strategien nicht realisiert, etwa weil sie auf unrealistischen Erwartungen beruhen oder auf Fehlannahmen, was die Umweltentwicklung betrifft, handelt es sich um unrealisierte Strategien. Darüber hinaus kann es auch zu realisierten Strategien kommen, die aber nicht intendiert waren. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn kein allgemeines strategisches Ziel vorab formuliert wurde, oder wenn von einer strategischen Vorgehensweise im Zeitverlauf aufgrund veränderter Rahmenbedingungen Abstand genommen wurde. Das Strategieverständnis von Mintzberg ist in Abbildung 1 noch einmal graphisch dargestellt.

Beabsichtigte Strategie

Bewusste Strategie

Unrealisierte Strategie

Realisierte Strategie

Sich herausbildende Strategie

Abb. 1: Strategieverständnis nach Mintzberg. Quelle: Mintzberg / Waters 1985, S. 258.

Mintzbergs Ansatz kommt dabei der Verdienst zu, verschiedene strategische Denkschulen zu integrieren, indem er eine ganzheitliche Betrachtung des Unternehmens und seines Umfeldes in den Mittelpunkt rückt.⁶⁴ Mit der Herausarbeitung von fünf idealtypischen Organisationstypen, die durch situative Faktoren wie z. B. eine dynamische Umwelt beeinflusst werden, entwickelt er eine grundlegende Typologie. Die Kernaussage der Typologie bestand demnach darin, dass eine Organisation mit einem hohen Maß an Übereinstimmung zwischen Design- und Kontingenzfaktoren effektiver sei, als eine ohne.⁶⁵ Infolge der Beschreibung von idealtypischen Konfigurationen einer Unternehmensorganisation unter Einbeziehung der situativen Faktoren wird der Ansatz auch als konfigurationstheoretischer Ansatz bezeichnet. Dieser zeichnet sich durch die Herausarbeitung von Idealtypen von Unternehmen aus. Je genauer ein Unternehmen einem bestimmten Typ entspricht, umso höher ist die Effektivität, was wiederum durch die Übereinstimmung der Muster von kontextuellen, strukturel-

64 Vgl. Scherer / Beyer 1998, S. 332. 65 Vgl. Doty et al. 1993, S. 1206.

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len und strategischen Faktoren bedingt ist.⁶⁶ Ein Charakteristikum für die Konfigurationstheorie ist die Tatsache, dass die Wahl des Typus irrelevant für ein positives Gesamtergebnis ist. Dies kommt in der sogenannten Equifinalitätshypothese zum Ausdruck. Jede der Organisationsformen ist demnach gleichermaßen erfolgversprechend, solange sich Unternehmen in hohem Maße an einem bestimmten Typus orientieren. Neben Mintzberg stehen Miles / Snow exemplarisch für die Konfigurationstheorie. Sie entwickeln ebenfalls eine Typologie, die vier Typen von Organisationen vorschlagen, den Prospector, den Analyser, den Defender sowie den Reactor. Dabei sind die ersten drei Formen gleichermaßen effektiv (Equifinalität), wohingegen der Reactor weniger erfolgreich agiert.⁶⁷ In der Praxis fand die oben dargestellte Unterscheidung zwischen Planungs- und Inkrementalmodell allerdings kaum Beachtung. So erfuhr in erster Linie das Inkrementalmodell trotz seiner empirischen Fundierung wenig Ressonanz, da es keinerlei Handlungsanweisungen für die Führungsebene gewährte, sondern ausschließlich in theoretischer Hinsicht auf einer wissenschaftlichen Ebene diskutiert wurde.⁶⁸ Insofern wurde in theoretischer Hinsicht hauptsächlich auf das Planungsmodell rekurriert. Größere praktische Relevanz hatte hingegen in den 1960er und 1970er Jahren die Erfolgsfaktorenforschung, die ausschließlich aufgrund von großzahligen Fallstudien versuchte, die Gründe für den Unternehmenserfolg bzw. Misserfolg herauszuarbeiten, allerdings ohne eine entsprechende theoretische Fundierung.⁶⁹ Aus den oben dargelegten Ausführungen wird deutlich, dass die moderne Strategieforschung ein stark heterogenes Feld darstellt und sich eine Vielzahl von verschiedenen Ansätzen und Denkschulen unter ,Strategieforschung‘ subsumieren lassen. Ursächlich hierfür ist das Nebeneinander einer Vielzahl von wissenschaftlichen Disziplinen, die sich mit strategischem Management beschäftigen, was zu einer gewissen Unschärfe in diesem Forschungsfeld beiträgt. So umfasst die Forschung neben der Betriebswirtschaft auch volkswirtschaftliche Herangehensweisen wie z. B. die Spieltheorie, aber auch Anleihen aus der Biologie (z. B. Population Ecology), der Soziologie und der Psychologie.⁷⁰ Im Folgenden werden die markt- und ressourcenorientierte Sichtweise als Teilbereiche des Planungsmodells auf ihre Anwendbarkeit in der Internetökonomie überprüft. Dies geschieht vor dem Hintergrund, dass die beiden Sichtweisen mit ihrem jeweiligen Schwerpunkt auf die Umwelt bzw. das Unternehmen eine sich gegenseitig ergänzende Betrachtung der Unternehmensstrategie erlauben. Zudem haben beide Ansätze eine gute theoretische und empirische Fundierung erfahren und wurden breit reflektiert.⁷¹

66 Vgl. Doty et al. 1993, S. 1196. 67 Vgl. ebd., S. 1197. 68 Vgl. Hungenberg 2011, S. 68. 69 Vgl. ebd., S. 60. 70 Vgl. ebd., S. 60. 71 Vgl. Lammerskötter 2002, S. 4 f.

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   Teil II: Theoretische Grundlagen und ihre Anwendung

Darüber hinaus wird der konfigurationstheoretische Ansatz von Miles / Snow auf seine Eignung überprüft. Dies geschieht in erster Linie aufgrund seines Potentials, im Rahmen des Inkrementalmodells verschiedene strategische Schulen zu integrieren.⁷² Anders als der Ansatz von Mintzberg hält die Typologie von Miles / Snow zudem auch einer quantitativen Modellierung stand. Doty  / Glick  / Huber gehen beispielsweise in diesem Zusammenhang der Frage nach, ob die Annäherung an einen Idealtyp zu einem Effizienzgewinn für das jeweilige Unternehmen führt und bejahen diese Frage für den Ansatz von Miles / Snow, wohingegen sie dies für den Ansatz von Mintzberg verneinen.⁷³

1.2 Marktorientierter Ansatz Der marktorientierte Ansatz geht auf die Arbeiten von Bain und Mason im Bereich der Industrial Organization (Industrieökonomik) zurück und wurde später von Michael E. Porter in seinem Buch Competitive Strategy weiterentwickelt. Während Edward S. Mason sich in seiner Studie⁷⁴ mit Preis- und Produktionspolitik von Unternehmen beschäftigte und zu dem Ergebnis kam, dass zwar große Unternehmen über einen gewissen monopolistischen Preisspielraum verfügen, aber aufgrund von Marktstrukturen in ihrer Wahlfreiheit eingeschränkt sind, konzentrierte sich Bain auf die Branche als Basis seiner Untersuchungen und deckte mittels empirischer Studien den Zusammenhang zwischen der Branchenstruktur und der Leistung von Unternehmen auf.⁷⁵ Bain identifizierte Eintrittsbarrieren wie z. B. Kostenvorteile sowie den Konzentrationsgrad als ursächlich für eine bestimmte Struktur der Branche. Zentral hierbei sind die Eintrittsbarrieren, da ansonsten immer neue Unternehmen in eine Branche eintreten würden, solange, bis das ökonomische Gleichgewicht erreicht wird, bei dem kein Unternehmen mehr Gewinn erzielen kann. Weitere Determinanten für die Struktur sind die ökonomischen Produktcharakteristika sowie die Elastizität der Nachfrage.⁷⁶ Der Ansatz besagt folglich, dass die Profitabilität von Unternehmen von der Struktur einer Industrie bzw. Branche abhängig ist. Ihren Niederschlag finden diese Erkenntnisse im ,structure-conduct-performance-Paradigma‘, welches besagt, dass die Struktur (structure) einer Branche das strategische Verhalten eines Unternehmens bestimmt und damit wiederum auch den Erfolg. Porter entwickelte das Modell in den 1970er Jahren weiter, da eine Schwäche der Industrieökonomik darin bestand, dass von homogenen Unternehmen innerhalb einer Branche ausgegangen wurde, die sich lediglich in ihrer Größe unterscheiden.

72 Vgl. Scherer / Beyer 1998, S. 341 f. 73 Vgl. Doty et al. 1993, S. 1195. 74 Vgl. Mason 1939. 75 Vgl. Bain 1956, 1968 zitiert in: Sammerl 2006, S. 121. 76 Vgl. Haertsch 2000, S. 62.

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Um dieser stark vereinfachenden Grundannahme entgegenzutreten, erweiterte Porter das Modell um das Konzept der strategischen Gruppen. Das Konzept geht davon aus, dass sich die Unternehmen einer Branche hinsichtlich ihrer strategischen Ausrichtung, des Grades der vertikalen Integration sowie der Breite der Produktlinie unterscheiden.⁷⁷ Unternehmen, die ein gleichartiges strategisches Vorgehen verfolgen, sind somit Mitglieder einer strategischen Gruppe. Der Erfolg eines Unternehmens ist daher nicht ausschließlich von der Struktur der Branche abhängig, sondern auch von der Zugehörigkeit des Unternehmens zu einer bestimmten strategischen Gruppe. Die unterschiedlichen Gruppen unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Eintrittsbarrieren, die einerseits den Eintritt branchenfremder Unternehmen verhindern und andererseits die Mobilität der Unternehmen innerhalb der Branche zwischen den Gruppen einschränken. So verhindern beispielsweise die hohen Kapitalanforderungen für den Aufbau von physischen Ladengeschäften den Übertritt von reinen Onlineanbietern in die strategische Gruppe der Multi-Channel-Anbieter. Eine weitere von Porter vorgenommene Ergänzung des ,structure-conduct-performance-Paradigmas‘ war die Erkenntnis, dass bei einer Veränderung der Technologiebasis einer Branche Rückkoppelungseffekte auf die Branchenstruktur zu verzeichnen sind. Infolge einer technologischen Neuerung, die beispielsweise von einem Unternehmen innerhalb der Branche angestoßen wird, kann es zu einer Absenkung bzw. Erhöhung der Eintrittsbarrieren kommen, was wiederum auf die Struktur durchschlägt.

1.2.1 Branchenstrukturanalyse und generische Wettbewerbsstrategien Ausgehend von seinen Überlegungen entwickelte Porter die Branchenstrukturanalyse mit ihren fünf Komponenten, die die Attraktivität einer Branche bestimmen. Eine Branche ist dabei als Gruppe von Unternehmungen definiert, die Produkte zur Verfügung stellen, die sich gegenseitig nahezu ersetzen können.⁷⁸ Die fünf Wettbewerbskräfte untergliedern sich in den Grad der Rivalität unter den bestehenden Anbietern, die Bedrohung durch neue Anbieter, den Druck durch Substitutionsprodukte, die Verhandlungsstärke der Abnehmer sowie die Verhandlungsstärke der Lieferanten. Die Intensität der einzelnen fünf Kräfte und damit ihre Auswirkung auf den Wettbewerb unterscheidet sich je nach betrachteter Branche. Die Strukturanalyse stellt somit die Basis für die Formulierung von Wettbewerbsstrategien dar und ist nach Porter gleichermaßen für Industrie- wie für Dienstleistungsunternehmen geeignet, was ihre Einbeziehung für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand notwendig erschei-

77 Vgl. Haertsch 2000, S. 66. 78 Vgl. Lammerskötter 2002, S. 93.

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nen lässt.⁷⁹ Zudem behauptet er die Gültigkeit seiner Überlegungen auch in einem neuen Umfeld ausdrücklich: Whether an industry is new or old, its structural attractiveness is determined by five underlying forces of competition: the intensity of rivalry among existing competitors, the barriers to entry for new competitors, the threat of substitute products or services, the bargaining power of suppliers, and the bargaining power of buyers.⁸⁰

Folglich wird nach Porter der Erfolg von Unternehmen innerhalb von Innovationszyklen von Branchen – wie sie beispielsweise durch die Einführung neuer Technologien oder Geschäftsmodellen entstehen können – weiterhin durch die fünf Wettbewerbskräfte bzw. die Positionierung des Unternehmens innerhalb der Branche bestimmt. Aufbauend auf der Analyse der Wettbewerbskräfte  – die Analyse erfolgt in Teil  III, Punkt 1 dieser Arbeit – sollte ein Unternehmen seine strategische Positionierung mit dem Ziel der Sicherung des Unternehmenserfolges wählen. Dafür gibt es nach Porter die drei Strategietypen umfassende Kostenführerschaft, Differenzierung und Konzentration auf Schwerpunkte, die seiner Ansicht nach auch im E-Commerce ihre Gültigkeit behalten.⁸¹ Die Strategie der Kostenführerschaft basiert auf dem Konzept der Erfahrungskurve, welches besagt, dass die Kosten für die Wertschöpfungsaktivitäten eines Unternehmens mit zunehmender Erfahrung sinken. Im E-Commerce kann ein Unternehmen z. B. durch eine Steigerung der Effizienz bei der Abwicklung von Kaufprozessen mithilfe von IT-Instrumenten die Transaktionskosten für den Kunden senken. Allerdings können Innovationen in diesem Bereich relativ einfach vom Wettbewerb imitiert werden, weshalb die Strategie der Kostenführerschaft nur eingeschränkt in diesem Kontext geeignet erscheint. So stellt auch Haertsch fest, dass niedrige Kosten beim E-Commerce nunmehr die Grundlage für eine erfolgreiche Behauptung im Wettbewerb darstellen.⁸² Ähnliches gilt für den Bereich der digitalen Distribution. Bei der Differenzierungsstrategie, die sowohl auf Produkt- als auch auf Serviceebene ansetzen kann, zielt auf die Schaffung eines Mehrwerts aus Kundensicht durch eine besondere und einzigartige Gestaltung des Produktes oder der Serviceleistung ab. Für die hier betrachteten Unternehmen kann dies vor allem im Rahmen von Zusatzleistungen im Servicebereich erfolgen sowie auf Produktebene durch das Angebot von dezidierten und mit dem Markennamen versehenen Lesegeräten. Diese Möglichkeiten führen dazu, dass die Strategie der Differenzierung demnach häufig auch in der Praxis gewählt wird.⁸³

79 Vgl. Porter 2008, S. 37. 80 Vgl. Porter 2001, S. 66. 81 Vgl. Porter 2008, S. 71. 82 Vgl. Haertsch 2000, S. 133. 83 Vgl. Haertsch 2000, S. 135.

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Die dritte Möglichkeit, im Wettbewerb erfolgreich bestehen zu können, ist nach Porter die Konzentration auf Schwerpunkte. Der Grundgedanke dabei ist, dass ein Unternehmen sich auf bestimmte Segmente des Marktes konzentriert, anstatt branchenweit zu agieren. Dabei kann wiederum eine Kosten- oder Differenzierungsstrategie umgesetzt werden.⁸⁴ Dies zeigt sich beim verbreitenden Buchhandel z. B. durch das Konzept der Weltbildtochter Jokers, die als Spezialanbieter von Restauflagen bzw. Sonderausgaben die Marktführerschaft in diesem Segment erringen konnte. Analog dazu hatte Weltbild mit dem Trekstor-Reader das zu diesem Zeitpunkt preisgünstigste Lesegerät im Programm, was auf eine Strategie der Kostenführerschaft in diesem Teilsegment hindeutet.⁸⁵ Anders als Porter, der feststellt, dass die verschiedenen generischen Wettbewerbsstrategien nicht kombinierbar und somit nicht gleichzeitig umsetzbar sind, behauptet de Figueiredo eine Vereinbarkeit der verschiedenen Positionierungsstrategien. Nach Porter befindet sich ein Unternehmen, welches sich sowohl differenzieren will als auch eine Kostenführerschaft anstrebt, ,zwischen den Stühlen‘ und ist somit nicht wettbewerbsfähig.⁸⁶ De Figueiredo hingegen differenziert dabei in seinem Aufsatz nach den Produkteigenschaften und leitet aus folgender Typologisierung die notwendige strategische Orientierung ab: commodity, quasi-commodity, look-and-feel, look-and-feel with variable quality.⁸⁷ Während ein Unternehmen, das Massenware herstellt (Commodity), ihm zufolge eine Strategie der Kostenführerschaft verfolgen sollte, wäre bei Waren wie Kunst (look-and-feel with variable quality) eine Differenzierungsstrategie besonders geeignet. Um als Anbieter von quasi-commodityProdukten wie Büchern im E-Commerce erfolgreich zu sein, schlägt de Figueiredo anders als Porter eine kombinierte Differenzierungs- und Kostenführerschaftsstrategie vor. Um dies zu realisieren, sollte eine Differenzierung über Schnellkaufoptionen, Echtzeitanalysen zur Kundenbindung und die Einführung von E-Commerce-Marken erfolgen. Bemerkenswert an de Figueiredos Ansatz ist die Integration der nach Porter unvereinbaren generischen Strategien. Allerdings ist die Unterscheidung von Produkttypen für den Kontext dieser Untersuchung wenig relevant, was den Ansatz in dieser Hinsicht wenig fruchtbar erscheinen lässt. Auch Kim et al. untersuchen die Anwendbarkeit der generischen Strategien im Umfeld der digitalen Ökonomie und kommen dabei einerseits zu dem Ergebnis, dass eine Anwendbarkeit der generischen Strategien weiterhin bejaht werden kann. Allerdings sehen sie ähnlich wie D’Aveni⁸⁸ ein Kombinationspotential der dichotomen Strategien Kostenführerschaft und Differenzierung im Sinne einer integrierten Strategie. Zudem schätzen sie die Differenzierungsstrategie als grundsätzlich erfolgverspre-

84 Vgl. Schubert 2003, S. 49. 85 Vgl. http://www.weltbild.de/1/ebook/ebook-reader.html 86 Vgl. Schubert 2003, S. 49. 87 Vgl. De Figueiredo 2000, S. 42. 88 Vgl. D’Aveni 1994, S. 4.

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chender in der digitalen Ökonomie ein. Fruchtbar ist für die hier vorliegende Untersuchung vor allem ihre Feststellung, dass vormals auf dem physischen Markt aktive Unternehmen, die im E-Commerce mit reinen Onlineanbietern konkurrieren durchaus eine höhere Performance erzielen können, sofern sie ihre Online- und Offline-Aktivitäten eng verknüpfen.⁸⁹ Somit kann festgehalten werden, dass die Einbeziehung von Porters Ansatz für die Betrachtung der Umweltsituation auf der Branchenebene weiterhin sinnvoll erscheint. Dabei steht die Analyse der Wettbewerbskräfte im Vordergrund. Die daraus ableitbare Wahl der strategischen Positionierung hingegen ist vor dem Hintergrund der sich ausschließenden Strategieoptionen weniger geeignet.

1.2.2 Kritik und notwendige Modifikationen des Instruments Ein Kritikpunkt an Porters Ansatz ist die Tatsache, dass er strategische Entscheidungen als rationalen Planungsprozess begreift. Es kann jedoch konstatiert werden, dass unternehmerische Entscheidungen nicht vollständig rational getroffen werden, sondern vielmehr auf unvollständigen Informationen basieren. Aufgrund der schwierigen Informationsbeschaffung kann eine Analyse der fünf Wettbewerbskräfte dadurch keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Ein weiterer Kritikpunkt in diesem Kontext besteht darin, dass infolge der Fokussierung auf eine ökonomische Betrachtung organisationale, verhaltenswissenschaftliche und gesellschaftsbedingte Erklärungsmuster nicht genügend berücksichtigt werden. Die Eingrenzung auf die Branche als alleinige Determinante für die Leistung (Performance) eines Unternehmens erscheint aufgrund der Heterogenität von Akteuren innerhalb von Branchen zu kurz gegriffen. Porter selbst versucht, diesem Defizit durch das oben beschriebene Konzept der strategischen Gruppen entgegenzutreten.⁹⁰ Diese berechtigten Kritikpunkte können aber nicht über die Tatsache hinwegsehen lassen, dass die Umweltanalyse weiterhin eine wichtige Grundlage für die Strategieformulierung darstellt. Dies wird vor allem vor dem Hintergrund deutlich, dass der strategische Entscheidungsprozess neben den spezifischen Besonderheiten eines Unternehmens immer auch die Charakteristika des Umfelds mit einbeziehen muss. Dieser Anspruch wird auch in der Verknüpfung der Unternehmens- und Umweltanalyse im Instrumentarium des strategischen Managements deutlich. Um das Modell von Porter für eine Betrachtung der digitalen Ökonomie zu optimieren, gibt es in der Literatur einige Ergänzungsvorschläge. Downes und Mui propagieren in ihrer Monographie eine Ergänzung der fünf Wettbewerbskräfte um die drei Kräfte Digitalisierung, Globalisierung und Deregulierung.⁹¹

89 Vgl. Kim et al. 2004, S. 582. 90 Vgl. Porter 2008, S. 181. 91 Vgl. Downes / Mui 2000; S. 65. zitiert in: Lammerskötter 2002, S. 13.

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Digitalisierung beschreibt dabei die Notwendigkeit eines umfassenden Einsatzes von Informationstechnologien, was sich auch durch die Globalisierung, die als Entwicklung der Wirtschaft als weltumfassendes Netzwerk begriffen wird, verstärkt. Da sich Unternehmen nunmehr global behaupten müssen, werden viele Branchen dereguliert und durch zunehmende internationale Konkurrenz wiederum zum verstärkten Einsatz von Informationstechnologien gezwungen. Da sich der vorliegende Untersuchungsgegenstand mit den Implikationen der digitalen Ökonomie auf die Strategieformulierung beschäftigt, ist die Wettbewerbskraft Digitalisierung damit bereits inbegriffen. Auch die Tatsache, dass der Buchmarkt zumindest in Deutschland auf den deutschen Sprachraum begrenzt ist, steht der Wettbewerbskraft Globalisierung gegenüber. Allerdings kann durch den Markteintritt branchenfremder Akteure wie Google oder Apple, die international agieren, vom Vorhandensein derartiger Tendenzen ausgegangen werden. Da dies aber bereits in der Wettbewerbskraft Gefahr des Markteintritts neuer Wettbewerber abgebildet wird, ist diese Ergänzung ebenfalls nicht notwendig. Deregulierung beschreibt wiederum Eintrittsbarrieren, die ebenfalls von Porter thematisiert werden. So kann festgehalten werden, dass das Modell von Downes und Mui für den Kontext der Untersuchung wenig ertragreich erscheint. Eine weitere Ergänzung stellt der Ansatz von Brandenburger und Nalebuff dar, die eine Ergänzung der fünf Wettbewerbskräfte um die sechste Wettbewerbskraft der Komplementierer vorschlagen. Sie definieren einen Komplementierer dabei folgendermaßen: A player is your complementor if customers value your product more when they have the other player’s product than when they have your product alone.⁹²

Somit kann ein Komplementierer dadurch beschrieben werden, dass er Produkte herstellt, durch deren Existenz die Attraktivität eigener Produkte aus Kundensicht gesteigert wird. Hier wären exemplarisch die Hersteller von dezidierten Lesegeräten oder auch Tablet-PCs zu nennen. Der Einfluss der Komplementierer wird besonders vor dem Hintergrund der Existenz von Netzeffekten deutlich. Da es sich bei E-Books um Systemgüter handelt, die ihre volle Leistungsfähigkeit erst mit einem entsprechenden Endgerät zum Konsum der Inhalte entfalten können, kommen indirekte Netzeffekte zum tragen. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass mit der zunehmenden Verbreitung von Lesegeräten der Anreiz zur Bereitstellung entsprechender Inhalte steigt, wodurch im Sinne einer positiven Rückkoppelung wiederum die Lesegeräte an Attraktivität gewinnen. Steigt in einer frühen Phase des Marktlebenszyklus die Nachfrage nach entsprechenden Endgeräten, so können infolge einer Produktionsausweitung positive Skalenerträge erzielt werden, was schlussendlich zu einer kostengünstigeren Produktion der Geräte führen kann und sich positiv auf die Preise niederschlägt. 92 Vgl. Brandenburger / Nalebuff 1997, S. 18.

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Insgesamt stellt diese Wettbewerbskraft zwar eine sinnvolle Ergänzung der von Porter vorgeschlagenen Triebkräfte dar, ist aber für den Fortgang der Untersuchung weniger bedeutsam, da sich die Eigenschaften der Komplementierer gleichermaßen in die Verhandlungsmacht der Anbieter integrieren lassen. Sie fungieren neben den Verlagen auf der Wirtschaftsstufe Produktion als zusätzliche Anbieter auf der technologischen Ebene. Auch die statische Betrachtung, die sich in der Tatsache widerspiegelt, dass der marktorientierte Ansatz von stabilen Verhältnissen innerhalb einer Branche ausgeht und Veränderungen nur sukzessive stattfinden, wird in der Literatur kritisch herausgestellt.⁹³ Um dem entgegenzuwirken, sei auf den Ansatz von D’Aveni verwiesen, der eine Dynamisierung der Branchenstrukturanalyse vorschlägt. Er prägt dabei den Begriff des Hyperwettbewerbs, den er als das Konkurrieren von Unternehmen entlang der Dimensionen Kosten und Qualität, Timing und Know-how, Errichtung von Markteintrittsbarrieren und Erreichung finanzieller Stärke beschreibt.⁹⁴ Er sieht dabei Wettbewerbsvorteile nur als temporär gegeben an, da wettbewerbsstrategische Aktivitäten von Unternehmen zeitnah von Konkurrenten antizipiert und schließlich imitiert werden. Dies führt dazu, dass ein Unternehmen, um sich im Wettbewerb erfolgreich behaupten zu können, ständig Innovationen vorantreiben muss und auf einer neuen Ebene Wettbewerbsvorteile generieren sollte, die dann aber wiederum nur kurzfristig beibehalten werden können. Dies beinhaltet die Sichtweise, dass kein Unternehmen langfristig herausragt, und endet im ,perfekten Wettbewerb‘. Als Bedingung und Ausgangspunkt für diese Entwicklung wird die kommerzielle Nutzung von Informationsund Kommunikationstechnologien angesehen. Problematisch ist aber die mangelnde empirische Untermauerung von D’Avenis Überlegungen.⁹⁵ Für die vorliegende Studie erlaubt das Konzept jedoch einige wichtige Rückschlüsse für die Dynamisierung der Branchenstrukturanalyse. So gilt es, die hohe Unsicherheit und Heterogenität, die aus den dynamischen Aktionen der Wettbewerber resultiert und die von D’Aveni thematisiert wird, in die Betrachtung zu integrieren. Allerdings spricht das besonders in der Internetökonomie anzutreffende ,winner-take-all-Prinzip‘⁹⁶, welches vor allem in Märkten mit hohen Fix- und niedrigen Grenzkosten anzutreffen ist und damit auch bei den hier betrachteten Informationsgütern Relevanz hat, nicht für D’Avenis These des perfekten Wettbewerbs als Endergebnis des Hyperwettbewerbs, wodurch das Konzept nur eingeschränkt für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand geeignet erscheint. Die hier vorgestellten Modifikationen des marktorientierten Ansatzes, der das Leistungsvermögen von Unternehmen hauptsächlich an Branchengegebenheiten knüpft, können ein wesentliches Defizit dieser Sichtweise dennoch nicht ausschal93 Vgl. Lammerskötter 2002, S. 115–116. 94 Vgl. D’Aveni 1994, S. 4–7. 95 Vgl. Mathieu 2004, S. 36. 96 Vgl. Noe / Parker 2005, S. 141.

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ten, und zwar die einseitige Betrachtung des Absatzmarktes. Unbestreitbar spielen die Fähigkeiten eines Unternehmens bei der Generierung von Wettbewerbsvorteilen eine wichtige Rolle. Um dem gerecht zu werden, wird im Folgenden der ressourcenorientierte Ansatz vorgestellt, der davon ausgeht, dass Wettbewerbsvorteile nicht aus der Positionierung innerhalb der Branche generiert werden, sondern aufgrund unternehmensinterner Ressourcen. Insofern stellt der ressourcenorientierte Ansatz eine komplementäre Ergänzung des marktorientierten Ansatzes dar, indem er neben der Umweltanalyse auch die Unternehmensanalyse in den Fokus der Betrachtung rückt. Der marktorientierte Ansatz hingegen ist für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand insofern bedeutsam, als dass er infolge des Aufzeigens von Veränderungen der Wettbewerbskräfte innerhalb der digitalen Ökonomie ein Denkraster zur Strukturierung darstellen kann. Somit fungiert der Ansatz in diesem Zusammenhang nicht mehr als Planungsinstrument, sondern als Analysehilfsmittel.⁹⁷

1.3 Ressourcenorientierter Ansatz Die ressourcenorientierte Sichtweise, die auch als unternehmensinterne Perspektive bezeichnet wird, fand in der Forschung seit Anfang der 1990er Jahre zunehmend Beachtung. Sie sieht die Ursachen für den Erfolg eines Unternehmens in seiner spezifischen Ausstattung mit materiellen und immateriellen Vermögenswerten und Ressourcen und nicht durch externe Faktoren, wie die der oben beschriebenen Eintrittsbarrieren, bedingt.⁹⁸ Diese Heterogenität in der Ressourcenausstattung führt dazu, dass diese Ressourcen nicht ohne weiteres in andere Unternehmen transferiert bzw. imitiert werden können und somit firmenspezifisch sind. Dabei entwickelt die ressourcenorientierte Sichtweise neben einer deskriptiven auch eine normative Komponente, indem Gestaltungsempfehlungen abgegeben werden. Ein mögliches Vorgehen zur Ressourcenakquisition wäre beispielsweise eine vertikale Integration vor- oder nachgelagerter Wertschöpfungsstufen. Die Grundlage des Modells ist das ,resourcesconduct-performance-Paradigma‘ welches besagt, dass ein Unternehmen entsprechend seiner Ressourcenausstattung eine Positionierung im Wettbewerb wählen sollte. Der Ansatz geht auf die Arbeit von Edith Penrose zurück, die sich in ihrer Wachstumstheorie mit der internen Ressourcenausstattung von Unternehmen beschäftigt. Dabei sieht sie die aus den Ressourcen entwickelbaren Potenziale und Services als maßgeblich für den Unternehmenserfolg an und differenziert zwischen physischen und Humanressourcen. Besonders den Humanressourcen spricht sie eine hohe Bedeutung zu, da über Entscheidungen des Managements eine spezifische Kombination der Ressourcen realisiert wird, die dazu führen kann, dass dieselbe physische 97 Vgl. Lammerskötter 2002, S. 161. 98 Vgl. Schubert 2003, S. 54.

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Ressource unterschiedliche Potenziale generiert und damit die Einzigartigkeit eines Unternehmens bestimmt.⁹⁹ Mit seiner internen Perspektive stellt der ressourcenorientierte Ansatz folglich den Gegenpol zur marktorientierten Sichtweise dar, wird aber zunehmend auch als Komplement angesehen.¹⁰⁰ In der Literatur gibt es keinen Konsens über die exakte Definition des Begriffs ,Ressource‘. Die bekannteste Definition geht auf Barney zurück, der Ressourcen folgendermaßen begreift: […] all assets, capabilities, organizational processes, firm attributes, information, knowledge, etc. controlled by a firm that enable the firm to conceive of and implement strategies that improve its efficiency and effectiveness.¹⁰¹

Daher kann konstatiert werden, dass Ressourcen sowohl Vermögenswerte als auch Fähigkeiten umfassen können. Vermögenswerte können wiederum materieller oder immaterieller Form sein, und die Fähigkeiten lassen sich in personen- und organisationsgebundene Fähigkeiten (Routinen) untergliedern.¹⁰² Zentral für den Ansatz ist dabei die Grundannahme der Ressourcenheterogenität zwischen den einzelnen Unternehmen einer Branche. Diese geht darauf zurück, dass für bestimmte Ressourcen keine oder nur unvollkommene Faktormärkte existieren, was dazu führt, dass diese nur eingeschränkt oder nicht handelbar sind. Wären sie nämlich handelbar, könnten sie nicht Basis eines Wettbewerbsvorteils sein. Beispielsweise sind bestimmte Arbeitsroutinen und daraus erwachsende personengebundene Fähigkeiten nicht handelbar.

1.3.1 VRIO-Framework Damit eine Ressource Basis eines Wettbewerbsvorteils sein kann, was auch als Kernressource bezeichnet wird, muss sie bestimmten Kriterien genügen. Auf Barney geht dabei das sogenannte VRIO-Framework zurück, welches besagt, dass Kernressourcen wertvoll (valueable), selten (rare), nicht-imitierbar (non-imitability) und in die Organisation integrierbar (organisation) sein müssen.¹⁰³ Andere Autoren wie Dirickx & Cool, Grant, Peteraf und Collis & Montgomery schlagen ähnliche Charakteristika für Ressourcen vor.¹⁰⁴ Um zu einer Kernressource zu werden, muss sie also zunächst aus Kundensicht wertvoll sein. Dies kann durch die Hinzufügung einer neuen Leistungsdimension 99 Vgl. Penrose 1995, S. 25. 100 Vgl. Lammerskötter 2002, S. 118. 101 Vgl. Barney 1991, S. 101. 102 Vgl. Lammerskötter 2002, S. 119. 103 Vgl. Barney 1991, S. 106. 104 Vgl. Haertsch 2000, S. 92–93.

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erfolgen. Im Kontext des vorliegenden Untersuchungsgegenstandes wäre dies z. B. die 24-Stunden-Verfügbarkeit von Buchinhalten durch einen Onlineshop, was laut einer Umfrage des Börsenvereins des deutschen Buchhandels einen Mehrwert aus Verbrauchersicht darstellt.¹⁰⁵ Allerdings ist der Kundennutzen nicht alleine ausschlaggebend. Es muss vielmehr auch eine Überlegenheit im Vergleich zu den Ressourcen der Konkurrenz zu verzeichnen sein. Dies könnte sich beispielsweise in einer höheren Geschwindigkeit der Website eines Unternehmens niederschlagen, was von Kundenseite ebenfalls honoriert werden kann. Die Ressource muss also einen gewissen Seltenheitswert aufweisen und darf nicht von allen Konkurrenten angeboten werden, um Basis eines Wettbewerbsvorteils sein zu können. Eine wichtige Komponente des Modells ist dabei auch ihre Nicht-Imitierbarkeit. Die unternehmensindividuelle Vergangenheitsentwicklung, die oftmals historisch bedingt ist, führt dazu, dass bestimmte Ressourcenkonfigurationen für Konkurrenten nicht wiederholbar sind und somit nicht imitiert werden können. Dies kann in einer Pfadabhängigkeit des Unternehmens münden, da bestimmte Investitionen wie die im Falle der multi-channel-Anbieter getätigten Investitionen in physische Ladengeschäfte zu ,versunkenen‘ Kosten (sunk costs) führen und dadurch die weitere Entwicklung des Unternehmens mitbestimmen. Eng damit verknüpft ist die kausale Ambiguität von Ressourcen, da es oftmals nicht ersichtlich ist, in welcher Kombination Ressourcen zu Wettbewerbsvorteilen führen. So kann beispielsweise die technologiebasierte Kernressource eines Onlineauftritts erst in Verbindung mit der immateriellen Ressource ,starker Markenname‘ zu einem Wettbewerbsvorteil führen.¹⁰⁶ Ein weiteres Kriterium für die Nicht-Imitierbarkeit sind rechtliche Schutzmechanismen, wie sie sich im 1-Click-Patent von Amazon manifestieren, welches den Kaufprozess mit einem Mausklick auslöst. Während hier die technische Imitierbarkeit wenig komplex wäre, verhindert die Patentierung eine Imitation durch die Wettbewerber.¹⁰⁷ Ist eine Ressource wertvoll, selten und nicht-imitierbar, so kann sie zu einem Wettbewerbsvorteil bzw. einer Kernressource werden. Dafür muss sie aber in die Organisation integrierbar sein, was bedeutet, dass sie zu einem hohen Grad mit anderen Ressourcen einer Organisation kombinierbar sein muss. Dies wäre z. B. bei einer starken Marke der Fall, die einerseits auf vielfältige Aktivitäten des Unternehmens wie Vertriebskanäle und Produkte übertragbar ist und andererseits über die Markenidentität auch das Identifikationspotential der Mitarbeiter mit dem Unternehmen erhöhen kann. Mithilfe des VRIO-Frameworks sollte ein Unternehmen in einem ersten Schritt versuchen, im Rahmen einer Selbstanalyse seine Kernressourcen zu identifizieren. Dies ist eine große Herausforderung, besteht doch die Problematik, dass es aufgrund kausaler Ambiguität oftmals nicht möglich ist, die Interdependenz zwischen Wett105 Vgl. Gfk 2011, S. 77. 106 Vgl. Mathieu 2004, S. 152–153. 107 http://www.heise.de/newsticker/meldung/Amazon-verteidigt-1-Click-Patent-17310.html

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bewerbsvorteil und Ressource zu beschreiben. Hierfür gibt es die Möglichkeit des top-down-Ansatzes, der zunächst versucht, vorhandene Wettbewerbsvorteile zu ermitteln und daraus dann die Einzelressourcen abzuleiten. Der bottom-up-Ansatz versucht hingegen die funktionsspezifischen Einzelressourcen zu identifizieren und diese dann zu verknüpfen. Dieses Vorgehen birgt den Vorteil, dass evtl. Ressourcen identifiziert werden, deren Nutzbarkeit bisher noch nicht im Vordergrund der Betrachtung stand. Welge und Al-Laham schlagen dabei vor, die Potentiale über einen Wettbewerbervergleich, einen Best-practice- Vergleich und einen kundenorientierten Vergleich zu evaluieren. Im Rahmen des Wettbewerbervergleichs wird die Struktur der Wertkette des betrachteten Unternehmens mit der eines Wettbewerbers verglichen, während die Best-Practice-Analyse darauf abzielt, den am erfolgreichsten (nach Marktanteil) agierenden Wettbewerber ausfindig zu machen und seine Prozesse zu analysieren. Ein kundenorientierter Vergleich würde z. B. die Markenbekanntheit bzw. die Kundenzufriedenheit beinhalten. Da solche Kernressourcen aufgrund unvollkommener Faktormärkte nicht frei erwerbbar sind, sollte die Strategieformulierung auf den Ausbau bzw. unternehmensinternen Aufbau Bezug nehmen. Dies resultiert dann entweder in einer Ausweitung bzw. Einschränkung der Unternehmensaktivitäten. Letzteres wäre notwendig, wenn Hinweise darauf bestehen, dass das Unternehmen zu breit diversifiziert ist. Zunächst gilt es, bestehende Ressourcen bestmöglich zu nutzen. Eine Möglichkeit hierfür wäre die Übertragung eines bekannten Markennamens auf neue Geschäftsfelder, was auch als ,leveragen‘ bezeichnet wird.¹⁰⁸ Daneben bedarf es der stetigen Auffrischung der Kernressourcen. So muss ein Markenname gegebenenfalls durch neue Marketingaktivitäten stärker in den Fokus der Verbraucher gerückt werden. Besitzt ein Unternehmen nur wenige Kernressourcen, so rückt die Frage des Aufbaus neuer Ressourcen in den Vordergrund. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund rapider technologischer Entwicklungen, die zu einer leichten Imitierbarkeit bestehender Ressourcen führen können, notwendig. Folgende Mittel stehen dafür zur Verfügung: interner Aufbau, Einkauf im Markt und Kooperation mit Unternehmen, die diese Ressourcen bereits besitzen.¹⁰⁹ Der interne Aufbau ist jedoch sehr zeitintensiv und mit hohen Kosten verbunden. Auch der Einkauf über den Markt ist aufgrund der Tatsache, dass z. B. immaterielle Ressourcen nicht erwerbbar sind, ebenfalls problembehaftet. Allerdings besteht die Option, Unternehmen zu übernehmen, die bereits über die gewünschten Ressourcen verfügen. Die dritte Möglichkeit umfasst die Nutzung von unternehmensübergreifenden Kooperationen, wie z. B. im Rahmen einer strategischen Allianz. Die gemeinsame Entwicklung von Ressourcen kann einerseits den Prozess des Ressourcenaufbaus beschleunigen und andererseits über eine Kostenaufteilung das Investitionsrisiko minimieren. Allerdings birgt ein solches Vorgehen die Gefahr eines Trittbrettfahrer108 Vgl. Lammerskötter 2002, S. 134. 109 Vgl. Mathieu 2004, S. 158.

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verhaltens, so dass ein Unternehmen unverhältnismäßig im Vergleich zum anderen von der Kooperation profitiert. Im Extremfall besteht das Risiko, dass sich die Wettbewerbsposition eines Unternehmens infolge einer Kooperation sogar verschlechtert. Um dies zu vermeiden, empfiehlt es sich, weniger mit direkten Konkurrenten zu kooperieren. Eine weitere Gefahr sind aus Informationsasymmetrien resultierende Koordinationsprobleme zwischen den beteiligten Unternehmen. Die Ausführungen zum Aufbau von Kernressourcen zeigen bereits den prozessualen Charakter und die zeitübergreifende Perspektive der ressourcenorientierten Sichtweise, was sie für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand nützlich erscheinen lässt. Aufgrund einiger berechtigter Kritikpunkte bedarf es jedoch einer Modifikation, um die Anwendbarkeit des Ansatzes für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand zu gewährleisten.

1.3.2 Kritik und notwendige Modifikationen des Instruments Ein Hauptkritikpunkt ist die uneinheitliche Terminologie der ressourcenorientierten Sichtweise. So hat sich bisher noch kein Konsens hinsichtlich der Definition des Begriffs ,Ressource‘ herausgebildet. Daraus resultiert einerseits eine Abgrenzungsproblematik gegenüber anderen Strategietheorien, andererseits führt diese begriffliche Unschärfe zu einer Problematik bei der Operationalisierung. So ist zwar das VRIO-Framework weitestgehend akzeptiert und wird oftmals in der Literatur aufgegriffen, es mangelt aber an der Ausgestaltung eines konkreten Instrumentariums zur Identifikation von Kernressourcen. Auch taucht der Vorwurf einer tautologischen Argumentation auf, die in einer Zirkularitätsthese mündet: Erfolgreiche Firmen sind erfolgreich, weil sie über einzigartige Ressourcen verfügen. Sie sollten diese Ressourcen ausbauen, um erfolgreich zu sein.¹¹⁰ Kritiker sehen diese Schwächen des Ansatzes vor allem in seiner Übertheoretisierung, die sich auch in einer bisher noch geringen empirischen Fundierung widerspiegeln.¹¹¹ Bemerkenswert ist aber die Tatsache, dass durch das Aufkommen des ressourcenorientierten Ansatzes wieder verstärkt unternehmensspezifische Faktoren Einzug in die Forschung zum strategischen Management finden, was vom marktorientierten Ansatz in dieser Form nicht ausreichend geleistet wird. Auch die zeitübergreifende Perspektive, die sich mit der Wirkung bzw. Ausgestaltung von Ressourcen auseinandersetzt, ist vor dem Hintergrund des dynamischen Untersuchungsgegenstandes positiv hervorzuheben. Allerdings kann die oben dargestellte Pfadabhängigkeit von Unternehmen insbesondere im E-Commerce und der damit verbundenen geringen Dauerhaftigkeit von historisch gewachsenen Wettbewerbsvorteilen zu einem Nachteil für etablierte Unternehmen führen. Vor diesem Hintergrund scheint der klassi110 Vgl. Porter 1991, S. 108. 111 Vgl. Mathieu 2004, S. 159–162.

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   Teil II: Theoretische Grundlagen und ihre Anwendung

sche ressourcenbasierte Ansatz für die Untersuchung elektronischer Märkte, abgesehen von seinem Potential als Denkrahmen, weniger geeignet zu sein. Es gilt die angesprochene dynamische Komponente stärker in den Mittelpunkt der Betrachtung zu rücken, was mithilfe des ,dynamic-capabilities-Ansatzes‘ auch bereits theoretisch fundiert wurde. Dabei geht es insbesondere um die Frage, inwieweit Firmen ihre Kompetenzen an Veränderungen in ihrer Branche anpassen können. Solche Veränderungen können nach Teece et al. in erster Linie aus rapidem technologischem Wandel und damit verbundenen unklaren zukünftigen Markt- bzw. Wettbewerbsumfeldern erwachsen. Somit scheint diese Herangehensweise für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand besser geeignet zu sein. Der Ansatz basiert auf dem von Schumpeter aufgeworfenem Konzept der ,schöpferischen Zerstörung‘, welches besagt, dass alte Wirtschaftsstrukturen durch eine mit Innovation einhergehende Neukombination von Produktionsfaktoren einer stetigen Veränderung unterliegen. Diese ,Zerstörung‘ ist vor dem Hintergrund notwendig, als dass ohne sie keine wirtschaftliche Weiterentwicklung möglich ist. Weitere theoretische Anknüpfungspunkte finden sich bei Williamson und Chabarbagi und Lynch.¹¹² Im Gegensatz zum klassischen ressourcenorientierten Ansatz, der wenig auf die Entstehung von Ressourcen eingeht und in erster Linie auf bestehende Unternehmensressourcen rekurriert, propagiert die dynamische Sichtweise die Notwendigkeit der ständigen Innovation, um den Unternehmenserfolg bei veränderten Umweltbedingungen zu gewährleisten. Hierzu sind sogenannte ,dynamic capabilities‘ oder dynamische Fähigkeiten notwendig, die von Teece et al. folgendermaßen definiert werden: We define dynamic capabilities as the firm’s ability to integrate, build and reconfigure internal and external competences to address rapidly changing environments. Dynamic capabilities thus reflect an organization’s ability to achieve new and innovative forms of competitive advantage given path dependencies and market positions.¹¹³

Damit eine Fähigkeit als strategisch relevant gelten kann, muss sie analog zu den oben beschriebenen Kernressourcen sowohl einen Kundennutzen generieren können als auch einzigartig sein. Ferner darf sie nicht replizierbar sein, so dass sie nicht von Wettbewerbern imitiert werden kann. Sind diese Eigenschaften nicht erfüllt, so kann kein Wettbewerbsvorteil aus dieser Fähigkeit generiert werden. Eng verknüpft mit dem Konzept der dynamischen Fähigkeiten als Quelle von Wettbewerbsvorteilen ist die von Coase vorgenommene Differenzierung zwischen Märkten und Organisationen (Unternehmen). Unternehmen sind in der Lage, bestimmte ökonomische Aktivitäten zu niedrigeren Transaktionskosten zu organisieren als Märkte. Dies ist besonders bei komplexen Aktivitäten der Fall, die Kooperationen und einen Lernprozess erfordern. Damit wird die Existenz von Unternehmen erklärt, da sie in der Lage sind, über eine Verringerung der abzuschließenden Verträge bzw. eine Verlängerung der Laufzeit 112 Vgl. Williamson 1975 u. Chabarbagi / Lynch 1999. 113 Vgl. Teece et al. 1997, S. 516.

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derselben (z. B. Arbeitsverträge) Kosten aus der Vertragsgestaltung im Vergleich zu einer rein marktlichen Gestaltung zu senken. Allerdings entstehen dabei Organisationskosten, die mit zunehmender Größe der Unternehmen – und dem damit verbundenen Anstieg der Komplexität – ansteigen.¹¹⁴ Fähigkeiten (Capabilities) sind in diesem Sinne folglich Aktivitäten, die nicht alleine durch die Nutzung des Preismechanismus auf dem Markt vollzogen werden können. Vielmehr sind bestimmte Faktoren für die Entstehung dieser Fähigkeiten verantwortlich, namentlich: Prozesse, Positionen und Pfade:¹¹⁵ Prozesse beschreiben dabei die Art und Weise wie Unternehmen Aufgaben routiniert lösen. Dies beinhaltet die Rekonfigurations- bzw. Transformationsprozesse, die beschreiben, wie es einem Unternehmen im Zuge einer Neuausrichtung gelingen kann, ihre internen Fähigkeiten an sich rapide verändernde Umweltbedingungen anzupassen. Dies setzt eine konstante Beobachtung der für das Unternehmen relevanten Märkte und Wettbewerber voraus, um die eigenen Fähigkeiten rechtzeitig an der ,best-practice‘ auszurichten.¹¹⁶ Diese ,best-practice-Ausrichtung‘ wird innerhalb der vorliegenden Untersuchung durch die Marktanteile der jeweiligen Unternehmen bestimmt. Positionen sind in diesem Zusammenhang durch die Ausstattung des Unternehmens mit Vermögenswerten bestimmt. Solche Vermögenswerte können beispielsweise finanzieller, komplementärer und institutioneller Natur sein. Komplementäre Vermögenswerte entstehen durch die Neukombination von vorhandenen Fähigkeiten mit technologischen Innovationen zur Erstellung neuer Produkte oder Dienstleistungen. Institutionelle Vermögenswerte beziehen die Unternehmensumwelt mit ein und beschreiben Regulierungssysteme, in denen sich die Unternehmen bewegen. Für den Fokus dieser Arbeit sind insbesondere die Buchpreisbindung bzw. das Agency-System in den USA von Bedeutung. Dabei gilt es insbesondere, die nationalen Unterschiede bzw. Gemeinsamkeiten der institutionellen Systeme aufzuzeigen. Die Darstellung erfolgt in Teil III, Punkt 1.1 bzw. Punkt 1.2. Neben den dargestellten Prozessen und Positionen stellen die Pfade den dritten Faktor für die Herausbildung von ,capabilities‘ dar. Die Pfadabhängigkeit eines Unternehmens wird dabei durch die Historie der Firma sowie ihr bisheriges Vorgehen bestimmt. Die Fähigkeit innovativ tätig zu sein, wird also ex ante durch den bisherigen Entwicklungspfad eines Unternehmens eingeschränkt. Die bisherigen Lernprozesse und erfolgten Investitionen determinieren die weitere Entwicklung des Unternehmens und begrenzen die Wahlmöglichkeiten. Bei rapiden technologischen Innovationen kann sich die Pfadabhängigkeit nachteilig auswirken, da sich noch keine Entscheidungsmuster bzw. Lernprozesse für die sich verändernden Umweltbedingungen herausgebildet haben. Somit bestimmen die bisherigen Aktivitäten eines Unternehmens den Möglichkeitsraum der zukünftigen Vorgehensweise und Positio114 Vgl. Coase 1937, S. 392. 115 Vgl. Teece et al. 1997, S. 518. 116 Vgl. Lammerskötter 2002, S. 142.

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nierung am Markt.¹¹⁷ Um die Pfadabhängigkeit aufzulösen, kann ein Unternehmen auf die Gründung einer separaten Geschäftseinheit zurückgreifen, was in Teil  II, Punkt 3.3 erläutert wird. Das Konzept der ,dynamic capabilities‘ beschreibt folglich, dass Kompetenzen und Fähigkeiten eines Unternehmens und daraus resultierende Wettbewerbsvorteile maßgeblich aus den Prozessen, Positionen und Pfadabhängigkeiten entstehen. Allerdings kann ein bestimmtes Routinenbündel, welches sich aus der Historie entwickelt hat, in einem neuen Umfeld schnell an Wert verlieren. Dies ist dann der Fall, wenn Prozesse oder Positionen leicht durch Konkurrenzunternehmen repliziert bzw. imitiert werden können. Der Verdienst des Ansatzes ist die Dynamisierung des ressourcenorientierten Ansatzes und die Herausstellung der Bedeutung von organisationalen Faktoren für die Erlangung von Wettbewerbsvorteilen. Problematisch ist aber die Operationalisierbarkeit, da bestimmte Prozesse bzw. Routinen so komplex sind, dass sie selbst aus einer unternehmensinternen Betrachtung nicht erschlossen werden können.¹¹⁸ Aufbauend auf den Überlegungen von Teece et  al., kommen Eisenhardt und Martin hinsichtlich der schwierigen Operationalisierbarkeit der dynamischen Fähigkeiten zu dem Ergebnis, dass effektive dynamische Fähigkeiten Gemeinsamkeiten über verschiedene Unternehmen hinweg aufweisen, und somit ,best-practice-Vorgehensweisen‘ existieren. Damit propagieren sie eine neue Betrachtungsweise, indem sie nicht die Fähigkeit an sich als zentral für die Generierung von Wettbewerbsvorteilen ansehen, sondern ihr Potential zur Rekonfiguration von Ressourcen in den Vordergrund rücken.¹¹⁹ Dies ist insbesondere bei sich verändernden Umweltbedingungen von Bedeutung, wie sie auch dem vorliegenden Untersuchungsgegenstand zugrundeliegen. Somit wird die zeitliche Komponente bei diesem Ansatz in den Vordergrund gerückt, da die Dauerhaftigkeit von Wettbewerbsvorteilen in sich rapide verändernden Märkten nicht mehr prognostizierbar ist. Die Autoren unterscheiden dabei zwischen sich moderat verändernden Märkten und ,high-velocity-Märkten‘ (sich schnell verändernde Märkte). Während bei ersteren die Routinen in Form von ,dynamic capabilities‘ auf vorhandenen Wissen basieren, stark formalisiert sind und vorhersehbare Ergebnisse produzieren, sind die Routinen in dynamischen Märkten weniger strukturiert und erfordern eine starke Vereinfachung um eine Flexibilität der Adaption zu gewährleisten. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass in ,high-velocityMärkten‘ Grenzen verschwimmen und sich die Marktmacht zwischen den Playern schnell verschieben kann, so dass stets situationsspezifisch agiert werden muss und sich keine festgefügten Lernmuster aus der Vergangenheit etablieren können.¹²⁰ Daher kann es sich als sinnvoll erweisen, den dynamischen Ressourcenaufbau im 117 Vgl. Mathieu 2004, S. 165 f. 118 Vgl. Teece et al. 1997, S. 525. 119 Vgl. Eisenshardt 2000, S. 1106. 120 Vgl. Eisenhardt / Martin 2000, S. 1116–1117.

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Zeitverlauf zu modifizieren. Auf die Möglichkeiten, diesen Aufbau zu vollziehen, wird in Teil II, Punkt 3.3 eingegangen.

1.4 Konfigurationstheoretischer Ansatz nach Miles / Snow Die Typologie von Miles und Snow stammt aus den 1970er Jahren und beschreibt die Einstufung von Wettbewerbsstrategien nach Art des Verhaltens von Unternehmen. Dabei findet eine Bezugnahme auf die Geschäftsfeldstrategie statt, indem die Frage „How should we compete in a given line of business?“ gestellt wird.¹²¹ Die von Porter vorgeschlagene Unterscheidung von Wettbewerbsstrategien in eine Differenzierungsbzw. Kostenführerschaftsstrategie ist, wie oben gezeigt wurde, für den vorliegenden Untersuchungskontext weniger aussagekräftig, da sie keine gleichzeitige strategische Positionierung erlaubt. Insbesondere der Fokus auf die Ebene des Geschäftsfeldes lässt die Typologie von Miles / Snow für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand als besonders geeignet erscheinen, da das E-Book-Segment ein neuartiges Geschäftsfeld aus Sicht der Unternehmen des verbreitenden Buchhandels darstellt. Der Verdienst der Forschung von Miles  / Snow besteht darin, vier strategische Grundorientierungen zu identifizieren, die sowohl der Forderung nach Generalisierbarkeit entsprechen als auch den Kontext und die Pfadabhängigkeit von Unternehmen berücksichtigen, da sie das Verhalten von Unternehmen beschreiben. Das Modell von Miles / Snow fand große Beachtung in der Forschung zum strategischen Management und ist neben der Typologie von Porter weit verbreitet. Dies zeigt sich auch in der Vielzahl von Publikationen zu dieser Thematik, was sich in folgender Aussage widerspiegelt: Of all the typologies proposed in the literature, the most frequently used in empirical research is that porposed by Miles and Snow. This typology has been cited more than 650 times in recent years and has been extensively used in much of the research into a wide variety of organisations and industries.¹²²

Miles und Snow entwickelten ihren Ansatz basierend auf der Untersuchung vier verschiedener Branchen: Verlagsbranche für Lehrbücher, Elektroindustrie, Nahrungsmittelbranche und freie Krankenhäuser.¹²³ Die Heterogenität der untersuchten Branchen zeigt bereits den oben beschriebenen Anspruch der Generalisierbarkeit, die sich in der Komponente der Strategietypen widerspiegelt. Der Ansatz rekurriert dabei darauf, dass sich ein Unternehmen nicht nur an die Umwelt anpasst, sondern durch sein Verhalten auch die Umwelt verändert. Die Autoren sehen dabei ähnlich wie Henry Mintzberg Strategie als ein Muster in einem 121 Vgl. Miles / Snow 2003, S. 8. 122 Vgl. Garrigós-Simón et al. 2005, S. 23. 123 Vgl. Kreipl 2004, S. 94.

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Strom der Entscheidungen über mögliche zukünftige Domänen an. Miles  / Snow argumentieren, dass jede Organisation in ihrer eigenen Unternehmensumwelt agiert und dabei ihren Zielmarkt eigenständig festlegt, so dass es theoretisch möglich ist, dass niemals zwei Unternehmen eine ähnliche Strategie verfolgen. Allerdings sind bei Unternehmen, die innerhalb einer bestimmten Branche tätig sind, bestimmte wiederkehrende Verhaltensmuster beobachtbar, die es erlauben, Archetypen zu bilden. Diese Archetypen zeichnen sich jeweils durch eine spezifische Konfiguration von Technologie, Strukturen und Prozessen aus und werden von den Autoren als Defender, Reactor, Analyser und Prospector kategorisiert.¹²⁴

1.4.1 Strategietyp Defender Die Produkt-Markt Kombination des Defenders ist auf ein eng abgegrenztes Segment des Gesamtmarktes beschränkt, wobei in diesem Bereich ein vollumfassendes Angebot angestrebt wird. Die Bezeichnung ,Defender‘ geht dabei auf die Tatsache zurück, dass derartige Unternehmen versuchen, ihren Marktanteil in dem betreffenden Segment aggressiv zu verteidigen und in diesem Zusammenhang ihre technologische Effizienz stetig auszubauen.¹²⁵ Im Kontext des Untersuchungsgegenstandes würde dies beispielsweise die Konzentration eines Unternehmens auf den physischen Buchmarkt bedeuten bei gleichzeitigem Fokus auf eine stetige Verbesserung des Kundenservices, um eine hohe Kundenbindung in diesem Segment zu gewährleisten. Aufgrund des engen Fokus werden technologische Entwicklungen nur insoweit berücksichtigt, als dass sie für die effizientere Gestaltung der Abläufe wichtig erscheinen. Dabei erfolgt eine Konzentration auf bereits vorhandene, bewährte Technologien bzw. ihr Ausbau hinsichtlich von Effizienzgesichtspunkten, aber keine Berücksichtigung innovativer Technologien, die in der Lage sind, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Eine Betrachtung der Unternehmensumwelt im Sinne einer Konkurrenzbeobachtung bzw. einer Trendbeobachtung findet daher nur in stark eingeschränktem Maße statt. Auch das Wachstum von Defender-Unternehmen ist stark intern getrieben und wird weniger durch Akquisitionen erreicht. Dies führt oftmals dazu, dass ein derartig positioniertes Unternehmen mit einer rapiden Expansion bzw. Veränderung in seinem spezifischen Marktsegment nur schwer schritthalten kann. Auch auf der Ebene der Produktentwicklung – für den hier betrachteten Untersuchungsgegenstand der Unternehmen des Bucheinzelhandels würde dieser Bereich beispielsweise die Sortimentsgestaltung umfassen  – zeichnet sich der Defender durch eine Expansion bzw. Modifikation des Portfolios in eng mit dem Kerngeschäft verbundene Gebiete aus.¹²⁶ Dies würde beispielsweise für eine auf Krimis spezialisierte Sorti124 Vgl. Werkmann 1984, S. 91 u. Miles / Snow 2003, S. 29. 125 Vgl. ebd., S. 38. 126 Vgl. ebd., S. 38.

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mentsbuchhandlung die Expansion des Sortiments in Richtung themenspezifischer Brettspiele bzw. DVDs beinhalten, wohingegen die Aufnahme anderer Warengruppen der strategischen Ausrichtung zuwider laufen würde. Der Defender konzentriert sich folglich auf ein enges und stabiles Marktsegment, welches durch die Ausrichtung auf eine spezifische Zielgruppe bzw. die Konzentration auf eine Warengruppe von anderen Segmenten klar abgrenzbar ist. Wachstum findet dabei nur innerhalb dieser vorher festgelegten Grenzen statt, und eine Veränderung der Unternehmensumwelt wird nur rudimentär berücksichtigt. Auf der technologischen Ebene finden demnach nur solche Innovationen Beachtung, die eine effizientere Gestaltung des Vertriebs erlauben (bspw. ein elaboriertes Warenwirtschaftssystem). Eine Analogie zu einer derartigen strategischen Positionierung wäre die in Teil II, Punkt 1.2.1 vorgestellte generische Wettbewerbsstrategie ,Konzentration auf Schwerpunkte‘ nach Porter. Auf der Ebene der Administration ist der Defender von spezialisierten Unternehmenseinheiten geprägt, die einerseits einer zentralisierten Kontrolle unterliegen und die andererseits von vergleichsweise starren und strikten Planungsmustern gekennzeichnet sind. Die beschriebene Ausrichtung der Defenderunternehmen birgt einerseits den Vorteil, dass sie von anderen Marktteilnehmern nur schwer aus ihrer Nische verdrängt werden können. Andererseits erwächst aber ein Nachteil aus der Tatsache, dass ein rapider technologischer Wandel in dem vom Defender besetzten Marktsegment aufgrund der für diesen Strategietyp charakteristischen verzögerten Anpassungsfähigkeit dazu führen kann, dass derartige Unternehmen vergleichsweise schnell vom Markt vertrieben werden können. Diese Vulnerabilität, die aus der ausschließlichen Konzentration auf ein Kernsegment resultiert, wird von den betroffenen Unternehmen oftmals – sei es bewusst oder unbewusst – nicht hinreichend problematisiert.¹²⁷ Gerade in reifen Teilmärkten, wie sie sich z. B. in der Buchbranche im Segment Belletristik manifestieren, kann eine Konzentration auf bestimmte Warengruppen im Falle einer Nachfrageverschiebung zu starken Umsatzeinbrüchen bei dieser Strategieform anhängigen Unternehmen führen. Die Stärke des Defenders – nämlich die Fokussierung auf einen begrenzten Bereich – kann aufgrund mangelnder Diversifizierung des Angebots solche Nachfrageeinbrüche nicht kompensieren. Diese mangelnde Bereitschaft die Angebotspalette zu verbreitern, ist aber zugleich eine Grundvoraussetzung für diese Strategieform, da eine Ausweitung zu einem Verlust des Marktimages des betreffenden Unternehmens führen würde. Eine Krimibuchhandlung könnte beispielsweise schwerlich ihr Sortiment auf andere Warengruppen ausweiten, ohne dass dies mit einem Verlust an Glaubwürdigkeit einhergehen würde. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich der Defender dadurch auszeichnet, dass er sich an seine Umwelt durch den Einsatz kosteneffizienter Technologie, eine stark eingeschränkte Produkt- bzw. Dienstleistungspalette sowie eine

127 Vgl. Miles / Snow 2003, S. 39.

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spezialisierte und formalisierte Organisationsstruktur anpasst. Derartige Unternehmen konzentrieren sich auch in einem sich rapide verändernden Umfeld auf eine Nische.¹²⁸ Inwieweit eine solchermaßen gestaltete strategische Ausrichtung für die in der Buchbranche stattfindenden Veränderungen geeignet ist, wird im weiteren Verlauf dieser Untersuchung zu überprüfen sein. Tab. 1: Strategietyp Defender. Quelle: Miles / Snow 2003. Produkt-Markt Kombination Einsatz von Technologie Wachstumsrate Umweltbeobachtung

Beschränkung auf ein abgegrenztes Marktsegment Konzentration auf bewährte Technologien internes Wachstum auf das Kernsegment ausgerichtete Umweltbeobachtung

1.4.2 Strategietyp Prospector Im Gegensatz zum Defender ist das strategische Verhalten des Prospectors in hohem Maße auf die Identifikation neuer Produkt- bzw. Marktchancen ausgerichtet. Im Fokus derartiger Unternehmen steht dabei der Versuch, sich eine Reputation als innovatives Unternehmen zu erarbeiten und diese auch beizubehalten. Dieser Ansatz kann aber auch dazu führen, dass aufgrund der hohen Frequenz von Innovationen die Gefahr des Scheiterns ungleich höher ist, als es etwa bei sich auf eine stabile Nische konzentrierenden Unternehmen der Fall ist.¹²⁹ Dieser Strategietyp ist infolge seiner Konzentration auf eine stetige Weiterentwicklung seiner Produkte bzw. Dienstleistungen als dem Defender in der Ausrichtung diametral gegenüberstehend anzusehen. Dieses Vorgehen setzt eine intensive Umweltbeachtung voraus, deren Zielsetzung darin besteht, potentielle Trends ausfindig zu machen und auf diese adäquat zu reagieren. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, sollte eine dezentralisierte Unternehmensstruktur gewählt werden, da andernfalls für das Unternehmen relevante Entwicklungen nicht ausfindig gemacht werden können. Dieser permanente Suchprozess nach neuen Marktchancen führt dazu, dass sich derartige Unternehmen in einem höheren Maß mit Unsicherheit bezüglich ihrer zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten konfrontiert sehen, die aus etwaigen Umweltveränderungen entstehen können. Gleichzeitig resultiert daraus aber die Option, als Katalysator eines Wandels innerhalb einer Branche auftreten zu können. Das Wachstum derartig ausgerichteter Unternehmen findet folglich in erster Linie organisch statt, indem stetig neue Produkte oder Dienstleistungen unternehmensintern entwickelt werden und neue Märkte (auch international) bedient werden. Dies impliziert eine horizontale Expansion hinsichtlich der Produkte und 128 Vgl. Miles / Snow 2003, S. 47. 129 Vgl. ebd., S. 56.

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bedienten Märkte. Zudem zeichnet sich der Prospector durch Wachstumsschübe aus. Hier zeigt sich ebenfalls ein Gegensatz zum Defender, dessen Wachstum eher stetig verläuft.¹³⁰ Für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand umfasst die Prospectorausrichtung solche Unternehmen, die eine Vielzahl an Innovationen vorantreiben bzw. ihr Produktportfolio auf andere Segmente wie den Non-Book-Bereich ausweiten. Dies wäre z. B. bei dem Unternehmen Amazon der Fall. Kennzeichnend für den Strategietyp ist außerdem eine Aktivität im internationalen Bereich, was ebenfalls auf dieses Unternehmen zutreffen würde. Um potentielle neue Märkte ausfindig machen zu können und gleichzeitig eine Führungsrolle bei der Entwicklung neuer Produkte einnehmen zu können, ist es für einen Prospector unabdingbar Umwelttrends frühzeitig zu entdecken. Dies setzt einen hohen Ressourcenaufwand für die Betrachtung der Unternehmensumwelt voraus, die mit einer Dezentralisierung der Unternehmenseinheiten gepaart werden sollte. Dies würde z. B. die relative Unabhängigkeit etwaiger Tochtergesellschaften im Ausland implizieren. Die permanente Umweltbeobachtung, die auch Entwicklungen außerhalb der bedienten Segmente berücksichtigt, kann jedoch auch zu einem hohen Grad an Unsicherheit führen. Da eine Vorreiterrolle in bestimmten Bereichen schwerlich ausschließlich aus eigener Kraft erreicht werden kann, ist es zudem notwendig, Expertise in Form von Humanressourcen zu akquirieren bzw. bereits in einem Teilbereich erfolgreiche Unternehmen aufzukaufen.¹³¹ Aufgrund der permanenten Umweltbeobachtung wirft ein sich abzeichnender technologischer Wandel seltener Probleme für den Prospector auf, da entsprechend rechtzeitig auf Veränderungen reagiert werden kann. Zudem treten derartige Unternehmen zugleich oftmals als Innovatoren auf und befördern oder stoßen einen Wandlungsprozess selbst an. Da sie häufig in neue Geschäftsfelder vorstoßen, sind sie stärker als die Defender in der Lage, sich Umweltveränderungen anzupassen. Allerdings ist diese Unternehmensausrichtung auch mit Nachteilen verknüpft: Da für ein derartiges Vorgehen ein hohes Maß an Flexibilität eine Voraussetzung darstellt, ist es oftmals erschwert, das notwendige Maß an Effizienz der Prozesse bzw. der Organisation zu erreichen, um maximale Profite aus einem bestimmten Geschäftsfeld zu erwirtschaften. Infolge der Besetzung verschiedener Geschäftsfelder, sehen sich die Prospector-Unternehmen der Herausforderung gegenüber, optimale Strukturen für verschiedene Bereiche aufzubauen. Die Vielzahl der Aktivitäten kann auch zu einer Überdehnung der Unternehmensgröße führen, die letztendlich in konfligierenden Zielstellungen resultieren kann.¹³² Allerdings birgt die Herangehensweise des Prospectors im Kontext des technologischen Wandels die Möglichkeit, seine technologischen Fähigkeiten stetig anzupassen. Dies liegt darin begründet, dass aufgrund einer ständigen Verbreiterung der 130 Vgl. Miles / Snow 2003, S. 57. 131 Vgl. ebd., S. 56 f. 132 Vgl. ebd., S. 58.

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Produkt- und Servicepalette die Bandbreite der technologischen Prozesse ebenfalls erhöht wird, wobei weniger langfristige finanzielle Engagements in derartige Technologien üblich sind. Ein weiterer Grund für die Flexibilität des Prospectors in technologischer Hinsicht ist die Tatsache, dass die Vielzahl der angebotenen Produkte den Einsatz verschiedener technologischer Lösungen voraussetzt, zwischen denen jedoch wenig Abhängigkeiten bestehen, was die Flexibilität erhöht. Zentral hierfür ist eine Ablauforganisation, die die technologische Kompetenz in Individuen und nicht in Routinen verortet.¹³³ Diese Fokussierung kann jedoch auch zu ineffizienteren Abläufen im Vergleich zu den Wettbewerbern führen. Verstärkt wird diese Tendenz durch die geringere Kontrolle der Abläufe, die aus einer dezentralisierten Organisation erwächst, welche aber zugleich eine Voraussetzung für deren Flexibilität darstellt. Insofern ist die Kontrollfunktion ergebnisorientiert, nämlich auf die Marktakzeptanz ausgerichtet, und weniger auf die effiziente Nutzung der Ressourcen, um diese Marktpositionierung zu erreichen. Dies impliziert eine Verstärkung der Unternehmensaktivitäten in den Bereichen der Entwicklung neuer Produkte und Serviceleistungen sowie im Marketingbereich, was in den folgenden Case Studies zu überprüfen sein wird.¹³⁴ Im Gegensatz zum Defender zeichnet sich der Prospector durch einen breitgefächerten Planungsprozess im strategischen Management aus. Um sich einer dynamischen Entwicklung der Umwelt anzupassen, muss eine Vielzahl von sich teilweise widersprechenden Faktoren aus den verschiedenen Unternehmensbereichen in die Planung mit einbezogen werden. Während der Defender üblicherweise seine Planung zuerst abschließt, bevor er mit der Implementierung neuer Lösungen beginnt, zeichnet sich der Prospector dadurch aus, dass er zunächst verschiedene Lösungsansätze experimentell anwendet und erst im Nachhinein einen Plan für das weitere Vorgehen erstellt. Da der Fokus hierbei auf der Effektivität der Maßnahmen und weniger in deren Effizienz liegt, kann dies dazu führen, dass Ressourcen ineffizient eingesetzt werden. Dies kann zu einer Fehlallokation entsprechender Ressourcen führen, was einen Nachteil gegenüber der Defender-Ausrichtung nach sich ziehen kann. Insgesamt scheint die strategische Ausrichtung ,Prospector‘ aber besser für eine dynamische und komplexe Umweltsituation geeignet zu sein, da derartige Unternehmen sich durch eine ständige Veränderung ihrer Produkt-Markt-Kombination leichter an veränderte Umweltbedingungen adaptieren können. Darüber hinaus ermöglicht es die permanente Umweltbeobachtung, sich abzeichnende Trends frühzeitig zu erkennen und entsprechend darauf zu reagieren. Problematisch ist aber die potentielle Überdehnung der Unternehmensaktivitäten sowie die aus einer Vielzahl von Aktivitäten möglicherweise resultierende Fehlallokation von Ressourcen. Im Kontext des vorliegenden Untersuchungsgegenstandes, der im Umfeld der digitalen Ökonomie verankert ist, scheint die permanente Suche nach neuen Betätigungsfeldern jedoch 133 Vgl. Miles / Snow 2003, S. 58 f. 134 Vgl. ebd., S. 64.

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ein geeigneterer Ansatz als der des Defenders zu sein, zumal Wettbewerbsvorteile in einer solchen Konstellation ohnehin nur temporär haltbar sind.¹³⁵ Tab. 2: Strategietyp Prospector. Quelle: Miles / Snow 2003. Produkt-Markt Kombination

– häufiger Eintritt in neue Märkte – hohe Frequenz an Innovationen

Einsatz von Technologie

– Flexibilität – Experimentelle Anwendung von Lösungsansätzen

Wachstumsrate

– Wachstumsschübe – Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen unternehmensintern

Umweltbeobachtung

– permanenter Suchprozess nach neuen Marktchancen

1.4.3 Strategietyp Analyser Der Strategietyp ,Analyser‘ stellt einen Mittelweg zwischen den beiden vorgestellten strategischen Ausrichtungen ,Defender‘ und ,Analyser‘ dar. Unternehmen dieses Typs streben folglich danach, die oben aufgezeigten Stärken der beiden dargestellten Strategieformen zu kombinieren. Dies zeigt sich dadurch, dass versucht wird, neue Marktchancen ausfindig zu machen und sich dabei gleichzeitig auf ein stabiles und nachhaltiges Kernsegment zu konzentrieren. Infolgedessen ist das Vorgehen des Analysers einerseits davon geprägt, neue, vom Prospector ausfindig gemachte Produkte oder Dienstleistungen, zeitnah zu imitieren, sofern sich diese als erfolgreich erwiesen haben. Andererseits besteht die Zielsetzung derartiger Unternehmen darin, weiterhin – analog zum Defender – den Großteil der Umsätze durch stabile Produkt- und Konsumentengruppen zu generieren.¹³⁶ Übertragen auf die Buchbranche und hier auf die Unternehmen des Bucheinzelhandels würde eine solche Ausrichtung auf wenig Innovationen mit einer gleichzeitigen Fokussierung auf das Kerngeschäft des Handels mit physischen Büchern hindeuten. Für die hier betrachteten Unternehmen finden sich hierfür Parallelen zu den Marktaktivitäten des filialisierten Bucheinzelhandels. Problematisch ist hierbei, dass ein Unternehmen, das diese Strategieform verfolgt, einerseits effiziente technologische Abläufe für den Vertrieb ihrer Kernprodukte (physische Bücher) installieren muss und andererseits neue Produkte und Dienstleistungen in seine Routinen in technologischer Hinsicht integrieren muss. Da diese neuen Produkte oftmals vorher

135 Vgl. Miles / Snow 2003, S. 65–67. 136 Vgl. Miles / Snow 2003, S. 70.

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von einem Prospector-Unternehmen identifiziert wurden, ist es für den Analyser empfehlenswert, seine Marketingaktivitäten entsprechend auszurichten.¹³⁷ Aufgrund der Tatsache, dass ein derartiges Unternehmen sowohl das stabile Kernsegment als auch mögliche Umweltveränderungen in seine strategische Planung mit einbeziehen muss, jedoch der größte Umsatzanteil in traditionellen Geschäftsfeldern erwirtschaftet wird, ähneln seine Aktivitäten in diesem Bereich eher denen des Defenders. Gleichzeitig muss der Analyser aber in der Lage sein, neue, sich entwickelnde Marktsegmente frühzeitig zu antizipieren, was ein ähnliches Vorgehen wie es beim Prospector beobachtbar ist, hindeutet. Zentral dabei ist aber, dass der Analyser nicht experimentell vorgeht, sondern lediglich bereits erfolgreiche Lösungen des Prospectors imitiert. Dies führt zu der Notwendigkeit einer permanenten Konkurrenzbeobachtung, um sich abzeichnende neue Geschäftsfelder frühzeitig zu erkennen. Konfliktpotential birgt dabei die Organisation derartiger Unternehmenstypen sowie die Kontrolle der Operationen. Im Zuge der Heterogenität der Geschäftsbereiche ist es notwendig, verschiedene Organisationsformen innerhalb eines Unternehmens vorzuhalten, die schwer zu koordinieren und damit auch schwer kontrollierbar sind. Ein Lösungsansatz für diese Problematik wäre die strukturelle Separation der strategischen Geschäftseinheit, die beispielsweise dann eigenverantwortlich für den E-Commerce-Bereich tätig wäre. Ob ein solches Vorgehen sinnvoll ist, wird innerhalb der nachfolgenden Case-Studies zu den Unternehmen des verbreitenden Buchhandels zu überprüfen sein. Auch wenn der Analyser eine Kombination der beiden oben vorgestellten Strategietypen darstellt und versuchen muss, eine Balance zwischen diesen beiden Vorgehensweisen bei der organisationalen Anpassung zu erreichen, verfügt diese Ausrichtung über bestimmte eigene Vorteile. Diese bestehen darin, dass einerseits die Möglichkeit besteht, auf neuartige Produkte im Kontext neu erwachsender Marktsegmente einzugehen, und andererseits mit der Konzentration auf stabile Kernsegmente und den damit einhergehenden Erlösen die Option besteht, diese neuen Geschäftsfelder zu finanzieren. Da erfolgversprechende Produkte oder Dienstleistungen bereits vom Prospector getestet wurden, ist es dem Analyser möglich, ohne hohes Risiko erfolgversprechende Geschäftsfelder zu besetzen. Daraus ergeben sich sowohl Wachstumsmöglichkeiten durch den Ausbau des Kerngeschäfts als auch durch das Angebot neuer Produkte. Eine Voraussetzung für den Erfolg dieses Strategietyps ist dabei die effiziente Gestaltung der Prozesse im Kerngeschäft, etwa durch ein elaboriertes Warenwirtschaftssystem sowie die zeitnahe Adaption neuer Technologien in Bereichen, die außerhalb des Kerngeschäfts liegen. Potentielle Konfliktfelder zeigen sich dabei in der Notwendigkeit, die beiden Bereiche zu koordinieren und organisational zu integrieren. Somit stellt diese Herangehensweise auch einen Mittelweg zwischen Effektivität und Effizienz dar. Während

137 Vgl. Miles / Snow 2003, S. 74.

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der Defender hier seinen Schwerpunkt auf Effizienz im Kerngeschäft legt und der Prospector möglichst effektiv neue Marktchancen zu finden versucht, ist der Analyser bemüht, einen Ausgleich zwischen diesen beiden Vorgehensweisen zu finden. In der folgenden Tabelle 3 sind die elementaren Kennzeichen dieses Strategietypus nochmals zusammengefasst.¹³⁸ Tab. 3: Strategietyp Analyser. Quelle: Miles / Snow 2003. Produkt-Markt Kombination

– Adaption von vom Prospector ausfindig gemachten Produkten und Marktchancen – stabiles Kernsegment

Einsatz von Technologie

– stabile und flexible Komponente

Wachstumsrate

– externes und internes Wachstum

Umweltbeobachtung

– permanente Konkurrenzbeobachtung

1.4.4 Strategietyp Reactor Die vierte von Miles und Snow identifizierte Strategieform ist der Reactor. Während sich die vorgestellten drei Formen in ihrem Vorgehen zwar stark unterscheiden, ist jede dieser Herangehensweisen dennoch dadurch gekennzeichnet, dass sie ein probates Mittel für den Umgang mit technologischen Umwälzungen darstellen können. Trotz der aufgezeigten Unterschiede in den Reaktionen auf Umweltveränderungen ergeben sich aus den vorgestellten Ausrichtungen typische Verhaltensmuster bezüglich der Marktaktivitäten für jeden der drei Strategietypen. Anders verhält es sich beim Strategietyp ,Reactor‘: Seine Verhaltensmuster zur Anpassung an die Umwelt sind sowohl inkonsistent als auch instabil, da er nicht über einen konsistenten Reaktionsmechnismus verfügt.¹³⁹ Ursächlich hierfür ist entweder die Tatsache, dass überhaupt keine Strategie formuliert wurde oder dass diese nicht an die Technologie bzw. die Struktur und die Prozesse angepasst wurde sowie nicht mehr für die Veränderungen der Unternehmensumwelt geeignet ist. Somit kann für diese inkonsistente Anpassung z. B. ein Versagen des Managements bei der Strategieformulierung verantwortlich gemacht werden. Daraus ergeben sich oftmals Probleme auf technologische Veränderungen zu reagieren. Die daraus resultierende Unsicherheit kann dann zu weiteren Fehlinvestitionen führen.¹⁴⁰ Ein Reactor zeichnet sich folglich dadurch aus, dass er sich nur auf externen Druck hin an seine Umwelt anpasst und sich weder durch eine Konzen138 Vgl. Miles / Snow 2003, S. 78–80. 139 Vgl. ebd., S. 81 f. 140 Vgl. ebd., S. 93.

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tration auf das Kerngeschäft noch durch Innovationen im Produkt / Servicebereich am Markt behauptet. Übertragen auf den vorliegenden Untersuchungsgegenstand würde ein Reactorunternehmen beispielsweise dadurch gekennzeichnet sein, dass es aus Unsicherheit über die Erfolgsaussichten erratisch am Markt agiert. Dies zeigt sich in einem inkonsistenten Verhaltensmuster, welches davon geprägt ist, dass ein solches Unternehmen weder dem Prospector, der gezielt nach neuen Marktchancen sucht, noch dem Defender, der sich auf sein Kerngeschäft konzentriert, zuordenbar ist. Auch die Analyserstruktur kann für ein derartiges Unternehmen ausgeschlossen werden, da es die oben beschriebenen beiden Geschäftsfelder, in denen sich Unternehmen dieses Typs bewegen, nicht ausreichend koordiniert. Dies könnte sich beispielweise darin zeigen, dass einerseits kein effizientes Warenwirtschaftssystem für die Prozesse des Kerngeschäfts implementiert wird und andererseits keine optimale Imitation der von der Konkurrenz getesteten Innovationen in neuen Marktsegmenten erfolgt. Die Darstellung für den Reactor erfolgt nicht analog zu den anderen Strategietypen in einer Tabelle, da er ein inkonsistentes Vorgehen aufweist und deshalb keine klare Zuordnung erfolgen kann.

1.4.5 Kritik und Anwendbarkeit der Typologie im Einzelhandel Das Modell von Miles und Snow hat in der Forschung zum strategischen Management eine große Resonanz erfahren, was sich in der Vielzahl an Publikationen zu dieser Thematik widerspiegelt. So konnten allein für den Zeitraum von 1990 bis 2012 über 250 Publikationen in einschlägigen wissenschaftlichen Journals ausfindig gemacht werden. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass die Typologie neben der von Abell (1980) und Porter (1980) als einflussreichste innerhalb des strategischen Managements angesehen wird und auch weiter modifiziert wurde.¹⁴¹ So unterscheiden Walker und Ruekert zwischen differenzierten Defenderunternehmen, die sich durch Produkte höherer Qualität von ihren Wettbewerbern absetzen, und eine entsprechende Nische besetzen und kostenorientierten Defendern, die sich durch Preiskämpfe gegenüber ihren Wettbewerbern positionieren.¹⁴² Nichtdestotrotz sollen an dieser Stelle einige Kritikpunkte des Modells dargestellt werden, bevor das Konzept hinsichtlich seiner Anwendbarkeit für den Einzelhandel beleuchtet wird. Ein Problem stellt die empirische Fundierung der Typologie dar. So untermauern Miles und Snow ihre Erkenntnisse zwar exemplarisch durch Cases aus einer Vielzahl von Branchen wie der Lebensmittel-, Verlags-, Gesundheits- und Elektronikindustrie, jedoch unterliegt die Begründung der zur Klassifikation herangezogenen Kriterien einer gewissen Unschärfe. Auch der Unternehmenstyp ,Reactor‘ wird 141 Vgl. Malik / Naeem 2011, S. 806. 142 Vgl. Walker / Ruekert 1987.

1 Einordnung in die Strategieforschung   

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nur rudimentär beschrieben, so dass aus den Ausführungen keine Anhaltspunkte über die Verhaltensmuster derartig kategorisierter Akteure hervorgehen.¹⁴³ Kritisch ist zudem die Feststellung der Autoren, dass alle die drei Strategieformen Defender, Prospector und Analyser innerhalb einer bestimmten Umweltsituation gleichermaßen erfolgreich sind, sofern die Strategie adäquat implementiert wird. Gerade in Anbetracht einer dynamischen Umweltentwicklung, wie sie sich bei dem in dieser Arbeit untersuchten Bereichen zeigt, scheint diese Behauptung zumindest überprüfenswert. Vielmehr scheinen gerade in komplexen Umweltbedingungen, die mit einer Verschiebung der Akteursrollen, dem Markteintritt neuer Wettbewerber sowie einer Veränderung der Wertschöpfungsaktivitäten einhergehen, gerade bestimmte strategische Verhaltensmuster wie etwa eine Prospectorausrichtung erfolgversprechender zu sein. Zajac und Shortell stellten beispielsweise in ihrer Studie in diesem Zusammenhang fest, dass Prospectors den Strategietyp Defender in volatilen Industrien übertreffen können.¹⁴⁴ Somit besteht eine Zielsetzung dieser Arbeit darin, das aufgezeigte Defizit des Modells für den hier zugrunde gelegten spezifischen Fall  – nämlich die Untersuchung der Unternehmen des Bucheinzelhandels – dahingehend aufzulösen, indem die Eignung verschiedener strategischer Verhaltensmuster innerhalb einer komplexen Umweltsituation kritisch hinterfragt wird. So stellt sich die Frage, ob eine Defenderausrichtung angesichts des sich in der Buchbranche abzeichnenden technologischen Wandels erfolgversprechend sein kann. Bereits Walker et  al. identifizieren folgende Umweltcharakteristika, die eine Prospectorausrichtung erfolgversprechender erscheinen lassen: Die Produkte in einem bestimmten Marktsegment befinden sich in einem frühen Produktlebenszyklus bzw. das Marktsegment ist noch unterentwickelt, die Technologie ist erst seit einem kurzen Zeitraum marktfähig, es gibt noch wenige Wettbewerber, die Struktur der betreffenden Industrie befindet sich in einem Umwälzungsprozess und eine Firma verfügt über einen großen Marktanteil.¹⁴⁵ Diese Merkmale lassen sich analog auf die Situation der Buchbranche hinsichtlich der Digitalisierung ihres Kernprodukts übertragen, weshalb Walkers Feststellung bei der Untersuchung der Cases berücksichtigt wird. Ein Vorwurf, der von Hambrick bezüglich der Modellierung von Miles und Snow aufgeworfen wurde, ist der Verzicht der Autoren auf quantitativ basierte Beobachtungen, die seiner Ansicht nach in einem poetischen Charakter hinsichtlich der Beschreibung des Unternehmensverhaltens resultieren.¹⁴⁶ Um diesem Defizit entgegenzuwirken, werden für diese Arbeit die Unternehmensaktivitäten auch quantitativ erfasst. Allerdings erfordert die Beobachtung des Unternehmensverhaltens in dynamischen Märkten geradezu einen qualitativen Ansatz, da die Berücksichtigung der Frequenz 143 Vgl. Werkmann 1989, S. 106. 144 Vgl. Zajac / Shortell 1989. 145 Vgl. Walker et al. 2003. 146 Vgl. Hambrick 1984, S. 28.

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der Aktivitäten keine Aussage über ihre Wirkung möglich macht. Dies liegt nicht zuletzt darin begründet, dass aufgrund der Unsicherheit, denen sich die Akteure angesichts neuer technologischer Entwicklungen gegenübersehen, eine Abfrage der Aktivitäten mittels ausschließlich quantitativer Erhebungen fragwürdig erscheint. Eine Stärke der Theorie von Miles und Snow liegt jedoch darin begründet, dass im Gegensatz zu Michael Porters Sichtweise die Möglichkeit besteht, hybride Strategien erfolgversprechend einzusetzen. Während Porter postuliert, dass die beiden Strategietypen Kosten- und Leistungsführerschaft und Differenzierung unvereinbar sind und sich Unternehmen bei der gleichzeitigen Verfolgung ,zwischen den Stühlen‘ befinden¹⁴⁷, behaupten Miles und Snow die Vereinbarkeit mit dem Strategietyp Analyser. Corsten stellt fest, dass der Strategietyp Prospector Ähnlichkeiten mit der Differenzierungsstrategie nach Porter aufweist, wohingegen der Defender Parallelen zur Kostenführerschaft nahelegt.¹⁴⁸ Insofern legt der Analyser, der eine Mischform von Defender und Prospector darstellt, die Funktionsfähigkeit hybrider Strategien nahe. Es stellt sich die Frage, ob das theoretische Framework von Miles und Snow, welches ursprünglich für produzierende Unternehmen konzipiert wurde, auch im Kontext des Einzelhandels anwendbar ist. In der Literatur gibt es nur wenige Publikationen, die sich mit dem strategischen Verhalten von Firmen des Einzelhandels hinsichtlich des in dieser Arbeit zugrunde gelegten strukturellen Kontingenz-Ansatzes beschäftigen, der sich mit den Mustern zur Anpassung an Umweltveränderungen auseinandersetzt. Neben Miles und Snow ist auch Henry Mintzberg ein wichtiger Vertreter dieser theoretischen Strömung. Die Zielsetzung besteht dabei darin, Muster von Strategiekonfigurationen und damit Schemata zu identifizieren und diese dann auf ihre Auswirkung auf den Unternehmenserfolg zu untersuchen.¹⁴⁹ Hawes und Crittenden beschäftigten beispielsweise sich in ihrem Aufsatz mit dem amerikanischen Lebensmitteleinzelhandel, legten ihren Fokus aber verstärkt auf den Marketingbereich.¹⁵⁰ Dabei identifizierten sie strategische Gruppen, die anschließend auf Unterschiede in Bezug auf ihre Geschäftsergebnisse beleuchtet wurden. In ihrer Taxonomie identifizieren die Autoren 18 Schlüsselvariablen, die sich auf das Marketing von Eigenmarken im Lebensmitteleinzelhandel in den USA beziehen und aus denen drei Ausprägungen von Einzelhandelsstrategien abgeleitet werden. Diese Ausprägungen basieren auf dem Modell von Miles und Snow und werden folgendermaßen beschrieben: Die Unternehmen der ersten Gruppe werden unter dem Übergriff ,aggressive Inititiators‘ als gezielt nach neuen Marktchancen suchend gepaart mit einer hohen Frequenz an Marketingaktivitäten charakterisiert. Hier zeigt sich eine Parallele zum Unternehmenstyp Prospector, der durch ähnliche Merkmale gekennzeichnet ist. Die zweite Gruppe wird als ,conservative Reactors‘ bezeichnet, die eine 147 Vgl. Porter 1999, S. 78. 148 Vgl. Corsten 1998, S. 108. 149 Vgl. Moore 2005, S. 697. 150 Vgl. Hawes / Crittenden 1984, S. 283 f.

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Zwischenform zwischen den Unternehmen der ersten Gruppe und denen der dritten Gruppe, den ,submissive Defenders‘ darstellen. Diese dritte Gruppe zeichnet sich durch geringe Marketingaktivitäten im Bereich der Eigenmarken aus, und steht somit der ersten Gruppe diametral gegenüber. Die Autoren stellen dabei fest, dass sich im Zuge der Einführung einer neuen Produktgruppe (Eigenmarken), die ,aggressive initiators‘ als erfolgreicher im Vergleich zu den anderen beiden Gruppen erweisen. Damit stehen sie im Widerspruch zu Miles und Snow, die eine Rangfolge in der Erfolgswirkung verschiedener Strategietypen verneinen. Hawes und Crittenden konstatieren, dass im Falle der Einführung neuer Produkte der Markteintrittszeitpunkt einen kritischen Faktor für den Unternehmenserfolg darstellt, da durch einen frühen Markteintritt Wettbewerbsvorteile aufgebaut werden können. Allerdings könnte dieser Effekt auch mit dem Produktlebenszyklus zusammenhängen.¹⁵¹ Auch Conant et  al. berücksichtigen in ihrer Untersuchung die Marketingstrategien der kleinen und mittleren Unternehmen des US-Einzelhandels anhand der strategischen Typen von Miles und Snow und kommen zu dem Ergebnis, dass ihre Ergebnisse mit denen aus anderen Industrien hinsichtlich der Erfolgswirkung der drei strategischen Ausprägungen Defender, Prospector und Analyser übereinstimmen, wohingegen der Reactortyp eine niedrigere Profitabilität aufwies. Eine maßgebliche Erkenntnis war dabei, dass sich die Aktivitäten der untersuchten Unternehmen am stärksten in der Dimension ,new service developement‘ unterscheiden. Hier waren die Prospectorunternehmen am aktivsten, was mit den Ergebnissen von Miles und Snow übereinstimmt, die die Suche nach neuen Produktund Marktchancen als charakteristisch für diesen Unternehmenstyp ansehen. Auch wiesen Prospectors eine höhere Frequenz an Marketingaktivitäten auf, was ebenfalls auf ihre Ausrichtung auf die Effektivität der Marktbearbeitung anstatt auf eine Erhöhung der Effizienz durch Prozessoptimierung hindeutet.¹⁵² Lewis und Thomas konzentrierten sich in ihrer Studie ebenfalls auf den britischen Lebensmitteleinzelhandel und rückten dabei Zusammenhang zwischen Strategie und Unternehmenserfolg in den Vordergrund, indem sie die Struktur eines Einzelhändler und seine Ressourcenallokation untersuchten. Hierfür nutzten sie Variablen wie die Anzahl und Größe der Niederlassungen und die Werbeausgaben im Verhältnis zum Umsatz. Anhand dieser Kriterien wurden strategische Gruppen gebildet, wobei innerhalb dieser Gruppen stärkere Unterschiede als zwischen den Gruppen in Bezug auf den Unternehmenserfolg ausgemacht wurden.¹⁵³ Dies deutet darauf hin, dass die spezifische Ressourcenausstattung der einzelnen Unternehmen sowie ihre Fähigkeit, Strategien effektiv zu implementieren, einen wesentlichen Einflussfaktor für den Unternehmenserfolg darstellt und somit der Fokus der Analyse auf die einzelne Unternehmung gelegt werden sollte. Insofern kommen die Autoren zu dem Ergebnis, dass 151 Vgl. Hawes / Crittenden 1984, S. 283 f. 152 Vgl. Conant et al. 1990, S. 377. 153 Vgl. Lewis / Thomas 1990, S. 388 u. S. 396.

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   Teil II: Theoretische Grundlagen und ihre Anwendung

eine Verknüpfung von Unternehmenserfolg mit strategischen Gruppen nur bedingt aussagekräftig ist. Besonders der Indikator Unternehmensgröße hat sich ungeeignet zur Abgrenzung strategischer Gruppen erwiesen. Einen wichtigen Beitrag zur Anwendung des Modells von Miles und Snow in Verknüpfung mit Mintzbergs Ansatz im Bereich des Einzelhandels leistet Segev mit seiner komparativen Analyse strategischer Typen. Hierzu verwendet er eine simulierte Einzelhandelsumgebung, die als Wirtschaftsspiel konzipiert wird. Er kommt dabei zu dem Ergebnis, dass die Typologie von Miles und Snow geeignet ist, ein Untersuchungsraster für Strategien des Einzelhandels darzustellen. Dabei sieht der Autor einen Zusammenhang zwischen den Modellen von Miles und Snow und dem von Mintzberg, der sich aus der Verknüpfung von Strategie (Inhalt) und dem Prozess der Strategieumsetzung ergibt. Beide Sichtweisen werden in der Literatur als verschiedene, aber verbundene Konzepte aufgefasst. Insofern ist es erstrebenswert einen ,Fit‘ zwischen den beiden Sichtweisen herzustellen. Der Begriff ,Fit‘ impliziert im Kontext der Kontingenztheorie die Fähigkeit gleichermaßen effektive Konfigurationen zu erreichen, was auch unter dem Terminus ,equifinality‘ subsumiert werden kann.¹⁵⁴ Segev konzeptualisiert dieses Konstrukt analog zu Miles und Snow in die vier strategischen Grundtypen Defender, Prospector, Analyser und Reactor, die er mit den drei Modi des Strategieprozesses nach Mintzberg verknüpft. Segev kommt im Zuge seiner Studie zu dem Ergebnis, dass Beziehungen zwischen Modus und Strategietypus bestehen, was auch den Einsatz der beiden Modelle als zwei Seiten einer Medaille in der vorliegenden Arbeit als fruchtbar erscheinen lässt. Allerdings lässt das Design der Untersuchung, das als Simulation der Realität angelegt ist, an der Belastbarkeit der Ergebnisse in der Realität zweifeln, was auch Segev in seinen Schlussfolgerungen eingesteht.¹⁵⁵ Ein aktuelleres Forschungsergebnis aus dem Bereich des Einzelhandels ist die Studie von Marguerite Moore. In der 2005 publizierten Studie wird das Modell von Miles und Snow anhand einer Grundgesamtheit von n = 101 zur Überprüfung des Zusammenhangs zwischen Strategie und Unternehmenserfolg im amerikanischen Einzelhandel angewendet. Dabei stellt die Autorin vier Hypothesen auf: Sie postuliert, dass ein positiver Effekt zwischen dem Unternehmenserfolg und den Ausrichtungen Prospector, Analyser und Defender besteht, wohingegen als vierte Hypothese ein negativer Zusammenhang zwischen Defender und Erfolg analog zu den Aussagen von Miles und Snow zu erwarten ist. Zur Messung wurden die von Segev entwickelte Skala zur Messung modifiziert, und die Teilnehmer der Studie mussten das Verhalten ihrer Einzelhandelskette entsprechend einer Likertskala einschätzen. Die Erfolgsmessung basiert auf dem Ansatz von Conant et  al. und umfasst die Dimensionen Pro-

154 Vgl. Segev 1987, S. 566. 155 Vgl. Segev 1987, S. 574.

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fitabilität, Return on Investment, Return on Assets, Umsatz pro Quadratmeter und Mitarbeiter sowie das Umsatzwachstum über die letzten drei Jahre.¹⁵⁶ Moore kommt zu dem Ergebnis, dass das Modell von Miles und Snow im Kontext des Einzelhandels anwendbar ist. Schwierigkeiten erwachsen aber aus der Tatsache, dass der Reactortyp schwierig zu erfassen ist, da er Charakteristika aus allen anderen drei Typen aufweisen kann. Somit wurde für diesen Strategietyp die Bereitschaft, Risiken einzugehen als maßgeblich angesehen. Die Ergebnisse sind mit denen aus anderen Industrien konform und führen zu den gleichen Schlüssen wie sie von Miles und Snow für die verschiedenen Typen gezogen wurden.

1.5 Auswahl des strategischen Instrumentariums In der vorliegenden Arbeit dient der oben vorgestellte marktorientierte Ansatz als Analyseinstrument. Wie in Teil II, Punkt 1.2.2 dargestellt, weist das Instrument aufgrund der fehlenden unternehmensinternen Perspektive und der statischen Betrachtungsweise einige Defizite auf. Für eine Analyse auf der Makroebene ist es jedoch weiterhin geeignet. Im Rahmen der Branchenstrukturanalyse in Teil III, Punkt 1.3 der beiden betrachteten Buchmärkte werden die Veränderungen der Unternehmensumwelt, die aus dem Aufkommen des elektronischen Handels bzw. der Digitalisierung der Produkte erwachsen, aufgezeigt. Dadurch fungiert der marktorientierte Ansatz als Umweltanalyse und dient dazu, die durch die Digitalisierung erwachsenden Veränderungen auf dem Buchmarkt zu beleuchten. Durch die Analyse der Wettbewerbskräfte gibt der marktorientierte Ansatz ein strukturiertes Raster vor. Die aus der Analyse der Wettbewerbssituation abgeleiteten generischen Strategien (Kostenführerschaft, Differenzierung und Konzentration auf Schwerpunkte) sind relativ eng gefasst. Bei einer Veränderung der Marktbedingungen ist zudem eine Neupositionierung des Unternehmens notwendig. Der marktorientierte Ansatz bietet bezüglich einer daraus ableitbaren Neukombination der Unternehmensaktivitäten wenig Anleitung und nimmt ein relativ stabiles wirtschaftliches Umfeld an.¹⁵⁷ Der ressourcenorientierte Ansatz hingegen rückt die unternehmensinterne Betrachtung in den Vordergrund, was ihn für eine Untersuchung der Unternehmensaktivitäten angesichts disruptiver Veränderungen auf Geschäftsmodell- und Produktebene fruchtbar erscheinen lässt. Insbesondere die Feststellung, dass überdurchschnittliche Renditen infolge von Wettbewerbsvorteilen anhand des VRIOFrameworks nur zeitlich begrenzt realisierbar sind, ist für den Untersuchungsgegenstand von besonderer Bedeutung. Dies liegt dem ressourcenorientierten Ansatz zufolge darin begründet, dass Kernressourcen im Zeitverlauf imitiert bzw. substitu-

156 Vgl. Moore 2005, S. 698 f. 157 Vgl. Lammerskötter 2002, S. 162.

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   Teil II: Theoretische Grundlagen und ihre Anwendung

iert werden.¹⁵⁸ Inwieweit diese Herangehensweise bei den Unternehmen des verbreitenden Buchhandels gewählt wird, wird im Folgenden zu überprüfen sein. Auch die Berücksichtigung eines instabilen Wettbewerbsumfeldes durch diesen Ansatz ist für die hier betrachteten Marktgegebenheiten bedeutsam. Insbesondere die Betrachtung des Ressourcenaufbaus, sei es intern durch die Eigenentwicklung von Produkten bzw. Dienstleistungen oder sei es extern durch den Zukauf von Unternehmen bzw. die Beteiligung an ihnen, stellt eine theoretische Anschlussfähigkeit des Ansatzes dar. Die erfolgreiche Veränderung des Ressourcenportfolios über einen längeren Zeitraum hinweg, wie sie durch die Dynamisierung des Konstrukts nach Teece et al. untersucht wird, ist für die Konzeption der Fallstudien und die damit einhergehende Betrachtung der strategischen Muster im Zeitverlauf geeignet. Auch die kooperativen Elemente des ressourcenorientierten Ansatzes im Sinne von Allianzen und anderen Formen der Unternehmenskooperation, stellen eine sinnvolle Ergänzung der marktorientierten Sichtweise dar und bieten einen alternativen Erklärungsansatz zum Aufbau von Wettbewerbsvorteilen.¹⁵⁹ Der von Miles / Snow vertretene konfigurationstheoretische Ansatz knüpft an die Erkenntnisse der ressourcenorientierten Sichtweise an und wird in der vorliegenden Untersuchung als Instrument zur Einordnung der Akteure in die strategischen Typen eingesetzt. Dies geschieht einerseits durch seine integrative Leistung bei der Vereinigung verschiedener Strömungen in der strategischen Forschung. Andererseits erlaubt der Ansatz die situative Berücksichtigung und Herausarbeitung von Erfolgsmustern. Anders als die generischen Wettbewerbsstrategien von Porter ist in der Typologie von Miles / Snow mit dem Strategietyp Analyser auch eine Mischform zwischen verschiedenen Wettbewerbsstrategien gegeben. Zudem eignet sich die Typologie auch besonders für den Einzelhandel und berücksichtigt Beharrungstendenzen von Unternehmen, die nur durch größere Umweltveränderungen und der damit einhergehenden Zwänge aufgelöst werden können. Mit den beiden Möglichkeiten der Selektion von Mustern aus empirischen Daten und der gedanklich und konzeptionellen Typologienbildung ist der Ansatz für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand ebenfalls bedeutsam.

158 Vgl. Lammerskötter 2002, S. 163. 159 Vgl. Lammerskötter 2002, S. 170 f.

2 Einordnung in die Internetökonomie 2.1 Eigenschaften der Internetökonomie Bevor auf die Eigenschaften der Internetökonomie näher eingegangen wird, gilt es zunächst, den Begriff für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand zu spezifizieren. Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass sich im Zeitverlauf noch keine allgemeingültige Definition herausgebildet hat. Dieses Defizit kommt auch durch die in diesem Kontext auftretende Nutzung unterschiedlicher Begriffe für dieselben Phänomene wie Internetökonomie, Informationsökonomie, Netzökonomie oder auch digitale Ökonomie zum Ausdruck. Bereits zur Jahrtausendwende wurde zudem auch der Begriff der ,New Economy‘ hinsichtlich der Herausbildung neuer Geschäftsmodelle geprägt, der aber mit dem Platzen der dotcom-Blase eher negativ konnotiert ist.¹⁶⁰ Wirtz zufolge handelt es sich beispielsweise bei der Internetökonomie um eine „[…] im Wesentlichen digital basierte Ökonomie welche die computerbasierte Vernetzung nutzt, um Kommunikation, Interaktion und Transaktionen in einem globalen Rahmen zu ermöglichen.“¹⁶¹ Diese Definition erweist sich jedoch für die vorliegende Untersuchung als wenig geeignet, da es sich bei dem Untersuchungsgegenstand Buchmarkt um ein ex ante durch den Sprachraum geographisch eingegrenztes Phänomen handelt. Dogruel und Katzenbach hingegen nähern sich der Thematik aus einer medienökonomischen Perspektive und streben eine Überblicksdarstellung der grundlegenden ökonomischen Strukturen und Bedingungen an, die sich aus der Vernetzung und Digitalisierung ergeben. Sie fokussieren dabei auf Medienprodukte, was in Hinblick auf den vorliegenden Untersuchungsgegenstand besonders fruchtbar erscheint. Dabei sehen sie den Begriff der ,digitalen Ökonomie‘ als unzureichend an, da er lediglich die Transformation von Informationen in ein binäres System und die aus diesem Prozess resultierenden Veränderungen für die Ökonomie als Ganzes beschreibt. Jedoch tritt die Vernetzungskomponente hierbei in den Hintergrund, weshalb sie den Begriff der ,Internetökonomie‘ präferieren.¹⁶² Bereits im Jahr 1999 beschäftigten sich Zerdick et  al. mit dem Phänomen der ,Internetökonomie‘ und beschreiben die durch Digitalisierungsprozesse angestoßenen ökonomischen Veränderungen anhand von Thesen.¹⁶³ Dabei stellen sie insbesondere heraus, dass durch die Digitalisierung sämtliche Bereiche einer Volkswirtschaft betroffen sind und traditionelle Wertschöpfungsketten erodieren können. Durch die Möglichkeit, auch Transaktionen digital abwickeln zu können, verändert sich ins-

160 Vgl. Dogruel / Katzenbach 2010, S. 106. 161 Vgl. Wirtz 2001, S. 21. 162 Vgl. Dogruel / Katzenbach 2010, S. 106. 163 Vgl. Zerdick 1999, S. 5. DOI 10.1515/9783110478693-006

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   Teil II: Theoretische Grundlagen und ihre Anwendung

besondere die Rolle des Handels. Es besteht die Notwendigkeit für derartige Unternehmen möglichst schnell eine kritische Masse an Kunden aufzubauen, um nicht ins Hintertreffen zu geraten. Darüber hinaus rücken die Autoren auch die Veränderungen des Wettbewerbsumfelds in den Mittelpunkt der Betrachtung. Diese haben zur Folge, dass die Bedeutung von Kooperationen zunimmt, weshalb innerhalb von Systemarchitekturen die Bildung von strategischen Allianzen ein zentrales Erfolgskriterium darstellen kann. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Aufmerksamkeit, die infolge der begrenzten Fähigkeit der Verbraucher zur Informationsaufnahme ebenfalls ein entscheidendes Erfolgskriterium für Unternehmen darstellt. Infolge der Ausweitung der Angebote, wie sie sich beispielsweise in der Buchbranche im E-Commerce-Bereich zeigt, ist es notwendig, die Aufmerksamkeit der Nachfrager vorzuprägen, indem versucht wird, diese bereits frühzeitig für entsprechende Marken- oder Produktorientierungen in ihre Wahrnehmung zu rücken.¹⁶⁴ Problematisch ist jedoch bei Zerdick et al. die Darstellung der strategischen Konsequenzen, was nicht zuletzt auf die Dynamik des Forschungsfeldes zurückzuführen ist. So beziehen sich die Autoren auf eine Kombination von Differenzierungs- und Kostenführerschaftsstrategie, die in einem solchen Umfeld möglich sei. Diese Sichtweise kann angezweifelt werden, da eine optimierte Kostenstruktur im Sinne einer effizienten Ausgestaltung der Prozesse nunmehr eine Grundvoraussetzung für das dauerhafte Bestehen von Unternehmen in elektronischen Märkten darstellt.¹⁶⁵ Während bei Zerdick et al. noch eine umfassende Einflussnahme der Digitalisierung auf die Volkswirtschaft als Ganzes im Vordergrund steht, die überdies aufgrund der thesenorientierten Darstellung verschiedene Ebenen durchmischt, beschäftigt sich die Forschungsliteratur aus jüngerer Zeit verstärkt mit den Veränderungen auf der Ebene der Geschäftsmodelle und rückt damit auch die Strategien von einzelnen Unternehmen in den Vordergrund.¹⁶⁶ So beziehen sich Wirtz und Ullrich explizit auf Geschäftsmodelle im Web 2.0 und ihre Erfolgsfaktoren, und Tschmuck geht auf die durch die Digitalisierung angestoßenen Veränderungen in der Wertschöpfungskette der Musikindustrie ein.¹⁶⁷ Im Zeitverlauf ist folglich eine Tendenz zur einzelfallorientierten Betrachtung konstatierbar. Die Bandbreite der in der Literatur unter dem Begriff ,Internetökonomie‘ subsumierten Felder reicht infolgedessen von der Beschreibung der besonderen ökonomischen Bedingungen und den daraus resultierenden Strategien von Unternehmen bis hin zu einer Bezugnahme auf den Teilbereich der Wirtschaft, der sich infolge dieser ökonomischen Bedingungen herausgebildet bzw. verändert hat. Teilweise wird auch das Endergebnis eines Transformationsprozesses herausgestellt.¹⁶⁸

164 Vgl. Zerdick 1999, S. 17–19. 165 Vgl. Haertsch 2000, S. 133. 166 Vgl. Dogruel / Katzenbach 2010, S. 106. 167 Vgl. Wirtz 2008 u. Tschmuck 2008, S. 141. 168 Vgl. Dogruel / Katzenbach 2010, S. 106.

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Im Kontext dieser Untersuchung werden unter ,Internetökonomie‘ die veränderten Gesetzmäßigkeiten, die sich für den Buchmarkt insgesamt und für die Unternehmen des verbreitenden Buchhandels im Speziellen infolge der zunehmenden Verbreitung des Internets ergeben haben, verstanden. Ferner werden die jüngsten Entwicklungen, die aus der Digitalisierbarkeit von Medienprodukten (z. B. E-Books) resultieren, in den Fokus genommen. Aufgrund der Kombination von Digitalisierung und Vernetzung ist es im Rahmen der Internetökonomie nunmehr möglich, digitale Informationsprodukte räumlich und zeitlich unabhängiger mit einer anderen Kostenstruktur bereitzustellen. Darüber hinaus verändert sich auch die Rolle des Kunden, der in die Lage versetzt wird, seine Suchkosten zu verringern. In der Literatur werden die Eigenschaften der Internetökonomie anhand der Ebenen Gütereigenschaften, Kostenstruktur, Netzwerkeffekte und der Rolle des Kunden dargestellt, wie aus Tabelle 4 ersichtlich ist, die die Veränderungen aus Sicht verschiedener Autoren darstellt. Tab. 4: Eigenschaften der Internetökonomie. Quelle: Dogruel / Katzenbach 2010. Zerdick et al. (1999) Picot & Neuburger (2002/2006) Gütereigenschaften

Kostenstruktur

Hohe Fixkosten, niedrige Grenzkosten

Netzwerkeffekte

Netzwerkeffekte, wachsende Skalenerträge, Standards Lock-In / Switching Costs

Latzer (2000)

Schmidt (2007)

Dematerialisierung Wachsende durch DigitalisieBedeutung der rung Eigenschaften von öffentlichen Gütern, Immaterialität

Wachsende Bedeutung der Eigenschaften von öffentlichen Gütern und Erfahrungsgütern

Kostensenkung, Grenzkosten gegen Null Neue Preis- und Erlösmodelle

Hohe Fixkosten, Skalenerträge prägen Kostenstruktur, niedrige Transaktionskosten

Hohe Fixkosten, Skaleneffekte

Netze und ihre Effekte Feedback-Loops Timing

Netzwerkeffekte

Rolle des Kunden

Geringere Informations-Asymmetrie

Weitere Aspekte

Spezialisierung Globalität, kürzere und Kooperation, Innovationszyklen Finanzierung durch Wagniskapital

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2.1.1 Veränderung der Gütereigenschaften In Tabelle 5 sind die Güterarten anhand der Dimensionen Ausschließbarkeit und Rivalität im Konsum dargestellt. Die Ausschließbarkeit ist dabei dadurch bestimmt, ob es möglich ist, andere Personen von der Nutzung eines bestimmten Gutes zu angemessenen Kosten auszuschließen. Die Rivalität im Konsum hingegen beschreibt die Möglichkeit, dass durch die Nutzung eines Gutes der Nutzen für andere Individuen abnimmt oder nicht mehr möglich ist. Ein klassisches Beispiel sind Nahrungsmittel. Im Gegensatz dazu ist die Ausschließbarkeit bzw. Rivalität bei öffentlichen Gütern nicht gegeben.¹⁶⁹ Tab. 5: Gütereigenschaften. Quelle: Gabler Wirtschaftslexikon Online.

Ausschließbarkeit Nicht-Ausschließbarkeit

Rivalität

Nicht-Rivalität

Private Güter (Nahrungsmittel) Allmende-Güter (Fischbestände)

Clubgüter (Schwimmbäder) Öffentliche Güter (Rechtsstaat)

Werden Güter digitalisiert, folgt daraus die Desintegration von Inhalt und Trägermedium. Während das physische Buch durch die Verbindung seines Inhalts mit einem Trägermedium eine natürliche Knappheit abbilden kann, die die Marktfähigkeit durch die daraus resultierende Ausschließbarkeit gewährleistet, muss dies bei E-Books künstlich durch Schutzmaßnahmen realisiert werden. Anders als beim physischen Buch, das eine Ausschließbarkeit durch die Tatsache gewährleistet, dass es meist nur von einer Person gleichzeitig gelesen werden kann, ist dies bei E-Books zunächst nicht notwendigerweise der Fall. Durch den Einsatz von DRM-Systemen kann die Ausschließbarkeit vom Konsum realisiert werden. Da eine Rivalität aufgrund der Reduktion der Komplexität der Kopienerstellung digitaler Informationsprodukte zunächst ebenfalls nicht gegeben ist, können E-Books demzufolge in den Bereich der Clubgüter eingeordnet werden, die sich durch eine Ausschließbarkeit bei gleichzeitiger NichtRivalität auszeichnen. Innerhalb der vorliegenden Untersuchung werden digitale Produkte hinsichtlich ihrer Präsenz als digitalisierte Medienprodukte beleuchtet. Diese zeichnen sich durch die Tatsache aus, dass sie entweder Bedürfnisse nach zweckgebundener Information (z. B. Fachbuchinhalte) oder nach Unterhaltung (z. B. belletristische Inhalte) befriedigen, weshalb sie auch als Informationsprodukte bezeichnet werden können. Durch die Aufbereitung und Anreicherung von Informationen im Rahmen einer kreativen Tätigkeit werden diese Informationen zu Content, der sich in einem bestimmten 169 Vgl. Schmidt 2007, S. 37.

2 Einordnung in die Internetökonomie   

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Format (Medium), sei es physische oder digital, manifestiert und auch urheberrechtlich geschützt werden kann.¹⁷⁰ Infolge der Digitalisierung kommt es nun zu einer Veränderung der Gütereigenschaften und der Kostenstruktur. Wenn im Folgenden auf digitale Güter anstatt auf digitale Produkte Bezug genommen wird, so geschieht dies aus der Erwägung heraus, dass zunächst eine allgemeine Darstellung der Veränderungsprozesse erfolgen soll und die Trennung zwischen Produkten und Dienstleistungen nicht konsequent auf den digitalen Bereich übertragen werden kann. Für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand manifestiert sich die Bedeutung digitaler Güter im Kontext der seit 2007 verstärkt in den Fokus der Buchbranche gerückten E-Books. Der Terminus ,E-Book‘ ist jedoch von einer Unschärfe gekennzeichnet. Dem Oxford-Dictionary zufolge handelt es sich dabei um: an electronic version of a printed book that can be read on a computer or handheld device designed specifically for this purpose […] a dedicated device for reading electronic versions of printed books.¹⁷¹

Aus dieser Definition wird bereits deutlich, dass unter dem Begriff einerseits die digitale Version eines gedruckten Buches verstanden werden kann und andererseits das entsprechende Lesegerät. Armstrong et al. sehen E-Books als […] any piece of electronic text regardless of size or composition (a digital object), but excluding journal publications, made available electronically (or optically) for any device (handheld or desk-bound) that includes a screen.¹⁷²

Problematisch dabei ist aber, dass unter dieser sehr breiten Definition nahezu jegliche elektronisch publizierte Textform subsumiert werden kann. Die Ursache liegt in der Zielsetzung des Beitrags, der sich ausschließlich mit E-Books in wissenschaftlichen Bibliotheken beschäftigt. Goldberg und Kjellberg hingegen verstehen unter dem Begriff vordergründig den Prozess der Digitalisierung und betonen damit die Herstellung: E-Books are digital books that can be read on a desktop or laptop PC […] or on a handeheld deciated e-book reading device. To produce an e-book the publisher digitizes the text of the written work, then converts the digitized text into a format readable by computer software such as Microsoft Reader or Adobe Acrobat e-book Reader.¹⁷³

170 Vgl. Schumann / Hess / Hagenhoff 2014, S. 7 f. 171 Vgl. oxforddictionaries.com. Eine ähnliche Definition findet sich auch beim Joint Information Systems Committee, einer öffentlich getragenen Forschungseinrichtung aus Großbritannien, die EBooks als „an online version of printed books, accessed via internet“ begreifen. Vgl. Vassiliou / Rowley 2008, S. 356. 172 Vgl. Armstrong et al. 2002, S. 217. 173 Vgl. Goldberg / Kjellberg 2003, S. 13 f.

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Auch diese Definition setzt ähnlich wie die des Oxford Dictionary das Vorhandensein einer Printversion voraus. Dies ist aber nicht zwangsläufig notwendig, da demzufolge eine ausschließlich digital publizierte Fassung nicht als E-Book bezeichnet werden kann. Auffällig ist, dass viele E-Book Definitionen von einer Analogie bzw. einem elektronischen Äquivalent zum gedruckten Buch ausgehen und je nach Fragestellung eine am Formalobjekt ausgerichtete Darstellung erfolgt. Eine umfassendere Annäherung an den Begriff ,E-Book‘ versuchen Vassiliou und Rowley, wobei sie zu Recht feststellen, dass sich bisher noch kein Konsens über eine allgemeingültige Definition herausgebildet hat.¹⁷⁴ Vielmehr umfasst die Bandbreite der Definitionen Aspekte der Hardware, der Software und der Inhalte. Vassiliou und Rowley betonen dabei, dass sich die definitorische Bezugnahme auf die technologische Komponente von E-Books im Zeitverlauf wandelt und somit einer Dynamik unterliegt, da bestimmte technologische Veränderungen neue Nutzungsmöglichkeiten eröffnen. Um sowohl den dauerhaften Kennzeichen als auch der dynamischen Komponente zu genügen, schlagen sie eine zweiteilige Definition des Begriffs vor: 1.

2.

An e-book is a digital objekt with textual and / or other content, which arises as a result of integrating the familiar concept of a book with features that can be provided in an electronic environment. E-Books, typically have in-use features such search and cross reference functions, hypertext links, bookmarks, annotations, highlights, multimedia objects and interactive tools.¹⁷⁵

Während der erste Teil der Definition auf die persistenten Eigenschaften von E-Books rekurriert, bezieht sich der zweite Teil auf die technologisch induzierten Nutzungspotentiale elektronischer Bücher, die sich im Zeitverlauf noch verändern können. Auch wenn die Formulierung »familiar concept of a book« nicht hinreichend spezifisch erscheint, so wird dennoch die Problematik vermieden, die aus einer Analogie zum Printbuch erwächst. Die vorliegende Definition erlaubt schließlich auch das Vorhandensein eines E-Books, ohne dass es vorher bereits als gedruckte Version vorgelegen hat. Hagenhoff definiert in Reclams Sachlexikon des Buches E-Books als: Buch, das als Datei in einem spezifischen Dateiformat oder als App vorliegt. Um ein E-Book rezipieren zu können ist Hardware als Lesegerät erforderlich. Dies kann ein E-Book-Reader, aber auch ein Tablet-PC oder Smartphone sein […] Zusätzlich zu der Hardware ist Software in Form eines Anwendungssystems erforderlich, die aus Universalgeräten […] ein Spezialgerät zum Lesen von E-Books macht.¹⁷⁶

Diese Definition hat den Vorteil, dass in ihr die oben beschriebene Differenzierung zwischen E-Reader und E-Book explizit erfolgt. Insofern wird im weiteren Verlauf der Arbeit, bei dem zwischen der Vorstellung von Lesegeräten und digitalen Markt174 Vgl. Vassiliou / Rowley 2008, S. 355. 175 Vgl. ebd., S. 363. 176 Vgl. Hagenhoff 2015, S. 137.

2 Einordnung in die Internetökonomie   

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plätzen als Teilbereiche der Unternehmensaktivitäten unterschieden wird, darauf zurückgegriffen.

2.1.2 Veränderung der Kostenstruktur Neben der Entkoppelung von Inhalt und Trägermedium verändert sich in der Internetökonomie die Kostenstruktur von Medien- und Informationsprodukten. Grundsätzlich sind auf der Ebene der Produktion auch physische Medienprodukte durch hohe Fixkosten gekennzeichnet. Dies liegt darin begründet, dass die Kosten (Inhaltegenerierungs- und Inhaltebündelungskosten) für die Erstellung der Urfassung (First-CopyCosts) unabhängig von der Absatzmenge erbracht werden müssen. Stößt das Produkt auf eine geringe Nachfrage, so sind diese Kosten unwiederbringlich verloren, da sie aufgrund ihrer Spezifität nicht auf andere Produkte umgelegt werden können. Mit zunehmender Absatzmenge verteilen sich diese Kosten auf die einzelnen Einheiten, weshalb von einer Fixkostendegression gesprochen werden kann.¹⁷⁷ Die variablen Kosten hingegen, beispielsweise für Druck und Vertrieb, sind nämlich im Verhältnis zu den Fixkosten bei Medienprodukten vergleichsweise gering, so dass mit steigender Ausweitung der Produktionsmenge die Durchschnittskosten sinken. Bei digitalen Informationsprodukten belaufen sich die Kosten für die Produktion einer zusätzlichen Einheit (Grenzkosten) sogar auf nahezu Null, da die Kopienerstellung bei digitalen Produkten keiner Kapazitätsrestriktion unterliegt. Auf der Distributionsebene ist es hingegen notwendig, im Vorfeld eine entsprechende technische Infrastruktur für den Vertrieb digitaler Produkte aufzubauen, die jedoch ebenfalls Fixkostencharakter hat. Dieser kostenintensive Aufbau kann eine Markteintrittsbarriere darstellen und amortisiert sich erst im Zeitverlauf. Dadurch können Größenvorteile realisiert werden, die die Herausbildung von Monopolen erleichtern. Ähnliches gilt für den Aufbau eines Netzes von physischen Verkaufsstellen, der ebenfalls mit hohen Fixkosten einhergeht. Beispielsweise weisen die festen Monatsmieten, die durch die Ansiedelung in hochfrequentierten Innenstadtlagen hoch ausfallen, fixen Charakter auf, da sie unabhängig von der Absatzmenge sind.

2.1.3 Existenz von Netzwerkeffekten Ein weiteres zentrales Merkmal innerhalb der Internetökonomie ist die Vernetzungskomponente. Dies zeigt sich in der Existenz von Netzwerkeffekten, die sowohl direkter als auch indirekter Natur sein können. Direkte Netzwerkeffekte oder auch Netzeffekte zeichnen sich dadurch aus, dass hier dem einzelnen Individuum ein Nutzen nur aus

177 Vgl. Dogruel / Katzenbach 2010, S. 110.

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   Teil II: Theoretische Grundlagen und ihre Anwendung

der Interaktion mit anderen Individuen entsteht. Es besteht folglich kein originärer Nutzen bei direkten Netzeffekten, da dieser von der aus der zunehmenden Netzwerkgröße ableitbaren Interaktion entsteht.¹⁷⁸ Bei indirekten Netzwerkeffekten, wie sie bei Systemgütern¹⁷⁹ auftreten, ist das Vorhandensein von Standards (Dominantes Design) von Bedeutung. Indirekte Netzwerkeffekte sind davon gekennzeichnet, dass der Nutzen sich mit der Durchsetzung eines Standards erhöht, da hierdurch mehr Komplementärprodukte hergestellt werden. Sobald sich ein dominantes Design etabliert hat, wie z. B. ein bestimmtes Standardformat für E-Books, steigt der Anreiz für die Hersteller von E-Book-Lesegeräten, diesen Standard zu unterstützen, wodurch wiederum die Attraktivität des Formates für die Inhalteanbieter steigt, was zu einer Ausweitung des Angebots führt. Zentral hierfür ist der Aufbau einer kritischen Masse an Kunden, da erst dann ein positiver Rückkoppelungseffekt eintritt.¹⁸⁰ Für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand spielt hier die Frage eine Rolle, inwieweit die Unternehmen auf Handelsebene versuchen, einen eigenen Standard zu etablieren, Amazon nutzt ein proprietäres E-Book-Format, oder ob sie einen offenen Standard anbieten, der mit einer Vielzahl von Endgeräten kompatibel ist.

2.1.4 Veränderte Rolle des Kunden Auf Kundenebene zeichnen sich die Eigenschaften der Internetökonomie durch eine zunehmende Nutzerintegration aus. Diese zeigt sich darin, dass die Nutzer nicht mehr ausschließlich passiv Inhalte rezipieren, sondern verstärkt am Leistungserstellungsprozess beteiligt sind. Ein prominentes Beispiel für die Kundenintegration im E-Commerce-Segment sind nutzergenerierte Rezensionen von Büchern. Dabei kann festgehalten werden, dass Rezensionen den Absatz erhöhen können, da hierdurch der Bekanntheitsgrad bestimmter Titel erhöht wird. Einer Erhebung von Forrester Research zufolge vertrauen 60 % der Konsumenten den Empfehlungen anderer Konsumenten, wohingegen nur 28 % den Empfehlungen von Unternehmen vertrauen. Dahingehend stellen Rezensionen ein wichtiges Kaufkriterium dar, sofern sie in einer gewissen Anzahl vorhanden sind.¹⁸¹ Der Vorreiter in dieser Beziehung war das US-amerikanische Unternehmen Amazon, das zunächst die Produktbeschreibungen redaktionell erstellen ließ, aber anschließend verstärkt auf Kundenrezensionen 178 Vgl. Clement et al. 2009, S. 47 f. 179 „Systemgüter sind Güter oder allgemeiner Leistungen, die sich aus mehreren komplementären Einzelleistungen zusammensetzen. Jede Einzelleistung für sich stiftet dem Kunden keinen Nutzen, da nur durch mindestens ein oder gar mehrere Komplemente ein nutzbare Gesamtleistung entsteht.“ Vgl. Hagenhoff 2004, S. 6. Ein Beispiel für derartige Systemgüter wären E-Books, da sie erst in Verbindung mit einem entsprechenden Lesegerät erst vollständig entfalten. 180 Vgl. Busch 2005, S. 48. 181 Vgl. Braun 2009, S. 277.

2 Einordnung in die Internetökonomie   

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zurückgriff.¹⁸² Dabei kann insbesondere die Beratungsleistung des Handels aus Endkundensicht an Bedeutung verlieren. Daneben haben sich die Möglichkeiten zur Bereitstellung und Veröffentlichung selbstgenerierter Inhalte durch Konsumenten, da die Anforderungen gesunken sind und kein technisches Spezialwissen mehr erforderlich ist. Dieser daraus entstehende sogenannte User-Generated-Content ist dabei folgendermaßen definiert: Es handelt sich dabei um Inhalte, die 1. über das Internet verfügbar gemacht werden 2. einen gewissen kreativen Einsatz reflektieren und 3. außerhalb professioneller Routinen und Praktiken erstellt werden.¹⁸³ Innerhalb der Buchindustrie werden die neuen Möglichkeiten hauptsächlich auf der Ebene des Self-Publishings und zum Leseraustausch genutzt, wie sich an der Vielzahl von Webseiten in diesem Bereich, die auch von Verlagen angeboten werden, zeigt. Beispiele hierfür wären die Webseiten Neobooks von Droemer Knaur bzw. Lovelybooks, einer Tochter der Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck, die ein soziales Netzwerk für Bücher im deutschsprachigen Raum darstellt.¹⁸⁴ Soziale Netzwerke erlauben auch die direkte Ansprache von Lesern durch Autoren, wodurch die Bindung an eine Autorenmarke erhöht werden kann. Für den Handel spielt dies insofern eine wichtige Rolle, als dass durch die Bindung an den Autoren und die Möglichkeit eines Direktvertriebs eine vollständige Umgehung der Handelsstufe von Kundenseite möglich wird. Die oben beschriebenen Eigenschaften der Internetökonomie bzw. die durch sie angestoßenen Veränderungen werden in dieser Untersuchung für die Zeitpunkte beleuchtet, in denen sie für den Buchmarkt in Deutschland von Bedeutung sind. Während die veränderten Gütereigenschaften erst mit der Desintegration von Inhalt und Trägermedium und der damit einhergehenden zunehmenden Marktdurchdringung von E-Books auf den beiden betrachteten Märkten zum Tragen kamen, spielten Netzeffekte und die veränderte Kostenstruktur mit hohen Fixkosten bereits bei der Einführung des E-Commerce eine zentrale Rolle. Dies zeigt sich beispielsweise in der Notwendigkeit, eine IT-Infrastruktur aufzubauen, um den Onlinevertrieb zu gewährleisten, was mit hohen Fixkosten verbunden ist. Ein Beispiel für Netzeffekte stellen die Kundenrezensionen bei Amazon dar, da mit ihrer zunehmenden Nutzung die Webseite an Attraktivität gewann. Auch die Nutzung des Amazon Marketplace ist mit Netzeffekten verbunden. Im Folgenden werden die Auswirkungen der Internetökonomie und die beschriebenen Zeitabschnitte zunächst anhand der Wertschöpfungskette beleuchtet, wo in erster Linie ein Akteurswandel zu beobachten ist.

182 Vgl. Leisegang 2014, S. 20. 183 Vgl. Braun 2009, S. 276. 184 Vgl. http://www.neobooks.com/ u. http://www.lovelybooks.de/

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   Teil II: Theoretische Grundlagen und ihre Anwendung

2.2 Auswirkungen auf die Buchbranche Grundsätzlich lässt sich der Wertschöpfungsprozess in der Buchbranche in die Bereiche Produktion und Distribution unterteilen. Dabei werden etwa 50 % der Wertschöpfung eines General-Interest-Buches von Verlagen generiert und die restlichen 50 % von den einzelnen Handelsstufen.¹⁸⁵ Die Ebene der Produktion wird in der klassischen Wertschöpfungskette typischerweise von einem Verlag eingenommen, der neben der Auswahl bzw. Selektion der Inhalte auch ihre Bündelung bzw. Veredelung durch Bearbeitung eines von einem Autor angebotenen Manuskripts gewährleistet. Diese Bearbeitung kann sowohl durch den Verlag direkt erfolgen als auch durch externe Dienstleister wie z. B. freie Lektoren. Während dem Autor die Erzeugung der Inhalte zukommt, erfolgt die Akquisition im Belletristiksegment durch das Lektorat bzw. durch die Empfehlung eines Literaturagenten, der vom Autor beauftragt wurde. Im Sachbuchsegment kommt es hingegen meist zu einer Beauftragung durch den Verlag. Eine Rolle bei der Autorenauswahl können dabei auch unverlangt eingesendete Manuskripte spielen, deren Ablehnungsquote jedoch bei ca. 95 Prozent liegt.¹⁸⁶ Am Ende des Prozesses steht die Urfassung eines Titels, die sogenannte First Copy, die aufgrund der Vielzahl kostenintensiver Arbeitsschritte mit hohen Fixkosten verbunden ist. Die physische Produktion des Buchs und seine Vervielfältigung erfolgt anschließend durch eine Druckerei und wird von einer Binderei gebunden.

Produktion

Inhalte erzeugen

Inhalte anbieten

Inhalte auswählen

Assets veredeln

Assets aggregieren

Produkt fertigen

Urheber

Urheber Agenten

Verlag

Verlag Dienstleister

Verlag

Druckerei Binderei

Abb. 2: Wertschöpfungsstufe Produktion. Quelle: Hagenhoff 2015, S. 100 f.

Der Vertrieb umfasst die Bereitstellung und Verteilung der Produkte zum Endverbraucher. Beim Vertrieb physischer Produkte wird dies vom Handel übernommen. Dabei ist Handel als die „Überbrückung räumlicher, zeitlicher, mengenmäßiger und qualitativer Spannungen zwischen Produktion und Konsum durch Distributionsor-

185 Vgl. Roszynsky-Terjung 2009, S. 49. 186 Vgl. Prostka 2009, S. 112.

2 Einordnung in die Internetökonomie   

   69

gane“ definiert.¹⁸⁷ Er übernimmt demnach auf der Ebene des Realgüterstroms die geographische Bereitstellung der Produkte durch die Überwindung der Diskrepanz zwischen Produktionsort und der eigentlichen Konsumtion. Durch diesen räumlichen Ausgleich wird es möglich, die Waren an dem jeweiligen Verbrauchsort anzubieten.¹⁸⁸ Die Überbrückung der zeitlichen Dimension findet in der Vorratshaltung des Zwischen- bzw. Einzelhandels ihren Niederschlag. Der zeitliche Unterschied zwischen der Produktion und dem Bedarf und die daraus resultierenden zyklisch bedingten Nachfrageschwankungen werden durch diese sogenannte Lagerfunktion ausgeglichen.¹⁸⁹ Auf der quantitativen Ebene aggregiert der Handel die Angebote verschiedener Verlage und erlaubt über diesen Mechanismus die Senkung der Transaktionskosten zwischen Anbietern und Nachfragern. Die qualitative Funktion wird durch die Auswahl der Titel gewährleistet, von denen je nach Fächengröße der stationären Buchhandlung typischerweise 2.000 bis 100.000 Stück angeboten werden können.¹⁹⁰ Die Sortimentszusammenstellung wird dabei beispielsweise durch eine bedarfsgerechte Auswahl der Sortimentsbreite und Sortimentstiefe bestimmt, die dem Konsumenten den Konsum von Produkten unterschiedlicher Hersteller erlaubt.¹⁹¹ Daneben fungiert der stationäre Bucheinzelhandel durch seine Beratungsfunktion als Kommunikationskanal und stellt dem Verbraucher Informationen zur Verfügung. Auch auf der Ebene der Nominalgüterströme übernimmt der Handel die Zahlungsabwicklungsfunktion.¹⁹² Eine Kreditfunktion findet in der Tatsache ihren Niederschlag, dass aufgrund der niedrigen Umschlagsgeschwindigkeit der Ware Buch die Zahlung an den Produzenten vor dem Verkauf des jeweiligen Titels erfolgt bzw. erfolgen kann. Die beschriebenen Handelsfunktionen sind in Tabelle 6 nochmals zusammengefasst. Beim Vertrieb im traditionellen Wertschöpfungsmodell werden demnach die Funktionen vom Zwischenbuchhandel bzw. Bucheinzelhandel übernommen. Der Zwischenhandel untergliedert sich in Kommissionäre wie die Verlagsauslieferungen, die die Logistik und damit die Warentransporte in fremdem Namen gewährleisten und den Buchgroßhandel, wo Barsortimente die Lagerhaltung und die Produktauslieferung auf eigenen Namen und eigene Rechnung übernehmen. Nach Satzung des Börsenvereins des deutschen Buchhandels gehören dazu „[…] Unternehmen, die Gegenstände des Buchhandels zwischen Herstellendem und Verbreitendem Buchhandel vermitteln.“¹⁹³ Der im Fokus dieser Untersuchung stehende stationäre Bucheinzelhandel übernimmt dann die oben beschriebene Lagerfunktion und Produkt-

187 Vgl. wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/handelsfunktionen.html 188 Vgl. Hagenhoff 2015 u. Riehm et al. 2001, S. 149. 189 Vgl. Riehm et al. 2001, S. 149. 190 Vgl. Bramann 2011, S. 113. 191 Vgl. Hagenhoff 2015, S. 628. 192 Vgl. Riehm et al. 2001, S. 150. 193 Vgl. Satzung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels e. V., § 6 Ziff. 4.

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   Teil II: Theoretische Grundlagen und ihre Anwendung

Tab. 6: Handelsfunktionen. Quelle: Gabler Wirtschaftslexikon Online Prozessbeziehungen

Raum

Zeit

Quantität

Qualität

Realgüterstrom

Warentransporte von Ort zu Ort

Vorratshaltung

Sammeln, Aufteilen, Umpacken, Kommissionieren

(Aus)-Sortieren, Manipulieren, Markieren, Sortimentieren, Zusatzleistungen

Nominalgüterstrom

Übermitteln der Zahlungsmittel von Ort zu Ort

Vorfinanzieren des Herstellers, Kreditieren des Verbrauchers

Sammeln, Aufteilen der Zahlungsbeträge und -belege

Umwandeln der Zahlungsmittel und der Sicherungsformen

Informationsstrom

Übermitteln der Informationen von Ort zu Ort

Speichern, Vordisponieren

Sammeln von Informationen, Aufteilen von Kommunikationsmitteln

Verdichten, Kommentieren, Interpretieren, Ergänzen, Prognostizieren

präsentation, wie aus Abbildung 3 in Anlehnung an Hagenhoff 2015 ersichtlich ist.¹⁹⁴ Die großen Buchhandelsketten verfügen dabei auch oftmals über eigene Zentrallager. Weitere Formen des stationären Einzelhandels sind z. B. Supermärkte oder Warenhäuser, die Bücher als Nebensortimente führen. Werden sowohl der Zwischenhandel als auch der Bucheinzelhandel in die Distribution miteinbezogen, wird von einer zweistufig indirekten Distribution gesprochen, wohingegen die alleinige Belieferung des Einzelhandels einer einstufig indirekten Distribution entspricht.

stationärer Vertrieb

Produkt ausliefern

Produkt lagern

Produkt ausliefern

Produkt lagern

Produktpräsentation

Logistiker

Zwischenhandel

Zwischenhandel

stationärer Einzelhandel

Logistiker

Abb. 3: Stationärer Vertrieb. Quelle: Hagenhoff 2015, S. 100 f.

194 Vgl. Hagenhoff 2015, S. 100 f.

2 Einordnung in die Internetökonomie   

   71

Infolge des Aufkommens des Onlinehandels mit physischen Produkten, der im Folgenden analog zu Schmidt als Onlinehandel im weiteren Sinne bezeichnet wird¹⁹⁵, gab es auf der Ebene der Produktion zunächst keine Veränderungen. Die Auswahl bzw. Bündelung der Inhalte liegt ebenso wie in der klassischen Wertschöpfungskette weiterhin bei den Verlagen und der Druck bzw. die Bindung wurde durch Dienstleistungsunternehmen gewährleistet. Auf der Vertriebsebene hingegen ergeben sich Veränderungen: Die Aggregationsfunktion der Produkte erfolgt nicht mehr nur durch den stationären Einzelhandel, sondern wird durch eine Plattform bzw. den elektronischen Marktplatz erfüllt, der das Angebot ohne Begrenzung durch die verfügbare Ladenfläche bzw. Regalfläche bereitstellt, was oftmals durch andere Marktteilnehmer bereitgestellt wird.¹⁹⁶ Die Frage, ob der Onlinebuchhandel damit noch eine sortimentsbildende Funktion einnimmt, ist deshalb offen. Es besteht nunmehr keine Knappheit als Vorfilter des Angebots, die im stationären Vertrieb in der Vorauswahl des Sortiments durch den Buchhändler ihren Ausdruck fand.¹⁹⁷ Dem Konsumenten wurde durch Beratungsleistungen eine Orientierungshilfe geboten, was im Onlinehandel nicht mehr der Fall ist. Jedoch wird dem Konsumenten hier über Empfehlungsmechanismen eine Orientierungserleichterung angeboten.¹⁹⁸ Die Präsentation erfolgt analog nicht mehr im stationären Einzelhandel, sondern über die Webseite des jeweiligen Anbieters. Der Konsument kann sich dort über Kundenrezensionen bzw. redaktionell erstellte Beiträge über einzelne Titel informieren. Über eine oftmals verfügbare See-inside-the-Book Funktion wird zudem die Möglichkeit einer umfassenden Vorabinformation gewahrt.¹⁹⁹ Während beim stationären Vertrieb der Einzelhandel den Transaktionsprozess vor Ort übernahm und der Kunde das jeweilige Exemplar direkt mitnehmen konnte, übernimmt im elektronischen Vertrieb ein Logistiker die Auslieferung an den Endkunden. Die vormals vom stationären Buchhandel geleisteten Informations-, Beratungs-, Sortiments- und Zahlungsabwicklungsfunktionen werden also vom Onlinebuchhandel weitgehend gleichermaßen gewährleistet. Als neuer Akteur ist der Internet Service Provider zu nennen, der die technische Infrastruktur aufrechterhält.²⁰⁰

195 Vgl. Schmidt 2007, S. 153. 196 Vgl. Riehm et al. 2001, S. 150 f. u. Hagenhoff 2015, S. 629–632. 197 Vgl. Hagenhoff 2015, S. 628 f. 198 Vgl. Hagenhoff 2015, S. 629. 199 Vgl. Robertz 2009, S. 235. 200 Vgl. Hagenhoff 2013, S. 21.

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   Teil II: Theoretische Grundlagen und ihre Anwendung

Onlinevertrieb im weiteren Sinne

Produkt ausliefern

Produkt lagern

Produkt präsentieren

Produkt ausliefern

Logistiker

Zentrallager

Elektronischer Marktplatz

Logistiker

Abb. 4: Onlinevertrieb im weiteren Sinne. Quelle: Hagenhoff 2015, S. 100 f.

Die zeitliche Überbrückung findet beim Onlinehandel im engeren Sinne der sich durch die netzbasierte Bereitstellung und Auslieferung digitaler Produkte auszeichnet, in der Notwendigkeit der Bereitstellung von Speicherplatz bzw. der Langzeitarchivierung von elektronischen Informationsprodukten ihren Niederschlag. Auch die Überbrückung der räumlichen Distanz ist nicht mehr notwendig: Es besteht aus Kundensicht die Möglichkeit zu einem ortsunabhängigen Zugriff, der allerdings durch einen IT-Infrastrukturdienstleister bereitgestellt werden muss.²⁰¹ In qualitativer Hinsicht übt der digitale Onlinebuchhandel durch die Aggregation der Inhalte auf einer Plattform eine Handelsfunktion im Sinne der Auffindbarkeit und Präsentation aus, die analog zum elektronischen Handel aber nicht in der klassischen Sortimentsbildungsfunktion des stationären Buchhandels mündet, sondern die für den Kaufprozess entscheidenden Informationen durch dieselben Instrumente wie der Onlinebuchhandel mit gedruckten Büchern bereitstellt. Vielmehr werden die Handelsfunktionen des stationären Buchhandels ähnlich wie beim Onlinevertrieb im weiteren Sinne verstärkt von branchenfremden Akteuren ausgeübt. Die Auslieferung erfolgt durch einen Digitalauslieferer, die Lagerung über einen IT-Infrastrukturprovider. Insofern kann nicht von einer Disintermediation infolge der Digitalisierung des Kernprodukts der Buchbranche gesprochen werden, sondern vielmehr von einer Reintermediation durch neu auftretende Akteure, die die Funktionen der bisherigen Akteure übernehmen. Gleichzeitig ändern sich die Rollen der bestehenden Akteure dahingehend, dass sie die Veränderungen in ihren Wertschöpfungsstrukturen abbilden. So haben Zwischenhändler wie die Barsortimente auch die notwendigen Infrastrukturen zur digitalen Bereitstellung und Auslieferung der Produkte aufgebaut. Gleichermaßen ist der stationäre Buchhandel durch die Implementierung eines digitalen Vertriebskanals ebenfalls involviert. Allerdings

201 Vgl. Hagenhoff 2015, S. 630.

2 Einordnung in die Internetökonomie   

   73

können nur finanzstarke Akteure des stationären Buchhandels die hohen Investitionen für den Aufbau bzw. Einkauf der dafür notwendigen Infrastruktur aufbringen, weshalb diese im Fortgang der Untersuchung weiter beleuchtet werden.²⁰²

Onlinevertrieb im engeren Sinne

Produkt ausliefern

Produkt lagern

Produkt präsentieren

Produkt ausliefern

DigitalLogistiker auslieferer

ITInfrastrukturprovider

Digitaler Marktplatz

Digitaler Marktplatz

Abb. 5: Onlinevertrieb im engeren Sinne: Quelle: Hagenhoff 2015, S. 100 f.

202 Vgl. Hagenhoff 2015, S. 630.

3 Diskontinuierlicher technologischer Wandel 3.1 Forschungsströmungen zu diesem Phänomen Wenn sich etablierte Unternehmen einer technologischen Diskontinuität gegenübersehen, so führt dies oftmals zu einer Reaktionsträgheit der Organisation. Unter einer technologischen Diskontinuität wird dabei ein nicht-paradigmatischer Wandel der Art und Weise der Wertschöpfung innerhalb einer Branche oder Industrie verstanden.²⁰³ Ein solcher Wandel kann dazu führen, dass etablierte Unternehmen durch den Markteintritt neuer Wettbewerber, deren Geschäftsmodell besser auf eine solche Diskontinuität ausgerichtet ist, ersetzt werden. Während ein paradigmatischer Wandel Innovationen innerhalb der in einer Branche vorherrschenden Abläufe bzw. Verbesserungen auf der Produktebene umfasst, impliziert ein nicht-paradigmatischer Wandel einen radikalen oder fast revolutionären Eingriff in bestehende Strukturen. Dies umfasst eine potentielle Veränderung im Kundennutzen, in der Wertschöpfungskette sowie in den Möglichkeiten der Unternehmen, eine Produzentenrente aus dem Wertschöpfungsprozess zu erzielen. Daraus folgt, dass eine vormals von stabilen Strukturen geprägte Industrie oder Branche durch den Markteintritt neuer Player in ihrer Kernstruktur verändert wird. Dem Terminus ,diskontinuierliche Technologie‘ liegt dabei die Annahme zugrunde, dass eine Technologie sich normalerweise kontinuierlich weiterentwickelt. Zentral für das Begriffsverständnis ist dabei die breite Definition von ,Technologie‘, worunter in diesem Zusammenhang die oben erwähnte Veränderung der Wertschöpfung innerhalb einer bestimmten Branche subsumiert wird. Dies lässt das Konzept für die Untersuchung der sich zum jetzigen Zeitpunkt anbahnenden Veränderungen innerhalb der Buchbranche fruchtbar erscheinen. In ihrer Studie konzentrieren sich Anderson und Tushman auf die Auswirkungen von technologischen Veränderungen auf die Umweltbedingungen. Sie propagieren dabei einen ebenfalls weiten Technologiebegriff, der sich folgendermaßen beschreibt: „Technology can be defined as those tools, devices and knowledge that mediate between inputs and outputs (process technology and / or that create new products or services (product technology)“.²⁰⁴ Auch wenn die Autoren Technologie als einen maßgeblichen Einflussfaktor für die Veränderung von Umweltbedingungen ansehen, bestreiten sie nicht, dass rechtliche und politische sowie die Wettbewerbssituation ebenfalls einen Einfluss auf die Umweltbedingungen haben. Der Fokus liegt aber auf dem technologischen Faktor, was das Konzept für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand fruchtbar erscheinen lässt. Sie unterscheiden dabei zwei Phasen, denen sich eine Branche oder einzelne Akteure angesichts einer technologischen Diskontinuität gegenübersehen: Eine Ära

203 Vgl. König 2009, S. 1. 204 Vgl. Anderson / Tushman 1986, S. 440. DOI 10.1515/9783110478693-007

76   

   Teil II: Theoretische Grundlagen und ihre Anwendung

der Gärung (Era of ferment), die sich direkt an eine oftmals radikale technologische Neuerung bzw. diskontinuierliche Innovation anschließt und eine Ära des inkrementellen Wandels (Era of incremental change). Die Era of ferment ist dabei durch verschiedene konkurrierende Designs gekennzeichnet bis zu dem Zeitpunkt, an dem sich ein dominantes Design herausgebildet hat. In der folgenden Phase des inkrementellen Wandels wird das dominante Design dann zunehmend verbessert und es entwickeln sich neue Handlungsroutinen, die sich entlang des neuen Designs bzw. der Produkt- oder Geschäftsmodellinnovation orientieren.²⁰⁵ Die Autoren unterscheiden dabei zwischen die Kompetenzen verbessernden und die Kompetenz zerstörenden technologischen Diskontinuitäten. Während erstere auf bereits bestehenden Produktklassen bzw. bestehendes Know-How aufbauen, beziehen sich letztere auf völlig neue Produkte oder Dienstleistungen. Kompetenzzerstörende Technologien unterscheiden sich in fundamentaler Weise von vorher dominanten Technologien, so dass bisher erworbenes Wissen bzw. etablierte Prozesse irrevelant werden. Dies kann dazu führen, dass sich die Machtverhältnisse innerhalb einer Branche stark verändern und bisherige Marktführer an Bedeutung verlieren.²⁰⁶ Ein Hinweis auf eine kompetenzzerstörende Technologie ist demzufolge der Markteintritt neuer Wettbewerber, da Eintrittsbarrieren infolge der durch die Technologie angestoßenen Veränderungen sinken. Zentral ist in beiden Fällen die Bereitschaft der Unternehmen, sich einer neuen Technologie durch frühe Adaption zu stellen. Somit werden Wettbewerbsvorteile durch First-Mover-Advantages erzielt.²⁰⁷ Problematisch ist dabei die Tatsache, dass technologische Diskontinuitäten zu einem hohen Maß an Unsicherheit bei den betroffenen Unternehmen führen, da sich aufgrund der verschiedenen Designs lange kein anerkannter Standard herausbildet und notwendige Investitionen nicht oder zu spät erfolgen. Für die Buchbranche manifestiert sich die Konkurrenz um ein dominantes Design etwa durch die verschiedenen E-Book-Formate, wie das AZW oder das offene E-Pub-Format, wobei festgehalten werden kann, dass sich das E-Pub-Format als Standard etabliert zu haben scheint. Problematisch an dem Ansatz von Anderson und Tushman ist jedoch die Verengung der Untersuchung auf Unternehmen des produzierenden Gewerbes, wie z. B. die Zementindustrie, was die Anwendung auf das Phänomen des Einzelhandels fraglich macht. Nichtdestotrotz ist die Einbeziehung der Frage, inwieweit sich bereits ein dominantes Design herausgebildet hat, für den Untersuchungsgegenstand von Bedeutung, da die Existenz einer Vielzahl von technologischer Lösungen zu einer Unsicherheit und damit einer Reaktionsträgheit der etablierten Unternehmen führen kann. Clark Gilbert, der das Phänomen der Reaktionsträgheit angesichts diskontinuierlicher technologischer Innovationen für die amerikanische Zeitungsindustrie in 205 Vgl. Meier / Häfliger 2000, S. 160. 206 Vgl. Anderson / Tushman 1986, S. 442 207 Vgl. Anderson / Tushman, S. 461.

3 Diskontinuierlicher technologischer Wandel   

   77

seiner Studie²⁰⁸ anhand von sechs Fallbeispielen untersucht hat, führt diese Trägheit auf die kognitive Wahrnehmung der Entscheidungsträger zurück. Anders als beispielsweise Tushman und Anderson, die als Folge der Unsicherheit eine Unfähigkeit interne Veränderungen anzustoßen, konstatieren, nimmt Gilbert eine Distinktion des Konstrukts ,Unsicherheit‘ vor. Dies führt dazu, dass die etablierten Unternehmen einerseits ihre Investitionsmuster nicht rechtzeitig verändern und andererseits ihre Prozesse auf Organisationsebene nicht an neu aufkommende Technologien anpassen.²⁰⁹ Die durch das Aufkommen einer technologischen Diskontinuität entstehende Unsicherheit manifestiert sich demzufolge auf der Ebene Ressourcenallokation in einer Ressourcenrigidität und auf der Ebene der Implementierung einer neuen Technologie in einer Routinenrigidität. Die Ressourcenrigidität umfasst die Einschränkung des strategischen Handlungsspielraums eines Unternehmens bei der Ressourcenversorgung. Determiniert wird diese Versorgung ex ante durch die Ressourcenanbieter, namentlich die Kapitalmärkte bzw. auch die Konsumenten. Die Kunden eines Unternehmens begrenzen die Ressourcenallokation z. B. dahingehend, als dass sie die Investition in neue Technologien, die anfangs nur für bestimmte Marktsegmente relevant erscheinen, als unattraktiv erscheinen lassen. Ein weiterer Faktor für die Entstehung von Ressourcenrigidität ist die Marktmacht der etablierten Unternehmen. Hat ein solches Unternehmen eine dominierende Marktposition mit einer bestimmten Technologiekonstellation erreicht, so tendiert es dazu, nicht in diesem neuen Bereich zu investieren, da andernfalls die dominante Position gefährdet zu sein scheint.²¹⁰ Die Routinenrigidität beschreibt hingegen ein Problem, welches der Investition bzw. einer Überwindung der Ressourcenrigidität nachgelagert ist. Eine Routine ist dabei ein wiederkehrendes Muster zusammenhängender Aktivitäten eines Unternehmens, die strukturell bedingt sind und aus der Unternehmenshistorie heraus entwickelt wurden. Die Problematik im Kontext einer technologischen Diskontinuität entsteht dabei daraus, dass diese organisationalen Prozesse selbstverstärkend sind und sich aus der bisherigen Unternehmensumwelt ergeben, so dass die Anpassung an veränderte Umweltbedingungen erschwert ist. Ein weiterer Auslöser für die Routinenrigidität ist die Etablierung bestimmter Arbeitsabläufe, die unabhängig von der ausführenden Person erfolgt. Deshalb ist es für Manager bzw. Mitarbeiter schwierig aus diesen erlernten Mustern auszubrechen, da sich diese Muster oftmals implizit verstetigt haben.²¹¹ Gilbert differenziert die beiden dargestellten Phänomene dabei folgendermaßen: Einerseits führt die Wahrnehmung einer technologischen Diskontinuität als Bedrohung zu einem Anstoß zum Handeln, was die Ressourcenrigidität verringern 208 Vgl. Gilbert 2001 zitiert in: König 2009, S.1. 209 Vgl. Gilbert 2005, S. 741. 210 Vgl. Gilbert 2005, S. 742. 211 Vgl. Gilbert 2005, S. 742.

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   Teil II: Theoretische Grundlagen und ihre Anwendung

kann und die Bereitstellung entsprechender Ressourcen als Reaktion auf einen technologischen Wandel wahrscheinlicher macht. Andererseits wird durch eine Risikowahrnehmung die Routinenrigidität erhöht, was darauf zurückzuführen ist, dass Unternehmen angesichts einer ungewissen zukünftigen Entwicklung dazu tendieren, sich defensiv zu verhalten. Dies geschieht im Sinne einer Konzentration auf bisher erfolgreiche Segmente bzw. Geschäftsmodelle, anstatt auf die durch den Markteintritt neuer Unternehmen angestoßenen Modelle adäquat durch Eigenentwicklungen zu reagieren.²¹² Gilbert schlägt deshalb vor, dass ein etabliertes Unternehmen angesichts einer technologischen Diskontinuität eine externe Perspektive durch die Einbeziehung neuer Mitarbeiter  / Manager einnehmen sollte. Durch den daraus resultierenden neuen Blickwinkel und die damit einhergehende Vermeidung von Betriebsblindheit ist seiner Ansicht nach die Wahrscheinlichkeit einer Überwindung der Ressourcenrigidität wahrscheinlich, da externe Manager die Bedrohung unvorbelasteter erkennen können als die etablierten. Außerdem empfiehlt Gilbert die strukturelle Separation der betroffenen Geschäftseinheit, sei es durch die Schaffung einer eigenen Marke oder die Ausstattung mit eigenen Mitteln. Dadurch kann die Routinenrigidität überwunden werden, da es der neuen unabhängigen Organisation infolge der Desintegration möglich ist, flexibler auf neue Entwicklungen zu reagieren.²¹³ Neben den vorgestellten Ansätzen finden sich in der Literatur zahlreiche weitere Arbeiten, die sich mit dem Phänomen des diskontinuierlichen Wandels beschäftigen. So konzeptualisiert Foster mit seiner S-Kurve die Auffassung, dass sich der technologische Wandel in Form eines S manifestiert, wie sie sich in Abbildung 6 zeigt. Kern dieser Auffassung ist es, dass die Leistungsfähigkeit einer alten Technologieform zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr maßgeblich durch eine Erhöhung des Ressourcenaufwands – hier dargestellt durch den Aufwand für Forschung und Entwicklung – erhöht werden kann und sukzessive durch eine neue Technologie ersetzt werden wird. Selbst wenn die neue Technologie zum Zeitpunkt ihrer Einführung eine geringere Leistungsfähigkeit als die etablierte aufweist, übersteigt sie im Zeitverlauf die Leistung der etablierten. Dies liegt darin begründet, dass der Aufwand für eine Verbesserung der neuen Technologie geringer ist. Nach der Auffassung von Foster konzentrieren sich die Unternehmen zu sehr auf eine effizientere Gestaltung der Abläufe und weniger darauf, vorbereitende Maßnahmen für einen sich abzeichnenden technologischen Wandel zu ergreifen.²¹⁴ Anstatt neue Produkte oder Dienstleistungen zu entwickeln, legen etablierte Unternehmen ihren Fokus auf die Prozesse. Die größte Schwierigkeit für das Management besteht dabei darin, einen sich abzeichnenden technologischen Wandel frühzeitig zu erkennen. Problematisch ist insbesondere die Tatsache, dass eine Verbesserung der beste212 Vgl. König 2009, S. 2. 213 Vgl. König 2009, S. 2. 214 Vgl. Foster 1982, S. 27.

3 Diskontinuierlicher technologischer Wandel   

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henden Technologie zunächst erfolgversprechender und ökonomisch rationaler zu sein scheint als die Einführung einer neuen. Ein Hinweis für einen technologischen Wandel könnte dabei beispielsweise der Markteintritt eines Wettbewerbers sein, der einen radikal neuen Ansatz wählt, welcher zunächst nicht erfolgversprechend zu sein scheint.²¹⁵ Dies zeigt sich im E-Commerce-Bereich im Markteintritt von Amazon, deren Geschäftsmodell anfangs als nicht tragfähig angesehen wurde, da das Unternehmen zunächst auf Wachstum zu Lasten des Profits setzte. Als diese Betrachtungsweise von den etablierten Unternehmen als fehlerhaft angesehen und wegen des sich Anfang der 2000er Jahre abzeichenden Erfolgs von Amazon entsprechend korrigiert wurde, hatte Amazon bereits signifikante Marktanteile im E-Commerce-Bereich erreicht. Anstatt frühzeitig mit eigenen E-Commerce-Angeboten gegenzusteuern, tendierten die etablierten Unternehmen – namentlich die Unternehmen des verbreitenden Buchhandels – dazu, sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren, und zogen es beispielsweise vor in die effizientere Gestaltung der Warenwirtschaftssysteme zu investieren. Hier zeigt sich der von Foster monierte Fokus auf die Prozesse, da beispielsweise eine frühzeitige Investition in einen eigenen Onlineshop aufgrund der zum damaligen Zeitpunkt unsicheren Zukunftsaussichten des Onlinehandels wenig sinnvoll erschien. Um rechtzeitig auf einen sich abzeichnenden Wandel reagieren zu können, muss ein solcher zunächst einmal erkannt werden. Foster identifiziert unter anderem folgende Warnsignale: Es treten kleinere Wettbewerber in den Markt ein, die einen radikal anderen Ansatz verfolgen, der zunächst nicht erfolgversprechend zu sein scheint.²¹⁶ Für die Buchbranche zeigt sich dieses Phänomen im Markteintritt von Amazon, da das Unternehmen in seiner Anfangszeit Verluste schrieb. So wurden bis 2001 keinerlei Gewinne erzielt. Auch das Platzen der dot.com-Blase schien die Tragfähigkeit des Geschäftsmodells in Frage zu stellen. Ein weiteres Warnsignal sind Profite, die zunehmend von kleinen Marktsegmenten oder Nischen kommen. Hier zeigt sich eine Parallele zum gegebenen Zeitpunkt, da der E-Book-Markt in Deutschland bisher erst zwei Prozent des gesamten Buchmarkts ausmacht.²¹⁷ Neben den erwähnten Warnsignalen nennt Foster auch solche, die sich speziell auf die Forschungs- und Entwicklungsabteilung eines Unternehmens beziehen, wie z. B. mangelnde Harmonie in der F&E-Abteilung oder auch ein wahrnehmbarer Rückgang der Kreativität. Abgesehen davon, dass diese Signale schwierig bis überhaupt nicht messbar sind, scheinen sie aufgrund des hier betrachteten Untersuchungsgegenstandes auch nicht relevant, da sie sich nicht auf den Einzelhandel sondern vielmehr auf produzierende Unternehmen beziehen. Dennoch stellt die Arbeit von Foster einen wichtigen Ansatz in der Erforschung des technologischen Wandels dar und erscheint nicht zuletzt deshalb erwähnenswert, weil er die Grund215 Vgl. Foster 1982, S. 32. 216 Vgl. Foster 1982, S. 32. 217 Vgl. Gfk / Boersenverein 2012, S. 2.

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   Teil II: Theoretische Grundlagen und ihre Anwendung

lage für eine weitere theoretische Fundierung darstellt. Insbesondere die Dimension der Leistungsfähigkeit einer neuen Technologie, die in ihrer Anfangsphase geringer als die etablierte ist, bildet eine wichtige Grundlage für die Untersuchung des disruptiven Innovationspotentials von E-Books.

Leistungsfähigkeit der Technologie Grenze neuer Technologie PN

Substitutionstechnologie

Grenze alter Technologie PA

PA= technisches Potential alte Technologie heutiger Stand

PN= technisches Potential neue Technologie

alte Technologie kumulierter F&E-Aufwand Abb. 6: S-Kurven-Konzept. Quelle: Gabler Wirtschaftslexikon Online.

Während Foster den technologischen Wandel auf der Ebene der Leistungsfähigkeit einer bestimmten Technologie beschreibt und damit den Nutzen aus Kundensicht in den Mittelpunkt rückt, setzen Henderson und Clark in ihrer Studie ihren Schwerpunkt auf die Prozessebene.²¹⁸ Sie stellen dabei die Unterscheidung zwischen radikalen und inkrementellen Innovationen in Frage und untersuchen in diesem Zusammenhang die Komponenten eines Produkts hinsichtlich der Auswirkungen von Innovationen auf die Produktarchitektur. Hierfür führen sie den Terminus ,Architekturinnovation‘ ein, die in der Lage ist, bisherige von Unternehmen gelernte Prozesse zu zerstören. Aufgrund dieser Tatsache, ist es nach Dafürhalten der Autoren für etablierte Unternehmen erschwert, adäquat auf solche Innovationen zu reagieren, woraus Herausforderungen im Wettbewerb für diese Unternehmen resultieren.²¹⁹ Die Autoren untermauern ihre Argumentation mit Beispielen aus der Kopiererherstellung. Hier zeigt sich bereits die Problematik des Ansatzes, da eine Anwendung im Bereich des Handels fraglich erscheint. Allerdings sind die wesentlichen Grundüberlegungen, insbesondere die Unterscheidung zwischen inkrementeller, modularer, radikaler und Architekturinnovation für den vorliegenden Untersuchungsge-

218 Vgl. Henderson / Clark 1990, S. 9. 219 Vgl. Henderson / Clark, S. 9.

3 Diskontinuierlicher technologischer Wandel   

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genstand von Bedeutung. Dabei wird zwischen dem Kerndesign eines Produkts und seinen Komponenten differenziert. Diese Unterscheidung ist vor allem vor dem Hintergrund, dass es sich bei E-Books um Systemgüter handelt, von Bedeutung.

3.2 Modell der disruptiven Innovation Das Konzept geht auf Clayton M. Christensen zurück, der es erstmals in seinem Aufsatz zusammen mit Joseph Bower im Jahr 1995 formulierte. Eine weitere Ausarbeitung erfolgte in den Monographien The innovator’s dilemma sowie the innovator’s solution, beide aus dem Jahr 2003, die sich mit den Reaktionsmöglichkeiten des Managements angesichts diskontinuierlicher technologischer Innovationen befassen sowie der Monographie Seeing What’s Next. Das Verdienst von Christensens Ansatz im Vergleich zu den vorgestellten Konzepten besteht in erster Linie darin, dass erstmals die Frage aufgeworfen wurde, inwieweit Technologien mit einem scheinbar geringeren Leistungsvermögen etablierte Player aus ihrem Markt verdrängen können. Die erste Monographie The innovator’s dilemma beschäftigt sich mit dieser Frage. Dafür wird auf Beispiele aus der Computerindustrie, der Baumaschinenbranche sowie der Stahlproduktion rekurriert. Als verantwortlich für den Verlust von Marktanteilen etablierter Unternehmen angesichts disruptiver Technologien wird dabei die fehlende Bereitschaft des Managements zur Anpassung an neu entstehende Technologien ausgemacht, da diese als Bedrohung des bisher erfolgreichen Geschäftsmodells wahrgenommen werden. Der Autor entwickelt dabei ein Framework, welches Managern das Aufkommen von disruptiven Technologien transparent machen soll. Problematisch für die etablierten Unternehmen ist demzufolge, dass sich die Forschung und Entwicklung normalerweise auf bereits existierende Technologien konzentriert und die Neuallokation von Ressourcen auf die Verbesserung dieser bereits etablierten Technologie begrenzt ist. Christensen bezeichnet einen derartig gelagerten Innovationsprozess als ,sustaining innovation‘, da er auf den Erhalt des bestehenden Geschäftsmodells ausgerichtet ist. In der zweiten Monographie mit dem Titel The innovator’s solution erfolgte eine weitere Ausdifferenzierung der theoretischen Grundlagen des Konzepts. So unterscheidet Christensen nun zwischen einer ,low-end disruption‘, die in der Lage ist, die Konstellation auf einem bereits bestehenden Markt zu verändern und einer ,newmarket disruption‘, bei der ein neuer Markt infolge einer Innovation geschaffen wird. Ein Kernzusammenhang besteht im letzten Fall darin, dass eine solche Innovation oftmals mit der Herausbildung eines neuen Geschäftsmodells einhergeht.²²⁰ Hier findet sich ein Anknüpfungspunkt zu dem in dieser Arbeit zugrunde gelegten Strategiekonzept, welches Strategie als sich herausbildendes Muster begreift. So beschreibt

220 Vgl. Deck 2005, S. 213–220.

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   Teil II: Theoretische Grundlagen und ihre Anwendung

Christensen explizit neben den bewusst formulierten Strategien auch die emergenten bzw. sich aus den unsicheren Umweltbedingungen herausbildenden Strategien und sieht insbesondere den Prozess der Strategieformulierung als maßgeblich für den Erfolg einer gewählten Strategie. Ihren Abschluss findet die Theoriebildung in der Monographie Seeing What’s Next, die ihren Fokus auf die Analyse von Signalen, die auf einen potentiellen Wandel einer Industrie hindeuten, legt. Dafür werden verschiedene Branchen wie z. B. die Telekommunikations-, Gesundheits- oder auch die Flugzeugindustrie betrachtet. Das Verdienst von Christensens Theoriebildung und ihre Relevanz für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand zeigt sich darin, dass ein Erklärungsansatz für das Scheitern etablierter Unternehmen angesichts neuer Technologien geboten wird, der anders als die bisherigen Ansätze ausreichend differenziert ist. Dies liegt sicherlich auch darin begründet, dass der Ansatz auf den vorgestellten Vorarbeiten aufbaut. Bevor die Untersuchung des disruptiven Innovationspotentials von E-Books erfolgt, wird zunächst in einem ersten Schritt der Kern der Theorie dargestellt. Christensen und Bower sehen eine zu starke Kundenorientierung als ursächlich für die mangelnde Reaktionsfähigkeit etablierter Unternehmen auf neue Entwicklungen an. Ihrer Argumentation zufolge, die mit Beispielen aus der Computerindustrie und anderen Branchen untermauert ist, sind Unternehmen in der Lage innovativ tätig zu sein, solange diese Neuerungen die Bedürfnisse ihrer bisherigen Kunden decken können. Problematisch wird diese Herangehensweise, wenn eine neue Technologie den bisherigen Kundenkreis nur begrenzt anspricht oder gar von diesen nicht akzeptiert wird. Produkte oder Dienstleistungen, die den Bedürfnissen des Mainstreams nicht entsprechen bzw. die in der Lage sind, einen neuen Markt zu generieren, werden demzufolge als irrelevant erachtet. Der technologische Wandel auf Produktebene, der die Marginalisierung der etablierten Unternehmen einleitet, ist dabei von zwei Charakteristika gekennzeichnet. Einerseits verfügen solche Produkte über eine neue Ebene des Leistungsvermögens im Vergleich zu den etablierten Produkten, die aber von der Hauptzielgruppe nicht wertgeschätzt wird, und andererseits verbessern sie ihr Leistungsvermögen in hoher Geschwindigkeit, so dass sie schlussendlich auch die Ansprüche der Hauptzielgruppe erfüllen. Für die etablierten Unternehmen ist es dann aber oftmals zu spät, da neue Player den Markt bereits die Marktführerschaft übernommen haben.²²¹ Es wäre naheliegend, ein Versagen des Managements angesichts neuer technologischer Entwicklungen zu konstatieren bzw. auf eine ungenügende Ressourcenausstattung der etablierten Unternehmen zu verweisen. Jedoch ist eine solche Herangehensweise selten geeignet, das Phänomen adäquat zu beschreiben. Vielmehr führen gerade jene Entscheidungen, die das Management in einem dynamischen Umfeld als notwendig für den Unternehmenserfolg erachtet, zu einem Verlust der marktfüh-

221 Vgl. Bower / Christensen 1995, S. 44 f.

3 Diskontinuierlicher technologischer Wandel   

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renden Stellung. Dieser lässt sich auf drei Gründe bzw. Faktoren zurückführen. Ein Faktor ist die Unterscheidung zwischen ,erhaltenden‘ (sustaining) und ,disruptiven‘ Technologien, wobei ein breiter Technologiebegriff propagiert wird: „The term ‚technology‘ […] means the processes by which an organization transforms labor, capital, materials, and information into products or services.“²²² Insofern werden unter dieser Auffassung des Begriffs auch Tätigkeiten des Einzelhandels subsumiert, da ein Händler eine bestimmte ,Technologie‘ einsetzt, um im Rahmen seiner Geschäftsprozesse Produkte zu verkaufen oder Serviceleistungen zu erbringen. Ein Scheitern etablierter Firmen ist demnach nur im Fall einer disruptiven Technologie und nicht bei einer erhaltenden wahrscheinlich. Ein weiterer Faktor ist die Geschwindigkeit des technologischen Fortschritts, der oftmals schneller als die eigentlichen Markterfordernisse voranschreitet, so dass eine neu aufkommende Technologie scheinbar nicht die Bedürfnisse der Zielgruppe erfüllt (dritter Faktor) und somit Investitionsentscheidungen der etablierten Unternehmen beeinflusst und zwar dahingehend, dass in bereits ,bewährte‘ Technologien investiert wird.²²³ Technologien, die das Leistungsvermögen bestehender Produkte oder Dienstleistungen verbessern, werden von Christensen ,erhaltend‘ bzw. ,sustaining‘ genannt. Sie können sowohl radikaler als auch kontinuierlicher bzw. inkrementeller Natur sein. Sie verbessern jedoch stets das Leistungsvermögen der Produkte oder Dienstleistungen aus Sicht der Kunden. Auf die Buchbranche übertragen wäre auf Produktebene die Markteinführung des Taschenbuchformats eine solche Leistungsverbesserung aus Kundensicht bzw. auf Dienstleistungsebene ein verbesserter Kundenservice infolge technischer Neuerungen. Disruptive Innovationen²²⁴ hingegen erbringen ein völlig neues Leistungsversprechen, das bisher nicht verfügbar war. Allerdings wird dieses Leistungsversprechen vom Kernmarkt nicht als relevant erachtet, so dass die neuen Produkte scheinbar einen geringeren Nutzen aufweisen. Eng damit verknüpft ist die Diskrepanz zwischen den erbrachten Leistungen und den Anforderungen des jeweiligen Marktes. Die bewährte Technologie oder Art der Leistungserbringung wird in der Reifephase eines Marktes zunehmend ausdifferenziert und zwar soweit, dass sie die Ansprüche der Kernzielgruppe übertrifft. Dies führt zu einem zögerlichen Verhalten der etablierten Unternehmen in neue Technologien disruptiver Natur zu investieren, da die Ressourcen in die Leistungsverbesserung bereits bestehender investiert werden. Die aufgeführten Gründe für das Scheitern etablierter Unternehmen unterliegen dabei folgenden Gesetzmäßigkeiten: Unternehmen erleiden aufgrund ihres Kundenstammes und ihrer Investoren einer Rigidität hinsichtlich der Ressourcenallokation. Um einen Innovationsprozess anzustoßen, sind menschliche sowie finanzi222 Vgl. Bower / Christensen 1996, S. 198. 223 Vgl. Christensen 1997, S. 17–18. 224 Eine Innovation beschreibt in diesem Kontext einen Wandel der bisher vorherrschenden Technologie. Vgl. Bower / Christensen 1996, S. 198.

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   Teil II: Theoretische Grundlagen und ihre Anwendung

elle Ressourcen vonnöten. Allerdings orientiert sich der Einsatz dieser Ressourcen an den jeweiligen Markterfordernissen. Wird ein innovatorisches Potential von den bisherigen Kunden nicht wertgeschätzt, so besteht aus Unternehmensicht keine Notwendigkeit Ressourcen bereitzustellen.²²⁵ Ein Grund hierfür liegt darin, dass marginal erscheinende Teilmärkte nicht die Wachstumsanforderungen der etablierten Unternehmen erfüllen. Aufgrund ihrer geringen Größe können sie nicht ausreichend analysiert werden, weshalb neue Nutzungsformen zum Zeitpunkt des Aufkommens disruptiver Innovationen noch nicht absehbar sind. Darüber hinaus verfügen Organisationen über im Laufe der Unternehmenshistorie entwickelte Fähigkeiten im Sinne der von Teece et al. erwähnten capabilities, die die Flexibilität der Firmen bei der Reaktion auf potentiell disruptive Innovationen ex ante einschränken und dabei aber für das bisher praktizierte Geschäftsmodell von elementarer Bedeutung sind. Außerdem verfügen disruptive Technologien über Attribute, die sie als unattraktiv für den bestehenden Markt erscheinen lassen, die aber in neu aufkommenden Märkten oftmals ein konstituierendes Merkmal für die Wertschöpfung darstellen.²²⁶ Hier zeigen sich auch Anknüpfungspunkte zum oben dargestellten Ansatz von Clark Gilbert, der zwischen Ressourcen- und Routinenrigidität differenziert. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass selbst wenn disruptive Technologien zunächst eine geringere Leistungsfähigkeit als die etablierten aufweisen, sie diese dennoch schlussendlich ersetzen bzw. die maßgeblichen Funktionen der etablierten Technologie sukzessive übernehmen, so dass die etablierte Technologie nur noch eine Nischenposition einnimmt. Die Ursache hierfür ist maßgeblich dadurch bestimmt, dass die etablierten Unternehmen ihren Fokus lediglich auf die Weiterentwicklung der bisher vorherrschenden Technologie legen.

3.2.1 Kritik am Modell der disruptiven Innovation Der oben dargestellte Ansatz von Clayton Christensen hat viel zum Verständnis des Einflusses von technologischen Innovationen auf Branchen bzw. auf einzelne Unternehmen innerhalb dieser Branchen beigetragen. Dies zeigt sich auch in der Tatsache, dass seine Arbeit von einer Vielzahl von Publikationen aufgegriffen wurde.²²⁷ Jedoch bestehen auch einige Kritikpunkte: Problematisch ist die Tatsache, dass Christensen keinen klaren Kriterienkatalog aufstellt, der eine Technologie als ,disruptiv‘ beschreibt. Auch besteht der Vorwurf einer unklaren Terminologie, die den empirischen Studien von Christensen zugrunde läge. Besonders im Kontext des vorliegenden Untersuchungsgegenstandes stellt sich die Frage, ob eine Technologie aus sich selbst heraus als disruptiv bezeichnet werden kann oder ob sie lediglich aus 225 Vgl. Bower / Christensen 1996, S. 198. 226 Vgl. Christensen 1997, S. 113. 227 Vgl. u. a. Adner 2001 u. Deck 2005 u. Charitou / Markides 2003;

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der Perspektive der betroffenen Unternehmen einen solchen Charakter aufweist. Auch Christensen und Raynor sind dieser Frage nachgegangen und kommen dabei zu dem Schluss, dass die durch die Digitalisierung und das Internet angestoßenen Veränderungen für manche Unternehmen disruptiver Natur sein können, wohingegen sie für andere einen erhaltenden (sustaining) Charakter haben können.²²⁸ Die Ursache hierfür liegt in dem jeweils zugrundeliegenden Geschäftsmodell begründet. Für die dieser Arbeit zugrundeliegende Fragestellung sind die Veränderungen durch den elektronischen Handel und das Aufkommen von E-Books demzufolge möglicherweise einerseits disruptiv aus Sicht des verbreitenden Buchhandels und andererseits erhaltend aus der Perspektive von Onlinehändlern wie Amazon. Zudem stellt sich bei der Betrachtung des von Christensen vorgeschlagenen Modells die Frage, ab welchem Zeitpunkt eine Technologie als disruptiv angesehen werden kann. So besteht keine Eindeutigkeit, ob eine Disruption angenommen werden kann, sobald die infolge der neuen Technologie eingeführten Produkte oder Dienstleistungen sich auf dem Markt durchzusetzen beginnen, oder ob erst dann von einer Disruption gesprochen werden kann, wenn etablierte Unternehmen infolge der technologischen Veränderungen aus dem Markt ausscheiden.²²⁹ Diese Frage wird für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand dahingehend beantwortet, indem überprüft wird, ob das E-Book für die Buchbranche insgesamt nicht notwendigerweise eine disruptive Technologie darstellen muss, jedoch für die Unternehmen des verbreitenden Buchhandels diese Möglichkeit besteht. Daran knüpft sich auch die Frage an, ob eine Technologie analog zu der oben dargestellten Theorie von Tushman und Anderson disruptiv ist, wenn sie die Ressourcenkonfiguration etablierter Unternehmen durch eine kompetenzzerstörende Funktion verändert. Infolgedessen wären die bisher erworbenen Kompetenzen der etablierten Unternehmen in Frage gestellt, und es könnte von einer disruptiven Technologie gesprochen werden. Christensen thematisiert diese Frage dahingehend, als dass er die Unterschiede zwischen disruptiven und erhaltenden bzw. kompetenzverbessernden und kompetenzzerstörenden Technologien herausstellt. Er konstatiert dabei, dass es sehr wohl für ein etabliertes Unternehmen möglich ist eine kompetenzzerstörende Innovation zu überstehen, allerdings kann dies nur erfolgen, wenn diese auf die Kernzielgruppe des betreffenden Unternehmens abzielt. Ist dies nicht der Fall, so besteht in erster Linie kein Anreiz für das betreffende Unternehmen in den Aufbau einer entsprechenden Kompetenz zu investieren.²³⁰ Um sich dem Konzept der disruptiven Innovation umfassend anzunähern, empfiehlt sich daher eine Differenzierung der verschiedenen Ebenen, auf die sich der Begriff beziehen kann. Der Vorwurf, der dabei an Christensen herangetragen werden kann, ist die Tatsache, dass er das Konzept sowohl auf die rein technologische Ebene 228 Vgl. Christensen / Raynor 2003. 229 Vgl. Danneels 2004, S. 247. 230 Vgl. Adner 2001.

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   Teil II: Theoretische Grundlagen und ihre Anwendung

als auch auf Geschäftsmodelle und Produkte bezieht. Dies wird auch in der von ihm vorgenommenen Begriffserweiterung deutlich, da er zunächst von technologischen Innovationen spricht und später dann von disruptiven Innovationen, wobei dabei sowohl Geschäftsmodelle als auch Produkte exemplarisch herangezogen werden.²³¹ Markides moniert zu Recht, dass alle von Christensen dargestellten Innovationen zwar für die jeweils etablierten Unternehmen disruptiver Natur waren, jedoch eine Vermischung zu einer Konfusion führt: „Lumping all types of disruptive innovations into one category simply mixes apples with oranges, which has serious implications on how we study disruptive innovations in the future.“²³² Insofern ist es notwendig, zwischen disruptiven technologischen Innovationen von disruptiven Geschäftsmodellinnovationen und disruptiven Produktinnovationen abzugrenzen. Jede dieser Innovationen hat unterschiedliche Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation.²³³ Da hier der breite Technologiebegriff von Christensen / Bower zugrunde gelegt wird, der auch Tätigkeiten des Einzelhandels umfasst und somit mit der Architektur der Wertschöpfung auf Geschäftsmodellebene einhergeht, erscheint eine Abgrenzung der technologischen Innovationen für die Zielsetzung dieser Untersuchung nicht notwendig.²³⁴ Anders verhält es sich mit Innovationen auf Geschäftsmodell- und Produktebene. Eine Innovation auf Geschäftsmodellebenen wäre demnach ein grundlegend verändertes Geschäftsmodell, wie es sich im verbreitenden Buchhandel durch das Aufkommen von reinen Onlineanbietern manifestiert. Ein Kriterium für ein verändertes Geschäftsmodell ist beispielsweise sein Potential, den Markt zu vergrößern, entweder dadurch, dass bestehende Konsumenten mehr konsumieren, oder indem neue Konsumenten angezogen werden. Zentral dabei ist aber, dass solche Innovationen nicht die Entwicklung neuartiger Produkte oder Dienstleistungen umfassen, sondern lediglich eine Veränderung in der Architektur der Wertschöpfung vornehmen. So wurde durch die Entwicklung von Onlineshops für Bücher lediglich ein neuer Vertriebskanal erschlossen, der allerdings hinsichtlich seines Nutzungsversprechens im Gegensatz zu den etablierten Vertriebskanälen gesehen werden kann. Dies führt dazu, dass sich die Unternehmensaktivitäten zwischen reinen Onlinehändlern und stationären Buchhändlern hinsichtlich der Wertschöpfungskette, den internen Prozessen und Strukturen unterscheiden und ein unterschiedliches Leistungsvermögen aufweisen. Da sie aber zunächst andere Kundensegmente ansprechen und eine andere primäre Aktivitäten in der Wertschöpfungskette erfordern, werden sie oftmals von etablierten Unternehmen ignoriert. Erst wenn sie ein bestimmtes Leistungsvermögen erreicht

231 Vgl. Christensen 1997 u. Christensen / Raynor 2003. 232 Vgl. Markides 2006, S. 19. 233 Vgl. Markides 2006, S. 19. 234 Vgl. Teil II, Punkt 3.1. Markides bezieht sich vermutlich auf das von Christensen und Bower angeführte Beispiel aus der Computerindustrie, das auf die technologischen Veränderungen von Diskettenlaufwerken bezogen ist. Vgl. Christensen / Bower 1995, S. 46.

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haben, das sie auch für Kundengruppen aus dem Kernsegment attraktiv erscheinen lässt, neigen etablierte Unternehmen dazu zu reagieren. Ein Hinweis auf eine solche Entwicklung wäre beispielsweise das Erreichen eines signifikanten Marktanteils des Unternehmens, das ein verändertes Geschäftsmodell einsetzt.²³⁵ Während Christensen aber davon ausgeht, dass die disruptive Innovation schlussendlich dahingehend anwachsen wird, dass sie den bestehenden Markt dominieren wird und etablierte Unternehmen verdrängen wird, so ist dies für eine Geschäftsmodellinnovation nicht zwangsläufig der Fall. So stellt Markides in seiner Untersuchung der Literatur zu diesem Phänomen fest, dass disruptive Innovationen auf dieser Ebene oftmals nur einen bestimmten Marktanteil innerhalb einer Branche oder Industrie erreichen, jedoch keine vollständige Dominanz. Der zweite Typus von disruptiven Innovationen manifestiert sich auf der Produktebene und ist davon gekennzeichnet, dass eine völlig neuartige Produktkategorie auf den Markt kommt. Um als solche zu gelten, müssen diese Produkte auf der Nachfrageebene andere Konsumentengewohnheiten ansprechen und ein im Vergleich zu den etablierten Produkten auch ein verändertes Leistungsvermögen aufweisen. Auf der Angebotsebene zeigen sich die Eigenschaften derartiger Produkte in ihrem Potential neue Märkte herauszubilden und hierdurch die bisher auf dem etablierten Markt bestehenden Kompetenzen von Unternehmen in Frage zu stellen. Typischerweise entstehen derartige Produktinnovationen nicht nachfragegetrieben, sondern durch den Angebotsdruck von Technologieunternehmen.²³⁶ Dieser Angebotsdruck hat dabei folgende Auswirkungen auf die Marktentwicklung: Trotz großer Unsicherheit bezüglich der technologischen Entwicklung bzw. der zukünftigen Entwicklung der innovativen Produkte sind die daraus entstehenden Märkte durch eine große Zahl von Markteintritten gekennzeichnet und durch eine große Vielfalt der Produkteigenschaften. Dies geschieht dabei in der Regel bevor die entsprechenden Märkte wachsen. Mit zunehmenden Wachstum kommt es dann zu einer Konsolidierung, im Zuge derer eine Vielzahl von Pionierunternehmen wieder vom Markt verschwindet. Dieser Konsolidierungsprozess geht dabei mit der Etablierung eines dominanten Designs einher. Allgemein sind solchermaßen neu entstehende Märkte in der Anfangszeit durch eine dynamische Struktur gekennzeichnet. Dabei sind es oftmals nicht die Pionierunternehmen, die in solchen Märkten eine marktführende Stellung erreichen. Vielmehr zeichnen sich die schlussendlich erfolgreichen Unternehmen durch einen präzise getimten Markteintritt aus, der nicht zwangsläufig zu einem besonders frühen Zeitpunkt erfolgen muss. Dafür wird der Fokus der Aktivitäten weniger auf technologische Aspekte gelegt, sondern eher auf Erwägungen hinsichtlich der qualitativen und preispolitischen Ausgestaltung der Produkte bzw. der Ausnutzung von bekannten Markennamen.²³⁷ 235 Vgl. Markides 2006, S. 21. 236 Vgl. Markides 2006, S. 22 f. 237 Vgl. Markides 2006, S. 23.

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Schmidt und Druehl beziehen sich in ihrer Untersuchung der Diffusion von disruptiven Innovationen auf die unterschiedlichen Möglichkeiten, wie dieser Prozess vonstatten gehen kann. Dabei differenzieren sie zwischen Innovationen, die neue Märkte entstehen lassen und solchen, die bestehende Märkte verändern. Hierdurch ergibt sich eine Verknüpfung zwischen der disruptiven Geschäftsmodellinnovation und der disruptiven Produktinnovation. Lediglich letztere ist nämlich in der Lage einen neuen Markt entstehen zu lassen.²³⁸ Dabei treten sie einem wesentlichen Kritikpunkt in Christensens Theorie entgegen: Während Christensen zufolge eine disruptive Innovation zwangsläufig das alte Produkt vollständig ersetzt, ist dies nach Meinung der Autoren nicht unbedingt der Fall. Vielmehr dringt das Produkt zwar in den bestehenden Markt vor und hat damit einen Einfluss auf das alte Produkt, aber dieser Prozess muss nicht in einer vollständigen Verdrängung resultieren.²³⁹ Darüber hinaus kann das neue Produkt vor seinem Eingriff in einen bereits bestehenden Markt entweder einen Teilmarkt eröffnen oder einen losgelösten Markt herausbilden. Ersterer ist davon gekennzeichnet, dass sich die Kundenpräferenzen nur unwesentlich von denen auf dem bisherigen Markt unterscheiden, wohingegen bei letzterem wesentlich veränderte Konsumentenpräferenzen bestehen.²⁴⁰ Mithilfe dieser Modellierung wird es möglich, den Einfluss einer Produktinnovation anhand der Dimensionen Preis, Quantität, Profit und Marktsegment aufzuzeigen und gleichzeitig einen scheinbaren Widerspruch in der bestehenden Theorie aufzulösen. Da Christensen betont, dass ein Kennzeichen für eine disruptive Innovation darin besteht, dass das neue Produkt üblicherweise billiger und einfacher zu benutzen ist, zugleich aber auch die Digitalphotographie oder Handys als Beispiele für disruptive Innovationen genannt werden, die wesentlich teurer und anfangs auch schwieriger benutzbar waren, scheint die Theorie hier an ihre Grenzen zu stoßen und bedarf einer stärkeren Ausdifferenzierung.²⁴¹ Diese Ausdifferenzierung erfolgt durch eine feinere Untergliederung der Kundensegmente hinsichtlich verschiedener Präferenzen. Zentral für das disruptive Potential eines neuen Produktes ist damit die Ebene der Produktleistung, die sich für die verschiedenen Kundensegmente unterschiedlich darstellt. Die Digitalphotographie wies z. B. zum Zeitpunkt ihrer Einführung hinsichtlich ihrer Leistung ein niedrigeres Potential aus Sicht professioneller Photographen auf, was sich erst im Zeitverlauf veränderte, da die Technologie sukzessive verbessert wurde. Insofern ist es für das disruptive Potential eines Produkts von Bedeutung, welche Attribute des alten Produkts von der jeweiligen Kernzielgruppe besonders geschätzt werden.

238 Vgl. Schmidt / Druehl 2008, S. 349 f. 239 Vgl. ebd., S. 350. 240 Vgl. ebd., S. 352. 241 Vgl. Schmidt / Druehl 2007, S. 363.

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Tab. 7: Formen disruptiver Innovationen. Quelle: Schmidt / Druehl 2008. Disruptive Innovation

Marktvordringen erfolgt vom unteren Ende her

Das neue Produkt dringt zunächst innerhalb eines bestehenden Marktes in ein unteres Segment vor und diffundiert dann nach oben

New-Market Disruption

Vordringen durch Herausbildung eines Teilmarktes

Bevor der Eingriff in den bestehenden Markt erfolgt, bildet sich ein Teilmarkt heraus, der inkrementell andere Konsumentenpräferenzen begünstigt als der bestehende Markt

Vordringen durch Herausbildung eines losgelösten Marktes

Bevor der Eingriff in den bestehenden Markt erfolgt, bildet sich ein losgelöster Markt heraus, in dem sich die Konsumentenpräferenzen dramatisch von den auf dem bestehenden Markt vorhandenen unterscheiden

Sofortiges Vordringen vom unteren Ende her

Das Vordringen der neuen Produkte findet im Gegensatz zur disruptiven Innovation unmittelbar statt

Low-End Disruption

3.2.2 Disruptive Innovation auf Geschäftsmodellebene König ist der Frage, ob es sich beim Onlinebuchhandel um eine disruptive Innovation auf Geschäftsmodellebene handelt, in seiner Publikation Cognitive Framing and Incumbent Inertia in Response to technological Discontinuities nachgegangen und kommt dabei zu dem Ergebnis, dass dies der Fall ist.²⁴² Es handelt sich dabei um eine Replikation bzw. Erweiterung der von Clark Gilbert vorgenommenen Studie zur Zeitungsindustrie. König definiert dabei eine technologische Diskontinuität analog zum Geschäftsmodellbegriff anhand folgender Dimensionen: diskontinuierlicher Wandel im Nutzungswert, diskontinuierlicher Wandel in der Architektur der Wertschöpfung und diskontinuierlicher Wandel in der Art der Erlösformen.²⁴³ Die Ebene des wahrgenommenen Nutzungswertes beschreibt dabei, welcher Nutzen den Konsumenten zur Verfügung gestellt wird, während auf der Prozessebene analog zu Henderson  / Clark die Veränderung der Prozesse im Vordergrund steht und damit eine Wertschöpfung erreicht wird.²⁴⁴ Die Dimension der Wertschöpfung geht der Frage nach, wie es Unternehmen gelingt, die Wertschöpfung in eine Produzentenrente zu überführen und damit Profite erlaubt. Im Folgenden sind die Indikatoren für die verschiedenen Dimensionen dargestellt:

242 Vgl. König 2009, S. 5. 243 Vgl. König 2009, S. 17. 244 Vgl. Henderson / Clark 1990.

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Tab. 8: Disruptive Innovation auf Geschäftsmodellebene. Quelle: König 2009. vorgeschlagene Indikatoren nach König 2009 unterschiedlicher Nutzungswert

– Am Anfang niedrigeres Leistungsvermögen im Vergleich zu den etablierten Kriterien – Neue Wettbewerbsgrundlagen – Attraktiv für neue bzw. Konsumenten aus anderen Segmenten anstatt für die Kernzielgruppe – Bisherige Unternehmensressourcen und -fähigkeiten sind weniger wichtig

unterschiedliche Architektur der Wertschöpfung

– Neue Konzepte der Integration und Verknüpfung verschiedener Komponenten – Bisherige Unternehmensressourcen und -fähigkeiten sind weniger wichtig

unterschiedliches Ertragsmodell

– Neue Ertragsmodelle – Alte Erlösformen sind weniger wichtig

Der diskontinuierliche Wandel im Nutzungswert manifestiert sich dabei analog zu Fosters S-Kurve, die impliziert, dass am Ende eines Technologielebenszyklus auch ein umfassender Ressourceneinsatz zu keiner Verbesserung mehr führt, da die vorherrschende Technologie ihre Leistungsgrenze erreicht hat. Dennoch kann eine neue Technologie zunächst ein niedrigeres Leistungsvermögen auf der Basis etablierter Kriterien aufweisen, bevor sich dieses Verhältnis im Zeitverlauf verändert. Oftmals sind derartige Technologien einfacher und bequemer zu nutzen, weshalb sie zunächst für eine andere Zielgruppe als die bisherige attraktiv erscheinen. Deshalb werden auch bisher vorhandene Ressourcen und Fähigkeiten weniger wichtig in diesem Zusammenhang, da sie auf die bisherige Zielgruppe ausgerichtet waren.²⁴⁵ Für den physischen Buchhandel stellt der Onlinebuchhandel auf dieser Ebene insofern eine technologische Diskontinuität dar, als dass er zu Beginn seiner Einführung ein niedrigeres Leistungsvermögen aufwies. Im physischen Buchhandel war der Nutzungswert zu diesem Zeitpunkt durch die Handelsfunktionen gegeben. So gewährleistete der physische Buchhandel durch die zentrale Lage in Innenstädten ein bequemes Einkaufserlebnis durch die Überbrückung räumlicher Differenzen und im Falle der Filialisten auch durch die Etablierung von Coffee-Shops und Kinderspielecken in den Ladengeschäften. Die Möglichkeit an Leseinseln zu verweilen und in Büchern zu blättern trug ebenfalls zu diesem Einkaufserlebnis bei.²⁴⁶ Darüber hinaus besteht eine wichtige Funktion auf der Qualitätsebene des physischen Buchhandels in der Beratungsleistung und dem Besorgungsgeschäft. Aus Kundensicht war ein Leistungsversprechen insbesondere durch die Option gegeben, gekaufte Bücher sofort mit nach Hause nehmen zu können.

245 Vgl. Teil II, Punkt 3.2. 246 Vgl. Brunn / Blömeke 2009, S. 196.

3 Diskontinuierlicher technologischer Wandel   

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Unter Berücksichtigung dieser Funktionen war das Leistungsvermögen auf der Nutzungsebene beim physischen Buchhandel zunächst höher. Der Onlinehandel stellte in den Bereichen Service, dem Ausprobieren der Ware und dem Einkaufserlebnis insgesamt keine Konkurrenz dar. Zum Zeitpunkt der Etablierung erster Onlineshops Ende der 1990er Jahre war es noch nicht möglich, dem Konsumenten eine Beratungsleistung angedeihen zu lassen. Ursächlich hierfür waren technische Beschränkungen. Auch gab es anfangs keine Möglichkeit, Bücher online, z. B. über Leseproben, bereits vor der Bestellung auf ihre potentielle Bedürfnisbefriedigung zu untersuchen, da entsprechende technische Lösungen, wie eine Volltextsuche erst 2005 implementiert wurden.²⁴⁷ Das sich daraus ergebende Defizit geht mit dem Informationsparadoxon einher, das besagt, dass für die Beurteilung des Werts eines Informationsprodukts erst nach der Nutzung erfolgen kann. Dies würde allerdings dazu führen, dass das Produkt konsumiert werden muss, um seinen Wert beurteilen zu können.²⁴⁸ Während in diesen Bereichen also zunächst ein niedrigeres Leistungsvermögen des Onlinebuchhandels gegeben war, bot dieser Vertriebskanal hinsichtlich anderer Aspekte im Zeitverlauf ein höheres Leistungsvermögen. An erster Stelle ist dabei die Reichweite des Angebots zu nennen, die vorher noch für den filialisierten Bucheinzelhandel ein Alleinstellungsmerkmal darstellte. Die größten Filialisten halten dabei eine große Sortimentsbreite von teilweise über 100.000 Titeln bereit, was aber angesichts der theoretisch unbegrenzten Angebotsreichweite von Onlinehändlern keinen Wettbewerbsvorteil mehr generierte und dazu führte, dass bisherige Fähigkeiten der Unternehmen weniger bedeutsam waren.²⁴⁹ Außerdem bestand aus Sicht der Konsumenten infolge der 24/7-Verfügbarkeit von Onlineshops keine zeitliche Begrenzung für den Kauf durch Ladenöffnungszeiten, so dass diese Handelsfunktion ebenfalls in Frage gestellt war. Auch die Möglichkeit, personalisierte Buchempfehlungen über eine ,recommendation engine‘ zu erhalten, steigert die Bequemlichkeit des Einkaufsprozesses und konkurriert mit der Beratungskompetenz des stationären Buchhandels. Allerdings haben sich einige diese Verbesserungen auf der Nutzenebene zunächst sukzessive (z. B. die Einführung der Volltextsuche) herausgebildet und auch, bedingt durch die noch gering verbreiteten Internetanschlüsse, eine begrenzte Kundengruppe angesprochen. So nutzten im Jahr 1999, als die ersten Onlinebuchshops eingeführt wurden, lediglich 17,7 % der deutschen Bevölkerung das Internet, wohingegen es 2012 bereits 75,9 % waren.²⁵⁰ Auch die Tatsache, dass die Kernzielgruppe des Buchhandels weiblich ist, während bei der Onlinenutzung Männer dominierten, führte auf Seiten des stationären Bucheinzelhandels nicht zu einer Wahrnehmung des Online-

247 Vgl. König 2009, S. 140. 248 Vgl. Linde 2007, S. 165. 249 Vgl. Brunn / Blömeke 2009, S. 191. 250 Vgl. Ard-Zdf Onlinestudie 1998–2012.

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   Teil II: Theoretische Grundlagen und ihre Anwendung

buchhandels als Herausforderung.²⁵¹ Dahingehend kann auf dieser Ebene von einer diskontinuierlichen Entwicklung für den stationären Bucheinzelhandel gesprochen werden, da das Leistungspotential des Onlinebuchhandels zunächst niedriger war und die Kernzielgruppe scheinbar nicht angesprochen wurde. Auf der Prozessebene stellt der Onlinbuchhandel ebenfalls einen diskontinuierlichen Wandel dar. Während die Architektur der Wertschöpfung beim physischen Buchhandel durch die Standortauswahl, die Wahl der Sortimentsausrichtung und Sortimentsauswahl, die Präsentation der Produkte, der Effizienz der Beschaffung und der Schaffung einer erlebnisorientierten Einkaufsatmosphäre (gegebenenfalls unterstützt durch Veranstaltungen wie z. B. Lesungen) besteht, unterscheidet sich dies fundamental vom Onlinehandel. Hier bestehen die Kernaktivitäten in der Implementierung einer Webseite mit entsprechender Usability, die über eine elaborierte Suchfunktion verfügt. Darüber hinaus ist die Effizienz der Logistik und das Marketing in diesem Bereich von größerer Bedeutung, da die Geschwindigkeit der Lieferung und der Bekanntheitsgrad eine wichtige Komponente darstellen. Daher werden bisherige Ressourcen und Fähigkeiten, die im physischen Markt bedeutsam sind, durch den Onlinehandel unter Umständen zu einem Wettbewerbsnachteil. Dies zeigt sich z. B. in der Bindung von Cash-Flow für die Mieten der physischen Ladengeschäfte.²⁵² Auch auf der Ebene des Ertragsmodells offenbaren sich zentrale Unterschiede. Während physische Buchhandlungen den Großteil ihres Umsatzes mit Bestsellern generieren, offeriert der Onlinebuchhandel die Option des ,Long Tail‘ und generiert einen großen Teil seines Umsatzes mit der Backlist. Bei dem Konzept wird die Anzahl der verkauften Exemplare pro Titel mit dem gesamten Titelangebot verglichen. Eine Grundvoraussetzung für die Entstehung ist die infolge gesunkener Suchkosten gestiegene Transparenz auf Konsumentenseite, die es den Verbrauchern erleichtert auch Nischenprodukte ausfindig zu machen, auf die sie normalerweise nicht aufmerksam geworden wären. Der ,Long Tail‘ besagt folglich, dass die Bestseller zwar in großen Stückzahlen verkauft werden, aber auch zunehmend Nischentitel ins Zentrum der Verbraucheraufmerksamkeit rücken, die zwar auf den einzelnen Titel bezogen in niedriger Stückzahl nachgefragt werden, dafür aber aufgrund der steigenden Titelzahl trotzdem zu einem Umsatzwachstum beitragen. Die Bedeutung des Long Tails erschließt sich aus der Tatsache, dass der Onlinebuchhändler Amazon 30 % seines Umsatzes mit Nischentiteln erwirtschaftet.²⁵³ Daneben eröffnen sich durch den Onlinehandel zusätzliche Erlösformen, die im physischen Markt nicht möglich sind. Zu nennen wäre hier die Einrichtung von Marktplätzen, die es den Konsumenten bzw. anderen Buchhändlern erlauben, antiquarische Bücher auf der Webseite des Onlinehändlers zu verkaufen. Auch Einrichtungen wie ein Cloudservice, bei dem Nutzer Speicherplatz bei Unternehmen wie 251 Vgl. BIZ 2012, S. 30. 252 Vgl. König 2009, S. 145. 253 Vgl. König 2009, S. 148.

3 Diskontinuierlicher technologischer Wandel   

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Anzahl der Exemplare pro Titel Abnehmende Bedeutung der „Midlist“, steigende Bedeutung von Nischentiteln

Umsatzwachstum von Backlist-Titeln durch Online-Buchhandel

Long Tail Überproportionales Wachstum Von Long-Tail-Titeln durch Digitalisierungsprojekte und User Generated Content

Anzahl der lieferbaren Titel Abb. 7: Long-Tail-Kurve. Quelle: Hagenmüller / Kunzel 2009, S. 261.

Amazon kaufen können, sind neue Erlösformen. Insofern kann auf der Dimension des Ertragsmodells von einem diskontinuierlichen technologischen Wandel gesprochen werden, da diese neuen Formen keine kontinuierliche Weiterentwicklung der Erlösgenerierung des physischen Buchhandels umfassen, sondern ein radikales Umdenken erfordern. Betrachtet man den stationären Bucheinzelhandel als Geschäftsmodell, so kann konstatiert werden, dass die Einführung des Internets und entsprechender Onlineshops dieses Geschäftsmodell einem diskontinuierlichen Wandel unterziehen und disruptives Potential aufwiesen, da ein neues Nutzenversprechen generiert wurde. Markides zufolge muss ein Unternehmen nicht notwendigerweise auf eine solche Innovation reagieren, da diese im Normalfall nicht den Gesamtmarkt dominieren wird. So könnte ein Unternehmen angesichts einer disruptiven Innovation auf Geschäftsmodellebene gänzlich davon absehen, auf diese zu reagieren und stattdessen die knappen Ressourcen für eine Internationalisierung oder die Ausweitung der angebotenen Produktpalette im Falle des Einzelhandels einsetzen. Allerdings kann sich ein Unternehmen trotzdem genötigt fühlen, auf eine solche Innovation reagieren zu müssen. Dies ist Markides zufolge dann der Fall, wenn es beispielsweise offensichtlich ist, dass die gegenwärtig eingeschlagene Strategie unangemessen ist und die Firma sich mit einer krisenhaften Entwicklung konfrontiert sieht.²⁵⁴ Inwieweit dies für den verbreitenden Buchhandel in Deutschland und den USA zutreffend war, wird in den Punkten 2 und 3 des Teils III beleuchtet.

254 Vgl. Markides 2006, S. 22.

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   Teil II: Theoretische Grundlagen und ihre Anwendung

3.2.3 Disruptive Innovation auf Produktebene Das digitale Buch lässt anders als der elektronische Handel mit Büchern ein disruptives Innovationspotential auf Produktebene vermuten. Analog zu den obigen Ausführungen müssen dafür im Wesentlichen zwei Kriterien erfüllt sein: Zum einen sollte das neue Produkt ein anderes Leistungsvermögen als das etablierte Produkt aufweisen und dadurch entweder einen bestehenden Markt verändern oder einen neuen Markt begründen. Diese Unterscheidung bezieht sich auf die von Schmidt und Druehl herausgearbeiteten und in Tabelle 7 dargestellten Diffussionsprozess, der zwischen der Herausbildung eines Teilmarkts und eines losgelösten Markts bei Produktinnovationen unterscheidet.²⁵⁵ Zum anderen zeichnet sich eine disruptive Innovation oftmals durch eine kostengünstigere Lösung im Vergleich zum etablierten Produkt aus, die sich oftmals aus dem anfangs niedrigerem Leistungsvermögen ergibt. Unter Leistungsvermögen werden dabei die verschiedenen Formen der Wertzuschreibung aus Konsumentensicht verstanden. Ein niedrigeres Leistungsvermögen manifestiert sich aus dieser Perspektive bei digitalen Büchern zunächst anhand der Dimensionen emotionaler Wert und funktionaler Wert, die dem physischen Buch zugeschrieben werden. Sie ergeben sich aus einer repräsentativen Konsumentenbefragung der Gesellschaft für Konsumforschung.²⁵⁶ – Emotionaler Wert: Buchloyalität – Funktionaler Wert: Technikbarrieren Tab. 9: Kriterien für Buchloyalität. Quelle: Gfk / BV 2011. E-Book-Kenner 2011 Ich liebe gedruckte Bücher zu sehr, ein elektronisches Gerät reicht nicht an das Leseerlebnis heran Ich finde es schön, dass meine Bücher zuhause im Regal stehen Ich möchte nicht von einem Display / Bildschirm lesen Das Geld investiere ich lieber in gedruckte Bücher Ich glaube, dass das Lesen auf flimmerfreien Bildschirmen, Displays nicht gut für die Augen ist

85 % 86 % 78 % 79 % 72 %

Die Buchloyalität wurde dabei innerhalb der Studie durch eine Likert-Skala anhand der Zustimmung auf folgende Aussagen aus Tabelle 9 gemessen. Demnach stimmten 85 % der Befragten E-Book-Kenner im Jahr 2011 der Aussage zu, dass sie gedruckte Bücher zu sehr mögen, als dass sie sich ein elektronisches Gerät als adäquaten Ersatz 255 Vgl. Schmidt / Druehl 2008, S. 351. 256 Die Daten basieren auf einer Befragung der Gfk aus dem Jahr 2011 in Kombination mit dem Buchmarktpanel und sind repräsentativ für 63,8 Mio. Deutsche ab 10 Jahren. Vgl. Gfk / Boersenverein 2011, S. 76.

3 Diskontinuierlicher technologischer Wandel   

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vorstellen könnten und 86 % schätzen die Möglichkeit der prominenten Ausstellung von physischen Büchern. Dieser emotionale Wert des physischen Buches, der auch als Buchloyalität bezeichnet werden kann, geht auch mit Beharrungstendenzen einher. So äußern immerhin 76 % der Befragten gesundheitliche Befürchtungen, was das Lesen auf Bildschirmen anbelangt. Insofern kann in diesem Zusammenhang von einem niedrigeren Leistungsvermögen von digitalen Büchern aus Konsumentensicht auf der emotionalen Ebene gesprochen werden. Untermauert wird diese Sichtweise auch durch Hinweise darauf, dass das Lesen am Bildschirm weniger fokussiert und eine geringere Konzentration auf die Inhalte beim Leser begünstigt.²⁵⁷ Hier zeigt sich eine Verbindung zwischen emotionalen und funktionalen Wertzuschreibungen. Diese funktionalen Wertzuschreibungen zeigen sich bei digitalen Büchern hauptsächlich auf der technischen Ebene und dabei speziell auf die entsprechenden Lesegeräte bezogen, wie sich folgenden Aussagen entnehmen lässt. Tab. 10: Technikbarrieren. Quelle: Gfk / BV 2011. E-Book-Kenner 2010 Elektronische Lesegeräte sind reparaturanfällig und von begrenzter Lebensdauer Das Lesen in bestimmten Situationen (z. B. am Strand, im Schwimmbad, im Zug) ist für elektronische Geräte nicht gut geeignet. Die Anschaffungskosten für ein elektronisches Lesegerät sind mir zu hoch Sicherlich würde ich immer vergessen, den Akku aufzuladen und könnte dann gar nichts lesen Elektronische Bücher sind nicht sicher, sie könnten gelöscht werden

87 % 85 % 83 % 62 % 69 %

Insbesondere die begrenzte Lebensdauer von elektronischen Lesegeräten ist folglich aus Sicht potentieller Kunden ein wesentlicher Nachteil, der gegen den Konsum digitaler Bücher spricht. Aus funktionaler Sicht wird das Lesen digitaler Bücher insbesondere dann als nachteilig gegenüber dem Lesen physischer Bücher angesehen, wenn es um das Lesen an öffentlichen Plätzen z. B. im Urlaub geht. Insofern kann auch auf der funktionalen Ebene von einem niedrigeren Leistungsvermögen digitaler Bücher aufgrund technologischer Beschränkungen ausgegangen werden. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass digitale Bücher bzw. die zu ihrem Konsum notwendigen Geräte aus Kundensicht zunächst ein niedrigeres Leistungsvermögen im Vergleich zu gedruckten Büchern aufwiesen. Dabei muss aber berücksichtigt werden, dass die Zustimmung zu den obigen Aussagen auf E-BookKenner bzw. Interessenten aber nicht auf Käufer zurückgeht. Dies weist aus Sicht der Befragung auf die Käuferschicht der traditionellen Buchkäufer hin, aus deren Sicht257 Vgl. Rötzer 2011.

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   Teil II: Theoretische Grundlagen und ihre Anwendung

weise demnach digitale Bücher ein niedrigeres Leistungsvermögen als ihr physisches Pendant aufgrund von emotionalen und funktionalen Wertzuschreibungen aufweisen. Dieser Befund deckt sich mit dem von Christensen, der für das Vorhandensein eines disruptiven Innovationspotentials von neuen Produkten ein niedrigeres Leistungsvermögen dieser Produkte anhand von Dimensionen, die für die Kernzielgruppe von großer Bedeutung sind, konstatiert.²⁵⁸ Gleichzeitig muss das neue Produkt aber für eine andere Zielgruppe attraktiv sein und darüber hinaus auf einer anderen Ebene ein höheres Leistungsvermögen bzw. neue Leistungspotentiale im Vergleich zum bestehenden Produkt aufweisen.²⁵⁹ Das digitale Buch spricht insofern eine andere Zielgruppe an, als dass die bisherige Kernzielgruppe der Buchbranche auf das Geschlecht bezogen überwiegend weiblich ist. Der Buchkäufer war im Jahr 2010 zu 58 % weiblich und lediglich zu 42 % männlich.²⁶⁰ Bei E-Book-Käufern hingegen kehrt sich das Verhältnis um. Hier waren 2010 64 % männlich und nur 36 % weiblich, was einen Hinweis auf eine veränderte Zielgruppe darstellt. Auch in Bezug auf die Altersstruktur unterscheiden sich die Käufer von E-Books von den traditionellen Buchkäufern. So sind ältere Menschen (60 Jahre und älter) für 28 % der traditionellen Buchkäufe verantwortlich, wohingegen nur 13 % dieser Altersgruppe zu E-Books greifen.²⁶¹ Bei den jüngeren Konsumenten (20 bis 39 Jahre) sind 25 % traditionelle Buchkäufer, während 36 % E-Book-Käufer sind. Auch bei der Einkommensverteilung und beim Bildungsstand sind Unterschiede zwischen dem traditionellen Buchkäufer und den E-Book-Käufern zu erkennen. Ist der durchschnittliche Buchkäufer bereits im Vergleich zur Gesamtbevölkerung eher einkommensstark und höher gebildet, ist dieser Unterschied bei E-Book-Käufern noch stärker ausgeprägt. So verfügen bereits 27 % der Buchkäufer über einen Fachhochschul- oder Hochschulabschluss und bei den E-Book-Käufern sind es 41 %.²⁶² Ein ähnliches Verhältnis ergibt sich bei der Betrachtung der Konsumentenstruktur in den USA. So war dort der Anteil der Besitzer von elektronischen Lesegeräten zunächst überwiegend männlich. Im dritten Quartal 2010 war der Anteil der E-Reader-Besitzer zu 54 Prozent männlich und zu 46 Prozent weiblich. Im darauffolgenden Jahr drehte sich das Verhältnis bereits, so dass der Anteil der weiblichen Bevölkerung beim E-Reader-Besitz bei 56 Prozent lag. Dies deutet ebenfalls darauf hin, dass E-Books dort zunächst eine andere Zielgruppe ansprachen und mit zunehmender Marktdurchdringung eine Annäherung stattfand.²⁶³ Einer Studie des Pew Research Centers aus dem Jahr 2012 zufolge waren die E-Book-Käufer in den USA ebenfalls der jüngeren bzw. jungen Altersgruppe zuzuordnen. So lag der Anteil der unter 30-jähri-

258 Vgl. Bower / Christensen 1995, S. 49. 259 Vgl. Teil II, Punkt 3.2.3. 260 Vgl. Gfk / Börsenverein 2011, S. 76. 261 Vgl. Gfk / Börsenverein 2011, S. 76. 262 Vgl. Gfk / Böersenverein 2011, S. 76. 263 Vgl. Nielsen 2011, zitiert auf: de.statista.com.

3 Diskontinuierlicher technologischer Wandel   

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gen unter den E-Book Lesern im Jahr 2011 bei 34 Prozent, wohingegen die ältere Altersgruppe der über 60-jährigen lediglich zu 17 Prozent auf ein E-Book zurückgriff.²⁶⁴ Auch wenn einige Unterschiede zwischen den Konsumentenstrukturen in den beiden Buchmärkten bestehen, kann dennoch festgehalten werden, dass E-Books zunächst auf beiden Märkten für eine andere Zielgruppe von Bedeutung waren, da der typische E-Book-Käufer eher männlich und jünger sowie mit überdurchschnittlich hohem Einkommen und Bildungsgrad versehen war. Neben der Ansprache einer neuen Zielgruppe muss aber zugleich ein aus deren Sicht verändertes Leistungsvermögen vorhanden sein, um den Kriterien für ein disruptives Innovationspotential zu entsprechen. Dies ist bei digitalen Büchern insbesondere aufgrund folgender Nutzungsmöglichkeiten gegeben, die einen Mehrwert im Vergleich zum gedruckten Buch darstellen können und damit als Alleinstellungsmerkmale digitaler Bücher fungieren: Tab. 11: Verändertes Leistungsvermögen. Quelle: Gfk / BV 2011. E-Book-Kenner 2010 E-Book-Käufer 2010 Textmarkerfunktion: Im E-Book kann man Textstellen markieren, kommentieren und später wieder löschen Suchfunktion: In E-Books kann man nach bestimmten Stichwörtern, Zitaten und Bildern suchen mobile Bibliothek: Man kann mehrere Bücher gleichzeitig speichern und unterwegs lesen oder nachschlagen 24-Stunden-Verfügbarkeit: E-Books kann man jederzeit – auch nachts oder an Feiertagen – kaufen oder herunterladen Kauf von Kapiteln: Beim E-Book kann man nur die Kapitel kaufen, die man wirklich braucht

47 %

63 %

49 %

75 %

48 %

77 %

43 %

81 %

31 %

42 %

Aus den Aussagen wird deutlich, dass digitale Bücher auch einen funktionalen Mehrwert gegenüber dem physischen Buch aus Kundensicht aufweisen. Die Charakteristika einer disruptiven Innovation sind demnach für das Kriterium eines veränderten Leistungsvermögens erfüllt, da E-Books gegenüber physischen Büchern zusätzliche Funktionen aufweisen. Im Folgenden werden die Reaktionsmöglichkeiten auf eine disruptive Innovation beschrieben. Diese gelten sowohl für disruptive Innovationen auf Geschäftsmodellebene als auch für solche auf Produktebene.

264 Vgl. Pew Research Center 2012, S. 9.

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   Teil II: Theoretische Grundlagen und ihre Anwendung

3.3 Reaktionsmöglichkeiten auf disruptive Innovationen Unternehmen verfügen Christensen et  al. zufolge prinzipiell über drei Möglichkeiten auf eine disruptive Innovation adäquat zu reagieren. Eine vierte Option wäre der vollständige Verzicht auf eine Reaktion und die Konzentration auf das bestehende Geschäftsfeld. Da alle in dieser Untersuchung betrachteten Unternehmen Reaktionen sowohl auf die disruptive Innovation auf der Geschäftsmodellebene als auch auf der Produktebene aufwiesen, werden die aus der Literatur abgeleiteten Möglichkeiten in den Fokus genommen. Diese umfassen im Einzelnen: – interne Entwicklung neuer Fähigkeiten – Akquisition von bzw. Beteiligung an Fremdfirmen – Separation der neuen Geschäftseinheit²⁶⁵ Die erste Möglichkeit besteht darin, die notwendigen Fähigkeiten intern zu entwickeln, indem beispielsweise eine neue Abteilung gegründet wird, die sich mit dem neuen technologischen Phänomen beschäftigt. Dabei ist es für etablierte Unternehmen notwendig „beidhändig“ zu agieren, was von Danneels und anderen mit Ambidextrie umschrieben wird.²⁶⁶ Nur mit dieser Beidhändigkeit wird es etablierten Unternehmen möglich, sowohl im bisherigen Kernsegment erfolgreich zu bleiben und gleichzeitig im neuen Teilmarkt, der sich mit zunehmender Diffusion der Innovation herausbildet, zu agieren. Da für dieses Ziel oftmals widersprüchliche Maßnahmen ergriffen werden müssen, besteht die Gefahr von Konflikten zwischen den Geschäftsfeldern. Außerdem kann es der Fall sein, dass etablierte Unternehmen durch das Erbe ihrer bisherigen Operationszyklen und in der Vergangenheit aufgebauten Expertise belastet sind.²⁶⁷ Dadurch wird oftmals die Fähigkeit verringert, sich an technologische Veränderungsprozesse anzupassen. Darüber hinaus birgt die gleichzeitige Bearbeitung zweier Geschäftsfelder die Problematik, dass Ressourcen sowohl tangiblen als auch intangiblen Ursprungs oftmals nicht in beiden Geschäftsfeldern gleichzeitig eingesetzt werden können. Daraus ergeben sich möglicherweise Ressourcenlücken, die das Unternehmen nicht aus eigener Kraft kompensieren kann.²⁶⁸ Um diese Lücken zu schließen, kann der Rückgriff auf Allianzen, Kooperationen bzw. Akquisitionen eine zielführende Handlungsoption sein, um die nachteiligen Auswirkungen einer disruptiven Innovation abzuwehren.²⁶⁹ Durch den Rückgriff auf andere Marktteilnehmer z. B. im Rahmen einer Kooperation hat das etablierte Unternehmen Zugriff auf die im neuen Geschäftsfeld benötigte Ressourcenausstattung, ohne die finanziellen oder personellen Umstrukturierungen selbst vornehmen zu

265 Vgl. Christensen et al. 2004. 266 Vgl. Danneels 2006, S. 2 f. 267 Vgl. Tushman / Anderson 1986, S. 446 zitiert in: Danneels 2004, S. 252. 268 Vgl. Danneels 2004, S. 253. 269 Vgl. Danneels, S. 253.

3 Diskontinuierlicher technologischer Wandel   

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müssen. Ein weiterer Vorteil, der sich beispielsweise aus der Akquisition eines bereits auf dem neuen Geschäftsfeld erfolgreichen Unternehmens ergibt, ist die Tatsache, dass mit einer hohen Geschwindigkeit auf eine disruptive Innovation reagiert werden kann, da der Eigenaufbau entsprechender Fähigkeiten mit einem hohen Zeitaufwand einhergeht. Ein weiterer Weg in diesem Kontext ist es, die Bearbeitung des neuen Marktsegments kleinen Start-Ups zu überlassen und diese anschließend zu übernehmen bzw. sich an ihnen beteiligen und mit Kapital zu versorgen. Der Vorteil dieser Herangehensweise besteht darin, dass das Risiko zunächst ausgelagert wird und bei einer nachteiligen Geschäftsentwicklung keine Ressourcen des Kernunternehmens gebunden werden.²⁷⁰ Neben diesen beiden Möglichkeiten gibt es drittens die Option, eine organisational unabhängige Geschäftseinheit zu etablieren, was auch als Separation beschrieben werden kann und von Christensen explizit als Reaktionsmöglichkeit auf eine disruptive Innovation genannt wird und in der Literatur als eine der einflussreichsten Empfehlungen angesehen wird.²⁷¹ Mit dieser Maßnahme soll ebenfalls die aus der Eigenentwicklung des neuen Geschäftsfelds potentiell entstehende Ressourcenbindung an das ursprüngliche Feld vermieden werden. Die darüber hinaus resultierenden Konflikte zwischen den beiden Geschäftsfeldern auf der Ebene der Architektur der Wertschöpfung können durch ein Spin-off ebenfalls vermieden werden. Ein Argument von Christensen in diesem Zusammenhang besteht auch darin, dass die neue Geschäftseinheit in ihrer Größe in Bezug auf die Ressourcenausstattung mit dem neuen Marktsegment kongruent sein sollte, da bei ungleichen Größenverhältnissen die Gefahr einer Überschätzung der Chancen des neuen Geschäftsfeldes eintreten könnte.²⁷² Markides / Charitou²⁷³ untersuchen die Frage nach Separation vs Integration und fordern eine Abkehr von der absoluten Beantwortung. In ihrer Studie untersuchen sie anhand von Fallstudien aus dem Bankensektor, der IT-Branche und Airlines die Problematik, die sich aus der gleichzeitigen Verfolgung zweier Geschäftsfelder aus Unternehmensperspektive ergibt. Aufgrund der unterschiedlichen Wertschöpfungsketten, die sich aus den verschiedenen Geschäftsmodellen bzw. Geschäftsfeldern ergeben, besteht das Potential eines Kanalkonfliktes, was zunächst für eine Separation der Geschäftseinheit spricht. Beispielsweise kann sich aus der Eröffnung eines E-Commerce-Angebots im Buchhandel unter dem gleichen Markennamen eine Kannibalisierung des physischen Vertriebs ergeben. Ferner ergeben sich auf der Ebene der Wertschöpfungsarchitektur Herausforderungen in logistischer Hinsicht. Ein E-Commerce-Vertriebskanal erfordert hier zunächst eine schnellere Reaktion bzw. einen Rückgriff auf andere externe Dienstleister, weshalb Charitou und Markides eine Aus270 Vgl. Markides 2006, S. 24. 271 Vgl. Danneels 2004, S. 256. 272 Vgl. Danneels 2006, S. 256. 273 Vgl. Charitou / Markides 2004, S. 22.

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   Teil II: Theoretische Grundlagen und ihre Anwendung

gliederung diesbezüglich als sinnvoll erachten, da zudem auch die Gefahr besteht, dass das neue Geschäftsfeld von Managern des etablierten Geschäftsfeldes als Bedrohung angesehen wird und die für die Weiterentwicklung notwendigen Mittel nicht zur Verfügung gestellt werden. Gleichzeitig beraubt sich die ausgegliederte Geschäftseinheit der wertvollen Ressourcen und Fähigkeiten des Mutterunternehmens und kann von dessen Kompetenzen nicht mehr profitieren. Zwar ist eine separierte Geschäftseinheit reaktionsschneller in Bezug auf sich schnell verändernde Marktumfelder, jedoch fehlt es der separierten Geschäftseinheit zu einem späteren Zeitpunkt oftmals an Potential und Größe, um sich bei einer Ausweitung des Teilmarktes dauerhaft im Wettbewerb zu behaupten.²⁷⁴ Um dies zu vermeiden, kann es sich als sinnvoll erweisen, mit zunehmendem Wachstum des neuen Geschäftsfeldes eine Reintegration der ausgelagerten Geschäftseinheit vorzunehmen. Einerseits kann dies dazu dienen, die beschriebenen Kanalkonflikte zu vermeiden, andererseits ergibt sich dadurch das Potential Synergien zwischen dem Kerngeschäft und dem neuen Marktsegment zu nutzen. Denkbar sind solche Synergien auf der Handelsebene bei der Beschaffung oder auch im Kundenservice bzw. bei der Nutzung eines Markennamens auf der Marketingebene. Deshalb plädieren Charitou und Markides für ein phasenorientiertes Vorgehen. Die Grundlagen für die Entscheidungsfindung sind dabei einerseits das Konfliktpotential zwischen etabliertem Geschäftsfeld und des neu auftretenden Feldes, andererseits das Maß der strategischen Anschlussfähigkeit der beiden Segmente. Das Konfliktpotential bestimmt dabei, ob eine Separationsstrategie grundsätzlich sinnvoll ist, das Maß an strategischer Anschlussfähigkeit hingegen inwieweit Ressourcen in beiden Geschäftsfeldern gleichermaßen nutzbar sind und eventuell eine Integration zielführender ist.²⁷⁵ In Tabelle 12 sind die von den Autoren vorgeschlagenen Kriterien für das Konfliktpotential und für die strategische Anschlussfähigkeit unter Bezug auf ihre Relevanz für Handelsunternehmen dargestellt.²⁷⁶ Sie greifen dabei für die Untersuchung der strategischen Ähnlichkeit der Teilmärkte auf strategische Assets anstatt auf die Marktbedingungen zurück.²⁷⁷ Wenn ein hohes Konfliktpotential und ein geringes Maß an Anschlussfähigkeit besteht, ist demnach eine Separationsstrategie besonders erfolgversprechend, im umgekehrten Fall eine Integrationsstrategie. Sollte das neue Geschäftsfeld ein geringes Maß an strategischer Anschlussfähigkeit zum etablierten Geschäftsfeld aufweisen, gleichzeitig aber ein geringes Konfliktpotential zwischen beiden Feldern beste-

274 Vgl. Charitou / Markides 2004, S. 24. 275 Vgl. Charitou / Markides 2004, S. 24. 276 Ein weiteres von den Autoren genanntes Kriterium für das Konfliktpotential zwischen den beiden Geschäftsfeldern war beispielsweise die Gefahr das Vertriebsnetz zu zerstören. Dieses Kriterium hat im Kontext des Untersuchungsgegenstandes, der sich auf Handelsunternehmen fokussiert keine Relevanz. 277 Vgl. Charitou / Markides 2004, S. 34.

3 Diskontinuierlicher technologischer Wandel   

   101

Tab. 12: Konfliktpotential und strategische Anschlussfähigkeit. Quelle: Charitou / Markides 2004. Potentielle Konflikte

strategische Anschlussfähigkeit

Gefahr der Kannibalisierung

Das Ausmaß in dem das Unternehmen persönlichen Service anbietet

Gefahr der Servicekompromittierung

Das Ausmaß in dem das Unternehmen technischen Service anbietet

Gefahr von Reputationseinbußen oder der Wertzuschreibungen von Konsumenten

Die Bedeutung von Werbeanzeigen / Marketingaktivitäten

Gefahr der Zerstörung der Unternehmenskultur

Das Ausmaß, in dem die Produkte oder Dienstleistungen angepasst werden müssen

Gefahr einer Defokussierung vom Kerngeschäft

Das Ausmaß der Aufwendungen für das Produkt von Konsumentenseite

hen, empfiehlt sich zunächst eine Integration, da Ressourcen zunächst gemeinsam genutzt werden können und das neue Geschäftsfeld intern entwickelbar erscheint, bevor zu einem späteren Zeitpunkt eine Separation erfolgt, da es sich um einen unterschiedlichen Markt handelt, der eine andere strategische Ausrichtung erfordert. Eine weitere Mischform stellt ein hohes Konfliktpotential bei gleichzeitiger strategischer Anschlussfähigkeit dar. In diesem Fall empfiehlt sich eine phasenabhängige Integrationsstrategie, indem zunächst das neue Geschäftsfeld aufgrund der potentiellen Konflikte getrennt vom Kerngeschäft aufgebaut wird und anschließend in die Organisation reintegriert wird, um zukünftige Synergien auszuschöpfen.²⁷⁸ Tab. 13: Wahl der Strategieform. Quelle: Charitou / Markides 2004. hohes Konfliktpotential zwischen etabliertem Geschäftsfeld und der Innovation geringes Konfliktpotential zwischen etabliertem Geschäftsfeld und der Innovation

Separationsstrategie

Phasenabhängige Integrationsstrategie

phasenabhängige Separationsstrategie

Integrationsstrategie

geringes Maß an strategischer Anschlussfähigkeit (unterschiedlicher Markt)

hohes Maß an strategischer Anschlussfähigkeit (ähnlicher Markt)

Die Autoren Gulati und Garino gehen der Frage Integration vs. Separation anhand von Fallbeispielen aus dem Einzelhandel u. a. aus der Buchbranche nach und kommen dabei ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die Wahl zwischen Separation und Integra-

278 Vgl. Charitou / Markides, S. 24 f.

102   

   Teil II: Theoretische Grundlagen und ihre Anwendung

tion der Onlinesparte kontextabhängig und keinesfalls exklusiv ist. Während eine Integration ein Unternehmen in die Lage versetzt, Vorteile aus einer Cross-Promotion über die verschiedenen Vertriebskanäle hinweg zu erzielen und Synergieeffekte im Kundenservice zu nutzen, ermöglicht eine Separation eine größere Flexibilität und unter Umständen einen erleichterten Zugang zu Risikokapital. Allerdings muss ihnen zufolge bei den Begriffen Separation und Integration die jeweilige Dimension miteinbezogen werden, da eine vollständige Separation mit den oben genannten Nachteilen verbunden sein kann. Deshalb differenzieren Gulati und Garino zwischen den Ebenen Marke, Management, Operationen und Beteiligung.²⁷⁹ Wird der Markenname vollständig integriert, besteht auf der einen Seite beispielsweise die Möglichkeit, Kunden aus dem physischen Vertriebskanal in den Onlinekanal zu vermitteln bzw. vice versa. Auf der anderen Seite zeigt sich der Mangel an Flexibilität bei einer vollständigen Integration des Markennamens in der Tatsache, dass ein Unternehmen dann kaum noch in der Lage ist, ein anderes Kundensegment online anzusprechen oder unterschiedliche Preise innerhalb der verschiedenen Vertriebskanäle zu verlangen.²⁸⁰ Auch stellt sich die Frage, ob das Management vollständig autonom agieren sollte oder lediglich eine Teilautonomität angestrebt wird. Eine Möglichkeit, diesem Konflikt entgegenzutreten, besteht darin, dass die jeweiligen Geschäftsführer der einzelnen Bereiche autonom reagieren, jedoch beispielsweise auf der Ebene des Einkaufs eine integrierte Lösung gewählt wird. Bei den Operationen rückt im Bereich des Einzelhandels das Integrationspotential der im physischen verwendeten Warenwirtschaftssysteme im Onlinebereich in den Vordergrund. Wird ein neues System für den Onlinevertriebskanal implementiert, ist gegebenenfalls eine bessere Anpassung möglich. Zentral ist auch der Bereich Beteiligung, der festlegt, inwieweit die Onlinesparte mit den anderen Geschäftsbereichen auf der Ebene der Unternehmensorganisation verknüpft ist. Handelt es sich um eine hundertprozentige Tochtergesellschaft, kann der gesamte Gewinn abgeschöpft werden, während bei einer Beteiligung von externen Investoren der Zugang zu externen Finanzierungsquellen erleichtert ist oder auch Kooperationen mit anderen Unternehmen flexibler gehandhabt werden können.²⁸¹ Um die Frage nach einer Separation bzw. Integration der Onlinesparte zu beantworten, empfiehlt es sich folglich, die verschiedenen Dimensionen zu beleuchten und gegebenenfalls nur graduelle Verknüpfungen zu wählen. Auch besteht die Option, zunächst eine strukturelle Separation auf der Beteiligungsebene bzw. der operativen Ebene zu vollziehen und dann im Zeitverlauf den Onlinebereich sukzessive zu integrieren. Die Autoren schlagen daher einen Katalog vor, dessen Abfrage die Entscheidung des Managements erleichtern soll.

279 Vgl. Gulati / Garino 2000, S. 113. 280 Vgl. Gulati / Garino 2000, S. 113. 281 Vgl. Gulati / Garino 2000, S. 114.

3 Diskontinuierlicher technologischer Wandel   

   103

Tab. 14: Leitfaden für Integration / Separation der Geschäftseinheit. Quelle: Charitou / Markides 2004. Marke Lässt sich die Marke in das Internet transferieren?

Ja: Integration Nein: Separation

Möchten wir online eine andere Zielgruppe als Offline ansprechen?

Ja: Separation Nein: Integration

Müssen wir eine Preisdifferenzierung online in Erwägung ziehen?

Ja: Separation Nein: Integration

Management Haben die bisherigen Verantwortlichen die Fähigkeiten und die Erfahrung, die gebraucht wird um den Internetvertrieb zu betreiben?

Ja: Integration Nein: Separation

Besteht die Gefahr eines Kanalkonflikts?

Ja: Separation Nein: Integration

Bedroht das Internet das bestehende Geschäftsmodell grundlegend?

Ja: Separation Nein: Integration

Operationen Lassen sich die Distributionssysteme leicht in das Internet übertragen?

Ja: Integration Nein: Separation

Haben die IT-Systeme eine stabile Grundlage auf die sich aufbauen lässt?

Ja: Integration Nein: Separation

Bildet eines der beiden Systeme einen signifikanten Wettbewerbsvorteil?

Ja: Integration Nein: Separation

Beteiligung Haben wir Schwierigkeiten talentierte Manager für die Onlinegeschäftseinheit Ja: Separation zu akquirieren? Nein: Integration Brauchen wir Fremdkapital um die neue Einheit zu gründen?

Ja: Separation Nein: Integration

Ist ein bestimmter Anbieter, Zwischenhändler oder anderer Partner maßgeblich für den Erfolg der Geschäftseinheit?

Ja: Separation Nein: Integration

Wie sich aus der Aufstellung entnehmen lässt, sind die von Gulati  / Garino vorgeschlagenen Dimensionen insofern problematisch, als dass sie im Vorfeld der Entscheidungsfindung, ob eine neue Geschäftseinheit integriert oder separiert werden soll, nur bedingt zu beantworten sind. So war beispielsweise die grundlegende Bedrohung des Geschäftsmodells des klassischen Sortimentsbuchhandels durch den Onlinebuchhandel nicht absehbar bzw. dezidiert zu beantworten. Eine disruptive Innovation ist vielmehr genau dadurch gekennzeichnet, dass sie zunächst nur geringe Aus-

104   

   Teil II: Theoretische Grundlagen und ihre Anwendung

wirkungen auf das Kerngeschäft der etablierten Akteure zu haben scheint. Auch die Chancen eines Markentransfers lassen sich im Vorfeld nur schwer beurteilen. Die von den Autoren vorgeschlagene Kategorisierung erscheint insgesamt schlüssig, ist aber in der Praxis auch aus Unternehmensperspektive nur schwer zu operationalisieren. Deshalb wird im Rahmen der Fallstudien die von Markides und Charitou vorgeschlagene phasenweise Vorgehensweise in den Mittelpunkt der Betrachtung gerückt. Dies geschieht aufgrund der Tatsache, dass das von ihnen vorgeschlagene Framework die Herausstellung einer binären Entscheidungsfindung hinterfragt und die Marktentwicklung im Zeitverlauf berücksichtigt. Darüber hinaus weist das Framework Anschlussfähigkeit zum ressourcenorientierten Ansatz auf.

3.3.1 Untersuchung der strategischen Verhaltensmuster Unter Zugrundelegung des in Teil  II, Punkt  1 vorgestellten Strategieverständnisses erfolgt die Analyse der Aktivitäten der betrachteten Unternehmen. Dies geschieht vor dem Hintergrund der dynamischen Umweltsituation, in der sich die im Rahmen dieser Untersuchung betrachteten Unternehmen befinden. So konnte in Teil II, Punkt 3.2.2 gezeigt werden, dass mit dem Aufkommen des E-Commerce im Buchhandel von einer disruptiven Innovation auf Geschäftsmodellebene gesprochen werden kann. Im Zuge der zunehmenden Verbreitung von E-Books weitet sich dieses disruptive Potential auch auf die Produktebene aus, was entsprechende strategische Anpassungsprozesse auf Unternehmensebene abverlangt. Grundsätzlich bestehen für Unternehmen drei Möglichkeiten auf derartige Innovationen zu reagieren: – interne Entwicklung entsprechender Fähigkeiten – Übernahme entsprechender Fremdfirmen bzw. Kooperationen – Etablierung einer organisational unabhängigen Geschäftseinheit Die letzte Option ist innerhalb der hier betrachteten Unternehmen vergleichsweise einfach zu beobachten, wohingegen die ersten beiden Möglichkeiten stark mit dem Aktivitätenportfolio des jeweiligen Unternehmens verknüpft sind und deshalb einer vertieften Betrachtung bedürfen. Vor allem die disruptive Innovation auf Produktebene und das damit einhergehende Potential zur Herausbildung eines neuen Marktes kann zu einer dynamischen Struktur und einem hohen Maß an Unsicherheit bei den etablierten Unternehmen führen, was sich in einer entsprechend umfassenderen Modifikation der Verhaltensmuster im Wettbewerb niederschlagen kann.²⁸² Bei einer disruptiven Innovation auf Geschäftsmodellebene kann durch die Implementierung eines zusätzlichen Vertriebskanals (Multi-Channel) ein adäquates Reaktionsmuster darstellen, was jedoch mit der Frage verbunden ist, wie stark die Integration

282 Vgl. Teil II, Punkt 3.2.3.

3 Diskontinuierlicher technologischer Wandel   

   105

desselben erfolgen soll. Bei diskontinuierlichen Innovationen auf Produktebene stellt sich die Frage, ob die entsprechenden Fähigkeiten intern entwickelt werden können oder ob sie durch den Aufkauf von Unternehmen, die bereits über solche Fähigkeiten verfügen, generiert werden sollen. So bedarf es aufgrund der Dynamik der Umweltsituation und aufgrund der Veränderungen des Wettbewerbsumfelds einer stetigen Anpassung der Aktivitäten.

3.3.2 Interne Ressourcenentwicklung Analog zu Schumpeters „schöpferischer Zerstörung“ sehen sich auch Marktführer einer stetigen Bedrohungssituation durch ihre Wettbewerber gegenüber, die mit neuen Aktivitäten versuchen, Marktanteile zu akquirieren. Als zentral für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand ist dabei die Kategorie der innovativen Wettbewerbsaktivitäten. Diese sind dadurch definiert, dass sie in der Lage sind, die Wettbewerbssituation zu verändern, und würden im Sinne der oben erfolgten Einteilung einer internen Entwicklung entsprechender Fähigkeiten zugeordnet werden können.²⁸³ Diese Form der Wettbewerbsaktivitäten ist nicht zuletzt deshalb von herausragender Bedeutung, weil auf elektronischen Märkten hervorgebrachte Wettbewerbsvorteile aufgrund der spezifischen Eigenschaften von Produkten in der Internetökonomie leichter imitierbar sind, was eine hohe Frequenz von neuartigen Herangehensweisen notwendig erscheinen lässt. Dabei steht insbesondere die Frage im Vordergrund, ob ein Unternehmen neue Aktivitäten in Form neuer Produkte mit bestehenden verknüpfen soll oder vollständig neue erstellen soll. Auch ist dabei von Bedeutung, ob diese Neuentwicklungen in Kooperation mit Fremdfirmen hergestellt werden oder ob das entsprechende Know-How ausschließlich intern generiert wird. Auch die Frage, ob die entsprechenden Produkte national oder international eingeführt werden, spielt in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle.²⁸⁴ Die Bedeutung von Neuentwicklungen für den Unternehmenserfolg wird in der Forschung vielfältig thematisiert und anerkannt. Dabei gilt es als erwiesen, dass die Entwicklung neuer Produkte einen wesentlichen Einfluss auf die Existenzsicherung eines Unternehmens hat. Dies ist auch für ein traditionelles Marktumfeld der Fall, wie sich in der bereits in den 1970er Jahren von der Boston Consulting Group entwickelten Growth-share-Matrix zeigt. Daraus wird gefolgert, dass ein Unternehmen ein ausgeglichenes Portfolio von Produkten benötigt, um einen stabilen Cash-Flow zu generieren.²⁸⁵

283 Vgl. Ferrier / Smith 1999, S. 373. 284 Vgl. Filson 2004, S. 142. 285 Vgl. Chaney et al. 1991, S. 575.

106   

   Teil II: Theoretische Grundlagen und ihre Anwendung

Auch Chen konstatiert, dass die Strategie einer Neuentwicklung von Produkten einen großen Einfluss auf das langfristige Überleben eines Unternehmens hat. Dabei resümiert er, dass in der Forschung ein weitgehender Konsens darüber besteht, dass die Einführung neuer Produkte aufgrund ihres Potentials sich durch Differenzierung Wettbewerbsvorteile zu erschließen, einen positiven Effekt auf den Unternehmenswert hat.²⁸⁶ Dabei stellen Studien auch Unterschiede zwischen Produktinnovationen in verschiedenen Industrien fest. Chaney et al. weisen nach, dass die Ankündigungen neuer Produkte Auswirkungen auf den Unternehmenswert haben.²⁸⁷ Zentral dabei ist, dass diese neuen Produkte bzw. Aktivitäten in der Lage sind, den status quo zu verändern. Unter status quo wird ein routiniertes Verhaltensmuster im Wettbewerb verstanden.²⁸⁸ Für das Aktivitätenportfolio der hier betrachteten Unternehmen wird eine derartige Herangehensweise durch innovative Wettbewerbsaktivitäten unter der Kategorie neue Produkte / Serviceleistungen subsumiert. Darunter fällt zum einen die Eigenentwicklung neuer Produkte wie z. B. das proprietäre Lesegerät des US-Unternehmens Barnes  & Noble und zum anderen auch die Entwicklung von entsprechender Software. Dies würde beispielsweise die Bereitstellung von Apps umfassen, die zu einer erweiterten Nutzbarkeit des Lesegeräts führen (etwa die Option Annotationen durchzuführen), aber auch die Lancierung von Anwendungen für andere Plattformen. Insofern muss einerseits zwischen Neuentwicklungen im Hardware und Softwarebereich unterschieden werden und andererseits der Servicebereich abgegrenzt werden. So würde die Bereitstellung einer sogennanten Onleihe, bei der es möglich ist, Content gegen eine Gebühr zeitlich begrenzt zu nutzen, in letztere Kategorie fallen. Ein Abgrenzungsmerkmal für die Kategorie neue Produkte / Serviceleistungen ist im Rahmen dieser Untersuchung der innovative Charakter des entsprechenden Angebots. Es muss dahingehend das Potential besitzen oder einen Versuch darstellen, das jeweilige Unternehmen von den Wettbewerbern unterscheidbar zu machen. Unter Berücksichtigung der in Teil  II, Punkt  2.2 dargestellten Auswirkungen der Internetökonomie auf die Marktentwicklung im Buchmarkt kann konstatiert werden, dass die Produktlebenszyklen zunehmend verkürzt werden und es zu diskontinuierlichen Innovationssprüngen kommen kann. Insofern kann sich ein Unternehmen mit der Situation konfrontiert sehen, dass sie nur für kurze Zeit einen Wettbewerbsvorteil durch innovative Marktaktivitäten erhalten und deshalb eine stetige Weiterentwicklung vonnöten ist.²⁸⁹ Auch wenn es sich bei den hier betrachteten Unternehmen um Handelsunternehmen handelt, ist die Bedeutung der Technologie spätestens mit der Herausbildung des E-Book-Marktes in das Bewusstsein der Akteure gerückt. Beispielsweise sah William Lynch, der Vorstand des digitalen Geschäfts von Barnes & Noble, 286 Vgl. Chen 2008, S. 71. 287 Vgl. Chaney et al. 1991, S. 607. 288 Vgl. Ferrier 1999, S 373–374. 289 Vgl. Lammerskötter 2002, S. 10–12.

3 Diskontinuierlicher technologischer Wandel   

   107

den Buchhändler eher in Konkurrenz zu Unternehmen wie Apple oder Amazon und damit primär als IT-Unternehmen und weniger als Einzelhändler mit Schwerpunkt auf dem physischen Geschäft.²⁹⁰ Angesichts von neu in den Markt eintretenden Wettbewerbern und des stetigen Wachstums im E-Commerce-Segment und der zunehmenden Verbreitung von E-Books sehen sich die Unternehmen des verbreitenden Buchhandels folglich gezwungen auf diese dynamischen Veränderungen zu reagieren. Dabei ist es zudem notwendig, diese Reaktionen möglichst schnell durchzuführen. Im Rahmen dieser Untersuchung wird zunächst die absolute Zahl der innovativen Aktivitäten der betrachteten Unternehmen miteinander verglichen. Darüber hinaus erfolgt eine Differenzierung zwischen Innovationen aus den Bereichen Software, Hardware und Service. Hierfür werden die Ankündigungen der Unternehmen bezüglich dieser Kategorien anhand entsprechender Signalwörter auf Grundlage der Datenbank LexisNexis ausgewertet. Der Untersuchungszeitraum beläuft sich auf die Jahre 2008 bis 2013 bzw. für die US-amerikanischen Unternehmen von 1998 bis 2000. Eine entsprechende exemplarische Übersicht findet sich in nachfolgender Tabelle 15: Tab. 15: Signalwörter Kategorie neue Produkte / Serviceleistungen. Aktivität

Signalwörter

Beispiele

neue Produkte

„startet“

Weltbild startet E-Book-Offensive mit preisgünstigem Lesegerät und 30.000 E-Books

(Hardware / Software)

„launches“ / „introduces“ Introduces Nook Tablet, Its Fastest, lightest tablet with the best in HD Entertainment Launches PubIT, Easy-to-Use Digital Publishing Platform for Independent and Selfpublishers

neue Serviceleistungen „expands“ / „extends“

Expands Kindle Digital Text Platform to enable Authors and Publishers Worldwide …

3.3.3 Externe Ressourcenentwicklung Der Erfolg von Unternehmen in der digitalen Ökonomie ist jedoch nicht ausschließlich von der Zahl der innovativen Aktivitäten abhängig. Läuft ein technologischer Wandel in einer hohen Geschwindigkeit ab, wie sie sich durch die sprunghafte Steigerung der Internetnutzung Mitte der 1990er Jahre zeigt, können Unternehmen mit der Situation konfrontiert sein, dass sie nicht in der Lage sind, die notwendigen

290 Vgl. Berfield 2013.

108   

   Teil II: Theoretische Grundlagen und ihre Anwendung

Fähigkeiten für eine kommerzielle Nutzung des Internets intern herauszubilden.²⁹¹ Dabei zeigt sich, dass besonders diejenigen Unternehmen, die ihr Kerngeschäft im physischen Segment sahen, in der rapiden Wachstumsphase des Onlinehandels mit Schwierigkeiten konfrontiert waren, die notwendige Kompetenz intern zu entwickeln. Eine Ursache für diese Schwierigkeiten liegt dabei in der in Teil II, Punkt 3 dargestellten Pfadabhängigkeit und der sich herausbildenden Unsicherheit angesichts einer potentiell disruptiven Innovation.²⁹² In Bezugnahme auf den ressourcenorientierten Ansatz bestehen neben der internen Herausbildung der entsprechenden Fähigkeiten, die oftmals zeitintensiv ist, weitere Optionen: Der Einkauf über den Markt (Akquisition) und das Eingehen von Kooperationen bzw. von Allianzen.²⁹³ Eine eventuell vorhandene Pfadabhängigkeit, die sich aus der Unternehmenshistorie ergibt, kann dazu führen, dass innovative Aktivitäten nur begrenzt möglich sind, weil noch keine Entscheidungsmuster bzw. Lernprozesse für neue Umweltbedingungen vorhanden sind. Mit der Akquisition von Onlineunternehmen, die bereits über eine Expertise verfügen, ist es möglich, das Wissen und die notwendigen Fähigkeiten in ein Unternehmen zu integrieren.²⁹⁴ Dadurch können Unternehmen auch early-mover Advantages generieren, da eine Übernahme eine schnellere Adaption erlaubt als der Eigenaufbau von Ressourcen. Uhlenbruck et al. kommen in ihrer Studie über die Effekte von Akquisitionen auf den Marktwert von Unternehmen zu dem Ergebnis, dass derartige Übernahmen eine positive Auswirkung auf das übernehmende Unternehmen aufweisen.²⁹⁵ Sie stellen dabei fest, dass eine Akquisition ein für die Unternehmensstrategie zentrales Handlungsmuster vor allem im Onlinebereich darstellen kann. Dadurch kann ein Austauschprozess von Kernressourcen initiiert werden, der es der Onlinefirma erlaubt, Legitimität aus dem Offlinebereich zu transferieren, wohingegen die Offlinefirma technologisches Wissen erwerben kann.²⁹⁶ Insbesondere angesichts einer disruptiven Innovation, wie sie sich für die Unternehmen des verbreitenden Buchhandels auf Geschäftsmodellebene durch die zunehmende Verbreitung des Onlinebuchhandels und später auf Produktebene durch digitale Bücher ergibt, erlauben Akquisitionen die Internalisierung entsprechender Expertise in diesem Geschäftsfeld.²⁹⁷ Das entsprechende Signalwort für eine Übernahme ergibt sich dabei wie folgt:

291 Vgl. Amit / Zott 2001, S. 493. 292 Vgl. Uhlenbruck et al. 2006, S. 902. 293 Vgl. Teil II, Punkt 1.3.1 u. Park et al. 2004, S. 9. 294 Vgl. Uhlenbruck et al. 2006, S. 902. 295 Vgl. Uhlenbruck et al. 2006, S. 908 f. 296 Vgl. Uhlenbruck et al. 2006, S. 909. 297 Vgl. Uhlenbruck et al., S. 909.

3 Diskontinuierlicher technologischer Wandel   

   109

Tab. 16: Signalwörter Kategorie Übernahmen. Aktivität

Signalwörter

Beispiele

Übernahmen

„kauft / übernimmt“ „acquire“

Thalia kauft E-Book-Spezialisten textunes Amazon signs Agreement to Acquire BuyVIP.com

Der Wissenstransfer der zweiten Herangehensweise in dieser Hinsicht, nämlich von Kooperationen wie z. B. im Falle einer Allianz verläuft hingegen tendenziell langsamer und kann zu einer verzögerten Anpassung führen.²⁹⁸ Park et al. untersuchen in ihrer Studie die Auswirkungen von strategischen Allianzen auf elektronischen Märkten auf den Firmenwert, wobei sie ebenfalls die ressourcenorientierte Sichtweise zugrunde legen. Die Autoren unterscheiden dabei zwischen Allianzen im Marketingbereich und solchen auf technologischer Ebene, was auch im Kontext dieser Untersuchung sinnvoll erscheint.²⁹⁹ Allianzen auf der Ebene der Produktion sind aufgrund der im Fokus dieser Untersuchung stehenden Handelsunternehmen eher selten anzutreffen. Während von Park et al. für Allianzen im Marketingbereich ein positiver Einfluss auf den Unternehmenswert nachgewiesen werden konnte, war dies bei Allianzen im technologischen Bereich nicht der Fall. Ferner kommt die Untersuchung zu dem Ergebnis, dass Allianzen zwischen Onlinefirmen und traditionellen Unternehmen ein besseres Ergebnis als Allianzen zwischen reinen Onlineunternehmen hervorbringen.³⁰⁰ Auch Ireland et al. gehen der Frage nach, inwieweit es Unternehmen durch die Bildung von strategischen Allianzen gelingen kann, sich in einem dynamischen Umfeld zu behaupten. Sie definieren Allianzen dabei als „kooperative Arrangements zwischen zwei oder mehr Unternehmen, die in der Lage sind, die Wettbewerbsposition und den Erfolg durch die gemeinsame Nutzung von Ressourcen zu verbessern.“³⁰¹ Sie konstatieren, dass der Nutzen von Allianzen für die beteiligten Unternehmen in erster Linie aus dem Zugang zu bisher nicht verfügbaren Ressourcen entspringt. Analog zum VRIO-Framework haben Allianzen das Potential, knappe und wertvolle Ressourcen zu generieren, die aufgrund eines dynamischen Umfelds nicht mehr oder nur noch sehr zeitintensiv unternehmensintern hervorgebracht werden können. Ein entsprechendes Signalwort für den Kernuntersuchungszeitraum ist unten beispielhaft angeführt.

298 Vgl. Uhlenbruck et al. 2006, S. 903. 299 Vgl. Park et al. 2004, S. 16. 300 Vgl. Park et al. 2004, S. 22. 301 Vgl. Ireland et al. 2001, S. 413.

110   

   Teil II: Theoretische Grundlagen und ihre Anwendung

Tab. 17: Signalwörter Kategorie Kooperationen / Allianzen. Aktivität

Signalwort

Kooperationen

„kooperiert“

Beispiel

Die Thalia Buchhandelsgruppe kooperiert ab März 2014 mit dem markführenden Bonusprogramm Payback „announce partnership“ B&N and BestBuy announce partnership for Nook eBook Reader

3.3.4 Marketingaktivitäten Die jeweils realisierten Marketingaktivitäten stellen eine weitere Option dar, die Sichtbarkeit im E-Commerce-Bereich und damit auch die Zahl der Transaktionen zu erhöhen. Eine Vielzahl von Publikationen hat sich in der Vergangenheit mit dem Einfluss von Werbeausgaben auf den Unternehmenserfolg beschäftigt. Werbung versetzt ein Unternehmen demzufolge in die Lage, einen größeren Bekanntheitsgrad am Markt zu erhalten. Auch das Markenimage und die Kundenpräferenzen können darüber positiv beeinflusst werden. Besonders bei der Markteinführung neuer Produkte können entsprechende Werbemaßnahmen dazu beitragen, den Diffusionsprozess zu beschleunigen.³⁰² Auch im E-Commerce-Bereich wird die Bedeutung von Marketingaktivitäten herausgestellt. Saeed et  al. konstatieren beispielsweise, dass eine Erhöhung der Werbeausgaben zwar die Zahl der Besucher auf einer Webseite erhöhen kann und darüber durch eine prozentuale Konversion der Besucher in Käufer möglich wird, jedoch der Einfluss derartiger Maßnahmen auf den Firmenwert als Ganzes vergleichsweise gering ist.³⁰³ Demnach macht es in erster Linie die Verbesserung des Einkaufserlebnisses auf der Serviceebene wahrscheinlicher, dass Besucher einer Webseite sich in Käufer verwandeln.³⁰⁴ Derartige Verbesserungen umfassen beispielsweise einen Telefonsupport, die Option Waren mit einem Klick zu bestellen oder auch einen Mechanismus, der die Einzelverfolgung von Lieferungen erlaubt.³⁰⁵ Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass die Konversionsrate bei Büchern im Vergleich zu anderen Produkten sehr hoch ist. Eine vom Online-Vermarkterkreis (OVK) in Kooperation mit Nielsen erstellte Studie beschäftigt sich mit dem Aktivierungspotential des Netzes für bestimmte Produktkategorien.³⁰⁶ Die Untersuchung

302 Vgl. Luo / Jong 2010, S. 606. 303 Vgl. Saeed et al. 2002, S. 119. 304 Vgl. Saeed et al. 2002, S. 136. 305 Vgl. Saeed et al. 2002, S. 127. 306 Hierzu wurden drei Erhebungsmethoden (Nutzungsvorgänge einzelner Rechner, On-Site-Befragung sowie eine repräsentative Telefonbefragung) verknüpft. Der Befragungszeitraum erstreckte sich von Oktober 2011 bis zum Januar 2012 (n = 101.235). Vgl. OVK Online-Report S. 29–30.

3 Diskontinuierlicher technologischer Wandel   

   111

kommt dabei bezüglich der Konversionsrate bei Büchern zu folgendem Ergebnis: 70 % derjenigen Konsumenten, die sich Online über Bücher informiert haben, haben sich auch zu einem Onlinekauf entschlossen, was einer im Vergleich zu anderen Produkten hohen Konversionsrate entspricht. So belief sich diese z. B. bei Schuhen nur auf 52,8 %.³⁰⁷ Um eine Transformation von informationssuchenden Onlinenutzern in Käufer zu gewährleisten, muss aber zunächst eine Aufmerksamkeit für das entsprechende Unternehmen generiert werden, wofür Marketingaktivitäten eine Option darstellen. Die Ergebnisse aus der Untersuchung von Saeed et al. deuten jedoch daraufhin, dass Marketingaktivitäten einen eher geringen Einfluss auf den Unternehmenserfolg auf elektronischen Märkten aufweisen. Dabei kommt die Tatsache zum Tragen, dass entsprechende Ankündigungen keine Hinweise auf die Expertise der entsprechenden Unternehmen beinhalten. Für die vorliegende Untersuchung wurde die Zahl der Marketingaktivitäten der untersuchten Unternehmen für den Zeitraum von 2008 bis 2013 bzw. für die US-amerikanischen Unternehmen zusätzlich von 1998 bis 2000 erhoben. Ein Beispiel für Aktivitäten, die in diese Kategorie fallen, wäre eine nationale TVKampagne. Analog zu den anderen Kategorien wurden entsprechende Signalwörter für diese Herangehensweise identifiziert. Tab. 18: Signalwörter Marketingaktivitäten. Aktivität

Signalwörter

Beispiele

Allgemein

„Marketingaktion“

Exklusivangebot

„exclusive“

Sonderaktionen

„annnounces“

Weltbild startet große Marketingaktion für Einsteiger E-Reader EXCLUSIVE: Pre-Orders Available Only at Barnes & Noble NOOKbook™ Store for Open Secret Announces Fun and Free eBooks in Store Promotion

In den folgenden Tabellen 19 und 20 ist die Gesamtzahl der aus der Datenbank Nexis und den Webseiten identifizierten Marktaktivitäten der US-amerikanischen und deutschen Unternehmen dargestellt. Diese wurden dann in die oben vorgestellten Kategorien eingeordnet. In Teil III, Punkt 2 und 3 wird die Verteilung innerhalb der Aktivitätenkategorien prozentual dargestellt. Auffällig ist, dass das Unternehmen Amazon stets die höchste Aktivitätenzahl auf sich vereinigen konnte. Auch wiesen die US-amerikanischen Unternehmen insgesamt eine höhere Gesamtzahl an Aktivitäten auf. So konnten für Amazon im Jahr 2000 insgesamt 70 Marktaktivitäten identifiziert werden. 10 Jahre später wuchs diese Zahl nochmals auf 131 an. Die Identifikation der Aktivitäten lief in der Datenbank lief über die Eingabe des jeweiligen Unternehmensnamens. Um Duplikate auszuschließen wurde die dafür 307 Vgl. OVK Online-Report 2012, S. 29.

112   

   Teil II: Theoretische Grundlagen und ihre Anwendung

vorgesehene Funktion aktiviert. Die Trefferliste wurde anschließend auf die Pressemitteilungsportale Business Wire und PR Newswire jahresgenau eingegrenzt. Finanzmitteilungen bzw. Verlautbarungen über personelle Veränderungen wurden aus den Ergebnissen entfernt. Das Gleiche galt für Neueröffnungen bzw. Schließungen. Tab. 19: Gesamtzahl Marktaktivitäten US-amerikanische Unternehmen 1998–2000. Quelle: www.nexis.com

Barnes & Noble Amazon Borders Group

1998

1999

2000

10 29 13

28 67 21

30 70 21

Tab. 20: Gesamtzahl Marktaktivitäten deutsche und US-amerikanische Unternehmen 2008–2013. Quelle: www.nexis.com

Barnes & Noble Amazon Borders Group Thalia Weltbild

2008

2009

2010

2011

2012

2013

56 76 95

39 82 45 14 18

 82 131  53  18  15

 65 139

100 137

 66 157

 16  22

 16  19

 11  15

Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

1 Buchmärkte in Deutschland und den USA 1.1 Marktübersicht des US-amerikanischen Buchmarkts 1.1.1 Umsatzentwicklung In der Abbildung 8 sind die Gesamtumsätze auf dem US-amerikanischen Buchmarkt für den ersten Untersuchungszeitraum von 1999 bis 2002 dargestellt. Zum Zeitpunkt der zunehmenden Ausweitung des E-Commerce-Vertriebskanals vier Jahre nach dem Markteintritt von Amazon stiegen die Umsätze von 23,7 Mrd. US-Dollar auf 26,9 Mrd. US-Dollar konstant an. Von 2000 bis 2001 kam es zu einer Stagnation, die aber im darauffolgenden Jahr wieder überwunden wurde.

26,9 25,3

25,4

2000

2001

23,7

1999

2002

Abb. 8: Umsätze US-amerikanischer Buchmarkt in Mrd. Dollar 1999–2002. Quelle: AAP / Cesus.gov

Im zweiten Kernuntersuchungszeitraum von 2009 bis 2013 gab es hingegen zu einem konstanten Rückgang von 30 Mrd. US-Dollar auf nun 29,2 Mrd. Damit nimmt der USamerikanische Markt im internationalen Vergleich aber immer noch den ersten Platz vor China und Deutschland ein.³⁰⁸ Von den gesamten Umsätzen wurden im Jahr 2013 13 Prozent mit E-Books erwirtschaftet.³⁰⁹ Der Anteil von E-Books im Trade-Segment, das mit dem deutschen Publikumsmarkt vergleichbar ist, betrug allerdings schon 21 Prozent.³¹⁰ In Tabelle 21 sind die Marktanteile der verschiedenen Vertriebskanäle in den USA für die Jahre 2010 bis 2012 abgetragen.³¹¹ Auffällig sind die massiven Zugewinne des elektronischen Handels, während die großen Ketten massiv Marktanteile verloren. Im Jahr 1999 betrug der Anteil des E-Commerce-Kanals hingegen lediglich 6 Prozent und 308 Vgl. http://www.internationalpublishers.org 309 Vgl. Books in the United States 2013, S. 7. 310 Vgl. Wischenbart 2014, S. 17. 311 Für das Jahr 2012 sind die Daten bis November 2012 erfasst. DOI 10.1515/9783110478693-008

116   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

30,04 29,83 29,62 29,41 29,2

2009

2010

2011

2012

2013

Abb. 9: Umsätze US-amerikanischer Buchmarkt in Mrd. Dollar 2009–2013. Quelle: Book market in the US 2013.

wuchs im darauffolgenden Jahr auf 7 Prozent an.³¹² Mitverantwortlich für diese rückläufige Entwicklung des Anteils der Ketten ist die Insolvenz des zweitgrößten US-amerikanischen Filialisten Borders im Jahr 2011. Entgegen der Annahme, dass der größte Filialist Barnes & Noble maßgeblich im stationären Vertrieb Zugewinne aufgrund der Insolvenz zu erwarten hätte, haben sich die Kunden verstärkt dem elektronischen Vertrieb zugewandt. Diese Entwicklung betrifft auch andere stationäre Vertriebskanäle, wenngleich in geringerem Ausmaß. So mussten die Supermärkte ebenso wie der allgemeine Einzelhandel (Mass Merchandisers) leichte Verluste hinnehmen. Dies führte dazu, dass der Marktanteil des E-Commerce im Jahr 2012 den physischen Vertriebskanal (Filialisten, unabhängige Buchhandlungen und sonstige Einzelhändler) um mehr als 10 Prozentpunkte übertraf. Tab. 21: Anteile Vertriebskanäle USA. Quelle: Bowker’s Books & Consumers. Vertriebskanäle (in Prozent)

2010

2011

2012

E-Commerce Filialisten / große Ketten unabhängiger Buchhandel Supermärkte allgemeiner Einzelhandel Warenhäuser Buchclubs Sonstige Verkaufsstellen

25,1 31,5  2,4  2  8,8  3,9 11,5 14,7

35,1 28,7  3,7  1,6  7,7  3,2  5,5 14,6

43,8 18,7  3,7  1,5  7,7  3,3  6,1 15,2

Der wachsende Bedeutungsverlust des verbreitenden Buchhandels zeigt sich auch bei der Betrachtung der Umsätze von 2009 bis 2013. Das unten stehende Balkendiagramm zeigt die Umsätze in Mrd. Dollar, die in diesem Zeitraum von stationären 312 Eigene Berechnung auf Basis der Marktdaten von Census.gov.

1 Buchmärkte in Deutschland und den USA   

   117

Ladengeschäften in den USA erzielt wurden. Während bis zum Jahr 2007 steigende bzw. konstante Umsätze zu verzeichnen waren, ist seitdem ein Rückgang beobachtbar. Neben der wachsenden Bedeutung des E-Commerce als Ursache für diesen Rückgang kann auch die Markteinführung des Kindle-Lesegeräts in Betracht gezogen werden, die die Aufmerksamkeit der Konsumenten verstärkt auf den elektronischen Vertriebskanal gerichtet hat.

15,94

2009

15,44

2010

13,86

13,4

13,2

2011

2012

2013

Abb. 10: Umsätze US-Buchhandel in Mrd. Dollar 2009–2013. Quelle: Book market in the US 2013.

1.1.2 Preisgestaltung Ursprünglich orientierte sich die Preisgestaltung auf dem US-amerikanischen Buchmarkt am Retail-Modell. Dabei konnte der verbreitende Buchhandel die Verkaufspreise für den Endkunden selbständig festsetzen. Im Jahr 2010 etablierte sich mit dem Agency-Modell ein neues Vertriebsmodell. Dabei kann der Verlag den Verkaufspreis selbst festlegen und die Vertriebskanäle sind an diesen gebunden. Insofern ist dieses Modell mit dem Vorläufer der Buchpreisbindung in Deutschland, dem Sammelrevers, vergleichbar, bei dem sich die Buchhändler über ein Vertragssystem verpflichteten, die von den Verlagen festgelegten Preise nicht zu unterschreiten.³¹³ Ein Auslöser für die Etablierung des Agency-Modells war ein Konflikt zwischen Amazon und dem Verlag Macmillan, bei dem der Verlag seine E-Books aus dem Angebot des Onlinehändlers ausgelistet hatte, nachdem Amazon sich geweigert hatte, einen höheren Preis als 9,99 Dollar für die Titel festzusetzen. Im Zuge des Markteintritts von Apple verhandelte der Verlag dann zusammen mit dem IT-Unternehmen einen Vertrag, der die Preissetzung von Verlagsseite erlaubte und Apple für über seinen iBook-Store verkaufte Titel 30 % Provision zusicherte. Daneben schlossen sich auch die Verlage Hachette, HarperCollins, Simon & Schuster sowie Penguin dem Modell an. Im Jahr 2011 folgte Random House als letzter großer Player auf dem US-

313 Vgl. http://www.boersenverein.de/de/portal/glossar/158316?glossar=S&wort=188709

118   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

Markt. Auch wenn kleinere Verlage weiterhin nach dem Retail-Modell vorgingen, war die Teilnahme der größten US-Verlage am Agency-Modell von großer Bedeutung für die Etablierung desselben, was Amazon veranlasste in einer E-Mail an seine Kunden im November 2010 ankündigen, das Modell zu bekämpfen, da aus ihm sowohl sinkende Verkäufe als auch höhere Preise resultierten.³¹⁴ Dabei führte Amazon und andere Händler folgende Argumente ins Feld: Die höheren Preise würden zu einem reduziertem Wachstum auf dem E-Book-Markt führen, da infolge der höheren Preise sich die Menge der verkauften Exemplare reduziert und infolgedessen der Umsatz sinkt. Dies würde sich demnach auch negativ auf die Attraktivität entsprechender Lesegeräte auswirken. Außerdem stand die Befürchtung im Raum, dass höhere Preise bei E-Books zu einer höheren Piraterie in diesem Bereich führen könnten. Die Befürworter des Modells hingegen sehen das Wachstum des E-Book-Marktes aufgrund der gesunkenen Preise für die Endgeräte nicht durch das Modell gefährdet. Infolge der starken Ausweitung des Angebots – so geben lediglich 6 % der US-Verlage an, dass sie weder E-Books produzieren, noch dies zukünftig planen – wird der Markt ihrer Ansicht nach stetig attraktiver. Auch wird angeführt, dass die Preisfestsetzung der Verlage neue Anbieter auf Handelsebene anlockt, da diese nicht Gefahr laufen in einen Preiskrieg mit Amazon zu treten.³¹⁵ Der Disput resultierte im Jahr 2010 in einer Klage, die von einer US-amerikanischen Anwaltskanzlei im Namen zweier Privatpersonen aufgegeben wurde und sich gegen steigende Preise als Resultat des Agency-Modells richtete. Dabei monierten die Kläger, dass die E-Book-Preise seit der Einführung des iPads von Apple und der damit einhergehenden Einführung des Agency-Modells auf 12 bis 15 Dollar angestiegen seien. Der Anstieg ist auf Abbildung 11 sichtbar. Die Quadrate zeigen die höheren Preise für E-Book-Bestseller. Auch das US-Justizministerium und die EU-Kommission nahmen Ermittlungen gegen das Agency-Modell auf. Dabei gingen sie der Frage nach, ob die Unternehmen wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen abgeschlossen haben.³¹⁶ Auf die Klageerhebung des amerikanischen Justizministeriums reagierten drei der beteiligten Verlage (Simon  & Schuster, Hachette Livre und HarperCollins) mit der Unterzeichnung eines Vergleichs, in dem sie sich bereit erklärten, den Händlern die Preishoheit wieder zu überlassen, allerdings mit der Einschränkung, dass die Händler sich bereit erklären, die Preise nicht tiefer als der ihnen gewährte Rabatt beträgt zu senken.³¹⁷ Dabei wurden Stimmen aus den Branchenverbänden laut, die das Vorgehen der USJustiz kritisierten. Sie sahen infolge der Amazon nun wieder offen stehenden Möglichkeit E-Books zu Preisen unterhalb der Einkaufspreise zu verkaufen, eine Markteintrittsbarriere für traditionelle Buchhandlungen, die anders als Amazon nicht in 314 Vgl. Buchreport Online 2010a. 315 Vgl. Buchreport Online 2011a. 316 Vgl. Buchreport Online 2011b. 317 Vgl. Buchreport Online 2012a.

1 Buchmärkte in Deutschland und den USA   

   119

20

Einführung Apple iPad (April 10)

18 16 14 12 10 8 6 4 2

0 Sep 08 Dez 08 Mär 09 Jul 09 Okt 09 Jan 10 Mai 10 Aug 10 Nov 10 Feb 11 Agency

Wholesale

Abb. 11: E-Book-Preisentwicklung USA. Quelle: www.buchreport.de

der Lage sind, die angebotenen Bücher mit anderen Artikel quer zu subventionieren. Insofern wurde argumentiert, dass der Wettbewerb durch das Agency-Modell nicht behindert wurde, sondern im Gegenteil verschärft wurde.³¹⁸ Allerdings sieht das amerikanische Kartellrecht keine Probleme bei einer marktbeherrschenden Stellung von erfolgreichen Unternehmen, sondern vielmehr bei Preisabsprachen oder anderen den Wettbewerb behindernden Aktivitäten. Die Paradoxie der Situation brachte der Vorsitzende des US-Schriftstellerverbandes mit folgender Aussage zum Ausdruck: Um den Anschein von Wettbewerb zu erhalten, sei das US-Justizministerium gerade dabei, den realen Wettbewerb zu zerstören.³¹⁹ Ein indirekter Hinweis für das wettbewerbsfördernde Potential des Agency-Modells sieht er in der Entwicklung des Marktanteils des Unternehmens Amazon. Während dieser zum Zeitpunkt der Einführung des Agency-Modells einen Anteil von 90 % betrug, waren es nach seiner Einführung etwa 60 %.³²⁰ Jedoch konnte die US-Justiz den Verlagen Absprachen nachweisen, die auf eine koordinierte Aktion hindeuten. Es gab Hinweise darauf, dass der Geschäftsführer des Penguin-Verlags den Chef von Barnes & Noble im Jahr 2010 dazu aufgefordert hatte, die Verlagsgruppe Random House zu sanktionieren. Der Hintergrund

318 Vgl. Buchreport Online 2012b. 319 Vgl. Buchreport Online 2012c. 320 Vgl. Buchreport Online 2012d.

120   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

dafür soll dabei darin begründet gewesen sein, dass diese sich bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht am Agency-Modell beteiligt hatte.³²¹ Nachdem sich zunächst die drei oben genannten Verlage auf einen Vergleich mit dem Justizministerium eingelassen hatten, erklärten sie sich zu einer Entschädigungszahlung in Höhe von 69 Mio. Dollar bereit. Später schlossen noch Macmillan und Penguin, die eine Entschädigung von 90  Mio. Dollar entrichteten, die sich im Zuge der Fusion mit Random House von etwaigen Prozessrisiken befreien wollten, einen Vergleich.³²²

1.1.3 Branchenverband Anders als auf dem deutschen Buchmarkt, wo der Börsenverein des deutschen Buchhandels sowohl die Interessen des herstellenden als auch die des verbreitenden Buchhandels wahrnimmt, werden in den USA durch die Association of American Publishers lediglich die Belange des herstellenden Buchhandels vertreten. Neben der AAP wurde im Jahr 1901 zudem die American Publishers Association (APA) gegründet, deren Zielsetzung in der Durchsetzung einer Buchpreisbindung bestand. Jedoch wurde sie aufgrund eines verlorenen Rechtsstreits im Jahr 1913 aufgelöst. Die Mitgliederzahl der in Washington D.C ansässigen AAP, ist mit 300 teilnehmenden Verlagen im Vergleich zu den etwa 1.850 Verlagen, die im Börsenverein eine Mitgliedschaft haben, wesentlich geringer.³²³ Allerdings wird dennoch nach eigenem Bekunden die gesamte Bandbreite an Verlagen abgebildet. Dies umfasst sowohl Publikums- als auch wissenschaftliche Verlage sowie Schulbuchverlage. Zudem sind neben den großen Verlagskonzernen auch unabhängige bzw. Non-Profit-Organisationen vertreten.³²⁴ Die Aufgaben des Verbandes umfassen rechtliche Beratung und Lobbyarbeit auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene. Dabei wird angesichts der aus der digitalen Ökonomie resultierenden Veränderungen auch der Schutz von Eigentumsrechten und Aspekte des Copyright in den Blick genommen sowie die allgemeinen Rahmenbedingungen z. B. Zensur oder das literarische Leben. Der Verband geriet im Jahr 2006 in den Fokus einer breiteren Öffentlichkeit, als er sich im Zuge von Streitigkeiten über den öffentlichen Zugang zu medizinischer Forschung, die von der öffentlichen Hand bezahlt wurde und in entsprechenden wissenschaftlichen Zeitschriften bis dato kostenpflichtig bereit gestellt wurde, gezwungen sah, auf die Dienste des PR-Agenten Eric Dezenhall zurückzugreifen. Die Einschaltung eines PR-Agenten, der

321 Vgl. Buchreport Online 2012e. 322 Vgl. Buchreport Online 2013a. 323 Vgl. www.boersenverein.de/de/portal/verlage182468 324 Vgl. www.publishers.org/about/

1 Buchmärkte in Deutschland und den USA   

   121

für sein radikales Vorgehen bekannt war, wurde als Akt der Verzweiflung und als Desinformationskampagne angesehen, was den Ruf der AAP empfindlich schädigte.³²⁵ Analog zu den Aufgaben der Association of American Publishers für den herstellenden Buchhandels nimmt die American Booksellers Association die Interessen des unabhängigen verbreitenden Buchhandels wahr. Sie wurde im Jahr 1900 gegründet und bietet ihren Mitgliedern z. B. Rechtsberatung oder Informationsdienstleistungen. Ähnlich wie die Wirtschaftstochter des Börsenvereins MVB verfügt die ABA über eine Tochtergesellschaft, deren Angebot Programme zu einer prominenteren Positionierung unabhängiger Buchhandlungen gegenüber den Verlagen umfasst. Die Zielstellung der Organisation, die im Jahr 2010 etwa 1.400 Mitglieder hatte, besteht folglich darin, den unabhängigen Buchhandel gegenüber den großen Ketten und Onlineanbietern durch Werbekampagnen zu stärken.³²⁶

1.1.4 Zentrale Akteure Auf der Ebene des herstellenden Buchhandels sind die zentralen Player auf dem USamerikanischen Buchmarkt die fünf Großverlage Hachette, Penguin, Random House, HarperCollins, Simon  & Schuster und Macmillan. Es handelt sich dabei aufgrund des weitreichenden englischen Sprachraumes nicht ausschließlich um US-Unternehmen. So ist die Verlagsgruppe Random House zum deutschen Bertelsmann Konzern gehörig. Auch Macmillan hat mit der Verlagsgruppe Holtzbrinck einen deutschen Eigner, während Hachette Livre eine Tochtergesellschaft des französischen Medienkonzerns Lagardère ist. Lediglich die Verlage Simon  & Schuster und HarperCollins sind US-Unternehmen, da es sich bei Penguin um eine Tochter des britischen Medienkonzerns Pearson handelt. In Tabelle 22 sind die Marktanteile der größten US-Verlage für das Jahr 2009 aufgeführt. Die Zahlen leiten sich von den Umsätzen im Publikumsbereich ab. Wie aus der Verteilung der Marktanteile hervorgeht, vereinigen die sechs größten Player am USBuchmarkt deutlich über 60 % des Marktanteils auf sich. Bezogen auf die 10 größten Verlage sind es sogar nahezu 90 %.³²⁷ Diese vergleichsweise geringe Zahl der Anbieter wirkt sich in hohem Maße auf ihre Verhandlungsmacht aus. Jedoch ist diese auch von der Zahl der Abnehmer abhängig. Im Jahr 2012 kündigten darüber hinaus das zum Bertelsmann-Konzern gehörende Unternehmen Random House und der Penguin ihre Fusion³²⁸ zum weltweit größten Publikumsverlag an, was auch die Konzentration auf dem US-Markt verschärfen dürfte. So vereinigen die beiden Verlagshäuser zusammen nahezu 30 % Marktanteil 325 Vgl. Weiss 2007. 326 Vgl. Italie 2010. 327 Vgl. http://michaelhyatt.com/top-ten-u-s-book-publishers-for-2009.html 328 An der neuen Verlagsgruppe hält Bertelsmann 53 % der Anteile und Pearson 47 %.

122   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

auf sich. Jedoch wurde die Fusion von den entsprechenden Kartellbehörden in den USA und der EU mit dem Argument, dass weiterhin starke Wettbewerber in Konkurrenz zu dem neuen Unternehmen stehen werden, genehmigt und im Juli 2013 endgültig vollzogen.³²⁹ Tab. 22: Marktanteile Verlage USA im Jahr 2009. Quelle: Hyatt 2009. Verlag

Marktanteil in Prozent

Bertelsmann (Random House) Pearson (Penguin) Hachette HarperCollins Simon & Schuster Holtzbrinck (Macmillan)

17,5 % 11,3 % 10,0 %  9,8 %  9,1 %  5,4 %

Der zentrale Akteur auf Seiten der Abnehmer ist in erster Linie das Unternehmen Amazon. Es vereinigt einen Marktanteil von 70 % bei E-Books auf sich und dominiert auch den elektronischen Handel mit dem physischen Buch. Die große Bedeutung des Unternehmens zeigt sich auch im Marktanteil des proprietären Lesegeräts Kindle, der sich im Jahr 2012 auf 62 Prozent belief.³³⁰ Das 1994 von Jeff Bezos gegründete Unternehmen bietet ein breites Portfolio an Produkten und Dienstleistungen an. Dieses umfasst neben Medienprodukten z. B. auch Lebensmittel oder auch IT-Services wie das Cloud-Computing. Auch besteht die Option für Drittanbieter, ihre Waren gegen die Zahlung einer Provision auf dem Amazon-Marktplatz anzubieten. Das Unternehmen ist folglich sowohl im B-to-C- Bereich als auch im B-to-B-Bereich tätig.³³¹ Während Amazon ausschließlich im Onlinehandel aktiv ist, ist die Buchhandelskette Barnes & Noble mit ihren national verbreiteten 700 Filialen ein zentraler Akteur im physischen Vertrieb. Darüber hinaus ist sie im Rahmen einer Multi-Channel-Strategie auch online aktiv. Das Unternehmen gliedert sich in die drei Segmente B&N retail, B&N college und B&N.com. Die Sparte B&N retail umfasst den physischen Vertriebskanal über die stationären Ladengeschäfte, deren Titelauswahl je nach Größe 20.000 bis 200.000 Titel aus allen Segmenten umfasst. Darüber hinaus werden in den größeren Filialen Abteilungen für Spiele und Spielzeuge sowie Cafes von Starbucks unterhalten. Ebenfalls in dem Segment enthalten ist die Verlagssparte des Unternehmens Sterling Publishing, die sich auf das Sachbuchsegment spezialisiert hat. Im Zuge einer Übernahme ist seit 2009 die Sparte B&N College Teil des Unternehmens. Sie beinhaltet 603 Ladengeschäfte, die sich auf die Bereitstellung von Lehrbüchern 329 Vgl. http://www.rundschau-online.de/wirtschaft/random-house-und-penguin-eu-erlaubtmegafusion-im-verlagswesen,15184892,22293962.html 330 Vgl. Statista Dossier 2012, S. 30. 331 Vgl. Books in the United States 2013, S. 19.

1 Buchmärkte in Deutschland und den USA   

   123

für Colleges konzentrieren und mit einer Onlinesparte auch gebrauchte Bücher anbieten, sowie 33 sogenannte Superstores, die sich auf Universitäten konzentrieren und eine größere Fläche aufweisen. Verzahnt ist die Onlinesparte von B&N College mit der Onlinesparte B&N.com, die den digitalen Vertriebskanal mit E-Books und den dezidierten E-Reader des Unternehmens Nook umfasst.³³²

1.1.5 Markpotential Für den gesamten US-Buchmarkt wird für den Zeitraum von 2012 bis 2017 von einer durchschnittlichen Wachstumsrate in Höhe von 0,7  Prozent ausgegangen. Dabei gewinnt insbesondere der digitale Bereich an Bedeutung. So prognostiziert die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers in ihrer im Juni 2013 publizierten Studie Global Entertainment & Media Outlook auf Basis der Marktentwicklung in der Vergangenheit einen weiteren Anstieg der Umsätze im E-Book-Bereich. Im Gegenzug wird von sinkenden Umsätzen bei physischen Büchern ausgegangen. Dies führt dazu, dass dieser Prognose zufolge ab dem Jahr 2017 die Umsätze von E-Books diejenigen mit gedruckten Büchern übersteigen werden.³³³ Im Onlinebuchhandel hat sich dieses Verhältnis bereits 2012 umgekehrt. Die Zahl der online verkauften Bücher lag mit 43,8 % deutlich über den mit 35,1 % genannten Anteil der stationär gekauften Bücher (Filialisten, unabhängige Buchhandlungen und sonstige Einzelhändler).³³⁴ Im Vorjahr war das Verhältnis noch umgekehrt. Die Zahlen unterscheiden sich dahingehend von den in Abbildung  9 genannten, als dass hier lediglich der Publikumsmarkt beleuchtet wird.³³⁵ Während der Umsatz mit E-Books im Trade-Segment im Jahr 2009 noch lediglich 823 Mio. US-Dollar betrug, war er im Jahr 2013 mit 4.8 Mrd. Dollar siebenmal so hoch. Gleichzeitig sank der Umsatz mit gedruckten Büchern im gleichen Zeitraum um etwa 4 Mrd. Dollar. Dies deutet darauf hin, dass die sinkenden Umsätze im Printbereich vom digitalen Segment kompensiert wurden. Für 2017 prognostiziert PricewaterhouseCoopers dann Umsätze mit gedruckten Büchern in Höhe von 7,9 Mrd. Dollar und bei E-Books 8,2 Mrd. Dollar, was dementsprechend auf einen Marktanteil von über 50 % im Publikumsbereich hindeuten würde. Beim Vergleich der kumulierten Umsätze fällt auf, dass diese im Zeitverlauf als nahezu konstant angenommen werden, was mit dem Reifegrad des Marktes korrespondiert.

332 Vgl. Books in the United States 2013, S. 23. 333 Vgl. www.publishers.org 334 Vgl. Buchreport Online 2013b. 335 Vgl. Pwc 2013 zitiert auf: de.statista.com.

124   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

16.000 14.000 12.000 10.000 8.000 6.000 4.000 2.000 0

2009

E-Books

2010

2011

2012

2013

2014

2015

2016

2017

Gedruckte Bücher

Abb. 12: Prognose zum Absatz von gedruckten Büchern und E-Books 2009–2017 USA. Quelle: PWC Global Entertainment & Media Outlook 2013.

1.1.6 Konsumentenstruktur Der Buchkäufer in den USA, der überdurchschnittlich viele Bücher pro Jahr erwirbt, ist, ebenso wie in Deutschland, vorwiegend weiblichen Geschlechts. Allerdings sind die Buchkäufer in den USA zu über 50 % jungen bzw. mittleren Alters (18–44 Jahre). Der Großteil der Buchkäufer verfügt mit 50.000 bis 75.000 Dollar jährlich über ein mittleres bis gehobenes Einkommen. Auffällig ist aber, dass der Anteil der E-Book-Käufer mit niedrigem Einkommen (weniger als 25.000 Dollar) wesentlich höher liegt, als der der Buchkäufer in dieser Einkommensklasse.³³⁶ Eine denkbare Ursache könnte der niedrigere Durchschnittspreis der E-Books sein. Zudem ist der Anteil der Männer, die E-Books kaufen, größer als der bei den Käufern physischer Bücher, und sie sind eher in den Vorstädten wohnhaft.³³⁷ Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass die Buchhandelsdichte in den Vororten geringer ist als in den Innenstädten. Insgesamt gab im Jahr 2014 28 Prozent der Amerikaner an im vergangenen Jahr ein E-Book gelesen zu haben. Auffällig ist dabei, dass es noch im Dezember 2011 lediglich 17 Prozent waren, was auf eine zunehmende Verbreitung hindeutet.³³⁸ Die Leser von E-Books haben darüber hinaus im Vergleich zum Vorjahr auch eine durchschnittlich höhere Zahl an Büchern gelesen als die Leser, die ausschließlich gedruckte Bücher konsumierten. Wie aus Abbildung 13 ersichtlich ist, ergibt sich ein Hinweis für die beschleunigte Marktentwicklung in der Marktdurchdringung der Lesegeräte. Die Aufstellung basiert auf einer Befragung des Marktforschungsinstituts PEW und gibt den Anteil der E-Reader-Besitzer, die älter als 18 Jahre sind in den USA wieder. Es wird deutlich, dass der 336 Vgl. Bowker Bisg 2012, S. 13. 337 Vgl. Bowker Bisg 2010, S. 1. 338 Vgl. Pew Research Center 2012, S. 12.

1 Buchmärkte in Deutschland und den USA   

   125

Anteil im Zeitverlauf stetig angewachsen ist. Während im Mai 2010 noch lediglich 4% der Amerikaner über 18 Jahren ein dezidiertes Lesegerät besaßen, wuchs der Anteil an der Gesamtbevölkerung bis zum Januar 2014 auf 32% an. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei den Tablets. Hier wuchs der Anteil von 3% noch stärker auf 42% im selben Zeitraum. Ungefähr 50 Prozent der Amerikaner verfügten im Januar 2014 mindestens über ein Endgerät, das auch für den Konsum von E-Books geeignet war.³³⁹

32% 24% 19% 10% 4% 2010

2011

2012

2013

2014

E-Reader Anteil der Bevölkerung USA Abb. 13: E-Reader Besitz in der US-Bevölkerung. Quelle: Pew Research Center 2014, S. 4.

1.2 Marktübersicht des deutschen Buchmarkts In Abbildung 14 sind die Umsätze des deutschen Buchmarkts von 1999 bis 2002 dargestellt. Während von 1999 bis 2000 noch ein Anstieg zu verzeichnen war, gingen die Umsätze bis 2002 auf nun 9,22 Mrd. zurück. Im gleichen Zeitraum stieg der Onlinehandel von 84 Mio. Euro auf 438 Mio. Euro an.³⁴⁰

9,42

9,41

9,23

1999

9,22

2000

2001

2002

Umsatz Abb. 14: Umsatz Buchmarkt Deutschland in Mrd. Euro 1999–2002. Quelle: BIZ 2003, S. 21.

339 Vgl. Pew Research Center 2014, S. 4. 340 Vgl. BIZ 2003, S. 22.

126   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

Wie aus Abbildung  15 ersichtlich ist, konnten in der Vergangenheit auf dem deutschen Buchmakrt leichte Umsatzzuwächse verzeichnet werden. Im Jahr 2011 kam erstmals zu einem Umsatzrückgang. Insgesamt kann aber auch hier von einem hohen Reifegrad des Marktes gesprochen werden, da sowohl die Zuwachsraten als auch die Rückgänge ein moderates Ausmaß aufweisen und der Gesamtmarkt deshalb stagniert. Im Jahr 2013 konnte dieser 9,53 Mrd. Umsatz auf sich vereinigen und lag damit leicht über dem Niveau des Vorjahres.

9,73 9,69 9,60

2009

2010

2011

9,52

9,53

2012

2013

Umsatz Abb. 15: Umsatz Buchmarkt Deutschland in Mrd. Euro 2009–2013. Quelle: BIZ 2014, S. 5.

Anders als im US-amerikanischen Buchmarkt, wo der digitale Bereich mittlerweile mehr als 22  Prozent zum Gesamtumsatz beiträgt, spielt dieser auf dem deutschen Buchmarkt noch eine wesentlich geringere Rolle. Auffällig sind jedoch die hohen Wachstumsraten. So betrug der Marktanteil im Jahr 2010 noch lediglich 0,5 %, verdoppelte sich dann im Jahr 2011 auf 1,0 %.³⁴¹ Im Jahr 2012 belief er sich dann schon auf 2,4 % und erhöhte sich bis 2013 auf knapp 4 Prozent.³⁴² Von Januar bis September 2014 wurde ein Anteil in Höhe von 4,8 Prozent erreicht. Im Publikumsmarkt lag der Anteil im Jahr 2013 bereits bei 9,4 Prozent.³⁴³ Auch wenn aufgrund dieser Zahlen nicht von einer jährlichen Verdoppelung ausgegangen werden kann, kann dennoch festgehalten werden, dass der digitale Bereich im Vergleich zu den stagnierenden Umsätzen im physischen Bereich zumindest bisher eine dynamische Entwicklung vollzieht. Dies zeigt sich auch beim Bekanntheitsgrad von E-Books. Während noch 2009 ungefähr ein Drittel der deutschen Bevölkerung mit dem Begriff E-Book etwas anfangen konnte und dies im Jahr 2010 immer noch bei weniger als der Hälfte der Fall war, war der Bekanntheitsgrad im Jahr 2012 auf 72 % angewachsen.³⁴⁴

341 Vgl. BIZ 2012, S. 22. 342 Vgl. Hoffmann 2013. 343 Vgl. Wischenbart 2014, S. 17. 344 Vgl. BIZ 2012, S. 24.

1 Buchmärkte in Deutschland und den USA   

   127

Unterstützt wird diese Entwicklung durch die zunehmende Bedeutung des elektronischen Vertriebskanals. Wie aus Tabelle 23 ersichtlich ist, verlieren die stationären bzw. physischen Vertriebskanäle wie der Sortimentsbuchhandel und die Warenhäuser Marktanteile, wohingegen der Versandbuchhandel einschließlich E-Commerce Zugewinne zu verzeichnen hat. Dabei profitiert besonders der Internetbuchhandel: Im Vergleich zum Vorjahr konnte dieser um 10,4 % zulegen, wohingegen der Versandbuchhandel im gleichen Zeitraum einen Rückgang um 13,9 % zu verzeichnen hatte.³⁴⁵ Während in den USA bereits im Jahr 2012 mehr Bücher online verkauft wurden als über Filialisten, unabhängige Buchhandlungen und sonstige Einzelhändler zusammen, bleibt der Sortimentsbuchhandel in Deutschland aber weiterhin der wichtigste Vertriebskanal, wenngleich er ebenfalls stetig an Marktanteil verliert. Eine Ursache hierfür könnte die noch vergleichsweise geringen Marktanteile von elektronischen Büchern sein, sowie eine bessere Versorgung mit Verkaufsstellen. Neben dem E-Commerce profitiert auch der Direktvertrieb der Verlage. Tab. 23: Anteile Vertriebskanäle Deutschland. Quelle: BIZ 2012. Vertriebskanäle (in Prozent)

2010

2011

2012

Sortimentsbuchhandel (ohne E-Commerce) Sonstige Verkaufsstellen Warenhäuser Versandbuchhandel (einschl. Internet) Verlage direkt Buchgemeinschaften

50,6  9,4  2,1 17,1 18,5  2,3

49,7  9,5  1,9 17,8 19,1  2,0

48,3  9,7  1,7 19,1 19,4  1,8

5,07 4,92 4,78

2009

2010

2011

4,60

4,64

2012

2013

Umsatz Abb. 16: Umsatz Buchhandel Deutschland 2009–2013 in Mrd. Euro. Quelle: Statista Dossier 2013, S. 8.

345 Vgl. www.boersenblatt.net/373298/template/bb_tpl_branchenzahlen/

128   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

Die Schwierigkeiten des stationären Buchhandels zeigen sich auch in den absoluten Umsatzzahlen wie Abbildung  16 ersichtlich ist. So hat der Sortimentsbuchhandel, abgesehen von einem leichten Anstieg in den Jahren 2012 und 2013, einen stetigen Umsatzrückgang zu verzeichnen. So sank der Gesamtumsatz von 2009 bis 2013 von 5 Mrd. Euro auf 4,64 Mrd. Euro.

1.2.1 Preisgestaltung Bücher unterliegen in Deutschland der Buchpreisbindung, die im Jahr 2002 gesetzlich fixiert wurde. Vorher existierte sie im Rahmen eines Vertragswerks zwischen Verlagen und Buchhandlungen, dem sogenannten Sammelrevers. Insgesamt sind die Preise für Bücher von 2010 bis 2011 um 1,6 Prozent gesunken, wohingegen 2012 ein Anstieg um 1,9 Prozent zu verzeichnen war. Unter Zugrundelegung einer durchschnittlichen Inflationsrate von 2,0 Prozent ist hier allerdings immer noch von einem leichten Rückgang der realen Preise auszugehen.³⁴⁶ Im E-Book-Markt vertrat der Börsenverein des deutschen Buchhandels im Jahr 2006 folgende Ansicht: „Nach Auffassung des Börsenvereins sind E-Books keiner Preisbindung zugänglich. Begründet wird dies vornehmlich mit den besonderen tatsächlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen für E-Books.“³⁴⁷ Die Argumentation orientierte sich dabei an der Tatsache, dass sich kartellrechtliche Schwierigkeiten aus einem grenzüberschreitenden Verkauf von elektronischen Büchern in der europäischen Union ergeben könnten, da in diesem Falle keine Preisbindung zum Tragen kommt.³⁴⁸ Mittlerweile hat der Börsenverein seine Meinung dahingehend revidiert, als dass er E-Books grundsätzlich als preisgebunden ansieht, da sie gemäß § 2 Abs. 1 des Buchpreisbindungsgesetzes in der Lage sind, Bücher zu“ reproduzieren bzw. substituieren.“³⁴⁹ Jedoch nimmt der Verband unter Beachtung der europäischen Regelungen fremdsprachige E-Books explizit aus. Dabei obliegt es den Verlagen die Preisfestsetzung zu vollziehen wobei hier auch Sonderpreise möglich sind. Diese Regelung versucht beispielsweise das Unternehmen Amazon zu nutzen indem es E-Books, die unter dem firmeneigenen Imprint „Amazon Crossing“ erscheinen, im Rahmen einer Sonderaktion zu Preisen von zwei Euro anbietet. Obwohl dies konform mit der Buchpreisbindung geht, wird diese aggressive Preispolitik von Branchenakteuren als Versuch angesehen, sie zu unterlaufen.³⁵⁰ Auch der Filialist Thalia sah sich im Jahr 2011 im Zuge einer Gutscheinaktion auf seiner Onlineplattform buch.de

346 Vgl. http://www.inflationsrate.com/ 347 Vgl. Menche 2006, S. 8. 348 Vgl. Menche 2006, S. 8. 349 Vgl. http://www.boersenverein.de/de/portal/Preisbindung/158315 350 Vgl. http://www.welt.de/kultur/literarischewelt/article118146723/Amazons-neuer-Angriff-aufdie-Buchpreisbindung.html

1 Buchmärkte in Deutschland und den USA   

   129

mit einer einstweiligen Verfügung konfrontiert, da die Gutscheine auf preisgebundene Bücher angerechnet wurden, was einem Unterlaufen der Buchpreisbindung entspräche.³⁵¹ Während im physischen Bereich die Durchsetzung der Preisbindung vergleichsweise wenig Probleme verursachte, scheint dies im digitalen Bereich komplexer zu sein, wie aus den genannten Beispielen ersichtlich ist. An neuer Dynamik gewinnt die Entwicklung mit dem geplanten Freihandelsabkommen (Transatlantic Trade and Investment Partnership) zwischen Deutschland und den USA. Dabei stand die Frage im Vordergrund, ob der Kultur- und Mediensektor aus dem Verhandlungsmandat zwischen der EU und den USA ausgenommen wird, was maßgeblich auf das Betreiben der französischen Regierung zurückging. Am 23. Mai 2013 beschloss das europäische Parlament die Exklusion des Sektors.³⁵² Wie aus Abbildung 17 zu entnehmen ist, ist der Durchschnittspreis für E-Books von 2010 bis 2013 konstant auf nunmehr 7,58 Euro gesunken, wobei die Preisreduktion von 2010 auf 2011 am höchsten ausfiel. Die Zahlen beinhalten dabei auch die sehr preisgünstigen Self-Publishing-Titel, die zwischen 2010 und 2011 eine hohe Ausweitung erfuhren, weshalb der Durchschnittspreis stark absank. Der durchschnittliche Preis für ein gedrucktes Buch betrug hingegen 2013 12,40 Euro. Während sich auf dem Markt für gedruckte Bücher in Bezug auf die Formate im Zeitverlauf ein konstantes Preisniveau von 19,90 Euro für Hardcover und 9,89 Euro für Taschenbücher etablieren konnte, sind die Preise bei E-Books noch stark heterogen. So reichte beispielsweise die Preisspanne der beim Großhändler Libri über die unternehmenseigene Verkaufsplattform angebotenen E-Books von 2,99 Euro bis hin zu 16,99 Euro.³⁵³ Dies deutet darauf hin, dass sich bei E-Books anders als bei gedruckten Büchern noch kein stan-

10,71

2010

8,03

7,72

7,58

2011

2012

2013

E-Book Durchschnittspreise Abb. 17: E-Book Durchschnittspreise in Deutschland in Euro. Quelle: Statista Dossier 2013.

351 Vgl. Wilhelm 2011. 352 Vgl. http://www.boersenblatt.net/622828/ 353 Vgl. Wischenbart 2014, S. 102.

130   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

dardisiertes Preisniveau herausgebildet hat. Durch die zunehmende Verbreitung von preisgünstigen Self-Publishing-Titeln könnte die Gültigkeit der bisherigen Preisniveaus von Konsumentenseite in Frage gestellt werden, was bei E-Books eine weitere Absenkung des durchschnittlichen Preisniveaus zur Folge haben könnte.³⁵⁴ Auch der Preis für dezidierte Lesegeräte ist im Zeitverlauf gesunken. Zwei Jahre nach der Einführung der ersten konkurrenzfähigen Geräte ist der Preis noch angestiegen, wohingegen er seit 2010 durchschnittlich gesunken ist. Die sinkenden Preise gehen dabei unter anderem auf eine effizientere Produktion und höhere Stückzahlen zurück, was wiederum die Nachfrage durch eine Beseitigung von Marktbarrieren befördert. Mittlerweile (Stand 2014) hat sich der Preis bei knapp unter 100 Euro eingependelt.

142

2010

129

2011

99

97

2012

2013

E-Reader Durchschnittspreise Abb. 18: E-Reader Durchschnittspreise in Deutschland in Euro. Quelle: Bitkom / Gfk / EITO.

1.2.2 Branchenverband Anders als in den USA vertritt der im Jahr 1825 gegründete Branchenverband Börsenverein des deutschen Buchhandels die Interessen aller Wirtschaftsstufen unter einem Dach. Dies beinhaltet entsprechende Gremien für die Verlage, den Zwischenbuchhandel und den Bucheinzelhandel. Insgesamt hat der Verband etwa 5.500 Mitglieder, wovon die stationären Sortimente mit 3.800 die größte Zahl einnehmen. Daneben sind 1.850 Verlage Mitglieder. Die übrigen Mitgliedschaften erstrecken sich auf Zwischenbuchhandlungen, Antiquariate und Verlagsvertreter. Dabei gliedert sich der Börsenverein in einen Bundesverband und zehn rechtlich eigenständige Landesverbände, die regionale Themen wie die berufliche Aus- und Weiterbildung verantworten. Auf der Organisationsebene ist ebenfalls eine Teilung zwischen dem politischen und dem wirtschaftlichen Bereich zu verzeichnen. Die Tochtergesellschaft 354 Vgl. Wischenbart 2014, S. 103.

1 Buchmärkte in Deutschland und den USA   

   131

Börsenverein des deutschen Buchhandels Beteiligungsgesellschaft (BBG) beinhaltet die Wirtschaftstochter Marketing- und Verlagsservice des Buchhandels sowie die Ausstellungs- und Messe GmbH, die jährlich die Ausrichtung der Frankfurter Buchmesse verantwortet.³⁵⁵ Die Aufgaben des Verbandes umfassen politische und öffentliche Lobbyarbeit sowie die wirtschaftliche Unterstützung der mittelständischen Mitglieder. Die politische Lobbyarbeit beinhaltet den Einsatz für den Erhalt der Buchpreisbindung. Es werden aber auch rechtliche Aspekte wie z. B. die im Zuge der Digitalisierung auftretenden Schwierigkeiten bei urheberrechtlichen Fragen in den Fokus genommen. Im Zuge der Öffentlichkeitsarbeit verantwortete der Börsenverein beispielsweise die im Rahmen der Leipziger Buchmesse angestoßene Kampagne „Vorsicht Buch“. Die Zielsetzung der bundesweiten Kampagne bestand darin, die Aufmerksamkeit einer breiteren Öffentlichkeit auf das Medium Buch zu lenken. Allerdings wurde in diesem Zusammenhang auch Kritik an dem Konzept laut. So zielten die vom Börsenverein zur Verfügung gestellten Werbemittel hauptsächlich auf den stationären Buchhandel ab, was einen Teilnehmer zu der Aussage verleitete „Mir ist der Sinn einer Buch-Kampagne IN meinem Buchladen nicht ganz klar. Ich hätte mir eine Kampagne gewünscht, die neue Leute in meinen Laden bringt und nicht die anspricht, die schon da sind.“³⁵⁶ Insofern wird deutlich, dass die Unterstützung der Öffentlichkeitsarbeit durch den Branchenverband von den Mitgliedern teilweise auch kritisch gesehen wird. Ein möglicher Grund hierfür kann bisweilen auch in den verschiedenen Zielsetzungen und Partikularinteressen der drei Wirtschaftsstufen ausgemacht werden, die zu Konflikten innerhalb des Verbandes führen. Beispielsweise kritisierte der Sortimenterausschuss, die Interessenvertretung des Sortimentsbuchhandels, den Vorstoß des Zwischenbuchhändlers Libri, sich mit seiner Tochterfirma ebook.de gegen als Konkurrenz im Endkundenbereich zu positionieren. Während der Zwischenbuchhandel im traditionellen Geschäft vorrangig eine Dienstleistungsfunktion für den Sortimentsbuchhandel und die Verlage einnahm, ist dies im E-Book-Segment nicht mehr ausschließlich der Fall, was zu einer Funktionsverlagerung auf Akteursebene führt und den Branchenverband als Institution zur Interessenswahrung aller Wirtschaftsstufen als Mediator erfordert. Dabei fungiert er über seine Wirtschaftstochter MVB auch als kommerzieller Anbieter von Dienstleistungen. So ist es beispielsweise für unabhängige Buchhandlungen möglich, sogenannte White-Label-Shops zu eröffnen. Hierfür stellt die MVB gegen Zahlung eines monatlichen Beitrags einen individualisierten (z. B. mit dem jeweils spezifischen Logo) Online-Shop zur Verfügung.³⁵⁷ In diesem Zusammenhang 355 Vgl. www.boersenverein.de/de/portal/Boersenverein/158389 356 Vgl. http://www.buchreport.de/nachrichten/verlage/verlage_nachricht/datum/2013/03/26/ kommunikation-ohne-traenen-in-den-augen.htm 357 Vgl. http://www.mvb-online.de/buchhaendler/so-verkaufen-sie-besser/mvb-shops.html

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   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

ist auch die ursprünglich als Endkundenplattform konzipierte Plattform Libreka von Bedeutung. Aufgrund mangelnder Präsenz im Endkundenbereich nach der Einführung – so wurden bis September 2009 lediglich 32 E-Books an Endkunden verkauft – beschloss der Verband die Plattform, zukünftig als Schnittstelle zwischen Verlagen und Buchhandlungen und damit verstärkt im B2B-Bereich zu positionieren. Als Ursache für den mangelnden Erfolg der Plattform wurden unter anderem technologische Schwierigkeiten sowie eine mangelnde Zielformulierung genannt.³⁵⁸ Auch hier zeigt sich die Problematik für den Verband, einen Interessensausgleich bzw. Konsens zwischen den verschiedenen Akteuren herzustellen.

1.2.3 Zentrale Akteure In Tabelle 24 sind die Umsätze der zehn größten Verlage im Belletristik- und Sachbuchbereich abgetragen. Zu den USA ergibt sich eine Parallele aus der Tatsache, dass die Verlagsgruppe Random House auch in Deutschland den größten Marktanteil erreicht. Bezogen auf den Gesamtumsatz in Höhe von 3.435 Mrd. Euro im Publikumsmarkt (Belletristik- und Sachbuchsegment), würde sich dieser auf knapp 10,5 Prozent belaufen. Im Gegensatz zu den USA sind aber die Marktanteile der größenmäßig nachfolgenden Verlage wesentlich geringer. So beträgt der Marktanteil des zweitgrößten Verlags (nach Umsatz) Bastei Lübbe lediglich 2,4 Prozent. Daraus lässt sich ableiten, dass die Verhandlungsmacht der Anbieter auf dem deutschen Buchmarkt aufgrund der heterogenen Marktsituation in dieser Hinsicht geringer als in den USA ist, wo die größten sechs Verlage 60 Prozent des Publikumsmarktes unter sich aufteilen. Tab. 24: Umsatzanteile Verlage Deutschland. Quelle: Gfk 2011. Verlag

Umsatz (in Mio. Euro)

Random House Bastei Lübbe S. Fischer Rowohlt dtv Droemer Knaur Ravensburger Ullstein Verlage Carlsen Oetinger-Gruppe

344,0  78,9  72,2  70,0  64,0  57,5  56,5  55,0  53,5  50,9

358 Vgl. http://wlstorage.net/file/libreka-ungeschminkt-2009.pdf

1 Buchmärkte in Deutschland und den USA   

   133

Auf der Abnehmerseite nimmt das Unternehmen Amazon analog zu der Situation in den USA ebenfalls eine zentrale Rolle ein. Der Marktanteil des Onlinehändlers beläuft sich auf 25 Prozent am gesamten Versandhandel in Deutschland. Im OnlineBuchandel liegt der Marktanteil sogar bei 74 Prozent (Stand 2013), so dass hier von einer Marktführerschaft gesprochen werden kann.³⁵⁹ Dieses Verhältnis entspricht den Ergebnissen einer Langzeitanalyse des Bundesverbandes des deutschen Versandhandels, die unter anderem feststellt, dass beim Onlinevertrieb von Büchern Amazon die häufigste Anlaufstelle für Konsumenten darstellt, während das Unternehmen in anderen Segmenten, wie z. B. Bekleidung, eine eher geringe Sichtbarkeit aufweist.³⁶⁰ Wie aus Tabelle 23 zu den Marktanteilen der verschiedenen Vertriebskanälen ersichtlich ist, hat der Versandhandel einschließlich des Onlinebuchhandels stetige Zugewinne zu verzeichnen. Dabei zeigt sich die Dominanz des Unternehmens Amazon auch innerhalb des Kanals. Während das Unternehmen 2006 noch lediglich knapp über 50 Prozent des Marktanteils auf sich vereinigen konnte, belief sich der Anteil vier Jahre später schon auf 64,1 Prozent und belief sich dann 2012 schon auf die angesprochenen drei Viertel.³⁶¹ Im stationären Bereich nimmt der Filialist Thalia weiterhin die führende Position ein. Die unter dem Dach des Douglas-Konzerns agierende Buchhandelskette ist mit einem Umsatz von 984 Mio. Euro und 236 Buchhandlungen die größte Kette in Deutschland. Darüber hinaus ist das Unternehmen mit 59 Niederlassungen in der Schweiz und Österreich im deutschsprachigen Ausland vertreten.³⁶² Die Onlineaktivitäten sind in der Beteiligung buch.de gebündelt. Im Zuge der so genannten „SmartReading-Strategie“, deren Zielsetzung in einer stärkeren Fokussierung auf das mobile Lesen besteht, erhöhte das Unternehmen im Jahr 2011 auf 77,7  Prozent.³⁶³ Im Zuge der Übernahme des Douglas-Konzerns durch den US-Finanzinvestor Advent wurde insbesondere die Buchhandelssparte Thalia für den Konzernverlust in Höhe von 109,9  Mio.  Euro als verantwortlich angesehen.³⁶⁴ Der sinkende Marktanteil des stationären Buchhandels und die zunehmende Bedeutung des Onlinevertriebs manifestiert sich in einem Flächenrückbau. So kündigte Thalia im Jahr 2012 an die Zahl seiner Filialen zu reduzieren und das Sortiment mit zusätzlichen Angeboten wie z. B. Spielsachen anzureichern.³⁶⁵ Der zweite große Player im stationären Buchhandel ist die aus einer Fusion von Weltbild und Hugendubel hervorgegangene Deutsche Buchhandels Holding (DBH). 359 Vgl. http://meedia.de/print/online-buchhandel-amazon-marktanteil-liegt-bei-74-prozent/2013/ 05/14.html 360 Vgl. http://www.boersenblatt.net/628499/ 361 Vgl. http://www.boersenblatt.net/628499/ 362 Vgl. unternehmen.thalia.de/datenfakten/ 363 Vgl. unternehmen.thalia.de/unternehmen/historie 364 Vgl. Abendzeitung 2013. 365 http://www.ftd.de/unternehmen/handel-dienstleister/:buchhandel-thalia-chef-legt-beichteab/70102761.html

134   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

Sie erwirtschaftete im Jahr 2012 einen Umsatz von 695 Mio. Euro und verfügte über 469 Filialen, wovon 323 Weltbildfilialen waren und 55 unter der Marke Hugendubel firmierten. Die restlichen Filialen wurden ursprünglich unter den Marken Weiland (36), Wohlthat’sche (36) und DBH Warenhaus (25) geführt wobei im Zuge einer Umbenennung die Marke Weiland in Hugendubel umgewandelt wurde.³⁶⁶ Auch die DBH sah sich im Rahmen der schwierigen Marktsituation für das stationäre Sortiment gezwungen, Filialschließungen vorzunehmen. So wurden beispielsweise im Jahr 2013 10 Filialen der Wohltat’schen geschlossen, während die verbliebenen in die Holding integriert wurden und die Marke aufgelöst wurde.³⁶⁷

1.2.4 Marktpotential Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers prognostiziert für den deutschen Buchmarkt ein geringeres Wachstum im E-Book-Bereich. Wie aus Abbildung 19 ersichtlich ist, wird dabei zwar von einem kontinuierlichen Wachstum des E-Book-Segments ausgegangen, jedoch mit einer weitaus geringeren Rate als dies in den USA der Fall ist. Während Pwc dort bereits 2017 von einem höheren Umsatzanteil der E-Books im Vergleich zu gedruckten Büchern im Publikumsmarkt ausgeht – was etwas über 50  Prozent entspräche –, beträgt der Anteil in Deutschland dann nach Meinung des Unternehmens dann erst ungefähr 10 Prozent. Der Marktanteil im Publikumsmarkt lag aber bereits 2014 bei 9,4 Prozent, weshalb die Schätzung in dieser Hinsicht zu konservativ war.³⁶⁸

7 6 5 4 3 2 1 0

2009

2010

E-Books

2011

2012

2013

2014

2015

2016

2017

Gedruckte Bücher

Abb. 19: Prognose zum Absatz von gedruckten Büchern und E-Book bis 2017. Quelle: PWC 2012.

366 Vgl. www.boersenblatt.net/143822/ 367 Vgl. www.boersenblatt.net/548171/ 368 Vgl. Wischenbart 2014, S. 7.

1 Buchmärkte in Deutschland und den USA   

   135

1.2.5 Konsumentenstruktur Die Buchkäufer in Deutschland sind im Jahr 2013 zu 67 % wie schon in den Vorjahren vorwiegend Frauen. Den größten Anteil der Buchkäufer nehmen die Personen in der Altersgruppe von 40–49 Jahren ein.³⁶⁹ Bezüglich des Haushaltseinkommens kann konstatiert werden, dass der durchschnittliche Buchkäufer eher einkommensstark ist, jedoch die unteren Einkommensklassen leichte Zuwächse bezüglich der Buchkäufe verzeichnen können.³⁷⁰ In dieser Hinsicht unterscheiden sich die typischen deutschen Buchkäufer nicht von denen in den USA, die ebenfalls über ein überdurchschnittlich hohes Einkommen verfügen. Insgesamt ist aber die Vorliebe für gedruckte Bücher auf dem deutschen Markt höher als in den USA, was sich nicht nur in den momentan noch geringeren Absatzzahlen der E-Books widerspiegelt. So gaben im Jahr 2013 immer noch 81 % der von der Gfk im Rahmen des Consumer Panels befragten Buchkäufer an, dass sie das gedruckte Buch zu sehr lieben würden und ein elektronisches Lesegerät nicht an das Leseerlebnis heranreichen würde. Eine Ursache hierfür könnte in der unterschiedlichen Preisgestaltung in den beiden Märkten liegen. Dabei scheint der Preis für den amerikanischen Konsumenten auch eine weniger wichtige Rolle zu spielen als für den deutschen E-Book-Käufer.³⁷¹ Auffällig sind zudem die unterschiedlichen Bekanntheitswerte beim Begriff „E-Reader“ in den beiden Ländern. So war im Jahr 2010 die Zahl derer, die den Begriff noch nie gehört hatten, mit 35 % in Deutschland wesentlich höher als etwa in den USA, wo dies lediglich bei 17 % der Fall war.³⁷² Ähnliches gilt für die Zahlungsbereitschaft für derartige Endgeräte. Diese ist in den USA ebenfalls höher ausgeprägt.³⁷³ Die Verbreitung der elektronischen Lesegeräte ist in Deutschland weitaus niedriger als in den USA, was auch mit dem geringeren Marktanteil korrespondiert. Insgesamt ist das Segment in Deutschland durch ein niedrigeres aber stetiges Wachstum aus, wie aus Abbildung 20 ersichtlich ist. So verfügten in den USA im Jahr 2014 bereits 32 % der Bevölkerung über einen dezidierten Reader, wohingegen der Anteil in Deutschland lediglich bei 12  Prozent lag. Im Zeitverlauf kam es aber auf beiden Märkten zu einem stetigen Anwachsen des Marktanteils.

369 Vgl. BIZ 2014, S. 36. 370 Vgl. BIZ 2014, S. 36. 371 Vgl. Pwc 2010, S. 25. 372 Vgl. Pwc 2010, S. 19. 373 Vgl. Pwc 2010, S. 22.

136   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

32% 24% 19% 12%

10% 4% 1% 2010

4% 2011

Deutschland

9% 6% 2012

2013

2014

USA

Abb. 20: Anteil von E-Reader-Besitzern in der Gesamtbevölkerung Deutschland / USA. Quelle: Pew Research Center 2014 / IFD Allensbach.

1.3 Branchenstrukturanalyse Unter einer Branche wird in diesem Zusammenhang, analog zu Porter, eine Gruppe von Unternehmen (…) [verstanden], die Produkte herstellen, die sich gegenseitig nahezu ersetzen können.³⁷⁴ Die im Fokus dieser Untersuchung stehenden Unternehmen des verbreitenden Buchhandels und hierbei insbesondere die des Bucheinzelhandels lassen sich dabei der Branche des Einzelhandels zuordnen. Dabei stellt der Bucheinzelhandel einen Teil der drei Wirtschaftsstufen des Buchgewerbes dar. Diese gliedern sich in den herstellenden Buchhandel (Verlagsbuchhandel) und den verbreitenden Buchhandel, welcher sich wiederum in den Zwischenbuchhandel und den Bucheinzelhandel differenzieren lässt. In den Branchenzeitschriften ist oftmals von dem Begriff der ,Buchbranche‘ die Rede. Dabei liegt in diesem Begriff eine Besonderheit, da im Gegensatz zu anderen Branchen sowohl das verarbeitende Gewerbe als auch der Groß- und Einzelhandel darunter subsumiert werden.³⁷⁵ Die Grundzüge der Branchenstrukturanalyse wurden bereits in Teil II, Punkt 1.2 in den Ausführungen zum marktorientierten Ansatz erläutert. Von Unternehmen angestoßene Veränderungen wie z. B. eine Erneuerung der Technologiebasis können zu Veränderungen der Struktur einer Branche führen, indem etwa Eintrittsbarrieren infolge technologischer Neuerungen sinken. Diese Veränderungen können wiederum eine Modifikation der von den Unternehmen eingesetzten Wettbewerbsstrategien erfordern und zeigen sich beispielsweise in der Buchbranche im Markteintritt branchenfremder Unternehmen bzw. in einer zunehmenden Bedeutung des Online-

374 Vgl. Porter 2008, S. 37. 375 Vgl. Emrich 2011, S. 31.

1 Buchmärkte in Deutschland und den USA   

   137

buchhandels, der sich in den wachsenden Marktanteilen in diesem Kanal beobachten lässt.³⁷⁶ Die Branchenstrukturanalyse dient im Kontext dieser Untersuchung als Analysehilfsmittel, um die durch die Digitalisierung und Vernetzung entstandenen Veränderungen in der Unternehmensumwelt herauszustellen und die daraus entstandenen Unternehmensreaktionen im Sinne eines Musters strategischer Entscheidungen transparent zu machen. Insbesondere die aus diesen neuen Phänomenen entstandenen Marktverwerfungen führen zu einer hohen Unsicherheit der Unternehmen und bedürfen deshalb einer systematischen Betrachtung. Die Branchenstrukturanalyse stellt dabei ein nützliches Instrumentarium zur Verfügung. Auch wenn Porter selbst eingesteht, dass eine Generalisierung des Einflusses des Internets auf die langfristige Profitabilität einer Industrie schwierig ist: „(…) it would be a mistake to draw general conclusions about the impact oft the Internet on longterm industry profitability; each industry is affected in different ways.“³⁷⁷ Allerdings stellt er fest, dass es durchaus einige Tendenzen bzw. wiederkehrende Beobachtungen hinsichtlich des Einflusses des Internets auf die Branchenstruktur zu verzeichnen gibt, die sowohl positiver als auch negativer Natur sein können, wobei letztere aus Sicht der etablierten Akteure überwiegen. Während die Internettechnologie die Effizienz einer Branche oftmals verbessern kann und damit einen positiven Effekt aufweist, führt sie jedoch auch aufgrund einer erhöhten Transparenz hinsichtlich der Produkte für die Konsumenten zu einer Stärkung ihrer Verhandlungsmacht, was sich negativ auf eine Branche niederschlagen kann. Zudem erleichtert die Internettechnologie – dies gilt besonders für den Medienbereich – die Herausbildung von funktionalen Substituten bzw. stellt selbst eines dar, da z. B. Unterhaltungsbedürfnisse, die vormals mit Büchern befriedigt wurden, nunmehr anderweitig erfüllt werden.³⁷⁸ Auch die durch die Internettechnologie erleichterte Internationalisierung führt zu einer Verschärfung des Wettbewerbs unter den in einer Branche tätigen und branchenfremden Unternehmen. Die Senkung der Transaktionskosten für den Endkonsumenten, wie sie sich z. B. in einer erhöhten Transparenz zeigt und damit den Kaufprozess erleichtert, führt dabei auf Unternehmensseite zu Problemen Profitabilität zu erzielen, da ihre Möglichkeiten Preisspielräume auszunutzen, eingeschränkt ist.³⁷⁹ Im Folgenden werden die Ausprägungen der jeweiligen Wettbewerbskräfte für die beiden betrachteten Märkte dargestellt.

376 Vgl. Teil III, Punkt 1.3 u. Teil III, Punkt 1.1 377 Vgl. Porter 2001, S. 64. 378 Vgl. Porter 2001, S. 66. 379 Vgl. Porter 2001., S. 66.

138   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

1.3.1 Verhandlungsmacht der Abnehmer Der verbreitende Buchhandel sieht sich sowohl in Deutschland als auch den USA einer großen Anzahl von Konsumenten gegenüber. Deshalb ist deren Verhandlungsmacht in beiden Märkten scheinbar gering ausgeprägt. Dies wird auch in der geringen Zahl an Vielkäufern in beiden Buchmärkten deutlich: So kaufen nur ungefähr 4 % der deutschen Bevölkerung mehr als 20 Bücher pro Jahr.³⁸⁰ In den USA liegt der Anteil mit 9 % zwar höher, es kann aber aufgrund des vergleichsweise geringen Umsatzvolumens pro Verkauf im Vergleich zum Gesamtumsatz nicht von einer erhöhten Konzentration auf dieser Ebene ausgegangen werden. Diese Tendenz wird angesichts des geringen Betrags, der jährlich für Bücher ausgegeben wird, noch deutlicher. So steigt die Käufermacht, wenn der Anteil der Produkte am Gesamtbudget hoch ist. In Deutschland wurden im Jahr 2010 pro Person lediglich durchschnittlich 117 Euro jährlich für Bücher ausgegeben, was im Vergleich zur gesamten Kaufkraft in Höhe von umgerechnet etwa 36.000 Dollar einen geringen Betrag darstellt.³⁸¹ In den USA ist der Betrag mit 117 Dollar ebenfalls gering. Dies wird angesichts der höheren Pro-KopfKaufkraft in den USA in Höhe von etwa 47.000 Dollar nochmals marginaler.³⁸² Grundsätzlich haben jedoch die in Teil II, Punkt 2 dargelegten Eigenschaften der Internetökonomie das Potential die Verhandlungsmacht der Abnehmer zu erhöhen. Dies kommt z. B. in den nunmehr verminderten Suchkosten und einer damit einhergehenden erhöhten Transparenz sowie dem Vorherrschen geringer Wechselkosten zum Ausdruck, da das nächste Angebot „nur einen Klick entfernt“ ist.³⁸³ Die wachsende Bedeutung der verminderten Suchkosten zeigt sich beispielsweise in der Tatsache, dass sich bereits im Jahr 2007 37 % der deutschen Bevölkerung online über Bücher informierten und weitere 29 % dies zukünftig in Erwägung zogen.³⁸⁴ Diese Entwicklungen sind insbesondere im amerikanischen Buchmarkt nochmals verschärft, da hier infolge der fehlenden Buchpreisbindung und der Aussetzung des Agency-Modells ein höherer preispolitischer Spielraum zwischen den einzelnen Anbietern zu verzeichnen ist. Gepaart mit der erhöhten Transparenz des Onlinehandels, die durch Preisvergleichssuchmaschinen ermöglicht wird, kann dies dazu führen, dass der Preis als wesentliches Entscheidungsmerkmal für den Kaufprozess Gültigkeit erlangt.³⁸⁵ Auf dem deutschen Buchmarkt hingegen ist ein derartiger Preiswettbewerb aufgrund der Buchpreisbindung nicht gegeben und der verbreitende Buchhandel kann sich durch Service bzw. Beratungsleistungen im Wettbewerb dif380 Vgl. Emrich 2011, S. 64. 381 Vgl. http://de.statista.com/statistik/daten/studie/214478/umfrage/pro-kopf-ausgaben-fuerbuecher-nach-bundeslaendern/ 382 Vgl. http://de.statista.com/statistik/daten/studie/169824/umfrage/pro-kopf-einkommen-inausgewaehlten-laendern/ 383 Vgl. Busch 2005, S. 133 u. Books in the United States 2012, S. 12. 384 Vgl. Kochhan / Bannert 2009, S. 65. 385 Vgl. Busch 2005, S. 133.

1 Buchmärkte in Deutschland und den USA   

   139

ferenzieren. Im Bereich Belletristik weist das Angebot der meisten Verkaufsstellen zudem eine hohe Ähnlichkeit auf, was die Markenloyalität auf der Ebene des Vertriebskanals schwinden lässt. Anders verhält es sich im Fachbuchsegment, weshalb hier die Wahlfreiheit der Konsumenten eingeschränkt ist, was ihre Verhandlungsmacht eher schwächt. Grundsätzlich ist die Markenloyalität in der Buchbranche gering ausgeprägt und allenfalls in bestimmten Teilbereichen von Bedeutung.³⁸⁶ Somit kann konstatiert werden, dass die Verhandlungsmacht der Abnehmer auf dieser Ebene aufgrund ihrer Zersplitterung eher gering ausgeprägt ist, es jedoch aufgrund der Eigenschaften der Internetökonomie zu einer leichten Erhöhung kommen kann. Darüber hinaus handelt es sich bei Büchern zwar um Konsumgüter bzw. Gebrauchsgüter, die aber durchaus teilweise als Luxusgüter charakterisiert werden können und somit einer höheren Preiselastizität unterliegen. Dies ist vor allem im Bereich der unterhaltenden Literatur zu konstatieren, da das Medium Buch hier mit Alternativen zur Freizeitgestaltung konkurriert. Auch die Markenloyalität ist in der Buchbranche tendenziell gering ausgeprägt. Dies ist vor allem gegenüber Verlagen und Buchhändlern der Fall. Einzig bei Autoren kann von einer Loyalität der Konsumenten gesprochen werden. Die mangelnde Loyalität verschärft die Verhandlungsmacht ebenfalls. Eine Möglichkeit für Unternehmen, die infolge der Eigenschaften der Internetökonomie angestiegene Verhandlungsmacht der Konsumenten zu verringern und die Kundenloyalität zu erhöhen, besteht in der Generierung von Lock-In-Mechanismen. Diese erfolgen unter der Zielsetzung, die durch eine erhöhte Transparenz verringerten Wechselkosten zu erhöhen. Dies kann beispielsweise durch die Etablierung eines geschlossenen Ökosystems geschehen, wie es von Firmen wie Amazon oder Apple angestrebt wird. Gekennzeichnet sind solche Systeme durch proprietäre Dateiformate bzw. Kopierschutzmaßnahmen, die die Nutzung bzw. Übertragung der innerhalb eines Systems erworbenen Inhalte auf andere Systeme erschweren. So ist es beispielsweise zwar möglich, Inhalte in das proprietäre Format von Amazon zu konvertieren, aber nicht umgekehrt bzw. mit höherem Aufwand verbunden, solange die jeweiligen Inhalte mit einem Kopierschutz versehen sind.³⁸⁷ Das anfängliche Fehlen eines dominanten Formats zeigte sich auf dem deutschen Buchmarkt in der noch recht heterogenen Nutzung verschiedener Standards. So nutzten im Jahr 2011 zwar 64 % der E-Book-Käufer in Deutschland den Pdf-Standard, bei den anderen Standards aber ergab sich ein gemischtes Bild, das eine ähnlich hohe Verteilung bei den einzelnen Standards ergab. Gleiches galt für den US-amerikanischen Markt. Auf die Frage, auf welche Plattformen sie mit ihren Angeboten abzielen, antworteten 18 %, dass sie sich auf den Standard von Amazon konzentrieren und jeweils 15 % plädierten für den offenen ePub-Standard bzw. die ePub-Version mit Apple-DRM.³⁸⁸ Mittlerweile (Stand

386 Vgl. Meyer 2009, S. 173. 387 Vgl. http://www.weblog-deluxe.de/anleitung-epub-bucher-umwandeln-ins-kindle-format-mobi/ 388 Vgl. Statista-Dossier 2012, S. 30.

140   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

2014) haben sich der proprietäre Standard von Amazon sowie das offene E-Pub-Format stärker durchgesetzt. Ähnliches gilt für den US-amerikanischen Buchmarkt. Eine weitere Möglichkeit, die Kundenloyalität zu erhöhen und damit Wechselbarrieren aufzubauen, ist die Etablierung von Kundenloyalitätsprogrammen, wie sie vor allem im amerikanischen Buchmarkt üblich sind. So haben die großen Ketten Barnes & Noble und die Borders Group entsprechende Programme im Angebot, bei denen die Kunden gegen die Zahlung eines jährlichen Beitrags in den Genuss von Zusatzleistungen kommen. Mit der Einführung der Möglichkeit, Pay-back-Punkte zu sammeln, versuchte das Unternehmen Thalia in ähnlicher Weise die Kundenloyalität zu erhöhen. So ist die Käuferzahl sowohl im amerikanischen als auch im deutschen Buchmarkt hoch, was eine geringe Ausprägung dieses Einflussfaktors nach sich zieht. Ähnliches gilt für den oben beschriebenen Faktor Finanzkraft. Anders verhält es sich mit den Wechselkosten. Diese sind gering, wodurch die Wahrscheinlichkeit eines Wechsels zunimmt, was die Verhandlungsmacht der Abnehmer wiederum stärkt. Insgesamt ist aber trotz dieser aus der Internetökonomie erwachsenden Veränderungen von einer eher moderaten Verhandlungsmacht der Abnehmer in beiden Märkten auszugehen.³⁸⁹

1.3.2 Verhandlungsmacht der Anbieter Das Angebot wird im Buchmarkt durch die Verlage bereitgestellt. Dabei unterscheiden sich die Verlage sowohl in den USA als auch in Deutschland stark in der Größe. Neben einigen wenigen großen Anbietern, die den Großteil der Marktanteile auf sich vereinigen können – so verfügen die zehn größten US-amerikanischen Verlage über einen Marktanteil von über 90 %³⁹⁰ – gibt es noch eine Vielzahl kleinerer Anbieter, deren Verhandlungsmacht aber wegen ihres geringen Umsatzvolumens begrenzt ist. In Deutschland vereinigen die größten 10 Verlage einen Umsatz von 2,85 Mrd. auf sich, was einem Anteil von lediglich 33 % entspricht und keine hohe Marktmacht impliziert. Im Publikumssegment besteht eine noch geringere Konzentration. Eine weitere Partei auf der Angebotsseite stellen die Autoren dar, deren Verhandlungsmacht maßgeblich durch ihren Bekanntheitsgrad bestimmt ist. Handelt es sich um bereits am Markt bekannte Autoren, so werden diese oftmals durch Literaturagenten vertreten und verfügen über eine große Verhandlungsmacht gegenüber den Verlagen. Demgegenüber steht die große Zahl an unbekannten Autoren, die nur über eine geringe Verhandlungsmacht verfügen, sich aber durch die Angebote im SelfPublishing Bereich und der damit verbundenen Möglichkeit in direkten Kontakt mit ihren Lesern zu begeben einen Zuwachs an Verhandlungsmacht verschaffen können. 389 Vgl. Books in the United States 2012, S. 12. 390 Vgl. Teil III, Punkt 1.1.3.

1 Buchmärkte in Deutschland und den USA   

   141

Auch dieses Phänomen ist sowohl in Deutschland als auch in den USA anzutreffen.³⁹¹ Dabei gestaltet sich die Abschätzung der Erfolgswahrscheinlichkeit von Manuskripten für die Verlage als schwierig, was sich auch in der Tatsache zeigt, dass nur ein geringer Teil der Neuerscheinungen wirtschaftlich erfolgreich ist und bis zu 95 % der unverlangt eingesandten Manuskripte von Verlagsseite abgelehnt werden.³⁹² Insofern war die bisherige Verhandlungsmacht der Anbieter sowohl von Verlagsseite – mit Ausnahme der großen Publikumsverlage – als auch von Autorenseite eher gering ausgeprägt. Mit der durch die Digitalisierung entstandenen Möglichkeit für Autoren, elektronische Buchinhalte zu publizieren und diese durch das Internet einer breiten Masse zur Verfügung zu stellen, ist die Verhandlungsmacht der Autoren gegenüber den Verlagen tendenziell gestiegen. Mit der Entwicklung des E-BookMarktes hat sich die Situation auf Verlagsseite, abgesehen von den erwähnten Selfpublishingtendenzen in erster Linie durch den Markteintritt neuer Wettbewerber wie Amazon, verschärft. Dabei gehört die Kundenloyalität weniger der Verlagsmarke als vielmehr dem Autoren.³⁹³ Insofern besteht insbesondere durch die zunehmende Ausbreitung des Selfpublishing ein zusätzliches Angebot an alternativen Produkten, was die Verhandlungsmacht der Verlage schwächt. Aus Sicht des verbreitenden Buchhandels in Deutschland ist die Verhandlungsmacht der Anbieter deshalb weiterhin als moderat anzusehen.³⁹⁴ Problematisch wäre aus dieser Sicht eine verstärkte Abwanderung von Autoren hin zu Self-Publishing-Angeboten, da diese dann unter Umgehung des klassischen verbreitenden Buchhandels ihre Inhalte zur Verfügung stellen. Zudem erleichtert die technologische Entwicklung auch den Direktvertrieb der Verlage an den Endkonsumenten, wodurch der verbreitende Buchhandel ebenfalls unter Druck gerät und was deshalb zu einer erhöhten Verhandlungsmacht der Verlage führen könnte. Eine solche Verschärfung ist aber zumindest im belletristischen Bereich unwahrscheinlich, da aufgrund der vergleichsweise großen Zahl der Verlage  – dem Börsenverein des deutschen Buchhandels zufolge, sind mehr als 1.850 Verlage dort Mitglied – keine starke Konzentration der Anbieter besteht, was deren Verhandlungsposition schwächt. Wenngleich eine größere Verlagsgruppe wie z. B. die Tochter des Bertelsmann Konzerns Random House, die viele Imprints unter einem Dach vereinigt, ihre Größenvorteile in ihrer Verhandlungsmacht auszuspielen, so ist doch ein Direktvertrieb von Verlagsseite ohne die Einschaltung von Aggregatoren unwahrscheinlich, da auch in oben genannten Fall keine umfassende Reichweite des Angebots bereit gestellt werden kann. Die Aggregatoren stellen zugleich eine weitere Ebene des Angebots aus Sicht des verbreitenden Buchhandels dar. Während es sich hierbei im digitalen Buchmarkt um 391 Vgl. Books in the United States 2012, S. 13. 392 Vgl. Prostka / Schimdt-Stölting 2009, S. 111 f. 393 Vgl. ebd., S. 111. 394 Vgl. Books in the United States 2012, S. 13.

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   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

teilweise neu in den Markt eingetretene Unternehmen handelt, handelt es sich im traditionellen Buchmarkt um die Großhändler bzw. Barsortimente. Letztere spielen auf dem deutschen Buchmarkt eine zentrale Rolle, da sie als Bestandteil des Zwischenbuchhandels eine eigene Wirtschaftsstufe repräsentieren. Insgesamt beläuft sich die Zahl der in dieser Wirtschaftsstufe gelisteten Unternehmen auf 80 Stück, was im Vergleich zu den etwa 3.800 Buchhandlungen und den 1.850 Verlagen eine relativ geringe Anzahl darstellt. Dabei gliedern sich die Unternehmen des Zwischenbuchhandels in die Verlagsauslieferungen und die Barsortimente. Im Gegensatz zu den Verlagsauslieferungen handeln Barsortimente auf eigenen Namen und eigene Rechnung und können somit zu den Anbietern gerechnet werden. Sie helfen Buchhandlungen dabei, den in Deutschland gesetzlich fixierten Besorgungsauftrag zu erfüllen, indem sie es ermöglichen, Titel über Nacht bereitzustellen. Dabei findet auch eine Entlastung der Verlage statt, da diese nicht einzelne Titel im Falle einer Nachbestellung versenden müssen.³⁹⁵ Die Wirtschaftsstufe ist stark konzentriert, da die beiden größten Anbieter KNV und Libri den Großteil der Marktanteile auf sich vereinigen. Eine ähnliche Tendenz zur Konzentration ist in den USA konstatierbar. Durch die Übernahme der Zwischenbuchhändler Publishers Group West, Consortium, Legato und PDS im Jahr 2014 ist der Grossist Ingram dort zum größten Anbieter in dieser Wirtschaftsstufe geworden.³⁹⁶ Hier ist die Abgrenzung zwischen Verlagsauslieferung und Barsortiment allerdings weniger trennscharf. Die großen Akteure wie Ingram haben jedoch eine gleichermaßen hohe Marktmacht. Dies zeigt sich beispielsweise in der Tatsache, dass der Übernahmeversuch von Ingram durch Barnes & Noble im Jahr 1999 durch die US-Kartellbehörde FTC (Federal Trade Commission) mit der Begründung einer drohenden Wettbewerbseinschränkung untersagt wurde.³⁹⁷ Einen weiteren Faktor stellen die in Teil  II, Punkt  1.2.2 vorgestellten Komplementierer dar. Der Einfluss dieser Komponente ist demnach u. a. durch die Faktoren Konzentrationsgrad, Wechselkosten, Separierbarkeit, Integrationsmöglichkeit und Marktwachstum bestimmt.³⁹⁸ Während die Separierbarkeit und damit die Möglichkeit für Nutzer das Produkt auch ohne das Komplementärprodukt zu nutzen gering ist, wodurch die Marktmacht von Komplementierern steigt, ist dies bei den anderen Faktoren nicht der Fall, wodurch insgesamt von einer niedrigen Verhandlungsmacht der Komplementierer auszugehen ist. Dies liegt darin begründet, dass es eine Vielzahl von E-Reader-Herstellern gibt, was auf eine niedrige Konzentration in diesem Segment hindeutet und daher deren Verhandlungsmacht gegenüber Unternehmen des verbreitenden Buchhandels schmälert. Bereits im Jahr 2009 gab es eine große Zahl von Anbietern wie Bookeen, Plastic Logic, Medion, Sony, Kobo, Fujitsu und

395 Vgl. www.boersenverein.de/de/portal/index.html 396 Vgl. Rosen 2014, S. 22. 397 Vgl. Schlossberg 2008, S. 463. 398 Vgl. Lammerskötter 2002, S. 103.

1 Buchmärkte in Deutschland und den USA   

   143

Onyx.³⁹⁹ Aufgrund der technischen Ähnlichkeit der Produkte dieser Hersteller waren die Wechselkosten für die Unternehmen des verbreitenden Buchhandels ebenfalls gering.

1.3.3 Gefahr des Markteintritts neuer Wettbewerber In der jüngeren Vergangenheit sah sich der verbreitende Buchhandel in Deutschland starken Konzentrationstendenzen gegenüber. Dabei expandierten die Filialunternehmen und hierbei die beiden Marktführer DBH und Thalia besonders stark und konnten ihren Marktanteil auf 30 % am Gesamtmarkt ausweiten.⁴⁰⁰ Mit der Markteinführung der elektronischen Lesegeräte und der Ausweitung des Angebots entsprechender Inhalte sowie den veränderten Einkaufsverhalten sind die Filialisten in ihrem Expansionsdrang gestoppt worden und befinden sich mittlerweile in einer Phase der Konsolidierung.⁴⁰¹ Besonders das Unternehmen Amazon, aber auch IT-Unternehmen wie Apple oder Google stellen dabei die neuen Wettbewerber im verbreitenden Buchhandel dar. Diese Situation ist in den USA infolge der Möglichkeit über den Preis zu konkurrieren nochmals verschärft. Dies ist vor allem für E-Commerce-Anbieter wie Amazon ein wichtiges Instrument, um Marktanteile zu gewinnen. Da aufgrund ihrer in Teil III, Punkt 2.1.3 dargelegten spezifischen Kostenstruktur eine niedrigere Fixkostenstruktur im Vergleich zu den stationären Ladengeschäften der Filialisten aufweisen, verfügen sie über einen größeren Preisspielraum. Deutlich wurde dieses Potential in der Vergangenheit durch die Diskussion um die Preisschwelle von digitalen Inhalten von 9,99 Dollar, die das Unternehmen als Höchstpreis ansetzt und die zu einem Disput mit dem Verlagshaus Macmillan führte.⁴⁰² Die Tatsache, dass Amazon, nachdem das Unternehmen vorübergehend die Bücher von Macmillan aus seinem Angebot entfernte, schlussendlich einlenkte und sich bereit erklärte, die Bücher über der Schwelle von 9,99 Dollar anzubieten, zeigt exemplarisch die Notwendigkeit für neue Wettbewerber, eine gute Beziehung und Reputation mit den Lieferanten aufzubauen. Diese Notwendigkeit kann dahingehend eine Eintrittsbarriere für neue Wettbewerber darstellen.⁴⁰³ Auf dem deutschen Buchmarkt ist diese Barriere jedoch geringer ausgeprägt, da die Verlage im Vergleich zu ihren Hauptabnehmern (Onlinebuchhandel und Filialisten) weniger konzentriert sind und deshalb theoretisch über weniger Verhandlungsspielraum verfügen. Allerdings wird über gesetzliche Rahmenbedingungen in

399 Vgl. Levack 2009, S. 14. 400 Vgl. Emrich 2011, S. 382. 401 Vgl. http://www.buchreport.de/analysen/filialisten.htm 402 Vgl. http://www.guardian.co.uk/commentisfree/2010/feb/03/amazon-macmillan-kindle-books 403 Vgl. Books in the United States 2012, S. 14.

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   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

Form der Buchpreisbindung ein Preiskrieg von vornherein verhindert, und der Verhandlungspielraum beschränkt sich auf die Kondititonsebene. Eine weitere Eintrittsbarriere stellen die hohen Anfangsinvestitionen dar, die für den Aufbau von stationären Ladengeschäften notwendig sind. Im Vergleich dazu sind die Anfangsinvestitionen für die Etablierung eines E-Commerce-Shops eher gering einzustufen. Verbunden mit der in beiden betrachteten Märkten vorherrschenden Bereitschaft von Konsumenten, verstärkt online einzukaufen, was sich in dem zunehmenden Marktanteil dieses Vertriebskanals niederschlägt, ist allerdings die Marktattraktivität des physischen Buchhandels gering. Dies ist auch nicht zuletzt der Tatsache zu verdanken, dass es sich beim Buchmarkt sowohl in den USA als auch in Deutschland um einen reifen Markt mit stagnierenden Wachstumsraten handelt.⁴⁰⁴ Insofern ist die Gefahr eines Markteintritts neuer Wettbewerber im physischen Buchmarkt gering bzw. nicht vorhanden. Im Onlinehandel bzw. beim Handel mit digitalen Informationsprodukten sind die Markteintrittsbarrieren im Vergleich zum traditionellen Bucheinzelhandel zwar geringer, da kein umfassendes Filialnetz aufgebaut werden muss, jedoch ist es hierfür notwendig, eine entsprechende technische Infrastruktur aufzubauen, was zunächst hohe Kosten verursacht. Auch die Notwendigkeit Geschäftsbeziehungen mit den Inhalteanbietern aufzubauen, stellt in diesem Kontext eine Markteintrittsbarriere dar. Insofern ist die Gefahr des Markteintritts neuer Anbieter auf elektronischen und digitalen Marktplätzen ebenfalls als moderat anzusehen.⁴⁰⁵

1.3.4 Bedrohung durch Substitute Zunächst gilt es dabei die verschiedenen denkbaren Ebenen zu differenzieren, auf denen eine Substitution von Büchern möglich erscheint. Dabei geht es zunächst um die Frage inwieweit der einzelne Titel substituiert werden kann. Bei dem einzelnen Titel handelt es sich zwar um ein Unikat, es besteht aber die Option den Titel durch ein Werk mit einer ähnlichen Thematik oder Zielrichtung zu substituieren.⁴⁰⁶ Außerdem birgt der Handel mit gebrauchten Büchern (Antiquariat) ein Substitutionspotential. Dieses manifestiert sich im Onlinebereich in den Angeboten auf Plattformen wie z. B. die des Unternehmens Momox, das sich auf den Handel mit gebrauchten Produkten spezialisiert hat. Bereits im Jahr 2004 konstatierte das Unternehmen Abebooks in einer Studie, dass der elektronische Handel auch den Handel mit gebrauchten Büchern begünstigt. Darin wird u. a. konstatiert, dass auch kleinere Buchhandlungen vom Onlinehandel mit gebrauchten Büchern profitieren können, weil der Markt in diesem Bereich weniger stark konzentriert ist.⁴⁰⁷ 404 Vgl. Books in the United States 2012, S. 14 u. BIZ 2012. 405 Vgl. Books in Germany 2015, S. 15. 406 Vgl. Emrich 2011, S. 60. 407 Vgl. Abebooks 2004, S. 6 f.

1 Buchmärkte in Deutschland und den USA   

   145

Auch auf der Ebene der Distribution ist eine Substitution denkbar. Dies wird in der in Teil II, Punkt 3.2.2 beschriebenen Entwicklung des E-Commerce zur disruptiven Innovation auf Geschäftsmodellebene deutlich. Dies kann zu einer Disintermediation bzw. einer Reintermediation auf der Vertriebsebene führen und setzt den verbreitenden Buchhandel in seinen Handelsfunktionen unter Druck. Deutlich wird diese vor allem in der Tatsache, dass ein reines E-Commerce-Unternehmen wie z. B. Amazon aufgrund seiner Spezialisierung über Vorteile beim elektronischen Handel gegenüber stationären Anbietern verfügt, die sich beispielsweise in technologischem Know-How widerspiegeln.⁴⁰⁸ Zudem erstreckt sich eine weitere Ebene der Substitution auf die verschiedenen Formate, in denen sich Bücher manifestieren. Dies kommt in erster Linie durch die zeitliche Differenzierung zwischen Hardcover und Taschenbuch zum Ausdruck.⁴⁰⁹ Aus Sicht des verbreitenden Buchhandels stellt außerdem die elektronische Version eines Buches ein Substitut dar, und auch Hörbücher könnten für manche Konsumenten ein Ersatzprodukt darstellen. E-Books stellen insofern ein wichtiges Ersatzprodukt dar, da sich ihr Preis- und Leistungsverhältnis gegenüber dem traditionellen Buch verbessert. Diese Besonderheiten erfordern Porter zufolge einer erhöhten Aufmerksamkeit, da sie dazu führen können, dass sich der Wettbewerb durch an Gewicht gewinnende Ersatzprodukte verschärft.⁴¹⁰ Dabei ist es insbesondere von Bedeutung, inwieweit das in Teil II, Punkt 3.2.3 bei der Betrachtung des disruptiven Innovationspotentials erwähnte erhöhte Leistungsvermögen von E-Books, das z. B. in der Möglichkeit der nicht physischen Speicherung von Inhalten seinen Niederschlag findet, im Vergleich zum Leistungsvermögen des physischen Buches wert geschätzt wird.⁴¹¹ Wie gezeigt werden konnte, rückt dieses erhöhte Leistungsvermögen verstärkt in das Konsumentenbewusstsein, wodurch das disruptive Innovationspotential erhöht ist. Allerdings steht dem ebenfalls für das disruptive Innovationspotential ausgemachten Kriterium des niedrigeren Preises der neuen Technologie gegenüber. E-Books sind zwar günstiger als gedruckte Bücher, jedoch müssen die Anschaffungskosten eines entsprechenden Lesegerätes miteinbezogen werden. Durch Preissenkungen und der Unterschreitung der psychologischen Preisschwelle von 100 Euro verliert dies aber an Bedeutung. Die im Fokus dieser Betrachtung liegenden belletristischen Bücher, die zur Unterhaltung konsumiert werden, konkurrieren darüber hinaus mit alternativen Freizeitbeschäftigungen wie z. B. Musik hören, Fernsehen und der Computernutzung. Einer Studie von Bauer Media und der Axel Springer AG zufolge zählt das Lesen von Büchern zwar weiterhin zu den beliebtesten Freizeitbeschäftigungen, wobei aber die

408 Vgl. Mirow 2005, S. 6. 409 Vgl. Emrich 2011, S. 61. 410 Vgl. Porter 2008, S. 59. 411 Vgl. Books in the United States 2012, S. 15.

146   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

PC-Nutzung mittlerweile beliebter ist.⁴¹² Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch eine von dem Unternehmen youngcom durchgeführte Studie zu den beliebtesten Freizeitbeschäftigungen von Jugendlichen, bei der das Lesen (von Zeitschriften und Büchern) nach Aktivitäten wie Musik hören, Freunde treffen und dem Surfen im Internet liegt.⁴¹³ Diese Entwicklung korrespondiert mit der Ausbreitung der Onlinenutzung und vermag das disruptive Innovationspotential von elektronischen Büchern zu erhöhen. Mit der zunehmenden Akzeptanz von E-Books auf Konsumentenseite stellen diese momentan die größte Herausforderung aus Sicht des verbreitenden Buchhandels dar. Dabei wird das Ausmaß der Bedrohung durch Subsitute durch die Wechselkosten für den Verbraucher maßgeblich mitbestimmt. Diese Wechselkosten sind mit den Preisen für die entsprechenden Lesegeräte verknüpft und sinken dementsprechend mit dem Angebot günstigerer Endgeräte.⁴¹⁴

1.3.5 Rivalität zwischen den bestehenden Unternehmen Grundsätzlich ist die Rivalität zwischen den bestehenden Unternehmen unter den in dieser Untersuchung gegebenen Rahmenbedingungen tendenziell verschärft. Zurückgeführt werden kann dies auf die Merkmale der Internetökonomie. Aufgrund der Tatsache, dass Wettbewerbsvorteile nur noch temporär erreicht werden können, erhöht sich die Rivalität. Im Zuge der erhöhten Transparenz lassen sich beispielsweise neue Geschäftsmodelle vergleichsweise einfach kopieren.⁴¹⁵ Legt man die ressourcenorientierte Sichtweise zugrunde, führt dies im VRIO-Framework zu einer Imitierbarkeit und somit zu Schwierigkeiten beim Aufbau von Kernressourcen. Verknüpft mit den sinkenden Wechselkosten und einer ohnehin vergleichsweise niedrigen Markenloyalität in der Buchbranche, die auf die Produkteigenschaften und die Konzentration größerer Marktteilnehmer auf schnelldrehende Bestseller zurückgeführt werden kann, ergibt sich daraus eine erhöhte Rivalität.⁴¹⁶ Auf der Ebene des Branchenwachstums, welches ein weiteres Kriterium für die Ausprägung der Rivalität zwischen den bestehenden Unternehmen darstellt, muss zwischen der Buchbranche insgesamt und dem Sortimentsbuchhandel differenziert werden. Während die Branche als Ganzes von 2007 bis 2010 ein kontinuierliches Wachstum  – wenngleich auf niedrigem Niveau  – aufwies, geriet der Buchhandel bereits 2009 unter Druck, dessen Umsätze zu diesem Zeitpunkt um 2,8  Prozent im

412 Vgl. BIZ 2012, S. 28. 413 Vgl. de.statista.com/statistik/daten/studie/258344/umfrage/beliebteste-freizeitbeschäftigungenvon-jugendlichen-in-deuschland/ 414 Vgl. Books in the United States 2013, S. 17. 415 Vgl. Busch 2005, S 130. 416 Vgl. Books in the United States 2013, S. 18.

1 Buchmärkte in Deutschland und den USA   

   147

Vergleich zum Vorjahr sanken.⁴¹⁷ Seit 2010 sind auch niedrigere Umsatzzahlen für die gesamte Branche zu verzeichnen, was die Rivalität zwischen den Akteuren tendenziell verschärft und zu Positionskämpfen führen kann.⁴¹⁸ Die Positionskämpfe zeigen sich in den beiden betrachteten Märkten unterschiedlich: Während im US-amerikanischen Markt Preiskämpfe eine zentrale Rolle spielen, wie sich an der aggressiven Preisstrategie des Unternehmens Amazon ablesen lässt, ist eine derartige Positionierung im deutschen Markt wegen der seit dem Jahr 2002 gesetzlich bestehenden Buchpreisbindung nicht möglich.⁴¹⁹ Jedoch zeigen sich auf dem deutschen Markt Positionskämpfe indirekt in der Preisgestaltung der dezidierten Lesegeräte, da über den Preis des Contents nicht konkurriert werden kann. So belief sich der Preis für den Sony Reader der ersten Generation noch auf annähernd 300 Euro.⁴²⁰ Mittlerweile werden Modelle des Unternehmens und anderer Hersteller unterhalb der 100-Euro-Preisschwelle angeboten.⁴²¹ Diese Entwicklung spricht für eine zunehmende Rivalität zwischen den Unternehmen, die sich in einem Preiskampf manifestiert. Die Zahl der Wettbewerber auf dem E-Book-Markt ist sowohl in Deutschland als auch in den USA eher gering, was in der Tatsache begründet liegt, dass nur umsatzstarke Unternehmen wie die Filialisten Thalia, Hugendubel, Weltbild bzw. Barnes & Noble in der Lage sind, die hohen Investitionen, die für eine starke Positionierung am Markt notwendig sind, zu stemmen. Dabei kann auch festgehalten werden, dass sich die Ressourcenausstattung der großen Filialisten ähnelt, was Porter zufolge zu einer Verschärfung der Rivalität führen kann. Ein weiteres Kriterium für die Rivalität zwischen den bestehenden Unternehmen ist die Heterogenität, die Porter zufolge durch den Markteintritt ausländischer Unternehmen entstehen kann. Auf dem deutschen Buchmarkt zeigt sich die Heterogenität beispielsweise im Markteintritt des Unternehmens Amazon, das neben einer veränderten Unternehmenskultur auch die in Teil II, Punkt 3.2.2 erläuterte disruptive Innovation auf Geschäftsmodellebene hervorbrachte. Auch der Markteintritt von Apple ist in diesem Kontext zu sehen. Die Differenzierung ist auf der Ebene des verbreitenden Buchhandels eher gering ausgeprägt, was zu niedrigen Umstellungskosten bei den Konsumenten führt. So ist es für Konsumenten mit vergleichsweise geringem Aufwand möglich, den Anbieter zu wechseln. Problematisch im Bereich des digitalen Buchhandels sind hierbei allerdings proprietäre DRM-Systeme bzw. Formate, die den Anbieterwechsel erschweren. Insgesamt ist der Grad der Rivalität in beiden Märkten als hoch anzusehen.

417 Vgl. BIZ 2012, S. 5 f. 418 Vgl. www.boersenverein-bayern.de/de/bayern/Unternehmen_und_Umsaetze /186335 419 Vgl. http://www.boersenverein.de/de/portal/Preisbindungsgesetz/158337 420 Vgl. http://www.chip.de/artikel/Sony-PRS-505-E-Book-Reader-Praxis-Test_33251004.html 421 http://www.ebook.de/de/category/63715/urlaubspaket.html;jsessionid=D3A77E01774D6CCC D79CA8A02851F414 u. wwwnetzwertig.com/2011/10/06digitalisierung-e-reader-preise-nahern-sichder-marke-null/

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen 2.1 Gründungsphase und Expansion 2.1.1 Barnes & Noble Der Markenname von Barnes & Noble geht auf die im Jahr 1873 von Charles Barnes gegründete Buchdruckerei zurück, dessen Sohn im Jahr 1917 die erste Buchhandlung unter dem Namen Barnes & Noble in New York eröffnete, indem er sich mit Gilbert Clifford Noble zusammenschloss und sich auf den Vertrieb von Lehrbüchern konzentrierte.⁴²² Zu seiner jetzigen Form fand das Unternehmen durch den Aufkauf des gleichnamigen Ladengeschäfts durch Leonard Riggio im Jahr 1971, der bereits sechs Jahre zuvor eine Buchhandelskette mit dem Namen Student Book Exchange und einer Spezialisierung auf den Vertrieb von Lehrbüchern gegründet hatte.⁴²³ Er weitete das Sortiment durch die Einbeziehung von Ratgebern aus und eröffnete sukzessive Filialen in weiteren Städten, so dass bereits 1976 21 Filialen unter der Dachmarke operierten. In den folgenden Jahren zeichnete sich das Unternehmen durch einige für die Buchbranche ungewöhnliche und aggressive Herangehensweisen aus. Dies schlug sich einerseits auf der Ebene der Marketingaktivitäten nieder. So lancierte das Unternehmen als erste Buchhandlung TV-Kampagnen, um Neukunden zu akquirieren, was Mitte der 1970er Jahre einen innovativen Ansatz darstellte. Andererseits verfolgte das Unternehmen eine aggressive Preispolitik, indem es auf Bücher aus der Bestsellerliste der New York Times hohe Endkundenrabatte gewährte. Diese beliefen sich auf bis zu 40 Prozent des Listenpreises. Riggio mietete zu diesem Zweck auch weitere Ladenflächen in New York an, um dort in einer an einen Supermarkt anmutenden Atmosphäre ausschließlich rabattierte Titel zu verkaufen.⁴²⁴ Der Ansatz spiegelte sich auch in der Übernahme kleinerer Buchhandelsketten wie BookMasters und Marboro Books wider, die mit der Fokussierung auf die Strategie der Preisführerschaft ausgerichtet wurden. Gleichzeitig diente die Akquisition von Marboro Books auch der nationalen Expansion der Kette, da hierbei auch eine Versandbuchhandelssparte enthalten war. Diese Expansion wurde auch durch die Übernahme des auf Einkaufszentren spezialisierten Filialisten B. Dalton (798 Filialen in den USA) vorangetrieben, die 1987 abgeschlossen wurde, sowie durch die Akquisition

422 Vgl. http://web.archive.org/web/20071001000727/http://www.newsday.com/about/nyihiny021705story,0,5026610.htmlstory 423 Vgl. http://www.barnesandnobleinc.com/our_company/history/bn_history.html 424 Vgl. Raff 2000, S. 1050. DOI 10.1515/9783110478693-009

150   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

der 40 Filialen von Doubleday Book Shops.⁴²⁵ Die Übernahme von B. Dalton führte dabei dazu, dass Barnes  & Noble auf Platz 2 der größten Filialisten in den USA  – gemessen an der Filialzahl – nach der Kette Waldenbooks vorrückte und nunmehr national aktiv war.⁴²⁶ In den folgenden Jahren wurde die Integration von B. Dalton vorangetrieben, indem eine Vielzahl von Aktivitäten zentralisiert wurde, um zunehmende Skalenerträge zu generieren.⁴²⁷ Auch wenn mit dem Aufkauf von B. Dalton ein national erprobtes Warenwirtschaftssystem erworben wurde, reichte dieses von der Leistungsfähigkeit nicht an das von Borders heran. Der Wandel vom Schmalspurbuchhandel hin zu sogenannten Superstores, die sich durch eine große Fläche und ein breites sowie gleichzeitig tiefes Sortiment auszeichnen, wurde mit dem Kauf der Kette BookStop eingeläutet, die zwar auch im Discount-Bereich tätig war, aber über größere Flächen verfügte. Dadurch kam es zu einer Abkehr von der bisherigen Wachstumsstrategie, die maßgeblich durch Übernahmen geprägt war. In den 1990er Jahren etablierte das Unternehmen nämlich das so gennannte Superstore-Konzept, was einen Strategiewechsel hin zu einer Differenzierung induzierte und bis in die Gegenwart hineinreicht, da das Konzept weiterhin genutzt wird.⁴²⁸ Die Idee ging dabei auf eine Besonderheit des amerikanischen Buchhandels zurück. So mussten amerikanische Buchhandelskunden mehrere Wochen auf Bestellungen warten. Eine Ursache dafür war auch in der großen Landesfläche. Mit dem Superstore wurde es möglich, ein umfangreiches Sortiment mit entsprechender Abdeckung von Nischen bereit zu halten, mit dem der unabhängige Buchhandel nicht konkurrieren konnte.⁴²⁹ Zudem richtete das Unternehmen Zentrallager ein, von denen sich das Größte in Jamesburg, New Jersey befand und die eine Versorgung der Filialen mit Titeln innerhalb von 2–3 Tagen gewährleisteten.⁴³⁰ Der typische Barnes & Noble Superstore ist dabei dem allgemeinen stationären Sortimentsbuchhandel mit Erlebnischarakter zuzuordnen. Dies kommt durch das erwähnte tiefe und breite Sortiment zum Ausdruck sowie durch die Tatsache, dass das Buchsortiment ergänzende Abteilungen wie z. B. für Musik oder Filme etabliert wurden. Darüber hinaus waren Bereiche für Spiele, Geschenke, Spielsachen und Zeitschriften in den Superstores vertreten. Außerdem wurden auch Cafes in Kooperation mit der Kette Starbucks eingerichtet. Die Zielsetzung dieser Positionierung bestand in der Etablierung einer Erlebniswelt, die durch die Einrichtung von Leseinseln und Kinderspielecken zu längeren Verweildauern, größerem Wohlbefinden und damit auch zu höheren Verkaufszahlen führen sollten.⁴³¹ In Abgrenzung zur Konkurrenz – 425 Vgl. http://www.barnesandnobleinc.com/our_company/history/bn_history.html 426 Vgl. http://www.hoovers.com/company-information/cs/company-profile.Barnes__Noble_Inc. 986e814ec988360c.html 427 Vgl. Raff 2000, S. 1051. 428 Vgl. http://www.barnesandnobleinc.com/our_company/history/bn_history.html 429 Vgl. St John 2001. 430 Vgl. Netessine 2008, S. 5. 431 Vgl. Barnes and Noble Annual Report 2012, S. 10.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   151

namentlich der Kette Borders  – konzentrierte sich Barnes  & Noble aber auf das Angebot von rabattierten Titeln, wofür wesentlich mehr Regalfläche zur Verfügung gestellt wurde. Auch brachte das Unternehmen unter einem eigenen Imprint gemeinfreie Werke heraus.⁴³² Insofern versuchte sich das Unternehmen, analog zu Porter in der Anfangszeit als Preisführer zu positionieren, wohingegen Borders auf eine Differenzierungsstrategie setzte. Die Größe der Ladengeschäfte schwankte dabei zwischen 3.000 und 60.000 square feet, was etwa 280 bis 8.400 Quadratmetern entspricht, und beinhaltete eine Titelzahl von 22.000 bis 165.000 Titeln.⁴³³ Die durchschnittliche Größe eines Ladengeschäfts betrug dabei etwa 2.300 Quadratmeter. Die Verwaltung des Sortiments wurde durch ein entsprechendes proprietäres Warenwirtschaftssystem übernommen, das 1997 grundlegend überarbeitet wurde. So bestand nunmehr die Option, in Echtzeit den Warenbestand in den einzelnen Filialen abzufragen.⁴³⁴ Problematisch aus Sicht von Barnes & Noble war die Tatsache, dass die Einrichtung eines solchen Superstores mit hohen Kosten verbunden war. So belaufen sich Schätzungen auf bis zu zwei Mio. US-Dollar Kosten für die Ausstattung eines entsprechenden Geschäfts und der entsprechende tägliche Mindestumsatz müsste sich bei einem durchschnittlichen Superstore auf 11.000 US-Dollar belaufen, um allein die laufenden Kosten zu decken.⁴³⁵ Die 1990er Jahre waren maßgeblich von einer Expansion des Kerngeschäfts geprägt. Im Zeitraum von 1993 bis 1997 wuchs die Zahl der Superstores durchschnittlich um 100 Geschäfte pro Jahr.⁴³⁶ Die Expansion erreichte 1997 ihren Höhepunkt, da in diesem Jahr erstmals ein positiver Cash-Flow erreicht wurde, wohingegen in den Jahren zuvor Verluste aufgrund der hohen Einrichtungskosten zu verzeichnen waren. Die Kennzahl drückt den bilanziellen Erfolg in Form eines Zahlungsmittelüberschusses (Erträge – Aufwendungen) in einer Periode aus und stellt ein zentrales Instrument für die Beurteilung der finanziellen Gesundheit eines Unternehmens dar.⁴³⁷ Neben dem positiven Cash-Flow konnte das Unternehmen seine flächenbereinigten Umsätze im Zeitraum von 1993 bis 1997 konstant steigern. Dies führte im Jahr 1997 zu einem Nettoertrag in Höhe von 64,7 Mio. US-Dollar.⁴³⁸ Die massive Expansion von Barnes & Noble führte aber auch zu Kritik innerhalb der Branche, da insbesondere die unabhängigen Sortimentsbuchhandlungen die Aufnahmefähigkeit des Marktes bezweifelten bzw. um Marktanteile fürchtete. Auch wenn der US-amerikanische Buchmarkt während der Expansionsphase teilweise anwuchs – beispielsweise stiegen die Konsumausgaben für Bücher im Jahr 1992 um

432 Vgl. Raff 2000, S. 1053. 433 Vgl. Barnes and Noble Annual Report 2012, S. 10. 434 Vgl. Netessine 2008, S. 5. 435 Vgl. Netessine 2008, S. 5. 436 Vgl. Barnes and Noble Annual Report 1997, S. 12. 437 Vgl. http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/cashflow.html 438 Vgl. Barnes and Noble Annual Report 1997, S. 6 u. S. 12.

152   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

12,5 Prozent –, gewann das Unternehmen stetig Marktanteile zu Lasten der unabhängigen Buchhandlungen. Dies war hauptsächlich auf die hohen Rabatte zurückzuführen, die durch die hohe Einkaufsmacht der Kette möglich wurden.⁴³⁹ Diese Kannibalisierung der Vertriebskanäle machte sich auch bei Barnes & Noble bemerkbar und manifestierte sich in der jährlichen Schließung von 50–60 B. Dalton Filialen von 1989 bis 1995. Im Jahr 1995 wurde eine Neustrukturierung des B. Dalton-Konzepts angestoßen, die eine Vergrößerung der hauptsächlich in Einkaufsmeilen vorhandenen Ladengeschäfte vorsah. Diese erwiesen sich als profitabler, sahen sich aber dennoch einer starken Konkurrenz durch die Superstores ausgesetzt.

2.245,50 1.861,20 1.349,80 952,7 614,7

1993

1994

1995

1996

1997

Umsatz Abb. 21: Umsatz Barnes & Noble in Mio. Dollar 1993–1997. Quelle: Barnes & Noble Annual  Report 1997.

2.1.2 Borders Group Die Wurzeln des Unternehmens gehen auf die beiden Brüder Tom und Louis Borders zurück, die im Jahr 1960 in Ann Harbour, Michigan, zunächst ein Antiquariat gründeten. Das veränderte Geschäftskonzept von Borders beruhte dabei auf der Tatsache, dass die Universität von Michigan mit ihren damals 25.000 Studenten eine breite potentielle Leserschaft stellte. Die damals in Ann Harbour vorhandenen Buchhandlungen verfügten über ein relativ schmales und eingegrenztes Sortiment, was die Brüder zu der Annahme verleitete, ein breiteres Sortiment könnte erfolgversprechend sein. Dabei zielte ihre Strategie darauf ab, sich nicht auf das Lehrbuchsegment zu konzentrieren, sondern eine Vielzahl von Warengruppen anzubieten. Hierfür verfolgten sie für ihr im Jahr 1971 gegründetes Ladengeschäft einen stark am Konsumenten ausgerichteten Ansatz. Während die klassischen Buchhandlungen zu diesem Zeit-

439 Vgl. Gale Directory of Company Histories.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   153

punkt ihre Titelsortierung an den Verlagen ausrichteten, sahen die Gründer eine Sortierung nach Kategorien als zukunftsträchtiger an.⁴⁴⁰ Um diese Sortierung und damit eine stärkere Kundenorientierung zu gewährleisten, entwickelte Louis Borders ein Warenwirtschaftssystem, welches die Grundlage für die weitergehende Expansion darstellte.⁴⁴¹ Das System mit dem Namen Book Inventory System stellte dahingehend einen Wettbewerbsvorteil dar, weil es in der Lage war, die Warenzugänge und Warenabgänge zu verfolgen und das Sortiment entsprechend elektronisch zu verwalten, was zum damaligen Zeitpunkt aufgrund des Stands der Technik eine Besonderheit darstellte. Maßgeblich dafür war der Einsatz von Buchlaufkarten, der eine permanente Inventur ermöglichte.⁴⁴² Das Konzept wurde auch an externe Vertragspartner aus dem Bucheinzelhandel lizensiert.⁴⁴³ Während die erste Filiale über ca. 800 qm verfügte, konzentrierte sich das Unternehmen im Zuge der Expansion auf größere Flächen. Der durchschnittliche Borders Superstore verfügte über ein breites und tiefes Sortiment mit 70.000 bis 150.000 Titeln sowie ähnlich zum Wettbewerber Barnes & Noble über eine Espresso-Bar und Leseinseln, um einen Community-Charakter zu generieren. Dieser Charakter kam auch durch das Vorhalten entsprechender Freiflächen für Veranstaltungen, wie z. B. Lesungen bzw. Vorlesestunden für Kinder zum Ausdruck.⁴⁴⁴ Für die Organisation derartiger Veranstaltungen wurde ein Mitarbeiter in Vollzeit beschäftigt, was beim Wettbewerber Barnes & Noble nicht der Fall war und dahingehend eine Differenzierung darstellte. Auch die verlängerten Ladenöffnungszeiten, die sich werktags auf 9 bis 23 Uhr und am Sonntag von 9 bis 21 Uhr beliefen, trugen zum Community-Charakter bei, da sich die Ladengeschäfte zu sozialen Treffpunkten entwickelten.⁴⁴⁵ Auch im Servicebereich versuchte das Unternehmen, durch die Einstellung hochqualifizierter Mitarbeiter mit Collegeabschluss in Vollzeit eine herausgehobene Beratungsleistung für Kunden zu gewährleisten.⁴⁴⁶ Dabei nutzte das Unternehmen ein innerhalb des Buchhandels vergleichsweise striktes Auswahlverfahren für Bewerbungen. Die meist jungen Mitarbeiter wurden überdurchschnittlich bezahlt und erhielten zusätzlich zum Gehalt monatliche Einkaufsgutscheine. Zudem bestand die Option, sich am Unternehmen zu beteiligen, was ebenfalls förderlich für die Motivation war.⁴⁴⁷ Der Wettbewerber Barnes & Noble hingegen setzte auch ungelernte Arbeitskräfte ein.

440 Vgl. Raff 2000, S. 1045. 441 http://www.annarbor.com/business-review/borders-rise-and-fall-a-timeline-of-the-bookstorechains-40-year-history/ 442 Vgl. Raff 2000, S. 1045. 443 http://publishing.about.com/od/BooksellersAndBookselling/a/The-History-Of-The-BordersGroup-About-The-Borders-Group-Chain-Of-Bookstores.html. 444 Vgl. Kmart’s Fast move in Book Superstores in: MLR Publishing 1993 445 Vgl. Raff 2000, S. 1049. 446 Vgl. Gale Directory of Company Historie: Borders Group, Inc. 447 Vgl. Raff 2000, S. 1048.

154   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

Im Jahr 1988 verfügte das Unternehmen über fünf Superstores, die zusammen mit den Lizenzgebühren einen Gewinn von 1,9 Mio. US-Dollar bei einem Umsatz von 32,3  Mio. US-Dollar generierten.⁴⁴⁸ Um die Expansion voranzutreiben, wurde mit Robert Di Romualdo ein externer Manager mit Erfahrungen aus dem Lebensmitteleinzelhandel hinzugezogen, der die Position des CEO einnahm und damit für das operative Geschäft verantwortlich war. Im Zeitraum von 1989 bis 1992 erhöhte sich die Zahl der Ladengeschäfte unter seiner Ägide auf nunmehr 22 Filialen.⁴⁴⁹ Ferner wurde im Jahr 1993 ein neues Konzept zur Abgrenzung vom schärfsten Wettbewerber Barnes & Noble eingeführt, der zum damaligen Zeitpunkt bereits über 70 Filialen verfügte. Dieses Konzept sah die Ausweitung des Sortiments auf Musik und Filme vor.⁴⁵⁰ Den Expansionsbestrebungen des Filialisten kam dabei das Marktwachstum im US-amerikanischen Buchhandel entgegen. So stiegen die Umsätze des Buchhandels allein zwischen 1989 und 1990 um 12,5 Prozent.⁴⁵¹ Auch im Folgejahr wuchs der Umsatz des Bucheinzelhandels noch um 8,0 Prozent, was trotz der zum damaligen Zeitpunkt ungünstigen konjunkturellen Situation in den USA auf eine unelastische Nachfragesituation hindeutet und der Wachstumsstrategie von Borders entgegenkam.⁴⁵² Im Jahr 1992 wurde die Kette von der Handelskette Kmart übernommen. Diese hatte bereits 1984 den zum damaligen Zeitpunkt größten Filialisten Waldenbooks akquiriert, der seinen Schwerpunkt bis dahin auf die Präsenz in Einkaufszentren gelegt hatte. Angesichts der Etablierung von Superstores durch die Unternehmen Barnes & Noble und Borders strebte Kmart eine ähnliche Herangehensweise an und eröffnete 1992 drei Superstores unter dem Markennamen Basset.⁴⁵³ Die Zielsetzung der Übernahme von Borders bestand dabei darin, dieses Konzept weiter auszubauen und gleichzeitig einen Restrukturierungsplan für die zu diesem Zeitpunkt in der Krise befindlichen Waldenbooks-Filialen zu lancieren, der die Schließung von 187 unrentablen Filialen vorsah.⁴⁵⁴ Im Vorfeld hatte Borders einen Börsengang angekündigt mit dem Ziel, 190 Mio. US-Dollar für den Expansionskurs einzusammeln. Durch die Akquisition durch Kmart konnte das Unternehmen auf entsprechende finanzielle Ressourcen zur Weiterverfolgung des Kurses zurückgreifen.⁴⁵⁵

448 Vgl. Gale Directory of Company Histories: Borders Group, Inc. 449 Vgl. Gale Directory of Company Histories: Borders Group, Inc. 450 Vgl. Gale Directory of Company Histories: Borders Group, Inc. 451 Vgl. Lofquist 1990, S. 90. 452 Vgl. Lofquist 1991, S. 103 453 Vgl. Berreby 1992. 454 Vgl. Borders Annual Report 1998, S. 17. 455 Vgl. Berreby 1992.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   155

Im Jahr 1994 wurden Waldenbooks und Borders zum Unternehmen Borders Group Inc verschmolzen und erwirtschafteten aufgrund der fortgesetzten Expansion – in diesem Jahr wurden 32 neue Filialen eröffnet – einen Umsatz von 1,4 Mrd. US-Dollar.⁴⁵⁶ Dabei gelang es dem Unternehmen, die höchste Flächenproduktivität im Vergleich zu seinen Wettbewerbern zu erreichen, was maßgeblich auf das im Vergleich zum Wettbewerb relativ elaborierte Warenwirtschaftssystem zurückzuführen war. Dafür wurden 55 saisonale Nachfragespitzen für bestimmte Interessensgebiete in das System eingepflegt und die Verfügbarkeit entsprechender Titel sichergestellt.⁴⁵⁷ Dabei diente das sogenannte „Expertsystem“ als Tool, um zukünftige Verkäufe einzelner Titel vorherzusagen und Empfehlungen über die in den einzelnen Filialen vorgehaltene Zahl einzelner Titel auszusprechen. Die Zielsetzung bestand dabei einerseits darin, die Verkaufszahlen bestimmter Titel zu prognostizieren, und andererseits lokale Besonderheiten in der Lagerhaltung zu berücksichtigen.⁴⁵⁸ In Kombination mit fünf in den USA verteilten Zentrallagern wurde so 95 Prozent des Warenverkehrs zentral abgewickelt und die Zahl der Remittenden reduziert.⁴⁵⁹ Im Vergleich zu seinem schärfsten Wettbewerber Barnes  & Noble verfügte das Unternehmen neben dem Warenwirtschaftssystem über einen weiteren Wettbewerbsvorteil: Die durchschnittliche Größe der Ladengeschäfte war höher, weshalb sie ein breiteres und tieferes Titelsortiment aufwiesen. Darüber hinaus wurde das umfangreiche Musiksortiment – durchschnittlich 57.000 Artikel – als Alleinstellungsmerkmal eingesetzt. Die strategische Zielsetzung bestand dabei darin, die Wettbewerber zu überholen und sich als größte Buchhandelskette in den USA zu etablieren. Zu diesem Zweck kündigte das Unternehmen an, jährlich 35–40 neue Superstores zu eröffnen, was sich bis Mitte der 1990er Jahre auch realisieren ließ. So verfügte das Unternehmen im Jahr 1995 über 44 Superstores unter der Marke Borders sowie über 1.159 Waldenbooks-Filialen. Zusammen mit sechs auf den Vertrieb von Tonträgern spezialisierten Filialen von Planet Music erwirtschafteten diese 1,5 Mrd. US-Dollar Umsatz und einen Gewinn in Höhe von 20,9  Mio. US-Dollar.⁴⁶⁰ Zwei Jahre später konnte der Umsatz auf nahezu zwei Mrd. US-Dollar gesteigert werden, und der Gewinn belief sich auf 57,9  Mio. US-Dollar. In Abbildung  22 ist die Umsatz- und Gewinnentwicklung der Expansionsphase abgebildet. Darüber hinaus konnte das Unternehmen durch Prozessoptimierung seine Bruttomarge (Bruttoergebnis im Verhältnis zum Umsatz) von 1995 bis 1997 von 25,4 Prozent auf 26,6 Prozent erhöhen.⁴⁶¹

456 Vgl. Gale Directory of Company Histories: Borders Group Inc. 457 Vgl. Gale Directory of Company Histories: Borders Group Inc. 458 Vgl. Borders Annual Report 1998, S. 3. 459 Vgl. Borders Annual Report 1998, S. 4. 460 Vgl. Borders Annual Report 1997, S. 10 u. S. 12 461 Vgl. Borders Annual Report 1997, S. 12.

156   

1.183,70

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

1.370,60

1993

1994

1.511,00

1995

1.749,00

1996

1.985,80

1997

Umsatz Abb. 22: Umsatz Borders in Mio. US-Dollar 1993–1997. Quelle: Borders Annual Report 1997.

In den Jahren 1997 und 1998 vollzog das Unternehmen neben dem Wachstum auf dem nationalen Buchmarkt in den vereinigten Staaten auch eine internationale Expansion an. Im Zuge dessen wurde eine Filiale unter dem Markennamen Borders in Singapur sowie drei Filialen in Großbritannien eröffnet, und im Jahr 1999 kam noch eine Filiale in Australien hinzu. Darüber hinaus wurden 26 Filialen in Großbritannien unter dem Markennamen Books etc betrieben. Der Markteintritt in Großbritannien unter eigenem Markennamen mithilfe des Superstorekonzepts wurde durch die im Jahr 1997 übernommene Kette Books etc eingeläutet. Diese verfolgte mit ihrem Fokus auf lokale Besonderheiten eine ähnliche Strategie wie Borders, das zu diesem Zweck in jeder Filiale einen Mitarbeiter beschäftigte, der alleinig für die Organisation von Events zuständig war. Allerdings sah sich das Unternehmen der Konkurrenz mit dem der größten Kette Waterstone’s gegenüber, die ankündigte, bis zum Jahr 2000 ebenfalls das Superstorekonzept mit einer Titelauswahl von mehr als 165.000 Titeln durch eine Neueröffnung in London zu verwirklichen.⁴⁶² Eine weitergehende Internationalisierung fand in der Eröffnung von Ladengeschäften in Australien und Neuseeland ihren Niederschlag. Im Jahr 1999 konnte bei den internationalen Aktivitäten eine Umsatzsteigerung um 39 Prozent auf 168,2 Mio. US-Dollar erreicht werden und ein Gewinn in Höhe von 1,7 Mio. US-Dollar. Das Unternehmen sah dabei die im nationalen Markt vorhandenen Wettbewerbsvorteile in Form des Warenwirtschaftssystems und dem hohen Servicestandard auch als Erfolgsfaktoren der Internationalisierung an.⁴⁶³ Ende 1996 waren beide Unternehmen an der Börse gelistet und hatten das Superstorekonzept vorangetrieben. Zum damaligen Zeitpunkt verfügte Barnes  & Noble über 431 Superstores, was einem Marktanteil in Höhe von 19,5  Prozent entsprach. Damit war das Unternehmen die größte Buchhandelskette der Vereinigten Staaten. Der Wettbewerber Borders hatte 157 Superstores und einen Anteil von 15,6 Prozent,

462 Vgl. Gregory 1998. 463 Vgl. Borders Annual Report 1999.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   157

jedoch eine doppelt so hohe Umsatzrendite.⁴⁶⁴ Bevor die beiden Unternehmen als Reaktion auf den Markteintritt von Amazon mit der Aufnahme eigener Onlineaktivitäten begannen, erfolgt im Folgenden eine Zusammenfassung über die Gründungsphase und beginnende Expansion der beiden Unternehmen bis zum Jahr 1997, da für den Fortgang der Untersuchung die Pfadabhängigkeit analog zu den Ausführungen in Teil II, Punkt 3 eine zentrale Rolle spielt. Das Jahr 1997 stellt dabei insofern einen Wendepunkt dar, als dass der Umsatz von Amazon bereits bei 147,8 Mio. US-Dollar lag und der E-Commerce im Buchbereich als zunehmend relevant eingestuft wurde, was zu entsprechenden Reaktionen bzw. Gegenmaßnahmen der beiden Unternehmen führte.⁴⁶⁵ Prinzipiell kann die bis zu diesem Zeitpunkt stattgefundene Entwicklung in zwei verschiedene Phasen eingeteilt werden. Die erste Phase beinhaltet die Zeit vor der Einführung der Superstores, in der die beiden größten Ketten Waldenbooks und B. Dalton, die später von den beiden vorgestellten Unternehmen übernommen wurden, dominierten. Das Kerngeschäft dieser national agierenden Ketten beschränkte sich auf die Präsenz in Einkaufszentren und zeichnete sich durch ein vergleichsweise schmales Angebot aus.⁴⁶⁶ Mit der Einführung der Superstores durch das Unternehmen Borders und der Imitation dieses Konzepts durch Barnes & Noble veränderte sich diese Herangehensweise, wodurch die zweite Phase eingeläutet wurde. Die neuen Ladengeschäfte waren mit mehr als 2.000 qm im Durchschnitt wesentlich größer als die Filialen in den Einkaufspassagen und verfügten daher über ein breiteres und tieferes Sortiment. Dabei war es üblich, auch Neuerscheinungen mit Rabatten anzubieten und durch Zusatzangebote wie Veranstaltungen und Cafes die Verweildauer der Kunden zu erhöhen.⁴⁶⁷ Jedoch sind auch einige Unterschiede in der Vorgehensweise der beiden Ketten zu konstatieren. In Bezugnahme auf den in dieser Arbeit zugrunde gelegten ressourcenorientierten Ansatz und der dynamisierten Betrachtung durch Teece et  al. wird deutlich, dass beide Unternehmen unterschiedliche Ressourcenkombinationen und Fähigkeiten einsetzten, um ihre Expansion voranzutreiben. Der Ansatz betont die Ressourcenheterogenität zwischen zwei Unternehmen und sieht die daraus entwickelten Fähigkeiten als maßgeblich für den Unternehmenserfolg an. Für die nachfolgende Betrachtung der E-Commerce-Aktivitäten der beiden Unternehmen ist es deshalb notwendig, die bis dahin aufgebauten Fähigkeiten der beiden Buchhandelsketten aufzuzeigen, da diese im Rahmen einer denkbaren Pfadabhängigkeit, die sich aus der Unternehmenshistorie ableitet, das Potenzial haben, die zukünftigen Entscheidungen zu beeinflussen.⁴⁶⁸

464 Vgl. Raff 2000, S. 1054. 465 Vgl. Amazon Annual Report 1998. 466 Vgl. Raff 2000, S. 1054. 467 Vgl. Raff 2000, S. 1054. 468 Vgl. Teil II, Punkt 1.3.

158   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

Barnes & Noble legte den Fokus seiner Superstores aufgrund der oben dargestellten Wurzeln im Discountbereich auf ein breites Titelangebot mit hohen Rabatten. Gebundene Ausgaben wurden hierfür mit einem Mindestrabatt von 10 Prozent angeboten, Bestseller mit bis zu 30 Prozent unterhalb des von Verlagsseite empfohlenen Preises.⁴⁶⁹ Auch die Publikation gemeinfreier Werke unter einem eigenen Imprint, die nach Bekunden des Unternehmens bis zu 10 Prozent zum Umsatz beitragen sollten, entspricht dieser Strategie, die analog zum marktorientierten Ansatz von Porter als Strategie zur Preisführerschaft bezeichnet werden kann. Damit einhergehend waren die Expansionsbestrebungen von Barnes & Noble auch mit der Zielsetzung behaftet, die Verhandlungsmacht gegenüber den Verlagen durch Größenvorteile zu stärken. Im Gegensatz dazu konzentrierte sich Borders auf die inhaltliche Sortimentszusammenstellung und auf die Optimierung der Bestellungen. Als Mittel, dies zu realisieren, wurde auf das oben dargestellte Warenwirtschaftssystem zurückgegriffen, das im Vergleich zu Barnes  & Noble wesentlich effizienter war.⁴⁷⁰ In Bezug auf die ressourcenorientierte Sichtweise lag die Kernressource, und damit die Quelle des Wettbewerbsvorteils in der Software, und weniger in der Etablierung des Superstoreformats, da dieses vergleichsweise einfach zu imitieren war und damit nicht den Kriterien des VRIO-Frameworks entspricht. Dieses besagt, dass eine Ressource nur dann in einem Wettbewerbsvorteil münden kann, wenn sie wertvoll, selten, nichtimitierbar und in die Organisation integrierbar ist. Die unternehmenseigene Software hingegen genügt diesen Kriterien. Für Borders war die Ausweitung der Ladenfläche aufgrund der durch die Software vorhandenen Kompetenzen deshalb konsequent. Das Unternehmen strebte dabei im Sinne des ressourcenbasierten Ansatzes an, Routinen herauszubilden, die komplementär zur Software waren. Dies zeigt sich auch in unternehmensintern verankerten Richtlinien für das Verkaufspersonal, wie mit Kundenanfragen umzugehen war. Dabei war das Personal angehalten, Kundenanfragen sofort in das System einzupflegen, um die Prognosefähigkeit zu optimieren.⁴⁷¹ Barnes  & Noble hingegen entwickelte die Superstorestrategie unter einem anderen Gesichtspunkt heraus, wie aus dem Jahr 1976 stammenden Zitat des Gründers Leonard Riggio über die Zielgruppe des Unternehmens deutlich wird: These are everyday people who have shopping behaviors similar to people we see in shopping centers across the country. The best way to reach them is by everyday sound merchandising. We’ve taken the stuffiness out of a bookstore [and] give customers a feeling that they are being treated as customers, not as potential scholars.⁴⁷²

469 Vgl. Raff 2000, S. 1053. 470 Vgl. Raff 2000, S. 1054. 471 Vgl. Raff 2000, S. 1048 f. 472 Vgl. Freilich 1976, S. 72 zitiert in: Raff 2000, S. 1050.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   159

Aus dieser Aussage lässt sich entnehmen, dass ein Kern in der Strategie von Barnes & Noble darin lag, dem Konsumenten des Kulturguts Buch ein mit anderen Gütern vergleichbares Einkaufserlebnis zu gewähren. Dies kommt insbesondere durch die Feststellung Riggios zum Ausdruck, dass die „drückende Langeweile“ bzw. der „Muff“ (stuffiness), durch die bzw. den sich Buchhandlungen seiner Ansicht nach auszeichneten entfernt werden sollte und dementsprechend Schwellenängste abgebaut werden. Besonders deutlich wird diese Herangehensweise auch durch die Tatsache, dass Riggio in der Anfangszeit reduzierte Titel auf großen Flächen anbot, was vom Ambiente eher an Supermärkten orientiert war und was durch die Bereitstellung von Einkaufswagen verstärkt wurde.⁴⁷³ In diesem Zusammenhang gewährte Barnes  & Noble hohe Preisnachlässe auch für Neuerscheinungen, was analog zu Porter einer Strategie der Preisführerschaft entsprach. Mit der Übernahme von B. Dalton verfügte das Unternehmen nunmehr über ein Warenwirtschaftssystem, das effizienter als das bisher genutzte war und das Barnes & Noble in die Lage versetzte, die Warenflüsse einer große Anzahl von Ladengeschäften zu verwalten. Dennoch war das System im Vergleich zum Book Inventory System von Borders weniger elaboriert. So konnten zwar Statistiken über Abverkäufe erstellt werden, und Abverkäufe wurden automatisch nachbestellt, es war aber nicht möglich lokale Einkaufsgewohnheiten zu simulieren bzw. zu prognostizieren, wie es das von Borders genutzte System erlaubte.⁴⁷⁴ Außerdem verfügte Barnes & Noble im Vergleich zu Borders nicht über ein besonders sachkundiges Personal, das eine enge Kundenbindung herausbilden konnte. Stattdessen wurden die großen Ladenflächen der Superstores dazu genutzt Restauflagen und ein schnell drehendes Non-Book-Sortiment vorzuhalten. Die Zielstellung hinter dieser Strategie war es, möglichst große Mengen zu verkaufen und darüber trotz einer sich aufgrund der hohen Endkundenrabatte ergebenden verringerten Marge profitabel zu sein.⁴⁷⁵ Borders hingegen nutzte sein Warenwirtschaftssystem in Kombination mit einem hohen Servicestandard, langen Ladenöffnungszeiten und der Konzentration auf Veranstaltungen dazu, sich von den Wettbewerbern zu differenzieren. Dabei lag der Fokus auf der Etablierung einer hohen Kundenbindung. Dies kam auch in der Bereitstellung eines entsprechend angepassten Non-Book-Sortiments zum Ausdruck, welches weniger auf die Erzielung hoher Margen ausgerichtet war, sondern sich vielmehr auf hochwertige Artikel für ein Nischenpublikum beschränkte.⁴⁷⁶ Diese Maßnahmen begünstigten die Positionierung der Ladengeschäfte als Community-Center.

473 Vgl. Raff 2000, S. 1050. 474 Vgl. Raff 2000, S. 1051. 475 Vgl. Raff 2000, S. 1054. 476 Vgl. Raff 2000, S. 1049.

160   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

2.1.3 Markteintritt von Amazon Mit dem Markteintritt von Amazon in der Mitte der 1990er Jahre veränderte sich das Wettbewerbsumfeld für die beiden Unternehmen. Die Situation auf dem US-amerikanischen Buchmarkt war zu diesem Zeitpunkt folgende: Das Gesamtvolumen des Buchmarkts belief sich im Jahr 1995 auf 25,5 Mrd. US-Dollar und wuchs weiter an. In diesem Jahr lösten zudem die Superstores den unabhängigen Buchhandel als größten Vertriebskanal ab. Während diese sich anfangs auf die Metropolregionen konzentrierten, begannen sie nunmehr auch ländliche Regionen und kleinere Städte mit weniger als 150.000 Einwohnern als Standorte zu erschließen.⁴⁷⁷ Unter diesen Rahmenbedingungen fand der Markteintritt von Amazon statt. Das Unternehmen wurde im Jahr 1994 von dem früheren Hedgefonds-Manager Jeff Bezos in Seattle, Washington gegründet. Seattle wurde aufgrund der vergleichsweise geringen Bevölkerungszahl im Bundesstaat Washington ausgewählt. Dies spielte dahingehend eine wichtige Rolle, als dass der oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten in einem 1992 erlassenem Urteil festgehalten hatte, dass Unternehmen nur in dem Bundesstaat eine Verkaufssteuer abführen müssen, in dem sie eine physische Präsenz haben. Ein weiterer Grund für die Standortwahl war die räumliche Nähe zu dem Barsortiment Ingram.⁴⁷⁸ Nach eigenem Bekunden sah Bezos angesichts der hohen Wachstumsraten in der Internetnutzung (2.300 Prozent jährlich⁴⁷⁹) ein brachliegendes Potential für den Handel. Nachdem er eine Liste mit 20 für den Onlinehandel geeigneten Produkten erstellt hatte, engte er die Auswahl auf Bücher und Musik ein und entschied sich schlussendlich für Bücher. Ein Grund hierfür war die Tatsache, dass bei beiden Produkten die Zahl der lieferbaren Titel zu groß für das Vorhalten in einer stationären Verkaufsstelle war und sie für den Internetvertrieb aufgrund ihrer Gütereigenschaften als besonders geeignet erschienen.⁴⁸⁰ In der Gründungsphase setzte das Unternehmen bei der Personalakquisition auf unkonventionelle Methoden. So wurde Zeitarbeitsfirmen mitgeteilt: „Send us your freaks“.⁴⁸¹ Die start-up-Atmosphäre wurde auch durch die Einrichtung symbolisiert, indem aus Kostengründen aus Türen bestehende Schreibtische verwandt wurden.⁴⁸² Die Webseite www.amazon.com ging im Juli 1995 online. Die notwendigen finanziellen Mittel setzten sich aus Ersparnissen des Gründers, einem Bankkredit und geliehenem Geld der Familie zusammen.⁴⁸³ In der ersten Version verfügte die Seite über einen virtuellen Einkaufskorb, eine sichere Möglichkeit, Kreditkarteninforma-

477 Vgl. Kotha 1998, S. 249. 478 Vgl. Stone 2013, S. 39. 479 Vgl. Price 2013, S. 353. 480 Vgl. Kotha 1998, S. 247. 481 Vgl. Spector 2002, S. 113 zitiert in: Price 2013, S. 353. 482 Vgl. Price 2013, S. 353. 483 Vgl. Terry-Armstrong 2013, S. 2.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   161

tionen für den Transaktionsprozess einzugeben sowie eine Suchfunktion auf Basis des Katalogs von Bowker C.C., dem US-amerikanischen Analogon zum Verzeichnis lieferbarer Bücher in den USA.⁴⁸⁴ Der Name Amazon ging auf den längsten Fluss der Welt, den Amazonas, zurück. Analog dazu warb das Unternehmen damit, „Earth’s Biggest Bookstore“ zu sein.⁴⁸⁵ Hier findet sich eine Bezugnahme auf das zugrunde liegende Nutzenversprechen als Teil des Geschäftsmodells, das im Geschäftsbericht folgendermaßen umschrieben wurde: Amazon.com strives to offer its customers compelling value through innovative use of technology, broad selection, high quality content, a high level of customer service, competitive pricing and personalized services […] Amazon.com has virtually unlimited shelf space and offers customers a vast selection through an efficient search-and-retrieval interface.⁴⁸⁶

Bezos war der Ansicht, dass ein stationäres Ladengeschäft mit zahlreichen Nachteilen behaftet ist: Es ist personal- und kapitalintensiv, die physische Warenpräsentation nimmt viel Raum ein, und es ist nur begrenzt möglich, durch Datamining Kundeninformationen für Personalisierungen zu sammeln. Außerdem ist durch die Ortsgebundenheit die Kundenreichweite begrenzt.⁴⁸⁷ Somit sah Bezos in der theoretisch unbegrenzten Reichweite eines Onlineangebots einen potentiellen Wettbewerbsvorteil, im Vergleich zum traditionellen Buchhandel, sowie bei den Aspekten Preis, Service und Bequemlichkeit (Convenience) aufgrund der 24/7-Verfügbarkeit.⁴⁸⁸ In der Abbildung 23, die die erste Version der Webseite zeigt, wird deutlich, dass die Komponente Convenience durch den Verzicht auf aufwändige Gestaltungsmerkmale wie z. B. Grafiken realisiert wurde. So setzte das Unternehmen auch keine der damals üblichen Java-Applikationen ein, da diese die Ladegeschwindigkeit der Webseite herabgesetzt hätten.⁴⁸⁹ Um die oben genannten Vorteile des Onlinehandels auszuschöpfen, griff das Unternehmen auf folgende Maßnahmen zurück: Auf der Ebene der Preisgestaltung wurden Preisnachlässe von 20 bis 30 Prozent auf bis zu 400.000 Titel gewährt. Für bestimmte Ausgaben betrug der Abschlag sogar bis zu 89 Prozent.⁴⁹⁰ Um eine hohe Kundenbindung zu gewährleisten, setzte das Unternehmen im Servicebereich in der Anfangszeit auf einen E-mail-Support, der auch als Feedbackinstrument diente. Zur Erleichterung der Einkäufe bzw. zur Steigerung ihrer Attraktivität wurden außerdem

484 Vgl. Stone 2013, S. 45. 485 Vgl. Amazon Annual Report 1997, S. 1. Bezos zog auch den Namen relentless.com in Betracht und ließ sich die Domain daraufhin schützen. Noch heute wird bei der Eingabe des Namens in den Browser die Webseite von Amazon aufgerufen. Vgl. Stone 2013. 486 Vgl. Amazon Annual Report 1997, S. 1. 487 Vgl. Teng 2003, S. 233. 488 Vgl. Kotha 1998, S. 250. 489 Vgl. Walgenbach 2008, S. 291. 490 Vgl. Amazon Annual Report 1997, S. 17.

162   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

Abb. 23: Erste Version der Webseite von Amazon. Quelle: www.bryaneisenberg.com

folgende Instrumente in die Webseite integriert: Um das Stöbern nach Titeln effizienter zu gestalten, wurden bestimmte Titel zu aktuellen Anlässen besonders herausgehoben. Zudem gab es innerhalb der Suchfunktion die Möglichkeit, gezielt nach Autoren, Titelangaben, ISBN, Erscheinungsdaten sowie lediglich Schlagworten oder Kategorien zu suchen. Titel wurden zudem mit zusätzlichen Inhalten wie Covern und Interviews angereichert, wobei hier besonders die Kundenrezensionen eine wesentliche Neuerung darstellten. Um die Zahl der Visits zu erhöhen, implementierte Amazon eine Online Community, die den Nutzern einen gegenseitigen Austausch erlaubte. Um den wahrgenommenen Nachteil des fehlenden persönlichen Kundenkontaktes auszugleichen, wurden Anstrengungen zur Personalisierung unternommen. Dieser Ansatz lässt sich aus folgender Aussage von Bezos entnehmen: „If we have seventeen million customers, we should have seventeen million stores.“⁴⁹¹ Gewährleistet wurde dies durch eine persönliche Begrüßung des jeweiligen Kunden beim Besuch der Seite.⁴⁹² Die Reichweite des Angebots umfasste zum Zeitpunkt der Gründung 1 Million Titel, von denen allerdings nur etwa 2.000 Stück tatsächlich in eigener Lagerhaltung vorgehalten wurden. Der Großteil der Titel wurde nach dem Eingang einer Kundenbestellung beim Zwischenbuchhandel bestellt und teilweise im Rahmen des so genannten Streckengeschäfts sofort von dort an den Kunden geliefert. So wurde der Großteil der Waren über die beiden Barsortimente Ingram und Baker & Taylor geordert. Im Jahr 1997 wurden beispielsweise 59 Prozent des Vertriebs über Ingram abgewickelt.⁴⁹³ Ein Jahr später waren es immer noch 40 Prozent. Diese Herangehensweise ermöglichte eine zeitnahe Lieferung kleinerer Einheiten im Vergleich zu einer zeitintensiveren Direktbestellung bei den Verlagen, die insbesondere für Nischentitel von Bedeutung 491 Vgl. Bezos, J. zitiert in: Mirow 2004, S. 13. 492 Vgl. Amazon Annual Report 1997, S. 2. 493 Vgl. Amazon Annual Report 1997, S. 3.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   163

war. So war der Großteil der lieferbaren Titel innerhalb von 24 Stunden verfügbar. Die maximale Lieferzeit betrug 72 Stunden, was sich bei vergriffenen Büchern auf 4 bis 6 Wochen ausweitete.⁴⁹⁴ Jedoch ging diese Herangehensweise zunächst zu Lasten der Bruttomarge.⁴⁹⁵ Diese fiel infolge des Warenbezugs über den Zwischenbuchhandel geringer als im traditionellen Buchhandel aus, da dort aufgrund eines zentralisierten Einkaufs über den Verlag größere Rabatte erreicht wurden.⁴⁹⁶ Die Unterschiede werden anhand des folgenden Diagramms deutlich: Amazon erzielte in der Anfangszeit eine niedrigere Marge als die beiden direkten Wettbewerber Barnes & Noble und Borders. Im Gegenzug erlaubte diese Form der Beschaffung eine höhere Umschlagsgeschwindigkeit und eine Reduktion des Nettoumlaufvermögens.⁴⁹⁷

35,97

35,92

28,79

27,94 23,57

Amazon

1997 Barnes & Noble

30,23

23,92

22,72

1996

27,86

1998

Borders

Abb. 24: Bruttomarge in Prozent bei Amazon, Barnes & Noble und Borders 1996–1998. Quelle: Wikiinvest.

Um die niedrigen Margen bei der Beschaffung über Großhändler zu umgehen und um den Auslieferungsprozess zu beschleunigen, begann Amazon ab 1998 mit der Entwicklung einer eigenen Infrastruktur mit Zentrallagern.⁴⁹⁸ Bis zum Jahr 1999 wurden dementsprechend acht derartige Zentrallager in den USA und zwei in Deutschland und Großbritannien eröffnet.⁴⁹⁹ Daraus resultierte in der Folgezeit ein negativer operativer Zyklus, wie sich aus Abbildung 25 entnehmen lässt. Da die Bezahlung des Lie-

494 Vgl. Amazon Annual Report 1997, S. 2–3. 495 Die Kennzahl entspricht der Handelsspanne und drückt in Prozenten die Differenz zwischen Verkaufs- und Einkaufspreis aus. Ein hoher Wert spricht dabei für eine hohe Profitabilität. 496 Vgl. Mirow 2005, S. 13. 497 Vgl. Mirow 2005, S. 12. 498 Vgl. Amazon Annual Report 1997, S. 5. 499 Vgl. Amazon Annual Report 1997, S. 5 u. Amazon Annual Report 1999, S. 6.

164   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

feranten typischerweise erst nach dem Eingang der Kundenzahlung erfolgt, wird es möglich, Zinsen zu erwirtschaften, den Geldumschlag zu erhöhen und damit liquide Mittel zu generieren. Im Gegensatz dazu betrug der operative Zyklus im traditionellen Buchhandel durchschnittlich +78 Tage.⁵⁰⁰

–21 Tage

Tag 0: Produkt wird in den Bestand aufgenommen

Tag 20: Kunde kauft

Tag 23: Kunde bezahlt

Tag 44: Lieferant wird bezahlt

Abb. 25: Operativer Zyklus. Quelle: Mirow 2005, S. 25.

Im ersten Jahr generierte das Unternehmen 511.000 US-Dollar Umsatz und ein Jahr später bereits 15 Mio. US-Dollar. Im Jahr 1997, zum Zeitpunkt des Börsengangs, hatte sich der Umsatz auf knapp 150 Mio. US-Dollar erhöht, wie aus Abbildung 26 ersichtlich ist.⁵⁰¹ Aus dem hohen Umsatzwachstum lässt sich der Ansatz einer aggressiven Wachstumsstrategie herauslesen, die darauf ausgerichtet war, möglichst schnell eine umfassende Markenbekanntheit sowie einen großen Marktanteil zu generieren, da hierfür bis einschließlich 2003 Verluste in Kauf genommen wurden. So betrug der Verlust im Jahr 1997 27,59 Mio. US-Dollar. Dem stand ein Bruttoertrag von lediglich 28,81 Mio. US-Dollar gegenüber.⁵⁰² In den folgenden Jahren erhöhte sich der Umsatz weiter und überschritt von 1998–1999 die Mrd. Dollar-Grenze, wobei allerdings der Verlust im Verhältnis noch stärker anstieg. Im gleichen Zeitraum wuchs die Zahl der registrierten Kundenkonten von 10,7 Mio. auf 16,7 Mio.⁵⁰³ Die Fokussierung auf ein schnelles Wachstum unter Inkaufnahme von Profitabilität zeigte sich auch in der Unternehmenskommunikation. Während bis zum Jahr 2000 schnelles Wachstum im Vordergrund war, wurde in diesem Jahr erstmals eine „Balance zwischen Wachstum und operativer Effizienz“ eingefordert.⁵⁰⁴ Um das rapide Wachstum zu realisieren, setzte das Unternehmen ab 1998 auf eine Kombination von internem und externem Wachstum. Das interne Wachstum wurde durch interne Investitionen realisiert, wohingegen das externe Wachstum hauptsächlich

500 Vgl. Mirow 2005, S. 12. 501 Vgl. Price 2013, S. 354. 502 Vgl. Amazon Annual Report 1997, S. 15. 503 Vgl. Amazon Annual Report 1997, S. 2. 504 Vgl. Price 2013, S. 355 u. Amazon Annual Report 2000, S. 20.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   165

2761,98 1639,84 610,00 0,51 –0,30

15,75 –5,78

147,76 –27,59

–124,55 –719,97 –1411,273

1995 Umsatz

1996

1997

1998

1999

2000

Gewinn

Abb. 26: Umsatz und Gewinn von Amazon 1995–2000 in Mio. US-Dollar. Quelle: Price 2013, S. 354.

durch Übernahmen bestimmt war.⁵⁰⁵ Als Vision im Rahmen einer strategischen Zielformulierung wurde im Geschäftsbericht von 1998 dahingehend folgendes Statement abgegeben: The Company’s objective is to become the best place to buy, find and discover any product or service available online. Amazon.com will continue to enhance and broaden its brand, customer base and electronic commerce expertise with the goal of creating customers’ preferred online shopping destination, in the United States and around the world.⁵⁰⁶

Daraus wird deutlich, dass das Unternehmen im Rahmen der Marktaktivitäten langfristig plante, sowohl die Marketingaktivitäten auszubauen, um den Markennamen zu stärken, als auch ein allumfassendes Produktangebot zur Verfügung zu stellen. Weiterhin zeigt sich der kundenorientierte Fokus in der Zielsetzung der beliebteste Onlinehändler zu werden. Das Angebot sollte dabei nicht auf die USA begrenzt werden, sondern international bereitgestellt werden. Im Folgenden werden die Marktaktivitäten zur Erreichung dieser Ziele für den Zeitraum von 1995–2000 anhand des festgelegten Kategoriensystems dargestellt. Der Zeitraum wird dahingehend als Frühphase der Unternehmensentwicklung gewählt, als dass ab dem Jahr 2001 eine Konsolidierung des Geschäfts stattfand, die schlussendlich in einer erstmaligen Profitabilität im Jahr 2003 mündete.

505 Vgl. Price 2013, S. 355. 506 Vgl. Amazon Annual Report 1998, S. 3.

166   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

2.1.3.1 Unternehmensentwicklung bis zur Markteinführung des Kindles In der Frühphase der Unternehmensentwicklung wurden die Kosten für Marketing und Vertrieb gemeinsam ausgewiesen. Ab dem Jahr 2000 erfolgte dann eine Aufspaltung der beiden Posten. Die Kosten bestehen aus Ausgaben für Anzeigenwerbung und PR sowie aus den Ausgaben für den Vertrieb. Aus der Abbildung  27 wird deutlich, dass die Aufwendungen für Marketing und Vertrieb im Zeitverlauf in absoluten Zahlen stetig anstiegen. Besonders zu Beginn der Geschäftstätigkeit war dieser Anstieg besonders rapide (von 1995 bis 1996 war eine Steigerung von nahezu 3.000 Prozent zu verzeichnen). Von 1998 bis 1999 fiel der Anstieg mit knapp über 200 Prozent hingegen moderater aus. Er beruhte in diesem Zeitraum u. a. auf den erhöhten Ausgaben infolge der beginnenden Internationalisierung in Deutschland und Großbritannien sowie aufgrund der Einführung neuer Produktsegemente wie Musik, Video und Spielzeug.⁵⁰⁷ Die dahinter stehende Zielsetzung bestand in einer Stärkung des Markennamens, einer Erhöhung des Traffics, dem Aufbau von Kundenloyalität und der Anregung zu Wiederholungskäufen. Hierzu wurde sowohl Offline- als auch Onlinewerbung eingesetzt sowie das sogenannte Associates Program, das andere Webseiten in die Lage versetzte, ihren Besuchern Bücher über den Mittler Amazon anzubieten. 1998 hatten in dieser Hinsicht bereits nahezu 200.000 Webseiten eine Kooperation mit Amazon abgeschlossen, darunter die damals reichweitenstarken Seiten Yahoo! und AOL.⁵⁰⁸

594.489 413.150

132.654 200

6.090 40.007

1995

1996

1997

1998

1999

2000

Ausgaben für Marketing und Vertrieb Abb. 27: Ausgaben für Marketing und Vertrieb in Tausend US-Dollar. Quelle: Amazon Annual Reports 1995–2001.

Die Abbildung  28 zeigt die prozentualen Ausgaben für Marketing und Vertrieb in Bezug auf den Nettoumsatz. Hier zeigt sich, dass die Ausgaben in absoluten Zahlen zwar stetig anwuchsen, im Verhältnis zum Nettoumsatz aber einem Rückgang unterlagen. Ferner wird deutlich, dass in der Anfangszeit die Kosten für Marketing und Ver-

507 Vgl. Amazon Annual Report 1999, S. 25. 508 Vgl. Amazon Annual Report 1998, S. 5.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   167

trieb einen wesentlichen Anteil vom Umsatz einnahmen, nämlich bis zu 40 Prozent. Die Absenkung im Jahr 1997 war darauf zurückzuführen, dass der Nettoumsatz von 1996 auf 1997 um 838 Prozent anwuchs, wodurch der prozentuale Anteil der Marketingaufwendungen sank. Der erneute Anstieg zwischen 1998 und 1999 war maßgeblich durch die gestiegenen Vertriebskosten infolge des Ausbaus der Vertriebsinfrastruktur bestimmt, wohingegen der massive Rückgang auf eine stärkere Kostenkontrolle zurückzuführen war.⁵⁰⁹

0,45 0,4 0,35 0,3 0,25 0,2 0,15 0,1 0,05 0

1995

1996

1997

1998

1999

2000

Marketing und Vertrieb Abb. 28: Ausgaben für Marketing und Vertrieb in Bezug auf den Nettoumsatz. Quelle: Amazon Annual Reports 1995–2000.

In den ersten Jahren konzentrierte sich das Unternehmen ausschließlich auf den Onlinevertrieb von Büchern. Jedoch war bereits in der Frühphase der Unternehmensentwicklung eine Expansion des Produktangebots angedacht, wie sich aus folgender Stellungnahme des Geschäftsberichts aus dem Jahr 1997 entnehmen lässt: „The Company intends over time to expand the catalog into other information-based products, such as music.“⁵¹⁰ Diese Zielsetzung wurde im darauffolgenden Jahr durch die Ausweitung des Produktangebots auf Musik umgesetzt, indem ein entsprechender Shop im Juni gestartet wurde. Im November wurde das Angebot zudem um Videos erweitert.⁵¹¹ Unterstützt wurde diese Maßnahme durch die Übernahme der Filmdatenbank IMDb, die Filmrezensionen beinhaltete und ein Forum für Filmbegeisterte zur Verfügung stellte.⁵¹² Im darauffolgenden Jahr gab es weitere Erweiterungen beim Produktangebot: Spielzeug, Software, Computerspiele und Heimwerkerbedarf. Im gleichen Zug wurde 509 Vgl. Amazon Annual Report 1999, S. 25. 510 Vgl. Amazon Annual Report 1997, S. 1. 511 Vgl. Amazon Annual Report 1998, S. 18 f. 512 Vgl. Amazon Press Release 1998.

168   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

das Angebot bestehender Segmente verbessert. Beim Buchgeschäft beinhaltete dies die Ausweitung des Sortiments um antiquarische und vergriffene Titel und die Einrichtung von Special-Interest-Shops auf der Seite. Außerdem wurde auf Serviceebene eine Option implementiert, die es erlaubte, auch mit mobilen Endgeräten auf einen Kauf zu vollziehen. Eine maßgebliche Neuerung auf der Serviceebene war die Einrichtung der sogenannten 1-Click-Technologie, die auch patentiert wurde. Mit der Nutzung dieser Option konnten Bestellungen nach einmaliger Anmeldung mit einem Klick ausgeführt werden, ohne dass eine wiederholte Eingabe der persönlichen Daten (Lieferadresse, Kreditkarteninformationen) notwendig war. Die Patentierung dieser Funktion führte in der Folgezeit zu Rechtsstreitigkeiten mit der Buchhandelskette Barnes & Noble, die mit ihrer Funktion ,Express Lane‘ eine vergleichbare Funktion etablierte.⁵¹³ Eine weitere Neuerung im B-to-B-Bereich war mit der Ankündigung sogenannter zShops gegeben. Diese erlaubten es anderen Einzelhändlern, gegen die Zahlung entsprechender Gebühren die Plattform und das Onlinebezahlsystem von Amazon zu nutzen. Insofern fand hier eine Erweiterung des Geschäftsmodells dahingehend statt, dass nunmehr nicht mehr nur der Endkonsument im Vordergrund stand, sondern auch Beziehungen zu anderen unabhängigen Einzelhändlern. Damit einhergehend wurde als Reaktion auf den Markteintritt von Ebay auch der Versuch gestartet ein Onlineauktionshaus zu etablieren.⁵¹⁴ Die Abbildung 29 zeigt den Anstieg der Ausgaben für Technologie und Content in absoluten Zahlen von 1995 bis 2000. Diese bestehen aus Kosten für den Aufbau der elektronischen Infrastruktur sowie für den Ausbau des Produktangebots. Besonders in den ersten Jahren der Unternehmenstätigkeit stiegen die Kosten besonders massiv an (zwischen 1995 und 1996 um den Faktor 10), was darauf zurückzuführen war, dass die Etablierung einer entsprechenden Basisinfrastruktur sehr kostenintensiv war.

269.326

159.722

46.424 171 1995

2.313 13.384 1996

1997

1998

1999

2000

Abb. 29: Ausgaben für Technologie und Content in Tausend US-Dollar. Quelle: Amazon Annual Reports 1997–2000.

513 Vgl. Wolverton 2002. 514 Vgl. Amazon Annual Report 1999, S. 2.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   169

Die Ausgaben für die Entwicklung neuer Produkte und Serviceleistungen sanken in Bezug auf den Nettoumsatz im Zeitraum von 1995 bis 1998 von 33 Prozent auf knapp acht Prozent vom Umsatz. Darin waren Aufwendungen für die Etablierung neuer Konzepte, wie z. B. einem Geschenkshop (Gift-Shop) enthalten. Der Grund für die anteilige Absenkung bestand in einer massiven Ausweitung der Nettoumsätze. Zwischen 1998 und 1999 ist wiederum ein leichter Anstieg zu verzeichnen, der maßgeblich auf die aus der Expansion in Musik und Video entstandenen Kosten zurückzuführen war sowie auf den Start der europäischen Webseiten.⁵¹⁵

40% 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% 1995

1996

1997

1998

1999

2000

Technologie und Content Abb. 30: Ausgaben für Technologie und Content in Bezug auf den Nettoumsatz. Quelle: Amazon Annual Reports 1997–2000.

Neben dieser Erweiterung des Produktportfolios setzte Amazon in dieser frühen Phase der Unternehmenshistorie auch auf eine Internationalisierung im europäischen Raum. Dies manifestierte sich in der im Jahr 1998 erfolgten Übernahme von Bookpages, dem damals größten Onlineanbieter für Bücher in Großbritannien sowie von Telebook, dem damals führenden Onlineanbieter in Deutschland.⁵¹⁶ Weitere Übernahmen in dieser Zeit betrafen die Ausweitung der Nutzerbasis bzw. die Optimierung der Produktsuche im Web. Hierzu wurden zwei weitere Übernahmen der Internetfirmen PlanetAll und Junglee vollzogen. PlanetAll war das erste soziale Netzwerk, das zum damaligen Zeitpunkt über 1,5 Mio. Nutzer verfügte, während Junglee ein auf Data-mining spezialisiertes Start-up war. Die Zielsetzung hinter diesen Zukäufen bestand dabei in der Akquisition technologischer Ressourcen für die Entwicklung neuer Angebote, was sich beispielsweise in der Einführung von sogenannten ,Purchase Circles‘ im darauffolgenden Jahr zeigte, die in ihren Grundzügen auf eine 515 Vgl. Amazon Annual Report 1999, S. 25. 516 Vgl. http://phx.corporate-ir.net/phoenix.zhtml?c=176060&p=irol-newsArticle&ID=502989&high light=acquisition

170   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

Technologie von PlanetAll zurückgingen und Bestsellerlisten von Interessengruppen zur Verfügung stellten.⁵¹⁷ In Abbildung 31 sind die Investitionen für Übernahmen bis zum Jahr 2000 abgebildet. Der starke Anstieg im Jahr 1999 ist dem Aufkauf diverser Internetfirmen geschuldet, deren Geschäftsmodell als zukunftsträchtig eingeschätzt wurde. Daraus ist ebenfalls ersichtlich, dass das Unternehmen erst ab 1998 Investitionen in diesem Bereich tätigte, die aufgrund der zahlreichen Übernahmen in diesem Jahr mit knapp 370 Mio. US-Dollar einen Höhepunkt erreichten.

400.000 369607 350.000 300.000 250.000 200.000 150.000 100.000 62533 50.000 0 0 0 19019 0 1995 1996 1997 1998 1999 2000 Investitionen für Übernahmen Abb. 31: Investitionen für Übernahmen in Tausend US-Dollar. Quelle: Amazon Annual Reports 1995–2001.

Die Ebene der strategischen Partnerschaften als zweiter Teilbereich dieser Aktivitäten umfasst Minderheitsbeteiligungen bei erfolgversprechenden E-Commerce-Seiten, die sich im Rahmen des dotcom-Booms auf bestimmte Marktsegmente spezialisiert hatten. So beteiligte sich Amazon beispielsweise beim Apothekenversand drugstore. com und bei pets.com, einem Onlineanbieter von Produkten für Haustiere. Weitere Investments umfassten Beteiligungen bei Ashfords.com, Audible, Della.com, Gear. com, Greenlight.com, HomeGrocer.com, Kozmo.com, living.com, NextCard Inc. und dem Auktionshaus Sothebys. Letztere Beteiligung war auch vor dem Hintergrund des eigenen Auktionsangebots zu sehen. Darüber hinaus wurde in diesem Zusammenhang die Kooperation mit anderen Webseiten im Rahmen des Associate Programms von 200.000 auf 430.000 Partnerseiten ausgeweitet.⁵¹⁸ Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass diese erste Phase der Unternehmensentwicklung, die von 1995–2000 andauerte, darauf abzielte, möglichst schnell Größenvorteile (Economies of Scale) zu erlangen, was sich in den anfangs hohen Ausgaben für Marketingaktivitäten widerspiegelte. Zudem wurde die Vertriebsinfrastruktur stärker ausgebaut, um den Auslieferungsprozess zu beschleunigen,

517 Vgl. http://phx.corporate-ir.net/phoenix.zhtml?c=176060&p=irol-newsArticle&ID=502903&high light= 518 Vgl. Amazon Annual Report 1999, S. 5.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   171

sowie die Onlineinfrastruktur, um die Kommunikation mit Kunden und Lieferanten zu optimieren. Dies zeigt sich in den anfangs hohen Ausgaben für die Produktentwicklung, die neben den Kosten für die Entwicklung neuer Angebote auch die Kosten für die Infrastruktur beinhalten. Die Erlangung von Größenvorteilen war dahingehend von zentraler Bedeutung, als dass die Etablierung einer entsprechenden Infrastruktur mit hohen Fixkosten verbunden ist, die sich durch eine Ausweitung der Umsatzerlöse auf mehrere Einheiten verteilen lassen.⁵¹⁹ Die hohen Ausgaben für Infrastruktur und Marketing wurden mit der Feststellung begründet, dass eine große Kundenbasis und ein hoher Umsatzanteil für die Generierung von Economies of Scale essentiell für den Unternehmenserfolg sei,⁵²⁰ was aus folgendem Zitat des Firmengründers deutlich wird: We are not proftitable. We could be. It would be the easiest thing in the world to be profitable. It would also be the dumbest. We are taking what might be profits and reinvesting them in the future of the business. It would literally be the stupidest decision any management team could make, to make amazon.com profitable right now.⁵²¹

In einem nächsten Schritt wurden Verbundvorteile (Economies of Scope) realisiert, indem das bestehende Buchsortiment zunächst um weitere Informationsprodukte wie Musik und Videos erweitert wurde, und später weitere Produktkategorien wie z. B. Spielzeug aufgenommen wurden. So konnte die bis dato aufgebaute Erfahrung im Onlinevertrieb auf andere Angebote übertragen werden. In diesem Zusammenhang ist auch die Internationalisierung zu sehen, die mit dem Markteintritt in Deutschland und Großbritannien vollzogen wurde. Diese Maßnahmen führten zu einer Aufteilung des Kerngeschäfts in drei Segmente: Ein Segment umfasste das Buchgeschäft sowie die Bereiche Musik und Video. Ein weiteres wurde unter dem Begriff Frühphase und anderes subsumiert, und das dritte Segment beinhaltete die internationalen Geschäftsbereiche.⁵²² Bis zum Jahr 2000 kann von einer Orientierungsphase in Bezug auf die Wachstumsgestaltung gesprochen werden, da das Unternehmen bis zu diesem Zeitpunkt auch verstärkt auf externe Zukäufe im Rahmen der Marktaktivitäten setzte. Diese Wachstumsstrategie zeigt sich aus der Gegenüberstellung der Investitionen in den Bereichen interne Forschung und Entwicklung sowie in denen für die Akquisition externer Assets. Die Abbildung 32 zeigt dieses Verhältnis für den Zeitraum von 1995 bis 2000. Auffällig ist dabei, dass die Investitionen für Übernahmen im Jahr 1999 höher lagen als die Investitionen in Forschung und Entwicklung und damit in den Eigenaufbau von Ressourcen.

519 Vgl. Teng 2003, S. 240. 520 Vgl. Amazon Annual Report 1997, S. 15. 521 Vgl. ,Payoff still elusive in internet.‘ The New York Times 1997, S. 17 zitiert in: Mahajan et al. 2000, S. 475. 522 Vgl. Teng 2003, S. 241.

172   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

400.000 350.000 300.000 250.000 200.000 150.000 100.000 50.000 0

1995

1996

1997

1998

1999

2000

Übernahmen

Produktentwicklung

Abb. 32: Investitionen für Übernahmen und Produktentwicklung in Tausend US-Dollar. Quelle: Price 2013, S. 354.

Diese Herangehensweise zeigt sich auch in der anteiligen Gegenüberstellung der Marktaktivitäten von Amazon. Analog zum ressourcenorientierten Ansatz kann hier zwischen dem Eigen- und dem Fremdaufbau von Ressourcen differenziert werden. Während strategische Allianzen und Übernahmen dem Fremdaufbau zugerechnet werden können, beinhaltet die Kategorie neue Produkte / Serviceleistungen den Eigenaufbau. Aus den Aktivitäten in der Frühzeit der Unternehmensentwicklung ergibt sich dabei eine ähnliche Schwerpunktsetzung, wie sie aus den finanziellen Daten erschließbar ist. Zunächst lag der Fokus auf den Marketingaktivitäten und verschob sich dann im Zeitverlauf zugunsten des Fremd- und Eigenaufbaus von Ressourcen. Auffällig ist dabei die Tatsache, dass der prozentuale Anteil des Fremdaufbaus in Form von Allianzen, Beteiligungen und Übernahmen zunächst höher als der Eigenaufbau war. Dies ist mit der Wachstumsstrategie von Amazon zu diesem Zeitpunkt kongruent, die verstärkt auf die Beteiligung an bzw. die Übernahme von Unternehmen ausgerichtet war.

0,62 0,55 0,47 0,36 0,28

0,25

0,2

0,17

0,1 1998

1999

2000

Allianzen/Kooperationen/Übernahmen Marketingaktivitäten neue Produkte/Serviceleistungen Abb. 33: Marktaktivitäten Amazon 1998–2000. Quelle: Business Wire / PR Newswire.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   173

Insgesamt zeichnete sich die strategische Vision des Unternehmens durch den Versuch aus, der weltweit führende Onlinehändler in allen Produktkategorien zu werden. Der Fokus lag dabei in einer extrem starken Kundenorientierung, was in der Aussage zur Geschäftsstrategie im Geschäftsbericht aus dem Jahr 1999 deutlich wird: „Amazon.com seeks to be the world’s most customer-centric company where customers can find and discover anything they want to buy online.“⁵²³ Diese Zielstellungen wurden in der ersten Phase der Unternehmensentwicklung durch den Ausbau der elektronischen Infrastruktur sowie durch diverse Maßnahmen zur Personalisierung und zur Vereinfachung des Transaktionsprozesses vorangetrieben. Der Kern der Unternehmensstrategie lag dabei in der Kundenorientierung. Dies zeigte sich beispielsweise in einer stetigen Neuentwicklung entsprechender Tools. So führte das Unternehmen im Jahr 1999 die sogenannte ,Wish-List‘ ein, die es den Kunden erlaubte, ihre Produktwünsche Bekannten und Familienmitgliedern mitzuteilen.⁵²⁴ Die Fokussierung auf den Kunden kommt auch durch das folgende Zitat des Firmengründers zum Ausdruck: „We decided that we’re not going to be obsesessed with our competitors … [instead] we’re going to be obsessed with our customers.“⁵²⁵ Mit dem Platzen der Dotcom-Blase veränderten sich die externen Rahmenbedingungen, was dazu führte, dass bisherige Zukäufe bzw. Beteiligungen massiv an Wert verloren und Unternehmen wie z. B. pets.com und living.com, an denen Amazon beteiligt war, insolvent gingen. Als problematisch erwies sich die Tatsache, dass Amazon nicht in der Lage war, die Vielzahl von Beteiligungen zu verwalten und gleichzeitig das eigene Geschäft auszubauen. Dies bewirkte eine Reduktion der Investitionstätigkeit in diesem Bereich und führte dazu, dass die Finanzierung der eigenen Entwicklung wieder stärker gewichtet wurde. Insofern kristallisierte sich bereits zu diesem frühen Zeitpunkt in der Unternehmenshistorie ein Muster heraus, welches in der späteren Entwicklung beibehalten wurde, nämlich die stärkere Gewichtung der internen Herausbildung von Kernfähigkeiten. Dies zeigt sich auch in der Eröffnung des ersten E-Bookstores im November 2000, in dem entsprechende digitale Bücher im Microsoft Reader Format bereitgestellt wurden.⁵²⁶ Das Angebot hatte bis zum Jahr 2006 Bestand, bevor es 2007 durch den Kindle Store ersetzt wurde.⁵²⁷ Die Schwierigkeiten bei diesem ersten Store bestanden dabei hauptsächlich in der vergleichsweise geringen Reichweite des Angebots und der hohen Preise sowie dem Mangel eines attraktiven Endgeräts zum Konsum der Inhalte, da die Nachteile des Lesens am Bildschirm aus Rezipientensicht groß waren.⁵²⁸

523 Vgl. Amazon Annual Report 1999, S. 1. 524 Vgl. Rahman 2000, S. 9. 525 Vgl. Bezos, J zitiert in: Rahman 2000, S. 11. 526 Vgl. http://phx.corporate-ir.net/phoenix.zhtml?c=176060&p=irol-newsArticle&ID=502672&high light= 527 http://www.the-digital-reader.com/2013/11/14/amazon-ebooks-14-november-2000/ 528 Vgl. Stone 2013, S. 267.

174   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

Im Jahr 2001 erreichte Amazon einen Umsatz von 3,12 Mrd. Dollar, was einer Steigerung im Vergleich zum Vorjahr in Höhe von 13 Prozent entsprach. Die Umsätze auf den internationalen Märkten wurden um 74 Prozent gesteigert. Den größten Umsatzanteil hatte dabei das Mediensegment (Bücher, Musik und Video) mit 54  Prozent, gefolgt vom internationalen Segment mit 21,2 Prozent.⁵²⁹ Jedoch veränderte sich die Lage des Unternehmens aufgrund der um die Jahrtausendwende platzenden DotcomBlase massiv. Die Blase hatte sich seit 1995 dadurch herausgebildet, dass die Aktienkurse von Internetfirmen sowohl in Deutschland als auch den USA stetig anwuchsen, ohne dass diese Firmen über ein entsprechend profitables Geschäftsmodell zu verfügen schienen. Im Zuge der massiven Investitionen stieg z. B. der US-amerikanische NASDAQ-Index, auf dem technologieorientierte Unternehmen gelistet waren im Zeitraum von 1995–2000 von 1.000 auf 5.000 Punkte.⁵³⁰ Die mangelnde Berücksichtigung der tatsächlichen Cash-Flow-Situation der Firmen in Verbindung mit unrealistischen Erwartungen über deren zukünftige Entwicklung führte zu einer massiven Überbewertung der meisten Dotcom-Firmen. Nachdem dies schlussendlich antizipiert wurde, fiel der NASDAQ-Index von 2000 bis 2001 von 5.000 auf 2.500 Punkte und zahlreiche Unternehmen gingen in Konkurs.⁵³¹ Amazon sah sich zu diesem Zeitpunkt ebenfalls mit Finanzierungsschwierigkeiten konfrontiert. Dies lag einerseits in der Tatsache begründet, dass das Unternehmen im Vergleich zu anderen zwar bereits relativ groß in Bezug auf die Umsätze war, jedoch bis dahin in seiner bisherigen Geschichte noch nie profitabel war. Andererseits führte der Absturz der Kurse zu einer allgemeinen Zurückhaltung auf Investorenebene. 2000 führte diese Entwicklung zu einem Einbruch des Aktienkurses von Amazon in Höhe von 80 Prozent. Der Kurs, der im Jahr 1999 noch bei nahezu 90 Dollar gelegen hatte, ging bis zum Jahr 2001 auf unter sechs Dollar zurück.⁵³² Die Ursache für den fallenden Kurs lag auch in der negativen Einschätzung der Tragfähigkeit des Geschäftsmodells durch Analysten zugrunde. So stellte der damals bei der Investmentbank Lehman Brothers beschäftigte Analyst Ravi Suria die Überlebensfähigkeit des Unternehmens in Frage.⁵³³ In dieser Situation verabschiedete sich das Unternehmen von der ausschließlichen Konzentration auf Wachstum und setzte verstärkt auf die Erreichung von Profitabilität. So heißt es im Geschäftsbericht aus dem Jahr 2001 dazu: After four years of single-minded focus on growth, and then just under two years spent almost exclusively on lowering costs, we reached a point where we could afford to balance growth and cost improvement, dedicating resources and staffed projects to both.⁵³⁴

529 Vgl. Amazon Annual Report 2002, S. 88. 530 Vgl. http://www.investopedia.com/terms/d/dotcom-bubble.asp 531 Vgl. http://www.answers.com/topic/dot-com-bubble 532 Vgl. http://www.wallstreet-online.de/aktien/amazon-aktie#t:max||s:lines||a:abs||v:month 533 Vgl. Stone 2013, S. 12 u. Nussenbaum 2000. 534 Vgl. Amazon Annual Report 2001, S. 2.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   175

Dieser Ansatz zeigte sich in der Tatsache, dass das Unternehmen im vierten Quartal 2001 erstmals keinen operativen Verlust erwirtschaftete.⁵³⁵ Zwei Jahre später erreichte das Unternehmen erstmals die Gewinnzone. In Abbildung 34 sind die Umsätze und der Gewinn von Amazon bis zum Kernuntersuchungszeitraum, der mit der Markteinführung des Lesegeräts Kindle startet, dargestellt. Nachdem im Jahr 1999 erstmals mehr als eine Mrd. US-Dollar Umsatz erzielt wurden, erreichte das Unternehmen diese Maßgabe bereits zwei Jahre später auf Quartalsebene.⁵³⁶

14.835 10.711 8.490 6.921 5.263 3.122

–567 2001 Umsatz

3.933

–149 2002

35 2003

588 2004

359 2005

190 2006

476 2007

Gewinn

Abb. 34: Umsatz und Gewinn von Amazon in Mio. US-Dollar 2001–2007. Quelle: Price 2013, S. 354.

Die Bemühung, einen Ausgleich zwischen Wachstum und Profitabilität zu finden, zeigt sich auch in einer verstärkten Kostenkontrolle. So sanken die Ausgaben für Technologie und Content von 2001 bis 2003 trotz steigender Umsätze, wie aus Abbildung 35 ersichtlich ist, die die beiden Kostenblöcke in absoluten Zahlen gegenüberstellt. In den nachfolgenden Jahren stabilisierten sie sich auf etwa 5 Prozent vom Nettoumsatz, auch wenn von 2004 bis 2005 ein massiver Anstieg zu verzeichnen war, der maßgeblich auf zahlreiche Initiativen zur Effizienzsteigerung in den Bereichen Verkaufsplattformen, Suche, Webdienstleistungen zurückging.⁵³⁷ Eine vergleichbare Tendenz ist für die Marketingausgaben zu konstatieren. Der erneute Anstieg im Jahr 2004 war hier durch den Einsatz variabler Marketingkanäle bestimmt.⁵³⁸ Auch hier zeigt sich im Verhältnis zum Nettoumsatz eine Stabilisierung, die dazu führte, dass sich diese von 2004 bis 2007 konstant auf das Niveau von

535 Vgl. Amazon Annual Report 2001, S. 21. 536 Vgl. Amazon Annual Report 2001, S. 2. 537 Vgl. Amazon Annual Report 2005, S. 38. 538 Vgl. Amazon Annual Report 2004, S. 39.

176   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

9 Prozent einpendelten. Im Vergleich zur oben dargestellten ersten Phase der Unternehmensentwicklung waren die prozentualen Anteile dieser beiden Blöcke wesentlich geringer, was auf einen effizienteren Einsatz hindeutet. Auffällig ist zudem, dass die Ausgaben für Marketing weniger stark anstiegen als die für Technologie und Content, was auf eine stärkere Fokussierung auf innovative Aktivitäten hindeutet.

818.000 662.000 451.000 344.000 283.000

241.000

216.000 208.000 138.000 125.000 123.000

2001

2002

Technologie und Content

2003

162.000

2004

263.000 198.000

2005

2006

2007

Marketing

Abb. 35: Ausgaben für Marketing, Technologie und Content in Tsd. US-Dollar. Quelle: Amazon Annual Reports 2001–2008.

Eine zentrale Wachstumsstrategie in diesem Zeitraum war zunächst die Ausweitung der internationalen Aktivitäten. So eröffnete das Unternehmen sukzessive Webseiten in Frankreich, Japan, Canada, China und Italien. Das Wachstum der internationalen Geschäftsbereiche betrug von 2000–2001 74 Prozent, wohingegen die gesamten Umsätze lediglich um 13  Prozent anstiegen. Um in ausländischen Märkten Fuß zu fassen, setzte das Unternehmen weiterhin auf Akquisitionen. So übernahm Amazon im Jahr 2004 die chinesische Webseite Joyo.com, die zum damaligen Zeitpunkt der größte Anbieter für Bücher und Musik in China war.⁵³⁹ Aus der unten dargestellten Gegenüberstellung der Investitionen für Übernahmen und interne Entwicklung wird aber deutlich, dass abgesehen von der Delle im Jahr 2004 weniger Finanzmittel für Akquisitionen aufgewendet wurden. Vielmehr waren diese ab 2005 sogar wesentlich niedriger. Als Kriterien für den Eintritt in neue Märkte bzw. Marktsegmente wurden folgende Voraussetzungen für neue Geschäftsbereiche genannt: Sie müssen ein hohes Wachstumspotential aufweisen, eine hohe Kapitalrendite sowie große Marktsegmente umfassen. Diese Kriterien wurden durch die Übernahme von Joyo.com abgebildet.⁵⁴⁰

539 Vgl. Amazon Press Release 2004. 540 Vgl. Amazon Annual Report 2006, S. 2.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   177

Außerdem erfolgte eine stetige Ausweitung des Produktangebots sowie der Serviceleistungen, was durch die hohen Investitionen im Bereich der Produktentwicklung abgebildet wird. So wurde im Buchbereich die Option „Search Inside The Book“⁵⁴¹ eingeführt, die die Intransparenz beim Onlinekauf von Büchern beseitigte, da es nunmehr möglich wurde, Titel auch inhaltlich vor dem Kauf zu begutachten. Eine zentrale Akquisition für den Ausbau des digitalen Buchgeschäfts in diesem Zeitraum war die im Jahr 2005 erfolgte Übernahme von Mobipocket, einem Anbieter für E-Book-Reading-Software.⁵⁴² Bei den Serviceleistungen wurde im selben Jahr ein Stammkundenprogramm mit dem Namen „Amazon Prime“ eingeführt, das gegen die jährliche Zahlung eines Beitrags in Höhe von 79 US-Dollar die kostenfreie Lieferung des bestellten Artikels innerhalb von zwei Tagen vorsah.

250.000 200.000 150.000 100.000 50.000 0 –50.000

2002

2003

Produktentwicklung

2004

2005

2006

2007

Übernahmen

Abb. 36: Investitionen für Produktentwicklung und Übernahmen in Tsd. US- Dollar. Quelle: Amazon Annual Reports 2000–2007.

Insgesamt umfasste das Produktangebot bis zum Jahr 2003 bereits 20 verschiedene Kategorien, die von Küchenbedarf bis zu Nahrungsmitteln (zunächst auf die USA begrenzt) reichten.⁵⁴³ Vier Jahre später belief sich die Zahl der angebotenen Produktkategorien auf 36.⁵⁴⁴ Trotz der Bandbreite der angebotenen Produkte stellte der Bereich Medien weiterhin den Kerntreiber des Umsatzes dar. So wurden 2003 77 Prozent der Umsätze mit Medien erwirtschaftet, wohingegen die anderen Produktkategorien lediglich 21 Prozent zum Umsatz beitrugen. Im Jahr 2007 betrug dieses Verhältnis 62 zu 35 Prozent, woraus sich ein Bedeutungszuwachs für andere Produktkategorien ableiten lässt, wobei aber Medien immer noch den Schwerpunkt darstellen. 541 Vgl. Amazon Annual Report 2001, S. 4. 542 Vgl. Acohido 2005. 543 Vgl. Amazon Annual Report 2003, S. 3. 544 Vgl. Amazon Annual Report 2006, S. 4.

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   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

In Bezug auf den Umsatz von geringerer Bedeutung sind die sogenannten Amazon Web Services (AWS), die im Jahr 2003 gestartet wurden, die aber im Zuge der Etablierung einer zentralen Plattform von zentraler Bedeutung sind. Ursprünglich wurde dieses Angebot aus dem B-to-B-Bereich für Entwickler gestaltet, denen damit Speicherplatz und Rechnerleistung zur Verfügung gestellt wurde. Der Kerngedanke von Amazon bestand dabei darin, die für die eigene E-Commerce-Plattform genutzte Infrastruktur für eine bessere Auslastung anderen Unternehmen zur Verfügung zu stellen.⁵⁴⁵ 2.1.3.2 Marktaktivitäten nach der Markteinführung des Kindles Im Bereich der Hardwareentwicklung stellte die Markteinführung des dezidierten Lesegeräts Kindle eine zentrale Neuerung dar, das im Juli 2007 zum Preis von 399 USDollar eingeführt wurde. Der Anstoß für die Eigenentwicklung wurde dabei auch durch die 2005 erfolgte Übernahme von Mobipocket gegeben. Das Gerät verfügte über ein Display mit elektronischer Tinte, die ein mit gedrucktem Papier vergleichbares Leseerlebnis gewährleistete und zugleich eine lange Akkulaufzeit, da Strom nur beim Umblättern verbraucht wurde. Die Reichweite des Angebots betrug in der Anfangszeit 90.000 Titel, worin auch der Großteil der New York Times Bestsellerliste enthalten war.⁵⁴⁶ Dieses im Vergleich zu früheren Versuchen im E-Book-Segment große Angebot – das 1998 vorgestellte Rocket ebook verfügte nur über ein geringes Titelangebot⁵⁴⁷ – begünstigte den Erfolg des Lesegeräts. Binnen eines Jahres wurden mehr als eine Viertelmillion derartiger Geräte verkauft.⁵⁴⁸ Die Reichweite des Angebots stellte dabei ein Kernelement für den Erfolg des Lesegeräts dar, weswegen als Zielsetzung hierfür 100.000 Titel formuliert wurden.⁵⁴⁹ Problematisch dabei war die Überzeugung der Verlage, ihre Inhalte zu digitalisieren, nachdem erste Versuche, E-Books zu etablieren, mit dem Rocket E-Book um die Jahrtausendwende nicht erfolgreich waren. Darüber hinaus barg eine Digitalisierung der Backlist auch rechtliche Schwierigkeiten. Nachdem erste Gespräche, in denen die Neuentwicklung eines Lesegeräts durch Amazon aus Geheimhaltungserwägungen nicht thematisiert wurde, gescheitert waren, wurde schließlich zu diesem Zweck ein Prototyp eingesetzt, der allerdings mit technischen Mängeln behaftet war. Nachdem das japanische Unternehmen Sony ebenfalls im Jahr 2006 ein eigenes dezidiertes Lesegerät mit E-Ink-Technologie vorstellte, wurde das Potential des von Amazon propagierten Lesegeräts als gering eingestuft. Dies änderte sich mit der Ankündigung Amazons eine drahtlose Netzwerkverbindung zu implementieren, die es den Kunden

545 Vgl. Strube 2010. 546 Vgl. Amazon Press Release 2007. 547 Vgl. Lebert 2011. 548 Vgl. Portz 2008. 549 Vgl. Stone 2013, S. 284.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   179

ermöglichte ohne Vertragsbindung jederzeit Bücher zu erwerben.⁵⁵⁰ Ein weiterer Pluspunkt für den Erfolg des Geräts war die Tatsache, dass Jeff Bezos im Rahmen der Produktvorstellung ankündigte, New York Times Bestseller zum Preis von 9,99 zu verkaufen. Der Markterfolg des Kindle-Readers spiegelte sich in den Verkaufszahlen wider und zeigte sich in der Tatsache, dass das Gerät ein Jahr nach der Einführung trotz sich bereits länger auf dem Markt befindlicher Produkte bereits einen Marktanteil von knapp 65,7 Prozent unter den dezidierten E-Readern auf sich vereinen konnte.⁵⁵¹ Das Jahr 2007 stellte insofern einen Wendepunkt in der Unternehmensentwicklung dar, als dass die Entwicklungskosten erstmals geringer anwuchsen als der Umsatz. Auch nach der Markteinführung des Kindle konnte Amazon steigende Umsätze verzeichnen, wie sich aus Abbildung 37 entnehmen lässt. In den Jahren von 2008 bis 2011 war ein konstantes Umsatzwachstum zu verzeichnen, und im Gegensatz zur ersten Phase der Unternehmensentwicklung konnten auch überwiegend Gewinne erwirtschaftet werden. Während in der Zeit von 2004 bis 2005 Rückgänge beim Gewinn zu verzeichnen waren, die hauptsächlich den Investitionen in Technologie und Content geschuldet waren, wuchsen die Gewinne bis zum Jahr 2010 stetig, was auch den massiven Umsatzsteigerungen geschuldet war. So wuchs der Umsatz von 2009 auf 2010 um nahezu 10 Mrd. US-Dollar an. Das massive Wachstum war dabei auch der Expansion des Produktportfolios und dem Ausbau des internationalen Geschäfts geschuldet. In Tabelle 25 sind die von Amazon zu diesem Zeitpunkt angebotenen Produktkategorien und der Zeitpunkt ihrer Einführung dargestellt.

61.093 48.077 34.204 24.509 19.166 645

1.152

902

631 –39

2008 Umsatz

2009

2010

2011

2012

Gewinn

Abb. 37: Umsatz und Gewinn Amazon 2008–2012 in Mio. US-Dollar. Quelle: Amazon Annual Report 2012.

550 Vgl. Stone 2013, S. 285. 551 Vgl. Digitimes 2014 auf: de.statista.com.

180   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

Tab. 25: Produktkategorien Amazon. Quelle: Publishers’ Weekly 2009. Produktkategorie

USA

Großbritannien Deutschland Frankreich Japan

physische Medienprodukte

1995

1998

1998

2000

2000

2004

2002

Elektronikartikel

1999

2001

2001

2005

2003

2004

2008

Spielzeug

1999

2001

2004

2007

2004

2004

Babyprodukte

1999

2007

2007

2007

2007

2006

Werkzeug

1999

2004

2004

Haus und Garten

2000

2004

2004

2007

2003

Kleidung und Accessoires

2002

2008

2008

2007

Sport und Outdoor

2003

2007

2006

2005

2006

Schmuck und Uhren

2003

2007

2007

2007

2006

Körperpflege und Gesundheit

2003

2008

2007

2006

2006

Kosmetikprodukte

2004

2008

2008

2008

2006

Schuhe

2005

2007

2007

2007

Trockenprodukte

2006

Autozubehör und -teile

2006

Digitale Medien

2007

Einrichtungsgegenstände

2008

Motorradzubehör

2008

Bürobedarf

2008

2007

China Canada

2008 2008

Trotz der sukzessiven Ausweitung des Produktportfolios – im Jahr 2008 starteten in den USA die Kategorien Bürobedarf, Einrichtungsgegenstände und Motorradzubehör – wurde bis zum Jahr 2010 über die Hälfte des Umsatzes mit Medienprodukten erwirtschaftet. Dabei trugen die Verkäufe in den USA im Vergleich zum internationalen Geschäft ebenfalls 50 bis 60 Prozent zum Umsatz bei.⁵⁵² Dementsprechend betrug der Umsatz mit Medienprodukten innerhalb der USA im Jahr 2008 beispielsweise 5,35 Mrd. US-Dollar.⁵⁵³ Wie sich aus Abbildung 37 entnehmen lässt, die den Gesamtumsatz des Unternehmens aufführt, verzeichnete Amazon konstant steigende Umsätze 552 Vgl. Amazon Annual Report 2010/2012, S. 24 u. 26. 553 Vgl. Amazon Annual Report 2008, S. 24.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   181

von 2008 bis 2012, und im Gegensatz zur ersten Phase der Unternehmensentwicklung konnten dabei auch überwiegend Gewinne erwirtschaftet werden.⁵⁵⁴ Während in der Zeit von 2004 bis 2005 Rückgänge beim Gewinn zu verzeichnen waren, die hauptsächlich den Investitionen in Technologie und Content geschuldet waren, wuchsen die Gewinne bis zum Jahr 2010 stetig. Die positive Umsatz- und Gewinnentwicklung spiegelte sich auch im Aktienkurs des Unternehmens wider. Die Aktie des Unternehmens stieg beispielsweise von 50 Euro im Jahr 2008 auf 188 Euro im Jahr 2012.⁵⁵⁵ Als problematisch erwies sich die Tatsache, dass die Bruttomarge unter Druck geriet. Sie sank beispielsweise von 2007 auf 2008 um 0,7  Prozentpunkte, was hauptsächlich darauf zurückging, dass die Versandkosten ab einer gewissen Bestellmenge nicht erhoben wurden, was durch das Amazon Prime Programm noch verstärkt wurde, da hier gegen die Zahlung des jährlichen Beitrags in Höhe von 79 Dollar keinerlei Versandkosten mehr berechnet wurden. Diese Herangehensweise resultierte in einer schlechteren Kreditwürdigkeit des Unternehmens. Die Marktaktivitäten von 2008 bis 2010 waren im Gegensatz zur in Punkt  8.2.1 beschriebenen frühen Phase der Unternehmensentwicklung stärker auf den Eigenaufbau von Ressourcen ausgerichtet. Die frühe Phase von 1995 bis 2000 war davon gekennzeichnet, möglichst schnell Größenvorteile zu erreichen, was sich einerseits im hohen Anteil der Marketingausgaben am Gesamtumsatz widerspiegelte. Andererseits beteiligte sich Amazon an einer Vielzahl von Onlinestartups bzw. kaufte auf internationalen Märkten erfolgreiche E-Commerce-Seiten auf, was mit einem Fremdaufbau von Ressourcen einhergeht. Diese Entwicklungen führten dazu, dass der Anteil der Investitionen in Übernahmen und damit in den Fremdaufbau von Ressourcen 1999 höher lag als die Investitionen in die Entwicklung eigener Produkte. Im Anschluss daran konsolidierte sich das Unternehmen, was sich auch darin niederschlug, dass die Anteile der Marketingausgaben und der Ausgaben für Technologie und Content sich in Bezug auf den Nettoumsatz auf ein konstantes Niveau einpendelten, wie sich aus den Abbildungen 42 bzw. 43 entnehmen lässt. Außerdem waren die Investitionen in die Produktentwicklung bis zum Jahr 2007 höher als die in Übernahmen (siehe Abbildung 36), was auf einen verstärkten Eigenaufbau von Ressourcen hindeutet. Dieser Trend setzte sich auch bis zum Jahr 2012 fort, wie aus Abbildung  38 zu entnehmen ist. Lediglich im Jahr 2008 war der Betrag für Übernahmen höher als der für Produktentwicklung. Die Ursache hierfür waren die Akquisition von Audible, Fabric.com und Abebooks, wovon Audible mit 300 Mio. US-Dollar den größten Anteil einnahm. Das Unternehmen Audible war zu diesem Zeitpunkt Markführer im Bereich Hörbücher sowie bei digitalen Audioausgaben von Zeitungen und Magazinen.⁵⁵⁶ Die Übernahme von Abebooks, eines auf den Onlinevertrieb antiquarischer Bücher spezialisierten Unternehmens, zielte ebenfalls auf die Stärkung des Mediensegments 554 Vgl. Datamonitor Amazon.com Profile 2009, S. 6. 555 Vgl. www.wallsteet-online.de/aktien/amazon-aktie 556 Vgl. Stone 2008, S. 13.

182   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

ab, wohingegen die Übernahme von Fabric.com der Kleidungskategorie zuzuordnen war.⁵⁵⁷ Bis 2011 stiegen die Investitionen für Übernahmen noch leicht an, lagen aber konstant unter den Investitionen für die Entwicklung eigener Produkte.

5.000.000 4.500.000 4.000.000 3.500.000 3.000.000 2.500.000 2.000.000 1.500.000 1.000.000 500.000 0

2008

2009

Produktentwicklung

2010

2011

2012

Übernahmen

Abb. 38: Investitionen für Übernahmen und Produktentwicklung in Tsd. US-Dollar. Quelle: Amazon Annual Reports 2008–2012.

Die stärkere Fokussierung auf Übernahmen im Jahr 2008 zeigt sich ebenfalls in der in Abbildung 39 aufgeführten Verteilung der Marktaktivitäten für die Jahre 2008 bis 2010. Im Jahr 2008 nahm die Kategorie Kooperationen / Allianzen / Übernahmen mit 9 Prozent einen höheren Anteil ein, als das in den Folgejahren der Fall war. Stattdessen wuchs der Anteil der Entwicklung neuer Produkte / Serviceleistungen. Dies beinhaltete auf der Ebene der neuen Produkte den Start eines digitalen Musikstores sowie die Einführung neuer Produktkategorien, wie z. B. Bürobedarf, Motorradzubehör und Einrichtungsgegenstände. Im Mediensegment stellte das Unternehmen mit der Digital Text Plattform eine Möglichkeit vor, Dateien in das proprietäre Kindle-Format umzuwandeln.⁵⁵⁸ Eine weitere Aktivität im Bereich neue Produkte war die Vorstellung des Kindle 2 im Jahr 2009, das mit einer verbesserten Navigation, einem schlankerem Design sowie einem niedrigeren Preis (359 US-Dollar statt 399 Dollar) aufwartete.⁵⁵⁹ Mittlerweile belief sich die Reichweite des Angebots an Kindle-Titeln auf 240.000 Stück. Neben dem Kindle 2 wurde auch der Kindle DX vorgestellt, der aufgrund seines größeren Displays auf professionelle Nutzer ausgerichtet war.⁵⁶⁰ Außerdem wurde eine Kindle-Software für Desktop PCs eingeführt.⁵⁶¹

557 Vgl. Amazon Press Release 2008. 558 Vgl. Teicher 2008, S. 19. 559 Vgl. Reid 2009, S. 18. 560 Vgl. Amazon Press Release 2009. 561 Vgl. Leisegang 2014, S. 125.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   183

Da es aufgrund der Breite und Tiefe des E-Book Angebots und der einfachen Nutzung⁵⁶² an konkurrenzfähigen elektronischen Lesegeräten mangelte, konnte das Unternehmen im Jahr 2009 einen Marktanteil von 90 Prozent im E-Book-Segment auf sich vereinigen.⁵⁶³ Eine Ursache für den hohen Marktanteil war auch die Preispolitik des Unternehmens. So wurden Bestseller für 9,99 US-Dollar angeboten. Dies führte dazu, dass Hardcover-Bestseller mit 67  Prozent Abschlag vom Listenpreis angeboten wurden. Bei einem Grundrabatt in Höhe von 50  Prozent führte dies zu Verlusten. Demnach nutzte das Unternehmen Bücher als sogennante loss leader, um durch ihren Verkauf den Verkauf von Produkten mit höheren Margen zu realisieren.⁵⁶⁴ Diese Preispolitik führte dazu, dass die sechs großen amerikanischen Verlage (Penguin, Hachette, Macmillan, HarperCollins, Random House, Simon & Schuster) in Verhandlungen mit Apple traten und schlussendlich das in Teil III, Punkt 1.1.1 beschriebene ,Agency-Modell‘ lancierten.⁵⁶⁵ Im selben Jahr gründete Amazon eine unternehmenseigenen Verlagssparte Amazon Encore. Der Verlagszweig hatte nach Bekunden des Unternehmens die Zielsetzung, außergewöhnliche Bücher, die über eine geringe Wahrnehmung verfügen, ausfindig zu machen und durch Marketingmaßnahmen und Bereitstellung über verschiedene Kanäle und Format einem größeren Publikum zugänglich zu machen.⁵⁶⁶ Im Bereich der Serviceleistungen wurden hauptsächlich Maßnahmen ergriffen, um den Einkaufsprozess zu erleichtern. Dies beinhaltete beispielsweise die Entwicklung neue Facebook Apps, die es den Bekannten und Freunden der Nutzer erlauben, gegenseitig auf die persönlichen Amazon-Wunschlisten zuzugreifen. Eine weitere Neuerung TextBuyIt, einem Service mit dem Nutzer mobiler Endgeräte mit Textnachrichten nach Amazon-Produkten suchen können und diese dann erwerben können. Der Service ermöglichte es folglich beispielsweise, mit einem Handy per SMS Einkäufe bei Amazon zu tätigen.⁵⁶⁷ In die Kategorie neue Serviceleistungen fallen dabei auch Anwendungen für Unternehmen und Entwickler, die den Datenaustausch bzw. deren Speicherung bei Amazon Web Services erleichtern sowie Whispersync. Durch den Dienst wurde es Nutzern möglich, unabhängig vom Endgerät Zugriff auf die E-Book-Bibliothek zu erhalten.⁵⁶⁸ Weitere Neuerungen bei den Serviceleistungen war die Ausweitung des ,1-Click-Checkout‘ auf mobile Endgeräte sowie die Einführung von Kindle-Apps für verschiedene Betriebssysteme: Dies beinhaltete Apps für

562 Beim Sony E-Reader mussten die Inhalte beispielsweise zunächst auf den PC heruntergeladen werden und konnten erst dann auf das Lesegerät übertragen werden. 563 Vgl. Stone 2013, S. 316. 564 Vgl. Deahl 2009, S. 4. 565 Vgl. Stone 2013, S. 320. 566 Vgl. Leisegang 2014, S. 125. 567 Vgl. Amazon Press Release 2008. 568 Vgl. Amazon Annual Report 2010, S. IV.

184   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

Blackberry, Android und Apple-Endgeräte, mit denen Kindle-Nutzer ihre bei Amazon gekauften Inhalte auch auf diesen Geräten nutzen konnten.⁵⁶⁹ Während demnach der Aktivitätenanteil in der Kategorie neue Produkte  / Serviceleistungen zunahm, ging der Anteil der Kategorie Kooperationen  / Allianzen  / Übernahmen in den Folgejahren von neun Prozent im Jahr 2008 auf zwei Prozent im Jahr 2010 zurück. Abgesehen von der Übernahme des führenden Onlineshops Zappos. com im Segment Bekleidung und Schuhe beschränkte sich das Unternehmen auf die Übernahme kleinerer Webseiten, wie z. B. eines Anbieters für Windeln und Babyprodukte im Jahr 2010 sowie von BuyVIP.com mit dem Ziel, die Produktsuche zu optimieren.⁵⁷⁰ Auch der Anteil an Kooperationen und Beteiligungen hatte einen Rückgang zu verzeichnen. Im Rahmen von Kooperationen konzentrierte sich das Unternehmen auf eine Ausweitung der Vertriebskanäle über die Webseite hinaus. Dies beinhaltete Vertriebskooperationen mit führenden Einzelhandelsunternehmen in den USA, wie z. B. Walmart, Staples, Best Buy und Target.

62%

60%

58% 38%

38%

29% 9% 2008

4% 2009

2% 2010

neue Produkte/Serviceleistungen Marketingaktivitäten Allianzen/Kooperationen/Übernahmen

Abb. 39: Marktaktivitäten Amazon 2008 bis 2010. Quelle: PR Newswire / Business Wire.

Insgesamt war die Strategie des Unternehmens nach der Markteinführung des Kindles demnach davon geprägt, das in hohem Maße für den Umsatz relevante Mediengeschäft stärker auszubauen, was sich in der Übernahme von Audible widerspiegelt. Ferner wurden Übernahmen dazu genutzt, neue Produktkategorien aufzubauen, wie sich an der Akquisition von Zappos.com zeigt. Auffällig ist jedoch der hohe Anteil an Eigenentwicklungen im Bereich neuer Produkte und Serviceleistungen, was sich auch mit den vergleichsweise hohen Investitionen in die Forschung und Entwicklung deckt.

569 Vgl. Amazon Press Release 2010. 570 Vgl. Ermentraut 2010.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   185

Wie aus Abbildung 40 deutlich wird, verstärkte sich die Tendenz zur Eigenentwicklung in den Folgejahren noch, da die Kategorie neue Produkte / Serviceleistungen die höchsten Zuwächse zu verzeichnen hatte und im Jahr 2012 sogar höher als die Marketingaktivitäten lag. Der Anteil der Marketingaktivitäten hatte im Vergleich zu den Vorjahren einen Rückgang zu verzeichnen. Während er vormals bei knapp 60 Prozent lag, reduzierte sich die Zahl auf unter 50 Prozent, bezogen auf die Gesamtaktivitäten. Die Kategorie Kooperationen  / Allianzen  / Übernahmen hatte leichte Zuwächse auf etwa 10 Prozent zu verzeichnen.

49%

45% 44%

42%

45% 37%

11%

9%

2011

2012

6% 2013

neue Produkte/Serviceleistungen Marketingaktivitäten Allianzen/Kooperationen/Übernahmen Abb. 40: Marktaktivitäten Amazon 2011 bis 2013. Quelle PR Newswire / Business Wire.

Die Aktivitäten in der Kategorie neue Produkte  / Serviceleistungen beinhalteten die Vorstellung eines neuen Endgeräts, des Kindle Fire im Jahr 2011. Das Tablet wurde für 199 Dollar angeboten und wurde nicht nur preislich im Gegensatz zum Vorreiter im Tablet-Markt (iPad) positioniert, sondern auch bei der Nutzung. Die Idee bestand dabei darin, die bei Amazon verfügbaren Medienprodukte (Videos, TV-Sendungen, Apps, Spiele und Musik) auf demselben Endgerät nutzbar zu machen.⁵⁷¹ Im Zuge der Vorstellung kündigte das Unternehmen außerdem eine Preissenkung der regulären E-Reader an, so dass der günstigste Kindle nunmehr für 79 US-Dollar erhältlich war. Die Zielsetzung des günstigen Preises bestand in der Annahme, dass die Kaufabsicht durch den Besitz eines entsprechenden Endgeräts steigt. Dass dies der Fall war, zeigt eine von der Codex Group durchgeführte Studie zum Kaufverhalten von Amazon Kunden, die in Tabelle 26 dargestellt ist. Hierbei werden die monatlichen Ausgaben für den Januar 2012 von Nutzern, die über ein entsprechendes Endgerät verfügen mit denen von Nutzern, die lediglich über einen Amazon-Account verfügen, gegenübergestellt. 571 Vgl. Reid 2011a, S. 5 f.

186   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

Tab. 26: Kaufverhalten Amazon-Kunden. Quelle: Publishers’ Weekly 2012. Kindle E-Reader Kindle Fire Besitzer Besitzer

Besitzer beider kein Endgerät Endgeräte

Penetration

22 %

8 %

3 %

74 %

Gesamtausgaben pro Person (in Dollar)

142

160

199

91

Ausgabenzunahme gegenüber Nutzern ohne Endgerät

56 %

76 %

119 %



Gekaufte Bücher pro Person

5,6

4,5

5,2

3,4

32 %

54 %



Ausgabenzunahme 65 % gegenüber Nutzern ohne Endgerät

Die Tabelle 26 zeigt, dass die Gesamtausgaben der Nutzer mit einem entsprechenden Endgerät durchwegs höher waren als die der Nutzer ohne Endgerät. Die höchsten Ausgaben hatten dabei diejenigen Nutzer, die sowohl über einen Kindle Fire als auch einen Kindle E-Reader verfügten. Auffällig ist zudem, dass die Anzahl der durchschnittlich gekauften Bücher bei Besitzern eines dezidierten E-Readers höher war als bei den Kindle Fire Nutzern. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Kindle Fire eine größere Nutzungsbreite verspricht. Insgesamt wuchs der Marktanteil von E-Books am gesamten Buchmarkt in den USA seit der Vorstellung des Kindle im Jahr 2007 von 0,5 Prozent auf 22,6 Prozent im Jahr 2012 an.⁵⁷² Während der Anteil bei den Printbüchern im Jahr 2011 konstant blieb, konnte das E-Book-Segment ausgebaut werden. Dies deutet daraufhin, dass die E-Book-Verkäufe die Print-Verkäufe bei Amazon nicht kannibalisierten, sondern dass diese Tendenz zu Lasten anderer Akteure ging, namentlich der großen Buchhandelsketten.⁵⁷³ Der Marktanteil von Amazon am gesamten E-Book-Markt konnte durch die Einführung des Kindle Fire ebenfalls sukzessive ausgebaut werden. In der folgenden Aufstellung sind die Marktanteile von E-Book-fähigen Endgeräten für die Jahre 2011 bis 2012 dargestellt. Im Jahr 2010 konnte der Kindle 45 Prozent Marktanteil auf sich vereinigen. Im darauffolgenden Jahr wuchs der Anteil auf 48  Prozent. Der Anstieg des Marktanteils geht dabei mit der oben dargestellten Zunahme der Marktaktivitäten in der Kategorie neue Produkte / Serviceleistungen von 2010 auf 2011 einher. Mit der Vorstellung des Kindle Fire konnte der Marktanteil auf insgesamt 55 Prozent ausgebaut werden, was sich aus der Addition der Marktanteile von Kindle E-Reader und Kindle Fire ergibt. Der Marktanteil des dezidierten E-Readers sank zwar in der Folgezeit, was aber durch die massive Zunahme im Tablet-Bereich kompensiert werden

572 Vgl. www.publishers.org. 573 Vgl. Milliot 2011a, S. 5 f.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   187

konnte. Der Erfolg des Endgeräts Kindle Fire zeigte sich auch in der Tatsache, dass der Großteil der iPad Nutzer seine E-Books über den Kindle Store bezog und nicht über den iTunes Store von Apple.⁵⁷⁴ Tab. 27: Marktanteile Kindle Endgeräte 2010–2012. Quelle: Publishers’ Weekly 2012.

Kindle E-Reader Kindle Fire Tablet Gesamt

2. Quartal 2010

2. Quartal 2011

4. Quartal 2011

1. Quartal 2012

2. Quartal 2012

45 % –

48 % –

44 %  9 % 53 %

39 % 16 % 55 %

37 % 18 % 55 %

Daneben wurde der Ausbau des 2009 eingeführten Verlagsgeschäfts weiter vorangetrieben. Im Jahr 2010 wurde das Imprint Amazon Crossing eingeführt. Dieser Verlag konzentrierte sich anders als das bestehende Imprint Encore auf englischsprachige Übersetzungen fremdsprachiger Bücher und nutzt bei der Auswahl der Titel die Rezensionen auf den internationalen Webseiten Amazons. Ein weiteres Jahr darauf kamen Imprints für weitere Genres hinzu. Montlake Romance spezialisierte sich auf Liebesund Historienromane, wohingegen Thomas & Mercer Thriller und Krimis abbildete. Weitere Imprints kamen sukzessive dazu: 47 North (Science Fiction), Grand Harbor Press (Esoterik), Little A (Kurzgeschichten), Skyscape (young adult fiction), Icons (Lebensgeschichten bekannter Persönlichkeiten).⁵⁷⁵ Mit der Ernennung von Larry Kirshbaum als Leiter der Verlagssparte gelang es dem Unternehmen eine bekannte Verlegerpersönlichkeit für sich zu gewinnen, der allerdings im Januar 2014 entlassen wurde, da der Erfolg der Verlagssparte hinter den Erwartungen zurückblieb. Problematisch hierfür war beispielsweise die Tatsache, dass sich die stationären Vertriebskanäle wie Wal Mart oder Barnes & Noble weigerten, die Printbücher von Amazon zu vertreiben.⁵⁷⁶ Über die Motive für den Ausbau der Verlagssparte wurden in der öffentlichen Diskussion hauptsächlich drei erwähnt: Zum einen könnte das Unternehmen eine Verbesserung der Marge durch die Abbildung der gesamten Wertschöpfungskette unter einem Dach erlangen wollen. Zum anderen könnte der Schritt dazu dienen, das Agency-Modell zu untergraben. Durch die Anwerbung einer größeren Zahl von Bestseller-Autoren  – um bekannte Autoren für die Verlagssparte zu gewinnen, bot Amazon diesen besonders günstige Konditionen, u. a. eine Honorarbeteiligung in Höhe von 70  Prozent vom Verkaufspreis⁵⁷⁷  – steigt das Potential die eigenen Preis-

574 Vgl. Milliot 2011a, S. 5 f. 575 Vgl. Leisegang 2014, S. 77 f. 576 Vgl. Leisegang 2014, S. 80. 577 Vgl. Leisegang 2014, S. 80.

188   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

vorstellungen durchsetzen zu können. Ein weiteres Motiv wurde in dem Versuch gesehen, den Zugang zu Content zu schützen, da immer mehr Verlage in das Endkundengeschäft abzielten.⁵⁷⁸ Die Subkategorie Serviceleistungen umfasste die Vorstellung einer Leihoption für Unterhaltungsliteratur und Lehrbücher im E-Book-Format sowie den Service Kindle Cloud Reader, mit dem E-Books auch offline im Browser gelesen werden können.⁵⁷⁹ Außerdem erhielten die Mitglieder des Kundenbindungsprogramms Prime die Möglichkeit, kostenlos auf eine Bibliothek von TV-Sendungen und Filmen zuzugreifen. Diese Option stand in Zusammenhang mit der Übernahme von Lovefilm International Limited, einem Portal für Videos und TV-Sendungen.⁵⁸⁰ Im Bereich Kooperationen / Allianzen / Übernahmen beschränkte sich das Unternehmen auf Übernahmen zur Stärkung des Mediengeschäfts, wie sich an der Akquisition des Portals Lovefilm zeigt. Dieser Schwerpunkt wurde anschließend durch Kooperationen dahingehend ausgebaut, als dass in der Folgezeit zahlreiche Lizensierungsverträge mit großen Film- und Fernsehanbietern abgeschlossen wurden. Auch im E-Reading-Bereich gab es mit dem Kauf der Plattform Goodreads eine Stärkung des Mediengeschäfts. Die Plattform hatte sich seit ihrer Gründung im Jahr 2007 mit ihren 16 Millionen Mitgliedern als Forum etabliert, auf dem sich die Nutzer durch Empfehlungen und Bewertungen über ihre Lesepräferenzen austauschen konnten.⁵⁸¹ Als problematisch auf der Ebene der Vertriebskooperationen erwies sich die Tatsache, dass die beiden größten Einzelhändler in den USA (Walmart und Target) im Jahr 2012 ankündigten, keine Kindle-Geräte mehr über ihre Filialen anzubieten, was damit begründet wurde, dass kein Anreiz für die Kunden geschaffen werden sollte, in ein geschlossenes Online-Ökosystem abzuwandern.⁵⁸² Insgesamt war diese Kategorie im Vergleich zu den neuen Produkten / Serviceleistungen aber geringer vertreten, was sich auch in dem in Abbildung 32 dargestellten Verhältnis der Ausgaben für Forschung und Entwicklung widerspiegelte. Das Unternehmen zeichnete sich im Zeitraum von 2011 bis 2013 in noch höherem Maße dadurch aus, dass es verstärkt in die Eigenentwicklung investierte und nicht wie in der Anfangsphase der Unternehmensentwicklung versuchte, sich durch Zukäufe Expertise zu verschaffen. Zukäufe wurden lediglich dazu genutzt, das bestehende Geschäft auszubauen bzw. die bestehenden Serviceleistungen zu optimieren und weniger dazu, neue Geschäftsfelder zu erschließen. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die strategischen Muster des Unternehmens Amazon besonders in der Spätphase der Unternehmensentwicklung ab dem Jahr 2007 einen hohen Anteil an innovativen Aktivitäten aufwiesen. In der Frühphase zeichnet sich hingegen noch

578 Vgl. Milliot 2011b, S. 7. 579 Vgl. Amazon Press Release 2011. 580 Vgl. Amazon Press Release 2011. 581 Vgl. Amazon Press Release 2013. 582 Vgl. Clifford / Bosman 2012.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   189

eine Betonung der Kategorie Kooperationen / Allianzen / Übernahmen ab, was mit dem Ansatz des Unternehmens übereinstimmte, möglichst schnell Größenvorteile generieren zu wollen und über den Ausbau des auf der Webseite angebotenen Produktkatalogs bzw. die Internationalisierung realisiert wurde. Um möglichst schnell eine Basis auf neuen Märkten zu erhalten, war die Frühphase der Entwicklung von Übernahmen bereits etablierter E-Commerce-Seiten geprägt. Die damit einhergehenden hohen Investitionen führten dazu, dass das Unternehmen zwar ein rapides Umsatzwachstum erzielen konnte, aber erst ab dem Jahr 2001 erstmalig profitabel wurde. In der Folgezeit verschob sich der Schwerpunkt der Investitionstätigkeit dann auf den Bereich Technologie und Content, woraus wiederum eine vergleichsweise geringe Profitabilität erwuchs. Stattdessen konnte Amazon aber Kernressourcen entwickeln, die im Sinne des ressourcenorientierten Ansatzes schwer imitierbar, wertvoll, selten und in die Organisation integrierbar waren und damit einen Wettbewerbsvorteil darstellen können.⁵⁸³ Deutlich wird dies beispielsweise an der Herausbildung der Amazon Web Services, die zunächst für die eigenen Entwickler etabliert wurden und anschließend als Angebot für externe Firmen und Entwickler ausgebaut wurden und mit knapp einer Mrd. US-Dollar mittlerweile einen maßgeblichen Anteil zum Gesamtumsatz beitragen. Aufgrund des zeitintensiven Aufbaus einer derartigen Infrastruktur ist diese Ressource für Konkurrenten schwer imitierbar. Die Seltenheit erwächst aus der Tatsache, dass nur wenige Konkurrenten in der Lage sind, derartige Infrastrukturen aufzubauen, namentlich Google oder Microsoft. Aus der Nutzbarkeit für die eigene Organisation und die leichtere Integrierbarkeit von auf der unternehmenseigenen Plattform entwickelten Programmen ist zudem das vierte Kriterium des VRIO-Frameworks hierdurch erfüllt. Mit der zunehmenden Problematik für Unternehmen und Nutzer, große Datenmengen lokal zu speichern, und der hohen Anforderungen von Anwendungen bezüglich der Rechenleistung ist das Merkmal der Werthaltigkeit erfüllt. Infolgedessen leitete das Unternehmen durch die Herausbildung von Amazon Web Services einen Wandlungsprozess zum Technologieunternehmen ein, der eine zweite Säule neben dem Einzelhandelsgeschäft darstellt. Aufgrund ihrer Flexibilität erlaubt die Geschäftssparte Amazon Web Services außerdem die Neukombination von Ressourcen in anderen Kontexten und kann damit als dynamic capability angesehen werden, die sie besonders für dynamische Märkte geeignet erscheinen lässt.⁵⁸⁴ Einen weiteren Wettbewerbsvorteil generierte das Unternehmen mit der Vorstellung des dezidierten E-Readers Kindle, der allerdings temporärer Natur war. Mit der erstmaligen Bereitstellung einer kostenlosen Wi-Fi-Anbindung in einem dezidierten Lesegerät ergab sich aus Kundensicht ein wahrnehmbarer Mehrwert. Die Seltenheit war in der Anfangszeit durch die konkurrenzlos große Reichweite der angebotenen Inhalte gewährleistet. Allerdings war das zentrale Kriterium Nicht-Imitierbarkeit in 583 Vgl. Teil II, Punkt 1.3.1. 584 Vgl. Teil II, Punkt 1.3.2.

190   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

diesem Fall nicht gegeben, da die beschriebenen Leistungen von Wettbewerbern ebenfalls realisiert werden konnten. Allerdings hatte Amazon aufgrund des frühen Markteintritts einen Vorteil, der sich im raschen Aufbau eines hohen Marktanteils niederschlug. Die Patentierung der von Amazon entwickelten ,1-Click-Technologie‘ für den Einkaufsprozess hingegen konnte hierfür einen Schutzmechanismus aufbauen. Aufgrund des flexiblen Einsatzes von Technologie, der den Aufbau von Kernressourcen ermöglichte, gepaart mit einer hohen Zahl an innovativen Aktivitäten, die sich aus den Finanzkennzahlen und der Darstellung der strategischen Muster gleichermaßen ableiten lassen, konnte sich Amazon als Marktführer im Onlinehandel etablieren und eine globale Markenbekanntheit erreichen. Um die eigene Plattform im Vergleich zu konkurrierenden Anbietern wie Apple und Google zu stärken, nutzte das Unternehmen zudem Kooperationen und Allianzen mit dem Ziel, Content zur Verfügung stellen zu können. Hieraus erklärt sich auch der Ausbau der Verlagssparte, was auf das Bestreben nach größerer Unabhängigkeit von Contentanbietern schließen lässt.

2.2 Reaktionen auf die disruptive Innovation auf Geschäftsmodellebene 2.2.1 Reaktion von Barnes & Noble Die Buchhandelskette reagierte im Jahr 1997 auf den Markteintritt von Amazon mit der Etablierung der eigenen Webseite barnesandnoble.com, die nach Bekunden des Unternehmens die strategische Zielsetzung hatte, der führende Onlineanbieter im Bereich digitaler Informationsprodukte zu werden.⁵⁸⁵ Die Seite wurde zunächst unabhängig von den Superstores betrieben und lediglich der Markenname übernommen. Dies führte zu der Problematik, dass keine Synergieeffekte zwischen den verschiedenen Kanälen erzielt werden konnten. So konnten beispielsweise über den Onlinekanal erworbene Bücher nicht in den Ladengeschäften zurückgegeben werden.⁵⁸⁶ Der Grund für die mangelnde Verzahnung der beiden Kanäle lag in den steuerlichen Besonderheiten in den USA. So muss ein Einzelhändler die Verkaufssteuer lediglich in dem Bundesstaat entrichten, in dem er über eine Niederlassung verfügt. Bei einer Verknüpfung von Online- und Offlinesparte wären diese Aufwendungen aufgrund der landesweit vorhandenen Filialen weitaus höher gewesen, da in diesem Fall in jedem Bundesstaat die Verkaufssteuer fällig gewesen wäre. Mit der Entscheidung, die Marge aufgrund dieser Besonderheit nicht zu belasten und den Onlineshop unabhängig zu betreiben, beraubte sich das Unternehmen der Möglichkeit, den Onlineauftritt 585 Vgl. www.nasdaq.com/markets/ipos/filing.ashx?filingid=926691 586 Vgl. St John 1999.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   191

durch eine Cross-promotion wie etwa das Angebot von Suchterminals in den stationären Ladengeschäften oder durch Geschenkgutscheine zu bewerben, was später als strategische Fehlentscheidung interpretiert wurde und erst später revidiert wurde.⁵⁸⁷ Der Webauftritt verfügte über eine durchsuchbare Datenbank mit einer Million Titeln, wovon wiederum 400.000 durch das Distributionszentrum für eine Lieferung am nachfolgenden Tag nach Eingang der Bestellung verfügbar waren. Außerdem beinhaltete er Chaträume sowie Raum für Autoreninterviews. Zentral für das Angebot war die Ankündigung, auf die angebotenen Titel Rabatte zu gewähren, was zum damaligen Zeitpunkt von Amazon nicht gemacht wurde.⁵⁸⁸ Im Vergleich zum Wettbewerber Amazon jedoch war der Webauftritt von Barnes & Noble weniger leistungsfähig. So waren die Klickpfade weniger intuitiv, und es fehlten bestimmte Features wie zum Beispiel die Möglichkeit Kundenrezensionen zu verfassen.⁵⁸⁹ Als Reaktion auf die Kritik ergriff Barnes & Noble zahlreiche Maßnahmen, wie z. B. die Vorstellung eines neuen Designs sowie eine verbesserte technische Infrastruktur, was die Reaktionszeit der Webseite erhöhen sollte. Auch wurde im Verlauf des Jahres 1998 die Option für Konsumenten, Rezensionen zu verfassen eingeräumt.⁵⁹⁰ Ferner implementierte Barnes  & Noble ein der von Amazon patentierten ,1-Click-Technologie‘ ähnliches System. Dies mündete ein Jahr später in einer Klage durch Amazon.⁵⁹¹ Wie aus Abbildung  41 zu entnehmen ist, die die Umsätze und Gewinne von Barnes  & Noble bis zur Jahrtausendwende darstellt, erreichte das Unternehmen in diesem Zeitraum keine Profitabilität im Onlinebereich, sondern erwirtschaftete konstant Verluste. In den ersten beiden Jahren waren die Verluste höher als der Gesamtumsatz, was maßgeblich auf die Anstoßinvestitionen zurückzuführen war. Besonders die Marketinginvestitionen waren vergleichsweise hoch. Trotz des starken Anstiegs der Umsätze generierte das Unternehmen beispielsweise im Jahr 1998 nur ein Zehntel der Umsätze des Wettbewerbers Amazon. Um den verspäteten Markteintritt und den damit geringeren Bekanntheitsgrad im Onlinebereich zu kompensieren, setzte das Unternehmen zunächst auf umfangreiche Marketingaktivitäten wie z. B. eine TV-Kampagne zur Einführung der Webseite.⁵⁹² Die Zielsetzung bestand dabei nach Bekunden des Unternehmens darin, eine skalierbare Kundenbasis aufzubauen. Die Ausgaben in dieser Aktivitätenkategorie umfassten im ersten Jahr der Geschäftstätigkeit einen wesentlich höheren Anteil bezogen auf den Umsatz, als es in der Frühphase der Unternehmensentwicklung bei Amazon der Fall war. Wie oben gezeigt wurde, betrugen die Ausgaben für Marketing bei Amazon in

587 Vgl. St John 1999. 588 Vgl. Hennessey 2000, S. 40. 589 Vgl. St John 1999. 590 Vgl. Barnes and Noble Annual Report 1998, S. 6 f. 591 Vgl. Kaufman 1999, S. 1. 592 Vgl. Krauss 1998, S. 8.

192   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

374,9

404,6

193,7 14,60

70,4

–15,4 –83,15

–102,4 –244,4 –329,6

1997 Umsatz

1998

1999

2000

2001

Gewinn (anteilig)

Abb. 41: Umsatz und Verlust von Barnesandnoble.com in Mio. US-Dollar 1997–2001. Quelle: Barnes & Noble Annual Report 2000–2001.

den ersten beiden Jahren nach dem Börsengang nahezu 40 Prozent vom Umsatz. Bei Barnes & Noble belief sich dieser Anteil im Jahr 1998 auf 114 Prozent, sank aber im darauffolgenden Jahr auf 55 Prozent vom Umsatz. Im Jahr 2000 sank der Anteil weiter auf 42 Prozent, wuchs aber in absoluten Zahlen stetig an, was auf das Umsatzwachstum zurückzuführen war. Die in absoluten Zahlen steigenden Marketingausgaben spiegelten auch den Versuch des Unternehmens wider, im Rahmen von Partnerschaften mit anderen Webseiten die Kundenbasis zu verbreitern. Ende 1999 verfügte das Unternehmen über eine Kundenbasis in Höhe von vier Millionen, während es Anfang des Jahres noch 1,3 Millionen waren.⁵⁹³ Beim Wettbewerber Amazon wuchs die Zahl der Kundenaccounts im gleichen Zeitraum von 6,2 Millionen auf 16,9 Millionen.⁵⁹⁴ Darüber hinaus wurden umfangreiche Preisnachlässe auf Titel der New York Times Bestsellerliste gewährt.⁵⁹⁵ In Abbildung 42 sind die Ausgaben für Marketing und Vertrieb der Onlinesparte von Barnes & Noble mit denen von Amazon gegenübergestellt. Der Anstieg von 1997 auf 1998 ist unter anderem auf eine Print-, TV- und Radiokampagne zurückzuführen, die den Bekanntheitsgrad der Webseite steigern sollte.⁵⁹⁶ Auffällig ist dabei, dass Barnes & Noble frühzeitig versuchte, Profitabilität zu erreichen, was sich beispielsweise in der massiven Senkung der Marketingausgaben von 1998 auf 1999 zeigt und auch aus der folgenden Aussage im Geschäftsbericht deutlich wird: „Since the goal of Barnes & Noble ist to produce profits and a reasonable return on investment, per-

593 Vgl. www.barnesandnoble.com/ir/press/archive/2000/Q499earns08feb.asp? 594 Vgl. Amazon Annual Report 1999, S. 23. 595 Vgl. www.barnesandnoble.com/ir/pres/archive/1999/051799.asp? 596 Vgl. www.nasdaq.com/markets/ipos/filing.ashx?filingid=926691

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   193

formance against assumptions in the business model are critical in evaluating the company.“⁵⁹⁷ Wie oben dargestellt wurde, begann Amazon zu einem späteren Zeitpunkt damit den Fokus auf Profitabilität zu legen.

1,2 1 0,8 0,6 0,4 0,2 0

1995 Amazon

1996

1997

1998

1999

2000

Barnes & Noble

Abb. 42: Ausgaben für Marketing und Vertrieb in Bezug auf den Nettoumsatz. Quelle: Eigene Berechnung auf Grundlage Amazon / Barnes & Noble Annual Reports 1995–2001.

Problematisch aus der PR-Perspektive war auch die Tatsache, dass Barnes & Noble zum Zeitpunkt als Amazon seinen Börsengang ankündigte, eine Klage wegen der Behauptung des Onlinehändlers „earth’s biggest bookstore“ zu sein einreichte. Nach Auffassung von Barnes & Noble war dies nicht der Fall, da Amazon zum damaligen Zeitpunkt nicht über nennenswerte eigene Lager verfügte und lediglich als Broker auftrat. Auch wenn es zu einem Vergleich kam, schadete diese Herangehensweise dem Image von Barnes & Noble und wurde als Eingeständnis gewertet, dass sich das Unternehmen von Amazon bedroht fühlte, was dem darauffolgenden Börsengang von Amazon zugute kam, da es dem aufstrebenden Unternehmen Aufmerksamkeit verschaffte.⁵⁹⁸ Ein ehemaliger Mitarbeiter von Barnes & Noble bezeichnete diese Herangehensweise folgendermaßen: „Suing Amazon just wasn’t cool“.⁵⁹⁹ Wie in Teil  II, Punkt  3.3.2 gezeigt wurde, stellen Partnerschaften eine Möglichkeit dar, um die Markenbekanntheit zu erhöhen. In der Anfangszeit setzte das Unternehmen auf Marketingallianzen, wie sich beispielsweise an der Kooperation mit AOL zeigt, dem damals führenden Onlineportal in Bezug auf die Anzahl der Nutzer.⁶⁰⁰ Die zunächst auf vier Jahre ausgerichtete Partnerschaft sah vor, dass Barnes & Noble gegen

597 Vgl. Barnes & Noble.com Annual Report 2000. 598 Vgl. Hennessey 2000, S. 40. 599 Vgl. St John 1999. 600 Vgl. http://www.thefreelibrary.com/Barnes+%26+Noble+Inc.+Goes+Live+on+America+Onlinea019217562

194   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

die Zahlung von 40 Mio. US-Dollar der exklusive Vertriebspartner von AOL wird. Im Rahmen dieser Partnerschaft wurden beispielsweise Kunden der Reisesparte von AOL direkt auf entsprechende Titel bei Barnes & Noble verwiesen.⁶⁰¹ Neben dem Verkauf von Büchern an die Nutzer von AOL, beinhaltete die Kooperation auch Werbeplätze in den von AOL angebundenen Diensten und wurde im Folgejahr nochmals ausgeweitet.⁶⁰² Weitere Kooperationen mit der Zielsetzung, die Reichweite und Onlinepräsenz zu erhöhen, wurden zudem mit Hewlett-Packard, Disney, CNN, Discovery Channel Online, ZD Net, Time Inc. New Media, USA Today, der New York Times, Firefly und dem Internet-Portal Lycos angekündigt.⁶⁰³ Die Zahl der Webseiten, mit denen eine Kooperation analog zum Associates Programm von Amazon abgeschlossen wurde, wuchs im Jahr 1998 zudem von 1.000 auf 55.000 an.⁶⁰⁴ Um auf der technologischen Ebene konkurrenzfähig zu bleiben, setzte barnesandnoble.com auf die Expertise externer Unternehmen wie z. B. den Softwareentwickler Business Data Services (BDS). Dabei wurde eine Suchfunktion auf der Webseite implementiert, die es erlaubte, nach bestimmten Autoren, Titeln oder Schlüsselbegriffen zu suchen. Darüber hinaus war es den Angestellten dank eines Tools nunmehr möglich, den Content der Webseite ohne HTML-Kenntnisse zu aktualisieren.⁶⁰⁵ Zur Gewährleistung sicherer Transaktionen diente eine strategische Allianz mit Rech Networks, die zugleich die Systemarchitektur für die E-Commerce-Webseite entwickelten. Die Zielstellung war dabei eine Verzahnung des bereits bei Barnes & Noble in den Filialen bestehenden Systems mit dem Webauftritt.⁶⁰⁶ Nachdem in den ersten beiden Jahren Investitionen in Höhe von circa 100 Mio. US-Dollar getätigt wurden, stand das Unternehmen zudem vor der Frage, inwieweit es Kapital für den Ausbau des Onlinegeschäfts akquirieren konnte. Dabei kamen sowohl eine Börsengang als auch eine strategische Partnerschaft in Frage. Aufgrund der Profitabilitätssituation wurde die erste Option verworfen und schlussendlich im Oktober 1998 eine Partnerschaft mit dem deutschen Medienkonzern Bertelsmann angekündigt.⁶⁰⁷ Zu diesem Zweck gründeten die beiden Unternehmen ein Joint Venture mit jeweils 50 Prozent Beteiligung. Der Kaufpreis für diesen Anteil betrug 200 Mio. USDollar und Bertelsmann kündigte dabei an weitere 100  Mio. Dollar zu investieren. Darüber hinaus kooperierte Barnes & Noble auch mit Microsoft, die eine Präsenz auf der Plattform Microsoftnetworks MSN beinhaltete.⁶⁰⁸ Im Jahr 1999 wurde ein Anteil des Gemeinschaftsunternehmens in Höhe von 18 Prozent an die Börse gebracht, was

601 Vgl. Associated Press 1997. 602 Vgl. Business Wire 1997. 603 Vgl. Barnes and Noble Annual Report 1997, S. 8. 604 Vgl. Barnes and Noble Annual Report 1998, S. 2. 605 Vgl. Herchenroether 1997. 606 Vgl. Laermer 1997. 607 Vgl. St John 1999. 608 Vgl. Barnes and Noble Annual Report 1998, S. 4 f.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   195

einer Gesamtbewertung der Onlinesparte mit 2,5 Mrd. US-Dollar entsprach (zum Vergleich: Amazon wurde zu diesem Zeitpunkt mit 19 Mrd. US-Dollar bewertet).⁶⁰⁹ Aus dieser Partnerschaft entstand auch eine darüber hinaus gehende Zusammenarbeit der beiden Unternehmen: Im Januar 2000 wurde die Einrichtung eines Onlineshops für digitale Bücher angekündigt.⁶¹⁰ Für die Rezeption der Inhalte stellte Microsoft eine entsprechende Reader-Software zur Verfügung, die das Lesen auch auf mobilen Endgeräten erlaubte. Ferner kooperierte das Unternehmen mit Adobe bei dessen Acrobat eBook Reader Software. Nutzer, die sich die Software bei Adobe herunterluden, wurden mit einem Link zu E-Book-Käufen bei Barnes & Noble ermutigt.⁶¹¹ Im Gegensatz zum Wettbewerber Amazon, der in der Anfangszeit verstärkt versuchte, durch zahlreiche Übernahmen von erfolgversprechenden E-CommerceUnternehmen seinen Marktanteil zu erhöhen bzw. die Ressourcenbasis zu verbreitern, schlug Barnes  & Noble den Weg der strategischen Partnerschaften mit Suchmaschinen und Portalen ein, die mit ihrer großen Nutzerzahl eine Erhöhung der Reichweite versprachen. Durch die Verknüpfung von Suchmaschinenergebnissen mit Buchempfehlungen im Rahmen solcher Partnerschaften wurde versucht, den anfangs geringen Kundenstamm zu erhöhen. Auch der Exklusivvertrieb bei AOL diente dieser Zielsetzung. Die Kooperation mit Bertelsmann hatte darüber hinaus die Intention, die finanziellen Ressourcen für ein schnelleres Marktwachstum zu erhalten und eine Internationalisierung voranzutreiben.⁶¹² Auf der Ebene der Entwicklung neuer Produkte und Serviceleistungen lag der Fokus weniger auf einer Eigenentwicklung, sondern die Herangehensweise zeichnete sich ebenfalls durch den Abschluss einer Vielzahl von Kooperationen und Partnerschaften aus. So startete das Unternehmen 1998 bereits frühzeitig eine strategische Partnerschaft mit Nuvomedia, dem Anbieter des dezidierten Lesegeräts Rocket eBook, im Rahmen derer auch in das Partnerunternehmen investiert wurde. Allerdings erwies sich sowohl die Displaytechnologie als unzureichend ausgereift  – bis dato konnte kein dem gedruckten Papier vergleichbares Leseerlebnis erreicht werden – als auch die Reichweite des Angebots zu begrenzt. So belief sich die Zahl der im Juli 1999 verfügbaren Titel auf lediglich 700.⁶¹³ Um das Angebot an digitalisierten Inhalten zu vergrößern, beteiligte sich das Unternehmen im Jahr 2000 am digitalen Marktplatz mightywords, auf der renommierte Autoren Content in Form von Essays und Kurzgeschichten bereitstellten.⁶¹⁴ In Abbildung 43 sind die Ausgaben für die Produktentwicklung von Amazon und Barnes & Noble in Bezug auf den Umsatz dargestellt. Während Amazon zum Zeitpunkt

609 Vgl. IQanalysis 2000 u. Börsenzeitung 1999. 610 Vgl. Simpson 2000. 611 Vgl. Newsbytes 2001. 612 Vgl. Hennessey 2000, S. 41. 613 Vgl. Strom 1999, S. 76. 614 Vgl. www.barnesandnoble.com/ir/press/archive/1999/2000/060600.asp?

196   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

des Börsengangs und damit in einer frühen Phase der Unternehmensentwicklung nahezu 35 Prozent vom Umsatz für den Bereich Technologie und Content aufwendete, betrug der Anteil von Barnes & Noble 27 Prozent und sank im darauffolgenden Jahr ebenfalls auf 15 Prozent, was mit der Zielsetzung von Profitabilität korrespondiert.

0,4 0,35 0,3 0,25 0,2 0,15 0,1 0,05 0

1995 Amazon

1996

1997

1998

1999

2000

Barnes & Noble

Abb. 43: Ausgaben für Produktentwicklung in Bezug auf den Nettoumsatz. Quelle: Eigene Berechnung auf Grundlage Amazon / Barnes & Noble Annual Reports 1996–2001.

Außerdem lässt sich der Ansatz von barnesandnoble.com in Bezug auf die Eigenentwicklung neuer Produkte durch eine Imitation des Wettbewerbers Amazon beschreiben. So wurde im Juli 1999 eine Musiksparte in das Onlineangebot integriert und später auch eine Videosparte.⁶¹⁵ Ebenfalls auf der Contentebene angesiedelt war die Beteiligung an dem im Onlinebereich in den USA damals führenden Abovertrieb für Zeitschriften Enews.com mit dem Ziel, das Produktangebot dahingehend auszuweiten.⁶¹⁶ Um die Kundenreichweite zu erhöhen, bot das Unternehmen einen Service namens ,WeCommerce‘ an, bei dem registrierte Kunden im Falle einer Empfehlung des Webshops an Bekannte mit 5 Prozent an den durch die Empfehlungen generierten Umsätzen beteiligt wurden.⁶¹⁷ Eine weitere Neuerung im Bereich neue Serviceleistungen war die 1999 eingeführte Möglichkeit, Einkäufe über mobile Endgeräte zu tätigen.⁶¹⁸ Dieses Programm wurde im darauffolgenden Jahr auf weitere Plattformen ausgeweitet.⁶¹⁹ Insgesamt lag der Fokus bei der Einführung neuer Produkte und Serviceleistungen ebenfalls auf der Ebene der strategischen Partnerschaften. Eigenständige Entwicklungen des Unternehmens hingegen beschränkten sich eher auf den Marke615 Vgl. www.barnesandnoble.com/ir/press/archive/1999/music7jul.asp? 616 Vgl. www.barnesandnoble.com/ir/press/archive/1999/enews16dec.asp? 617 Vgl. www.barnesandnoble.com/ir/press/archive/1999/bigsig12jul.asp? 618 Vgl. www.barnesandnoble.com/ir/press/archive/1999/wireless1dec.asp? 619 Vgl. www.barnesandnoble.com/ir/press/archive/2000/050200.asp?

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   197

tingbereich, wie sich an der Einrichtung von Barnes & Noble Television zeigt: Dies beinhaltete die periodische Bereitstellung von Videostreams, in denen beispielsweise bestimmte Autoren interviewt wurden.⁶²⁰ Sowohl Amazon als auch Barnes & Noble zeichneten sich durch einen Fremdaufbau von Ressourcen aus, um sich auf dem neuen Markt zu positionieren. Allerdings setzte Amazon verstärkt auf Übernahmen, wohingegen Barnes & Noble auf Kooperationen mit bereits etablierten Unternehmen zurückgriff. In Abbildung 44 ist die prozentuale Verteilung der Marktaktivitäten von Amazon und Barnes & Noble zum Zeitpunkt des Markteintritts von Barnes & Noble im Jahr 1998 anteilig gegenübergestellt. Dabei wird deutlich, dass Barnes & Noble analog zu den finanziellen Aufwendungen auch bei der Anzahl der Marktaktivitäten zunächst eine Fokussierung auf den Bereich der Partnerschaften und Kooperationen legte und damit auf den Fremdaufbau von Ressourcen. Darin sind beispielsweise die Kooperation mit Bertelsmann bzw. die exklusive Vertriebspartnerschaft mit Microsoft enthalten.

62%

60% 40% 28%

10% 0% Barnes & Noble

Amazon

Allianzen/Kooperationen/Übernahmen Marketingaktivitäten neue Produkte/Serviceleistungen Abb. 44: Marktaktivitäten Barnes & Noble / Amazon 1998. Quelle: Business Wire / PR Newswire.

Im Gegensatz dazu setzte Amazon zwar auch auf den Fremdaufbau, wie sich an dem Anteil von 28 Prozent an den Marktaktivitäten zeigt, der auf Allianzen, Kooperationen und Übernahmen entfällt, jedoch auch auf die Eigenentwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen. Letzteres zeigt sich beispielsweise an dem Versuch, Skaleneffekte durch die Ausweitung des Produktangebots im Medienbereich zu erzielen, indem im November 1998 eine Musiksparte gestartet wurde. Auch die beginnende Internationalisierung im europäischen Raum fällt in diesen Bereich. Zudem war die Herangehensweise von Amazon wie oben geschildert davon geprägt, eine höhere Zahl von Übernahmen zum Fremdaufbau von Ressourcen zu nutzen, als dies beim Wettbewer620 Vgl. www.barnesandnoble.com/ir/press/archive/2000/062700.asp?

198   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

ber Barnes & Noble der Fall war. Wie oben dargestellt, waren dies in erster Linie Übernahmen von führenden Onlineanbietern in anderen Märkten mit der Zielsetzung, die Internationalisierung voranzutreiben, sowie von Onlineshops, die bereits über eine entsprechende Expertise in anderen Produktkategorien bzw. im Servicebereich verfügten. Der prozentuale Anteil der Marketingaktivitäten lag hingegen bei beiden Unternehmen bei circa 60 Prozent. Allerdings wendete Barnes & Noble einen weitaus höheren Anteil vom Umsatz für derartige Aktivitäten auf. Im darauffolgenden Jahr veränderten sich bereits die prozentualen Verteilungen. Der Anteil der Kategorie Kooperationen  / Allianzen  / Übernahmen reduzierte sich zugunsten der Eigenentwicklung von Produkten und Serviceleistungen. Allerdings lag der Anteil von Amazon zum selben Zeitpunkt höher. Die eigenen Produkte beinhalteten beispielsweise den Start einer Musiksparte, was mit der strategischen Zielsetzung, das Angebot auf Informationsprodukte auszuweiten, kongruent war. Bei Amazon hingegen wurde im selben Jahr das Aktivitätenporfolio im Bereich der Eigenentwicklungen mit 20 Prozent stärker betont, wohingegen der Anteil der Marketingaktivitäten leicht abnahm. Insgesamt zeichnete sich Amazon zudem durch eine höhere Anzahl an Aktivitäten aus. Ferrier et al. sehen dies als Hinweis auf eine größere Aggressivität im Wettbewerb, die in einer dynamischen Umweltsituation geeignet ist, zur Dauerhaftigkeit der Marktposition beizutragen.⁶²¹

61%

55%

25%

25%

20%

14%

Barnes & Noble

Amazon

Allianzen/Kooperationen/Übernahmen Marketingaktivitäten neue Produkte/Serviceleistungen Abb. 45: Marktaktivitäten Barnes & Noble / Amazon 1999. Quelle: Business Wire / PR Newswire.

Im Jahr 2000 lässt sich eine weitere Veränderung konstatieren. Während der Anteil der Eigenentwicklungen bei Amazon wieder zugunsten des Fremdaufbaus von Ressourcen abnimmt, steigt er bei Barnes  & Noble auf 30  Prozent. Diese Entwicklung deutet auf eine Verschiebung der strategischen Herangehensweise hin, die auch mit 621 Vgl. Ferrier et al. 1999, S. 374 f.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   199

einer personellen Veränderung korrespondierte. So wurde Jonathan Bulkeley, der bisherige CEO der Onlinesparte von Steve Riggio, dem Bruder des Gründers abgelöst. Zugleich wuchs auch die absolute Zahl der Marktaktivitäten an. Eine wesentliche Veränderung im Vergleich zur bisherigen Herangehensweise war die stärkere Verzahnung von Offline- und Onlinesparte sowie der Aufbau des E-BookBereichs. Die Integration der Offlinesparte fand in erster Linie durch die Installation von Servicedesks in die physischen Ladengeschäfte ihren Niederschlag. Über diese Terminals konnten Bücher über die Onlinesparte in den Ladengeschäften geordert werden. Außerdem bestand nunmehr die Option, über die Onlinesparte erworbene Bücher in einem beliebigen physischen Ladengeschäft umzutauschen, was vorher nicht möglich war. Eine weitere zentrale Neuerung war die Einführung eines Kundenloyalitätsprogramms, das für einen jährlichen Mitgliedsbeitrag in Höhe von 25 Dollar vorsah, zusätzliche Rabatte in den Ladengeschäften und auf barnesandnoble.com zu erhalten. Im E-Book-Segment wurde eine technologische Partnerschaft mit Microsoft eingegangen, die den Shop mit einer Lesesoftware ausstatteten.⁶²²

47%

47% 36% 30%

23% 17%

Barnes & Noble

Amazon

Allianzen/Kooperationen/Übernahmen Marketingaktivitäten neue Produkte/Serviceleistungen Abb. 46: Marktaktivitäten Barnes & Noble / Amazon 2000. Quelle: Business Wire / PR Newswire.

Die veränderte Herangehensweise schlug sich auch im Marktanteil von Barnes  & Noble im E-Commerce-Bereich nieder. Während der Marktanteil von Amazon im Zeitverlauf konstant auf hohem Niveau bei etwa 60 Prozent lag, konnte Barnes & Noble insbesondere von 1999 auf 2000 seinen Marktanteil von 9  Prozent auf 13  Prozent ausweiten. Besonders die stärkere Fokussierung auf die Eigenentwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen, die stärkere Verzahnung von Offline- und Onlinesparte im Rahmen einer strategischen Neuausrichtung sowie die insgesamt höhere Zahl der Marktaktivitäten in diesem Zeitraum leisteten einen Beitrag für diese Entwicklung. 622 Vgl. www.barnesandnoble.com/ir/press/archive/2000/103000q3.asp?

200   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

31%

29%

25%

9%

13%

14%

60%

58%

61%

2000

2001

1999 Amazon

Barnes & Noble

Andere

Abb. 47: Marktanteile Amazon / Barnes & Noble / Andere 1999–2000. Quelle: Eigene Berechnung auf Grundlage www.census.gov

Der Markteintritt von Barnes & Noble im elektronischen Markt entsprach durch die Ausgründung der Onlinesparte zunächst den Empfehlungen einer Reaktion auf disruptive Innovationen. Wie in Teil II, Punkt 3.3 dargelegt, wird ein Spin-off als geeignet angesehen, die Pfadabhängigkeit einer Unternehmung, die sich in einer Routinenrigidität niederschlagen kann, zu durchbrechen. Angesichts einer disruptiven Innovation auf Geschäftsmodellebene infolge des Aufkommens des elektronischen Handels erschien diese Vorgehensweise zunächst geeignet zu sein, da sie das Unternehmen in die Lage versetzte, auf die technologische Diskontinuität zeitnah zu reagieren, ohne das Kerngeschäft zu vernachlässigen.⁶²³ Problematisch war allerdings die Tatsache, dass in der Anfangszeit keine Verzahnung zwischen Offline- und Onlinebereich stattfand und diese erst im Zuge einer strategischen Neuausrichtung im Jahr 2000 forciert wurde. Außerdem war der CEO Leonard Riggio sowohl im physischen als auch im Onlinebereich aktiv, so dass die Separation zumindest nicht kulturell vollzogen wurde.⁶²⁴ Die Onlineaktivitäten waren in der oben dargestellten frühen Phase zunächst davon geprägt, die Markenbekanntheit zu erhöhen, um eine skalierbare Kundenbasis aufzubauen. Gekennzeichnet war diese Herangehensweise durch massive Investitionen im Marketingbereich sowie durch den Abschluss von Kooperationen mit reichweitenstarken Webseiten, Suchmaschinen und Internetportalen. Insbesondere die Partnerschaft mit dem deutschen Medienkonzern Bertelsmann wurde von Analystenseite als zielführend angesehen, da aufgrund der großen finanziellen Schlagkräftigkeit von Bertelsmann die notwendigen Investitionen für den Aufbau des

623 Vgl. König 2009, S. 60 f. 624 Vgl. St John 1999.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   201

Onlinegeschäfts als leichter stemmbar erschienen.⁶²⁵ Auf der technologischen Ebene konzentrierte sich das Unternehmen zunächst ebenfalls auf externe Partnerschaften. Während der Wettbewerber Amazon zunächst verstärkt auf Übernahmen rekurrierte, zeichnete sich der externe Ressourcenaufbau bei Barnes & Noble durch die Vielzahl von Kooperationen aus. Dies beinhaltete die Problematik, dass entsprechende Routinen nicht internalisiert werden konnten. Erst mit dem Managementwechsel im Jahr 2000 veränderte sich das Aktivitätenportfolio hin zu einer verstärkten Eigenentwicklung von Produkten und Serviceleistungen, was sich auch in einer Ausweitung des Marktanteils niederschlug. Daneben ist im betrachteten Zeitraum eine Tendenz zur Imitation im Bereich der Produkt- bzw. Serviceleistungen auszumachen. Diese zeigt sich einerseits in der nachfolgenden Einführung einer Musiksparte, bei der Amazon eine Vorreiterrolle einnahm. Andererseits wurden wesentliche Neuerungen Amazons im Bereich des Transaktionsprozesses, zu nennen ist hier das 1-Click-Verfahren, kopiert. Amazon hingegen zeichnete sich durch eine ständige Neuausrichtung aus, die aufgrund der temporären Bestandhaftigkeit von Wettbewerbsvorteilen in dynamischen Märkten sich als sinnvoll erwies. Mit dem Markteintritt von Barnes & Noble realisierte Amazon diese Neuausrichtung durch die sukzessive Diversifikation des Produktangebots auch auf Produkte außerhalb des Medienbereichs sowie durch die beginnende Internationalisierung. Um die Jahrtausendwende befand sich das Unternehmen in der Situation, dass die physischen Ladengeschäfte weiterhin hochprofitabel waren, die Onlinesparte aber – wenn auch rückläufig – defizitär war. Im September 2000 notierte der Aktienkurs bei lediglich 5 Dollar, wohingegen im Mai 1999 noch 18 Dollar zu verzeichnen waren.⁶²⁶ Der Gründer und CEO Leonard Riggio führte dazu in Anbetracht der geplatzten dot.com-Blase in einem Brief an die Aktionäre folgendes zum Verhältnis von Online- und Offlinehandel aus: The dot com business, especially its subset ,e-commerce‘, which involved the thorny issue of the physical distribution of goods, was proclaimed to be a new ,paradigm‘ […]. Fortunately, reality has hit home; the whoosh we hear is the sound of investors scurrying to buy stocks in companies with solid earnings and, yes, future earnings visibility.⁶²⁷

Dementsprechend wurde das physische Geschäft auch im Bereich der Informationsprodukte weiter expandiert, was sich auch in den im Jahr 2000 erfolgten Übernahmen von Babbages und Funco, Inc., einer Kette für Videospiele, zeigte, die im Jahr 2002 an die Börse gebracht wurde.⁶²⁸ Auch wenn eine Ausweitung des Produktan-

625 Vgl. Hahn 2000. 626 Vgl. Hahn 2000. 627 Vgl. Barnes & Noble Annual Report 2000, S. 2 f. 628 Vgl. Barnes & Noble Annual Report 2000, S. 4 u. http://news.gamestop.com/about_us/ company_history

202   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

gebots auf Informationsprodukte wie Musik und DVDs ausgemacht werden konnte, beschränkte sich die Kernstrategie auf den Buchvertrieb, der mit 70 Prozent den Großteil der Umsätze des Unternehmens generierte.⁶²⁹ In diesem Zusammenhang wurde der Mitte der 1990er Jahre eingeleitete planmäßige Rückbau der B. Dalton Ladengeschäfte mit vergleichsweise schmalem Sortiment zugunsten neuer Superstores mit größeren Flächen weiter verfolgt. Die Zahl dieser hauptsächlich in Shoppingcentern gelegenen Ladengeschäfte reduzierte sich innerhalb von sechs Jahren auf die Hälfte und betrug 2001 305 Filialen, wohingegen die Zahl der Superstores im gleichen Zeitraum von 358 auf 591 anwuchs. Die Reduktion der B. Dalton-Filialen wurde dabei von einem Kostensenkungsprogramm begleitet, das zu Einsparungen in Höhe von 26 Mio. US-Dollar bis Ende 2001 führte.⁶³⁰ Im Zeitraum von 2002 bis 2006 wuchs die Zahl der Superstores weiter auf schlussendlich 695 an, und die Zahl der B. Dalton-Filialen reduzierte sich auf schlussendlich 98 Stück. In Abbildung 48 sind die Umsätze und der jeweilige Gewinn des gesamten Unternehmens für diesen Zeitraum dargestellt. Dabei wird deutlich, dass das Unternehmen über den gesamten Zeitraum hinweg profitabel war.

4.873.595

5.103.004

5.261.254

4.372.177 3.916.544

99.478 2002 Umsatz

151.775 2003

146.681

143.376 2004

2005

150.527 2006

Gewinn

Abb. 48: Umsätze / Gewinne Barnes & Noble in US-Dollar 2002–2006. Quelle: Barnes & Noble Annual Reports 2002–2006.

Neben dem angekündigten Ausbau des physischen Geschäfts erfolgte im Jahr 2003 die Übernahme von Sterling Publishing, einem auf das Ratgebersegment spezialisierten Verlag und damit eine Rückwärtsintegration innerhalb der Wertschöpfungskette, die eine Differenzierung gegenüber den Wettbewerbern zum Ziel hatte.⁶³¹ Als Zielmarke

629 Vgl. Milliot 2004, S. 10. 630 Vgl. Barnes & Noble Annual Report 2001, S. 9. 631 Vgl. Barnes & Noble Annual Report 2003, S. 10.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   203

wurde festgelegt, dass die Verlagssparte 10 Prozent zum Umsatz beitragen sollten.⁶³² Die Superstores generierten aber weiterhin den Großteil der Umsätze. Dies führte dazu, dass der CEO im Jahr 2002 ankündigte, die Zahl der Superstores von knapp 600 auf sukzessive 1.000 Stück zu erhöhen.⁶³³ Die jährliche Zahl der Neueröffnungen sollte sich dabei auf mindestens 30 belaufen.⁶³⁴ Allerdings zeichnete sich nach vergleichsweise hohen Wachstumsraten in den Vorjahren ab 2005/2006 ein geringerer Umsatzuwachs in den stationären Ladengeschäften ab. Als ursächlich für diesen Rückgang der Wachstumsrate wurde die schwierige gesamtwirtschaftliche Situation des verbreitenden Buchhandels angesehen. In Abbildung 49 sind die Umsätze des verbreitenden Buchhandels im Zeitraum von 2002 bis 2006 in Mrd. US-Dollar abgebildet. Hierbei wird deutlich, dass in den Jahren 2003 und 2004 noch wesentliche Umsatzsteigerungen von über 500 Mio. USDollar zu verzeichnen waren. Ab dem Jahr 2005 kam es hingegen zu einer Stagnation. Für die stagnierenden Umsätze mitverantwortlich waren Preiskämpfe, die einerseits aus dem verschärften Wettbewerb im Onlinebereich und andererseits aus den Möglichkeiten zur Quersubventionierung im physischen Handel durch die Supermarktketten (WalMart) erwuchsen. Um dieser Entwicklung zu begegnen, kündigte das Unternehmen an, sein Kundenloyalitätsprogramm auszuweiten.

16,88

16,89

16,98

2004

2005

2006

16,24 15,45

2002

2003

Umsatz Abb. 49: Umsatzentwicklung im Buchhandel USA 2002–2006 in Mrd. US-Dollar. Quelle: www.census.gov

Die Umsätze der Onlinesparte stagnierten ebenfalls. Während die Investition von Bertelsmann zunächst als potentielle Bedrohung von Amazon ausgemacht wurde, entwickelte sich die Onlinesparte nicht gemäß der an sie gestellten Erwartungen. Dies führte dazu, dass Bertelsmann auch aufgrund eines allgemeinen Rückzugs aus dem Onlinebuchgeschäft den Verkauf seiner Anteile ankündigte. Im Zuge dieses Schrittes kaufte Barnes & Noble den Anteil von 36,8 Prozent für einen kolportierten Preis in 632 Vgl. Milliot 2003, S. 8. 633 Vgl. Milliot / Nwawotka 2002, S. 12. 634 Vgl. Milliot 2004, S. 10.

204   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

Höhe von 164 Millionen US-Dollar zurück, und im darauffolgenden Jahr wurden auch die übrigen an der Börse gehandelten Aktien vom Unternehmen zurückgekauft.⁶³⁵ In Abbildung 50 sind die Umsätze der Onlinesparte für den Zeitraum von 2002 bis 2006 dargestellt. Für die Jahre 2004 bis 2006 wurde kein gesonderter Gewinn bzw. Verlust der Onlinesparte im Geschäftsbericht ausgewiesen, da zu diesem Zeitpunkt eine vollständige Integration der Onlinesparte erfolgt war. Hierbei zeigt sich, dass die Umsätze weitestgehend stagnierten. Zudem kündigte das Unternehmen 2003 an, seinen E-Book-Shop zu schließen. Als Begründung für diesen Schritt wurde die wenig dynamische Entwicklung des Marktes angeführt sowie die Tatsache angegeben, dass E-Books zum gegebenen Zeitpunkt weder preis- noch kundenfreundlich seien.⁶³⁶

422,8

–26,8 2002 Umsatz

425

419,8

439,7

436,4

–14,3 2003

2004

2005

2006

Gewinn (anteilig)

Abb. 50: Umsatz / Gewinn Barnes & Noble.com 2002–2006 in Mio. US-Dollar. Quelle: Barnes & Noble Annual Reports 2003–2007.

Bezüglich der Marktaktivitäten lässt sich festhalten, dass in diesem Zeitraum eine weitaus geringere Fokussierung auf den Bereich neue Produkte / Serviceleistungen im Onlinebereich zu beobachten ist. Während das Portfolio vormals im Rahmen einer Imitation des Wettbewerbers Amazon zunächst sukzessive um eine Musik und Videosparte erweitert wurde, erfolgte eine Abgrenzung von diesem Wettbewerber mit dem Satz: „Never intended to be all things to all customers, the goal from the very beginning was to create a great website and to offer a compelling group of benefits for customers.“⁶³⁷ Vielmehr zog sich das Unternehmen aus bestimmten Segmenten, wie z. B. dem Onlinezeitschriftenvertrieb, zurück.⁶³⁸ 635 Vgl. http://www.manager-magazin.de/unternehmen/it/a-259181.html 636 Vgl. United Press International 2003. 637 Vgl. Barnes & Noble Annual Report 2002, S. 3. 638 Vgl. Milliot 2002a, S. 12.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   205

Erst mit der Erweiterung des Produktangebots der Webseite im Mai 2005 um einen PC- und Videospielbereich zeigte sich wiederum eine verstärkte Aktivität in dieser Kategorie im Onlinebereich, die im darauffolgenden Jahr weiter ausgebaut wurde. In diesem Jahr wurden beispielsweise neue Maßnahmen zur Verbesserung der Kundenbeziehung eingeführt. Zu nennen wären hier sogenannte Online Book Clubs, innerhalb derer sich Leser mit Autoren online austauschen konnten. Außerdem wurde auf der Transaktionsebene das Onlinezahlungssystem Paypal eingeführt.⁶³⁹ Die Tatsache, dass das Unternehmen im Vergleich zur Jahrtausendwende sein Aktivitätenportfolio massiv reduzierte, zeigt sich auch im Rückgang des Marktanteils, wie aus Abbildung 51 deutlich wird. Während der Wettbewerber Amazon seinen Marktanteil weitestgehend bei knapp 60  Prozent konstant halten konnte, verlor Barnes & Noble innerhalb dieses Zeitraums konstant an Marktanteilen. Als Ursache für den Rückgang der Aktivitäten ist einerseits der Rückzug von Bertelsmann zu nennen und andererseits die Konzentration auf den physischen Geschäftsbereich.

32%

30%

12%

11%

56%

2002 Amazon

38%

35%

35%

9%

8%

7%

59%

53%

57%

58%

2003

2004

2005

2006

Barnes & Noble

Andere

Abb. 51: Marktanteile im E-Commerce-Bereich Barnes & Noble / Amazon 2002–2006. Quelle: Eigene Berechnung auf Grundlage von www.census.gov

Ende 2006 befand sich das Unternehmen in der Situation mit 793 Ladengeschäften in den USA der weltgrößte Buchhändler zu sein. Aus der dauerhaften physischen Präsenz konnte ein starker Markenname abgeleitet werden: In einer Studie des Marktforschungsunternehmens Harris Interactive, die sich mit der Position bzw. dem Wert einer Marke auseinandersetzt,⁶⁴⁰ gelang es dem Unternehmen, mehrmals den Spit639 Vgl. Business Wire 2006 / Telecomworldwire 2006. 640 Hierzu wurde eine Befragung von ca. 38.000 Konsumenten durchgeführt unter der Zielsetzung den Markenwert zu evaluieren. Die Befragungen bewerten nach Bekunden des Unternehmens den Bekanntheitsgrad, die Qualität und die Einschätzung einer Marke aus Kundensicht und damit die Einstellung gegenüber einer bestimmten Marke. Vgl. The Harris Poll EquiTrend Study.

206   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

zenplatz in der Kategorie Einzelhandel einzunehmen.⁶⁴¹ Darüber hinaus verfügte das Unternehmen mit dem Onlinevertrieb über einen zusätzlichen Kanal, der sich bezüglich der Visits ebenfalls unter den Top 30 der E-Commerce-Seiten etablieren konnte.⁶⁴² Der starke Markenname und die Zahl der Visits wurden auch durch ein Wachstum der Mitgliedschaft beim Kundenloyalitätsprogramm begünstigt, das gegen die Zahlung eines jährlichen Beitrags Sonderrabatte versprach und im Jahr 2006 hinsichtlich der Rabatte nochmals verbessert wurde.⁶⁴³ Ferner gab es einen Relaunch der Webseite, indem sie mit Web 2.0-Elementen wie z. B. Bewegtbildern und Podcasts angereichert wurde. Außerdem beinhaltete der Relaunch die Verbesserung der Navigation auf der Seite und die Implementierung neuer Features. Ein solches Feature war z. B. der ,First Look Book Club‘, durch den Teile aus noch nicht publizierten Novitäten online diskutiert werden konnten. Eine weitere Neuerung war die Funktion ,see inside‘, die es analog zu Amazons ,search inside‘ das Blättern in den im Onlinshop angebotenen Titeln erlaubte.⁶⁴⁴ Für die folgenden Jahre wurde eine stärkere Expansion der Superstores mit 35–40 Neueröffnungen angekündigt sowie die Konsolidierung der Beschaffung eingeleitet. Das Umsatzwachstum wurde dabei von einem geringeren Anwachsen der Bestände begleitet, was für eine erhöhte Effizienz in diesem Bereich schließen lässt. Ferner wurde eine stärkere Verzahnung der Zentrallager für den Offline- und Offlinebereich eingeleitet, was sich auch in der Einbindung des Warenwirtschaftssystems Bookmaster in die Webseite B&N.com zeigte.⁶⁴⁵

2.2.2 Reaktion der Borders Group Im Jahr 1997 war das Unternehmen sowohl in Bezug auf die Anzahl der Filialen als auch auf den Umsatz die zweitgrößte Buchhandelskette in den USA. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Expansion des physischen Geschäfts weiter vorangetrieben. Neben dem Ausbau des klassischen Buchgeschäfts expandierte das Unternehmen auch in anderen Warengruppen wie im PBS-Bereich, was sich in der Übernahme des auf Spielzeug spezialisierten Filialisten All Wound Up zeigt.⁶⁴⁶ Außerdem diversifizierte sich das Unternehmen durch den Ausbau der Planet Music Filialen, von denen das Unternehmen im Jahr 1997 über vier Stück verfügte. Daneben gab es 157 Borders Superstores (Barnes  & Noble: 483) und 961 Filialen der in Einkaufszentren aktiven kleinflächigen Buchhandlungen unter dem Markennamen Waldenbooks (B. Dalton:

641 Vgl. Barnes & Noble Annual Report 2006, S. 2. 642 Vgl. Datamonitor Barnes & Noble Company Profile 2007, S. 6. 643 Vgl. Barnes & Noble Annual Report 2007, S. 2. 644 Vgl. Milliot 2008b, S. 3. 645 Vgl. Barnes & Noble Annual Report 2007, S. 3. 646 Vgl. Borders Group Annual Report 1999, S. 2.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   207

528). Die Zahl Letzterer wurde aufgrund der geringeren Rentabilität sukzessive verringert, allerdings in wesentlich geringerem Ausmaß, als es beim Wettbewerber Barnes & Noble bei den damit vergleichbaren B. Dalton Filialen der Fall war.⁶⁴⁷ Im Gegenzug trieb das Unternehmen den Ausbau der großflächigen Superstores weiter voran. So wurden hier Investitionen in Höhe von 160 Mio. US-Dollar und die Eröffnung von 43 neuen Ladengeschäften im Jahr 1999 angekündigt.⁶⁴⁸ In den Jahren 1997 und 1998 vollzog das Unternehmen neben dem Wachstum auf dem nationalen Buchmarkt in den vereinigten Staaten auch eine internationale Expansion. Im Zuge dessen wurde eine Filiale unter dem Markennamen Borders in Singapur sowie drei Filialen in Großbritannien eröffnet, und im Jahr 1999 kam noch eine Filiale in Australien hinzu. Darüber hinaus betrieb die Borders Group unter dem Markennamen Books etc. 26 Filialen in Großbritannien, deren Übernahme 1998 erfolgte und womit der Markteintritt in Großbritannien unter eigenem Markennamen mithilfe des Superstorekonzepts eingeläutet wurde. Diese verfolgten mit ihrem Fokus auf lokale Präferenzen, die sich in der Sortimentsausrichtung widerspiegelten, eine ähnliche Strategie wie die Muttergesellschaft Borders im Community-Bereich, da auch hier in jeder Filiale ein Mitarbeiter alleinig für die Organisation von Events zuständig war. Auch die strategische Beteiligung an der auf den Vertrieb von Geschenken spezialisierten Kette Paperchase Products Limited war kongruent mit diesem Ansatz, da in den Superstores ein entsprechendes PBS-Segment vorhanden war, das hierdurch Synergien in der Sortimentsausrichtung erfuhr.⁶⁴⁹ Allerdings sah sich das Unternehmen der Konkurrenz mit der größten Buchhandelskette in Großbritannien Waterstone’s gegenüber, die ankündigte, bis zum Jahr 2000 ebenfalls das bisher im dortigen Markt nicht vertretene Superstorekonzept mit einer Titelauswahl von mehr als 165.000 Titeln durch eine Neueröffnung in London zu verwirklichen.⁶⁵⁰ Eine weitergehende Internationalisierung fand darüber hinaus in der Eröffnung von Ladengeschäften in Australien und Neuseeland ihren Niederschlag. Im Jahr 1999 konnte bei den internationalen Aktivitäten eine Umsatzsteigerung um 39 Prozent auf 168,2 Mio. US-Dollar erreicht werden und ein Gewinn in Höhe von 1,7 Mio. US-Dollar. Das Unternehmen sah dabei nach eigenem Bekunden die im nationalen Markt vorhandenen Wettbewerbsvorteile in Form des Warenwirtschaftssystems und dem hohen Servicestandard auch als Erfolgsfaktoren der Internationalisierung an.⁶⁵¹ Im Jahr 1998 reagierte Borders auf die Herausbildung des Onlinebuchhandels mit der Lancierung einer eigenen Webseite mit dem Namen Borders.com, die in der Anfangszeit über ein Angebot von 650.000 Titel verfügte.⁶⁵² Dieser Schritt kam auf-

647 Vgl. Borders Group Annual Report 1997, S. 3. 648 Vgl. Reid 1998, S. 14. 649 Vgl. Borders Group Annual Report 1999, S. 3. 650 Vgl. Gregory 1998, S. 24. 651 Vgl. Borders Annual Report 1999. 652 Vgl. Borders Annual Report 1998, S. 4.

208   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

grund der Tatsache, dass Amazon bereits seit 1995 bestand und Barnes & Noble seine Onlineaktivitäten im Jahr 1997 startete, vergleichsweise spät. Als ursächlich für den verspäteten Markteintritt wurden auch technologische Schwierigkeiten ausgemacht. So gab es Irritationen, ob für die notwendige Infrastruktur des Webshops auf Angebote von IBM oder von Netscape zurückgegriffen werden sollte, wodurch Verzögerungen entstanden.⁶⁵³ Zunächst versuchte das Unternehmen, die Webseite als ergänzenden Vertriebskanal für seine stationären Ladengeschäfte zu nutzen. Zum Zeitpunkt der Lancierung war es aber nur möglich, sich Bücher in eine bestimmte Filiale liefern zu lassen, jedoch nicht nach Hause, was dem Leistungsvermögen dieses Vertriebskanals nicht entsprach.⁶⁵⁴ Auch spätere Versuche, die Ladengeschäfte mit dem Onlinekanal zu verknüpfen, erschienen unzureichend. So wurde im Jahr 2000 eine Suchfunktion vorgestellt, die es erlaubte, Online die Vorrätigkeit von Titeln in einzelnen Filialen abzufragen.⁶⁵⁵ Das Startangebot der Seite war in die drei Kernbereiche Bücher, Musik und Video aufgegliedert und beinhaltete darüber hinaus einen Bereich für Kinder (Bücher, Musik, Video), Computerbücher sowie das sogenannte Borders NetCafe, das Chatfunktionen und Interviews mit Autoren zur Verfügung stellte. Um die Reichweite zu erhöhen bzw. die Auffindbarkeit zu gewährleisten, wurden zahlreiche strategische Partnerschaften abgeschlossen. Daneben startete mit Bordersstores.com eine separate Seite, die Informationen über Events in einzelnen Filialen bereitstellte und eine stärkere Verknüpfung zwischen den Vertriebskanälen erreichen sollte.⁶⁵⁶ Im ersten Jahr erwirtschaftete die Webseite einen vergleichsweise geringen Umsatz von nur 4,6 Mio. US-Dollar und generierte dabei einen Verlust in Höhe von 10,5  Mio. US-Dollar, der auch den hohen Anfangsinvestitionen geschuldet war.⁶⁵⁷ Der verantwortliche Manager Scott Wilder machte in diesem Zusammenhang die Aussage, dass sich die Zielgruppe der Webseite auf die bereits vorhandenen Konsumenten von Borders beschränkt und dass die Zielsetzung nicht in der Neuakquisition von Konsumenten besteht.⁶⁵⁸ Diese Sichtweise kam durch die Formulierung der sogenannten ,Retail-Convergence-Strategy‘ zum Ausdruck: Sie hatte nach Bekunden des Unternehmens die Erhöhung der Qualität des Einkaufserlebnisses durch das Bereithalten verschiedener Kanäle zur Aufgabe und damit weniger die Neuakquisition bzw. die Erhöhung der Reichweite. Zur Erhöhung Letzterer schloss das Unternehmen Kooperationen mit anderen Webseiten und Suchmaschinen wie Cnet, Infoseek (Suchmaschine) und Salon ab. Allerdings hatten die Seiten mit dem zu diesem Zeitpunkt höchsten Traffic bereits Partnerschaften mit Amazon bzw. Barnes & Noble

653 Vgl. Roush 1998. 654 Vgl. Borders Annual Report 1998, S. 4. 655 Vgl. Borders Annual Report 1999, S. 6. 656 Vgl. PR Newswire 1998a. 657 Vgl. Borders Annual Report 1999, S. 5. 658 Vgl. Bridgeforth 1998, S. 13.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   209

abgeschlossen.⁶⁵⁹ Unter diesen schwierigen Voraussetzungen konzentrierte sich das Unternehmen zunächst auf eine Verbesserung der Infrastruktur der Seite und damit auf eine Erhöhung der Effizienz.⁶⁶⁰ Zu diesem Zweck wurde mit Level 8 Systems ein externer Dienstleister für die Entwicklung der Webseite beauftragt.⁶⁶¹ In diesen Zeitraum fällt der abrupte Rücktritt des CEO Philip Pfeffer nach nur fünf Monaten im Amt, der den langjährigen CEO Robert DiRomualdo im November 1998 abgelöst hatte. Er wurde durch den vormals bei der Supermarkt-Kette JewelOsco tätigen Manager Greg Josefowicz ersetzt. Auch wenn das Unternehmen über die Gründe des Rücktritts keine Aussagen machte, wurde in der Öffentlichkeit die im Vergleich zu den Wettbewerbern Barnes & Noble und Amazon schlechte Umsatzentwicklung der E-Commerce-Aktivitäten als Grund ausgemacht. Während Amazon im Jahr 1998 610 Mio. US-Dollar Umsatz vermeldete und Barnes & Noble seinen Umsatz ein Jahr nach dem Markteintritt bereits 70 Mio. US-Dollar erreichte, konnte Borders lediglich 4,6 Mio. US-Dollar auf sich vereinen. Auch die Zahl der unique visitors war im Vergleich zu den Wettbewerbern gering.⁶⁶² Zudem konnten die flächenbereinigten Umsätze bei den physischen Ladengeschäften nur um 3,5 Prozent gesteigert werden, wohingegen Barnes & Noble eine Steigerung um 5 Prozent erreichte.⁶⁶³ Die Umsätze und die Verluste der Onlineaktivitäten von Borders sind in Abbildung 52 nochmals zusammengefasst.

27,40 17,90 4,60

–10,50 –17,20 –29,70 1999 Umsatz

2000

2001

Gewinn

Abb. 52: Umsatz / Gewinn Borders.com in Mio. US-Dollar 1999–2000. Quelle: Borders Annual Report 2001.

659 Vgl. Reid 1997, S. 10. 660 Vgl. Borders Annual Report 1999, S. 6. 661 Vgl. PR Newswire 1998b. 662 Vgl. IQanalysis 2000. 663 Vgl. Stoughton 1999, S. 2.

210   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

Wie aus Abbildung 52 ersichtlich ist, konnten die Umsätze der Onlineaktivitäten in den ersten Jahren nach der Einführung der Webseite zwar deutlich gesteigert werden, jedoch wurde aufgrund der ebenfalls steigenden Verluste, die mit den hohen Investitionen bzw. Wertminderungen einhergingen, kein Gewinn erzielt. Ende der 1990er Jahre sah sich das Unternehmen mit einem sinkenden Aktienkurs – von 1998 bis 2000 fiel der Kurs von 41 US-Dollar auf 11 US-Dollar⁶⁶⁴ –konfrontiert. Als ursächlich wurde von Börsenanalysten wiederum der späte Markteintritt im E-Commerce-Bereich ausgemacht.⁶⁶⁵ Anders als der Wettbewerber Barnes & Noble, der die E-CommerceSparte abgesehen von der Integration des Markennamens losgelöst vom Kerngeschäft betrieb, schlug Borders zunächst den Weg einer umfassenderen Integration ein, indem die Sparte weiterhin unter dem Unternehmensdach verankert war. Allerdings fand diese Integration auf der Transaktionsebene dahingehend keinen Niederschlag, als dass es nicht möglich war, über den Onlineshop erworbene Waren in den stationären Ladengeschäften umzutauschen.⁶⁶⁶ In Abbildung  53 sind die Investitionen in die Webseite mit denen des Wettbewerbers Barnes  & Noble gegenübergestellt. Es zeigt sich, dass die Borders Group wesentlich geringere Investitionen als der Wettbewerber aufwies, was sich auch in den niedrigeren Umsätzen niederschlug. Während bei Barnes & Noble eine massive Ausweitung konstatierbar war, ist bei Borders ein Rückgang zu verzeichnen.

240,5

82,3

75,4 14,9

32,8

1997 Borders.com

11,6

11,4

1998

1999

6,4 2000

Barnesandnoble.com

Abb. 53: Investitionen Barnesandnoble.com / Borders.com in Mio. US-Dollar 1997–2000. Quelle: Barnes & Noble / Borders Group Annual Reports 1997–2000.

664 Vgl. Quick 2000, S. 5. 665 Vgl. Suhr 2000. 666 Vgl. Malone 2000, S. 7.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   211

Die Integration der Onlinesparte führt dazu, dass keine mit Barnes  & Noble bzw. Amazon.com vergleichbaren Daten über die Ausgaben innerhalb der einzelnen Kategorien verfügbar sind, da kein gesonderter Geschäftsbericht für die Onlinesparte vorhanden ist, aus dem eine Aufschlüsselung der Investitionen in den einzelnen Kategorien ersichtlich wäre. Allerdings lässt sich aus dem Abgleich der Marktaktivitäten mit den beiden Wettbewerbern eine unterschiedlich strategische Herangehensweise ableiten. In Abbildung  54 sind die Marktaktivitäten der Borders Group innerhalb der drei Kategorien für das Jahr 1998 abgebildet. Es wird deutlich, dass ein wesentlich höherer Anteil an Marketingaktivitäten zu verzeichnen war  – bezogen auf die Gesamtaktivitäten –, als dies bei den beiden Wettbewerbern der Fall war. Eine Parallele zum Wettbewerber Barnes & Noble ergibt sich aus der ähnlichen Fokussierung auf strategische Allianzen und Kooperationen, wobei hier allerdings notgedrungen Seiten mit einer geringeren Reichweite ausgewählt wurden, da die reichweitenstarken Seiten bereits mit den Wettbewerbern kooperierten.⁶⁶⁷ Eine weitere Parallele zu Barnes  & Noble ist die fehlende Eigenentwicklung von Produkten oder Dienstleistungen. Der Anteil von Amazon.com in dieser Kategorie betrug in diesem Jahr hingegen 10 Prozent. Auch die Gesamtzahl der Marktaktivitäten war bei Borders geringer. Ferrier und Smith zufolge erlaubt die absolute Zahl der Marktaktivitäten einen Rückschluss auf die Aggressivität eines Unternehmens im Wettbewerb. Infolgedessen kann eine geringe Zahl an Wettbewerbsaktivitäten dazu führen, dass ein Unternehmen vulnerabler gegenüber Herausforderungen wird.⁶⁶⁸

0,77 0,62

0,6 0,4 0,28

0,23 0 Barnes & Noble

0,1

0 Borders Group

Amazon

Allianzen/Kooperationen/Übernahmen Marketingaktivitäten neue Produkte/Serviceleistungen Abb. 54: Marktaktivitäten Barnes & Noble / Borders Group / Amazon 1998. Quelle: Business Wire / PR Newswire.

667 Vgl. Reid 1997, S. 10. 668 Vgl. Ferrier / Smith 1999, S. 374.

212   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

Im darauffolgenden Jahr ist dahingehend keine Veränderung in der Herangehensweise konstatierbar, als dass der Schwerpunkt der Aktivitäten weiterhin mit 80 Prozent im Marketingbereich anzusiedeln war. Borders konzentrierte sich lediglich auf eine Ausweitung des Bekanntheitsgrades und weniger auf die Entwicklung neuer Features, wie dies z. B. bei Amazon oder auch bei Barnes & Noble der Fall war. So lancierte Barnes & Noble im Rahmen neuer Serviceleistungen eine Möglichkeit, die auch Transaktionen über mobile Endgeräte erlaubte. Als Vorreiter in Bezug auf den Ausbau des Kundservice im Onlinebereich ist Amazon zu sehen. Borders hingegen machte in diesem Bereich zu diesem Zeitpunkt keine eigenständigen Bemühungen. Auf der Ebene der Kooperationen, die die zweithäufigste Kategorie darstellen, schloss die Borders Group eine Exklusivpartnerschaft mit einem auf digitale Medien spezialisierten Unternehmen ab, die darauf abzielte, eine Plattform für Onlinevideos und Zusatzinhalte bereitzustellen. Dies entspricht dem Vorgehen des Konkurrenten Barnes  & Noble, die mit Barnes  & Noble Television allerdings hierzu eine Eigenentwicklung nutzten.⁶⁶⁹ Insgesamt kann in diesem Zeitraum bei der Borders Group eine im Vergleich zu den Wettbewerbern geringere Aktivität bei den Eigenentwicklungen festgehalten werden, was mit den geringen Investitionen in die Onlinesparte einhergeht.

0,8 0,61

0,55

0,25 0,14

0,25

0,19

0,2

0 Barnes & Noble

Borders Group

Amazon

Allianzen/Kooperationen/Übernahmen Marketingaktivitäten neue Produkte/Serviceleistungen Abb. 55: Marktaktivitäten Barnes & Noble / Borders Group / Amazon 1999. Quelle: Business Wire / PR Newswire.

Im darauffolgenden Jahr veränderte sich diese Herangehensweise zwar nicht in Bezug auf die Investitionen, die nochmals zurückgingen. Allerdings ist bei der Verteilung der Marktaktivitäten nunmehr eine Reduktion in Bezug auf den Bereich der Marketingaktivitäten zugunsten von Allianzen und Kooperationen sowie zur Einfüh-

669 Vgl. Teil III, Punkt 2.2.1.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   213

rung neuer Produkte und Serviceleistungen festzuhalten. So fiel in diesen Zeitraum ein Relaunch der Webseite, der sowohl eine graphische Überarbeitung als auch eine Vereinfachung des Transaktionsprozesses beinhaltete, indem auf die Notwendigkeit eines Logins beim Bestellvorgang verzichtet wurde.⁶⁷⁰ Auf der Serviceebene wurde zudem versucht, mithilfe von in den Ladengeschäften aufgestellten Helpdesks das Online- und Offlinegeschäft stärker zu verzahnen.⁶⁷¹ Auch zahlreiche Allianzen auf der technologischen Ebene wurden lanciert mit dem Ziel, die Kommunikation mit den Onlinekunden zu optimieren.⁶⁷² Allerdings waren die Probleme, die aus dem massiv gesunkenen Aktienkurs resultierten, bereits bedrohlich. Besonders die gesteigerte Attraktivität der New Economy für Investoren und die Tatsache, dass Borders in diesem Segment abgeschlagen von den beiden Wettbewerbern Amazon und Barnes & Noble rangierte, führte dazu, dass das Unternehmen als Nachzügler im Onlinevertrieb eine negative Marktbewertung erhielt.⁶⁷³ Auch wenn sich in der Verteilung der Marktaktivitäten und in der Überarbeitung der Webseite ein Umdenken des Managements widerspiegelte, waren diese Maßnahmen zu spät erfolgt, da die Wettbewerber bereits signifkante Marktanteile auf sich vereinigen konnten. Borders reagierte auf diese negative Entwicklung mit einer Ausgliederung der Onlineaktivitäten. Begünstigt wurde diese Entscheidung durch den erwähnten Verfall des Aktienkurses, was zu der Ankündigung führte, strategische Optionen inklusive des Verkaufs des Unternehmens auszuloten. Allerdings konnte kein Käufer ausfin-

57% 47%

47% 36% 30%

29%

23% 14%

Barnes & Noble

Borders Group

17%

Amazon

Allianzen/Kooperationen/Übernahmen Marketingaktivitäten neue Produkte/Serviceleistungen Abb. 56: Marktaktivitäten Barnes & Noble / Borders Group / Amazon im Jahr 2000. Quelle: Business Wire / PR Newswire.

670 Vgl. PR Newswire 2000a. 671 Vgl. PR Newswire 2000b. 672 Vgl. Business Wire 2000a. 673 Vgl. Suhr 2000.

214   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

dig gemacht werden, was auch mit der Affinität der Anleger für die New Economy zusammenhing.⁶⁷⁴ Um die Onlineaktivitäten auszugliedern, wurde im Jahr 2001 eine Kooperation mit Amazon eingegangen, die vorsah, die Webseite unter den beiden Markennamen auf Amazons E-Commerce-Plattform zu betreiben. Dies umfasste die Bereitstellung der Inhalte und die Durchführung von Transaktionen durch Amazon.⁶⁷⁵ Nach der Auffassung des CEOs von Borders, Greg Josefowicz, machte dieser Schritt eine Konzentration auf das Kerngeschäft möglich, wie folgende Aussage deutlich macht: „This allows us to focus on what we do best, transferring the demands (of online operations) to those who learned it“.⁶⁷⁶ Der Finanzvorstand begründete die Partnerschaft mit den Worten: „We have always been a distant third, and we weren’t willing to make the investments to change that“.⁶⁷⁷ Aus dieser Aussage geht hervor, dass das Unternehmen offenbar nicht die Bereitschaft hatte bzw. über die entsprechenden finanziellen Ressourcen verfügte, um massiv ins Onlinegeschäft zu investieren. Einer Expertenmeinung zufolge (Analyst von Nielsen) lagen die Gründe hierfür in der Ansicht der Borders Verantwortlichen darin, dass die Zahl der Onlinekäufern und damit das Marktpotential nicht groß genug erschien, um die hohen Investitionen zu rechtfertigen, die zur Erreichung eines signifikanten Marktanteils notwendig wären.⁶⁷⁸ Stattdessen wurde vom CEO Greg Josefowicz eine Optimierung und Restrukturierung des physischen Geschäfts vorangetrieben. Dies zeigte sich zunächst in der Einführung eines Category Management Systems unter der Zielsetzung, die Präferenzen einzelner Kundengruppen besser herauszuarbeiten, um damit die Kundenperspektive verstärkt in den Vordergrund zu rücken. Hierfür wurden in Kooperation mit den Verlagen Endkundenbefragungen durchgeführt, die eine Optimierung einzelner Kategorien nach sich zog. Beispielsweise wurde das Sortiment im Bereich der Kochbücher einer bestimmten Kategorie dahingehend modifiziert, als dass vormals zwölf verschiedene Titel auf sechs mit drei Schwierigkeitsgraden reduziert wurden.⁶⁷⁹ Die Einteilung der Kategorien erfolgte dabei anhand der Fragestellung, ob ein potentieller Käufer das Produkt als geeignet für einen destination-, core-, convenience- oder impulse-Kauf ansähe.⁶⁸⁰ Ferner umfassten die Maßnahmen eine Reorganisation des Superstore Managements, das neben einer Anpassung der Belegschaft an die Größe des jeweiligen Geschäfts auch ein Anreizsystem für Verkäufer beinhaltete.⁶⁸¹ Die Ausgliederung der Onlinesparte an Amazon.com erschien infolge der geringen Umsätze und des gesunkenen Aktienkurses folgerichtig. Nachdem in der Anfangs674 Vgl. Mutter, S. 10. 675 Vgl. Borders Annual Report 2001, S. 6. 676 Vgl. D’Innocenzio 2001. 677 Vgl. Barlas 2001, S. 6. 678 Vgl. Tessler 2001, S. 3. 679 Vgl. Mutter 2001, S. 10. 680 Vgl. Courier Mail 2002. 681 Vgl. Milliot / Nwotka 2001, S. 9.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   215

zeit der Onlineaktivitäten eine Konzentration auf Marketingaktivitäten festzustellen war, änderte sich dies erst im Jahr 2000 mit einer stärkeren Betonung eigenständiger Entwicklungen. Die geänderte Positionierung zeigte sich auch in der Neuauflage der Webseite. Diese Herangehensweise konnte besonders vor dem Hintergrund der Aktivitäten der Wettbewerber und der Notwendigkeit, innerhalb eines dynamischen Marktes entsprechende Ressourcen aufzubauen, als zielführender angesehen werden. Jedoch erfolgte die Umorientierung zu spät, da sich die Konkurrenz bereits umfassende Marktanteile gesichert hatte. Zudem wurden in der Frühphase zentrale Weichenstellungen vernachlässigt. In erster Linie ist hier die Konzentration auf den bestehenden Kundenstamm zu nennen, die zunächst dazu führte, dass über die Webseite erworbene Bücher nur in eine vorher ausgewählte Filiale geliefert wurden und nicht an die jeweilige Kundenadresse. Damit beraubte sich das Unternehmen freiwillig eines wesentlichen Vorteils des Onlinevertriebskanals auf der Marketingebene. Auch der im Vergleich zu den Wettbewerbern verspätete Markteintritt kann als problematisch eingestuft werden. Dies zeigte sich besonders in der Tatsache, dass zwar versucht wurde, über entsprechende Partnerschaften mit anderen Webseiten die Kundenreichweite zu erhöhen, jedoch die beiden direkten Wettbewerber Amazon und Barnes & Noble bereits teilweise exklusive Partnerschaften mit den damals bekanntesten Webseiten abgeschlossen hatten. Stattdessen wurde mit der Einführung des Category Management Systems und der Restrukturierung eine Fokussierung auf das physische Geschäft angestrebt. Die Zielsetzung bestand dabei in einer Verbesserung der Kundenbeziehung durch eine entsprechende Endkundenbeobachtung, die in Anbetracht des weiter oben beschriebenen elaborierten Warenwirtschaftssystems auch mit den in der Vergangenheit aufgebauten Kernfähigkeiten des Unternehmens kongruent war. Insofern erschien eine Restrukturierung gepaart mit einer Optimierung der einzelnen Abteilungen durch das Category Management System aus dieser Perspektive zielführend. Allerdings resultierten aus dieser verstärkt an Supermärkten orientierten Ausrichtung einige Schwierigkeiten: So kam es Mitte des Jahre 2002 zu einem von Autoren und Wissenschaftlern lancierten Protestbrief, in dem das Category Management System als Bedrohung für kleinere Verlage kritisiert wurde. Infolge der primären Berücksichtigung größerer Verlagshäuser im Rahmen des Programms käme es demzufolge zu einer Reduktion der Titelvielfalt.⁶⁸² Ursächlich für diese Sichtweise war die Tatsache, dass Verlage bis zu 100.000 US-Dollar für eine Teilnahme am Programm zahlen müssten, was eine Begünstigung großer Verlagshäuser nahelegte.⁶⁸³ Auch auf der unternehmenskulturellen Ebene barg die Einführung des Category Managements Probleme. So kam es zu Konflikten zwischen den alteingesessenen Managern und den „branchenfremden“, was auch das Verhältnis zu den Verlagen belastete.⁶⁸⁴ 682 Vgl. Milliot / Zeitchik 2002, S. 12. 683 Vgl. Zeitchik 2002, S. 141. 684 Vgl. Milliot / Zeitchik / Mutter 2004, S. 6.

216   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

Der CEO trat der entsprechenden Kritik auf einer Tagung der American Association of Publishers entgegen und betonte das effizienzsteigernde Potential des Programms, das auch die Zahl der Remittenden reduzieren könnte.⁶⁸⁵ Auch das Branchenmagazin Publishers Weekly verteidigte die Herangehensweise des Unternehmens in einem Artikel und war dem Wall Street Journal vor eine inkorrekte Berichterstattung betrieben zu haben. Nachdem ein Redakteur an einem entsprechenden Workshop der Buchhandelskette teilgenommen hatte, erklärte er die Befürchtungen für unbegründet und bezog sich darauf, dass die entsprechende Marktforschung auch den Verlagen zugute käme.⁶⁸⁶ Insgesamt plante das Unternehmen im Jahr 2002 einerseits die Ausweitung der Internationalisierung, die sich zu diesem Zeitpunkt bereits auf eine Präsenz in den Ländern Großbritannien, Australien, Puerto Rico sowie auf Singapur und Neuseeland erstreckte. Hier plante das Unternehmen, die Zahl der Filialen mit einem Schwerpunkt auf Großbritannien und Neuseeland um 8–10 jährlich zu erhöhen. Andererseits war eine Expansion im nationalen Superstore-Segment angedacht und zwar um bis zu 40 Neueröffnungen pro Jahr. Neben diesen Expansionsbestrebungen kündigte das Unternehmen an, die oben beschriebene Ausweitung von strategischen Allianzen an mit dem Ziel die Kundenbindung zu erhöhen.⁶⁸⁷ Im Jahr 2002 verfügte das Unternehmen über 404 der Superstores (1997: 167 Filialen) und über 778 Waldenbooks-Filialen (1997: 961). In Abbildung  57 ist die Zahl der Ladengeschäfte von Borders und Barnes & Noble für den betrachteten Zeitraum gegenübergestellt. Die dunkelgrau markierten Balken spiegeln die Filialzahl der Borders Group im Zeitverlauf wider. Es zeigt sich, dass die Gesamtzahl der Filialen bei Borders zwar höher war, jedoch der Großteil aus den weniger rentablen in Einkaufszentren gelegenen Waldenbooks-Filialen bestand. Während Barnes  & Noble ihre B. Dalton-Filialen massiv auf unter 100 Stück reduzierte, verringerte Borders die Gesamtzahl nur sukzessive. Die relative Stabilität des physischen Geschäfts zeigt sich in den in Abbildung 58 aufgeführten Umsätzen und Gewinnen des Gesamtunternehmens. Wie deutlich wird, konnte das Unternehmen sowohl den Umsatz als auch den Gewinn (abgesehen vom Jahr 2006) konstant steigern. Die Steigerungen waren dabei maßgeblich auf das Superstoresegment und das internationale Geschäft zurückzuführen. Die Waldenbooks-Filialen mussten hingegen Rückgänge hinnehmen, was bereits 2002 zu der Ankündigung führte, die Kostenstruktur dieser Filialen zu optimieren.⁶⁸⁸ Dem Unternehmen kamen dabei die Wachstumsraten des US-amerikanischen Buchmarkts entgegen, die im Zeitraum von 2002 bis 2006 bei durchschnittlich 3,2 Prozent

685 Vgl. Zeitchik 2003, S. 17. 686 Vgl. Courier Mail 2002. 687 Vgl. Borders Group Annual Report 2006, S. 12. 688 Vgl. Borders Group Annual Report 2006, S. 22 u. S. 12.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

258

195

154

118

98

628

647

666

681

695

778

733

705

678

564

404

445

462

473

499

2002

2003

2004

2005

2006

Borders

Waldenbooks (Borders)

Barnes & Noble

B. Dalton (Barnes & Noble)

   217

Abb. 57: Filialzahl Borders / Barnes & Noble 2002–2006. Quelle: Borders / Barnes & Noble Annual Reports 2004/2006.

lagen.⁶⁸⁹ Besonders die großen Buchhandelsketten konnten von dieser Entwicklung überdurchschnittlich profitieren. Allerdings war dieser Zuwachs wesentlich der Ausweitung der Flächen geschuldet. Die Umsätze der bestehenden Flächen hingegen waren wesentlich geringer.⁶⁹⁰ Darüber hinaus mussten die Waldenbooks-Filialen Umsatzrückgänge hinnehmen, die teilweise auch einer Kannibalisierung durch die Superstores geschuldet war.

2.234.100

80.900 2002 Umsatz

2.319.000

2.470.200

107.600 2003

2.588.900

131.900

115.200 2004

2005

2.709.500

101.000 2006

Gewinn

Abb. 58: Gesamtumsatz Borders Group in Tausend US-Dollar 2002–2006. Quelle: Borders Group Annual Report 2006.

689 Vgl. Datamonitor Books in the US 2006, S. 9. 690 Vgl. Borders Group Annual Report 2003, S. 5.

218   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

Als ebenfalls problematisch für das Umsatzwachstum durch die Expansion des Superstorekonzepts erwies sich die vergleichsweise umfangreiche Musiksparte des Unternehmens. Der Großteil der Superstores verfügte neben einer DVD-Abteilung ebenfalls über eine umfangreiche Musikabteilung mit bis zu 14.000 Titeln. Von der durchschnittlichen Ladenfläche einer Borders-Filiale in Höhe von ca. 2.300 qm nahm das Buchsegment in etwa die Hälfte ein. Der Rest verteilte sich auf die Musiksabteilung, Zeitungen und Zeitschriften, PBS sowie DVDs. Mit durchschnittlich 325 qm war der Musikbereich am umfangreichsten im Vergleich zu den restlichen Zusatzsortimenten.⁶⁹¹ Insofern machten sich Verluste in diesem Segment besonders bemerkbar. Infolge der seit der Jahrtausendwende sinkenden Verkaufszahlen physischer Tonträger, die durch die verstärkte Nachfrage nach digitalisierter Musik erwuchsen, musste dieser Bereich Umsatzrückgänge hinnehmen, die durch den weitgehend stabilen DVD-Bereich nicht vollständig kompensiert werden konnten.⁶⁹² Infolge der beschriebenen Entwicklungen und des bescheidenen flächenbereinigten Umsatzwachstums kündigte das Unternehmen im Jahr 2003 an, die Zahl der Filial-Neueröffnungen zu reduzieren. Dies zeigt sich in der in Abbildung 57 sichtbaren Reduktion der Neueröffnungen von 41 zwischen 2002 und 2003 auf nur noch 17 im Jahr 2004. Gleichzeitig wurde aufgrund des niedrigen Umsatzwachstums in Bezug auf die bestehende Verkaufsfläche und der Schwierigkeiten in Bezug auf die Musiksparte eine prominentere Platzierung des Buchsortiments im Vergleich zu den Randsortimenten eingeleitet.⁶⁹³ Weitere Schwierigkeiten erwuchsen aus den geringen Backlistverkäufen, die auch auf das mittlerweile veraltete Warenwirtschaftssystem zurückgeführt wurden, das die Kundenpräferenzen in den einzelnen Standorten nicht adäquat abbilden konnte. Deshalb dauerte auch die Neubeschaffung schnelldrehender Novitäten wesentlich länger als bei der Konkurrenz.⁶⁹⁴ Um die operative Effizienz zu verbessern, konsolidierte das Unternehmen die Logistik, indem es ankündigte, Zentrallager zusammenzulegen, und realisierte einen Personalabbau in Höhe von 6 Prozent der Belegschaft. Diese Maßnahmen vermochten aber nicht den Sinkflug des Aktienkurses zu verringern, so dass im Jahr 2006 erneut der Verkauf der Buchhandelskette in Erwägung gezogen wurde.⁶⁹⁵ Zum Ende dieses Jahres befand sich das Unternehmen dahingehend in einer schwierigen Situation: Einerseits waren die gesunkenen Musikverkäufe dafür maßgeblich, die immerhin für 14 Prozent des Gesamtumsatzes verantwortlich waren. Andererseits verfügte das Unternehmen im Vergleich zu den Wettbewerbern über eine ungünstigere Kostenstruktur, was sich in den niedrigeren Bruttomargen und den höheren Gemeinkosten widerspiegelte. In Abbildung  59 sind die Bruttomargen sowie die Vertriebsgemein-

691 Vgl. Borders Group Annual Report 2006, S. 3. 692 Vgl. Borders Group Annual Report 2006, S. 23. 693 Vgl. Mutter 2004, S. 13. 694 Vgl. Milliot / Zeitchick / Mutter 2004, S. 6. 695 Vgl. Milliot 2005, S. 11. u. Milliot 2006a, S. 12.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   219

kosten von Barnes & Noble und Borders in Bezug auf den Umsatz für das Jahr 2006 gegenübergestellt. Während die Bruttomarge als Maß für die Profitabilität niedriger als beim Wettbewerber lag, waren die Vertriebsgemeinkosten höher, was Rückschlüsse auf vergleichsweise kostenineffiziente Strukturen erlaubt.

31,10% 28,30% 23,60%

Borders Group Bruttomarge

22,80%

Barnes & Noble

Vertriebsgemeinkosten

Abb. 59: Bruttomarge / Vertriebsgemeinkosten Barnes & Noble und Borders Group 2006. Quelle: Barnes & Noble / Borders Group Annual Reports 2006.

Das Unternehmen reagierte auf die oben beschriebenen Entwicklungen mit einem erneuten Wechsel in der obersten Führungsebene. George Jones wurde neuer CEO und leitete zunächst die Entwicklung eines neuen Ladenkonzepts ein. Mit den Concept Stores sollte ein stationäres Multimedia-Erlebnis realisiert werden, was durch die Einrichtung spezieller Abteilungen mit einem Medienmix erreicht werden sollte und was als cross-channel retail-strategy bezeichnet wurde.⁶⁹⁶ Neben der Einführung eines neuen Ladenkonzepts umfasste die Restrukturierung zudem Veränderungen in dem Anfang 2006 gestarteten Borders Rewards Programm, das zu diesem Zeitpunkt über 8 Mio. Mitglieder verfügte und im Gegensatz zu den Programmen der Wettbewerber kostenfrei angeboten wurde.⁶⁹⁷ Diese Veränderungen umfassten beispielsweise Maßnahmen, bei denen die Mitglieder erworbene Bonuspunkte zu mehreren Zeitpunkten einlösen können. Vormals war dies nur zur Weihnachtszeit möglich.⁶⁹⁸ Auch kündigte Jones an, die Partnerschaft mit Amazon im E-Commerce-Geschäft zu überprüfen.⁶⁹⁹

696 Vgl. Borders Annual Report 2008, S. 3. 697 Vgl. Milliot 2006b, S. 6 f. 698 Vgl. Milliot 2007a, S. 6. 699 Vgl. Milliot 2006b, S. 6 f.

220   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

2.3 Reaktionen auf die disruptive Innovation auf Produktebene 2.3.1 Reaktion von Barnes & Noble Zum Zeitpunkt der Markteinführung des Kindles Ende des Jahres 2007 war die Ausgangslage von Barnes & Noble folgendermaßen: Im Verlauf des Jahres zeichneten sich zunächst die schlechteren makroökonomischen Rahmenbedingungen zunehmend ab, die aus der zu diesem Zeitpunkt aufkommenden Finanzkrise resultierten. Aus den sinkenden Konsumausgaben leitete sich ein geringeres Wachstum des Buchmarkts in den Vereinigten Staaten ab. Während die Wachstumsrate von 2006 auf 2007 noch bei 5,8 Prozent lag, schwächte sich das Wachstum von 2007 auf 2008 auf 0,9 Prozent ab. Dennoch wies Barnes & Noble zu diesem Zeitpunkt noch leichte Zuwächse bei den Verkäufen auf bestehender Ladenfläche auf. Der Konkurrent Borders Group hingegen musste Einbußen bezüglich dieser Kenngröße hinnehmen.⁷⁰⁰ Allerdings hatte sich diese Kennzahl auch bei Barnes  & Noble im Vergleich zu den Vorjahren nur leicht verbessert. Ursächlich waren die veränderten Einkaufsgewohnheiten der Kunden, die sich verstärkt in Richtung E-Commerce orientierten, was zu Lasten des physischen Geschäfts ging. Diese veränderten Präferenzen zeigten sich in der Tatsache, dass die Onlinesparte des Unternehmens um 13,9 Prozent anwuchs.⁷⁰¹ Diese Entwicklungen schlugen sich auch im Aktienkurs des Unternehmens nieder. Während der Aktienkurs von Amazon von Dezember 2006 auf 2007 um 135 Prozent anstieg, sank er bei Barnes & Noble um 13,2 Prozent. Der Konkurrent Borders erlitt einen weitaus höheren Rückgang in Höhe von 52,3 Prozent.⁷⁰² Als Gegenmaßnahmen für das sich abschwächende Konsumklima und den gesunkenen Aktienkurs wurde bei auslaufenden Mietverträgen der Abschluss kurzfristigerer Verträge angestrebt, um die notwendige Flexibilität bei veränderten Standortbedingungen zu erlangen. Ferner wurde der Abbau des vergleichsweise unrentablen Geschäfts in den Einkaufszentren (B. Dalton-Filialen) weiter vorangetrieben. Dies mündete schlussendlich in der Schließung der verbliebenen 50 Filialen im Jahr 2009.⁷⁰³ Auch ein Personalabbau und eine Reduktion des Warenbestandes innerhalb der Filialen war Teil dieses Maßnahmenpakets. So sank die Zahl der Mitarbeiter von 40.000 im Jahr 2007 auf nunmehr noch 37.000 im darauffolgenden Jahr.⁷⁰⁴ Der Warenbestand wurde hauptsächlich im Musiksegment um 11  Prozent reduziert. Gleichzeitig sollte die Umschlagsgeschwindigkeit durch eine Optimierung der Beschaffung erhöht werden. Dies beinhaltete

700 Vgl. Milliot 2007b, S. 4. 701 Vgl. Milliot 2008c, S. 6. 702 Vgl. Milliot 2008a, S. 6. 703 Vgl. Rosen 2009, S. 3 f. 704 Vgl. Barnes & Noble Annual Report 2008, S. 6.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   221

auch einen verringerten Rückgriff auf den Zwischenbuchhandel, um die Marge zu verbessern.⁷⁰⁵ In Abbildung 60 sind die Umsatzentwicklung und der Gewinn für den Zeitraum von 2007 bis 2013 dargestellt. Wie sich zeigt, gab es infolge der oben beschriebenen Schwierigkeiten einen Umsatzrückgang im Zeitraum von 2007 bis 2008. Das Jahr 2009 fehlt in der Abbildung, da das Unternehmen aufgrund der Übernahme von Barnes & Noble College keine Zahlen für das Gesamtjahr veröffentlichte. Trotz der gesunkenen Umsätze gelang es dem Unternehmen zudem, die Bruttormarge von 2007 auf 2008 leicht auf 30,9  Prozent zu steigern, was auf eine bessere Kostenstruktur schließen lässt und auch auf die Verbesserung der Beschaffung sowie die kurzfristigeren Mietverträge zurückging.⁷⁰⁶ Als belastend für das Unternehmensergebnis hingegen und damit mitverantwortlich für den Gewinnrückgang von knapp 136 Mio. US-Dollar im Jahr 2007 auf knapp 76  Mio. US-Dollar im darauffolgenden Jahr erwiesen sich die zu diesem Zeitpunkt entstehenden Preiskämpfe. Diese resultierten einerseits aus der aggressiven Preispolitik von Amazon im Onlinehandel, manifestierten sich andererseits aber auch im physischen Handel durch die Supermärkte. Diese nutzten insbesondere Bestseller als ,loss leader‘, die als Lockmittel für Neukunden eingesetzt wurden und durch andere Produkte mit höheren Margen quersubventioniert werden konnten.⁷⁰⁷ Infolge der gesunkenen Umsätze kündigte das Unternehmen für das Jahr 2009 an, die Zahl der Neueröffnungen auf 20 bis 25 zu reduzieren. Im November 2008 wurde diese Zahl nochmals auf 15 geplante Neueröffnungen gesenkt. Der Grund hierfür waren die insgesamt gesunkenen Besucherzahlen sowie ein prognostizierter Umsatzrückgang auf der bestehenden Ladenfläche in Höhe von 6 bis 9 Prozent.⁷⁰⁸ Im Jahr 2010 kam es hingegen wiederum zu einem Wachstum, das jedoch hauptsächlich auf die Umsatzsteigerungen bei Barnes  & Noble.com zurückging. Im Vergleich zum Vorjahr konnte in diesem Segment eine Umsatzsteigerung in Höhe von 22,9 Prozent realisiert werden, während das physische Geschäft weiterhin Umsatzeinbußen zu verzeichnen hatte.⁷⁰⁹ Die weiteren Umsatzsteigerungen in den darauffolgenden Jahren gingen ebenfalls primär auf das Nook-Segment zurück, das beispielsweise von 2010 auf 2011 eine Wachstumsrate von 65  Prozent aufwies. Ein weiterer Wachstumstreiber war die Ausweitung des Spielzeug- und Spielesegments sowie die Insolvenz der Buchhandelskette Borders Group.⁷¹⁰ Der starke Umsatzrückgang im Jahr 2013 ist ebenfalls auf das Nook-Segment zurückzuführen, da zu diesem Zeitpunkt starke Verkaufsrückgänge bei den unternehmenseigenen Tablets und Lesegeräten zu

705 Vgl. Milliot 2009a, S. 3. 706 Vgl. Milliot 2009a, S. 3. 707 Vgl. Milliot 2008a, S. 6. 708 Vgl. Milliot 2008d, S. 3. 709 Vgl. Barnes & Noble Annual Report 2010, S. 14. 710 Vgl. Barnes & Noble Annual Report 2011, S. 2 u. Milliot 2011c, S. 4 f.

222   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

verzeichnen waren.⁷¹¹ Bereits 2012 gingen die Nook-Verkäufe um 10 Prozent zurück.⁷¹² Auch der Abbau der Ladengeschäfte wurde weiter vorangetrieben. So standen 2012 fünf Neueröffnungen 15 Schließungen gegenüber, und das Unternehmen kündigte 2013 an, die Zahl der Ladengeschäfte um ein Drittel zu reduzieren.⁷¹³

6.998.565 7.129.199 5.288.674 5.121.804

135.799

5.807.754

75.890

2007

2008

Umsatz

Gewinn

6.839.005

36.676

2010

–73.920

–68.867

–157.806

2011

2012

2013

Abb. 60: Umsätze / Gewinne Barnes & Noble 2007–2013 in Tsd. US-Dollar. Quelle: Barnes & Noble Annual Reports 2008–2013.

Im Onlinebereich, der mit der Einführung des dezidierten E-Readers Nook später in der Nook-Sparte aufging, sind seit 2009 massiv steigende Umsätze zu verzeichnen, die ab dem Jahr 2012 wieder zurückgingen. Wie zu zeigen sein wird, sind diese Steigerungen maßgeblich auf Veränderungen im Aktivitätenportfolio und auf diverse Neuentwicklungen zurückzuführen. Im Folgenden werden die Unternehmensaktivitäten anhand der in Teil II, Punkt 3.3.1 beschriebenen Aktivitätenkategorien dargestellt und mit dem Wettbewerber Amazon abgeglichen. Im Vordergrund steht dabei die Frage, inwieweit sich Unterschiede und Parallelen zwischen den beiden Unternehmen aufzeigen lassen und inwieweit sich aus der Verteilung der Marktaktivitäten Rückschlüsse auf die Unternehmensentwicklung und den Marktanteil im E-Book-Segment ziehen lassen. Die Unternehmensaktivitäten waren im Jahr 2008 durch eine Schwerpunktsetzung im Marketingbereich geprägt. Wie aus der in Abbildung 62 dargestellten Verteilung der Aktivitäten zu entnehmen ist, nahm diese Kategorie mit 85 Prozent, gemessen an den Gesamtaktivitäten, den größten Anteil ein. Mit 11 Prozent folgt die Entwick-

711 Vgl. Barnes & Noble Annual Report 2013, S. 2. 712 Vgl. Milliot 2012c, S. 3 f. 713 Vgl. Milliot 2012c, S. 3 f. u. Kornbluth 2013, S. 268.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   223

933,4 858,1 780,4 572,8 480,3

469,1

466,0

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

Umsatz Nook-Sparte Abb. 61: Umsätze Nook-Sparte 2007–2013 in Mio. US-Dollar. Quelle: Barnes & Noble Annual Reports 2010–2013.

lung neuer Produkte bzw. Serviceleistungen. Im Bereich der Serviceleistungen beinhaltete dies beispielsweise den Start einer für mobile Endgeräte geeigneten Version der Webseite B&N.com sowie den Start von Barnes & Noble Studio. Hierbei handelte es sich um eine Multimediaplattform, die die Zielsetzung verfolgte, den Kunden die Entdeckung von für sie interessanten Autoren zu erleichtern. Hierzu wurden in Form von Onlinevideos aktuelle Titel vorgestellt und mit in die Videos eingebundenen Links eine Kaufoption zur Verfügung gestellt.⁷¹⁴ Der Wettbewerber Amazon hatte in diesem Jahr im Bereich der Übernahmen einen höheren Anteil, der aus der Stärkung der verschiedenen Geschäftsfelder erwuchs und sich in der Akquisition von audible. com niederschlug. Allerdings war die Kategorie neue Produkte  / Serviceleistungen dort stärker vertreten, was sich in der Vorstellung von Apps und Dienstleistungen in der Cloud manifestierte. Die Kooperationen, als kleinste Komponente des Aktivitätenportfolios bei Barnes & Noble, fanden hauptsächlich auf der technologischen Ebene statt. Übernahmen fanden in diesem Zeitraum nicht statt. Stattdessen gab es eine Kooperation mit der auf Zeitschriften und Magazine spezialisierten digitalen Distributionsplattform Zinio sowie der M2 Media Group, um den Vertrieb digitaler und physischer Zeitschriften abzuwickeln. Eine weitere Kooperation auf der technologischen Ebene umfasste die Einbindung von Videos in die neu gegründete Ratgeberwebseite Quamut durch den Anbieter Videojug.⁷¹⁵ Diese Maßnahmen begründeten insgesamt eine stärkere Konzentration auf die Eigenentwicklung neuer Produkte im Onlinebereich, der im Zeitraum von 2002 bis 2007 kaum Beachtung fand. Ein Auslöser in dieser Hinsicht war vermut714 Vgl. Andriani 2008, S. 12. 715 Vgl. Business Wire 2008.

224   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

lich die Markteinführung des Kindles, was sich auch in der veränderten Herangehensweise im Jahr 2009 zeigt. Im Gegensatz zu Amazon lässt sich insgesamt konstatieren, dass sich Barnes & Noble zu diesem Zeitpunkt analog zur Einführung des E-Commerce stark auf die Marketingkomponente konzentrierte und lediglich reagierte.

85%

11%

4%

2008 Marketingaktivitäten neue Produkte/Serviceleistungen Kooperationen/Allianzen/Übernahmen Abb. 62: Marktaktivitäten Barnes & Noble 2008. Quelle: PR Newswire / Business Wire.

Im darauffolgenden Jahr veränderte sich das Verhältnis der Ressourcenverteilung, und es kann auch von einem Wendepunkt in der Unternehmensstrategie gesprochen werden. Es wurden dahingehend maßgebliche Ressourcen für eine Reaktion auf die durch Amazon angestoßenen Entwicklungen aufgewendet. Beim Ressourcenaufbau handelte es sich um eine Kombination von externem und internem Aufbau. Der Zeitvorteil von Amazon, das seinen E-Book-Store in Kombination mit dem proprietären Lesegerät Kindle bereits 2007 am Markt eingeführt hatte, sollte durch eine Kombination aus Eigenentwicklungen und durch die Übernahme bzw. Kooperation mit Fremdfirmen kompensiert werden. Die veränderte Vorgehensweise des Unternehmens spiegelte sich der Veränderung der Anteile der Unternehmensaktivitäten, wie sich aus Abbildung 63 zeigt: Während die Marketingaktivitäten auf 61 Prozent zurückgingen, hatten die Bereiche neue Produkte / Serviceleistungen mit 18 Prozent und besonders die Kooperationen mit einem Anteil von 21 Prozent einen Zuwachs zu verzeichnen. Im Vergleich zum Vorjahr konzentrierte sich das Unternehmen demnach verstärkt auf den externen und internen Ressourcenaufbau. Bei den neuen Produkten und Serviceleistungen und damit in Bezug auf die Eigenentwicklungen ist in erster Linie der Start eines eigenen E-Bookstores zu nennen. Der Shop verfügte nach Bekunden des Unternehmens zunächst über eine Auswahl von 700.000 Titeln sowie über ein Angebot an Magazinen und Zeitschriften.⁷¹⁶ Das Preis-

716 Vgl. Business Wire 2009c.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   225

85% 61%

21%

18%

11%

4% 2008

2009

neue Produkte/Serviceleistungen Marketingaktivitäten Kooperationen/Allianzen/Übernahmen Abb. 63: Marktaktivitäten Barnes & Noble 2008/09. Quelle: PR Newswire / Business Wire.

niveau der angebotenen Titel orientierte sich an den von Amazon eingeführten Preis von 9,99 US-Dollar für die E-Book-Version von Bestsellern und Neuerscheinungen. Als strategische Positionierung wurde in Abgrenzung von Amazons geschlossenem Ökosystem eine ,Every-Device-Strategy‘ gewählt. Diese wurde von dem Anfang 2009 ernannten neuen Präsidenten von Barnesandnoble.com William Lynch verantwortet und folgendermaßen umschrieben: „Today marks the first phase of our digital strategy, which is rooted in the belief that readers should have access to the books in their digital library from any device, from anywhere, at any time.“⁷¹⁷ Die Umsetzung dieser Strategie beinhaltete entsprechend die Bereitstellung von für Apple-Produkte angepassten Apps sowie für Geräte der Herstellers BlackBerry, Motorola und auch eine Reading-Software für Desktop PCs.⁷¹⁸ Die Umsetzung erfolgte durch die Bereitstellung einer E-Reading Application, die es erlaubte, die jeweils persönliche E-Book-Bibliothek auf einem beliebigen Endgerät zu nutzen und auch zwischen den verschiedenen Endgeräten zu wechseln. Ein weiterer Bestandteil der digitalen Strategie über die Etablierung des eigenen E-Bookstores hinaus war die Eigenentwicklung eines dezidierten Lesegeräts. Diese wurde bereits 2008 angestoßen und erfolgte räumlich vom Kernunternehmen getrennt im kalifornischen Palo Alto.⁷¹⁹ Die räumliche Trennung des Entwicklungsbüros hatte dabei zum Ziel, Zugriff auf IT-affine Mitarbeiter zu erhalten, und erlaubte zudem die Herausbildung einer vom Kerngeschäft unabhängigen organisatorischen Einheit. Der Ort Palo Alto bot aufgrund seines Standorts im Silicon Valley und dem Sitz der Stanford Universität ein großes Potential an im IT-Segment fundiert ausgebildeten Arbeitskräften. Der Name des hier entwickelten dezidierten Lesegeräts Nook geht dabei auf ein Kunstwort aus ,Noble‘ und ,book‘ zurück. Das Gerät, das zum 717 Vgl. Business Wire 2009c. 718 Vgl. Barnes and Noble Annual Report 2010, S. 9. 719 Vgl. Barnes & Noble Annual Report 2010, S. 12.

226   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

selben Preis wie der Kindle angeboten wurde (259 US-Dollar) und auf Googles Software Android basierte, zeichnete sich dabei durch einige innovative Lösungen aus:⁷²⁰ – im Gegensatz zum Kindle verfügte das Lesegerät über zwei Bildschirme, ein Farbdisplay und ein E-ink-Display. Das kleinere Farbdisplay diente der Navigation im Shop und der damit verbundenen besser geeigneten Darstellung von Büchercovern. – Eine weitere Neuerung war die Option für Nutzer, Bücher für bis zu 14 Tage an Freunde und Bekannte verleihen zu können. – Mit dem Dienst ,Reading Now‘ konnten bei Barnes & Noble gekaufte Bücher auf anderen Geräten gelesen werden. – Der PDF-Reader war bei Amazon nur im Kindle DX verfügbar. Das Gerät wurde sowohl über die Webseite BN.com als auch über die Ladengeschäfte über speziell eingerichtete Displays bzw. Stationen verkauft, was die Möglichkeit einer Vorortdemonstration mit entsprechender Beratung barg. Zudem gab es die Option, im Ladengeschäft mithilfe des Geräts innerhalb des E-Book-Bestands zu stöbern. Nach Aussagen eines Unternehmensangehörigen erreichte die Nutzerzahl des Geräts sechs Monate nach der Einführung bereits 1 Million.⁷²¹ Die Vorstellung des Nooks wurde als Versuch von Barnes & Noble angesehen, die Schwächen des Kindles aufzuzeigen und ein besseres Gerät zum selben Preis anzubieten. Besonders der Touchscreen sowie das Farbdisplay zur Buchsuche wurden als Zusatzoptionen positiv wahrgenommen. Auch die Leihfunktion wurde als Abgrenzung von Amazon im Sinne eines erhöhten Leistungsvermögens positiv hervorgehoben.⁷²² Eine zentrale Veränderung der Unternehmensstruktur ergab sich aus der Übernahme von Barnes & Noble College, einer ebenfalls von Leonard Riggio gegründeten Buchhandelskette, mit zum Zeitpunkt der Übernahme 637 aktiven Filialen, die sich auf den Vertrieb von Lehrbüchern und Arbeitsmaterialien im Bereich der Colleges und Universitäten spezialisiert hatten. Barnes & Noble College befand sich zu diesem Zeitpunkt im Privatbesitz von Leonard Riggio. Im Zuge der Übernahme im Gesamtwert von 596 Mio. US-Dollar war geplant, Synergien aus dem Onlinebereich auf das Collegegeschäft zu erzielen, beispielsweise durch die Etablierung einer Onlineplattform für gebrauchte Lehrbücher sowie den Vertrieb elektronischer Lehrbücher über Nook Study.⁷²³ Zudem wies das College-Geschäft im Vergleich zum Superstoresegment stabile Wachstumsraten in Höhe von einem Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf. Im Gegensatz dazu musste das Superstoresegment von Barnes & Noble flächenbereinigt Umsatzrückgänge in Höhe von 5,7 Prozent hinnehmen.⁷²⁴ In Hinsicht auf die

720 Vgl. Business Wire 2009a. 721 Vgl. Reid 2011 S. 6. 722 Newman 2010, S. 20. 723 Vgl. Barnes & Noble Annual Report 2010, S. 7. 724 Vgl. The Associated Press State & Local Wire 2009.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   227

digitale Strategie des Unternehmens wurde die Übernahme überwiegend als positiv angesehen, da besonders im Lehrbuchsegment signifikante Wachstumsraten vermutet wurden.⁷²⁵ Im digitalen Segment wurden die oben beschriebenen Eigenentwicklungen ebenfalls durch Übernahmen angestoßen. Während Amazon neue Geschäftsfelder weitgehend eigenständig erschloss und Übernahmen verstärkt zur Erschließung bereits bestehender Geschäftsfelder nutzte, griff Barnes & Noble auf Übernahmen zurück, um neue Geschäftsfelder zu erschließen. So ging der Entwicklung des unternehmenseigenen E-Bookstores die Übernahme einer bereits auf dem Markt etablierten Firma für E-Book-Plattformen voraus. Das im Jahr 2000 gegründete Unternehmen Fictionwise verfügte über ein umfangreiches Portfolio an E-Books, die zudem in verschiedenen Formaten verfügbar waren. Der Kaufpreis für die Übernahme betrug 15,7 Mio. US-Dollar und zum Zeitpunkt ihrer Ankündigung verwies das Unternehmen explizit darauf, dass es sich um einen Bestandteil seiner digitalen Strategie handele.⁷²⁶ Diese wurde auch durch verschiedene Kooperationen wie z. B. durch die Bereitstellung des E-Book Stores für den Hersteller Irex-Technologies und sein Lesegerät Que E-Reader ausgebaut sowie durch eine Kooperation mit dem Hersteller des Lesegeräts Plastic Logic, was mit der ,Every-Device-Strategie‘ einherging, da die Verfügbarkeit des unternehmenseigenen E-Book-Stores auf verschiedenen Endgeräten realisiert werden sollte.⁷²⁷ Der Wendepunkt in der Unternehmensstrategie zeigte sich im darauffolgenden Jahr in der Aussage von Steve Riggio, dass der Schwerpunkt der Unternehmenstätigkeit zunehmend in den E-Commerce-Bereich transformiert werden soll. Ein Grund für diese Transformation waren die sich verstetigenden sinkenden Umsätze im stationären Geschäft, die sich bereits zwei Jahre zuvor in einem sinkenden Umsatz auf der bestehenden Verkaufsfläche abzeichneten.⁷²⁸ Die Umsätze von Barnes  & Noble waren von 2008 auf 2009 um 3  Prozent zurückgegangen.⁷²⁹ Mit der Ankündigung, dem Manager William Lynch nunmehr auch die Verantwortung für das gesamte operative Geschäft bei Barnes & Noble zu übertragen, fand diese Transformation auch ihre personelle Entsprechung. Die Zielsetzung bestand dabei darin, das Offline- und Onlinegeschäft in höherem Maße als bisher zu verzahnen und eine Neuausrichtung des Sortiments voranzutreiben. Konsequenterweise wurden für das Jahr 2010 hohe Investitionen in die Onlinesparte angekündigt. Dies beinhaltete die Bereitstellung von 140  Mio. US-Dollar für diesen Zweck. Einen Vorteil versprach sich das Unternehmen im Vergleich zum Wettbewerber Amazon aus der Möglichkeit, die Lesegeräte in den Filialen auszustellen und damit eine Testmöglichkeit für die Kundschaft bereitzustellen. Realisiert wurde

725 Vgl. Sage 2009, S. 7. 726 Vgl. Business Wire 2009b. 727 Vgl. Milliot 2009b, 6. 728 Vgl. Milliot 2010a, S. 4 f. u. Business Wire 2009c. 729 Vgl. Publishers Weekly 2010, S. 3.

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   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

dies durch eine entsprechende Schulung der Mitarbeiter sowie durch die Einrichtung sogenannter Nook-Boutiquen, die einen abgegrenzten Bereich innerhalb der Filialen mit Displays und Beratern für die Endgeräte darstellten. Aufgrund der sinkenden Umsätze im physischen Geschäft wurde mit der Ausweitung des Non-Book-Segments sowie der Kinderabteilungen ebenfalls eine Veränderung eingeleitet.⁷³⁰ Einen neuen Schwerpunkt in der Sortimentsausrichtung bildete nunmehr das Spielzeug und Games-Segment. Im Zuge dieser Neuausrichtung veränderte sich das Aktivitätenportfolio von Barnes & Noble in höherem Maße als bisher zugunsten der Eigenentwicklung neuer Produkte und Serviceleistungen, was mit einem Rückgang des Anteils der Aktivitäten in der Kategorie Kooperationen / Allianzen / Übernahmen einherging. Während der Anteil hier im Vorjahr noch bei 21 Prozent lag, sank er auf nunmehr 9 Prozent. Der Anteil in der Kategorie neue Produkte  / Serviceleistungen stieg hingegen von 18 auf 29 Prozent an, wohingegen er bei Amazon gleichbleibend auf hohem Niveau verharrte. Auch der Anteil der Marketingaktivitäten blieb bei beiden Unternehmen untereinander und im Vergleich zum Vorjahr konstant. Bei den Marketingaktivitäten beinhaltete dies den Start einer TV-Kampagne erstmals seit über zehn Jahren, die in erster Linie das proprietäre Lesegerät des Unternehmens bewerben sollte.⁷³¹

62%

61%

29% 21%

18%

9% 2009

2010

neue Produkte/Serviceleistungen Marketingaktivitäten Kooperationen/Allianzen/Übernahmen Abb. 64: Marktaktivitäten Barnes & Noble 2009/10. Quelle: PR Newswire / Business Wire.

Die wesentlichen Neuerungen innerhalb der Kategorie neue Produkte / Serviceleistungen beinhalteten in erster Linie die stärkere Verzahnung von Offline- und Onlinegeschäft. Realisiert wurde dies durch die Vorstellung des Programms More in Store. Das kostenfreie Programm beinhaltete exklusive Inhalte und Sonderaktionen für Nook-Kunden. So sollte ein Anreiz geschaffen werden, dass die Besitzer eines propri730 Vgl. Milliot 2010c, S. 3. 731 Vgl. Business Wire 2010a.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

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etären Lesegeräts auch die Filialen besuchen. Mit dem Programm Read in Store war es überdies möglich, mithilfe des Nooks Volltextzugriff auf E-Books im Ladengeschäft zu erhalten.⁷³² Auch im College-Segment wurde eine stärkere Integration durch die Vorstellung von Nookstudy realisiert. Auf dieser Onlineplattform wurden angemeldeten Studenten hohe Rabatte auf Lehrbücher gewährt sowie anpassbare Tools für Annotationen und ähnliches zur Verfügung gestellt.⁷³³ Weitere Aktivitäten auf dieser Ebene waren z. B. die Ergänzung des Lesegerätportfolios um eine preisgünstigere Wi-Fi-Variante, die mit 149 US-Dollar 50 Dollar billiger als der Nook 3G Reader war und damit ein preisgünstiges Einstiegsangebot bildete. Mit dem Nook Color stellte das Unternehmen als Neuerung außerdem ein Semi-Tablet vor, das ein Farbdisplay mit Touchscreenoberfläche aufwies und zur Markteinführung 249 US-Dollar kostete. Damit nahm das Unternehmen im Vergleich zum direkten Konkurrenten Amazon eine Vorreiterrolle ein. Die Ausstattung mit einem Farbdisplay sollte die Nutzbarkeit des Geräts für bestimmte Inhalte wie Zeitschriften und Magazine verbessern. Nicht möglich war die Darstellung von Bewegtbildern bzw. Videos.⁷³⁴ Jedoch wurde das Gerät als „most social reading device ever built“ beworben, da hier die beim Nook der ersten Generation eingeführte Option eines E-Book-Verleihs an Freunde und Bekannte ebenfalls angeboten wurde. Um das auf der Android Software von Google basierende Gerät mit Applikationen und Content zu versorgen, kündigte das Unternehmen im Zuge der Vorstellung an, ein Entwicklerprogramm (Nookdeveloper) zu starten, mithilfe dessen eine offene eReading-Plattform etabliert werden sollte.⁷³⁵ Bei den Serviceleistungen wurde als Neuerung ein Onlineverleih für Lehrbücher eingeführt. Dieser erlaubte die Nutzung bestimmter Lehrbücher für ein Semester zu einem reduzierten Preis. Die Rabatte betrugen dabei 42,5  Prozent vom Ursprungspreis. Das Programm wurde sowohl auf der Webseite als auch innerhalb der CampusBuchhandlungen angeboten.⁷³⁶ Eine weitere Neuerung auf der Serviceebene war der Start einer unternehmenseigenen Self-Publishing-Plattform namens PubIT, die in Konkurrenz zum von Amazon im Jahr 2009 gegründeten Verlagszweig Encore positioniert wurde. Der Service sah vor, dass E-Books innerhalb einer Preisspanne von 2,99 bis 9,99 Dollar kostenfrei auf der Plattform hochgeladen werden konnten. Die Honorare für die Autoren betrugen 40 bis 65 Prozent vom Verkaufspreis und waren damit niedriger als bei Amazon.⁷³⁷ Der Rückgang beim Fremdaufbau von Ressourcen und damit in der Kategorie Kooperationen / Allianzen / Übernahmen war mit der oben beschriebenen Konzentra-

732 Vgl. Business Wire 2010f. 733 Vgl. PR Newswire 2010c. 734 Vgl. Associated Press 2010 u. Milliot 2011d, S. 4. 735 Vgl. PR Newswire 2010d. 736 Vgl. Anderson 2010. 737 Vgl. Milliot 2010d, S. 7.

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   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

tion auf die Eigenentwicklung konform und konzentrierte sich nunmehr verstärkt auf die Ebene der Vertriebskooperationen. Dabei wurde eine exklusive Partnerschaft mit der Elektronikfachhandelskette Best Buy abgeschlossen, die dem Vertrieb des Nook in den Ladengeschäften erlaubte und damit die Zahl der Vertriebskanäle über die unternehmenseigenen Filialen hinweg ausweitete. Die Zahl der Filialen von Best Buy belief sich zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Kooperation auf 1.070 Stück. Ähnlich wie in den unternehmenseigenen Filialen von Barnes & Noble wurden spezielle Displays für die Präsentation der Lesegeräte aufgebaut. Über den Vertrieb des Lesegeräts hinaus vermarktete Best Buy auch den E-Bookstore durch eine Vorinstallation auf ausgewählten Laptops und Desktop-Computern.⁷³⁸ Hier nahm Barnes & Noble eine Vorreiterstellung in der Ausweitung der Vertriebskanäle gegenüber Amazon ein, die erst im Jahr 2010 eine Vertriebskooperation abschlossen.⁷³⁹ Neben der Partnerschaft mit Best Buy kündigte das Unternehmen im Jahresverlauf zudem Vertriebskooperationen für das proprietäre Lesegerät Nook mit dem Einzelhändler Walmart und der drittgrößten Buchhandelskette Book-A-Million an. Weitere Kooperationen zur Erhöhung der Reichweite von Barnesandnoble.com wurden mit der Literaturplattform Salon.com und dem Computerhersteller Hewlett Packard abgeschlossen. Die sechs Millionen monatlichen Nutzer von Salon.com bekamen die Option auf Buchkäufe durch Links zur Webseite von Barnes  & Noble sowie ausgewählte Artikel und Autoreninterviews aus der Kundenzeitschrift von Barnes  & Noble zur Verfügung gestellt.⁷⁴⁰ Die Partnerschaft mit HP beinhaltete die Vorinstallation des E-Bookstores von Barnes & Noble auf den PCs des Herstellers.⁷⁴¹ Aus der Gegenüberstellung der Marktaktivitäten von Barnes & Noble im Jahr 2011 mit denen des Vorjahres zeigt sich, dass das Verhältnis zwischen den einzelnen Kategorien bei Barnes  & Noble im Vergleich weitgehend konstant blieb. Allerdings verharrte der Anteil der Produkt- und Serviceentwicklungen mit 27  Prozent auf einem hohen Niveau. Bei den Kooperationen / Allianzen / Übernahmen und bei den Marketingaktivitäten gab es keine maßgebliche Veränderung. Wie aus den Abbildungen 60 u. 61 zur Umsatzentwicklung ersichtlich ist, konnte das Unternehmen im Jahr 2011 sowohl seine Gesamtumsätze als auch die Umsätze in der Nook-Sparte massiv steigern. In Bezug auf die Gesamtumsätze ging die Steigerung unter anderem auf die Insolvenz der Buchhandelskette Borders Group zurück. In der Nook-Sparte verzeichnete Barnes & Noble im ersten Quartal 2011 einen Umsatzanstieg in Höhe von 36,8 Prozent und eine Steigerung der operativen Marge von 3,7 Prozent im Vorjahr auf 21 Prozent, was als Signal gewertet wurde, dass das Geschäft skalierbar sei und mit wachsenden Umsätzen in Zukunft profitabel werden könnte.⁷⁴²

738 Vgl. Business Wire 2010b. 739 Vgl. Molina 2010. 740 Vgl. Business Wire 2010d. 741 Vgl. Business Wire 2010e. 742 Vgl. Milliot 2011c, S. 4 f.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

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64%

62%

29%

27% 9% 2010

9% 2011

neue Produkte/Serviceleistungen Marketingaktivitäten Kooperationen/Allianzen/Übernahmen Abb. 65: Marktaktivitäten Barnes & Noble 2010/11. Quelle: PR Newswire / Business Wire.

Die Maßnahmen auf der Ebene der Eigenentwicklungen umfassten zunächst die Vorstellung neuer Lesegeräte und Tablets. Im Mai 2011 wurde der Nook Simple Touch und damit die zweite Generation des Nook Readers vorgestellt, das über ein höher auflösendes Display, eine im Vergleich zum Vorgänger verlängerte Akkulaufzeit sowie über ein geringeres Gewicht verfügte.⁷⁴³ Der Einführungspreis bei der Präsentation des Geräts betrug 139 US-Dollar und wurde bis November 2011 auf 99 US-Dollar gesenkt. Zum gleichen Zeitpunkt erfolgte die Markteinführung des Nook Tablets, das mit 250 US-Dollar im Preis 50 Dollar über dem Kindle Fire lag und eine vergleichbare Funktionalität lieferte, was aber mit einer Preissenkung beim Nook Color (Semi-Tablet) einherging.⁷⁴⁴ Ein Unterschied bestand zudem in der höheren Speicherkapazität des Nook Tablets im Vergleich zum Kindle sowie einer längeren Akkulaufzeit. Beim Betriebssystem handelte es sich um eine angepasste Android-Version, worauf auch Amazon zurückgriff. Durch den kostenlosen Wi-Fi-Zugang für Nook-Besitzer in den einzelnen Filialen sollte zudem die Integration von Offline- und Online unterstützt werden und die physischen Ladengeschäfte für den digitalen Vertrieb genutzt werden. Nach Bekunden des neuen Geschäftsführers William Lynch wurde diese Möglichkeit als Wettbewerbsvorteil gegenüber dem Wettbewerber Amazon angesehen. Einen weiteren Wettbewerbsvorteil sollte der Kundendienst in den Filialen darstellen.⁷⁴⁵ Dies kommt durch die diesbezügliche Aussage von Lynch zum Ausdruck: „If you bought a Kindle and had a question about it, where would you go, Amazon’s headquarters in Seattle?“⁷⁴⁶ Der Ansicht von Wall Street Analysten zufolge stellte das Gerät eine sinnvolle Alter-

743 Vgl. Barnes & Noble Annual Report 2011, S. 11. 744 Vgl. Reid 2011b, S. 5. 745 Vgl. Owens 2011a. 746 Vgl. Owens 2011a.

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   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

native zum Kindle Fire dar und würde aufgrund der Preisgestaltung auch mit diesem konkurrieren. Um sich vom Wettbewerber abzugrenzen, betonte das Unternehmen die Offenheit des Systems, die sich aus der Verwendung eines offenen Formats ergab. Das Tablet der Firma Apple stellte aufgrund seiner höheren Funktionalität und des höheren Preises (499 US-Dollar) hingegen eine eigene Produktkategorie dar.⁷⁴⁷ Wie aus Abbildung  66, die Marktanteile von Herstellern für E-Bookfähige Endgeräte im 2. Quartal 2011 gegenüberstellt, ersichtlich ist, konnte Barnes & Noble mit 16 Prozent den zweitgrößten Marktanteil nach Amazon mit 49 Prozent auf sich vereinigen. Apple konnte mit seinem Tablet iPad lediglich 8 Prozent auf sich vereinen, was einen weiteren Hinweis darauf darstellt, dass das Endgerät aufgrund seiner höheren Funktionalität nicht in erster Linie als Lesegerät genutzt wurde und damit eine eigenständige Produktkategorie darstellt. Auffällig ist zudem der noch hohe Anteil der Desktop und Laptop PCs von 10 Prozent.

Desktop/ Laptop PC Only 10% Sony EBookReader 2%

Andere 9%

iPad 8%

Nook/Nook Color 15% Kindle 48% iPhone 5% iPod/iPod Touch 3% Abb. 66: Marktanteile E-Reader Anbieter 2. Quartal 2011. Quelle. Bowker Market Research.

Im darauffolgenden Quartal konnte Barnes & Noble seinen Marktanteil um 2 Prozent ausbauen, wohingegen Amazon einen Prozentpunkt verlor. Ursächlich hierfür war unter anderem die Tatsache, dass Amazon zu diesem Zeitpunkt noch über kein Tablet verfügte, da der Kindle Fire erst im November 2011 vorgestellt wurde. Barnes & Noble konnte sich so im Segment der Lesegeräte mit Farbdisplay etablieren. Andere Lesegeräte wie der Sony Reader verharrten auf einem niedrigen Marktanteil in Höhe von 747 Vgl. Owens 2011b.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   233

Desktop/ Laptop PC Only 10% Sony EBookReader 2%

Andere 7%

iPad 10%

Nook/Nook Color 17% Kindle 47% iPhone 4% iPod/iPod Touch 3% Abb. 67: Marktanteile Anbieter für E-Reader 3. Quartal 2011. Quelle: Bowker Market Research.

2 Prozent, während das iPad Zuwachs zu Lasten des iPhones generieren konnte, was mit dem lesefreundlichen Display begründbar ist. Neben der Vorstellung der neuen Tablets beinhalteten die Marktaktivitäten in der Kategorie neue Produkte  / Serviceleistungen auf der Produktebene die Vorstellung neuer Apps, die für die Nook-Plattform optimiert wurden. Eine weitere Neuerung bestand darin, den Zugang des Nook Colors zu Videos und TV-Shows durch Bereitstellung eines Softwareupdates zu gewähren. Dies beinhaltete die Anpassung der Netflix-App an die Plattform zum Konsum von Videos und TV-Shows sowie für populäre Musik-Streamingdienste.⁷⁴⁸ Entsprechend der Fähigkeiten des Kindle Fire versuchte das Unternehmen, seine Nook-Geräte für verschiedene Contentformen nutzbar zu machen und das Angebot stetig zu erweitern, was sich auch in der Bereitstellung von Nook-Apps für den Applestore niederschlug. Im Bereich der Serviceleistungen waren Content-Erweiterungen im Kinderbuchsegment auf der Plattform Nook Kids sowie der Zukauf von Content für den Nook Newsstand, dessen Bestand auf 200 digitale Ausgaben von Zeitschriften ausgeweitet wurde und auch exklusive Lizenztitel enthielt, zu verzeichnen.⁷⁴⁹ Zudem wurde mit Nook Book Gifting die Möglichkeit eröffnet, Geschenke in Form von Apps und E-Books sofort an den Empfänger übertragen zu können.⁷⁵⁰

748 Vgl. Business Wire 2011a. 749 Vgl. Business Wire 2011b. 750 Vgl. Business Wire 2011a.

234   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

Ähnlich wie im Vorjahr nutzte Barnes & Noble die Aktivitäten im Bereich Kooperationen / Allianzen / Übernahmen in erster Linie dazu, die Zahl der Vertriebskanäle seiner Lesegeräte und Tablets auszuweiten. Diese Vertriebskooperationen wurden beispielsweise mit dem auf Bürobedarf spezialisierten Einzelhändler Staples und dem Elektronikhändler RadioShack abgeschlossen. Eine weitere Kooperation umfasste den nach Walmart größten Discounteinzelhändler in den USA Target, so dass die Nook-Geräte nunmehr neben der Präsenz in den stationären Ladengeschäften und der Webseite von Barnes & Noble nunmehr bei Best Buy, Books-A-Million, Fred Meyer, Office Max, P.C Richard & Sons, Radio Shack, Staples, Target und Walmart verfügbar waren.⁷⁵¹ Eine weitere Besonderheit war eine Kooperation mit dem Netzwerkanbieter Boingo Wireless, die es den Nooknutzern erlaubte, die 325.000 Hotspots des Anbieters zum Surfen zu verwenden.⁷⁵² Im Jahr 2012 zeigt sich ein Rückgang bei Barnes & Noble innerhalb der Kategorie neue Produkte / Serviceleistungen in Höhe von 8 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr. Im Gegenzug erhöhten sich die Marketingaktivitäten auf 72 Prozent, während die Kategorie Kooperationen / Allianzen / Übernahmen konstant blieb. Hauptsächlich infolge der Insolvenz des Wettbewerbers Borders Group konnte Barnes & Noble allerdings seine Umsätze im physischen Geschäft auf bestehender Verkaufsfläche um 1,4  Prozent steigern. Neben der Insolvenz war dabei auch das Wachstum im Spielzeug- und Games-Segment sowie die steigenden Verkaufszahlen im Nook-Segment mitverantwortlich. Letztere wuchsen im Vergleich zum Vorjahr um 45 Prozent.⁷⁵³ Ab Mitte des Jahres 2012 kam es allerdings zu rückläufigen Verkaufszahlen in diesem Segment.

72%

66%

27% 19% 9% 2011

9% 2012

neue Produkte/Serviceleistungen Marketingaktivitäten Kooperationen/Allianzen/Übernahmen Abb. 68: Marktaktivitäten Barnes & Noble 2011/12. Quelle: PR Newswire / Business Wired. 751 Vgl. Business Wire 2011c. 752 Vgl. Business Wire 2011d. 753 Vgl. Barnes & Noble Annual Report 2012, S. 2.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

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Innerhalb der Kategorie neue Produkte / Serviceleistungen gab es infolge des Rückgangs weniger Neuerungen als im Jahr 2011. Bei den Endgeräten wurde im April 2012 der Nook Simple Touch with GlowLight vorgestellt, der es aufgrund der Hintergrundbeleuchtung des E-Ink-Screens ermöglichte, auch im Dunkeln zu lesen. Damit sollte das Dilemma der dezidierten Lesegeräte mit E-Ink-Display aufgehoben werden, die zwar das Lesen bei Sonneneinstrahlung stark erleichterten, aber aufgrund der fehlenden Hintergrundbeleuchtung Nachteile bei schlechten Lichtverhältnissen mit sich brachten. Insofern stellte die Entscheidung, eine an das Umgebungslicht anpassbare Hintergrundbeleuchtung anzubieten, eine Innovation auf der Produktebene dar. Die Beleuchtung konnte dabei je nach Verwendungszweck zugeschaltet werden.⁷⁵⁴ Die Bedeutung dieser Neuentwicklung schlug sich in positiven Rezensionen nieder. So titelte beispielsweise USA Today in diesem Zusammenhang: „Nook Simple Touch with GlowLight beats rivals.“⁷⁵⁵ Als problematisch erwies sich jedoch die Tatsache, dass der Konkurrent Amazon Ende 2012 mit einem vergleichbaren Gerät nachzog, so dass der innovatorische Vorteil nur von kurzer Dauerhaftigkeit war. Eine weitere Neuerung auf der Ebene der Endgeräte war die Markteinführung einer neuen Version des Nook Tablets (Nook HD), die sich in erster Linie durch eine höhere Bildschirmauflösung auszeichnete.⁷⁵⁶ Mit Nook for Web wurde zudem auf der Ebene der Serviceleistungen die Möglichkeit gewährt, elektronische Inhalte über den Browser zu lesen und zu suchen, ohne vorherige Anmeldung oder Erstellung eines Accounts. Die Zielstellung hinter diesem Service bestand dabei darin, nicht technikaffine Zielgruppen zu erschließen.⁷⁵⁷ Eine wesentliche Aktivität im Kategorienbereich Kooperationen  / Allianzen  / Übernahmen war die strategische Partnerschaft mit Microsoft. Die Kooperation umfasste eine Ausgründung der Nook-Sparte. Microsoft investierte 300  Mio. US-Dollar für 17,6  Prozent der Anteile, was einer Gesamtbewertung des Onlinegeschäfts von Barnes & Noble mit 1,7 Mrd. Dollar gleichkam. Demnach wurde die Nook-Sparte mehr als doppelt so hoch im Vergleich zum Börsenwert des Gesamtunternehmens bewertet.⁷⁵⁸ Zusätzlich zum Aufkauf des Anteils erklärte sich Microsoft bereit, zusätzliche 605  Mio. US-Dollar innerhalb der nächsten fünf Jahre zu investieren. Intensiviert wurde die Kooperation durch die Ankündigung einer Nook-App für das Betriebssystem Windows 8, die jedoch keiner Exklusivität unterlag, so dass das Android-System von Google weiterhin als Softwaregrundlage für die Nook-Geräte dienen konnte. Im Rahmen der Kooperation kündigten die beiden Unternehmen zudem an, die Internationalisierung vorantreiben zu wollen.⁷⁵⁹ Neben dieser Kooperation wurden ähnlich wie in den Vorjahren die Vertriebskooperationen weiter ausgebaut. Dabei konnte der

754 Vgl. Business Wire 2012a. 755 Vgl. Baig 2012, S. 3. 756 Vgl. Business Wire 2012b. 757 Vgl. Business Wire 2012c. 758 Vgl. Abendblatt 2012. 759 Vgl. Milliot 2012d, S. 4–6.

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Einzelhändler für Bürobedarf Office Max als Partner hinzugewonnen werden. Übernahmen gab es in diesem Zeitraum nicht. Das Jahr 2013 stellte einen neuerlichen Wendepunkt in der Unternehmenshistorie dar. Aufgrund der massiven Verluste in der Nook-Sparte – allein im dritten Quartal 2013 machte das Unternehmen 190,4 Mio. Dollar Verlust – kündigte das Management an, Veränderungen durch Kostensenkungen und Personalabbau vorzunehmen.⁷⁶⁰ Außerdem wurde erwogen, das Tablet-Geschäft auszulagern und sich auf den Vertrieb dezidierter E-Reader zu konzentrieren. Die sinkenden Verkaufszahlen in der Nook-Sparte hatten auch Auswirkungen auf die stationären Filialen, die deshalb ebenfalls Umsatzrückgänge hinnehmen mussten. Aufgrund dieser Entwicklung kündigte Barnes & Noble an, ein Drittel seiner Filialen innerhalb der nächsten zehn Jahre abbauen zu wollen.⁷⁶¹ Bei der Betrachtung der Marktaktivitäten zeigt sich diese Tendenz anhand des weiterhin sinkenden Anteils der Eigenentwicklungen. Dieser ging im Vergleich zu 2012 nochmals um vier Prozent auf jetzt 15 Prozent zurück. Stattdessen stiegen die Marketingaktivitäten wieder auf 73 Prozent, so dass sich das Unternehmen in einer ähnlichen Situation wie zu Beginn des Ausbaus des digitalen Geschäfts 2008 befand. Die Veränderungen im Aktivitätenportfolio manifestierten sich auch durch eine Umformulierung der strategischen Intentionen im Geschäftsbericht 2013: Während im Bericht aus dem Jahr 2010 noch die Entwicklung innovativer Technologien angekündigt wurde, fehlte diese Formulierung nunmehr.⁷⁶² Hieraus wird deutlich, dass das Unternehmen eine geringere Aktivität im Bereich der Eigenentwicklungen anstrebte, was auch auf den hohen Verlusten in der Nook-Sparte und auf den zurückgehenden Verkäufen beruhte.

73%

72%

19% 9% 2012

15%

12% 2013

neue Produkte/Serviceleistungen Marketingaktivitäten Kooperationen/Allianzen/Übernahmen Abb. 69: Marktaktivitäten Barnes & Noble 2012/13. Quelle: PR Newswire / Business Wire.

760 Vgl. Milliot 2013, S. 6. 761 Vgl. Kornbluth 2013, S. 268. 762 Vgl. Barnes & Noble Annual Reports 2010/2013, S. 10.

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Die Aktivitäten in der Kategorie neue Produkte / Serviceleistungen beinhalteten die Vorstellung einer neuen Self-Publishing Plattform mit dem Namen Nook Press. Die Plattform baute auf der 2010 vorgestellten Plattform PubIT auf, wobei nunmehr ein erleichtertes Bedienkonzept im Vordergrund stand. Zudem wurde die Honorarstruktur aus Autorensicht dahingehend optimiert, dass jetzt bis zu 65  Prozent des Verkaufspreises an die Autoren weitergereicht wurde. Allerdings basierte diese Neuerung lediglich auf einer Verbesserung der bestehenden Plattform. Außerdem erfolgte die im Rahmen der Kooperation mit Microsoft angekündigte Vorstellung einer Nook-App für Windows 8 und einer speziell auf Kinder ausgerichteten Nook-App. Die im Kontext der Tablet-Vorstellungen konzipierte Nook Video App wurde für weitere Betriebssysteme iOS und Android bereitgestellt. Eine weitere Maßnahme neben der Anpassung der im Nook-Store verfügbaren Apps an verschiedene Betriebssysteme war die angekündigte Option für Entwickler, In-App-Verkäufe im Nook Store zu gewähren.⁷⁶³ Die Intention dahinter bestand in der Erhöhung der Entwickleranreize Apps für die Nookplattform bereit zu stellen. Bei den Endgeräten stellte Barnes & Noble die zweite Version des Nook GlowLight vor, der mit einem verbesserten Display und geringerem Gewicht im Vergleich zum Vorgänger aufwartete.⁷⁶⁴ Es handelte sich dabei aber ebenfalls um eine Verbesserung des bestehenden Gerätes und nicht um eine Neuentwicklung. Im Gegensatz zu den Vorjahren, in denen das Unternehmen bei den Endgeräten mit dem Nook Color und dem Nook GlowLight eine zeitlich begrenzte Vorreiterrolle in Bezug auf den Wettbewerber Amazon einnehmen konnte, gelang dies aufgrund der finanziellen Schwierigkeiten ab 2013 nicht mehr. Um die notwendigen finanziellen Mittel für Eigenentwicklungen zu erhalten, ging das Unternehmen eine strategische Partnerschaft mit Pearson ein. Die Partnerschaft sah eine Investition von Pearson in Höhe von 89,5 Mio. US-Dollar für einen fünfprozentigen Anteil an der Nook-Sparte vor. Dies veränderte die Eigentümerstruktur der Nook-Sparte dahingehend, dass Barnes  & Noble nunmehr 78,2  Prozent der Anteile hielt, Microsoft 16,8 Prozent und Pearson fünf Prozent mit der Option auf weitere fünf Prozent. Die Zielsetzung hinter dieser strategischen Partnerschaft bestand dabei für Barnes  & Noble neben der finanziellen Komponente darin, den Zugang zu Content im Bildungsbereich zu sichern.⁷⁶⁵ Neben dieser Kooperation wurden im Verlauf des Jahres 2013 weitere Partnerschaften zur Contentversorgung abgeschlossen, so z. B. von Nook Video mit diversen Filmstudios (MGM, Paramount etc.). Auch mit englischen Zeitungsverlagen gab es derartige Partnerschaften unter der Zielsetzung, das Angebot in Großbritannien zu erhöhen.⁷⁶⁶ Der leicht gestiegene Anteil dieser Aktivitätenkategorie in der Gesamtheit geht auch darauf zurück, dass wieder vermehrt tech763 Vgl. www.barnesandnobleinc.com/press_releases 764 Vgl. www.barnesandnobleinc.com/press_releases 765 Vgl. www.barnesandnobleinc.com/press_releases 766 Vgl. www.barnesandnobleinc.com/press_releases

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   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

nologische Partnerschaften abgeschlossen wurden. So kooperierte Barnes  & Noble zur Bereitstellung der oben genannten Option In-App-Käufe zu tätigen mit dem auf mobile Transaktionen spezialisierten Unternehmen Fortumo.⁷⁶⁷ Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das Unternehmen im Jahr 2009 eine strategische Neuausrichtung startete, die aus folgenden Punkten bestand: Die bestehende Infrastruktur der physischen Ladengeschäfte wurde genutzt, um sie mit den Onlineaktivitäten zu verzahnen. Dies geschah in erster Linie durch den Eigenaufbau von Ressourcen im digitalen Geschäftsfeld, wie es sich an der Entwicklung und Vorstellung des dezidierten Lesegeräts Nook in Kombination mit der Eröffnung des unternehmenseigenen E-Book-Stores zeigte. Die Verbindung zwischen physischem und digitalem Geschäft sollte in erster Linie durch die Bereitstellung einer Wi-Fi-Anbindung in den Filialen gewährleistet werden, die es erlaubte, dort E-Books kostenfrei über das Endgerät zu lesen. Zentral für diese Vorgehensweise war der externe Ressourcenaufbau, der sich in einer Vielzahl an technologischen Kooperationen manifestierte. Dies stellt einen Hinweis darauf dar, dass das Unternehmen zu diesem Zeitpunkt noch keine eigene Expertise entwickelt hatte. In der Folgezeit wurden die technologischen Kooperationen zugunsten eines höheren Anteils an Eigenentwicklungen reduziert. Dies ging auch mit hohen Investitionen in der Onlinesparte (140 Mio.) einher, was auf eine Überwindung der in Teil II, Punkt 3.2 dargestellten Ressourcenrigidität hindeutet. Nach Gilbert stellt neben der Ressourcenrigidität aber auch die Routinenrigidität eine Herausforderung für Unternehmen dar, die sich mit einer disruptiven Innovation konfrontiert sehen. Zur Überwindung dieser Routinenrigidität wird deshalb die Bearbeitung eines neuen Teilmarktes durch ein ausgegründetes Unternehmen empfohlen.⁷⁶⁸ Im Gegensatz zum Vorgehen angesichts der disruptiven Geschäftsmodellinnovation infolge des Markteintritts von Amazon Mitte der 1990er Jahre entschied sich das Unternehmen aber gegen eine Separierung der Nook-Sparte vom Kerngeschäft. Allerdings wurde mit der Berufung eines neuen Managers für das digitale Geschäft der Gefahr, in bestehenden Geschäftsabläufen zu verharren, entgegengewirkt. Die hohen Investitionen in die Digitalsparte führten in der Folgezeit zu einer konstanten Ausweitung der Marktanteile. So erreichte Barnes & Noble bereits 2010 einen Marktanteil im E-Book-Segment in Höhe von 20  Prozent. Mitverantwortlich für diesen Ausbau war die Vorstellung innovativer Produkte wie dem Semi-Tablet Nook Color, das sich aufgrund seiner Preisgestaltung gegen Tablets, wie das iPad von Apple, behaupten konnte. Diese Herangehensweise wurde bis zum Jahr 2011 beibehalten, was sich im konstant hohen Anteil der Kategorie neue Produkte / Serviceleistungen widerspiegelt. Mit neuen Endgeräten wie dem Nook Tablet und dem Nook Simple Touch Glowlight konnte das Unternehmen seinen Marktanteil bis dahin auf 27  Prozent steigern. Die Eigenentwicklungen stellten dabei aber insofern keine 767 Vgl. www.barnesandnobleinc.com/press_releases 768 Vgl. Gilbert 2005, S. 742.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   239

Kernressourcen dar, als dass sie vom Wettbewerber Amazon schnell imitiert werden konnten, was an der Vorstellung des Endgerätes Amazon Paperwhite mit kurzem zeitlichen Abstand deutlich wird. Ab 2012 verzeichnete der Anteil der Eigenentwicklungen einen Rückgang, was sich bis ins Jahr 2013 fortsetzte. Gleichzeitig hatte das Unternehmen ab Mitte 2012 einen Rückgang bei den Verkaufszahlen seiner Endgeräte zu beklagen. Dies resultierte in einem Verlust von Marktanteilen im E-Book-Segment um fünf Prozentpunkte auf nunmehr 22 Prozent. Mit der Ausgründung der Nook-Sparte in das Gemeinschaftsunternehmen Newco ergab sich eine Kooperation mit der Zielsetzung, finanzielle Mittel für Investitionen zu akquirieren.⁷⁶⁹ Im darauffolgenden Jahr beteiligte sich zudem der Pearson-Verlag an der Sparte.⁷⁷⁰ Die stärkere Fokussierung auf Kooperationen findet sich auch in den Geschäftsberichten. Während die Ankündigung, innovative Produkte entwickeln zu wollen, gestrichen wurde, kündigte das Unternehmen im Geschäftsbericht 2014 an, seine strategischen Partnerschaften mit Hardware- und Softwarefirmen ausweiten zu wollen.⁷⁷¹ Die dadurch bereitgestellten Mittel konnten jedoch die Umsatzrückgänge nicht verhindern. Von 2012 auf 2013 gingen die Umsätze um über 50 Mio. US-Dollar zurück und im darauffolgenden Jahr nochmals um knapp 280  Mio. US-Dollar. Die rückläufigen Verkaufszahlen führten zu der Ankündigung, sich verstärkt auf die Bereitstellung von Content konzentrieren zu wollen und die Produktion von Tablets einzustellen.

2.3.2 Reaktion der Borders Group Zum Zeitpunkt der Markteinführung des Kindles im November 2007 befand sich das Unternehmen in der Situation einer umfassenden Umstrukturierung, für die innerhalb von zwei Jahren 374 Mio. US-Dollar bereitgestellt wurden und die sich an folgenden Maßnahmen festmachen ließ: Innerhalb der nächsten zwei Jahre war die Schließung von 250 Waldenbook-Stores geplant sowie eine Veränderung des Sortiments zugunsten der PBS-Kategorie in den dann verbleibenden Filialen. Nichtsdestotrotz erfolgte die Reduktion der Waldenbooks-Filialen in einer weitaus geringeren Geschwindigkeit als beim Konkurrenten Barnes & Noble, der seine B. Dalton zu diesem Zeitpunkt bereits massiv reduziert hatte. Im Jahr 2008 waren immer noch knapp 500 Waldenbooks-Filialen geöffnet.⁷⁷² Darüber hinaus plante das Unternehmen, seine internationalen Aktivitäten in Großbritannien, Australien und Neuseeland einzustellen, da hier trotz Wachstums keine Profitabilität erreicht werden konnte. Mit der Entwicklung der Concept Stores sollte vielmehr das Superstorekonzept auf dem Heimatmarkt 769 Vgl. Garver 2012. 770 Vgl. Wong 2012. 771 Vgl. Barnes & Noble Annual Report 2014, S. 7. 772 Vgl. Milliot 2009d, S. 3 f.

240   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

wieder stärker in den Fokus rücken.⁷⁷³ Ein weiterer zentraler Bestandteil der Restrukturierung war die Rückintegration der an Amazon ausgelagerten Webseite in das Unternehmen, wofür Borders Investitionen von 58 Mio. US-Dollar einplante. Durch einen Relaunch der Webseite sollte das im Gegensatz zum stationären Buchhandel wachsende E-Commerce-Segment bedient werden. Diese Maßnahmen spiegeln den im März 2007 angekündigten neuen strategischen Zielsetzungen des Unternehmens, die im Wesentlichen vier Punkte umfassten: – Erhöhung des Wachstums und der Profitabilität der nationalen Superstores – Konsolidierung der Waldenbook-Filialen – Überprüfung strategischer Alternativen für das internationale Segement – Differenzierung des Geschäfts durch den Einsatz von Innovationen, Technologie und strategischen Allianzen⁷⁷⁴ Wie aus der in Abbildung 70 dargestellten Umsatzentwicklung ersichtlich ist, gelang es dem Unternehmen durch diese Maßnahmen aber nicht den Umsatzrückgang zu stoppen. Aus der Graphik ist ebenfalls ersichtlich, dass das Unternehmen in diesem Zeitraum konstant Verluste erwirtschaftete. Als ursächlicher Faktor wurde in erster Linie die Konkurrenz durch den Onlinehandel mit Büchern und Musik identifiziert, der auch zu gesunkenen Abverkäufen in der Musiksparte führte. So sanken die Musikverkäufe von 2007 auf 2008 um 12,9 Prozent.⁷⁷⁵ Die daraus resultierenden finanziellen Probleme führten im März 2008 zu der Ankündigung, einen strategischen Überprüfungsprozess einzuleiten, der auch einen Verkauf des Unternehmens miteinschloss.⁷⁷⁶ Um diese Überprüfung zu ermöglichen, gewährte der größte Einzelaktionär Pershing Capital Management eine Finanzspritze in Höhe von 42,5 Mio. US-Dollar. Allerdings musste das Unternehmen für die Anleihe einen sehr hohen Zinssatz in Höhe von 12,5 Prozent gewähren.⁷⁷⁷ Um die Verluste zu reduzieren, wurde eine stärkere Kostenkontrolle eingeführt sowie eine Reduktion der des Warenbestandes um 14,5 Prozent realisiert, was im Wesentlichen mit der zunächst in den Concept Stores eingeführten und dann ausgeweiteten stärkeren Frontalpräsentation der Titel einherging.⁷⁷⁸ Auch die Musiksparte, die 2008 in etwa 9 Prozent des Gesamtumsatzes erzielte, sollte infolge der oben beschriebenen Rückgänge auf 7 Prozent Anteil reduziert werden.⁷⁷⁹ Die angekündigte Überprüfung des Unternehmensverkaufs wurde schlussendlich aufgrund mangelnder Optionen im dritten Quartal negativ beschieden.⁷⁸⁰

773 Vgl. Milliot 2007a, S. 6–8. 774 Vgl. Borders Group Annual Report 2007, S. 19. 775 Vgl. Publishers Weekly 2008b, S. 8 f. 776 Vgl. Borders Annual Report 2008, S. 10. 777 Vgl. Milliot 2008e, S. 3 f. 778 Vgl. Milliot 2008f, S. 4. 779 Vgl. Milliot 2008g, S. 6. 780 Vgl. Milliot 2008h, S. 4.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

3.443,70

   241

3.439,90 3.133,60 2679,9 2.252,80

–151,3 2007 Umsatz

–157,4 2008

–186,7 2009

–109,4 2010

–299 2011

Gewinn

Abb. 70: Umsätze / Gewinne Borders Group in Mio. US-Dollar 2007–2011. Quelle: Borders Annual Reports 2009/11.

Infolge der fortlaufend sinkenden Umsätze und Verluste und der Ankündigung kleinerer Verlage die Belieferung der Borders Group aufgrund erwarteter Zahlungsschwierigkeiten einzustellen, erfolgte wiederum die Neubesetzung des Geschäftsführerpostens. Als Nachfolger von George Jones wurde Ron Marshall eingesetzt.⁷⁸¹ Während der von Jones eingeleitete Turnaround von Seiten der großen Verlagshäuser als überwiegend positiv angesehen wurde, gab es Kritikpunkte bezüglich der verstärkten Frontalpräsentation von Titeln in den Ladengeschäften. Die daraus resultierende Reduktion wurde als maßgeblich mitverantwortlich für die sinkenden Umsätze (minus 11,7 Prozent) angesehen.⁷⁸² Um den Turnaround-Prozess fortzusetzen, kündigte der neue CEO Marshall zunächst an, schnellstmöglich die finanzielle Gesundheit des Unternehmens wiederherstellen zu wollen. Dies beinhaltete ein Kostensenkungsprogramm in Höhe von 120 Mio. US-Dollar, das durch eine Erhöhung der Effizienz und Personalabbau geprägt sein sollte. Ferner sollte die Zahl der Neueröffnungen auf ein Minimum begrenzt bzw. vollständig ausgesetzt werden.⁷⁸³ So heißt es dazu im Geschäftsbericht aus dem Jahr 2009: „Rather than opening new book superstores, we believe that there is greater near-term opportunity in improving productivity of existing superstores and in enhancing Internet-based sales channels.“⁷⁸⁴

781 Vgl. Milliot 2009d, S. 5. 782 Vgl. Milliot 2009d, S. 5. 783 Vgl. Milliot 2009d, S. 5. 784 Vgl. Borders Annual Report 2009, S. 2.

242   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

Ein Kernbestandteil der von Marshall verfolgten Strategie bestand in der Positionierung von Borders als Destination für eine anspruchsvollere Käufer- und Leserschaft in der Tradition der Vergangenheit, was durch einen kürzeren Bestellzyklus und damit aktuellere Titel realisiert werden sollte. Dementsprechend kürzte das Unternehmen den Bestellzyklus um acht auf nunmehr vier Wochen. Eine weitere Maßnahme bestand in der Neupositionierung des Kundenloyalitätsprogramms, das mittlerweile auf 32 Mio. Mitglieder angewachsen war. Während hier unter Jones hauptsächlich auf die Heraushebung von Rabatten abgestellt wurde, sollte nun eine stärkere Betonung der Inhalte und Autoren realisiert werden.⁷⁸⁵ Als Ergebnis des Kostensenkungsprogramms konnten die Gesamtschulden des Unternehmens von 2007 auf 2008 von 554 Mio. US-Dollar auf 336 Mio. gesenkt werden. Auch der Rückgang der Umsätze auf bestehender Verkaufsfläche reduzierte sich leicht von 10,8  Prozent auf 8,2  Prozent. Wie aus Abbildung  71 ersichtlich ist, konnte das Unternehmen seine Umsätze im Onlinesegment hingegen sukzessive ausbauen. Diese stiegen von 2008 bis 2011 von 7,4 Mio. US-Dollar auf 72,2 Mio. Der Wettbewerber Barnes & Noble konnte allerdings seine Umsätze im selben Zeitraum von 466,0 Mio. auf 695,2 Mio. steigern.⁷⁸⁶ Nachdem die Gesamtumsätze jedoch weiter im Sinken inbegriffen waren, gab es im Jahr 2010 mit John Edwards einen weiteren Managementwechsel. Der vormals in der Modeindustrie beschäftigte Manager leitete weitere strategische Veränderungen ein, die sich allerdings in wesentlichen Punkten vom vorherigen Ansatz unterschieden. Während sein Vorgänger Marshall sich verstärkt auf die Stärken der Vergangenheit konzentrieren wollte, die eine auf eine elitäre Käuferklientel ausgerichtete Positionierung vorsahen und damit eine Rückbesinnung auf das traditionelle Buchgeschäft beinhalteten, leitete der neue CEO ähnlich zum Wettbewerber eine verstärkt auf das Non-Book-Segment ausgerichtete Positionierung ein sowie eine Betonung des Kinder- und Jugendbuchsegments. Im digitalen Geschäft strebte Edwards den Status als ,neutraler Experte‘ an, was durch das Vorhalten von zehn dezidierten E-Readern verschiedener Hersteller in speziellen in die Ladengeschäfte integrierten ,Area e-Verkaufsflächen‘ realisiert werden sollte.⁷⁸⁷ Wie aus der Verteilung der Marktaktivitäten der drei Unternehmen Amazon, Barnes & Noble und Borders aus dem Jahr 2008 ersichtlich ist (Abbildung 72), hatte Borders ein Jahr nach der Markteinführung des Kindles einen relativ hohen Anteil an Marketingaktivitäten. Dieser lag mit 94 Prozent noch höher als beim direkten Wettbewerber Barnes  & Noble. Die Kategorien neue Produkte  / Serviceleistungen und Kooperationen  / Allianzen  / Übernahmen waren mit jeweils drei Prozent hingegen sehr gering ausgeprägt.

785 Vgl. Milliot 2009c, S. 3 f. 786 Vgl. Teil III, Punkt 2.3.1. 787 Vgl. Milliot 2010e, S. 6 f.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   243

72,2 60,4 45,7

7,4 2008

2009

2010

2011

Umsätze Borders.com Abb. 71: Umsätze Borders.com in Mio. US-Dollar 2008–2011. Quelle: Borders Annual Reports 2009/11.

Dieser geringe Anteil an innovativen bzw. auf die Akquisition externer Fähigkeiten ausgerichteten Aktivitäten war einerseits durch die finanziellen Schwierigkeiten bedingt, die nur ein geringes Maß an Investitionen erlaubten. So sanken die Investitionsausgaben von 2006 bis 2008 von 162,2  Mio. US-Dollar auf 142,7  Mio. US-Dollar. Während die Investitionen in diesem Zeitraum sanken, blieben die Ausgaben für Anzeigen konstant, was sich auch mit dem hohen Anteil an Marketingaktivitäten deckt.⁷⁸⁸ Andererseits kündigte das Unternehmen zwar an, das E-CommerceSegment wieder in Eigenregie verfolgen zu wollen, unterschätzte aber zugleich das Potential des aufkommenden E-Book-Segments, wie sich an der folgenden Aussage im Geschäftsbericht zeigt: „In the future, Borders and Waldenbooks may face additional competition from other categories of Internet and brick and mortar retailers.“⁷⁸⁹ Daraus wird deutlich, dass das Unternehmen die Situation zwar als risikobehaftet einschätzte, die beginnende Umwälzung jedoch nur teilweise dem Internethandel zuschrieb. Vielmehr tauchen als Risikofaktor für das eigene Geschäft gleichermaßen auch stationäre Händler auf. Auf der Ebene der neuen Produkte und Serviceleistungen beschränkte sich das Unternehmen in diesem Zeitraum auf die Etablierung der Concept Stores sowie auf die Rückintegration der E-Commerce-Sparte und dem damit verbundenen Relaunch der Webseite. Das Ziel dieser Maßnahmen bestand in der stärkeren Verzahnung von Offline- und Onlineaktivitäten. So konnte in den Concept Stores in der Reiseabteilung jetzt auch Reisen gebucht werden und über ein Onlineterminal recherchiert werden.⁷⁹⁰ Ein weiteres Feature des neuen Ladenkonzepts war die Möglichkeit, personalisierte CDs in den Filialen zu erstellen, was mit der zu diesem Zeitpunkt einsetzenden Verlagerung der Musikverkäufe auf den Download von MP3-Dateien jedoch relativ spät einführt wurde. Durch eine stärkere Frontalpräsentation der Titel in den 788 Vgl. Borders Annual Report 2008, S. 47 u. S. 52. 789 Vgl. Borders Annual Report 2008, S. 9. 790 Vgl. Sturdivant 2008.

244   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

Concept Stores sollten zudem die Impulskäufe im Buchsegement gesteigert werden. Allerdings führte diese Maßnahme zu einer verringerten Regalfläche, was zu Lasten der Sortimentsbreite und -tiefe ging.⁷⁹¹ Diese Tatsache wurde auch von einer Vielzahl von Verlagen kritisiert, die infolgedessen einen Rückgang ihrer Backlistverkäufe vermuteten.⁷⁹² Zum Zweck der Rückintegration der E-Commerce-Sparte ging das Unternehmen eine technologische Kooperation mit der Softwarefirma Endeca ein und führte eine neue Benutzeroberfläche mit der Bezeichnung ,Magic-Shelf‘ ein.⁷⁹³ In Tabelle 28 sind die Features der aus dieser Maßnahme enstandenen neuen Borders-Webseite mit denen der Webseite von Barnes & Noble für das Jahr 2007 gegenübergestellt: Tab. 28: Funktionsumfang der Webseiten im Vergleich. Quelle: Publishers’ Weekly 2007. Barnesandnoble.com

Borders.com

Buchempfehlungen Empfehlungen kommen von Buchhändlern

Empfehlungen sind aus der Kaufhistorie abgeleitet

One-Click-Einkauf

ist möglich

ist nicht möglich

Buchclubs

Onlinebuchclub mit Autorenbeteiligung

Onlinebuchclubs, die von Lesern gegründet werden

Volltextsuche

ist möglich und im Ausbau

ist bisher nicht geplant

Mit dem Magic-Shelf versuchte das Unternehmen zudem das physische Einkaufserlebnis auf der Webseite zu simulieren. Hierzu fungierte eine Darstellung, die an ein Bücherregal aus Holz erinnerte mit der entsprechenden Frontalpräsentation von nach Genres geordneten Titeln. Problematisch war die Tatsache, dass die dafür vorgesehene Fläche lediglich zwölf Bücher pro Genre als Übersicht darstellte und eine weitergehende Suche als kompliziert und umständlich empfunden wurde.⁷⁹⁴ Besonders die Tatsache, dass es sich dabei um von Verlagen mietbare Regalplätze handelte und nicht um vom Personal bzw. von Algorithmen ausgewählte Titel, wurde als negativ angesehen.⁷⁹⁵ Ein weiteres Problem umfasste den Transaktionsprozess, der, wie oben beschrieben, mehrere Klicks für einen Einkauf erforderlich machte und deshalb umständlicher als bei der Konkurrenz erschien. Auch die fehlende Volltextsuche wurde moniert.

791 Vgl. Milliot 2008f, S. 4. 792 Vgl. Milliot 2008e, S. 4–6. 793 Vgl. Wireless News 2008. 794 Vgl. Andriani 2007, S. 12. 795 Vgl. Patrick 2008, S. 10.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   245

Aufgrund der fehlenden finanziellen Möglichkeiten für eigene Investitionen und der Tatsache, dass die wachsende Bedeutung des E-Book-Segments nur unzureichend erkannt wurde, setzte das Unternehmen in diesem Bereich verstärkt auf Kooperationen bzw. deren Ausbau und damit auf den Zukauf von externem KnowHow. Dies beinhaltete eine Ausweitung der Kooperation mit Sony im Bereich eines gemeinsamen (co-branded) E-Book-Stores, der allerdings von Sony entwickelt wurde, sowie die Präsentation der Sony-Lesegeräte in nunmehr allen 520 Superstores von Borders.⁷⁹⁶ In engem Zusammenhang mit der Entwicklung des Concept-Store-Konzepts war die Etablierung einer Self-Publishing Plattform in den einzelnen Filialen in Form von Kiosken. Zu diesem Zweck ging das Unternehmen eine Kooperation mit dem Self-Publishing Anbieter Lulu.com ein.⁷⁹⁷

94%

3%

3%

2008 Marketingaktivitäten neue Produkte/Serviceleistungen Kooperationen/Allianzen/Übernahmen Abb. 72: Marktaktivitäten Borders Group 2008. Quelle: PR Newswire / Business Wire.

Im darauffolgenden Jahr sank die absolute Zahl der Marktaktivitäten um die Hälfte, was in engem Zusammenhang mit den Finanzierungsproblemen von Borders stand. Bei der prozentualen Verteilung sind im Vergleich zum Vorjahr kaum Unterschiede auszumachen. So lag der Schwerpunkt mit 93 Prozent weiterhin auf den Marketingaktivitäten, wohingegen die Anteile der innovativen Aktivitäten und der Kooperationen konstant bei drei und vier Prozent auf niedrigem Niveau verharrte. Während der Wettbewerber Barnes & Noble zu diesem Zeitpunkt seine Aktivitäten im E-Book-Segment durch Innovationen und Kooperationen ausweitete, blieb Borders bei einem hohen Anteil an Marketingaktivitäten. Die Ursache lag dabei wiederum in den geringen Investitionen, die Eigenentwicklungen nur eingeschränkt erlaubten. Die Investitionen sanken im Vergleich zum Vorjahr nochmals um 60 Mio. US-Dollar auf nunmehr

796 Vgl. PR Newswire 2008a. 797 Vgl. PR Newswire 2008b.

246   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

knapp 80  Mio.⁷⁹⁸ Während die Verschuldung im Vorjahr reduziert werden konnte, sank der operative Gewinn um 22,4  Prozent, weshalb das eingeleitete Kostensenkungsprogramm durch einen Personalabbau im Management und in den Ladengeschäften fortgesetzt wurde, was einen Abbau von 742 Stellen in den Superstores nach sich zog.⁷⁹⁹

94%

93%

3%

3%

2008

3%

4%

2009

Marketingaktivitäten neue Produkte/Serviceleistungen Kooperationen/Allianzen/Übernahmen Abb. 73: Marktaktivitäten Borders Group 2008/09. Quelle: Business Wire / PR Newswire.

Bedingt durch die mangelhafte finanzielle Ausstattung und das daraus folgende niedrige Investitionspotential, waren die Aktivitäten in den beiden Kategorien neue Produkte  / Serviceleistungen und Kooperationen  / Allianzen  / Übernahmen auch quantitativ gering ausgeprägt. Auf der Ebene der Serviceleistungen führte das Unternehmen im November 2009 einen kostenlosen Wi-Fi-Zugang in den Filialen ein. Der Konkurrent Barnes & Noble hatte diese Maßnahme allerdings schon im Juli desselben Jahres ergriffen. Zu diesem Zweck kooperierte die Borders Group mit dem Telekommunikationsanbieter Verizon. Während der Wettbewerber Barnes & Noble zu diesem Zeitpunkt den Ausbau seiner digitalen Angebote mit der Entwicklung eines eigenen E-Bookstores und eines eigenen Lesegeräts vorantrieb, nutzte die Borders Group auch in dieser Hinsicht lediglich bereits auf dem Markt befindliche Lösungen. Dieser Ansatz kommt weiterhin in der strategischen Partnerschaft mit dem kanadischen E-Book-Reader Hersteller und Shopanbieter Kobo zum Ausdruck. Ähnlich wie im Rahmen der langjährigen Partnerschaft mit Amazon nutzte Borders die ITInfrastruktur von Kobo für die Bereitstellung eines E-Book-Stores auf der Webseite. Die Kooperation umfasste neben der Bereitstellung des E-Book-Stores, der nach Bekunden des Unternehmen über zwei Mio. E-Books verfügbar hatte, auch eine von

798 Vgl. Borders Annual Report 2010, S. 51. 799 Vgl. Roman 2009.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   247

Kobo bereitgestellte E-Reading-Application, die für die verschiedenen auf den Markt befindlichen Plattformen kompatibel war.⁸⁰⁰ Aufgrund der Tatsache, dass Amazon und Barnes & Noble zu diesem Zeitpunkt bereits über 80 Prozent Marktanteil auf sich vereinigen konnten, war der Markt zu diesem Zeitpunkt bereits sehr konzentriert. Unter der Rubrik der strategischen Planung erfolgten im Jahr 2010 folgende Veränderungen: In den Vorjahren lag die Schwerpunktsetzung im E-Commerce-Segment in der Integration der physischen Ladengeschäfte mit der Webseite. Dies beinhaltete auch die Bereitstellung digitaler Produkte, allerdings nur in eingeschränkter Form, wie aus folgender Aussage im Geschäftsbericht aus dem Jahr 2009 deutlich wird: „Borders.com also provides us a platform for delivering digital content to customers, and we currently offer a limited selection of digital downloads.“⁸⁰¹ Diese Herangehensweise fand in der Formulierung Leverage innovation, technology and strategic alliances to differentiate our business ihren Niederschlag, die seit 2007 unverändert blieb.⁸⁰² Wie aus der Verteilung der Marktaktivitäten in den Vorjahren ersichtlich ist, setzte das Unternehmen diese Zielstellung aber nur zögerlich um. Im Jahr 2010 wurde dieser Leitsatz zu leverage Borders.com and the digital revolution umformuliert. Dies beinhaltete eine Neupositionierung im digitalen Segment: […] we will become a device-neutral, content-focused digital product provider, as we believe there is opportunity to occupy the niche of neutral expert for our customers, and we plan to offer a wide variety of eReaders for sale in our stores.⁸⁰³

Dementsprechend veränderte sich auch die prozentuale Verteilung der Marktaktivitäten. Während die Marketingaktivitäten auf 77  Prozent zurückgingen, stieg der Anteil der neuen Produkte und Serviceleistungen auf neun Prozent und der Anteil der Kooperationen / Allianzen / Übernahmen auf 13 Prozent. Übernahmen erfolgten auch in diesem Jahr nicht. Mit der Verlagerung auf innovative Aktivitäten ist jedoch ein Wandel zu konstatieren, der mit den Veränderungen in der strategischen Zielsetzung konform geht. In Abbildung 74 sind die Anteile der einzelnen Kategorien dargestellt. Die strategischen Veränderungen manifestierten sich zunächst auf der Serviceebene in der Neuausrichtung des Kundenloyalitätsprogramms. Während das vormalige Programm Borders Rewards kostenlos war, wurde nun zusätzlich ein kostenpflichtiges Programm mit dem Namen Borders Rewards Plus eingeführt. Das Programm sah gegen die Zahlung eines Jahresbeitrags von 20 US-Dollar Rabatte auf alle bei Borders verfügbaren Artikel sowie eine versandkostenfreie Lieferung bei Bestellungen auf Borders.com vor.⁸⁰⁴ Mit dem Preis bewegte sich das Programm im Mittelfeld zwischen den Angeboten der Konkurrenz. Der Jahresbeitrag für das Pendant bei Amazon 800 Vgl. Anderson 2009. 801 Vgl. Borders Group Annual Report 2009, S. 21. 802 Vgl. Borders Group Annual Report 2009, S. 21. 803 Borders Annual Report 2010, S. 12. 804 Vgl. PR Newswire 2010a.

248   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

94%

93% 77%

3%

3%

2008

3%

4%

2009

9%

13%

2010

Marketingaktivitäten neue Produkte/Serviceleistungen Kooperationen/Allianzen/Übernahmen Abb. 74: Marktaktivitäten Borders Group 2009/10. Quelle: Business Wire / PR Newswire.

belief sich auf 79 US-Dollar, und Barnes & Noble verlangte für sein Bonusprogramm 25 Dollar Jahresbeitrag.⁸⁰⁵ Besonders die Tatsache, dass das Kundenbindungsprogramm bis dato kostenfrei angeboten wurde, war insofern problematisch, als dass ein kostenfreier Service von Kundenseite weniger werthaltig erschien.⁸⁰⁶ Die Ursache hierfür liegt in der Tatsache begründet, dass im Falle einer von Kundenseite gezahlten Gebühr der Anreiz stieg, das Maximum aus der Partnerschaft herauszuholen. Im Gegensatz dazu führte das bis dato kostenlose Programm von Borders nicht zu nennenswerten Umsatzsteigerungen.⁸⁰⁷ Eine weitere Neuerung auf der Serviceebene war die Einführung eines Marktplatzes für gebrauchte Lehrbücher im Juli 2010.⁸⁰⁸ Damit reagierte das Unternehmen auf das bereits im Januar 2010 vom Wettbewerber Barnes & Noble eingeführte Leihprogramm für Lehrbücher.⁸⁰⁹ In dieser Herangehensweise manifestiert sich die strategische Orientierung des Unternehmens exemplarisch, die im nächsten Teil diskutiert wird. Auf der Produktebene fiel in diesen Zeitraum die Vorstellung einer überarbeiteten Webseite. Das Design wurde dahingehend überarbeitet, als dass es nunmehr möglich war, die New York Times Bestseller Liste direkt anzusteuern und beinhaltete eine intuitivere Navigation mit Drop-Down-Menüs. Die bei der Rückintegration im Jahr 2008 kritisierten Punkte wie z. B. der fehlende Bezug auf Empfehlungen von Personal und anderen Käufern bei den auf der Webseite präsentierten Titeln wurden behoben. Dies implizierte beispielsweise eine Anpassung der Auswahl anhand der Nutzerhistorie. Eine weitere Neuerung war die Ausweitung der sozialen Komponenten, was mit 805 Vgl. Hall / Gupta 2010, S. 20. 806 Vgl. Milliot 2011h, S. 10 f. 807 Vgl. Norris 2011, S. 1–9. 808 Vgl. Business Wire 2010c. 809 Vgl. Teil III, Punkt 2.3.1.

2 Fallstudien zu den US-amerikanischen Unternehmen   

   249

dem im Geschäftsbericht formulierten Ziel einen Community-Charakter generieren zu wollen, korrespondierte. Zu diesem Zweck wurde das neue Kundenloyalitätsprogramm stärker mit dem Webauftritt verzahnt, indem Kundenrezensionen mit Freunden und Bekannten über soziale Netzwerke wie Facebook geteilt werden konnten. Zudem erfolgte eine Verbreiterung des Produktangebots auf Lifestyleprodukte.⁸¹⁰ Insgesamt war der Schwerpunkt der Unternehmenstätigkeit bei der Borders Group stark auf das Kerngeschäft ausgerichtet. Dies manifestiert sich in erster Linie in der geringen Zahl der innovativen Aktivitäten im E-Commerce-Segment zum Zeitpunkt des Markteintritts von Amazon. Auch in der zweiten Phase nach der Markteinführung des Kindles waren bei der Borders Group ähnliche strategische Muster zu beobachten, die sich in einer starken Betonung der Marketingaktivitäten zeigten. Die Betonung des physischen Geschäfts zeigte sich auch in der späten Wiedereingliederung der Webseite und der Entwicklung eines neuen Ladenkonzepts, dem Concept Store. Im Vergleich zum Wettbewerber Barnes & Noble, der die von Amazon eingeführten Innovationen schnell imitierte und innovative Angebote wie einen E-BookVerleihdienst entwickelte, hatte Borders eine geringere Leistungsfähigkeit im E-Commerce-Segment. Dies zeigte sich beispielsweise auch im Fehlen einer Volltextsuche, die als unabdingbar für die Konkurrenzfähigkeit gelten konnte. Die geringen Investitionen im E-Commerce-Segment und die Umsatzrückgänge im physischen Buchhandel, für die unter anderem strategische Fehlentscheidungen wie die Frontalpräsentation der Titel verantwortlich waren sowie der zögerliche Rückbau des unrentablen Mall-Geschäfts, führten zu den finanziellen Schwierigkeiten. Der daraus resultierende Liquiditätsengpass zeichnete sich bereits im dritten Quartal des Vorjahres ab, in welchem Borders knapp eine halbe Milliarde US-Dollar an Verbindlichkeiten aufgebaut hatte. Im Jahr 2010 hatte sich der Verlust aus der laufenden Geschäftstätigkeit auf 300  Mio. US-Dollar vergrößert und damit im Vergleich zum Jahr 2009 beinahe verdreifacht.⁸¹¹ Die prekäre finanzielle Situation des Unternehmens hatte zur Folge, dass Verlage keine Versicherungen mehr auf ihre an Borders gelieferte Ware abschließen konnten.⁸¹² Infolge des Liquiditätsengpasses verzögerte das Unternehmen Zahlungen an Lieferanten und Vermieter und musste am 16. Februar 2011 Insolvenz beantragen. Im gleichen Zug kündigte es an, mehr als die Hälfte seiner knapp 399 Filialen schließen zu wollen.⁸¹³ Während zu diesem Zeitpunkt noch sowohl ein Verkauf als auch eine Restrukturierung der restlichen Bestandteile des Unternehmens angedacht war, wurde letztendlich ein Verkauf angestrebt.⁸¹⁴ Nachdem ein Angebot der Firma Direct Brands, einem Medienvertriebsunternehmen, abgelehnt wurde und sich kein weiterer Interessent fand, ging Borders Ende Juli 2011

810 Vgl. PR Newswire 2010b. 811 Vgl. Publishers Weekly 2011, S. 5. 812 Vgl. Milliot 2011f, S. 19 f. 813 Vgl. PR Newswire 2011. 814 Vgl. Milliot 2011g, S. 4.

250   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

in die Liquidation. Diese beinhaltete auch die Schließung der Webseite im September 2011. In der Zwischenphase wurden die Transaktionen auf der Webseite vom Wettbewerber Barnes & Noble übernommen. Die Insolvenz war einerseits auf die inkonsistente strategische Ausrichtung des Unternehmens zurückzuführen, die auch in der in Teil IV erfolgenden Einordnung in den Strategietyp Reactor ihre Entsprechung findet. Diese zeigte sich einerseits auf der personellen Ebene durch drei Managementwechsel im Zeitraum von 1999 bis 2011. Während Greg Josefowicz noch sieben Jahre in verantwortlicher Position war und sein Nachfolger George Jones drei Jahre, waren die Manager Ron Marshall und Mike Edwards jeweils nur ein Jahr im Amt. Da Josefowicz vorher für die Supermarktkette Jewel-Osco gearbeitet hatte und mit dem Category Management versuchte, Managementtechniken aus diesem Bereich auf den Buchhandel zu übertragen, entstanden Schwierigkeiten auf der Ebene der Unternehmenskultur.⁸¹⁵ Andererseits sah sich das Unternehmen mit den zweistelligen Umsatzrückgängen in der vergleichsweise umfangreichen Musiksparte konfrontiert, die die Probleme verschärfte. Auch das Mall-Geschäft mit den Waldenbooks-Filialen sah sich mit massiven Umsatzrückgängen konfrontiert, die auch auf die mangelnde Integration dieser Sparte in das Warenwirtschaftssystem des Gesamtunternehmens zusammenhingen. Die Konzentration auf Kostensenkungen, die auch in einer Reduktion der Titelauswahl in den Filialen ihren Niederschlag fand, war ein weiterer Faktor, der zur Verschärfung der Probleme des Unternehmens beitrug. Die Entwicklung einer Digitalstrategie fand schlussendlich zu spät statt.

815 Vgl. Milliot 2011h, S. 11.

3 Fallstudien zu den deutschen Unternehmen 3.1 Gründungsphase und Expansion 3.1.1 Deutsche Buchhandelsholding Die im Jahr 2006 erfolgte Fusion zur Deutschen Buch Handels GmbH & Co. KG wurde maßgeblich durch die beiden großen Buchhandelsketten Hugendubel und Weltbild bestimmt und vorangetrieben. Die Weltbild Verlagsgruppe erweiterte im Jahr 1994 seine Vertriebskanäle und eröffnete zusätzlich zum Katalogvertrieb eigene Filialen unter Ägide der Tochtergesellschaft Weltbild Plus Medien Vertriebs GmbH & Co. KG. Für die Eröffnung der eigenen Filialen, die unter dem Namen Weltbild plus geführt wurden, griff das Unternehmen damals bereits auf eine Kooperation mit Hugendubel zurück. Für die Standorte der Filialen wurden überwiegend kleinere und mittlere Städte gewählt, da hier die Dichte der Versandkunden größer war und sich die Auswahl am bereits bestehenden Kundenstamm orientierte.⁸¹⁶ Die Filialen von Weltbild plus umfassten ein schmales Sortiment mit einem Schwerpunkt auf Bestsellern und preisgünstigen Sonderauflagen auf einer vergleichsweise geringen Fläche von ca. 140–200 qm.⁸¹⁷ Das Sortiment orientierte sich an dem Katalogangebot des Unternehmens und umfasste ca. 2.500 Artikel aus dem Bereich der Restauflagen und Sonderausgaben plus 2 Prozent Bestselleranteil. Ende der 1990er Jahre kam es außerdem zu einer sukzessiven Sortimentsausweitung auf Software, Games, Geschenkartikel und Freizeitprodukte. Der Betriebstyp lässt sich als Discountbuchhandlung bezeichnen, da neben dem schmalen Sortiment auch eine minimale Personalausstattung (3–4 Mitarbeiter) sowie ein geringes Serviceangebot zum Tragen kam.⁸¹⁸ Seit 2004 eröffneten zudem Filialen der 1999 gegründeten Marke Jokers, die sich auf den Vertrieb des Modernen Antiquariats spezialisiert hatte. Die Buchhandlungen mit dem Label Weltbild! boten im Vergleich zu den Weltbild plus Filialen ein Buchvollsortiment auf einer etwa doppelt so großen Fläche an. Die Filialzahl stieg bis zum Zeitpunkt der Fusion mit Hugendubel auf insgesamt 321 an, wovon der Großteil (etwa 250 Filialen) im Weltbild plus Format betrieben wurde. Der zweite große Partner, das 1893 gegründete Familienunternehmen Hugendubel, hatte mit seiner 1979 am Münchner Marienplatz eröffneten Filiale mit 2.000 qm und über 100.000 Titeln eine Vorreiterrolle im Großflächenbuchhandel. Dieser stellte insofern eine Reaktion auf einen veränderten Markt dar, als das mit der Ausweitung der Titelproduktion eine breitere Leserschaft erreicht werden konnte. Mithilfe vorgegebener Laufwege, dem Vorhalten von Leseinseln und einem auf Selbstbedienung

816 Vgl. BB 1997 H. 21, S. 13. 817 Vgl. Rodehack 2000, S. 96. 818 Vgl. Rodehack 2000, S. 97. DOI 10.1515/9783110478693-010

252   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

beruhenden Verkaufskonzept sollten Schwellenängste abgebaut werden. Wenn ein Kunde Informationen über einen bestimmten Titel wünschte, konnte er diese an eigens eingerichteten Informationstheken einholen.⁸¹⁹ Bereits in den 1960er Jahren hatte sich das Unternehmen mit der Eröffnung von sechs Filialen auf Vorstadtzentren konzentriert und weitete seine Aktivitäten zunehmen auch auf die Innenstädte aus. Wegen der Etablierung einer zentralen Werbeabteilung gab es damals bereits Ansätze einer zentralen Organisation, was zum damaligen Zeitpunkt im Buchhandel ein Novum darstellte. Ein weiteres Novum war die schriftliche Fixierung der Unternehmensgrundsätze und strategischen Intentionen, was mit einer einheitlichen Markenstrategie verknüpft wurde.⁸²⁰ Die Strategie der Großflächen wurde mit der 1990 erfolgten Eröffnung einer 4.000 qm Filiale in Frankfurt a. M. auch außerhalb Süddeutschlands weiterverfolgt.⁸²¹ Um eine optimale Sortimentszusammenstellung zu gewährleisten, räumte Hugendubel zudem seinen Mitarbeitern ein hohes Maß an Autonomie ein.⁸²² Dies geschah beispielsweise dahingehend, dass jeder Mitarbeiter eigenverantwortlich für die Betreuung eines bestimmten Sortimentsbereiches eingesetzt wurde.⁸²³ Bestseller wurden aufgrund der besseren Konditionen über ein unternehmenseigenes und von Libri verwaltetes Zentrallager eingekauft und auf die einzelnen Filialen verteilt. Kurzfristige Lagerergänzungen wurden hingegen über das Barsortiment realisiert. Die Konzepte von Hugendubel und Weltbild unterschieden sich in erster Linie dahingehend, dass Hugendubel große Flächen in zentraler Lage bespielte und als Zielgruppe ein erlebnisorientiertes und breites Publikum ansprechen wollte. Beim Personal setzte Hugendubel auf qualifizierte Buchhändler, die auch die Möglichkeit interner Weiterbildungen wahrnehmen konnten. Weltbild hingegen orientierte sich mit dem Discounterprinzip an einem preissensitiven Publikum und legte bei der Wahl der Standorte in erster Linie das Kriterium an, dass 15 Prozent der Haushalte auch mit dem Katalog beliefert werden sollten, weshalb die Verkaufsstellen als ,stationärer Vertrieb des Weltbildversandes‘⁸²⁴ positioniert wurden. Dies war u. a. darauf zurückzuführen, dass 70 Prozent des Umsatzes der Filialen mit den Kunden des Versandkataloges gemacht wurden.⁸²⁵ Das Personal war dem schmalen Sortiment entsprechend weniger geschult und musste lediglich eine gewisse Affinität zu Medien mitbringen.⁸²⁶ Mit der Verbindung der beiden Unternehmen sowie der Wohlthat’schen Buchhandlung, Buch Habel und Weiland, übernahm die daraus entstandene DBH die 819 Vgl. Rodehack 2000, S. 86. 820 Vgl. ebd., S. 81. 821 Vgl. www.hugendubel.com/unternehmen/ueber-uns.html 822 Vgl. Rodehack 2000, S. 82. 823 Vgl. ebd., S. 87. 824 Vgl. BB 1999, S. 13. 825 Vgl. Rodehack 2000, S. 96. 826 Vgl. ebd., S. 97.

3 Fallstudien zu den deutschen Unternehmen   

   253

Marktführerschaft von Thalia im Sortimentsbuchhandel, bezogen auf den Umsatz und die Mitarbeiterzahl. Im darauffolgenden Jahr konnte Thalia aber die Marktführerschaft zurück erobern.⁸²⁷ Die Unternehmensverbindung wurde vom Bundeskartellamt genehmigt, da der Marktanteil der DBH zum Zeitpunkt der Gründung des Joint Ventures bei lediglich sieben Prozent lag.⁸²⁸ In Tabelle 29 sind die fusionierenden Unternehmen anhand der Filialzahl, der Fläche, der Mitarbeiterzahl sowie der Umsatzgröße dargestellt. Die Unternehmen Hugendubel und Weltbild nehmen dabei in Bezug auf die Flächen, die Mitarbeiterzahl und vor allem auf den Umsatz die größten Anteile ein. Diese Tatsache spiegelt sich auch in dem Eigentumsstrukturen der Holding wider, die zu je 50  Prozent von der Verlagsgruppe Weltbild und der Familie Hugendubel gehalten werden. Nachdem sich die DBH zunächst an Buch Habel und Weiland mit 50,1  Prozent beteiligt hatte, erfolgte die Gesamtübernahme der Anteile von Buch Habel im Jahr 2008, was auch eine Verlegung der Zentrale nach München zur Folge hatte.⁸²⁹ Parallel dazu wurde auch die Zentrale von Buch Habel dorthin verlegt. Tab. 29: DBH Übersicht. Quelle: BB 2006. Name

Filialen

Fläche

Mitarbeiter

Umsatz (in Mio. Euro)

Hugendubel Weltbild Plus mit Jokers, Weltbild! Wohlthat’sche Buchhandlung Buch Habel Weiland Summe

 33 321  54  19  24 451

 66.250 qm  53.000 qm   6.987 qm  20.520 qm  24.925 qm 171.682 qm

1.100 1.300 238 348 450 3.436

250 266  32  58  66 672

Das Joint Venture hatte nach Bekunden der beteiligten Unternehmen die Zielsetzung, Synergien bei IT und Warenwirtschaft zu erzielen, bei gleichzeitiger Beibehaltung der Eigenständigkeit der Partner. Der Einkauf erfolgte beispielsweise weiterhin dezentral, da eine Trennung zwischen Vollsortimenten und dem auf dem Katalogprinzip basierenden Weltbild plus Shops bestand.⁸³⁰ Die Motive für den Zusammenschluss lagen bei Hugendubel in einem erhöhten Finanzbedarf, der sich aus der Konsolidierung des Buchmarktes ergab. Weltbild führte als Motiv die Ausweitung der Vertriebskanäle auf ein Vollsortiment an, was zwar mit Weltbild! ansatzweise realisiert wurde, aber noch keine umfangreiche Präsenz in diesem Segment aufbauen konnte.⁸³¹ Die weitere

827 Vgl. Emrich 2011, S. 241. 828 Das Bundeskartellamt geht erst bei einem Marktanteil von 30  Prozent von einer marktbeherrschenden Stellung aus. Vgl. BB 34 2006, S. 12. 829 Vgl. BB 2009, S. 18. 830 Vgl. BB 2007, S. 18. 831 Vgl. BB 2006, S. 13.

254   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

Expansion wurde durch die Übernahme der Buchabteilungen in 52 Karstadt Filialen vorangetrieben. Infolgedessen konnte der Umsatz 2008 auf 755 Mio. Euro gesteigert werden. Ab 2009 kam es infolge der einsetzenden Konsolidierung zu einem Rückgang.

3.1.2 Thalia Holding Die Wurzeln des Unternehmens Thalia gehen auf die Übernahme einer unabhängigen Sortimentsbuchhandlung in Hamburg durch den Buchhändler Erich Könnecke zurück, die im Folgenden in der Stadt Hamburg weitere acht Filialen unter dem Markennamen eröffnet, darunter im Jahr 1984 einen Fachmarkt mit 2.000 qm Verkaufsfläche. Parallel zu dieser Entwicklung beteiligte sich die Douglas Holding (damals Hussel Holding) im Jahr 1979 an der Buchhandelskette Montanus aktuell und kreierte daraus zusammen mit der 1988 erworbenen Phönix Universitätsbuchhandlung die Phönix-Montanus-Gruppe, die ab Mitte der 1990er Jahre durch sowohl internes als auch externes Wachstum durch Übernahmen wie z. B. der Herder-Buchhandlungen einen nationalen Expansionsprozess anstieß. Durch den Zusammenschluss der Phönix-Montanus-Gruppe mit den Thalia-Buchhandlungen entstand 2001 die Thalia-Holding (Geschäftsführer: Michael Busch) unter dem Dach der Douglas-Holding mit 86 Filialen.⁸³² Während die Thalia-Buchhandlungen auch über Großflächen mit über 1.000 qm in Hamburg, Bremen und Oldenburg verfügten und ein allgemeines Sortiment beinhaltete, waren die Phönix-Buchhandlungen auch im Boulevard und Fachbuchsegment aktiv.⁸³³ Infolge des Zusammenschlusses wurde der einheitliche Markenname Thalia eingeführt, wenn auch zunächst eine dezentrale Organisationsstruktur gewählt wurde, mit der Aufgliederung Thalia Nord und Thalia West.⁸³⁴ Das Unternehmen konnte mit über 500  Mio. D-Mark Umsatz die Marktführerschaft in Deutschland erlangen, was zu der Situation führte, dass im Sortimentsbuchhandel erstmals ein einzelnes Unternehmen einen höheren Umsatz erzielte, als dies auf der Verlagsseite der Fall war. So erzielte die größte Verlagsgruppe Random House in Deutschland einen Umsatz in Höhe von 460 Mio. D-Mark und lag damit unter dem der neu gegründeten Thalia Holding (Stand: 2000).⁸³⁵ Mit der im Jahr 2000 erfolgten Übernahme der Schweizer Buchhandlungen Jäggi und Stauffacher hatte die Phönix Gruppe bereits die Markführerschaft in der Schweiz inne, und im Jahr 2002 kam der österreichische Markt durch die Akquisition von 23 Amadeus-Buchhandlungen hinzu.⁸³⁶ Während die Verteilung der Großbuchhandlungen in Deutschland bisher

832 Vgl. http://unternehmen.thalia.de/unternehmen/historie/ 833 Vgl. BB 2001a, S. 11. 834 Vgl. BB 2003, S. 21. 835 Vgl. BB 2001b, S. 8. 836 Vgl. http://unternehmen.thalia.de/unternehmen/historie/

3 Fallstudien zu den deutschen Unternehmen   

   255

regional aufgegliedert war – so war der Wettbewerber Hugendubel überwiegend im süddeutschen Raum und in Berlin tätig, die Mayersche hingegen in NRW  – gab es mit der Thalia Holding erstmals einen Marktteilnehmer, der bundesweit aktiv war. Zudem konnten durch den Rückgriff auf die finanziellen Kapazitäten des DouglasKonzerns auch die finanziellen Mittel für eine weitergehende Expansion bereitgestellt werden.⁸³⁷ Ab dem Jahr 2003 etablierte das Unternehmen zudem ein einheitliches Warenwirtschaftssystem mit dem Namen Bookhit und eröffnete ein Zentrallager in Dortmund mit 2.500 umsatzstarken Titeln, die für 25–30 Prozent des Umsatzes verantwortlich waren.⁸³⁸ Die Zielstellung bestand dabei darin, günstigere Konditionen in der Beschaffung zu erhalten. Im Gegensatz zu Weltbild setzte Thalia bei der Logistik aber auf den externen Partner Rhenus AG, einem branchenfremden Dienstleister, was ein Novum in der Branche darstellte.⁸³⁹ Die Thalia-Holding befand sich zu diesem Zeitpunkt zu 75 Prozent über die Buch & Medien GmbH im Eigentum der Douglas Holding AG, die neben dem Buchgeschäft auch Filialen für Schmuck (Christ), Süßwaren (Hussel) und Mode (Appelrath-Clüpper / Pohland) vertreibt. Die übrigen 25  Prozent wurden über die Könnecke-BeteiligungsGmbH von der Familie Könnecke gehalten.⁸⁴⁰ Der Expansionsprozess wurde in der Folgezeit sowohl durch internes als auch externes Wachstum vorangetrieben. Diese Wachstumsstrategie schlug sich zunächst in der Übernahme etablierter Filialisten und inhabergeführten Buchhandlungen nieder. Eine größere Übernahme war beispielsweise die der Buchhandelskette Gondrom mit 24 Filialen und einem Umsatz in Höhe von 60 Mio. Euro im Jahr 2006, wodurch die Präsenz im Süden und Osten Deutschlands gestärkt werden sollte. Im darauffolgenden Jahr erfolgte die Akquisition von Buch & Kunst / Baedeker mit 44 Filialen. Durch die Mischung aus Neueröffnungen und Übernahmen verdoppelte sich die Zahl der Filialen von 2001 bis 2006.⁸⁴¹ Die Wachstumsstrategie wurde in den Geschäftsberichten mit der Bezeichnung ,wertorientiertes Wachstum‘ versehen, wodurch demzufolge ein Schwerpunkt in der Ausrichtung auf der Rendite und der Mehrung des Unternehmenswertes lag. Gleichzeitig orientierten sich die größeren Filialen an den amerikanischen Superstores bzw. am Wettbewerber Hugendubel, da sie über ein breites und tiefes Sortiment verfügten und durch Sitzgelegenheiten und Cafés ein ,Lifestyle-orientiertes Ambiente‘ abbilden sollten.⁸⁴² Ähnlich wie bei Hugendubel sollten durch das Konzept Schwellenängste bei der Kundschaft abgebaut werden und durch vorgegebene Laufwege Impulskäufe angeregt werden. Ab dem Jahr 2007 kündigte das Unternehmen zudem an, verstärkt organisch durch eigene Neueröffnungen wachsen zu wollen. Der Geschäftsführer Michael Busch

837 Vgl. BB 2001b, S. 9. 838 Vgl. BB 2003, S. 22. 839 Vgl. Deutsche Verkehrszeitung 2003. 840 Vgl. www.spiegel.de/wirtschaft/buchhandel-douglas-kauft-thalia-buchhandlung-a-130553.html 841 Vgl. BB. 2006b, S. 14. 842 Vgl. Thalia Geschäftsbericht 2005/06, S. 44 f.

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   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

machte in diesem Zusammenhang folgende Aussage: „Die Phase, in der wir stark durch Übernahmen etablierter Händler wachsen, ist vorbei. Weiterhin werden wir auch organisch wachsen, also indem wir selbst neue Buchhandlungen gründen.“⁸⁴³ Bei einem insgesamt stagnierenden Buchmarkt führte diese Strategie zunehmend zu einem Verdrängungswettbewerb, da das Unternehmen sein Wachstum neben Großstädten auch auf kleinere Städte ausweitete und zunehmend in Konkurrenz mit eingesessenen Filialisten trat.⁸⁴⁴ Wie aus der unten dargestellten Umsatzentwicklung ersichtlich ist, konnte das Unternehmen seine Umsätze in den Geschäftsjahren von 2002/03 bis 2008/09 kontinuierlich steigern. So stieg der Umsatz in Deutschland innerhalb dieser sechs Jahre von 231 Mio. Euro auf 629 Mio. Euro.

590 532 408 322 231

245

2002/03

2003/04

2004/05

2005/06

2006/07

2007/08

Abb. 75: Umsätze und Vorsteuergewinne in Mio. Euro Thalia Deutschland. Quelle: Geschäftsberichte 2002–2008.

Im Gegensatz zur Umsatzentwicklung im gesamten Sortimentsbuchhandel, der im gleichen Zeitraum lediglich in den Jahren 2006 und 2007 leichte Zuwächse verzeichnen konnte und in den restlichen Jahren stagnierte bzw. Rückgänge erlitt, konnte die Thalia-Holding infolge des Expansionskurses die Umsätze konstant um durchschnittlich 10 Prozent steigern. Für die gesamte Buchsparte innerhalb des Douglas-Konzerns konnte auch das Ergebnis vor Steuern, Zinszahlungen und Abschreibungen stetig verbessert werden, wie sich aus Abbildung 76 ablesen lässt, die die Erträge vor Steuern, Zinszahlungen und Abschreibungen abbildet.⁸⁴⁵ 843 Vgl. www.spiegel.de/wirtschaft/konkurrenz-durch-thalia-co-sterben-die-kleinen-buchlaedenaus-a-510961.html 844 Vgl. BB 2005, S. 18. 845 Die Zahlen beziehen sich im vorliegenden Fall auch auf die Niederlassungen in Österreich und der Schweiz, da für Deutschland keine gesonderten Zahlen ausgewiesen werden. Da in Deutschland aber bei weitem der größte Umsatzanteil erzielt wird, ist die Tendenz dennoch aussagekräftig. Der Ge-

3 Fallstudien zu den deutschen Unternehmen   

   257

51,3 44,4 36,5 28,3 22,8 14,4

2002/03

2003/04

2004/05

2005/06

2006/07

2007/08

Abb. 76: EBITDA Thalia in Mio. Euro 2003–2008. Quelle: Thalia Geschäftsberichte 2003–2008.

Insgesamt war der Zeitraum von 2001 bis 2007 davon geprägt, die Marktführerschaft im Großflächenbuchhandel auszubauen. Dies geschah unter der Zielstellung, ein wertorientiertes Wachstum zu generieren. Hierfür wurde eine Kombination aus Übernahmen und Neueröffnungen genutzt. Zunächst lag der Schwerpunkt auf den Übernahmen, später dann auf internem Wachstum. Allein im Jahr 2007 übernahm Thalia 52 Filialen, ein Jahr später reduzierten sich die Übernahmen auf 7 Filialen und wurden 2009 ganz eingestellt. Es kam aber weiterhin zu Neueröffnungen in Eigenregie.⁸⁴⁶ Die Zahl der unter dem Dach der Thalia Holding befindlichen Filialen wuchs von den 86 Stück im Jahr 2001 auf 230 Stück bis zum Ende des Jahres 2009. Auch wenn der Umsatz von Thalia anders als bei der DBH in den Folgejahren nach der Markteinführung des Kindles und der weiterhin zunehmenden Bedeutung des Onlinbuchhandels weiterhin anwuchs, verlangsamte sich dieser Anstieg durch die Folgen der nunmehr eintretenden Konsolidierungsphase. Die Verlangsamung des Wachstums zeigt sich in erster Linie im Rückgang der Investitionen. Waren diese bis zum Geschäftsjahr 2006/07 stetig auf 36,2 Mio. Euro angewachsen, sanken sie ab 2007/08 wieder. Aus der oben erfolgten Darstellung wird deutlich, dass die drei umsatzstärksten Unternehmen Thalia, Hugendubel und Weltbild sowohl Parallelen als auch Unterschiede in ihrer Herangehensweise aufweisen. Während Thalia und Hugendubel der Betriebsform Großflächenbuchhandel zuzurechnen sind, ist Weltbild dem Schmalspurbuchhandel zugehörig. Das Geschäftsmodell des Großflächenbuchhandels ist dem Premium-Einzelhandel zugehörig und umfasst ein breites und tiefes Sortiment mit dem Schwerpunkt Buch bzw. Medien sowie Nebensortimente mit dem Schwerpunkten Geschenkartikel und PBS. Auch wenn aufgrund der gesetzlichen Preisbinwinn für die Buchsparte ist ebenfalls nicht gesondert ausgewiesen, weshalb auf die Kennzahl EBITDA zurückgegriffen wird. 846 Vgl. www.boersenblatt.net/thalia

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   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

dung eine preisliche Differenzierung nur begrenzt realisierbar ist, positionierte sich der Schmalspurbuchhandel in erster Linie im Niedrigpreissegment mit einem Fokus auf preisgünstigen Sonder- und Restauflagen, während die Großbuchhandlungen auf den weniger preisempfindlichen Publikumsmarkt abzielen. Als weitere Kriterien zur Abgrenzung sind Standorte und die Verkaufsfläche zu nennen. Die Großflächenbuchhandlungen sind überwiegend in hochfrequentierten Innenstadtlagen angesiedelt und verfügen über eine große Verkaufsfläche von ca. 1.000 qm.⁸⁴⁷ Hugendubel nahm hier mit der 2.000 qm Filiale am Marienplatz in München eine Vorreiterrolle ein. Das Konzept wurde in der Folgezeit von Thalia übernommen. Die Weltbild Filialen hingegen waren überwiegend in kleinen und mittleren Städten angesiedelt. Insgesamt lässt sich die Positionierung der Großflächenbuchhandlungen als Differenzierungsstrategie bezeichnen, indem durch Zusatzangebote eine besondere Atmosphäre geschaffen werden sollte und beispielsweise die Verweildauer der Kundschaft durch die Bereitstellung von Lesesinsel erhöht werden sollte. Weltbild hingegen versuchte, durch Einsparungen beim Personal und in der vergleichsweise funktionalen Ausstattung eine Kostenführerschaft bzw. eine Preisführerschaft zu verfolgen, was sich auch in folgendem Zitat des Geschäftsführers Carel Halff widerspiegelt: Mit Sonderausgaben, Modernem Antiquariat und Taschenbüchern in unseren Filialen wirken wir dem weitverbreiteten Misstrauen entgegen, Bücher seien aufgrund der Preisbindung teuer und es gebe keinen Preiswettbewerb.⁸⁴⁸

Gemeinsamkeiten ergeben sich bei allen drei Unternehmen aus der zentralisierten Beschaffung über Zentrallager sowie einer zentralen Marketingabteilung, die für die Marketingmaßnahmen der jeweiligen Kette verantwortlich ist. Daneben gibt es auch lokale Aktivitäten, die an die jeweiligen Standorte angepasst sind, wie z. B. bei Veranstaltungen. Auch ein filialübergreifendes Warenwirtschaftssystem wie z. B. Bookhit von Thalia erlaubt Synergieeffekte und ist in der Lage, Kosten zu reduzieren. Daneben verfügen alle drei Unternehmen über zentrale Abteilungen für sekundäre Wertschöpfungsaktivitäten in den Bereichen Human Ressources, Rechnungswesen und Immobilienmanagement.⁸⁴⁹ Nach der Phase der Expansion, die etwa bis zum Jahr 2008 andauerte, kam es zu einer Phase der Konsolidierung, was sich hauptsächlich in der Reduktion der Zahl der Neueröffnungen niederschlug. So wuchs die Zahl der Filialen bei Thalia in den Geschäftsjahren 2007/08 und 2008/09 nur noch um lediglich zwei Filialen an, wohingegen im Vorjahr noch 21 zusätzliche Filialen eröffnet wurden. Ähnliches gilt für Weltbild, wo im Jahr 2008 mehr Schließungen als Neueröffnungen zu verzeichnen waren.⁸⁵⁰ 847 Vgl. Emrich 2011, S. 99. 848 BB 1997, S. 12. 849 Vgl. Brunn / Blömeke 2009, S. 198. 850 Vgl. Emrich 2011, S. 182

3 Fallstudien zu den deutschen Unternehmen   

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3.2 Reaktionen auf die disruptive Innovation auf Geschäftsmodellebene 3.2.1 Reaktion von Hugendubel Hugendubel startete den Webauftritt Ende des Jahres 2002 und damit im Vergleich zu seinen Wettbewerbern zu einem relativ späten Zeitpunkt. In diesem Zusammenhang machte der damalige Geschäftsführer folgende Aussage: „Wir haben uns viel Zeit gelassen, weil wir die Entwicklung abwarten wollten.“⁸⁵¹ Für die Umsetzung griff Hugendubel auf den externen Dienstleister Tieto Enator zurück. Es bestand einerseits die Option, Bücher zu bestellen und sie anschließend in einer Filiale abzuholen.⁸⁵² Andererseits wurden für die Zusendung nach Hause Gebühren erhoben. Ein Hinweis auf eine Überwindung der Ressourcenrigidität angesichts einer disruptiven Innovation auf Geschäftsmodellebene ergibt sich aus der investierten Summe in Höhe von 500.000 Euro und der Aussage des Geschäftsführers Gallenkamp auf die Frage nach der Rentabilität: Niemand kann heute mehr auf die Präsenz im Internet verzichten. Wir haben dadurch bessere Chancen, unsere Kunden anzusprechen, und können neuartige Services entwickeln. Insofern ist die Frage, wie schnell sich so ein Projekt rechnet, eher sekundär.⁸⁵³

Einen Hinweis auf die Routinenrigidität und die damit verbundene Konzentration auf das vermeintliche Kerngeschäft ist aber wiederum in der folgenden Aussage Gallenkamps verankert: Kern unserer Geschäftstätigkeit bleiben aber die Filialen. Deshalb bieten wir auch keinen kostenlosen Versand an wie Amazon, sondern berechnen für die Zusendung nach Hause Gebühren.⁸⁵⁴

Diese Ansicht lag vermutlich auch im damals noch geringen Anteil des Onlinebuchhandels begründet, der 2002 lediglich 9,1 Prozent betrug, wohingegen der Sortimentsbuchhandel bei 57 Prozent lag. Die geringe Bedeutungszumessung zeigt sich auch in der von Riehm et al. im Rahmen einer Studie aus dem Jahr 2001 formulierten These: „Der (reine) Online-Buchhandel wird den stationären Buchhandel nicht wirklich bedrohen.“⁸⁵⁵ Auch die Tatsache, dass der Onlinebuchhandel zwar stetig aber nur langsam an Marktanteilen über die Vertriebswege hinweg gewinnen konnte, trug zu dieser Einschätzung bei. Anders als beim späteren Partner Weltbild war die Internetpräsenz bei Hugendubel zunächst lediglich eine Ergänzung des physischen Ver-

851 Vgl. Rüdiger 2002. 852 Vgl. www.e-trend.de/news 853 Vgl. Rüdiger 2002. 854 Vgl. ebd. 855 Vgl. Riehm 2001, S. 23 zitiert in: Schrape 2011, S. 13.

260   

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triebskanals und wurde weniger forciert vorangetrieben. Hier unterschied sich die Vorgehensweise von der von Weltbild, das, wie unten dargestellt, einen konsequenten Ausbau des digitalen Geschäftsfelds betrieb. Da Hugendubel seine Webseite zwar unter eigenem Namen betrieb, aber bei der Abwicklung auf die Expertise von Weltbild zurückgriff, werden im Anschluss die Onlineaktivitäten von Weltbild.de näher beleuchtet. Dies geschieht auch vor dem Hintergrund der Fusion der beiden Unternehmen zur DBH und der Tatsache, dass Hugendubel seinen Webauftritt erst im Jahr 2010 überarbeitete.

3.2.2 Reaktion von Weltbild Im April 1998 startete Weltbild seinen eigenen Internetauftritt unter der Domain www.weltbild.de, und damit vor dem Markteintritt von Amazon in Deutschland, der im Oktober 1998 erfolgte. Der Geschäftsführer Carel Halff äußerte in diesem Kontext: „Wir sind seit April 1998 dabei und versuchen mit der normalen Entwicklung mitzugehen.“⁸⁵⁶ Bei der Umsetzung verzichtete das Unternehmen ähnlich wie der Partner Hugendubel auf eine versandkostenfreie Lieferung und wich damit von der Vorgehensweise des Wettbewerbers Amazon ab. Allerdings fand als Parallele zu Amazon bereits im Jahr 1995 eine Erweiterung des Produktportfolios um die Kategorien Software, Games und Geschenkartikel statt, die auf das Onlineangebot ausgeweitet wurde.⁸⁵⁷ Die strategische Zielsetzung bestand in der Verzahnung der Buchläden (damals 161) mit dem Versandkatalog und dem Internet.⁸⁵⁸ Weltbild profitierte dabei von dem Kundenstamm des Versandkatalogs, da nach Bekunden des Unternehmens 25 Prozent der Kunden im Geschäftsjahr 1999/00 über einen Internetanschluss verfügten. Darüber hinaus konnten 1,2 Mio. Neukunden gewonnen werden, was einem Marktanteil in Höhe von 18 Prozent entsprach.⁸⁵⁹ Außerdem konnte Weltbild im Sinne des ressourcenorientierten Ansatzes auf die im Versandhandel aufgebaute logistische Expertise zurückgreifen. Die Fokussierung auf die Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Logistik zeigte sich auch in der Ankündigung der Geschäftsleitung, die Vertriebsstruktur effizienter gestalten zu wollen.⁸⁶⁰ Neben der Verbesserung der Logistik verfolgte das Unternehmen eine andere Herangehensweise als der spätere Partner Hugendubel. Neben dem eigenen Onlineauftritt unter dem Namen weltbild.de beteiligte sich Weltbild auch an dem Onlinestore booxtra.de

856 BB 1999, S. 15. 857 Vgl. BB 1999, S. 15. 858 Vgl. http://www.weltbild.com/presse/pressemitteilung/Schubkraft-aus-dem-InternetWeltbildlegt-erneut-um-10-Prozent-zu/376/ 859 Vgl. http://www.weltbild.com/presse/pressemitteilung/Schubkraft-aus-dem-InternetWeltbildlegt-erneut-um-10-Prozent-zu/376/ 860 Vgl. BB 1999, S. 12–14.

3 Fallstudien zu den deutschen Unternehmen   

   261

Weltbild.de konnte im Jahr 2001 bereits über 55 Mio. Euro Umsatz auf sich vereinigen und den Gesamtumsatz im E-Commerce-Segment im darauffolgenden Jahr auf 70 Mio. Euro steigern.⁸⁶¹ Dies würde bei einem geschätzten Gesamtumsatz des Onlinebuchhandels in Deutschland in Höhe von 288 Mio. Euro (Börsenverein des deutschen Buchhandels)⁸⁶² umgerechnet einem absoluten Marktanteil für weltbild.de in Höhe von 19  Prozent entsprechen und damit einem konstanten Anteil im Vergleich zum Vorjahr. In Abbildung  77 ist die Umsatzentwicklung des digitalen Geschäfts dargestellt. Die Wachstumsraten in diesem Bereich lagen dabei mit durchschnittlich 30 Prozent über denen im physischen Segment.⁸⁶³

451

333 252 196 120 55

70

2001/02 2002/03 2003/04 2004/05 2005/06 2006/07 2007/08 Abb. 77: Onlineumsatz von Weltbild in Mio. Euro 2001 bis 2007. Quelle: Weltbild Pressemitteilungen 2001–2007.

In der Frühphase des Onlinehandels konzentrierte sich Weltbild auf eine Onlinepräsenz über unterschiedliche Kanäle. Bei den Marketingaktivitäten für Weltbild.de verzichtete das Unternehmen zunächst auf zusätzliche Aufwendungen und konnte dennoch 1,2  Mio. Neukunden gewinnen, was mit der bereits aus dem Versandhandel und der physischen Präsenz aufgebauten Markenbekanntheit verknüpft war. So konnte das Unternehmen im Jahr 2000 laut Gfk eine gestützte Markenbekanntheit von 54,8  Prozent auf sich vereinen.⁸⁶⁴ Erst ab 2001 startete das Unternehmen eine

861 Vgl. Horizont 2002, S. 53. 862 Vgl. BIZ 2001, S. 14. 863 Vgl. http://www.weltbild.com/presse/pressemitteilung/Bilanz-20072008-Weltbild-Konzernsteigert-Umsatz-um-21-Prozent-auf-194-Mrd-Euro/1/ 864 Vgl. https://web.archive.org/web/20140703073032/http://www.weltbild.com/unternehmen/ ueber-uns/in-zahlen/

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vernetzte Marketingkampagne im Print-, TV- und Onlinebereich, von der auch der Onlineauftritt profitierte.⁸⁶⁵ Eine innovative Marketingaktivität stellte zudem der Test von Gratis-Downloads von Buchkapiteln dar. Beispielsweise konnten sich interessierte Leser 50 Seiten des Stephen King Romans ,Duddits‘ gratis von der Webseite herunterladen. Die Aktion fand eine breite Resonanz und erhöhte nach Aussage des Unternehmens die Besucherzahl auf der Webseite um 450.000.⁸⁶⁶ Aufgrund des großen Erfolgs wurde die Aktion mit Teilen eines Isabel Allende Romans fortgesetzt und von einer Radio- und Onlinekampagne im Umfang von 500.000 DM unterstützt. Die Ausweitung der Marketingaktivitäten erfolgte dabei konträr zu denen der Wettbewerber. So reduzierte buch. de seine Aufwendungen für Marketing und Vertrieb von 2001 auf 2002 um nahezu 40 Prozent.⁸⁶⁷ Insgesamt nutzte Weltbild zunächst den hohen Bekanntheitsgrad des Markennamens aus dem Offlinekanal und übertrug ihn auf den Onlinekanal. Im Gegensatz zu den Wettbewerbern buch.de, buecher.de und bol.de wurde in der Anfangszeit wenig in Marketingaktivitäten investiert. Einer Studie von Booz-Allen & Hamilton aus dem Jahr 2001 zufolge gaben E-Business-Unternehmen im Schnitt 70 Prozent des Umsatzes für Marketing aus. Dies ist darauf zurückzuführen, dass ein oftmals noch unbekannter Markenname ins Bewusstsein der potentiellen Kunden gerückt werden sollte. Hier konnte Weltbild auf den bereits etablierten Markennamen zurückgreifen, der darüber hinaus bereits mit dem Versandhandel verknüpft war. Mit innovativen Maßnahmen wie den Gratis-Downloads konnte das Unternehmen zudem seine Onlinekompetenz untermauern. Bei den neuen Produkten war in erster Linie die Ausweitung des angebotenen Produktportfolios auf der Webseite zentral. Weltbild erweiterte frühzeitig die angebotene Produktpalette um Musik, Video / DVD, Geschenke, Spiele sowie Software und orientierte sich damit am wachsenden Portfolio des Konkurrenzunternehmens Amazon. Zudem etablierte das Unternehmen im Bereich der neuen Serviceleistungen testweise Bestellterminals für den Webauftritt booxtra.de. Neben den beiden Webauftritten weltbild.de und booxtra.de lancierte Weltbild auch einen Onlineauftritt der Discountbuchhandlung jokers.de.⁸⁶⁸ Eine weitere Neuerung war die Bereitstellung eines auf Kinderprodukte abzielenden Onlineshops, was durch die Übernahme des Schweizer Anbieters Kidoh eingeleitet wurde und dessen Markenname weiter Bestand hatte. Im Gegensatz zu Hugendubel verfolgte das Unternehmen folglich eine Mehrmarkenstrategie. Die verschiedenen Markennamen sollten dabei durch ihre Verknüpfung mit bestimmten Produkten auf unterschiedliche Zielgruppen abzielen. Während unter weltbild.de beispielsweise eine große Bandbreite an unterschiedlichen Produktka865 Vgl. Gehl 2001, S. 40. 866 Vgl. www.weltbild.com/presse/pressemitteilungen 867 Vgl. Geschäftsbericht Buch.de 2002. 868 Vgl. www.weltbild.com/presse/pressemitteilungen

3 Fallstudien zu den deutschen Unternehmen   

   263

tegorien bereitgestellt wurden, konzentrierte sich jokers.de stärker auf preisgünstige Sonderausgaben und Restauflagen. Eine zentrale Kooperation im Jahr 1999 war der von Weltbild, Holtzbrinck, Axel Springer und T-Online gegründete Webauftritt booxtra.de unter der Unternehmensform einer GmbH  & Co. KG, bei der die vier Gesellschafter jeweils 25  Prozent der Anteile hielten. Die Investitionen lagen nach Bekunden der Teilnehmer im einstelligen Millionenbereich.⁸⁶⁹ Die Zielsetzung des Gemeinschaftsunternehmens bestand dabei darin, auf den Kundenstamm von T-Online (damals 3 Mio. Kunden) zurückzugreifen sowie auf die bestehenden Erfahrungen Weltbilds in der Logistik, der Bestellannahme, der Kundenbetreuung und der EDV.⁸⁷⁰ Für die Versorgung mit Pressetiteln und damit der Erhöhung der Reichweite des Angebots wurde auf den Holtzbrinck-Konzern zurückgegriffen, und Axel Springer sollte neben der Ergänzung dieses Angebots um weitere Pressetitel eine zusätzliche Werbeplattform verfügbar machen.⁸⁷¹ Ein zentraler Unterschied zu Amazon.de war die Tatsache, dass Booxtra. de auf den nationalen Markt abzielte und zunächst keine internationale Expansion angedacht war.⁸⁷² Der Produktkatalog der Plattform beschränkte sich in der Anfangszeit auf 1.500 Titel aus dem Modernen Antiquariat mit der Zielsetzung es innerhalb einiger Wochen stark auszuweiten. Die Werbemaßnahmen fokussierten sich zunächst auf Onlineanzeigen.⁸⁷³ Mit der 2001 erfolgten Übernahme der Plattform buecher.de durch Booxtra. de für sieben Millionen Euro konnte die strategische Allianz einen starken Markennamen für sich vereinnahmen. Der Beginn der Geschäftstätigkeit von buecher.de lag ebenfalls im Oktober 1997, woraus anschließend die Aktiengesellschaft Buecher.de AG entstand, die anschließend in Mediantis AG umbenannt wurde. Der Umsatz von Booxtra.de betrug im Jahr 2001 10,2 Mio. Euro, was einem Marktanteil von 4,5 Prozent entsprach. Weitere Kooperationen konzentrierten sich auf den Ausbau des Versandgeschäfts. So ging Weltbild mit dem ADAC und dem Versandhaus Quelle ein, im Rahmen derer gemeinsame Produktkataloge mit auf die jeweilige Zielgruppe angepassten Inhalten erstellt wurden. Beim ADAC beinhaltete dies eine Kombination von Weltbild und ADAC-Titeln im Verhältnis 80 zu 20.⁸⁷⁴ Ähnlich wie Amazon in der Anfangszeit wurden Übernahmen in dieser Phase auch dazu genutzt die angebotene Produktpalette zu erweitern. So ging dem Start des Spielangebotes die Übernahme des Schweizer Anbieters Kidoh voraus, dessen Markenname auch beibehalten wurde.

869 Vgl. BB 1999c S. 5. 870 Vgl. Schrape 2011, S. 12. 871 Vgl. BB 1999d, S. 7. 872 Vgl. BB 1999d, S. 7. 873 Vgl. BB 1999c, S. 5. 874 Vgl. BB 1999c, S 19.

264   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

3.2.3 Reaktion von Thalia / Buch.de⁸⁷⁵ Eine erste Reaktion auf den Markteintritt von Amazon zeigte sich bei Thalia, damals noch firmierend als Phönix-Montanus GmbH, in der im Jahr 1999 erfolgten 21-prozentigen Beteiligung der Douglas Gruppe beim Onlinebuchhändler buch.de internetstores AG.⁸⁷⁶ Dieser wurde ein Jahr zuvor gegründet und ging im Jahr 1999 im Segment ,Neuer Markt‘ an die Frankfurter Börse. In diesem Zusammenhang wurden folgende strategische Zielsetzungen formuliert:⁸⁷⁷ – Kraftvoller Ausbau des Internet-Buchhandelsgeschäfts in Deutschland (Ziel: Top 3) – Regionale Expansion in benachbarte Länder – Ausbau des Business-to-Business-Geschäfts Die strategische Allianz mit Phönix-Montanus und die damit verbundene Positionierung als Multi-Channel-Anbieter beinhaltete den Anstoß einer umfangreichen Marketingkampagne sowie den Ausbau der Kooperation im Bereich des Einkaufs und bei der Kundenakquisition.⁸⁷⁸ Diese Kooperation mit dem stationären Handel half dem Unternehmen auch über das Platzen der Dotcom-Blase hinweg, da infolge der günstigeren Einkaufskonditionen Kosten reduziert werden konnten. Ferner gewährleistete die Partnerschaft über eine gemeinsame Logistik Synergieeffekte.⁸⁷⁹ Der Umsatz von buch.de konnte in den ersten vier Jahren der Geschäftstätigkeit von 2,3 Mio. Euro auf 18,4 Mio. Euro gesteigert werden. Auch wenn starke Wachstumsraten zu verzeichnen waren, blieb das Unternehmen weit hinter den Wachstumsraten von Amazon zurück, das im vergleichbaren Zeitraum nach der Gründung seine Umsätze von 511.000 Dollar auf knappe 2,8 Mrd. Dollar steigern konnte. Während Amazon in diesem Zeitraum auf ein schnelles und aggressives Wachstum insbesondere auch durch eine Internationalisierung zu Lasten der Profitabilität setzte und erst im Jahr 2000 eine Balance zwischen operativer Effizienz und Wachstum anstreben wollte, und damit sechs Jahre nach dem Markteintritt, war dies bei Buch.de bereits zwei Jahre nach dem Markteintritt der Fall. So unternahm das Unternehmen zu diesem Zeitpunkt bereits Anstrengungen, sein Ergebnis (EBIT) zu verbessern und erreichte im Jahr 2002 die Gewinnzone.⁸⁸⁰ Allerdings schlug sich dies in einem verminderten Wachstum des Marktanteils nieder. Dieser wuchs von 1999 bis 2001 auf 4,1 Prozent und blieb 2002 mit 4,2 Prozent nahezu konstant im Vergleich zum Vorjahr.⁸⁸¹ 875 Da Phönix-Montanus bzw. Thalia seine Onlineaktivitäten in der Folgezeit ausschließlich über Buch.de abwickelte, wird im in den folgenden Ausführungen die Frühphase der Unternehmensentwicklung von buch.de herangezogen. 876 Vgl. http://www.boersenblatt.net/143493/ 877 Vgl. Walgenbach 2008, S. 270. 878 Vgl. Buch.de Geschäftsbericht 1999. 879 Vgl. Geschäftsbericht Buch.de 2000, S. 21. 880 Vgl. Geschäftsbericht Buch.de 2000, S. 27 u. Geschäftsbericht Buch.de 2002, S. 3. 881 Vgl. Gesschäftsbericht Buch.de 2002, S. 3.

3 Fallstudien zu den deutschen Unternehmen   

   265

18,4

12 7 2,3 1999

2000

2001

2002

Abb. 78: Umsätze buch.de in Mio. Euro 1999–2002. Quelle: Geschäftsberichte buch.de 1999–2004.

In Abbildung  79 sind die Anteile der Marketingausgaben der beiden Unternehmen Amazon und Buch.de in Bezug auf den Umsatz dargestellt. Um eine Vergleichbarkeit zu gewährleisten, werden jeweils die ersten drei Jahre nach dem jeweiligen Markteintritt betrachtet. Während der Anteil bei Amazon ein Jahr nach dem Markteintritt unter 40  Prozent vom Umsatz lag, belief er sich bei Buch.de auf über 90  Prozent. Zwischen den Jahren 2000 und 2001 kam es aber zu einer massiven Absenkung der Marketingaufwendungen im Verhältnis zum Umsatz. Trotz der prozentualen Reduktion der Marketingaufwendungen lag der Anteil innerhalb der ersten drei Jahre nach dem Markteintritt stets über dem von Amazon. Die Reduktion war vermutlich der Intention geschuldet, bis zum Jahr 2002 die Gewinnzone erreichen zu wollen. Dies ist möglicherweise auch auf das Platzen der Dotcom-Blase zurückzuführen, da durch die damit verbundenen sinkenden Aktienkurse von Start-Up Unternehmen der Kapitalzugang eingeschränkt wurde und die Märkte ein stärkeres Augenmaß auf die Profitabilität der Unternehmen auf dem Neuen Markt richteten.⁸⁸² Während bei Amazon die Marketingaufwendungen hauptsächlich in Kombination zwischen Offline- und Onlinekanal eingesetzt wurden, nutzte buch.de das Instrument zunächst nach eigenem Bekunden verstärkt im Offlinebereich wie z. B. durch Werbeanzeigen in Printmedien und im Radio.⁸⁸³ Diese Fokussierung wurde auch in den darauffolgenden Jahren beibehalten, wie sich aus folgender Stellungnahme im Geschäftsbericht aus dem Jahr 2000 ablesen lässt: „[…] erfolgte […] schwerpunktmäßig der Einsatz von kundenorientierten Werbe- und Verkaufsförderungsmaßnahmen in zielgruppenaffinen Zeitschriften, Tageszeitungen und Hörfunk […].“⁸⁸⁴

882 Dass dies der Fall war, zeigt sich auch in der sogenannten „Platow-Todesliste“. Der Börsenbrief Platow hatte 2000 eine Liste mit acht Internetunternehmen publiziert, die nach Ansicht der Analysten von einer Insolvenz binnen 24 Monaten bedroht sein würden. Darunter befand sich auch buch.de, was zu einem Einbruch des Aktienkurses um 10  Prozent führte. Vgl. www.manager-magazin.de/ finanzen/artikel/a-84555.html 883 Vgl. Geschäftsbericht Buch.de 1999, S. 15. 884 Geschäftsbericht Buch.de 2000, S. 21.

266   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

91,30% 77,00%

39,1%

38,6%

43,40% 27,1%

1. Jahr Amazon

2. Jahr

3. Jahr

Buch.de

Abb. 79: Marketingaufwendungen in Bezug auf den Umsatz Amazon / buch.de. Quelle: Geschäftsberichte buch.de / Amazon 1995–2001.

Beim Vergleich der Ausgaben für die Produktentwicklung ergibt sich bei Amazon und buch.de ein umgekehrtes Verhältnis als bei den Marketingausgaben. In Abbildung 80 sind diese Ausgaben wiederum im Verhältnis zum Umsatz abgebildet. Daraus wird deutlich, dass buch.de einen weitaus geringeren Anteil vom Umsatz in die Entwicklung neuer Produkte bzw. Technologien aufwendete als der Wettbewerber Amazon. Im ersten Jahr der Geschäftstätigkeit wendete Amazon knapp 35 Prozent vom Umsatz für die Entwicklung neuer Produkte bzw. Serviceleistungen auf, wohingegen buch. de auf eine Quote von lediglich knapp über 5 Prozent kam. Erst im Zeitverlauf glichen sich die prozentualen Verhältnisse an, wobei Amazon aber im Gegensatz zu buch.de größere Umsatzzuwächse zu verzeichnen hatte. Die hohen Investitionen in der Anfangszeit führten bei Amazon zur Entwicklung neuer Technologien wie z. B. der des 1-Click-Einkaufsprozesses. Buch.de hingegen hatte in diesem Zeitraum keine maßgeblichen Neuerungen zu verzeichnen und konzentrierte sich auf die Erhöhung der Effizienz der Webseite. So kam es im Jahr 2000 zu einem Relaunch, der die Zielsetzung hatte, die Attraktivität und Übersichtlichkeit zu erhöhen.⁸⁸⁵ In diesem Zusammenhang realisierte das Unternehmen die Möglichkeit für Kunden ein persönliches Konto einzurichten, das den aktuellen Bestellstatus anzeigt sowie die Implementierung eines Bezahlsystems mit dem Namen paybox, das die Erweiterung der Zahlungsoptionen auf Lieferungen auf Rechnung ausdehnte.⁸⁸⁶ Innovative Aktivitäten beschränkten sich neben der Ausweitung der angebotenen Produkte auf neuartige Kategorien wie Blumen auf die Verknüpfung von stationärem und Internethandel, z. B. durch die Bereitstellung von Bestellterminals in den Filialen von Phönix-Montanus. 885 Vgl. Geschäftsbericht Buch.de 2000, S. 21. 886 Vgl. Geschäftsbericht Buch.de 2000, S. 47.

3 Fallstudien zu den deutschen Unternehmen   

   267

33,50%

15% 6,50%

5,50%

1. Jahr Amazon

2. Jahr

9% 5,80% 3. Jahr

Buch.de

Abb. 80: Aufwendungen für Produktentwicklung von buch.de / amazon.com. Quelle: Geschäftsberichte buch.de / Amazon 1995–2001.

3.3 Reaktionen auf die disruptive Innovation auf Produktebene 3.3.1 Reaktion von Thalia Das Geschäftsjahr 2008/09 war bei der Thalia Holding weiterhin vom Ausbau der physischen Verkaufsfläche geprägt. Dies zeigte sich in der weitergehenden offensiven Expansion und der Eröffnung eines Flagship-Stores mit knapp 4.000 qm in der Nürnberger Innenstadt (Thalia-Buchhaus Campe), das mit einer Kinderspielecke auch als ,Familienbuchhandlung‘ konzipiert ist. Durch den Zusammenschluss mit Buch Kaiser im Jahr 2008 und die Übernahmen von weiteren inhabergeführten Buchhandlungen im selben Jahr baute das Unternehmen seine nationale Präsenz weiter aus.⁸⁸⁷ Nachdem bis zum Jahr 2007 leichte Zunahmen des Umsatzanteils des Sortimentsbuchhandels zu verzeichnen waren, sanken die Umsätze von 2007 bis 2008 um ein Prozent und stagnierten im Folgejahr.⁸⁸⁸ Thalia hingegen konnte seine Umsätze in der Folgezeit weiter ausbauen, wie sich aus Abbildung  81 entnehmen lässt, die den Umsatz und den Vorsteuergewinn in Mio. Euro darstellt. Wie daraus ersichtlich ist, konnte der Umsatz bis zum Geschäftsjahr 2010/11 gesteigert werden, wobei der Gewinn vor Steuern, Zinszahlungen und Abschreibungen ab diesem Jahr bereits rückläufig war und 2011/12 schließlich negativ wurde. Auf vergleichbarer Fläche konnte 887 Allerdings kündigte das Bundeskartellamt im Zuge der Übernahme von Buch Kaiser eine vertiefte Prüfung an, da die Thalia Holding durch die Akquisition in die Situation einer marktbeherrschenden Stellung in Karlsruhe geriet. Die Übernahme wurde im Jahresverlauf aber genehmigt. Vgl. Buchreport Online 2008a. 888 Vgl. http://de.statista.com/statistik/daten/studie/39152/umfrage/umsatzentwicklung-imsortimentsbuchhandel/

268   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

das Unternehmen ebenfalls leichte Zugewinne in Deutschland auf sich vereinigen.⁸⁸⁹ Im Zwischenbericht zum Geschäftsjahr 2007/08 konnte aber lediglich ein flächenbereinigter Zuwachs in Höhe von 0,4 Prozent erzielt werden.⁸⁹⁰

704

690

683

629

60,0

57,9

40,0 –23,1

2008/09 Umsatz

2009/10

2010/11

2011/12

Ebitda

Abb. 81: Umsätze / EBITDA Thalia in Mio. Euro 2008–2012. Quelle: Thalia Geschäftsberichte 2008–2012.

Neben der Flächenexpansion erweiterte Thalia auch das Sortiment hauptsächlich im Bereich der Warengruppen PBS und DVD. Diese Herangehensweise zeigte sich beispielsweise in der Einrichtung einer eigenen Abteilung im PBS-Bereich in der Campe Filiale in Nürnberg. Während die mittlerweile erreichte Umsatzhöhe als ausreichend erachtet wurde, das von niedrigen Preisen geprägte PBS-Segment gewinnbringend zu betreiben, wurde der DVD-Verkauf im Buchhandel als zukunftsträchtig angesehen, da er eine andere Zielgruppe anspreche. Während Frauen im gesamten DVD-Markt eine vergleichsweise kleine Käufergruppe darstellten, waren diese im Buchhandel anteilsmäßig häufiger vertreten. Außerdem waren die DVD-Kunden im Buchhandel einer Studie der Gfk zufolge weitaus älter als im Elektronikfachhandel, einem weiteren zentralen Vertriebskanal, und zudem auch stärker an klassisch orientierten Inhalten orientiert.⁸⁹¹ Ähnlich wie bei den US-amerikanischen Unternehmen waren die Marktaktivitäten bei Thalia im Jahr der Markteinführung des Kindles in Deutschland von einer Schwerpunktsetzung im Bereich des Marketings geprägt. Dies deutet verbunden mit dem Ausbau des physischen Vertriebskanals durch Übernahmen und Neueröffnun889 Vgl. Buchreport Online 2008b. 890 Vgl. Buchreport Online 2008c. 891 Vgl. Buchreport Online 2008d.

3 Fallstudien zu den deutschen Unternehmen   

   269

gen darauf hin, dass die Thalia Holding sich zu diesem Zeitpunkt weiterhin stark auf das Kerngeschäft fokussierte. Bei der Betrachtung der innovativen Aktivitäten und der Kooperationen, die jeweils 14  Prozent Anteil an den Gesamtaktivitäten haben, wird diese Ausrichtung ebenfalls deutlich. So beschränkte sich das Unternehmen zunächst auf eine Erhöhung der Effizienz im physischen Vertrieb, wie sich an der Einführung der Neuerung iButton zeigt. Mit dieser Option wurde es den Mitarbeitern ermöglicht, sich mittels einer Chipkarte an einem beliebigen Arbeitscomputer einzuloggen und die jeweils zuvor gewählte Oberfläche dort abzurufen. Die Zielsetzung bestand dabei darin, die Flexibilität in der Kundenbetreuung zu erhöhen.⁸⁹² Eine weitere Neuerung im Bereich des physischen Geschäftsfeldes stellte die Vorstellung eines neuen Ladenkonzepts dar. Mit der Eröffnung einer Pilotfiliale im Einkaufszentrum Loop 5 in Weiterstadt sollte eine Integration von physischem und Onlinevertriebskanal abgebildet werden, was durch die Bereitstellung von Möglichkeiten der Interaktion realisiert wurde. So konnten beispielweise mithilfe von Touch-Screens Rezensionen erstellt und abgerufen werden. Eine weitere Neuerung war die Einrichtung einer 85 qm großen Games-Abteilung, die jüngere Zielgruppen ansprechen sollte.⁸⁹³ Auch die Implementierung eines neuen, SAP-basierten Warenwirtschaftssystems mit dem Namen Thawis war in erster Linie auf den Kerngeschäftsbereich ausgerichtet.⁸⁹⁴ Auf der Ebene der Kooperationen war die Zusammenarbeit mit dem Elektronikanbieter Sony von Bedeutung, die im Rahmen der Vorstellung des dezidierten E-Readers PRS-505 erfolgte. Zusammen mit dem Barsortiment Libri schloss Thalia einen Exklusivvertrag für den Vertrieb des Lesegeräts in seinen 230 Filialen ab. Die Bereitstellung der Inhalte erfolgte über die Webseite von Libri. Anders als beim Lesegerät Kindle konnten die E-Books aber nicht direkt auf den E-Reader geladen werden, sondern mussten vom PC übertragen werden. Auch die Reichweite des Angebots war mit zunächst 1.500 Titeln gering. Mit 299 Euro war zudem ein hoher Einführungspreis zu verzeichnen.⁸⁹⁵ Eine weitere Kooperation zielte auf die Ausweitung der angebotenen Produkte ab. Neben der angesprochenen Ausweitung der Warengruppe DVD nahm das Unternehmen Erlebnis-Geschenkboxen der Firma Jochen Schweitzer in das Sortiment auf mit dem Ziel, der Kundschaft mehr Optionen in diesem Segment zu verschaffen.⁸⁹⁶ Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich die innovativen Aktivitäten von Thalia im Jahr der Markteinführung des Kindles verstärkt auf die Erhöhung der Effizienz im Kerngeschäft ausrichteten. Als Reaktion auf den Vorstoß von Amazon bediente sich das Unternehmen des Fremdaufbaus von Ressourcen, wie sich an der

892 Vgl. Buchreport Online 2009a. 893 Vgl. Pressebox 2009. 894 Vgl. Douglas Holding Geschäftsbericht 2009/10, S. 52. 895 Vgl. Heise 2013. 896 Vgl. Buchreport Online 2009b.

270   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

Kooperation mit Libri und Sony zum Vertrieb eines dezidierten Lesegeräts zeigte. Der im Jahr 2009 erfolgte Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung des Internetbuchhändlers buch.de lässt sich hingegen als Abkehr von diesem Fremdaufbau von Ressourcen interpretieren, da durch die Übernahme der Kontrollmehrheit ein höherer Einfluss auf die Geschäftstätigkeit und ein höheres Maß an Know-How-Transfer möglich wurde.

72%

14%

14%

2009 neue Produkte/Serviceleistungen Marketingaktivitäten Kooperationen/Allianzen/Übernahmen Abb. 82: Marktaktivitäten Thalia 2009. Quelle: www.buchreport.de / www.thalia.de

Im darauffolgenden Jahr änderte sich die Verteilung konsequenterweise dahingehend, als dass Thalia nunmehr verstärkt mit Eigenaktivitäten auf die sich verstärkt abzeichnenden Marktentwicklungen reagierte. Dies zeigt sich einerseits in der Veränderung der Marktaktivitäten, da der Anteil der Eigenentwicklungen leichte Zuwächse zu verzeichnen hatte. Wesentlich hat sich aber die inhaltliche Herangehensweise im Vergleich zum Vorjahr verschoben. So konzentrierte sich das Unternehmen auf allen Ebenen verstärkt auf den Eigenaufbau von Ressourcen im digitalen Geschäftsfeld. Nachdem der flächenbereinigte Umsatz im Inland bereits Anfang 2010 um 0,1 Prozent zurückging, verschärften sich nämlich im Jahresverlauf die Probleme im physischen Geschäftsfeld. Auch wenn das Unternehmen ein höheres Wachstum als der Branchendurchschnitt verzeichnen konnte, kam es flächenbereinigt im August 2010 zu einem Rückgang von 1,9  Prozent.⁸⁹⁷ Die trotzdem zu verzeichnende Steigerung der Gesamtumsätze ging dabei in erster Linie auf die Steigerungen bei der Tochter buch. de zurück.⁸⁹⁸ Diese Entwicklung führte zu einem Rückbau bestehender Flächen. So schloss Thalia eine 3.000 qm Filiale in Braunschweig, und die Zahl der Filialen in Deutschland sank von 238 auf 232.⁸⁹⁹

897 Vgl. Buchreport Online 2010b. 898 Vgl. Buchreport Online 2010c. 899 Vgl. Buchreport Online 2010d.

3 Fallstudien zu den deutschen Unternehmen   

72%

14%

   271

67%

14%

2009

20%

13%

2010

neue Produkte/Serviceleistungen Marketingaktivitäten Kooperationen/Allianzen/Übernahmen Abb. 83: Marktaktivitäten Thalia 2009/10. Quelle: www.buchreport.de / www.thalia.de

Dieser Eigenaufbau beinhaltete auch Aktivitäten auf der Marketingebene, indem beispielsweise der Kundenstamm für die technologischen Veränderungen sensibilisiert werden sollte. Während im Vorjahr hier Sponsorentätigkeiten wie im Falle einer Unterstützung des Literaturfestivals lit cologne im Zentrum standen, lancierte Thalia im August 2010 eine E-Reading Informationstour, im Rahmen derer sich Interessenten in Ausstellungen innerhalb der Filialen über die Möglichkeiten des digitalen Lesens informieren konnten.⁹⁰⁰ In der Kategorie neue Produkte  / Serviceleistungen führte das Unternehmen testweise Downloadterminals für den E-Book-Einkauf ein. Die Terminals, bei denen digitale Inhalte von 3.000 Titeln auf mobile Endgeräte geladen werden konnten, sollten auch Nutzer jenseits der dezidierten E-Reader ansprechen.⁹⁰¹ Die zentrale Neuerung in dieser Kategorie war aber die Vorstellung eines eigenen Lesegeräts mit dem Namen Oyo im September 2010. Im Vergleich zu konkurrierenden Modellen hatte der Reader den Vorteil durch den angebundenen eignen E-BookShop eine große Auswahl an deutschsprachigen Titeln bereitzustellen. Die Titelzahl betrug zum Zeitpunkt der Einführung etwa 50.000.⁹⁰² So verfügte der E-Book-Shop von Amazon zu diesem Zeitpunkt über wenige deutschsprachige Titel. Zudem war das Gerät (Wi-Fi-Variante) mit 139 Euro preisgünstiger als die Mehrzahl der Konkurrenzmodelle, und durch den stationären Verkauf konnte eine direkte Kundenberatung sichergestellt werden. Durch die Nutzung des offenen ePub-Formats erlaubte der Reader aber auch die Nutzung von Plattformen anderer Anbieter.⁹⁰³ Während das Gerät im Gegensatz zum ebenfalls bei Thalia angebotenen Sony Reader eine direkte Übertragbarkeit der Inhalte ohne Umweg über den Computer erlaubte, hatte es in

900 Vgl. http://www.buchmarkt.de/content/43668-e-books.htm 901 Vgl. http://www.boersenblatt.net/374326/ 902 Vgl. Rößler 2010. 903 Vgl. www.lesen.net/ereader/oyo-thalia-im-test-4349 u. Buchreport Online 2010e.

272   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

Bezug auf die technischen Voraussetzungen auch einige Schwächen. Diese erstreckten sich in erster Linie auf die Bedienbarkeit, wo eine langsame Reaktionsgeschwindigkeit Anlass zur Kritik gab. Auch die Displaytechnologie war im Vergleich zu den Sony Lesegeräten neuerer Generationen und dem damals aktuellen Kindle 3 von Amazon weniger leistungsfähig, was sich in einer Kontrastschwäche niederschlug.⁹⁰⁴ Kooperationen wurden dabei überwiegend dazu eingesetzt, die notwendige technologische Expertise zu akquirieren. Diese Tatsache zeigt sich einerseits in der Kooperation mit Blackbetty Mobilmedia bei den Downloadterminals, einem Anbieter für mobile Dienstleistungen im Buchsegment.⁹⁰⁵ Eine weitere Kooperation fand beim Oyo mit dem Elektronikanbieter Medion statt, der die Hardware für das firmeneigene Lesegerät konzipierte. Zentral hierbei war aber die Tatsache, dass die Softwareoberfläche anders als beim Sony Reader auf Thalia ausgerichtet war. Um die Vermarktung des Lesegeräts voranzutreiben, schloss Thalia zudem eine Vertriebsallianz mit Buchhandelsunternehmen aus Frankreich, den Niederlanden, Polen und der Ukraine.⁹⁰⁶ Mit dem Jahreswechsel verstärkte das Unternehmen folglich seine Bemühungen, auf den digitalen Markt vorzudringen. Als positiv erwies sich dabei die Tatsache des frühen Markteintritts, da der Wettbewerber Amazon noch über eine geringe Reichweite des Angebots an deutschsprachigen E-Book-Titeln verfügte. Auch die Verknüpfung des dezidierten Lesegeräts Oyo mit dem eigenen Markennamen und das europaweite Vertriebskonzept stellten eine Neuerung im Vergleich zu den direkten Wettbewerbern wie die DBH dar. Allerdings erwies sich das Lesegerät als noch nicht vollständig ausgereift und hatte technische Defizite. Anstatt Übernahmen zu nutzen, um die notwendige technologische Kompetenz im Unternehmen aufzubauen, griff Thalia auch bei den Eigenentwicklungen verstärkt auf Kooperationen zurück. Während sich der Fokus der Unternehmensaktivitäten zunehmend in das digitale Geschäftsfeld verschob, nutzte Thalia demnach weiterhin externe Expertise für die Entwicklung dieses Feldes. Bei der Betrachtung der Marktaktivitäten im Jahr 2011 fällt auf, dass der Anteil der Kategorie Kooperationen / Allianzen / Übernahmen und damit der Fremdaufbau von Ressourcen an den Gesamtaktivitäten wiederum zunahm. Dies zeigt sich in der Erhöhung des Anteils dieser Kategorie im Vergleich zum Vorjahr (vgl. Abbildung 84), wobei aber nun auch verstärkt Übernahmen genutzt wurden. Der Anteil der Marketingaktivitäten ging hingegen maßgeblich zurück. Gleichzeitig konnte das Unternehmen wiederum seinen Gesamtumsatz im Jahresvergleich steigern, sah sich aber weiterhin mit einem flächenbereinigten Umsatzrückgang konfrontiert, der maßgeblich auf das physische Geschäft zurückging. Die anhaltende negative Geschäftsentwicklung führte auch zu einem Rückgang des Vorsteuergewinns in der Buchsparte von 60

904 Vgl. www.lesen.net/ereader/oyo-thalia-im-test-4349 905 Vgl. http://www.firmenpresse.de/verzeichnis/22971/blackbetty-mobilmedia-gmbh.html 906 Vgl. Buchreport Online 2013c.

3 Fallstudien zu den deutschen Unternehmen   

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auf 40 Mio. Euro (Abbildung 75). Das Onlinegeschäft hingegen konnte mit 15 Prozent Umsatzanteil ausgebaut werden.⁹⁰⁷ Um dem entgegenzusteuern und um die Flächenproduktivität zu erhöhen, setzte das Unternehmen auf den Ausbau der Zusatzsortimente, hauptsächlich im PBS-Segment sowie in der Warengruppe Spielzeug und Games, was sich bereits bei der 2009 eröffneten Pilotfiliale im Loop-Einkaufszentrum abzeichnete. Um der Verlagerung der Umsätze in den Onlinebereich zu begegnen, kündigte Thalia an, zukünftig nur noch 60 Prozent der Umsätze mit Büchern erwirtschaften zu wollen.⁹⁰⁸ Ferner wurde eine Ausweitung des Multi-Channel-Ansatzes und eine Begrenzung der Flächen geplant. So sollten nunmehr 700 bis 900 qm als Größe angepeilt werden.⁹⁰⁹ Als problematisch erwiesen sich aber die teilweise langfristig abgeschlossenen Mietverträge.

67% 50% 31% 20%

13%

2010

19%

2011

neue Produkte/Serviceleistungen Marketingaktivitäten Kooperationen/Allianzen/Übernahmen Abb. 84: Marktaktivitäten Thalia 2010/11. Quelle: www.buchreport.de / www.thalia.de

Der Eigenaufbau von Ressourcen und damit der Anteil in der Kategorie neue Produkte  / Serviceleistungen blieb im Vergleich zum Vorjahr weitestgehend konstant. Darin waren in erster Linie Maßnahmen zur Sortimentserweiterung enthalten, die sich auf das Computerspielsegment bezogen.⁹¹⁰ Im digitalen Geschäftsfeld stellte das Unternehmen eine Version des Lesegeräts Oyo mit Mobilfunkanbindung vor. Die erste Version verfügte noch nicht über die Möglichkeit, unabhängig von einem Wi-FiZugang auf Inhalte zugreifen zu können, und war in dieser Hinsicht im Vergleich zum Konkurrenzprodukt von Amazon mit einem geringeren Leistungsvermögen versehen. Dieses Defizit wurde durch das zusätzliche Feature behoben.

907 Vgl. Buchreport Online 2011c. 908 Vgl. Buchreport Online 2011d. 909 Vgl. Buchreport Online 2011e. 910 Vgl. Buchreport Online 2011f.

274   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

Eine wesentliche Neuerung war der Relaunch der Webseite thalia.de: Die Veränderungen umfassten in erster Linie eine stärkere Integration von Offline- und Onlinekanal, was durch eine Verfügbarkeitsabfrage realisiert werden sollte, bei der die Kunden über die Webseite oder eine App den Bestand bestimmter Filialen abfragen konnten und eine Option zur Vorreservierung bestimmter Titel gewährt bekamen. Daneben wurde der oben genannten Sortimentserweiterung um Spielwaren und Games Rechnung getragen, die nunmehr in einer eigenen Kategorie verankert wurden. Weitere Veränderungen umfassten die prominentere Platzierung von Buchhändlerempfehlungen sowie eine verbesserte Suchfunktion.⁹¹¹ Der Relaunch wurde durch die von buch.de gesammelten Erfahrungen erleichtert, die ihre Webseite bereits früher im Jahresverlauf neu konzipiert hatten. Im Zuge der engeren Verzahnung der beiden Unternehmen, die mit der Übernahme der Anteilsmehrheit durch Thalia eingeleitet wurde, kaufte Thalia weitere Anteile in Höhe von 15,6 Prozent und hielt damit 75,6 Prozent des Grundkapitals.⁹¹² Eine weitere Übernahme in Hinsicht auf den Ausbau des digitalen Geschäftsfelds fand in der Akquisition des App-Entwicklers textunes statt. Bei dem Unternehmen handelte es sich um ein im Jahr 2009 gegründetes Startup für die Entwicklung plattformübergreifender E-Book-Apps.⁹¹³ Thalia kündigte im Rahmen der Übernahme an, eine Smart-Reading-Strategie verfolgen zu wollen, bei der für Kunden sowohl Content als auch das jeweilige Endgerät frei wählbar sein sollte. Dies sollte durch die Bereitstellung einer großen Bandbreite an Apps für verschiedene Plattformen realisiert werden.⁹¹⁴ Im Gegensatz zum Wettbewerber Amazon hatte das Unternehmen beispielsweise bis zu diesem Zeitpunkt noch keine App für die Plattformen von Apple und Google auf den Markt gebracht, was durch diesen externen Ressourcenaufbau realisiert wurde. Die vollständige Integration des Startups, anstelle einer Kooperation, stellte damit eine Fortsetzung der bereits durch die Mehrheitsbeteiligung bei buch.de eingeleiteten Vorgehensweise dar, im technologischen Bereich weniger auf Kooperationen zurückzugreifen, sondern vielmehr die notwendige Expertise in das Gesamtunternehmen zu integrieren. Kooperationen und strategische Allianzen wurden hingegen nunmehr weniger auf der technologischen Ebene eingesetzt, sondern im Bereich der Sortimentserweiterung mit dem Ziel, neue Kundengruppen und rentablere Standorte zu erschließen und die Flächenproduktivität zu erhöhen. Als Lösungsansatz zur Erhöhung der Flächenproduktivität und die damit verbundene Ausweitung der NonBook-Artikel, nutzte das Unternehmen Partnerschaften im Rahmen eines Shop-inShop-Konzepts in der Warengruppe Spiele.⁹¹⁵ Hierzu wurde ein Kooperationsvertrag mit dem Anbieter Spiele Max abgeschlossen, der die Bereitstellung des Sortiments

911 Vgl. Buchreport Online 2011g. 912 Vgl. Buchreport Online 2011h. 913 Vgl. Wohlert 2011. 914 http://unternehmen.thalia.de/unternehmen/historie/ 915 Vgl. Buchreport Online 2011i.

3 Fallstudien zu den deutschen Unternehmen   

   275

und der Mitarbeiter des Anbieters auf ca. 400 qm Fläche in ausgewählten Filialen von Thalia übernahm. Das Shop-in-Shop-Konzept beinhaltete ferner die Kooperation mit einem Reiseanbieter.⁹¹⁶ Um die Standortrentabilität zu erhöhen und die Verkleinerung der Ladenflächen voranzutreiben, ging Thalia ein Joint Venture mit der schwedischen Buchhandelskette Pocket Shop ein und plante die Eröffnung von Schmalspursortimenten in Flughäfen und ähnlichen Verkehrsknotenpunkten. Die Größe der neuen Filialen sollte dabei lediglich 120 qm betragen.⁹¹⁷ Aus der Gestaltung der Aktivitäten des Jahres 2011 lässt sich insofern eine Reaktion auf die veränderten Marktgegebenheiten herauslesen, als dass Thalia eine stärkere Fokussierung auf den Aufbau von eigenem Know-How legte. Der Anteil der Kooperationen nahm zwar im Vergleich zum Vorjahr zu, was zunächst auf einen Fremdaufbau schließen lässt, die darin enthaltene Übernahme von Textunes sowie der Ausbau der Beteiligung bei buch.de konnten aber als Versuch gewertet werden, verstärkt Expertise im digitalen Geschäftsfeld aufbauen zu wollen. Die im Vorjahr eingeleiteten Maßnahmen, die die Vorstellung des eigenen E-Readers nebst Shops beinhalteten, waren insofern erfolgreich, da Thalia im 3. Quartal 2011 einen Marktanteil von 19 Prozent im E-Book-Segment erreichen konnte. Durch die Übernahme von textunes und deren Marktanteil in Höhe von 7 Prozent konnte Thalia seinen Anteil auf 26 Prozent ausbauen, was fast dem des damaligen Marktführers Apple entsprach. Amazon konnte hingegen aufgrund des späteren Markteintritts lediglich 12 Prozent auf sich vereinigen.⁹¹⁸ Als problematisch erwies sich aber das weiterhin rückläufige Kerngeschäft, was sich in einem flächenbereinigten Umsatzrückgang in Höhe von 3,9 Prozent niederschlug.⁹¹⁹ Um dem entgegenzusteuern, reduzierte das Unternehmen die Zielgröße für Flächen und baute den Bereich der neuen Produkte und Serviceleistungen weiter aus, was durch die Übernahmen im Vorjahr eingeleitet wurde. Aus der Veränderung der strategischen Muster im Jahresvergleich (Abbildung 85) lässt sich ablesen, dass der Anteil der neuen Produkte / Serviceleistungen eine Ausweitung erfuhr, wohingegen die übrigen Kategorien rückläufig waren. Auch wenn die Gesamtzahl der Marktaktivitäten im Vergleich zum Wettbewerber Amazon weitaus geringer war, ist doch eine ähnliche Tendenz in der Herangehensweise erkennbar, da bei Amazon der Anteil der eigenen Produkte bzw. Serviceleistungen einen hohen Stellenwert einnahm. Dies deutet auf ein strategisches Umdenken hin, das auch in einem geplanten Restrukturierungsprogramm seine Entsprechung fand, das neben der Ausweitung des Non-BookSegmentes eine Flächenreduktion und einen möglichen Personalabbau umfasste. Dass dieser Schritt spät vollzogen wurde, lässt sich auch an der folgenden Aussage des Vorstandsvorsitzenden der Douglas Holding im Januar 2012 ablesen: „[…] insofern 916 Vgl. Buchreport Online 2011j. 917 Vgl. Buchreport Online 2011k. 918 Vgl. Buchreport Online 2011l. 919 Vgl. Buchreport Online 2012f.

276   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

ist  der Onlinehandel nichts Neues für uns. Neu ist aber, dass so viel mehr Kunden im Internet Bücher kaufen, und mit dieser Wucht und Schnelligkeit der Welle haben wir nicht gerechnet.“⁹²⁰ Die anhaltende Problemlage des Unternehmens führte zu Beginn des Jahres 2012 zu der Ankündigung, einen Verkauf der Buchsparte prüfen zu wollen. Nachdem sich kein geeigneter Interessent fand, sollte die Sanierung in Eigenregie erfolgen. Die Aufwendungen hierfür wurden von Analystenseite auf 200  Mio. Euro geschätzt. In dieser Summe waren u. a. die Kosten für Mietverpflichtungen aus geschlossenen Filialen sowie Abfindungen für betriebsbedingte Entlassungen enthalten. Nach Einschätzung der Commerzbank sollten 20 Prozent der Filialen geschlossen werden, um wieder in die Profitabilitätszone zu gelangen.⁹²¹

50% 38%

43%

31% 19%

19%

2011

2012

neue Produkte/Serviceleistungen Marketingaktivitäten Kooperationen/Allianzen/Übernahmen Abb. 85: Marktaktivitäten Thalia 2011/12. Quelle: www.buchreport.de / www.thalia.de

Im Bereich der neuen Produkte  / Serviceleistungen war einerseits die Aufnahme neuer dezidierter E-Reader als Ergänzung zum unternehmenseigenen Angebot enthalten. Nachdem die Verkaufszahlen der neuen Version des E-Readers Oyo 2 nicht zufrieden stellend entwickelt hatten, sollte mit dem Cybook Odyssey E-Reader ein technisch ausgereifteres Produkt bereitgestellt werden, das mit dem Thalia E-BookShop verknüpft wurde.⁹²² Im Gegensatz zum Oyo wies dieses Modell eine höhere Displayauflösung und eine höhere Reaktionsgeschwindigkeit auf.⁹²³ Als Ergänzung für dieses Angebot im gehobenen Preissegement (129 Euro) schloss Thalia zudem einen Exklusivvertriebsvertrag mit dem Hersteller Bookeen für das Modell HD Frontlight,

920 Buchreport Online 2012g. 921 Vgl. Buchreport Online 2012h. 922 Vgl. Buchreport Online 2012i. Aufgrund des exklusiven Vertriebs wird die Vorstellung dieses Readers zu den neuen Produkten und Serviceleistungen gerechnet und nicht bei den Kooperationen verortet. 923 Vgl. http://ebook-reader-test.eu/bookeen-cybook-odyssey-test/

3 Fallstudien zu den deutschen Unternehmen   

   277

das wie das Konkurrenzprodukt von Amazon über ein beleuchtetes Display verfügte.⁹²⁴ Für die Abdeckung des Niedrigpreissegments (60 Euro) diente die Aufnahme des Trekstor 4ink.⁹²⁵ Die Produktion des Oyo wurde hingegen eingestellt, da der Marktanteil im E-Book-Segment von 19 Prozent auf 15 Prozent gefallen war. Die angestrebte stärkere Integration zwischen Offline- und Onlinevertrieb bei elektronischen Inhalten wurde nach der Erfolglosigkeit der Download-Terminals durch sogenannte E-Book-Boxen umgesetzt. Bei diesen handelte es sich um Starter-Pakete, mit deren Hilfe unerfahrene Kundengruppen mithilfe von Downloadanleitungen und Leseproben an das neue Format herangeführt werden sollten und den Erwerb elektronischer Inhalte in den stationären Verkaufsstellen möglich machen sollten.⁹²⁶ Neben den neuen Endgeräten stellte die Thalia Holding weiterhin den Ausbau der angebotenen Produktpalette in den Vordergrund. Darin war in erster Linie der nunmehr noch forciertere Ausbau des Non-Book-Segments enthalten, was zunächst die Ausweitung der Spieleabteilungen auf 140 Filialen umfasste. Weitere Maßnahmen waren in diesem Zusammenhang die Vergrößerung der DVD- und Musikabteilungen sowie eine testweise Kooperation mit dem Computeranbieter Ditech, im Rahmen derer Computer in den Filialen zusammengestellt und getestet werden konnten.⁹²⁷ Das Shop-in-Shop-Konzept hatte neben der allen Erweiterungen gemeinen Erhöhung der Flächenproduktivität die Zielsetzung, weniger technikaffine Zielgruppen anzusprechen und Schwellenängste abzubauen.⁹²⁸ Im Bereich der neuen Serviceleistungen und als Reaktion auf den Service von Amazon bot das Unternehmen testweise eine Expresslieferung binnen drei Stunden in Hamburg an, die gegen die Zahlung eines Aufpreises von 4,90 Euro durch ein Kurierunternehmen realisiert wurde.⁹²⁹ Eine weitere transaktionsunabhängige Serviceleistung war die Vorstellung eines neuen Veranstaltungsformats mit der Bezeichnung ThaliaTainment. Für dieses Format wurden multimediale Veranstaltungen mit namhaften Autoren konzipiert mit dem Ziel, neue Zielgruppen über das Publikum klassischer Lesungen hinaus anzusprechen.⁹³⁰ Die Kooperationen hatten in diesem Zeitraum den Fokus, die im Rahmen der Restrukturierung Erhöhung der Flächenproduktivität zu realisieren, was durch Shopin-Shop-Lösungen und durch strategische Partnerschaften erreicht werden sollte. Um die nach der Beendigung der Kooperation mit Spiele Max in Eigenregie betriebenen Spielwarenabteilungen zu bedienen, diente der Spielwarenhändler Toys R Us 924 Vgl. http://www.spiegel.de/netzwelt/gadgets/bookeen-odyssey-hd-frontlight-a-866297.html 925 Vgl. Buchreport Online 2012j. 926 Vgl. http://www.boersenblatt.net/537724/ 927 Vgl. Buchreport Online 2012j. 928 Vgl. http://www.computerwelt.at/news/wirtschaft-politik/detail/artikel/93330-naechster-shopin-shop-von-ditech-und-thalia/ 929 Vgl. Boersenblatt Online 2012k. 930 Vgl. http://unternehmen.thalia.de/neuigkeiten/einzelansicht/datum/2012/05/24/ thaliatainment-ein-neues-veranstaltungsformat-fuer-literatur-entertainment/

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   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

als strategischer Partner. Die Partnerschaft umfasste eine Zusammenarbeit in der Beschaffung sowie in der Sortimentsverwaltung.⁹³¹ Weitere Kooperationen dienten der Ausweitung der Sortimente außerhalb der Eigenregie und wurden mit dem Fotokunstanbieter Yellow Corner und dem auf Bastelbedarf spezialisierten Anbieter Rayer Hobby abgeschlossen.⁹³² Die Veränderungen der strategischen Verhaltensmuster dienten folglich einerseits dem Ausbau des wachsenden digitalen Geschäftsfelds und andererseits dem Versuch, die aus dem traditionellen Geschäftsumfeld abwandernden Umsätze durch die Auslastung der Flächen mit Non-Book-Produkten zu erhöhen, die über bessere Margen verfügten. Neben Filialschließungen sollte die Strategie der Shop-in-ShopKonzepte die Restrukturierung erleichtern. Die finanziellen Schwierigkeiten, die sich aus dem negativen Vorsteuergewinn im Geschäftsjahr 2011/12 und den Aufwendungen für die Restrukturierung ergaben und sich auch nachteilig auf den Gesamtkonzern auswirkten, führten zu einem Investoreneinstieg bei der Douglas Holding. Die Beteiligungsgesellschaft Advent International übernahm im Dezember 2012 die Mehrheit der Aktien der Douglas Holding und kündigte in diesem Zusammenhang an, die Sanierung von Thalia weiterverfolgen zu wollen.⁹³³ Aus der Verteilung der strategischen Muster im Jahresvergleich nach der Übernahme zeigt sich, dass dort wiederum eine stärkere Fokussierung auf den Bereich der Kooperationen zu verzeichnen war, was auf den Restrukturierungsprozess und die finanziellen Schwierigkeiten zurückzuführen war. Damit standen weniger Mittel für Investitionen zur Verfügung. Außerdem war die Onlinetochter buch.de mit Umsatzund Gewinneinbrüchen konfrontiert.

46%

43% 38%

36% 19%

2012

18%

2013

neue Produkte/Serviceleistungen Marketingaktivitäten Kooperationen/Allianzen/Übernahmen Abb. 86: Marktaktivitäten Thalia 2012/13. Quelle: www.buchreport.de / www.thalia.de 931 Vgl. Buchreport Online 2012l. 932 Vgl. Buchreport Online 2012m. 933 Vgl. http://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-dienstleister/uebernahme-perfektfinanzinvestor-advent-schnappt-sich-douglas/7475370.html

3 Fallstudien zu den deutschen Unternehmen   

   279

In der Kategorie neue Produkte / Serviceleistungen umfassten die maßgeblichen Aktivitäten hauptsächlich den Servicebereich, was sich beispielsweise an der konzernweiten Einführung eines neuen Zahlungssystems zeigt, das die kontaktlose Transaktion via Smartphone erlauben sollte. Die bargeldlose Zahlung ohne Unterschrift bzw. PINEingabe für Beträge bis zu 25 Euro erfolgt dabei über die sogenannte Near Field Communication und eine Kreditkarte.⁹³⁴ Zudem wurde als weitere Serviceleistung die in Hamburg getestete Expresslieferung innerhalb eines Tages auf weitere Städte (Berlin, Nürnberg, Dresden) ausgeweitet. Allerdings beliefen sich die Kosten für diese Option nunmehr auf 9,90 Euro und hatten sich damit im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt.⁹³⁵ Der Vorstoß sollte die Problematik der nicht sofortigen Verfügbarkeit lösen, wurde aber aus Kundensicht bis zu diesem Zeitpunkt als weniger relevant eingestuft als beispielsweise eine versandkostenfreie Lieferung.⁹³⁶ Ebenfalls dem Bereich der neuen Serviceleistungen zuzuordnen war die Vorstellung eines neuen Veranstaltungskonzepts. In diesem Zusammenhang wurde das erst im Vorjahr etablierte Format ThaliaTainment eingestellt. Dies war auf die zu geringen Besucherzahlen zurückzuführen, weshalb nunmehr die seit 2009 im Marketingbereich bestehende Partnerschaft mit dem Literaturfestival LitCologne genutzt wurde. Der Fokus der mehrtägigen Lesefestivals unter dem Motto ,Erzählt‘ sollte stärker auf den lokalen Raum verlagert und mit dortigen Partnern in Form von Lokalzeitungen und Radiosendern umgesetzt werden.⁹³⁷ Während es im Vorjahr auch zu Übernahmen kam – in diesem Jahr wurden lediglich die buch.de Anteile auf 95  Prozent aufgestockt –, konzentrierte sich Thalia im Jahr 2013 verstärkt auf die Kooperationen bzw. die strategischen Partnerschaften. Einerseits zeigte sich dies in der Fortführung erfolgreich getesteter Kooperationen, wie der mit dem Anbieter für Bastelbedarf Rayher Hobby. Weitere Shop-in-Shop-Konzepte wurden zusammen mit dem auf Leder-Accessoires und Schreibwaren spezialisierten Design-Label Campo Marzia und dem Franchisegeber für Reisebüromarken Touristik-Vertriebsgesellschaft realisiert. Hierdurch sollte ein Mehrwert geschaffen werden, der es Kunden erlaubt, neben der eigentlichen Reise auch die entsprechenden Reiseführer zu erwerben. Das Portfolio der Shop-in-Shop-Lösungen umfasste demnach mittlerweile Spielwaren, Fotokunst, Bastelbedarf, Business-Accessoires und Computer.⁹³⁸ Die Ankündigung, mindestens 60  Prozent der Fläche für Bücher bereitzustellen, bestand aber weiterhin. Neben der Lancierung von Shop-in-Shop-Konzepten als Reaktion auf die zunehmende Abwanderung der Umsätze in den Onlinebereich ging Thalia im deutschspra-

934 Vgl. Buchreport Online 2013d. 935 Vgl. http://www.boersenblatt.net/630867/ 936 Vgl. http://www.de.capgemini.com/news/versand-lieber-kostenlos-als-noch-am-selben-tagonline-shopper-haben-andere-prioritaten/ 937 Vgl. Buchreport Online 2013e. 938 Vgl. Buchreport Online 2013f u. Buchreport Online 2013g.

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   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

chigen Ausland ein Joint Venture mit der Schweizer Buchhandelskette Orell Füssli ein. Ziel des Gemeinschaftsunternehmens war es, Synergien in den Bereichen Logistik, Informatik und Marketing zu realisieren und Personaleinsparungen vorzunehmen. Ähnlich wie Thalia hatte auch Orell Füssli aufgrund der verschärften Konkurrenz mit sinkenden Umsätzen zu kämpfen.⁹³⁹ Die zentrale Kooperation auf dem inländischen Markt war jedoch die Ankündigung der sogenannten Tolino-Allianz. Wie bereits aus der Veränderung der strategischen Muster deutlich wird, war der Anteil der Eigenentwicklungen im Vergleich zum Vorjahr geringer. Ein Grund hierfür waren die finanziellen Schwierigkeiten, die einen geringeren Mitteleinsatz notwendig machten. Seit dem Jahr 2010 gingen die Investitionen stark um über ein Drittel zurück.⁹⁴⁰ Die Allianz hatte die Zielsetzung, eine ganzheitliche und offene Onlineplattform für digitales Lesen zu etablieren. Zu diesem Zweck schlossen sich die Marktführer Thalia, Hugendubel und Weltbild mit dem Telekommunikationsanbieter Telekom zusammen. Synergien sollten dabei überwiegend bei den notwendigen Investitionen erzielt werden. So machte die Geschäftsführerin Nina Hugendubel in diesem Zusammenhang folgende Aussage: „Der Buchmarkt hat sich stark verändert, durch neue Wettbewerber wie Amazon, Apple oder Google. Es ist sehr schwer, als einzelner Buchhändler, selbst als Filialist, dagegen zu halten, besonders angesichts der Investitionen, die notwendig sind.“⁹⁴¹ Als Differenzierungsmerkmal gegenüber Amazon wurde in der Offenheit der Plattform gesehen, da den Nutzern die Wahl des E-Book-Shops bei der Verwendung des Tolino E-Readers offenstand, aber auch wegen des E-Pub-Formates auch andere Geräte verwendet werden konnten. Die Telekom fungierte innerhalb des Bündnisses als technologischer Partner, der mit seiner Infrastruktur eine Cloud-Lösung zur zentralen Speicherung der Inhalte sowie deutschlandweit 11.000 Hotspots zum Download anbot. Die Filialisten steuerten den Content über die jeweiligen Onlineshops an und fungierten über die bundesweit 1.500 Verkaufsstellen als Marketingkanal sowie als Ansprechpartner im Servicebereich. Durch die kumulierten Marktanteile der drei Unternehmen in Höhe von 40  Prozent sah sich die Allianz als potentieller Konkurrent zum Marktführer Amazon.⁹⁴² Mit den Verkaufszahlen des im Angebot enthaltenen E-Readers wurden nach Angaben der beteiligten Unternehmen die Erwartungen übertroffen.⁹⁴³

939 Vgl. Buchreport Online 2013h. 940 Vgl. Thalia Geschäftsberichte 2010–2012. 941 Buchreport Online 2013i. 942 Vgl. Buchreport Online 2013j. 943 Vgl. Buchreport Online 2013k.

3 Fallstudien zu den deutschen Unternehmen   

   281

3.3.2 Reaktion der DBH Die Deutsche Buchhandelsholding insgesamt reagierte im Gegensatz zur Thalia Holding später auf die Herausbildung des E-Book-Marktes. Wie in Gliederungspunkt 2.3.3 dargelegt, ergriff Hugendubel erst im Jahr 2010 umfassende Maßnahmen zur Stärkung des Onlinegeschäfts, weshalb an dieser Stelle zunächst die Maßnahmen von Weltbild in diesem Jahr beleuchtet werden, die auch einen starken Einfluss auf die gesamte Holding hatten, da Weltbild die technologische Plattform für Hugendubel bereitstellte. Anders als die DBH konnte die Verl Weltbild seine Umsätze einschließlich bis zum Geschäftsjahr 2008/09 konstant steigern, wobei das Wachstum hauptsächlich im Onlinesegment zu verorten war, die Einbrüche im physischen Segment aber nicht vollständig kompensiert werden konnten.⁹⁴⁴ Dies zeigte sich auch in der Entlassung von 20 Mitarbeitern zum Jahreswechsel 2008/09, die auf Schwierigkeiten bei der strategischen Gesamtausrichtung des Unternehmens zurückzuführen war. Im Frühjahr 2009 wurden in diesem Zusammenhang Pläne eines Verkaufs durch die kirchlichen Gesellschafter publik.⁹⁴⁵ Von einem Verkauf wurde aber mit Verweis auf die negativen Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise auf den Unternehmenswert zunächst Abstand genommen. Die Probleme in der strategischen Ausrichtung entstanden aus dem Umsatzrückgang des Kataloggeschäfts und der damit verbundenen Notwendigkeit, das Geschäftsmodell auf die wachsende Bedeutung des Internethandels und den Bedeutungsverlust des physischen Vertriebskanals anzupassen. Im Mai 2009 kündigte Weltbild im Zuge der eingeleiteten Umbaumaßnahmen 322 von 1.571 Mitarbeitern, was einem Abbau in Höhe von 20  Prozent entsprach.⁹⁴⁶ Dieser Personalabbau war dem Versuch der Neuausrichtung des traditionellen Geschäfts geschuldet, im Rahmen derer die Selbstbedienung von Kundenseite erhöht werden sollte und eine Kostenreduktion umgesetzt werden sollte.⁹⁴⁷ Neben der Restrukturierung des Medienvertriebs umfasste die Neuausrichtung auch die Verlagsgruppe, was mit dem 2008 erfolgten Verkauf des Zeitschriftensegments eingeleitet wurde.⁹⁴⁸ Wie aus der in Abbildung 87 aufgeführten Verteilung der Unternehmensaktivitäten im Jahr 2009 ersichtlich ist, hatte Weltbild zunächst einen leicht höheren Anteil an Eigenentwicklungen zu verzeichnen als der Wettbewerber Thalia. Die Kooperationen hingegen waren mit 11 Prozent Anteil geringer ausgeprägt, was auf eine anfangs schnellere Reaktion auf die veränderten Marktgegebenheiten hindeutet. Allerdings ist der Unterschied nicht stark ausgeprägt, und die Maßnahmen beschränkten sich überwiegend auf die Imitation der von den Wettbewerbern eingeführten Neuerungen und weniger auf komplett eigenständige Innovationen. Vielmehr fanden die Neue-

944 Vgl. www.weltbild.de/pressmitteilungen/presse 945 Vgl. www.augsburgwiki.de/VerlagsgruppeWeltbildGmbH 946 Vgl. Buchreport Online 2009c. 947 Vgl. Buchreport Online 2009d. 948 Vgl. Buchreport Online 2009e.

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   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

67%

22% 11% 2009 neue Produkte/Serviceleistungen Marketingaktivitäten Kooperationen/Allianzen/Übernahmen Abb. 87: Marktaktivitäten Weltbild 2009. Quelle: www.weltbild.com

rungen in der Verbesserung von Funktionalitäten statt, so dass in diesem Zusammenhang von erhaltenden Innovationen gesprochen werden kann. Eine solche stellte die Optimierung der Suchergebnisse in der Warengruppe Elektronik-Zubehör dar. Der Mehrwert der eingerichteten Funktion zeigte sich in der Möglichkeit, das passende Zubehör innerhalb bestimmter Warengruppen wie den Elektronikartikeln auswählen zu können.⁹⁴⁹ Die neue Suchfunktion bot dahingehend eine Vielzahl an Kombinationsmöglichkeiten von Geräten und Zubehör und erleichterte den Auswahlprozess. In der Kategorie der Serviceleistungen wurde eine portofreie Lieferung eingeführt. Die bis dahin bestehende Versandgebühr wurde beim Kauf eines Buchs bzw. Hörbuchs erlassen, was später auch auf Kalender erweitert wurde. Dies stellte eine Abgrenzung von der Konkurrenz dar, da dort die Versandkostenfreiheit bei Büchern von einem Mindestbestellwert abhängig war.⁹⁵⁰ Die zentrale Neuerung auf der Produktebene war hingegen der Markteintritt in das E-Book-Geschäft mit einem eigenen Onlineshop, der zunächst ein Angebot in Höhe von 30.000 Titeln vorsah. Bis Ende des Jahres sollte dieses Angebot auf 100.000 Titel erweitert werden.⁹⁵¹ Im Gegensatz dazu bot der Thalia-Onlineshop bei der Markteinführung mit 50.000 Titeln ein größeres Angebot. Während der spätere Markteintritt bei Thalia einen Nachteil darstellte, bot Weltbild zusätzlich zur geringeren Reichweite des Angebots auch kein eigenes Lesegerät an, sondern griff dafür auf eine Kooperation zurück.

949 Vgl. http://www.weltbild.com/presse/pressemitteilung/Weltbildde-Mit-drei-Klicks-zumoptimalen-Elektronik-Zubehoer/402/ 950 Vgl. http://www.weltbild.com/presse/pressemitteilung/Weltbild-Buecher-frei-Haus/405/; Valda 2007: Amazon senkt Preise: Ex Libris bleibt billiger; Amazon verlangte beispielsweise zunächst keine Versandkosten bei Büchern bzw. wenn diese in der Bestellung enthalten waren. Ab dem Jahr 2002 wurde erst ab einem Mindestbestellwert von 20 Euro Versandkostenfreiheit gewährt. Auch buch.de verlangte bei Bestellungen unter 20 Euro eine Versandgebühr. Vgl. Die Welt 2002. 951 Vgl. http://www.weltbild.com/presse/pressemitteilung/Weltbild-startet-E-Book-Offensive

3 Fallstudien zu den deutschen Unternehmen   

   283

Neben der durch die Maßnahmen zum Ausdruck kommenden verstärkten Konzentration auf den Onlineversandhandel und den E-Book-Bereich, entwickelte Weltbild auch ein neues Filialkonzept. Hierbei wurde ähnlich wie beim Wettbewerber Thalia eine stärkere Fokussierung der Zielgruppe Kinder bzw. Eltern angestrebt, was in der Einrichtung einer Kinderwelt seinen Niederschlag fand. Wärmere Farben und die Vorstellung von Leselounges als weiterer Bestandteil des neuen Ladenkonzepts sollten außerdem das Ambiente verbessern, das bisher mit preisgünstigen Angeboten assoziiert wurde.⁹⁵² Allerdings verknüpfte Weltbild seine Vertriebskanäle in geringerem Maße als Thalia, das mit seinen interaktiven Elementen in der Ladengestaltung eine höhere Integration zwischen Online- und Offlinekanal anstrebte.⁹⁵³ Die Kooperationen / Allianzen / Übernahmen umfassten bei Weltbild die Zusammenarbeit mit dem E-Reader-Hersteller Bookeen. Im Rahmen der Kooperation wurde der E-Reader Cybook Gen 3 im April 2009 zum Preis von 269 Euro vorgestellt. Mit diesem Preis war das Endgerät günstiger als der von Thalia angebotene Sony Reader und verfügte über ähnliche technische Eigenschaften.⁹⁵⁴ Bei der Preisgestaltung des Endgerätes orientierte sich Weltbild demnach an der strategischen Ausrichtung im Offlinevertrieb, die ebenfalls auf die preissensitive Zielgruppe abzielte. Eine weitere Kooperation fand neben der Ebene der Endgeräte auch in der Bereitstellung des Contentangebots statt. So griff die Schmalspurbuchhandelstochter Jokers auf eine Kooperation mit dem Download-Portal bzw. Aggregator Ciando zurück, um ein Angebot von zunächst 35.000 E-Books bereitstellen zu können.⁹⁵⁵ Die Marktaktivitäten bei Weltbild ähnelten im Jahr der Markteinführung des Kindles demzufolge denen des Wettbewerbers Thalia. Dies zeigte sich beispielsweise in der Vorstellung des neuen Ladenkonzepts, was als Versuch gewertet werden kann auf die sinkenden Umsätze im physischen Handel zu reagieren. Mit der Vorstellung des E-Readers in Kooperation mit dem Anbieter Bookeen, griff Weltbild ebenfalls auf eine Zusammenarbeit mit einem externen Partner zurück, was Thalia mit dem Sony-Lesegerät umsetzte. Im ersten Jahr nach der Markteinführung des Amazon Kindle in Deutschland konzentrierte sich Weltbild aber im Gegensatz zum Wettbewerber Thalia Holding, der den Anteil der innovativen Aktivitäten erhöhte, stärker auf den Bereich der Marketingaktivitäten. Dies wird neben des insgesamt höheren Anteils dieser Aktivitätenkategorie beispielsweise in der Fortführung der im Vorjahr gestarteten TV-Werbekampagne deutlich.⁹⁵⁶ Zu diesem Zeitpunkt erzielte das Unternehmen nur noch 50 Prozent der Umsätze im Filialhandel, 20 Prozent im klassischen Versandhandel und zu 30 Prozent

952 Vgl. http://www.weltbild.com/presse/pressemitteilung/Weltbild-Weitere-Fuenf-Filialen-inneuem-Look/429/ 953 Vgl. Teil III, Punkt 3.3.1. 954 Vgl. http://www.weltbild.com/presse/pressemitteilung/Weltbild-startet-E-Book-Offensive-mitpreisguenstigem-Lesegeraet-und-30000-E-Books/406/ 955 Vgl. http://www.weltbild.com/presse/pressemitteilung/Neu-wwwjokers-ebooksde/388/ 956 Vgl. http://www.weltbild.com/presse/pressemitteilung/Bilanz-zum-Geschaeftsjahr-20092010/450/

284   

   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

im Internet. Zwei Jahre zuvor betrug der Internetanteil noch lediglich 23 Prozent. Die Veränderung des Verteilungsmusters der Marktaktivitäten lässt demnach eine geringere Fokussierung auf das Onlinegeschäft vermuten. Eine Ursache für diese geringere Aktivität war möglicherweise auch die Tatsache, dass Weltbild nach Amazon den größten Marktanteil im Internethandel mit Büchern auf sich vereinen konnte und deshalb einen geringeren Handlungsbedarf sah.⁹⁵⁷ Ein weiterer Faktor könnte die aus der Wirtschaftskrise ableitbare geringere Bereitschaft für Investitionen sein. Auch der zum damaligen Zeitpunkt geringe Marktanteil von E-Books in Deutschland (2010: 1 Prozent) kann eine Ursache dargestellt haben.⁹⁵⁸

80% 67%

22% 11% 2009

13%

7% 2010

neue Produkte/Serviceleistungen Marketingaktivitäten Kooperationen/Allianzen/Übernahmen Abb. 88: Marktaktivitäten Weltbild 2009/10. Quelle: www.weltbild.com

Entsprechend der Verteilungsmuster in Abbildung  88 wies das Unternehmen im Jahresvergleich eine anteilig geringere Zahl innovativer Aktivitäten bzw. Serviceleistungen im Jahr 2010 auf. Auf der Ebene der Serviceleistungen beinhaltete dies die Integration der Onlinezahlungsplattform Paypal in die Transaktionsoptionen des Onlineshops von Weltbild.⁹⁵⁹ Während der Betreiber des Onlineshops von Thalia (buch.de) eine solche Option für die Marke buch.de ebenfalls seit 2005 anbot, gab es diese Zahlungsmöglichkeit bei thalia.de nicht.⁹⁶⁰ Insofern stellte dieses Angebot eine innovative Serviceleistung von Weltbild dar, da sie eine Differenzierung vom Wettbewerber erlaubte. Auf der Produktebene stellte das Unternehmen Im April 2010 mit dem dezidierten Lesegerät Weltbild E-Book-Reader N516 ein preisgünstiges Lesegerät mit E-ink-Tech957 Vgl. http://www.weltbild.com/presse/pressemitteilung/Bilanz-zum-Geschaeftsjahr-20092010/ 450/; http://www.weltbild.com/presse/pressemitteilung/Bilanz-20072008-Weltbild-Konzern-steigertUmsatz-um-21-Prozent-auf-194-Mrd-Euro/1/ 958 Vgl. Buchreport Magazin 2010, S. 61. 959 Vgl. http://www.weltbild.com/presse/pressemitteilung/PayPal-jetzt-auch-bei-Weltbildde/438/ 960 Vgl. http://www.wortfilter.de/News/news1436.html

3 Fallstudien zu den deutschen Unternehmen   

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nologie vor, das lediglich 150 Euro kostete und damit preisgünstiger als die bisher auf dem Markt befindlichen Geräte war, deren Basispreis weit über 200 Euro lag. Die Vorstellung des E-Readers erfolgte damit vier Monate vor dem Oyo von Thalia, was neben dem günstigen Preis einen weiteren Vorteil darstellte. Allerdings verfügte das Gerät in Bezug auf die Usability über den Nachteil, dass aufgrund des fehlenden Wi-FiModuls der Einsatz eines Desktop-Computers für den Erwerb von Inhalten notwendig war.⁹⁶¹ Im Gegensatz dazu boten die Konkurrenzprodukte von Thalia und Amazon diese Möglichkeit. Amazons Endgerät verfügte darüber hinaus bereits bei der Markteinführung über eine mobile Internetanbindung, die den Erwerb von Inhalten auch unterwegs möglich machte. Auch das geringere Angebot an E-Book-Titeln – zum Start waren 35.000 Titel verfügbar, bei Thalia hingegen 50.000 bei der Einführung des Oyo – stellte einen Nachteil des Angebots dar. Mit der Präsentation des Aluratek Libre für unter 100 Euro kurz nach dem Oyo führte Weltbild die Positionierung des Unternehmens im Niedrigpreissegment fort, die sich bereits im physischen Geschäft herausgebildet hatte. Dieses Endgerät war jedoch weniger stark als sein Vorgänger mit dem Markennamen des Unternehmens verknüpft und verfügte aus Kostengründen über kein E-Ink-Display, was die Akkulaufzeit im Vergleich zu den Konkurrenzmodellen reduzierte. Im Gegensatz zum Vorgängermodell wurde der Start dieses Lesegeräts auch von einer umfangreichen Marketingkampagne begleitet.⁹⁶² Kooperationen und damit der Fremdaufbau von Ressourcen wurden zu diesem Zeitpunkt überwiegend zur Bereitstellung von Content und Hardware genutzt. So nutzte das Unternehmen einerseits die Expertise Technologieunternehmen wie Hanvon und Aluratek, um Lesegeräte bereitzustellen, andererseits ging Weltbild mit BIC media, der Onlineplattform libreka! und Google im Januar 2010 eine Kooperation zur Bereitstellung von Leseproben und zur Volltextsuche ein.⁹⁶³ Amazon führte diese Option hingegen erst im September desselben Jahres ein.⁹⁶⁴ Übernahmen fanden in diesem Zeitraum nicht statt. Auch das Eingehen von Kooperationen zur Ausweitung der Vertriebskanäle gab es, anders als beim direkten Wettbewerber, nicht. Das Partnerunternehmen Hugendubel sah den Onlinekanal nach eigenem Bekunden zunächst als Ergänzung des physischen Vertriebs und ergriff erst im Jahresverlauf eigene Maßnahmen in diesem Bereich. Bei den innovativen Produkten umfasste dies die Vorstellung einer iPad-App, die in Verbindung mit einem kosten961 Vgl. http://www.weltbild.com/presse/pressemitteilung/E-Book-Preisoffensive-Weltbild-machtdigitales-Lesen-erschwinglich/444/; http://www.e-book-news.de/nicht-nur-fur-taikonauten-hanvonn516-weltbild-edition-im-test/ 962 Vgl. http://www.weltbild.com/presse/pressemitteilung/Weltbild-Zur-Buchmesse-erster-E-BookReader-fuer-unter-100-Euro/456/ 963 Vgl. http://www.weltbild.com/presse/pressemitteilung/Internetbuchhandel-250000-Buecherkostenlos-schnupperlesen-bei-Weltbildde/434/ Bereits im Jahr 2007 ging Weltbild diesbezüglich eine Kooperation mit Libreka ein. Vgl. Weltbild News-Blog. 964 Vgl. http://www.golem.de/1009/78221.html

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   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

losen W-Lan-Empfang in den Filialen lanciert wurde. Damit reagierte das Unternehmen auf die Markteinführung des Tablet-Computers iPad und versuchte, anders als die Wettbewerber, über die Bereitstellung von Software anstatt von Hardware am wachsenden E-Book-Markt zu partizipieren. Auch Amazon stellte in diesem Jahr eine entsprechende Applikation für den Tablet-Computer vor, wohingegen Weltbild und Thalia keine derartigen Angebote bereithielten. Die App von Hugendubel sah dabei eine Bestellfunktion sowie eine mobile Verfügbarkeitsabfrage und eine Lesefunktion für E-Books vor. Die Verfügbarkeitsabfrage wurde im Jahresverlauf noch um eine Reservierungsfunktion erweitert.⁹⁶⁵ Außerdem überarbeitete Hugendubel seinen Onlineauftritt, der nunmehr in einem übersichtlicheren Design präsentiert wurde. Neben der äußerlichen Überarbeitung erfolgte eine inhaltliche Neukonzeption. So wurde analog zum Marktführer Amazon ein Marktplatz für den Handel mit gebrauchten Büchern vorgestellt. Eine weitere Parallele war die nunmehr bestehende Option, Rezensionen zu verfassen. Auch die Erweiterung der Produktpalette orientierte sich an den von den Konkurrenzunternehmen eingeführten Kategorien. Diese umfassten die neu geschaffenen Bereiche Haushalt / Technik sowie Gesundheit / Beauty und Spielwaren. Auf der Ebene der Serviceleistungen gab es wie im Onlineshop von Weltbild erstmals die Zahlungsoption per Paypal und als Neuerung die Möglichkeit einer Ratenzahlung bei Artikeln mit einem Preis über neun Euro. Auch der kostenlose Versand bei Bestellungen, bei denen Bücher enthalten waren, wurde eingeführt. Mit der Einrichtung des Services ,Mein Hugendubel‘, mithilfe dessen sich Kunden nach der Registrierung über Informationen zu bestimmten Angeboten versorgen lassen konnten, sollte überdies ein höherer Grad der personalisierten Kundenansprache realisiert werden, als dies beispielsweise durch Newsletter der Fall war.⁹⁶⁶ Anders als Weltbild konzentrierte sich Hugendubel folglich wesentlich stärker auf die Software-Komponente und imitierte durch die eingeführten Neuerungen von den Wettbewerbern ausfindig gemachte Marktchancen. Insgesamt konzentrierte sich das Unternehmen stärker auf die Onlinepräsenz, was sich auch in der Tatsache zeigt, dass es bei den E-Readern und damit bei der Hardware auf vorhandene Angebote zurückgriff (z. B. wurden der von Weltbild vorgestellte Aluratek Libre ins Sortiment aufgenommen) bzw. mit der Vorstellung der iPad-App auf bereits bestehende Plattformen. Allerdings ergab sich hieraus die Problematik, dass der Onlineshop nicht von einem mit dem Markennamen verknüpften Lesegerät profitieren konnte, was die Sichtbarkeit verringerte. Aus der in Abbildung 79 aufgeführten Verteilung der Marktanteile für E-Reader im Januar 2011 wird deutlich, dass der von der DBH bereitgestellte Aluratek Libre lediglich einen Marktanteil von 1 Prozent auf sich vereinen konnte, wohingegen 965 Vgl. http://web.archive.org/web/20101101113836/http://www.hugendubel.com/ pressemitteilung/3/zur-buchmesse-relaunch-der-hugendubel-app.html 966 Vgl. http://web.archive.org/web/20101108005627/http://www.hugendubel.com/ pressemitteilung/12/der-neue-online-shop-von-hugendubel.html

3 Fallstudien zu den deutschen Unternehmen   

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der Oyo bereits 8 Prozent erreichte. Ursachen für diese Diskrepanz lagen möglicherweise einerseits in der späteren Verfügbarkeit des Endgeräts in den Filialen (Vorstellung im September 2010, Bereitstellung im November 2010)⁹⁶⁷ und andererseits in der geringeren technologischen Leistungsfähigkeit. Einen Hinweis für die größere Bedeutung des Markteinführungszeitpunktes und der Rolle einer flächendeckenden Verfügbarkeit stellt dabei die Tatsache dar, dass der im Rahmen der Kooperation von Sony und Thalia bereits im Jahr 2009 eingeführte Sony-Reader den größten Marktanteil auf sich vereinigen konnte, während der später in Deutschland verfügbare Amazon Kindle zu diesem Zeitpunkt über lediglich 11 Prozent Marktanteil verfügte. Für diese Annahme spricht auch der höhere Marktanteil des ebenfalls von Weltbild angebotenen Cybook Readers. Zusammengenommen konnte die DBH mit 6 Prozent aber auf einen ähnlichen Marktanteil wie Thalia zurückgreifen. Cybook Gen 3/ Opus 5%

Oyo (Thalia) 8%

Amazon Kindle 11% Andere 36%

Bebook mini 1%

Sony Reader 35%

Aluratek Libre (Weltbild, Hugendubel) 1%

Abb. 89: Marktanteile E-Book-Reader 2011. Quelle: Gfk.

Zusätzlich zur strategischen Fokussierung auf die Softwarekomponente wies Hugendubel im Vergleich zu Weltbild eine höhere Zahl an innovativen Aktivitäten aus. Wie aus Abbildung  90 ersichtlich ist, wies Weltbild diesbezüglich im darauffolgenden Jahr jedoch wieder einen höheren Anteil aus. Auch der Bereich der Kooperationen / Allianzen  / Übernahmen erfuhr eine Ausweitung. Dies war auch auf die Ankündigung zurückzuführen, einen zweistelligen Millionenbetrag in das Internetgeschäft zu investieren. Im Vorjahr stand hingegen die Neukonzeption der Filialen im Vordergrund. Nachdem in den Vorjahren durchschnittlich 30 Prozent Umsatzwachstumsra967 Vgl. http://www.weltbild.com/presse/pressemitteilung/Weltbild-Zur-Buchmesse-erster-E-BookReader-fuer-unter-100-Euro/456/

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   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

ten im Onlinebereich erzielt werden konnten, kündigte Weltbild an, sich noch stärker in diesem Geschäftsfeld engagieren zu wollen, was sich auch in der Veränderung der strategischen Muster widerspiegelt. Der Umsatzanteil des Internetgeschäfts konnte zudem auf 30 Prozent vom Gesamtumsatz ausgebaut werden.⁹⁶⁸

80% 68%

18%

13%

14%

7% 2010

2011

neue Produkte/Serviceleistungen Marketingaktivitäten Kooperationen/Allianzen/Übernahmen Abb. 90: Marktaktivitäten Weltbild 2010/11. Quelle: www.weltbild.com

Insgesamt hatte Weltbild im Verlauf des Jahres 2011 demnach wiederum höhere Investitionen in den Onlinebereich zu verzeichnen, wodurch die Eigenentwicklungen eine Zunahme erfuhren. Diese umfassten analog zur Vorgehensweise des Partnerunternehmens Hugendubel die Vorstellung einer eBook App, die aber auf das von Google initiierte Android-System aufsetzte. Damit reagierte das Unternehmen auf die zunehmende Verbreitung von mobilen Endgeräten wie Tablets oder Smartphones. Während der Marktanteil des Apple Betriebssystems iOS, für das die App von Hugendubel konzipiert war, im Jahresverlauf weitgehend konstant bei etwa 18 Prozent blieb, konnte Android den Marktanteil auf über 43 Prozent ausbauen.⁹⁶⁹ Gleichzeitig stellte das Unternehmen eine mobile Version seines Onlineshops zur Verfügung, die speziell auf entsprechende Endgeräte angepasst war. Zusätzlich zur App und dem mobilen Webshop kündigte Weltbild an, sein E-Book-Angebot auf 90.000 Titel erweitert zu haben, und führte die Niedrigpreisstrategie bei den Lesegeräten mit einem LCD-Gerät zum Preis von 79,99 Euro fort.⁹⁷⁰ Um einen Mehrwert aus Kundensicht zu generieren und mit der Intention Angebote im Bereich der Social Media zu entwickeln, lancierte das Unternehmen zum Weihnachtsgeschäft eine sogenannte Wunschzettel-App, die sich an der von Amazon 968 Vgl. http://www.weltbild.com/presse/pressemitteilung/Bilanz-zum-Geschaeftsjahr-20092010/ 450/ 969 Vgl. http://www.golem.de/1112/88690-2.html 970 Vgl. http://www.weltbild.com/presse/pressemitteilung/eBook-Offensive-von-Weltbild-Derguenstigste-eReader-aller-Zeiten/481/

3 Fallstudien zu den deutschen Unternehmen   

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im Jahr 1999 vorgestellten Wishlist orientierte. Mithilfe des Programms konnten Nutzer einen virtuellen Wunschzettel mit bei Weltbild verfügbaren Produkten auf ihrer Facebook-Seite hinterlegen und sich von Freunden und Bekannten damit beschenken lassen.⁹⁷¹ Anders als im Vorjahr kooperierte Weltbild bei den angebotenen Lesegeräten in höherem Ausmaß mit dem DBH-Partner Hugendubel. Die Zusammenarbeit umfasste die Präsentation eines neuen E-Readers mit dem Namen eBook Reader 3.0 zur Buchmesse 2011 im Niedrigpreissegment (unter 60 Euro). Im Zuge der Vorstellung wurde für den technischen Support der Kunden eine gemeinsame Servicehotline eingerichtet. Auf das sich ausweitende Tablet-Segment⁹⁷² reagierten die Unternehmen mit der Präsentation eines entsprechenden Endgerätes. Analog zum E-Reader positionierten sich Weltbild und Hugendubel im niedrigen Preissegment, da sich der Einführungspreis auf 160 Euro belief. Anders als Barnes & Noble entwickelten Weltbild und Hugendubel aber keine eigene Softwareoberfläche.⁹⁷³ Die Vorstellung konnte auch als Reaktion auf die Tatsache gesehen werden, dass das Unternehmen Apple mit dem Endgerät iPad im E-Book-Segment einen Marktanteil von 29 Prozent auf sich vereinen konnte.⁹⁷⁴ Zusätzlich zum Ausbau des nationalen Geschäfts übernahm Weltbild ein polnisches Verlags- und Versandhaus der Direct Group Bertelsmann. Die Akquisition beinhaltete Filialen, einen Onlineshop sowie das Kataloggeschäft und einen Verlag. Mit der Maßnahme wollte das Unternehmen nach eigener Aussage das polnische MultiChannel-Geschäft stärken. Mit Weltbild.pl war bereits ein Marktauftritt vorhanden, in den das neue Angebot integriert werden sollte. Ähnlich wie der Wettbewerber Amazon nutzte Weltbild demnach Übernahmen zum Aufbau bzw. zur Stärkung des internationalen Geschäfts und fokussierte sich dabei auf kleinere Märkte, auf denen Amazon noch keine Marktmacht aufgebaut hatte.⁹⁷⁵ Zum damaligen Zeitpunkt war Amazon noch nicht auf dem polnischen Markt vertreten. Im Gegensatz zu Weltbild wies Hugendubel im Vergleich zum Vorjahr wiederum eine geringere Aktivitätenzahl im Bereich der neuen Produkte und Serviceleistungen auf. Während im Vorjahr eine Vielzahl an Neuerungen im Rahmen des Relaunches der Webseite vorgestellt wurden, kam es in diesem Jahr lediglich zur Vorstellung einer

971 Vgl. http://www.weltbild.com/presse/pressemitteilung/Weltbild-macht-das-Schenkenleichter/498/ 972 Im Jahr 2010 wurden 700.000 Endgeräte verkauft, im Folgejahr waren es bereits 2,3 Mio., was einem Wachstum von über 300 Prozent entspricht. Vgl. IDC; EITO aufgerufen auf: de.statista.com 973 Vgl. http://www.weltbild.com/presse/pressemitteilung/Die-Antwort-des-Buchhandels-andie-amerikanischen-Herausforderer-Hugendubel-und-Weltbild-praesentieren-Tablet-PC-zumNiedrigpreis/496/ 974 Vgl. Gfk 2011 aufgerufen auf: de.statista.com 975 Vgl. http://www.weltbild.com/presse/pressemitteilung/Weltbild-uebernimmt-vonder-DirectGroup-Bertelsmann-den-polnischen-Buchclub-und-Verlag-Swiat-Ksiazki/475/; http://www.polentoday.de/content/view/6921/286/

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   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

auf mobile Endgeräte angepassten Variante des Onlineshops, die im Zusammenhang mit der Einführung des gemeinsamen Tablets stand. Unternehmensangaben zufolge war die Einführung des überarbeiteten Onlineshops jedoch erfolgreich, was sich in einem Wachstum von 100  Prozent niederschlug.⁹⁷⁶ Jedoch konnte Hugendubel aufgrund seines späten Markteintritts im Jahresverlauf keinen signifikanten Marktanteil aufbauen. Weltbild hingegen vereinigte mit dem eigenen E-Book-Shop 9 Prozent auf sich und erreichte mit dem Partnerunternehmen buecher.de 10 Prozent. Der Wettbewerber Thalia hatte zu diesem Zeitpunkt ebenfalls 19 Prozent Marktanteil.⁹⁷⁷ Im Jahr 2012 gingen die innovativen Aktivitäten auf null Prozent Anteil an den Gesamtaktivitäten zurück, wie aus Abbildung 91 deutlich wird. Der Anteil der Kooperationen blieb hingegen weitgehend konstant. Ursächlich für diesen fehlenden Eigenaufbau und die daraus abzuleitende geringere Investitionsbereitschaft waren die Probleme im physischen Kerngeschäft. So sah sich Weltbild mit einer stagnierenden bzw. leicht rückläufigen Umsatzentwicklung konfrontiert. Auch die hohen Wachstumsraten im Onlinesegment – so lag der Umsatzanteil dort mittlerweile bei 40  Prozent  – konnten die rückläufigen Umsätze im physischen Handel nicht kompensieren. Aufgrund der Rückgänge kam es zu Filialschließungen und -umbauten bei Weltbild, wohingegen die Schmalspurbuchkette Jokers noch Neueröffnungen zu verzeichnen hatte.⁹⁷⁸ Insgesamt hatte das Unternehmen hohe Aufwendungen für die Restrukturierung bereitzustellen. Diese Tatsache und der an fehlenden Interessenten gescheiterte Verkaufsversuch führten dazu, dass die Diözesen die Verlagsgruppe in eine zu gründende Stiftung als alleinigen Eigentümer überführen wollten.⁹⁷⁹ Einen weiteren Grund waren Medienberichte, die auf das Esoterik und Erotikangebot der Buchhandlung verwiesen und sich auf die Reputation der katholischen Kirche als Eigentümer nachteilig auswirkten. Diese Entwicklungen und die sich daraus ergebende Unsicherheit trugen dazu bei, dass Weltbild keine selbst entwickelten neuen Produkte oder Serviceleistungen vorstellte, sondern lediglich auf Kooperationen und damit auf den externen Ressourcenaufbau zurückgriff. Die Allianzen beinhalteten dabei die Fortsetzung der Kooperation mit Hugendubel bei den Lesegeräten und Tablets. Für den im Vorjahr präsentierten eBook Reader 3.0 und das Tablet wurden jeweils Nachfolgemodelle eingeführt. Daneben kooperierte Weltbild mit einem Anbieter für Bezahlsysteme, der eine Lösung für schnellere und effizientere Onlinetransaktionen bereitstellte.⁹⁸⁰ 976 Vgl. http://web.archive.org/web/20120508024800/http://www.hugendubel.com/ pressemitteilung/29/hugendubel-startet-mit-schwung-ins-weihnachtsgeschaeft.html 977 Vgl. Gfk 2011 aufgerufen auf: de.statista.com 978 Vgl. http://www.weltbild.com/presse/pressemitteilung/Bilanz-Geschaeftsjahr-201112/520/ 979 Vgl. http://www.weltbild.com/presse/pressemitteilung/Weltbild-widerspricht-PornografieVorwurf/497/; http://www.weltbild.com/presse/pressemitteilung/Zur-Zukunft-der-VerlagsgruppeWeltbild-GmbH/517/ 980 Vgl. http://www.weltbild.com/presse/pressemitteilung/Weltbild-setzt-auf-SOFORTUeberweisung/535/

3 Fallstudien zu den deutschen Unternehmen   

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79% 68%

18%

21%

14% 0% 2011

2012

neue Produkte/Serviceleistungen Marketingaktivitäten Kooperationen/Allianzen/Übernahmen Abb. 91: Marktaktivitäten Weltbild 2011/12. Quelle: www.weltbild.com

Daneben beteiligte sich Weltbild gemeinsam mit Hugendubel anteilig mit 50 Prozent am Onlinekiosk Pubbles, der im 2010 von Bertelsmann und dessen Tochtergesellschaft Gruner & Jahr im Rahmen eines Joint Ventures gegründet wurde.⁹⁸¹ Das Angebot hatte sich auf die digitale Bereitstellung von Zeitschriften und Zeitungen fokussiert und sollte als Alternative gegenüber den großen Anbietern Apple und Amazon positioniert werden. Im Gegensatz zu den E-Book-Stores war das Titelangebot in diesem Segment stark begrenzt, während Magazine und Zeitungen dort auch als Einzelausgaben erworben werden konnten. In den meisten Onlinestores, wie z. B. dem von Apple, konnten hingegen nur Abo-Verträge abgeschlossen werden. Die Zielstellung des Angebots war es, Verlagsinhalte auf einer dafür spezialisierten Plattform anzubieten, da die Sichtbarkeit derartiger Angebote in Apples iTunes-Store aufgrund der umfangreichen Präsenz konkurrierender Medien geringer ausfiel. Problematisch war allerdings die geringe Reichweite des Angebots, da andere Zeitschriften-Verlage außer Gruner & Jahr nur zögerlich Inhalte bereitstellten.⁹⁸² Mit dem Einstieg der DBH rückte das E-Book-Angebot stärker in den Vordergrund. Allerdings konnte das Zeitschriftenangebot nicht wesentlich erweitert werden und erreichte lediglich 100 verschiedene Titel, was wiederum einen kritischen Faktor für den Unternehmenserfolg darstellte. Als Konsequenz der geringen Nutzerzahlen schloss die Plattform ihr Privatkundenangebot 2013 und kündigte an, sich stärker auf den B-to-B-Vertrieb von Verlagsinhalten konzentrieren zu wollen.⁹⁸³ Das Partnerunternehmen Hugendubel führte neben den genannten Kooperationen ebenfalls keine eigenständigen Neuerungen bzw. Entwicklungen ein und kon-

981 Vgl. http://www.heise.de/newsticker/meldung/Bericht-Bertelsmann-und-G-J-verkaufen-Haelftevon-Online-Kiosk-1332967.html 982 Vgl. http://www.spiegel.de/netzwelt/web/pubbles-der-potemkinsche-kiosk-a-721562.html 983 Vgl. http://www.heise.de/newsticker/meldung/Digitaler-Zeitungskiosk-Pubbles-machtdicht-1909667.html

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   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

zentrierte sich weiterhin auf den Umbau bzw. Rückbau des physischen Geschäftsfeldes in Richtung des Multi-Channel-Vertriebs, was sich beispielsweise an der Komplettintegration der Buchhandelskette Weiland zeigte. Infolge der Übernahme der restlichen Anteile durch die DBH wurde die Zentrale der norddeutschen Kette in die Hugendubel-Zentrale nach München verlegt und die Filialen unter dem Markennamen Hugendubel weitergeführt. Durch den einheitlichen Marktauftritt sollte die Online-Sichtbarkeit erhöht werden, was durch die vorher betriebene Mehrmarkenstrategie der DBH mit den Einzelmarken Schmorl & Seefeld, Buch Habel und Weiland vorher nicht gegeben war.⁹⁸⁴ Mit dem Jahreswechsel verschärften sich die Probleme der Verlagsgruppe Weltbild. Diese erwuchsen zunächst aus der gescheiterten Verkaufsabsicht und der Überführung des Unternehmens in eine Stiftung und der damit verbundenen Unsicherheit über die zukünftige Unternehmensentwicklung. Nachdem die Bistümer Köln, Aachen, Trier und Münster ankündigten, die Stiftungslösung nicht mehr zu präferieren, und stattdessen wiederum für einen Verkauf warben, kündigten Gläubigerbanken die Kreditlinien, was in Kombination mit den anhaltenden Verlusten im Kerngeschäft den Erhalt des Unternehmens gefährdete.⁹⁸⁵ Um die Ende 2013 bereits drohende Insolvenz zu verhindern, stellten die Gesellschafter dem Unternehmen 60 Mio. Euro an Kapital zur Kreditsicherung zur Verfügung.⁹⁸⁶ Zusätzlich bestand ein hoher Investitionsbedarf, der aus der stärkeren Fokussierung des Onlinegeschäfts erwuchs. Da das Kerngeschäft weiterhin starke Umsatzrückgänge zu verzeichnen hatte, war die Bereitschaft der kirchlichen Eigentümer für weitere Investitionen gering.⁹⁸⁷ Neben der Ausweitung des bereits 2010 begonnenen Filialrückbaus um 100 der ca. 500 Filialen auf nunmehr 50  Prozent der Gesamtladenfläche beschloss Weltbild auch einen Personalabbau in zentralen Abteilungen.⁹⁸⁸ Die Geschäftsführung kündigte neben diesen Maßnahmen zur Krisenbekämpfung an, das Unternehmen als primären Onlineversandhändler positionieren zu wollen und den Katalog nicht mehr als eigenständigen Vertriebskanal, sondern als Marketinginstrument für die Filialen und den Onlineshop zu nutzen.⁹⁸⁹ Die Schwierigkeiten des Unternehmens wurden zudem durch den Umsatzrückgang in den internationalen Geschäftsbeteiligungen verschärft. So ging der Umsatz im polnischen Markt 2012 um 15  Prozent zurück, weshalb der erst ein Jahr zuvor erfolgte Ausbau des dortigen Geschäftsfelds eingestellt wurde. Dies umfasste auch die Schließung des Onlineshops Weltbild.pl und damit den vollständigen Rückzug aus dem polnischen Markt.⁹⁹⁰

984 Vgl. http://www.boersenblatt.net/526451/ 985 Vgl. Buchreport Online 2013l. 986 Vgl. Buchreport Online 2013m. 987 Vgl. Buchreport Online 2013l. 988 Vgl. Buchreport Online 2013n. 989 Vgl. Buchreport Online 2013o. 990 Vgl. Buchreport Online 2013p.

3 Fallstudien zu den deutschen Unternehmen   

   293

79% 67%

21%

20%

13%

0% 2012

2013

neue Produkte/Serviceleistungen Marketingaktivitäten Kooperationen/Allianzen/Übernahmen Abb. 92: Marktaktivitäten Weltbild 2012/13. Quelle: www.weltbild.com

Die Veränderungen schlugen sich auch in den Marktaktivitäten des Unternehmens nieder, die eine absolute Abnahme erfuhren. Während der Aktivitätenanteil im Bereich der Kooperationen konstant blieb, kam es im Jahr 2013 anders als im Vorjahr trotz der Marktsituation zur Vorstellung neuer Produkte und Dienstleistungen. Diese beschränkten sich aber auf die Präsentation eines Tablets, das speziell für die Zielgruppe Kinder ausgerichtet war. Das neue Produkt war mit einer Kindersicherung ausgestattet, die zudem eine Begrenzung der Nutzungsdauer vorsah, und sah die Installation kindgerechter Gratisinhalte vor. Diese Maßnahme entsprach der durch den Ladenumbau eingeleiteten Konzentration auf die Zielgruppe der Eltern, die sich in der Ausweitung der Kinderbuchabteilungen niederschlug.⁹⁹¹ Eine weitere innovative Maßnahme auf der Serviceebene war der Aufbau eines neuen Kommissionierungslagers, das eine höhere Liefergeschwindigkeit realisieren sollte. Das Lager verfügte über vollautomatische Shuttles, die die Ware jeweils zu den Packstationen anlieferten und damit Effizienzgewinne bei den Laufwegen der Mitarbeiter realisierten. Für den Aufbau des Lagers am Unternehmenssitz Augsburg investierte das Unternehmen nach eigenem Bekunden einen zweistelligen Millionenbetrag.⁹⁹² Die Maßnahme diente demnach der Erhöhung der Zustellgeschwindigkeit und ist damit den neuen Serviceleistungen zuzurechnen. Mit der Einrichtung des Lagers orientierte sich Weltbild an dem von Amazon eingeführten Lagerkonzept, wobei Amazon bereits deutschlandweit über neun Auslieferungslager verfügte und damit eine breitere Marktabdeckung gewährleisten konnte.⁹⁹³ Neben diesen innovativen Maßnahmen, die im Falle des neuen Logistikzentrums spät erfolgten, da die Wettbewerber bereits ein umfassendes Logistiknetz aufgebaut 991 Vgl. www.weltbild.com/presse/pressemitteilungen 992 Vgl. http://www.weltbild.com/presse/pressemitteilung/Weltbild-nimmt-neuesvollautomatisches-Kommissionierlager-in-Betrieb/547/ 993 Vgl. Schmich 2013.

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hatten (Amazon verfügte über neun Logistikzentren in Deutschland)⁹⁹⁴, was eine flächendeckende und schnelle Versorgung gewährleistete, griff das Unternehmen weiterhin stark auf Kooperationen zurück. Diese erwuchsen zunächst aus der prekären Finanzlage resultierenden Notwendigkeit, Einsparungen zu vollziehen. Ein Beispiel hierfür war die Auslagerung des Kundendienstes (Bestellerfassung, Telefondienst, Lieferanfragen) an externe Dienstleister, wodurch 140 Stellen abgebaut wurden, deren Personalkosten nach Aussage des Unternehmens höher als marktüblich waren.⁹⁹⁵ Die Kooperation diente folglich in erster Linie der Verbesserung der finanziellen Situation des Unternehmens. Aus Kundensicht ergaben sich hingegen aufgrund des höheren Koordinationsbedarfs durch die Auslagerung keine absehbaren Vorteile. Eine weitere Kooperation zusammen mit dem Partnerunternehmen Hugendubel, dem Telekommunikationsanbieter Telekom und den Konkurrenten Thalia Holding bzw. Club Bertelsmann diente hingegen der Realisierung von Synergien bei der Weiterentwicklung des digitalen Geschäftsfeldes. So kündigten die drei Unternehmen im März 2013 die Gründung der branchenübergreifenden strategischen Allianz unter dem Namen Tolino an, die 300.000 deutschsprachige E-Book-Titel im Angebot hatte und auch die Einführung eines dezidierten Lesegeräts mit dem Namen Tolino Shine zu einem im Vergleich zum Kindle Paperwhite günstigeren Preis und ähnlichen technologischen Funktionen umfasste.⁹⁹⁶ Die Kooperation der führenden Buchhändler eines Landes stellte dabei eine Innovation dar und hatte die Zielstellung, sich gegenüber dem Marktführer Amazon zu positionieren. Zusammengenommen verfügten die Unternehmen Weltbild, Hugendubel und Thalia durch ihre eigenen E-Book-Shops und ihre Beteiligungen im Jahr 2012 mit 41 Prozent über denselben Marktanteil wie Amazon.⁹⁹⁷ Obwohl Thalia und Weltbild im Vorjahr mit 14 bzw. 13  Prozent bereits einen höheren Marktanteil als der Wettbewerber Apple (10 Prozent) auf sich vereinigen konnten, gelang es den Anbietern nicht, die beherrschende Stellung von Amazon zu erreichen. Um diese Lücke zu schließen, griff die Allianz auf die Expertise einzelner Unternehmen bzw. auf Synergieeffekte zurück. Mit der Kooperation und der damit verbundenen Einrichtung einer unternehmensübergreifenden Plattform sollte demnach unter anderem eine Bündelung der Marketingaktivitäten realisiert werden, um damit den Bekanntheitsgrad zu erhöhen. Auch die Aufteilung zukünftiger Investitionen stellte einen wesentlichen Vorteil der Allianz gegenüber den bisher verfolgten Einzellösungen dar. Durch die Einbindung 994 Vgl. http://www.amazon-logistikblog.de/standorte/ 995 Vgl. http://www.weltbild.com/presse/pressemitteilung/Weltbild-vergibt-Kundendienst taetigkeiten-an-externe-Dienstleister/564/ 996 Beide Lesegeräte verfügten über ein E-Ink-Display mit Hintergrundbeleuchtung mit derselben Auflösung. Auch der verfügbare Speicherplatz war mit 2 GB bei beiden Geräten identisch. Der Tolino Shine war zum Zeitpunkt der Einführung mit 99 Euro um 30 Euro preisgünstiger als der Kindle Paperwhite wobei er aber keine mobile Internetverbindung aufwies. Vgl. http://dietestberichtseite. blogspot.de/2013/05/kindle-paperwhite-oder-tolino-shine-der.html 997 Vgl. Gfk 2012, aufgerufen auf: de.statista.com.

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der Telekom konnte die Allianz zudem die technologische Infrastruktur des Unternehmens nutzen, was insbesondere für das Angebot einer Speicherfunktion in der Cloud von Vorteil war und eine Lücke zum Wettbewerber Amazon schließen konnte und die bequeme Übertragung gekaufter Inhalte auf verschieden Endgeräte erlaubte. Mit der Ankündigung das Geschäft, zu einem späteren Zeitpunkt durch eine Internationalisierung skalieren zu wollen, strebte der Unternehmenszusammenschluss außerdem einen weiteren Wettbewerbsvorteil von Amazon auszuschalten.⁹⁹⁸ Ein Differenzierungsmerkmal gegenüber Amazon stellte hingegen die Offenheit der Plattform dar, da die Unternehmen nicht auf ein proprietäres E-Book-Format setzten und die Wahl des Onlineshops für die Kunden frei war.⁹⁹⁹ Die Ankündigung der strategischen Allianz wurde aufgrund ihres international innovativen Charakters von einem breiten Medienecho begleitet, das überwiegend positiv ausfiel. Allerdings wurde der späte Zeitpunkt des Zusammenschlusses bzw. der geringe Mehrwert des Angebots im Vergleich zum Kindle-Shop kritisiert, was die Bereitschaft zum Wechsel aus Kundensicht gering erscheinen ließ. Als Vorteile wurde der flächendeckende stationäre Vertrieb über die Filialen der Beteiligten genannt, der einerseits eine Erhöhung der Reichweite versprach und andererseits im Servicebereich Vorteile bot.¹⁰⁰⁰ Nach Unternehmensangaben startete der Verkauf des E-Readers Tolino erfolgreich, und es konnte bis Ende des Jahres 2013 eine „hohe sechsstellige Zahl“ an Lesegeräten abgesetzt werden. Zudem sank der Marktanteil von Amazon im E-BookSegment von 48 Prozent im zweiten Quartal 2013 auf nur noch 42 Prozent im dritten Quartal, was hauptsächlich der Tolino-Allianz zugute kam.¹⁰⁰¹ Die aktuellen Entwicklungen bei Weltbild waren durch den Versuch des Insolvenzverwalters Arndt Gleiwitz geprägt, das Unternehmen in Gänze zu verkaufen. Um die Attraktivität für potentielle Investoren zu steigern, schloss Weltbild Anfang 2014 53 der 220 Weltbildplus-Filialen und kündigte Ende des Jahres an, weitere 20 Filialen aufgeben zu wollen.¹⁰⁰² Trotz dieser Maßnahmen konnte das Unternehmen aber zunächst keinen Investor gewinnen, wobei mit Holtzbrinck und Paragon (PrivateEquity) Gespräche geführt wurden. Gleichzeitig wurde die Entflechtung des Joint Ventures DBH vorangetrieben mit der Zielsetzung, Probleme bei Hugendubel zu vermeiden. Eine vorläufige Einigung der Anteilseigner von Weltbild mit Hugendubel sah zunächst vor, dass Hugendubel eine Finanzspritze in Höhe von 20 Mio. Euro erhalten sollte und sich im Gegenzug verpflichtete, die Weltbildplus-Filialen zu übernehmen und unter eigenem Markennamen zu betreiben. Aufgrund oben erwähnten Tendenz

998 Vgl. Steinkirchner. 999 Vgl. Buchreport Online 2013i 1000 Vgl. Buchreport Online 2013q 1001 Vgl. http://www.manager-magazin.de/unternehmen/handel/e-reader-tolino-kindleentscheidungsschlacht-gegen-amazon-a-938269.html 1002 Vgl. Buchreport Online 2014e

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   Teil III: Buchmärkte und Fallstudien zu den Unternehmen in den USA und in Deutschland

zur Flächenreduktion in den Jahren 2014 und 2015 kündigte Hugendubel aber im Januar 2014 an, die Filialen nicht mehr unter eigener Regie betreiben zu wollen. Schlussendlich konnte Anfang 2014 eine Entflechtung Hugendubel und Weltbild realisiert werden, die vorsah, dass Weltbild keine Standorte an Hugendubel abgibt, Hugendubel aber das Warenhaus-Geschäft in den Karstadt-Häusern betreibt. Gleichzeitig einigten sich die beiden Unternehmen darauf, weiterhin am E-Book-Großhändler Pubbles mit 25 Prozent beteiligt zu bleiben sowie in der Weiterführung logistischer und technologischer Dienstleistungen für den Webshop von Hugendubel.¹⁰⁰³ Im Juli 2014 wurde mit der Droege-Gruppe ein Investor für Weltbild präsentiert, der sich bereit erklärte zunächst 20  Mio. Euro investieren zu wollen und zunächst 60  Prozent der Anteile übernahm. Im Rahmen der Übernahme äußerte der Investor unter anderem eine stärkere Verzahnung der Vertriebswege anzustreben sowie auf die Entwicklung von eigenem Content zurückgreifen zu wollen.¹⁰⁰⁴ Der Einstieg führte aber auch zu einem Personalabbau, der sich nach der Insolvenz auf etwa ein Drittel der vorher 3.000 Beschäftigten summierte. In der Folgezeit kam es wiederum zu einem Verkauf von etwa 70 mit hohen Struktur- und Mietkosten versehenen Filialen, so dass das Unternehmen mittlerweile noch über 75 Filialen verfügt.¹⁰⁰⁵ Der Käufer der defizitären Filialen, die Lesensart Rüdiger Wenk GmbH meldete Mitte 2015 ebenfalls Insolvenz an.¹⁰⁰⁶ Die neue strategische Ausrichtung unter dem Gesellschafter Droege sah demnach vor, dass die Sortimentsstruktur im Non-Media-Bereich stärken zu wollen und eine gezieltere Kundenansprache durch Katalog und Newsletter zu realisieren, die vorsieht, die stärker an Bücher orientierten Kunden weniger über Nonbook-Angebote zu informieren und umgekehrt.¹⁰⁰⁷ Ferner sollte Weltbild von einem Onlineshop zu einem Marktplatz umgebaut werden, was mit dem Verkauf der Logistiksparte einherging. Nachdem bereits 2007 das Portal Weltbild-Marktplatz.de gestartet wurde, das es ähnlich wie der Amazon Marketplace Fremdanbietern ermöglichte, gebrauchte Bücher über den Weltbild-Shop anzubieten, sollte diese Möglichkeit auf andere Produktkategorien ausgeweitet werden.¹⁰⁰⁸ Bei den Unternehmensaktivitäten orientierte sich Weltbild darüber hinaus verstärkt an Partnerschaften und Kooperationen, was sicherlich auch der schwierigen finanziellen Lage geschuldet war, die wenig Spielraum für Eigenentwicklungen bot. So kündigte das Unternehmen Ende 2014 eine Kooperation mit dem auf Kleidungsbedrucke spezialisierten Anbieter Spreadshirt an. Mithilfe einer gemeinsamen Online-

1003 Vgl. Buchreport Online 2014f 1004 Vgl. Buchreport Online 2014g 1005 Vgl. Buchreport Online 2015b 1006 Vgl. http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/weltbild-investor-lesensart-ruedigerwenk-gmbh-ist-insolvent-13717240.html 1007 Vgl. Buchreport Online 2015b 1008 Vgl. Meixner 2014

3 Fallstudien zu den deutschen Unternehmen   

   297

plattform sollten Kunden Produkte nach ihren Präferenzen bedrucken können.¹⁰⁰⁹ Zudem gab das Unternehmen an, zukünftig verstärkt Partnerschaften in den Bereichen Ernährung, Entspannung und Bewegung anzustreben. Mit der Oetinger-Tochter Framily wurde das Produktportfolio auf personalisierte Kinderbücher ausgeweitet.¹⁰¹⁰ Im Januar 2016 gab Weltbild eine Kooperation mit dem Reiseanbieter Tour Vital bekannt.¹⁰¹¹ Die strategische Herangehensweise von Weltbild nach der Insolvenz konzentrierte sich in den Jahren 2014 und 2015 demnach ebenfalls verstärkt auf die Kategorie Allianzen / Kooperationen, wobei infolge der aus der Insolvenz erwachsenden Unsicherheit weniger in den Marketingbereich investiert wurde.¹⁰¹² Auch wenn Weltbild über eine höhere Markenbekanntheit als Hugendubel und Thalia verfügt, gingen das Vertrauen und die Weiterempfehlungsbereitschaft der Kunden infolge der Insolvenz zurück. Es bleibt daher abzuwarten, inwieweit es dem neuen Investor gelingt, dieses Vertrauen zurückzugewinnen. Die fortgeführte Fokussierung auf den Fremdaufbau von Ressourcen durch Kooperationen in unterschiedlichen Themenfeldern bietet Anhaltspunkte für eine noch unscharfe strategische Ausrichtung.

1009 Vgl. Buchreport Online 2014h 1010 Vgl. Buchreport Online 2015c 1011 http://www.boersenblatt.net/artikel-kooperation_mit_tour_vital.1086038.html 1012 Vgl. Buchreport Online 2015j

Teil IV: Einordnung der Unternehmen in die Strategietypen

1 Einordnung der Unternehmen in die Strategietypen 1.1 Einordnung von Amazon in den Strategietyp Prospector Die oben dargelegte Vorgehensweise von Amazon steht prototypisch für den Strategietyp Prospector nach dem in Teil II, Punkt 1.1 und Punkt 1.4 erläuterten Konfigurationsansatz. In der Tabelle 30 sind die hierfür maßgeblichen Vorgehensweisen anhand des Frameworks von Miles / Snow nochmals anhand der vier Ebenen Produkt-MarktKombination, Einsatz von Technologie, Wachstumsrate und Umweltbeobachtung dargestellt. Die Kriterien werden im Folgenden auf ihre Parallelen zu den oben dargestellten Verhaltensweisen von Amazon überprüft. Tab. 30: Strategietyp Prospector. Quelle: Miles / Snow 2003. Produkt-Markt-Kombination Einsatz von Technologie Wachstumsrate

Umweltbeobachtung

häufiger Eintritt in neue Märkte hohe Frequenz an Innovationen Flexibilität Experimentelle Anwendung von Lösungsansätzen Wachstumsschübe Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen unternehmensintern – permanenter Suchprozess nach neuen Marktchancen – – – – – –

Der Strategietyp Prospector zeichnet sich auf der ersten Ebene der Tabelle, der Produkt-Markt-Kombination, in erster Linie durch eine hohe Frequenz an Innovationen aus. Wie gezeigt werden konnte, lag der Anteil der innovativen Aktivitäten, die sich in der Kategorie neue Produkte / Serviceleistungen manifestieren, stets über dem der beiden Wettbewerber. Dies gilt sowohl für die Früh- als auch die Spätphase der Unternehmensentwicklung. In der bis zum Jahr 2000 dauernden Frühphase führte das Unternehmen Neuerungen wie die 1-Click-Technologie ein und erweiterte konsequent das Produktangebot, zunächst auf den Medienbereich beschränkt und anschließend auf andere Produktkategorien, was dem obengenannten Kriterium häufiger Eintritt in neue Märkte entspricht. Die bereits im Jahr 1998 beginnende Internationalisierung, die ihren Anfang in Deutschland und Großbritannien nahm und sukzessive auf andere Länder ausgeweitet wurde, ist ebenfalls im Kontext des zweiten Merkmals von Prospector-Unternehmen zu sehen. Kennzeichnend für diese Frühphase der Unternehmensentwicklung ist der Schwerpunkt auf der Kategorie Kooperationen / Allianzen / Übernahmen. Mithilfe dieser strategischen Ausrichtung, die zu Lasten der Profitabilität ging, sollten schnell Größenvorteile generiert werden. In der späteren Phase der Unternehmensentwicklung (2011 bis 2013) veränderte sich die Vorgehensweise zugunsten einer stärkeren Betonung der EigenentwicklunDOI 10.1515/9783110478693-011

302   

   Teil IV: Einordnung der Unternehmen in die Strategietypen

gen und erreichte im Jahr 2012 insofern einen Höhepunkt, als dass hier erstmals die innovativen Aktivitäten einen höheren Anteil als die Aktivitäten im Marketingbereich hatten. Auch wenn im darauffolgenden Jahr ein leichter Rückgang zu verzeichnen war, blieb der Anteil der Innovationen gemessen an der Zahl der übrigen Unternehmensaktivitäten dennoch auf einem hohen Niveau. Innovative Aktivitäten beschränkten sich dabei nicht nur auf die vollständige Neuentwicklung, sondern zusätzlich auf die Weiterentwicklung bestehender Technologien. Das dezidierte Lesegerät Kindle stellte in Bezug auf die verwendete Technologie keine eigentliche Innovation dar. Erst in Kombination mit der 24/7 Verfügbarkeit des unternehmenseigenen Shops durch die Bereitstellung einer kostenlosen Wi-Fi-Verbindung sowie durch die hohe Reichweite des Angebots an Titeln wies es im Vergleich zu Geräten anderer Hersteller maßgebliche Alleinstellungsmerkmale auf. Mit dem Kindle Fire weitete das Unternehmen die Nutzbarkeit seiner Endgeräte auf der Ebene der Leistungsdimension auf Multi-media-Inhalte aus, wodurch sich eine Parallele zur vormaligen Ausweitung des Produktangebots zeigt. Die Flexibilität beim Einsatz von Technologie zeigt sich exemplarisch in der Genese von Amazon Web Services (AWS). Ursprünglich wurde das System konzipiert, um der eigenen Entwicklungsabteilung Speicherplatz und Rechnerkapazitäten bedarfsgerecht zur Verfügung zu stellen. Infolge einer zentralen technischen Abteilung, die für die Vergabe von Rechnerleistung und Speicherplatz zuständig war, kam es immer wieder zu Engpässen. Aus der Notwendigkeit heraus, diese Engpässe zu überbrücken, entwickelten sich die beiden Komponenten von AWS: Simple Storage Service (S3) für Speicherplatz und Elastic Compute Cloud (EC2) für Rechnerleistung, die mittlerweile als Serviceleistung für Privatpersonen und Unternehmen mietbar sind.¹⁰¹³ In der evolutorischen Herausbildung der Amazon Web Services zeigt sich außerdem die experimentelle Anwendung von Lösungsansätzen, die ein weiteres Merkmal des Strategietyps Prospector darstellt. Dieser experimentelle Ansatz zeigt sich überdies in der Übernahme des Robotikherstellers Kiva Systems. Die Übernahme ist als langfristige technologische Investition zu betrachten, die eine Steigerung der Produktivität und Effizienz zum Ziel hat. Der flexible Einsatz von Technologie zeigt sich außerdem in der Tatsache, dass Amazon bei der Verwaltung seiner Lagerhaltung nicht ausschließlich auf Computersysteme zurückgreift, sondern auch mit Barcodescannern ausgestattete Mitarbeiter einsetzt, um die Lagerhaltung zu optimieren. Außerdem wurde mit Weblab eine Experimentierplattform für Entwickler etabliert, die eine konstante Verbesserung der Webseite und der Produkte ermöglichen sollte, was ebenfalls auf der Technologieebene veortenbar ist.¹⁰¹⁴ Die Gesamtausrichtung der Unternehmenskultur auf experimentelle Grundsätze begünstigt eine flexible und schnelle Reaktion auf technologische Veränderungen. So 1013 Vgl. Stone 2013, S. 244–246. 1014 Vgl. http://www.smartinsights.com/digital-marketing-strategy/online-business-revenuemodels/amazon-case-study/

1 Einordnung der Unternehmen in die Strategietypen   

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werden bei Amazon sogenannte Pizzateams gebildet, die höchstens aus so vielen Mitarbeitern bestehen dürfen, die sich eine Pizza gemeinsam teilen können. Da deshalb wenige Hierarchiestufen bestehen, kann das Unternehmen flexibler auf technologische Veränderungen reagieren. In folgendem Zitat des Firmengründers wird die flexible Ausrichtung des Technologieeinsatzes deutlich: And while many of our systems are based on the latest in computer science research, this often hasn’t been sufficient: our architects and engineers have had to advance research in directions that no academic had yet taken. Many of the problems we face have no textbook solutions, and so we – happily – invent new approaches […] All the effort we put into technology might not matter that much if we kept technology off to the side in some sort of R&D department, but we don’t take that approach. Technology infuses all of our teams, all of our processes, our decisionmaking, and our approach to innovation in each of our businesses. It is deeply integrated into everything we do.¹⁰¹⁵

Die Wachstumsrate des Prospectors ist Miles und Snow zufolge vor allem durch Wachstumsschübe gekennzeichnet. Bei Amazon ist dies zunächst anhand der rapiden Umsatzentwicklung nach dem Markteintritt nachvollziehbar. Während im ersten Jahr der Unternehmenstätigkeit 511.000 US-Dollar Umsatz erzielt wurden, hatte sich der Umsatz fünf Jahre später bereits auf knapp 2,8 Mrd. US-Dollar erhöht. Bis zum Jahr 2012 hatte sich der Umsatz auf 61 Mrd. US-Dollar verzwanzigfacht. Das Wachstum kam dabei zunächst hauptsächlich durch eine rapide Expansion zustande. Das Unternehmen machte jedoch bis zum Jahr 2001 keinen Gewinn, so dass das Wachstum zu Lasten der Profitabilität ging. Die Expansion zeigte sich sowohl in der Ausweitung der angebotenen Produktkategorien und anschließend in der Internationalisierung der Unternehmensaktivitäten. Während aber zunächst Investitionen in Beteiligungen und Übernahmen getätigt wurden, gab es später eine Verschiebung hin zu Investitionen in Technologie und Content. Damit ist das zweite Merkmal eines Prospectors in der Kategorie Wachstum erfüllt, wonach die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen unternehmensintern erfolgen sollte. Die permanente Umweltbeobachtung zeigt sich bei Amazon in erster Linie nicht nur in einer Beobachtung der Konkurrenz, sondern verstärkt in der Konzentration auf die Kundenbedürfnisse. Diese Zielsetzung kommt in dem ersten nach dem Börsengang veröffentlichten Geschäftsbericht durch folgende Formulierung zum Ausdruck: „We will continue to focus relentlessly on our customers.“¹⁰¹⁶ Die Umsetzung dieses Claims fand beispielsweise in der Übernahme von Alexa Internet, einer Firma zur Sammlung und Auswertung des Surfverhaltens von Internetnutzern, ihren Niederschlag.¹⁰¹⁷ Auch die Einbeziehung der Kaufhistorie in die Empfehlungen ist vor

1015 http://www.smartinsights.com/digital-marketing-strategy/online-business-revenue-models/ amazon-case-study/ 1016 Vgl. Amazon Letter to Shareholders 1997, S. 1. 1017 Vgl. Leisegang 2014, S. 128.

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   Teil IV: Einordnung der Unternehmen in die Strategietypen

diesem Hintergrund zu sehen. Die konsequente Ausrichtung auf die Kundenzufriedenheit wird überdies in der Tatsache deutlich, dass das Unternehmen im Jahr 2004 88 Punkte im American Customer Satisfaction Index erreichte, was bis dahin noch keinem Unternehmen gelungen war.¹⁰¹⁸ Dass das Unternehmen neben der konsequenten Ausrichtung auf den Kunden zusätzlich die Konzepte seiner Wettbewerber beobachtete, ist anhand der Gründung von Amazon Auctions zu beobachten, das als Konkurrenzangebot von Ebay konzipiert war. Nachdem sich das Unternehmen in diesem Segment nicht etablieren konnte, entwickelte sich aus Amazon Auctions und den zShops im Jahr 2000 der Amazon Marketplace, der schließlich in abgeänderter Form vom Wettbewerber Barnes & Noble imitiert wurde.

1.2 Einordnung von Barnes & Noble in den Strategietyp Analyser Während Amazon als prototypisch für den Strategietyp Prospector angesehen werden kann, lässt sich die Ausrichtung von Barnes & Noble dem Strategietyp Analyser zuordnen. Deutlich wird dies zunächst vor dem Hintergrund, dass der Analyser sowohl in einem stabilen als auch in einem dynamischen Geschäftsfeld tätig ist, was sich bei Barnes & Noble in der Aufspaltung der Geschäftstätigkeit in den physischen und den digitalen Bereich zeigt. Tab. 31: Strategietyp Analyser. Quelle: Miles / Snow 2003. Produkt-Markt Kombination

Einsatz von Technologie Wachstumsrate Umweltbeobachtung

– Adaption von vom Prospector ausfindig gemachten Produkten und Marktchancen – stabiles Kernsegment – stabile und flexible Komponente – externes und internes Wachstum – permanente Konkurrenzbeobachtung

Auf der Ebene der Produkt-Markt-Kombination zeigt sich die Ausrichtung von Barnes  & Noble exemplarisch an der raschen Adaption der von Amazon ausfindig gemachten Marktchancen. Dies stellt eine typische Herangehensweise des Strategietyps Analyser dar, da dieser auf der Ebene der Produkt-Markt-Kombination versucht, vom Prospector ausfindig gemachte Produkte und Dienstleistungen zu imitieren, wenn sie sich als erfolgreich erwiesen haben. Neben dem höheren Anteil an Neuentwicklungen nahm Amazon zusätlich eine Vorreiterrolle im Zeitpunkt des Marktein-

1018 Vgl. http://www.smartinsights.com/digital-marketing-strategy/online-business-revenuemodels/amazon-case-study/

1 Einordnung der Unternehmen in die Strategietypen   

   305

tritts ein. In der folgenden Tabelle 32 sind zentrale Neuerungen von Amazon und der Zeitpunkt ihrer Imitation von Barnes & Noble dargestellt. Tab. 32: Innovationen von Amazon und ihre Imitation. Quelle: Business Wire / PR Newswire. Neue Produkte

Amazon

Barnes & Noble

Musikvertrieb auf der Webseite Videovertrieb auf der Webseite MP3-Shop dezidierter E-Reader / E-Book-Shop Gründung der Self-Publishing Verlagssparte

Juni 1998 November 1998 September 2007 November 2007 Mai 2010

Juli 1999 Juli 2000 April 2009 Oktober 2009 Oktober 2010

Serviceleistungen 1-Click-Shopping / Express Lane Marketplace auf der Webseite Search / see inside the book

September 1997 November 2000 Oktober 2003

Oktober 1999 Oktober 2011 Oktober 2007

Aus der Gegenüberstellung der Zeitpunkte, an denen die jeweiligen Produkte bzw. Serviceleistungen von Barnes  & Noble eingeführt wurden, wird deutlich, dass die Herangehensweise des Unternehmens in hohem Maße der Charakterisierung eines Analysers entspricht. Vor allem auf der Ebene der Produkte zeigen sich Parallelen in den Zeitpunkten der Lancierung der einzelnen Angebote im zeitlichen Abstand. Die Frist, innerhalb derer Barnes  & Noble einzelne Produktausweitungen von Amazon nachahmte, lag dabei zwischen ein und zwei Jahren. Dieser zeitliche Abstand stimmt einerseits mit der Feststellung von Miles  / Snow überein, dass ein Analyser-Unternehmen zunächst abwartet, ob sich vom Prospector entdeckte Marktchancen etablieren können. Andererseits ist der zeitliche Abstand im Kontext des notwendigen Ressourcenaufbaus zu betrachten. So ging der Gründung des eigenen E-Book-Stores von Barnes & Noble beispielsweise die Übernahme der E-Book-Plattform Fictionwise voraus. Die Strategie der Imitation der von anderen Unternehmen entwickelten Produkte bzw. Serviceleistungen kann sich jedoch auch als problembehaftet erweisen. Nachdem Amazon im Jahr 1999 eine Patentierung des 1-Click-Einkaufs gewährt bekam, verklagte das Unternehmen den Wettbewerber Barnes & Noble hinsichtlich der von ihm angebotenen Option der Express Lane, die einen nahezu identischen Service bot. Infolgedessen musste Barnes & Noble dieses Feature wieder von der Webseite entfernen.¹⁰¹⁹ Ein weiteres Kennzeichen eines Analyserunternehmens ist der Versuch, neben der Identifikation neuer Marktchancen weiterhin ein stabiles Kernsegment zu bedienen, das typischerweise den Großteil der Umsätze generiert. Bei Barnes & Noble stellt

1019 Vgl. Wadhwa 2007.

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   Teil IV: Einordnung der Unternehmen in die Strategietypen

das Kernsegment den physischen Buchhandel mit stationären Filialen dar. Als Kriterium für die Konzentration auf das Kernsegment wird von Miles / Snow der Umsatzanteil des Geschäftsfelds herangezogen. Bei Barnes  & Noble lagen die Umsätze im physischen Buchhandel stets circa zehnfach über denen des digitalen Geschäfts, weshalb sich hier ebenfalls eine typische Analyserausrichtung zeigt. Anhand der Marktaktivitäten innerhalb der beiden betrachteten Zeitabschnitte lässt sich die Ausrichtung als Analyser gleichermaßen nachvollziehen. Die Anpassung der Marktaktivitäten an Innovationen im E-Commerce- bzw. E-Book-Segment fand stets zeitverzögert statt. Im Jahr 1998, als sich Amazon immer stärker im E-Commerce-Segment zu etablieren begann, hatte Barnes & Noble noch keinerlei innovative Aktivitäten und legte seinen Schwerpunkt auf die Marketingaktivitäten bzw. auf Kooperationen  / Allianzen  / Übernahmen. In den beiden darauffolgenden Jahren steigerten sie sich dann aber auf 30 Prozent Anteil der innovativen Aktivitäten an den Gesamtaktivitäten, während Kooperationen / Allianzen / Übernahmen zurückgingen. Ein ähnliches Bild zeigt sich im Zeitraum nach der Markteinführung des Kindle. Hier hatte Barnes & Noble zunächst einen Schwerpunkt auf den Allianzen und Kooperationen, bevor dann ab 2009 im Rahmen der strategischen Umorientierung verstärkt Eigenentwicklungen stattfanden. Die Reaktion von Barnes & Noble fand insofern mit der Zunahme der Eigenentwicklungen und mit der Vorstellung des eigenen E-BookStores und des dezidierten Lesegerätes erst knapp zwei Jahre später statt. In der zeitverzögerten Reaktion auf die vom Prospector angestoßenen Neuerungen kommt wiederum die Ausrichtung von Barnes & Noble als Analyser zum Ausdruck. Beim Einsatz von Technologie muss der Analyser versuchen, ein Gleichgewicht zwischen stabilem und flexiblem Technologieeinsatz zu finden. Im Kernsegment, das bei Barnes & Noble den physischen Buchhandel darstellt, sollte ein hoher Grad an Routinen mit dem Ziel, die operative Effizienz zu erhöhen, realisiert werden. Im neuen dynamischen Geschäftsfeld hingegen sollte ähnlich wie beim Prospector eine flexible Herangehensweise in technologischer Hinsicht gewählt werden. Die stabile Technologiekomponente stellte für Barnes & Noble das proprietäre Warenwirtschaftssystem Bookmaster dar. Die Software, die eng mit der Webseite verzahnt ist, beinhaltet eine Echtzeitabfrage der Buchbestände in den einzelnen Filialen sowie eine automatische Nachbestellung und soll somit die Effizienz steigern. Auch die Kommunikation mit dem Zwischenbuchhandel und den Zentrallagern wurde durch das Programm ermöglicht.¹⁰²⁰ Bei der Beschaffung gewährte das Programm zudem auf die einzelnen lokalen Präferenzen ausgerichtete Erleichterung der Auswahl. Die Integration der Webseite findet ihren Niederschlag in der Möglichkeit, das jeweilige Kundenprofil mit der Kaufhistorie in den einzelnen Filialen abzufragen und auf dieser Basis Empfehlungen abgeben zu können.¹⁰²¹ 1020 Vgl. Barnes & Noble Annual Report 2013, S. 13. 1021 Vgl. Gaikwad 2012.

1 Einordnung der Unternehmen in die Strategietypen   

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Die flexible Komponente beim Technologieeinsatz zeigte sich bei Barnes & Noble in der Entwicklung des Semi-Tablets Nook Color, das über eine angepasste Android Softwareoberfläche verfügte und mit dem Aufbau eines eigenen App-Stores einherging. Als maßgeblich für den flexiblen Einsatz von Technologie in Analyserunternehmen ist nach Miles  / Snow der Einsatz eines Entwicklerteams, das in der Lage ist, stabile und flexible Technologiekomponenten zu verknüpfen. Mit der Standortwahl der Nook-Entwicklungsabteilung im kalifornischen Palo Alto unternahm Barnes  & Noble Anstrengungen, die hierfür notwendige Expertise aufzubauen. Im Gegensatz zum Prospector, der in der Unternehmensentwicklung von Wachstumsschüben geprägt ist, ist der Wachstumsprozess beim Analyser aus einer Mischung zwischen dem Wachstum des Prospectors und dem des Defenders und damit zwischen externem und internem Wachstum bestimmt. Während sich ersteres in Kooperationen niederschlägt, ist letzteres durch die Fortentwicklung von Unternehmensbereichen durch den Einsatz eigener Ressourcen definiert. Bei Barnes  & Noble war das externe Wachstum außerdem durch die Kooperationen in technologischer Hinsicht bestimmt. Außerdem wurden Übernahmen wie die der Plattform Fictionwise dazu genutzt, neue Geschäftsfelder aufzubauen. Auf dieser Basis knüpfte der interne Wachstumsprozess an, der sich in Eigenentwicklungen wie dem Nook Color bzw. dem Nook HD exemplifizieren lässt. Der Wachstumsprozess des Analysers sollte dabei durch die Imitation der vom Prospector entdeckten Marktchancen geprägt sein. Dies sollte sich auch in niedrigeren Investitionen niederschlagen. Im Jahr 1998 betrugen die Investitionen in Barnes & Noble.com beispielsweise 75 Mio. US-Dollar.¹⁰²² Der Wettbewerber Amazon investierte hingegen in diesem Jahr knapp 262 Mio. US-Dollar.¹⁰²³ Überdies lag die Investitionsquote bei Barnes & Noble umsatzbereinigt unter der von Amazon, was in dieser Hinsicht wiederum dem Verhaltenstyp Analyser entspricht. Die Umweltbeobachtung des Analysers orientiert sich verstärkt an den Aktivitäten der Konkurrenz. Bei Barnes & Noble wird diese Ausrichtung anhand der Unternehmenshistorie deutlich. In dem Zeitraum, in dem der US-amerikanische Buchmarkt noch expandierte und die flächendeckende Filialisierung begünstigte, orientierte sich Barnes & Noble verstärkt am Wettbewerber Borders Group. Exemplifizieren lässt sich diese Feststellung an der Imitation des von Borders entwickelten Superstorekonzepts. Nachdem sich abzeichnete, dass das Konzept erfolgversprechend war, eröffnete Barnes & Noble eigene Superstores. In der Folgezeit fokussierte sich Barnes & Noble weiterhin auf die Konkurrenzbeobachtung. Aus der oben dargestellten Tabelle wird deutlich, dass das Unternehmen die von Amazon entwickelten Produkt- und Serviceleistungen schnell nachahmte, sobald sie sich als erfolgversprechend erwiesen. Diese Vorgehensweise ermöglichte es, die Aufwendungen für die Markt- und Konsumentenforschung zu reduzieren und 1022 Vgl. Barnes & Noble Annual Report 2000, S. 43. 1023 Vgl. Amazon Annual Report 1998, S. 31.

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   Teil IV: Einordnung der Unternehmen in die Strategietypen

dabei trotzdem neue Chancen schnell identifizierbar zu machen. In beiden Entwicklungsphasen der Unternehmenshistorie orientierte sich das Unternehmen demnach an den Aktivitäten des jeweils erfolgreichsten Konkurrenzunternehmens und entspricht damit in dieser Hinsicht prototypisch dem Strategietyp Analyser.

1.3 Einordnung von Thalia in den Strategietyp Analyser Die Thalia Holding weist in ihrer strategischen Grundausrichtung ähnlich wie Barnes  & Noble zentrale Merkmale des Strategietyps Analyser auf. Nachdem bis zur Vorstellung des Kindles in Deutschland zunächst die Erhöhung der Effizienz im Vordergrund stand und das digitale Geschäft über Kooperationen, wie der mit Sony bei dezidierten Lesegeräten vorangetrieben wurde, wurde Ende des Jahres 2009 ein Strategiewechsel eingeleitet. Ein maßgeblicher Faktor für diese veränderte Herangehensweise war die Übernahme einer Mehrheitsbeteiligung von Buch.de, die die Zielsetzung hatte einen höheren Know-How-Transfer im E-Commerce- bzw. E-BookSegment zu realisieren. In der Folgezeit erfuhr außerdem die Aktivitätenkategorie der Eigenentwicklungen einen Anstieg, was ebenfalls auf eine veränderte strategische Herangehensweise hindeutet. In den Jahren von 2009 und 2010 ist zudem eine Erhöhung der Eigenentwicklungen feststellbar, die jedoch im darauffolgenden Jahr stagnierten, bevor im Jahr 2012 wieder eine Erhöhung auf 39 Prozent stattfand. Dieser höhere Anteil an Eigenentwicklungen ist in Bezug auf die Produkt-Markt-Kombination als Versuch zu werten, neue Marktchancen zu identifizieren. Während Thalia zunächst auf externe Unternehmen als Lieferanten zurückgriff, führte es im Jahr 2010 ein mit dem eigenen Markennamen versehenes Lesegerät (Oyo) ein, das mit einem deutschsprachigen E-Book-Shop verknüpft war und einen direkten Download auf das Lesegerät ohne Umweg über den PC erlaubte. Die Konzentration auf ein stabiles Kernsegment als weiteren Bestandteil der Analyserausrichtung zeigt sich außerdem in dem Versuch, den digitalen Vertriebskanal über Downloadterminals in den physischen Kanal zu integrieren. Auch wenn Thalia in dieser Hinsicht von Amazon ausfindig gemachte Marktchancen imitierte und im Gegensatz zu Konkurrenzunternehmen frühzeitig ein eigenes Lesegerät vorstellte, war das Vorgehen insgesamt noch stark von einem externen Ressourcenaufbau geprägt. Dies wird im Rückgriff auf das Unternehmen Medion bei der Hardware sowie durch weitere Kooperationen im technologischen Bereich deutlich. Der prozentual stagnierende Anteil der Eigenentwicklungen bei gleichzeitiger Ausweitung der Kooperationen  / Allianzen  / Übernahmen im Jahr 2011 (Kauf von Textunes) deutet ebenfalls auf den erhöhten externen Ressourcenaufbau hin. Um dem Strategietyp eines Analysers zu entsprechen, sollte der Technologieeinsatz eines Unternehmens eine stabile und flexible Komponente aufweisen. Bei Thalia war die stabile Komponente im Kerngeschäft maßgeblich durch die Einführung des Warenwirtschaftssystems Thawis geprägt, das die Optimierung der Geschäftspro-

1 Einordnung der Unternehmen in die Strategietypen   

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zesse sichern sollte.¹⁰²⁴ Ein flexibler Einsatz von Technologie zeigt sich hingegen im Konzept der Multi-Channcel-Buchhandlungen, die mit ihren Neuerungen, wie der Integration von Multi-Media-Angeboten in die Ladengeschäfte einen Versuch darstellten, die Potentiale neuer Technologien fruchtbar im Kerngeschäft einzusetzen und die beiden Geschäftsfelder gewinnbringend miteinander zu verknüpfen.¹⁰²⁵ Zum Aufbau technologischer Kompetenzen nutzte Thalia allerdings überwiegend Übernahmen (Buch.de  / Textunes) und damit einen Fremdaufbau von Ressourcen. Hier zeigt sich ein maßgeblicher Unterschied zum US-amerikanischen Unternehmen Barnes & Noble, das den Fremdaufbau von Ressourcen in der Spätphase der Marktentwicklung verstärkt zur Akquisition finanzieller Ressourcen einsetzte und mit dem eigenen Entwicklungsbüro im kalifornischen Palo Alto internes Know-How aufbaute. Die Verteilung der Marktaktivitäten bei Thalia erlaubt Rückschlüsse auf die Art des Unternehmenswachstums. Der zeitweise verstärkte Fremdaufbau von Ressourcen stellt einen Hinweis auf einen externen Wachstumsprozess dar, wohingegen der höhere Anteil der Eigenentwicklungen eher auf internes Wachstum ausgerichtet ist. So kann von 2009 bis 2010 und von 2011 bis 2012 von einem erhöhten internen Wachstum ausgegangen werden. Die Übernahme von Buch.de im Jahr 2009 ist hingegen dem externen Wachstum zuzurechnen. Auffällig ist zudem die Tatsache, dass ab 2008 keine Übernahmen von Fremdunternehmen im stationären Geschäft mehr stattfanden.¹⁰²⁶ Die Zahl der Neueröffnungen in Eigenregie ging ab diesem Zeitpunkt ebenfalls zurück. So wurden im Geschäftsjahr 2009/10 zwar fünf neue Filialen eröffnet, im gleichen Zug aber elf geschlossen.¹⁰²⁷ Diese Tendenz setzte sich in den Folgejahren fort, gleichzeitig sah sich das Unternehmen mit Umsatzrückgängen konfrontiert, die durch den Ausbau des Onlinegeschäfts zwar teilweise kompensiert werden konnten, jedoch aufgrund der dort vorherrschenden niedrigeren Margen das Unternehmensergebnis nicht verbessern konnten. Bei der Umweltbeobachtung konzentrierte sich das Unternehmen insofern auf die Aktivitäten der Konkurrenz, als dass trotz sinkender Umsätze explizit auf notwendige Investitionen zur Verbesserung der Onlineinfrastruktur verwiesen wurde, um sie „[…] auf Augenhöhe mit den relevanten Wetbewerbern zu bringen.“¹⁰²⁸ Auch die Ankündigung, die neu in den Ladengeschäften eingeführten Sortimente in das Onlinegeschäft transferieren zu wollen, kann in Hinsicht auf die Konkurrenzbeobachtung gesehen werden, da relevante Wettbewerber wie Amazon und Weltbild mit derartigen Sortimentserweiterungen erfolgreich waren.¹⁰²⁹ Schlussendlich ist die Ankündigung einer grundlegenden Neuausrichtung in Verbindung mit der Aufnahme neuer Sortimente,

1024 Vgl. Douglas Holding Geschäftsbericht 2009/10, S. 52. 1025 Vgl. Douglas Holding Geschäftsbericht 2009/10, S. 68. 1026 Vgl. http://www.boersenblatt.net/143493/ 1027 Vgl. Douglas Holding Geschäftsbericht 2009/10, S. 86. 1028 Douglas Geschäftsbericht 2011/12, S. 100. 1029 Vgl. Douglas Holding Geschäftsbericht 2011/12, S. 88.

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   Teil IV: Einordnung der Unternehmen in die Strategietypen

mit denen in einzelnen Filialen bis zu 40 Prozent des Umsatzes erzielt werden sollten, ebenfalls auf eine aktive Umweltbeobachtung zurückzuführen, die der Analyserausrichtung entspricht.¹⁰³⁰

1.4 Einordnung von Borders in die Strategietypen Defender / Reactor Im Gegensatz zur weiter oben dargestellten Einordnung der beiden Wettbewerber Amazon und Barnes  & Noble, die als prototypisch für den jeweiligen Strategietyp bezeichnet werden können, ist das strategische Verhalten der Borders Group heterogener. Zum Zeitpunkt der disruptiven Innovation auf Geschäftsmodellebene kann von einer Defenderorientierung gesprochen werden, die sich mit dem Aufkommen des E-Book-Segments zunehmend in Richtung des Strategietyps Reactor verschob. In der folgenden Tabelle sind die Herangehensweisen des Strategietyps Defender aufgeführt. Für den Strategietyp Reactor gibt es keine entsprechende Darstellung, da der Strategietyp widersprüchliche Herangehensweisen aufweist. Im Folgenden wird zunächst die Herangehensweise der Borders Group im Zeitraum nach dem Markteintritt von Amazon beleuchtet. Tab. 33: Strategietyp Defender / Reactor. Quelle: Miles / Snow 2003. Produkt-Markt Kombination Einsatz von Technologie Wachstumsrate Umweltbeobachtung

Beschränkung auf ein abgegrenztes Marktsegment Konzentration auf bewährte Technologien internes Wachstum auf das Kernsegment ausgerichtete Umweltbeobachtung

Die Produkt-Markt-Kombination des Defenders ist stark auf ein abgegrenztes Marktsegment begrenzt. Die Borders Group konzentrierte sich in der Unternehmensentwicklung ebenfalls stark auf das Kerngeschäft. Bei der Betrachtung der Marktaktivitäten von Borders wird diese Ausrichtung durch die Gewichtung der einzelnen Kategorien deutlich. In den Jahren 1998 und 1999 legte Borders seinen Schwerpunkt auf die Marketingaktivitäten und schloss verstärkt Kooperationen ab, was mit einem Fremdaufbau von Ressourcen gleichzusetzen ist und deshalb nicht auf innovative Aktivitäten zur Erschließung neuer Geschäftsfelder hindeutet. Wie aus der Verteilung der Marktaktivitäten ersichtlich ist, belief sich der Anteil der Eigenentwicklungen bis zum Jahr 2000 auf null Prozent. Erst danach versuchte Borders, durch die Optimierung der Webseite im Rahmen eines Relaunches die Performance zu erhöhen, und entwickelte zunehmend eigene Angebote, die allerdings wiederum stärker in Bezug

1030 Vgl. Douglas Holding Geschäftsbericht 2011/12, S. 91.

1 Einordnung der Unternehmen in die Strategietypen   

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zum Kerngeschäft standen. Ein Beispiel hierfür wäre die Entwicklung eines neuen Ladenkonzepts, des Concept Stores, sowie die Neuauflage des Kundenloyalitätsprogramms. Nachdem das Unternehmen bis dahin aber keine signifikanten Marktanteile im E-Commerce-Segment erreichen konnte, gliederte das Unternehmen seine Webseite komplett an den Wettbewerber Amazon aus. Stattdessen strebte das Unternehmen eine noch stärkere Fokussierung auf sein Kerngeschäft an. Diese Konzentration auf den physischen Vertriebsweg wird überdies anhand der internationalen Expansion des Superstorekonzepts deutlich sowie anhand der Tatsache, dass wesentlich länger als beim Wettbewerber Barnes & Noble am margenschwachen Mall-Geschäft festgehalten wurde. Die Ausrichtung als Defender war aber zu diesem Zeitpunkt nicht zuletzt aufgrund der Wachstumsraten auf dem US-amerikanischen Buchmarkt noch erfolgreich. Die Borders Group konnte im Zeitraum von 2002–2006 sowohl die Umsätze steigern als auch konstant Gewinne erwirtschaften. Aufgrund der zunehmenden Attraktivität des E-Commerce kündigte das Unternehmen aber im Jahr 2006 an die Partnerschaft mit Amazon überprüfen zu wollen, was eine Abkehr von der bisherigen strategischen Ausrichtung darstellte und im Vergleich zum Wettbewerber Barnes & Noble zu einem sehr späten Zeitpunkt erfolgte. Dass das Unternehmen beim Einsatz von Technologie dem Framework von Miles  / Snow entsprechend auf bewährte Technologien zurückgriff, wird in der starken Fokussierung auf das Warenwirtschaftssystem deutlich. Dieses stellte in der Frühphase der Unternehmensentwicklung einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz dar, da es beim damaligen Stand der Technik eine elektronische Erfassung der Warenzugänge und -abgänge erlaubte und zusätzlich Nachfragespitzen bzw. regionale Vorlieben abbilden konnte, was eine schnelle Reaktion auf veränderte Konsumentenpräferenzen erlaubte.¹⁰³¹ Allerdings wurde dieser Vorteil nur unzureichend an die Unternehmensstrukturen angepasst. So wurde das bestehende Warenwirtschaftssystem nicht weiterentwickelt und nicht in die übernommenen Mall-Geschäfte implementiert. Anders als der Wettbewerber Barnes & Noble, der ab 1999 zunehmend zunehmend eigene Produkte und Serviceleistungen anbot, setzte Borders nur unzureichend auf den Ausbau bestehender Kompetenzen. Dieser Ansatz ist beispielsweise in der Konsolidierung der Logistik beobachtbar, wodurch die Effizienz der Beschaffung gesteigert werden sollte.¹⁰³² Diese Maßnahme spiegelte sich aber nicht in der Implementierung eines unternehmensübergreifenden Warenswirtschaftssystems. Die Wachstumsrate des Defenders ist typischerweise davon geprägt, innerhalb des Kerngeschäfts zu wachsen. Außerdem zeichnet sich das Wachstum durch eine geringe Zahl an Übernahmen aus und erfolgt überwiegend organisch und damit intern. Demnach sollte sich das Wachstum der Typologie von Miles / Snow zufolge auf 1031 Vgl. Teil III, Punkt 2.1.2. 1032 Vgl. Teil III, Punkt 2.2.2.

312   

   Teil IV: Einordnung der Unternehmen in die Strategietypen

das Kerngeschäft konzentrieren. Bei der Borders Group ist diese Herangehensweise zunächst an den Reaktionen auf den Markteintritt von Amazon beobachtbar. Die damals stattfindende Ausrichtung auf das Kerngeschäft fand einerseits im Ausbau des physischen Buchgeschäfts durch die Internationalisierung in Großbritannien und Australien ihren Niederschlag, die eine Etablierung des Superstorekonzepts vorsah. Auch beim Aufbau der Onlineaktivitäten ist die Fokussierung auf das Kerngeschäft zu beobachten, die sich in erster Linie in der vom Unternehmen formulierten Retail-Convergence-Strategy manifestierte. Die Webseite wurde lediglich als Ergänzung des physischen Vertriebskanals etabliert, was sich in der Tatsache zeigt, dass anfangs online bestellte Titel nur in der jeweils bei der Bestellung angegebenen Filiale verfügbar waren.¹⁰³³ Die zögerliche Wachstumsintention in diesem Geschäftsfeld zeigt sich darüber hinaus in den geringen Investitionen in die Onlinesparte. Zwar schloss das Unternehmen eine Vielzahl von Kooperationen mit Webserviceanbietern und Webseiten ab, die Zahl der Übernahmen war aber gering, was ebenfalls mit der Wachstumsstrategie des Defenders kongruent ist. Schlussendlich mündete diese Vorgehensweise in einer Ausgliederung des Onlinevertriebs an den Wettbewerber Amazon, die explizit mit dem Verweis begründet wurde, sich zukünftig auf das Kerngeschäft und damit auf den physischen Buchhandel konzentrieren zu wollen, was mit der Optimierung des category management einherging.¹⁰³⁴ Dies stimmt wiederum mit dem Merkmal der Effizienzverbesserung bestehender Abläufe von Defenderunternehmen überein. Die Umweltbeachtung des Strategietyps Defender ist aufgrund der Ausrichtung auf ein enges Marktsegment begrenzter, als es beispielsweise beim Analyser der Fall ist. Externe Ereignisse werden nur beachtet, wenn sie für das eigene Kerngeschäft von Bedeutung sein könnten. Hierdurch wird die relativ späte Reaktion von Borders im Kontext des Markteintritts von Amazon transparenter, da zunächst das Kerngeschäft vermeintlich nicht betroffen zu sein schien. Auch aus den strategischen Mustern im Zeitraum von 1998–2000 ergeben sich Hinweise auf diese Vorgehensweise, da die Borders Group kaum Eigenentwicklungen als Reaktion auf die vom Prospector Amazon angestoßenen technologischen Neuerungen entgegensetzte. Ähnliches gilt für die disruptive Innovation auf Produktebene, da das Unternehmen im Gegensatz zum Konkurrenten Barnes  & Noble auf die Entwicklung eines eigenen dezidierten E-Readers verzichtete. Miles / Snow zufolge tendieren Defenderunternehmen, dazu Entwicklungen außerhalb der für das Kerngeschäft relevanten Domäne zu ignorieren. Damit lässt sich das Unternehmen ab der Markteinführung des Kindles und der damit einhergehenden wachsenden Bedeutung des E-Book-Segments in den Strategietyp Reactor einordnen. Dieser zeichnet sich durch die drei folgenden Merkmale aus: Es wird entweder keine nachhaltige Strategie von Managementseite formuliert 1033 Vgl. Teil III, Punkt 2.2.2. 1034 Vgl. Teil III, Punkt 2.2.2.

1 Einordnung der Unternehmen in die Strategietypen   

   313

oder sie wird zwar formuliert, aber nicht mit der Organisation, der Struktur und den Prozessen verknüpft. Ein weiteres Merkmal ist die Verfolgung einer nicht mehr an die Umweltveränderungen angepasste Strategie. Zunächst zeigt sich bei der Borders Group ein verändertes Muster in Bezug auf die prozentuale Verteilung der Marktaktivitäten im Vergleich zur oben beschriebenen Reaktion auf die disruptive Innovation auf Geschäftsmodellebene. Während dort in der Frühphase zumindest der externe Ressourcenaufbau durch Kooperationen betrieben wurde, war dies nunmehr nicht mehr der Fall. Vielmehr konzentrierte sich das Unternehmen zunächst stark auf die Marketingaktivitäten. Erst im Jahr 2010 fand eine veränderte Herangehensweise in der anteiligen Erhöhung der Kategorien neue Produkte  / Serviceleistungen und Kooperationen / Allianzen / Übernahmen ihren Ausdruck. Die Borders Group stand spätestens ab diesem Zeitpunkt prototypisch für die oben genannten Merkmale eines Reactorunternehmens. Einerseits konnte durch die Vielzahl an Managementwechseln keine nachhaltige strategische Grundausrichtung verfolgt werden. Andererseits kam es, sofern dies doch der Fall war, zu Fehlentscheidungen, die aber durch die Eigenschaften disruptiver Innovationen auf Geschäftsmodellebene nicht als solche erkannt wurden. Diese zeichnen sich ja gerade dadurch aus, dass sie keine vollständige Dominanz innerhalb des jeweiligen Marktes erreichen, sondern erst nach und nach einen signifikanten Marktanteil erreichen. Dies war im Falle der Etablierung des E-Commerce-Kanals der Fall. Eine Konzentration auf das Kerngeschäft gepaart mit der Internationalisierung schien allerdings zu diesem Zeitpunkt noch eine geeignete strategische Grundausrichtung zur Sicherung des Unternehmenserfolgs darzustellen. Durch die zuerst zaghaften Versuche, eine eigenständige E-Commerce-Plattform mit starker Fokussierung der Kernzielgruppe zu etablieren, der sich daran anschließenden Ausgliederung und Wiedereingliederung fehlten dem Unternehmen zentrale finanzielle und ideelle Ressourcen, um auf die disruptive Innovation auf Produktebene zu reagieren, was schlussendlich in der Insolvenz mündete. Weitere Faktoren, die dazu beitrugen, waren das Festhalten an den unrentablen Waldenbooks-Filialen, der große Anteil der Warengruppe Musik sowie die zahlreichen Managementwechsel, die mit permanenten strategischen Neuausrichtungen einhergingen, infolge derer sich keine Routinen herausbilden konnten.

1.5 Einordnung der DBH in die Strategietypen Bei der Einordnung der Deutschen Buchhandelsholding in die Strategietypologie von Miles / Snow ergibt sich ein heterogenes Gesamtbild. Während Weltbild bereits frühzeitig und noch vor dem Markteintritt Amazons in den deutschen Markt einen eigenen Onlineauftritt lancierte und somit die vom Prospector Amazon ausfindig gemachten Marktchancen imitierte, war dies bei Hugendubel nicht der Fall. Erst 2002 wurde dort ein eigener Onlineauftritt realisiert, der wiederum acht Jahre später eine grund-

314   

   Teil IV: Einordnung der Unternehmen in die Strategietypen

legende Überarbeitung erfuhr.¹⁰³⁵ Weltbild zeichnete sich hingegen durch eine Streuung der Onlineaktivitäten aus, die in erster Linie durch die Tatsache zum Ausdruck kam, dass es in Kooperation mit Holtzbrinck, Axel Springer und der Telekom AG den Onlineshop booxtra.de gründete.¹⁰³⁶ Somit setzte Weltbild angesichts der disruptiven Innovation auf Geschäftsmodellebene sowohl auf den internen als auch den externen Ressourcenaufbau und imitierte mit der Ausweitung der online angebotenen Produktkategorien Amazon. Hierzu wurde ebenfalls der Fremdaufbau von Ressourcen genutzt, wie sich an der Übernahme von Kidoh zeigt. Gleichzeitig orientierte sich das Unternehmen aber nicht an einer konsequenten Herangehensweise, was die Faktoren Separation und Integration der neuen Geschäftseinheit anbelangte. So bot das neue Geschäftsfeld Onlinehandel aus Sicht von Weltbild eine hohe Anschlussfähigkeit an das bestehende Geschäftsfeld des Kataloghandels aufgrund der für den Betrieb notwendigen logistischen Kompetenzen. Diese Eigenschaften würden eine Integrationsstrategie nahelegen. Da die strategische Anschlussfähigkeit des neuen Marktes aufgrund des bestehenden Versandhandels ebenfalls vorhanden war, empfahl sich ebenfalls eine Integrationsstrategie als Vorgehensweise. Allerdings zeigte sich mit dem in Kooperation mit anderen Marktteilnehmern gegründeten Joint Venture booxtra gleichzeitig eine Tendenz zur Separation, so dass von einer inskonsistenten Orientierung gesprochen werden kann. Diese zeigt sich ferner in der Tatsache, dass der Onlineshop des Schmalspursortiments Jokers unter eigenem Markennamen firmierte und somit kein Onlineauftritt unter einheitlichen Markenauftritt realisiert wurde, was zumindest einer diesbezüglichen Separation entsprach. Eine solche Streuung kann sich, wie gezeigt werden konnte, in der Frühphase der Marktentwicklung als sinnvoll erweisen, jedoch werden durch die unterschiedlichen Webauftritte Ressourcen gebunden, die zur Stärkung eines einheitlichen Markennamens hätten beitragen können. Bei den Marktaktivitäten nach der Markteinführung des Kindles wies Weltbild zunächst einen höheren Anteil an Eigenaktivitäten auf, als dies beim Wettbewerber Thalia zum gleichen Zeitpunkt der Fall war. Dies beinhaltete auf der Produkt-MarktEbene die Eröffnung eines eigenen E-Book-Stores. Allerdings verzichtete Weltbild zunächst auf die Vorstellung eines elektronischen Lesegeräts unter eigenem Markennamen, und der E-Book-Shop verfügte über ein geringeres Angebot. Auch bezogen sich innovative Aktivitäten wie die Realisierung eines neuen Ladenkonzepts auf den physischen Vertriebskanal bzw. orientierten sich an der Erhöhung der Effizienz, was auf eine Analyserausrichtung hindeutet. In den Folgejahren ging der Anteil der innovativen Aktivitäten jedoch tendenziell zurück, wohingegen er beim Wettbewerber Thalia konstant blieb bzw. anwuchs. Die Vorstellung neuer Produkte im E-ReaderSegment beschränkte sich bei Weltbild auf Endgeräte im Niedrigpreissegment und einer damit verbundenen geringeren technologischen Leistungsfähigkeit. Insofern ist 1035 Vgl. Teil III, Punkt 3.2.2. 1036 Vgl. Teil III, Punkt 3.2.2.

1 Einordnung der Unternehmen in die Strategietypen   

   315

die Ausrichtung von Weltbild wiederum stärker der Defenderausrichtung zuzuordnen, da die bisherige strategische Grundausrichtung weitgehend auf den Onlinekanal übertragen wurde. Ähnliches gilt in noch höherem Maße für das Vorgehen des Partnerunternehmens Hugendubel, bei dem der Onlinekanal zunächst lediglich als Ergänzung des physischen Vertriebskanals angesehen wurde. Diese Ausrichtung kam in der Aussage des Geschäftsführers Gallenkamp zum Ausdruck, der im Jahr 2002 die Filialen weiterhin als Kern der Geschäftstätigkeit bezeichnete.¹⁰³⁷ Eine grundlegende Überarbeitung des Webauftritts fand zu einem relativ späten Zeitpunkt statt, so dass es Hugendubel trotz einer zeitweise hohen Anzahl von innovativen Aktivitäten nicht gelang einen signifikanten Marktanteil zu erreichen. Insofern ist die strategische Ausrichtung von Hugendubel in dieser Hinsicht ebenfalls dem Strategietyp Defender zuzurechnen. Der Technologieeinsatz war bei Weltbild zunächst in einem hohen Maße auf die Erhöhung der logistischen Effizienz ausgerichtet. Diese Erhöhung der Effizienz ist der stabilen Komponente des Technologieeinsatzes zuzuordnen und damit einer am Strategietyp Defender ausgerichteten Orientierung. Anders als der Wettbewerber Thalia verzichteten beide Kernunternehmen der DBH auf eine Eigenentwicklung von Lesegeräten, was ebenfalls keinen flexiblen Einsatz von Technologie darstellt. Im Gegensatz zum Konkurrenzunternehmen, das mit der Pilotfiliale im Einkaufszentrum Loop  5 multimediale Ansätze testete, unternahm Weltbild keine diesbezüglichen Anstrengungen. Die dargestellte Verteilung der Marktaktivitäten gibt einen Hinweis auf die Ausrichtung des Wachstums bei Weltbild. So deutet der anfangs hohe Anteil der Kategorie neue Produkte / Serviceleistungen auf ein überwiegend internes Wachstum hin, was jedoch im Zeitverlauf stetig abnahm. Auch die Beteiligung der gesamten DBH am Onlinekiosk Pubbles im Jahr 2012 war dem externen Wachstum zuzurechnen. Im physischen Vertriebskanal zeigt sich der externe Wachstumsprozess in der Übernahme der Mehrheitsbeteiligungen von Weiland, der Wohlthat’schen sowie von Buch Habel und deren Integration unter einem einheitlichen Markennamen.¹⁰³⁸ Um in internationalen Märkten Fuß zu fassen, erfolgte beispielsweise die Übernahme von Unternehmen in Polen, was ebenfalls einem externen Wachstum entspricht. Insofern kann der Wachstumsprozess nicht einem bestimmten Strategietyp zugeordnet werden. Die Veränderung der Marktaktivitäten im Zeitverlauf bietet Hinweise auf die Umweltbeobachtung des Unternehmens. Der zunächst abnehmende Anteil der Kategorie neue Produkte / Serviceleistungen und die inhaltliche Ausrichtung deuten daraufhin, dass Weltbild das Wachstum des E-Book-Marktes im Gegensatz zum Wettbewerber Thalia als weniger bedrohlich für das Unternehmen ansah und deshalb auf eine unternehmensinterne Reaktion verzichtete. In der Folgezeit hatte diese Aktivitätenkategorie bei Weltbild zudem stets einen Anteil unter 20 Prozent, gemessen an 1037 Vgl. Teil III, Punkt 3.2.1. 1038 Vgl. http://www.boersenblatt.net/143822/

316   

   Teil IV: Einordnung der Unternehmen in die Strategietypen

den Gesamtaktivitäten. Im Jahr 2012 sank er sogar auf 0 Prozent. Dies war sicherlich auch in der Tatsache begründet, dass Weltbild durch seine Expertise im Versandhandel von einer optimalen Ausgangsposition im Onlinehandel ausging. Anstatt diese Position auszubauen, konzentrierte sich das Unternehmen auf die Steigerung der Effizienz.

2 Cross-Case-Analyse 2.1 Vorgehen Im Rahmen der Cross-Case-Analyse werden die Veränderungen der Reaktionsmuster der US-amerikanischen Unternehmen und der deutschen Unternehmen mit ihren jeweiligen Konkurrenten gegenübergestellt. Dies dient dazu, die unterschiedlichen Herangehensweisen im direkten Vergleich herauszuarbeiten. Die Darstellung konzentriert sich auf den Zeitraum nach der Markteinführung des Kindles, die in den USA im November 2007 und in Deutschland im Oktober 2009 erfolgte. Der Untersuchungszeitraum umfasst demnach die Jahre 2008 bis 2013 in den USA und 2009 bis 2013 in Deutschland. In Deutschland wird das Jahr 2009 miteinbezogen, da dort bereits zu diesem Zeitpunkt Reaktionen zu beobachten waren, wie sich beispielsweise an der Vorstellung des Sony E-Readers bei Thalia zeigte. Im Vordergrund der nachfolgenden Betrachtung steht neben der Veränderung der Verteilungsmuster und den sich daraus abzuleitenden Parallelen und Unterschiede insbesondere die Frage, inwieweit die Unternehmen eine Integration bzw. Separation der digitalen Geschäftseinheit im Zeitverlauf vorgenommen haben. Die Optionen hierfür sind in Tabelle 34 nochmals aufgeführt. Aus den Empfehlungen der Literatur ergibt sich in dieser Hinsicht die Annahme, dass die disruptive Innovation auf Produktebene eine phasenweise Integration begünstigt, da zunächst ein hohes Maß an strategischer Anschlussfähigkeit zwischen dem physischen Geschäftsfeld und dem E-Book-Segement bestand, gleichzeitig aber aufgrund des Kannibalisierungspotentials zwischen den beiden Kanälen ein hohes Konfliktpotential zwischen etabliertem Geschäftsfeld und der Innovation bestand.¹⁰³⁹ Hierzu wird für die US-Unternehmen der Zeitraum nach dem Börsengang von Amazon im Jahr 1997 beleuchtet. Ähnliches gilt für die deutschen Unternehmen, wo zunächst die Maßnahmen der ersten Jahre von 1999 bis 2002 nach dem Markteintritt Amazons umrissen werden. Tab. 34: Konfliktpotential und strategischer Anschluss. Quelle: Charitou / Markides 2004. hohes Konfliktpotential zwischen etabliertem Geschäftsfeld und der Innovation geringes Konfliktpotential zwischen etabliertem Geschäftsfeld und der Innovation

Separationsstrategie

Phasenabhängige Integrationsstrategie

phasenabhängige Separationsstrategie

Integrationsstrategie

geringes Maß an strategischer Anschlussfähigkeit (unterschiedlicher Markt)

1039 Vgl. Charitou / Markides 2004. DOI 10.1515/9783110478693-012

hohes Maß an strategischer Anschlussfähigkeit (ähnlicher Markt)

318   

   Teil IV: Einordnung der Unternehmen in die Strategietypen

2.2 Gegenüberstellung der Marktaktivitäten der US-amerikanischen Unternehmen Die Ausrichtung von Amazon nach dem Markteintritt war zunächst von der Zielsetzung geprägt, Größenvorteile zu realisieren. Hierzu legte das Unternehmen zunächst einen Schwerpunkt auf die Marketingaktivitäten, um den Bekanntheitsgrad zu erhöhen, und baute die Vertriebsinfrastruktur aus. Barnes & Noble reagierte entsprechend der auf Christensen basierenden Empfehlungen mit einer Ausgliederung der 1997 etablierten E-Commerce-Webseite, was einer Separationsstrategie entsprach. Die Seite wurde unabhängig von den Superstores betrieben, allerdings unter dem unternehmenseigenen Markennamen. Die Borders Group hingegen konzentrierte sich zu diesem Zeitpunkt stärker auf den Ausbau des physischen Geschäftsfeldes und stellte erst 1998 eine eigene Webseite vor. In der Folgezeit konzentrierte sich Barnes & Noble auf den Bereich Kooperationen. Diese fanden auf der Marketingebene statt, um die Reichweite der Webseite zu erhöhen, sowie auf der technologischen Ebene, um die notwendige Infrastruktur aufzubauen. Amazon hingegen hatte in dieser Aktivitätenkategorie ebenfalls ein Übergewicht, nutzte aber in erster Linie Unternehmensübernahmen, die auch der Produktexpansion dienten. Die Borders Group reagierte hingegen stets als Nachzügler, was sich neben der späteren Lancierung der Webseite in den Kooperationen widerspiegelt. Barnes & Noble schloss Kooperationen mit reichweitenstarken Webseiten ab, so dass Borders nur auf reichweitenschwächere Webseiten zurückgreifen konnte und die Onlinesparte schlussendlich komplett an den Wettbewerber Amazon ausgliederte. Barnes & Noble weitete hingegen im Jahr 2000 seine Aufwendungen für Eigenentwicklungen massiv aus, was in der Erhöhung des E-Commerce-Marktanteils von 9 auf 13 Prozent mündete. Amazon konnte zu diesem Zeitpunkt aber bereits 58 Prozent Marktanteil auf sich vereinigen.¹⁰⁴⁰ Bei der Gegenüberstellung der Marktaktivitäten der US-amerikanischen Buchhandelsketten nach der Markteinführung des Kindles durch Amazon im Jahr 2007 ergeben sich einige Unterschiede in der Herangehensweise. Die Vorteile des Lesegeräts im Vergleich zu den Konkurrenzprodukten lagen in der großen Reichweite des Angebots und einer drahtlosen Netzwerkverbindung. Amazon konnte bis Ende 2008 einen Marktanteil von 65,7 Prozent bei den dezidierten Lesegeräten auf sich vereinnahmen.¹⁰⁴¹ Im selben Jahr lag der Schwerpunkt der Marktaktivitäten bei den beiden großen Buchhandelsketten gleichermaßen auf dem Marketingbereich. Hier lässt sich eine Parallele zum Markteintritt von Amazon ziehen, da sowohl Borders als auch Barnes & Noble ihre Marktaktivitäten zu diesem Zeitpunkt ebenfalls verstärkt im Marketingbereich setzten und erst sukzessive umsteuerten. Im Unterschied zu der frühen Phase der Unternehmensentwicklung war überdies bei beiden Unternehmen die Kategorie Kooperationen / Allianzen / Übernahmen geringer ausgeprägt. 1040 Vgl. Teil III, Punkt 2.2.1. 1041 Vgl. Teil III, Punkt 2.3.3.2.

2 Cross-Case-Analyse   

   319

Diese Herangehensweise war einerseits der Ressourcenknappheit geschuldet, die sich aus den Umsatz- und Gewinnrückgängen der großen Ketten ergab. Bei Barnes & Noble halbierte sich der Gewinn im Vergleich zum Vorjahr, und die Borders Group schrieb bereits Verluste. Hieraus folgte ein schwierigeres Geschäftsklima, das zu verminderten Investitionen führte. Das schlechtere Klima zeigte sich unter anderem in den sinkenden Aktienkursen.¹⁰⁴² Andererseits wurde das Wachstumspotential des E-Book-Segments zu diesem frühen Zeitpunkt unterschätzt. Der Marktanteil dieses Segments betrug im Jahr 2008 lediglich 1,2 Prozent.¹⁰⁴³ Als Reaktion auf die Markteinführung des Kindles setzte die Borders Group zwar auf eine Rückintegration der E-Commerce-Sparte, um den veränderten Konsumentenpräferenzen gerecht zu werden, die sich in einem sinkenden Marktanteil der Buchhandelsketten zugunsten eines höheren Anteils im E-Commerce zeigten. Allerdings stellten die Buchhandelsketten immer noch den größten Vertriebskanal dar, weshalb das Unternehmen parallel auf den Ausbau bzw. die Restrukturierung des physischen Geschäfts mit der Einführung der Concept Stores zurückgriff. Auch Barnes & Noble fokussierte eine Restrukturierung des physischen Geschäfts, was sich in erster Linie im Abbau der unrentablen Filialen in Shoppingmalls und einer Reduktion der geplanten Neueröffnungen widerspiegelte. Aufgrund des Wachstums in der E-CommerceSparte wurden aber zugleich Maßnahmen ergriffen, um dieses Segment zu stärken, was sich hauptsächlich in der Imitation der von Amazon eingeführten Neuerungen niederschlug. So imitierte Barnes  & Noble Amazons Search Inside Funktion und kündigte zugleich an, den Markteintritt in das E-Book-Segment zu überprüfen. Insgesamt war der Anteil der Kategorie neue Produkte / Serviceleistungen bei Barnes & Noble mit 11 Prozent zwar höher als beim Wettbewerber Borders Group. Den höchsten Anteil erreichte aber Amazon mit 29 Prozent (Abbildung 93). Die Aktivitäten in diesem Bereich beinhalteten dort die Ausweitung des Angebots auf weitere Produktkategorien sowie den Ausbau des Mediengeschäfts. Im Zeitraum von 2009 bis 2010 blieb der Anteil der Kategorie neue Produkte  / Serviceleistungen bei Amazon konstant hoch bei 38 Prozent Anteil an den Gesamtaktivitäten, was dem Niveau des Vorjahres entsprach. Auch die Marketingaktivitäten blieben bei etwa 60  Prozent Anteil an den Gesamtaktivitäten (Abbildung  94). Der hohe Anteil an Innovationen bis zu diesem Zeitpunkt stellt dabei einen deutlichen Hinweis auf eine konsequente Beobachtung neuer Entwicklungen dar und spiegelt sich in der Höhe der Investitionen für Technologie und Content wider. Diese lagen für das Jahr 2010 bei nahezu einer Mrd. US-Dollar, wohingegen für Übernahmen lediglich 352  Mio. aufgewendet wurden.¹⁰⁴⁴ Die konsequente Marktbeobachtung zeigte sich

1042 Vgl. Teil III, Punkt 2.3.1 u. Punkt 2.3.2. 1043 Vgl. http://www.publishers.org 1044 Vgl. Teil III, Punkt 2.3.3.2.

320   

   Teil IV: Einordnung der Unternehmen in die Strategietypen

Amazon

Barnes & Noble

Borders Group

29%

11%

3%

62%

85%

94%

9%

4%

3%

neue Produkte/Serviceleistungen Marketingaktivitäten Kooperationen/Allianzen/Übernahmen Abb. 93: Marktaktivitäten US-amerikanische Unternehmen 2008. Quelle: Business Wire / PR Newswire.

beispielsweise in der Übernahme der bei Apple-Usern besonders beliebten E-ReadingApp Stanza.¹⁰⁴⁵ Wesentliche Veränderungen ergaben sich hingegen bei Barnes  & Noble. Diese gingen im E-Book-Segment auf den Markteintritt von Apple zurück, das mit dem iPad ein Gerät vorstellte, das zusätzlich zu einer Lesefunktion Multimedia-Inhalte anzeigen konnte.¹⁰⁴⁶ Barnes & Noble reagierte auf diese Entwicklungen mit einer Ausweitung der Aktivitäten im Bereich neue Produkte  / Serviceleistungen, die z. B. in der Vorstellung des Semi-Tablets Nook Color ihren Ausdruck fand, bei einer gleichzeitigen Verringerung der Aktivitäten im Bereiche Kooperationen / Allianzen / Übernahmen. Mit diesem Aktivitätenmuster näherte sich Barnes & Noble dem von Amazon an, das eine ähnliche Verteilung aufwies, wenn auch mit einer noch höheren Betonung der Kategorie neue Produkte / Serviceleistungen. Innerhalb der Kategorie Kooperationen  / Allianzen  / Übernahmen kam es ebenfalls zu einer Verschiebung zugunsten der Partnerschaften und zu Lasten der Unternehmensübernahmen. Während Barnes  & Noble in den ersten Jahren nach der Markteinführung des Kindles Übernahmen hauptsächlich dazu benutzte, in das Onlinegeschäft vorzustoßen bzw. neue Geschäftsfelder im physischen Bereich zu erschließen (Aufbau), konzentrierte es sich nunmehr auf Partnerschaften zum Ausbau der Geschäftsbereiche. Diese veränderte Herangehensweise manifestierte sich zusätzlich in einem Rückgang bei den Übernahmen im Jahr 2010. Während im Vorjahr mit Barnes & Noble College und Fictionwise Unternehmen zum Aufbau neuer Geschäftsfelder übernommen wurden, war das Jahr 2010 in dieser Kategorie hauptsächlich von Kooperationen zur Erhöhung der Reichweite geprägt. Dies zeigt sich 1045 Vgl. http://bits.blogs.nytimes.com/2009/04/27/amazon-acquires-stanza-an-e-book-applicationfor-the-iphone/?_php=true&_type=blogs&_r=0 1046 Vgl. Reid 2010, S. 2 f.

2 Cross-Case-Analyse   

   321

in erster Linie durch die Vertriebspartnerschaften mit diversen Einzelhändlern und durch die Kooperation mit dem PC-Hersteller Hewlett Packard. Bei Borders entwickelten sich – hauptsächlich bedingt durch mehrere Strategiewechsel  – die Aktivitätenmuster im Vergleich zu Barnes  & Noble zeitversetzt. Wie oben gezeigt werden konnte, waren die ersten beiden Jahre nach der Markteinführung des Kindles von einer Fokussierung auf die Marketingaktivitäten und auch von einer Restrukturierung des physischen Geschäfts bei gleichzeitigem Wiederaufbau des digitalen Geschäfts geprägt. Die Sparmaßnahmen reduzierten das Innovationspotential des Unternehmens, weshalb weniger finanzielle Mittel für Eigenentwicklungen zur Verfügung standen. Zudem konnten Amazon gefolgt Barnes  & Noble mittlerweile einen Großteil der Marktanteile im E-Book-Segment auf sich vereinnahmen. Diese beliefen sich bei Amazon auf knapp 60  Prozent und bei Barnes  & Noble auf 20 Prozent. Mit dem Markteintritt von Apple kam zudem ein finanzkräftiger Wettbewerber hinzu. Die Borders Group sah dementsprechend ihre Möglichkeiten in der Positionierung als ,Neutraler Experte‘ im E-Book-Segment, was die Entwicklung eines eigenen Lesegeräts nicht notwendig erscheinen ließ. Nichtsdestotrotz kündigte das Unternehmen im Juli 2010 an, einen Marktanteil im E-Book-Segment in Höhe von 17 Prozent anzustreben.¹⁰⁴⁷ Nachdem Barnes  & Noble diese Maßnahme im Jahr 2009 getroffen hatte, versuchte Borders in erster Linie, mit dem Fremdaufbau von Ressourcen den Anschluss an die Wettbewerber zu halten. Diese Maßnahmen lassen sich am erhöhten Anteil der Kategorie Kooperationen  / Allianzen  / Übernahmen ablesen. Die meisten Maßnahmen in dieser Kategorie waren folglich davon geprägt, von Barnes & Noble bzw. von Amazon eingeführte Neuerungen zu imitieren. So schloss das Unternehmen eine Partnerschaft mit Chegg.com, um den Verleih von Lehrbüchern auf einer Onlineplattform zu gewährleisten, was von den beiden Wettbewerbern bereits früher realisiert wurde. Ähnlich wie die im Vorjahr angekündigte Partnerschaft mit Kobo waren diese Maßnahmen aber nicht dazu geeignet ein eigenständiges Profil auf dem E-Book-Markt zu entwickeln, und führten nicht zu einem höheren Marktanteil in diesem Segment. Aus dieser Tatsache in Verbindung mit den in Teil IV, Punkt 1.4 genannten Faktoren resultierte schlussendlich die Insolvenz der Borders Group. Im Zeitraum von 2011 bis 2013 hatte wiederum Amazon den größten Anteil an innovativen Aktivitäten, die im Zeitverlauf Zuwächse erfuhren und 2012 den Anteil der Marketingaktivitäten übertrafen (Abbildung 95). Innerhalb dieser Kategorie war die Vorstellung des Tablets Kindle Fire maßgeblich, da das Gerät mit ähnlichem Funktionsumfang wie der Tablet-Computer iPad wesentlich preisgünstiger positioniert wurde. In Verbindung mit der Preissenkung für ältere Lesegeräte konnte Amazon bis Ende 2011 bei den digitalen Lesegeräten einen Marktanteil von 55  Prozent auf sich vereinigen. Die Zielsetzung der innovativen Aktivitäten bestand in der Erhöhung

1047 Vgl. PR Newswire 2010h.

2009

322   

   Teil IV: Einordnung der Unternehmen in die Strategietypen

38%

Amazon 18%

Barnes & Noble Borders Group

3%

9%

2010

4% 60%

29%

Barnes & Noble

4% 21%

93% 38%

Amazon

Borders Group

58% 61%

62% 77%

2% 9% 13%

neue Produkte/Serviceleistungen Marketingaktivitäten Kooperationen/Allianzen/Übernahmen Abb. 94: Marktaktivitäten US-amerikanische Unternehmen 2009/10. Quelle: Business Wire / PR Newswire.

der Attraktivität der Kindle-Plattform, was in erster Linie durch Erleichterungen für externe Entwickler realisiert wurde. Zudem trieb das Unternehmen die Internationalisierung voran, was im indischen Markteintritt seine Entsprechung fand. Ihre Entsprechung findet diese Ausrichtung in der Erhöhung der Investitionen für die Produktentwicklung auf 3,8 Mrd. US-Dollar, wohingegen die Ausgaben für Übernahmen im Vergleich zum Vorjahr weitestgehend konstant blieben.¹⁰⁴⁸ Der Bereich Kooperationen / Allianzen / Übernahmen diente dem Unternehmen hingegen weiterhin hauptsächlich zum Ausbau bestehender Geschäftsbereiche, wie z. B. dem Filmgeschäft und der internationalen Expansion. Im Jahresvergleich von 2010 auf 2011 blieb der Anteil der Kategorie neue Produkte / Serviceleistungen bei Barnes & Noble weitestgehend konstant. Auf die Markteinführung des Kindle Fires reagierte Barnes & Noble beispielsweise mit der Vorstellung des Nook Tablets und senkte im gleichen Zug den Preis für den Nook Color. So gelang es dem Unternehmen, zunächst auch seinen Marktanteil im E-Book-Segment von 20 auf 27 Prozent zu steigern und sich auf dem Tablet-Markt mit 14 Prozent Anteil zu stabilisieren. In der Folgezeit sank der Anteil der innovativen Aktivitäten an den Gesamtaktivitäten jedoch von 27 Prozent auf 15 Prozent ab, und der Marktanteil im E-Book-Segment sank auf 22  Prozent.¹⁰⁴⁹ Die geänderte Ausrichtung spiegelte sich außerdem in der Formulierung der strategischen Zielsetzungen wider. So fehlte im Geschäftsbericht aus dem Jahr 2012 der Verweis auf die Realisierung innovativer technologischer Entwicklungen als Zielsetzung, der noch in den Jahren 2010 und 2011 explizit aufgeführt wurde.¹⁰⁵⁰ Mit der gleichzeitigen Steigerung des Anteils der Kategorie Kooperationen / Allianzen / Übernahmen auf 12 Prozent näherte sich Barnes & 1048 Vgl. Teil III, Punkt 2.3.3.2. 1049 Vgl. Teil III, Punkt 2.3.1. 1050 Vgl. Barnes & Noble Annual Report 2012, S. 9.

2 Cross-Case-Analyse   

   323

2011

Amazon

2013

Amazon

2012

Noble vielmehr wieder den strategischen Mustern direkt nach der Markteinführung des Kindles an (Abbildung  94). Um die notwendigen finanziellen Mittel für eine Neuausrichtung und um gegen die Größenvorteile von Amazon in internationalen Märkten bestehen zu können, wurde in diesem Zusammenhang die Kooperation mit Microsoft angekündigt. Im Gegensatz zu den bisherigen Kooperationen diente diese Kooperation in erster Linie der Akquisition finanzieller Mittel. In der Folgezeit hatte die Nook-Sparte hohe Umsatzrückgänge zu verzeichnen. Als ursächlich wurde hauptsächlich die geringere Entwicklerdichte bei Apps für die Nook-Plattform und das damit einhergehende geringere Angebot angesehen. So verfügte der auf Googles Android basierende App-Store von Barnes & Noble im Mai 2013 lediglich über 10.000 Programme, der ebenfalls auf Android basierende Store von Amazon hingegen über 80.000.¹⁰⁵¹ Infolgedessen kündigte Barnes & Noble an, den Google Play Store mit integrieren zu wollen. Diese Maßnahme entsprach einem Strategiewechsel, der eine stärkere Konzentration auf die Softwarekomponente vorsah und einen Rückzug aus der Hardwareentwicklung bei den Tablets nach sich zog. Trotz dieser Maßnahmen konnten die sinkenden Verkaufszahlen und Verluste der NookSparte nicht eingedämmt werden, was schlussendlich zur Demission des 2010 berufenen CEOs William Lynch führte. Um die kostenintensive Hardwareentwicklung zu ermöglichen, ging das Unternehmen im Bereich der Tabletentwicklung eine Kooperation mit Samsung ein.¹⁰⁵²

Barnes & Noble

Barnes & Noble

42% 27%

9%

64% 45%

19%

9%

44%

11%

72% 51%

Amazon Barnes & Noble

49%

15%

9% 42%

73%

7% 12%

neue Produkte/Serviceleistungen Marketingaktivitäten Kooperationen/Allianzen/Übernahmen Abb. 95: Marktaktivitäten US-amerikanische Unternehmen 2011–2013. Quelle: Business Wire / PR Newswire.

1051 Vgl. Kessler 2014. 1052 Vgl. http://www.boersenblatt.net/barnes___noble_kooperiert_mit_samsung.812160.html

324   

   Teil IV: Einordnung der Unternehmen in die Strategietypen

2.3 Gegenüberstellung der Marktaktivitäten der deutschen Unternehmen mit denen von Amazon Um sich am wachsenden E-Commerce-Segment zu beteiligen, das mit dem Markteintritt von Amazon auf dem deutschen Markt einen Bedeutungszuwachs erfuhr, beteiligte sich die Phönix-Montanus GmbH (später Thalia Holding) im Jahr 1999 am Onlinebuchhändler Buch.de. Thalia gründete demnach keine separate Geschäftseinheit als Reaktion auf das wachsende E-Commerce-Segment, sondern nutzte einen externen Ressourcenaufbau durch eine Unternehmensbeteiligung. Auffällig ist zunächst die Tatsache, dass Buch.de im ersten Jahr der Geschäftstätigkeit wesentlich höhere Marketingaufwendungen, gemessen am Umsatz, als Amazon aufwies. Während Amazon im ersten Jahr der Geschäftstätigkeit lediglich 39  Prozent des Umsatzes für Marketingaufwendungen verwendete, nutzte Buch.de 91 Prozent (vgl. Abbildung 79). Ein umgekehrtes Verhältnis war bei den Aufwendungen für die Produktentwicklung zu beobachten. Hier lag der Prozentsatz bei Buch.de bei lediglich knapp 6 Prozent, wohingegen Amazon im ersten Jahr knapp 34 Prozent aufwendete (vgl. Abbildung  80). Dies stellt einen Hinweis auf eine geringere innovationsorientierte Ausrichtung bei Buch.de dar. Weltbild reagierte ebenfalls nicht mit einer Separation der neuen Geschäftseinheit und etablierte 1998 einen Onlineshop unter der Adresse www.weltbild.de Allerdings beteiligte sich das Unternehmen am Onlineshop Booxtra.de und verfolgte damit zusätzlich eine ähnliche Herangehensweise wie der Konkurrent Thalia. Zugleich erfolgte eine schnelle Ausweitung des Angebots auf Nebensortimente wie Musik, Videos, Geschenken und Spielen was dahingehend eine Imitation von Amazon darstellte. Hugendubel wiederum gründete einen eigenen Webauftritt, dies geschah allerdings erst im Jahr 2002 und damit wesentlich später als es bei den Wettbewerbern der Fall war, und kündigte zugleich an, den Kern der Geschäftstätigkeit weiterhin in den Filialen zu sehen. Im Folgenden werden die Marktaktivitäten von Weltbild und Thalia mit denen von Amazon für den Zeitraum von 2009 bis 2013 gegenübergestellt. Die Aktivitäten von Hugendubel werden nicht gesondert ausgewiesen, da sie in ihrer absoluten Anzahl zu gering sind. Zudem orientierte sich Hugendubel im Onlinesegment stark an der Vorgehensweise des Partnerunternehmens Weltbild. Zum Zeitpunkt der Markteinführund des Kindles im Jahr 2009 war die Verteilung der Marktaktivitäten der deutschen Unternehmen im Vergleich zu Amazon, wie unten dargestellt, gestaltet. Aus der Abbildung 96 wird deutlich, dass sowohl Weltbild als auch Thalia mit 67 Prozent bzw. 72 Prozent einen Schwerpunkt auf die Marketingaktivitäten legten, wohingegen Amazon einen hohen Anteil an neuen Produkten / Serviceleistungen aufwies. Diese Ausrichtung wird zudem in den Finanzkennzahlen von Buch.de deutlich. Die Marketingaufwendungen waren im ersten Jahr der Geschäftstätigkeit wesentlich höher als bei Amazon zum selben Zeitpunkt. Gleichzeitig lagen die Aufwendungen für Pro-

2 Cross-Case-Analyse   

   325

duktentwicklungen unter denen von Amazon.¹⁰⁵³ In der Vorgehensweise der beiden deutschen Buchhandelsketten sind aber in der Ausrichtung einige Unterschiede festzuhalten: Der erste Unterschied bestand in der Tatsache, dass Thalia bis zu diesem Zeitpunkt die Entwicklung seiner Onlineaktivitäten an den externen Akteur Buch.de ausgegliedert hatte, bevor dann die Übernahme der Mehrheitsbeteiligung erfolgte.¹⁰⁵⁴ Weltbild hingegen betrieb die Entwicklung seines Onlinegeschäfts zunächst innerhalb des Unternehmens und beteiligte sich mit Booxtra.de an einem Joint Venture. Damit griff Thalia auf das von Charitou und Markides vorgeschlagene phasenorientierte Vorgehen angesichts disruptiver Innovationen zurück. Thalia verfolgte mit der Auslagerung der Onlineaktivitäten bei gleichzeitiger Minderheitsbeteiligung zunächst eine Separationsstrategie, bevor mit der Übernahme der Mehrheit bei Buch.de eine Integration vorgenommen wurde, was als phasenabhängige Integrationsstrategie bezeichnet werden kann. Da über den Transfer des Markennamens und die potentielle Verknüpfbarkeit der Vertriebskanäle eine hohe strategische Anschlussfähigkeit der beiden Geschäftsfelder bestand, war diese Vorgehensweise vielversprechend, zumal die Einführung des E-Commerce zunächst ein hohes Konfliktpotential zwischen etabliertem Geschäftsfeld und der Innovation vermuten ließ. Weltbild zeigte hingegen mit seiner Vorgehensweise trotz des leicht höheren Anteils an Eigenentwicklungen eine unklarere strategische Ausrichtung, die sich in der parallelen Entwicklung verschiedener Onlinemarken niederschlug, anstatt diese unter einem einheitliche Markennamen zu verknüpfen. Die verschiedenen Markennamen beinhalteten neben weltbild.de und jokers.de auch booxtra.de und buecher.de.¹⁰⁵⁵

Amazon

Thalia

Weltbild

38%

14%

58%

72%

22%

67%

neue Produkte/Serviceleistungen Marketingaktivitäten Kooperationen/Allianzen/Übernahmen Abb. 96: Marktaktivitäten Thalia / Welbild / Amazon 2009. Quelle: www.buchreport.de / www.thalia.de / www.weltbild.com

1053 Vgl. Teil III, Punkt 3.2.3. 1054 Vgl. Teil III, Punkt 3.3.1. 1055 Vgl. Teil III, Punkt 3.2.2.

4%

14%

11%

326   

   Teil IV: Einordnung der Unternehmen in die Strategietypen

Insofern nutzte Weltbild die strategische Anschlussfähigkeit in Bezug auf den Markennamen nicht aus. Wie aus der Verteilung der Marktaktivitäten in den beiden Folgejahren ersichtlich ist, setzte Thalia in der Folgezeit auf einen externen Ressourcenaufbau, was in dem Anstieg dieser Kategorie auf 31 Prozentpunkte seinen Niederschlag findet. Amazon wies weiterhin einen hohen Anteil an Eigenentwicklungen auf, der bei Thalia und Weltbild weitestgehend konstant blieb. Allerdings stellte Thalia im Jahresverlauf den dezidierten E-Reader Oyo vor und nahm somit inhaltlich eine stärkere Eigenentwicklung in den Fokus mit der Zielsetzung, sich im digitalen Geschäftsfeld zu positionieren. Durch die Übernahme von Textunes und dem Ausbau der Beteiligung an Buch. de war bei Thalia in diesem Zeitabschnitt zwar der dargestellte externe Ressourcenaufbau zu beobachten, da die Aktivitäten aber nicht kooperativ waren, sondern dem Bereich Übernahmen zuordenbar waren, kann dies als Versuch gewertet werden das digitale Geschäftsfeld stärker einzubinden. Dies mündete in der Erreichung eines Marktanteils von 19 Prozent im E-Book-Segment. Auch die auf den Umsatz bezogenen Aufwendungen für Produktentwicklungen bei Buch.de näherten sich im dritten Jahr der Geschäftstätigkeit denen von Amazon an.¹⁰⁵⁶ Weltbild hatte hingegen im Vergleich zum Vorjahr eine Verringerung der Eigenentwicklungen zu verzeichnen. Das im Verlauf des Jahres 2010 vorgestellte Lesegerät Aluratek Libre von Weltbild hatte zudem ein geringeres Leistungsvermögen als das von Thalia. Dies spiegelte sich auch in den Marktanteilen der E-Reader wider. Während Thalia mit dem Oyo 8  Prozent Marktanteil erreichte, kam Weltbild nur auf 1 Prozent.¹⁰⁵⁷ Nachdem Thalia durch die Übernahmen sein technologisches Know-How steigern wollte, nutzte Weltbild zur Verbesserung der technologischen Expertise verstärkt Kooperationen, was weniger erfolgversprechend war, da so kein umfassender Wissenstransfer in das Unternehmen hinein erfolgen konnte. Um den Umsatzrückgang im Kerngeschäft abzufangen, griffen Weltbild und Thalia aber auf ähnliche Maßnahmen zurück. Diese erstreckten sich in erster Linie auf Sortimentserweiterungen. So erweiterte Thalia das Sortiment zunächst im PBSBereich und später dann im Spielzeugsegment. Schlussendlich belief sich der Anteil des Non-Book-Segments innerhalb der Filialen auf 20 Prozent. Auch die Realisierung von Shop-in-Shop-Systemen war in diesen Zusammenhang einzuordnen. Gleichermaßen stellte Weltbild in Hinsicht auf die Umsatzrückgänge im physischen Geschäftsfeld ein neues Ladenkonzept vor, das eine stärkere Ausrichtung auf die Zielgruppe Kinder vorsah. Auch der Partner von Weltbild realisierte im Jahr 2010 ein ähnlich ausgerichtetes Ladenkonzept in drei Städten, das einerseits eine Ausweitung der Kinderbuchabteilung vorsah und andererseits eine Ausweitung der Non-Book-Artikel.¹⁰⁵⁸ 1056 Vgl. Teil III, Punkt 3.3.1. 1057 Vgl. Teil III, Punkt 3.3.2. 1058 Vgl. http://web.archive.org/web/20101108005627/http://www.hugendubel.com/ pressemitteilung/12/der-neue-online-shop-von-hugendubel.html

2 Cross-Case-Analyse   

2010

Amazon Thalia Weltbild

38%

19%

Weltbild

18%

13%

80% 42%

Thalia

2%

67%

13%

Amazon 2011

60%

20%

7% 49%

50%

   327

9% 31%

68%

14%

neue Produkte/Serviceleistungen Marketingaktivitäten Kooperationen/Allianzen/Übernahmen Abb. 97: Marktaktivitäten Weltbild / Thalia / Amazon 2010/11 Quelle: www.buchreport.de / www.thalia.de / www.weltbild.com

Ein maßgeblicher Unterschied in der Herangehensweise der beiden deutschen Buchhandelsketten zeigt sich hingegen wiederum im Jahr 2012. Amazon wies zum Vergleich zu diesem Zeitpunkt weiterhin einen hohen Anteil an Eigenentwicklungen auf, was mit der Prospectorausrichtung einherging. Thalia hingegen erhöhte die Eigenentwicklungen massiv auf 38 Prozent, während Weltbild nunmehr keine neuen Produkte bzw. Serviceleistungen vorstellte. Stattdessen wurde der Anteil der Kooperationen auf 21 Prozent erhöht. Die Reduktion der Eigenentwicklungen auf null Prozent war dabei auch den finanziellen Schwierigkeiten des Unternehmens geschuldet. Aufgrund der rückläufigen Umsätze im Kerngeschäft, die durch das digitale Geschäftsfeld nicht kompensiert werden konnten, waren die Eigentümer nicht bereit, weitere Investitionen in den Ausbau dieses Geschäftsfeldes vorzunehmen.¹⁰⁵⁹ Anstatt die eigenen Angebote weiterzuentwickeln konzentrierte sich Weltbild weiterhin auf eine Streuung der Marktaktivitäten im Onlinesegment, die mit der vorherigen Herangehensweise, Onlineshops unter verschiedenen Markennamen bereitzustellen, korrespondierte. Ein Beispiel hierfür war die Beteiligung an dem Onlinekiosk Pubbles, der von Bertelsmann gestartet wurde. Gleichzeitig wurde der Rückbau der Filialen auf 50 Prozent der Ladenfläche ausgeweitet, um sich an die Verschiebung der Vertriebskanäle anzupassen. Auch Thalia war mit einem rückläufigen Kerngeschäft konfrontiert. Hier zeigten sich die Schwierigkeiten in einem Rückgang der Eigenentwicklungen zwischen 2012 und 2013. Weltbild hingegen brachte zu diesem Zeitpunkt ein auf Kinder ausgerichtetes Tablet auf den Markt, das eine elektronische Ergänzung des Ausbaus der Kinderabteilungen in den physischen Ladengeschäften darstellte. Mit dem Zusammenschluss der DBH mit Thalia zur Tolino-Allianz gelang es den deutschen Unternehmen, in der Folgezeit eine Alternative zum Amazon-Kindle auf 1059 Vgl. Teil III, Punkt 3.3.2.

328   

   Teil IV: Einordnung der Unternehmen in die Strategietypen

2012

Amazon

45%

Thalia Weltbild

2013

Weltbild

11%

43%

19%

79%

Amazon Thalia

44%

38%

51% 18% 13%

21% 42%

46%

7% 36%

67%

20%

neue Produkte/Serviceleistungen Marketingaktivitäten Kooperationen/Allianzen/Übernahmen Abb. 98: Marktaktvitäten Weltbild / Thalia / Amazon 2012/2013. Quelle: www.buchreport.de / www.thalia.de / www.weltbild.com

dem Markt zu positionieren, die sich erfolgreich in Bezug auf den Marktanteil behaupten konnte. So erreichte das Tolino-Lesegerät im E-Book-Segment einen ähnlich hohen Marktanteil wie der Kindle in Deutschland. Dennoch musste mit Weltbild ein Teilnehmer der Allianz im Januar 2014 Insolvenz anmelden, auch wenn die OnlineHandelsplattform offenkundig rentabel war. Zwar konnte Weltbild mit 30  Prozent Umsatzanteil des Onlinegeschäfts einen höheren Anteil als Thalia im selben Bereich realisieren, jedoch waren die für den weiteren Ausbau notwendigen Investitionen aus Sicht der kirchlichen Gesellschafter nicht mehr zu stemmen, da sich die ursprünglich von der Geschäftsführung angegebene Summe von 65  Mio. Euro aufgrund der Umsatzrückgänge verdoppelt hatte.¹⁰⁶⁰ Als letztlich ausschlaggebender Faktor wurde das hinter den Erwartungen zurückgebliebene Weihnachtsgeschäft angesehen. Zum selben Zeitpunkt geriet auch Thalia in Schwierigkeiten, nachdem der Gesamtkonzern Ende des Jahres 2012 hauptsächlich bedingt durch die Defizite in der Buchsparte einen Verlust in Höhe von knapp 110  Mio. Euro zu verzeichnen hatte.¹⁰⁶¹ Im Rahmen eines Einstiegs des Finanzinvestors Advent wurde die Douglas Holding von der Börse genommen. Während Advent die profitable Parfüm-Sparte der Holding wiederum an der Börse positionieren wollte, sollten unrentable Teile wie die Buchsparte verkauft werden. Nachdem der Verkauf mangels Interessenten in Bezug auf die Preisvorstellungen Ende 2014 nicht realisiert werden konnte, kündigten die neuen Eigentümer an, die Kette in Eigenregie restrukturieren zu wollen.¹⁰⁶²

1060 Vgl. Buchreport Online 2014a u. http://www.augsburger-allgemeine.de/wirtschaft/Es-ging-um135-Millionen-oder-nichts-id28426522.html 1061 Vgl. Wirsching / Kerler 2014. 1062 Vgl. http://www.boersenblatt.net/850334/

2 Cross-Case-Analyse   

   329

2.4 Beantwortung der Forschungsfragen 2.4.1 Sind die Instrumente des strategischen Managements innerhalb der Internetökonomie weiterhin anwendbar? Für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand wurden einerseits der markt- und der ressourcenorientierte Ansatz auf ihre Anwendbarkeit in der Internetökonomie überprüft, da sich beide Ansätze durch eine breite theoretische und empirische Fundierung auszeichnen. Andererseits wurde der konfigurationstheoretische Ansatz wegen seines Integrationspotentials verschiedener strategischer Schulen mit den maßgeblichen Vertretern Mintzberg und Miles / Snow in die Analyse miteinbezogen. Als Ergebnis kann festgehalten werden, dass der marktorientierte Ansatz und die damit verbundene Branchenstrukturanalyse weiterhin ein nützliches Analyseinstrument für die Marktgegebenheiten darstellen kann, allerdings aufgrund der statischen Betrachtung nur eingeschränkt für die Überprüfung von strategischen Ausrichtungen geeignet ist. Der ressourcenorientierte Ansatz bietet hier wegen seiner unternehmensbezogenen anstatt marktorientierten Fokussierung eine bessere Ausrichtung auf die Fragestellungen dieser Untersuchung. Dies ist vor allem deshalb der Fall, weil sich anhand der Art des Ressourcenaufbaus die Veränderung der strategischen Muster von Unternehmen nachvollziehen lassen, während der marktorientierte Ansatz exklusive Ausrichtungen fordert, die im Zeitverlauf beibehalten werden sollten. Der konfigurationstheoretische Ansatz bietet hier wiederum eine Ergänzung, da er explizit Mischformen von Wettbewerbsstrategien herausarbeitet, die gleichermaßen zum Unternehmenserfolg beitragen können. Insgesamt kann demnach festgehalten werden, dass die hier betrachteten Instrumente des strategischen Managements im Kontext des Untersuchungsgegenstandes ein unterschiedliches Maß an Problemlösungspotential besitzen. Besonders der ressourcenorientierte und der konfigurationstheoretische Ansatz sind in dieser Hinsicht leistungsfähiger.

2.4.2 Welche Veränderungen ergeben sich aus der Internetökonomie für die Unternehmen des Bucheinzelhandels? Die sich aus der Internetökonomie ergebenden Veränderungen wurden in Teil  II, Punkt 2.2 erläutert. Daraus ist ersichtlich, dass zunächst zwischen Onlinehandel im engeren und weiteren Sinne differenziert werden muss. Die klassischen Handelsfunktionen, die in einer Überbrückung räumlicher, zeitlicher, mengenmäßiger und qualitativer Spannungen ihren Ausdruck finden, unterliegen zunächst beim Onlinehandel im weiteren Sinne einem Akteurswandel, indem sie von anderen bzw. neuen Marktteilnehmern wahrgenommen werden. So wird die Lagerhaltungsfunktion des stationären Handels nunmehr auch im B-to-C-Bereich von Zentrallagern der Online-

330   

   Teil IV: Einordnung der Unternehmen in die Strategietypen

händler gewährleistet. Über Empfehlungssysteme auf elektronischen Marktplätzen wird die qualitative Funktion, die in der Sortimentsselektion des stationären Handels ihren Ausdruck fand, nunmehr durch Empfehlungssysteme realisiert, die Knappheit als Vorfilter des Angebots enfällt. Auch die Informationsfunktion, die darin enthalten ist, erfolgt über Optionen, wie das Look-Inside bei Amazon, in elektronischen Datenbanken. Die Überbrückung der räumlichen Dimension und damit die eigentliche Warenauslieferung wird im Onlinehandel durch einen Logistiker realisiert und nicht mehr durch den Einzelhändler.¹⁰⁶³ Noch weitergehende Veränderungen ergeben sich aus der Herausbildung des Onlinehandels im engeren Sinne. So wird die Überückung der zeitlichen Dimension durch die Archivierung der Produkte auf Servern realisiert, was einen wesentlich geringeren Aufwand erfordert, als dies noch bei der Bereitstellung Zentrallagern beim Onlinehandel im weiteren Sinne der Fall war. Allerdings müssen die Produkte über einen langen Zeitraum bereitgestellt werden, woraus sich die Problematik der Langzeitarchivierung von Daten ergibt. Auch die räumliche Überbrückung unterliegt einem Wandel, da nunmehr der Nutzer ortsunabhängig auf Inhalte zugreifen kann. Allerdings ist hierfür die entprechende, von Telekommunikationsdienstleistern bereitgestellte Infrastruktur notwendig. Die eigentliche Auslieferung der Produkte, die vormals von Logistikdienstleistern gewährleistet wurde, findet jetzt über den digitalen Marktplatz statt. Insofern werden bei digitalen Informationsprodukten die Kernfunktionen des Handels, die beim physischen Produkt vormals vom verbreitenden Buchhandel wahrgenommen wurden, verstärkt von anderen Akteuren erfüllt, was mit einem Bedeutungsverlust einhergeht. So kann selbst die hohe Sortimentstiefe und -breite von großen Ladengeschäften nicht mehr mit der unbegrenzten Reichweite des Angebots von digitalen Marktplätzen konkurrieren. Wie in Teil III, Punkt 1.3 im Rahmen der Branchenstrukturanalyse gezeigt werden konnte, wurde die Rivalität zwischen den bestehenden Unternehmen infolge der Herausbildung des Onlinehandels im weiteren und engeren Sinne sukzessive verschärft. Dies führt zu einer erhöhten Wettbewerbsintensität, so dass Wettbewerbsvorteile nicht mehr dauerhaft haltbar sind. Auch die Tatsache, dass solche Wettbewerbsvorteile leichter imitierbar sind, wie sich am Beispiel Barnes & Noble und Amazon oben zeigte, führt zu einer verschärften Wettbewerbssituation für die etablierten Unternehmen. So konnte vormals ein räumlich günstig in prominenter Innenstadtlage gelegener Standort einer Buchhandelsfiliale nur schwer imitiert werden.

1063 Vgl. Hagenhoff 2015, S. 629.

2 Cross-Case-Analyse   

   331

2.4.3 Stellt das Aufkommen elektronischer Handelsformen und digitalisierter Produkte eine disruptive Innovation dar? Eine disruptive Innovation auf Geschäftsmodellebene zeichnet sich in erster Linie durch einen unterschiedlichen Nutzungswert im Vergleich zum etablierten Geschäftsmodell aus. Dieser äußert sich zunächst in einem geringeren Leistungsvermögen der Innovation, was sich bei der Einführung des Onlinehandels mit Büchern in der anfangs fehlenden Möglichkeit, die Inhalte im Vorfeld der Transaktion zu inspizieren, zeigt. Ein Defizit kam auch in der mangelnden Möglichkeit einer Beratung zum Ausdruck. Dieses insgesamt niedrigere Leistungsvermögen des Onlinebuchhandels im Vergleich zum physischen Handel konnte durch die Optionen Search inside the book, die auch eine Volltextsuche erlaubte, und durch Buchempfehlungen anhand der Kaufhistorie kompensiert werden. Die veränderte Architektur der Wertschöpfung zeigt sich dadurch, dass bisherige Unternehmensfähigkeiten an Bedeutung verlieren. Dies trifft auf den physischen Buchhandel zu, da Faktoren wie die Auswahl des Sortiments an Bedeutung verlieren, während logistische Anforderungen an Bedeutung gewinnen. Auch eine Veränderung der Erlösmodelle beispielsweise über Affiliate-Links im Onlinehandel stellen ein Kriterium für die Disruption dar. Insofern kann festgehalten werden, dass die Einführung des E-Commerce als disruptive Innovation auf Geschäftsmodellebene eingestuft werden kann. Ein weiteres Kennzeichen ist die Tatsache, dass disruptive Innovationen auf Geschäftsmodellebene nicht notwendigerweise den Gesamtmarkt dominieren werden. Daher stellt eine derartige Innovation einen geringeren Eingriff in die bestehenden Marktstrukturen aus Sicht des verbreitenden Buchhandels dar, wohingegen eine disruptive Innovation auf Produktebene das Potential einer größeren Veränderung aufweist, da sie in der Lage ist, einen neuen Teilmarkt entstehen zu lassen. Auf der Produktebene zeigt sich das disruptive Innovationspotential von E-Books anhand der Dimensionen emotionaler und funktionaler Wert. Noch im Jahr 2011 war auf dem deutschen Buchmarkt ein hohes Maß an emotionalen Wertzuschreibungen vorhanden. Aufgrund der begrenzten Lebensdauer und der eingeschränkten Nutzbarkeit der für den Konsum notwendigen elektronischen Lesegeräte verfügten elektronische Bücher aus Sicht der Konsumenten zudem über eine niedrigere Leistungsfähigkeit auf der technischen Ebene. Gleichzeitig haben sie mit den Optionen, wie einer Suchfunktion und der Möglichkeit, eine mobile Bibliothek vorzuhalten, Vorteile gegenüber gedruckten Büchern aufzuweisen. Diese Eigenschaften führten auch zu einer zunächst abweichenden Kernzielgruppe für elektronische Bücher. Deshalb kann von einem disruptiven Innovationspotential von E-Books ausgegangen werden.

332   

   Teil IV: Einordnung der Unternehmen in die Strategietypen

2.4.4 Welche Reaktionsmöglichkeiten bestehen für die Unternehmen in theoretischer Hinsicht, und wie wurden sie von den betrachteten Unternehmen umgesetzt? Anhand der Literaturauswertung konnten drei denkbare Reaktionen auf disruptive Innovationen, die in der Lage sind das Kerngeschäft eines Unternehmens zu bedrohen, unterschieden werden, die mit dem zugrunde gelegten ressourcenorientierten Ansatz einhergehen. Eine Möglichkeit ist die interne Herausbildung entsprechender Fähigkeiten. Diese Reaktionsmöglichkeit wurde für die untersuchten Unternehmen einerseits durch den Anteil der innovativen Aktivitäten an den Gesamtaktivitäten überprüft. Ein höherer Anteil stellte dabei einen Hinweis auf eine stärkere interne Entwicklung dar. Andererseits wurde auf die aus den Geschäftsberichten ableitbaren Ausgaben für Forschung und Entwicklung der jeweiligen Unternehmen zurückgegriffen. Hier war erwartungsgemäß ein Zusammenhang festzustellen. Auch ging mit einem erhöhten Anteil in dieser Kategorie auch ein höherer Marktanteil der Unternehmen im neuen Geschäftsfeld einher. Eine weitere Reaktionsmöglichkeit war die Akquisition von bzw. die Beteiligung an Fremdfirmen, um die notwendigen Ressourcen für die Entwicklung des neuen Geschäftsfelds extern aufzubauen. Auch technologische bzw. Marketingkooperationen sind in diesen Kontext einzuordnen. Analog zu den innovativen Aktivitäten wurde der Anteil dieser Aktivitätenkategorie im Zeitverlauf betrachtet und bei Verfügbarkeit mit den Finanzkennzahlen der Unternehmen gegenübergestellt. Ein Ergebnis in diesem Zusammenhang war die Tatsache, dass Unternehmensübernahmen für die Entwicklung des neuen Geschäftsfelds zuträglicher waren, da sie in einer Integration der von externen Unternehmen entwickelten Fähigkeiten in das Kernunternehmen mündeten, wohingegen Kooperationen auf ein geringeres Potential zum KnowHow-Transfer hindeuteten. Dies wurde auch vor dem Hintergrund deutlich, dass das Unternehmen Amazon Kooperationen bzw. Minderheitsbeteiligungen verstärkt in der Frühphase der Geschäftsentwicklung nutzte und diese Vorgehensweise später zugunsten von mehr Übernahmen veränderte. Eine dritte Möglichkeit einer Reaktion auf disruptive Innovationen stellt die Separation der neuen Geschäftseinheit vom Kernunternehmen dar, um Kanalkonflikte zwischen den Vertriebskanälen zu vermeiden. In der Frühphase der Entwicklung eines neuen Geschäftsfelds kann sich eine Separation als sinnvoll erweisen, da sie in der Lage ist, schnellere Reaktionen auf veränderte Marktgegebenheiten zu leisten. Jedoch beraubt sich das jeweilige Unternehmen gleichzeitig der Möglichkeit, auf Synergien zwischen den beiden Geschäftsfeldern zurückzugreifen, weshalb eine Integration zu einem späteren Zeitpunkt empfehlenswert ist. Im Verlauf der Untersuchung konnte gezeigt werden, dass sowohl das deutsche Unternehmen Thalia als auch das US-amerikanische Unternehmen Barnes & Noble auf eine solche phasenabhängige Integration zurückgriffen und damit erfolgreich Marktanteile generieren konnten. Bei der Borders Group hingegen war dies nicht der Fall. Nachdem das Unternehmen die Web-

2 Cross-Case-Analyse   

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seite ausgelagert hatte, erfolgte die Wiedereingliederung zu spät. Das Unternehmen Weltbild verfolgte eine zweigleisige Herangehensweise und integrierte einerseits das E-Commerce und E-Book-Geschäft in das Unternehmen, wohingegen andererseits mit der Mitbegründung von booxtra.de eine Ausgründung erfolgte.

2.4.5 Welche strategische Orientierung ist in elektronischen und digitalen Märkten erfolgversprechend? Für die Überprüfung der strategischen Orientierung wurde auf das Modell von Miles / Snow mit den Grundorientierungen Prospector, Analyser und Defender auf die Unternehmen des verbreitenden Buchhandels angewendet. Eine These in diesem Zusammenhang war dabei die Vermutung, dass eine Prospectorausrichtung die bestmögliche strategische Grundorientierung in der Internetökonomie darstellt. Die optimale Strategie wird dabei durch das Erreichen eines möglichst hohen Marktanteils bzw. dessen Sicherung bestimmt. Durch die permanente Entwicklung neuer Produkte und Serviceleistungen sind derart ausgerichtete Unternehmen in der Lage, auf die geringere Nachhaltigkeit von Wettbewerbsvorteilen in neuen Märkten zu reagieren. In Teil IV, Punkt 1.1 konnte gezeigt werden, dass das US-amerikanische Unternehmen Amazon den Merkmalen dieser Grundausrichtung entspricht und sich deshalb erfolgreich am Markt positionieren konnte. Für die Defenderausrichtung, die sich durch eine starke Konzentration auf das bisherige Kerngeschäft auszeichnet, konnte kein Unternehmen als prototypisch herausgearbeitet werden. Jedoch wies besonders Borders in der Frühphase Merkmale dieser Ausrichtung auf, wie sich an der eingeleiteten vollständigen Ausgliederung der Geschäftseinheit zeigt. Mit der damit verbundenen Ankündigung, sich auf das Kerngeschäft konzentrieren zu wollen, und in dem Versuch das bisherige Superstorekonzept auf internationale Märkte auszuweiten, weist Borders diesbezüglich typische Eigenschaften auf. Nachdem die Sparte anschließend wieder zurück integriert wurde und aufgrund der zahlreichen Managementwechsel, die mit zahlreichen Strategiewechseln verbunden waren, tendierte das Unternehmen verstärkt wieder in Richtung einer Reactorausrichtung, die letztendlich in der Insolvenz der Borders Group mündete. Bei dem deutschen Unternehmen Weltbild waren die Marktaktivitäten hingegen auf eine Mischform zwischen Defender und Analyser ausgelegt. Auch wenn Weltbild frühzeitig in den Onlinehandel mit Büchern eintrat, was auch mit den bereits vorhandenen Erfahrungen im Onlinehandel korrespondierte, waren der Rückgang der innovativen Aktivitäten nach der Einführung des E-Book-Stores sowie die im Vergleich zum Konkurrenzunternehmen Thalia geringere Verschränkung des physischen und Onlinevertriebskanals deutliche Hinweise auf eine Defenderausrichtung. Zwar kann die Defenderausrichtung Miles und Snow zufolge gleichermaßen wie die Strategietypen Prospector und Analyser erfolgversprechend sein, in dynamischen Märkten und

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   Teil IV: Einordnung der Unternehmen in die Strategietypen

beim Aufkommen neuer Geschäftsfelder, wie sie in der vorliegenden Untersuchung beleuchtet wurden, scheint diese jedoch weniger erfolgreich zu sein, zumal Weltbild beispielsweise eine heterogene strategische Herangehensweise wählte. Für die Analyserausrichtung sind sowohl Thalia als auch Barnes & Noble prototypisch. Beide Unternehmen nutzten vom Wettbewerber Amazon ausfindig gemachte Marktchancen und reagierten deshalb zeitverzögert. Die Unternehmen integrierten zugleich die beiden Geschäftsfelder und nutzten eine stabile und flexible Komponente beim Technologieeinsatz, etwa durch die Vorstellung von innovativen Produkten wie dem Semi-Tablet bei Barnes & Noble und der Integration von Multimedia-Angeboten in die Ladengeschäfte bei Thalia. Schlussendlich gelang es beiden Unternehmen besser als den Konkurrenten Weltbild und Borders, sich innerhalb des neuen Geschäftsfelds mit signifikanten Marktanteilen zu behaupten, was für diesen Strategietyp auf Vorteile gegenüber dem Strategietyp Defender schließen lässt.

Teil V: Aktuelle Entwicklungen und Schlussbetrachtung

1 Aktuelle Entwicklungen Bei der Betrachtung der Entwicklungslinien in der jüngeren Vergangenheit gibt es für den US-amerikanischen und den deutschen Buchmarkt wie bisher sowohl Parallelen als auch Unterschiede: Die Parallelen zeigten sich in erster Linie im Bedeutungszuwachs der Abonnement-Angebote und des Self-Publishings. Einer Auswertung der E-Book Charts in den USA zufolge liegen die Verkaufszahlen der unabhängigen Autoren dort mittlerweile höher als die der größten fünf Verlage, was aber auch auf die niedrigen Durchschnittspreise in diesem Segment zurückzuführen ist.¹⁰⁶⁴ Ähnliche Tendenzen sind auf dem deutschen Markt zu beobachten. Einen Hinweis auf die Bedeutung des Bereichs stellen die Reaktionen der Marktteilnehmer auf Buchhandels- und Verlagsebene dar. So gründete der Tolino-Verbund im April 2015 ein auf dieses Segment ausgerichtetes Portal.¹⁰⁶⁵ Auch der Medienkonzern Holtzbrinck bündelte diesbezüglich seine Aktivitäten (neobooks und epubli).¹⁰⁶⁶ Im Bereich der Abonnement-Modelle war der US-Anbieter Oyster Vorreiter, der im September 2013 ein Flatrate-Angebot für E-Books für einen monatlichen Betrag von 9,95 vorstellte. Diese ergab sich daraus, dass im Gegensatz zu vorher bestehenden Angeboten mit HarperCollins erstmals ein großes Verlagshaus Titel bereitstellte, wenn auch in eingeschränktem Ausmaß.¹⁰⁶⁷ Der Wettbewerber Scribd folgte im Oktober 2013 mit einem ähnlichen Angebot.¹⁰⁶⁸ Mittlerweile (Stand 2015) verfügen derartige Angebote über fünf Prozent Anteil am Gesamtmarkt. Die Vorteile aus Sicht der Verlage bestehen in erster Linie in einer stärkeren Betonung der „deep Backlist“ und in der potentiellen Auswertung des Leseverhaltens.¹⁰⁶⁹ Allerdings findet mittlerweile aufgrund des Überangebots eine Marktbereinigung statt, was sich beispielsweise in der Ankündigung von Scribd zeigt, das Angebot reduzieren zu wollen.¹⁰⁷⁰ In Deutschland dominieren in diesem Bereich momentan Plattformen wie Skoobe oder Readfy, die allerdings ebenfalls mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Die Zukunft dieses Segments ist vor dem Hintergrund der aktuell stattfindenden Konsolidierung noch offen. Maßgebliche Unterschiede zwischen den beiden Märkten ergeben sich hingegen weiterhin bei der Beleuchtung der Anteile des E-Commerce und E-Book-Segments. In den USA betrug der Anteil des E-Commerce-Vertriebskanals im Jahr 2014 42 Prozent, wohingegen Buchhandelsketten nur noch 22 Prozent auf sich vereinigen konnten.¹⁰⁷¹ 1064 Vgl. Matting 2014. 1065 Vgl. Buchreport Online 2015a 1066 http://www.boersenblatt.net/artikel-holtzbrinck_buendelt_self-publishing-aktivitaeten. 1063516.html 1067 Vgl. Fiegerman 2013. 1068 Vgl. Metz 2013. 1069 Vgl. Reid 2015, S. 5 f. 1070 Vgl. Buchreport Online 2015d 1071 Vgl. Milliot 2014a, S. 8. DOI 10.1515/9783110478693-013

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   Teil V: Aktuelle Entwicklungen und Schlussbetrachtung

Der E-Book-Anteil am Gesamtmarkt belief sich auf 22,5  Prozent (bei Belletristik 30 Prozent).¹⁰⁷² In Deutschland hingegen betrug der Marktanteil von E-Books Ende 2015 lediglich 5,6  Prozent und damit nur ein Fünftel im Vergleich zu den USA. Der stationäre Buchhandel hatte hier im Jahr 2015 zwar einen Rückgang von 3,4 Prozent zu verzeichnen, im Gegensatz zu den USA, wo weiterhin Zuwächse generiert wurden schrumpfte der Internetbuchhandel um 3,1 Prozent.¹⁰⁷³ Einen zentralen Unterschied stellt außerdem die in Deutschland weiterhin bestehende Buchpreisbindung dar, die mit dem Agency-Modell in den USA ein zeitweises Äquivalent fand, aber durch die amerikanischen Wettbewerbshüter gekippt wurde. Mittlerweile kann im Rahmen einer Einigung nach einem Disput im Mai 2014 über die E-Book-Preisgestaltung zwischen Hachette und Amazon von einer de facto Wiedereinführung des Agency-Modells gesprochen werden, in der dem Verlag die Festlegung der E-Book-Preise mit einem Spielraum für Händler zugestanden wurde.¹⁰⁷⁴ Auf der Unternehmensebene setzten sich die im Verlauf der Untersuchung aufgezeigten strategischen Orientierungen teilweise fort, teilweise wurden sie modifiziert. Deutlich wird die Fortsetzung durch den weiterhin starken Expansionsprozess von Amazon, das im vierten Quartal 2015 ein Umsatzwachstum von 22 Prozent vermelden konnte.¹⁰⁷⁵ Zudem war die jüngere Unternehmensentwicklung von Amazon weiterhin von einer der Prospectorausrichtung entsprechenden frühzeitigen Identifikation von Marktchancen geprägt. Nachdem sich Ende 2013 der Bedeutungszuwachs der Abonnement-Modelle abzeichnete, startete Amazon mit Kindle Unlimited im Jahr 2014 ein entsprechendes Konkurrenzangebot, das im Rahmen des Kundenbindungsprogramms Prime angeboten wurde.¹⁰⁷⁶ Ein weiteres Merkmal der Prospectorausrichtung – die unternehmensinterne Entwicklung – wurde mit der weiterhin bestehenden Konzentration auf selbstgenerierten Content ausgebaut. So kam es zu einer weitergehenden Ausdifferenzierung der Verlagssparte auf Biographien, die damit mittlerweile über 14 Imprints verfügt.¹⁰⁷⁷ Außerdem zeigt sich die für den Strategietypen typische Bereitschaft zur kontinuierlichen Veränderung bzw. experimentelle Herangehensweise in der Eröffnung eines stationären Buchgeschäfts am Stammsitz in Seattle. Eine Besonderheit des Angebots war die Tatsache, dass das Unternehmen bei der Titelselektion (nur ca. 6.000 Titel überwiegend in Frontalpräsentation) unter anderem auf die Onlinebewertungen seiner Kunden zurückgriff und in diesem Zusammenhang auch auf ältere Titel und nicht nur auf Neuerscheinungen zurückgriff.¹⁰⁷⁸ In Anbetracht der Tatsache, dass der

1072 Vgl. Milliot 2014a, S. 10. 1073 Vgl. www.boersenverein.de/de/182716 1074 Vgl. Milliot 2014c, S. 4 f. 1075 Vgl. Amazon Press Release 2016 1076 Vgl. Böhm 2014. 1077 Vgl. Milliot / Deahl 2015: Amazon Publishing Marches On 1078 Vgl. Milliot 2015, S. 8.

1 Aktuelle Entwicklungen   

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Gründer Jeff Bezos in zahlreichen Interviews auf die Defizite des stationären Buchhandels verwiesen hat, erscheint dieser Schritt zunächst überraschend, geht aber mit der Einordnung in den Strategietypus Prospector konform. Aufgrund der Größe des Ladengeschäfts und einer integrierten Präsentationsfläche für die Kindle-Geräte liegt zudem die Vermutung nahe, dass es sich ähnlich zu den Apple-Stores oder GoogleStores um einen Test für einen Showroom handelt und die Defizite bei der technischen Kundenberatung beheben soll. Die Entwicklung der Buchhandelskette Barnes  & Noble war insofern kontinuierlich als dass die 2011 beobachtbare Abkehr von einer Betonung der innovativen Aktivitäten weiter fortgesetzt wurde. Sicherlich mitursächlich dafür war die Tatsache, dass de Nook-Sparte weiterhin mit Umsatzrückgängen zu kämpfen hatte: Allein im Geschäftsjahr 2015 gingen die Umsätze um 50  Prozent zurück.¹⁰⁷⁹ Eine Ursache hierfür waren auch die rückläufigen Nutzerzahlen bei den dezidierten Lesegeräten. So nutzten im Jahr 2014 nur noch 32  Prozent der erwachsenen Amerikaner Geräte dieses Typs.¹⁰⁸⁰ Anders als bei den dezidierten Lesegeräten konnte Barnes  & Noble bei den Tablets keine Etablierung im Markt erreichen, weshalb als strategische Konsequenz die Ankündigung erfolgte, sich auf den Verkauf von Content konzentrieren zu wollen und das Hardware-Geschäft nicht mehr als Kerngeschäftsfeld betrachten zu wollen. Im Gegensatz zur im Jahr 2010 stattgefundenen stärkeren Betonung von Eigenentwicklungen und Innovationen wie der des Semi-Tablets Nook Color, die auch mit steigenden Marktanteilen einhergingen, kam es bei Barnes & Noble in der Konsequenz wieder zu einer Schwerpunktverlagerung auf technologische Kooperationen. Zwar wurde die strategische Partnerschaft mit Microsoft aufgelöst, mit Samsung kam es aber zum Abschluss einer Partnerschaft im Hardware-Segment. So wurde das Galaxy Tab 4 mit Nook-Software angeboten.¹⁰⁸¹ Der Verzicht auf eigene Lösungsansätze zeigte sich in einer Kooperation im Logistikbereich mit Google, der testweise Lieferungen am selben Tag in drei Städten erlauben sollte.¹⁰⁸² Vor diesem Hintergrund kann von einer zunehmenden Abkehr von der Analyserausrichtung zugunsten der Defenderausrichtung gesprochen werden, da sich das Unternehmen vermehrt auf stabile Kernsegmente konzentrierte und weniger auf experimentelle Lösungsansätze zurückgriff. Die im April 2016 erfolgte Ankündigung des CEO Ron Boire die Stärkung der stationären Präsenz durch ein neues Concept-Store-Modell voranzutreiben deutet ebenfalls in diese Richtung. Die deutsche Buchhandelskette Thalia sah sich ebenfalls mit Schwierigkeiten im Großflächenbuchhandel konfrontiert, was sich in einem massiven Flächenrückbau um insgesamt 9.000 qm und der damit verbundenen Filialschließungen nieder1079 Vgl. Milliot 2014b 1080 Vgl. Reid 2014 1081 Vgl. Milliot 2014d, S. 5. 1082 Vgl. Milliot 2014e, S. 4.

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   Teil V: Aktuelle Entwicklungen und Schlussbetrachtung

schlag.¹⁰⁸³ Im Gegensatz zu Barnes & Noble kann hier aber nicht von einer Abkehr von der Analyser-Ausrichtung gesprochen werden, da das Unternehmen trotz dieser Probleme weiterhin auf Eigenentwicklungen im digitalen Geschäftsfeld setzte. So verwies Thalia Ende 2014 auf Investitionen im zweistelligen Millionenbereich in digitales Lesen und die IT-Infrastruktur.¹⁰⁸⁴ Hinzu kam es zum Aufgreifen der neuen Marktchancen beispielsweise durch die Etablierung eines Hörbuch-Abonnements, was der für den Analyser typischen Adaption der vom Prospector ausfindig gemachten Martchancen entsprach. Um sich vom Wettbewerber Amazon abzugrenzen griff Thalia auf weiche Kopierschutzmaßnahmen zurück und nutzte die Infrastruktur des Tolino-Partners Telekom als technische Plattform.¹⁰⁸⁵ Weitere Eigenentwicklungen im digitalen Geschäftsfeld gab es im Bereich der Buchempfehlungen wo mit der Empfehlungsplattform Thalianext ein anders gearteter Ansatz als beim Wettbewerber Amazon verfolgt wurde. Die zugrundeliegende Idee bestand darin, anders als mithilfe des Kaufhistorie-Algorithmus auf der Kundenebene auch die Expertise von Buchhändler in den digitalen Raum zu übertragen, deren Titelbewertungen gesammelt und mithilfe einer Spinnennetzstruktur in einer App verknüpft wurden. Eine angeschlossene Community erlaubt die Diskussion mit Sortimentern.¹⁰⁸⁶ Auch wenn sich die Frage stellt, ob dieser Ansatz aufgrund der begrenzten Kapazitäten  – zum Startzeitpunkt hatten 570 Buchhändler 13.000 Titel bewertet – eine Konkurrenz zum Empfehlungssystem von Amazon darstellen kann, ist die Herangehensweise zumindest keine Imitation und weist innovativen Charakter auf. Partnerschaften wurden hingegen anders als bei Barnes  & Noble zur Erschließung neuer Segmente und zur Kundenbindung genutzt. Beispiele hierfür sind die exklusive Vetriebspartnerschaft mit der Video-Lernplattform Sofatutor und die mit dem im Handel weitverbreiteten Anbieter Payback.¹⁰⁸⁷ Insgesamt konnte Ende 2015 durch die beschriebenen Maßnahmen und die 2012 eingeleitete Neuausrichtung wieder ein leichtes Wachstum in Höhe von zwei Prozent über die verschiedenen Geschäftsbereiche hinweg erreicht werden. Neben der Weiterentwicklung des digitalen Geschäftsfelds investierte Thalia auch in die Ausstattung der Ladengeschäfte und damit in das Kernsegment So wurden hier digitale Displays mit Empfehlungen aufgestellt, um die Verzahnung der Kanäle voranzutreiben. Gleichzeitig wurde der Anteil der buchergänzenden Sortimente (Musik, Film, Spielwaren) auf 20 Prozent reduziert. Zusätzlich wurden neue Serviceleistungen über die

1083 Vgl. Buchreport Online 2014c 1084 Vgl. http://unternehmen.thalia.de/fileadmin/images/Unternehmenskommunikation/PMs/ Thalia_Pressemitteilung_Abschluss_GJ.pdf 1085 Vgl. http://www.lesen.net/ebook-news/alternative-zu-audible-thalia-startet-hoerbuch-abo-intolino-cloud-16673/ 1086 Vgl. Buchreport Online 2015h 1087 Vgl. Buchreport Online 2015i

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verschiedenen Kanäle angeboten, was sich in der Möglichkeit einer Onlinereservierung in den Filialen widerspiegelte.¹⁰⁸⁸ Die zweite noch bestehende große Buchhandelskette Hugendubel reagierte auf die veränderte Marktsituation ebenfalls mit einem Abschied von der Großflächenphilosophie. Exemplarisch für diese Herangehensweise war die Verkleinerung der Fläche des Stammhauses am Münchner Marienplatz um ein Drittel von 3.600 auf 1.200 qm.¹⁰⁸⁹ Die strategische Ausrichtung auf kleinere Flächen sollte dabei ein höheres Maß an Flexibilität gewährleisten und den veränderten Marktbedingungen gerecht werden, zugleich wurden Ausnahmen in größeren Städten betont. Eine Umorientierung erfolgte in diesem Zusammenhang auch in der Sortimentsausrichtung. So wies die Geschäftsführerin Nina Hugendubel daraufhin, dass das Unternehmen die erfolgte Ausweitung auf Nonbook-Artikel beendet und sich nur noch auf buchnahe Artikel konzentrieren möchte.¹⁰⁹⁰ Stattdessen wurde eine stärkere Verzahnung der verschiedenen Kanäle angestrebt, was sich beispielsweise in einer Funktion zur Bestandsabfrage und Vorreservierung auf der Webseite widerspiegelte.¹⁰⁹¹ Neben einem im selben Jahr lancierten Relaunch der Webseite erfolgte am 1. Juli 2015 eine Übernahme der eBook.de NET GmbH von Libri, deren Zielsetzung in einem unabhängigen Ausbau des Online-Geschäftsfelds bestand, das vormals vom Partner Weltbild betrieben wurde.¹⁰⁹² In diesem Zusammenhang äußerte Nina Hugendubel: „Es war immer unser Ziel, das E-Book-Geschäft in eigener Regie zu betreiben. Die bisherige Zusammenarbeit mit buecher.de basiert auf einem Dienstleistungsverhältnis mit beschränktem Einfluss von Hugendubel. Durch die Fusion mit ebook.de sind wir wieder selbst die Unternehmer.“¹⁰⁹³ Kooperationen ging das Unternehmen hingegen im stationären Bereich ein. So wurde zusammen mit Karstadt ein Shop-in-Shop-Konzept in den dortigen Filialen unter dem Markennamen Hugendubel entwickelt.¹⁰⁹⁴ Gleichzeitig wurde durch den Relaunch der Webseite und die Übernahme von eBook.de das digitale Geschäftsfeld gezielt ausgebaut, was auf einen strategischen Wandel hindeutet, da das Geschäftsfeld bisher nicht in Eigenregie betrieben wurde. Diese Maßnahmen deuten ebenfalls auf eine Annäherung an die Analyserausrichtung hin, da neue Marktchancen frühzeitiger als in der Vergangenheit adaptiert wurden.

1088 Vgl. http://unternehmen.thalia.de/fileadmin/images/Unternehmenskommunikation/PMs/ Thalia_PM_Abschluss_GJ_final.pdf 1089 Vgl. Vick 2016 1090 Vgl. Buchreport Online 2015e 1091 Vgl. Buchreport Online 2015f 1092 Vgl. Buchreport Online 2015g 1093 Vgl. http://www.buchmarkt.de/content/63077-das-sonntagsgespraech.htm 1094 Vgl. http://www.hugendubel.com/pressemitteilung/104/karstadt-und-hugendubelkooperieren-hugendubel-fuehrt-gemeinsam-mit-karstadt-bundesweites-shop-in-shop-konzept-fuerbuecher-ein.html

2 Zusammenfassung und Limitationen Als ein Ergebnis der vorliegenden Untersuchung konnte zunächst das disruptive Innovationspotential des E-Commerce und von digitalisiertem Kernmedium (E-Books) für den verbreitenden Buchhandel bejaht werden. Auslöser für diese Entwicklungen war der Markteintritt und der massive Expansionsprozess des US-Unternehmens Amazon. Die Reaktionen der etablierten Buchhandelsketten gestalteten sich dabei unterschiedlich, wie anhand der Darstellung der Verhaltensmuster und ihrer Ergänzung durch Finanzinformationen gezeigt werden konnte. So entschied sich das Unternehmen Barnes  & Noble im ersten Untersuchungszeitraum zunächst für eine Separation der neuen Geschäftseinheit, die allerdings im Zeitverlauf in das Unternehmen reintegriert wurde. Ähnliches gilt für das deutsche Unternehmen Thalia. Die Borders Group hingegen separierte das neue Geschäftsfeld vollständig an das Konkurrenzunternehmen Amazon. Zwar erfolgte auch hier eine Reintegration, allerdings hatte das Unternehmen zu diesem Zeitpunkt schon massiv an Marktanteilen verloren. Weltbild verfolgte eine zweigleisige Herangehensweise und integrierte einerseits das E-Commerce- und das E-Book-Geschäft in das Unternehmen, wohingegen mit einer Beteiligung an einem Gemeinschaftsunternehmen eine Ausgliederung erfolgte. Die interne Herausbildung entsprechender Fähigkeiten als Reaktion auf eine disruptive Innovation wurde anhand des Anteils der innovativen Aktivitäten (neue Produkte / Serviceleistungen) an den Gesamtaktivitäten überprüft. Amazon wies in diesem Bereich über den gesamten Untersuchungszeitraum hinweg einen hohen Anteil in dieser Kategorie auf, was mit der von Miles / Snow beschriebenen Prospectorausrichtung übereinstimmt. Dieser Strategietyp zeichnet sich durch den flexiblen Einsatz von Technologie, einen hohen Frequenz an Innovationen sowie einem permanenten Suchprozess nach neuen Marktchancen aus. Barnes & Noble und Thalia hingegen hatten insgesamt auch tendenziell höhere Anteile in dieser Kategorie als die Borders Group und Weltbild. Gleichzeitig konnten Barnes & Noble und Thalia sowohl im E-Commerce-Segment als auch im E-Book-Segment höhere Marktanteile als die Konkurrenzunternehmen auf sich vereinigen. Das Aktivitätenportfolio wies dabei auf die Analyserausrichtung hin, wohingegen die Borders Group und Weltbild Mischformen in der strategischen Ausrichtung ausbildeten. Analyser sind typischerweise in einem stabilen und dynamischen Geschäftsfeld tätig und zeichnen sich durch eine hohe Adaptionsfähigkeit im dynamischen Segment aus, die sich in der Imitation bzw. Weiterentwicklung der vom Prospector ausfindig gemachten Marktchancen widerspiegelt. Weltbild und die Borders Group setzten hingegen im Zeitverlauf stärker auf den Fremdaufbau von Ressourcen und konnten nur geringe Marktanteile in neuen Geschäftsfeldern erreichen. Insgesamt kann somit festgehalten werden, dass die Analyserausrichtung neben der der Prospectorausrichtung einen besser geeigneten Strategietyp darstellt als etwa die Defenderausrichtung, die sich auf das Kerngeschäftsfeld konzentriert, um auf disruptive Innovationen zu reagieren. Diese Erkenntnis spiegelt sich auch in den Entwicklungen der jüngeren Vergangenheit wider. So konnten UnterDOI 10.1515/9783110478693-014

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   Teil V: Aktuelle Entwicklungen und Schlussbetrachtung

nehmen die an der Analyserausrichtung festhielten (Thalia) bessere Positionierungen erreichen als Barnes & Noble, die sich zunehmend in Richtung Defender bewegten. Insgesamt soll an dieser Stelle betont werden, dass die vorliegende Arbeit aufgrund des dynamischen Untersuchungsgegenstandes eine Momentaufnahme der durch den Zeitrahmen bestimmten Unternehmensaktivitäten darstellt. Auch wenn konsequente Beibehaltung der herausgearbeiteten Reaktionsmöglichkeiten auf disruptive Innovationen (Separation der Geschäftseinheit, Eigenaufbau von Ressourcen) Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg hatte, wäre ein Desiderat die Herangehensweise der Unternehmen in einem noch längeren Zeitabschnitt zu betrachten. Ein weiteres Feld für weiterführende Untersuchungen stellt die Preisgestaltung dar, auch wenn der bisherige Forschungsstand zu diesem Bereich darauf hindeutet, dass eine Produktdifferenzierung eine bessere Möglichkeit zur Positionierung im Buchhandel darstellt: Da der deutsche Buchmarkt über die Buchpreisbindung verfügt und der USamerikanische mit dem Agency-Modell, das mittlerweile de facto wiedereingeführt wurde, über eine ähnliche nicht-gesetzliche Regelung verfügt, wäre die noch stärkere Beleuchtung dieser Komponente eine weitere Option für zukünftige Untersuchungen. Um eine noch höhere Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu gewährleisten könnte eine Einbeziehung anderer Buchmärkte wie z. B. Frankreich und Großbritannien ein nützliches Instrument darstellen, worauf im Rahmen dieser Untersuchung verzichtet wurde um die notwendige Tiefe der Betrachtung zu gewährleisten.

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   Dank

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376   

   Abbildungsverzeichnis

Abb. 32: Investitionen für Übernahmen und Produktentwicklung in Tausend US-Dollar. Quelle: Price 2013, S. 354. | 172 Abb. 33: Marktaktivitäten Amazon 1998–2000. Quelle: Business Wire / PR Newswire. | 172 Abb. 34: Umsatz und Gewinn von Amazon in Mio. US-Dollar 2001–2007. Quelle: Price 2013, S. 354. | 175 Abb. 35: Ausgaben für Marketing, Technologie und Content in Tsd. US-Dollar. Quelle: Amazon Annual Reports 2001–2008. | 176 Abb. 36: Investitionen für Produktentwicklung und Übernahmen in Tsd. US- Dollar. Quelle: Amazon Annual Reports 2000–2007. | 177 Abb. 37: Umsatz und Gewinn Amazon 2008–2012 in Mio. US-Dollar. Quelle: Amazon Annual Report 2012. | 179 Abb. 38: Investitionen für Übernahmen und Produktentwicklung in Tsd. US-Dollar. Quelle: Amazon Annual Reports 2008–2012. | 182 Abb. 39: Marktaktivitäten Amazon 2008 bis 2010. Quelle: PR Newswire / Business Wire. | 184 Abb. 40: Marktaktivitäten Amazon 2011 bis 2013. Quelle PR Newswire / Business Wire. | 185 Abb. 41: Umsatz und Verlust von Barnesandnoble.com in Mio. US-Dollar 1997–2001. Quelle: Barnes & Noble Annual Report 2000–2001. | 192 Abb. 42: Ausgaben für Marketing und Vertrieb in Bezug auf den Nettoumsatz. Quelle: Eigene Berechnung auf Grundlage Amazon / Barnes & Noble Annual Reports 1995–2001. | 193 Abb. 43: Ausgaben für Produktentwicklung in Bezug auf den Nettoumsatz. Quelle: Eigene Berechnung auf Grundlage Amazon / Barnes & Noble Annual Reports 1996–2001. | 196 Abb. 44: Marktaktivitäten Barnes & Noble / Amazon 1998. Quelle: Business Wire / PR Newswire. | 197 Abb. 45: Marktaktivitäten Barnes & Noble / Amazon 1999. Quelle: Business Wire / PR Newswire. | 198 Abb. 46: Marktaktivitäten Barnes & Noble / Amazon 2000. Quelle: Business Wire / PR Newswire. | 199 Abb. 47: Marktanteile Amazon / Barnes & Noble / Andere 1999–2000. Quelle: Eigene Berechnung auf Grundlage www.census.gov | 200 Abb. 48: Umsätze / Gewinne Barnes & Noble in US-Dollar 2002–2006. Quelle: Barnes & Noble Annual Reports 2002–2006. | 202 Abb. 49: Umsatzentwicklung im Buchhandel USA 2002–2006 in Mrd. US-Dollar. Quelle: www.census.gov | 203 Abb. 50: Umsatz / Gewinn Barnes & Noble.com 2002–2006 in Mio. US-Dollar. Quelle: Barnes & Noble Annual Reports 2003–2007. | 204 Abb. 51: Marktanteile im E-Commerce-Bereich Barnes & Noble / Amazon 2002–2006. Quelle: Eigene Berechnung auf Grundlage von www.census.gov | 205 Abb. 52: Umsatz / Gewinn Borders.com in Mio. US-Dollar 1999–2000. Quelle: Borders Annual Report 2001. | 209 Abb. 53: Investitionen Barnesandnoble.com / Borders.com in Mio. US-Dollar 1997–2000. Quelle: Barnes & Noble / Borders Group Annual Reports 1997–2000. | 210 Abb. 54: Marktaktivitäten Barnes & Noble / Borders Group / Amazon 1998. Quelle: Business Wire / PR Newswire. | 211 Abb. 55: Marktaktivitäten Barnes & Noble / Borders Group / Amazon 1999. Quelle: Business Wire / PR Newswire. | 212 Abb. 56: Marktaktivitäten Barnes & Noble / Borders Group / Amazon im Jahr 2000. Quelle: Business Wire / PR Newswire. | 213

Abbildungsverzeichnis   

   377

Abb. 58: Gesamtumsatz Borders Group in Tausend US-Dollar 2002–2006. Quelle: Borders Group Annual Report 2006. | 217 Abb. 57: Filialzahl Borders / Barnes & Noble 2002–2006. Quelle: Borders / Barnes & Noble Annual Reports 2004/2006. | 217 Abb. 59: Bruttomarge / Vertriebsgemeinkosten Barnes & Noble und Borders Group 2006. Quelle: Barnes & Noble / Borders Group Annual Reports 2006. | 219 Abb. 60: Umsätze / Gewinne Barnes & Noble 2007–2013 in Tsd. US-Dollar. Quelle: Barnes & Noble Annual Reports 2008–2013. | 222 Abb. 61: Umsätze Nook-Sparte 2007–2013 in Mio. US-Dollar. Quelle: Barnes & Noble Annual Reports 2010–2013. | 223 Abb. 62: Marktaktivitäten Barnes & Noble 2008. Quelle: PR Newswire / Business Wire. | 224 Abb. 63: Marktaktivitäten Barnes & Noble 2008/09. Quelle: PR Newswire / Business Wire. | 225 Abb. 64: Marktaktivitäten Barnes & Noble 2009/10. Quelle: PR Newswire / Business Wire. | 228 Abb. 65: Marktaktivitäten Barnes & Noble 2010/11. Quelle: PR Newswire / Business Wire. | 231 Abb. 66: Marktanteile E-Reader Anbieter 2. Quartal 2011. Quelle. Bowker Market Research. | 232 Abb. 67: Marktanteile Anbieter für E-Reader 3. Quartal 2011. Quelle: Bowker Market Research. | 233 Abb. 68: Marktaktivitäten Barnes & Noble 2011/12. Quelle: PR Newswire / Business Wired. | 234 Abb. 69: Marktaktivitäten Barnes & Noble 2012/13. Quelle: PR Newswire / Business Wire. | 236 Abb. 70: Umsätze / Gewinne Borders Group in Mio. US-Dollar 2007–2011. Quelle: Borders Annual Reports 2009/11. | 241 Abb. 71: Umsätze Borders.com in Mio. US-Dollar 2008–2011. Quelle: Borders Annual Reports 2009/11. | 243 Abb. 72: Marktaktivitäten Borders Group 2008. Quelle: PR Newswire / Business Wire. | 245 Abb. 73: Marktaktivitäten Borders Group 2008/09. Quelle: Business Wire / PR Newswire. | 246 Abb. 74: Marktaktivitäten Borders Group 2009/10. Quelle: Business Wire / PR Newswire. | 248 Abb. 75: Umsätze und Vorsteuergewinne in Mio. Euro Thalia Deutschland. Quelle: Geschäftsberichte 2002–2008. | 256 Abb. 76: EBITDA Thalia in Mio. Euro 2003–2008. Quelle: Thalia Geschäftsberichte 2003–2008. | 257 Abb. 77: Onlineumsatz von Weltbild in Mio. Euro 2001 bis 2007. Quelle: Weltbild Pressemitteilungen 2001–2007. | 261 Abb. 78: Umsätze buch.de in Mio. Euro 1999–2002. Quelle: Geschäftsberichte buch.de 1999–2004. | 265 Abb. 79: Marketingaufwendungen in Bezug auf den Umsatz Amazon / buch.de. Quelle: Geschäftsberichte buch.de / Amazon 1995–2001. | 266 Abb. 80: Aufwendungen für Produktentwicklung von buch.de / amazon.com. Quelle: Geschäftsberichte buch.de / Amazon 1995–2001. | 267 Abb. 81: Umsätze / EBITDA Thalia in Mio. Euro 2008–2012. Quelle: Thalia Geschäftsberichte 2008–2012. | 268 Abb. 82: Marktaktivitäten Thalia 2009. Quelle: www.buchreport.de / www.thalia.de | 270 Abb. 83: Marktaktivitäten Thalia 2009/10. Quelle: www.buchreport.de / www.thalia.de | 271 Abb. 84: Marktaktivitäten Thalia 2010/11. Quelle: www.buchreport.de / www.thalia.de | 273 Abb. 85: Marktaktivitäten Thalia 2011/12. Quelle: www.buchreport.de / www.thalia.de | 276 Abb. 86: Marktaktivitäten Thalia 2012/13. Quelle: www.buchreport.de / www.thalia.de | 278 Abb. 87: Marktaktivitäten Weltbild 2009. Quelle: www.weltbild.com | 282 Abb. 88: Marktaktivitäten Weltbild 2009/10. Quelle: www.weltbild.com | 284 Abb. 89: Marktanteile E-Book-Reader 2011. Quelle: Gfk. | 287 Abb. 90: Marktaktivitäten Weltbild 2010/11. Quelle: www.weltbild.com | 288

378   

   Abbildungsverzeichnis

Abb. 91: Marktaktivitäten Weltbild 2011/12. Quelle: www.weltbild.com | 291 Abb. 92: Marktaktivitäten Weltbild 2012/13. Quelle: www.weltbild.com | 293 Abb. 93: Marktaktivitäten US-amerikanische Unternehmen 2008. Quelle: Business Wire / PR Newswire. | 320 Abb. 94: Marktaktivitäten US-amerikanische Unternehmen 2009/10. Quelle: Business Wire / PR Newswire. | 322 Abb. 95: Marktaktivitäten US-amerikanische Unternehmen 2011–2013. Quelle: Business Wire / PR Newswire. | 323 Abb. 96: Marktaktivitäten Thalia / Welbild / Amazon 2009. Quelle: www.buchreport.de / www.thalia.de / www.weltbild.com | 325 Abb. 97: Marktaktivitäten Weltbild / Thalia / Amazon 2010/11. Quelle: www.buchreport.de / www.thalia.de / www.weltbild.com | 327 Abb. 98: Marktaktvitäten Weltbild / Thalia / Amazon 2012/2013. Quelle: www.buchreport.de / www.thalia.de / www.weltbild.com | 328

Tabellenverzeichnis Tab. 1: Strategietyp Defender. Quelle: Miles / Snow 2003. | 46 Tab. 2: Strategietyp Prospector. Quelle: Miles / Snow 2003. | 49 Tab. 3: Strategietyp Analyser. Quelle: Miles / Snow 2003. | 51 Tab. 4: Eigenschaften der Internetökonomie. Quelle: Dogruel / Katzenbach 2010. | 61 Tab. 5: Gütereigenschaften. Quelle: Gabler Wirtschaftslexikon Online. | 62 Tab. 6: Handelsfunktionen. Quelle: Gabler Wirtschaftslexikon Online. | 70 Tab. 7: Formen disruptiver Innovationen. Quelle: Schmidt / Druehl 2008. | 89 Tab. 8: Disruptive Innovation auf Geschäftsmodellebene. Quelle: König 2009. | 90 Tab. 9: Kriterien für Buchloyalität. Quelle: Gfk / BV 2011. | 94 Tab. 10: Technikbarrieren. Quelle: Gfk / BV 2011. | 95 Tab. 11: Verändertes Leistungsvermögen. Quelle: Gfk / BV 2011. | 97 Tab. 12: Konfliktpotential und strategische Anschlussfähigkeit. Quelle: Charitou / Markides 2004. | 101 Tab. 13: Wahl der Strategieform. Quelle: Charitou / Markides 2004. | 101 Tab. 14: Leitfaden für Integration / Separation der Geschäftseinheit. Quelle: Charitou / Markides 2004. | 103 Tab. 15: Signalwörter Kategorie neue Produkte / Serviceleistungen. | 107 Tab. 16: Signalwörter Kategorie Übernahmen. | 109 Tab. 17: Signalwörter Kategorie Kooperationen / Allianzen. | 110 Tab. 18: Signalwörter Marketingaktivitäten. | 111 Tab. 19: Gesamtzahl Marktaktivitäten US-amerikanische Unternehmen 1998–2000. Quelle: www.nexis.com | 112 Tab. 20: Gesamtzahl Marktaktivitäten deutsche und US-amerikanische Unternehmen 2008–2013. Quelle: www.nexis.com | 112 Tab. 21: Anteile Vertriebskanäle USA. Quelle: Bowker’s Books & Consumers. | 116 Tab. 22: Marktanteile Verlage USA im Jahr 2009. Quelle: Hyatt 2009. | 122 Tab. 23: Anteile Vertriebskanäle Deutschland. Quelle: BIZ 2012. | 127 Tab. 24: Umsatzanteile Verlage Deutschland. Quelle: Gfk 2011. | 132 Tab. 25: Produktkategorien Amazon. Quelle: Publishers’ Weekly 2009. | 180 Tab. 26: Kaufverhalten Amazon-Kunden. Quelle: Publishers’ Weekly 2012. | 186 Tab. 27: Marktanteile Kindle Endgeräte 2010–2012. Quelle: Publishers’ Weekly 2012. | 187 Tab. 28: Funktionsumfang der Webseiten im Vergleich. Quelle: Publishers’ Weekly 2007. | 244 Tab. 29: DBH Übersicht. Quelle: BB 2006. | 253 Tab. 30: Strategietyp Prospector. Quelle: Miles / Snow 2003. | 301 Tab. 31: Strategietyp Analyser. Quelle: Miles / Snow 2003. | 304 Tab. 32: Innovationen von Amazon und ihre Imitation. Quelle: Business Wire / PR Newswire. | 305 Tab. 33: Strategietyp Defender / Reactor. Quelle: Miles / Snow 2003. | 310 Tab. 34: Konfliktpotential und strategischer Anschluss. Quelle: Charitou / Markides 2004. | 317

Register Branchenverbände – American Association of Publishers 11, 216 – American Booksellers Association 121, 365 – Börsenverein des Deutschen Buchhandels 10, 96, 120, 128, 130, 131, 141, 261, 352, 363, 367 Personen – Carel Halff 258, 260, 350, 351, 356 – George Jones 219, 241, 250 – Greg Josefowicz 209, 214, 250 – Jeff Bezos 122, 160, 179, 339, 373 – John Edwards 242 – Jonathan Bulkeley 199 – Leonard Riggio 149, 158, 159, 199, 200, 201, 226, 227, 368 – Louis Borders 152, 153 – Michael Busch 254, 255 – Nina Hugendubel 280, 341, 353, 356, 358 – Philip Pfeffer 209 – Robert Di Romualdo 209 – Ron Boire 339 – Ron Marshall 241, 250 – Stephan Gallenkamp 259, 315 – Steve Riggio 199 – William Lynch 106, 225, 227, 231, 323 Reaktionen auf Geschäftsmodellebene – Barnes & Noble 190 – Borders Group 206 – Hugendubel 259 – Thalia 264 – Weltbild 260 Reaktionen auf Produktebene – Barnes & Noble 220 – Borders Group 239 – DBH 281 – Thalia 267 Reaktionsmöglichkeiten auf disruptive Innovationen 98 Sonstige Unternehmen – AOL 166, 193, 194, 195 – Apple 3, 33, 107, 117, 118, 139, 143, 147, 183, 184, 187, 190, 225, 232, 238, 274, 275, 280,

288, 289, 291, 294, 320, 321, 339, 354, 355, 367 – B. Dalton 149, 150, 152, 157, 159, 202, 206, 207, 216, 220, 239 – Bertelsmann 121, 122, 141, 194, 195, 197, 200, 203, 205, 289, 291, 294, 327, 352, 356, 364, 367 – Best Buy 184, 230, 234, 359, 369 – BookMasters 149 – Books etc 156, 207 – DoubledayBook Shops 150 – Google 3, 33, 143, 189, 190, 229, 235, 274, 280, 285, 288, 323, 339 – Hachette 117, 118, 121, 122, 183, 338 – HarperCollins 117, 118, 121, 122 – IBM 208 – Irex-Technologies 227 – Kmart 153, 154 – Kobo 142, 246, 247, 321 – Macmillan 117, 120, 121, 122, 143, 183, 363 – Marboro Books 149 – Microsoft 63, 173, 189, 194, 195, 197, 199, 235, 237, 323, 339, 347, 369, 373 – Netscape 208 – Paperchase 207 – Penguin 10, 117, 120, 121, 122, 183, 356 – Random House 10, 117, 119, 120, 121, 122, 132, 141, 183, 254 – Samsung 323, 339 – Simon & Schuster 117, 118, 121, 122, 183 – Staples 184 – Target 184, 188, 234 – Waldenbooks 150, 154, 155, 157, 206, 216, 217, 239, 243, 250, 313 – Walmart 184, 188, 230, 234 – WalMart 203 – Zappos 184 Strategisches Instrumentarium 57 Unternehmensentwicklung – Amazon 160 – Barnes & Noble 149 – Borders Group 152 – Deutsche Buchhandelsholding 251 – Thalia 254

382   

   Register

Zentrale Begriffe – 1-Click-Technologie 191 – Agency-Modell 16, 117, 118, 119, 120, 183, 187, 338, 344, 353, 354, 355 – Analyser 27, 44, 49, 50, 51, 53, 54, 55, 56, 58, 304, 305, 306, 307, 308, 312, 333, 340, 343 – Bookhit 255, 258 – Book Inventory System 153 – Bookmaster 206, 306 – Category Management System 214, 215 – Concept-Store 245, 339 – Defender 27, 44, 45, 46, 47, 48, 49, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 310, 311, 312, 315, 333, 334, 344 – Definition Disruptive Innovation 83 – Definition E-Book 63 – Definition Internetökonomie 59 – Disruptive Innovation auf Geschäftsmodellebene 89 – Disruptive Innovation auf Produktebene 94 – Gatekeeperfunktion 3 – Ingram 142, 160, 162 – Kindle 6, 117, 122, 173, 175, 178, 179, 182, 183, 184, 185, 186, 187, 188, 189, 224, 226, 231, 232, 233, 269, 272, 283, 287, 294, 295, 302, 306, 321, 322, 327, 328, 338, 339, 350, 356, 357, 360, 361, 363, 364, 368, 369, 370, 372, 374 – Long Tail 92

– marktorientierter Ansatz 28, 34, 35, 57, 329 – Nook 107, 110, 123, 221, 222, 223, 225, 226, 228, 229, 230, 231, 233, 234, 235, 236, 237, 238, 239, 307, 320, 322, 323, 339, 348, 358, 359, 362, 368, 370, 371, 375 – Onlinehandel im engeren Sinne 72 – Onlinehandel im weiteren Sinne 71 – Oyo 271, 272, 273, 276, 277, 285, 287, 308, 326, 356, 364, 372 – Prospector 27, 44, 46, 47, 48, 49, 50, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 301, 302, 304, 305, 306, 307, 312, 313, 333, 339, 340, 343 – Reactor 27, 44, 51, 52, 56, 250, 310, 312 – resources-conduct-performance Paradigma 35 – ressourcenorientierter Ansatz 5, 24, 35, 36, 57, 329 – Ressourcenrigidität 77 – Retail-Modell 117, 118 – Routinenrigidität 77 – Schmalspurbuchhandel 150, 257, 258 – search inside 206 – structure-conduct-performance-Paradigma 28 – Superstore 150, 151, 153, 214, 216, 368 – Systemgüter 66 – Thawis 269, 308 – Tolino 280, 294, 295, 327, 328, 337, 340, 356, 357, 361, 364, 373