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German Pages 122 Year 1955
RUDOLF SCHMIDT
Bürgerliches Recht
Fünfter Band
Das Erbrecht Zweite neubearbeitete Auflage
Duncker & Humblot . Berlin
Rudolf Schmidt, Bürgerliches Recht Fünfter Band: Das Erbrecht
Bürgerliches Recht Ein Lehrbuch seiner Grandzüge
Von
Prof. Dr. Rudolf Schmidt, Köln
Zweite neubearbeitete Auflage
Fünfter Band
Das E r b r e c h t
D U N C K E R
& H U M B L O T
/
B E R L I N
A l l e Rechte
vorbehalten
Gedruckt 1955 bei Richard Schröter, Berlin SW 29
Inhaltsverzeichnis § 1 Allgemeines
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I. Abschnitt. Die gesetzliche Erbfolge 1. § 2 Die Grundgedanken 2. § 3 Das Erbrecht der Verwandten 3. § 4 Das Erbrecht des Ehegatten 4. § 5 Das Erbrecht des Fiskus I I . Abschnitt.
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Die Verfügungen von Todes wegen
1. § 6 Überblick 2. Die Testamente a) § 7 Die Voraussetzungen in der Person des Erblassers b) § 8 Die Errichtung des Testaments c) § 9 Die Aufhebung des Testaments d) § 10 Die Eröffnung des Testaments e) § 11 Die Auslegung des Testaments f) § 12 Die Willensmängel g) Der Inhalt des Testaments α) § 13 Die Erbeinsetzung ß) § 14 Die Ersatzerbschaft γ) § 15 Die Nacherbschaft δ) § 16 Das Vermächtnis ε) § 17 Auflage und Bedingung ξ ) § 18 Die Testamentsvollstreckung 3. Erbvertrag und gemeinschaftliches Testament a) § 19 Der Erbvertrag b) § 20 Das gemeinschaftliche Testament I I I . Abschnitt. § 21 Der Erwerb der Erbschaft
18
....
18 18 18 20 25 26 27 30 33 33 35 36 45 53 55 62 62 68 72
IV. Abschnitt. Die Rechtsstellung des Erben 78 1. Die Haftung für die Nachlaßverbindlichkeiten 78 a) § 22 Allgemeines 78 b) § 23 Die unbeschränkbare Haftung 80 c) § 24 Die beschränkte Haftung 81 d) § 25 Die Haftung des Vor- und Nacherben 89 2. Miterben 90 a) § 26 Das Rechtsverhältnis der Miterben untereinander . . . . 90 b) § 27 Die Haftung der Miterben gegenüber den Nachlaßgläubigern 96 3. § 28 Der Erbschaftsanspruch 97 4. § 29 Der Erbschein 101 5. § 30 Die Erbschaftsveräußerung
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V. Abschnitt.
§ 31 Das Pflichtteils recht
VI. Abschnitt.
§ 32 Die Erbunwürdigkeit
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§ 33 Der Erbverzicht
118
V I I . Abschnitt. Sachverzeichnis
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Abkürzungen AG. BGB. BGH. BGH.Bd. bestr. EG. FrGG. GBO. GO. GG. HGB. JZ. JW. KO. NJW. OLG. RG. RG.Bd. ROLG.
= -
=
=
= rrr
= —
—
Seuff.Arch. StGB. StPO. ZPO. ZwVG.
—
= —
Ausführungsgesetz Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Band bestritten Einführungsgesetz Reichsgesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Grundbuchordnung Gewerbeordnung Grundgesetz Handelsgesetzbuch Juristenzeitung Juristische Wochenschrift Konkursordn ung Neue Juristische Wochenschrift Oberlandesgericht Reichsgericht oder Reichsgesetz Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen, Band Rechtsprechung der Oberlandesgerichte, herausgegeben von Mugdan und Falkmann J. A. Seufferts Archiv für Entscheidungen der obersten Gerichte in den deutschen Staaten Strafgesetzbuch Strafprozeßordnung Zivilprozeßordnung Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Ζwangsverwaltung
Die im Text ohne nähere Bezeichnung angeführten Paragraphen sind die Paragraphen des BGB. Die Bezeichnungen o b e n und u n t e n weisen darauf hin, daß es sich um die Paragraphen des Lehrbuchs handelt.
S c h r i f t t u m zum Erbrecht Zunächst kommt das in Band 1 S. 5 f. erwähnte Schrifttum in Betracht. — Der Kommentar der Reichsgerichtsräte, jetzt auch von Bundesrichterri herausgegeben, erscheint nunmehr in der 10. Auflage und der Kommentar von Staudinger in der 11. Auflage. Der Kommentar von Palandt liegt jetzt in der 14. Auflage vor. Aus neuerer Zeit ist vor allem das Lehrbuch des Erbrechts von EnneccerusCoing, 9. Auflage (1953) zu erwähnen. Für die Einzelheiten wird auf die in dem Lehrbuch von EnneccerusCoing S. 1 angeführte Literatur verwiesen.
§ 1 Allgemeines I. Das Erbrecht ist der Schlußstein des Privatrechts. Die Vermögensrechte sind grundsätzlich nicht auf die Lebensdauer des Berechtigten beschränkt, er ist befugt, eine Verfügung darüber zu treffen, wem sie nach seinem Tode zustehen sollen ( V e r f ü g u n g v o n T o d e s w e g e n ) , und wenn er das nicht getan hat, so weist das Gesetz sie seinen nächsten Angehörigen zu ( g e s e t z l i c h e E r b f o l g e ) . Das Erbrecht i n diesem Sinn w i r d von der V e r f a s s u n g gewährleistet (GG. A r t 14). Damit verträgt sich, daß dem Staate ein Anteil an dem Erbgute zusteht, der Staat erhebt m i t anderen Worten eine E r b s c h a f t s s t e u e r . Durch Reichsgesetz wurde diese Steuer zum erstenmal 1906 eingeführt. I m Jahre 1919 wurde sie erheblich erweitert, nämlich auch auf Kinder und Ehegatten ausgedehnt. Die neueste gesetzliche Regelung ist durch die Bundesgesetze vom 30. Juni 1951 und 16. Dezember 1954 erfolgt. II. Nach heutigem Recht kann j e d e r M e n s c h E r b e w e r d e n . I m Gegensatz zum gemeinen Recht besitzen aber auch die j u r i s t i s e h e n P e r s o n e n schlechthin die Erbfähigkeit. Ist ein n i c h t r e c h t s f ä h i g e r V e r e i n zum Erben eingesetzt, so wäre es ganz verkehrt, die Verfügung des Erblassers für nichtig zu erklären, weil die zur Erbin eingesetzte Person nicht existiert, dem Willen des Erblassers muß1 man hier vielmehr dadurch gerecht werden, daß man die Erbschaft an die Mitglieder des nichtrechtsfähigen Vereins in dieser ihrer Eigenschaft fallen läßt. Beschränkungen der Erbfähigkeit enthalten die Art. 86, 88 EG. Erbe kann nur werden, wer z u r Z e i t d e s T o d e s d e s E r b l a s s e r s (E r b f a 11 s) schon l e b t e oder mindestens e r z e u g t war (§ 1923). Ist eine zur Zeit des Erbfalls n o c h n i c h t e r z e u g t e Person als Erbe eingesetzt, so w i r d sie N a c h e r b i n , es t r i t t also i m Gegensatz zu dem eben besprochenen Fall bis zu ihrer Geburt ein anderer als Vorerbe dazwischen (§ 2101 und unten S. 38). Dasselbe gilt von einer j u r i s t i s c h e n P e r s o n , die erst nach dem Erbfall zur Entstehung gelangt, die i m Bd. 1 S. 58 besprochene Vorschrift des § 84 bleibt aber unberührt. Nach § 1923 kann ferner nur der Erbe werden, der beim Tode des Erblassers n o c h n i c h t g e s t o r b e n war. Wenn also A seinen Freund Β und Β seinen Freund C zum Erben
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§ 1 Allgemeines
eingesetzt hat, so bekommt C nicht die Erbschaft des A, wenn Β vor A gestorben ist. III. Gegenstand der Erbfolge sind nur die V e r m ö g e n s r e c h t e (§ 1922); auch bei diesen gibt es aber Ausnahmen von der Vererblichkeit. U n v e r e r b l i c h i s t z . B. der Anspruch auf Schmerzensgeld aus § 847, es sei denn, daß er durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig geworden ist. Unvererblich sind der Nießbrauch und die beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten (§§ 1061 und 1090 Abs. 2). Wenn A eine bei seinem Tode fällige L e b e n s v e r s i c h e r u n g zugunsten des Β eingegangen ist, so gehört der Anspruch auf die Versicherungssumme nicht zu der Erbschaft des A. Dies gilt selbst dann, wenn i n dem Versicherungs vertrage die Zahlung an die E r b e n des A ausgemacht ist. Dann sind zwar diejenigen bezugsberechtigt, welche zur Zeit des Todes des A als Erben berufen sind, aber daß es sich hier nicht um eine Erbschaft handelt, erkennt man daran, daß die A u s s c h l a g u n g der Erbschaft des A auf die Bezugsberechtigung keinen Einfluß hat. Die Erben des A können also die Erbschaft ausschlagen, weil sie überschuldet ist, und behalten trotzdem die Versicherungssumme (§ 167 Versicherung Vertragsgesetz). IV. Die Erbschaft führt zu einer G e s a m t n a c h f o l g e i n das Vermögen des Erblassers, das Vermögen geht a l s G a n z e s auf den Erben über (§ 1922), er t r i t t in die s ä m t l i c h e n vererblichen V e r m ö g e n s r e c h t e und außerdem in die S c h u l d e n des Erblassers ein. Der Erblasser kann aber hinsichtlich e i n z e l n e r S t ü c k e der Erbschaft dem Erben die Verpflichtung auferlegen, sie einem Dritten zu übertragen. Dann liegt hinsichtlich dieser Stücke ein V e r m ä c h t n i s vor. Der Vermächtnisnehmer haftet im Gegensatz zum Erben nicht für die Schulden des Erblassers. Gesamtnachfolge liegt auch dann vor, wenn die Erbschaft auf m e h r e r e E r b e n übergeht. Auch sie erhalten die Erbschaft als ein G a η ζ e s (§ 1922 Abs. 1). Auf den einzelnen E r b t e i l finden die sich auf die Erbschaft beziehenden Vorschriften Anwendung (§ 1922 Abs. 2).
I.
Abschnitt
Die gesetzliche Erbfolge § 2 Die Grundgedanken I. Das Gesetz stellt es dem E r b l a s s e r frei, einen E r b e n zu e r n e n n e n ; hat er das nicht getan, so t r i t t die g e s e t z l i c h e
Erb-
f o l g e ein. Sie greift auch dann Platz, wenn die Erbeinsetzung von vornherein u n w i r k s a m war oder nachher unwirksam geworden ist. Von vornherein unwirksam ist sie ζ. B. dann, wenn der Erblasser die für das Testament vorgeschriebene Form nicht beobachtet hat, nachträglich unwirksam w i r d sie ζ. B., wenn der eingesetzte Erbe die Erbschaft ausgeschlagen hat. Nach r ö m i s c h e m Recht war es unmöglich, daß für e i n e n Teil des Nachlasses die g e s e t z l i c h e
und für den a n d e r n Teil die
t e s t a m e n t a r i s c h e Erbfolge Platz griff. Nach h e u t i g e m Recht besteht dagegen diese Möglichkeit. Wenn der unverheiratete A, dessen nächster Verwandter sein Bruder Β ist, seinen Freund C auf die Hälfte des Nachlasses zum Erben einsetzt, so w i r d Β gesetzlicher Erbe hinsichtlich der anderen Hälfte. II. Als g e s e t z l i c h e E r b e n kennt das BGB. die B l u t s v e r wandten
des Erblassers, den E h e g a t t e n und, falls weder ein
Verwandter noch ein Ehegatte vorhanden ist, den F i s k u s des Landes, in dem der Erblasser seine letzte Niederlassung gehabt hat. Der Erblasser kann einen Verwandten oder seinen Ehegatten von der gesetzlichen Erbfolge a u s s c h l i e ß e n , auch ohne einen anderen Erben zu ernennen, ein Ausschluß des Fiskus von der gesetzlichen Erbfolge ist dagegen nicht möglich (§ 1938). I I I . Durch W e g f a l l eines gesetzlichen Erben kann sich der Erbteil eines anderen gesetzlichen Erben e r h ö h e n . I n diesem Fall gilt der Teil, um welchen sich der Erbteil erhöht, in Ansehung der mächtnisse
und A u f l a g e n
gleichungspflicht
sowie
in Ansehung
Ver-
der A u s -
als b e s o n d e r e r Erbteil (§ 1935; s. auch
§ 2007). Annahme und Ausschlagung können dagegen nur einheitlich erfolgen.
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Die gesetzliche Erbfolge
§ 3 Das Erbrecht der Verwandten I. Nach j u s t i n i n a n i s c h e m Recht (Novelle 118, 127) galt folgende E r b f o l g e o r d n u n g : I n der e r s t e n Klasse werden die A b k ö m m l i n g e des Erblassers berufen. I n der z w e i t e n Klasse erben die A s z e n d e n t e n , die v o l l b ü r t i g e n G e s c h w i s t e r und die K i n d e r v e r s t o r b e n e r vollbür tiger Geschwister. I n der d r i t t e n Klasse erben die h a l b b ü r t i g e n G e s c h w i s t e r und die K i n d e r v e r s t o r b e n e r h a l b b ü r t i g e r G e schwister. I n der v i e r t e n Klasse erben die ü b r i g e n Seitenverw a n d t e n . Berufen w i r d der dem Grade nach nächste. II. D a s B G B . folgt der i m d e u t s c h e n Recht vielfach i n Geltung gewesenen P a r e n t e l e n o r d - η un.g. Danach werden die Verwandten des Erblasses in Parentelen eingeteilt. Die e r s t e Parentel bilden die A b k ö m m l i n g e des Erblassers, die z w e i t e Parentel umfaßt die E l t e r n des Erblassers und d e r e n A b k ö m m l i n g e , die d r i t t e P a r e n t e l die G r o ß e l t e r n des Erblassers und deren A b k ö m m l i n g e , die v i e r t e Parentel die U r g r o ß e l t e r n des Erblassers und deren A b k ö m m l i n g e usw. Der Angehörige einer höheren Parentel oder, wie das BGB. sich ausdrückt „Ordnung", w i r d erst dann berufen, wenn ein Angehöriger einer vorhergehenden Parentel nicht vorhanden ist (§ 1930). Der Sohn des Erblassers schließt also den Bruder und der Bruder den Onkel von der Erbfolge aus. 1. a) Gesetzliche Erben der e r s t e n O r d n u n g sind die A b k ö m m l i n g e des Erblassers (§ 1924). Sind nur Kinder des Erblassers vorhanden, so erben sie zu gleichen Teilen. Kinder schließen die von ihnen stammenden Enkel des Erblassers von der Erbfolge aus. A n Stelle eines zur Zeit des Erbfalls nicht mehr lebenden Kindes treten die durch dieses K i n d mit dem Erblasser verwandten Enkel ( R e p r ä s e n t a t i o n s r e c h t ) . Z . B . der Erblasser hinterläßt einen Sohn und zwei Enkel von einem andern Sohn, dann erhält der Sohn die eine Hälfte des Nachlasses und die beiden Enkel zusammen die andere Hälfte. b) Gesetzliche Erben der z w e i t e n O r d n u n g sind die E l t e r n des Erblassers und deren A b k ö m m l i n g e (§ 1925). Leben beide Eltern zur Zeit des Erbfalls, so erben sie allein, sie schließen also ζ. B. die Geschwister aus.
§ 3 Das Erbrecht der Verwandten
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Ist der Vater oder die Mutter gestorben, so treten an Stelle des Verstorbenen dessen Abkömmlinge. Ζ. B. beim Tode des Erblassers leben noch die Mutter, ein Bruder und eine Schwester, dann erhält die M u t ter die eine Hälfte der Erbschaft, der Bruder und die Schwester die andere Hälfte. Das Erbrecht von h a l b b ü r t i g e n G e s c h w i s t e r n n e b e n v o l l b ü r t i g e n ergibt sich aus folgendem Beispiel: AO-
Β —•—--OC /
OD
OE
\
OF
Die Β war zweimal verheiratet, das erste Mal mit A, das zweite Mal mit C. Aus ihrer ersten Ehe stammt ein Sohn D, aus der zweiten Ehe zwei Söhne E und F. Beim Tode des E sind Α, Β und C bereits gestorben. Was erhalten D und F von dem Nachlasse des E? Die eine Hälfte des Nachlasses fällt an die Abkömmlinge der B, die andere Hälfte an die Abkömmlinge des C. Abkömmlinge der Β sind D und F. Beide erhalten also je ein Viertel. Abkömmling des C ist nur F, er erhält als solcher die Hälfte. I m ganzen erhält also F drei Viertel und D ein Viertel, während nach gemeinem Recht F den ganzen Nachlaß und D nichts erhalten würde. Ist beim Tode des Erblassers nur ein Elternteil vorhanden, dagegen keine Abkömmlinge, so fällt die ganze Erbschaft an den Elternteil. c) Gesetzliche Erben der d r i t t e n O r d n u n g sind die G r o ß e l t e r n des Erblassers und deren A b k ö m m l i n g e (§ 1926). I n dem unwahrscheinlichen Fall, daß alle vier Großeltern noch leben, erhält jeder von ihnen ein Viertel der Erbschaft. Ist einer von ihnen gestorben, so treten an seine Stelle seine Abkömmlinge. Ζ. B. beim Tode des Erblassers leben noch seine beiden väterlichen Großeltern, der mütterliche Großvater und ein mütterlicher Onkel, während die Eltern und die mütterliche Großmutter gestorben sind. Dann erhält jeder der drei Großeltern ein Viertel und der Onkel das letzte Viertel. Wäre auch der Onkel gestorben, so würden die väterlichen Großeltern jeder ein Viertel und der mütterliche Großvater die andere Hälfte erhalten. Wäre auch er, ohne Abkömmlinge zu hinterlassen, gestorben, so würde die ganze Erbschaft an die väterlichen Großeltern fallen. d) Gesetzliche Erben der v i e r t e n Ordnung sind die U r g r o ß e l t e r n und deren A b k ö m m l i n g e (§ 1928). Hier gilt i m Gegensatz zu den ersten drei Ordnungen k e i n Repräsentations-
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Die gesetzliche Erbfolge
r e c h t , die Erbschaft fällt vielmehr an denjenigen, der mit dem Erblasser d e m G r a d e n a c h a m n ä c h s t e n v e r w a n d t ist (vgl. § 1589 Abs. 1), und wenn mehrere gleich nahe verwandt sind, erhält jeder von ihnen denselben Anteil. Leben also beim Tode des Erblassers noch einer oder mehrere von den Urgroßeltern, so schließen sie die Abkömmlinge von Urgroßeltern aus. Lebt noch ein Großonkel von der väterlichen Seite und ein Vetter der Mutter des Erblassers, so schließt der Großonkel den Vetter aus; denn der Großonkel ist mit dem Erblassers u m einen Grad näher verwandt als der Vetter der Mutter. e) Dieselben Regeln wie für die vierte Ordnung gelten für die f ü n f t e und die f o l g e n d e n O r d n u n g e n (§ 1929). Eine B e g r e n z u n g f ü r d a s V e r w a n d t e n e r b r e c h t hat das BGB. nicht aufgestellt. Auch spätere Versuche, eine solche Begrenzung einzuführen, sind gescheitert. Eine Begrenzung wäre zu begrüßen, da die gesetzliche Erbfolge der Verwandten nur dort zu rechtfertigen ist, wo Erblasser und Erbe durch ein gemeinschaftliches Familiengefühl verbunden sind. 2. Als V e r w a n d t e im Sinn des unter 1 Gesagten kommen nicht nur eheliche Verwandte i n Betracht. Es zählen hierher auch folgende: a) U n e h e l i c h e K i n d e r sind mit der Mutter und deren Verwandten ebenso verwandt wie eheliche (§ 1705). Ein uneheliches K i n d hat also gegenüber seiner Mutter dasselbe Erbrecht wie ein eheliches. Dagegen gibt es kein gesetzliches Erbrecht zwischen dem Kinde und dem unehelichen Vater und dessen Verwandten (§ 1589, Abs. 2). b) K i n d e r a u s n i c h t i g e n E h e n waren nach dem Recht des BGB. in bezug auf das Erbrecht gegenüber ehelichen Kindern benachteiligt. § 25 Abs. 1 des Ehegesetzes hat diese Benachteiligung beseitigt. c) U n e h e l i c h e K i n d e r , die durch n a c h f o l g e n d e Ehe l e g i t i m i e r t sind, werden genau so behandelt, wie wenn sie von vornherein ehelich gewesen wären, sie haben also auch das volle Erbrecht des ehelichen Kindes (§ 1719). Dagegen bestehen bei einem für e h e l i c h e r k l ä r t e n K i n d e erbrechtliche Beziehungen nur zwischen dem Vater und dem Kinde, aber nicht zwischen den Verwandten des Vaters und dem Kinde (§§ 1736, 1737). d) Durch die A n n a h m e a n K i n d e s s t a t t erlangt der Annehmende kein Erbrecht gegenüber dem Kinde (§ 1759), wohl aber das K i n d ein Erbrecht gegenüber dem Annehmenden, es sei denn, daß dieses Erbrecht i n dem Annahmevertrag ausgeschlossen ist (§ 1767). Auf die Verwandten des Annehmenden erstreckt sich die Wirkung
§
Das Erbrecht de
eaten
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der Annahme an Kindesstatt nicht, das K i n d erlangt also ζ. B. kein Erbrecht gegenüber einem Brüden des Annehmenden (§ 1763). § 4 Das Erbrecht des Ehegatten I. Das j u s t i n i a n i s c h e Recht gibt dem Ehegatten ein Erbrecht erst hinter allen Verwandten. Die arme Witwe des wohlhabenden Mannes bekam jedoch ein Viertel des Nachlasses, aber nicht mehr als 100 Pfund Goldes, und wenn Kinder vorhanden waren, nicht mehr als einen Kopfteil. Die deutschen Partikularrechte stellten die Ehefrau vielfach besser, ζ. B. das preußische Landrecht. I n dieser Linie bewegt sich auch das BGB. II. Bei Beantwortung der Frage, wie sich die Vermögens Verhältnisse der Ehegatten nach dem Tode eines von ihnen gestalten, ist zunächst das e h e l i c h e G ü t e r r e c h t in Betracht zu ziehen. Liegt eine der verschiedenen Formen der G ü t e r g e m e i n s c h a f t vor, so ist zu bedenken, daß der überlebende Ehegatte an dem Gesamtgut zur Hälfte beteiligt war, insoweit kommt eine Beerbung des Verstorbenen von vornherein nicht in Frage; diese Hälfte behält der überlebende Ehegatte, weil sie i h m schon vorher gehörte. Nur die andere Hälfte, die des Verstorbenen, ist Gegenstand der Erbfolge (vgl. § 1482). Auch insofern findet eine Erbfolge nicht statt, wenn fortgesetzte Gütergemeinschaft eintritt (vgl. §§ 1483 ff.), ζ. B. wenn die Ehegatten i n allgemeiner Gütergemeinschaft gelebt haben und gemeinschaftliche Abkömmlinge vorhanden sind. 1. a) Neben Verwandten der e r s t e n Ordnung erbt der Ehegatte ein V i e r t e l , neben Verwandten der z w e i t e n Ordnung oder neben G r o ß e l t e r n die H ä l f t e (§ 1931 Abs. 1). Leben z.B. beim Tode des Mannes die Frau, ein Sohn und eine Tochter, so erhält die Frau ein Viertel, der Sohn und die Tochter je drei Achtel. Haben die Ehegatten ζ. B. i n Fahrnisgemeinschaft gelebt, so erhält die Frau von dem Gesamtgut (ζ. B. von den Wertpapieren) fünf Achtel und jedes K i n d drei Sechzehntel. Sind beim Tode der Frau der Mann und der Vater der Frau als nächste Angehörige vorhanden, so erhält der Mann die eine Hälfte und der Vater die andere Hälfte des Nachlasses. Dasselbe würde gelten, wenn beim Tode der Frau nur inehr der Großvater der Frau und ihr Mann lebt. Lebt außerdem noch ein Abkömmling von Großieltern, so erhält der Mann mehr, nämlich nicht nur die eine Hälfte, sondern von der anderen Hälfte auch noch den Anteil des Abkömmlings. Ζ. B. es kommen als Erben der Frau in Frage: der Mann, der
16
Die gesetzliche Erbfolge
väterliche Großvater und der mütterliche Onkel. Dann erhält der Mann zunächst die Hälfte der Erbschaft, die andere Hälfte fällt an die Blutsverwandten der Frau, und zwar ein Viertel auf die väterliche Seite und ein Viertel auf die mütterliche Seite. Jenes Viertel erhält der väterliche Großvater, dieses Viertel würde nach den Regeln des Verwandtenerbrechts an den mütterlichen Onkel fallen, er w i r d aber durch den Ehegatten ausgeschlossen, so daß dieser insgesamt
drei
Viertel erhält. Sind weder Verwandte der ersten oder zweiten Ordnung noch Großeltern vorhanden, so erhält der Ehegatte die ganze Erbschaft (§ 1931 Abs. 2). b) Außer dem eben erwähnten Erbrecht hat der Ehegatte den V o r a u s zu beanspruchen. Neben Verwandten der zweiten Ordnung oder neben Großeltern gebühren
ihm nämlich
die
zum
ehelichen
H a u s h a l t g e h ö r e n d e n G e g e n s t ä n d e , soweit sie nicht Zubehör eines Grundstücks sind, und die H o c h z e i t s g e s c h e n k e (§ 1932). Auf den Voraus finden die f ü r V e r m ä c h t n i s s e geltenden Vorschriften Anwendung. Der überlebende Ehegatte hat daher n u r ein F o r d e r u n g s r e c h t gegen die Erben auf Übereignung der dem Verstorbenen gehörigen Gegenstände (vgl. unten S. 46). 2. Das Erbrecht des überlebenden Ehegatten und sein Recht auf den Voraus setzen das Bestehen der Ehe voraus. Beide Rechte sind daher nicht vorhanden, wenn die Ehe nichtig oder beim Tode des Erblassers geschieden oder aufgehoben ist. Aber auch wenn die Ehe i n diesem Augenblick noch bestand, sind beide Rechte ausgeschlossen, wenn der Erblasser bei seinem Tode auf Scheidung oder auf Aufhebung der Ehe zu klagen berechtigt w a r und Klage erhoben hatte, sofern i m Falle der Scheidung oder Aufhebung der überlebende Ehegatte als schuldig anzusehen wäre. 3. Ist der überlebende Ehegatte z u g l e i c h erbberechtigter V e r w a n d t e r , so kann er sowohl in der einen wie in der anderen Eigenschaft erben (§ 1934). Hat der Erblasser ζ. B. seine Nichte geheiratet und hinterläßt er außer dieser nur seinen Vater, den Großvater seiner Frau, als nächsten Angehörigen, so erhält die Ehefrau des Erblassers als solche die Hälfte der Erbschaft, von der anderen Hälfte entfällt die eine Hälfte auf den noch lebenden Vater des Erblassers und die zweite Hälfte auf den einzigen noch lebenden Abkömmling der Mutter des Erblassers, nämlich auf die Nichte des Erblassers. Sie erhält als solche ein Viertel der Erbschaft und als Ehefrau die Hälfte. Die beiden Erbteile gelten als b e s o n d e r e Erbteile.
§
Das Erbrecht de
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§ 5 Das Erbrecht des Fiskus I. I n 1 e t ζ t e r L i n i e , d. h. wenn weder ein Verwandter noch ein Ehegatte des Erblassers vorhanden ist, ist nach § 1936 der F i s k u s gesetzlicher Erbe. Nach der Verordnung vom 5. Februar 1934 fällt die Erbschaft an den Fiskus des Landes, i n dem der Erblasser seine letzte Niederlassung gehabt hat. Für das Erbrecht des Fiskus gelten einige B e s o n d e r h e i t e n . Von i h m und gegen i h n als gesetzlichen Erben kann ein Recht erst geltend gemacht werden, nachdem von dem N a c h l a ß g e r i c h t festgestellt worden ist, daß ein a n d e r e r E r b e n i c h t v o r h a n d e n ist (§ 1966). Diese Feststellung hat das Nachlaßgericht zu treffen, wenn ein anderer Erbe nicht innerhalb einer den Umständen entsprechenden Frist ermittelt worden ist. Der Feststellung hat eine öffentliche Bekanntmachung vorauszugehen, i n der zur Anmeldung der Erbrechte aufgefordert w i r d (§ 1965). Ist die Feststellung erfolgt, so begründet sie die Vermutung, daß der Fiskus gesetzlicher Erbe sei (§ 1964 Abs. 2). Die Vermutung kann aber noch nachträglich widerlegt werden, ζ. B. durch einen Verwandten, der sich nachher meldet. Weitere Besonderheiten des fiskalischen Erbrechtes bestehen darin, daß der Fiskus die Erbschaft n i c h t a u s s c h l a g e n kann (§ 1942 Abs. 2), daß er n i c h t i n u n b e s c h r ä n k b a r e Haftung für die Nachlaßverbindlichkeiten geraten kann (vgl. unten S. 81) und daß die U r h e b e r r e c h t e des Erblassers von der Erbschaft ausges c h l o s s e n sind und erlöschen. II. Nach A r t 138 EG. kann die L a n d e s g e s e t z g e b u n g an Stelle des Fiskus eine Körperschaft, Stiftung oder Anstalt des öffentlichen Rechtes zum gesetzlichen Erben machen. Danach hat ζ. B. die Stadt Berlin auf Grund eines Privilegs vom 27. Dezember 1508 ein Erbrecht, es sei denn, daß es sich u m Fremde, Uneheliche, Adlige oder Juden handelt. Die Ausnahme für die Adligen ist infolge des preußischen Gesetzes vom 23. Juni 1920 (vgl. Bd. 1 S. 38) beseitigt. Ein anderes Beispiel ist der Art. 231 des AG. für Sachsen-Weimar, wonach die Universität Jena Erbin der Universitätsangehörigen ist. Von dem eben erwähnten s u b s i d i ä r e n Erbrecht ist das Erbrecht zu unterscheiden, das dem Fiskus oder einer anderen juristischen Person nach den landesgesetzlichen Vorschriften (vgl. A r t . 139 EG.) i n A n sehung des Nachlasses einer v e r p f l e g t e n oder u n t e r s t ü t z t e n Person zusteht. Durch dieses Erbrecht können andere erbberechtigte Personen ganz oder teilweise von der Erbfolge ausgeschlossen werden. 2 Schmidt, Bürgerliches Recht, V
II.
Abschnitt
D i e V e r f ü g u n g e n von Todes wegen 1. § 6 Überblick I. Das Gesetz s t e l l t es dem Erblasser f r e i , das Schicksal seines Vermögens nach seinem Tode in mannigfacher Weise anders zu bestimmen, als dies sich aus den i m ersten Abschnitt besprochenen Regeln über die gesetzliche Erbfolge ergibt. Bestimmungen dieser A r t nennt man V e r f ü g u n g e n v o n T o d e s w e g e n . Der Begriff der Verfügung von Todes wegen ist aber n i c h t auf das V e r m ö g e n des Erblassers beschränkt. Auch Bestimmungen über andere Angelegenheiten, die er für den Fall seines Todes trifft, fallen darunter, ζ. B. die E r n e n n u n g e i n e s V o r m u n d e s für seine noch minderjährigen Kinder. II. Die Verfügungen von Todes wegen können i n der Weise getroffen werden, daß der Erblasser sie bis zu seinem Tode nach Belieben w i d e r r u f e n kann. I n diesem Fall liegt eine l e t z t w i l l i g e V e r f ü g u n g oder ein T e s t a m e n t vor (vgl. § 1937). Der Erblasser kann sich aber auch an die Verfügung b i n d e n , dann handelt es sich um einen E r b v e r t r a g . I n bindender Weise können nur E r b e i n s e t z u n g e n , V e r m ä c h t n i s s e und A u f l a g e n angeordnet werden (§ 1941). Andere Verfügungen von Todes wegen können zwar auch in einen Erbvertrag mit hineingenommen werden, aber nur als einseitige, die der Erblasser jederzeit widerrufen kann. Dies gilt ζ. B. von der Anordnung einer Testamentsvollstreckung. Eine dem Erbvertrag ähnliche, wenn auch erheblich schwächere Bindung erzeugt das g e m e i n s c h a f t l i c h e Testament. Es w i r d daher unten i m Anschluß an den Erbvertrag behandelt.
2. Die Testamente a) § 7 Die Voraussetzungen in der Person des Erblassers I. Der Erblasser kann ein Testament n u r p e r s ö n l i c h errichten (§ 2064). Eine Stellvertretung ist also nicht möglich. Das Gesetz schließt sie aus, weil iihm gerade hier die Gefahr, daß der Vertreter von dem
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wirklichen Willen -des Erblassers abweicht, besonders bedenklich erscheint. Der Erblasser kann das Testament auch n i c h t i n der Weise von dem Willen eines Dritten abhängig machen, daß dieser bestimmen soll, ob es gelten soll oder nicht. Selbst die weniger weitgehende Bestimmung, w e r eine Zuwendung erhalten oder w o r i n sie b e s t e h e n soll, kann der Erblasser einem anderen nicht überlassen (§ 2065). Hiervon macht das Gesetz aber wichtige Ausnahmen, ζ. B. in §§ 2048, 2151, 2153—2156. II. Das Testament ist ein Rechtsgeschäft; die Fähigkeit, ein Testament zu errichten ( T e s t i e r f ä h i g k e i t ) , ist daher eine Unterart der Geschäftsfähigkeit (Band I S. 85), w i r d aber in §§ 2229 f. besonders geregelt. 1. Eine erhebliche Abweichung von den allgemeinen Regeln der Geschäftsfähigkeit gilt zunächst f ü r M i n d e r j ä h r i g e . Die Testierfähigkeit beginnt für sie mit der Vollendung des 16. Lebensjahres. Der gesetzliche Vertreter spielt hierbei keine Rolle, seine Zustimmung macht das Testament vor der Vollendung des 16. Lebensjahres nicht gültig und ist nachher nicht erforderlich (§ 2229 Abs. 2). Ein Minderjähriger, der 16 Jahre alt ist, kann sich also ohne Zustimmung seines Vaters noch keinen Hut kaufen, wohl aber über seinen ganzen Nachlaß durch Testament verfügen. 2. E i n E n t m ü n d i g t e r (vgl. § 104 Ziff. 3, 114) kann grundsätzlich nicht testieren, und zwar beginnt die Testierunfähigkeit bereits mit der Stellung des Antrages auf Entmündigung, wenn diese nachher erfolgt (§ 2229 Abs. 3). Der Vater, dessen Sohn die Entmündigung des Vaters wegen Verschwendimg beantragt hat, kann sich also nicht dadurch rächen, daß er vor der Entmündigung den Sohn auf den Pflichtteil setzt. Uber eine entsprechende Vorschrift bei Stellung des Antrages auf W i e d e r a u f h e b u n g der Entmündigung vgl. § 2230 Abs. 2. Eine Ausnahme von dem oben Gesagten enthält § 2253 Abs. 2, wonach die Entmündigung wegen Geistesschwäche, Verschwendung oder Trunksucht den W i d e r r u f eines vorher errichteten Testaments nicht hindert. Der Vater kann daher dem Sohne i n dem vorhin erwähnten Falle trotz der Entmündigung besondere Vorteile, die er i h m i n einem früheren Testament über seinen gesetzlichen Erbteil hinaus zugewandt hatte, durch Widerruf wieder entziehen. Bei Entmündigung wegen Geisteskrankheit ist dieser Widerruf dagegen nicht möglich. 2·
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3. Auch ohne Entmündigung fehlt die Testierfähigkeit, wenn jemand wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, wegen Geistesschwäche oder wegen Bewußtseinsstörung bei der Errichtung des Testaments nicht i n der Lage ist, die Bedeutung einer von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln (§ 2229 Abs. 4). 4. I m Streitfalle hat derjenige, der die unter 1 bis 3 besprochenen Ausnahmen von der Testierfähigkeit behauptet, die Beweislast. b) § 8 Die Errichtung des Testaments Der Gesetzgeber kann formlose letztwillige Verfügungen nicht zulassen. Würde er das tun, so würde er dadurch die Gefahr heraufbeschwören, daß jede u n ü b e r l e g t e Äußerung des Erblassers über seinen Nachlaß, die noch keineswegs zu einem fertigen Entschluß gediehen war, von den daran Interessierten zu einem Testament gestempelt wird. Eine sichere Abgrenzung zwischen solchen Äußerungen und einer endgültigen Erklärung ist nur möglich, wenn man für diese eine Form verlangt. Die Testamentsformen sind i n der geschichtlichen Entwicklung sehr verschieden gewesen, besonders erleichtert war i n neuerer Zeit die Form des f r a n z ö s i s c h e n Rechtes, wonach das Testament i n einem von dem Erblasser selbst geschriebenen und datierten Schriftstück bestehen kann, bei dessen Errichtung die Zuziehung von Zeugen nicht erforderlich ist. Dieses e i g e n h ä n d i g e Privatt e s t a m e n t ist auch i m BGB. eingeführt worden, allerdings erst in letzter Stunde, nämlich vom Reichstag. Außer dem Privattestament kennt das Gesetz ö f f e n t l i c h e T e s t a m e n t e , bei denen eine öffentliche Urkunde errichtet wird. Weitere Formerleichterungen für beide Testamentsformen brachte das Testamentsgesetz vom 31. August 1938, dessen Bestimmungen jetzt wieder i n den Text des BGB. eingefügt worden sind. Für gewisse Fälle gibt es außerordentliche Testamentsformen. I. Das P r i v a t t e s t a m e n t muß vom Erblasser eigenhändig geschrieben und unterschrieben sein (§ 2231 Ziff. 2). 1. Der Erblasser muß also Text und Unterschrift des Testaments e i g e n h ä n d i g geschrieben haben. Dem Erfordernis der Eigenhändigkeit w i r d auch durch s t e n o g r a p h i s c h e Schrift oder sonstige Abkürzungen genügt, dagegen n i c h t durch die Schrift der S c h r e i b m a s c h i n e , da hier eine Individualisierung, die für die Feststellung der Echtheit des Testaments notwendig ist, nicht möglich ist.
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Ist die Unterschrift nicht von der Hand des Erblassers, so ist das ganze Testament ungültig. Fehlt es dagegen an der Eigenhändigkeit nur bei einer einzelnen Verfügung, so ist diese unwirksam, der übrige Inhalt des Testaments ist nur dann nichtig, wenn anzunehmen ist, daß der Erblasser die übrigen Verfügungen nicht ohne die nichtige getroffen hätte (§ 2085); läßt sich der Wille des Erblassers nicht ermitteln, so bleiben also die übrigen Verfügungen i n Kraft. 2. Durch die U n t e r s c h r i f t werden nur diejenigen Teile des Testaments gedeckt, die über der Unterschrift stehen; es genügt aber auch, wenn die Unterschrift am Ende einer Zeile steht. Nachträge sind nur dann gültig, wenn auch sie wieder unterschrieben und datiert werden. Ist das Testament auf mehrere numerierte Blätter geschrieben, so braucht nur das letzte unterschrieben zu werden. Nach § 2247 Abs. 3 soll die Unterschrift den Vornamen und den Familiennamen des Erblassers enthalten. Unterschreibt der Erblasser in anderer Weise, etwa lediglich mit dem Vornamen oder durch Angabe der Familienstellung, ζ. B. „Euer Vater" und reicht diese Unterzeichnung zur Feststellung der Urheberschaft des Erblassers und der Ernstlichkeit seiner Erklärung aus, so steht eine solche Unterzeichnung der Gültigkeit des Testamentes nicht entgegen. 3. Es ist nicht notwendig, aber empfehlenswert, daß der Erblasser das O r t s - u n d Z e i t d a t u m angibt. Enthält das Testament keine A n gaben, über die Zeit der Errichtung und ergeben sich hieraus Zweifel über seine Gültigkeit, so ist das Testament nämlich nur dann als gültig anzusehen, wenn sich die notwendigen Feststellungen über die Zeit anderweitig treffen lassen (§ 22747 Abs. 5). Das kommt ζ. B. i n Betracht, wenn der Erblasser während einer gewissen Zeit wegen Entmündigung testierunfähig war oder wenn er mehrere einander widersprechende Testamente hinterlassen hat (vgl. S. 25). Dasselbe gilt, wenn das Testament keine Angaben über den Ort enthält. 4. Wer m i n d e r j ä h r i g ist oder G e s c h r i e b e n e s n i c h t z u l e s e n vermag (ζ. B. weil er wegen einer Augenkrankheit eine Binde tragen muß), kann ein eigenhändiges Testament η i c ht errichten (§ 2247 Abs. IV). 5. Das eigenhändige Testament wird auf Verlangen des Erblassers vom A m t s g e r i c h t i n V e r w a h r u n g genommen. Der Erblasser tut gut, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen, um einer Vernichtung des Testaments durch einen Angehörigen, dem es nachteilig ist, vorzubeugen. Dem Erblasser wird über das in Verwahrung genommene Testament ein H i n t e r l e g u n g s s c h e i n erteilt (§ 2248).
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II. Für das ö f f e n t l i c h e T e s t a m e n t gilt folgendes: 1. Es w i r d vor einem Richter oder einem Notar errichtet; die Landesgesetze können aber nach A r t 141 EG. bestimmen, daß nur der Richter oder nur der Notar zuständig sein soll. Auf Grund dieses Vorbehalts hat ζ. B. Bayern ausschließlich die Notare für zuständig erklärt. Der Richter muß einen Urkundsbeamten oder z w e i Z e u g e n , der Notar einen z w e i t e n N o t a r oder z w e i Z e u g e n zuziehen, wenn der Erblasser taub, blind, stumm oder sonst am Sprechen verhindert ist (§ 2233). Das Gesetz schließt i n § 2234 gewisse n a h e A n g e h ö r i g e des Erblassers von der M i t w i r k u n g als Richter, Notar, Urkundsbeamter oder Zeuge aus, ζ. B. den Sohn des Erblassers. Wirken solche Personen doch mit, so hat das die U n g ü l t i g k e i t des Testaments zur Folge. Richter, Notar, Urkundsbeamter oder Zeuge dürfen auch nicht i n dem Testament b e d a c h t werden und auch nicht Angehörige eines Bedachten sein (§ 2235); w i r d gegen diese Vorschrift verstoßen, so ist die Verfügung zugunsten des Bedachten unwirksam, die übrigen Verfügungen bleiben dagegen i m Zweifel i n K r a f t (vgl. § 2085). Außerdem s o l l e n nach §§ 2236 und 2237 gewisse Personen nicht als Zeugen zugezogen werden, ζ. B. Minderjährige; wirken sie doch mit, so tut das der Gültigkeit des Testaments keinen Eintrag. Die Errichtung des Testaments erfolgt entweder i n m ü n d l i c h e r oder in s c h r i f t l i c h e r Form. Die m ü n d l i c h e Form besteht darin, daß der Erblasser dem Richter oder Notar seinen letzten Willen mündlich erklärt, bei der s c h r i f t l i c h e n Form übergibt der Erblasser eine Schrift mit der mündlichen Erklärung, daß die Schrift seinen letzten Willen enthalte. Die Schrift kann von dem Erblasser oder einer anderen Person geschrieben sein, sie kann offen oder verschlossen übergeben werden, der Erblasser kann also auch beim öffentlichen Testament seinen letzten Willen geheim halten. Die Form der verschlossenen Schrift kann von einem M i n d e r j ä h r i g e n nicht angewandt werden (§ 2238). Die bei der Errichtung des Testaments mitwirkenden Personen müssen während der ganzen Verhandlung z u g e g e n sein (§ 2239). Uber die Errichtung des Testaments muß eine N i e d e r s c h r i f t aufgenommen werden. Sie muß enthalten: den Tag der Verhandlung, die Bezeichnung des Erblassers und der mitwirkenden Personen, die Erklärungen des Erblassers und i m Falle der Übergabe einer Schrift die Feststellung der Übergabe.
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Wesentlich für die Testamentserrichtung ist ferner, daß die Niederschrift v o r g e l e s e n , vom Erblasser g e n e h m i g t und von i h m e i g e n h ä n d i g u n t e r s c h r i e b e n wird. Die Niederschrift muß ferner von den mitwirkenden Personen u n t e r s c h r i e b e n werden, ζ. B. von dem Richter und dem Urkundsbeamten (§§ 2240 ff.). 2. Besondere Vorschriften enthält das Gesetz für die Fälle, in denen der Erblasser nach der Überzeugung des Richters oder Notars n i c h t s c h r e i b e n k a n n , t a u b , s t u m m oder sonst am S p r e c h e n v e r h i n d e r t ist (vgl. darüber i m einzelnen §§ 2242, Abs. 2 und 3 und 2243). Ist der Erblasser nach der Überzeugung des Richters oder Notars d e r d e u t s c h e n S p r a c h e n i c h t m ä c h t i g , so muß ein v e r e i d i g t e r D o l m e t s c h e r zugezogen werden, es sei denn, daß sämtliche mitwirkende Personen die Sprache beherrschen, i n der sich der Erblasser erklärt (vgl. darüber die näheren Vorschriften in §§ 2244 f.). 3. Der Richter oder Notar s o l l die über die Errichtung des Testaments aufgenommene Niederschrift mit den Anlagen in Gegenwart der übrigen mitwirkenden Personen und des Erblassers v e r s c h l i e ß e n und in b e s o n d e r e a m t l i c h e V e r w a h r u n g bringen. Dem Erblasser soll ein H i n t e r l e g u n g s s c h e i n erteilt werden (§ 2246).
4. Der p r a k t i s c h e V o r t e i l d e s ö f f e n t l i c h e n Testaments vor dem Privattestament besteht vor allem darin, daß beim Privattestament derjenige, der sich auf das Testament beruft, die E c h t h e i t beweisen muß, wenn sie bestritten wird, während beim öffentlichen Testament eine V e r m u t u n g für die Echtheit spricht (§ 437 ZPO.). Außerdem ist es möglich, auf Grund des öffentlichen Testaments eine E i n t r a g u n g i m G r u n d b u c h zu erwirken, während die Eintragung bei einem Privattestament die Erteilung eines Erbscheines voraussetzt (vgl. § 35 GBO.). I I I . Neben den unter I und I I besprochenen ordentlichen Testamentsformen finden sich i m Gesetz folgende außerordentliche Formen: 1. Die Errichtung eines öffentlichen Testaments kann daran scheitern, daß der Richter oder Notar vor dem Tode des Erblassers nicht mehr zu erreichen ist. Ist dies zu besorgen, so kann an Stelle des Richters oder Notars der B ü r g e r m e i s t e r d e r Gemeinde treten, i n der der Erblasser sich aufhält. Der Erblasser w i r d ζ. B. i n einem abgelegenen Dorf, das fünf Stunden von dem nächsten Amtsgericht entfernt ist, todkrank; der Bürgermeister kann i n einer Viertel-
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stunde am Bett des Erblassers erscheinen, der Richter oder Notar erst am nächsten Tag. Der Bürgermeister muß z w e i Z e u g e n zuziehen (§ 2249). Formfehler bei Abfassung der Niederschrift schaden hier nichts, wenn mit Sicherheit anzunehmen ist, daß das Testament die Erklärungen des Erblassers zuverlässig wiedergibt (§ 2249 Abs. 6). Dieselbe Form läßt das Gesetz zu, wenn der Erblasser sich an einem Ort aufhält, der infolge außerordentlicher Umstände dergestalt a b g e s p e r r t ist, daß die Errichtung eines Testaments vor einem Richter oder Notar nicht möglich oder erheblich erschwert ist. I n diesem Fall kann das Testament außerdem durch m ü n d l i c h e E r k l ä r u n g v o r d r e i Z e u g e n errichtet werden (§ 2250). Über die mündlichen Erklärungen muß aber eine Niederschrift aufgenommen werden. Gerade hierbei werden leicht Formfehler vorkommen. § 2250 Abs. 3 wendet daher den oben besprochenen § 2249 Absatz 6 über die Unschädlichkeit der Formfehler an. Das oben erwähnte Dreizeugentestament ist auch dann zulässig, wenn sich jemand in so naher Todesgefahr befindet, daß selbst die Errichtung des oben erwähnten Testamentes vor dem Bürgermeister nicht mehr möglich ist. ζ. B. bei einem Unfall i m Gebirge (§ 2250 Abs. 2). Dasselbe gilt, wenn der Erblasser sich während einer Seereise an Bord eines deutschen Schiffes außerhalb eines inländischen Hafens befindet (§ 2251). Die Testamente unter 1 sind vom Gesetz nur als N o t b e h e l f gedacht, sie werden daher nach § 2252 unwirksam, wenn der Erblasser die Errichtung um drei Monate überlebt, die Frist läuft jedoch nicht, solange der Erblasser außerstande ist, ein ordentliches öffentliches Testament zu errichten (bei einem Seetestament mit der Besonderheit des § 2252 Abs. 3). 2. Seit dem römischen Kaiser Trajan gibt es Formerleichterungen für S o l d a t e n t e s t a m e n t e . Die letzte Regelung i n Deutschland beruht auf dem Gesetz vom 24. A p r i l 1934 und der Verordnung vom 6. September 1943, die weitere Formerleichterungen brachte. Diese Bestimmungen gelten vor allem für die Angehörigen der Wehrmacht i m mobilen Verhältnis. Nach der Verordnung von 1943 genügte es, daß der Text des Testamentes o d e r die Unterschrift vom Erblasser eigenhändig geschrieben war, wenn m i t Sicherheit anzunehmen war, daß das Testament den letzten Willen zuverlässig wiedergab. Wenn der Erblasser zu der Verfügung durch eine unmittelbare Todesgefahr, in der er sich befand oder zu befinden glaubte, veranlaßt war,
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so sah die Verordnung von 1943 sogar von jeder Form ab, ließ also ζ. B. mündliche Äußerungen genügen. I n diesem Falle hatte das Nachlaßgericht den Inhalt der Verfügung zu ermitteln und schriftlich niederzulegen. Die militärischen Testamente verloren ihre Gültigkeit m i t dem A b lauf eines Jahres seit Beendigung des mobilen Verhältnisses für den Erblasser. c) § 9 Die Aufhebung des Testaments Für das Testament ist es i m Gegensatz zum Erbvertrag charakteristisch, daß es vom Erblasser bis zu seinem Tode beliebig w i d e r r u f e n werden kann; der Widerruf braucht sich nicht auf das ganze Testament zu erstrecken, er kann sich auch auf eine einzelne Verfügung beschränken. I. Der W i d e r r u f kann in verschiedener Weise erfolgen. 1. Er kann durch ein z w e i t e s T e s t a m e n t geschehen (§ 2254). A m klarsten ist der in dem zweiten Testament enthaltene Widerruf, wenn das erste Testament durch eine a u s d r ü c k l i c h e Erklärung zurückgenommen wird, ζ. B. der Erblasser schreibt: Ich widerrufe mein am 1. März 1950 errichtetes Testament. Eine solche ausdrückliche Widerrufserklärung ist aber nicht erforderlich. Das ältere Testament w i r d durch das jüngere vielmehr auch insoweit aufgehoben, als das jüngere mit dem älteren i n s a c h l i c h e m W i d e r s p r u c h steht (§ 2258). Ζ. Β. X hat in dem älteren Testament den A und i n dem jüngeren Testament den Β zum alleinigen Erben eingesetzt; in diesem Fall ist das ältere Testament durch das jüngere vollständig beseitigt. Hat dagegen das ältere Testament sich auf die Anordnung eines Vermächtnisses beschränkt, so bleibt es in Kraft, wenn durch das jüngere ein Erbe eingesetzt wird; das Vermächtnis ist nunmehr von dem Testamentserben und nicht mehr wie nach dem älteren Testament von dem gesetzlichen Erben zu erfüllen. 2. Das Testament kann ferner dadurch widerrufen werden, daß der Erblasser die Testamentsurkunde v e r n i c h t e t oder an ihr V e r ä n d e r u n g e n vornimmt, durch die der Wille, eine schriftliche Erklärung aufzuheben, ausgedrückt zu werden pflegt, ζ. B. er durchstreicht die Urkunde (§ 2255). Außerdem ist aber erforderlich, daß der Erblasser die A b s i c h t hatte, das Testament aufzuheben (vgl. dazu Bd. 1 S. 106, VI). Ein Testament, das der Erblasser versehentlich ins Feuer geworfen hat, bleibt also in Kraft, und der darin eingesetzte Erbe kann seine Rechte geltend machen, wenn er den Inhalt des Testa-
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ments zu beweisen vermag (ζ. B. durch Zeugen, die das Testament gelesen haben). Der Gegner w i r d freilich i n einem solchen Fall immer behaupten, daß der Erblasser die Urkunde absichtlich vernichtet habe, und für diese Behauptung spricht nach § 2255 Satz 2 eine Vermutung, der eingesetzte Erbe muß also diese Vermutung zunächst durch Gegenbeweis entkräften. Findet sich i m Nachlaß ein zerrissenes Testament vor, so schadet die eben erwähnte Vermutung dem eingesetzten Erben nur, wenn feststeht, daß der E r b l a s s e r das Testament zerrissen hat. I n manchen Fällen w i r d die Möglichkeit bestehen, daß das Testament vor oder nach dem Tod des Erblassers von dem zerrissen ist, dem es Nachteile bringt. 3. Das vor einem Richter oder Notar oder das nach § 2249 errichtete Testament gilt als widerrufen, wenn die in amtliche Verwahrung genommene Urkunde dem Erblasser z u r ü c k g e g e b e n w i r d (§ 2256). Ob der Erblasser durch die Rücknahme die Aufhebung herbeiführen wollte, ist bedeutungslos, der Richter oder Notar soll i h n aber über die Bedeutung der Rücknahme belehren. Die Rückgabe darf nur an den Erblasser persönlich erfolgen, also ζ. B. nicht an einen Generalbevollmächtigten. Der letzte Satz gilt auch für ein Privattestament, die Rückgabe ist aber hier auf die Wirksamkeit ohne Einfluß (§ 2256 Abs. 3). II. Der durch Testament erfolgte Widerruf einer letztwilligen Verfügung verliert seine Kraft, wenn er s e i n e r s e i t s w i d e r r u f e n wird. Hat also ζ. Β. A den Β am 1. A p r i l 1910 zum Erben eingesetzt und diese Erbeinsetzung am 1. A p r i l 1920 durch öffentliches Testament widerrufen, so t r i t t sie wieder i n Kraft, wenn A das öffentliche Testament aus der amtlichen Verwahrung zurücknimmt. Einerlei ist es dabei, ob in dem Testament vom 1. A p r ü 1920 die Verfügung vom 1. A p r i l 1910 ausdrücklich zurückgenommen wird, oder ob die erste Verfügung dadurch aufgehoben wird, daß die zweite m i t ihr i n sachlichem Widerspruch steht (vgl. oben I, 1 und §§ 2257, 2258 Abs. 2). Ist das Testament dagegen durch eine dèr i n § 2255 erwähnten Handlungen widerrufen worden, so kann es nicht dadurch wieder gültig gemacht werden, daß diese Handlung r ü c k g ä n g i g gemacht wird. Ein vom Erblasser absichtlich zerrissenes Testament bleibt also unwirksam, auch wenn er nachträglich die Stücke wieder zusammengeklebt hat. d) § 10 Die Eröffnung des Testaments I. Testamente sind besonders wichtige Urkunden; sie werden daher v o m G e r i c h t e r ö f f n e t , sobald es vom Tode des Erblassers
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Kenntnis erhält, und bleiben nach der Eröffnung in der V e r w a h r u n g d e s G e r i c h t s . Die Eröffnung erfolgt i n der Regel durch das N a c h l a ß g e r i c h t (vgl. unten S. 77); hat aber ein anderes Gericht das Testament i n amtlicher Verwahrung, so nimmt dieses die Eröffnung vor; z. B. der in Berlin wohnhafte und verstorbene Erblasser hatte sich nach Nürnberg begeben, u m m i t einem dort wohnhaften Sohn über die Errichtung des Testaments zu beraten, und das i n Nürnberg errichtete Testament beim Amtsgericht i n Nürnberg hinterlegt, das Testament w i r d von dem Amtsgericht i n Nürnberg eröffnet. Um die Eröffnung durch das Gericht sicherzustellen, legt das Gesetz Privatpersonen, Behörden und Notaren die Pflicht auf, das Testament nach dem Tode des Erblassers an das Nachlaßgericht a b z u l i e f e r n (§§ 2259 bis 2261). Das Nachlaßgericht kann Privatpersonen durch O r d n u n g s s t r a f e n zur Ablieferung des Testaments anhalten und eine Person, von der anzunehmen ist, daß sie ein Testament i m Besitz hat, zur Leistung des O f f e n b a r u n g s e i d e s anhalten (§ 83 Fr.GG.). I I . Die E r ö f f n u n g des Testaments besteht darin, daß das Gericht das Testament ö f f n e t , den Beteiligten v e r k ü n d e t und ihnen auf Verlangen v o r l e g t . Zu dem Eröffnungstermin sollen die Beteiligten, darunter die gesetzlichen Erben, soweit tunlich g e l a d e n werden. Beteiligte, die bei der Eröffnung nicht zugegen gewesen sind, hat das Nachlaßgericht von dem sie betreffenden Inhalt des Testaments i n K e n n t n i s zu setzen (§§ 2260, 2262). Die Verkündung unterbleibt, wenn niemand erschienen ist. I I I . Der Erblasser kann die Eröffnung des Testaments w e d e r a u s s c h l i e ß e n n o c h h i n a u s s c h i e b e n , Verfügungen dieser A r t sind u n g ü l t i g (§ 2263). e) § 11 Die Auslegung des Testaments I. F ü r die Auslegung des Testaments g i l t § 133, wonach der w i r k l i c h e W i l l e zu erforschen und n i c h t an dem b u c h s t ä b l i c h e n Sinn des Ausdrucks zu haften ist. Bei der Erforschung des wirklichen Willens ist der Richter nicht auf das beschränkt, was i m Testament selbst erklärt ist, er kann z. B. auch formlose Erklärungen des Erblassers, die durch Zeugen bekundet werden, zur Auslegung des Testaments verwerten. Es schadet auch nichts, wenn der Erblasser sich i m Testament unvollkommen, insbesondere juristisch ungenau ausgedrückt hat; es ist eine der vornehmsten Aufgaben des Richters,
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dem Willen des Erblassers gegenüber solchen Mängeln zum Siege zu verhelfen (vgl. dazu § 2087 S. 33). Läßt der Inhalt einer letztwilligen Verfügung verschiedene Auslegungen zu, so ist diejenige vorzuziehen, bei welcher die vom Erblasser v e r f o l g t e n Z w e c k e erreicht werden (§ 2084). Ein Beispiel für diese Regel liefert der S. 9 behandelte Fall, daß ein nichtrechtsfähiger Verein zum Erben eingesetzt ist. Enthält das Testament mehrere Verfügungen, so würde nach § 139 die U n w i r k s a m k e i t d e r e i n e n V e r f ü g u n g i m Zweifel auch die Unwirksamkeit der anderen zur Folge haben. § 2085 stellt aber die u m g e k e h r t e V e r m u t u n g auf; die anderen Verfügungen sind nur dann unwirksam, wenn anzunehmen ist, daß der Erblasser diese ohne die unwirksame Verfügung nicht getroffen haben würde. Hat der Erblasser seinem Testament den V o r b e h a l t e i n e r E r g ä n z u n g hinzugefügt und ist diese Ergänzung u n t e r b l i e b e n , so ist zweifelhaft, ob der Erblasser die Wirksamkeit der Verfügung von der Ergänzung abhängig machen wollte. Läßt sich hierüber nichts ermitteln, so behandelt das Gesetz die Verfügung als wirksam (§ 2086). II. Das Gesetz enthält ferner eine Anzahl A u s l e g u n g s r e g e l n ü b e r d i e P e r s o n d e s B e d a c h t e n (§§ 2066 bis 2073). Als B e i - ' spiel sei § 2069 herausgegriffen. Hat der Erblasser einen seiner Abkömmlinge bedacht und fällt dieser nach der Errichtung des Testaments weg (ζ. B. er stirbt vor dem Erblasser), so erhebt sich die Frage, ob die Abkömmlinge des Weggefallenen an seine Stelle treten sollen oder ob der Erbteil des Weggefallenen den übrigen eingesetzten Erben anwachsen soll. Das Gesetz entscheidet sich, wenn über den Willen des Erblassers nichts zu ermitteln ist, für die erstere Alternative. Die eben erwähnte Auslegungsregel gilt dagegen nicht, wenn ein vom Erblasser eingesetzter Seitenverwandter vor ihm gestorben ist. Ζ. B. der Erblasser hatte die Kinder seiner Schwester zu seinen Erben eingesetzt. Der eingesetzte Neffe war vor dem Erblasser gestorben. Es fragt sich, ob die Kinder des Neffen an seine Stelle treten. Da § 2069 hier ausscheidet, ist eine Erbfolge der Kinder des Neffen nur i m Wege einer e r g ä n z e n d e n A u s l e g u n g des Testaments möglich. Diese ist hier wie in anderen Fällen (vgl. auch S. 32) zuzulassen, wenn sich das vom Erblasser i m T e s t a m e n t e r k e n n b a r f e s t g e l e g t e Z i e l wegen einer späteren Änderung der Verhältnisse nicht mehr durch die von ihm selbst getroffenen Anordnungen (hier die Einsetzung des Neffen) erreichen läßt. Die Auslegung hat dann zu ermitteln, welche Anordnungen der Erblasser zur Erreichung des Ziels
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getroffen hätte, wenn er die Änderung der Verhältnisse (hier den Tod des Neffen) vorausgesehen hätte. Die Kinder des Neffen kämen daher zur Erbfolge, wenn es das Ziel des Erblassers war, den S t a m m des Neffen zu berufen, und wenn dies i n dem Testament irgendwie zum Ausdruck gekommen ist. Die Auslegung ermittelt hier nicht den w i r k lichen Willen des Erblassers, der ja auf Berufung des Neffen geht, sondern einen h y p o t h e t i s c h e n Willen, da der Erblasser bei der Testamenterrichtung an den Tod des Neffen gar nicht gedacht hatte. I I I . Über die A u s l e g u n g v o n B e d i n g u n g e n , unter denen letztwillige Verfügungen angeordnet werden, enthält das Gesetz folgende Vorschriften: 1. Zuwendungen werden i m Zweifel dachte den Eintritt dachte vor Eintritt an seine Erben.
unter einer a u f s c h i e b e n d e n B e d i n g u n g nur dann als wirksam angesehen, wenn der Beder Bedingung e r l e b t (§ 2074). Stirbt der Beder Bedingung, so fällt die Zuwendung also nicht
2. Zuwendungen, die der Erblasser unter der Bedingung macht, daß der Bedachte während eines Zeitraumes von unbestimmter Dauer etwas u n t e r l ä ß t o d e r f o r t g e s e t z t t u t , würden dem Bedachten, wenn man die Zuwendung i m Sinn einer aufschiebenden Bedingung auffaßt, erst zugute kommen, wenn der ganze i n Frage kommende Zeitraum verstrichen ist. Sie würden also, wenn der Zeitraum mit seiner Lebenszeit zusammenfällt, ζ. B. bei einer Zuwendung unter der Bedingung nicht zu heiraten, ihm persönlich überhaupt nichts nutzen. Das würde i n der Hegel der Absicht des Erblassers, der die sofortige Wirksamkeit der Zuwendung w i l l , widersprechen. Das Gesetz erklärt daher bei Bedingungen, die i n der W i l l k ü r des Bedachten stehen, die Zuwendung für sofort wirksam, stellt sie aber unter eine a u f l ö s e n d e Bedingung. I n dem eben erwähnten Beispiel ist also die Zuwendung durch die Heirat auflösend bedingt (§ 2075). 3. Wenn eine Bedingung, unter der eine letzt willige Zuwendung gemacht ist, den V o r t e i l e i n e s D r i t t e n b e z w e c k t , so ist i n der Hegel zum E i n t r i t t der Bedingung die M i t w i r k u n g des Dritten erforderlich, z. B. A w i l l die Β (die Dritte) durch eine Heirat versorgen und vermacht dem C 100 000 D M unter der Bedingung, daß er die Β heiratet. I n solchen Fällen behandelt das Gesetz die Bedingimg i m Zweifel als eingetreten, wenn der Dritte die erforderliche M i t w i r k u n g v e r w e i g e r t (§ 2076). C würde also die 100 000 D M bekommen, auch wenn die Β die Heirat ablehnt.
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Die Verfügungen von Todes wegen
4. Eine Verfügung, durch die der Erblasser seinen E h e g a t t e n bedacht hat, erklärt das Gesetz, für unwirksam, wenn die Ehe n i c h t i g oder vor dem Tode des Erblassers a u f g e l ö s t ist. Der Auflösung steht es gleich, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes auf Scheidimg oder Aufhebung der Ehe zu klagen berechtigt war und die Klage erhoben hatte, sofern i m Fall der Scheidung oder Aufhebung der Ehegatte als schuldig anzusehen wäre (§ 2077 Abs. 1). Da die Verfügung nach § 2077 Abs. 3 wirksam ist, wenn anzunehmen ist, daß der Erblasser sie auch für die eben erwähnten Fälle getroffen haben würde, handelt es sich auch hier u m die Auslegung des Willens des Erblassers und man kann daher § 2077 so auffassen, daß der Erblasser das Nichtvorhandensein eines der eben erwähnten Fälle i n der Regel s t i l l s c h w e i g e n d zur Bedingung der Verfügung macht. I n ähnlicher Weise ist bei der Zuwendung eines Verlobten an den anderen Verlobten Bedingung für die Gültigkeit der Verfügung, daß das Verlöbnis nicht vor dem Tode des Erblassers aufgelöst worden ist (§ 2077 Abs. 2). f) § 12 Die Willensmängel Während die Fälle der Willensmängel bei der Ehe i m Familienrecht erschöpfend behandelt und die allgemeinen Vorschriften der §§ 116 ff. dadurch ausgeschlossen werden, ist die systematische Anordnung der Willensmängel beim Testament eine andere. Die allgemeinen Vorschriften bleiben hier grundsätzlich i n Kraft; nur für die Anfechtimg wegen Irrtums und Drohung — allerdings die wichtigsten Fälle — werden besondere Bestimmungen gegeben. I. 1. Wegen I r r t u m s ist die Anfechtimg nach § 2078 Abs. 1 zulässig, wenn der Erblasser über den I n h a l t seiner Erklärung i m Irrtume war oder eine E r k l ä r u n g d i e s e s I n h a l t s ü b e r h a u p t n i c h t a b g e b e n wollte (vgl. über diese Fälle Bd. 1 S. 102). Außerdem wird; aber nach § 2078 Abs. 2 auch die Anfechtung wegen M o t i v i r r t u m s zugelassen, i m Gegensatz zu der für die Geschäfte unter Lebenden geltenden Regel (vgl. Bd. 1 S. 101). Der Grund für diese Erweiterung besteht darin, daß beim Testament das Bedürfnis, die Verkehrssicheitheit zu schützen, nicht vorhanden ist. A hat ζ. B. zwei Neffen, die er zu Erben eingesetzt hat. Dem Neffen Β hat er ein Zehntel seines Vermögens vermacht, weil er i h n für sehr wohlhabend hielt, dem Neffen C neun Zehntel, w e i l er arm war. B. kann das Testament anfechten, wenn er beim Tode des Erblassers ebenso arm ist wie C. Nach der gesetzlichen Erbfolge erhalten dann Β und C je
§ 12 Die Willensmängel
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die Hälfte der Erbschaft. Das RG. läßt in Bd. 86 S. 206 f. i m Gegensatz zu einer älteren Entscheidung nicht genügen, daß der Erblasser die wirkliche Sachlage nicht gekannt hat, sondern verlangt eine ρ ο s i t i v f a l s c h e V o r s t e l l u n g (also ζ. B. nicht bei späterer Änderung des Erbschaftssteuergesetzes). Man w i r d dem im Gegensatz zu der für Geschäfte unter Lebenden vertretenen Ansicht (vgl. Bd. 1 S. 103) für den I r r t u m i m Motiv zustimmen müssen, weil sonst die Gefahr einer uferlosen Anfechtung letztwilliger Verfügungen heraufbeschworen würde (bestr.). Die Anfechtung setzt ferner K a u s a l i t ä t des Irrtums voraus. A n die Kausalität werden aber beim Testament g e r i n g e r e Anforderungen gestellt als bei Geschäften unter Lebenden. Beim Testament genügt für die Anfechtung, daß der Erblasser die Erklärung bei Kenntnis der Sachlage nicht abgegeben haben würde, während bei Geschäften unter Lebenden außerdem gefordert wird, daß bei v e r s t ä n d i g e r W ü r d i g u n g des Falls dem Punkt, über den der Erblasser sich gei r r t hat, Bedeutung beizulegen ist (vgl. Bd. 1 S. 103). I m allgemeinen muß der A n f e c h t e n d e die K a u s a l i t ä t des Irrtums n a c h w e i s e n . Eine Ausnahme von dieser Regel macht § 2079 für den Fall, daß der Erblasser einen zur Zeit des Erbfalls vorhandenen P f l i c h t t e i l s b e r e c h t i g t e n übergangen hat, dessen Vorhandensein i h m bei Errichtung des Testaments nicht bekannt war oder der erst nach der Errichtung geboren oder pflichtteilsberechtigt geworden ist, ζ. B. der Erblasser hat sich nach der Testamentserrichtung verheiratet. I n diesen Fällen w i r d die K a u s a l i t ä t des Irrtums v e r m u t e t ; nach § 2079 Satz 2 hat der Gegner des A n fechtenden die Beweislast dafür, daß der Erblasser die Verfügung auch bei Kenntnis der Sachlage getroffen haben würde. Eine weitere Besonderheit des i m § 2079 behandelten Falls besteht darin, daß hier die Unkenntnis des Erblassers genügt, eine positiv falsche Vorstellung also nicht verlangt wird. 2. § 2078 Abs. 2 läßt die Anfechtung ferner zu, wenn der Erblasser zu der Erklärung w i d e r r e c h t l i c h d u r c h D r o h u n g bestimmt worden ist. Eine besondere Vorschrift über die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung war nicht erforderlich, da die Anfechtung hier schon wegen Irrtums i m Motiv zulässig ist, eine Täuschung also gar nicht vorzuliegen braucht. II. A n f e c h t u n g s b e r e c h t i g t ist nach § 2080 n u r derjenige, dem die Aufhebung der Verfügung u n m i t t e l b a r zustatten kommen
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Die Verfügungen von Todes wegen
würde. Die Einsetzung eines Erben ist also nur durch den nächsten gesetzlichen Erben anfechtbar, nicht durch einen entfernteren. Wer A n f e c h t u n g s g e g n e r ist (d. h. wem gegenüber die Anfechtung zu erfolgen hat), bestimmt sich grundsätzlich nach § 143 Abs. 4 Satz 1. Danach hat ζ. B. der Erbe ein Vermächtnis gegenüber dem Bedachten anzufechten. Für die wichtigsten Anfechtungsfälle gibt jedoch § 2081 Abs. 1 besondere Vorschriften. Danach werden Verfügungen, durch die ein Erbe eingesetzt, ein gesetzlicher Erbe von der Erbfolge ausgeschlossen, ein Testamentsvollstrecker ernannt oder eine Verfügung solcher A r t aufgehoben wird, durch Erklärung gegenüber dem Nachlaßgericht angefochten. I I I . Die A n f e c h t u n g s f r i s t beträgt e i n J a h r , und zwar i m Gegensatz zu § 121 auch i n den Fällen des I r r t u m s . Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrunde Kenntnis erlangt hat, also ζ. B. erfährt, daß der Erblasser sich geirrt hat. Ohne Rücksicht auf die Kenntnis des A n fechtungsberechtigten w i r d die Anfechtung durch den Ablauf einer 30jährigen Frist seit dem Erbfall ausgeschlossen (§ 2082). IV. Durch die Anfechtung w i r d die Verfügung v o n A n f a n g a n n i c h t i g (§ 142 Abs. 1), dagegen w i r d durch die Anfechtimg nicht diejenige Verfügung wirksam, die der Erblasser getroffen hätte, wenn er sich nicht geirrt hätte oder nicht bedroht worden wäre. Hat ζ. B. der Erblasser dem Miterben A etwas i m voraus vermacht, weil er glaubte, von diesem eine besondere Wohltat empfangen zu haben, so kann der Miterbe Β dem A die Bevorzugung entreißen, wenn er nachweist, daß er, B, dem Erblasser die Wohltat erwiesen hat; aber dadurch erreicht er nur die Gleichstellung m i t A, für sich erwirbt er die Bevorzugung dadurch nicht. Anders wäre es, wenn der Erblasser sein Ziel, die Wohltat zu belohnen, i n dem Testament erkennbar zum Ausdruck gebracht und den A deshalb bevorzugt hätte. Dann wäre, wenn nach dem Tode des Erblassers f estgestellt wird, daß nicht A, sondern Β die Wohltat erwiesen hat, möglich, i m Wege der oben S. 28 behandelten e r g ä n z e n d e n Auslegung den h y p o t h e t i s c h e n Willen des Erblassers zur Geltung zu bringen, daß Β die Bevorzugung erhalten soll. Zunächst ist daher stets i m Wege der Auslegung zu versuchen, ob es möglich ist, das p o s i t i v e Ziel des Erblassers zu erreichen; erst wenn dieser Weg versagt, w e i l das Ziel nicht aus dem Testament zu entnehmen ist, kommt die bloß n e g a t i v wirkende Anfechtung i n Betracht. D i e A u s l e g u n g d e s T e s t a m e n t s geht also der A n f e c h t u n g vor.
§ 13 Die Erbeinsetzung
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Wenn durch die anfechtbare Verfügung die Verpflichtung zu einer Leistung begründet wird, ζ. B. es handelt sich u m die Anordnung eines Vermächtnisses, so kann der Beschwerte, also z. B. der Erbe, die Leistung v e r w e i g e r n , auch wenn die Anfechtungsfrist vers t r i c h e n ist. Er behält also nach Ablauf der Aniechtungsfrist eine E i n r e d e (§ 2083). Bei Geschäften unter Lebenden ist nach § 122 der wegen Irrtums Anfechtende zum Ersatz des n e g a t i v e n I n t e r e s s e s verpflichtet. Diese Vorschrift gilt beim Testament n i c h t (§ 2078 Abs. 3). g) D e r
Inhalt
des
Testaments
§ 13 Die Erbeinsetzung I. Eine E r b e i n s e t z u n g . liegt vor, wenn der Erblasser sein V e r m ö g e n i m g a n z e n einer Person — oder mehreren, jeder zu einem Bruchteil — zuwendet. Dagegen handelt es sich u m eine V e r m ä c h t n i s a n o r d n u n g , wenn der Bedachte n u r einen e i n z e l n e n oder m e h r e r e e i n z e l n e Gegenstände des Erblassers erhalten soll (vgl. § 1, IV). A u f die vom Erblasser gebrauchten Ausdrücke kommt es hier ebenso wenig an wie sonst, die Auslegung der Verfügung kann ergeben, daß er den unrichtigen Ausdruck gewählt hat, und dann ist das maßgebend, was er gewollt hat (§ 2087). Besteht z. B. das Vermögen des Erblassers n u r aus einem Landgut und „vermacht" er das Landgut seinem Neffen X , so ist X als Erbe anzusehen. Besteht das Vermögen des Erblassers nur aus einem Kapital von 100 000 D M und „vermacht" er 30 000 D M an A, 10 000 an Β und 60 000 an C, so ist A Miterbe zu drei Zehntel, Β zu ein Zehntel und; C zu sechs Zehntel. Die scharfe Trennung zwischen Erbeinsetzimg u n d Vermächtnis stammt aus dem r ö m i s c h e n Recht. Dagegen hat das BGB. den römischen Gedanken, daß die Erbeinsetzimg ein u n e n t b e h r l i c h e r T e i l des Testaments sei, n i c h t übernommen. Das Testament kann sich heute ζ. B. auf die Anordnung eines Vermächtnisses oder auf die Ernennung eines Vormundes beschränken. I I . Nach r ö m i s c h e m Recht kann die Erbeinsetzung sich nur auf die g a n z e E r b s c h a f t erstrecken; es ist nicht möglich, daß der Erbe nur auf zwei D r i t t e l der Erbschaft eingesetzt w i r d und daß dann der gesetzliche Erbe das letzte Drittel der Erbschaft erhält. I m Gegensatz dazu t r i t t nach § 2088, wenn der Erblasser nur über einen T e i l der Erbschaft verfügt, hinsichtlich des R e s t e s die g e s e t z l i c h e Erbfolge ein. N u r wenn die eingesetzten Erben nach dem W i l l e n 3 Schmidt, Bürgerliches Recht, V
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Die Verfügungen von Todes wegen
des Erblassers die a l l e i n i g e n Erben sein sollten, werden die Bruchteile, die der Erblasser bestimmt hat, falls sie das Ganze nicht erschöpfen, verhältnismäßig erhöht (§ 2089). Der Erblasser hat ζ. B. i n dem Testament erklärt, daß er seinem Bruder, der sein einziger Verwandter ist, nichts hinterlassen wolle, weil er i h n einmal i n der Not i m Stich gelassen habe, und daß er daher zu Erben seines ganzen Vermögens zu ein Fünftel den A, zu drei Zehntel den Β und zwei Fünftel den C einsetze. Auch das Umgekehrte kann vorkommen: der Erblasser hat die Bruchteile irrtümlicherweise so festgesetzt, daß sie zusammen das Ganze ü b e r s t e i g e n . Dann t r i t t eine verhältnismäßige Minderung der Bruchteile ein (§ 2090); ist aber ein oder sind mehrere Bruchteile i n einem späteren Testament festgesetzt worden, so hat dieses den Vorzug, und das frühere Testament gilt wegen sachlichen Widerspruchs insoweit als widerrufen (vgl. § 2258 und oben S. 25). Hat der Erblasser mehrere Erben eingesetzt, o h n e B r u c h t e i l e zu bestimmen, so sind sie nach § 2091 i n der Regel zu g l e i c h e n T e i l e n eingesetzt. Sind von mehreren Erben die einen auf Bruchteile, die anderen ohne Bruchteile eingesetzt, so erhalten die letzteren den freigebliebenen Rest der Erbschaft (§ 2092 Abs. 1). Auch bei dieser Verfügung kann der Erblasser sich irren: es kann vorkommen, daß die bestimmten Bruchteile die Erbschaft e r s c h ö p f e n , so daß nach der eben erwähnten Regel für die anderen Erben nichts übrig bliebe. Dann h i l f t § 2092 Abs. 2 wie folgt: die Bruchteile werden i n der Weise verhältnismäßig gemindert, daß jeder der ohne Bruchteile eingesetzten Erben so viel erhält wie der mit dem geringsten Bruchteil bedachte Erbe. Der Erblasser kann mehrere der eingesetzten Erben dadurch zu einer e n g e r e n Gruppe zusammenfassen, daß er sie auf einen g e m e i n s c h a f t l i c h e n Erbteil einsetzt. Ζ. B. er testiert: Z u meinen Erben ernenne ich 1. meine Schwester Elise zu einem Drittel, 2. meinen Bruder Hans zu einem Drittel, 3. die vier Kinder meiner verstorbenen Schwester Anna zu einem Drittel. I n Ansehung des gemeinschaftlichen Erbteils der Kinder der Schwester Anna finden dann die §§ 2089 bis 2092 entsprechende Anwendung (§ 2093). I I I . Sollen die eingesetzten Erben nach dem Willen des Erblassers die gesetzliche Erbfolge ausschließen und f ä l l t einer von ihnen vor oder nach dem Erbfall weg, so w ä c h s t dessen Erbteil den übrigen Erben a n (§ 2094). Wegfall liegt vor, wenn der eingesetzte Erbe vor dem Tode des Erblassers stirbt oder verzichtet oder nachher aus-
§ 14 Die Ersatzerbschaft
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schlägt oder für erbunwürdig erklärt wird. Dagegen handelt es sich nicht u m einen Wegf all, wenn der eingesetzte Erbe nach dem Erblasser stirbt; i n diesem. Fall geht der Erbteil, auch wenn er i h n noch nicht angenommen hat, auf seinen eigenen Erben über. Die Anwachsung erfolgt nach V e r h ä l t n i s der Erbteile, zu deren Gunsten sie stattfindet. Ist also A zur Hälfte, Β zu einem Viertel und C zu einem Viertel eingesetzt und fällt C weg, so erhält A von dem Viertel des C doppelt soviel als Β. A erhält also zwei Drittel von diesem Viertel gleich zwei Zwölftel, Β ein D r i t t e l gleich ein Zwölftel. Sind einige der Miterben auf einen g e m e i n s c h a f t l i c h e n Erbteil eingesetzt, so t r i t t die Anwachsung zunächst unter ihnen ein. Ist also A zur Hälfte, Β zu einem Viertel und C und D zusammen zu einem Viertel eingesetzt, so erhält D bei Wegfall des C das eine Achtel des C (§ 2094 Abs. 1 Satz 2). Der anwachsende Erbteil gilt hinsichtlich der V e r m ä c h t n i s s e und A u f l a g e n , mit denen er oder der ursprüngliche Erbteil belastet ist, sowie hinsichtlich der A u s g l e i c h u n g s p f l i c h t nach § 2095 als b e s o n d e r e r Erbteil, ebenso wie das für die Erhöhimg des gesetzlichen Erbteils; nach § 1935 vorgeschrieben ist. I m übrigen werden aber die beiden Erbteile einheitlich behandelt. A n n a h m e und A u s s c h l a g u n g , die den ursprünglichen Erbteil betreffen, erstrecken sich daher ohne weiteres auch auf den angewachsenen Erbteil, und der Erbe braucht auch hinsichtlich des angewachsenen Erbteils nur den T o d des Erblassers zu erleben, nicht den Zeitpunkt der A n wachsung. Wenn der Erblasser am 1. Februar 1950 und der Miterbe A am 1. März 1950 gestorben ist und der Miterbe Β am 10. März 1950 ausschlägt, so wächst der A n t e i l des Β den Erben des A an, trotzdem A die Ausschlagung des Β nicht mehr erlebt hat. Der Erblasser kann die Anwachsung a u s s c h l i e ß e n . Dann fällt der Erbteil des Wegfallenden an die gesetzlichen Erben, es sei denn, daß der Erblasser für den wegfallenden Erben einen E r s a t z e r b e n ernannt hat (§ 2099). Über den letzteren Fall vgl. den folgenden Paragraphen. § 14 Die Ersatzerbschaft Der Erblasser kann für den Fall, daß die Berufung des zunächst eingesetzten Erben h i n f ä l l i g wird, einen E r s a t z e r b e n ernennen (§ 2096). Der Ersatzerbe t r i t t ein, wenn der zunächst Berufene vor dem Erblasser stirbt oder auf die Erbschaft verzichtet oder nach dem Tode des Erblassers ausschlägt oder für erbunwürdig erklärt wird. Es handelt sich demnach um Fälle, i n denen der zunächst Berufene 3·
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Die Verfügungen von Todes wegen
nicht Erbe werden k a n n oder nicht Erbe werden w i l l . Ist jemand nur für die Fälle des Nichtkönnens als Ersatzerbe berufen, so betrachtet das Gesetz das als eine ungenaue Ausdrucksweise des Erblassers und erstreckt seine Verfügung auch auf die Fälle des Nichtwollens und umgekehrt (§ 2097). Auch für den Ersatzetrben kann wieder ein Ersatzerbe eingesetzt werden. Der Ersatzerbe ist unter einer e c h t e n B e d i n g u n g berufen. Es liegt aber doch eine b e s o n d e r s g e a r t e t e Bedingung vor, auf die nicht alle für erbrechtliche Bedingungen geltenden Regeln Anwendung finden; insbesondere gilt das für § 2074. Der Ersatzerbe braucht den Eintritt der Bedingung, ζ. B. die A u s s c h l a g u n g des zunächst Berufenen nicht zu erleben, es genügt, wenn er den Tod des Erblassers erlebt hat. Nachdem die Ausschlagung des zunächst Berufenen stattgefunden hat, fällt die Erbschaft gemäß § 1953 Abs. 2 an den, der berufen sein würde, wenn der Ausschlagende zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte, und i n diesem Fall könnte über die Berufung des Ersatzerben kein Zweifel sein. Die Ersatzerbschaft gelangt also nach der Ausschlagung an die Erben des Ersatzerben. Entsprechendes gilt für den Fall, daß der zunächst Berufene für e r b u η w ü r d i g erklärt w i r d (vgl. § 2344). § 15 Die Nacherbsdhaft I. Der Erblasser kann zwei oder mehrere n a c h e i n a n d e r eintretende Erben einsetzen (§ 2100). Er ernennt ζ. B. den A zum Erben bis zu dessen Tode ιμκΐ von da an den B. Das Gesetz nennt den A V o r e r b e n und den Β N a c h e r b e n . Das Institut kommt vor allem i n der A r t vor, daß der Erblasser seinen Ehegatten als Vorerben einsetzt und die gemeinschaftlichen Kinder als Nacherben. Wirtschaftlich ist das dasselbe, wie wenn die Kinder zu Erben eingesetzt wären und dem Ehegatten der Nießbrauch, am Nachlaß vermacht wäre; der w i r t schaftliche Ertrag der Vorerbschaft besteht ebenso wie beim Nießbrauch i n der Gewinnung der Nutzungen. Der wichtigste rechtliche Unterschied zwischen Vorerben und Nießbraucher liegt darin, daß der Vorerbe ein V e r f ü g u n g s r e c h t über die Erbschaft hat. Von dem i n § 14 besprochenen Ersatzerben unterscheidet sich der Nacherbe dadurch, daß der Nacherbe einen E r b e n als Vorgänger hat, den Vorerben, während der Vorgänger des Ersatzerben der E r b l a s s e r ist. Der Ersatzerbe w i r d Erbe, w e i l der zunächst Berufene vollständig ausfällt, der Nacherbe, n a c h d e m zuerst ein anderer die Erbschaft gehabt hat. Die Einsetzung als Nacherbe enthält i m Z w e i -
§15 Die Nacherbschaft
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f e i nach § 2102 die Einsetzung als Ersatzerbe, der Erblasser, der den Wunsch hat, daß Β die Erbschaft erhalten soll, nachdem sie A eine kürzere oder längere Zeit gehabt hat, w i r d i n der Regel auch den Wunsch haben, daß Β die Erbschaft sofort bekommen soll, wenn A sie nicht erwerben kann oder w i l l . Ist zweifelhaft, ob der Erblasser eine Person als Ersatzerben oder Nacherben einsetzen wollte, so gilt sie nach, § 2102 Abs. 2 als Ersatzerbe. II. Das Recht des Nacherben ist v e r s c h i e d e n i n der Zeit der V o r e r b s c h a f t und i n der s p ä t e r e n Z e i t . 1. Solange die V o r e r b s c h a f t Anwartschaftsrecht.
dauert, hat der Nacherbe nur ein
Ist der Eintritt der Nacherbfolge an eine B e f r i s t u n g (ζ. B. an den Tod des Vorerben) geknüpft, so ist das Anwartschaftsrecht v e r e r b l i c h ; hängt die Nacherbschaft dagegen von einer B e d i n g u n g ab, so ist es u n v e r e r folic h. Wenn also der Erblasser seine Schwester bis zu ihrer Verheiratung als Vorerbin eingesetzt hat und als Nacherben seinen Freund X , und wenn X vor der Verheiratung der Schwester gestorben ist, so erhalten die Erben des X nichts, wenn die Schwester sich später verheiratet. Es bewendet also i m Fall der bedingten Nacherbfolge bei der Vorschrift des § 2074 (§ 2108). Ob das Anwartschaftsrecht v e r ä u ß e r l i c h ist m i t der Folge, daß der Erwerber i n jeder Beziehung an Stelle des Nacherben t r i t t , ist b e s t r i t t e n . Das RG. Bd. 101 S. 185 ist m i t einigen Schriftstellern für die Möglichkeit der Veräußerung sowohl dann, wenn es sich um einen Alleinnacherben, wie wenn es sich u m einen Mitnacherben handelt, eine andere Meinung ist i n jenem Fall dagegen, i n diesem Fall dafür. Die Frage hat praktische Bedeutung, wenn der Nacherbe das Anwartschaftsrecht zu Kreditizwecken benutzen, ζ. B. einer Bank zur Sicherheit abtreten w i l l . Die Übertragimg bedarf gerichtlicher oder notarieller Beurkundung (analog § 2033). Nach § 2142 Abs, 1 kann der Nacherfoe die Erbschaft schon mit dem Tode des Erblassers a u s s c h l a g e n , er braucht also nicht zu warten, bis der Vorerbe weggefallen ist. Ob dasselbe auch f ü r die A n n a h m e der Erbschaft gilt, ob der Nacherbe also schon während der Vorerbschaft eine bindende Annahmeerklärung abgeben kann, ist b e s t r i t t e n . Das RG. Bd. 80 S. 377 ff. ist dafür. 2. N a c h B e e n d i g u n g der Vorerbschaft erwächst das Recht des Nacherben z u v o l l e r K r a f t Er ist nunmehr -der E r b e d e s E r b l a s s e r s , aber n i c h t d e s V o r e r b e n geworden. Ob der Vorerbe
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Die Verfügungen von Todes wegen
nicht wenigstens als sein Rechtsvorgänger aufzufassen ist, ist bestritten. I I I . Die A n o r d n u n g d e r N a c h e r b f o l g e durch den Erblasser braucht nicht ausdrücklich zu geschehen, es ist nicht erforderlich, daß er die Worte Vorerbe und Nacherbe gebraucht. Das Gesetz enthält für verschiedene Fälle A u s l e g u n g s r e g e l n . Hat der Erblasser ζ. B. angeordnet, daß der Erbe mit dem Eintritt eines bestimmten Zeitpunktes oder Ereignisses die Erbschaft einem anderen herausgeben soll, so ist anzunehmen, daß der andere als Nacherbe eingesetzt ist (§ 2103). Hat der Erblasser angeordnet, daß der Erbe nur bis zum E i n t r i t t eines bestimmten Zeitpunktes oder Ereignisses Erbe sein soll, ohne zu bestimmen, wer alsdann die Erbschaft erhalten soll, so ist anzunehmen, daß als Nacherben diejenigen eingesetzt sind, welche die gesetzlichen Erben des Erblassers sein würden, wenn er zur Zeit des Eintritts des Zeitpunktes oder Ereignisses gestorben wäre, m i t Ausnahme des Fiskus (§ 2104). Der Erblasser kann auch umgekehrt bestimmen, daß der Erbe die Erbschaft erst m i t dem Eintritt eines bestimmten Zeitpunktes oder Ereignisses erhalten soll, ohne üiber die vorhergehende Zeit etwas zu sagen; dann sind nach § 2105 die gesetzlichen Erben des Erblassers die Vorerben und der Eingesetzte w i r d Nacherbe. Dasselbe gilt, wenn die Persönlichkeit des Erben durch ein erst nach dem Erbfall eintretendes Ereignis bestimmt werden soll. Auch wenn eine zur Zeit des Erbfalls noch nicht erzeugte Person als Erbe eingesetzt ist, w i r d sie von ihrer Geburt an Nacherbe, und die gesetzlichen Erben des Erblassers sind bis dahin Vorerben, ebenso wenn eine zur Zeit des Erbfalls noch nicht entstandene juristische Person als Erbe eingesetzt ist (§§ 2105 Abs. 2, 2101, 2106 Abs. 2), eine Stiftimg gilt aber, wenn sie erst nach dem Tode des Stifters genehmigt wird, für dessen Zuwendungen als schon vor dem Tode entstanden (vgl. § 84 und Bd. 1 S. 58). W a n n die Vorerbschaft aufhört und die Nacherbschaft beginnt, w i r d sich regelmäßig aus den Verfügungen des Erblassers ergeben. Hat er über den Zeitpunkt nichts bestimmt, so t r i t t der Wechsel mit dem T o d e d e s V o r e r b e n ein (§ 2106). I n folgenden Fällen w i r d die Einsetzung des Nacherben e i n g e s c h r ä n k t . Soll er nach dem Tode eines A b k ö m m l i η g s eintreten, der zur Zeit der Testamentserrichtung k e i n e A b k ö m m l i n g e hat, so ist anzunehmen, daß er nur für den Fall eingesetzt ist, daß der Abkömmling ohne Nachkommenschaft verstirbt. Dasselbe gilt, wenn zwar bei der Testamentserrichtung ein Abkömmling vorhanden, aber dem Erblasser unbekannt ist (§ 2107). Ferner stellt § 2109 eine
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z e i t l i c h e G r e n z e für die Nacherbschaft auf. Der Vorerbe w i r d zum Vollerben, wenn der Fall der Nacherbfolge nicht innerhalb d r e i ß i g J a h r e n nach dem Erbfall eingetreten ist; das Gesetz macht aber einige wichtige Ausnahmen. IV. Das Vermögen, das nach dem Tode des Erblassers an den Vorerben gefallen ist, kann während der möglicherweise sehr langen Dauer der Vorerbschaft nicht unverändert bleiben, die Rechte des Nacherben erstrecken sich daher auch auf die S u r r o g a t e dieses Vermögens. Surrogat ist, was der Vorerbe auf Grund eines zur Erbschaft gehörigen Rechts, als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines Erbschaftsgegenstandes oder durch Rechtsgeschäft m i t M i t t e l n der Erbschaft erwirbt. Ausgenommen sind jedoch die Nutzungen der Erbschaft, sie gehen den Nacherben nichts an (§ 2111 und oben unter I). Z u dem m i t den Mitteln der Erbschaft Erworbenen gehört insbesondere auch das, was der Vorerbe, der mit mehreren anderen zusammen eingesetzt ist, bei der T e i l u n g der Erbschaft erhält. V. Für die Z e i t d e r V o r e r b s c h a f t gilt folgendes: 1. Der Vorerbe kann i m Gegensatz zum Nießbraucher über die zur Erbschaft gehörenden Gegenstände v e r f ü g e n (§ 2112). Er kann also ζ. B. die Bibliothek des Erblassers veräußern (vgl. dazu Bd. 1 S. 84). Das Gesetz macht aber von dem Verfügungsrecht wichtige A u s nahmen: a) Die Verfügung des Vorerben über ein zur Erbschaft gehöriges G r u n d s t ü c k oder über ein zur Erbschaft gehöriges R e c h t a n e i n e m G r u n d s t ü c k oder ein zur Erbschaft gehöriges Schiff oder Schiffsbauwerk ist i m Fall des Eintritts der Nacherbfolge insoweit unwirksam, als sie das Recht des Nacherben v e r e i t e l n oder b e e i n t r ä c h t i g e n würde (§ 2113). Die Unwirksamkeit t r i t t also ζ. B. bei einer Veräußerung des Grundstücks oder bei der Belastung m i t einer Grunddienstbarkeit ein, dagegen nicht bei der Bestellung eines Nießbrauchs, der von vornherein auf die Zeit der Vorerbschaft beschränkt wird. Auch eine Veräußerung würde wirksam sein, wenn sich bereits der Erblasser zu der Veräußerung verpflichtet hatte, da eine solche Verpflichtung auch gegenüber dem Nacherben w i r k t . Für Hypothekenforderungen, Grundschulden, Rentens c h u l d e n oder S c h i f f s h y p o t h e k e n f o r d e r u n g e n , die zum Nachlaß gehören, gilt die Besonderheit, daß K ü n d i g u n g und E i n z i e h u n g dem Vorerben zustehen; er kann aber nur verlangen, daß das Kapital an ihn nach Beibringung der E i n w i l l i g u n g d e s
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N a c h e r b e n gezahlt oder für b e i d e h i n t e r l e g t w i r d (§ 2114): andere Verfügungen unterstehen dem § 2113, bedürfen also der Einwilligung des Nacherben. Die eben erwähnten Verfügungsbeschränkungen schaden dem Erwerber nichts, wenn er g u t g l ä u b i g ist (vgl. § 892), wenn er also den Vorerben für einen Vollerben gehalten hat und die Verfügungsbeschränkung nicht i m Grundbuch eingetragen w a r (§ 2113 Abs. 3). U m das Recht des Nacherben zu sichern, ist die Eintragung vorgeschrieben, sie soll nach § 51 GBO. zugleich m i t der Eintragung des Vorerben erfolgen. Der Grundbuchrichter erfährt von dem Rechte des Nacherben durch den E r b s c h e i n , der i h m vom Vorerben vorgelegt wird. I n diesem Erbschein ist nach § 2363 die Nacherbfolge anzugeben. b) Eine weitere Ausnahme vom Verfügungsrecht des Vorerben macht das Gesetz für Verfügungen, die u n e n t g e l t l i c h oder zur Erfüllung eines vom Vorerben erteilten Schenkungsversprechens erfolgen (§ 2113 Abs. 2). Als unentgeltlich betrachtet das RG. Bd. 102 S. 246 hier wie i n anderen Fällen (vgl. dazu Bd. 3 S. 66 am Ende) auch eine Verfügung, für die ein gültiger Rechtsgrund fehlt. Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird, werden hier wie auch sonst (vgl. Bd. 2 S. 96) besonders behandelt. Sie sind dem Nacherben gegenüber wirksam, allerdings w o h l nur dann, wenn diese sittlichen Pflichten oder Anstandsrücksdchten mit dem Nachlaß zusammenhängen, ζ. B. Unterstützung einer armen Verwandten des Erblassers, aber nicht des Vorerben. Auch hier ist g u t g l ä u b i g e r Erwerb möglich, freilich m i t der sich aus § 816 Abs. 1 Satz 2 ergebenden Beschränkung. c) Es wäre unbillig, wenn Gläubiger des Vorerben, die m i t dem Nachlaß nichts zu t u n haben, i n diesen v o l l s t r e c k e n und dadurch den an den Nacherben fallenden Nachlaß vermindern könnten. Verfügungen über einen Erbschaftsgegenstand, die i m Wege der Z w a n g s v o l l s t r e c k u n g erfolgen, sind daher i m Fall des Eintritts der Nacherbfolge insoweit unwirksam, als sie das Recht des Nacherben vereiteln oder beeinträchtigen würden, es sei denn, daß ein Recht an einem Erbschaftsgegenstand, das dem Nacherben gegenüber wirksam ist, ζ. B. eine von dem Erblasser bestellte Grundschuld oder der Anspruch, eines Nachlaßgläubigers geltend gemacht w i r d (§ 2115). Der Anspruch eines Nachlaßgläubigers ist nicht nur bei vom Erblasser herrührenden Schulden (vgl. § 1967), sondern auch dann geigeben, wenn
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der Vorerbe Verpflichtungen i n ordnungsmäßiger Nachlasses begründet hat (vgl. unter 2 S. 79).
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Verwaltung des
Zur Sicherung des Nacherben w i r d durch § 773 ZPO. die Veräußerung von Sachen und die Überweisung von Forderungen i m Wege der Zwangsvollstreckung verboten und dem Nacherben eine I n t e r v e n t i o n s k l a g e gemäß § 771 ZPO. gegeben. d) Hinsichtlich der zur Erbschaft gehörigen I n h a b e r p a p i e r e und der B u c h f o r d e r u n g e n gegen den Bund oder ein Bundesland ist der Vorerbe zwar nicht ohne weiteres i n der Verfügung beschränkt, muß sich aber auf Verlangen des Nacherben die Auferlegung von Beschränkungen gefallen lassen. Er hat auf Verlangen des Nacherben die I n h a b e r p a p i e r e bei einer Hinterlegungsstelle (vgl. Bd. 2 S. 57) oder gewissen anderen Instituten mit der Bestimmung zu h i n t e r l e g e n , daß die Herausgabe nur mit Zustimmung des Nacherben verlangt werden kann; über die hinterlegten Papiere kann er nur mit Zustimmung des Nacherben v e r f ü g e n (§ 2116). Hinsichtlich der B u c h f o r d e r u n g e n kann der Nacherbe verlangen, daß der Vorerbe i n das Schuldbuch den Vermerk eintragen läßt, daß er über die Forderungen nur m i t Zustimmung des Nacherben verfügen kann
(§ 2118). Es kann vorkommen, daß eine Verfügung, die der Vorerbe nach den obigen Regeln nicht wirksam ohne M i t w i r k u n g des Nacherben vornehmen kann, z u r o r d n u n g s m ä ß i g e n V e r w a l t u n g des Nachlasses, insbesondere zur Berichtigung von Nachl aß Verbindlichkeiten erforderlich ist. Der Vorerbe muß ζ. B., um kurzfristige Schulden zu bezahlen, eine Hypothek auf ein Nachlaßgrundstück aufnehmen. I n diesem Fall ist der Nacherbe v e r p f l i c h t e t , dem Vorerben seine Einwilligung zu der Verfügung zu erteilen (§ 2120). Wenn der Vorerbe i n der Lage wäre, mit voller W i r k u n g gegenüber dem Nacherben P r o z e s s e über den Nachlaß zu führen, so wäre er in der Lage, durch schlechte Prozeßführung den Nacherben ebenso zu s c h ä d i g e n , wie durch eine rechtsgeschäftliche Verfügung. § 326 Abs. 2 ZPO. läßt daher ein U r t e i l , das zwischen einem Vorerben und einem Dritten über einen der Nacherbfolge unterliegenden Gegenstand ergeht, nur dann g e g e n d e n N a c - h e r b e n wirken, wenn der Vorerbe befugt ist, ohne Zustimmung des Nacherben über den Gegenstand zu verfügen. Wenn d a g e g e η das Urteil z u g u n s t e n d e s V o r e r b e n ergangen ist, so w i r k t es auch für den Nacherben, wenn es vor dem Eintritt der Nacherbfolge rechtskräftig wird, und zwar gilt
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das auch dann, wenn es sich um eine Erbschaftsschuld handelt (§ 326 Abs. 1 ZPO.). 2. Der Vorerbe hat die Erbschaft o r d n u n g s g e m ä ß z u v e r w a l t e n (vgl. § 2130). Verfügungen, die er nach dem unter 1 Gesagten gegenüber einem Dritten wirksam vornehmen kann, sind dem Nacherben gegenüber unzulässig, wenn sie ordnungswidrig sind. Auch bei ordnungswidriger Verwaltung kann der Nacherbe aber nur dann Schadenersatz fordern, wenn der Vorerbe die Sorgfalt verletzt hat, die er i n e i g e n e n A n g e l e g e n h e i t e n anzuwenden pflegt (§ 2131). Außerdem legt das Gesetz dem Vorerben noch i n §§ 2119, 2121 bis 2123 einige b e s o n d e r e P f l i c h t e n auf. Er ist ζ. B. zur E r r i c h t u n g e i n e s N a c h l a ß v e r z e i c h n i s s e s verpflichtet (§ 2121). Veränderungen und Verschlechterungen, die durch ordnungsmäßige Benutzung herbeigeführt werden, hat der Vorerbe nicht zu vertreten (§ 2132). Der Nacherbe kann also wegen der n o r m a l e n A b n u t z u n g k e i n e n Schadenersatz verlangen. 3. Der Vor erbe erwirbt die N u t z u n g e n , die die Erbschaft bis zum Eintritt der Nacherbfolge abwirft, er braucht sie dem Nacherben nicht herauszugeben, sie stellen sich als der w i r t s c h a f t l i c h e E r t r a g der Vorerbschaft dar. Infolge des eigenartigen Fruchtbegriffes des Gesetzbuches (vgl. Bd. 1 § 24) erwirbt der Vorerbe auch das Eigentum an solchen Früchten, die er den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft zuwider oder deshalb i m Übermaße zieht, weil dies infolge eines besonderen Ereignisses notwendig geworden ist, ζ. B. der ganze zur Vorerbschaft gehörige Wald w i r d durch ein Erdbeben niedergelegt. I n solchen Fällen hat aber der Vorerbe grundsätzlich dem Nacherben nach E i n t r i t t der Nacherbfolge den Wert der zu viel gezogenen Früchte herauszugeben. Abziehen kann er nur den Betrag, der i h m infolge des ordnungswidrigen oder übermäßigen Fruchtbezugs später an Nutzungen entgangen ist, und auch diesen nicht, soweit er nach den Regeln ordnungsmäßiger Wirtschaft zur Wiederherstellung der fruchttragenden Sache zu verwenden ist (§ 2133). Dem Nutzungsrecht des Vorerben entspricht seine Verpflichtung, dem Nacherben gegenüber die g e w ö h n l i c h e n E r h a l t u n g s k o s t e n und die r e g e l m ä ß i g e n L a s t e n der Erbschaft (ζ. B. die laufenden Steuern) zu tragen, d. h. aus eigener Tasche zu bezahlen. A u ß e r g e w ö h n l i c h e Erhaltungskosten und außerordentliche Lasten (ζ. B. Straßenanliegerbeiträge) kann der Vorerbe dagegen aus der Erbschaft bestreiten. Bestreitet er sie aus seinem eigenen Vermögen, so ist ihm der Nacherbe nach E i n t r i t t der Nacherbfolge zum Ersatz verpflichtet
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(§§ 2124, 2126). Hinsichtlich a n d e r e r V e r w e n d u n g e n auf die Erbschaft (ζ. B. er bebaut einen Bauplatz) w i r d der Vorerbe als G e s c h ä f t s f ü h r e r o h n e A u f t r a g behandelt und kann nach den Regeln der Geschäftsführung (§§ 683 f. und oben Bd. 2 S. 133) Ersatz verlangen. 4. Zur S i c h e r u n g d e s N a c h e r b e n sieht das Gesetz folgende Rechtsbehelfe vor: Er kann vom Vorerben A u s k u n f t über den Bestand der Erbschaft verlangen, wenn Grund zu der Annahme besteht, daß der Vorerbe durch seine Verwaltung die Rechte des Nacherben erheblich verletzt (§ 2127). Für die Auskunftspflichten gelten die §§ 260, 261 (vgl. Bd. 2 S. 24). Der Nacherbe hat ferner ein Recht auf S i c h e r h e i t s l e i s t u n g , wenn durch das Verhalten des Vorerben oder durch seine Vermögenslage die Besorgnis einer erheblichen Verletzung der Rechte des Nacherben begründet wird. Ist der Vorerbe zur Sicherheitsleistung rechtskräftig verurteilt, so kann der Nacherbe gemäß § 1052 statt der Sicherheitsieistimg die Einsetzung eines g e r i c h t l i c h e n V e r w a l t e r s verlangen. M i t der Einsetzung des Verwalters verliert der Vorerbe das Verfügungsrecht über die Erbschaftsgegenstände (§§ 2128, 2129). VI. Bei B e e n d i g u n g d e r V o r e r b s c h a f t hat der Vorerbe dem Nacherben die Erbschaft i n dem Zustande herauszugeben, der sich bei einer bis zur Herausgabe fortgesetzten o r d n u n g s m ä ß i g e n Verwaltung ergibt, auf Verlangen hat er R e c h e n s c h a f t abzulegen (§ 2130). Hat der Vorerbe einen Erbschaftsgegenstand f ü r s i c h v e r w e n d e t , so ist er jedenfalls nach dem E i n t r i t t der Nacherbfolge dem Nacherben gegenüber zum Ersatz verpflichtet, außerdem kann aber auch eine noch weitergehende Haftung des Vorerben auf Schadenersatz wegen Verschuldens i n Frage kommen (§ 2134). Es kann vorkommen, daß der Vorerbe einen M i e t - o d e r P a c h t v e r t r a g ü b e r e i n G r u n d s t ü c k oder eingetragenes Schiff (vgl. Bd. 3 S. 33) geschlossen hat, der bei Beendigung der Vorerbschaft noch nicht abgelaufen ist. Das Gesetz behandelt den F a l l ebenso, wie wenn der Nießbraucher über die Dauer des Nießbrauchs hinaus vermietet oder verpachtet hat, und wendet daher § 1056 entsprechend an (§ 2135). Miet- oder Pachtverträge des Vorerben über b e w e g l i c h e S a c h e n wirken auch dem Nacherben gegenüber: der Nacherbe kann nicht dagegen einwenden, daß der Vertrag über die Zuständigkeit des Vorerben hinausgehe, da der Vorerbe die Sache ja auch hätte veräußern können.
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V I I . Der Erblasser kann dem Vorerben eine sehr viel f r e i e r e Stelle einräumen, als sich aus den bisherigen Erörterungen ergibt. Der Erblasser kann grundsätzlich die Beschränkungen und Verpflichtungen des Vorerben aufheben ( b e f r e i t e V o r e r b s c h a f t ) . Es gelten aber doch gewisse A u s n a h m e n (§ 2136). Die wichtigsten sind die Unzulässigkeit unentgeltlicher Verfügungen, die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung seitens der Privatgläubiger des Vorerben und die Pflicht des Vorerben zur Errichtung eines Nachlaß Verzeichnisses. Die erste Ausnahme führt zu Schwierigkeiten i m G r u n d b u c h v e r k e h r . Auch der befreite Vorerbe kann ein Grundstück nicht schenkweise veräußern. Soll der Nacherbe nicht beeinträchtigt werden, so muß also entweder das Recht des Nacherben gemäß § 51 GBO. i m Grundbuch eingetragen werden — dann w i r k t es auch gegenüber einem gutgläubigen Erwerber (vgl. V, 1, a) — oder dem Grundbuchamt muß der Nachweis der Entgeltlichkeit geführt werden, dazu genügt die zweiseitige entgeltliche öffentliche Vertragsurkunde, z. B. ein Kaufvertrag. I n allen Fällen genügt auch, wenn die Zustimmung des Nacherben i n der durch § 29 GBO. vorgeschriebenen Form beigebracht wird (vgl. Bd. 3 S. 30). Der Erblasser braucht, wenn er den Vorerben möglichst freistellen w i l l , nicht alle einzelnen Vorschriften aufzuführen, die er außer Kraft setzen w i l l ; es genügt dazu, wenn er den Nacherben auf dasjenige einsetzt, was von der Erbschaft bei dem E i n t r i t t der Nacherbfolge ü b r i g sein wird, oder daß er bestimmt, der Vorerbe solle zur f r e i e n V e r f ü g u n g über die Erbschaft berechtigt sein (§ 2137). Die Herausgabepflicht des Vorerben beschränkt sich bei völliger Befreiung auf die n o c h b e i i h m v o r h a n d e n e n E r b s c h a f t s g e g e n s t ä n d e . Zum Schadenersatz wegen nicht mehr vorhandener Gegenstände ist er nur verpflichtet, wenn er die Erbschaft i n der A b s i c h t gemindert hat, den Nacherben zu b e n a c h t e i l i g e n , oder wenn er dem V e r b o t u n e n t g e l t l i c h e r V e r f ü g u n g e n zuwidergehandelt hat. Von dieser Ersatzpflicht kann i h n der Erblasser nicht befreien. Die befreite Vorerbschaft findet sich häufig, wenn ein Ehegatte den anderen zum Vorerben einsetzt, um ihn von dem Nacherben möglichst unabhängig zu machen. V I I I . Das Gesetz enthält schließlich Vorschriften über die H a f t u η g des V o r e r b e n u n d N a c h e r b e n f ü r d i e N a c h l a ß v e r b i n d l i c h k e i t e n . Siehe daüber unten § 25.
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§ 16 Das Vermächtnis I. Der Unterschied zwischen Erbeinsetzung und Vermächtnis ist bereits oben (§ 1, IV) geschildert worden. Das Vermächtnis stellt sich danach als eine E i n z e l z u w e n d u n g dar; Gegenstand kann jeder V e r m ö g e n s v o r t e i l sein (§ 1939). Dahin gehört z. B. auch die Sicherung eines Gläubigers des Erblassers durch Pfandbestellung seitens des Erben oder der Erlaß einer dem Erblasser geschuldeten Forderung. Der Erblasser kann sein ganzes Vermögen durch Vermächtnisse an verschiedene Personen verteilen, so daß der Erbe keinen Vorteil von der Erbschaft mehr behält, eine der römischen lex Falcidia, wonach dem Erben ein Viertel der Erbschaft frei von Vermächtnissen verblieb, entsprechende Vorschrift gibt es heute nicht mehr. Der Erblasser kann — eine Ausnahme von § 2065 Abs. 2 — anordnen, daß der Bedachte von mehreren Gegenständen nur den einen oder den anderen erhalten soll ( W a h l v e r m ä c h t n i s ) . I m Zweifel hat dann nach § 262 der mit dem Vermächtnis Beschwerte das Wahlrecht, der Erblasser kann es aber auch dem Bedachten oder einem Dritten übertragen (§ 2154). Der Beschwerte wählt durch Erklärung gegenüber dem Bedachten, der Bedachte und der Dritte durch Erklärung gegenüber dem Beschwerten (§§ 263, 2154 Abs. 1). Der Erblasser kann sich auch darauf beschränken, die vermachte Sache nur der G a t t u n g nach zu bestimmen. I n diesem Fall ist nicht, wie § 243 anordnet, eine Sache mittlerer A r t und Güte zu leisten, sondern eine d e n V e r h ä l t n i s s e n d e s B e d a c h t e n e n t s p r e c h e n d e Sache (§ 2155). Die Auswahl der Sache hat der mit dem Vermächtnis Beschwerte vorzunehmen, der Erblasser kann damit aber auch den Bedachten oder einen Dritten betrauen. I n jenem Fall konkretisiert sich (vgl. Bd. 2 S. 11) die Gattungsschuld nach § 243 Abs. 2, sobald der Beschwerte das zur Leistung seinerseits Erforderliche getan hat. I n diesem Fall geschieht die Konkretisierung dagegen durch eine Erklärung des Bedachten oder Dritten gegenüber dem Beschwerten (§ 2155 Abs. 2). Bei dem Gattungs- und Wahlvermächtnis ist der vermachte Gegenstand i n gewisser Weise u n b e s t i m m t ; der Erblasser kann aber hinsichtlich der Unbestimmtheit n o c h w e i t e r gehen. Er kann sich darauf beschränken, den Z w e c k des Vermächtnisses festzulegen und die Bestimmung der L e i s t u n g dem b i l l i g e n E r m e s s e n des Beschwerten oder eines Dritten zu überlassen (§ 2156). Der Erblasser
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kann ζ. B. seinen Erben die Verpflichtung auferlegen, seinem Neffen X so viel zu zahlen, als zu dessen Berufsausbildung notwendig ist. Bei derartigen Vermächtnissen finden die §§ 315 bis 319 entsprechende Anwendung (§ 2156 Satz 2). II. Das Vermächtnis vermag dem Bedachten i m heutigen Recht das E i g e η t u m an der vermachten Sache i m Gegensatz zu dem römischen Vindikationslegat n i c h t m e h r u n m i t t e l b a r zu verschaffen, sondern erzeugt stets nur ein F o r d e r u n g s r e c h t des Bedachten. Der Bedachte hat Anspruch auf eine Leistung. Der Erblasser kann diese Leistung dem Erben, dem gesetzlichen wie dem eingesetzten, oder einem anderen Vermächtnisnehmer auferlegen. Hat der Erblasser nichts über die Person des Beschwerten gesagt, so ist der E r b e als b e s c h w e r t anzusehen (§ 2147). Sind m e h r e r e E r b e n beschwert, so haften sie dem Bedachten als Gesamtschuldner (§ 2058). Untereinander haften sie nach Verhältnis ihrer Erbteile (§ 2148). Das Vermächtnis w i r d durch W e g f a l l des Beschwerten nicht unwirksam. Beschwert ist i n diesem Fall derjenige, dem der Wegfall des zunächst Beschwerten unmittelbar zustatten kommt. Wenn also das Vermächtnis einem i n einem Testament eingesetzten Erben auferlegt ist und die Erbeinsetzung sich als ungültig herausstellt, so hat der gesetzliche Erbe das Vermächtnis zu entrichten. Der Erblasser kann aber etwas anderes bestimmen (§ 2161). I I I . Für die Person des B e d a c h t e n gilt folgendes: 1. Der Erblasser kann m e h r e r e n P e r s o n e n denselben Gegenstand vermachen. Dann gelten die für das Miterbenverhältnis aufgestellten Regeln der §§ 2089 bis 2093 (§ 2157). Ist mehreren derselbe Gegenstand vermacht, so wächst, wenn einer von ihnen vor oder nach dem Erbfall wegfällt, dessen A n t e i l den übrigen Bedachten an. Für diese Anwachsung gelten i m wesentlichen dieselben Regeln, wie sie oben S. 34 f. für die Anwachsung unter M i t erben dargestellt worden sind (§ 2158). 2. M e h r e r e P e r s o n e n können auch noch i n anderer Weise als Bedachte i n Frage kommen. Der Erblasser kann nämlich — entgegen der Regel des § 2065 Abs. 2 — mehrere m i t einem Vermächtnis i n der Weise bedenken, daßi der B e s c h w e r t e oder ein D r i t t e r zu bestimmen hat, w e r von den mehreren das Vermächtnis erhalten soll. Ζ. B. der Erblasser hat drei Freunde, einen Nichtraucher und zwei Raucher. Der Nichtraucher soll bestimmen, wer von den zwei Rauchern
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die Lieblingspfeife des Erblassers erhalten soll. Er kann auch der Bestimmung des Beschwerten oder Dritten überlassen, w a s jeder von dem vermachten Gegenstand bekommen soll. Über die Einzelheiten vgl. die §§ 2151 bis 2153. 3. Der Erblasser kann für den Fall, daß der zunächst Bedachte das Vermächtnis nicht erwirbt, den Gegenstand des Vermächtnisses einem anderen zuwenden. Auf dieses E r s a t z v e r m ä c h t n i s wendet das Gesetz die Vorschriften über die Ersatzerbschaft entsprechend an (§ 2190). Auch der Gedanke der N a c h e r b s c h a f t kehrt beim Vermächtnis wieder, der Erblasser kann ζ. B. anordnen, daß der Bruder, dem er seine Bibliothek vermacht, sie bei seinem Tode einem Neffen herausgeben soll. Die grundsätzliche Struktur von Nacherbschaft und Nachvermächtnis ist aber verschieden, da das Recht des Nachvermächtnisnehmers sich in einem obligatorischen Anspruch gegenüber dem Erstbedachten erschöpft, während der Nacherbe bei Eintritt der Nacherbfolge unmittelbar Eigentümer der Erbschaftssachen wird. Hinsichtlich einiger Einzelfragen des Nachvermächtnisses verweist aber doch § 2191 Abs. 2 auf die Vorschriften über die Nacherbschaft.
4. Der Erblasser kann einen Miterben gegenüber den anderen dadurch begünstigen, daß er i h m etwas v o r a u s v e r m a c h t . Dieses Vorausvermächtnis ist von der T e i l u n g s a n o r d n u n g zu unterscheiden. Bei der Teilungsanordnung w i r d einem Miterben i n bezug auf seinen Anteil ein bestimmter Gegenstand zugewiesen und i h m auf den Anteil angerechnet. Beim Vorausvermächtnis erhält dagegen der m i t dem Vorausvermächtnis Bedachte zunächst diesen Gegenstand, von dem Rest der Erbschaft erhält er ebensoviel wie die anderen Miterben, wenn sie alle auf dieselbe Quote eingesetzt sind oder der Erblasser die Quoten nicht bestimmt hat. M i t dem Voraus Vermächtnis, das der Miterbe A erhält, kann aber auch der Miterbe Β belastet werden. Hat der Erblasser nichts über den Belasteten bestimmt, so sind nach § 2147 Satz 2 alle Miterben belastet. I n einem solchen Fall gilt nach § 2150 das Vorausvermächtnis als Vermächtnis auch insoweit, als der E r b e s e l b s t beschwert ist. Bei drei Miterben w i r d also, wenn dem Miterben A ein Gemälde vorausvermacht ist, angenommen, daß A das ganze Gemälde als Vermächtnis bekommt und nicht etwa ein Drittel als Miterbe und zwei D r i t t e l als Vermächtnisnehmer erhält — wie das römische Recht entschied. Schlägt der Miterbe die Erbschaft aus, so hat das also auf das Vorausvermächtnis keinen Einfluß (vgl. § 2161), er kann es trotzdem i n vollem Umfang annehmen. 5. Nach § 2160 ist das Vermächtnis u n w i r k s a m , wenn der Bedachte zur Zeit des Erbfalls n i c h t m e h r l e b t . Es geht dann also nicht auf seine Erben über. Dagegen braucht der Bedachte zur Zeit des Erbfalls weder geboren noch erzeugt zu sein.
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Das Vermächtnis w i r d erst mit dem A b l a u f v o n 30 J a h r e n nach dem Erbfall unwirksam, wenn die Erzeugung nicht vorher stattgefunden hat; ähnliches gilt, wenn das Vermächtnis unter einer aufschiebenden Bedingung oder unter Bestimmung eines Anfangstermins angeordnet w i r d oder wenn die Persönlichkeit des Bedachten durch ein erst nach dem Erbfall eintretendes Ereignis bestimmt w i r d (§ 2162). Über einige Ausnahmen vgl. § 2163. IV. Das Vermächtnis erzeugt, wie oben bereits dargelegt, nur eine F o r d e r u n g des Bedachten gegen den Beschwerten. Diese Forderung e n t s t e h t m i t dem E r b f a l l . Das Gesetz (§ 2176) nennt das A n f a l l d e s V e r m ä c h t n i s s e s . Von da an gebühren dem Bedachten ζ. B. die Früchte (§ 2184). I n folgenden Fällen s c h i e b t das Gesetz den Anfall, also die Entstehung der Forderung h i n a u s . Bei Vermächtnissen unter a u f s c h i e b e n d e r B e d i n g u n g oder A n f a n g s t e r m i n erfolgt der A n f a l l erst m i t dem Eintritt der Bedingung oder des Termins (§ 2177). Ist der Bedachte beim Tod des Erblassers n o c h n i c h t e r z e u g t oder w i r d seine P e r s ö n l i c h k e i t erst durch ein s p ä t e r eintretendes Ereignis bestimmt, so t r i t t der Anfall i n jenem Fall mit der Geburt, i n diesem mit dem Ereignis ein (§ 2178). I n der Zwischenzeit zwischen dem Tod des Erblassers und dem A n f a l l w i r d der Bedachte aber bereits ebenso geschützt wie ein bedingt Berechtigter (§ 2179, vgl. §§ 160 ff. und Bd. 1 S. 118). Zerstört also der Erbe den vermachten Gegenstand durch seine Nachlässigkeit, so ist er dem ein Jahr später geborenen Bedachten ersatzpflichtig (§ 160). Die Früchte gebühren dem Bedachten dagegen erst von seiner Geburt an. Trotzdem der Bedachte nach dem eben Gesagten die Forderung gegen den Beschwerten erworben hat, kann er das Vermächtnis a u s s c h l a g e n . Das Ausschlagungsrecht geht ihm erst verloren, wenn er das Vermächtnis angenommen hat. Eine F r i s t für die Ausschlagung gibt es n i c h t . Beide Erklärungen (Annahme und Ausschlagung) haben gegenüber dem Beschwerten zu erfolgen. Sie sind f o r m l o s . Die Ausschlagung des Vermächtnisses hat die Wirkung, daß der Anfall an den Ausschlagenden als nicht erfolgt gilt (§ 2180). Ist derselbe Gegenstand mehreren vermacht, so t r i t t nunmehr die A n w a c h s u n g ein, es sei denn, daß der Erblasser sie ausgeschlossen hat, ζ. B. durch Einsetzung eines Ersatzvermächtnisnehmers. V. Ein Vermächtnis, das auf eine zur Zeit des Erbfalls u n m ö g l i c h e Leistung gerichtet ist oder gegen ein zu dieser Zeit bestehendes g e s e t z l i c h e s V e r b o t verstößt, ist u η w i r k s a m (§ 2171). Un-
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möglich ist die Leistung ζ. B., wenn der Gegenstand des Vermächtnisses nach der Anordnung des Vermächtnisses untergegangen ist. Steht jedoch dem Erblasser i n diesem Fall ein Anspruch auf Wertersatz gegen einen Dritten zu, z. B. nach § 823, so gilt dieser als vermacht (§ 2169 Abs. 3). Als unmöglich gilt die Leistung der vermachten Sache auch i n den Fällen der Verbindung, Vermischung, Vermengung und Verarbeitung, an Stelle des vermachten Gegenstandes t r i t t aber i n diesem Fall unter Umständen ein Ersatz (vgl. i m einzelnen § 2172). Unmöglich, ist die Leistung des vermachten Gegenstandes auch dann, wenn der Erblasser eine ihm zustehende F o r d e r u n g vermacht hat und der Schuldner vor dem Erbfall an den Erblasser geleistet hat. Denn die Forderung ist dadurch untergegangen, eine Abtretung der Forderung, die der Erbe vorzunehmen hätte, wenn sie noch bestände, ist nicht mehr möglich. Wenn aber i n diesem Fall der dem Erblasser geleistete Gegenstand noch i n der Erbschaft vorhanden ist, so ist nach §2173 anzunehmen, daß dem Bedachten dieser Gegenstand zugewendet sein soll; i n dem praktisch wichtigsten Fall, wenn es sich nämlich um eine G e l d f o r d e r u n g handelt, gilt die entsprechende Geldsumme sogar dann als vermacht, wenn sie sich i n der Erbschaft nicht vorfindet. Das Vermächtnis ist grundsätzlich auch unwirksam, wenn der vermachte Gegenstand zwar existiert, aber beim Tode des Erblassers nicht zur Erbschaft gehört (§ 2169); vgl. über diesen Fall unten S. 50). VI. Hinsichtlich der V e r p f l i c h t u n g e n d e s B e s c h w e r t e n muß man unterscheiden, ob ein b e s t i m m t e r G e g e n s t a n d vermacht ist oder ob es sich um ein G a t t u n g s v e r m ä c h t n i s handelt. 1. I m ersteren Fall kann es sein, daß der bestimmte Gegenstand z u r E r b s c h a f t g e h ö r t oder n i c h t . a) Für den Fall, daß der Gegenstand z u r E r b s c h a f t gilt folgendes:
gehört,
α) Der Beschwerte haftet n i c h t für R e c h t s m ä n g e l (vgl. Bd. 2 S. 82 f.), die i m Augenblick des Erbfalls vorhanden sind (§ 2165). Wenn das vermachte Grundstück mit einer H y p o t h e k für eine Schuld des Erblassers belastet ist, so läuft der Erbe Gefahr, daß der Gläubiger den Nachlaß wegen der persönlichen Verpflichtung des Erblassers i n Anspruch nimmt und der Bedachte auf diese Weise trotz der Hypothekenbelastung frei ausgeht. Um das zu verhindern, gibt das Gesetz dem Erben einen Anspruch gegen den Bedachten auf Befriedigung des Gläubigers, soweit die Schuld durch den Wert des Grundstücks gedeckt 4 Schmidt, Bürgerliches Recht, V
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ist. Eine Ausnahme gilt für Höchsthypotheken (§ 2166); der Fall der G e s a m t h y p o t h e k w i r d i n § 2167 besonders geregelt. Auch für S a c h m ä n g e l (vgl. Bd. 2 S. 841), die beim Erbfall vorhanden sind, besteht k e i n e H a f t u n g des Erben. Wenn dagegen die Rechts- oder Sachmängel n a c h dem Erbfall entstanden sind, so haftet der Erbe wie jeder Schuldner. Hat der Erbe ζ. B. die Sache durch seine Nachlässigkeit beschädigt, so haftet er dem Bedachten nach § 280 wegen teilweiser Unmöglichkeit auf Schadenersatz. ß) Das Vermächtnis einer Sache erstreckt sich nicht nur auf die B e s t a n d t e i l e der Sache, ζ. B. nach § 96 auf ein m i t dem vermachten Grundstück verbundenes Wegerecht, sondern auch auf das zur Zeit des Erbfalls vorhandene Z u b e h ö r . Als Zubehör behandelt das Gesetz auch den Anspruch auf Ersatz der Wertminderung, den der Erblasser wegen einer nach der Anordnung des Vermächtnisses erfolgten Beschädigung der Sache erworben hat (§ 2164). γ) Der Beschwerte hat ferner nach § 2184 dem Bedachten die seit dem Anfall des Vermächtnisses gezogenen F r ü c h t e herauszugeben, aber nur die f r u c t u s p e r c e p t i , nicht die fructus percipiendi (vgl. Bd. 3 S. 66), für die letzteren kommt nur eine Haftung nach den allgemeinen Vorschriften, z. B. von der Rechtshängigkeit an i n Frage (vgl. §§ 292, 987). Auch was der Beschwerte sonst auf Grund des vermachten Rechtes erlangt hat, muß er herausgeben, ζ. B. den Lotteriegewinn, dagegen braucht er für Gebrauchsvorteile, die er gewonnen hat, keinen Ersatz zu leisten, ζ. B. er hat die vermachte Uhr getragen. δ) Für V e r w e n d u n g e n , die der Beschwerte nach dem Erbfall auf die Sache macht, kann er von dem Bedachten Ersatz nach den Vorschriften der §§ 994 ff. verlangen; dasselbe gilt, wenn er L a s t e n der Sache bestreitet (§ 2185). b) Gehört der vermachte Gegenstand beim Erbfall n i c h t z u r E r b s c h a f t , so ist das Vermächtnis grundsätzlich u n w i r k s a m , der Erblasser kann aber den Willen haben, dem Bedachten den Gegenstand auch in diesem Fall zu verschaffen (§ 2169). Er wußte ζ. B. ganz genau bei Errichtung des Testaments, daß das vermachte Gemälde nicht ihm, sondern dem X gehört, und wollte seinen Erben verpflichten, das Gemälde von X zu kaufen und dem Bedachten zu übereignen. Hat der Erblasser den Gegenstand, der i h m bei der Testamentserrichtung gehörte, n a c h h e r v e r ä u ß e r t , so w i r d er in der Regel nicht mehr den Willen haben, i h n dem Bedachten zu verschaffen, die Veräußerung w i r k t also wie ein Widerruf des Vermächt-
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nisses, und dieselbe Bedeutung hat ein Vertrag, durch den sich der Erblasser zur Veräußerung verpflichtet, z. B. ein Verkauf, weil aus ihm auf denselben Willen geschlossen werden kann, auch wenn der Erblasser vor seinem Tode noch nicht an den Käufer geliefert hat (§ 2169 Abs. 4). Hat der Erblasser Anspruch auf Wertersatz; weil i h m der Gegenstand nach der Anordnung des Vermächtnisses entzogen worden oder untergegangen ist, so gilt dieser Anspruch als vermacht (§ 2169 Abs. 3). Dagegen t r i t t bei der Veräußerung das Entgelt nicht an die Stelle des veräußerten Gegenstandes. Hat der Erblasser die vermachte Sache verkauft, so hat also der Bedachte keinen Anspruch gegen den Erben auf den Kaufpreis. Ist das Vermächtnis des nicht zur Erbschaft gehörigen Gegenstandes nach dem eben Gesagten w i r k s a m , so hat der Beschwerte dem Bedachten den Gegenstand zu v e r s c h a f f e n (§ 2170 Abs. 1). Ist er dazu außerstande, weil ζ. B. der Eigentümer der vermachten fremden Sache sich weigert, die Sache zu veräußern, so hat der Beschwerte den W e r t zu entrichten. Ist die Verschaffung nur mit u n v e r h ä l t n i s m ä ß i g e n A u f w e n d u n g e n möglich, ζ. B. der Eigentümer fordert einen unerhörten Preis für die Sache, so kann sich der Beschwerte durch Entrichtung des Wertes befreien (§ 2170 Abs. 2). Für R e c h t s m ä n g e l des Gegenstandes haftet der Beschwerte nach § 2182 Abs. 2 wie ein Verkäufer (vigl. Bd. 2 S. 82 f.); es gilt aber auch für diesen Fall die eben erwähnte Beschränkung der Haftung. Ist ein Grundstück Gegenstand des Vermächtnisses, so haftet der Beschwerte i m Zweifel nicht für die Freiheit des Grundstücks von Grunddienstbarkeiten, beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten und Reallasten (§ 2182 Abs. 3). Für t a t s ä c h l i c h e M ä n g e l der vermachten Sache haftet der Beschwerte hier ebensowenig wie in dem Fall unter a. Auch hier erstreckt sich das Vermächtnis nach der Vorschrift des § 2164 Abs. 1 auf das zur Zeit des Erbfalls vorhandene Z u b e h ö r . Ein Anspruch des Bedachten auf Ersatz von F r ü c h t e n oder des Beschwerten auf Ersatz von V e r w e n d u n g e n kann hier nur aus allgemeinen Vorschriften hergeleitet werden, besondere Bestimmungen wie i n dem Fall unter a bestehen darüber nicht. Für Verwendungen kommen die Vorschriften über Geschäftsführung ohne Auftrag in Betracht. 2. E i n G a t t u n g s v e r m ä c h t n i s ist i m Gegensatz zu dem Fall unter 1 auch dann w i r k s a m , wenn Sachen der vermachten A r t sich n i c h t i m N a c h l a ß vorfinden. Wenn der Erblasser seinem 4*
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Freund X 100 Flaschen Bernkasteler Doktor vermacht, so muß der Erbe diesen Wein, wenn er nicht i m Nachlaß vorhanden ist, ankaufen und dem X liefern. Für R e c h t s m ä n g e l haftet der Beschwerte ebenso wie i n dem Fall unter 1 b (§ 2182 Abs. 1). Hat die gelieferte Sache einen S a c h m a n g e l , so kann der Bedachte die Lieferung einer mangelfreien Sache gegen Rückgabe der mangelhaften fordern. Schadenersatz kann er nur fordern, wenn der Beschwerte den Mangel arglistig verschwiegen hat (§ 2183). I m einzelnen regelt sich die Haftung nach Maßgabe des Gewährleistungsrechtes, beim Kauf, ζ. B. hinsichtlich der Verjährung. V I I . Wenn der E r b e mit dem Vermächtnis beschwert ist, so kann es vorkommen, daß er nicht nur mit dem Nachlaß für die Erfüllung e i n s t e h e n muß, sondern auch m i t s e i n e m e i g e n e n V e r m ö g e n . Voraussetzung dafür ist, daß der Erbe durch Verletzung seiner I n v e n t a r p f l i c h t in unbeschränkbare Haftung geraten ist (vgl. unten S. 80); ein Fall, in dem das praktisch werden könnte, wäre etwa der, daß das Vermögen des Erblassers, der bei der Testamentserrichtung Vermächtnisse i m Gesamtbetrag von 80 000 D M ausgesetzt hat, sich nach der Testamentserrichtung von 100 000 auf 70 000 D M vermindert hat. I n anderer Beziehung ist die Haftung des Erben gegenüber dem Vermächtnisnehmer aber doch eine g e r i n g e r e als gegenüber den anderen Nachlaßgläubigen. Hat er nicht gegen seine Inventarpflicht verstoßen, so braucht er, um die Haftung mit seinem Privatvermögen abzuwenden, nicht Nachlaßverwaltung zu beantragen, er kann vielmehr ohne weiteres den Bedachten auf den noch vorhandenen Nachlaß verweisen (§ 1992). Ist dagegen ein V e r m ä c h t n i s n e h m e r mit dem Vermätnis beschwert, so haftet er stets nur mit dem, was er erhalten hat (§ 2187). Auch aus anderen Gründen kann der Vermächtnisnehmer zur Kürzung des ihm auferlegten Vermächtnisses befugt sein, also auch dann, wenn das, was er erhalten hat, zur Erfüllung des ihm auferlegten Vermächtnisses ausreicht, z. B. wenn er auf Grund der Beschränkung der Erbenhaftung weniger erhält, als der Erblasser ihm zugewandt hat; in diesem Fall ist er befugt, die ihm auferlegte Schuld verhältnismäßig zu kürzen. Bekommt er also nur zwei Drittel des ihm Zugewandten, so braucht er auch nur zwei Drittel des ihm Auferlegten zu zahlen (§ 2188).
V I I I . Neben den vom Erblasser angeordneten gibt es g e s e t z l i c h e V e r m ä c h t n i s s e . Dahin gehören der V o r a u s des Ehegatten (vgl. § 1932 und S. 16), der D r e i ß i g s t e (vgl. § 1969 und S. 79) und der Fall des § 2149. Der Ausdruck gesetzliche Vermächtnisse rechtfertigt sich dadurch, daß für diese Anfälle dasselbe gilt wie für die vom
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Erblasser angeordneten Vermächtnisse. Der Erblasser kann die gesetzlichen Vermächtnisse durch Testament oder Erbvertrag ausschließen. § 17 Auflage und Bedingung I. Der Erblasser kann durch Testament den Erben oder einen Vermächtnisnehmer zu einer Leistung verpflichten, ohne einem a n d e r e n ein R e c h t auf die Leistung zuzuwenden (§ 1940). Diese letztwillige Anordnung nennt man A u f l a g e . Eine Auflage kann vorliegen, wenn ein durch die Anordnung begünstigter Dritter überhaupt nicht vorhanden ist, ζ. B. der Erblasser t r i f f t eine Anordnung über seine Feuerbestattung oder die Pflege seiner Grabstätte.^ Aber auch wenn ein Dritter, dem die Anordnung Vorteile bringt, i n Frage kommt, kann eine Auflage gegeben sein; ζ. B. der Erblasser hat verfügt, daß der Erbe den ererbten Park dem Publikum öffnen oder daß der Erbe eine Stiftung zu irgend einem Zweck errichten soll. Auch eine Auflage zugunsten eines bestimmten Dritten ist möglich; von dem Vermächtnis unterscheidet sie sich dadurch, daß der Dritte die Zuwendung bei der Auflage nicht fordern kann. Wenn die Zuwendung zugunsten einer vom Erblasser bestimmten Person angeordnet ist, w i r d man, da i n diesem Fall das Forderungsrecht der bedachten Person das Natürliche ist, eine Auflage nur annehmen, wenn der Erblasser entweder ausdrücklich gesagt hat oder aus den Umständen erkennbar ist, daß der Dritte ein Forderungsrecht nicht haben soll. Trotz des eben erwähnten Unterschieds ist die Auflage i n vielen Beziehungen mit dem Vermächtnis v e r w a n d t . § 2192 wendet daher eine ganze Anzahl von Vorschriften aus dem Vermächtnisrecht auf die Auflage e n t s p r e c h e n d an. 1. Der G e g e n s t a n d der Auflage kann ebenso wie beim Vermächtnis w a h l w e i s e oder g a t t u n g s w e i s e bestimmt werden (§§ 2192, 2154 f.). Der Erblasser kann ferner ebenso wie beim Vermächtnis bei einer Auflage, deren Zweck er bestimmt hat, die Bestimmung der L e i s t u n g dem billigen Ermessen des Beschwerten oder eines Dritten überlassen (§ 2156). Er kann aber auch — und insoweit hat er größere Freiheit als beim Vermächtnis — die Bestimmung der P e r s o n , a n welche die Leistung erfolgen soll, dem Beschwerten oder einem Dritten überlassen, ohne an die Schranken des § 2151 gebunden zu sein {§ 2193). Er kann ζ. B. anordnen, daß der Erbe demjenigen Archäologen, den der Professor Y bestimmen wird, 5000 D M für eine Forschungsreise zahlen soll.
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Die Verfügungen von Todes wegen
2. M i t der Auflage kann nach § 1940 der E r b e oder ein V e r m ä c h t n i s n e h m e r b e s c h w e r t werden, der Erbe ist beschwert, sofern der Erblasser nicht ein anderes bestimmt hat (§§ 2147, 2192). Über die Haftung mehrerer Erben oder Vermächtnisnehmer und die Rechtsfolgen des Wegfalls: des zunächst Beschwerten gilt dasselbe wie beim Vermächtnis (§§ 2148, 2161, 2192). 3. Für die E r f ü l l u n g der Auflageverpflichtung hat der T e s t a m e n t s v o l l s t r e c k e r z u sorgen, wenn der Erblasser einen solchen ernannt hat (§§ 2203, 2208 Abs. 2). Außerdem können folgende Personen die V o l l z i e h u n g der Auflage v e r l a n g e n : Der E r b e , der M i t e r b e , derjenige, dem der Wegfall des mit der Auflage zunächst Beschwerten u n m i t t e l b a r z u s t a t t e n kommen würde, und wenn die Vollziehung i m ö f f e n t l i c h e n I n t e r e s s e liegt, auch die zuständige B e h ö r d e (§2194). Diese Personen sind als Τ r e u h ä n d e r aufzufassen. Sie können über das Recht auf Vollziehung der Auflage nicht verfügen, sie können also dieses Recht nicht abtreten und dem Beschwerten nicht erlassen, das Recht ist auch seitens eines Gläubigers dieser Personen nicht pfändbar, schon deshalb nicht, weil es wegen seines Inhalts diesen Gläubigern nicht als Befriedigungsobjekt dienen könnte. 4. Ist die Auflage u n w i r k s a m , ζ. B. w e i l sie auf eine zur Zeit des Erbfalls u n m ö g l i c h e Leistung gerichtet ist (§§ 2171, 2192), so bleibt die unter der Auflage gemachte Zuwendung i m Zweifel trotzdem wirksam (§ 2195). Dasselbe gilt, wenn die Auflage nach dem Erbfall ohne Verschulden des Beschwerten unmöglich wird. Liegt dagegen ein Verschulden des Beschwerten vor, so kann derjenige, dem der Wegfall des Beschwerten unmittelbar zustatten kommen würde (also ζ. B. der gesetzliche Erbe, wenn der eingesetzte beschwert ist), die Herausgabe der Zuwendung nach den Vorschriften über die Herausgabe einer u n g e r e c h t f e r t i g t e n B e r e i c h e r u n g insoweit fordern, als die Zuwendung zur Vollziehung der Auflage hätte verwendet werden müssen. Das gleiche gilt, wenn die Auflage nicht durch einen Dritten vollzogen werden kann und die zulässigen Zwangsmittel nach rechtskräftiger Verurteilung des Beschwerten gegen diesen erfolglos angewandt worden sind (§ 2196). II. Verschieden von der Zuwendung unter einer Auflage ist die Zuwendung unter einer B e d i n g u n g , ζ. B. der A vermacht dem Β 1000 DM, wenn Β dem C eine dem Β gehörende Vase übereignet (vgl. dazu Bd. 1 S. 116).
§ 1 7 Auflage und Bedingung
I n dem Testament finden sich nicht selten a u f l ö s e n d e Bedingungen (Bd. 1 S. 117). Der Erblasser, der keine Kinder hat, setzt ζ. B. einen Neffen zum Erben ein. Er wünscht, daß das Familienhaus nicht veräußert w i r d und macht daher die Veräußerung zur auflösenden Bedingung der Erbeinsetzung. A u f diese Weise kann der Erblasser die Durchführung seines Wunsches sichern. Ein Veräußerungsverbot m i t dinglicher Wirkung kann dagegen der Erblasser nach § 137 nicht anordnen (vgl. Bd. 1 S. 111). Häufig findet sich auch i m Testament die Klausel: Sollte einer meiner Erben meinen Willen nicht anerkennen, so enterbe ich i h n (oder setze ihn auf den Pflichtteil). Die Auslegung solcher auflösender Bedingungen ist streitig, (ζ. B. ob darunter auch die Anfechtung des Testaments wegen Willensmängel (S. 30) fällt. § 18 Die Testamentsvollstreckung I. Das r ö m i s c h e Recht kennt den T e s t a m e n t s v o l l s t r e k k e r n i c h t . Sein Ursprung ist der d e u t s c h e S a l m a n n , dem der Erblasser schon bei seinen Lebzeiten sein Vermögen m i t der Vereinbarung übertrug, daß er es nach seinem Tode an diejenigen weitergeben solle, denen es der Erblasser zuwenden wollte. Aus dieser Wurzel heraus hat sich die Testamentsvollstreckung zu einem e r b r e c h t l i c h e n Institut entwickelt. Auch heute noch besteht die w i c h t i g s t e Tätigkeit des Testamentsvollstreckers darin, d i e l e t z t w i l l i g e n V e r f ü i g u n g e n des Erblassers a u s z u f ü h r e n . Daneben kommen aber auch n o c h a n d e r e Aufgaben vor. Das W e s e n der Testamentsvollstreckung ist b e s t r i t t e n . Auffassung, daß der Testamentsvollstrecker B e a u f t r a g t e r
Die des
E r b l a s s e r s sei, scheitert daran, daß seine Stellung nicht auf einem Vertrag mit dem Erblasser beruht, sondern auf der einseitigen letztwilligen Verfügung des Erblassers. Er ist auch weder
Vertreter
d e s E r b l a s s e r s n o c h d e s E r b e n , jenes nicht, weil der Erblasser bereits gestorben ist, wenn der Testamentsvollstrecker in Tätigkeit treten soll, dieses nicht, w e i l eine seiner wichtigsten Aufgaben darin besteht, die Verfügung des Erblassers auch g e g e n den Willen des Erben durchzuführen. Man w i r d i h n vielmehr als einen T r e u h ä n d e r auffassen müssen, der seine Funktion uneigennützig i n eigenem Namen zu versehen hat. I n den P r o z e s s e n , die er führt, ist e r also s e l b s t P a r t e i ; das Gesetz bezeichnet seine Tätigkeit als ein A m t (vgl. z. B. § 2202).
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Die Verfügungen von Todes wegen
II. Die Testamentsvollstreckung s e t z t ζ w e i e r l e i v o r a u s : eine E r n e n n u n g durch den Erblasser und die A n n a h m e d e s A m t e s durch den Vollstrecker. 1. Die E r n e n n u n g d u r c h d e n E r b l a s s e r erfolgt i m Wege l e t z t w i l l i g e r V e r f ü g u n g . Der regelmäßige Fall ist der, daß der Erblasser eine bestimmte Person als Testamentsvollstrecker bezeichnet, er hat aber auch noch verschiedene andere Möglichkeiten, die i n §§ 2197 Abs. 2, 2198 bis 2200 aufgezählt sind. Er kann ζ. B. einen Dritten mit der Ernennung betrauen. Die Ernennung ist u η w i r k s a m , wenn der Ernannte zu der Zeit, zu der er das A m t anzutreten hat, g e s c h ä f t s u n f ä h i g oder i n d e r G e s c h ä f t s f ä h i g k e i t b e s c h r ä n k t ist oder nach § 1910 zur Besorgung seiner V e r m ö g e n s a n g e l e g e n h e i t e n einen P f l e g e r erhalten hat (§ 2201). 2. Die A n n a h m e des Amtes steht i m Gegensatz zur Vormundschaft i m Belieben des Ernannten. Annahme und Ablehnung erfolgen durch E r k l ä r u n g g e g e n ü b e r d e m N a c h l a ß g e r i c h t , die einer Form nicht bedarf (§ 2202). I I I . Das A m t des Testamentsvollstreckers e r l i s c h t durch Eintritt einer a u f l ö s e n d e n B e d i n g u n g oder eines E n d t e r m i n s , aber auch dann, wenn der Vollstrecker seine A u f g a b e n e r l e d i g t hat. Es erlischt ferner durch den T o d d e s V o l l s t r e c k e r s und durch E i n t r i t t eines Falls, in dem die Ernennung nach § 2201 u n w i r k s a m sein würde, also ζ. B. wenn der Vollstrecker geisteskrank w i r d (§ 2225). Der Vollstrecker kann sich ferner durch eine gegenüber dem Nachlaßgericht erklärte K ü n d i g u n g seiner Pflichten entledigen. Das Gesetz verweist aber dabei auf die für die Kündigung eines Beauftragten (vgl. Bd. 2 S. 130) geltenden Beschränkungen (§ 2226). Schließlich besteht die Möglichkeit, daß das Nachlaßgericht den Vollstrecker auf A n t r a g eines Beteiligten, vor allem des Erben, e η 11 ä ß t. Die Entlassung ist aber, da der Wille des Erblassers zu berücksichtigen ist, nur zulässig, wenn ein w i c h t i g e r Grund vorliegt, ein solcher Grund ist insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung (§ 2227). IV. Der Testamentsvollstrecker hat folgende A u f g a b e n : 1. Er hat die l e t z t w i l l i g e n V e r f ü g u n g e n des Erblassers z u r A u s f ü h r u n g z u b r i n g e n , ζ. B. die Vermächtnisse auszuzahlen und die Auflagen auszuführen (§ 2203). 2. Der Testamentsvollstrecker hat, wenn m e h r e r e E r b e n vorhanden sind, die A u s e i n a n d e r s e t z u n g unter ihnen zu bewirken
§ 18 Die Testamentsvollstreckung
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(§ 2204). Maßgebend sind dafür die §§ 2042 bis 2056. Nach b i l l i g e m E r m e s s e n kann der Testamentsvollstrecker daher die Teilung nur vornehmen, wenn der Erblasser das a n g e o r d n e t hat (§ 2048). 3. Der Testamentsvollstrecker hat das Recht, den N a c h l a ß in B e s i t z zu nehmen, ihn zu v e r w a l t e n und über die Nachlaßgegenstände zu v e r f ü g e n . Ausgenommen sind die unentgeltlichen Verfügungen, abgesehen von solchen, die einer sittlichen Pflicht oder einer Anstandsrücksicht entsprechen (§ 2205). Dem E r b e n dagegen ist das Verfügungsrecht e n t z o g e n , doch ist gutgläubiger Erwerb eines D r i t t e n möglich (§ 2211). Wenn also der Erbe eine bewegliche Nachlaßsache in der Hand hat und sie einem Dritten zwecks Übereignung übergibt, so w i r d der Dritte Eigentümer, wenn er nicht wußte, daß eine Testamentsvollstreckung bestand, und diese Unkenntnis auch nicht auf grober Fahrlässigkeit beruht (§ 932). Bei Grundstücken w i r d der gutgläubige Erwerb durch Eintragung des Vollstreckers i m Grundbuch ausgeschlossen, die nach § 52 GBO. zu erfolgen hat. 4. Der Testamentsvollstrecker ist auch berechtigt, den Nachlaß zu v e r p f l i c h t e n ζ. B. durch Abschluß eines Kaufvertrages, soweit die Eingehung der Verpflichtung zur o r d n u n g s m ä ß i g e n V e r w a l t u n g erforderlich ist (§ 2206). Wenn dies nicht der Fall ist, ist ist das Verpflichtungsgeschäft unwirksam, selbst wenn der Gläubiger nicht davon wissen konnte, daß hier eine ordnungswidrige Verwaltung vorlag (bestr.). Aus diesem Grunde w i r d ein Dritter häufig Bedenken tragen, m i t dem Testamentsvollstrecker ein Verpflichtungsgeschäft abzuschließen. Diese Bedenken werden beseitigt, wenn der Erbe seine Einwilligung zur Eingehung der Verbindlichkeit erteilt, da das Geschäft dadurch i n jedem Fall verbindlich wird. Es ist daher wichtig, daß der Testamentsvollstrecker die Abgabe einer solchen Erklärung verlangen kann, soweit die Eingehung der Verbindlichkeit zur ordnungsmäßigen Verwaltung erforderlich ist. Der Erbe verliert dadurch nicht das Recht, seine Haftung für die Verbindlichkeit auf den Nachlaß zu beschränken (§ 2206 Abs. 2). 5. Zur A n n a h m e oder A u s s c h l a g u n g der Erbschaft oder zur V e r ä u ß e r u n g des einem Miterben zustehenden E r b t e i 1 s ist der Testamentsvollstrecker n i c h t befugt. 6. Für die P r o z e ß f ü h r u n g gilt folgendes: a) Einen Prozeß, i n dem ein der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegendes Recht geltend gemacht w i r d (sogenannter A k t i v p r o z e ß ) , kann n u r d e r T e s t a m e n t s v o l l s t r e c k e r
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führen, also nicht der Erbe (§ 2212). Das Urteil w i r k t f ü r und g e g e n den Erben (§ 327 Abs. 1 ZPO.). Dies gilt ζ. B. für die Klage auf Rückgabe einer vom Erblasser vermieteten Sache. b) Ansprüche, die sich g e g e n den Nachlaß richten, also ζ. B. eine Klage auf Rückzahlung eines dem Erblasser gegebenen Darlehns, können nach § 2213 sowohl gegen den E r b e n wie gegen den V o l l s t r e k k e r geltend gemacht werden ( P a s s i v p r o z e s s e ) . Zur Zwangsvollstreckung genügt aber das Urteil gegen den Erben nicht, dazu bedarf es eines Urteils gegen den Vollstrecker (§ 748 Abs. 1 ZPO.). Besonderes gilt für den Ρ f 1 i c h 11 e i 1 s a η s ρ r u c h. Er ist gegen den Erben zu erheben, gegen den Testamentsvollstrecker kann nur auf Duldung der Zwangsvollstreckung geklagt werden (§ 2213 Abs. 3). W i l l der Pflichtteilsgläubiger vollstrecken, so muß er beide Klagen erheben (§ 748 Abs. 3 ZPO.). 7. Der Testamentsvollstrecker erhält auf Antrag ein Z e u g n i s d e s N a c h l a ß g e r i c h t s über seine Ernennung. Dieses Zeugnis hat entsprechende Wirkung wie ein Erbschein (vgl. S. 103) M i t der Beendigung des Amtes des Testamentsvollstreckers w i r d es kraftlos (§ 2368). V. Die N a c h l a ß g l ä u b i g e r werden durch die Testamentsvollstreckung grundsätzlich n i c h t b e r ü h r t . Der Erbe haftet, wenn eine Testamentsvollstreckung besteht, nicht ohne weiteres mit Beschränkung auf den Nachlaß, er muß, u m diese Beschränkung herbeizuführen, vielmehr die gewöhnlichen Maßregeln ergreifen (vgl. unten S. 78 ff.). Der Testamentsvollstrecker ist nicht befugt, die Nachlaßverwaltung zu beantragen, wohl aber hat er ein Antragsrecht in bezug auf das Aufgebotsverfahren und den Nachlaßkonkurs. Für die P r i v a t g l ä u b i g e r des Erben bedeutet die Testamentsvollstreckung dagegen eine S p e r r e ; sie können sich nicht an die der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegenden Gegenstände halten (§ 2214). VI. Für das V e r h ä l t n i s d e s T e s t a m e n t s v o l l s t r e c k e r s z u m E r b e n gilt folgendes: 1. Der Testamentsvollstrecker ist dem Erben zur o r d n u n g s m ä ß i g e n V e r w a l t u n g des Nachlasses verpflichtet. Dabei hat er die vom E r b l a s s e r durch letztwillige Verfügung g e t r o f f e n e n A n o r d n u n g e n zu befolgen. Die Anordnungen des Erblassers können sich nachträglich als bedenklich erweisen, sie können daher auf Antrag des Vollstreckers oder eines anderen Beteiligten vom Nachlaßgericht außer K r a f t gesetzt werden, wenn ihre Befolgung den Nachlaß erheblich gefährden würde (§ 2216).
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Der Testamentsvollstrecker hat dem Erben unverzüglich nach der Annahme des Amtes ein V e r z e i c h n i s der seiner Verwaltung unterliegenden Nachlaßgegenstände und der bekannten Nachlaßverbindlichkeiten m i t z u t e i l e n (§ 2215). Der Erbe soll nicht länger als notwendig durch den Testamentsvollstrecker beschränkt werden. N a c h l a ß g e g e n s t ä n d e , deren dieser zur Erfüllung seiner Aufgaben offenbar nicht mehr bedarf, hat er daher dem Erben auf Verlangen z u r f r e i e n V e r f ü g u n g zu ü b e r l a s s e n ; mit der Überlassung erlischt das Verwaltungsrecht des Vollstreckers. Der Vollstrecker bedarf aller Nachlaßgegenstände, wenn mehrere Erben vorhanden sind und er die Teilung noch nicht vorgenommen hat. Ist nur ein Erbe vorhanden, so bedarf er ζ. B. der Gegenstände, die er dem V e r m ä c h t n i s n e h m e r zu leisten hat oder die zur Erfüllung einer A u f l a g e notwendig sind. Wegen a n d e r e r Nachlaßverbindlichkeiten — wozu auch bedingte und betagte Vermächtnisse und Auflagen gehören — kann er die Überlassung von Gegenständen nicht verweigern, wenn der Erbe für die Erfüllung der Verbindlichkeit S i c h e r h e i t leistet. Er kann also ζ. B., wenn der Erbe die Herausgabe eines Grundstücks verlangt, die Herausgabe nicht mit der Behauptung ablehnen, daß er das Grundstück verkaufen müsse, um aus dem Erlös Erbschaftsschulden zu bezahlen, falls der Erbe wegen der Schulden Sicherheit leistet (§ 2217). Für mehrere Einzelfragen, ζ. B. für die Frage, ob der Testamentsvollstrecker sich eines Substituten oder Gehilfen bedienen darf, verweist das Gesetz auf das A u f t r a g s r e c h t (vgl. § 2218). Der Testamentsvollstrecker h a f t e t bei seiner Tätigkeit dem E r b e n u n d V e r m ä c h t n i s n e h m e r für j e d e s V e r s c h u l d e η (§ 2219). Von den oben genannten Verpflichtungen kann der Erblasser den Vollstrecker n i c h t b e f r e i e n , eine A u s n a h m e gilt jedoch hinsichtlich der aus § 2217 sich ergebenden Verpflichtungen (§ 2220). 2. Den Pflichten des Vollstreckers stehen folgende R e c h t e gegenüber. Er kann nach §§ 2218, 670 Erstattung der A u f w e n d u n g e n verlangen, die er für erforderlich halten durfte. Ferner hat er nach § 2221 Anspruch auf eine a n g e m e s s e n e V e r g ü t u n g , sofern der Erblasser nicht ein anderes bestimmt hat. V I I . Der Erblasser kann m e h r e r e Testamentsvolls t r e c k e r ernennen, sie führen das A m t g e m e i n s c h a f t l i c h , es bedarf also zu einer Verwaltungshandlung der Zustimmung aller. Dadurch w i r d die Gefahr heraufbeschworen, daß die Verwaltung bei
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einer Meinungsverschiedenheit der Testamentsvollstrecker ins Stocken gerät, § 2224 gibt daher dem N a c h l a ß g e r i c h t in diesem Fall ein E n t s c h e i d u n g s r e c h t . Das Nachlaßgericht ist dabei nicht auf die von den verschiedenen Testamentsvollstreckern vertretenen A n schauungen beschränkt, es kann sich auch für eine Maßregel entscheiden, die keiner der mehreren Vollstrecker ergreifen will. Fällt einer der mehreren Vollstrecker weg, so führen die übrigen das A m t allein. Der Erblasser kann in allen oben erwähnten Punkten abweichende Anordnungen treffen. Maßregeln, die zur E r h a l t u n g eines Nachlaßgegenstandes notwendig sind, kann jeder Testamentsvollstrecker auch ohne Zustimmung der anderen treffen (§ 224 Abs. 2). Fällt mehreren Testamentsvollstreckern ein V e r s c h u l d e n Last, so haften sie als G e s a m t s c h u l d n e r (§ 2219 Abs. 2).
zur
V I I I . Die oben geschilderten Funktionen des Testamentsvollstreckers sind die n o r m a l e n , es kommen aber Abweichungen der verschiedensten A r t vor. 1. Der Erblasser kann den Testamentsvollstrecker in seinen Befugnissen b e s c h r ä n k e n . Der Testamentsvollstrecker hat die i n den §§ 2203 bis 2206 bestimmten Rechte nicht, soweit der Erblasser sie ihm ausdrücklich e n t z o g e n hat oder aus den Umständen zu entnehmen ist, daß der Erblasser sie ihm nicht einräumen will. Der Erblasser kann ζ. B. anordnen, daß der Testamentsvollstrecker nur e i n z e l n e N a c h l a ß g e g e n s t ä n d e verwalten soll, oder er kann i h m die Verwaltung i m allgemeinen lassen, aber einzelne Gegenstände von der Verwaltung ausnehmen. Dann kann er nur jene Gegenstände i n Besitz nehmen und nur über sie verfügen. Der Erblasser kann auch ζ. B. anordnen, daß der Testamentsvollstrecker die l e t z t w i l l i g e n V e r f ü g u n g e n oder einzelne letztwillige Verfügungen n i c h t s e l b s t ausführen soll; dann bleibt aber i m Zweifel dem Vollstrecker wenigstens das Recht, die Ausführung von dem Erben zu verlangen (§ 2208). 2. Der Erblasser kann die Befugnisse des Testamentsvollstreckers auch e r w e i t e r n . Er kann ζ. B. anordnen, daß der Vollstrecker i n der Eingehung von V e r b i n d l i c h k e i t e n für den Nachlaß n i c h t b e s c h r ä n k t sein soll (§ 2207). Die Verbindlichkeit besteht also dann auch, wenn die Eingehung der Verbindlichkeit ordnungsmäßiger Verwaltung nicht entspricht. Der Testamentsvollstrecker haftet aber i n diesem Fall den
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Erben auf Schadenersatz, und davon kann ihn der Erblasser nicht entbinden. I n der Hegel erlischt die Testamentsvollstreckung, wenn der Vollstrecker seine Aufgaben erledigt hat, damit hört auch die Verwaltung des Vollstreckers auf. Der Erblasser kann aber anordnen, daß der Vollstrecker die V e r w a l t u n g auch n a c h E r l e d i g u n g s e i n e r A u f g a b e n fortzuführen hat, ja der Erblasser kann sogar einem Vollstrecker die Verwaltung des Nachlasses übertragen, ohne i h m überhaupt andere Aufgaben zuzuweisen. I n diesen Fällen ist dann zugleich anzunehmen, daß der Vollstrecker i n der E i n g e h u n g v o n V e r b i n d l i c h k e i t e n nicht beschränkt sein soll (§ 2209). Die nach § 2209 getroffenen Anordnungen werden unwirksam, wenn seit dem Erbfall d r e i ß i g J a h r e verstrichen sind. Der Erblasser kann aber anordnen, daß die Verwaltung bis zum Tode des Erben oder Vollstreckers oder bis zum Eintritt eines anderen Ereignisses i n der Person des einen oder anderen fortdauern soll (§ 2210). Der Erblasser w i r d eine Person nur dann zum Testamentsvollstrecker ernennen, wenn er zu ihr ein b e s o n d e r e s V e r t r a u e n hat. So w i r d er häufig dazu kommen, e i n e n d e r M i t e r b e n mit der Testamentsvollstreckung zu betrauen. Er kann ihm dann gestatten, m i t s i c h s e l b s t z u k o n t r a h i e r e n . Eine ausdrückliche Erklärung ist dazu nicht notwendig; auch wenn es an einer solchen fehlt, kann angenommen werden, daß der Erblasser dem Vollstrecker das Selbstkontrahieren insoweit hat erlauben wollen, als das zu einer ordnungsmäßigen Verwaltung erwünscht ist. Der Vollstrecker kann daher bei der Erbschaftsteilung auch an sich selbst das Eigentum an den i h m nach der Anordnung des Erblassers zufallenden Nachlaßsachen übertragen, ζ. B. ein Grundstück an sich auflassen, dagegen kann er nicht etwa aus den Mitteln des Nachlasses ein Darlehn zu seinen Gunsten aufnehmen. 3. Eine von dem normalen Fall v ö l l i g a b w e i c h e n d e Stellung hat der Testamentsvollstrecker in folgenden Fällen: Der Erblasser kann einen Vollstrecker zu dem Zweck ernennen, daß er bis zum Eintritt einer angeordneten Nacherbfolge d i e R e c h t e d e s N a c h e r b e n ausübt und d e s s e n P f l i c h t e n erfüllt (§ 2222). Der Testamentsvollstrecker kann femer von dem Erblasser nur mit der Aufgabe betraut werden, für die Ausführung der e i n e m V e r m ä c h t n i s n e h m e r a u f e r l e g t en B e s c h w e r u n g e n zu sorgen (§ 2223).
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Die Verfügungen von Todes wegen
3. Erbvertrag und gemeinschaftliches Testament § 19 Der Erb vertrag I. Zuwendungen von Todes wegen stellen sich zuweilen als ein E n t g e l t für Leistungen dar, die der Erblasser bereits bei seinen Lebzeiten empfängt. A unterhält ζ. B. den Β ohne Entgelt oder A leistet dem Β Dienste und Β setzt den A dafür als seinen Erben ein. I n solchen Fällen ist dem A mit einer letztwilligen Erbeinsetzung wenig gedient; denn er läuft Gefahr, daß Β aus irgendwelchen Gründen das Testament widerruft. G e s i c h e r t ist A nur, wenn Β an seine Verfügung g e b u n d e n ist. Diese B i n d u n g kann dadurch herbeigeführt werden, daß A m i t Β einen E r b v e r t r a g abschließt. Trotzdem das eben erwähnte Bedürfnis nach Abschluß von Erb Verträgen besteht, hat das r ö m i s c h e Recht sie n i c h t anerkannt. Sie stammen aus dem d e u t s c h e n Recht, aus den m i t t e l a l t e r l i c h e n V e r g a b u n g e n v o n T o d e s w e g e n . Unter dem Einfluß der deutschrechtlichen Anschauungen gingen sie i n das g e m e i n e Recht und i n d a s B G B . über. Das BGB. läßt es zu, daß der Erblasser durch Vertrag einen E r b e n einsetzt, sowie V e r m ä c h t n i s s e und A u f l a g e n anordnet (§ 1941). Der Vertrag kann sowohl m i t dem durch die Erbeinsetzung oder das Vermächtnis Bedachten wie mit einem Dritten geschlossen werden (§ 1941 Abs. 2). A n d e r e Verfügungen von Todes wegen können dagegen n i c h t durch Vertrag mit b i n d e n d e r W i r k u n g getroffen werden; der Vater kann sich ζ. B. nicht durch Vertrag an die Ernennung eines Vormundes für seinen Sohn binden. Von den Erbverträgen sind die Verträge zu unterscheiden, durch die man sich verpflichtet, eine Verfügimg von Todes wegen zu errichten oder nicht zu errichten, aufzuheben oder nicht aufzuheben. Derartige Verträge sind auch heute noch ebenso wie i m römischen Recht n i c h t i g (§ 2302). II. Der Erblasser kann den Erbvertrag ebenso wie ein Testament n u r p e r s ö n l i c h errichten, Stellvertretung ist also auf Seiten des Erblassers ausgeschlossen (§ 2274). I n anderer Hinsicht stellt das Gesetz sogar noch größere Anforderungen an den Erbvertrag als an das Testament. Der Erblasser kann den Erbvertrag nur schließen, wenn er u n b e s c h r ä n k t g e s c h ä f t s f ä h i g ist. Eine Ausnahme gilt nur für Erbverträge, welche Ehegatten oder Verlobte miteinander abschließen, wobei nicht vorausgesetzt ist, daß der eine den anderen bedenkt. Solche Erbverträge können auch von einem i n der Geschäfts-
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fähigkeit Beschränkten abgeschlossen werden, der Vertrag bedarf aber der Genehmigung des gesetzlichen Vertreters, und wenn dieser ein Vormund ist, auch der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts (§ 2275). Die eben erwähnten Regeln gelten nur für den Erblasser. Der G e g n e r , m i t dem der Erblasser den Vertrag schließt, bedarf, wenn er in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, nicht der Genehmigung des gesetzlichen Vertreters, da seine Rechtsstellung durch den Vertrag in keiner Weise gemindert wird. Eine Ausnahme gilt aber, wenn er Verpflichtungen i n dem Vertrage übernimmt. I I I . Der Erbvertrag ist nur i n der Form g e r i c h t l i c h e r o d e r notarieller B e u r k u n d u n g möglich; beide Teile müssen g l e i c h z e i t i g a n w e s e n d sein. Es gelten die Formen des öffentlichen Testaments; was dort für den Erblasser vorgeschrieben ist, gilt hier für beide Teile. Für einen Erbvertrag zwischen E h e g a t t e n oder V e r l o b t e n , der m i t einem E h e v e r t r a g i n einer Urkunde verbunden wird, genügt die für den Ehevertrag vorgeschriebene Form. Der Erbvertrag wird in b e s o n d e r e a m t l i c h e V e r w a h r u n g genommen, es sei denn, daß die Parteien das Gegenteil verlangen. Das Gegenteil gilt im Zweifel als verlangt, wenn der Erbvertrag mit einem anderen Vertrag in derselben Urkunde verbunden wird (§ 2277).
IV. Auf die v e r t r a g s m ä ß i g e n Z u w e n d u n g e n u n d A u f l a g e n finden grundsätzlich die für l e t z t w i l l i g e Z u w e n d u n g e n u n d A u f l a g e n geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung (§ 2279). Aus der Natur des Erbvertrages ergeben sich aber doch zahlreiche Abweichungen, die i n den folgenden Ausführungen dargestellt werden. V. Bei letztwilligen Verfügungen kann der Erblasser seine Erklärung wegen eines Willensmangels nicht a n f e c h t e n . Er bedarf des A n fechtungsrechtes nicht, weil er die Verfügung ja ohne weiteres widerrufen kann. Beim Erbvertrag ist der Erblasser gebunden, damit ist das Bedürfnis, eine Anfechtung des Erblassers zuzulassen, gegeben. Die A n f e c h t u n g d e s E r b l a s s e r s ist aus denselben Gründen zulässig, aus denen eine letztwillige Verfügung angefochten werden kann, also wegen Irrtums und Drohung (§§ 2078, 2079), zur Anfechtung auf Grund des § 2079 ist aber erforderlich, daß der Pflichtteilsberechtigte zur Zeit der Anfechtung vorhanden ist (§ 2281 Abs. 1). Die A n fechtung erfolgt i n g e r i c h t l i c h e r o d e r n o t a r i e l l e r F o r m (§ 2282 Abs. 3) durch Erklärung gegenüber dem anderen Vertrag-
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schließenden (§ 143 Abs. 2) und wenn nach dessen T o d e eine zugunsten eines Dritten getroffene Verfügung angefochten werden soll, durch Erklärung gegenüber dem Nachlaßgericht, das die Anfechtung dem Dritten mitteilen soll (§ 2281 Abs. 2). Ist der Bedachte selbst gestorben, so bedarf es der Anfechtung nicht, da die Verfügung durch seinen Tod hinfällig geworden ist (§§ 2279, 1923). Die Anfechtung durch den Erblasser kann nur b i n n e n J a h r e s f r i s t erfolgen. Die Frist beginnt i m Fall der Drohung mit dem Aufhören der Zwangslage, in den anderen Fällen, sobald der Erblasser von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt (§ 2283). Der Erblasser v e r l i e r t sein Anfechtungsrecht nach § 144, wenn er den Erb vertrag b e s t ä t i g t hat, einer Form bedarf es dazu nicht. N a c h d e m T o d e d e s E r b l a s s e r s haben ebenso wie beim Testament diejenigen ein Anfechtungsrecht, denen die Aufhebung der Verfügung u n m i t t e l b a r z u s t a t t e n kommen würde (vgl. §§ 2279, 2080 und oben S. 31). § 2285 nimmt ihnen aber das Anfechtungsrecht, wenn das des Erblassers zur Zeit des Erbfalls bereits erloschen war, ζ. B. durch Fristablauf oder Bestätigung. VI. Der Grundgedanke des Erbvertrages besteht darin, daß der Erblasser an seine Verfügung g e b u n d e n ist. Ist es möglich, diese Bindung a u f z u h e b e n ? 1. G r u n d s ä t z l i c h kann die Aufhebung nur bei s t ä n d n i s der Vertragschließenden erfolgen.
Einver-
a) Das spätere Einverständnis bedarf nach § 2290 Abs. 4 der für den Erbvertrag vorgeschriebenen F o r m . Ist i n dem Erbvertrag ein D r i t t e r bedacht, so bedarf es seiner Z u s t i m m u n g zur Aufhebung des Erbvertrages n i c h t . b) Eine l e i c h t e r e Form hat das Gesetz für V e r m ä c h t n i s s e und A u f l a g e n zugelassen. Sie können von dem Erblasser durch Testament, auch durch Privattestament, aufgehoben werden, die Zustimmung des anderen Vertragschließenden bedarf allerdings gerichtlicher oder notarieller Beurkundung (§ 2291). c) Für die Aufhebung eines z w i s c h e n E h e g a t t e n geschlossenen Erbvertrages genügt ein g e m e i n s c h a f t l i c h e s Testam e n t der Ehegatten (§ 2292). d) Die Parteien können i n dem Erbvertrag dem Erblasser das Recht einräumen, seine Verfügung später durch Testament abzuändern. 2. Zu einer e i n s e i t i g e n Aufhebung des Erbvertrages ( R ü c k t r i t t ) ist der Erblasser nur in folgenden Fällen berechtigt:
§ 19 Der Erbvertrag
a) Wenn er sich das Recht dazu i m Erbvertrag v o r b e h a l t e n hat (§ 2293). Der Vorbehalt kann ein ganz allgemeiner, aber auch an gewisse Bedingungen geknüpft sein. b) Wenn der Bedachte sich einer V e r f e h l u n g schuldig macht, die den Erblasser zur E n t z i e h u n g d e s P f l i c h t t e i l s berechtigt, oder falls der Bedachte nicht zu den pflichtteilsberechtigten Personen gehört, zu der Entziehung berechtigen würde, wenn der Bedachte ein Abkömmling des Erblassers wäre (§ 2294). c) Wenn der Erblasser seine vertragsmäßigen Verfügungen m i t Rücksicht auf eine r e c h t s g e s c h ä f t l i c h e V e r p f l i c h t u n g des Bedachten, ihm für seine Lebenszeit Unterhalt zu gewähren oder andere wiederkehrende Leistung zu entrichten, getroffen hat und die Verpflichtung vor dem Tode des Erblassers a u f g e h o b e n wird, z. B. durch eine Anfechtung des Verpflichteten (§ 2295). Wenn der Verpflichtete dagegen seine Verpflichtung bloß t a t s ä c h l i c h n i c h t e r f ü l l t , so hat der Erblasser ein A n f e c h t u n g s r e c h t wegen Irrtums i m M o t i v . Der Rücktritt e r f o l g t durch g e r i c h t l i c h o d e r n o t a r i e l l b e u r k u n d e t e E r k l ä r u n g gegenüber dem anderen Vertragschließenden (§ 2296), nach dessen Tode durch Testament (§ 2297). 3. Abgesehen von den Fällen unter 2 k a n n der Erblasser durch eine s p ä t e r e V e r f ü g u n g v o n T o d e s wegen das Recht des vertragsmäßig Bedachten n i c h t m e h r b e e i n t r ä c h t i g e n {§ 2289). Der Erblasser ist daher ζ. B. außerstande, den Vertragserben später mit Vermächtnissen zu belasten oder einen Testamentsvollstrecker zu ernennen. I n einem Fall sind auch noch später beeinträchtigende Verfügungen zugelassen. Wenn der Bedachte ein pflichtteilsberechtigter Abkömmling des Erblassers ist, so kann dieser noch die nach § 2338 zulässigen Anordnungen (Enterbung i n guter Absicht) treffen (§ 2289 Abs. 2). 4. A n V e r f ü g u n g e n u n t e r L e b e n d e n w i r d der Erblasser grundsätzlich durch den Erbvertrag n i c h t g e h i n d e r t (§ 2286). Er kann z. B. trotz des Erbvertrages sein ganzes Vermögen auf eine L e i b r e n t e geben, so daß der Vertragserbe bei seinem Tode überhaupt nichts erhält. Er kann auch noch das Vermögen nach dem Abschluß des Erb vert rages durch S c h e n k u n g mindern, ζ. B. er unterstützt einen bedürftigen Freund. Dagegen können die Schenkungen, die er zu dem Zweck vornimmt, um den V e r t r a g s e r b e n zu b e e i n t r ä c h t i g e n , nicht gestattet werden. Der Vertragserbe kann, nachdem ihm die Erbschaft angefallen ist, die H e r a u s g a b e solcher 5 Schmidt, Bürgerliches Recht, V
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Die Verfügungen von Todes wegen
Schenkungen von dem Beschenkten nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung f o r d e r n (§ 2287). Ferner w i r d der mit einem V e r m ä c h t n i s B e d a c h t e gegen böswillige Zerstörung, Beiseiteschaffung, Bes c h ä d i g u n g , V e r ä u ß e r u n g u n d B e l a s t u n g des vermachten Gegenstandes geschützt (siehe darüber § 2288). V I I . Als vertragsmäßig b i n d e n d e Verfügungen können i n dem Erbvertrag nur E r b e i n s e t z u n g e n , V e r m ä c h t n i s s e und A u f l a g e n angeordnet werden. Außerdem kann der Erbvertrag aber auch l e t z t w i l l i g e Verfügungen enthalten, z. B. die Ernennung eines Vormundes oder Testamentsvollstreckers (§ 2299 Abs. 1). Diese sind also gültig, trotzdem z. B. der i n der Form des § 2276 Abs. 2 errichtete Erbvertrag der Testamentsform nicht genügt. L e t z t w i l l i g e i m Erbvertrage enthaltene Verfügungen werden i m übrigen behandelt, wie wenn sie durch Testament getroffen wären. Sie können also in derselben Weise wie testamentarische Verfügungen w i d e r r u f e n werden, z. B. durch einfaches Privattestament. Sie können aber auch i n einem Vertrag a u f g e h o b e n werden, durch den eine vertragsmäßige Verfügung aufgehoben wird, also i n der oben VI, 1, a beschriebenen Form (§ 2299 Abs. 2). W i r d der Erbvertrag durch Ausübung des Rücktrittsrechtes oder durch Vertrag aufgehoben, so t r i t t die Verfügung außer Kraft, sofern nicht ein anderer W i l l e des Erblassers anzunehmen ist (§ 2299 Abs. 3). V I I I . I n dem Erbvertrag können die b e i d e n V e r t r a g s c h l i e ß e n d e n vertragsmäßige Verfügungen treffen (§ 2278); dann spricht man von einem g e m e i n s c h a f t l i c h e n Erbvertrag. Z. B. zwei Geschwister verfügen i n einem Erbvertrag zugunsten ihrer Neffen und Nichten über ihr Vermögen. 1. Die Gemeinschaftlichkeit des Erbvertrages hat die Folge, daß die Verfügung des einen Vertragschließenden mit der des anderen s t e h t u n d f ä l l t . Die N i c h t i g k e i t einer der Verfügungen — wozu aber n i c h t das V o r v e r s t e r b e n des Bedachten gehört — hat die Nichtigkeit des ganzen Vertrages zur Folge. Ferner w i r d der ganze Vertrag hinfällig, wenn einer der Erblasser das R ü c k t r i t t s r e c h t , das er sich v o r b e h a l t e n hat, — i m Gegensatz zu dem g e s e t z l i c h e n Rücktrittsrecht aus §§ 2294 f. — ausübt. Jenes Rücktrittsrecht erlischt m i t dem T o d e des anderen Vertragschließenden, der Überlebende hat es nur, wenn er das i h m durch Vertrag Zugewandte a u s s c h l ä g t , der Rücktritt erfolgt i n diesem Fall durch Testament (§ 2298 Abs. 1 und 2).
§ 19 Der Erbvertrag
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Die eben erwähnten Regeln sind nur A u s l e g u n g s r e g e l n ; sie gelten also nicht, wenn ein anderer Wille der Vertragschließenden anzunehmen ist (§ 2298 Abs. 3). 2. Haben E h e g a t t e n i n einem Erbvertrag, durch den sie sich g e g e n s e i t i g a l s E r b e n e i n s e t z e n , bestimmt, daß n a c h d e m T o d e d e s Ü b e r l e b e n d e n der beiderseitige Nachlaß an einen D r i t t e n , ζ. B. an die gemeinschaftlichen Kinder fallen soll, so kann das: einen d o p p e l t e n Sinn haben. Entweder ist der überlebende Ehegatte V o r e r b e des zuerst Verstorbenen und der Dritte erhält den Nachlaß des zuerst verstorbenen Ehegatten als Nacherbe, oder der überlebende Ehegatte erhält den Nachlaß des zuerst Verstorbenen als g e w ö h n l i c h e r E r b e und der Dritte beerbt den überlebenden Ehegatten hinsichtlich seines ganzen Vermögens, auch hinsichtlich des vom erstverstorbenen Ehegatten herrührenden. Nach der ersteren Auffassung ist der überlebende Ehegatte hinsichtlich des Vermögens des Verstorbenen den B e s c h r ä n k u n g e n unterworf en, die das Gesetz für den Vor erben aufgestellt hat, ζ. B. er kann ohne Einwilligung des Nacherben nicht über Grundstücke verfügen, nach der zweiten Auffassung gilt das nicht. Nach der ersten Auffassung braucht der Dritte, um das Vermögen des erstverstorbenen Ehegatten zu erhalten, nur dessen Tod zu erleben (vgl. § 2108), nach der zweiten Auffassung muß er beim Tode des zuletzt Verstorbenen noch gelebt haben. Die e r s t e A u f f assung ist demnach f ü r den D r i t t e n g ü η s t i g e r als die zweite. Das BGB. erklärt i m Zweifel die z w e i t e Auffassung f ü r m a ß g e b e n d (§§ 2280, 2269). Haben die Ehegatten in einem Erbvertrag der eben erwähnten Art ein V e r m ä c h t n i s angeordnet, das n a c h d e m T o d e des Überlebenden erfüUt werden soll, so ist i m Zweifel anzunehmen, daß das Vermächtnis dem Bedachten erst mit dem T o d e des Überlebenden a n f a l l e n soll (§§ 2280, 2269). I X . Auf die E r ö f f n u n g des Erbvertrages finden die eines Testaments geltenden Vorschriften der §§ 2258 a bis sprechende Anwendung, § 2273 Abs. 2, 3 jedoch nur dann, Erbvertrag in besonderer amtlicher Verwahrung befindet (§
für Eröffnung 2263, 2273 entwenn sich der 2300).
X . Wenn A dem Β etwas für den Fall seines Todes zuwenden will, so kann er das auch dadurch erreichen, daß er dem Β ein Schenkungsversprechen für den Fall erteilt, daß Β ihn ü b e r l e b t ( S c h e n k u n g v o n T o d e s w e g e n ) . Solche Schenkungsversprechen unterstellt § 2301 Abs. 1 den Vorschriften über V e r f ü g u n g e n v o n T o d e s w e g e n . Das hat ζ. B. die Bedeutung, daß für ein solches Schenkungsversprechen die F o r m der Verfügung von Todes wegen 5·
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eingehalten werden muß. Das Versprechen w i r d i n der Regel als vertraglich b i n d e n d e s gemeint sein und untersteht dann der Form des E r b v e r t r a g e s ; es kann aber auch sein, daß der Erblasser sich den W i d e r r u f vorbehalten wollte, dann brauchen nur die T e s t a m e n t s f o r m e n eingehalten zu sein. I m Gegensatz zu dem eben erwähnten Fall des Schenkungsversprechens von Todes wegen steht der andere, daß der Erblasser die Schenkung v o r s e i n e m T o d e v o l l z i e h t — freilich auch hier unter der Bedingung, daß der Beschenkte ihn ü b e r l e b t . A u f diese Fälle finden die Vorschriften über S c h e n k u n g e n u n t e r L e b e n d e n Anwendung (§ 2301 Abs. 2). Es bedarf also k e i n e r F o r m . Es ist daher eine wirksame Verfügung, wenn der Eigentümer einer Sache sie i n den letzten Tagen seines Lebens einem Dritten schenkweise als Andenken übergibt, ein Testament braucht er dazu nicht zu machen. Anders wenn der Erblasser dem X die Sache zur Weiterbeförderung an den Dritten überreicht hat und X die Sache dem Dritten erst nach dem Tode des Erblassers übergeben hat; hier war die Schenkung beim Tode des Erblassers noch nicht vollzogen. Weitere Fälle, in denen die Zuwendungen des Erblassers als gültig anzuerkennen sind, ergeben sich aus § 331 BGB. Beim Vertrag zugunsten Dritter kann verabredet werden, daß die Leistung an den Dritten nach dem Tode desjenigen erfolgen soll, welchem sie versprochen w i r d (vgl. Bd. 2 S. 34). Inwieweit diese Vorschrift, bei der eine Form nicht erforderlich ist, zu weiteren Ausnahmen von § 2301 führt, ist sehr umstritten. Sie dürfte bei L e b e n s v e r s i c h e r u n g s v e r t r ä g e n , bei denen nach dem Tode dessen, der die Versicherung genommen hat, eine Leistung an einen Dritten bedungen ist, anwendbar sein. Ebenso dürfte die Form der Verfügung von Todes wegen nicht erforderlich sein i n dem weiteren Falle des § 330, wenn bei V e r m ö g e n s - o d e r G u t ü b e r n a h m e n von dem Übernehmer eine Leistung an einen Dritten zum Zwecke der Abfindung versprochen wird, die nach dem Tode dessen, der das Gut oder Vermögen übergibt, erfolgen soll. Dagegen dürfte es in der Regel unwirksam sein, wenn ein Bankkunde, ohne die erbrechtlichen Formen zu beobachten, seine Bank beauftragt, aus seinem Konto nach seinem Tode an einen Dritten eine Zahlung zu machen (anders RG. Bd. 106 S. 2). § 20 Das gemeinschaftliche Testament I m Anschluß an das g e m e i n e und das p r e u ß i s c h e Recht, aber i m Gegensatz zum j u s t i n i a n i s c h e n und zum f r a n z ö s i s c h e n
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Recht, läßt das BGB. zu, daß E h e g a t t e n ein g e m e i n s c h a f t l i c h e s Testament machen, einerlei, ob sie sich dabei gegenseitig bedenken oder nicht. Das gemeinschaftliche Testament ist i n mehrfacher Hinsicht mit dem E r b v e r t r a g e v e r w a n d t , insbesondere führt es unter gewissen Voraussetzungen zu einer B i n d u n g des Verfügenden. I. Ein gemeinschaftliches Testament ist nur unter Ehegatten möglich, also ζ. B. nicht unter Geschwistern (§ 2265). Nach § 2268 ist es seinem ganzen Inhalt nach unwirksam, wenn die oben S. 30 besprochenen Fälle des § 2077 vorliegen, also ζ. B. bei Nichtigkeit der Ehe. Abgesehen von dem letzteren Fall bleibt jedoch die Verfügung insoweit gültig, als anzunehmen ist, daß sie auch für die Fälle des § 2077 getroffen sein würde. II. Für die F o r m gilt folgendes: 1. Beim ö f f e n t l i c h e n Testament w i r d über die Erklärungen der beiden Ehegatten nur e i n e Niederschrift aufgenommen. Zur Errichtung nach §§ 2249, 2250 genügt es, wenn die dort vorgesehenen Voraussetzungen nur bei einem Ehegatten vorliegen (§ 2266). 2. Für das gemeinschaftliche P r i v a t t e s t a m e n t genügt es, daß einer der Ehegatten das Testament eigenhändig schreibt und unterschreibt und der andere Ehegatte die gemeinschaftliche Erklärung mitunterschreibt (§ 2267). Der mitunterzeichnende Ehegatte s o l l ebenso wie der andere das Orts- und Zeitdatum angeben. Ζ. B. der Mann schreibt: Köln, den 25. März 1954. Meine Frau und ich setzen uns gegenseitig zu Erben ein. Nach dem Tode des Längstlebenden soll unser Vermögen an unsere Tochter Berta fallen. Adolf Müller. und die Frau schreibt darunter: Köln, den 25. März 1954. Lina Müller. Die Angabe des Orts- und Zeitdatums ist daher ebenso wie beim gewöhnlichen Privattestament zur Gültigkeit nicht mehr unbedingt erforderlich (vgl. oben S. 21). I I I . Der eben beispielsweise erwähnte Fall, daß Ehegatten sich in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig zu Erben einsetzen und nach dem Tode des Längst leb enden den beiderseitigen Nachlaß einem Dritten zuwenden, ist sehr häufig. Diese Verfügung hat die oben in § 19, V I I I , 2) beschriebene Wirkung, es ist also einerlei, ob sie in
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Die Verfügungen von Todes wegen
einem gemeinschaftlichen Testament oder i n einem Erbvertrag getroffen wird. Dasselbe gilt für ein V e r m ä c h t n i s , das die Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament mit der Bestimmung getroffen haben, daß es nach dem Tode des Überlebenden erfüllt werden soll (§ 2269).
IV. Der Gedanke, daß die N i c h t i g k e i t oder der W i d e r r u f einer von mehreren i n einem gemeinschaftlichen Erb vertrag getroffenen vertragsmäßigen Verfügungen die U n w i r k s a m k e i t des ganzen Vertrages zur Folge hat (vgl. oben § 19, V I I I , 1), kehrt ebenfalls beim gemeinschaftlichen Testament wieder. Die Abhängigkeit der beiden Verfügungen voneinander ( K o r r e s p e k t i v i t ä t ) t r i t t aber beim gemeinschaftlichen Testament n i c h t o h n e w e i t e r e s ein, es müssen vielmehr Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß: die Ehegatten diese Abhängigkeit g e w o l l t haben. I n den wichtigsten Fällen v e r m u t e t das Gesetz freilich diesen Willen — wenn nämlich die Ehegatten s i c h g e g e n s e i t i g b e d e n k e n oder wenn d e m e i n e n E h e g a t t e n v o n d e m a n d e r e n eine Zuwendimg gemacht ist und für den F a l l des Überlebens des Bedachten eine Verfügung zugunsten einer Person getroffen wird, die m i t dem anderen Ehegatten v e r w a n d t ist oder i h m sonst n a h e s t e h t , ζ. B. der Mann setzt seine Frau zur Erbin ein und die Frau setzt den Sohn des Mannes aus seiner früheren Ehe oder den gemeinschaftlichen Sohn zum Erben ein. Die Korrespektivität gilt nur für Erbeinsetzungen, Vermächtnisse und Auflagen, ebenso wie beim Erb vertrag (§ 2270). Auch insofern besteht eine Verwandtschaft zwischen dem gemeinschaftlichen Testament und dem Erbvertrag, als der Erblasser beim gemeinschaftlichen Testament unter gewissen Voraussetzungen an seine Verfügung g e b u n d e n ist. Nach dem T o d e des einen Ehegatten ist nämlich der andere zum Widerruf einer korrespektiven Verfügung nur mehr befugt, wenn er das ihm vom Verstorbenen Zugewandte a u s s c h l ä g t (vgl, § 2298 Abs. 2 m i t § 2271 Abs. 2) — m i t z w e i auch für den Erbvertrag vorgesehenen B e s o n d e r h e i t e η : er kann trotz der Annahme noch i n dem Fall des § 2294 widerrufen und er kann, wenn ein pflichtteilsberechtigter Abkömmling der Ehegatten oder eines der Ehegatten bedacht ist, noch die nach § 2338 zulässigen Anordnungen treffen (§ 2271 Abs. 2 und 3). M i t Rücksicht auf die eben erwähnte Bindung des überlebenden Ehegatten besteht ein Bedürfnis, ihm eine A n f e c h t u n g seiner Verfügungen wegen Willensmängel zu gestatten. I n den Vorschriften über das gemeinschaftliche Testament ist darüber nichts enthalten, das Anfech-
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tungsrecht ist aber nach A n a l o g i e der beim Erbvertrag geltenden Vorschriften zu g e w ä h r e n . Auch noch eine w e i t e r e Analogie zum Erbvertrag ist am Platz. Dem überlebenden Ehegatten kann es ebensowenig wie dem durch einen Erbvertrag gebundenen Erblasser gestattet sein, dem eingesetzten E r b e n durch böswillige S c h e n k u n g e n oder den m i t einem V e r m ä c h t n i s Bedachten durch die i n § 2288 aufgezählten Handlungen zu schädigen. §§ 2887 f. sind also auf das gemeinschaftliche Testament e n t s p r e c h e n d a n zuwenden. Die eben erwähnte Bindung an die korrespektive Verfügung gilt nur für den ü b e r l e b e n d e n E h e g a t t e n . Eine Bindung besteht dagegen nicht, solange die beiden Ehegatten leben. I n diesem Fall gilt aber für die F o r m des Widerrufs eine besondere Vorschrift. Der Widerruf ist nämlich nicht i n der Form einer einseitigen letztwilligen Verfügung möglich, sondern erfolgt ebenso wie beim Erbvertrag durch eine g e g e n ü b e r d e m a n d e r e n E h e g a t t e n abgegebene g e r i c h t l i c h oder n o t a r i e l l beurkundete Erklärung (§§ 2271, 2296). Der andere Ehegatte hat nämlich ein Interesse daran, von dem Widerruf Kenntnis zu erlangen, weil seine eigene Verfügung infolge des Widerrufs unwirksam wird. Daraus ergibt sich auch ohne weiteres, daß die Aufhebung durch ein neues g e m e i n s c h a f t l i c h e s Testament der Ehegatten, durch einen E r b v e r t r a g oder durch eine seitens b e i d e r Ehegatten erfolgte Zurücknahme des Testaments aus der amtlichen Verwahrung (§ 2272) möglich sein muß. V. Bei der E r ö f f n u n g eines gemeinschaftlichen Testaments sind die Verfügungen des überlebenden Ehegatten, soweit sie sich s o n d e r n lassen, weder zu verkünden noch sonst zur Kenntnis der Beteiligten zu bringen. Das Testament wird wieder verschlossen und in die besondere amtliche Verwahrung zurückgebracht, nachdem von den Verfügungen des verstorbenen Ehegatten eine beglaubigte Abschrift angefertigt worden ist; anders vor allem dann, wenn das Testament sich auf die Anordnung beschränkt, daß die Ehegatten sich gegenseitig zu Erben einsetzen (§ 2273).
III.
Abschnitt
§ 21 Der Erwerb der Erbschaft I. Nach r ö m i s c h e m Recht erwirbt der Erbe die Erbschaft erst auf Grund einer A n t r e t u n g s h a n d l u n g . Eine Ausnahme gilt für den suus heres, er w i r d ohne weiteres Erbe m i t dem Tode des Erblassers, kann die Erbschaft aber nach prätorischem Recht ausschlagen. D a s B G B . hat die römische Anschauung abgelehnt und folgt dem d e u t s c h e n Recht. Nach dem BGB. erwirbt der Erbe die Erbschaft i n allen Fällen m i t d e m T o d e d e s E r b l a s s e r s , kann sie aber a u s s c h l a g e n . N u r der Fiskus kann die i h m als gesetzlichem Erben angefallene Erbschaft nicht ausschlagen (§ 1942 Abs. 2). II. Der Erbe v e r l i e r t das A u s s c h l a g u n g s r e c h t , wenn er die Erbschaft a n g e n o m m e n hat oder wenn die für die Ausschlagung vorgeschriebene F r i s t v e r s t r i c h e n ist (§ 1943). Die Frist beträgt i n der Regel s e c h s W o c h e n ; wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz nur i m Auslande gehabt hat oder wenn sich der Erbe bei Beginn der Frist i m Auslande aufhält, so beträgt die Frist s e c h s Monate (§ 1944 Abs. 1 und 3). Die Frist b e g i n n t i n dem Zeitpunkt, in dem der Erbe von dem Anfall und dem Grunde der Berufung K e n n t n i s erlangt hat. Ist der Erbe durch Verfügung von Todes wegen berufen, so beginnt die Frist aber jedenfalls nicht vor der V e r k ü n d u n g der Verfügung (§ 1944 Abs. 2). Die A u s s c h l a g u n g erfolgt durch Erklärung gegenüber dem N a c h l a ß g e r i c h t , die i n ö f f e n t l i c h b e g l a u b i g t e r Form abzugeben ist {§ 1945). Die A n n a h m e der Erbschaft ist dagegen f o r m l o s , sie kann auch in schlüssigen Handlungen (vgl. Bd. 1 S. 93) gefunden werden (sogenannte p r o h e r e d e ge s t i ο), ζ. Β. der Erbe beantragt beim Nachlaßgericht die Erteilung eines Erbscheins. Die Annahme ist η i c h t e m p f a n g s b e d ü r f t i g (vgl. Bd. 1 S. 82). Vor dem Tode des Erblassers kann weder die Annahme noch die Ausschlagung erfolgen (§ 1946). I I I . A n n a h m e und A u s s c h l a g u n g der Erbschaft setzen u n b e s c h r ä n k t e G e s c h ä f t s f ä h i g k e i t voraus. Der beschränkt Geschäftsfähige bedarf also der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters (vgl. §§ 107). Zur A u s s c h l a g u n g ist beim Fehlen der
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unbeschränkten Geschäftsfähigkeit ferner i n der Hegel die G e n e h m i g u n g d e s V o r m u n d s c h a f t s g e r i c h t s erforderlich; eine Ausnahme gilt nur, wenn das K i n d unter elterlicher Gewalt steht und die Erbschaft dem Kinde erst infolge einer Ausschlagung seitens des Vaters oder der Mutter angefallen ist, es sei denn, daß der Vater oder die Mutter neben dem Kinde berufen w a r (§§ 1643 Abs. 2 und 1822 Ziff. 2). Eine E h e f r a u bedarf bei allen Güterständen zur Annahme oder Ausschlagung n i c h t der E i n w i l l i g u n g i h r e s M a n n e s . Gerät der Erbe nach dem A n f a l l der Erbschaft i n K o n k u r s , so bleibt ihm die Entscheidung über Annahme oder Ausschlagung, der Konkursverwalter hat sie nicht (§ 9 KO.). IV. Wenn ein g e s e t z l i c h e r E r b e durch V e r f ü g u n g v o n T o d e s w e g e n berufen ist, so kann er die Erbschaft aus diesem Grunde ausschlagen und aus jenem Grunde annehmen. Ebenso kann, wenn jemand durch T e s t a m e n t und E r b v e r t r a g berufen ist, er die eine Berufung annehmen und die andere ausschlagen — anders bei Berufung aus z w e i v e r s c h i e d e n e n Testamenten (§ 1948). Die eben erwähnte S p a l t u n g der Erklärungen des Erben ist zwar möglich, aber n i c h t d i e R e g e l . Annahme und Ausschlagung erstrecken sich i m Zweifel — d . h. wenn sich aus den Erklärungen des Erben nichts anderes ergibt — auf alle Berufungsgründe, die dem Erben zur Zeit der Erklärung bekannt sind (vgl. § 1949 Abs. 2). Ist der Erbe über den Berufungsgrund i m I r r t u m , so gelten Annahme und Ausschlagung als n i c h t e r f o l g t (§ 1949), obgleich nur ein M o t i v i r r t u m vorliegt (vgl. Bd. 1 S. 101). V. Die Annahme oder Ausschlagung können n i c h t auf einen T e i l der Erbschaft beschränkt werden. Die Annahme oder Ausschlagung eines Teils der Erbschaft ist unwirksam. Der Erbe kann also ζ. B. nicht das Haus des Erblassers ausschlagen, das bis zum vollen Werte mit Hypotheken belastet ist, und das unbelastete Landgut des Erblassers annehmen (§ 1950). Die S p a l t u n g von Annahme und Ausschlagung ist auch dann u n z u l ä s s i g , wenn der Erbe zu m e h r e r e n E r b t e i l e n berufen ist und die Berufung auf d e m s e l b e n G r u n d e beruht. A u f demselben Grunde beruhen die Berufungen, wenn sie i n demselben Testament, i n verschiedenen Testamenten, i n demselben Erbvertrag oder i n verschiedenen Erbverträgen mit einer und derselben Person enthalten sind. I n diesen Fällen erstreckt sich die für einen Erbteil
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§ 2 1 Der Erwerb der Erbschaft
erklärte Annahme oder Ausschlagung auch auf den anderen Erbteil, selbst wenn dieser dem Erben erst später anfällt. Schlägt der Erbe zu gleicher Zeit den einen Erbteil aus und nimmt er den anderen an, so sind beide Erklärungen unwirksam. Beruhen die Berufungen auf v e r s c h i e d e n e n G r ü n d e n (ζ. B. der Erbe ist auf den einen Erbteil durch Gesetz, auf den anderen durch Testament berufen), so kann er den e i n e n Erbteil a n n e h m e n und den a n d e r e n a u s s c h l a g e n . Dies gilt ausnahmsweise auch bei Berufungen aus demselben Grunde, wenn nämlich der E r b l a s s e r die Spaltung durch Verfügung von Todes wegen g e s t a t t e t hat (§ 1951). VI. Annahme und Ausschlagung können n i c h t unter einer B e d i n g u n g oder Z e i t b e s t i m m u n g erfolgen (§ 1947). Eine bedingte Ausschlagung ist auch die Ausschlagung zugunsten eines anderen. Kommt aber die Ausschlagung auf Grund der gesetzlichen Vorschriften dem anderen wirklich zugute, so liegt keine echte Bedingung vor; in diesem Fall ist die Erklärung also wirksam. V I I . Wenn A von Β b e e r b t worden und Β i n n e r h a l b d e r A u s s c h l a g u n g s f r i s t g e s t o r b e n ist, so geht das Recht, die Erbschaft des A anzunehmen oder auszuschlagen, auf den Erben des Β (C) über (§ 1952 Abs. 1). C kann aber nur dann eine Annahme- oder Ausschlagungserklärung hinsichtlich der Erbschaft des A abgeben, wenn er die Erbschaft des Β nicht ausschlägt; schlägt er die Erbschaft des Β aus, so hat er damit ohne weiteres auch seine Rechte an der Erbschaft des A aufgegeben. Durch den Tod des Β w i r d die Ausschlagungsfrist hinsichtlich der Erbschaft des A v e r l ä n g e r t . C braucht nämlich auch die Erbschaft des A nicht vor Beendigung der Frist auszuschlagen, die für die Erbschaft des Β läuft (§ 1952 Abs. 2). W i r d Β von m e h r e r e n Personen beerbt, so kann jede dieser Personen den ihrem Erbteil entsprechenden T e i l der Erbschaft des A ausschlagen (§ 1952 Abs. 3). Bestritten ist in diesem Fall, ob der ausgeschlagene Teil der Erbschaft des A den anderen Erben des Β anwächst oder an die anderen Erben des A fällt. I I I . Annahme und Ausschlagung sind a n f e c h t b a r nach den Vorschriften über die Rechtsgeschäfte unter L e b e n d e n . Unter entsprechender Anwendung des Wortes S a c h e in § 119 Abs. 2 auf die Erbschaft kommt daher eine Anfechtung der Annahme wegen Überschuldung der Erbschaft in Betracht. Anfechtbar ist auch die V e r s ä u m u n g d e r A u s s c h l a g u n g s f r i s t (§ 1956). Der Erbe, der die Ausschlagungsfrist versäumt hat, behauptet ζ. B., er sei durch eine
§ 21 Der Erwerb der Erbschaft
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Drohung an der Ausschlagung verhindert worden. Das RG. Bd. 143 S. 419 hat i m Gegensatz zu RG. Bd. 58 S. 81 die Anfechtung auch dann zugelassen, wenn der Erbe nicht annehmen wollte und die Ausschlagung unterlassen hat, weil er über den Ablauf der Frist oder die Rechtsfolgen des Ablaufs in Unkenntnis gewesen ist. Ζ. B. der Erbe hat geglaubt, die Ausschlagungsfrist betrage sechs Monate, während sie in Wirklichkeit sechs Wochen betrug (vgl. oben unter II), oder der Erbe hat geglaubt, Stillschweigen sei Ausschlagung. Die Anfechtung kann nur innerhalb einer F r i s t von sechs Wochen bzw. sechs Monaten erfolgen (vgl. i m einzelnen § 1954), sie geschieht durch eine öffentlich beglaubigte Erklärung gegenüber dem Nachlaßgericht (§ 1955). Die Anfechtung der Annahme gilt als Ausschlagung, die Anfechtung der Ausschlagung gilt als Annahme (§ 1957). Das ist nicht selbstverständlich, man könnte sich auch auf den Standpunkt stellen, daß der Erbe durch die Anfechtung die Möglichkeit der Ü b e r l e g u n g , ob er annehmen oder ausschlagen w i l l , zurückgewinnt. Das Gesetz lehnt das aber ab, um möglichst bald eine klare Rechtslage zu schaffen. I X . Die Ausschlagung der Erbschaft hat die Wirkung, daß der A n f a l l an den Ausschlagenden a l s n i c h t e r f o l g t gilt. Die Erbschaft fällt demjenigen an, welcher berufen sein würde, wenn der Ausschlagende zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte, der A n f a l l gilt als m i t d e m E r b f a l l erfolgt (§ 1953). Diese Vorschrift hat ζ. B. Bedeutung, wenn hinter dem, der ausgeschlagen hat, ein Ersatzerbe berufen ist und dieser zwischen dem Tod des Erblassers und der Ausschlagung gestorben ist (vgl. S. 36). X. Für die R e c h t s s t e l l u n g d e s E r b e n , der die Erbschaft n o c h n i c h t a n g e n o m m e n hat, gilt folgendes: Er braucht sich auf P r o z e s s e , die sich gegen den Nachlaß richten, n i c h t e i n z u l a s s e n (§ 1958). D a g e g e n kann er seinerseits als K l ä g e r einen dem Nachlaß zustehenden Anspruch gerichtlich geltend machen. Auch sonstige V e r w a l t u n g s h a n d l u n g e n hinsichtlich des Nachlasses kann er vornehmen, ist aber nicht dazu verpflichtet. Es kann sein, daß in der Verwaltungshandlung die A n n a h m e der Erbschaft zu erblicken ist (ζ. B. der Erbe veräußert das Landgut des Erblassers, dessen Wert 95 °/o des Nachlaß wertes beträgt, um aus dem Erlös seine Schulden zu bezahlen), dann ist der vorläufige Erbe dadurch zum endgültigen Erben geworden. Es kann aber auch sein, daß sich aus der Verwaltungshandlung der Wille, die Erbschaft endgültig zu behalten, noch nicht ergibt, ζ. B. der vorläufige Erbe nimmt eine unaufschiebbare Reparatur vor. Dann kann der Erbe trotz der
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Verwaltungshandlung noch ausschlagen und es erhebt sich nunmehr die Frage, wie die Handlung des vorläufigen Erben i m Verhältnis zum endgültigen Erben und zu Dritten zu beurteilen ist. 1. I m Verhältnis zum e n d g ü l t i g e n E r b e n w i r d er als G e s c h ä f t s f ü h r e r o h n e A u f t r a g behandelt (§ 1959 Abs. 1), da er durch die Ausschlagung die Erbschaft mit rückwirkender Kraft verloren hat (§ 1953). 2. Aus demselben Grunde werden die V e r f ü g u n g e n des Erben über Nachlaßgegenstände g r u n d s ä t z l i c h unwirksam. Eine Ausnahme gilt aber, wenn die Verfügung nicht ohne Nachteil für den Nachlaß verschoben werden konnte, oder wenn der Erwerber gutgläubig war, also z. B. bei beweglichen Sachen nichts davon wußte, daß der i m Besitz befindliche Veräußerer die Sache eben erst geerbt hatte und diese Unkenntnis sich auch nicht als grobe Fahrlässigkeit darstellte (§ 1959 Abs. 2). 3. Ein Rechtsgeschäft, das g e g e n ü b e r d e m E r b e n a l s s o l c h e n vorgenommen werden muß, bleibt auch nach der Ausschlagung wirksam, ζ. B. eine Kündigung oder Anfechtung (§ 1959 Abs. 3). Ob dasselbe auch für die L e i s t u n g a u f e i n e N a c h l a ß f o r d e r u n g gilt, ist bestritten. X I . Es kann vorkommen, daß i n der Zeit z w i s c h e n d e m T o d d e s E r b l a s s e r s u n d d e r A n n a h m e der Erbschaft der Nachlaß einer S i c h e r u n g bedarf, ζ. B. der zunächst berufene Erbe ist durch Krankheit verhindert, sich um die Erbschaft zu kümmern, und es besteht die Gefahr, daß Nachlaßsachen entwendet werden. I n solchen Fällen hat das N a c h l a ß g e r i c h t für die Sicherung des Nachlasses zu sorgen. Dasselbe gilt, wenn u η g e w i ß ist, ob der Erbe die Erbschaft a n g e n o m m e n hat, oder wenn der Erbe u n b e k a n n t ist (§ 1960 Abs. 1). Als Sicherungsmaßregeln kommen vor allem i n Betracht: Die A n l e g u n g v o n S i e g e l n , die H i n t e r l e g u n g v o n Geld, W e r t p a p i e r e n und K o s t b a r k e i t e n , die Aufnahme eines N a c h l a ß v e r z e i c h n i s s e s . Die weitestgehende Maßregel ist die Bestellung eines Ν a c h 1 a ß ρ f 1 e g e r s (§ 1960 Abs. 2). I n einem Fall hat das Gericht das Bedürfnis nach einer Nachlaßpflegschaft nicht zu prüfen, wenn nämlich ein G l ä u b i g e r des Nachlasses die Bestellung beantragt, u m eine K l a g e g e g e n d e n N a c h l a ß zu erheben; i n diesem Fall ist also der Nachlaßpfieger ohne weiteres zu bestellen (§ 1961).
§ 21 Der Erwerb der Erbschaft
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Die Nachlaßpflegschaft ist ein Fall der i m F a m i l i e n r e c h t behandelten P f l e g s c h a f t (vgl. §§ 1909 ff.). Die Nachlaßpflegschaft untersteht also grundsätzlich den Vorschriften über die V o r m u n d s c h a f t , der Pfleger hat den Nachlaß nach den Vorschriften des Vormundschaftsrechtes i n Besitz zu nehmen und zu verwalten. A n die Stelle des Vormundschaftsgerichts t r i t t aber nach § 1962 das N a c h l a ß g e r i c h t . Über Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft hat der Pfleger nicht zu entscheiden, er verwaltet den Nachlaß für den, der sich schließlich als Erbe herausstellen wird. Die Geschäfte des Nachlaßgerichtes werden von den A m t s g e r i c h t e n geführt (§ 72 Fr.GG.). Über die örtliche Zuständigkeit des Nachlaßgerichts vgl. §§ 73 f. Fr.GG. Von den sonstigen Geschäften des Nachlaßgerichts ist am gehörigen Ort zu reden, vgl. z. B. §§ 1964 ff., 2259 ff., 2353 ff. usw.
I V . A b s c h η i 11
D i e R e c h t s s t e l l u n g des E r b e n 1. Die Haftung für die Nachlaß Verbindlichkeiten § 22 Allgemeines I. Nadi r ö m i s c h e m Recht haftet der Erbe für die Nachlaßschulden nicht nur mit der Erbschaft, sondern auch m i t seinem Ρ r i ν a t ν e r m ö g e η , muß sich also bei einer überschuldeten Erbschaft gefallen lassen, daß die Gläubiger auch sein Privatvermögen zur Deckung ihrer Forderungen heranziehen, er kann aber durch rechtzeitige Errichtung eines I n v e n t a r s die Haftung auf den W e r t der Erbschaft b e s c h r ä n k e n . I m gemeinen Recht wurde aus dieser Haftung p r o v i r i b u s h e r e d i t a t i s eine Haftung c u m v i r i b u s h e r e d i t a t i s , d. h. der Erbe, der das Inventar errichtet hat, haftet nur mehr m i t den E r b s c h a f t s g e g e n s t ä n d e n , während nach römischem Recht die Inventarerrichtung nur die Folge hatte, daß er nicht mehr zu zahlen brauchte als der Wert des Nachlasses ausmachte, aber dafür auch m i t seinem sonstigen Vermögen haftete. A n Stelle dieser einfachen Lösung hat d a s B G B . eine s e h r v e r w i c k e l t e Regelung gesetzt. Infolgedessen besteht über das P r i n z i p d e r H a f t u n g S t r e i t . D i e h e r r s c h e n d e Meinung, die ich für richtig halte, nimmt folgendes an: Der Erbe haftet z u n ä c h s t u n b e s c h r ä n k t . Er kann seine Haftung aber b e s c h r ä n k e n , er haftet also b e s c h r ä n k b a r . Zur Herbeiführung der Haftungsbeschränkung genügt aber nicht die Errichtung des Inventars. Der Erbe muß vielmehr, u m die Befriedigung der Nachlaßgläubiger i n stärkerem Maße sicherzustellen, die Verwaltung des Nachlasses aus der Hand geben, und zu diesem Zweck beim Amtsgericht die Einsetzung eines Nachlaßverwalters oder Nachlaßkonkurs beantragen. Sind Nachlaßverwaltung oder Nachlaßkonkurs nicht tunlich, weil die durch diese Maßregeln verursachten Kosten aus den A k t i v e n des Nachlasses nicht gedeckt werden können, so kann der Erbe die Gläubiger auf den Nachlaß verweisen. Ein weniger sicheres M i t t e l der Haftungsbeschränkung ist der A n trag des Erben an das Amtsgericht, ein Aufgebot der Nachlaßgläubiger vorzunehmen.
§ 22 Allgemeines
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I n gewissen Fällen v e r l i e r t der Erbe die Möglichkeit, seine Haftung i n der eben erwähnten Weise zu b e s c h r ä n k e n , seine Haftung w i r d also u n b e s c h r ä n k b a r . Dies gilt dann, wenn der Erbe seinen Obliegenheiten hinsichtlich der Inventarerrichtung nicht nachkommt (§ 2013). Das Inventar hat also heute eine a n d e r e Bedeutung als i m r ö m i s c h e n Recht. I m römischen Recht führte die Errichtung des Inventars zu einer endgültigen Haftungsbeschränkung. I m heutigen Recht ist das nicht der Fall. Die Inventarerrichtung macht die Haftung des Erben heute nicht zu einer beschränkten — dazu sind andere Maßregeln, vor allem der Antrag auf Nachlaßverwaltung erforderlich —, aber sie verhindert, daß die Haftung unbeschränkbar wird, oder mit anderen Worten, daß die eben erwähnten Maßregeln erfolglos werden. II. Was sind N a c h l a ß s c h u l d e n oder Nachlaßverbindlichkeiten? 1. Die vom E r b l a s s e r herrührenden Schulden. 2. Die den E r b e n (§ 1967 Abs. 2).
als s o l c h e n
treffenden
Verbindlichkeiten
a) Dahin gehören die Verbindlichkeiten aus P f l i c h t t e i l s r e c h t e n , V e r m ä c h t n i s s e n und A u f l a g e n . Z u den Vermächtnissen zählen auch die g e s e t z l i c h e n V e r m ä c h t n i s s e (vgl. §§ 1932, 1969, 2149). Von diesen ist hier der sog. D r e i ß i g s t e (§ 1969) kurz zu erwähnen: der Erbe ist verpflichtet, F a m i l i e n a n g e h ö r i g e n des Erblassers, die zur Zeit des Todes des Erblassers zu dessen H a u s s t a n d gehört und von i h m U n t e r h a l t bezogen haben, diesen Unterhalt i n den ersten d r e i ß i g T a g e n n a c h d e m E r b f a l l weiter zu gewähren und die Benutzung der Wohnung und der Haushaltsgegenstände zu gestatten. Nachlaß Verbindlichkeit ist ferner der Unterhalts ansprach der zur Zeit des Erbfalls m i t dem künftigen E r b e n s c h w a n g e r e n M u t t e r. Sie kann bis zur Entbindung standesgemäßen Unterhalt verlangen, wenn sie außerstande ist, sich selbst zu unterhalten (§ 1963). Auch die Kosten der s t a n d e s g e m ä ß e n B e e r d i g u n g des Erblassers sind von dem Erben als solchen zu tragen (§ 1968). b) Ferner sind zu erwähnen die von dem V e r w a l t e r d e s N a c h l a s s e s , z. B. von dem Vorerben oder Nachlaßpfleger oder Testamentsvollstrecker eingegangenen Verbindlichkeiten, z. B. die Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises einer vom Testamentsvollstrecker gekauften Sache und die Ersatzansprüche des Nachlaßpflegers wegen Verwendungen.
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Die Rechtsstellung des Erben
c) Schließlich kommen noch eine Anzahl weniger wichtiger Fälle in Betracht: ζ. B. die Kosten der Todeserklärung (§ 34 des Verschollenheitsgesetzes vom 15. 1. 1951) oder der Inventarerrichtung.
I I I . Verbindlichkeiten aus ordnungsmäßiger Verwaltung des Nachlasses durch den Erben, die nach II, 2 b Nachlaßschulden sind, können den Erben auch p e r s ö n l i c h verpflichten. Dafür haftet also das eigene Vermögen des Erben auch dann, wenn er die Beschränkung der Erbenhaftung herbeigeführt hat (sogenannte N a c h l a ß e r b e n s c h u l d e η). Das RG. Bd. 146 S. 343 hat ζ. B. eine Vorerbin, nachdem Nachlaßverwaltung angeordnet war, i n dieser Weise persönlich m i t ihrem eigenen Vermögen für einen Kredit haften lassen, den sie zur Dekkung der Beerdigungskosten des Erblassers aufgenommen hatte. IV. Wer als Erbe v e r u r t e i l t worden ist, kann sich darauf, daß er beschränkt hafte, n u r b e r u f e n , wenn die Haftimg i h m i m Urteil v o r b e h a l t e n worden ist (§ 780 ZPO.). Trotz dieses Vorbehalts w i r d bei der Z w a n g s v o l l s t r e c k u n g die beschränkte Haftung des Erben z u n ä c h s t n i c h t berücksichtigt. Der Gerichtsvollzieher pfändet also ζ. B. die i m Gewahrsam des Erben befindlichen Sachen, ohne zu prüfen, ob sie zu dem Nachlaß gehören oder nicht. Es ist Sache des E r b e n , gegen die Zwangsvollstreckung i m Wege der Klage E i n w e n d u n g e n zu erheben (§ 781 ZPO.). § 23 Die unbeschränkbare Haftung I. Der Erbe gerät i n u n b e s c h r ä n k b a r e H a f t u n g , wenn er seine I n v e n t a r p f l i c h t v e r l e t z t . 1. Auf Antrag eines N a c h l a ß g l ä u b i g e r s hat das Nachlaßgericht dem Erben zur Errichtung des Inventars eine F r i s t zu bestimmen. Die V e r s ä u m u n g dieser Frist hat die u η b e s c h r ä η k b a r e Haftung des Erben gegenüber a l l e n Nachlaßgläubigem zur Folge (§ 1994). Die Frist soll mindestens einen Monat, höchstens drei Monate betragen (§ 1995). I n dem Inventar sollen die A k t i v e n und Passiven angegeben werden; die A k t i v e n sollen beschrieben werden, soweit das zur Bestimmung ihres Wertes erforderlich ist, außerdem soll der Wert angegeben werden (§ 2001). Die Errichtimg des Inventars ist auf z w e i e r l e i Weise möglich. Entweder macht der E r b e das Inventar s e l b s t , aber unter Zuziehung der zuständigen Behörde, des zuständigen Beamten oder Notars oder der Erbe übergibt die Errichtung des Inventars dem N a c h l a ß g e r i c h t und ist dann nur zur Auskunfterteilung verpflichtet. I n dem letzteren Fall wahrt der Erbe die
§ 23 Die unbeschränkbare Haftung
Inventarfrist (§§ 2002 f.).
durch
Stellung
des
Antrags
beim
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Nachlaßgericht
Dem F i s k u s als gesetzlichen Erben kann eine Inventarfrist n i c h t bestimmt werden; er ist nur verpflichtet, den Nachlaßgläubigern über den Bestand des Nachlasses A u s k u n f t zu erteilen (§ 2011). Dasselbe gilt nach § 2012 für den N a c h l a ß p f l e g e r (§§ 1960 f.) und den Nachlaßverwalter (§ 1975).
2. Weitere Fälle, i n denen der Erbe a l l e n Nachlaßgläubigern gegenüber u n b e s c h r ä n k b a r haftet, sind folgende: Der Erbe führt a b s i c h t l i c h eine e r h e b l i c h e U n v o l l s t ä n d i g k e i t der i m Inventar enthaltenen Angabe der Nachlaßgegenstände herbei oder er bewirkt i n der Absicht, die Nachlaßgläubiger zu benachteiligen, die A u f nahme einer n i c h t b e s t e h e n d e n N a c h l a ß v e r b i n d l i c h k e i t ; er v e r w e i g e r t i m Fall des § 2003 die Erteilung der A u s k u n f t oder v e r z ö g e r t sie absichtlich i n erheblichem Maße. Ist die Angabe der Nachlaßgegenstände unvollständig, ohne daß einer der eben erwähnten Fälle vorliegt — ζ. B. die Nichtaufnahme eines Nachlaßgegenstandes i n das Verzeichnis ist als eine Fahrlässigkeit anzusehen —, so k a n n dem Erben zur E r g ä n z u n g eine n e u e I n v e n t a r f r i s t bestimmt werden (§ 2005). 3. A u f Verlangen eines Nachlaßgläubigers hat der Erbe vor dem Nachlaßgericht den O f f e n b a r u n g s e i d dahin zu leisten, daß er nach bestem Wissen die Nachlaßgegenstände so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei. V e r w e i g e r t der Erbe die Leistung des Eides, so haftet er d e m G l ä u b i g e r , der den Antrag gestellt hat — a b e r n u r d i e s e m — u n b e s c h r ä n k b a r . Dasselbe gilt bei z w e i m a l i g e m N i c h t e r s c h e i n e n i n dem Eidestermin
(§ 2006). II. Das r e c h t z e i t i g e r r i c h t e t e Inventar schafft i m Verhältnis zwischen dem Erben und den Nachlaßgläubigern die V e r m u t u n g , daß beim Tod des Erblassers weitere Nachlaßgegenstände als die angegebenen nicht vorhanden gewesen sind. W i l l ein Nachlaßgläubiger einen anderen Gegenstand als Nachlaßgegenstand ansprechen, so muß er diese Eigenschaft b e w e i s e n (§ 2009). Die Vermutung kommt dem Erben auch dann zustatten, wenn er das Inventar a u s f r e i e n S t ü c k e n (also ohne Fristsetzung) errichtet hatte (vgl. § 1993). § 24 Die beschränkte Haftung I. D a s A u f g e b o t s v e r f a h r e n . 1. Für den Erben ist es wichtig, die N a c h l a ß g l ä u b i g e r k e n n e n z u l e r n e n . Zu diesem Zweck kann er — und außerdem 6 Schmidt, Bürgerliches Redit, V
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der N a c h l a ß p f l e g e r und T e s t a m e n t s v o l l s t r e c k e r — beim Amtsgericht das A u f g e b o t der Nachlaßgläubiger beantragen. Das Amtsgericht erläß't eine ö f f e n t l i c h e A u f f o r d e r u n g an die Gläubiger, sich innerhalb bestimmter Frist zu melden. Ein Gläubiger, der sich nicht meldet, w i r d durch U r t e i l des Amtsgerichts a u s g e s c h l o s s e n (§§ 1970 ff. BGB., 989 ff. ZPO.). Der Ausschluß bedeutet nicht, daß der ausgeschlossene Gläubiger seine Forderung vollständig verliert, er w i r d vielmehr gegenüber den anderen Gläubigern z u r ü c k g e s e t z t , der Erbe kann seine Befriedigung insoweit verweigern, als der Nachlaß durch die Befriedigung der anderen Gläubiger erschöpft wird. Einerlei ist dabei, ob die anderen Gläubiger schon b e z a h l t sind oder nicht, mit einer Ausnahme: Gegenüber Gläubigern aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen t r i t t der ausgeschlossene Gläubiger n u r zurück, wenn diese Gläubiger bereits bezahlt sind. Ist das bei Geltendmachung seiner Forderung noch nicht geschehen, so hat der ausgeschlossene Gläubiger den Vorrang (§ 1973 Abs. 1). Bleibt hiernach noch etwas für die ausgeschlossenen Gläubiger übrig, so muß der Erbe die Z w a n g s v o l l s t r e c k u n g dieser Gläubiger i n den Überrest d u l d e n . Er haftet dabei nach den Vorschriften über die Herausgabe einer u n g e r e c h t f e r t i g t e n B e r e i c h e r u n g , also nicht mehr, soweit eine Erbschaftssache auf irgend eine Weise untergegangen ist oder wenn er Aufwendungen auf die Erbschaft gemacht hat. Der Erbe kann die Herausgabe der noch vorhandenen Gegenstände durch Zahlung ihres W e r t e s abwenden (§ 1973 Abs. 2), ist also in der Lage, einen Gegenstand, der i h m aus irgendwelchen Gründen, ζ. B. als. Andenken, wert ist, sich zu erhalten. 2. G e w i s s e G l ä u b i g e r werden von dem Aufgebot n i c h t b e t r o f f e n , weil sie i m Gegensatz zu den gewöhnlichen Schulden des Erblassers dem Erben in der Regel b e k a n n t sind. Dahin gehören: die Gläubiger aus P f l i c h t t e i l s r e c h t e n , V e r m ä c h t n i s s e n und A u f l a g e n (§ 1972). Nicht betroffen werden ferner die P f a n d g l ä u b i g e r und die Gläubiger, die i m Konkurs den Pfandgläubigern gleichstehen, sowie Gläubiger, die bei der Zwangsvollstreckung i n das unbewegliche Vermögen ein Recht auf Befriedigung aus diesem Vermögen haben (ζ. B. die H y p o t h e k e n g l ä u b i g e r ) , ferner die Gläubiger, deren A n sprüche durch eine V o r m e r k u n g gesichert sind oder denen im Konkurs ein A u s s o n d e r u n g s r e c h t zusteht (§ 1971). Diese Aus-
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nahmestellung gilt aber nur hinsichtlich des besonderen Nachlaßgegenstandes, auf den diese Rechte sich beziehen. 3. Haftet der Erbe bereits für die Nachlaß'verbindlichkeiten u n b e s c h r ä n k b a r , so kann er das Aufgebot n i c h t m e h r beantragen (§ 2013 Abs. 1 Satz 1 BGB., § 991 ZPO.). Ist dagegen einem Gläubiger gegenüber bereits durch das Ausschlußurteil die b e s c h r ä n k t e H a f t u n g e i n g e t r e t e n , so nützt es diesem nichts mehr, wenn der Erbe n a c h h e r die Inventarfrist versäumt oder absichtlich ein unrichtiges Inventar errichtet (§ 2013 Abs. 1 Satz 3). Die beschränkte Haftung bleibt trotzdem weiter i n Kraft. Anders wenn der Erbe den O f f e n b a r u n g s e i d verweigert (bestr.). II. D i e f ü n f j ä h r i g e S ä u m n i s . Ebenso wie einen ausgeschlossenen Gläubiger behandelt das Gesetz den Gläubiger, der seine Forderung s p ä t e r a l s f ü n f J a h r e nach dem Erbfall dem Erben gegenüber geltend macht. Der Erbe muß dagegen geschützt werden, daß noch lange Zeit nach dem Tode des Erblassers imbekannte Gläubiger seine unbeschränkte Haftung i n A n spruch nehmen. Der Rechtsnachteil t r i t t daher für den Gläubiger nicht ein, wenn die Forderung dem Erben vor dem Ablauf der fünf Jahre bekannt oder i m Aufgebotsverfahren angemeldet worden ist (§ 1974). Gläubiger, die nach § 1971 von dem Aufgebot nicht betroffen werden, erleiden auch nicht den eben erwähnten Rechtsnachteil. Dagegen werden -die Pflichtteilsrechte, Vermächtnisse und Auflagen durch die fünfjährige Säumnis geschädigt (§ 1974 Abs. 3). I, 3 gilt hier entsprechend. Ist unbeschränkbare Haftung vor dem Ablauf der fünfjährigen Frist eingetreten, so kann also die Säumnis des Gläubigers dem Erben nichts mehr nützen. Verletzt der Erbe später seine Inventarpflicht, so schadet i h m das dem säumigen Gläubiger gegenüber nichts mehr (§ 2013). III. D i e N a c h l a ß v e r w a l t u n g . 1. a) Der Antrag auf Aufgebot der Nachlaßgläubiger ist für den Erben ein s e h r u n s i c h e r e s Mittel, u m die beschränkte Haftung herbeizuführen; gegenüber allen Nachlaßgläubigern, die sich rechtzeitig melden, versagt es. Der n o r m a l e W e g , um die H a f t u n g s b e s c h r ä n k u n g herbeizuführen, ist der A n t r a g a u f N a c h l a ß v e r w a l t u n g . Hat das Nachlaßgericht auf diesen Antrag hin die Nachlaßverwaltung angeordnet, so haftet den Gläubigern nur mehr der Nachlaß (§ 1975) und der Erbe kann auch verlangen, daß die bereits i n sein Privatvermögen erfolgten Vollstreckungsmaßregeln aufgehoben werden 6*
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(§ 784 ZPO.). Haftet der Erbe wegen Verletzung seiner Inventarpflicht bereits a l l e n Gläubigern gegenüber unbeschränkbar, so kann er die Anordnung der Nachlaßverwaltung nicht mehr beantragen, der Eint r i t t der unbeschränkbaren Haftung gegenüber e i n z e l n e n Nachlaßgläubigern (§ 2006) schließt dagegen den Antrag nicht aus, er kann also den anderen Gläubigern gegenüber durch den Antrag die Haftung noch beschränken (§ 2013 Abs. 2). b) Die Nachlaßverwaltung t r e n n t das Vermögen des Erblassers von dem des Erben, sie hebt daher die zwischen diesen beiden Vermögen eingetretene K o n f u s i o n wieder auf (§ 1976). Wegen jener Trennung haben die Nachlaßgläubiger ferner Veranlassung, die bisherige Verwaltung des Nachlasses durch den Erben mit kritischen Augen zu betrachten und ihn, falls er den Nachlaß durch sein Verschulden gemindert hat, v e r a n t w o r t l i c h zu machen; er haftet ihnen von der A n n a h m e der Erbschaft an, wie wenn sie ihn m i t der Verwaltung b e a u f t r a g t hätten; auf die v o r der Annahme der Erbschaft von dem Erben besorgten Geschäfte finden dagegen die Vorschriften über die G e s c h ä f t s f ü h r u n g o h n e A u f t r a g entsprechende Anwendung. Hat der Erbe aus seinem Privatvermögen A u f w e n d u n g e n zugunsten des Nachlasses gemacht, so sind i h m diese nach den Vorschriften über den Auftrag oder die Geschäftsführung ohne Auftrag zu ersetzen (§ 1978). Hat der Erbe e i n e n N a c h l a ß g l ä u b i g e r b e z a h l t , so müssen die anderen Gläubiger die Zahlung f ü r R e c h n u n g d e s N a c h l a s s e s erfolgt gelten lassen, wenn der Erbe den Umständen nach annehmen durfte, daß der Nachlaß zur Berichtigimg aller Nachlaßverbindlichkeiten ausreiche (§ 1979); unter dieser Voraussetzung kann der Erbe also ζ. B. verlangen, daß ihm der gezahlte Betrag, den er aus seinem Privatvermögen entnommen hat, ersetzt werde. Sobald der Erbe K e n n t n i s davon erlangt, daß der Nachlaß ü b e r s c h u l d e t ist, hat er die Eröffnung des Nachlaßkonkurses oder eventuell die Eröffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens zu beantragen; stellt er den Antrag nicht unverzüglich, so w i r d er dadurch den Nachlaßgläubigern für allen aus der Verzögerung erwachsenden S c h a d e n v e r a n t w o r t l i c h . Der Kenntnis des Erben stellt das Gesetz die f a h r l ä s s i g e U n k e n n t n i s gleich (siehe i m einzelnen § 1980). c) Das Gesetz sieht in der Nachlaßverwaltung eine N a c h l a ß pflegschaft zum Zwecke der Befriedigung der
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N a c h l a ß g l ä u b i g e r (§ 1975). A u f die Verwaltung finden also die Vorschriften über die V o r m u n d s c h a f t Anwendung (vgl. § 1915). M i t der Anordnung der Nachlaßverwaltung v e r l i e r t der E r b e das V e r w a l t u n g s - u n d V e r f ü g u n g s r e c h t hinsichtlich des Nachlasses.' Er w i r d i n dieser Beziehung ebenso behandelt wie der i m Konkurs befindliche Schuldner (vgl. §§ 7 f. KO.). Verwaltungs- und Verfügungsrecht g e h e n auf den N a c h l a ß v e r w a l t e r ü b e r . Er führt auch die den Nachlaß betreffenden Ρ r ο ζ e s s e. Er ist dem Erben und den Nachlaßgläubigern für seine Verwaltung v e r a n t w o r t l i c h , wobei die §§ 1979, 1980 Anwendung finden (§§ 1984 f.). Die H a u p t a u f g a b e des Verwalters besteht i n der B e r i c h t i g u n g d e r N a c h l a ß v e r b i n d l i c h k e i t e n . Er darf den Nachlaß dem Erben erst a u s a n t w o r t e n , nachdem die bekannten Nachlaßverbindlichkeiten berichtigt sind. Ist die Berichtigung zur Zeit nicht ausführbar oder ist eine Verbindlichkeit streitig, so darf die Ausantwortung des Nachlasses nur erfolgen, wenn dem Gläubiger Sicherheit geleistet w i r d (§ 1986). d) Die Nachlaßverwaltung w i r d nach § 1919 a u f g e h o b e n , wenn der G r u n d für ihre A n o r d n u n g w e g g e f a l l e n ist, d. h. wenn alle bekannten Nachlaßverbindlichkeiten berichtigt oder sichergestellt sind. Ferner endigt sie mit der E r ö f f n u n g d e s N a c h l a ß k o n k u r s e a (§ 1988). Hat während der Nachlaßverwaltung ein A u f g e b o t s v e r f a h r e n stattgefunden, so sind die Gläubiger, die sich nicht gemeldet haben, gemäß § 1973 auf den Nachlaßrest beschränkt. Wie sich die Haftung gegenüber a n d e r e n G l ä u b i g e r n nach der Beendigung der Nachlaßverwaltung gestaltet, also ζ. B., wenn ein Aufgebotsverfahren nicht stattgefunden hat, ist b e s t r i 11 e η. Es ist anzunehmen, daß die beschränkte Haftung w e i t e r b e s t e h e n b l e i b t . 2. Die Anordnung der Nachlaßverwaltung hat auch die weitere Folge, daß Z w a n g s v o l l s t r e c k u n g e n u n d A r r e s t e i n d e n N a c h l a ß zugunsten eines G l ä u b i g e r s , der n i c h t N a c h l a ß g l ä u b i g e r ist, a u s g e s c h l o s s e n (§ 1984, Abs. 2) und daß bereits erfolgte Vollstreckungsmaßregeln wieder a u f z u h e b e n sind (§ 784 Abs. 2 ZPO.). Demnach hat nicht nur der Erbe ein Interesse an der Nachlaßverwaltung, auch die N a c h l a ß g l ä u b i g e r können ein solches Interesse haben. Das Gesetz gibt ihnen daher ein s e l b s t ä n d i g e s A n t r a g s r e c h t , wenn Grund zu der Annahme besteht, daß die Befriedigung der Nachlaßgläubiger aus dem Nachlaß durch das V e r h a l t e n oder die V e r m ö g e n s l a g e d e s E r b e n g e -
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f ä h r d e t w i r d (§ 1981 Abs. 2). Die Nachlaßgläubiger brauchen es also nicht zu ertragen, daß sie dadurch geschädigt werden, daß die Erbschaft an einen zahlungsunfähigen Erben fällt. Sie können durch einen Antrag auf Nachlaßverwaltung die Ansprüche der Privatgläubiger des Erben von dem Nachlaß abwehren. Die P r i v a t g l ä u b i g e r d e s E r b e n genießen dagegen k e i n e n S c h u t z d a g e g e n , daß der Erbe eine überschuldete Erbschaft annimmt und dadurch ihre Lage verschlechtert. Sie haben kein Recht auf Anordnung einer Nachlaßverwaltung. IV. D e r N a c h l a ß k o n k u r s . 1. Steht bereits fest, daß der Nachlaß ü b e r s c h u 1 d e t ist, so führt der Erbe seine Haftungsbeschränkung durch einen A n t r a g auf Eröffnung des Nachlaßkonkurses herbei (§§ 1975 BGB., 215 KO.). Zu dem Antrag sind außerdem der N a c h l a ß v e r w a l t e r sowie ein anderer Nachlaßpfleger, ein Testamentsvolls t r e c k e r , dem die Verwaltung des Nachlasses zusteht, und jeder N a c h l a ß g l ä u b i g e r befugt, ein i m Aufgebotsverfahren ausg e s c h l o s s e n e r oder i m Sinn des § 1974 s ä u m i g e r Gläubiger, ein V e r m ä c h t n i s n e h m e r oder ein auf Vollziehung einer A u f l a g e Klageberechtigter allerdings nur, wenn zugleich über das Vermögen des Erben das Konkursverfahren eröffnet ist (§§ 217, 219 KO.). Der Nachlaßkonkurs setzt übrigens nicht voraus, daß der Erbe noch beschränkbar haftet, er hat aber, wenn bereits die unbeschränkbare Haftung eingetreten ist, die beschränkte Haftung nicht zur Folge (§ 2013). 2. Der Nachlaßkonkurs t r e n n t ebenso wie die Nachlaßverwaltung das P r i v a t v e r m ö g e n d e s E r b e n und den N a c h l a ß ; daher finden auch auf den Nachlaßkonkurs die bei der Nachlaßverwaltung unter I I I , 1, b besprochenen §§ 1976—1980 Anwendung. §§ 1977—1980 gelten aber nicht, wenn der Erbe bereits bei der Eröffnung des Konkurses unbeschränkbar haftete. 3. M i t der Eröffnung des Nachlaßkonkurses geht die V e r w a l t u n g des Nachlasses, insbesondere die V e r f ü g u n g über die Nachlaßgegenstände auf den K o n k u r s v e r w a l t e r über. Er hat nach den Regeln der KO. den Nachlaß zu v e r s i l b e r n und unter die Gläubiger zu v e r t e i l e n . Dabei kommen auch die besonderen Vorschriften der §§ 221 ff. KO. in Betracht, auf die hier verwiesen werden muß. 4. Der Konkurs e n d i g t regelmäßig durch V e r t e i l u n g d e r M a s s e o d e r d u r c h Z w a n g s v e r g l e i c h . I n diesem Fall fin-
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den; nach § 1989 auf die Haftung des Erben die Vorschriften des § 1973 entsprechende Anwendung (vgl. oben unter I). Eine Ausnahme gilt aber, wenn der Erbe bereits vor Eröffnung des Konkurses unbeschränkbar haftete, dann bleibt es bei dieser Haftimg. Nach dem Konkurs kann dem Erben keine Inventarfrist mehr gesetzt werden (§ 2000 Satz. 3). 5. Eine ähnliche Wirkung wie der Nachlaßkonkurs für die Haftungsbeschränkung des Erben hat auch das g e r i c h t l i c h e Verg l e i c h s v e r f a h r e n über den Nachlaß nach der Vergleichsordnung vom 26. Februar 1935 § 113. V. D i e E i n r e d e d e r
Dürftigkeit.
1. Enthält der Nachlaß noch nicht einmal so viel A k t i v a , daß daraus die K o s t e n der Nachlaßverwaltung oder des Konkurses gedeckt werden können, so hätten Nachlaßverwaltung und Nachlaßkonkurs k e i n e n S i n n , da ja doch nichts für die Gläubiger übrigbleiben würde. Nachlaßverwaltung und Nachlaßkonkurs werden daher i n diesem Fall nicht eröffnet, und wenn sich die Geringfügigkeit der A k t i v a erst nach: der Eröffnung herausstellt, wieder eingestellt (vgl. §§ 1982, 1988 Abs. 2 BGB., KO. §§ 107, 204). I n diesem Fall kann der Erbe die Befriedigung eines Nachlaßgläubigers i n s o w e i t verw e i g e r n , als der Nachlaß n i c h t a u s r e i c h t , er haftet also b e s c h r ä n k t , und braucht nur zu dulden, daß die Gläubiger i n den Nachlaß vollstrecken (§ 1990 Abs. 1). Seine Haftung ist insofern der des § 1973 ähnlich, aber doch wieder dadurch strenger, daß er nicht bloß nach Bereicherungsgrundsätzen haftet, sondern daß er den Nachlaßgläubigern nach den oben (S. 84) besprochenen §§ 1978, 1979 verantwortlich ist (§ 1991) und Ersatz seiner Aufwendungen nur gemäß diesen Vorschriften verlangen kann, also ζ. B. nicht, wenn die Aufwendung von vornherein überflüssig war (vgl. § 670). K o n f u s i o n e n zwischen dem Vermögen des Erblassers und des Erben gelten nach § 1991 Abs. 2 als n i c h t erfolgt. Der Erbe muß also, wenn er dem Erblasser etwas schuldig war, den Betrag seiner eigenen Schuld den Gläubigern zur Verfügung stellen. Der Erbe kann die Gläubiger aus dem Nachlaß so befriedigen, wie sie sich m e l d e n . Er kann von einem Gläubiger, der infolge verspäteter Meldung ausfällt, nicht verantwortlich gemacht werden, trotzdem er ihn kannte. Eine Ausnahme gilt aber hinsichtlich der Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen. Der Erbe hat sie so zu berichtigen, wie sie i m Fall des Konkurses zur Be-
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richtigung kommen würden (vgl. § 226 KO.), also hinter allen anderen i h m bekannten Nachlaßgläubigern (§ 1991 Abs. 4). 2. Beruht die Überschuldung des Nachlasses auf V e r m ä c h t n i s s e n und A u f l a g e n , so kann der Erbe i n der eben unter 1 erwähnten Weise diese Gläubiger auf den Nachlaß verweisen, auch wenn er n i c h t d ü r f t i g ist. Der Erbe braucht also hier, u m seine beschränkte Haftung herbeizuführen, nicht Nachlaßkonkurs zu beantragen. Er hat ferner den Vorzug, daß er die H e r a u s g a b e der noch vorhandenen Nachlaßgegenstände durch Zahlung ihres W e r t e s a b w e n d e n kann (§ 1992). VI. D i e a u f s c h i e b e n d e n E i n r e d e n . Der Erbe wäre i n einer üblen Lage, wenn er sich gefallen lassen müßte, daß die Nachlaßgläubiger sich für ihre Forderungen befriedigen, bevor er sich durch Errichtung eines Inventars einen Überblick ,über die A k t i v a verschaffen und i m Wege des Aufgebotsverfahrens die Passiva feststeilen kann. Das Gesetz gibt ihm daher z w e i a u f s c h i e b e n d e Einreden, die m i t der I n v e n t a r e r r i c h t u n g und dem A u f g e b o t s v e r f a h r e n zusammenhängen. Er kann die Berichtigung einer Nachlaßverbindlichkeit bis zum A b lauf der e r s t e n d r e i M o n a t e nach der Annahme der Erbschaft, jedoch nicht über die Errichtung des I n v e n t a r s hinaus verweigern (§ 2014). Selbst nach Ablauf der drei Monate hat er noch ein Verweigerungsrecht, wenn er das A u f g e b o t s v e r f a h r e n innerhalb e i n e s J a h r e s nach der Annahme der Erbschaft beantragt hat und dieser Antrag zugelassen ist, bis zur Beendigung des Aufgebotsverfahrens (§ 2015). Durch die Geltendmachung der Einreden w i r d eine unter dem V o r b e h a l t d e r b e s c h r ä n k t e n H a f t u n g ergehende V e r u r t e i l u n g nicht ausgeschlossen (§ 305 ZPO.). Auch eine Z w a n g s v o l l s t r e c k u n g ist möglich, der Erbe kann aber verlangen, daß sie auf A r r e s t m a ß r e g e l n beschränkt wird. Nachlaßsachen können daher ζ. B. gepfändet, aber nicht versteigert werden (§ 782 ZPO.). Ob die Einreden m a t e r i e l l r e c h t l i c h e Einreden sind, durch die der V e r z u g ausgeschlossen wird, ist b e s t r i 11 e η. Dies hat Bedeutung für die Anwendung der §§ 286—288, 326 auf die Schuld des Erben während der Zeit der Verzögerung( vgl. Bd. 2 S. 45 f.). Die Einreden v e r s a g e n , wenn der Erbe u n b e s c h r ä n k b a r h a f t e t , ferner soweit ein Gläubiger nach § 1971 von dem Aufgebot der Nachlaßgläubiger nicht betroffen w i r d (§ 2016).
§ 25 Die Haftung des Vor- und Nacherben
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§ 25 Die Haftung des Vor- und Nadierben I. W ä h r e n d d e r V o r e r b s c h a f t besteht keine Haftung des Nacherben, der Vorerbe haftet nach den gewöhnlichen Regeln. I I . Für die Z e i t d e r N a c h e r b s c h a f t gilt folgendes: 1. Der N a c h e r b e h a f t e t , w e i l er jetzt Erbe geworden ist, für die Nachlaßschulden; die Vorschriften über die B e s c h r ä n k u n g d e r H a f t u n g gelten auch für ihn; an Stelle des Nachlasses t r i t t dasjenige, was er aus der Erbschaft erlangt, m i t Einschluß der i h m gegen den Vorerben als solchen zustehenden Ansprüche (§ 2144 Abs. 1). Er k a n n also N a c h l a ß v e r w a l t u n g und N a c h l a ß k o n k u r s beantragen, und wenn diese an der D ü r f t i g k e i t des Nachlasses scheitern, die Einrede aus §§ 1990 f. geltend machen. Er kann das A u f g e b o t d e r N a c h l a ß g l ä u b i g e r beantragen; ein vom Vorerben bereits eingeleitetes Aufgebotsverfahren und das von diesem erw i r k t e Ausschlußurteil kommen i h m zugute (§ 998 ZPO.). Er kann sich auf die f ü n f j ä h r i g e S ä u m n i s der Nachlaßgläubiger berufen (§ 1974), und zwar werden die fünf Jahre vom Erbfall an gerechnet. Durch V e r l e t z u n g d e r I n v e n t a r p f l i c h t gerät der Nacherbe i n u n b e s c h r ä n k b a r e Haftung. Die Errichtung des Inventars kann aber nicht von i h m verlangt werden, wenn der Vorerbe bereits ein Inventar gemacht hat; dieses Inventar kommt dem Nacherben zustatten. Verletzt der Nacherbe seine Inventarpflicht, so schadet i h m das dem V o r e r b e n gegenüber n i c h t s , der Vorerbe hätte ja selbst ein Inventar errichten können (§ 2144 Abs. 2 und 3). 2. Wie steht es m i t der H a f t u n g d e s V o r e r b e n ? Zwei Fragen sind zu trennen: W o f ü r haftet der Vorerbe und w o m i t haftet er? a) Der Vorerbe haftet den Gläubigern f ü r Verbindlichkeiten, welche i m Verhältnis zwischen ihm und dem Nacherben i h m zur Last fallen; das Verhältnis zwischen dem Vorerben und dem Nacherben ist also hier auch von Bedeutimg für die Haftung des Vorerben gegenüber den Gläubigern — was keineswegs selbstverständlich ist. Der Vorerbe haftet also ζ. B. für die auf die Zeit der Vorerbschaft entfallenden laufenden Steuern (§ 2145 Abs. 1 Satz 2). Für andere Verbindlichkeiten haftet der Vorerbe insoweit, als der N a c h e r b e n i c h t haftet (§ 2145 Abs. 1 Satz 1). Bei beschränkter Haftung des Nacherben haftet also der Vorerbe ζ. B. nicht, wenn der Nachlaß zur Deckung der Forderungen ausreicht. b) W o m i t haftet der Vorerbe? Er haftet u n b e s c h r ä n k b a r , wenn er bereits während der Vorerbschaft in unbeschränkbare Haf-
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tung geraten ist. Ist die Haftung noch beschränkbar, so bedarf es zur Herbeiführung der Beschränkung nicht der Nachlaßverwaltung oder des Nachlaßkonkurses; der Vorerbe kann vielmehr, auch wenn der Nachlaß nicht dürftig ist (vgl. § 24, V), die Berichtigung der Nachlaßschulden insoweit verweigern, als dasjenige n i c h t a u s r e i c h t , was i h m von der Erbschaft gebührt (§ 2145 Abs. 2). 2. M i t e r b e n § 26 Das Rechtsverhältnis der Miterben untereinander I. Wenn der Erblasser m e h r e r e E r b e n hinterläßt, so w i r d der Nachlaß ihr g e m e i n s c h a f t l i c h e s Vermögen (§ 2032, Abs. 1). 1. Die Gemeinschaft bezieht sich nicht nur auf den Nachlaß, wie er beim Tode des Erblassers vorhanden war, sondern auch auf die in § 2041 aufgezählten S u r r o g a t e (vgl. dazu S. 99). 2. Die Gemeinschaft ist vom BGB. als eine G e s a m t h a n d ausgestaltet worden (vgl. Bd. 2 S. 143) i m Gegensatz zum römischen Recht. Nach r ö m i s c h e m Recht kann jeder Miterbe über seinen A n t e i l an den einzelnen zur Erbschaft gehörigen Gegenständen s e l b s t ä n d i g v e r f ü g e n . Forderungen und Schulden sind einfach unter die Miterben geteilt. Nach § 2033 Abs. 2 kann dagegen ein M i t erbe über seinen A n t e i l an den einzelnen Nachlaßgegenständen n i c h t v e r f ü g e n , Verfügungen über einen Nachlaßgegenstand können nur von den Miterben g e m e i n s c h a f t l i c h vorgenommen werden (§ 2040). Wohl aber läßt das BGB. eine Verfügung des Miterben über seinen E r b t e i l i m g a n z e n zu, der Vertrag bedarf g e r i c h t l i c h e r oder n o t a r i e l l e r B e u r k u n d u n g (§ 2033 Abs. 1). Ein Miterbe kann also z. B., wenn der Erblasser die Auseinandersetzung auf längere Zeit ausgeschlossen hat, seinen Erbteil veräußern und dadurch zu Gelde machen. Er kann ihn auch zu Sicherungszwecken veräußern oder verpfänden, wenn er Kredit braucht. Durch die Veräußerung gehen die Rechte des Miterben am Gesamthandsvermögen auf den Erwerber o h n e w e i t e r e s über. Er w i r d also ζ. B. Miteigentümer der Nachlaßgrundstücke, ohne daß es dazu einer Eintragung i m Grundbuch bedarf. Ob der Erwerber auch i m übrigen die v o l l e R e c h t s s t e l l u n g des Erben erlangt, ist b e s t r i t t e n . Bedeutung hat die Streitfrage z. B., wenn ein Erbschein von einem Miterben des Veräußerers beantragt wird; muß dieser Erbschein auf den Namen des Veräußerers oder des Erwerbers lauten?
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Der Eintritt des Erwerbers i n die Erbengemeinschaft kann den übrigen Miterben unangenehm sein, das Gesetz gibt ihnen daher ein V o r k a u f s r e c h t . Das Vorkaufsrecht "untersteht den allgemeinen Regeln der §§ 504 ff., außerdem gelten einige besondere erbrechtliche Vorschriften (§§ 2034—2038). Danach hat der Veräußerer den anderen Mitereben den Inhalt des Kaufvertrages u n v e r z ü g l i c h m i t z u t e i l e n (§ 510). Die Frist, innerhalb deren diese das Vorkaufsrecht ausüben können, beträgt zwei Monate. Das Vorkaufsrecht ist ν e r e r b 1 i c h (§ 2034 Abs. 2). Ist der verkaufte Erbteil auf den Käufer ü b e r t r a g e n , so e r l i s c h t damit das Vorkaufsrecht gegen den V e r k ä u f e r und richtet sich nun gegen den K ä u f e r (§ 2035). Der Käufer ist also dann verpflichtet, dem Vorkaufsberechtigten den erworbenen A n t e i l i n gerichtlicher oder notarieller Form zu veräußern. Der Kaufvertrag belastet nach § 2382 ff. den Käufer m i t der Haftung für die N a c h l a ß s c h u l d e n . Von dieser Haftung w i r d der Käufer nach § 2036 f r e i , sobald er den Erbteil auf die Miterben übertragen hat (§ 2036, über eine Ausnahme vgl. Satz 2). 3. Die V e r w a l t u n g des Nachlasses steht den M i t erben g e m e i n s c h a f t l i c h zu; jeder ist den anderen gegenüber verpflichtet, zu Maßregeln mitzuwirken, die zur o r d n u n g s m ä ß i g e n V e r w a l t u n g erforderlich sind; die zur E r h a l t u n g notwendig e n Maßregeln kann jeder Miterbe ohne M i t w i r k u n g der anderen treffen (§ 2038 Abs. 1). Für die Verteilung der Früchte und Lasten, die Zulässigkeit von Mehrheitsbeschlüssen und einige andere Fragen verweist das Gesetz (§ 2038 Abs. 2) auf die Regeln der §§ 743, 745, 746, 748 über die Bruchteilsgemeinschaft (siehe Bd. 2 S. 143 ff.), für die Teilung der Früchte gibt es außerdem in § 2038 Abs. 2 Satz 2 und 3 noch einige besondere Vorschriften. Unter die Verwaltung fällt auch die G e l t e n d m a c h u n g der zum Nachlaß gehörigen A n s p r ü c h e . Der Verpflichtete kann nur an a l l e M i t e r b e n g e m e i n s c h a f t l i c h l e i s t e n , zur K l a g e bedarf es aber nicht der Zustimmung sämtlicher Miterben, vielmehr kann der Anspruch auch von einem e i n z e l n e n M i t e r b e n erhoben werden. Er kann aber n u r Leistung an a l l e Er.ben fordern, statt dessen kann er auch verlangen, daß der Verpflichtete die zu leistende Sache für a l l e Erben h i n t e r l e g t , oder wenn sie sich nicht zur Hinterlegung eignet, an einen gerichtlich zu bestellenden V e r w a h r e r abliefert (§ 2039).
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II. Die Erbengemeinschaft ist vom Gesetz nur als ein v o r ü b e r g e h e n d e r Zustand gedacht; sie w i r d durch die A u s e i n a n d e r s e t z u n g der Miterben beendigt. 1. Jeder Miterbe kann grundsätzlich j e d e r z e i t die Auseinandersetzung f o r d e r n (§ 2042). Es gelten aber folgende Ausnahmen: a) Die Erbteile sind wegen der zu erwartenden G e b u r t eines M i t erben noch u n b e s t i m m t . Dann ist die Auseinandersetzung bis zur Hebung der Unbestimmtheit noch ausgeschlossen, dasselbe gilt, wenn die Unbestimmtheit darauf beruht, daß eine Entscheidung über eine Ehelichkeitserklärung, über die Bestätigung einer Annahme an K i n desstatt oder über die Genehmigung einer vom Erblasser errichteten Stiftung noch aussteht (§ 2043). b) Bei der Auseinandersetzung sind i n e r s t e r Linie die Ν a c h l a ß s c h u l d e n zu bezahlen; daher kann jeder Miterbe verlangen, daß die Auseinandersetzung bis zur Beendigung des nach § 1970 z u 1 lässigen A u f g e b o t s v e r f a h r e n s oder bis zum Ablauf der in § 2061 (vgl. S. 97) bestimmten A n m e l d e f r i s t a u f g e s c h o b e n w i r d (§ 2045). c) Die Auseinandersetzung kann auch durch R e c h t s g e s c h ä f t ausgeschlossen oder aufgeschoben werden. α) Die M i t e r b e n können den Ausschluß oder den Aufschub v e r e i n b a r e n . Die Vereinbarung kann sich auf den ganzen Nachlaß oder einzelne Nachlaßgegenstände beziehen. Sie kann auch i n der Festsetzung einer Kündigungsfrist bestehen. Trotz der Vereinbarung kann die Auseinandersetzung verlangt werden, wenn ein wichtiger Grund dafür vorliegt (vgl. §§ 2042 Abs. 2, 749 Abs. 2). ß) Der E r b l a s s e r kann den Ausschluß oder Aufschub durch l e t z t w i l l i g e V e r f ü g u n g anordnen. Für diese Anordnung gilt das unter α) für die Vereinbarung der Miterben Gesagte (§ 2044 Abs. 1). Die Bestimmimg des Erblassers kann den Sinn haben, daß die Erben, selbst wenn alle e i n v e r s t a n d e n sind, nicht teilen sollen; dann kann der Testamentsvollstrecker die Teilung des Nachlasses gegen den Willen sämtlicher Erben ablehnen. Die Bestimmung des Erblassers kann aber auch in einem w e n i g e r s t r e n g e n Sinn gemeint sein; die Teilung soll nur dann ausgeschlossen sein, wenn ein Miterbe das verlangt. Die Anordnung des Erblassers w i r d grundsätzlich unwirksam, wenn dreißig Jahre seit dem E i n t r i t t des Erbfalls verstrichen sind. Über einige Ausnahmen vgl. § 2044 Abs. 2. 2. Die A u s e i n a n d e r s e t z u n g v e r l ä u f t folgendermaßen: Zunächst werden die N a c h l a ß v e r b i n d l i c h k e i t e n be-
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r i c h t i g t ; dazu ist der Nachlaß, soweit erforderlich, i n Geld tunzusetzen (§ 2046). Der dann noch verbleibende Überschuß w i r d auf die Erben nach dem Verhältnis der Erbteile verteilt (§ 2047). Dabei gelten die i n Bd. 2 S. 145 besprochenen Regeln der §§ 752—758 über die Bruchteilsgemeinschaft (§ 2042 Abs. 2). Danach kommt i n erster Linie N a t u r a l t e i l u n g i n Frage; wenn diese ausgeschlossen ist, w i r d der gemeinschaftliche Gegenstand v e r k a u f t und der Erlös geteilt (§§ 752 f.). Die E r b e n können, wenn sie e i n i g sind, von den eben erwähnten Teilungsregeln abweichen; sie können ζ. B. vereinbaren, daß ein M i t erbe das Haus des Erblassers gegen eine bestimmte Summe übernimmt. Auch der E r b l a s s e r kann Anordnungen über die Teilung treffen, die aber keine dingliche Wirkung haben. Das Haus, das der Miterbe A nach der Anordnung des Erblassers für 30 000 D M übernehmen soll, w i r d also nicht ohne weiteres Eigentum des A, sondern erst, wenn die anderen Miterben es ihm übereignen. Der Erblasser kann auch bestimmen, daß die Teilung nach dem b i l l i g e n E r m e s s e n eines Dritten erfolgen soll; dieser ist dann an die oben erwähnten gesetzlichen Teilungsregeln nicht gebunden. Seine Bestimmung ist aber für die Erben nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist; die Bestimmung erfolgt in diesem Falle durch Urteil (§ 2048). Ist ein T e s t a m e n t s v o l l s t r e c k e r ernannt, so hat er die Teilung nach Maßgabe der gesetzlichen Regeln vorzunehmen (§ 2204); nur wenn der Erblasser die Teilung seinem billigen Ermessen überlassen hat, ist er ebenso w i e ein Dritter an die gesetzlichen Regeln nicht gebunden. 3. Wenn ein Testamentsvollstrecker nicht vorhanden ist, soll das N a c h l a ß g e r i c h t auf A n t r a g e i n e s E r b e n die Auseinandersetzung v e r m i t t e l n (§ 86 Fr.GG.). Die Vermittlung s c h e i t e r t , wenn ein Miterbe W i d e r s p r u c h erhebt. Erscheint er nicht i n dem vom Nachlaßgericht anberaumten Termin, so w i r d i h m der Teilungsplan mitgeteilt; schweigt er dazu innerhalb einer i h m gesetzten Frist, so w i r d angenommen, daß er einverstanden sei (§ 93 Fr.GG.). S c h e i t e r t die Vermittlung des Nachlaßgerichts, so bleibt dem Antragsteller nichts anderes übrig, als die Miterben auf Vornahme der Teilung i m gewöhnlichen Prozeßweg zu v e r k l a g e n . Diese Klage ist übrigens auch zulässig, wenn das Nachlaßgericht vorher nicht angegangen worden ist. Sie ist aber ausgeschlossen, wenn ein Testamentsvollstrecker vorhanden ist.
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I I I . I n vielen Fällen erhält das K i n d oder ein sonstiger Abkömmling des Erblassers bei dessen L e b z e i t e n bereits von i h m eine Z u w e n d u n g . Ζ. B. die Tochter erhält eine Aussteuer, der Sohn oder der Enkel von einem vorverstorbenen Sohn erhält von dem Vater oder Großvater die für sein Studium erforderlichen Geldbeträge. I n solchen Fällen erhebt sich die Frage, ob die Zuwendung bei der Erbfolge zur A u s g l e i c h u n g zu bringen ist. 1. Die Ausgleichungspflicht w i r d i n § 2050 Abs. 1 zunächst hinsichtlich der A u s s t a t t u n g ausgesprochen, die ein Abkömmling erhalten hat. Ausstattung ist nach § 1624 das, was einem Kinde mit Rücksicht auf seine Verheiratung oder auf die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung zur Begründung oder Erhaltung der W i r t schaft oder der Lebensstellung von dem Vater oder der Mutter zugewendet wird. Z u s c h ü s s e , die zu dem Zweck gegeben werden, als E i n k ü n f t e verwendet zu werden, sowie A u f w e n d u n g e n f ü r d i e V o r b i l d u n g z u e i n e m B e r u f e sind aber nur insoweit zur Ausgleichung zu bringen, als sie das den Vermögensverhältnissen des Erblassers entsprechende Maß überstiegen haben. Hatte der Erblasser ein Einkommen von 20 000 D M jährlich, so ist also die Aussteuer von 7000 DM, die er seiner Tochter gegeben hat, ausgleichungspflichtig; die 20 000 DM, die er während zehn Jahren i n Beträgen von jährlich 2000 D M f ü r die Ausbildung seines Sohnes ausgegeben hat, sind nicht ausgleichungspflichtig. Der E r b l a s s e r kann eine nach dem bisher Gesagten begründete Ausgleichungspflicht dadurch b e s e i t i g e n , daß er bei der Zuwendung die Ausgleichungspflicht a u s s c h l i e ß t . Umgekehrt kann er Zuwendungen, die nach dem bisher Gesagten nicht ausgleichungspflichtig sind, dadurch ausgleichungspflichtig m a c h e n , daß er bei der Zuwendung die Ausgleichung a n o r d n e t . Hat er das bei der Zuwendung unterlassen, so kann er es später nur i n der Form des Vermächtnisses nachholen (§ 2050 Abs. 3). Die Ausgleichungspflicht kommt nur i n Betracht, soweit A b k ö m m l i n g e n e b e n e i n a n d e r erben; für die E h e f r a u hat sie k e i n e Bedeutung. Fällt bei einem Nachlaß von 40 000 D M die Erbschaft an die Frau und zwei Kinder, von denen eines eine Aussteuer von 8000 D M erhalten hat, so bekommt die Ehefrau als gesetzliche Erbin 10 000 D M und erst hinsichtlich des Restes von 30 000 D M findet die Ausgleichung unter den beiden Kindern statt. Die Ausgleichung gilt für Abkömmlinge, die als g e s e t z l i c h e E r b e n zur Erbfolge gelangen. Sind die Abkömmlinge vom Erblasser
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zu Erben e i n g e s e t z t , so sind sie nur ausgleichungspflichtig, wenn sie auf das eingesetzt sind, was sie als gesetzliche Erben erhalten würden, oder wenn der Erblasser ihre Erbteile so bestimmt hat, daß sie zueinander i n demselben Verhältnis stehen wie die gesetzlichen Erbteile (§ 2052). Hat dagegen der Erblasser den einen Sohn, der bereits eine Zuwendung erhalten hat, auf ein Drittel und den anderen auf zwei Drittel zu Erben eingesetzt, so ist anzunehmen, daß er die früheren Zuwendungen bereits durch die Verschiedenheit der Erbteile berücksichtigt hat. Hat ein w e g g e f a l l e n e r Abkömmling eine ausgleichungspflichtige Zuwendung erhalten, so trifft den an seine Stelle tretenden Abkömmling die Ausgleichungspflicht. Hat der Vater seiner Tochter eine Aussteuer im Betrage von 10 000 D M gegeben, so muß also der einzige Sohn der Tochter, die vor ihrem Vater gestorben ist, nach dem Tode des Vaters die 10 000 D M zur Ausgleichung bringen (§ 2051 Abs. 1). Dasselbe gilt für einen E r s a t z e r b e n des weggefallenen Abkömmlings (§ 2051 Abs. 2).
2. Bei der Ausgleichung w i r d i n der Weise v e r f a h r e n , daß der Wert der sämtlichen ausgleichungspflichtigen Zuwendungen dem Nachlaß hinzugezählt, darauf der Betrag der Erbteile ermittelt und von dem Erbteil jedes Erben die Zuwendung, die er erhalten hat, abgezogen wird. A hinterläßt z. B. zwei Töchter als gesetzliche Erben. Die eine Tochter (B) hat eine Aussteuer von 15 000 D M Wert erhalten, die andere (C) eine Aussteuer von 10 000 D M Wert. Der Wert des Nachlasses beträgt 35 000 DM. Dann ergeben sich bei Hinzurechnung der Zuwendungen zum Nachlaß 60 000 DM. A u f jede Tochter entfallen also 30 000 DM. Β erhält also von dem Nachlaß 15 000 DM, C 20 000 DM. Bei einer Wertveränderung zwischen der Zeit der Zuwendung und dem Erbfall ist die Zeit der Zuwendung maßgebend (§ 2055 Abs. 2). Hat Β i n dem oben erwähnten Beispiel außer der Zuwendung von 15 000 D M später noch einmal 40 000 D M erhalten, so ergibt sich folgende Rechnung. Der Wert des Nachlasses und sämtlicher Zuwendungen zusammen ist 100 000 DM. A u f Β entfallen also 50 000 und auf C ebenfalls 50 000. Β hat bereits 55 000 bei Lebzeiten des Erblassers erhalten. I n diesem Fall ist Β zur H e r a u s z a h l u n g der zu viel empfangenen 5000 D M n i c h t verpflichtet, vielmehr erhält der C einfach den gesamten Nachlaß von 35 000. Wäre außer C noch ein Miterbe D vorhanden, so würden C und D den Nachlaß einfach so verteilen, daß der Wert des von Β empfangenen und sein Erbteil außer Ansatz bleiben. Z u den noch vorhandenen 35 000 D M wären die von C empfangenen 10 000 hinzuzuzählen, auf C und D würden also
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45 000/2 lallen; D würde also 22 500 und C 12 500 erhalten (§ 2056). Trotzdem Β i n dem eben erwähnten Fall nichts aus dem Nachlaß erhält, ist er doch E r b e zur Hälfte (in dem ersten Fall) u n d zu ein D r i t t e l (in dem zweiten Fall). Er kann also ζ. B. gemäß § 2039 klagen. 3. Jeder Miterbe ist verpflichtet, den übrigen Miterben A u s k u n f t über die Zuwendungen zu erteilen, die er zur Ausgleichung zu bringen hat (§ 2057). § 27 Die Haftung der Miterben gegenüber den Nadilaßgläubigern Wenn m e h r e r e Erben vorhanden sind, so t r i t t zu der beim Alleinerben behandelten Frage, w o m i t der Erbe haftet — nur mit dem Nachlaß (beschränkt) oder auch mit seinem eigenen Vermögen (unbeschränkt) — eine z w e i t e Frage hinzu, die Frage, w o f ü r er haftet, nämlich ob er gesamtschuldnerisch haftet oder nur f ü r den Teil der Nachlaßschuld, der seinem Erbteil entspricht, also bei einer Nachlaßschuld von 900 und drei Miterben i n Höhe von 300. Das Gesetz unterscheidet die Zeit v o r der Teilung und die s p ä t e r e Zeit. I. V o r d e r T e i l u n g haften die iMiterben grundsätzlich als G e s a m t s c h u l d n e r . Der Gläubiger, der dem Erblasser ein Darlehn von 900 D M gegeben hat, kann sich also einen Miterben heraussuchen und von i h m 900 verlangen. W o m i t haftet nun der Miterbe für diesen Betrag von 900? Nach § 2059 nur mit seinem A n t e i l a m N a c h l a ß , also grundsätzlich b e s c h r ä n k t — eine Abweichung von dem für den Alleinerben geltenden Prinzip (vgl. oben S. 78). Der Gläubiger kann den A n t e i l nach § 859 Abs. 2 ZPO. p f ä n d e n lassen. Jeder einzelne Miterbe kann aber durch V e r l e t z u n g d e r I n v e n t a r p f l i c h t (vgl. oben S. 80) in u n b e s c h r ä n k b a r e Haftung geraten. Dann haftet er auch m i t seinem sonstigen Vermögen, aber diese unbeschränkte Haftung gilt nur für den Teil der Nachlaß1schuld, der seiner Erbquote entspricht, also i n unserem Beispiel für 300 (§ 2059 Abs. 1 Satz 2). Der b e s t e W e g für die Nachlaßgläubiger besteht darin, daß sie von s ä m t l i c h e n Miterben die Befriedigung aus dem u n g e t e i l t e n Nachlaß verlangen. § 2059 Abs. 2 spricht ihnen dieses Recht ausdrücklich zu. Dem Gläubiger ist also zu raten, die s ä m t l i c h e n Miterben zu v e r k l a g e n ; auf Grund des gegen sie ergangenen Urteils kann er dann i n den u n g e t e i l t e n Nachlaß volls t r e c k e n und sich auf -diese Weise befriedigen (§ 747 ZPO.). II. Für die Zeit n a c h d e r T e i l u n g gilt folgendes:
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1. Auch jetzt haften die Miterben noch grundsätzlich als G e s a m t s c h u l d n e r . Es gelten aber folgende Ausnahmen: a) Wenn der Gläubiger i m A u f g e b o t s v e r f a h r e n (vgl. oben S. 81 f.) a u s g e s c h l o s s e n worden ist, und zwar auch für Pflichtteilsforderungen, Vermächtnisse und Auflagen (§ 2060 Ziff. 1). b) Zur Herbeiführung der Teilhaftung ist aber ein g e r i c h t l i c h e s Aufgebots verfahren n i c h t e r f o r d e r l i c h , jeder Miterbe kann die Nachlaßgläubiger, auch o h n e das G e r i c h t anzugehen, ö f f e n t l i c h auffordern, ihre Forderungen binnen sechs Monaten bei ihm oder bei dem Nachlaßgericht anzumelden. Nach ergebnislosem Ablauf der Frist haftet der Miterbe, dem die Forderung bei der Teilung unbekannt ist, nur mehr für die seinem Erbteil entsprechende Quote der Forderung (§ 2061). c) Bei f ü n f j ä h r i g e r S ä u m n i s des Gläubigers {§ 2060 Ziff. 2). d) Wenn der N a c h l a ß k o n k u r s durch V e r t e i l u n g d e r M a s s e oder durch Z w a n g s v e r g l e i c h b e e n d i g t ist (§ 2060 Ziff. 3). 2. W o m i t haften die Miterben nach der Teilung? Jetzt gilt nicht mehr wie vor der Teilung die grundsätzlich beschränkte Haftung, sondern entsprechend dem für den Alleinerben maßgebenden Prinzip die u n b e s c h r ä n k t e Haftung, die durch gewisse Maßregeln beschränkt werden kann. Solche Maßregeln sind das g e r i c h t l i c h e A u f g e b o t s v e r f a h r e n (nicht die Aufforderung gemäß § 2061) und der N a c h l a ß k o n k u r s . Dem Ausschluß im Aufgebots verfahren steht die f ü n f j ä h r i g e S ä u m n i s gleich. Dagegen ist ein Antrag auf N a c h l a ß v e r w a l t u n g n i c h t mehr möglich (§ 2062). Die Erben mögen vor der Teilung die Nachlaßgläubiger befriedigen, jeder Miterbe kann das von dem anderen nach § 2046 verlangen. U n b e s c h r ä n k b a r w i r d die Haftung des Miterben nach den für den Alleinerben geltenden Regeln, wenn der Miterbe seine Inventarpflicht verletzt. Der Gläubiger kann aber die Inventarerrichtung n u r von e i n e m Miterben verlangen (§ 2063 Abs. 1).
3. § 28 Der Erbschaftsanspruch I. M i t dem Tode des Erblassers gehen die e i n z e l n e n Ansprüche, die ihm zustehen, auf den Erben über. Der Erbe erwirbt auf diese Weise ζ. B. den Herausgabeanspruch, den der Erblasser gegen einen 7 Schmidt, Bürgerliches Recht, V
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Dritten hatte, der eine vom Erblasser verlorene Sache gefunden hat, oder den Anspruch auf Rückzahlung eines vom Erblasser gegebenen Darlehns. Auch nach dem Tode des Erblassers können solche Einzelansprüche entstehen; ζ. B. es w i r d eine zur Erbschaft gehörige Sache gestohlen. Außer diesen Einzelansprüchen gibt das BGB. (§§ 2018 ff.) entsprechend dem Vorbild des römischen Rechts dem Erben auch einen G e s a m t a n s p r u c h gegen jeden, der auf Grund eines ihm i n Wirklichkeit nicht zustehenden Erbrechts etwas aus der Erbschaft erlangt hat (den sogenannten E r b s c h a f t s b e s i t z e r ) . I n den oben genannten Fällen (Finder, Darlehnsschuld, Diebstahl) ist demnach ein Erbschaftsanspruch nicht gegeben, wohl aber ζ. B., wenn X vom Erblasser in einem Testament zum Erben eingesetzt war und sich auf Grund dieses Testaments i n den Besitz des Nachlasses gesetzt hat und das Testament sich dann als formungültig herausstellt. Der gesetzliche Erbe kann i n diesem Fall alles das herausverlangen, was der i n dem Testament Eingesetzte aus dem Nachlaß in Besitz genommen hat. Ist dem gesetzlichen Erben nicht bekannt, was alles der andere an sich genommen hat, so kann er sich dadurch helfen, daß er von dem anderen — dem Erbschaftsbesitzer — A u s k u n f t über den Bestand der Erbschaft und den Verbleib der Erbschaftsgegenstände verlangt. Der Erbschaftsbesitzer ist zu dieser Auskunft v e r p f l i c h t e t (§ 2027 Abs. 1). Von dem Erbschaftsanspruch, m i t dem der Kläger die H e r a u s g a b e der Erbschaft verlangt, ist die Klage zu unterscheiden, durch die er eine F e s t s t e l l u n g seines Erbrechtes begehrt (§ 256 ZPO.). Eine solche Klage kann ζ. B. von dem angestellt werden, der sich auf Grund eines Testaments in den Besitz der Erbschaft gesetzt hat, falls ihm dieses Erbrecht von dem gesetzlichen Erben m i t der Behauptung bestritten wird, daß das Testament gefälscht sei. A u f Herausgabe könnte der Besitzer natürlich hier nicht klagen. II. Der Erbschaftsanspruch steht dem E r b e η zu. Er kann auch nach Maßgabe des § 2039 von einem T e i l e r b e n geltend gemacht werden (vgl. oben S. 91). Der Erbe muß sein Erbrecht b e w e i s e n . Ist ihm ein Erbschein erteilt, so w i r d nach § 2365 v e r m u t e t , daß i h m das Erbrecht zusteht (vgl. S. 103), ein Beweis ist also überflüssig. I n den anderen Fällen muß der Kläger den Tod des Erblassers beweisen, und wenn er sich auf gesetzliches Erbrecht stützt, das Verhältnis, auf dem dieses Erbrecht beruht, also ζ. B. das VerwandtschaftsVerhältnis, i n dem er zu dem Erblasser steht. Klagt er auf Grund eines eigenhändigen Testaments, so muß er außer dem Tod des Erblasser be-
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weisen, daß der Erblasser dieses Testament errichtet hat, für die Testierunfähigkeit des Erblassers oder den Widerruf des Testaments ist dagegen der Beklagte beweispflichtig. Der Erbschaftsanspruch steht ferner einem für t o t E r k l ä r t e n zu, wenn er zurückkehrt, und demjenigen, dessen Tod o h n e Todeserklärung mit Unrecht angenommen worden ist (§ 2031). I I I . Der Erbschaftsanspruch erstreckt sich nicht nur auf die Erbschaftsgegenstände, die beim Tode des Erblassers vorhanden waren, sondern auch auf die S u r r o g a t e . Der Begriff der Surrogate ist jedoch hier ein anderer als i n § 2041. Während dort alles Surrogat war, was durch ein Rechtsgeschäft erworben wird, das sich auf den Nachlaß bezieht, k o m m t es beim Erbschaftsanspruch darauf an, ob m i t M i t t e l n der Erbschaft erworben worden ist. Der Pflug, den der Erbschaftsbesitzer für die Bewirtschaftung des Grundstücks des Erblassers anschafft, w i r d also nicht Eigentum des Erben, wenn der Erbschaftsbesitzer i h n aus eigenen M i t t e l n erworben hat, wohl aber, wenn er i h n aus M i t t e l n des Nachlasses gekauft hat (§ 2019 Abs. 1). IV. Für den Inhalt des Erbschaftsanspruchs gilt folgendes: 1. Die Haftung des Erbschaftsbesitzers ist grundsätzlich eine s e h r m i l d e . Soweit er zur Herausgabe der Erbschaftsgegenstände oder ihrer Surrogate außerstande ist, haftet er nur mehr auf die B e r e i c h e r u n g (§ 2021, vgl. Bd. 2 S. 166). Damit stimmt überein, daß er dem Erbschaftsanspruch gegenüber auch j e d e A u f w e n d u n g geltend machen kann, die er auf die Erbschaft gemacht hat, einerlei, ob sie notwendig, nützlich oder überflüssig ist; denn jede Aufwendung mindert seine Bereicherung. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Aufwendung gerade auf die herauszugebende Sache gemacht ist, auch eine Aufwendung, die auf eine untergegangene Sache gemacht ist, kann der Beklagte i n Rechnung stellen, ebenso Aufwendungen, die er zur Bestreitung von L a s t e n der Erbschaft oder zur Berichtigung von N a c h l a ß v e r b i n d l i c h k e i t e n gemacht hat (§ 2022). H i n sichtlich der Geltendmachung der Aufwendungen finden die §§ 1000 bis 1003 Anwendung (vgl. Bd. 3 S. 68 f.). 2. Die Stellung des Erbschaftsbesitzers v e r s c h l e c h t e r t sich, sobald der Erbe K l a g e auf Herausgabe erhoben hat. Der Erbschaftsbesitzer w i r d nämlich von da an hinsichtlich der Ansprüche des K l ä gers auf Schadenersatz und Nutzungen und hinsichtlich seiner Verwendungsansprüche nach den Regeln behandelt, die für den Besitzer gegenüber der Eigentumsklage gelten (§ 2023). Das bedeutet ζ. B., daß er schadenersatzpflichtig ist, wenn er durch sein Verschulden die her7·
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Die Rechtsstellung des Erben
auszugebenden Erbschaftssachen zerstört oder beschädigt hat (§ 989). Bei der Eigentumsklage w i r d dem rechtshängigen Besitzer der u n r e d l i c h e gleichgestellt (vgl. § 990); dasselbe gilt für den Erbschaftsanspruch (vgl. § 2024). Auch noch in einem weiteren Punkte ist eine Analogie vorhanden: Die Haftung nach D e l i k t s g r u n d S ä t z e n t r i t t sowohl beim Erbschaftsanspruch wie bei der Eigentumsklage ein, wenn der Beklagte sich durch v e r b o t e n e E i g e n m a c h t oder s t r a f b a r e H a n d l u n g den Besitz verschafft hat (vgl. § 992, 2025). Vgl. zu diesen Haftungsregeln die Ausführungen beim Eigentumsanspruch Bd. 3 S. 67. V. Nach § 937 könnte ein gutgläubiger Erbschaftsbesitzer die Erbschaftssachen i n zehn Jahren e r s i t z e n . Der Erbschaftsanspruch wäre also dann nach zehn Jahren, soweit es sich u m Erbschaftssachen handelt, illusorisch, trotzdem seine Verjährung erst i n dreißig Jahren eintritt (§ 195). Das Gesetz läßt i n diesem Widerstreit die Ersitzung zurücktreten. Der Erbschaftsbesitzer kann sich, solange die Verjährung noch läuft, a u f die E r s i t z u n g n i c h t b e r u f e n (§ 2026). VI. Die Haftung des Erbschaftsbesitzers ist, wie sich aus den Ausführungen unter IV, 1 ergibt, i n der Regel eine sehr milde. Der Erbe könnte daher auf den Gedanken kommen, statt der Erbschaftsklage die S i n g u l a r k l a g e zu erheben, u m diese milde Haftung illusorisch zu machen. § 2029 läßt das aber n i c h t zu. Auch gegenüber dem Singularanspruch sollen für die Haftung des Erbschaftsbesitzers die Vorschriften über den Erbschaftsanspruch gelten. Ζ. B. der Erbschaftsbesitzer hat in dem guten Glauben, Erbe zu sein, auf dem Landgut des Erblassers einen großen Teich anlegen lassen, w e i l er ein Freund des Kahnfahrens ist. Gegenüber der Singularklage, d. h. gegenüber der Eigentumsklage aus § 985 gilt für die Verwendung § 996; der Besitzer kann danach nicht Ersatz der Aufwendung verlangen, w e i l sie den Wert des Landgutes nicht erhöht. Gegenüber dem Erbschaftsanspruch kann die Verwendung dagegen nach § 2022 geltend gemacht werden. § 2029 wendet nun § 2022 auch auf die Eigentumsklage aus § 985 an. Der Erbe muß also, auch wenn er die Singularklage erhebt, die Aufwendung ersetzen. V I I . Oben (unter I) ist bereits darauf hingewiesen worden, daß der E r b s c h a f t s b e s i t z e r verpflichtet ist, dem Erben über den Bestand der Erbschaft und den Verbleib der Erbschaftsgegenstände A u s k u n f t zu erteilen (§ 2027). Dieselbe Verpflichtung hat nach § 2027 Abs. 2 derjenige, der, ohne Erbschaftsbesitzer zu sein, eine Sache aus dem Nachlaß i n B e s i t z nimmt, b e v o r der Erbe den
§ 28 Der Erbschaftsanspruch
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Besitz tatsächlich ergriffen hat. I n beiden Fällen ist nach § 260 ein V e r z e i c h n i s des Bestandes der Erbschaft vorzulegen, und wenn Grund zu der Annahme besteht, daß das Verzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt aufgestellt worden ist, hat der Verpflichtete auf Verlangen den O f f e n b a r u n g s e i d zu leisten. I m Zusammenhang mit dem Erbschaftsanspruch erwähnt das Gesetz noch eine weitere Auskunftspflicht in § 2028, die allerdings einen etwas anderen Inhalt hat. Wer sich zur Zeit des Erbfalls mit dem Erblasser i n h ä u s l i c h e r G e m e i n s c h a f t befunden hat, ist verpflichtet, dem Erben auf Verlangen Auskunft darüber zu erteilen, welche erbschaftlichen Geschäfte er geführt hat und was ihm über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände bekannt ist. Auch hier kommt ein Offenbarungseid i n Frage.
4. § 29 Der Erbschein Der Erbschein ist eine B e s c h e i n i g u n g , die das N a c h l a ß g e r i c h t dem Erben über sein E r b r e c h t erteilt. Das preußische Recht kannte solche Bescheinigungen für den gesetzlichen Erben, das BGB. hat das Anwendungsgebiet des Erbscheins erweitert und auf den Erben, der durch eine Verfügung von Todes wegen berufen ist, ausgedehnt. I. V o r a u s s e t z u n g für die Erteilung des Erbscheins ist ein A n t r a g d e s E r b e n an das Nachlaßgericht (§ 2353). Außerdem kann ein Gläubiger des Erben den Antrag stellen, wenn er des Erbscheins zum Zweck der Zwangsvollstreckung bedarf (§ 792 ZPO.). Ζ. Β. A hat gegen seinen Schuldner Β ein rechtskräftiges Urteil auf Zahlung von 1000 D M erwirkt und w i l l auf Grund dieses Urteils eine Sicherungshypothek (vgl. § 866 ZPO.) auf einem Grundstück eintragen lassen, das noch auf den Namen des Erblassers des Β i m Grundbuch eingetragen ist. Die Eintragung der Sicherungshypothek setzt den Nachweis voraus, daß Β Erbe des Grundstücks ist; A kann, um diesen Nachweis zu führen, den Erbschein erwirken. I m übrigen sind die Voraussetzungen des Erbscheins verschieden, je nachdem er ein g e s e t z l i c h e s oder ein auf einer V e r f ü g u n g v o n T o d e s w e g e n beruhendes Erbrecht bescheinigen soll. Über die Angaben, die der Antragsteller in jenem Fall zu machen hat, vgl. § 2354. I n diesem Fall hat er die Verfügung zu bezeichnen, auf der sein Erbrecht beruht, anzugeben, ob und welche sonstigen Verfügungen
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Die
echtsstellung des Erben
von Todes wegen vorhanden sind, die Zeit des Todes des Erblassers anzugeben und mitzuteilen, ob ein Rechtsstreit über das Erbrecht anhängig ist (vgl. § 2355). Die Angaben sind teils durch ö f f e n t l i c h e U r k u n d e n , teils durch e i d e s s t a t t l i c h e Versicherung nachzuweisen (vgl. § 2356). Der Beweis durch öffentliche Urkunden kommt ζ. B. für die Todeszeit des Erblassers in Betracht, durch die eidesstattliche Versicherung w i r d ζ. B. nachgewiesen, daß der Erblasser keine sonstigen Verfügungen von Todes wegen errichtet hat. Wenn der Erbschein auf Grund einer Verfügung von Todes wegen beantragt wird, ist außerdem diese Verfügung vorzulegen. Ist ein R e c h t s s t r e i t über das Erbrecht a n h ä n g i g , so w i r d dadurch die Erteilung des Erbscheins nicht ausgeschlossen, der Gegner des Antragstellers soll aber vor der Erteilung g e h ö r t werden (§ 2360 Abs. 1). Die Gegenpartei soll ferner gehört werden, wenn die Verfügung, auf der das Erbrecht beruht, n i c h t i n einer dem Nachlaßgericht vorliegenden ö f f e n t l i c h e n U r k u n d e enthalten ist (§ 2360 Abs. 2). Daraus ergibt sich ein wesentlicher Nachteil des Privattestaments gegenüber dem öffentlichen Testament. Das N a c h l a ß g e r i c h t hat unter Benutzung der vom Antragsteller angegebenen Beweismittel von Amts wegen die zur Feststellung der Tatsachen erforderlichen E r m i t t l u n g e n zu veranstalten und die geeignet erscheinenden B e w e i s e aufzunehmen, es kann eine ö f f e n t l i c h e A u f f o r d e r u n g zur Anmeldung der anderen Personen zustehenden Erbrechte erlassen (§ 2358). I n der Regel w i r d es weiterer Ermittlungen als der vom Antragsteller nach § 2356 vorgelegten Urkunden und eidesstattlichen Versicherungen nicht bedürfen. Ist das Testament des Erblassers dunkel, so hat das Nachlaßgericht das Testament a u s z u l e g e n — eine oft schwierige Aufgabe. Der Erbschein ist nach § 2359 nur zu erteilen, wenn das Nachlaßgericht die zur Begründung des Antrags erforderlichen Tatsachen für f e s t g e s t e l l t erachtet. Ob es bei der Erteilung an ein r e c h t s k r ä f t i g e s U r t e i l über das Erbrecht g e b u n d e n ist, ist b e s t r i t t e n , die h e r r s c h e n d e Meinung ist d a g e g e n . II. Sind m e h r e r e E r b e n vorhanden, so ist auf Antrag ein g e m e i n s c h a f t l i c h e r Erbschein zu erteilen. Der Antrag kann von j e d e m der Erben gestellt werden (§ 2357 Abs. 1). Ein Miterbe kann aber den Erbschein auch nur hinsichtlich seiner E r b q u o t e beantragen (vgl. § 2353). Der Erbschein s e t z t i n allen Fällen v o r a u s , daß der Erbe die Erbschaft a n g e n o m m e n hat. Beim
§2
Der E r b s c h n
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A l l e i n e r b e n macht dieses Erfordernis keine Schwierigkeit, da die Annahme der Erbschaft jedenfalls i n dem Antrag auf Erteilung des Erbscheins zu finden ist; wenn dagegen der M i t e r b e A die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins für sämtliche Miterben, also z. B. auch für B, C u n d D beantragt, so muß A a n g e b e n , daß B, C und D die Erbschaft angenommen haben (§ 2357 Abs. 3). Die Versicherung an Eidesstatt ist beim gemeinschaftlichen Erbteil nach § 2357 Abs. 4 grundsätzlich von a l l e n Erben abzugeben; das Nachlaßgericht kann sich aber nach seinem pflichtmäßigen Ermessen auch mit der Versicherung eines oder einiger begnügen (§ 2357 Abs. 4). I I I . I n dem einem Vorerben erteilten Erbschein w i r d das Recht des N a c h e r b e n angegeben (§ 2363). Hat der Erblasser einen T e s t a m e n t s v o l l s t r e c k e r ernannt, so ist auch das i m Erbschein anzugeben (§ 2364). Über P f l i c h t t e i l s a n s ρ r ü c h e , V e r m ä c h t n i s s e und A u f l a g e n enthält dagegen der Erbschein n i c h t s ; sie berühren die Erbenstellung nicht, da sie nur Verpflichtungen des Erben erzeugen. IV. Der Erbschein hat folgende W i r k u n g e n : 1. Es w i r d v e r m u t e t , daß demjenigen, welcher i n dem Erbschein als Erbe bezeichnet ist, das i n dem Erbschein angegebene Erbrecht zustehe und daß er nicht durch andere als die angegebenen Anordnungen beschränkt sei (§ 2365). Über die T r a g w e i t e der Vermutung i m Prozeß besteht S t r e i t . Sie ist begründet, wenn der durch den Erbschein Ausgewiesene ein e i n z e l n e s Nachlaßrecht einem Dritten gegenüber geltend macht, er braucht dann also seine Eigenschaft als Erbe nicht zu beweisen, ζ. B. er w i l l von dem Bankkonto des Erblassers etwas abheben. Dagegen hat das RG. i n Gruchots Beitr. Bd. 57 S. 1021 ff. dem i n einem Testament Eingesetzten, der einen Erbschein erhalten hatte und von dem gesetzlichen Erben auf Herausgabe d e r E r b s c h a f t verklagt wurde, die Beweislast für die Echtheit des Testaments auferlegt, also die Vermutung auf die Echtheit des Testaments nicht erstreckt (bestr.). 2. Der Erbschein dient ferner dem S c h u t z d e s g u t g l ä u b i gen Verkehrs. E r w i r b t jemand von demjenigen, der in einem Erbschein als Erbe bezeichnet ist, durch R e c h t s g e s c h ä f t einen E r b s c h a f t s g e g e n s t a n d , ein R e c h t an einem solchen Gegenstand oder die B e f r e i u n g von einem zur Erbschaft gehörigen Recht, so gilt zu seinen Gunsten der I n h a l t des Erbscheins als r i c h t i g , soweit die Vermutung des § 2365 reicht (§ 2366). Wenn also A als Erbe des Β
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Die Rechtsstellung des Erben
in dem Erbschein bezeichnet ist, während i n Wirklichkeit X der Erbe ist, so muß Χ ζ. B. eine Veräußerung von Sachen des B, eine Belastung einer Sache des Β mit einem Pfandrecht oder einen Erlaß einer Forderung des Β gegen sich gelten lassen, wenn sie von A vorgenommen werden. Der Schutz des guten Glaubens erstreckt sich gemäß § 2367 auch auf den Fall, daß an A auf Grund eines zur Erbschaft gehörigen Rechtes eine L e i s t u n g b e w i r k t w i r d (ζ. B. der Schuldner des Erblassers zahlt an A) oder daß zwischen A und einem anderen in Ansehung eines solchen Rechtes ein nicht unter die Vorschrift des § 2366 fallendes Verfügungsgeschäft (vgl. Bd. 1 S. 84) vorgenommen w i r d (ζ. Β. A kommt mit dem Schuldner überein, daß dieser statt eines Pferdes eine Maschine liefern soll). Da nur der gutgläubige Verkehr geschützt werden soll, so v e r s a g t der Schutz, wenn der Dritte die Unrichtigkeit des Erbscheins k e n n t oder weiß, daß das N a c h l a ß g e r i c h t die R ü c k g a b e des Erbscheins wegen Unrichtigkeit v e r l a n g t hat (vgl. darüber unten V). §§ 2366 f.
gelten n i c h t
für
Verpflichtungsgeschäfte.
Verkauft A auf Grund des falschen Erbscheines eine zum Nachlaß gehörige Sache, so w i r d der wahre Erbe X zur Lieferung der Sache nicht verpflichtet, die Verpflichtung t r i f f t vielmehr den A. Ist X m i t der Lieferung nicht einverstanden, so haftet A dem Käufer wegen ursprünglicher subjektiver Unmöglichkeit auf Schadenersatz (vgl. Bd. 2 S. 6, 83). Hat dagegen A auch die Lieferung vorgenommen und ist der Käufer dabei gutgläubig gewesen, so w i r d er Eigentümer. Hat A. die g a n z e E r b s c h a f t in Besitz genommen und veräußert, so ist der Erwerber nicht geschützt. Er muß die Erbschaft dem X herausgeben (vgl. § 2030).
V. Die Erläuterungen unter I V ergeben, daß. der wahre Erbe durch die Erteilung eines Erbscheins an einen Nichterben stark g e f ä h r d e t wird. Das N a c h l a ß g e r i c h t hat daher einen unrichtigen Erbschein e i n z u z i e h e n und ihn, wenn er nicht sofort erlangt werden kann, für k r a f t l o s z u e r k l ä r e n (§ 2361). D a n e b e n hat der w a h r e E r b e gegen den Scheinerben einen p r i v a t r e c h t l i c h e n Anspruch auf Herausgabe an das Nachlaßgericht (§ 2362 Abs. 1); dasselbe Recht steht auch dem N a c h e r b e n und dem T e s t a m e n t s v o l l s t r e c k e r zu (§ 2363 Abs. 2, § 2364 Abs. 2), ferner dem für t o t E r k l ä r t e n , wenn er noch lebt, und einer Person, deren Tod ohne Todeserklärung zu Unrecht angenommen worden ist (§ 2370 Abs. 2).
§ 2
Der E r b s c h n
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Der Scheinerbe hat dem wahren Erben über den Bestand der Erbschaft und den Verbleib der Erbschaftsgegenstände A u s k u n f t zu erteilen (§ 2362 Abs. 2) ebenso wie ein Erbschaftsbesitzer. Es kommt nicht darauf an, ob er wirklich von der Erbschaft oder einzelnen Teilen der Erbschaft Besitz ergriffen hat; es genügt, daß er durch den Erbschein in die Lage versetzt war, über die Erbschaft zu verfügen. 5. § 30 Die Erbschaftsveräußerung I. Der A l l e i n e r b e kann die E r b s c h a f t und der M i t e r b e seinen A n t e i l i n g e r i c h t l i c h e r oder n o t a r i e l l e r F o r m v e r k a u f e n (§§ 2371, 1922 Abs. 2). Für diese Käufe gilt folgendes: 1. Die H a f t u n g gegenüber den N a c h l a ß g l ä u b i g e m . Infolge des Kaufes t r i t t der K ä u f e r nach § 2382 i n die Haftung des Verkäufers gegenüber a l l e n Nachlaßgläubigern ein, beide haften als G e s a m t s c h u l d n e r (vgl. RG. Bd. 112 S. 129 ff.). Haftet der Verkäufer vor dem Verkauf bereits u n b e s c h r ä n k b a r , so haftet auch' der Käufer unbeschränkbar, i m anderen Fall kann er seine Haftung noch beschränken. Die Errichtung des I n v e n t a r s durch den Verkäufer oder den Käufer kommt auch dem anderen Teil zustatten, es sei denn, daß dieser bereits unbeschränkbar haftet (§ 2383). 2. D i e P f l i c h t e n d e s V e r k ä u f e r s . a) Wenn der Verkäufer M i t e r b e ist, so ist er in der Lage, seinen Erbteil durch einen e i n z i g e n A k t , nämlich durch einen gerichtlich oder notariell beurkundeten Vertrag (§ 2033 Abs. 1) zu übertragen. Dieses Verfügungsgeschäft ist juristisch von dem Kaufvertrag zu s o n d e r n ; in der Praxis werden beide meistens i n derselben U r kunde miteinander verbunden. Der A l l e i n e r b e muß i m Gegensatz zum Miterben, um seine Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag zu erfüllen, die e i n z e l n e n E r b s c h a f t s g e g e n s t ä n d e i n den gerade für sie vorgeschriebenen F o r m e n übereignen, also ein Grundstück z. B. durch Auflassung, eine bewegliche Sache durch Ubergabe, eine Gesamtübertragung gibt es hier nicht. b) Ein Erbteil, der dem Verkäufer nach dem Abschluß des Kaufes durch N a c h e r b f o l g e oder infolge W e g f a l l s eines Miterben anfällt, sowie ein dem Verkäufer zugewendetes V o r a u s v e r m ä c h t n i s ist i m Zweifel nicht als mitverkauft anzusehen. Das gleiche gilt von F a m i l i e n p a p i e r e n und F a m i l i e n b i l d e r n (§ 2373).
c) Der Verkäufer ist verpflichtet, dem Käufer die z u r Z e i t d e s V e r k a u f s vorhandenen Erbschaftsgegenstände und außerdem ge-
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Die Rechtsstellung des Erben
wisse zwischen Erbfall und Verkauf erworbene S u r r o g a t e herauszugeben. Für den Umfang der Surrogate gilt dieselbe Regel, wie sie § 2041 für die Erbengemeinschaft aufstellt (§ 2374). Wegen einer M i n d e r u n g des Nachlasses zwischen Erbfall und Verkauf, die nicht durch ein Surrogat wieder ausgeglichen wird, ζ. B. wegen Abhandenkommens einer Nachlaßsache, haftet der Verkäufer dem Käufer nicht: eine Ausnahme gilt aber, wenn der Verkäufer vor dem Verkauf einen Erbschaftsgegenstand verbraucht, unentgeltlich veräußert oder unentgeltlich belastet hat, es sei denn, daß der Käufer beim Kauf davon Kenntnis hatte (§ 2375). d) Die Haftung des Verkäufers für R e c h t s m ä n g e l bes c h r ä n k t sich auf die Haftung dafür, daß ihm das Erbrecht zusteht, daß es nicht durch das Recht eines Nacherben oder durch die Ernennung eines Testamentsvollstreckers beschränkt ist, daß nicht Vermächtnisse, Auflagen, Pflichtteillasten, Ausgleichungspflichten oder Teilungsanordnungen bestehen und daßi nicht unbeschränkbare Haftung gegenüber den Nachlaßgläubigern oder einzelnen von ihnen eingetreten ist (§ 2376). Der Verkäufer haftet demnach nicht dafür, daß andere Nachlaßschulden als die eben genannten bestehen und daß die i m Nachlaß befindlichen S a c h e n sämtlich dem E r b l a s s e r g e h ö r e n (der Käufer kann i h n ζ. B. nicht i n Anspruch nehmen, wenn sich ein i m Nachlaß befindliches Buch als geliehen herausstellt). e) Für S a c h m ä n g e l haftet der Verkäufer η i c h t (§ 2376 Abs. 2). 3. D i e P f l i c h t e n d e s
Käufers.
a) Er hat den K a u f p r e i s zu b e z a h l e n . Er trägt vom Abschluß des Kaufvertrages an die G e f a h r , muß also den vollen Kaufpreis entrichten, trotzdem einzelne oder alle zur Erbschaft gehörigen Sachen untergehen oder verschlechtert werden. Dem entspricht es, daß er v o m Kaufabschluß a n d i e N u t z u n g e n erhält und die L a s t e n der Erbschaft zu tragen hat (§ 2380). Die Nutzungen, die auf die Zeit b i s zum Verkauf entfallen, gebühren dem V e r k ä u f e r ; ebenso treffen ihn die Lasten dieser Zeit m i t Ausnahme der von der Erbschaft zu entrichtenden Abgaben und der außerordentlichen Lasten, diese hat der Käufer zu tragen (§ 2379). b) De"r Käufer hat dem Verkäufer die notwendigen V e r w e n d u n g e n zu ersetzen, die der Verkäufer v o r dem Verkauf auf die Erbschaft gemacht hat. Für andere vor dem Verkauf gemachte Aufwendungen hat der Käufer insoweit Ersatz zu leisten, als durch sie der Wert der Erbschaft zur Zeit des Verkaufs erhöht ist (§ 2381).
§ 30 Die Erbschaftsveräußerung
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Für V e r w e n d u n g e n , die n a c h Kaufabschluß gemacht werden, kommt § 450 in Betracht, da beim Erbschaftskauf die Gefahr stets m i t dem Kaufabschluß auf den Käufer übergeht (vgl. Bd. 2 S. 90). c) Der Verkäufer bleibt, wie unter I ausgeführt, den Nachlaßgläubigern weiter verpflichtet; er kann aber vom Käufer verlangen, daß dieser i h n von der Haftung gegenüber den Nachlaßgläubigern dadurch b e f r e i t , daß der Käufer die Nachlaßschulden bezahlt. Eine Ausnahme gilt natürlich, soweit der Verkäufer dem Käufer für das Nichtbestehen der Nachlaßschuld haftet (vgl. 2, d). Der Verkäufer kann also vom Käufer verlangen, daß er eine Darlehnsschuld des Erblassers bezahlt, aber nicht ein Vermächtnis. Eine weitere Ausnahme gilt für die laufenden Lasten vom Erbfall bis zum Verkauf (vgl. unter a). Hat der Verkäufer bereits v o r dem Verkauf eine Nachlaßschuld b e z a h l t , deren Berichtigung er nach dem eben Gesagten von dem Käufer fordern könnte, wenn sie noch bestände, so ist ihm der Käufer ersatzpflichtig (§ 2378 Abs. 2).
II. Die Vorschriften über den Erbschaftskauf gelten auch, wenn der Verkäufer selbst nicht der Erbe ist, sondern seinerseits die Erbschaft bereits g e k a u f t hat (§ 2385). Sie gelten aber auch für a n d e r e V e r t r ä ge , die auf Veräußerung einer Erbschaft gerichtet sind; es braucht also nicht gerade ein Kauf zu sein, es kann z. B. auch ein T a u s c h oder eine S c h e n k u n g vorliegen. I m Fall der Schenkung hat das Gesetz aber die Verantwortlichkeit des Schenkers herabgesetzt (vgl. § 2385 Abs. 2). Er braucht z. B. Sachen, die er selbst vor der Schenkung verbraucht hat, dem Beschenkten nicht zu ersetzen.
V. A b s c h n i t t § 31 Das Pflichtteilsrecht I. Es entspricht einer natürlichen Auffassung, daß der Erblasser sein Vermögen seinen n ä c h s t e n A n g e h ö r i g e n n i c h t g a n z e n t z i e h e n kann. Das j u s t i n i a n i s c h e Recht hat diesen Gedanken i n der Weise verwirklicht, daß es D e s z e n d e n t e n und A s z e n d e n t e n ein Pflichtteilsrecht i n Höhe von einem Drittel, in einigen Fällen von der Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils gewährte. Auch G e s c h w i s t e r hatten ein Pflichtteilsrecht, aber nur, wenn ihnen der Erblasser eine u n e h r e n h a f t e P e r s o n v o r g e z o g e n hatte. Deszendenten und Aszendenten können außerdem verlangen, daß sie wenigstens einen Teil des Pflichtteils i n der Form der E r b e i n s e t z u n g erhalten. Dieses justinianische Recht wurde in Deutschland r e z i p i e r t . Im Gegensatz dazu wurde in Frankreich durch den c o d e c i v i l der aus germanischen Wurzeln stammende Gedanke eingeführt, daß der Erblasser von vornherein nur über eine bestimmte Quote seines Nachlasses verfügen könne ( p o r t i o n d i s p o n i b l e ) , während der Resi zugunsten seiner nächsten Angehörigen unantastbar war. Nach dem preußischen Recht ging der Pflichtteil nur auf eine G e l d z a h l u n g . Dem hat sich auch d a s B G B . i n § 2303 Abs 1 Satz 2 angeschlossen. Der Pflichtteil besteht i n der H ä l f t e des Wertes des gesetzlichen Erbteils. Der Erblasser ist also z. B. heute in der Lage, das Familienhaus, an dem sein einziger Sohn m i t ganzem Herzen hängt, einem Fremden zuzuwenden; der Sohn hat nur einen Geldanspruch gegen diesen i n Höhe der Hälfte des Nachlasses. Das BGB. gewährt das Pflichtteilsrecht den A b k ö m m l i n g e n , den E l t e r n und dem E h e g a t t e n des Erblassers, wenn sie durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen sind (§ 2303). II. Bei der F e s t s t e l l u n g d e s P f l i c h t t e i l s werden diejenigen m i t g e z ä h l t , welche durch l e t z t w i l l i g e Verfüg u n g von der Erbfolge a u s g e s c h l o s s e n sind oder die Erbschaft a u s g e s c h l a g e η haben oder für e r b u n w ü r d i g erklärt sind. Wenn also A und B, die Söhne des Erblassers, die einzigen gesetz-
§ 3 1 Das Pflichtteilsrecht
liehen Erben sind und A für erbunwürdig erklärt wird, so ist doch der Pflichtteil des Β nur ein Viertel des Nachlasses, nicht die Hälfte (§ 2310 Satz 1). Wer d a g e g e n durch E r b v e r z i c h t von der Erbfolge ausgeschlossen ist, w i r d n i c h t mitgezählt (§ 2310 Satz 2); dies rechtfertigt sich dadurch, daß der Verzichtende meistens eine Abfindung erhält und dadurch bereits der Nachlaß1, auf Grund dessen der Pflichtteil berechnet wird, gemindert ist. Der Berechnimg des Pflichtteils w i r d der Bestand und der Wert des Nachlasses z u r Z e i t d e s E r b f a l l s zugrunde gelegt. Eine vom Erblasser vorgenommene Wertschätzung ist nicht maßgebend, er wäre sonst in der Lage, durch eine Unterschätzung den Pflichtteil herabzudrücken. Bei der Berechung des Pflichtteils der E l t e r n des Erblassers bleibt der dem überlebenden Ehegatten gebührende V o r a u s a u ß e r A n s a t z . Besteht der Nachlaß ζ. B. aus Möbeln i m Wert von 5000 D M und einem Barbetrag von 1000 DM, so ist der Pflichtteil der Eltern zusammen 250 DM, da sie neben dem Ehegatten ein gesetzliches Erbrecht in Höhe der Hälfte der Erbschaft haben (vgl. oben S. 15). Bei der Berechnung des Pflichtteils des Ehegatten w i r d dagegen der Voraus mitgerechnet, der Pflichtteil des Ehegatten beträgt also in dem obigen Beispiel 1500 D M (§ 2311). I I I . Wie w i r d das Pflichtteilsrecht dadurch beeinflußt, daß dem Pflichtteilsberechtigten etwas v o n T o d e s w e g e n z u g e w a n d t ist? Dem Pflichtteilsberechtigten kann ein E r b t e i l oder ein V e r m ä c h t n i s zugewandt sein; die Zuwendung des Pflichtteils betrachtet das Gesetz (§ 2304) i m Zweifel nicht als Erbeinsetzung; sie gewährt also nur einen Geldanspruch, keinen Anteil an den einzelnen Nachlaßgegenständen. 1. Wenn dem Pflichtteilsberechtigten ein E r b t e i l hinterlassen ist, so sind folgende Fälle zu unterscheiden: a) Der Erbteil ist u n b e s c h r ä n k t und u n b e l a s t e t hinterlassen, d. h. der zum' Erben eingesetzte Pflichtteilsberechtigte ist weder durch die Ernennung eines Testamentsvollstreckers noch durch eine Teilungsanordnung beschränkt, noch mit einem Vermächtnis oder m i t einer Auflage beschwert. Eine Beschränkung ist es auch, wenn der Pflichtteilsberechtigte nur Vorerbe oder nur Nacherbe ist. Wenn i n diesen Fällen der hinterlassene Erbteil g e r i n g e r ist als die H ä l f t e des gesetzlichen Erbteils, so kann der Pflichtteilsberechtigte außer dem hinterlassenen Erbteil den Wert des an der Hälfte f e h l e n d e n Teiles verlangen (§ 2305). Wenn dagegen der hinterlassene Erbteil mit der Hälfte des gesetzlichen Erbteils übereinstimmt
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§ 31 Das Pflichtteilsrecht
oder größer ist als diese Hälfte, so besteht ein Pflichtteilsanspruch nicht. b) Der hinterlassene Erbteil ist b e s c h r ä n k t oder b e l a s t e t . Ist er der Hälfte des gesetzlichen Erbteils g l e i c h oder g e r i n g e r als diese Hälfte, so werden die Belastungen und Beschränkungen g e s t r i c h e n . Für den Fall, daß der hinterlassene Erbteil g r ö ß e r ist, konnte der Erblasser nach g e m e i n e m Recht anordnen, daß der Pflichtteilsberechtigte entweder die Beschränkung oder Beschwerung ertragen oder, wenn er das nicht wolle, sich m i t dem Pflichtteil begnügen müsse (cautela socini). Nach § 2306 BGB. bedarf es einer A n ordnung des Erblassers nicht mehr, die cautela socini versteht sich vielmehr von selbst; der Pflichtteilsberechtigte hat die W a h l , das ihm H i n t e r l a s s e n e m i t d e r B e s c h w e r u n g o d e r B e s c h r ä n k u n g zu n e h m e n oder den P f l i c h t t e i l zu v e r l a n g e n . Der eben erwähnte Fall hat g r o ß e p r a k t i s c h e B e d e u t u n g ; er kommt vor allem i n Betracht, wenn der Erblasser seine Kinder zu Erben oder Nacherben und den überlebenden Ehegatten zum Nießbraucher oder zum Vorerben eingesetzt hat. Die K i n der brauchen derartige Verfügungen nicht zu ertragen, w e i l sie ihren Pflichtteil verletzen; sie können die Erbschaft (oder Nacherbschaft) ausschlagen und eine sofortige Auszahlung des Pflichtteils fordern. 2. Die Zuwendimg eines V e r m ä c h t n i s s e s an den Pflichtteilsberechtigten w e r t e t das Gesetz g e r i n g e r als die Erbeinsetzung. Der Pflichtteilsberechtigte kann das Vermächtnis in a l l e n Fällen a u s s c h l a g e n , auch wenn sein Wert höher ist als die Hälfte des gesetzlichen Erbteils beträgt, und trotzdem noch den Pflichtteil verlangen. Schlägt der Pflichtteilsberechtigte das Vermächtnis nicht aus, so steht i h m ein Recht auf den Pflichtteil nicht zu, soweit der Wert des Vermächtnisses reicht; dabei gilt zuungunsten des Pflichtteilsberechtigten die Vorschrift, daß die oben erwähnten Beschränkungen und Beschwerungen bei der Berechnung des Wertes außer Betracht bleiben; sie erhöhen also den Pflichtteil nicht (§ 2307). 3. Es kann vorkommen, daß der Pflichtteilsberechtigte die Erbschaft oder das Vermächtnis a u s s c h l ä g t , weil er die oben erwähnten Beschränkungen oder Beschwerungen nicht tragen w i l l , und daß diese sich nachträglich als nicht bestehend herausstellen. Z. B. es w i r d nachträglich ein Testament aufgefunden, i n dem die vom Erblasser angeordnete Testamentsvollstreckung widerrufen ist. I n solchen Fällen kann der Pflichtteilsberechtigte die A u s s c h l a g u n g a n f e c h t e n (§ 2308).
§ 3 1 Das Pflichtteilsrecht
§ 2308 w i r d man a n a l o g auf den Fall anwenden müssen, daß der Pflichtteilsberechtigte eine Zuwendung a n n i m m t , o h n e daß er K e n n t n i s davon hat, daß die Zuwendung beschränkt oder beschwert ist. Dann kann er also seine Annahme a n f e c h t e n (bestritten). IV. Welchen Einfluß haben Z u w e n d u n g e n u n t e r L e b e n d e n auf den Pflichtteil? 1. Der Pflichtteilsberechtigte hat sich auf den Pflichtteil anrechnen zu lassen, was i h m von dem Erblasser durch Rechtsgeschäft unter Lebenden mit der B e s t i m m u n g zugewendet worden ist, daß es auf den Pflichtteil angerechnet werden soll. Die Bestimmung muß b e i der Zuwendung geschehen, n a c h t r ä g l i c h e Bestimmung ist n i c h t möglich, auch nicht durch, formgerechte letztwillige Verfügung. Die Berechnung findet i n der Weise statt, daß die Zuwendung dem Nachlaß hinzugerechnet, aus diesem Nachlaß der Pflichtteil ermittelt und von dem ermittelten Betrag die Zuwendung abgezogen w i r d (§ 2315). 2. Neben der eben besprochenen Anordnung des Erblassers kommt die A u s g l e i c h u n g s p f l i c h t als ein Grund für die Anrechnung auf den Pflichtteil i n Betracht — allerdings nur für die A b k ö m m l i n g e . Die Ausgleichung übt, wie oben S. 94 ff. ausgeführt, einen Einfluß auf den Betrag aus, den der Abkömmling auf seinen gesetzlichen Erbteil erhält, der Pflichtteil ist die Hälfte dieses Betrages (§ 2316). Zuwendungen der i n § 2050 Abs. 1 bezeichneten A r t (Ausstattungen) kann der Erblasser nicht zum Nachteil des Pflichtteilsberechtigten von der Berücksichtigung ausschließen (§ 2316 Abs. 3). Dies dürfte a n a l o g auf die Zuschüsse und Aufwendungen anzuwenden sein, die nach § 2050 Abs. 2 ausgleichungspflichtig sind (also wenn sie das den Vermögensverhältnissen des Erblassers entsprechende Maß überschritten haben). Hat der Erblasser a n g e o r d n e t , daß die ausgleichspflichtige Zuwendung auf den Pflichtteil angerechnet werden soll (siehe oben unter 1), so wird sie bei dieser Anrechnung nur zur H ä l f t e des Wertes eingesetzt (§ 2316 Abs. 4), weil die andere Hälfte bereits vom Pflichtteil abgezogen ist. Denn die Zuwendung ist bei der Ausgleichung schon von der Quote des Pflichtteilsberechtigten abgezogen und als Pflichtteil die Hälfte des Restbetrages ermittelt worden. Damit ist auch die Hälfte der Zuwendung bereits zu Lasten des Pflichtteilsberechtigten berücksichtigt.
V. D i e P f l i c h t t e i l s b e r e c h t i g t e n . 1. Pflichtteilsberechtigt sind die A b k ö m m l i n g e des Erblassers, seine E l t e r n und sein E h e g a t t e . Das Pflichtteils recht dieser Per-
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§ 31 Das Pflichtteilsrecht
sonen setzt voraus, daß sie i m einzelnen Fall g e s e t z l i c h e E r b e n sind. Stirbt A ohne Testament m i t Hinterlassung eines einzigen Sohnes und eines Enkels von diesem Sohne, so hat der Enkel kein Pflichtteilsrecht, weil er kein gesetzlicher Erbe ist. Aber auch wenn die entfernteren Abkömmlinge oder die Eltern des Erblassers ein g e s e t z l i c h e s E r b r e c h t haben, fehlt ihnen das Pflichtteils recht, falls ein Abkömmling, der sie i m Fall der gesetzlichen Erbfolge ausschließen würde, den Pflichtteil verlangen kann oder das i h m Hinterlassene annimmt (§ 2309). Ζ. Β. A, der eine von zwei Söhnen des Erblassers, hat die Erbschaft ausgeschlagen, weil er durch einen Testamentsvollstrecker beschränkt ist. Er hat nach § 2306 den Pflichtteilsanspruch, der durch Testament enterbte Sohn des A hat daher kein Pflichtteilsrecht. D e r s e l b e S t a m m erhält also den Pflichtteil n u r einmal. 2. Der Anspruch auf den Pflichtteil entsteht mit dem Erbfall, er ist v e r e r b l i c h und ü b e r t r a g b a r (§ 2317). P f ä n d b a r w i r d er erst, wenn er durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig geworden ist (§ 852 Abs. 1 ZPO.). 3. Er v e r j ä h r t i n d r e i J a h r e n von dem Zeitpunkt an, i n dem der Pflichtteilsberechtigte von dem Eintritt des Erbfalls und der ihn beeinträchtigenden Verfügung K e n n t n i s erlangt, o h n e Rücksicht auf diese K e n n t n i s i n d r e i ß i g J a h r e n von dem Eintritt des Erbfalls an (§ 2332). VI. D e r P f l i c h t t e i l s s c h u l d n e r . 1. Der Pflichtteilsanspruch richtet sich g e g e n den E r b e n (§ 2303). Er erzeugt eine N a c h l a ß v e r b i n d l i c h k e i t , für die allerdings, wie oben ausgeführt, in einigen Beziehungen besondere Vorschriften gelten. Mehrere Erben haften grundsätzlich als G e s a m t s c h u l d n e r (vgl. §§ 2058 ff.). Ist aber ein Erbe selbst pflichtteilsberechtigt, so kann er nach der Teilung die Befriedigung eines anderen Pflichtteilsberechtigten soweit verweigern, daß ihm sein eigener Pflichtteil verbleibt (§ 2319). I m Verhältnis z u e i n a n d e r haften die Miterben für den Pflichtteilsanspruch n a c h V e r h ä l t n i s ihrer Erbteile. Eine A u s n a h m e macht § 2320 für den Fall, daß jemand a n S t e l l e d e s P f l i c h t t e i l s b e r e c h t i g t e n g e s e t z l i c h e r E r b e wird. Ζ. B. der Erblasser hat zwei Söhne A und B. Den A enterbt er, an Stelle des A w i r d dessen Sohn C gesetzlicher Erbe. Wenn dann A seinen Pflichtteilsanspruch gegenüber Β geltend gemacht und Β gezahlt hat, so kann er Ersatz des ganzen gezahlten Betrages von C verlangen. Dasselbe
§ 3 1 Das Pfichtteilsrecht
würde gelten, wenn C ein Fremder wäre und der Erblasser i h m den Erbteil des A durch Testament oder Erbvertrag zugewendet hätte (§ 2320 Abs. 2). 2. Ist der p f l i c h t t e i l s b e l a s t e t e E r b e z u g l e i c h m i t einem V e r m ä c h t n i s b e l a s t e t , so kann er die Erfüllung des Vermächtnisses soweit verweigern, daß die Pflichtteilslast von i h m und dem V e r m ä c h t n i s n e h m e r v e r h ä l t n i s m ä ß i g getragen wird. Das gleiche gilt von einer Auflage. Einem pflichtteilsberechtigten Vermächtnisnehmer gegenüber ist die Kürzung nur soweit zulässig, daß ihm der Pflichtteil verbleibt. Ist der Erbe selbst pflichtteilsberechtigt, so kann er wegen der Pflichtteilslast das Vermächtnis oder die Auflage soweit kürzen, daß ihm sein eigener Pflichtteil verbleibt (§ 2318). VII. S c h e n k u n g e n d e s E r b l a s s e r s . Der Erblasser könnte auf den Gedanken kommen, den Pflichtteil dadurch i l l u s o r i s c h zu machen, daß er den Nachlaß1 durch Schenkungen v e r m i n d e r t oder sogar vollständig e r s c h ö p f t . Er verschenkt z. B. sein ganzes Vermögen und behält sich den Nießbrauch vor. Bei seinem Tode ist dann der Nachlaß gleich Null, da der Nießbrauch mit dem Tode erlischt. 1. U m die hieraus für den Pflichtteilsberechtigten erwachsende Gefahr zu beseitigen, gibt ihm das Gesetz einen Anspruch, der sich je nach den Umständen gegen den E r b e n oder gegen den B e s c h e n k t e n richtet (§ 2325). I n e r s t e r Linie geht der Anspruch gegen den E r b e n . Der Pflichtteilsberechtigte kann als E r g ä n z u n g des Pflichtteils den Betrag verlangen, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlaß hinzugerechnet wird. Hat ζ. Β. A seinen einzigen Sohn Β enterbt und den C zum Erben eingesetzt, ist der Wert des Nachlasses 10 000 und hat A dem X eine Schenkung i n Höhe von 6000 gemacht, so kann Β von C nicht nur einen Pflichtteil von 5000 verlangen, sondern außerdem einen Betrag von 3000. Die Schenkung w i r d nur dann berücksichtigt, wenn sie innerhalb d e r l e t z t e n z e h n J a h r e vor dem Erbfall erfolgt ist; bei Schenkungen an einen E h e g a t t e n steht sich der Pflichtteilsbegünstigte günstiger, weil hier die Frist, nach deren Ablauf die Schenkung außer Ansatz bleibt, erst mit der Auflösung der Ehe beginnt; in dem Nörmalfall, daß die Ehe bis zum Tode des Erblassers dauert, gibt also jede Schenkung an den Ehegatten dem Pflichtteilsberechtigten ein erhöhtes Recht (§ 2325 Abs. 3). 8 Schmidt, Bürgerliches Recht, V
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§ 31 Das Pflichtteilsrecht
2. Es kann sein, daß der Anspruch gegen den Erben dadurch b e e i n t r ä c h t i g t wird, daß dieser selbst pflichtteilsberechtigt ist; dann kann der Erbe die Ergänzung des Pflichtteils insoweit verweigern, daß i h m sein eigener Pflichtteil m i t Einschluß dessen bleibt, was i h m zur Ergänzung des Pflichtteils gebühren würde (§ 2328). Der Anspruch gegen den Erben kann auch daran scheitern, daß der Pflichtteilsberechtigte selbst der alleinige Erbe ist. Der zuletzt erwähnte Fall liegt ζ. B. vor, wenn der Erblasser sein ganzes Vermögen unter Vorbehalt des Nießbrauches verschenkt hat. Soweit i n den eben erwähnten Fällen der Erbe nicht verpflichtet ist, haftet der B e s c h e n k t e auf Herausgabe des Geschenks nach den Vorschriften über die u n g e r e c h t f e r t i g t e B e r e i c h e r u n g . Der Beschenkte kann aber die Herausgabe des empfangenen Gegenstandes durch Zahlung des fehlenden Geldbetrages abwenden (§ 2329). 3. Hat der Pflichtteilberechtigte selbst ein Geschenk vom Erblasser erhalten, so wird dieses Geschenk in gleicher Weise wie das dem Dritten gemachte Geschenk dem Nachlaß hinzugerechnet und zugleich dem Pflichtteilsberechtigten auf die Ergänzung angerechnet (§ 2327).
VIII. D i e E n t z i e h u n g d e s
Pflichtteils.
1. Der Erblasser kann dem Pflichtteilsberechtigten den Pflichtteil e n t z i e h e n , wenn gewisse Gründe vorliegen, die den Pflichtteilsberechtigten eines Anteils am Vermögen des Erblassers u n w ü r d i g erscheinen lassen. Das Gesetz hat für die drei Gruppen der Pflichtteilsberechtigten (Abkömmlinge, Eltern, Ehegatten) v e r s c h i e d e n e Entziehungsgründe aufgestellt. Für die A b k ö m m l i n g e liegt ein Entziehungsgrund vor, wenn sie sich der in § 2333 Ziff. 1—4 erwähnten V e r f e h l u n g e n gegen den E r b l a s s e r oder gewisse nahe A n g e h ö r i g e des Erblassers schuldig machen (ζ.B. dem Erblasser, dem Ehegatten des Erblassers oder einem anderen Abkömmling des Erblassers nach dem Leben trachten) oder einen e h r l o s e n oder u n s i t t l i c h e n L e b e n s w a n d e l wider den Willen des Erblassers führen (§ 2333 Ziff. 5). Der letztere Umstand ist jedoch kein Entziehungsgrund, wenn sich der Abkömmling zur Zeit des Erbfalls von dem ehrlosen oder unsittlichen Lebenswandel dauernd abgewandt hat (§ 2336 Abs. 4). Die Entziehungsgründe hinsichtlich der E l t e r n führt § 2334 auf, es f e h l e n hier z w e i Nummern der für die A b kömmlinge geltenden Liste, darunter der ehrlose oder unsittliche Lebenswandel. Dem E h e g a t t e n kann der Erblasser nach § 2335 den Pflichtteil entziehen, wenn er sich einer Verfehlung schuldig macht, auf Grund deren der Erblasser nach §§ 42, 43 des Ehegesetzes auf
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S c h e i d u n g zu klagen berechtigt ist. Hier wie bei den anderen Entziehungsgründen muß ein V e r s c h u l d e n des Pflichtteilsberechtigten vorliegen. Das Hecht zur Entziehung e r l i s c h t durch V e r z e i h u n g , auch eine bereits erfolgte Entziehung w i r d durch eine nachträgliche Verzeihung unwirksam (§ 2337). Dagegen ist hinsichtlich des Ehegatten der Ablauf der für die Scheidungsklage in § 50 des Ehegesetzes vorgeschriebenen Frist kein Erlöschungsgrund (§ 2335 Abs. 2). Die Entziehung des Pflichtteils e r f o l g t durch l e t z t w i i i i g e V e r f ü g u n g . Der Grund der Entziehung muß z u r Z e i t d e r E r r i c h t u n g der Verfügung bestehen und i n der Verfügung a n g e g e b e n werden. Die B e w e i s l a s t für das Vorhandensein dieses Grundes hat derjenige, der die Entziehung geltend macht (§ 2336). 2. Hat sich ein Abkömmling i n solchem Maß der V e r s c h w e n d u n g ergeben oder ist er in solchem Maß ü b e r s c h u l d e t , daß sein späterer Erwerb erheblich g e f ä h r d e t wird, so kann der Erblasser das Pflichtteilsrecht des Abkömmlings durch folgende Maßregeln beschränken, die er i n g u t e r A b s i c h t , also u m dem Wohl des Abkömmlings zu dienen, anordnet. Er kann die g e s e t z l i c h e n E r b e n d e s A b k ö m m l i n g s als N a c h e r b e n oder N a c h vermächtnisnehmer bestimmen. Er kann a u c h für die Lebenszeit des Abkömmlings die Verwaltung einem T e s t a m e n t s v o l l s t r e c k e r übertragen, der Abkömmling hat i n einem solchen Fall Anspruch auf den jährlichen H e i n e r t r a g (§ 2338 Abs. 1). Bei Anordnung einer N a c h e r b s c h a f t können P r i v a t g l ä u b i g e r des Pflichtteilsberechtigten — i m Gegensatz zu den Erbschaftsgläubigern — sich nicht an den Nachlaß halten (§ 2115) und dasselbe gilt auch bei Anordnung einer T e s t a m e n t s v o l l s t r e c k u n g (§2214). A u f die eben erwähnten Anordnungen finden die Vorschriften des § 2236 Abs. 1—3 entsprechende Anwendung. Die Anordnungen sind u n w i r k s a m , wenn zur Zeit des Erbfalls der Abkömmling sich dauernd von dem verschwenderischen Leben abgewandt hat oder die den Grund der Anordnung bildende Überschuldung nicht mehr besteht (§ 2338 Abs. 2).
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