Bürgerliches Recht: Ein Lehrbuch seiner Grundzüge. 2. Bd.: Das Schuldrecht [2 ed.] 9783428413157, 9783428013159


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Bürgerliches Recht: Ein Lehrbuch seiner Grundzüge. 2. Bd.: Das Schuldrecht [2 ed.]
 9783428413157, 9783428013159

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RUDOLF SCHMIDT

Bürgerliches Recht

Zweiter Band

Das Schuldrecht Zweite neubearbeitete Auflage

Duncker & Humblot . Berlin

Rudolf Schmidt, Bürgerliches Recht Zweiter Band: Das Schuldrecht

Bürgerliches Redit E i n Lehrbuch seiner Grundzüge

Von

Prof. Dr. R u d o l f S c h m i d t , K ö l n

Zweite neubearbeitete Auflage

Zweiter Band Das

DUNCKER

&

Schuldrecht

HUMBLOT

/

BERLIN

Alle Rechte vorbehalten Verlag Duncker & Humblot, Berlin-Lichterfelde Gedruckt 1953 bei Alfa-Druck, Berlin W 35

Inhaltsverzeichnis Erster Teil. Allgemeine Lehren Seite I . Abschnitt. § 1. Begriff und Wesen des Forderungsrechts

1

I I . Abschnitt. Die Begründung der Schuldverhältnisse 1. § 2. Die Entstehungsgründe der Schuldverhältnisse 2. § 3. Die Formen der schuldbegründenden Rechtsgeschäfte 3. § 4. Nichtige Schuldverträge

4 4 4 6

I I I . Abschnitt. Der Inhalt der Schuldverhältnisse 1. § 5. Treu und Glauben 2. § 6. Die Bestimmtheit des Schuldinhalts 3. § 7. Zinsschulden 4. § 8. Der Schadenersatz 5. § 9. Ersatz von Aufwendungen und Wegnahmerecht 6. § 10. Rechnungslegung und Auskunftserteilung 7. § 11. Teilleistungen 8. § 12. Leistung durch Dritte 9. § 13. Der Leistungsort 10. § 14. Die Leistungszeit 11. § 15. Das Zurückbehaltungsrecht 12. § 16. Gegenseitige Verträge 13. § 17. Verträge zugunsten Dritter 14. § 18. Die Draufgabe 15. § 19. Die Vertragsstrafe

8 8 9 15 16 23 23 24 25 26 27 29 30 32 35 35

IV. Abschnitt. Die Veränderung der Schuldverhältnisse 1. Die Verletzung des Forderungsrechtes a) § 20. Allgemeines b) §21. Unmöglichkeit c) § 22. Verzug d) § 23. Die Schlechterfüllung 2. § 24. Verzug des Gläubigers 3. § 25. Abänderung durch Vertrag und Vertragshilfe

38 38 38 40 45 48 49 51

V. Abschnitt. Das Erlöschen der Schuldverhältnisse 1. § 26. Allgemeines 2. § 27. Die Erfüllung 3. § 28. Leistung an Erfüllungs Statt 4. § 29. Hinterlegung und Selbsthilfe verkauf 5. § 30. Die Aufrechnung 6. §31. DerErlaß 7. § 32. Der Rücktritt 8. § 33. Sonstige Schuldtilgungsgründe

53 53 53 56 57 58 61 62 65

Inhaltsverzeichnis V I . Abschnitt. Der Wechsel in der Person des Gläubigers oder Schuldners 1. § 34. Die Abtretung der Forderung 2. § 35. Die Schuldübernahme V I I . Abschnitt. Mehrheit von Gläubigern und Schuldnern 1. § 36. Allgemeines 2. § 37. Die Gesamtschuldverhältnisse 3. § 38. Die gemeinschaftlichen Forderungen Zweiter Teil.

75 75 76 78

Einzelne Schuldverhältnisse

1. § 39. Allgemeines 2. Kauf und Tausch : a) § 40. Der Kaufvertrag b) § 41. Besondere Arten des Kaufes c) § 42. Der Tausch 3. § 43. Die Schenkung 4. Miete und Pacht : a) § 44. Die Miete b) § 45. Die Pacht 5. §46. Die Leihe 6. §47. Das Darlehen 7. §48. Dienstvertrag 8. § 49. Der Werkvertrag 9. § 50. Der Mäklervertrag 10. § 51. Die Auslobung 11. §52. Der Auftrag 12. § 53. Die Geschäftsführung ohne Auftrag 13. §54. Der Verwahrungsvertrag 14. § 55. Die Einbringung von Sachen bei Gastwirten 15. § 56. Die Gesellschaft 16. § 57. Die Gemeinschaft nach Bruchteilen 17. § 58. Die Leibrente 18. § 59. Spiel und Wette 19. § 60. Die Bürgschaft 20. § 61. Der Vergleich 21. § 62. Schuldversprechen und Schuldanerkenntnis 22. § 63. Die Anweisung 23. § 64. Die Schuldverschreibungen auf den Inhaber 24. § 65. Die Vorlegung von Sachen 25. § 66. Die ungerechtfertigte Bereicherung 26. § 67. Die unerlaubten Handlungen Sachverzeichnis

67 67 71

80 81 91 94 94 97 108 110 112 113 120 126 127 128 131 134 135 137 143 145 146 148 151 153 154 156 161 161 167 181

Abkürzungen AG. BGB. BGH. bestr. EG. FrGG. GBO. GO. GG. HGB. JZ. JW. KO. NJW. OLG. RG. RG.Bd. ROLG. Seuff.Arch. StGB. StPO. ZPO. ZwVG.

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Ausführungsgesetz Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgerichtshof bestritten Einführungsgesetz Reichsgesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Grundbuchordnung Gewerbeordnung Grundgesetz Handelsgesetzbuch Juristenzeitung Juristische Wochenschrift Konkursordnung Neue Juristische Wochenschrift Oberlandesgericht Reichsgericht oder Reichsgesetz Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen, Band Rechtsprechung der Oberlandesgerichte, herausgegeben von Mugdan und Falkmann J. A. Seufferts Archiv für Entscheidungen der obersten Gerichte in den deutschen Staaten Strafgesetzbuch Strafprozeßordnung Zivilprozeßordnung Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung

Die im Text ohne nähere Bezeichnung angeführten Paragraphen sind die Paragraphen des BGB. Die Bezeichnungen oben und unten weisen darauf hin, daß es sich um die Paragraphen des Lehrbuchs handelt.

Schrifttum zum Schuldrecht Zunächst wird auf die in Bd. 1, S. 5, 6 angeführte Literatur verwiesen. Hinzugekommen ist inzwischen die von mehreren Bundesrichtern herausgegebene 10. Auflage des Kommentars der Reichsgerichtsräte, deren Erscheinen begonnen hat. An Lehrbüchern des Schuldrechts seien hier neben dem bereits in Bd. 1, S. 6 erwähnten Lehrbuch

von

Enneccerus-Lehmann

(13. Auflage)

Esser (1949),

Blomeyer (Bd. 1, 1953) und Larenz (Bd. 1, 1953) genannt. I m einzelnen wird auf die bei Enneccerus-Lehmann S . X I X und B l o m e y e r S. X I V angegebene Literatur verwiesen.

Erster Teil

Allgemeine Lehren I. Abschnitt § 1 Begriff und Wesen des Forderungsrechts I . I m zweiten Buch behandelt das BGB. die F o r d e r u n g s r e c h t e aus Schuldverhältnissen. Darunter sind, wie sich aus § 241 ergibt und wie in Bd. 1 § 10, I , 2 bereits näher dargelegt ist, A n s p r ü c h e gegen eine bes t i m m t e P e r s o n auf ein Tun oder ein Unterlassen zu verstehen. Außer den Ansprüchen aus Schuldverhältnissen gibt es auch noch Ansprüche aus a n d e r e n R e c h t e n , ζ. B. aus dem Eigentum. Hierüber ist bereits in Bd. 1, § 11, I I das Nötige gesagt. Bestritten ist, ob zum Begriff des Forderungsrechtes ein V e r m ö g e n s i n t e r e s s e gehört. Die herrschende Meinung lehnt das ab. I n vielen Fällen wird jedoch, wenn das Vermögensinteresse nicht vorhanden ist, dem Versprechenden die Absicht rechtlicher Bindung fehlen (ζ. Β . A verspricht der Hausfrau Β bei einer Gesellschaft, i n einer Stunde einige Lieder zur Erheiterung der Gäste vorzutragen, vgl. Bd. 1, S. 80), und aus diesem Grunde eine gültige Forderung nicht vorliegen. Das Geschäft kann ferner wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig sein, ζ. B. es verpflichtet sich jemand, die Relegion zu wechseln (vgl. Bd. 1, S. 112). I I . 1. I n der Regel kann der Gläubiger, wenn der Schuldner seine Verpflichtung nicht erfüllt, den Schuldner auf Erfüllung v e r k l a g e n und a u f Grund des U r t e i l s gegen den Schuldner die Z w a n g s v o l l s t r e c k u n g betreiben. Es gibt aber auch Schuldverhältnisse, bei denen das Gesetz die Klage und daher auch die Zwangsvollstreckung versagt ( n a t ü r l i c h e V e r b i n d l i c h k e i t e n oder N a t u r a l o b l i g a t i o n e n ) . Daß hier trotzdem eine Verbindlichkeit vorliegt, erkennt man daran, daß die Naturalobligation e r f ü l l t werden kann; hat der Schuldner gezahlt, ohne zu wissen, daß er auf Erfüllung nicht verklagt werden konnte, so kann er die Zahlung nicht etwa zurückfordern, wie wenn er auf eine nichtexistierende Schuld gezahlt hätte. Solche Forderungen sind ζ. B. die Forderung aus S p i e l und W e t t e , ferner die v e r j ä h r t e Forderung. Die Unzulässigkeit der Rückforderung des Geileisteten ist in § 222 Abs. 2 Satz 1 und in § 762 Abs. 1 Satz 2 ausdrücklich ausgesprochen. 1 Schmidt, Bürgerliches Recht, I I

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Allgemeine Lehren

2. I n anderen Fällen hat das Gesetz zwar die K l a g e des Gläubigers gegen den Schuldner auf Leistung zugelassen, der Schuldner wird, wenn der Anspruch des Gläubigers begründet ist, v e r u r t e i l t , eine V o l l s t r e c k u n g des Urteils gibt es aber n i c h t . Dies gilt nach §888 Abs. 2 ZPO. b e i D i e n s t e n , die aus einem Dienstvertrag geschuldet werden; der Schuldner kann hier nicht durch Geld- oder Haftstrafen zur Leistung der Dienste gezwungen werden. Dasselbe gilt, wenn ein Ehegatte gegen den anderen ein Urteil auf H e r s t e l l u n g des e h e l i c h e n L e b e n s erwirkt hat, ζ. B. die Frau hat den Mann ohne Grund verlassen und dieser verlangt die Rückkehr der Frau. Der Wert der Klage und des Urteils besteht in dem letzteren Fall für den Kläger darin, daß er gegenüber der Beklagten die Scheidung durchsetzen kann. I I I . Aus den obigen Ausführungen ergibt sich bereits, daß der S c h u l d nicht immer eine H a f t u n g des schuldnerischen Vermögens entspricht. Die Spielschuld ist eine S c h u l d , der Gläubiger dieser Schuld ist aber nicht in der Lage, den Schuldner durch Klage und Vollstreckung zur Zahlung der Schuld zu zwingen, ihn h a f t b a r zu machen. Es kann auch vorkommen, daß zwar eine Haftung vorhanden ist, daß diese sich aber nicht auf das ganze Vermögen des Haftenden erstreckt, sondern nur auf bestimmte Teile dieses Vermögens (sogenannte b e s c h r ä n k t e H a f t u n g ) . So haftet der Erbe ζ. B. in gewissen Fällen nur mit dem Nachlaß und nicht mit seinem eigenen Vermögen für die Schulden des Erblassers. Eine solche beschränkte Haftung kann auch vertraglich vereinbart werden. Besteht hiernach auch die Möglichkeit, Schuld und Haftung begrifflich voneinander zu trennen, so darf doch nicht verkannt werden, daß sie im h e u t i g e n Recht — im Gegensatz zum älteren deutschen Recht — i n a l l e r R e g e l n e b e n e i n a n d e r h e r l a u f e n . Abgesehen von wenigen Ausnahmefällen h a f t e t der Schuldner m i t seinem g a n z e n V e r m ö g e n für die Erfüllung seiner Schuld. Es wäre auch flasch, das Wort „haften" immer in dem eben erwähnten Sinn zu verstehen, i n sehr vielen Fällen ist es einfach ein anderes Wort für „schulden", so in der Wendung, daß der Schuldner für das Verschulden seines Gehilfen haftet. I V . Das BGB. hat den S t o f f des Schuldrechts in der Weise g e o r d n e t , daß es zunächst i n sechs Abschnitten die a l l g e m e i n e n für die Schuldverhältnisse geltenden Regeln aufgestellt hat. Sie finden g r u n d s ä t z l i c h a u f a l l e Schuldverhältnisse Anwendung. I n einem siebten Abschnitt werden dann die w i c h t i g s t e n T y p e n der Schuldverhältnisse behandelt, ζ. B. Kauf, Miete, Darlehen usw. Da für das Schuldrecht grundsätzlich die Vertragsfreiheit gilt, sind die Parteien nicht auf diese Typen beschränkt. Sie

§ 1 Begriff und Wesen des Forderungsrechtes

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können einen n e u e n T y p u s schaffen, der z . B . aus zwei Typen des Gesetzes zusammengesetzt ist, wie der Hausmeistervertrag aus Dienstvertrag und Miete; sie können auch an den vom Gesetz gegebenen Typen e i n z e l n e V e r ä n d e r u n g e n vornehmen, ζ. B. der Käufer kann mit dem Verkäufer vereinbaren, daß dieser für Mängel der verkauften Sache nicht zu haften braucht. Nur ausnahmsweise sind die Vorschriften des Schuldrechts zwingend (vgl. z. B. § 544).

II. Abschnitt

Die Begründung der Schuldverhältnisse § 2 Die Entstehungsgründe der Schuldyerhältnisse I . Die E n t s t e h u n g der Schuldyerhältnisse beruht entweder auf dem W i l l e n des Schuldners oder auf a n d e r e n G r ü n d e n . Wenn sie auf dem W i l l e n des Schuldners beruht, so wird das Schuldverhältnis durch ein R e c h t s g e s c h ä f t geschaffen; ein Beispiel dafür ist der Kaufvertrag, bei dem die Verpflichtung des Käufers zur Zahlung des Kaufpreises deshalb entsteht, weil er sich zu dieser Zahlung verpflichten will, und dasselbe gilt von der Verpflichtung des Verkäufers. A n d e r e E n t s t e h u n g s g r ü n d e der Schuldverhältnisse, bei denen es also auf den Willen des Schuldners nicht ankommt, sind ζ. B. die u n e r l a u b t e H a n d l u n g und die u n g e r e c h t f e r t i g t e B e r e i c h e r u n g . Wenn A dem Β eine schon einmal bezahlte Schuld noch einmal bezahlt, so ist Β zur Rückzahlung des Empfangenen aus ungerechtfertigter Bereicherung verpflichtet, ohne daß bei Entstehung dieser Pflicht sein Wille von Bedeutung wäre. I I . I n den Fällen, in denen die Begründung eines Schuldverhältnisses durch R e c h t s g e s c h ä f t erfolgt, bedarf es dazu in der Regel nach § 305 eines zweiseitigen Rechtsgeschäftes, eines V e r t r a g e s . Nur ausnahmsweise, nämlich i n den Fällen, in denen das i m Gesetz besonders vorgeschrieben ist, genügt ein einseitiges Rechtsgeschäft, ζ. B. bei der Auslobung (§ 657) und bei den Inhaberpapieren (§ 793).

§ 3 Die Formen der schuldbegründenden Rechtsgeschäfte Grundsätzlich sind die schuldbegründenden Rechtsgeschäfte f o r m f r e i . Eine Ausnahme ist ζ. B. die Bürgschaftserklärung, die nach § 766 der S c h r i f t f o r m bedarf. Über weitere Fälle der Schriftform vgl. §§ 566, 761, 780, 781. Der g e r i c h t l i c h e n oder n o t a r i e l l e n B e u r k u n d u n g bedarf es in folgenden Fällen : 1. Für die Vertragserklärung eines T e i l s beim S c h e n k u n g s v e r s p r e c h e n nach § 518, dagegen nicht bei der Annahme des Versprechens. Durch Erfüllung wird der Formmangel in diesem Falle geheilt.

§ 3 Die Formen der schuldbegründenden Rechtsgeschäfte

5

2. Für die Vertragserklärungen b e i d e r T e i l e : a) Für den Vertrag, durch den sich der eine Teil v e r p f l i c h t e t , sein g e g e n w ä r t i g e s V e r m ö g e n oder e i n e n B r u c h t e i l seines gegenw ä r t i g e n V e r m ö g e n s z u ü b e r t r a g e n oder mit einem N i e ß b r a u c h zu belasten (§ 311). Die Vollziehung der Vermögensübertragung — d. h. das Verfügungsgeschäft im Gegensatz zu dem eben erwähnten Verpflichtungsgeschäft— erfolgt n i c h t im Wege der G e s a m t n a c h f o l g e durch einen einheitlichen A k t , erforderlich sind vielmehr die für die e i n z e l n e n Gegenstände vorgeschriebenen Übertragungsakte, ζ. B. für Grundstücke die Auflassung, für bewegliche Sachen die Übergabe. Nach § 419 gehen jedoch die S c h u l d e n auf den Erwerber über. b) Für den Vertrag, der unter k ü n f t i g e n g e s e t z l i c h e n E r b e n über den g e s e t z l i c h e n E r b t e i l oder den P f l i c h t t e i l eines von ihnen geschlossen wird (§ 312 Abs. 2). Dieser Vertrag ist ausnahmsweise gültig, während sonst Verträge über den Nachlaß eines noch lebenden Dritten unwirksam sind (§ 312 Abs. 1). c) B e s o n d e r s w i c h t i g ist die Vorschrift des §313, wonach der Vertrag durch den sich jemand v e r p f l i c h t e t , das E i g e n t u m an einem G r u n d s t ü c k zu ü b e r t r a g e n , der g e r i c h t l i c h e n oder n o t a r i e l l e n B e u r k u n d u n g bedarf. Die Formvorschrift soll den, der die Verpflichtung übernimmt, auf die Wichtigkeit des Geschäftes aufmerksam machen und übereilte Verträge, insbesondere solche unter dem Einfluß geistiger Getränke, möglichst verhindern. Die Vorschrift bezieht sich auch auf die Verpflichtung zur Bestellung und Übertragung des E r b b a u r e c h t s , dagegen n i c h t auf die Verpflichtung zur Begründung oder Übertragung a n d e r e r d i n g l i c h e r Rechte, ζ. B. auf die Verpflichtung zur Bestellung einer Hypothek. E i n e r l e i ist, ob die Verpflichtung zur Übertragung des Grundstücks den H a u p t i n h a l t des Vertrages bildet wie beim Kaufvertrag. § 313 ist daher ζ. B. auch bei einem E r b t e i l u n g s v e r t r a g über Grundstücke anwendbar. A u f den A u f t r a g und die V o l l m a c h t zur V e r ä u ß e r u n g eines Grundstücks bezieht sich § 313 nicht, es sei denn, daß es sich um eine u n w i d e r r u f l i c h e V o l l m a c h t handelt, weil diese eine Gebundenheit des Vollmachtgebers herbeiführt. Auch die Abtretung des Anspruchs auf Auflassung unterliegt der Form nicht (vgl. RG. Bd. I l l , S. 300). Nach § 313 Satz 2 wird der Mangel der F o r m durch A u f l a s s u n g u n d E i n t r a g u n g i m G r u n d b u c h g e h e i l t . Der Käufer ist also nunmehr zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet. § 313 Satz 2 hat aber seine praktische Bedeutung durch § 925 a fast ganz verloren, wonach die Erklärung der Auflassung nur entgegengenommen

β

Die Begründung der Schuldyerhältnisse

werden soll, wenn die nach § 313 Satz 1 erforderliche Urkunde über den Vertrag vorgelegt oder gleichzeitig errichtet wird.

§ 4 Nichtige Schuldverträge I . N i c h t i g ist ein Schuldvertrag nach § 306, wenn er auf eine u n m ö g l i c h e Leistung gerichtet ist. Z.B. A und Β schließen einen Kaufvertrag über ein Pferd, ohne zu wissen, daß es bereits krepiert ist. Unmöglichkeit liegt nicht nur dann vor, wenn es ausgeschlossen ist, die versprochene Leistung zu erbringen, sondern auch dann, wenn zu der Leistung u n v e r h ä l t n i s m ä ß i g große Opfer seitens des Schuldners erforderlich sind. Dabei ist insbesondere das Maß der Gegenleistung zu berücksichtigen. Wer ζ. B. die Errichtung eines Gebäudes versprochen hat, ist von dieser Verpflichtung frei, wenn das Gebäude infolge ungewöhnlicher Bodenverhältnisse eine so starke Fundamentierung voraussetzt, daß es den Bauunternehmer doppelt soviel kosten würde als der dafür fest vereinbarte Preis. 1. Man unterscheidet u r s p r ü n g l i c h e und n a c h t r ä g l i c h e Unmöglichkeit. Ursprüngliche Unmöglichkeit liegt vor, wenn die Leistung bereits bei Entstehung des Schuldverhältnisses unmöglich war, nachträgliche, wenn sie später unmöglich geworden ist. § 306 bezieht sich n u r auf die u r s p r ü n g l i c h e Unmöglichkeit. 2. § 306 hat ferner nur die sogenannte o b j e k t i v e Unmöglichkeit im Auge, d. h. den Fall, daß die Leistung von niemand erbracht werden kann. Dagegen ist in § 306 die s u b j e k t i v e Unmöglichkeit oder das U n v e r m ö g e n des Schuldners nicht gemeint. Unvermögen des Schuldners bedeutet, daß n u r der S c h u l d n e r zur Leistung außerstande ist, während sie von ander e n gemacht werden kann. Der wichtigste Fall ist der, daß jemand eine i h m n i c h t g e h ö r i g e Sache verkauft hat und daß der Eigentümer mit der Lieferung der Sache an den Käufer nicht einverstanden ist. Bei Unvermögen des Schuldners ist der Vertrag nicht nichtig, sondern der Schuldner ist dem Gläubiger zum Ersatz des p o s i t i v e n I n t e r e s s e s (vgl. Bd. 1 S. 104.) verpflichtet. 3. Werden mehrere Leistungen w a h l w e i s e geschuldet und ist eine von ihnen von Anfang an unmöglich, so beschränkt sich das Schuldverhältnis auf die übrigen Leistungen (§ 265). Anders bei der f a c u l t a s a l t e r n a t i v a . Ist hier die Hauptleistung unmöglich, so ist das Schuldverhältnis nach § 306 nichtig und eine Verpflichtung zu der Nebenleistung besteht nicht (vgl. S. 15). 4. Es kann vorkommen, daß eine der Parteien bei einem nach § 306 nichtigen Vertrag die Unmöglichkeit der Leistung k e n n t oder k e n n e n m u ß . Dann droht ihr das Gesetz in § 307 einen Nachteil an, wenn sie den Gegner

§ 4 Nichtige Schuldverträge

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von der Unmöglichkeit nicht in Kenntnis setzt; sie ist ihm dann nämlich zum Ersatz des n e g a t i v e n I n t e r e s s e s verpflichtet, jedoch nicht über den Betrag des p o s i t i v e n I n t e r e s s e s hinaus (vgl. Bd. 1, S. 104). Die Ersatzpflicht versagt, wenn der Gegner aus anderen Gründen von der Unmöglichkeit Kenntnis erlangt oder sie kennen muß. 5. Ist die Leistung n u r t e i l w e i s e unmöglich, so führt dies grundsätzlich doch zur Nichtigkeit des ganzen Vertrages nach § 139. Eine Ausnahme gilt nur, wenn die b e i d e n P a r t e i e n den Vertrag auch ohne den nichtigen Teil geschlossen hätten. Dann bleibt der Vertrag teilweise gültig. I n diesem Fall ist aber die Gegenleistung entsprechend zu mindern. Hinsichtlich des unmöglichen Teils entsteht nach § 307 eine Verpflichtung zum Ersatz des negativen Interesses. Diese ist auch dann begründet, wenn eine von mehreren w a h l w e i s e versprochenen Leistungen unmöglich ist (§ 307 Abs. 2), allerdings nur dann, wenn der Gegner derjenigen Partei, die die Unmöglichkeit kannte oder kennen mußte, das Wahlrecht hat. Hatte diese selbst das Wahlrecht, so konnte der Gegner ja doch nicht auf die unmögliche Leistung rechnen. 6. § 306 gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Unmöglichkeit in Zukunft behoben werdenJtann. Der Vertrag ist jedoch gültig, wenn er für den Fall geschlossen wird, daß die Leistung möglich wird, ζ. B. ein beschlagnahmtes Buch wird für den Fall verkauft, daß die Beschlagnahme aufgehoben wird. Dasselbe gilt, wenn die Leistung unter einer anderen aufschiebenden Bedingung oder unter Bestimmung eines Anfangstermins versprochen wird und die Unmöglichkeit vor dem Eintritt der Bedingung oder des Termins behoben wird (§ 308).

I I . Ein Vertrag, der gegen ein g e s e t z l i c h e s V e r b o t verstößt, ist nach § 134 n i c h t i g . A u f solche Verträge finden nach § 309 die §§ 307 und 308 entsprechende Anwendung. I I I . E i n Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, sein k ü n f t i g e s V e r m ö g e n oder e i n e n B r u c h t e i l seines k ü n f t i g e n V e r m ö g e n s zu ü b e r t r a g e n oder mit einem N i e ß b r a u c h zu belasten, ist n i c h t i g (§ 310). Dahin gehört ζ. B. ein Gesellschaftsvertrag, nach dem der ganze künftige Erwerb zweier Personen gemeinschaftlich sein soll. I V . N i c h t i g sind schließlich auch Verträge über den N a c h l a ß eines n o c h l e b e n d e n D r i t t e n . Dasselbe gilt von einem Vertrag über den Pflichtteil oder ein Vermächtnis aus dem Nachlaß eines noch lebenden Dritten (§ 312). Über eine Ausnahme von dieser Vorschrift vgl. § 3, 2, b.

III. Abschnitt

Der Inhalt der Schuldverhältnisse § 5 Treu und Glauben Bereits im Bd. 1, § 35 ist daraufhingewiesen worden, daß die A u s l e g u n g der Rechtsgeschäfte gemäß §157 n a c h T r e u u n d G l a u b e n m i t R ü c k s i c h t a u f d i e V e r k e h r s s i t t e zu erfolgen hat. Es ist dort auch schon gezeigt worden, daß § 157 nicht zur Feststellung aller Wirkungen des Rechtsgeschäfts herangezogen werden kann, nämlich nicht zur Entscheidung des Streits der Parteien über solche Punkte, über die sie überhaupt keine Bestimmung getroffen haben, in bezug auf die sie keinen Willen geäußert haben. Hier hilft, wie in § 35 bereits gesagt, § 242 aus, wonach der Schuldner verpflichtet ist, die Leistung so zu bewirken, wie T r e u u n d G l a u b e n m i t R ü c k s i c h t a u f d i e V e r k e h r s s i t t e es erfordern. § 242 gilt aber nicht nur für die Schuldverhältnisse aus Rechtsgeschäften, er findet auch auf Schuldverhältnisse aus anderen Entstehungsgründen Anwendung, ζ. B. für den Anspruch aus auftragsloser Geschäftsführung oder ungerechtfertigter Bereicherung. Er gilt also für alle Forderungen, und zwar nicht nur für die aus dem zweiten Buch des BGB. sich ergebenden, sondern auch für andere A n s p r ü c h e , ζ Β . für den Anspruch des Eigentümers auf Herausgabe ( § 985) oder auf Beseitigung von Beeinträchtigungen ( § 1004), vgl. Bd. 1, § 11, I I . Das Verhältnis von T r e u u n d G l a u b e n auf der einen Seite und der V e r k e h r s s i t t e auf der anderen Seite ist folgendes. Es handelt sich n i c h t um zwei g l e i c h b e r e c h t i g t e Grundsätze, das entscheidende Prinzip ist vielmehr Treu und Glauben, aber bei der Ermittlung dessen, was Treu und Glauben erfordern, soll vor allem die Verkehrssitte i n Betracht gezogen werden. Es kann auch vorkommen, daß eine Verkehrsgewohnheit, weil sie sich als eine Unsitte darstellt, zu Treu und Glauben i n scharfem Widerspruch steht. Dann ist sie für den Inhalt des Schuldverhältnisses bedeutungslos. § 242 ist von Wichtigkeit sowohl für den Gläubiger wie für den Schuldner. Der Schuldner hat nicht weniger zu leisten, als Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte von ihm verlangen, aber der Gläubiger kann auch nicht mehr von ihm fordern. I n letzterer Beziehung erfüllt § 242 die Funktionen der gemeinrechtlichen e x c e p t i o d o l i . §242 hat in der Rechtsprechung eine a u ß e r o r d e n t l i c h e Bedeutung erlangt. Unzählige Einzelfragen, die bei der Leistungspflicht des Schuldners

§ 6 Die Bestimmtheit des Schuldinhalts

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in Betracht kommen, haben die Gerichte auf Grund des § 242 gelöst. Hierher gehört ζ. B. das Problem der Verwirkung.

§ 6 Die Bestimmtheit des Schuldinhalts I . Der Inhalt der geschuldeten Leistung braucht nicht von vornherein festzustehen, es ist nicht erforderlich, daß er bestimmt ist, es genügt, daß er bestimmt werden kann, er muß b e s t i m m b a r sein. Die Bestimmung, die Hebung der Ungewißheit, kann auf verschiedene Weise geschehen, durch eine der b e t e i l i g t e n P a r t e i e n , oder durch einen D r i t t e n . 1. Die Bestimmung durch eine b e t e i l i g t e P a r t e i kann dem E r m e s s e n der Partei überlassen werden, i m Z w e i f e l erfolgt sie nach b i l l i g e m E r messen gemäß § 315 Abs. 1. Ist nicht das billige Ermessen einer Partei, sondern ihr Ermessen schlechthin maßgebend, so wird häufig das Geschäft nichtig sein, und zwar, wenn das Ermessen des Gläubigers entscheiden soll, wegen unbilliger Freiheitsbeschränkung des Schuldners, wenn dagegen das Ermessen des Schuldners maßgebend ist, weil dieser sich in Wirklichkeit überhaupt noch nicht gebunden hat. a) Die Bestimmung erfolgt gemäß § 315 Abs. 2 durch E r k l ä r u n g gegenüber dem a n d e r e n T e i l . Soll sie nach billigem Ermessen erfolgen, so ist sie gemäß § 315 Abs. 3 für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Trifft das nicht zu oder wird sie verzögert, so wird sie durch Urteil getroffen. b) E i n besonders wichtiger Fall ist der, daß der Umfang der für eine Leistung versprochenen G e g e n l e i s t u n g nicht bestimmt ist. Die Parteien haben also zwar vereinbart, daß eine Gegenleistung errichtet werden soll, aber nicht, wie hoch sie sein soll. Beim Dienst-, Werk- oder Mäklervertrag ist dann die taxmäßige Vergütung und i n Ermangelung einer solchen die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen (§ 612 Abs. 2, 632 Abs. 2, 653 Abs. 2). Läßt sich der Umfang der Gegenleistung nicht i n der eben angegegebenen A r t bestimmen, so hat der G l ä u b i g e r nach § 316 die Bestimmung zu treffen, und zwar auch hier nach billigem Ermessen. I n einer kleinen Stadt z.B. erteilt ein neu hinzugezogener Maler Malunterricht, ohne daß die Höhe seines Honorars vereinbart wird. Sofern die Erteilung von Malunterricht in dieser Stadt bisher nicht üblich ist — vielleicht i m Gegensatz zum Klavierunterricht —, hat der Maler die Höhe seines Honorars zu bestimmen. 2. Soll ein D r i t t e r die Leistung bestimmen, so ist ebenfalls im Z w e i f e l anzunehmen, daß die Bestimmung nach b i l l i g e m E r m e s s e n des Dritten geschehen soll (§ 317 Abs. 1). Ζ. B. zwei Freunde A und Β verhandeln über den Verkauf eines dem A gehörigen Gemäldes. Da sie beide nicht Kunst-

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Der Inhalt der Schuldverhältnisse

kenner sind, vereinbaren sie, daß das Bild fest verkauft sein soll, daß aber ihr gemeinsamer Freund, der Kunstverständige C, den Preis festsetzen soll. Möglich ist aber auch, wie sich aus § 319 Abs. 2 ergibt, daß die Bestimmung dem f r e i e n B e l i e b e n des Dritten überlassen wird. a) Soll die Bestimmung durch mehrere D r i t t e erfolgen, so ist im Zweifel Übereinstimmung aller erforderlich; bei Bestimmung einer Summe ist aber, wenn verschiedene Summen bestimmt werden, im Zweifel die Durchschnittssumme maßgebend (§ 317 Abs. 2).

b) Die Bestimmung des Dritten erfolgt durch Erklärung an einen der Vertragsschließenden (§ 318 Abs. 1). Diese Erklärung ist als E r g ä n z u n g der Erklärungen der Vertragsschließenden aufzufassen und daher steht die Anfechtung der Erklärung wegen Willensmängel nicht dem Dritten, sondern dem Vertragsschließenden zu (§ 318 Abs. 2). A hat ζ. B. von Β eine Sache gekauft, die Bestimmung des Preises ist dem C überlassen worden. C ist von Β über eine Eigenschaft der Sache getäuscht worden und hat infolgedessen den Preis zu hoch bestimmt. Hier kann A anfechten und zwar nach § 318 Abs. 2 durch eine Erklärung gegenüber B. c) Soll der Dritte die Leistung nach b i l l i g e m E r m e s s e n bestimmen, so ist die getroffene Bestimmung für die Vertragsschließenden nicht verbindlich, wenn sie o f f e n b a r u n b i l l i g ist. Die Bestimmung erfolgt i n diesem Fall durch richterliches Urteil, und dasselbe gilt, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert. U m eine B e d i n g u n g handelt es sich demnach bei dem billigen Ermessen nicht (§ 319 Abs. 1). Anders wenn die Bestimmung in das f r e i e B e l i e b e n des Dritten gestellt worden ist. Dann ist der Vertrag unwirksam, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert, ein Ersatz der Bestimmung durch Urteil ist nicht möglich (§ 319 Abs. 2). O f f e n b a r e U n b i l l i g k e i t macht die Bestimmung nicht ohne weiteres unwirksam, sie ist aber ζ. B. unwirksam, wenn sie gegen die guten Sitten verstößt, etwa wenn sie durch Bestechung des Dritten erschlichen ist. I I . Die Unbestimmtheit des Schuldinhalts kann auch darin bestehen, daß der Leistungsgegenstand nur der G a t t u n g nach festgelegt ist. Bei der S t ü c k s c h u l d oder S p e z i e s s c h u l d ist dagegen der Schuldgegenstand i n d i v i d u e l l bestimmt, es ist ζ. B. eine konkrete Sache zu liefern. Eine Speziesschuld ist die Verpflichtung des Verkäufers, das Hausgrundstück Schloßstraße Nr. 15 zu übereignen. Eine Gattungsschuld ist die Verpflichtung des Verkäufers, 50 Zentner Koks zu liefern. Die Gattung kann enger oder weiter begrenzt sein. Eine engere Begrenzung gegenüber dem eben erwähnten Fall liegt ζ. B. vor, wenn 50 Zentner Koks erster Qualität

§ 6 Die Bestimmtheit des Schuldinhalts

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verkauft worden sind. Die Geschäfte über Gattungssachen sind insbesondere für den Handelsverkehr von Wichtigkeit. Die Lieferung von Waren beruht in der Regel auf einem Gattungskauf. Mit der eben erwähnten Unterscheidung zwischen Spezies- und Gattungsschuld darfeine andere, nämlich die Unterscheidung zwischen v e r t r e t b a r e n und u n v e r t r e t b a r e n Sachen nicht verwechselt werden. Der Unterschied ist bereits i n Bd. 1, S. 64, dargelegt worden. Für Gattungsschulden gelten folgende besondere Vorschriften. 1. Der Schuldner hat, wenn es innerhalb der Gattung A b s t u f u n g e n gibt, eine Sache m i t t l e r e r A r t u n d G ü t e zu leisten (§ 243 Abs. 1). 2. Es fragt sich, i n welchem Zeitpunkt die Gattungsschuld sich in eine S p e z i e s s c h u l d v e r w a n d e l t , also von wann an der Schuldner nicht mehr einen allgemeinen bestimmten Gegenstand, sondern ein konkretes Stück schuldet. Diese Umwandlung kann für den Schuldner V o r t e i l haben, aber auch N a c h t e i l mit sich bringen. V o r t e i l h a f t ist sie für ihn, weil bei Gattungsschulden der Untergang des beim Schuldner vorhandenen Vorrats ihn nicht befreit, solange noch die Leistung aus der Gattung möglich ist, also noch Gattungssachen sonst vorhanden sind (§ 279), während der Untergang des speziell geschuldeten Gegenstandes den Schuldner nach § 275 befreit, wenn ihn kein Verschulden trifft. Wer 100 Flaschen Rüdesheimer verkauft hat, muß, solange die Umwandlung oder K o n k r e t i s i e r u n g der Gattungsschuld noch nicht stattgefunden hat, wenn sein ganzer Vorrat Rüdesheimer untergeht, 100 andere Flaschen Rüdesheimer sich verschaffen und liefern. N a c h t e i l i g kann die Umwandlung für den Schuldner dann sein, wenn er den von ihm zunächst ausgewählten Schuldgegenstand, der zum Gegenstand einer Speziesschuld geworden ist, nachträglich aus irgendwelchen Gründen nicht leisten, sondern durch einen anderen ersetzen will. W a n n die Umwandlung eintritt, war im g e m e i n e n Recht b e s t r i t t e n . Nach der A u s s c h e i d u n g s t h e o r i e ist nur erforderlich, daß der Schuldner einen Gegenstand aus der Gattung ausgeschieden hat. Nach der L i e f e r u n g s t h e o r i e muß der Schuldner bereits geleistet haben. Das BGB. hat sich für eine m i t t l e r e Theorie entschieden. Maßgebend ist der Zeitpunkt, in dem der Schuldner das zur Leistung s e i n e r s e i t s E r f o r d e r l i c h e g e t a n hat (§ 243 Abs. 2). Beim K a u f trifft das ζ. B. zu, wenn der Verkäufer auf Verlangen des Käufers die verkaufte Sache nach dem Wohnort des Käufers abgeschickt hat (§ 447), ferner wenn der Verkäufer dem Käufer die Sache ohne Erfolg angeboten hat. Die Ausscheidung aus der Gattung genügt dagegen noch nicht, da hiermit der Schuldner noch nicht das seinerseits Erforderliche getan hat.

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Der Inhalt der Sohuldverhältnisse

3. Bestritten ist, ob eine Gattungssohuld vorliegt, wenn Teile oder Stücke einer individuell bezeichneten Menge versprochen werden, ζ. B. eine^Flasohe Wein aus diesem Faß. Auch in einem solchen Fall ist eine Gattungsschuld anzunehmen, da ein konkreter Leistungsgegenstand fehlt (begrenzte Gattungsschuld). Es läßt sich bei Abschluß des Vertrages noch nicht sagen, welcher Teil des Weines geschuldet wird. Da die Gattung, aus der die Leistung zu erbringen ist, hier viel begrenzter ist als im Regelfälle, kann es viel leichter vorkommen, daß dér Schuldner durch den Untergang der Gattung nach § 279 befreit wird, ζ. B. wenn das ganze Faß Wein zugrunde geht. Die Befreiung des Schuldners erfolgt dadurch genau so, wie wenn ein Spezieskauf hinsichtlich des ganzen Fasses vorläge.

I I I . Noch größer als bei der Gattungsschuld ist die Unbestimmtheit in der Regel bei den G e l d s c h u l d e n . Sie stellen in der Regel W e r t s c h u l d e n dar, der Schuldner kann seine Verpflichtung zur Zahlung von 1000 D M ebensogut durch Zahlung von 10 Hundertmarkscheinen wie durch Zahlung von 20 Fünfzigmarkscheinen erfüllen. 1. Das ändert sich auch nicht etwa schlechthin dadurch, daß die Parteien eine b e s t i m m t e G e l d s o r t e v e r e i n b a r e n . Häufig soll dadurch nur der zu zahlende Wertbetrag ausgedrückt werden; daß die Parteien eine bestimmte Geldsorte bezeichnet haben, ist nur etwas Zufälliges. Das Versprechen, 3 Groschen zu zahlen, kann auch durch Zahlung von 6 Fünfpfennigstücken erfüllt werden. Dasselbe gilt nach § 244 auch dann, wenn eine in a u s l ä n d i s c h e r W ä h r u n g ausgedrückte Geldsumme im Inland zu zahlen ist. Die Zahlung kann dann in Reichswährung erfolgen, es sei denn, daß Zahlung in ausländischer Währung ausdrücklich bedungen ist. Für die letztere Abrede besteht aber nach unter 2 am Ende Gesagten eine Genehmigungspflicht. Die Umrechnung erfolgt nach dem Kurswert, der zur Zeit der Zahlung maßgebend ist. Die Vereinbarung einer bestimmten Geldsorte kann aber, wie sich schon aus dem eben Gesagten ergibt, auch die stärkere Bedeutung haben, daß der Gläubiger Zahlung i n anderer Sorte n i c h t a n z u n e h m e n braucht. Vor dem ersten Weltkrieg wurde ζ. B. häufig die G o l d m ü n z k l a u s e l verabredet, in einem solchen Fall konnte der Gläubiger Banknoten zurückweisen. Die Goldklausel ist aber, soweit sie vor dem 31. J u l i 1914 vereinbart war, durch eine Verordnung des Bundesrats vom 28. September 1914 für u n w i r k s a m erklärt worden. Wenn eine Verabredung der eben erwähnten A r t vorliegt, so wird damit die Geldschuld doch noch nicht ohne weiteres zur Gattungsschuld. Befindet sich nämlich die vereinbarte Münzsorte zur Zeit der Zahlung nicht mehr im Umlauf, so erlischt die Schuld nicht etwa, die Zahlung ist vielmehr so zu leisten, wie wenn die Münzsorte nicht bestimmt wäre (§ 245). Möglich ist es aber auch, daß die Geldschuld eine e c h t e G a t t u n g s s c h u l d ist. Jemand bestellt ζ. B. bei einem Münzhändler für seine Samm-

§ 6 Die Bestimmtheit des Schuldinhalts

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lung drei Ulmer Dombaudoppeltaler von 1871. Geht nach dem K a u f der Vorrat des Münzhändlers an diesen Doppeltalern durch einen Brand zugrunde und sind sonst nirgends mehr solche Doppeltaler aufzutreiben, so erlischt die Schuld nach § 279. Schließlich ist zu erwähnen, daß eine Münze auch Gegenstand einer S p e z i e s s c h u l d sein kann. Das ist ζ. B. der Fall, wenn ich eine bestimmte mir vorgelegte Münze mit Rücksicht auf ihre schöne Prägung für meine Sammlung kaufe. 2. Wenn sich nach Begründung einer Geldschuld der Wert des Geldes erheblich ändert, so fragt sich, ob Münzen und Geldscheine zum Nennwert in Zahlung genommen werden müssen. I n der Regel muß das angenommen werden, da sonst jede Sicherheit i m Zahlungsverkehr aufhören würde ( N e n n w e r t t h e o r i e ) . Bei außerordentlichenWertschwankungen, wie sie i n Deutschland nach dem ersten und zweiten Weltkrieg aufgetreten sind, haben sich jedoch besondere gesetzliche Vorschriften als nötig erwiesen. Zwar wurde zunächst im Jahre 1947 von den Militärregierungen (vgl. ζ. B. Verordnungsblatt für die Britische Zone 1947, S. 111 f.) bestimmt, daß der Gläubiger bei allen Markschulden verpflichtet sei, Reichsmark (und alliierte Militärmark) zu ihrem Nennwert in Zahlung zu nehmen. I m Jahre 1948 fand dann aber die Währungsreform durch Gesetz der Militärregierung in den Westzonen statt (s. Bd. 1, S. 66). I n dem Umstellungsgesetz vom 27. Juni 1948 wurden die am Währungsstichtag (21. Juni 1948) noch bestehenden Geldschulden grundsätzlich im Verhältnis von 10 : 1 abgewertet, so daß an die Stelle von 10 Reichsmark nunmehr eine „Deutsche M a r k " trat. Ausnahmsweise fand die Umstellung nach § 18 im Verhältnis 1 : 1 statt, ζ. B. für Löhne, Gehälter, Miet- und Pachtzinsen, die nach dem 20. Juni 1948 fällig waren, und für Verbindlichkeiten aus der Auseinandersetzung zwischen Gesellschaftern, Miterben, Ehegatten, Eltern und Kindern, Verbindlichkeiten gegenüber Pflichtteilsberechtigten und Vermächtnisnehmern. Über Vertragshilfe vgl. unten S. 52. Durch § 3 des Währungsgesetzes vom 20. Juni 1948 wurde ferner bestimmt, daß Geldschulden nur mit Genehmigung der für die Erteilung der Devisengenehmigung zuständigen Stellen in einer anderen Währung als in „Deutscher M a r k " eingegangen werden dürfen. I V . Die Unbestimmtheit des Schuldverhältnisses kann auch darin bestehen, daß mehrere Leistungen w a h l w e i s e geschuldet werden. Ζ. Β . A verkauft nach seiner Wahl dem Β das Pferd Ajax oder das Pferd Pluto für 2000 DM, jemand löst eine Fahrkarte von Frankfurt nach Köln, die er nach seiner Wahl auf der linksrheinischen oder auf der rechtsrheinischen Strecke benutzen kann. Oder A vermacht dem X ein Gemälde in der Weise, daß der Erbe des A aus zwei bestimmt bezeichneten Gemälden eines aussuchen soll.

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Der Inhalt der Sohuldverhältnisse

Der Unterschied der Wahlschuld von der Gattungsschuld besteht darin, daß bei jener die Parteien sich die einzelnen in Frage kommenden Leistungen getrennt voneinander vorstellen, während bei der Gattungsschuld diese Vorstellung fehlt. 1. W e m das Wahlrecht zusteht, kann v e r t r a g l i c h oder durch das Gesetz (vgl. ζ. B. §179) bestimmt sein. Fehlt es an einer Bestimmung, so steht es dem S c h u l d n e r zu (§ 262). Hat der Gläubiger das Wahlrecht, so geht es mit der Forderung durch Erbgang oder Abtretung auf den neuen Gläubiger über und entsprechendes gilt bei Erbgang oder Schuldübernahme vom Wahlrecht des Schuldners. 2. Die Wahl erfolgt gemäß §263 durch E r k l ä r u n g gegenüber dem anderen Teil. Das BGB. hat demnach die i m römischen Recht vertretene Meinung verlassen, daß die Wahl des Schuldners erst durch Leistung stattfindet. Das Wahlrecht ist ein G e s t a l t u n g s r e c h t , das durch eine einseitige, empfangsbedürftige und formlose Erklärung ausgeübt wird. Die Wahlerklärung kann auch s t i l l s c h w e i g e n d erfolgen, insbesondere durch Leistung des wahlberechtigten Schuldners, Annahme des wahlberechtigten Gläubigers oder Erhebung der Klage des letzteren auf eine der beiden Leistungen. Steht die Wahl einem Dritten zu, so hat er sie im Zweifel gemäß § 317 nach billigem Ermessen zu treffen. Ist die Wahl des Dritten offenbar unbillig, so kann sie nach § 319 durch richterliches Urteil ersetzt werden.

3. Was wird aus dem Schuldverhältnis, wenn der Wahlberechtigte die W a h l v e r z ö g e r t ? Ist eine Partei wahlberechtigt, so kann dieVerzögerung eine absichtliche sein, weil die Partei je nach der Veränderung der Konjunktur die eine oder die andere Leistung machen will. a) Ist der S c h u l d n e r w a h l b e r e c h t i g t , so geht sein Wahlrecht noch nicht dadurch unter, daß er zurZeit der Fälligkeit nicht leistet. Der Gläubiger muß daher a l t e r n a t i v k l a g e n und der Schuldner wird a l t e r n a t i v v e r u r t e i l t . Nimmt der Schuldner dann die Wahl nicht vor Beginn der Zwangsvollstreckung vor, so kann der Gläubiger nach § 264 nach seiner Wahl die Zwangsvollstreckung auf die eine oder die andere Leistung richten, der Schuldner kann sich aber, solange nicht der Gläubiger die gewählte Leistung ganz oder zum Teil empfangen hat, durch eine der übrigen Leistungen von seiner Verbindlichkeit befreien. Das Gesetz gibt hiernach dem wahlberechtigten Schuldner eine recht lange Schonfrist. b) Hat dagegen der G l ä u b i g e r das Wahlrecht, so geht das Gesetz schneidiger gegen ihn vor, wenn er i n Verzug geraten ist, wozu nach § 295 ein wörtliches Angebot des Schuldners genügt. Der Schuldner kann ihn dann unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Vornahme der Wahl

§ 7 Zinsschulden

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auffordern. Mit dem Ablauf der Frist geht das Wahlrecht auf den Schuldner über, wenn nicht der Gläubiger rechtzeitig die Wahl vornimmt (§ 264 Abs. 2). c) Ist ein D r i t t e r wahlberechtigt und verzögert er die Wahl, so wird sie nach § 319 durch Urteil ersetzt.

4. Verschieden von der Wahlschuld ist die sogenannte f a c u l t a s a l t e r n a t i v a . Wenn sie dem S c h u l d n e r zusteht, so ist er zu einer H a u p t l e i s t u n g verpflichtet, hat aber das Recht, sich durch eine andere Leistung zu befreien, n u r die H a u p t l e i s t u n g i s t also g e s c h u l d e t ; z . B . der beschränkt haftende Erbe hat nach § 1973 Abs. 2 einen Überschuß des Nachlasses an die Gläubiger herauszugeben, kann aber die Herausgabe der noch vorhandenen Nachlaßgegenstände durch Zahlung ihres Wertes abwenden. Wenn die facultas alternativa dem G l ä u b i g e r zusteht, so hat dieser das Recht, an Stelle der zunächst allein geschuldeten Hauptleistung eine andere zu verlangen. Der Gläubiger, der Schadenersatz zu fordern hat, kann ζ. B. nach § 249 statt der Hauptleistung, die auf Wiederherstellung in Natur geht, bei Verletzung einer Person oder Beschädigung einer Sache Geldersatz verlangen. Der Unterschied der facultas alternativa von der Wahlschuld zeigt sich insbesondere bei der Unmöglichkeit der Hauptleistung; hierüber wie über die Unmöglichkeit bei Wahlschulden überhaupt vgl. S. 6 und unten S. 44.

§ 7 Zinsschulden I . Unter Z i n s e n versteht man die Vergütimg, welche der Schuldner eines Kapitals dem Gläubiger für die Benutzung des Kapitals nach Maßgabe der Zeitdauer dieser Benutzung zu entrichten hat. Die Zinsleistungen stehen n e b e n der Kapitalschuld und unterscheiden sich dadurch von den R e n t e n , bei denen sich der Anspruch des Gläubigers i n den einzelnen Rentenleistungen erschöpft. Der Unterschied von A m o r t i s a t i o n s r a t e n oder Tilgungsbeträgen besteht darin, daß deren Zahlung die Kapitalschuld nach und nach aufhebt, während die Zahlung der Zinsen auf die Hauptschuld keinen Einfluß hat. Die Höhe der Zinsen richtet sich nach der Z e i t , während deren der Schuldner den Gebrauch des Kapitals hat, und unterscheidet sich dadurch von den D i v i d e n d e n , deren Höhe von dem Geschäftsergebnis, das der Schuldner erzielt, abhängig ist. I I . Die Verpflichtung, Zinsen zu zahlen, wird entweder durch das Gesetz oder durch R e c h t s g e s c h ä f t begründet. Fälle der gesetzlichen Zinspflicht sind ζ. B. die Verzugszinsen (§ 288) und die Zinspflicht des Käufers hinsichtlich des Kaufpreises (§452). Die Höhe der Zinsen ist nach §246 4 Prozent, sofern nicht ein anderes bestimmt ist, einerlei ob es sich um gesetzliche oder rechtsgeschäftliche Zinsen handelt. Für beiderseitige Handelsgeschäfte beträgt der Zinsfuß 5 Prozent (§ 352 HGB.).

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Der Inhalt der Sohuldverhältnisse

I I I . Die Zinsschuld kann zwar nicht ohne die Kapitalschuld entstehen, sie kann aber weiter bestehen, wenn die Kapitalschuld erlischt, insbesondere wenn sie zurückgezahlt wird. Die v o r b e h a l t l o s e A n n a h m e der Kapitalschuld kann freilich als ein Verzicht auf die Zinsforderung auszulegen sein. Eine Besonderheit gilt für die V e r j ä h r u n g der K a p i t a l s c h u l d . Sie führt zu der Verjährung der Zinsforderung, auch wenn die für diese geltende besondere Verjährung noch nicht vollendet ist (§ 224). I V . I m BGB. finden sich gewisse Z i n s b e s c h r ä n k u n g e n : 1. Einen H ö c h s t s a t z für die Zinsen kennt allerdings das heutige Recht nicht mehr. Es kann jedoch vorkommen, daß die Vereinbarung zu hoher Zinsen als W u c h e r nichtig ist. Außerdem enthält § 247 eine gewisse Einschränkung. Wenn nämlich ein h ö h e r e r Z i n s s a t z als 6 P r o z e n t jährlich vereinbart ist, so kann der Schuldner nach Ablauf von 6 Monaten das Kapital unter Einhaltung einer sechsmonatigen Frist kündigen, braucht also diesen Zinsfuß nicht länger als ein Jahr zu zahlen. Dies Kündigungsrecht kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder beschränkt werden. 2. Verboten ist der A n a t o z i s m u s , d. h. die i m v o r a u s getroffene Vereinbarung, daß künftig fällig werdende Zinsen w i e d e r Zinsen tragen sollen (§248). S p a r k a s s e n , K r e d i t a n s t a l t e n und Inhaber von B a n k g e s c h ä f t e n können jedoch im voraus vereinbaren, daß nicht erhobene Zinsen von Einlagen als neue verzinsliche Einlagen gelten sollen (§ 248 Abs. 2 Satz 1). Eine weitere i m § 248 Abs. 2 Satz 2 enthaltene Ausnahme kommt insbesondere für die von den H y p o t h e k e n a k t i e n b a n k e n ausgeliehenen Gelder i n Betracht und schließlich macht noch § 355 H GB. eine Ausnahme für den K o n t o k o r r e n t v e r k e h r , an dem ein Kaufmann beteiligt ist.

§ 8 Der Schadenersatz I . Unter S c h a d e n versteht man jeden N a c h t e i l , den jemand an seinen R e c h t s g ü t e r n erleidet. E i n besonders wichtiger Fall ist der V e r m ö g e n s s c h a d e n , d. h. der Unterschied zwischen dem gegenwärtigen Vermögensstande und demjenigen, der vorhanden wäre, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre. Der Schaden braucht aber das V e r m ö g e n n i c h t zu betreffen. So hat das RG. i n Bd.94 S . l ff. anerkannt, daß der Empfänger eines Briefes durch Herstellung von Abschriften oder Vervielfältigung des Briefinhalts geschädigt werden kann und ihm einen Schadenersatzanspruch auf Herausgabe der Abschriften und Vervielfältigungen zwecks Vernichtung gegeben. Man unterscheidet den p o s i t i v e n S c h a d e n ( d a m n u m emergens) und den e n t g a n g e n e n G e w i n n ( l u c r u m cessans). Der erstere ist die

§ 8 Der Schadenersatz

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Verminderung des vorhandenen Vermögens, der zweite besteht darin, daß eine Vermehrung verhindert wird. Ζ. Β . A hat eine Sache von Β zu dem üblichen Preise von 50 gekauft und sie an C für 60 weiter verkauft. Zerstört Β die Sache durch seine Nachlässigkeit, so entgeht dem A ein Gewinn in Höhe von 10, den Β dem A nach § 252 zu ersetzen hat. Aus diesem Beispiel ist ersichtlich, daß die Schadenersatzpflicht nicht immer durch den Wert der zerstörten Sache begrenzt ist. Zugunsten dessen, der den Anspruch auf den entgangenen Gewinn erhebt, schafft § 252 Satz 2 eine Beweiserleichterung. Als entgangen gilt nämlich ohne weiteres der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Sehr wichtig ist ferner die Unterscheidung zwischen Erfüllungsschaden ( p o s i t i v e s I n t e r e s s e ) und Vertrauensschaden ( n e g a t i v e s Interesse). Darüber ist bereits in Bd. 1, S. 104 gehandelt worden. I I . Die Schadenersatzpflicht kann beruhen 1. auf Verletzung von V e r p f l i c h t u n g e n , ζ. B. wenn dadurch die Erfüllung der Verpflichtung unmöglich gemacht oder verzögert wird (§§ 280, 286). 2. auf u n e r l a u b t e r H a n d l u n g (vgl. §§ 823 ff.), 3. auf einer r e c h t m ä ß i g e n H a n d l u n g , die aus b e s o n d e r e n Gründen eine Schadenersatzpflicht zur Folge hat (vgl. ζ. B. § 904), 4. auf einem V e r s p r e c h e n , einen bestimmten Schaden zu ersetzen oder auf einem Vermächtnis dieses Inhalts. I I I . I n allen unter I I genannten Fällen ist der Schaden nur dann zu ersetzen, wenn er die F o l g e des zum Schadenersatz verpflichtenden Umstandes ist. Dieser Umstand muß die U r s a c h e des Schadens sein, es muß zwischen beiden K a u s a l z u s a m m e n h a n g vorhegen. 1. Ein Umstand ist kausal für einen Schaden, w e n n der S c h a d e n n i c h t eingetreten wäre, falls man den U m s t a n d wegdenkt. Daß der Schaden auf dem Umstand allein beruht, ist nicht nötig, es können auch noch andere Tatsachen bei der Entstehung des Schadens mitgewirkt haben. Hat jemand z . B . eine bei ihm hinterlegte Sache zu eignem Gebrauch mit auf die Reise genommen und wird sie ihm während der Reise gestohlen, so haftet er. Hätte eine Handlung den Schaden herbeigeführt, falls die durch die Handlung ausgelöste Kausalreihe abgelaufen wäre, hat aber ein nach der Handlung eingetretenes Ereignis den Schaden vor dem Ablauf der Kausalreihe herbeigeführt, so ist die Handlung nicht kausal für den Schaden. Ζ. B. ich verwunde ein Tier tödlich, vor Eintritt des Todes brennt aber der Stall, in 2 Schmidt, Bürgerliches Recht, I I

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Der Inhalt der Sohuldverhältnisse

dem das Tier sich befindet, ab und das Tier geht dabei zugrunde. Ich habe den Tod des Tieres nicht verursacht. Ist dagegen das Tier an der Wunde gestorben und der Stall am darauffolgenden Tage abgebrannt, so ändert dies nichts daran, daß der Tod des Tieres infolge der Verwundung eingetreten ist. 2. Auch dann, wenn ein Umstand i n dem eben erwähnten B e d i n g u n g s v e r h ä l t n i s zu dem Schaden steht, ist Kausalität abzulehnen, wenn durch den Umstand die W a h r s c h e i n l i c h k e i t , daß der Schaden eintrat, n i c h t i n e r h e b l i c h e r Weise v e r g r ö ß e r t worden ist (Theorie der a d ä q u a t e n K a u s a l i t ä t ) . H a t A den bestellten Reisekoffer verspätet abgeliefert und ist der Besteller Β infolgedessen einen Tag später gefahren, so haftet A dem Β nicht, wenn Β an dem Reisetag einen Eisenbahnunfall erleidet. Die Gefahr, die der Β auf der Eisenbahnfahrt lief, ist hier nach der Erfahrung durch die Verschiebung der Reise um einen Tag überhaupt nicht vergrößert worden. Anders, wenn Β infolge der Verzögerung, um sein Ziel rechtzeitig zu erreichen, mit einem schnelleren und deshalb teuereren Zuge fahren mußte. Die dadurch entstandenen Mehrkosten sind adäquat verursacht. Daß die Wahrscheinlichkeit des Schadens durch eine Handlung vergrößert worden ist, kann nicht schon deshalb verneint werden, weil d e m T ä t e r diese Vergrößerung nicht bekannt war, es kommt vielmehr auf die für einen s o r g f ä l t i g e n B e o b a c h t e r , also o b j e k t i v erkennbaren Umstände an. 3. Auch ein U n t e r l a s s e n kann kausal für den Eintritt des Schadens sein. Voraussetzung dafür ist, daß das unterlassene Handeln den Schaden abgewandt hätte. Eine Haftung kann aber aus dem Unterlassen nur erwachsen, wenn eine R e c h t s p f l i c h t zu dem Handeln bestand, weil das Unterlassen nur i n diesem Fall w i d e r r e c h t l i c h ist. Wenn A den von dem Winde fortgetriebenen H u t des Β nicht auffängt, was er mit leichter Mühe hätte t u n können, und der H u t dadurch in den Fluß geweht wird, so ist A dem Β nicht schadenersatzpflichtig. Denn eine Rechtspflicht zum Handeln bestand hier für A nicht. Die Verpflichtung zum Tun, die Voraussetzung der Schadenersatzpflicht, kann auf einem V e r t r a g e beruhen — ζ. B. das Dienstmädchen schließt bei einem Gewitter die offenstehenden Fenster nicht, so daß das eindringende Regenwasser das Zimmer beschädigt —, sie kann sich auch aus dem ö f f e n t l i c h e n Recht ergeben. Sie kann schließlich auch aus einem v o r h e r g e h e n d e n T u n folgen; ζ. B. jemand hat schuldlos einen anderen eingeschlossen, dann ergibt sich für ihn die Pflicht, den Eingeschlossenen zu befreien, sobald er Kenntnis davon erlangt, daß jener eingeschlossen ist. I V . 1. Bereits in Bd. 1, S. 134 ist darauf hingewiesen worden, daß nach §254 das eigene V e r s c h u l d e n des Beschädigten zur Aufhebung oder Minderung des Schadensersatzanspruchs führen kann. Der Richter hat

§ 8 Der Schadenersatz

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bei der Entscheidung dieser Frage die Umstände zu berücksichtigen, insbesondere den Umstand, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden ist. Es ist bestritten, ob § 254 auch dann anwendbar ist, wenn der Beschädigte den Erfolg n i c h t m i t v e r s c h u l d e t , sondern nur m i t v e r u r s a c h t hat. Diese Frage ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn auch den Täter kein Verschulden trifft, wenn dieser also aus schuldloser Tat haftet. Es wäre unbillig, hier den Täter mit einem anderen Maß zu messen als den Beschädigten. Das güt ζ. B. bei einer Haftung aus § 1004. Das RG. Bd. 67 S. 120 ff. hat ferner mit Recht § 254 i n folgendem Fall der G e f ä h r d u n g s h a f t u n g angewandt. Als der Kläger in seinem mit einem Pferd bespannten Wagen an dem Haus des Beklagten vorbeifuhr, sprang der Hund des Beklagten aus dem Haus heraus und machte das Pferd des Klägers scheu, das infolgedessen durchging und den Wagen umwarf, wobei der Kläger verletzt wurde. Der Kläger verlangte von dem Beklagten Schadenersatz. Da der Beklagte hier aus dem Gesichtspunkte der Gefährdung haftet (vgl. S. 172), hat das RG. mit Recht auch den Umstand berücksichtigt, daß der Kläger sich durch die Benutzung des Pferdes selbst gefährdet hat. Die eben erwähnte Streitfrage hat insbesondere auch Bedeutung für die Anwendbarkeit des § 254 auf u n z u r e c h n u n g s f ä h i g e Beschädigte, da diese zwar verursachen, aber nicht schuldhaft handeln können. Die Mitwirkung des Beschädigten kann in verschiedener Weise geschehen : a) dadurch, daß er die Entstehung des Schadens m i t v e r u r s a c h t hat, ζ. B. der von einem Wagen Überfahrene hat auf den Warnungsruf des Kutschers nicht achtgegeben; b) dadurch, daß er es u n t e r l a s s e n hat, den Schuldner auf die G e f a h r eines u n g e w ö h n l i c h h o h e n Schadens a u f m e r k s a m z u m a c h e n (§ 254 Abs. 2); ζ. Β . A übergibt dem Β eine Tasche mit Wertpapieren zum Transport und Β verliert die Tasche ; c) dadurch, daß er es u n t e r l a s s e n hat, den Schaden a b z u w e n d e n oder zu m i n d e r n (§ 254 Abs. 2). Z.B. der Eigentümer einer Scheune löscht das durch eine Nachlässigkeit eines Dritten in der Scheune entstandene und noch glimmende Strohfeuer nicht aus, oder jemand läßt sich nach einer körperlichen Verletzung nicht sachgemäß vom Arzt behandeln. Muß er sich auch o p e r i e r e n lassen ? Ja, wenn die Operation ungefährlich ist und eine Besserimg oder Heilung durch die Operation wahrscheinlich ist. 2. Nach § 254 Abs. 2 findet § 278 entsprechende Anwendung. Der Beschädigte hat sich demnach das Verschulden seines g e s e t z l i c h e n V e r t r e t e r s und seiner G e h i l f e n ebenso anrechnen zu lassen wie eigenes Verschulden. 2·

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Der Inhalt der Shuldverhältnisse

Dies gilt a u c h f ü r d i e F ä l l e des § 254 Abs. 1, obgleich die Verweisung auf § 278 dem zweiten Absatz des § 254 angehängt und nicht, wie es richtiger wäre, als dritter Absatz aufgenommen ist. Sehr b e s t r i t t e n ist, ob § 278 nur dann anzuwenden ist, wenn eine Verbindlichkeit des Beschädigten bereits bestand, bei deren Erfüllung der Vertreter oder Gehilfe schuldhaft handelt (strenge Anlehnung an § 278), oder ob es genügt, daß der schuldhaft Handelnde mit der Wahrnehmung der geschädigten Interessen, insbesondere mit der Obhut über die geschädigten Sachen betraut war; ζ. B. der Knecht, der das durch einen Dritten entzündete in der Scheune glimmende Strohfeuer bemerkt, löscht es nicht aus. Die z w e i t e Ansicht ist v o r z u z i e h e n , da die erstere die Verweisung auf § 278 bei Deliktsschulden fast bedeutungslos machen würde und das der Billigkeit nicht entspräche. 3. Bei der A b w ä g u n g , die dem Richter in § 254 vorgeschrieben ist, hat er insbesondere das Maß des b e i d e r s e i t i g e n V e r s c h u l d e n s zu berücksichtigen. Eine bloße F a h r l ä s s i g k e i t des Beschädigten kann dabei gegenüber einer A r g l i s t des Täters nicht ins Gewicht fallen. V. Für den I n h a l t des Schadenersatzanspruchs gilt folgendes: 1. Der Schaden kann auf zweierlei Weise beseitigt werden: durch Wiederherstellung des früheren Zustandes i n Natur ( N a t u r a l r e s t i t u t i o n ) oder durch G e l d e r s a t z . Der frühere Zustand ist dabei nur eine abgekürzte Bezeichnung für den Zustand, der bestehen würde, wenn das zum Schadenersatz verpflichtende Ereignis nicht eingetreten wäre. Es kann ja sein, daß der frühere Zustand ohne dieses Ereignis auch nicht mehr vorhanden wäre, sondern sich in irgendeiner Weise weiter entwickelt hätte (vgLdazu RG. Bd. 108, S. 59). a) Der G r u n d s a t z des BGB. ist die N a t u r a l r e s t i t u t i o n (§249). Soweit jedoch die Herstellung n i c h t m ö g l i c h oder zur Entschädigung des Gläubigers n i c h t g e n ü g e n d ist, ist er i n Geldzu entschädigen (§251 Abs. 1). Eine Unmöglichkeit liegt nicht schon dann vor, wenn eine v e r t r e t b a r e Sache zerstört worden ist. Die Naturalrestitution besteht hier vielmehr in der Lieferung eines E r s a t z e x e m p l a r e s . b) Der Gläubiger kann ferner, wenn er das vorzieht, statt der Naturalrestitution den dazu erforderlichen G e l d b e t r a g verlangen, falls wegen V e r l e t z u n g e i n e r P e r s o n oder B e s c h ä d i g u n g e i n e r Sache Schadenersatz zu leisten ist (§ 249 Satz 2). Das hat seinen Grund darin, daß man hier dem Gläubiger nicht zumuten kann, seine Sache der Einwirkung des Schadenersatzpflichtigen, die sich bereits als gefährlich für ihn herausgestellt hat, von neuem zwecks Reparatur auszusetzen, und dasselbe gilt in noch höherem Maße für seine Person.

§ 8 Der Schadenersatz

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I n den anderen Fällen des Sehadenersatzes (z.B. wenn dem Eigentümer der Besitz einer Sache entzogen worden ist) kann der Gläubiger dem Ersatzpflichtigen eine angemessene F r i s t mit der Erklärung bestimmen, daß er die Herstellung nach dem Ablauf der Frist ablehne und dann auf Grund des ergebnislosen Fristablaufs den Schadenersatz in Geld fordern (§250). c) Zuweilen kann auch der S c h u l d n e r statt der Naturalrestitution den G e l d e r s a t z wählen, nämlich wenn die Herstellung nur mit u n v e r h ä l t n i s m ä ß i g e n A u f w e n d u n g e n möglich ist (§ 251 Abs. 2). Ζ. B. jemand hat auf das Ackergrundstück des Nachbarn Wasser geschwemmt, in dem sich Salze befanden, die in den Boden eingedrungen sind und ihn für weitere Bepflanzung untauglich gemacht haben. Der Schaden könnte nur dadurch beseitigt werden, daß die Erde auf dem Grundstück zwei Meter tief ausgeschachtet und neue Erde aufgefüllt würde. Das würde aber weit mehr kosten, als das Grundstück wert ist. d) Daß der Schaden nicht Vermögensschaden zu unter I ausgeführt. Das Gesetz behandelt jedoch insofern besonders, als dafür g r u n d s ä t z l i c h n u r Ersatz in G e l d nur i n d e n d u r c h das Gesetz gefordert werden kann (§ 253). Ein solcher Fall ist ζ. Anspruch auf S c h m e r z e n s g e l d .

sein braucht, ist bereits den i d e e l l e n Schaden Naturalrestitution, bestimmten Fällen B. der in § 847 geregelte

2. Oben ist unter I I I 1 ausgeführt, daß, wenn ein Tier des Β an einer ihm von A beigebrachten Wunde gestorben ist und der Stall mit allen darin befindlichen Tieren später abbrennt, die Handlung des A kausal für den Schaden des Β bleibt. Trotzdem kann sich aus § 249 Satz 1 i n diesem Fall der sogenannten ü b e r h o l e n d e n K a u s a l i t ä t ein Wegfall oder eine Minderung des Schadenersatzanspruchs des Β ergeben. E i n Wegfall t r i t t ein, wenn das Abbrennen des Stalles dem Tod des verwundeten Tieres sofort folgt, während bei einer zeitlichen Differenz von drei Monaten dem Β jedenfalls der Anspruch gegen A auf den Wert der Nutzungen verbleibt, die er von dem Tier innerhalb der drei Monate hätte ziehen können. Die herrschende Lehre und Rechtsprechung hat im Gegensatz zu dem eben Gesagten bis i n die neueste Zeit in der Regel die überholende Kausalität für einflußlos erklärt, den Schadenersatzanspruch also bestehen lassen, trotzdem der Schaden später durch ein anderes Ereignis ebenfalls eingetreten wäre. Andere wollen die oben von mir vertretene Lehre nur für die mittelbaren Schäden anerkennen, während sie bei unmittelbaren Schäden den Ersatzanspruch auch bei überholender Kausalität gewähren. Diese Unterscheidung ist aber nicht durchführbar. Dagegen dürfte die überholende Kausalität i n der Regel einflußlos sein, wenn das Ereignis, das den Schaden ebenfalls herbeigeführt hätte, auf einem ganz anomalen (inadäquaten) Kausalverlauf

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Der Inhalt der Shuldverhältnisse

beruht, ζ. Β . A hat durch Fahrlässigkeit das Haus des Β in Brand gesetzt, eine Woche später sind die noch stehenden Hausmauern infolge eines Erdbebens eingestürzt, das auch die Nachbarhäuser vernichtet hat. Hier bleibt der Anspruch des Β gegen A auf Schadenersatz unberührt. 3. Kann der Gläubiger des Schadenersatzanspruchs nur sein eigenes oder auch f r e m d e s I n t e r e s s e geltend machen ? Ζ. B. der Kommissionär A, der von dem Eigentümer eines Warenpostens Β mit dem Verkauf der Waren beauftragt ist, lagert diese Waren, da es ihm selbst an Lagerraum fehlt, bei C. Durch eine Nachlässigkeit des C verbrennen die Waren. Trifft den A bei der Auswahl des C ein Verschulden, so ist er dem Eigentümer Β zum Schadenersatz verpflichtet, und wenn er nun von C Ersatz der an Β gezahlten Summe fordert, so macht er sein eigenes und nicht fremdes Interesse geltend. Anders wenn A schuldlos war, ein eigenes Interesse hat er dann nicht, da er dem Β nicht schadenersatzpflichtig ist. Trotzdem ist auch hier anzunehmen, daß er der Schadenberechnung das Interesse des Β zugrunde legen kann. So auch sonst, wenn das Gläubigerinteresse auf Grund des zwischen dem Gläubiger A und dem Dritten Β bestehenden Rechtsverhältnisses statt bei dem Gläubiger A bei Β entstanden ist. Nur A kann das Interesse des Β geltend machen, er muß auf Leistung an diesen klagen. Β kann erst klagen, wenn A ihm seinen Anspruch abgetreten hat. 4. Der Schadenersatzanspruch soll den Schaden des Gläubigers beseitigen, dagegen nicht seine Vermögenslage besser machen, als sie ohne das schädigende Ereignis wäre. H a t das schädigende Ereignis dem Gläubiger zugleich V o r t e i l e gebracht, so muß er sich daher diese Vorteile anrechnen lassen ( V o r t e i l s a u s g l e i c h u n g oder c o m p e n s a t i o l u c r i c u m damno). Ein gutes Beispiel gibt Co sack: A gewinnt durch sein Pferd einen Rennpreis von 1000 DM, das war nur dadurch möglich, daß der Reiter dem Befehl des A zuwider das Pferd überanstrengt hat. Infolge der Überanstrengung geht das Pferd zugrunde. Hier darf der Reiter, wenn A von ihm den Wert des Pferdes ersetzt verlangt, die 1000 D M abziehen. Ansprüche aus v e r t r a g s m ä ß i g e r V e r s i c h e r u n g sind bei Entschädigungsansprüchen eines körperlich Verletzten oder der Hinterbliebenen eines Getöteten (§ 844) nicht anzurechnen, da sie das Entgelt für die Prämienzahlung darstellen, dagegen sind die g e s e t z l i c h e n Versorgungsansprüche, ζ. B. der Anspruch auf Witwengeld, anzurechnen. 5. Nach der h e r r s c h e n d e n Ansicht soll auch durch § 255 eine Bereicherung des Ersatzberechtigten vermieden werden. Wenn B, der Angestellte des A, dessen Sache unter seiner Obhut hat und die Sache dann durch Nachlässigkeit des Β von C gestohlen worden ist, so hat Β dem A Schadenersatz in G e l d wegen der in Verlust geratenen Sache zu leisten, ist dazu aber

§ 9 Ersatz von Aufwendungen und Wegnahmerecht

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nach § 255 n u r gegen A b t r e t u n g d e r A n s p r ü c h e v e r p f l i c h t e t , die d e m A gegen C zustehen, also des Herausgabeanspruchs des Eigentümers gegen den Besitzer aus §985. D i e herrschende. A n s i c h t ist n i c h t

r i c h t i g , d a der

Herausgabeanspruch des A gegen C f ü r den A keineswegs eine Bereicherung bedeutet. W e n n n ä m l i c h A a u f G r u n d dieses Anspruchs die Sache v o n C wiedererlangt, so ist er ohne weiteres nach § 812 Abs. 1 Satz 2 v e r p f l i c h t e t , dem Β den v o n diesem geleisteten Ersatz herauszugeben (vgl. R G . B d . 108, S. 112). Β k a n n v i e l m e h r deshalb a u f A b t r e t u n g des Anspruchs des A gegen C bestehen, u m m i t H i l f e dieses Anspruchs die R ü c k g a b e der Sache v o n C z u betreiben u n d d u r c h die R ü c k g a b e seitens des C seinen A n s p r u c h gegen A a u f R ü c k z a h l u n g des geleisteten Schadenersatzes z u erzeugen.

§ 9 Ersatz von Aufwendungen und Wegnahmerecht I . E r s a t z von Aufwendungen ist nach dem BGB. in vielen Fällen zu leisten. So hat ζ. B. der Auftraggeber dem Beauftragten die Aufwendungen zu ersetzen, die dieser den Umständen nach für erforderlich halten durfte (§ 670), der Vermieter ist dem Mieter nach § 647 und der Eigentümer dem Nießbraucher nach § 1049 unter gewissen Voraussetzungen zum Ersatz von Aufwendungen verpflichtet. Für diese Fälle enthalten §§ 256 f. gemeinsame Vorschriften. 1. Wer zum Ersatz von Aufwendungen verpflichtet ist, hat den zu ersetzenden Betrag von der Zeit der Aufwendung an zu v e r z i n s e n ^ 256). Anders wenn die Aufwendungen auf einen Gegenstand gemacht sind, dessen Nutzungen dem Ersatzberechtigten, ζ. B. dem Nießbraucher, ohne Vergütung gebühren. 2. Eine Aufwendung kann auch in der Eingehung einer V e r b i n d l i c h k e i t liegen, ζ. B. der mit dem Ankauf einer Sache Beauftragte kauft die Sache im eigenen Namen und haftet nunmehr für die Bezahlung des Kaufpreises dem Verkäufer. Auch schon vor der Zahlung an den Verkäufer liegt eine Aufwendung vor, weü infolge der Verbindlichkeit das Vermögen des Käufers geringer geworden ist. Der Ersatz der Aufwendung besteht dann darin, daß der Auftraggeber den Beauftragten von der Verbindlichkeit befreit, ζ. B. durch Zahlung an den Verkäufer. Ist die Verbindlichkeit noch nicht fällig, so kann ihm der Ersatzpflichtige, statt ihn zu befreien, Sicherheit leisten (§ 257). I I . Zuweilen gibt das Gesetz jemand das Recht, von einer Sache, die er einem anderen herauszugeben hat, eine E i n r i c h t u n g wegzunehmen. Der Mieter ist ζ. B. nach § 547 berechtigt, die in der Mietwohnung angebrachte elektrische Klingel mitzunehmen. Für solche Fälle schreibt § 258 vor, daß derjenige, der von seinem Wegnahmerecht Gebrauch macht, die Sache auf seine Kosten in den vorigen Stand zu setzen hat.

§ 10 Rechnungslegung und Auskunftserteilung I . 1. A u s verschiedenen gesetzlichen Vorschriften ergibt sich eine V e r pflichtung, R e c h e n s c h a f t

a b z u l e g e n . Sie ist ζ. B . vorgeschrieben f ü r

den Beauftragten i n § 666, f ü r den V o r m u n d i n § 1890, f ü r d e n Testamentsvollstrecker i n § 2218. Falls es sich dabei u m eine m i t E i n n a h m e n Ausgaben

verbundene

oder

V e r w a l t u n g h a n d e l t , ist d e m Berechtigten

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Der Inhalt der Sohuldverhältnisse

eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende R e c h n u n g mitzuteilen und sind Belege vorzulegen, soweit diese erteilt zu werden pflegen (§ 259). Belege über Portoauslagen sind also ζ. B. nicht notwendig. 2. Besteht Grund zu der Annahme, daß die Einnahmen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt angegeben worden sind, so kann von dem Verpflichteten die Leistung eines O f f e n b a r u n g s e i d e s verlangt werden, es sei denn, daß es sich um Angelegenheiten von geringer Bedeutung handelt (§ 259 Abs. 2 und 3). Der Verpflichtete muß beschwören, daß er nach bestem Wissen die Einnahmen so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei. I I . Neben der eben erwähnten Rechenschaftspflicht finden sich auch sonst i m Gesetz zahlreiche A u s k u n f t s p f l i c h t e n (vgl. ζ. B. §§402, 444 und 2127). Für die Fälle, i n denen über den B e s t a n d eines I n b e g r i f f s von Gegenständen Auskunft zu erteilen ist, schreibt § 260 vor, daß dem Berechtigten ein V e r z e i c h n i s des B e s t a n d e s vorzulegen ist. Dasselbe gilt auch dann, wenn jemand verpflichtet ist, einen Inbegriff von Gegenständen h e r a u s z u g e b e n (vgl. z. B. § 1421). Besteht Grund zu der Annahme, daß das Verzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt aufgestellt worden ist, so kann auch hier der Offenb a r u n g s e i d verlangt werden (§260 Abs. 2 und 3). I I I . Ist der Verpflichtete zur freiwilligen Leistung des Offenbarungseides bereit, so wird der Eid vom Amtsgericht des Ortes abgenommen, an dem die Verpflichtung zur Rechnungslegung oder zur Vorlegung des Verzeichnisses zu erfüllen ist, oder, wenn der Verpflichtete das vorzieht, vor dem Amtsgericht seines inländischen Wohnsitzes oder Aufenthaltsortes (§ 261). Leistet der Verpflichtete den Eid dagegen nicht freiwillig, so kann er auf Leistung verklagt, verurteilt und zur Leistung durch Geld- oder Haftstrafen gezwungen werden (ZPO. §§ 888 ff.). I n diesem Fall erfolgt die Leistung vor dem Prozeßgericht erster Instanz.

§ 11 Teilleistungen I . Selbst dann, wenn die Leistung t e i l b a r ist (es sind ζ. B. 100 Zentner Kohlen verkauft), ist der S c h u l d n e r nach §266 z u T e i l l e i s t u n g e n n i c h t b e r e c h t i g t , da die Teilung für den Gläubiger eine Belästigung bedeuten kann (der Verkäufer will ζ. B. die 100 Zentner i n 20 Teilen zu je 5 Zentner liefern). § 266 hat die Bedeutung, daß der Gläubiger die Teilleistung ablehnen kann, ohne sich dem Nachteil des Annahmeverzugs auszusetzen (vgl. S. 49 ff.), und daß der Schuldner trotz Angebots der abgelehnten Teilleistung auch wegen dieses Teils in Verzug kommt (vgl. unten S. 45 ff.).

§12 Leistung durch Dritte

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Eine Ausnahme gilt für W e c h s e l s c h u l d e n nach dem Wechselgesetz Art. 39. Ferner muß der Gläubiger in der Z w a n g s v o l l s t r e c k u n g , insbesondere auch im K o n k u r s Teilzahlungen annehmen. I I . I m Gegensatz zum Schuldner kann der G l ä u b i g e r die Forderung teilen. Er kann sie ζ. B. teilweise einklagen, abtreten und verpfänden.

§ 12 Leistung durch Dritte I . Der Zweck des Forderungsrechts ist erreicht, wenn das I n t e r e s s e des Gläubigers b e f r i e d i g t ist. Die Leistung kann daher in der Regel nicht nur durch den Schuldner, sondern auch durch D r i t t e erfolgen (§ 267). Das Interesse des Gläubigers an einer Geldzahlung — etwa 100 D M Kaufpreis — kann z . B . ebensogut durch die Zahlung eines Dritten wie durch die Zahlung des Schuldners befriedigt werden. Der Gläubiger, der die Leistung des Dritten ablehnt, kommt dadurch dem Schuldner gegenüber i n A n n a h m e v e r z u g . Nur wenn der Schuldner widerspricht, treten die Nachteile des Annahmeverzugs (vgl. unten S.50f.) für den Gläubiger nicht ein. Ist andererseits der Gläubiger mit der Leistung eines Dritten einverstanden, so kann die Tilgung der Schuld durch den Widerspruch des Schuldners nicht verhindert werden (§ 267 Abs. 1 Satz 2). A u s n a h m s w e i s e kommt es auf die Person des Leistenden an. Dies gilt ζ. B. nach § 613 Satz 1 beim Dienstvertrage, weil dieser auf einem besonderen Vertrauen des Dienstherrn gegenüber dem Dienstpflichtigen beruht. Dasselbe trifft beim Auftrag (§ 664), beim Verwahrungsvertrag (§ 691) und bei der Gesellschaft (§ 713) zu. Es kann auch noch i n anderen Fällen in Betracht kommen, nämlich dann, wenn der Inhalt der Leistung von der Person des Leistenden abhängt. Der berühmte Meister, der den A zu malen versprochen hat, kann offenbar diese Verpflichtung nicht durch einen seiner Schüler erfüllen lassen, weil die Leistung des Schülers eine ganz andere wäre als die Leistung des Meisters. I I . Die G r ü n d e , aus denen der Dritte an Stelle des Schuldners leistet, können sehr verschiedener A r t sein. Er hat ζ. B. nur die Absicht, dem Schuldner aus einer Verlegenheit zu helfen, es kann aber auch sein, daß er im eigenen Interesse die Leistung vornimmt. Ob er von dem Schuldner Ersatz für die in"der Leistung bestehende Aufwendung verlangen kann, richtet sich nach dem zwischen ihm und dem Schuldner bestehenden Verhältnis. H a t er i m Auftrag des Schuldners gehandelt, so ergibt sich der Ersatzanspruch aus § 670, liegt ein Auftrag nicht vor, so kommen die §§ 683 f. in Betracht. Für gewisse Fälle hilft § 268 dem Dritten dadurch, daß er die Forderung des befriedigten Gläubigers auf ihn übergehen läßt

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Der Inhalt der Shuldverhältnisse

(cessio legis). Das gilt, wenn der Gläubiger die Z w a n g s v o l l s t r e c k u n g in einen dem Schuldner gehörigen Gegenstand b e t r e i b t , für jeden, der Gefahr läuft, durch die Zwangsvollstreckung ein Recht an dem Gegenstand zu verlieren (ζ. B. der nachstehende Hypothekengläubiger befriedigt den vorgehenden, der die Zwangsversteigerung des Grundstücks betreibt). Es gilt ferner für den B e s i t z e r einer Sache, der Gefahr läuft, infolge der Zwangsvollstreckung den Besitz zu verlieren, ζ. B. für den Mieter eines Grundstücks bei der Zwangsversteigerung. Der Übergang der Forderung kann n i c h t z u m N a c h t e i l des G l ä u b i g e r s geltend gemacht werden (§ 268 Abs. 3). Bei einer teilweisen Befriedigung des Gläubigers hat daher dessen Restforderung den Vorrang vor der auf den Dritten übergegangenen Teilforderung. Da der Dritte hier ein eigenes Interesse an der Befriedigung des Gläubigers hat, steht ihm das Befriedigungsrecht t r o t z W i d e r s p r u c h s des S c h u l d ners zu. Außerdem kann er die Befriedigung durch H i n t e r l e g u n g oder A u f r e c h n u n g vornehmen (§ 268 Abs. 2).

§ 13 Der Leistungsort I . W o hat der Schuldner zu leisten ? 1. Die Parteien können den L e i s t u n g s o r t ausdrücklich oder stillschweigend bestimmen. Eine e i n s e i t i g e Erklärung nach Vertragsschluß genügt dazu jedoch nicht, insbesondere nicht der Vermerk des Verkäufers auf der R e c h n u n g , und zwar auch dann, wenn der Empfänger der Rechnung nicht widerspricht. Bei fortlaufendem Geschäftsverkehr kann allerdings eine stillschweigende Vereinbarung vorliegen, wenn der Käufer gegen die immer wiederkehrenden Vermerke auf den Rechnungen keinen Widerspruch erhebt. 2. Ferner kann sich der Leistungsort aus den U m s t ä n d e n , insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses ergeben (§ 269 Abs. 1). Leistungsort für die Reparatur an einem Haus ist selbstverständlich der Ort, wo das Haus steht. 3. Ergibt sich der Leistungsort weder aus einer Vereinbarung, noch aus den Umständen, so ist die Leistung dort zu bewirken, wo der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen W o h n s i t z hatte (§ 269 Abs.l). Bei Verbindlichkeiten, die im Gewerbebetrieb des Schuldners entstanden sind, ist der Ort der gewerblichen Niederlassung entscheidend (§ 269 Abs. 2). Änderungen des Wohnsitzes oder der gewerblichen Niederlassung nach der Entstehung des Schuldverhältnisses ändern den Leistungsort nicht. Demnach sind die Schulden grundsätzlich H o l s c h u l d e n u n d nicht Bringschulden.

§ 14 Die Leistungszeit

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Davon gilt jedoch für die wichtigsten Schulden — die G e l d s c h u l d e n — eine Ausnahme. Geld hat nämlich der Schuldner i m Zweifel auf seine Gefahr und Kosten dem Gläubiger an dessen Wohnsitz, bei gewerblichen Forderungen an den Ort der gewerblichen Niederlassung des Gläubigers zu übermitteln (§ 270 Abs. 1 und 2). I I . Nach § 270 Abs. 4 bleiben trotz der eben erwähnten Besonderheiten für Geldschulden die Vorschriften über den Leistungsort unberührt. Das hat insbesondere Bedeutung für die Frage, an welchem Orte der Gläubiger den Schuldner zu verklagen hat (sog. Gerichtsstand). Nach § 29 ZPO. ist dafür der Ort maßgebend, wo die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist, d. h. also nach § 270 Abs. 4 der Ort, wo der Schuldner nach § 269 Abs. 1 und 2 zu leisten hat. Der Gläubiger kann also den Schuldner nicht am Wohnort des Gläubigers, sondern nur am Wohnort des Schuldners verklagen; letzteres ist für den Gläubiger unbequemer. Der Leistungsort hat auch für das internationale Privatrecht Bedeutung. Wenn mehrere Rechtsordnungen in Frage kommen, so bestimmt sich die anzuwendende Rechtsordnung nach der Rechtsprechung des RG. i m Zweifel nach dem Ort, wo die Verpflichtung zu erfüllen ist (vgl. Bd. 1, S. 22). Es kommt ferner häufig vor, daß K a u f l e u t e für Vertragsverhältnisse einen bestimmten Ort als E r f ü l l u n g s o r t v e r e i n b a r e n , obgleich kein Zweifel daran ist, daß die Leistung des Schuldners an einem anderen Ort erfolgen soll. Sie wollen damit in der Regel an jenem Ort einen G e r i c h t s s t a n d begründen, unter Umständen auch das a n z u w e n d e n d e R e c h t bestimmen.

§ 14 Die Leistungszeit I . Ist eine Zeit für die Leistung weder b e s t i m m t n o c h aus den U m s t ä n d e n zu entnehmen, so kann der G l ä u b i g e r nach § 271 die Leistung s o f o r t verlangen und der S c h u l d n e r sie s o f o r t bewirken. I I . Die Bestimmung der Leistungszeit kann eine a u s d r ü c k l i c h e sein, ζ. B. es wird vereinbart, daß der Kaufpreis am 1. Mai zu zahlen ist. Der Leistungstermin kann auch von einer K ü n d i g u n g abhängen, die die Fälligkeit entweder sofort oder nach Ablauf einer Frist herbeiführt. Die Parteien vereinbaren ζ. B., daß das Darlehn 14 Tage nach der Kündigung zurückgezahlt werden soll. Für den Fall, daß es an einer Parteivereinbarung fehlt, enthält das Gesetz in § 609 Vorschriften über die Kündigungsfristen beim Darlehn. Die Kündigung ist eine einseitige, empfangsbedürftige und formlose Erklärung, das Kündigungsrecht ist ein Gestaltungsrecht. Von dem R ü c k t r i t t unterscheidet sich die Kündigung dadurch, daß sie nur für die Zukunft wirkt, während der Rücktritt das Schuldverhältnis auch für die Vergangenheit auflöst.

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Der Inhalt der Shulderhältnisse

Aus den U m s t ä n d e n ergibt sich die Leistungszeit ζ. B. wenn eine zu liefernde Sache erst hergestellt werden soll. Dann braucht erst nach Ablauf der für die Fertigstellung erforderlichen Zeit geleistet zu werden I I I . Die Bestimmung der Leistungszeit kann einen v e r s c h i e d e n e n S i n n haben: 1. I m Zweifel ist nach § 271 Abs. 2 anzunehmen, daß der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit fordern, der Schuldner aber sie vorher bewirken kann. Bezahlt er eine unverzinsliche Schuld vor der Fälligkeit, so ist er nach §272 zu einem Abzug wegen der Z w i s c h e n z i n s e n nicht berechtigt (über Ausnahmen vgl. z. B. §§ 1133 Satz 3, 1217 Abs. 2 Satz 2). 2. Wenn die Zeitbestimmung zugleich dem Vorteil des Gläubigers dienen soll (ζ. B. bei verzinslichen Geldschulden), so kann der Gläubiger die Leistung vor dem Termin zurückweisen (ζ. B. weil er ein Interesse an dem Weiterbezug der hohen Zinsen hat). 3. Schließlich kommt es vor, daß die Leistungszeit nur im Interesse des Gläubigers beigefügt ist; dann darf der Schuldner nicht vorher leisten, der Gläubiger aber die Leistung vorher fordern. Das gilt beim Verwahrungsvertrag für die Rückgabe der verwahrten Sache (§§ 695 f.). I V . Liefert der Schuldner nicht rechtzeitig, so kann das verschiedene Folgen haben : Die r e g e l m ä ß i g e Folge ist die, daß der Schuldner zwar durch Versäumung der Zeit seine Pflicht verletzt, wodurch er unter Umständen in Verzug gerät (S. 45 f.), aber die Leistung noch nachholen kann. Eine stärkere Bedeutung hat die Fälligkeit bei den sogenannten F i x g e s c h ä f t e n , d. h. wenn bei einem gegenseitigen Vertrage vereinbart ist, daß die Leistung des einen Teils genau zu einer festbestimmten Zeit oder innerhalb einer festbestimmten Frist bewirkt werden soll. Die Leistung ist dann zwar noch möglich, wenn sie zur Zeit der Fälligkeit nicht erfolgt ist, aber der Gläubiger ist zum Rücktritt vom Vertrage berechtigt (§ 361). Es gibt aber schließlich auch Fälle, i n denen die Nichtleistung zur Zeit der Fälligkeit eine U n m ö g l i c h k e i t der Leistung herbeiführt. Wenn ζ. B. ein Zimmer für den Monat Mai gemietet ist, so ist mit dem Ablauf des Mai die Gebrauchsgewährung, die bis dahin noch nicht erfolgt ist, unmöglich geworden, denn die Gewährung des Gebrauches im Juni ist eine inhaltlich andere Leistung. V. Der Ausbruch eines Krieges bringt für viele Schuldner Schwierigkeiten bei der Abwicklung ihrer Verbindlichkeiten mit sich. Die inzwischen wieder aufgehobenen Verordnungen vom 7. 10. 1939 und vom 30. 11.1939 (Vertragshilfeverordnungen) erteilten daher dem Richter i n zahlreichen Fällen die Ermächtigung, dem Schuldner Stundung zu bewilligen (vgl. § 25 I I ) .

§15 Das Zurückbehaltungsrecht

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§ 15 Das Zurückbehaltungsrecht I . Wenn der Schuldner zugleich von dem Gläubiger etwas zu fordern hat, so kann er unter gewissen Voraussetzungen die geschuldete Leistung bis zur Be Wirkung der Gegenleistung verweigern ( Z u r ü c k b e h a l t u n g s r e c h t ) . 1. Voraussetzungen des Zurückbehaltungsrechts sind nach § 273 folgende : a) Die beiden Ansprüche beruhen auf d e m s e l b e n r e c h t l i c h e n V e r h ä l t n i s ( K o n n e x i t ä t ) . Für den Fall, daß dieses rechtliche Verhältnis ein gegenseitiger Vertrag, z . B . ein K a u f ist, hat das Gesetz besondere Vorschriften gegeben und dem Schuldner in §320 die E i n r e d e des n i c h t e r f ü l l t e n V e r t r a g e s gewährt. § 273 ist ζ. B. anwendbar, wenn der mit dem Ankauf einer Sache Beauftragte von dem Auftraggeber auf Herausgabe der Sache i n Anspruch genommen wird und nun geltend macht, daß ihm ein Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen zustehe, weil er den Kaufpreis bezahlt habe. Er braucht die Sache nur gegen Erstattung des Kaufpreises herauszugeben. Dasselbe rechtliche Verhältnis, auf dem die beiden Ansprüche beruhen, braucht aber kein Vertrag zu sein, es kann auch in einem e i n h e i t l i c h e n L e b e n s v e r h ä l t n i s bestehen. Wenn mir ζ. B. mein Schirm in einer Wirtschaft vertauscht worden ist, so brauche ich den in meine Hand gelangten Schirm nur gegen Rückgabe meines eigenen herauszugeben. b) Das Zurückbehaltungsrecht ist ferner gegeben, wenn jemand zur Herausgabe eines Gegenstandes verpflichtet ist und ihm ein fälliger Anspruch wegen V e r w e n d u n g e n auf den Gegenstand oder wegen eines ihm durch diesen verursachten Schadens zusteht. Eine Ausnahme gilt, wenn er den Gegenstand durch eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung erlangt, z . B . gestohlen hat (§ 273 Abs. 2). 2. I n gewissen A u s n a h m e f ä l l e n hat das Gesetz das Zurückbehaltungsrecht ausgeschlossen, ζ. B. in den §§ 175, 556 Abs. 2. Sehr bestritten war früher, ob der A u s s c h l u ß der A u f r e c h n u n g auch einen A u s s c h l u ß des Z u r ü c k b e h a l t u n g s r e c h t e s zur Folge hat. Praktische Bedeutung hat das vor allem für L o h n f o r d e r u n g e n , die nach dem Lohnbeschlagnahmegesetz § 1 bis zu einer gewissen Höhe unpfändbar und daher nach § 394 nicht aufrechenbar sind. Es fragt sich also ζ. B., ob der Arbeiter, der sich durch Beschädigung von Sachen des Arbeitgebers diesem ersatzpflichtig gemacht hat, sich gefallen lassen muß, daß der Lohn in vollem Umfang zurückbehalten wird, bis er den Schaden ersetzt hat. Viele gaben früher dem Arbeitgeber das Zurückbehaltungsrecht mit der Begründung, daß es im Gegensatz zur Aufrechnung K o n n e x i t ä t voraussetze. Später hat die herrschende Meinung das Zurückbehaltungsrecht abgelehnt, wenn

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Der Inhalt der Shuldverhältnisse

beide Forderungen auf Geld gehen, es sei denn, daß der Arbeiter den Unternehmer vorsätzlich geschädigt hat. Derjenige, gegen den das Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht wird, kann dieses ferner dadurch ausschließen, daß er Sicherheit leistet (§ 273 Abs. 3). Die Sicherheitsleistung durch Bürgen ist aber ausgeschlossen.

I I . Die von dem Schuldner erhobene Einrede des Zurückbehaltungsrechts hat n i c h t die Folge, daß die Klage des Gläubigers a b g e w i e s e n wird, vielmehr beschränkt sich die Wirkung der Einrede darauf, daß der Schuldner z u r L e i s t u n g gegen E m p f a n g der i h m g e b ü h r e n d e n L e i s t u n g verurteilt wird, mit anderen Worten: der Schuldner wird zur Erfüllung Z u g u m Z u g verurteilt (§274 Abs. 1). Ist der Schuldner in A n n a h m e V e r z u g geraten — d. h. nach § 293 hat er die ihm angebotene Leistung nicht angenommen —, so kann der Gläubiger auf Grund des Urteils seinen Anspruch ohne Bewirkung der ihm obliegenden Leistung im Wege der Zwangsvollstreckung verfolgen (§ 274 Abs. 2).

§ 16 Gegenseitige Verträge I . Man unterscheidet e i n s e i t i g e und z w e i s e i t i g e V e r t r ä g e . Es handelt sich bei dieser Unterscheidung um die W i r k u n g des Vertrages, der einseitige Vertrag erzeugt nur die Verpflichtung e i n e r Partei, während beim zweiseitigen Vertrag Verpflichtungen b e i d e r Parteien vorkommen. Ein einseitiger Vertrag ist ζ. B. das Schenkungsversprechen. Die z w e i s e i t i g e n Verträge zerfallen in zwei Gruppen. 1. Die wichtigsten zweiseitigen Verträge sind die g e g e n s e i t i g e n oder s y n a l l a g m a t i s c h e n Verträge. Sie sind dadurch gekennzeichnet, daß sich die eine Partei verpflichtet, weil die andere Partei eine Verpflichtung übernimmt, die eine Verpflichtung stellt sich als das Ä q u i v a l e n t der anderen dar. O b j e k t i v g l e i c h w e r t i g brauchen die beiden Verpflichtungen n i c h t zu sein. Hierher gehören insbesondere K a u f , M i e t e , aber auch der G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g . Er unterscheidet sich allerdings vom K a u f dadurch, daß beim Gesellschaftsvertrag die beiden Leistungen n i c h t ausg e t a u s c h t werden, sondern d i e s e l b e R i c h t u n g haben, die Beiträge, welche die Gesellschafter zur Förderung des Gesellschaftszwecks leisten, fließen in die gemeinschaftliche Kasse. Aber trotzdem verpflichtet sich der eine Gesellschafter zur Leistung, weil sich auch der andere verpflichtet, das Kennzeichen des gegenseitigen Vertrages liegt also vor. 2. Die zweite Gruppe der zweiseitigen Verträge wird von denjenigen Verträgen gebildet, bei denen das eben geschilderte Äquivalentverhältnis fehlt (sogenannte u n v o l l k o m m e n z w e i s e i t i g e V e r t r ä g e ) . Ein solcher Vertrag ist ζ. B. die L e i h e . Der Verleiher ist zur Gebrauchsgewährung

§ 16 Gegenseitige Verträge

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verpflichtet, der Entleiher zur Rückgabe der entliehenen Sache. Der Verleiher verspricht aber die Gebrauchsgewährung nicht, um den Entleiher zur Rückgabe der Sache zu verpflichten, es fehlt also das Äquivalentverhältnis im Gegensatz zu der Miete, bei der der Vermieter die Gebrauchsgewährung verspricht, um von dem Mieter den Mietzins zu erhalten. Es gibt aber auch unvollkommen zweiseitige Verträge, bei denen nur die Verpflichtung der einen Partei notwendig ist, während eine Verpflichtung der anderen Partei vorkommen kann, aber nicht vorkommen muß. E i n solcher Vertrag ist ζ. B. der A u f t r a g . Notwendig ist für ihn die Verpflichtung des Beauftragten, den Auftrag auszuführen. Möglich ist aber neben dieser Hauptverpflichtung auch noch eine Verpflichtung des Auftraggebers. Hat der Beauftragte nämlich A u f w e n d u n g e n gemacht, so muß der Auftraggeber sie ihm ersetzen, wenn der Beauftragte sie für erforderlich halten durfte (§ 670). I I . Da beim g e g e n s e i t i g e n Vertrage die eine Leistung als Äquivalent der anderen angesehen wird, so stehen beide Leistungen i n einem gewissen A b h ä n g i g k e i t s v e r h ä l t n i s . Das hat ζ. B. Bedeutung, wenn die eine Leistung unmöglich wird, dann wird dadurch auch die andere Leistung i n gewisser Weise beeinflußt. A u f diese Frage soll jedoch noch nicht hier, sondern erst später im Zusammenhang der Lehre von der nachträglichen Unmöglichkeit eingegangen werden. Die Abhängigkeit der beiden Leistungen voneinander bewirkt aber auch, daß die eine Partei ihre Leistung erst dann zu machen braucht, wenn die andere Partei leistet. Davon soll sofort die Rede sein. 1. Jede Partei hat bis zur Bewirkung der Gegenleistung nach § 320 eine Einrede, die sogenannte Einrede des n i c h t e r f ü l l t e n V e r t r a g e s . Der Gläubiger kann die Einrede hier wegen der Abhängigkeit der beiden Leistungen voneinander nicht durch Sicherheitsleistung abwenden — i m Gegensatz zur Einrede des Zurückbehaltungsrechts (§ 320 Abs. 1 Satz 3). Dagegen ist die W i r k u n g der Einrede dieselbe wie beim Zurückbehaltungsrecht, die Klage des Gläubigers wird nicht abgewiesen, sondern der Schuldner zur Erfüllung Zug um Zug verurteilt. Auch § 274 Abs. 2 ist anwendbar (§ 322). Die Einrede steht dem Schuldner nicht nur zu, wenn der Gläubiger überhaupt noch nicht erfüllt hat, sondern auch, wenn der Gläubiger mit einem T e i l der ihm obliegenden Leistung r ü c k s t ä n d i g ist. Sie versagt aber i n letzterem Fall, soweit sie, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen T r e u u n d G l a u b e n verstoßen würde (§ 320 Abs. 2). Der Käufer eines Hauses kann ζ. B. deshalb, weil ihm der Hausschlüssel noch nicht übergeben ist, n i c h t die Zahlung des g a n z e n

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Der Inhalt der Shulderhältnisse

Kaufpreises verweigern, er kann nur einen dem Wert des Hausschlüssels entsprechenden Teil zurückbehalten. Schützt der Beklagte die Einrede vor Gericht nicht vor, ζ. B. weil er in dem Termin nicht erscheint, so wird er verurteilt. Erhebt er die Einrede und ist streitig, ob der Kläger bereits geleistet hat, so muß der Kläger seine Leistung b e w e i s e n , da sich ohne weiteres aus der Klage ergibt, daß das Einrederecht entstanden ist und der Wegfall eines Rechtes hier wie sonst von dem zu beweisen ist, der sich darauf beruft. 2. Bei manchen gegenseitigen Verträgen hat nach gesetzlicher oder vertraglicher Bestimmung der eine Teil v o r z u l e i s t e n . Eine gesetzliche Vorleistungspflicht trifft ζ. B. den V e r m i e t e r und den zu einer D i e n s t l e i s t u n g Verpflichteten. Der Vorleistungspflichtige hat die Einrede des nichterfüllten Vertrages nicht (§ 320 Abs. 1 Satz 1), der Vermieter muß also den Gebrauch der Mietwohnung gewähren und kann den Mietzins erst nachträglich fordern. Kommt jedoch der Gegner des Vorleistungspflichtigen i n Annahmeverzug (vgl. unten S. 49), so kann der Vorleistungspflichtige a u f L e i s t u n g n a c h E m p f a n g der G e g e n l e i s t u n g klagen (§322 Abs. 2). Die Vorleistungspflicht wird für den Schuldner bedenklich, wenn nach dem Abschluß des Vertrages i n den V e r m ö g e n s v e r h ä l t n i s s e n des anderen Teils eine w e s e n t l i c h e V e r s c h l e c h t e r u n g eintritt, durch die der Anspruch auf die Gegenleistung g e f ä h r d e t wird. I n diesem Fall gibt daher das Gesetz dem Vorleistungspflichtigen das Recht, die ihm obliegende Leistung zu verweigern, bis die Gegenleistung bewirkt oder Sicherheit für sie geleistet wird (§ 321). § 321 bezieht sich nicht auf den Fall, in dem der andere Teil schon bei Abschluß des Vertrages i n schlechten Verhältnissen war. Der Vorleistungspflichtige hat dann jedoch unter Umständen ein A n f e c h t u n g s r e c h t wegen I r r t u m s über Eigenschaften der Person nach § 119 Abs. 2 oder wegen B e t r u g s nach § 123.

§ 17 Verträge zugunsten Dritter I . Wenn A dem Β verspricht, daß er eine Leistung an C machen werde, so kann Β den A auf Leistung an C verklagen. K a n n aber a u c h C d i e L e i s t u n g v o n A f o r d e r n ? Schon das gemeine R e c h t nahm das an, wenn A und Β dem C ein solches Forderungsrecht einräumen wollten, ohne daß dafür ein B e i t r i t t des C zu dem zwischen A und Β geschlossenen Vertrage g e f o r d e r t wurde. Dem ist das BGB. in § 328 Abs. 1 gefolgt. I n den Fällen, in denen C das unmittelbare Forderungsrecht gegen A erwirbt, spricht man von einem e c h t e n V e r t r a g e z u g u n s t e n eines D r i t t e n .

§17 Verträge zugunsten Dritter

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Fehlt dieses Forderungsrecht, so liegt ein unechter Vertrag zugunsten eines Dritten vor. Der echte Vertrag zugunsten eines Dritten unterscheidet sich deutlich von der S t e l l v e r t r e t u n g . Bei dieser treten sämtliche Wirkungen des Vertrages i n der Person des C ein, C wird insbesondere auch aus dem Vertrage verpflichtet. Bei einem L e b e n s v e r s i c h e r u n g s v e r t r a g des Β zugunsten des C erwirbt dagegen C nur den Anspruch auf die Versicherungssumme, zur Zahlung der Prämien an die Versicherungsgesellschaft A ist Β verpflichtet. Es wäre auch unrichtig anzunehmen, daß Β beim echten Vertrag zugunsten des C diesem sein Forderungsrecht abgetreten habe. C ist nicht Zessionar des B, weil er das Forderungsrecht gegen A erwirbt, auch wenn er gar keine Kenntnis von dem Vertrag zwischen A und Β hat. I I . Ob A und Β dem C ein selbständiges Forderungsrecht gegen A einräumen wollen, können A und Β ausdrücklich sagen. Ist das nicht geschehen, so ist nach § 328 Abs. 2 aus den U m s t ä n d e n , i n s b e s o n d e r e aus d e m Z w e c k des Vertrages zu entnehmen, ob C dieses Recht erwerben soll. Hinsichtlich einiger praktisch wichtiger Fälle hat das Gesetz A u s l e g u n g s r e g e l n aufgestellt: 1. Ist Β der Schuldner des C und verpflichtet sich A dem Β gegenüber zur Befriedigung des C, so liegt nach § 329 i n dieser E r f ü l l u n g s ü b e r n a h m e k e i n e c h t e r V e r t r a g z u g u n s t e n des C. C kann also die Zahlung seiner Forderung von A nicht fordern. Anders wenn A die Schuld des Β übernommen hat. Über die Schuldübernahme vgl. unten § 35. 2. D a g e g e n nimmt § 330 i n folgenden Fällen einen e c h t e n V e r t r a g z u g u n s t e n eines D r i t t e n an: a) I n einem L e b e n s v e r s i c h e r u n g s - oder L e i b r e n t e n v e r t r a g wird die Zahlung der Versicherungssumme oder der Leibrente an einen Dritten bedungen. b) Bei einer u n e n t g e l t l i c h e n Z u w e n d u n g wird dem Bedachten eine Leistung an einen Dritten auferlegt. Wenn also Β dem A 10 000 D M schenkt unter der Auflage, daß A eines seiner Gemälde dem C schenken soll, so kann C die Lieferung des Gemäldes von A fordern. Die in einer V e r f ü g u n g v o n Todes w e g e n insbesondere in einem T e s t a m e n t enthaltene Auflage erzeugt dagegen gerade umgekehrt kein Forderungsrecht des C (vgl. § 1940). c) Bei einer V e r m ö g e n s - oder G u t s ü b e r n a h m e wird von dem Übernehmer eine Leistung an einen Dritten zum Zweck der A b f i n d u n g versprochen. Der älteste Sohn des Β , A übernimmt ζ. B. dessen H o f und verspricht der jüngeren Schwester C eine Abfindung von 20 000 DM. 3 Schmidt, Bürgerliches Recht, I I

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Der Inhalt der Shulderhältnisse

I I I . Ebenso wie es A und Β freisteht zu bestimmen, ob C überhaupt ein unmittelbares Forderungsrecht gegen A erwerben soll, können sie bestimmen, ob das Recht des C s o f o r t oder n u r u n t e r gewissen V o r a u s s e t z u n g e n , insbesondere bei Eintritt eines bestimmten Ereignisses entstehen und ob den Vertragschließenden die Befugnis vorbehalten sein soll, das Recht des Dritten ohne dessen Zustimmung a u f z u h e b e n oder zu ä n d e r n . Haben A und Β nichts darüber bestimmt, so ist auch die Lösung dieser Fragen aus den U m s t ä n d e n , insbesondere aus dem Z w e c k des Vertrages zu entnehmen (§ 328 Abs. 2). Für den Fall, daß die Leistung an den C nach dem Tode des Β erfolgen soll, was insbesondere bei Lebensversicherungsverträgen vorkommt, stellt § 331 die Auslegungsregel auf, daß C das Forderungsrecht gegen A erst mit dem Tode des Β erwirbt. A und Β können den Vertrag also noch vor dem Todë des Β ändern und dadurch die Entstehung des Rechtes des C verhindern. Eine e i n s e i t i g e Änderung des Β ohne Zustimmung des A ist dagegen nicht möglich, Β kann an die Stelle des C einen anderen oder sich selbst nur dann setzen, wenn er sich dieses Recht vorbehalten hat. Eine Ausnahme gilt jedoch nach § 166 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag von 1908 bei einer L e b e n s v e r s i c h e r u n g , die auf eine Kapitalzahlung geht. Die Änderung des Dritten kann nach § 332 auch in einer Verfügung von Todes wegen geschehen. Außerdem hat § 331 Abs. 1 die Bedeutung, daß C beim Tode des Β noch leben muß, um das Recht gegen A zu erwerben, d i e E r b e n des C erwerben das Recht nur, wenn das der Absicht von A und Β entspricht. Stirbt Β vor der Geburt des C, so können die Erben des Β durch einen Vertrag mit A das Recht des C nur dann noch ändern oder aufheben, wenn die Befugnis dazu vorbehalten worden ist (§ 331 Abs. 2). I V . Eine M i t w i r k u n g des D r i t t e n ist zum Erwerb des Forderungsrechtes nicht notwendig, ebenso wenig wie beim Erwerb des E r b e n . Er kann aber das Recht ebenso wie dieser a u s s c h l a g e n (§333), und zwar durch eine Erklärung gegenüber dem Versprechenden (A); entsprechend der für den Erben gegebenen Regel muß dieses Ausschlagungsrecht durch eine ausdrückliche oder stillschweigende A n n a h m e e r k l ä r u n g des C w e g f a l l e n . Behält der Dritte (C) das Recht, so wird ihm damit von Β eine Z u w e n d u n g gemacht. Die causa für diese Zuwendung (vgl. Bd. 1 S. 84) ist daher in dem Verhältnis zwischen Β und C ( V a l u t a v e r h ä l t n i s ) zu suchen. Β will z . B . durch die Leistung des A dem C eine Schenkung machen (causa donandi) oder eine Schuld bezahlen (causa solvendi). Kommt die causa nicht zustande, so erwirbt Β gegen C einen B e r e i c h e r u n g s a n s p r u c h . Auch das Versprechen des A gegenüber Β ist eine Zuwendung und bedarf einer causa ( D e c k u n g s v e r h ä l t n i s ) .

§ 18 Die Draufgabe

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V. Da C sein Recht aus dem Vertrage zwischen A und Β herleitet, muß C sich auch die E i n w e n d u n g e n gefallen lassen, die dem A aus diesem Vertrage zustehen (§ 334). Hat Α ζ. Β . die Zahlung des Kaufpreises für eine von Β zu liefernde Sache an C versprochen, so hat A, solange Β nicht geliefert hat, gegenüber dem C die Einrede des nichterfüllten Vertrages. V I . Das Forderungsrecht des C schließt nach § 335 nicht aus, daß a u c h Β von A die Leistung an C verlangen kann. Kann nun Β die Leistung an sich fordern, wenn C das Forderungsrecht nach § 333 ausschlägt ? Bei L e b e n s v e r s i c h e r u n g e n , die auf eine Kapitalzahlung gehen, wird die Frage von dem Versicherungsvertragsgesetz § 168 bejaht.

§ 18 Die Draufgabe I . Bei Eingehung eines Vertrages wird zuweilen von der einen Partei der anderen ein D r a u f g e l d ( H a n d g e l d , arra) gegeben. § 336 betrachtet die Draufgabe als ein Z e i c h e n f ü r d e n A b s c h l u ß des V e r t r a g e s , sie schafft also die Vermutung, daß die Parteien aus dem Stadium der Vorverhandlungen herausgetreten sind und den Vertrag b i n d e n d abgeschlossen haben. I I . Die Draufgabe ist nach^§ 337 im^Zweifel^auf die von^dem Geber geschuldete Leistung a n z u r e c h n e n , und wenn dies wegen Verschiedenartigkeit des Gegenstandes nicht geschehen kann, bei der Erfüllung des Vertrages zurückzugeben. Die Draufgabe ist also i m Zweifel nicht Zugabe; anders vielfach nach Ortsgebrauch bei dem Mietstaler des Gesindes. I I I . W i r d der Vertrag w i e d e r a u f g e h o b e n , so ist die Draufgabe nach §337 Abs. 2 z u r ü c k z u g e b e n ; wenn dagegen der Geber die Wiederaufhebung des Vertrages verschuldet, so ist der Empfänger berechtigt, die Draufgabe zu behalten, ζ. B. der Empfänger t r i t t nach § 326 vom Vertrage wegen Verzugs des Gebers zurück. Dasselbe gilt, wenn die vom Geber geschuldete Leistung infolge eines Umstandes, den er zu vertreten hat, unmöglich wird. I n diesen Fällen hat also die Draufgabe Strafcharakter. Verlangt der Empfänger Schadenersatz wegen Nichterfüllung, so ist die Draufgabe im Zweifel anzurechnen oder, wenn dies nicht geschehen kann, bei der Leistung des Schadenersatzes zurückzugeben (§ 338). I V . Die Draufgabe kann ferner den Charakter des Reugeldes haben, d. h. der Geber kann sich durch Aufopferung der Draufgabe von dem Vertrage lossagen. I m Zweifel ist jedoch eine derartige Schwächung der vertraglichen Büdung in der Draufgabe nicht zu sehen (§ 336 Abs. 2).

§ 19 Die Vertragsstrafe I . Die V e r t r a g s s t r a f e ist eine Leistung, welche der Schuldner dem Gläubiger für den Fall verspricht, daß er seine Verbindlichkeit n i c h t oder 3*

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Der Inhalt der Shuldverhältnisse

n i c h t i n g e h ö r i g e r W e i s e erfüllt. I n der Regel besteht diese Leistung in Geld (§§ 339, 342). Die Vertragsstrafe soll einen Druck auf den Schuldner ausüben, um ihn zur Erfüllung seiner Pflichten zu veranlassen. Außerdem hat sie für den Gläubiger den Vorteil, daß sie ihm den Beweis seines Schadens erspart, da er die Strafe als Mindestbetrag seines Schadens verlangen kann. Aus dem eben erwähnten Zweck der Vertragsstrafe erklärt es sich, daß sie in A b h ä n g i g k e i t von der Hauptverbindlichkeit steht, zu deren Sicherung sie dienen soll. Wenn daher die Hauptverbindlichkeit nicht besteht, so ist auch das Strafverbrechen unwirksam, und zwar auch dann, wenn die Parteien die Unwirksamkeit der Hauptverbindlichkeit gekannt haben (§ 344). Es ist also ζ. B. nicht möglich, auf die Erfüllung eines nach § 313 nichtigen Kaufvertrages über Grundstücke dadurch einen mittelbaren Druck auszuüben, daß die eine Partei der anderen die Zahlung einer Vertragsstrafe verspricht. I I . Die Strafe ist nach § 339 verwirkt, wenn der Schuldner mit der Erfüllung der Hauptverbindlichkeit in V e r z u g kommt; dazu ist nach §285 in der Regel ein Verschulden des Schuldners erforderlich. Eine sehr wichtige Ausnahme gilt allerdings für Gattungsschulden, insbesondere für Geldschulden (vgl. unten S. 45). Ist streitig, ob der Schuldner die Hauptverbindlichkeit erfüllt hat, so trifft die B e w e i s l a s t hier wie auch sonst den Schuldner (§ 345). Hat der Schuldner die Vertragsstrafe für den Fall versprochen, daß er eine U n t e r l a s s u n g s p f l i c h t nicht erfüllt, so verfällt die Vertragsstrafe mit der Zuwiderhandlung (§339 Satz 2). Den B e w e i s für die Zuwiderhandlung hat der Gläubiger zu führen. I I I . Das Verhältnis der Vertragsstrafe zu den aus der Hauptverbindlichkeit sich ergebenden Rechtsfolgen kann ein verschiedenes sein : 1. Wenn die Strafe für den Fall versprochen ist, daß der Schuldner seine Verbindlichkeit n i c h t erfüllt, so kann der Gläubiger nicht Erfüllung und Vertragsstrafe nebeneinander, sondern nur das eine oder das andere verlangen. Erklärt er dem Schuldner, daß er die Strafe verlange, so ist damit der Anspruch auf Erfüllung ausgeschlossen (§ 340 Abs. 1). Dagegen beseitigt das Verlallgen nach Erfüllung den Strafanspruch nicht, sondern erst die Annahme der Erfüllung. Steht dem Gläubiger ein Anspruch auf S c h a d e n e r s a t z wegen N i c h t e r f ü l l u n g zu, so kann er die verwirkte Strafe als M i n d e s t b e t r a g des Schadens verlangen. Insofern braucht er also seinen Schaden nicht nachzuweisen. Vermag er den Beweis zu erbringen, daß sein Schaden die Vertragsstrafe übersteigt, so kann er auch Ersatz dieses Mehrbetrages fordern (§ 340 Abs. 2).

§19 Die Vertragsstrafe

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2. Die Strafe kann auch für den Fall versprochen sein, daß der Schuldner seine Verbindlichkeit n i c h t i n g e h ö r i g e r W e i s e , insbesondere nicht zu der bestimmten Zeit erfüllt; ζ. B. der Bauunternehmer verspricht demjenigen, für den er ein Haus baut, die Zahlung einer Strafe von 100 D M für jeden Tag der verspäteten Fertigstellung. Dann kann der Gläubiger die verwirkte Strafe n e b e n der Erfüllung verlangen (§341 Abs. 1). Dagegen kann der Gläubiger, wenn ihm ein S c h a d e n e r s a t z a n s p r u c h w e g e n der n i c h t g e h ö r i g e n E r f ü l l u n g zusteht, diesen nicht mit der Vertragsstrafe kumulieren. Für das Verhältnis von Vertragsstrafe und Schadenersatz gilt vielmehr auch hier das unter 1 Gesagte (§ 341 Abs. 2). N i m m t der G l ä u b i g e r die E r f ü l l u n g a n , so muß er sich das Becht auf die Strafe v o r b e h a l t e n , sonst verliert er den Strafanspruch (§341 Abs. 3). 3. Wenn die Vertragsstrafe n i c h t i n einer G e l d l e i s t u n g besteht, so gilt für das Verhältnis der Vertragsstrafe zu dem Schadenersatzanspruch eine besondere Vorschrift. Der Anspruch auf Schadenersatz ist ausgeschlossen, wenn der Gläubiger die Strafe verlangt, und zwar auch dann, wenn der Schaden den Wert der Vertragsstrafe übersteigen sollte (§ 342). I V . W i e h o c h d i e Parteien die Vertragsstrafe bemessen wollen, steht bei ihnen. Das Gesetz hat jedoch in § 343 dem Richter ein E r m ä ß i g u n g s r e c h t gegeben, wenn die verwirkte Strafe u n v e r h ä l t n i s m ä ß i g h o c h ist. Sie kann dann auf Antrag des Schuldners durch U r t e i l auf den angemessenen Betrag herabgesetzt werden, solange sie noch nicht entrichtet ist (§343). Das eben erwähnte Ermäßigungsrecht besteht auch dann, wenn derjenige, der die Strafe versprochen hat, sich überhaupt nicht zu einer Hauptleistung verpflichtet hat, sondern die Strafe bloß für den Fall verspricht, daß er eine Handlung vornimmt oder unterläßt (§ 343 Abs. 2). Der Verkäufer eines Geschäftes kann sich ζ. B. dem Käufer gegenüber zur Zahlung einer Strafe für den Fall verpflichten, daß er dem Käufer Konkurrenz macht, ohne eine Verpflichtung zur Unterlassung der Konkurrenz zu übernehmen. Handelt es sich um ein unbedeutendes Geschäft und hat der Verkäufer 10 000 D M Strafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung versprochen, so ist eine Ermäßigung gemäß § 343 am Platz. V. Von der Vertragsstrafe ist das R e u g e l d zu unterscheiden. Die Vereinbarung eines Reugeldes gibt dem Schuldner das Recht, sich von seiner Verpflichtung durch Zahlung einer bestimmten Summe zu lösen, während bei der Vertragsstrafe der Gläubiger auf der Erfüllung der Hauptverpflichtung bestehen kann. Eine Ermäßigung des Reugeldes nach § 343 kommt nicht in Frage.

IV. A b s c h n i t t

Die Veränderung der Schuldverhältnisse l . D i e Verletzung des Forderungsrechts § 20 Allgemeines I . Eine H a f t u n g des Schuldners, insbesondere eine S c h a d e n e r s a t z p f l i c h t t r i t t noch nicht allein deshalb ein, weil er seine Verpflichtung verletzt. Die Pflichtverletzung ist vielmehr nur dann beachtlich, wenn der Schuldner entweder seine Leistung u n m ö g l i c h macht oder in V e r z u g gerät oder wenn eine S c h l e c h t e r f ü l l u n g vorliegt. Über diese drei Fälle wird in den folgenden Paragraphen gehandelt. Außerdem ist aber in allen drei Fällen erforderlich, daß der Schuldner die Verletzung des Forderungsrechtes zu v e r t r e t e n hat. Davon soll sofort die Rede sein. I I . Es ist zu unterscheiden, inwieweit der Schuldner seine eigenen H a n d l u n g e n oder die f r e m d e r P e r s o n e n zu vertreten hat. 1. Hinsichtlich seiner eigenen Handlungen hat der Schuldner grundsätzlich V o r s a t z und F a h r l ä s s i g k e i t zu vertreten (§276). Was unter Vorsatz und Fahrlässigkeit zu verstehen ist, ist bereits i n Bd. 1 § 42 dargelegt worden. Dort ist auch bereits gezeigt worden, daß der Schuldner ausnahmsweise m i l d e r oder s t r e n g e r haftet. Milder ist die Haftung, wenn er nur für g r o b e F a h r l ä s s i g k e i t und unter Umständen auch, wenn er nur für diejenige Sorgfalt einzustehen hat, die er in eigenen A n g e l e g e n h e i t e n anwendet. S t r e n g e r ist die hier und da'vorkommende Haftung für Z u f a l l . Die Haftung für Fahrlässigkeit kann dem Schuldner durch Vertrag erlassen werden. Dagegen kann der Schuldner von der Haftung für Vorsatz nicht im voraus befreit werden (§ 276 Abs. 2), weil ein solcher Vertrag gegen die guten Sitten verstoßen würde. Wenn dagegen aus vorsätzlicher Handlung ein Schadenersatzanspruch bereits entstanden ist, so ist ein Erlaß dieses Anspruchs möglich. f 2. Für die Handlungen f r e m d e r P e r s o n e n hat der Schuldner jedenfalls dann einzustehen, wenn ihm die Zuziehung von Fremden zwecks Erfüllung des Schuldverhältnisses nicht gestattet war, einerlei, ob die Fremden ein Verschulden trifft. Ζ. B. ein Kaufmann hat einem anderen seine^Bücher zwecks Herstellung von Bilanzarbeiten übergeben und ihm strengste Vertraulichkeit zur Pflicht gemacht, der andere läßt sich bei der

§ 20 Allgemeines

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Arbeit durch einen Dritten helfen. Als dieser die Bücher aus seiner Wohnung zurückbringt, werden sie ihm samt der daraus hergestellten Bilanz auf dem Transport geraubt. Fälle der eben erwähnten A r t sind aber A u s n a h m e n , i n der R e g e l ist der Schuldner berechtigt, sich bei der Erfüllung eines Gehilfen zu bedienen, ζ. B. der Handwerker, der eine Reparatur vornimmt. Nach § 278 hat dann der Schuldner ein Verschulden des Gehilfen i n g l e i c h e m U m f a n g zu vertreten wie eigenes Verschulden. Er kann sich also nicht durch den Nachweis befreien, daß ihn bei Auswahl des Gehilfen kein Verschulden getroffen habe, daß dieser ζ. B. i n seiner bisherigen Stellung stets ordentlich gewesen sei. Haftet der Schuldner nur für einen geringeren Grad des Verschuldens, ζ. B. für grobe Fahrlässigkeit, so kommt ihm diese Müderung auch bei den Handlungen des Gehilfen zugute. Die Haftung des Schuldners beschränkt sich auf die E r f ü l l u n g s h a n d l u n g e n des Gehilfen, greift also für die nur bei Gelegenheit der Erfüllung vorgenommenen Handlungen nicht Platz: Der Glaser haftet also für seinen Gehilfen, wenn dieser beim Einziehen der neuen Fensterscheibe eine zweite Scheibe einstößt, dagegen nicht, wenn der Gehilfe bei dieser Gelegenheit einen Diebstahl begeht. Ebenso wie für seine Gehilfen haftet der Schuldner für seinen gesetzl i c h e n V e r t r e t e r ; ζ. B. der .Vormund eines Minderjährigen hat eine Sache verkauft, bei der Verpackung der Sache, die verschickt werden muß, verfährt er nachlässig, infolgedessen wird die Sache auf dem Transport beschädigt. Der Käufer kann von dem Mündel Schadenersatz verlangen. I m Gegensatz zu § 278 steht die Vorschrift des § 831, i n der die Haftung für den Dritten außerhalb eines Schuldverhältnisses geregelt wird. I n diesem Fall kann sich derjenige, der den Dritten zu der Verrichtung bestellt hat, von der Haftung dadurch befreien, daß er n a c h w e i s t , es habe ihn bei der Auswahl und bei der Leistung des Dritten k e i n V e r s c h u l d e n getroffen. I I I . Die §§ 276, 278 beziehen sich ihrem Wortlaut nach nur auf ein schuldhaftes Verhalten, das n a c h V e r t r a g s s c h l u ß einsetzt, denn erst dann läßt sich von einem S c h u l d n e r reden. Trotzdem haben das RG. (vgl. Bd. 95 S. 60) und im Anschluß daran viele Schriftsteller die Vertragspartei für den Fall, daß ein Vertrag zustande kommt, auch dann haften lassen, wenn sie bei Vertragsschluß Umstände, von denen sie wußte oder sich sagen mußte, daß sie für den Willensentschluß des anderen von w e s e n t l i c h e r B e d e u t u n g seien, verschwiegen oder darüber unrichtige Angaben gemacht hat. Das RG. hat diese Haftung aus dem Grundsatz von T r e u u n d G l a u b e n hergeleitet und sie in der Regel auf das n e g a t i v e I n t e r e s s e beschränkt. Zweifelhafter ist, ob auch eine Haftung für V e r s c h u l d e n b e i m V e r t r a g s s c h l u ß anzuerkennen ist, wenn der Vertrag

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Die Veränderung der Schuldverhältnisse

n i c h t zustande kommt. Einen Fall dieser A r t hat das Gesetz in § 307 geregelt. Die Rechtsprechung ist aber noch weiter gegangen und hat schon bei Eintritt i n Vertragsverhandlungen Pflichten zur Aufklärung der anderen Partei und zur Erhaltung ihrer Rechtsgüter angenommen, ganz einerlei, ob der Vertrag zustande kommt oder nicht. Das RG. Bd. 78 S. 239 hat in einem Fall, i n dem bei Verhandlungen über den K a u f eines Teppichs i n einem Warenhaus der Kauflustige dadurch verletzt wurde, daß ein Angestellter infolge Unvorsichtigkeit eine schwere Teppichrolle umwarf, das Warenhaus für verantwortlich erklärt, ohne daß ein K a u f zustande kam. M i t Recht hat das RG. hier auch § 278 für anwendbar erklärt.

§21 Unmöglichkeit Der Einfluß der n a c h t r ä g l i c h e i n t r e t e n d e n Unmöglichkeit — im Gegensatz zu der ursprünglichen Unmöglichkeit, vgl. oben § 4, I — ist verschieden, je nachdem ob es sich um ein einfaches oder um ein W a h l s c h u l d v e r h ä l t n i s handelt. I . Bei den e i n f a c h e n Schuldverhältnissen ist zu unterscheiden, ob der Schuldner die nachträgliche Unmöglichkeit zu v e r t r e t e n h a t oder nicht. 1. a) Wenn der Schuldner die nachträgliche Unmöglichkeit n i c h t z u v e r t r e t e n hat, so wird er f r e i , entweder ganz, wenn die Leistung völlig unmöglich geworden ist, oder teilweise, wenn die Leistung nicht mehr in derselben Quantität oder Qualität erbracht werden kann (§ 275). Dabei ist einerlei, ob es sich um o b j e k t i v e oder s u b j e k t i v e Unmöglichkeit handelt (§ 275 Abs. 2). Bei der nachträglichen Unmöglichkeit werden objektive und subjektive Unmöglichkeit im Gegensatz zu der ursprünglichen g l e i c h b e h a n d e l t . Der Schuldner hat in der Regel nach den Ausführungen in § 20 Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten. Eine wichtige Ausnahme gilt aber für Gattungsschulden nach § 279. Hier wird der Schuldner nicht dadurch befreit, daß sein Vorrat an den fraglichen Gattungssachen ohne sein Verschulden untergegangen ist, er ist vielmehr so lange zu leisten verpflichtet, als noch Gattungssachen vorhanden sind, muß also diese zwecks Erfüllung seiner Verpflichtung anschaffen. b) Es kann sein, daß der Schuldner infolge des Umstands, welcher die Leistung unmöglich macht, für den geschuldeten Gegenstand einen E r s a t z oder einenErsatzanspruclTerlangt ( s t e l l v e r t r e t e n d e s K o m m o d u m ) , ζ. B. die verkaufte Sache war versichert, der Verkäufer erlangt bei Untergang der Sache einen Anspruch gegen die Versicherungsgesellschaft, oder der Verkäufer hat einen Anspruch gegen einen Dritten erworben, der die Sache durch seine Nachlässigkeit zerstört hat. I n solchen Fällen kann der

§ 21 Unmöglichkeit

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Gläubiger, also in dem eben erwähnten Beispiel der Käufer, Abtretung des Ersatzanspruchs oder, wenn dieser bereits erfüllt ist, Herausgabe des als Ersatz Empfangenen verlangen (§ 281). § 281 hat insbesondere bei den Enteignungen und Beschlagnahmungen infolge des K r i e g e s , wodurch sehr häufig die versprochene Lieferung unmöglich gemacht wurde, eine Rolle gespielt. Erforderlich ist die I d e n t i t ä t des den Ersatzanspruch erzeugenden und die Leistung des Schuldners unmöglich machenden Ereignisses. Nach einer Lehre braucht daher der Schuldner nach § 281 den Anspruch auf den K a u f p r e i s , den er durch einen Verkauf des geschuldeten Gegenstandes erworben hat, nicht herauszugeben, weil dieser Anspruch auf dem obligatorischen Kaufvertrag beruht, während ihm die Erfüllung der ursprünglichen Verpflichtung erst durch Lieferung der verkauften Sache unmöglich wird. Diese Lehre wird aber von der heute h e r r s c h e n d e n Ansicht mit Recht abgelehnt, weil Kaufvertrag und Lieferung für die Anwendung des § 281 vom wirtschaftlichen Standpunkt aus als eine Einheit zu betrachten sind. c) Bei g e g e n s e i t i g e n Verträgen ist weiter zu prüfen, welchen Einfluß die nachträgliche Unmöglichkeit der einen Leistung auf die Verpflichtung zur G e g e n l e i s t u n g ausübt.