Bibliometrie: Einfach - verständlich - nachvollziehbar 9783110293753, 9783110293685

The quantification of knowledge to evaluate the performance of scholars or rank entire institutions, research locations,

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German Pages 112 Year 2013

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Bibliometrie: Einfach - verständlich - nachvollziehbar
 9783110293753, 9783110293685

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Rafael Ball Bibliometrie

Praxiswissen Bibliotheks- und Informationsmanagement in der juristischen Praxis Herausgegeben von Anne Jacobs

Rafael Ball

Bibliometrie

Einfach – verständlich – nachvollziehbar

ISBN 978-3-11-029368-5 e-ISBN 978-3-11-029375-3 ISSN 2193-0198 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2014 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Zeichnungen: Angela Holzmann, aha Design, München; Oliver Köjer, Duisburg Satz: Medien Profis GmbH, Leipzig Druck und Bindung: Strauss GmbH, Mörlenbach ♾ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

Vorwort Das Wort Bibliometrie ist zwar noch nicht in aller Munde, aber es taucht immer dann auf, wenn es um Wissenschaft und um Wissenschaftler geht, um Universitäten und Forschungseinrichtungen, um Regionen und Länder, um die Finanzierung von Forschung und Wissenschaft, um die Forschungsförderung und das Ringen um Geld und Themen. Es wird relevant immer dann, wenn es um persönliche Karrieren von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen geht und natürlich auch, wenn es um die Frage geht, welche Universität die Beste ist für das Studium. Und seit einigen Jahren ist dieses komplexe Thema bereits in der populären Presse angelangt. So wird etwa in der „Berliner Morgenpost“ über die Fragen von Zitationen und Bibliometrie nachgedacht („Wer zitiert wird, liegt vorne“)1 und auch die „Süddeutsche Zeitung“ thematisiert Bibliometrie und das Phänomen Zitieren, wenn auch eher im Grundtenor skeptisch.2 Wenn also das Wort Bibliometrie auch noch nicht in aller Munde ist, so ist es aber doch bei den oben genannten Themen immerhin oft genug präsent, so dass jeder, der sich nur irgendwie in diesem Umfeld bewegt, verstehen sollte, was Bibliometrie ist, was sie leisten kann und wo ihre Grenzen sind. Damit ist auch gleichzeitig umrissen, worum es in diesem Buch gehen soll, wer sich angesprochen fühlen darf (und sollte) und zu welchem Zweck es eingesetzt werden kann. Die quantitative, das heißt mess- und zählbare Bewertung der Forschungsergebnisse ist zentraler Bestandteil des Wissenschaftsmanagements. Hiernach werden Forschungsgelder vergeben und Karrieren gefördert. Die Jagd nach Kennzahlen in der Wissenschaft hat auch deshalb stark zugenommen, weil die Grundfinanzierung von Forschung an den Forschungseinrichtungen und Hochschulen kontinuierlich abnimmt und die Zahl der Forscher gleichzeitig steigt. Immer häufiger wird Wissenschaft auf der Basis von Projekten, die aus Drittmitteln finanziert werden, durchgeführt, immer mehr Wissenschaftler arbeiten auf eben solchen finanzierten Stellen, und so ist es nur selbstverständlich, dass all die forschungsfördernden Einrichtungen Kennzahlen und Parameter benötigen, um Entscheidungen treffen zu können. Leistungsbezogene Gehälter bei Professoren und anderen wissenschaftlichen Mitarbeitern erfordern für die zu erstellenden Zielvereinbarungen ebenfalls objektiv feststellbare und messbare Größen der Forschungsleistung. Berufungen und Einstellungen werden im Wissenschaftsbetrieb oft auf der Basis oder mit Hilfe von bibliometrischen Kennzahlen der Bewerber getroffen, oft sind sie sogar explizit als Teil der Bewerbungsunterlagen angefragt. Auch Forschungs- und Wissenschafts-Rankings sind populär. Es gibt keinen Universitätspräsidenten, der nicht die Position seiner Einrichtung im nationalen und internationalen Vergleich kennt (und sie erklären oder instrumentalisieren kann), und kein Politiker kommt ohne sie aus, und sogar gesamtvolkswirtschaftliche Entscheidungen werden auf der Basis dieser Rankings weltweit getroffen: „Wissenschaft und

1 Remler, Alexander: Wer zitiert wird, liegt vorne – In den USA berechnet man Forschungsleistung nach einem Zitat-Index. Lässt sich wissenschaftliche Leistung messen? In: Berliner Morgenpost, Nr. 102, 08. Oktober 2000, Nr. 275. S. 18. 2 Klemm, Helmut: Moleküle des Denkens. Zitate in Publikationen sind Basisdaten für die Scientometrie – was sie bedeuten, ist nach wie vor umstritten. In: Süddeutsche Zeitung, 16. Juni 2001, Ausgabe Deutschland. S. 2.

Die quantitative, das heißt mess- und zählbare Bewertung der Forschungsergebnisse ist zentraler Bestandteil des Wissenschaftsmanagements.

Forschungs- und WissenschaftsRankings sind populär.

VI 

 Vorwort

Einsatzgebiete von Bibliometrie: Leistungsorientierte Mittelvergabe, Leistungskennzahlen, Leistungsmessung, Leistungsbewertung, Evaluation und wissenschaftspolitische Steuerung

Bibliometrie in ihrer allgemeinsten Definition ist nämlich nichts anderes als die Untersuchung der Wissenschaftskommunikation und ihrer Gesetzmäßigkeiten.

Politik werden sich gegenseitig beeinflussen und beobachten“3. Bibliometrie wird heute zunehmend verknüpft mit Leistungsmessung, Leistungsbewertung, Evaluation und wissenschaftspolitischer Steuerung. Bibliometrie ist ein Instrument zur Ermittlung objektiver Publikationsdaten, die oft als Leistungsdaten Verwendung finden, und kann dabei helfen, die erwähnten Aufgaben zu erfüllen. Sie kann dabei hochmathematisch und statistisch betrachtet, oder in ihren Grundzügen versteh- und durchschaubar gemacht werden. Widerstand gegen die Ermittlung von Daten zur Forschungsleistung kommt vor allem von Menschen, die die Methode nicht verstehen, Angst vor ihr haben und ihr Manipulation unterstellen. Deshalb ist es wichtig, Bibliometrie versteh- und nachvollziehbar zu ­machen. Ziel des vorliegenden Buches in der Reihe Praxiswissen des Verlages De Gruyter Saur ist es, einen schnellen Überblick über die Geschichte, Grundlagen und Anwendung von Bibliometrie zu geben. Es richtet sich vor allem an die Praktiker im Wissenschaftsumfeld, an Bibliothekare und Informationsspezialisten, an Wissenschaftsmanager, an politische Entscheidungsträger und nicht zuletzt an jeden einzelnen Wissenschaftler selbst, der mit seinen Leistungen oft genug „Objekt“ von Bibliometrie ist oder aber als Vorgesetzter selbst Bibliometrie für die Leitungsmessung seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einsetzt. Das Buch ist deshalb einfach angelegt. Es vermeidet bewusst die Tiefe der Mathematik, die Breite der Indikatoren und die Komplexität der Theorie. Dies mag der ein oder andere Bibliometriker für eine Schwäche halten. Das Buch zielt aber ab auf eine gute Lesbarkeit und schnelle Anwendbarkeit auch für Nichtmathematiker. Ich freue mich, wenn dieses Buch dem Leser hilft, Bibliometrie und ihre Methoden zu verstehen, ihre Anwendungsmöglichkeiten auszuloten, aber auch ihre Grenzen nachvollziehen zu können. Dem De Gruyter Verlag danke ich für die Realisierung des Buches und Frau Heyer für die geduldige Unterstützung im Lektorat. Regensburg, September 2013

3 Taubert, Niels. C.: Bibliometrie in der Forschungsevaluation. Zur Konstitution und Funktionslogik wechselseitiger Beobachtung zwischen Wissenschaft und Politik. In: Quoten, Kurven und Profile. Zur Vermessung der sozialen Welt. Hrsg. von Jan-Hendrik Passoth u. Josef Wehner. Wiesbaden: Springer 2013. S. 179–204.

Inhalt Verwendete Marginalien 

 VIII

1  

Einleitung: Bibliometrie und Wissenschaftsforschung 

2 

Geschichte und Entwicklung der Bibliometrie 

3 

Wissenschaftskommunikation im Wandel 

 1

 7

 13

 23 4  Grundlagen bibliometrischer Analysen  4.1  Output-Analyse   23 4.2  Resonanz-Analyse   24 4.3  Rankings und Benchmarking   26 4.4  Trend-Analysen   27 4.5  Neue bibliometrische Varianten   34  38 5  Bibliometrische Indikatoren  5.1  Menge des wissenschaftlichen Outputs  5.2  Zitierhäufigkeit, Zitierrate   42 5.3  H-Index   53 5.4  Impaktfaktor    63 5.5  Multi-Autorenschaft   68 5.6  Alternative Metriken   69 5.7  Netzwerke und Cluster   71

 39

77 6  Datenbanken für bibliometrische Analysen  6.1  Science Citation Index (Thomson Reuters)   77 6.2  Scopus (Elsevier)  80 6.3  Google Scholar  81 6.4  Künftige Entwicklung   81 7   Erstellen und Verstehen von bibliometrischen Analysen  7.1  Erstellen von bibliometrischen Analysen  83 7.2  Verstehen von bibliometrischen Analysen   93 8 

Anwendung von bibliometrischen Analysen 

 98 Literatur  Weiterführende Literatur  Abkürzungen  Glossar 

 101

 102

Über den Autor 

 104

 100

 95

 83

Verwendete Marginalien Zur besseren Übersicht werden im Buch unterschiedliche Symbole als Marginalien verwendet. Diese haben die folgenden Bedeutungen: Checkliste: Checklisten dienen als Arbeitshilfen. Wichtige Punkte werden zusammengefasst.

Beispiel: Beispiele erläutern die (theoretischen) Ausführungen im Text und machen sie anschaulich.

Definition: Hier werden zentrale Begriffe der Bibliometrie definiert und in ihrer Verwendung in diesem Buch bestimmt.

FAQ: Häufig gestellte Fragen aus der täglichen Arbeitspraxis werden hier beantwortet.

Kennen Sie: Hinweise auf wichtige Personen, aber auch auf Webseiten.

Tipps & Tricks: Hier werden Tipps, Hintergrundinformationen, Literaturhinweise aber auch Warnungen gegeben.

Zentrale These: Zentrale Thesen weisen auf die Essentials der jeweiligen Kapitel hin.

Zitat: Zitate aus verschiedenen Textquellen werden hier wiedergegeben.

1  Einleitung: Bibliometrie und Wissenschaftsforschung Die „Wissenschaft von der Wissenschaft“ ist eine recht junge Disziplin. Sie erforscht Strukturen und Gesetzmäßigkeiten von Wissenschaft, von wissenschaftlichem Arbeiten und vom Verhalten und Arbeiten der Wissenschaftler. Untersucht sie darüber hinaus auch noch die Auswirkungen von Wissenschaft und ihren Ergebnissen auf Gesellschaft und Politik, ist sie als „Wissenschaft von Wissenschaft“ im Großfeld der Soziologie anzusiedeln. In diesem Buch geht es aber nicht um die „Wissenschaft der Wissenschaft“ an sich, sondern um einen kleinen Teil davon: Um die Erforschung und Messung der wissenschaftlichen Ergebnisse nämlich. Die Resultate wissenschaftlicher Arbeit sind ungemein vielfältig. Von klassischen Erfindungen angefangen über Patentanmeldungen bis hin zu wissenschaftlichen Publikationen gibt es eine ganze Reihe von messbaren Ergebnissen wissenschaftlicher Arbeit. Und genau darum geht es bei der Bibliometrie: Um die Messung des wissenschaftlichen Outputs und die Interpretation dieser Ergebnisse. Längst schon ist Wissenschaft nicht mehr Selbstzweck von verschrobenen Forschern, die im Stile eines Privatgelehrten den letzten Geheimnissen der Welt auf der Spur sind. Privatgelehrte sind ohnehin eine Erfindung schlechter Krimis; Wissenschaft findet immer im Kontext anderer Forscher und deren Ergebnisse statt, sie benötigt nahezu immer eine immense materielle und personelle Ausstattung und ist selten das Ergebnis von ausschließlicher genialer Einzelleistung. Wissenschaft wird heute entweder unter industriellen Rahmenbedingungen in der forschenden und entwickelnden Industrie betrieben und hat dann einen ganz anderen Ansatz, der eigentlich nicht primär wissenschaftlich motiviert ist, sondern im Kern Produktentwicklung darstellt. Die Messung der Leistung und des Outputs einer derartigen Industrieforschung umfasst im Wesentlichen den Deckungsbeitrag der F&E-Abteilungen am Gesamtunternehmen. Und somit ist der Lohn dieser Wissenschaftler weniger die Anerkennung für neue Erkenntnisse als vielmehr die Belohnung für neue Produkte. Ganz anders sieht Wissenschaft im öffentlichen Sektor aus. Nur sehr selten können wissenschaftliche Erkenntnisse aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen direkt zu Produkten und damit zu Geld gemacht werden. Das ist auch nicht das Primärziel öffentlich finanzierter Forschung. Noch ist in den allermeisten Ländern ein berufener Professor frei in Lehre und Forschung und kann deshalb auswählen, in welchem Bereich er oder sie seinen/ihren Beitrag zur Entwicklung des eigenen Forschungsgebietes leisten will. Quantität und Qualität seines Outputs beweist er durch erfolgreiche wissenschaftliche Veröffentlichungen, durch Vorträge auf Konferenzen und Kongressen. In Deutschland (und einigen anderen europäischen Ländern) sieht man in der (Humboldtʼschen) Einheit von Forschung und Lehre auch eine Qualität in der Anzahl der betreuten Studierenden, Diplomanden, Masterkandidaten oder Doktoranden und Habilitanden. Die Einwerbung von Drittmitteln, also von Geldern Dritter zur Finanzierung von wissenschaftlichen Projekten, oder die Zahl von Unternehmensausgründungen (Spin-offs) gelten ebenfalls als Ausweis besonderer wissenschaftlicher Klasse. Während etwa ein Wissenschaftler in der Pharmaindustrie seine erfolgreiche Forschung an einem neuen Präparat auf seinem Gehaltszettel als Bonus wiederfindet, strebt der öffentlich finanzierte Wissenschaftler einer Universität nach einer anderen Anerkennung: Der Nachweis besonders guter wissenschaftlicher Publikationen. Dass

2 

 Einleitung: Bibliometrie und Wissenschaftsforschung

Die Währung der Wissenschaft ist nicht Geld. Der öffentlich finanzierte Wissenschaftler einer Universität sucht nach einer anderen Anerkennung: Der Nachweis besonders guter wissenschaftlicher Publikationen.

viele Hochschulen in Deutschland inzwischen wissenschaftliche Publikationen mit Bonuszahlungen belohnen, ist der verzweifelte Versuch, ein wenig Marktwirtschaft in einen überbürokratisierten Apparat zu bringen. Damit sind wir schon mitten drin im Zentralthema der Bibliometrie. Während ein Wissenschaftler in der Industrie ohne eine einzige Publikation durchaus erfolgreich sein kann, ist die Notwendigkeit (einige sprechen schon vom Zwang) zum Publizieren bei öffentlich finanzierter Forschung evident. Zum einen möchten die Öffentlichkeit und ihre Repräsentanten einen Nachweis der guten Arbeit für das investierte Geld, zum anderen liegt es im Eigeninteresse des Forschers, seine Ergebnisse Kollegen mitzuteilen und damit Erfolg in der Wissenschaftsdisziplin zu demonstrieren. Wissenschaftskommunikation, also die Kommunikation zwischen Wissenschaftlern eines speziellen Fachgebietes, ist die Grundlage für das erfolgreiche Mitteilen eigener Ergebnisse und die Bewertung durch andere. Die Währung des öffentlich finanzierten Wissenschaftlers sind Lob und Anerkennung durch die Kollegen der gleichen Disziplin. Wer nicht publiziert, wer seine Ergebnisse nicht auf Kongressen vorstellt, wird nicht wahrgenommen, existiert nicht und hat nur geringe Chancen, seine Leistung und seinen Beitrag zum Forschungsfeld zu dokumentieren. Wer also gut sein will, publiziert und hofft auf vielseitige Anerkennung durch die Community. Damit sind wir der Bibliometrie in ihrer aktuellen Lesart schon ein gutes Stück nähergekommen. Bibliometrie in ihrer allgemeinen Definition ist nämlich nichts anderes als die Untersuchung der Wissenschaftskommunikation und ihrer Gesetzmäßigkeiten. Das wäre allerdings noch immer ein zu weites Feld für die Bibliometrie. Die Untersuchung aller Prozesse der Wissenschaftskommunikation ist immer noch Teil der Soziologie, der Psychologie sowie der Informations- und Kommunikationswissenschaft. Die Bibliometrie beschränkt sich auf das Messbare an der Wissenschaftskommunikation, auf die quantitativen Parameter bei dieser Analyse, auf das, was gezählt und gemessen werden kann, und im Wesentlichen (bisher) auf die schriftlichen Ergebnisse. Das Einfachste und Wichtigste, das die Bibliometrie im Rahmen der Wissenschaftskommunikation zählt, ist die Anzahl der wissenschaftlichen Veröffentlichungen von Einzelpersonen, von Personengruppen, von Einrichtungen, Regionen, Ländern oder Kontinenten. So kann man auch die wörtliche Übersetzung von Bibliometrie lesen als „Messen der Bücher“, d. h. die quantitative Erfassung der schriftlichen Wissenschaftskommunikation. Eine der heute gültigen Definitionen von Bibliometrie geht auf Pritchard aus dem Jahr 1969 zurück. Die bis dahin geläufige Bezeichnung „statistical bibliography” ersetzte er durch den Terminus „Bibliometrie“ und definierte: „Therefore it is suggested that a better name for this subject [statistical bibliography] is bibliometrics, i.e. the application of mathematics and statistical methods to books and other media of communication.” 4 In dieser Definition steckt noch die ursprüngliche Verwendung des Terminus. Bibliometrie gehörte ursprünglich zum Thema „Bibliographie“, also dem Wissen über Bücher zu bestimmten Themen.

4 Pritchard, Alan: Statistical bibliography or bibliometrics? In: Journal of Documentation (1969) Bd. 25, H. 4. S. 348–349.



Einleitung: Biometrie und Wissenschaftsforschung 

Geblieben ist von diesem Zusammenhang in einem neuen Bibliometrieverständnis nur noch der quantitative Teil der Bibliographie, nämlich die Messung der Anzahl der Bücher (und anderer Veröffentlichungen) sowie deren Wahrnehmung und Nutzung. In einem modernen Verständnis von Bibliometrie definiert Gorraiz sie als „Anwendung mathematischer und statistischer Methoden zur Erklärung der Prozesse der schriftlichen Mitteilungen“5. Das vorliegende Handbuch beschränkt sich auf ein einfaches und nicht komplexes Verständnis von Bibliometrie: Die Messung des (formalen6) schriftlichen Outputs von Wissenschaftlern und dessen Wahrnehmung. Somit wird die Bibliometrie zu einem Kennzahlensystem, das einerseits den Output quantifiziert und andererseits dessen Wahrnehmung erfasst. Dies geschieht durch die Zählung von Verweisen und Referenzen (Zitationen) auf zitierte oder anders genutzte Literatur. Das Grundkonzept der Bibliometrie ist damit ein ganz einfaches: Man bestimmt die Menge der publizierten Bücher und anderen Veröffentlichungen der Wissenschaftler und erfasst, wie oft diese in anderen Werken zitiert werden. Aus der Anzahl der Zitate schließt man dann auf die Bedeutung und Wichtigkeit der jeweiligen Veröffentlichung, ihrer Inhalte und der Autoren. Ein oft zitiertes Werk wird dabei als bedeutsamer angesehen als ein wenig oder gar nicht Zitiertes. Aus diesen beiden einfachen Kenngrößen von Output und Wahrnehmung lässt sich bereits ein erster Rückschluss auf die Qualität des Wissenschaftlers und seiner Arbeit ziehen. Dabei liefert die Bibliometrie keine unmittelbare Bestimmung der Qualität wissenschaftlicher Arbeiten. Bibliometrische Indikatoren sind keine Leistungsindikatoren. Sie bilden lediglich Publikationsaktivitäten und deren Wahrnehmung ab. So ist Bibliometrie nur ein mittelbares Maß für die Qualität des wissenschaftlichen Outputs und bedarf deshalb der Grundannahme, dass ein oft zitierter wissenschaftlicher Beitrag in den allermeisten Fällen wichtiger und damit besser ist als ein selten zitierter Beitrag. Nur wer diese Grundannahme akzeptiert, kann mit Bibliometrie arbeiten oder deren Ergebnisse anerkennen. Die Erfahrung hat jedoch gezeigt, dass diese Grundannahme prinzipiell nicht falsch ist. Auch bei statistischen Qualitätsvergleichen in Reviews von Fachleuten und quantitativen Erhebungen mit bibliometrischen Indikatoren gab es praktisch keine Unterschiede. Dennoch müssen bibliometrische Ergebnisse immer im jeweiligen wissenschaftlichen Kontext gesehen werden. Ein simples Ranking von bibliometrisch ermittelten Zahlen ist nicht nur unseriös, sondern meist auch falsch. So gibt es eine ganze Reihe von Bedingungen, die berücksichtigt werden müssen, damit die Ergebnisse quantitativer Analysen verwendbar sind, etwa die Karrieredauer der Wissenschaftler, der Art der wissenschaftlichen Publikation und selbstverständlich die jeweilige Disziplin. Ein Vergleich etwa über und zwischen Disziplinen ist höchst anspruchsvoll und erfordert ein hohes Maß an Standardisierung und Normalisierung der Daten, damit ein faires Resultat möglich ist. In den Geistes- und Sozialwissenschaften gar limitiert die jeweilige Publikationskultur ohnehin die messbaren Parameter und macht Quervergleiche unseriös (dazu mehr in Kapitel 3 „Wissenschaftskommunikation im Wandel“).

5 Gorraiz, Juan: Szientometrie: Zitatenanalyse. Fachhochschulstudiengang Informationsberufe, Skriptum für Informationswissenschaft und-theorie, Teil 2. 2004, 23 S. 6 Warum die Unterscheidung in formalen und informellen Wissenschaftsoutput so wichtig ist, wird in Kapitel 3 „Wissenschaftskommunikation im Wandel“ gezeigt.

 3

Bibliometrie ist ein Kennzahlensystem, das einerseits den Output quantifiziert und andererseits dessen Wahrnehmung erfasst. Dies geschieht durch die Zählung von Verweisen und Referenzen (Zitationen) auf zitierte oder anders genutzte Literatur.

4 

 Einleitung: Bibliometrie und Wissenschaftsforschung

Für die Einordnung solcher kritischer Behauptungen ist eine transparente, klare, ehrliche und faire Anwendung von Bibliometrie erforderlich. Und natürlich auch das Aufzeigen und Benennen von Grenzen der Aussagefähigkeit von bibliometrischen Analysen. Nur dann kann Bibliometrie als sinnvolles Instrument in der Bewertung von Wissenschaft verstanden werden.

Die Art der Publikation, deren Wahrnehmung gemessen wird, ist ebenso entscheidend. Review-Artikel haben eine ganz andere bibliometrische Performance-Kurve als einmalige Forschungsbeiträge oder Methodenaufsätze. Letters, Short Communications und andere „Kleinbeiträge“ werden vielleicht häufig zitiert, sind aber von ihrer wissenschaftlichen Aussagekraft und Bedeutung her nicht mit der Veröffentlichung von Ergebnissen eines großen Langzeitprojektes vergleichbar. Hier müssen „Korrekturfaktoren“ beim bibliometrischen Endergebnis eingebaut werden, die einen sinnvollen Umgang mit solchen divergenten Veröffentlichungen erst möglich machen. Aus all den genannten Gründen gibt es auch Positionen, die die Bibliometrie für ungeeignet halten, Aussagen zur wissenschaftlichen Qualität machen zu können. Es wird oft behauptet, dass Rankings wissenschaftsfeindlich seien. So etwa im Beitrag von Margit Osterloh in der FAZ vom 25. Juni 2012.7 Die Konzentration auf Rankings führe zu „strategischem“ Verhalten der Autoren, das bedeute, ein Wissenschaftler arbeite nicht mehr so, dass seine Leistung steigt und er besser wird, sondern, dass seine Ratingposition steigt. Verloren gehen Interdisziplinarität, Forschungsvielfalt und gefördert werde Elfenbeinturmverhalten. Die Autorin spricht sogar von „akademischer Prostitution“. Zudem sollten wissenschaftliche Gemeinschaften, wie der Wissenschaftsrat oder die Vereinigungen von Hochschulprofessoren, weder Rankings durchführen noch sich an ihnen beteiligen. Auch Peter Weingart, Professor für Wissenschaftssoziologie und -politik an der Universität Bielefeld, hält zwar viel von Bibliometrie, weist aber auch auf die Gefahren und Grenzen hin. So befürchtet er unerwünschte Anpassungsstrategien der Wissenschaftler und sieht die zunehmende Popularität von bibliometrischen Indikatoren durch Bewertungen auf zu hohem Aggregationsniveau begründet.8 Insgesamt leide die Wissenschafts-Community an einer übermäßigen Zitier­ analyse.9 Alte Bedenken gegen die Merkantilisierung der Wissenschaft durch Quantifizierung der Output-Messung erheben Schui und Krampen in ihrem Beitrag.10 Hier werden bekannte Bedenken gegen die Verwendung von Bibliometrie vorgebracht und Grundannahmen angezweifelt. Für die Einordnung solcher Behauptungen ist eine transparente, klare, ehrliche und faire Anwendung von Bibliometrie erforderlich. Und natürlich auch das Aufzeigen und Benennen von Grenzen der Aussagefähigkeit von bibliometrischen Analysen. Nur dann kann Bibliometrie als sinnvolles Instrument in der Bewertung von Wissenschaft verstanden werden. Wer allerdings die Bewertung von Wissenschaft und ihrer Leistungen generell ablehnt, wird auch an Bibliometrie wenig Freude haben.

7 Osterloh, Margit: Rankings sind wissenschaftsfeindlich. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung für Deutschland, 25. Juni 2012. S. 12. 8 Weingart, Peter: Verführerische Zahlen. Die Messung der Forschung und ihre ungewollten Folgen. In: Neue Zürcher Zeitung, 13. April 2004. S. 11. 9 Szymanski, Boleslaw K. [u. a.]: An Internet measure of the value of citations. In: Information Sciences (2012) Bd. 185, H. 1. S. 18–31. 10 Schui, Gabriel u. Günther Krampen: Möglichkeiten und Grenzen der Anwendung szientometrischer Indikatoren in Evaluationen sowie ihre Integration in ein allgemeines Modell der Wissenschaftsevaluierung. In: Qualität in der Wissenschaft (2010) H. 4, S. 86–90.



Einleitung: Bibliometrie und Wissenschaftsforschung 

Lernfragen Was ist der Untersuchungsgegenstand der Wissenschaftsforschung?

Welche Unterschiede bestehen zwischen der Forschung in Industrieunternehmen und dem öffent­ lichen Sektor (Hochschulen und Forschungseinrichtungen)?

Wie belegt ein Professor an einer Hochschule seine wissenschaftliche Qualifikation?

Was bedeutet „Zwang zum Publizieren“?

 5

6 

 Einleitung: Bibliometrie und Wissenschaftsforschung

Worauf geht die heute gültige Definition von Bibliometrie zurück?

Warum kann Bibliometrie keine unmittelbare Qualität wissenschaftlicher Arbeiten belegen?

Welche Grundannahmen muss man akzeptieren, damit man sinnvoll bibliometrisch arbeiten kann?

Ist ein Vergleich zwischen Disziplinen bibliometrisch leistbar?

Welche Kritik wird gegen Bibliometrie vorgebracht?

2  Geschichte und Entwicklung der Bibliometrie Der moderne Begriff von Bibliometrie ist noch sehr jung. Er wurde 1969 von Pritchard als „statistical bibliography“ geprägt11, während bereits 1934 der Begriff in einem anderen Zusammenhang gebraucht wurde. Die Inhalte von Bibliometrie sind dagegen viel älter. Allerdings in einer Anwendung, wie sie heute kaum noch existiert: Als bibliographische Statistik zur Untersuchung von Veröffentlichungen zu speziellen thematischen Fragestellungen. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen dienten dabei ausschließlich der inhaltlichen Bewertung zu konkreten Fragestellungen nach Sachthemen. Damit zeigt sich, dass die eigentliche und ursprüngliche Anwendung von Bibliometrie eher eine bibliothekarische war. So ist uns die erste bibliometrische Analyse von Cole and Eales überliefert. Die Autoren haben 1917 untersucht, welche Bücher zur menschlichen Anatomie im Zeitraum von 1550 bis 1860 erschienen waren.12 Sie gilt als erste bibliometrische Analyse, obwohl sie noch keine Zitatanalyse darstellte. Ziel der Arbeit war es, inhaltliche Schwerpunkte und Schwankungen im Umfang der Publikationen zu diesem Thema im Zeitraum festzustellen. Sie war damit eine reine Output-, aber keine Wahrnehmungsanalyse. Die erste bibliometrische Arbeit, die Zitationen untersucht hat und damit sehr nahe an moderne bibliometrische Arbeit herankam, ist die Arbeit von Gross und Gross aus dem Jahre 1927.13 Sie analysierten die in Fußnoten gemachten Zitate im Fachgebiet Chemie und konnten so ein Ranking der wichtigen, weil oft zitierten chemischen Zeitschriften ihrer Zeit aufstellen. Diese Informationen nutzten einerseits der Fachcommunity zur Beurteilung der wichtigen Publikationsorgane und entsprachen damit der Grundidee eines Zeitschriftenrankings und des heute noch so wichtigen Impaktfaktors einer wissenschaftlichen Zeitschrift. Andererseits waren Gross und Gross Bibliothekare und hatten mit ihrer Untersuchung die Absicht, eine Entscheidungshilfe bei der Beschaffung von Zeitschriften durch Bibliotheken zu liefern. Sie stellten bei ihrer Analyse eine ungleichmäßige Verteilung der Zitationen auf die verschiedenen Zeitschriften fest und lieferten damit die Basis des von Bradford im Jahre 1934 entwickelten Gesetzes, wonach die entscheidenden wissenschaftlichen Publikationen auf wenige Kernzeitschriften konzentriert sind.14 Brian C. Vickery hat diese „schiefe Verteilung“ 1948 als „Bradfordʼs Law of Scattering“ mathematisch beschrieben.15 Schon 1926 forschte der amerikanische Mathematiker Alfred James Lotka über die Produktivität der Wissenschaftler und beschrieb den Zusammenhang von Autor und Publikation, wonach der Publikationsausstoß umgekehrt proportional zur Anzahl der Wissenschaftler in einem Fach war, d. h. nur wenige Autoren haben viele Publikationen und viele Autoren wenige. Dieser Zusammenhang wird auch als „Lotkas Gesetz“ bezeichnet.16

11 Pritchard, Alan: Statistical bibliography or bibliometrics? In: Journal of Documentation (1969) Bd. 25, H. 4. S. 348–349. 12 Cole, Francis J. u. Nelli B. Eales: A history of comparative anatomy. Part I: A statistical analysis of the literature. In: Science Progress (1917) Bd. 11. S. 578–596. 13 Gross, Paul L. K. u. Elsie M. Gross: College libraries and chemical education. In: Science (1927) Bd. 66. S. 385–389. 14 Bradford, Samuel: Sources of Information on Specific Subjects. In: Engineering (1934) Bd. 137. S. 85–86. 15 Vickery, Brian C.: Bradford’s Law of Scattering. In: Journal of Documentation (1948) Bd. 4. S. 198–203. 16 Lotka, Alfred J.: The frequency distribution of scientific productivity. In: Journal of the Washington

Die erste bibliometrische Analyse ist von Cole and Eales ­überliefert. Die Autoren haben 1917 untersucht, welche Bücher zur menschlichen Anatomie im Zeitraum von 1550 bis 1860 erschienen waren.

Die ursprüngliche Absicht von Bibliometrie war es, eine Entscheidungshilfe bei der Beschaffung von Zeitschriften durch Bibliotheken zu liefern.

Die entscheidenden wissenschaftlichen Publikationen sind auf wenige Kernzeitschriften konzentriert („Bradford’s Law of Scattering“ 1934)

8 

 Geschichte und Entwicklung der Bibliometrie

Derek John de Solla Price (1922–1983) war Professor für Wissenschaftsgeschichte an der Yale-Universität und Mitbegründer des Forschungsgebiets der Scientometrie. Diese untersucht Wirkung und Gehalt von Wissenschaft. De Solla Price entwickelte erstmals eine umfassende Theorie über die massenhafte Zunahme des Wissens und Methoden seiner Bewältigung.

Eugene Garfield hat mit seiner massenhaften Auswertung von Zitationen aus wissenschaftlichen Veröffentlichungen in seinem Science Citation Index den Grundstein für die moderne Bibliometrie gelegt.

Ein grundlegendes Werk für die Entwicklung der Bibliometrie erschien 1963. „­ Little Science, Big Science“ von Derek de Solla Price beschreibt erstmals die Explosion des Wissens und der Veröffentlichungen als exponentielle Funktion und erläutert die Verteilung von Zitationen und deren Halbwertszeit.17 Zwar hat Derek de Solla Price damit kein „echtes“ Buch über Bibliometrie geschrieben, aber sein Grundlagenwerk hat erstmal ein Bewusstsein über die dramatische Zunahme der Menge an Wissen und Veröffentlichungen geschaffen, auf dessen Basis eine umfassende Diskussion über die Bewältigung dieser Massen durch quantitative Methoden in der Wissenschaftsbewertung ausgelöst wurde. De Solla Price war es auch, der zwei Jahre später, 1965, in einem Artikel in Science auf das Thema der Netzwerke zwischen Autoren hingewiesen hatte und dazu das Zitierverhalten von Wissenschaftlern untersuchte.18 Diese so genannten Clusteranalysen sind heute ein zeitgemäßes bibliometrisches Forschungsfeld. Noch war die elektronische Datenverarbeitung in der Wissenschaft nicht geboren und die Auswertung von Publikationen und ihren Zitaten musste aufwändig und händisch erledigt werden. Dies war sicher mit ein Grund, warum eine Massennutzung zu diesem Zeitpunkt noch ausgeblieben ist. Lediglich in den USA begann sich der Chemiker Eugene Garfield für das Thema zu interessieren und eine Sammlung von Publikationsdaten und ihren Zitaten anzulegen. Zuvor gab er die Current Contents heraus, ein Verzeichnis von Inhalten wichtiger Zeitschriften. In einem Zeitschriftenartikel schlug er bereits 1955 die systematische Erfassung und Auswertung von Zitationen in wissenschaftlichen Publikationen vor19. Da er für seinen Index keine Unterstützung der öffentlichen Hand erhielt, gründete er das Institut for Scientific Information (ISI) und verkaufte seine Datensammlung seit 1963 auf kommerziellem Wege. Sein Produkt war der Science Citation Index (SCI), ein mehrbändiges, dickes Werk, in dessen umfangreichen Indices man die Zitationen von Publikationen verfolgen und nutzen konnte. Die gedruckte Ausgabe des Science Citation Index, die bis in die neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts zur Verfügung stand, war so umfangreich, dass sie dutzende Regalmeter verschlang. Garfield hatte mit der Etablierung des weltweit erfolgreichen Science Citation Index eine bleibende Institution geschaffen. Sein Anliegen allerdings war zunächst die Unterstützung der Bibliothekare bei der Kaufentscheidung von Literatur, insbesondere von Zeitschriften. So war der gedruckte Science Citation Index auch angelegt. Eine Verwendung seiner Indikatoren, insbesondere des bis heute berühmtesten, des Impact Factors einer wissenschaftlichen Zeitschrift zur Bewertung von Personen und Institutionen, lehnt Garfield bis heute ab. Es erfolgte im Laufe der Jahre und Jahrzehnte allerdings eine Umdeutung dieses Prozesses hin zum Werkzeug für Leistungsbewertung. Der Unterschied besteht nun darin, dass nicht mehr die einzelne Zitation ausgewertet wird, sondern nur die Massenanalyse von ganzen Zitations-Serien. Grund dafür ist der Bedarf in der Wissenschaftspolitik für die Förderung von wissenschaftlichen Projekten, ein Beurteilungskriterium zu finden, da meist die Qualifikation für eine vertiefte, qualitative Analyse bei den Entscheidungsträgern fehlt und gegenüber klassischen Gutachterverfahren

Academy of Sciences (1926) Bd. 16. S. 317–323 17 Price, Derek J. de Solla: Little Science, Big Science. Von der Studierstube zur Großforschung. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1974. 18 Price, Derek J. de Solla: Networks of scientific papers. In: Science (1965) Bd. 149. S. 510–515. 19 Garfield, Eugene: Citation Indexes for Science. A New Dimension in Documentation through Association of Ideas. In: Science (1955) Bd. 122, Nr. 3159. S. 108–111.



Geschichte und Entwicklung der Biometrie 

gewisse Vorbehalte gehegt werden. Taubert spricht daher von einem „Unschuldsverlust des Zitations-Index“. Dies ist allerdings nicht nachvollziehbar, da hier ungerechtfertigter Weise Leistungsbewertung mit Schuld in Verbindung gebracht werden soll.20 Schnell jedoch war das Potenzial dieser statistischen Daten auch für die Wissenschaft selbst erkannt worden und damit war der Damm für die Nutzung der Zitatendatenbank für die Bewertung von Veröffentlichungen, ihrer Inhalte und deren Autoren gebrochen. Und dies gilt bis heute. Kaum jemand erinnert sich heute noch an die ursprüngliche Nutzung der Zitatanalysen als Erwerbungsinstrument für Bibliotheken, so wie es Garfield ursprünglich mit seinen Daten vorgesehen hatte und wie es auch noch von Gross und Gross 1927 intendiert war. Garfield konnte (und wollte?) es aber nicht verhindern, dass sein Science Citation Index zum Prototypen eines Standardwerks für die quantitative Bewertung des Wissenschaftsoutputs geworden ist. Mehr noch: Bis heute gilt der Science Citation Index, der längst als hoch komplexe elektronische Online-Datenbank verfügbar ist, als internationaler Benchmark für die Wissenschaftsevaluation. Erst in den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelte sich ein Wettbewerbsprodukt, die Daten­ bank Scopus des Wissenschaftsverlages und Medienunternehmens Elsevier. Auch die Entwicklung des Internet etwa trug mit der Etablierung der Datenbank Google Scholar durch den Internetkonzern Google zu einem weiteren Wettbewerb im Bereich bibliometrischer Daten für Wissenschaft und Forschung bei (zum Thema Datenbasis in späteren Kapiteln mehr). In einigen Ländern der Welt wurden seit den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts bibliometrische Kennzahlen für Vergabe von Forschungsmitteln aus Staat, Stiftungen und Universitäten mit herangezogen oder als Grundlage für den Vergleich des wissenschaftlichen Entwicklungsstandes verschiedener Nationen benutzt, so etwa in den USA, Skandinavien und der Schweiz. In Spanien und Finnland wird der Journal Impact Factor als der offizielle Indikator für die Bewertung der nationalen wissenschaftlichen Produktion verwendet.21 Finnland hat dabei sogar ein eigenes Gesetz für die Evaluation von wissenschaftlicher Arbeit geschaffen, das die Publikation von Artikeln in besonders impactstarken SCIZeitschriften finanziell fördert. „Für die Veröffentlichung eines Artikels aus der klinischen Medizin in einer solchen Zeitschrift wurde ein Autor mit 7.000 USD belohnt.“22 Im australischen System der Vergabe von öffentlichen Forschungsmitteln (Australien Research Evaluation System (ARES)) zählen nur besondere Veröffentlichungen, etwa Buchkapitel, Bücher, begutachtete Zeitschriftenbeiträge und begutachtete Beiträge in Konferenzen, nicht mehr jedoch die Veröffentlichungen als Gesamtzahl. Das britische System Research Assessment Exercise (RAE) stellt hingegen mehr die Qualität in den Vordergrund für die Vergabe von Leistungsmitteln in der Wissenschaft. Dazu sind dann Gutachterentscheidungen erforderlich. Eine weitere Entwicklung hat die Bibliometrie durch die Omnipräsenz des Internet auch in der Wissenschaft genommen. Neben die Zählung von Veröffentlichungen und das Analysieren von Zitaten usw. traten nun quantitative Parameter, die einer-

20 Taubert, Niels. C.: Bibliometrie in der Forschungsevaluation. Zur Konstitution und Funktionslogik wechselseitiger Beobachtung zwischen Wissenschaft und Politik. In: Quoten, Kurven und Profile. Zur Vermessung der sozialen Welt. Hrsg. von Jan-Hendrik Passoth u. Josef Wehner. Wiesbaden: Springer 2013. S. 179–204. 21 Jokić, Maja u. Rafael Ball Rafael: Qualität und Quantität wissenschaftlicher Veröffentlichungen: Bibliometrische Aspekte der Wissenschaftskommunikation. Jülich: Forschungszentrum Jülich, Zentralbibliothek 2006 (Schriften des Forschungszentrums Jülich: Reihe Bibliothek 15). S. 93. 22 Ebd., S. 135.

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 Geschichte und Entwicklung der Bibliometrie

seits das Indikatorenspektrum (z. B. die Zahl der Downloads, die Verweildauer beim Dokument, die Priorisierung der In- und Outlinks), zugleich aber auch die auswertbaren Quellen erweitern. Gegenstand bibliometrischer Messungen ist damit nun nicht mehr nur traditionell bei Verlagen erschienene Literatur, sondern im Internet (frei) zugängliches wissenschaftliches Material, wie Open Access Publikationen, Inhalte von Fach- und institutionellen Repositorien, oder persönliche und institutionelle ­Home­pages. Die Webometrie erweitert nicht nur den strukturellen Begriff der Bibliometrie, sondern auch deren Einsatzspektrum. Gleichzeitig zeigt sich daran, wie komplex und vielfältig die Messung des wissenschaftlichen Outputs von Personen und Institutionen nun geworden ist. Die Analyse von großen Datenmengen („big data“) als neue Herausforderung oder besser als neue Chance ermöglicht eine immer detailliertere Erfassung und Analyse von wissenschaftlichen Ergebnissen. Eine ganz besondere Herausforderung hingegen stellt die Erosion der klassischen Institution des Autors und der klar zuzuordnenden Urheberschaft von Werken dar. Dieses Thema wird im Kapitel 3 „Wissenschaftskommunikation im Wandel“ ausführlich gewürdigt. Insgesamt hat sich damit die Bibliometrie von einem (bibliothekarischen) Instrument zur Ermittlung der wichtigsten wissenschaftlichen Publikationen über ein Analyse-Instrument des wissenschaftlichen Outputs und seiner Resonanz für Wissenschaft und Management hin zu einem Instrument zur Leistungsmessung sämt­ licher Formen von wissenschaftlichen Ergebnissen gewandelt.

Lernfragen Wer prägte den modernen Begriff von Bibliometrie?

Was untersuchte eine der ersten bibliometrischen Analysen von 1917?



Geschichte und Entwicklung der Bibliometrie  Geschichte und Entwicklung der Bibliometrie  

Wozu wurden früher bibliometrische Analysen zunächst eingesetzt?

Was besagt Lotkas Gesetz?

Mit welchem Terminus wurde die massenhafte Zunahme von wissenschaftlichen Publikationen beschrieben?

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 Geschichte und Entwicklung der Bibliometrie

Wer ist der Erfinder des Science Citation Index und in welchem Jahr hat er mit der systematischen Erfassung von Zitationen begonnen?

Seit wann existiert der Science Citation Index?

Welche heute verfügbare kommerzielle Datenbank geht auf den Begründer des Science Citation Index zurück?

3  Wissenschaftskommunikation im Wandel Die Messung des wissenschaftlichen Outputs ist naturgemäß an die jeweilige Art und Form der wissenschaftlichen Erträge gebunden. Die Publikationskulturen der verschiedenen Disziplinen unterscheiden sich voneinander und damit auch die Art der Ergebnisse (dazu in späteren Kapiteln mehr). Aber auch im Laufe der Zeit und im Gefolge des Medienwandels haben sich die „Objekte“ von Bibliometrie grundlegend und immerwährend verändert. Dies ist als Grundlage zu bedenken, wenn wir uns an die Messung der wissenschaftlichen Erträge heranwagen wollen. Schon seit Menschengedenken kommunizieren Wissenschaftler untereinander und tauschen dabei ihre Ideen, Gedanken und Hypothesen sowie ihre wissenschaftlichen Ergebnisse aus. Historisch betrachtet war Wissenschaftskommunikation23 seit der Antike zunächst eine synchrone Kommunikation, die sich in der mündlichen Tradition als „human to human …“ oder „face to face …“ Interaktion manifestierte.24 Bereits vor mehr als zweitausend Jahren fand der erste prinzipielle Richtungsstreit in der Wissenschaftskommunikation statt. Während Platon als Verfechter der synchronen Wissenschaftskommunikation in der oralen Tradition stand und die Verschriftlichung der Gedanken und Diskurse strikt ablehnte, war es Aristoteles, der gerade mit der Verschriftlichung des wissenschaftlichen Austauschs eine neue Qualität beanspruchte. Die Diskussion um das ideale Medium der Wissenschaftskommunikation war eine harte Auseinandersetzung zwischen Sokrates, Platon und Aristoteles. Die Sprache als Basis für Wissenschaftskommunikation wird bestimmt durch das jeweils anzuwendende Medium, in der sie realisiert wird. Der Paradigmenwechsel von der Mündlichkeit zur Schriftlichkeit, der in der Antike stattgefunden hat und auch später noch einmal in der Aufklärung zu heftigen Debatten führen sollte25, zeigt noch einmal das grundsätzliche Problem des Spannungsfeldes zwischen Inhalt und Medium. Das Bedürfnis nach schriftlicher Fixierung des Wissens entsteht in allen höheren Gesellschaftsformen. Dass diese Diskussion ausgerechnet im antiken Griechenland geführt wurde, ist nicht zuletzt auch darauf zurückzuführen, dass ein großer Teil der antiken Athener schreiben und lesen konnte.26 Erst mit der regelmäßigen schriftlichen Fixierung von Wissenschaftskommunikation war das systematische Aufbewahren der nun „fixen“ wissenschaftlichen Erkenntnisinhalte in Bibliotheken möglich. Mit diesem Paradigmenwechsel entstand jenes ausgefeilte Bibliothekssystem, das seit mehr als 2000 Jahren tradierte Inhalte bewahrt, erschließt und wieder zugänglich macht. Damit erst war der wissenschaftliche Output einer quantitativen Messung zugänglich geworden.

23 Wissenschaftskommunikation wird hier im Sinne von „Scholarly Communication“ (also der Kommunikation innerhalb der wissenschaftlichen Community) und nicht im Sinne einer „Science Communication“ (Kommunikation zwischen wissenschaftlicher Community und den nicht wissenschaftlichen Kreisen der Gesellschaft, Popularisierung von Wissenschaft) verstanden. 24 Rösch, Hermann: Wissenschaftliche Kommunikation und Bibliotheken im Wandel. Entwicklungsstationen unter dem Einfluß wechselnder Leitmedien: von der Privatbibliothek über die Universal­ bibliothek zum funktional differenzierten System fachlicher und interdisziplinärer Wissenschafts­ portale. In: B.I.T.online (2004) Bd. 7, Nr. 2. S. 113–124. 25 Cahn, Michael: Die Medien des Wissens. Sprache, Schrift und Druck. In: Der Druck des Wissens. Geschichte und Medium der wissenschaftlichen Publikation. [Ausstellung vom 16. Juli bis 31. August 1991]. Hrsg. von Michael Cahn. Wiesbaden: Reichert 1991 (Ausstellungskataloge 41). S. 32–64 26 Capurro, Rafael: Medien (R-)Evolutionen, 2000. Platon, Kant und der Cyberspace. http://www. capurro.de/leipzig.htm (31.03.2013).

Erst mit der regelmäßigen schriftlichen Fixierung von Wissenschaftskommunikation war das systematische Aufbewahren von wissenschaftlichen Erkenntnisinhalte in Bibliotheken möglich. Mit diesem Paradigmenwechsel entstand jenes ausgefeilte Bibliothekssystem, das seit mehr als 2000 Jahren tradierte Inhalte bewahrt, erschließt und wieder zugänglich macht.

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 Wissenschaftskommunikation im Wandel

Die erste wissenschaftliche Zeitschrift war das „Journal des Sçavans“, das 1665 erstmals erschien. Die „Philosophical Transactions“ wurden von der Royal Society herausgegeben und erschienen kurz danach. Beide Zeitschriften erscheinen bis heute.

Der erneute Paradigmenwechsel von der Buchkommunikation zur digitalen Kommunikation ist ein für Bibliothek wie Wissenschaft grundlegender Einschnitt, den wir gerade erst zu verstehen und zu gestalten beginnen. Die größten Auswirkungen auf das etablierte System der Produktion und Messung von wissenschaftlichen Erkenntnissen haben heute dynamische Dokumente, wie sie immer häufiger im wissenschaftlichen Erkenntnisprozess generiert werden. Die Entwicklung der Wissenschaftskommunikation ist eng verbunden mit der Geschichte der Akademien in Europa, deren Beginn in der Antike liegt. Als erste Akademie überhaupt gilt die Akademie Platons aus dem Jahr 385 v. Chr. Diese Akademie war eine reine Philosophenschule. Die einzige Form der Wissenschaftskommunikation war der mündliche Dialog, das Lehrgespräch, die Disputation, der Lehrvortrag und seminaristische Übungen. Das Ende der antiken Akademien wird mit 529 n. Chr. angegeben. Kaiser Justinian hatte die platonische Akademie schließen lassen. Erst tausend Jahre später wurde die antike Tradition der Akademien wieder entdeckt; Marsilio Ficino gründete 1462 in Anlehnung an die antiken Vorbilder die erste abendländische Akademie (Accademia Platonica). Rund 400 Akademien entstanden so bis zum 17. Jahrhundert, allerdings mit sehr unterschiedlicher Lebensdauer.27 Erst dann wandte man sich ab vom platonischen Vorbild und beschäftigte sich neben philosophischen Fragen zunehmend mit der Naturwissenschaft. Leibniz Grundsatz „Forschen im Dienste des wissenschaftlichen Fortschritts“ war die verbindende Klammer der Akademien des 17. und 18. Jahrhunderts. Zu den wichtigsten Akademien Europas dieser Zeit zählen die Royal Society in London (gegr. 1662), die Académie des Sciences in Paris (gegr. 1666) sowie die Kurfürstlich-Brandenburgische Societät der Wissenschaften in Berlin (gegr. 1700). Neben ihrer Aufgabe zur Unterstützung und Förderung von Wissenschaft und Bildung waren die Akademien ein zentraler Ort der Wissenschaftskommunikation. Zwar waren durch die Entwicklung des Buchdrucks längst Sammelwerke und Verzeichnisse mit wissenschaftlichen Inhalten erschienen, so etwa 1545 die Bibliotheca Universalis von Conrad Gesner, dennoch war die schriftliche Wissenschaftskommunikation über den noch recht umständlichen Weg des Buchdrucks kompliziert. Die „kleine Form“ der Wissenschaftskommunikation, wie Diskussionsbeiträge, Mitteilungen und Berichte über Experimente und Rezensionen, waren noch nicht institutionalisiert, wissenschaftliche Zeitschriften noch nicht erfunden. Als Vorläufer der heutigen wissenschaftlichen Zeitschrift (deren Bedeutung vor allem in Naturwissenschaft, Technik und Medizin überaus groß ist) gelten die Protokolle der Akademien des 17. Jahrhunderts. Vorträge, Ergebnisberichte, Mitteilungen und Diskussionen wurden als Protokolle an die Mitglieder der Akademie versandt. Es war nur ein kurzer Schritt, die Protokolle zu sammeln, zu redigieren und sie in Form einer wissenschaftlichen Zeitschrift herauszugeben. Die erste wissenschaftliche Zeitschrift war das „Journal des Savans“, das 1665 erstmals erschien. Die „Philosophical Transactions“ wurden von der Royal Society herausgegeben und erschienen kurz danach. Beide Zeitschriften erscheinen übrigens bis heute. Die Entwicklung der wissenschaftlichen Zeitschriften hat die Wissenschaftskommunikation und damit auch ihre Auswertbarkeit revolutioniert. Nunmehr war es möglich, über verschiedene Themen kurz, konzentriert, fokussiert und regelmäßig hochfrequent zu berichten, ohne den langwierigen Prozess einer Buchentstehung

27 Landfester, Manfred (Hrsg.): Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike. Weimar: Metzler (1999) Bd. 7.



Wissenschaftskommunikation im Wandel 

Abb. 1: Die erste wissenschaftliche Zeitschrift war das „Journal des Sçavans“ aus dem Jahre 1665. Titelblatt: Le Journal des Sçavans, 1665

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 Wissenschaftskommunikation im Wandel

samt Drucklegung und Verbreitung abwarten zu müssen. Der Siegeszug der wissenschaftlichen Zeitschrift nahm ihren wahren Aufschwung aber erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts, als die Anzahl der Zeitschriftentitel förmlich explodierte. Heute gibt es weltweit mehr als 200.000 wissenschaftliche Zeitschriftentitel. Wissenschaftskommunikation besteht aus drei Elementen: Dem wissenschaftlichen Ideenprozess und der informellen Kommunikation unter Wissenschaftlern, der Weiterverarbeitung, Konkretisierung und (informellen) Kommunikation mit Fachkollegen und schließlich dem formalen Endprodukt von Wissenschaftskommunikation, etwa in Form eines Zeitschriften- oder Konferenzbeitrages oder eines Buches, das öffentlich verbreitet und zugänglich ist.28 Diese drei Elemente spiegeln zugleich einen (verallgemeinerten) Prozess der wissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung wider, als dessen Spiegel Wissenschaftskommunikation ja in seiner formalisierten Form dient. Entlang dieser Wertschöpfungskette des Wissens – wenn wir sie so nennen dürfen – entfaltet sich der Prozess der Wissenschaftskommunikation.

Abb. 2: Wissenschaftskommunikation und die Wertschöpfungskette des Wissens (Grafik: Rafael Ball)

Ausgangspunkt ist immer der Wunsch nach Erkenntnis. Auf der Basis einer Idee wird eine Hypothese entwickelt, die dann, je nach Wissenschaftsdisziplin, durch ein Experiment, durch statistische Erhebungen oder durch Induktion und Deduktion verifiziert oder falsifiziert wird. Erst dann ist ein Erkenntniszugewinn erreicht oder eine Problemlösung nachgewiesen. Danach kann dieser Wissenszuwachs in die Strukturen der formalen Wissenschaftskommunikation gegossen werden. Dieser qualitative

28 Thorin, Suzanne E.: Global Changes in Scholarly Communication. http://www.arl.org/bm~doc/ thorin.pdf (31.03.2013).



Wissenschaftskommunikation im Wandel 

Sprung war bislang als ein distinkter Schritt zwischen dem informellen und dem formalen Teil der Wissenschaftskommunikation ausgestaltet. Traditionell gilt nur das formale Endprodukt der Erkenntnisgewinnung als Wissenschaftskommunikation, und nur das war Gegenstand von bibliometrischen Aktivitäten. Das Dokument als veröffentlichtes Ergebnis und Zeugnis eines wissenschaftlichen Erkenntnisprozesses war lange Zeit das endgültige und einzige Objekt bibliometrischer Analysen. Auf der Basis neuer Technologien hat sich die Vorstellung von Wissenschaftskommunikation in den letzten zwanzig Jahren aber grundlegend geändert. Es ist kaum übertrieben, hier von einem Paradigmenwechsel zu sprechen. Der klare qualitative Sprung von der informellen Wissenschaftskommunikation zum formalen Endprodukt der Wissenschaftskommunikation ist längst zu einem Kontinuum geworden. Die wissenschaftliche Ideenfindung wird nicht mehr im engen Kollegenkreis des Labors oder des Instituts diskutiert, sondern sie kann auf „öffentlichen Marktplätzen“, des Internets zur Schau getragen werden und zwar zunehmend, wenn auch nicht gleich intensiv in allen Disziplinen. Nahezu der gesamte Prozess der Erkenntnis­gewinnung kann im Internet, neben der globalen Öffentlichkeit, in einer Vielzahl von begrenzten, wenn auch oft frei zugänglichen Öffentlichkeiten, auf den verschiedensten technischen Plattformen präsentiert und dort öffentlich diskutiert werden; die „Veröffentlichung“ ist in einen neuen Rahmen gestellt. Die öffentlich gewordene und zugleich kollaborative Entwicklung von wissenschaftlichen Erkenntnissen, unabhängig von Raum und Zeit, ist Realität geworden und zwingt zu einer Neubestimmung von Wissenschaftskommunikation, in deren Folge auch die Bibliometrie ihre Standpunkte neu verorten muss. Die Wissenschaftskommunikation der Gegenwart ist also zum einen gekennzeichnet durch eine zunehmende Auflösung der bislang scharfen Grenze zwischen informeller und formaler Kommunikation und zum zweiten durch eine zunehmende Heterogenität und Komplexität der bei der formalen Wissenschaftskommunikation beteiligten Medien. Im Zeitalter der gedruckten Medien gab es eine klare Trennung zwischen der Welt der informellen Wissenschaftskommunikation (für Bibliometrie irrelevant) und der Welt der formalen Wissenschaftskommunikation (Objekte bibliometrischer Analysen). Die rasante Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie der vergangenen fünfzehn Jahre hat die distinkte Trennung zunehmend aufgehoben und einen kontinuierlichen Übergang zwischen informeller und formaler Wissenschaftskommunikation geschaffen. Bereits in einem sehr frühen Stadium der Wissensgenerierung werden weite Teile der Wissenschaftscommunity in die Diskussion und Bewertung von Teilergebnissen mit eingeladen. Kommunikationssoftware erlaubt die Beteiligung auch weit voneinander entfernter Personen oder Forschergruppen. Die Generierung der Ideen erfolgt als Chat im virtuellen Diskurs. Die Begutachtung von wissenschaftlichen Vorveröffentlichungen (Preprints) erfolgt im öffentlichen Peer Review, und damit ist das „Scharfstellen“ einer endgültigen Veröffentlichung kein qualitativer Sprung mehr. Für die Erstellung von bibliometrischen Analysen hat das dramatische Auswirkungen. Mit dem Verschwinden und Verschwimmen einer klaren Definition, wann und von wem eine wissenschaftliche Arbeit veröffentlicht und damit zitierfähig ist, gerät das traditionelle (und bislang vollkommen ausreichende) Verständnis der Bibliometrie ins Wanken. Dabei ist es nicht die Medien- oder Technikvielfalt die irritiert, sondern jener Verlust klarer Grenzen zwischen informeller und formaler Wissenschaftskommunikation und der Erscheinung einer kollektiven Autorenschaft, deren Einzelleistungen

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Die Wissenschaftskommunikation der Gegenwart ist gekennzeichnet durch eine zunehmende Auflösung der bislang scharfen Grenze zwischen informeller und formaler Kommunikation.

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 Wissenschaftskommunikation im Wandel

hinter der Gesamterkenntnis zurücktreten und nicht mehr ad personam zuzuordnen und messbar sind. Überhaupt ist die Zitierfähigkeit als Basis für Bibliometrie zu einem Prüfstein für das System geworden. Sie ermöglicht die eindeutige Zuordnung der Veröffentlichung im digitalen oder gedruckten Raum. Das klassische Dokument, etwa ein Buch oder ein Zeitschriftenartikel, war lange Zeit die gesicherte Basis für bibliometrische Analysen. Das gerade erst beginnende Zeitalter elektronischer, dynamischer und kollektiv generierter wissenschaftlicher Dokumente kann mit den klassischen Attributen der Bibliometrie weder verstanden noch dingfest gemacht werden. Wissenschaft und Bibliometrie müssen sich darüber verständigen, was denn zum künftig messbaren Output wissenschaftlicher Erkenntnis zählen soll. War die Wissenschaftskommunikation in der Antike noch eine rein mündliche, synchrone Kommunikation, hat die Verschriftlichung mit der Entwicklung des Buchdrucks durch Gutenberg schließlich in der Institutionalisierung der Wissenschaftskommunikation in Folge der Gründung der wissenschaftlichen Akademien im 17. Jahrhundert und in der Explosion des wissenschaftlichen Outputs seit Ende des 19. Jahrhunderts einen Höhepunkt erreicht. Aus der mündlichen Tradition war eine schriftliche, aus der synchronen eine asynchrone Wissenschaftskommunikation geworden. Die Wissenschaftskommunikation der Gegenwart hebt alles in dialektischer Form wieder auf und ist gekennzeichnet von einem Nebeneinander der mündlichen, schriftlichen und digitalen Forschungs- und Wissenschaftskommunikation, die gleichzeitig synchron und asynchron verlaufen kann (Abbildung 3).

Abb. 3: Dialektik der Wissenschaftskommunikation: Das Nebeneinander der mündlichen, schrift­ lichen und digitalen Forschungs- und Wissenschaftskommunikation (Grafik: Rafael Ball)

Science 2.0, als Wissenschaft des 21. Jahrhunderts, ist gekennzeichnet durch das Aufheben einer distinkten Trennung von informeller und formaler Wissenschaftskommunikation. In einem nahezu kontinuierlichen Prozess der Ideenentwicklung, Hypothesenbildung, des Falsifizierens und Verifizierens bis hin zur Veröffentlichung, geschehen Erkenntnisgewinnung und -verbreitung zunehmend in einem großen (virtuellen) Raum der gesamten Netz-Community. Damit wird die Bestimmung des wissenschaftlichen Outputs und dessen Messung zu einer echten Herausforderung für Bibliometriker. Denn die allermeisten biblio­metrischen Indikatoren basieren auf dem Verständnis eines statischen Doku-



Wissenschaftskommunikation im Wandel 

ments und dessen Resonanz. In dem Moment, wenn wissenschaftlicher Output aber dynamisch wird, sind bibliometrische Indikatoren nicht mehr in der bisherigen Form anwendbar. Sie müssen an die Erscheinungsform einer neuen Dokumentenwirklich­ keit angepasst werden (dazu mehr im Kapitel 5.6 Alternative Metriken). Aber nicht nur die mediale Entwicklung und die damit dramatisch veränderte Wissenschaftskommunikation allgemein haben massiven Einfluss auf die Anwendung von Bibliometrie, auch die unterschiedlichen Publikationskulturen in den verschiede­ nen Disziplinen erfordern eine differenzierte Betrachtung und Anwendung von Biblio­ metrie. Die zunächst noch grobe Unterscheidung zwischen Geistes- und Sozialwissen­ schaften (SSH), Naturwissenschaften, Medizin und Ingenieurwissenschaften (NSE) bringt bereits deutliche Unterschiede im Publikationsverhalten an den Tag. In den NSE-Disziplinen dominieren Zeitschriftenartikel bei weitem, in den SSH-Disziplinen sind noch immer Monografien, Sammelbände und Konferenzbände die entscheiden­ den Publikationsformen. Während in den Naturwissenschaften Mehrautorenpublika­ tionen überwiegen, gibt es in den Geisteswissenschaften noch viele Einzelautoren­ werke. Entsprechende Berücksichtigung muss dies bei bibliometrischen Analysen nach sich ziehen. Auch Sprachen- und Themenorientierung sind oft unterschiedlich: Naturwissenschaft und Medizin sind nahezu immer international fokussiert, die Publikationssprache überwiegend Englisch. In den Geisteswissenschaften hinge­ gen gibt es nicht wenige national angelegte Forschungsprojekte, deren Ergebnisse dann auch in der jeweiligen Landessprache veröffentlicht werden. Noch wichtiger für biblio­metrische Analysen ist die Berücksichtigung der Zitationskultur: Während im NSE-Bereich Zitate aufbauend nach dem Sprossenleiterprinzip eingesetzt werden, sind Zitate bei SSH-Fächern oft als Auseinandersetzungs- und Widerspruchssysteme aufgebaut und ergeben bibliometrisch ein ganz anderes Bild. Ganz speziell etwa ist die Art der wissenschaftlichen Ergebnisse und ihrer Mes­ sung bei den Rechtswissenschaften. Neben klassischen Zeitschriftenbeiträgen treten Kommentare, Rezensionen, Anhörungen und andere wissenschaftliche Beiträge, die sich einer klassischen Zitationsanalyse der Bibliometrie vollständig entziehen. Eine Übersicht über die Publikationskulturen und ihre jeweiligen Besonder­heiten im Zitierverhalten enthält Abbildung 4. NSE

SSH

Zitationsverhalten

aufbauende Zitation (Sprossenleiterprinzip)

Zitation in Abgrenzung/Widerlegung

Themenorientierung

International

Regional und national

Publikationssprache

Englisch

oft Landessprache

Publikationsorte

International

Regional und national

Art der Publikation

Zeitschriftenartikel dominieren

Monographien u. Sammelbände dominieren; auch Zeitschriftenartikel

Zielgruppe

Internationales Fachpublikum

Fachwissenschaft und breite Öffentlichkeit

Einzel- vs. Co-Autorenschaft

Co-Autorenschaft

oft Einzelautoren

NSE = Natural Science & Engineering, SSH = Social Sciences, Arts & Humanities Abb. 4: Publikationskulturen und ihre jeweiligen Besonderheiten im Zitierverhalten in NSE und SSH Disziplinen

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 Wissenschaftskommunikation im Wandel

Im Beitrag von Björn Hammarfelt wird ausführlich dargelegt, wie komplex und schwierig noch heute die bibliometrische Bewertung von geisteswissenschaftlichen Disziplinen ist.29 In seinem Beitrag wird eine bibliometrische Analyse von literaturwissenschaftlichen Arbeiten durchgeführt. Besonders wichtig sind in dieser Disziplin Bücher, die jedoch nur ungenügend und nicht vollständig in den gängigen biblio­ metrischen Indices erfasst werden. Außerdem sind gerade die Disziplinen Literatur und Literaturwissenschaften schwierig von anderen Disziplinen abzugrenzen, etwa von geografischen, historischen und sozialwissenschaftlichen Disziplinen. Des Weiteren ergibt sich hier der besondere Effekt, dass Literaturwissenschaft nicht reine Grundlagenforschung darstellt, sondern häufig einen mehr oder weniger fließenden Übergang von der reinen Wissenschaft in die gesellschaftliche Dimension des Feuilletons und der politisch-gesellschaftlichen Debatten vollzieht. Eine Ausweitung der bibliometrischen Untersuchungen auch auf diese Felder scheint notwendig, ist aber aufgrund fehlender Datenbasis nur schwer umzusetzen. Er kommt zum Ergebnis, dass gerade etwa im Bereich der Literaturwissenschaft Zitationsanalysen und Bibliometrie noch völlig unterentwickelt sind. Er nennt eine Vielzahl von Gründen, warum Bibliometrie in diesen Bereichen der Geisteswissenschaften so kompliziert und schwierig ist. Aber auch innerhalb der Bereiche NSE und SSH sind bibliometrische Vergleiche zwischen den Disziplinen schwer möglich, teilweise sogar unmöglich. Immer jedoch sind solche Vergleiche mit besonderer Vorsicht zu handhaben, denn die Publikationsund Zitationskulturen unterscheiden sich selbst zwischen Unterdisziplinen eines Faches, etwa in der Biologie, deren Zitationskulturen so weit von einander abweichen, dass ein Vergleich von Wissenschaftlern in den Unterdisziplinen ohne Normalisierung nicht möglich bzw. sinnvoll ist. So ist der durchschnittliche Impact Factor für Biologie im Jahre 2011 1,5, in der Zoologie 1,0, in der Botanik 1,3, in der Genetik 2,5, in der Evolutionsbiologie 2,8 und für die Zellbiologie gar 3,2. Betrachtet man einzelne Zeitschriften, wird die Bandbreite noch größer: Bei der Zeitschrift New Phytologist etwa liegt er bei 6,6 (JIF im Jahr 2011), während er für die Zeitschrift Nature Review Genetics einen Wert von 38 (JIF im Jahr 2011) erreicht. Und das obwohl beide Disziplinen zur Biologie gehören.

Lernfragen Worum ging es im ersten Richtungsstreit der Wissenschaftskommunikation vor mehr als 2000 Jahren?

29 Hammarfelt, Björn: Interdisciplinarity and the intellectual base of literature studies: citation analysis of highly cited monographs. In: Scientometrics (2011) Bd. 86. S. 705–725.



Wissenschaftskommunikation im Wandel 

Womit war die Entwicklung der Wissenschaftskommunikation verknüpft? Welche drei Akademien waren die wichtigsten Europas im 17. und 18. Jahrhundert?

Welches war die erste wissenschaftliche Zeitschrift und wann erschien sie zum ersten Mal?

Aus welchen Elementen besteht Wissenschaftskommunikation heute?

Wodurch ist die Wissenschaftskommunikation der Gegenwart gekennzeichnet?

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 Wissenschaftskommunikation im Wandel

Wie wird sich vor dem Hintergrund digitalen Publizierens die Wissenschaftskommunikation der Zukunft gestalten?

Warum wird Bibliometrie in der Zukunft an Grenzen stoßen (bedenken Sie die Entwicklung der digitalen Wissenschaftskommunikation)?

Warum ist die Berücksichtigung der Publikationskultur der jeweiligen Disziplinen für die Bibliometrie von entscheidender Bedeutung?

Nennen Sie einige Beispiele für die Höhe des Journal Impact Factors:

4  Grundlagen bibliometrischer Analysen Bibliometrische Analysen, also die Anwendung von statistischen Methoden auf die Ergebnisse der Forschung, lassen sich in zwei grundlegende Formen unterscheiden: Zum einen die Messung und Quantifizierung des wissenschaftlichen Outputs und zum anderen die Bestimmung von dessen Resonanz. Mit diesen beiden Formen sind alle bibliometrischen Anwendungen im Prinzip beschrieben.

4.1 Output-Analyse Die Messung und Zählung des wissenschaftlichen Outputs einer Person, einer Organisation, einer Region oder eines Staates, bzw. von Staatengruppen, erfolgt durch die Bestimmung der Menge an wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Dies allein ergibt schon einen Hinweis auf die Produktivität etwa eines Wissenschaftlers oder eines Staates. Allerdings sind hierbei noch keinerlei qualitative Aspekte berücksichtigt. Wer viel publiziert muss deswegen noch kein guter Wissenschaftler sein, und schon gar kein besserer als ein Wissenschaftler, der weniger veröffentlicht. Ein Staat A, dessen Publikationsaufkommen pro Jahr 50.000 Veröffentlichungen beträgt, ist prinzipiell wissenschaftlich nicht erfolgreicher als ein Staat B, dessen Publikationsaufkommen im gleichen Zeitraum 30.000 Veröffentlichungen umfasst. Denn noch sind keine Relationen und Bezugsgrößen benannt, nach denen die Zahlen eingeordnet werden können. Wenn Staat B etwa das Publikationsaufkommen von 30.000 Veröffentlichungen mit der Hälfte der Wissenschaftler generiert wie Staat A, ist er offensichtlich produktiver. Vielleicht wendet Staat B ja auch weniger Anteile des Bruttosozialprodukts für Wissenschaft und Forschung auf und erreicht damit relativ mehr Publikationen pro aufgewandter Geldeinheit.

Hier bereits kann man erkennen, dass die Zahl der Publikationen als direkter Indikator noch wenig aussagt, wenn er nicht in Bezug gesetzt wird zu anderen relevanten Größen. Gleichwohl ist die Messung der Anzahl der veröffentlichten Einheiten die Grundlage für alle weiteren, sogenannten indirekten bibliometrischen Indikatoren. Dabei ist es meist gar nicht so einfach, diese Grundzahl zu ermitteln. Woher sie kommt, ist auch eine Frage der Datenbasis, die man verwenden kann oder verwenden will (Details hierzu im Kapitel 6 „Datenbanken für bibliometrische Analysen“). Publikationszahlen von Einzelpersonen erhält man zuverlässig nur von der betroffenen Person selbst. Denn selten sind alle Publikationen in einer Datenbank nachgewiesen, oftmals kennt sogar der Wissenschaftler selbst nicht mit hundertprozentiger Genauigkeit alle seine Publikationen, die er oder sie im Laufe der Karriere veröffentlicht hat. Noch schwieriger ist die Erhebung dieser Basisdaten von ganzen Regionen oder Ländern. Oft gibt es statistische Daten von Ämtern und Behörden, die aber selbst nicht immer vollständig sind. Demnach muss der Bibliometriker mit allerhand (intellektuellem) Aufwand die Daten aus den verschiedensten Quellen zusammentragen und ist sich dennoch nie sicher, eine vollständige Datenerfassung gemacht zu haben. Dabei ist es besonders wichtig, die Datenbasis zu benennen, d.h. klar zu definieren, welche Art des wissenschaftlichen Outputs in der jeweiligen Analyse genutzt wurde. Die wichtigsten Elemente des wissenschaftlichen Outputs sind Veröffent­ lichungen in Zeitschriften und Konferenzbänden, oder als Bücher und Vorträge. Die Veränderung der Wissenschaftskommunikation, wie sie im vorigen Kapitel erläutert worden ist, hat allerdings zu einer größeren Vielfalt der Veröffentlichungsarten ge-

Die Ermittlung der Veröffent­lichungen von Personen und Institutionen ist kompliziert. Publikationszahlen von Einzelpersonen erhält man zuverlässig nur von der betroffenen Person selbst. Die Daten sind mit hohem intellektuellen Aufwand aus den verschiedensten Quellen zusammenzutragen. Wichtig: Immer die Datenbasis angeben, damit das Ergebnis nachvollziehbar ist.

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 Grundlagen bibliometrischer Analysen

führt, so dass durchaus auch Einträge in (wissenschaftliche) Blogs und Chats, Twitterkanäle, Youtube und andere (soziale) Netzwerke relevanten und damit berücksichtigungswürdigen wissenschaftlichen Output bedeuten können. Allein daraus leitet sich die Notwendigkeit ab, Anzahl und Qualität der bibliometrischen Indikatoren der jeweiligen Situation der Wissenschaftskommunikation anzupassen und stets aktuell zu halten. Wie schon erwähnt, ist mit diesen Grunddaten noch nicht allzu viel anzufangen, gleichwohl bilden sie die Basis für alle weitergehenden und komplexen bibliometrischen Analysen, die mit indirekten Indikatoren arbeiten. Mögliche Untersuchungsfelder einer Outputanalyse –

Anzahl der Publikationen



Anzahl der Monographien



Anzahl der Zeitschriftenbeiträge



Anzahl der Konferenzbeiträge



Anzahl der Beiträge in Journalen mit Peer Review



Anzahl der Beiträge in Journalen ohne Peer Review



Publikationsintensität (Anzahl der Publikationen als Funktion der Zeit)



Sprachen der Publikationen



Anzahl der Ko-Autoren



Anzahl der Ko-Autoren aus anderen Instituten



Anzahl der Ko-Autoren aus andern Ländern



Anzahl der Länder, aus denen die Ko-Autoren herstammen



Anzahl der Disziplinen, aus denen die Ko-Autoren herstammen



Verwendete Keywords



Unterschiedlichkeit der Keywords

– …

4.2 Resonanz-Analyse

Resonanzanalyse ist die quantifizierte Rezeptionsgeschichte einer Veröffentlichung.

Neben der reinen Zählung des wissenschaftlichen Outputs ist die zweite Form der bibliometrischen Analyse die Resonanz-Analyse. Hierbei wird nicht einfach die Anzahl von Veröffentlichungen einer Person, einer Organisation oder einer Region bestimmt, sondern man analysiert deren Wahrnehmung in der Scientific Community. Wie aber wird Wahrnehmung bestimmbar? Das wissenschaftliche System der Erkenntnisgewinnung basiert auf dem schrittweise Hinzufügen neuer Erkenntnisse zu bereits vorhandenen. In kritischer Würdigung dessen, was andere bereits geleistet (und veröffentlicht) haben, werden einer Fragestellung neue Aspekte hinzugefügt oder Bestehendes korrigiert. Immer jedoch bezieht sich ein Wissenschaftler auf den aktuellen Status quo, den er berücksichtigt und nach Maßgabe der Sinnhaftigkeit erwähnt, d. h. zitiert. Mit diesem System, das die Leistungen anderer Wissenschaftler anerkennt oder sich kritisch mit ihnen auseinandersetzt, aber immer benennt, entsteht eine bestimmte Wahrnehmungsgeschichte von Ideen und Erkenntnissen, die man auch Rezeptionsgeschichte nennen könnte. Aber anders als der Begriff der Rezeptionsgeschichte in Literatur und Geschichte verstanden wird, bedeutet er in der Bibliometrie die Messung der Resonanz, also die Messung der Häufigkeit von Zitaten bestimmter Publikationen durch andere Wissenschaftler. Dies ist der wichtigste Basisindikator der Wahrnehmungsanalyse. Die Zitierhäufigkeit beschreibt dabei zunächst einfach nur die Anzahl der Zitierungen

Resonanz-Analyse 

einer bestimmten Publikation in einem festgelegten Zeitraum. Das Maß der Zitierhäufigkeit ist eine einfache Zahl, etwa 105. Sie bedeutet, die Publikation A ist im Zeitraum B 105-mal in anderen (wissenschaftlichen) Beiträgen zitiert worden (Details zu den Indikatoren im Kapitel 5: Bibliometrische Indikatoren). Die Anwendung und Akzeptanz der Wahrnehmungsanalyse setzt allerdings (wie alle darauf aufbauenden bibliometrischen Verfahren ebenso) eine grundlegende Annahme voraus: Wenn die Anzahl der Zitierungen eine sinnvolle Aussage über die Qualität einer wissenschaftlichen Arbeit ergeben soll, muss man die Annahme akzeptieren, dass es eine belastbare Korrelation zwischen der Anzahl der Zitierungen einer Arbeit und der Qualität einer wissenschaftlichen Arbeit gibt. Dabei hat die Annahme, dass eine Publikation mit vielen Zitierungen eine wichtige und gute Arbeit ist, eine größere Wahrscheinlichkeit als die Annahme, eine Arbeit mit wenigen oder gar keinen Zitierungen, sei eine unbedeutende oder gar wertlose Veröffentlichung. Es gibt nämlich eine ganze Reihe von Gründen, die dafür sorgen können, dass auch eine gute und bedeutende Veröffentlichung keine oder nur wenige Zitierungen erhält. Kann man dieser Annahme nicht folgen (und auch dafür gibt es Gründe), ist mit den etablierten bibliometrischen Indikatoren keine qualitative Aussage und Bewertung möglich. Die überwiegende Anzahl der Wissenschaftler allerdings akzeptiert diese Annahmen zumindest in gewissen Grenzen, auch wenn keine gesicherte Erkenntnis darüber vorliegt, in welcher mathematischen Beziehung die Anzahl der Zitierungen und die Qualität der Arbeit stehen. Sicher existiert keine lineare Beziehung zwischen diesen beiden Größen und es ist unklar, ob überhaupt eine mathematisch beschreibbare Beziehung zwischen der Anzahl der Zitierungen und der Qualität der zitierten Arbeit existiert. Eine indirekte bibliometrische Analyse, wie sie die Resonanz-Analyse darstellt, kann also immer nur Indizien für die Qualität einer Veröffentlichung liefern, niemals Beweise. Eine weitere Einschränkung ergibt sich aus den verfügbaren Quellen, die zur Bestimmung der Anzahl der Zitierungen herangezogen wird. Auch in den bekannten und (weltweit) anerkannten Datenbanken sind nicht alle Veröffentlichungen erfasst. Somit gibt es eine nicht näher zu beziffernde Zahl von Publikationen, die eine bestimmte Arbeit zitieren, deren Zitierungen aber nicht mit in die Auswertung einfließen können, weil man über ihre Existenz nichts erfährt und sie nicht nachgewiesen sind. Diese „Dunkelziffer“ ist nicht unerheblich. Allerdings hat sich, insbesondere in den Naturwissenschaften, der Medizin und den Ingenieurwissenschaften die Vorstellung durchgesetzt, dass die meisten relevanten Zitierungen in den etablierten Datenbanken nachgewiesen sind. Oder anders formuliert: Wenn eine wissenschaftliche Arbeit in einer Publikation zitiert wird, deren Bedeutung so gering ist, dass sie nicht in den relevanten Datenbanken ausgewertet wird, ist es auch nicht von Bedeutung, wenn diese Zitierung nicht gezählt wird. Mit dieser Vorstellung einer engen, klar begrenzten und geringen Zahl an relevanten Datenbanken für die Auswertung der Zitierhäufigkeit wird allerdings nicht nur ein Teil des wissenschaftlichen Outputs samt der dazugehörigen Wissenschaftskommunikation ignoriert, sondern ein System zementiert, das durch sich selbst definiert, welche Arbeiten gut und welche nicht von (internationaler) Bedeutung sind. Als Basisform der Resonanz-Analyse kann der Grundindikator „Anzahl der Zitierungen“ nun in einer vielfältigen Weise in Beziehung gesetzt werden zu anderen Performance-Indikatoren oder zu anderen bibliometrischen Indikatoren. Nahezu unüberschaubar ist inzwischen die Zahl der Varianten und täglich kommen neue (statistische) Varianten hinzu. Dabei können auch sämtliche kritischen Bedenken ein-

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Das Maß der Zitierhäufigkeit ist eine einfache Zahl, etwa 105. Sie bedeutet, die Publikation A ist im Zeitraum B 105-mal in anderen (wissenschaftlichen) Beiträgen zitiert worden.

Eine bibliometrische ResonanzAnalyse kann immer nur Indizien für die Qualität einer Veröffentlichung liefern, niemals Beweise.

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 Grundlagen bibliometrischer Analysen

gebracht werden, etwa die Anzahl der Selbstzitierungen, die Berücksichtigung von Zitationszirkeln, die Publikationskultur der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplin im allgemeinen, die Anzahl der Autoren, die Position der Autoren in der Reihenfolge der Aufzählung, der zeitliche Abstand zwischen Erscheinen der Publikation und des Zitats, die Qualität der zitierenden Publikation und/oder des zitierenden Autors usw. usw.

4.3 Rankings und Benchmarking

Absolute Zahlen über den wissenschaftlichen Output und die Zitierhäufigkeiten ohne einen Benchmark sind nahezu ohne Aussage.

Die Nutzung und Anwendung von Bibliometrie und bibliometrischen Analysen ergibt ihren größten Sinn nur im Vergleich. Absolute Zahlen über den wissenschaftlichen Output und die Zitierhäufigkeiten ohne einen Benchmark sind nahezu ohne Aussage. Erst der direkte Vergleich mit Personen, Institutionen, Gruppen, Regionen oder Ländern machen Positionen sicht- und interpretierbar. Doch die Nutzung von bibliometrischen Analysen zum Benchmarking ist eine der größten Herausforderungen der Bibliometrie. Denn um vergleichen zu können, müssen die Partner vergleichbar sein. Damit ist schon eine der wichtigsten Rahmenbedingung für ein bibliometrisches Ranking beschrieben. Womit also sollen Personen, Institutionen, Regionen oder Länder verglichen werden, damit ein Benchmark Sinn ergibt? Hier ist es erforderlich, einen „vergleichbaren“ Partner zu finden, das bedeutet etwa beim Ranking von Wissenschaftlern die Kenntnis darüber, in welchen Bereichen die Forscher jeweils arbeiten. Einen Biologen mit einem Chemiker direkt zu vergleichen, ist ebenso sinnlos wie einen experimentellen Physiker mit einem theoretischen. Bereits bei einem Vergleich in diesen stark verwandten Disziplinen sind die Publikationsgewohnheiten und die Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung in (internationalen) Datenbanken zu unterschiedlich. Nahezu unmöglich wird ein direkter bibliometrischer Vergleich zwischen einem Germanisten und einem Mediziner oder einem Rechtswissenschaftler und einem Soziologen. Bereits an dieser Stelle ist zu erkennen, welche Mühe aufgewandt werden muss, damit bibliometrische Rankings nicht bloße Zahlenspiele bleiben. Die Statistiker in der Bibliometrie haben inzwischen auch Verfahren entwickelt, die einen transdisziplinären Vergleich ermöglichen. So etwa kann die relative Posi­ tion von Wissenschaftlern oder Instituten innerhalb einer Fachcommunity bestimmt werden.30 Beispiel: Soll etwa die wissenschaftliche Performance des Instituts für Germanistik der Universität A mit der wissenschaftlichen Performance des Instituts für Botanik der Universität A verglichen werden, kann man bibliometrisch die Position des Instituts für Germanistik im Ranking mit allen Instituten für Germanistik von deutschen (europäischen, weltweiten) Universitäten bestimmen und erhält z. B. Position 5 von 50. Das gleiche wird für das Institut für Botanik durchgeführt. Dort erhält man z. B. Position 12 von 60 Instituten. Im direkten Vergleich kann die Universität A erkennen, dass ihr Institut für Germanistik relativ besser abschneidet als das Institut für Botanik. Diese Analysen erfordern jedoch ein sehr komplexes und aufwendiges Vorgehen, damit die Ergebnisse vergleichbar werden. Allein schon die sehr unterschiedliche und je spezifische fachliche Ausrichtung der germanistischen und botanischen Institute in einem Land relativieren die Aussage des Benchmarks.

30 Ball, Rafael [u. a.]: Creation of journal-based publication profiles of scientific institutions: A methodology for the interdisciplinary comparison of scientific research based on the J-factor. In: Scientometrics (2009) Bd. 81, H. 2. S. 381–392.

Trend-Analysen 

 27

Vergleichsanalysen sind daher stets eine Aufgabe für bibliometrische Spezialisten und erfordern neben der genauen Kenntnis der Rahmenbedingungen, eine möglichst umfangreiche Zahlen- und Indikatorenbasis sowie die Anwendung möglichst verschiedener bibliometrischer Verfahren. Vorschnelle Vergleichsanalysen im Quick-and-dirty-Verfahren produzieren nicht nur (berechtigte) Vorbehalte gegen ­Bibliometrie insgesamt, sie können auch massiven Schaden anrichten, wenn aufgrund der Ergebnisse strategische, personelle oder monetäre Entscheidungen ge­ troffen werden. Zur Auswahl geeigneter Vergleichspartner (seien es Personen oder Institutionen) eignen sich ebenfalls bibliometrische Verfahren. Mit einer thematischen Analyse kann schnell herausgefunden werden, welche möglichen Vergleichspartner in einem ähnlichen Gebiet arbeiten. Auch die Analyse von Ko-Autoren wissenschaftlicher Veröffentlichungen ergibt Hinweise, welche Institute oder Personen an ähnlichen Fragestellungen arbeiten.

4.4 Trend-Analysen Bibliometrische Verfahren können auch eingesetzt werden, um wissenschaftliche oder inhaltliche Thementrends herauszufinden. In der thematischen Fokussierung und Konzentrierung von einschlägigen Publikationen zeigt sich bald, wo mögliche Trends abzulesen sind. Die Herausgeber der internationalen Datenbank „Web of Science“ (WoS) machen jährlich mit großer Erfolgsquote mit Hilfe bibliometrischer Verfahren eine Vorhersage zu den Nobelpreisträgern. Dabei werden neben der Anzahl der Zitierungen auch die internationale Vernetzung und die Nachhaltigkeit der Zitierungen (hohes Niveau über einen längeren Zeitraum) berücksichtigt. Ganz ähnlich werden Trend-Analysen erstellt. Wenn bestimmte Themen über einen längeren Zeitraum auf hohem Niveau in (internationalen) Publikationen präsent sind, kann daraus ein Trendthema abgelesen werden. Umgekehrt zeigen nachlassende Zitierraten ein abnehmendes Interesse an dem Thema und damit einen Downtrend. Es existieren allerdings auch sogenannte „Sleeping Beauties“, Themen also, die lange Zeit (zitationstechnisch) unbeachtet bleiben, ehe durch veränderte (meist externe) Rahmenbedingungen ein neues Interesse an diesen Themen entsteht. Dies beobachtet man häufig bei politisch beeinflussten oder gesteuerten Themen, etwa in der der Umwelt- oder Energiepolitik. Wissenschaftliche Erkenntnisse zu einem bestimmten Thema werden dann schnell uninteressant, wenn sie politisch und damit auch finanziell nicht gefördert werden. Die Zitierhäufigkeiten solcher Arbeiten sind dann oft über Jahre sehr niedrig, was hier nicht an der Qualität der Publikationen liegt. Entsteht aber ein neues (politisches) Interesse an diesen Themen, werden die entsprechenden Publikationen schnell aus dem „Dornröschenschlaf“ geweckt und verstärkt rezipiert und zitiert. Trend-Analysen, die Vorhersagen zu wissenschaftlichen und gesellschaftsrelevanten Themen machen, werden insbesondere für strategische Entscheidungen von Wissenschaftsmanagern und -politikern genutzt. Damit kann Bibliometrie auch Unterstützung für den politischen Prozess der Themenfokussierung und der Etablierung neuer Forschungsförderungsgebiete samt neuer Infrastruktur leisten. Abbildung 5 zeigt die Entwicklung der Zunahme der im SCI ausgewerteten Publikationen zu den Themen Solarenergie, Atomkraft und menschliches Genom. Dabei ist erkennbar, dass die Steigerung der Publikationszahlen für Solarenergie seit Mitte der 1990er Jahre drastisch ansteigt, während die beiden anderen Themen nur geringe Zuwächse haben.

Als „Sleeping Beauties“ bezeichnet man Themen, die lange Zeit (zitationstechnisch) unbeachtet bleiben, ehe durch veränderte (meist externe) Rahmenbedingungen ein neues Interesse daran entsteht.

Trend-Analysen, die Vorhersagen zu wissenschaftlichen und gesellschaftsrelevanten Themen machen, werden insbesondere für strategische Entscheidungen von Wissenschaftsmanagern und -politikern genutzt. Damit kann Bibliometrie auch Unterstützung für den politischen Prozess der Themenfokussierung und der Etablierung neuer Forschungsförderungsgebiete samt neuer Infrastruktur leisten.

 Grundlagen bibliometrischer Analysen

Prozent

30

Publikationsindex (Bezugsjahr 1990)

25

20

15

10

Solarenergie

Kernenergie

2012

2011

2010

2009

2007

2008

2005

2006

2004

2003

2001

2002

2000

1999

1997

1998

1996

1995

1994

1993

1992

0

1991

5

1990

28 

Jahr Menschliches Erbgut

Abb. 5: Steigerung der im SCI ausgewerteten Publikationen zum Thema Solarenergie, Atomkraft und menschliches Genom

Der Beitrag von Peng Hui Lv, Gui-Fang Wang u. a. zeigt eine Trend-Analyse durch Bibliometrie unter Verwendung verschiedenster Research Indicators am Beispiel von Graphen.31 Dabei haben sie das Auftauchen des Begriffs Graphen sowohl in wissenschaft­ licher Literatur durch bibliometrische Analysen als auch in Kombination mit Ein­ tragungen in entsprechende Patentdatenbanken untersucht. Es zeigt sich, dass die Bedeutung und das Erkennen von Emerging-Fields durchaus mit Hilfe von Biblio­ metrie und weiteren Indikatoren erreicht werden kann. Am Beispiel der Psychologie haben Günter Krampen, Alexander von Eye und ­Gabriel Schui eine ähnliche Trend-Analyse erstellt.32 Diese Publikation ist ein Beispiel dafür, wie Bibliometrie zur Vorhersage über die Entwicklung von Wissenschaftsdisziplinen eingesetzt werden kann. Beispiel: Trend-Analyse Das folgende Praxisbeispiel soll Ihnen zeigen, wie Sie eine Trend-Analyse zu einem bestimmten wissenschaftlichen Thema durchführen.

31 Lv, Peng Hui [u. a.]: Bibliometric trend analysis on global graphene research. In: Scientometrics (2011) Bd. 88. S. 399–419. 32 Krampen, Günter [u. a.]: Forecasting trends of development of psychology from a bibliometric perspective. In: Scientometrics (2011) Bd. 87, H. 3. S. 687–694.

Trend-Analysen 

Wir wollen herausfinden, wie sich das Publikationsaufkommen zum Thema „Solarenergie“ im Betrachtungszeitraum von 1990 bis 2012 verändert hat. Das Ergebnis soll graphisch dargestellt werden. Zu Beginn unserer Suchanfragen im Web of Knowledge müssen wir nach geeigneten Schlagwörtern bzw. Topics suchen, die das zu analysierende Thema der Solarenergie möglichst präzise umschreiben und zugleich von anderen Forschungsbereichen, wie etwa der Astrophysik, exakt abgrenzen. Es ist daher erforderlich, dass Sie sich im Vorfeld der Trend-Analyse intensiv mit der Thematik befassen und beispielsweise einige einschlägige Fachartikel zur Solarenergie quer lesen und die sogenannten AuthorKeywords notieren. Für unser Beispiel zum Thema Solarenergie haben wir folgende Keywords ermittelt: solar energy, solar cell und solar power. Im nächsten Schritt beginnen wir mit der Recherche im Web of Knowledge und wechseln in die Advanced Search. Der geeignete Field Tag für die Analyse ist Topic, da mit dieser Funktion die Felder Titel, Abstract, Author Keywords und Keywords Plus durchsucht werden.33 Bei der Suchanfrage ist darauf zu achten, dass alle möglichen Schreibweisen der Keywords abgedeckt sind (hier: solar energy, solar-energy, solar cell, solar-cell, sollar-cells, solar power und solar-power). Die Suchanfrage in der Advanced Search lautet: ts=(“solar energy” or “solar-energy” or “solar power” or “solar-power” or “solar cell” or “solar-cell” or “solar cells” or “solar-cells”)

Abb. 6: Topic-Search im Web of Knowledge zum Thema Solarenergie

Die Suchanfrage liefert knapp 70.000 Treffer, die über die Funktion „Analyse Results“ weiter aufbereitet werden müssen.

33  Eine Suchanfrage die lediglich die Keywords durchsucht ist in Web of Knowledge nicht möglich.

 29

30 

 Grundlagen bibliometrischer Analysen

Abb. 7: Trefferliste der Topic-Search zum Thema Solarenegrie im Web of Knowledge

Im Rahmen der Results Analysis haben Sie die Möglichkeit, sich die gefundenen ­Treffer, sortiert nach bestimmten Fields, darstellen zu lassen (Authors, Book Series Titles, Countries/Territories, Document Types, Editors, Funding Agencies, Grant Numbers, Group Authors, Languages, Organizations, Organizations-Enhanced, Publication Years, Research Areas, Source Titles und Web of Science Categories). Um das Publikationsaufkommen zu einem bestimmten Thema über die Zeit betrachtet darzustellen, wählen Sie im Feld „Rank the records by this field“ Publication ­Years aus und starten die Analyse (siehe Abbildung 8).

Abb. 8: Bildschirm der Results Analysis im Web of Knowledge

Trend-Analysen 

Der nächste Bildschirm zeigt Ihnen die gefundenen Treffer, sortiert nach dem Publikationsjahr, und Sie haben die Möglichkeit, dieses Ergebnis über die Funktion „Save Analysis Data to File“ abzuspeichern und die gewonnenen Daten für die weitere Bearbeitung und Aufbereitung in andere Programme zu importieren (z.B. Excel).

Abb. 9: Ergebnisse einer Results Analysis im Web of Science gerankt nach Publication Years

Das Abspeichern der Ergebnisse erfolgt im txt-Format und kann dann beispielsweise in Excel importiert werden. Der Import einer txt-Datei in Excel kann unter Umständen zu einer ungewohnten Darstellung der Ergebnisse führen. Die dabei auftretenden Probleme sind i.d.R. auf eine falsche Zeichenkodierung oder eine anglo-amerikanischen Darstellung von Zahlen zurückzuführen.34 Die nächsten Schritte sollen Ihnen zeigen, wie Sie die abgespeicherten Ergebnisse mit Excel öffnen, weiterbearbeiten und graphisch darstellen können. Zunächst öffnen Sie eine leere Excel-Arbeitsmappe und wechseln auf das Register ­Daten (siehe Abbildung 10).

34  Eine falsche Zeichenkodierung oder eine anglo-amerikanische Zahlendarstellung, bei der Dezimalstellen durch einen Punkt statt eines Kommas und das Tausendertrennzeichen durch ein Komma statt eines Punkts dargestellt werden, führt bei Rechenoperationen mit Excel zu falschen Ergebnissen.

 31

32 

 Grundlagen bibliometrischer Analysen

Abb. 10: Import einer txt-Datei in Excel

Im Register Daten haben Sie links unter der Rubrik „Externe Daten abrufen“ die ­Möglichkeit, Daten aus Text-Dateien zu importieren. Nach Auswahl dieser Funk­tion werden Sie aufgefordert, den Pfad zur gewünschten Textdatei anzugeben. Nachdem Sie die Textdatei angegeben haben, wählen Sie die Funktion „Importieren“ aus, ­worauf sich der Textkonvertierungs-Assistent in einem neuen Fenster öffnet. Im ersten Schritt wählen Sie als Dateiursprung Unicode (UTF-8) aus und klicken auf Weiter (siehe Abbildung 11).

Abb. 11: Schritt 1 des Textkonvertierungs-Assistenten in Excel

Der Textkonvertierungs-Assistent bittet Sie im nächsten Schritt, die „Trennzeichen“ für Ihre Daten­sätze festzulegen. Die Voreinstellungen sind i.d.R. richtig und brauchen nicht verändert zu werden, so dass Schritt 2 durch „Weiter“ abzuschließen ist.

Trend-Analysen 

Abb. 12: Schritt 2 des Textkonvertierungs-Assistenten in Excel

Im letzten Schritt des Textkonvertierungs-Assistenten haben Sie die Möglichkeit, über die Funktion „Weitere …“ die verwendeten Trennzeichen für numerische Daten umzustellen.

Abb. 13: Schritt 3 des Textkonvertierungs-Assistenten in Excel

Stellen Sie in dieser Ansicht das Dezimaltrennzeichen auf „Punkt“ und das 1000erTrennzeichen auf „Komma“ und schließen den Datenimport durch die Funktion „Fertig stellen“ ab. Die so importierten Daten können jetzt mit der Funktion „Diagramme einfügen“ graphisch dargestellt werden und auch Rechenoperationen können infolge der vorher vorgenommen richtigen Konvertierung der Daten ohne große Schwierigkeiten durchgeführt werden.

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34 

 Grundlagen bibliometrischer Analysen

4.5 Neue bibliometrische Varianten

Als Webometrie bezeichnet man quantitative Methoden, mit deren Hilfe Strukturen, Verlinkungen und Inhalte des WWW analysiert und zueinander in Beziehung gesetzt werden.

Ist eine wissenschaftliche Veröffentlichung schlecht, wenn sie nicht zitiert wird? Nein, eine Arbeit, die nicht zitiert wird, wird nicht wahrgenommen, sie kann trotzdem gut sein. Die Anzahl der Zitate sagt zunächst nur etwas über die Intensität der Rezeption aus.

Die Anzahl bibliometrischer Varianten ist prinzipiell unbegrenzt. Wie in der Statistik allgemein, ergeben auch in der Bibliometrie immer neue Kombinationen und Relationen neue Aussagen. Dabei ist zu unterscheiden zwischen der bloßen Veränderung, Abwandlung und Weiterentwicklung vorhandener Basisindikatoren und deren bibliometrischer Varianten und der Etablierung qualitativ neuer Messgrößen, die ihrerseits auch qualitativ neue Aussagen über die wissenschaftliche Performance von Personen, Institutionen, Regionen und Ländern ermöglichen. (Im nachfolgenden Kapitel 6 „Bibliometrische Indikatoren“ wird auf dieses Thema ausführlich eingegangen). Neben der Weiterentwicklung und Optimierung vorhandener bibliometrischer Indikatoren und der sich daraus ergebenden bibliometrischen Varianten hat mit dem digitalen Medienwandel auch die Bibliometrie Zuwachs erhalten. Die quantitative Erfassung und Wahrnehmungsanalyse des wissenschaftlichen Outputs hat durch die Verfügbarkeit von Inhalten im Internet eine ganz neue Dimension ihrer Bewertbarkeit und Bewertung erfahren. Als Webometrie bezeichnet man quantitative Methoden, mit deren Hilfe Strukturen, Verlinkungen und Inhalte des WWW analysiert und zueinander in Beziehung gesetzt werden. Sie ist dann Teil der Bibliometrie, wenn sie wissenschaftliche OnlinePublikationen untersucht. Definiert wurde der Begriff Webometrie 1997 durch Almind und Ingwersen, wonach Webometrie die Anwendung von informetrischen Methoden auf das WWW darstellt.35 Für die mittelbare Ableitung der Bedeutung einer Publikation ist nicht mehr länger die nachgewiesene Zitierung das alleinige Maß. Bislang war diese Auffassung an die Annahme gekoppelt, dass häufig zitierte Publikationen eine größere Bedeutung haben und damit auch eine bessere wissenschaftliche Leistung darstellen. Die Rezeption von Publikationen ist aber durch die reine Zitierung nicht nachgewiesen. In vielen geisteswissenschaftlichen Disziplinen etwa ist es üblich, sich mit anderen Texten ausführlich zu befassen, sie inhaltlich zu kommentieren, zu ergänzen, zurückzuweisen oder sich dezidiert auf sie zu berufen. Eine solche Rezeption setzt im Allgemeinen voraus, dass sich der Autor ausführlich mit dem Text befasst hat. Zitiert ein Autor eine andere Veröffentlichung lediglich, kann man zwar vermuten, dass er oder sie sich damit auseinander gesetzt hat, aber bewiesen ist dies durch die reine Zitierung noch nicht. Andrew Abbot etwa zeigt in der bibliometrischen Nachverfolgung seines Buches von 1988, dass ein Großteil der Zitierungen Literatur zitiert, die gar nicht gelesen worden ist.36 Unkritische Bibliometrie trägt hier ihren Teil dazu bei. Somit bleibt die Bibliometrie den Nachweis schuldig (und sie kann ihn gar nicht erbringen), ob Wissenschaftler die jeweils zitierten Texte ihrer Kolleginnen und Kollegen wirklich wahrgenommen haben. Auch wenn die neuen Metriken im Netzzeitalter diesen letztgültigen Beweis nicht erbringen können, so ergänzen sie doch die klassische Bibliometrie und ihre Messung der Zitierhäufigkeit durch einen weiteren Schritt. Die Verfügbarkeit von digitalen Publikationen und anderen wissenschaftlichen Aktivitäten im Netz ermöglicht beispielsweise die Messung der Zugriffswerte, der Verweildauer, der Ver-

35 Almind, Tomas C. u. Peter Ingwersen: Informetric analyses on the World Wide Web: Methodological approaches to ‘webometrics’. In: Journal of Documentation (1997) Bd. 53, H. 4. S. 404–426. 36 Abbot, Andrew: Varianten der Unwissenheit. In: Nach Feierabend. Hrsg. von David Guferli [u. a.]. Zürich: diaphanes 2010 (Zürcher Jahrbuch für Wissensgeschichte 6). S. 15–34.



Neue bibliometrische Varianten 

linkungen und der Downloadzahlen und gibt ebenfalls (indirekte) Hinweise auf die Bedeutung der jeweiligen Arbeit und die Produktivität und Vernetzung des Wissenschaftlers. Natürlich ist auch damit noch nicht der Nachweis erbracht, dass die Arbeit gelesen (und verstanden!) wurde, dennoch zeigt ein Download möglicherweise größeres Interesse als die reine Zitierung. Darüber hinaus ermöglichen Messungen der Dauer der Online-Nutzung von Dokumenten einen noch weitergehenden Rückschluss auf das Interesse an einer wissenschaftlichen Arbeit, so wie es neuerdings durch das wissenschaftliche soziale Netzwerk „Mendeley“ möglich geworden ist37. Auch die Auswertung von Nutzungsdaten elektronischer Publikationen über die Bibliothekskataloge wird in nicht allzu ferner Zukunft eine weitere Möglichkeit ergeben, Aussagen über Nutzungsgewohnheiten zu machen. Die Verfolgung des digitalen Fußabdrucks, den alle Nutzer im Netz hinterlassen, wird also noch detailliertere Aussagen über Nutzung und Nutzungsintensität von Online-Veröffentlichungen ermöglichen. Schon jetzt existiert eine Vielzahl von sogenannten alternativen Metriken, deren Ansatz teilweise weit über die Messung der klassischen Zitierhäufigkeit wissenschaftlicher Publikationen hinausgeht. Die Erhebung der Anzahl der (Online-)Leser, die Zahl der Kommentare, Tags, Bookmarks oder der Eintrag in Blogs oder Tweets deuten an, welches Potenzial die Webometrie mit alternativen Metriken künftig haben wird. Noch allerdings sind diese alternativen Metriken weit entfernt von einer systematischen Nutzbarkeit und Abdeckung wissenschaftlicher Inhalte und Disziplinen. Auf der Website Altmetrics.org werden eine ganze Reihe „alternativer“ Tools gelistet, die zur Impaktmessung eingesetzt werden können.38 Der Beitrag von Mike Thelwall u. a.39 gibt einen guten Überblick über die Geschichte der Webometrie, die bereits 1997 begonnen hat. Das große Problem von webometrischen Studien besteht darin, dass im Internet eine Vielzahl von verschiedenartigen Dokumenten, Doppelungen und Redundanzen, Spam und anderen Dingen zusammen mit hochwertigen Informationen zusammen vorkommen. Eine LinkAnalyse zum Beispiel führt hier zu großen Fehlergebnissen. Dennoch wird in dem Artikel dargestellt, wie man sinnvoll Netzwerke durch die Analyse von Weblinks, ­zwischen verschiedenen wissenschaftlichen Informationen und relevanten Webseiten herstellen kann. Eine Studie von Paul Wouters und Rodrigo Costas, CWTS Leiden, wiederum liefern eine umfassende und gut lesbare Zusammenfassung über aktuelle alternative Metriken.40 Mike Thelwall und Pardeep Sud erläutern drei verschiedene Arten, wie Webometrie betrieben werden kann.41 Die zentralen drei Grundformen der Webometrie sind: Linkzählung, Webnamenzählung sowie Zitation von URLs. Dabei werden auch In-

37 Mendeley. http://www.mendeley.com (31.03.2013). 38 Altmetrics. http://www.altmetrics.org (31.03.2013). 39 Thelwall, Mike u. Pardeep Sud: Policy-Relevant Webometrics for Individual Scientific Fields. In: Journal of the American Society for Information Science and Technology (2010) Bd. 61, H. 7. S. 1464–1475. 40 Wouters, Paul u. Rodrigo Costas: Users, narcissism and control – tracking the impact of scholarly publications in the 21st century. http://www.surf.nl/nl/publicaties/Documents/Users%20narcissism%20and%20control.pdf (31.03.2013). 41 Thelwall, Mike u. Pardeep Sud: A Comparison of Methods for Collecting Web Citation Data for Academic Organizations. In: Journal of the American Society for Information Science and Technology (2011) Bd. 62, H. 8. S. 1488–1497.

 35

36 

 Grundlagen bibliometrischer Analysen

formationen aus Yahoo und Bing über die Verbreitung, Zitation und Verlinkung von ­Organisationen im Wissenschaftsumfeld eingesetzt. Diese Technologien machen weitere bibliometrische Varianten möglich. Dennoch wird aber auch die Webometrie, obzwar sie sich die vielfältigen Messungsmöglich­ keiten der digitalen Welt zu Nutze macht, die prinzipielle Begrenzung der Biblio­ metrie, nur indirekt auf die Qualität und Bedeutung von wissenschaftlichen Veröffent­ lichungen zu schließen, nicht überwinden können.

Lernfragen Welche zwei grundlegenden Formen von bibliometrische Analysen unterscheidet man?

Was wird in einer Output-Analyse erfasst und welche besonderen Schwierigkeiten ergeben sich bei einer Output-Analyse?

Was wird bei einer Resonanz-Analyse bestimmt?



Neue bibliometrische Varianten 

Welche Annahmen muss man für die Erstellung einer Wahrnehmungsanalyse akzeptieren?

Warum erfordern bibliometrische Rankings besonderes Feingefühl?

Was versteht man unter „Sleeping Beauties“?

Beurteilen Sie die Bedeutung von Webometrie für die Zukunft:

 37

5  Bibliometrische Indikatoren Für die Erstellung von bibliometrischen Analysen ist die Auswahl der richtigen Indikatoren entscheidend. Ein bibliometrischer Indikator ist eine quantitativ erfass- und damit messbare Kennzahl, die eine Aussage zu einer wissenschaftlichen Veröffentlichung trifft. Die Anzahl von möglichen Indikatoren, die eine Aussage zu einer wissenschaftlichen Publikation machen, ist theoretisch unbegrenzt. Entscheidend für die Auswahl eines Indikators jedoch ist, welche Aussage denn getroffen werden soll. Somit determiniert der Zweck einer bibliometrischen Analyse und damit die Fragestellung an eine wissenschaftliche Publikation den auszuwählenden, sinnvollen Indikator. So kann man beispielsweise herausfinden wollen, wie oft die Publikation A von anderen zitiert worden ist. Der auszuwählende Indikator müsste demnach eine Aussage treffen, in wie vielen anderen Publikationen die Veröffentlichung A zitiert worden ist. Der auszuwählende bibliometrische Indikator wäre hier die Zitierhäufigkeit. Man könnte aber auch über die Publikation A wissen wollen, welche Wissenschaftler die Publikation A zitiert haben. Hier hilft die Zitierhäufigkeit nicht weiter, das Ergebnis dieser Frage kann nur eine Namensliste derjenigen Wissenschaftler sein, die die Publikation A zitiert haben. Einen Standardindikator für diese Frage gibt es übrigens nicht. Will man etwa wissen, aus welchen Ländern diejenigen Publikationen kommen, in denen die Publikation A zitiert wird, ist das Ergebnis eine Länderliste. Auch dieser Indikator ist kein Standardindikator. Auch weitergehende Fragestellungen an die Publikation A sind denkbar. So könnte man wissen wollen, aus welchen Fachdisziplinen diejenigen Wissenschaftler kommen, die Publikation A zitieren, wie lange sie schon in der Wissenschaft arbeiten, welche Bedeutung sie wiederum in der wissenschaftlichen Community haben usw. usw. Damit ergibt sich eine Vielzahl denkbarer Indikatoren, aber nicht alle sind womöglich messbar. Dies bedeutet eine weitere Einschränkung der potenziellen Indikatorenvielfalt. 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 USA Japan

321

319

317

315

313

309

303

294

287

281

280

87

86

86

85

82

78

74

70

66

63

60

Deutschland

81

82

81

78

78

78

76

74

72

72

73

Großbritannien

93

90

87

86

85

83

83

82

79

78

78

Frankreich

59

59

58

57

56

55

54

53

53

53

52

Schweiz

17

17

17

17

18

17

18

18

17

18

18

Kanada

42

41

42

43

43

45

45

45

45

45

45

Schweden

18

19

18

18

18

17

17

17

16

16

16

Italien

39

40

40

42

42

42

42

43

43

43

43

Niederlande

23

23

24

24

24

25

24

24

24

25

26

9

9

9

9

9

8

9

8

8

8

8

Finnland Südkorea

16

19

20

23

26

26

27

27

29

31

33

Brasilien

13

14

15

15

17

17

18

22

25

26

26

Indien

20

22

22

24

24

26

27

31

33

33

34

China EU15-Länder

35

41

45

52

61

71

81

86

92

102

110

350

350

348

343

341

338

336

332

326

325

324

EU12-Länder

31

33

33

34

35

34

35

39

41

41

41

EU27-Länder

372

374

372

368

366

363

361

360

357

356

355

Abb. 14: Anteile ausgewählter Länder und Regionen an allen Publikationen in SCI und SSCI (Quelle: http://www.bmbf.de/pubRD/Indikatorbericht_PFI_2011.pdf, S. 16.)



Menge des wissenschaftlichen Outputs 

Ein bibliometrischer Indikator muss also zunächst eine Antwort geben auf die Fragen, die an eine wissenschaftliche Veröffentlichung gestellt werden. Anschließend ist festzustellen, ob der Indikator, der eine Antwort auf die Frage bietet, erfassund messbar ist. Darüber hinaus ist es wichtig herauszufinden, mit welcher Treff­ sicherheit und mit welcher Qualität sowie mit welchem (vertretbaren) Aufwand der Indikator zu eruieren ist. Im nächsten Schritt kommt eine Aufwand-/ Nutzen-Abschätzung hinzu. Nicht jeder denkbare Indikator ist mit überschaubarem Aufwand zu ermitteln. Zusammengefasst bedeutet dies: Ein bibliometrischer Indikator muss zunächst eine Antwort geben auf die konkrete Fragestellung, die an eine wissenschaftliche Veröffentlichung gerichtet ist. Zweitens muss der Indikator messbar sein, denn ein nur denkbarer, aber nicht zu erhebender Indikator ist sinnlos. Drittens muss der Indikator mit einer hohen Treffsicherheit und Qualität erhoben werden können, seine Werte dürfen also keine Zufallsergebnisse darstellen. Und viertens muss der Indikator mit einer vorher festzulegenden Aufwand-/ Nutzen-Korrelation zu erheben sein.

 39

Wann macht eine bibliometrische Analyse einen Sinn? Der bibliometrische Indikator muss eine Antwort geben auf die konkrete Fragestellung. Der Indikator muss messbar sein. Der Indikator muss mit hoher Treffsicherheit und Qualität erhoben werden können. Der Indikator muss mit einem vorher festzulegenden Aufwand-/ Nutzen-Verhältnis zu erheben sein.

5.1 Menge des wissenschaftlichen Outputs Die Basiskenngröße für eine bibliometrische Output-Analyse ist die Messung und Bestimmung des wissenschaftlichen Outputs einer Person, einer Institution, eines Landes oder einer anderen (auf verschiedenen Ebenen aggregierten) Gruppe. Die Menge des wissenschaftlichen Outputs als Kennzahl der Bibliometrie schließt von vorneherein große Bereiche nicht-bibliometriegängiger Wissenschaftsleistungen aus. Man darf als Bibliometriker nicht müde werden, darauf hinzuweisen, dass neben Vorträgen, Seminaren, Anhörungen, Ausstellungen, Kommentaren, Rezensionen viele andere Arten von wissenschaftlicher Leistung nicht bibliometrisch nachweisbar sind und deshalb außerhalb scientometrischer Betrachtungen gewürdigt werden müssen. Die bibliometrische Bestimmung des Wissenschaftsoutputs beschränkt sich also strukturell bedingt auf jene Arten wissenschaftlicher Erträge, die „bibliometriegängig“ sind. Somit können nur diejenigen Formen von Output Eingang in bibliometrische Analysen finden, die als klassische Veröffentlichung gelten und entsprechend nachgewiesen werden können. Eine Erweiterung dieses Bibliometrieverständnisses bringt jüngst die Webometrie (siehe dazu Kapitel 5.6 Alternative Metriken). Dieser Indikator (also die Anzahl wissenschaftlicher Veröffentlichungen) ist nahezu die einzige bibliometrische Kennzahl, deren Erhebung von den relevanten und verfügbaren Datenbanken zur Bibliometrie unabhängig ist. Denn die Anzahl von Veröffentlichungen kann man sehr einfach zählen, in dem man alle verfügbaren Nachweisinstrumente thematischer und formaler Art (also Fachdatenbanken und bibliometrische Datenbanken) einbezieht, sowie beliebige Internetquellen, gedruckte Quellen und Literaturlisten der Autoren selbst berücksichtigt und auswertet. Damit kann man mit guter Näherung eine Vollständigkeit erzielen, die per se bei der Erhebung indirekter Indikatoren, wie etwa der Zitationsraten, nicht mehr möglich ist. Ein großer Aufwand ergibt sich bei der Erhebung der Anzahl wissenschaftlicher Veröffentlichungen durch den notwendigen Redundanzabgleich, der erforderlich ist, wenn viele verschiedene Quellen zur Bestimmung der Output-Menge herangezogen worden sind und damit Überschneidungen entstehen. In der Abbildung 15 ist die Entwicklung der allein im Science Citation Index ausgewerteten Beiträge über die Zeit dargestellt.

Bibliometrische Indikatoren P = Anzahl der Publikationen C = Anzahl der Zitationen CPP = Durchschnittliche Zitierhäufigkeit (Anzahl der Zitationen pro Veröffentlichung) H-Index = Hirschfaktor (berücksichtigt die Anzahl der Publikationen, Zitierungen und das Karrierealter) JIF = Journal Impact Factor (Maß für die Zitierhäufigkeit von Beiträgen in Zeitschriften)

 Bibliometrische Indikatoren

Anzahl der Veröffentlichungen

40 

40.000.000

Anzahl aller Publikationen im SCI

35.000.000 30.000.000 25.000.000 20.000.000

Publikationen im SCI

15.000.000 Anzahl der Veröffentlichungen

10.000.000

0

1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010

5.000.000

Jahr

Abb. 15: Anzahl der im Science Citation Index (SCI) ausgewerteten wissenschaftlichen Publikationen von 1990 bis 2010

Im Ergebnis einer solchen Analyse entsteht eine Liste mit Publikationen einer Person, einer Institution, einer Region oder eines Landes. Die (internationale) Abkürzung für die Anzahl der Paper ist N(p), was „Number oft Papers“ bedeutet. Definition N(p).

Die reine Anzahl der Publikationen ergibt jedoch noch keine wirklich brauchbare und qualifizierte Aussage über die Leistungsfähigkeit des Untersuchten. Deshalb kann in einem zweiten Schritt eine Einteilung nach Publikationsarten erfolgen. Diese Einteilung ist natürlich frei und damit auch beliebig, es haben sich jedoch in der Praxis einige berücksichtigte Standardformen durchgesetzt. So unterteilt man in Monographien (also Bücher), in Beiträge zu Büchern, Zeitschriftenaufsätze und Konferenzbeiträge in Sammelbänden. Darüber hinaus unterscheidet man zwischen der Autorenfunktion und der Herausgeberfunktion von Büchern und Sammelbänden. In einem dritten Schritt kann man die Spezifika der Zeitschriftenbeiträge ausdifferenzieren. Dazu stellt man Fragen folgender Art: In welcher Art von Zeitschrift ist der Aufsatz publiziert worden, welche Bedeutung und Qualität hat die Zeitschrift (Impact factor!), sind die Beiträge dort qualitätsgeprüft und einem Peer Review unterzogen usw. Selbstverständlich kann man, noch ohne die Resonanz-Analyse und ihre speziellen Indikatoren bemühen zu müssen, verschiedene weitere Untersuchungen mit den Ergebnissen der Output-Analyse anstellen. Wie oben ausgeführt, sind diese Fragen nahezu unbegrenzt und beliebig. Wichtig jedoch ist allein, welche Sinnhaftigkeit die Fragen haben, die man an die Ergebnisliste und ihre einzelnen Einträge stellt. So kann man die Artikellänge analysieren (der Aussagewert ist sicher umstritten), die Sprache feststellen, in der die Artikel publiziert sind, oder die Länder der Zeitschriften feststellen, in denen publiziert wurde. Es könnte aber auch sinnvoll sein, zu untersuchen, ob weitere Autoren an der Publikation mitgeschrieben haben (Ko-Autoren) und wie viele es sind. Darauf aufbauend kann man hinterfragen (und bibliometrisch



Menge des wissenschaftlichen Outputs 

herausfinden), aus welchen Instituten die Mitautoren kommen, aus welchen Ländern oder gar aus welchen (anderen) Wissenschaftsdisziplinen. Daraus lässt sich dann – und dies bereits in diesem frühen Stadium einer einfachen Output-Analyse – erkennen, ob unser Autor oft mit weiteren Autoren zusammen publiziert, ob es ein „Team“ ist , das da (öfter?) zusammen arbeitet, oder ob eine offensichtliche wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Institutionen existiert. Es ließe sich auch herausfinden und (womöglich) stichhaltig interpretieren, dass mit diesen Publikationen eine Interdisziplinarität verbunden ist, die so vielleicht vorher nicht gesehen wurde. Danach könnte man herauszufinden versuchen, welche verschiedenen Disziplinen hier an einem Forschungsthema zusammen arbeiten. Selbstverständlich lassen sich auch zeitliche Verläufe aus der Publikations­ häufigkeit ableiten: Man kann schauen, ob es Phasen intensiver Publikationstätigkeit gab und ableiten, welche Themen zu welchen Zeiten für das untersuchte Institut oder die untersuchte Person besonders wichtig waren. Oder analysieren, wie sich Publikationsanteile von Ländern über die Jahre verändern. Der Aussagewert einer Output-Analyse, also des ersten bibliometrischen Schrittes, ist nicht so gering, wie er oft dargestellt wird. Natürlich kann die „nackte“ Zahl noch keine Aussage darüber treffen, wie gut oder schlecht ein Wissenschaftler oder ein Institut eigentlich ist und auch ein Ranking auf Basis der reinen Outputzahlen sagt noch nichts aus. Aber eine vertiefte Analyse, wie sie in den Beispielen oben geschildert worden ist, kann sehr wohl qualitative Aussagen über den Verlauf von Forschung, besonderen Themenschwerpunkten oder wissenschaftliche länder- und institutionenübergreifende) Forschungskooperation ermöglichen. 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 USA

100

99

99

98

98

96

94

92

89

88

87

Japan

100

99

99

98

95

90

86

81

76

73

70

Deutschland

100

100

99

97

96

95

93

91

89

89

90

Großbritannien

100

97

94

93

91

90

90

89

85

84

85

Frankreich

100

99

98

96

94

93

92

89

90

89

88

Schweiz

100

97

97

100

102

101

104

103

102

104

107

Kanada

100

99

100

103

104

108

109

108

108

109

108

Schweden

100

103

102

98

97

96

94

92

89

89

90

Italien

100

104

105

109

110

110

110

112

111

112

111

Niederlande

100

100

103

103

103

106

105

104

103

107

111

Finnland

100

104

101

100

99

95

97

94

92

91

91

Südkorea

100

117

126

142

159

165

170

167

182

192

206

Brasilien

100

106

116

119

133

134

143

172

195

201

201

Indien

100

106

110

117

120

126

134

150

160

161

169

China

100

118

129

150

176

203

233

247

264

293

316

EU15-Länder

100

100

99

98

97

97

96

95

93

93

93

EU12-Länder

100

106

108

110

114

112

115

125

133

133

132

EU27-Länder

100

100

100

99

98

98

97

97

96

96

95

Welt

100

100

100

100

100

100

100

100

100

100

100

Abb. 16: Entwicklung der Anteile ausgewählter Länder und Regionen an allen Publikationen in SCIE und SSCI (Quelle: http://www.bmbf.de/pubRD/Indikatorbericht_PFI_2011.pdf, S. 17.)

 41

Mögliche Fragestellungen bei der Outputanalyse: – Anzahl der Publikationen – Art der Publikation – Bedeutung der Publikationsorgane – Art des Peer-review-Prozesses Mögliche Untersuchungsfelder bei Outputanalysen: – Autorenfunktion (Mitautor, Herausgeber, Mitherausgeber) – Anzahl der Koautoren / Mitherausgeber – Disziplinen der Autoren – Zeitverläufe – Sprache – Artikellänge – Herkunftsland der Autoren und / oder der Zeitschrift / Verlag

42 

 Bibliometrische Indikatoren

Insgesamt ergibt die Messung der Anzahl von Publikationen aber nur einen Hinweis auf die Produktivität der untersuchten Institution oder Person, aber nicht auf deren Relevanz. Auch ein Vergleich etwa von Personen aus unterschiedlichen Disziplinen oder gar nur unterschiedlichen Forschungsschwerpunkten kann auf der Basis einer Output-Messung noch nicht qualitativ interpretiert werden. Zu unterschiedlich sind die einzelnen Publikationskulturen und -gewohnheiten, als dass eine belastbare Aussage aus dem reinen Produktivitätsvergleich ableitbar wäre.

5.2 Zitierhäufigkeit, Zitierrate

Zitierrate Unsicherheiten bei der Bestimmung der Zitierrate: – Die erhobene Zahl der Zitierungen ist nie vollständig. – Die Bestimmung der Anzahl der Zitierungen ist händisch nicht realisierbar, d. h. man ist abhängig von maschinell ermittelten Zitaten. – Unsicherheit der Interpretation der Zahl der Zitate (die ermittelte Zahl allein ist wertlos).

Mit den Kennzahlen „Zitierhäufigkeit“ und „Zitierrate“ beginnt die Komplexität der indirekten bibliometrischen Indikatoren, die sich nicht unmittelbar aus der Veröffent­ lichungsliste ableiten lassen und deren Wert nur über eine mittelbare Annahme Aussagefähigkeit erlangt. Ist die Anzahl der Publikationen (Kapitel 5.1) noch relativ leicht und im Zweifel ohne weitere Hilfsmittel zu eruieren, so entsteht bei der Messung der Zitierrate ein Bedarf an (maschineller) Massenauswertung. Denn die Zitierrate bestimmt die Anzahl der Zitate, die eine bestimmte Publikation erhalten hat. Dabei wird schon im Ansatz erkennbar, dass die Bestimmung der Zitierrate mit drei Unsicherheiten behaftet ist: Erstens wird die erhobene Zahl der Zitierungen nie vollständig sein können, da es praktisch niemandem gelingt, sämtliche Publikationen weltweit nach Zitierungen der Ausgangspublikation zu untersuchen und zweitens ist die Bestimmung der Anzahl der Zitierungen ein „Massengeschäft“, das händisch praktisch nicht realisierbar ist. Schon damit ergibt sich, dass wir uns hierbei auf die Auswertung durch Dritte verlassen müssen, die wissenschaftliche Publikationen auf Zitierungen in anderen Publikationen untersuchen und entsprechend verzeichnen. Diese Arbeit erledigen Tausende von Wissenschaftlern und anderen Mitarbeitern der großen Datenbank­ anbieter, die bibliometrische Datenbanken auf dem Markt anbieten, händisch und maschinell. Bei der Erstellung bibliometrischer Resonanz-Analysen ist man einerseits abhängig von den arbeitsteilig ermittelten Daten der Anbieter auf dem Markt und darf gleichzeitig keine Vollständigkeit erwarten. Drittens müssen wir noch interpretieren (oder besser statistisch abschätzen), welche qualitative Aussage denn hinter der Zahl der Zitate steckt, die erhoben wird. Ohne Vorwissen (und dieses muss ganz gewaltig sein) können wir keine Aussage treffen, ob es viel oder wenig ist, wenn eine Publikation 10, 100, 1.000 oder 10.000-mal zitiert worden ist. Wieder einmal ergibt sich ein Sinn dieser Werte nur im Kontext anderer Zahlen, was bedeutet, dass Zitationszahlen immer relative Aussagen sind. Eine Zahl von 1.000 Zitierungen etwa wird uns nur dann hoch erscheinen, wenn der statistische Durchschnitt aller Zitierungen vielleicht bei 100 liegt. Sie muss uns hingegen niedrig erscheinen, wenn die Zahl der Zitierungen von Publikationen im Allgemeinen bei 10.000 läge. Dies müssen wir wissen (oder feststellen) damit eine (relative) Aussage über den Grundindikator „Anzahl der Zitationen“ überhaupt gemacht werden kann. Eine weitere Annahme ist noch gravierender: Nur wer akzeptiert, dass viele Zitierungen eine wichtigere Arbeit und wenige Zitierungen eine weniger wichtige Arbeit auszeichnen, kann die Zitat-Indikatoren samt aller ihrer Ableitungen in der Bibliometrie für qualitative Aussagen nutzen. Leider gibt es für diese Annahme keinen Nachweis, allenfalls Indizien.



Zitierhäufigkeit, Zitierrate 

 43

Der Grundindikator für die Anzahl der Zitationen ist N(C), also die Number of Citations.

Wie bereits beim Grundindikator N(P), also der Anzahl der Veröffentlichungen, kann man den Indikator N(C) in eine beliebige Zahl von Relationen setzen und interpretieren. In diesem Kapitel wollen wir die Wichtigsten ansehen. Meist wird bei der Bestimmung der Zitierhäufigkeit nicht die absolute Zahl der Zitierungen gewählt, sondern die Anzahl der Zitate pro Veröffentlichung, die dann Zitierrate genannt und mit CPP abgekürzt wird. CPP bedeutet Citations per Paper.

Man kann die Zitierrate, ähnlich wie die Anzahl der Zitate, berechnen für eine Person, eine Institution, eine Region oder ein Land. Für einen konkreten Wissenschaftler etwa berechnet man die Zitierrate indem man die Zahl aller Zitierungen, die die Publikationen des Wissenschaftlers erhalten haben, durch die Anzahl seiner Publikationen teilt, also CPP = N(C) / N(P). Berechnung der Zitierrate: CPP = N(C) / N(P) mit CPP = Anzahl der Zitate pro Veröffentlichung (Citations per Paper ) N(C) = Anzahl der Zitate N(P) = Anzahl der Veröffentlichungen

Beispiel: Ein Wissenschaftler hat im Zeitraum 1990–2010 50 Veröffentlichungen geschrieben und 1.000 Zitierungen erhalten, so ergibt sich eine Zitierrate von 1.000 / 50 = 20. Damit beträgt die Zitierrate des Wissenschaftlers im gesetzten Zeitraum 20

Es drängt sich sofort auf, dass man nun die Anzahl der Zitierungen oder die Zitierrate in ganz beliebige Verhältnisse zu anderen Indikatoren der Veröffentlichungsumgebung setzen kann. So lässt sich der Zeitraum, für den die Erhebungen gemacht werden, variieren, es lassen sich zeitliche Verläufe darstellen, man kann die Höhe der Zitierungen in Gruppen strukturieren (etwa hohe Zitierungen, mittlere und niedrige, wobei auch hier die Relativität der Werte klar sein muss: Ohne Bezugssystem und ohne Bezugsgröße ist auch hier wieder keine Aussage möglich), man kann ältere und neuere Artikel und ihre Zitierraten vergleichen usw. Es ergibt sich also die komplette statistische Auswertemöglichkeit, die bereits in Kapitel 5.1 erwähnt worden ist. Als Beispiel für eine der Unmengen an Varianten liefert der Artikel von Erjia Yan and Ying Ding.42 In diesem Beitrag wird die Zitierrate gewichtet und damit eine entsprechende Aussage über Bedeutung und Prestige sowie Popularität eines Artikels gewonnen. Außerdem gibt dieser Beitrag interessante Hinweise über die Weiterentwicklung des von Google bekannten PageRank in ein CiteRank Model.

42 Yan, Erjia u. Ying Ding: Weighted Citation: An Indicator of an Article’s Prestige. In: Journal of the American Society for Information Science and Technology (2010) Bd. 61, H. 8. S. 1635–1643.

Definition N(C)

Definition CCP

44 

 Bibliometrische Indikatoren

Selbstzitate von Autoren herausfiltern: Wer bei der Zitatanalyse Wert legt auf ausschließlich externe Betrachtungen filtert die Selbstzitate des Autors heraus.

Ein besonderer Effekt kommt jedoch bei der Resonanz-Analyse hinzu: Hier kann man auf weiteren Ebenen die zitierenden Veröffentlichungen, also diejenigen Publikationen, die das Ausgangspaper zitiert haben, auf die verschiedensten Faktoren hin untersuchen. So ergibt sich eine Zitationsanalyse auf einer Metaebene (oder sogar auf den Metaebenen 1., 2. und x-ter Ordnung), indem man z. B. herausfindet, welche Wissenschaftler die Ausgangspublikation zitieren, in welchen Ländern sie arbeiten, welche Sprachen sie benutzen, welchen Disziplinen sie angehören etc. Hieraus ergeben sich die verschiedensten (denkbaren) Kombinationsmöglichkeiten und neue Fragestellungen, die man sowohl an den Zitierenden als auch an das zitierende Paper stellen kann. Immer wieder jedoch muss die Ausgangsfrage konzis beantwortet sein, was denn eine „Inbeziehungsetzung“ bedeutet und welche Aussage eigentlich getroffen wird. Mit Statistik lässt sich bekanntlich auch Unsinn vergleichen und deshalb ist es erforderlich, dass zunächst geklärt ist, auf welche Frage man denn eine Antwort haben möchte oder (falls sich Antworten aus der Statistik ergeben) welche Aussage die erhaltenen Relationen eigentlich besitzen. Eine Besonderheit stellt die Analyse der Selbstzitate dar. Oftmals zitieren sich Autoren in wissenschaftlichen Beiträgen selbst und verweisen auf andere eigene Veröffentlichungen. Dies ist zunächst nichts Besonderes und auch nichts Verwerfliches, wird doch oft (und sinnvollerweise) auf die eignen wissenschaftlichen Vorarbeiten Bezug genommen und ist man als Autor oftmals einer der wenigen Experten in seinem Forschungsgebiet. Allerdings kann man mit der häufigen Selbst- oder Eigen­ zitierung auch seine eigene Zitationsrate in die Höhe treiben und damit einen Wettbewerbsvorteil erzielen. Deshalb wird bei bibliometrischen Resonanz-Analysen oft der Anteil der Selbst - oder Eigenzitierungen herausgerechnet, um hier vorzubeugen und Vergleichbarkeit zu erreichen. Gleichzeitig geht man davon aus, dass ein Fremdzitat einen größeren wissenschaftlichen Wert besitzt als ein Eigenzitat. Wenn man Zitierungen im Verlaufe der Zeit analysiert, erhält man einen ideal­ typischen Verlauf. Etwa zwei Jahre nach der Veröffentlichung des Artikels kann man mit der Berechnung der Zitierungen beginnen, vorher macht eine Zitatanalyse keinen Sinn, da es eine ganze Weile dauert, bis der Beitrag in der jeweiligen Community angekommen und rezipiert worden ist. Die Zahl der Zitierungen steigt auf ein bestimmtes Niveau und fällt nach relativ kurzer Zeit (einige Monate bis wenige Jahre) wieder ab. Dieser „normale“ Verlauf spiegelt damit den Lebenszyklus einer wissenschaftlichen Veröffentlichung wider. Nach einer Veröffentlichung dauert es eine bestimmte Zeit (etwa 2 Jahre) bis zur maximalen Wahrnehmung, dann wird die Publikation über einige Jahre konstant zitiert, um dann wieder „in Vergessenheit“ zu geraten. Neue Ergebnisse und Veröffentlichungen sind dann wichtiger. Die genauen Zeiträume, also wie lange und wie oft Veröffentlichungen zitiert werden und wann die Aufmerksamkeitsphase vorübergeht, hängen stark von der Disziplin und den Themen ab. Es gibt bei bibliometrischen Analysen viele Abweichungen von dieser Standardverteilung. Sleeping Beauties sind wissenschaftliche Veröffentlichungen, die über Jahre und Jahrzehnte wenig oder nicht zitiert werden, bis sie eines Tages „aufgeweckt“ werden. Dies kann etwa am neu erwachten Interesse am Thema liegen, womöglich war die Zeit für das Paper zum Veröffentlichungszeitpunkt noch nicht „reif“, oder das Thema ist durch politische Entscheidungen wieder in den aktuellen Blickpunkt gerückt worden.

Anzahl der Zitate



Zitierhäufigkeit, Zitierrate 

400

Anzahl der Zitation von Prof. Dr. Peter Grünberg im SCI

350 300 250 200 150 100

Zitationsverlauf

0

1965 1967 1969 1971 1973 1975 1977 1979 1981 1983 1985 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011

50

Jahr

Abb. 17: Typischer Zitierverlauf eines High-Potentials: Hier der Nobelpreisträger für Physik 2007, Professor Dr. Peter Grünberg, Forschungszentrum Jülich

Auch für High Potentials, also überragende Wissenschaftler, existiert ein typischer Zitierverlauf: Nach der (üblichen) zeitlichen Verzögerung wird die Veröffentlichung auf hohem (nicht sehr hohem) Niveau zitiert, aber die Zitierhäufigkeit flaut über lange Jahre nicht ab. Unter anderem mit dieser Methode ermittelt Thomson Reuters seine Vorhersagen zu möglichen Nobelpreisträgern mit einer recht ordentlichen Wahrscheinlichkeit (Abbildung 17). Eine weitere Form der Resonanz-Analyse ist die Verfolgung von Patenten und Patent­zitaten. Dieses vielleicht spezielle Thema wird oft ignoriert, da es natürlich nur für technikorientierte Disziplinen von Bedeutung ist und relevante bibliometrische Datenbanken Patente und Patentzitate nicht abbilden. Tatsächlich jedoch sind in vielen wissenschaftlichen Disziplinen Patente als Forschungsoutput von großer Bedeutung und deren Zitierungen ein interessantes Maß für die Bedeutung der jeweiligen Patente bzw. ihrer Urheber. Patentlizenzen und andere technische Dokumente werden ebenfalls zitiert und stehen in einem besonderen Verhältnis zueinander. Adam Bartkowski hat in seinem Beitrag die Bedeutung von Patentdaten, Patentdokumenten und Lizenzdokumenten in Beziehung gesetzt, ihre Zitationen untersucht, das Zitationsalter analysiert und Zusammenhänge zwischen der Bedeutung des Patentes und der Zitierung herausgearbeitet.43 Bibliometrische Analysen können aber auch in ganzer anderer Form durchgeführt werden und Parameter untersuchen, die nicht auf Anhieb einen direkten Zusammenhang mit einer möglichen Leistungsbeurteilung ihrer Urheber vermuten lassen.­ So etwa die Analyse von bestimmten Schlüsselbegriffen in den Texten der Publikationen. Auf diese Weise lassen sich Themen identifizieren und Trends hochrechnen. Auch das gemeinsame Vorkommen von Schlüsselwörtern in mehreren Publikationen lässt sich interpretieren (Co-Word Analysis).

43 Bartkowski, Adam: Ausnutzung der Online-Datenbanken für die bibliometrische Bewertung neuer technischer Lösungen für Lizenzzwecke. In: PATINFO (1999). 21. Kolloquium der Technischen Universität Ilmenau über Patentinformation. Patent- und Markeninformation - Internet und Mehrwertdienste 10. und 11. Juni 1999. S. 87–105.

 45

 Bibliometrische Indikatoren

Es lassen sich also nahezu beliebig viele Fragen an Publikationen stellen, die sich alle unter den Begriff der Bibliometrie subsummieren lassen: So kann man die Länge der Artikel analysieren, die sprachlichen Besonderheiten, die Titelüberschriften etc. Hier sind der Phantasie (oder besser der wissenschaftlichen Neugierde) nahezu keine Grenzen gesetzt, vorausgesetzt, es ergibt sich immer ein Sinn in der jeweiligen Aussage. Derartige Analysen sind jedoch weniger geeignet, die Leistungsfähigkeit von Personen oder Institutionen zu eruieren, sondern sind Gegenstand von allgemeiner „Wissenschaftswissenschaft“. Die bibliometrische Analyse in Abbildung 18 zeigt, wie hoch die internationale Kooperation bei wissenschaftlichen Publikationen inzwischen ist. Gleichzeitig kann man erkennen, dass es deutliche Unterschiede zwischen den Disziplinen gibt.

53%

38%

63%

50%

28%

47%

62%

37%

50%

72%

Neurowissenschaften

100%

Genetik

N(p) mit internationaler Autorenschaft in %

80%

60%

40%

20%

N(p) mit internationaler Autorenschaft in % (SCI)

MASCHINENBAU

GENETIK

ORTHOPÄDIE

NEUROWISSENSCHAFTEN

Web of Science Fachgebiete

BIOCHEMIIE & MOLEKULARBIOLOGIE

Internationale Autorenschaft

Orthopädie

Maschinenbau

0% Biochemie & Molekularbiologie

46 

Deutsche Autorenschaft

Abb. 18: Wissenschaftliche Publikationen verschiedener Disziplinen mit deutscher und internationaler Autorenschaft

Eine besondere Herausforderung stellen bibliometrische Analysen von Einzelpersonen dar. In der Fachsprache verwendet man dafür den Terminus „individual-level bibliometrics“. Für diese Art der Analysen gelten ganz besondere „Sorgfaltspflichten“, denn die Bewertung von (wissenschaftlichen) Leistungen Einzelner kann ganz persönliche Konsequenzen nach sich ziehen. Die besondere Schwierigkeit liegt dabei keineswegs in der Durchführung der Recherche, der Auswahl geeigneter Indikatoren oder der Sicherstellung der eindeutigen Identität des Wissenschaftlers. Dies ist bei „individual-level bibliometrics“ sogar einfacher als bei der Analyse von Institutionen oder Ländern.



Zitierhäufigkeit, Zitierrate 

Die eigentliche Herausforderung besteht vielmehr in der Beurteilung der Konsequenzen der Ergebnisse von „individual-level bibliometrics“. Mehr als bei allen anderen Analysen ist nicht nur höchste Sorgfalt geboten, sondern muss die ermittelte Ergebnisunschärfe expliziert und der vorhandene Fehlerbalken, d.h. die Unschärfe der Analyse, mitgeteilt werden. Gerade wenn es um Aussagen zu Einzelpersonen geht, greift der besondere Schutz der persönlichen Interessen des Analysierten. Fehler in der Analyse und falsche Statistiken sind ein „no-go“. Völlig unabhängig davon, zu welchem Zweck“ individual-level bibliometrics“ durchgeführt wird und wer der Auftraggeber ist, die Daten, die erhoben und die Ergebnisse, die vorgelegt werden, haben das Potenzial für grundlegende Entscheidungen und bedürfen deshalb der besonderen Verantwortung des Bibliometrikers. Der Bibliometriker Wolfgang Glänzel von der Universität Leuven hat auf der ISSI Konferenz in Wien im Juli 2013 in seiner keynote auf die Besonderheiten von „individual-level bibliometrics“ hingewiesen und einige „Dos and Don´ts“ zusammengestellt: –– –– –– –– –– –– –– ––

Den Impakt Faktor nicht zur Messung von Forschungsqualität heranziehen Keine (verstecken) Filter in den Datenbanken bei der Recherche nutzen Keine Gewichtungen bei Ko-Autorenschaft verwenden Niemals Wissenschaftler nur aufgrund eines einzigen Indikators ranken Keine Größen kombinieren, die nicht vergleichbar sind Keine fehlerhaften Statistiken nutzen Kein blindes Vertrauen bei einzelnen „Super-Treffern“ Keine Deadlines und keinen Zeitdruck für die Erstellung von bibliometrischen Analysen akzeptieren

Stattdessen wird empfohlen, bei „individual-level bibliometrics“ qualitative und quantitative Methoden zu kombinieren, den Kontext mit einzubeziehen, in dem der wissenschaftliche Output entstanden ist, und neben den Veröffentlichungen auch eine Karriereanalyse mit zu integrieren. Schlussendlich wird empfohlen, mit den analysierten Personen das Ergebnis der bibliometrischen Analyse zu besprechen und auf Grenzen der Interpretation aufmerksam zu machen. Nur so kann „individual-level bibliometrics“ erfolgreich und unangreifbar, und damit allen Beteiligten gegenüber fair, erfolgen.

Beispiel: Ermittlung der Internationalität von Publikationen mit deutscher Beteiligung im Fach Genetik Das folgende Praxisbeispiel soll Ihnen zeigen, wie Sie innerhalb einer wissenschaftlichen Disziplin (hier: Genetik) die internationale Beteiligung bei Publikationen ermitteln. Mit diesem Beispiel wollen wir konkret ermitteln, wie viel Prozent der im Jahr 2010 erschienenen Publikationen zum Bereich ­Genetik mit internationaler oder nur deutscher Beteiligung erschienen sind.

Dazu wechseln wir in die Advanced Search im Web of Knowledge und überlegen uns die Parameter unserer Suchanfrage. Da wir lediglich das Erscheinungsjahr

 47

48 

 Bibliometrische Indikatoren

2010 analysieren ergibt sich py=(2010)44 als ein Teil der Suchanfrage. Das Themen­ gebiet ist auf den Bereich der Genetik beschränkt und wird durch sog. Web of Science Categories (hier: Genetics & Heredity) widergegeben. Daraus ergibt sich ein weiterer Suchterm wc=(genetics heredity). Um die Frage nach den im Jahr 2010 erschienen ­Publikationen zum Bereich Genetik mit internationaler und nur deutscher Beteiligung zu beantworten, müssen wir unsere Suchanfrage auf Publikationen mit deutscher Be­ teiligung ausrichten. Der neue Suchterm lautet: cu=(germany). Diese Suchanfrage listet sowohl Artikel mit nur deutscher B ­ eteiligung, als auch Artikel mit deutscher und internationaler Beteiligung auf. Die vollständige Suchanfrage lautet: py=(2010) and wc=( genetics heredity) and cu=(germany)

Abb. 19: Suchanfrage im Web of Knowledge zur Internationalität von Publikationen mit deutscher Beteiligung im Fach Genetik im Jahr 2010.

Diese Suchanfrage liefert Ihnen 2.07845 Treffer, die über die Funktion Analyze ­Results (Rank the records by this field: Countries/Territories) weiter bearbeitet werden ­müssen.

44  PY steht bei einer Suchanfrage für Year Published. Eine vollständige Liste der Field Tags im Web of Knowledge sehen Sie im Modus Advanced Search im rechten Bildschirmbereich. 45  Die Anzahl der gefundenen Treffer ist nicht immer gleich. Abhängig vom Zeitpunkt der Analyse kann die Anzahl der Treffer variieren, da beispielsweise neue Zeitschriften im Web of Knowledge in­ dexiert werden (damit ändert sich auch die Anzahl der Artikel zu einem bestimmten Thema), andere Voreinstellungen beim Web of Knowledge getätigt wurden oder unterschiedliche Lizenzen (z.B. Sci­ ence Citation Index Expanded) für dieses Produkt abgeschlossen wurden.



Abb. 20: Analyze Results im Web of Knowledge nach Countries/Territories.

Das Ergebnis der Trefferanalyse wird unten am Bildschirm angezeigt. Sie können erkennen, welche Länder (neben Deutschland) an den 2.078 gefundenen Publikationen beteiligt waren (hier: 96 Länder).

Abb. 21: Ergebnisse der Results Analysis nach Countries/Territories im Web of Knowledge

Zitierhäufigkeit, Zitierrate 

 49

50 

 Bibliometrische Indikatoren

Im nächsten Schritt müssen Sie den Anteil der Publikationen, die ausschließlich mit deutscher Beteiligung erschienen sind, herausfinden, um eine Aussage über die Internationalität bei Veröffentlichungen zu einem Forschungsbereich treffen zu können. Dazu muss die Treffermenge (hier: 2.078) weiter bearbeitet werden. Es wird eine neue Suchanfrage, mit der Sie die Beteiligung der anderen Länder eliminieren, gestartet (z.B. py=(2010) and wc=(genetics heredity) and cu=(germany) not cu=(USA)). Nachdem im vorliegenden Beispiel insgesamt 96 Länder neben Deutschland am Publikations­auf­kommen beteiligt waren, kann die Suchanfrage (z.B. not cu=(USA) not cu=(Algeria) not cu=(Turkey) etc.) sehr komplex werden. Wir machen einen Umweg über das Programm Excel, um die Komplexität der Suchanfrage bzw. der Suchterme zu reduzieren und exportieren die Ergebnisse der Results ­Analysis in Excel.

Abb. 22: Export von Ergebnissen aus der Analyze Results im Web of Knowledge im txt-Format.

Für den Import der Daten gehen Sie, wie im Praxisbeispiel zur Trend-Analyse gezeigt (Kapitel 4.4, Seite 29), vor. Wenn die Daten korrekt in Excel importiert wurden, markieren Sie bitte alle beteiligten Länder, außer Germany und kopieren die Auswahl in eine neue Excel-Arbeitsmappe (siehe nachfolgende Abbil­dungen).

Abb. 23: Importierte Ergebnisse aus Web of Knowledge in Excel



Abb. 24: Einfügen von Daten in Excel über die Einfügefunktion Transponieren

Nun können wir unsere sehr komplexe neue Suchanfrage ganz einfach in Excel ­erzeugen und in die Advanced Search kopieren. Dazu verwenden wir in der Zelle A2 folgende Excel-Formel und kopieren diese über die Felder B2 bis CQ2: f(x)=“not cu=“ &A1 (siehe nachfolgende Abbildung).

Abb. 25: Aufbereitung von Daten in Excel für weitere bibliometrische Analysen in Web of Knowledge.

Zitierhäufigkeit, Zitierrate 

 51

52 

 Bibliometrische Indikatoren

Mit Hilfe des Umweges über das Programm Excel haben wir die 96 Suchterme­ (not cu=Ländername) schnell generiert und müssen nicht alles einzeln eintippen. Kopieren Sie nun die Zeile 2 im Excel-Arbeitsblatt und wechseln Sie in die Advanced Search im Web of Knowledge. Nun kombinieren wir unsere erste Suchanfrage (py=(2010) and wc=(genetics ­heredity) and cu=(germany)) mit den in Excel erzeugten Suchtermen (siehe nachfolgende­ Abbildung).

Abb. 26: Kombination von Treffer-Sets im Web of Knowledge

Als Ergebnis dieser Suche erhalten Sie 761 Treffer bzw. Publikationen, die ausschließlich unter deutscher Beteiligung enstanden sind und können eine Aussage über Internationalität der Publikationen aus dem Jahr 2010 im Bereich Genetik treffen. Der Anteil der Publikationen mit internationaler Beteiligung beträgt 63 % (Berechnung: 1-(761/2078).

H-Index 

5.3 H-Index Über lange Zeit wurde für die Beurteilung der wissenschaftlichen Leistungsfähigkeit einer Person primär die Zitierrate in verschiedensten Varianten eingesetzt. Auch der Impaktfaktor, ein völlig ungeeignetes Maß für die Bewertung von Personen (siehe Kapitel 5.4), wurde und wird dafür verwendet. Erst vor wenigen Jahren wurde von dem amerikanischen Physiker Hirsch ein Indikator entwickelt, der eine genauere, objektivere und damit auch besser vergleichbare Bewertungsgrundlage für die wissenschaftliche Bedeutung von Einzelpersonen ermöglicht.46 Der Hirschfaktor ist, genau wie die Zitierrate, eine Kombination aus der Anzahl der Publikationen und der Zitierhäufigkeit. Er wird ermittelt, indem alle Publikationen einer Person in der Reihenfolge ihrer Zitierhäufigkeit abnehmend sortiert werden. Derjenige Wert, bei dem die laufende Nummer der Publikation mindestens so gross ist, wie die Zahl der Zitierhäufigkeit, bezeichnet den „Hirsch-Faktor“. Beispiel:47 Ein Wissenschaftler hat 8 Arbeiten publiziert. Listet man diese geordnet nach der Häufigkeit, wie oft sie zitiert worden sind, auf, kann man direkt ablesen, wie gross der Hirsch-Index ist: Anzahl Zitationen 1

32

2

25

3

21

4

13

5

7

6

5

7

4

8

1

Bei Zitathäufigkeiten 32, 25, 21, 13, 7, 5, 4, 1 ist der Hirschfaktor 5, weil fünf Veröffentlichungen mindestens fünf Mal, die restlichen höchstens fünf Mal zitiert wurden. Die sechste Veröffentlichung wurde ebenfalls fünf Mal zitiert, sie kann aber nicht mitgezählt werden, weil der Hirschfaktor damit auf 6 steigen würde, und fünf Zitierungen somit nicht mehr ausreichen würden.“

Wie aus dem Beispiel zu erkennen ist, berücksichtigt der Hirsch-Faktor Publikationen mit überdurchschnittlich geringer Zitierhäufigkeit und solche mit überdurchschnittlich hoher Zitierhäufigkeit weniger, als durchschnittlich oft zitierte Paper. Das bedeutet, Extreme werden ausgeklammert zugunsten eines möglichst „breiten“ Leistungsbildes. So etwa wird ein Wissenschaftler, der wenig publiziert, aber einen einzigen Beitrag mit sehr hoher Zitierhäufigkeit aufzuweisen hat, keinen überhohen HirschIndex erhalten (die Zitierrate würde hingegen durch diesen einzigen Beitrag deutlich steigen).

46 Hirsch, Jorge E.: An index to quantify an individual’s scientific research output. In: PNAS (2005) Bd. 102, H. 46. S. 16569–16572. 47 Ebd.

 53

54 

 Bibliometrische Indikatoren

Der Hirsch-Index wird seit seiner Einführung im Jahre 2005 sehr erfolgreich eingesetzt und ist inzwischen bei vielen Berufungsverfahren als Standard-Indikator etabliert. Es existiert inzwischen eine Vielzahl von Varianten des Hirsch-Faktors, jüngst wurde er sogar für die Analyse des Publikationsoutputs von Institutionen angewendet. Als so genannter robuster Faktor, der Negativ- wie Positiv-Spitzen eliminiert, ist der Hirsch-Index zwar kein Allheilmittel in der Bibliometrie, dennoch ist er als einfach zu berechnender und zu verstehender und zwischenzeitlich auch in allen relevanten bibliometrischen Datenbanken automatisiert zu generierender Indikator für die Beurteilung des Publikationsoutputs von Personen etabliert. Da der H-Index abhängig ist vom untersuchten Zeitraum, ist bei der Anwendung darauf zu achten, dies entweder anzugeben oder (das ist Standard) den H-Index für das gesamte Forscherleben zu erheben. Abbildung 27 zeigt die H-Werte für Wissenschaftler verschiedener Disziplinen. Wissenschaftler

Fach

H-Index

Jahr

Quelle

Philip W. Anderson

Physik

91

2005

http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/ articles/PMC2669244/

George M. Whitesides

Chemie

169

2011

H-index ranking of living chemists http://www.rsc.org/images/ H-index%20ranking%20of%20 living%20chemists(December%20 2011)_tcm18-211414.pdf

Wolfgang Holzgreve

Medizin

41

2013

http://www.wolfgang-holzgreve.de/ curriculum-vitae/wolfgang-holzgreve-cvdeutsch/index.html

Solomon H. Snyder

Biologie

191

2005

http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/ articles/PMC2669244/

Abb. 27: Werte für den H-Index ausgewählter Wissenschaftler verschiedener Disziplinen

Es muss dennoch ausdrücklich erwähnt werden, dass es keinen „Superindikator“ gibt, der – reduziert auf eine Zahl – ein objektives Bild für Output und Wahrnehmung wissenschaftlicher Publikationen liefern könnte. Auch der von Anthony van Raan am CWTS (Centre for Science and Technology Studies, Universität Leiden) entwickelte „crown indikator“ 48 ergibt – normalisiert über alle Fächer – lediglich eine über­disziplinäre Vergleichbarkeit der Kennzahlen, ebenso wie der am Forschungszentrum Jülich entwickelte J-Faktor.49

48 „Der Zitatenjäger“ titelt „Die Zeit“ einen Beitrag aus 2003 über Anthony van Raan, einen der bedeutendsten Bibliometriker unserer Zeit. An der Universität Leiden erforscht van Raan in seinem Institut die bibliometrischen Zusammenhänge und erstellt Analysen und Forschungstrends. In: Die Zeit – Der Zitatenjäger. Kann man die Qualität von Wissenschaft messen? Anthony van Raan arbeitet daran. Von Martin Spiewak. 29/2003 van Raan, Anthony F. J.: Measuring science. Capita selecta of current main issues. In: Handbook of quantitative science and technology research. The use of publication and patent statistics in studies of S&T systems. Hrsg. von Henk F. Moed, Wolfgang Glänzel u. Ulrich Schmoch. Dordrecht: Kluwer Academic Publishers 2004. S. 19–51. 49 Ball, Rafael [u. a.]: Creation of journal-based publication profiles of scientific institutions: A methodology for the interdisciplinary comparison of scientific research based on the J-factor. In: Scientometrics (2009) Bd. 81, H. 2. S. 38–392.

H-Index 

Es ist unter (seriösen) Bibliometrikern unumstritten, dass nur ein umfangreiches heterogenes Set an Indikatoren ein realitätsnahes Bild der Leistungsfähigkeit von Personen und Institutionen liefern kann. Im Beitrag „Does the h index for assessing single publications really work? A case study on papers published in chemistry” untersuchen Lutz Bornmann, Hermann Schier u. a. die Frage, ob der allseits bekannte und lang etablierte H-Index auch auf einzelne Publikationen angewendet werden kann. Der H-Index gilt ja, wie oben beschrieben, als die Kennzahl, die die wissenschaftliche Qualifikation eines Wissenschaftlers konkret beschreibt. Braun50 u. a. haben 2009 versucht, zu beweisen, dass der H-Index auch zur Bewertung von einzelnen Publikationen herangezogen werden kann. In der vorliegenden Studie51 wird gezeigt, dass die Anwendung des H-Index auf einzelne Publikationen nicht sinnvoll durchzuführen ist. Eine Verfeinerung des H-Index legen Elisabeth Vieira und José Gomes vor. In ihrem Artikel „An impact indicator for researchers“52 wird gezeigt, dass der H-Index alleine für die Bewertung einer einzelnen Person nicht optimal ist. Die Abwandlung des H-Index der Autoren wird als hnf Index bezeichnet und berücksichtigt eine Reihe von weiteren Kennzahlen, so etwa die unterschiedliche Publikationskultur in den Wissenschaften, sowie die Anzahl der Autoren pro Publikation. Damit wird der H-Index in ein differenzierteres Gesamtbild integriert und die Aussage über die Performance eines einzelnen Wissenschaftlers deutlich differenzierter und fairer. Einen Vergleich des H-Index und des Impaktfaktors in der Anwendung auf Beiträge und Journale aus der Pharmakologie und der Psychiatrie legen Pascal Bador und Thierry Lafouge vor.53 Dabei zeigen sie, dass in Abhängigkeit der verwendeten Disziplin der Impaktfaktor und der H-Index nicht immer alle parallel laufen. Differenzierte Betrachtung ist auch hier unbedingt erforderlich. Wie bestimme ich den H-Index eines Wissenschaftlers? Beispiel: Prof. Dr. Peter Andreas Grünberg Datenbasis: Web of Knowledge – Science Citation Index Expanded (SCI-EXPANDED) --1965-present, Social Sciences Citation Index (SSCI) --1990-present, Current Chemical Reactions (CCR-EXPANDED) --1985- present, Index Chemicus (IC) --1993-present.

Zu Beginn der Analyse müssen Voreinstellungen für Suchanfragen im Web of Science getätigt werden (Zeitrahmen bzw. Publikationsjahre, Datenbasen, Anzeigeeinstellungen der Trefferliste).

50 Braun, Tibor, Wolfgang Glänzel u. András Schubert: A Hirsch-type index for journals. In: Scientometrics (2006) Bd. 69, H. 1. S. 169-173 51 Bornmann, Lutz [u. a.]: Does the h index for assessing single publications really work? A case study on papers published in chemistry. In: Scientometrics (2011) Bd. 89, H. 3. S. 835–843. 52 Vieira, Elisabeth S. u. José A. N. F. Gomes: An impact indicator for researchers. In: Scientometrics (2011) Bd. 89, H. 2. S. 607–629. 53 Bador, Pascal u. Thierry Lafouge: Comparative analysis between impact factor and h-index for pharmacology and psychiatry journals. In: Scientometrics (2010) Bd. 84, H. 1. S. 65–79.

 55

Anthony van Raan (*1945), ist Professor für Quantitative Studies of Science an der Universität Leiden, Niederlande und Gründer des CWTS (Centre for Science and Technology Studies). Er ist einer der bedeutendsten Bibliometriker unserer Zeit. An der Universität Leiden erforscht van Raan in seinem Institut die bibliometrischen Zusammenhänge und erstellt Analysen und Forschungstrends. Dabei hat er eine ganze Reihe maßgebender bibliometrischer Indikatoren, etwa den „crown indicator“ entwickelt.

56 

 Bibliometrische Indikatoren

Abb. 28: Startbildschirm einer Advanced Search im Web of Science (Voreinstellungen)

Nach den Voreinstellungen wird eine Suche mit dem Autorennamen durchgeführt, die alle möglichen Schreibweisen und Abkürzungen des Namens Peter Andreas Grünberg berücksichtigt. Die Suchanfrage lautet au=(grunberg, p or gruenberg, p or grunberg, pa or gruenberg, pa) und liefert 185 Treffer.

Abb. 29: Suche nach einem Autorennamen im Web of Science (Advanced Search)

H-Index 

Im nächsten Schritt muss die Trefferliste weiter bearbeitet werden, da möglicherweise­ Publikationen eines gleichnamigen Autors (z. B. Grunberg, Paul) in den Ergebnissen enthalten sind. Die Trefferliste kann über die Search History angezeigt und dann ­weiter bearbeitet werden.

Abb. 30: Anzeige von Treffern nach einer Suche im Web of Science (Advanced Search)

Die Trefferliste kann über Refine Results nach verschiedenen Kriterien (Web of Science Categories, Research Areas, Authors, Group Authors, Editors, Source Titels, Book Series Titels, Publication Years, Organization Enhanced, Funding Agencies, Languages, Countries/Territories) weiter bearbeitet werden. Allerdings ist an dieser Stelle zu berücksichtigen, dass die Publikationsdaten, insbesondere bei “älteren” Veröffentlichungen nicht immer vollständig sind. So fehlen beispielsweise häufig Angaben zu Organization Enhanced, was die eindeutige Zuordnung von Publikationen erschwert.

Abb. 31: Trefferliste im Web of Science bearbeiten (Refine Results)

 57

58 

 Bibliometrische Indikatoren

Die nachfolgende Abbildung 32 zeigt die Bearbeitung (Refine Results) der Trefferliste nach Authors.

Abb. 32: Bearbeitung (Refine Results) einer Trefferliste im Web of Science nach Autoren

An dieser Stelle schränken Sie die Treffermenge auf die angebotenen Autorenschreibweisen Grunberg P (160), Grunberg PA (12) und Gruenberg P (9) ein. Das neu erzeugte Treffer-Set liefert 181 Ergebnisse. Im nächsten Schritt versuchen Sie Publikationen aus dem neuen Treffer-Set (181) eindeutig dem Autor Peter Andreas Grünberg zuzuordnen. Dazu versuchen Sie die gefundenen Publikationen in Beziehung zu den Stationen der wissenschaftlichen Karriere des Autors zu bringen. Hierfür benötigen Sie einen möglichst vollständigen Lebenslauf des Autors. Ein Blick auf den Lebenslauf von Prof. Grünberg zeigt die Stationen seiner wissenschaftlichen Karriere (Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main, Technische Hochschule Darmstadt, Carleton University Ottawa (Canada), Forschungszentrum Jülich, Universität Köln, Argonne National Laboratory Illinois (USA), Universität Sendai (Japan), Forschungszentrum Tsukuba (Japan)).

H-Index 

Abb. 33: Lebenslauf Peter Andreas Grünberg (Quelle: http://www.fz-juelich.de/portal/DE/ Forschung/Informationstechnologie/GMR/lebenslauf_gruenberg.html, Abruf: 27.05.2013)

Die Suchanfrage nach oben genannten Adressen (auch die unterschiedlichen Schreibweisen von Ortsnamen oder Postleitzahlen sind zu berücksichtigen) lautet ad=(frankfurt or darmstadt or ottawa or julich or juelich or yulich or 52428 or 52425 or koln or koeln or cologne or illinois or sendai or tsukuba) und liefert 919.610 Treffer.

 59

60 

 Bibliometrische Indikatoren

Abb. 34: Suchanfrage nach Adressen im Web of Science (Advanced Search)

Die Treffer aus der Suche nach Address werden nun mit den Treffen aus der Suche nach Author kombiniert. Verwenden Sie dazu die Advanced Search. Die Search History zeigt Ihnen die Treffer-Sets der vorangegangen Suchen. Die Suchanfrage lautet #2 and #3 und liefert 145 Treffer die dem Autor Peter Andreas Grünberg zugeordnet werden können.

Abb. 35: Kombination von Ergebnissen aus Suchabfragen im Web of Science (Advanced Search)

H-Index 

Aus dem Treffer-Set #2 (181) konnten 145 Treffer eindeutig dem gesuchten Autor zugeordnet werden. Als nächstes gilt es die Differenz aus den Treffermengen #2 (181) und #4 (145) zu ermitteln und eine Zuordnung vorzunehmen. Die Differenzmenge aus den Treffer-Sets #2 und #4 wird mit dem Befehl #2 not #4 bestimmt und liefert 36 Ergebnisse.

Abb. 36: Kombination von Ergebnissen aus Suchabfragen im Web of Science (Advanced Search)

Eine eindeutige Zuordnung der verbleibenden 36 Treffer zum gesuchten Autor durch weitere Suchanfragen liefert keine befriedigenden Ergebnisse mehr. Der letzte Schritt der Analyse besteht daher aus der intellektuellen Sichtung der Treffermenge #5 (36). Dazu sind Informationen/Schlagwörter über/zu die/den Forschungsthemen von Peter Andreas Grünberg notwendig (z. B. GMR, Ferro*, Resistan*, Magnetic*, Magneto* etc.). Hier kann eine freie Internetrecherche behilflich sein. Eine intellektuelle Sichtung der „Rest-Treffer“ (36) liefert weitere 29 Publikationen, die dem Autor Peter Andreas Grünberg zugeordnet werden können. Diese­ 29 Treffer werden ausgewählt und in die Marked List übernommen. Auch die 145 Treffer aus der Suchanfrage #4 (siehe Search History) werden in die Marked List übernommen, so dass für die weitere Analyse ein Gesamttreffer-Set von 174 Publikationen zur Verfügung steht. Die Bestimmung des H-Index von Peter Andreas Grünberg kann nun mit den Ergebnissen in der Marked List (174) erfolgen. Dazu wechseln Sie auf die Ansicht Marked List und führen mit Hilfe der Funktion Create Citation Report eine Zitat­ analyse durch.

 61

62 

 Bibliometrische Indikatoren

Abb. 37: Marked List einer Treffermenge aus Web of Science und Citation Report

Abb. 38: Ergebnisse eines Citation Reports aus Web of Science

Als Ergebnis erhalten Sie den H-Index von Peter Andreas Grünberg (hier: 35).

Impaktfaktor 

 63

5.4 Impaktfaktor Verfolgt man die Anwendungshäufigkeit des Impaktfaktors und glaubt man den Wissenschaftlern, die ihn so gerne als eigenen Leistungsindex benutzen, ist der Impaktfaktor ein wahrer Wunderindex und Alleskönner. Er wird eingesetzt, um die Bedeutung und Qualität von Zeitschriften zu dokumentieren und gleichzeitig ist der Impaktfaktor noch immer bei den meisten Berufungsverhandlungen von wissenschaftlichem Personal der Bewertungsmaßstab Nummer eins. Völlig zu Unrecht, wie man anhand der ausführlichen Analyse des Faktors leicht zeigen kann. Der Impaktfaktor ist einer derjenigen Indikatoren, der in die Anfangszeit des Instituts for Scientific Information des legendären Begründers der Massen-Bibliometrie Eugene Garfield fällt. Garfield, der als Chemiker auf dem Gebiet der Fachinformation tätig war, wollte herausfinden, wie man gute und weniger gute wissenschaft­ liche Zeitschriften voneinander unterscheiden kann. Dazu hat er den Journal Impact ­Factor, wie er korrekterweise heißt, entwickelt und vorgestellt. Der Impaktfaktor wird bestimmt durch die Anzahl der Artikel in einer Zeitschrift und der Anzahl der Zitate, die jeder Artikel bekommen hat. Dabei wird die Summe der Zitierungen durch die Zahl der Artikel geteilt. Da Zitierungen immer erst mit einer zeitlichen Verzögerung von rund 2 Jahren messbar sind, definiert Garfield den Journal Impact Factor als die Summe der Zitierungen geteilt durch alle Artikel einer Zeitschrift der vergangenen 2 Jahre. Dass dabei ein zweijähriger Zeitraum und nicht etwa 5 oder 10 Jahre gewählt werden, war Zufall, da Garfield nicht mehr Jahrgänge seiner Untersuchungszeitschriften zur Verfügung hatte. Der Impaktfaktor einer Zeitschrift für das Jahr 2013 ist somit die Anzahl der Zitierungen im Jahre 2013 auf alle Artikel dieser Zeitschrift geteilt durch die Summe der Artikel der Zeitschrift aus den Jahren 2011 und 2012. Mit dem Impaktfaktor wird damit tendenziell die Qualität einer Zeitschrift beschrieben. Die Basis ist dabei das Verhältnis der Artikelanzahl und der Summe der Zitierungen auf diese Artikel. Hat eine Zeitschrift einen hohen Impaktfaktor geht man gemeinhin davon aus, dass sie eine bessere, weil häufiger zitierte Zeitschrift ist. Ist der Impaktfaktor hingegen gering, scheint das Interesse der Wissenschaftler klein und die Qualität der Zeitschrift weniger gut. Wie alle Querschnittsfaktoren (statistisches Mittel) sagt der Impaktfaktor allerdings nichts über die Qualität einzelner Artikel aus: Es ist deshalb möglich, dass eine Zeitschrift ihren hohen Impaktfaktor und damit ihr gutes Image allein einigen wenigen, hoch zitierten Beiträgen verdankt, während die restlichen Artikel weniger oder kaum wahrgenommen werden. Damit wird schnell klar, dass ein Wissenschaftler nicht mit Hilfe des Impaktfaktors beurteilt werden kann. Dennoch wird der Impaktfaktor noch immer als Maß für die wissenschaftliche Exzellenz von einzelnen Personen missverwendet. Wissenschaftler bestimmen dabei häufig ihren „kumulierten Impaktfaktor“, indem sie die Impaktfaktoren mit der Anzahl ihrer Beiträge in den jeweiligen Zeitschriften multiplizieren und in der Summe aufaddieren (Abbildung 39). Natürlich hat es eine gewisse statistische Wahrscheinlichkeit, dass die Artikel ­eines Wissenschaftlers in einem Journal mit hohem Impaktfaktor ebenfalls häufiger zitiert werden. Andererseits kann er lediglich „Profiteur“ von anderen guten und oft zitierten Wissenschaftlern und deren Beiträge im gleichen Journal sein. Leider ist die Anwendung dieses Indikators als Bewertungsmaßstab von Einzelpersonen in der Wissenschaftspraxis nicht klein zu kriegen, obwohl mit dem H-Index inzwischen ein weit besserer Indikator vorliegt.

Beispielberechnung für den Impaktfaktor: Die Zeitschrift A hat in den Jahren 2010 und 2011 insgesamt 200 Artikel publiziert. Auf alle diese Artikel gab es im Jahr 2012 1000 Zitierungen JIF (Zeitschrift A im Jahr 2012) = 1000 / 200 = 5 Der Impaktfaktor des Jahres 2012 der Zeitschrift A beträgt also 5.

64 

 Bibliometrische Indikatoren

Anzahl Veröffentlichungen

Journal

Journal-Name

JIF (2011)

Summe

2

Journal 1

PSYCHOLOGICAL BULLETIN 

14,457

28,914

1

Journal 2

NATURE MATERIALS 

32,841

32,841

1

Journal 3

GENOMICS 

3,019

3,019

3

Journal 4

Annual Review of Analytical Chemistry 

9,048

27,144

1

Journal 5

PLOS BIOLOGY 

11,452

11,452

Kumulativer Impaktfaktor

 

 

 

103,370

Abb. 39: Journal Impact Factor (JIF) ausgewählter Zeitschriften und kumulierte Impaktfaktoren anhand fiktiver Annahmen.

Der Journal Impact Factor ist trotz (oder vielleicht sogar wegen) seiner weiten Anwendung nicht unumstritten, da er Entscheidungen darüber beeinflusst, in welcher Zeitschrift publiziert wird, für die leistungsorientierte Mittelvergabe eingesetzt und sogar für die Gewährung von Gehaltsboni bei Wissenschaftlern herangezogen wird. Dafür allerdings ist die eingesetzte Datengrundlage fragwürdig, da sie nicht transparent und damit nachvollziehbar gemacht wird.54 Die Bestimmung und Veröffentlichung des Impaktfaktors erfolgt im Journal Citation Report. Dieser enthält nur eine begrenzte Auswahl an Zeitschriften und ignoriert bei der Auswertung Webpublikationen ebenso wie Monographien und graue Literatur. Zudem ist unklar, welche Artikel gezählt werden. Offensichtlich auch solche, die im Allgemeinen nicht zitiert werden, etwa Editorials, Briefe oder Kurzreviews. Ein weiterer Kritikpunkt ist die (willkürlich) festgesetzte Auswertungszeitspanne von 2 Jahren. Für viele Disziplinen ist dies kein sinnvoller Zeitraum, insbesondere bei Disziplinen, deren „Erkenntnishalbwertszeit“ deutlich höher ist. Der Journal Impact Factor hängt denn auch sehr stark von der jeweiligen Wissenschaftsdisziplin ab. Abbildung 40 zeigt Beispiele des JIF einiger ausgewählter Zeitschriften.

Nr.

 

Disziplin

Zeitschrift

JIF (2011)

1.

 

Psychologie

PSYCHOLOGICAL BULLETIN 

14,457

2.

 

Physik

NATURE MATERIALS 

32,841

3.

 

Genetik

GENOMICS 

3,019

4.

 

Chemie

Annual Review of Analytical Chemistry 

9,048

5.

 

Biologie

PLOS BIOLOGY 

11,452 Quelle: JCR; Stand: 18.03.2013

Abb. 40: Der Journal Impact Factor hängt sehr stark von der jeweiligen Wissenschaftsdisziplin ab. JIF ausgewählter Zeitschriften in unterschiedlichen Disziplinen.

54 Rossner, Mike [u. a.]: Show me the date. In: The Journal of Cell Biology. (2007) Bd. 179, H. 6. S. 1091f.

Impaktfaktor 

 65

Abbildung 41 hingegen gibt für ausgewählte Disziplinen den durchschnittlichen Impaktfaktor (Aggregate Impact Factor) an, sowie die durchschnittliche Zitierrate (Aggregate Immediacy Index) in diesen Fächern.

Disziplin

Ø JIF (2010)

Ø Zitierrate (2010)

Geowissenschaften

1,880

0,438

Biowissenschaften

3,150

0,607

Chemie

2,788

0,531

Physik

2,231

0,488

Formalwissenschaften (Mathematik, Informatik, Systemwissenschaften)

1,355

0,233

Ingenieurwissenschaften

1,660

0,290

Medizin und Gesundheitswissenschaften

2,780

0,570

Angewandte Wissenschaften

1,597

0,295

Abb. 41: Durchschnittlicher Impaktfaktor (Aggregate Impact Factor) sowie durchschnittliche Zitierrate (Aggregate Immediacy Index) ausgewählter Disziplinen

Der Impaktfaktor ist zudem leicht manipulierbar, wenn Zitierzirkel aktiv werden. Der Impaktfaktor ist wie viele andere Faktoren in der Bibliometrie auch in einer Vielzahl von Varianten weiterentwickelt worden und nach wie vor auch als Zeitschriftenmaß in der bibliometrischen Forschung und Praxis präsent. Die meisten Verlage werben mit den Impaktfaktoren ihrer Zeitschriften und auch die inzwischen etablierten Open Access Journale beweisen ihre Relevanz und Wettbewerbsfähigkeit gegenüber kommerziellen Journalen noch immer mit dem Impaktfaktor. Miguel-Angel Sicilia, Salvador Sánchez-Alonso u. a. haben in einer Studie den Impaktfaktor von wissenschaftlichen Beiträgen in zwei verschiedenen Datenbanken untersucht.55 Dabei wählten sie die Computer-Wissenschaft als Disziplin aus. Im Ergebnis haben sie herausgefunden, dass die Impacts der Zeitschriften in der Computer-Wissenschaft sowohl im Journal Citation Reports (JCR) als auch in der Datenbank von Scopus, im Scimago Journal Rank (SJR) recht ähnlich ausgefallen sind. Beide Datenbanken seien somit geeignet für die Bewertung des Impacts wissenschaftlicher Zeitschriften. Einen ähnlichen Vergleich legen die Autoren im Beitrag „A bibliometric study of Video Retrieval Evaluation Benchmarking (TRECVid)“ vor.56 Eine Alternative zum Impaktfaktor auf Basis der Datenbank Scopus liefern Borja Gonzáles-Pereira und Mitautoren.57

55 Sicilia, Miguel-Angel [u. a.]: Comparing impact factors from two different citation databases: The case of Computer Science. In: Journal of Informetrics (2011) Bd. 5, H. 4. S. 698–704. 56 Thornley, Clare V. [u. a.]: A bibliometric study of Video Retrieval Evaluation Benchmarking (TRECVid): a methodological analysis. In: Journal of Information Science (2011) Bd. 37, H. 6. S. 577–593. 57 Gonzáles-Pereira, Borja [u. a.]: A new approach to the metric of journals’ scientific prestige: The SJR indicator. In: Journal of Informetrics (2010) Bd. 4, H. 3. S. 379–391.

Scimago Journal and Country Rank. Auf dieser Webseite kann man alle in der Datenbank SCOPUS enthaltenen Zeitschriften analysieren und vielfältige Indikatoren ermitteln – und das alles kostenlos. http://www.scimagojr.com/index.php

66 

 Bibliometrische Indikatoren

Dabei wird ein von der Größe der Zeitschrift unabhängiger Indikator entwickelt, der SCImage Journal Rank (SJR)-Indikator, der eine Kombination aus der Citationund Eigen-Vektor-Bedeutung der Journale entwickelt. Ganz ähnlich variieren Loet Leydesdorff und Lutz Bornmann den Impaktfaktor.58 Hierbei wird der Impaktfaktor als fraktionierter Impaktfaktor entwickelt und eine Normalisierung vorgenommen. Damit wird es möglich, die Beziehung von Zeitschriften und ihre Bedeutung in ein besseres Verhältnis zu setzen. Ein Verfahren zur Kombination des Eigenfaktors und der Bedeutung eines Artikels auf der Basis des Journal Citation Reports liefert der Beitrag von Péter Jacsó.59 Und schließlich sei auf den Beitrag von Cheng Zhang und seiner Ko-Autorin hingewiesen, die einen „Quality-Structure Index“ entwickelt haben. Dieser Index ist eine Kombination des Journal Impact Factors und des Eigenfaktors. Mit dem QualityStructure Index möchten die Autoren eine Kombination von Impakt- und Eigenfaktor, als qualitativ strukturelles Maß für Zeitschriften und deren Beiträge, liefern.60 Wie bestimme ich den Impaktfaktor einer Zeitschrift? Beispiel: Bestimmung des Impaktfaktors der Zeitschrift Psychological Bulletin im Jahr 2011.

Der Journal Impact Faktor (JIF) kann mit der Datenbank Journal Citation Reports (JCR) ermittelt werden.

Abb. 42: Startbildschirm des Journal Citation Reports (JCR Science Edition)

Folgende Rechercheeinstiege werden angeboten: –– Suche nach Zeitschriften eines Themengebiets, eines Verlags oder eines Landes – View a group of journals by Subject Category, Publisher, Country/Territory. –– Suche nach einer bestimmten Zeitschrift – Search for a specific journal. –– Anzeige aller Zeitschriften (Sortiermöglichkeit nach Zeitschriftenname, Anzahl der Zitierungen, JIF etc.).

58 Leydesdorff, Loet u. Lutz Bornmann: How Fractional Counting of Citations Affects the Impact Factor: Normalization in Terms of Differences in Citation Potentials Among Fields of Science. In: Journal of the American Society for Information Science and Technology (2011) Bd. 62, H. 2. S. 217–229. 59 Jacsó, Péter: Eigenfactor and article influence scores in the Journal Citation Reports. In: Online Information Review (2010) Bd. 34, H. 2. S. 339–348. 60 Zhang, Cheng [u. a.]: Quality-Structure Index: A New Metric to Measure Scientific Journal Influence. In: Journal of the American Society for Information Science and Technology (2011) Bd. 62, H. 4. S. 643–653.

Impaktfaktor 

Beispiel: Suche nach dem Journal Psychological Bulletin im JCR:

Abb. 43: Suche nach einer Zeitschrift im Journal Citation Reports (JCR Science Edition)

Eine Suche nach der Zeitschrift Psychological Bulletin im JCR bringt folgende Ergebnisse:

Abb. 44: Ergebnisse der Suche nach dem Journal Psychological Bulletin im JCR (JCR Science Edition)

–– Total Cites: Anzahl der Zitierungen im Betrachtungsjahr (hier: 2011). –– Impact Factor (hier: JIF 2011): Quotient aus Anzahl der Zitierungen im Betrachtungsjahr (hier: 2011) auf Artikel der letzten beiden Jahre (hier: 2009 und 2010) und Anzahl der Artikel der letzten beiden Jahre (hier: 2009 und 2010). –– 5-Year Impact Factor: Quotient aus Anzahl der Zitierungen im Betrachtungsjahr (hier: 2011) auf Artikel der letzten 5 Jahre (hier: 2006 bis 2010) und Anzahl der Artikel der letzten 5 Jahre (hier: 2006 bis 2010). –– Immediacy Index: Quotient aus Anzahl der Zitierungen im Betrachtungsjahr (hier: 2011) auf Artikel des Betrachtungsjahres (hier: 2011) und Anzahl der Artikel im Betrachtungsjahr (hier: 2011). Durchschnittliche Häufigkeit der Zitierungen im Betrachtungsjahr. –– Articles: Gesamtanzahl erschienener Artikel der Zeitschrift im Berichtsjahr (hier: 2011). –– Cited Half-life: Mittleres Alter der im Betrachtungsjahr (hier: 2011) zitierten Artikel der Zeitschrift. –– Eigenfactor Score: Maß zur Berechnung der Relevanz eines Journals. –– Article Influence Score: Maß zur Bestimmung der relativen Wichtigkeit eines ­Artikels. Weiterführende Informationen (z. B. Journal Self Cites und Journal Ranking) zur betrachteten Zeitschrift erhalten Sie durch klicken des verlinkten Titels (hier: PSYCHOL BULL).

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 Bibliometrische Indikatoren

Abb. 45: Detailansicht der Ergebnisse der Suche nach dem Journal Psychological Bulletin im JCR (JCR Science Edition)

5.5 Multi-Autorenschaft

Immer mehr Autoren verfassen ihre Veröffentlichungen gemeinsam: Im Jahr 2011 entstanden bereits 50 % aller in Europa verfassten wissenschaftlichen Artikel in Ko-Autorenschaft.

In vielen Disziplinen ist es wissenschaftliche Praxis, dass Publikationen nicht überwiegend von einem Autor geschrieben und veröffentlicht werden, sondern von zwei oder mehreren. Dabei haben die Autoren meist sehr unterschiedliche Funktionen im der Publikation zugrunde liegenden wissenschaftlichen Erkenntnisprozess und sind selten in gleichem Umfang an der Erarbeitung der Veröffentlichung beteiligt. Diese Besonderheiten gilt es im bibliometrischen Prozess zu berücksichtigen, damit bei einer Analyse auch die richtigen Schlüsse aus der Anzahl und Reihenfolge der genannten Autoren gezogen werden können. Mitautoren werden auch als Ko-Autoren bezeichnet und man spricht bei Mehrverfasserwerken auch von Mehrautorenschaft, Multiautorenschaft oder Ko-Autorenschaft. Während in den Geisteswissenschaften wissenschaftliche Publikationen in noch stärkerem Maße von nur einem Autor verfasst werden, sind in den Naturwissenschaften und der Medizin die überwiegenden wissenschaftlichen Publikationen Mehr­ autorenwerke. In wenigen Ausnahmefällen, etwa bei Lehrbüchern oder andern Spezialmonographien, gibt es auch in diesen Disziplinen Einautorenwerke. Dabei wird seit vielen Jahren eine Zunahme der Multiautorenschaft beobachtet. So sind 1998 nur 8 % der weltweit verfassten wissenschaftlichen Artikel in Ko-Autorenschaft entstanden, 2007 lag dieser Anteil bereits bei 22%, während 2011 bereits 50 % aller in Europa verfassten wissenschaftlichen Artikel in Ko-Autorenschaft entstanden sind.61 Mehrautorenwerke bedeuten dabei nicht immer gemeinschaftliches Forschen und Veröffentlichen. Oftmals reflektieren die Anzahl der Ko-Autoren und die Reihenfolge ihrer Nennung spezielle institutionalisierte Regeln und Hierarchieverhältnisse. So ist der erstgenannte Autor bei Publikationen aus der Physik meist der Leiter der

61 Anderson, Melissa S. [u. a.]: Authorship Diplomacy. Cross-national differences complicate allocation of credit and responsibility. http://www.americanscientist.org/issues/issue.aspx?id=12388&y= 0&no=&content=true&page=6&css=print (31.03.2013).



Alternative Metriken 

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Arbeitsgruppe oder der Institutsdirektor, in der Medizin hingegen steht diese Person aber an letzter Stelle der Autorennennungen. Nachweislich jedoch erhöht die Anzahl der Autoren deren Impakt, ohne dass sie in jedem Falle substanziell an den Forschungen oder am Verfassen der Publikation beteiligt gewesen sein müssen. Insgesamt ergibt sich ein statistischer Zusammenhang zwischen hoher Publika­ tionsrate und Ko-Autorenschaft. Es ist noch unerforscht, ob dieser Zusammenhang ein reines Mengenphänomen darstellt oder auf eine besonders intensive Wahrnehmung der Arbeiten zurückzuführen ist. In anderen Disziplinen listet man die Namen in alphabethischer Reihenfolge auf. Da nicht jeder Leser, nicht jeder Datenbankbetreiber oder jede wissenschaftliche Bibliothek mit diesen Nennungsregeln vertraut ist, kann leicht ein falscher Eindruck von Verantwortung für eine Veröffentlichung und Teilnahme an einem Werk seitens der Autoren entstehen. In bibliometrischen Analysen können in diesem Zusammenhang verschiedene Indikatoren ermittelt werden, so etwa die Anzahl der Ko-Autoren und Ko-Publika­ tionen.

5.6 Alternative Metriken Bibliometrische Analysen sind seit Jahrzehnten immer nur vornehmlich auf der Basis der bis dato einzigen verfügbaren Daten-Basis, dem Science Citation Index (SCI) erstellt worden, war doch der SCI das einzige vorliegende System, das mit (maschineller) Massenauswertung auch statistisch relevante kritische Massen an bibliometrischen Resonanzdaten bereitgestellt hat. Auch die Entwicklung und Markteinführung einer weiteren maschinenbearbeiteten und ausgewerteten Datenbank mit bibliometrischen Daten, die Datenbank Scopus von Elsevier, hat zwar einen Wettbewerb mit den Konkurrenzprodukten von Thomson Reuters initiiert, jedoch keine prinzipiell neue Art der Datenauswahl und -erhebung hervorgebracht. Zum klassischen Prinzip der Zählung von Publikationen und der Nachverfolgung ihrer Zitierung in anderen Publikationen (zitationsbasierte Metriken) existieren heute Alternativen. Diese bestehen einerseits in den neu und in Abgrenzung zu den klassischen, seit mehr als 50 Jahren erhobenen Kennzahlen, und andererseits im Versuch, Alterna­ tiven zu den eingeführt und oben genannten (kommerziellen) Datenbanken des SCI und Scopus zu entwickeln. Systeme wie SCImago Journal Rank (SJR), Eigenfaktor oder der Index SourceNormalized Impact per Paper (SNIP) stellen heute noch keine wirklichen Alternativen dar, sind allerdings geeignet, das Denken über Kennzahlen und die dafür eingesetzte Datenbasis zu befruchten und zu erweitern. Auf der Webseite Eigenfactor.org62 etwa werden der Impakt von wissenschaftlichen Zeitschriften und die Artikelbedeutung anhand einer fünfjährigen Zitiergeschichte berücksichtigt. Zudem ermittelt ein Kosten-Nutzen-Faktor das Verhältnis von Journal-Impact und Journal-Preis.63

62 Eigenfactor.org: Ranking and mapping scientific knowledge. http://www.eigenfactor.org (31.03.2013). 63 West, Jevin D [u. a.]: Author-Level Eigenfactor Metrics: Evaluating the Influence of Authors, Institutions and Countries Within the SSRN Community. In: Journal of the American Society for Information Science and Technology (2013) Bd. 64, H. 4. S. 787–801.

Eigenfaktor Der „Eigenfaktor“ gilt als alternativer Impaktfaktor. Auf dieser Webseite können wissenschaftliche Zeitschriften auf ihre Bedeutung hin analysiert und mit vielfältigen Parametern in Beziehung gesetzt werden. Der Zugriff auf die Analysetools ist kostenlos. http://www.eigenfactor.org/

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 Bibliometrische Indikatoren

Der SNIP hingegen bedeutet das Verhältnis der Zitierrate eines Artikels zur durchschnittlichen Zitierrate eines Artikels des gleichen Jahres und der gleichen Disziplin als Benchmark. Datenbasis ist die Datenbank Scopus.64 Auf der Seite SCImago wird eine ganze Reihe von statistischen Werten zu Zeitschriften und ihrer Nutzung aufbereitet. Basis sind die Daten der Elsevier Datenbank Scopus. 65 Erst die massenhafte Verfügbarkeit von frei zugänglichen Publikationsdaten und gegebenenfalls ihrer Resonanzwerte hat in jüngster Zeit das Entstehen sogenannter alternativer Metriken oder abgekürzt „Altmetrics“ (aus dem englischen „alternative metrics“) möglich gemacht. Da letztlich erst das Internet diese Art alternativer Metriken zulässt, spricht man hierbei auch von „Webmetrics“ oder in Anlehnung an den Begriff der Bibliometrie von „Webometrie“. So gibt es eine Vielzahl von Indikatoren und anderen Kennzahlen, die auf der Basis von im Internet frei zugänglichen Daten nicht mehr nur Aussagen über die Publikationshäufigkeit und ihre Wahrnehmung machen, sondern auch Aussagen ermöglichen, die über diese klassischen Kennzahlen hinausgehen. Dabei handelt es sich meist um nutzungsbasierte Alternativen, die mit den Downloadzahlen von digitalen Dokumenten experimentieren und das Ergebnis in ein Verhältnis zur Bedeutung der Publikation setzen.66 Auch die mögliche Verweildauer auf Webseiten kann eine Aussage über die Wichtigkeit dieser dort dargestellten Inhalte liefern. Weitere Schritte können die Analyse der jeweiligen Webseitenbesucher und deren jeweiligem wissenschaftlichen Profil sein. So kann nicht nur die Quantität der Webseitenbesuche, sondern auch ihre jeweilige Qualität gemessen und mit einem Indikator quantifiziert werden. Besucht etwa ein Wissenschaftler mit hohem H-Index eine wissenschaftliche Webseite, kann dies als Anzeichen von hoher Qualität dieser Webseite interpretiert werden. Wird hingegen diese Webseite nur von Unbekannten besucht oder von zweit- und drittklassigen Wissenschaftlern, kann man daraus schließen, dass ihre wissenschaftliche Relevanz nicht besonders hoch ist. Derartige innovative Projekte sind sinnvoll und förderungswürdig, geben sie doch bereits zum jetzigen Zeitpunkt methodische Hilfestellung für die Entwicklung alternativer Metriken, die aber erst dann vollumfänglich Wirksamkeit entfalten werden, wenn eine (statistische) relevante Zahl wissenschaftlicher Dokumente frei und kostenlos im Web zugänglich sein wird. Die Open Access-Bewegung trägt ihren Teil hierzu bereits jetzt bei. Die freie Verfügbarkeit weiterer wissenschaftlicher Inhalte im Web, auch jenseits der klassischen abgeschlossenen Dokumente, führt zu einer Vielzahl von Überlegungen und Ansätzen, wie wissenschaftliche Aktivitäten gemessen und bewertet werden können. Dazu zählen neben den bekannten zwei-dimensionalen wissenschaftlichen Dokumenten und Abhandlungen, Video- und Audiofiles, aber auch wissenschaftliche Inhalte, die im Rahmen der nur noch unvollständig erfassten und erfassbaren Vielzahl sozialer Medien wie Facebook, Twitter, Blog Systemen usw. zur Verfügung gestellt werden oder einfach „auftauchen“. Diese Web 2.0 Anwendungen haben nicht nur die wissenschaftliche Diskussion „web-gängig“ gemacht, sondern bieten eine

64 Moed, Henk F: The Source-Normalized Impact per Paper (SNIP) is a valid and sophisticated indicator of journal citation impact. http://arxiv.org/ftp/arxiv/papers/1005/1005.4906.pdf (31.03.2013). 65 SCImago: Journal & Country Rank. http://www.scimagojr.com (31.03.2013). 66 Bollen, Johan [u. a.]: A principal component analysis of 39 scientific impact measures. In: PLoS ONE (2009) 4(6). e6022. doi:10.1371/journal.pone.0006022.



Plattform für bleibende wissenschaftliche Aussagen, die bei der Beurteilung des Gesamtbilds wissenschaftlicher Leistungen von Personen und Institutionen nicht mehr vernachlässigt werden dürfen. Ebenso werden zunehmend größere Mengen an relevanter wissenschaftlicher Information, etwa in Form von Vorträgen und Präsentationen (Slideshare67) oder wissenschaftliche Software (GitHub68), für die Wissenschaftsgemeinde frei im Netz zur Verfügung gestellt. Auch die Erfassung und Messung dieser Formen des wissenschaftlichen Outputs lassen Aussagen über Aktivität, Qualität und Quantität der Forschung eines Wissenschaftlers zu. Auch vermeintlich internetferne Disziplinen wie Geschichte oder Archäologie bedienen sich bereits Web 2.0-Technologien, um relevante Aussagen zu treffen und wissenschaftlich anerkannte Diskurse im Netz zu führen (z. B der Wissenschaftsblog der Historiker69). Für die Erfassung alternativer Metriken existieren bereits eine ganze Reihe etablierter Dienste, die mit je unterschiedlicher Ausrichtung alternative Indikatoren er­heben, um wissenschaftlichen Output zu quantifizieren. Zu nennen sind hierbei Systeme wie impactstory.org, sciencecard.org, altmetrics.com oder readermeter.org.

5.7 Netzwerke und Cluster Werden bibliometrische Indikatoren auf einer höheren Ebene zusammengetragen, ergibt sich die Möglichkeit Netzwerke und Cluster zu bilden. So etwa stellt die Zahl der Zitierungen einer Publikation einen einfachen Wert erster Ordnung dar. Man kann diesen Wert mit der Zahl anderer Publikationen vergleichen und einfache Schlüsse daraus ziehen. Wenn etwa Publikation A zehnmal zitiert worden ist und Publikation B zwanzigmal, scheint diese Aussage eine Qualitätsfestlegung für Publikation B zu bedeuten. Bibliometrie höherer Ordnungen erhält man, wenn man sich zum Beispiel ansieht, in welchen Publikationen diese zehn bzw. zwanzig Zitierungen gemacht worden sind. So könnte sich ergeben, dass die zwanzig Zitierungen von Publikation B überwiegend in Publikationen erfolgt sind, die selbst minimal zitiert worden sind, wo hingegen die zehn Zitierungen der Publikation A aus Veröffentlichungen vorliegen, die selbst hoch zitiert sind. Damit relativiert sich die zunächst vorgenommene einfache Bewertung einer Publikation aufgrund ihrer Zitationszahlen. Analog dazu kann man diejenigen Wissenschaftler genauer analysieren, die die Beiträge zitiert haben und so Ergebnisse höherer Ebenen generieren. Die bereits genannten und unten erläuterten Datenbanken SCI und Scopus liefern solche Ableitungen höherer Ordnung allerdings nicht auf Knopfdruck. Verknüpft man hingegen Autoren, die sich gegenseitig zitieren, dann kann man hieraus Cluster bilden und ablesen, welche Wissenschaftler sich mehr und welche sich weniger oft zitieren. Bei entsprechender Menge ergeben sich hier graphische Bilder hoher Komplexität, die nicht nur Autorenbeziehungen, sondern auch Kontakte und Beziehungen innerhalb und zwischen wissenschaftlichen Disziplinen und ihren

67 Slideshare: present yourself. http://de.slideshare.net (31.03.2013). 68 GitHub: Build software better, together. https://github.com (31.03.2013). 69 Wissenschaft und neue Medien: Informationen, Berichte & Meinungen zu Wissenschaft, Verlage und Publizieren im Zeitalter der Neuen Medien. http://digiwis.de/blog/tag/geschichtswissenschaft (31.03.2013).

Netzwerke und Cluster 

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Alternativen zur klassischen Bibliometrie: impactstory.org sciencecard.org altmetrics.com readermeter.org

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 Bibliometrische Indikatoren

Themenfeldern anzeigen. Wiederum gilt hier, dass diese Zusammenhänge weder statistisch noch graphisch auf Knopfdruck aus den bekannten Datenbanken gewonnen werden können. Die Clusterbildung und ihre graphische Darstellung können sich auch auf Inhalte oder Regionen und Länder beziehen, so dass hierbei enge und weniger enge Zusammenarbeit erkennbar wird. Bibliometrische Analysen höherer Ebenen können beliebig gebildet werden, um die Qualität der Aussagen und die Komplexität und Dichte der Informationen zu erhöhen. So ist die Zahl der Zitate einer Veröffentlichung eine Aussage erster Ordnung, die Wahrnehmungsanalyse bereits eine Ableitung zweiter Ordnung. Wertet man nun die Zitate (wichtiges Zitat gegenüber weniger wichtigem Zitat), ergibt sich bereits eine Ableitung dritter Ordnung. Dies lässt sich so lange beliebig fortsetzen, bis die Wertungen der einzelnen Ergebnisse noch sinnhaftig sind. Eine ganz andere Frage ist die Verfügbarkeit hoch abgeleiteter Indikatoren. Sie ergibt sich nicht mehr direkt aus den Zitationsdatenbanken und muss gegebenenfalls mit großem Partikuläraufwand erstellt werden. Hier ist immer die Aufwand-NutzenRelation zu berücksichtigen. Ein weiterer Untersuchungsgegenstand ist die Analyse von sozialen Netzwerken, die das Verhältnis von zitiertem oder herunter geladenem Dokument und seinen Nutzern in einem multidimensionalen Netzwerk sichtbar, sowie aus- und bewertbar macht. So analysiert das Projekt MESUR70 Kontexte von wissenschaftlichen Publikationen und Dokumenten und stellt Zusammenhänge her zwischen Veröffentlichungen sowie zwischen Dokumenten und Personen. Allerdings stehen diese Projekte noch alle am Anfang und sind noch weit davon entfernt, belastbare und konzise Daten und Datenbeziehungen zu generieren, auf denen eine belastbare und aussagekräftige Publikations-, Resonanz- oder NutzungsAnalyse erstellt werden könnte, die möglicherweise dann als Grundlage für die Schaffung eines Qualitäts- und Qualifikationsprofils von Personen und Institutionen herangezogen werden kann. So nutzt das (halbkommerzielle) Wissenschaftlernetzwerk MENDELEY die dort von den Wissenschaftlern abgelegten und kollaborativ genutzten Dokumente und die jeweilige Verweil- und Nutzungsdauer zu Aussagen über die wissenschaftliche Bedeutung der jeweiligen Publikation. Auch die Verknüpfung von Personen und/oder Institutionen, die gleiche Dokumente lesen, kann auf diese Weise nachgewiesen und dargestellt werden.71 Vor dem Hintergrund einer immer stärkeren Verbreitung von internetbasiertem und frei zugänglichem wissenschaftlichen Output werden zukünftig einerseits alternative Metriken mit neuen Parametern und nutzungsgetriebenen Kennzahlen und andererseits Aussagen über Verknüpfungen von Personen und Institutionen eine immer wichtigere Rolle spielen. Es bleibt abzuwarten, ob diese neuen Entwicklungen von den kommerziellen Marktführern in ihre Produkte übernommen werden oder ob sich ein relevanter „Nebenmarkt“ entwickelt, der letztlich Eingang und Anerkennung finden muss im wissenschaftlichen Bewertungssystem generell.

70 MESUR: MEtrics from Scholarly Usage of Resources. http://www.mesur.org/Metrics.html (31.03.2013). 71 Mendeley. http://www.mendeley.com (31.03.2013).



Neben der Zitierung von wissenschaftlichen Publikationen und anderen freien Netzinhalten wird es immer interessanter und wichtiger, sich dem Thema der Zitierung von Daten anzunähern. Tatsächlich beweist Hailey Mooney in ihrem Beitrag, dass 61 % der Artikel Daten zitieren.72 Ganz offensichtlich ist die Autorin der Meinung, dass Daten keine bibliometrischen Grundlagen enthalten, dafür aber trotzdem es wert sind, zitiert zu werden. Die Gründe dafür, dass Daten nicht zitiert werden, liegen häufig darin, dass die Wissenschaftler dies als ihr geistiges Eigentum ansehen. Außerdem scheinen nur die veröffentlichten Beiträge und Bücher eine Ideengeschichte zu generieren, nicht aber die zugrunde liegenden Daten. Tatsächlich werden Daten nicht und nur unzureichend zitiert. Vor dem Hintergrund eines sich zunehmend etablierenden „Primärdatenbewusstseins“ in der Wissenschaft, wird sich auch für die Bibliometrie hier Handlungsbedarf ergeben können.

Lernfragen Welche Bedingungen muss ein bibliometrischer Indikator erfüllen?

Wie wird die Menge des wissenschaftlichen Outputs bestimmt?

72 Mooney, Hailey: Citing data sources in the social sciences: do authors do it? In: Learned Publishing (2011) Bd. 24, H. 2. S. 99–108.

Netzwerke und Cluster 

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74 

 Bibliometrische Indikatoren

Was sagt die Zitierrate aus und wie berechnet man sie?

Welche Annahmen muss man für die Zitierrate treffen?

Was bedeuten Selbst-Zitate?

Nennen Sie verschiedene Varianten von bibliometrischen Analysen:



Was bedeutet der H-Index und wofür kann er eingesetzt werden?

Wie berechnet man den Impakt Faktor?

Wofür wird der Impakt Faktor noch im großen Stil fälschlicherweise verwendet?

Nennen Sie Alternativen zum Impakt Faktor:

Netzwerke und Cluster 

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76 

 Bibliometrische Indikatoren

Welche alternativen Metriken kennen Sie?

Beschreiben Sie die Bedeutung von Netzwerken und Clustern:

6  Datenbanken für bibliometrische Analysen Bibliometrie steht und fällt mit der verfügbaren Datenbasis. Da Bibliometrie die quantitative Aussage zu Publikationsereignissen bedeutet, ist die Grundlage für biblio­ metrische Arbeiten eine möglichst breite Datenbasis über die zu beschreibende und zu analysierende Publikation oder ihres Autors, der Institution usw. Wer Aussagen zu nur einer Publikation machen möchte, dem genügt es, über diese Publikation zu verfügen, um sie zu beschreiben. Die Erhebung einfacher Metadaten zu einer Veröffentlichung, etwa Autor, Institution, Erscheinungsort, Jahr, Umfang oder Sprache, ist bereits eine einfache bibliometrische Aussage im Sinne einer Beschreibung. So verstanden, sind die Katalogisierer in den Bibliotheken der Welt also „Standardbibliometriker“. Möchte man hingegen über eine größere Anzahl von Publikationen Aussagen machen, etwa über die Anzahl der Veröffentlichungen eines Autors, einer Institution oder eines Landes oder aber die Wahrnehmung von Veröffentlichungen analysieren, dann genügt es nicht mehr, nur über eine Publikation zu verfügen. Jetzt wird es erforderlich, sich eine Datenbasis zu beschaffen, mit deren Hilfe die gestellten bibliometrischen Fragen beantwortet werden können. Es versteht sich aus dieser Herleitung von selbst, dass die Beschaffung der je eigenen Datengrundlage für eine bibliometrische Analyse erstens sehr mühsam ist und zweitens kaum vergleichbare bibliometrische Ergebnisse produzieren wird. Wenn die Datengrundlage aber intransparent ist und die Ergebnisse nicht nachvollziehbar sind, entsprechen sie nicht mehr dem Grundprinzip der Wissenschaftlichkeit und ihre Aussagen sind anzweifelbar. Tatsächlich haben sich Bibliometriker in den Anfangszeiten der Publikationsanalysen die jeweilige Datenbasis selbst zusammengesucht. Auch heute noch können vor allem speziellere Fragestellungen nicht auf Basis der verfügbaren Datenbanken beantwortet werden und der Analyst muss sich die gewünschten Daten aus anderen Quellen beschaffen. Dennoch verfügen wir heute über bibliometrische Datenbanken, die einen Großteil der für bibliometrische Analysen erforderlichen Fragestellungen beantworten können. Mehr noch: Durch eine konzise, transparente und professionelle Datenerfassung und Publikationsauswertung über einen langen Zeitraum stehen leistungsfähige Systeme zur Verfügung, die Bibliometrie auf einem so hohen Niveau, wie wir sie heute betreiben, erst möglich gemacht haben. Trotz der teilweise berechtigten Detailkritik, die im Nachfolgenden auch bei den besprochenen Datenbanken diskutiert wird, ist die Existenz der kommerziellen Datenbanken für eine professionelle Bibliometrie unabdingbar.

6.1 Science Citation Index (Thomson Reuters) Es ist für die Bibliometrie als großes Glück anzusehen, dass der Chemiker Eugene Garfield im Jahre 1955 begann, Publikationen systematisch zu erfassen und statistisch auszuwerten. Mit der Datensammlung des Science Citation Index durch Garfield und später durch die von ihm geschaffene Institution des Institutes for Scientific Information (ISI) begründete er bereits vor mehr als 50 Jahren die Datenbasis als Grundlage für professionelle bibliometrische Analysen (siehe dazu auch Kapitel 2 „Geschichte und Entwicklung der Bibliometrie“). Die lange Geschichte dieser Datenbank braucht hier im Detail nicht erzählt zu werden.

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 Datenbanken für bibliometrische Analysen

Entscheidend für den Umfang aber auch für die Qualität der Daten ist dieser im Verhältnis zur Geschichte der neueren Naturwissenschaften recht lange Zeitraum, in dem Veröffentlichungs- und Rezeptionsdaten in konziser und nachvollziehbarer Weise gesammelt wurden. Heute ist die Datenbank im Besitz des Medienunternehmens Thomson Reuters und existiert in einer zunehmend unübersichtlicher werdenden Vielzahl und Ausgestaltung. Hier ist es entscheidend darauf hinzuweisen, welche inhaltlich-strukturelle Entwicklung diese Datenbank genommen hat. War ursprünglich von Garfield nur eine begrenzte Anzahl an wissenschaftlichen Zeitschriften ausgewertet worden, so steht heute ein bunter Strauß von ausgewerteten Publikationen zur Verfügung. Das Herzstück der als Verkaufsbündel konfektionierten multiplen Datenbank „Web of Knowledge“ ist nach wie vor der Science Citation Index. Er wertet im Jahre 2013 3.757 Zeitschriften aus 100 Disziplinen aus und beschränkt sich im Wesentlichen auf Naturwissenschaften, Medizin und Ingenieurwissenschaften. Der SCI-Expanded verzeichnet im Jahr 2013 8.628 Zeitschriften aus 150 Fachgebieten. Nachdem sich auch in den Geistes- und Sozialwissenschaften ein zunehmendes Interesse, ja bisweilen sogar schon ein Bedarf an bibliometrischen Analysen ergeben hat, hat Thomson Reuters im Jahre 1973 auch noch einen Zitationsindex für die Sozialwissenschaften, den Social Science Citation Index (SSCI), im Jahre 1978 den Arts and Humanities Citation Index (AHCI) für die Geisteswissenschaften etabliert. Leider ist die Abdeckung in zeitlicher Hinsicht wie in der thematischen Breite noch so gering, dass verlässliche Analysen mit diesem Instrument noch nicht wirklich möglich sind. Hier zeigt sich einerseits deutlich, wie wertvoll eine Datenbasis ist, die über einen sehr langen Zeitraum aufgebaut wurde, aber auch die Besonderheit der jeweiligen Publikationskulturen im Hinblick auf ihre Auswertung. Neben den genannten Citation Indices erstellt Thomson Reuters auch den Conference Proceedings Citation Index, der aus den ursprünglichen ISI Proceedings hervorgegangen ist und Konferenzbeiträge auswertet. Auch der Journal Citation Report ist eine bibliometrische Datenbank, die auf Basis der Zitierungen von Artikeln in einzelnen Zeitschriftentiteln den Journal Impact Factor ermittelt (siehe Kapitel 5.4). Die Diskussion darüber, welche Medienformen und Einheiten in Zitationsdatenbanken ausgewertet werden sollen, besteht solange der SCI existiert. So ist jüngst als Ergebnis der zunehmend lauter gewordenen Forderungen der Wissenschaftscommunity der Book Citation Index etabliert worden. Er besteht seit 2011 und wertet wissenschaftliche Monografien aus. Damit ist eine Lücke geschlossen worden, die lange für Kritik an den Science Citation Indices gesorgt hatte, waren doch bis dahin Publikationen in Buchform und ihre Zitierungen von der Berücksichtigung ausgeschlossen. Anhand dieser Beispiele wird klar, wie eng die Möglichkeiten der Bibliometrie an die verfügbare Datenbasis geknüpft sind. Ohne die segensreiche Arbeit von Eugene Garfield wäre Bibliometrie heute in dieser Form nicht möglich. Abbildung 46 zeigt die Abdeckung des SCI in verschiedenen Disziplinen über die Jahre. Deutlich wird dabei, dass mit Medizin, den Lebenswissenschaften und der Physik die zentralen STM-Themen abgedeckt sind. Gleichzeitig beschleicht viele Bibliometriker ein ungutes Gefühl, sich bei der Erstellung ihrer Analysen auf die Daten eines kommerziellen Unternehmens stützen zu müssen, das zudem bis vor wenigen Jahren ohne Wettbewerber auf dem Markt unterwegs war. Wer sich die bibliometrischen Datenbanken auf dem Markt nicht leisten kann, ist denn auch von Bibliometrie faktisch ausgeschlossen.

% Gesamtoutput SCI



Science Citation Index (Thomson Reuters) 

60

50

40

30

20

2010

2009

2007

2008

2006

2005

2004

2003

2002

2001

1999

1997

1998

1996

1995

1994

1992

1993

1991

1990

0

2000

10

Medizin u. Gesundheitswissenschaften Biowissenschaften Physik Chemie Ingenieurwissenschaften Angewandte Wissenschaften Formalwissenschaften (Mathematik, Informatik, Systemwissenschaften) Geowissenschaften

Abb. 46: Anteile wissenschaftlicher Publikationen verschiedener Disziplinen an der Gesamtanzahl der im SCI ausgewerteten Beiträge von 1990–2010

Eine weitere Aufgliederung und Spezialisierung der bibliometrischen Datenbanken wird von Thomson Reuters mit der Entwicklung regionaler bibliometrischer Datenbanken vollzogen. Damit ist eine Diskussion aufgenommen worden, die das Primat der Berücksichtigung primär nordamerikanisch-europäisch-japanischer Wissenschaft in englischer Sprache im SCI kritisiert. Nicht zuletzt der Aufstieg von China als relevante Wissenschaftsnation (die aus den bisherigen „big three“ eine „big four“ gemacht hat, wobei China Japan im Forschungsoutput längst überholt hat) hat dazu geführt, dass Thomson Reuters nun nicht nur einen Chinese Citation Index gelauncht hat, sondern in Zusammenarbeit mit der Regional Library in Shiraz/Iran auch einen Arabic Citation Index erstellt. Damit soll sichergestellt werden, dass relevanter Forschungsoutput auch aus diesen Sprach- und Kulturräumen in Zitationsdatenbanken Berücksichtigung findet.

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 Datenbanken für bibliometrische Analysen

Es stellt sich natürlich die Frage, warum nicht auch andere Sprach- und Ländergruppen (z. B. ein spanischer Zitationsindex zur Berücksichtigung des Forschungsoutputs aller spanischen und südamerikanischen Länder) aufgebaut werden soll. Die Diskussionen darüber sind sicher noch nicht beendet. Der grundsätzliche Aufbau des WoS und der dort ausgewerteten Zeitschriften richtet sich nach den Bewertungen des Journal Citation Reports. Nur wenn eine Zeitschrift einen bestimmten Impaktfaktor über einen längeren Zeitraum erhalten hat, wird sie im WoS ausgewertet und ist Bestandteil des Journal-Sets als Basis der bekanntesten Zitationsdatenbank der Welt. Dies wiederum ist die am häufigsten gemachte Kritik an der Auswertungspolitik des SCI. Lediglich rund 5 % der wissenschaftlichen Zeitschriften weltweit finden sich im WoS wieder. Publikationen in den restlichen 95 % der weltweiten wissenschaftlichen Zeitschriften werden nicht berücksichtigt. Was aus Sicht der Redaktion des WoS ein Qualitätskriterium ist, bedeutet auf Seiten der Kritiker die Ignoranz eines Großteils des weltweiten wissenschaftlichen Outputs.

6.2 Scopus (Elsevier) Jahrzehntelang war der SCI die einzige Datenbank auf dem Markt, mit deren Hilfe bibliometrische Analysen möglich waren. Im Jahre 2004 begab sich Elsevier als internationales Medienunternehmen mit großer Erfahrung im wissenschaftlichen Publikationsgeschäft mit der eigenen Datenbank „Scopus“ als Wettbewerber auf das komplexe Feld bibliometrischer Analysedatenbanken.73 Von der Community wurde dieser Schritt mit einer Mischung aus Skepsis und Freude aufgenommen: Skepsis deshalb, weil Elsevier bis dahin keine explizite Expertise aufgebaut und ebenso keine (Resonanz-) Daten gesammelt hatte. Und mit Freude deswegen, weil damit die bis dato gültige Monopolstellung des SCI nicht auf alle Zeiten zementiert war. Allerdings gab es neben der marktwirtschaftlichen Beurteilung eine ganze Reihe von inhaltlichen Gründen, die für eine Diversifizierung der Angebote auf dem Markt sprachen. So ist die Auswahl der im SCI ausgewerteten Zeitschriften nach dem Impaktfaktor nicht unumstritten (siehe oben), ebenso wie die Fokussierung der im SCI gelisteten Publikationen auf die Sprache Englisch. Scopus verfolgt in diesen Feldern einen anderen Ansatz: Ein Gremium entscheidet über die Aufnahme von Zeitschriften und ihre Auswertung. Damit haben in dieser Datenbank auch Zeitschriften mit geringerem Impaktfaktor eine Chance, aufgenommen zu werden; Wissenschaftler und Herausgeber können interessante Zeitschriften zur Aufnahme vorschlagen. Vereinfacht gesprochen, basiert der Ansatz des SCI auf einer qualitätsorientierten, engen Titelauswahl, während Scopus in einer möglichst großen Vielfalt und Breite sein Alleinstellungsmerkmal findet. Was einerseits Vielfalt und breitestmögliche Abdeckung verspricht, kann schnell zur Beliebigkeit und dem Verlust von Qualitätsstandards werden. Die Offenheit des Scopus Herausgebergremiums für Publikationen in vielen nichtenglischen Sprachen hat allerdings dazu geführt, dass jenseits der angloamerikanischen Länder deshalb ein besonderes Interesse an der Datenbank Scopus, zu verzeichnen ist. Der große Wettbewerbsvorteil der langjährigen Abdeckung und der großen Historie des SCI hat sich relativ schnell aufgebraucht. Die Möglichkeiten der Massendigita-

73 Scopus. http://www.scopus.com (31.03.2013).



lisierung erlaubte es den Machern von Scopus innerhalb sehr kurzer Zeit eine enorme Menge von Inhalten nachzuführen und eine zeitliche Abdeckung zu erreichen, die für belastbare bibliometrische Analysen geeignet und ausreichend sind. Damit verfügt der Markt über zwei kommerzielle Systeme, deren Datenerstellung und -nutzung auf einem sehr hohen automatisierten und technischen Niveau, professionelle bibliometrische Analysen möglich machen.

6.3 Google Scholar Die beiden kommerziell verfügbaren Datenbanken mit relevanten bibliometrischen Daten sind oben beschrieben worden. Darüber hinaus existiert der verständliche Wunsch, bibliometrische Analysen durchführen zu können, auch ohne auf „Bezahl­ information“ zurückgreifen zu müssen. Spätestens seit der Suchmaschinen­ riese ­Google seine Datenbankangebote um die Sparte „Scholar“ erweiterte, schien die Community eine neue Option gefunden zu haben. Und tatsächlich spielte Google nicht nur wissenschaftliche Publikationen in das System ein, sondern auch Zitationsdaten.74 Es war also möglich, zumindest die Zahl an Zitierungen einer Publikation zu finden; mehr noch, die Zitate sind meist verlinkt und ein direkter Zugang zu den zitierenden Publikationen ist möglich. Dennoch stellt Google Scholar keine echte ­Alternative zu Scopus und dem SCI dar. Erstens ist völlig unklar, welche Publika­tionen aufgenommen werden und zweitens, wie die gemessenen Zitierungen zustande kommen. ­Leider möchte man sagen, bleibt sich Google auch hier, wie bei seinen meisten anderen Diensten auch, einer hohen Intransparenz der Daten und ihrer Verwendung treu. Dies ist an dieser Stelle allerdings umso unglücklicher, als man für seriöse bibliometrische Analysen die Datenbasis und ihre Zusammensetzung kennen muss. Damit scheidet Google Scholar für die Nutzung bibliometrischer Analysen aus. Zitationszahlen, die man erhält, sind schlicht Zufallsprodukte und damit wertlos.

6.4 Künftige Entwicklung In Zukunft werden erweiterte Tools für die Wissenschaftsevaluation auf Basis von bibliometrischen Kennzahlen zur Verfügung gestellt werden. So hat z. B. der Verlag Elsevier mit seinem Produkt SciVal75 sowie der Medienkonzern Thomson Reuters mit InCites76 bereits Produkte „von der Stange“ für die Wissenschaftsevaluation vorgelegt. Weiterhin werden jedoch Indikatoren ermittelt werden, die neben der reinen Zitierung auch eine „usage based metrics“ ermöglichen, das bedeutet, die Messung der tatsächlichen Klicks von elektronischen, verfügbaren Dokumenten, die einen direkteren Aussagewert als die mittelbare Zitierung ermöglichen. Hier wird nicht mehr ein Citations Impact Factor sondern ein Usage Impact Factor ermittelt. Die Verbreitung von Web 2.0- und Social Media Systemen im Internet ermöglichen zudem eine noch weitergehende Analyse des wissenschaftlichen Verhaltens, etwa eine „bookmark based metrics“. Das bedeutet die Messung, inwieweit Wissenschaftler die markierten, in ihren Systemen hinterlegten Zitate als Bookmark setzen, um damit dem ausgewählten Artikel eine Relevanz zu verleihen.

74 Google Scholar. http://scholar.google.de/ (31.03.2013). 75 SciVal: unlock the promise of your research. http://info.scival.com (31.03.2013). 76 Thomson Reuters: Research Analytics. http://researchanalytics.thomsonreuters.com/incites (31.03.2013).

Google Scholar 

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 Datenbanken für bibliometrische Analysen

Lernfragen Auf welcher Datenbasis wird heute Bibliometrie betrieben?

Beurteilen Sie die Qualität von Google Scholar für die bibliometrische Analysen:

7  Erstellen und Verstehen von bibliometrischen Analysen 7.1 Erstellen von bibliometrischen Analysen Das Erstellen von bibliometrischen Analysen ist kein Hexenwerk und auch keine Aufgabe, die wenigen Spezialisten vorbehalten bleiben muss. Noch weniger ist es eine Geheimwissenschaft, die sich niemandem erschließt. Die oben erläuterten Datenbanken des WoS und Scopus ermöglichen heute bibliometrische Analysen für Jedermann auf Knopfdruck. Das ist zunächst verlockend und passt so ganz in die gewohnte, selbsterklärende digitale Datenwelt, in der es auf alle Fragen automatisierte Lösungen auf Knopfdruck zu geben scheint. Doch mehr noch als in der übrigen Datenwelt, sind einfache Wahrheiten in der Bibliometrie weder möglich noch hilfreich. Wie bei der Abfrage anderer digitaler Systeme entscheiden der richtige Sucheinstieg und die korrekte Suchanfrage über die Qualität der Ergebnisse. Voraussetzung dafür sind die Wahl der richtigen Datenbasis und zum Schluss der Analyse die richtige Interpretation der Ergebnisse. Erst dann kann mit dem Resultat eine relevante Aussage gemacht werden. Niemand braucht deshalb Angst vor der Erstellung bibliometrischer Analysen zu haben, wenn er einige Grundkenntnisse und Erfahrungen mit einbringt. Komplizierte Analysen wird man sinnvollerweise ohne ausreichende Ausbildung und Übung sowie professioneller IT-Unterstützung nicht angehen wollen. Im Nachfolgenden soll deshalb das Erstellen einer einfachen bibliometrischen Analyse erläutert werden. Für die konkrete Planung hilft hierbei die beigefügte Checkliste, die man wie ein Kochrezept nacheinander abarbeitet und so eine einfache Analyse erstellen kann. Wie oben schon erwähnt, beginnt der erste Schritt einer bibliometrischen Analyse mit der korrekten Fragestellung. Bevor also überhaupt an die Auswahl einer möglichen Datenbank gedacht werden kann, ist zu klären, welche Aussage mit der Analyse gemacht und welche Frage beantwortet werden sollen und damit, welches Ergebnis erwartet wird. Geht es darum, die Zahl der Publikationen eines Wissenschaftlers herauszufinden? Oder die eines bestimmten Zeitraums? Geht es um die Zahl der Publikationen eines Wissenschaftlers in einem bestimmten Institut? Oder um die Anzahl der Publikationen eines bestimmten Instituts, einer Fakultät oder gar einer ganzen Universität? Soll die Zahl der Zitierungen aller Publikationen eines Wissenschaftlers herausgefunden werden? Oder die Zitationsrate seiner Veröffentlichungen? Geht es um einen Vergleich des Wissenschaftsoutputs mehrerer Einrichtungen oder gar Länder? Soll der H-Index für mehrere Wissenschaftler gefunden und verglichen werden? Aus diesen wenigen Fragestellungen wird klar, dass es einfache und komplexe bibliometrische Fragestellungen gibt. Den Ungeübten werden komplexe Fragen schnell überfordern, einfache hingegen sind mit (bibliothekarischer) Sorgfalt und einer Qualifikation im Informationssektor sicher nach kurzer Zeit lösbar.77

77 Gegen die Erhebung von bibliometrischen Analysen durch Bibliothekare richtet sich ein Beitrag von Ian M. Johnson. (Johnson, Ian M.: Bibliometrics and the brain dead. In: Information Development (2011) Bd. 27, H. 2. S. 92f.).

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 Erstellen und Verstehen von bibliometrischen Analysen

Wie bereits in der Einleitung erwähnt, basieren bibliometrische Analysen und deren Aussagen auf einem umfassenden Verständnis von der Art und Weise, wie verschiedene Wissenschaftsdisziplinen miteinander kommunizieren und in welcher Publikationskultur sie verankert sind. Dazu kommt mindestens ein Grundverständnis von Statistik und Datenverarbeitung samt Interpretationsvermögen der Ergebnisse. Eine einfache Analyse beginnt man mit der ausführlichen Diskussion der Fragestellung: Was genau will ich wissen? Welches Ziel soll das Ergebnis haben? Worüber soll eine Aussage gemacht werden? Welche Randbedingungen muss ich dabei beachten? So ist im oben genannten ersten Fall (Frage nach der Anzahl der Publikationen eines Wissenschaftlers) zunächst zu entscheiden, welchen Zeitraum ich abdecken möchte oder abdecken muss. Der nächste Schritt besteht in der Vorbereitung der Abfrage. Wenn eine Suchabfrage anhand des Namens gemacht werden soll, ist der Name in allen Schreibweisen und Varianten abzuklären sowie der persönliche Lebenslauf zu erforschen, um Namensänderungen (etwa durch Heirat) oder andere Namensänderungen abzuklären. Varianten des Namens in anderen Sprachen sind gegebenenfalls zu berücksichtigen. Zudem ist zu klären, ob es Namensgleichheiten gibt (andere Personen mit gleichem oder sehr ähnlichem Namen). Ist das der Fall, macht das die Suche anspruchsvoller, da hier eventuell ein weiterer Indikator zur eindeutigen Unterscheidung eingesetzt werden muss (etwa die wissenschaftliche Disziplin, der Ort oder die Institution). Wenn diese Fragen geklärt sind und eine (schriftlich fixierte) Basis für die Suchanfrage vorliegt, kann die Datenbank ausgewählt werden: Wiederum ist der Gesamthorizont der Frage wichtig: Kann ich die Kennzahl, die ich benötige, tatsächlich mit einer Abfrage in dieser Datenbank erhalten? Sind die Zeiträume, die ich brauche, abgedeckt? Sind die wissenschaftlichen Disziplinen, in denen mein Autor publiziert, in der Datenbank berücksichtigt? Welche Medienformen gilt es zu berücksichtigen? Muss ich Buchzitierungen und/oder Konferenzbeiträge berücksichtigen? Fragen vor der Erstellung einer bibliometrischen Analyse Was soll herausgefunden werden? Welches Ziel soll das Ergebnis haben? Worüber soll eine Aussage gemacht werden? Welche Randbedingungen muss ich dabei beachten? Zeitraum? Namen und alle Varianten Institutionen (Schreibweisen) Orte (Schreibweisen) Auswahl der geeigneten Datenbank Ist der Zugriff auf diese Datenbank möglich? Kann die Kennzahl, die benötigt wird, tatsächlich mit einer Abfrage in dieser Datenbank erhoben werden? Sind alle benötigten Zeiträume abgedeckt? Sind die wissenschaftlichen Disziplinen, in denen der Autor publiziert, in der Datenbank berücksichtigt? Welche Medienformen gilt es zu berücksichtigen?



Erstellen von bibliometrischen Analysen 

Nach Beantwortung dieser Fragen steht fest, welche Datenbank bzw. welche Datenbanken sich für meine Anfrage eignen. Jetzt gilt es noch zu klären, ob ich auf die erforderliche Datenbank Zugriff habe und die Lizenzen auch jene Teil- und Spezialdatenbanken umfassen, die für meine Suche relevant sind. Es könnte sich also bereits hier herausstellen, dass eine Analyse aufgrund der nicht verfügbaren Datenbank oder fehlender Lizenzen am eigenen Ort nicht möglich ist. Wir gehen einmal davon aus, dass alle erforderlichen Datenbanken und ihre Teile lizensiert sind und zur Verfügung stehen. Jetzt kann die Suchanfrage vorbereitet werden. Dazu sind die oben gemachten Vorarbeiten einzusetzen und endgültig festzulegen, mit welchem Namen, in welcher Schreibweise und gegebenenfalls in welchen Disziplinen die Suchabfrage durchgeführt werden soll. Es ist im Allgemeinen nötig (z. B. aufgrund verschiedener Namensschreibweisen), mehrere Suchen durchzuführen und am Ende einen Abgleich der Ergebnisse zu machen und die Ergebnisse zu bereinigen. Dazu benötigt man möglichst gute Kenntnisse der Suchsysteme der benutzten Datenbank und der eingesetzten (Booleschen) Operatoren. Man sollte sich mit den Grundlagen der Stochastik vertraut gemacht haben, um Teilmengen und Schnittmengen zu erkennen und mathematisch einzuordnen. Die eigentliche Durchführung der Suchanfrage in der Datenbank erfordert im Allgemeinen nur rund 5 % des gesamten Analyseaufwands. Der größte und entscheidende Aufwand ergibt sich durch die intellektuelle Vor- und Nachbereitung der Ergebnisse und deren Aufbereitung. Hier entsteht der eigentliche Mehrwert einer bibliometrischen Analyse und hierbei können gleichzeitig die größten Fehler gemacht werden. Die Anfrage an eine Datenbank liefert im Allgemein immer ein Ergebnis. Dies ist verführerisch und bestenfalls für das Sales-Department der Datenbankanbieter ein Argument. Für den Bibliometriker beginnt hier erneut harte Arbeit: Das Ergebnis der Datenbankabfrage muss überprüft und interpretiert werden: Sind alle Daten tatsächlich vom gewünschten Wissenschaftler? Gibt es trotz guter Vorbereitung Fehler und Missverständnisse? Sind Ergebnisse unlogisch (etwa Daten außerhalb des Suchzeitraums)? Gab es womöglich doch einen Fehler bei der Suchanfrage? Sind diese Fragen geklärt, darf das Ergebnis als Endergebnis gewertet und verarbeitet werden. Nunmehr ist es wichtig, alle Rahmenbedingungen und Annahmen, die zum Ergebnis der Analyse geführt haben, konkret zu benennen, damit der Nutzer dieser Daten die Resultate richtig einordnen kann. Gerade bei Zitationsanalysen ändern sich die Werte der Kennzahlen täglich, wenn die Datenbank aktualisiert wird. Somit ist der genaue Zeitpunkt der Analyse unbedingt anzugeben. Den Abschluss bildet gegebenenfalls eine optisch-graphische Aufbereitung der Daten. Je nach Verwendungszweck braucht der Auftraggeber einen schnellen, graphisch gut gestalteten Überblick (Diagramme, Tabellen) oder ein Blatt mit den Detailzahlen zum Weiterrechnen. Am besten klärt man vorher mit dem Auftraggeber ab, auf welcher Aggregationsstufe die Ergebnisse aufbereitet werden sollen. Bevor man solche Analysen für externe Auftraggeber durchführt, sollte man ausreichend „geübt“ haben; nur dann kann man sich seiner Sache sicher sein und die Daten einer bibliometrischen Analyse guten Gewissens aus der Hand geben.

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 Erstellen und Verstehen von bibliometrischen Analysen

Beispiel: Zitatanalyse mit ResearcherID Für eine einfache Zitatanalyse von Publikationen eines Wissenschaftlers stehen Ihnen mehrere ­Rechercheeinstiege zur Verfügung. Zum einen können Sie wie unter Kapitel 5.3 (S. 55) bereits vorgestellt, eine Suche mit dem Autorennamen durchführen. Diese Vorgehensweise ist nicht trivial und erfordert zahlreiche Suchanfragen und deren Kombinationen (z.B. sämtliche Schreibweisen eines ­Namens, die Stationen einer wissenschaftlichen Karriere aus dem CV oder Kenntnisse über die ­wissenschaftlichen Themengebiete eines Autors, etc.). Eine weitaus komfortablere Vorgehensweise ist mit der sogenannten ResearcherID von Thomson ­Reuters (http://www.researcherid.com/) möglich. ResearcherID bietet eine Lösung, das Autoren­ namen-Ambiguitätsproblem innerhalb der Forscher-Community zu lösen. Autoren können sich bei ­ResearcherID (http://www.researcherid.com/) kostenlos registrieren und erhalten eine eindeutige Kennung, wie eine „Autoren-DOI“. Forscher haben die Möglichkeit, ihre Publikationslisten zu managen und Zitationen auf ihre Paper sowie ihren H-Index zu verfolgen. Für bibliometrische Analysen ­ergibt sich der Vorteil, dass eine falsche Zuordnung der Paper zu einem Autor nicht möglich ist. Das folgende Beispiel soll Ihnen zeigen, wie Sie eine einfache Zitationsanalyse mithilfe der ResearcherID vornehmen können.

Um eine Suche mit der ResearcherID im Web of Knowledge durchführen zu können, müssen Sie sich zunächst bei ResearcherID anmelden (http://www.researcherid. com/). Nach erfolgter Registrierung können Sie – sofern der gesuchte Wissenschaftler bei ResearcherID angemeldet ist – nach der ­ResearcherID eines Autors suchen. Im folgenden Beispiel wird nach Publikationen eines führenden Forschers aus dem Bereich der Material­wissenschaften, Prof. Dr. Jan C. Hummelen78 von der University of Groningen gesucht.

Abb. 47: Suche nach einer ReseacherID mit Autorennamen im Web of Knowledge

Die Suchanfrage liefert folgendes Ergebnis mit der ResearcherID D-7387-2012

78  Prof. Dr. Jan C. Hummelen (University of Groningen) zählte 2011 zu den Top 100 Materials Scientist (vgl. http://archive.sciencewatch.com/dr/sci/misc/Top100MatSci2000-10/).



Erstellen von bibliometrischen Analysen 

Abb. 48: Ergebnisbildschirm einer Suche nach der ReseacherID eines Autors im Web of Knowledge

Durch Anklicken des Namens „Hummelen, Jan“ erhalten Sie in der nächsten Ansicht die entsprechende Publikationsliste, die dann wiederum über die Funktion „Citation Metrics“ weiter analysiert ­werden kann.

Abb. 49: Ermittelte Publikationsliste eines Autors über die ResearcherID-Suche

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 Erstellen und Verstehen von bibliometrischen Analysen

Die Analyse mittels „Citation Metrics“ liefert folgende Ergebnisse: Anzahl der Publikationen (172), Anzahl der Zitierungen (22.126), durchschnittliche Zitation pro Artikel (128,64), H-Index (61).

Abb. 50: Ergebnisbildschirm der „Citation Metrics“

Alternativ können Sie mit der ermittelten ResearcherID des Autors Prof. Dr. Jan C. Hummelen (D-7387-2012) eine Suche im Web of Knowledge durchführen und die ermittelten Treffer über die Funktion „Create Citation Report“ weiter analysieren. Dazu lösen Sie im Web of Knowlede eine Suche mit der ResearcherID D-7387-2012 im Feld „Author Identifiers“ aus.

Abb. 51: Suche nach Publikationen eines Autors mittels der ResearcherID im Web of Knowledge



Erstellen von bibliometrischen Analysen 

Sie erhalten wie in den vorangegangen Beispielen (siehe Kap. 5.3, S. 55 ff.) eine Treffer­ liste, die über die Funktion „Create Citation Report“ weiter analysiert werden kann.

Abb. 52: Ergebnisse einer Suche nach Publikationen eines Autors mittels der ResearcherID

Die Funktion „Create Citation Report“ liefert folgende Ergebnisse:

Abb. 53: Ergebnisse eines Citation Reports aus Web of Knowledge

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 Erstellen und Verstehen von bibliometrischen Analysen

Beispiel: Zitatanalyse mit ORCID Neben dem Rechercheeinstieg mit der ResearcherID besteht im Web of Knowledge auch die Möglichkeit, eine Suche mit der ORCID (Open Researcher and Contributor ID)79 durchzuführen. Mittels der ORCID soll die elektronische Zuordnung von Publikation und Autoren ermöglicht werden. Dies kann unter Umständen notwendig sein, da viele Autoren gleiche Namen haben und sich Familiennamen, z. B. bei Heirat, ändern können. Zudem werden Autorennamen in verschiedenen Publikationen oft unterschiedlich angegeben. ORCID könnte in der Zukunft zum Standard für die Autorenidentifikation wissenschaftlicher Publikationen werden. Zu den Gründungsmitgliedern der Open Researcher and Contributor Identification Initiative gehören zahlreiche wissenschaftliche Verlagsgruppen, wie z. B. Elsevier, Nature Publishing Group oder Springer, aber auch Forschungsorganisa­ tionen wie EMBO und CERN. Das folgende Praxisbeispiel soll Ihnen zeigen, wie Sie eine Zitatanalyse mittels der ORCID im Web of Knowledge durchführen können.

Zunächst müssen Sie als Nutzer bei ORCID kostenlos registriert sein, um die Suchmöglichkeiten nutzen zu können. In unserem Beispiel wollen wir nach Publikationen des Autors Prof. Dr. Roderic D. M. Page, University of Glasgow suchen. Dazu tragen wir den Vorname des Autors Roderic in das Feld „Given name“ und den Autorennamen Page in das Feld „Family name“ ein und starten die Suche ­(siehe nachfolgende Abbildung).

Abb. 54: Startbildschirm der Advanced Search bei ORCID

Die Ergebnisse der Suchanfrage werden unten am Bildschirm angezeigt. Der gefundene Treffer (hier: Roderic Page) könnte unser im Beispiel gesuchter Autor sein. Um dies zu überprüfen, klicken wir auf diesen Treffer, um weitere Informationen zu erhalten.

79  http://orcid.org/



Erstellen von bibliometrischen Analysen 

Abb. 55: Ergebnisliste der Suche nach Autorennamen in ORCID

Die nächste Bildschirmansicht gibt Ihnen weitere Informationen zum Autor bzw. Links, die zu weiteren Informationen führen (hier: Website des Autors). Ein Besuch der angegebenen Website zeigt, dass es sich bei dem über ORCID gefundenen Treffer eindeutig um den gesuchten Autor, Roderic D.M. Page, handelt.

Abb. 56: Profilseite eines Autors in ORCID

Die ORCID des Autors finden Sie unterhalb des Autorennamens (hier Blau unterlegt: 0000-0002-7101-9767). Mit dieser ORCID können Sie nun eine Recherche im Web of Knowledge starten.

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 Erstellen und Verstehen von bibliometrischen Analysen

Dazu lösen Sie im Web of Knowlede eine Suche mit ORCID 0000-0002-7101-9767 im Feld „Author Identifiers“ aus.

Abb 57: Suche nach Publikationen eines Autors mittels der ORCID im Web of Knowledge

Sie erhalten wie in den vorangegangen Beispielen (siehe Kap. 5.3, S. 55 ff.) eine Trefferliste, die über die Funktion „Create Citation Report“ weiter analysiert werden kann

Abb. 58: Ergebnisse einer Suche nach Publikationen eines Autors mittels der ORCID



Verstehen von bibliometrischen Analysen 

Die Funktion „Create Citation Report“ liefert folgende Ergebnisse:

Abb.: 59 Ergebnisse eines Citation Reports aus Web of Knowledge

7.2 Verstehen von bibliometrischen Analysen Das Verstehen und Interpretieren von bibliometrischen Daten und Ergebnissen ist ein reziproker Vorgang zur Erstellung einer Analyse. Die vorgelegten Daten sind daher zunächst auf ihre Aggregationsebene zu untersuchen. Je weiter die Daten aufbereitet und kumuliert sind, je schwerer sind sie in ihrer ursprünglichen Form zu verstehen. Sie sind dann häufig noch statistisch weiter „veredelt“, dass sie nur noch schwer in ihrer ursprünglichen Aussage nachvollzogen werden können. Dies geschieht selten in der Absicht zu täuschen (wobei statistische Daten – und bibliometrische Daten sind statistische Daten! – immer auch einseitig und tendenziös dargestellt werden, um gewünschte Aussagen zu belegen), sondern ist einer Aufbereitung der Daten zur besseren Lesbarkeit und praktischen Verwendung durch NichtBibliometriker geschuldet. Deshalb beschafft man sich am besten die Rohdaten oder Daten, die dieser Ursprungsform noch am ähnlichsten sind. Natürlich braucht man die genaue Datenquelle (die verwendete Datenbank und evtl. mögliche Teillizenzen weiterer Datenbanken) und den exakten Zeitpunkt der Datenbankabfrage. Dann muss man die Interpretation „durchsteigen“ und herausfinden, welche Kriterien genutzt wurden, um die vorliegenden Resultate zu erzielen. Der untersuchte Zeitraum ist dabei ebenso relevant wie die mögliche Kombination der Ergebnisse. Im Idealfall sollte eine bibliometrische Analyse so weit aufgelöst werden können, dass die erneute Durchführung der Analyse (evtl. unter Berücksichtigung eines zeitlichen Korrekturfaktors) zu einem identischen Ergebnis führt.

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 Erstellen und Verstehen von bibliometrischen Analysen

Es bedarf der besonderen Vorsicht vor sehr „speziellen“ Interpretationen und Relationen, die manchmal (unzulässiger Weise) vorgenommen werden. An dieser Stelle kann nicht auf alle möglichen Missinterpretationen bibliometrischer Daten eingegangen werden, es muss nur insoweit klar sein, dass bibliometrische Daten (wie alle statistischen Daten) potenziellem Missbrauch oder statistischer Einseitigkeit unterliegen können. Eine Analyse ist nur dann seriös durchgeführt und ihre Ergebnisse brauchbar, wenn darüber hinaus nicht unzulässige Schlüsse aus ungeeigneten Kennzahlen gezogen werden, die Datenbasis ungeeignet ist, relevante Teilergebnisse ignoriert werden oder die Analyseergebnisse mit statistischen „Tricks“ unzulässig und unlogisch verknüpft werden. Wer umfangreiche und komplexe bibliometrische Analysen verstehen will, wird nicht umhin kommen, sich tiefer mit dem Thema Bibliometrie zu befassen und selbst mit bibliometrischen Indikatoren, ihren Ableitungen und ihrem tatsächlichen Aussagewert zu „spielen“ beginnen.

Lernfragen Beschreiben Sie die zentralen Schritte bei der Erstellung einer bibliometrischen Analyse:

8  Anwendung von bibliometrischen Analysen Es gibt eine ganz Reihe verschiedener Möglichkeiten, Bibliometrie anzuwenden. Die ursprünglichste Anwendung der Bibliometrie war es einmal, Bibliotheken beim Bestandsmanagement zu unterstützen. Dies wird heute nicht mehr praktiziert, wenn auch in jüngster Zeit erneute Hinweise auf diesen Nutzen in der Literatur auftauchen. Die heute geläufigsten und wichtigsten bibliometrischen Anwendungen sind Personenprofile, Institutionenprofile, Länderprofile, Themenprofile und Trendprofile. Personenprofile untersuchten dabei den Output und die Resonanz von Veröffentlichungen einer Wissenschaftlerin oder eines Wissenschaftlers. Dabei wird meist ein ganzes Set an Indikatoren eingesetzt, der H-Index wird heute an dieser Stelle sicher nicht fehlen. Anwendung finden solche Personenprofile etwa bei akademischen Bewerbungsverfahren (z. B. bei Berufungen). Hier wird der Bewerber häufig aufgefordert, gewisse Kennzahlen bei der Bewerbung mitzuliefern. Oft liefert der Kandidat aber auch bibliometrische Kennzahlen mit, um den eigenen Karriereweg noch zu untermauern. Hierbei ist es sinnvoll, Vergleichszahlen mitzuliefern, damit die gelieferten Werte eine Aussage machen. So kann etwa die eigene Zitierrate oder der eigene H-Index dem jeweiligen Durchschnitt der Fachdisziplin gegenübergestellt werden. Auch der „anderen“ Seite, also der berufenden Universität etwa und ihren Auswahlgremien, helfen bibliometrische Personenprofile, um einen Kandidatenvergleich um weitere quantitative Kennzahlen zu bereichern. Längst jedoch werden bibliometrische Personenprofile auch in Zielvereinbarungen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer eingesetzt. So etwa erwarten Leiter wissenschaftlicher Institute von ihren Mitarbeitern Publikationen in bestimmter Anzahl und mit bestimmtem Impakt. Werden diese Ziele nicht erfüllt, wird der Arbeitsvertrag nicht verlängert. Auch Bonusvereinbarungen an Universitäten etwa werden zunehmend über quantitative Kenngrößen aus der Bibliometrie geregelt. Institutionenprofile ähneln in vieler Hinsicht dem, was zu den Personenprofilen gesagt worden ist. Dennoch werden sie vorwiegend in einem Benchmark eingesetzt, wenn es darum geht, etwa wissenschaftliche Institute oder ganz Einrichtungen, wie Universitäten und Forschungszentren mit einander zu vergleichen. Dabei basiert der Forschungs-Output natürlich immer auf den Leistungen der Forscherinnen und Forscher, ist aber für den Institutionenvergleich entindividualisiert. Institutionenprofile werden auf höchster Ebene eingesetzt, so etwa bei der bundesdeutschen Exzellenzinitiative. Hier wurde von den am Wettbewerb beteiligten Einrichtungen explizit ein Institutionenprofil als Teil der Wettbewerbsunterlagen angefordert. Institutionenprofile können aber auch für die strategische Entscheidung einer Universitätsleitung genutzt werden, die sich Klarheit darüber verschaffen will, welche ihrer Fakultäten „under-“ oder „outperformer“ sind. Gleiches gilt für politische Entscheidungsträger, die über Förderung oder Nicht-Förderung von Einrichtungen zu entscheiden haben, und neben den fachlichen Gutachten und finanziellen Kennzahlen quantitative ­Leistungskennzahlen aus der Bibliometrie heranziehen. Gleiches gilt auf einer höheren Aggregationsebene für Länder und Staaten. Länderprofile sind geeignet, den internationalen Wissenschaftsvergleich auf objektive Beine zu stellen. Im Wesentlichen wird eine solche Analyse wie bei einem Institutionenvergleich beschaffen sein, lediglich bereinigt um volkswirtschaftliche Relationsparameter.

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 Anwendung von bibliometrischen Analysen

Eine ganz andere Zielrichtung hingegen verfolgen Themenprofile. Hier geht es nicht um einen Vergleich und um die Performance, sondern um die Herausarbeitung von Themenschwerpunkten in Wissenschaft und Forschung bzw. zur Unterstützung für die Forschungspolitik. Das Erstellen eines Themenprofils ist denn auch viel stärker inhaltlich geprägt und nutzt die Einträge in den bibliometrischen Datenbanken hinsichtlich ihrer thematischen Differenzierung und Vielfalt. Entweder erstellt man einen zeitlichen Verlauf von Publikationsoutput und -wahrnehmung zu einem bestimmten Thema, um daran abzuleiten, wann das Thema zu einem wichtigen Thema geworden und ob es bereits wieder von der „Bildfläche“ verschwunden ist, oder aber man entwickelt aufgrund bibliometrischer Merkmale im Laufe der Zeit ein Trendprofil, welche Themen in Kürze relevant werden könnten. Solche Trendprofile werden häufig in der Wissenschaftspolitik eingesetzt, um Allokationsentscheidungen oder Strategiesetzungen zu unterstützen. Die Anwendung von Bibliometrie auf die Entwicklung von einzelnen Wissenschaftsgebieten, d. h. eine Trend-Analyse unternimmt Hsu-Hao Tsai in seinem Beitrag.80 Der Autor zeigt dabei, wie die wissenschaftlichen Felder von CRM (Customer Relationship Management) und Data Mining sich im Laufe der Zeit entwickeln und stärkere oder weniger stärkere Beachtung im wissenschaftlichen Umfeld finden. Auch dies ist eine Möglichkeit, Bibliometrie produktiv für die Erforschung wissenschaftlicher Zusammenhänge einzusetzen. Die Anwendungsmöglichkeiten von Bibliometrie erschöpfen sich in diesen wenigen Profilen noch nicht. Sie sind beliebig kombinierbar, und es ist der Phantasie der Anwender und Bibliometriker überlassen, wofür Bibliometrie noch eingesetzt werden kann. Entscheidend jedoch muss bei allen Anwendungen der Gedanke sein, dass mit den bibliometrischen Kennzahlen sinnvolle korrekte Aussagen gemacht werden ­können.

Bibliometrische Grundprofile Personenprofile: Analyse von Output und Resonanz (gegebenenfalls Verbindungen) von Wissenschaftlern. Institutionenprofile: Analyse von Output, Resonanz und Verknüpfungen von Institutionen. Länderprofile: Internationaler Wissenschaftsvergleich auf der Basis von Output und Resonanz. Themenprofile: Herausarbeitung von Themenschwerpunkten in Wissenschaft und Forschung durch Analyse des Auftretens entsprechender Publikationen in den Zitierungs-Highlights. Trendprofile: Bibliometrischer Ansatz zur Vorhersage kommender Themen in Wissenschaft und Forschung.

80 Tsai, Hsu-Hao: Research trends analysis by comparing data mining and customer relationship management through bibliometric methodology. In: Scientometrics (2011) Bd. 87, H. 3. S. 425–450.



Lernfragen Was ist bei der Erstellung von Personenprofilen zu beachten?

Anwendung von bibliometrischen Analysen 

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Literatur 

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Abkürzungen AHCI Arts and Humanities Citation Index ARES Australien Research Evaluation System CPP Citations per Paper (Zitationen pro Veröffentlichung) CRM Customer Relations Ship Management CWTS Centre for Science and Technology Studies, Universität Leiden FAZ Frankfurter Allgemeine Zeitung F&E Forschung und Entwicklung H-Index Hirsch-Index IF Impact Factor ISI Institut of Scientific Information JCR Journal Citation Reports J-Faktor Jülich Faktor JIF Journal Impact Factor Ko-Autoren Mitautoren N(C) Number of Citations (Zahl der Zitierungen) N(P) Number of Papers (Zahl der Veröffentlichungen) NSE Naturwissenschaften, Medizin und Ingenieurwissen-schaften REA Research Assessment Exercise (GB) SCI Science Citation Index SCIE Science Citation Index Expanded SJR Scimago Journal Rank SNIP Source-Normalized Impact per Paper SSCI Social Science Citation Index SSH Geistes- und Sozialwissenschaften STM Science, Technology, Medicine WoS Web of Science WWW World Wide Web

Glossar Aggregationsniveau: Beschreibt, wie stark die bibliometrischen Daten jeweils zusammengefasst sind und wie granulär sie aufbereitet werden Altmetrics: Begriff für alternative bibliometrische Metriken, die insbesondere mit dem Aufkommen des Internet möglich geworden sind Benchmarking: Bibliometrische Vergleiche zwischen Personen, Personengruppen, Institutionen, Regionen oder Ländern. Big Sciences: Diesen Begriff hat de Solla Price 1963 geprägt und beschreibt damit das Aufkommen eines massenhaften Publikations-Outputs durch die Zunahme der Disziplinen und der Anzahl von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Cluster Analysen: Bibliometrische Analysen, die Gruppen von Personen, Institutionen oder Ländern zusammenfassen und sie in Beziehung setzen. Crown-Indicator: Ein von Anthony van Raan (CWTS) entwickelter Faktor, der über die Disziplin hinweg normalisiert und Vergleiche möglich macht. Evaluation: Hier: Die Begutachtung wissenschaftlicher Leistungen auf der Basis von bibliometrischen Analysen Fachcommunity: Gemeinschaft von Wissenschaftlern gleicher Fachdisziplin. Forschungsevaluation: Hier: Bibliometrische Überprüfung der Forschungsleistungen von Personen, Institutionen, oder Ländern. H-Index: Hirsch-Index: Geht zurück auf den amerikanischen Physiker Hirsch, der 2005 einen einfach zu bestimmenden bibliometrischen Indikator entwickelt hat. Der Hirsch-Faktor ist robust, weitgehend unabhängig von äußeren Beeinflussungen und kann auf Einzelpersonen angewendet werden. Hirsch-Faktor: Siehe H-Index Journal Impact Factor: Ein Maß für die Zitationshäufigkeiten von wissenschaftlichen Veröffentlichungen im Verhältnis zur Anzahl der Artikel in einzelnen Zeitschriften. Kernzeitschriften: Zentrale und wichtigste Zeitschriften einer Wissenschaftsdisziplin. Leistungsindikatoren: Hier: (Bibliometrische) Indikatoren, die in besonderem Maße die Leistung von Wissenschaftlern oder Institutionen bezeichnen. Lotkas Gesetz: Eine vom amerikanischen Mathematiker Lotka 1936 aufgestellte Gesetzmäßigkeit, wonach in wenigen Zeitschriften die wichtigsten Publikationen veröffentlicht werden. Multi-Autorenschaft: Beschreibt die Tatsache, dass zunehmend Veröffentlichungen von mehr als einem Autor geschrieben werden. Publikationskultur: Die Art und Weise, wie einzelne Wissenschaftsdisziplinen publizieren und welche Besonderheiten dafür gelten. Große Unterschiede gibt es etwa zwischen den Naturwissenschaften, Geisteswissenschaften und Sozialwissenschaften. Normalisierung: Bezeichnet in der Bibliometrie die Herstellung einer statistischen Vergleichsbasis. Open Access: Freier und kostenloser Zugang zu wissenschaftlichen Informationen und Literatur. Peer Review: Wissenschaftlicher Begutachtungsprozess bei Veröffentlichungen durch externe Gutachter Preprints: Veröffentlichungen, die bereits vor der eigentlichen Publikation in einer Zeitschrift oder als Buch auf einem Server veröffentlicht wurden.

Glossar  Publikationsaktivität: Maß für die Zahl der veröffentlichten Beiträge oder Bücher. Ranking: Hier: Abbildung einer Rangfolge von Personen, Institutionen oder Ländern aufgrund von bibliometrischen Ergebnissen. Repositorium: Datenbank / Server auf dem wissenschaftliche Veröffentlichungen abgelegt und verwaltet werden. Resonanzanalyse: Bibliometrische Analyse der Wahrnehmung von wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Review article: Wissenschaftlicher Beitrag, der den Stand der Wissenschaft zu einem speziellen Thema zusammenfasst: im Unterschied zu einem Forschungsartikel, der über ein aktuelles Projekt oder einen Versuch berichtet. Rezeption: Wahrnehmung von wissenschaftlichen Veröffentlichungen gemessen anhand einer Resonanzanalyse. Selbstzitat: Ein Selbstzitat liegt vor, wenn der Autor sich und seine wissenschaftlichen Veröffentlichungen in einem Beitrag zitiert. Häufige Selbstzitate können den bibliometrischen Status einer Person oder Personengruppe beeinflussen und werden deshalb häufig bei bibliometrischen Analysen ausgeschlossen. Sleeping Beauties: Wissenschaftliche Veröffentlichungen, die über lange Jahre kaum oder gar nicht wahrgenommen werden, dann aber aufgrund von veränderten Rahmenbedingungen zu hoch zitierten Veröffent­ lichungen werden. Spinn-off: Ausgründung von Unternehmen und Wirtschaftsbetrieben aus wissenschaftlichen Projekten. Trendanalysen: Bibliometrische Analysen, die wissenschaftliche Themen und Trends verfolgen, aufspüren oder vorhersagen. Webometrie: Bibliometrische Analysen und die Anwendung bibliometrischer Verfahren auf wissenschaftlichen Output im Internet. Wertschöpfungskette des Wissens: Beschreibt den Lebenszyklus von Forschung, ausgehend von wissenschaftlichem Interesse, einer konkreten Fragestellung über die Verifizierung und Falsifizierung bis hin zur Formalisierung der Ergebnisse in Form einer Veröffentlichung. Wissenschaftliche Wahrnehmung: Siehe Resonanz/Rezeption Wissenschaftlicher Output: Anzahl der Veröffentlichungen und anderer wissenschaftlicher Leistungen von Personen, Institutionen oder Ländern. Wissenschaftscommunity: Siehe Fachcommunity Wissenschaftskommunikation: Beschreibt hier die Kommunikation von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen ein und derselben Disziplin untereinander. Hier gebraucht in Abgrenzung zur Wissenschaftskommunikation als Öffentlichkeitsarbeit. Wissenschaftsrankings: Leistungsvergleiche von Wissenschaftlern, Institutionen und Ländern. Zeitschriftenrankings: Leistungsvergleiche von Zeitschriften, meist aufgrund des Journal Impact Faktors. Zitation: Die Zitierung einer Veröffentlichung in einem wissenschaftlichen Beitrag. Zitationskultur: Beschreibt die Besonderheiten von einzelnen wissenschaftlichen Fachgebieten und ihrem jeweiligen Zitationsverhalten. Diese unterscheidet sich deutlich von Disziplin zu Disziplin. Zitationszirkel: Bewusste oder unbewusste Gruppenbildung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sich und ihre Beiträge immer wieder selbst zitieren, um damit ihre Zitatwerte zu erhöhen. Zitierhäufigkeit: Beschreibt die Anzahl der Zitate im Verhältnis zu der Anzahl der wissenschaftlichen Veröffent­ lichungen.

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Über den Autor

Dr. Rafael Ball ist seit vielen Jahren Experte auf dem Gebiet der Bibliometrie. Als langjähriger Leiter der Zentralbibliothek des Forschungszentrums Jülich etablierte er erstmals in Deutschland Bibliometrie als Geschäftsfeld für Bibliotheken. Seit 2008 ist er Direktor der Universitätsbibliothek Regensburg und hat die Biblio­ metrie-Diskussionen auch auf die Geistes- und Sozialwissenschaften erweitert. Ball ist Herausgeber zahlreicher Publikationen und Lehrbeauftragter an mehreren Hochschulen. Seine Arbeits- und Forschungsschwerpunkte sind Biblio-, Sciento-, Webo- und Informetrie, Wissenschaftskommunikation im digitalen Zeitalter und die Zukunft der Wissensorganisation.