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German Pages 125 Year 1957
RUDOLF SCHMIDT
Bürgerliches Recht
Vierter Band
Das Familienrecht Zweite neubearbeitete Auflage
Duncker & Humblot . Berlin
Rudolf Schmidt, Bürgerliches Recht Vierter Band : Das Familienrecht
Bürgerliches Recht Ein Lehrbuch seiner Grundzüge
Von
Prof. Dr. Rudolf Schmidt, Köln
Zweite neubearbeitete Auflage
Vierter Band
Das
DUNCKER
Familienrecht
& HUMBLOT
/
BERLIN
Alle Rechte vorbehalten © 1957 Duncker & Humblot, Berlin Gedruckt 1957 bei Berliner Buchdruckerei Union GmbH., Berlin SW61 Printed in Germany
Vorwort I m Rahmen meiner Grundrisse des bürgerlichen Rechts erscheint das Familienrecht zuletzt, weil ich das seit langem erwartete Gleichberechtigungsgesetz vom 18. Juni 1957 berücksichtigen wollte. Das Ziel, das m i t diesen Grundrissen erreicht werden sollte, ist im Vorwort zum ersten Band angegeben, aber von der K r i t i k der späteren Bände nicht immer berücksichtigt worden. Der Beifall von Nipperdey (NJW 1957 S. 944) und anderer Kollegen hat mich darin bestärkt, an dieser Zielsetzung auch für das Familienrecht festzuhalten. Das Buch ist Ende J u l i 1957 abgeschlossen worden. R. Schmidt
Inhaltsverzeichnis § 1 Der Begriff des Familienrechts I. Abschnitt. Das Eherecht
11 14
1. § 2 Allgemeines
14
2. § 3 Das Verlöbnis
15
3. Die Eheschließung a) § 4 Die Formen der Eheschließung b) § 5 Die Ehehindernisse c) § 6 Die Mängel der Eheschließung
19 19 22 27
4. § 7
Die W i r k u n g e n der Ehe i m allgemeinen
33
5. Das eheliche Güterrecht a) § 8 Die E n t w i c k l u n g des ehelichen Güterrechts b) § 9 Die Eheverträge c) Die einzelnen Güterstände α) § 10 Die Zugewinngemeinschaft ß) § 11 Die Gütergemeinschaft
38 38 40 42 42 48
6. Die Auflösung der Ehe a) § 12 Die Wiederverheiratung i m F a l l der Todeserklärung . . . b) § 13 Die Ehescheidung
58 58 59
I I . Abschnitt. Das Verwandtschaftsrecht 1. Die ehelichen K i n d e r a) § 14 Die eheliche A b s t a m m u n g b) Die elterliche Gewalt α) § 15 Z u r geschichtlichen E n t w i c k l u n g ß) § 16 Die elterliche Gewalt des Vaters u n d der M u t t e r c) § 17 Sonstige W i r k u n g e n des Kindes Verhältnisses
69 69 69 71 71 72 83
2. § 18 Die K i n d e r aus nichtigen Ehen
84
3. § 19 Die unehelichen K i n d e r
85
4. § 20 Die legitimierten K i n d e r
88
5. § 21 Die adoptierten K i n d e r
90
6. § 22 Die Unterhaltspflicht der Verwandten;
94
I I I . Abschnitt. Das Vormundschaftsrecht
98
1. § 23 Geschichtliche Übersicht
98
2. Die Vormundschaft über M i n d e r j ä h r i g e 99 a) § 24 Die Fälle dieser Vormundschaft 99 b) § 25 Die A n o r d n u n g der Vormundschaft 100 c) § 26 Die Sorge des Vormunds f ü r die Person u n d das Vermögen des Mündels 103
Inhaltsverzeichnis
8 d) e) f) g) h)
§ § § § §
27 28 29 30 31
M i t v o r m u n d u n d Gegenvormund Vormundschaftsgericht u n d Familienrat Das Jugendamt Die befreite Vormundschaft Die Beendigung der Vormundschaft
109 110 113 114 115
3. § 32 Die Vormundschaft über V o l l j ä h r i g e
117
4. § 33 Die Pflegschaft
118
Anhang. § 34 Die Fürsorgeerziehung
121
Sachverzeichnis
123
Abkürzungen AG. BGB. BGH. BGH.Bd. bestr. DVO. EG. EheG. FrGG.
= = = = = = = = =
Ausführungsgesetz Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes i n Zivilsachen Band bestritten Durchführungsverordnung z u m Ehegesetz Einführungsgesetz Ehegesetz (Gesetz Nr. 16 des: Kontrollrats) Reichsgesetz über die Angelegenheiten der f r e i w i l l i g e n Gerichtsbarkeit GBO. = Grundbuchordnung GleichberechtigungsG. = Gleichberechtigungsgesetz vom! 18. 6. 1957 GO. = Gewerbeordnung GG. = Grundgesetz HGB. = Handelsgesetzbuch JZ. = Juristenzeitung JW. = Juristische Wochenschrift KO. = Konkursordnung NJW. = Neue Juristische Wochenschrift OLG. = Oberlandesgericht RG. = Reichsgericht oder Reichsgesetz RGBd. = Entscheidungen des Reichsgerichts i n Zivilsachen, Band ROLG. = Rechtsprechung der Oberlandesgerichte, herausgegeben von Mugdan und F a l k m a n n Seuff.Arch. = J. A . Seufferts A r c h i v f ü r Entscheidungen der obersten Gerichte i n den deutschen Staaten StGB. = Strafgesetzbuch StPO. = Strafprozeßordnung ZPO. = Z i vilprozeß Ordnung ZwVG. = Gesetz über die Zwangsversteigerung u n d die Zwangsverwaltung Die i m T e x t ohne nähere Bezeichnung angeführten Paragraphen sind die Paragraphen des BGB. Die Bezeichnungen o b e n u n d u n t e n weisen darauf hin, daß es sich u m die Paragraphen des Lehrbuchs handelt.
Schrifttum zum Familienrecht Zunächst k o m m t das Band I, S. 5 f., erwähnte Schrifttum i n Betracht. Der K o m m e n t a r v o n Palandt
liegt jetzt i n der 16. Auflage (1957) vor. Z u den
a.a.O. erwähnten Zeitschriften t r i t t f ü r das Familienrecht die Zeitschrift Ehe
und
Familie
hinzu,
die jetzt
im
4. Jahrgang erscheint.
Lehrbücher des Familienrechts sind: Enneccerus — Kipp — Wolff lage, 1931), Lehmann
(2. Auflage, 1948) u n d Beitzke
(7. A u f -
(5. Auflage, 1956). F ü r
die Einzelheiten des Schrifttums u n d der Rechtsprechung w i r d auf die zahlreichen Zitate bei Beitzke
verwiesen.
Die genannten Lehrbücher konnten das Gleichberechtigungsgesetz von 1957 noch nicht berücksichtigen. Über das bei Abschluß dieses Buches vorliegende Schrifttum zum Gleichberechtigungsgesetz vgl. die Zusammenstellung von Bosch i n Ehe u n d Familie, 1957, Heft 7, S. 232. Vgl. ferner die während des Drucks erschienenen folgenden Hefte.
§ 1 Der Begriff des Familienrechts I. D»as Familienrecht w i r d vom BGB. i n d r e i Abschnitten behandelt; b ü r g e r l i c h e Ehe, V e r w a n d t s c h a f t und V o r m u n d s c h a f t . Daß Ehe- und Verwandtschaftsrecht zum Familienrecht gehören, bedarf einer besonderen Erklärung nicht. Die Vormundschaft hat das Gesetz i m Familienrecht geregelt, w e i l es das Verhältnis zwischen Vormund und Mündel i n vieler Beziehung ähnlich dem Verhältnis zwischen Vater und K i n d behandelt hat. Diese Anordnung war auch schon vor dem BGB. i n den Pandektenlehrbüchern üblich. I I . Die subjektiven Rechte, die das BGB. i m Familienrecht gewährt, haben zum großen Teil einen r e i n p e r s ö n l i c h e n Inhalt. Dahin gehören z.B. die Pflichten der Ehegatten zur gegenseitigen Lebensgemeinschaft (§ 1353), das Recht der Eltern, für -die Person des Kindes zu sorgen usw. (§§ 1626 ff.). Neben diesen persönlichen Beziehungen gibt es aber auch i n großem Umfang vermögensrechtliche Verhältnisse: F ä m i l i e n g ü t e r r e c h t e . Dahin gehören der Einfluß der Ehe auf das Vermögen der Ehegatten, die Rechte der Eltern am Vermögen des Kindes. Unser heutiges persönliches Familienrecht ist i n der Hauptsache aus dem d e u t s c h e n Recht erwachsen. Der Einfluß der Rezeption des r ö m i s c h e n Rechtes ist auf diesem Gebiet nur gering gewesen. Der römische Gedanke z. B., daß das K i n d sein Leben lang unter der Autorität des Vaters steht, ist niemals rezipiert worden, vielmehr hat sich auch nach der Rezeption der deutsche Gedanke gehalten, daß die Gewalt des Vaters über das K i n d aufhört, wenn es die wirtschaftliche Selbständigkeit erlangt. Erheblich größer war dagegen der Einfluß des römischen Rechtes i m Familiengüterrecht, z. B. i n der Frage, welche Rechte der Vater am Vermögen seines Kindes hat. I I I . Das Familienrecht unterscheidet sich von den anderen Teilen des Privatrechtes dadurch, daß hier ö f f e n t l i c h e Interessen eine größere Rolle spielen als sonst. Der Staat hat an der Ehe, w e i l sie die Grundlage der menschlichen Gesellschaft ist, ein größeres Interesse als an sonstigen Verträgen, z. B. an einem Gesellschaftsvertrag. Der Staat gestattet zwei Gesellschaftern, ihren Vertrag nach Belieben wieder aufzulösen, die Wiederauflösung einer Ehe kann der Staat nicht dem Belieben der Ehegatten überlassen schon wegen der aus
12
§ 1 Der Begriff des Familienrechts
der Ehe entsprossenen Kinder. Aus diesem Grunde hat der Staat eine seiner Behörden damit betraut, sein Interesse i n Eheprozessen zu vertreten: Die S t a a t s a n w a l t s c h a f t . Der Staatsanwalt kann nach § 607 ZPO., sofern es sich um die Aufrechterhaltung einer Ehe handelt, neue Tatsachen und Beweismittel vorbringen. Der Staatsanwalt ist also i n der Lage, der Absicht der Ehegatten, durch Verschweigen gewisser Umstände die Scheidung herbeizuführen, hindernd i n den Weg zu treten. Auch das Umgekehrte ist möglich, es kann sein, daß das öffentliche Interesse die Beseitigung einer Ehe notwendig macht. Daher kann der Staatsanwalt ζ. B. darauf klagen, daß eine Ehe wegen Blutschande oder Bigamie für nichtig erklärt werde (vgl. § 632 ZPO. und unten S. 28). I V . Das Familienrecht des BGB. ist nach dem Inkrafttreten des Gesetzes erheblich geändert worden. Zunächst ist hier das Reichsgesetz für Jugendwohlfahrt vom 9. J u l i 1922 zu erwähnen. Wichtiger ist das am 6. J u l i 1938 für Deutschland und Österreich ergangene E h e g e s e t z · . Es wurde nach Beseitigung einiger nationalsozialistischer Bestimmungen durch das Gesetz Nr. 16 des Kontrollrats i m Jahre 1946 für Deutschland übernommen. Eine entscheidende Rolle für die weitere Entwicklung des Familienrechts hat ferner i n neuerer Zeit der Gedanke der G l e i c h b e r e c h t i g u n g d e r G e s c h l e c h t e r gespielt. Er war bereits i n der Weimarer Verfassung A r t . 119 als Programmsatz enthalten. Das Bonner GG. ist weiter gegangen und hat verlangt, daß der i n A r t . 3 aufgestellte Grundsatz der Gleichberechtigung innerhalb bestimmter Frist, nämlich bis zum 31. März 1953, verwirklicht werde. Das diesem Grundsatz entgegenstehende bisherige Recht blieb daher nach A r t . 117 GG. nur bis zu dem erwähnten Zeitpunkt i n Kraft. Es ist aber dem Gesetzgeber nicht gelungen, bis zum 31. März 1953 das neue Familienrecht zu schaffen. Infolgedessen ist m i t diesem Zeitpunkt nach der weitaus überwiegenden Meinung die Gleichberechtigung auch ohne eine Einzelregelung durch den Gesetzgeber geltendes Recht geworden. Es entstand also vom 1. A p r i l 1953 an ein Zwischenstadium, i n dem die Gerichte zu prüfen hatten, ob die Vorschriften des BGB. dem Grundsatz der Gleichberechtigung entsprachen und sie, wenn das nicht der Fall war, i n entsprechender Abänderung anzuwenden hatten (BGH. Bd. 10 S. 266, Bd. 21 S. 304). Die endgültige g e s e t z l i c h e Regelung der Gleichberechtigung ist dann schließlich durch das Gesetz vom 18. Juni 1957 erfolgt und t r i t t am 1. J u l i 1958 i n Kraft.
§ 1 Der Begriff des Familienrechts
13
I n diesem Buch ist der m i t dem 1. J u l i 1958 beginnende Rechtszustand dargestellt, soweit nicht ein anderes gesagt ist. Auch das GleichberechtigungsG. w i r d es nicht verhindern, daß in Zukunft seine Bestimmungen ebenso wie die sonstigen Vorschriften des Familienrechts auf ihre Vereinbarkeit m i t A r t . 3 Abs. 2 GG. von den Gerichten nachgeprüft werden (vgl. Bosch Ehe und Familie 1957 S. 190 f.).
I. A b s c h n i t t
Das E h e r e c h t 1. § 2 Allgemeines I. Die Ehe ist i m BGB. nicht definiert. Man kann sie definieren als eine auf volle Lebensgemeinschaft gerichtete V e r b i n d u n g zwischen M a n n und Frau. II. Die Entwicklung des Eherechtes ist sehr stark durch r e l i g i ö s e Vorstellungen beeinfiußt worden. Die k a t h o l i s c h e Kirche hat i m Mittelalter die Ehe für ein S a k r a m e n t erklärt und auf Grund dieser Anschauung die G e r i c h t s b a r k e i t in Ehesachen ausgeübt, und G e s e t z e ü b e r d a s p e r s ö n l i c h e E h e r e c h t erlassen. Insbesondere hat sie den Satz aufgestellt, daß die Ehe wegen ihrer sakramentalen Natur u n a u f l ö s l i c h sei. Die R e f o r m a t o r e n sehen dagegen die Ehe n i c h t als S a k r a m e n t an und lassen daher die Ehescheidung zu. Aber auch sie verlangen, daß das Eherecht nach der evangelischen Anschauung geregelt werden müsse, und unter ihrem Einfluß sind i n den evangelischen Ländern Kirchenordnungen erlassen worden, die das Eherecht behandeln. Die G e r i c h t s b a r k e i t in Ehesachen wurde in den evangelischen Ländern von K o n s i s t o r i e n ausgeübt, i n denen Geistliche und Laien zusammen wirkten. I n der n e u e r e n Zeit wurde das Eherecht mehr und mehr v e r w e l t l i c h t . Bedeutsam war insbesondere die Lehre der A u f k l ä r u n g , daß die Ehe ein z i v i l r e c h t l i c h e r V e r t r a g sei. Das führte zu einer erheblichen Erleichterung der Ehescheidung aus dem Gedanken heraus, daß die Ehe wie jeder Vertrag grundsätzlich durch die Willensübereinstimmung der Kontrahenten aufgelöst werden könne. Diese Anschauung hat insbesondere die Ausgestaltung des Eherechtes i m p r e u ß i s c h e n Landrecht beeinfiußt und außerdem die Übertragung der E h e g e r i c h t s b a r k e i t an r e i n w e l t l i c h e Behörden zur Folge gehabt. P r e u ß e n begann damit i m Jahre 1748, Ö s t e r r e i c h folgte 1783, die meisten anderen deutschen Staaten schlossen sich an. A m Ende der Entwicklung stehen die Bestimmungen des P e r s o n e n s t a n d e s g e s e t z e s vom 3. Novem-
§ 3 Das Verlöbnis
15
ber 1937 und des G e r i c h t s v e r f a s s u n g s g e s e t z e s vom 27. Januar 1877 § 15, daß die Ausübung der geistlichen Gerichtsbarkeit i n Ehe- und Verlöbnissachen ohne bürgerliche W i r k u n g sei. I n F r a n k r e i c h kam die Verweltlichung des Eherechtes besonders klar dadurch zum Ausdruck, daß i n der französischen Revolution (1792) die o b l i g a t o r i s c h e Z i v i l e h e eingeführt wurde, d. h. der Staat schrieb für den Abschluß der Ehe die M i t w i r k u n g eines s t a a t l i c h e n Beamten vor und erklärte die nur vor dem Geistlichen abgeschlossene Ehe für ungültig. Diese Form der Eheschließung übernahm P r e u ß e n 1874, für d a s g a n z e R e i c h wurde sie i m Personenstandesgesetz von- 1875 eingeführt. Das BGB. hat sie trotz lebhaften Widerspruches beibehalten. Der Staat hat aber die kirchliche Eheschließung nicht nur für 'bedeutungslos erklärt, er hat sogar die kirchliche Trauung vor der bürgerlichen verboten. Nach § 67 des Personenstandesgesetzes begeht der G e i s t l i c h e eine Ordnungswidrigkeit, der zu den religiösen Feierlichkeiten einer Eheschließung schreitet, bevor die Ehe vor dem Standesbeamten geschlossen ist. Eine Ausnahme von dem Verbot macht das Gesetz z. B. für den F a l l einer lebensgefährlichen, einen Aufschub nicht ges t a t t e n d e n E r k r a n k u n g eines der Verlobten. Auch i n diesem Fall entzieht aber der Staat der kirchlichen Eheschließung die bürgerliche Wirkung; stirbt der lebensgefährlich erkrankte Ehegatte, so hat also der andere kein gesetzliches Erbrecht (vgl. unten S. 47). I n die k i r c h l i c h e n V e r p f l i c h t u n g e n , die für den einzelnen nach den Vorschriften seiner Religionsgemeinschaft bestehen, w i l l das BGB. n i c h t e i n g r e i f e n . Sie bleiben nach § 1588 unberührt. Die Kirche kann z. B. die Verpflichtung für ihre Angehörigen aussprechen, daß diese ihre Ehe kirchlich trauen lassen, die Kirche kann aber an die Verletzung dieser Pflicht keine bürgerlich-rechtliche Wirkung knüpfen. Sie kann z. B. die aus einer nur vor der staatlichen Behörde abgeschlossenen Ehe geborenen Kinder nicht m i t der W i r k u n g als uneheliche behandeln, daß diese Kinder außerstande wären, vor dem staatlichen Gericht ihr Erbrecht gegenüber dem Vater geltend zu machen.
2. § 3 Das Verlöbnis I. Die R ö m e r verwarfen jeden auf die Eheschließung gerichteten Zwang, sie gewährten weder eine Klage aus dem Verlöbnis auf Vornahme der Eheschließung noch einen Entschädigungsanspruch bei
16
Das Eherecht
ungerechtfertigtem Rücktritt vom Verlöbnis. Auch die Vereinbarung einer Vertragsstrafe für den Fall des Rücktritts vom Verlöbnis erklärten sie für nichtig. Nach d e u t s c h e m Recht begründete dagegen die Verlobung eine Verpflichtung zur Eheschließung. Unter dem Einfluß dieser Anschauung gewährte das k a n o n i s c h e Recht dem Verlobten gegen den anderen eine Klage auf Abschluß der Ehe. Das ä l t e r e g e m e i n e Recht ging sogar noch weiter und ließ eine Zwangskopulation der Verlobten zu. I m j ü n g e r e n g e m e i n e n Recht aber wurde dem m i t Unrecht verlassenen Verlobten nur noch ein Entschädigungsanspruch gegeben. Dieser Standpunkt vertritt auch d a s B G B . Der Verlobte, der ohne wichtigen Grund vom Verlöbnis zurücktritt, ist nach § 1298 Abs. 3 dem anderen s c h a d e n e r s a t z p f l i c h t i g . Eine K l a g e a u f V o r n a h m e d e r E h e s c h l i e ß u n g spricht dagegen das BGB. dem Verlobten ausdrücklich ab (§ 1297 Abs. 1), und es erklärt auch das Versprechen einer V e r t r a g s s t r a f e für den Fall, daß die Eheschließung unterbleibt, für n i c h t i g (§ 1297 Abs. 2). I I . Die r e c h t l i c h e stritten.
Natur
des
Verlöbnisses
ist be-
1. Es ist als ein V e r t r a g anzusehen, der eine unklagbare Verbindlichkeit zur Eingehung der Ehe erzeugt, i m Gegensatz zu der sogenannten T a t s ä c h l i c h k e i t s t h e o r i e , welche das Verlöbnis als ein r e i n tatsächliches soziales Verhältnis betrachtet. Nach jener Ansicht finden die Vorschriften des allgemeinen Teils über Verträge und Rechtsgeschäfte Anwendung, wobei aber auf die Eigentümlichkeit des Verlöbnisses Rücksicht zu nehmen ist. Die Verlobung eines G e s c h ä f t s u n f ä h i g e n ist danach unwirksam (§ 105), die Verlobung eines b e s c h r ä n k t G e s c h ä f t s f ä h i g e n bedarf nach § 107 der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters, da sie ihn m i t Verpflichtungen belastet. Die Anwendbarkeit des § 107 w i r d von manchen bestritten, da sie zu der unbilligen Folgerung führt, daß der minderjährige Verlobte, dem der gesetzliche Vertreter die Zustimmung verweigert, gegen den anderen Verlobten, wenn dieser ohne Grund zurücktritt, keinen Schadenersatzanspruch hat. Eine S t e l l v e r t r e t u n g auf Grund 1 einer Spezialvollmacht ist bei Abschluß des Verlöbnisses zulässig (bestr.), ebenso die Erklärung durch B o t e n , dagegen wäre ζ. B. der Abschluß des Verlöbnisses für einen Geschäftsunfähigen durch den gesetzlichen Vertreter unzulässig.
§ 3 Das Verlöbnis
17
Für W i l l e n s m ä n g e l gelten die §§ 116 ff., nicht die besonderen Vorschriften des Eherechtes. Daher ist ζ. B. die Anfechtung des Verlöbnisses wegen arglistiger Täuschung über Vermögensverhältnisse zulässig (vgl. dagegen § 33 Abs. 3 EheG.). Einer F o r m bedarf der Verlobungsvertrag nicht. Liegt ein E h e h i n d e r n i s vor, das n i c h t b e s e i t i g t werden kann, so ist die Verlobung, w e i l sie auf eine unmögliche Leistung (Eheschließung) gerichtet ist, nach § 306 (analog) nichtig. Das würde z.B. zutreffen, wenn ein uneheliches K i n d sich m i t einem ehelichen Kinde desselben Vaters verlobt (vgl. § 4 EheG. und unten S. 25). Kennt einer der Verlobten bei Abschluß der Verlobung die Unmöglichkeit der Eheschließung, oder hätte er sie kennen müssen, so ist er dem anderen nach § 307 zum Ersatz des n e g a t i v e n I n t e r e s s e s verpflichtet. K a n n dagegen das Ehehindernis b e s e i t i g t werden, so ist die Verlobung nach § 308 gültig, wenn sie für den Fall geschlossen wird, daß die Eheschließung möglich wird. Das kann auch stillschweigend geschehen, z. B. wenn ein Eheunmündiger (vgl. unten S. 23) sich verlobt, etwa ein 15jähriges Mädchen m i t Genehmigung seines Vaters. Trotz der Vorschrift des § 308 kann die Verlobung unwirksam sein, wenn sie gegen die guten Sitten verstößt, ζ. B. ein Ehegatte verlobt sich, während er noch verheiratet ist, für den Fall, daß die Ehe durch den Tod seiner Frau, die an einer unheilbaren Krankheit leidet, aufgelöst w i r d (vgl. RG. Bd. 170 S. 72). 2. Die Verlobung ist aber auch noch i n anderer Hinsicht zu w ü r digen; sie erzeugt einen Z u s t a n d , der mit gewissen Rechts Wirkungen versehen ist, den B r a u t s t a n d . Die Rechtsordnung n i m m t Rücksicht darauf, daß die Verlobten i n einer s e h r e n g e n B e z i e h u n g zueinander stehen. Sie gestattet daher dem einen Verlobten, i n einem Z i v i l - oder Strafprozeß des anderen sein Z e u g n i s oder sein G u t a c h t e n zu v e r w e i g e r n (vgl. §§ 383, 408 ZPO., §§ 52, 76 StPO.) und das StGB, behandelt den einen Verlobten sogar ausdrücklich als A n g e h ö r i g e n des anderen (§ 52 Abs. 2), so daß ζ. B. die Braut nicht strafbar ist, wenn sie eine sonst strafbare Handlung zur Rettung ihres Bräutigams aus einem Notstande begeht. Auch das BGB. stellt mehrfach den Verlobten dem Ehegatten gleich, ζ. B. in § 2275 Abs. 3, 2276 Abs. 2. III. D i e E n d i g u n g
des
Verlöbnisses.
1. Das Verlöbnis endigt durch den T o d eines der Verlobten, durch A u f h e b u n g s v e r t r a g u n d durch e i n s e i t i g e n R ü c k t r i t t . 2 Schmidt, Bürgerliches Recht, IV.
18
Das Eherecht
Dieser steht jedem Verlabten jederzeit frei, begründet aber unter Umständen eine S c h a d e n e r s a t z p f l i c h t . a) Der Zurücktretende ist schadenersatzpflichtig, wenn e i n w i c h t i g e r G r u n d für den Rücktritt f e h l t (§ 1298). Ob ein solcher Grund vorliegt, hat der Richter nach freiem Ermessen unter Berücksichtigung der i n der Gesellschaftsschicht der Verlobten herrschenden Anschauung zu entscheiden. Nicht notwendig ist, daß den Gegner des Zurücktretenden ein Verschulden trifft. Daher ist die Braut nicht nur zum Rücktritt berechtigt, wenn der Bräutigam eine Untreue oder ein Verbrechen begeht, sondern auch, wenn er unheilbar krank ist. Umstände, die der Zurücktretende bereits bei Abschluß des Verlöbnisses kannte, vermögen i n der Regel den Rücktritt nicht zu rechtfertigen. B e w e i s p f l i c h t i g für das Vorliegen des wichtigen Grundes ist der Zurücktretende. Der Zurücktretende, dem der andere Verlobte einen wichtigen Grund für den Rücktritt gegeben hat, ist nicht nur von der Schadenersatzpflicht frei, sondern selbst gegenüber dem anderen Schadenersatz b e r e c h t i g t , wenn es sich dabei um ein V e r s c h u l d e n des anderen Verlobten handelt .(§ 1299). Die Braut, die wegen Untreue des Bräutigams zurücktritt, kann also von diesem Schadenersatz fordern. b) Der hiernach begründete Schadenersatzanspruch geht nur auf das n e g a t i v e I n t e r e s s e . Er ist größer, wenn er von dem a n d e r e n V e r l o b t e n , geringer, wenn er von s e i n e n E l t e r n o d e r d r i t t e n P e r s o n e n erhoben wird, die an Stelle der Eltern gehandelt haben. α) Sämtlichen eben genannten Personen ist der Schaden zu ersetzen, der ihnen dadurch entstanden ist, daß sie in Erwartung der Ehe A u f w e n d u n g e n gemacht haben oder V e r b i n d l i c h k e i t e n eingegangen sind (§ 1298). Ζ. B. der Vater oder der Onkel der Braut hat die Aussteuer gekauft oder der Bräutigam hat eine Wohnung gemietet. Die Eltern können aber nicht etwa die Aussteuer behalten und zugleich Ersatz des Kaufpreises von dem Bräutigam fordern, der Kaufpreis gebührt ihnen vielmehr nur gegen Herausgabe der Aussteuer. ß) Der a n d e r e V e r l o b t e kann außerdem Ersatz des Schadens verlangen, den er dadurch erlitten hat, daß er in Erwartung der Ehe s o n s t i g e sein V e r m ö g e n oder seine E r w e r b s s t e l l u n g be-
§ 4 Die Formen der Eheschließung
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rührende M a ß n a h m e n getroffen hat (§ 1298 Abs. 1 Satz 2). Ζ. Β der Bräutigam hat seine Stelle als Buchhalter gekündigt, weil er nach der Hochzeit i n das Geschäft seines Schwiegervaters eintreten sollte. Ein besonderer Anspruch steht außerdem der u n b e s c h o l t e n e n Braut gegen den Bräutigam zu. Hat sie ihrem Verlobten die Beiwohnung gestattet, so kann sie auch wegen des Schadens, der n i c h t V e r m ö g e n s s c h a d e n ist, eine billige Geldentschädigung verlangen (§ 1300). Der Anspruch steht auch einer Witwe oder geschiedenen Frau zu, wenn sie nach Beendigung der Ehe ein neues Verlöbnis eingeht. Die Vereinbarkeit des § 1300 mit A r t . 3 Abs. 2 GG. ist bestr. 2. Unterbleibt die Eheschließung, so kann jeder Verlobte von dem anderen die Herausgabe desjenigen verlangen, was er ihm g e s c h e n k t oder z u m Z e i c h e n d e s V e r l ö b n i s s e s g e g e b e n h a t (§1301). Dasselbe ist wohl für die B r i e f e d e r B r a u t z e i t anzunehmen. Beim Tod eines der Verlobten schließt das Gesetz i m Zweifel den Rückforderungsanspruch aus. Der Anspruch w i r d nach den Regeln über die ungerechtfertigte Bereicherung behandelt. Er ist daher nach § 815 ausgeschlossen, wenn der Leistende den Eintritt des Erfolges (der Eheschließung) wider Treu und Glauben verhindert hat, also z.B. wenn er ohne wichtigen Grund von dem Verlöbnis zurückgetreten ist. 3. Die unter 1 und 2 behandelten Ansprüche v e r j ä h r e n i n zwei Jahren von der Auflösung des Verlöbnisses an (§ 1302). 3. D i e Eheschließung § 4 Die Formen der Eheschließung I. Nach ä l t e r e m k i r c h l i c h e m Recht kommt die Ehe durch die W i l l e n s ü b e r e i n s t i m m u n g (Konsens) der Verlobten zustande, die kirchliche Trauung ist zur Gültigkeit der Ehe nicht erforderlich. Nach diesem Rechtszustand war es möglich, heimliche Ehen abzuschließen. U m die daraus erwachsenden Übelstände zu beseitigen, schrieb das tridentinische Konzil von 1563 vor, daß der Konsens der Verlobten vor d e m e i g e n e n P f a r r e r eines der beiden Verlobten u n d z w e i Z e u g e n erklärt werden müsse. Eine Bereitwilligkeit des Pfarrers zur Entgegennahme der Erklärungen war nicht notwendig, es genügte die sogenannte p a s s i v e A s s i s t e n z . Diese Regeln sind durch das n e u e s t e kirchliche Recht g e ä n d e r t worden, wie es i m d e c r e t u m n e t e m e r e von 1907 und i m c o r p u s i u r i s 2*
Das Eherecht
20
c a n o n i c i von 1917 niedergelegt worden ist. Die Bereitwilligkeit des Pfarrers
ist jetzt unentbehrlich,
außerdem muß er innerhalb der
Grenzen seines Sprengeis fungieren. Nach
der
evangelischen
Lehre
wird
die Ehe
durch
die
k i r c h l i c h e T r a u u n g begründet. I n dem staatlichen Recht der n e u e r e n Zeit ist an Stelle der M i t w i r k u n g des Geistlichen die eines staatlichen Beamten, des S t a n d e s beamten, getreten. I m § 2 ist bereits geschildert worden, daß durch das Personenstandesgesetz von 1875 die Z i v i l e h e f ü r g a n z D e u t s c h l a n d eingeführt worden ist, und daß das BGB. an dieser Form festgehalten hat. I I . I m heutigen Recht sind w e s e n t l i c h e und u n w e s e n t l i c h e Formvorschriften zu unterscheiden. Die Verletzung der wesentlichen Formvorschriften macht die Ehe n i c h t i g , die Verletzung der unwesentlichen Formvorschriften ist u n s c h ä d l i c h . 1. W e s e n t l i c h sind folgende Form Vorschrift en: a) Die Verlobten müssen v o r d e m S t a n d e s b e a m t e n e r k l ä r e n , die E h e miteinander e i n g e h e n zu wollen (EheG. §11). S t a n d e s b e a m t e r kann seit dem Reichsgesetz vom 11. Juni 1920 auch eine F r a u sein. Es kann vorkommen, daß die Verlobten ihre Erklärung vor jemand abgeben, der i n Wirklichkeit nicht Standesbeamter ist, z. B. er war bisher Standesbeamter, aber sein A m t ist am Tage vorher zu Ende gegangen, oder ein Standesbeamter handelt außerhalb der Grenzen seines Amtsbezirks. I n solchen Fällen war nach dem Personenstandesgesetz von 1875 die Ehe nichtig. § 11, Abs. 2 EheG. erklärt dagegen die Ehe für gültig, wenn derjenige, vor dem die Erklärungen abgegeben werden, das A m t des Standesbeamten ö f f e n t l i c h a u s ü b t und die Ehe i n das Heiratsbuch einträgt. b) Der Standesbeamte muß zur Entgegennahme der Erklärungen b e r e i t s e i n , passive Assistenz genügt also ebensowenig nach dem neuesten kirchlichen wie nach dem staatlichen Recht. c) Die Erklärungen der Verlobten dürfen n i c h t 'unter einer B e d i n g u n g oder Z e i t b e s t i m m u n g abgegeben werden, weil das dem Wesen der Ehe zuwider wäre. Sie können n i c h t durch S t e l l vertreter
oder B o t e n ,
sondern n u r p e r s ö n l i c h
Die beiden Verlobten müssen ferner g l e i c h z e i t i g sein (§ 13 EheG.).
erfolgen
anwesend
§ 4 Die Formen der Eheschließung
21
2. U n w e s e n t l i c h sind folgende Vorschriften: a) Die Ehe soll vor dem z u s t ä n d i g e n Standesbeamten abgeschlossen werden. Zuständig ist der Standesbeamte, i n dessen Bezirk der Bräutigam oder die Braut den Wohnsitz oder gewöhnlichen A u f enthalt hat (§ 15 EheG.). Ein anderer Standesbeamter kann die Ehe auf Grund einer s c h r i f t l i c h e n E r m ä c h t i g u n g des zuständigen Standesbeamten abschließen. Eine solche Ermächtigung w i r d ζ. Β erteilt, um einem Freunde des Bräutigams die Eheschließung zu ermöglichen. Unter mehreren zuständigen Standesbeamten können die Verlobten w ä h l e n (§15 EheG.). Die hier behandelte Zuständigkeitsfrage ist streng von der anderen zu u n t e r s c h e i d e n ,
ob der Standesbeamte außerhalb seines Be-
zirks Amtshandlungen vornehmen kann. Darüber oben unter 1, a. b) Der Eheschließung soll regelmäßig ein A u f g e b o t vorausgehen, d. h. eine ö f f e n t l i c h e Bekanntmachung des Standesbeamten, daß die Eheschließung bevorsteht (§ 12 EheG.). Das Aufgebot hat den Z w e c k , E h e h i n d e r n i s s e zur Kenntnis des Standesbeamten zu bringen, erreicht diesen Zweck aber nur sehr unvollkommen, da es nicht i n den Zeitungen bekanntgemacht zu werden braucht, sondern nur durch öffentlichen A u s h a n g (vgl § 3 Personenstandesgesetz). Von dem Aufgebot kann d i s p e n s i e r t werden (Hauptfall: die K r i e g s t r a u u n g e n ) , ferner kann es unterbleiben, wenn die l e b e n s g e f ä h r l i c h e E r k r a n k u n g eines Verlobten den Aufschub der Eheschließung nicht gestattet (§ 12 EheG. Abs, 2, 3). c) Der Standesbeamte soll bei der Eheschließung nach einem bestimmten R i t u s verfahren: Er soll nämlich i n Gegenwart von z w e i Z e u g e n an die Verlobten einzeln und nacheinander die F r a g e richten, ob sie die Ehe miteinander eingehen wollen, und n a c h B e j a h u n g dieser Fragen i m Namen des Rechts a u s s p r e c h e n , daß sie nunmehr rechtmäßig verbundene Eheleute seien (§ 14 Abs. 1). Gewisse Personen sind als Zeugen a u s g e s c h l o s s e n , ζ. B. Minderjährige, dagegen nicht Verwandte oder Verschwägerte eines der Verlobten. Schließlich soll der Standesbeamte die Eheschließung i n das H e i r a t s b u c h e i n t r a g e n · (§9 Personenstandesgesetz). I I I . Neuerdings ist behauptet worden, daß die o b l i g a t o r i s c h e Zivilehe dem GG. (vor allem A r t . 4) w i d e r s p r e c h e . Dem kann nicht beigetreten werden.
Das Eherecht
22
IV. Die Bundesgesetze über die Rechtswirkungen des Ausspruchs einer nachträglichen Eheschließung vom 29. März 1951, über die A n erkennung von Nottrauungen vom 2. Dezember 1950 und über die Anerkennung
freier
Ehen
rassisch .und politisch
23. Juni 1950 enthalten S o n d e r v o r s c h r i f t e n ,
Verfolgter
vom
auf
die hier
V. Über die Eheschließung von Verlobten, von denen
keiner
nicht näher eingegangen werden kann. D e u t s c h e r ist, vgl. § 15 a EheG. § 5 Die Ehehindernisse I. I n gewissen Fällen steht dem Abschluß der Ehe ein H i n d e r n i s entgegen, der S t a n d e s b e a m t e s o l l dann seine M i t w i r k u n g bei der Eheschließung v e r w e i g e r n und diese dadurch unmöglich machen (§ 6 Pers.St.G.). Das heutige Recht steht auch i n dieser Frage noch unter dem Einfluß des k a n o n i s c h e n Rechtes. Insbesondere ist die wichtigste Unterscheidung, die auch noch das heutige Recht beherrscht, bereits i m kanonischen Rechte ausgebildet worden: Die Unterscheidung i n a u f s c h i e b e n d e und t r e n n e n d e Ehehindernisse ( i m p e d i m e n t a imped ientia tantum und i m p e d i m e n t a d i r i m e n t i a ) . Liegt bloß ein a u f s c h i e b e n d e s Ehehindernis vor, so ist die Ehe, wenn sie trotzdem geschlossen wird, n i c h t u n g ü l t i g , der Standesbeamte hätte die Ehe nicht schließen sollen, hat er es doch getan, z. B. weil er von dem Ehehindernis keine Kenntnis hatte, so kann an der Ehe nicht gerüttelt werden. Der Standesbeamte hat z. B. die Eheschließung entgegen der Vorschrift des § 1 EheG. vorgenommen, obgleich die Braut erst 15 Jahre und 11 Monate alt war. Liegt dagegen ein t r e n n e n d e s Ehehindernis vor, so ist eine v o l l g ü l t i g e E h e n i c h t entstanden, die Ehe kann durch einen Prozeß für nichtig erklärt oder aufgehoben werden. Das t r i f f t z. B. zu. wenn die Ehe gegen das i n § 5 EheG. enthaltene Verbot der Bigamie verstößt. Die Anschauungen darüber, welche Umstände i m einzelnen als Ehehindernisse zu betrachten sind, haben i m Laufe der Zeit g e w e c h s e l t , insbesondere hat der Staat, als er selbständige Vorschriften über das Eherecht aufstellte, manche m i t der kirchlichen Auffassung zusammenhängende Ehehindernisse nicht mehr anerkannt. So existiert z. B. für das Ehegesetz weder das katholische impedimentum disparitatis cultus, das der Eheschließung zwischen Christen und Nicht-
§ 5 Die Ehehindernisse
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christen entgegensteht, noch das katholische impedimentum mixtae religionis, das die Ehe zwischen Katholiken und sonstigen Christen (ζ. B. einem Reformierten) verbietet. II. Die e i n z e l n e n Ehehindernisse. 1. Die Eheschließung bedarf einer besonderen a) Die E h e m ü n d i g k e i t .
Ehefähigkeit.
Die Eheschließung führt zu so starken Veränderungen i m Leben jedes Menschen, daß dafür eine gewisse Reife, ein gewisses Alter erforderlich ist, ganz ohne Rücksicht darauf, ob die Eltern mit der Eheschließung einverstanden sind oder nicht. Bei dem M a n n verlangt das EheG. nach § 1 die Vollendung des 21. Lebensjahres, bei der F r a u d i e V o l l e n d u n g d e s 16. L e b e n s j a h r e s . Der Mann und die Frau können durch das V o r m u n d s c h a f t s g e r i c h t von diesen Vorschriften d i s p e n s i e r t werden. Beim M a n n ist dafür Voraussetzung, daß er mindestens 18 Jahre alt ist und nicht mehr unter elterlicher Gewalt oder Vormundschaft steht. Der Mann muß1 also für volljährig erklärt sein; andererseits hat das Gesetz die Volljährigkeitserklärung für die Ehemündigkeit nicht genügen lassen, sondern außerdem den Dispens verlangt — mit Recht, weil es sich bei der Eheschließung nicht u m eine Vermögensangelegenheit handelt. Ein Dispens der Frau kommt i n der Praxis vor allem vor, wenn die Geburt eines Kindes zu erwarten ist und die Frau sich noch vor der Geburt m i t dem Erzeuger des Kindes verheiraten möchte. Das Ehehindernis ist bloß a u f s c h i e b e n d i m Gegensatz zu dem sofort zu besprechenden Hindernis des M a n g e l s d e r G e s c h ä f t s fähigkeit . b) Die G e s c h ä f t s u n f ä h i g k e i t macht nach § 2 EheG. die Eheschließung unmöglich. Wer nach der Verlobung geisteskrank wird, kann daher nicht heiraten; eine Vertretung durch den Vormund kommt schon nach dem oben S. 20 Gesagten nicht i n Frage. Eine Vertretung ist auch bei b e s c h r ä n k t e r Geschäftsf ä h i g k e i t nicht zulässig, die Eheschließung ist aber hier mit Einwilligung des gesetzlichen Vertreters möglich (§ 3 EheG.). Für M i n d e r j ä h r i g e bedeutet das die Einwilligung d e s V a t e r s o d e r d e r M u t t e r gemäß § 1629. Daneben bedarf es noch der Einwilligung dessen, der für die Person des Minderjährigen zu sorgen hat, nach §3 Abs. 2 (vgl. S. 72 f.). Außer dem Minderjährigen sind die in §114 genannten Personen i n der Geschäftsfähigkeit beschränkt, ζ. B. ein entmündigter Verschwender (vgl. Band I, S. 86). Diese Personen be-
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Das Eherecht
dürfen zur Eheschließung der Einwilligung ihres gesetzlichen Vertreters, der Verschwender also der Einwilligung seines Vormundes. I n den genannten Fällen können die Personen, deren Einwilligung erforderlich ist, die Eheschließung nicht durch willkürliche Versagung ihrer Zustimmung unmöglich machen, das Vormundschaftsgericht kann die E i n w i l l i g u n g vielmehr e r s e t z e n , wenn sie ohne triftige Gründe verweigert w i r d (§ 3, Abs. 3). c) Ob die v e r s c h i e d e n e Behandlung -der Ehemündigkeit von Mann und Frau dem A r t . 3 Abs. 2 GG. widerspricht, ist bestritten. 2. Aus dem Grundsatz der M o n o g a m i e ergibt sich, daß niemand eine Ehe eingehen darf, bevor seine frühere Ehe durch Tod oder Scheidung aufgelöst ist. Ist die frühere Ehe nichtig, so bedarf es vor Eingehung der neuen Ehe einer ausdrücklichen, durch Urteil erfolgenden Nichtigkeitserklärung der früheren Ehe (§ 5 EheG.). Eine Ausnahme macht das Gesetz bei Nichtigkeit i n dem i n § 6, I unten besprochenen Sinn, ferner dann, wenn die Ehegatten die Eheschließung w i e d e r h o l e n wollen, weil sie Zweifel an der Gültigkeit oder an dem Fortbestand ihrer Ehe haben (1. DVO. § 13). Das aus einer bereits bestehenden Ehe erwachsende Hindernis ist bald aufschiebend, bald trennend. A u f s c h i e b e n d ist es, wenn die bisherige Ehe nichtig war, t r e n n e n d , wenn sie gültig war (§ 20 EheG.). 3. Ein weiteres Ehehindernis besteht für gewisse V e r w a n d t e und V e r s c h w ä g e r t e . Die k a t h o l i s c h e Kirche hat die Verwandtschaft i n sehr weitgehendem Maße als Ehehindernis aufgestellt, nach dem vierten lateranischen Konzil von 1215, das bereits eine Beschränkung gegenüber dem älteren Recht enthält, immer noch, die Verwandtschaft bis zum vierten Grade kanonischer Zählung (ein Eheverbot für die Urenkel von Geschwistern!). Der codex iuris canonici von 1917 ist auf den dritten Grad kanonischer Zählung zurückgegangen. Die neuere staatliche Gesetzgebung hat das Ehehindernis noch viel mehr e i n g e s c h r ä n k t . a) α) § 4 EheG. Abs. 1 verbietet die Ehe zwischen V e r w a n d t e n in gerader L i n i e , zwischen voll- und halbbürtigen G e s c h w i s t e r n (dagegen nicht zwischen Onkel und Nichte und zwischen Geschwisterkindern) und zwischen V e r s c h w ä g e r t e n i n g e r a d e r L i n i e . Verwandtschaft i n gerader Linie liegt vor zwischen zwei Personen, deren eine von der anderen abstammt, während Personen, die von demselben Dritten abstammen, i n der Seiten-
§ 5 Die Ehehindernisse
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linie verwandt sind. Als Schwägerschaft betrachtet das Gesetz die Beziehung zwischen dem einen Ehegatten und den Verwandten des anderen Ehegatten (§ 1590). Schwägerschaft i n gerader Linie liegt daher z. B. vor zwischen dem Stiefvater und der Stieftochter. Der Stiefvater ist also auch nach dem Tode seiner Frau außerstande, die Stieftochter zu heiraten, doch ist Dispens möglich. I n den Fällen unter α) ist das Ehehindernis t r e n n e n d (§ 21 EheG.). ß) I m Gegensatz zu der eben besprochenen legitimen Schwägerschaft spricht man von i l l e g i t i m e r Schwägerschaft zwischen X und Y, wenn Y m i t Vorfahren oder Abkömmlingen von X Geschlechtsverkehr gepflogen hat. Für diesen Fall stellt § 4 Abs. 2 ein Ehehindernis auf, das aber nur a u f s c h i e b e n d e Bedeutung hat. Der Vater darf demnach die Maitresse des Sohnes nicht heiraten. b) Ein u n e h e l i c h e s K i n d gilt zwar i m allgemeinen nur als verwandt mit seiner Mutter, dagegen nicht mit seinem Vater. Für die Frage des Ehehindernisses besteht aber die Verwandtschaft nach § 4 auch zwischen dem unehelichen Kinde (und dessen Abkömmlingen) und dem Vater (und dessen Verwandten). Heiratet also der eheliche Sohn des A die uneheliche Tochter des A, so liegt ein t r e n n e n d e s Ehehindernis vor, auch wenn beide von ihrer Blutsverwandtschaft nichts gewußt haben. c) Auch die A d o p t i v v e r w a n d t s c h a f t erzeugt ein Ehehindernis zwischen dem Annehmenden einerseits und dem Angenommenen und seinen Abkömmlingen anderseits (§ 7). Das Ehehindernis ist nur a u f s c h i e b e n d , ja, die dem Verbot zuwider abgeschlossene Ehe (z.B. wenn der Standesbeamte von der Adoption nicht wußte) beseitigt sogar den Grund des Verbotes, sie hebt das Adoptionsverhältnis auf {§ 1771). 4. Ein weiteres Ehehindernis ist der E h e b r u c h . Der Ehebrecher darf nämlich diejenige Person, mit der er die Ehe gebrochen hat, nicht heiraten, wenn seine bisherige Ehe w e g e n d e s E h e b r u c h s g e s c h i e d e n ist und dieser Ehebruch i n dem Scheidungsurteil als Grund der Scheidung festgestellt ist (§ 6). Nach § 6 Abs. 2 ist D i s p e n s zulässig, der nur aus schwerwiegenden Gründen versagt werden soll. Das Ehehindernis ist t r e n n e n d , es ist jedoch auch noch Dispens nach Abschluß der verbotenen Ehe möglich, und diese w i r d dann von Anfang an gültig