Besonderes Verwaltungsrecht [6., neubearb. Aufl. Reprint 2019] 9783111345512, 9783110086423


227 92 96MB

German Pages 1080 [1084] Year 1982

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Table of contents :
Vorwort zur sechsten Auflage
Autoren- und Inhaltsübersicht
Abkürzungsverzeichnis
ERSTER ABSCHNITT. Öffentlicher Dienst
ZWEITER ABSCHNITT. Gemeinderecht
DRITTER ABSCHNITT. Polizei- und Ordnungsrecht
VIERTER ABSCHNITT. Wirtschaftsverwaltungsrecht
FÜNFTER ABSCHNITT. Sozialverwaltungsrecht
SECHSTER ABSCHNITT. Bau-, Boden- und Raumordnungsrecht
SIEBENTER ABSCHNITT. Umweltschutzrecht
ACHTER ABSCHNITT. Wege- und Verkehrsrecht
NEUNTER ABSCHNITT. Wasserrecht
ZEHNTER ABSCHNITT. Bildung
ELFTER ABSCHNITT. Wissenschaft
ZWÖLFTER ABSCHNITT. Presse und Rundfunk
DREIZEHNTER ABSCHNITT. Wehrrecht und Wehrverwaltung
VIERZEHNTER ABSCHNITT. Internationales Verwaltungsrecht
Sachverzeichnis
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Besonderes Verwaltungsrecht [6., neubearb. Aufl. Reprint 2019]
 9783111345512, 9783110086423

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de Gruyter Lehrbuch

Besonderes Verwaltungsrecht Herausgegeben von Ingo von Münch

Bearbeitet von Peter Badura Karl Heinrich Friauf Otto Kimminich Thomas Oppermann Walter Rudolf Georg Christoph von Unruh

Rüdiger Breuer Gerhard Hoffmann Ingo von Münch Dieter Rauschning Jürgen Salzwedel Wilhelm Wertenbruch

6., neubearbeitete Auflage

Zitiervorschlag z. B. Badura in von Münch, Bes. VerwR, 6. Aufl. 1982, S. 280

W G DE

1982

Walter de Gruyter • Berlin • New York

CIP-Kurztitelaufnahme

der Deutschen

Bibliothek

Besonderes Verwaltungsrecht / hrsg. von Ingo von Münch. Bearb. von Peter Badura . . . - 6., neubearb. Aufl. - Berlin; New York: de Gruyter, 1982. (De-Gruyter-Lehrbuch) ISBN 3-11-008642-5 NE: Münch, Ingo von [Hrsg.]; Badura, Peter [Bearb.] © Copyright 1982 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göscnen'sche Verlagshandlung, J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung, Georg Reimer, Karl J. Trübner, Veit & Comp., 1000 Berlin 30. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Printed in Germany Satz und Druck: Emst Kieser GmbH, Graphischer Betrieb, 8900 Augsburg Buchbinderei: Lüderitz & Bauer, Buchgewerbe GmbH, 1000 Berlin 61

Vorwort zur sechsten Auflage Die freundliche Aufnahme des Lehrbuches „Besonderes Verwaltungsrecht", dessen frühere Auflagen in rascher Zeitfolge erschienen sind (1. Auflage 1969; 2. Auflage 1970; 3. Auflage 1972; 4. Auflage 1976; 5. Auflage 1979), hat wiederum eine Neuauflage erforderlich gemacht. Das im Vorwort zur ersten Auflage genannte Ziel des Buches ist unverändert geblieben: nämlich den Studenten ein didaktisch aufbereitetes Lehrbuch an die Hand zu geben, darüber hinaus aber durch die wissenschaftlich-praktische Gestaltung des Buches allen mit dem Verwaltungsrecht Beschäftigten - insbesondere Richtern, Rechtsanwälten und Verwaltungsbeamten - ein Hilfsmittel anzubieten, das Präzision und Übersichtlichkeit vereint. Die Erhaltung der Übersichtlichkeit und Handlichkeit wird dabei immer schwieriger. Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur schwellen auch in den Disziplinen des Besonderen Verwaltungsrechts von Jahr zu Jahr an. Die Bewältigung dieser steigenden Informationsflut ist auf den Umfang dieses Lehrbuches nicht ohne Auswirkungen geblieben: während die 1. Auflage noch mit 630 Seiten auskam, umfaßte die 5. Auflage bereits 843 Seiten. Der Umfang der vorliegenden 6. Auflage ist gegenüber der Vorauflage erneut erheblich vergrößert. Die Umfangerweiterung beruht einmal auf der Einarbeitung neuerer Entwicklungen; so trägt z. B. der Beitrag „Polizei- und Ordnungsrecht" der Fortentwicklung des Polizeirechts nach Maßgabe des Musterentwurfes für ein einheitliches Polizeigesetz (bisher von Bayern und Nordrhein-Westfalen übernommen) Rechnung und im Beitrag „Bau-, Boden- und Raumordnungsrecht" mußten die neuen Akzente berücksichtigt werden, die durch die Novellen zum BBauG und durch die intensive Rechtsprechung des BVerwG zum Bauplanungsrecht gesetzt worden sind. Die Umfangerweiterung beruht aber vor allem auch darauf, daß mit dem Beitrag „Umweltschutzrecht" (von Rüdiger Breuer) ein neuer eigenständiger Abschnitt in das Lehrbuch eingefügt worden ist. Mit der Aufnahme dieses Beitrages, der sowohl die Grundlagen des Umweltschutzrechtes (sozusagen in einem Allgemeinen Teil dieses Rechtsgebietes) als auch dessen Einzelfragen behandelt, wird der erhöhten Bedeutung des Umweltschutzrechtes Rechnung getragen. Abgesehen von der Erweiterung des Autorenkreises durch den Verfasser dieses Beitrages auf nun 12 Autoren und abgesehen von der durch die Einfügung des Umweltschutzrechtes erforderlich gewordenen Umnumerierung einiger Abschnitte sind das Äußere des Lehrbuches und seine Grundkonzeption nicht verändert worden.

VI Das vorliegende Lehrbuch „Besonderes Verwaltungsrecht" versteht sich auch in dieser 6. Auflage als Fortsetzung und Ergänzung des in derselben Reihe erschienenen, von Hans-Uwe Erichsen und Wolfgang Martens herausgegebenen Lehrbuches „Allgemeines Verwaltungsrecht", das inzwischen in 5. Auflage (1981) erschienen ist. Das Sachverzeichnis hat Herr Assessor Hans-Heinrich Noll angefertigt. Für Hinweise und Anregungen sind die Bearbeiter - jeder von ihnen trägt für den von ihm verfaßten Abschnitt die alleinige Verantwortung - und der Herausgeber dankbar. Im Frühjahr 1982 Peter Badura • Rüdiger Breuer • Karl Heinrich Friauf • Gerhard Hoffmann • Otto Kimminich • Ingo von Münch • Thomas Oppermann • Dietrich Rauschning • Walter Rudolf • Jürgen Salzwedel • Georg Christoph von Unruh • Wilhelm Wertenbruch

Autoren- und Inhaltsübersicht*

Dr. Ingo von Münch Professor an der Universität Hamburg öffentlicher Dienst

1

Dr. Georg Christoph von Unruh Professor an der Universität Kiel Gemeinderecht

99

Dr. Karl Heinrich Friauf Professor an der Universität Köln Polizei- und Ordnungsrecht

191

Dr. Peter Badura Professor an der Universität München Wirtschaftsverwaltungsrecht

273

Dr. Wilhelm Wertenbruch Professor an der Universität Bochum Sozialverwaltungsrecht

367

Dr. Karl Heinrich Friauf Professor an der Universität Köln Bau-, Boden- und Raumordnungsrecht

507

Dr. Rüdiger Breuer Professor an der Universität Trier Umweltschutzrecht

633

Dr. Jürgen Salzwedel Professor an der Universität Bonn Wege- und Verkehrsrecht

743

* Jedem Abschnitt ist eine ausführliche Gliederung vorangestellt.

Vili Dr. Jürgen Salzwedel Professor an der Universität Bonn Wasserrecht

781

Dr. Thomas Oppermann Professor an der Universität Tübingen Bildung

811

Dr. Otto Kimminich Professor an der Universität Regensburg Wissenschaft

877

Dr. Walter Rudolf Professor an der Universität Mainz Presse und Rundfunk

925

Dr. Dietrich Rauschning Professor an der Universität Göttingen Wehrrecht und Wehrverwaltung

961

Dr. Gerhard Hoffmann Professor an der Universität Marburg Internationales Verwaltungsrecht

989

Sachverzeichnis

1013

Abkürzungsverzeichnis AA AAF AbfG ABl. AbwAG AcP aF AFG AfK AfP AG AgrarR AJIL AktG ALR ÄndG AOK AöR AP ArbA ArbplSchG ArbRGgwart ArbVers ArchVR ARD ARS Art. ArVNG AS ASOG AT AtAnlVO AtG, AtomG AtVfY AuR AuS AusbFöG AusfG

Ausführungsanweisung; Auswärtiges Amt Amt für Ausbildungsförderung Abfallbeseitigungsgesetz Amtsblatt Abwasserabgabengesetz Archiv für die civilistische Praxis alte Fassung Arbeitsförderungsgesetz Archiv für Kommunalwissenschaften Archiv für Presserecht Aktiengesellschaft Agrarrecht. Zeitschrift für das gesamte Recht der Landwirtschaft, der Agrarmärkte und des ländlichen Raumes American Journal of International Law Aktiengesetz Allgemeines Landrecht Änderungsgesetz Allgemeine Ortskrankenkasse Archiv des öffentlichen Rechts Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichts, Arbeitsrechtliche Praxis Arbeitsamt Arbeitsplatzschutzgesetz Das Arbeitsrecht der Gegenwart (Jahrbuch für das gesamte Arbeitsrecht und die Arbeitsgerichtsbarkeit) Die Arbeiter-Versorgung Archiv des Völkerrechts Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Rundfunkanstalten Arbeitsrechts-Sammlung Artikel Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Rentenversicherung der Arbeiter (Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetz) Amtliche Sammlung Allgemeines Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin Allgemeiner Teil Verordnung über das Verfahren bei der Genehmigung von Anlagen nach § 7 des Atomgesetzes (Atomanlagenverordnung) Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz) Atomrechtliche Verfahrensverordnung Arbeit und Recht Arbeits- und Sozialrecht Ausbildungsförderungsgesetz Ausführungsgesetz

X AüG AVAVG AVG AWG B BA BAnz. BAB1. Bad.-Württ. bad.-württ. Bad.-Württ. VB1. BAföG BAG BAT BAusglA BauAufsG BauNVO BauO BaupolVO BauR bay., bayer. BayBgm BayBs BayHSchG BayObLG BayStrWG BayVBl. BayVerfGH BayVerwGH BB BBahn BBahnG BBauBl. BBauG BBergG BBesG BBG BBVA BDH BDO BEG BerHG berl., bin. BROG Best.

Abkürzungsverzeichnis Gesetz zur Regelung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung (Arbeitnehmerüberlassungsgesetz) Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung Angestelltenversicherungsgesetz Außenwirtschaftsgesetz BundesBundesanstalt für Arbeit Bundesanzeiger Bundesarbeitsblatt Baden-Württemberg baden-württembergisch Baden-Württembergisches Verwaltungsblatt Bundesausbildungsförderungsgesetz Bundesarbeitsgericht Bundes-Angestelltentarifvertrag Bundesausgleichsamt Bauaufsichtsgesetz Baunutzungsverordnung Bauordnung Verordnung über die baupolizeiliche Behandlung von öffentlichen Bauten Baurecht bayerisch Der bayerische Bürgermeister Bereinigte Sammlung des bayerischen Landesrechts Bayerisches Hochschulgesetz Bayerisches Oberstes Landesgericht Bayerisches Straßen- und Wegegesetz Bayerische Verwaltungsblätter Bayerischer Verfassungsgerichtshof Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Der Betriebsberater Bundesbahn Bundesbahngesetz Bundesbaublatt Bundesbaugesetz Bundesberggesetz Bundesbesoldungsgesetz Bundesbeamtengesetz Bundesbahnversicherungsanstalt Bundesdisziplinarhof Bundesdisziplinarordnung Bundesgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (Bundesentschädigungsgesetz) Beratungshilfegesetz berlinisch Bundesraumordnungsgesetz Bestimmung

Abkürzungsverzeichnis BesVNG BEvG Beweissicherungs- und FeststellungsG BezO BfA BFH BFStrG BG BGB BGBl. BGH BGHSt BHHZ BGSG BHO BImschG BImSchV BK BKA BKGG BKK BKn BKnEG BKVO BLG B1GBW BIStSozArbR BLV BMA BMI BMP BMT-G II BNatSchG BNebTVO, BNV Bochalli, VerwR BPersVG BPersVWO BpflVO BPolBG

XI

Besoldungsvereinheitlichungs- und Neuregelungsgesetz Bundesevakuiertengesetz Gesetz über die Beweissicherung und Feststellung von Vermögensschäden in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands und im Sowjetsektor von Berlin Bezirksordnung Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Bundesfinanzhof Bundesfernstraßengesetz Beamtengesetz; Berufsgenossenschafts; Zeitschrift „Die Berufsgenossenschaft" Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Bundesgerichtshof (Strafsachen) Bundesgerichtshof (Zivilsachen) Gesetz über den Bundesgrenzschutz Bundeshaushaltsordnung Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz) Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen 4. BImSchV Kommentar zum Bonner Grundgesetz (Bonner Kommentar), 1950 ff. (Loseblattsammlung) Bundeskartellamt Bundeskindergeldgesetz Die Betriebskrankenkasse Bundesknappschaft Bundesknappschaftserrichtungsgesetz Berufskrankheitenverordnung Bundesleistungsgesetz Blätter für Grundstücks-, Bau- und Wohnungsrecht Blätter für Steuer-, Sozial- und Arbeitsrecht Bundeslaufbahnverordnung Bundesminister für Arbeit Bundesministerium des Innern Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe Bundesnaturschutzgesetz Verordnung über die Nebentätigkeit der Bundesbeamten, Berufssoldaten und Soldaten auf (Bundesnebentätigkeitsverordnung) A. Bochalli, Besonderes Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 1967 Bundespersonalvertretungsgesetz Wahlordnung zum Bundespersonalvertretungsgesetz Bundespflegesatzverordnung Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Polizeivollzugsbeamten des Bundes (Bundespolizeibeamtengesetz)

XII BPräs BRat BRD BReg brem. Brinkmann, GG

Abkürzungsverzeichnis

BWV BWVPr

Bundespräsident Bundesrat Bundesrepublik Deutschland Bundesregierung bremisch Grundrechts-Kommentar zum Grundgesetz, herausgegeben von K. Brinkmann, 1967 ff. (Loseblattsammlung) Gesetz über die Reisekostenvergütung für die Bundesbeamten, Richter im Bundesdienst und Soldaten (Bundesreisekostengesetz) Rahmengesetz zur Vereinheitlichung des Beamtenrechts (Beamtenrechtsrahmengesetz) Bundesraumordnungsgesetz Baurechtssammlung Gesetz über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten beim Menschen (Bundes-Seuchengesetz) Bundessozialgericht Bundessozialhilfegesetz Beschlüsse der Kultusministerkonferenz Bundessteuerblatt Bundestag Gesetz über die Umzugskostenvergütung und Trennungsentschädigung für die Bundesbeamten, Richter im Bundesdienst und Soldaten Bundesversicherungsamt Bundesverfassungsgericht Bundesverfassungsgerichtsgesetz Bundesversorgungsblatt Bundesverwaltungsgericht Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz) Bundesversorgungsgesetz Gesetz zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes Bundeswehrverwaltung Baden-Württembergische Verwaltungspraxis

ChemG CPL

Gesetz zum Schutz vor gefährlichen Stoffen Conférence des Pouvoirs Locaux et Régionaux

DAG DAR DB DBB DDB DDR DEVO DFG DGB

Deutsche Angestelltengewerkschaft Deutsches Autorecht Der Betrieb Deutscher Beamtenbund Der Deutsche Beamte Deutsche Demokratische Republik Datenerfassungsverordnung Deutsche Forschungsgemeinschaft Deutscher Gewerkschaftsbund

BRKG

BRRG BROG BRS BSchVG, BSchG BSeuchG BSG BSHG BS/KM K BStBl. BT(ag) BUKG BVA BVerfG BVerfGG BVersorgBl. BVerwG BVFG BVG BWGöD

Abkürzungsverzeichnis DGO DIN DirRufV Diss. Disz. DJT DLRG DöD DÖV DOK Dok. Ber. DR DRiZ DRpflZ DRV DST DStR DStrH Dt. DUZ DÜVO DV DVGW DVB1 DVO DVZ DWW E EA EAG, Euratom EAGV EG EGBGB EGKS EGSB EGStGB EHG EKD EGKSV EMRK Erichsen, VwR u. VwGerichtsbkt.I Erichsen/Martens, Allg. VwR ErsK

XIII

Deutsche Gemeindeordnung Deutsches Institut für Normung VO über das öffentliche Direktrufnetz für die Übertragung digitaler Nachrichten Dissertation DisziplinarDeutscher Juristentag Deutsche Lebensrettungsgesellschaft Der öffentliche Dienst Die Öffentliche Verwaltung Die Ortskrankenkasse Dokumentarische Berichte aus dem Bundesverwaltungsgericht Deutsches Recht Deutsche Richterzeitung Deutsche Rechtspfleger-Zeitung Deutsche Rentenversicherung Deutscher Städtetag Deutsches Steuerrecht Dienststrafhof Deutsch(es) Die Deutsche Universitätszeitung Datenübermittlungsverordnung Die Verwaltung Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches Deutsches Verwaltungsblatt Durchführungsverordnung Deutsche Versicherungs-Zeitschrift für Sozialversicherung und Privatversicherung Deutsche Wohnungswirtschaft Entscheidung(en); Entwurf Europa-Archiv Europäische Atomgemeinschaft Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft Europäische Gemeinschaft Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl Gesetz über die Sozialversicherung Behinderter Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch Gesetz über die Berufsausübung im Einzelhandel Evangelische Kirche Deutschlands Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl Europäische Menschenrechtskonvention H.-U. Erichsen, Verwaltungsrecht und Verwaltungsgerichtsbarkeit I, 1977 H.-U. Erichsen/W. Martens (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungs-Recht, 5. Aufl. 1981 Ersatzkasse; Zeitschrift „Die Ersatzkasse"

XIV ESVGH ET EuGH EuR EvStL, Ev. StaatsL EWG EWGV FAG FAZ FamRZ FeststellungsG Fg. f. FGG FGO FIDE FinanzändG FinArch FluchtLinG FlüHG FlurbG Forsthoff, VwR FRG Fs. f. FStrG Fürs. G G131 GAL GaststG GBl. GefGBefG GemO GerSichG GewArch GewO GFG GG Giese/Schunck, GG GjS

Abkürzungsverzeichnis Entscheidungssammlung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg Energiewirtschaftliche Tagesfragen Europäischer Gerichtshof Europarecht Evangelisches Staatslexikon, herausgegeben von H. Kunst, R. Herzog und W. Schneemelcher, 2. Aufl. 1975 Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft Finanzausgleichsgesetz Frankfurter Allgemeine Zeitung für Deutschland Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Gesetz über die Feststellung von Vertreibungsschäden und Kriegsschäden Festgabe für Gesetz über die Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit Finanzgerichtsordnung Fédération Internationale pour le Droit Européen Finanzänderungsgesetz Finanzarchiv Fluchtliniengesetz Flüchtlingshilfegesetz Flurbereinigungsgesetz E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, I. Band: Allgemeiner Teil, 10. Aufl. 1973 Fremdrentengesetz Festschrift für Bundesfernstraßengesetz Fürsorge Gesetz Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte Gaststättengesetz Gesetzblatt Gesetz über die Beförderung gefährlicher Güter Gemeindeordnung Gerätesicherheitsgesetz Gewerbearchiv Gewerbeordnung Graduiertenförderungsgesetz Grundgesetz Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, erläutert von F. Giese, 9. Aufl. neu bearbeitet von E. Schunck, 1976 Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften

Abkürzungsverzeichnis GK-AFG GKÖD GKV GkZA GmbH GMB1. GO GoA GRe

GRUR GRV GS GS. NW GüKG GUV GVB1., GVOB1. GWB GWF H. HäftlHG

HandwO hmb. Hb, HdB HbFinWiss HBKWP, KomHdB

HdbDtStR HDSW HdWW HeimkG hess.

XV

Gemeinschaftskommentar zum Arbeitsförderungsgesetz Gesamtkommentar Öffentliches Dienstrecht Gesetzliche Krankenversicherung Gesetz über die kommunale Zusammenarbeit Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gemeinsames Ministerialblatt Gemeindeordnung; Geschäftsordnung Geschäftsführung ohne Auftrag Die Grundrechte, Handbuch der Theorie und Praxis der Grundrechte, Band I, 1. und 2. Halbband, hrsg. von K. A. Bettermann, F. L. Neumann, H. C. Nipperdey, 1966/67; Band II, hrsg. von F. L. Neumann, H. C. Nipperdey, U. Scheuner, 2. Aufl. 1968; Band III, 1. 2. Halbband, hrsg. von K. A. Bettermann, H. C. Nipperdey, U. Scheuner, 1958/59; Band IV, 1. Halbband, hrsg. von K. A. Bettermann, H. C. Nipperdey, U. Scheuner, 1960, 2. Halbband, hrsg. von K. A. Bettermann, H. C. Nipperdey, 1962 Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gesetzliche Rentenversicherung Gesetzessammlung Sammlung des bereinigten Landesrechts Nordrhein-Westfalen. 1945-1956 Güterkraftverkehrsgesetz Gesetzliche Unfallversicherung Gesetz- und Verordnungsblatt Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz) Das Gas- und Wasserfach Heft Gesetz über Hilfsmaßnahmen für Personen, die aus politischen Gründen im Gebiet außerhalb der Bundesrepublik Deutschland und Berlins (West) in Gewahrsam genommen wurden (Häftlingshilfegesetz) Handwerksordnung hamburgisch Handbuch Handbuch der Finanzwissenschaft Handbuch der Kommunalen Wissenschaft und Praxis, hrsg. von H. Peters, Band I, Grundlagen, 2. völlig neubearbeitete Aufl. 1981 Band II, Kommunale Verwaltung, 1957 Band III, Kommunale Finanzen und Kommunale Wirtschaft, 1959 Hanbuch des Deutschen Staatsrechts, hrsg. von G. Anschütz/R. Thoma, Band I 1930, Band II 1932 Handwörterbuch der Sozialwissenschaften Handbuch der Wirtschaftswissenschaften Gesetz über Hilfsmaßnahmen für Heimkehrer (Heimkehrergesetz) hessisch

XVI Hesse, VerfR HGrG HHG h. L. HRR HRG HSchLG HVO HzS HwVG

Abkürzungsverzeichnis K. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 12. Aufl. 1980 Haushaltsgrundsätzegesetz Häftlingshilfegesetz herrschende Lehre Höchstrichterliche Rechtsprechung Hochschulrahmengesetz Hochschullehrergesetz Haushaltsverordnung Handbuch zum Sozialrecht Gesetz über eine Rentenversicherung der Handwerker (Handwerkerversicherungsgesetz)

i. d. F. d. Bek. ICLQ IHKG IPR IVR

in der Fassung der Bekanntmachung The international and comparative Law Quarterly Gesetz über die Industrie- und Handelskammern Internationales Privatrecht Internationales Verwaltungsrecht

JA JÄ JAV Jb JB1 Jellinek, VwR

Juristische Arbeitsblätter Jugendämter Jahresarbeitsverdienst Jahrbuch Juristische Blätter W. Jellinek, Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 1931 (Neudruck 1966) Jahrbuch für Internationales Recht Juristische Rundschau Gesetz zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit Juristische Analysen Juristen-Jahrbuch Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Gesetz für Jugendwohlfahrt Juristenzeitung

JIR JR JSchÖG JurA JurJB JuS JW JWG JZ KAG KÄV KG KgfEG KJ KMK KnVnG KO KOVVerfG KR KRG Krüger, StaatsL

Kommunalabgabengesetz Kassenärztliche Vereinigung Kammergericht Gesetz über die Entschädigung ehemaliger deutscher Kriegsgefangener (Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz) Kritische Justiz Kultusministerkonferenz Knappschaftsrentenversicherungs-Neuregelungsgesetz Konkursordnung Gesetz üb. d. Verwaltungsverfahren d. Kriegsopferversorgung Kontrollrat Kontrollratsgesetz H. Krüger, Allgemeine Staatslehre, 2. Aufl. 1966

Abkürzungsverzeichnis KRV KStZ KSVG KfK-Bericht KVG KVKG KVLG KWG L LadSchlG LAG LArbÄ LBG Lehrb. Leibholz/Rinck, G G LFG, LFZG LG LJÄ LKO LM LPanG LPflG LS LSG LStrG LStVG LT LuftVG LuftVZO LVA LVG LVwG LWG

XVII

Die Krankenversicherung Kommunale Steuer-Zeitschrift Kommunalselbstverwaltungsgesetz Berichte der Kultusministerkonferenz Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz Gesetz über die Krankenversicherung für Landwirte Gesetz über das Kreditwesen Land(es) Ladenschlußgesetz Lastenausgleichsgesetz Landesarbeitsämter Landesbeamtengesetz Lehrbuch G. Leibholz/H. J. Rinck, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Kommentar an Hand der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, 6. Aufl. 1979 ff. Lohnfortzahlungsgesetz Landgericht, Landschaftsgesetz Landesjugendämter Landkreisordnung Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs, herausgegeben von F. Lindenmaier und Ph. Möhring Landesplanungsgesetz Landschaftspflegegesetz Leitsatz Luftschutzgesetz Landstraßengesetz Bayern. Gesetz über das Landesstrafrecht und das Verordnungsrecht auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und Ordnung Landtag Luftverkehrsgesetz Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung Landesversicherungsanstalt Landesverwaltungsgesetz Allgemeines Verwaltungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein (Landesverwaltungsgesetz) Landeswohnungsgesetz; Landeswassergesetz

von Mangoldt/Klein, G G Das Bonner Grundgesetz, erläutert von H. von Mangoldt, 2. Aufl. neu bearbeitet von F. Klein, Bände I, II, 2. Aufl. 1966, Band III, 2. Aufl. 1970/74 Maunz, StaatsR Th. Maunz, Deutsches Staatsrecht, 23. Aufl. 1980 Maunz/Dürig/Herzog/ Th. Maunz/G. Dürig/R. Herzog/R. Scholz, Grundgesetz, Scholz, GG Kommentar, Band I, II und III, 4. Aufl., 1958ff. (Loseblatt) Mayer, VwR O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Band I und II, 3. Aufl. 1924

XVIII MBauO MdE MDR ME MeldeG MinBl. MitbestG MTB II MTL II von Münch, G G K MuSchG NachbRG Nachr. NC NDBZ NDV nds, nieders. n. F. NJW nrw, nordrh.-westf. NssmtGO NuR NW, Nordrh.-Westf. O OBG OEG ÖZW OKK OLG Ordo OVG OWiG PAG PBefG PersVG Peters, VwR PG POG PolG PolLVO PolZustG PostArch PostVerwG

Abkürzungsverzeichnis Musterbauordnung Minderung der Erwerbsfähigkeit Monatsschrift für Deutsches Recht Musterentwurf Gesetz über das Meldewesen (Meldegesetz) Ministerialblatt Mitbestimmungsgesetz Manteltarifvertrag für Arbeiter des Bundes Manteltarifvertrag für Arbeiter der Länder von Münch (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Bd. I, 1974, Bd. II, 1976, Bd. III, 1978 Mutterschutzgesetz Nachbarrechtsgesetz Nachrichten numerus clausus Neue Deutsche Beamtenzeitung Nachrichtendienst des deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge niedersächsisch neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift nordrhein-westfälisch Niedersächsische Samtgemeindeordnung Natur und Recht Nordrhein-Westfalen Ordnung Ordnungsbehördengesetz Entwurf eines Gesetzes über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten Österreichische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Ortskrankenkasse Oberlandesgericht Jahrbuch für die Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft Oberverwaltungsgericht Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Polizei in Bayern (Polizeiaufgabengesetz) Personenbeförderungsgesetz Personalvertretungsgesetz H. Peters, Lehrbuch der Verwaltung, 1949 Polizeigesetz Polizeiorganisationsgesetz Polizeigesetz Verordnung über die Laufbahn der Polizeivollzugsbeamten Gesetz über die Zuständigkeit der Polizei Postarchiv Postverwaltungsgesetz

Abkürzungsverzeichnis

XIX

PrALR PreßG preuß. PrOVG PrStädteO PrWG PStGB Püttner, Allg. VwR PuZ PVG PVS

Allgemeines Landrecht für die preußischen Staaten Pressegesetz preußisch Preußisches Oberverwaltungsgericht Preußische Städteordnung Preußisches Wegereinigungsgesetz Polizeistrafgesetzbuch G. Püttner, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 1979 Aus Politik und Zeitgeschichte Polizeiverwaltungsgesetz Politische Vierteljahrsschrift

R Rabeis Z

Recht Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht, begr. von Rabel Reichsarbeitsgericht in: Arbeitsrechtssammlung Reichsbeamtengesetz Recht der Arbeit Recht der Jugend Recht der Jugend und des Bildungswesens Rundschreiben Recht der Wasserwirtschaft Regierungsbezirk Regierungsblatt Rehabilitationsangleichungsgesetz Reparationsschädengesetz Reichsgericht Reichsgesetzblatt Gesetz über das Revisionsgericht. Saarland Reichsgericht (Strafsachen) Reichsgericht (Zivilsachen) Rheinland-Pfalz rheinland-pfälzisch Reichshaushaltsordnung Das Recht im Amt Reichsknappschaftsgesetz Reichsministerialblatt Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung Raumordnungsgesetz Rechtsprechung Recht, Staat, Wirtschaft Rundfunk und Fernsehen Recht und Gesellschaft Recht und Staat Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz Amtliche Nachrichten des Reichsversicherungsamtes Reichsversicherungsordnung Reichsverwaltungsblatt

RAG ARS RBG RdA RdJ RdJB RdSchr. RdWW RegBez. RegBl. RehaG RepG RG RGBl. RGG RGSt RGZ Rheinl.-Pfalz rheinl.-pfälz. RHO RiA RKG RMB1. RMfWEV ROG Rspr. RStW RuF RuG RuSt. RuStAngG RVA AN RVO RVerwBl.

XX

Abkürzungsverzeichnis

RWS RzW

Recht und Wirtschaft der Schule Rechtsprechung zum Wiedergutmachungsrecht

s. saarl. SAE Schl.-Holst. schlesw.-holst. Schl.-Holst.Anz. Schmidt-Bleibtreu/ Klein, G G SchlHA SchOG Schönke/Schröder, StGB SchrVfS SchVG SchwbG SGb SGB SGG SGVO SKV SOG SozR Soz.Sich. SozVers. StabG StBFG StbJb Stein, StaatsR StGB StGH StHG StO StPO str. StrG StrlSchVO StT StVO StVZO StW, StuW SVG

siehe saarländisch Sammlung arbeitsrechtlicher Entscheidungen Schleswig-Holstein schleswig-holsteinisch Schleswig-Holsteinische Anzeigen B. Schmidt-Bleibtreu/F. Klein, Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 5. Aufl. 1980 Schleswig-Holsteinische Anzeigen Schulordnungsgesetz Strafgesetzbuch, Kommentar, begründet von A. Schönke, fortgeführt von H. Schröder, 20. Aufl. 1980 Schriften des Vereins für Sozialpolitik Schulverwaltungsgesetz Schwerbeschädigtengesetz; Schwerbehindertengesetz Die Sozialgerichtsbarkeit Sozialgesetzbuch Sozialgerichtsgesetz Niedersächs. Gemeindeverordnung Staats- und Kommunalverwaltung Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung Sozialrecht Soziale Sicherheit Die Sozialversicherung Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft Städtebauförderungsgesetz Steuerberater-Jahrbuch E. Stein, Lehrbuch des Staatsrechts, 7. Aufl. 1980 Strafgesetzbuch Staatsgerichtshof Staatshaftungsgesetz Steuerordnung Strafprozeßordnung strittig Straßengesetz Strahlenschutzverordnung Städtetag Straßenverkehrsordnung Straßenverkehrs-Zulassungsordnung Steuer und Wirtschaft Selbstverwaltungsgesetz, Soldatenversorgungsgesetz

TA TH TelwegG

Technische Anweisung Technische Hochschule Telegraphenwege-Gesetz

Abkürzungsverzeichnis TrennEVO Turegg/Kreus, VerwR TVG Tz UBG UFITA Ule, VerwProzR UNESCO UNTS USG UVNG UWG UZwG UZwGBw

UZwVO VA VBKOV VDE VDI VEnergR Verb Verf. VerfGH Verh. Verk. Mitt. VersÄ VersR VersRundschau VerwA VG VGG VGH VGHE n.F.

XXI

Verordnung über die Gewährung von Trennungsentschädigung K. E. von Turegg, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 4. neu bearbeitete Aufl. von E. Kreaus, 1962 Tarifvertragsgesetz Textziffer Gesetz über die Unterhaltsbeihilfe für Angehörige von Kriegsgefangenen Archiv für Urheber-, Film-, Funk- und Theaterrecht C. H. Ule, Verwaltungsprozeßrecht, 7. Aufl. 1978 United Nations Eduction, Scientific and Cultural Organisation United Nations Treaty Series Gesetz über die Sicherung des Unterhalts der zum Wehrdienst einberufenen Wehrpflichtigen und ihrer Angehörigen (Unterhaltssicherungsgesetz) Gesetz zur Neuregelung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung (Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz) Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Gesetz über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes Gesetz über die Anwendung unmittelbaren Zwanges und die Ausübung besonderer Befugnisse durch Soldaten der Bundeswehr und zivile Wachpersonen Verordnung über die Anwendung unmittelbaren Zwangs Verwaltungakt Gesetz über die Errichtung der Verwaltungsbehörden in der Kriegsopferversorgung Verband Deutscher Elektrotechniker Verein Deutscher Ingenieure Veröffentlichungen des Instituts für Energierecht Verband(s) Verfassung Verfassungsgerichtshof Verhandlungen Verkehrsrechtliche Mitteilungen Versorgungsämter Versicherungsrecht Die Versicherungsrundschau Verwaltungsarchiv Verwaltungsgericht Gesetz über die Verwaltungsgerichtsbarkeit Verwaltungsgerichtshof Sammlung von Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes mit Entscheidungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes, des Bayerischen Dienststrafhofes und des Bayerischen Gerichtshofes für Kompetenzkonflikte. Neue Folge

XXII VjHfZG VkBl. VO VOB VRS VRspr., VerwRspr. VSSR VuVO VVDStRL VVG VVKOV VwGO VwR VwVfG VwVG VwZG WaStrG WBO WDO WegeG WeimRVerf, WRV WG WHG WiGBl. WiR WissR WissRat WiVerw WoGG WoGV WohnG Wolff, VwR Wolff/Bachof, VwR I Wolff/Bachof, VwR II Wolff/Bachof, VwR III WpflG WRK WRP WRV WsG WuW

Abkürzungsverzeichnis Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte Verkehrsblatt. Amtsblatt des Bundesministers für Verkehr Verordnung Verdingungsordnung für Bauleistungen Verkehrsrechts-Sammlung Verwaltungsrechtsprechung Vierteljahresschrift für Sozialrecht Versicherungsunterlagen-Verordnung Veröffentlichung der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Gesetz über den Versicherungsvertrag Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsrecht Verwaltungsverfahrensgesetz Verwaltungsvollstreckungsgesetz Verwaltungszustellungsgesetz Bundeswasserstraßengesetz Wehrbeschwerdeordnung Wehrdisziplinarordnung Hamburgisches Wegegesetz Weimarer Reichsverfassung Wassergesetz Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz) Wirtschaftsgesetzblatt Einfüge Wissenschaftsrecht, Wissenschaftsverwaltung, Wissenschaftsförderung Wissenschaftsrat Wirtschaft und Verwaltung, Vierteljahresbeilage zum GewArch Wohngeldgesetz Wohngeldverordnung Wohnungsgesetz H.-J. Wolff, Verwaltungsrecht, Band I, 8. Aufl. 1971, Band II, 3. Aufl. 1970, Band III, 3. Aufl. 1973 H.-J. Wolff/O. Bachof, Verwaltungsrecht, Bd, I, 9. Aufl 1974 H.-J. Wolff/O. Bachof, Verwaltungsrecht, BD, II, 4. Aufl. 1976 H.-J. Wolff/O.Bachof, Verwaltungsrecht, Bd. III, 4. Aufl. 1978 Wehrpflichtgesetz Westdeutsche Rektorenkonferenz Wettbewerb in Recht und Praxis Weimarer Reichsverfassung Wehrsoldgesetz Wirtschaft und Wettbewerb

Abkürzungsverzeichnis WVMB1. WVR WWO WzS ZaöRV ZAR, ZfA ZBR ZDF ZDG ZfArbR u. SozR ZfB ZfBR ZfE ZfP ZfS ZfSH ZfU ZfvglRechtswiss ZfW ZgesStW, ZStW ZGR ZHR ZLR ZLW ZO ZPO ZRP ZSR ZStW ZustVO SOG ZVersWiss

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Amtsblatt des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr Wörterbuch des Völkerrechts, begr. von K. Strupp, hrsg. von H.-J. Schlochauer, Band I 1960, Band II 1961, Band III 1962 Verordnung über Wasser- und Bodenverbände (Wasserverbandsverordnung) Wege zur Sozialversicherung Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Zeitschrift für Arbeitsrecht Zeitschrift für Beamtenrecht Zweites Deutsches Fernsehen Gesetz über den zivilen Ersatzdienst Zeitschrift für Arbeitsrecht und Sozialrecht Zeitschrift für Bergrecht Zeitschrift für deutsches und internationales Baurecht Zeitschrift für Energierecht Zeitschrift für Rechtspolitik Zentralblatt für Sozialversicherung, Sozialhilfe und Versorgung Zeitschrift für Sozialhilfe Zeitschrift für Umweltpolitik Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft Zeitschrift für Wasserrecht Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Luftrecht Zeitschrift für Luftrecht und Weltraumrechtsfragen Zulassungsordnung Zivilprozeßordnung Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für Sozialreform Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft (nieders.) Verordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft

ERSTER ABSCHNITT Ingo von Münch

Öffentlicher Dienst

Literatur U. Battis, Bundesbeamtengesetz, 1980 B. Bauch, Das Recht der Beamten, 1966. H. Bernhard / R. Hoffmann, Landesbeamtengesetz für Baden-Württemberg, 1964. W. Bierfelder (Hrsg.), Handwörterbuch des öffentlichen Dienstes. Das Personalwesen, 1976. H. Bierschneider, Bayerisches Beamtenrecht, 1968 ff. (Losebl. SIg.). A. Bochalli, Bundesbeamtengesetz, 3. Aufl. 1966. A. Bochalli, Landesbeamtengesetz von Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl. 1963. J. Crisolli/M. Schwarz, Hessisches Beamtengesetz, 1962ff. (Losebl. SIg.). Th. Ellwein / R. Zoll, Berufsbeamtentum — Anspruch und Wirklichkeit, 1973. K. Ebert, Das gesamte öffentliche Dienstrecht, 2. Aufl. 1972 ff. (Losebl. SIg.). O. Fischbach, Bundesbeamtengesetz, 3. Aufl., 1. Halbbd. 1964, 2. Halbbd. 1965. O. Fischbach, Landesbeamtengesetz von Berlin, 1954. W. Frotscher, Das Berufsbeamtentum im demokratischen Staat, 1975. W. Fürst / H. J. Finger / O. Mühl / F. Niedermaier, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, 1973 ff. (Losebl.-Kommentar). W. Fürst / A. Strecker, Beamtenrecht (einschließlich Disziplinar- und Personalvertretungsrecht), 1975. W. Fürst (Hrsg.), Gesamtkommentar Öffentliches Dienstrecht — Bd. I: W. Fürst / H. J. Finger / O. Mühl / F. Niedermaier, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, 1973 ff. — Bd. II: H.-D. Weiß, Disziplinarrecht des Bundes und der Länder. — Bd. III: M.-C. Schinkel, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder. — Bd. IV: G. Arndt / S. Baumgärtel/ C. Fieberg, Recht der Arbeiter und Angestellten im Öffentlichen Dienst. — Bd. V: A. Fischer / H.-J. Goeres, Personalvertretungsrecht des Bundes und der Länder. E. Geib, Schleswig-Holsteinisches Landesbeamtenrecht, 1956. H.-D. Genscher / K. H. Friauf/ M. Löwisch / W. Bierfelder / H. Schneider, Der öffentliche Dienst am Scheideweg, 1972. K. Gerhardt / K. Hahn / A. Schaufele, Landesbeamtenrecht für Baden-Württemberg, 1966.

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Ingo von Münch

W. Grabendorff / P. Arend, Beamtengesetz von Rheinland-Pfalz, 2. Aufl., 1967 ff. (Losebl. Slg.). A. Hartinger/ Chr. Hegemer, Dienstrecht in Bayern, 1975ff. (Losebl. Slg.). H. Hartmann /F. Janssen / U. Kühn, Bayerisches Beamtengesetz, 5. Aufl., 1978. H. Hävers / G. Schnupp, Beamten- und Disziplinarrecht, 4. Aufl., 1979. L. Hefele / J. Schmidt, Bayerisches Beamtengesetz, 1961. W. Hildebrandt / H. Demmlef / H.-G. Bachmann, Kommentar zum Beamtengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, 1963 ff. (Losebl. Slg.). G. Hilg/G. Müller, Beamtenrecht in Bayern, 1. Halbband — Allgemeines Beamtenrecht, 1978. K. König/H. W. Laubinger/F. Wagener {Hrsg.), Öffentlicher Dienst. Fs. f. C. H. Ule, 1977. H. Korn / G. Siecken, Das Beamtenrecht in Nordrhein-Westfalen, 3. Aufl. 1962ff. (Losebl. Slg.). W. Kümmel, Niedersächsisches Beamtengesetz, 1965 ff. (Losebl. Slg.). H. Lecheler, Die Personalgewalt öffentlicher Dienstherren, 1977. W. Leisner, Grundlagen des Berufsbeamtentums, 1971. W. Leisner (Hrsg.), Das Berufsbeamtentum im demokratischen Staat, 1975. C. Leusser / E. Gemer/K. Kruis, Bayerisches Beamtengesetz, 2. Aufl. 1970 (Nachtrag 1971). H. Malz / J. Heilemann, Lexikon des öffentlichen Dienstes, 1964. A. Maneck / H. Schirrmacher, Hessisches Bedienstetenrecht, 6. Aufl. 1977 (Losebl. Slg.). H. Minz, Recht des öffentlichen Dienstes, 1979. G. Müller/ E. Beck, Beamtenrecht in Baden-Württemberg, 1962ff. (Losebl. Slg.). H. Otto, Das Recht der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst, 1973 (6. Aufl. der gleichnamigen Schrift von G. Wacke). E. Plog/A. Wiedow / G. Beck, Kommentar zum Bundesbeamtengesetz mit Beamtenversorgungsgesetz, 2. Aufl. 1965 ff. (Losebl. Slg.). F. Ronneberger / U. Rödel, Beamte im gesellschaftlichen Wandlungsprozeß, 1971. W. Rudolf, Der öffentliche Dienst im Staat der Gegenwart, VVDStRL 37 (1979), S. 175 ff. C. Sachse / E. Topka, Niedersächsisches Beamtengesetz, 1961. H. W. Scheerbarth / H. Höffken, Beamtenrecht, 3. Aufl. 1979. W. Schmidt / G. Ehrenthal, Niedersächsisches Beamtengesetz, 3. Aufl. 1967. F. E. Schnapp, Amtsrecht und Beamtenrecht, 1977. Schükri, Das Recht des Arbeitnehmers im öffentlichen Dienst, 1979. E. Schütz / C. Ulland/ A. Cecior / H. Schnellenbach, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, 5. Aufl. 1973 ff. (Losebl.Slg.). G. P. Strunk, Beamtenrecht, 1980. W. Thieme, Der öffentliche Dienst in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes, 1969. C. H. Ule, Beamtenrecht, 1970. C. H. Ule, Öffentlicher Dienst, in: GRe IV/2, S. 537ff. G. Wacke, Grundlagen des öffentlichen Dienstrechts, 1957. F. Wagener, Der öffentliche Dienst im Staat der Gegenwart, VVDStRL 37 (1979), S. 215ff. H. Weiss / F. Niedermaier / R. Summer / S. Zängl, Bayerisches Beamtengesetz, 2. Aufl. 1966 ff. (Losebl. Slg.).

Öffentlicher Dienst

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E. Weißhaar, Beamtenrecht, 1980. W. Wiese, Der Staatsdienst in der Bundesrepublik Deutschland, 1972. H. J. Wolff/ O. Bachof, Verwaltungsrecht II, 4. Aufl., 1976, § 105 -119. Zeitschriften: Bayerische Beamtenzeitung; Die Bundesverwaltung; Der Deutsche Beamte; Der Öffentliche Dienst; Neue Deutsche Beamtenzeitung; Die Personal Vertretung; Recht im Amt; Zeitschrift für Beamtenrecht.

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Ingo von Münch

Gesetze Bund: BundesbeamtenG i. d. F. vom 3. Januar 1977 (BGBl. I, S. 1), zuletzt geändert am 26. Juni 1981 (BGBl. I, S. 553). Rahmengesetz zur Vereinheitlichung des Beamtenrechts (BeamtenrechtsrahmenG) i. d. F. vom 3. Januar 1977 (BGBl. I, S. 22), zuletzt geändert am 26. Juni 1981 (BGBl. I, S. 553). Länder: Baden- Württemberg: LandesbeamtenG i. d. F. vom 8. August 1979 (GBl. S. 398), zuletzt geändert am 9. Dezember 1980 (GBl. S. 595). Bayern: Bayerisches BeamtenG i. d. F. vom 17. November 1978 (GVB1. S. 831, ber. S. 958), zuletzt geändert am 6. Juni 1981 (GVB1. S. 128, ber. S. 381). Berlin: LandesbeamtenG i. d. F. vom 20. Februar 1979 (GVB1. S. 368), zuletzt geändert am 23. Oktober 1979 (GVB1. S. 1852). Bremen: Bremisches BeamtenG i. d. F. der Bekanntm. vom 3. März 1978, zuletzt geändert am 28. September 1981 (GBl. S. 159). Hamburg: Hamburgisches BeamtenG i. d. F. vom 29. November 1977 (GVB1. S. 367), zuletzt geändert am 31. März 1981 (GVB1. S. 71). Hessen: Hessisches BeamtenG i. d. F. vom 14. Dezember 1976 (GVB1. 1977 I, S. 42), zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. Februar 1981 (GVB1.I, S. 30). Niedersachsen: Niedersächsisches BeamtenG i. d. F. vom 18. März 1974 (GVB1. S. 147), zuletzt geändert am 24. November 1980 (GVB1. S. 474). Nordrhein- Westfalen: LandesbeamtenG i. d. F. vom 1. Mai 1981 (GVB1. S. 234). Rheinland-Pfalz: LandesbeamtenG i. d. F. vom 14. Juli 1970 (GVB1. S. 241), zuletzt geändert am 2. Juni 1981 (GVB1. S. 105). Saarland: Saarl. BeamtenG i. d. F. vom 1. Sept. 1971 (ABl. S. 613), zuletzt geändert am 10. Dezember 1980 (ABl. S. 1081). Schleswig-Holstein: LandesbeamtenG i. d. F. vom 10. Mai 1979 (GVOB1. S. 299), zuletzt geändert durch Gesetz vom 10. Juli 1980 (GVOB1. S. 236).

Öffentlicher Dienst

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Gliederung I. Begriff des öffentlichen Dienstes 1. Bedeutung 2. Abgrenzungsmerkmale a) Art der Tätigkeit b) Normative Ausgestaltung des Dienstverhältnisses c) Dienst bei juristischer Person des öffentlichen Rechts 3. Wirtschaftliche Betätigung 4. Dauer und Eingliederung 5. Personenkreis II. Entwicklung des öffentlichen Dienstes 1. Geschichtliche Entwicklung a) Beamte b) Angestellte und Arbeiter 2. Gegenwärtige Struktur und Problematik a) Ausweitung des öffentlichen Dienstes b) Angleichung der Gruppen c) Schwächung des Beamtentums III. Beamtenrecht 1. Beamtenbegriff a) Staatsrechtlicher Beamtenbegriff b) Haftungsrechtlicher Beamtenbegriff c) Strafrechtlicher Beamtenbegriff d) Verhältnis der Beamtenbegriffe zueinander 2. Beamtenarten a) Bundesbeamte, Landesbeamte, Gemeindebeamte b) Berufsbeamte c) Ehrenbeamte 3. Begründung des Beamtenverhältnisses a) Allgemeine Voraussetzungen b) Ernennung aa) Zuständigkeit zur Ernennung bb) Form der Ernennung cc) Anspruch auf Ernennung? c) Mängel der Ernennung d) Rücknahme der Ernennung aa) Obligatorische Rücknahme bb) Fakultative Rücknahme cc) Anfechtung e) Folgen von Mängeln aa) Innenverhältnis bb) Außenverhältnis 4. Inhalt des Beamtenverhältnisses a) Hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums b) Beamtenpflichten

8 8 8 9 9 9 10 11 11 12 12 12 13 14 14 15 15 16 16 17 17 18 20 21 21 22 25 26 26 28 28 28 30 33 35 35 36 36 36 36 37 38 38 41

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Ingo von Münch aa) Dienstpflicht (Dienstleistungspflicht) bb) Allgemein bezogene, unparteiische Amtsführung cc) Beratungs-, Unterstützungs-, Gehorsamspflicht dd) Amtsverschwiegenheit ee) Treuepflicht ff) Ahndung von Pflichtverletzungen (Disziplinarrecht) c) Beamtenrechte aa) Recht auf Schutz und Fürsorge bb) Dienst- und Versorgungsbezüge cc) Einsicht in Personalakten, Dienstzeugnis d) Grundrechte im Beamtenverhältnis aa) Geltung der Grundrechte bb) Einzelne Grundrechte 5. Vermögensrechtliche Haftung des Beamten a) Unmittelbare Schädigung des Dienstherrn aa) Privatrechtliche Tätigkeit bb) Ausübung eines öffentlichen Amtes b) Mittelbare Schädigung des Dienstherrn aa) Privatrechtliche Tätigkeit bb) Ausübung eines öffentlichen Amtes c) Haftungsminderung bei schadensgeneigter Arbeit d) Geltendmachung der Ansprüche des Dienstherrn 6. Veränderungen im Beamtenverhältnis a) Beförderung b) Versetzung c) Abordnung 7. Beendigung des Beamtenverhältnisses a) Eintritt in den Ruhestand b) Entlassung c) Verlust der Beamtenrechte durch Gerichtsurteil d) Entfernung aus dem Dienst durch Disziplinarurteil 8. Rechtsschutz im Beamtenverhältnis a) Außergerichtliche Rechtsbehelfe aa) Beschwerde beim Dienstvorgesetzten bb) Beschwerde beim Personalrat und Personalausschuß cc) Petitionsrecht b) Gerichtliche Rechtsbehelfe aa) Zivilgerichte bb) Disziplinargerichte cc) Verwaltungsgerichte

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IV. Recht der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst 1. Begriff der Arbeiter und Angestellten im öffentlichen Dienst 2. Begründung des Dienstverhältnisses 3. Inhalt des Dienstverhältnisses a) Pflichten b) Rechte 4. Beendigung des Dienstverhältnisses

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Öffentlicher Dienst V. Personalvertretung 1. Personalrat 2. Personalversammlung VI. Bundes-(Landes-)Personalausschuß VII. Demokratisierung des öffentlichen Dienstes VIII. Reformbestrebungen

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Ingo von Münch

I. Begriff des öffentlichen Dienstes 1. Bedeutung Die Klärung des Begriffs „öffentlicher Dienst" ist bedeutsam, weil für den öffentlichen Dienst zahlreiche Sonderregelungen gelten, die ihn von privaten Dienstverhältnissen unterscheiden. So ist die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen (Art. 33 IV GG). Den Angehörigen des öffentlichen Dienstes werden besondere Treuepflichten auferlegt: In das Beamtenverhältnis darf nur berufen werden, wer die Gewähr dafür bietet, daß er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt1. Einem Teil der Angehörigen des öffentlichen Dienstes — nämlich den Beamten — wird das Streikrecht versagt2. Das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 GG fallenden Personen gewährte denjenigen, die am 8. Mai 1945 infolge des Zusammenbruchs ihre Stellung im öffentlichen Dienst verloren hatten oder nicht entsprechend wiederverwendet wurden, finanzielle Überbrükkungshilfen, auf die Einkünfte aus einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst angerechnet wurden; ist auch die Beschäftigung in einem „volkseigenen Betrieb" der DDR eine anrechnungspflichtige Tätigkeit im „öffentlichen Dienst"3? Wie ist die Beschäftigung in einem sog. öffentlichen Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland rechtlich zu qualifizieren, d. h. in einem Unternehmen, an dessen Kapital die öffentliche Hand maßgeblich oder allein beteiligt ist4? 2. Abgrenzungsmerkmale Einen allgemeingültigen Begriff des öffentlichen Dienstes gibt es nicht5. Der Begriff ist vielmehr für jede gesetzliche Vorschrift nach deren Sinn und Zweck besonders auszulegen6. Bietet das Gesetz keinen Anhaltspunkt, so müssen sachgerechte Merkmale für die Abgrenzung des öffentlichen Dienstes 1 3

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Vgl. dazu unten Abschn. III 3 a, 4 d bb. 2 Vgl. dazu unten Abschn. III 4 d bb. Vgl. E. Flog / A. Wiedow / G. Beck, BBG, Rdnr. 29 zu § 158 BBG. - Zur Frage, ob Beschäftigung bei der Reichsbahn der DDR ein Beamtenverhältnis i. S. von § 111 I BBG ist, vgl. BVerwG ZBR 1973, 61 ff. Vgl. dazu unten Abschnitt I 3. BVerfG E 15, 46 (61); DVB1 1981, 450; 38, 338 (343). Vgl. den unterschiedlichen Gebrauch des Begriffs „öffentl. Dienst im engeren Sinn" bei Thieme, Ev. StaatsL, Sp. 1653f., Ule, GRe IV/2, S. 552, und Wolff / Bachof, VwR II, § 105 Ic. BVerwG E 9, 314(316).

Öffentlicher Dienst

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vom privaten Dienst gesucht werden. Drei Abgrenzungsmerkmale liegen nahe: a) Art der Tätigkeit; b) Normative Ausgestaltung des Dienstverhältnisses; c) Dienst bei juristischer Person des öffentlichen Rechts. a) Art der Tätigkeit: Eine früher vom BAG vertretene Ansicht meint, eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst liege dann vor, wenn die dienstliche Tätigkeit öffentlichrechtlicher Art ist7. Dieses Merkmal ist jedoch unscharf. Viele Tätigkeiten sind ihrer Art nach neutral; sie können daher entweder als private oder als öffentliche Aufgabe betrachtet und entsprechend privatrechtlich oder öffentlichrechtlich organisiert werden (z. B.: Krankenpflege in öffentlichen Krankenanstalten oder privaten Krankenhäusern; Personenbeförderung durch Postbus oder privaten Reisebus; Unterricht an öffentlicher Schule oder an Privatschule). Auch können Privatpersonen öffentliche Aufgaben erfüllen, ohne zugleich im öffentlichen Dienst zu stehen (Bsp.: die sog. beliehenen Unternehmer) 8 . Die Art der Tätigkeit ist also kein brauchbares Abgrenzungsmerkmal 9 . b) Normative Ausgestaltung des Dienstverhältnisses: Mögliches Kriterium des öffentlichen Dienstes könnte die Ausgestaltung des Dienstverhältnisses durch Normen sein, d. h. durch generelle Regelungen (Rechtsform = Rechtsnorm) im Gegensatz zu individuellen Arbeitsverträgen 10 . Daran ist zwar richtig, daß das öffentliche Dienstrecht weitgehend durch Normen (Gesetze, Verordnungen) geregelt ist; aber auch die privaten Dienstverhältnisse sind nicht normfrei (vgl. z.B. §§611 ff. BGB; KündigungsschutzG; MutterschutzG). Soweit die Dienstverhältnisse — wie dies bei den Angestellten und Arbeitern im öffentlichen Dienst der Fall ist — durch Tarifverträge geregelt sind, besteht insoweit überhaupt kein Unterschied zu den ebenfalls durch Tarifverträge geregelten Privatdienstverhältnissen. Die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst lassen ausdrücklich auch den Abschluß von individuellen (Einzel-)Arbeitsverträgen zu. Die normative Ausgestaltung bildet daher ebenfalls kein befriedigendes Abgrenzungskriterium 1 '. c) Dienst bei juristischer Person des öffentlichen Rechts: Das BVerfG, das BVerwG und die neuere Rechtsprechung des BAG sehen das entscheidende Merkmal des öffentlichen Dienstes zutreffend in der öffentlichrechtlichen Rechtsform des Dienstherrn, d. h. darin, daß die Bediensteten im Dienst ei7 8

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BAG E 3, 124 (aufgegeben in BAG E 8, 84); Gröbing, AuR 1959, 225. Dazu Ossenbühl / Gallwas, Die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Private VVdStRL 29 (1971), S. 137ff., 211 ff. Weitere Hinw. bei Erichsen / Martens in: Erichsen / Martens, Allg. VwR, § 11 II b, und bei Rudolf, in: Erichsen / Martens, a. a. O., § 56 II 3. Pfennig, Der Begriff des öffentlichen Dienstes und seiner Angehörigen, 1960, S. 33. Fischbach, DÖV 1955, 709. 11 Pfennig, a. a. O., S. 37.

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ner juristischen Person des öffentlichen Rechts stehen 12 . Diese Auffassung liegt auch der Legaldefinition in mehreren Gesetzen und Tarifverträgen zugrunde; so bestimmt z.B. § 15 II ArbeitsplatzschutzG: „Öffentlicher Dienst im Sinne dieses Gesetzes ist die Tätigkeit im Dienste des Bundes, eines Landes, einer Gemeinde (eines Gemeindeverbandes) oder anderer Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts oder der Verbände von solchen . . ,"13 Da juristische Personen heute nur noch durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes errichtet oder aufgelöst werden können, läßt sich das Vorhandensein einer juristischen Person des öffentlichen Rechts — von Einzelfällen aus historischer Zeit abgesehen — verhältnismäßig klar feststellen. Aus Gründen der Rechtssicherheit ist deshalb der Dienst bei einer juristischen Person des öffentlichen Rechts das geeignete Merkmal für die Abgrenzung des öffentlichen Dienstes von privaten Dienstverhältnissen, mag dem auch der Einwand des Formalismus entgegengehalten werden.

3. Wirtschaftliche Betätigung Bund, Länder und Gemeinden sind in erheblichem Maß an Wirtschafts-, Verkehrs- und Versorgungsbetrieben beteiligt 14 . Ist die Beschäftigung bei der Volkswagenwerk AG (16% Bundeseigentum, 20% Eigentum des Landes Niedersachsen), bei der Lufthansa AG (rd. 75% Bundeseigentum), bei der Gesellschaft für Nebenbetriebe der Bundesautobahnen G m b H (100% Bundeseigentum), beim Wasserwerk einer Gemeinde öffentlicher Dienst? Die Abgrenzung nach der Rechtsform des Dienstherrn gibt die Antwort. Hat das Unternehmen die Form der juristischen Person des Privatrechts (AG, GmbH), so ist diese juristische Person des Privatrechts Arbeitgeber; also liegt kein öffentlicher Dienst vor, selbst dann nicht, wenn die öffentliche Hand 100% des Gesellschaftskapitals besitzt (sog. Eigengesellschaft) 15 . Handelt es sich aber um einen Betrieb, der keine selbständige Rechtsperson ist, sondern der von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts — z. B. einer Ge12

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BVerfG E 6, 267; BVerwG DVB1 1981, 450 (451);BAG E 8, 84; Battis, BBG, Erl. 2 a zu § 2; Pfennig, a. a. O., S. 40ff.; Ule, GRe IV/2, S. 545; Wolf// Bachof, VwR II, § 105 II a; Rudolf, V V D S t R L 3 7 (1979), S. 191/192. BGBl. 1957 I, S. 293, i. d. F. d. Bekanntm. v. 14. 4. 1980 (BGBl. 1980 I, S. 425); das G nimmt die Tätigkeit bei öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften oder deren Verbänden vom Begriff des öffentl. Dienstes aus (vgl. dazu aber auch unten S. 11). Zum Begriff des öffentl. Dienstes vgl. auch §§ 29 I, 40 VII BBesG. Vgl. Badura, Wirtschaftsverwaltungsrecht, in diesem Lehrbuch, 5. Abschnitt, III 2 d; vgl. auch von Münch, in: Erichsen / Martens, Allg. VwR, § 2 III 2. Pfennig, a. a. O., S. 43; anders § 1 I c G zur Ordnung der Arbeit in öffentlichen Verwaltungen und Betrieben vom 23. März 1934 (RGBl. 1934 I, S. 220), aufgehoben durch KRG Nr. 56 (ABl. KR vom 31. Juli 1947, Nr. 16, S. 287). - Vgl. auch BVerfG E 27, 364ff.

Öffentlicher Dienst

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meinde — geführt wird (sog. Eigenbetrieb), so ist die juristische Person des öffentlichen Rechts selbst Dienstherr. Die Beschäftigung in dem Eigenbetrieb ist also Dienst bei einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, mithin öffentlicher Dienst 16 . 4. Dauer und Eingliederung Zum Begriff des öffentlichen Dienstes gehört ferner, daß die Dienstleistung dauernd (berufsmäßig) erbracht wird 17 und der Dienstnehmer in die Organisation des Dienstherrn eingegliedert ist18. Nicht zum öffentlichen Dienst gehören daher: ehrenamtlich Tätige, (die nicht Ehrenbeamte sind), Wehrpflichtige, Ersatzdienstpflichtige (da nicht dauernd oder berufsmäßig tätig), Notare (es sei denn, sie sind — wie in Baden-Württemberg — Beamte) und beliehene Unternehmer. Abgeordnete sind, wie das BVerfG zutreffend festgestellt hat, nicht Beamte, „sondern — vom Vertrauen der Wähler berufen — Inhaber eines öffentlichen Amtes" 19 . Zweifelhaft ist, ob die Mitglieder der Bundesregierung (Bundeskanzler, Bundesminister) und der Landesregierungen zum öffentlichen Dienst gerechnet werden können. Dafür spricht, daß sie an der Spitze der staatlichen Organisation der Bundesrepublik bzw. der Länder stehen, also nicht außerhalb dieser Organisation. Entscheidend dagegen spricht aber, daß sie kraft ihrer Stellung und Funktion aus dem „normalen" öffentlichen Dienst herausgehoben sind: Gemäß § 1 des G über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Bundesregierung (BundesministerG) 20 stehen sie „nach Maßgabe dieses Gesetzes zum Bund in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis". 5. Personenkreis Unter den Begriff des öffentlichen Dienstes fallen demnach die Richter, die Berufssoldaten, die freiwilligen Soldaten auf Zeit, die Beamten sowie die Angestellten und Arbeiter, die im Dienst einer juristischen Person des öffentlichen Rechts stehen, sowie - was allerdings str. ist21 - die Bediensteten der als Körperschaften des öffentlichen Rechts organisierten Kirchen und der ihnen gleichgestellten öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften. 16

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BAG E 8 , 8 7 ; a. A. für Eigenbetriebe, die rein wirtschaftliche Zwecke verfolgen, Denecke, RdA 1955, 401 und Gröbing, AuR 1959, 230. OVG Lüneburg DVB1. 1958, 803; Fischbach, BBG I, S. 74; Pfennig, a. a. 0 . , S. 50f. BVerfG E 17, 371 ff.; Fischbach, BBG I, S. 74; Pfennig, a. a. O., S. 53. BVerfG E 40, 314; a. A.: von Mangoldt / Klein, G G , Anm. IV 2 zu Art. 38. Vom 17. Juni 1953 i. d. F. vom 27. Juli 1971 (BGBl. 1971 I, S. 1166). Str.; wie hier BVerfG DVB1 1981, 450 (451); VGH Bad.- Württ. DVB1 1981,31 (33); Ule, G R e IV/2, S. 545; a. A.: BVerwG E10, 355ff„ u. das in Fn. 13 erwähnte ArbeitsplatzschutzG; differenzierend W. Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, 1969, S. 149ff.; vgl. auch OVG Hamburg DÖV 1970, 102.

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II. Entwicklung des öffentlichen Dienstes 1. Geschichtliche Entwicklung a) Beamte.-Die Entwicklung des Beamtenrechts ist eine Folge der Entwicklung der neuzeitlichen Verwaltung. Die rechtliche Ausgestaltung des heutigen deutschen Beamtenrechts geht insbesondere auf die Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. von Preußen (1713 - 1740) zurück 22 . Während vorher die Rechtsverhältnisse der „landesherrlichen Diener" zu ihrem Fürsten und der „landständischen Diener" zu den Ständen durch Privatdienstvertrag geregelt waren, wurde nun das Beamtenverhältnis durch einseitigen Hoheitsakt begründet und beendet; auch begann man die Ablegung von Prüfungen zur Aufnahmevoraussetzung zu machen. Das Preuß. ALR von 1794 gewährte erstmalig gesetzlich Beamtenrechte und Schutz gegen willkürliche Entlassung; die Bezeichnung des betr. Titel 10 Teil II mit „Von den Rechten und Pflichten der Diener des Staates" 23 zeigt deutlich den Wandel vom Diener des Monarchen zum Staatsdiener. In der Folgezeit wurde die Rechtsstellung der Beamten weiter verstärkt, so im RBG vom 31. Januar 187324 und den Beamtengesetzen der Länder, vor allem aber in der Weimarer Republik durch Art. 128 — 131 WRV mit der Garantie der „wohlerworbenen Rechte". Die NS-Zeit unterbrach diese Entwicklung 25 . Das „G zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" vom 7. April 193326 ordnete die Entlassung der „politisch unzuverlässigen" und „nichtarischen" Beamten an; das DBG vom 26. Januar 193727 wollte die Beamten im nationalsozialistischen Sinne politisieren und mit der Person Hitlers verbinden (Präambel: „Ein im deutschen Volk wurzelndes, von nationalsozialistischer Weltanschauung durchdrungenes Berufsbeamtentum, das dem Führer des Deutschen Reiches und Volkes, Adolf Hitler, in Treue verbunden ist, bildet einen Grundpfeiler des nationalsozialistischen Staates"). Der Beschluß des Großdeutschen Reichstages vom 26. April 194228 gab Hitler die Möglichkeit, jeden Beamten „ohne Einleitung

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Zur geschichtl. Entwicklung allg.: Hattenhauer, Geschichte des Beamtentums, 1980; K. Twesten, Der Preußische Beamtenstaat, in: Preuß. Jahrb. 18 (1866), S. 1 ff., 109 ff. (Nachdr. 1979); Hinw. auch bei Wolff / Bachof, VwR II, § 106. Vgl. auch: bayer. Hauptlandespragmatik vom 1. Juni 1805 „über die Dienstverhältnisse der Staatsdiener vorzüglich in Beziehung auf ihren Stand und ihr Gehalt"; württ. G vom 28. Juni 1821 „betreffend die Verhältnisse der Civilstaatsdiener". Einzelheiten bei Wunder, Privilegierung und Disziplinierung. Die Entstehung des Berufsbeamtentums in Bayern und Württemberg (1780-1825), 1978. RGBl. I, S.61. Vgl. BVerfG E 3, 58ff. Zum Beamtenrecht in der NS-Zeit allg. vgl. Hattenhauer (Fn. 22), S. 369ff.; H. Mommsen, Beamtentum im Dritten Reich, 1966. RGBl. I, S. 175 . 2 7 RGBl. I, S. 39. 2 8 RGBl. I, S. 247.

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vorgeschriebener Verfahren aus seinem Amte, aus seinem Rang und aus seiner Stellung zu entfernen". Das GG knüpft in Art. 33 V mit der „Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums" an die Tradition der Weimarer Zeit an. Das Beamtenrecht ist seitdem in zahlreichen Gesetzen neu kodifiziert: das Recht der Bundesbeamten im BBG, das Recht der Landesbeamten im jeweiligen LBG; Rahmenvorschriften für die Landesgesetzgeber (§§ 1 - 1 2 0 ) und unmittelbar geltende Vorschriften für alle Beamten (§§ 121 — 133) enthält das BRRG (sog. Beamtenbundesrecht). Außerdem gibt es zahlreiche Gesetze, die unter anderem auch beamtenrechtliche Regelungen enthalten, wie z. B. das HochschulrahmenG 2 9 für das wissenschaftliche Personal an den Hochschulen. In der D D R ist das Berufsbeamtentum abgeschafft; dort gibt es nur noch kurzfristig kündbare Staatsangestellte 30 . b) Angestellte und Arbeiter: Getrennt vom Beamtenrecht hat sich seit der Mitte des 19. Jahrhunderts das Recht der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst entwickelt 31 , deren Rechtsverhältnisse durch private Dienstverträge gestaltet wurden. Zweck dieser Regelung war es, kündbare Arbeitskräfte für vorübergehende und nicht spezifisch hoheitliche Aufgaben zu gewinnen und die beamtenrechtlichen Versorgungslasten zu sparen. In die Weimarer Zeit fällt der Abschluß der ersten Tarifverträge für die Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst 32 . Die Tarifverträge übernahmen mehrere beamtenrechtliche Grundsätze (z. B. Verpflichtung zu Treue, Verschwiegenheit, unparteiischer Dienstführung), wodurch das Dienstrecht der Angestellten und Arbeiter dem Beamtenrecht angenähert wurde. Das NS-„G zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" galt gemäß §15 1 auch für die Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst, deren Rechtsverhältnisse im übrigen durch Tarifordnung arbeitsrechtlich geregelt wurden; entsprechend ähnelte das „G zur Ordnung der Arbeit in öffentlichen Verwaltungen und Betrieben" vom 23. März 193433 stark dem (allgemeinen) „G zur Ordnung der nationalen Arbeit" vom 20. Januar 193434. Heutige Rechtsquelle des Rechts der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst ist für die Angestellten der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) 29

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BGBl. 1976 I, S. 185ff.; vgl. dazu auch Kimminich, Wissenschaft, in diesem Lehrbuch, 13. Abschnitt, II 1 d. Vgl. Leissner, Verwaltung und öffentlicher Dienst in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands, 1961, S. 253ff.; Mampel, Das Recht in Mitteldeutschland, 1966, S. 118ff.; Jacobs, Das Recht des Staatsdienstes in der DDR, Diss. Würzburg 1975. Vgl. Neesse, ZBR 1967, 35f.; Otto, Das Recht der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst, 1973, S. 24ff. Insbes. der Tarifverträge vom 4. Juni 1920, 6. Nov. 1920, 2. Mai 1924 und 6. Febr. 1928; vgl. Neesse, a. a. O., S. 36; Otto, a. a. O., S. 29. RGBl. I, S. 220. 34 RGBl. I, S. 45.

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v o m 23. Februar 1961, für die Arbeiter die Manteltarifverträge vom 27. Februar 1964 (MTB II für den Bund, M T L II für die Länder) 35 . 2. Gegenwärtige Struktur und Problematik a) Ausweitung des öffentlichen Dienstes: Seit Beginn dieses Jahrhunderts, insbesondere seit dem 1. Weltkrieg, ist die Zahl der im öffentlichen Dienst Beschäftigten in Deutschland laufend gestiegen. Im Jahre 1913 standen bei rd. 60 Millionen Einwohnern rd. 7 3 0 0 0 0 Personen im öffentlichen Dienst; im Jahre 1920 waren es - trotz des verringerten Gebietsbestandes - schon über eine Million. D i e weitere Entwicklung zeigt die folgende Tabelle 3 6 : Jahr

Bevölkerung Erwerbstätige öff. Dienst insg. Beamte

1928 1930 1950 1960 1970 1975 1976 1977 1978 1979 1980

64400000 65100000 49840000 55865000 61508000 61829000 61531000 61400000 61327000 61359000 61566000

32000000 33000000 23080000 26650000 26844000 25350000 25076000 25884000 26021000 26347000 26874000

1 188000 1321000 2100000 2638000 3025000 3488472 3484942 3672274 3727794 3800295 3816605

762000 884000 820000 1 160000 1447000 1589146 1623193 1673085 1691407 1711232 1705317

Angestellte

Arbeiter

174000 186000 515000 640000 824000 1064465 1060990 1213610 1238301 1274847 1296246

252000 251000 765000 835000 754000 834861 800759 785579 798086 814216 815042

In Prozentzahlen und auf die Gesamtzahl der Erwerbstätigen bezogen bedeutet dies, daß 1930 rd. 4% aller Erwerbstätigen im öffentlichen Dienst standen, 1950 rd. 9%, 1970 rd. 11% und 1976 schon 13,5%. D i e öffentliche Hand ist heute mit fast 4 Millionen Bediensteten der größte Arbeitgeber in der Bundesrepublik. Jeder achte Erwerbstätige steht im öffentlichen Dienst. Innerhalb der E G steht die Bundesrepublik mit der Zahl ihrer Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst an erster Stelle. A n f a n g 1980 wurden jeweils 35

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Text des BAT bei Clemens / Scheuring / Steingen / F. Wiese / Fohrmann, Kommentar zum Bundes-Angestelltentarifvertrag — BAT mit Vergütungsordnungen, Bd. I, 1961 (Loseblattslg.); Texte des MTB II und des MTL II sind hrsg. vom Tarifsekretariat der Gewerkschaft ÖTV. - Vgl. auch Wolff/ Bachof, VwR II, § 118 II. Quellenangaben für die Zahlen bis 1974 einschließlich in der 4. Aufl. dieses Lehrbuches S. 13 Fußn. 36. Quellen für die neueren Zahlen: Statist. Jb., zuletzt 1981, S. 50, 95, 428. Die Zahlen ab 1974 einschließl. betreffen lediglich den unmittelb. öffentl. Dienst ohne Teilzeitbeschäftigte (Zahlen 1976: z. T. geschätzt). Zur Entwicklung der Personalzahlen im öffentl. Dienst vgl. F. Wagener, in: Fs. f. Ule, 1977, S. 239ff.; Ellwein, DÖV 1978, 475ff.

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27 Bürger der Bundesrepublik von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes verwaltet. Die Gründe für die starke — nicht auf die Bundesrepublik beschränkte - Ausweitung des öffentlichen Dienstes liegen vor allem in der Entwicklung der modernen Industriegesellschaft (Verstädterung, Energieversorgung, Verkehrsintensivierung) und der Hinwendung zum Sozialstaat (Wohlfahrtspflege) — kurz gesagt: im „Gesetz der zunehmenden Staatstätigkeit" (Adolph Wagner). Je größer aber die Zahl der im öffentlichen Dienst Tätigen wird, um so problematischer wird es, für sie ein Sonderrecht zu begründen. b) Angleichung der Gruppen: In einzelnen Ländern (Bremen, Hessen)37 sollte nach 1945 ein einheitliches öffentliches Dienstrecht geschaffen und damit das Beamtenrecht als selbständiges Rechtsgebiet beseitigt werden. Dieses Bestreben, das schon 1918 innerhalb der SPD und USPD verfolgt worden war38, wurde durch Art. 33 V GG gestoppt und abgeblockt39. Dennoch sind Tendenzen einer Angleichung des öffentlichen Dienstrechts der Angestellten und Arbeiter an das Beamtenrecht nicht zu verkennen 40 . Beispiele hierfür bilden die Einführung des sog. Bewährungsaufstiegs der Angestellten (d. h. Aufstieg nicht nach Tätigkeitsmerkmalen, sondern beamtenlaufbahnähnlich) und die Altersversorgung nach beamtenrechtsähnlichen Grundsätzen 41 ; umgekehrt sind in die Beamtenbesoldung typische arbeitsrechtliche Elemente eingeflossen42, so die Gewährung von Weihnachtsgratifikation 43 und Stellenzulagen. Die Vermengung des öffentlichen Dienstrechts mit dem Arbeitsrecht ist im übrigen ein Teilaspekt der Verwischung der Grenzen zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht44. c) Schwächung des Beamtentums: Die Zahl der Beamten hat sich in den letzten Jahren nur noch leicht erhöht, die Zahl der Arbeiter ist vorübergehend gefallen, die Zahl der Angestellten ist stark gewachsen. Zusammengenommen haben Angestellte und Arbeiter im öffentlichen Dienst zahlenmäßig die Beamten schon überflügelt. 37

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Art. 50 I brem. Verf.; Art. 29 I, 135 hess. Verf. - Ähnliche Bestrebungen bestanden auch in Berlin. Vgl. W. Thieme, Der öffentliche Dienst in der Verfassungsordnung des G G , 1961, S.7. Vgl. BGHZ 9, 328 (zur Grundgesetzwidrigkeit von Art. 29 I hess. Verf.). Dazu Battis, BBG, Erl. 4 zu § 4; Matthey, Zur Rechtsangleichung bei Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst, 1971; Menzel, DÖV 1969, 513ff. (516f.); Jung, Die Zweispurigkeit des öffentlichen Dienstes, 1971; F. Wagener, VVDStRL37 (1979), S. 212 (223/224, 228/229), sowie unten Abschn. VIII. Neesse, ZBR 1967, 114f. Zu Einwirkungen des Arbeitsrechts auf das Beamtenrecht allgemein vgl. K. Kröger, NJW 1975, 953 ff. Vgl. BVerfG ZBR 1967, 364f.; dazu Schick, ZBR 1968, 206. Vgl. dazu von Münch, in: Erichsen /Martens, Allg. VwR, § 2 II 1.

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Die Irrationalität, die das Wesen des Beamtentums kennzeichnet (Dienst statt Arbeit; Treue; Eid), ist problematisch geworden 45 . Die Verrechtlichung des Beamtenverhältnisses hat es zugleich profanisiert. Vom Beamtenethos wird kaum noch gesprochen 46 . Der Beamte hat seine Stellung als Repräsentant des Staates verloren47\ er ist nur noch Organ. Seine Entschlußfreiheit wird durch eine perfektionierte Gesetzgebung 47a eingeengt; seine Ermessensfreiheit schrumpft 4 8 ; die Technisierung der Verwaltung setzt an die Stelle persönlicher Entscheidungen die serienmäßige Anfertigung von Verwaltungsfabrikaten 49 . Die eigentliche Krise des Beamtentums liegt jedoch in der Ämterpatronage, d. h. der nicht selten praktizierten Einstellung und Beförderung nach parteipolitischen und konfessionellen Gesichtspunkten. Zutreffend ist festgestellt worden, „daß das Beamtentum in zunehmendem Maße zur Unterbringung von Exponenten politischer oder sozialer Machtgruppen ohne entsprechende Eignung und Befähigung mißbraucht wird" 50 . Diese wegen Verstoßes gegen Art. 3 III, 33 II, III G G verfassungswidrige Praxis gefährdet die parteipolitisch neutrale Amtsführung, die ein unabdingbares Merkmal des Beamtentums im Rechtsstaat ist51.

III. Beamtenrecht 1. Beamtenbegriff Das deutsche Recht hat keinen einheitlichen Beamtenbegriff; es kennt vielmehr drei verschiedene Begriffe: den staatsrechtlichen, den haftungsrechtlichen und den strafrechtlichen Beamtenbegriff 5 ' 3 .

W. Thieme, ZBR 1960, 170. 46 Vgl. dazu Burmeister, VVDStRL 37 (1979), S. 304. R. Hoffmann, AöR 91 (1966), S. 176; W. Thieme, ZBR 1960, 173; einschränkend Ule, GRe IV/2, S. 649 („Teilrepräsentation"). 47a Der Gesetzesperfektionismus bläht auch den öffentlichen Dienst auf; vgl. G. Stokkinger(Hrsg.), Gesetzesperfektionismus und Beamtenschwemme, 1979. 48 Köngen, DÖV 1957, 443; vgl. auch Isensee, Die typisierende Verwaltung, 1976. 49 Vgl. Badura, in: Erichsen / Martens, Allg. VwR, § 41 II 2; H. P. Bull, Verwaltung durch Maschinen, 2. Aufl. 1964; Zeidler, Über die Technisierung der Verwaltung, 1959, S. 15ff. 50 Grabendorff, DÖV 1953, 723; vgl. auch H. H. von Arnim, Ämterpatronage durch politische Parteien, 1980; zur Politisierung der Ministerialbürokratie vgl. K. Seemann, DV 13 (1980), S. 137ff.; Eschenburg, Ämterpatronage 1961; von Münch, ZBR 1960, 245 ff.; Henke, BK, Zweitbearb. Art. 21, 1975, Rdnr. 28; W.Leisner, ZBR 1981, 143ff. (146) 51 H. Reuss, JR 1964, 2. 51 a Dazu GKÖD I, Rz. 3 zu § 1 BBG.

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a) Staatsrechtlicher Beamtenbegriff: Eine Legaldefinition fehlt. Der (auch als beamtenrechtlicher Beamtenbegriff bezeichnete) Begriff ist aber unstreitig, da sich seine wesentlichen Merkmale aus Art. 33 IV GG, §§ 2 I BRRG, 2 I BBG in Verbindung mit §§ 5 BRRG, 6 BBG 52 ergeben. Danach ist Beamter im staatsrechtlichen Sinne, wer in einem öffentlich-rechtlichen Dienstund Treueverhältnis steht, in das er unter Aushändigung der vorgeschriebenen Ernennungsurkunde berufen worden ist. Der staatsrechtliche Beamtenbegriff wird also von Inhalt und Form der Begründung des Beamtenverhältnisses bestimmt; er liegt allen Gesetzen zugrunde, für die nicht ausdrücklich oder sinngemäß ein anderer Beamtenbegriff festgelegt ist53. b) Haftungsrechtlicher Beamtenbegriff: Die Haftung für rechtswidriges Verhalten der öffentlichen Gewalt wird seit dem 1. Januar 1982 durch das StaatshaftungsG (StHG) vom 26. Juni 198153a geregelt. Dieses Gesetz gilt allerdings nicht für haftungsbegründende Tatbestände, die vor seinem Inkrafttreten entstanden sind. In solchen Fällen ist also weiterhin das bisher geltende Amtshaftungsrecht anwendbar 53b . Der durch § 34 I Nr. 1 StHG aufgehobene § 839 BGB behält daher zumindest für einige Zeit seine Bedeutung. Darüberhinaus würde das bisherige Amtshaftungsrecht auch für Sachverhalte aus der Zeit nach Inkrafttreten des StHG zur Anwendung kommen, falls das BVerfG sich der im Schrifttum vertretenen Ansicht anschließt, daß dem Bund die Gesetzgebungskompetenz zum Erlaß des StHG gefehlt hat 53c , und das Gesetz deshalb für nichtig erklärt werden muß. Gem. Art. 34 S. 1 GG, § 839 BGB ist Beamter im haftungsrechtlichen Sinne jemand, dem die zuständige Stelle die Ausübung eines öffentlichen Amtes anvertraut hat. Ausübung eines öffentlichen Amtes ist hier jede dienstliche Betätigung, die nicht lediglich zivilrechtliche Belange wahrnimmt 54 . Während also eine fiskalische Tätigkeit für den haftungsrechtlichen Beamtenbegriff nicht ausreicht, ist es im übrigen gleichgültig, welcher Art die Tätigkeit ist, d. h. ob sie der Eingriffsverwaltung oder der schlichten Hoheitsverwaltung zuzurechnen ist. Für den haftungsrechtlichen Beamtenbegriff entscheidet allein die ausgeübte Tätigkeit, nicht die Ernennung. Deshalb können auch Angestellte und Arbeiter im öffentlichen Dienst, ja sogar Angestellte und Arbei52

Die entsprechenden Best, in den LBG sind: §§ 2, 9, 12 bad.-württ. LBG; Art. 2, 7, 8 bayer. BG; §§ 2, 8 berl. LBG; §§ 2, 7 brem. BG; §§ 2, 8 hamb. BG; §§ 2, 9 hess. BG; §§ 4, 7 nieders. BG; §§ 2, 8 nordrh.-westf. LBG; §§ 5, 8 rheinl.-pfälz. LBG; §§ 2, 10, 11 saarl. BG; §§ 2, 8 schlesw.-holst. LBG. 53 Bauch, a. a. 0 . , S. 21 f.; vgl. auch Wolff/ Bachof, VwR II, § 109 Ia. 53a BGBl 1981 I, S. 553. Überblick über Entstehungsgeschichte und Regelungen bei Bonk, DVB1. 1981, 801 ff. 53b § 36 StHG. 53c So z. B. Papier, NJW 1981, 2321 ff. (2323); H. H. Rupp, in: Fs. f. O. Mühl, 1981, S. 553ff. (570); a. A.: Badura, NJW 1981, 1337ff.; Bonk, a. a. O., S. 804ff. 54 RGZ 1961, 145; BGH VerwRspr. 8 Nr. 141, S. 585.

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ter eines privaten Dienstherrn Beamte im haftungsrechtlichen Sinne sein, wenn sie von der zuständigen Stelle mit der Ausübung eines öffentlichen Amtes betraut sind55. Nach dem StHG haftet der Staat nunmehr nicht mehr mittelbar für das Unrecht des Amtswalters, sondern unmittelbar für eigenes Unrecht: „Verletzt die öffentliche Gewalt eine Pflicht des öffentlichen Rechts, die ihr einem anderen gegenüber obliegt, so haftet ihr Träger dem anderen für den daraus entstehenden Schaden nach diesem Gesetz" (§ 1 I StHG)55a. Die persönlichdeliktische Haftung des Amtsträgers, die § 839 BGB vorsieht, ist durch das StHG nicht angeordnet. Der haftungsrechtliche Beamtenbegriff hat danach im Rahmen des StHG keine Bedeutung. c) Strafrechtlicher Beamtenbegriff: Der strafrechtliche Beamtenbegriff war in § 359 StGB a. F. definiert als „alle im unmittelbaren oder mittelbaren inländischen Staatsdienst auf Lebenszeit, auf Zeit oder nur vorläufig angestellte Personen, ohne Unterschied, ob sie einen Diensteid geleistet haben oder nicht, ferner Notare, nicht aber Anwälte". Abgesehen von den Notaren, die — außer in Baden-Württemberg — nicht beamtet sind, umfaßte also die Legaldefinition des strafrechtlichen Beamtenbegriffs insoweit den staatsrechtlichen Beamtenbegriff. Rechtsprechung und Lehre hatten aber den strafrechtlichen Beamtenbegriff darüber hinaus erweitert auf „alle Personen, die von einer nach öffentlichem Recht zuständigen Stelle durch einen öffentlich-rechtlichen Akt zu Dienstverrichtungen berufen sind, die aus der Staatsgewalt abgeleitet sind und staatlichen Zwecken dienen" 56 . Beamte im Sinne des Strafrechts waren daher zusätzlich alle Personen (auch Angestellte und Arbeiter), deren Tätigkeit staatliche Gesamtaufgaben erfüllte. Seit dem Inkrafttreten der StGB n. F. gilt nunmehr die Legaldefinition in § 11 I StGB n. F. mit den Kategorien „Amtsträger", „Richter" und „für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter" 57 . „Amtsträger" (§111 Nr. 2 StGB) ist „wer nach deutschem Recht a) Beamter oder Richter ist, b) in ei55

Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 1976, S. 8ff.; Rüfner, in: Erichsen /Martens, Allg. VwR, §51 II 2. - Die Rspr. bejaht die Beamteneigenschaft im haftungsrechtlichen Sinn für Schiedsmänner (BGHZ 36, 193; vgl. auch BGH DVB1. 1970, 674f.), Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr ( B G H Z 20, 290), Sachverständige eines TÜV (OLG Celle M D R 1953, 676); vgl. ferner die Bsp. in BGH VRspr. 23, 184f. - Verneint für Ärzte einer Universitätsklinik gegenüber Patienten (BGHZ 9, 145 ff.), Schrankenwärter (OLG Braunschweig, VkBl. 1954, 418), Arzt als vom Gericht beauftragter Sachverständiger (BGH JZ 1973, 24ff); Bauunternehmer, der von Gemeinde zur Aufstellung von Verkehrszeichen beauftragt ist (BGH DVB1. 1974, 285 ff.).

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Zum Problemkreis Amtspflicht gegenüber einem Dritten nach altem und neuem Staatshaftungsrecht: Blankenagel, DVB1. 1981, 15ff. BGHSt. 8 , 2 2 ; 11,349. Vgl. dazu Schönke / Schröder, StGB, Rdnr. 17 ff. zu § 11.

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nem sonstigen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis steht oder c) sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen"; „Richter" (§111 Nr. 3 StGB) ist „wer nach deutschem Recht Berufsrichter oder ehrenamtlicher Richter ist"; „für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter" (§111 Nr. 4 StGB) ist, „wer, ohne Amtsträger zu sein, a) bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, oder b) bei einem Verband oder sonstigen Zusammenschluß, Betrieb oder Unternehmen, die für eine Behörde oder für eine sonstige Stelle Aufgaben der öffentlichen Verwaltung ausführen, beschäftigt oder für sie tätig und auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Obliegenheiten auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet ist." Einen einheitlichen strafrechtlichen Beamtenbegriff gibt es also nicht mehr. In der Sache hat sich jedoch nicht viel geändert: Das frühere Merkmal der Erfüllung „staatlicher Gesamtaufgaben" ist nunmehr verbal, nicht inhaltlich durch Wahrnehmung von „Aufgaben der öffentlichen Verwaltung" ersetzt worden. Zur Gruppe der Amtsträger gehören also auch diejenigen Angestellten und Arbeiter, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen, wie z. B. Arbeiter im Postfachdienst. Lediglich das Erfordernis förmlicher Verpflichtung „auf Grund eines Gesetzes"573 in § 11 I Nr. 4 StGB könnte in der Praxis zu einer einschränkenden Anwendung des Begriffes des „für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten" führen 58 . Bei Anwendung früherer Rspr. (d. h. vor dem 1.1. 1975, dem Datum des Inkrafttretens des § 11 StGB n. F., ergangener Entscheidungen) ist daher Vorsicht geboten. Jedoch ist nach wie vor gleichgültig, ob die Tätigkeit hoheitlicher oder nicht hoheitlicher, höherer oder niederer Art ist. Auch fiskalisches Handeln fällt hierunter, wenn es primär der Daseinsvorsorge und nicht ausschließlich der Erwerbswirtschaft dient59. 57a

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Vgl. dazu G über die förmliche Verpflichtung nichtbeamteter Personen (VerpflichtungsG) vom 2. März 1974 (BGBl 1974 I, S. 547). Für eine besondere Verpflichtung nach dem VerpflichtungsG kommen diejenigen Beschäftigten einer Behörde in Betracht, die keine öffentlichen Aufgaben wahrnehmen (Schreibkräfte, Boten, Reinemachkräfte). BGH NJW 1952, 191; NJW 1958, 1932. - Die Rspr. bejaht die Beamteneigenschaft für Postfacharbeiter (OLG Bremen NJW 1950, 98), Kassierer einer AOK (RGSt. 76, 105), Angestellte einer Berufsgenossenschaft (BGHSt. 6, 272), öffentl. Fleischbeschauer (RGSt. 73, 169), Hundefänger mit polizeil. Befugnissen (RGSt. 30, 29), Angestellte bei als AG oder GmbH betriebenen Versorgungs- und Verkehrsgesellschaften der öffentlichen Hand (RGSt. 67, 299; KG JR 1961, 228; a. A. zutreffend Wiedemann, NJW 1952, 852, und Jessen, MDR 1962, 526). Verneint für Fahrkartenverkäufer einer Privatbahn (RG DR 1940, 2062), Vormund (RGSt. 39, 204), Vertragsarzt für Gefängnis (RGSt. 33, 29), Wahlvorsteher (BGHSt. 12, 108), Abgeordnete (BGHSt. 5, 106).

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d) Verhältnis der Beamtenbegriffe zueinander: Die Beamtenbegriffe decken sich nicht. Der engste ist der staatsrechtliche Beamtenbegriff, der nur die formell ernannten Beamten (also nicht Angestellte und Arbeiter) umfaßt. Weiter geht der haftungsrechtliche Beamtenbegriff, der jedermann (also auch den Angestellten und Arbeiter) umfaßt, dem ein öffentliches Amt anvertraut ist. Am weitesten ist der strafrechtliche Begriff des Amtsträgers und des für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten, weil darunter jede Person fällt, deren Tätigkeit Aufgaben der öffentlichen Verwaltung erfüllt 60 . Jeder Beamte im staatsrechtlichen Sinn und jeder Beamte im haftungsrechtlichen Sinn ist zugleich Amtsträger oder für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter im strafrechtlichen Sinn. Dagegen ist nicht jeder Beamte im staatsrechtlichen Sinn auch Beamter im haftungsrechtlichen Sinn und umgekehrt nicht jeder Beamte im haftungsrechtlichen Sinn auch Beamter im staatsrechtlichen Sinn: der förmlich ernannte, aber fiskalisch handelnde Beamte ist Beamter im staatsrechtlichen Sinn, nicht aber im haftungsrechtlichen; der mit einem öffentlichen Amt betraute und hoheitlich handelnde Angestellte ist Beamter im haftungsrechtlichen Sinn, nicht aber im staatsrechtlichen. Die Zerreißung des Beamtenbegriffs ist ungut 61 , aber durch seine unterschiedlichen Rechtsfunktionen bedingt: Für die Begründung der beamtenrechtlichen Pflichten und Rechte (z. B. Besoldung, Disziplinarrecht) ist ein jeglichen Zweifel ausschließender Beamtenbegriff erforderlich; deshalb ist hier der an das formale Merkmal formgerechter Ernennung anknüpfende Beamtenbegriff sinnvoll. Dagegen kann es für die Haftung des Staates gegenüber dem Bürger nicht auf den Formalakt der Ernennung ankommen, der für den Geschädigten nicht erkennbar und nicht interessant ist, sondern nur darauf, ob die Schädigung aus der Ausübung eines öffentlichen Amtes herrührt. Wieder anders im Strafrecht: der mehrschichtige Strafbarkeitsgrund (Bruch des Treueverhältnisses gegenüber dem Staat, Mißbrauch staatlicher Machtbefugnisse, Vereitelung der Erfüllung staatlicher Aufgaben 62 ) erzwingt eine mehrschichtige Anknüpfung, die im einen Fall auf die Ernennung, im anderen auf die Tätigkeit abstellt.

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Bauch, a. a. O., S. 24 und Fischbach, BBG I, S. 96, sehen m. E. ungenau den wesentl. Unterschied zwischen dem haftungsrechtl. und dem strafrechtl. Beamtenbegriff in der Unterscheidung von „Innenverhältnis" und „Außenverhältnis". Vgl. W. Jellinek, HdbDtStR II, S. 30: „Wirklich sinnvoll ist nur ein einheitlicher Beamtenbegriff, da dessen strafrechtliche, beamtenrechtliche und sonstige Ausstrahlungen aufs engste miteinander zusammenhängen." Beispiel für diese Gründe: Vertrauensbruch im auswärtigen Dienst (§ 353a StGB); Rechtsbeugung ( § 3 3 6 StGB); Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (§113 StGB). Zur Problematik allgemein vgl. H. Wagner, Amtsverbrechen, 1975.

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Eine Milderung der durch die Zerreißung des Beamtenbegriffs entstehenden rechtlichen Schwierigkeiten ergibt sich aus dem Inkrafttreten des StHG 63 .

2. Beamtenarten Die Beamtenarten lassen sich nach mehreren Kriterien unterscheiden, nämlich a) nach der juristischen Person, in deren Diensten der Beamte steht (sog. Dienstherr), d. h. ob es sich um Beamte des Bundes, eines Landes, einer Gemeinde oder eines Gemeindeverbandes oder einer sonstigen Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts mit Dienstherrnfähigkeit handelt, b) ob es sich um Berufsbeamte oder c) um Ehrenbeamte handelt. Innerhalb dieser Gruppen sind weitere Unterteilungen möglich. a) Bundesbeamte, Landesbeamte, Gemeindebeamte: Bundesbeamter ist nach der Legaldefinition in § 2 I BBG „wer zum Bund oder zu einer bundesunmittelbaren Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis (Beamtenverhältnis) steht". Wer den Bund zum Dienstherrn hat, ist sog. unmittelbarer Bundesbeamter, so z. B. die Beamten der BMinisterien und der ihnen nachgeordneten Behörden, des BTages, der BBahn, der BPost und die Polizeivollzugsbeamten des Bundes 64 . Dagegen ist mittelbarer Bundesbeamter, wer nicht unmittelbar den Bund, sondern eine bundesunmittelbare rechtsfähige Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zum Dienstherrn hat, z. B. den Bundesverband für den Selbstschutz (Körperschaft), die Deutsche Bundesbank (Anstalt) oder die Stiftung „Preußischer Kulturbesitz" 65 . Das BBG gilt sowohl für die unmittelbaren als auch für die mittelbaren Bundesbeamten ; deshalb ist die Trennung beider Beamtenarten normalerweise ohne praktische Bedeutung 66 . Für den Begriff der Landesbeamten und der Gemeindebeamten gelten die dem § 2 I BBG entsprechenden (d. h. auf das Land bzw. die Gemeinde bezogen) Legaldefinitionen in den Landesgesetzen 67 . 63 64 65

66

67

Dazu oben III 1 b. Vgl. § 2 II S. 1 BBG; § 176 BBG; § 19 BBahnG; § 23 I Post VerwG; § 1 BPolBG. Vgl. § 11 Abs. 1 des G über die Erweiterung des Katastrophenschutzes vom 9. Juli 1968 (BGBl. I, S. 776); § 13 I G üb. die Stiftung Preuß. Kulturbesitz vom 25. Juli 1957 (BGBl. I, S. 841).

Wie hier E.Plog/A.

Wiedow / G. Beck, BBG, Rdnr. 38 zu §2; a. A.: Wolff /

Bachof, VwR II, § 110 Ib, die eine mittelbare Treue- und Fürsorgepflicht annehmen. ' § § 1 , 2 bad.-württ. LBG; Art. 1, 2 bayer. LBG; § 2 berl. LBG; § 2 brem. LBG; §§ 1, 2 hamb. BG; §§ 1, 2 hess. BG; §§ 1, 4 nieders. BG; § 2 nordrh.-westf. LBG; § § 1 , 5 rheinl. -pfälz. LBG; § § 1 , 2 saarl. BG; §§ 1, 2 schlesw.-holst. LBG.

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b) Berufsbeamte: Der Normalfall des Beamten ist der Berufsbeamte, d. h. derjenige, für den der öffentliche Dienst Haupt- und Lebensberuf ist68. Innerhalb der Berufsbeamten kann nach der Dauer des Beamtenverhältnisses unterschieden werden: Die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit69 ist der häufigste Fall, aber nicht wörtlich zu nehmen, da das Beamtenverhältnis mit dem Eintritt in den Ruhestand endet. Der Beamte auf Zeit wird nur für eine bestimmte Zeitdauer in das Beamtenverhältnis berufen 70 , z. B. die auf 5 Jahre ernannten Vorstandsmitglieder der BBahn71, ferner die Wahlbeamten, insbesondere die von den kommunalen Vertretungskörperschaften gewählten leitenden Beamten der Gemeinden und Gemeindeverbände 72 . Die Berufung eines Beamten auf Lebenszeit in ein Beamtenverhältnis auf Zeit bei demselben Dienstherrn ist keine Umwandlung, sondern eine (neue) Begründung des Beamtenverhältnisses72®. Beamter auf Widerruf ist, wer den vorgeschriebenen oder üblichen Vorbereitungsdienst ableistet (Bsp.: Referendar) 73 oder nur nebenbei oder vorübergehend Beamtenaufgaben erfüllt (Bsp.: Posthalter)74. Beamter auf Probe ist, wer zur späteren Verwendung als Beamter auf Lebenszeit eine Probezeit abzuleisten hat75 (Bsp.: Assessor); dies ist für alle Laufbahnbeamten vorgesehen76. Die Beamten auf Probe und Beamten auf Widerruf sind — solange sie nicht angestellt sind — haushaltsrechtlich gesehen „nichtplanmäßige Beamte", d. h. sie haben — anders als die planmäßigen Beamten — keine im Haushaltsplan ausgewiesene Planstelle. Die Ausbringung einer Planstelle im Haushaltsplan bedeutet die Bereitstellung der entsprechenden finanziellen Mittel und die Erhebung des betreffenden Aufgabenkreises zu einem dauernd von einem Beamten wahrzunehmenden Dienstposten77. Ein Amt ( = Gesamtheit der Aufgaben, die einem Träger öffentlicher Gewalt für einen bestimmten Bereich zugewiesen sind) darf gemäß § 49 BHO nur zusammen mit der Einweisung in eine besetzbare Planstelle verliehen werden. Die Ausbringung der 68 69 70

Vgl. BGHZ 16, 129; Fischbach, BBG I, S. 13. § 5 I Nr. 1 BBG; § 3 I Nr. 1 BRRG.

§ 5 IV BBG; §§ 3 I Nr. 2, 95 BRRG. 71 § 8 III S. 4 BBahnG. Eine geplante Gesetzesnovelle sieht die Möglichkeit flexibler Zeitdauer (2 bis 7 Jahre) vor. 72 Vgl. dazu von Unruh, Gemeinderecht, in diesem Lehrb., 2. Abschnitt, I 4 cee. Zur (verfassungswidrigen) Abwahl vgl. Erichsen, DVB1 1980, 723 ff. 72a O V G Münster ZBR 1977, 129. 73 § 5 II BBG; § 3 I Nr. 4 BRRG. - Vgl. auch Schwechten, Die beamtenrechtliche Sonderstellung des Rechtsreferendars, Diss. Bochum 1974. 74 Zur besonderen Rechtsstellung des Posthalters vgl. Ule, ZBR 1975, 129 ff. 75 § 5 I Nr. 2 BBG; § 3 I Nr. 3 BRRG. 76 § 7, BLV. Vgl. dazu VG Karlsruhe NJW 1980,75. 77 Dienstposten bedeutet Amt im funktionellen Sinne zum Unterschied zum Amt im statusrechtl. Sinne.

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Planstelle veranschaulicht der auf Seite 24 abgedruckte Haushaltsplan für ein kleines (inzwischen aufgelöstes) Bundesministerium. Nach der für die Wahrnehmung des Amtes erforderlichen Vorbildung und Ausbildung sind bei den Berufsbeamten die Laufbahnbeamten von den anderen, freien Bewerbern zu unterscheiden. Die „Laufbahn"umfaßt „alle Ämter derselben Fachrichtung, die die gleiche Vor- und Ausbildung oder eine diesen Voraussetzungen gleichwertige Befähigung erfordern (Laufbahnbefähigung)" 78 , z. B. mittlerer fernmeldetechnischer Postdienst. Innerhalb der Laufbahnfachrichtung gibt es die 4 Laufbahngruppen des einfachen Dienstes (Hauptschulbildung; Ämter: Amtsgehilfe bis Ämtsmeister), des mittleren Dienstes (Hauptschulbildung; Assistent bis Hauptsekretär), des gehobenen Dienstes (Realschulbildung; Inspektor bis Oberamtmann) und des höheren Dienstes (Hochschulstudium; Regierungsrat bis Staatssekretär) 79 . Unter bestimmten Voraussetzungen ist der Aufstieg von einer niederen in die nächsthöhere Laufbahngruppe möglich (Aufstiegsbeamte/0. Auch können mehrere Laufbahngruppen zu einer Einheitslaufbahn zusammengefaßt werden, die unten beginnt und bis zum höchsten Amt führen kann 81 . — Zu Vorschlägen zur Fortentwicklung des Laufbahnrechts im Rahmen einer Dienstrechtsreform vgl. unten Abschn. VIII. Neben den Laufbahnbewerbern können andere, freie Bewerber in das Beamtenverhältnis berufen werden, die zwar nicht die für die betreffende Laufbahn erforderliche Vorbildung besitzen, aber die Befähigung dafür durch Lebens- und Berufserfahrung innerhalb oder außerhalb des öffentlichen Dienstes erworben haben 82 . Eine Sondergruppe der Berufsbeamten bilden die sog. politischen Beamten. Das sind Beamte, die ein Amt bekleiden, bei dessen Ausübung sie in fortdauernder Übereinstimmung mit den grundsätzlichen politischen Ansichten und Zielen der Regierung stehen müssen. Welche Beamten hierunter fallen, ist für den Bund in § 36 I BBG, für die Länder in den entsprechenden Bestimmungen der Landesbeamtengesetze abschließend geregelt 83 ; danach sind politische Beamte z. B. die Staatssekretäre und Ministerialdirektoren, der Chef des 78

79 80 82 83

§ 2 II BLV. Dazu im einzelnen H. Schröder/ B. Lemhöfer/ R. Kraft, Das Laufbahnrecht der Bundesbeamten. Kommentar zur Bundeslaufbahnverordnung, 1979; zur Neufassung der BLV vom 15. November 1978 (BGBl 1978 I, S. 1763) vgl. J. Güssregen, D Ö D 1978, 73 ff. Zur Zuordnung der Bildungsgänge und ihrer Abschlüsse zu den Laufbahnen vgl. § 15a BBG; § 13 BRRG. Vgl. § 2 I BLV. Vgl. §§ 22, 28, 29, 33 BLV. 81 Vgl. § 11 II S. 2 BRRG. Vgl. §§ 7 1 Nr. 3b, 21 BBG. § 31 BRRG; § 71 berl. LBG; § 57 hess. BG; § 47 nieders. BG; § 38 nordrh.-westf. LBG; §50 rheinl.-pfälz. LBG; § 4 8 schlesw.-holst. LBG. - Zum polit. Beamten allg.: Kugele, Der politische Beamte, 1977; H. G. Steinkemper, Amtsträger im Grenzbereich zwischen Regierung und Verwaltung, 1980, und die Hinw. bei C. Brodersen, JuS 1977, 694.

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Auszug aus d e m Bundeshaushaltsplan 1968 Bundesministerium für Angelegenheiten des Bundesrates und der Länder

Tit. 1

100 101

Zweckbestimmung 2

Betrag

Betrag

1968 DM

1967 DM

3

4

Personalausgaben Bezüge des Ministers 101600 Dienstbezüge, Zulagen und Zuwendungen derplanmäßigen Beamten ( . . . ) 558000

643000

IstErgebnis 1966 1000 DM 5

496

Erläuterungen Zu Tit. 101 Veranschlagt sind: Grundgehalt einschließlich Stellenzulagen 427121 DM Aufsteigende Gehälter: Ortszuschlag 70356 DM Bes.-Gr. A 16 2 Ministerialräte Kinderzuschlag 16200 DM Bes.-Gr. A 15 4 Regierungsdirektoren Zulagen und Zuwendungen Bes.-Gr. A 14 2 Oberregierungsräte Aufwandsentschädigung Bes.-Gr. A 13 2 Regierungsräte (Ministerialzulagen) 30000 DM Bes.-Gr. A 13 1 Oberamtsrat Schulbeihilfen DM Bes.-Gr. A 12 1 Amtsrat Sterbegeld DM Bes.-Gr. A l l 1 Regierungsamtmann Jährliche SonderzuwenBes.-Gr. A 10 1 Regierungsoberinspektor dungen 14285 DM Bes.-Gr. A 8 1 Regierungshauptsekretär Jubiläumszuwendungen . . DM Bes.-Gr. A 3 1 Hauptamtsgehilfe Bekleidungsentschädigung Zusammen 18 (18) bei angeordneter Teilnahme an Manövern, Übungen, Katastropheneinsätzen u. ä DM Zusammen 557962 DM Aufgerundet 558000 DM Planstellen Feste Gehälter: Bes.-Gr. B 11 1 Staatssekretär Bes.-Gr. B 3 1 Ministerialrat

Presse- u n d Informationsamtes der Bundesregierung u n d sein Stellvertreter, die Präsidenten der Ämter für Verfassungsschutz, der Generalbundesanwalt u n d die Generalstaatsanwälte, in einigen Ländern auch die Regierungspräsidenten u n d Polizeipräsidenten. D i e politischen Beamten k ö n n e n jederzeit, allerdings nicht offensichtlich willkürlich, in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden. Sinn dieser beamtenrechtlich nicht ganz u n b e d e n k l i c h e n , aber — bei nicht zu großer Ausweitung des Personenkreises — haltbaren R e g e l u n g ist es, diejenigen ho-

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hen Beamten, die mit der Regierung besonders eng zusammenarbeiten müssen, bei Fortfall des gegenseitigen Vertrauens ablösen zu können 84 . Die bloße Zugehörigkeit zu bestimmten Altersjahrgängen („Verjüngungsaktion") ist also kein sachgemäßer Grund für die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand 85 . Unzulässig ist auch die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand trotz vorhandenen Vertrauensverhältnisses (Fall Klose / Bissinger); eine solche Maßnahme widerspricht dem Wortlaut und dem Sinn des Gesetzes, das nicht nur im Interesse des Beamten, sondern auch im Interesse der Öffentlichkeit (Ausschluß von Versorgungskündigung) die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand an bestimmte Voraussetzungen bindet. c) Ehrenbeamte, d. h. Personen, die neben ihrem eigentlichen bürgerlichen Beruf ein hoheitliches Amt im organisatorischen Sinne ohne Besoldung und ohne Versorgungsansprüche wahrnehmen 86 , spielen hauptsächlich in der kommunalen Selbstverwaltung eine Rolle 87 . Im Bundesbereich sind Ehrenbeamte selten; zu erwähnen sind hier die Honorarkonsularbeamten (Wahlkonsuln), die im Gegensatz zu den Berufskonsularbeamten (Berufskonsuln) in der Regel Angehörige des Aufnahmestaates, d. h. des Staates, auf dessen Staatsgebiet das Konsulat sich befindet, sind 88 . Von einzelnen ehrenamtlichen Tätigkeiten, wie Wahlvorsteher, Schöffe und Geschworener, unterscheidet der Ehrenbeamte sich formell dadurch, daß ihm eine Ernennungsurkunde („unter Berufung in das Beamtenverhältnis als Ehrenbeamter") ausgehändigt wird und materiell dadurch, daß für ihn die Beamtengesetze — allerdings mit den sachgegebenen Abweichungen — gelten.

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Vgl. BVerfG E 7, 155ff. (166); BVerwG E 19, 332ff. (335); OVG Münster ZBR 1958, 141; Ule, G R e IV/2, S. 575ff., 600f.; kritisch Juncker, ZBR 1974, 205ff. BVerwG E 52, 33ff.; dazu Juncker, ZBR 1977, 285; C. Brodersen, JuS 1977, 694; Nierhaus, Jus 1978,596; Vorinstanz: OVG Münster DVB1. 1974, 169ff. Vgl. §§ 5 III, 177 BBG; §§ 3 II, 115 BRRG; § 7 V bad.-württ. LBG; Art. 6 II bayer. BG; § 7 II berl. LBG; § 6 VI brem. BG; § 5 II hamb. BG; § 6 II hess. BG; § 6 I Nr. 5 nieders. BG; § 5 IV nordrh.-westf. LBG; § 7 III rheinl.-pfälz. LBG; § 6 I Nr. 5 saarl. BG; § 6 IV schlesw.-holst. LBG. - Vgl. dazu Stober, Der Ehrenbeamte in Verfassung und Verwaltung, 1981; Wolff/ Bachof, VwR II, § 110 II b. Vgl. von Unruh, Gemeinderecht, 2. Abschnitt, I 4 c ee. Zur Frage eines Dienstbefreiungsanspruches von Bundesbeamten zur Ausübung kommunaler Ehrenämter: Jutzi, ZBR 1980, 137 ff. Zu Einzelheiten vgl. das G über die Konsularbeamten, ihre Aufgaben und Befugnisse (KonsularG) vom 11. September 1974 (BGBl. 1974 I, S. 2317ff.). Zu den völkerrechtlichen Rechten und Pflichten der Konsuln vgl. Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen vom 24. April 1963 (BGBl. 1969 II, S. 1587ff.).

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3. Begründung des Beamtenverhältnisses a) Allgemeine Voraussetzungen: Ein Beamtenverhältnis kann nur unter bestimmten objektiven und subjektiven Voraussetzungen begründet werden 883 . Objektive Voraussetzung ist zunächst, daß bestimmte Aufgaben, nämlich hoheitsrechtliche Aufgaben oder solche Aufgaben wahrgenommen werden sollen, die aus Gründen der Sicherung des Staates oder des öffentlichen Lebens nicht ausschließlich privatrechtlich beschäftigten Personen übertragen werden dürfen 89 . Der Begriff der „hoheitsrechtlichen Aufgaben" ist gesetzlich nicht definiert, die Abgrenzung zu den nicht-hoheitsrechtlichen Aufgaben ist schwierig 90 . Hoheitsrechtliche Aufgaben sind nicht nur solche der Eingriffsverwaltung, sondern auch der Leistungsverwaltung 91 , nicht dagegen rein fiskalische und rein mechanische Tätigkeiten. Zweck dieser Eingrenzung der durch Beamte wahrzunehmenden Aufgaben ist es, die Verwaltung daran zu hindern, den durch besondere Rechte und Pflichten gekennzeichneten Beamtenstatus mißbräuchlich zu verwenden. Objektive Voraussetzung ist ferner, daß eine besetzbare Planstelle vorhanden ist92. Ein Rechtsanspruch auf Ausweisung (Schaffung) neuer zusätzlicher Planstellen besteht nicht 93 . Subjektive Voraussetzungen sind solche, die in der Person des Bewerbers liegen. So muß der Bewerber Deutscher i. S. des Art. 116 I G G sein 94 . Besteht für die Gewinnung eines Ausländers ein dringendes dienstliches Bedürfnis, so kann mit im freien Ermessen stehender, aber unwiderruflicher Genehmigung

88a

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92 93 94

Vgl. dazu Isensee, in: Fg. f. BVerwG, 1978, S. 337ff., mit dem zutreffenden Hinw. (S. 348), daß es sich dabei nicht um subjektive und objektive Zulassungsschranken i. S. der Stufenlehre des BVerfG zu Art. 12 handelt, sondern um objektive Erfordernisse des öffentlichen Amtes. Vgl. § 4 BBG, § 2 II B R R G ; § 5 bad.-württ. LBG; Art. 5 bayer. BG; § 6 II berl. LBG; §5 brem. BG; § 4 hamb. BG; § 5 hess. BG; § 5 nieders. BG; § 4 nordrh.-westf. LBG; § 6 rheinl.-pfälz. LBG; § 5 saarl. BG; § 5 schlesw.-holst. LBG. Vgl. Kirchhoff, Der Begriff der hoheitsrechtlichen Befugnisse in Art. 33 Abs. IV des Grundgesetzes, 1968. Vgl. auch die Hinw. bei Matthey, in: von Münch, G G K II, 1976, Art. 33 Rdnr.30ff., Leisner, in Leisner (Hrsg.), Das Berufsbeamtentum im demokratischen Staat, 1975, S. 121 ff.; Wolfg. Loschelder, ZBR 1977, 265ff.; Maunz, in: Maunz /Dürig /Herzog / Scholz, GG, Rdnr. 33 zu Art. 33; E. Plog/A. Wiedow/G. Beck, BBG, Rdnr. 3 zu § 4. Zu Prinzipien der Leistungsverwaltung allg. vgl. W. Martens, in: Fs. f. H. J. Wolff, 1973, S. 429ff. Vgl. §§ 17 V, 49 BHO (dies gilt nicht f. Beamtenverh. auf Widerruf)VG Augsburg DÖV 1978, 367 ff. (367). Vgl. § 7 I Nr. 1 BBG; § 4 I Nr. 1 B R R G ; § 6 I Nr. 1 bad.-württ. LBG; Art. 9 I Nr. 1 bayer. BG; § 9 I Nr. 1 berl. LBG; § 8 I Nr. 1 brem. BG; § 6 I Nr. 1 hamb. BG; § 7 I Nr. 1 hess. BG; § 9 Nr. 1 nieders. BG; § 6 I Nr. 1 nordrh.-westf. LBG; § 9 I Nr. 1 rheinl.-pfälz. LBG; § 7 Nr. 1 saarl. BG; § 9 I Nr. 1 schlesw.-holst. LBG.

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des Bundesinnenministers für Bundesbeamte bzw. des Landesinnenministers für Landesbeamte von diesem Erfordernis abgesehen werden; Beispiel hierfür ist die Gewinnung von ausländischen Hochschullehrern für Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland. Die Ernennung eines Ausländers zum Beamten hat nicht zur Folge, daß er damit automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit erwirbt. Die gegenteilige Regelung der §§14, 15 1 RuStAngG (historischer Anwendungsfall: Hitlers Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch seine 1932 vom braunschweigischen Staatsminister für Inneres und Volksbildung, Klagges, vorgenommene Ernennung zum Beamten95) ist durch § 194 BBG aufgehoben worden. Eine weitere Ausnahme vom Erfordernis der deutschen Staatsangehörigkeit bzw. Volkszugehörigkeit gilt für Honorarkonsularbeamte 96 . — Der Bewerber muß ferner die Gewähr dafür bieten, daß er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung i. S. des GG eintritt 97 ; er muß — im Fall des Laufbahnbewerbers — die nach den Laufbahn VOen für seine Laufbahn vorgeschriebene oder übliche Vorbildung besitzen und den vorgeschriebenen oder üblichen Vorbereitungsdienst mit einer Prüfung erfolgreich abgeschlossen haben bzw. — im Fall des anderen, freien Bewerbers — die erforderliche Befähigung durch Lebens- und Berufserfahrung erworben haben 98 ; es müssen in bezug auf das Lebensalter bestimmte Mindest- und Höchstgrenzen beachtet werden 99 ; er muß die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter besitzen100, und es darf kein Grund vorliegen, der zur Nichtigkeit oder zur zwingend vorgeschriebenen Rücknahme der Ernennung führen würde; er muß die erforderliche charakterliche Eignung besitzen; er darf schließlich nicht Mitglied des Bundestages sein101.

95

96 97

98 99 101

„Das Braunschweigische Staatsministerium hat beschlossen, den Schriftsteller Adolf Hitler, in München,... im Braunschweigischen Staatsdienste unter Ernennung zum Regierungsrat anzustellen, ihm die freie Planstelle eines Regierungsrates bei dem Landeskultur- und Vermessungsamt zu verleihen . . . " (Die Weimarer Republik. Zur Geschichte in Texten, Bildern und Dokumenten. Hrsg. von F. A. Krummacher / A. Wucher, 1965, S. 335). § 177 I Nr. 2 BBG. Vgl. auch oben Abschn. III 2 c. § 7 Nr. 2 BBG; § 4 I Nr. 2 BRRG; § 6 I Nr. 2 bad.-württ. LBG; Art. 9 I Nr. 2 bayer. BG; § 9 I Nr. 2 berl. LBG; § 8 I Nr. 2 brem. LBG; § 6 I Nr. 2 hamb. BG; § 7 I Nr. 2 hess. BG; § 9 Nr. 2 nieders. BG; § 6 I Nr. 2 nordrh.-westf. LBG; § 9 I Nr. 2 rheinl.pfälz. LBG; § 7 Nr. 2 saarl. BG; § 9 I Nr. 2 schlesw.-holst. LBG. - Zum Begriff der freiheitl. demokrat. Grundordnung vgl. BVerfG E 2, lff. (13) - SRP-Urteil - und 5, 85 ff. (140) — KPD-Urteil. — Zur Einstellung von Bewerbern, die Mitglieder von Parteien oder Organisationen sind, die die verfassungsmäßige Ordnung bekämpfen, vgl. unten Abschn. III 5 d bb. § 7 I Nr. 3 BBG, § 4 I Nr. 3 BRRG. § 14 II BLV. 100 Vgl. §§ 45 - 45b StGB. Arg. aus § 28 II BBG, § 33 II BRRG. Zur Rechtsstellung der in den Bundestag gewählten Angehörigen des öffentlichen Dienstes vgl. unten Abschn. III 7 a. — Die

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b) Ernennung: Der Begriff der Ernennung ist ein Oberbegriff, der mehrere Verwaltungsakte umfaßt, nämlich 1. die Einstellung als Beamter (also die Begründung des Beamtenverhältnisses); 2. die erste Verleihung eines Amtes (die sog. Anstellung; Bsp.: Ernennung zum Regierungsrat), die in der Regel, aber nicht notwendig mit der Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit zusammenfällt; 3. die Verleihung eines anderen Amtes mit anderem Endgrundgehalt und anderer Amtsbezeichnung (Bsp.: Beförderung eines Regierungsrates zum Oberregierungsrat); 4. die Umwandlung des Beamtenverhältnisses (Bsp.: Ernennung des Beamten auf Probe zum Beamten auf Lebenszeit). aa) Zuständig zur Ernennung von Bundesbeamten ist der BPräs. 102 , soweit nicht — wie z. B. für die Beamten des BTages, des BRates und des BVerfG 103 — etwas anderes bestimmt ist. Der BPräs. kann die Ausübung des Ernennungsrechtes anderen Stellen übertragen, wovon er in weitem Umfang Gebrauch gemacht hat 104 . Strittig ist, ob der BPräs. einen vom zuständigen BMin. gemachten Ernennungsvorschlag ablehnen darf 105 ; die h. L. bejaht ein sog. materielles Prüfungsrecht des BPräs. in bezug auf Beamtenernennungen. Die Landesbeamten werden entweder vom Ministerpräsidenten (BadenWürttemberg, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein), von der Landesregierung (Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland), oder vom Senat (Berlin, Bremen, Hamburg 1053 ) ernannt, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Auch hier besteht die Möglichkeit der Übertragung dieser Befugnis auf andere Stellen. bb) Form der Ernennung: Die Ernennung ist aus Gründen der Rechtssicherheit streng formgebunden; sie erfolgt durch Aushändigung einer Urkunde (Formalprinzip; Urkundsprinzip), die enthalten muß die Worte „unter Berufung in das Beamtenverhältnis" mit dem die Art des Beamtenverhältnisses bestimmenden Zusatz („auf Probe", „auf W i d e r r u f , „auf Zeit" mit der An-

Unvereinbarkeit (Inkompatibilität) von Landtags-Abgeordnetenmandat und Beamtenstellung ist auch in mehreren Bundesländern gesetzlich festgelegt; vgl. z. B. § 3 Ia u. b Saarl. Gesetz Nr. 970 über den Landtag des Saarlandes vom 20. Juni 1973 (ABl. S. 517), dazu BVerfG DVB1. 1975, 991 ff., 994; das nordrh.westf. RechtsstellungsG vom 25. April 1972 (GVB1. S. 100), geändert durch Gesetz vom 18. März 1975 (GVB1. S. 240). 102 Art. 60 I GG, § 10 I BBG. - Gegenzeichnungspflicht gemäß Art. 58 S. 1 GG. 103 Vgl. § 176 BBG. 104 Anordnung des BPräs. über die Ernennung und Entlassung der Bundesbeamten und Richter im Bundesdienst vom 3. Juli 1969 (BGBl. I, S. 713). 105 Vgl. Maunz in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Rdnr. 2 zu Art. 60; Menzel, BK, Erl. II 7 zu Art. 60; E. Plog / A. Wiedow / G. Beck, BBG, Rdnr. 4 zu § 1 0 ; Hemmrich, in: von Münch, GGK. II, 1976, Art. 60 Rdnr. 14. I05aj n Hamburg kann der Senat die Ernennung und Beförderung von Beamten nur aussprechen, wenn der Ausschuß für die Ernennung und Beförderung von Beamten (Art. 45 II hbg. Verf.) dies vorgeschlagen hat.

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gäbe der Zeitdauer, „auf Lebenszeit", „als Ehrenbeamter"). Die Aushändigung der Urkunde hat, anders als nach der Rspr. des RG, die ihr nur d e l a t o rische Wirkung beilegte' 06 , konstitutive Wirkung mit der Folge, daß ohne Aushändigung der formgerechten Urkunde eine Ernennung nicht vorliegt 107 . Der Zeitpunkt, in dem die Ernennung wirksam wird, ist der Tag der Aushändigung der Ernennungsurkunde, es sei denn, daß in der Urkunde ausdrücklich ein späterer Ernennungstag bestimmt ist. Eine Ernennung auf einen zurückliegenden Zeitpunkt ist unzulässig; erfolgt sie trotzdem, so ist erst der Tag der Aushändigung maßgebend 108 . Der Begriff der Aushändigung ist gesetzlich nicht definiert. Eine Aushändigung liegt jedenfalls dann vor, wenn die Originalurkunde mit dem Willen der zuständigen Behörde in die Hände des zu Ernennenden gelangt ist und dieser sie vorbehaltlos annimmt 109 (Ernennung = mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt; früher str.). Keine Aushändigung liegt vor, wenn nur eine Abschrift übergeben wurde, nur Einblick in die bei den Personalakten befindliche Urkunde gewährt wurde oder die Urkunde durch Diebstahl der Verfügungsmacht der zuständigen Behörde entzogen worden ist110. Problematisch sind die Fälle, in denen die Urkunde einem Vertreter oder Bevollmächtigten des zu Ernennenden übergeben oder ihm formlos postalisch oder durch die Behörde zugestellt wird" 1 . Da es entscheidend auf die Sicherung der Besitzverschaffung an der Urkunde und die genaue Kenntnis des Aushändigungsdatums ankommt, kann anstelle der Übergabe von Hand zu Hand nur durch eigenhändig zuzustellenden eingeschriebenen Brief mit Rückschein oder durch Postzustellungsurkunde unter Ausschluß der Ersatzzustellung zugestellt werden 112 . Eine Zustellung im Ausland ist nur mittels Ersuchens der zuständigen Behörde des fremden Staates oder der konsularischen oder diplomatischen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in jenem Staat möglich (§ 14 VwZG); ein Verstoß gegen dieses zwingende Erfordernis ist nicht (wie andere Zustellungsmängel gemäß § 9 I VwZG) heilbar.

106 107

108 109 110

111 112

RGZ 139, 305. Arg. aus: § 6 II S. 1 BBG; § 5 II S. 1 BRRG; § 12 I S. 1 bad.-württ. LBG; Art. 8 I S. 1 bayer. BG; § 8 II S. 1 berl. LBG; § 7 II S. 1 brem. BG; § 8 II S. 1 hamb. BG; § 9 II S. 1 hess. BG; § 7 II S. 1 nieders. BG; § 8 II S. 1 nordrh.-westf. LBG; § 8 II S. 1 rheinl.-pfälz. LBG; § 10 II S. 1 saarl. BG; § 7 II schlesw.-holst. LBG. Vgl. § 10 II BBG, § 5 IV BRRG. E. Plog/A. Wiedow / G. Beck, Rdnr. 7 zu § 6. Vgl. OVG Münster DÖV 1961, 271; E. Plog/A. Wiedow/ G. Beck, BBG, Rdnr. 7 zu § 6. Vgl. Bank, DÖV 1964, 769; Scheerbarth, a. a. O., S. 125; Dorn, ZBR 1970, 183ff. Vgl. RdSchr. d. BMI vom 8. Dezember 1966 (MinBIFin. vom 30. 1. 1967, 113). Eine Aushändigung an einen Bevollmächtigten genügt nicht: Wegmann, BayVBl 1981, 40 ff. (43).

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cc) Gibt es einen allgemeinen Anspruch auf Ernennung? Gemäß Art. 33 II GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt U 2 a ; die Auslese der (durch Stellenausschreibung113 zu ermittelnden) Bewerber ist ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse, Glauben, religiöse oder politische Anschauungen, Herkunft oder Beziehungen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen (LeistungsprinzipJ114. Eine Legaldefinition der Begriffe Eignung, Befähigung und fachliche Leistung enthält neuerdings § 1 der (neu gefaßten) BLaufbahnVO (BLV)114a. Eine Durchbrechung des in Art. 33 II GG vorgeschriebenen Leistungsgrundsatzes zwecks Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte ist — wenn überhaupt — nur in gesetzlich festzulegenden, klar umrissenen Ausnahmetatbeständen zulässig114b; die verfassungsrechtliche Rechtfertigung ist im Sozialstaatsprinzip zu suchen. Rechtsprechung und h. L." 5 verneinen ein unmittelbares Recht des Bewerbers auf Ernennung, da die Entscheidung darüber kraft der Personalhoheit (= Ämterhoheit)Uii im Ermessen des Dienstherrn stehe; Art. 33 II GG gewähre nur das Recht, sich zu bewerben. Diese Auslegung wird dem Sinn des Art. 33 II GG nicht gerecht, der eine Doppelfunktion hat: den Schutz der Verwaltung und damit auch der Allgemeinheit vor ungeeigneten Bewerbern und den Schutz des einzelnen Bewerbers vor ungerechtfertigter Benachteiligung. Ein Recht auf Bewerbung kann allerdings diese doppelte Schutzfunktion allein nicht erfüllen. Entscheidend ist vielmehr die verfassungsrechtlich und beamtenrechtlich abgesicherte materielle Gewährleistung, daß bei der Entscheidung über die Ernennung lediglich die Leistung zählt und sachfremde Motive ausgeschaltet werden. So gesehen gibt es zwar kein allgemeines Recht auf Zugang zu öffentlichen Ämtern (auch wenn nur ein Bewerber vorhanden ist, hat er — wenn er nicht die erll2a

D a z u Isensee, in: Fg. f. BVerwG, 1978, S. 337ff. Vgl. dazu M. von Hippel, Gleicher Zugang zu öffentlichen Ämtern durch Stellenausschreibung, 1972. 114 § 8 S. 2 BBG; § 7 BRRG; § 11 I bad.-württ. LBG; Art. 12 II bayer. BG; § 10 I S. 2 berl. LBG; § 9 brem. BG; § 7 I hamb. BG; § 8 I S. 1 hess. BG; § 8 I nieders. BG; § 7 I nordrh.-westf. LBG; § 10 I rheinl.-pfälz. LBG; § 9 I saarl. BG; § 10 I schlesw.holst. LBG. - Ausführlich dazu Isensee, a. a. O.; Schmidt-Aßmann, NJW 1980, 16 ff. 114a I. d. F. vom 15. November 1978. " 4 b V g l . dazu Schmidt-Aßmann, a . a . O . (insbes. zu Aktionen der Kultusminister zur Beseitigung der Lehrerarbeitslosigkeit). Vgl. auch — hinsichtl. der Einstellung Schwerbehinderter - § 4 III S. 2, § 13 BLV. 115 BVerwG E 2 , 151 ff. (153); BVerwG DVB1. 1968, 642; BGHZ 23, 26ff. (42); OVG Rheinl.-Pfalz DVB1. 1956, 309ff. (310); Ipsen, GRe II, S. 193ff.; a. A.: Maunz, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Rdnr. 11 ff. zu Art. 33. " 5 a Z u r Abgrenzung von Personalhoheit und Organisationsgewalt vgl. E.-W. Böckenförde, Die Organisationsgewalt im Bereich der Regierung, 1964; H. Lecheler, Die Personalgewalt öffentlicher Dienstherren, 1977; Isensee, a. a. O., S. 338. 113

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forderliche Qualifikation besitzt — kein Recht auf Ernennung), wohl aber ein Recht auf sachgerechte Beurteilung der Bewerbung unter dem Gesichtspunkt des gleichen Zugangs bei fachlicher EignungU6. Deshalb ist es verfassungswidrig, wenn eine Frau allein deshalb nicht zur Beamtin ernannt wird, weil einzelne Stadträte in Bayern „grundsätzlich die Verbeamtung einer Frau ablehnen" 117 , und wenn ein Bewerber um die Rektorenstelle einer christlichen Gemeinschaftsschule mit mehrheitlich katholischen Schülern nach Intervention des erzbischöflichen Ordinariats in Freiburg nur deshalb abgelehnt wird, weil er nicht katholisch ist" 8 . Glaubt ein Mitbewerber, er sei rechtswidrig übergangen, und will er gegen diese Benachteiligung gerichtlich vorgehen, so ergeben sich schwierige prozessuale Fälle; sie lassen sich unter dem Stichwort „Konkurrentenklage im Beamtenrecht?" (auch „Ernennungsklage" genannt) zusammenfassen 119 . Die Diskussion dieser Frage dürfte noch nicht abgeschlossen sein. Im einzelnen sind die folgenden Fallkonstellationen denkbar: a) Ist der andere (d. h. rechtswidrig bevorzugte) Bewerber noch nicht ernannt, steht aber seine Ernennung bevor, so kann der rechtswidrig benachteiligte Bewerber Unterlassungsklage oder Feststellungsklage erheben 120 ; b) ist der andere (rechtswidrig bevorzugte) Bewerber noch nicht ernannt, und wäre die Ernennung des rechtswidrig benachteiligten Bewerbers die einzige Möglichkeit ermessensfehlerfreier Entscheidung, so kann Verpflichtungsklage erhoben werden 121 ; c) ist der andere (rechtswidrig bevorzugte) Bewerber bereits ernannt, so kommt entweder der hier auf Vergabe eines ähnlichen Amtes gerichtete Folgenbeseitigungsanspruch 122 oder eine auf Art. 34 GG, § 839 BGB 122a gestützte Schadensersatzklage in Betracht; dagegen scheiden Anfechtungsklage und Verpflichtungsklage in diesem Fall aus 123 : der Anfechtung der Ernennung 116

Matthey, in: von Münch, G G K II, 1976, Art. 33 Rdnr. 25. Vgl. (zutreffend) bayer. VGH n. F. 10,1. Teil, S. HOff (118). Vgl. (zutreffend) VGH Mannheim DVB1. 1968, 255 ff; anders ist die Rechtslage, wenn es sich um konfessionsgebundene oder geschlechtsrelevante Ämter handelt (zutr. BVerwG E 47,330 [354]). 119 Vgl. dazu Battis, BBG, Erl. 6 b zu § 8; P. Bellgardt, Die Konkurrentenklage des Beamtenrechts: der Rechtsschutz des unterlegenen Bewerbers auf Einstellung und Beförderung, 1980; K.Finkelnburg, DVB1. 1980,809ff.; J. Isensee, a . a . O . , S. 354 ff.; A. von Mutius, VerwArch. 69 (1978), S. 103ff.; A. Schmitt-Kammler, Jura 1979, 641 ff.; ders., DÖV 1980, 285ff.; W. Thiele, ZBR 1980, 133ff.; M. Willke, JZ 1980, 440 ff. 120 VGH Mannheim DVB1. 1968, 256; Battis, a. a. O. 121 Battis, a. a. O.; Ule, GRe IV/2, S. 585 Fußn. 135. 122 OVG Lüneburg DVB1 1967, 206; Battis, a. a. O.; Tietgen, in: Hundert Jahre Deutsches Rechtsleben. Fs. f. d. DJT z. Hundertjähr. Bestehen, Bd. II, 1960, S. 342ff. l22a B z w . § 1 StHG; vgl. dazu oben S. 18. 123 A.A.: VG Hannover DVB1. 1977, 584, das (unzutreffend) in der Ernennung einen Verwaltungsakt mit Doppelwirkung sieht und die Möglichkeit der Anfechtungsklage bejaht (zustimmend: von Mutius, VerwArch. 69 [1978] S. 103ff.). 117

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des (rechtswidrig bevorzugten Bewerbers) steht die Rechtsbeständigkeit erfolgter Ernennungen entgegen, der Verpflichtungsklage die Tatsache, daß nicht verlangt werden kann, für den (rechtswidrig benachteiligten) Bewerber eine im Haushalts- und Stellenplan nicht vorgesehene Stelle zu schaffen 1233 . Gerichte können in der Regel die Einstellungsbehörde nicht dazu verurteilen, den Bewerber in den öffentlichen Dienst zu übernehmen, „sondern allenfalls den Ablehnungsbescheid aufheben und dadurch die Verwaltung nötigen, erneut über den Antrag auf Übernahme in den öffentlichen Dienst zu entscheiden" 124 . Die Einstellung in den öffentlichen Dienst kann deshalb im Regelfall auch nicht durch einstweilige Anordnung gem. § 123 I S. 2 VwGO erzwungen werden 125 . Von dem Grundsatz, daß kein allgemeiner Anspruch auf Ernennung besteht, gibt es noch andere Ausnahmen: Eine solche Ausnahme liegt vor, wenn dem Bewerber eine entsprechende Zusicherung gemacht worden ist126. Während das RG die Selbstbindung der Verwaltung auf Grund von beamtenrechtlichen Zusicherungen als mit der Personalhoheit unvereinbar abgelehnt hat, werden heute beamtenrechtliche Zusicherungen grundsätzlich für zulässig angesehen (Umkehrschluß aus § 183 I S. 1 BBG, der nur bestimmte Zusicherungen verbietet). Rechtsverbindlich ist eine Zusicherung aber nur dann, wenn sie von einem dafür zuständigen Beamten gemacht worden ist, der Zusicherung keine zwingenden Gesetzesvorschriften entgegenstehen und der Wille zur verbindlichen Zusicherung unmißverständlich ersichtlich ist; gem. § 38 I S. 1 VwVfG bedarf die Zusicherung der Schriftform. Als zusätzliches Erfordernis wird gelegentlich noch verlangt, daß die Zusage aktenkundig ist (Aktenvermerk) 127 , und daß die Nichteinhaltung Treu und Glauben widerspräche 128 . Die Beweislast für die Behauptung einer Zusage trägt der Bewerber 129 . Ein Anspruch auf Ernennung besteht ferner bei der Aufnahme in einen Vorbereitungsdienst, der zugleich rechtliche oder tatsächliche Voraussetzung für andere, außerhalb des öffentlichen Dienstes liegende Berufe ist (Bsp.: Referendardienst für spätere Rechtsanwälte) 130 . Schließlich besteht ein Anspruch auf Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit bei einem Beamtenver123a

124 126

127 128 130

Ablehnend gegenüber der Beamten-Konkurrentenklage allg. Isensee, a. a. O., S. 20; bejahend - u. a. unter Hinw. auf Art. 19 IV - Battis, a. a. O.; Schmitt-Kammler, a. a. O.; Schick, DVB1 1975, 741. 125 BVerfGE 39, 334ff. (354). VGH München NJW 1976, 1858f. (1859). Vgl. Fiedler, Funktion und Bedeutung öffentlich-rechtlicher Zusagen im Verwaltungsrecht, 1977, S. 101 ff.; Grellert, Zusicherungen im Beamtenrecht, 1964; Pappermann, ZBR 1968, 202ff.; Pfander, Die Zusage im öffentlichen Recht, 1970, S. 117 ff.; Schütz, D ö D 1969, 21 ff. - Aus der Rspr. vgl. BVerwG DVB1. 1966, 857ff. (858); DÖV 1966, 202ff. (205); BVerwG E 26, 31 ff.; OVG Rheinl.-Pfalz ZBR 1974, 233 f. Dazu Bank, ZBR 1964, 38ff. (41); a. A.: BGHZ 23, 52; BVerwG E 26, 35. 129 Hess VGH ZBR 1956, 362. BVerwG E 26, 35. BVerwG E 6, 13 (55 Jahre alte Referendarin); 16, 241 (Forstreferendare).

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hältnis auf Probe spätestens nach fünf Jahren 131 , bei einem Wahlbeamten nach Annahme und Nichtbeanstandung der Wahl 132 sowie in Fällen der Wiedergutmachung von nationalsozialistischem Unrecht 133 . c) Mängel der Ernennung können — wie bei anderen Verwaltungsakten — zur Folge haben, daß die Ernennung entweder ein Nichtakt, ein nichtiger Akt oder rücknehmbar ist134. Ein Nichtakt liegt vor, wenn die Ernennungsurkunde nicht ausgehändigt worden ist135, oder wenn die Ernennung durch eine sachlich absolut unzuständige Stelle erfolgt ist (z. B. durch eine Privatbank). Ein nichtiger Akt liegt vor beim Verstoß gegen zwingende Formvorschriften. Zwingendes Formerfordernis bei der Einstellung sind die Worte „unter Berufung in das Beamtenverhältnis". Fehlt nur der die Art des Beamtenverhältnisses bestimmende Zusatz („auf Probe", „auf W i d e r r u f usw.), so kann der Landesgesetzgeber bestimmen, daß in diesem Fall keine Nichtigkeit eintritt 136 . Gesetzlich zwingend vorgeschriebene Formulierungen können nicht durch sinngemäß entsprechende Angaben ersetzt werden 137 . Geringfügige Schreibfehler sind unschädlich 138 . Entsprechend dem Urkundenprinzip ist bei allen zwingend vorgeschriebenen Formulierungen allein der Wortlaut der Ernennungsurkunde maßgebend 1 3 9 : enthält z. B. die Urkunde eines Beamten den Zusatz „auf Lebenszeit", eine Begleitverfügung dagegen den Zusatz „auf W i d e r r u f , so ist der Ernannte Beamter auf Lebenszeit. Unklarheiten in der Ernennungsurkunde, die nicht zwingend vorgeschriebene Formulierungen betreffen, können durch Auslegung geklärt werden, und zwar durch Ermittlung von Umständen, die sich nicht aus dem Inhalt der Urkunde selbst ergeben 140 . Sind Formvorschriften verletzt und macht die Ernennungsbehörde diesen Mangel geltend, so kann dem nicht der Einwand der Arglist entgegengehalten werden 141 ; wohl aber kann u. U. eine Schadensersatz begründende Fürsorgepflichtverletzung vorliegen 142 . Nichtig ist die Ernennung durch eine z. Z. der Ernennung sachlich unzuständige Behörde 1423 (z. B. eines Postbeamten durch das Justizministerium). Kann eine Ernennung nur durch nach außen in Erscheinung tretenden ge131 133

134 135 136

137 138 140 142

132 § 9 II BBG. OVG Münster E 13, 237; OVG Lüneburg E 6, 358. Gesetz zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes i. d. F. vom 15. Dezember 1965 (BGBl. I, S. 2073), zuletzt geänd. durch das 2. BBesErhöhungsG v. 5. November 1973 (BGBl 1973 I, S. 1569). Vgl. Eberl, a. a. O., S. 72f.; Otto, ZBR 1955, 1 ff. Str.; Forsthoff, VwR, S. 237, nimmt hier nur Nichtigkeit an. Vgl. § 5 III S. 2 BRRG. — Einige Landesbeamtengesetze sehen in diesem Fall eine Ernennung zum Beamten auf Widerruf vor, andere zum Beamten auf Probe. E. Plog/A. Wiedow / G. Beck, BBG, Rdnr. 6 zu § 6. Vgl. § 42 VwVfG. 139 BVerwG DVB1. 1968, 641. BVerwG NJW 1965, 1978. 141 OVG Münster E 6, 112. 142a BGH DVB1. 1953, 674. Vgl. dazu Blasius, VerwRdschau 1981, 386ff.

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meinsamen Akt mehrerer Behörden erfolgen (Bsp.: Ernennung des Oberfinanzpräsidenten durch den BPräs. und die zuständige Landesbehörde), und ist eine der beiden ernennenden Behörden sachlich unzuständig, so ist die ganze Ernennung nichtig. Handelt es sich nicht um eine gemeinsame Ernennung, muß aber eine andere Stelle (z. B. der Personalausschuß oder die Aufsichtsbehörde) bei der Ernennung mitwirken, so ist bei fehlender Mitwirkung die Ernennung nur dann nichtig, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist. Die wegen sachlicher Unzuständigkeit nichtige Ernennung kann durch die sachlich zuständige Stelle rückwirkend bestätigt werden143 (Ausnahme von dem Grundsatz, daß eine beamtenrechtliche Rechtsstellung nicht rückwirkend begründet werden kann!). Die durch eine örtlich unzuständige Behörde erfolgte Ernennung ist dagegen rechtswirksam, wobei die Einstellung für den örtlichen Bereich der ernennenden Behörde gilt. Nichtig ist die Ernennung, wenn der Ernannte z. Z. der Ernennung nicht Deutscher i. S. des Art. 116 GG war und keine diesbezügliche Ausnahmegenehmigung vorlag144. Erwirbt der Ernannte später die deutsche Staatsangehörigkeit, oder wird die Ausnahmegenehmigung später erteilt, so bleibt die Ernennung trotzdem nichtig. Verliert dagegen ein Beamter nach der Ernennung die deutsche Staatsangehörigkeit, so bleibt die Ernennung wirksam; der Beamte ist aber kraft Gesetzes entlassen145. Nichtig ist eine Ernennung, wenn der Ernannte entmündigt war oder ihm im Zeitpunkt der Ernennung infolge verfassungsgerichtlichen oder strafger i c h t l i c h e n Urteils d i e Fähigkeit

zur Bekleidung

öffentlicher

Ämter fehlte.

Wird

diese Fähigkeit erst nach der Ernennung aberkannt, so bleibt die Ernennung wirksam; das Beamtenverhältnis endet aber mit der Rechtskraft des Urteils146. Schließlich kann der Landesgesetzgeber bestimmen, daß die Ernennung eines kommunalen Wahlbeamten nichtig ist, wenn die zugrunde liegende Wahl unwirksam war 147 .

Als Grundsatz für die Nichtigkeit von Ernennungen ist festzuhalten, daß hier weder eine allgemeine verwaltungsrechtliche Schwere- oder Evidenztheorie noch die in § 44 VwVfG vorgesehene Regelung gilt, sondern die Nichtigkeitsgründe

gesetzlich

und abschließend

festgelegt

sind

(Bestimmtheitsgrund-

satz)HS. Über diese gesetzlich bestimmten Nichtigkeitsgründe hinaus darf die Behörde keine weiteren Nichtigkeitsgründe geltend machen. Eine Ausnahme 143

144 145 147 148

Vgl. § 11 I S. 2 BBG; § 10 I S. 2 BRRG. - Zur Nichtigkeit von Ernennungen wegen unterbliebener Mitwirkung der Aufsichtsbehörde oder des Landespersonalausschusses allgemein vgl. BVerwG ZBR 1981, 67ff; Zängl, ZBR 1973, 138 ff. Vgl. § 11 II Nr. 1 BBG; § 8 II Nr. 1 BRRG. Dazu unten Abschn. III 7 b. 146 Dazu unten Abschn. III 7 c. Vgl. § 10 II BRRG; § 14 IV schlesw.-holst. LBG. Scheerbarth, a. a. O., S. 132.

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von dem Grundsatz abschließender Festlegung besteht nur zugunsten des Ernannten ; eine ohne seine Mitwirkung (d. h. ohne seine Zustimmung) erfolgte Ernennung ist — obwohl nicht ausdrücklich gesetzlich aufgeführt — ebenfalls nichtig (str.)149. d) Die Rücknahme der Ernennung ist ebenfalls abschließend geregelt. Neben der abschließenden Aufzählung der Gründe für die Nichtigkeit oder Rücknahme der Ernennung in den Beamtengesetzen ist also für die Anwendbarkeit der allgemeinen Rechtsgrundsätze des Verwaltungsrechts über die Rücknahme rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakte (kodifiziert in § 48 VwVfG) kein Raum 150 . Bei der Rücknahme der Ernennung wird zwischen obligatorischer und fakultativer Rücknahme unterschieden. Sinn dieser Unterscheidung ist es, die Bewahrung der Entschließungsfreiheit der Ernennungsbehörde und den Ausschluß von ungeeigneten Personen in abgestufter, sachgemäßer Weise zu sichern. aa) Obligatorisch ist die Rücknahme, wenn die Ernennung durch Zwang, Bestechung oder arglistige Täuschung herbeigeführt wurde151. Die arglistige Täuschung kann sowohl durch Angabe falscher als auch durch Verschweigen wahrer Tatsachen erfolgen. Beim Verschweigen ist problematisch, ob eine Offenbarungspflicht auch hinsichtlich solcher Tatsachen besteht, nach denen die Behörde nicht gefragt hat; eine solche Offenbarungspflicht ist nur dann anzunehmen, wenn der Bewerber eine Tatsache verschweigt, von der er weiß oder mit dolus eventualis in Kauf nimmt, daß sie für die Entscheidung der Ernennungsbehörde von Bedeutung ist oder sein kann 152 . Die Ernennung kann (und muß) wegen Zwanges, arglistiger Täuschung oder Bestechung nur dann zurückgenommen werden, wenn die Ernennung durch diese Umstände herbeigeßihrt worden ist (Kausalität i. S. der conditio sine qua non), d. h. wenn die Ernennungsbehörde andernfalls — zumindest zu diesem Zeitpunkt — die Ernennung tatsächlich nicht vorgenommen hätte153.

149

150

151 152

153

Fischbach, BBG I, S. 220; a. A.: E.Plog/A. Wiedow / G. Beck, BBG, Rdnr. 4 zu §11; Brückner, Das faktische Dienstverhältnis, 1968, S. 20. Bayer. VGH ZBR 1977, 154 (zum Fall, in dem die Ernennungsurkunde zwar ausgehändigt war, die Ernennung aber erst später wirksam werden sollte); GKÖD I, Rz 1 zu § 12 BBG. Vgl. § 12 I Nr. 1 BBG; § 9 I Nr. 1 BRRG. BVerwG E 13,158f.; einschränkend E. Plog/A. Wiedow/ G. Beck, BBG, Rdnr. 4 zu §12. - Vgl. auch BVerwG E 18, 276 ff. BVerwG E 16, 342; 17, 3. Vgl. auch BVerwG E 16, 343ff. (auch Beförderung ist Ernennung; Rücknahme auch nach Versetzung in den Ruhestand möglich); GKÖD I, Rz. 11-12 zu § 12 BBG.

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Obligatorisch ist die Rücknahme ferner, wenn nicht bekannt war, daß der Ernannte wegen eines vor der Ernennung vollendeten Verbrechens oder Vergehens rechtskräftig verurteilt war oder wird, das ihn für die Berufung in das Beamtenverhältnis unwürdig erscheinen läßt 154 (Bsp.: Schwere Eigentumsdelikte; problematisch: Trunkenheit am Steuer). bb) Fakultativ ist die Rücknahme, wenn bei einem nach seiner Ernennung Entmündigten die Voraussetzungen für die Entmündigung im Zeitpunkt der Ernennung vorlagen 155 . Treten die Voraussetzungen für die Entmündigung erst nach der Ernennung ein, so kommen nur Entlassung oder Versetzung in den Ruhestand in Betracht. Die Ernennung kann ferner zurückgenommen werden, wenn nicht bekannt war, daß der Ernannte in einem Disziplinarverfahren aus dem Dienst entfernt oder zum Verlust der Versorgungsbezüge verurteilt worden war. cc) Anfechtung: Schließlich kann die Ernennung rückwirkend auch dadurch beseitigt werden, daß der Ernannte selbst seine ausdrücklich oder durch Entgegennahme der Ernennungsurkunde konkludent erklärte Zustimmung zur Ernennung wegen Zwanges, Drohung, arglistiger Täuschung oder eines wesentlichen Irrtums unverzüglich anficht156. Diese Möglichkeit ist zwar in den Beamtengesetzen nicht vorgesehen; sie ergibt sich aber aus den Grundgedanken der §§ 119, 123 BGB, ferner daraus, daß der Bestimmtheitsgrundsatz der abschließenden gesetzlichen Aufzählung der Rücknahmegründe (ebenso wie bei der Nichtigkeit) nur zugunsten des Beamten besteht, und endlich aus der Tatsache, daß der Ernannte ein Interesse daran haben kann, daß sein Beamtenverhältnis durch Rücknahme beendigt wird (z. B. um einer Disziplinarstrafe zu entgehen). e) Folgen von Mängeln: War die Ernennung ein Nichtakt, nichtig oder ist sie zurückgenommen, so stellt sich die Frage, welche Folgen dies zusätzlich zur Beseitigung des Beamtenverhältnisses hat 156a . Die Fehlerhaftigkeit des Beamtenverhältnisses kann sich sowohl auf die Rechtsbeziehungen zwischen dem Ernannten und seiner Behörde (Innenverhältnis) als auch auf die Rechtsbeziehungen zwischen dem Ernannten und Dritten (Außenverhältnis) auswirken. aaj Innenverhältnis: Im Fall einer nichtigen Ernennung (der — obgleich im Gesetz nicht erwähnt — insoweit die Nichternennung gleichsteht), muß der Dienstvorgesetzte nach positiver Kenntnis des Grundes dem Ernannten die 154

Vgl. § 12 I Nr. 2 BBG; § 9 I Nr. 2 BRRG; dazu E.Plog/A. Wiedow / G. Beck, BBG, Rdnr. 9 zu § 12, insbes. auch zur Frage, ob Wohlverhalten nach der Tat zu berücksichtigen ist. 155 Vgl. hierzu und zum folgenden § 12 II BBG, § 9 II BRRG. 156 Dazu OVG Münster DVB1. 1952, 606 (für den ähnlich gelagerten Fall einer Entlassung auf Verlangen); Fischbach, BBG I, S. 234, mit weiteren Nachw. l56a Z u den Rechtsfolgen der fehlerhaften Beamtenerneuerung allg. vgl. Fromme, D Ö D 1981,169 ff.

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weitere Führung der Dienstgeschäfte untersagen;bei Kenntnis eines Rücknahmegrundes kann dies geschehen 157 . Da ein Beamtenverhältnis nicht bestanden hat bzw. rückwirkend beseitigt wird, die bereits gezahlten Dienstbezüge also von dem fehlerhaft Ernannten ohne Rechtsgrund erlangt sind, muß der Dienstherr sie an sich zurückfordern (§812 BGB); die Beamtengesetze sehen aber vor, daß er davon absehen kann 158 . Gesetzlich nicht geregelt sind andere Fragen, z. B.: Gilt für den nicht oder fehlerhaft Ernannten die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit? Was gilt hinsichtlich der Haftung für von ihm begangene rechtswidrige Handlungen? Die Antwort auf diese Fragen muß von der Rechtsnatur des fehlerhaften Beamtenverhältnisses ausgehen. Hierzu sind sechs Lösungsmöglichkeiten entwikkelt worden: 1. Privatrechtlicher Dienstvertrag (Umdeutung) 159 ; 2. Faktischer privatrechtlicher Dienstvertrag 160 ; 3. Geschäftsführung ohne Auftrag 161 ; 4. Rechtsverhältnis sui generis 162 ; 5. Öffentlich-rechtlicher Vertrag (Umdeutung) 163 ; 6. Faktisches öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis 164 . Den privatrechtlichen Konstruktionen steht die Tatsache entgegen, daß Ernennungsbehörde und Ernannter nicht den Willen hatten, ein privatrechtliches Rechtsverhältnis zu begründen, sondern ein Beamtenverhältnis. Deshalb erscheint es richtig, ein faktisches öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis anzunehmen, das man als „faktisches Beamtenverhältnis" bezeichnen könnte, wenn diese Bezeichnung wegen des im Beamtenrecht geltenden Formalprinzips nicht ein Widerspruch in sich wäre; auf dieses Verhältnis sind die beamtenrechtlichen Vorschriften zwar nicht unmittelbar, aber analog insoweit anwendbar, als dies nach der zeitlichen Dauer des faktischen Dienstverhältnisses und den dabei ausgeübten Funktionen sinnvoll ist. bb) Außenverhältnis: Die bis zum Verbot der Führung der Dienstgeschäfte oder bis zur Zustellung der Rücknahmeerklärung vorgenommenen Amtshandlungen des Ernannten sind — sofern nicht Mängel hinzukommen, die auch die Amtshandlung eines fehlerfrei Ernannten fehlerhaft machen würden — gültig 165 . Sinn dieser Regelung ist der Schutz der allgemeinen Rechtssicherheit und des Vertrauens der Allgemeinheit auf den Bestand von Amtshand-

157 158 159 160 161 162 164

165

Vgl. § 13 BBG. Vgl. § 14 S. 2 BBG; vgl. auch Bayer. VGH ZBR 1973, 59. RAG ARS 38, 3; a. A.: BAG JZ 1960, 134. LAG Frankfurt a. M. NJW 1954, 248. Vgl. dazu (allerdings ablehnend) Brückner, a. a. O., S. 103. BayVerwGHE N. F. 7, 113. 16Ì LVG Rheinl.-Pfalz DVB1. 1952, 597. Brückner, a. a. O., S. 107ff.; Schröcker, DVB1. 1957, 664f.; Bayer. VGH ZBR 1973, 59. Vgl. § 14 S. 1 BBG.

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lungen; deshalb ist es nach h. L. unbeachtlich, ob der einzelne Adressat der Amtshandlung die Nichtigkeit der Ernennung oder die Gründe für die Rücknahme kannte 166 . Gesetzlich nicht geregelt sind die Fälle der Nichternennung oder Nichtigkeit der Ernennung wegen Formmängeln. Da es einerseits auf den Rechtsschein nach außen ankommt, andererseits die Gründe für die Nichternennung (Fehlen der Aushändigung der Ernennungsurkunde) oder für die Nichtigkeit (Formmängel der Ernennungsurkunde) nach außen nicht erkennbar sind, müssen auch diese Handlungen als gültig angesehen werden (str.)167. Fehlt auch der Rechtsschein, wie beim Scherzakt oder bei der Ernennung durch eine sachlich absolut unzuständige Stelle, so gilt dies nicht. Die Frage der Haftung ist unproblematisch168. Gem. § 1 I StHG haftet ohnehin „die öffentliche Gewalt" 1683 . Nach dem bisherigen Amtshaftungsrecht gilt folgendes: Hat der fehlerhaft Ernannte in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes gehandelt, so tritt stets die Haftung nach Art. 34 GG, § 839 BGB ein, da hierfür nicht die Beamteneigenschaft im staatsrechtlichen Sinn vorliegen muß. Umgekehrt ist die staatsrechtliche Beamteneigenschaft Voraussetzung der persönlichen Haftung aus § 839 BGB, so daß diese Haftung beim fehlerhaft Ernannten ausscheidet. Hat der fehlerhaft Ernannte fiskalisch gehandelt, so wird bei Vertragsverletzung nach §§ 276, 278 BGB, bei unerlaubten Handlungen nach §§ 823 ff. BGB i. Vbg. mit § 831 BGB oder § 31 BGB (§ 89 BGB) gehaftet. 4. Inhalt des Beamtenverhältnisses a) Hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums: „Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln" — diese lapidare Bestimmung des Art. 33 V GG wirft mehrere schwierige Rechtsfragen auf 169 . Zunächst ist umstritten, ob der Begriff „Öffentlicher Dienst"hier im weiten Sinne zu verstehen ist, d. h. sowohl die Beamten als auch die Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst erfaßt 170 , oder ob er eng auszulegen ist

166

E. Plog / A . Wiedow / G. Beck, BBG, Rdnr. 3 zu § 14. E. Schütz / C. Ulland, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Rdnr. 3 zu § 14; a. A. Schröcker, DVB1. 1957, 668. 168 Vgl. zum folgenden Brückner, a. a. O., S. 86 ff. 168a D a z u oben III 1 b. 169 Dazu Lindgen, D Ö D 1981, 170ff.; Matthey, in: von Münch, G G K II, 1976, Art. 33 Rdnr. 3 5 - 4 1 ; Stern, in: Fs. f. Ule, 1977, S. 193ff.; W. Thiele, DÖV 1981, 773ff.; F. Rottmann, Der Beamte als Staatsbürger. Zugleich eine Untersuchung zum Normtypus von Art. 33 Abs. 5 GG, 1981. 170 W. Thieme, Der öffentliche Dienst in der Verfassungsordnung des GG, S. 35ff.; Wacke, Grundigen des öffentlichen Dienstrechts, 1957, S. 27 ff. 167

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und damit nur die Beamten betrifft 171 . Die sprachliche Fassung des Art. 33 V G G spricht für die weite Auslegung: da aber unzweifelhaft gerade die Trennung zwischen dem Beamtenrecht und dem Recht der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes einer der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums ist, spricht der Sinn der Vorschrift entscheidend für die enge Auslegung, d. h. für die Beschränkung auf das Beamtenrechtm. Art. 33 VGG ist nicht lediglich ein Programmsatz, sondern unmittelbar geltendes Recht'73; die Vorschrift verpflichtet also den Gesetzgeber in zweifacher Weise, nämlich „zu regeln", d. h. überhaupt tätig zu werden, und sodann bei diesem Tätigwerden die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu berücksichtigen. Was im einzelnen zu den „hergebrachten Grundsätzen"gehört, ist umstritten. Fest steht jedoch, daß nicht schon jede überkommene beamtenrechtliche Detailregelung ein (hergebrachter) Grundsatz ist, sondern nur die das Beamtentum tragenden Grundregeln, d. h. der „Kernbestand von Strukturprinzipien, die allgemein oder doch ganz überwiegend und während eines längeren, Tradition bildenden Zeitraums, mindestens unter der Reichsverfassung von Weimar, als verbindlich anerkannt und gewährt worden sind" 174 . Hergebrachte Grundsätze sind danach insbesondere 175 : Die Ausgestaltung des Beamtenverhältnisses als öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis, die Gewährung angemessener Dienst- und Versorgungsbezüge (nicht aber ein Anspruch darauf, daß Gehalts- und Versorgungsbezüge in bestimmter Summe ungekürzt fortbestehen 1753 und nicht der Schutz sog. wohlerworbener Rechte überhaupt 176 ), die Festlegung der Dienst- und Versorgungsbezüge durch Gesetz; die Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber dem Beamten, der Anspruch auf eine amtsangemessene Amtsbezeichnung, der Grundsatz parteipolitischer Neutralität im Dienst, das Koalitionsrecht, die Unzulässigkeit des Beamtenstreiks, der Schutz gegen willkürliche Beendigung des Beamtenverhältnisses und die Möglichkeit gerichtlichen Rechtsschutzes. Die hergebrachten Grundsätze sind zu berücksichtigen. Bei der Frage was unter „Berücksichtigung" zu verstehen ist, unterscheidet das BVerfG 177 zwi171

BVerfG E 3, 186; 16, 110f.; h. L., z. B. Maunz, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Rdnr. 46 zu Art. 33; Ule, G R e IV/2, S. 549ff., beide mit weit. Hinweisen. 172 Stern, StaatsR I, S. 269.- Art. 33 V G G umfaßt auch die Richter (BVerfG E 12, 87), nicht dagegen die Soldaten: BVerfG E 3, 334f.; 16, 111 (nicht unbedenklich). 173 BVerfG E 9, 286; Battis, Erl. 2 c aa zu § 2. 174 BVerfG E 8, 343; 32, 246; 43, 278; BVerwG E 24, 235; 25, 85. - Überblick über die Rspr. des BVerfG bei Lecheler, AÖR 103 (1978), S. 354ff.; Battis, Erl. 2 c bb zu §2. 175 Vgl. (z.T. noch weitergehend) F.Mayer, in: Studienkommission Bd. 5, 1973, S. 608; Ule, GRe I V / 2 , S. 570 ff. 175a BVerwG ZBR 1979, 372. 176 BVerfG E 8, 13f.; zur Besoldung vgl. auch BVerfG E 44, 249ff. 177 BVerfG E 8, 16f; ebenso Stern, StaatsR I, S. 270.

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sehen hergebrachten Grundsätzen, die (nur) zu berücksichtigen sind und „besonders wesentlichen" hergebrachten Grundsätzen, die zu beachten sind. Diese Unterscheidung findet weder im Wortlaut noch im Sinn des Art. 33 V GG eine Stütze; sie ist daher abzulehnen 178 . Vielmehr ist „Berücksichtigung" einheitlich dahin auszulegen, daß die hergebrachten Grundsätze einerseits nicht ignoriert und nicht negiert werden dürfen, andererseits aber Raum bleibt für eine weite Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers: solange der Gesetzgeber sich überhaupt noch auf dem Boden der hergebrachten Grundsätze befindet, kann er sie mehr oder weniger intensiv zur Geltung bringen. Die Ansicht, der Gesetzgeber könne aber sogar von den hergebrachten Grundsätzen abweichen, wenn dies zwingend geboten sei179, ist nicht richtig, weil sie der in Art. 33 V GG festgelegten Bindung des Gesetzgebers ( „ . . . ist unter Berücksichtigung . . . zu regeln") widerspricht. Dem berechtigten Anliegen, die an Traditionsgut anknüpfende und daher problematische Vorschrift des Art. 33 V GG nicht zur permanenten rechtlichen Fixierung des Status quo und zur Blockade notwendiger Reformen werden zu lassen, muß vielmehr anders Rechnung getragen werden: nämlich dadurch, daß man unter hergebrachten Grundsätzen nur den in das System des GG sich einpassenden „Kernbestand von Strukturprinzipien" ansieht, der das Wesen der Institution Beamtentum ausmacht. Nicht ausgeschlossen ist aber, daß sich mit der Zeit neue hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums entwickeln, also solche, die es in der Weimarer Republik noch nicht gab 179a . Zutreffend ist auch die Feststellung des BVerfG, daß Art. 33 V GG „einen weiten Ermessungsspielraum für die Anpassung des Beamtenrechts an neue Entwicklungen" beläßt, allerdings „keine völlige Regelungsfreiheit"; vielmehr ist der einzelne hergebrachte Grundsatz „in seiner Bedeutung für die Institution des Berufsbeamtentums in der freiheitlichen rechts- und sozialstaatlichen Demokratie zu würdigen" l79b . Str. war früher, ob die Teilzeitbeschäftigung von Beamten generell gegen Art. 33 V GG verstößt 180 . Dies ist zu verneinen. Eine andere Frage ist, ob die Möglichkeiten der Teilzeitbeschäftigung immer weiter ausgedehnt werden dürfen, ohne daß dadurch die Grundsätze des Berufsbeamtentums aufgelöst werden (Figur des „Nebenerwerbsbeamten") 181 , oder ob Teilzeitbeschäfti-

178

Maunz in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Rdnr. 58 zu Art. 33. Vgl. Ule, G R e IV/2, S. 568 f. 179a S o wird z. B. die Ansicht vertreten, daß die gleitende Arbeitszeit im öffentlichen Dienst sich zu einem hergebrachten Grundsatz entwickeln könnte (Martin, ZBR 1979, 171). Zur gleitenden Arbeitszeit allg. vgl. G. B. Müller, RiA 1981, 46. 179b BVerfG E 42, 278. 180 Vgl. z. B. Ilbertz, ZBR 1968, 175ff. (zulässig); B. Wilhelm, ZBR 1968, 25ff., 178ff. (unzulässig). 181 Bedenken bei W. Loschelder, ZBR 1978, 133ff. (138); M. Schröder, ZBR 1979, 189ff.; W. Thiele, ZBR 1980, 339ff.

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gung von Beamten nur personell und funktional begrenzt zulässig ist' 81a . Das geltende Recht, das die ursprüngliche Beschränkung auf Teilzeitbeamtinnen aufgegeben hat, läßt sich heute mit „arbeitsmarktpolitischer Regelung" und „familienpolitischer Regelung"umschreiben181b. Angesichts der Knappheit des Gutes Arbeit und angesichts des allgemeinen Trends zu Arbeitsverkürzungen, die auch das Beamtenrecht nicht unbeeinflußt lassen können, dürfte mit den geltenden Teilzeitbeschäftigungsregeln die Grenze des verfassungsrechtlich zulässigen noch nicht erreicht, jedenfalls aber nicht überschritten sein 181c . Erhebliche rechtliche und praktische Probleme wirft allerdings die Frage der Nebenbeschäftigung von Teilzeitbeamten auf. Schließlich ist umstritten, ob aus Art. 33 V G G auch subjektive, durch Verfassungsbeschwerde verfolgbare Individualrechte des einzelnen Beamten abgeleitet werden können. Da gerade der gerichtliche Rechtsschutz zu den hergebrachten Grundsätzen gehört und Art. 93 I Nr. 4 a GG, §90 I BVerfGG ohne Einschränkung von „in Artikel 33 . . . des Grundgesetzes enthaltenen Rechten" spricht, ist die Frage in Übereinstimmung mit der neueren Rechtsprechung des BVerfG („grundrechtsähnliches Individualrecht") zu bejahen 182 . b) Beamtenpflichten: Die rechtliche Stellung des Beamten wird entscheidend von seinen Pflichten geprägt. Der Gesetzgeber hat dies dadurch zum Ausdruck gebracht, daß sowohl das BBG als auch das BRRG und die Landesbeamtengesetze bewußt die Pflichten vor den Rechten aufzählen. Die Pflichtigkeit des Beamtenverhältnisses ist die Konsequenz der Tatsache, daß das Beamtenverhältnis ein öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis ist. Die allgemeine beamtenrechtliche Dienst- und Treuepflicht wird durch Einzelpflichten konkretisiert, wobei zwischen dienstlichen und außerdienstlichen Pflichten zu unterscheiden ist.

18la

S o W. Rudolf, VVDStRL 37 (1979), S. 208ff., 214. Vgl. auch - zum Antrag auf Teilzeitbeschäftigung eines Beamten mit hervorgehobenen Führungs- und Aufsichtsfunktionen - VGH Bad.-Württ. ZBR 1980, 123 (ablehnend). ,81b Vgl. §§ 44 a BRRG, 72 a BBG („arbeitsmarktpolitische Regelung", insbes. zur Beseitigung der Lehrerarbeitslosigkeit, befristet bis 31. Dezember 1985); §§ 48 a BRRG, 79 a BBG, 48 a D R i G („familienpolitische Regelung"), eingefügt bzw. geändert durch das Dritte Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 10. Mai 1980 (BBG1 1980 I, S. 560). Zur Vorgeschichte: Battis, BBG, Erl. 1 zu § 79 a; E. U. Schwandt, ZBR 1980, 305 ff. 181c Zutreffend Roeper, NJW 1980, 1779ff. Dort auch (S. 1779 Fn. 3 Hinw. auf die Regelungen in den Landesbeamtengesetzen). 182 BVerfG E 8, 17f.; BVerfGE 43, 154ff. = DÖV 1977, 558ff. m. abw. Meinung Wand und Niebeler (S. 562ff.); Maunz in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Rdnr. 82 zu Art. 33; a. A.: Ule, GRe IV/2, S. 565 ff. Kritisch zum unmittelbaren Rückgriff des BVerfG auf die hergebrachten Grundsätze auch Niedermaier / Günther, ZBR 1977, 238 ff. - Kritik an der Entsch. des BVerfG auch bei Bender, DÖV 1977, 565 ff, und Menger, VerwA 69 (1978), S. 221 ff. (226).

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aa) Dienstpflicht (Dienstleistungspflicht): Die Dienstpflicht des Beamten ist - nüchtern betrachtet — zunächst eine Dienstleistungspflicht, d. h. eine Arbeitspflicht. Der Beamte ist verpflichtet, in der regelmäßigen Arbeitszeit, und — wenn zwingende dienstliche Gründe es erfordern — über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus (in bestimmten Grenzen sogar ohne Entschädigung) Dienst zu tun 183 . Eine besondere Form der Dienstleistung ist der Bereitschaftsdienst; hier hat der Beamte in seiner Dienststelle anwesend zu sein, um erforderlichenfalls jederzeit die Arbeit aufzunehmen. Vom Bereitschaftsdienst zu unterscheiden ist die sog. Rufbereitschaft, bei welcher der Beamte sich zwar nicht in seiner Dienststelle, aber unter einer von ihm angegebenen Adresse dienstbereit aufhalten muß, und erforderlichenfalls gerufen werden kann 184 . Für die Inanspruchnahme durch Rufbereitschaft besteht kein Anspruch auf Freizeitausgleich und zusätzliche Vergütung184®. Ohne Genehmigung seines Dienstvorgesetzten darf der Beamte dem Dienst nicht fernbleiben. Für die Zeit eines ungenehmigten, schuldhaften Fernbleibens erhält der Beamte keine Dienstbezüge 185 . Ein vom regelmäßigen Aufgabenbereich (z. B. einer bestimmten Fachrichtung des Beamten) abweichender Dienst kann gefordert werden, wenn dies geboten und zumutbar ist186. Auf Verlangen seiner obersten Dienstbehörde kann der Beamte verpflichtet werden, eine Nebentätigkeit im öffentlichen Dienstnl zu übernehmen, sofern sie seiner Vorbildung oder Berufsbildung entspricht und ihn nicht über

183

Vgl. § 72 II BBG; VO über die Arbeitszeit der Bundesbeamten vom 15. Juni 1954 i. d. F. vom 24. Sept. 1974 (BGBl. 1974 I, S. 2356), derzufolge die Arbeitszeit auf im Durchschnitt 40 Std. in der Woche festgesetzt ist. Für Landesbeamte vgl. die entspr. Regelungen im Landesrecht, z. B. niedersächs. VO über die Arbeitszeit der Beamten vom 23. Sept. 1974 (GVB1. 1974, S. 425). Zur Überstundenvergütung für Beamte vgl. die VO über die Gewährung von Mehrarbeitsvergütung für Beamte i. d. F. der Bekanntm. vom 1. Juli 1977 (BGBl. I, S. 1107); vgl. auch Wilhelm, ZBR 1969, 229 ff., und BVerwG ZBR 1971, 88 ff. mit Anm. Wilhelm, S. 91 ff. 184 Dazu W. Böhme, RiA 1976, 202 ff. Zur Abgrenzung von Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst vgl. OVG Bremen ZBR 1980, 285. 184a BVerwG DVB1. 1980, 554. 185 Vgl. § 73 I, II BBG. Zur Frage des Rechtsweges: BVerwG DÖD 1976, 111. 186 BDH E 6, 92ff. - Zum sog. Recht am Amt vgl. BVerwG NDBZ 1968, 142; Lepke, DVB1. 1966, 135ff. — Zum Rechtsanspruch des Beamten auf Beschäftigung vgl. Schick, in: Fg. f. Maunz, 1971, S. 329ff. 187 Zum Begriff der Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst vgl. § 2 VO über die Nebentätigkeit der Bundesbeamten, Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit (Bundesnebentätigkeitsverordnung - BNV) vom 22. April 1964 (BGBl. I, S. 299) i. d. F. vom 28. August 1974 (BGBl. I, S. 2117), geändert durch Art. 1 VO vom 18. Dez. 1975 (BGBl. 1975 I, S. 3132). Die Nebentätigkeitsbestimmungen der Länder sind aufgeführt bei Thieme, in: Fs. f. W. Weber, 1975, S. 625 Fußn. 1.

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Gebühr in Anspruch nimmt188. Umgekehrt kann eine Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst unter dem Aspekt der Gewalten teilung unzulässig sein188". Von dieser Verpflichtung zur dienstlichen Nebentätigkeit sind die Nebentätigkeiten im privaten Interesse189 zu unterscheiden, wobei hier wiederum zwischen genehmigungsfreier und genehmigungspflichtiger Nebentätigkeit zu differenzieren ist190. Genehmigungsfrei sind wegen Art. 2 I GG Nebentätigkeiten, die wegen ihres geringen Umfanges oder aus anderen Gründen mit der Pflicht des Beamten, sich mit voller Hingabe seinem Beruf zu widmen, oder mit anderen Dienstpflichten nicht kollidieren (z. B. Verwaltung eigenen Vermögens; künstlerische Tätigkeit). Genehmigungspflichtig sind dagegen solche Tätigkeiten, bei denen die Möglichkeit einer solchen Kollision besteht (z. B. bei gewerblicher Tätigkeit; Eintritt in den Vorstand oder Aufsichtsrat eines Unternehmens); die Genehmigung darf allerdings nur versagt werden bzw. nach Erteilung widerrufen werden, wenn zu befürchten ist, daß die Nebentätigkeit die dienstlichen Leistungen, die Unparteilichkeit oder die Unbefangenheit des Beamten oder andere dienstliche Interessen beeinträchtigen würde. Die Gefahr von Interessenkollisionen wird vom BVerwG generell bejaht, wenn ein Beamter als Nebentätigkeit anwaltliche Prozeßvertretungen in Sachen übernimmt, in denen sein Dienstherr als Prozeßgegner auftritt 191 ; ein Interessenkonflikt liegt auch vor bei der Nebentätigkeit eines Steuerbeamten in einem Lohnsteuerhilfeverein1913. Im Fall eines Bereitschaftspolizisten, der nach Dienstschluß in einer privaten Fahrschule Fahrunterricht gab, ist dagegen die Behörde zur Erteilung der Genehmigung verurteilt worden192. Wird die Genehmigung erteilt, so ist eine andere Frage, ob private Konkurrenten gegen die Erteilung der Genehmigung gerichtlich vorgehen können 193 . Neuere Bestimmungen zielen wegen der veränderten Arbeitsmarktbedingungen auf eine stärkere Beschränkung der Nebentätigkeit193".

188

Vgl. § 64 BBG. 188a ßVerwGE 41, 195 (Mitgliedschaft eines Richters im Verwaltungsrat einer öffentlichen Sparkasse). 189 Gem. § 1 I BNV ist „Nebentätigkeit" der Oberbegriff, der sowohl die Ausübung eines Nebenamtes als auch einer Nebenbeschäftigung umfaßt. Eine Nebentätigkeit im privaten Interesse ist — ganz korrekt gesprochen — eine Nebenbeschäftigung. 190 Vgl. §§ 64, 65 BBG; § 5 BNV. 191 OVG Hamburg JZ 1978, 188 ff. Zur (abgelehnten) Zulassung eines wiss. Assistenten als Rechtsanwalt vgl. BGH JZ 1978, 314ff. 191a BVerwGZBR 1981,31. 192 VG Schleswig ZBR 1972, 148ff.; OVG Münster ZBR 1974, 364ff. Vgl. auch BVerwG DÖV 1977, 134ff. 193 So z. B. gegen den Vorsteher eines Finanzamtes als Steuerrechtsrepetitor: OVG Hamburg JZ 1964, 562ff. mit Anm. Rupp, S. 564f. 193a Vgl. dazu unten Abschn. VIII.

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Wichtig ist vor allem auch die Frage, ob den Beamten eine Pflicht zur Abfiihrung der Einkünfte aus der Nebentätigkeit an den Dienstherrn trifft 194 . Sofern es sich um eine Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst handelt, ist dies zu bejahen 195 ; dem Gesetzgeber ist es auch im Hinblick auf Art. 33 V G G unbenommen, den Anreiz zur Übernahme von Nebenbeschäftigungen durch Vorschriften entgegenzuwirken, die die Nebentätigkeitsvergütungen einschränken 1953 . Sofern es sich dagegen nicht um eine Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst handelt und sofern der Beamte nicht dienstliche Mittel (Personal, Geräte usw.) in Anspruch nimmt, ist die Frage zu verneinen 196 . bb) Allgemein bezogene, unparteiische Amtsfiihrung: Eine Besonderheit der Dienstpflicht des Beamten liegt darin, daß er bei seiner Amtsführung auf das Wohl der Allgemeinheit Bedacht nehmen muß und seine Aufgaben gerecht und unparteiisch zu erfüllen hat. Es gibt also eine Neutralitätspflicht des Beamten 197 . Die schon in Art. 130 I WRV getroffene Feststellung, daß die Beamten „Diener der Gesamtheit, nicht einer Partei" sind, ist mit inhaltlich gleicher, im Wortlaut ähnlicher Formulierung in § 52 I S. 1 BBG, § 35 I S. 1 BRRG und in den Landesbeamtengesetzen 198 ausgesprochen. Da nach Art. 3 III GG niemand wegen seiner politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden darf, ist die Pflicht zur unparteiischen Amtsführung eine beamtenrechtliche Konsequenz dieses Verfassungsgebotes 199 . Indem der Beamte Weisungen seines Ministers ausführen muß, der Minister aber mit seinen Weisungen häufig die Ansichten der regierenden Partei durchsetzen will, stellt sich die Frage nach der Vereinbarkeit von unpartei-

194

Vgl. dazu BVerfG E 3 3 , 44ff.; BVerwG JZ 1974, 131 ff. mit Anm. Ule; BVerwG ZBR 1973, 309ff. mit Anm. Görg S. 312f.; VG Schleswig ZBR 1973, 111 ff.; Drescher ZBR 1973, 105ff.; Etzrodt, DVB1. 1975, 308ff.; Thieme, Fs. f. W. Weber, 1975, S. 625 ff. 195 Zur Berechtigung des Dienstherrn, die Abführung einer für Nebentätigkeit im öffentl. Dienst erhaltenen Vergütung zu fordern, vgl. BVerwG E 41, 316; 49, 184. Anders für Nebentätigkeiten im öffentl. Dienst von Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst: BVerwG DVB1. 1977, 580ff. 195 "BVerfG DVB1. 1981, 450 (auch zu den Grenzen der Rechtsetzung durch VO). 196 OVG Lüneburg DVB1. 1974, 171 ff. - Zum Nebentätigkeitsrecht allgemein vgl. Noftz, ZBR 1974, 209ff.; Ule, Fs. f. . Weber, 1975, S. 609ff. - Zur wissenschaftlichen Nebentätigkeit vgl. W. Schrödter, Die Wissenschaftsfreiheit des Beamten, 1974; speziell zur Nebentätigkeit von Hochschullehrern vgl. K.A. Ludwig, ZBR 1979. 225 ff. 197 Dazu Püttner, in: Fs. f. Ule, 1977, S. 383ff; G K Ö D I, Rz. 22.zu § 2 BBG; kritisch zum Terminus „Neutralitätspflicht" M. Schröder, ZBR 1981, 109 ff. (110). - Zur Höflichkeitspflicht vgl. W. Lübbert, VerwRdschau 1980, 196ff. 198 § 6 4 I bad.-württ. LBG; Art. 62 I bayer. BG; § 18 I berl. LBG; § 53 I brem. BG; § 55 I hamb. BG; § 67 I hess. BG; § 61 nieders. BG; § 55 I nordrh.-westf. LBG; § 63 rheinl.-pfälz. BG; § 66 I saarl. BG; § 65 I schlesw.-holst. LBG. 199 Frowein, Die politische Betätigung der Beamten, 1967, S. 14.

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ischer Amtsführung des Beamten und politischer Praxis 200 . Die Antwort ergibt sich aus dem parlamentarisch-demokratischen Regierungssystem 201 ; diesem System entspricht es, daß die Anliegen der durch die Wahl legitimierten Partei durch am Allgemeinwohl orientierte Gesetze und Erlasse durchgesetzt werden können. An die ministeriellen Weisungen ist der Beamte allerdings nur gebunden, wenn das Gesetz eine Sachlage nicht abschließend regelt. Der Beamte ist — ebenso wie der Minister — an das (verfassungsmäßige) Gesetz gebunden; deshalb darf der Beamte „nur diejenigen politischen Ziele des Gesetzes" verfolgen, die im Gesetz Ausdruck gefunden haben, er darf nicht seinerseits weitere politische Ziele hinzufügen und muß auch die politischen Gedanken des Gesetzes zu Ende denken 202 . Nur in dieser strengen Bindung an das verfassungsgemäße Gesetz kann das Berufsbeamtentum die ihm obliegende Funktion erfüllen, „eine stabile Verwaltung zu sichern und damit einen ausgleichenden Faktor gegenüber den das Staatsleben gestaltenden politischen Kräften zu bilden 203 . Von Amtshandlungen, die dem Beamten selbst oder seinen Angehörigen Nachteile oder Vorteile bringen würden, ist der Beamte zu befreien 204 . Belohnungen oder unübliche Geschenke, die dem Beamten in bezug auf sein Amt gegeben werden, darf er nur mit Zustimmung der zuständigen Behörde annehmen 205 . cc) Beratungs-, Unterstützungs-, Gehorsamspflicht: Der Beamte ist verpflichtet, seine Vorgesetzten zu beraten, zu unterstützen und deren verbindliche dienstliche Anordnungen und allgemeine Richtlinien zu befolgen 206 . Da der Beamte einerseits zur Befolgung der Weisungen seiner Vorgesetzten verpflichtet ist, andererseits er selber für die Rechtmäßigkeit seiner dienstlichen Handlungen die volle persönliche Verantwortung trägt, kann das dienstliche Weisungsrecht zu Konflikten führen. Hat der Beamte Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit einer dienstlichen Anordnung, so muß er diese Bedenken unverzüglich bei seinem Vorgesetzten und — wenn dieser dennoch die Anordnung aufrechterhält — bei seinem

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Zum Problem allgemein vgl. Bültes, Die Neutralität des Berufsbeamten, 1973. Frowein, a. a. O., S. 15 ff. Scheuner, Die politischen Pflichten und Rechte des deutschen Beamten, in: Dt. Berufsbeamtentum (hrsg. von F. Gärtner) H. 4 (1962), S. 19ff. (26). BVerfG E 8, 16. - Kritisch dazu F. Schäfer, 48. DJT, II O 18. Vgl. § 59, 54 I S. 2 BBG; BDH E 4, 59ff.; LVG Hannover DVB1. 1953, 409f.; Wenzel, DÖV 1976, 411 ff. Vgl. § 70 BBG, § 43 BRRG; BDH E 7, 67ff.; Thiele, ZBR 1958, 33ff. Vgl. § 55 BBG, § 37 BRRG. - Zum Problemkreis allgemein vgl. E. Stein, Die Grenzen des dienstlichen Weisungsrechts, 1965; A. Risken, Grenzen amtlicher und dienstlicher Weisungen, 1969; Rittstieg, ZBR 1970, 72ff.

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nächsthöheren Vorgesetzten geltend machen (Remonstrationspflicht)201. Die Remonstrationspflicht, die zugleich ein Remonstrationsrecht ist207a, hat den Sinn, den Beamten in diesen Fällen von seiner persönlichen (disziplinarrechtlichen und haftungsrechtlichen) Verantwortung freizustellen. Wird trotz der Remonstration die Anordnung vom nächsthöheren Vorgesetzten aufrechterhalten, so muß der Beamte (wiederum ohne disziplinarrechtlich und haftungsrechtlich verantwortlich zu sein) die Anordnung ausführen, es sei denn, daß die Anordnung bei zumutbarer Sorgfalt erkennbar gegen Strafgesetze verstößt oder die Würde des Menschen verletzt. Hier entfällt also die Gehorsamspflicht. Unabhängig davon ist das Widerstandsrecht gemäß Art. 20 IV GG, das sich aufgrund der Treuepflicht für Beamte zu einer Widerstandspflicht verdichten kann, wenn dies zur Erhaltung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung erforderlich ist208. dd) Amtsverschwiegenheit: Der Beamte hat, auch nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, über die ihm bei seiner amtlichen Tätigkeit (d. h. amtskausal) bekannt gewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu wahren209. Hierunter fallen auch solche Angelegenheiten, mit denen der Beamte zwar nicht selbst dienstlich befaßt ist, die ihm aber bei Gelegenheit seiner amtlichen Tätigkeit bekannt geworden sind210. Dagegen besteht keine Amtsverschwiegenheit für Mitteilungen im dienstlichen Verkehr (d. h. für Mitteilungen, die in Erfüllung eines dienstlichen Auftrages oder zu dienstlichen Zwecken erfolgen) sowie über Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen 211 . Die Amtsverschwiegenheit besteht auch gegenüber anderen Behörden und Gerichten. Der Beamte darf deshalb über Angelegenheiten, die der Amtsverschwiegenheit unterliegen, ohne Genehmigung seines Dienstvorgesetzten weder gerichtlich noch außergerichtlich aussagen oder Erklärungen abgeben212, gleichgültig, ob der Beamte als Beschuldigter, Partei oder Zeuge beteiligt ist. Versagt der Dienstvorgesetzte die Genehmigung, so erschwert dies die Wahrheitsfindung in dem betreffenden Verfahren bzw. die Verfahrenssituation des betreffenden Beamten. Deshalb darf die Genehmigung zur Zeugen207

Vgl. § 56 II, III BBG, § 38 II, III BRRG. - Zu den Besonderheiten des Remonstrationsverfahrens in bezug auf Vollzugsbeamte des Bundes und der Länder vgl. § 7 IV UZwG des Bundes und die entspr. landesrechtl. Bestimmungen; dazu Leinius, ZBR 1974, 182f. 207a A. A.: Wiese, DVB1. 1981, 273 (nur Remonstrationspflicht). 208 Dazu von Münch, Rechtsgutachten zur Frage eines Streikrechts der Beamten, 1970, S. 22 ff. Zu den Voraussetzungen des Widerstandsrechtes allg. vgl. BVerfGE 5, 85 ff. (377). 209 Vgl. § 61 I S. 1 BBG, § 39 I S. 1 BRRG. - Düwel, Das Amtsgeheimnis, 1965. 210 E. Plog/A. Wiedow / G. Beck, BBG, Rdnr. 2 zu § 61; GKÖD I Rz. 4 zu 61 BBG. 211 Vgl. § 61 I S. 2 BBG; § 39 I S. 2 BRRG. 212 Vgl. § 61 II BBG; § 39 II BRRG.

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aussage in einem Gerichtsverfahren oder im Verfahren vor einer Stelle die — wie z. B. ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß - berechtigt ist, ein förmliches Beweisverfahren durchzuführen 213 , nur versagt werden, wenn die Aussage dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten oder die Erfüllung öffentlicher Aufgaben ernstlich gefährden oder erheblich erschweren würde 214 . Ist der Beamte Partei oder Beschuldigter in einem gerichtlichen Verfahren oder soll sein Vorbringen der Wahrnehmung seiner berechtigten Interessen dienen, so sind die Voraussetzungen noch strenger, unter denen die Genehmigung verweigert werden darf 2 1 5 : nämlich zusätzlich zu den genannten Voraussetzungen nur dann, wenn die dienstlichen Rücksichten dies unabweisbar erfordern. Umstritten ist, ob die Aussagegenehmigung verweigert werden darf, wenn der Beamte als Zeuge den Namen eines sog. Gewährsmannes (Behörden-Informant; V-Mann) nennen soll 216 . Jedenfalls ist die Aussagegenehmigung selbst ein Verwaltungsakt; im Fall der Verweigerung ist daher zulässiges Rechtsmittel die auf Erteilung der Aussagegenehmigung gerichtete Verpflichtungsklage. ee) Treuepflicht: Die Treuepflicht des Beamten durchzieht das ganze Beamtenverhältnis 217 . Praktische Bedeutung gewinnt sie vor allem im Zusammenhang mit den außerdienstlichen Pflichten des Beamten; da die außerdienstlichen Pflichten die Grundrechtssphäre des Beamten berühren, werden Treuepflicht und außerdienstliche Pflichten im Abschnitt „Grundrechte im Beamtenverhältnis" (unten d) behandelt. f f ) Ahndung von Pflichtverletzungen (Disziplinarrecht): Verletzt ein Beamter schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten, so begeht er ein Dienstvergehen, das disziplinarrechtlich geahndet werden kann 218 . 213

214 215 2,6

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Str. ist die Frage, ob auch die Aussage im förmlichen Disziplinarverfahren einer Genehmigung bedarf; bejahend Düwel, a . a . O . , S. 86 ff.; verneinend B D H NJW 1962, 1884 (Fall des Geschwaderkommodore Barth). Vgl. § 62 I BBG, § 39 III BRRG. Vgl. § 62 III BBG; § 39 IV BRRG. Dazu BVerwG DÖV 1965, 488ff.; OVG Münster ZBR 1963, 122ff.; Perschel, JuS 1966, 231 ff. Zur histor. Entwicklung: Laubinger, in: Fs. f. Ule, 1977, S. 89ff. Vgl. § 77 I BBG, § 45 I BRRG, und die Disziplinargesetze der Länder, z. B. Bayer. Disziplinarordnung in Neufassung vom 17. November 1978 (GVB1. S. 831), dazu M. Stegmüller / P. Hartmann, BayVBl. 1979, 737ff. - Zum Disziplinarrecht allg. vgl. R. Auerbach, Das Bundesdisziplinarrecht, 1969; K. Behnke, Bundesdisziplinarordnung, 2. Aufl. 1969; fV. Breithaupt / W. Hodler, Niedersächsisches Disziplinarrecht, 1972; H. R. Claussen / W. Janzen, Bundesdisziplinarordnung, 3. Aufl. 1976; H. Hävers/ G. Schnupp, Beamtenrecht und Disziplinarrecht, 3. Aufl. 1976; J. Jülicher, Das Disziplinarrecht des Landes Nordrhein-Westfalen, 4. Aufl. 1978; Fr. X. Lochbrunner, Bundesdisziplinarrecht, 1968; E. Lindgen, Handbuch des Disziplinarrechts, Band I und II, 1966ff.; C. Römer, Bundesdisziplinarordnung, 1954; E. Schütz, Disziplinarrecht des Bundes und der Länder, 3. Aufl. 1971; H. R. Claussen, Handbuch für Untersuchungsführer im Disziplinarverfahren, 2. Aufl., 1978.

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Das materielle Disziplinarrecht regelt die Frage, welches Tun oder Unterlassen eines Beamten als ein Dienstvergehen anzusehen ist und welche Disziplinarmaßnahmen in Betracht kommen. Ob ein Dienstvergehen vorliegt, läßt sich verhältnismäßig leicht feststellen, wenn es sich um die Verletzung einer konkret umschriebenen Beamtenpflicht, z. B. der Pflicht zur Amtsverschwiegenheit oder der Pflicht zur Dienstleistung 219 , handelt; schwieriger ist dies jedoch, wenn es um die beamtenrechtlichen Generalklauseln geht, z. B. um die Pflicht des Beamten, der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordern. Neben eindeutigen Fällen, wie Unzucht eines Lehrers mit einer minderjährigen Schülerin 220 , Diebstähle eines Polizeibeamten 22 ', Beschimpfen der Bundesflagge mit den Worten „Schwarz-Rot-Scheiße" 222 , Beleidigung von Untergebenen mit dem Ausdruck „Ich trete Euch in den Arsch" 223 , gibt es Fälle, die problematisch sind. Dies gilt vor allem für Verkehrsdelikte; Ordnungswidrigkeiten und Vergehen sind disziplinarrechtlich in der Regel nicht zu ahnden, wohl aber Verkehrsunfallflucht und Alkohol am Steuer 224 . Ehebruch ist von der Rechtsprechung früher stets als Dienstvergehen behandelt worden 225 ; die neuere Rechtsprechung nimmt dies zutreffend nur dann an, wenn er den dienstlichen Bereich berührt oder besonders verwerflich ist 226 ; gerade in dieser Frage sollte das Disziplinarrecht sich vor ethischem Rigorismus hüten. Exhibitionismus 2263 , Warenhausdiebstahl 226b , „Unehrenhaftes Schuldenmachen" 227 und „verschuldete Trunksucht" 228 (zwei Drittel aller Disziplinarfälle sind Alkoholverfehlungen) 228 " werden ebenfalls als Dienstvergehen betrachtet. Außerdienstliches, nichtkriminelles Verhalten eines Beamten kann grundsätzlich nur dann disziplinarisch verfolgt werden, wenn es dienstliche Belange berührt™-™*.

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Unterstützung von Bummelstreiks (sog. „Dienst nach Vorschrift") durch Beamte ist deshalb ein Dienstvergehen (BVerwG DÖV 1977, 896ff. = NJW 1978, 178ff.). 220 BayDStrH ZBR 1963, 322; vgl. auch BVerG DÖD 1978, 73f. 221 DiszSenat OVG Münster ZBR 1963, 320. 222 HessDStrH, in: B D H E 1, 2 1 3 . 223 BVerwG ZBR 1975, 66. 224 BDH E 7, 95f.; BVerwG NJW 1968, 858; Lindgen, DÖD 1978, 41 ff. 225 OVG Münster ZBR 1965, 210. 226 BVerwG E 43, 293ff.; 46, 146ff.; ZBR 1976, 61 f.; Disz.Hof Rheinl.-Pfalz ZBR 1972, 352ff.; OVG Rheinl.-Pfalz ZBR 1975, 358ff. 226a BVerwG ZBR 1979, 148. 226b Vgl. dazu P. Czapski, ZBR 1981, 186 ff. 227 BDH E 5, 61; Claussen, ZBR 1964, 304ff. 228 OVG Saarland ZBR 1975, 159f. 228a Vgl. dazu BVerwG DVB1. 1980, 456 und - wie überhaupt zur Handhabung der Disziplinargewalt — den Bericht des Bundesdisziplinaranwaltes f. die Jahre 1979/80 in ZBR 1981, 177ff. 229 Konow, ZBR 1976, 47ff.; Fliedner, DÖV 1973, 6 6 4 f f , ¿68. 229a Vgl. dazu Hellfritzsch, Das außerdienstliche Fehlverhalten der Beamten, 1980.

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Zulässige Disziplinarmaßnahmen230 sind der Verweis (d. h. ein förmlicher, über eine bloße Mißbilligung hinausgehender Tadel eines bestimmten Verhaltens), die Geldbuße, die Gehaltskürzung231 die Versetzung in ein Amt mit niedrigerem Endgrundgehalt, die Entfernung aus dem Dienst sowie bei Ruhestandsbeamten die Kürzung des Ruhegehaltes und die Aberkennung des Ruhegehaltes. Sonderregeln gelten für Beamte auf Probe und auf Widerruf 2 3 2 . Das formelle Disziplinarrecht betrifft das ebenfalls in den Disziplinarordnungen geregelte Disziplinarverfahrensrecht. Werden Tatsachen bekannt, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, so muß der Dienstvorgesetzte die zur Aufklärung des Sachverhalts erforderlichen Ermittlungen veranlassen (sog. Vorermittlungen)133. Diese Vorermittlungsverfahren müssen ohne unangemessene Verzögerungen geführt werden 234 wie überhaupt im Disziplinarverfahren das Beschleunigungsgebot gilt2343. Verweis und Geldbuße werden durch Disziplinarverfügung des Dienstvorgesetzten bzw. der obersten Dienstbehörde verhängt 235 ; den Disziplinargerichten vorbehaltene Maßnahmen können nur im förmlichen Disziplinarverfahren verhängt werden 236 , wobei das förmliche Dienstverfahren nur dann rechtswirksam eingeleitet ist, wenn die Einleitungsbehörde in der Einleitungsverfügung den Sachverhalt bezeichnet, der den Verdacht eines Dienstvergehens des Beamten rechtfertigt 237 . In beiden Verfahrensarten entscheidet letztlich (bei Bundesbeamten) das Bundesdisziplinargericht, gegen dessen Entscheidungen im förmlichen Disziplinarverfahren jedoch noch das BVerwG angerufen werden kann 238 . Stets gilt der Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens, der gebietet, daß der Dienstvorgesetzte oder die Einleitungsbehörde über alle bekannten Verfehlungen des betr. Beamten gleichzeitig entscheid e t 238a

Problematisch ist das Verhältnis des Disziplinarrechts zum Strafrecht. Trotz gewisser Parallelen zum Strafrecht wird das Disziplinarrecht als Teil des Verwaltungsrechts (Beamtenrechts) angesehen. Demgemäß gilt für das Verhält230

Vgl. § 5 ff. Bundesdisziplinarordnung (BDO) i. d. F. der Bekanntm. vom 20. Juli 1967 (BGBl. I, S. 751). — Zur Frage, welche Disziplinarmaßnahme als Sanktion für die Verletzung bestimmter Beamtenpflichten angebracht ist, vgl. Fliedner, Die Zumessung der Disziplinarmaßnahmen, 1972. Vgl. auch BVerwG ZBR 1979, 148: hohe dienstl. Stellung und Vorgesetzteneigenschaft sind bedeutsame Disziplinarmaßfaktoren. 231 Dazu Finger, ZBR 1973, 144ff.; Zur Kritik: G K Ö D II, Rz. 8 zu § 9 BDO. 232 Vgl. §§ 5 III, 126 BDO. 233 Vgl. § 26 BDO. 234 VG Berlin DVB1. 1977, 739f. m. Anm. Kloepfer, S. 740ff. 234a Vgl. § 66 BDO; Kodal, ZBR 1981, 89ff.; Schulz-Koffka, ZBR 1981, 167ff. 235 Vgl. § 29 BDO. 2 3 6 Vgl. §§ 33 ff. BDO. 237 Bayer. VGH ZBR 1976, 94ff. 2 3 8 Vgl. §§ 41 ff., 79 BDO. 238 "BVerwG ZBR 1979, 24; Battis, BBG, Erl. 2 zu § 77; Buschmann, RiA 1980, 205ff.

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nis zwischen Kriminalstrafe und Disziplinarstrafe nicht das Verbot der Doppelbestrafung (Art. 103 III GG — ne bis in idem); jedoch ist aus rechtsstaatlichen Gründen eine bereits verhängte Disziplinarmaßnahme bei der Strafzumessung im Strafverfahren zu berücksichtigen239. Gemäß § 14 BDO dürfen nach erfolgter strafgerichtlicher Verurteilung Geldbuße, Gehaltskürzung und Kürzung des Ruhegehalts nur verhängt werden, „wenn dies zusätzlich erforderlich ist, um den Beamten oder Ruhestandsbeamten zur Erfüllung seiner Pflichten anzuhalten und das Ansehen des Beamtentums zu wahren." Ob eine zusätzliche Disziplinarmaßnahme neben der erfolgten strafgerichtlichen Verurteilung erforderlich ist, wird von der Rechtsprechung 240 danach entschieden, ob das pflichtwidrige Verhalten eine besondere Dienstbezogenheit aufweist, die der Strafrichter bei der Zuweisung der Kriminalstrafe nicht berücksichtigt (objektives Kriterium der Dienstbezogenheit; Bsp.: Überfahren eines Haltesignals durch Lokführer), und ob nach der Persönlichkeit des Beamten (subjektives Kriterium; Bsp.: besonders labiler Beamter) neben der Kriminalstrafe eine zusätzliche Disziplinarmaßnahme notwendig erscheint. Die Zukunft wird zeigen, inwieweit die Institution des Disziplinarverfahrens neben dem Strafverfahren noch Raum hat241. Sinnvoller als der bisherige Zustand (allerdings auch nicht ganz unbedenklich) erscheint die Abschaffung von zusätzlich zum Strafverfahren eingeleiteten förmlichen Disziplinarverfahren, wobei die Beamteneigenschaft u. U. auch bei den Nicht-Beamtendelikten im Strafurteil berücksichtigt werden könnte; dagegen sollte das nichtförmliche Disziplinarverfahren für die Fälle nichtkriminellen Verhaltens aufrechterhalten werden. c) Beamtenrechte: Innerhalb der Rechte des Beamten sind die spezifischen Beamtenrechte von den Grundrechten des Beamten zu unterscheiden. Von den spezifischen Beamtenrechten seien hier als wichtigste genannt: aa) Recht auf Fürsorge und Schutz: „Zu den hergebrachten und nicht nur zu berücksichtigenden, sondern zu beachtenden Grundsätzen des Beamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) gehört der Grundsatz der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber dem Beamten . . . Der genannte Grundsatz ist das Korrelat zum hergebrachten Grundsatz der Treuepflicht des Beamten"242. Auf Grund der Fürsorgepflicht (ein besserer Ausdruck wäre: Sorgepflicht) des 239

240 241

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BVerfG E 21, 378ff.; OLG Hamm NJW 1978, 1063f. Zum umgekehrten Fall der Berücksichtigung einer einschlägigen strafgerichtlichen Vorstrafe bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme vgl. § 14 B D O ; BVerwG E 33, 268ff.; 46, 335f. Überblick bei Fliedner, ZBR 1973, 230ff. Zur Diskussion hierüber vgl. Claussen, ZBR 1976, 331 ff.; Thieme, Der öffentliche Dienst in der Verfassungsordnung des G G , S. 80; Wiese, VerwArch 56 (1965), S. 203 ff. — Zur Kriminalität mit ihren beamtenrechtlichen Folgen allg. vgl. Feindt, VerwArch 64 (1973), S. 136ff. BVerfG E 43, 154ff. (165) = DÖV 1977, 558ff. (559) m. Anm. Bender, S. 565ff.

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Dienstherrn243 hat der Beamte ein Recht darauf, daß sein Dienstherr für sein und seiner Familie Wohl sorgt und ihn bei seiner amtlichen Tätigkeit und in seiner Stellung als Beamter schützt. Der Dienstherr muß also Handlungen unterlassen, die den Beamten schädigen, und muß ihn vor Nachteilen bewahren und zu seinem Vorteil dienende Maßnahmen vornehmen 244 . Sofern der Umfang der Fürsorgepflicht nicht gesetzlich festgelegt ist, muß zwischen den öffentlichen Interessen des Dienstherrn und den Interessen des einzelnen Beamten abgewogen werden 245 . Soweit Verwaltungsvorschriften (Richtlinien) bestehen — wie z. B. für Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen 246 - , kann über Art. 3 I GG eine Bindung des Ermessens des Dienstherrn eintreten (sog. Selbstbindung der Verwaltung) 247 . Besondere Regelungen bestehen für den Mutterschutz247®. Anwendungsfälle des Rechts auf Fürsorge und Schutz sind: Schutz von Leben und Gesundheit248 (berufsübliche Gefahren, z. B. für Polizei und Feuerwehrbeamte, sind durch Schutzvorschriften auf ein Mindestmaß zu beschränken); Schutz des Eigentums2*9 (z. B. durch gesicherte »Unterbringung von Kleidungsstücken oder zur Verwahrung gegebenem Geld 250 ); Recht auf Beratung und Belehrung durch den Dienstherrn251 (z. B. durch Hinweis auf Fristab243

Vgl. §79 BBG, §48 BRRG; §90 bad.-württ. LBG; Art. 86 bayer. BG; §43 berl. LBG; §78 brem. BG; § 82 hamb. BG; § 92 hess. BG; § 87 nieders. BG; § 85 nordrhein.-westf. LBG; §87 rheinl.-pfälz. LBG; §92 saarl. BG; §95 schlesw.-holst. LBG. 244 Lecheler, ZBR 1972, 129 ff. Eingrenzungen in BVerwG ZBR 1980, 379 und BVerwG ZBR 1981, 254ff. 245 Dazu BVerfG E 19, 84; BVerwG E 12, 277; OVG Lüneburg DVB1. 1951, 351 ff. mit Anm. von Reinicke, S. 352ff.; OVG Münster DVB1. 1951, 419f. 246 Zum Beihilfenrecht allg.: BVerfG ZBR 1978, 237; H. J. Becker, ZBR 1975, 233ff.; von Zezschwitz, ZBR 1978, 21 ff. Einzelfälle zum Beihilferecht: BVerwG ZBR 1977, 184, 186, 188, 189, 191, 195. Die gegenwärtige Form des Beihilfesystems gehört nicht zu den hergebrachten Grundsätzen i. S. des Art. 33 V: BVerfG DÖV 1981, 670. Beihilfen sind nach BVerwG ZBR 1980, 349ff. (351) nicht Bestandteil der beamtenrechtl. Alimentation. 247 Vgl. zu dieser Frage allgemein: BVerwG E 16, 70; 19, 48ff.; 25, 7; 27, 193ff.; BGHZ 13, 77; Pappermann, ZBR 1969, 70ff.; Pietzcker, NJW 1981, 2087ff. Zur Frage, ob der Gleichheitssatz dadurch verletzt wird, daß die Pflichtstundenzahl der Lehrer nicht in Anpassung an die Verminderung der allgemeinen Arbeitszeit im öffentlichen Dienst herabgesetzt wird, vgl. BVerwG E 38, 191 ff. 247a Vgl. 3. VO zur Änderung der VO über den Mutterschutz für Beamtinnen vom 27. Juni 1979 (BGBl. 1979 I, S. 835) mit der Möglichkeit von Mutterschaftsurlaub bis zu dem Tag, an dem das Kind 6 Monate alt wird (§ 4 a). 248 Vgl. BVerwG E 25, 141; von der Heide, ZBR 1955, 364; Minz, SKV 1967, 288; B. Wilhelm, ZBR 1966, 325. Zum Schutz des „Passivrauchers" vor dem „Aktivraucher" in Diensträumen: VG Bremen ZBR 1976, 290f.; vgl. dazu auch Wolfg. Loschelder, ZBR 1977, 337ff.; OVG Münster NJW 1981, 244. 249 Vgl. OVG Münster, ZBR 1977, 104 ff. 250 BVerwG NJW 1978, 717ff. 251 BGHZ 7, 74; 14, 122.

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lauf); Förderung entsprechend seiner Eignung und Leistung252 (z. B. auch Ermöglichung dienstlicher Fortbildung 253 ); Schutz vor mißbilligenden Äußerungen über seine Amtsführung durch Vorgesetzte gegenüber Dritten254-, Schutz gegen unberechtigte Anwürfe von außen (z. B. durch Gewährung strafrechtlichen Schutzes. — Str. ist, ob die Sorgepflicht es dem Dienstherrn verbietet, den Namen eines Beamten, der eine Dienstverletzung begangen hat, dem Geschädigten mitzuteilen 255 ); Mindeststandard an ordentlicher und fairer Gestaltung des verwaltungsmäßigen Verfahrens im Fall der Entlassung256. Was der Dienstherr aufgrund der Fürsorgepflicht dem Beamten schuldet, läßt sich im übrigen nur im Einzelfall genauer konkretisieren 257 . Da das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 I GG) im Beamtenrecht durch ins einzelne gehende Regelungen konkretisiert ist, bietet es im Beamtenrecht keine darüberhinausgehende unmittelbare Anspruchsgrundlage258. Verletzt der Dienstherr seine Sorgepflicht, so kann der dadurch geschädigte Beamte auf Erfüllung seines Rechtes auf Fürsorge und Schutz aus § 79 BBG bzw. den entsprechenden Bestimmungen in den Landesbeamtengesetzen klagen. Problematisch ist aber, ob der Beamte auch auf Schadensersatz klagen kann und ob dieser Schadensersatzanspruch gegebenenfalls neben dem Anspruch aus schuldhafter Amtspflichtverletzung gegenüber dem Beamten, dem der Dienstherr die Erfüllung der Sorgepflicht übertragen hatte, besteht. Der BGH hat früher den Schadensersatzanspruch aus Fürsorgepflichtverletzung verneint 259 ; er hat sich jedoch inzwischen der Rechtsprechung des BVerwG angeschlossen, das ihn bejaht 260 . Anspruchsgrundlage ist nach Auffassung des BVerwG nicht unmittelbar § 79 BBG (was m. E. sinnvoll wäre), sondern der Anspruch sei „unmittelbar aus dem Beamtenverhältnis", aus den „allgemeinen Rechtsgrundsätzen der §§ 276, 278, 618 III BGB" abzuleiten. Da diese Vorschriften keinen Schmerzensgeldanspruch einräumen, beschränkt das BVerwG (insofern folgerichtig) den Anspruch aus Fürsorgepflichtverletzung auf den Ersatz materiellen Schadens; einen Schmerzensgeldanspruch kann der verletzte Beamte im hoheitlichen Bereich nach bisherigem Recht aber aus Art. 34 G G i. Vb. mit §§ 839, 847 BGB für vor dem Inkrafttreten des StHG 260a entstandene Tatbestände, aus §§ 2, 7 StHG bzw. im nichthoheitlichen Bereich aus §§ 31, 89, 831, 847 BGB geltend machen. 252

BVerfG NJW 1977, 1189; vgl. auch BVerwG E 19, 54. § 4 2 III BLV; Ule, Beamtenrecht, Rdnr. 5 zu § 4 8 BRRG. Dem Ziel der Fortbildung der Beamten dient die im Jahre 1969 auf Grund des § 36 I BLV a. F. errichtete „Bundesakademie für öffentliche Verwaltung"; vgl. dazu Mattern, ZBR 1975, 97ff. 254 Hess. VGH ZBR 1974, 261 ff. 255 BVerwG E 10, 274; BVerwG JZ 1961, 701 mit Anm. Lerche. 256 BVerfG NJW 1977, 1189. 2 5 7 BVerl'G NJW 1977, 1189; BVerwGE 19, 54; BVerwG ZBR 1980, 379. 258 BVerwG E 37, 37 f. 2 5 9 BGHZ 29, 310. 260 BVerwG E 13, 17ff.; B G H Z 43, 178ff.; vgl. auch BVerwG E 28, 353ff. 260a D a z u oben III 1 b.

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Daß der Anspruch auf Ersatz materiellen Schadens aus Sorgepflichtverletzung neben dem Anspruch aus Amtspflichtverletzung gewährt wird, hat zur Folge, daß bei gleichem Sachverhalt entweder der Verwaltungsrechtsweg (Sorgepflichtverletzung) oder der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten (Amtspflichtverletzung) beschritten werden kann. Dieser Zustand ist rechtspolitisch ungut, für den verletzten Beamten allerdings vorteilhaft; der vom Amtshaftungsanspruch unabhängige Schadensersatzanspruch aus Sorgepflichtverletzung ist für ihn deshalb günstig, weil letzterer auch auf Naturalrestitution gehen kann, die Beweislast leichter ist (Beweis nur der Verletzung der Sorgepflicht und des Schadens, nicht des Verschuldens) und nicht die kurze Verjährungsfrist der §§ 839, 852 BGB gilt. Für den Anspruch aus §§ 2, 7 StHG besteht allerdings kein Verschuldenserfordernis, während das Erlöschen der Ansprüche (§ 13 StHG) wie in § 852 BGB geregelt ist. bb) Dienst- und Versorgungsbezüge: Das Recht der Dienst- und Versorgungsbezüge war jahrelang Anlaß zu Streitigkeiten zwischen Bund und Ländern. Die Streitigkeiten entstanden daraus, daß einzelne Länder mit Besoldungserhöhungen für ihre Beamten vorpreschten und damit das Besoldungsgleichgewicht durcheinanderbrachten. Auf Grund des Art. 74 a GG 261 ist das Bundesbesoldungsgesetz durch das Zweite Besoldungsvereinheitlichungsund Neuregelungsgesetz (2. BesVNG)262 und durch das sog. Besoldungsstrukturgesetz2623 neu gefaßt worden; das Gesetz hatte das Ziel, das zersplitterte Besoldungs- und Versorgungsrecht in allen Bereichen des öffentlichen Dienstes in Bund, Ländern und Gemeinden zu vereinheitlichen. Kernpunkt des Gesetzes ist der Grundsatz der funktionsgerechten Besoldung: „Die Funktionen der Beamten, Richter und Soldaten sind nach den mit ihnen verbundenen Anforderungen sachgerecht zu bewerten und Ämtern zuzuordnen" (§ 18 S. 1 BBesG). Die damit verbundene sog. Dienstpostenbewertung bereitet allerdings erhebliche Schwierigkeiten; in einigen Bereichen — z. B. Deutsche Bundespost; hamburgische Verwaltung263 — wird sie bereits seit längerem praktiziert264. 261

Dazu BVerfG E 34, 9ff. (Hessische Lehrerbesoldung); von Münch, Art. 74a, in: von Münch, GGK 3, Erl. zu Art. 74a; Schick, in: Fs. f. Maunz, 1981, S. 281 ff. 262 Vgl. H. Clemens/H. Lantermann, ZBR 1975, 161 ff.; Käppner, ZBR 1975, 171 ff.; Millack, ZBR 1975, 177ff.; Schinkel, in: GKÖD III. Das 2. BesVNG ist zuletzt geändert durch das 3. Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 10. Mai 1980 (BGBl. 1980 I, S. 561). 262a Gesetz zur Änderung besoldungsrechtlicher und versorgungsrechtlicher Vorschriften 1980 vom 20. August 1980 (BGBl. 1980 I, S. 1509); dazu Finger, Ri A 1981, 21 ff.; Jockel, ZBR 1980, 329. 263 Dazu U. Becker, DÖV 1977, 339ff.; Budelmann, ZBR 1977, 201 ff. 264 O. Seewald, Bisherige Erfahrungen mit der „Analytischen Dienstpostenbewertung" in der Bundesrepublik Deutschland, 1973; Siepmann, ZBR 1977, 362ff. (zum KGSt-Gutachten „Stellenplan - Stellenbewertung", 5. Aufl. 1970). Zur Frage der Zulässigkeit von Beamtenklagen gegen Dienstpostenbewertungen vgl. VerwRdschau 1977, 312.

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Die Dienstbezüge des Beamten 265 bestehen aus Grundgehalt, Ortszuschlag, Zulagen, Vergütungen und (bei dienstlichem Wohnsitz im Ausland) Auslandsbezügen. Die Grundgehälter sind in den Besoldungsordnungen festgelegt 266 . Die Besoldungsordnung A umfaßt die sog. aufsteigenden, d. h. nach Dienstaltersstufen alle 2 Jahre bis zum Endgrundgehalt steigenden Gehälter; sie sind in 16 Besoldungsgruppen gestaffelt (A 1—5: einfacher, A 5 — 9: mittlerer, A 9 —13: gehobener, A 13 — 16: höherer Dienst). Die Besoldungsordnung B für hohe Beamte (z. B. Ministerialdirektoren, Oberstadtdirektoren, Staatssekretäre) sieht feste Gehälter vor und ist in 11 Besoldungsgruppen eingeteilt. Besondere Besoldungsordnungen sind für Hochschullehrer (C) und Richter und Staatsanwälte (R) eingeführt worden. Der Ortszuschlag richtete sich früher nach der (höheren) Ortsklasse S und der (niedrigeren) Ortsklasse A, wobei die Einstufung des Ortes, an dem der Beamte seinen dienstlichen Wohnsitz hat, sich aus dem Ortsklassenverzeichnis ergab 267 . Neuerdings richtet sich der Ortszuschlag nur nach der Tarifklasse, der die Besoldungsgruppe des Beamten zugeteilt ist, und nach der Stufe, die den Familienverhältnissen des Beamten (ledig, verheiratet, Kinderzahl) entspricht 268 . Die Zulagen werden für herausgehobene Funktionen gewährt 269 . Unterschieden wird hierbei vor allem zwischen Amtszulagen und Stellenzulagen: Amtszulagen sind unwiderrufliche und ruhegehaltsfähige Dienstbezüge (Teil des Grundgehalts), die für Ämter vorgesehen sind, die sich von dem dazugehörigen Grundamt zwar nicht wesentlich, aber doch deutlich abheben (Bsp.: Erster Staatsanwalt). Stellenzulagen sind widerruflich und nur in gesetzlich bestimmten Fällen ruhegehaltsfähig; sie dürfen nur für die Dauer der Wahrnehmung der herausgehobenen Funktionen gewährt werden (Bsp.: Piloten von Strahlflugzeugen; Beamte, Richter und Staatsanwälte, die in ihrem Hauptamt mindestens zur Hälfte im Rahmen der Ausbildung und Fortbildung als Lehrkräfte tätig sind 2693 ). 265

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Vgl. § 1 II Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) i. d. F. der Bekanntm. vom 9. Oktober 1979 (BGBl. 1979 I, S. 1673). H. Clemens / Chr. Millack/H. Engelking / H. Lantermann / K. H. Henckel, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, 2. Aufl. 1978ff. (Loseblattwerk); B. Schwegmann / R . Summer, Bundesbesoldungsgesetz, 1975 ff. (Loseblattwerk). Historische und Zukunftsaspekte der Besoldung bei Chr. Millack / R. Summer, ZBR 1978, 138.; Wurster/ Wurster, Bundesbesoldungsrecht für Beamte, Richter und Soldaten, 3. Aufl. 1979ff. (Loseblattslg.). Zur Besoldung von Teilzeitbeamten vgl. § 6 BBesG.

Vgl. die Anlagen zum BBesG, insbes. Anlage IV. — Zur Frage eines Anspruches des Beamten auf richtige Bewertung seines Dienstpostens vgl. BVerwG DVB1. 1971, 404ff.; ZBR 1974, 14ff. 267 Vgl. Pappermann, ZBR 1969, 70ff. 268 Vgl. § 39 I BBesG. 2 6 9 Vgl. § 42 BBesG. Dazu Clemens, ZBR 1980, 269 ff. 269a Vgl. § 44 a BBesG.

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Erschwerniszulagen sind widerruflich und nicht ruhegehaltsfähig; sie werden zur Abgeltung besonderer, bei der Bewertung des Amtes oder bei der Regelung der Bezüge nicht berücksichtigter Erschwernisse gewährt270 (Bsp.: Sonntagsdienst). Vergütungen271 können für Mehrarbeit (Überstunden) festgesetzt werden, soweit die Mehrarbeit nicht durch Dienstbefreiung ausgeglichen wird, ferner für Beamte im Vollstreckungsdienst (Bsp.: Gerichtsvollzieher). Die Rechtsnatur der Dienstbezüge ist umstritten. Das BVerfG und die h. L. vertreten die Alimentationstheorie, derzufolge die Dienstbezüge nicht Entgelt für geleistete Arbeit sind (Lohnprinzip), sondern den amtsgemäßen, angemessenen Unterhalt sichern sollen272. Begründet wird die Alimentationstheorie u. a. damit, daß die Dienstbezüge der Beamten gesetzlich festgesetzt sind, bei Innehabung von zwei Ämtern nur eine Besoldung erfolgt, Überstunden des Beamten nicht gesondert vergütet werden273 und der Beamte auf die Dienstbezüge nicht verzichten kann 274 . Alle diese Folgerungen können aber auch bei Annahme eines öffentlich-rechtlichen Leistungsentgeltes gezogen werden, so daß das Alimentationsprinzip („dienen, nicht verdienen") entbehrlich ist und aufgegeben werden sollte275. Das Alimentationsprinzip könnte künftig als Besoldungsprinzip bezeichnet werden2753. Die Rechtsprechung unterscheidet neuerdings auch schon zwischen einem „Kernbereich" des Alimentationsanspruches (Besoldung) und seinen Randzonen (wie z. B. Beihilfen im Krankheitsfall, Weihnachtszuwendungen usw.)276; auch soll der Alimentationsgrundsatz nicht für Beamte im Vorbereitungsdienst gelten277.

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Vgl. § 4 7 BBesG; dazu VO über die Gewährung von Erschwerniszulagen vom 26. April 1976 (BGBl. I, S. 1101). Vgl. §§48 ff. BBesG. BVerfG E 8, 14f.; 22, 421; 39, 201; 44, 264; 53, 306; BVerwG E 38, 137; Thiele, DVB1. 1981, 253 ff. — Eingehende Darstellung des Alimentationsprinzips in Vergangenheit und Gegenwart bei Summer / Rometsch, ZBR 1981, 1 ff. Zur Problematik der Gewährung einheitlicher Festbeträge („Sockelbetrag") bei Besoldungsanpassungen vgl. D. Merten, in: Fs. f. Ule, 1977, S. 349ff. Vgl. BVerwG ZBR 1971, 88 ff. mit Anm. Wilhelm, S. 91 ff., und Wilhelm, ZBR 1969, 229 ff. Vgl. § 2 III BBesG. Kritisch dazu auch Wiese, VerwArch 57 (1966), S. 240ff.; a. A.: Thiele, DVB1. 1981, 258. — Battis, BBG, Erl. 1 zu § 83, meint, angesichts der zeitgemäßen Fortentwicklung des Alimentationsprinzips sei die Auseinandersetzung um die Berechtigung dieses Prinzips und damit um die Rechtsnatur der Dienstbezüge ein „unergiebiger Streit um Worte." Summer / Rometsch, ZBR 1981, 20. OVG Münster DVB1. 1975, 308; BVerwG D Ö D 1978, 32 ff. OVG Münster DVB1. 1975, 307. Zum (abgelehnten) Anspruch einer Beamtin auf Mutterschaftsgeld vgl. BSG, D Ö D 1978, 77 f.

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Die Pflicht, den Beamten amtsangemessen zu alimentieren, umfaßt den Beamten und seine Familie; Familie in diesem Sinne ist nicht die eheähnliche Lebensgemeinschaft 2773 . Zur Höhe der amtsangemessenen Alimentierung hat das BVerfG ausgeführt 278 : „ . . . die Dienstbezüge sowie die Alters- und Hinterbliebenenversorgung sind so zu bemessen, daß sie einer je nach Dienstrang, Bedeutung und Verantwortung des Amtes und entsprechender Entwicklung der allgemeinen Verhältnisse angemessenen Lebensunterhalt gewähren und als Voraussetzung dafür genügen, daß sich der Beamte ganz dem öffentlichen Dienst als Lebensberuf widmen und in wirtschaftlicher Unabhängigkeit zur Erfüllung der dem Berufsbeamtentum vom Grundgesetz zugewiesenen Aufgabe, im politischen Kräftespiel eine stabile, gesetzestreue Verwaltung zu sichern, beitragen kann." Im Hinblick auf den allgemeinen Lebensstandard und die allgemeinen Verbrauchs- und Lebensgewohnheiten gehöre dazu auch ein „Minimum an Lebenskomfort". „Alimentation in der Wohlstandsgesellschaft bedeutet mehr als Unterhaltsgewährung in Zeiten, die für weite Kreise der Bürgerschaft durch Entbehrung und Knappheit gekennzeichnet waren. Das Alimentationsprinzip liefert einen Maßstabsbegriff, der jeweils den Zeitverhältnissen gemäß zu konkretisieren i s t . . . " Zutreffend ist die Feststellung des BVerfG 2783 und des BVerwG 278b , daß durch den Gesetzgeber die Struktur der Besoldungsordnung, des Beamtengehalts und die Zahlungsmodalitäten innerhalb des Rahmens, den die durch Art. 33 V G G garantierte Alimentierungspflicht zieht, jederzeit für die Zukunft geändert werden kann; insbes. können Gehaltsbeträge, solange sie nicht an der unteren Grenze einer amtsangemessenen Alimentierung liegen, gekürzt werden. Die Rückforderung ohne Rechtsgrund gezahlter Bezüge ist in den Beamtengesetzen geregelt 279 . Erfolgte eine Überzahlung deshalb, weil die Besoldung durch Gesetz rückwirkend verschlechtert worden ist, so braucht der Beamte die zuviel gezahlten Beträge nicht zu erstatten. Sind dagegen Überzahlungen aus anderen Gründen erfolgt (z. B. infolge unrichtiger Anwendung des Gesetzes, unrichtiger Ermessensausübung oder infolge von Rechenfehlern), so richtet die Rückforderung sich nach den Vorschriften des BGB über die un-

277a

O V G Berlin ZBR 1981, 278; zustimmend Knüppel, ZBR 1981, 308f. NJW 1977, 1869 ff. (1870). 278a BVerfG E 44, 263; vgl. auch BVerfG E 53, 307 (Vergleich mit Art. 14 I). 278b BVerwG ZBR 1979, 270. 279 § 87 BBG; § 53 BRRG; § 12 BBesG. Vgl. im einzelnen BVerwG E 8, 261; 30, 296; 32, 228ff.; BVerwG ZBR 1961, 121; 1968, 183; 1970, 323; NJW 1962, 266; DÖV 1967, 273; Bad.-Württ. VGH D Ö D 1979, 89; DÖV 1979, 802 (zu diesen beiden Entsch.: von Mutius, VerwArch. 17 [1980], S. 413 ff.). - Zur Rückzahlung der Weihnachtsgratifikation beim Ausscheiden eines Beamten s. Henrichs, ZBR 1969, 79 ff. 278

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gerechtfertigte Bereicherung 279 ". Bei geringfügigen Überzahlungen (z. B. bis 10% des rechtmäßig zustehenden Betrages) sehen Verwaltungsanweisungen zuweilen vor, daß der Wegfall der Bereicherung als offenkundig anzusehen ist. Nach der Rechtsprechung des BVerwG sind Leistungen auf G r u n d eines wegen unzutreffender Rechtsanwendung fehlerhaften (aber nicht nichtigen) endgültigen Festsetzungsbescheides nicht ohne rechtlichen G r u n d erbracht (str.) 280 . Eine Kassenanweisung, eine Abschlagszahlung und eine Zahlung unter Vorbehalt sind keine endgültigen Bescheide 281 . Auch für das Beamtenrecht gelten die Regeln zur R ü c k n a h m e fehlerhafter Verwaltungsakte 282 . Die Rückforderung zuviel gezahlter Dienstbezüge soll nach Ansicht des BVerwG 283 durch Leistungsbescheid möglich sein. Das dürfte ebenso wie bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen des Dienstherrn 2 8 4 nicht unbedenklich sein. Von der Rückforderung zuviel gezahlter Dienstbezüge zu trennen ist die Frage nach der Rückzahlung von Ausbildungskosten nach vorzeitigem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis, wenn der Dienstherr diese Kosten getragen hat (Bsp.: Bundeswehr bildet Berufsoffizier zum Düsenjägerpiloten aus, anschließend geht der Pilot zu privater Fluggesellschaft; Bundespost bildet Fernmeldeaspiranten aus, anschließend geht dieser in die Privatwirtschaft). Verträge, die durch Finanzierung der Vorbildung den Beamtennachwuchs sichern sollen, sind öffentlich-rechtliche Verträge eigener Art mit beiderseitigen Verpflichtungen 2 8 4 3 . Sofern die Gewährung von solchen Studienförderungsmitteln mit der Auflage verbunden wird, sie bei Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis zurückzuzahlen, handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit bedingter Rückzahlungsverpflichtung 2 8 4 b . Die Rechtsprechung sieht in der RückZahlungsverpflichtung keinen Verstoß gegen Art. 3 I, 12 I und 33 V G G , sofern es sich um „Zuwendungen außerhalb einer gesetzlichen Verpflichtung unter Eingehen einer potentiellen RückZahlungsverpflichtung" handelt 2 8 5 . Diese Ansicht ist zutreffend, sofern es sich um besondere Ausbildungskosten handelt, denen keine adäquate Gegenleistung von seiten des Beamten gegenübersteht. Dagegen sind Rückzahlungsvereinbarungen unwirk-

279a

Zur Prüfungspflicht bei Überzahlungen vgl. BVerwG ZBR 1980, 189. BVerwG E 8, 264; BVerwG ZBR 1961, 122, 278; a. A.: E. Plog / A. Wiedow / G. Beck, BBG, Rdnr. 6 ff. zu § 87. 281 BVerwG ZBR 1961, 122, 278. 282 Vgl. dazu Erichsen / Martens, in: Erichsen / Martens, Allg. VwR, § 18. 283 BVerwG E 28, IfT.; 29, 3 lOff.; 37, 314ff. 284 Vgl. unten Abschn. III 5 a. 284a BVerwG ZBR 1981, 126. 284b K. Gärtner, ZBR 1981, 274 ff. 285 BVerwG E 40, 237 ff. (239); vgl. auch BVerwG E 30, 65, 77; ZBR 1973, 57 ff. Gesetzliche Regelung für Berufssoldaten: §46 IV SoldG (dazu: BVerwG ZBR 1977, 287 ff., 321 ff.). 280

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sam, in denen der Dienstherr von einem Beamten bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Dienst die während des Vorbereitungsdienstes im Beamtenverhältnis auf Widerruf entstandenen allgemeinen Ausbildungskosten zurückfordert 286 . Im Falle einer Verletzung oder Tötung eines Beamten geht ein gesetzlicher Schadensersatzanspruch des Beamten oder seiner Hinterbliebenen gegen den Schädiger (z. B. nach § 823 BGB, § 7 StVG, § 1 RHaftpflichtG, § 33 LuftVG) auf den Dienstherrn über, da dieser während der Dienstunfähigkeit des Beamten weiterhin Dienstbezüge gewährt oder zu Versorgungsleistungen verpflichtet ist. Sinn dieses im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses eintretenden Überganges gesetzlicher Schadensersatzansprüche ist es, dem Schädiger die Lasten aufzuerlegen, für die er verantwortlich ist, und von denen er nicht deshalb freikommen kann, weil der Dienstherr Dienst- und Versorgungsbezüge leisten muß 287 . Ob im Beamtenrecht ein ungeschriebener allgemeiner Rechtsgrundsatz der Vorteilsausgleichung gilt, aus dem folgt, daß für die Zeit, in der ein Beamter schuldlos keinen Dienst geleistet hat, auf die Dienstbezüge eine anderweitige erzielte Arbeitsvergütung anzurechnen ist, erscheint zweifelhaft 288 . Besondere Formen der Dienstbezüge sind Unterhaltszuschuß 289 , Aufwandsentschädigungen und die Versorgungsansprüche (insbes. Ruhegehalt, Unterhaltsbeitrag, Hinterbliebenenversorgung, Bezüge bei Verschollenheit, Unfallfürsorge, Übergangsgeld) 290 . cc) Einsicht in Personalakten, Dienstzeugnis: Der Beamte hat, auch nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, ein Recht auf Einsicht in seine vollständigen Personalakten 291 . Der Begriff der Personalakten umfaßt alle den Beamten betreffenden Vorgänge, gleichgültig, wo und wie sie aufbewahrt werden und gleichgültig, ob sie vom Dienstherrn als „Personalakten" gekennzeichnet sind (materieller

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BVerwG E 52, 183 = NJW 1978, 1393 ff., auch unter Hinw. auf § 59 V BBesG. Vgl. dazu Brodersen, JuS 1978, 1978; Krebs, VerwArch 70 (1979), S. 81 ff. Vgl. § 87a BBG; § 52 B R R G ; dazu: BGH NJW 1962, 1961; 1965, 907; OLG Düsseldorf NJW 1965, 205. Ausführlich: Riedmaier, ZBR 1976, 73ff. Speziell zu Sterbegeld und Beerdigungskosten: BVerwGE 47, 55ff.; BGH NJW 1977, 802f. BVerwG E 31, 253. Zur Kollision des Anspruchs auf Unterhaltszuschuß eines Referendars mit seinem Anspruch auf Dienstbezüge als wiss. Assistent: BVerwG ZBR 1977, 161 ff. Vgl. Gesetz über die Versorgung der Beamten und Richter in Bund und Ländern (Beamtenversorgungsgesetz — BeamtVG) vom 24. August 1976 (BGBl. 1976 I, S. 2485); W. Kümmel, Beamtenversorgungsgesetz, 1978; M. Stegmüller / R. Schmalhofer / E. Bauer. Beamtenversorgungsgesetz, 1976 (Loseblattsammlung). Vgl. § 90 BBG, § 56 BRRG. Allgemein vgl. R. Düx, Einsichts- und Korrekturrechte des Beamten in bezug auf seine Personalakten, Diss. Mainz 1976; Wiese, ZBR 1981, 55ff.

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Personalaktenbegriff, nicht formeller Personalaktenbegriff) 292 . Maßgebend ist also der Inhalt des Vorgangs, nicht die Art seiner Registrierung und Aufbewahrung 2923 . Allerdings „betreffen" nur solche Vorgänge den Beamten, die in einem inneren dienstlichen Zusammenhang mit dem Beamtenverhältnis stehen (z. B. dienstliche Beurteilung293, Schlußbericht des Untersuchungsführers im Disziplinarverfahren 294 ). Hinsichtlich der Aufnahme von Vorgängen in die Personalakten wird im übrigen unterschieden zwischen Vorgängen, die in die Personalakte aufgenommen werden müssen, und Vorgängen, die in die Personalakte aufgenommen werden können. Zur ersteren Gruppe gehören Vorgänge, die ihrem Inhalt nach den Beamten „in seinem Dienstverhältnis betreffen"; zur letzteren Gruppe gehören Vorgänge, die zwar den Beamten nicht in seinem Dienstverhältnis betreffen, die aber den Beamten persönlich betreffen und bei seiner Dienstbehörde entstanden oder ihr zugegangen sind295. Ob Prüfungsakten zu den Personalakten gehören, ist strittig296. Zur Einsicht in die Personalakten bedarf es keiner Genehmigung des Dienstvorgesetzten, ja nicht einmal des Nachweises eines schutzwürdigen Interesses297; geregelt werden darf lediglich die Art und Weise der Einsicht, d. h. Ort, Zeit und die Anwesenheit eines bestimmten Beamten298. Das Recht auf Einsicht ist ein höchstpersönliches Recht; wenn keine dienstlichen Belange entgegenstehen oder im Falle eines Rechtsstreites zwischen dem Beamten und seinem Dienstherrn kann es aber auch durch einen Bevollmächtigten ausgeübt werden299. Das Recht auf Einsicht besteht nur in bezug auf die eigenen Personalakten. Problematisch ist der Fall, in dem die Einsicht in die eigenen Personalakten zugleich Aufschluß über einen Teil der Personalakten (im materiellen Sinn) anderer Beamter, vor allem also von Mitbewerbern300, enthält; denn für Personalakten gilt der Grundsatz der Geheimhaltung. Jedoch hat das BVerwG entschieden, „aus dem grundsätzlichen Gebot, Personalakten geheimzuhalten, folgt aber nicht zwangsläufig, daß Personalakten stets und bezüglich je292

BVerwG E 6, 305; 12, 299; 35, 227; 36, 138; JZ 1975, 731; DÖV 1971, 60; B. Wilhelm, ZBR 1967, 97; Lazik, DÖV 1970, 702. 292a BVerwG DVB1. 1980, 457. 293 BVerwG DÖV 1977, 132ff. (133). 2 9 4 BVerwG E 38, 94ff. 295 BVerwG DVB1. 1980, 457; kritisch dazu Wiese, ZBR 1981, 59. Zur Beurteilung allg. vgl. Pickuth, ZBR 1978, 48ff. Zur Anhörungspflicht bei dienstl. Beurteilungen: VG Koblenz ZBR 1977, 77 f. 296 Verneinend. BVerwG E 7, 153ff.; 14, 33; 36, 138; bejahend Friebe, NJW 1959, 904; Schütz, ZBR 1958, 241 (mit der Einschränkung, die Prüfung müsse beim Dienstherrn abgelegt sein); vermittelnd Fischbach, BBG I, S. 837. Landesgesetzlich ist die Frage z. T. ausdrücklich geregelt: z. B. § 102 I nordrh.-westf. LBG. 297 BVerwG E 38, 98; 49, 94. 298 OVG Münster DVB1. 1963, 30. 299 OVG Münster DVB1. 1951, 116; Gerhard Dürig, ZBR 1956, 405; kritisch E. Plog / A. Wiedow / G. Beck, BBG, Rdnr. 12 zu § 90. 300 So der Fall in BVerwG E 49, 89.

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des Teiles ihres Inhalts geheimgehalten werden müßten"; Ausnahmen erkennt das BVerwG vielmehr u. a. dann an, wenn der betroffene Beamte zustimmt oder die Erteilung einer Auskunft daraus in seinem wohlverstandenen Interesse liegt, schließlich dann, wenn „nach den Umständen des Einzelfalles dem schutzwürdigen Interesse des Beamten an der Geheimhaltung ein überwiegendes schutzwürdiges Interesse der Allgemeinheit oder auch eines Dritten an der Auskunftserteilung gegenübersteht"301. Vor Aufnahme von Beschwerden und nachteiligen Tatsachenbehauptungen in die Personalakten muß der Beamte gehört werden302. Diese gesetzliche Anhörungspflicht gilt nicht für dienstliche Beurteilungen, Befähigungsberichte und sonstige Werturteile ohne Tatsachenbehauptungen; jedoch gebietet es die Fürsorgepflicht, den Beamten vor einer ungünstigen Beurteilung zu hören303. Befinden sich in den Personalakten unrichtige Angaben, so hat der Beamte einen Anspruch auf Berichtigung oder, wenn der Dienstherr die Berichtigung nur unzulänglich vornimmt oder sie ablehnt, auf Vernichtung304. Befinden sich in den Personalakten Vorgänge, die zwar nicht unrichtig sind, die aber zu Unrecht in die Personalakten aufgenommen wurden, so ist zu unterscheiden: Handelt es sich um Vorgänge, die der Sache nach in die Personalakten hineingehörten, aber unter Verletzung des dem Beamten zustehenden vorherigen Anhörungsrechtes in die Personalakten gelangt waren, so hat der betroffene Beamte wegen des Prinzips der Vollständigkeit der Personalakten nur einen Berichtigungsanspruch305; handelt es sich dagegen um Vorgänge, die schon der Sache nach nicht in die Personalakten gehören und die geeignet sind, dem Beamten Nachteile zuzufügen, so hat der Beamte einen Entfernungsanspruch306. Voraussetzung der Zulässigkeit einer entspr. Klage i. S. des § 126 BRRG ist allerdings, daß das Vorhandensein der Vorgänge in den Personalakten geeignet ist, den Beamten oder früheren Beamten in seinen Rechten zu berühren 307 . Strittig ist, ob Strafvermerke und Strafregisterauszüge aus den Personalakten entfernt werden müssen, wenn die Strafe im Strafregister getilgt ist308. Nach Beendigung des Beamtenverhältnisses hat der Beamte ein Recht auf 301 303 304

305 306

307 308

BVerwG E 35, 227f. 3 0 2 Vgl. § 90 S. 2 BBG; § 56 S. 2 BRRG. BGH NJW 1957, 298; Bank, RiA 1962, 19; B. Wilhelm, ZBR 1967, 106. Vgl. § 101 IV nieders. BG; BGH ZBR 1961, 317; OVG Lüneburg NJW 1964, 1588. — Zum Anspruch auf Aufnahme einer Gegendarstellung in die Personalakte und zur gerichtlichen Durchsetzung vgl. W. K. Geck / C. Böhmer, JuS 1973, 101 ff. BVerwG DÖV 1977, 132ff. (133). BVerwG DVB1. 1980, 458. Zum Verhältnis dieses Anspruchs zum Gebot der Amtshilfe vgl. BVerwG E 50, 310. BVerwG DÖV 1977, 132 ff. (134). Vgl. dazu BVerwG E 56, 102; Wiese, ZBR 1981, 63ff. - Der Entwurf des sog. BereinigungsG (BT-Drucks. 9 / 3 3 6 ) sieht vor, daß Eintragungen über strafgerichtl. Verurteilungen u. ä. mit Zustimmung des Beamten nach 3 Jahren zu tilgen sind, wenn diese Eintragungen keinen Anlaß zu disziplinarrechtlichen Ermittlungen gegeben haben.

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Erteilung eines Dienstzeugnisses309. Im Streit über die Richtigkeit des Zeugnisses kann das Verwaltungsgericht Angaben über Art und Dauer der Tätigkeit des Beamten voll nachprüfen, Wertungen über Befähigung und Leistungen des Beamten dagegen nur nach den Grundsätzen über die Nachprüfung von Prüfungsentscheidungen 310 . d) Grundrechte im Beamtenverhältnis: Von den speziellen Beamtenrechten ist die Frage zu trennen, inwieweit der Beamte sich auf die allen Bürgern zustehenden Grundrechte berufen kann 310 ". aa) Geltung der Grundrechte: Die Grundrechte gelten auch im Beamtenverhältnis, jedoch kann ihre Ausübung eingeschränkt werden. Rechtsgrund dieser Einschränkung war nach einer früher vertretenen Ansicht ein in der Freiwilligkeit des Eintritts in das Beamtenverhältnis gesehener Verzicht, nach neuerer Auffassung die Institutionalisierung des Beamtentums im G G (Art. 33 IV, V)311. Das BVerfG hat nunmehr (für den Strafvollzug) entschieden, daß Grundrechte nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden können 312 . Da das Beamtenrecht wie kaum ein anderes Rechtsgebiet durch Gesetze und Verordnungen durchkodifiziert ist, liegt eine rechtliche Grundlage für die Einschränkung von Grundrechten der Beamten meist vor. Jedoch kann sich die Frage stellen, ob die betreffende Rechtsnorm das Ausmaß der Einschränkung deckt. Das Ausmaß dieser Einschränkung ist für die einzelnen Grundrechte verschieden. Jedenfalls aber darf die Einschränkung nicht weiter gehen, als Sinn und Zweck des Beamtenverhältnisses dies unabweislich fordern. Das wiederum bedeutet, daß das Maß der Einschränkung unterschiedlich sein kann je nachdem, um was für eine Art von Beamtenverhältnis es sich handelt (z. B. Lehrer 313 , Polizeibeamter, Steuerbeamter), und je nachdem, welchen Dienstrang der betreffende Beamte in diesem Beamtenverhältnis bekleidet. Im übrigen ist eine Berufung auf Grundrechte innerhalb des Dienstes zwar nicht ausgeschlossen (z. B. bei Weisungen, die gegen die Menschenwürde verstoßen), wird aber selten praktisch 314 . Die Berufung auf Grundrechte hat vielmehr ih309 310 310a 311

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Vgl. § 92 BBG. Dazu BVerwG E 12, 34; 21, 130. D a z u ausführlich G K Ö D I, Rz. 5ff. der Vorb. zu §§ 55ff. BBG. Dazu und zum folgenden: Ule, GRe IV/2, S. 615ff.; Schick, ZBR 1963, 67ff.; Wolff/Bachof, VwR II, § 107 III c. BVerfG E 33, lff. Vgl. auch von Münch, in: Erichsen / Martens, Allg. VwR, § 3 II 2; Schnapp. ZBR 1977, 208ff.; Erichsen, VerwArch 71(1980), S. 437. Vgl. Hemmrich, Die Einschränkung der Grundrechte bei Lehrern, Diss. Bochum 1970; Hantke, Meinungsfreiheit des Lehrers, 1973. VG Bremen NJW 1978, 66 f. m. krit. Anmerkung von Münch (S. 67 f.) und zust. Anmerkung Meyn (S. 657 f.) nimmt unzutreffend eine Verletzung des Fernmeldegeheimnisses (Art. 10 I GG) an, wenn dienstliche Ferngespräche nach Tel.-Nr., Datum, Uhrzeit und Gebührenhöhe registriert werden; zutreffend OVG Bremen NJW 1980, 606; dazu Erichsen, VerwArch 71(1980), S. 429 ff. (436).

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ren Hauptanwendungsbereich dort, wo es um das Verhalten des Beamten außerhalb des Dienstes geht. Die frühere Auffassung, der Beamte sei immer im Dienst315, ist aufgegeben; der zeitgemäßen Auffassung entspricht es, „daß die Eingriffe in die Privatsphäre auf ein unerläßliches Mindestmaß beschränkt bleiben sollen"316. bb) Einzelne Grundrechte: Das Grundrecht der Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit und der ungestörten Religionsausübung (Art. 4 I, II GG) wird durch das Beamtenverhältnis nicht gesondert eingeschränkt 317 ; so ist z.B. die Werbung für die Zeugen Jehovas durch Hausbesuche eines Polizeimeisters außerhalb der Dienstzeit und nicht in Uniform zulässig318, unzulässig dagegen eine Werbung für einen bestimmten Glauben (religiöse Propaganda) oder eine Abwerbung (antireligiöse Propaganda) durch einen Lehrer im Schulunterricht3183. Kein Verstoß gegen Art. 4 I liegt in der Pflicht des Beamten zur Verfassungstreue 3,8b Das Recht der freien Meinungsäußerung (Art. 5 I, S. 1 GG) wird durch die „allgemeinen Gesetze" beschränkt (Art. 5 II GG). „Allgemeine Gesetze" sind auch die Beamtengesetze, z. B. die Bestimmungen über die Amtsverschwiegenheit und die Bestimmungen über die Mäßigung und Zurückhaltung bei politischer Betätigung319. Bei der politischen Betätigung320 ist im übrigen zu unterscheiden: Politische Meinungsäußerungen innerhalb des Dienstes sind nur als privates, die Arbeitsleistung und das Betriebsklima nicht beeinträchtigendes Gespräch unter Kollegen zulässig, nicht dagegen als planmäßige Agitation und nicht gegenüber Dritten. Rechtlich zulässig ist daher z. B. das an Lehrer gerichtete Verbot, im Unterricht Plaketten mit politischen Slogans zu tragen3203. Politische Meinungsäußerungen außerhalb des Dienstes sind 315

PrOVG JW 1927, 2867; BDH E 1, 25. 316 BDH E 7, 94. Ule, GRe IV/2, S. 630. Vgl. auch Podlech, Das Grundrecht der Gewissensfreiheit und die besonderen Gewaltverhältnisse, 1969; ders., JuS 1968, 120 ff. Zu Gewissensfreiheit und Ausrüstung (weiblicher) Kriminalbeamter mit Dienstwaffen vgl. BVerwG ZBR 1979, 202. 318 BVerwG E 30, 29 ff. 318a Hemmrich, in: v. Münch, GGK I, Rdnr. 21 zu Art. 4. 318b BVerwG E 47, 330, 365; 52, 313. 319 Dazu und zur freien Meinungsäußerung von Angehörigen des öffentl. Dienstes allg. Herzog, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Rdnr. 106ff. zu Art. 5 ; Lisken, NJW 1980, 1503f.; Lohse, VerwRdschau 1979, 257ff.; von Münch, ZBR 1959, 305 ff. 320 Dazu BVerwG DVB1. 1974, 463; Böttcher, Die politische Treupflicht der Beamten und Soldaten und die Grundrechte der Kommunikation, 1967; Frowein, Die politische Betätigung der Beamten, 1967; K. Kröger, AöR 88 (1963), S. 121 ff.; Lüthje, ZBR 1968, 233ff.; Niethammer-Vonberg, Parteipolitische Betätigung der Richter, 1969; B. Wilhelm, ZBR 1968, 1 ff. 320a Zutreffend VG Hamburg, NJW 1979, 2164; Behrend, ZBR 1979, 198ff. (200); Ebel, DÖV 1980, 437ff. (mit Begründung aus Art. 3 GG); a. A.: VG Berlin NJW 1979, 2629. Vgl. dazu auch von Münch, ZBR 1981, 157 ff. (163 f.).

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grundsätzlich zulässig, jedoch in der Form beschränkt (Mäßigungspflicht)nob, im Inhalt dagegen nur, soweit die Treuepflicht (Eintreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung) eingreift. Unzulässig ist ein für eine ganze Beamtenkategorie, wie z. B. die Bereitschaftspolizei 321 , ausgesprochenes Verbot parteipolitischer Betätigung. Heftig umstritten ist die Frage der Beschäftigung von Extremisten im öffentlichen Dienst. Die vom Bundeskanzler und den Ministerpräsidenten der Bundesländer beschlossenen „Grundsätze zur Frage der verfassungsfeindlichen Kräfte im öffentlichen Dienst" von 1972322 führen dazu aus: „Nach den Beamtengesetzen von Bund und Ländern und den für Angestellte und Arbeiter entsprechend geltenden Bestimmungen sind die Angehörigen des öffentlichen Dienstes verpflichtet, sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes positiv zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten. Verfassungsfeindliche Bestrebungen stellen eine Verletzung dieser Verpflichtung dar. Die Mitgliedschaft von Angehörigen des öffentlichen Dienstes in Parteien oder Organisationen, die die verfassungsmäßige Ordnung bekämpfen — wie auch die sonstige Förderung solcher Parteien und Organisationen —, wird daher in aller Regel zu einem Loyalitätskonflikt führen. Führt das zu einem Pflichtverstoß, so ist im Einzelfall zu entscheiden, welche Maßnahmen der Dienstherr ergreift. Die Einstellung in den öffentlichen Dienst setzt nach den genannten Bestimmungen voraus, daß der Bewerber die Gewähr dafür bietet, daß er jederzeit für die freiheitlich demokratische Grundordnung eintritt. Bestehen hieran begründete Zweifel, so rechtfertigen diese in der Regel eine Ablehnung." Bundesregierung und Bundesrat haben diesbezügliche Gesetzentwürfe zur Änderung dienstrechtlicher Bestimmungen, insbesondere des BRRG, eingebracht 323 . Diese Gesetzentwürfe stellten nicht die Notwendigkeit der Verfassungstreue von Bewerbern für den öffentlichen Dienst in Frage, enthielten aber Regelungen zum Verfahren der Feststellung mangelnder Verfassungstreue; die Gesetzentwürfe haben jedoch nicht die erforderliche Zustimmung gefunden 3233 . Neuregelungen der Verfahrensgrundsätze enthalten die Beschlüsse der BReg. betr. den verfassungsrechtlichen Rahmen für die Verfassungstreueprüfung im öffentlichen Dienst vom 14. November 197 8323b und die Grundsätze für die Prüfung der Verfassungstreue in der Neufassung vom 17. Januar

320b Vgl d a z u Beschwerdebescheid des niedersächs. Kultusmin. DVB1. 1981, 505. 321 a. A.: BayVerfGH DÖV 1966, 95; Frowein, a. a. O., S. 34. 322 Vom 28. Januar 1972, abgedr. in Bulletin Nr. 15 vom 3. Februar 1972, und in BVerfG E 39, 366. 323 BTags-Drucks. 7/2433, 7/2432, 7/4187. Dazu Schick, ZBR 1975, 1 ff., sowie die Beratungen im BTag, BTags-Drucks. 7/13538 - 13598. 323a Vgl. BT-Drucks. 7/4801. 323b Bulletin Nr. 131 vom 18. November 1978 S. 1221 ff.

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1979323c. u n tersagt werden dadurch u. a. Routineanfragen bei der Verfassungsschutzbehörde sowie die Weitergabe von Erkenntnissen, die die Tätigkeit des Bewerbers vor Vollendung des 18. Lebensjahres betreffen, sofern sie nicht Gegenstand eines anhängigen Strafverfahrens sind. D i e politische Diskussion der Extremistenbeschlüsse ist nicht frei von Heuchelei: Gegner der Extremistenbeschlüsse haben nichts dagegen, w e n n die Beschlüsse sich ausschließlich gegen ihre eigenen politischen Gegner richten würden, kritisieren aber die Extremistenbeschlüsse, wenn diese sich gegen sie selbst richten 3230 . Die bisherige Praxis, die sich nur als Interpretation des geltenden Rechts versteht, hat zu einer kaum noch übersehbaren Flut v o n Gerichtsentscheidungen und Äußerungen im wissenschaftlichen Schrifttum geführt 324 . Soweit eine Verfassungswidrigkeit behauptet wird, kommt dieser Vorwurf aus zwei einander entgegengesetzten Richtungen: D i e eine Seite begründet die Verfassungswidrigkeit mit einem Verstoß gegen Art. 3 III, 5 I, 12 I, 21 II S. 1 und 33 II GG 3 2 5 , während die andere Seite die Verfassungswidrigkeit darin erblickt, daß „der notwendige Schutz des öffentlichen Dienstes vor dem Eindringen von Verfassungsfeinden nicht mehr ausreichend gewährleistet" sei 326 . Das Bundesverfassungsgericht 3 2 7 teilt diese Bedenken nicht und begründet das wie folgt: D e n Beamten obliegt eine besondere Treuepflicht gegenüber 3230 323d 324

325 326 327

Bulletin Nr. 6 vom 19. Januar 1979, S. 45 ff. Vgl. von Münch, ZBR 1981, 162. Vgl. BVerwG DVB1. 1981, 455ff. (zum Umfang der verwaltungsgerichtl. Überprüfung der Eignungsbeurteilung hinsichtl. der Gewähr der Verfassungstreue, zur Beweislast u. zum „Summeneffekt"); BVerwG DVB1. 1981, 460ff. (zur Entlassung eines Beamten auf Probe); BVerwG ZBR 1981, 249ff. (zur Verfassungsfeindlichkeit einer Partei); BVerwG ZBR 1980, 89f. (zu Rückschlüssen auf die Verfassungstreue aus Mitgliedschaft in verfassungsfeindlicher Partei); BVerwG ZBR 1980, 90f. (zur Sicherheitsüberprüfung); BVerwG ZBR 1980, 119ff. (Unbeachtlichkeit einer Kandidatur zu Parlaments wähl; keine Pflicht zur Beiladung der polit. Partei); BDG ZBR 1980, 278 ff. (zum „Minimum an Evidenz" und zum Disziplinarmaß); BGH NJW 1979, 2041 ff. (keine Amtspflichtverletzung bei Einstellungsverzögerung durch Überprüfung). Überblick über die Rspr. bei Battis, JA 1979, 73 ff. Aus dem Schrifttum vgl. z. B. Battis, BBG, Erl. 3 zu § 7; J. Claußen, ZBR 1980, 8ff.; E. Denninger/H.H. Klein, VVDStRL 37 (1979), S. 7ff„ 43ff.; Kriele, NJW 1979, lff. (zum Spielraum für Liberalisierung); J. Linck, ZBR 1979, 129ff. (u. a. zu jugendl. Bewerbern); von Münch, ZBR 1981, 157ff. (160ff.); K. G. Meyer-Teschendorf, ZBR 1979, 261 (zur Amtshilfe durch den Verfassungsschutz); Weustenfeld, ZBR 1979, 61 ff. (zu Änderungstendenzen); H. Weiler, Verfassungstreue im öffentlichen Dienst, 1979 (Dokumentation). Zu Rspr. u. Schrifttum vor 1979 vgl. die Hinw. in der 5. Aufl. dieses Lehrbuches, S. 56. Vgl. Abendrothu. a. in Blätter f. deutsche u. internat. Politik 1972 H. 2, S. 125ff. Vgl. G. Arndt, ZBR 1975, 33ff., 37. BVerfGE 39, 334ff. = NJW 1975, 1641 ff. = JZ 1975, 561 ff.

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dem Staat und seiner Verfassung (Art. 33 V, 33 IV, 5 III S. 2 GG). „Gemeint ist damit nicht eine Verpflichtung, sich mit den Zielen oder einer bestimmten Politik der jeweiligen Regierung zu identifizieren. Gemeint ist vielmehr, sich mit der Idee des Staates, dem der Beamte dienen soll, mit der freiheitlichen demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Ordnung dieses Staates zu identifizieren. Die politische Treuepflicht — Staats- und Verfassungstreue — fordert mehr als nur eine formal korrekte, im übrigen uninteressierte, kühle, innerlich distanzierte Haltung gegenüber Staat und Verfassung; sie fordert vom Beamten insbesondere, daß er sich eindeutig von Gruppen und Bestrebungen distanziert, die diesen Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren." Die Grundentscheidung des G G für eine wehrhafte Demokratie (Art. 2 I, 9 II, 18, 20 IV, 21 II, 79 III, 91, 98 II GG) „schließt es aus, daß der Staat, dessen verfassungsmäßiges Funktionieren von der freien inneren Bindung seiner Beamten an die geltende Verfassung abhängt, zum Staatsdienst Bewerber zuläßt und im Staatsdienst Bürger beläßt, die die freiheitliche demokratische, rechts- und sozialstaatliche Ordnung ablehnen und bekämpfen. Der Beamte kann nicht zugleich in der organisierten Staatlichkeit wirken und die damit verbundenen persönlichen Sicherungen und Vorteile in Anspruch nehmen und aus dieser Stellung heraus die Grundlage seines Handelns zerstören wollen. Der freiheitliche demokratische Rechtsstaat kann und darf sich nicht in die Hand seiner Zerstörer geben". Es ist „eine von der Verfassung (Art. 33 Abs. 5 GG) geforderte und durch das einfache Gesetz konkretisierte rechtliche Voraussetzung für den Eintritt in das Beamtenverhältnis, daß der Bewerber die Gewähr bietet, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten . . . " . Bis zu diesem Punkt wird man dem BVerfG ohne weiteres folgen können. Problematisch wird die Angelegenheit bei der Frage, wann eine Verletzung der Pflicht zur Erhaltung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder die Besorgnis einer solche Verletzung vorliegt, insbesondere ob die Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen, aber nicht verbotenen Partei oder Vereinigung dafür ausreicht oder als eines von mehreren Indizien gewertet werden kann. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts wird die Entscheidungsfreiheit des Dienstherrn bei der Anwendung der beamtenrechtlichen Vorschriften, die die politische Treuepflicht des Beamten näher regeln, durch Art. 21 GG nicht eingeschränkt, weil Art. 33 V G G in einem anderen rechtlichen Zusammenhang als Art. 21 G G steht: „Art. 33 Abs. 5 G G fordert vom Beamten das Eintreten für die verfassungsmäßige Ordnung, Art. 21 Abs. 2 G G dagegen läßt dem Bürger die Freiheit, diese verfassungsmäßige Ordnung abzulehnen und sie politisch zu bekämpfen, solange er es innerhalb einer Partei, die nicht verboten ist, mit allgemein erlaubten Mitteln tut." Diese Zwei-Ebenen-Theorie läßt sich begründen, jedoch enthebt sie nicht des Nachweises, daß die Partei oder Vereinigung, der der Beamte oder Bewerber angehört, auch wirklich verfassungsfeindliche Ziele verfolgt. Nur wenn dies

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o f f e n k u n d i g ist (wie z. B. wenn die Teilnahme an einer Landtagswahl als „Mittel" bezeichnet wird, „die Notwendigkeit des b e w a f f n e t e n Aufstandes zu propagieren" 3 2 8 ) u n d wenn sich — wovon allerdings im Regelfall ausgegangen werden m u ß — das Mitglied mit den Zielen seiner Partei bzw. Vereinigung identifiziert, liegt eine Verletzung bzw. Besorgnis der Verletzung der beamtenrechtlichen Treuepflicht vor. In diesem Fall k a n n der Beamte bzw. Bewerber sich nicht darauf berufen, d a ß seine Organisation nicht verboten ist; denn die Mitgliedschaft in einer Partei oder Vereinigung ist ebensowenig ein Privilegierungsgrund wie ein Disqualifikationsgrund für den öffentlichen Dienst. Mit dem geltenden Recht unvereinbar ist eine Unterscheidung zwischen sicherheitsempfindlichen Bereichen (z. B. Polizei, Staatsanwaltschaft) u n d nichtsicherheitsempfindlichen Bereichen (z. B. Lehrer) oder zwischen hoheitlichen u n d nichthoheitlichen Funktionen328a. Die auf den E r f a h r u n g e n in der Zeit der Weimarer Republik mit deren selbstmörderisch tolerantem Verhalten gegenüber nationalsozialistischen Verfassungsfeinden 3 2 9 im öffentlichen Dienst beruhende Regelung des § 4 I Nr. 2 B R R G („In das Beamtenverhältnis darf nur berufen werden, wer . . . die G e w ä h r d a f ü r bietet, d a ß er jederzeit f ü r die freiheitliche demokratische G r u n d o r d n u n g im Sinne des Grundgesetzes eintritt") u n d die entsprechenden Bestimmungen des BBG u n d der Landesbeamtengesetze enthalten jedenfalls keine solche Differenzierung, durch die Beamte 1. u n d 2. Klasse geschaffen würden. Die Wissenschaftsfreiheit (Art. 5 III S. 1 G G ) steht auch dem beamteten Wissenschaftler zu 3 2 9 a ; jedoch entbindet die Freiheit der Lehre nicht von der Treue zur Verfassung 3 2 9 b . In ausländischen Staaten wird ebenfalls Verfassungstreue im öffentlichen Dienst verlangt; diesbezügliche M a ß n a h m e n unterliegen dort einer erheblich geringeren gerichtlichen Kontrolle als in der Bundesrepublik Deutschland 3 2 9 0 . Die K a m p a g n e in den kommunistischen Staaten gegen die sog. „Berufsverbote" ist angesichts der dortigen Praxis des Umganges mit politischen Gegnern pure Heuchelei. Das G r u n d r e c h t auf Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 I G G ) hat bei der Frage der Zulässigkeit des Heiratsverbotes für Beamte der Bereitschaftspoli328

Vgl. den Fall in OVG Hamburg NJW 1974, 1523 (1524). Vgl. BVerfG E 39, 355: Die Treuepflicht ist „einer Differenzierung je nach Art der dienstlichen Obliegenheiten nicht zugänglich." Vgl. auch BVerwG E 52, 333; B D G ZBR 1980, 284; Kriele, NJW 1979, 1 ff. (5); von Münch, ZBR 1981, 157ff. (161). 329 Vgl. dazu Morsey, in: Fs. f. Ule, 1977, S. 111 ff.; Schmahl, Disziplinarrecht und politische Betätigung in der Weimarer Republik, 1977. 329a Vgl. BVerwG E 52, 313 ff. (331); Erichsen, VerwArch 71 (1980), S. 429ff. (438). 329b Vgl. BVerwG E 52, 313 ff. (332); weit. Hinw. bei von Münch, G G K I, Rdnr. 77 zu Art. 5. 329c D a z u K. Doehringxi. a., Verfassungstreue im öffentlichen Dienst europäischer Staaten, 1980. 328a

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zei eine Rolle gespielt. Nach Ansicht des BVerwG 330 verstößt die Versagung der beantragten Erlaubnis zur Eheschließung jedenfalls d a n n gegen Art. 6 I G G , wenn zu besorgen ist, daß ein von dem Beamten bereits gezeugtes Kind unehelich geboren wird; m. E. ist eine Zölibatsklausel für Beamte generell verfassungswidrig, doch bleibt eine etwa bestehende und sachlich gerechtfertigte Pflicht zum Wohnen in Gemeinschaftsunterkunft (also eine gesteigerte Residenzpflicht) davon unberührt. Mit Art. 6 I G G unvereinbar ist die Auffassung des BDH, ein Beamter sei bei sittlich anstößigem Verhalten seiner Ehefrau verpflichtet, „sich von der Ehefrau zu trennen oder, wenn dieser Weg ihm nicht gangbar erscheint, aus dem Beamtenverhältnis auszuscheiden 331 ; denn eine Pflicht zur Scheidung kann das Beamtenverhältnis ebensowenig fordern wie eine Pflicht zur Eingehung einer Ehe 332 . Die Versammlungsfreiheit und die Vereinigungsfreiheit des Beamten (Art. 8, 9 G G ) sind ebenfalls nur insoweit einschränkbar, als dies nach Sinn u n d Zweck des Beamtenverhältnisses erforderlich ist 333 . Deshalb verstoßen Protestversammlungen u n d Schweigemärsche außerhalb der Dienstzeit 334 , z. B. wegen unzulänglicher Besoldung, nicht schon an sich — d. h. wenn nicht besondere Umstände, etwa der Form, hinzukommen — gegen die Beamtenpflichten. Neben der positiven u n d negativen Vereinigungsfreiheit steht den Beamten auch die Koalitionsfreiheit zu, die von Art. 9 III S. 1 G G für alle Berufe — also auch f ü r den öffentlichen Dienst — gewährleistet ist 334a ; die einschlägigen Vorschriften in den Beamtengesetzen 3 3 5 sind deshalb nur deklaratorischer Natur. Geschützt ist sowohl die positive und negative individuelle als auch die kollektive Koalitionsfreiheit; ein Beamter darf wegen Betätigung für seine Gewerkschaft oder seinen Berufsverband weder dienstlich gemaßregelt oder benachteiligt noch bevorzugt werden; der Dienstherr darf aber auch keine normativen oder tatsächlichen Verhältnisse schaffen, die den Beamten veranlassen können, sich gegen seine Überzeugung einer bestimmten Koalition anzuschließen oder darin zu verbleiben 336 . Nach Ansicht des BVerfG ist die gewerkschaftliche Werbung vor Personalratswahlen grundsätzlich auch in der Dienststelle u n d während der Dienstzeit verfassungsrechtlich geschützt; 330

BVerwG E 14, 21 ff. 331 BDH E 4, 51. Dagegen B. Wilhelm, FamRZ 1963, 330. Zu letzterem Fall vgl. BDH DÖV 1965, 629f. mit Stellungnahme von Forsthoff, S. 619f. und Bühling, DÖV 1966, 87f. 333 Dazu Herzog, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Rdnr. 88 zu Art. 8; von Münch, BK, Rdnr. 34 zu Art. 8; Rdnr. 98 zu Art. 9; Ule, GRe IV/2, S. 634ff. 334 Weder aus Art. 5 I noch aus Art. 8 I ergibt sich ein Anspruch auf Sonderurlaub zwecks Teilnahme an einer politischen Demonstration während der Dienstzeit, BVerwG E 42, 79; von Münch, G G K I, Rdnr. 30 zu Art. 8. 334a BVerwG NJW 1980, 1764. 335 § 91 I, II BBG; § 57 BRRG. - Dazu K. Dammann /M. Kutscha, PersV 1977, 47ff. (S. 53ff.); von Münch, BK, Rdnr. 187 zu Art. 9; E.PIog/A. Wiedow / G. Beck, BBG, Rdnr. 1, 8 zu § 91; Ule, GRe IV/2, S. 636. 336 Hess VGH DVB1. 1974, 425 ff., 429. 332

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jedoch können Tätigkeiten der Koalitionen im Bereich des Personalvertretungswesens für unzulässig erklärt werden, „die die Dienstausübung, die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben und Pflichten und die Ordnung in der Dienststelle beeinträchtigen würden", und bestimmten Personen, etwa dem Leiter der Dienststelle, kann eine Beschränkung der gewerkschaftlichen Werbetätigkeit vor Personalratswahlen auferlegt werden 337 . Die Bereitschaft zum Arbeitskampf ist zwar eine koalitionsgemäße, aber keine für den Koalitionsbegriff notwendige Betätigung 338 . Deshalb wird die Gewährung der beamtenrechtlichen Koalitionsfreiheit nicht dadurch sinnlos, daß den Beamten kein Streikrecht zusteht. Die Unzulässigkeit des Beamtenstreiks wird von Rechtsprechung 339 und Schrifttum 340 zu Recht vertreten. Einem Streikrecht der Beamten stehen nicht nur die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums (Art. 33 V GG) und die Treuepflicht entgegen, sondern auch das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 I; 28 I S. 1 GG); denn der öffentliche Dienst in der Bundesrepublik Deutschland 3403 erbringt Leistungen, die zumeist nicht ersetzbar oder austauschbar sind, so daß ein Streik im öffentlichen Dienst nicht nur die Allgemeinheit insgesamt extrem belastet, sondern gerade die sozial schwachen Schichten des Volkes besonders hart trifft. Der sog. „Dienst nach Vorschrift" in Form des Bummelstreiks (go slow) und die organisierte gehäufte Krankmeldung (go sick) — sog. streikähnliche Maßnahmen — sind nach Intention und Wirkung ein Streik, so daß auch sie unzuläs-

337

BVerfG E 19, 321; Söllner, JZ 1966, 404ff. Vgl. auch BVerfG E 28, 313. BVerfG E 18, 27ff. gegen BAG E 12, 184; weitere Hinweise bei von Münch, BK, Rdnr. 131 zu Art. 9. 339 BVerfG E 8, l f f . (17); 19, 303ff. (322); 44, 249 (264); BVerwG NJW 1978, 178ff. (179); NJW 1980, 1809ff.; BGH JZ 1978, 239ff. (240); Hess. VGH DVB1. 1977, 737ff. (739); Disz.H. beim OVG Bremen DuR 1973, 427ff. m. Anm. Däubler, S. 429ff.; OVG Münster DVB1. 1974, 470. 340 Vgl. die Hinweise bei Isensee, Beamtenstreik, 1971; von Münch, BK, Rdnr. 193 zu Art. 9, und Rechtsgutachten zur Frage eines Streikrechts der Beamten, 1970, und ZBR 1970, 371 ff.; Hanau, JuS 1971, 120ff.; W. Reuss, in: Fs. f. Ule, 1977, S. 417ff.; W. Weber, in: Lewner (Hrsg.), Das Berufsbeamtentum im demokratischen Staat, 1975, S. 199ff. Dagegen a. A.: R. Hoffmann, A ö R 91 (1966), S. 141 ff.; Blanke / Sterzel, Beamtenstreikrecht, 1980. Differenzierend Benz, Beamtenverhältnis und Arbeitsverhältnis, 1969, S. 128ff.; Däubler, Der Streik im öffentlichen Dienst, 2. Aufl. 1971; Ramm, Das Koalitions- und Streikrecht der Beamten, 1970; Ramm, JZ 1977, 737ff.; Schnapp, Beamtenstatus und Streikrecht, 1972. - Rechtsvergleichend (USA — Bundesrepublik) Löwisch, Zulässiger und unzulässiger Arbeitskampf im öffentlichen Dienst, 1980. 340a D i e Frage des Streikrechts der Beamten und sonstigen Bediensteten der EG kann u. U. anders beurteilt werden. Für Zulässigkeit: A. Weber, ZBR 1978, 326ff.; gegen Zulässigkeit: H. Kitschenberg, ZBR 1979, 144ff. - Zum Ganzen: G. Leistner, DVB1. 1975, 281 ff. 338

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sig sind 341 . Da den Beamten das Streikrecht nicht zusteht, ist der Dienstherr im Rahmen seiner Fürsorgepflicht aber besonders verpflichtet, auf eine gerechte Besoldung zu achten 342 . Bemerkenswert ist schließlich, daß die Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften bei der Vorbereitung allgemeiner Regelungen der beamtenrechtlichen Verhältnisse zu beteiligen sind 343 , also bei der Vorbereitung von diesbezügl. Gesetzen gehört werden müssen. Eine Einschränkung der Freizügigkeit (Art. 11 I GG) ergibt sich aus der Residenzpflicht des Beamten 3433 . Die stark gelockerte Form dieser Pflicht nach dem geltenden Recht beinhaltet nicht mehr als eine Selbstverständlichkeit 343b und begegnet deshalb keinen Bedenken. Verfassungsrechtlich zulässig wäre auch eine Regelung, die es den in der Bundesrepublik (also nicht: bei Auslandsvertretungen u. ä.) tätigen Beamten verbietet, im Ausland Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt zu nehmen; denn das Erscheinen des Beamten in seiner Dienststelle kann nicht in das Belieben eines auswärtigen Staates (Öffnung oder Schließung von Grenzübergängen) gestellt werden.

5. Vermögensrechtliche Haftung des Beamten Eine vermögensrechtliche Haftung des Beamten auf Schadensersatz kann sich — je nachdem, ob nur der Dienstherr oder auch ein außenstehender Dritter geschädigt wurde — ergeben entweder im Innenverhältnis, d. h. gegenüber dem Dienstherrn, oder im Außenverhältnis, d. h. gegenüber dem Dritten; die Schädigung eines Dritten kann aber, wenn der Dienstherr Schadensersatz leistet, zugleich auch zu einer Haftung gegenüber dem Dienstherrn führen. a) Unmittelbare Schädigung des Dienstherrn: Das BBG und die entsprechenden Vorschriften der Landesbeamtengesetze trennen zwischen Pflichtverletzungen bei privatrechtlicher Tätigkeit und Amtspflichtverletzungen in 341

BVerwG NJW 1978, 178ff. (179); NJW 1980, 1809; DVB1. 1980, 500; BGH JZ 1978, 239ff. (240); BDiszG NJW 1975, 1905f. (1906) - alle zum Bummelstreik der Fluglotsen (zu dessen staatshaftungsrechtl. Folgen vgl. Bettermann, DV 1975, 23ff.; 159ff.; BGH JZ 1977, 718; OLG Köln NJW 1976, 295). Zum Dienst nach Vorschrift allg.: Isensee, JZ 1971, 73ff.; Chr. Viniol, Dienst nach Vorschrift als vorschriftswidriger Dienst, Diss. Tübingen 1975; Weiß, ZBR 1973, 221 ff. 342 Vgl. dazu Seidel, DVB1. 1974, 141 ff., insbes. S. 147. 343 Vgl. § 94 BBG; § 58 BRRG. Zur Frage der Rechtsfolge einer unterbliebenen Beteiligung: BVerwG NJW 1980, 1763. 343a Vgl. §74 I BBG; §92 bad.-württ. LBG; Art. 82 bayer. BG; §37 berl. LBG; §73 brem. BG; §78 hamb. BG; §87 hess. BG; §82 nieders. BG; §80 nordrh.-westf. LBG; § 82 rheinl.-pfälz. LBG; § 89 saarl. BG; § 90 schlesw.-holst. LBG. 343b ßattis, BBG, Erl. 1 zu §74; Dicke, in: von Münch, GGK I, Rdnr. 16 (zutreffend krit. zur Zuweisung von Dienstwohnungen — sog. Residenzpflicht auf Weisung).

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Ausübung eines dem Beamten anvertrauten öffentlichen Amtes 344 . In beiden Fällen haftet der Beamte jedoch für unterschiedliches Verschulden, wobei das Verschulden sich in beiden Fällen nur auf die Pflichtverletzung, nicht auf den damit in adäquatem Kausalzusammenhang stehenden Schaden bezieht. aa) Privatrechtliche Tätigkeit: Verletzt ein Beamter bei privatrechtlicher Tätigkeit, also im nichthoheitlichen (fiskalischen) Bereich die ihm gegenüber seinem Dienstherrn obliegenden Pflichten (z. B. die Pflicht zu pfleglicher Behandlung von Staatseigentum), so hat er dem Dienstherrn den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen (Bsp.: Beschädigung eines Dienstwagens auf Privatfahrt, etwa beim Ausflug des Richtervereins zum Kegeln, ohne daß ein Dritter geschädigt wird). Der Beamte haftet hier für Vorsatz und jede - also auch leichte — Fahrlässigkeit 345 . bb) Ausübung eines öffentlichen Amtes: Hat der Beamte dagegen die Pflichtverletzung in Ausübung (nicht bei Gelegenheit) eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes begangen (Bsp.: Beschädigung eines Dienstwagens auf Dienstfahrt, ohne daß ein Dritter geschädigt wird), so haftet er nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit: sog. Haftungsprivileg bei Tätigkeit im hoheitlichen Bereich 346 . Die unterschiedliche Regelung der Haftung bei hoheitlicher und nichthoheitlicher Tätigkeit kann zu unverständlichen Folgen führen: Zahlt ein beamteter Kassenleiter versehentlich zuviel Bezüge an einen Beamten, so haftet er — weil dies hoheitliche Tätigkeit ist — nur bei grober Fahrlässigkeit; leistet er die Überzahlung versehentlich an einen Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst, so haftet er — weil dies eine Erfüllung von Dienst- und Arbeitsverträgen, also nichthoheitliche Tätigkeit ist — für jede Fahrlässigkeit 347 . Das BVerwG hat dazu festgestellt: „Die unterschiedliche haftungsrechtliche Behandlung von wesentlich gleichartigen und gleichwertigen Tätigkeiten wird mit Recht als unbefriedigend empfunden. Sie zu beseitigen ist jedoch dem Gesetzgeber vorbehalten." 348 b) Mittelbare Schädigung des Dienstherrn: Schädigt der Beamte bei privatrechtlicher Tätigkeit oder in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes einen Dritten, so regelt sich die Haftung gegenüber dem Dritten nach den allgemeinen Regeln 349 .

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§ 78 I BBG; § 89 bad.-württ. LBG; Art. 85 bayer. BG; § 42 berl. LBG; § 77 brem. BG; § 80 hamb. BG; § 91 hess. BG; § 86 nieders. BG; § 84 nordrh.-westf. LBG; § 86 rheinl.-pfälz. LBG; § 91 saarl. BG; § 94 schlesw.-holst. LBG. § 78 I S. 1 BBG. § 78 I S. 2 BBG. Dazu und zur Frage der Anwendbarkeit des § 282 BGB: BVerwG DÖV 1978, 105 ff. So der Fall in BVerwG DVB1. 1974, 158 ff. mit Anm. Reinhardt. BVerwG DÖV 1978, 106; vgl. auch BVerwGE 44, 27 ff. (29). Vgl. dazu Rüfner, in: Erichsen / Martens, Allg. VwR, § 51 III, II.

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Muß der Dienstherr infolge der schädigenden Handlung seines Beamten einem Dritten Schadensersatz leisten, so liegt neben der unmittelbaren Schädigung des Dritten auch eine mittelbare Schädigung des Dienstherrn vor. Für diesen mittelbaren Schaden haftet der Beamte dem Dienstherrn, und zwar für unterschiedliches Verschulden, je nachdem, ob es sich um eine privatrechtliche Tätigkeit des Beamten oder um die Ausübung eines öffentlichen Amtes handelt. aa) Privatrechtliche Tätigkeit: Hier kann der Dienstherr gemäß § 78 I S. 1 BBG und den entsprechenden Bestimmungen in den Landesgesetzen beim Beamten Rückgriff nehmen, und zwar bei jeder Form des Verschuldens, also auch bei leichter Fahrlässigkeit. bb) Ausübung eines öffentlichen Amtes: Gemäß Art. 34 S. 2 GG, § 78 I S. 2 BBG und den entsprechenden Bestimmungen in den Landesbeamtengesetzen kann der Dienstherr beim Beamten Rückgriff nehmen, wenn diesem Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. c) Haftungsminderung bei schadensgeneigter Arbeit: Haftet der Beamte seinem Dienstherrn nach § 78 BBG und den entsprechenden Bestimmungen der Landesbeamtengesetze, so stellt sich die Frage, ob die im bürgerlichen Recht und Arbeitsrecht entwickelten Grundsätze über die Minderung der Haftung von Arbeitnehmern bei schadensgeneigter Arbeit auch im Beamtenrecht Anwendung finden. Die Antwort hierauf sollte differenzieren: Handelt es sich um eine Tätigkeit in Ausübung eines öffentlichen Amtes, so besteht für die Haftungsminderung kein Bedürfnis 350 , weil hier der Rückgriff des Dienstherrn ohnehin auf vorsätzliches und grob fahrlässiges Handeln des Beamten beschränkt ist — eine Situation also, in welcher der Beamte angesichts seines erheblichen Verschuldens nicht schutzwürdig ist. Handelt es sich dagegen um eine privatrechtliche Tätigkeit, so kann der Dienstherr auch bei leichtem Verschulden des Beamten Rückgriff nehmen, so daß eine Haftungsminderung sinnvoll erscheint. Rechtsdogmatisch kann die Analogie zu den Grundsätzen und Regeln des Arbeitsrechts über die Haftungsminderung bei schadensgeneigter Arbeit mit der gleichen Interessenlage begründet werden, nämlich der Möglichkeit, infolge der starken Technisierung des Arbeitsprozesses schon durch leichte Fahrlässigkeit unverhältnismäßig hohe Schäden zu verursachen; auch beruht die Lehre von der Haftungsminderung bei schadensgeneigter Arbeit auf dem Grundsatz der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers für den Arbeitnehmer, eine Pflicht, die im Beamtenrecht besonders stark ausgeprägt ist, weshalb die Haftungsminderung hier erst recht eingreifen muß 351 .

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BVerwG E 19, 249; Achterberg, DVB1. 1964, 605 ff., 655 ff. (mit weiteren Nachw.). OVG Saarland DVB1. 1968, 434; OVG Münster ZBR 1969, 84; Schick, ZBR 1969, 69f.; offen gelassen: BVerwG E 29, 127; 34, 129f.; vgl. auch Weimar, RiA 1969, 22 f.

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d) Geltendmachung der Ansprüche des Dienstherrn: Ansprüche aus unmittelbarer Schädigung kann der Dienstherr gegen den Beamten durch verwaltungsgerichtliche Klage gemäß § 172 BBG, § 126 BRRG geltend machen. Stark umstritten ist die Frage, ob der Dienstherr352 seinen Schadensersatzanspruch statt durch Klage auch durch Leistungsbescheid (d. h. durch Verwaltungsakt) durchsetzen kann, gegen den der Beamte Anfechtungsklage erheben müßte. Das BVerwG353 hält den Leistungsbescheid für möglich354; es begründet dies damit, das Beamtenverhältnis sei „ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis, in dem der Dienstherr dem Beamten hoheitlich übergeordnet ist und deshalb seine Rechtsbeziehungen zu dem Beamten grundsätzlich durch Verwaltungsakte regeln kann . . . Für die Heranziehung des Beamten zum Ersatz des Schadens, den er durch Verletzung seiner Dienstpflicht dem Dienstherrn unmittelbar zugefügt hat, ergibt sich weder aus dem Gesetz noch aus dem Gewohnheitsrecht etwas Abweichendes"355. Im Schrifttum wird demgegenüber für Leistungsbescheide eine gesetzliche Grundlage gefordert356. Ein besonderes Verwaltungsverfahren (das sog. Erstattungsverfahren) gibt es nach dem Erstattungsgesetz357 für die Fälle, in denen der Beamte schuldhaft einen Fehlbestand an öffentlichem Vermögen verursacht hat (Bsp.: Irrtümliche Kassenabbuchungen). Macht der Dienstherr Ansprüche gegen den Beamten aus mittelbarer Schädigung geltend, so gilt für Fälle der Amtshaftung Art. 34 S. 3 GG (Zuständigkeit der Zivilgerichte), während für Fälle der privatrechtlichen Tätigkeit die gleichen formellen Grundsätze wie bei der Geltendmachung der Ansprüche des Dienstherrn bei unmittelbarer Schädigung anwendbar sein dürften.

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Zu Fällen, in denen der Leistungsbescheid schon wegen fehlender Dienstherrneigenschaft nicht erhoben werden konnte, vgl. VG Bremen NJW 1978, 66; OVG Münster ZBR 1974, 266. BVerwG E 19, 243; 24, 227; 27, 350; OVG Münster ZBR 1963, 188ff.; HessVGH DVB1. 1963; 555; a. A. OVG Hamburg DÖV 1966, 348; Buckert, ZBR 1967, 1 ff.; Wacke, DÖV 1966, 311; vgl. auch Achterberg, JZ 1969, 354ff. Nach BVerwG ZBR 1971, 176 soll dies sogar bei Ansprüchen gegen die Erben gelten. BVerwG E 19,246. W. Martens, in: Fs. f. H. J. Wolff, 1973, S. 434; Erichsen /Martens, in: Erichsen / Martens, Allg. VwR, § 18 II 3. - Vgl. auch § 48 II S. 8 VwVfG. G über das Verfahren für die Erstattung von Fehlbeständen an öffentlichem Vermögen i. d. F. der Bekanntmachung vom 24. Januar 1951 (BGBl. I, S. 87, 109), geändert durch Art. 40 EGStGB vom 2. März 1974 (BGBl. I, S. 469). - Zum Erstattungsanspruch eines öffentlich-rechtl. Arbeitgebers gegen einen Angestellten des öffentl. Dienstes: BVerwG E 38, 1 ff.

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6. Veränderungen im Beamtenverhältnis Veränderungen im Beamtenverhältnis können sich durch Beförderung, Versetzung, Abordnung oder Umbildung des Dienstherrn ergeben. a) Beförderung: Die Beförderung, ein Unterfall der Ernennung und daher ein mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt 3 5 8 , bedeutet die Verleihung eines anderen Amtes mit höherem Endgrundgehalt und einer anderen Amtsbezeichnung 359 . Eine generelle Stellenhebung ist daher keine Beförderung 3 5 9 2 . Beförderungen sind nach dem Leistungsprinzip vorzunehmen 3 6 0 ; denn „öffentliches Amt" i. S. von Art. 33 II G G ist nicht nur das Eingangsamt, sondern auch ein Beförderungsamt 3 6 1 . Die sog. Regelbeförderung und die sog. Bewährungsbeförderung sind beseitigt 361 ". Unzulässig ist eine Beförderung während der Probezeit, vor Ablauf eines Jahres nach der Einstellung oder der letzten Beförderung und innerhalb von zwei Jahren vor der Altersgrenze 362 . Besteht ein Anspruch auf Beförderung? Die Problematik liegt hier ähnlich wie bei der Frage des Anspruches auf Einstellung. Das BVerwG verneint grundsätzlich einen Anspruch auf Beförderung 3 6 3 ; es begründete seine Ansicht früher wie folgt: Der Beurteilungsspielraum der Behörde bei der Prüfung von „Eignung, Befähigung u n d fachlicher Leistung" stehe einem solchen Anspruch entgegen; die gesetzlichen Vorschriften über die Beförderung seien ausschließlich im öffentlichen Interesse erlassen (Personalhoheit), nicht aber im Interesse des Beamten, weshalb auch eine Amtspflichtverletzung des mit der Entscheidung über die Beförderung befaßten Beamten ausscheide; auch die Fürsorgepflicht verpflichte den Dienstherrn grundsätzlich nicht, „auf die Beförderung des einzelnen Beamten durch förderndes Handeln hinzuwirken, denn sie besteht nur in den Grenzen des zur Zeit bekleideten Am358

Vgl. oben Abschn. III 3 b bb). § 12 I 1 BLV. Umfassende Darstellung der mit der Beförderung zusammenhängenden Rechtsfragen bei H. Günther, ZBR 1979, 93 ff. Zum sog. Beförderungs- und Verwendungsstau vgl. Meixner, ZBR 1980, 309 ff. 359a BGH NJW 1955, 1835; W. Müller, DVB1. 1962, 515. 360 Vgl. §§ 1, 4 III BLV; § 23 i. V. m. § 8 I S. 2 BBG; § 7 BRRG; Einzelheiten bei H. Günther, ZBR 1979, 95 (auch - S. 97 - zur Bedeutung des Allgemeinen Dienstalters). 361 H. Günther, ZBR 1979, 95.. 361 a Art. 1 § 1 Nr. 2, Art. 47 HaushaltsstrukturG vom 18. Dezember 1975 (BGBl. 1975 I, S. 3091). 362 Vgl. § 12 IV BLV. 363 BVerwG E 15, 3ff. = ZBR 1963, 352 mit krit. Anmerkung von Schack, S. 353f. Zur Frage allgemein vgl. Adam, BWV 1977, 29ff.; Heise, ZBR 1969, 165ff.; Hess. VGH ZBR 1969, 174. Zur Beförderung während Parlamentsmitgliedschaft: BVerwG DÖD 1970, 118.

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tes" 364 . Bilde mithin die „Nichtbeförderung als solche" keine Verletzung der Fürsorgepflicht, so sei davon zu unterscheiden (und je nach Lage des Falles u. U. zu bejahen) die Frage, „ob der Beamte bei fürsorgepflichtmäßigem Verhalten tatsächlich befördert worden wäre, die Nichtbeförderung sich also als eine adäquate Folge irdendeiner schuldhaften Verletzung der Fürsorgepflicht darstellt". In späteren Entscheidungen hat das BVerwG zwar an der Ablehnung eines Rechtsanspruches auf Beförderung „in aller Regel" festgehalten, jedoch einen Anspruch des Beamten auf ermessensfehlerfreie Entscheidung des Dienstherrn über seine Beförderung bejaht: „Er (der Beamte) kann . . . beanspruchen, daß der Dienstherr ihn nicht aus unsachlichen Erwägungen von der Beförderung ausschließt. Die beamtenrechlichen Vorschriften, nach denen sich die Beförderung von Beamten richtet, dienen zwar in erster Linie dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Besetzung der Beamtenstellen des öffentlichen Dienstes. Die im Beamtenrecht vorgesehene Möglichkeit von Beförderungen dient aber in zweiter Linie auch dem berechtigten Interesse des Beamten, im Rahmen der dienstlichen, beamten- und haushaltsrechtlichen Möglichkeiten angemessen beruflich aufzusteigen. Die Fürsorgepflicht und darüber hinaus die Pflicht zu beiderseitiger Treue . . . verbieten es dem Dienstherrn, sich bei der Ablehnung einer Beförderung von anderen als sachgerechten, ermessensfehlerfreien Erwägungen leiten zu lassen, wenn auch sein Ermessensspielraum sehr weit ist und eine Vielfalt möglicher sachlicher Erwägungen umfaßt" 3 6 5 . Das beamtenrechtliche Schrifttum neigt demgegenüber mehr und mehr dazu, die Rechtsposition des bei der Beförderung übergangenen Beamten zu stärken 3653 . Unbefriedigend an der Ansicht des BVerwG und nicht gerechtfertigt ist die Beschränkung der Fürsorgepflicht auf das jeweils innegehabte Amt. Die Fürsorgepflicht erwächst aus dem Beamtenverhältnis, nicht aus der konkreten Amtsstellung; m. a. W.: sie ist persongebunden, nicht amtsgebunden 366 . Eine andere Frage ist allerdings, ob bei schuldhafter Verletzung der Fürsorgepflicht der Schadensersatz durch Naturalrestitution, d. h. durch Nachholung der unterbliebenen Beförderung, geleistet werden muß, oder ob er — was die richtige Auffassung ist — auf Nachzahlung des Differenzbetrages zwischen den bisher gezahlten Dienstbezügen und dem Gehalt bei Beförderung beschränkt ist367. Ein Anspruch auf Schadensersatz durch Ausgleich finanzieller

364

BVerwG E 15,7. BVerwGE 19, 252ff. (254/255); BVerwG ZBR 1976, 121 ff. (123); BVerwG DÖV 1977, 139. 365a Vgl. H. Günther, ZBR 1979, 100 m. w. Hinw.; vgl. auch die Hinw. zu der ähnlichen Problematik der unterbliebenen Einstellung in das Beamtenverhältnis. 366 Ebenso H. Günther, ZBR 1979, 101. Vgl. auch K. Müller, RiA 1967, 6ff. 367 Hierzu neigt BVerwG E 15, 11. Vgl. auch OVG Lüneburg ZBR 1974, 17 ff. - Zum Rechtsschutzinteresse für eine Fortsetzungsfeststellungsklage im Hinblick auf einen beabsichtigten Schadensersatzprozeß vgl. OVG Koblenz NJW 1977, 72f. 365

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Nachteile kommt — wenn überhaupt — nur dann in Betracht, wenn das Unterbleiben der Beförderung die adäquate Folge einer schuldhaften Fürsorgepflichtverletzung darstellt 368 . Eine rückwirkende Beförderung kann im Klagewege nicht erreicht werden 369 . Str. ist die Beurteilung eines Antrages auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung des Inhalts, eine Planstelle für ein Beförderungsamt freizuhalten, um einen Anspruch des Antragstellers aus fürsorgepflichtwidriger Nichtbeförderung zu sichern 370 . Zurückstellen einer Beförderung während eines gegen den betr. Beamten laufenden staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens ist nicht rechtswidrig 371 . b) Versetzung: Unter Versetzung eines Beamten ist die dauernde Zuweisung eines anderen Dienstpostens innerhalb des Dienstbereichs seines Dienstherrn oder eines anderen Dienstherrn zu verstehen. Die Versetzung erfolgt auf Antrag des Beamten oder wenn ein dienstliches Bedürfnis dafür besteht 372 . Mit Zustimmung des Beamten ist die Versetzung stets zulässig. Ohne Zustimmung ist sie dagegen nur zulässig, wenn das neue Amt derselben oder einer gleichwertigen Laufbahn angehört wie das bisherige Amt und mit mindestens demselben Endgrundgehalt verbunden ist, es sei denn, daß die Versetzung infolge Auflösung oder Umbildung der Behörde erfolgt und eine dem bisherigen Amt entsprechende Verwendung nicht möglich ist, wie dies z. B. bei der Auflösung oder Zusammenlegung von Behörden auf Grund von Gebietsreformen (Eingemeindungen u. ä.) der Fall sein kann 372 ". Für die Versetzung in den Dienstbereich eines anderen Dienstherrn ist stets die Zustimmung erforderlich. Eine bestimmte Form ist für die Versetzung nicht vorgeschrieben ; regelmäßig wird sie aber schriftlich angeordnet. Im Gegensatz zur bloßen Zuteilung anderer Dienstgeschäfte ist die Versetzung ein Verwaltungsakt. Unzulässig ist eine Vereinbarung zwischen dem Dienstherrn und einer Gewerkschaft dahin, daß Funktionsträger der Gewerkschaft gegen ihren Willen nur nach Rücksprache zwischen dem Vorgesetzten und dem zuständigen Gewerkschaftsorgan versetzt werden dürfen 372b . Von der Versetzung zu unterscheiden ist die Umsetzung, durch die der Beamte zwar mit einer anderen Aufgabe (einem anderen Dienstposten) betraut

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OVG Saarlouis ZBR 1976, 87ff.; OVG Lüneburg OVGE 29, 479. VGH Bad.-Württ. ZBR 1975, 316; OVG Saarlouis ZBR 1976, 87ff. 370 VGH Bad.-Württ. ZBR 1974, 344; a. A.: VG Berlin ZBR 1974, 391 ff. 371 BVerwG BayVBl. 1975, 568; vgl. auch OVG Münster D Ö D 1974, 211 (Disziplinarverfahren). 372 Vgl. hierzu und zum folgenden: § 26 BBG, § 18 B R R G ; BVerwG RiA 1967, 130ff.; zum Begriff der Versetzung vgl. auch Bad.-Württ. VGH DVB1. 1970, 695 f. Zu Versetzung, Abordnung und Umsetzung: H. Günther, ZBR 1978, 73ff. 372a Zum Problemkreis kommunale Wahlbeamte in der Gebietsreform vgl. Juncker, ZBR 1972, 101 ff. 372b Windscheid, ZBR 1975, 310. 369

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wird, aber ohne Wechsel der Behörde oder des Dienstherrn. Str. ist, ob die Umsetzung ein anfechtbarer Verwaltungsakt ist373. Das BVerwG hat dies verneint, weil die Umsetzung „lediglich die das statusrechtliche Amt und das funktionelle Amt im abstrakten Sinne unberührt lassende Zuweisung eines anderen Dienstpostens (funktionelles Amt im konkreten Sinne) innerhalb der Behörde" sei; die Umsetzung gehöre „ihrem objektiven Sinngehalt nach zu den Anordnungen, die die dienstliche Verrichtung eines Beamten betreffen und sich in ihren Auswirkungen auf die organisatorische Einheit beschränken, der der Beamte angehört" 3733 . Die Verwaltungsaktseigenschaft ist aber jedenfalls dann zu bejahen, wenn die Umsetzung ausdrücklich auf angebliches dienstliches Fehlverhalten des Beamten gestützt wird 374 . Kein Verwaltungsakt ist die Änderung des Aufgabenbereichs eines Beamten durch Organisationsverfügung 3743 . c) Abordnung: Als Abordnung bezeichnet man die vorübergehende Zuweisung einer Amtsstelle bei einer anderen Dienststelle ohne Verlust der Planstelle bei der Heimatbehörde. Die Abordnung setzt ein dienstliches Bedürfnis voraus; die Zustimmung des Beamten ist dagegen nur erforderlich, wenn die Abordnung zu einem anderen Dienstherrn erfolgt und länger als ein Jahr (bei Beamten auf Probe: 2 Jahre) dauert 375 . Die Abordnung zu einem anderen Dienstherrn wird (ebenso wie die Versetzung zu einem anderen Dienstherrn) von dem abgebenden Dienstherrn verfügt, wobei der aufnehmende Dienstherr, der die Dienstbezüge zu zahlen hat, schriftlich sein Einverständnis erklären muß. Die Abordnung ist ein Verwaltungsakt (str.)376.

7. Beendigung des Beamtenverhältnisses Das Beamtenverhältnis kann, abgesehen vom Todesfall, durch Eintritt in den Ruhestand, Entlassung und Entfernung aus dem Dienst beendet werden. a) Eintritt in den Ruhestand: In den einstweiligen Ruhestand können die sog. politischen Beamten jederzeit versetzt werden 377 , sofern die gesetzlichen 373

Vgl. dazu Teufel, ZBR 1981, 20ff.; Wolff /Bachof VwR II, § 112 III a. BVerwG 1980, 882; dazu Menger, VerwArch 72 (1981), S. 149f.; a. A.: OVG Rheinl-Pf. DÖD 1978, 184. 374 VG Frankfurt a. M. DÖV 1978, 251 f. m. Anm. Gönsch, S. 252f.; VGH Bad.-Württ. DÖV 1980, 577. 374a BVerwG DVB1. 1981, 495. 375 Vgl. hierzu und zum folgenden: § 27 BBG, § 17 BRRG; Weimar, RiA 1968, 128f.; OVG Rheinl.-Pfalz RiA 1967. 34ff. 376 Thiele, DÖD 1959, 43; a. A.: VG Freiburg ZBR 1954, 154; vgl. auch Wolff / Bachof, VwR II, § 112 III b. - Zum Inhalt der Abordnungsverfügung vgl. Bad.Württ. VGH ZBR 1976. 154f. 377 Dazu oben Abschn. 1112 b. 373a

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Voraussetzungen d a f ü r vorliegen, andere Beamte dagegen nur bei der sog. Umbildung von Körperschaften (z. B. Zusammenschluß von zwei Gemeinden zu einer neuen Gemeinde bei kommunaler Gebietsreform) 3 7 8 . Die Versetzung in den endgültigen Ruhestand ist an bestimmte Voraussetzungen gebunden. Für den Beamten auf Lebenszeit 379 kann der Eintritt in den Ruhestand kraft Gesetzes (bei Erreichen der Altersgrenze sowie bei Annahme der Wahl in den BTag) 380 oder kraft Versetzungsverfügung (wegen Dienstunfähigkeit) erfolgen. Für den Eintritt in den Ruhestand wegen Erreichen der Altersgrenze™, d. h. mit dem Ende des Monats, in dem das 65. Lebensjahr vollendet wurde 382 , ist — ebenso wie bei der Dienstunfähigkeit — weitere Voraussetzung, daß der Beamte eine Dienstzeit von 5 Jahren abgeleistet hat; ist dies nicht der Fall, so ist der Beamte zu entlassen. Neuerdings kann der Beamte auf Lebenszeit die Versetzung in den Ruhestand in der Regel ohne Nachweis der Dienstunfähigkeit 3 Jahre vor Erreichen der Altersgrenze beantragen; Schwerbehinderte können bereits mit Erreichen des 61. Lebensjahres ihre Versetzung in den Ruhestand beantragen 3 8 2 3 . Die Festsetzung einer generell bestimmten Altersgrenze ist, auch wenn der betreffende Beamte sich noch voll dienstfähig fühlt, nicht verfassungswidrig 383 . Für einzelne Beamtengruppen k a n n gesetzlich eine niedrigere Altersgrenze festgesetzt werden; umgekehrt kann in Ausnahmefällen f ü r einzelne Beamte der Eintritt in den Ruhestand f ü r eine bestimmte Frist, jedoch nicht über die Vollendung des 70. Lebensjahres hinaus, verschoben werden. Wegen Dienstunfähigkeit wird der Beamte in den Ruhestand versetzt, wenn er infolge eines körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte dauernd unfähig ist, die Dienstpflichten sei-

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Vgl. § 130 II S. 1 B R R G ; BVerwG ZBR 1975, 348f.; VG Freiburg DÖV 1976, 536. Für den Beamten auf Probe gilt § 46 BBG. Eine Versetzung in den Ruhestand wegen Erreichens der Altersgrenze gibt es für ihn nicht (vgl. § 31 V BBG). Beamte auf Widerruf und Ehrenbeamte können nicht in den Ruhestand versetzt werden. Für Beamte auf Zeit gelten spezialgesetzliche Regelungen (vgl. z. B. § 8 V BBahnG). 380 Vgl. § 1 G über die Rechtsstellung der in den Deutschen Bundestag gewählten Angehörigen des öffentlichen Dienstes vom 4. August 1953 (BGBl. I, S. 777), zuletzt geändert am 21. 8. 1961 (BGBl. I, S. 1557); §§ 5 ff. G zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages vom 18. Februar 1977 (BGBl. I, S. 297); allgemein dazu J. Henkel, DÖV 1977, 350ff. 381 §41 BBG; §25 BRRG. 382 Bei am Monatsersten Geborenen beginnt nach Ansicht des BVerwG (E 30, 167) der Ruhestand mit dem Ablauf des Monats, welcher der 65. Wiederkehr des Geburtstages vorangeht; dagegen Vogt, ZBR 1969, 149. 382a § 26 III BRRG. 383 BGH DVB1. 1954, 396.

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nes konkreten Amtes zu erfüllen384. Ohne Nachweis der Dienstunfähigkeit kann der Beamte auf eigenen Antrag bei Vollendung des 6i. Lebensjahres in den Ruhestand versetzt werden 385 , es sei denn, daß dienstliche Gründe nichtfiskalischer Art entgegenstehen386. Mit Eintritt in den Ruhestand erhält der Beamte Versorgungsbezüge387. Die Einzelheiten regelt das G über die Versorgung der Beamten und Richter in Bund und Ländern (BeamtenversorgungsG)387". Mit Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. Januar 1977 haben die Länder auf dem Gebiet der Beamtenversorgung - anders als für die Besoldung3870 - keine Gesetzgebungskompetenz mehr. Auch nach Eintritt in den Ruhestand unterliegt der Beamte noch gewissen Beamtenpflichten (z. B. der Treuepflicht und der Pflicht zur Amtsverschwiegenheit), hat aber auch weiterhin einen Anspruch auf Schutz und Fürsorge. Die unterschiedliche Besteuerung der Beamtenpensionen und der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung ist mit Art. 3 I vereinbar387 c. b) Entlassung: Die Entlassung kann kraft Gesetzes oder durch Entlassungsverfügung erfolgen. Kraft Gesetzes ist der Beamte entlassen, wenn er die Eigenschaft als Deutscher i. S. des Art. 116 1 GG verliert oder wenn er ohne Zustimmung der zuständigen Behörde seinen Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt im Ausland nimmt oder in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zu einem anderen Dienstherrn tritt388. Da die Entlassung in diesen Fällen als gesetzliche Rechtsfolge eintritt, ist die Mitteilung über Grund und Zeitpunkt des Ausscheidens nur deklaratorischer Natur. Bei der Entlassung durch Entlassungsverfügung ist die obligatorische Entlassung von der fakultativen zu unterscheiden. Obligatorisch ist die Entlassung bei (1) Verweigerung des Diensteides389 (die Rechtsprechung ließ früher die Berufung auf Art. 4 1 GG nicht zu, da der Eid 384

§§ 42, 45 ff. BBG; § 26 BRRG. 385 § 42 III BBG n. F. BVerwG E 16, 194 (unter der Geltung des § 42 III BBG a. F.). 387 Dazu allgemein Ule, Die Bedeutung des Beamtenversorgungsrechts für die Erhaltung des Berufsbeamtentums, 1973. — Zur Frage der Kürzung von Versorgungsbezügen bei Einkünften aus mehreren Beamtenverhältnissen: BVerfG ZBR 1978, 94ff. m. Anm. Klinkhardt, S. lOOf. 387a Vom 24. August 1976 (BGBl. 1976 I, S. 2485, ber. S. 3839, zuletzt geändert durch Art. 7 Drittes G zur Änderung dienstrechtl. Vorschriften vom 10. Mai 1980 (BGBl. 1980 I, S. 561). Erl. im einzelnen bei W. Kümmel, Kommentar zum Beamtenversorgungsgesetz, 1977. 387b Vgl. dazu § 1 IV BBesG. 387c BVerfG JZ 1980, 566. 388 Vgl. § 29 I BBG; § 22 1 BRRG; dazu BVerwG E 32, 1 ff. 389 Vgl. § 28 Nr. 1 BBG; § 23 I Nr. 1 BRRG. - Dies gilt nach BVerwG ZBR 1967, 53 auch dann, wenn der Beamte bereits früher einen Diensteid geleistet hat und sich nur weigert, ihn erneut abzulegen. 386

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auch ohne religiöse Beteuerungsformel abgelegt werden könne 390 , während heute die Ansicht vertreten wird, daß im Einzelfall die Pflicht zur Leistung eines Diensteides hinter das Grundrecht der Glaubens- und Gewissensfreiheit zurücktreten kann 391 ), (2) wenn der Beamte zur Zeit der Ernennung bereits Mitglied des Bundestages war und sein Mandat nicht fristgemäß niederlegt (Fall der Inkompatibilität)392 und (3) auf Antrag des Beamten selbst. Der Entlassungsantrag, eine empfangsbedürftige Willenserklärung, ist streng formgebunden (Schriftform, eigenhändige Unterschrift); eine konkludente Handlung (z. B. Fernbleiben vom Dienst) reicht daher nicht aus393. Ein ohne den Willen des Beamten, etwa von seiner Ehefrau irrtümlich abgeschickter, formgerechter Entlassungsantrag ist jedenfalls dann wirksam, wenn der Beamte ihn nachträglich billigt394. Der Entlassungsantrag kann gemäß den ihrem Rechtsgehalt nach anwendbaren Vorschriften des BGB wegen Irrtums, arglistiger Täuschung und widerrechtlicher Drohung angefochten werden395. Die Anfechtung muß unverzüglich erfolgen. Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn gebietet es, den Beamten auf die rechtlichen Folgen der Entlassung (Verlust der Beamtenrechte, insbes. der Versorgungsansprüche) hinzuweisen, wenn der Beamte dies offensichtlich nicht erkennt 396 ; unter besonderen Umständen kann auch die Annahme eines in starker seelischer Erregung gestellten Entlassungsantrages gegen die Fürsorgepflicht verstoßen397. Eine schriftliche oder mündliche Rücknahme des Entlassungsantrages ist, bei Wahrung der gesetzlich vorgeschriebenen Frist, bis zum Zugang der Entlassungsverfügung möglich398. Dagegen ist das Recht auf Entlassung unverzichtbar, und zwar auch dann, wenn der Dienstherr die Ausbildung des Beamten ganz oder teilweise finanziert hat399. Besondere Regeln gelten für die Entlassung von Beamten auf Probe und von Beamten auf Widerruf; zusätzlich zu den oben genannten obligatorischen Entlassungsgründen gibt es hier auch fakultative Gründe. Beamte auf Probe können u. a. wegen mangelnder Bewährung in bezug auf Eignung, Befähigung und fachliche Leistung (Beurteilungsspielraum!) entlas-

390 391 392 393 394 395 396 397 398

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BayVerfGH DÖV 1965, 134. VG Freiburg DÖV 1975, 434. Vgl. § 28 Nr. 2 BBG. E. Plog / A. Wiedow / G. Beck, BBG, Rdnr. 4 zu § 30. BVerwG E 20, 3 5 ff. OVG Münster DVB1. 1952, 606. E. Plog/A. Wiedow / G. Beck, BBG, Rdnr. 4 zu § 30. LVG Hannover DVB1. 1953, 117. Vgl. § 30 I S. 3 BBG; zur mündlichen Rücknahmeerklärung BayVerwGH ZBR 1954, 353 (nicht unbedenklich). Dazu und zur Frage der Rückzahlungsverpflichtung vgl. BVerwG E 30, 65 ff. und oben Abschn. III 4 c bb).

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sen werden 400 , wobei das Versagen nicht schuldhaft zu sein braucht. Die Rechtmäßigkeit der Entlassung ist im Regelfall nicht davon abhängig, ob dem betr. Beamten zuvor seine dienstlichen Beurteilungen formell ordnungsgemäß vorher eröffnet sind, wenn er vor der Entlassung schriftlich gehört worden ist401. Die Entlassung kann ohne schuldhaftes Zögern auch noch nach Ablauf der Probezeit ausgesprochen werden, es sei denn, die mangelnde Bewährung stand schon vor Ablauf der Probezeit fest; in letzterem Fall muß unmittelbar zum Ablauf der Dienstzeit entschieden werden, ob der Beamte entlassen werden soll402. Beamte auf Widerruf können jederzeit nach pflichtgemäßem Ermessen aus nicht willkürlichen Gründen entlassen werden 403 . Soweit es sich um Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst handelt (z. B. Referendare), soll allerdings Gelegenheit gegeben werden, den Vorbereitungsdienst abzuleisten und die Prüfung abzulegen 404 . Bundestagsabgeordnete, die nach Beendigung ihres Mandates die Rückführung in ihr früheres Amt ablehnen, sind damit entlassen 4043 . c) Verlust der Beamtenrechte durch Gerichtsurteil: Wird ein Beamter wegen vorsätzlich begangener Tat zu Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder wegen vorsätzlicher friedensverräterischer, hochverräterischer, rechtsstaatsgefährdender, landesverräterischer oder die äußere Sicherheit gefährdender Handlung zu Gefängnis von mindestens sechs Monaten verurteilt, so endet das Beamtenverhältnis mit der Rechtskraft des Urteils ; gleiches gilt bei Aberkennung der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter sowie bei Verwirkung eines Grundrechts gemäß Art. 18 GG 405 . Sinn dieser Regelung ist es, ein überflüssiges Disziplinarverfahren zu vermeiden, das bei derartig schwerem Dienstvergehen ebenfalls die Entfernung aus dem Dienst aussprechen müßte. Rechtsfolge ist insbesondere der Verlust der Dienstbezüge bzw. beim Ruhestandsbeamten der Versorgungsbezüge. Die Entscheidung über den Verlust der Beamtenrechte kann durch Begnadigung oder ein erfolgreiches Wieder400

Vgl. § 31 BBG; § 23 II B R R G ; BVerfG DÖV 1977, 558ff. (561); BVerwG E 21, 56 ff.; 11, 139ff.; 15, 39ff.; ZBR 1976, 52 (Meineid); OVG Münster ZBR 1973, 206ff.; OVG Lüneburg ZBR 1975, 91 f. (Krankheit). Zur Entlassung von Beamten auf Probe wegen Extremismus vgl. Abschn. III 4 d bb). 401 BVerwG DÖV 1977, 137 f. 4 0 2 BVerwG E 19, 348. 403 Vgl. § 32 BBG, § 23 III BRRG; BVerwG DVB1. 1968, 430f. mit weiteren Nachw. 404 Vgl. § 32 II S. 1 BBG; § 23 III S. 2 BRRG; Martin, ZBR 1976, 177ff. 404a § 6 G zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages vom 18. Februar 1977 (BGBl. 1977 I, S. 297). 405 Vgl. hierzu und zum folgenden § § 4 8 - 5 1 BBG; § 24 BRRG. Durch das 1. G zur Reform des Strafrechts vom 9. Mai 1969 ist die Einheitsstrafe eingeführt und die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte abgeschafft worden. §§ 24 BRRG, 48 BBG sind mit Wirkung ab 1. April 1970 entsprechend geändert. Kritisch zu § 4 8 BBG: Juncker, ZBR 1970, 219ff.

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aufnahmeverfahren rückgängig gemacht werden. Stirbt der Beamte vor der Rechtskraft des Strafurteils bzw. vor Erlaß des Urteils des BVerfG, so tritt — auch bei Selbstmord — kein Verlust der Beamtenrechte ein; den Hinterbliebenen bleiben also etwaige Versorgungsansprüche erhalten 406 . d) Entfernung aus dem Dienst durch Disziplinarurteil: Die Entfernung aus dem Dienst durch Disziplinarurteil 407 ist die einzige Möglichkeit, ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit oder auf Zeit gegen den Willen des Beamten wegen schwerer Dienstvergehen zu beenden; Voraussetzung ist, daß bei Abwägung aller Umstände der Beamte für den Dienst nicht mehr tragbar erscheint. Die Entfernung wird unmittelbar durch die Rechtskraft des Urteils bewirkt; es bedarf daher keiner weiteren Maßnahmen. Rechtsfolge der Entfernung aus dem Dienst ist der Verlust der Ansprüche auf Dienstbezüge und Versorgung 408 , wobei sich der Verlust der Versorgungsansprüche auf die Hinterbliebenen erstreckt. 8. Rechtsschutz im Beamtenrecht Der Rechtsschutz im Beamtenrecht läßt sich in außergerichtliche und gerichtliche Rechtsbehelfe unterteilen. a) Außergerichtliche Rechtsbehelfe sind : die Beschwerde beim Dienstvorgesetzten und beim Personalrat, die Eingabe an den Bundes-(Landes-)Personalausschuß und das Petitionsrecht. aa) Beschwerde beim Dienstvorgesetzten: Der Beamte kann frist- und formlos Anträge (auf Erlaß einer Maßnahme) und Beschwerden (gegen eine bereits getroffene Maßnahme) vorbringen 409 . Der Beamte muß jedoch den Dienstweg einhalten, d. h. die Beschwerde beim unmittelbaren Vorgesetzten einreichen (Dienstwegprinzip); richtet die Beschwerde sich gegen den unmittelbaren Vorgesetzten, so kann sie beim nächsthöheren Vorgesetzten unmittelbar eingereicht werden. Im übrigen steht der Dienstweg immer bis zur obersten Dienstbehörde offen. Eine „Flucht in die Öffentlichkeit" 410 ist nur in Ausnahmefällen zulässig, bei Staatsgeheimnissen nur dann, wenn schwere Verstöße gegen die „verfassungsmäßige Ordnung" im Sinne von „freiheitlicher demokratischer Grundordnung" in Frage stehen 411 . Die Beschwerde 406 407 408

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E. Plog/A. Wiedow / G. Beck, BBG, Rdnr. 10 zu § 48. Vgl. § 11 BDO; H. R. Claussen / W. Janzen, BDO, 3. Aufl. 1976, Rdnr. 1 ff. zu § 11. Zur Frage der Vereinbarkeit mit Art. 14 G G vgl. B D H E 2, 192; Wiese, VerwArch 57 (1966), S. 265 ff. Vgl. § 171 BBG, § 60 BRRG. BGH ZBR 1977, 106 (Mitteilung an Presse); B D H E 1, 32 (Veröffentlichung von Flugschriften); B D H E 1, 25 (Mitteilung an eine Rundfunkanstalt); B D H E 3, 299 (Veröffentlichung im Mitteilungsblatt eines Beamtenverbandes). Vgl. BGHSt. 20, 342 ff. (Pätsch-Urteil) und BVerfG E 28, 191 ff. (in gleicher Sache).

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muß ein bestimmtes Verlangen enthalten; sie muß der Wahrheitspflicht entsprechen, darf also keine leichtfertigen Anschuldigungen enthalten. Die Behörde ist verpflichtet, die Beschwerde entgegenzunehmen, binnen angemessener Zeit zu prüfen und schriftlich zu bescheiden (a. A. hinsichtlich der Schriftform die Rspr.412 und h. L.413). Ihrer Rechtsnatur nach ist die beamtenrechtliche Beschwerde eine Form der Dienstaufsichtsbeschwerde 414 ; sie berührt also weder die Wirksamkeit der behördlichen Maßnahmen, gegen die sie sich richtet, noch hemmt sie die Widerspruchsfrist. Ob das Begehren des Beamten als Beschwerde oder als Widerspruch aufzufassen ist, muß durch Auslegung ermittelt werden. Richtet die Beschwerde sich gegen eine Maßnahme, gegen die eine Klage beim Verwaltungsgericht zulässig ist, so wird im Zweifel ein Widerspruch, bei Unzulässigkeit der Klage eine Beschwerde anzunehmen sein415. bb) Beschwerde beim Personalrat und Personalausschuß: Der Beamte kann sich mit Beschwerden auch an den Personalrat wenden 416 . Auch für diese Beschwerden gilt keine Frist, keine Form, aber auch nicht das Dienstwegprinzip. Gleiches gilt — mit Ausnahme der Form (hier: Schriftform) — auch für Eingaben an den Bundes-(Landes-)Personalausschuß417. Eine abschließende Entscheidungsbefugnis steht jedoch weder dem Personalrat noch dem Bundes-(Landes-)Personalausschuß zu. cc) Petitionsrecht: Das allgemeine Petitionsrecht (Art. 17 GG) steht auch den Beamten zu 4l7a . Strittig ist die Frage, ob der Beamte Petitionen, die dienstliche Angelegenheiten betreffen, unter Umgehung des Dienstweges direkt an das Parlament richten kann 418 . b) Gerichtliche Rechtsbehelfe: Der Beamte kann gerichtlichen Rechtsschutz von den Zivilgerichten, Disziplinargerichten und den Verwaltungsgerichten erlangen. aa) Zivilgerichte: Die Zivilgerichte sind zuständig für Amtspflichtverletzungen des Dienstherrn gegenüber dem Beamten (Art. 34 S. 3 GG)419. 412

BVerfG E 2, 230 (bei Art. 17 GG); BayVerfGH DÖV 1957, 719. Vgl. E. Plog/A. Wiedow/G. Beck, BBG, Rdnr. 12 zu § 171; H. Weiß/ H. Kranz/ T. Niedermaier, Bayerisches Beamtengesetz, Anm. 5 zu Art. 182. 414 E. Plog/A. Wiedow/ G. Beck, BBG, Rdnr. 5 zu § 171; vgl. jedoch für Bayern: H. Weiß / H. Kranz / T. Niedermaier, Bayerisches Beamtengesetz, Anm. 3 zu Art. 182; Fischbach, BBG II, S. 1282f. 415 Fischbach, BBG II, S. 1281. 416 § 68 I Nr. 3 BPersVG: Der Personalrat hat die Aufgabe, zwischen dem Beamten und seiner Dienststelle zu vermitteln. 417 Vgl. §§ 171 III, 98 I Nr. 4 BBG: Der Bundespersonalausschuß kann nur in Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung Stellung nehmen. 4,7a Vgl. dazu Riedmaier, RiA 1978, 210ff. 418 Vgl. dazu E. Plog/A. Wiedow / G. Beck, BBG, Rdnr. 2 zu §171; Dürig, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Rdnr. 31 zu Art. 17 GG. 419 Vgl. dazu oben Abschn. III 4 c. 413

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bb) Disziplinargerichte: Um sich vom Verdacht eines Dienstvergehens zu reinigen, kann der Beamte die Einleitung eines förmlichen Dienstverfahrens gegen sich selbst beantragen (sog. Selbstreinigungsverfahren). Lehnt die Einleitungsbehörde den Antrag ab, und stellt sie zugleich in den Gründen ein Dienstvergehen fest oder läßt sie offen, ob ein Dienstvergehen vorliegt, so kann der Beamte die Entscheidung des Disziplinargerichts beantragen 420 . ccj Verwaltungsgerichte: Gemäß §§ 40 II S. 2 VwGO, 126 I BRRG ist für alle Klagen der Beamten421, Ruhestandsbeamten, früheren Beamten und der Hinterbliebenen aus dem Beamtenverhältnis der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Die Rechtswegzuweisung nach § 126 BRRG hat ausschließlich verfahrensrechtlichen Gehalt421®. Für das Verfahren in Beamtenrechtssachen gilt die Besonderheit, daß vor Erhebung aller Klagen aus dem Beamtenverhältnis, also auch bei Feststellungsklagen und auch wenn der Verwaltungsakt von der obersten Dienstbehörde erlassen worden ist, ein Vorverfahren erforderlich ist422. Problematisch und im Einzelfall oft schwierig zu entscheiden ist die Frage, welche Akte innerhalb des Beamtenverhältnisses zulässigerweise angefochten werden können. In der Lehre ist hierzu die Trennung zwischen (anfechtbaren) Akten, die das „Grundverhältnis" berühren, und (nicht anfechtbaren) Akten, die das „Betriebsverhältnis" berühren, entwickelt worden423. Das „Grundverhältnis" berühren danach alle diejenigen Maßnahmen, die den Bestand des Beamtenverhältnisses als solches betreffen (z. B.: Ernennung, Entlassung), dagegen das „Betriebsverhältnis" nur solche Maßnahmen, die sich aus der Betriebsordnung (z. B. Zuweisung der Dienstgeschäfte) ergeben424. Eine andere Auffassung sieht alle innerdienstlichen Maßnahmen zwar als Verwaltungsakte an, verneint aber in weitem Umfang das Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage425. Eine dritte Auffassung schließlich läßt den Rechtsschutz ohne Einschränkungen zu, verlegt also die Problematik von der Zulässigkeitsprüfung in die Begründetheitsprüfung 426 . Die Rechtsprechung neigt offensichtlich zur Unterscheidung zwischen „Grundverhältnis" und „Betriebsverhältnis", ohne indessen immer einheit420

§ 34 BDO. Nach OVG Koblenz ZBR 1964, 242 ist der Verwaltungsrechtsweg auch für die Klage eines „Nichtbeamten" auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung einer Zusicherung zur Einstellung gegeben. 42la BVerwG ZBR 1980, 385. 422 § 126 III BRRG; weitere Besonderheiten sind: § 52 Nr. 4 VwGO (Gerichtsstand); § 127 BRRG (erweiterte Zulassung der Revision, Nachprüfung von Landesrecht). 423 Ule, VVDStRL 15 (1957) S. 152ff. 424 Vgl. dazu Ule, VerwProzR, Anhang zu § 32 V mit zahlreichen Beispielen. 425 K. Obermayer, Verwaltungsakt und innerdienstlicher Rechtsakt, 1956, S. 168 ff. 426 Dürig, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Rdnr. 25, 26 zu Art. 19 IV, der insoweit keine Besonderheiten für Klagen im Beamtenverhältnis anerkennt; Paetzold, DVB1. 1974, 454ff., 455. 421

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lieh zu judizieren 427 . Das BVerwG sieht in innerdienstlichen Anordnungen anfechtbare Verwaltungsakte nur dann, wenn sich die potentiellen Wirkungen der Anordnungen nicht auf die Stellung des Beamten als Amtsträger beschränken, sondern sich — über die Konkretisierung der Gehorsamspflicht hinaus — auch auf dessen Stellung als eine dem Dienstherrn mit selbständigen Rechten gegenüberstehende Rechtspersönlichkeit erstrecken 428 . Die Verwaltungsaktseigenschaft ist z. B. bejaht worden für: Zurücknahme der Ernennung 429 , Entlassung 430 , Versetzung in den Ruhestand und ihr Widerruf 3 1 , Festsetzung des allgemeinen Dienstalters 432 , Einweisung in eine andere Besoldungsgruppe 433 , Anordnung der Zurückzahlung überzahlter Bezüge 434 , Zwangsbeurlaubung 435 , Verlangen auf Nachweis einer Erkrankung durch amtsärztliches Zeugnis 436 , Änderung des Unterrichtsauftrages eines Lehrers, wenn die Anordnung seine Belange zu beeinträchtigen geeignet ist436". Auch gegen dienstliche Beurteilungen 437 und gegen mißbilligende Äußerungen des Dienstvorgesetzten 438 ist verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz gegeben. Dagegen ist die Anfechtbarkeit verneint worden für: Aufforderung zur Eidesleistung 439 , Umsetzung (d. h. Übertragung anderer Dienstgeschäfte innerhalb derselben Behörde), es sei denn, es wird der subjektive Rechtsstand des Beamten berührt 440 , Festsetzung des Kaufkraftausgleichs für Beamte mit dienstlichem Wohnsitz im Ausland 441 , Versagung einer Dienstreisegenehmigung 442 .

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Vgl. Dürig, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Rdnr. 25 zu Art. 19 IV. BVerwG E 14, 84. Vgl. auch OVG Münster ZBR 1978, 66. 429 BVerwG E 16, 343. 430 BVerwG DÖV 1954, 374. 431 BVerwG ZBR 1965, 85. 432 BVerwG E 19, 19. 433 Bad.-Württ. VGH ZBR 1960, 19. 434 BVerwG ZBR 1959, 224. 435 OVG Münster ZBR 1962, 13. 436 VGH Bad.-Württ. ZBR 1975, 322. 436a O V G Lüneburg D Ö D 1981, 276. 437 BVerwG E 21, 129; 28, 191 ff. - a. A.: OVG Hamburg DVB1. 1955, 131; vgl. auch Hartstang, RiA 1970, 41 ff. — Da die Neufassung der BLV vorsieht, daß die Förderung der Mitarbeiter und ihrer beruflichen Entwicklung sich mehr als bisher an Befähigung und Leistung orientieren soll, ist es jetzt besonders notwendig, zu gerechten Beurteilungen zu gelangen. 438 VGH Bad.-Württ. ZBR 1977, 165. 439 OVG Münster DVB1. 1951, 418; Str., a. A.: Ule, VerwProzR, Anhang zu § 32 V 1. 440 OVG Münster DVB1. 1974, 472. 441 OVG Münster ZBR 1975, 128; BVerwG ZBR 1975, 226ff.; vgl. dazu auch Buhren, ZBR 1975, 205 ff. 442 BayVGH ZBR 1973, 218f. 428

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IV. Reciit der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst Das Recht der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst ist teils vom Beamtenrecht verschieden, teils ihm auch sehr ähnlich; es ist deshalb besonders wichtig, weil die Angestellten und Arbeiter mit fortschreitender Entwicklung der modernen Industriegesellschaft Stellen mit wachsender Verantwortung ausfüllen und zahlenmäßig die größte Gruppe innerhalb des öffentlichen Dienstes bilden 443 . Die große Bedeutung des Rechts der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst steht in auffallendem Kontrast zu der — gemessen am Beamtenrecht — weitaus spärlicheren Behandlung in der Rechtswissenschaft 443 ". 1. Begriff der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst Die Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst sind Arbeitnehmer, die in den Diensten einer juristischen Person des öffentlichen Rechts stehen, ohne Beamte im staatsrechtlichen Sinne zu sein. Die Abgrenzung erfolgt also nach einem formalen Kriterium444. Unbeachtlich ist mithin, ob die Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst hoheitliche oder nichthoheitliche Aufgaben erfüllen; auch wenn sie Hoheitsbefugnisse ausüben, was allerdings wegen des nach h. L. nur für den öffentlichen Dienst im engeren Sinne (d. h. für Beamte) geltenden Funktionsvorbehaltes in Art. 33 IV G G nur ausnahmsweise zulässig ist445, so bleiben sie Angestellte und Arbeiter. Es besteht kein Anlaß, den Funktionsvorbehalt aufzugeben; jedoch werden mehr und mehr Zweifel daran geäußert, ob z. B. Lehrer in der Regel Beamte sein müssen 4453 .

2. Begründung des Dienstverhältnisses Das Dienstverhältnis der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst wird durch privatrechtlichen Dienstvertrag begründet. Ob ein Dienstverhält443

Dazu oben Abschn. II 2 a. Vgl. dazu Isensee, Der Tarifvertrag als Gewerkschafts-Staats-Vertrag, in: Leisner (Hrsg.), Das Berufsbeamtentum im demokratischen Staat. Beiträge zum Dienstrecht und zur Dienstrechtsreform, 1975, S. 23 ff. (S. 25). 444 Dazu oben Abschn. I 2 c. 445 Grundsätzlich zum Funktionsvorbehalt Benndorf, DVB1. 1981, 23ff.; Leisner, Der Beamte als Leistungsträger. Die Anwendung des beamtenrechtlichen Funktionsvorbehalts — Art. 33 IV GG — auf die Leistungsverwaltung, in: Leisner (Hrsg.), Das Berufsbeamtentum im demokratischen Staat, S. 121 ff.; Loschelder, ZBR 1977, 265ff. m. w. Hinw.; Matthew in : von Münch, GGK, Bd. 2, Rdnr. 30 zu Art. 33. ^ Z u t r e f f e n d bejahend Leisner, ZBR 1980, 361 ff.; skeptisch Bull und Rudolf, VVDStRL 37 (1979), S. 303. 4433

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nis als Angestellter oder als Arbeiter begründet werden soll, hängt vom Willen der Vertragspartner und von den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen ab. Die Ausgestaltung der Dienstverhältnisse richtet sich grundsätzlich nach den Tarifverträgen. Für die Angestellten des Bundes, der Länder und Gemeinden gilt der Bundesangestelltentarif (BAT) vom 23. Februar 1961446, für die Arbeiter des Bundes der (zweite) Manteltarifvertrag (MTB II) vom 27. Februar 1964, für die Arbeiter der Länder der (zweite) Manteltarifvertrag (MTL II) vom 27. Februar 1964 und für die Arbeiter der Gemeinden der (zweite) Bundesmanteltarifvertrag (BMT-G II) vom 31. Januar 1962. Daneben gibt es für spezielle Berufsgruppen (z. B.: BBahn; BPost; künstlerisches Personal der Theater) noch spezielle Sonder-Tarifverträge.

3. Inhalt des Dienstverhältnisses Das Dienstverhältnis der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst ist ein privatrechtlich begründetes und damit formell privatrechtliches Rechtsverhältnis, das aber inhaltlich (materiell) dem Beamtenrecht stark angenähert ist. Es bildet daher ein Dienst- und Treueverhältnis besonderer Art. Sein Inhalt ergibt sich im einzelnen aus den genannten Tarifverträgen und aus den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften (z. B. §§611 ff. BGB, 105 ff. GewO); häufig wird auch auf beamtenrechtliche Vorschriften verwiesen 447 . a) Pflichten: Als wichtigste Pflichten seien hier genannt: die Pflicht zur gewissenhaften und unparteiischen Diensterfüllung, die Pflicht zur Befolgung von Weisungen, die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit, die Pflicht, keine Belohnungen in bezug auf eine dienstliche Tätigkeit anzunehmen, die Genehmigungspflicht für Nebentätigkeiten, die Pflicht zum Eintreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung 4 4 8 und die Pflicht innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordern 449 . Abweichend vom Beamtenrecht besteht keine Remonstrationspflicht. Auch ist kein Diensteid, sondern nur ein Gelöbnis zu leisten 4493 ;

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H. Clemens / O. Scheuring / W. Steingen / F. Wiese / H. Fohrmann, Kommentar zum Bundes-Angestelltentarifvertrag — BAT 1961 ff., Stand: August 1981 (Loseblattwerk); H. Spiertz, BAT. Vergütung der Angestellten. Vergütungstabellen, 2. Aufl., 1978. 447 Z . B . §§31, 32 BAT. 448 BVerfG E 39, 334 (355f.); G K Ö D IV, R z . l 9 f f . zu § 8 BAT. 449 Vgl. §§6, 8, 9, 11 BAT; §§9, 11, 12, 13 MTB II; §§9, 11, 12, 13 MTL II; §§8, 10 BMT-G II. 4492 Vgl. §§ 1, 2 G über die förmliche Verpflichtung nichtbeamteter Personen (VerpflichtungsG) vom 2. März 1974 (BGBl. 1974 I, S. 547).

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in der Verweigerung des Gelöbnisses wird ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung gesehen450. Die Pflicht zur Verfassungstreue gilt auch für die Angestellten im öffentlichen Dienst4503. b) Rechte: Neben dem Recht auf Dienstbezüge 451 (hier nicht: Alimentationstheorie) haben die Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst ein Recht auf Schutz und Fürsorge452 (z. B. durch Beihilfen), Einsicht in die Personalakten, Anhörung vor Aufnahme von ungünstigen Beurteilungen in die Personalakten453 und ein Recht auf Ausstellung eines Dienstzeugnisses 454 . Umstritten ist, ob ihnen das Streikrecht zusteht. Die neuere und wohl h. L. bejaht dies im Prinzip455, macht aber Ausnahmen für die Erfüllung lebenswichtiger Funktionen4553. Gewisse Notdienstpflichten sind jedenfalls auch dem Streikrecht der Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst immanent.

4. Beendigung des Dienstverhältnisses Das Dienstverhältnis der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst kann — abgesehen vom Todesfall, von Vereinbarung der Beteiligten oder vom Zeitablauf bei Dienstverhältnissen auf Zeit455b — durch ordentliche oder außerordentliche (fristlose) Kündigung enden. Abweichend von anderen privatrechtlich begründeten Arbeitsverhältnissen gelten für die ordentliche 450

Otto. a. a. O.. S. 51. B V e r f ü E 39, 334ft. (355). Vgl. auch BAG NJW 1981, 71 ff. (Lehrer). 451 Vgl. §§ 26ff. BAT; §§ 21 ff. MTB II; §§ 21 ff. MTL II; §§ 18ff. BMT-G II. - Zur Versorgung vgl. Gilbert / Hesse, Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes (Loseblatt), 1975 ff. 452 Bsp.: Aufklärungspflicht des Arbeitgebers über die Steuerpflichtigkeit eines dem Arbeitnehmer gezahlten Honorars (BAG RiA 1978, 20). 453 Fürsorgepflichtverletzung, wenn Strafurteile in Personalakten gelangen, obwohl sie beschränkter Auskunft unterliegen (BAG RiA 1978, 19). 454 Vgl. § 13 BAT, § I I a MTB II; § 13a MTL II; § 11 a BMT-G II. 455 H. P. Schneider, Beamte im Streikeinsatz? Umfang und Grenzen der Beamtenpflichten bei Streiks von Angestellten und Arbeitern im öffentlichen Dienst, in: Recht auf Streik im öffentlichen Dienst. Schutz des Koalitionsrechts der Arbeiter und Angestellten bei der Deutschen Bundespost (Hrsg.: Deutsche Postgewerkschaft. Hauptvorstand), 1981, S. 9 ff. (14); F. Wagener, VVDStRL 37 (1979), S. 228 Fn. 49; a. A.: Isensee, a. a. O., S. 38; 455a Nachw. bei H. P. Schneider, a. a. O., S. 14 Fn. 29; speziell zum Streik in kommunalen Versorgungsunternehmen: von Münch, DÖV 1960, 294ff. 455b Zu befristeten Arbeitsverträgen im öffentlichen Dienst vgl. F. Jobs / P. Bader, Beil. Nr. 21/81 zuDB 1981 H. 38 (unzutreffend die dort [S. 6] vertretene Ansicht, daß die Förderung wissenschaftl. Nachwuchses kein sachlicher Grund für die Befristung des Arbeitsverhältnisses sei). 450a

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Kündigung längere Fristen; nach 15 Jahren Dienst (aber frühestens nach Vollendung des 40. Lebensjahres) ist eine ordentliche Kündigung nicht mehr möglich 456 . Die außerordentliche Kündigung kann nur aus wichtigem Grund erfolgen 457 . Zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit einer Kündigung sind, wie für alle Rechtsstreitigkeiten aus dem Dienstverhältnis der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst, die Arbeitsgerichte zuständig. Disziplinarverfahren kennt das Recht der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst nicht. Grundlage des Versorgungssystems der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst ist das allgemeine Sozialversicherungsrecht; jedoch haben die Tarifverträge eine Zusatzversorgung geschaffen, deren Ziel eine dynamische Gesamtversorgung ist, die mit der Höhe des Ruhegehalts der Beamten konkurrieren kann 458 . Für Rechtsstreitigkeiten aus der Zusatzversorgung ist der Rechtsweg zu den Zivilgerichten eröffnet, da die Rechtsbeziehungen der Rentner zur Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (anders als zu den Trägern der Sozialversicherung) privatrechtlicher Natur sind 459 .

V. Personalvertretung Das Personalvertretungsrecht ist eine wichtige Erscheinungsform des kollektiven öffentlichen Dienstrechts 459a . Grundgedanke des Personalvertretungsrechts ist es, mit den Personalvertretungen Stellen zu schaffen, die — im Spannungsfeld zwischen sozialem Schutzauftrag und demokratischer Regierungsverantwortung stehend 460 — zu Verbesserungen der Arbeitsbedingungen und der menschlichen Beziehungen beitragen. Das Bundespersonalvertretungsgesetz 461 und die innerhalb der Rahmenvorschriften (Art. 75 Nr. 1 4S6

Vgl. § 55 BAT. 4 5 7 Vgl. § 54 BAT. 4 5 8 Vgl. Otto, a. a. O., S. 76. BSG NJW 1972, 2151 f.; Otto, a. a. O., S. 77. 459a Vgl. J. Faber, Personalvertretung und Mitbestimmung im öffentlichen Dienst in der Bundesrepublik Deutschland und in Frankreich, 1979; D. Rogallas, Beamtenmitsprache im Neuner-Europa, 1978. 460 Dazu: Söllner, RdA 1976, 64ff. 461 BPersVG vom 15. März 1974 (BGBl. I, S. 693), zuletzt geänd. durch G vom 25. April 1975 (BGBl. I, S. 1005). Dazu Wahlordnung (BPersVWO) vom 23. Sept. 1974 (BGBl. I S. 2337); zu dieser vgl. H. Dietrich. ZBR 1975, 46ff. - Zu den Personalvertretungsgesetzen des Bundes und der Länder vgl. R. Dietz / R. Richardi, Bundespersonalvertretungsgesetz unter Berücksichtigung der Landespersonalvertretungsgesetze, 2. Aufl. 1978; Fischer / Goeres, Personalvertretungsrecht des Bundes und der Länder, 1975; R. Geffken, Bundespersonalvertretungsgesetz, 1976; Grabendorff/ Windscheid / Ilbertz, Bundespersonalvertretungsgesetz, mit Wahlordnung 5. Aufl. 1981; U. Lorenzen / K. Eckstein, Bundespersonalvertretungsgesetz, 4. Aufl. 1975ff. (Loseblattslg.); R. Weis, Personalvertretungsrecht in Rechtsprechung und Schrifttum, (Bund und Länder), 1978ff. (Loseblattslg.); K. Winkler, Die Personalvertretungsgesetze des Bundes und der Länder. Entscheidungsslg. (Lo459

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GG) 4 6 ' 3 der § § 9 5 - 1 0 6 BPersVG zulässigen Personalvertretungsgesetze der Länder 4 6 2 bilden also eine die Besonderheiten des öffentlichen Dienstes berücksichtigende Parallele zum BetriebsverfassungsG 4 6 3 . Das (neue) Bundespersonalvertretungsgesetz 4 6 4 hat die Stellung der Gewerkschaften im System der Personalvertretung ausgebaut, den Schutz für die Träger personalvertretungsrechtlicher Funktionen unterstrichen, die Stellung des Personalrates gestärkt, die Jugendvertretung mit erheblichen Rechten ausgestattet und vor allem die förmlichen Beteiligungsrechte der Personalvertretungen bei innerdienstlichen Maßnahmen des Dienststellenleiters erweitert. Organe der Personalvertretung, die bei jeder Dienststelle (Behörde) eingerichtet werden müssen, sind der Personalrat und die Personalversammlung. Zu Einzelheiten gibt es inzwischen eine kaum noch übersehbare Rechtsprechung 4643 . 1. Personalrat Der Personalrat wird von den Beschäftigten der Dienststelle 4 6 4 b nach dem Prinzip der Gruppenwahl in geheimer und unmittelbarer Wahl 4 6 5 gewählt, seblatt), 1973ff.; M. Schwarz / A. Killinger, Das neue Personalvertretungsrecht in Baden-Württemberg, PersV 1976, 281 ff.; K. Schelter, Bayerisches Personalvertretungsgesetz, 1978; C. H. Germelmann, Personalvertretungsgesetz Berlin, 1975 ff. (Loseblattslg.); R. Großmann / R. Mönch / U. Rohr, Bremisches Personalvertretungsgesetz, 1979; H. Engelhardt / G. Ballerstedt / Schleicher, Personal Vertretungsgesetz für das Land Niedersachsen, 3. Aufl. 1973; R. Spohn, Personalvertretungsgesetz für das Land Niedersachsen, 1977; Hävers, Personalvertretungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, 4. Aufl. 1979; W. Hanßen / E. Krieg / K. Orth / H. Welkoborski, Kommentar zum Landespersonalvertretungsgesetz NordrheinWestfalen, 1977; H. Schmidt / F. J. Reinartz, Personalvertretungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, 1975; Donalies, Personalvertretungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein, 1977. 461 "Zum Umfang der weitgehend eigenständigen Regelungsbefugnis der Länder innerhalb dieses Rahmens vgl. BVerfGE 7, 127; 9, 288; 51, 54. - Unmittelbar für die Länder geltende Vorschriften sind die §§ 107-109 BPersVG (zu § 108 II: BVerfGE 51, 52 f.). 462 Eine Übersicht über die z. Zt. in den Bundesländern geltenden Personalvertretungsgesetze findet sich in Grabendorff / Windscheid / Ilbertz, a. a. O., S. 82 f. 463 K. Fitting/ F. Auffahrt / H. Kaiser, Betriebsverfassungsgesetz nebst Wahlordnung, 13. Aufl. 1981, Anm. 4 zu § 130. 464 Dazu Dietrich, ZBR 1974, 113ff. - Zum bayerischen PersVG vgl. G. Ballerstedt, ZBR 1974, 220ff. 464a Vgl. z. B. die Zusammenstellung von Windscheid, ZBR 1980, 258 ff. 464b Zum Begriff der Beschäftigten einer Dienststelle vgl. BVerwG ZBR 1981, 69. 465 Vgl. § 19 I BPersVG. Nachträgl. Verzicht auf Wahlgeheimnis ist — auch zur Aufdeckung des Verdachts von Unregelmäßigkeiten bei der Wahl — unzulässig: BVerwGE 49, 75 ff. Zur gerichtl. Überprüfung von Personalratswahlen vgl. G.-St. Thiele, PersV 1976, 401 ff.

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d. h. die Beamten, Angestellten und Arbeiter wählen in getrennten Wahlgängen nach dem Prinzip der Verhältniswahl so viele Personalratsmitglieder, wie es ihrem Anteil an der Gesamtzahl der Bediensteten in der Dienststelle entspricht 466 ; wichtig ist dabei auch der Minderheitenschutz für zahlenmäßig schwache Gruppen 467 . Wahlbewerber dürfen — allerdings nur in eng begrenztem Umfang — für sich Wahlwerbung betreiben 4672 . Der Personalrat ist Repräsentant der Gesamtheit der Beschäftigten. Die Personalratsmitglieder müssen sich deshalb bei ihrer Tätigkeit so verhalten, „daß das Vertrauen der Verwaltungsangehörigen in die Objektivität und Neutralität ihrer Amtsführung nicht beeinträchtigt wird" 467b . Obwohl die Personalvertretungen nicht zur Unterstützung der spezifischen Ziele der Koalitionen tätig werden 4670 , ist gewerkschaftliche Werbung durch Personalratsmitglieder nicht absolut verboten; eine solche Werbung ist jedoch dann pflichtwidrig, wenn sie „nachhaltig und unter Druck"betrieben wird 467d . Die Abwahl eines Personalratsmitgliedes während der laufenden Wahlperiode ohne besonderen Grund ist nicht möglich 467e . Personalratsmitglieder sind zur Erfüllung ihrer Aufgaben ganz oder teilweise von ihrer dienstlichen Tätigkeit freizustellen467^. Eine Freistellung hat auch für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen zwecks Erlangung der erforderlichen personalvertretungsrechtlichen Kenntnisse zu erfolgen, was in der Praxis häufig zu Streitfällen führt 4678 . Der Personalrat ist das geschäftsführende Organ der Personalvertretung 468 . Zusammen mit der Dienststelle hat er darüber zu wachen, daß alle in der Dienststelle tätigen Personen nach Recht und Billigkeit behandelt werden 469 . Der Personalrat kann Beschwerden entgegennehmen und ist vor allem in sozialen Angelegen-

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Vgl. §§ 5, 17 BPersVG. 4 6 7 Vgl. § 33 S. 2 BPersVG. V G Sigmaringen ZBR 1979, 346 m. zust. Anm. von Windscheid, S. 347. 467b Vgl. § 67 I S. 2 BPersVG u. die entspr. Best, in den LPersVG. 467c B V e r f G E 51, 77ff. 467d BVerwG ZBR 1979, 377. 467e BVerfGE 51, 77ff. (betr. Brem. PersVG) = DVB1 1979, 458ff. m. Anm. von R. Mönch, S. 462ff. Zum Ausschluß eines Personalratsmitgliedes vgl. BVerwG ZBR 1980, 191. 467f V g l . § 46 I I I - V BPersVG. Vgl. dazu BVerwG ZBR 1981, 106 und - zur Rechtsnatur einer Streitigkeit über die Auswirkung der Freistellung vom Dienst eines beamteten Personalratsmitgliedes auf die Arbeitszeitberechnung — BVerwG ZBR 1981, 288. 467g Vgl. § 46 VI BPersVG. Vgl. dazu BVerwG ZBR 1979, 23 ff. und - auch zum Unterschied zwischen § 46 VI und § 46 VII - BVerwG ZBR 1979, 310ff. 468 Zu Aufgaben und Funktion des Personalrats vgl. O. E. Starke, DÖV 1975, 899ff.; zur Anfechtung von Beschlüssen des Personalrats vgl. Windscheid, PersV 1977, 125 f. 469 Vgl. § 67 I S. 1 BPersVG. 467a

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heiten, in Fragen des Arbeitsschutzes und in Personalangelegenheiten mitbeteiligt470. Die Beteiligung ist abgestuft nach voller Mitbestimmung, eingeschränkter Mitbestimmung und Mitwirkung. Maßnahmen, die der sog. vollen Mitbestimmung471 unterliegen — z. B. Einstellung47 la , Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit472, Gestaltung der Arbeitsplätze von Angestellten und Arbeitern, Maßnahmen zur Hebung der Arbeitsleistung und Erleichterung des Arbeitsablaufs472", Zuweisung und Kündigung von Dienstwohnungen 473 , Sozialeinrichtungen4732, Beurteilungsrichtlinien473b, Inhalt von Personalfragebogen für Angestellte und Arbeiter4730, Regelung der Ordnung in der Dienststelle und des Verhaltens der Beschäftigten473*1 — können nur mit Zustimmung des Personalrates getroffen werden. Verweigert der Personalrat die Zustimmung und kommt eine Einigung nicht zustande, so kann der Leiter der Dienststelle oder der Personalrat die betreffende Angelegenheit der obersten Dienstbehörde vorlegen. Im Fall der Nichteinigung zwischen der obersten Dienstbehörde und der an ihr bestehenden Personalvertretung entscheidet endgültig eine unabhängige Einigungsstelle474. Maßnahmen, die der sog. eingeschränkten Mitbestimmung475 unterliegen — z. B. Einstellung476, Beförderung, Abordnung von Beamten — können ebenfalls nur mit Zustimmung des Personalrates getroffen werden. Bei Verweigerung der Zustimmung und im Fall der Nichteinigung beschließt die Einigungsstelle eine (rechtlich nicht bindende) Empfehlung an die oberste Dienstbehörde, die sodann selbst entscheidet477. 470

Vgl. §§ 75 ff. BPersVG. 471 Vgl. § 75, 76 BPersVG. Verlängerung eines Zeitvertrages ist eine Einstellung i. S. des § 75 I Nr. 1 BPersVG: BVerwG ZBR 1979, 279. 472 Zur Frage, ob dazu auch die Anordnung bzw. Festsetzung von Überstunden gehört, vgl. Schwerdtfeger, ZBR 1977, 176 ff. 472a Modellversuch einer Privatisierung, der die Arbeitsplätze unberührt läßt, fällt nicht hierunter: BVerwG ZBR 1981, 257ff. (Bahnbusverkehr). 473 Dazu Sennekamp, ZBR 1975, 75 ff. 473a BVerwG ZBR 1979, 342ff. 473 b BVerwG ZBR 1981, 71 ff. („Orientierungsbeurteilungen"). 473c Z u m Begriff Personalfragebogen: BVerwG ZBR 1981, 132f. 473d § 75 III Nr. 5 BPersVG erfaßt nur generelle, von allen zu beachtende Vorschriften nicht jedoch Einzelmaßnahmen wie die Mißbilligung eines Arbeitnehmers: BVerwG DVB1. 1979, 469 f. (dort auch zur Überprüfung der Arbeitsplätze). 474 Vgl. § § 6 9 IV S. 1, 71 BPersVG. Zu Errichtung, Verfahren und Entscheidung H. Kunze, PersV 1977, 161 ff.; zur gerichtl. Überprüfung ihrer Beschlüsse: M. Witzel, PersV 1977, 281 ff. 475 Vgl. § 76 BPersVG. 476 Ein Beteiligungsrecht an den der Entschlußfassung vorausgehenden Tätigkeiten — z. B.: Einstellungsgespräch - besteht nicht: OVG Rh.-Pfalz DÖV 1977, 858ff. 477 Vgl. §§ 69 IV S. 3 u. 4, 71 BPersVG. Zur Zustimmungsverweigerung allg. vgl. W. Franz, ZBR 1980, 143 ff. 471 a

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Bei Maßnahmen, die nur der Mitwirkung478 unterliegen — z. B. Vorbereitung von Verwaltungsanordnungen einer Dienststelle für die innerdienstlichen, sozialen und persönlichen Angelegenheiten der Beschäftigten ihres Geschäftsbereichs, Auflösung, Verlegung oder Zusammenlegung von Dienststellen, Einleitung eines förmlichen Disziplinarverfahrens gegen Beamte 479 , Kündigung von Arbeitnehmern — braucht der Personalrat nur gehört zu werden 480 . In Eilfällen („bei Maßnahmen, die der Natur der Sache nach keinen Aufschub dulden") kann der Dienststellenleiter bis zur endgültigen Entscheidung vorläufige Regelungen treffen 4803 . Im Fall der Nichteinigung entscheidet ohne Einschaltung der Einigungsstelle die nächsthöhere Dienststelle, und — wenn wiederum keine Einigung erfolgt — die oberste Dienstbehörde (sog. dreistufiges Verfahren). Erfüllt eine beabsichtigte Maßnahme mehrere Beteiligungstatbestände, die unterschiedliche Beteiligungsrechte auslösen, so greift nur das weniger weitgehende Beteiligungsrecht ein, wenn der Gesetzgeber unter Beachtung der rahmenrechtlichen Vorschrift des § 104 BPersVG nur diese schwächere Form der Beteiligung gewähren wollte 480b . Die Folgen der unterlassenen Beteiligung sind jedoch in allen Fällen gleich, nämlich Rechtswidrigkeit (d. h. bei einem Verwaltungsakt Anfechtbarkeit) der getroffenen Maßnahme 4 8 1 . Dienststelle und Personalrat sollen vertrauensvoll zusammenarbeiten, dürfen den Frieden in der Dienststelle nicht gefährden und keine Arbeitskampfmaßnahmen gegeneinander führen 482 . Der Personalrat darf sich in der Dienststelle nicht parteipolitisch betätigen 483 , auch nicht die einzelnen Personalratsmitglieder 484 . Der Aufbau der Personalvertretung soll den Verwaltungsaufbau der Behörden widerspiegeln. Deshalb werden im Bereich mehrstufiger Verwaltungen

478

Vgl. §§ 78, 79, 72 IV BPersVG. Dazu Weinmann, ZBR 1975, 136ff.; nicht aber bei nichtförmlichen Disziplinarmaßnahmen: Windscheid, ZBR 1975, 280f. Allg. dazu Schnupp, PersV 1978, 280ff. 480 Dazu P. Bopp / J. Goller, Beteiligung des Betriebs- und Personalrats bei Kündigungen, 1979. — In einigen Bundesländern (so in Hessen — § 64 I Nr. 2 g hess. PersVG) steht dem Personalrat bei der ordentlichen Kündigung nicht nur ein Mitwirkungsrecht, sondern ein Mitbestimmungsrecht zu; dies gilt nicht für ein faktisches Arbeitsverhältnis oder eine ohne Wissen des Arbeitgebers aufgenommene Tätigkeit: BVerwG ZBR 1979, 279f. 480a V g l § 6 9 v BPersVG. Für weite Auslegung R. Fischer, ZBR 1979, 322ff., für enge Auslegung K. Klein, ZBR 1980, 57f. 480b BVerwG ZBR 1981, 72f. (BlnPersVG). 481 Dazu Scheerbarth, a. a. O., S. 228f. 4 8 2 Vgl. § 66 II BPersVG. 483 Vg. § 67 I S. 3 BPersVG; zur gewerkschaftl. Betätigung vgl. oben Abschn. III 4 d bb). 484 OVG Berlin ZBR 1976, 92 f. 479

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bei den Mittelbehörden Bezirkspersonalräte, bei den obersten Dienstbehörden Hauptpersonalräte gebildet (sog. Stufenvertretung)m. Sinn dieser der behördlichen Verwaltungshierarchie entsprechenden Gestaltung ist es, zu vermeiden, daß die übergeordnete Behörde auf Grund ihres allgemeinen Weisungsrechtes oder im Bereich ihr vorbehaltener Entscheidungen gegenüber der untergeordneten Behörde den Einfluß der zur Beteiligung berechtigten Personalvertretung ausschalten könnte 486 . Die Frage, wer im Beschlußverfahren in Personalvertretungssachen Beteiligungsbefugnis besitzt, ist Tatfrage des Einzelfalles und nach materiellem Recht zu entscheiden 4863 . 2. Personalversammlung Die Personalversammlung ist die Versammlung aller Bediensteter der Dienststelle 487 . Sie findet als ordentliche Personalversammlung einmal im Jahr statt, sowie bei Bedarf als außerordentlich einberufene Versammlung. Auf der ordentlichen Personalversammlung erstattet der Personalrat einen Tätigkeitsbericht; im übrigen kann die Personalvertretung durch Anträge an den Personalrat und Stellungnahmen zu seinen Beschlüssen alle Angelegenheiten behandeln, die in die Zuständigkeit des Personalrates fallen.

VI. Bundes-(Landes-)Personalausschuß Zur Objektivierung der Personalverwaltung 488 ist im Bund und in den meisten Bundesländern ein als unabhängiges, nicht an Weisungen gebundes Organ konstituierter Bundes-(Landes-)Personalausschuß gebildet worden 489 . Die Aufgaben z. B. des Bundespersonalausschusses sind 490 : Mitwirkung bei der Vorbereitung allgemeiner Regelungen der beamtenrechtlichen Verhältnisse; Mitwirkung bei der Vorbereitung über die Ausbildung, Prüfung und Fortbildung von Beamten; Entscheidung über die allgemeine Anerkennung von Prüfungen; Stellungnahme zu Beschwerden von Beamten und zurückgewiesenen Bewerbern in Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung; Vorschläge zur Beseitigung von Mängeln in der Handhabung der beamtenrechtlichen Vorschriften. Neben der Mitwirkung in Form des Beratungsrechtes hat der Bundespersonalausschuß aber auch Entscheidungsrechte 491 (z. B. 485

Vgl. § 53 ff. BPersVG.

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BVerwG E 7, 255. D a z u Windscheid, ZBR 1980, 114f. - Vgl. auch BVerwG ZBR 1980, 59ff. (auch zum Begriff der Einführung einer grundlegend neuen Arbeitsmethode). Vgl. §§48 ff. BPersVG. E. Plog/A. Wiedow / G. Beck, BBG, Vorbem. 2 vor § 95; Scheerbarth, a. a. O., S. 114. Vgl. §§ 95ff. BBG; § 61 BRRG („Landespersonalämter"). Vgl. § 98 BBG. Vgl. §§ 8 II S. 2, 21 S. 2, 22 II, 24 S. 3, 41 II S. 1 BBG.

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Entscheidung über die Ausnahme vom Verbot der Sprungbeförderung). Soweit dem Bundespersonalausschuß Entscheidungsrechte übertragen sind, binden seine Beschlüsse die Behörde in der Weise, daß sie eine entsprechende Maßnahme treffen bzw. unterlassen muß. Die Entscheidung des Bundespersonalausschusses ist aber, da sie nur Voraussetzung für den Verwaltungsakt der Behörde ist, selbst kein Verwaltungsakt492. Die bisherige Tätigkeit der Personalausschüsse hat sich bewährt.

VII. Demokratisierung des öffentlichen Dienstes Neuerdings wird die Frage diskutiert, ob über die Mitbestimmung und Mitwirkung nach dem Personalvertretungsrecht493 hinaus im öffentlichen Dienst eine Mitbestimmung ähnlich derjenigen in der privaten gewerblichen Wirtschaft eingeführt werden soll494 (Stichwort: Verwirklichung allgemeiner Verfassungsgrundsätze in der inneren Struktur des öffentlichen Dienstrechts — sog. „Binnenkonstitutionalisierung"). Da gemäß Art. 20 I GG die Bundesrepublik ein demokratischer und sozialer Bundesstaat ist, könnte eine Vermutung dafür sprechen, daß der gesamte staatliche Organismus — also auch der öffentliche Dienst — diesem Strukturprinzip unterliegt, und zwar auch in seiner inneren Struktur. Eine Beschränkung des Demokratiegebotes und des Sozialstaatsgebotes auf oberste Verfassungsorgane ist weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn noch aus dem Zusammenhang des Art. 20 I GG ersichtlich. Da die in Art. 20 II GG niedergelegten Grundsätze gemäß Art. 79 III GG unabänderlich sind, 492

493

494

E. Plog A. Wiedow / G. Beck, BBG, Randnr. 14 zu § 98; zur Zulässigkeit der Klage eines Kommunalverbandes gegen eine beamtenrechtliche Entscheidung des Landespersonalausschusses BVerwG E 31, 345. Zu den verfassungsrechtl. Grundlagen und Grenzen des Personalvertretungsrechts (Personalvertretung — ein Stück „Demokratisierung der Verwaltung"?) vgl. K. Schelter, RdA 1977, 349ff. Vgl. Leisner, Mitbestimmung im öffentlichen Dienst, 1970; Ritter, JZ 1972, 107ff. (beide im Ergebnis ablehnend); Zeidler, DVB1. 1973, 719ff.; von Unruh, DVB1. 1974, 116ff,; Feindt, ZBR 1973, 353ff.; R. Scholz, ZBR 1980, 297ff. - Zur Frage der Mitbestimmung in kommunalen Versorgungsunternehmen vgl. Badura, in diesem Lehrbuch. Abschn. III 2 d Fn. 274; OLG Bremen DÖV 1977, 899ff. m. Anm. Püttner. S. 901 f.; (dazu auch JuS 1977, 684); Biedenkopf / Säcker, ZAR 1971, 211 ff.; Obermayer, Mitbestimmung in der Kommunalverwaltung, 1973; Zeller, Kommunale Mitbestimmung, 1972. — Der Bericht der Sachverständigenkommission zur Auswertung der bisherigen Erfahrungen bei der Mitbestimmung (Mitbestimmungskommission), 1970, nimmt zur Mitbestimmung im öffentlichen Dienst keine Stellung.

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müssen sie im Verhältnis zu Art. 33 V GG als höherrangig betrachtet werden, so daß auch diese Norm einer Demokratisierung des öffentlichen Dienstes nicht im Wege steht495. Die Demokratisierung des öffentlichen Dienstes im Sinne der direktiven Mitbestimmung stößt dagegen auf verfassungsrechtliche Bedenken: Die vollziehende Gewalt (d. h. auch der öffentliche Dienst) ist Teil der Staatsgewalt, die gemäß Art. 20 II S. 1 GG vom Volke ausgeht. Die in dieser Bestimmung verwendete Formulierung „alle Staatsgewalt geht vom Volke aus" bedeutet aber, daß alle Staatsgewalt vom ganzen Volke ausgeht, nicht nur von Teilen des Volkes. Da die vollziehende Gewalt Aufgaben der Allgemeinheit wahrnimmt, würde die Mitbestimmung der Angehörigen des öffentlichen Dienstes an den staatlichen Entscheidungen eine undemokratische Privilegierung dieser Personen bedeuten. Zusätzlich würde eine Eigenbestimmung der Aufgaben der vollziehenden Gewalt durch die Bediensteten selbst auch mit dem Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 II S. 2 GG) und der parlamentarischen Verantwortlichkeit der Regierung unvereinbar sein496.

VIII. Reformbestrebungen Grundsätzliche Reformüberlegungen wurden schon vor dem Ersten Weltkrieg und in der Weimarer Zeit angestellt497; Schwerpunkt war hierbei meist die Frage der Abgrenzung zwischen Beamten und Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes. Nach 1945 ist die Reformdiskussion erneut angelaufen 498 ; im Jahre 1970 haben der Deutsche Beamtenbund (DBB), der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), die Deutsche Angestelltengewerkschaft (DAG) und der Berliner Innensenator Neubauer Vorstellungen entwickelt499. Der Streit, der 495 496

497

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a. A.: Leisner, a. a. O. Vgl. dazu — wenn auch in anderem Zusammenhang — BVerfG E 9, 268 ff. Ablehnend auch — unter Hinweis auf das Demokratiegebot und die Verfassungswidrigkeit ständestaatlicher Regelungen W.Rudolf, W D S t R L 37 (1979), S. 214 (LS. 20). Zur Personalgewalt als Grenze der Mitbestimmung im öffentl. Dienst: Lecheler, PersV 1981, 1 ff. Potthoff, Probleme des Arbeitsrechtes, 1912, S. 61ff, 108ff., 145.; ders., Grundfragen des künftigen Beamtenrechts, 1923; Sinzheimer, Über den Grundgedanken und die Möglichkeit eines einheitlichen Arbeitsrechtes für Deutschland, 1914. Vgl. Ackermann, ZBR 1970, 147ff,; Finger, ZBR 1970, 137ff.; Ilbertz, ZBR 1970, 347ff,; Isensee, DÖV 1970, 397ff,; Schick, JZ 1970, 449ff,; Schönfelder, ZBR 1970, 278ff,; Siburg, ZBR 1970, 273ff,; Thieme, DÖV 1970, 537ff,; Ule, DVB1. 1970, 637 ff,; Wiese, DVB1. 1970, 644ff. - Reformen des öffentl. Dienstrechts standen auch im Ausland an; vgl. z. B. zur Rechtslage in Österreich G. Holzinger, ZBR 1979, 253 ff.; zu den USA (Civil Service Reform Act von 1978) J. Pietzcker, Staat 13 (1980), S. 157 ff. Vgl. DBb 1970, 10.

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auf dem 48. DJT in voller Schärfe ausgebrochen ist500, geht vor allem darum, ob das Beamtenrecht erhalten oder in einem einheitlichen Dienstrecht aufgehen soll, und ob - wie DGB und DAG fordern, der DBB ablehnt - das Beamtenrecht in ein (gesetzlich festgelegtes) Statusrecht und in ein (tarifvertraglich auszuhandelndes) Folgerecht aufgespalten werden soll, wobei das Statusrecht die grundsätzliche Rechtsstellung, das Folgerecht z. B. Besoldungsfragen umfassen soll. Auf Ersuchen des Bundestages hat der Bundesminister des Innern im Dezember 1970 eine „Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts" gebildet, die — zusammen mit umfangreichen Vorarbeiten 501 — einen Reformbericht erstellt hat 502 . Die Kommission hat sich für ein einheitliches Dienstrecht ausgesprochen, in dem die bisherigen Unterschiede zwischen dem Beamtenrecht und dem Recht der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst eingeebnet werden. Als Typen der Dienstverhältnisse sind vorgesehen: Dauerdienstverhältnis, Dienstverhältnis zur Erprobung, Dienstverhältnis zur Ausbildung. Für alle öffentlichen Bediensteten sollen die bisherigen Beamtenpflichten und ein einheitliches Dienstordnungsrecht anstelle des bisherigen Disziplinarrechts gelten. Für Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem öffentlichen Dienstrecht sollen die Verwaltungsgerichte zuständig sein. Die Laufbahnen sollen durchlässiger werden 5023 . In bezug auf die Versorgung sieht die Kommission als in Betracht kommende Alternative die gesetzliche Rentenversicherung aller Bediensteten durch den Dienstgeber. Keine Einigkeit bestand in der Kommission über das Regelungsverfahren, d. h. ob das Dienstrecht aller öffentlichen Bediensteten durch Gesetz (sog. Gesetzmodell) oder je nach Gegenstand teils durch Gesetz, teils durch Tarifvertrag (Gesetz-/Tarif-Modell) geregelt werden soll.

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Vgl. Thieme, Schäfer und Quaritsch, in Verhandlungen des 48. DJT, Sitzungsberichte S. O 11 - O 57, O 58ff., O 218f., Beschlüsse des DJT in NJW 1970, S. 2011 f.; Quaritsch, in Fs. f. Wacke, 1972, S. 29 ff. 501 Die Vorarbeiten, die u. a. rechtsvergleichendes Material enthalten, sind veröffentlicht in: Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts. Bd. 1 - 11, 1973. 502 Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts, Bericht der Kommission, 1973. Vgl. dazu Feindt, D ö D 1973, 153ff., 173ff., 198ff.; Finger, RiA 1973, 101 ff.; Loschelder, ZBR 1973, 189ff.; Neesse, ZBR 1974, 358ff.; Ule, DVB1. 1973, 442 ff. Vgl. auch Forsthoff/ von Münch / Schick / Thieme / F. Mayer, Verfassungsrechtliche Grenzen einer Reform des öffentlichen Dienstrechts, Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts, Bd. 5, 1973; F. Mayer, in: Fs. f. Scupin, 1973, S. 249 ff. - Kritisch Siedentopf, DV 12 (1979), S. 457 ff. 502a Vgl. dazu die einschlägigen Regelungen der inzwischen neugefaßten BLV; dazu J. Güssregen, D Ö D 1980, 73 ff.

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Die Bundesregierung hat am 19. Mai 1976 ein „Aktionsprogramm zur Dienstrechtsreform"50i verabschiedet 504 . Das Aktionsprogramm betrachtet die Reform des öffentlichen Dienstes als ständige Aufgabe, will die Dienstrechtsreform durch eine Verwaltungsreform ergänzt sehen, und bezeichnet als Ziele der Dienstrechtsreform die „Verbesserung der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes einschließlich einer Minderung der Kostenbelastung der öffentlichen Haushalte bei Gewährleistung angemessener Arbeitsbedingungen der im öffentlichen Dienst Tätigen." Inhaltlich konzentriert das Aktionsprogramm sich auf Personalsteuerung (d. h. Planung und Einzelentscheidung in den Bereichen Personalgewinnung, Personalauswahl und Personalverteilung sowie Aus- und Fortbildung) und Bezahlung. Angestrebt wird eine stärkere Anknüpfung an Funktion, Leistungsfähigkeit und Leistungen. Das Laufbahnsystem soll dahin fortentwickelt werden 505 , daß der Abschluß eines bestimmten Bildungsganges (z. B. Hochschule) nicht mehr dasselbe Gewicht hat wie bisher; gleichzeitig sollen die Laufbahnen untereinander durchlässiger werden. Erwogen wird der Gedanke, Spitzenpositionen auf Zeit zu übertragen 506 . Gesetzesvorhaben der Länder betreffen vor allem die Angleichung des Landesbeamtenrechts an das Bundesrecht. Baden- Württemberg beabsichtigt eine Änderung des LBG, wenn die in dem Entwurf eines Vierten (Bundes-)Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften (Bereinigungsgesetz) 507 vorgesehenen Änderungen des BRRG dies erfordern. In Berlin sind Änderungen des LBG vorgesehen, die vornehmlich der Angleichung des Landesbeamtenrechts an das (Bundes-)G zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 10. Mai 1980 und §27 StaatshaftungsG dienen, ferner eine Neufassung des LaufbahnG v. 5. Juni 1973, die u. a. ebenfalls eine Anpassung an das Bundesrecht (§§ 13, 14 BRRG) darstellt. In Hessen befinden sich die zur Anpassung notwendigen Änderungen noch im Vorstadium der Planung. Niedersachsen bereitet eine neue Regelung der Feststellung der Befähigung beim prüfungsfreien Aufstieg in die nächsthöhere Laufbahn vor, sowie eine Änderung der Nebentätigkeitsvorschriften unter Berücksichtigung des BereinigungsgesetzEntwurfes. In Nordrhein- Westfalen ist ein Zweites Gesetz zur Änderung des 503

Hrsg. v o n B M I , 1976. Übersicht über den Inhalt bei O. Schmidt, Z B R 1977, 117ff. Z u m A k t i o n s p r o g r a m m insges. vgl. Battis, DVB1. 1977, 6 6 3 f f . ; Kroppenstedt, DÖV 1977, 12ff.; Wiese, Z R P 1977, 2 2 6 f f . ; zu Einzelpunkten vgl. von Hammerstein, D Ö V 1977, 149ff.; ders., VerwArch. 69 (1978), S. 2 9 2 f f . ; Geyer, D Ö V 1977, 151 ff.; Kroppenstedt, D Ö V 1978, 4 7 9 f f . ; Schwegmann, D Ö V 1977, 155ff.; U. Becker, D Ö V 1977, 3 3 9 f f . ; Wunderer, D Ö V 1977, 341 ff.; Summer, D Ö V 1977, 3 4 5 f f . Kritisch: Siedentopf, D V 12 (1979), S. 457 ff. 505 D a z u K. König, D Ö V 1977, 343 ff.; F.Mayer, in: Fs. f. Ule, 1977, S. 349 ff.; H. Schröder, D Ö V 1977, 153 ff. - Zur N e u f a s s u n g der BLV vgl. o b e n S. 23 Fn. 78. 506 Zur verfassungsrechtl. Problematik vgl. Schwandt, Z B R 1976, 205 ff. A u s der Sicht der Verwaltungswissenschaft: Siedentopf, in: Fs. f. U l e , 1977, S. 177ff. 507 ß T - D r u c k s . 9 / 3 3 6 ; BRats-Drucks. 6 3 5 / 8 0 .

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BesoldungsG (Zweites Landesbesoldungsänderungsgesetz — 2. ÄndLBesG) beabsichtigt 5073 . Der Entwurf eines LandesG zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften in Rheinland-Pfalz501b befaßt sich u. a. mit Teilzeitbeschäftigung, Berufung in die Vertretungskörperschaft oder Regierung eines anderen Landes und Folgeregelungen aus den Funktionsverboten der GemeindeO für kommunale Ehrenbeamte. Das Elfte ÄnderungsG zur Änderung des saarländischen BeamtenG soll die Bestimmungen des Saarl. BeamtenG zur Staatshaftung neu regeln. In Schleswig-Holstein wie auch in Bayern sind z. Zt. keine konkreten Gesetzesvorhaben auf dem Gebiet des öffentlichen Dienstrechts geplant; für Schleswig-Holstein ist allerdings nicht auszuschließen, daß, wenn das Gesetzgebungsverfahren für das (Bundes-) BereinigungsG abgeschlossen ist, die Landesregierung sich zur Vorlage eines entsprechenden Landes-BereinigungsG entschließen wird. In Bremen ist eine Verordnung über die Vergütung von Nebentätigkeiten im bremischen öffentlichen Dienst und eine Änderung der bremischen Nebentätigkeitsverordnung geplant; auch soll — sofern der Bundesgesetzgeber tätig geworden ist — ein Zusatzurlaub für Schichtdienstleistende eingeführt werden. Unabhängig von allen diesen Vorstellungen wäre die wichtigste Reform, die ungeheure Aufblähung der Verwaltung zu stoppen und damit die Zahl der Beamten, Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst nicht weiter anschwellen zu lassen. Abwegig sind deshalb Vorstellungen, das Problem der Massenarbeitslosigkeit mit Hilfe einer personellen Ausweitung des öffentlichen Dienstes lösen zu können 508 . Dagegen ist eine stärkere Beschränkung der Nebentätigkeit von Beamten sinnvoll und rechtlich zulässig 509 .

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LT-Drucks. 9/1314.

507bLX.Drucks 508

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9 / g 0 0

Zum Problem Öffentl. Dienst und Arbeitsmarkt allg. vgl. Lecheler, ZBR 1980, 1 ff.; Kroppenstedt, DÖV 1978, 479ff. (484/485); von Münch, ZBR 1978, 125ff.; Scheuring, ZBR 1977, 385 ff. Weitere Hinw. bei F. Wagener, VVDStRL 37 (1979), S. 221. Eine solche Beschränkung ist vorgesehen im BereinigungsG (vgl. Fn. 507). Ablehnend: Benndorf, ZBR 1981, 84 ff. Für wertvolle Mitarbeit danke ich neben den in der 5. Aufl. Genannten noch Assessor Günther Hoog, Hochschulass. Dr. Philip Kunig und Referendar Otto Lampe.

ZWEITER ABSCHNITT Georg Christoph von Unruh

Gemeinderecht Literatur W. Andriske, Aufgabenneuverteilung im Kreis, 1978. E. Bauernfeind / R. Clauß / W. v. Müller / D. Seltner, Grundfragen des Erschließungsbeitragsrechts in der kommunalen Praxis, 1974. E. Becker, Gemeindliche Selbstverwaltung, Bd. 1. 1941. R. Beer/F. Laux, Die Gemeinde, 1977. W. Blümel / R. Grawert, Gemeinden und Kreise vor den öffentlichen Aufgaben der Gegenwart, W D S t R L 36 (1978), S. 171 ff. H. Borchert, Kommunalaufsicht und kommunaler Haushalt, 1976. ders., Legalitätsprinzip oder Opportunitätsprinzip für die Kommunalaufsicht, DÖV 1978, S. 721 f. D. Bröring, Die Verwaltungsgemeinschaft, 1973. J. Burmeister, Verfassungstheoretische Neukonzeption der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie, 1977. H. Croon / W. Hofmann / G. Chr. von Unruh, Kommunale Selbstverwaltung im Zeitalter der Industrialisierung, 1971. H.H. Dehmel, Übertragener Wirkungskreis, Auftragsangelegenheiten und Pflichtaufgaben nach Weisung, 1977. J. Eggers, Die Rechtstellung von Ausschüssen und anderen kollegialen Einrichtungen im Bereich der vollziehenden Gewalt, Diss. jur. 1969. Chr. Engeli / W. Haus, Quellen zum modernen Gemeindeverfassungsrecht in Deutschland, 1975. H.U. Erichsen / W. Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. Aufl., 1981. F. Erlenkämper, Die Stadt-Umland-Problematik der Flächenstaaten der Bundesrepublik Deutschland (Neue Schriften des Deutschen Städtetags, H. 39), 1980. K.H. Friauf/R. Wendt, Rechtsfragen der Kreisumlage, 1980. W. Frotscher, Die Ausgestaltung kommunaler Nutzungsverhältnisse bei Anschluß- und Benutzungszwang, 1974. R. Göb / E. Laux / J. Salzwedel / R. Breuer, Kreisentwicklungsplanung, 1974. O. Gönnenwein. Gemeinderecht, 1963. H. Görg, Geschichtliche Entwicklung und gegenwärtige Problematik des kommunalen Finanzsystems, in: Schriftenreihe der Hochschule Speyer, Bd. 8, 1959, S. 11 ff. R. Grawert, Gemeinden und Kreise vor den öffentlichen Aufgaben der Gegenwart, W D S t R L 36 (1978), S. 277 ff. H. Gröttrup, Die kommunale Leistungsverwaltung, 1973.

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Gesetze Verfassungsrechtliche

Grundlagen

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von

Kommunalgesetzen:

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Gliederung I. Verfassungsrechtliche Grundlagen und Entwicklung des Gemeindewesens . . . 1. Gemeinde und Gemeindeverbände im Grundgesetz 2. Die Herkunft der Gemeinde 3. Ursprung und Wandlungen der kommunalen Selbstverwaltung 4. Die kommunale Selbstverwaltung in der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland a) Grundordnung der Selbstverwaltungskörperschaften b) Die kommunalen Körperschaften c) Der Funktionsbereich der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften aa) Kommunale Angelegenheiten bb) Universalität des Wirkungsbereiches cc) Gliederung der kommunalen Aufgaben dd) Autonomie der Selbstverwaltungskörperschaften ee) Grundrechtsfähigkeit der Selbstverwaltungskörperschaften? II. Die kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften und ihre Verfassung 1. Die Gemeinde a) Die Gemeinde als Gebietskörperschaft aa) Wesen und Bestimmung bb) Gegliederte Einheit b) System der Gemeindeverfassungen (Magistratsverfassung, nord- und süddeutsche Ratsverfassung) c) Rechte und Pflichten des Gemeindeeinwohners d) Namens-und Wappenrecht e) Wirtschaftliche Betätigung und kommunale Versorgungsunternehmen.. 2. Der Kreis a) Kreisverfassung b) Kreisorgane aa) Vertretungskörperschaft (Kreistag) bb) Hauptverwaltungsbeamter c) Aufgaben des Kreises aa) Unmittelbare Kreisaufgaben bb) Ausgleichsfunktion des Kreises d) Der Kreis als untere staatliche Verwaltungsbehörde 3. Höhere Gemeindeverbände und andere Formen kommunaler Zusammenarbeit a) Höhere Gemeindeverbände b) Samtgemeinden und andere Zweckverbände c) Sonderregelungen im Stadt-Umland-Bereich III. Finanzverfassung, Finanzsystem und Haushalt 1. Verfassungsrechtliche Grundlagen 2. Geschichtliche Entwicklung 3. Finanzsystem seit 1969 4. Kommunaler Haushalt

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IV. Schutz der kommunalen Selbstverwaltung 1. Kommunalaufsicht 2. Beschützende Funktion der rechtsprechenden Gewalt

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V. Kommunale Selbstverwaltung als staatsbürgerliche Aufgabe

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VI. Die Lage der kommunalen Selbstverwaltung

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Anhang: A. Verwaltungsaufgaben einer städtischen Gemeinde (gegliedert nach dem System des Haushaltsplanes) B. Verwaltungsaufgaben eines Kreises

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I. Verfassungsrechtliche Grundlagen und Entwicklung des Gemeindewesens 1. Gemeinde und Gemeindeverbände im Grundgesetz Gemeinderecht bezeichnet die Summe der Rechte, welche die Gemeinden und die ihr wesensähnlichen Gemeindeverbände, vor allem der Kreis sowie die von diesen gebildeten „kommunalen", d. h. gemeinschaftlichen oder gemeinsamen öffentlichen Einrichtungen besitzen. Das Grundgesetz verfaßt die Gemeinden und Gemeindeverbände als Bestandteil des Staates, wie sich aus Art. 28 Abs. 1 u. 2 G G ergibt 1 . Diese Bestimmungen ordnen nicht nur Verwaltungseinheiten an, sondern schaffen zunächst neben Bund und Ländern weitere Wirkungsbereiche für das nach Siedlungseinheiten und -Verhältnissen gegliederte Staatsvolk: „Das Grundgesetz hat sich für eine auf Selbstverwaltungskörperschaften aufgebaute gegliederte Demokratie' entschieden 2 ." Art. 28 Abs. 2 GG enthält im Kontext mit Abs. 1 S. 2 eine dreifache Garantie: Eine institutionelle Rechtssubjektsgarantie (Gewährleistung der Institutionen Gemeinde, Kreis und Gemeindeverband), eine objektive Rechtsinstitutionsgarantie (Gewährleistung für die Erledigung von „kommunalen Aufgaben unter kommunaler Eigenverantwortung"), sowie eine subjektive Rechtsstellungsgarantie (Rechtsschutz im Falle der Verletzung von gewährleisteten Rechten). Insoweit unterscheidet sich die Verfassung der kommunalen Gebilde — Gemeinde und Kreis — in der Bundesrepublik Deutschland sowohl von früheren Regelungen im deutschen Staatsrecht wie auch von der Stellung der „Munizipalitäten" in anderen Staaten mit demokratischen Regierungsformen 3 . Grundlage des Gemeinderechts ist deshalb die Bestimmung des 1. Absatzes von Art. 28 GG, wonach „das Volk in Kreisen und Gemeinden eine Vertretung haben muß", die nach denselben Grundsätzen zu bilden ist, wie der 1

2

3

Zur dogmatischen Einordnung des Art. 28 Abs. 2 G G : Stüer, Funktionalreform und kommunale Selbstverwaltung, 1980, S. 62ff; v. Mutius, Gutachten E zum 53. Deutschen Juristentag, 1980, S. 17ff.; Burmeister, Verfassungstheoretische Neukonzeption der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie, 1977; sowie G.J. Richter, Verfassungsprobleme der kommunalen Funktionalreform, 1977, S. 50ff.; (kritisch dazu: Roters, DÖV 1978, 186.) Schmidt-Jortzig, Kommunale Organisationshoheit, 1979, S. 34ff. BVerfG - 2 B v K / 7 8 - vom 24. 7. 1979, teilweise in: DVB1 1980, 52f.; G. Chr. von Unruh, DVB1 1980, 903 f. Art. 127 WRV gewährleistete lediglich den „Gemeinden und Gemeindeverbänden das Recht der Selbstverwaltung innerhalb der Schranken der Gesetze". Munizipalität leitet sich von den municipia genannten Städten im Römischen Reich ab, die von Einwohnern mit dem römischen Bürgerrecht verwaltet wurden. Sie erledigten

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Bundestag und die Parlamente der Länder. Da sich diese Bestimmung unmittelbar an die Vorschrift im vorhergehenden Satz anschließt, wonach die verfassungsmäßige Ordnung den „Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates" entsprechen muß, besitzt die Vervielfältigung des gebietlichen Wirkungsbereiches des Volkes einen besonderen verfassungsrechtlichen Rang. Durch die Einrichtung von Vertretungskörperschaften des Volkes in kommunalen Gebieten werden die Voraussetzungen für eine Dezentralisierung der vollziehenden Gewalt geschaffen, die durch die im 2. Absatz von Art. 28 GG genannte „Selbstverwaltung" gewährleistet ist. Somit findet die in Art. 20 Abs. 2 G G bestimmte „horizontale Gewaltengliederung" durch die Trennung der Legislative von Exekutive und Justiz eine Ergänzung durch eine „vertikale Gliederung" der Administrative, der Verwaltung, als eines Bestandteils der vollziehenden Gewalt. Dabei beschränkt sich die in Art. 28 G G getroffene Regelung nicht wie eine Dekonzentration auf die Verteilung von Zuständigkeiten von einer Oberbehörde auf andere Dienststellen, sondern beläßt den ausführenden Behörden der kommunalen Körperschaften einen nur gesetzlich gebundenen eigenen Wirkungsbereich. Die Verantwortung hierfür liegt bei den gewählten Volksvertretungen, die einer Rechtsaufsicht, nicht jedoch einer weiterreichenden Fachaufsicht durch staatliche Behörden unterworfen sind 4 . So gliedert die in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG getroffene Regelung die Gebietskörperschaft Bundesrepublik Deutschland nicht nur föderativ, sondern auch in weitere „kommunale" Gebietskörperschaften. Allerdings bringt die in Art. 28 G G getroffene Regelung, die eine konstitutionelle Eigenart darstellt und historisch kein Vorbild besitzt, eine Fülle von Problemen mit, weil

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„kommunale" Angelegenheiten, womit ursprünglich „gemeinsame Lasten" oder „gemeinsame Aufgaben" gemeint sind, die von einer Personeneinheit aufgebracht oder geleistet werden. Später beschränkte man das Verständnis dieses Wortes auf geschlossene Siedlungseinheiten von unterschiedlicher Größe, vor allem die Gemeinden (G. Chr. von Unruh, DÖV 1974, 649 ff.). Bei der Dekonzentration der Erledigung von öffentlichen Aufgaben sind diese zwar nicht bei einer einzigen Behörde zusammengefaßt, d. h. konzentriert, sondern auf sog. nachgeordnete Behörden verteilt, die zwar örtlich oder sachlich bestimmte Zuständigkeiten besitzen, jedoch unmittelbaren Weisungen der Zentralbehörden unterworfen bleiben. So kann der Kultusminister in Schulsachen über den Regierungspräsidenten als Mittelbehörde den örtlich und sachlich zuständigen Schulrat unmittelbar anweisen. Dasselbe gilt für Maßnahmen des Innenministers oder anderer Fachminister an den ihnen nachgeordneten Regierungspräsidenten. Bei einer dekonzentrierten Verwaltung ist die Verantwortung der mit Außenwirkung entscheidenden Dienststelle gegenüber der leitenden Behörde gemindert, während diese bei einer Dezentralisation ihr Handeln in vollem Umfang zu verantworten hat. Es gibt jedoch auch bei der dezentralisierten Verwaltung die Möglichkeit, die ausführenden Behörden von zuständigen staatlichen Dienststellen anzuweisen, wie z. B. im „übertragenen Wirkungsbereich. Näheres s. unten und W. Rudolf, Verwaltungsorganisation, in: Erichsen / Martens, Allg. VwR, 5. Aufl. 1981, § 56 II 1 u. IV 1 u. 2.

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sich aus ihr unmittelbar keine Prinzipien und noch weniger Kriterien für eine Kompetenzverteilung zwischen dem „ G a n z e n " u n d seinen Teilen im demokratischen u n d sozialen Rechtsstaat ableiten lassen 5 . Gebiet ist eine Fläche, die „Geboten" unterworfen ist, zu deren Erlaß ein Hoheitsträger berufen ist, der, soweit diese Befugnisse reichen, jede andere hoheitliche Funktion darin und darüber auszuschließen vermag. Gebiet bildet mithin einen Zuständigkeitsbereich der hoheitlichen Gewalt und dadurch eine räumliche Einheit. Diese Einheiten lassen sich wiederum flächenmäßig in weitere Hoheitsträger gliedern. Ausdruck einer Selbständigkeit bei der Erledigung von öffentlichen Aufgaben ist ihre Autonomie, die es gestattet, im Rahmen der Zuständigkeit gebietsbezogen verbindliches Recht zu setzen 6 . Körperschaft bezeichnet die Rechtsform eines Personenverbandes als einer selbständigen rechtlichen und sozialen Einheit zur Verfolgung von bestimmten Anliegen ihrer Mitglieder, die persönlich und zahlenmäßig wechseln. Die Mitgliedschaft zu einer Körperschaft kann von bestimmten persönlichen oder sachlichen Qualifikationserfordernissen bestimmt werden. Die Zugehörigkeit zu einer Gebietskörperschaft wird für eine natürliche Person durch ihre dauernde Niederlassung in dem von ihr erfaßten Raum begründet. Besondere Befugnisse, wie etwa eine „allumfassende und allerfassende Kompetenz", sind kein notwendiges Wesensmerkmal einer Gebietskörperschaft 7 . Als juristische Person bedarf die Körperschaft zur Willensbildung u n d -entscheidung eines Organs, das alle Mitglieder repräsentiert und deshalb von den „gesamten aktiven Trägern des Vereinskörpers" gewählt werden muß. Gebietskörperschaften können deshalb auch nur solche Gemeinwesen genannt werden, deren wahlberechtigte Angehörige unmittelbar ein Repräsentativorgan zu bilden vermögen. Deshalb ist die unmittelbare Wahl des Vertretungsorgans durch die Mitglieder das entscheidende Kriterium für Gebietskörperschaften. Demnach gehören dazu gem. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 G G 5

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7

Zur Bedeutung der Legitimation der kommunalen Selbstverwaltung durch die unmittelbare Volkswahl und zur „Konstituierung dezentraler Zentren für Initiative und Entscheidung", U. Scheuner, A f K 1973, S. l f f . (9f. und 40f.); G. Chr. von Unruh, Der Landkreis, 1980, S. 672; Zur Problematik des Verhältnisses des Ganzen zu seinen Teilen: Franz Mayer, Selbstverwaltung und demokratischer Staat, in: Demokratie und Verwaltung (Schriftenreihe der Hochschule Speyer, Bd. 50), 1972, S. 327 (333 f.). Werner Hoppe, Die Begriffe Gebietskörperschaft und Gemeindeverband und der Rechtscharakter der nordrhein-westfälischen Landschaftsverbände, 1958, S. 8 ff., 16, 41 ff.; G. Chr. von Unruh, DVB1. 1975, l f f . ; W. Rudolf, in: Erichsen/Martens, S. 448 ff. Der BFH meint zwar, eine Gebietskörperschaft müsse eine „grundsätzlich unbeschränkte obrigkeitliche Allzuständigkeit in einem fest umgrenzten Teil des Staatsgebietes gegenüber allen Einwohnern dieses Gebietes besitzen", doch ist eine solche Befugnis nicht wesensbestimmend für diese juristische Person, sondern nur die Ausübung einer hoheitlichen Gewalt, deren Umfang durch Verfassung und Gesetze bestimmt wird, BFH E 56, 396.

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Kreis und Gemeinde sowie solche kommunalen Körperschaften mit unmittelbar von der Bevölkerung gewählten Organen. Fehlt es bei einer kommunalen Körperschaft an einem auf diese Weise gebildeten Organ, so läßt sich ein solcher Gemeindeverband als Bundkörperschaft bezeichnen, weil ihre Mitglieder ausschließlich juristische, keine natürlichen Personen sind 8 . Gemeinde und Gemeindeverbände sind anderweitige Bezeichnungen für die in Art. 109 Abs. 4 Satz 1 G G genannten „Gebietskörperschaften und Zweckverbände." Zweckverbände sind korporative Verbindungen zur zweckmäßigen, effektiven Erledigung einer öffentlichen Aufgabe. Sie sind deshalb Gemeindeverbände im bundkörperschaftlichen Sinne. Auf derartige Einrichtungen ist jedoch der Begriff Gemeindeverband nicht beschränkt. Er ist vielmehr der Oberbegriff für alle kommunalen Einrichtungen, die neben der Gemeinde bestehen. Dazu gehört vor allem der Kreis wegen des in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 G G vorgeschriebenen Wahlverfahrens für die Vertretungskörperschaft seiner Mitglieder. Soweit jedoch „Gemeindeverbände" keine vom Volk in ihrem Gebiet unmittelbar gewählte Vertretungskörperschaft besitzen, müssen sie als Zweckverbände betrachtet werden, wie etwa die Ämter in Schleswig-Holstein oder andere kommunale Zusammenschlüsse zu einem oder mehreren Zwecken 9 . Der Rang, den die kommunalen Gebietskörperschaften in der Grundordnung der Bundesrepublik besitzen, läßt sich außer der in Art. 28 Abs. 1 GG getroffenen Regelung auch noch aus einer anderen Vorschrift des G G entnehmen: Art. 115 c Abs. 3 G G bestimmt, daß auch im Verteidigungsfall bei der Gesetzgebung die „Lebensfähigkeit der Gemeinden und Gemeindeverbände, insbesondere auch in finanzieller Hinsicht, zu wahren" ist. Dieses Leitbild hat Gestaltung und Verständnis des Rechtes der kommunalen Körperschaften im allgemeinen wie im besonderen zu bestimmen 10 . 2. Die Herkunft der Gemeinde Raumgebundene und raumbezogene Gemeinwesen entwickelten sich seit dem Mittelalter als Dorf und Stadt. Obwohl sich die Ausübung hoheitlicher Gewalt in dieser Epoche nicht immer ausschließlich auf ein bestimmtes Gebiet wie im Flächenstaat der Gegenwart erstreckte, so beruhte doch die politi8 9 10

Wolff/ Bachof, VwR II, § 84 III 4. Im Ergebnis so auch Gönnenwein, GemeindeR, S. 275f.; W. Thieme, JZ 1972, 480. Das in Art. 28 Abs. 1 G G vorgeschriebene demokratische Prinzip einer vom Volke unmittelbar gewählten Volksvertretung gilt nur für die kommunalen Gebietskörperschaften, so für die Gemeinden und Kreise, nicht dagegen für sonstige kommunale Körperschaften, die nicht gebietsbezogen mit universellem Wirkungskreis, sondern als Mitgliedsverbände organisiert sind, wie z. B., die als Zweckverbände zu betrachtenden Samtgemeinden oder Ämter. Unter Bezugnahme auf Stern, BK, Rdnr. 48 zu Art. 28 und Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Rdnr. 22 zu Art. 28; OVG Lüneburg DÖV 1971, 494.

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sehe und soziale Ordnung auf raumbestimmten Genossenschaften, deren Grundlage die Nachbarschaft seßhafter Menschen bildete". Das Recht und die Pflicht zur verantwortlichen Erledigung der eigenen örtlichen Angelegenheiten, worin sich diese Genossenschaft darstellt, bestimmt in enger oder weiträumiger besiedelten Nachbarschaftsverbänden, Gemeinden genannt, das Zusammenleben der Menschen. Das Wort Gemeinde bezieht sich ursprünglich auf ein bestimmtes Gebiet, die Almende, eine Gemarkung, an der eine Gruppe von Personen gemeinsame Rechte und Pflichten besaß. Von diesem Realvermögen übertrug sich die Bezeichnung auf die in einem als Einheit verstandenen Gebiet ansässigen Rechtsgenossen, deren Ordnung aus der Notwendigkeit zur Erledigung gemeinsamer Pflichten — communis hängt mit munia (Lasten) zusammen — erwuchs. Diese Ordnung blieb auch nach dem Erlöschen der bäuerlichen Dienstpflichten „zu Gericht und Landeswehr" seit dem 13. Jahrhundert und trotz ständiger oder individueller Abhängigkeiten seiner Bewohner von Leib- oder Grundherrschaften vor allem für die Regelung des Flur-, Wege- und Wasserwesens unter Leitung von „Vorstehern" aus den Reihen der Nachbarschaft erhalten 12 . Bauermeister, Ortsvorsteher oder Heimbürge lauteten die regional unterschiedlichen Bezeichnungen für diese Sachwalter zwischen Herrschaft und Genossenschaft 13 . Seit dem 12. Jahrhundert entwickelte sich ein kommunales Gemeinwesen besonderer Art, die Stadt. Ihre Ursprünge liegen in den „Wik" genannten Kaufmannssiedlungen, die sich des besonderen Schutzes des Königs erfreuten, und in den „Märkten", wo sich ein vielfältiger Güteraustausch unter Sicherung des Friedens vollziehen konnte. Hier siedelten sich neben den Handeltreibenden auch Handwerker an, welche ihre Wohnstätte, häufig im Schutz einer Burg gelegen, gegen Angriffe von außen befestigten. So kam der Satz auf: „Bürger und Bauern scheiden Zinnen und Mauern." Wer nämlich über Jahr und Tag unangefochten an einem solchen Ort gelebt hatte, wurde als Bürger frei von persönlichen Bindungen an eine Leib- oder Grundherrschaft, wie sie gemeinhin auf dem offenen Land, im Dorf, die Stellung des Bauern beeinträchtigen 14 . Die persönliche Freiheit als Eigenart des Bür11

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Auch das Land oder die schweizerische Landesgemeinde (Kanton) sind in diesem Zusammenhang zu nennen. Dabei wurden die gemeindlichen Beauftragten teils nach Reiherecht von Hof zu Hof, teils durch Wahl der Genossen oder auch schließlich durch Ernennung von der Obrigkeit für diese Zwecke bestimmt. K. S. Bader, Dorfgenossenschaft und Dorfgemeinde, 1962. Zur Entwicklung der Gemeinde und ihres Rechts: E. Becker, Gemeindliche Selbstverwaltung, 1941; E.Becker, Entwicklung der dt. Gemeinden, in: H G K W P I, S. 62ff.; H. Müthling, Die Geschichte der deutschen Selbstverwaltung, 1966, S. 17ff.; H. Klüber, Gemeinderecht, 1972, S. 4ff.; Carl Haase{Hrsg.), Die Stadt des Mittelalters, 2. Bd., Recht und Verfassung, 1972.

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gers bildete das Leitbild für den „Staatsbürger" („Staatsbürgerliche Rechte und Pflichten" in Art. 33 Abs. 1 GG). Viele auf Reichsgut gelegene Siedlungen erhielten seit dem 12. Jahrhundert von den deutschen Königen ein Anerkenntnis ihrer städtischen Rechte. Wenn es diesen Orten gelang, sich von der Muntgewalt der königlichen Amtswalter, ob Schultheiß oder Burggraf, zu befreien, wurden sie Reichsstädte, wie z. B. Frankfurt a. M., Dortmund, Goslar, Wetzlar, Ulm u. a. Solche Unabhängigkeit erlangten häufig auch Städte, die von einem Bischof abhängig gewesen waren, wie Worms, Speyer, Augsburg, Köln, Regensburg und Straßburg, und schließlich auch landesherrliche Gründungen wie Lübeck. Gelang es diesen Städten noch, von regelmäßigen Steuern an den König, der sog. Bede, befreit zu werden, so hießen sie „freie Reichsstädte", wie Hamburg und Bremen. Die übrigen Orte mit städtischem Siedlungscharakter blieben in engerer oder loserer Bindung zu einem geistlichen oder weltlichen Landesherrn. Nicht in allen Städten herrschten Kaufmannsstand und Handwerker vor. Vielfach bestand die Menge der Einwohner aus Ackerbürgern, die ihren Lebensunterhalt aus landwirtschaftlicher Tätigkeit zogen. Die Bürgerschaft gliederte sich in Gilden und Zünfte nach verschiedenen Erwerbszweigen. Diese Verbände führten häufig einen heftigen Streit um die politische Leitung des Gemeinwesens mit der Folge, daß soziale Schichtungen innerhalb der Städte mannigfache Differenzierungen schufen, so daß vielerorts nur die „Geschlechter" genannten Patrizier ratsfähig waren und eine hegemoniale Stellung erlangten. So wich das genossenschaftliche Prinzip, das einst wichtige Impulse zur Entwicklung dieser Gemeinden gegeben hatte, der „Herrschaft" einiger einflußreicher Familien, die nun innerhalb der Stadt als „Obrigkeit" auftraten. Das politische Verhalten vieler Städte im Mittelalter war durch eine Beschränkung auf die lokalen Belange gekennzeichnet, durch eine Kirchturmspolitik, die verhinderte, daß die Städte eine ihrer wirtschaftlichen Bedeutung angemessene politische Stellung im Reich erlangten. So vermochten weder der rheinische noch der schwäbische Städtebund der wachsenden Macht ländlicher Territorialherren zu begegnen. Ihre Bedeutung endete vollends mit dem Ausgang des 30jährigen Krieges, der den Zeitabschnitt der großen wirtschaftlichen und kulturellen Leistungen der Städte abschloß. Ein wesentliches Kriterium der Stadt war seit dem 13. Jahrhundert ihre Autonomie zur Rechtsetzung. Von größeren Orten, wie Nürnberg, Lübeck oder Magdeburg übernahmen Tochterstädte bis weit in die östlichen Staaten Europas ihre Verfassung, so daß „Standrechtsfamilien" entstanden, die in der Entwicklung des Rechts in Europa keine geringe Rolle spielten. Mit der Entwicklung des absolutistisch regierten Territorialstaates erstarrte fast überall in Deutschland das kommunale Leben. Städte und Dörfer bildeten nicht viel mehr als obrigkeitliche Verwaltungsbezirke. Indessen blieb doch — im Dorf, der Landgemeinde, häufiger als in den Städten — durch die Sachver-

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waltung des kommunalen Vermögens, wie der Almende, und durch die Sorge für die öffentliche Sicherheit und O r d n u n g im Ort, in Feld u n d Flur durch „gemeine Werke" in Form und Hand- und Spanndiensten unter nachbarschaftlicher Regelung und Leitung eine Kontinuität zur kommunalen Selbstverwaltung gewahrt, die seit Beginn des 19. Jahrhunderts in den Ländern eine vielfältige normative Regelung erfuhr, bis 1935 die Reichsgemeindeordnung die noch bestehenden rechtlichen Unterschiede zwischen größeren und kleineren Siedlungseinheiten beseitigte 15 . 3. Ursprung und Wandlungen der kommunalen Selbstverwaltung K o m m u n a l e Selbstverwaltung heißt der verfassungsmäßig gewährleistete Wirkungsbereich der Gemeinden und Gemeindeverbände. Zur konkreten Bestimmung der Art u n d Weise der darunter fallenden Funktionen, und damit des Wesens der Selbstverwaltung muß nach einer Erkenntnis des BVerfG's „in einem gewissen Sinne ihrer geschichtlichen Entwicklung und ihren verschiedenen Erscheinungsformen Rechnung getragen" werden. Diese „verschiedenen Erscheinungsformen" der Selbstverwaltung sind ein Produkt der in der Vergangenheit entwickelten unterschiedlichen Vorstellungen über das Verhältnis von Gemeinde und Staat. Deshalb ist ein „Nebeneinander und Ineinander von Staats- u n d Selbstverwaltung dem Gemeinwesen deutschen Rechts schlechthin und durchgängig eigentümlich, aber auch von jeher problematisch 1 6 ." „Selbstverwaltung" wurde anfänglich im staatswirtschaftlichen Sinne von den Physiokraten im 18. Jahrhundert gebraucht, um damit einen Gegensatz zur merkantilistischen Methode der Ökonomie auszudrücken 1 7 . Ihre Lehrmeinung wollte jedoch nicht nur das Wirtschaftsleben von staatlichem Dirigismus befreien und die individuelle Freiheit stärken und sichern, sondern den freien Bürger auch aktiv am öffentlichen Leben beteiligen. Zu diesem Zweck entwarf der französische Staatsmann Turgot 1775 ein Verfassungskonzept, wonach der Staat eine Organisation von Lokal- und Provinzialverwaltungen bilden und der Bürger nicht nur für seine Gemeinde, sondern darin und dadurch auch für den Staat tätig werden sollte. Eine andere Richtung bemühte sich um eine Anerkennung der K o m m u n e n als Individualitäten gegenüber dem Staat in Form einer „4. Gewalt", eines pouvoir municipal, neben Legislative, Exekutive und Justiz. Dieses Konzept fand jedoch mit Ausnahme 15

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Chr. Engeli / W. Haus, Quellen zum modernen Gemeindeverfassungsrecht in Deutschland, 1975, mit einer Darstellung der Entwicklung und ausführlicher Literaturangabe. Franz Mayer, Allg. VwR, 4. Aufl. 1977, S. 62; BVerfGE 7, 364; 17, 182; 22, 205. Dazu W. Blümel/R. Grawert, VVDStRL 36 (1978), S. 171 ff. (186ff.) und S. 277ff. (280ff.). A. v. Mutius, Gutachten, S. 17ff.; Stüer, Funktionalreform und kommunale Selbstverwaltung, 1980, S. 58ff. Johann August Schlettwein, Grundfeste der Staaten oder die politische Ökonomie, Gießen 1779, S. 587ff., verwandte zum ersten Male das Wort „Selbstverwaltung".

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der belgischen Verfassung von 1830 nirgends prinzipiell konstitutionelle Berücksichtigung 18 . Den Vorstellungen Turgots stand — ohne daß sich unmittelbare Bezüge feststellen lassen — die Auffassung des Freiherrn vom Stein nahe, der „allen bürgerlichen und bäuerlichen Gemeinden des Landes eine zur Selbstverwaltung ihres Gemeinwesens zweckmäßige Verfassung" geben wollte, um „die Tätigkeit des Staatsbürgers bei der Staatsverwaltung in Anspruch zu nehmen 19 ." Sollte mithin für Stein die kommunale Selbstverwaltung 20 dazu dienen, einen nicht nur auf den örtlichen Bereich beschränkten Gemeingeist zu wekken, so gewann im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts in Deutschland doch die Auffassung Raum, daß „Freiheit und Selbständigkeit wesentliche Grundlagen der Gemeinden" darstellten, wobei man weniger an eine „Freiheit im Staat" als an eine „Freiheit vom Staat" dachte. Danach strebten vor allem die süddeutschen Liberalen, weil sie in der kommunalen Selbstverwaltung eine der Gesellschaft adäquate politische Organisationsform erblickten, die ihre Scheidung gegenüber der Staatsverwaltung bedingte: „Gemeinden sind sowenig wie Familien oder Kirchen oder Privatgesellschaften Staatsanstalten 21 ." Diese Auffassung führte zu Spannungen zwischen Staats- und Kommunalverwaltung, zu dualistischen Vorstellungen, was die Fortbildung des deutschen Kommunalrechts im 19. Jahrhundert maßgeblich beeinflußte und in manchen Spuren bis in die Gegenwart fortwirkt. Andererseits verstanden jedoch bereits frühzeitig bedeutende Persönlichkeiten wie Friedrich Christoph Dahlmann oder Lorenz von Stein die Gemeinden als Glieder des Staates und als Mittler zwischen ihm und der bürgerlichen Gesellschaft 22 . Nicht ohne Wirkung auf die preußische Gesetzgebung bemühte sich Rudolf von Gneist in Anlehnung an das System des britischen Selfgovernment, die Gesellschaft mit dem Staat durch kommunale Selbstverwaltung „zu ver-

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G. Chr. von Unruh, in: Fs. f. Scupin, 1973, S. 391. Freiherr vom Stein in einer Denkschrift vom Februar 1818 ( £ . Botzenhardt, Freiherr vom Stein, V. S. 866 und Bd. III Nr. 241.) Stein hat entgegen einer häufig geäußerten Meinung das Wort „Selbstverwaltung" selbst gebraucht (hierzu: Hartlieb von Walthor, in: Westfälische Forschungen, Bd. 15 (1962), S. 130). Erste legislatorische Erwähnung findet sich in Art. 5 der Konstitutions-Ergänzungsakte der Freien Stadt Frankfurt a. M. von 1816: „Alle der Stadt zustehenden Hoheits- und Selbstverwaltungsrechte beruhen auf der Gesamtheit ihrer christlichen Bürger." Von Aretin / Rotteck, Staatsrecht der konstitutionellen Monarchie, Bd. II, 2. Abt., 1828, S. 30f.; von Rotteck/ Welcker, Staatslexikon, Bd. V, S. 476ff. Friedrich-Christoph Dahlmann, Die Politik, 3. Aufl., 1847, I, S. 3ff.; Lorenz von Stein, Die Selbstverwaltung der Gemeinden und Distrikte, in: Deutsche Vierteljahresschrift 1845, 3. Heft, S. 131 f.; Stein war der erste, der eine kommunale Verbundverwaltung von Hauptorten oder Städten mit denen der kleineren Gemeinden des Landes als nützlich und notwendig erkannte.

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söhnen", worin er wie Freiherr vom Stein die Erfüllung von öffentlichen Pflichten durch freie Bürger erblickte 23 . Diesem politischen Begriff der Selbstverwaltung, wonach ihre Wesenseigentümlichkeit im Funktionellen, in der besonderen Art der Erledigung von öffentlichen Aufgaben liegt, steht ein sog. Rechtsbegriff gegenüber, der die Eigenart in der Selbständigkeit der Institutionen erkennen will, wobei man teils dem Subjekt, dem Träger der Verwaltung, teils dem Objekt, den zu erfüllenden Aufgaben, maßgebende Bedeutung zumaß 2 4 . So entwickelten sich in einem Spannungsfeld der Meinungen zwischen einer „Freiheit im Staat" und einer „Freiheit vom Staat" Ordnung und Inhalt der kommunalen Selbstverwaltung, die sich im demokratischen Rechtsstaat als Wahrnehmung von überlassenen oder zugewiesenen eigenen öffentlichen Aufgaben durch unterstaatliche Träger öffentlicher Verwaltung darstellt. Mit eigenen Aufgaben sind dabei solche Angelegenheiten gemeint, die sich ihrem Wesen nach unmittelbar auf den sie wahrnehmenden Verwaltungsträger beziehen, d. h. die aus nachbarschaftlichen Umständen engerer oder weiterer Siedlungsgemeinschaften erwachsen 2 5 . U m f a n g und Art dieser Angelegenheiten richten sich nach der Leistungskraft der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie nach dem Bedarf der Bevölkerung im industrielltechnischen Zeitalter 26 . Nachdem die legitime Ordnungsbefugnis des Staates gegenüber den Gemeinden unbestritten ist, stellt die Frage nach der Ursprünglichkeit ihrer Existenz 27 und der Orginalität ihrer Selbstverwaltung keinen primären Ansatz f ü r eine Bestimmung des Verhältnisses von Staat und Gemeinden dar 28 . Maßgebend hierfür ist vielmehr die in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 G G vollzogene Verfas23

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Rudolf von Gneist, Geschichte und heutige Gestalt der englischen Kommunalverfassung, 1863, S. 16; ders., Verwaltung, Justiz, Rechtsweg, Staatsverwaltung und Selbstverwaltung, 1868; G. Chr. von Unruh, Der Kreis, 1965, S. 127 ff. Otto von Gierke, Genossenschaftsrecht I, 1868, S. 74ff. u. 761, hielt ein „System für unhaltbar, welches den Gemeindevorstand zugleich als Organ der staatlichen Ortsverwaltung behandelte". Hugo Preuß, Gemeinde, Staat, Reich als Gebietskörperschaften, 1889, S. 209; Hugo Preuß, Die kommunale Selbstverwaltung, in: Hb. der Politik, 1912, S. 198; Otto Mayer (VwR II, S. 358) hielt Selbstverwaltung für ein Schlagwort, welches „die angestrebte größere Selbständigkeit der Gemeinden im Gegensatz zu ihrer hergebrachten bürokratischen Bevormundung" bezeichnete; E. Becker, Gemeindliche Selbstverwaltung, Bd. 1, 1941; H. Heffter, Die dt. Selbstverwaltung im 19. Jahrhundert, 1950. Wolff / Bachof, VwR I, § 2 Va, § 4 I c, Wolff / Bachof, VwR II, § 84 IV; Forsthoff, VwR § 25 I, § 26 A; G. Chr. von Unruh, Der Staat 4 (1965), S. 441. Hans Pagenkopf KommunalR, § 7; P. H. Krämer, Die bürgerschaftliche Selbstverwaltung unter der Notwendigkeit des egalitären Sozialstaates, 1970. W. Blümel / R, Grawert, Gemeinden und Kreise vor den öffentlichen Aufgaben der Gegenwart, VVDStL 36 (1978), S. 171 ff.; A. v. Mutius, Gutachten, 1980, S. 106 u. 150ff. Art. 11 Abs. 2 Bay. Verf. bezeichnet die Gemeinden als „ursprüngliche Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts". BVerfGE 1, 34; 4, 189; 9, 279; Stern, BK, Rdnr. 12 f. zu Art. 28.

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sung einer gebietskörperschaftlichen Gliederung des demokratischen Rechtsstaates. Auf diese Weise sind die kommunalen Gemeinwesen in die Organisation des staatlichen Gemeinwesens eingefügt. Ihre organisatorische Einrichtung obliegt nach Art. 28 Abs. 3, 30 u. 70 G G den einzelnen Ländern, so daß keine Uniformität, wohl aber eine Homogenität des deutschen Gemeinderechtes durch seine Bindung an die im G G bestimmten leitenden Prinzipien besteht. 4. Die kommunale Selbstverwaltung in der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland Die kommunale Selbstverwaltung ist ein wesentlicher Bestandteil der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland wegen der ihr immanenten Demokratie- und Integrationsfunktion, sowie der durch sie bewirkten gewaltenhemmenden Wirkung der Dezentralisation der Administrative, die zugleich dadurch an „Bürgernähe" gewinnt und insofern auch eine „soziale Funktion" übt 29 . a) Grundordnung der Selbstverwaltungskörperschaften: Aus dem nachbarschaftlichen Zusammenleben von Menschen in verschieden gearteten, engeren oder weiteren Wohnbezirken erwachsen gemeinsame Bedürfnisse und aus ihnen wiederum verschiedene Aufgaben ökonomischer, sozialer oder kultureller Art: der Bau u n d die Unterhaltung von Verkehrsanlagen, Wasserverund -entsorgung, Energieversorgung, Kanalisation und Müllabfuhr, Bildungs- und Sportwesen sowie Hilfsmaßnahmen für in Not befindliche Nachbarn, um einige der wichtigsten Angelegenheiten zu nennen. Die meisten von ihnen könnten auch in privatrechtlicher Form erledigt werden, doch würde die Effektivität der Leistungen darunter leiden, wenn nicht alle in Betracht kommenden Personen zur Beteiligung herangezogen werden könnten, wodurch sich die Leistungen verbessern und die dem einzelnen erwachsenen Kosten vermindern ließen. Die Anwendung eines Anschluß- u n d Benutzungszwanges hat jedoch nicht nur immer ökonomische, sondern auch polizeiliche Gründe, weil dabei auch häufig zur Gefahrenwehr bestimmte Maßnahmen getroffen und durchgesetzt werden müssen. Hierfür bedarf es der hoheitlichen Gewalt. Diese k a n n sowohl durch unmittelbare Staatsbehörden als auch durch Körperschaften ausgeübt werden, die im und vom Staat diese Befugnisse besitzen. Ein „natürliches Recht" hierzu besitzen die Gemeinden und Gemeindeverbände sowenig, wie der Bestand von kommunalen Körperschaften begriffsnotwendig den Anspruch auf Selbstverwaltung voraussetzt, was im 19. Jahrhundert behauptet wurde u n d als „Gemeindefreiheit" in § 184 des Entwurfes der Reichsverfassung von 1849 anerkannt werden sollte. Eine derartige Stellung der Gemeinden u n d Gemeindeverbände wird auch nicht durch Art. 28 Abs. 2 G G begründet. K o m m u n a l e Selbstverwaltung ist viel29

Einen noch umfangreicheren Katalog der Grundfunktionen bei Stüer, a. a. O., S. 6 6 - 8 3 .

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mehr eine vom Staat abgeleitete Befugnis: erst auf Grund der in der Verfassung den kommunalen Körperschaften gewährleisteten Selbstverwaltung können diese darüber befinden, welche Angelegenheiten sie wahrnehmen wollen, soweit sie dazu nicht kraft Gesetzes verpflichtet sind 30 . Das „Recht der Selbstverwaltung" findet in Art. 28 Abs. 2 G G nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den darin gewährleisteten Befugnissen der Gemeinde, sondern erst im darauffolgenden Satz im Zusammenhang mit den Gemeindeverbänden Erwähnung. Durch die Konjunktion „auch" knüpft dieser Satz sich jedoch inhaltlich an den vorhergehenden an, wo dieses Recht mit den Worten umschrieben ist, „alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen des Gesetzes in eigener Verantwortung zu regeln". Wenn daher auch in diesem Abschnitt des Verfassungsartikels zuerst die Gemeinden als Gewährleistungsempfänger genannt sind, so ergibt sich doch aus dem grammatikalischen Zusammenhang der beiden Sätze, daß sich der Wesensgehalt des den Gemeinden gewährleisteten Rechts nicht von dem der als „Gemeindeverbände" bezeichneten übrigen kommunalen Körperschaften unterscheidet. Wie hier „im Rahmen der Gesetze" können dort „nach Maßgabe der Gesetze" Regelungen für den Umfang und die Erledigung von „Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft" getroffen werden. Die „örtliche Gemeinschaft" stellt mithin kein ausschließliches Kriterium der Gemeinde dar, sondern kann auch für den weiteren „kommunalen Bereich" gelten, d. h. für jene administrativen „Ebenen", für die im G G den gewählten Vertretern des Volkes verantwortliche Befugnisse übertragen wurden. Aus der „Natur der Sache" fallen jedoch manche kommunalen Aufgaben zuerst in die Zuständigkeit der Gemeinden, die sie wahrzunehmen haben, soweit sie die hierfür erforderliche Leistungskraft besitzen 31 . Trotz dieser zunächst eindeutig wirkenden Darstellung der kommunalen Befugnisse ist es doch bereits unter der Herrschaft des Art. 127 WRV auch im Rahmen des Art. 28 G G „streitig geblieben, welche der Normen und Grundsätze, die den geschichtlich gewordenen Begriff der Selbstverwaltung inhalt30

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Die Selbstverwaltung ist nicht auf die kommunalen Gemeinwesen beschränkt. Es gibt daneben auch die berufsständische Selbstverwaltung, die von körperschaftlichen Einrichtungen, den „Kammern" (Landwirtschafts-, Industrie- und Handelsoder Handwerkskammern, Rechtsanwalts-, Ärzte- oder Apothekerkammern) wahrgenommen werden. Gemeinsamer Wesenszug dieser Selbstverwaltung genannten Befugnisse ist eine gesetzlich bestimmte oder im gesetzlichen Rahmen zu vollziehende eigenverantwortliche Tätigkeit für die unmittelbaren Belange von körperschaftlich vereinigten Personen. Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, G G , Rdnr. 44 u. 61 zu Art. 28. - Durch die an das Bildungswesen gestellten Ansprüche mußte die wenig gegliederte Schule in ländlichen Gemeinden durch „Mittelpunktschulen" ersetzt werden, deren Einzugsgebiet sich auf mehrere Gemeinden erstreckt. In vielen Fällen ist auch der Kreis als Schulträger an die Stelle der Gemeinden getreten. Auch viele zivilisatorische Maßnahmen (Energie- und Wasserversorgung, Müllabfuhr u. a.) kann nur eine Gemeinde mit einer hinreichend großen Einwohnerzahl selbständig erledigen.

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lieh näher bestimmen, sich auf den verfassungsrechtlich garantierten, gegen jede gesetzliche Schmälerung geschützten Kernbereich beziehen" 32 . Zunächst ist die Stellung der Gemeinden im Staat in den Kommunalgesetzen der deutschen Länder unterschiedlich beschrieben: teils heißen sie „Grundlage und Glied des demokratischen Staates" (§ 1 bad.-württ. GemO, hess. und nieders. GemO), teils „ursprüngliche Gebietskörperschaften", die zwar auch zu den Grundlagen des Staates und des demokratischen Lebens gehören, jedoch zugleich auch einen vom Staat unantastbaren Bereich zuerkannt bekommen wie in § 1 bay. GemO. In diesen Unterschieden kommt der wechselvolle Entwicklungsprozeß des deutschen Kommunalwesens zum Ausdruck, doch ergeben sich daraus auch unterschiedliche Beurteilungen für den Umfang der kommunalen Kompetenzen. § 1 KSVG Saarland nennt die Gemeinden „in den Staat eingeordnete Gemeinwesen der in der örtlichen Gemeinschaft lebenden Menschen". Nach der schlesw.-holst. GemO wird den Gemeinden „das Recht der freien Selbstverwaltung in eigenen Angelegenheiten als eines der Grundrechte demokratischer Staatsgestaltung gewährleistet". Das Selbstverwaltungsgesetz für Rheinland-Pfalz nennt die Gemeinden Gebietskörperschaften, die nach Maßgabe der Verfassung und der Gesetze die ausschließlichen Träger der gesamten öffentlichen Verwaltung in ihrem Gebiet sind. In § 1 GemO Nordrh.-Westf. heißt es: „Die Gemeinden sind die Grundlagen des demokratischen Staatsaufbaus." In der Unterschiedlichkeit der Beschreibung des Gemeindewesens in den einschlägigen Gesetzen offenbart sich zugleich ein nicht immer deutlich genug erkannter Gegensatz zwischen dem zur Einheit drängenden, die Gleichheit aller Mitglieder einer Gemeinschaft voraussetzenden und bestimmenden demokratischen Prinzip und dem liberalen Grundsatz der Bereitschaft, um der Freiheit des einzelnen und seiner vielgestaltigen Verbindungen willen vorhandene oder entstehende Ungleichheiten mit der Folge eines Pluralismus anzuerkennen und zu wahren 33 . Am stärksten wird der Wesensunterschied zwischen dem Staat und den Gemeinden deutlich, wenn man diese einem „gesellschaftlichen Selbstverwaltungsbereich" zuweist, wo die „vom Staat derelinquierten eigenen Aufgaben - d. h., solche, auf welche dieser .verzichtete' - nach eigenen Leitbildern" erfüllt werden können 34 .

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BVerfGE 11, 274; 17, 182; 22, 205. Über die verfassungsrechtlichen Grundlagen der kommunalen Selbstverwaltung eingehend und erschöpfend Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 1977, S. 293ff.; Richter, S. 50ff. A. v. Mutius, Gutachten E zum Deutschen Juristentag, 1980, S. E 17ff.; Stüer, Funktionalreform und kommunale Selbstverwaltung, 1980, S. 90ff.; Scholler/ Broß, Grundzüge, S. 19 ff. Salzwedel, VVDStRL 22 (1965), S. 222 ff. und 285.

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Bezeichnet man hingegen die Gemeinden als „verlängerten Arm des Staates", so betrachtet man Selbstverwaltung in der von Rudolf von Gneist gegründeten Überlieferung als mittelbare Staatsverwaltung 35 . Dieser Meinung wurde mit dem Hinweis widersprochen, daß sich die verfassungsrechtliche Gewährleistung eines unantastbaren Aufgabenkreises der Kommunen aus dem Begriff der mittelbaren Staatsverwaltung nicht erklären lasse 36 . Jedoch gerade im Hinblick auf das in der Verfassung verankerte demokratische Prinzip mit der sich daraus ergebenden Verantwortung für alle vom Staat abgeleitete Macht gegenüber dem Volk und seinen Repräsentanten gem. Art. 20 Abs. 2 und 3 G G kann Selbstverwaltung keinen Gegensatz zur Staatsverwaltung bilden, sondern ist in allen Erscheinungsformen eine staatliche Tätigkeit 37 . Dieser Betrachtungsweise entspricht es, die Selbstverwaltungsträger für „(freie) Glieder" der staatlichen Organisation und dementsprechend Selbstverwaltung für „Selbstverantwortung" zu halten, wobei die Eigenverantwortlichkeit der Träger für bestimmte öffentliche Aufgaben das maßgebende Kriterium bildet 38 . In der Tätigkeit der kommunalen Körperschaften wird aber auch Staatsverwaltung schlechthin erblickt. Das wird damit begründet, daß die dualistische Vorstellung des Verhältnisses von Staats- und Selbstverwaltung mit dem Ende des „Obrigkeitsstaates" obsolet und daß danach Gemeinden und Gemeindeverbände „mit allen ihren Funktionen und Betätigungsformen begrifflich unlösbare Teilglieder des Staates" geworden seien. Deshalb stellten sich die kommunalen Aufgaben als „staatliche Verwaltung im Auftrage der Verfassung" dar 39 . „Janusköpfig" wird schließlich die Selbstverwaltung genannt, um den Unterschied zwischen den juristischen und dem politischen Sinnverständnis auszudrücken 40 , der jedoch kaum noch Aktualität besitzt. Kommunale Selbstverwaltung wird weniger durch „politische" Willensbildungen als durch Sacherledigung von öffentlichen Angelegenheiten durch unmittelbar oder mittelbar bestellte korporative Organe im Rahmen der staatlichen Rechtsordnung voll35

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Forsthoff, VwR, 10. Aufl., 1973, § 25 I a und b; Köttgen, Die Gemeinde und der Bundesgesetzgeber, 1957, S. 15; Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Rdnr. 38 zu Art. 19 III. Gönnenwein, GemeindeR, 1963, S. 64f. H. H. Klein, in: Fs. f. Forsthoff, 1972, S. 176f., 183. Wolff / Bachof, VwR II, § 84 IV. Galette, Wandlungen der Verwaltungsaufgaben, ihrer Zuordnung und Durchführung im modernen Leistungsstaat, in: Funktionsgerechte Verwaltung im Wandel der Industriegesellschaft, Schriftenreihe der Hochschule Speyer, Bd. 43, 1969, S. 69f.; ähnlich schon Julius Hatschek, Die Selbstverwaltung in politischer und juristischer Bedeutung, 1898, S. 47, 96. Pagenkopf, KommunalR, S. 35; diese Unterscheidung der kommunalen Selbstverwaltung entstammt dem 19. Jahrhundert.

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zogen. Dabei handeln die Gemeinden und Gemeindeverbände als „administrative Gebilde im konstitutionellen System der horizontalen Gewaltengliederung" 41 . Durch Selbstverwaltung wird nicht nur die individuelle Eigenart der kommunalen Körperschaften im Staat als „Teile im Ganzen" bewahrt, sondern auch die Ausführung von öffentlichen Aufgaben variiert: in der „Form zu handeln" unterscheidet sich nämlich die Selbstverwaltung von der Staatsverwaltung mit ihrem monokratischen System und der Eigenverantwortlichkeit von Fachleuten. Im Unterschied dazu wirken in der kommunalen Selbstverwaltung ehren- und hauptamtlich tätige gewählte Organwalter in kollegialer Form zusammen. Darin liegt das Wesen der Selbstverwaltung als einer qualifizierten Sparte der öffentlichen Verwaltung, die sich sowohl als heteronomer Vollzug von staatlichen Angelegenheiten wie auch als autonome Erfüllung von primär lokal bezogenen Aufgaben verstehen läßt 42 . b) Die kommunalen Körperschaften: Unmittelbare kommunale Selbstverwaltungskörperschaften sind nur solche, deren Mitglieder eine Vertretung haben, die aus unmittelbaren Wahlen hervorgeht oder die in kleineren Orten aus der Versammlung aller Wahlberechtigten besteht (Art. 28 Abs. 3) 42a , d. h. die Gebietskörperschaften. Das sind die Gemeinden und Kreise in allen Ländern, sowie die Amtsverbände und Bezirksverbände in Bayern und Rheinland-Pfalz und der Stadtverband Saarbrücken 43 . Mittelbare kommunale Selbstverwaltungskörperschaften oder Bundkörperschaften werden nicht durch die Mitgliedschaft natürlicher Personen sondern kommunaler Körperschaften gebildet und in einem Organ repräsentiert, das von den Organen der ihnen angehörigen Körperschaften gebildet wird. Mithin sind die Einwohner nur mittelbar vertreten. Solche Selbstverwaltungskörperschaften sind die Samtgemeinden in Niedersachsen, die Ämter in Schleswig-Holstein, sowie die Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen (§§ 1,7 a NRW LandschaftsverbandsO) in Nordrhein-Westfalen und die Regionalverbände in Baden-Württemberg. Der Bezeichnung Gemeindeverband mangelt die begriffliche Präzision. Sie wird sowohl für mittelbare Körperschaften, die lediglich funktionell mehrere Gemeinden miteinander verbinden, als auch für unmittelbare kommunale Einrichtungen, wie die Kreise oder die Bezirks- und Amtsverbände in Bayern und Rheinland-Pfalz, gebraucht 44 . 41

Scheuner, AfK 12 (1973), S. 1 ff., 35 ff. W. Thieme, AfK 2 (1963), S. 196; Forsthoff, VwR § 26 b; OVG Lüneburg DVB1. 1970, 81 ff., VerfGH Rheinl.-Pf. DÖV 1970, 198ff., G. Chr. von Unruh, DÖV 1972, 19 ff. 42a Vgl. hierzu Kühne / Meissner, Züge unmittelbarer Demokratie in der Gemeindeverfassung, 1977. 43 Art. 12 Bay. BezirksO; § 5 BezirksO für den Bezirksverband Pfalz; Stadtverbandsordnung (Abi. Saarl. 1973, 837). 44 BVerfG DVB1. 1980, 52; Wolff / Bachof VwR II, § 85 III b 1, 2; Forsthoff, VwR, § 26. — Der Ausdruck Gemeindeverband umfaßte ursprünglich auch die Ortsge42

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Die in Art. 28 G G getroffene Entscheidung, „die weder die Gemeinden mediatisiert" noch eine Gemeindefreiheit gegenüber dem Staat begründet 45 , folgt keineswegs ohne weiteres aus dem demokratischen Prinzip, da die ihm immanente volonté generale zunächst zu einem zentralistisch verfaßten Staat tendiert. Die darin liegende Gefahr eines „Absolutismus" ist jedoch im Grundgesetz neben anderem durch eine Dezentralisation der Administrative gemindert worden. Deshalb bedeutet die Regelung in Art. 28 G G die Konstituierung einer gegliederten Demokratie in Form der Beteiligung des Staatsvolkes an politischen Entscheidungen und Maßnahmen, die sich nicht nur auf die gesetzgebende, sondern auch auf die vollziehende Gewalt erstrecken, innerhalb einer räumlich und institutionell gegliederten Ordnung des politischen Gemeinwesens 46 . Die in Art. 28 Abs. 1 G G nach dem demokratischen Prinzip konstituierte gebietskörperschaftliche Gliederung der BRD manifestiert zugleich die Organisation einer vertikalen Differenzierung hoheitlicher Potenzen. Daraus folgt das Gebot, die Kommunen institutionell und funktionell so zu verfassen, daß die demokratisch bestellten kommunalen Organe eigenverantwortlich öffentliche Aufgaben erfüllen können, welche die Eigenart der Teile im ganzen und damit eine Eigenart des Leistungsvollzugs im sozialen Staat erhalten 47 . c) Der Funktionsbereich der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften: aa) Kommunale Angelegenheiten: Art. 28 G G garantiert den Gemeinden die Erledigung aller „Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft". Diese erwachsen aus dem Zusammenleben und Zusammenwirtschaften von Menschen in einem zusammenhängend besiedelten Gebiet. Nun vollziehen sich jedoch die kategorialen Grunddaseinsfunktionen des Menschen — wohnen, in Gemeinschaft sein, sich versorgen, sich bilden, arbeiten, sich helfen und am Verkehr teilnehmen — nicht mehr wie früher am selben „Ort" im Sinne einer zusammenhängend bebauten Siedlung 48 . Verstünde man „Angelegen-

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meinde. Im norddeutschen Raum verstand man als Kommunalverbände sowohl die Ortsgemeinden als auch Kreise und Provinzen. Deshalb muß die konkrete Bestimmung der Art des Gemeindeverbandes jeweils nach seiner Verfassung erfolgen. Vgl. auch § 2 Württ. Verwaltungsedikt vom 1. März 1922: „Der Gemeindeverband erstreckt sich auf alle innerhalb der Gemeinde befindlichen Personen und Sachen." Das „Ministerialblatt für die preußische Innere Verwaltung" behandelte von 1917— 1945 als „Angelegenheiten der Kommunal verbände" alles, was die kommunalen Körperschaften anging. E. Becker, GRe IV/2, S. 686 ff. W.Thieme, AfK 2 (1963), S. 196; Kroell, Gesellschaft und Staat, 1961, S. 25, G. Chr. von Unruh, D Ö V 1974, 650. G. Chr. von Unruh, D Ö V 1972, 19 ff. Der Begriff „Ort" hat in der Sprachentwicklung viele Wandlungen erfahren und kann nicht ausschließlich auf die ungegliederte Gemeinde bezogen werden. „Ort" kann vielmehr sowohl ein engeres wie ein weiteres Gebiet umfassen, soweit eine „Gemeinsamkeit der Interessenlage" der Einwohner und eine geeignete Kommunikationsdisposition bestehen, die sich u. a. in einer günstigen Verkehrserschlossen-

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heiten der örtlichen Gemeinschaft" in dem früher vorherrschenden Sinne, als handle es sich dabei um Vorgänge, die ausschließlich „lokale" Bedeutung besitzen und demnach für den Staat und seine Einrichtungen ohne Belang seien, so ließe sich dieser Begriff heute kaum noch verwenden. Tatsächlich ist er jedoch praktikabel, wenn man ihn verfassungskonform interpretiert, indem man den systematischen Zusammenhang des Grundgesetztextes beachtet. Darin wird die kommunale Selbstverwaltung nicht als ein Gegensatz zur staatlichen Verwaltung, sondern als ein besonderer „Gegenstand" im administrativen Gefüge des Staates gewährleistet. Art. 28 G G verteilt die Verantwortung für die Erledigung von öffentlichen Angelegenheiten auf verschiedene korporative Träger, die der „Staat" miteinander verbindet. Die mobile Gesellschaft hat durch die vorhandenen Verkehrsmittel manche lokalen Bindungen eingebüßt. Der „Pendler" beginnt häufig bereits mit dem Volksschüler. Trotzdem kann das Vorhandensein der Gemeinde als dauernde Einrichtung nachbarschaftlich verbundener Menschen nicht in Frage gestellt werden, weil der Mensch nach wie vor seßhaft geblieben ist und einen bestimmten Wohnsitz hat. Daraus ergeben sich für ihn und seine Nachbarn Bedürfnisse, die eine kommunale Regelung erfordern. Daher ist die Gemeinde nach wie vor bestimmt, die „Gesamtinteressen der durch unmittelbares Nebeneinanderwohnen auf einer näheren Lebensgemeinschaft Angewiesenen in sich aufzunehmen" 4 9 . Weil jedoch der Katalog der Gesamtinteressen immer umfangreicher wird, kann nur eine leistungsfähige Gemeinde ihrem wesensgemäßen Auftrag gerecht werden. Das setzt wiederum eine ausreichend große Einwohnerzahl voraus, deren Begrenzung jedoch, vor allem bei ländlichen Gemeinden, durch ihre Gebietsausdehnung und Siedlungsstruktur gesetzt wird 50 . Ein gemeinsamer überindividueller Zweck stellt ein verdichtendes Element einer Gruppe benachbarter Menschen zur Bildung von Gemeinschaften dar 51 .

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heit darstellt; Christaller, Zentrale Orte, 1933, S. 23; D. Pratzsch, in: Mitt. des dt. Verb. f. Wohnungswesen Städte- Bau- u. Raumplanung, 1964, S. 3ff.; W. Thieme, DVB1. 1966, 87 f. Der Gesetzgeber hat aus dieser Entwicklung bereits manche Folgerungen gezogen, wie z. B. in § 96 BSHG, wo kreisfreie Städte und Landkreise zu „örtlichen Trägern der Sozialhilfe" bestimmt wurden. Entsprechende Vorschriften sind auf dem Gebiet der Jugendpflege und Jugendfürsorge ergangen; Wolff /Bachof, VwR II, § 89 I, vertreten die Ansicht, daß der Grundgesetzgeber, hätte er diese Entwicklung vorausgesehen, nicht jeder kleinen leistungsschwachen Gemeinde, sondern den kreisfreien Städten und den Landkreisen das Recht gewährleistet haben würde, die Angelegenheiten ihrer Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln; SchmidtJortzig, Kommunale Organisationseinheit, S. 39 ff. W. Thieme, JZ 1972, 480; G. Seibert, Selbstverwaltungsgarantie und kommunale Gebietsreform, 1971, S. 12ff. W. Thieme, AfK 2 (1963), 196; Kroell, Gesellschaft und Staat, 1961, S. 25ff.; Scheuner, AfK 1 (1962), 153ff.; Lerche, Buch deutscher Gemeinden, 1965, S. 9ff.

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Im kommunalen Bereich liegt dieser Zweck in der eigenverantwortlichen Entscheidung der von einer Menschengruppe gewählten Repräsentanten für die Fürsorge, Vorsorge u n d Befriedigung eines Gebietes, in welchem die Angehörigen dieser G r u p p e in geschlossenen Einheiten oder in für den einzelnen überschaubaren u n d daher als benachbart verstandenen Siedlungsgruppen leben. Die hierfür gebotenen Entscheidungen sind politische M a ß n a h m e n im Sinne einer Tätigkeit, durch die menschliche Verbände ihr Dasein nach außen wahren und ihre innere O r d n u n g festzulegen und zu erhalten trachten 5 2 . Die hoheitliche Gewalt, welche die Verantwortlichen hierzu legitimiert, erstreckt sich auf das ganze Gebiet, welches als Einheit repräsentiert wird, soweit diese Gewalt nicht durch umfassendere Kompetenzen anderer politischer Körperschaften beschränkt oder gar aufgehoben wird. Die Erhaltung von Gemeinschaften setzt die dauernde Gemeinsamkeit einer Interessenlage voraus, wie sie die räumliche N ä h e der Bewohner eines Siedlungsverbandes schafft. Aus der räumlichen Nachbarschaft erwächst die Notwendigkeit zum genossenschaftlichen Handeln. Dieses Handeln führt zur Teilhabemöglichkeit am Vollzug öffentlicher Aufgaben und schafft soziale Beziehungen durch gemeinsame Sorge f ü r die Sicherung elementarer Lebensbedürfnisse. Diese Form der öffentlichen Verwaltung stellt zwar keinen optimalen, völlig reibungslosen Vollzug von Aufgaben dar, wie sie in einer (hierarchisch) gegliederten u n d nur von Sacherfahrung gelenkten Behörde eher möglich sind, besitzt jedoch d a f ü r eine Integrationswirkung 5 3 , weil sie in überschaubaren Gebieten durch Bürger für ihre Mitbürger vollzogen wird, wodurch sich wiederum das Gefüge des sozialen Rechtsstaates zu festigen vermag. bb) Universalität des Wirkungsbereichs: Universalität oder Allzuständigkeit des Wirkungskreises heißt die umfassende sachliche Kompetenz einer Gemeinde für alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft. Dieser Grundsatz gehört seit der preußischen Städteordnung von 1808 zum Begriff der Selbstverwaltung 54 und wurde auch bald darauf von den süddeutschen Gemeindeordnungen übernommen. Daher konnte es das preuß. OVG als „gemeindeutsches Recht" erkennen, daß die Gemeinde als in den Bereich ihrer Wirksamkeit ziehen dürfe, was die Wohlfahrt des Ganzen wie die materiellen 52 53

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Leibholz, Das Wesen der Repräsentation, 1960, S. 140. Ronneberger, in: Selbstverwaltung einer Landschaft (Initiativen und Aufgaben am Beispiel Westfalens), S. 185f.; Smend, in: Staatsrechtliche Abhandlungen, 1955, S. 189; Schnur, Der Landkreis, 1968, S. 43ff.; Scheuner, AfK 1973, S. 35f.; Laux, AfK 1970, 217 ff. § 108 PrStädteO von 1808 räumte den Stadtverordneten die Befugnis ein, sämtliche Gemeindeangelegenheiten für die Bürgergemeinde zu besorgen. Das württ. Verwaltungsedikt vom 18. März 1822 gab jeder Gemeinde das „Recht", alle auf den Gemeindeverband sich beziehenden Angelegenheiten zu besorgen. Zum österreichischen Gemeinderecht: F. Groll, Gemeindefreiheit, 1962.

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Interessen und die geistige Entwicklung der Einzelnen zu fördern vermögen 55 . Die Aufgabenallzuständigkeit sichert die Individualität einer jeden Gemeinde, deren Einwohner dadurch in den Stand versetzt werden, ihre strukturelle Gestaltung selbständig zu bestimmen und zu vollziehen, soweit es im Rahmen der Verfassung und der Gesetze geschehen kann 56 . Der Grundsatz der Universalität ist eine Eigenart des deutschen Kommunalrechts 57 , während in anderen Ländern (wie etwa in England) der Grundsatz der Spezialität gilt, wonach den kommunalen Körperschaften bestimmte Angelegenheiten durch Gesetz oder einfachen Parlamentsbeschluß überwiesen werden müssen 58 . Die Universalität der Gemeinde wird durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 G G garantiert. Wäre nun auch eine Totalität des gemeindlichen Wirkungsbereiches dem Universalitätsprinzip notwendig immanent, so müßte die Gemeinde das Recht besitzen, mit der Erfüllung einer Aufgabe ihres Zuständigkeitsbereiches jeden anderen Aufgabenträger von der Erfüllung derselben Aufgabe ausschließen zu können. Eine solche Befugnis findet sich jedoch in keiner Gemeindeordnung der Länder. Deshalb sind die Gemeinden auch nicht ausschließliche Träger der öffentlichen Verwaltung in ihrem Raum 59 . Die Allzuständigkeit wird jedoch ebensowenig als ein unerläßliches Erfordernis der kommunalen Selbstverwaltung verstanden und gilt nur als ein „naturale", nicht als ein „essentiale" dieses Begriffes. Das folgt aus der einschränkenden Formulierung in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, wonach die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft von den Gemeinden „im Rahmen der Gesetze" zu regeln sind. Diese Einschränkung vermag sowohl die Art und Weise wie den Umfang des Geschäftsbereiches zu umfassen und ist vielfach durch die Errichtung von Bundes- oder Landesbehörden mit besonderem Auftrag bereits vollzogen worden. Die Gemeinde besitzt mithin kein Recht auf einen konkreten Besitzstand an bestimmten kommunalen Angelegenheiten 60 , solange nicht ihre Selbstverwaltung als solche in Frage gestellt ist („Kernbereich der Selbstverwaltung"). Diese bezieht sich regelmäßig auf Vorhaben, die auf die örtliche Gemeinschaft einen spezifischen Bezug haben und von dieser eigenverantwortlich und selbständig bewältigt werden können. 61 . 55

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Preuß. OVG 2, 190ff., in Anlehnung an Beselers Gemeines Deutsches PrivatR, I, 296. Gönnenwein, GemeindeR, S. 41. Preuß. OVG 12, 158. Zur Staats- und Selbstverwaltung in Großbritannien G. Chr. von Unruh, DÖV 1977, 471. Elleringmann, Grundlagen der Kommunalverfassung und der Kommunalaufsicht, 1957, S. 29; Gönnenwein, GemeindeR, S. 131. Pagenkopf, KommunalR, S. 49 ff., 56 ff. BVerfGE 8, 134 (Volksbefragung über Atomwaffen).

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Die Allzuständigkeit einer Gemeinde kann jedoch auch durch die „Kraft des Faktischen" beschränkt werden, weil die sozial-ökonomischen Wandlungen vieler Lebensverhältnisse ein größeres Gebiet oder eine höhere Einwohnerzahl als die eines einzigen Ortes zur effektvollen und rationellen Durchführung von Leistungsmaßnahmen voraussetzen. Durch diese Faktoren wird das in Art. 28 Abs. 2 G G konstituierte Prinzip der Allseitigkeit des gemeindlichen Wirkungsbereiches stärker relativiert als durch den einschränkenden Vorbehalt „im Rahmen der Gesetze". Indessen sind ihm durch die institutionelle Garantie der Selbstverwaltung wiederum insoweit Grenzen gesetzt, als auch durch Rechtsnormen ihr Wesensgehalt niemals angetastet werden darf. So können Befugnisse, die von jeher mit dem Begriff der Selbstverwaltung verbunden waren und sind, den kommunalen Gebietskörperschaften nicht entzogen werden, ohne damit den Wesensgehalt der Selbstverwaltung zu verletzen. Ob solche Befugnisse zum historisch entwickelten Selbstverwaltungsbegriff gehören, läßt sich anhand gesetzlicher Kodifikation u n d auf G r u n d langwährender tatsächlicher Übung entscheiden. Danach stellt der Wesensgehalt der Selbstverwaltung keine „unzerlegbare Einheit" dar, sondern eine Summe von Befugnissen wie Personal-, Finanz-, Organisations- oder Planungshoheit 6 2 . Zum Wesensgehalt oder Wesenskern der kommunalen Selbstverwaltung gehören nach Ansicht des BVerfG jedenfalls solche öffentlichen Aufgaben, die sich ihrem Wesen nach unmittelbar auf örtliche Verhältnisse beziehen. Hierfür lassen sich Kriterien nach drei Methoden entwickeln: Die sog. Subtraktionsmethode sucht das Kriterium in der Feststellung des Aufgabenbereiches, der nach einem gesetzlichen Eingriff für die Selbstverwaltung noch verbleibt. Zur konkreten Feststellung der verbleibenden Funktionen nimmt das BVerfG einen Rückgriff auf die geschichtliche Entwicklung, um den unantastbaren Bereich der kommunalen Tätigkeit danach zu bestimmen 6 3 . Die Theorie des „typischen Erscheinungsbildes" der Selbstverwaltung vergleicht dieses, wie es sich auf G r u n d der soziologischen Gegebenheiten darstellt, vor u n d nach dem Eingriff. Das für die Selbstverwaltung „Typische" bestimmt ihren Wesensgehalt. N a c h dem Ausmaß der Beeinträchtigung dieses „Typischen" wird der Eingriff bewertet. Es ist indessen schwierig, das „typische Erscheinungsbild" eindeutig darzustellen 64 . Die „Gemeinwohlmethode"stellt unabhängig vom Wesensgehalt, allein auf das Ausmaß des Eingriffes ab: Ein Entzug von Aufgaben ist zulässig, wenn Gründe des Gemeinwohls es erfordern. Als Maßstab für die Bestimmung des Gemeinwohls dient Art. 72 Abs. 2 G G . D a es jedoch an Kriterien fehlt, um 62

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BVerfGE 6, 104; 16, 327; 17, 172 (182); 22, 180 (205); BVerwGE 6, 19 und DVB1. 1971, 213. - Wolf Weber, a. a. O., S. 105 ff. BVerfGE 6, 19; 11, 30; BVerfG DÖV 1969, 849ff. Lerche, Die Gemeinden in Staat und Gesellschaft, in: Buch deutscher Gemeinden, 1965, S. 99, 107; R. Scholz, Das Wesen und die Entwicklung der gemeindlichen öffentlichen Einrichtungen, 1967, S. 55.

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das Gemeinwohl des engeren von dem des weiteren Bereiches zu unterscheiden, gibt es bei Anwendung dieser Methode keine Wesensgehaltsschranke mehr 65 . Die Gemeinwohltheorie läßt sich deshalb nur anwenden, wenn man dem gesetzgeberischen Ermessen Grenzen setzt: Die Regelungsbefugnis des Gesetzgebers findet am Wesensgehalt der kommunalen Selbstverwaltung ihre Grenzen. Die Grenze wird durch das allgemeine Übermaßverbot bestimmt. Dieses Verbot ist wiederum an der konkreten Einhaltung des Dezentralisationsprinzips der öffentlichen Verwaltung im Sinne von Art. 28 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 G G zu messen 66 . Die dem Gesetzgeber verfassungsmäßig bestimmte Schranke ist überschritten und damit der Wesenskern der kommunalen Selbstverwaltung verletzt, wenn den Gemeinden tatsächlich kein Raum mehr für eigene Entscheidungen über die Einrichtungen und die Durchführung von öffentlichen Vorhaben verbleibt. Dazu gehört indessen nicht die Befugnis, politische Fragen an sich zu ziehen, die nicht einen einzelnen Ort betreffen 67 . Der Wesensgehalt der Selbstverwaltung wird auch durch herkömmliche Beschränkungen nicht verletzt, welche durch die Einfügung der Gemeinden in die Organisation der öffentlichen Verwaltung bedingt sind. Dazu gehört die Kommunalaufsicht einschließlich staatlicher Mitwirkungsrechte am kommunalen Geschehen, ferner die Anerkennung einer Kompetenz-Kompetenz zugunsten der Landkreise oder die Einfügung der städtebaulichen Planung in die Landesplanung 68 . Den „Rahmen der Gesetze" bestimmen deshalb nicht nur materielle oder formelle Rechtsnormen, sondern auch die Verpflichtung der Gemeinden zu gesetzmäßigem Handeln (Art. 28 Abs. 3 GG) als eine Voraussetzung für die Befugnis zur eigenverantwortlichen Regelung ihrer Angelegenheiten, was der Bund zu gewährleisten verpflichtet ist. Im Streitfall entscheidet darüber gem. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 b G G und § 91 BVerfGG das Bundesverfassungsgericht 69 . Gegen die Herleitung der Organisationshoheit der kommunalen Körperschaften aus dem in Art. 28 Abs. 2 S. 1 G G gewährleisteten Recht, alle Ange65 66

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Körte, VerwArch 61 (1970), S. 3 ff., 58 ff. Stern, Die verfassungsrechtliche Position der kommunalen Gebietskörperschaften in der Elektrizitätsversorgung, 1966, S. 47; Macher, Der Grundsatz des gemeindefreundlichen Verhaltens, 1971, S. 62ff.; OVG Lüneburg DVB1. 1970, S. 801. BVerfGE 8, 134. Zur Problematik der Schranken des Selbstverwaltungsrechts s. Gönnenwein, GemeindeR, S. 49ff.; W. Weber, Staats- und Selbstverwaltung in der Gegenwart, 2. Aufl. 1967; Stern, BK, Rdnr. 178/179; Klüber, Die Gemeinden im bundesdeutschen Verfassungsrecht, 1974, S. 68 ff.; Siedentopf, Gemeindliche Selbstverwaltungsgarantie im Verhältnis zur Raumordnung und Landesplanung, 1977; A. v. Mutius, a. a. O., S. 32 ff. Bettermann, NJW 1969, 1321 ff., Ule, VerwArch 60 (1969), S. 115ff.; Püttner, AöR (1970), S. 598 ff.

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legenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln", sind jedoch dogmatische Einwände erhoben worden mit der Begründung, daß Art. 28 Abs. 2 G G lediglich eine konstitutive Verleihung des öffentlichen Status und damit eine organisatorische Grundentscheidung der Verfassung für einen Aufbau des Staates nach Gemeinden und Gemeindeverbänden enthalte. Durch diese „Verfassungsvorgabe" ist die Organisationsgewalt des Staates gegenüber den Selbstverwaltungskörperschaften auf eine ihren Status erhaltende Weise beschränkt, so daß sich aus dem verfassungsrechtlich vorgeschriebenen Bestand von Selbstverwaltungskörperschaften eine ihrer Stellung entsprechende Handlungs- und Gestaltungsfähigkeit ergibt 70 . Sowenig sich die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft eindeutig bestimmen lassen, so wenig können örtliche von überörtlichen Aufgaben begrifflich getrennt werden, da diese von den jeweiligen geographischen, sozialen oder sonstigen Umständen abhängen. Grundsätzlich bezeichnet man überörtliche Aufgaben als solche, die sich in mehreren Gemeinden stellen und deshalb zweckmäßig von einem „überörtlichen" Träger, einem großflächigeren kommunalen Verband erledigt werden. Als solche kommen Gebietskörperschaften wie die Kreise oder Bundkörperschaften wie Samtgemeinden oder Zweckverbände in Betracht. Diese Leistungsträger können sowohl eigene als auch ergänzende und ausgleichende Aufgaben wahrnehmen. Ihre eigenen Aufgaben entstehen durch die Zahl der Bevölkerung oder durch die Art der Siedlungen, welche eine großräumige Aufgabenerledigung bedingen. Dazu gehören das Krankenhauswesen, mannigfache Angelegenheiten der Sozialhilfe, die Wasserversorgung und Abwässerbeseitigung in ländlichen Gemeinden wie die Errichtung und Unterhaltung von Straßen außerhalb der geschlossenen Ortschaften. Ergänzende Aufgaben von überörtlichen Verwaltungsträgern ergeben sich aus ihrer stärkeren Verwaltungskraft oder -frequenz als der einer einzelnen Gemeinde. Ausgleichsaufgaben dienen der Unterstützung leistungsschwächerer Gemeinden durch andere Gemeinden, die durch einen Gemeindeverband vermittelt werden. Sie können von der Beratung einer Gemeinde bis zur Durchführung der von ihr beschlossenen Angelegenheiten reichen. cc) Gliederung der kommunalen Aufgaben: Der Wirkungsbereich der Gemeinden und Kreise gliedert sich in eigene71 und übertragene Angelegenheiten 72 , die man auch als Selbstverwaltungs- und Auftragsangelegenheiten bezeichnet. 70 71

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Schmidt-Jortzig, Kommunale Organisationshoheit, 1979, S. 161 ff. Die Erledigung der eigenen Aufgaben der Gemeinde als „gesetzesfreie" Verwaltung zu bezeichnen, ist mißlich und unrichtig, da der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit aller öffentlichen Tätigkeit auch für die Erledigung dieser Maßnahmen gilt. Art. 72 Abs. 1 der preuß. Verf. vom 30. 11. 1920 unterschied zwischen Selbstverwaltungs- und Auftragsangelegenheiten, doch wird, mit Ausnahme von Rheinl.-Pfalz und Saarland dieses Wort in der Gesetzessprache der Gegenwart vermieden, seit der „Weinheimer E n t w u r f von Vertretern der kommunalen Spitzenverbände und

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Auch staatliche und kommunale Aufgaben lassen sich nicht eindeutig voneinander trennen, da die Länder hierüber unterschiedliche Bestimmungen getroffen haben. Das gilt vor allem für den Funktionsbereich der Kreise, denen in manchen Ländern Aufgaben übertragen sind, die in anderen von staatlichen Sonderbehörden wahrgenommen werden. Es bestehen auch Unterschiede in den Regelungen von Art und Umfang der Weisungen, welche die Aufsichtsbehörden den Selbstverwaltungskörperschaften bei der Erledigung von staatlichen Aufgaben erteilen können. Den Umständen nach besteht die stärkste Einwirkungsmöglichkeit bei denjenigen öffentlichen Aufgaben, die der Erhaltung von Sicherheit und Ordnung im weitesten Sinne dienen 73 . In einigen Ländern ist die Durchführung der durch Rechtsnormen geregelten Aufgaben nur noch der allgemeinen Rechtsaufsicht unterworfen. Eine solche monistische Aufgabenstruktur ist in Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und in Schleswig-Holstein angestrebt 74 . Es ist jedoch nicht zu übersehen, daß die hier vollzogene Differenzierung in freiwillig zu erledigende und pflichtgemäß auszuführende Aufgaben im wesentlichen eine Abschwächung der in Bayern, Hessen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz weiterhin geübten Unterscheidung von eigenem und übertragenem Wirkungskreis bedeutet. Jedenfalls gestatten die Landesverfassungen dem Gesetzgeber, die Ausführung von bestimmten öffentlichen Aufgaben durch die Gemeinden im Bedarfsfall einer engen Weisungsgebundenheit durch die Aufsichtsbehörde zu unterwerfen. Soweit in den Ländern ein Aufgabendualismus von Rechts wegen beibehalten wurde, wie in Bayern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Saarland,

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der Innenminister vom 3. 7. 1948 die kommunalen Angelegenheiten nur noch zwischen freiwilligen und Pflichtaufgaben unterschieden wissen wollte. Danach kam für Auftragsangelegenheiten die Bezeichnung „übertragener Wirkungskreis" auf, welche der Gesetzgeber in Bad.-Württ., Hessen, Nordrh.-Westf. und Schlesw.Holst. „Weisungsangelegenheiten" nennt. Die bay. und nds. Kommunalgesetze sprechen vom „übertragenen Wirkungskreis" (Art. 8 Abs. 1 und 2 bay. GO und Art. 6 bay. KrO und §§ 5 und 4 nds. G O bzw. KrO). Einige Ländergesetze schreiben ausdrücklich vor, daß die Pflicht der Selbstverwaltungskörperschaften zur Erfüllung von öffentlichen Aufgaben im Gesetz begründet werden muß (Art. 22 bad.württ. Verf., Art. 3 hess. Verf., Art. 41 vorl. nieders. Verf., Art. 41 nordrhein-westf. Verf., Art. 31 rheinl.-pfälz. Verf., Art. 23 saarl. Verf., Art. 31 Schlesw.-Holst. Landessatzung). Dazu auch BVerfGE 6, 116; Scholler/ Broß, § 4 II; Gönnenwein, GemeindeR, S. 110. Hierzu Friauf, Polizei- und Ordnungsrecht Abschn. III 1 b, bb 1 u. 2 in diesem Band; K. Puls, Die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung und die Lehre von der Verbundverwaltung zwischen Staat und Gemeinden unter besonderer Berücksichtigung des Planungsrechtes der Gemeinden, Diss. jur. Kiel, 1974, hält „überörtliche" für „staatliche" Aufgaben und alle „örtlichen" für kommunale Angelegenheiten ohne Rücksicht auf den jeweils zuständigen Träger (S. 19 ff.). § 2 Abs. 3 bad.-württ. GemO, § 4 hess. GemO, Art. 78 Abs. 4 nordrh.-westf. Verf., § 3 Abs. 1 schlesw.-holst. GemO.

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müssen allgemeine Anordnungen der Staatsbehörden bei der Durchführung von Auftragsangelegenheiten beachtet werden, doch können auch Einzelweisungen ergehen 75 . Schließlich kann der Gesetzgeber auch ein kommunales Organ zur Durchführung von besonderen staatlichen Aufgaben in Anspruch nehmen. Diese Institutions- oder Organleihe macht die in Anspruch genommene Einrichtung im Bereich der abhängigen Fremdverwaltung von den anderen kommunalen Organen unabhängig und unterwirft sie einem unbegrenzten Weisungsrecht der zuständigen staatlichen Behörde 7 6 . Die Weisungsbefugnis steht jedoch grundsätzlich nur den zur Aufsicht zuständigen Landesbehörden zu. Der Bund besitzt kein sog. Durchgriffsrecht auf die Gemeinden, doch übt gem. Art. 84 Abs. 3 G G die Bundesregierung die Aufsicht darüber aus, daß die Länder die Bundesgesetze dem geltenden Rechte gemäß ausführen. Zu diesem Zweck können Beauftragte nicht nur an die obersten Landesbehörden, sondern auch auf nachgeordnete Behörden entsandt werden. D a hierzu auch Gemeinden und Gemeindeverbände gehören, kann ausnahmsweise ein „ D u r c h g r i f f des Bundes bis zu den kommunalen Körperschaften erfolgen 7 7 . Der Katalog der freiwilligen Aufgaben einer Gemeinde ist praktisch unbegrenzt. Er richtet sich nach lokalen Bedürfnissen und nach der Leistungsfähigkeit des Trägers. Selbständiger u n d übertragener Wirkungskreis der Gemeinden wurden zum ersten Mal in § 66 prStädtO von 1808 und im österreichischen Gesetz über die Regelung des Gemeindewesens vom 5. März 1862 getrennt. Danach bleibt der Gemeinde „alles was ihr Interesse zunächst berührt und innerhalb ihrer Grenzen durch ihre eigenen Kräfte besorgt u n d durchgeführt werden kann, ihrer Entscheidung überlassen", während sie im übertragenen Wirkungskreis an weiteren Aufgaben der öffentlichen Verwaltung mitzuwirken verpflichtet ist. Um die Notwendigkeit sicherzustellen, daß bestimmte im Sozialstaat unabdingbare Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft auch tatsächlich von den Gemeinden vollzogen werden, hat der Gesetzgeber Pflichtaufgaben bestimmt, welche die Gemeinden unter bestimmten Voraussetzungen vollziehen müssen. Zu der Ausführung im einzelnen bleibt ihnen jedoch ein weiterer Spielraum f ü r selbständige Gestaltung. Bei dem Versuch einer Gliederung der öffentlichen Angelegenheiten ist man in Literatur und Rechtssprechung 75

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Art. 10 Abs. 3 u. Art. 11 Abs. 3 bay. Verf.; Art. 6 Abs. 2, Art. 8 bay. GemO; Art. 44 Abs. 4 vorl. nieders. Verf.; § 5 Abs. 1 nieders. GemO; Art. 49 Abs. 4 rheinl.-pf. Verf.; § 2 Abs. 2 rheinl.-pf. GemO; Art. 124 saarl. Verf.; § 6 saarl. KSVG; Art. 71 Abs. 4 bad.-württ. Verf.; Art. 78 Abs. 3 nordrh.-westf. Verf.; Art. 39 Abs. 4 schlesw.holst. Landessatzung. Der Oberkreisdirektor nach § 49 nordrh.-westf. LKreisO und § 9 Abs. 3 OBG; § 4 Abs. 1 nieders. KreisO; § 1 Abs. 3 bad.-württ. KreisO; Art. 37 Abs. Satz 2 bay. KreisO; § 55 hess. KreisO; § 2 Abs. 2 rheinl.-pf. KreisO; § 140 saarl. KSVG. W. Thieme, A f K 2 (1963), 185ff.

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noch nicht zu einhellig akzeptierten dogmatischen Ergebnissen g e k o m m e n , vor allem, soweit es sich um die Trennung von weisungsfreien und -gebundenen Aufgaben der Selbstverwaltungskörperschaft handelt. N a c h Maßgabe der Gebundenheit von Selbstverwaltungskörperschaften bei der Durchführung öffentlicher Aufgaben lassen sich drei Gruppen unterscheiden : Gesetzabhängige freie Selbstverwaltung, wobei die Leistungsträger lediglich hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Wahrnehmung der Angelegenheit beaufsichtigt werden. Dieser Bereich ist unbeschränkt. N a c h dem Begriff und der Leistungsfähigkeit des Trägers können Gemeinde oder Kreis darüber entscheiden, welche Aufgaben sie übernehmen wollen. In diesen Bereich fallen die Errichtung von karitativen oder medizinischen Anstalten, die Wasserversorgung und Abwässerbeseitigung, Verkehrseinrichtungen, die Pflege von Kunst und Wissenschaft, der Sport, Erwachsenenbildungswesen, Straßenbau, gärtnerische Anlagen u. a. m. 78 . Pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben19 wie die Unterhaltung von Volksschulen oder Einrichtungen zum Feuerschutz müssen von den gesetzlich bestimmten Trägern wahrgenommen werden, doch sind die Träger nur an Rechtsnormen bei der Durchführung gebunden und unterliegen mithin nur einer Rechtsaufsicht. In weiterem Sinne sind zu diesen Aufgaben auch solche zu rechnen, bei denen die Leistungsträger an allgemeine Verwaltungsrichtlinien, die den Rahmen des behördlichen Ermessens umreißen, gebunden sind. 78

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Als einziges Kommunal Verfassungsgesetz enthält die bayGO in Art. 57 einen Katalog der Aufgaben des eigenen Wirkungskreises: „In den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit" sollen die Gemeinden „die öffentlichen Einrichtungen schaffen und erhalten, die nach den örtlichen Verhältnissen für das wirtschaftliche, soziale und kulturelle Wohl ihrer Einwohner erforderlich sind, insbesondere Einrichtungen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, der Feuersicherheit, der öffentlichen Reinlichkeit, des öffentlichen Verkehrs, der Gesundheit, der öffentlichen Wohlfahrtspflege einschließlich der Jugendfürsorge und Jugendpflege, des öffentlichen Unterrichts und der Erwachsenenbildung, der Jugendertüchtigung und der Kultur- und Archivpflege". Wie aus dem Wort „insbesondere" hervorgeht, ist dieser Katalog nicht abschließend, sondern kann durch den Gesetzgeber wie durch Entscheidung der zuständigen kommunalen Organe ausgedehnt werden, wie diese auch über die „Grenzen der Leistungsfähigkeit" für die Bewältigung eigener Angelegenheiten zu befinden haben. Die subsidiären Kompetenzen im „eigenen Wirkungskreis" sind den Gemeinden in Art. 57 Abs. 2 bayGO eingeräumt, wonach sie unbeschadet bestehender Verbindlichkeiten Dritter verpflichtet sind, bestimmte dem öffentlichen Wohl dienende, vor allem hygienische Einrichtungen herzustellen und zu unterhalten, wenn auch wiederum „in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit". Damit durch diese Grenzen keine Nachteile für die Bevölkerung entstehen können, hat der Gesetzgeber vorgeschrieben, daß solche „Pflichtaufgaben" im Falle des Unvermögens eines Ortes „in kommunaler Zusammenarbeit zu erfüllen" sind (Art. 57 Abs. 3 bayGO). H. H. Klein. DVB1. 1968, 145; Jesch, DÖV 1960, 749; Pagenkopfs. 155.

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Eine vom Bundesgesetzgeber in §§ 12 Abs. 1 J W G und 96 Abs. 1 BSHG getroffene Bestimmung, die Sozialhilfe und Jugendwohlfahrtspflege als Selbstverwaltungsaufgaben wahrnehmen zu lassen, hat das BVerfG für nichtig erklärt 80 , weil dadurch in unzulässiger Weise in die Verwaltungskompetenz der Länder eingegriffen werde, da keine Notwendigkeit für Annexregelungen zum wirksamen Vollzug der Gesetzesausführung (gem. Art. 84 Abs. 1 G G ) vorliege. Eine Entscheidung über den Charakter dieser Aufgaben zu treffen, ist vielmehr den Ländern anheimgestellt. Herkömmliche Pflichtaufgabe der Gemeinden sind die Wahrnehmung der „sächlichen" Verwaltung des Grundschul- sowie des Feuerlöschwesens, die Straßenbaulast innerhalb des Gemeindegebiets, u n d — in der jüngsten Gegenwart durch die Novellierung des BBauG zum 1.1. 1977 — die Pflicht zur Aufstellung von Bauleitplänen unter Berücksichtigung sozialer und infrastruktureller Gesichtspunkte sowie die Bereitstellung von Bauland für Wohnungen. Hinzu treten bestimmte Aufgaben zur Förderung der Hygiene. Auch auf dem Gebiet der Landesverteidigung haben die Gemeinden Pflichten übernommen. Dazu sind Sozial- und Jugendpflege Pflichtaufgaben der Stadtu n d Landkreise. Das Kriterium der Pflichtaufgaben als eigene Angelegenheiten der Gemeinde liegt darin, daß sie nicht nach Einzelfallweisungen vollzogen werden und lediglich der Rechtsaufsicht unterliegen 81 . Insoweit sind die Bestimmungen der Landesverfassungen, die einen Dualismus der Gemeindeaufgaben kennen 8 2 , inkonsequent, wenn sie feststellen, daß nur Aufgaben, die nach Gesetz oder Herkommen zum Wirkungskreis des Staates gehören, zum übertragenen Wirkungsbereich bezogen werden können. Im Wirkungsbereich des Staates der industriellen Gesellschaft sind vielmehr manche Leistungen zu erbringen, die vielfach ihrem Herkommen nach weithin als kommunale Aufgabe galten, jetzt jedoch in manchen Fällen nach einheitlicheren Maßstäben als früher vollzogen werden müssen 8 3 , was allerdings aus verfassungsrechtlichen G r ü n d e n keineswegs als ein prinzipielles Gebot angesehen werden darf. Neben ihrem „eigenen" Wirkungskreis haben die Selbstverwaltungskörperschaften im „übertragenen" Bereich als Fremdverwaltung M a ß n a h m e n nach Auftrag und Weisung (Weisungsverwaltung) von 8 4 staatlichen Dienststel80 81

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BVerfGE22, 210. Pappermann, Ansprüche des Staates bei fehlerhafter Erledigung übertragener Aufgaben durch Kommunalkörperschaften? 1971. Einen Dualismus der Gemeindeaufgaben bestimmen in Hessen Art. 137 Abs. 4, Nieders. Art. 44 Abs. 4, Rheinl.-Pf. Art. 49 Abs. 4, Saarl. Art. 124 der Verf., Schlesw.-Holst. Art. 39 Abs. 4 Landessatzung. Eine Übertragung „öffentlicher Aufgaben" sehen in Bad.-Württ. Art. 71 Abs. 4, 3, in Nordrh.-Westf. Art. 78 Abs. 3, in Bay. Art. 11 Abs. 3 der Verf. vor. H. Gröttrup, Die kommunale Leistungsverwaltung, 1973, S. 19 ff.; Schmidt-Jortzig, Kommunale Organisationseinheit, S. 113ff.; G. Chr. von Unruh, DÖV 1977, 649ff. Dazu gehört auch die Ausführung von Bundesgesetzen gem. Art. 89 Abs. 1 - 4 , 85 GG. Die Gemeinden können dabei in ein unmittelbares Verhältnis zum Bund tre-

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len zu erledigen. Der Gesetzgeber nimmt zur Ausführung bestimmter Vorschriften die vorhandenen Behörden der Selbstverwaltungskörperschaft in Anspruch — wofür in der Regel eine finanzielle Dotation zur Verfügung gestellt wird — ohne in die Organisationshoheit der Träger im einzelnen einzugreifen. Hierzu zählt vor allem die Erhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, soweit nicht unmittelbare staatliche Behörden d a f ü r zuständig sind. Bei weisungsgebundenen Aufgaben ist die staatliche Aufsichtsbehörde nicht nur auf allgemeine Weisungen beschränkt, sondern kann auch im Einzelfall das Verwaltungshandeln bestimmen. Gem. Art. 84 Abs. 3 G G erstreckt sich die Bundesaufsicht über die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder auch auf die Gemeinden, wozu sogar gem. Art. 84 Abs. 5 Satz 2 G G Einzelweisungen gehören können. Nach Art. 85 G G können die Gemeinden unmittelbar f ü r die Bundesauftragsverwaltung in Anspruch genommen werden (§ 15 WehrpflichtG). Es ist jedoch nicht nur die Folge dieser administrativen Beziehungen zwischen Bund und Gemeinden, sondern eine konsequente Folge der Gewährleistung der kommunalen Selbstverwaltung durch den Bund, daß im Zuge von Novellierungen zum Grundgesetz eine Finanzgarantie des Bundes eingeführt wurde. Diese findet sich vor allem in Art. 106 Abs. 5 Satz 6 u n d Abs. 8, 107 und 104 a Abs. 4 GG 8 5 . Schließlich läßt sich von dieser Weisungsverwaltung noch eine Auftragsverwaltung im engeren Sinne unterscheiden, wobei die weisungsberechtigte staatliche Behörde — im Unterschied zu den bei der Darstellung der Fremdverwaltung genannten Befugnissen — keiner gesetzlichen Beschränkung des Umfanges ihrer Anordnungen unterliegt, so daß diese vom Träger „unselbständig" wahrgenommen werden 8 6 , weshalb gegen derartige Weisungen der Aufsichtsbehörde keine Rechtsmittel eingelegt werden können 8 7 . Die Bedeutung der Auftragsangelegenheiten mit strikten Weisungsmöglichkeiten an die kommunalen Behörden wird nicht nur auf dem Gebiet der Landesverteidigung, sondern auch auf dem des Polizei- u n d Ordnungswesens deutlich. Zieht man schließlich noch das Standesamt-, Straßenverkehrs- und

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ten, da nach Art. 84 Abs. 3 S. 2 G G ein Beauftragter des Bundes unmittelbar zu den Gemeinden als „nachgeordneten Behörden" entsandt werden darf, wie auch die BReg im Rahmen des Art. 84 Abs. 5 G G den Gemeinden unmittelbar Einzel Weisung erteilen kann. Das ist eine Ausnahme von dem Grundsatz, daß die Gemeinden keinerlei Beziehungen zur Bundesstaatsgewalt besitzen, wie ja auch der Bund lediglich den Ländern gegenüber die Einhaltung der institutionellen Garantie der Selbstverwaltung zu gewährleisten hat. Zum Ganzen vgl. auch Schmidt-Eichstaedt, Bundesgesetze und Gemeinden, 1981, passim. W. Thieme, JZ 1972, 477 f. W o l f f / Bachof, VwR I, § 4 I c 2. - Art. 85 Abs. 4, 87 b Abs. 2, 90 Abs. 2 und 120 a GG. Es handelt sich dabei um Angelegenheiten des Wehrersatzwesens, des Lastenausgleichs, der Durchführung von Wahlen, des Meldewesens, der Wohnraumbewirtschaftung oder der unteren Naturschutzbehörde. Eyermann / Fröhler, VwGO, § 42 Rdnr. 53 a.

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Gewerbewesen in Betracht, so wird offenkundig, daß es sich hierbei zwar auch um Angelegenheiten handeln kann, welche für die „örtliche Gemeinschaft" von Belang sind, ohne daß sie jedoch ausschließlich lokal radizierbar sind. Rechtsstaatliche Grundsätze fordern vielmehr, daß Angelegenheiten der ordnenden Verwaltung, die häufig mit Eingriffsmaßnahmen gegen einen Betroffenen verbunden sind, innerhalb des ganzen Staatsgebietes nach einheitlichen Regeln vollzogen werden, wobei es nicht ausbleiben kann, daß die beaufsichtigende staatliche Behörde sich ein individuelles und spezielles Weisungsrecht vorbehält. An diesen Beispielen wird deutlich, daß, — ungeachtet des Wunsches, den materiellen Gehalt der Auftragsangelegenheiten zu beseitigen, und ungeachtet der veränderten Nomenklatur für die öffentlichen Aufgaben — eine Unterscheidung zwischen Maßnahmen bestehen bleiben muß, bei deren konkreter Gestaltung der örtliche Verwaltungsträger einen breiteren Spielraum unter Berücksichtigung örtlicher Besonderheiten und lokaler Eigenarten besitzt, und solche Angelegenheiten, wo die Gemeinde in besonderem Maße als ein Glied des Staates verpflichtet ist, sich allgemeinverbindlichen Regeln unterzuordnen. Wäre es anders, so würde zugleich der Grundsatz der Einheit der Verwaltung in Frage gestellt, dessen Verwirklichung letzten Endes sowohl demokratischen als auch rechtsstaatlichen Anliegen entspricht, damit im lokalen wie im kantonalen Bereich möglichst viele öffentliche Aufgaben vollzogen werden können. Anderenfalls wären der Bund und die Länder berechtigt, eine eigene Behördenorganisation für „ihre" öffentlichen Aufgaben bis zu unteren Verwaltungsbehörden in Kreisen und Gemeinden zu errichten 88 . Die Organisation der Polizei- und Ordnungsverwaltung fällt in die Zuständigkeit der Länder. Durch die Trennung von institutioneller Polizei- und Ordnungsverwaltung und die unterschiedlichen Zuweisungen bestehen mancherlei Differenzierungen. In Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und im Saarland werden sämtliche Aufgaben der Gefahrenabwehr von Polizeibehörden wahrgenommen, die in der Ortsstufe dem Landrat unterstehen. In den anderen Ländern hingegen sind die Behörden der inneren Verwaltung hierfür zuständig 89 . 88

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Aus der Natur der Sache ergibt sich, daß manche Sonderverwaltungen, wie z. B. Steuer- und Finanzverwaltung, das Straßenbauwesen sowie das Wasserbauwesen, wegen der speziellen pragmatisch oder regional bestimmten Aufgaben einer besonderen Behördenorganisation bedürfen. Viele Sonderbehörden können indessen, wie auch in Kommunalgesetzen und Landesverfassungen gefordert, in die Kreisoder Gemeindeverwaltungen übernommen werden. In einigen Ländern der B R D wie in Bay. und Bad.-Württ. gibt es bei den Landkreisen eine staatliche Behörde, deren Leiter der Landrat als kommunaler Beamter jedoch die organisatorischen Verbindungen herstellt, die zugleich eine mittelbare Beteiligung der kommunalen Organe, etwa im Sinne von Anregungen oder Kritiken, gewährleisten. Vgl. Wolff / Bachof, VwR II, § 83 I; G. Chr. von Unruh, DVB1. 1979, 761 ff. Dazu s. in diesem Band Friauf, Polizei- u. OrdnungsR, Abschn. III 1 b.

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Alles in allem bestätigt sich die Feststellung von Hettlage90, daß der gemeindliche Wirkungsbereich in die weitaus vorherrschenden Pflichtaufgaben und in einen Restbestand selbstgewählter örtlicher Angelegenheit zerfällt, eine Entwicklung, die mit der „Sozialstaatsbildung" konform verläuft und deren Durchsetzung viel weniger durch aufsichtsbehördliche Maßnahmen als durch vorliegendes örtliches Bedürfnis aller Einwohner in Stadt und Land sowie schließlich — in der Durchführung — durch den generellen oder speziellen Finanzausgleich bestimmt wird. dd) Autonomie der Selbstverwaltungskörperschaften: Zu ihrer Selbstgestaltung oder Organisation ist die Gemeinde auf Grund ihrer Universalität befugt. Kraft ihrer Autonomie darf sie hierfür eigenes objektives Recht setzen. Die legislatorische Ermächtigung, die Satzungsgewalt, wird den Gebietskörperschaften durch die einschlägigen kommunalen Landesgesetze erteilt. Da jedoch alle Rechtsetzungsbefugnis öffentlicher Verbände vom Staat abgeleitet ist, kann auch die Satzungsgewalt nicht ohne weiteres aus Art. 28 G G abgeleitet werden, da dieser kein Grundrecht gewährt. Daher ist dem Landesgesetzgeber eine spezielle Regelung einzelner Befugnisse der Gemeinden nicht verwehrt. Deshalb darf auch eine Genehmigungspflicht für Satzungen in den Gemeindeordnungen oder Spezialnormen vorgesehen werden. Vielfach tritt jedoch bereits an Stelle der Genehmigungspflicht lediglich eine Anzeigepflicht durch die Gemeinden 91 . Ihrer Stellung als Gebietskörperschaft entsprechend gelten die Satzungen für jedermann, auf den innerhalb ihrer Gemarkungsgrenzen der kodifizierte Tatbestand zutrifft. Gegenstand der Autonomie sind zunächst organisationsrechtliche Satzungen, wie die Hauptsatzung, welche die Selbstorganisation der Gemeinde im Rahmen des vom Landesgesetzgeber erlassenen Gemeindeverfassungsrechts regelt, und die Haushaltssatzung, welche Einnahmen und Ausgaben der Gemeinde für ein Rechnungsjahr vorsieht und ihre Verwendung bestimmt 92 . Zu den Satzungen gehören Steuer- und Gebührenordnungen, Beitragssatzungen und Kurtaxenordnungen sowie die Bestimmung über Stellung und Besoldung von Gemeindebediensteten. Auch Dienstleistungsverpflichtungen gegenüber der Gemeinde, wie die Reinigung öffentlicher Wege durch die Eigentümer angrenzender Grundstücke, werden durch Satzung geregelt 93 . 90 91

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Hettlage, in: Festschr. f. van Aubel, 1954, S. 107ff. Gönnenwein, GemeindeR, S. 143ff., Forsthoff, VwR, S. 497f.; Wolff / Bachof VwR II, § 8 6 VII c. - Zur Institutionellen Garantie: Carl Schmitt, Verfassungslehre, 1928, S. 170 ff. Wolf Weber, Territorialreform, rechtliche Ausgestaltung des repräsentativen Willensbildungsprozesses in den Gemeinden und Verwaltungsgarantie des Grundgesetzes, 1981, S. 121 ff.; Stüer, a . a . O . , S. 90ff. - Gegen die Bedenken von Pagenkopf (a. a. O., S. 81 f.) zur verfassungsrechtlichen Problematik der kommunalen Satzungsbefugnis muß die administrative Stellung der kommunalen Körperschaften hervorgehoben werden. Die Durchführung von Hand- und Spanndiensten, die früher, vor allem in Landge-

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Da der Gesetzgeber den Gemeinden die eigenverantwortliche Regelung ihrer „städtebaulichen Entwicklung" überlassen hat, haben die baurechtlichen Satzungen der Gemeinde 9 4 , wie die Bebauungspläne (§ 10 BBauG), Veränderungssperren (§ 16 BBauG) sowie Bestimmungen zur Durchführung der Vorschriften aus §§ 25 Abs. 1, 26 und 132 BBauG zunehmend an Bedeutung gewonnen 9 5 . Gemeindliche Satzungen können mit Zwangsmitteln bewehrt werden, um die darin begründeten Verpflichtungen durchzusetzen oder zu bestimmen, daß Zuwiderhandlungen als Ordnungswidrigkeiten geahndet werden 9 6 . Zum Erlaß von Rechtsverordnungen können die Gemeinden im Rahmen landesrechtlicher Bestimmung ermächtigt werden. Dabei wird in der Regel die Zuständigkeit des erlassenden Gemeindeorgans festgelegt. Solche Maßnahmen können im übertragenen Wirkungskreis, vor allem auf dem Gebiet der Polizei oder des Sicherheits- und Ordnungswesens, getroffen werden. Örtliches Gewohnheitsrecht oder Observanzen, die früher häufig die öffentlichen Pflichten der Einwohner bestimmten, sind regelmäßig bedeutungslos geworden. Die Personalhoheit der Gemeinde und der Gemeindeverbände gehört zum Recht ihrer Selbstverwaltung. Sie u m f a ß t die Befugnis ihrer Organe, in eigener Verantwortung Anzahl und Rechtsverhältnis der Personen zu bestimmen, die zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben benötigt werden, sowie sie anzustellen, zu befördern und zu entlasten. Hinsichtlich der Amts- u n d Dienstbezeichnung sowie der Besoldung oder Entlohnung dieser Personen müssen die Selbstverwaltungskörperschaften jedoch „im Rahmen der Gesetze" handeln, welche oft recht detaillierte Bestimmungen enthalten, so daß auf diesem Gebiet eine erhebliche Beschränkung der Autonomie vorliegt 97 . Das gilt vor allem f ü r Rechte u n d Pflichten der Beamten, die in den Rahmenvorschriften des Bundes und durch diese ausfüllende Beamtengesetze der Länder geregelt sind. Eine beschränkte Rechtsetzungsbefugnis verbleibt den Selbstverwaltungskörperschaften nur noch bei den Besoldungsordnungen und den dem Haushaltsplan beigefügten Stellenplänen, wobei jedoch sowohl die Besoldungsbestimmungen als auch die Regelung von Aufwandsentschä-

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meinden, eine beträchtliche Entlastung der kommunalen Ausgaben bedeutete, hat durch die wachsende Verwendung technischer Geräte fast vollständig an Bedeutung verloren. Es besteht jedoch noch die Möglichkeit, von den Pflichtigen Ersatzleistungen in Geld zu fordern (Pagenkopf, a. a. O., S. 136). § 2 BBauG; dabei ist dem einzelnen Bürger durch den neuen § 2 a BBauG eine erweiterte Beteiligung an der Bauleitplanung eingeräumt worden. Zur Stellung der Gemeinde in der Raumordnung W.Ernst, in: Buch dtsch. Gemeinden, 1965, S. 27ff., sowie Bd. 27 der Schriftenr. d. Hochsch. Speyer, 1965, R. R. Beer, Die Gemeinde 1970, S. 139 f. Pagenkopf, a. a. O., S. 67. Wolff/ Bachof, VwR II, § 86 VII c, S. 211; Pagenkopf, a. a. O., S. 97 ff. BVerfGE 7, 364; 8, 359; BVerwGE 2, 329ff.; Gönnenwein, GemeindeR, S. 122f.; Pagenkopf, a. a. O., S. 62 ff.

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digungen für Wahlbeamte die Bestimmungen normativer Rechtssätze oder daraus abgeleiteter Vorschriften nicht verletzen dürfen 98 . Die Ansicht, daß diese Regelung des Personalwesens der Kommunen nach gegenwärtigem Recht das Selbstverwaltungsrecht beschränke, geht von der früher stärkeren Trennung ihrer Institutionen und Funktionen von der Staatsverwaltung aus. Der wachsende Umfang öffentlicher Aufgaben, die von Selbstverwaltungskörperschaften wahrgenommen werden müssen und die eine begriffliche Trennung der Aufgaben vielfach nicht zulassen, berechtigen auch den Staat zu normativen Regelungen für die Stellung aller im öffentlichen Dienst beschäftigten Personen, um eine gleichmäßigere Behandlung zu erreichen. Der Grundsatz der Selbstverwaltung bleibt dennoch gewahrt, weil den kommunalen Organen die Auswahl ihrer Bediensteten sowie die Entscheidung über ihr Anstellungsverhältnis, ihre Beförderung und Beschäftigung in eigener Verantwortung überlassen ist". Dabei sind sie lediglich verpflichtet, die Zahl ihrer Bediensteten so zu bemessen, daß sie mit qualifizierten Kräften die ihnen obliegenden Aufgaben zu erfüllen vermögen 100 . Auch die Amtsbezeichnung der Gemeindebeamten unterliegt gesetzlichen Bindungen, handelt es sich nun um Bürgermeister, Gemeindedirektor, Stadtkämmerer oder um solche, die entsprechende Amtsbezeichnungen der Bundes* und Landesbeamten tragen. In der Regel wird jedoch vorgeschrieben, daß Amtsbezeichnungen einen Hinweis auf den kommunalen Dienstherrn tragen, wie Kreisamtmann oder Gemeindeinspektor. Eine Besonderheit der kommunalen Selbstverwaltung bilden die Wahlbeamten, die auf Zeit durch Entscheid der Vertretungskörperschaft ihrer Kommune ins Amt berufen wurden 101 . Im engeren Sinne bezeichnet man als Wahlbeamte die Inhaber einer organschaftlichen Stellung, den Hauptverwaltungsbeamten und seinen allgemeinen Vertreter. Ihre Stellung verleiht ihnen gegenüber der Vertretungskörperschaft eine größere Unabhängigkeit als sie den übrigen Beamten eigen ist. Alle kommunalen Beamten unterliegen dem geltenden Disziplinarrecht. Der Staat kann eine Dienststrafgewalt über Gemeindebeamte ausüben, doch verbleibt — nach unterschiedlichem Recht der Länder — im nicht förmli98

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Art. 75 Nr. 1 G G ; BRRG vom 1. Okt. 1961 (BGBl. I, S. 1834); BBesoldungsG vom 27. Juli 1957 (BGBl. I, S. 993); BVerfGE 17, 172. Eine Ausnahme ist der Bestätigungsvorbehalt für die Wahl des Oberkreisdirektors in § 38 Abs. 1 nordrh.-westf. LKreisO. In Schlesw.-Holst. kann die Wahl des Bürgermeisters oder eines hauptamtlichen Magistratsmitgliedes im Widerspruchsverfahren angefochten werden (§§51, 64 Abs. 4 schlesw.-holst. GemO), die nur mit der Behauptung einer fehlenden Eignung des Gewählten begründet werden kann. Gönnenwein, GemeindeR, S. 124. Zur unterschiedlichen Regelung des Wahlbeamtenverhältnisses in den Ländern: Gönnenwein, GemeindeR, S. 130ff.; Pappermann, ZBR 1968, 297ff.; Forsthoff, VwR, S. 554 ff.

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chen Disziplinarverfahren den Gemeinden ein Bereich eigener Verantwortung. Kommunale Angestellte und Arbeiter befinden sich in einer Rechtsstellung, die sich nach den Tarifordnungen richtet. Schließlich kennt das Gemeinderecht den Ehrenbeamten, teils als einen zu ehrenamtlicher Mitwirkung bestellten, teils als einen in ein kommunales Ehrenamt berufenen Bürger. Ehrenamtlich können Ratsmitglieder die Verwaltungsgeschäfte als Bürgermeister, Gemeindedirektor oder Beigeordneter leiten, was in den meisten Ländern für kleinere Gemeinden bis zur Einwohnerzahl von 2000 Menschen vorgesehen ist. Darin liegt eine Nebentätigkeit, die sich jedoch nach den Rechten und Pflichten eines Beamten vollziehen muß. Ehrenbeamte erhalten keine Dienstbezüge und Versorgung, sondern lediglich eine Aufwandsentschädigung. Ehrenamtliche Tätigkeit für das Gemeinwesen ist Pflicht jedes Einwohners, soweit ihn nicht besondere gesetzliche Voraussetzungen davon befreien. Solche Tätigkeit wird im Bereich der Jugendpflege, des Fürsorgewesens, der heimatkundlichen und kulturellen Einrichtungen oder bei der Durchführung von Wahlen häufig von Gemeinden und Kreisen in Anspruch genommen 102 . ee) Grundrechtsfähigkeit der Selbstverwaltungskörperschaften ? Gem. Art. 19 Abs. 3 G G gelten die Grundrechte auch für inländische juristische Personen, „soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind". Diese Bestimmung hat die Frage nach ihrer Anwendbarkeit auf die kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften ausgelöst. Dabei können, wenn überhaupt, nur solche Grundrechte in Betracht kommen, welche qualitativ auf juristische Personen anwendbar sind 103 . Damit entfällt die Grundrechtsfähigkeit der kommunalen Körperschaften, soweit sie Träger von öffentlichen Funktionen sind. Betrachtet man mit dem BVerfG die kommunale Tätigkeit als eine besondere Erscheinungsform der einheitlichen Staatsgewalt, so kann es innerhalb des hoheitlichen Gesamtaufbaus des Staates keine Grundrechte eines Hoheitsträgers gegen einen anderen geben 104 . Die Erhaltung der „besonderen Erscheinungsform" des hoheitlichen Handelns im kommunalen Bereich wird durch die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung des Rechtes auf Selbstverwaltung nach Art. 28 G G hinreichend geschützt, soweit die Verletzung durch eine Rechtsnorm eintritt. Durch die in Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 b GG getroffene besondere Regelung ist zugleich zum Ausdruck gebracht, daß zur Gewährleistung der Selbstver102

103 104

Ein Ersatz für Auslagen im Rahmen ehrenamtlicher Tätigkeit und für entgangenen Arbeitsverdienst wird regelmäßig von den berufenden kommunalen Organen gewährt. Hesse, VerfR, § 9 II 2. BVerfGE 21, 370; Maunz / Düng / Herzog / Scholz, GG, Rdnr. 34ff. zu Art. 19 III; H. Peters, A f K 3 (1964), 119f., ders., Geschichtliche Entwicklung und Grundfragen der Verfassung (bearbeitet von J. Salzwedel/ G. Erbet), 1969, S. 256f.

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waltung nicht auf Grundrechte Bezug genommen werden kann. Soweit durch einzelne Maßnahmen im Wege der staatlichen Aufsicht gegenüber den kommunalen Körperschaften ihre verfassungsrechtlich gewährleistete Stellung als „Teil eines gegliederten Ganzen" für verletzt gehalten wird, können sie Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren in Anspruch nehmen, falls nicht gesetzlich geregelte Aufgaben im Auftrage des Staates ausgeführt werden 105 . Aus der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 G G und den entsprechenden Bestimmungen der Landesverfassungen wird jedoch auch die gegenteilige Ansicht gefolgert, daß die Gemeinden und Gemeindeverbände Trägerinnen von „Freiheitsrechten besonderer Art" seien, welche einen status negativus begründen und deshalb vor Eingriffen des Staates in ihren Bereich schützen müssen. Die Erledigung von Selbstverwaltungsaufgaben ist demnach die Tätigkeit eines eigenständigen Hoheitssubjektes und kein „obrigkeitsinterner Vorgang". Das BVerfG unterscheidet nun zwar den Staat und die nachgeordneten Träger öffentlicher Aufgaben und dementsprechend auch ihre Beziehungen zueinander. Soweit ihre Tätigkeit jedoch Ausübung der hoheitlichen Gewalt darstellt, so kann es sich bei den behaupteten Übergriffen eines Hoheitsträgers in den Funktionsbereich eines anderen nur um Kompetenzkonflikte handeln, die keine Grundrechte betreffen können, weil dabei jeder Bezug zum Menschen als dem „ursprünglichen Inhaber der Grundrechte" fehlt 106 . Auch wenn in der Gewährleistung der kommunalen Selbstverwaltung neben anderem eine „subjektive Rechtsstellungsgarantie" liegen würde, ließe sich eine Rechtsbeeinträchtigung innerhalb dieses Bereiches noch nicht mit der Verletzung von Grundrechten begründen, weil die besondere Rechtsstellung der kommunalen Körperschaften ihre Rechtfertigung in der Erledigung von öffentlichen Aufgaben findet, die als Selbstverwaltung einen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz erfahren haben. Besitzt die kommunale Selbstverwaltung mithin keinen Grundrechtscharakter, so ist doch eine Grundrechtsfähigkeit von Gemeinden und Gemeindeverbänden dann nicht auszuschließen, wenn sie sich lediglich in der Lage von gewaltunterworfenen Personen gegenüber dem staatlichen Hoheitsträger befinden. Das kann jedoch nicht in dem Sinn verstanden werden, daß im Bereich fiskalischen Handelns — im Unterschied zur hoheitlichen Tätigkeit — die Gemeinden und Gemeindeverbände als grundrechtsfähig betrachtet würden, weil auch hierbei öffentliche Aufgaben im weitesten Sinne des Wortes Erledigung finden. Hierbei muß stärker differenziert werden, weil im Einzelfall die Stellung der Gemein105

106

H. H. Klein, DV 1968, 145ff.; Köngen, Die Gemeinde und der Bundesgesetzgeber, S. 15. Herrschende Lehre, zuletzt v. Mutius, Gutachten, S. 26. Demgegenüber behaupten eine Grundrechtsfähigkeit der Gemeinde Erich Becker in HBKWP, Bd. 1, 1956, 139; Bettermann, NJW 1969, 1321 ff.; Gönnenwein, GemeindeR, S. 41 ff. Differenzierend Stern, BK, Art. 28 Rdnr. 71, und Schnapp, Der Städtetag 1969, 321, m. ausführlicher Darstellung der Meinungsverschiedenheiten.

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de als juristischer Person durch staatliche Maßnahmen Einbußen erfahren kann, insbesondere ihr Vermögen oder die Möglichkeit, im Planungsverfahren ihre Stellung als Rechtspersönlichkeit gegenüber Maßnahmen der öffentlichen Gewalt zu behaupten. Dafür können jedoch umständehalber nur sehr wenige Grundrechte überhaupt in Betracht kommen, wie etwa das Grundrecht auf verfassungsmäßige Behandlung des kommunalen Eigentums oder das Petitionsrecht nach Art. 17 GG. Ob und inwieweit überhaupt im Einzelfall eine Gemeinde sich auf ein Grundrecht berufen kann, muß daher sorgfältig und unter Anlegung eines der Stellung im Staat adäquaten Maßstabes geprüft werden. Dabei ist auch zu beachten, daß keine Gemeinde und kein Gemeindeverband einen „individuellen" Bestandsschutz genießt, sondern daß die Bildung und die Aufhebung von Gemeinden und Kreisen im Ermessen des Gesetzgebers steht. Gewährleistet ist im G G lediglich, die Institution der Selbstverwaltung, die zwar das Vorhandensein von Gemeinden und Gemeindeverbänden voraussetzt und erforderlich macht, ohne daß jedoch daraus bestimmte Leitbilder für Umfang oder Einwohnerzahl dieser Körperschaften aus der Verfassung entwickelt werden können. Für die Prüfung der Verfassungs- und Rechtmäßigkeit aller Veränderungen im Bereich der kommunalen Körperschaften gilt die Gemeinwohl-Erforderlichkeit als wichtiger Maßstab 107 . Diese läßt sich nach höchstrichterlicher Rechtsprechung dahin konkretisieren, daß sowohl dem Demokratiegebot als dem Effekt der erweiterten Gewaltengliederung Rechnung getragen wird. Dazu gehört, daß die „Bürgernähe der kommunalen Organe" erhalten bleibt und daß die Einwohner auf das kommunale Geschehen „einen maximalen Einfluß ausüben" können. Das erfordert die Erhaltung einer „Überschaubarkeit" der kommunalen Gebiete, was allerdings bei ihrer Veränderung tatsächlich wenig Beachtung fand, von der Rechtsprechung aber auch fast ungerügt blieb. Der Umstand, daß die Bildung und Aufhebung von Gemeinden oder Gemeindeverbänden im Ermessen des Gesetzgebers liegt, der dabei neben den pragmatischen Gegebenheiten lediglich verfassungsrechtliche Gebote zu beachten hat, bietet zugleich einen Ansatz für die Beurteilung der Grundrechtsfähigkeit dieser Körperschaften. Ihre „Daseinsberechtigung" ist verfassungsrechtlich bedingt, um eine „gegliederte Demokratie" wirken zu lassen. Als Funktionsträger sind deshalb Gemeinde und Gemeindeverbände notwendig 107

Hoppe / Rengeling, Rechtsschutz bei der kommunalen Gebietsreform, 1973, S. 84ff.; Mattenklodt, Gebiets- und Verwaltungsreform in der Bundesrepublik Deutschland, 1972; StGH Bad.-Württ. in: NJW 1975, 1205ff.; Entscheidungen des VGH Nordrh.-Westf. vom 6. 12. 1975 in: Städte- und Gemeinderat, Februar 1976, S. 1 ff.; ergänzend dazu Hoppe / Stüer, Analysen der neueren Rechtsprechung des VGH in Nordrh.-Westf. zur kommunalen Gebietsreform, StGR 1976, S. 38; bay. VGH, DVB1. 1975, S. 28ff.; von Burski, DÖV 1976, 29ff.; Schmidt-Jortzig, DVB1. 1977, 801 ff.; Hill, Die Rolle des Bürgers in der Gemeindeverfassung unter dem Einfluß der Territorialreform, S. 21 ff.; A. v. Mutius, Gutachten, S. 60ff.; zur Funktionalreform: Stüer, a.a.O., S. 30ff. Bestandsaufnahme bei W. Weber, a.a.O., S. 121 ff.

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und insoweit der Bestand von solchen Körperschaften gewährleistet. Wenn diese auch selbständige Rechtssubjekte sind, so können sie doch daraus gegenüber dem Staat noch keine „grundrechtliche Subjektion" herleiten, weil ihre „untergeordnete" Stellung bei der Erledigung von öffentlichen Angelegenheiten durch die Selbstverwaltung hinreichend abgesichert ist. Gegenüber rechtswidrigen Eingriffen, wie mißbräuchlicher Übung der Rechtsaufsicht, sind die Gemeinden und Gemeindeverbände durch Selbstverwaltungsgarantie hinreichend geschützt. So bleibt ein Rückgriff auf Grundrechte für die kommunalen Körperschaften auf Ausnahmefälle beschränkt.

II. Die kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften und ihre Verfassung 1. Die Gemeinde a) Die Gemeinde als Gebietskörperschaft: aa) Wesen und Bestimmung: Eine im Jahre 1859 entwickelte Begriffsbestimmung der Gemeinde 108 besitzt dauernde Gültigkeit. Danach ruhen ihr „Dasein und ihr Leben auf der Gemeinschaft im engeren Raum, den der Mensch mit seiner leiblichen Gegenwart zu beherrschen vermag". Nach dieser Definition schafft die Überschaubarkeit eines Gebietes mit der daraus folgenden Kenntnis der Eigenart für die darin lebenden Menschen die Voraussetzung zur Bildung „örtlicher Gemeinschaften". Größe und Umfang eines solchen Gebietes, das ein Mensch als Gemeinde zu verstehen vermag, sind variabel und müssen in der Mitte des 20. Jahrhunderts nach anderen Maßstäben bemessen werden als früher, weil das Mitglied der „mobilen Gesellschaft" einen größeren Raum „mit seiner leiblichen Gegenwart zu beherrschen vermag" und ihm überdies vielfach der Lebensinhalt seiner Gemeinde bedeutungsvoller erscheint als ihre Lebensformen. Das Gebiet der Gemeinden soll deshalb — wie es die meisten Kommunalordnungen der Länder wünschen — so bemessen sein, daß eine örtliche Verbundenheit der Einwohner und eine angemessene Leistungsfähigkeit der Gemeinde vorhanden sind. Dieses Postulat ist im Einzelfall schwierig zu realisieren und hat den durch die seit 1967 betriebenen Maßnahmen zu kommunalen Gebiets- und Funktionsveränderungen als Leitbild gedient 109 . Die herkömmlichen, oft erst im 19. Jahrhundert festgelegten Gebietsgrenzen erschweren vornehmlich im Umland von Großstädten eine ökonomische Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Diese Schwierigkeit sucht man teils durch Eingemeindungen der benachbarten Orte, teils zum Zwecke eines einheitli108

109

Brater, in: Bluntschli, Dt. Staats Wörterbuch IV, 1859, S. 109. Scheuner, AfK 1969, 209ff.; Laux, AfK 1973, S. 231 ff. - Kritisch zum Ergebnis dieser Maßnahmen in manchen Ländern Knemeyer, in: Fs. f. G. Küchenhoff, 1972, S. 557ff.; Klüber, Die Gemeinden im bundesdeutschen Verfassungsrecht, 1974, S. 115 ff.

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chen Handelns durch Bildung von Planungs- oder anderen Verbänden zu überwinden 110 . Die den Gemeinden garantierte Universalität gebietet im sozialen Rechtsstaat die Bildung leistungsfähiger Träger für die Aufgaben der industriellen Gesellschaft. Größere Effektivität der Selbstverwaltung läßt sich zwar auch durch kommunale Verbundverwaltung erreichen, etwa durch die Bildung von „Verwaltungsgemeinden", um „Kernorte" mit ihren Nachbargemeinden administrativ für die Erledigung bestimmter Maßnahmen zu vereinen 111 , soweit nicht im großflächigeren Bereich, dem Kreis, solche Aufgaben anfallen. Um jedoch der Gefahr einer Medialisierung des „Volkes in den Gemeinden und Kreisen" durch die Errichtung von Bundkörperschaften, die keine unmittelbar gewählte Volksvertretung besitzen, zu vermeiden, sollten Gemeinden wie Kreise nach Flächenumfang und Einwohnerzahl zur selbständigen Erledigung ihrer eigenen Aufgaben befähigt sein. Das Gebiet einer Gemeinde hat deshalb mindestens den Versorgungsnahbereich für den Grundbedarf ihrer Einwohner zu umfassen, um ihre „Lokalität" zu erhalten. Dabei sind ökonomisch-strukturelle Verpflichtungen und Siedlungsstruktur in angemessene Relation zur Leistungsfähigkeit zu stellen. Zur Grundausstattung im öffentlichen Bereich gehören neben funktionsfähigen Verwaltungseinrichtungen das Schulwesen (Mittelpunktschule für den Grund- und Hauptschulbereich), Einrichtungen der Volksbildung, der Sozial- und Jugendhilfe (Schwesternstationen und Kindergärten), Erholungs-, Spiel- und Sportanlagen und die Sorge für Anschlüsse an das überörtliche Verkehrsnetz. Diese Bedingungen ergeben sich aus der Stellung der Gemeinde als primärer Leistungsträgerin im Sozialstaat. In dem Auftrag des BBauG an die Gemeinden, zur Ordnung der „städtebaulichen Entwicklung in Stadt und Land" verbindliche Entscheidungen durch Bauleitpläne in eigener Verantwortung zu treffen, liegt ein wichtiges Kriterium für Umfang und Kapazität der Gemeinde. Dieser Auftrag setzt eine ausreichende personelle und sachliche Ausstattung der Selbstverwaltungskörperschaften voraus, was wiederum von ihrer Leistungsfähigkeit abhängt, die eine entsprechende Einwohnerzahl bedingt 112 . Die Unterscheidung von kreisangehörigen und -freien Gemeinden hat pragmatisch wie rechtlich an Bedeutung verloren. Sie spielte noch in den Jah110 111

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Wolff/ Bachof, VwR II, § 86 IV e. Isbary, in: Mitt. aus d. Institut f. Raumforschung, 1965, S. 36 — Auf die Grundausstattung im privaten Bereich, wie Arbeitsplätze, Einkaufsmöglichkeiten, Einrichtungen des Dienstleistungsgewerbes, eine ausreichende Zahl von Handwerksbetrieben, Gaststätten, Apotheken und ärztliche Versorgung, kann hier nicht eingegangen werden. Gröttrup, a. a. O., passim. Unter Berücksichtigung der vielfältigen Faktoren für die Gemeindebildung wird man in wenig verdichteten Räumen eine Gemeinde nicht größer als bis zu einer Zahl von 1000 Einwohnern bilden können, so erstrebenswert auch größere Einheiten sind. 1978 gab es in der Bundesrepublik Deutschland nur

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ren zwischen beiden Weltkriegen eine Rolle, deren Ursache ökonomische und politische Spannungen zwischen Staat und Land waren, die ein Zusammenarbeiten in den kreiskommunalen Organen erheblich erschwerten. Die Städte, die sich aus dem Kreiskommunalverband lösten, waren von der Zahlung der Kreisumlage befreit. In Preußen wurden regelmäßig Städte mit mehr als 20000 Einwohnern als kreisfrei erklärt, um dann der Aufsicht der Mittelbehörde statt des Landrats als der unteren Verwaltungsbehörde zu unterliegen 113 . In Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz gibt es in Kreisen „große Kreisstädte", die mehr als 20000 bzw. 25000 Einwohner besitzen müssen und der Aufsicht des Regierungspräsidenten unterstehen. Ihr Bürgermeister ist zugleich untere staatliche Verwaltungsbehörde (§§ 3 Abs. 2, 119 bad.-württ. GemO, §§ 6 Abs. 1,118 rheinl.-pfälz. GemO). Im Saarland und in Hessen bilden die Mittelstädte und solche mit mehr als 10000 Einwohnern für ihr Gebiet den Bereich der unteren Landesverwaltung. Gemeinden mit mehr als 30000 Einwohnern unterliegen in Hessen der Aufsicht des Regierungspräsidenten. In Niedersachsen gibt es „Selbständige Städte", die befugt sind, in ihrem Bereich Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises zu erledigen, die im übrigen in die Zuständigkeit des Kreises fallen 114 . Kreisangehörige Städte, die mehr als 20000 Einwohner besitzen, unterliegen in Schleswig-Holstein der Aufsicht des Landesministers (§ 121 Abs. 2 schlesw.-holst. GemO). Soweit kreisangehörige Gemeinden zugleich amtsangehörige sind oder Mitglieder einer Samtgemeinde (Niedersachsen) oder einer Verbandsgemeinde (Rheinland-Pfalz) werden alle oder enumerativ aufgezählte Auftragsangelegenheiten sowie die Kassengeschäfte von den Ämtern, Samtgemeinden und Verbandsgemeinden wahrgenommen 115 . „Kreisfreie" Städte oder in Baden-Württemberg „Stadtkreise" — in der BRD etwa 140 Gemeinden — erfüllen in ihrem Gebiet neben ihren kommunalen Aufgaben zugleich solche, die den Landkreisen überlassen oder übertragen sind. Sie unterstehen in Schleswig-Holstein und im Saarland dem Landesminister des Inneren, im übrigen dem Regierungspräsidenten als staatliche Mittelbehörde.

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noch 8700 Gemeinden — gegen 24500 im Jahre 1969 — einschließlich der kreisangehörigen Städte und der wiederum in 6600 Ortsbezirke gegliederten kommunalen Bundkörperschaften. Rund 60% der Bevölkerung leben in Gemeinden mit mehr als 20000 Einwohnern. W. Thieme, Der Städtetag 1967, 366. Kreisangehörige Gemeinden unterstehen in Bad.-Württ. (§119 GemO) und in Bayern (Art. 110 GemO) dem Landratsamt, in Rheinl.-Pfalz (§118 GemO) der Kreisverwaltung, in Hessen (§136 GemO), Saarl. (§124 Abs. I KSVG) und Schlesw.-Holst. (§121 Abs. 1 GemO) dem Landrat, in Nieders. (§ 57 I Ziff. 6 KreisO) und Nordrh.-Westf. (§ 48 Abs. 1 KreisO) dem Oberkreisdirektor. § 72 Abs. 2 Satz 1 nieders. GemO; §§ 3 Abs. 1, 8 nordrh.-westf. AmtsO; § 68 rheinl.pfälz. GemO; §§ 3, 4 und 5 schlesw.-holst. AmtsO.

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bb) Gegliederte Einheit: Durch die kommunale Gebietsreform zwischen 1965 und 1975 sind viele bisher selbständige Gemeinden miteinander zu neuen Gebietskörperschaften vereinigt oder vor allem in den Randgebieten der Großstädte mit diesen vereinigt worden. Dadurch ging oft der geschlossene Siedlungscharakter, ein Element der Ortsgemeinde, verloren 116 , was man wiederum organisatorisch zu mildern suchte, um die bürgerschaftliche Anteilnahme am öffentlichen Geschehen nicht preiszugeben. Ähnliche Gründe führten auch zu entsprechenden Regelungen in Großstädten. Gemäß § 64 bad.-württ. GemO können Gemeinden über 100000 Einwohnern oder kleinere Gemeinden mit räumlich getrennten Wohnbezirken durch die Hauptsatzung Stadt- oder Gemeindebezirke einrichten, wo die Bürger durch Bezirksbeiräte vertreten sind, die zwar nicht vom Volk gewählt, sondern vom Rat der Gemeinde gem. § 65 bestellt werden. Lediglich in Gemeinden mit räumlich getrennten Wohnbezirken kann gem. § 67 ff. GemO eine Ortschaftsverfassung eingeführt werden, welche die Wahl von Ortschaftsräten durch die Bürger gestattet. Diese haben generell beratende Funktionen, allerdings kann ihnen der Gemeinderat auch bestimmte Aufgaben im örtlichen Bereich zur Erledigung übertragen. Ein vom Gemeinderat zu wählender Ortsvorsteher vertritt als Ehrenbeamter den Bürgermeister bei der Leitung der örtlichen Verwaltung. Auch in Bayern ist das Gebiet der Städte mit mehr als 100000 Einwohnern gem. Art. 60 GemO in Stadtbezirke einzuteilen. Sie können bestimmte Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Hierfür können vom Gemeinderat zur Erledigung von bestimmten Verwaltungsaufgaben Bezirksausschüsse und Bezirksverwaltungsstellen eingerichtet werden. In Städten mit mehr als 1 Million Einwohnern müssen Bezirksausschüsse gebildet werden. § 81 hess. GemO bestimmt, daß für Ortsteile, die eine engere örtliche Gemeinschaft darstellen, vom Gemeinderat ein Ortsbeirat eingerichtet werden kann. Seine Mitglieder werden von den Bürgern des Ortsbezirks zugleich mit den Gemeindevertretern für die entsprechende Wahlzeit gem. § 82 Abs. 1 GemO gewählt. Der Ortsbeirat besitzt ein Vorschlags- und Anhörungsrecht, vor allem beim Entwurf des Haushaltsplanes. Bestimmte Angelegenheiten können ihm zur Erledigung übertragen werden. Der vom Ortsbeirat zu wählende Ortsvorsteher kann Außenstellen der Gemeindeverwaltung leiten (§§ 82 Abs. 2 - 5 GemO). In Niedersachsen ist der Begriff Ortschaft als „Teil einer Gemeinde, der eine engere Gemeinschaft bildet", gesetzlich festgestellt worden (§ 55 e Nds. GemO). Die Hauptsatzung einer Gemeinde kann bestimmen, daß Ortsräte gewählt oder Ortsvorsteher bestellt werden sollen. Eine Ortschaft muß jedoch mindestens 400 Einwohner haben. Die Mitglieder des Ortsrates werden von den Bürgern der Ortschaft zusammen mit dem Gemeinderat gem. § 55 f. Abs. 116

So bei Vereinigung von Wetzlar und Gießen zur neuen Stadt Lahn, einer bald wieder aufgehobenen Maßnahme. — Über „Folgenbeseitigungsversuche" von verfehlten „Reformen" Stüer, a. a. O., S. 21 ff.

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1 i. V. m. § 55 b Nds. G e m O gewählt. Der Vorsitzende ist Ortsbürgermeister und hat „Hilfsfunktionen für die Gemeindeverwaltung zu erfüllen" § 55 f. Abs. 3, S. 3. In Nordrhein-Westfalen sind die „kreisfreien Städte verpflichtet, das gesamte Stadtgebiet in Stadtbezirke einzuteilen" (§ 13 Abs. 1 GemO). Die einzelnen Stadtbezirke sollen „eine engere örtliche Gemeinschaft umfassen" und nach Fläche und Einwohnerzahl so abgegrenzt werden, daß sie gleichermaßen bei der Erfüllung gemeindlicher Aufgaben beteiligt werden können. Die Stadtgebiete sollen in nicht weniger als 3 und in nicht mehr als 10 Stadtbezirke eingeteilt werden, für die der Rat Bezirksvertretungen mit 11-19 Mitgliedern zu bilden hat (§ 13 a GemO). Über bestimmte lokale Angelegenheiten können die Bezirksvertretungen „unter Beachtung der Belange der gesamten Stadt und im Rahmen der vom Rat erlassenen allgemeinen Richtlinien" gem. § 13 b G e m O entscheiden" 7 . In jedem Stadtbezirk befindet sich eine Bezirsverwaltungsstelle für die Erledigung der dekonzentrierten kommunalen Verwaltungsgeschäfte. Kreisangehörige Gemeinden können gem. § 13 d das Gemeindegebiet in Bezirke (Ortschaften) einteilen. Die weiteren Regelungen entsprechen im wesentlichen denen für die Stadtbezirke mit dem Unterschied, daß entweder Bezirksausschüsse gebildet oder ein Ortsvorsteher vom Rat zu wählen ist, der „die Belange seines Bezirks gegenüber dem Rat" wahrzunehmen hat. Für Rheinland-Pfalz sieht § 74 G e m O vor, das Gemeindegebiet in Ortsbezirke einteilen zu lassen. Die Mitglieder des Ortsbeirates werden vom Gemeinderat gem. § 75 Abs. 4 G e m O gewählt. Den Ortsbeiräten, die Beratungsund Mitwirkungsrechte besitzen, können auch lokale Angelegenheiten zur Erledigung übertragen werden. In Großstädten ist die Einrichtung von Verwaltungsstellen gem. § 77 G e m O vorgesehen. Im Saarland bilden Gemeinden, die durch Gebietsveränderungen in einer anderen Gemeinde aufgegangen sind, gem. § 69 saarl. KSVG Gemeindebezirke. Die Mindesteinwohnerzahl beträgt gem. § 69 Abs. 1, S. 3 KSVG 200 Menschen. Aufgabe der vom Gemeinderat zu bildenden Ortsräte ist die Vertretung der lokalen Angelegenheiten des Bezirkes gegenüber dem Gemeinderat, der den Ortsräten auch bestimmte Befugnisse zur Erledigung übertragen kann"8. In Schleswig-Holstein sind in Großstädten für das Gebiet von eingegliederten Gemeinden Ortsbeiräte zu bilden 119 . Sie sollen vor allem die Integration der bisherigen Gemeinden in die neue Gebietskörperschaft fördern. Eine Erweiterung der Ortsbeiratsverfassung ist nicht vorgesehen. 117

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Nach Feststellung des Innenministers hat hier die Bezirksverfassung nicht unerheblich dazu beigetragen, die bürgerschaftliche Selbstverwaltung in den großen Städten zu beleben. Demgegenüber sind aber auch kritische Stimmen laut geworden, weil die Bezirke zu wenig eigenverantwortliche Aufgaben zu erledigen hätten. Eine Sonderregelung für Saarbrücken enthält § 103 KSVG. VO über Ortsbeiräte vom 6. 2. 1970 (GVB1. 39).

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Die Vorschriften über die Bezirksbildungen werfen in einigen Ländern verfassungsrechtliche Probleme auf, da die gemeindliche Organisationshoheit nicht unbeträchtlich beeinflußt ist. Daneben bestehen pragmatische Bedenken, ob der erstrebte Zweck auf diese Weise erreichbar ist, um das bürgerschaftliche Element in den gebietlich sehr ausgedehnten Gemeinden zu erhalten oder gar zu aktivieren. Da regelmäßig keine Dezentralisation der Gemeindeverwaltung, sondern lediglich Dekonzentration vorgesehen ist, bleibt den Bürgern in den Bezirksvertretungen nur ein beschränktes Tätigkeitsfeld für eigenverantwortliche kommunale Arbeit. Die geltenden Vorschriften lassen eine gewisse Besorgnis vor einer Lockerung des Bestandes der Einheitsgemeinden erkennen, worin eine gegenläufige Entwicklung zu den Zielen der Gebietsreform liegen könnte. Jedenfalls befindet sich die Organisation der Gemeinden in einem Übergang, so daß abschließende Beurteilungen noch nicht gestattet sind. Es bleibt abzuwarten, ob im Laufe der Zeit nicht das Modell des Kreises — Gebietskörperschaft und Gemeindeverband — auch für die organisatorische Einrichtung von Großstädten als ein Leitbild in Betracht zu ziehen ist 120 . Nach diesem Modell, jedoch unter einem anderen Namen und zugleich mit neuem kommunalrechtlichen Begriff, wurde ein Stadtverband f ü r Saarbrücken und sein U m l a n d eingerichtet' 2 1 . Er soll gem. § 192 Abs. 1 KSVG der funktionsgerechten O r d n u n g des Stadt-Umland-Bereiches dienen und hat überörtliche, in ihrer Bedeutung auf das Verbandsgebiet beschränkte öffentliche Aufgaben durch vom Volk im Verbandsgebiet gewählte Organe eigenverantwortlich zu erledigen. Dieser Vorschrift entsprechend bezeichnet § 192 Abs. 3 KSVG den Stadtverband als „Gemeindeverband und Gebietskörperschaft", der wesensmäßig dem Kreis entspricht. Organe sind gem. § 202 KSVG der Stadtverbandstag, der Stadtverbandsausschuß und der Stadtverbandspräsident. Der Verband kann sowohl Selbstverwaltungs- als Auftragsangelegenheiten erfüllen 122 . b) System der Gemeindeverfassungen: Neben der Bestimmung des repräsentativ demokratischen Prinzips für Gemeinden enthält das G G keine weiteren Vorschriften für die Einrichtung ihrer Organisation. Diese konkrete Ordnung zu bestimmen, ist vielmehr Aufgabe der Länder, die dabei häufig in Anlehnung an überkommene Formen verfahren sind. Die so entstandene Vielfalt der kommunalen Verfassungen läßt sich in dualistisch und monistisch organisierte Typen gliedern. 120 121 122

s. unten Abschn. II 3 c. Saarl. KSVG: §§ 192ff. Die Stadtverbandsordnung des Stadtverbandes Saarbrücken (staatl. ABl. 1973, 873). G. Schmidt-Eichstädt / W. Haus, Kreisordnungen, S. 166. Zu weiteren kommunalen Verbänden in Verflechtungsräumen, vor allem im Stadtumland, vgl. E. Schmidt-Afimann, verfassungsrechtliche und verwaltungspolitische Fragen einer kommunalen Beteiligung an der Landesplanung, AöR 101 (1976), S. 520 ff.

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Die dualistische Verfassungsform kennt mehrere Organe, die vom Volk unmittelbar gewählte Vertretungskörperschaft und einen für die Führung der laufenden Geschäfte verantwortlichen kollegialen oder monokratischen Amtsträger. Diese Funktionsteilung bedeutet jedoch keine Gewaltenteilung in dem Sinne, wie sie Art. 20 Abs. 2 G G für die Staatsverfassung vorschreibt. Normsetzung — d. h. der Erlaß von Verordnungen oder Satzungen 1 2 3 — ist vielmehr nur ein Teil der Verwaltung der Gemeinde, die durch den Willen der Bürgerschaft bestimmt wird, welche wiederum durch den Rat vertreten ist. Diese Form der Verwaltung bedeutet jedoch vornehmlich eine überwachende Tätigkeit der Handlungsweise der übrigen kollegialen oder monokratischen Organe, während bei der monistischen Verfassung jede administrative M a ß n a h m e als unmittelbar vom Rat vollzogen gilt, der das einzige Organ der Gemeinde ist und lediglich von sich abhängige Funktionsträger besitzt. Im Rahmen der verschiedenen Verfassungstypen herrscht wiederum eine Vielfalt der Nomenklatur für die einzelnen Organe. Zur systematischen Vereinfachung wird im folgenden die von den Gemeindeeinwohnern unmittelbar gewählte Vertretungskörperschaft „Rat" genannt werden. Die Magistratsverfassung kennt zwei Organe, den Rat (in der Städteordnung von 1808 „Stadtverordnetenversammlung" genannt) als willensbildende und politisch leitende Körperschaft u n d ein kollegiales Verwaltungsorgan, das aus ehren- und hauptamtlich tätigen Mitgliedern unter Vorsitz eines fachkundigen Bürgermeisters durch Beschluß des Rates gebildet wird. In der „unechten" Magistratsverfassung — der „klassischen" Form nach der Städteordnung von 1808 — ist der Magistrat lediglich Vollzugsorgan, während die „echte" Magistratsverfassung ihn zugleich zum mitwirkenden Beschlußorgan bestimmt, so daß man von einem „Zweikammersystem" sprechen kann 1 2 4 . Im geltenden Gemeinderecht gibt es nur noch die unechte Magistratsverfassung, die in Bremerhaven (§§ 26ff. BrhStVF), in den meisten Gemeinden Hessens sowie in den Städten Schleswig-Holsteins gilt. Die Bürgermeisterverfassung geht auf das Mairiesystem zurück, das zu Beginn des 19. Jahrhunderts in den zu Frankreich gehörenden Teilen des Rheinlandes eingeführt wurde. Bei diesem Verfassungstyp gibt es nur ein kollegiales Gemeindeorgan, das durch unmittelbare Wahl der Einwohner gebildet wird. Die Verantwortung f ü r die Führung der Verwaltungsgeschäfte obliegt dem Bürgermeister, der von haupt- oder ehrenamtlich tätigen Beigeordneten unterstützt wird, die wie er selbst vom Rat gewählt werden. Mit seiner Wahl erwirbt der Bürgermeister die Stellung eines Ratsvorsitzenden. Diese Form der Gemeindeverfassung gilt — wiederum mit mancher Modifizierung — in kleineren Gemeinden Hessens, in Rheinland-Pfalz, im Saarland sowie in den Landgemeinden Schleswig-Holsteins. 123 124

Ossenbühl, in: Erichsen / Martens, Allg. VwR, § 7 III u. VI. Preuß. Rev. StädteO von 1831.

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Die in Bayern und in Baden-Württemberg geltende süddeutsche Ratsverfassung geht in ihrer historischen Entwicklung von dem Grundsatz aus, daß der Rat zugleich beschließendes und vollziehendes Organ sei. Deshalb handelt der ihm Vorsitzende, unmittelbar von den Bürgern gewählte Bürgermeister nicht kraft eigener Organbefugnis, sondern im Namen und Auftrag des Rates. Er besitzt jedoch insoweit Organstellung, als er ein Einspruchsrecht gegen dessen rechtswidrige Beschlüsse besitzt. Er ist befugt, in Notfällen Eilentscheidungen zu treffen und in eigener Zuständigkeit die laufenden Geschäfte zu führen. Der Bürgermeister vertritt auch die Gemeinde nach außen 125 . Die norddeutsche Ratsverfassung schließlich lehnt sich an das britische System der Kommunalverfassung an und wurde in der britischen Besatzungszone durch die „Revidierte deutsche Gemeindeordnung" am 1. April 1946 eingeführt. Die Länder dieser Zone haben sie später entweder abgeschafft (so Schleswig-Holstein) oder erheblich verändert (so Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen). Die modifizierte Ratsverfassung Niedersachsens kennt drei Hauptorgane: den Rat, den aus seiner Mitte gewählten Verwaltungsausschuß, sowie den Gemeindedirektor, der in den Städten Stadtdirektor, in Stadtkreisen Oberkreisdirektor heißt (§ 61 Abs. 2 nieders. GemO; § 47 Abs. 4 nordrh.-westf. GemO). Der aus der Mitte des Rates gewählte, ihm und dem Verwaltungsausschuß präsidierende Ratsvorsitzende führt in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen die Bezeichnung Bürgermeister, in kreisfreien Städten Oberbürgermeister (§ 31 Abs. 1 nieders. GemO; § 27 Abs. 2 nordrh.westf. GemO). Der Rat ist oberste Dienstbehörde für alle Gemeindebeamten und überwacht die Verwaltung (§§ 40 Abs. 3, 80 Abs. 2 nieders. GemO). Dem Verwaltungsausschuß gehört als geborenes Mitglied der Gemeindedirektor an, der wie andere hinzugezogene Zeitbeamte eine beratende Stimme besitzt (§ 56 Abs. 1 nieders. GemO). Der Verwaltungsausschuß beschließt über Angelegenheiten, die weder dem Rat noch dem Gemeindedirektor vorbehalten sind, er bereitet die Ratsbeschlüsse vor und entscheidet über Widersprüche in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches. Der Gemeindedirektor leitet den Geschäftsgang der Verwaltung, bereitet die Beschlüsse des Verwaltungsausschusses vor und hat ihm rechtswidrig erscheinende Beschlüsse mit aufschiebender Wirkung zu beanstanden. Maßnahmen auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr und andere ihm vom Rat oder Verwaltungsausschuß übertragene Aufgaben sowie Weisungen der Aufsichtsbehörde führt er selbständig aus. Er vertritt die Gemeinde rechtlich nach außen (§§ 61-66 nieders. GemO). Die in Nordrhein-Westfalen geltende norddeutsche Ratsverfassung unterscheidet sich von dem in Niedersachsen geltenden System dadurch, daß es 125

So bad.-württ. GemO; §§ 40 Abs. 3, 41 Abs. 2, 42 Abs. 1, 43 Abs. 2 und 4 und 44; bay. GemO: Art. 36, 37 Abs. 2, 3, 38 Abs. 1, 46 Abs. 1, 2, 59 Abs. 2; in Bayern hat der Bürgermeister die Geschäfte der laufenden Verwaltung nach den Richtlinien des Gemeinderats zu besorgen.

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keinen Verwaltungsausschuß gibt. Dagegen besitzt der dem Rat Vorsitzende Bürgermeister durch bestimmte Kompetenzen, wie vor allem durch die Vertretung des Rates nach außen, eine hervorgehobene Stellung. Vorbehaltlich anderer Entscheidungen des Rates erledigt der Gemeindedirektor in eigener Zuständigkeit die Einrichtungen der Verwaltung, führt ihre einfachen Geschäfte u n d vertritt die Gemeinde nach außen (§§ 28 Abs. 3, 53 Abs. 1, 54 Abs. 1 Satz 3, 55 und 56 Abs. 1 nordrh.-westf. GemO). Bei der Durchführung von Aufgaben zur Sicherung der verfassungsmäßigen Ordnung ist der Gemeindedirektor dienstordnungsrechtlich dem Innenminister verantwortlich (§ 47 Abs. 3). In Niedersachsen führt in Gemeinden unter 2000 Einwohnern regelmäßig der ratsvorsitzende Bürgermeister ehrenamtlich die Geschäfte des Gemeindedirektors (§§ 67, 70 nieders. GemO). In amtsangehörigen Gemeinden ist in den meisten Fällen der Amtsdirektor zugleich Gemeindedirektor der Gebietskörperschaften. Endlich ist noch in Schleswig-Holstein für Gemeinden unter 70 Einwohnern eine Gemeindeversammlung aller wahlberechtigten Angehörigen vorgesehen, eine Einrichtung, die voraussichtlich bald zum Erlöschen kommen wird 126 . Die Zuständigkeit f ü r die Erledigung der Geschäfte der laufenden Verwaltung ist in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland ebenfalls unterschiedlich geregelt: In Baden-Württemberg (§ 44 Abs. 2 Satz 1) erledigt der Hauptverwaltungsbeamte in eigener Zuständigkeit diese Aufgabe, wie auch in Bayern (Art. 37 Ziff. 1), Hessen (§ 70 Abs. 2), Niedersachsen (§ 62 Ziff. 6), Rheinland-Pfalz (§ 47 Abs. 1 Satz 1), im Saarland (§ 54 Abs. 3) und in Schleswig-Holstein (§ 49 Abs. 1). Dieser Grundsatz ist in Nordrhein-Westfalen dadurch eingeschränkt, daß dem Rat ein sog. Rückholrecht für die dem Hauptverwaltungsbeamten obliegenden Geschäfte zusteht (§ 28 Abs. 3), oder wie in Bayern, in dem der Rat Richtlinien für diese Geschäfte aufzustellen berechtigt ist (Art. 37). Auch in Niedersachsen kann sich der Rat oder der Verwaltungsausschuß im Einzelfall die Beschlußfassung vorbehalten, während in Schleswig-Holstein die Gemeindevertretung „Grundsätze und Richtlinien" f ü r die Verwaltungsführung aufstellen darf. Mit der Erledigung von Aufgaben des „übertragenen Wirkungskreises"sind regelmäßig die als Wahlbeamte bestellten Hauptverwaltungsbeamten (Bürgermeister, Stadtdirektor, Landrat oder Oberkreisdirektor) betraut. Ohne Einbuße ihrer Stellung als kommunale Beamte sind sie insoweit nicht den anderen kommunalen Organen (den gewählten Vertretungskörperschaften, Gemeinde- und Stadtrat oder Kreistag), sondern den zuständigen staatlichen Behörden, dem Innenminister oder dem Regierungspräsidenten als staatlicher Mittelbehörde verantwortlich 127 . 126 127

§ 73 schlesw.-holst. GemO. Der monokratische Hauptverwaltungsbeamte ist für die Erledigung von „Fremdverwaltungsaufgaben" zuständig gem. §§ 44, 64 bad.-württ. GemO, § 62 Abs. 1

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So vielfältig auch das Bild der Verfassungstypen der Gemeinden in den deutschen Ländern anmutet, so hat sich doch durch die „Kräfte des Faktischen" pragmatisch eine gewisse Homogenität — zumal in den hauptamtlich verwalteten Orten — entwickelt, weil das sachverständige Beamtentum in immer stärkerem Maße die Verantwortung für den Vollzug der Geschäfte übernommen hat, während dem Rat die Bestimmung der Richtlinien durch Normsetzungen und allgemeine Beschlüsse vorbehalten ist. Überall halten Fachausschüsse der Vertretungskörperschaft eine ständige Bindung zwischen den ehren- und hauptamtlich tätigen Organmitgliedern oder -waltern. Auch die unterschiedliche Nomenklatur des Hauptverwaltungsbeamten — der in der Regel „Bürgermeister" und lediglich in Nordrhein-Westfalen sowie in Niedersachsen „Gemeindedirektor" heißt, während hier „Bürgermeister" der Ratsvorsitzende genannt wird — ändert an dieser Feststellung wenig. Bemerkenswert bleibt vielmehr, daß sich ungeachtet mancher Schwierigkeiten in Einzelfällen, das in Deutschland bestehende System der inneren Gemeindeverfassung bewährt hat, indem es für die auf Leistung gerichtete Arbeit der kommunalen Selbstverwaltung die Voraussetzungen schafft, die örtlichen Angelegenheiten nach wie vor in einer von genossenschaftlichen Grundsätzen getragenen Form zu betreiben und zu erledigen 128 . c) Rechte und Pflichten des Gemeindeeinwohners: Das Wort Bürger ist von der Gemeinde und ihrer Selbstverwaltung nicht zu trennen. In Deutschland liegt die Wurzel der Demokratie in der Genossenschaft. Seit dem Mittelalter konnte ein Einwohner einer Stadt das Bürgerrecht erst nach Erfüllung bestimmter Voraussetzungen erlangen. Auch das geltende deutsche Gemeinderecht unterscheidet noch Bürger und Einwohner. Zunächst entsteht die Gemeindemitgliedschaft als Einwohner durch die Begründung eines dauernden Wohnsitzes in einem Gemeindegebiet 129 .

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Satz 3 nieders. GemO, § 47 rheinl.-pfälz. GemO, § 54 saarl. GemO, § 49, Abs. 4, 70 schlesw.-holst. GemO. In Hessen ist hierfür der Magistrat als kollegialer Gemeindevorstand gem. § 66 Abs. 1 a, 149 Abs. 2 hess. GemO zuständig mit der Einschränkung, daß die laufenden Geschäfte vom Bürgermeister oder seinem allgemeinen Vertreter geführt werden (§ 70 Abs. 2 GemO). Lediglich in Bayern und NordrheinWestfalen ist von Rechts wegen auch für die „Fremdverwaltungsaufgaben" die Gemeindevertretung zuständig, doch werden auch hier die „laufenden Geschäfte" vom Hauptverwaltungsbeamten erledigt (Art. 59 Abs. 1 i. V. m. Art. 37 bay. GemO u. § 28 Abs. 3 nordrh.-westf. GemO). Bei den Kreisen ist regelmäßig der Hauptverwaltungsbeamte für diese Angelegenheit zuständig, soweit nicht gar hierfür ein besonderer staatlicher Beamter beim Landratsamt (wie in Baden-Württemberg oder Bayern) bestellt ist oder wie in Schleswig-Holstein in den Kreisen „allgemeine untere Landesbehörden errichtet" wurden, deren Aufgaben der Landrat wahrnimmt (LandesbehördenG vom 25.2.1971). — Zur gemeindlichen Fremdverwaltung W o l f f / Bachof, VwR II, §§ 86 X u. 87 II d. H. Klüber, GemeindeR, S. 166ff.; H. Pagenkopf, KommunalR, S. 37ff., 185ff. Einwohner einer Gemeinde ist, wer in dieser Gemeinde wohnt: § 10 Abs. 1 bad.-

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Jeder Einwohner ist nach Maßgabe des geltenden Rechtes berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen zu benutzen, und verpflichtet, ihre Lasten zu tragen 130 . In städtischen Gemeinden sind diese Lasten auf G r u n d der geltenden Gemeindesteuer- und Abgabengesetze grundsätzlich durch Geldleistungen zu erbringen. In ländlichen Gemeinden werden die Gemeindelasten dagegen zum Teil (Bau und Unterhaltung von Wegen, Regulierung und Reinigung von Gräben usw.) durch sog. Hand- und Spanndienste erbracht (§ 10 Abs. 5 bad.-württ. G e m O ; Art. 24 Abs. 1 Nr. 4 bay. GemO). Derartige Naturaldienste sind unter Berücksichtigung des Art. 12 Abs. 2 G G in Gemeinden, in denen die Mehrzahl der erwerbstätigen Einwohner in der Landwirtschaft tätig sind, auch heute noch zulässig 131 . Zu den Pflichten der Einwohner gehört es weiterhin, den von den Gemeinden beschlossenen Anschluß- und Benutzungszwang zu befolgen. Diesen Anschluß* und Benutzungszwang, der seinen Ursprung in der heutigen allgemeinen Form in der Gemeinde- und Kreisordnung von Thüringen hat 132 , kann die Gemeinde kraft ihres Hoheitsrechts bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses in bestimmten Bereichen durch Satzung vorschreiben 133 . Die Satzungen unterliegen dem Genehmigungsvorbehalt durch die Aufsichtsbehörde. Anschlußzwang bedeutet, daß jeder Einwohner, der von der Satzung betroffen ist, die notwendigen M a ß n a h m e n , die eine Benutzung der gemeindlichen Einrichtungen ermöglicht, ergreifen muß. Beispiele f ü r einen Anschlußzwang sind die Müllabfuhr, die Straßenreinigung u n d die Wasserleitungen. Während der Anschlußzwang Personen oder Personengruppen nur in ihrer Eigenschaft als Grundstückseigentümer trifft, kann der Benutzungszwang dagegen auch für andere Einwohner der Gemeinde vorgeschrieben werden. Sowohl die landesrechtlichen Ermächtigungsgrundlagen als auch die auf dieser Grundlage erlassenen Satzungen, die den Anschluß- und Benutzungszwang regeln, sind mit Art. 14 G G vereinbar, denn sie beinhalten noch keine Enteignung, sondern stellen lediglich Beeinträchtigungen im Rahmen der So-

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württ. GemO; §8 Abs. 1 hess. GemO; §21 Abs. 1 nieders. GemO; §6 nordrh.westf. GemO; § 12 rheinl.-pfälz. GemO; § 6 Abs. 1 schlesw.-holst. GemO. § 10 Abs. 2 bad.-württ. GemO; Art. 21 Abs. 1 bay. GemO; §§ 20 Abs. 1, 22 hess. GemO; § 22 Abs. 1 nieders. GemO; § 18 Abs. 2 nordrh.-westf. GemO; § 14 Abs. 1 rheinl.-pf. GemO; § 19 Abs. 1 saarl. KSVG; § 18 Abs. 1 schlesw.-holst. GemO. Zum Anspruch auf Benutzung OVG Münster DVB1. 1968, 842; DÖV 1967, 169. BVerwGE 2, 314; OVG Münster DÖV 1953, 474; OVG Lüneburg KStZ 1954, 160; Knemeyer, Bayerisches KommunalR, S. 65 f. § 98 der Gemeinde- und Kreisordnung von Thüringen vom 8. Juli 1926; GS 1926, S. 235. § 11 bad.-württ. GemO; Art. 24 bay. GemO; § 18 Abs. 2 hess. GemO; § 8 nieders. GemO; §19 Abs. 1 nordrhein-westf. GemO; §26 rheinl.-pf. GemO; §21 saarl. KSVG; § 17 schlesw.-holst. GemO.

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zialbindungen des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar134. Das gilt selbst dann, wenn ein Grundstückseigentümer infolge der Einführung eines Anschluß- und Benutzungszwanges für die Wasserversorgung seinen eigenen Brunnen nicht mehr benutzen darf135. Der Bürger besitzt die Rechte des Einwohners mit dem aktiven und passiven Wahlrecht, soweit er eine bestimmte Frist in einer Gemeinde ansässig ist, die Voraussetzungen nach Art. 116 GG erfüllt und die bürgerlichen Ehrenrechte ausüben kann 136 . Jeder Bürger hat die Pflicht, ehrenamtlich tätig zu sein, wovon nur ein wichtiger Grund entbinden kann 137 . d) Namens- und Wappenrecht: Jede Gemeinde führt ihren herkömmlichen Namen, der rechtlich geschützt ist. Einen absoluten Namensschutz der Gemeinde gegenüber dem Staat gibt es jedoch nicht. Vielmehr kann dieser im öffentlichen Interesse eine Namensänderung vornehmen 138 . Neugebildete Gebietskörperschaften erhalten ihren Namen vom Innenminister oder von der Landesregierung. Es ist zulässig, daß Gemeinden sonstige Bezeichnungen führen, die auf ihre Eigenart, Lage oder historische Bedeutung hinweisen, wie Landeshauptstadt, Hansestadt oder Bad 139 . Mit Ausnahme von Schleswig-Holstein wird der Begriff „Stadtrecht" in der kommunalen Gesetzgebung nicht mehr erwähnt. Eine Sonderstellung ist we134 135

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BGHZ 40, 355; 54, 293, BVerwG DÖV 1960, 594; BVerwG DVB1. 1973, 922; Scholler / Broß, Grundzüge des Kommunalrechts, S. 49 ff. OVG Lüneburg OVGE 25, 345; Knemeyer, Die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde, 1972; zum Problem der Ausgestaltung kommunaler Nutzungsverhältnisse bei Anschluß- und Benutzungszwang ausführlich Frotscher, Schriften zum Kommunalrecht, Bd. 4, 1974. Gönnenwein, GemeindeR, S. 70ff. - §§ 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 bad.-württ. GemO; Art. 15 bay. GemO; §30 hess. GemO; §21 nieders. GemO; §6 Abs. 2 nordrh.westf. GemO; §§16, 18 rheinl.-pf. GemO; § 18 Abs. 2 saarl. KSVG; § 6 Abs. 2 schlesw.-holst. GemO. In Niedersachsen gibt es darüber hinaus das Institut des Bürgerantrags gem. § 22 a GemO. § 15f. bad.-württ. GemO; Art. 19 bay. GemO; §§ 21, 23 hess. GemO; § 23f. nieders. GemO; §20 nordrh.-westf. GemO; §§ 18, 79 rheinl.-pf. GemO; §§24 Abs. 2, 25 saarl. KSVG; §§ 19f. schlesw.-holst. GemO - Wolff/ Bachof, VwR II, § 86 V. Das gilt nicht für Bad.-Württ., Rheinl.-Pf. und im Saarl.: In diesen Ländern darf der Staat nur auf Antrag der Gemeinde tätig werden (§ 5 Abs. 3 bad.-württ. GemO; § 4 Abs. 1 rheinl.-pfälz. GemO; § 2 Abs. 1 saarl. KSVG). Die Verletzung des Wappenrechtes ist vom RG nach § 12 BGB behandelt worden: RGZ 71, 264f. Näheres bei Gönnenwein, GemeindeR, S. 84ff.; Scholler/Broß, Grundzüge des Kommunalrechts, S. 5 f. § 5 bad.-württ. GemO; Art. 2 Abs. 1 bay. GemO; § 12 hess. GemO; § 13 nieders. GemO; § 10 nordrh.-westf. GemO; § 4 Abs. 3 rheinl.-pfälz. GemO; § 11 Abs. 2 schlesw.-holst. GemO. Gegen mißbräuchliche Verwendung eines Gemeindenamens besitzt die Gemeinde einen Unterlassungsanspruch (Soergel-Siebert, BGB, 10. Aufl. 1967, Rdnr. 101 ff. zu § 12); vgl. auch BVerwGE 44, 351; OVG Münster DVB1. 1973,315.

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der hier noch in den übrigen Ländern mit der Stadtbezeichnung verbunden, die (wie auch „Markt") solche Gemeinden führen, die sich auf Herkommen oder besondere Verleihung berufen können 140 . Als juristische Personen dürfen die Gemeinden auch Wappen führen. Soweit das Bild nicht auf Überlieferung beruht, können neue Wappen — wie auch Flaggen mit den Farben der Gemeinde und ihrem Wappen — nach Ratsbeschluß mit Genehmigung des Innenministers eingeführt oder geändert werden. Soweit Gemeinden kein eigenes Wappen führen, verwenden sie regelmäßig das kleine Landeswappen in ihrem Dienstsiegel. Der Gebrauch der Gemeindefahne und des Wappens durch andere als öffentliche Einrichtungen und Behörden wurde früher allgemein als unzulässig angesehen, doch wird 141 diese Ansicht heute nicht mehr vertreten. Der Verbundenheit zwischen der Gemeinde und ihren Bürgern entspricht es vielmehr, daß jeder Einwohner berechtigt ist, die Flagge mit den Gemeindefarben öffentlich zu zeigen. Aus diesem Grund enthalten die meisten Gemeindeordnungen ein solches Verbot nicht mehr. Nur in Bayern und RheinlandPfalz dürfen die Fahnen und Wappen der Gemeinde nur mit deren Genehmigung verwendet werden (Art. 4 Abs. 3 bay. GemO; § 5 Abs. 3 rheinl.-pfälz. GemO). e) Wirtschaftliche Betätigung und kommunale Versorgungsunternehmen: In der Sachverwaltung von gemeinnützigen Einrichtungen für die Bewohner eines geschlossenen Siedlungsgebietes liegt der Ursprung der kommunalen Selbstverwaltung. Der Unterhaltung von Einrichtungen, die dem Wohle der Einwohner dienen, kommt nach wie vor bei der kommunalen Tätigkeit für die Daseinsvorsorge besondere Bedeutung zu 142 . Die Bezeichnung „wirtschaftliche Betätigung" ist mißverständlich, weil die Gemeinde zwar ökonomisch handelt, ohne jedoch damit Angelegenheiten, welche privatwirtschaftlich zu erledigen sind, in eigene Zuständigkeit zu ziehen. Nicht die Erwerbsabsicht, sondern die Gemeinnützigkeit muß bei allen kommunalen Einrichtungen die Entscheidungen der Gemeinde leiten. Zu den „wirtschaftlichen" Unternehmen gehört vor allem die Versorgung mit Trinkwasser, die Abwässerbeseitigung und Kanalisation, die Anlage von Gas- und Stromleitungen, von Verkehrsmitteln oder Sparkassen. Die Gemeinden sind ermächtigt, die Unternehmen im Eigenbetrieb oder auf privatrechtlicher Grundlage zu führen 143 . 140

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Hierfür ist in der Regel bei Neuverleihung der Innenminister zuständig, in BadenWürttemberg die Landesreg., in Schleswig-Holst. sollen sonstige Bezeichnungen nicht mehr verliehen werden (§ 11 Abs. 2 schlesw.-holst. GemO). In Bad.-Württ. ist für kreisangehörige Städte mit besonderer Bedeutung die Bezeichnung „Große Kreisstadt" eingeführt worden. Klüber, GemeindeR, S. 136. Stern / Püttner, Die Gemeindewirtschaft, 1965, passim. Die Eigenbetriebsverordnung vom 21. 11. 1938 (RGBl. I S. 1650 und RMB1. i.V. 1939 Sp. 633) gilt in ihren wichtigsten Grundsätzen als Landesrecht fort. Ihr Inhalt

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Da die Gemeinden nur gemeinnützig handeln dürfen, ist es ihnen untersagt, wirtschaftliche Unternehmen zu errichten oder zu übernehmen, sofern es nicht ein dringender öffentlicher Zweck gebietet 144 . Zugleich muß ein angemessenes Verhältnis zwischen Bedarf, Leistungsfähigkeit und finanzieller Belastung des Trägers bestehen sowie die Gewähr geboten sein, daß der Zweck nicht in anderer Form besser oder ökonomischer erfüllt werden kann. Das betrifft nicht nur die Möglichkeit privatwirtschaftlichen Handelns, sondern auch die Frage einer interkommunalen Regelung der Trägerschaft, die einem Gemeindeverband oder dem Kreis zufallen soll, wenn ein Vorhaben in einem größeren Gebiet und zur Versorgung einer größeren Personenzahl mit optimalem Effekt vollzogen werden muß. Diesem Grundsatz entspricht eine andere Voraussetzung nicht, wonach ein wirtschaftliches Unternehmen der Gemeinde einen Ertrag für den Haushalt abwerfen soll145. Geht man davon aus, daß der „Municipalsozialismus" erst dadurch Bedeutung gewann, daß die im industrielltechnischen Prozeß unabdingbaren zivilisatorischen Einrichtungen, welche ein ungestörtes Zusammenleben von Menschen auf engem Raum ermöglichen, in privatwirtschaftlichen Formen als Folge einer mangelnden Rentabilität nicht oder nur unzulänglich durchgeführt wurden, weshalb die Kommunen als Träger dieser Maßnahmen auftreten mußten, so wird offenbar, daß fiskalische Gesichtspunkte bei der Führung kommunaler wirtschaftlicher Unternehmen nicht im Vordergrund stehen dürfen. Indessen muß die Gemeinde bemüht sein, durch wirtschaftliche Unternehmen Unkosten für ihren Haushalt zu vermeiden. Häufig läßt sich ein Ausgleich in der Weise erreichen, daß bei einem Unternehmen erzielte Gewinne zur Deckung des Defizits bei anderen Betrieben verwendet werden können. Im Rahmen der Daseinsversorgung der Kommunen liegt es ferner im Belieben einer Gemeinde, sich an privatwirtschaftlichen Unternehmen zu beteiligen, soweit ihre Haftung als Mitglied begrenzt wird 146 .

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ist jedoch nur „entsprechend" anzuwenden, um sie geltendem Verfassungsrecht anzupassen. Eigenbetriebe als nichtrechtsfähige öffentliche Anstalten unterscheiden sich vom Regiebetrieb, der nicht selbständig organisiert ist. Versorgungsbetriebe sind regelmäßig als „Stadtwerke" organisiert, denen auch die Verkehrsbetriebe angeschlossen werden können. Dienstherr der Beschäftigten ist die Gemeinde, deren Organe auch über die Grundsätze der Leitung und Aufgabenerfüllung entscheiden. Noch weiter geht der neue § 2 Abs. 1 S. 3 schlesw.-holst. GemO; danach hat die Gemeinde zu prüfen, ob eine Aufgabe, die zu erfüllen sie nicht gesetzlich verpflichtet ist, „nicht ebenso gut auf andere Weise, insbesondere durch Private, erfüllt werden kann". Die in §§ 67, 69 und 72 D G O kodifizierten Grundsätze sind regelmäßig in den Kommunalgesetzen der Länder übernommen worden. § 1 0 4 Abs. 1 bad.-württ. GemO; Art. 91 Abs. 1 bay. GemO; § 9 9 Abs. 1 hess. GemO; § 110 Abs. 1 nieders. GemO; § 90 Abs. 1 nordrh.-westf. GemO; § 87 Abs. 1 rheinl.-pfälz. GemO; § 107 Abs. 1 saarl. KSVG; § 102 Abs. 1 schlesw.-holst. GemO.

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Bereits durch eine solche Mitgliedschaft kann eine Gemeinde zur Förderung der Infrastruktur ihres Gebietes neben dem Umland beitragen. Häufig geschieht das jedoch auch in der Weise, daß sie, sei es durch Bereitstellung von Gelände für gewerbliche Unternehmen, sei es durch unmittelbare Förderung bei ihrer Niederlassung oder bei einer Ausweitung oder Umstellung der Produktion administrative oder finanzielle Förderung gewährt. Dabei sind jedoch Abmachungen über Steuernachlässe oder Zahlungen von verlorenen Zuschüssen unzulässig, wie auch jede Maßnahme, die zur Disqualifizierung anderer gewerblicher Unternehmen führen könnte. Der kommunalen Selbstverwaltung kommt in der Gegenwart in keinem anderen Sachbereich derartige Bedeutung zu wie durch die vielfältigen Maßnahmen der Daseinsvorsorge für ihre Einwohner, wobei zugleich die Notwendigkeit einer gesunden Struktur des Umlandes bei den verantwortlichen Organen Beachtung finden muß 1 4 7 . 2. Der Kreis 148

a) Kreisverfassung: Der Kreis ist eine Gebietskörperschaft, deren Fläche sich in eine Vielzahl größerer und kleinerer Gemeinden gliedert. Der Ursprung seiner Ordnung führt zu den Einrichtungen gleichen Namens im Reich, in Böhmen und in den ostelbischen Territorien zurück, wo ein starkes genossenschaftliches Element die Ausbildung der Amtsverwaltung — als Ausdruck herrschaftlicher Administration - hemmend und beschränkend beeinflußte. Mochten auch bis ins 19. Jahrhundert hinein die politischen Repräsentanten vornehmlich Angehörige der Ritterschaft oder Gutsbesitzer sein, so blieb doch durch ihren Einfluß, vor allem im Zeitalter des Absolutismus, in den brandenburgisch-preußischen Kreisen ein Element der Teilnahme der „landbewohnenden Leute" am politischen Geschehen erhalten. Aus dieser Erkenntnis heraus sucht deshalb Freiherr vom Stein im Zusammenhang mit der Städteordnung die Bevölkerung des flachen Landes an der Verantwortung für den Staat durch eine Kreisordnung zu beteiligen. Sein Werk fand indessen erst mit der Kreisordnung von 1872 eine Vollendung 1 4 9 , worin eine dem Rechtsstaat entsprechende Kommunalverfassung entwickelt wurde, welche diese Gebietskörperschaft sowohl als kommunale Institution wie als 147

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Köttgen, Die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde, 1960; H. J. Wolff, AfK 2 (1963), S. 149ff.; Loschelder, in: Fg. f. Johns, Bd. 2, 1965, S. 1 ff.; Stern / Püttner, Die Gemeindewirtschaft, 1965, passim; Forsthoff, Die Daseinsvorsorge und die Kommunen, 1958; Klüber, GemeindeR, S. 236ff.; Pagenkopf KommunalR, S. 330 ff.; Thieme, Verwaltungslehre, Rdnr. 438 ff.; Scholler / Broß, a. a. O., § 11. G. Chr. von Unruh, Der Kreis, 1964; G. Chr. von Unruh, Der Landrat 1965; Lerche, DÖV 1969, 53ff.; H.U.Evers, DVB1. 1969, 765ff.; Der Kreis, Hdb., 1972; G. Schmidt-Eichstaedt / W. Haus, Die Kreisordnungen in der Bundesrepublik Deutschland, 1975, passim. G. Chr. von Unruh, in: Westfälische Forschungen, 1968, S. 1 ff.; R. von Gneist, Pr. Jahrb. 1876, S. 257ff.; G. Chr. von Unruh, Der Kreis, S. 122ff.

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staatlichen Verwaltungsbezirk verstand, an dessen Aufgaben ehrenamtlich tätige Repräsentanten verantwortlich mitwirkten. Zugleich brachte die Kreisordnung einen wichtigen Fortschritt in der Entwicklung der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Eine eigenartige Mittlerstellung zwischen Staats- und Selbstverwaltung nahm in genuiner Fortsetzung eines jahrhundertelangen Prozesses der Landrat ein, der als staatlicher Beamter gewählter Vorsitzender des Kreistages, der Vertretungskörperschaft der Einwohner, wie des „Kreisausschuß" genannten kollegialen Beschlußorganes war und die laufenden Kreisgeschäfte führte. Die Bezeichnung „Kreis" wurde am 1. Januar 1939150 in allen Ländern des Reiches für die Körperschaften eingeführt, die in manchen Ländern des Reiches herkömmlich Amt, Amtskörperschaft o. ä. genannt wurden und die gebietliche Grundlage für eine Korporation bildeten, die von einer über den Bereich der Ortsgemeinde hinausreichenden Gemeinschaften getragen waren 151 . Mochte auch im Jahre 1939 keine gewählte Vertretungskörperschaft der Kreiseinwohner bestehen, so blieb doch bis zum Ausbruch des zweiten Weltkrieges neben dem Landrat noch ein kollegiales Verwaltungsorgan, der Kreisausschuß, erhalten. Art. 28 Abs. 2 G G bestätigte dann in allen Ländern der Bundesrepublik die herkömmliche gebietskörperschaftliche Verfassung des Kreises mit einer unmittelbar vom „Volk im Kreis" gewählten Vertretungskörperschaft. Diese Verfassung entspricht der sozial-ökonomischen Entwicklung, die den Kreis immer stärker „zu einer wirtschaftlichen, verkehrsmäßigen, siedlungsmäßigen und damit sozial vielfältig verflochtenen Einheit" 152 verschmolzen hat. Diesem Prozeß hat der Gesetzgeber in der Bundesrepublik bereits Rechnung getragen, wenn er, wie in § 96 BSHG geschehen, die Landkreise neben den kreisfreien Städten zu „örtlichen Trägern der Sozialhilfe" bestimmte 153 . Wenn nun, ungeachtet der gebietskörperschaftlichen Stellung des Kreises neben den Gemeinden in Art. 28 Abs. 1 G G nur diesen in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG die Regelung „aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft" ga150 151 152

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Dritte VO über den Neuaufbau des Reiches vom 28. Nov. 1938 (RGBL. I, S. 1021). Wolff/ Bachof. VwR II, § 89 I. Wolff /Bachof, VwR II; W. Thieme, Verwaltungslehre, Rdnr. 428; die Bedeutung des Kreises als selbständigen Trägers von kommunalen Aufgaben hat im übrigen in den letzten Jahren noch beträchtlich zugenommen. Das ist vielfach eine Folge von Maßnahmen der Legislative, die für die Erledigung von öffentlichen Aufgaben den leistungsfähigsten Träger zu bestimmen suchte. Als solcher kamen vielfach auch die nach den Gebietsreformen an Fläche und Einwohnerzahl beträchtlich vergrößerten kreisangehörigen Gemeinden nicht in Betracht, so daß entgegen früheren Vorstellungen neben und außer den Städten die Kreise Aufgaben erhalten mußten, die nach herkömmlicher Vorstellung „örtlichen" Charakter besaßen. Entsprechendes gilt für Aufgaben der Jugendhilfe und Jugendpflege (§ 12 JWG vom 9. 7. 1922, RGBl. I, S. 633 i. d. F. vom 6. 8. 1970; BGBl. I, S. 1197).

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rantiert ist, so waren hierfür neben historisch bedingten Relikten der dualistischen Vorstellung von Staats- und Selbstverwaltung das Subsidiaritätsprinzip als funktionales Leitbild maßgebend. Wenn der Kreis auch hinsichtlich seines Wirkungsbereiches keine erneute Erwähnung im Verfassungstext findet, so ist doch auch ihm „das Recht der Selbstverwaltung" gewährleistet, wiewohl unter der Einschränkung des gesetzlichen Aufgabenbereiches und „nach Maßgabe der Gesetze", wie allgemein den Gemeindeverbänden 1 5 4 . Nach dem Verfassungsrecht des Bundes und der Länder ist der Kreis eine Gebietskörperschaft und als gegliederte Einheit sowie als Träger von kooperativen Funktionen zugleich ein Gemeindeverband 155 . Als unmittelbare komunale Selbstverwaltungskörperschaft besitzt der Kreis enge Funktionsbeziehungen zu den in seinem Gebiet gelegenen, an Fläche kleineren Kommunalgemeinwesen, der ihm „angehörigen Gemeinden, deren Maßnahmen vom Kreis — neben der Erfüllung eigener und vom Staat übertragener Angelegenheiten — gefördert und ergänzt werden" 156 . Mitglieder des Kreises sind die Einwohner seines Gebietes, das aus der Fläche der ihm angehörigen Gemeinden und gemeindefreier Grundstücke besteht. Die meisten Kreisordnungen fordern, daß seine Fläche so bemessen sein soll, daß eine Verbundenheit der Kreiseinwohner untereinander entstehen kann und eine angemessene Leistungsfähigkeit gewahrt bleibt. Die Größe der Kreise ist wie die der Gemeinden in den Ländern der Bundesrepublik unterschiedlich. Die durchschnittliche Flächengröße liegt bei 1000 km, die Einwohnerzahl bei 167400 Menschen. Im Jahre 1979 gab es insgesamt 234 Kreise und 88 kreisfreie Städte, dazu den „Stadtverband Saarbrücken" als besondere Körperschaftsbildung innerhalb des Saarlandes 157 . 154 155

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Hierzu ausführlicher oben Abschn. I 1. Den gebietskörperschaftlichen Charakter des Kreises bringt die seit Freiherr vom Stein gebräuchliche Bezeichnung „Kreisgemeinde" zum Ausdruck. Das Wort Gebietskörperschaft fehlt lediglich in der KreisO Bad.-Württ., wo er in § 1 Abs. 2 „Körperschaft des öffentlichen Rechts" genannt wird. In § 1 schlesw.-holst. KreisO wird er „dem Lande eingegliederte Gebietskörperschaft" und in §§ 1 KreisO Nds., Nordrh.-Westf., Rheinl.-Pf. sowie § 136 saarl. KSVG „Gemeindeverband und Gebietskörperschaft" genannt. G. Chr. von Unruh, Verfassung und Auftrag des Kreises im demokratischen und sozialen Rechtsstaat, 1967, S. 19 ff.; Stern, Die verfassungsrechtliche Garantie des Kreises, in: Der Kreis, Handb., Bd. 1, S. 156ff. (171 ff.); Wiese, Garantie der Gemeindeverbandsebene?, 1972, S. 36f., 41 f. u. 48; Pappermann, DÖV 1975 S. 181 ff. — Zur Kennzeichnung der Eigenart des Kreises schlagen Wolff/Bachof vor, ihn eine „Gemeindeverbundkörperschaft" zu nennen ( Wolff/Bachof, VwR II, § 89 I b); Andriske, Aufgabenneuverteilung im Kreis, 1978, S. 50ff. und 84ff. Vor den teilweise einschneidenden Gebietsreformen hatte es 425 Kreise und 139 kreisfreie Städte gegeben. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es zwar nicht unerhebliche Größenunterschiede zwischen den einzelnen Kreisen, doch liegen die Durchschnittszahlen der Gebietsgrößen in den Bundesländern auch in der Nähe

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Die Zahl der dem Kreis angehörenden Gemeinden beträgt durchschnittlich für das Bundesgebiet 36. Dabei liegt das Saarland mit einer durchschnittlichen Zahl kreisangehöriger Gemeinden von 8 erheblich unter, SchleswigHolstein mit 103 Gemeinden erheblich über dem Durchschnitt. Die Bezeichnung der kommunalen Körperschaft lautet in den meisten Fällen noch Landkreis, wenn auch bereits Bedenken dagegen geäußert und allgemein auch die rechtliche Benennung als „Kreis" wie in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein vorgeschlagen wurde. Wie die Gemeinden besitzen auch die Kreise Gebietshoheit. Grenzänderungen oder die Neubildung von ihnen erfordert daher regelmäßig ein formelles Gesetz oder jedenfalls eine Rechtsverordnung. Das Namens- und Wappenrecht des Kreises entspricht dem der Gemeinden. In manchen Ländern besitzen größere kreisangehörige Gemeinden eine besondere Stellung im Kreis. So können in Baden-Württemberg Orte mit mehr als 20000 Einwohnern zu „großen Kreisstädten" erklärt werden (§ 3 Abs. 2 GO), welche auch Aufgaben der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde wahrnehmen können. Entsprechendes gilt für die „großen Kreisstädte" (Gemeinden mit mehr als 30000 Einwohnern, Art. 5 a Abs. 4 GO) in Bayern. Ohne besondere Namensbezeichnung haben auch in Hessen solche Städte eine administrative Sonderstellung. In Niedersachsen können sie gem. § 10 Abs. 2 GemO „selbständige Stadt" und in Rheinland-Pfalz gem. § 6 Abs. 1 GO „große kreisangehörige Stadt" werden. Im Saarland ist für Orte mit mehr als 40000 Einwohnern die Rechtsstellung einer Mittelstadt vorgesehen, § 4 Abs. 3 KSVG. In Schleswig-Holstein kann Städten mit mehr als 20000 Einwohnern die Erledigung von Weisungsaufgaben übertragen werden. Die Vertretung von Gemeinden in Kollegialorganen des Kreises ist nirgends vorgesehen 158 . b) Kreisorgane: Organe der Landkreise sind der Kreistag, der Kreisausschuß und ein Hauptverwaltungsbeamter. Dieser führt in Nordrhein-Westfalen und in Niedersachsen die Bezeichnung Oberkreisdirektor, während er in den übrigen Ländern wie herkömmlich Landrat genannt wird. aaj Vertretungskörperschaft (Kreistag): Der Kreistag ist nach der Vorschrift des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 G G das Repräsentativorgan der Kreiseingesessenen. Ihm sind Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung vorbehalten, wie der Erlaß und die Änderung und Aufhebung von Kreissatzungen, die Feststellung des Haushaltsplanes, Entscheidung über die Übernahme neuer Kreisaufgaben, der Vermögensverwaltung und die Bestellung des Hauptverwaltungsbeamten. In der Regel ist dem Kreistag ein enumerativ verfaßter Katalog von Aufgaben ausschließlich zugewiesen.

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des Gesamtdurchschnitts im Bundesgebiet. Nur die Kreise im Saargebiet und in Rheinland-Pfalz sind mit 428 und 782 qkm durchschnittlich kleiner. Hinsichtlich der Einwohnerzahl ragen die Kreise Nordrhein-Westfalens mit über 300000 erheblich aus dem Bundesdurchschnitt heraus. Pappermann, VerwArch 65 (1974), S. 163 ff.

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Dem Kreistag kann der Hauptverwaltungsbeamte sowohl stimmberechtigt als nicht stimmberechtigt angehören 1 5 9 . In Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und in Schleswig-Holstein präsidiert dem Kreistag ein Mitglied der Vertretungskörperschaft ohne weitere administrative Funktionen. Er heißt in Hessen Kreistagsvorsitzender, in Schleswig-Holstein Kreispräsident, in Niedersachsen und NordrheinWestfalen (irreführenderweise) Landrat. D a sich der Kreistag wegen der Zahl seiner Mitglieder (in der Regel 40 u n d mehr Personen) u n d der Schwierigkeit, sich wegen des Gebietsumfanges häufiger versammeln zu können, nicht laufend mit einzelnen Verwaltungsaufgaben beschäftigen kann, so nimmt außer den vom Kreistag gebildeten Fachausschüssen — mit Ausnahme von BadenWürttemberg — der Kreisausschuß diese Aufgaben als ein kollegiales Verwaltungsorgan wahr. Der Kreisausschuß besteht nach übereinstimmender Regelung aus Angehörigen des Kreistages unter Vorsitz des Hauptverwaltungsbeamten. In Baden-Württemberg gibt es kein ständiges kollegiales Verwaltungsorgan mehr; allerdings können diejenigen Aufgaben, die üblicherweise in den Zuständigkeitsbereich von Kreisausschüssen fallen, gemäß §§ 34, 36 bad.-württ. KrO an jeweils zu bildende Ausschüsse delegiert werden, die nicht nur beratende, sondern auch beschließende Funktion haben. Eine andere Regelung ist nur in § 36 hess. KreisO getroffen, wo die Mitglieder des Kreisausschusses nicht Kreistagsabgeordnete sein dürfen und wo die Stellen von Kreisbeigeordneten (Mitgliedern des Kreisausschusses) in Kreisen mit mehr als 120000 Einwohnern hauptamtlich verwaltet werden können. In Niedersachsen u n d Nordrhein-Westfalen führt der ehrenamtliche Landrat den Vorsitz im Kreistag u n d im Kreisausschuß, während der Oberkreisdirektor zur Teilnahme an den Sitzungen mit besonderen Befugnissen berechtigt und verpflichtet ist. In Bayern, Baden-Württemberg, RheinlandPfalz und dem Saarland führt der hauptamtliche Landrat den Vorsitz in den bestehenden Kollegialorganen, während er in Hessen und Schleswig-Holstein lediglich den Kreisausschuß leitet 160 . Manche Kommunalgesetze sehen vor, daß der Kreistag die Behandlung von bestimmten Angelegenheiten an sich ziehen kann 1 6 1 . 159

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§ 32 Abs. 6 S. 3 bad.-württ. LKrO (aber Widerspruchsrecht gemäß § 4) Abs. 2 bad.württ. LKrO!); Art. 24 Abs. 1 bayr. LKrO; § 29 Abs. 3 rh.-pf. LKrO; § 163 Abs. 1 saarl. KSVG. Einen vergleichenden Überblick über die innere Kreisverfassung in den Ländern der Bundesrepublik gibt A. v. Mutius, Der Landkreis 1980, S. 404 ff. Kreisordnungen: Bad.-Württ. § 2 0 Abs. 1; Bay. Art. 33; Hess. § 3 6 Abs. 1 S. 1; N R W §§ 19 S. 2, 35 Abs. 3 S. 1; N s §§ 26 Abs. 1, 49 S. 4; Rh.-Pf. §§ 29 Abs. 1, 40 Abs. 1; Saarl. §§ 163 Abs. 1, 173 Abs. 2; S.-H. §45 Abs. 1. In Bad.-Württ. gibt es keinen Kreisausschuß sondern nur „Beratende" und „Beschließende Ausschüsse", §§ 3 4 - 3 6 LKreisO. In Nieders., Nordrhein-Westf. und dem Saarl. gehören nur Kreisvertreter dem Kreisausschuß an (§§ 49, 50 nieders. KreisO, § 35 Abs. 2 nordrh.-westf. KreisO, § 17 Abs. 1 saarl. KSVG und Art. 27 bay. KreisO sowie § 37 rheinl.-pf. KreisO und §§ 45 u. 46 schlesw.-holst. KreisO).

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bb) Der Hauptverwaltungsbeamte des Kreises ist Beamter auf Zeit. Sein Auftrag war und ist es, die Belange des Kreises und des Staates angemessen zu berücksichtigen, um auf diese Weise Spannungen zwischen Staats- und Selbsverwaltung zu lösen. Der mit Ausnahme von Niedersachsen u n d Nordrhein-Westfalen „Landrat" genannte Hauptverwaltungsbeamte ist für die Ausführung der Beschlüsse der kollegialen Organe und für die Führung der laufenden Verwaltungsgeschäfte verantwortlich. Außerdem sind ihm die Aufgaben nach Weisung des Staates übertragen 1 6 2 . Der Landrat wird in Bayern unmittelbar vom Kreisvolk (Art. 31 Abs. 1 S. 2 KreisO), in den übrigen Ländern vom Kreistag gewählt. Bei seiner Bestellung wirken in Baden-Württemberg, in Nordrhein-Westfalen und in SchleswigHolstein staatliche Dienststellen mit. In Rheinland-Pfalz und im Saarland ernennt die Landesregierung den Landrat unter Zustimmung des Kreistages (§§ 42 Abs. 1 rheinl.-pf. KreisO und § 174 KSVG. Ein „förderatives" Organ gibt es in den Kreisen nicht. Die hin u n d wieder geäußerte Forderung nach seiner Einrichtung verkennt, daß der Kreis eine Gebietskörperschaft ist u n d daß es die Entscheidungsbefugnisse der Vertreter des „Volkes im Kreis" durch ein Repräsentativorgan der im Kreis gelegenen Gemeinden hemmen würde, falls eine Vertretung der Gemeinden bei Entscheidungen unmittelbar mitwirken könnte. Im übrigen wäre die Zusammensetzung eines solchen föderativen Organs problematisch, weil die Gefahr einer Majorisierung der kleineren durch die größeren Gemeinden und eine Benachteiligung von zentralen Orten durch andere Gebietskörperschaften dabei kaum auszuschließen ist. Eine enge und ausreichende funktionale Verbindung zwischen dem Kreis und seinen Gemeinden wird neben der Tatsache, d a ß die Kreistagsabgeordneten zugleich auch Mitglieder einer kreisangehörigen Gemeinde sind, durch die häufigen Zusammenkünfte des Hauptverwaltungsbeamten mit den Gemeindevorstehern (sog. Bürgermeisterversammlungen) hergestellt. Hier haben — die Vertreter der Gemeinden die Möglichkeit, spezielle kommunale Anliegen vorzutragen. Die Außenvertretung des Kreises obliegt in der Regel kraft Gesetzes dem Hauptverwaltungsbeamten oder seinem allgemeinen Vertreter. Verpflich162

In Nordrh.-Westf. (§ 38 Abs. 1 Satz 2 KreisO) und in Nieders. (§ 55 Abs. 2 KreisO) muß der hier Oberkreisdirektor genannte Hauptverwaltungsbeamte die Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst oder zum Richteramt haben. In den übrigen Ländern ist eine bestimmte berufliche Vorbildung nicht vorgeschrieben, doch erwartet man „persönliche Eignung" oder „Erfahrung auf dem Gebiet der gemeindlichen Selbstverwaltung". Die Wahlzeit des Hauptverwaltungsbeamten beträgt in Hessen und Bayern 6, in Bad.-Württ. und Nordrh.-Westf. 8, in Nieders. 12 und in Schlesw.Holst. 6 - 1 2 Jahre. Eine festgelegte Amtszeit besteht für den „staatlichen" Landrat in Rheinl.-Pf. und im Saarl. nicht. — Zur Zuständigkeit: Art. 34, 35 u. 37 bay. KreisO, §§ 37ff. bad.-württ., §§ 4 4 - 4 7 hess., §§ 5 7 - 6 0 nieders., § 37 nordrh.-westf., § 41 rheinl.-pf., §§ 175 ff. saarl. KSVG und § 52 schlesw.-holst. KreisO. Zur Stellung des Landrats im geltenden Kommunalrecht vgl. die ausführliche Darstellung von v. Mutius, Der Landkreis 1980, S. 404 ff.

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tungserklärungen, die nicht zu den laufenden Verwaltungsgeschäften gehören, bedürfen der Schriftform durch eigenhändige Unterschrift des oder der bestimmten Organwalter 163 . c) Aufgaben des Kreises: Die Bedeutung der Kreise als Leistungsträger zeigt sich in dem von Jahr zu Jahr wachsenden Haushaltsvolumen. Die Kreise der Bundesrepublik unterhalten etwa 56000 km Kreistraßen, 258 Krankenhäuser mit 60000 Betten — daneben sind 40 Kreise finanziell neben anderen Trägern an Krankenhäusern mit 12000 Betten beteiligt —, unterhalten 100 Krankenpflegeschulen, 300 Kranken- und über 100 Mütterberatungsstellen. Ferner unterhalten die Kreise mehr als 900 Berufsschulen, 800 Fachschulen und 334 Landwirtschaftsschulen, sowie 250 Gymnasien und Realschulen. aa) Unmittelbare Kreisaufgaben: Zu den Pflichtaufgaben des Kreises gehören die Sorge für die öffentliche Sicherheit und Ordnung — soweit nicht die Gemeinden primär zuständig sind — mit Straßenverkehrs- und Gewerbeaufsicht, die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten, das Staatsangehörigkeitsund Paßwesen, Verteidigungsangelegenheiten und der Bevölkerungsschutz. Im Rahmen der Kommunalaufsicht hat der Kreis seine Gemeinden zu fördern und zu beraten. Er ist Träger der örtlichen Sozialhilfe, von weiterführenden allgemein- und berufsbildenden Schulen, der Jugendwohlfahrt und -fürsorge, sowie von wohnungsbaufördernden Maßnahmen. Der Kreis ist verantwortlich für Planung und Unterhaltung der Kreisstraßen, das Gesundheits- und Veterinärwesen, er übt die Bauaufsicht in seinem Gebiet aus und ist Lastenausgleichsbehörde. Schließlich ist dem Kreis das Versicherungswesen übertragen. Die freiwilligen Aufgaben des Kreises lassen sich in übergemeindliche, ergänzende und ausgleichende Maßnahmen gliedern 164 . Umfang und Intensität dieser Aufgaben richten sich nach der unterschiedlichen Gebietsgröße und der Leistungsfähigkeit der kreisangehörigen Gemeinden 165 . 163

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In Nieders. (§ 58 Abs. 2 KreisO), Nordrh.-Westf. (§ 40 Abs. 1 KreisO), Hessen (§ 45 Abs. 2 KreisO) und Schlesw.-Holst. (§ 44 Abs. 2 KreisO) erfolgt eine Verpflichtung durch den Hauptverwaltungsbeamten und einen vertretungsberechtigten Beamten des Kreises. Zur alleinigen Ausfertigung sind der Landrat in Bad.-Württ., Bay. und im Saarl. berufen (§ 44 Abs. 1 bad.-württ. KreisO, Art. 35 Abs. 2 bay. KreisO, § 178 saarl. KSVG). § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 hess. KreisO: „Die Kreise nehmen in ihrem Gebiet, soweit die Gesetze nichts anderes bestimmen, diejenigen öffentlichen Aufgaben wahr, die über die Leistungsfähigkeit der kreisangehörigen Gemeinden hinausgehen. Sie fördern die kreisangehörigen Gemeinden in der Erfüllung ihrer Aufgaben, ergänzen durch ihr Wirken die Selbstverwaltung der Gemeinden und tragen zu einem gerechten Ausgleich der unterschiedlichen Belastung der Gemeinden bei." Zur pragmatischen Problematik vgl. Frido Wagener, Die Städte im Landkreis, 1955; Schnapp, Zuständigkeitsverteilung zwischen Kreis und kreisangehörigen Gemeinden, 1973.

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Übergemeindliche Aufgaben setzen ihrer Natur nach eine größere Fläche als das Gebiet einer einzelnen Gemeinde voraus. Zu diesen Aufgaben gehören die Verbesserungen der regionalen Wirtschaftsstruktur, die Anlage und Unterhaltung von Nahverkehrsbetrieben sowie die Energie- und Wasserversorgung. Ergänzende Aufgaben fallen in die Zuständigkeit des Kreises, wenn ihre zweckmäßige Erfüllung die Verwaltungs- und Finanzkraft der einzelnen kreisangehörigen Gemeinden übersteigt. Dazu gehören die Unterhaltung weiterführender Schulen, Volkshochschulen, Museen und Büchereien, Altenund Kinderheime, Krankenhäuser, sowie Abwässer- und Müllbeseitigung. bb) Ausgleichsfunktion des Kreises: Eine Ausgleichsfunktion übt der Kreis im wesentlichen durch Bereitstellung finanzieller Mittel an ortsgemeindliche Träger aus, die einer solchen Unterstützung zur ordnungsmäßigen Ausführung ihrer primär lokalen Angelegenheiten bedürfen. Die Zuständigkeitsverteilung zwischen dem Kreis und kreisangehörigen Gemeinden ist weniger ein Problem des Selbstverwaltungsrechts als eine Frage der Effizienz von kommunalen Leistungen, die der Träger am besten erfüllt, der sie den Umständen nach mit dem geringsten Aufwand und dem größten Effekt zum Nutzen und unter Beteiligung der Bürger vollbringen kann. Folgerichtig bestimmt deshalb auch § 20 Abs. 2 schlesw.-holst. KreisO, daß „Kreis und Gemeinden im Zusammenwirken alle Aufgaben der örtlichen Selbstverwaltung erfüllen" sollen 166 . d) Der Kreis als untere staatliche Verwaltungsbehörde: Staats- und Selbstverwaltung waren seit dem 19. Jahrhundert als Gegensätze verstanden worden. Folglich erkannte man als ein wesentliches Kennzeichen der Kommunalkörperschaften ihre organisatorische Unabhängigkeit von staatlichen Behörden. Da jedoch der Landrat eine Mittlerstellung als Staatsbeamter und als Vorsitzender einer kommunalen Vertretungskörperschaft besaß und eine Identität des Kreisgebietes mit dem Bereich der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde den Kreis stärker an die Organisation des Staates band als die Gemeinde, wurde ihm vielfach eine mindere Unabhängigkeit ihr gegenüber zuerkannt, zumal auch Stadtkreise gemäß § 169 f. Pr. KreisO sowie §§ 3 und 4 schlesw.-holst. LVwG unmittelbare Staatsaufgaben erledigen konnten. Nach geltendem Recht werden in Baden-Württemberg, Bayern und Rheinland-Pfalz die Aufgaben der unteren Verwaltungsbehörde durch das Landratsamt als staatliche Behörde erledigt. Der von den zuständigen kommunalen Körperschaften gewählte Landrat leitet in Baden-Württemberg, Bayern 166

Bemerkenswerterweise betrachtet der Landesgesetzgeber Kreis und Gemeinde gleichmäßig als kompetent für die Erledigung von „örtlichen" Selbstverwaltungsaufgaben. Im übrigen soll der Kreis „seine Einwohner", soweit erforderlich — infolge seines gebietskörperschaftlichen Charakters — gleichmäßig versorgen und betreuen. — Zum Verhältnis von Kreis und Gemeinden bei disparaten Vorstellungen bei Maßnahmen und Willensbildungen des Kreises OVG Lüneburg DÖV 1971, 281; Andriske, S. 126ff.

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und im Saarland die Behörde (Bad-Württ. § 53; Bay. Art. 37; Rheinl.-Pfalz § 41.) während der Landrat in Rheinland-Pfalz nach kommissarischer Bestellung durch den Ministerpräsidenten noch der Zustimmung des Kreistags bedarf (§ 42 Abs. 1 LandkreisO). In Hessen ist gem. § 55 Abs. 1 hess. KreisO der Landrat Behörde der Landesverwaltung und untersteht als solcher dem Regierungspräsidenten. Wie in den anderen bereits genannten Ländern hat auch hier das Land dem Landrat die erforderlichen Dienstkräfte zu Erledigung der staatlichen Aufgaben zur Verfügung zu stellen; doch können auch Bedienstete des Kreises hierfür herangezogen werden. In Nordrhein-Westfalen werden die Aufgaben der unteren Verwaltungsbehörde monokratisch von dem leitenden Verwaltungsbeamten erledigt. Der Wirkungsbereich ist in § 48 nordrh.-westf. KreisO umrissen. Wie in Nordrhein-Westfalen bildet auch in Niedersachsen gem. § 1 S. 2 niedersächs. KreisO das Gebiet des Kreises zugleich den Bezirk der unteren Verwaltungsbehörde, was in Schleswig-Holstein durch ein besonderes Gesetz 1971 bestimmt wurde 167 . Die niedersächsischen Landkreise erfüllen die zum übertragenen Wirkungsbereich gehörenden zugewiesenen staatlichen Aufgaben als untere Verwaltungsbehörde und sind hierbei an die Weisung der zuständigen staatlichen Behörde gebunden. Dem Oberkreisdirektor obliegt gem. § 57 Abs. 1 Ziff. 6 die Verantwortung für die ordnungsmäßige Erledigung dieser Geschäfte. Die schleswig-holsteinische Kreisordnung spricht von den Kreisen als dem Lande eingegliederten Gebietskörperschaften, ohne über das Geschäftsverfahren einschlägige Bestimmungen zu treffen. Lediglich in Rheinland-Pfalz sind mithin die Grundsätze der preußischen Kreisordnung für das Zusammenwirken von Staats- und Kommunalverwaltung im Kreis im wesentlichen übernommen und fortentwickelt worden. Für die Auftragsangelegenheiten kennen alle Landkreisordnungen der Bundesrepublik recht unterschiedliche Benennungen als Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung, übertragene Aufgaben nach Weisung, Weisungsaufgaben oder übertragene Angelegenheiten 168 . Das Kreisverfassungsrecht der deutschen Länder bietet im Hinblick auf das organisatorische Verhältnis von Staats- und Kommunalverwaltung ein viel unterschiedlicheres Bild als die innere Organisation der Kreisselbstverwaltung. Zudem hat in den meisten Ländern der Grundsatz der „Einheit der öffentlichen Verwaltung" im Bereich des Kreises erhebliche Einbuße erlitten. Lediglich die schleswig-holsteinische Kreisordnung sah in dem alten § 2 Abs. 3 vor, daß die vorhandenen Sonderverwaltungen möglichst auf die Kreisverwaltung überführt werden sollten. In Baden-Württemberg bleiben die Sonderbehörden bestehen. Eine Übertragung von Staatsaufgaben auf die Landkreise ist hier nicht vorgesehen. Dagegen können in Bayern gemäß Art. 37 Abs. 2 KreisO geeignete staatliche Aufgaben mit Ausnahme der Aufsicht über die Gemeinden durch Einzelgesetze auf die Kreisverwaltungen übertra167 168

GVOB1. 1971,64. s. oben Fn. 72.

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gen werden. In Hessen sollen neue Sonderverwaltungen gemäß § 2 Abs. 2 KreisO nicht errichtet und die bestehenden möglichst aufgelöst werden. In Niedersachsen ist das Fortbestehen staatlicher Sonderbehörden der unteren Verwaltungsstufe vorausgesetzt. Über ihre Tätigkeit kann sich der Oberkreisdirektor lediglich in geeigneter Weise unterrichten (§ 57 Abs. 3 KreisO). Eine stärkere Position räumt hier die nordrhein-westfälische Kreisordnung dem Oberkreisdirektor in § 48 Abs. 4 ein, da ihm aufgegeben ist, koordinierend zu wirken. Die KreisO von Rheinland-Pfalz schließlich enthält keinerlei Bestimmung über das Verhältnis von Kreisverwaltung zu staatlichen Sonderbehörden, was sich im Hinblick auf die Stellung des Landrats als Staatsbeamter zu den Vorstehern der im Gebiet des Kreises tätigen Sonderbehörden auch erübrigt. Das rechtsstaatliche Gebot einer Wiederherstellung der Einheit der Verwaltung sowohl in der Mittelinstanz als auch bei der unteren Verwaltungsstufe hat bisher kaum die notwendigste Resonanz gefunden. Dabei handelt es sich nicht darum, „dem Ressortegoismus und Partikularismus enge Schranken" zu setzen, sondern auch die differenzierten Verwaltungsfunktionen unter gemeinsamen allgemeinen Rechtsgrundsätzen zu vereinigen 169 . Das gilt besonders für die Aufgaben der Polizei, die generell einer Weisungsgewalt des Leiters der unteren staatlichen Behörde unterliegen muß. Die für Einrichtung u n d Erhaltung von Sonderbehörden häufig angeführte Begründung, ihre Aufgaben müßten von besonders vorgebildeten Fachkräften wahrgenommen werden, überzeugt nicht, da tatsächlich bereits viele öffentliche Aufgaben, die eine besondere Fachkenntnis von Sachbearbeitern voraussetzen, der allgemeinen Verwaltung zugeordnet sind, ohne daß der verantwortliche Leiter deshalb besondere fachliche Qualifikationen zu besitzen braucht 1 7 0 . Gegen die Einfügung der meisten Sonderbehörden in die untere Verwaltungsbehörde bei Stadt- u n d Landkreisen bestehen weder sachliche noch organisatorische Bedenken 171 . 3. Höhere Gemeindeverbände und andere Formen kommunaler Zusammenarbeit a) Höhere Gemeindeverbände: Bereits im 19. Jahrhundert war im Zusammenhang mit der Kodifikation des Selbstverwaltungsrechtes anerkannt worden, daß manche öffentlichen Aufgaben zur effektvollen Erfüllung eines größeren Bereiches bedürfen, als ihn die Gebiete von Stadt- und Landkreisen umfassen. So entstanden in Preußen die Provinzialselbstverwaltung und in 169 170

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Forsthoff,\wR, S. 52; G. Chr. von Unruh, DVB1. 1979, 761. Ein kommunaler Hauptverwaltungsbeamter kann ebensowenig statische Berechnungen für einen Bau vornehmen wie über die Notwendigkeit von Impfungen vom Fachlichen her entscheiden, obwohl er doch Leiter der Bauaufsichtsbehörde und der Gesundheitspolizei ist. G. Chr. von Unruh, Der Kreis, S. 287 ff.

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Bayern die Bezirksverbände, wobei man um die Bewahrung landschaftlicher Eigenarten bemüht war, indem man ihnen Aufgaben zur eigenverantwortlichen Erledigung übertrug 172 . Diese in Nord- wie in Süddeutschland bewährte Form regionaler Selbstverwaltung ist zunächst nur von zwei Ländern der Bundesrepublik, nämlich Nordrhein-Westfalen und Bayern, beibehalten worden, hinzu kam noch der für den früheren bayerischen linksrheinischen Gebietsteil gebildete Bezirksverband in Rheinland-Pfalz 1 7 3 . In Bayern wurden sieben, die historischen Landesteile erfassenden, mit dem Gebiet der Bezirksregierungen identischen Bezirksverbände Oberbayern, Niederbayern, Oberpfalz, Oberfranken, Mittelfranken, Unterfranken und Schwaben gebildet. In Nordrhein-Westfalen wurde der ehemalige Provinzialverband Westfalen mit dem ehemaligen Land Lippe, sowie die rheinischen Landesteile (Rheinland) als Landschaftsverbände konstituiert. Unabhängig von den beiden Landschaftsverbänden besteht ein „Kommunalverband Ruhrgebiet", der die zu diesem Bezirk gehörenden kreisfreien Städte und Kreise als Mitglieder verbindet und damit die beiden Landschaftsverb ä n d e sowie drei der fünf Regierungsbezirke überschneidet 1 7 4 . In Baden-Württemberg wurde im Jahre 1971 die vorhandenen zwanzig regionalen Planungsgemeinschaften durch zwölf Regionalverbände ersetzt 175 . Die Aufgaben dieser höheren Gemeindeverbände erstrecken sich vornehmlich auf den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen, sowie bestimmte Sparten der Sozialhilfe, wie die Errichtung und Unterhaltung von Spezialschulen, sowie Heil- und Pflegeanstalten f ü r körperbehinderte und geisteskranke Menschen. Hinzu kommen Aufgaben der Landschafts- und Kulturpflege, der regionalen Planung, sowie bestimmter wirtschaftlicher Unternehmen, die einen besonders leistungsfähigen Träger mit einem ausreichend großen Gebiet voraussetzen 176 . Organisation und Aufgaben dieser höheren Gemeindeverbände unterscheiden sich erheblich voneinander. Lediglich in Bayern und Rheinland-Pfalz sind sie unmittelbare Gebietskörperschaften und Gemeindeverbände, in Nordrhein-Westfalen dagegen Bundkörperschaften, deren Mitglieder die Landkreise und kreisfreien Städte sind. Sie besitzen Gebietshoheit, soweit sie im Rahmen ihrer Zuständigkeiten alle in ihrem Gebiet lebenden Menschen 172

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K. G. Jeserich, Die preußischen Provinzen, 1931; durch Beteiligung ihrer Vertreter im Staatsrat wirkten die preußischen Provinzialverbände auch an der Landesgesetzgebung mit; Leiers, Die Verfassung der preußischen Provinzialverbände im Verhältnis zu den Landschaftsverbänden in Nordrhein-Westfalen, Diss. jur. München 1967. Art. 1 1 - 1 5 bay. BezO; rheinl.-pf. BezO v. 25. September 1964. Vgl. hierzu Galette, Regionale Institutionen in Europa, Bericht der 15. Tagung des Europarats, 1980, CPL (15) 5 (D), S. 29ff. KreisreformG und RegionalverbandG vom 26. 7. 1971 (GVB1. S. 314 und 336). Baumeister / Naunin, Selbstverwaltung einer Landschaft, 1967.

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oder darin befindlichen Sachen erfassen. Namen, Wappen und Flaggen sind gesetzlich geschützt 177 . Organe der höheren Gemeindeverbände sind die Verbandsvertretung, der Verbandsausschuß und der Verbandsvorsteher. In Bayern und RheinlandPfalz werden die Mitglieder der Verbandsvertretung als des Willensbildungsorganes der höheren Gemeindeverbände von den Bürgern der angehörigen Städte und Landkreise gewählt, und in den übrigen Ländern bilden die Repräsentativorgane der dem Verband angehörenden Gebietskörperschaften die Landschaftsversammlung. Die Verbandsvertretung heißt in Bayern und in Rheinland-Pfalz Bezirkstag. Der Verbandsversammlung obliegt die Entscheidung über wichtige Angelegenheiten durch Festlegung allgemeiner Grundsätze der Verwaltungsführung, die Wahl der Mitglieder des Verbandsausschusses, Berufung des Verbandsvorstehers und der leitenden Beamten, die Rechtsetzung und die Feststellung des Haushaltsplanes 178 . Bezirksausschuß, Landschaftsausschuß oder Landesausschuß sind die kollegialen Leitungsorgane, die aus dem Vorsitzenden und den gewählten Mitgliedern der Verbandsvertretung bestehen. Nur in Nordrhein-Westfalen wird ein monokratischer Verbandsvorsteher von der Verbandsvertretung gewählt. Er versieht sein Amt jedoch nur hier hauptberuflich und wird zum Wahlbeamten für die Dauer von 12 Jahren ernannt. Er führt den Titel „Direktor des Landschaftsverbandes". Bei den übrigen Bezirksverbänden werden die Vorstehergeschäfte vom Regierungspräsidenten wahrgenommen, weshalb der Bezirkstag bei der Bestellung des Regierungspräsidenten mitwirkt 179 . Allzuständigkeit gehört nicht zum Recht der Selbstverwaltung, welches die höheren Gemeindeverbände genießen. Sie können über die ihnen zugewiesenen Angelegenheiten keine weiteren Aufgaben an sich ziehen. Pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben erfüllen die höheren Gemeindeverbände im Rahmen der Jugend- und Sozialpflege, des Straßenwesens und besonderer kultureller Angelegenheiten, wie der Denkmalspflege. Zu den freiwilligen Aufgaben gehören Errichtung und Unterhaltung von Spezialkran177

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Naunin, in: H G K W P I, S. 470ff.; Zuhorn, in: H G K W P II, S. 246ff.; Hoppe, Die Begriffe Gebietskörperschaft und Gemeindeverband und der Rechtscharakter der nordrhein-westfälischen Landschaftsverbände, 1958; W. Weber, Die Ordnung des landschaftlichen Raumes: 150 Jahre Verwaltungsraum Westfalen-Lippe, 1966, S. 22ff.; G. Chr. von Unruh, in: Westfälische Forschungen, Bd. 19 (1966), S. 116ff.; Pagenkopf, KommunalR, S. 287ff. — Der Landeskommunalverband Hohenzollerische Lande wurde 1972 aufgelöst. Art. 21 und 22 bay. BezirksO; § 7 nordrh.-westf. LandschaftsverbandsO; §§ 1 - 6 BezirksO für den Bezirks verband Pfalz. Art. 31, 33 bay. BezirksO; § 11 rheinl.-pf. BezirksO. In Nordrhein-Westfalen können auch Landesräte als Zeitbeamte für bestimmte Geschäftsbereiche bestellt werden. Der Verband wird im Außenverhältnis durch den Landschaftsdirektor vertreten. Im pfälzischen Bezirksverband nimmt der Vorsitzende des Bezirksausschusses diese Rechte wahr, und für laufende Geschäfte ist der Regierungspräsident zuständig.

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kenhäusern, Sonderausbildungsstätten, Fachschulen, Museen und Archiven, Kreditinstituten oder Versicherungsanstalten. Auch die Förderung des Siedlungs- und Wohnungsbaues gehört zu diesen Angelegenheiten. Im Wege der Vereinbarung mit verbandsangehörigen Selbstverwaltungskörperschaften können weitere Angelegenheiten übernommen werden, wie die Verwaltung und Unterhaltung der Kreisstraßen in Nordrhein-Westfalen. Schließlich unterstützen die höheren Gemeindeverbände im Rahmen ihrer Ausgleichsfunktionen die verbandsangehörigen Träger der kommunalen Selbstverwaltung durch finanzielle Zuschüsse auf dem Gebiet der Sozialhilfe, des Gesundheitswesens oder des Wegebaues. Die höheren Gemeindeverbände haben außerdem auch Fremdverwaltungsangelegenheiten übertragen erhalten, wie die Fürsorgeerziehung oder die Verwaltung der Bundesautobahnen und Bundesfernstraßen. Soweit die finanziellen Einnahmen aus Gebühren und Beiträgen sowie aus allgemeinen oder zweckgebundenen staatlichen Finanzzuweisungen den Bedarf zur Erfüllung der Aufgaben nicht decken, können die höheren Gemeindeverbände die angehörigen Körperschaften zur Zahlung von Verbandsumlagen heranziehen 180 . Rechtsaufsicht über die höheren Gemeindeverbände üben die Landesinnenminister, während die sachlich zuständigen obersten Landesbehörden die Aufgaben der Fachaufsicht wahrnehmen. b) Samtgemeinden und andere Zweckverbände: Neben den höheren Gemeindeverbänden gibt es auch auf unteren Stufen die verschiedensten Formen interkommunaler Zusammenarbeit. So können insbesondere manche öffentlichen Leistungen von einer einzelnen Gemeinde allein nicht erbracht werden, wie etwa die Unterhaltung eines Krankenhauses, eines Altenheimes, einer Berufsschule oder die Versorgung mit Wasser und Energie 181 . Eine Lösung liegt für viele Orte in der Bildung von „ Verwaltungsgemeinden", die mehrere benachbarte Gemeinden zur Erledigung von gemeinsamen Aufgaben miteinander verbinden. In Niedersachsen bezeichnet man solche Gemeindeverbände als „Samtgemeinden", während in Schleswig-Holstein die Bezeichnung „Ämter" oder „Kirchspielsgemeinden", in Rheinland-Pfalz dagegen „Verbandsgemeinden" gebräuchlich ist. Der Zusammenschluß ihrer Mitglieder (Gemeinden) erfolgt entweder freiwillig oder aufgrund staatlicher Anordnung. In der Regel haben Samtgemeinden (in Niedersachsen: Samtgemeinderat, Rheinland-Pfalz: Verbandsgemeindevertretung, Schleswig-Holstein: Amtsausschuß) als Organe eine Samtgemeindevertretung einen Ausschuß und einen Vorsteher. Die Vertretung besteht aus den Ratsvorsitzenden und weite180

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§ 24 nordrh.-westf. LandschaftsverbO; § 12 rheinl.-pfälz. BezO; § 21 bayer. FinanzausgleichsG i. d. F. vom 22. Juni 1966. Laux, Referat über „Methoden und Technik einer Verwaltungsreform im Bereich der kommunalen Selbstverwaltung", DVB1. 1968, 374ff.; Bröving, Die Verwaltungsgemeinschaft, 1973.

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ren gewählten Organwaltern der samtangehörigen Gemeinden für die Dauer ihres kommunalen Mandats. Diesem Organ sind die Richtlinienentscheidungen vorbehalten, wie der Erlaß von Satzungen, Entscheidungen über die Übernahme neuer Aufgaben, Verwaltung des Vermögens, Berufung des Hauptverwaltungsbeamten u. a. Die Vertretung wählt sich aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden. Kollegiales Lenkungsorgan für die Geschäftserledigung ist — soweit nicht der Hauptverwaltungsbeamte unmittelbar zuständig ist —, der Samtgemeindeausschuß, dessen Mitglieder als Organwalter der angehörigen Gemeinden durch Wahl der Samtgemeindevertretung berufen werden. Der Samtgemeindevorsteher ist in der Regel hauptamtlich tätig und wird regelmäßig für einen Zeitraum von 10-12 Jahren ins Amt berufen. Der Samtgemeindedirektor kann zugleich in Realunion Vorsteher einer Gliedgemeinde sein und führt die laufenden Geschäfte. Er hat die in den Gemeinden obliegenden Verwaltungsaufgaben zu koordinieren und kann mit der Erledigung staatlicher Angelegenheiten betraut werden 182 . Die Samtgemeinde besitzt keine Kompetenz-Kompetenz. Sie kann deshalb keine Angelegenheiten der amtsangehörigen Gemeinden an sich ziehen. Ein solches Recht auf Zuständigkeitserweiterung gegen den Willen der betroffenen Gemeinden, wie es noch für die preußischen Ämter galt, wird heute vor allem mit dem Hinweis auf die Unvereinbarkeit mit dem Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden abgelehnt. Den Aufgabenkatalog der Samtgemeinden bestimmt vielmehr die Entschließung der amtsangehörigen Gemeinden. Insoweit ist ihre Zuständigkeit gesetzlich nicht beschränkt. Obwohl das Recht der Selbstverwaltung den Samtgemeinden in dem laut Beschluß ihrer Mitgliedsorgane gesetzten Rahmen zusteht, üben sie meist Verwaltungsaufgaben nach Weisung und im übertragenen Wirkungskreis aus, vor allem im Ordnungswesen. Sie entlasten auch die Kassen- und Rechnungsführung der angehörigen Gemeinden und können von den großräumigeren Gebietskörperschaften, den Landkreisen, bestimmte Selbstverwaltungsaufgaben zur eigenverantwortlichen Erledigung übertragen erhalten. Die finanziellen Mittel für die Samtgemeinden werden durch Umlage von den angehörigen Gemeinden aufgebracht. Daneben gibt es allgemeine und zweckgebundene staatliche Finanzzuweisungen. Schließlich kann eine Samtgemeinde unter den rechtlichen Voraussetzungen Gebühren und Beiträge erheben. Der Organisation der kommunalen Verbundverwaltung ist ein breiter Rahmen gesetzt. Die loseste Form ist ein für einen überschaubaren Zeitraum übernommener spezieller Tätigkeitsbereich einiger weniger Gemeinden, deren Durchführung durch Verwaltungsvereinbarung geregelt wird. Für Ange182

In Niedersachsen: Samtgemeindedirektor, in Rheinland-Pfalz: Verbandsbürgermeister, in Schleswig-Holstein: Amtsvorsteher. — Zur Verfassungsmäßigkeit der schleswig-holsteinischen AmtsO; OVG Lüneburg DVB1. 1970, 801 ff.; OLG Lüneburg OVGE 26, 487; BVerfG DVB1. 1980, 52; B. Becker, Gemeinde und Amt, 1968.

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legenheiten, die auf die Dauer zweckmäßigerweise von mehreren benachbarten Trägern erfüllt werden, können die Nachbargemeinden einen Zweckverband bilden, eine häufig beobachtete Form gemeinsamen Handelns mehrerer Gemeinden, sei es nun auf dem Gebiet der Versorgungs- oder Bildungseinrichtung oder kultureller Angelegenheiten 183 . Rechtsgrundlage für derartige Zweckverbände war zunächst das Reichszweckverbandsgesetz vom 7. 6. 1939, an dessen Stelle inzwischen länderrechtliche Neuregelungen getreten sind 184 . Zweckverbände können von Gemeinden freiwillig für bestimmte Aufgaben oder aufgrund von Spezialgesetzen beim Vorliegen besonderer Umstände gebildet werden. So können sie z. B. die Trägerschaft von Schulen, Sparkassen oder Versorgungs- und Verkehrsunternehmen übernehmen 185 . Hinsichtlich der Bauleitplanung und des Ausgleichs verschiedener Belange, insbesondere im Bereich der Raumordnung können sich Gemeinden und sonstige öffentliche Planungsträger zu einem Planungsverband nach § 4 BundesbauG zusammenschließen. Danach tritt der Planungsverband für die Bauleitplanung und ihre Durchführung an die Stelle der Gemeinden. Ausdrücklich betont § 4 Abs. 8 BundesbauG, daß durch die Vorschriften über den Planungsverband ein Zusammenschluß nach dem Zweckverbandsgesetz oder durch besondere Landesgesetze nicht ausgeschlossen wird. Auch die Organisation der Zweckverbände ist in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich geregelt. In der Regel bildet die von Repräsentanten der Verbandsmitglieder gewählte Zweckverbandsversammlung das willensbildende Organ, während ein monokratischer Zweckverbandsvorsteher für die Führung der laufenden Geschäfte zuständig ist. Die Ausnahme bildet Hessen, wo der Verbandsvorstand als Kollegialorgan die Behörde verwaltet und vertritt. Er ist in der Regel ehrenamtlich tätig, häufig Vorsteher einer Mitgliedsgemeinde und wird meist zu einer bestimmten Frist ins Amt berufen. 183

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Schon 1911 wurde ein Zweckverband Groß-Berlin durch preußisches Gesetz vom 19. 11. gegründet. Er galt für sechs Städte und zwei Landkreise, die Berlin ringförmig umgaben und umfaßte eine Fläche von 3500 qkm mit 4 Mio. Einwohnern. Klüber, in: HBKWP I, S. 541ff.; Gönnenwein, GemeindeR, S. 431; Wolff / Bachof, VwR II, §91. RGBl. I, S. 979; Bad.-Württ.: Gesetz über kommunale Zusammenarbeit v. 16.9. 1974 (GVB1. S. 408); Bay.: Gesetz über die kommunale Zusammenarbeit v. 12. 7. 1966 (GVB1. S. 218); Hess.: Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit v. 16. 12. 1969 (GVB1. I, S. 307); Nieders.: Zweckverbandsgesetz v. 7. 6. 1939, geändert durch Gesetz v. 21. 6. 1972 (GVB1. S. 309); Nordrh.-Westf.: Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit v. 1. 10. 1979 (GVB1. S. 621); Rheinl.-Pf.: Landesgesetz über Zweckverbände und andere Formen der kommunalen Zusammenarbeit v. 3. 12. 1954 (GVB1. S. 156); Saarl.: Gesetz über die kommunale Gemeinschaftsarbeit v. 26. 2. 1975 (Amtsbl. S. 490); Schlesw.-Holst.: Gesetz über kommunale Zusammenarbeit v. 11. 11. 1977 (GVB1. S. 455). Z. B. für Schulen: §§ 11, 33 nordrh.-westf. SchVG; für Sparkassen und Giroverbände: § 43 nordrh.-westf. SparG; aber auch für alle sonstigen kommunalen Aufgaben.

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Daneben kann ein Zweckverbandsausschuß als Lenkungsorgan gewählt werden, dessen Angehörige teils von den Organen der Mitglieder, teils durch die Zweckverbandsversammlung bestimmt werden. Der Rechtsnatur einer Samtgemeinde nähert sich der bayerische Aufgabenverband, der einfache Geschäfte der laufenden Verwaltung zu erledigen hat und daneben die Gemeinden von Kassen- und Rechnungsgeschäften entlastet186. c) Sonderregelungen im Stadt-Umland Bereich: Die wohl bedeutendste Belebung erfuhr die Bereitschaft zum Zusammenwirken im Stadt-Umlandbereich: hier wurden gerade in der jüngsten Vergangenheit eine Vielzahl von Konzepten aufgestellt und verwirklicht. Dies beruhte auf einer Reihe spezifischer Aufgaben, die sich gerade im Umlandbereich von Ballungszentren in zunehmendem Maße stellten und deren Planung, Durchführung und Kontrolle auf örtlicher Ebene nicht mehr möglich erschien. Hierbei handelte es sich vor allem um Probleme der regionalen und städtebaulichen Planung, der Strukturförderung, des Straßenbaus und öffentlichen Nahverkehrs, der Erholungs- und Naturschutzgebiete, von Luftreinhaltung und Gewässerschutz sowie der Ver- und Entsorgung. Die in den verschiedenen Bundesländern angewandten Modelltypen der Regelungen im Stadt-Umlandbereich bilden eine bunte Palette aller Formen der Kooperation von der interkommunalen Zusammenarbeit mit Verbandscharakter über die Verflechtung durch Einkreisung der Kernstadt bis zu anderen gebietskörperschaftlichen Lösungen187. Bei der Vielzahl der bisherigen Lösungsversuche ergaben sich gemeinsame Probleme insbesondere aus den gegensätzlichen Interessen und einem entsprechenden Verhalten der zentralen Großstadt als auch des jeweiligen Umlandes. Allen Ländern gemeinsam waren im Lösungsbereich die teilweise erheblichen Eingemeindungen bei einer Vielzahl mittlerer Großstädte, während bei den wichtigsten Großstädten überwiegend Verbandslösungen durchgeführt wurden188. Eine Aufzählung der ansonsten völlig unterschiedlichen Lösungen im Bereich der einzelnen Bundesländer würde über den Rahmen dieses Beitrages hinausgehen. Als Beispiel für eine Verbandlösung sollen hier die Nachbarschaftsverbände genannt werden, die in Baden-Württemberg mit dem Ziel der Forderung 186

§§ 50, 55 bay. GkZA; Knemeyer, Bayer. KommunalR, S. 211 ff. Vgl. Typisierung bei F. Wagener, Fs. f. Werner Weber, 1974, S. 957ff.; ebenfalls zur Stadt-Umland-Reform: Meinhard Schröder, Zwischenbilanz zur Stadt-Umland-Reform in der BRD, DV 1979, 1 ff.; Stüer, a. a. O., S. 102ff. 188 p Wagner, Entwicklung des äußeren Aufbaus der öffentlichen Verwaltung in der BRD, Der Landkreis 1980, S. 386. Vgl. die Übersicht bei Stüer, a. a. O., S. 107ff. m. w. ausf. Lieteraturnach weisen; für N R W : Andriske, Aufgaben Verteilung im Kreis, 1978, S. 14ff.

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der geordneten Entwicklung des Nachbarschaftsbereichs und eines Ausgleichs der Interessen zwischen Stadt und Umland geschaffen wurden 189 . Die Nachbarschaftsverbände sind Körperschaften des öffentlichen Rechts, die aus den Städten und Gemeinden im Nachbarschaftsbereich sowie den Landkreisen, zu denen sie gehören, bestehen 190 . Bei der Entwicklung der verschiedenen Lösungsmodelle wird einerseits die Gefährdung der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie durch Verlagerung von Kompetenzen auf höhere Ebenen („Hochzonung"), andererseits auch die Gefahr der Unübersichtlichkeit und Schwerfälligkeit im organisatorischen Bereich durch Schaffung zusätzlicher Planungs- und Entscheidungsebenen zu beachten sein191.

III. Finanzverfassung, Finanzsystem und Haushalt 1. Verfassungsrechtliche Grundlagen Die verfassungsmäßige Garantie des Art. 28 Abs. 2, „Alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln", kann für die Gemeinden nur dann von Wert sein, wenn ihnen zur Erfüllung dieser Aufgaben eine ausreichende Finanzmasse zur Verfügung steht. Insoweit berechtigt die aus dem Selbstverwaltungsrecht abzuleitende Finanzhoheit die Gemeinden zu einer eigenverantwortlichen Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft im Rahmen eines geordneten Haushaltswesens192. Der X. Abschnitt des Grundgesetzes („Das Finanzwesen") enthält unter anderem die Verfassungsbestimmungen, die der Ordnung des gemeindlichen Finanzwesens zu dienen bestimmt sind, und zwar sowohl hinsichtlich des Kommunalsteuersystems als auch hinsichtlich des Teiles des Gemeindefi-

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Gemeindereformgesetze und Nachbarschaftsverbandsgesetz v. 9. 7. 1974 (GVB1. S. 261). Nach § 4 Abs. 2 Nachbarschaftsverbandsgesetz ist der Verband Träger der vorbereitenden Bauleitplanung (Flächennutzungsplan). Als Lösungen mit Modellcharakter im Großstadtbereich können der Stadtverband Saarbrücken (§§ 1,51 des Gesetzes Nr. 986) zur Neugliederung der Gemeinden und Landkreise des Saarlandes v. 19. 12. 1973 (Amtsbl. S. 852) sowie der Verband Großraum Hannover gelten (Gesetz vom 14. 12. 1962 GVB1. S. 235) und der Umlandverband Frankfurt genannt werden. Zum Vergleich zwischen diesen 3 Modellen siehe Schröder, DV 1979, 1 ff. Zu diesem Themenbereich ausführlich A. v. Mutius, Gutachten, S. 60ff. Vgl. hierzu wie auch im folgenden die übersichtliche Darstellung von R. Voigt, Das System des kommunalen Finanzausgleichs in der Bundesrepublik Deutschland, S. 10. Zur Finanzhoheit vgl. v. Mutius, Gutachten, S. 115 ff. mit weiteren Nachweisen sowie S. 35 Fn. 89.

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nanzsystems, das unter dem Begriff „verbundene Steuerwirtschaft" zu verstehen ist193. Daneben ergibt sich aus den Verfassungen der Länder deren Verpflichtung, den kommunalen Ansprüchen im Rahmen des Finanzwesens bei der Gesetzgebung Rechnung zu tragen und im Rahmen ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit einen übergemeindlichen Finanzausgleich zu gewährleisten 194 . Auch die Rechtsprechung zählt die Finanzhoheit der Gemeinden zum unantastbaren Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung 195 . Dies bedeutet jedoch zunächst nur die Garantie, den Gemeinden und Gemeindeverbänden ihre finanzielle Lebensfähigkeit zu erhalten; die Ausgestaltung des Finanzausgleichs im einzelnen dagegen bleibt dem Ermessen des Landesgesetzgebers überlassen, das wiederum durch Art. 28 Abs. 2 GG bestimmt wird. Hierbei sind insbesondere die Grundsätze der Subsidiarität, der Gleichbehandlung und der Funktionsfähigkeit zu beachten 196 . 2. Geschichtliche Entwicklung In der bewegten Geschichte der Einnahmen von Gemeinden und Gemeindeverbänden spiegelt sich, nicht zuletzt wegen der überragenden Bedeutung der Finanzen für den gesamten Funktionsbereich der Körperschaften, auch die Gesamtentwicklung der kommunalen Selbstverwaltung wider. Bis zum Ausklang des 1. Weltkrieges hatte jede Gemeinde über die Möglichkeit verfügt, ihre Bürger unmittelbar zu belasten, um die als erforderlich erkannten Aufgaben ausführen zu können. „Für die Beschaffung der öffentlichen Geldbedürfnisse haben die Stadtverordneten zu sorgen", hieß es in der Steinschen Städteordnung 197 . In dieser Ermächtigung und Verpflichtung kommt bereits die umfassende Steuerautonomie der Städte zum Ausdruck, wie sie nicht nur in Preußen,

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Pagenkopf, Das Gemeindefinanzsystem und seine Problematik, S. 19; Scholler/ Broß, a. a. O., § 10. Vgl. Art. 73 Abs. 2 und 3 bad.-württ. Verf.; Art. 83 Abs. 2 und 3 bay. Verf.; Art. 137 Abs. 5 hess. Verf.; Art. 44 Abs. 1 und 45 vorl. nieders. Verf.; Art. 79 nordrh.-westf. Verf.; Art. 49 rheinl.-pf. Verf.; Art. 119 Abs. 2 saarl. Verf.; Art. 39, 41 und 42 schlesw.-holst. Verf. BVerfGE 1, 79, seitdem st. Rspr. Vgl. Voigt, Finanzausgleich in der Bundesrepublik Deutschland, S. 27. Vgl. § 59 StO von 1808 (GS S. 324), der den Städten das Recht und die Pflicht verlieh, alles „was zur Befriedigung des öffentlichen Bedürfnisses der Stadt erfordert wird und aus dem Gemeindeeinkommen nicht bestritten werden kann, auf die Stadteinwohner zu verteilen und aufzubringen". Diese Steuerautonomie der städtischen Gemeinden wurde allerdings 1820 wieder erheblich eingeschränkt (Gesetz zur Einrichtung des Abgabenwesens v. 30. Mai 1820, GS S. 134).

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sondern auch in den anderen deutschen Staaten bis weit in das 19. Jahrhundert bestanden hatte 198 . Trotz gewisser Einschränkungen der kommunalen Steuerhoheit durch die staatliche Gesetzgebung im Laufe des 19. Jahrhunderts waren staatlichen Zuweisungen von Finanzmitteln an einzelne Gemeinden die Ausnahme. So mußte noch in den ersten Jahren dieses Jahrhunderts die Stadt Königsberg i. Pr. die letzten Reste einer Anleihe tilgen, die sie in der Napoleonischen Zeit aufgenommen hatte. Man huldigte damals auch in der kommunalen Selbstverwaltung dem Grundsatz, daß jeder „seines Glückes Schmied" sei und suchte die Unabhängigkeit gegenüber dem Staat nicht zuletzt dadurch zu wahren, daß die Gemeinden nicht zu seinen „Kostgängern" wurde. Die dadurch bedingte Ungleichheit zwischen „reichen" und „armen" Gemeinden nahm man um des Prinzips willen in Kauf 199 . Dieses Finanzsystem wurde jedoch in zunehmendem Maße gefährdet, als die Verpflichtungen der Kommunen im Für- und Vorsorgebereich an Umfang gewannen 200 . Die entscheidende Wende trat im Rahmen der Erzbergerschen Reichsfinanzreform von 1919 ein, als unter dem Druck der Verpflichtungen des Reichs nach innen und außen die Steuerhoheit der Gemeinden in empfindlicher Weise beschnitten wurde: Einkommen- und Körperschaftssteuer wurden zu Reichssteuern; die Realsteuern 201 (Grund- und Gewerbesteuer) wurden den Ländern zugewiesen. Dem direkten Zugriff der Kommunen blieben lediglich bestimmte indirekte Verbrauchs- und Verkehrssteuern (z. B. Vergnügungs-, Hunde-, Getränke-, Schankerlaubnis- und Jagdsteuer), im übrigen war man auf die Zuweisungen der Länder bzw. des Reichs (Umsatzsteuer) angewiesen 202 . Unter diesen Umständen verwunderte es nicht, daß die Selbstverwaltungskörperschaften ihre Unabhängigkeit in zunehmendem Maße verloren; sie mußten mit der finanziellen Ausgleichstätigkeit des Staates zugleich ein Mit198

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H. Görg, Geschichtliche Entwicklung und gegenwärtige Problematik des kommunalen Finanzsystems, in: Schriftenreihe der Hochschule Speyer, Bd. 8, S. 11. H. H. Kramer, Die Entwicklung der preußischen Steuerverfassung im 19. Jahrhundert, Diss. jur. Kiel 1970; R. Voigt, Die Auswirkungen des Finanzausgleichs zwischen Staat und Gemeinden auf die kommunale Selbstverwaltung von 1919 bis zur Gegenwart, S. 17. Diese Entwicklung setzte in den Städten bereits Anfang der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts ein, vgl. E. Becker, Entwicklung der deutschen Gemeinden und Gemeindeverbände im Hinblick auf die Gegenwart, H B K W P Bd. 1, S. 90/91. Die Zuweisung der Realsteuern an die Gemeinden war erstmals durch die Miquelschen Reformgesetze von 1893 eingeführt worden ( K A G vom 14. 7.), die übrigen Länder folgten Preußen wenig später nach. R. Voigt, Die Auswirkungen des Finanzausgleichs, S. 86. Von der steuerlichen Belastung des Sozialprodukts entfielen in Preußen im Jahre 1913 auf den Staat 27,8%, während sich der Kommunalanteil auf 72,7% belief; G. Chr. von Unruh, Der Staat 4 (1965), S. 450.

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spracherecht in ihren eigenen örtlichen Angelegenheiten hinnehmen, das sich bei den zweckgebundenen Zuweisungen bis auf Einzelmaßnahmen erstreckte. Insgesamt wurde der Wirkungsbereich der kommunalen Selbstverwaltung durch die hohen finanziellen Belastungen und die Zentralisierung des Finanzsystems erheblich eingeschränkt203. Erst durch die Realsteuerreform des Jahres 1936 wurden die Gemeinden berechtigt, Gewerbesteuer und Grundsteuer als reine Gemeindesteuern zu vereinnahmen 204 . Zwar konnten die Gemeinden hierdurch zunächst ihre Einnahmen verbessern (1936 um ca. 34,4%); sie wurden jedoch insbesondere hinsichtlich der Gewerbesteuer in stärkerem Maße konjunkturabhängig 205 . Bei der Abfassung des GG blieb die Forderung der Kommunen nach einer verfassungsrechtlichen Absicherung der finanziellen Grundlage ihrer Selbstverwaltung zunächst unerfüllt. Erst durch das 8. Gesetz zur Änderung des GG vom 24. 12. 1956206 wurde in Art. 106 Abs. 6 GG die Realsteuergarantie verankert. Außerdem wurden die Länder verpflichtet, die Gemeinden insgesamt prozentual am Länderanteil der Einkommen- und Körperschaftssteuer zu beteiligen (Steuerverbund). Es hat in der Folgezeit vielfach Einwendungen gegeben gegen ein Finanzsystem, in dem im wesentlichen nur ein bestimmter Teil der Einwohner unmittelbarer Abgaben und Steuern an ihre Gemeinde leistet, nämlich die Grundeigentümer und Gewerbetreibenden. Eine derartige Regelung hatte ihre Berechtigung in der Zeit bis zum 1. Weltkrieg, wo dieser Personenkreis kraft des Wahlverfahrens die alleinige Verantwortung für die politische Leitung der Gemeinden getragen hatten und sich Rechte und Pflichten somit in einem angemessenen Verhältnis gegenüberstanden, wie es dem von munia, d. h. Lasten, abgeleiteten Wort „kommunal" entspricht. Inzwischen besaßen jedoch alle volljährigen Einwohner die gleichen politischen Rechte. Entsprechende Bemühungen, allen mit gleichen politischen Rechten ausgestatteten Einwohnern auch entsprechende Verpflichtungen aufzuerlegen, führten schließlich zu einer neuen rechtlichen Regelung, die sich im 20. und 21. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 12. Mai 1969 anbahnte 207 . 203 204

205

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R. Voigt, Finanzausgleich in der Bundesrepublik Deutschland, S. 17 f. Die Realsteuerreform bestand aus folgenden Gesetzen: EinführungsG zu den Realsteuergesetzen (RGBl. I S. 961), GewerbesteuerG (RGBl. I S. 979), GrundsteuerG (RGBl. I S. 986) und G. zur Änderung der Vorschriften über die Gebäudeentschuldungssteuer, alle vom 1. 12. 1936. Durch die Grundsteuerbefreiung für den sozialen Wohnungsbau und seit 1936 für fast den gesamten Wohnungsbau (RGBl. I, S. 344f.) gingen den Kommunen von der krisenfesten Grundsteuer jedoch wieder erhebliche Einnahmen verloren, H. Görg, a. a. O., S. 12. BGBl. I, S. 1077. BGBl. 1969 I, S. 357 und 359.

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Die konstitutionelle Regelung berücksichtigte folgende Sachlage: Der Anteil der Einnahmen aus eigenen Steuern hatte sich bei den Gemeinden von 37,6% im Jahre 1955 auf 30,7% im Jahre 1965 gemindert, mit der Folge, daß der Anteil der Finanzzuweisungen im genannten Zeitraum von 21,4% auf 28,3% stieg. Die Einnahmen aus Grundsteuern gingen von 24,7% im Jahre 1955 auf 15,8% im Jahre 1964 zurück, während der Anteil der Gewerbesteuer von 66,9% auf 79,2% stieg. Dadurch wird die hohe Bedeutung der Gewerbesteuer für die kommunalen Haushalte offenbar, die eine gesunde Entwicklung der Siedlungsstruktur beeinträchtigen drohte, weil jede Gemeinde sich um den Zuzug und die Ausdehnung von Gewerbebetrieben bemühte. Die Neufassung des Art. 106 G G bestätigte zunächst im Abs. 6 den Gemeinden ihre Einnahmen aus dem Aufkommen der Realsteuern neben den örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern. Eine neue Regelung enthielt Abs. 5, wonach den Gemeinden eine Beteiligung am Aufkommen der Einkommensteuer garantiert wurde, wobei die Einkommensteuerleistungen ihrer Einwohner die Bemessungsgrundlage bildeten. 3. Finanzsystem seit 1969 Auf dieser verfassungsrechtlichen Grundlage erging das Gemeindefinanzreformgesetz vom 8. September 1969208, nach dessen § 1 die Gemeinden 14% (ab 1. Januar 1980 15%) des Aufkommens an Lohnsteuer und veranlagter Einkommensteuer erhielten. Damit partipizierten die Gemeinden nunmehr in zweifacher Hinsicht am Aufkommen der Einkommensteuer, da die bereits bestehende indirekte Beteiligung (Steuerverbund) durch Umwandlung der Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) zur Gemeinschaftssteuer erweitert wurde, was ebenfalls eine Erhöhung des Gemeindeanteils zur Folge hatte 209 . Allerdings mußten die Gemeinden ab 1970 eine Gewerbesteuerumlage abführen, die je zur Hälfte auf Bund und Länder aufgeteilt wurde. Sie sollte bis Ende 1979 im Gesamtergebnis 40% des Aufkommens der Gewerbesteuer (incl. Lohnsummensteuer) erfassen 210 . Ungünstig für die gemeindlichen Haushalte wirkten sich in der Folgezeit eine Reihe von Gesetzen überwiegend im Bereich der Sozialpolitik und des Umweltschutzes aus, deren Durchführung für die Kommunen mit erheblichen finanziellen Mehrbelastungen verbunden war 211 . Schließlich wurde am 1. Januar 1980 die Lohnsummensteuer abgeschafft, die immerhin im kommunalen Gesamthaushalt einen Anteil von 7,5% er208 209

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BGBl. I, S. 1587, geändert durch G v. 27. 12. 1971, BGBl. I, S. 2157. Art. 106 Abs. 3 Satz 1 G G ; bis dahin hatte die Umsatzsteuer allein dem Bund zugestanden. R. Voigt, Finanzausgleich in der Bundesrepublik Deutschland, S. 34; W. KrügerSpitta / H. Bronk, Einführung in das Haushaltsrecht und die Haushaltspolitik, 1973, S. 21. Z . B . BundessozialhilfeG, BundesausbildungsförderungsG, AbwasserabgabenG, BundesimmissionsschutzG. Vgl. Übersicht bei Voigt, a. a. O., S. 35.

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bracht hatte. Als Ausgleich wurde der Anteil der Kommunen an der Einkommensteuer um 1% auf 15% erhöht und die Gewerbesteuerumlage um Vi verringert. Bei den örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, wegen ihres verhältnismäßig geringen Betrages (weniger als 500 Mio. DM jährlich) auch als „Bagatellsteuern" bezeichnet, handelt es sich um Steuern, die „an örtliche Begebenheiten anknüpfen und wegen der Begrenzung ihrer mittelbaren Wirkungen auf das Gemeindegebiet nicht zu einem die Wirtschaftseinheit gefährdenden Steuergefälle führen können 212 ." Hierzu gehören vor allem Getränke-, Vergnügungs-, Hunde-, Jagd- und Schankerlaubnissteuer. In letzter Zeit hat auch die Besteuerung von Zweitwohnungen an Bedeutung gewonnen 213 . Insbesondere wegen der ungünstigen Aufwand-Ertrag-Relation ist verschiedentlich die Abschaffung dieser Steuern gefordert und auf Länderebene in Bayern teilweise vollzogen worden 214 . Einen wesentlichen Posten des kommunalen Haushalts bilden schließlich die Finanzzuweisungen der Länder im Rahmen des vertikalen Finanzausgleichs. Diesen eröffnen sich dadurch naturgemäß Einflußmöglichkeiten auf Höhe und Gestaltung auch der Gesamthaushalte der Kommunen, insbesondere da sie bei der Gestaltung der Zuweisungen über einen weiten Spielraum verfügen 215 . Wegen der Gesetzgebungskompetenz der Länder sind Zuständigkeit und Einfluß der Kommunalaufsicht z. T. unterschiedlich geregelt 216 . Gemeinhin unterscheidet man bei den Zuweisungen allgemeine Finanzzuweisungen (Dotationen) und Zweckzuweisungen (Subventionen) 217 . 212 213

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BVerfGE 16, 306. Knemeyer, BayVBl. 1973, 523ff.; Übersicht über das Aufkommen der „Bagatellsteuern" bei Voigt, Finanzausgleich in der Bundesrepublik Deutschland, S. 43. Vgl.: Gutachten der Steuerreformkommission 1971, Schriftenreihe des Bundesministeriums der Finanzen, H. 17, 1971, S. 850ff. Dort wurden Getränke-, Vergnügungs-, Jagdsteuer und Fremden Verkehrsabgaben ab 1. 1. 1980 abgeschafft. BVerfGE 23, 353 (369); ausführlich zur Kommunalaufsicht bei Finanzzuweisungen: Hartmut Borchert, Kommunalaufsicht und kommunaler Haushalt, 1976, S. 75. Finanzausgleichsgesetz (FAG): Bad.-württ. FAG v. 15. 4. 1976 (GVB1. S. 311); bay. FAG v. 20. 2. 1978 (GVB1. S. 81); hess. FAG v. 20. 12. 1979 (GVB1. I 1980, S. 12); nieders. FAG v. 10. 9. 1973 i. d. F. v. 26. 6. 1975 (GVB1. S. 197); nordrh.-westf. FAG v. 15. 2. 1977 (GVB1. S. 82); rheinl.-pf. FAG v. 28. 10. 1977 (GVB1. S. 353), geändert am 22. 3. 1978 (GVB1. S. 143); saarl. FAG v. 12. 6. 1974 (Amtsbl. S. 578), zuletzt geändert am 11. 12. 1979 (Amtsbl. S. 1069); schlesw.-holst. FAG v. 29. 3. 1976 (GVB1. S. 100), zuletzt geändert am 18. 2. 1979 (GVB1. S. 527). Der Begriff „Zuweisung" wie auch die Unterscheidung geht auf den preußischen Finanzminister Popitz zurück. Zur Vermeidung von Unklarheiten infolge unterschiedlicher Terminologien in den einzelnen Bundesländern folgt Patzig der Neuregelung in Hessen, die zwischen Allgemeinen Finanzzuweisungen, Besonderen Finanzzuweisungen und Ausgaben zur Finanzierung von Investitionen unterscheidet;

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Die Allgemeinen Finanzzuweisungen wiederum gliedern sich in Schlüsselzuweisungen und Bedarfszuweisungen, wobei letztere den Gemeinden zum Ausgleich dienen, deren Leistungskraft zur Erfüllung von Pflichtaufgaben nicht ausreicht. Da die Allgemeinen Finanzzuweisungen nicht zweckgebunden sind, können die Gemeinden eigenverantwortlich über deren Verwendung entscheiden — sie stellen somit eine Art „Steuerersatz" dar 218 . Dies gilt nicht für zweckgebundene Finanzzuweisungen, die für spezielle Vorhaben zur Verfügung gestellt werden, wie für Schul-, Straßen- und Krankenhausbauten oder für Feuerschutzmaßnahmen. Hierdurch eröffnet sich den Behörden der Kommunalaufsicht die Möglichkeit, durch gezielten Einsatz der Zuwendungsmittel eigene Vorstellungen durchsetzen zu können, z. B. um ihren Verfassungsauftrag im Bereich der Konjunktur- und Sozialpolitik gerecht zu werden. Allerdings besteht bei einer unangemessenen Anwendung dieser Mittel die Gefahr der Aushöhlung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts 219 . Das Bild der gegenwärtigen kommunalen Finanzverfassung entspricht normativ im wesentlichen der Stellung der Selbstverwaltungskörperschaften in der Grundordnung der Bundesrepublik. Sie wird bestimmt von einer „finanziellen Schicksalsgemeinschaft von Staat und Gemeinden", wonach sich die Beziehung beider zueinander der jeweiligen wirtschaftlichen Entwicklung und der optimalen Zweckerfüllung öffentlicher Aufgaben unter Beachtung der Verfassungsgrundsätze zur Selbstverwaltung anzupassen haben. Bei der konkreten Bestimmung der Mittelverteilung erwies und erweist sich der „goldene Zügel" als ein weit einflußreicherer Faktor für die Entfaltung der kommunalen Selbstverwaltung als jede andere Einwirkung des Staates auf die Gemeinden und Gemeindeverbände 220 . 4. Kommunaler Haushalt Ähnlich der Beschaffung ihrer finanziellen Mittel war den Gemeinden ursprünglich auch die Verfügung darüber wie auch die Art und Weise deren Verwaltung anheim gestellt, bis die Gemeindehaushaltsverordnung vom 4. Semptember 1937221 im Anschluß an die Reichsgemeindeordnung eine einheitliche und verbindliche Regelung schuf. Diese Verordnung hat bis in die jüngste Vergangenheit weithin als Landesrecht gegolten; inzwischen haben

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Werner Patzig, Strukturprobleme des kommunalen Finanzausgleichs, DVB1. 1979, 477 ff., 482. E. Münstermann / H. Becker, Finanzausgleichsleistungen an Kommunen — Ein Vergleich der Finanzausgleichssysteme in den Bundesländern (Deutscher Städtetag, Reihe G, Heft 7), 1978, S. 12. Vgl. hierzu Voigt, a. a. O., S. 69 m. w. N. Wolff /Bachof, VwR II, § 86 VII e 5; Karsten /Fedden, Die Problematik der Verkoppelung und Genehmigung der Realsteuersätze, Diss. jur. Kiel 1974; vgl. auch R. Voigt, Die Auswirkung des Finanzausgleiches, passim. RGBl. 1937 1, S. 921.

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alle Bundesländer entsprechende Kommunalhaushaltsverordnungen erlassen222, die sich wegen der gemeinsamen Orientierung am HaushaltsgrundsätzeG vom 19. 8. 1969 (BGBl. I, S. 1273) im wesentlichen gleichen. Der Haushaltsplan der Gemeinden und Gemeindeverbände muß danach jährlich als Satzung (formelles Gesetz) von den zuständigen Gemeindeorganen beschlossen und verabschiedet werden und bindet hinsichtlich der Verwendung öffentlicher Mittel alle kommunalen Organe, ohne daß Ansprüche Dritter auf Leistungen dadurch begründet bzw. aufgehoben werden223. Er stellt die für die Wirtschaftsführung der Gemeinde maßgebende Zusammenstellung der für ein Rechnungsjahr veranschlagten Einnahmen und Ausgaben dar und enthält die Festsetzung der Hebesätze für Gemeindesteuern, vor allem der Grund- und Gewerbesteuer, ferner des Höchstbetrages der aufzunehmenden Kassenkredite sowie des Gesamtbetrages der Darlehen, um Ausgaben des außerordentlichen Haushaltsplanes bestreiten zu können. Die Beschlüsse über die drei zuletzt genannten Dispositionen bedürfen regelmäßig der Genehmigung 224 . Der Grundsatz der Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit gebietet, Einnahmen und Ausgaben unabhängig voneinander zu veranschlagen (BruttoPrinzip). Ein Ausgleich zwischen Einnahmen und Ausgaben ist anzustreben und muß ggfs. unter Berücksichtigung von Fehlbeträgen aus dem Vorjahr erfolgen. Im ordentlichen Haushaltsplan sind die „allgemeinen Deckungsmittel" sowie ihre Verwendung für Ausgaben enthalten. Der außerordentliche Haushaltsplan dagegen enthält vor allem die Verwendung von Darlehensmitteln für nicht wiederkehrende Ausgaben sowie die Disposition über Kapitalvermögen für besondere Zwecke. Für die Eigenbetriebe der Gemeinden und Gemeindeverbände wird ein Wirtschaftsplan als Anlage zum Haushaltsplan aufgestellt, der sich in Erfolgsplan, Finanzplan und Stellenübersicht gliedert. Der Wirtschaftsplan berücksichtigt die ökonomische Eigenart der Wirtschaftsbetriebe, die in ihren Gebaren elastischer als die Träger allgemeiner Verwaltung sein müssen. Die organisatorische Sonderung der kommunalen Eigenbetriebe von der Muttergemeinde zeigt sich darin, daß in dem Haushaltsplan nur der von den Betrieben abzuführende Jahresgewinn ebenso wie ein etwa abzudeckender Jahresverlust aufgeführt werden müssen. 222

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bad.-württ. HVO vom 7. 2. 1973 (GVB1. S. 33); bay. HVO vom 3. 12. 1976 (GVB1. S. 499); hess. HVO vom 13. 7. 1973 (GVB1. I, S. 275); nieders. HVO vom 27. 8. 1973 (GVBL. S. 301); nordrh.-westf. HVO vom 6. 12. 1972 (GVB1. S.418); rheinl.-pf. HVO vom 6. 6. 1974 (GVB1. S. 277); saarl. HVO vom 8. 11. 1973 (Amtsbl. S. 777); schlesw.-holst. HVO vom 26. 6. 1972 (GVB1. S. 114). § 3 Abs. 2 HGrG das auch entsprechend für die kommunalen Haushaltspläne Geltung hat. Gliederung des Haushaltsplanes im Anhang. Zum kommunalen Finanz- und Haushaltswesen Pagenkopf, Kommunalrecht, S. 301 ff., und Klüber, Gemeinderecht, S. 194 ff.

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IV. Schutz der kommunalen Selbstverwaltung 1. Kommunalaufsicht Selbstverwaltung als Vollzug öffentlicher Aufgaben bedingt eine staatliche Aufsicht. Wenn auch über diesen Grundsatz keine nennenswerten Differenzen bestanden haben, so bleibt die Begrenzung des Umfangs und der Mittel doch ein Problem, das spannungsauslösend sein kann: Versteht man die verantwortliche Entscheidung von Repräsentanten kommunaler Gemeinschaften über die Art und Weise sowie über die Reihenfolge öffentlicher Aufgaben, die auf die Grunddaseinsfunktionen des Menschen bezogen sind, als ein Essentiale kommunaler Selbstverwaltung, so liegt die Aufgabe der staatlichen Aufsicht darin, das Wohl der Gemeinde im Einklang mit dem bonum generale zu halten 225 . Dabei darf aber die Aufsichtsbehörde ihre eigene Auffassung nicht an die Stelle der beaufsichtigten Körperschaft setzen, soweit sie nicht, wie bei Weisungsaufgaben, mit einer gesetzlichen Ermächtigung handelt. Im übrigen ist nur die Rechtmäßigkeit, nicht jedoch die Zweckmäßigkeit zu prüfen, wobei indessen die Einschränkung geboten ist, daß eine mittelbare Einwirkung auch hierauf eintritt, wenn sich der Staat an einer kommunalen Aufgabe durch zweckgebundene finanzielle Zuschüsse beteiligt. Mit der Gewährung solcher Subventionen hat eine neue Verfahrensform der öffentlichen Verwaltung zunehmend an Bedeutung gewonnen, die man „Verbundverwaltung" zwischen Staat und Kommunen nennt 226 . Während die Selbstverwaltungskörperschaften gegen mißbräuchliche Rechts- oder Fachaufsicht einen weitgehenden rechtlichen Schutz genießen, ist die Frage, inwieweit das Verhältnis zwischen Staat und Kommunen bei der Erfüllung von „Pflichtaufgaben", vor allem im Hinblick auf die Zuständigkeit der beiden Partner bei der konkreten Gestaltung einer Maßnahme, der rechtlichen Bestimmung von Anspruch und Leistung zugänglich ist, vordringlich geworden, um die Funktionsbeziehungen der Beteiligten zueinander abzustimmen. Diese Entwicklung wird zusehends durch legislatorische Maßnahmen gefördert, welche Tatbestände erfassen, die im Grunde zum Selbstverwaltungsbereich gehören und damit für die Ordnung der Gemeinde relevant sind, wie z. B. auf dem Gebiet des Planungs- und Bauwesens. Diese Kooperation findet in „mehrstufigen Verwaltungsakten" ihren Niederschlag 227 . Die Feststellung, daß der kommunale Entscheidungsbereich vor allem bei kleineren Gemeinden durch die Entwicklung erheblich beschränkt sei, läßt

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VerfGH Nordrh.-Westf. DVB1. 1954, 372; Macher, Der Grundsatz des gemeindefreundlichen Verhaltens, 1971, S. 133 ff., 171 ff. G. Chr. von Unruh, Der Staat 4 (1965), S. 461; H. H. Klein, DV 1968, 145 ff. Menger, VerwArch 50 (1959), S. 397f.; Schuegraf, DVB1. 1961, 654.

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manchmal die Allzuständigkeit kommunalen Wirkens als eine „bereits zur freundlichen Theorie verurteilte" Befugnis erscheinen 228 . Kommunalaufsichtsbehörde der kreisangehörigen Gemeinden ist regelmäßig der Hauptverwaltungsbeamte des Kreises (Landrat oder Oberkreisdirektor), der insoweit als untere staatliche Verwaltungsbehörde oder als vom Staat beauftragter Organwalter tätig wird. Lediglich die „großen Kreisstädte" in Baden-Württemberg und in Rheinland Pfalz, die „selbständigen Städte" in Niedersachsen sowie Gemeinden mit mehr als 50000 Einwohnern in Hessen unterstehen der Aufsicht des Regierungspräsidenten als staatlicher Mittelbehörde. Kreisangehörige Städte mit mehr als 20000 Einwohnern unterstehen in Schleswig-Holstein der Aufsicht des Innenministers 2 2 9 . Kreise und kreisfreie Städte unterstehen regelmäßig der Aufsicht des Regierungspräsidenten, mit Ausnahme von Schleswig-Holstein u n d Saarland 2 3 0 . Die Aufsicht über Gemeinden und Gemeindeverbände beschränkt sich regelmäßig auf die Überwachung der Rechtmäßigkeit ihrer Maßnahmen. Dagegen bezieht sich die Fachaufsicht zugleich auf die Zweckmäßigkeit des Handelns, soweit besondere Rechtsnormen die zuständigen Behörden dazu ermächtigen. Spezielle Rechtsnormen wie § 4 HessGemO schreiben ausdrücklich vor, daß die Aufsichtsbehörde auch d a n n gegenüber den Gemeinden nicht in jedem Einzelfall einschreiten solle, während umgekehrt die Gemeinden sich nicht als vom Staat völlig unabhängige Einrichtungen verstehen dürfen, „sondern als Glied der umfassenden Organisation zur Wahrung der Fortbildung des Gesamtwohls" 2 3 1 . Man kann beratende, unterstützende und vorbeugende M a ß n a h m e n genereller Art von Einzelbefugnissen trennen, wie etwa Genehmigungen von Organbeschlüssen oder Bestätigung gewählter Organwalter. Die im Kommunalverfassungsrecht häufig vorgesehenen Genehmigungsvorbehalte können — z. B. bei Darlehensaufnahmen — zu einer intensiven Mitwirkung der Aufsichtsbehörde an kommunalen Entscheidungen führen. Zur Erfüllung ihrer Aufsichtspflicht besitzt die Aufsichtsbehörde ein allgemeines Informationsrecht, dem in manchen Fällen eine Anzeigepflicht der

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W. Weber, DVB1. 1962, 550. - Der Einfluß der finanziellen mittelverwaltenden Sonderbehörden auf Entscheidungen der Selbstverwaltungsträger, wie z. B. der Wasserwirtschaftsämter, Kulturbau- und Straßenbauämter und anderer technischer Behörden kann zu einem rechtlichen Problem werden. Pagenkopf, KommunalR., S. 411 ff.; Klüber, GemeindeR, S. 348ff; Gemeindeordnungen: Bad.-Württ. §§ 118ff.; Bay. Art. 108ff.; Hess. §§ 135ff.; Nieders. §§ 127ff.; Nordrh.-Westf. §§ 106ff.; Rheinl.-Pf. §§117ff.; Saarl. §§ 123ff.; Schlesw.-Holst. §§ 120 ff. Landkreisordnungen: Bad.-Württ. §51; Bay. Art. 94ff.; Hess. §54; Nieders. §§ 69ff.; Nordrh.-Westf. §46; Rheinl.-Pf. §§ 53ff.; Saarl. §§ 189ff.; Schlesw.-Holst. §§ 59 ff. In Schleswig-Holstein und im Saarland gibt es keine Regierungsbezirke. Wolff/Bachof, VwR II, § 86 IX a.

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Gemeinde entspricht. Handelt eine Gemeinde nach Ansicht der Aufsichtsbehörde rechtswidrig, so hat diese zunächst die Maßnahme zu beanstanden und deren Aufhebung zu verlangen 232 . Bleibt eine Gemeinde in rechtswidriger Weise untätig, so muß die Tätigkeit angeordnet und erforderlichenfalls durch Ersatzvornahme durchgeführt werden 233 . Die Ersatzvornahme kann auch in dem Erlaß einer Satzung oder eines Verwaltungsaktes, wie auch schließlich in der Abgabe einer privatrechtlichen Willenserklärung bestehen. Diese Handlungen der Aufsichtsbehörden wirken unmittelbar nur gegenüber den betroffenen kommunalen Körperschaften, nicht jedoch auch gegenüber dem „Außen-Adressaten", der vielmehr im Rahmen des verfahrensrechtlich Zulässigen als Beschwerter Rechtsmittel nur gegen die Gemeinde einlegen kann. Ein schwerwiegender Eingriff ist die aufsichtsbehördliche „Zwangsetatisierung", die Aufstellung eines kommunalen Haushaltsplanes, falls die Gemeinde nicht von sich aus Mittel für Pflichtaufgaben bereitstellt. Das umfassendste Mittel der kommunalen Aufsicht ist die Bestellung eines Beauftragten, der häufig „Staatskommissar" genannt wird 234 . Im Fall einer Störung des ordnungsmäßigen Ganges der Verwaltung, insbesondere einer Nichtachtung der Erfordernisse einer gesetzmäßigen Verwaltung, kann ein Beauftragter der Aufsichtsbehörde unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit der Mittel zeitweise die Rechtsstellung eines kommunalen Organs, sogar die Rechte eines Kollegialorganes übertragen erhalten. Der Beauftragte hat die Stellung eines „Organs der Gemeinde". Gegenüber Eingriffen der Aufsichtsbehörde genießen die Selbstverwaltungskörperschaften den Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG. Maßnahmen des Staates als Fachaufsichtsbehörde gelten nicht als justiziabel 235 . Die Fachaufsicht, die sich auf Angelegenheiten erstreckt, welche im übertragenen Wirkungsbereich auf Weisungen übergeordneter Staatsbehörden erledigt werden (so in Bayern nach Art. 83 Abs. 4 Satz 3 bayer. Verf.), kann sich auch durch Sonderaufsicht vollziehen, die man eine verstärkte Kommunalaufsicht nennt 236 . 232 233

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Z. B. § 121 bad.-württ. G e m O ; Art. 112 bay. GemO. F. Schnapp, Ersatzvornahme in der Kommunalaufsicht, 1972, S. 26f.; 38ff.; ders., DÖV 1971, 659 ff. (663 f.) Scholler / Broß, Grundzüge des Kommunalrechts, § 12. GemO Bad.-Württ. § 123; Bayern Art. 113; Nieders. § 131 Abs. 2; Nordrh.-Westf. § 109 Abs. 2; Rheinl.-Pf. § 123; Schlesw.-Holst. § 125. In § 112 D G O 1935 ist zum erstenmal dieses Mittel der Kommunalaufsicht gesetzlich begründet. Landesrechtliche Regelung: GemO Bad.-Württ. § 124; Bayern Art. 114; Hessen § 141; Nieders. § 132; Nordrh.-Westf. § 110; Rheinl.-Pf. § 124; Saarl. § 130; Schlesw.-Holst. § 127. Eyermann / Fröhler, VwGO, § 42, Rdnr. 53. Eine Ausnahme bildet die bayerische Regelung des Art. 109 Abs. 2 bayGemO — sog. erweitertes Selbstverwaltungsrecht — wonach unter bestimmten Voraussetzungen eine Anfechtungsklage möglich ist. Gönnenwein, GemeindeR, S. 205 ff.

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Weitere Aufsichtsmittel sind die Prüfung der Kassen- und Haushaltsführung wie der Vermögensverwaltung der Gemeinden durch staatliche Behörden, welche die Prüfung des Haushaltswesens durch die Gemeinde selbst, soweit sie erfolgen kann, ergänzt oder ersetzt237. 2. Beschützende Funktion der rechtsprechenden Gewalt Einen präventiven Schutz ihres Wirkungsbereiches erhalten die Selbstverwaltungskörperschaften durch die in § 91 BVerfGG vorgesehene kommunale Verfassungsbeschwerde, die mit der Behauptung geltend gemacht werden kann, daß ein Gesetz des Bundes oder des Landes die Vorschriften des Art. 28 GG verletze. Das BVerfG besitzt jedoch nur eine subsidiäre Zuständigkeit, soweit keine anderweitige landesgesetzliche Regelung erfolgt ist, wie in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und — allerdings nur für die Gemeinden — in Bayern, wo die Staats- oder Verfassungsgerichtshöfe über kommunale Verfassungsbeschwerden zu entscheiden haben. Mithin müssen sich die Gemeindeverbände in Bayern, sowie alle kommunalen Körperschaften Hessens, Niedersachsens, des Saarlandes und Schleswig-Holsteins zum Schutze ihres Selbstverwaltungsrechtes an das BVerfG wenden 238 . Auf diesem Wege wurden vor allem im Zusammenhang mit der Gebietsreform von zahlreichen Gemeinden und Kreisen Versuche unternommen, mit Hilfe des Verfassungsrichters die vom Landesgesetzgeber vollzogene Neugestaltung gebietskörperschaftlicher Grenzen zu korrigieren, die jedoch sachlich durchweg erfolglos blieben 239 . Außerdem können Maßnahmen eines kommunalen Organs, die keinen Verwaltungsakt darstellen, eine Kommunalverfassungsklage auslösen. Dabei kann ein Betroffener beantragen, die Verfassungs- oder Gesetzwidrigkeit des Vorganges feststellen zu lassen, wenn er sich dadurch in seinen Rechten als 237 238

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H. Borchert, Kommunalaufsicht und kommunaler Haushalt, 1976, passim. Maunz / Sigloch / Schmidt-Bleibtreu / Klein, Kommentar zum BVerfGG, Rdnr. 38 ff. zu § 91; W. Hoppe / H. W. Rengeling, Rechtsschutz bei der kommunalen Gebietsreform, 1973, S. 31 ff.; von Burski, Verfassungsfragen der Gemeindereform, DÖV 1976, 29 ff. Dazu die Übersichten bei Burmeister, DÖV 1979, 385ff., und Stüer, DÖV 1978, 78 ff. Burmeister, Die kommunale Verfassungsbeschwerde im System der verfassungsgerichtlichen Verfahrensarten, JA 1980, 17ff., warnt vor der Gefahr der „Denaturierung der kommunalen Verfassungsbeschwerde zum Instrument einer umfassenden objektiven Kontrolle des Organisationsgesetzgebers" insbesondere im Hinblick auf die im Rahmen der Funktionalreform zu erwartende Kompetenzneuordnung; Burmeister trennt die Befugnis des Inhabers der Organisationsgewalt zur Gestaltung der räumlichen Zuständigkeitsordnung innerhalb des staatlichen Verwaltungsaufbaus von den rügefähigen Rechtspositionen der betroffenen Verwaltungsträger. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen Aufsichtsmaßnahmen des Landes einer Gemeinde gegenüber Verwaltungsakte sind und unter welchen Voraussetzungen sie dann von der Gemeinde angefochten werden können, vgl. BVerwG DVB1. 1977, 497 ff.

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Organ, als Organwalter, als Fraktion oder Fraktionsmitglied einer Vertretungskörperschaft für verletzt hält. Dieser Rechtsstreit stellt ein Verfahren eigener Art dar 240 . Diese Klage kann sich gegen die Besetzung von Ausschüssen durch den Rat, Ausschluß von Ratsmitgliedern von der Abstimmung, Wahl eines Hauptverwaltungsbeamten oder die Beeinträchtigung der verfassungs- oder gesetzmäßig bestimmten Funktionen eines Organwalters richten 241 . Kommunale Wahlprüfungssachen gehören hingegen nicht zu den Kommunalverfassungsstreitigkeiten, weil bei ihnen die Popularklage zugelassen ist. Auch die Anfechtung von Maßnahmen der Aufsichtsbehörde fällt nicht unter diesen Begriff, weil hiergegen, wenn überhaupt, Gestaltungsklage erhoben werden kann 242 . Klagebefugt ist im Kommunalverfassungsstreit, der „auf dem öffentlichrechtlichen Gemeindeverfassungsrecht beruht", jedes Organmitglied oder jeder Organwalter, der im Rahmen des kommunalen Verfassungsrechts eigene Rechte geltend zu machen vermag 243 . Die Bedeutung der Kommunalverfassungsklage liegt in der durch die richterliche Gewalt ausgesprochenen Kontrolle für die Erhaltung der durch Rechtssätze bestimmten Funktionsbereiche von kommunalen Organen und des Schutzes von Minderheiten bei kommunalen Maßnahmen.

V. Kommunale Selbstverwaltung als staatsbürgerliche Aufgabe Durch die sog. Gebiets- und Verwaltungsreform zwischen 1965 und 1975 hat sich die Struktur der Gemeinden und Kreise nicht unwesentlich verändert 244 . Die Konzepte für eine „Gemeindereform" waren seit 1964 vor allem von dem Leitbild getragen, die administrative „Effizienz" zu stärken und im besonderen die Voraussetzungen für kommunale Flächenpläne zu verbessern. 240

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OVG Münster OVGE 17, 261 ff.; vgl. auch Hess VGH v. 7. 6. 1977 in DVB1. 1978, S. 821. OVG Lüneburg OVGE 6, 437; OVG Münster OVGE 10, 143; OVG Lüneburg DÖV 1961, 548; OVG Lüneburg DVB1. 1968, 388 und 848. H. H. Klein, DV 1968, 145 ff. Bay. VGH E N. F. 21, 74; OVGE 16, 349 u. 18, 104; Ule, VerwProzR, § 32 II; Menger, System des verwaltungsrechtlichen Rechtsschutzes, 1954, S. 60; Henrichs, DVB1. 1959, 548ff.; Wolff, VwR III, § 174 I; Tsatsos, Der verwaltungsrechtliche Organstreit, 1969; Hoppe, Organstreitigkeiten vor den Verwaltungsgerichten, 1970; Bleutge, Der Kommunalverfassungsstreit, 1970; Ewald, DVB1. 1970, 237ff. Infolge der kommunalen Gebietsreform verminderte sich zwischen 1965 und 1975 die Zahl der Mandate in den kommunalen Vertretungen von Gemeinden und Kreisen insgesamt um fast 32% oder 78283 Mandate in den kommunalen Organen. Am stärksten wirkte sich diese Reduzierung in Baden-Württemberg (57,7% oder fast 20000 Mandate), in Nordrhein-Westfalen (49% oder 16340 Mandate), im Saarland

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Sie führten zu einer erheblichen Vergrößerung des U m f a n g e s der k o m m u n a len Gebietskörperschaften. Standen im Jahr 1968 n o c h 2 4 2 8 2 G e m e i n d e n , so waren es 1979 nur n o c h 8518. V o n diesen sind 6248 G e m e i n d e n in 1091 Verwaltungsgemeinschaften miteinander verbunden. S o bestehen mit den 92 kreisfreien Städten in der Bundesrepublik 3353 k o m m u n a l e „Verwaltungsgrundeinheiten". D a g e g e n fanden Überlegungen zur Stärkung des demokratischen Substrates der k o m m u n a l e n Selbstverwaltung weder im Schrifttum n o c h bei der Vorbereitung für die legislatorischen Entscheidungen in den Ländern hinreic h e n d e Beachtung 2 4 5 . N a c h einhelliger Ansicht ist das Erfordernis zur Verbesserung der D e m o kratie im lokalen Bereich nicht erreicht worden. D e n euphorischen Betrachtungen folgte nach A b s c h l u ß der Gebietsreform die ernüchterte Feststellung, die Gebietsreform habe „nach den Erfahrungen aller Praktiker nicht zu einer Belebung des Bürgerinteresses an der K o m m u n a l p o l i t i k geführt, sondern den

245

(60% und fast 3000 Mandate), in Hessen (44,3% und 11500 Mandate), sowie in Niedersachsen (41,5% und 15250 Mandate), am geringsten in Rheinland-Pfalz (6,5% oder 2000 Mandate), in Schleswig-Holsten (9,5% und 1400 Mandate) sowie Bayern (14,2% und 9000 Mandate) aus. Der geringste Schwund an Einrichtungen der Volksrepräsentation in den Gemeinden findet sich mithin in Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Bayern, während er in Baden-Württemberg, NordrheinWestfalen, im Saarland und in Hessen beträchtlich ist. In der Bundesrepublik hat sich infolge der Gebietsveränderungen seit 1968 die Zahl der Gemeinden von über 24000 auf etwa 3400 verringert. Ein weiteres Ergebnis der Veränderungen ist, daß mehr als 20 Millionen Staatsangehörige, d. h. jeder Dritte von ihnen in einer Großstadt mit mehr als 100000 Einwohnern lebt. Signifikant für die Lage der kommunalen Selbstverwaltung ist, daß sich der Deutsche Juristentag nach Abschluß der Gebietsreform — die im wesentlichen durch ein für ihn 1964 von W. f f efter erstattetes Gutachten nach den darin enthaltenen Leitsätzen gefördert und betrieben wurde — erneut mit den, trotz der angestrebten Verbesserung weiterhin bestehenden, wenn auch veränderten Problemen der Selbstverwaltung befaßte, wobei er im wesentlichen allen wichtigen Feststellungen des von v. Mutius erstatteten Gutachtens zu möglichen Verbesserungen des „Handlungs- und Entfaltungsspielraums der kommunalen Selbstverwaltung" zustimmte, vgl. unten Abschn. V. Zur Lage der kommunalen Selbstverwaltung auch: SchmidtJortzig, DVB1. 1977, S. 804; Stüer, a. a. O., S. 218ff.; Ullrich, DÖV 1978, 73ff.; kritisch Richter, a. a. O. und Burmeister, DVB1. 1978, 783. Kritisch zum „funktionalen Selbstverwaltungsverständnis" außer Burmeister, Stüer, a . a . O . , S. 173ff. und v. Mutius, Gutachten, S. 20ff. zur Gebietsreform: daß man bei der Zielsetzung hierfür „von einer Verwaltungseffizienz ausging, die überwiegend von betriebswirtschaftlichen, finanzwissenschaftlichen, volkswirtschaftlichen, technologischen, also insgesamt meßbaren Kriterien bestimmt war", daß sich aber dabei tatsächlich „das Maß an Eigenverantwortlichkeit der Aufgabenerfüllung auf kommunaler Ebene" gemindert habe. Erste empirische Untersuchungen hierzu bei Hill, a. a. O., S. 15 ff.

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schon früher zu beobachtenden Trend verstärkt, daß die Bereitschaft zum Engagement proportional zur Größe der Gemeinde abnimmt" 246 . Die „Repräsentationsdichte" der Bürger in den Gemeinden der Bundesrepublik ist nach der Maßstabsvergrößerung der Gemeinden an Umfang und Einwohnerzahl geschwunden. Im Jahre 1978 zählte man noch ca. 153000 Ratsmitglieder gegenüber etwa 276000 im Jahre 1968. Die Abnahme beträgt daher etwa 45%. Es darf dabei allerdings nicht außer acht bleiben, daß ein nicht unbeträchtlicher Teil der gewählten Räte in kleinen dörflichen Gemeinden kaum noch Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zu verwalten hatten, da die meisten Aufgaben nur durch einen Träger mit größerer Mitgliederzahl effektiv erledigt werden können. Bedenklich war allerdings bei der Maßstabsvergrößerung der Gemeinden der Umstand, daß man diese „Effizienz" von Aufgabenerledigungen zum dominierenden Maßstab der Neueinteilung von Gemeinden machte, ohne diese Effizienz in eine verfassungskonforme Relation zum demokratischen Charakter der kommunalen Selbstverwaltung zu bringen 247 . Auch bei den neuerdings im Schrifttum wieder stärker beachteten Überlegungen zur Stärkung der „Selbstverwaltungsfähigkeit der Gemeinde in ihren zentralen repräsentativen Organen" handelt es sich, aufs Ganze gesehen, um eine nachträgliche Kritik an der „kommunalverfassungsrechtlich in der Territorialreform nur begrenzt beachteten oder realisierten Betonung des Wertes der Selbstverwaltung insgesamt für die Demokratie" 248 . Nach Abschluß der durch die Gebietsreform bewirkten Vergrößerung von Fläche und Einwohnerzahl der Gemeinden bemüht man sich nunmehr um eine Funktionalreform, um die Zuständigkeiten der verschiedenen kommunalen Verwaltungsträger neu zu ordnen, wobei Bürgernähe, Effektivität und Rationalität bei der Ausführung der jeweiligen Aufgabe bestimmende Leitbilder sind, über die jedoch in den einzelnen Bundesländern keine einheitlichen Vorstellungen bestehen 249 . Selbstverwaltung ist eine „demokratische Teilstruktur", deshalb gehört Bürgerverantwortung zu ihrem Wesen. Insoweit lassen sich die Funktionen 246

247

248

249

Vgl. „Die Zeit" vom 11. Mai 1979; von den 1978 bestehenden 6478 Gemeinden haben 4438 weniger als 5000 Einw. Quelle für die Zahlenangabe: Die Gemeinden der Bundesrepublik Deutschland nach der Gebietsreform 1978, DST-Beiträge zur Statistik und Stadtforschung, Reihe H, H. 12, 1978, S. 21. Zur Notwendigkeit der Identifikation des repräsentierten Bürgers mit den von ihm gewählten Repräsentanten, „wobei gewisse Grundvoraussetzungen bürgerschaftlichen Engagements in der Kommunalverwaltung gegeben sein müssen", vgl. v. Mutius, Gutachten, S. E 24f.; hierzu auch Endruweit, Großgemeinde, AfK 1980, S. 1 f., der feststellt, daß „die neuen Gemeinden zwar effizientere Organisation für staatliche Verwaltung, aber zugleich als entfremdetere Gebilde für die Selbstbestimmung der Bürger erscheinen". Wolf Weber, a. a. O., S. 170f.; Grawert, Gemeinde und Kreise vor den öffentlichen Aufgaben der Gegenwart, a. a. O., S. 312 ff. (325). Ausführlich hierzu: Stüer, a. a. O., S. 173ff. und 349ff.

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der Selbstverwaltung auch als „Umsetzungsebene" mit gebietlich und organisatorisch abgestuften Aktions- und Initiativräumen beschreiben, um die „Distanz zwischen Behörde und Bürger" zu überbrücken 250 . Die Regelung der kommunalen Organisation muß deshalb vom Bürger als ein ihm selbst dienender aber auch ihm aufgetragener Schutz gegenüber Majorisierung und konformistischen Reglementierungen verstanden werden, als eine Einrichtung mit deren Namen von Anfang an — seit den Physiokraten und Freiherr vom Stein — ein Anspruch auf bürgerschaftliche Beteiligung an hoheitlicher Tätigkeit verbunden war, den das GG dem Bürger in Art. 28 GG einräumt. Deshalb müssen die Maßstäbe einer bürgerschaftlichen Mitverantwortung die kommunalen Verhältnisse bestimmen251. Die Verwirklichung dieser Aufgabe stößt jedoch nicht nur auf organisatorische und funktionale Schwierigkeiten, welche durch kommunale Gebietsveränderungen behoben oder doch gemindert werden sollten. Der kommunale Handlungsspielraum wird auch durch andere Faktoren eingeschränkt: so sind die Selbstverwaltungskörperschaften in mancher Hinsicht an die Entscheidungen der obersten Landesbehörden gebunden. Dazu gehört die immer „engmaschiger" werdende Landesplanung — Landesentwicklungs- und Fachplanung —, wodurch die örtlichen Verhältnisse eine von den Vorstellungen der Einwohner abweichende Struktur erhalten. Außerdem lassen sich kommunale Entscheidungen durch finanzielle Beihilfen aus Landesmitteln beeinflussen, so daß schließlich die kommunalen Organe nur noch in der Lage sind, Entscheidungen zu bestätigen, die an anderen Stellen getroffen wurden252. Mit diesen Feststellungen wird weder die Notwendigkeit einer Raumordnung durch Landesplanung noch auch prinzipiell eine finanzielle Förderung von kommunalen Vorhaben in Zweifel gezogen, sondern auf die Wirkungen für die Gemeinden und Gemeindeverbände hingewiesen, die schließlich — wenn man ihnen nicht begegnet — zur Teilnahmslosigkeit des Bürgers an den kommunalen Dingen führen müssen. Haben sich auch insoweit die Voraussetzungen gegenüber der Epoche des bürgerlichen Rechtsstates gewandelt, so bleibt doch die kommunale Selbstverwaltung eine verfassungsmäßig gesetzte Aufgabe für das Volk in Kreisen und Gemeinden. Aus diesem Grunde bildet nach wie vor das öffentliche Wirken von freien Bürgern für ihre Mitbürger die Rechtfertigung und die Grundlage der gemeindlichen Selbstverwaltung. Alles öffentliche Handeln vollzieht sich in einer Demokratie unter Spannung und Konflikten. Wie sich dabei jedoch Freiheit und Würde des Einzelnen bewähren und bestätigen können, so geben auch Spannungen und Konflikte dem kommunalen Leben mannigfache Impulse für ihre lebendige 250

251 252

Laux, AfK 1970, 217 ff., 225; J. Ziegler, Bürgerbeteiligung in der kommunalen Selbstverwaltung, 1974. Tietz, DÖV, 1972, 660ff., 703ff. Badura, Entwicklungsplanung und gemeindliche Selbstverwaltung, in: Fs. f. Werner Weber, 1974, S. 911 ff.; v. Mutius, Gutachten.

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Entfaltung. Zu diesem Zweck vermag der Gesetzgeber lediglich Ordnung und damit die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen, um bürgerliche Mitverantwortung für die Teile eines Ganzen und damit zugleich für das Ganze selbst zu tragen — doch liegt es am Bürger selbst, ob er die Selbstverwaltung als ein Mittel, staatsbürgerliche Freiheit zu pflegen und zu erhalten, auch zu nutzen bereit ist253.

VI. Die Lage der kommunalen Selbstverwaltung Obwohl über die Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung für die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland in Rechtsprechung, Lehre und Politik Einmütigkeit herrscht, so entsprachen doch die tatsächlichen Verhältnisse dieser immer wieder geäußerten Wertschätzung nur im bescheidenen Umfange. Hierfür sind verschiedene Ursachen maßgeblich, die verändert werden müssen. Vor allem sollte der für die Organe der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften notwendige Handlungs- und Entscheidungsspielraum besser gesichert werden. Eingriffe in das Selbstverwaltungsrecht dürfen nur vorgenommen werden, soweit dies aus Gründen eines dringenden Bundes- oder Landesinteresses in Abwägung zur besonderen Funktion der kommunalen Selbstverwaltung geboten ist. Kommunale Selbstverwaltungsaufgaben sind in der Regel als freiwillige Aufgaben zu behandeln und grundsätzlich nicht zu Pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben oder gar zu Weisungsaufgaben bzw. Auftragsangelegenheiten zu erklären. Vor allem aber ist es notwendig, die „Regelungsdichte" der Rechtsnormen zu lockern, um zu gewährleisten, daß ihr Inhalt ohne Verletzung höherrangigen Rechtes in wirklicher Verantwortung der Selbstverwaltungsorgane vollzogen werden kann. Vielfach normierte Mitwirkungs-, Genehmigungs-, Kontroll- und sonstigen Sanktionsvorbehalte zugunsten der staatlichen Verwaltung sind im Interesse der kommunalen Eigenverantwortlichkeit soweit wie möglich abzubauen. Für verbleibende Vorbehalte ist im Gesetzestext jeweils klarzustellen, ob von ihnen im Sinne einer bloßen Rechtsaufsicht oder ausnahmsweise im Sinne einer Fachaufsicht Gebrauch gemacht werden darf. Auch das kommunale Wahlverfahren ist zur Verbesserung der bürgerschaftlichen Mitverantwortung zu überprüfen, so, ob die generelle Einführung des Panaschierens und Kumulierens auf den Stimmzetteln integrierende Wirkung besitzen könnte. Eine ständige, der Integration dienende Aufgabe ist eine laufende Unterrich253

Scheuner, AfK 1969, S. 209ff., J. Ziegler, Bürgerbeteiligung in der kommunalen Selbstverwaltung, 1974; Stern, DÖV 1975, 516ff.; ders., Staatsrecht I, 1977, S. 308ff.; v. d. Heide, DÖV 1968, 408ff. und 1973, S. 522ff.; ders., Der Landkreis 1973, 54ff.; G. Chr. von Unruh, Der Staat 4 (1965), S. 441 ff.; ders., Der Landkreis 1973, 398ff. Zur künftigen „Rolle" der kommunalen Selbstverwaltung eingehend und konstruktiv: Roters, Kommunale Mitwirkung an höherstufigen Entscheidungsprozessen, 1975.

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tung der Bürger nicht nur über kommunale Entscheidungen, sondern auch über Pläne und Vorhaben. Bemühungen um Integration der Bürger in „ihr" Kommunalgemeinwesen besitzen besondere Bedeutung, als durch die „Reformen" zwar der Umfang des Gebietes von Gemeinden und Kreisen beträchtlich gewachsen ist, vor allem aber in dünner besiedelten Bereichen die Beziehungen der Bürger zur kommunalen Verwaltung beträchtliche Einbußen erfahren habe. Zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung gehört auch eine angemessene Wiederherstellung der finanziellen Eigenverantwortlichkeit ihrer Organe. Dazu gehören eine weitgehende Umwandlung der Zweckzuweisungen in allgemeine Finanzzuweisungen, sowie die volle Erstattung der Zweckkosten für die Wahrnehmung von Fremdverwaltungsaufgaben. Schließlich muß sich der Gesetzgeber um eine Verbesserung der Einnahmemöglichkeit der Gemeinden aus den ihm zustehenden Realsteuern bemühen. Die Sorge um die ihren Sinn und ihren Zweck entsprechende und dienende kommunale Selbstverwaltung in der Bundesrepublik Deutschland ist zugleich ein Ausdruck der Sorge um ihre Demokratie 254 .*

Anhang: A. Verwaltungsaufgaben einer städtischen Gemeinde (Gegliedert nach dem System des Haushaltsplanes)

0 Allgemeine Verwaltung Organisation der Behörde Personalsachen und innere Dienstbestimmungen Vorbereitung von Rats- und Ausschußsitzungen Vorbereitung und Abwicklung von Parlaments- und Kommunalwahlen Zählungen und Statistik Rechtsangelegenheiten Schiedsmannswesen Versicherungsamt Archiv Rechnungsprüfung Finanzverwaltung (Kämmerei) Stadtkasse

254

Beschlüsse des 53. DJT 1980, Abt. „Kommunalrecht", in: DVB1. 1980, 909, 911 f. Meinen Assistenten Rechtsanwalt Dr. Joachim Umlauf, Assessor Wolfgang Küfer und Rechtsanwalt Wolfgang Steiniger, die mir in sehr verständiger Weise bei der Abfassung des Beitrages geholfen haben, danke ich herzlich.

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1 öffentliche Sicherheit und Ordnung Allgemeine Aufgaben der Gefahrenabwehr Gewerbesachen einschl. Gaststätten- und Lebensmittelüberwachung Besitz- und Gebrauchserlaubnisse für Waffen, Gifte und Sprengstoffe Anzeigen nach dem Versammlungsgesetz Lärmbekämpfung Straßenverkehrsaufsicht Bevölkerungsschutz Impfwesen und Bekämpfung von gemeingefährlichen Krankheiten Viehseuchenbekämpfung Fleischbeschau Fischereiwesen Staatsangehörigkeits- und Paßbehörde 2 Schulen Schulunterhaltung und Schulverwaltung für Volks- und weiterführende Schulen Mitwirken bei der Besetzung von Lehrplanstellen Personalsachen 3 Wissenschaft, Forschung, Kulturpflege Büchereiwesen Förderung von kulturellen Angelegenheiten Volkshochschule Sonstige Wissenschaft und Forschung Aufgaben der Heimatpflege Museen, Sammlungen, Ausstellungen Musikpflege Kirchen 4 Sozialverwaltung Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes (soweit die Aufgaben vom Landkreis als „örtlichem Träger" auf die Stadt delegiert wurden) Durchführung von Fürsorgeaufgaben für den überörtlichen Träger der öffentlichen Fürsorge (Tbc-Hilfe, Eingliederungshilfe, Fürsorge für Gebrechliche) Aufgaben nach dem Jugendwohlfahrtsgesetz Aufgaben nach dem Wohngeldgesetz Ausführungen des Unterhaltssicherungsgesetzes Fürsorgestelle für Kriegsbeschädigte Versicherungssachen

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Vertriebenenbetreuung Kriegsgräberfürsorge Verwaltung von Altersheimen und Alterswohnungen, von Kinderheimen, Kinderhorten sowie Aufsicht über die nicht kommunalen Kindergärten und Kindertagesstätten Winterbeihilfe für Arbeitslose 5 Gesundheit, Sport, Erholung Unterhaltung und Betreuung kommunaler Krankenhäuser Förderung von nicht kommunalen Krankenhäusern Besondere Gesundheitsaufgaben Förderung von Sport und Sporteinrichtungen Park-, Garten- und sonstige Erholungsanlagen 6 Bau- und Wohnungswesen Durchführung der Orts- und Verkehrsplanung Bodenverkehrsgenehmigungen und andere Aufgaben nach dem Bundesbaugesetz Bau- und Unterhaltung stadteigener Gebäude Verwaltung und Vorhaben im sozialen Wohnungsbau Verwaltung von Wohnungsbaudarlehen Aufgaben des Tiefbaues (Straßen, Kanalisation, Brücken, Wege und Plätze) Verkehrsregelungseinrichtungen Festsetzung von Erschließungsbeiträgen nach dem Bundesbau- und Kommunalabgabengesetz Bauaufsicht (Baupolizei) 7 öffentliche Einrichtungen und Wirtschaftsförderung Bau und Unterhaltung der Straßenbeleuchtung und Straßenentwässerung Müllbeseitigung und Straßenreinigung Verwaltung des städtischen Fuhrparks Strukturverbesserungsmaßnahmen Förderung von Industrie und Handel Märkte und Messen Fremdenverkehr Bestattungswesen 8 Wirtschaftliche Unternehmen, allgemeine Grund- und Sondervermögen Energie- und Wasserversorgung Kommunale Verkehrseinrichtung (soweit keine selbständigen Träger) Andere wirtschaftliche Unternehmungen Verwaltung von Grund- und Sondervermögen

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9 Allgemeine Finanzwirtschaft Steuern, allg. Zuweisungen und Umlagen Sonstige allg. Finanzwirtschaft Abwicklung der Vorjahre

B. Verwaltungsaufgaben eines Kreises Die Kreise sowie die „kreisfreien" und die „selbständigen" Städte nehmen regelmäßig als „freie Aufgaben" wahr: Energieversorgung und Personennahverkehr, Sportförderung, Unterstützung von jugendpflegerischen Aufgaben, Heimat- und Kulturpflege, Erwachsenenbildung, Archivwesen, sozialer Wohnungsbau, Förderung der gewerblichen Wirtschaft, der Landwirtschaft und des Fremdenverkehrs. Zu den wichtigsten „Pflichtaufgaben" der Kreise gehören: überörtlicher Brandschutz, Schulträgerschaft für Sekundarbereiche I und II sowie für die Sonderschulen einschließlich der Vorklassen, ferner die Sozial- und Jugendhilfe (als „örtliche Träger"), Kriegsopferfürsorge, Sicherstellung der Krankenhausversorgung (Bau- und Unterhaltung eigener Krankenhäuser, soweit diese nicht von anderen Trägern in ausreichendem Maße betrieben werden, Müllbeseitigung sowie der Bau von Kreisstraßen (Straßen II. Ordnung). Als Angelegenheiten des übertragenen Wirkungskreises üben die Kreise die Kommunalaufsicht mit den speziellen gesetzlichen Befugnissen aus. Ferner nehmen sie die allgemeine und die besondere Gefahrenabwehr — soweit nicht die Gemeinden primär zuständig sind — sowie Bauaufsichts- und Straßenverkehrsaufgaben wahr. Zur Zuständigkeit der Kreise gehören außerdem das Jagdwesen, die Wasseraufsicht, die zivile Verteidigung und der Katastrophenschutz. Neben dem Amt für Ausbildungsförderung bilden Ausgleichsund Versicherungsamt besondere Abteilungen der Kreise, die außerdem die Unterhaltssicherung, Verteidigungslasten und weitere in Spezialgesetzen bestimmte Hoheitsaufgaben wahrzunehmen haben. Kreise sind häufig Träger von weiterführenden Schulen, soweit nicht kreisangehörige Gemeinden die Neu-, Um- und Erweiterungsbauten ggfs. vom Kreis unterstützt werden. Dasselbe gilt erforderlichenfalls auch für die Erfüllung von anderen gemeindlichen Aufgaben, wie der Kreis überhaupt einen angemessenen Ausgleich der gemeindlichen Lasten zu vermitteln hat. In manchen Ländern, so Niedersachsen, kann der Gesetzgeber kreisangehörige Gemeinden im Einzelfall mit der Erledigung von Aufgaben in eigener Zuständigkeit beauftragen, wie z. B. auf dem Gebiet der Jugendhilfe oder der Abfallbeseitigung. Von einer solchen Dezentralisation unterscheidet sich die Mitwirkung von kreisangehörigen Gemeinden bei der Durchführung von bestimmten dem Kreis obliegenden öffentlichen Aufgaben wie z. B. auf dem Gebiete der Sozialhilfe.

DRITTER A B S C H N I T T Karl Heinrich Friauf

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Gesetze Bund: G über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes v. 27. Sept. 1950 (BGBl. I, S. 682) i. d. F. des ÄnderungsG v. 7. Aug. 1972 (BGBl. I, S. 1382). G über die Einrichtung eines Bundeskriminalpolizeiamtes (Bundeskriminalamtes) vom 8. März 1951 (BGBl. I, S. 165) i. d. F. vom 1. Januar 1975 (BGBl. 1974 I, S. 469, 3393, 3533). G über den Bundesgrenzschutz vom 18. August 1972 (BGBl. I, S. 1834) i. d. F. vom 14. Juli 1976 (BGBl. I, S. 1801). Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung vom 17. Juli 1928 i. d. F. vom 1. Januar 1975 (BGBl. 1974 I, S. 469), §§ 74 - 78, betr. Bahnpolizei. G über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Binnenschiffahrt vom 15. Februar 1956 (BGBl. II, S. 317) i. d. F. vom 6. August 1975 (BGBl. I, S. 2121) G über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Seeschiffahrt vom 30. Juni 1977 (BGBl. I, S. 1314) i. d. F. vom 10. Mai 1978 (BGBl. I, S. 613). Luftverkehrsgesetz vom 4. November 1968 (BGBl. I, S. 113) i. d. F. vom 16. August 1977 (BGBl. I, S. 1577). G über das Luftfahrt-Bundesamt vom 30. November 1954 (BGBl. I, S. 354) i. d. F. vom 16. Mai 1968 (BGBl. I, S. 397). Bundespolizeibeamtengesetz vom 3. Juni 1976 (BGBl. I, S. 1557) i. d. F. vom 24. August 1976 (BGBl. I, S. 2485). G über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes vom 10. März 1961 (BGBl. I, S. 165) i. d. F. vom 2. März 1974 (BGBl. I, S. 469).

Länder: Baden- Württemberg: PolizeiG vom 16. Januar 1968 (GBl. S. 61) i. d. F. vom 11. Dezember 1979 (GBl. S. 545). Bayern: G über die Aufgaben und Befugnisse der Bayerischen Staatlichen Polizei in Bayern — Polizeiaufgabengesetz — vom 24. August 1978 (GVB1. S. 561). G über die Organisation der Bayerischen Staatlichen Polizei — Polizeiorganisationsgesetz - vom 10. August 1976 (GVB1. S. 303). G über das Landesstrafrecht und das Verordnungsrecht auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und Ordnung — Landesstraf- und VerordnungsG vom 17. November 1956 (Bay. BS I S. 327) i. d. F. vom 7. November 1974 (GVB1. S. 753). Berlin: Allgemeines G zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin — ASOG Bln. - vom 11. Februar 1975 (GVB1. S. 688). Bremen: Polizeigesetz vom 5. Juli 1960 (GBl. S. 73) i. d. F. vom 15. November 1976 (GBl. S. 243). Hamburg: G zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vom 14. März 1966 (GVB1. S. 77) i. d. F. vom 1. Januar 1975 (GVB1. 1974 I S. 382).

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Hessen: Hessisches G über die Öffentliche Sicherheit und Ordnung vom 26. Januar 1972 (GVB1.1, S. 24) i. d. F. vom 20. Dezember 1979 (GVB1. 1980 I, S. 12). Verordnung über die Organisation und Zuständigkeit der hessischen Vollzugspolizei (PolOrg.VO) vom 31. Januar 1974 (GVB1.1 S. 87). Niedersachsen: G über die öffentliche Sicherheit und Ordnung vom 21. März 1951 (GVB1. S. 79) i. d. F. vom 31. März 1978 (GVB1. S. 279). Verordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr — Zust.VO SOG - vom 19. Mai 1978 (GVB1. S. 413) i. d. F. vom 19. Dezember 1979 (GVB1. S. 340). Nordrhein- Westfalen : Polizeigesetz vom 25. März 1980 (GVB1. S. 234). Gesetz über die Organisation und die Zuständigkeit der Polizei - Polizeiorganisationsg e s e t z - v o m 13. Mai 1980 (GVB1. S. 521). G über Aufbau und Befugnisse der Ordnungsbehörden — OrdnungsbehördenG — vom 13. Mai 1980 (GVB1. S. 528). Rheinland-Pfalz: PoIizeiverwaltungsG von Rheinland-Pfalz vom 29. Juni 1973 (GVB1. S.180) i. d. F. vom 22. Juni 1978 (GVB1. S. 445). Saarland: Preußisches PoIizeiverwaltungsG vom 1. Juni 1931 (GS S. 77; saarl. G vom 22. April 1949, ABl. S. 377). §§32 — 37 des G über die allgemeine Landesverwaltung vom 13. Juli 1950 (ABl. S. 796). VO über die Verstaatlichung der kommunalen Vollzugspolizei vom 15. Nov. 1946 (ABl. S. 240). G Nr. 899 über die Organisation vom 17. Dezember 1969 (ABl. 1970, S. 33) i. d. F. vom 4. Dezember 1974 (ABl. S. 1060). Schleswig-Holstein : Allgemeines VerwaltungsG für das Land Schleswig-Holstein vom 18. April 1967 (GVOB1. S. 131) i. d. F. vom 19. März 1979 (GVOB1. S. 181), §§ 163 ff. G über die Organisation der Polizei in Schleswig-Holstein — Polizeiorganisationsgesetz - vom 9. Dezember 1968 (GVOB1. S. 327) i. d. F. vom 9. Dezember 1974. Landes VO über die Errichtung von Polizeibehörden vom 25. April 1969 (GVOB1. 5. 78) i. d. F. vom 22. März 1974 (GVOB1. S. 88).

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Gliederung I. Grundlagen des Polizei-und Ordnungsrechts 1. Allgemeine polizeiliche Funktion 2. Geschichte des Polizeibegriffs a) Ursprünge b) Entwicklung der Polizei vom absolutistischen zum liberalen Staat 3. Materieller und formeller Polizeibegriff a) Materieller Polizeibegriff b) Formeller Polizeibegriff c) Verhältnis von formellem und materiellem Polizeibegriff 4. Polizei- und Ordnungsrecht im Bundesstaat a) Grundsätzliche Zuständigkeit der Länder b) Einzelkompetenzen des Bundes c) Sonderpolizeibehörden des Bundes 5. Zweigliederung in Polizei- und Ordnungsverwaltung II. Materielles Polizei- und Ordnungsrecht 1. Die Generalklausel a) Generalklausel und Spezialermächtigungen b) Subsidiarität der Generalklausel c) Schutzgüter der Generalklausel d) Polizeiliche Gefahr e) Anwendung der Generalklausel f) Pflicht der Polizei zum Einschreiten und Rechtsanspruch des Bürgers auf Einschreiten 2. Polizeipflichtige Personen a) Verhaltenshaftung b) Zustandshaftung c) Kumulative Verantwortlichkeit mehrerer Störer d) Polizeipflicht von Hoheitsträgern 3. Polizeilicher und ordnungsbehördlicher Notstand a) Erhöhte Gefahr b) Unmöglichkeit anderweitiger Abwehr c) Subsidiarität der Notstandseingriffe d) Grenze der Leistungsfähigkeit e) Folgenbeseitigung und Entschädigung 4. Besondere Eingriffe in die persönliche Freiheit und in die Sachherrschaft einzelner Bürger a) Feststellung von Personalien (sog. Sistierung) b) Vorladung, Vorführung und Vernehmung c) Verwahrung von Personen d) Durchsuchung von Personen e) Durchsuchung von Wohnungen f) Polizeilicher Schußwaffengebrauch 5. Sondergesetzliche Ermächtigungen

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Polizei-und Ordnungsrecht III. Formelles Polizei- und Ordnungsrecht 1. Organisation und Zuständigkeitsordnung a) Kompetenzabgrenzung zwischen Polizei- und Ordnungsbehörden b) Organisation der Polizei c) Organisation der Ordnungsbehörden d) Aufsicht über Polizei- und Ordnungsbehörden e) Zuständigkeitsordnung 2. Rechtsformen des polizeilichen und ordnungsbehördlichen Handelns a) Polizeiliche und ordnungsbehördliche Verfügungen b) Polizeiliche und ordnungsbehördliche Erlaubnisse c) Polizeiliche und ordnungsbehördliche Verordnungen 3. Polizeiliche und ordnungsbehördliche Zwangsmittel a) Gesetzliche Grundlagen b) Voraussetzungen der Zwangsanwendung c) Arten der Zwangsmittel IV. Entschädigungs- und Ersatzansprüche im Bereich des Polizei- und Ordnungsrechts 1. Entschädigungsansprüche eines Bürgers gegen die Verwaltung a) Anspruch des im polizeilichen Notstand in Anspruch genommenen Nichtstörers b) Anspruch bei Rücknahme von polizeilichen Erlaubnissen c) Ansprüche bei Schädigung durch rechtswidrige Maßnahmen d) Ansprüche eines Störers 2. Ersatzansprüche der Verwaltung gegen den Störer a) Erstattungsanspruch bei Ersatzvornahme und unmittelbarem Zwang . . . b) Erstattungsansprüche bei Heranziehung eines Nichtstörers

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I. Grundlagen des Polizei- und Ordnungsrechts 1. Allgemeine polizeiliche Funktion Unter Polizei im allgemeinsten Sinne des Wortes verstehen wir heute diejenige staatliche Tätigkeit, die darauf gerichtet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu schützen, Gefahren von ihr abzuwenden und bereits eingetretene Störungen zu beseitigen. Polizei ist ihrem Wesen nach Gefahrenabwehr. Die Polizei erfüllt damit eine der entscheidenden Aufgaben des Staates. Man hat die polizeiliche Gefahrenabwehr als essentielle G r u n d f u n k t i o n jeder Staatlichkeit bezeichnet 1 und angenommen, die Polizeigewalt sei dem Wesen der Staatlichkeit bereits kraft Natur der Sache verbunden 2 . Diese Charakterisierungen treffen zu. Der Schutz des einzelnen u n d der Allgemeinheit vor Gefahren bildet eine ratio essendi des Staates als eines Ordnungs- und Friedensverbandes. Hiermit ist allerdings zunächst nur eine recht formale Feststellung getroffen. Die Schutzgüter, deren Beeinträchtigung als polizeilich abzuwehrende Gefahr qualifiziert werden muß, liegen nicht abstrakt u n d a priori fest. Sie sind vielmehr vom jeweiligen Stand der gesellschaftlichen Entwicklung und insbesondere vom geltenden Verfassungsrecht 3 abhängig 4 . Mit dem Wandel des Verfassungsrechts verändert sich auch der Inhalt der Polizeifunktion. Überdies besitzt die Gefahrenabwehr keinen vorgegebenen absoluten Stellenwert im Verhältnis zu den übrigen Staatsaufgaben. Auch hier entscheidet die jeweilige verfassungsrechtliche Situation. Nach der im 19. Jahrhundert vorherrschenden liberalen Staatsauffassung war der Staat im wesentlichen darauf beschränkt, Sicherheit vor inneren und äußeren Feinden zu gewährleisten 5 . Dagegen verwehrte man ihm Eingriffe in den Bestand u n d die Entwicklung der gesellschaftlichen Verhältnisse. Unter diesen Umständen mußte die polizeiliche Gefahrenabwehr ganz einseitig hervortreten. Sie mußte geradezu als die Staatsfunktion par excellence erscheinen. Der soziale Rechtsstaat des Grundgesetzes begnügt sich demgegenüber nicht mit der bloßen Abwehr von Gefahren. Er steht vielmehr unter der sozialstaatlichen Verpflichtung, die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung aktiv gestaltend voranzutreiben. In der ungeheuer komplexen Wirtschafts- und Sozialordnung, wie sie unsere Epoche kennzeichnet, müßte sich 1

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H.J. Wolff, VVDStRL 9 (1952), S. 134ff. (156); W. Jellinek, VwR, S. 427; Dürig, AöR 79(1954), S. 57. W. Thieme, DÖV 1956, 521 ff. (526). Vgl. Denninger, Polizei in der freiheitlichen Demokratie, 1968, S. 7 ff. Zur inhaltlichen Variabilität des Schutzguts der „öffentlichen Ordnung" s. unten Abschnitt II. 1 c, bb. Klassisch: Wilhelm von Humboldt, Ideen zu einem Versuch, die Grenzen der Wirksamkeit des Staates zu bestimmen (1793, Neuausgabe 1962).

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zudem jedes — wie auch immer ausgestaltete — Instrumentarium der Gefahrenabwehr als unzulänglich erweisen, wenn es darum geht, mit fundamentalen Krisen fertigzuwerden. Die katastrophalen Folgen einer großen Wirtschaftskrise lassen sich nicht mit Hilfe der Polizei beherrschen. Der Staat muß deshalb eine vorrangige Aufgabe darin sehen, bereits der Entstehung von Krisen langfristig vorzubeugen. Es erwächst ihm damit die Pflicht zur Gefahrenvorsorge6. Die Gefahrenabwehr hat dadurch ihre einstmals beherrschende Stellung im Rahmen der Staatsfunktionen verloren. Dennoch ist sie keineswegs überflüssig oder gar obsolet geworden. Die Gefahrenvorsorge kann nur im Makrobereich wirksam werden. Selbst wenn sie dort zu optimalen Ergebnissen führt, läßt sich praktisch nicht vermeiden, daß im Mikrobereich, in der konkreten Situation des Einzelfalls, immer wieder Gefahren erwachsen und eine Gefahrenabwehr erforderlich machen. Gerade die Erscheinungsformen der modernen Technik und Zivilisation haben unzählige neuartige Gefahrenquellen mit sich gebracht. Die Abwehr von Gefahren, die der öffentlichen Sicherheit und Ordnung drohen, gehört zu den legitimen Aufgaben auch des unter dem G G konstituierten Gemeinwesens. Es ist zwar offensichtlich, daß Eingriffe zur Gefahrenabwehr oftmals in ein Spannungsverhältnis zu den verfassungsmäßig verbürgten Grundrechten des einzelnen geraten müssen 7 . Andererseits aber hat der Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auch eine essentielle grundrechtssichernde und -schützende Funktion 73 . Denn erst in einem Zustand der Sicherheit und Ordnung kann der Bürger von seiner Freiheit wirklich Gebrauch machen und kann die „Segnungen" des Sozialstaats genießen. Der soziale Rechtsstaat muß die polizeiliche Gefahrenabwehr und ihre Eingriffsmöglichkeiten seiner Verfassungsordnung organisch anpassen. Aber er kann nicht auf sie verzichten, wenn er der verfassungsrechtlichen Verpflichtung, die Sicherheit seiner Bürger zu schützen 8 , nachkommen will. 2. Geschichte des Polizeibegriffs a) Ursprünge: In der deutschen Rechtsentwicklung begegnet uns der vom griechischen „jio^ixeia" abgeleitete Begriff der Polizei 9 zuerst als Charakterisierung eines Zustandes guter Ordnung des Gemeinwesens 10 . „Polizei" oder 6

S. etwa Roth, Die Gefahrenvorsorge im sozialen Rechtsstaat, 1968; Steiger, ZRP 1971, 133ff. (insbes. 134 - 135); von Unruh, DVB1. 1972, 469ff. 7 S. unten Abschnitt II. 1 c, bb. 7a Vgl. auch Ossenbühl, DÖV 1981, 1 ff. (4 - 5). 8 Vgl. BVerfG NJW 1977, 2355f. (2356). 9 Zur Entwicklung des Polizeibegriffs s. eingehend H. Maier, Die ältere deutsche Staats- und Verwaltungslehre, 2. Aufl., 1980, S. 92ff.; s. a. Lüdtke, Staat 20 (1981), S. 201 ff. 10 Dazu die Untersuchung von Knemeyer, AöR 92 (1967), S. 153ff.

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„gute Polizei" bestand, wenn das menschliche Zusammenleben im Gemeinwesen wohl geordnet war. Seit dem 16. Jahrhundert wurden im Reich und in den einzelnen Territorien zahlreiche „Polizeiordnungen" erlassen". Sie enthielten teilweise minutiöse Vorschriften für die verschiedensten Lebensbereiche, u. a. für Religionsangelegenheiten, allgemeine Sittlichkeit und Ehrbarkeit, Handel und Gewerbe, Gesindewesen, Kleiderordnungen usw. Erst im 18. Jahrhundert übertrug man die Bezeichnung Polizei allmählich auf die Personen und Behörden, denen die Sorge für die Aufrechterhaltung der „guten Polizei" oblag: Polizeikommissionen, Polizeidirektoren und Polizeiknechte12. Der ursprünglich rein materiell-rechtliche Begriff wurde damit in den organisatorisch-institutionellen Bereich verpflanzt. b) Entwicklung der Polizei vom absolutistischen zum liberalen Staat: Die Entwicklung des Polizeiwesens stand zunächst im Schatten des monarchischen Absolutismus. Der Landesherr nahm als Ausfluß seiner Souveränität das „jus politiae" in Anspruch, d. h. die unbeschränkte Befugnis, nach seinem Gutdünken zur Förderung der allgemeinen Wohlfahrt tätig zu werden („cura promovendae salutis rei publicae") und dabei auch beliebig in Rechte der Untertanen einzugreifen. Der Wirkungsbereich der Polizei war rechtlich unbeschränkt. Demgegenüber forderte die Aufklärung 13 , daß das freie staatliche Eingriffsrecht auf das Gebiet der Abwehr von Gefahren zu beschränken sei. Die positive Förderung von Gemeinwohlinteressen („Wohlfahrtspflege") gehöre nicht zur Aufgabe der Polizei. Um ihretwillen dürfe nur auf Grund besonderer Gesetze in die Freiheit des Untertanen eingegriffen werden14. Diese liberalen Gedankengänge fanden zunächst Eingang in das preußische Allgemeine Landrecht von 1794. Es unterschied ausdrücklich die Wohlfahrtspflege von der Gefahrenabwehr und bestimmte in dem berühmten § 10 II 17 ALR 15 : „Die nöthigen Anstalten zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe, Sicherheit und Ordnung, und zur Abwendung der dem Publiko, oder einzelnen Mitgliedern desselben bevorstehenden Gefahr zu treffen, ist das Amt der Polizey". Die Beschränkung der Polizei auf die Gefahrenabwehr vermochte sich aber zunächst nicht praktisch durchzusetzen. Sie wurde schon nach wenigen Jahren vom Gesetzgeber durchlöchert und schließlich ganz beseitigt. Infolgedes11

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Umfassende Sammlung: „Polizei- und Landesordnungen", hrsg. v. W.Kunkel/ G. K. Schmelzeisen / H. Thieme, I. Halbb. (Reich und Territorien), 1968; vgl. auch H. Maier, a. a. O., S. 74 ff. Nachweise bei Knemeyer, a. a. O., S. 163 ff. Vornehmlich der bedeutende Staatsrechtslehrer J. St. Pütter, in seinen 1770 erschienenen „Institutiones iuris publici Germanici", § 331. Näher dazu K. Vogel, in: Fs. f. Gerhard Wacke, 1972, S. 375ff. (insbes. S. 375 383). § 10 Teil II Titel 17.

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sen wirkte der aus dem absolutistischen Staat überkommene umfassende Polizeibegriff noch weit in das 19. Jahrhundert hinein. So konnte noch Stahl die Polizei ganz allgemein als „Versorgung des Gemeinwohls" kennzeichnen. In ihr bestehe „die eigentliche stete politische Tätigkeit. Stete Entfaltung, Förderung und Steigerung (sei) ihr Charakter". Sie müsse frei sein. Das Gesetz dürfe nur die Grenzen, nicht aber Richtung und Inhalt ihres Vorgehens bestimmen 16 . Erst nachdem die Idee des liberalen bürgerlichen Rechtsstaats an politischer Kraft gewonnen hatte, wurde die Kompetenz der Polizei endgültig auf den Bereich der Gefahrenabwehr zurückgedrängt. Den Wendepunkt bildete in Preußen das sog. Kreuzberg-Erkenntnis des OVG vom 14. Juni 188211. Das Gericht erklärte mit einer juristisch freilich zumindest recht zweifelhaften Begründung, § 10 II 17 ALR sei trotz der späteren gesetzgeberischen Akte nach wie vor geltendes Recht. Er beschränke die Polizei auf die Gefahrenabwehr; zur Wohlfahrtspflege 18 sei sie dagege» nicht befugt. In den folgenden Jahrzehnten erarbeitete das preuß. OVG in einer umfangreichen Rechtsprechung auf der Grundlage des § 10 II 17 ALR ein ausgefeiltes System des Polizeirechts. Die nord- und mitteldeutschen Staaten schlössen sich Preußen an, teils durch gesetzliche Normierungen, teils durch gewohnheitsrechtliche Übernahme der preußischen Grundsätze. In Süddeutschland verlief die Entwicklung formal gesehen anders. Sie war bestimmt durch den Erlaß der Polizeistrafgesetzbücher 19 . In dem hier maßgeblichen Punkt, der Reduzierung der polizeirechtlichen Zwangsbefugnisse auf die Abwehr von Gefahren, ging man aber in Süddeutschland denselben Weg wie in den übrigen Staaten. Die Ergebnisse der polizeirechtlichen Judikatur wurden schließlich in gesetzgeberische Kodifikationen übernommen. Als vorbildlich galt zunächst die Regelung der thüringischen LandesverwaltungsO vom 10. Juli 192620. Den Schlußstein bildete dann das preußische PolizeiverwaltungsG vom l . J u n i 193121 - wohl das letzte bedeutende Gesetzgebungswerk, das die Weimarer Epoche hervorgebracht hat. § 14 Abs. 1 PVG ermächtigte die Polizeibehörden, „im Rahmen der geltenden Gesetze die nach pflichtmäßigem Ermessen notwendigen Maßnahmen zu treffen, um von der Allgemeinheit oder dem einzelnen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird". 16

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Fr. J. Stahl, Die Philosophie des Rechts, Bd. II, 2. Abth., 5. Aufl. 1878, S. 587f.; vgl. auch G. Meyer, Lehrbuch des deutschen Staatsrechts, 5. Aufl. 1899, S. 584. PrOVG 9, 353 ff. Zu dieser epochemachenden Entscheidung s. näher Schrödter, DVB1. 1975, 846 ff. (848 - 849). Im konkreten Fall ging es um die Förderung ästhetischer Belange im Bereich des Bauwesens. Zuerst württembergisches PStGB von 1839; die größte Bedeutung erlangte das bayerische PStGB von 1871. Thür. GS 1926, S. 177. 21 Preuß. GS 1931, S. 77.

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3. Materieller und formeller Polizeibegriff Als Ergebnis der kurz dargestellten Entwicklung hat sich in ganz Deutschland ein einheitlicher Begriff der Polizei herausgebildet. Es besteht heute in der Bundesrepublik Deutschland der Sache nach im wesentlichen eine einheitliche Rechtslage, auch wenn sie, wie noch zu erörtern sein wird, in den einzelnen Bundesländern auf unterschiedlichen Rechtsquellen beruht 22 . Die Entwicklung des sachlichen Aufgabenbereichs der Polizei, nämlich der Gefahrenabwehr, und des dieser Aufgabe gewidmeten organisatorischen Apparats, der Polizeibehörden, ist nun allerdings nicht übereinstimmend verlaufen. Die Gefahrenabwehr wurde nicht nur Polizeibehörden, sondern in unterschiedlichem Maße auch anderen Stellen übertragen. Andererseits betraute man die Polizeibehörden zugleich mit Funktionen außerhalb der Gefahrenabwehr. Wir haben infolgedessen zwei Begriffe der Polizei zu unterscheiden, einen materiellen und einen formellen. a) Materieller Polizeibegriff: Der materielle Polizeibegriff ist von der Aufgabe her bestimmt. Nach ihm handelt es sich bei der Polizei um die Staatstätigkeit, die dazu dient, von der Allgemeinheit oder dem einzelnen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird. Soweit zur Erfüllung dieser Aufgabe Eingriffe in den Rechtsbereich des Staatsbürgers erforderlich sind, bedarf es einer gesetzlichen Ermächtigung. Sie kann entweder in einer Generalklausel oder aber in Spezialgesetzen enthalten sein. Dabei hat man sich heute in allen Bundesländern für eine Generalklausel entschieden 23 , die lediglich durch Spezialermächtigungen für einzelne Gebiete ergänzt wird 24 . Für den materiellen Polizeibegriff ist es unerheblich, welche Behörde die jeweiligen Aufgaben der Gefahrenabwehr wahrzunehmen hat. An der Zugehörigkeit einer bestimmten gefahrenabwehrenden Tätigkeit zur Polizei im materiellen Sinne ändert sich also nichts dadurch, daß sie einem beliebigen Verwaltungszweig außerhalb der Polizeiorganisation zugewiesen wird. b) Formeller Polizeibegriff: Demgegenüber wird der formelle Polizeibegriff von der Behördenorganisation her bestimmt. Zur Polizei im formellen Sinne zählen sämtliche staatlichen Funktionen, für deren Wahrnehmung die Zuständigkeit der Polizeibehörden begründet ist. Auf die sachliche Qualität der einzelnen Aufgabe — insbesondere auf die Frage, ob sie inhaltlich zur Gefahrenabwehr gehört — kommt es dabei nicht an. Formell-polizeiliche Aufgaben können der Gefahrenabwehr dienen, brauchen das aber nicht zu tun. Zu den nicht gefahrenabwehrenden Aufgaben der Polizei gehört insbesondere ihre Mitwirkung bei der Strafverfolgung 25 . 22

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Auch Bayern hat sich mit dem PAG vom 24. August 1978 (GVB1. S. 561) der gemeindeutschen Konzeption des Polizeirechts angepaßt. Unten Abschnitt II. 1. Unten Abschnitt II. 5. 25 Vgl. z. B. § 15 II 2 nordrh.-westf. POG.

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c) Verhältnis von formellem und materiellem Polizeibegriff: Aus dem Vorstehenden ergibt sich bereits, daß formeller und materieller Polizeibegriff sich nicht vollständig decken. Beide stehen vielmehr im Verhältnis von zwei Kreisen, die einander teilweise überschneiden: Ein Teil der materiell-polizeirechtlichen Aufgaben der Gefahrenabwehr wird von den Behörden und Beamten der Polizei im formellen Sinne wahrgenommen; insoweit fallen formeller und materieller Polizeibegriff zusammen. Daneben aber werden Funktionen der Gefahrenabwehr auch von nicht zur Polizei zählenden Behörden erfüllt (nur materiell-polizeiliche Tätigkeiten), während umgekehrt den Polizeibehörden vielfältige Aufgaben außerhalb der Gefahrenabwehr übertragen worden sind (nur formell-polizeiliche Tätigkeiten). Im einzelnen hängt die Abgrenzung von der unterschiedlichen Ausgestaltung der Kompetenzzuweisungen in den verschiedenen Bundesländern ab. Nach dem zweiten Weltkrieg hat man weite Sachgebiete, die bis dahin im Zuständigkeitsbereich der Polizei standen, „entpolizeilicht", d. h. man hat die Aufgaben der Gefahrenabwehr insoweit anderen Behörden — z. T. den sog. Ordnungsbehörden — übertragen. Diese Entwicklung verlief in den Bundesländern sehr unterschiedlich. Auch innerhalb ein und desselben Landes wurde nicht immer eine einheitliche, klare Konzeption durchgehalten. Infolgedessen erweist sich die Rechtslage heute als ausgesprochen komplex und vielfach unübersichtlich. Das wird in den Grundzügen noch darzulegen sein26. Eine Reihe von Aufgaben außerhalb der Gefahrenabwehr sind der Polizei durch Bundesgesetze zugewiesen worden (nur formell-polizeiliche Funktionen kraft Bundesrechts). Dazu gehören insbesondere die Zuständigkeiten der Polizei auf dem Gebiet der Verfolgung von Straftaten 27 und von Ordnungswidrigkeiten 28 und als Hilfsorgan bei der Zwangsvollstreckung 29 . Daneben gibt es in unterschiedlichem Maße nur formell-polizeiliche Funktionen kraft Landesrechts. Die Landesgesetze über das Polizeiwesen bestimmen regelmäßig ausdrücklich, daß den Polizeibehörden Aufgaben auch außerhalb der Gefahrenabwehr übertragen werden können 30 . Von dieser Möglichkeit ist z. B. auf dem Gebiet des Meldewesens Gebrauch gemacht worden 31 . Zur nur formell-polizeilichen Funktion gehört schließlich auch die Vollzugshilfe durch Polizeiorgane. Da die meisten staatlichen Behörden nicht über einen eigenen Vollzugsapparat verfügen, stellt ihnen das Gesetz die Polizeibehörden und -beamten als Vollzugsorgane für die Durchführung der 26 27 29 30

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Näheres unten Abschnitt I. 5 und III. 1. S. § 163 I StPO. 2 8 S. §§ 53, 54 I 1, 57 II OWiG. §§ 758 III, 759 ZPO; §§ 287 III, 288 AO. § 1 II bad.-württ. PG; Art. 2 IV bay. PAG; § 4 IV berl. ASOG; § 1 II S. 1 brem. PG; § 1 II S. 2 hess. SOG; § 1 III nordrh.-westf. OBG; § 15 II nordrh.-westf. POG; § 1 II S. 1 rheinl.-pfälz. PVG; § 164 II schlesw.-holst. LVwG. Z. B. §§ 8 I, 14 II bad.-württ. MeldeG; Art. 13 I bayer. MeldeG; § 13 III hess. MeldeG; §14 III nieders. MeldeG.

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von ihnen angeordneten Maßnahmen zur Verfügung 32 . Die Polizei wird hier nicht im eigenen Bereich tätig, sondern fungiert im Zuständigkeitsgebiet der betreffenden Fachbehörde als deren „verlängerter Arm". Sie ist nur für die Art der Ausführung, nicht aber für den Inhalt der betreffenden Maßnahmen verantwortlich 33 . 4. Polizei- und Ordnungsrecht im Bundesstaat a) Grundsätzliche Zuständigkeit der Länder: Das GG hat für den Sachbereich der öffentlichen Sicherheit und Ordnung keine Gesetzgebungskompetenz des Bundes begründet. Infolgedessen fällt dieser Bereich nach Art. 30, 70 I GG in die Zuständigkeit der Länder. Allein die Länder können neue Gesetze über die Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erlassen. Die vor 1949 erlassenen Gesetze sind, soweit sie mit dem GG vereinbar waren (Art. 123 I GG), Landesrecht geworden. Zur Vereinheitlichung der Polizeigesetze hat die Innenministerkonferenz 1975 einen „Musterentwurf eines einheitlichen Polizeigesetzes" beschlossen, der von Bund und Ländern übernommen werden soll34. Es kann sich dabei allerdings nur um eine inhaltliche Vereinheitlichung handeln. An der Aufspaltung der Gesetzgebungszuständigkeit wird sich nichts ändern. Da die Ausföhrung der Landesgesetze ausschließlich den Ländern obliegt 35 , ist auch die Polizei- und Ordnungsverwaltung Landesangelegenheit. Es bleibt den einzelnen Ländern überlassen, ob und inwieweit sie die kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften (Kreise, Ämter, Gemeinden) in den Vollzug einschalten wollen. b) Einzelkompetenzen des Bundes: Auf verschiedenen Sachgebieten, deren Regelung nach Art. 73 und 74 GG zur Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes gehört, können sich Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ergeben. Hier ist der Bund befugt, zusammen mit der Regelung der eigentlichen Sachfragen der betreffenden Gebiete auch Vorschriften über die Gefahrenabwehr in dem jeweiligen Bereich zu erlassen (sog. Annexkompetenz36). 32

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Art. 2 III bayer. PAG, § 4 III berl. ASOG; § 58 III brem. PG, § 2 II S. 3 nieders. SOG, § 1 III nordrh.-westf. PolG; vgl. aber auch § 4 4 III 2 hess. SOG, der eine Vollzugshilfe für andere Behörden nicht zuläßt, sondern die Polizei darauf beschränkt, nötigenfalls zum Schutz der eigenen Vollzugsorgane dieser Behörden einzugreifen. So ausdrücklich z. B. § 25 II 1 nordrh.-westf. PolG. Textausgabe hrsg. von G. Heise / R. Riegel, 2. Aufl., 1978. Zu dem Entwurf vgl. Knemeyer, DÖV 1975, 34ff.; Riegel, BayVBl. 1977, 682ff.; Schulz, ZRP 1976, 251 ff. — Bisher wurde der Entwurf (mit gewissen kodifikationen) übernommen von Bayern durch das PAG vom 24. August 1978 (vgl. Samper, BayVBl. 1979, 33ff.) und von Nordrhein-Westfalen durch das PolG vom 25. März 1980 (vgl. Riegel, NJW 1980, 1435 ff.). BVerfG E 12, 205 (221, 229); 2 1 , 3 1 2 (325). BVerfG E 3, 407 (433); 8, 143 (150); BVerwG E 28, 310 (311 - 312).

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Den Ländern verbleibt aber in jedem Fall das Polizeirecht im eigentlichen Sinne, also die Regelungen, bei denen die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung der alleinige u n d unmittelbare Gesetzeszweck ist 37 . Zu den Gebieten, auf denen eine polizeirechtliche Annexkompetenz des Bundes in Betracht kommt, gehören u. a. das Wirtschaftsrecht (Art. 74 Nr. 11 GG), das Gesundheitsrecht (Art. 74 Nr. 19 G G ) und das Verkehrsrecht (Art. 74 Nr. 22 GG). c) Sonderpolizeibehörden des Bundes3*. Das G G gestattet dem Bund in Art. 87 I S. 2, durch Gesetz eine Reihe von Sonderpolizeibehörden einzurichten, namentlich Bundesgrenzschutzbehörden, ein Bundeskriminalamt und ein Bundesamt für Verfassungsschutz, wobei die beiden letztgenannten Behörden lediglich Zentralstellen zur Sammlung von Informationen usw. ohne eigene unmittelbare Exekutivbefugnisse darstellen. Art. 73 Nr. 10 G G ergänzt die organisationsrechtliche Kompetenz des Art. 87 I S. 2 durch eine materielle Gesetzgebungskompetenz f ü r die betreffenden Gebiete. Von dieser Gesetzgebungszuständigkeit hat der Bund frühzeitig Gebrauch gemacht 39 . Eine besondere Polizeibehörde des Bundes ist der Präsident des Deutschen Bundestages. Er übt nach Art. 40 II S. 1 G G im Gebäude des Bundestages nicht nur das Hausrecht 4 0 , sondern auch die ausschließliche Polizeigewalt aus 41 . Soweit die ihm zur Verfügung stehenden Ordnungskräfte nicht ausreichen, k a n n er die örtliche Polizei um Amtshilfe ersuchen 42 . 5. Zweigliederung in Polizei- und Ordnungsverwaltung Das preuß. PVG hatte die materiellpolizeiliche Aufgabe der Gefahrenabwehr insgesamt den Polizeibehörden übertragen, soweit nicht besondere Gesetze für einzelne Spezialgebiete Ausnahmen vorsahen. Formeller und materieller Polizeibegriff 43 fielen somit weitgehend zusammen. Demgegenüber war man nach dem zweiten Weltkrieg in den Ländern der ehemaligen britischen u n d amerikanischen Besatzungszone bestrebt, den 37 38

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BVerfG E 8, 143 (150). Eingehend dazu Drews / Wacke / Vogel/ Martens, Bd. 1, S. 25ff.; umfassender Überblick bei Becker, DVB1. 1977, 945 ff. (945 - 948); vgl. auch Riegel, ZRP 1978, 257ff. (258-59). G über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes vom 27. 9. 1950 (BGBl. I, S. 682); G über die Errichtung eines Bundeskriminalpolizeiamtes vom 29. Juni 1973 (BGBl. I, S. 704); G über den Bundesgrenzschutz vom 18. 8. 1972 (BGBl. I, S. 1834). Zum Verhältnis von öffentlich-rechtlichem Hausrecht und Ordnungsgewalt s. Knemeyer, DÖV 1970, 596 ff. S. Maunz, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, G G Rdnr. 2 6 - 2 8 zu Art. 40; Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. I, S. 34 ff. Über die Zuständigkeitsabgrenzung zwischen dem Bundestagspräsidenten und der Landespolizei s. Weingärtner, Kriminalistik 1969, 271 ff. Oben Abschnitt I. 3.

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Wirkungskreis der Polizei zurückzudrängen. Bei diesen Bestrebungen standen Pate einerseits gewisse Institutionen des angloamerikanischen Rechtskreises, zum anderen aber auch die psychologische Vorbelastung des Polizeibegriffs durch den Mißbrauch der Polizeigewalt in der vorausgegangenen Epoche. Die Bestrebungen führten dazu, daß der bisherige Zuständigkeitsbereich der Polizeibehörden aufgespalten wurde. Der Polizei blieb nur ein beschränkter, enumerativ bestimmter Kreis von Aufgaben vorbehalten, insbesondere die Verfolgung von Straftaten, die Verkehrsüberwachung und die Bekämpfung akuter („unmittelbar bevorstehender") Gefahren, ferner die Vollzugshilfe für andere Behörden433. Die genaue Abgrenzung variiert dabei von Land zu Land44. Alle übrigen Aufgaben der Gefahrenabwehr wurden der Form nach „entpolizeilicht", d. h. anderen Behörden übertragen. Die Bezeichnung der anderen Behörden, die nunmehr zur Gefahrenabwehr eingesetzt werden, ist in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich. Berlin, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein nennen sie „Ordnungsbehörden" 45 , Hessen „Behörden der allgemeinen Verwaltung"46, Niedersachsen schlicht „Verwaltungsbehörden" 47 . In der vorliegenden Darstellung werden sie der Einheitlichkeit halber als Ordnungsbehörden bezeichnet. Auch die Ordnungsbehörden nehmen materielle Polizeifunktionen wahr. Sie werden tätig, um von der Allgemeinheit oder dem einzelnen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird. Die Aufgabe der Ordnungsbehörden ist also der Sache nach identisch mit derjenigen der Polizeibehörden; lediglich die Lebensgebiete, auf denen sie wahrgenommen wird, sind bei beiden Verwaltungszweigen nach Maßgabe der landesgesetzlichen Kompetenzabgrenzung verschieden. Die Identität der Funktion zeigt sich rein äußerlich darin, daß die Ermächtigungsgrundlage für das ordnungsbehördliche Eingreifen vielfach in derselben Generalklausel zu finden ist wie diejenige für die polizeiliche Tätigkeit48. Als einziges Land hat Nordrhein-Westfalen eine besondere gesetzliche Ermächtigung für die Ordnungsbehörden geschaffen 49 . Auch diese stimmt jedoch sachlich mit der polizeirechtlichen Generalklausel überein, so daß lediglich von einer formellen, nicht aber von einer materiellen Selbständigkeit des Ordnungsbehördenrechts gesprochen werden kann. 43a 44

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Zur Vollzugs- und Amtshilfe durch die Polizei vgl. E. Denninger, JA 1980, 280ff. So überläßt Nordrhein-Westfalen der Polizei auch das Versammlungs-, Sprengstoff-, Waffen- und Munitionswesen ( § 1 6 1 nordrh.-westf. POG); Hessen überträgt ihr dagegen u. a. das Paß- und Ausländerwesen sowie die Lärmbekämpfung (§ 62 I S. 1 hess. SOG in Verbindung mit der VO v. 18. Juli 1972, GVB1. I S. 255), die in Nordrhein-Westfalen bei den Ordnungsbehörden liegen. § § 1 - 2 berl. ASOG; § 1 nordrh.-westf. OBG; § 164 I schlesw.-holst. LVG. Hess. SOG: Überschrift des 2. Abschnitts von Teil II (vor § 55). §§ 1 I, 44 nieders. SOG. S. § 14 I berl. ASOG, § 3 I hamb. SOG, § 1 I hess. SOG, § 1 nieders. SOG. §§ 1 I, 14 I nordrh.-westf. OBG.

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Gegenwärtig folgen dem Trennungssystem die Länder Berlin, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. Hier sind Polizei- und Ordnungsbehörden nebeneinander zur Gefahrenabwehr tätig. Dagegen haben Baden-Württemberg, Bremen, Rheinland-Pfalz und das Saarland die einheitliche Polizeiverwaltung von vornherein beibehalten oder sie später wieder eingeführt. Da die sachliche Funktion von Polizei- und Ordnungsbehörden übereinstimmt, wird im folgenden das materielle Polizei- und Ordnungsrecht einheitlich dargestellt.

II. Materielles Polizei- und Ordnungsrecht 1. Die Generalklausel a) Generalklausel und Spezialermächtigungen: Die Polizei- und Ordnungsverwaltung gehört zum Bereich der Eingriffsverwaltung. Ihre Maßnahmen greifen befehlend und belastend in die Rechtssphäre der jeweils betroffenen Bürger ein. Infolgedessen bedarf jede einzelne Maßnahme einer gesetzlichen Grundlage — und zwar unabhängig davon, ob man den Vorbehalt des Gesetzes entsprechend der traditionellen Anschauung auf belastende Verwaltungsakte beschränkt oder ob man ihn mit der im Vordringen begriffenen Auffassung über den Eingriffsbereich hinaus ausdehnt 50 . Die notwendige gesetzliche Grundlage kann rechtstechnisch ausgestaltet sein entweder als Spezialermächtigung für bestimmte Fallgruppen oder aber als weitgefaßte Generalklausel. Im Polizeirecht der deutschen Länder werden seit jeher Generalklausel und Spezialermächtigungen nebeneinander verwandt. Die Generalklausel steht im Vordergrund. Sie wird deshalb im folgenden schwerpunktmäßig behandelt. Ergänzt wird sie aber durch eine Vielzahl von Einzelermächtigungen an die Polizei, die teilweise Sondergebiete der Gefahrenabwehr, teilweise aber auch nicht materiell-polizeiliche Angelegenheiten betreffen 51 . Als Prototyp der polizei- und ordnungsrechtlichen Generalklausel kann heute der an die Tradition des § 14 I des preuß. PVG von 1931 anschließende § 8 ME PolG gelten: „Die Polizei kann die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Falle bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und O r d n u n g . . . abzuwehren,..." Die Generalklauseln, die in den geltenden Polizei- und Ordnungsbehör50

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Zum älteren Streitstand s. die Nachweise bei Friauf, DVB1. 1966, 729 (734f.); Selmer, JuS 1968, 489ff.; aus jüngster Zeit insbes. BVerfGE 40, 237 (248 - 250); 41, 251 ( 2 5 9 - 2 6 0 ) ; 45, 400 ( 4 1 7 - 4 1 8 ) ; 48, 210(221); BVerfG NJW 1981, 1311; Kisker, NJW 1977, 1313ff.; Ossenbühl, DÖV 1977, 801 ff. (802 - 805); Schenke, G e w A 1977, 313 ff. Überblick bei Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. II, S. 43 - 76.

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dengesetzen der Länder enthalten sind 52 , stimmen teilweise wörtlich, zumindest aber sinngemäß mit § 8 M E PolG überein 53 . Deshalb kann sich die folgende Darstellung durchgehend an dieser Vorschrift orientieren. b) Subsidiarität der Generalklausel: Angesichts der unübersehbaren Vielfalt der Situationen, aus denen sich Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ergeben können, erweist sich das System der Generalklausel als notwendig, wenn die Polizei ihre Ordnungsfunktion wirksam erfüllen soll. Ein noch so ausgeklügeltes System von Einzelermächtigungen könnte niemals sämtlichen zukünftigen Gefahren Rechnung tragen 54 . Gleichwohl bleibt es ein rechtsstaatliches Desiderat, daß der Gesetzgeber im Interesse der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit die Generalklausel insoweit durch konkrete Einzelregelungen für bestimmte Sachgebiete ersetzt, wie das nach der Eigenart des jeweiligen Gebietes möglich erscheint. Derartige Einzelregelungen bestehen tatsächlich in erheblicher Zahl 55 . Im Rahmen ihres jeweiligen Anwendungsbereichs gehen sie nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen stets der Generalklausel vor. M. a. W.: die Generalklausel tritt hinter eine Spezialregelung zurück, sie ist subsidiär56. Im Geltungsbereich einer solchen Regelung darf die Generalklausel ausnahmsweise nur dann ergänzend angewandt werden, wenn die betreffende Vorschrift das (ausdrücklich oder sinngemäß) besonders zuläßt 57 oder wenn sie den betreffenden Einzelfall nicht erschöpfend erfaßt 58 . 52

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§§1,3 bad.-württ. PG; Art. 11 I bayer. PAG; § 14 I berl. ASOG; § 1 I brem. PG; § 3 I hamb. SOG; § 1 I hess. SOG; § 1 I nieders. SOG; § 8 I nordrh.-westf. PolG; §§ 1, 14 I nordrh.-westf. OBG; § 1 I rheinl.-pfälz. PVG; § 14 I saarl. PVG; § 171 schlesw.holst. LVwG. Auch Baden-Württemberg, dessen Generalklausel früher abweichend formuliert war (dazu VGH Stuttgart JZ 1958, 446), hat sie in § 1 PG i. d. F. von 1974 den übrigen Ländern angeglichen. Zur Notwendigkeit und Legitimation der polizeilichen Generalklausel gerade angesichts des in ständigem Wechsel befindlichen Spektrums aktueller Umweltgefahren vgl. treffend Dürig, in Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Rdnr. 328 (Fußn. 55 1) zu Art. 3 Abs. 1. Beispiele s. unten Abschnitt II. 5. Vgl. auch AG Heidelberg NJW 1978, 1638ff. (1639). Dies ist von der Rspr. beispielsweise in folgenden Fällen bejaht worden: Neben den verkehrsrechtlichen Vorschriften kann die Generalklausel dann herangezogen werden, wenn eine Anordnung aus anderen als verkehrspolizeilichen Gründen getroffen werden muß (OVG Lüneburg E 11, 408, 410); so z. B. bei Maßnahmen zur Reinhaltung der Straßen (OLG Hamm JMB1NW 1956, 128). - Nach Auffassung des BVerwG (NJW 1957, 961 f. = DVB1. 1957, 472) war es zulässig, präventive Maßnahmen zur Seuchenbekämpfung in Ergänzung der VO zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten (1938) auch auf die polizeiliche Generalklausel zu stützen. Diese Auffassung erscheint allerdings durch §§ 34ff. des Bundesseuchengesetzes vom 18. Juli 1961 (BGBl. I S. 1012) als überholt. - Auch neben der Berliner Bauordnung soll § 14 PVG (bzw. heute § 14 I berl. ASOG) anwendbar bleiben (BVerwG DVB1. 1961, 125 f.). Vgl. OVG Münster DVB1. 1973, 922 ff. (924), hinsichtlich der StVO.

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Für die Bearbeitung eines Falles ergibt sich daraus, daß stets vorrangig geprüft werden muß, ob für das in Betracht kommende Sachgebiet eine Sonderregelung besteht. Auf die Generalklausel darf erst dann zurückgegriffen werden, wenn zuvor festgestellt worden ist, daß ihre Anwendbarkeit nicht durch Spezialnormen ausgeschlossen wird. Sonderregelungen, die die Anwendbarkeit der Generalklausel ausschließen, können enthalten sein entweder in allgemeinen, d. h. nicht polizei- oder ordnungsrechtlichen Gesetzen oder aber in Vorschriften aus dem Bereich des Polizei- und Ordnungsrechts selbst. aa) Subsidiarität gegenüber polizei- und ordnungsrechtlichen Regelungen: Sämtliche Polizei- und Ordnungsbehördengesetze sehen nach dem Vorbild des § 14 II PVG ausdrücklich vor, daß den Polizei- und Ordnungsbehörden neben der Gefahrenabwehr nach Maßgabe der Generalklausel weitere Funktionen übertragen werden können. Dabei wird der subsidiäre Charakter der Generalklausel teils ausdrücklich hervorgehoben, so in § 1 II nordrh.-westf. OBG: „Die Ordnungsbehörden führen (die Aufgaben der Gefahrenabwehr) nach den hierfür erlassenen besonderen Gesetzen und Verordnungen durch. Soweit gesetzliche Vorschriften fehlen oder eine abschließende Regelung nicht enthalten, treffen die Ordnungsbehörden die notwendigen Maßnahmen nach diesem Gesetz", teils wird er stillschweigend unterstellt. Die hier angesprochenen „besonderen Gesetze" bilden einen Teil des Polizei- und Ordnungsrechts. Man kann insoweit von einer innerpolizeilichen Subsidiarität sprechen. Beispiele: Zuständigkeiten der Polizei- oder Ordnungsbehörden nach dem VersammlungsG 59 , dem BundesseuchenG, dem TierseuchenG, der Straßenverkehrsordnung 60 . Gewisse Fälle einer innerpolizeilichen Subsidiarität finden sich auch in den Polizei- und Ordnungsbehördengesetzen selbst. So gibt es dort Regelungen über die polizeiliche Verwahrung von Personen, über das Eindringen in Wohnungen und über die Zurücknahme von Erlaubnissen 61 . Derartige Maßnahmen dürfen jeweils nur unter den Voraussetzungen der Sonderregelung vorgenommen werden. Fehlen diese Voraussetzungen, dann müssen sie unterbleiben, auch wenn eine noch so schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung im Sinne der Generalklausel bestehen mag. bb) Subsidiarität gegenüber nicht polizeilichen Regelungen: Seit jeher hat der Gesetzgeber die Gefahrenabwehr in gewissen Sachbereichen durch Regelungen außerhalb des Polizei- und Ordnungsrechts normiert und hat die betreffenden Verwaltungsaufgaben anderen Behörden zugewiesen. Er hat diese Be59

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Zur Subsidiarität der Generalklausel im Verhältnis zum VersammlungsG s. OVG Münster DÖV 1970, 344 ff. (345). Dazu OVG Münster DVB1. 1973, 922 ff. (924), mit Nachw. §§ 9ff. ME PolG; §§22, 25 bad.-württ. PG; §§ 11, 15 brem. PG; § 4 9 II brem. VwVfG; § 49 II hamb. VwVfG; §§ 46, 52, 9 hess. SOG; § 9 nieders. SOG; § § 9 - 2 4 nordrh.-westf. PolG; §§6, 19, 49 rheinl.-pfälz. PVG; §§ 180 182, 117 schlesw.-holst. LVwG.

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reiche dadurch entpolizeilicht62. Da die Polizei sich auf die Generalklausel „nur im Rahmen der geltenden Gesetze" stützen kann, sind ihr die in Betracht kommenden Materien damit grundsätzlich verschlossen. Zu den entpolizeilichten Gebieten gehört z. B. der größte Teil der staatlichen Überwachung und Lenkung im Bereich der Wirtschaft, obwohl es dort weithin darum geht, vom einzelnen Bürger und von der Allgemeinheit Gefahren abzuwehren, ferner das bundesrechtlich geregelte Immissionsschutzrecht (Bundesimmissionsschutzgesetz vom 15. März 1974, BGBl. I S. 721)63. Entpolizeilicht ist auch die Abwehr von Gefahren, die sich aus der materiellen Hilfsbedürftigkeit einzelner und aus der besonderen Schutzbedürftigkeit von Minderjährigen ergeben (Sozialhilfe, Jugendschutz64). Ausnahmsweise dürfen Polizei- und Ordnungsbehörden auf entpolizeilichten Gebieten dann tätig werden, wenn die an sich zuständige Behörde nicht rechtzeitig eingreifen kann und sofortige Maßnahmen notwendig sind, um unmittelbar bevorstehende Gefahren abzuwenden 65 . Die Polizei, die in zahlreichen Fällen eher zur Stelle ist als eine reine Schreibtisch-Behörde, soll nicht gezwungen sein, der Entstehung eines Schadens tatenlos zuzusehen. Diese Notzuständigkeit ist in den meisten neueren Landesgesetzen ausdrücklich niedergelegt66. Die Maßnahmen im Rahmen der Notzuständigkeit sind stets auf das unbedingt Erforderliche und Unaufschiebbare zu beschränken. Die an sich zuständige Behörde muß sofort unterrichtet werden. Auf ihr Verlangen hat die Polizei die getroffenen Maßnahmen zu beseitigen, und zwar auch dann, wenn sie nach wie vor von ihrer Notwendigkeit überzeugt sein sollte. Die Polizei ist also niemals befugt, der für das Sachgebiet kompetenten Stelle ihre eigene Auffassung aufzuzwingen. c) Schutzgüter der Generalklausel: Die Polizei darf im Rahmen der Generalklausel nicht beliebige Gefahren bekämpfen, sondern nur solche, durch die die öffentliche Sicherheit oder die öffentliche Ordnung bedroht wird. Ist keines dieser beiden Schutzobjekte berührt, dann kann sie nicht tätig werden, mögen auch noch so schwerwiegende anderweitige Gefahren gegeben sein. Bei beiden Begriffen, dem der öffentlichen Sicherheit und dem der öffentlichen Ordnung, handelt es sich um sog. unbestimmte Rechtsbegriffe i. S. der

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Es handelt sich hier um eine materielle Entpolizeilichung im Gegensatz zu der bloß formellen, wie sie bei der Übertragung gefahrenabwehrender Aufgaben von den Polizei* auf die Ordnungsbehörden (oben Abschnitt I. 5) erfolgt ist. Vgl. den Grenzfall VGH Mannheim DÖV 1975, 608 ff. mit Anm. Engelhardt. Vgl. G zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit vom 27. Juli 1957 (BGBl. I S. 1058); Bundessozialhilfegesetz vom 13. Februar 1976 (BGBl. I, S. 289). Zu den Not- und Hilfszuständigkeiten s. im übrigen unten Abschnitt III. 1 a, bb, cc. § 2 I bad.-württ. PG; § 4 I berl. ASOG; § 1 II S. 1 hess. SOG; § 2 II S. 1 nieders. SOG; § 1 I S. 2 nordrh.-westf. PolG; § 168 I Nr. 2 schlesw.-holst. LVwG.

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verwaltungsrechtlichen Terminologie67. Die Behörde besitzt bei ihrer Anwendung weder einen Beurteilungsspielraum noch gar eine Ermessensfreiheit. Das Verwaltungsgericht kann stets in vollem Umfange nachprüfen, ob tatsächlich eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gegeben war68. Für den Außenstehenden mögen die beiden Begriffe auf den ersten Blick recht weit und vage erscheinen. Sie haben aber in einer ausgedehnten Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte sehr scharfe Konturen gewonnen, so daß sie den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Bestimmtheit von Eingriffsermächtigungen voll gerecht werden69. aa) Die öffentliche Sicherheit: Unter „öffentlicher Sicherheit" versteht man traditionell die Unversehrtheit von Leben, Gesundheit, Ehre, Freiheit und Vermögen der Bürger einerseits sowie Bestand und Funktionieren des Staates und seiner Einrichtungen andererseits70. Wir haben hier also zwei Schutzrichtungen, eine individual- und eine gemeinschaftsbezogene. Letztere umfaßt, neben Bestand und Einrichtungen des Staates im engeren Sinne, auch die „kollektiven Rechtsgüter", deren Schutz mit Rücksicht auf die Allgemeinheit, vornehmlich auf das Leben in der staatlich organisierten Gemeinschaft, geboten ist71. Daß auch die Unversehrtheit der Individualgüter einen Teil der „öffentlichen" Sicherheit bildet, zeigt sich schon darin, daß die Polizei nach dem Wortlaut der Generalklausel Gefahren nicht nur von der Allgemeinheit, sondern auch vom einzelnen abzuwehren hat72. Innerhalb der zu schützenden Individualgüter lassen sich zwei Gruppen unterscheiden: die materiellen und die immateriellen Güter. Das Schwergewicht des polizeilichen Schutzes verlagert sich dabei immer stärker auf die zweite Gruppe, zumal es ohnehin primär Aufgabe der Gerichte ist, Rechtsschutz gegenüber Eingriffen in die Vermögenssphäre zu gewähren (notfalls durch einstweilige Verfügung). Zunehmende Bedeutung besitzt in unserer Zeit der Schutz der menschlichen Gesundheit vor den zahlreichen Gefährdungen, die die moderne Lebensweise mit sich bringt (Lärm, Immissionen usw.). Der Schutz von Individualgütern durch die Polizei erfolgt freilich nicht 67

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Vgl. die Nachweise bei Ule / Rasch, a. a. O., § 14 PVG Rdnr. 58 a. E.; insb. PrOVG 106, 61 (63f.); BGH DVB1. 1954, 813f. = VerwRspr. 7, 689f. BGH, a.a.O. Dazu BVerwG DVB1. 1970 504ff. (506); F. Werner, BayVBl. 1970, 41 ff. (42 - 43); Dürig, in Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Rdnr. 81 zu Art. 21. Bayer. VerfGH VGH n. F. 4 II 194ff. (205); Peters, VerwR, S. 377; Drews / Wakke / Vogel/ Martens, Bd. II, S. 117ff.; diese klassische Definition geht zurück auf die amtl. Begründung zum preuß. PVG von 1931, von der insoweit auch die heute geltenden Landesgesetze ausgehen; vgl. H. H. Klein, DVB1. 1971, 233ff. (236). BVerwG DVB1. 1974, 297 ff. (299 - 300): öffentliche Wasserversorgung als Schutzgut der Generalklausel. Dazu insbes. W. Martens, DÖV 1976, 457 ff.

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(zumindest nicht primär) im privaten Interesse der Betroffenen 73 . Die öffentliche Sicherheit ist vielmehr nur dann berührt, wenn die konkrete Gefahrenlage Ausstrahlungswirkungen in die Öffentlichkeit erzeugt und damit ein öffentliches Interesse an ihrer Abwehr besteht 74 . Die bloße Selbstgefährdung eines Bürgers, die weder Dritte noch die Allgemeinheit mitgefährdet, rechtfertigt kein polizeiliches Einschreiten 75 . Die öffentliche Sicherheit erfordert, daß die verfassungs- und gesetzmäßig bestehenden Einrichtungen des Staates in ihrer rechtmäßigen Funktion nicht behindert werden. Einrichtungen in diesem Sinne sind die Volksvertretungen und Regierungen, die staatlichen Behörden (einschließlich der Polizei- und Ordnungsbehörden selbst! 76 ), aber auch Selbstverwaltungskörperschaften (Gemeinden, Universitäten) und öffentliche Anstalten. Die Polizei kann im Rahmen der Generalklausel derartige Behinderungen unterbinden, auch wenn sie im Einzelfall keinen Straftatbestand erfüllen. Der öffentlichen Sicherheit dient insbesondere die Verhütung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten. Zu ihr ist die Polizei deshalb stets auf Grund der Generalklausel berechtigt 77 . Anders ist die Rechtslage dagegen bei der Strafverfolgung. Hier würde in den meisten Fällen die Anwendbarkeit der Generalklausel schon daran scheitern, daß der Schaden für das geschützte Rechtsgut bereits endgültig eingetreten ist (das Opfer ist getötet, die Sache ist zerstört), so daß eine Gefahr nicht mehr abgewehrt werden kann. Abgesehen davon gehen die Bestimmungen der StPO (insb. §§ 158, 163 ff.) über die polizeilichen Aufgaben im Rahmen der Strafverfolgung vor. Die nur subsidiär geltende Generalklausel ist damit ausgeschaltet. Nach herrschender Meinung stört jeder Verstoß gegen eine geltende Norm des öffentlichen Rechts die öffentliche Sicherheit 78 . Infolgedessen kann die Generalklausel als Sanktionsnorm bei Verletzung von Verbotsvorschriften 79 dienen, die selbst keine besondere Eingriffsermächtigung vorsehen. So kann, 73

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Deshalb kann der einzelne eine Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung grundsätzlich nicht unter Berufung auf Notwehr oder Nothilfe entgegentreten, es sei denn, daß der Störer zugleich in rechtlich geschützte Individualinteressen eingreifen würde; vgl. BGH DVB1. 1975, 579ff. (580). So ausdrücklich z. B. § 1 I bad.-württ. PG: „ . . . soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist"; vgl. auch W. Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, 1969, S. 171; P. Häberle, Öffentliches Interesse als juristisches Problem, 1970 S. 577 — 78 sowie S. 266 Fußn. 82 (Rechtsprechungsnachweise); H. H. Klein, DVB1. 1971, 233ff. (236). Beispiele bei Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. II, S. 113 ff. — Zur Frage des Einschreitens bei Selbstmordversuchen vgl. Schnupp, Polizei 1980, 341 ff. Vgl. BVerwG DÖV 1976, 569; Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch häufiges unmotiviertes Anrufen der Polizei. Vgl. z. B. OVG Münster, VRspr. 7, 558ff. (560) = NJW 1954, 1664. OVG Münster DVB1. 1975, 588 f. (589), mit Nachw.: Drews/ Wacke / Vogel / Martens, Bd. II, S. 121 f.: vgl. aber auch H. H. Klein, DVB1. 1971, 233ff. (238). Auch von solchen des Bundesrechts; vgl. BVerwG NJW 1981, 242f.

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bei Fehlen entsprechender baurechtlicher Ermächtigungen, die Einstellung ungenehmigter Bauarbeiten auf G r u n d der Generalklausel angeordnet werden 80 . Diese Befugnis steht allerdings grundsätzlich nur der Ordnungsbehörde zu, nicht dagegen der Behörde, die für die Erteilung der fehlenden Erlaubnis zuständig wäre 81 . Auch in diesem Zusammenhang ist selbstverständlich die Subsidiarität der Generalklausel zu beachten. Die Rechtsschutzfunktion der Gerichte und sonstiger Stellen geht, soweit ihr Wirkungskreis reicht, stets vor. bb) Die öffentliche Ordnung82: Der Begriff der öffentlichen Ordnung bereitet vielfach größere Schwierigkeiten. Wie schon nach § 14 I PVG versteht m a n auch heute unter ihm die Gesamtheit der (zumeist ungeschriebenen) Regeln, deren Befolgung nach den jeweils herrschenden sozialen und ethischen Anschauungen als unerläßliche Voraussetzung f ü r ein gedeihliches Zusammenleben innerhalb der Gemeinschaft angesehen wird 83 . Die Regeln der öffentlichen Ordnung sind nicht als Rechtsvorschriften zu qualifizieren 84 . Wären sie das, so würde ein Verstoß bereits die Rechtsordnung (und damit die öffentliche Sicherheit) verletzen. Es handelt sich vielmehr um Wertvorstellungen, die erst dadurch rechtlich relevant werden, d a ß ihre Verletzung unter der Sanktion des polizeilichen bzw. ordnungsbehördlichen Einschreitens steht. Bereits aus dem Fehlen des Normcharakters ergibt sich, daß die Regeln der öffentlichen Ordnung die Bürger nicht in ihrem Verhältnis untereinander berechtigen u n d verpflichten können. Niemand hat auf G r u n d der Polizeigesetze einen Anspruch darauf, d a ß andere die Erfordernisse der öffentlichen Ordnung beachten. Der einzelne kann deshalb auch keine Notwehr gegen den Störer der öffentlichen O r d n u n g üben 8 5 . Es bleibt 80

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OVG Münster, BRS 20, 287ff. (289); BRS 22, 290ff. (291); vgl. auch VG Sigmaringen DÖV 1976, 570ff. (571): Verbot des ungenehmigten Vertriebs von sog. Minispionen wegen Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung; ferner OVG Münster NJW 1979, 1058 F. (105ß): betr. Verstoß gegen wohnungsrechtliches Zweckentfremdungsverbot. Vgl. BVerwG DÖV 1975, 208, betr. Einschreiten bei fehlender Sondernutzungserlaubnis nach § 8 I, II BFStrG. Zur verfassungsrechtlichen Legitimität des Schutzes der öffentlichen Ordnung im hier verstandenen Sinne auch unter den Anforderungen des demokratischen Rechtsstaats s. H. H. Klein, DVB1. 1971, 233ff. ( 2 3 8 - 2 4 0 ) ; Erbel, DVBI. 1972, 475ff.; Peine, DV 12 (1979), S. 25ff.; anderer Ansicht namentlich Denninger, Polizei in der freiheitlichen Demokratie, 1968, S. 31 - 38; ders., JZ 1970, 145ff.; Götz a. a. O., S. 46ff.; Achterberg, in: Fs. f. Scupin, S. 9ff. PrOVG 91, 139 (140); OVG Münster DVBI. 1957, 867; OVG Münster OVG E 12, 112ff. (115); VGH Kassel DVBI. 1969, 780; VGH Mannheim NJW 1972, 971; OVG Koblenz BRS 28, 107ff. (109); BVerwG NJW 1980, 1640ff. (1641). - Zum heutigen Verständnis im Schrifttum vgl. Thieme, ZRP 1979, 7ff.; Peine, DV 12 (1979), S. 25 ff. Dazu VG Freiburg, Bad.-württ. VB1. 1964, 187. BGH DVBI. 1975, 579 ff. (580).

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vielmehr stets der zuständigen Polizei- bzw. Ordnungsbehörde vorbehalten, bei einer Verletzung einzuschreiten 86 . Die sozialen und ethischen Wertvorstellungen, die in ihrer Gesamtheit die öffentliche Ordnung bilden, sind nicht statisch. Sie variieren im Laufe der Zeit und können auch von Ort zu Ort verschieden sein 87 . Die Entwicklung der maßgeblichen Wertvorstellungen erfolgt allerdings nicht völlig autonom. Sie ist vielmehr in die geltende Rechtsordnung eingebettet. Da die öffentliche Ordnung vom Recht anerkannt und geschützt wird, kann eine Wertung, die der Verfassung oder einem Gesetz widerstreitet, niemals Bestandteil eben dieser öffentlichen Ordnung sein. Aus diesem G r u n d werden die Beurteilungsmaßstäbe heute entscheidend vom Grundgesetz geprägt. Frühere Anschauungen über die Erfordernisse der öffentlichen Ordnung müssen daraufhin überprüft werden, ob sie sich im Einklang mit der freiheitlich-demokratischen G r u n d o r d n u n g im Sinne des G G befinden 8 8 . Politische und gesellschaftliche Auseinandersetzungen fallen so lange nicht in den Anwendungsbereich der Generalklausel, wie sie sich im Rahmen des Grundgesetzes halten. Übt j e m a n d ein ihm zustehendes Grundrecht aus, so kann er damit nicht die öffentliche Ordnung verletzen. Deshalb darf die Polizei z. B. die Aufführung eines Films, die durch das Grundrecht der Kunstfreiheit in Art. 5 III G G gedeckt ist, nicht untersagen 8 9 . Eine Versammlung, die friedlich u n d ohne Waffen durchgeführt wird, ist nach Art. 8 I G G ohne Erlaubnis gestattet; sie verstößt nicht gegen die öffentliche Ordnung 9 0 . Zu prüfen bleibt freilich stets, wieweit sich der Wirkungsbereich des jeweils in Anspruch genommenen Grundrechts erstreckt. Es kann nämlich sein, daß dieser Bereich seinerseits unmittelbar oder mittelbar durch die Schutzobjekte der polizeilichen Generalklausel beschränkt wird. Die Rechtslage ist insoweit bei den einzelnen Grundrechten sehr verschieden. Sie hängt davon ab, inwieweit das G G eine Einschränkung des betreffenden Grundrechts zuläßt 91 . In jedem Fall gilt, daß die Polizei die für die öffentliche Ordnung maßgeblichen Wertvorstellungen nicht selbst bilden, also nicht eigene Maßstäbe ent86

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Zu der Frage, inwieweit der einzelne verlangen kann, daß die Behörde zu seinem Schutz tätig wird, s. unten Abschn. II 1 f. Vgl. etwa BVerwG NJW 1980, 1640 ff. (1641): Die öffentliche Ordnung wird durch Lärm gestört, der zwar noch keine Gesundheitsgefahr bildet (und deshalb nicht die öffentliche Sicherheit beeinträchtigt), gleichwohl aber des nach allgemeiner Anschauung zumutbare Maß überschreitet; ferner OVG Lüneburg NJW 1974, 820f.; Bordellbetrieb verstößt gegen die öffentliche Ordnung. Insoweit zutreffend Denninger, Polizei in der freiheitlichen Demokratie, 1968, S. 7 ff. BVerwG E 1, 303 (,,Sünderin"-Fall). Zum Verhältnis von Versammlungsfreiheit und Polizei s. überzeugend H. H. Klein, DVB1. 1971, 233 ff. (240 - 242) mit Nachweisen zum Streitstand. Zur Grenzziehung zwischen Grundrechtsschutz und Anforderungen der öffentlichen Ordnung s. näher die 5. Aufl. dieses Beitrags, S. 185 ff.

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wickeln darf, sondern sie rein kognitiv festzustellen hat. Sie muß empirisch erforschen, welches die in der Gemeinschaft herrschenden Vorstellungen sind. Eine völlige Einhelligkeit wird sich dabei regelmäßig nicht ergeben. Es genügt deshalb, wenn die betreffenden Anschauungen von der überwiegenden Mehrheit getragen werden. Ist dagegen eine bestimmte Frage so umstritten, daß sich nicht einmal eine deutlich überwiegende Mehrheit für eine Auffassung ermitteln läßt, dann muß es bei dem non liquet bleiben. Eine von der Polizei durchzusetzende Anforderung der öffentlichen Ordnung besteht dann insoweit nicht. d) Polizeiliche Gefahr: Jedes Einschreiten auf Grund der Generalklausel setzt voraus, daß der Allgemeinheit oder dem einzelnen eine Gefahr droht. Damit wird der Begriff der Gefahr zu einem der Zentralbegriffe des Polizeiund Ordnungsrechts. aa) Gefahrenbegriff2: Die klassische Formulierung des preuß. OVG, die noch heute als maßgeblich gilt, definiert die Gefahr als eine Sachlage, die bei ungehindertem Ablauf erkennbar zu einem Schaden, d. h. zur Minderung eines tatsächlich vorhandenen normalen Bestandes an Lebensgütern durch von außen kommende Einflüsse führen würde 93 . Die Feststellung einer Gefahr erfordert damit stets die Prognose eines zukünftigen (hypothetischen) Geschehensablaufs. Diese Prognose muß sich eines objektiven Maßstabs bedienen 94 . Subjektive Befürchtungen besonders ängstlicher Betrachter rechtfertigen kein polizeiliches Einschreiten. Von einem Schaden kann erst gesprochen werden, wenn die zu erwartende Beeinträchtigung einen bestimmten Intensitätsgrad erreicht. Bloße Belästigungen, die hinter diesem Intensitätsgrad zurückbleiben, müssen hingenommen werden 95 . Auch sie können aber, je nach Lage des Falles, als Schaden gewertet werden, wenn sie gehäuft auftreten 96 . Unter den heutigen Gegebenheiten des Zusammenlebens zahlloser Menschen auf engem Raum lassen sich vielfach Beeinträchtigungen nicht oder nur schwer vermeiden. Würde man die maßgebliche Intensitätsschwelle zu niedrig ansetzen, dann müßten Betätigungsweisen als Gefahren qualifiziert werden, auf die die moderne Gesellschaft nicht verzichten kann (Straßenverkehr, industrielle Produktionen). Würde man sie umgekehrt zu sehr nach oben verschieben, dann könnte das Gemeinschaftsleben zur technisch perfektionierten Hölle werden. 92 93

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Zum Begriff der polizeilichen „Gefahr" s. O. Schneider, DVB1. 1980, 406 ff. PrOVG 77, 333 (338); 77, 341 (345); 87, 301 (310); VGH Stuttgart, VerwRspr. 4, 440 (444) und 4, 486 (492); OVG Lüneburg, OVG E 10, 341 (342); OVG Münster, OVG E 14, 69ff. (73); BVerwG NJW 1970, 1890ff. (1892); ähnlich BVerwG E 45, 51 (57); OLG Karlsruhe DVB1. 1977, 968. Vgl. BVerwG E 45, 51 (57): „bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens". PrOVG 95, 141 (LS, 143); OLG Karlsruhe NJW 1978, 1637f.; VGH Kassel ESVGH 10, 152 = DVB1. 1960, 780. Vgl. OLG Karlsruhe NJW 1978, 1637f. (betr. wildes Plakatieren).

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Die Abgrenzung zwischen dem Bereich des von der Polizei zu verhütenden Schadens und der polizeilich irrelevanten bloßen Belästigung erfordert damit stets ein Werturteil, bei dem die konkurrierenden Lebensgüter und Interessen gegeneinander abgewogen werden müssen. Abstrakte Formeln, wie man sie vielfach findet, können dabei nur wenig helfen. Das Ergebnis der Abwägung kann nach Zeit und Ort verschieden sein. Ein bestimmter Lärmpegel, der tagsüber als bloße Belästigung geduldet werden muß, kann während der Zeit der Nachtruhe zu einer Gesundheitsgefahr führen. Gerüche, die in ländlichen Verhältnissen normal sind, erweisen sich in der Stadt möglicherweise als Gefahrenquellen 97 . Die definitorische Einschränkung, daß die Beeinträchtigung einem tatsächlich vorhandenen Bestand an Lebensgütern drohen muß, ergibt sich aus dem Verbot der sog. Wohlfahrtspflege. Die Polizei ist dazu berufen, das Vorhandene zu sichern, nicht aber den bestehenden Zustand in Richtung auf eine Verbesserung der Verhältnisse zu ändern. Polizeilich geschützt ist nur der normale Bestand an Lebensgütern. Deshalb bedeutet eine Beeinträchtigung dann keine Gefahr, wenn sie lediglich infolge einer außergewöhnlichen Disposition (etwa einer besonderen Empfindlichkeit) der Betroffenen zu einem Schaden führen kann. Hundegebell, das in einer Wohngegend von normal Empfindlichen allenfalls als Belästigung empfunden wird, kann nicht deshalb untersagt werden, weil es einen einzelnen Schwerkranken ernstlich in seiner Gesundheit gefährdet; anders wäre u. U. bei Hundegebell in einem Klinikviertel zu entscheiden. Da es sich um die Abwehr drohender, d. h. noch bevorstehender Gefahren handelt, wird vielfach keine über jeden Zweifel erhabene Aussage über den Schadenseintritt möglich sein. Ob eine Hausruine Lebensgefahren herbeiführt, läßt sich mit völliger Gewißheit erst feststellen, wenn sie bereits eingestürzt ist und einen Passanten erschlagen hat. Daher genügt es für die Annahme einer bevorstehenden Gefahr, daß nach der Lebenserfahrung die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, der Schaden werde ohne Eingreifen der Polizei eintreten 98 . Eine absolute Gewißheit ist nicht erforderlich. Der Grad an Wahrscheinlichkeit, der im Einzelfall gefordert werden muß, um ein Einschreiten zu rechtfertigen, hängt von der Bedeutung des jeweiligen Schutzgutes und vom Umfang des befürchteten Schadens ab 99 . Die Feststellung der im Einzelfall für das Einschreiten „hinreichenden" Wahrscheinlichkeit ist insofern kein reiner Erkenntnisakt. Sie schließt viel97

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Vgl. den sog. Schweinemäster-Fall: OVG Münster, OVG E l l , 250ff. = DÖV 1957, 870 f. = DVB1. 1957, 867. - Zur Belästigung durch Dünste oder Rauch s. PrOVG 18, 303; VGH Kassel DÖV 1950, 376; BVerwG DVB1. 1969, 586; zum nächtlichen Hundegebell s. PrOVG 88, 209 (212). PrOVG 87, 301 (310); 98, 81 (86); BGH DVB1. 1954, 813; OVG Saarlouis DÖV 1973, 863ff. (864); VGH München NJW 1979, 2631; OVG Münster NJW 1980, 956. OVG Lüneburg DVB1. 1977, 347ff. (351).

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mehr eine wertende Abwägung auf der Grundlage des rechtsstaatlichen Prinzips der Verhältnismäßigkeit ein. Ist das Schutzgut besonders bedeutsam oder der möglicherweise eintretende Schaden sehr groß, dann können an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts nur entsprechend geringere Anforderungen gestellt werden 100 . In den Fällen, in denen das Gesetz für bestimmte Eingriffe (Maßnahmen gegen Nichtstörer im polizeilichen Notstand, polizeilicher Gewahrsam u. a.) eine „gegenwärtige" oder eine „unmittelbar bevorstehende" Gefahr voraussetzt, sind dagegen regelmäßig strengere Anforderungen an den Wahrscheinlichkeitsgrad zu stellen, zumal die geforderte zeitliche Nähe der Gefahr normalerweise auch die Sicherheit der Prognose erhöhen wird 101 . Für die Ermittlung der Gefahr kommt es auf die Beurteilung ex ante, also im Zeitpunkt des polizeilichen Handelns, an 102 . War damals der Schaden wahrscheinlich, dann ist die Bejahung der Gefahr rechtmäßig, auch wenn der weitere Verlauf die Prognose als unrichtig erweisen sollte 103 . Die so charakterisierte Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts muß objektiv vorliegen. Die Rechtfertigung zum Eingreifen ergibt sich also nicht aus der subjektiven Überzeugung des handelnden Beamten, sondern aus der objektiv gegebenen Lage. — In der Praxis begegnen allerdings oftmals Situationen, in denen tatsächliche Umstände auf das Vorliegen einer Gefahr hindeuten, ohne daß aber sofort eindeutig Klarheit geschaffen werden kann (Anscheinsgefahr, Putativgefahr). Hier wird der objektiv verifizierbare Anschein der Gefahr als selbständige Störung i. S. des Polizeirechts angesehen 104 . Es handelt sich um eine Hilfskonstruktion, die verhindern soll, daß die Polizei den Ereignissen so lange tatenlos zusehen muß, bis es für die Abwendung des Schadens zu spät ist. Die Polizei darf demnach einen dem objektiven Anschein nach gefahrbringenden Kausalverlauf so lange unterbrechen, bis sie in der Lage ist, sich Klarheit über das tatsächliche Vorhandensein einer Gefahr zu verschaffen 105 . Ein Einschreiten wäre dagegen rechtswidrig, wenn der handelnde Beamte sich den Anschein der Gefahr lediglich subjektiv eingebildet hätte, ohne daß entsprechende objektive Verdachtsmomente gegeben gewesen wären 106 . 100 101 102

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BVerwG NJW 1970, 1890ff. (1892); BVerwG E 47, 31 (40). BVerwG E 45, 51 (58); OVG Saarlouis DÖV 1973, 863ff. (864). BVerwG DVB1. 1975, 888ff. (889): „nach den Verhältnissen und dem Erkenntnisstand zur Zeit ihres Erlasses". OVG Münster NJW 1980, 956; s. a. BGH DVB1. 1954, 813. BVerwG E 45, 51 (58); BVerwG DVB1. 1975, 888ff. (889); näher dazu HoffmannRiem, in: Fs. f. Wacke, S. 327ff. vgl auch VG Würzburg NJW 1980, 2541 ff. (2542). PrOVG 77, 333 (339); VGH Baden-Württ. DVB1. 1970, 511 ff. (514); vgl. auch BGHZ 5, 144 (LS 1, 149); teilweise abweichend Ule / Rasch, a . a . O . , S. 42 f. Nach OVG Münster NJW 1980, 138, kann eine Anscheinsgefahr auch die polizeiliche Ingewahrsamnahme rechtfertigen. Zumindest in der Formulierung zu weit OVG Berlin D Ö V 1974, 27 ff. (28): „die Polizei konnte davon ausgehen, daß . . . "

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bb) Latente Gefahr107: Gefahren sind stets situationsbedingt. Sie realisieren sich vielfach erst dann, wenn mehrere Handlungen oder mehrere Zustände von Sachen zusammentreffen. Eine bestimmte, zunächst völlig ungefährliche Situation kann später beim Hinzutreten weiterer Umstände plötzlich zu einer Gefahr werden. Vor allem können Veränderungen in der Umwelt bewirken, daß eine bisher ungefährliche Sache — die ihrerseits unverändert bleibt — sich nunmehr als Gefahrenherd erweist: Ein bebautes oder bepflanztes Grundstück wird durch die Verstärkung des Verkehrs auf der benachbarten Straße zu einem Verkehrshindernis 108 . Eine Schweinemästerei, die ursprünglich im freien Gelände lag, beeinträchtigt die Bewohner der nachträglich bebauten Nachbargrundstücke 109 . Man spricht hier von einer „latenten Gefahr", die sich erst später aktualisiere. Problematisch ist dabei stets, ob der Eigentümer der ursprünglich ungefährlichen Sache wegen der später aktuell gewordenen Gefahr polizeirechtlich in Anspruch genommen werden kann. Die Rechtsprechung hat das im ersten Beispielsfall verneint; sie hat dagegen die Verantwortlichkeit des Inhabers der Schweinemästerei bejaht 110 . Die einschlägigen Entscheidungen können vielfach zumindest in der Begründung nicht überzeugen. Sie versuchen, der Problematik mit rein begrifflichen Argumenten oder mit Erwägungen über die Verursachung der Gefahr gerecht zu werden. Diese Betrachtungsweise führt jedoch nicht zu sachgerechten Ergebnissen 111 . In sämtlichen in Betracht kommenden Fällen besteht eine objektive Unverträglichkeit zwischen mehreren benachbarten Sachen und ihrer Nutzung. Keine von ihnen würde, isoliert gedacht, als gefährlich angesehen werden können. Die Gefahr resultiert erst aus ihrem Nebeneinander. Jede von ihnen würde, dächte man sie hinweg, die Gefahr verschwinden lassen. Man kann unter diesen Umständen nicht behaupten, nur eine einzelne der beteiligten Sachen „verwirkliche" die Gefahr und sei deshalb polizeiwidrig112. Es kommt vielmehr jeweils darauf an, welche rechtlichen Grenzen der Nutzung der beteiligten Sachen im Verhältnis zu den Nachbarn gezogen sind. Dabei kann sich im Einzelfall ergeben, daß der Zustand derjenigen Sache als polizeiwidrig zu bewerten ist, von der aktive Einwirkungen (Gerüche, Geräu107

Zum folgenden Friauf, DVB1. 1971, 713ff. ( 7 1 6 - 7 1 9 ) ; Breuer, Die Bodennutzung im Konflikt zwischen Städtebau und Eigentumsgarantie, 1976, S. 252ff.; Schenke, JuS 1977, 789ff.; Sendler, WiVerw 1977, 9 4 f f ; Fröhler / Kormann, GewArch. 1978, 245 ff,; Wolff / Bachof, VwR III, 4. Aufl., § 127 I c, Rdnr. 16 - 17. 108 OVG Lüneburg OVG E 14, 396 (401 ff.); 17, 447 (451 f.); s. dazu K. Vogel, JuS 1961, 91 ff. 109 OVG Münster OVG E 11, 250ff.; dazu Menger, VerwA 50 (1959), S. 77ff. ( 8 5 86); Quaritsch, DVB1. 1959, 455ff.; Schnur, DVB1. 1962, l f f . ( 5 - 7 ) ; Ule / Rasch, a. a. O., S. 120f. Wie OVG Münster jetzt auch VGH Kassel, BRS 20, 284ff. (285 286). 110 Anderer Ansicht: Ule / Rasch, a. a. O., S. 121. " ' S . näher Friauf, DVB1. 1971, 713 ff. (716 - 17). 112 So aber das OVG Münster im Schweinemästerfall, OVG E l l , 250.

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sehe, Funkenflug) auf ihre Umwelt ausgehen (Grundsatz der Störungsneutralität)m oder die zuletzt verändert worden ist und damit das bisherige Umweltgleichgewicht verschoben hat (Grundsatz der Priorität)11*. Es sind aber, je nach der konkreten Wertungslage, auch umgekehrte Entscheidungen möglich115. Der Sache nach handelt es sich meist um die Korrektur von Planungsfehlern, für die das Polizeirecht nur bedingt tauglich ist. Eine befriedigende Lösung kann nur vorbeugend durch entsprechende Planungsmaßnahmen erfolgen, die bereits die Entstehung der Störungslage verhindern 116 . e) Anwendung der Generalklausel: Um die Generalklausel auf einen bestimmten Fall anwenden zu können, müssen wir uns Klarheit über ihre rechtliche Konstruktion und das Zusammenspiel ihrer einzelnen Elemente verschaffen. Das wird durch eine sprachliche Umformulierung erleichtert: „ Wenn der Allgemeinheit oder einem einzelnen Gefahren drohen und dadurch die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährdet wird, dann haben die Polizeibehörden im Rahmen der geltenden Gesetze die nach pflichtgemäßem Ermessen notwendigen Maßnahmen zu treffen." Bei dieser Formulierung heben sich die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen deutlich von der Rechtsfolgebestimmung ab. aa) Der Tatbestand erfordert, daß die Allgemeinheit oder ein einzelner einer Gefahr (oben I. 1 d) ausgesetzt ist und daß dadurch die öffentliche Sicherheit oder Ordnung (oben I. 1 c) bedroht wird. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist im Einzelfall vom Verwaltungsgericht voll nachzuprüfen 117 . Ein Beurteilungsspielraum steht der Polizei insoweit nicht zu. bb) Die Rechtsfolge wird dagegen vom Gesetz in das Ermessen der zuständigen Behörde gestellt: Sie hat „nach pflichtgemäßem Ermessen" vorzugehen. Es gilt hier also das Opportunitätsprinzip"8, nicht das Legalitätsprinzip. Die Grenzen des polizeilichen Ermessens119 bestimmen sich nach den Grundsätzen des Allgemeinen Verwaltungsrechts. Dazu gehört insbesondere die Regel, daß von jeglicher Ermessensermächtigung nur entsprechend ihrem 113

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Vgl. z.B. BVerwG DVB1. 1971, 751 ff. (Fall der Fischgroßhandlung im Wohngebiet); OVG Münster OVG E 11, 250 (Schweinemäster-Fall); hinsichtlich privatrechtlicher Abwehransprüche in dieser Situation s. BGHZ 67, 252. OVG Lüneburg OVG E 14, 396 (Tankstellenfall) und OVG E 17, 447 (Heckenfall). S. etwa PrOVG 65, 369 (Eisenbahnfall): polizeiwidrig ist nicht der Betrieb der funkensprühenden Eisenbahn, sondern der Zustand des durch Funkenflug gefährdeten, schon vor Errichtung der Eisenbahnanlage vorhandenen Hauses. Vgl. ferner den Friedhofsfall: OVG Münster, Urt. v. 30.5. 1952 (wiedergegeben bei Wache, DÖV 1960, 93 ff., 95). Zum vorbeugenden Rechtsschutz des „latenten Störers" s. näher Fröhler, WiVerw 1977, 114 ff. Vgl. die Nachweise oben Anm. 67. Dazu Ossenbühl, DÖV 1976, 463 ff. Schmatz, Die Grenzen des Opportunitätsprinzips im heutigen deutschen Polizeirecht, 1966; Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. I, S. 135 - 72.

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Zweck Gebrauch gemacht werden darf. Die Polizei darf ihr Ermessen deshalb nur aus polizeilichen Gründen, also unter dem Blickwinkel der Erfordernisse der Gefahrenabwehr, ausüben 120 . Es gilt das Gebot der Verfolgung „polizeilicher Motive". Das Ermessen erstreckt sich zunächst auf die Frage, ob im Einzelfall überhaupt eingeschritten werden soll oder nicht. Unter Umständen kann ein Einschreiten unterbleiben, um die Entstehung anderweitiger schwerer wiegender Polizeigefahren oder Mißstände zu verhindern 121 . Die polizeiliche Aufgabe würde jedoch verfehlt und der Ermessensrahmen eindeutig überschritten, wenn man dazu überginge, aus Gründen politischer Opportunität erhebliche Rechtsbrüche systematisch zu tolerieren. Hat die Polizei sich im Rahmen ihres Ermessens einmal zum Eingreifen entschlossen, dann taucht die weitere Frage auf, wie sie vorgehen soll. Dabei ist sie nicht in gleicher Weise frei wie bei der Entscheidung über das „Ob". Die Generalklausel gestattet ihr nämlich nur die Anwendung „notwendiger Maßnahmen". Die Notwendigkeit muß jeweils nach den Umständen des konkreten Falles ermittelt werden 122 . Notwendig ist eine Maßnahme insbesondere dann nicht, wenn sie objektiv untauglich ist, um den erstrebten Erfolg herbeizuführen 123 , ferner wenn sie etwas tatsächlich oder rechtlich Unmögliches verlangt 124 . In unmittelbarem Zusammenhang mit der Notwendigkeit der Maßnahme stehen zwei rechtsstaatliche Anforderungen, die in den neueren Polizeigesetzen noch einmal ausdrücklich bekräftigt worden sind: die Prinzipien der Verhältnismäßigkeit und des geringstmöglichen Eingriffs. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit darf eine Maßnahme nicht zu einem Schaden führen, der erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht 125 . Bei der hier gebotenen Abwägung sind u. a. die Bedeutung des jeweils bedrohten Schutzguts, die Schwere des drohenden Schadens und der Grad der 120

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VGH Stuttgart VerwRspr. 9, 749 (LS 4, 753); etwas weitgehend OVG Münster, VerwRspr. 20, 170 (LS 2, 173). Zum Ermessen beim Einschreiten gegen rechtswidrige Demonstrationen s. LG Hannover DVB1. 1970, 520ff.; OLG Celle DÖV 1972, 243 ff. (244). Vgl. OVG Lüneburg NJW 1974, 820f.; OVG Münster, OVG E 8, 320; OVG Münster GewArch. 1971, 92; zur Ausübung des polizeilichen Ermessens bei der Entscheidung über die Räumung eines widerrechtlich besetzten Hauses s. VG Berlin NJW 1981, 1748 f. Es handelt sich hier um eine Rechts-, nicht eine bloße Ermessensfrage; s. dazu BVerwGE 30, 313; VGH Mannheim DVB1. 1970, 511 ff. (513). OVG Lüneburg DVB1. 1957, 275 (276) = OVG E 11, 360 (363). Vgl. PrOVG 24, 384 (385); 70, 419 (420); 95, 121 ff.; VGH Kassel BRS 17, 262; OVG Bremen BRS 18, 239 f. (240). Z. B. § 5 II bad.-württ. PG; § 8 II berl. ASOG; § 15 II nordrh.-westf. OBG; § 5 S. 2 hess. SOG; § 2 S. 2 rheinl.-pfälz. PVG. Dazu BVerwG E 39, 190 (195); OVG Münster NJW 1980, 2210f.; eingehend Riegel, BayVBl. 1980, 581 ff.

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Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zu berücksichtigen 126 . Unter Umständen kann hier auch der Grad des Verschuldens eine Rolle spielen, das den Polizeipflichtigen an der Entstehung der Gefahr trifft 127 , obwohl die Störerhaftung als solche nicht vom Verschulden abhängt. Das Erfordernis des geringstmöglichen Eingriffs verlangt, daß unter verschiedenen an sich tauglichen Maßnahmen nur diejenigen angewandt werden dürfen, die den einzelnen und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigen 128 . Beide Grundsätze stehen nicht alternativ, sondern kumulativ nebeneinander. Sie sind also gleichzeitig zu beachten. Wenn im Einzelfall eine Maßnahme, die den geringstmöglichen Eingriff zur Beseitigung der Gefahr darstellt, immer noch zu einem unverhältnismäßigen Schaden führen, also gegen das Erfordernis der Verhältnismäßigkeit verstoßen würde, dann muß die Polizei in diesem Fall überhaupt untätig bleiben. Bleiben nach Beachtung der Erfordernisse von Notwendigkeit, Verhältnismäßigkeit und geringstmöglichem Eingriff mehrere rechtlich zulässige Maßnahmen übrig, dann kann die Polizei unter diesen nach pflichtgemäßem Ermessen wählen 129 . Sie hat jedoch dem Betroffenen auf Antrag zu gestatten, ein von ihm angebotenes anderes Mittel anzuwenden, durch das die Gefahr ebenso wirksam abgewehrt werden kann 130 . cc) Die Fallprüfung vollzieht sich also folgendermaßen 1 3 1 : 1. Vorliegen einer Gefahr und Bedrohung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung (gerichtlich nachprüfbare Rechtsanwendung), 2. Entscheidung, ob eingeschritten werden soll oder nicht (Ermessensfrage), 3. Bestimmung der notwendigen Mittel (Rechtsanwendung), 4. Auswahl unter mehreren in Betracht kommenden notwendigen Mitteln (Ermessensfrage), 5. Prüfung, ob ein vom Betroffenen angebotenes anderweitiges Mittel ebenso geeignet ist (Rechtsanwendung). f ) Pflicht der Polizei zum Einschreiten und Rechtsanspruch des Bürgers auf Einschreiten: Nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen kann sich der Ermessensspielraum einer Behörde im Einzelfall soweit verengen, daß nur eine einzige Entscheidung den Erfordernissen einer pflichtgemäßen Ermessensausübung genügt (sog. Ermessensreduzierung auf Null). In diesem Falle ist die Behörde positiv verpflichtet, in dem bestimmten Sinne vorzugehen. Jedes andere Verhalten wäre rechtswidrig. 126 127 128

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BVerwG DVB1. 1974, 297ff. (300); OVG Münster NJW 1980, 2210f. (2211). Vgl. OVG Münster DVB1. 1975, 588 f. (589). Z. B. § 3 II ME PolG; § 5 I bad.-württ. PG; § 8 I berl. ASOG; § 2 I nordrh.-westf. PolG; § 15 I nordrh.-westf. OBG; § 5 S. 1 hess. SOG; § 30 II 1 nieders. SOG. OVG Münster NJW 1980, 2210f. (2211). § 9 II 2 berl. ASOG; § 3 II nordrh.-westf. PolG; § 21 nordrh.-westf. OBG; § 8 S. 2 hess. SOG; §48 II 3 rhein.-pfälz. PVG; eingehend dazu Grupp, VerwA 69 (1978), S. 125 ff. Dazu s. auch Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. I, S. 137.

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Derartige Situationen kommen im Polizeirecht nicht selten vor. Wenn Leben, Gesundheit, Freiheit oder Eigentum eines Bürgers oder wenn das Funktionieren öffentlicher Einrichtungen unmittelbar durch schwere Gefahren bedroht sind und wenn die Polizei in der Lage ist, diesen Gefahren ohne Vernachlässigung anderer gleichgewichtiger Schutzgüter zu begegnen, dann wird regelmäßig nur der Entschluß zum Einschreiten als pflichtmäßige Betätigung des Ermessens angesehen werden. Andernfalls würde die Polizei die auch vom BVerfG anerkannte „Pflicht des Staates, die Sicherheit seiner Bürger und deren Vertrauen in die Funktionsfähigkeit der staatlichen Institutionen zu schützen" 132 , grob vernachlässigen. Die Polizei ist deshalb rechtlich verpflichtet, die Gefahr abzuwenden 133 . Das muß insbesondere dann gelten, wenn die Bürger, die durch die polizeiwidrigen Vorgänge bzw. Zustände in ihren Rechtsgütern bedroht sind, aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht über die Möglichkeit einer Selbsthilfe verfügen. Die Feststellung einer polizeilichen Pflicht zum Einschreiten bedeutet nun allerdings nicht ohne weiteres, daß die betroffenen Bürger zugleich ein subjektiv-öffentliches Recht und damit einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch gegen die Polizei auf Tätigwerden zu ihrem Schutz besitzen; denn nicht jeder öffentlich-rechtlichen Pflicht einer Behörde korrespondiert ein Anspruch desjenigen, der von ihrer Erfüllung Vorteile hat. Ein Anspruch ist vielmehr nur dann gegeben, wenn die pflichtbegründende Rechtsnorm nicht lediglich öffentlichen Interessen, sondern (zumindest gleichzeitig auch) den persönlichen Interessen der Betroffenen zu dienen bestimmt ist. Insoweit mußten im Polizeirecht zunächst gewichtige Zweifel überwunden werden: Nach dem traditionellen Wortlaut der Generalklausel hat die Polizei (nur) die Gefahren abzuwehren, durch die die „öffentliche Sicherheit oder Ordnung" bedroht wird. Einzelne Landesgesetze sagen überdies ausdrücklich, die Polizei habe einzuschreiten, „soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist" 134 . Das scheint die Folgerung nahezulegen, daß nach der Konzeption des Gesetzes die Rechtspflichten der Polizei nicht den persönlichen Interessen einzelner Bürger dienen sollen und daß demnach kein Rechtsanspruch auf ihre Erfüllung gegeben ist. Gleichwohl erkannten die Zivilgerichte schon seit längerer Zeit Amtshaftungsansprüche zu, wenn jemand infolge pflichtwidriger Untätigkeit der Polizei geschädigt worden war 135 . Sie unterstellten dabei ohne weiteres, daß den betreffenden Beamten gegenüber den Geschädigten eine Amtspflicht zum Tätigwerden obliege. Das BVerwG hat erstmals in einem Urteil aus dem Jahre i960 136 — mehr beiläufig und ohne auf die Tragweite dieser Feststellung 132 133

134 136

BVerfGE 46, 214(223) S. z. B. BVerwG E 11, 95 (97); BGH VerwRspr. 5, 319ff. (320); BGH DVB1. 1953, 676; BGH VRS 7, S. 87ff.; OVG Münster BRS 18, 254f.; R. Krüger, Privatrechtsschutz als Polizeiaufgabe, 1976. 135 S. § 1 I 1 bad.-württ. PG. S. die BGH-Entscheidungen in Fußn. 133. BVerwG E 11, 95; bestätigt durch BVerwG E 37, 112 (113).

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hinzuweisen — den Standpunkt vertreten, der Bürger könne im Einzelfall einen strikten Rechtsanspruch auf polizeiliches Einschreiten besitzen 137 . Inzwischen hat sich die ganz überwiegende Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum dieser Ansicht angeschlossen 138 . Sie findet eine gewisse Bestätigung darin, daß einige neuere Polizeigesetze in Übereinstimmung mit dem Musterentwurf den Schutz privater Rechte insoweit zum Aufgabenbereich der Polizei zählen, als gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne polizeiliche Hilfe die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde 139 . Heute gilt als gesicherte Rechtsauffassung, daß ein Anspruch auf polizeiliches Einschreiten bestehen kann, sofern die Gefahrenabwehr im konkreten Fall zugleich die Individualbelange eines einzelnen Bürgers schützt. Der Anspruch setzt im Einzelfall voraus, daß das Ermessen der zuständigen Behörde unter den gegebenen Umständen „auf Null reduziert" ist140. Ein solcher Anspruch kann allerdings stets nur dem Gestörten, nicht dem Störer selbst zustehen. Die Fürsorge für den Störer überschreitet - mag sie auch im Einzelfall sozialstaatlich motiviert sein - den Funktionsbereich der Polizei 141 . Aus einer isolierten Betrachtung der Generalklausel läßt sich dieser Anspruch allerdings schwerlich herleiten. Man muß zu seiner Begründung vielmehr auf das vom G G geprägte Verhältnis zwischen Staat und Bürger zurückgreifen. Der Bürger ist danach kein bloßes Objekt staatlicher Fürsorge, sondern zumindest insoweit, wie seine vitalen Belange in Frage stehen, Träger subjektiver Rechte gegen den Staat 142 . Insoweit hat er auch einen Anspruch darauf, daß die Polizei zum Schutz seiner Lebensgüter eingreift 1423 . Dabei ist aber das polizeirechtliche Subsidiaritätsprinzip besonders ernst zu nehmen. Solange der Bürger sich auf andere Weise, insbesondere durch Anrufung der Gerichte, selbst helfen kann, braucht die Polizei ihn nicht zu 137

Dazu die Urteils-Anm. von Bachof, DVB1. 1961, 128 ff. OVG Münster DVB1. 1967, 546ff.; OVG Lüneburg DVB1. 1967, 779ff.; OVG Lüneburg DVB1. 1976, 719f.; OVG Berlin NJW 1980, 2484f.; VG Bremen DVB1. 1976, 720f.; Martens, JuS 1962, 245ff.; Henke, DVB1. 1964, 649ff.; Buschlinger, DÖV 1965, 374ff.; Menger / Erichsen, VerwA 57 (1966), S. 175ff. (180ff.); König, BayVBl. 1969, 45ff.; Erichsen, VVDStRL 35 (1977), S. 171 ff. ( 2 1 0 - 1 5 ) . u.a. Aus der ablehnenden älteren Rspr. s. z. B. OVG Münster OVG E 6, 43 (51); VGH Kassel VerwRspr. 9, 101 (103f.); vgl. auch Bettermann, NJW 1961, 1097ff. 139 § 1 II ME PolG; § 2 II bad.-württ. PG; § 4 II berl. ASOG; § 3 hess. SOG; § 1 II nordrh.-westf. PolG. 140 Andernfalls fehlt es schon an der objektiven Rechtspflicht der Polizei zum Einschreiten, so daß die Frage eines Anspruchs von vornherein nicht auftreten kann; vgl. etwa VG Berlin DVB1. 1981, 785 f. 141 Abzulehnen deshalb OVG Berlin NJW 1980, 2484f. 142 Dazu Bachof, VerfassungsR, VerwaltungsR, VerfahrensR, I, S. 283f.; Ule/Rasch, a. a. O., S. 61. I42a Abweichender Begründungsansatz bei Erichsen, VVDStRL 35 (1977), S. 171 ff. (214-215).

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schützen 143 . Es ist nicht ihre Aufgabe, ihm das Risiko eines Rechtsstreits gegen den Beeinträchtiger abzunehmen. 2. Polizeipflichtige Personen In zahlreichen Fällen kann die Polizei Gefahren nur dadurch abwenden bzw. bereits eingetretene Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung nur dadurch beseitigen, daß sie bestimmten Personen Handlungs- oder Duldungspflichten auferlegt (z. B. dem Eigentümer einer Sache, die entweder den Gefahrenherd darstellt oder deren Inanspruchnahme zur Beseitigung der Gefahr unentbehrlich ist). In anderen Fällen wäre die Polizei zwar in der Lage, mit eigenen Mitteln oder durch Beauftragung von Hilfspersonen der Gefahr zu begegnen (z. B. ein den Verkehr auf öffentlicher Straße gefährdendes Hindernis beiseite zu räumen). Sie möchte aber die Aufwendung von Steuergeldern vermeiden und statt dessen einen Privaten zur Gefahrenabwehr heranziehen. Bei der zweiten Fallgruppe geht es also nur um die Frage der Lastenverteilung zwischen einem einzelnen und der Allgemeinheit der Steuerzahler, bei der ersten dagegen zugleich auch (oder möglicherweise ausschließlich) darum, der Polizei überhaupt erst eine Eingriffsmöglichkeit gegenüber demjenigen zu verschaffen, der die Gefahrensituation beherrscht. Der Gesetzgeber hat die Polizei- und Ordnungsbehörden ermächtigt, zur Erfüllung ihrer gefahrenabwehrenden Aufgaben in die Rechtssphäre von bestimmten Einzelpersonen einzugreifen. Dabei unterscheidet er den Eingriff gegen diejenigen, die aus besonderen Gründen für eine konkrete Gefahr verantwortlich' 44 sind (polizeipflichtige Personen oder Störer), als Regelfall von dem nur ausnahmsweise, im sog. polizeilichen Notstand, zulässigen Eingriff gegen außenstehende Dritte. Der Störer hat den polizeilichen Eingriff zu dulden und die finanziellen Lasten der Gefahrenbeseitigung zu tragen. Ein Entschädigungsanspruch für die ihm zugemuteten Vermögenseinbußen steht ihm grundsätzlich nicht zu 145 . Polizeiliche Maßnahmen gegen ihn wirken nicht als Enteignung, sondern weisen ihn nach der h. M. lediglich in die Schranken seines Eigentums (Sozialbindung) zurück 146 . Demzufolge lösen sie — vorbehaltlich abweichender Regelungen in Sondergesetzen 147 — keine Entschädi-

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OVG Münster DVB1. 1967, 546ff. (547f.); vgl. auch VG Freiburg NJW 1979, 2060f. Zur polizeilichen Verantwortlichkeit s. Vieth, Rechtsgrundlagen der Polizei- und Ordnungspflicht. Eine Untersuchung zum Verhältnis von Verursachung und Verantwortlichkeit im gegenwärtigen Polizei- und Ordnungsrecht, 1974, S. 24 ff. BVerwG DVB1. 1965, 766ff. (767) u. DVB1. 1971, 751 (754); BGHZ 40, 355 (361); 45, 23 (25) mit weit. Nachw.; BGHZ 60, 126 = NJW 1973, 623ff. (627). Quaritsch DVB1. 1959, 455ff.; Menger, VerwA 63 (1972), S. 351 ff. (353) mit Nachw.; BGHZ 45, 23 (25); st. Rspr. Vgl. etwa § 4 9 Bundesseuchengesetz vom 18. Juli 1961, BGBl. I, S. 1012 u. 1300 i. d. F. vom 18. 12. 1979, BGBl. I, S. 2262; §§ 66ff. Tierseuchengesetz i. d. F. vom 28. 3. 1980 BGBl. I, S. 386; § 6 Reblausgesetz vom 6. Juli 1904, RGBl. S. 261.

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gungspflicht aus 148 . Dagegen wird der im polizeilichen Notstand in Anspruch genommene Nichtstörer für sein Opfer entschädigt. Die polizeiliche Verantwortlichkeit (Polizeipflicht) des Störers kann entweder auf dem Verhalten von Personen oder auf dem Zustand von Sachen beruhen. Demgemäß unterscheiden wir die Verhaltenshaftung (Handlungshaftung) und die Zustandshaftung. a) Verhaltenshaftung: Wird die öffentliche Sicherheit oder Ordnung durch das Verhalten von (natürlichen oder juristischen) Personen gestört oder gefährdet, so sind die zur Abwehr erforderlichen Maßnahmen gegen diejenigen Personen zu richten, die die Störung oder Gefahr verursacht haben 149 . Die Haftung der Betroffenen ergibt sich als Folge ihres eigenen Verhaltens. Dabei ist der Begriff des Verhaltens weit zu fassen. Er schließt nicht nur das positive Tun, sondern auch das Unterlassen ein, soweit dieses eine öffentlich-rechtliche Pflicht zu sicherheits- oder ordnungswahrendem Tun verletzt (sog. passiver Störer) 150 . Besteht eine solche Rechtspflicht dagegen nicht, dann ist die bloße Untätigkeit polizeirechtlich irrelevant. Es wird also niemand bereits dadurch zum Störer, daß er angesichts einer polizeilichen Gefahr nichts zur Abwehr unternimmt. aa) Die Verursachung: Die polizeiliche Verantwortlichkeit des Störers setzt weder einen Verstoß gegen außerpolizeiliche Rechtsnormen noch gar Verschulden voraus. Anknüpfungspunkt ist vielmehr allein die Verursachung der Gefahr bzw. der Störung. Die Störerhaftung bedeutet bloße Kausalhaftungl5{. Damit ergibt sich die Frage, nach welchen Kriterien die Kausalität eines 148

Dieser Grundsatz wird sich allerdings nur insoweit durchhalten lassen, als die Störerhaftung an Gefahren anknüpft, die in die Verantwortungssphäre des Eigentümers fallen (dazu unten II 2b). In dem Maße, in dem das Polizeirecht in Anspruch genommen wird, um Planungsfehler zu korrigieren oder um Gefahren aus dem Verantwortungsbereich der Allgemeinheit abzuwehren, läßt sich die generelle Entschädigungslosigkeit nicht mehr mit der Sozialpflichtigkeit des Eigentums begründen. Zur Kritik an der h. M. siehe bereits Schack, DVB1. 1956, 669 ff. (670 Fußn. 9, S. 673 Fußn. 48); Menger, VerwA 50 (1959); S. 83 ff. (86); Rupp, Grundfragen der heutigen Verwaltungslehre, 1965, S. 230 — 231. Eingehend zur Problematik Reiland, VerwA 66 (1975), S. 255 ff. (insb. S. 2 6 7 - 2 7 7 ) ; Scholler / Broß, DÖV 1976, 472ff. Auch das BVerwG räumt nunmehr die Möglichkeit ein, daß die Inanspruchnahme des Störers ausnahmsweise als Enteignung zu qualifizieren sein könne, DVB1. 1971, 751 ff. (753, unter 4b); vgl. auch BGH DVB1. 1974, 232ff. (233 unter 3).

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§ 4 ME PolG; § 6 I bad.-württ. PG; Art. 7 I bay. PAG; § 10 berl. ASOG; § 5 I brem. PG; § 12 hess. SOG; § 6 I nieders. SOG; § 17 I nordrh.-westf. OBG; § 4 nordrh.westf. PolG; § 2 2 rhein.-pfälz. PVG; § 19 I saarl. PVG; § 185 I schlesw.-holst. LVwG. OVG Münster NJW 1979, 2266; vgl. auch PrOVG 55, 267 (270); OVG Münster DVB1. 1971, 828 ff. (829). OVG Münster DVB1. 1975, 588f. (589); Drews / Wacke / Vogel/ Martens, Bd. II, S. 186 ff.

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Verhaltens für einen Erfolg bestimmt werden soll. Diese Kriterien lassen sich nicht abstrakt-logisch, insbesondere nicht nach naturwissenschaftlichen Regeln, ermitteln. Da die Kausalität im Polizei- und Ordnungsrecht eine spezifische Funktion, nämlich die Verknüpfung von Verhalten und Verantwortlichkeit des Störers zu erfüllen hat, sind ihre Maßstäbe entsprechend dieser polizeirechtlichen Funktion zu bestimmen 152 — ohne Rücksicht auf die Kausalitätslehren, die in anderen Rechtsgebieten angewandt werden 153 . Die im Zivilrecht herrschende Theorie der adäquaten Verursachung (Adäquanztheorie) wird auch für das Polizeirecht gelegentlich vertreten. Sie erkennt nur diejenigen Bedingungen eines Erfolges als im Rechtssinne kausal an, die nach der Lebenserfahrung vorhersehbarerweise generell geeignet sind, ihn herbeizuführen. Ganz außergewöhnliche Entwicklungen gelten dagegen als nicht kausal. Diese Theorie erfüllt die ihr gestellte Aufgabe, die zivilrechtliche Haftung in angemessener Weise zu begrenzen. Sie wird aber den Bedürfnissen des Polizeirechts nicht gerecht; denn hier müssen nicht selten gerade Ausnahmesituationen gemeistert und atypische, in ihrem Kausalverlauf nicht vorhersehbare Gefahren abgewehrt werden. Andererseits läßt sich aber auch die im Strafrecht angewandte reine Bedingungslehre (Äquivalenztheorie) nicht uneingeschränkt übernehmen. Nach ihr gelten sämtliche — selbst die entferntesten — Bedingungen als kausal, wenn sie nicht hinweggedacht werden können, ohne daß der Erfolg entfiele. Da im Polizeirecht der haftungsbegrenzende Filter des Verschuldens fehlt, müßte sie zu unerträglichen Konsequenzen führen. Um einerseits auch den atypischen (nicht adäquat verursachten) Ausnahmelagen Rechnung zu tragen, andererseits aber die Haftung nicht ins Unendliche auszudehnen, wendet die h. L. für das Polizei- und Ordnungsrecht die Äquivalenztheorie zwar grundsätzlich an, versieht sie aber mit einem einschränkenden Kriterium: Eine Bedingung des Erfolgs (und zwar auch eine atypische, nicht adäquate) wird nur dann als Ursache im Sinne des Polizeirechts angesehen, wenn sie die Gefahr bzw. die Störung unmittelbar herbeigeführt hat (Theorie der unmittelbaren Verursachung)154. Dabei ergibt sich die Unmittelbarkeit einer Bedingung nicht aus einer ontologischen Erkenntnis, sondern allein aus einer wertenden Beurteilung des betreffenden Vorgangs 155 . Das die Bedingung der Gefahr setzende Verhalten wird dann als unmittelbar kausal angesehen, wenn es seinerseits nicht poli152

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Darstellung der verschiedenen Verursachungslehren des Polizeirechts bei Vieth, Rechtsgrundlagen der Polizei- und Ordnungspflicht, 1974, S. 33 ff. Vgl. zum Problem: Watermann, Die Ordnungsfunktion von Kausalität und Finalität im Recht, 1968; Stoll, Kausalzusammenhang und Normzweck im Deliktsrecht, 1968; Lange, JZ 1976, 198ff. OVG Münster VerwRspr. 5, 446; OVG Lüneburg VerwRspr. 9, 484 (487); VGH Mannheim VerwRspr. 20, 426; VGH Kassel BRS 22, 285 ff. ( 2 8 6 - 2 8 7 ) ; VGH München Bay VB1. 1978, 340. Dazu eingehend Fo//mu//j, VerwA 68 (1977), S. 45 ff.

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zeirechtlich neutral ist, sondern bereits für sich eine Polizeiwidrigkeit darstellt 156 und deshalb die Gefahrengrenze überschreitet" 7 ' 1 5 8 : Eine Kurkapelle, die eine neutrale Melodie spielt, verhält sich ordnungsgemäß. Sie wird nicht dadurch zum Störer, daß Dritte zu dieser Melodie einen die öffentliche Ordnung störenden (rassenhetzerischen) Text singen, obwohl es ohne das Spielen der Melodie nicht zu dem Gesang gekommen wäre 159 . Kommt es aus Anlaß der Veranstaltung eines an sich polizeilich nicht zu beanstandenden Damenringkampfs zu Ausschreitungen der Zuschauer, dann können nur die Zuschauer, nicht dagegen die Veranstalter als Störer herangezogen werden, obwohl die Veranstalter zweifellos eine Ursache für die Ausschreitungen gesetzt haben 160 . Der Wohnungseigentümer, der seinem Mieter gekündigt hat, hat damit zwar eine notwendige Bedingung für dessen Obdachlosigkeit geschaffen. Er kann aber nicht als Störer angesehen werden, weil die Kündigung als solche nicht ordnungswidrig ist161. Allgemein gilt: Wer sich rechtmäßig verhält, wer lediglich die ihm von der Rechtsordnung zuerkannten Befugnisse ausübt, etwa sein Eigentum legal nutzt, kann nicht Störer sein. Störer ist deshalb z. B. nicht derjenige, der durch den — zulässigen — Abbruch seiner Giebelwand bewirkt, daß das Nachbarhaus baufällig wird 162 , oder der auf seinem Grundstück eine sichtbehindernde Hecke wachsen läßt 163 . Eine nur scheinbare Ausnahme vom Erfordernis der unmittelbaren Verursachung bilden die Fälle der sog. Zweckveranlassung: Jemand nimmt eine für sich betrachtet neutrale Handlung vor, um andere gezielt zu einem Verhalten zu veranlassen, durch das die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gestört wird. Dann wird ihm das Verhalten dieser Dritten zugerechnet: Ein Ladeninhaber veranstaltet z. B. in seinem Schaufenster eine attraktive Modenschau; kommt es vor dem Fenster zu Verkehrsbehinderungen, dann ist er Störer, weil er mit den Vorführungen die Passanten gezielt zum Stehenbleiben veranlaßt hat 164 . Ebenso wäre im Fall des Borkum-Liedes die Musikkapelle als Stö156

S. Ule/ Rasch, a. a. O., S. 110. Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. II, S. 192 ff. S. auch die im Ergebnis weitgehend übereinstimmenden, in der Begründung allerdings z. T. abweichenden Auffassungen von Hurst, AöR 83 (1958), S. 43 ff. und Schnur, DVB1. 1962, 1 ff. 158 Die früher von Wolff, VwR III, § 127 I b 2, vertretene Theorie der „polizeiwidrigen Erfolgsverursachung" ist nunmehr von Bachof aufgegeben worden ( W o l f f / Bachof, KwR III, 4. Aufl., § 127 I b, Rdnr. 11). Vgl. dazu die 5. Aufl. dieses Beitrags, S. 198 Fn. 158. 159 PrOVG 80, 176(189). - Fall des Borkum-Liedes. 160 v G H Karlsruhe NJW 1949, 919f.; Parallelfall aus dem Bereich des Versammlungsrechts: OVG Bremen DÖV 1972, 101 ff. (102). 161 OVG Münster OVG E 14, 265 (267ff.). 162 Vgl. VGH Kassel M D R 1970, 791. 163 OVG Lüneburg OVG E 17, 447. 164 Vgl. PrOVG 40, 216 (217); 87, 301 (308f.). 157

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rer anzusehen, wenn festgestellt würde, daß sie mit dem Spielen der Melodie bewußt den rassenhetzerischen Gesang provoziert hat. bb) Verantwortlichkeit für das Verhalten Dritter: Für das Verhalten von strafunmündigen (d. h. noch nicht 14 Jahre alten) Kindern sowie von wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche entmündigten oder unter vorläufige Vormundschaft gestellten Personen haften auch die Sorgepflichtigen (Eltern, Vormünder, Pfleger) 165 . Weiter haftet ein Geschäftsherr dafür, daß seine Verrichtungsgehilfen sich bei der Ausführung ihrer Verrichtung ordnungsgemäß verhalten 166 . Im Gegensatz zu § 831 BGB kann er sich nicht durch den Nachweis entlasten, daß er bei der Anstellung und Überwachung der Gehilfen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet habe. Diese Abweichung ist deshalb sachgerecht, weil es im Polizeirecht — anders als bei der Deliktshaftung nach §§ 823 ff. BGB — allgemein nicht auf Verschulden ankommt. Die Haftung des Geschäftsherrn tritt auch dann ein, wenn das konkrete Verhalten des Gehilfen seinem Willen und seinen richtig verstandenen Interessen widerspricht, solange es nur im generellen Rahmen des erteilten Auftrags — der ihm übertragenen Verrichtung — bleibt. Der Geschäftsherr kann sein Risiko deshalb nur dadurch begrenzen, daß er durch spezifische Einzelweisungen den Inhalt des Auftrags begrenzt 167 . Die Haftung des Sorgepflichtigen und des Geschäftsherrn tritt nicht an die Stelle der Haftung des Verursachers selbst, sondern kumulativ neben sie. Denn auch das unmündige Kind und der Geisteskranke sind polizeipflichtig. Es steht im pflichtgemäßen Ermessen der Polizei zu entscheiden, an welche der nebeneinander haftenden Personen sie sich im Einzelfall halten will. b) Zustandshaftung: Die Zustandshaftung 168 tritt ein, wenn eine Gefahr oder eine Störung nicht vom Verhalten einer Person, sondern vom Zustand einer Sache (Grundstücke, bewegliche Sachen einschließlich Tiere) ausgeht. Als Zustand einer Sache gilt auch ihre „Lage im Raum" 1683 . Die Zustandshaf165

§ 4 II ME PolG; § 6 II bad.-württ. PG; (Grenze von 16 Jahren); Art. 7 II bayPAG; § 10 II berl. ASOG; § 5 II brem. PG; § 8 II hamb. SOG; § 13 I hess. SOG; § 6 II nieders. SOG; § 17 II nordrh.-westf. OBG; § 23 I rheinl.-pfälz. PVG; § 19 II saarl. PVG; § 185 II schlesw.-holst. LVwG. 166 § 4 III ME PolG; § 6 III bad.-württ. PG; Art.7 III bayPAG; § 10 III berl. ASOG; § 5 III brem. PG; § 8 III hamb. SOG; § 13 II hess. SOG; § 6 III nieders. SOG; § 17 III nordrh.-westf. OBG; §23 II rheinl.-pfälz. PVG; § 19 III saarl. PVG; § 185 III schlesw.-holst. LVwG. - Vgl. OVG Münster NJW 1979, 2366. 167 Näher dazu OVG Münster DVB1. 1973, 924ff. (927 - 928). 168 § 5 ME PolG; § 7 bad.-württ. PG; Art. 8 bay. PAG; § 11 berl. ASOG; § 6 brem. PG; § 9 hamb. SOG; § 14 hess. SOG; § 7 nieders. SOG; § 18 nordrh.-westf. OBG; § 5 nordrh.-westf. PolG; § 24 rheinl.-pfälz. PVG; § 20 saarl. PVG; § 186 schlesw.-holst. LVwG. I68a Etwa bei verkehrsbehindernd abgestellten Kraftfahrzeugen; s. VGH München NJW 1979, 2631; zur Zulässigkeit von polizeilichen Abschleppmaßnahmen s.

Knöll, DVB1. 1980, 1027 ff.

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tung knüpft nicht an eine Verursachung der Gefahr an. Der polizeiwidrige Zustand der betreffenden Sache (etwa der ölverseuchte Zustand des einem Wasserwerk benachbarten Grundstücks) verursacht nicht die Gefahr, sondern er selbst bildet sie. Kausalitätserwägungen haben in diesem Zusammenhang keinen Platz 169 . Die Verantwortlichkeit für den Zustand einer Sache trifft den Eigentümer170 und neben ihm den Inhaber der tatsächlichen Gewalt (z. B. den Pächter des Grundstücks) 171 . Entsprechend den schon früher in Bayern (Art. 10 PAG a. F.) und für den Bundesgrenzschutz (§ 14 BGSG) geltenden Regelungen stellen nunmehr der Musterentwurf und das ihm folgende nordrhein-westfälische Polizeigesetz die Verantwortlichkeit des Inhabers der tatsächlichen Gewalt in den Vordergrund und lassen die Haftung des Eigentümers erst in zweiter Linie eintreten 171a . Das hat für die Polizei den Vorteil, daß sie in Zweifelsfällen nicht gezwungen ist, langwierige Ermittlungen über die Eigentumsverhältnisse anzustellen, sondern ohne weiteres denjenigen in Anspruch nehmen kann, den sie im Besitz der Sache antrifft l 7 , b . — Ausnahmsweise haftet der Gewalthaber allein anstelle des Eigentümers, wenn er die Gewalt gegen dessen Willen ausübt (Dieb, Zwangsmieter, Sequester usw.) oder wenn er auf besonderen Antrag von der zuständigen Behörde als allein verantwortlich anerkannt worden ist (ein Fall, der z. B. bei der Verpachtung eines Landguts oder eines gewerblichen Unternehmens vorkommt). aa) Anknüpfungspunkt fiir die Zustandshaftung des Eigentümers ist nicht das Eigentum als solches, sondern die regelmäßig mit ihm verbundene Verfügungsmacht, d. h. die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit, auf die gefahrbringende Sache einzuwirken 172 . Das wird besonders an den Bestimmungen deutlich, die den Eigentümer bei einer Gewaltausübung gegen seinen Willen — Diebstahl, gerichtliche oder behördliche Beschlagnahme — von der Haftung freistellen. Die Polizeipflicht erstreckt sich deshalb nur soweit, wie die Verfügungsmacht reicht. Von einem einzelnen Miteigentümer oder Miterben allein kann keine Einwirkung auf die störende Sache (z. B. Ausbesserung eines einsturzgefährdeten Gebäudes) verlangt werden 173 , sofern nicht der Sonderfall der §§ 744 II, 2038 I S. 2 BGB vorliegt oder die übrigen Miteigentümer von sich 169

S. näher Friauf, DVB1. 1971, 713ff. ( 7 1 6 - 7 1 7 ) ; vgl. auch OVG Münster NJW 1980, 956. 170 Die Überbürdung der Zustandshaftung auf den Eigentümer bildet eine zulässige Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums i. S. von Art. 1 4 1 2 G G ; vgl. BVerwG DVB1. 1972, 219ff. (220); Friauf, in: Fs. f. Wacke, S. 293ff. (297 - 300). 171 Zum Begriff der tatsächlichen Gewalt s. namentlich OVG Münster DVB1. 1977, 257 = DÖV 1977, 532 und OVG Münster OVG E 32, 44. 17la § 5 I ME PolG; § 5 I nordrh.-westf. PolG. 171b Vgl. auch die Begründung zu § 5 ME PolG. abgedruckt bei Heise / Riegel, a. a. O. 172 OVG Münster JZ 1952, 346; DVB1. 1970, 392f. (393); NJW 1980, 956; PrOVG PrVBl. Bd. 52,317. 173 VGH München BayVBl. 1968, 252; PrOVG 58, 408 (412); 69, 401 (402).

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aus der Maßnahme zustimmen. Der Widerstand der Miteigentümer usw. kann gegebenenfalls durch eine besondere polizeiliche Anordnung, die sog. Duldungsverfiigung, ausgeräumt werden174. Läßt sich die Störung dagegen durch Maßnahmen beheben, die das Miteigentum der anderen nicht beeinträchtigen, dann kann auch ein einzelner herangezogen werden175. Mit der Beendigung des Eigentums, insbesondere durch Veräußerung der Sache, endet die Zustandshaftung des bisherigen Eigentümers automatisch. Der Rechtsnachfolger ist, sofern die Gefahr im Augenblick des Eigentumsübergangs noch besteht, als neuer Eigentümer originär polizeipflichtig. Eine bereits gegen den Rechtsvorgänger ergangene Polizeiverfügung wirkt gegenüber dem Gesamtrechtsnachfolger (Erben), nicht aber gegenüber dem Einzelrechtsnachfolger176. Die Zustandshaftung erlischt nach der h. L. auch bei der Aufgabe des Eigentums im Wege der Dereliktion (§§ 928, 959 BGB). In zahlreichen Fällen wird das dem bisherigen Eigentümer allerdings deshalb nichts nützen, weil neben der Zustandshaftung zugleich eine Handlungshaftung besteht, die durch die Dereliktion nicht berührt wird: A hat seinen PKW zu Schrott gefahren. Er gibt das Eigentum an dem Wrack auf, um die Kosten des Wegräumens von der Straße zu sparen. Die Behörde kann ihn nach wie vor als Verursacher der Störung heranziehen. Fehlt dagegen eine Handlungshaftung, dann soll der frühere Eigentümer nach der bisher herrschenden Meinung durch die Dereliktion von der bereits eingetretenen Verantwortlichkeit für eine von der Sache ausgehende Gefahr frei werden. Diese Ansicht erscheint zwar zunächst konsequent. Sie wird aber der ratio der Zustandshaftung, die eine angemessene Risikoverteilung zwischen Eigentümer und Allgemeinheit herbeiführen soll (dazu unten bb), nicht gerecht. Dem gesetzgeberischen Zweck der Zustandshaftung entspricht es vielmehr, dem Eigentümer — der bisher aus der Sache Nutzen gezogen hat — nicht zu gestatten, durch Dereliktion der inzwischen für ihn wertlos ge174

175 176

Eingehend OVG Saarlouis BRS 22, 297ff. (298 - 301). - Allgemein zur Duldungsverfiigung, die auch gegen Mieter, Pächter, Nießbraucher usw. in Betracht kommt, s. OVG Hamburg DVB1. 1957, 867 ff. (870); OVG Bremen BRS 18, 239 f. (240) mit weit. Nachw. Die Duldungsverfügung ist deshalb gerechtfertigt, weil die Betreffenden, soweit sie aufgrund ihrer privatrechtlichen Befugnisse den (Mit-)Eigentümer an der Beseitigung der Gefahr hindern, selbst Störer sind. S. PrOVG 103, 189. Der Fragenkreis ist im einzelnen lebhaft umstritten. Vgl. eingehend Schenke, GewA 1976, 1 ff.; Ossenbühl, NJW 1968, 1992ff.; Oldiges, JA 1978, 616ff.; Peine, DVB1. 1980. 941. Aus der Rechtsprechung BVerwG NJW 1971, 1624f.; OVG Münster, DVBI. 1973, 226f. (227); VGH München BayVBl. 1970, 328f. (329) = DVB1. 1970, 983 Nr. 356 (zu dieser Entscheidung kritisch von Mutius, VerwA 62 [1971], S. 83ff.); VGH Kassel NJW 1976, 1910; VGH Mannheim NJW 1977, 861 (dazu H. Weber, JuS 1977, 479f.); OVG Koblenz DÖV 1980, 654f.; OVG Münster NJW 1980, 415 (dazu Schulze-Osterloh, JuS 1981,66).

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wordenen Sache die entstandenen Nachteile (Kosten der Gefahrenbeseitigung) auf die Allgemeinheit abzuwälzen 1763 . bb) Der Umfang der Zustandshaftung ist nach ganz überwiegender Auffassung unbeschränkt. Der Eigentümer hat für die von der Sache ausgehenden Gefahren ohne Rücksicht auf deren Ursache - eigenes Verhalten, Verhalten Dritter, Naturereignisse, sonstige Fälle höherer Gewalt, gewöhnlicher Zufall — stets voll einzustehen 177 . So soll der Eigentümer eines im Bombenkrieg zerstörten Hauses für die von der Ruine ausgehenden Gefahren haften 178 . Der Eigentümer soll nach Freigabe seines Grundstücks für Zustände einstehen, die Angehörige der Besatzungsmacht während der Beschlagnahme verursacht haben 179 . Ist ein Tanklastwagen auf der Autobahn umgestürzt, dann soll der Eigentümer eines benachbarten Grundstücks, auf dem das ausgelaufene Öl versickert ist, wegen der Gefährdung des Grundwassers polizeipflichtig sein 180 . Die offenbare Unbilligkeit derartiger Ergebnisse zwingt dazu, die Grundlagen der Zustandshaftung neu zu überdenken 1 8 1 : Sie knüpft daran an, daß der Eigentümer die Vorteile seiner Sache genießt, und mutet ihm zu, die mit der Nutzung verbundenen Nachteile selbst zu tragen und sie nicht der Allgemeinheit aufzubürden (Art. 14 II G G : Sozialpflichtigkeit des Eigentums). Deshalb hat der Eigentümer für die aus dem Grundstück hervorgegangenen Gefahren (Unwetterfolgen, Überschwemmungen, Felssturz usw.) auch dann einzustehen, wenn sie einen außergewöhnlichen Umfang annehmen. Dem Vorteil der Sachherrschaft korrespondiert also ihr Risiko. Von hier aus muß es aber ungerechtfertigt erscheinen, dem Eigentümer auch die Risiken aufzubürden, die sich aus einer nicht ihn (in seiner Eigenschaft als Herrn der Sache), sondern die Allgemeinheit treffenden Gefahrenlage (Krieg, moderner Massenverkehr usw.) ergeben. Diesen besonderen Gefahren steht kein spezifischer Sachnutzen des Eigentümers gegenüber. Deshalb scheidet die Zustandshaftung zwar nicht schon stets dann aus, wenn der polizeiwidrige Zustand durch ein „ganz außergewöhnliches Ereignis" verur176a

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181

Diesem Gesichtspunkt tragen nunmehr § 5 III ME PolG, Art. 8 III bay. PAG, § 5 III nordrh.-westf. PolG ausdrücklich Rechnung. OVG Münster OVG E 5, 185 (188ff.); Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. II, S. 198ff. mit zahlreichen Nachw.; zur Reichweite sicherheitsrechtlicher Störerhaftung vgl. auch Konrad, BayVBl. 1980, 581 ff. OVG Münster OVG E 5, 185 (188ff.); OVG Lüneburg JZ 1952, 437; OVG Berlin DÖV 1954, 214ff.; VGH Kassel ESVGH 2, 59 (61 ff.); OVG Koblenz DÖV 1954, 216. - A. A.: VGH Freiburg NJW 1952, 1311 f. VGH Stuttgart ESVGH 7, 34 (35). VGH Münster OVG E 19, 101 (102ff.); dazu kritisch Baur, JZ 1964, 354ff. (356); Czychowski, DVB1. 1970, 379 ff. (384). Zur Haftung für Ölschäden auch Schwerdtner, JuS 1978, 118ff. Dazu näher Friauf, in Fs. f. Wacke, S. 293ff.; A. Erler, Maßnahmen der Gefahrenabwehr und verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie, 1977.

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sacht worden ist182, wohl aber dann, wenn er in die Risikosphäre der Allgemeinheit fällt 183 . Der Eigentümer hat in solchen Fällen zwar die Beseitigung des störenden Zustands nach den Regeln des polizeilichen Notstandes (unten Abschnitt II. 3) zu dulden. Er braucht aber die finanziellen Nachteile nicht zu tragen. c) Kumulative Verantwortlichkeit mehrerer Störer: Nicht selten sind mehrere Personen für dieselbe Gefahr polizeilich verantwortlich. Dann steht es grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde, gegen den einen oder den anderen von ihnen vorzugehen 184 ; u. U. kann sie auch mehrere Störer gleichzeitig in Anspruch nehmen 185 . Die neuere Rechtsprechung neigt dazu, dieses Ermessen teilweise einzuschränken. So soll die Polizei verpflichtet sein, von mehreren Handlungsstörern denjenigen vorrangig heranzuziehen, der die zeitlich letzte 186 oder die wertungsmäßig am stärksten ins Gewicht fallende 187 Ursache gesetzt hat. Beim Zusammentreffen von Handlungs- und Zustandshaftung soll primär gegen den Handlungsstörer vorgegangen werden 188 . Wer gleichzeitig aus mehreren Gründen haftet (aus Verursachung und als Eigentümer: sog. Doppelstörer), soll vor demjenigen in Anspruch genommen werden, bei dem nur ein Haftungsgrund vorliegt 189 . Es handelt sich aber hier nicht um starr anzuwendende Regeln. Die Entscheidung des Einzelfalls wird sich stets an den Maßstäben der Verhältnismäßigkeit und des mildesten Mittels zu orientieren haben 1893 . Dabei sind durchaus auch abweichende Ergebnisse möglich 190 . d) Polizeipflicht von Hoheitsträgern: Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung im Sinne des Polizeirechts können nicht nur von dem Verhal182

So aber Ule / Rasch, a. a. O., S. 119, 120, die im übrigen mit der hier vertretenen Auffassung weitgehend übereinstimmen. 183 Friauf, in: Fs. f. Wacke, S. 293ff. (300 - 304); ders., VVDStRL 35 (1977), S. 350 351; a. A. Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. II, S. 1 9 9 - 2 0 0 . 184 OVG Münster DVB1. 1971, 828ff. (829); OVG Münster DVB1. 1973, 924ff. (928); VGH München BayVBl. 1978, 340f. - Zur Frage einer Ausgleichspflicht zwischen den beteiligten Störern s. (verneinend) BGH NJW 1981, 2457 f. (2458). 185 Vgl. PrOVG 90, 326 (334). 186 VGH Stuttgart DVB1. 1950, 475 ff. (477). 187 Vgl. die eingehenden Erwägungen bei OVG Münster DVB1. 1973, 924ff. (928). 188 OVG Hamburg DVB1. 1953, 542f.; OVG Koblenz VerwRspr. 19, 849; OVG Münster JZ 1964, 367ff. (368); VGH München NJW 1979, 2631 f. (2632); vgl. auch BGHZ 54, 21 (24ff.); VGH München BayVBl. 1974, 342. 189 Drews/ Wacke/ Vogel/ Martens, Bd. II, S. 184; VGH München BayVBl. 1978, 340f. (341). — Zur Polizeipflicht für Kraftfahrzeuge (Eigentümer, Halter, Fahrer, Dieb usw.) s. Knütel, DÖV 1970, 375 ff. 189a Eingehend dazu H. Fleischer, Die Auswahl unter mehreren Polizeipflichtigen als Rechtsfrage, 1980. 190 Zur Berücksichtigung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Pflichtigen s. OVG Münster DVB1. 1973, 924ff. (928).

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ten einzelner Bürger bzw. von dem Zustand im Privateigentum stehender Sachen ausgehen. Sie werden bisweilen auch durch die Tätigkeit einer Behörde oder sonstigen staatlichen Stelle oder durch den Zustand eines öffentlichen Zwecken dienenden Grundstücks verursacht. Beispiele: Von einem militärischen Schießplatz irren häufiger Kugeln ab und gefährden Passanten. Der allnächtliche Lärm der Verladearbeiten in einem Paketpostamt schädigt die Gesundheit der in der Nachbarschaft Wohnenden. Ständige Tiefflüge von Düsenflugzeugen über einem Klinikviertel schädigen die Patienten. Nach überlieferter Rechtsprechung 191 und noch heute weithin h. L.192 kann die Polizei derartigen Gefahren nicht begegnen, weil sie nicht befugt ist, in die öffentlich-rechtliche Tätigkeit anderer Behörden einzugreifen. Lediglich bei rein fiskalischem Handeln der betreffenden Stelle (z. B. Verwaltung einer Staatsdomäne) soll ein Recht zu polizeilichem Einschreiten bestehen. Die Polizei wird damit auf den „bürgerlichen Verkehr", also die privatrechtlichen Tätigkeiten des einzelnen oder des Staates, beschränkt 193 . Diese Auffassung läßt sich jedoch nicht in vollem Umfange aufrechterhalten 194 . Die traditionelle Lehre vermengt zwei Fragen: einmal, die Sachfrage, ob der Staat und die anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts bei Wahrnehmung ihrer hoheitlichen Funktionen materiellrechtlich polizeipflichtig sind, d. h. die gesetzlich statuierten Anforderungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu beachten haben; zum anderen die Kompetenzfrage, ob die Polizei- bzw. Ordnungsbehörden gegen eine Verletzung des materiellen Polizeirechts durch Hoheitsträger vorgehen können 195 . Die erste Frage muß grundsätzlich bejaht werden. Die Träger öffentlicher Funktionen sind auch bei hoheitlicher Tätigkeit an die allgemeinen Gesetze einschließlich des Polizei- und Ordnungsrechts gebunden, soweit nicht für bestimmte Fälle Sondervorschriften 1953 gelten. Sie dürfen ebensowenig wie ein Privatmann Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung herbeiführen 196 . Das gilt auch für Bundesorgane 197 . Sie haben die landesrechtlichen 191

Grundlegend PrOVG 2, 399 (Schießplatz); ferner PrOVG 29, 231 (234f.); 61, 274; 80, 253 (259 ff.). - Aus neuerer Zeit OVG Lüneburg OVG E 12, 340 (Paketdienst der Bundespost). 192 Drews/ Wacke/ Vogel/Martens, Bd. II, S. 125ff.; Ule/Rasch, a. a. O., S. 55ff.; Weimar, DÖV 1960, 114ff.; Folz, JuS 1965, 41 ff. 193 So PrOVG 2, 399 (409), vgl. allerdings auch a. a. O., S. 410f. 194 S. jetzt auch W. Wagner, Die Polizeipflicht von Hoheitsträgern, 1971; D. Blumenwitz, AöR 96 (1971), 161 ff.; Karpen, WissR 5 (1972), S. 195ff. (206ff.). 195 Zutreffend dagegen W. Weber, Arch. f. d. Post- und Fernmeldew. 10 (1958); S. 65ff.; Rudolf, Polizei gegen Hoheitsträger, 1965, S. 15ff. l95a Vgl. z. B. § 35 StVO über die Sonderrechte von Bundeswehr, Polizei, Feuerwehr u. a. bei Teilnahme am Straßenverkehr. 196 W. Weber, a . a . O . , S . 6 5 f f . ; Rudolf, a . a . O . , S. 17; Scholz, DVB1. 1968, 732ff. (737f.); ebenso BVerwG E 29, 52 (56 - 59), BGH DVB1. 1970, 499 (499 - 500). 197 Vgl. BVerwG DÖV 1976, 749ff. (750): Der Bund unterliegt auch im Rahmen seiner

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Vorschriften des Polizei- und Ordnungsrechts jedenfalls insoweit einzuhalten, wie das mit der Wahrnehmung ihrer auf Bundesgesetz beruhenden Aufgaben vereinbar ist198. Bei der Kompetenzfrage ist dagegen zu differenzieren. Grundsätzlich kann eine Polizei- oder Ordnungsbehörde Verwaltungsakte auch gegenüber einem Hoheitsträger erlassen. Sie darf aber nicht in der Weise in seine Tätigkeit eingreifen, daß die Erfüllung seiner hoheitlichen Aufgaben beeinträchtigt würde 199 . Maßnahmen zur Gefahrenabwehr können also grundsätzlich erfolgen, sie sind jedoch nur insoweit zulässig, wie dadurch die rechtmäßige Ausübung der dem Hoheitsträger übertragenen Funktionen nicht gehindert wird 200 . Die Abgrenzung bleibt dabei eine Frage des Einzelfalls. Hat die Polizei eine von einem Hoheitsträger verursachte Störung zunächst mit eigenen Mitteln beseitigt, dann kann sie die entstandenen Kosten gegen den Hoheitsträger in gleicher Weise wie gegen einen privaten Störer (s. unten Abschnitt IV. 2) geltend machen 201 . Soweit der Polizei demnach eine Eingriffsbefugnis fehlt, ist allein die Fachbehörde für die Beachtung der nach materiellem Recht bestehenden Polizeipflichtigkeit verantwortlich. Kommt sie ihren Verpflichtungen nicht nach, dann kann die Polizei lediglich versuchen, durch Anrufung der vorgesetzten Behörde Abhilfe zu schaffen 202 . 3. Polizeilicher und ordnungsbehördlicher Notstand Wenn sich die Polizei- oder Ordnungsbehörde einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gegenübersieht, so kann sie ihr grundsätzlich nur auf zwei Wegen begegnen, nämlich entweder durch Einsatz eigener Mittel 203 oder aber durch Inanspruchnahme eines Störers (oben Abschnitt II. 2 a — c). Sie wird in der Regel schon aus Gründen der Kostenersparnis den letzteren Weg wählen, soweit überhaupt ein Störer vorhanden ist. In manchen Fällen erweist sich jedoch keiner der beiden Wege als gangbar: Weder die Heranziehung eines Störers noch der Einsatz eigener Mittel

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Hoheitstätigkeit der Bindung an das jeweils einschlägige Landesrecht; s. a. VGH Kassel NJW 1980, 305. S. allgemein Brohm, Landeshoheit und Bundesverwaltung, 1968; Reigl, DÖV 1967, 397ff.; BVerwG NJW 1962, 552ff. (554). So im Ergebnis auch BVerwG E 29, 52 (59 — 60), allerdings mit sehr zurückhaltender grundsätzlicher Stellungnahme. Im wesentlichen übereinstimmend Wolff / Bachof, VwR III, § 127 Id 5. Rudolf, a. a. O., S. 26ff.; Scholz, DVB1. 1968, 732ff. (738ff.). Dazu BGHZ 54, 21 (24 ff.). Zum Eingreifen der Polizei im räumlichen Herrschaftsbereich anderer Verwaltungsträger s. Knoke, AöR 94 (1969), 388ff. (411 - 4 1 8 ) ; Folz, JuS 1965, 41 ff.; Sonderkötter, WissR 2 (1969), S. 22ff. Karpen, WissR 5 (1972), S. 195ff.; Bethge, DV 11 (1977), S. 313 ff. Um einen Einsatz eigener Mittel handelt es sich auch, wenn sie einen Unternehmer durch Dienst- oder Werkvertrag verpflichtet, auf ihre Kosten tätig zu werden.

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sind geeignet, der Situation Herr zu werden. Man spricht in derartigen Fällen von einem polizeilichen bzw. ordnungsbehördlichen Notstand. Nicht selten verfügt aber ein außenstehender Dritter über die Möglichkeit, die Störung zu beseitigen oder die Gefahr abzuwehren. Beispiele: Eine Familie ist obdachlos und nicht in der Lage, sich eine neue Wohnung zu verschaffen. Öffentliche Obdachlosenunterkünfte sind nicht vorhanden. Dagegen stehen in einem Privathaus Räume leer. — Ein schwerverletztes Unfallopfer ist eingeklemmt und kann nur mit Hilfe eines Schneidbrenners befreit werden. Die Polizei ist nicht in der Lage, ein solches Gerät schnell genug herbeizuschaffen. Ein in der Nähe tätiger Schlosser weigert sich, seinen Schneidbrenner herzugeben, da er einen eiligen Auftrag zu erledigen habe. — Ein Schadenfeuer kann wirksam nur vom Nachbargrundstück aus bekämpft werden, weil der Brandherd nicht von der Straße aus zugänglich ist. Der Nachbar weigert sich jedoch, der Feuerwehr die Zufahrt zu seinem Grundstück freizugeben und einen im Wege stehenden Baum fällen zu lassen. — Randalierer bewerfen vom Dach eines Hauses aus Passanten und Polizeibeamte mit Steinen usw. Der Verfügungsberechtigte gestattet der Polizei aber nicht, das Haus zu betreten, um gegen die Störer vorzugehen 204 . Der Gesetzgeber hatte für derartige Fälle einen Ausgleich zwischen divergierenden Interessen herbeizuführen. Auf der einen Seite konnte er aus naheliegenden Gründen die Polizei nicht verpflichten, schweren Störungen tatenlos zuzuschauen, obwohl bei Inanspruchnahme dritter Personen eine wirksame Abwehr möglich wäre. Auf der anderen Seite aber mußte er einen Eingriff in die Freiheit und in die Rechtssphäre unbeteiligter Dritter auf das unbedingt notwendige Maß beschränken. Diese Interessenabwägung hat dazu geführt, daß das Gesetz die Inanspruchnahme von Personen, die nicht Störer sind, zwar grundsätzlich für zulässig erklärt, sie aber von erheblich strengeren Voraussetzungen abhängig macht als das polizeiliche Einschreiten gegen einen Störer. Bei der Anwendung der Vorschriften über den polizeilichen Notstand ist stets zu beachten, daß es sich um Ausnahmeregelungen handelt. Sie dürfen in keinem Fall extensiv interpretiert und angewandt werden. Im einzelnen setzt der Eingriff gegen den unbeteiligten Dritten (den sog. Nichtstörer) voraus 205 : a) Erhöhte Gefahr: Gefordert wird zunächst ein spezifischer Gefahrenzustand: Die Störung muß entweder bereits eingetreten sein (das Kind liegt bereits im Brunnen und droht zu ertrinken) oder die Gefahr muß „gegenwärtig" sein bzw. „unmittelbar bevorstehen" {Aas Kind balanciert auf dem Brunnen204 205

Fall des Urteils OVG Berlin DÖV 1974, 27 ff. = BVerwG E 47, 31. § 6 ME PolG; § 9 bad.-württ. PG; Art. 10 bayPAG; § 13 berl. ASOG; § 8 brem. PG; § 10 hamb. SOG; § 15 hess. SOG; § 8 nieders. SOG; § 19 nordrh.-westf. OBG; § 6 nordrh.-westf. PolG; § 26 rheinl.-pfälz. PVG; § 21 saarl. PVG; § 187 schlesw.-holst. LVwG.

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rand). Wesentlichstes Merkmal der gegenwärtigen Gefahr ist ihre zeitliche Aktualität. Es muß ein sofortiger Schadenseintritt zu erwarten sein, so daß die Gefahr schon unmittelbar greifbar ist206. Eine zwar absehbare, aber nicht unmittelbar akute Gefahr — bei der ein Eingreifen gegen den Störer bereits zulässig wäre — reicht nicht aus 207 . Daneben ist ein gesteigertes Maß der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zu fordern 208 . Beide Komponenten sind selbständig zu prüfen. Sie werden allerdings in der Praxis vielfach zusammenfallen, weil bei größerer zeitlicher Nähe der Grad der Wahrscheinlichkeit sicherer erkennbar zu sein pflegt. Eine besondere Schwere der Gefahr bzw. der Störung wird dem Wortlaut des Gesetzes nach in den meisten Ländern nicht vorausgesetzt 209 . Indessen ist aus rechtsstaatlichen Gründen anzunehmen, daß dem Nichtstörer keine Opfer zugemutet werden dürfen, die größer sind als die der Allgemeinheit aus der Gefahrenabwehr erwachsenden Vorteile. Die Grenzen des allgemeinen Verhältnismäßigkeitsprinzips, das auch gegenüber dem Störer beachtet werden muß (oben Abschnitt II. 1 e, bb), sind für die Inanspruchnahme des Nichtstörers zu weit 210 . b) Unmöglichkeit anderweitiger Abwehr: Weiter muß die Polizei objektiv außerstande sein, der Gefahr durch Heranziehung eines Störers oder Einsatz eigener Mittel (einschließlich der Beauftragung dazu bereiter Hilfspersonen auf ihre Kosten) zu begegnen. Die Heranziehung ist unmöglich, wenn ein Störer überhaupt nicht vorhanden ist, wenn er nicht ermittelt werden kann, wenn seine Inanspruchnahme nur unter Betreten des im Eigentum oder Besitz eines Nichtstörers befindlichen Grundstücks möglich ist 2 " oder wenn sie an sonstigen rechtlichen oder tatsächlichen Hindernissen scheitert (z. B. wenn der Störer trotz Anspannung aller Kräfte nicht in der Lage ist, der Gefahr zu begegnen). Dem steht der Fall gleich, in dem eine Inanspruchnahme des Störers zwar an sich möglich wäre, aber ihrerseits zu unverhältnismäßig großen Schäden bzw. zu unverhältnismäßig großen anderweitigen Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung führen würde 212 . So kann in extremen Fällen eine rechtmäßige Versammlung beschränkt werden, um die unabsehbaren Konsequenzen großer Straßenschlachten zu vermeiden, die sich vorhersehbarerweise aus einem 206

207 208 209

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211 212

S. OVG Münster DVB1. 1973, 922ff. (924) zum analogen Begriff der gegenwärtigen Gefahr in § 32 nordrh.-westf. PolG. a. F. ( = § 21 PolG n. F.). OVG Münster OVG E 8, 239 (240 f.). BVerwG E 45, 51 (58); OVG Saarlouis DÖV 1973, 863 ff. (864). Ausnahme: § 10 I Nr. 1 bayPAG, § 13 I Nr. 1 berl. ASOG, § 6 I Nr. 1 nordrh.-westf. PolG und § 19 I Nr. 1 nordrh.-westf. OBG, die eine „gegenwärtige erhebliche Gefahr" voraussetzen. Zu den Grenzen vgl. PrOVG 12, 397 (403); 92, 108 (111, 114); OVG Münster OVG E 8, 213. Vgl. OVG Berlin DÖV 1974, 27 ff. (28). PrOVG 78, 279 (282); VGH Stuttgart DÖV 1954, 221 f.

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— an sich zulässigen und gebotenen — Vorgehen gegen eine rechtswidrige Gegendemonstration ergeben würden. Diese Möglichkeit kommt indessen nur in äußersten Notsituationen in Betracht, namentlich wenn das gebotene Einschreiten gegen die Störer schwere Gefahren für Leib und Leben unbeteiligter Dritter mit sich brächte213. Grundsätzlich hat die Polizei die rechtmäßige Versammlung zu schützen. Auf die Frage, ob die Motive der diese Versammlung rechtswidrig störenden Gegendemonstranten politisch achtenswert sind oder nicht, kommt es dabei nicht an. Es wäre im Rechtsstaat unerträglich, wenn rechtswidrige Aktionen Dritter die Polizei legitimieren könnten, rechtmäßige Verhaltensweisen zu unterdrücken 214 . Die Polizei muß, bevor sie den Nichtstörer in Anspruch nimmt, ihre eigenen personellen und sachlichen Möglichkeiten voll ausgeschöpft haben215. Sie darf ihn grundsätzlich nicht nur deshalb heranziehen, weil sie dabei Kosten spart216. Denn im Gegensatz zur Inanspruchnahme des Störers dient die Heranziehung des Nichtstörers nicht der finanziellen Entlastung der Steuerzahler (oben Abschnitt II. 2). Für die Beurteilung der Unmöglichkeit einer anderweitigen Gefahrenabwehr kommt es auf den Zeitpunkt an, in dem der Nichtstörer herangezogen wird. Ob die Behörde sich durch rechtzeitige Vorsorge vor Eintritt der Gefahr bzw. Störung die notwendigen Mittel hätte verschaffen können, bleibt unerheblich. Der Eigentümer der zur Unterbringung von Obdachlosen beschlagnahmten Räume kann sich deshalb nicht darauf berufen, die Behörde sei in der Lage gewesen, rechtzeitig Notunterkünfte zu errichten. Entscheidend ist vielmehr, daß im Augenblick keine Unterkünfte zur Verfügung stehen. Selbstverständlich bedeutet das aber keinen Freibrief für die Polizei, angesichts einer sich abzeichnenden Gefahrenentwicklung zunächst untätig zu bleiben und sich darauf zu verlassen, daß ihr gegebenenfalls die Eingriffsmöglichkeiten gegen Nichtstörer zur Verfügung stehen werden. c) Subsidiarität der Notstandseingriffe: Die Maßnahmen im polizeilichen Notstand dürfen nur getroffen und aufrecht erhalten werden, soweit und solange die Abwehr der Gefahr nicht auf andere Weise möglich ist217. Sie sind auf das sachlich und zeitlich unbedingt erforderliche Mindestmaß zu beschränken. In sachlicher Hinsicht darf nicht mehr verlangt werden, als zur Abwendung der Gefahr unbedingt notwendig ist (Unterbringung eines Ob21:5

214 215 216 217

Zu weitgehend OVG Saarlouis JZ 1970, 283 ff., mit krit. Anm. Pappermann;s. dagegen VG Köln NJW 1971, 210ff. (212); VG Gelsenkirchen NJW 1971, 213, sowie jetzt auch OVG Saarlouis DÖV 1973, 863 ff. Treffend VGH Mannheim DÖV 1968, 179ff. (181). S. BGH DVB1. 1957, 864. Dazu OVG Münster OVG E 14, 265 (270, 272 f.). Art. 10 II bay. PAG; § 9 I bad.-württ. PG; § 8 I Buchst, a und b brem. PG; § 13 II berl. ASOG; § 15 II hess. SOG; § 8 Satz 2 nieders. SOG; § 6 II nordrh.-westf. PolG; § 19 II nordrh.-westf. OBG; § 26 II rheinl.-pfälz. PVG; § 187 I Nr. 1 und 2 schlesw.holst. LVwG.

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dachlosen nur in notdürftig ausreichenden Räumen; die Beschlagnahme einer „angemessenen" Wohnung wäre unzulässig)2172. Eingriffe, die sich nicht ohnehin in einem einmaligen Akt erschöpfen, dürfen nur bis zu dem Augenblick ausgedehnt werden, in dem die Polizei in der Lage ist, der Gefahr durch Einsatz eigener Mittel (z. B. Errichtung von Notunterkünften) oder durch nachträgliche Heranziehung eines Störers zu begegnen. In diesem Sinne darf es sich also stets nur um vorläufige Maßnahmen handeln 218 . Die überwiegende Rechtsprechung verlangt zudem, daß sie von vornherein zeitlich befristet werden müssen. An die Bemessung der Frist sind strenge Anforderungen zu stellen219. Ist die Frist verstrichen, innerhalb deren die Polizei bei Einsatz ihrer Kräfte anderweitige ausreichende Maßnahmen hätte treffen können, dann muß sie die Inanspruchnahme des Nichtstörers aufheben - selbst dann, wenn sie das Erforderliche tatsächlich noch nicht veranlaßt hat. Ihre Untätigkeit darf sich nicht zu Lasten des Nichtstörers auswirken. d) Grenze der Leistungsfähigkeit: Der Nichtstörer kann stets nur im Rahmen seiner persönlichen Leistungsfähigkeit herangezogen werden. Eine Inanspruchnahme ist unzulässig, wenn sie sein Leben oder seine Gesundheit gefährden oder ihn an der Erfüllung überwiegender anderweitiger Verpflichtungen hindern würde 220 : Ein Herzkranker darf nicht zu schweren körperlichen Arbeiten verpflichtet werden; ein Arzt darf nicht durch Beschlagnahme seines Wagens von einem dringenden Krankenbesuch abgehalten werden. e) Folgenbeseitigung und Entschädigung: Da der Nichtstörer für die jeweils abzuwehrende Gefahr nicht verantwortlich ist, braucht er die Last der Gefahrenabwehr nicht auf die Dauer zu tragen. Er kann deshalb verlangen, daß die Behörde, die ihn in Anspruch genommen hat, die ihm erwachsenen Nachteile ausgleicht. Sein Anspruch richtet sich entweder auf Folgenbeseitigung oder auf Entschädigung, u. U. auch auf beides nebeneinander. Der Folgenbeseitigungsanspruch ist im Gesetz nicht geregelt. Er gehört zu den allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen 221 und richtet sich im Regelfall auf die „Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands mit hoheit-

217a 218 219 220

221

Vgl. hierzu VGH München BayVBl. 1979, 244. PrOVG 106, 37 (42). S. auch Pappermann, JZ 1970, 286f. (287) mit weit. Nachw. BGH NJW 1959, 768f.; B G H Z 3 5 , 27 (31 f.); OVG Lüneburg NJW 1953, 599. § 13 I Nr. 4 berl. ASOG; Art. 10 I Nr. 4 bay. PAG; § 6 I Nr. 4 nordrh.-westf. PolG; § 19 I Nr. 4 nordrh.-westf. OBG; § 8 I Buchst, c brem. PG; § 15 I Nr. 3 hess. SOG; § 26 I Nr. 2 rheinl.-pfälz. PVG; § 187 I Nr. 3 schlesw.-holst. LVwG. Grundlegend dazu Bachof, Die verwaltungsgerichtliche Klage auf Vornahme einer Amtshandlung, 1951 (2. Aufl. 1968); Rupp, Grundfragen der heutigen Verwaltungsrechtslehre, 1965, S. 153ff.; s. a. Spanner, DVB1. 1968, 618ff.; Heidenhain, JZ 1968, 487ff.; Rüfner, DVB1. 1967, 186ff.; Schleeh, AöR 92 (1967), S. 58ff. mit Rechtsprechungsnachweisen.

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liehen Mitteln" 222 . Der Anspruch greift dann ein, wenn trotz rechtlicher Beendigung der Inanspruchnahme ihre tatsächlichen Wirkungen fortbestehen. Häufigster Fall: Die Einweisung eines Obdachlosen in einen Wohnraum hat sich durch Ablauf der bestimmten Frist erledigt oder ist — durch die Behörde selbst oder durch verwaltungsgerichtliches Urteil — aufgehoben worden. Der Eingewiesene bleibt dennoch in dem Raum. Hier hat der Hauseigentümer an sich die Möglichkeit, Räumungsklage (§ 985 BGB) zu erheben, da der Betreffende nicht mehr zum Besitz berechtigt ist. Er kann aber statt dessen auch von der Behörde verlangen, den Eingewiesenen zwangsweise zu entfernen und dadurch die Folgen der Einweisung zu beseitigen 223 . Für die nicht mehr rückgängig zu machenden Nachteile (Nutzungsausfall während der Zeit der Beschlagnahme; Zerstörung oder Beschädigung einer Sache usw.) kann der Nichtstörer Entschädigung in Geld beanspruchen (s. unten Abschntt IV. 1 a). 4. Besondere Eingriffe in die persönliche Freiheit und in die Sachherrschaft einzelner Bürger Polizei- und Ordnungsbehörden müssen zur Erfüllung ihrer Aufgaben der allgemeinen Gefahrenabwehr in vielfältiger Weise in Freiheit und Eigentum der Bürger eingreifen. Verschiedene besonders schwerwiegende Eingriffe waren bereits im preuß. PVG (§§ 15 — 17) in ihren Einzelheiten näher durchnormiert. Die nach dem zweiten Weltkrieg ergangenen Landesgesetze haben diese Regelungen übernommen und sie z. T. noch erweitert. Dabei mußten sie den Anforderungen des GG (insb. Art. 2, 13 und 104) Rechnung tragen223". Die formellen Rechtsgrundlagen für die in Betracht kommenden Eingriffe (sog. Standardmaßnahmen) sind in den einzelnen Bundesländern nicht einheitlich. Fragen, die in manchen Ländern positiv-gesetzlich geregelt sind, mußten in anderen durch die auf die Generalklausel gestützte Rechtsprechung geklärt werden. In der Sache bestehen aber keine grundlegenden Unterschiede. Der Musterentwurf für ein einheitliches Polizeigesetz224 wird, sofern er neben Bayern und Nordrhein-Westfalen auch von den übrigen Ländern übernommen werden sollte, die noch bestehenden Unterschiede abbauen. Überall gilt, daß Maßnahmen, die der Gesetzgeber besonders normiert hat, ausschließlich nach den Sondervorschriften zu beurteilen sind. Eine Ausweitung der dort geregelten Eingriffsbefugnisse unter Rückgriff auf die Generalklausel wäre unzulässig. Auch die strafrechtlichen Rechtfertigungsgründe 222

BVerwG DVB1. 1963, 677 (LS 3, 678); s. ferner BVerwG E 28, 155 (163 - 164); 35, 268 (272 - 273); BVerwG DÖV 1971, 857 mit Anm. Bachof. OVG Lüneburg OVG E 4, 235 (239) und 8, 484; OVG Münster OVG E 8, 212 (216); 8, 252 (255 f.) und 14, 265 (273). 223a Vgl. auch Lisken, ZRP 1980, 145ff. 224 Dazu s. oben Abschnitt I. 4a. 223

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(insbes. § 34 StGB) bilden keine zusätzliche Ermächtigungsgrundlage für hoheitliche Eingriffe 225 ; sie schließen allerdings die Verantwortlichkeit des einzelnen Beamten aus. Die nachfolgend dargestellten Standardmaßnahmen beziehen sich allein auf die Gefahrenabwehr. Daneben gibt es teilweise gleichartige oder ähnliche Eingriffsbefugnisse der Polizei im Rahmen der Strafverfolgung. Die Eingriffe zur Gefahrenabwehr stützen sich auf die Polizeigesetze, die Maßnahmen zur Strafverfolgung dagegen auf die StPO. So muß die Durchsuchung einer Wohnung, wenn sie der Gefahrenabwehr dient, nach § 19 ME PolG und den ihm entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften, als Maßnahme der Strafverfolgung dagegen nach §§ 102 ff. StPO beurteilt werden 226 . Es ist stets sorgfältig zu prüfen, in welchem Bereich die Polizei jeweils tätig wird 227 . a) Feststellung von Personalien (sog. Sistierung): In zahlreichen Fällen hat die Polizei, um ihre Aufgaben im Rahmen der Gefahrenabwehr erfüllen zu können, Namen und Personalien von Personen — Störern oder sonstigen, z. B. Zeugen — festzustellen. Dazu müssen die Betreffenden angehalten und befragt werden. Ist eine sichere Feststellung der Personalien an Ort und Stelle nicht möglich, so kann es erforderlich werden, die Personen zur Wache mitzunehmen und notfalls erkennungsdienstliche Maßnahmen gegen sie anzuordnen 228 . § 9 I Nr. 4 ME PolG will eine Identitätsfeststellung auch an sog. Kontrollstellen zulassen, die zur Verhinderung von Straftaten i. S. von § 100 a StPO und § 27 VersG eingerichtet werden. In dieser Form ist der Entwurf bisher nur von Bayern übernommen worden 2283 . Nordrhein-Westfalen hat demgegenüber die Einrichtung von Kontrollstellen auf die Verhinderung eines wesentlich engeren Kreises von Straftaten 228b beschränkt 2280 . Als Freiheitsbeschränkungen bedürfen diese Maßnahmen nach Art. 104 I S. 1 GG einer Rechtsgrundlage in Gestalt eines förmlichen Gesetzes. Verschiedene Bundesländer haben in ihren Polizeigesetzen die Sistierung aus-

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Zu dieser sehr streitigen Frage s. Amelung, NJW 1977, 833ff. und NJW 1978, 623f.; De Lazzer / Rohlf, JZ 1977, 207ff.; Kirchhof, NJW 1978, 969ff.; Lange, NJW 1978, 784ff.; Schwabe, NJW 1977, 1902ff.; ders., NJW 1980, 2369ff., mit weit. Nachw. 226 S. dazu näher Thomas, BayVBl. 1969, 50 ff. 227 Zum Rechtsschutz gegen (eigenverantwortliche) Strafverfolgungsmaßnahmen der Polizei s. BVerwG E 47, 255; Markworth, DVB1. 1975, 575ff.; Schenke, NJW 1976, 1816 ff. 228 Eingehend dazu: W. Hoffmann, DVB1. 1967, 751 ff.; Steinke, Polizei 1977, 227ff.; Thomas, BayVBl. 1969, 50 ff. 228a Art. 12 I Nr. 4 bay. PAG. 228b § 9 j N r _ 4 nordrh.-westf. PolG. 228c Kontrollstellen im Zusammenhang mit der Strafverfolgung sind nach § 111 StPO unter engen Voraussetzungen zulässig. Zur Problematik dieser Vorschrift vgl. Steinke, NJW 1978, 1962f. (sie verlagere reines Polizeirecht in die StPO); Kurth, NJW 1979, 1377 ff.

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drücklich geregelt229. Im übrigen leitet man das Recht der Polizei zur Sistierung unmittelbar aus der Generalklausel her230. Die Frage, ob die Generalklausel als Grundlage für eine Mitnahme zur Wache ausreiche, ist umstritten. Sie muß bejaht werden, da die Generalklausel in förmlichen Gesetzen niedergelegt ist und angesichts der langjährigen Judikatur hinreichende Bestimmtheit als Eingriffsermächtigung besitzt231. Da die Mitnahme zur Wache nicht eine bloße Freiheitsbeschränkung, sondern eine (wenn auch vorübergehende) Freiheitsentziehung darstellt, gilt für sie Art. 104 II S. 2 und 3 GG. Bei der Sistierung von Nichtstörern sind die einschränkenden Voraussetzungen des polizeilichen Notstands (oben Abschnitt II. 3) zu beachten, und zwar auch dann, wenn sie nicht auf Grund der Generalklausel, sondern auf Grund einer Sondervorschrift erfolgt232. Besondere Probleme ergeben sich insoweit bei der sog. Razzia, von der — sofern sie im Einzelfall zulässig ist — zwangsläufig auch Nichtstörer betroffen werden233. Bei der ausdrücklichen Zulassung von Razzien an bestimmten „verdächtigen Orten" in § 9 I Nr. 2 ME PolG und - ihm folgend - Art. 12 I Nr. 2 bay. PAG, § 9 I Nr. 2 nordrh.westf. PolG wird auf die Differenzierung zwischen Störern und Nichtstörern keine Rücksicht genommen2333. Das erscheint aus Gründen der Praktikabilität verständlich, gleichwohl aber nicht unproblematisch 233b . Jedenfalls müßte eine Razzia „ins Blaue hinein", von der auch Unbeteiligte betroffen werden, in jedem Fall als unzulässig angesehen werden 233 '. Ist eine Personenfeststellung auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten möglich, so kann die Polizei erkennungsdienstliche Maßnahmen i. S. des § 81 b StPO (Fingerabdrücke, Lichtbilder usw.) vornehmen234. Das gleiche gilt unter bestimmten Voraussetzungen zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten. Personalien dürfen auch zur Sicherung privater Rechtsansprüche festgestellt werden, sofern die Ansprüche glaubhaft behauptet werden und ohne die 229

§ 9 ME PolG; § 20 bad.-württ. PG; Art. 12 bay. PAG; § 15 berl. ASOG; § 9 brem. PG; § 12 hamb. SOG; § 16 hess. SOG; § 9 nordrh.-westf. PolG; §§ 3, 4 rheinl.-pfälz. PVG; § 176 schlesw.-holst. LVwG. 230 So schon PrOVG 87, 289 (292); vgl. auch OLG Bremen, NJW 1957, 158. 231 Ebenso Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. II, S. 81; W. Hoffmann, DVB1. 1967, 751 ff. (757); a. A. Ule / Rasch, a. a. O., S. 71 f. 232 W. Hoffmann, DVB1. 1967, 751 ff. (756). 233 Vgl. dazu KG NJW 1975, 887ff. (888); die Entscheidung ist in der Argumentation teilweise nicht ganz unbedenklich. Zur Zulässigkeit der Razzia VG Berlin, DÖV 1972, 103 ff. 233a Riegel, DVB1. 1979, 709ff. (711). 233b Kritisch Lisken, ZRP 1980, 145 ff. (149), Thiele, DVB1. 1979, 705 ff. (708). 233c Vgl. Schwan, AöR 102 (1977), S. 243ff. (259 mit Fn. 49); Thiele, DVB1. 1979, 705ff. (708). 234 § 10 ME PolG; § 30 bad.-württ. PG; Art. 13 bay. PAG; § 16 berl. ASOG; § 23 brem. PG; § 45 a hess. SOG; § 10 nordrh.-westf. PolG; § 3 III rheinl.-pfälz. PVG.

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Feststellung die Gefahr bestünde, daß ihre Durchsetzung vereitelt oder wesentlich erschwert würde: Ein Passant, der durch Unachtsamkeit eine Schaufensterscheibe zerschlagen hat, will sich ohne Namensnennung entfernen. Der Geschädigte bittet einen hinzukommenden Polizeibeamten, die Personalien des Schädigers festzustellen, damit er ihn auf Schadensersatz in Anspruch nehmen kann. Die Befugnis, zum Schutz privater Rechte einzugreifen, ist in einigen Ländern besonders normiert235. In den übrigen ergibt sie sich aus der Generalklausel236. Denn die öffentliche Ordnung wäre gestört, wenn Anspruchsgegner die Rechtsverfolgung durch „Flucht" vereiteln könnten, obwohl die Polizei ohne weiteres in der Lage ist, ihre Personalien zu ermitteln. b) Vorladung, Vorfiihrung und Vernehmung: Kann die Polizei die zur Gefahrenabwehr erforderlichen Feststellungen nicht selbst treffen, dann wird sie Auskünfte einholen. Soweit die Beschaffung der Auskünfte im Einzelfall eine notwendige Maßnahme der Gefahrenabwehr darstellt, kann der Störer auf Grund der Generalklausel verpflichtet (und notfalls mit den polizeilichen Zwangsmitteln — unten Abschnitt III. 3 — angehalten) werden, sie zu erteilen237. Im Rahmen der Gefahrenabwehr besteht also, anders als im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, eine Aussagepflicht vor der Polizei. Von einem Nichtstörer kann die Aussage nur im Notstandsfall verlangt werden238. Wenn schriftliche oder an Ort und Stelle erteilte mündliche Auskünfte nicht ausreichen, kommt eine Vorladung in Betracht. Leistet der Vorgeladene ihr nicht Folge, dann wird die Polizei prüfen, ob sie ihn zwangsweise vorführen darf. Die Voraussetzungen der Vorladung sind in den Bundesländern unterschiedlich geregelt. Z. T. wird die Polizei generell ermächtigt, jemanden vorzuladen, „wenn es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist"239; z. T. sind die Voraussetzungen aber auch enger gefaßt240. Ähnliche Unterschiede bestehen bei der Vorfiihrung, d. h. der zwangsweisen Durchsetzung einer Vorladung durch unmittelbare Verbringung des Pflichtigen zur Dienststelle. In Bremen ist sie stets zulässig, wenn jemand 235

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§§ 3, 16 II hess. SOG; § 3 II rheinl.-pfälz. PVG; s. auch Art. 12 I Nr. 6 bay. PAG (dazu von Hellingrath, JZ 1962, 244f.). Vgl. z. B. OVG Münster DVB1. 1968, 759; ferner PrOVG 87, 289 (292); Baur, JZ 1962, 73 ff. PrOVG 37, 427 (428, 430); 56, 295 (297); 65, 276 (278); st. Rspr.; Ule/Rasch, a. a. O., S. 76ff., 80f.; Drews / Wache / Vogel/Martens, Bd. II, S. 84 - 86; H. W. Schmidt, NJW 1962, 2190 ff. „Aufklärungsnotstand"; s. Ule/Rasch, n. a. O., S. 78ff. § 11 I hamb. SOG; § 17 S. 1 hess. SOG; arg. § 4 I nieders. SOG; Art. 14 bay. PAG; § 5 I rheinl.-pfälz. PVG; § 177 I 1 schlesw.-holst. LVwG. §21 I bad.-württ. PG; § 17 I Nr. 1 berl. ASOG; § 10 I brem. PG; § 11 I nordrh.westf. PolG; § 24 nordrh.-westf. OBG.

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einer Vorladung ohne hinreichenden Grund keine Folge leistet241, in Nordrhein-Westfalen, Bayern und Berlin dagegen nur zur Einholung von Angaben, die zur Abwehr einer Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich sind, sowie zur Durchführung von erkennungsdienstlichen Maßnahmen 242 , in Rheinland-Pfalz lediglich zur Durchführung von erkennungsdienstlichen Maßnahmen 243 , andererseits im Saarland allein zur Aufklärung eines Verbrechens oder Vergehens244. Einige Länder sehen sie überhaupt nicht vor245. Dort ist sie unzulässig. Angesichts der unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen kann man dem Recht zur Vorladung als solchem keine Befugnis zur Vorführung entnehmen 246 . Als Freiheitsentziehung unterliegt die Vorführung dem Art. 104 II GG. Soweit den Umständen nach möglich, ist die richterliche Entscheidung über ihre Zulässigkeit im voraus einzuholen. Bei polizeilichen Vernehmungen darf kein Zwang angewandt werden, um eine Aussage herbeizuführen 247 . c) Verwahrung von Personen: Eine Person kann polizeilich verwahrt werden entweder auf ihren eigenen Wunsch248 (etwa zum vorübergehenden Schutz gegen verbrecherische Nachstellungen) oder aber zwangsweise, sei es ohne oder sei es gegen ihren Willen249. Die landesrechtlichen Regelungen über die zwangsweise Verwahrung250 weichen teilweise voneinander ab. Sie normieren aber zumeist zwei Gruppen von Verwahrungsgründen: 1. Schutz einer Person, die sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet, vor Gefahren für Leib oder Leben (in manchen Ländern auch bei Selbstmordgefahr251), 241

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§ 10 II brem. PG; Ule/ Rasch, a. a. O., S. 86 bezeichnen die Vorschrift mit Recht als verfassungswidrig. § 11 III nordrh.-westf. PolG; Art. 14 III bay. PAG; § 17 III berl. ASOG. § 4 III rheinl.-pfälz. PVG. § 17 saarl. PVG. Vgl. § 17 hess. SOG; § 21 bad.-württ. PG. - In § 4 Satz 1 nieders. SOG und § 177 II schlesw.-holst. LVwG wird die Vorführung ausdrücklich untersagt. Vgl. Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. II, S. 83 - 84 (a. A. noch Drews / Wakke,l. Aufl., S. 186). § 22 I brem. PG und § 29 I bad.-württ. PG geben einen allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsatz wieder. Vgl. auch Art. 104 I S. 2 GG. S. § 22 I Nr. 2a bad.-württ. PG; § 11 I Buchst, b Nr. 1 brem. PG; § 6 I Nr. 1 rheinl.pfälz. PVG; § 180 I Nr. 2a schlesw.-holst. LVwG. Nordrhein-Westfalen hat die entsprechende Regelung in § 25 Nr. 1 a PolG a. F. aufgehoben. S. auch J. Koschwitz, Die kurzfristige polizeiliche Freiheitsentziehung, 1969; R. Hoffmann, Polizeiliche „Schutzhaft" und Grundrechte, DVB1. 1970, 473 ff. Außer den in Fußnote 248 genannten Gesetzesstellen vgl. Art. 16 bay. PAG; § 18 berl. ASOG; § 13 hamb. SOG; §46 hess. SOG; § 9 nieders. SOG; § 13 nordrh.westf. PolG; § 15 I saarl. PVG. Dazu Polder, BayVBl. 1977, 392ff.

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2. Beseitigung einer bereits eingetretenen Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung und Abwehr einer unmittelbar bevorstehenden Gefahr, wenn andere Mittel nicht zur Verfügung stehen (ultima ratio) 252 . D i e Verwahrung ist — von dem Fall abgesehen, daß sich jemand freiwillig in Gewahrsam begibt — stets Freiheitsentziehung i. S. von Art. 104 Abs. 2 G G . Über ihre Zulässigkeit und Fortdauer ist daher in jedem Fall unverzüglich 2 5 3 eine richterliche Entscheidung herbeizuführen 254 . Über das Ende des auf ihren Beginn folgenden Tages hinaus darf sie nur auf Grund richterlicher Anordnung, in Hessen 2 5 5 sogar überhaupt nicht, aufrecht erhalten werden. D a s gilt selbst dann, w e n n der Verwahrungsgrund weiterhin andauern sollte 256 . Die Verwahrung von geisteskranken, geistesschwachen und suchtkranken Personen in Heil- und Pflegeanstalten ist durch besondere Landesgesetze geregelt 257 . d) Durchsuchung von Personen: D i e Durchsuchung von Personen 2 5 8 erweist sich als Freiheitsbeschränkung. Sie bedarf nach Art. 104 I G G einer Grundlage im förmlichen Gesetz. Eine Reihe der neueren Polizeigesetze hat diese Grundlage für bestimmte Fälle geschaffen 2 5 9 . Dabei handelt es sich um prä252 253 254

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Enger dagegen § 13 I Nr. 2, 3 nordrh.-westf. PolG: nur zur unerläßlichen Verhütung von Straftaten und zur Durchsetzung einer Platzverweisung. Näher dazu BVerwG E 45, 51 (63 - 64). Art. 104 II S. 2 GG; die Einzelheiten des Verfahrens sind landesrechtlich geregelt, § 22 III - IV bad.-württ. PG; § 19 berl. ASOG; § 11 II, IV brem. PG; § 47 hess. SOG; Art. 20 bay. PAG; § 14 nordrh.-westf. PolG. - Gegen Art. 17 I 2 bay. PAG und § 14 I 2 nordrh.-westf. PolG bestehen insoweit verfassungsrechtliche Bedenken, als nach diesen Vorschriften eine richterliche Entscheidung über Zulässigkeit und Fortdauer des polizeilichen Gewahrsams nicht herbeigeführt zu werden braucht, wenn anzunehmen ist, daß die Entscheidung des Richters erst nach Wegfall des Grundes der polizeilichen Maßnahmen ergehen würde. Dem liegt ersichtlich die Vorstellung zugrunde, daß Art. 104 II S. 2 GG für den Bereich der Polizei durch S. 3 eingeschränkt werde. Nach richtiger Ansicht (KG DVB1. 1968, 470 ff., L.S. 2; OVG Berlin NJW 1973, 2172 ff. (2174); zum Stand der Meinungen vgl. Koschwitz, a. a. O., S. 95 - 100) ist den Anforderungen von Art. 104 II S. 2 und 3 GG dagegen nebeneinander Rechnung zu tragen. Eine richterliche Entscheidung muß deshalb auch dann herbeigeführt werden, wenn abzusehen ist, daß der Verwahrungsgrund vor Ablauf des auf den Verwahrungsbeginn folgenden Tages wieder wegfallen wird. Dabei ist vorausgesetzt, daß während der Verwahrungszeit überhaupt die tatsächliche Möglichkeit besteht, einen zuständigen Richter zu erreichen; BVerwG E 45, 51 (63 - 64). Vgl. auch Lisken, ZRP 1980, 145 ff. (146 - 147). § 48 I hess. SOG; dazu s. BVerwG E 45, 51 (63 - 64). Zum Rechtsweg gegen polizeiliche Freiheitsentziehung s. Olschewski, JR 1970, 89 ff. S. ferner das BundesG über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen vom 29. 6. 1956 (BGBl. I S. 599). Dazu eingehend W. Hoffmann, Polizei 1969, 11 ff. und 42 ff. §23 I bad.-württ. PG; Art. 20 bay. PAG; § 13 brem. PG; §22 berl. ASOG. § 15

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ventive Maßnahmen 260 — im Gegensatz zu der Durchsuchung nach § 102 StPO, die der Strafverfolgung dient. e) Durchsuchung von Wohnungen: Die Polizei darf Wohnungen nur betreten und durchsuchen, wenn das zur Abwehr einer „gemeinen Gefahr", einer Lebensgefahr oder einer dringenden Gefahr („Gefahr im Verzug") für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung unbedingt geboten ist261. Die landesrechtlichen Bestimmungen262 weichen teilweise voneinander ab. Mehrfach wird zwischen dem bloßen Betreten und der Durchsuchung unterschieden und für letztere ein strengerer Maßstab aufgestellt. Die Durchsuchung dient als Mittel zum Auffinden und Ergreifen einer Person, zum Auffinden, Sicherstellen oder zur Beschlagnahme einer Sache oder zur Verfolgung von Spuren. Ihr Begriffsmerkmal ist die Suche nach Personen, Sachen oder Spuren, ein spezifisches Eindringen in die private Geheimsphäre. Fehlen diese Merkmale, dann handelt es sich um ein bloßes Betreten263. Die meisten Gesetze sehen vor, daß Wohnungen zur Nachtzeit nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr betreten werden dürfen 264 . Nach Art. 13 II GG dürfen Durchsuchungen grundsätzlich nur durch den Richter angeordnet werden. Lediglich bei Gefahr im Verzug steht das Anordnungsrecht auch anderen, gesetzlich besonders ermächtigten Organen zu. Diese Vorschrift gilt, entgegen der früher herrschenden Meinung, nicht nur für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, sondern auch für die präventive polizeiliche Durchsuchung265. Praktisch wird allerdings in den meisten Fällen, in denen die Polizei überhaupt eine Wohnung durchsuchen darf, Gefahr im Verzug vorliegen, so daß die in Art. 13 II GG zugelassene Ausnahme eingreift. f ) Polizeilicher Schußwaffengebrauch: Erhebliche Unsicherheit besteht bisher in der Frage des Schußwaffengebrauchs durch die Polizei. Im Grundsatz

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hamb. SOG; §50 hess. SOG; § 17 nordrh.-westf. PolG; § 17 rheinl.-pfälz. PVG; § 179 I schlesw.-holst. LVwG. Charakteristisch: § 50 in Verb, mit § 18 I hess. SOG; § 17 I Nr. 1 in Verb, mit § 21 nordrh.-westf. PolG. Zu Art. 13 GG und gefahrenabwehrenden Eingriffen in die Wohnungsfreiheit, vgl. Schwan, DÖV 1975, 661 ff. § 19 ME PolG; § 16 hamb. SOG; § 25 bad.-württ. PG; § 24 berl. ASOG; § 15 brem. PG; § 52 hess. SOG; § 3 nieders. SOG; § 19 nordrh.-westf. PolG; § 19 rheinl.-pfälz. PVG; § 16 saarl. PVG; § 182 schlesw.-holst. LVwG; Art. 22 bay. PAG. BVerwG E 47, 31 (36 - 37). § 25 I bad.-württ. PG; § 15 I brem. PG; § 3 I nieders. SOG; § 19 II nordrh.-westf. PolG; § 182 III schlesw.-holst. LVwG. BVerwG E 28, 285 (287 - 292); Ule / Rasch, a. a. O., S. lOOf. So jetzt ausdrücklich § 25 V bad.-württ. PG; Art. 23 I bay. PAG; § 24 II berl. ASOG; § 20 I nordrh.westf. PolG; § 19 III rheinl.-pfälz. PVG.

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ist er nach Maßgabe der landesgesetzlichen Regelungen 266 als Mittel des unmittelbaren Zwangs zulässig; dabei bildet er freilich das letzte Mittel, von dem nur mit äußerster Zurückhaltung Gebrauch gemacht werden darf 2 6 7 . Der Musterentwurf 2 6 8 soll eine bundeseinheitliche Regelung herbeiführen. Dabei ist namentlich das Problem des sog. gezielten Todesschusses — richtiger sollte man von einem „Rettungsschuß" in äußersten Notlagen (z. B. Befreiung von Geiseln) sprechen — lebhaft umstritten 269 . Bayern hat sich bei der Neufassung seines PAG auch in diesem Punkt dem Musterentwurf angeschlossen; dagegen hat Nordrhein-Westfalen die Frage ausgeklammert 270 . 5. Sondergesetzliche Ermächtigungen Sondergesetzliche Ermächtigungen zur Gefahrenabwehr können entweder in Ergänzung einer Generalklausel oder aber an ihrer Stelle eingeführt werden. Ein System von sondergesetzlichen Bestimmungen anstelle einer Generalklausel kannte traditionell lediglich Bayern 271 . Dort wurden nur die Aufgaben der Polizei- und Ordnungsbehörden in Form von Generalklauseln normiert. Die erforderlichen Ermächtigungen zu Eingriffen in Freiheit und Eigentum der Bürger blieben dagegen besonderen Vorschriften vorbehalten. Seit 1978 hat sich indessen auch Bayern mit gewissen Modifikationen dem gemeindeutschen System der polizeilichen Ermächtigung in Form einer Generalklausel angeschlossen. Heute bestimmen in allen Bundesländern Generalklauseln nicht nur den Aufgabenbereich der Polizei- und Ordnungsbehörden, sondern fungieren zugleich als Eingriffsermächtigungen. Daneben haben sondergesetzliche Ermächtigungen lediglich eine ergänzende Aufgabe. Im Rahmen ihres jeweiligen Anwendungsbereichs gehen sie allerdings der Generalklausel vor, weil diese grundsätzlich nur subsidiär gilt (oben Abschnitt II. 1 b). Vielfach ist die Regelung eines Sondergesetzes enger als die Generalklausel. Sie sieht Eingriffe nicht vor, die an sich von der Generalklausel gedeckt 266

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§ 39 bad.-württ. PG; Art. 45 bay. PAG; § 9 berl. UZwG; § 24 hamb. SOG; § 6 hess. UZwG; § 8 nieders. UZwVO; § 41 nordrh.-westf. PolG; § 58 rheinl.-pfälz. PVG. Vgl. im einzelnen Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. I, S. 328 ff.; R.Krüger, Polizeilicher Schußwaffengebrauch, 3. Aufl. 1977. Oben Abschnitt 1.4 a. Dazus. Berndt, Polizei 1975, 197ff.; Funk- Werkentin, KJ 1976, 121 ff.; Gintzel, Polizei 1978, 33ff.; Hummel-Liljegren, Polizei 1977, 373ff.; R. Lange, JZ 1976, 546ff.; W. Lange, M D R 1977, 10ff.; Lerche, in Fs. f. v. d. Heydte, 1977, 1033ff.; Rupprecht, in Fs. f. W. Geiger, 1974, 771 ff.; Riegel, ZRP 1978, 73ff. Art. 45 II 2 bay. PAG; § 41 II nordrh.-westf. PolG; vgl. dazu Lohse, JuS 1979, 73; Riegel, NJW 1980, 1435. Zur bayerischen Sonderstellung s. Franz Mayer, Die Eigenständigkeit des bayerischen Verwaltungsrechts, dargestellt an Bayerns Polizeirecht, 1958; Emmerig, DÖV 1955, lOOff.; 5. Schulze, Die polizeiliche Generalermächtigung. Ein Vergleich mit dem System der Spezialdelegation, Diss. Erlangen, 1975.

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wären. In derartigen Fällen muß durch Auslegung des jeweiligen Gesetzes ermittelt werden, ob es das betreffende Sachgebiet abschließend geregelt hat oder ob für die von ihm nicht behandelten Situationen ergänzend auf die Generalermächtigung zurückgegriffen werden kann. Abschließende Bedeutung besitzen z. B. die gesetzlichen Bestimmungen über das Versammlungswesen 272 . Gehen von einer Versammlung Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung aus, dann kann die Polizei (unter Beachtung des Grundrechts aus Art. 8 GG) ausschließlich nach §§ 5, 13, 15 VersammlungsG einschreiten 273 . Dagegen lassen die Regelungen der Gewerbeüberwachung 274 oftmals Raum für Eingriffe auf Grund der Generalklausel275. Im Bereich des Verkehrswesens sind die Bestimmungen der StVO nur insoweit abschließend, wie verkehrstypische Gefahren in Frage stehen. Andere Einwirkungen können mit Hilfe der Generalklausel bekämpft werden 276 . Bisweilen übertragen Sondergesetze den Polizei- und Ordnungsbehörden Aufgaben, die über den Bereich der Gefahrenabwehr hinausgehen, z. B. im Paß- und Meldewesen 277 . Diese Aufgaben gehören nicht mehr zur polizeilichen Funktion im materiellen Sinne. Man spricht hier von bloß formell-polizeilichen Tätigkeiten 278 . Die in Betracht kommenden Funktionen werden in erster Linie nach Maßgabe der einzelnen Sondergesetze erfüllt. Daneben gelten für die Art und Weise der Durchführung ergänzend die Vorschriften der Polizei- und Ordnungsbehördengesetze, und zwar teilweise auf Grund einer generellen Verweisung in den Polizei- und Ordnungsbehördengesetzen selbst279, teilweise aber nur dann, wenn das jeweilige Spezialgesetz besonders auf sie verweist280.

III. Formelles Polizei- und Ordnungsrecht 1. Organisation und Zuständigkeitsordnung Im Gegensatz zum materiellen Polizei- und Ordnungsrecht, bei dem die Rechtslage in sämtlichen Bundesländern weitgehend übereinstimmt, ergeben 272 273 274 275 276

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G über Versammlungen und Aufzüge vom 24. Juli 1953 (BGBl. I S. 684). OVG Münster DÖV 1970, 344ff. (345). Dazu eingehend in diesem Band Badura, WirtschaftsverwaltungsR, Abschn. IV. Im einzelnen ist die Abgrenzung oft problematisch; s. näher Drews / Wacke/ Vogel/Martens, Bd. II, S. 66ff. S. z. B. VGH Stuttgart VerwRspr. 4, 440 (LS 2, 443 - 444) und 6, 71 (LS 2, 73); OVG Hamburg MDR 1956, 509. Aus neuerer Zeit insb. BVerwG E 28, 310 = DVB1. 1968, 509ff., mit Anm. A. Schmidt-Tophoff, S. 512ff., betr. die Anwendbarkeit der Generalklausel bei in den Straßenraum ragenden Werbeanlagen, die von den Vorschriften der StVO nicht erfaßt werden; ferner Knütel, DÖV 1970, 375ff. Z. B. § 8 I nordrh.-westf. MeldeG vom 25. 5. 1960 (GVB1. S. 81). S. Henke, DÖV 1960, 890ff. (vgl. auch oben I. 3b). § 1 II 2 brem. PG; § 1 II 2 hess. SOG; § 1 II 2 rheinl.-pfälz. PVG; § 164 II 2 280 schlesw.-holst. LVwG. § 1 III nordrh.-westf. OBG.

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sich im organisationsrechtlichen Bereich tiefgreifende und vielfältig abgestufte Verschiedenheiten. Es besteht hier nicht nur der grundlegende Unterschied zwischen dem Einheits- und dem Trennungssystem (oben Abschnitt I. 5). Auch innerhalb beider Systeme variieren die Regelungen von Land zu Land. Im Rahmen der vorliegenden Darstellung können nur Grundlinien aufgezeigt werden. Ergänzend wird auf die einschlägigen Gesetze der einzelnen Bundesländer verwiesen 281 . a) Kompetenzabgrenzung zwischen Polizei- und Ordnungsbehörden: In den Ländern, die die Aufgaben der Gefahrenabwehr auf zwei Behördenzweige verteilen, muß jede Behandlung eines konkreten Falles von der Frage ausgehen, ob für das betreffende Sachgebiet die Polizei oder die Ordnungsbehörde zuständig ist. Die landesrechtlichen Regelungen dazu sind unterschiedlich. Überall aber kennt man eine normale Zuständigkeitsverteilung und neben ihr eine Reihe von Not- und Hilfszuständigkeiten, die der Polizei zustehen. aa) Normale Zuständigkeitsverteilung: Für die Aufgaben der Polizeibehörden ist das Enumerationsprinzip durchgeführt. Sie sind nur für die Angelegenheiten zuständig, die die Gesetze ihnen ausdrücklich zuweisen 282 . Fehlt es an einer Zuweisung an die Polizei, dann ist die Ordnungsbehörde zuständig 283 . Es spricht also die Vermutung für die Kompetenz der Ordnungsbehörde. bb) Notzuständigkeiten der Polizei: In sämtlichen Ländern des Trennungssystems hat man nicht umhin gekonnt, der Tatsache Rechnung zu tragen, daß allein die Polizei über einen stets unmittelbar einsatzfähigen Exekutivapparat verfügt. Auch den Ordnungsbehörden sind zwar teilweise sog. Vollzugsbeamte 284 zugeteilt; sie reichen aber nach ihrer Zahl und dem Umfang ihrer Tätigkeit nicht aus, um eine allgemeine präventive Überwachung durchzuführen. Die Ordnungsbehörden bilden im wesentlichen eine Schreibtischverwaltung, die die tatsächlichen Vorgänge nur aus einer gewissen Distanz heraus verfolgen kann. Zum sofortigen Eingreifen in dringenden Fällen ist praktisch nur die Polizei imstande. Deshalb hat man überall der Polizei die Befugnis eingeräumt, auch im Tätigkeitsbereich der Ordnungsbehörden die notwendigen „unaufschiebbaren Maßnahmen" bei akuter Gefahr zu treffen (sog. Recht des ersten Zugriffs)2*5. 281 282

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Überblick über den Aufbau der Ordnungsverwaltung bei Rasch, DVB1. 1977, 144ff. S. die Zuständigkeitskataloge in § 46 II bad.-württ. PG (sog. Polizeivollzugsdienst); § 4 berl. ASOG; § 58 I brem. PG (sog. Polizeivollzugsdienst); § 62 I 1 hess. SOG; § 2 II und III nieders. SOG in Verb, mit der ZuständigkeitsVO vom 27. August 1973 (GVB1. S. 298); §§ 16, 17 nordrh.-westf. POG; § § 4 - 7 schlesw.-holst. POG. So ausdrücklich z. B. § 46 I bad.-württ. PG; § 1 III 1 hess. SOG; § 166 I schlesw.holst. LVwG. Z. B. § 51 nieders. SOG; in Nordrhein-Westfalen heißen sie „Dienstkräfte", § 13 nordrh.-westf. OBG. § 2 I bad.-württ. PG; § 4 I 1 berl. ASOG; §§ 1 II 1, 62 I 2 hess. SOG, § 2 II 1 nieders. SOG, § 1 I 2 nordrh.-westf. PolG; § 15 I 2 nordrh.-westf. POG; § 168 12 schlesw.-holst. LVwG.

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Dabei handelt es sich, wie die Gesetze vielfach ausdrücklich betonen, um eine eigene Zuständigkeit der Polizei286. Das Recht des ersten Zugriffs gehört also zum Bereich des formellen Polizeibegriffs. Die Notzuständigkeit wirkt so lange, bis die Ordnungsbehörde, die sofort zu unterrichten ist, selbst eingreifen kann. cc) Hilfszuständigkeiten der Polizei: Die Polizei ist allgemeines Überwachungsorgan. Sie hat die Ordnungsbehörden von allen Vorgängen und Zuständen zu unterrichten, die deren Eingreifen erforderlich erscheinen lassen287. Außerdem fungiert sie als Vollzugsorgan288. In dieser Eigenschaft leistet sie den Ordnungsbehörden Hilfe beim Vollzug der von ihnen erlassenen Verfügungen. Die sachliche Verantwortung für den Inhalt der betreffenden Maßnahmen liegt bei den Ordnungsbehörden. Gegen sie richten sich die Rechtsmittel. Die Polizei ist nur für die Art und Weise des Vollzugs verantwortlich. b) Organisation der Polizei: Der organisatorische Aufbau der Polizei bietet in den verschiedenen Bundesländern ein sehr buntes Bild. Es ergeben sich aber immerhin eine Reihe von Gemeinsamkeiten oder Ähnlichkeiten. aa) Arten der Polizeibehörden: In den meisten Ländern unterscheidet man die Vollzugspolizei von den eigentlichen Polizeibehörden289. Die Vollzugspolizei besteht aus den uniformierten Beamten, die für den laufenden Einsatz durch Einzelakte zur Verfügung stehen. Das organisatorische Verhältnis der Vollzugspolizei zu den Polizeibehörden wechselt. Teilweise bildet die Vollzugspolizei eine selbständige Behörde neben den Polizeibehörden290, teilweise ist sie diesen als unselbständige Untergliederung integriert291. Die Zuständigkeitsverteilung im Verhältnis zwischen Polizeibehörden und Vollzugspolizei ist in formaler Hinsicht ähnlich ausgestaltet wie zwischen den Ordnungsbehörden und der Polizei als Gesamtheit292. Die Vollzugspolizei hat enumerierte Einzelzuständigkeiten, daneben das Recht des ersten Zugriffs, die Überwachungstätigkeit und die Pflicht zur Vollzugshilfe. Die übrigen po286 287

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Z. B. § 2 II 1 nieders. SOG, § 1 I 2 nordrh.-westf. PolG; § 53 III bad.-württ. PG; § 4 I 2 berl. ASOG; § 58 II brem. PG; § 2 Satz 2 hess. SOG; § 2 II 2 nieders. SOG; § 15 I 3 nordrh.-westf. POG; § 1 I 3 nordrh.-westf. PolG; § 166 III 2 schlesw.-holst. LVwG. § 76 I bad.-württ. PG; § 2 II 3 nieders. SOG; § 2 nordrh.-westf. OBG; in Verb, mit §§ 25ff. nordrh.-westf. PolG; § 168 14, III schlesw.-holst. LVwG; einschränkend dagegen § 44 III 2 hess. SOG. §45 bad.-württ. PG; §§57, 58 brem. PG; §§ 57, 64 hess. SOG; §§73, 81 rheinl.pfälz. PVG; dagegen sind gem. § 165 II schlesw.-holst. LVwG „Polizei i. S. dieses Gesetzes (nur) die Polizeivollzugskräfte"; anders wiederum § 1 IV berl. ASOG: „Polizei i. S. dieses Gesetzes ist der Polizeipräsident in Berlin." So § 56 bad.-württ. PG. So § 69 II brem. PG; §§ 65, 66 I hess. SOG. Charakteristisch §§ 57, 58 brem. PG; vgl. auch § 46 II bad.-württ. PG; §§ 1 II, 44 I und III, 62 hess. SOG; anders dagegen in Schlesw.-Holst. (Anm. 289).

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lizeilichen Aufgaben liegen bei den Polizeibehörden. Es spricht also — sofern im Einzelfall überhaupt eine polizeiliche, nicht ordnungsbehördliche Aufgabe gegeben ist — eine Vermutung f ü r die Zuständigkeit der Polizeibehörden. 1. Gliederung der Vollzugspolizei: Die Vollzugspolizei ist nach fachlichen Gesichtspunkten in mehrere Zweige untergliedert, insbesondere in Schutzpolizei, Kriminalpolizei, Wasserschutzpolizei und Bereitschaftspolizei 293 . Bei der Bereitschaftspolizei handelt es sich um eine kasernierte Polizeitruppe 294 . 2. Gliederung der Polizeibehörden: Sie sind eingeteilt in die allgemeinen (ordentlichen) Polizeibehörden 2 9 5 u n d die Sonderpolizeibehörden 2 9 6 . Die Sonderpolizeibehörden sind jeweils für ein bestimmtes Fachgebiet zuständig. Ihre Organisation und ihre Aufgaben beruhen auf dem einschlägigen Spezialgesetz. Die allgemeinen Polizeibehörden können im Zuständigkeitsbereich der Sonderpolizeibehörden grundsätzlich nicht tätig werden. Die Zuständigkeit der Sonderpolizeibehörden geht also vor 2 9 7 . Als Sonderpolizeibehörden kommen z. B. in Betracht die Bergämter, die Gesundheitsämter, die Forstämter u n d die Gewerbeaufsichtsämter. Sie bilden allerdings in den Ländern, die die Polizei- von den Ordnungsbehörden trennen, zumeist nicht Sonderpolizei-, sondern Sonderordnungsbehörden. bb) Staatliche Polizei: Die Polizei gehört seit jeher materiell zum Kompetenzbereich des Staates. Verschiedene Gesetze erklären sie ausdrücklich und uneingeschränkt zur „Angelegenheit des Landes" 2 9 8 . Sie ist heute, nachdem die Übertragung von Polizeiaufgaben auf die Gemeinden zur Wahrnehmung im Auftrag des Landes, wie sie verschiedene Bundesländer früher kannten 2 9 9 , bis Mitte der siebziger Jahre allmählich abgebaut worden ist, auch in organisatorischer Hinsicht ganz zur unmittelbaren Landesverwaltung geworden. Die Organisation der Polizei folgt in den Ländern keinem einheitlichen Schema. Meistens ergibt sich ein dreistufiger Aufbau in Landes- (Bezirks-), Kreis- und örtliche Polizeibehörden 3 0 0 . An der Spitze steht der Innenminister 293

Z. B. § 56 bad.-württ. PG; § 67 brem. PG; § 64 hess. SOG; § 81 I rheinl.-pfälz. PVG; §§ 3, 7 schlesw.-holst. POG. 294 2iff. 1 des Verwaltungsabkommens über die Errichtung von Bereitschaftspolizeien der Länder (bei Ule / Rasch, a. a. O., S. 770); eingehend dazu Drews / Wache / Vogel/Martens, Bd. I, S. 32 - 34. 295 § 47 I bad.-württ. PG; § 59 I brem. PG; § 57 hess. SOG; § 5 nordrh.-westf. POG; § 73 I rheinl.-pfälz. PVG; § 165 I Nr. 1 - 3 schlesw.-holst. LVwG. 296 § 47 II bad.-württ. PG; § 59 II brem. PG; § 63 hess. SOG; § 12 nordrh.-westf. OBG; § 73 II rheinl.-pfälz. PVG; § 165 I Nr. 4 schlesw.-holst. LVwG. 297 Dazu Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. I, S. 68ff., 86ff. 298 S. § 52 I nieders. SOG; § 1 nordrh.-westf. POG; § 1 schlesw.-holst. POG. 299 Überblick über die Entwicklung der kommunalen Polizei bei Götz, a. a. O., S. 123 — 124. 300 S. § 47 I bad.-württ. PG; § 59 brem. PG; § 57 I hess. SOG; §§ 44ff. nieders. SOG; §§ 2ff. nordrh.-westf. POG; § 73 I rheinl.-pfälz. PVG; § 5 saarl. VO über die Verstaatlichung der kommunalen Vollzugspolizei v. 15. 11. 1946 (ABl. S. 240); §§ 163, 165 schlesw.-holst. LVwG.

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als oberste Instanz. Einige Länder verzichten auf die örtlichen Polizeibehörden, so daß die Behörden auf der Ebene des Stadt- bzw. Landkreises die unterste polizeiliche Instanz bilden301. Man will damit im Interesse der Schlagkraft eine zu weitgehende organisatorische Zersplitterung vermeiden. Landes- bzw. Bezirkspolizeibehörden sind im allgemeinen die Regierungspräsidenten (Bezirksregierungen)302. Nur einige Länder qualifizieren auch die Ministerialinstanz als Polizeibehörde303. In den übrigen nimmt sie lediglich Aufsichtsfunktionen wahr. Sie kann also nicht unmittelbar Exekutivmaßnahmen treffen. Soweit auf der Kreisebene die Landräte (Oberkreisdirektoren) als Kreispolizeibehörden fungieren 304 , werden sie nicht als Selbstverwaltungsorgane, sondern in ihrer Zweitfunktion als untere staatliche Verwaltungsbehörde305 tätig. — In den größeren Städten bestehen vielfach Polizeipräsidien, Polizeidirektionen oder Polizeiämter als besondere staatliche Behörden306. Örtliche Polizeibehörden sind, sofern keine besonderen staatlichen Polizeibehörden auf Ortsebene bestehen, die Bürgermeister (Oberbürgermeister) bzw. die Gemeindedirektoren, gegebenenfalls auch die Amtsvorsteher307. Sie werden insoweit kraft gesetzlicher Organleihe unmittelbar für den Staat tätig. Neben den Landes-, Kreis- und Ortspolizeibehörden stehen selbständig eine Reihe zentraler Institutionen der Polizeiverwaltung, insbesondere die Landeskriminalämter 308 . c) Organisation der Ordnungsbehörden: Die Ordnungsbehörden und die allgemeinen Verwaltungsbehörden, die Aufgaben der Gefahrenabwehr wahrzunehmen haben, bilden einen integrierenden Bestandteil der „normalen" Verwaltungsorganisation. Es war ja gerade der Zweck der „Entpolizeilichung" der betreffenden Sachgebiete, die Sonderstellung der Polizeibehörden zu beseitigen (s. oben Abschnitt I. 5). Infolgedessen gelten hier die gewöhnlichen Grundsätze der Verwaltungsorganisation. Untere (örtliche) Ordnungsbehörden sind regelmäßig die Gemeinden als Selbstverwaltungskörperschaften 309 . Die Kompetenzen werden von ihren

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So § 5 nordrh.-westf. POG, § 52 II nieders. SOG. §48 II bad.-württ. PG; § 57 I Nr. 2 hess. SOG; §52 II Nr. 3 nieders. SOG; §7 nordrh.-westf. POG. § 48 I bad.-württ. PG; § 57 I Nr. 1 hess. SOG. § 48 III bad.-württ. PG i. Verb, mit § 14 I bad.-württ. LVG; § 57 I Nr. 3 hess. SOG; § 6 I Nr. 1 nordrh.-westf. POG; § 44 nieders. SOG i. Verb. m. § 57 I Nr. 3 nieders. LKO v. 1. Oktober 1977; § 7 4 II rheinl.-pfälz. PVG; § 165 I Nr. 2 schlesw.-holst. LVwG. Dazu s. in diesem Band von Unruh, GemeindeR, Abschn. II 3 d. Z. B. § 53 I nieders. SOG; § 6 I Nr. 2 nordrh.-westf. POG; § 75 I rheinl.-pfälz. PVG. § 48 IV bad.-württ. PG; § 57 I Nr. 4 hess. SOG; § 34 II, III saarl. LVG. Z. B. §§ 5, 19 nordrh.-westf. POG; § 70 hess. SOG; § 56 Nr. 1 bad.-württ. PG. §§ 1 III 2, 55 I hess. SOG; §§ 44, 46 II nieders. SOG; § 3 I nordrh.-westf. OBG.

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nach Gemeindeverfassungsrecht zuständigen Organen 310 als Pflichtaufgaben nach Weisung311 wahrgenommen. Über den örtlichen Ordnungsbehörden stehen die Kreisordnungsbehörden (Landkreise) und die Landesordnungsbehörden (Regierungspräsidenten) 312 . Die Aufgaben der Gefahrenabwehr sind grundsätzlich von den örtlichen Ordnungsbehörden zu erfüllen313. Jedoch wird dieser Grundsatz für zahlreiche Fälle durch Sonderregelungen durchbrochen 314 . Auch im Bereich der Ordnungsverwaltung gibt es neben den allgemeinen Ordnungsbehörden verschiedene Sonderordnungsbehördenii5, die jeweils für einzelne Sachgebiete ausschließlich zuständig sind. Soweit die Ordnungsaufgaben auf kommunaler Ebene wahrzunehmen sind, ergeben sich vielfach Verschränkungen zwischen Kommunalverfassungsrecht und Ordnungsrecht. Einzelheiten dazu können hier nicht dargestellt werden316. d) Aufsicht über Polizei- und Ordnungsbehörden: Der Vielfalt der differenzierten Organisationsregelungen sowohl im Bereich der Polizei als auch in dem der Ordnungsbehörden entspricht eine ebenso aufgefächerte Ausgestaltung der Aufsichtsbefugnisse in den einzelnen Bundesländern 317 . Das Aufsichtsrecht liegt regelmäßig bei den höheren Polizei- und Ordnungsbehörden bis hin zu den Ministerien als letzter Instanz. Die Ministerien sind auch dort Aufsichtsorgane, wo sie nicht selbst die Stellung einer Polizeibzw. Ordnungsbehörde haben 318 . Die Aufsicht gliedert sich in die allgemeine Dienstaufsicht und die auf den konkreten Tätigkeitsbereich bezogene Fachaufsicht. Die Dienstaufsicht ressortiert zum Innenminister, die Fachaufsicht zum jeweils zuständigen Fachminister319.

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Zur Maßgeblichkeit des Kommunalverfassungsrechts für die innerkörperschaftliche Organzuständigkeit der Ordnungsbehörden s. OVG Münster DVB1. 1970, 550ff. S. von Unruh, a. a. O., Abschn. I 4 c, cc. §§ 1 III, 55 hess. SOG; §§ 44, 46 I nieders. SOG; § 3 I u. II nordrh.-westf. OBG. S. insb. § 5 I nordrh.-westf. OBG; § 46 I nieders. SOG; dagegen stellt § 1 III 2 hess. SOG Gemeinden und Kreise als Ordnungsbehörden 1. Instanz nebeneinander. Dazu § 46 II nieders. SOG; § 5 II nordrh.-westf. OBG. Z. B. § 12 nordrh.-westf. OBG; vgl. im übrigen die Nachweise in Anm. 296. S. als Beispiele § 45 I nieders. SOG; § 11 nordrh.-westf. OBG. S. §§ 49 - 50 bad.-württ. PG; § 6 berl. ASOG; §§ 65 - 66 brem. PG; §§ 58 - 59 hess. SOG; § § 4 7 - 4 8 nieders. SOG; § § 9 - 1 0 nordrh.-westf. POG und §7 nordrh.westf. OBG; §§ 79, 80 rheinl.-pfälz. PVG; § § 1 4 - 1 8 schlesw.-holst. LVwG. Wie in Nordrhein-Westfalen: s. §§ 5, 9, 10 nordrh.-westf. POG; §§ 3, 7 III nordrh.westf. OBG. Z. B. §§ 49, 50 bad.-württ. PG; § 6 I berl. ASOG; § 59 I, II hess. SOG; §48 I, II nieders. SOG; §§ 9, 10 nordrh.-westf. PolG.

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Die Aufsichtsbehörden besitzen ein umfassendes Informationsrecht320. Sie können Weisungen erteilen, denen die untergeordneten Behörden Folge zu leisten haben 321 . Die Weisungen können entweder als allgemeine Weisungen oder als besondere Weisungen für den Einzelfall ergehen. Sie können sich auf die Rechtmäßigkeit wie auf die bloße Zweckmäßigkeit (Ermessensausübung!) einer Maßnahme beziehen. In einigen Fällen, in denen Aufgaben der Gefahrenabwehr kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften obliegen, sind die Weisungsbefugnisse allerdings eingeschränkt. So kann nach § 9 II nordrh.-westf. OBG die Aufsichtsinstanz durch Einzelweisung nur dann in das Ermessen der örtlichen Ordnungsbehörde eingreifen, wenn deren Verhalten zur Gefahrenabwehr nicht geeignet erscheint oder wenn es überörtliche Interessen verletzt. Als äußerstes Mittel steht der Aufsichtsbehörde vielfach das Recht zum Selbsteintritt, also zur eigenen Durchführung der notwendigen Maßnahme anstelle der an sich zuständigen Behörde und auf deren Kosten, zu322. e) Zuständigkeitsordnung: Bei den Polizei- wie bei den Ordnungsbehörden besteht in den einzelnen Ländern jeweils eine Zuständigkeitsordnung, die den Tätigkeitsbereich der Behörden sowohl in räumlicher Hinsicht als auch instanziell im Verhältnis zwischen Behörden verschiedener Stufen abgrenzt. Grundsätzlich ist diese Zuständigkeitsordnung starr. Jede Behörde ist auf den ihr zugewiesenen Bereich beschränkt. Der Gesetzgeber hat jedoch die Regelzuständigkeiten im Interesse einer effektiven Gefahrenabwehr durch ein System von außerordentlichen Zuständigkeiten ergänzt. Dadurch soll gewährleistet werden, daß eine an sich mögliche Gefahrenabwehr im Einzelfall nicht an Zuständigkeitsgrenzen zu scheitern braucht. aa) Örtliche Zuständigkeit: Die örtliche Zuständigkeit entscheidet darüber, welche von mehreren gleichartigen und gleichrangigen Behörden mit unterschiedlichem räumlichen Bezirk in einem konkreten Fall einzugreifen hat. 1. Regelzuständigkeit: Die örtliche Zuständigkeit der Polizei- und Ordnungsbehörden beschränkt sich fast stets auf ein bestimmtes Gebiet, den sog. Polizeibezirk. Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk die in Betracht kommende Aufgabe wahrzunehmen ist323, wo also die abzuwehrende Gefahr oder die zu beseitigende Störung auftritt („wo die polizeilich zu schützenden Interessen verletzt oder gefährdet werden"). Unerheblich sind demgegenüber der 320

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§ 51 III bad.-württ. PG; § 7 II Nr. 1 berl. ASOG; § 66 III brem. PG; § 60 II hess. SOG; § 8 nordrh.-westf. OBG. § 51 I bad.-württ. PG; § 7 II Nr. 2 berl. ASOG; § 66 I brem. PG; § 60 I hess. SOG; § 9 nordrh.-westf. OBG. §51 II bad.-württ. P G ; § 7 II Nr. 3 berl. ASOG; §66 II brem. PG; §61 I hess. SOG; § 10 nordrh.-westf. OBG. - Ohne besondere gesetzliche Zulassung ist der Selbsteintritt nicht zulässig; vgl. OVG Berlin NJW 1977, 1166f. (1167). § 54 I bad.-württ. PG; § 63 I brem. PG; §§ 75 - 76 hess. SOG; § 12 I 2 nordrh.westf. POG; § 4 I nordrh.-westf. OBG; §77 rheinl.-pfälz. PVG; § 167 I schlesw.holst. LVwG.

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Wohnsitz oder Aufenthalt des Störers sowie der Ort, an dem Ursachen für die Störung gesetzt worden sind. Gehen von einem Grundstück Gefahren aus, d a n n kann nur die Polizei einschreiten, in deren Bezirk das Grundstück belegen ist. Auf den Wohnsitz des Eigentümers (als Zustandsstörer) kommt es nicht an. Einige Länder haben den Beamten der staatlichen Vollzugspolizei eine umfassende örtliche Zuständigkeit für das gesamte Landesgebiet verliehen 324 . 2. Außerordentliche Zuständigkeiten: Außerordentliche Zuständigkeiten können entweder genereller Natur sein oder nur im konkreten Einzelfall eingreifen. Eine generelle Regelung ist in Fällen zulässig, in denen eine bestimmte polizeiliche Aufgabe, die in mehreren Dienstbezirken auftritt, zweckmäßig nur einheitlich wahrgenommen werden kann (Überwachung eines gefährlichen Unternehmens, dessen Betriebsgelände die Bezirksgrenzen überschreitet). Hier kann die übergeordnete Instanz eine der beteiligten Polizei- bzw. Ordnungsbehörden für allein zuständig erklären 325 . Der Zuständigkeitsbereich dieser Behörde wird damit, abweichend von der gesetzlichen Regelung, ausgedehnt; derjenige der anderen wird beschränkt. Außerordentliche Zuständigkeiten im Einzelfall kommen in Betracht bei der polizeilichen Nachbarhilfe und bei der Nacheile. Es geht hier darum, die zwangsläufige Einbuße an polizeilicher Effektivität, die sich aus den örtlichen Zuständigkeitsgrenzen ergibt, nach Möglichkeit auszugleichen 326 . Nachbarhilfe bedeutet Tätigkeit einer Polizeibehörde oder eines Vollzugsbeamten in einem benachbarten Bezirk bei Gefahr im Verzug. Sie setzt stets voraus, daß die an sich örtlich zuständige Behörde nicht rechtzeitig eingreifen kann. Einige Länder lassen die Nachbarhilfe nur unter der Voraussetzung zu, daß sie mit einer M a ß n a h m e der Gefahrenabwehr im eigenen Bezirk zusammenhängt und zu deren Durchführung erforderlich ist 327 ; andere Länder dagegen gestatten sie generell 328 . Zur Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten auf frischer Tat, zur unmittelbaren Verhütung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten sowie zur Verfolgung u n d Wiederergreifung Entwichener dürfen alle Vollzugsbeamten im Wege der Nacheile auch außerhalb des Bezirks ihrer Behörde Amtshandlungen vornehmen 3 2 9 . Diese Befugnis erstreckt sich auf das gesamte Gebiet des jeweiligen Landes, nicht nur auf die benachbarten Polizeibezirke. 324 325 326 327 328 329

Z. B. § 63 I bad.-württ. PG. § 55 bad.-württ. PG; § 63 II brem. PG; § 75 II hess. SOG; § 14 I nieders. SOG; § 12 IV nordrh.-westf. POG; § 77 III rheinl.-pfälz. PVG; § 167 II schlesw.-holst. LVwG. Dazu Schreiber, Polizei 1971, 200 f. § 14 I nieders. SOG; § 12 III nordrh.-westf. POG. § 75 II hess. SOG; § 64 brem. PG; § 54 II bad.-württ. PG. §79 II brem. PG; §76 II Nr. 3 - 4 hess. SOG; § 14 II nieders. SOG; § 13 II nordrh.-westf. POG.

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Nachbarhilfe und Nacheile können oftmals auch über Landesgrenzen hinweg geboten erscheinen. Da das Polizeirecht der Landeskompetenz untersteht, kann das einzelne Land seine Vollzugsbeamten nicht ermächtigen, im Gebiet eines fremden Landes tätig zu werden. Wohl aber finden sich eine Reihe von landesgesetzlichen Vorschriften, die den Beamten anderer Länder gestatten, unter den Voraussetzungen der Nachbarhilfe oder Nacheile Amtshandlungen auf dem eigenen Gebiet vorzunehmen. Diese Handlungen werden materiell-rechtlich so qualifiziert, als seien sie von Beamten des ermächtigenden Landes vorgenommen worden 330 . bb) Instanzielle Zuständigkeit: Im Regelfall sind die Aufgaben der Gefahrenabwehr von der untersten Instanz (örtliche bzw. bei deren Fehlen Kreisbehörde) wahrzunehmen. Dieser Grundsatz ist in einigen Gesetzen besonders ausgesprochen 331 . Er gilt aber auch sonst. Eine unmittelbare Zuständigkeit höherer Instanzen kommt nur dort in Betracht, wo sie gesetzlich besonders angeordnet ist332. Bei Gefahr im Verzug können die instanziellen Zuständigkeitsgrenzen weitgehend beiseite geschoben werden. Die übergeordneten Behörden werden für diesen Fall in den meisten Gesetzen ermächtigt, selbst die Befugnisse der untergeordneten Stellen auszuüben und umgekehrt (!)333. Es kann also im Extremfall eine örtliche Polizeibehörde in die Lage kommen, eine Aufgabe der Ministerialinstanz wahrzunehmen. Die Zuständigkeitsverschiebung erfaßt allerdings in der Regel nur den Erlaß von Verfügungen im Einzelfall, nicht dagegen von Polizeiverordnungen. 2. Rechtsformen des polizeilichen und ordnungsbehördlichen Handelns Das Polizeirecht ist aus rechtsstaatlichen Gründen bereits seit langem durch eine weitgehende Formenstrenge gekennzeichnet. Die einzelnen Tätigkeitsformen sind im Gesetz näher geregelt. Drei Hauptformen sind zu unterscheiden, die im folgenden behandelt werden. a) Polizeiliche und ordnungsbehördliche Verfugungen: Bei den Verfügungen des Polizei- und Ordnungsrechts handelt es sich um hoheitliche Maßnahmen, die zur Regelung eines Einzelfalls erlassen werden, also um Verwaltungsakte im Rechtssinne. Die heute geltenden Gesetze definieren sie im Anschluß an § 40 I preuß. PVG als „Anordnungen der Polizei-(bzw. Ordnungs-)behörden, die an bestimmte Personen oder an einen bestimmten Personenkreis ergehen und ein Gebot oder Verbot oder die Versagung, Einschränkung oder Zurücknahme einer rechtlich vorgesehenen polizeilichen Erlaubnis oder Bescheini330 331 332 333

§ 14 nordrh.-westf. POG; §§ 65, 66 bad.-württ. PG; § 81 III brem. PG. § 5 I nordrh.-westf. OBG; § 52 II bad.-württ. PG; § 62 II 2 hess. SOG. Z. B. § 17 nordrh.-westf. POG für die Landespolizeibehörden. § 53 bad.-württ. PG; § 62 I brem. PG; § 61 I hess. SOG; § 49 I, II nieders. SOG; § 18 I nordrh.-westf. POG; § 6 I nordrh.-westf. OBG.

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gung enthalten" 334 . Keine Verfügung ist nach dieser gesetzlichen Definition die Erteilung einer polizeilichen oder ordnungsbehördlichen Erlaubnis. Die Abgrenzung der polizeilichen Verfügung von anderen Akten war früher für die Frage des Rechtsschutzes maßgeblich. Unter dem verwaltungsgerichtlichen Enumerationsprinzip, das bis zum 2. Weltkrieg galt, konnten nur die Verwaltungsmaßnahmen gerichtlich angefochten werden, für die ein Gesetz das ausdrücklich zuließ. Eine solche Zulassung bestand im Bereich der Polizei lediglich für die Polizeiverfügungen. Infolgedessen gab es bei den Akten, die nicht als Polizeiverfügung zu qualifizieren waren, keinen Rechtsschutz. Seitdem jeder Verwaltungsakt anfechtbar ist (Art. 19 IV GG, §§ 40, 42 VwGO), hat der Begriff der Verfügung seine frühere zentrale Stellung verloren. Der Rechtsschutz ist nicht mehr davon abhängig, ob eine Verfügung vorliegt. Der Begriff besitzt heute im wesentlichen nur noch systematische Bedeutung und wird allein dadurch noch unmittelbar praktisch relevant, daß die Gesetze für Polizei- und Ordnungsverfügungen gewisse Formerfordernisse aufstellen, die für andere Verwaltungsakte der Polizei- und Ordnungsbehörden nicht gelten335. Die Verfügung regelt stets einen konkreten Einzelfall, also eine bestimmte Gefahrensituation. Dadurch unterscheidet sie sich von den polizei- und ordnungsbehördlichen Verordnungen, die generelle Anordnungen für eine unbestimmte Vielzahl von abstrakt im voraus bedachten Fällen treffen (unten Abschnitt III. 2c). Auf die Zahl der Adressaten kommt es nicht an. Sind zahlreiche Personen an einer einzelnen Gefahrensituation beteiligt, so können sie — sofern ihr Kreis nur objektiv bestimmbar ist — durch eine einheitliche Polizeiverfügung herangezogen werden. Eine an alle Groß- und Einzelhändler eines Bezirks gerichtete, durch den Rundfunk verbreitete Anordnung, wegen Seuchengefahr bis auf weiteres nicht mehr mit Endiviensalat zu handeln, ist als Polizeiverfügung, nicht als Verordnung zu qualifizieren336. aa) Selbständige und unselbständige Verfugungen: Je nach der gesetzlichen Grundlage, auf die eine polizeiliche oder ordnungsbehördliche Verfügung sich stützt, müssen wir zwei Gruppen unterscheiden: die selbständigen und die unselbständigen Verfügungen. 1. Selbständige Verfügungen haben ihre Rechtsgrundlage in der Generalklausel (oben Abschnitt II. 1). Sie sind nur dann zulässig und rechtmäßig, wenn sie im Einzelfall erforderlich sind, um eine tatsächlich vorhandene kon334

335

§ 6 I hess. SOG; § 29 I nieders. SOG; § 20 I nordrh.-westf. OBG; § 47 I rheinl.pfälz. PVG; § 40 I saarl. PVG; § 173 I schlesw.-holst. LVwG; § 10 I bad.-württ. PG. Zur heutigen Bedeutung des Instituts der polizeilichen bzw. ordnungsbehördlichen Verfügung s. OVG Münster DVB1. 1959, 478ff. (481); eingehend Drews/ Wacke/

Vogel / Martens, Bd. I, S. 106 ff.

336

BVerwG E 12, 87 (89); weiterer charakteristischer Fall: OVG Lüneburg OVG E 6, 265 (267 - 268).

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krete Gefahr abzuwehren bzw. eine konkrete Störung zu beseitigen 337 . Es müssen also konkrete Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, d a ß gerade in diesem Einzelfall der Eintritt der Gefahr zu gewärtigen ist 338 . Dagegen wäre es unzulässig, eine selbständige Verfügung lediglich auf die abstrakte Annahme zu stützen, daß gewisse Vorgänge und Zustände typischerweise Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung mit sich bringen. 2. Unselbständige Verfiigungen ergehen dagegen nicht auf der Grundlage der Generalklausel, sondern auf G r u n d einer besonderen Rechtsvorschrift, sei es eines förmlichen Gesetzes oder sei es einer Rechtsverordnung (insbesondere einer polizeilichen oder ordnungsbehördlichen Verordnung, unten Abschnitt III. 2c). Sie sind rechtmäßig, wenn die zugrundeliegende Rechtsvorschrift ihrerseits gültig ist (vor allem nicht der Verfassung zuwiderläuft u n d — bei Verordnungen — im Einklang mit dem ermächtigenden Gesetz steht) und wenn ihr Tatbestand im Einzelfall erfüllt ist. Die Gesetze und Verordnungen, die die Polizei zum Einschreiten in bestimmten Fällen ermächtigen, bewerten ihrerseits die jeweils geregelten Situationen als abstrakt gefährlich. Dabei müssen sie notwendig generalisieren. Es kann deshalb vorkommen, daß in einem einzelnen Anwendungsfall in Wahrheit gar keine Gefahr vorliegt. Das Fehlen einer konkreten Gefahr ändert aber nichts an der Rechtmäßigkeit der unselbständigen Verfügung. Der Polizeipflichtige kann die Verfügung nicht mit dem Nachweis zu Fall bringen, d a ß bei ihm keine Gefahr gegeben sei 339 . Neuerdings hat man gelegentlich behauptet, die Zulässigkeit unselbständiger Verfügungen trotz Fehlens einer konkreten Gefahr verletze das Rechtsstaatsprinzip 340 . Dabei wird aber das Wesen jeglicher Gesetzesanwendung verkannt. Wenn der Tatbestand des Gesetzes gegeben ist, kann es angewandt werden, ohne daß die gesetzgeberische Motivation noch einmal auf den Einzelfall projiziert zu werden braucht. — Den rechtsstaatlichen Bedenken muß vielmehr bereits beim Erlaß der betreffenden Gesetze oder Verordnungen Rechnung getragen werden. Sie dürfen die Handlungsfreiheit der Bürger nicht stärker beschränken, als das durch legitime öffentliche Interessen geboten ist 341 , und müssen gegebenenfalls f ü r besondere Fallgestaltungen Ausnahmeregelungen vorsehen (Prinzip der Verhältnismäßigkeit). Soweit die Gesetze und Verordnungen aber den verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechen und gültig sind, ist ihre Anwendung im Einzelfall zulässig. 337 338 339

340 341

§ 30 nieders. SOG; § 48 I rheinl.-pfälz. PVG; § 173 I schlesw.-holst. LVwG. OVG Lüneburg OVG E 10, 341 (343); zur Abgrenzung von abstrakter und konkreter Gefahr s. BVerwG NJW 1970, 1890 ff. (1892). PrOVG 99, 217; OVG Lüneburg OVG E 12, 450 (451); OVG Münster OVG E 13, 280 (282); OVG Berlin DVB1. 1966, 907; Schröter, DVB1. 1957, 415ff.; Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. I, S. 180ff. v. Köhler, DÖV 1956, 744ff. ( 7 4 7 - 7 4 8 ) ; ders., DVB1. 1957, 73ff.; Dürig, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, Rdnr. 81 d, cc zu Art. 2 I GG (Fußn. 3). S. BVerfGE 20, 150(155).

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bb) Form der Verfügungen: Die meisten Polizei- und Ordnungsbehördengesetze sehen vor, daß Verfügungen mündlich, schriftlich oder durch Zeichen erlassen werden können 342 . Es besteht also weitgehende Formfreiheit343. Auf jeden Fall aber muß die Verfügung dem Adressaten zur Kenntnis gelangen. Solange sie ihm nicht zugegangen ist (er z. B. das Zeichen nicht gesehen hat), erlangt sie keine rechtliche Wirksamkeit. Der Begriff der Zeichen ist weit zu fassen. Er umfaßt sowohl die typisierten Zeichen eines Verkehrspolizisten wie auch sonstige konkludente Handlungen jeder Art. Schriftliche Verfügungen sind bei ihrem Erlaß schriftlich zu begründen 344 . In einigen Gesetzen ist der schriftliche Erlaß als regelmäßige Form vorgeschrieben. So dürfen in Nordrh.-Westf. Ordnungsverfügungen außer bei Gefahr im Verzug nur schriftlich erlassen werden 345 . Auch wo derartige Vorschriften nicht bestehen, wird man aus rechtsstaatlichen Gründen verlangen müssen, daß im Regelfall die Schriftform gewählt wird. Nur sie gewährleistet die notwendige Rechtsklarheit und gibt eine sichere Grundlage für ein etwaiges Rechtsmittelverfahren ab. Lediglich bei Gefahr im Verzug sowie in Fällen, in denen es sich um vorübergehende, wenig einschneidende Maßnahmen handelt (Verkehrsregelung), genügt die formlose Bekanntgabe der Verfügung. Teilweise ist vorgeschrieben, daß schriftlichen Verfügungen eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt werden muß 346 . Ein Verstoß hiergegen hat aber nur die Rechtsfolge des § 58 VwGO; er macht die Verfügung nicht rechtswidrig. cc) Unmittelbare Ausführung: § 44 S. 2 preuß. PVG stellt die „unmittelbare Ausführung einer polizeilichen Maßnahme" dem Erlaß einer Verfügung rechtlich gleich — mit der Folge, daß gegen sie die Rechtsmittel eingelegt werden können, die gegen eine entsprechende Verfügung gegeben wären, und daß ihre Rechtmäßigkeit sich nach den Maßstäben für die Rechtmäßigkeit der Verfügung bestimmt. Bei der unmittelbaren Ausführung wird der Erlaß der Verfügung fingiert. Verfügung, Androhung des Zwangsmittels und Ausführung des Zwangs 347 fallen in einem Akt zusammen 348 . Soweit heute 342

343

344

345 346 347 348

§ 6 S. 1 hamb. SOG; § 7 S. 2 hess. SOG; § 33 I nieders. SOG; § 51 I S. 1 rheinl.pfälz. PVG; § 44 I S. 1 saarl. PVG; § 108 II S. 1 schlesw.-holst. LVwG. - Bei Fehlen von polizeigesetzlichen Sonderregelungen ist auf das Verwaltungsverfahrensgesetz des jeweiligen Landes zurückzugreifen (vgl. § 37 II VwVfG). Vgl. auch OVG Lüneburg DVB1. 1977, 832ff. (833): Bekanntgabe einer Polizeiverfügung über Lautsprecher. §7 hess. SOG; §33 II nieders. SOG; § 51 II 1 rheinl.-pfälz. PVG; § 4 4 II saarl. PVG; § 109 I schlesw.-holst. LVwG; §39 I bad.-württ. VwVfG; § 39 I 1 brem. VwVfG. § 20 I nordrh.-westf. OBG. Z. B. § 33 II nieders. SOG. Zu den Zwangsmitteln s. unten Abschnitt III. 3. PrOVG 95, 111 (118); OVG Münster OVG E 11, 68 (72); OVG Hamburg DVB1. 1957, 867 ff. (868); OVG Lüneburg DVB1. 1977, 832 ff. (834).

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ausdrückliche Regelungen in den Polizeigesetzen fehlen, kommen als Grundlage des Vollzugs ohne vorausgegangenen Verwaltungsakt die einschlägigen Bestimmungen der Verwaltungsvollstreckungsgesetze in Betracht349. Eine der Gefahrenabwehr dienende Realhandlung der Polizeibehörde läßt sich allerdings nur dann als Verwaltungsakt i. S. einer unmittelbaren Ausführung ansehen, wenn sie erkennbar auf einen bestimmten Adressaten bezogen ist. Ist sie dagegen adressatneutral, dann kommt erst die nachfolgende Inanspruchnahme eines konkreten Störers wegen der entstandenen Kosten als Polizeiverfügung in Betracht350. Die genannte Vorschrift regelt lediglich die Rechtswirkungen der unmittelbaren Ausführung. Sie bestimmt dagegen nicht, unter welchen Voraussetzungen sie zunächst überhaupt einmal zulässig ist. Diese Lücke wird durch einige der neueren Polizei- und Ordnungsbehördengesetze ausgefüllt. Danach kann die Ausführung ohne vorausgegangenen Verwaltungsakt erfolgen, wenn ein Polizeipflichtiger351 nicht vorhanden ist bzw. wenn er nicht oder nicht rechtzeitig ermittelt werden kann oder wenn die Gefahr bzw. die Störung aus anderen Gründen ohne die unmittelbare Ausführung nicht oder nicht rechtzeitig beseitigt werden könnte 352 . Es muß sich also (abgesehen vom Sonderfall des Fehlens eines Störers) um unmittelbare, akute Gefahren handeln, bei denen der Polizei kein anderer Weg bleibt. Läßt sich der Gefahr auch mit einer Verfügung gegen den Störer begegnen, dann ist die unmittelbare Ausführung unzulässig. Sie bildet (insoweit vergleichbar mit der Heranziehung von Nichtstörern, oben Abschnitt II. 3 a) die ultima ratio. Diese einschränkenden Voraussetzungen gelten auch dort, wo sie nicht ausdrücklich normiert sind353. Mittel der unmittelbaren Ausführung sind die Ersatzvornahme und der unmittelbare Zwang354. dd) Erfordernisse der Rechtmäßigkeit der Verfügungen: Die Rechtmäßigkeit einer polizeilichen oder ordnungsbehördlichen Verfügung setzt im Regelfall voraus 355 : 1. Zuständigkeit der erlassenden Behörde (oben Abschnitt III. 1); 2. Beachtung der jeweils vorgeschriebenen Form- und Verfahrensvorschriften (s. oben unter III. 2a, bb u. cc); 349

350 351 352

353

354 355

Z. B. § 55 II nordrh.-westf. VwVG; dazu OVG Münster DVB1. 1975, 588f. (Abschleppen eines störenden PKW im Wege der unmittelbaren Ausführung). Dazu überzeugend OVG Münster DVB1. 1973, 924ff. (925). Oben Abschnitt II. 2. S. § 174 I schlesw.-holst. LVwG; § 8 I 1 bad.-württ. PG; § 34 I 2 nieders. SOG; § 55 II nordrh.-westf. VwVG; § 12 I berl. ASOG. OVG Münster OVG E 7, 27 (LS 1, 32f.); VGH Kassel VerwRspr. 5, 447 (453f.); OVG Hamburg DVB1. 1957, 867ff. (868f.). OVG Münster OVG E 7, 27 (LS 2, 29ff.); § 174 I schlesw.-holst. LVwG. Vgl. auch Schwerdtfeger, Öffentliches Recht in der Fallbearbeitung, 5. Aufl., 1980, S. 42 ff.

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3. Einhaltung der Grenzen des ermächtigenden Gesetzes: entweder einer Spezialvorschrift oder der Generalklausel (zur Anwendung der letzteren s. oben Abschnitt II. le, cc). — Dazu gehört die ordnungsmäßige Ausübung des Ermessens. Polizei- und Ordnungsverfügungen dürfen nur zum Zwecke der Gefahrenabwehr erlassen werden. Sie dürfen auch nicht lediglich dazu dienen, der Polizei die Aufsicht zu erleichtern356. Eine außerpolizeiliche Motivation (eine formell berechtigte Polizeiverfügung gegen einen Grundstückseigentümer ergeht lediglich, um ihn zur Veräußerung seines Grundstücks zu veranlassen) macht die Verfügung rechtswidrig; 4. Inanspruchnahme des Störers (oben Abschnitt II. 2) oder Vorliegen eines polizeilichen Notstandes (oben Abschnitt II. 3); 5. Anordnung einer Maßnahme, die zur Beseitigung der Gefahr erforderlich ist, die dem in Anspruch genommenen Bürger nichts rechtlich Verbotenes oder tatsächlich Unmögliches zumutet und die den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt (s. oben Abschnitt II. 1 e, bb); 6. Bestimmtheit der Anordnung 357 . Der Betroffene muß eindeutig erkennen können, was von ihm verlangt wird. Die Bestimmtheit ist auch deshalb notwendig, weil andernfalls die Verfügung nicht ordnungsgemäß im Zwangswege vollzogen werden könnte. b) Polizeiliche und ordnungsbehördliche Erlaubnisse: Für zahlreiche Verhaltensweisen bedarf der Bürger einer Erlaubnis der Polizei- oder Ordnungsbehörde. Der Erlaubniszwang kann nur generell durch ein Gesetz im materiellen Sinne (einschließlich einer Polizeiverordnung358, unten Abschnitt III. 2 c), nicht dagegen im Einzelfall durch eine Polizei- oder Ordnungsverfügung eingeführt werden. Insofern sprach § 40 I preuß. PVG zutreffend von einer „rechtlich vorgesehenen" Erlaubnis. Die wichtigsten Anwendungsfälle des Instituts der polizeilichen und ordnungsbehördlichen Erlaubnis finden sich im Tätigkeitsbereich der Sonderpolizei- und Sonderordnungsbehörden, z. B. im Bau- und Gewerberecht. aa) Arten der Erlaubnis359: 1. Freie und gebundene Erlaubnis: Eine freie Erlaubnis liegt vor, wenn die Erteilung vom Gesetzgeber in das pflichtgemäße Ermessen der zuständigen Behörde gestellt worden ist360. Sie darf versagt werden, sofern das durch legi356 § 2 9 I 2 brem. PG (ausdrücklich nur für PolVO'en); § 3 9 I hess. SOG (ebenso); §§ 30 III i. Verb, mit 20 I nieders. SOG; § 20 II S. 2 nordrh.-westf. OBG; §§ 48 III i. Verb, mit 36 I rheinl.-pfälz. PVC i; §§ 173 II i. Verb. m. 58 IV schlesw.-holst. LVwG. 357 § 29 I S. 1 brem. PG (ausdrücklich nur für PolVO'en); § 7 S. 1 hess. SOG; §§ 30 III i. Verb. m. 20 II S. 1 nieders. SOG; §§ 48 III i. Verb, mit 36 II 1 rheinl.-pfälz. PVG; § 108 I schlesw.-holst. LVwG. 358 Zum Problem der Einführung einer Erlaubnispflicht durch Polizeiverordnung s. Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. I, S. 233 - 234. 359 Zum folgenden: Herbert Krüger, DÖV 1958, 673ff.; Friauf, JuS 1962, 422ff.; Mussgnug, Der Dispens von gesetzlichen Vorschriften, 1964; Wolff / Bachof, VwR 360 I, § 48 II. S. z. B. § 23 I S. 2 nordrh.-westf. OBG.

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time öffentliche Interessen, insbesondere durch Belange der Gefahrenabwehr, gerechtfertigt wird. Die gebundene Erlaubnis muß dem Antragsteller dagegen bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen stets erteilt werden361. Er besitzt darauf einen Rechtsanspruch. 2. Erlaubnis, Ausnahmebewilligung, Befreiung: Eine Erlaubnispflicht wird zumeist nicht eingeführt, weil die betreffende Verhaltensweise im Regelfall unterdrückt werden soll. Vielmehr will der Gesetzgeber lediglich der Polizeioder Ordnungsbehörde die Möglichkeit verschaffen, in einem Erlaubnisverfahren zu prüfen, ob sich in concreto Gefahren ergeben können. Das zunächst ausgesprochene Verbot hat lediglich vorbeugenden (präventiven) Charakter. Die Erlaubnismöglichkeit ist ihm von vornherein zugeordnet. Man spricht deshalb von einem „ Verbot mit Erlaubnisvorbehalt". Ergibt die Prüfung im Einzelfall, daß das beabsichtigte Vorhaben ungefährlich ist, dann erteilt die Behörde die Erlaubnis und stellt damit die ursprüngliche Freiheit des Bürgers wieder her. Typisch für eine derartige Polizeierlaubnis ist die in den landesrechtlichen Bauordnungen vorgesehene Bauerlaubnis362: Es besteht im Rahmen des materiellen Baurechts Baufreiheit. Für jedes Bauvorhaben ist aber eine Erlaubnis einzuholen, damit das Bauamt (eine Sonderordnungsbehörde) vor Beginn der Ausführung prüfen kann, ob das Vorhaben den Bestimmungen des materiellen Baurechts entspricht. Ist das der Fall, dann muß die Bauerlaubnis erteilt werden (gebundene Erlaubnis)363. Anders gestaltet sich die Situation dagegen bei der Ausnahmebewilligung und der Befreiung. Hier liegen echte (repressive) Verbote vor, mit denen die in Betracht kommende Verhaltensweise als rechtswidrig qualifiziert und grundsätzlich unterdrückt wird. Die Mannigfaltigkeit der Lebensverhältnisse führt aber bisweilen dazu, daß die unbedingte Durchsetzung eines Verbots dem öffentlichen Interesse im Einzelfall mehr schaden als nützen würde. Um solchen atypischen Situationen Rechnung zu tragen, ermächtigt der Gesetzgeber die Exekutive, Ausnahmen von dem gesetzlichen Verbot zu bewilligen und Befreiungen zu erteilen. Ausnahmebewilligungen sind in den in Betracht kommenden gesetzlichen Vorschriften im einzelnen tatbestandsmäßig vorgesehen. Sie können erteilt werden, wenn der jeweilige Ausnahmetatbestand erfüllt ist. Auch hier bietet das Baurecht die bedeutsamsten Anwendungsfälle 364 . 361 362

363

364

S. z. B. § 23 I S. 1 nordrh.-westf. OBG. § 87 bad.-württ. BauO; Art. 82 bay. BauO; § 79 I berl. BauO; § 87 I hess. BauO; §68 nieders. BauO; § 80 I nordrh.-westf. BauO; § 91 I rheinl-pfälz. BauO; § 84 I schlesw.-holst. BauO. Dazu s. in diesem Band: Friauf, Baurecht, Abschn. III. 3 b. § 95 I 1 bad.-württ. BauO; Art. 91 I bay. BauO; § 88 I S. 1 berl. BauO; § 96 I 1 hess. BauO; §75 nieders. BauO; § 88 I S. 1 nordrh.-westf. BauO; § 99 I 1 rheinl.-pfälz. BauO; § 92 I 1 schlesw.-holst. BauO. § 31 I BBauG; § 94 I bad.-württ. BauO; Art. 88 I bay. BauO; § 86 I berl. BauO; § 94 I hess. BauO; § 85 nieders. BauO; § 86 I nordrh.-westf. BauO; § 98 I rheinl.-pfälz. BauO; § 90 I schlesw.-holst. BauO.

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Die Befreiung schließlich beruht auf einer Generalermächtigung in dem jeweiligen Gesetz. Sie ist regelmäßig an stark erschwerte Voraussetzungen geknüpft. So darf eine baurechtliche Befreiung (sog. Dispens) nur erteilt werden, wenn Gründe des allgemeinen Wohls sie erfordern oder wenn die strikte Durchführung der betreffenden Vorschrift im Einzelfall zu einer vom Gesetz „offenbar nicht beabsichtigten Härte" führen würde und die Abweichung mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist365. Zusätzlich erschwert wird sie durch Mitwirkungsrechte möglicherweise betroffener Dritter, durch Zustimmungsvorbehalte zugunsten übergeordneter Behörden u. a. bb) Nebenbestimmungen zu Erlaubnissen: Nebenbestimmungen — Auflagen, Bedingungen, Befristungen — dürfen einer Erlaubnis stets dann beigefügt werden, wenn die zugrundeliegende Rechtsnorm sie besonders zuläßt. Im übrigen muß unterschieden werden: Hat der Antragsteller einen gesetzlichen Anspruch auf Erteilung (gebundene Erlaubnis), dann sind sie nur insoweit ausnahmsweise zulässig, als sie lediglich dazu dienen, die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen der Erlaubnis sicherzustellen (Ausräumung von Versagungsgründen) 3653 . Im übrigen würde ihre Beifügung den Anspruch auf uneingeschränkte Erteilung beeinträchtigen. — Steht die Erteilung der Erlaubnis dagegen im Ermessen der Behörde, so kann sie Nebenbestimmungen insoweit beifügen, als das im Rahmen pflichtmäßiger Ermessensausübung möglich ist. Die Auflagen usw. müssen in jedem Fall Belangen dienen, zu deren Wahrung die zuständige Behörde befugt ist (polizeiliche Motivation) 366 . cc) Rücknahme und nachträgliche Einschränkung: Mit der Erteilung einer polizeilichen Erlaubnis erlangt der Begünstigte zwar kein subjektiv-öffentliches Recht, aber doch eine relativ geschützte Rechtsposition. Rücknahme und nachträgliche Einschränkung sind deshalb nur ausnahmsweise möglich. Die entsprechenden Voraussetzungen waren früher im Polizeirecht selbst geregelt 367 . Heute gelten stattdessen in den meisten Ländern die allgemeinen Rücknahmevorschriften des Verwaltungsverfahrensrechts 368 . Ist einer dieser Tatbestände erfüllt, dann steht die Rücknahme im Ermessen der zuständigen Behörde. Sie kann nur innerhalb eines Jahres erfolgen, nachdem die Behörde Kenntnis von dem Rücknahmegrund erlangt hat 369 . c) Polizeiliche und ordnungsbehördliche Verordnungen: Bei den polizeilichen und ordnungsbehördlichen Verordnungen handelt es sich um Rechtsnormen, d. h. für eine unbestimmte Zahl von Fällen (abstrakt) an eine unbestimmte Zahl von Personen (generell) gerichtete Gebote oder Verbote, die von einer 365 365a 366 367 368 369

§ 31 Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. § 48

II BBauG; § 86 nieders. BauO; § 86 II nordrh.-westf. BauO. § 36 I BVwVfG und die entsprechenden Vorschriften der Landes-VwVfGe. entsprechend zur Versagung der Erlaubnis § 23 S. 2 nordrh.-westf. OBG. noch heute § 10 II, III hess. SOG; § 31 nieders. SOG; § 49 rheinl.-pfälz. PVG. §§ 48, 49 BVwVfG. IV BVwVfG.

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Polizei- oder Ordnungsbehörde zum Zwecke der Gefahrenabwehr erlassen werden370. Durch die Abstraktheit der Regelung unterscheiden sie sich von den Verfügungen, die stets auf einen konkreten Fall bezogen sind371. aa) Gesetzliche Grundlage: Wie jede Rechtsverordnung bedürfen auch die polizeiliche und die ordnungsbehördliche Verordnung einer Rechtsgrundlage in Gestalt eines Gesetzes im formellen Sinn. Das Recht zu ihrem Erlaß kann sich entweder aus einer Spezialermächtigung in einem Sondergesetz oder aber aus der Generalklausel der Polizei- und Ordnungsbehördengesetze ergeben. Spezialermächtigungen gehen nach dem Grundsatz der Subsidiarität der Generalklausel (oben Abschnitt II. 1 b) stets vor.372. Sie finden sich in zahllosen bundes- und landesrechtlichen Gesetzen. Die jeweilige Verordnung ist gültig, wenn sie sich im Rahmen des ermächtigenden Gesetzes hält und dieses mit der Verfassung in Einklang steht. Fehlt eine Spezialermächtigung, so können Verordnungen grundsätzlich auf die Generalklausel gestützt werden. Nach zutreffender Auffassung 373 genügt die Generalklausel dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot für Verordnungsermächtigungen, das entsprechend Art. 80 I GG auch für landesrechtliche Ermächtigungen gilt — entweder auf Grund ausdrücklicher Bestimmung in den Landesverfassungen 374 oder als allgemeiner rechtsstaatlicher Grundsatz vermittels Art. 28 I S. 1 GG375. Die in ihr enthaltenen Begriffe haben durch jahrzehntelange Rechtsprechung hinreichend scharfe Konturen erhalten. Polizeiliche und ordnungsbehördliche Verordnungen richten sich gegen abstrakte Gefahren, d. h. sie regeln Situationen, die nach der Lebenserfahrung typischerweise gefährlich sind, also im Einzelfall regelmäßig zu konkreten Gefahren zu führen pflegen376. Da die Generalklausel ausschließlich zur Gefahrenabwehr ermächtigt, sind sie mangels hinreichender Ermächtigungsgrundlage nichtig, wenn die erlassende Stelle den Sachverhalt zu Unrecht als abstrakt gefährlich angesehen hat377. Soweit aber eine abstrakte Gefahr mit Recht angenommen worden ist, können sie in jedem von ihnen geregelten Fall angewandt werden, auch wenn feststehen sollte, daß die Gefahr in einer konkreten Einzelsituation einmal nicht realisiert wird378. 370

371 372

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374 375 376

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S. § 10 I bad.-württ. PG; § 33 berl. ASOG; § 25 brern. PG; § 34 hess. SOG; § 15 nieders. SOG; § 25 nordrh.-westf. OBG; § 27 rheinl.-pfälz. PVG. Oben Abschnitt III. 2a. Beispiel: AG Heidelberg NJW 1978 1638 f. (1639), betr. Verbot des wilden Plakatierens durch eine PolizeiVO. Wacke, DÖV 1955, 456fT. (bes. 457ff.); Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. I, S. 269ff.; OVG Lüneburg OVG E 11, 292 (294); 11, 360 (362); VGH Stuttgart ESVGH 7, 43 (LS 2, 46). Z. B. Art. 70 S. 2 nordrh.-westf. Verf. Maunz, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, Rdnr. 44 zu Art. 80 GG. Dazu OVG Münster OVG E 13, 280 (282); BVerwG NJW 1970, 1890ff. (1892); OLG Karlsruhe NJW 1978, 1637 f. 378 VGH Stuttgart VerwRspr. 4, 440 (444). S. oben Abschnitt III. 2a, aa (2).

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bb) Zuständigkeitsfragen: Die Zuständigkeit zum Erlaß von polizeilichen und ordnungsbehördlichen Verordnungen ist in den einzelnen Bundesländern in sehr unterschiedlicher Weise geregelt379. Hier muß jeweils das in Betracht kommende Gesetz befragt werden. Ein Verordnungsrecht besitzen sämtliche Stufen der Verwaltungshierarchie, von der Ministerialinstanz bis zur örtlichen Polizei- bzw. Ordnungsbehörde. Verordnungen der Minister müssen vielfach den Landtagen vorgelegt werden, die in einer Reihe von Ländern befugt sind, ihre Aufhebung zu verlangen. Verordnungen auf der örtlichen bzw. der Kreisebene werden in verschiedenen Ländern nicht von der Exekutive erlassen, sondern sind von den Vertretungskörperschaften (Gemeinderat, Kreistag) zu beschließen. In anderen Fällen ist die Exekutive zwar zum Erlaß befugt, bedarf aber der Zustimmung der Vertretungskörperschaft (gelegentlich auch des Kreisausschusses bzw. der Beigeordneten oder eines Polizeibeirats). Schließlich stehen bisweilen auch der Aufsichtsbehörde Mitwirkungsrechte zu. cc) Form der Verordnungen: Die Form, die beim Erlaß von polizeilichen und ordnungsbehördlichen Verordnungen einzuhalten ist, wird demgegenüber von den meisten Landesgesetzen im Anschluß an § 32 preuß. PVG verhältnismäßig einheitlich geregelt380. Gewöhnlich müssen sie ausdrücklich als Polizei- (oder ordnungsbehördliche) Verordnung bezeichnet werden und eine ihren Inhalt kennzeichnende Überschrift tragen. Sie müssen weiter ihre gesetzliche Grundlage 381 und ihren räumlichen Geltungsbereich bezeichnen, das Datum des Erlasses und die erlassende Behörde angeben und auf die erfolgte Zustimmung, Anhörung oder sonstige Mitwirkung dritter Stellen bei ihrem Erlaß hinweisen. Damit soll vor allem die Kontrolle ihres gesetzmäßigen Zustandekommens erleichtert werden. Ein Verstoß gegen diese Formvorschriften hat die Nichtigkeit der Verordnung zur Folge. Die Verordnungen sind nach Maßgabe des Landesrechts förmlich bekanntzumachen 382 . dd) Räumliche und zeitliche Geltung: In der Regel erstrecken die Verordnungen sich auf den gesamten Zuständigkeitsbereich der Behörden, die sie erlassen haben: Verordnungen der Minister gelten im ganzen Land, der Regierungspräsidenten im Regierungsbezirk usw. 379

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§ 13 bad.-württ. PG; §33 berl. ASOG; §§ 2 6 - 2 7 brem. PG; § 1 I hamb. SOG; §§ 35 - 3 8 hess. SOG; §§ 1 6 - 1 8 nieders. SOG; §§26, 27 nordrh.-westf. OBG; §§ 28 - 33 rheinl.-pfälz. PVG; § 172 schlesw.-holst. LVwG. § 30 brem. PG; § 41 hess. SOG; § 21 nieders. SOG; § 30 nordrh.-westf. OBG; § 37 rheinl.-pfälz. PVG; § 56 I schlesw.-holst. LVwG. Die irrtümliche Angabe einer nicht einschlägigen Grundlage macht die VO nichtig; so VGH Mannheim BaWüVBl. 1970, 76 ff. § 17 bad.-württ. PG i. Verb. m. § 1 der DVO z. PG vom 13. Mai 1969 (GBl. S. 94); §§ 29 LI 1, 34 S. 2 brem. PG; §§ 1, 2 nieders. G über die Verkündung und den Zeitpunkt des Inkrafttretens von Verordnungen vom 23. 4. 1955 (GVB1. I S. 80); § 33 nordrh.-westf. OBG; § 60 schlesw.-holst. LVwG.

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Vielfach sehen die Gesetze aber vor, daß der Geltungsbereich einer Verordnung im Einzelfall auf einen Gebietsteil beschränkt werden kann, der allerdings größer sein m u ß als der Bezirk der nächstkleineren Verwaltungseinheit 383 : Minister können Verordnungen f ü r Teile des Landes erlassen, die über das Gebiet eines Regierungsbezirks hinausgehen, Landkreise Verordnungen für mehrere kreisangehörige Gemeinden usw. Diese Begrenzung nach unten hin 384 soll verhindern, daß die höheren Instanzen in beliebiger Weise die Kompetenzen der lokalen an sich ziehen. Da die Gefahren, die im Verordnungswege b e k ä m p f t werden sollen, oftmals zeit- und situationsgebunden sind, werden zahlreiche polizeiliche u n d ordnungsbehördliche Verordnungen im Laufe der Zeit obsolet. Diese Tatsache würde ihrem Fortbestand an sich nicht im Wege stehen; denn das Vorliegen einer zu bekämpfenden Gefahr ist zwar Voraussetzung für ihren Erlaß, nicht aber permanentes Gültigkeitserfordernis. Um zu verhindern, daß überholte Verordnungen unbeschränkt weiter in Kraft bleiben, sehen die Gesetze regelmäßig 385 vor, d a ß jede Verordnung zeitlich befristet werden soll. Die äußersten Fristen betragen 10386, 20 387 oder 3 0 388 Jahre. Verordnungen, die nicht befristet sind, treten in jedem Fall nach Ablauf der höchstzulässigen Geltungsdauer außer Kraft. Sollte die betreffende Gefahr beim Ablauf der Frist noch bestehen, d a n n kann die Verordnung erneut erlassen werden. Es ist auf diese Weise gewährleistet, daß ihre sachliche Berechtigung in periodischen Abständen überprüft wird. Vor Ablauf der ursprünglich bestimmten Geltungsdauer können die Verordnungen von der für ihren Erlaß zuständigen Behörde aufgehoben werden. Die Aufhebung erfolgt durch eine polizeiliche bzw. ordnungsbehördliche Verordnung, die den allgemeinen Regeln unterliegt 389 . Außerdem sind die übergeordneten Polizei- und Ordnungsbehörden befugt, die Verordnungen der unteren im Aufsichtswege außer Kraft zu setzen 390 . ee) Sanktionen: Nach Maßgabe der ermächtigenden Gesetze können die Verordnungen für den Fall des Verstoßes Geldbuße in unterschiedlicher Höhe androhen 3 9 1 . 383

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§§ 35 II, 36 hess. SOG; §§ 16 - 18 nieders. SOG; §§ 26 II, 27 II - III nordrh.-westf. OBG; §§ 28 - 33 rheinl.-pfälz. PVG. In § 13 bad.-württ. PG, § 26 I brem. PG ist sie nicht enthalten. Vgl. auch § 30 I - III rheinl.-pfälz. PVG. 386 Ausnahme: § 18 II bad.-württ. PG, § 32 II brem. PG. § 36 berl. ASOG. § 18 I bad.-württ. PG; Art. 60 bayer. LStVG; § 32 I brem. PG; § 32 I nordrh.-westf. 388 OBG; § 41 rheinl.-pfälz. PVG. § 42 hess. SOG; § 23 nieders. SOG. Allerdings ist die aufhebende VO aus naheliegenden Gründen von der Befristung ausgenommen; s. z. B. § 32 II nordrh.-westf. OBG. § 3 4 brem. PG; § 16 II bad.-württ. PG; § 2 7 nieders. SOG; § 3 6 II nordrh.-westf. OBG; § 45 rheinl.-pfälz. PVG. §31 brem. PG; § 3 5 berl. ASOG; § 4 0 hess. SOG; § 3 1 nordrh.-westf. OBG; § 3 8 rheinl.-pfälz. PVG. Die Geldbuße wird nach Maßgabe des (Bundes-)OrdnungswidrigkeitenG verhängt.

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3. Polizeiliche und ordnungsbehördliche Zwangsmittel Zwangsmittel 3913 dienen dazu, im Einzelfall ergangene Gebote oder Verbote durchzusetzen. Gegenstand des Zwangs sind also Polizeiverfiigungen bzw. ordnungsbehördliche Verfiigungen. Dagegen können Verordnungen nicht unmittelbar im Zwangswege durchgesetzt werden. Ein in der Vergangenheit liegender Verstoß gegen sie wird vielmehr durch Verhängung einer Geldbuße geahndet. Um eine bestimmte Person zu zwingen, die Verordnung in Zukunft zu befolgen, muß zunächst eine unselbständige Polizeiverfügung (s. oben Abschnitt III. 2a, aa) gegen sie ergehen. Erst auf deren Grundlage können dann die gesetzlich vorgesehenen Zwangsmittel angewandt werden. a) Gesetzliche Grundlagen: Auch die Zwangsanwendung unterliegt dem Vorbehalt des Gesetzes. Das bloße Vorhandensein einer wirksamen polizeilichen oder ordnungsbehördlichen Verfügung rechtfertigt für sich noch nicht den Einsatz bestimmter Zwangsmittel. Es muß vielmehr stets eine besondere gesetzliche Grundlage für die Zwangsanwendung gegeben sein, die selbständig neben der gesetzlichen Grundlage für den Erlaß der zu vollziehenden Verfügung steht. Die Polizei- und Ordnungsbehördengesetze verschiedener Bundesländer regeln die Zwangsanwendung nicht eigenständig, sondern verweisen ausdrücklich 392 oder konkludent auf die allgemeinen Vorschriften über den Verwaltungszwang, insbesondere auf die dem Landesrecht angehörenden Verwaltungsvollstreckungsgesetze. Demgegenüber enthalten die Polizeigesetze von Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und RheinlandPfalz besondere Vorschriften über die zwangsweise Vollziehung von polizeilichen bzw. ordnungsbehördlichen Verfügungen 393 . Auch in diesen Ländern bestehen aber keine grundsätzlichen Unterschiede gegenüber dem Vollzug sonstiger Verwaltungsakte. Es kann deshalb hier auf eine eingehendere Darstellung verzichtet werden. b) Voraussetzungen der Zwangsanwendung: Die zwangsweise Durchsetzung ist nur zulässig394, wenn die Verfügung nicht mehr angefochten werden kann, wenn ihre sofortige Vollziehung angeordnet worden ist oder wenn ein Rechtsmittel auf Grund besonderer gesetzlicher Vorschriften keine aufschiebende Wirkung haben würde. Die letztgenannte Voraussetzung besitzt für den Tätigkeitsbereich der Vollzugspolizei besondere Bedeutung, weil nach § 80 II Nr. 2 VwGO bei „unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten" die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage stets entfällt. 391

"Vgl. die Problemübersicht bei Rasch, DVB1. 1980, 1017ff. S. § 32 I bad.-württ. PG. 393 Art. 32ff. bay. PAG; §§ 24ff. hess. SOG; §§ 35ff. nieders. SOG; §§ 28ff. nordrh.westf. PolG; §§ 52 ff. rheinl.-pfälz. PVG. 394 S. § 24 I hess. SOG; § 28 I nordrh.-westf. PolG; § 195 schlesw.-holst. LVwG. 392

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Die Zwangsmittel müssen zunächst schriftlich unter Fristsetzung angedroht werden. Nach Fristablauf werden sie durch besonderen Akt festgesetzt und erst danach der Festsetzung gemäß angewandt 395 . Ist im Einzelfall der sofortige Vollzug einer Maßnahme notwendig, um akuten Gefahren zu begegnen, dann entfallen die genannten Voraussetzungen (unmittelbare Ausführung 396 ). c) Arten der Zwangsmittel: Die einschlägigen Gesetze kennen drei Zwangsmittel : die Ersatzvornahme, die Verhängung von Zwangsgeld und den unmittelbaren Zwang391. Ersatzvornahme und Zwangsgeld stehen gleichrangig nebeneinander. Die zuständige Behörde kann im Rahmen ihres Ermessens zwischen beiden wählen. Dabei ist sie allerdings den Geboten der Verhältnismäßigkeit und des geringstmöglichen Eingriffs unterworfen. Ebenso wie sie aus rechtsstaatlichen Gründen überhaupt erst dann Zwang anwenden darf, wenn ihre Aufgaben sich nicht auf andere Weise erfüllen lassen398, muß sie bei der Zwangsanwendung selbst so vorgehen und die Mittel so auswählen, daß der Betroffene und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigt werden399. Die Ersatzvornahme kommt nur bei Handlungen in Betracht, die auch durch einen anderen als den Verpflichteten vorgenommen werden können (vertretbare Handlungen) 399a . Dabei steht es im pflichtgemäßen Ermessen der Polizei, ob sie einem Dritten mit der Durchführung auf Kosten des Pflichtigen beauftragt (sog. Fremdvornahme) oder ob sie selbst mit eigenen Kräften tätig wird (sog. Selbstvornahme)399b. Die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme können im voraus vom Pflichtigen eingefordert werden3990. Zwangsgeld kann sowohl bei vertretbaren als auch bei nicht vertretbaren Handlungen — einschließlich der Durchsetzung von Unterlassungspflichten — angewandt werden. Der zulässige Rahmen für seine Bemessung variiert in den einzelnen Ländern 399d . Ist es uneinbringlich, dann kann das Verwal-

395

Z. B. §§ 63 - 64 nordrh.-westf. VwVG. S. oben Abschnitt III. 2a, cc. 397 Z.B. §25 hess. SOG; §35 nieders. SOG; §53 rheinl.-pfälz. PVG; §29 nordrh.westf. PolG; § 57 I nordrh.-westf. VwVG. Vgl. dazu Sommer, BaWüVBl. 1969, 81 ff. und 97 ff. 398 § 24 II hess. SOG. 399 So ausdrücklich z. B. § 58 I 2 nordrh.-westf. VwVG. 399a Vgl § 30 i ME PolG; Art. 34 I bay. PAG; § 32 bad.-württ. PG in Verb, mit § 25 bad.-württ. LVwVG; § 10 berl.VwVG; § 26 hess. SOG; § 30 I nordrh.-westf. PolG. 399b Zur Terminologie vgl. Hoff mann-Riem, DÖV 1967, 296. Teilweise wird die Selbstvornahme durch die Polizei als unmittelbarer Zwang qualifiziert; vgl. Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. I, S. 314. 399c Z. B. Art. 34 II bay. PAG; § 30 II nordrh.-westf. PolG. 399d Vgl. Z. B. § 10 III berl. ASOG; § 29 III hess. SOG; § 23 bad.-württ. VwVG; Art. 25 bay PAG; § 27 nieders. SOG; § 31 I nordrh.-westf. PolG. 396

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tungsgericht 399e — in einzelnen Ländern das Amtsgericht 399f — auf Antrag der Polizeibehörde Ersatzhaft anordnen. Der unmittelbare Zwang gegen den Pflichtigen darf erst in letzter Linie eingesetzt werden, wenn Zwangsgeld und Ersatzvornahme nicht zum Erfolg führen oder wenn sie „untunlich" sind 400 , d. h. unter den besonderen Gegebenheiten des Falls nicht in Betracht kommen. Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf die Person des Pflichtigen oder auf ihm gehörende Sachen durch körperliche Gewalt, sog. Hilfsmittel der körperlichen Gewalt und durch Waffen400®. Unter körperlicher Gewalt wird dabei jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen verstanden 400b . Der Kreis der zulässigen Hilfsmittel der körperlichen Gewalt und der Waffen ist in den einzelnen Bundesländern teilweise unterschiedlich geregelt. Hierzu und wegen der Zwangsvoraussetzungen im einzelnen wird auf die in den meisten Ländern geltenden Gesetze über die Ausübung und die Grenzen des unmittelbaren Zwangs (UZwG) bzw. auf die entsprechenden Regelungen der Polizeigesetze verwiesen 401 . Diese Regelungen bilden zugleich die Grundlage für den Schußwaffengebrauch durch Polizeivollzugsbeamte 402 .

IV. Entschädigungs- und Ersatzansprüche im Bereich des Polizei- und Ordnungsrechts Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß die Vorschriften der Polizei- und Ordnungsbehördengesetze über die polizeiliche Verantwortlichkeit bestimmter Personen nicht lediglich Eingriffsmöglichkeiten schaffen sollen, sondern daß sie zugleich dazu dienen, die finanziellen Lasten der Gefahrenabwehr zwischen dem einzelnen und der Gesamtheit der Steuerzahler zu verteilen. Die ungeschriebene Grundregel lautet dabei, daß der jeweilige Störer diese Lasten selbst zu tragen hat, während sie im Verhältnis zu einem Nichtstörer von der Allgemeinheit übernommen werden müssen 403 . Zur Verwirklichung dieser Regel dienen eine Reihe von Ansprüchen 404 . 399e

Art. 36 I bay. PAG; § 24 I bad.-württ. VwVG; § 16 I berl. VwVG; § 32 I nordrh.399f westf. PolG. § 38 nieders. SOG; § 63 rheinl.-pfälz. PVG 400 § 205 schlesw.-holst. LVwG; § 61 I nordrh.-westf. VwVG. 400a Art. 34 I bay. PAG; § 33 I bad.-württ. PG; § 2 I berl. U Z w G ; § 2 I hess. UZwG; § 4 nieders. UZwVO; § 3 6 I nordrh.-westf. PolG; § 5 2 rheinl.-pfälz. PVG; § 2 saarl. U Z w G ; § 226 I schlesw.-holst. LVwG. 400b Z. B. Art. 34 II bay. PAG; § 36 II nordrh.-westf. PolG. 401 §§ 24ff. hess. SOG i. Verb. m. UZwG vom 11.11. 1950 (GVB1. S. 247); §§ 35ff. nieders. SOG i. Verb. m. UZwVO vom 15. Nov. 1951 (GVB1. S. 221); §§33, 35ff. nordrh.-westf. PolG; rheinl.-pfälz. UZwVO vom 10. April 1954 (GVB1. S. 61); saarl. G Nr. 875 vom 22. Januar 1969 (ABl. S. 125); §§ 194 ff. und 225 ff. schlesw.-holst. LVwG i. Verb. m. VZwG vom 24. Juli 1970 (GVB1. S. 178). 402 Dazu s. auch oben Abschnitt II. 4f. 403 404 S. oben Abschnitt II. 2. Papier. DVB1. 1975, 567ff.

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1. Entschädigungsansprüche eines Bürgers gegen die Verwaltung a) Anspruch des im polizeilichen Notstand in Anspruch genommenen Nichtstörers : Sämtliche Gesetze billigen dem Nichtstörer, der im polizeilichen Notstand rechtmäßig zur Gefahrenabwehr herangezogen worden ist (oben Abschnitt II. 3), einen Anspruch auf angemessene Entschädigung zu405. Die Entschädigung ist in Geld zu leisten406. Der Anspruch 407 richtet sich in einigen Ländern gegen den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst der Beamte steht, der die Maßnahme getroffen bzw. sie angeordnet oder um ihre Vornahme ersucht hat. In anderen Ländern dagegen richtet er sich gegen den Träger der Polizeikosten. Der Inanspruchnahme als Nichtstörer muß es rechtlich gleichstehen, wenn ein unbeteiligter Dritter bei Vornahme einer rechtmäßigen polizeilichen Maßnahme geschädigt worden ist408. Beispiel: Der von einem Polizeivollzugsbeamten in rechtmäßiger Amtsausübung auf einen flüchtenden Verbrecher abgefeuerte Schuß hat eine Schaufensterscheibe zertrümmert 409 . Der Entschädigungsanspruch des Nichtstörers nach den genannten Vorschriften ist ausgeschlossen 410 bei anderweitiger gesetzlicher Regelung, ferner wenn der Betroffene auf sonstige Weise Ersatz zu erlangen vermag und insbesondere, wenn die schädigende Maßnahme dazu gedient hat, seine Person oder sein Vermögen zu schützen 411 . b) Anspruch bei Rücknahme von polizeilichen Erlaubnissen: Wird eine polizeiliche oder ordnungsbehördliche Erlaubnis zurückgenommen 412 , weil 1. im Falle einer Rechtsänderung Tatsachen vorliegen, die nunmehr eine Versagung rechtfertigen würden, und von ihr noch kein Gebrauch gemacht worden ist, oder 2. nachträglich Tatsachen eingetreten oder bekanntgeworden sind, die eine Versagung gerechtfertigt hätten, und die Rücknahme zur Gefahrenabwehr erforderlich ist, 405

406

407 408 409 4,0

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§§ 41 ff. bad.-württ. PG; §§ 37ff. berl. ASOG; §§ 52ff. brem. PG; § 10 III, IV hamb. SOG; §§ 30ff. hess. SOG; §§40ff. nieders. SOG; § § 3 9 f f . nordrh.-westf. OBG; §§ 67ff. rheinl.-pfälz. PVG; §§70ff. saarl. PVG; §§ 188ff. schleswig-holst. LVwG; dazu s. Papier, DVB1. 1975, 567 ff. (569). BGHZ 7, 96 (lOOff.) mit zust. Anm. Forsthoff; s. auch Drews / Wacke / Vogel / Martens. Bd. I, S. 469 ff. Zum Umfang des Anspruchs s. BGH DVB1. 1976, 714. Teilweise ist das ausdrücklich bestimmt; so § 37 I Nr. 2 berl. ASOG. S. Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. I, S. 465f.; Weimar, DÖV 1961, 379ff. § 41 I S. 2 II bad.-württ. PG; § 52 II brem. PG; § 30 III hess. SOG; § 40 nieders. SOG; § 3 9 II nordrh.-westf. OBG; § 67 I 1 rheinl.-pfälz. PVG; §188 II, III schlesw.-holst. LVwG. Eine flexiblere Regelung bringt § 38 V berl. ASOG. Zu letzterem Fall s. Erning, NJW 1960, 2076ff. (2077); u. a. § 10 III 2 hamb. SOG; § 30 II hess. SOG. Oben Abschnitt III. 2b, cc.

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dann kann der Betroffene in gleicher Weise wie ein Nichtstörer Entschädigung beanspruchen 413 . c) Ansprüche bei Schädigung durch rechtswidrige Maßnahmen: Einige neuere Gesetze gewähren ausdrücklich einen Entschädigungsanspruch bei rechtswidriger Inanspruchnahme durch polizeiliche oder ordnungsbehördliche Maßnahmen 414 , und zwar teilweise unter Beschränkung auf schuldlos rechtswidrige Maßnahmen 415 , teilweise aber auch bei schuldhaftem Verhalten 416 . Im letzteren Fall kann der hier eingeräumte Anspruch in Konkurrenz zu Amtshaftungsansprüchen nach § 839 BGB, Art. 34 GG treten 417 . Dagegen geht er als spezialgesetzliche Regelung den allgemeinen Grundsätzen über die Haftung aus enteignungsgleichem Eingriff vor4173. Wo derartige Vorschriften nicht bestehen, greifen bei rechtswidrig zugefügtem Körperschaden die Grundsätze über die Aufopferung, bei Vermögensschäden diejenigen über den enteignungsgleichen Eingriff ein418. d) Ansprüche eines Störers: In einigen Sonderfällen gewährt der Gesetzgeber aus besonderen rechtspolitischen Gründen regelwidrig auch einem Störer einen Ersatzanspruch für Schäden, die er durch seine Inanspruchnahme erlitten hat. Praktisch bedeutsam sind die Ansprüche nach § 51 I GewO (Untersagung einer gewerblichen Anlage wegen überwiegender Nachteile und Gefahren für das Gemeinwohl), §§ 49, 52 des BundesseuchenG (Berufsbeschränkungen aus seuchenpolizeilichen Gründen) und §§ 24, 66 ff. TierseuchenG (Tötung seuchenbefallener Haustiere). 2. Ersatzansprüche der Verwaltung gegen den Störer Hat der Störer die Gefahr auf Grund einer polizeilichen Inanspruchnahme mit eigenen Mitteln beseitigt, dann ist der Verteilungsregel Genüge getan. Ist die Beseitigung dagegen auf Kosten der Verwaltung erfolgt, dann bleibt zu fragen, ob und inwieweit die entstandenen Aufwendungen auf den Störer abgewälzt werden können. Dabei ergeben sich zwei Fallgruppen: a) Erstattungsanspruch bei Ersatzvornahme und unmittelbarem Zwang: Soweit die Behörde die erforderlichen Maßnahmen im Wege der Ersatzvornah413

§ 52 I Buchst, c brem. PG; § 30 IV hess. SOG; § 67 II rheinl.-pfälz. PVG; § 70 II saarl. PVG; §§ 116 III S. 1 und 117 III schlesw.-holst. LVwG. 414 Dazu eingehend Papier, DVB1. 1975, 567ff. (571 - 574). 415 So § 30 I 2 hess. SOG. 416 So ausdrücklich § 39 I Buchst, b nordrh.-westf. OBG; impliziert ebenfalls in § 52 I Buchst, b brem. PG; § 37 II berl. ASOG. 417 Vgl. auch § 37 IV berl. ASOG; § 40 V nordrh.-westf. OBG. 417a Vgl. BGH DVB1. 1979, 114 ff. (116). 418 S. dazu Schock, DÖV 1965, 616ff.; H. Wagner, NJW 1966, 569ff.; ders., NJW 1967, 2333ff.; Steffen, DRiZ 1967, llOff.; Kessler, DRiZ 1967, 374ff.; Rüfner, BB 1968, 881 ff.; Kreft, Aufopferung und Enteignung, 1968; Kimminich, JuS 1969, 349 ff.

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me oder des unmittelbaren Zwangs getroffen hat, kann sie von dem Störer Ersatz ihrer Aufwendungen verlangen419. Dieser Anspruch ist gelegentlich in den Polizeigesetzen selbst420, meist jedoch in den vollstreckungsrechtlichen Vorschriften der einzelnen Länder geregelt421. Die nach diesen Bestimmungen geschuldeten Beträge werden durch Verwaltungsakt festgesetzt und im Verwaltungszwangsverfahren beigetrieben422. b) Erstattungsansprüche bei Heranziehung eines Nichtstörers: Hat die Polizei- bzw. Ordnungsbehörde die Gefahr oder Störung durch Heranziehung eines Nichtstörers im polizeilichen Notstand beseitigt, dann kann wegen des Ersatzes, der dem Herangezogenen geleistet werden mußte (oben Abschnitt IV. la), bei dem Störer Regreß genommen werden423. Auf diesen Anspruch sind die Vorschriften des BGB über die Geschäftsführung ohne Auftrag entsprechend anwendbar. Einige Länder haben ihn in den Verwaltungsrechtsweg verwiesen424, 425. In den übrigen ist er — ebenso wie der Anspruch des Nichtstörers gegen den Träger der Polizeikosten — vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen 426 .

419 420 421 422 423

424 425 426

Dazu s. eingehend OVG Lüneburg DVB1. 1977, 832ff. (834 - 835). § 8 II bad.-württ. PG; § 25 III rheinl.-pfälz. PVG; § 30 I nordrh.-westf. PolG; Art. 34 I bay. PAG. Z. B. § 17 nieders. VwKG. S. § 25 III rheinl.-pfälz. PVG. § 43 bad.-württ. PG; § 42 berl. ASOG; § 54 III brem. PG; § 10 IV hamb. SOG; § 32 hess. SOG; § 42 nieders. SOG; § 42 II nordrh.-westf. OBG; § 69 rheinl.-pfälz. PVG; § 72 saarl. PVG; § 191 II schlesw.-holst. LVwG. S. § 55 brem. PG; §43 berl. ASOG; Art. 52 II bay. PAG; §43 II nordrh.-westf. OBG; so wohl auch § 10 III hamb. SOG. In Hamburg (Fußn. 423): Erstattung durch Leistungsbescheid. § 44 bad.-württ. PG; § 55 S. 1 brem. PG; § 33 hess. SOG; § 43 nieders. SOG; § 70 rheinl.-pfälz. PVG; § 73 saarl. PVG; § 192 schlesw.-holst. LVwG.

VIERTER ABSCHNITT Peter Badura

Wirtschaftsverwaltungsrecht Literatur E. R. Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, 2. Aufl., 2 Bde., 1953/54. W. Reuss, Wirtschaftsverwaltungsrecht, 2 Bde. und ein Ergänzungsband, 1963 — 1967. W. Schmidt-Rimpler, Wirtschaftsrecht, HDSW 12 (1965), S. 686 - 731. H. C. Nipperdey / H. Stumpf, Wirtschaftsrecht, in: K. Hax / Th. Wessels (Hrsg.), Handbuch der Wirtschaftswissenschaften, 2. Aufl., 1966, II, S. 633 - 774. G. Rinck, Wirtschaftsrecht, 5. Aufl., 1977. E. Steindorff, Einführung in das Wirtschaftsrecht der Bundesrepublik Deutschland, 1977. A.-J. Merten / Ch. Kirchner / E. Schanze, Wirtschaftsrecht, 1978. F. Rittner, Wirtschaftsrecht, 1979. H. D. Jarass, Wirtschaftsverwaltungsrecht, 1980. R. Stober, Wirtschaftsverwaltungsrecht, 2. Aufl., 1980. U. Scheuner / A. Schule, Die staatliche Intervention im Bereich der Wirtschaft, VVDStRL 11 (1954), S. 1 ff., 75 ff. K. Ballerstedt, Wirtschaftsverfassungsrecht, in: GRe I I I / l , S. 1 ff. H. C. Nipperdey, Soziale Marktwirtschaft und Grundgesetz, 3. Aufl., 1965. W. Rüfner, Formen öffentlicher Verwaltung im Bereich der Wirtschaft, 1967. H. H. Klein, Die Teilnahme des Staates am wirtschaftlichen Wettbewerb, 1968. W. Brohm, Strukturen der Wirtschaftsverwaltung, 1969. P. Badura, Wirtschaftsverfassung und Wirtschaftsverwaltung, 1971. U. Scheuner (Hrsg.), Die staatliche Einwirkung auf die Wirtschaft, 1971. R. Schmidt, Wirtschaftspolitik und Verfassung, 1971. K. Stern / P. Münch / K.-H. Hansmeyer, Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft, 2. Aufl., 1972. H. F. Zacher, Bericht über das in der Bundesrepublik Deutschland geltende Wirtschaftsrecht (Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Studien), 1973. E. R. Huber, Der Streit um das Wirtschaftsverfassungsrecht (1956), in: ders., Bewahrung und Wandlung, 1975, S. 215 ff. W. Thiele, Wirtschaftsverfassungsrecht, 2. Aufl., 1975. P. Badura, Grundprobleme des Wirtschaftsverfassungsrechts, JuS 1976, S. 205. H.-J. Papier, Fälle zum Wahlfach Wirtschaftsverwaltungsrecht, 1976. F. Gygi, Die schweizerische Wirtschaftsverfassung, 2. Aufl., 1978.

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Peter Badura

P. J. Tettinger, Rechtsanwendung und gerichtliche Kontrolle im Wirtschaftsverwaltungsrecht, 1980. J. A. Schumpeter, Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie, 2. Aufl., 1950. E. Heimann, Soziale Theorie der Wirtschaftssysteme, 1963. H. C. Recktenwald(Hrsg.), Geschichte der Politischen Ökonomie, 1971. W. Zorn, Einführung in die Wirtschafts- und Sozialgeschichte, 2. Aufl., 1974. Zeitschriften: Der Betriebsberater (BB); Der Betrieb (DB); Gewerbearchiv (GewArch) mit der Vierteljahresbeilage Wirtschaft und Verwaltung (WiVerw); Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht (ZHR); Wirtschaft und Wettbewerb (WuW); Zeitschrift für öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen (ZögU).

Wirtschaftsverwaltungsrecht

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Gliederung I. Recht und Ordnung der Wirtschaft 1. Wirtschaftsrecht, Wirtschaftsverwaltungsrecht 2. Der wirtschaftliche Prozeß und die Wirtschaftspolitik a) Marktwirtschaft und Planwirtschaft, Funktion des Wettbewerbs, Sozialisierung b) Ziele und Formen der Wirtschaftspolitik: Wettbewerbs-, Konjunktur-, Wachstums-, Struktur-und Gesellschaftspolitik; Wirtschaftsstatistik . . .

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II. Staat und Wirtschaft 1. Geschichte 2. Wirtschaftsverfassung a) Die „Wirtschaftsverfassung" des Grundgesetzes b) Die staatliche Verantwortung für das „gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht" ; Stabilitätsgesetz c) Das europäische Wirtschaftsrecht 3. Gesetzgebung und Regierung auf dem Gebiet der Ordnung und Beeinflussung der Wirtschaft 4. Grundrechtsschutz wirtschaftlicher Tätigkeit a) Unternehmensfreiheit; Grundsätze der Gleichbehandlung und Verhältnismäßigkeit b) Berufsfreiheit c) Eigentumsgarantie

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III. Wirtschaftsverwaltung 1. Organisation a) Staatliche Wirtschaftsverwaltung in Bund und Ländern b) Selbstverwaltung der Wirtschaft c) Wirtschaftsverbände; Koalitionsfreiheit 2. Verwaltungszwecke und Rechtsformen a) Wirtschaftslenkung, Wirtschaftsaufsicht b) Wirtschaftsverwàftungsrechtliche Verwaltungsakte c) Unternehmergenehmigungen mit planungsrechtlichem Einschlag d) Verwaltungsprivatrechtliche und fiskalische Verwaltungstätigkeit; Auftragswesen und erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand . IV. Gewerberecht 1. Gewerbefreiheit 2. Techniken gewerberechtlicher Regelung a) Formales Instrumentarium: Anzeigepflicht; Untersagungsermächtigung; Verbot mit Erlaubnisvorbehalt b) Materielle Maßstäbe: Sachkunde; Zuverlässigkeit 3. Einzelne gewerberechtliche Erlaubnisse a) Stehendes Gewerbe; Reisegewerbe; Marktverkehr b) Handwerk c) Gaststättengewerbe

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I. Recht und Ordnung der Wirtschaft 1. Wirtschaftsrecht, Wirtschaftsverwaltungsrecht Das gesellschaftliche System, das die Befriedigung der materiellen Bedürfnisse der Gesellschaftsglieder durch die Erzeugung und Verteilung von Produktionsmitteln und Waren und durch die Darbietung von Dienstleistungen bewirkt, besteht aus einem durch die Rechtsordnung in bestimmter Weise geordneten und damit gelenkten Handlungszusammenhang. Da das im Gesetz positivierte Recht der politischen Entscheidung des staatlichen Gesetzgebungsorgans entspringt, ist die Rechtsordnung, so weit sie Aufgaben und Befugnisse der Wirtschaftsverwaltung begründet und Verhaltensregeln für den Wirtschaftsprozeß aufstellt, der Ausdruck der Vorstellung der im Staat politisch organisierten Gesellschaft über die richtige Wirtschaftsordnung. Das eine solche Richtigkeitsvorstellung jeweils grundlegend kennzeichnende Moment ist das Maß der Selbständigkeit, das dem wirtschaftlichen Prozeß gegenüber dem politischen Prozeß eingeräumt wird. Die liberale Wirtschaftsidee und die von ihr bestimmte Rechtsordnung hatten die Autonomie der Wirtschaft gegenüber dem politischen Prozeß in besonders weitgehendem Umfang gefordert und verwirklicht. Dem entsprach das die politische Philosophie des Liberalismus beherrschende Theorem der Trennung von (monarchischem) Staat und (bürgerlicher) Gesellschaft, das den Staat und das von ihm geschaffene Recht auf die Funktion beschränkte, die naturrechtlich begründete „vorstaatliche", d. h. gesellschaftlich regulierte Freiheit des einzelnen zu achten und zu sichern. Der so als „staatsfrei" etablierte Bereich von „Freiheit und Eigentum" schuf die Voraussetzung der von den entfesselten Kräften des Hochkapitalismus hervorgebrachten industriellen Revolution. Der ideologischen Beschreibung und Rechtfertigung der im Sinne der liberalen Wirtschaftsidee richtigen Wirtschaftsordnung entstammt der Sprachgebrauch vom Recht als dem „Rahmen" des Wirtschaftsgeschehens. Tatsächlich dienten die Rechtssätze, die die bürgerliche Wirtschaftsgesellschaft von ihrem Staat verlangte und erhielt, einerseits der Bereitstellung von Rechtsformen für die Organisation und das Verhalten der Wirtschaftssubjekte auf der Grundlage der als diesen Rechtsformen vorgegeben gedachten Privatautonomie, andererseits der Abwehr von Gefahren und Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, die aus der Wirtschaftstätigkeit entspringen mochten, auf der Grundlage der Gewerbefreiheit. Demzufolge konnte das liberale Recht der Wirtschaft als „Rahmen" der individuellen Freiheit des Eigentums, des Vertrages und des Gewerbes erscheinen. Es entstanden im Feld des Privatrechts das Handelsrecht als das Sonderrecht des Kaufmannsstandes, das Gesellschaftsrecht und das Wertpapierrecht und im Feld des öffentlichen Rechts das Gewerberecht als ein Sonderpolizeirecht. Genaugenommen erscheint das Recht der Wirtschaft nur unter der Prämis-

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se der liberalen Wirtschaftsidee als ein rechtlicher „Rahmen" der privatautonomen Wirtschaftsfreiheit. Geht man von dieser Prämisse ab, so zeigt sich, daß sich hinter der Formel vom Recht als „Rahmen" der Wirtschaft die Entscheidung der Rechtsordnung für die grundsätzliche Autonomie der Wirtschaft gegenüber dem Staat verbirgt, daß also das liberale Recht die Wirtschaft in der Weise ordnete, daß es die Art und Weise des Wirtschaftens prinzipiell der privatautonomen Disposition der Wirtschaftssubjekte überließ. Auch darin aber liegt eine Gestaltung der Wirtschaft durch das Recht. Der sozialgestaltende Charakter des Privatrechts, das den wirtschaftlichen Prozeß durch die Ordnung des rechtsgeschäftlichen Verkehrs und der Güterverteilung, die Ausgestaltung des Haftungssystems und die Festlegung der Bedingungen und Formen der Bildung von Gesellschaften beeinflußt, wird dadurch verschleiert, daß in der Privatautonomie nicht ein staatlich gesetztes Rechtsprinzip, sondern eine gewissermaßen vorrechtlich existierende Fähigkeit der individuellen Persönlichkeit gesehen wird 1 . Das Funktionieren jeder entwickelten Wirtschaft ist angewiesen auf ein geregeltes System der Rechtsdurchsetzung in Prozeß, Zwangsvollstreckung und Konkurs, auf staatlich normierte Maße und Gewichte 2 und nicht zuletzt auf die rechtlichen Institutionen des Geldwesens. Derartige „gemeinwirtschaftliche" Grundlagen 3 sind in der liberalen Wirtschaftsidee stillschweigend vorausgesetzt. Der liberale Staat ordnete die Wirtschaft durch sein Recht, nicht anders wie der moderne Wohlfahrtsstaat, wenn auch nach anderen Grundsätzen, und besaß in diesem auf das geregelte Sachgebiet abhebenden Sinn ein Sonderrecht der Wirtschaft. Da sich indessen das liberale Recht der Wirtschaft, der liberalen Wirtschaftsidee entsprechend, im wesentlichen in den Zusammenhängen des Privatrechts und des Polizeirechts entwickelte, kam es nicht zur Ausbildung eines besonderen als „Wirtschaftsrecht" 4 bezeichneten rechtswissenschaftlichen Arbeits- und Lehrgebietes. Immerhin brachte der durch1

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R. Reinhardt / A. Nikisch / L. Raiser, Die Gestaltung der Unternehmensformen unter den Gesichtspunkten der Wirtschafts- und Sozialverfassung, Verh. d. 39. DJT 1952, B; Flume, Rechtsgeschäft und Privatautonomie, in: Hundert Jahre Deutsches Rechtsleben, 1960,1, S. 135; E. Boettcheru. a., Unternehmensverfassung als gesellschaftspolitische Forderung, 1968; Bericht Mitbestimmung im Unternehmen" (BT- Drucks. VI/334), S. 65, 69f., 71 ff.; L. Raiser, Die Zukunft des Privatrechts, 1971; F. Rittner, Die werdende juristische Person. Untersuchungen zum Gesellschafts- und Unternehmensrecht, 1973; E. Steindorff, Wirtschaftsordnung und -Steuerung durch Privatrecht? in: Fs. f. Ludwig Raiser, 1974, S. 621; ders., Wirtschaftsrecht, S. 4ff. G über Einheiten im Meßwesen vom 2. 7. 1969 (BGBl. I, S. 709); G über das Meßund Eichwesen vom 11.7. 1969 (BGBl. I, S. 759). - Strecker, Eichgesetz, Einheitengesetz, 1977. Ritsehl, Wirtschaftsordnung, HDSW 12 (1965), S. 189. Piepenbrock, Der Gedanke eines Wirtschaftsrechts in der neuzeitlichen Literatur bis zum Ende des 1. Weltkriegs, 1964.

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greifende industrielle Aufschwung seit der Reichsgründung 5 eine derart auffällige und alle Rechtsgebiete erfassende Fülle von spezifischen Rechtssätzen und rechtlichen Problemen hervor, daß die rechtliche Ordnung der Bedürfnisse des kapitalistischen Unternehmens, seiner Beziehungen zu den Abnehmern, des Wettbewerbs, der Assoziation der Unternehmer und der Arbeiter, des Arbeitsverhältnisses und des Arbeitsschutzes als Gegenstand eines besonderen Rechtsgebiets, des „Industrierechts", betrachtet wurde 6 . Das besondere Arbeits- und Lehrgebiet „ Wirtschaftsrecht", das sich nach dem 1. Weltkrieg ebenso wie das Arbeitsrecht verselbständigte 7 , verdankt seine Entstehung weniger dem theoretischen Interesse an klassifizierender Systematik als der kurz vor der Jahrhundertwende einsetzenden und durch die Bedürfnisse des Krieges beschleunigten Umorientierung der Staatszwecke. Der Abschnitt „Das Wirtschaftsleben" (Art. 151 — 165) der Weimarer Reichsverfassung zeigt den Übergang von der liberalen Wirtschaftsidee zu einer neuen Staatsvorstellung, in der das Prinzip der privatautonomen Wirtschaftsfreiheit verbunden ist mit der Verantwortung des Staates für die soziale Gerechtigkeit. Die Verselbständigung des Rechtsgebiets „Wirtschaftsrecht" ist eine Wirkung dieser Umwälzung der Verfassungs- und Wirtschaftsidee und es wurde und wird dementsprechend definiert als das Insgesamt der Rechtssätze, durch die der Staat Organisation und Funktionsweise der Wirtschaft ordnet, gestaltet und lenkt 8 . Das Wirtschaftsrecht entfaltete sich zunächst als Annex des Privatrechts, was insofern folgerichtig war und ist, als die wirtschaftsrechtlichen Regelungen als Beschränkungen der im Privatrechtsverkehr wirksamen Privatautonomie aufgefaßt werden können. Die dem Wirtschaftsrecht eigentümliche „Sozialisierung des Rechtsstoffes" (Nußbaum), in der sich die zunehmende staatliche Ingerenz in das Wirtschaftsgeschehen äußert, und der damit notwendig einhergehende Aufbau einer staatlichen Wirtschaftsverwaltung zum Vollzug der wirtschaftsrechtlichen Ermächtigungen bedingten ein außerordentliches 5

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E. R. Huber, Dt. Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. IV, 1969, S. 971 ff.; Badura, Das Verwaltungsrecht des liberalen Rechtsstaates, 1967, S. 16 ff. H. Lehmann, Grundlinien des deutschen Industrierechts, in: Fs. f. E. Zitelmann, 1913. A. Nussbaum, Das neue dt. Wirtschaftsrecht, 1920, 2. Aufl., 1922; H. Goldschmidt, Reichs-Wirtschaftsrecht, 1923; Hedemann, Reichsgericht und Wirtschaftsrecht, 1929. Hedemann, in: Fs. f. A. Hueck, 1959, S. 377; Nipperdey /Stumpf, Wirtschaftsrecht, S. 638; Rittner, Wirtschaftsrecht, StaatsL 8 (1963), S. 817; Wiethölter, in: Fs. f. F. Böhm, 1965, S. 41; Schluep, in: Fs. f. Hug, 1968, S. 25; Fröhler, Das Wirtschaftsrecht als Instrument der Wirtschaftspolitik, 1969; A. Jacquemin / G. Schrans, Le droit économique, 1970; G. Rinck, Begriff und Prinzipien des Wirtschaftsrechts, 1971 ; ders., Wirtschaftsrecht, § § 1 , 2 ; Koppensteiner, Rechtstheorie 4, 1973, S. 1 ; G. Schrans, The Instrumentality and the Morality of European Economic Law, in: Miscellanea W. J. Ganshof van der Meersch, 1973, Bd. II, S. 383; N. Reich, Markt und Recht, 1977.

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Vordringen des öffentlichen Rechts, das seinen bisherigen polizeirechtlichen Charakter weit hinter sich ließ. Das Gewerberecht ging in dem neuen „ Wirtschaftsverwaltungsrecht"9 auf. In diesem Rechtsgebiet tritt der Anspruch des Staates zutage, die entwickelte Industriegesellschaft nach den Grundsätzen der sozialen Gerechtigkeit zu ordnen und zu gestalten. Das Wirtschaftsverwaltungsrecht umfaßt die Rechtssätze, durch die der Staat mit den Zielen der Gefahrenabwehr, der Lenkung und der Förderung auf den wirtschaftlichen Prozeß ordnend, gestaltend und leistend einwirkt, indem er Aufgaben und Befugnisse der Verwaltung und öffentlich-rechtliche Rechte und Pflichten der am wirtschaftlichen Prozeß Beteiligten begründet. 2. Der wirtschaftliche Prozeß und die Wirtschaftspolitik Die Versorgung der Gesellschaft mit Gütern und Dienstleistungen ist eine Funktion der Entwicklung der Produktivkräfte (Ausbildungsstand der arbeitenden Bevölkerung, technologischer Fortschritt, Arbeitsteilung) und der Gestaltung der Produktionsverhältnisse (gesellschaftliche und rechtliche Organisation des wirtschaftlichen Prozesses). Da die Erhaltung und Vermehrung der Produktivität von der Rate des akkumulierten und für Investitionen verfügbaren Kapitals abhängen, sind die Arbeitsweise des Kreditapparats und die Verfügung über die Investitionsentscheidungen Schlüsselpunkte des wirtschaftlichen Systems. Die wirtschaftlichen Größen Versorgung und Produktivität sind allerdings für den Staat und seine Wirtschaftspolitik in die umfassenderen Ziele und Zusammenhänge der allgemeinen Politik, der Gesellschaftspolitik und der Sozialpolitik eingeordnet. Auch die Wirtschaftsordnung selbst weist mit dem „Produktionsfaktor" Arbeit über sich hinaus; denn die Arbeit ist nicht nur Beitragen zur Erwirtschaftung des Sozialprodukts, sondern auch unentrinnbarer Schauplatz menschlicher Selbstverwirklichung. a) Marktwirtschaft und Planwirtschaft, Funktion des Wettbewerbs, Sozialisierung: Nach dem Maß der Selbständigkeit, das der wirtschaftliche Prozeß gegenüber dem politischen Prozeß besitzt, oder anders gesagt nach der Funktion des Staates im Wirtschaftsprozeß, lassen sich die realen Wirtschaftsordnungen an zwei typisierend vereinfachten Wirtschaftsformen messen 10 . In der 9

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E. R. Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, 1932, 2. Aufl., Bd. I, II, 1953/54; Scheuner, Das öffentliche Wirtschaftsrecht, in: Mitteilungen des Jenaer Instituts für Wirtschaftsrecht, Heft 28 (1934), S. 3. Max Weber, Grundriß der Sozialökonomik, 2. Aufl., 1925, I I I / l , 59; Eucken, Grundsätze der Wirtschaftspolitik, 5. Aufl., 1975; E. Heimann, Wirtschaftssysteme und Gesellschaftssysteme, 1954; ders., Soziale Theorie der Wirtschaftssysteme 1963; Dahrendorf, Markt und Plan, zwei Typen der Rationalität, 1966; Krüsselberg, Marktwirtschaft und ökonomische Theorie, 1969; Heinze, Autonome und heteronome Verteilung. Rechtsordnung staatlicher Lenkung von Produktion und Verteilung, 1970; K. P. Hensel, Grundformen der Wirtschaftsordnung, 2. Aufl., 1974; Hedtkamp, Wirtschaftssysteme, 1974; Ch. E. Lindblom, Jenseits von Markt und Staat, 1980.

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Wirtschaftsform der Verkehrs- oder Marktwirtschaft, deren institutionelle Voraussetzungen die Privatautonomie, das Privateigentum, die Berufs- und Gewerbefreiheit und die Vertragsfreiheit bilden, sind die wirtschaftlich relevanten Entscheidungen über Produktion, Investition, Distribution und Konsum dezentralisiert und den einzelnen Wirtschaftssubjekten überlassen. Bei dieser verkehrswirtschaftlichen Bedarfsdeckung gibt das individuelle Interesse den Ausschlag und werden die allein vorhandenen Einzelpläne der Unternehmer und Verbraucher nur durch den Tausch vergesellschaftet und den von Angebot und Nachfrage abhängigen Marktpreis koordiniert. In der Wirtschaftsform der Plan- oder Zentralverwaltungswirtschaft sind die wirtschaftlich wesentlichen Entscheidungen mit Ausnahme der Konsumtionssphäre in der Hand des Staates, der alleiniger Eigentümer der Produktionsmittel ist, zentralisiert. Bei dieser planwirtschaftlichen Bedarfsdeckung werden die individuellen Wirtschaftspläne durch den von einer Zentralstelle für einen bestimmten Zeitabschnitt in Gesetzesform aufgestellten Gesamtplan ersetzt oder zumindest gebunden. Der staatliche Wirtschaftsplan legt auf der Grundlage von politischen Entscheidungen die Erzeugung und Verteilung nach den angenommenen Bedürfnissen des Gemeinwesens fest, so daß an die Stelle des für die Marktwirtschaft charakteristischen Tausches die Zuteilung tritt". Die Marktwirtschaft ist die von der liberalen Wirtschaftsidee ideologisch gerechtfertigte Wirtschaftsform der kapitalistischen Wirtschaftsgesellschaften, in denen sie allerdings nur durch mehr oder weniger intensive Einrichtungen staatlicher Wirtschaftslenkung modifiziert verwirklicht ist. Die Planwirtschaft ist die von der marxistischen politischen Ökonomie ideologisch gerechtfertigte Wirtschaftsform der sozialistischen Staaten, in denen sie abgeschwächt durch die Beibehaltung der Geldwirtschaft, die mehr oder weniger weitgehende Dezentralisierung der wirtschaftlichen Entscheidungen im Rahmen des Volkswirtschaftsplanes und die Zulassung marktwirtschaftlicher Enklaven verwirklicht ist. Die Verfassung der DDR vom 8. April 1968, jetzt in der Fassung vom 7. Oktober 1974, hat die Grundlinien der Wirtschaftsordnung entsprechend den Grundsätzen der sozialistischen Politischen Ökonomie verfassungsrechtlich festgelegt 12 . Die Volkswirtschaft der D D R beruht auf dem sozialistischen 11

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Politische Ökonomie, hrsg. von der Akademie der Wissenschaften der UdSSR, Institut für Ökonomie, 1955; Salin, Politische Ökonomie, 5. Aufl., 1967, S. 94ff.; K. P. Hensel, Einführung in die Theorie der Zentralverwaltungswirtschaft, 2. Aufl., 1959; Horvat, Towards a Theory of Planned Economy, 1965; Gutmann, Theorie und Praxis der monetären Planung in der Zentralverwaltungswirtschaft, 1965; Hahn, Investitionslenkung im sowjetischen Wirtschaftssystem, 1967; Raupach, System der Sowjetwirtschaft, 1968; Altvater, Gesellschaftl. Produktion und Ökonom. Rationalität, 1969; Höhmann / Käser / Thalheim (Hrsg.), Die Wirtschaftsordnungen Osteuropas im Wandel, 2 Bde., 1972; H. Burg u. a., Einführung in die politische Ökonomie des Kapitalismus, 1975. U. J. Heuer u. a., Sozialistisches Wirtschaftsrecht — Instrument der Wirtschaftsführung, 1971; Kap. III: Wirtschaftsrecht, in: Materialien zum Bericht zur Lage der

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Eigentum an den Produktionsmitteln; der „Leitung und Planung der Volkswirtschaft" dienen die sozialistische Planwirtschaft und das sozialistische Wirtschaftsrecht (Art. 9, 12 VerfDDR). Das Kernstück der Volkswirtschaft ist als „Volkseigentum" organisiert, dem Regelfall des produktiven Eigentums außerhalb des landwirtschaftlichen und des handwerklichen Sektors. Unter der Direktion der staatlichen Organe der Wirtschaftsführung, an der Spitze der von der Staatlichen Plankommission unterstützte Ministerrat, erfolgt die Nutzung und Bewirtschaftung des Volkseigentums durch die nach der wirtschaftlichen Rechnungsführung arbeitenden Einheiten, die Volkseigenen Betriebe, die Vereinigungen von Betrieben und Kombinaten und die Kombinate. Die Theorie der Marktwirtschaft, aufbauend auf der Lehre der „klassischen Nationalökonomie" (Adam Smith, David Ricardo), leitet die Steuerungsfunktion des Marktpreises von dem Modell des durch die ökonomische Gleichartigkeit der angebotenen und nachgefragten Güter und Leistungen definierten Marktes ab. Der Marktpreis, der als „Gleichgewichtspreis" Angebot und Nachfrage eines bestimmten Marktes zum Ausgleich bringt, signalisiert als „Knappheitsmesser" (Eucken) den Zustand der Versorgung und die Ausnutzung der Produktionsfaktoren; das Steigen des Preises zeigt einen Nachfrageüberhang (Unterproduktion), sein Fallen ein zu hohes Angebot (Überproduktion). Indem der anbietende Produzent seine unternehmerische Entscheidung an dem die Verbraucherwünsche und damit die gesellschaftlichen Bedürfnisse registrierenden Marktpreis orientiert, beeinflußt der Preis Menge und Qualität der zum Markt gebrachten Güter und Leistungen und mittelbar die Zahl und Kapazität der anbietenden Unternehmen, deren Leistungsfähigkeit und Investitionen. Der Marktmechanismus bewirkt also eine optimale Versorgung bei minimalen Kosten, sein Agens ist der Wettbewerb. Der Modellmarkt, für den allein das marktwirtschaftliche Theorem ohne Abstriche gilt, stellt das Verhalten der Marktteilnehmer, die Marktform und die Wirkung des Marktpreises unter stark vereinfachende Voraussetzungen. Er geht von der reinen, d. h. nicht durch Marktmacht beschränkten Konkurrenz einer unbestimmt großen Anzahl von Marktteilnehmern aus, die rational nach dem Prinzip der Nutzenmaximierung handeln, eine ungehinderte Marktübersicht besitzen (Markttransparenz) und auf den Marktpreis keinen spürbaren Einfluß haben, so daß sie den Preis dem Markt als „Datum" entnehmen müssen. Außerdem legt der Modellmarkt eine reibungslose und zeitlich verzögerungslose Reaktionsfähigkeit der Produktionsfaktoren zugrunde. Demgegenüber findet auf den in der Regel oligopolistischen realen Märkten Nation 1972, BTag Drucks. VI/3080, S. 105; G. Lauterbach, Zur Theorie der sozialistischen Wirtschaftsführung in der D D R , 1973; W. Obst, DDR-Wirtschaft, 1973; DDR-Wirtschaft, hrsg. vom Dt. Institut für Wirtschaftsforschung Berlin, 3. Aufl., 1974; G. Rinck, Wirtschaftsrecht, S. 166ff.; Staatsrecht der D D R , 1978, S. 126ff., 207ff.; G. Brunner, Einführung in das Recht der D D R , 2. Aufl., 1979, bes. S. 97ff.; K. Oettle, Volkseigene Betriebe, HdWW, 17./18. Lief., 1979, S. 351.

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vielfach eine den Verbraucher entmachtende Markt- und Preisstrategie statt, so daß im günstigsten Fall von einer „wirksamen Konkurrenz" (workable competition) gesprochen werden kann 13 . Da die institutionellen Grundlagen der marktwirtschaftlichen Wirtschaftsordnungen fast durchweg im Rahmen des politischen Systems verfassungsrechtlich gewährleistet sind, kann der Übergang von der verkehrswirtschaftlichen zur planwirtschaftlichen Wirtschaftsform nur durch eine Sozialrevolutionäre Umwälzung erfolgen. Unter Sozialisierung (Vergesellschaftung) versteht man die in der Regel zur Verwirklichung der sozialistischen Wirtschaftsidee erfolgende Umgestaltung der Eigentumsordnung durch Aufhebung des privaten Sondereigentums an bestimmten oder allen Produktionsmitteln und deren Überführung in staatliches Eigentum (Verstaatlichung) oder in das Eigentum unter staatlicher Aufsicht stehender halbautonomer („gemeinwirtschaftlicher") Wirtschaftssubjekte mit genossenschaftlicher Beteiligung der produzierenden Arbeiter. Werden lediglich einzelne Unternehmen oder Produktionsmittel vergesellschaftet, beschränkt sich die Wirkung dieser Teilsozialisierung auf eine Änderung der Eigentumsverteilung im Rahmen der beibehaltenen Eigentumsordnung. b) Ziele und Formen der Wirtschaftspolitik: Wettbewerbs-, Konjunktur-, Wachstums-, Struktur- und Gesellschaftspolitik; Wirtschaftsstatistik: Die Wirtschaftspolitik besteht aus den sich in staatsleitenden und gesetzgeberischen Akten niederschlagenden politischen Entscheidungen der Organe des Staates über die Ordnung (Organisation und Ablauf) und Entwicklung der Wirtschaft 14 . Die Ziele der Wirtschaftspolitik reflektieren die verfassungspolitische Grundvorstellung über die Aufgaben des Staates gegenüber dem gesellschaftlichen Prozeß. Während die Gewerbepolitik des liberalen Staates entsprechend dem Prinzip der Nichtintervention die polizeirechtliche Ordnung der Ausübung der Gewerbefreiheit als ihre Hauptaufgabe ansah und nur ausnahmsweise die private Unternehmerinitiative unterstützte, insbesondere durch „Wohlfahrtspflege" 15 und handelspolitische Maßnahmen, zielt die 13

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Kühne, Funktionsfähige Konkurrenz, 1958; Barnikel(Hrsg.), Wettbewerb und Monopol, 1968; H.-D. Weiss, Preisdifferenzierung und funktionsfähiger Wettbewerb, 1972; Kantzenbach, Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs, 2. Aufl., 1977. Tuchtfeld, Gewerbefreiheit als wirtschaftspolitisches Problem, 1955; Seraphim (Hrsg.), Zur Grundlegung wirtschaftspolitischer Konzeptionen, SchrVfS n. F. 18, 1960; Neumark, Wirtschafts- und Finanzprobleme des Interventionsstaates, 1961; K.Schiller, Wirtschaftspolitik, H D S W 12 (1965), S. 210; Schachtschabel, Wirtschaftspolitische Konzeptionen, 1967; Meinhold, Volkswirtschaftspolitik, 2 Bde., 2. Aufl., 1 9 7 0 - 7 3 ; Th. Pütz (Hrsg.), Wirtschaftspolitik, 3 Bde., 1971 - 7 2 ; G. Gäfgen (Hrsg.), Grundlagen der Wirtschaftspolitik, 4. Aufl., 1972; R. Büchner, Grundfragen der Wirtschaftspolitik, 2. Aufl., 1973; Samuelson, Volkswirtschaftslehre, 5. Aufl., 2 Bde., 1973; Mertens/ Kirchner/ Schanze, Wirtschaftsrecht, S. 33ff.; E. Preiser, Wirtschaftspolitik heute, 6. Aufl., 1978; H.-H. von Arnim, Volkswirtschaftspolitik, 3. Aufl., 1980. Badura, Das Verwaltungsrecht des liberalen Rechtsstaates, 1967, S. 31 ff.

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Wirtschaftspolitik des aus der liberalen Abstinenz herausgetretenen Wohlfahrtsstaates auf eine Gestaltung des wirtschaftlichen Prozesses durch Wettbewerbs-, konjunktur-, Wachstums-, struktur- und gesellschaftspolitische Beeinflussung, Förderung und Lenkung. Die Wettbewerbspolitik16 ist bestrebt, auf allen dafür überhaupt geeigneten Märkten den Zustand wirksamen Wettbewerbs, der die Voraussetzung der marktwirtschaftlichen Steuerungsfunktion des Preises ist, herzustellen und zu erhalten. Sie wendet sich mit Hilfe Wettbewerbs- und kartellrechtlicher Regelungen gegen Verfälschungen und Beschränkungen des Wettbewerbs durch „unlauteres" Verhalten, durch die Bildung oder Ausnutzung monopolistischer oder oligopolistischer Marktmacht und durch Kartellabsprachen. Der „Ordo-Liberalismus" der vor allem durch die Arbeiten von Walter Eucken bestimmten neoliberalen Freiburger Schule17, dem die von der Bundesregierung bis in die Mitte der sechziger Jahre verfolgte Wirtschaftspolitik der „sozialen Marktwirtschaft" 18 nahestand, erwartet die optimale Produktivität und Versorgung von den Mechanismen des Wettbewerbs. Er sieht deshalb in der Wettbewerbspolitik das Kernstück der Wirtschaftspolitik und im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 27. Juni 1957, jetzt in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. September 1980 (BGBl. I, S. 1761), das Grundgesetz des Wirtschaftsrechts. Diese Betrachtungsweise setzt bei den marktwirtschaftlichen Verteilungsvorgängen an und überläßt die Gestaltung der Produktionsverhältnisse grundsätzlich der privatautonomen Disposition mit den Mitteln des Gesellschaftsrechts, besonders des Konzernrechts (§§ 18, 291 ff. AktG)19. Sie bedarf angesichts der wirtschafts- und gesellschaftspolitischen 16

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R. Blum, ZgesStW 121 (1965), S. 60; H. K. Schneider (Hrsg.), Grundlagen der Wettbewerbspolitik, SchrVfS N F 48, 1968; H. Schuster, Wettbewerbspolitik, 1973; E. Hoppmann, Marktmacht und Wettbewerb, 1977; H. Ruppelt, Wettbewerbspolitik und wirtschaftl. Konzentration, 1978. Eucken, Ordo II (1949), S. 1; ders., Grundsätze der Wirtschaftspolitik, 5. Aufl., 1975; F. Böhm, Ordo X (1958), S. 167; ders., Reden und Schriften, 1960; ders., in: Fg. f. Friedrich A. Lutz, 1971, S. 29. - Dürr, Wesen und Ziele des Neoliberalismus, 1954; Behlke, Der Neoliberalismus und die Gestaltung der Wirtschaftsverfassung in der BRD, 1961; Badura, Das Verwaltungsmonopol, 1963, S. 301 ff.; U. Runge, Antinomien des Freiheitsbegriffs im Rechtsbild des Ordoliberalismus, 1971; H.-O. Lenel, Ordo XXVI (1975), S. 22. A. Müller-Armack, Wirtschaftslenkung und Marktwirtschaft, 1947; ders., Wirtschaftsordnung und Wirtschaftspolitik, 2. Aufl., 1976; ders., Genealogie der Sozialen Marktwirtschaft, 1974; B. Molitor, Hamb. Jb. f. Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik 3 (1958), S. 57; R. Blum, Soziale Marktwirtschaft, 1969; F. Pilz, Das System der sozialen Marktwirtschaft, 1974; Zukunftsprobleme der sozialen Marktwirtschaft, SchrVfS N F 116, 1981. Zöllner, JuS 1968, 297; Rasch, Aktuelle Probleme des Konzernrechts und der Konzerngesetzgebung, 1970; ders., Dt. Konzernrecht, 5. Aufl., 1974; Emmerich /Sonnenschein, Konzernrecht, 2. Aufl., 1977; H. Würdinger, Aktien- und Konzernrecht, 3. Aufl., 1973.

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Probleme der Konzentrationsbewegung 2 0 , gegen die sich die kartellrechtliche Fusionskontrolle richtet, der Einfügung in eine umfassende Ordnungspolitik. Die wohlfahrtsstaatliche Verantwortung für die volkswirtschaftliche Prosperität und die gerechte Wirtschaftsordnung hebt das Gegenüber staatlicher Wirtschaftspolitik und unternehmerischer Tätigkeit nicht auf. Sie führt aber über die Bereitstellung und Sicherung der Rahmenbedingungen privatwirtschaftlichen und marktwirtschaftlichen Handelns hinaus und äußert sich in den gestaltenden M a ß n a h m e n der Konjunktur-, Wachstums- und Strukturpolitik. Die Wachstumspolitik strebt eine Steigerung der Produktivität, des Sozialprodukts und des Lebensstandards a n ; ihr Ziel ist eine angemessene Entwicklung der Wirtschaft. Durch ihre dynamische Absicht scheint sie mit dem konjunkturpolitischen Ziel, das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht zu wahren, in einem gewissen Widerspruch zu stehen. Tatsächlich sind Wachstums- und Konjunkturpolitik nicht zu trennen u n d durch das umfassende Ziel des ausgeglichenen oder stabilen Wachstums verbunden. Das zeigt auch der N a m e des „Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft" vom 8. Juni 1967 und die in seinem § 1 festgelegte wirtschaftspolitische Richtlinie 21 : „Bund und Länder haben bei ihren wirtschafts- und finanzpolitischen M a ß n a h m e n die Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu beachten. Die M a ß n a h m e n sind so zu treffen, daß sie im Rahmen der marktwirtschaftlichen O r d n u n g gleichzeitig zur Stabilität des Preisniveaus, zu einem hohen Beschäftigungsstand u n d außenwirtschaftlichem Gleichgewicht bei stetigem und angemessenem Wirtschaftswachstum beitragen." 20

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G über die Untersuchung der Konzentration in der Wirtschaft vom 31. 12. 1960 (BGBl. 1961 I, S. 9). Bericht über die Ergebnisse der Konzentrationsenquête vom 5. 6. 1964, BT- Drucks. IV/2310. Zu dieser Enquête: Rasch, BB 1961, 909; Bühler, NJW 1965, 609. - Kronstein, Recht und wirtschaftliche Macht, 1962; H. Arndt (Hrsg.), Die Konzentration in der Wirtschaft, 3 Bde., SchrVfS n. F. 20, 1960, 2. Aufl., 2 Bde., 1971; ders.. Die Konzentration in der westdeutschen Wirtschaft, 1966; ders., Recht, Macht und Wirtschaft, 1968; ders., Wirtschaftliche Macht, 2. Aufl., 1977; Huffschmid / Michaelis / Plan, Bibliographie Konzentration und Konzentrationspolitik 1960— 1967, 1967; G. Eichhorst u. a., Bibliographie Konzentration — Konzentrationspolitik - Multinationale Unternehmen 1967 - 1975, 1976; Emmerich / Sonnenschein, a. a. O. § 1 ; Bamikel (Hrsg.), Probleme der wirtschafte Konzentration, 1975. Dazu Tz 58, 472 des Gutachtens über die Finanzreform in der Bundesrep. Dtl., 1966. Ähnliche Formulierungen bereits in Art. 104, 117 EWG-Vertrag und in § 2 S. 2 G über die Bildung eines Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vom 14. 8. 1963. — Zu den wirtschaftspolitischen Prämissen des Stabilitätsgesetzes: H.-J. Schmahl, Globalsteuerung der Wirtschaft, 1970; K. Stern / P. Münch / K.-H. Hansmeyer, Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft, 2. Aufl., 1972, S. 35ff.; P. von der Lippe, Stabilität und Wachstum, 1975; B. Gerber, Stabilitätspolitik, 1976; P. Schaal, Stabilität und Konjunktur, 1977.

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D i e Konjunkturpolitik zielt darauf ab, die Entwicklung der volkswirtschaftlichen Gesamtnachfrage, die sich in den Ausgaben des Staates, der Unternehm e n (Investitionen) und der Haushalte (Verbrauch) ausdrückt, möglichst gleichmäßig und frei von den Schwankungen der Übernachfrage (Boom, Überhitzung) und der Unternachfrage (Rezession) zu halten. D i e Ziele und das Instrumentarium der Konjunkturpolitik haben ihre grundsätzliche Ausformung durch die Arbeit von John Maynard Keynes erfahren 22 . D e n konjunkturpolitischen Zielen der Vollbeschäftigung, der Währungsstabilität und der ausgeglichenen Zahlungsbilanz dienen global ansetzende und insofern mittelbar lenkende Steuerungsmaßnahmen. Im Vordergrund der konjunkturpolitischen Steuerung stehen Maßnahmen der Finanzpolitik der öffentlichen Haushalte 2 3 , der Währungspolitik 2 4 , der Kreditpolitik und der Außenwirtschaftspolitik 2 5 . Ein wesentlicher Bereich der Währungspolitik der Bundesre22

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The General Theory of Employment, Interest, and Money, 1936. — Salin, Politische Ökonomie, 5. Aufl., 1967, S. 165ff.; Napoleoni, Grundzüge der modernen ökonomischen Theorien, 1968, S. 66ff.; J. Robinson, Doktrinen der Wirtschaftswissenschaft, 1965, S. 91 ff.; M. Stewart, Keynes and after, 1967; Recktenwald (Hrsg.), Geschichte der Politischen Ökonomie, 1971, S. 535ff.; G. Bombach u. a. (Hrsg.), Der Keynesianismus, 2 Bde., 1976. Gutachten über die Finanzreform (Anm. 21), Tz. 472ff.; jährliche Finanzberichte der BReg. — F. K. Mann, Dt. Finanzwirtschaft, 1929; ders., Der Sinn der Finanzwirtschaft, 1978; Schmölders, Finanzpolitik, 2. Aufl., 1965; Friauf/ Wagner, Öffentlicher Haushalt und Wirtschaft, VVDStRL 27 (1969), S. 9, 47; H. Haller, Besteuerung und Wirtschaftswachstum, 1970; ders., Finanzpolitik, 5. Aufl., 1972; Neumark, Grundsätze gerechter und ökonomisch rationaler Steuerpolitik, 1970; Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1972; G. Hedtkamp, Lehrbuch der Finanzwissenschaft, 2. Aufl., 1975; R. A. Musgrave u. a., Die öffentlichen Finanzen in Theorie und Praxis, 4 Bde., 1975ff.; H. Zimmermann/K.-D. Henke, Einführung in die Finanzwissenschaft, 2. Aufl., 1978; W. Noll, Finanzwissenschaft, 1979; W. Henle, Finanzpolitik und Finanzverfassung, 1980; H. Timm u. a., Finanzpolitik als Mittel zur Verwirklichung wirtschafts- und sozialpolitischer Ziele, HbFinWiss, 3. Aufl., III, 1981, S. 135ff. Schmölders, Geldpolitik, 2. Aufl., 1968; Fögen, Geld- und Währungsrecht, 1969; Veit, Grundriß der Währungspolitik, 3. Aufl., 1969; Hankel, Währungspolitik, 2. Aufl., 1972; Lipfert, Einführung in die Währungspolitik, 8. Aufl., 1974; ders.. Der Geldmarkt, 6. Aufl., 1967; Stucken, Geld und Kredit, 1949; Franzke, Geldhoheit und Währungssteuerung, 1964; Emminger, Währungspolitik im Wandel der Zeiten, 1966; H. Haller, Das Problem der Geldwertstabilität, 1966; Dt. Bundesbank (Hrsg.), Währung und Wirtschaft in Deutschland 1 8 7 6 - 1975, 1976; K. E. Born, Geld und Banken im 19. und 20. Jahrhundert, 1977; J. Welcker, Die Organisation des Geld- und Bankwesens, 1977. AußenwirtschaftsG vom 28. 4. 1961 (BGBl. I, S. 481), zuletzt geändert durch Gesetz vom 6. 10. 1980 (BGBl. I, S. 1905); § 4 StabG (außenwirtschaftl. Absicherung). BVerfGE 12, 281; 30, 250; G. Erler, Grundprobleme des internation. Wirtschaftsrechts, 1956; E. Hocke /R. G. Schmidt, AWG, 1961 ff.; Langen, AWG, 1961 f.; H. Möller, Außenwirtschaftspolitik, 1961; H. Sieg / H. Fahning / K. F. Kölling, Außenwirtschaftsrecht, 1961; Wapenhensch, Das neue Außenwirtschaftsrecht,

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gierung ist die Wechselkurspolitik 2 6 . D i e Kreditpolitik ist hauptsächlich Sache der unabhängigen Zentralbank des Bundes 2 7 . D i e Kreditpolitik beeinflußt über den Zinssatz und die Liquidität der Geschäftsbanken die Kreditaufnahme auf dem Kapitalmarkt und damit die Investitionen. D i e konjunkturpolitisch orientierte Finanzpolitik manipuliert einerseits durch Art und M a ß der Besteuerung die für Investitionen und K o n s u m verfügbare Geldmenge und setzt andererseits als antizyklische oder kompensatorische ,fiscal policy' die haushaltswirtschaftlichen Ausgaben der öffentlichen Hand zur D ä m p f u n g oder Ankurbelung der Konjunktur ein. Insofern als die Wachstumspolitik darauf gerichtet ist, zurückgebliebene oder dem marktwirtschaftlichen Prozeß nicht gewachsene Gebiete oder Wirtschaftszweige zu unterstützen oder zu entwickeln, ist sie regionale oder sektorale Strukturpolitik28. Strukturpolitische Maßnahmen bestehen hauptsächlich darin, daß mit den Zielen der Verbesserung der sozialen und technischen Infrastruktur, der Schaffung v o n Arbeitsplätzen, der Begünstigung von Innova-

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1961 ff.; Schwarzenberger, ZHR 125 (1963), S. 293; A. Kruse, Außenwirtschaft, 2. Aufl., 1965; H. F. Schulz, Außenwirtschaftsrecht, 1965/66; G. Halm, Geld, Außenhandel und Beschäftigung, 4. Aufl., 1966; Linde, Außenwirtschaftsgesetz und zwischenstaatl. Vereinbarungen, 1970; H. P. Ipsen, Europ. Gemeinschaftsrecht, 1972, S. 814 ff.; Siebel, Geld- und Kapital verkehr im dt. Außenwirtschaftsrecht, 1973; Mertens /Kirchner/Schanze, Wirts.chaftsrecht, S. 280ff.; E.-U. Petersmann, ArchVR 18 (1978), S. 17; R. Schmidt, W D S t R L 36 (1978), S. 65. Hoffmann(-Riem), Rechtsfragen der Währungsparität, 1969; ders., BB 1969, 1374; Tomuschat, Die Aufwertung der Deutschen Mark, 1970 ( K . Vogel, ZaöRVR 31 [1971], S. 604); W. Sammler, Eigentum und Währungsparität, 1975. Art. 88 GG; G über die Deutsche Bundesbank vom 26.7. 1957 (BGBl. I, S. 745; mehrf. geänd.). BVerwGE 41, 334; von Spindler / Becker /Starke, Die Deutsche Bundesbank, 4. Aufl., 1973; Pfleiderer, in: J. H. Kaiser (Hrsg.), Planung III, 1968, S. 409; H. Faber, Wirtschaftsplanung und Bundesbankautonomie, 1969; O. Lampe, Die Unabhängigkeit der Dt. Bundesbank, 2. Aufl., 1971; R. Schmidt, in: Fs. für Zepos, 1973, Bd. II, S. 655; H. J. Hahn, Rechtsfragen der Diskontsatzfestsetzung, 1966; H.-U. Voigt, Die Währungsverwaltung der Dt. Bundesbank, 1969; Pfennig, Die Notenausgabe der Dt. Bundesbank, 1971; G. Greulich, Inflation und Notenbankpolitik, 3. Aufl., 1975; G. Prost, JZ 76, 263; H. J. Hahn, in: Fs. für F. A. Mann, 1977, S. 731; K. Stern, Staatsrecht, II, 1980, S. 463ff.; R. Caesar, ZfP 1981, 347. Strukturbericht 1970 der BReg, BT-Drucks. VI/761; Bericht der BReg über die Entwicklung der Finanzhilfen und der Steuervergünstigungen für die Jahre 1977 bis 1980 (Siebter Subventionsbericht), BT-Drucks. 8/3097; jährlich fortgeschriebene Darstellungen in den Jahreswirtschaftsberichten und den Finanzberichten der BReg. - O. Schlecht, Strukturpolitik in der Marktwirtschaft, 2. Aufl., 1968; Gäfgen, Art. Strukturpolitik, Staatslexikon, 11. Bd., 1970, Sp. 386; R. Schmidt, Wirtschaftspolitik und Verfassung, 1971, S. 117ff.; ders., AöR 99 (1974), S. 529; ders., AöR 99 (1974), Beiheft 1, S. 86; Zacher, WiR 1972, S. 185; Selmer, Strukturpolitik und Unternehmensrechte in der Bundesrep. Deutschland, FiDE VII, 1975; P.J. Tettinger, GewArch 1976, S. 318. — Zur sektoralen Strukturpolitik vgl. insbes. noch: Jahreswirtschaftsbericht 1978 der BReg, BT-Drucks. 8/1471, Nrn. 32ff.; Antwort der BReg auf eine Große Anfrage, BT-Drucks. 8/1607.

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tionen mit einer besonderen volkswirtschaftlichen Bedeutung und der Umstrukturierung ländlicher Gebiete eine eigene Investitionstätigkeit der öffentlichen Hand entfaltet wird und Investitionen Privater durch Subventionen und steuerliche Vorteile angeregt und gefördert werden. Die Strukturpolitik steht in einem engen Zusammenhang mit der Raumordnungspolitik 29 , nimmt aber ebenso Zielsetzungen der Arbeits- und Sozialpolitik, der Verkehrspolitik, der Energiepolitik und des Umweltschutzes in sich auf. Die Tendenz zu einer umfassenden Entwicklungspolitik ist in ihr angelegt. Die regionale Strukturpolitik ist eine Schwerpunktförderung mit regionalen Aktionsprogrammen in abgegrenzten Fördergebieten. Die Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur ist eine Gemeinschaftsaufgabe: Art. 91a I Nr. 2 GG, Gesetz über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" vom 6. Oktober 1969 (BGBl. I S. 1861)30. In die Förderungsprogramme der Gemeinschaftsaufgabe 31 sind die Maßnahmen nach dem Gesetz zur Förderung des Zonenrandgebietes vom 5. August 1971 (BGBl. I S. 1237) und nach dem Investitionszulagengesetz in der Fassung vom 2. Januar 1979 (BGBl. I, S. 24) mit einbezogen. Hauptfelder der sektoralen Strukturpolitik, die in breiten Bereichen von der regionalen Strukturpolitik nicht trennbar ist, sind die Landwirtschaft32 und der Kohlebergbau 33 ; die Verbesserung 29

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Raumordnungsberichte 1978 der BReg, BT-Drucks. 8/2378; Bundesraumordnungsprogramm, BT-Drucks. 7/3584; Städtebaubericht 1975 der BReg, BTDrucks. 7/3583. Tiemann, Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern in verfassungsrechtl. Sicht, 1970; Kölble, DVB1. 72, 701; Frowein / von Münch, Gemeinschaftsaufgaben im Bundesstaat, VVDStRL 31 (1973), S. 13 ff.; Marnitz, Die Gemeinschaftsaufgaben des Art. 91 a G G als Versuch einer verfassungsrechtl. Institutionalisierung der bundesstaatl. Kooperation, 1974. Neunter Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur", BT-Drucks. 8/3788. - Das Gesetz gibt dem Rahmenplan eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Außenwirkung (BVerwG NJW 1980, 1862). LandwirtschaftsG vom 5. 9. 1955 (BGBl. I, S. 565); G zur Förderung der Eingliederung der dt. Landwirtschaft in den Gemeinsamen Markt (EWG-Anpassungsgesetz) vom 9. 9. 1965 (BGBl. I, S. 1201); G zur Anpassung der landwirtschaftl. Erzeugnisse an die Erfordernisse des Marktes (Marktstrukturgesetz) vom 16. 5. 1969 (BGBl. I, S. 423); G über die Errichtung eines zentralen Fonds zur Absatzförderung der dt. Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft (Absatzfondsgesetz) i. d. F. d. Bek. v. 8. 11. 1976 (BGBl. I, S. 3109). - Agrarbericht 1981 der BReg., BT-Drucks. 9/140. — Recke / Sotzeck, Marktstrukturgesetz, 1970; V. Götz / W. Winkler, Organisationsmodelle für die Agrarwirtschaft, 1976; V. Götz, in: Dt. Zivil-, Kollisions- und wirtschaftsrechtl. Beiträge zum X. Internation. Kongreß f. Rechtsvergleichung in Budapest, 1978, S. 230. G zur Anpassung und Gesundung des dt. Steinkohlenbergbaus und der dt. Steinkohlenbergbaugebiete vom 15. 5. 1968 (BGBl. I, S. 365) - dazu BVerfGE 29, 83; VO über die Maßstäbe für die Ermittlung der optimalen Unternehmensgrößen im Steinkohlenbergbau vom 7. 1. 1969 (BGBl. I, S. 16); Gesetz zur Förderung der Rationalisierung im Steinkohlenbergbau vom 29. 7. 1963 (BGBl. I, S. 549); G über die

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der Agrarstruktur ist ebenfalls eine Gemeinschaftsaufgabe 3 4 . Ein Beispiel für ein spezielles strukturpolitisches Vorhaben sind die langjährigen Bemühungen um einen Abbau der Überkapazität in der Mühlenwirtschaft 3 5 . Sachgerechtigkeit und Erfolg der Wirtschaftspolitik im allgemeinen und der wachstumspolitischen Projektionen im besonderen sind durch eine umfassende Informiertheit der für die Wirtschaftspolitik zuständigen Staatsorgane über die für den wirtschaftlichen Prozeß relevanten Daten bedingt, die durch statistische Erhebungen vermittelt wird 36 . D i e zur Erfüllung der zu statistischen Zwecken begründeten Auskunftspflichten erforderlichen Erklärungen, Vorkehrungen und A u f w e n d u n g e n sind gerechtfertigte Regelungen der Berufsausübung (Art. 12 I G G ) und zumutbare Schranken des Eigentums (Art. 14 GG). Die Steuer- und haushaltswirtschaftliche Umverteilung (Redistribution) nicht weniger wie die sozialgestaltende Weiterentwicklung der Wirtschaftsordnung durch Wachstums- und Strukturpolitik weisen über die durch das privatrechtliche Eigentum vermittelte Güterzuteilung hinaus. Die auf das nicht sozialpolitisch verengte Staatsziel der sozialen Gerechtigkeit verpflich-

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weitere Sicherung des Einsatzes von Gemeinschaftskohle in der Elektrizitätswirtschaft (Drittes Verstromungsgesetz) vom 13. 12. 1974 (BGBl. I, S. 3473), jetzt in der Fass. der Bek. vom 17. 11. 1980 (BGBl. I, S. 2137). - Energieprogramm der BReg. und Erste Fortschreibung, BT-Drucks. 7/1057 und 2713. Zweite Fortschreibung, BT-Drucks. 8/1357; Bericht der Enquete-Kommission „Zukünftige KernenergiePolitik", BT-Drucks. 8/4341. — H.-G. von Dücker, Die Aktionsgemeinschaft Deutsche Steinkohlereviere GmbH, 1969; H. Schneider, Verfassungsrechtl. Fragen des Steinkohle-Anpassungsgesetzes, BB Beilage 2/1969; W. Farke, Öffentl. Bedeutung privater Wirtschaftsunternehmen und Sozialpflichtigkeit des Eigentums, 1973; H.-H. Seidler, Rechtsschutz bei staatl. Wirtschaftsplanung, 1973; S. Strecket, Die Ruhrkohle AG, 1973; Jarass, Wirtschaftsverwaltungsrecht, 1980, S. 220ff. G über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" vom 3.9. 1969 (BGBl. I, S. 1573); Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" für den Zeitraum 1980 bis 1983, BT-Drucks. 8/3843. - Pruns, DÖV 1973, 217. G über die Errichtung, Inbetriebnahme, Verlegung, Erweiterung und Finanzierung der Stillegung von Mühlen vom 27. 6. 1957 i. d. F. d. Bek. v. 9. 6. 1959 (BGBl. I, S. 282) - dazu BVerfGE 25, 1; G über abschließende Maßnahmen zur Schaffung einer leistungsfähigen Struktur des Mühlengewerbes vom 22. 12. 1971 (BGBl. I, S. 2098) - dazu BVerfGE 39, 210; G über die Auflösung der Mühlenstelle und die Übertragung von Zuständigkeiten im Bereich der Mühlen Wirtschaft vom 7. 4. 1976 (BGBl. I, S. 921). Gesetz über die Statistik für Bundeszwecke (Bundesstatistikgesetz) vom 14. 3. 1980 (BGBl. I, S. 289); G über die Statistik der Bevölkerungsbewegung und die Fortschreibung des Bevölkerungszustandes in der Fass. der Bek. vom 14. 3. 1980 (BGBl. I, S. 308); G über die Durchführung einer Repräsentativstatistik der Bevölkerung und des Erwerbslebens (Mikrozensus) vom 15.7. 1975 (BGBl. I, S. 1909); G über die Handwerkszählung 1977 vom 10. 8. 1976 (BGBl. I, S. 2125); G über eine Statistik im Güterkraftverkehr 1978 vom 24.11.1977 (BGBl. I, S. 2261); usw. BVerfGE 27, 1; BVerwG BB 1969, 247.

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tete Gesellschaftspolitik stellt der Wirtschaftspolitik insgesamt die Aufgabe, die gegebenen gesellschaftlichen Grundlagen des wirtschaftlichen Prozesses nicht als gerechtfertigt zugrunde zu legen und die Ungleichheiten der Einkommens- und Vermögensverhältnisse durch Einzelmaßnahmen, vor allem aber auch durch an langfristigen Perspektiven ausgerichtete planmäßige Veränderung der Gesellschaft insoweit zu revidieren, als die sozialen Ungleichheiten die demokratische Emanzipation hindern 37 . Zu diesen Vorhaben zählen die Vermögensbildung 3 8 und die wirtschaftliche oder unternehmerische Mitbestimmung 3 9 . D i e bis zur Parität getriebene Mitbestimmung und die um37

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Tz 58, 472 des Gutachtens über die Finanzreform a. a. O., Ziff. 437 ff. des Jahresgutachtens 1972 des Sachverständigenrates, BTag Drucks. 7/2. - Zacher, AöR 93 (1968), S. 341; ders., DÖV 1970, 3. Zweites G zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer vom 1. 7. 1965 (BGBl. I, S. 585); Novelle vom 27. 6. 1970 (BGBl. I, S. 925) = Drittes G zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer, jetzt i. d. F. v. 15. 1. 1975 (BGBl. I, S. 252); Spar-Prämiengesetz i. d. F. v. 20. 12. 1977 (BGBl. I, S. 3165). Zur Praxis der Vermögensbildungs- und Sparprämiengesetze: BT-Drucks. VI/370; Finanzbericht 1970, S. 297 ff. — G. Leber (Hrsg.), Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand, 4 Bde., 1 9 6 4 - 6 6 ; W. Weber, BB 1964, 764; Forsthoff, BB 1965, 381; Schieckel, Komm, zum 2. VermBG, 1965ff.; ders., Drittes VermögensbildungsG, 1970ff.; Pohlschröder, Vermögensbildung durch Tarifvertrag und Gesetz, 1966; U. Scheuner — W. Reuss, Die Verfassungsmäßigkeit des Zweiten Vermögensbildungsgesetzes, 1968; Pröbsting, RdA 72, 217; U. Scheuner, Die überbetriebliche Ertragsbeteiligung der Arbeitnehmer und die Verfassungsordnung, 1972; Meessen, DÖV 1973, 812; Pulte, Vermögensbildung — Vermögensverteilung, 1973; R. Scholz, RdA 1973, 65; F. Klein, Vermögensbildung und Eigentumsgarantie, 1974; E. Stein, Vermögenspolitik und Grundrechte, 1974; K. H. Friauf / R. Wendt, Eigentum am Unternehmen, 1977, S. 87 ff.; G. Picot, Gewinnumverteilung und Verfassungsrecht, 1978. Mitbestimmung im Unternehmen („Biedenkopf-Bericht"), BT-Drucks. VI/334; Stellungnahme der BReg: BT-Drucks. VI/1551. - E. Potthoff/ O. Blume / H. Duvernell, Zwischenbilanz der Mitbestimmung, 1962; E. R. Huber, Grundgesetz und wirtschaftliche Mitbestimmung, 1970; ders., in: Fs. f. Heinz Kaufmann, 1972, S. 237; Zöllner / Seiter, Paritätische Mitbestimmung und Artikel 9 Abs. 3 Grundgesetz, 1970; G. Schwerdtfeger, Unternehmerische Mitbestimmung der Arbeitnehmer und Grundgesetz, 1972 (Rez. ZHR 138, 1974, S. 283); ders., Mitbestimmung in privaten Unternehmen, 1973; E.-J. Mestmäcker, Über Mitbestimmung und Vermögensverteilung, 1973; Rüthers, Arbeitsrecht und politisches System, 1973, S. 153ff.; Badura, ZFA 5 (1974), S. 357; R. Scholz, Paritätische Mitbestimmung und Grundgesetz, 1974; Hanau, RdA 1975, 23; H.-J. Mertens, RdA 1975, 89; Th. Raiser, Grundgesetz und paritätische Mitbestimmung, 1975; Zacher, in Fs. f. Horst Peters, 1975, S. 223; R. Richardi, ArbR Ggwart 13 (1976), S. 19; E. Stein, Qualifizierte Mitbestimmung unter dem Grundgesetz, 1976. — G über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer (MitbestG) vom 4. 5. 1976 (BGBl. I, S. 1153): BVerfGE 50, 290; F. Fabricius u.a., Gemeinschaftskommentar zum MitbestG, 1976 ff.; P. Badura/F. Rittner/B. Rüthers, Mitbestimmungsgesetz 1976 und Grundgesetz, 1977; K. Ballerstedt, ZGR 1977, S. 133; F. Fitting/O. Wlotzke/H. Wißmann, MitbestG, 2. Aufl., 1978; D. Hoffmann/J. Lehmann/H. Weinmann, MitbestG, 1978; F. Kübler/W.

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verteilende Vermögensbeteiligung der Arbeitnehmer am Produktivvermögen, vor allem bei Einrichtungen überbetrieblicher Fonds, besitzen eine wirtschaftsverfassungsrechtliche Qualität. Die Verwirklichung des Sozialstaates ist ein verfassungsrechtlich bestimmter und begrenzter Prozeß. Es ist eine bis heute offene Grundfrage der Verfassungspolitik, ob die auf die Institutionen der parlamentarisch-parteienstaatlichen Demokratie angewiesene Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik die Mängel und Gefahren der kapitalistischen Wirtschaftsordnung, die aus den Macht- und Ausbeutungschancen des privaten Sondereigentums an den Produktionsmitteln und des verbandsmäßig organisierten Eigentümerinteresses hervorgehen, soweit zu kontrollieren vermag, daß man von einer wohlfahrtsstaatlichen Bändigung des Kapitalismus sprechen kann.40.

II. Staat und Wirtschaft 1. Geschichte In der Geschichte der Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsverwaltung lassen sich bei typisierender Vereinfachung drei aufeinanderfolgende Entwicklungsstufen unterscheiden: der Merkantilismus des absolutistischen Staates, der Liberalismus des bürgerlichen Verfassungsstaates und der Wohlfahrtsstaat der parlamentarischen Demokratie 41 . In diesen Wirtschaftsformen äußern sich der Aufstieg, die Blüte und die Auflösung der bürgerlichen Gesellschaft und ihrer kapitalistischen Wirtschaftsweise.

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Schmidt/Sp. Simitis, Mitbestimmung als gesetzgebungspolitische Aufgabe, 1978; R. Richardi, AöR 104 (1979), S. 546; P. Ulmer, BB 1979, 398; R. H. Weber, AöR 104 (1979), S. 521 ; P. Hanau/P. Ulmer, MitbestG, 1981. Sombart, Die Wandlungen des Kapitalismus, SchrVfS 175 (1929), 23; Schumpeter, Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie, 2. Aufl., 1950; Sweezy, The Theory of Capitalist Development, 1942; Dobb, Organisierter Kapitalismus, 1966; E. Heimann, Soziale Theorie der Wirtschaftssysteme, 1963, S. 201 ff.; Baran, Politische Ökonomie des wirtschaftlichen Wachstums, 1966; Baran /Sweezy, Monopol-Kapital, 1967; Shonfleld, Geplanter Kapitalismus, 1968; H. A. Winkler (Hrsg.), Organisierter Kapitalismus, 1974; H. Arndt, Kapitalismus, Sozialismus, Konzentration und Konkurrenz, 1976. F. Lütge, Dt. Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, 3. Aufl., 1966 (Nachdruck 1975); Stolper, Dt. Wirtschaft seit 1870, 2. Aufl., 1966; H. Hausherr, Wirtschaftsgeschichte der Neuzeit, 4. Aufl. 1970; Beutin / Kellenbenz, Wirtschaftsgeschichte, 1973; Treue, Wirtschaftsgeschichte der Neuzeit, 2 Bde., 1973; W. Zorn, Einführung in die Wirtschafts- und Sozialgeschichte, 2. Aufl., 1974; H. Aubin / W. Zorn (Hrsg.), Handbuch der dt. Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Bd. 2: Das 19. und 20. Jahrh., 1976; R. Engelsing, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Deutschlands, 2. Aufl., 1976; K. Hardach, Wirtschaftsgeschichte Deutschlands im 20. Jahrh., 1976; Wehler, Bibliographie zur modernen dt. Wirtschaftsgeschichte, 1976; K. Borchardt, Grundriß der dt. Wirtschaftsgeschichte, 1978. — Sombart, Der moderne Kapitalismus, 2. Aufl.,

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Der Übergang von der auf dem Vorherrschen der agrarischen Produktion beruhenden Naturalwirtschaft des Mittelalters zur neuzeitlichen Verkehrswirtschaft auf der Grundlage von Handel und Gewerbe (Handwerk und Manufaktur) brachte die großräumigen Nationalwirtschaften mit der neuen Herrschaftsform des modernen Staates hervor. Die geldwirtschaftliche Staatsfinanzierung ermöglichte Bürokratie und stehendes Heer, die charakteristischen Voraussetzungen staatlicher Herrschaftsgewalt. Die Einsicht, daß die Blüte der nationalen Wirtschaft, vornehmlich von Handel und Gewerbe, die Grundlage territorialstaatlicher Macht sei, bildete die Richtlinie der merkantilistischen Wirtschaftspolitik. Deren Grundsätze waren außenwirtschaftlich die protektionistische Beschränkung der Einfuhr und das Streben nach einer aktiven Handelsbilanz mit dem Ziel der Autarkie, der Unterstützung der einheimischen Wirtschaft und der Ansammlung eines Edelmetallvorrats. Der Staat suchte Gewerbe und Handel durch vielfältige und sehr ins einzelne gehende Reglementierung, durch Vergabe von Monopolprivilegien für neue Industrien und durch Gründung oder Übernahme zahlreicher Unternehmen anzuregen, zu fördern und zu beeinflussen. Für die kapitalistische Wirtschaftsweise der unter staatlichem Schutz im 17. und 18. Jahrhundert entstandenen und erstarkten Nationalwirtschaften erwies sich die merkantilistische Bevormundung und Reglementierung bald als lähmend. Ebenso wie die politische Theorie der Aufklärung die Staatsidee des Absolutismus in Frage stellte und endlich zerstörte, führte die Wirtschaftstheorie der Aufklärung zur Auflösung der absolutistischen Wirtschaftsform des Merkantilsystems. Die liberale Wirtschaftsidee forderte Freiheit der Wirtschaft vom Staat: Freihandel und Gewerbefreiheit. Gewerbefreiheit bedeutete die Beseitigung aller durch den Staat geschaffenen öffentlichrechtlichen und privatrechtlichen Beschränkungen des Gewerbes und des Handels, soweit nicht polizeiliche Rücksichten eine bestimmte Einschränkung rechtfertigten. Dieses Prinzip richtete sich besonders gegen die aus der merkantilistischen Epoche hervorgegangenen monopolistischen Erscheinungen wie die Beherrschung einzelner Wirtschaftszweige durch staatliche Unternehmungen und durch von Monopolprivilegien geschützte Privatunternehmer, gegen ausschließliche Gewerbeberechtigungen und Zwangs- und Bannrechte42 und gegen die Zwangskorporationen der Handwerker (Zünfte) und Kaufleute (Gilden).

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1916 - 27; Heckscher, Der Merkantilismus, 2 Bde., 1932; Gerloff, Staatstheorie und Staatspraxis des kameralistischen Verwaltungsstaates, 1937; Dobb, Studies in the Development of Capitalism, 1946 (dt.: Entwicklung des Kapitalismus, 1970); Tautscher, Staatswissenschaftslehre des Kameralismus, 1947; Kuczynski, Die Geschichte der Lage der Arbeiter unter dem Kapitalismus, 40 Bde., 1948 ff. ; K. Borchardt, Die industrielle Revolution in Deutschland, 1972; F. Blaich, Die Epoche des Merkantilismus, 1973. Vgl. §§ 7 ff. GewO. - BVerwGE 38, 244 (§ 39 a S. 1 GewO).

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Der individualistische und rationalistische Grundsatz des Laissez-faire, der im Mittelpunkt der „klassischen" Nationalökonomie des Liberalismus steht, leitet sich aus dem Axiom einer „natürlichen" O r d n u n g der Wirtschaft ab, die der Staat durch sein Eingreifen nur verwirre. Die Triebfeder des nach den eingestifteten Gesetzen einer Wirtschaftsmechanik, nämlich den Marktgesetzen, funktionierenden wirtschaftlichen Prozesses sei der erwerbsorientierte u n d rationale Egoismus des homo oeconomicus, der mit seinem individuellen Wirtschaftserfolg zugleich die Prosperität der Nationalwirtschaft und die Befriedigung der sozialen Bedürfnisse bewirke. „Das natürliche Bestreben jedes Menschen, seine Lage zu verbessern, ist, wenn es sich mit Freiheit und Sicherheit geltend machen darf, ein so mächtiges Prinzip, daß es nicht nur allein und ohne alle Hilfe die Gesellschaft zu Reichtum und Wohlstand führt, sondern auch hundert arge Hindernisse überwindet, mit denen die Torheit menschlicher Gesetze es allzuoft zu hemmen suchte" (Adam Smith, An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations, 1776). Die Einführung der Gewerbefreiheit in Preußen erfolgte im Rahmen der Stein-Hardenbergschen Reformen 4 3 . A u f n a h m e u n d Fortsetzung eines Gewerbes waren nunmehr grundsätzlich nur noch von der mit der Entrichtung der Gewerbesteuer gekoppelten Lösung eines Gewerbescheins abhängig gemacht 4 4 . Die Verwirklichung der Gewerbefreiheit und die damit korrespondierende Entwicklung eines Gewerbepolizeirechts kamen in Preußen mit der Allgemeinen Gewerbe-Ordnung vom 17. Januar 1845 (GS S. 41) zum Abschluß, dem unmittelbaren Vorbild der mit zahlreichen Änderungen heute noch geltenden Gewerbeordnung für den norddeutschen Bund vom 21. Juni 1869. Das Allgemeine BergG für die Preußischen Staaten vom 24. Juni 1865 (GS S. 705) löste die Regalität des Bergbaus 45 durch das Prinzip der Bergbaufreiheit ab. 2. Wirtschaftsverfassung Im Zeichen der „Wirtschaftsverfassung" finden die Auseinandersetzungen über die grundlegenden Rechtsfragen der gegebenen Wirtschaftsordnung statt 46 . Seitdem die Weimarer Reichsverfassung in dem besonderen Abschnitt 43

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E. R. Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. I, 2. Aufl., 1967, S. 200ff.; Koselleck, Preußen zwischen Reform und Revolution, 1967; W. Henke, Das subjektive öffentliche Recht, 1968, S. 15 ff. § 50 (Allgem. Grundsätze über Gewerbepolizei) der Geschäfts-Instruktion für die Regierungen in sämtlichen Provinzen vom 26. 12. 1808 (GS 1 8 0 6 - 1810, S. 481); Edikt über die Einführung einer allgemeinen Gewerbe-Steuer vom 28. 10. 1810 (GS 1810/11, S. 79); G über die polizeilichen Verhältnisse der Gewerbe vom 7.9. 1811 (GS 1810/11, S. 263). IV. Ebel, ZfB 109 (1968), S. 146. E. R. Huber, DÖV 1956, 97, 135, 172, 200, jetzt in: ders., Bewahrung und Wandlung, 1975, S. 215; Ballerstedt, GRe I I I / l , S. 1; ders., Art. Wirtschaftsverfassung, EvStL, 2. Aufl., 1975, Sp. 2962; Nipperdey, Soziale Marktwirtschaft und Grundge-

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„Das Wirtschaftsleben" (Art. 151 ff.) die überkommenen Institutionen und Freiheiten des liberalen Wirtschaftsrechts durch verschiedenartige sozialistische und sozialreformerische Grundsätze, Einrichtungen und Programme (siehe bes. Art. 151, 156, 165) überformt hatte, stellte sich die Frage nach der verfassungsgestalteten G r u n d o r d n u n g der Wirtschaft und dem Zusammenhang zwischen der „Wirtschaftsverfassung" u n d der „politischen" Verfassung 47 . Der Ausdruck „Wirtschaftsverfassung" wird in einem engeren und in einem weiteren Sinn gebraucht, je nachdem ob damit die verfassungsrechtlichen Bestimmungen des Grundgesetzes über die Ordnung des Wirtschaftslebens oder das Insgesamt der Rechtssätze, die Organisation u n d Ablauf des wirtschaftlichen Prozesses grundlegend und dauernd bestimmen, ohne Rücksicht auf ihren Rang als Verfassungs- oder Gesetzesrecht, gemeint sind. Der weitere Begriff der Wirtschaftsverfassung ist unter dem Blickwinkel des betroffenen Gegenstandes, der Wirtschaft, gebildet und orientiert sich demnach daran, welche Rechtssätze und Rechtsinstitute f ü r die reale Ordnung des Wirtschaftens prinzipiell bedeutsam und kennzeichnend sind 48 . In diesem von einer metarechtlichen Fragestellung bestimmten Sinne u m f a ß t das Wirtschaftsverfassungsrecht unter anderem das AktienG vom 6. September 1965 (BGBl. I, S. 1089), das G gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 27. Juli 1957, jetzt in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. September 1980 (BGBl. I, S. 1761) und das G zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (StabilitätsG) vom 8. Juni 1967 (BGBl. I, S. 582). a) Die „ Wirtschaftsverfassung" des Grundgesetzes : Der engere Begriff der Wirtschaftsverfassung wirft die Frage auf, welche Regelungen das G G , das im Unterschied zur WRV und zu einigen älteren Landesverfassungen (insbe-

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48

setz, 3. Aufl., 1965; Zacher, in: Fs. f. F. Böhm, 1965, S. 63; Herb. Krüger, Von der Reinen Marktwirtschaft zur Gemischten Wirtschaftsverfassung, 1966; H. Klein, Die Teilnahme des Staates am wirtschaftlichen Wettbewerb, 1968, S. 98 ff. ; Badura, Wirtschaftsverfassung und Wirtschaftsverwaltung, 1971 ; Scheuner, Einführung, in: ders. (Hrsg.), Die staatliche Einwirkung auf die Wirtschaft, 1971 ; R. Schmidt, Wirtschaftspolitik und Verfassung, 1971; W. Thiele, Wirtschaftsverfassungsrecht, 2. Aufl., 1975; Badura, JuS 1976, 205; P. Saladin / H.-J. Papier, VVDStRL 35 (1977), S. 7ff.; M. Schmidt-Preuß, Verfassungsrechtl. Zentralfragen staatl. Lohn- und Preisdirigismen, 1977; F. Gygi, Die schweizer. Wirtschaftsverfassung, 2. Aufl., 1978; K. Stern, O R D O 30 (1979), S.257; R. Scholz, Entflechtung und Verfassung, 1981, S. 83 ff. E. R. Huber, Das Deutsche Reich als Wirtschaftsstaat, 1931; L. Raiser, in: Fs. f. Julius von Gierke, 1950, S. 181; C. Schmitt, Verfassungsrechtliche Aufsätze, 1958, S. 489; E.-J. Mestmäcker, in: SchrVS N F 74/1, 1973, S. 183, und ZHR 137 (1973), S. 97; H. H. Rupp, Grundgesetz und „Wirtschaftsverfassung", 1974 (Rez. ZHR 139 [1975], S. 281). Ballerstedt a. a. O. ; G. Gutmann / H.-J. Hochstrate / R. Schlüter, Die Wirtschaftsverfassung der Bundesrepublik Deutschland, 1964; Schluep, in: Fs. f. Hug, 1968, S. 25, 77 ff.

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sondere Bayern, Hessen) ausdrücklicher und zu einer äußeren Einheit zusammengefaßter Bestimmungen über das Wirtschaftsleben entbehrt, über die Aufgaben und Befugnisse des Staates zur Ordnung und Beeinflussung des wirtschaftlichen Prozesses trifft, und ob die getroffenen Regelungen sich zu einer besonderen „Wirtschaftsverfassung" des G G zusammenfügen. Die Kernfrage der Auseinandersetzungen über die „Wirtschaftsverfassung" des G G ist, welche Grenzen die Verfassung der wirtschaftspolitischen Gesetzgebung setzt. Weder die These Nipperdeys von der verfassungsrechtlichen Institutionalisierung der „sozialen Marktwirtschaft", die in erster Linie auf der sehr angreifbaren Annahme einer Gewährleistung der Institutionen des Wettbewerbs und der Gewerbefreiheit durch die Freiheitsrechte der Art. 2 I und 12 I GG beruht, noch die polemisch gegen eine Absicherung der ordoliberalen Wirtschaftspolitik durch einseitige Verfassungsauslegung gerichtete These Herbert Krügers, daß der Staat zwar nach Maßgabe der Verfassung okkasionell und pragmatisch in das Wirtschaftsgeschehen eingreifen, sich dabei aber nicht auf ein bestimmtes Wirtschaftssystem festlegen dürfe, weil dem die relativistische Grundlinie der Demokratie entgegenstehe, haben sich durchzusetzen vermocht. Die These Ernst Rudolf Hubers von der „gemischten Wirtschaftsverfassung" sieht im GG ein spannungsvolles Gleichgewicht und einen durchdachten Ausgleich von grundrechtlichen Wirtschaftsfreiheiten und unterschiedlichen Sozialbindungen, die der Gesetzgeber unter Ausnutzung der Gesetzesvorbehalte durch seine gesamtwirtschaftliche Gestaltungsmacht verwirklichen dürfe, garantiert. Diese Auffassung entgeht zwar dem Vorwurf, das sozialstaatliche Prinzip zu vernachlässigen, verzichtet aber nicht darauf, eine besondere „Wirtschaftsverfassung" von der politischen Verfassung zu distanzieren, und gibt damit, daß sie die marktwirtschaftliche Unternehmensfreiheit als den „wirtschaftsverfassungsrechtlichen Normaltatbestand" postuliert, zu erkennen, daß sie an der liberalen Subsidiarität der wirtschaftspolitischen Intervention des Staates als Grundsatz festhält. Die durch die im G G rezipierte Verfassungsidee des sozialen Rechtsstaates verfassungsrechtlich verankerte Verantwortung des Staates für die Herstellung und Wahrung der sozialen Gerechtigkeit in Gesellschaft und Wirtschaft 49 und die zur fortdauernden Verwirklichung dieses Staatsziels und seiner Verheißungen durch evolutionäre Sozialgestaltung unabdingbare Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers finden in der die Praxis des BVerfG seit dem Urteil zum InvestitionshilfeG beherrschenden These von der „wirtschaftspo49

E. Forsthoff/ O. Bachof, VVDStRL 12 (1954), S. 8ff„ 37 ff.; E. R. Huber, Nationalstaat und Verfassungsstaat, 1965, S. 249; W. Weber, Staat 4 (1965), S. 409; Badura, DÖV 1968, 446; ders., Sgb 1980, 1; E.-W. Böckenförde, Entstehung und Wandel des Rechtsstaatsbegriffs, in: Fs. f. A. Arndt, 1969, S. 53; Barion, DÖV 70, 15; K. Stern, Staatsrecht, 1977,1, § 21; H. F. Zacher, in: Fs. f. H. P. Ipsen, 1977, S. 207; U. Scheuner, Staatstheorie und Staatsrecht, 1978, S. 737.

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litischen Neutralität" des GG ihre sachgerechte Berücksichtigung50. Das GG ist danach in dem Sinn neutral, daß der Gesetzgeber jede ihm sachgemäß erscheinende Wirtschaftspolitik verfolgen darf, sofern er dabei die bundesstaatliche Kompetenzverteilung, den sozialstaatlichen Auftrag, die rechtsstaatlichen Verfassungsgrundsätze und die grundrechtlichen Gewährleistungen beachtet. Dem Gesetzgeber und, nach Maßgabe der gesetzlichen Ermächtigung, der normativ handelnden Exekutive kommen im Bereich der wirtschaftlichen Betätigung Gestaltungsfreiheit zu. Das Grundgesetz läßt in der Bestimmung wirtschaftspolitischer Ziele und der zu ihrer Verfolgung geeigneten Maßnahmen einen Beurteilungs und Handlungsspielraum, innerhalb dessen das freie Spiel der Kräfte auch durch wirtschaftspolitische Lenkungsmaßnahmen korrigiert werden darf 51 . Die etwas mißverständliche Formel von der wirtschaftspolitischen „Neutralität" des Grundgesetzes betont die Gestaltungsfreiheit des parlamentarischen Gesetzgebers, darf aber angesichts der verfassungsrechtlichen Bindungen nicht als wirtschaftsverfassungsrechtliche Inhaltsoder Entscheidungslosigkeit des Grundgesetzes verstanden werden. Das Grundgesetz enthält Festlegungen, Garantien, Rechte und Freiheiten mit wirtschaftsverfassungsrechtlicher Tragweite, so in der Berufsfreiheit, in der Eigentumsgarantie und in der Koalitionsfreiheit, es zeigt aber eine deutliche Zurückhaltung in Fragen der Wirtschaftsordnung und -gestaltung. Der Sozialstaatssatz hebt die Verantwortung des Staates für die soziale Gerechtigkeit als eine vordringliche Staatsaufgabe hervor und gibt damit der Gesetzgebung, mit der dieser Aufgabe durch Schutz, Leistungen und Sozialgestaltung nachgekommen wird, eine ausdrückliche verfassungsrechtliche „Legitimation". Vorsorge und Fürsorge, Schutz und Ausgleich zugunsten derjenigen, die durch Benachteiligung, Abhängigkeit oder sonstige Behinderung die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein nicht selbst zu sichern vermögen oder sonst eines besonderen Schutzes für ihre persönliche und soziale Entfaltung bedürfen, sind danach staatliche Verpflichtung 52 . Die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat die Reichweite des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 I GG) mit Hilfe des Sozialstaatssatzes verstärkt53 und ebenso kraft dieses Verfassungssatzes eine teilhaberechtliche Ergänzung grundrechtlicher Garantien zur Sicherung der Bedingungen von Freiheitsrechten angedeutet54. Der Sozialstaatssatz betrifft jedoch nicht nur den Ausgleich von Schutz- und Hilfsbedürftigkeit und die Sicherung sozialer Chancengleichheit und Verteilungsgerechtigkeit, sondern auch 50

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BVerfGE 4, 7 / 1 7 f . ; 7, 377/400; 12, 341/347; 14, 19/23; 14, 263/275; 22, 180/204; 26, 16/37; 27, 253/283; 32, 273; 50, 290/336ff. - Badura, A ö R 92 (1967), S. 382; W. Schreiber, Das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes in der Praxis der Rechtsprechung, 1972. BVerfGE 53, 135/145. BVerfGE 35, 202/236; 35, 348/355; 40, 121/133; 44, 353/375. BVerfGE 42, 176 u . ö . BVerfGE 33, 303/331. - P. Badura, Staat 14 (1975), S. 17, 32ff.

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die gesellschaftspolitische Gesetzgebung im Bereich der Wirtschafts- und Arbeitsverfassung. So ist es „für das ganze Volk von entscheidender Bedeutung" und gehört es „zu der dem Staat obliegenden, ihm durch das Gebot der Sozialstaatlichkeit vom Grundgesetz auch besonders aufgegebenen Daseinsvorsorge", daß „die Arbeitslosigkeit auf der einen Seite und der Mangel an Arbeitskräften auf der anderen Seite gemindert und behoben werden" 55 . In der Verfolgung der sozialstaatlichen Ziele bleibt allerdings die gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit und ebenso die Bindung des Gesetzgebers an die Grundsätze, Rechte und Freiheiten der Verfassung bestehen. Das Grundgesetz hat sich nicht für eine bestimmte Wirtschaftsordnung oder für ein bestimmtes Wirtschaftssystem entschieden und legt daher auch den Gesetzgeber nicht auf bestimmte wirtschaftspolitische Auffassungen fest. Weder ist die bestehende Wirtschaftsordnung oder eine einmal eingeschlagene Wirtschaftspolitik gewährleistet, noch ist eine bestimmte erst noch zu verwirklichende Wirtschaftsvorstellung verfassungsrechtlich gefordert. Die Verfassung garantiert nicht eine nur mit „marktkonformen" Mitteln zu steuernde „soziale Marktwirtschaft" und schreibt dem Gesetzgeber nicht eine wirtschaftspolitische Neutralität vor. Sie birgt nicht eine bestimmte, durch Gesetz nur zu konkretisierende „Wirtschaftsverfassung". b) Die staatliche Verantwortung für das „gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht"; Stabilitätsgesetz: Da das G G den Gesetzgeber auf das sozialstaatliche Verfassungsprogramm verpflichtet hat und so Ziel und Richtung der Wirtschaftspolitik der gesetzgeberischen Disposition entzieht, kann sich der Grundsatz der „wirtschaftspolitischen Neutralität" des GG nur auf die Art und Weise der Verwirklichung der sozialen Gerechtigkeit, auf die Mittel der Wirtschaftspolitik beziehen 56 . Hinsichtlich dieser Mittel hat die Neufassung des Art. 109 GG durch das 15. G zur Änderung des G G vom 8. Juni 1967 (BGBl. I, S. 581) insofern eine Verdeutlichung des Wirtschaftsverfassungsrechts bewirkt, als mit der Festlegung der staatlichen Verantwortung für das „gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht" das an sich bereits vom Sozialstaatssatz umfaßte Mandat zur Konjunkturpolitik ausdrücklich bekräftigt wird. Die Bedeutung des Art. 109 GG erschöpft sich nicht in der konjunkturpolitischen Einbindung der Haushalts- 57 und Finanzpolitik, in der sozialstaatlich 55 56 57

BVerfGE 21, 245/251. BVerfGE 22, 180. Die Anpassung des Haushaltsrechts an die Grundsätze einer konjunkturgerechten Haushaltswirtschaft war eines der Hauptziele der mit dem HaushaltsgrundsätzeG vom 19. 8. 1969 (BGBl. I, S. 1273) und der BHO vom 19. 8. 1969 (BGBl. I, S. 1284) verwirklichten Haushaltsreform (BT-Drucks. V/3040). - W. Patzig, VerwArch 58 (1967), S. 1; Hüttl, DVB1. 1968, 673; Piduch, Bundeshaushaltsrecht, 1969ff.; Friauf/ Wagner, VVDStRL 27 (1969), S. 1 ff., 47ff.; Henle, DÖV 1970, 289; A. Leicht, Die Haushaltsreform, 1970; W. Patzig, Haushaltsrecht des Bundes und der Länder, 2 Bde., 1981; H. C. Korff, Haushaltspolitik, 1975; Strickrodt, Finanzrecht, 1975; W. Henle, Finanzpolitik und Finanzverfassung, 1980, S. 217 ff.

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bedingten Fortentwicklung der bundesstaatlichen Struktur58 und in der Ausrichtung der kommunalen Finanzhoheit an den konjunkturpolitischen Erfordernissen59. Folgerichtig greift das auf Grund Art. 109 GG erlassene Stabilitätsgesetz60 über den haushalts- und finanzwirtschaftlichen Verfassungsauftrag hinaus und bindet Bund und Länder nicht nur bei ihren finanziellen, sondern auch bei ihren wirtschaftspolitischen Maßnahmen an die in Art. 109 GG nur angedeuteten, in § 1 StabG genauer angegebenen Grundsätze der Konjunktur- und Wachstumspolitik. Das StabG begründet Ermächtigungen und Verpflichtungen des Bundes, der Länder und der Gebietskörperschaften zu einer antizyklischen Beeinflussung der Nachfrage durch Maßnahmen der Haushalts-, Finanz- und Steuerpolitik. Die in § 1 StabG näher ausgeformte Richtlinie des Art. 109 Abs. 2 GG zur Wahrung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts verpflichtet Parlament und Regierung, ist aber nicht eine Grundlage für individuelle Ansprüche61. Durch das StabG sind auch eine Anzahl von Vorkehrungen zur Vorbereitung und Unterstützung der konjunkturpolitischen Maßnahmen getroffen, so die Verpflichtung der BReg zur Vorlage eines Jahreswirtschaftsberichts (§ 2)62 und zur Aufstellung von Orientierungsdaten für ein gleichzeitiges aufeinander abgestimmtes Verhalten („konzertierte Aktion") der Gebietskörperschaften, Gewerkschaften und Unternehmensverbände zur Wahrung der Zie58

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Siehe die Abschnitte Bund und Länder bzw. Bund, Länder und Gemeinden in den Finanzberichten 1970ff. - Köngen, in: Fs. f. H. Muthesius, 1960, S. 19; ders., AfK 5 (1966), S. 1; F. Weiler, Wirtschaftspolitik und föderativer Staatsaufbau in der BRD, 1967; Spanner, in: Fg. für Th. Maunz, 1971, S. 375; E.-W. Böckenförde, in: Fs. f. Fried. Schäfer, 1980, S. 182. Stern, Konjunktursteuerung und kommunale Selbstverwaltung, Verh. d. 47. DJT, 1968,1, E; Eisner, DÖV 1968, 520; R. Grawert, VVDStRL 36 (1978), S. 277, 295ff. Gutachten über die Finanzreform in der Bundesrep. Dtl., 1966; dazu: Henle, DÖV 1966, 608. — K. Stern / P. Münch / K.-H. Hansmeyer, Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft, 2. Aufl. 1973; Möller (Hrsg.), Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft, 2. Aufl. 1969; Zuck, JZ 1967, 694; Wilke, AöR 93 (1968), S. 270; Stachels, Das Stabilitätsgesetz im System des Regierungshandelns, 1970; Scheuner, in: ders. (Hrsg.), Die staatliche Einwirkung auf die Wirtschaft, 1971, S. 64ff.; ders., in: Fs. f. Hans Schäfer, 1975, S. 109; R. Schmidt, Wirtschaftspolitik und Verfassung, 1971, S. 147ff.; Vogel/Wiebel, BonnKomm. Zweitbearb. Art. 109, 1971; Wiebel, Wirtschaftslenkung und verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz des Wirtschafters nach dem Erlaß des Stabilitätsgesetzes, 1971; Matzerath, AfK 11 (1972), S. 243; K. Vogel, Finanzverfassung und politisches Ermessen, 1972; Schechinger, Konjunkturrat und Finanzplanungsrat, 1973; P. Badura, in: Fs. für H. P. Ipsen, 1977, S. 367; W. Patzig, DBV1. 1977, 841. Scheuner, in: Fs. f. Hans Schäfer, 1975, S. 109/113. Jahreswirtschaftsbericht 1981 der BReg, BT-Drucks. 9/125. — Dazu: Jahresgutachten 1980/81 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, BT-Drucks. 9/17.

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le des § 1 (§ 3) 63 , die Errichtung eines Konjunkturrates für die öffentliche Hand bei der BReg (§ 18), die Verpflichtung des Bundes und der Länder zu einer fünfjährigen Finanzplanung (§§ 9, 1 0 , 1 4 ; §§ 50ff. HGrG) 6 4 und die Verpflichtung der BReg zur Vorlage zweijähriger Subventionsberichte (§ 12 Abs. 2) 65 . D i e vorgesehenen Maßnahmen der antizyklischen Haushalts- und Finanzpolitik bestehen in einer Manipulierung der haushaltswirtschaftlichen Ausgaben mit Hilfe von Konjunkturausgleichsrücklagen und Kreditaufnahm e n (§§ 5 — 8, 13, 14, 15) 66 und in Kreditlimitierungen zu Lasten der öffentlichen Haushalte (§§ 19 ff.). Im Interesse eines antizyklischen Einsatzes der Steuergewalt im Rahmen der Einkommen- und Körperschaftsteuer ermächtigt das StabG zur Begünstigung bestimmter Investitionen durch Steuerabzüge und zur befristeten Senkung des Steuersatzes bis zu 10%, um die Konjunktur anzuregen, und zum Ausschluß bestimmter Abschreibungsformen und zur befristeten Hebung des Steuersatzes bis zu 10%, um die Konjunktur zu dämpfen (§§ 26 Nr. 3, 27). c) Das europäische Wirtschaftsrecht: Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsverwaltung werden in zunehmendem Maße auch durch das Recht der Europäischen Gemeinschaften67 und die politischen und administrativen Maßnahmen 63

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Biedenkopf, BB 1968, 1005; Schlecht, Konzertierte Aktion als Instrument der Wirtschaftspolitik, 1968; Molsberger, Ordo XXI (1970), S. 167; E. Hoppmann (Hrsg.), Konzertierte Aktion, 1971; R. Schmidt a. a. O. S. 197ff.; Chr. Böckenförde, Staat 11 (1972), S. 367. Zuerst: Beschluß der BReg vom 6. 7. 1968 über die Finanzplanung des Bundes bis 1971 (Bulletin 1968, Nr. 73); zuletzt: Der Finanzplan des Bundes 1980 bis 1984, BT-Drucks. 9/51. Siehe auch die jeweiligen Darstellungen in den Finanzberichten 1970ff. - W. Grund, in: J. H. Kaiser (Hrsg.), Planung III, 1968, S. 47; Hettlage, FinArch 27 (1968), S. 235; H. Fischer-Menshausen, Mittelfristige Finanzplanung und Haushaltsrecht, in: Probleme der Haushalts- und Finanzplanung, 1969, S. 56; K. Schmidt / E. Wille, Die mehrjährige Finanzplanung — Wunsch und Wirklichkeit, 1970; Zavelberg, Verwaltung 1970, S. 283; Badura, in: Fg. f. Theodor Maunz, 1971, S. 1; Zunker, Finanzplanung und Bundeshaushalt, 1972; W. Graf Vitzthum, Parlament und Planung, 1978, S. 164ff. Siebter Subventionsbericht betr. 1977 bis 1980, BT-Drucks. 8/3097. Konjunkturförderungsprogramme gem. §§ 6 Abs. 2, 8 StabG: Sonderprogramm zur regionalen Abstützung der Beschäftigung vom 4. 10. 1974, BT-Drucks. 7/2589 (950 Mill. DM); Zusätzliche Bundesausgaben zur Förderung der Konjunktur, Programm vom 12. 12. 1974, BT-Drucks. 7/2978 (1,73 Mrd. DM); Programm zur Stärkung von Bau- und anderen Investitionen vom 28.8. 1975, BT-Drucks. 7/4013 (3,15 Mrd. DM). Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vom 25. 3. 1957 (BGBl. 1957 II, S. 766); Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl vom 18.4. 1951 (BGBl. 1952 II, S. 447); Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft vom 25. 3. 1957 (BGBl. 1957 II, S. 1014); Abkommen über gemeinsame Organe für die europäischen Gemeinschaften vom 25. 3. 1957 (BGBl. 1957 II, S. 1156); Vertrag zur Einsetzung eines gemeinsamen Rates und einer gemeinsamen Kommission der Europäischen Gemeinschaf-

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der Gemeinschaftsorgane bestimmt 6 8 . Der europäische Gemeinsame Markt beruht nicht nur auf einer Zollunion, in der die Beschränkungen des Handelsverkehrs durch Zölle und Kontingente zwischen den Mitgliedstaaten beseitigt, die Freizügigkeit der Arbeitnehmer und die Freiheit des Dienstleistungsund Kapitalverkehrs hergestellt werden und eine gemeinsame Handelspolitik gegenüber Drittstaaten stattfindet, sondern darüber hinaus auf einer Winten vom 8.4. 1965 (BGBl. 1965 II, S. 1454); Beschluß des Rates der Europ. Gemeinschaften vom 21.4. 1970 über die Ersetzung der Finanzbeiträge der Mitgliedstaaten durch eigene Mittel der Gemeinschaften (BGBl. II, S. 1261) und Verordnung Nr. 2/71 vom 2. 1. 1971 zur Durchführung dieses Beschlusses (ABl. Nr. L 3/1); Vertrag vom 22. 4. 1970 zur Änderung bestimmter Haushaltsvorschriften der Verträge etc. (BGBl. II, S. 1282); Vertragswerk vom 22. 1. 1972 über den Beitritt Dänemarks, Irlands und des Vereinigten Königreichs (ursprünglich auch Norwegens) zu den Europäischen Gemeinschaften (BGBl. II, S. 1127, 1144); Vertrag zur Änderung bestimmter Finanzvorschriften der Verträge zur Gründung der Europ. Gemeinschaften und des Vertrages zur Einsetzung eines gemeinsamen Rates und einer gemeinsamen Kommission der Europ. Gemeinschaften vom 22. Juli 1975 (BGBl. 1976 II, S. 1326); Vertragswerk vom 28. 5. 1979 über den Beitritt der Republik Griechenland zu den Europ. Gemeinschaften (BGBl. 1980 II, S. 229). 68

Über Recht und Praxis der Europ. Gemeinschaften unterrichten die halbjährigen Berichte der BReg über die Integration in den Europ. Gemeinschaften, zuletzt für Oktober 1980 bis März 1981, BT-Drucks. 9/371. Siehe weiter Jahresbericht über die Wirtschaftslage der Gemeinschaft 1977 und Festlegung der wirtschaftspolitischen Leitlinien für 1978, BT-Drucks. 8/1203; Wirtschafts- und währungspolitisches Aktionsprogramm 1978, BT-Drucks. 8/1619. Die Finanzwirtschaft der Europ. Gemeinschaften ist dargestellt im Finanzbericht 1975, S. 57 ff. und zuletzt wieder im Finanzbericht 1980, S. 175 ff. - H. P. Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, 1972; Chr. Runge, Einführung in das Recht der Europ. Gemeinschaften, 2. Auf!., 1975; Cartou, Europäische Organisation, 2. Aufl., 1973; Pescatore, L'ordre juridique des Communautés Européennes, 2. Aufl., 1973; H. von der Groeben / H. von Boeckh/J. Thiesing, Kommentar zum EWG-Vertrag, 2. Aufl., 1974; K. Kujath, Bibliographie zur Europ. Integration, 1977; B. Beutler u. a., Die Europ. Gemeinschaft, 1978; A. Bleckmann, Europarecht, 2. Aufl., 1978; W. Hallstein, Die Europ. Gemeinschaft, 5. Aufl., 1979; G. Nicolaysen, Europ. Gemeinschaftsrecht, 1979; H. P. Ipsen, Der dt. Jurist und das europ. Gemeinschaftsrecht, Verh. d. 45. DJT, 1964, I I / L ; ders., in: Fs. f. Ulrich Scheuner, 1973, S.211; J. H. Kaiser/P. Badura, VVDStRL 23 (1966), S. 1 ff.; 34ff.; Fuß, Die Europ. Gemeinschaften und der Rechtsstaatsgedanke, 1967; H. von der Groeben / E.-J. Mestmäcker (Hrsg.), Ziele und Methoden der europ. Integration, 1972 (auch als Taschenbuch, 1973); Sattler, Die Europ. Gemeinschaften an der Schwelle zur Wirtschafts- und Währungsunion, 1972; Steindorff, in: Fs. f. Waither Kastner, 1972, S. 475; Hellmann / Molitor, Textsammlung zur Wirtschafts- und Währungsunion der EWG, 1973; Oetting, Bundestag und Bundesrat im Willensbildungsprozeß der Europ. Gemeinschaften, 1973; Everling, Staat 13, 1974, S. 73; Oppermann, JuS 1974, 484; J. Schwarze, Die Befugnis zur Abstraktion im Europ. Gemeinschaftsrecht, 1976; L.-J. Constantinesco, Recht der Europ. Gemeinschaften I, 1977; H.-W. Rengeling, Rechtsgrundsätze beim Verwaltungsvollzug des Europäischen Gemeinschaftsrechts, 1977; Chr. Tomuschat / R. Schmidt, VVDStRL 36 (1978), S. 7, 65.

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schaftsunion, in der selbständige Gemeinschaftsorgane mit eigenen wirtschaftspolitischen und wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Aufgaben und Befugnissen bestehen, in der die nicht den Gemeinschaftsorganen zugewiesenen Funktionen der Wirtschaftspolitik koordiniert werden, in der die Gemeinschaftsorgane supranationale Befugnisse der Rechtsetzung und der Rechtsverwirklichung besitzen und in der eine Vereinheitlichung des für den wirtschaftlichen Prozeß wesentlichen nationalen Rechts, insbesondere des Wirtschafts- und Steuerrechts, angestrebt wird. Die Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaften sind supranational in dem Sinn, daß die von den Gemeinschaftsorganen auf G r u n d der Ermächtigungen in den Gründungsverträgen („primäres Gemeinschaftsrecht") erlassenen Rechtssätze („sekundäres Gemeinschaftsrecht"), unter denen die Verordnungen des Rates auf G r u n d des EWG-Vertrages (Art. 189 II EWGV) im Vordergrund stehen, ohne einen besonderen Rechtsanwendungsbefehl der nationalen Parlamente f ü r alle Angehörigen der Mitgliedstaaten unmittelbar verbindlich sind und in ihrem Rang den nationalen Rechtssätzen vorgehen und als die Wirtschaftsverwaltungsakte der Kommission für die Adressaten ebenfalls unmittelbar verbindlich sind. Der Vorrang des Gemeinschaftsrechts gilt nach der Rechtsprechung des E u G H auch gegenüber dem nationalen Verfassungsrecht, so d a ß es den nationalen Gerichten verwehrt ist, Gemeinschaftsrecht aus dem G r u n d unanwendbar zu lassen, daß Grundrechte des nationalen Verfassungsrechts verletzt seien 69 . Grundrechte können insofern vor dem E u G H gegen sekundäres Gemeinschaftsrecht ins Feld geführt werden, als das geschriebene und ungeschriebene (primäre) Gemeinschaftsrecht die rechtsstaatlichen Garantien und die individuellen Grundfreiheiten als allgemeine Rechtsgrundsätze umschließt 70 . Abweichend davon ist nach Auffassung des BVerfG die Anwendung sekundären Gemeinschaftsrechts durch deutsche Gerichte und Behörden als Ausübung deutscher Staatsgewalt auch an das Grundgesetz gebunden und ist das Gemeinschaftsrecht, wenn es Grundrechte verletzt, durch ein Gericht nicht anzuwenden, solange der Integrationsprozeß der Gemeinschaft nicht so weit fortgeschritten ist, daß das Gemeinschaftsrecht auch einen von einem Parlament beschlossenen und in Geltung stehenden formulierten Katalog von Grundrechten enthält, der dem Grundrechtskatalog des Grundgesetzes adäquat ist 71 . Kommt ein Gericht zu der Überzeugung, daß eine Norm 69 70

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E u G H E X , 1251; XV, 13; XVI, 1125; EuGH DÖV 1973,410; EuGH 1978,629. EuGH XV, 419; XVI, 1125; EuGH DVB1. 1974, 672; EuGH NJW 1980, 505; Memorandum der Kommission vom 3. 5. 1979, BT-Drucks. 8/3037. — G. Zieger, Das Grundrechtsproblem in den Europ. Gemeinschaften, 1970; H. Lecheler, Der Europ. Gerichtshof und die allgemeinen Rechtsgrundsätze, 1971; Benda/Klein, DVB1. 1974, 389; R. Riegel, AöR 102 (1977), S. 4 1 0 / 4 2 2 f f . ; Die Grundrechte in der Europ. Gemeinschaft, Schriftenreihe des Arbeitskreises Europ. Integration e. V., Bd. 2, 1978; I. Pernice, Grundrechtsgehalte im Europ. Gemeinschaftsrecht, 1979; M.A. Dauses, JZ 1980, 293. BVerfGE 37, 271; dazu die Kritik von H. P. Ipsen, EuR 10, 1975, S. 1, und U. Scheuner, AöR 100 (1975), S. 30. BVerfGE 52, 187 läßt eine gewisse Distanzierung

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des sekundären Gemeinschaftsrechts gegen Grundrechte des Grundgesetzes verstoße, ist nach Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH eine Vorlage zum BVerfG in entsprechender Anwendung des Art. 100 I GG zulässig und notwendig. Die Rechtsakte der Gemeinschaften sind der nationalen Gerichtsbarkeit nach Maßgabe des Art. 177 EWGV (Art. 41 EGKSV; Art. 150 EAGV), das sekundäre Gemeinschaftsrecht ist, weil nicht von deutscher öffentlicher Gewalt abgeleitet, der Normenkontrollgewalt des BVerfG entzogen 72 . Der Rechtsschutz gegen Akte der Gemeinschaftsorgane liegt in der Hand des Europäischen Gerichtshofs (Art. 164ff. EWGV, Art. 31 ff. EGKSV, Art. 136 ff. EAGV) 73 . Zur Entscheidung der Frage, ob ein Gesetz oder ein sonstiger innerstaatlicher Rechtssatz mit einer vorrangigen Bestimmung des Gemeinschaftsrechts unvereinbar und deshalb ganz oder teilweise nicht anwendbar ist, ist das jeweils zuständige Gericht kraft des richterlichen Prüfungsrechts und vorbehaltlich einer Vorabentscheidung des EuGH (Art. 177 EWGV) 74 berufen; das BVerfG ist dafür — vorbehaltlich des Falles einer Grundrechtsverletzung 75 — nicht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG zuständig 76 . Die selbständigen Befugnisse der Gemeinschaftsorgane und die unmittelbar durch die Verträge begründeten Rechte und Pflichten der einzelnen ergeben eine eigene Wirtschaftsverfassung der Europäischen Gemeinschaften 77 ,

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angesichts „mittlerweile eingetretener politischer und rechtlicher Entwicklungen im europäischen Bereich" durchblicken; dazu H. P. Ipsen, EuR 1980, 68, und Chr. Tomuschat, NJW 1980, 2611. Beide Entscheidungen sind in Rechtsgrund und Maßstab der gezogenen Folgerungen nicht überzeugend. BVerfGE 22, 293. Steindorff, Rechtsschutz und Verfahren im Recht der europ. Gemeinschaften, 1964; Ehle, Klage- und Prozeßrecht des EWG-Vertrages, 1965ff.; Riese, EuR 1 (1966), S. 24; Ule, Verh. d. 46. DJT, 1966, 1/4; M. Wegmann, Die Nichtigkeitsklage Privater gegen Normativakte der Europ. Gemeinschaften, 1976; Th. Oppermann/W. Hiermaier, JuS 1980, 782. EuGHE XI, 8; XV, 309; BVerwGE 21, 279/284; 36, 33/44. - Tomuschat, Die gerichtl. Vorabentscheidung nach den Verträgen über die Europ. Gemeinschaften, 1964; Ule, DVB1. 1967, 1; Daig, EuR 3 (1968), S. 259, 371; Pescatore, DVB1. 1971, 351; Schwarz, StuW 1971, 62; Eyermann / Fröhler, VwGO, 8. Aufl., 1980, Anh. § 40, RNrn. 29ff., 39ff.; K. Feige, AöR 100 (1975), S. 530; M. A. Dauses, JZ 1979, 125. BVerfGE 37, 271. Siehe Anm. 71. 76 BVerfGE 31, 145; EuGH 1978, 629. Ophüls, ZHR 124 (1973), S. 136; Everling, Die Koordinierung der Wirtschaftspolitik in der Europ. Wirtschaftsgemeinschaft als Rechtsproblem, 1964; ders., EuR 3 (1968), S. 175; ders., in: Fs. f. Ludwig Raiser, 1974, S. 379; Burghardt, Die Eigentumsordnungen in den Mitgliedstaaten und der EWG-Vertrag, 1969; Scherer, Die Wirtschaftsverfassung der EWG, 1970; K. Feige, Der Gleichheitssatz im Recht der EWG, 1973; Sasse, WiR 1973, S. 30; Hanau, EuR 9 (1974), S. 197; R. Riegel, Das Eigentum im europ. Recht, 1975; Scheuing, JZ 1975, 151; M. Zuleeg, in: Wirtschafts- und gesellschaftspolitische Ordnungsprobleme der Europ. Gemeinschaften, Schriftenreihe des Arbeitskreises Europäische Integration e. V., 1978, Bd. 1. S. 73.

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Dem Grundmuster entsprechend, das die Verfassungs- und Wirtschaftsordnungen der Mitgliedstaaten aufweisen, verbindet die europäische Wirtschaftsverfassung die Grundsätze einer privatwirtschaftlich und marktwirtschaftlich arbeitenden Wettbewerbswirtschaft mit Regelungen, die der sozialstaatlichen Ordnung, Beeinflussung und Lenkung des wirtschaftlichen Prozesses dienen. Wie Ziele und Aufgaben der Gemeinschaften zeigen (Art. 2, 3 EWGV; Art. 2, 3 EGKSV; Art. 1, 2 EAGV), ist eine teilweise Vergemeinschaftung der Wirtschaftsfreiheiten auf der einen Seite und der an sich staatlichen Ordnungs- und Gestaltungsaufgaben auf der anderen Seite erfolgt. Die im primären Gemeinschaftsrecht niedergelegten Rechte und Freiheiten des gemeinsamen Marktes besitzen unmittelbare Wirkungen in den Rechtsbeziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den einzelnen, soweit sie nicht einer rechtlichen Ausformung durch weitere Normativakte der Gemeinschaftsorgane bedürfen 78 . Die einzelnen können sich vor den nationalen Gerichten auf diese Rechte berufen, die durch die Bestimmungen über den freien Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr, die Niederlassungsfreiheit, die Freizügigkeit, die Diskriminierungsverbote und die Gleichbehandlung männlicher und weiblicher Arbeitnehmer begründet sind. In dem zur Schaffung und Ordnung des gemeinsamen Marktes erforderlichen Umfang sind die wirtschafts-, sozial- und gesellschaftspolitischen Funktionen einer übernationalen Erledigung anvertraut. Einen wichtigen Bereich der Ordnungspolitik betrifft das europäische Wettbewerbsrecht (Art. 85 ff. EWGV; Art. 65 ff. EGKSV). Wirtschaftslenkende Aufgaben und Befugnisse der Gemeinschaftsorgane bestehen vornehmlich im Rahmen der landwirtschaftlichen Marktordnungen (Art. 40 EWGV) 79 , im Bereich der Montanwirtschaft, z. B. Investitionskontrolle (Art. 54 V EGKSV) und Preisfestsetzungen (Art. 61 EGKSV), und in Gestalt des Versorgungsmonopols der EURATOM-Agentur und des Kernbrennstoffeigentums der EURATOM (Art. 52ff., 86ff. EAGV). Die Handelspolitik gegenüber Drittländern fällt in die alleinige Zuständigkeit der Organe der EWG (Art. 113 EWGV) 80 . Darüber hinaus kommt den 78

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Der EuGH hat diese unmittelbare Geltung des Vertragsrechts extensiv entwickelt: EuGHE IX, 1; XIV, 679; X X , 631; XXII, 455. Gesetz zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisation vom 3 1 . 8 . 1 9 7 2 (BGBl. I, S. 1617); Gesetz über die Neuorganisation der Marktordnungsstellen vom 23. 6. 1976 (BGBl. I, S. 1608). Zur Durchführung der Regulierungen des Agrarmarktes ist die Bundesanstalt für landwirtschaftliche Marktordnung errichtet worden (Satzung vom 28. 6. 1976, BGBl. I, S. 1693). - BVerfGE 34, 348; BVerfG NJW 1977, 2024; BVerwGE 31, 279; 35, 268; BGH DVB1. 1977, 102; V. Götz, JZ 1963, 157, 265; ders., NJW 1968, 1545; Agrarrecht der EWG, Kölner Schriften zum Europarecht, Bd. 10, 1969; Leitolf, Das Einwirken der Wirtschaftsverbände auf die Agrarmarktorganisation der EWG, 1971; B. Börner, Das Interventionssystem der landwirtschaftl. Marktordnungen der EWG, 1973; O. Gottsmann, Der Gemeinsame Agrarmarkt, 1974ff.; Rinck, Wirtschaftsrecht, S. 146ff.; H. Rodemer, Die EGAgrarpolitik, 1980. Kuschel, Das Außenwirtschaftsrecht der EWG, 1971; M. d'Orville, Die rechtl.

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Gemeinschaftsorganen in dem Maß eine Handlungs- und Vertragsschlußkompetenz gegenüber Drittländern zu, als entsprechende interne Entscheidungsbefugnisse bestehen 81 . 3. Gesetzgebung und Regierung auf dem Gebiet der Ordnung und Beeinflussung der Wirtschaft Die Wirtschaftspolitik kann nach dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nur dadurch für die Verwaltungsunterworfenen rechtlich verbindlich werden, daß durch Gesetz oder auf Grund Gesetzes, d. h. durch Rechtsverordnung oder Verwaltungsakt, Berechtigungen oder Verpflichtungen begründet, geändert oder aufgehoben werden. Das in Bindung an die Verfassung zustandekommende Gesetz bestimmt das Bestehen und den Inhalt der individuellen Rechte und Pflichten. Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes haben aber auch die verfassungsstrukturelle Bedeutung, das demokratisch und rechtsstaatlich gebotene Übergewicht des Parlaments gegenüber der regierenden und verwaltenden Exekutive zu sichern 82 . Für diesen verfassungsstrukturellen Gesichtspunkt sind das Vorhandensein und der Umfang eines selbständigen, d. h. einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung nicht bedürftigen politischen und administrativen Mandats der Exekutive nicht allein davon abhängig, ob eine bestimmte Maßnahme einen „ E i n g r i f f in individuelle Rechtspositionen bewirkt. Indem die Praxis an der Beschränkung des Gesetzesvorbehaltes auf die „Eingriffsverwaltung" festhält und für die leistende Verwaltung neben dem Haushaltsgesetz eine besondere gesetzliche Ermächtigung nur für erforderlich hält, wenn der begünstigende Verwaltungsakt die Rechtsstellung eines Dritten, etwa des Konkurrenten eines Subventionsempfängers, unmittelbar berührt 83 , wird ein nicht unwesentlicher Teil der Wirtschaftsverwaltung der verwaltungsinternen Regelungsvollmacht der Exekutive in Gestalt von Richtlinien und ähnlichen Verwaltungsvorschriften überlassen. Der Verzicht auf den Gesetzesvorbehalt für die Leistungsverwaltung läßt entsprechend dem Vorrang des Gesetzes immerhin die Kompetenz des Parlaments unberührt,

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Grundlagen für die gemeinsame Zoll- und Handelspolitik der EWG, 1973; J. Schwarze, NJW 1979, 456. EuGH XVII, 263; XXII, 1279; EuGH NJW 1977, 2017. - M. Bothe, ZaöRV 37 (1977), S. 122. Imboden, Das Gesetz als Garantie rechtsstaatlicher Verwaltung, 1954, 2. Aufl., 1962; Jesch, Gesetz und Verwaltung, 1961 ; H.H. Rupp, Grundfragen der heutigen Verwaltungsrechtslehre, 1965; K. Vogel/ R. Herzog, VVDStRL 24 (1966), S. 125ff., 183ff.; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, 1968; Starck, Der Gesetzesbegriff des Grundgesetzes, 1970; Scheuner, DÖV 1969, 585; ders., in: Gedächtnisschrift f. René Marcie, 1974, S. 889; Papier, Die finanzrechtl. Gesetzesvorbehalte und das grundgesetzliche Demokratieprinzip, 1973. — BVerfGE 33, 125; 34, 307; 40, 2 3 7 / 2 4 8 f f . ; 41, 251/259f.; 45, 400/417f.; 47, 4 6 / 7 8 f . ; 49, 89/124ff. BVerwGE 6, 282; 18, 352; BVerwG DVB1. 1975, 720; BVerwG NJW 1977, 1838; BayVGHE 23, 136/139; HessVGH DÖV 1963, 880.

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die Vergabe von Leistungen gesetzlich zu regeln. Weittragender ist, daß bedeutsame Bereiche der Wirtschaftspolitik als Funktion der Regierung betrachtet werden und das Parlament insoweit auf eine Kontrollvollmacht im Rahmen des parlamentarischen Regierungssystems beschränkt wird. So werden unter Berufung auf sachlogische Gegebenheiten die Wirtschaftsplanung 84 und die Konjunkturpolitik 8 5 primär als eine Angelegenheit der Regierung angesehen. Damit wird das rechtsstaatliche Problem der gesetzesfreien Wirtschaftsverwaltung auf der Grundlage von Verwaltungsvorschriften, die häufig als Rechtsform der Planung benutzt werden, vor allem aber die Frage aufgeworfen, ob die überkommenen Rechtsinstitute der parlamentarischen Demokratie nicht im Angesicht der wohlfahrtsstaatlichen Wirtschaftspolitik und -Verwaltung einer Fortentwicklung bedürfen. Auf die verfassungsrechtliche Grundbeziehung zwischen Parlament und Regierung kommt es hauptsächlich für die in die politische Planung (Aufgabenplanung) eingebettete Wirtschaftsplanung an. Unter politischer Planung ist die parlamentarisch oder gouvernemental in Erscheinung tretende staatsleitende Funktion zu verstehen, insofern als diese sich auf die programmatisch und mittel- oder langfristig geordnete Antizipation der Erledigung der Staatsaufgaben in Gesetzgebung, Regierung und Haushaltswirtschaft richtet 86 . Wirtschaftsplanung 87 bedeutet planmäßige Wirtschaftslenkung, wobei sich die Planmäßigkeit des Vorgehens nur auf die rationale Geordnetheit der wirtschaftsbeeinflussenden Staatshandlungen beziehen kann, oder darüber hinaus auch auf die planmäßige Bestimmtheit einzelner Wirtschaftszweige oder des gesamten Wirtschaftsprozesses durch mittelbar wirkende oder verbindlich ordnende Planungsakte, wie z. B. bei der französischen „planification". Die Wirtschaftsplanung schlägt in Planwirtschaft um, wenn der Staat selbst wirtschaftet, ein privat- und marktwirtschaftliches Gegenüber des Staatshandelns also nicht mehr vorhanden ist. Der Bund ist umfassend mit Zuständigkeiten zu wirtschaftspolitischer Gesetzgebung ausgestattet, entsprechend der Notwendigkeit, die Wirtschaftseinheit innerhalb der Bundesrepublik zu wahren (vgl. Art. 72 II Nr. 3 GG). Die 84 85 86

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Herzog, a. a. O., S. 201 ff. Stern / Münch / Hansmeyer, StabG, S. 72; Stern, Verh. d. 47. DJT, 1 9 6 8 , 1 / E , S. 35. J. H. Kaiser (Hrsg.), Planung I —VII, 1965ff.; Harnischfeger, Planung in der sozialstaatl. Demokratie, 1969; Badura, in: Fs. f. Karl Michaelis, 1972, S. 9; E.-W. Böckenförde, Staat 11 (1972), S . 4 2 9 ; R. Wahl, Staat 11, 1972, S . 4 5 9 ; Ossenbühl, Gutachten B z. 50. DJT, 1974; Scheuner, in: Fs. f. Werner Weber, 1974, S. 369; Vitzthum, Parlament und Planung, 1978; 77). Würtenberger, Staatsrechtliche Probleme politischer Planung, 1979; E.-H. Ritter, Staat 19 (1980), S. 413. W. Fikentscher / G. Hoffmann / K. -F. Kugler, Rechtsfragen der Planifikation, 1967; Redeker, JZ 1968, 537; Bullinger, Verkehrswirtschaftl. Planung für Mineralölfernleitungen, 1969; Vente / Seul, Makroökonomische Planung. Eine Bibliographie, 1970; R. Geiger, Rechtsformen der Wirtschaftslenkung als Mittel der französ. Planifikation, 1972; H.-H. Seidler, Rechtsschutz bei staatl. Wirtschaftsplanung, 1973; H. J. Hoenisch, Planifikation, 1974.

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zum Teil sehr ausführlichen Bestimmungen einiger Landesverfassungen über das Wirtschaftsleben (insb. Art. 151 ff. BayVerf; Art. 27 ff. HessVerf) sind dadurch weitgehend bedeutungslos 8 8 . Der Bund besitzt für einzelne Bereiche teils ausschließliche (Art. 73 Nr. 4, 5, 6, 9 GG), teils konkurrierende (Art. 74 Nr. 1, I I a , 15, 16, 17, 18, 20 G G ) Zuständigkeiten sowie allgemein für das „Recht der Wirtschaft" (Art. 74 Nr. 11 G G ) die konkurrierende Kompetenz zur Gesetzgebung. Zur Materie „Recht der Wirtschaft", die im weiten Sinn zu verstehen ist und durch die in dem Klammerzusatz angegebenen Gegenstände nur beispielhaft erläutert wird, gehören Gesetze, die ordnend und lenkend in das Wirtschaftsleben eingreifen, alle das wirtschaftliche Leben und die wirtschaftliche Betätigung als solche regelnden N o r m e n , die sich in irgendeiner Weise auf die berufliche Tätigkeit oder die Erzeugung, Herstellung und Verteilung von Gütern des wirtschaftlichen Bedarfs beziehen 89 . Zu dieser Materie zählen auch wirtschaftslenkende Ausgleichsabgaben, z. B. im Rahmen einer Marktordnung 9 0 . Die Zuständigkeit des Bundes zur Regelung des Warenverkehrs (Art. 73 Nr. 5 G G ) umfaßt alle Verbotsregelungen f ü r Wareneinfuhr u n d -ausfuhr, auch solche aus polizeilichen Gründen 9 1 . Der für die wohlfahrtsstaatliche Sozialgestaltung charakteristische instrumentale Charakter des Gesetzes tritt im Bereich der wirtschaftspolitischen Gesetzgebung besonders deutlich zutage. Das „Maßnahme-Gesetz"92 stellt nicht, wie das verwaltungsrechtliche Gesetz des liberalen Rechtsstaates, in auf dauerhafte Geltung angelegter Abstraktheit der Exekutive Ermächtigungen zum „Vollzug" im Einzelfall zur Verfügung, sondern greift als situationsbezogene normative Aktion selbst intervenierend und gestaltend in einen Sozialbereich ein, um in ihm einen gewünschten Zustand herzustellen 93 . Das „Plan-Gesetz"9* ist ein Sonderfall des Maßnahme-Gesetzes 9 5 . Ein anderer 88 89

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Hamann, Wirtschaftsverfassungsrecht, S. 23ff.; Böckenförde / Grawert, DÖV 1971, 119. BVerfGE 4, 7/13; 5, 25/28f.; 8, 143/148f.; 26, 246 (Folz, BB 1969, 1151); 28, 119; 41, 344. - Friauf, Die Abgrenzung der Gesetzgebungskompetenzen im Bereich der berufl. Bildung, 1975. BVerfGE 4, 7/13ff.; 18, 315/328; 37, l/16f.; BVerfG DVB1. 1981, 139 mit Anm. R. Stettner, DVB1. 1981, 375; BVerfG JZ 1981, 438; BVerwGE 6, 285. - Götz, AöR 85 (1960), S. 200; H. P. Ipsen, DVB1. 1976, 653; Friauf, in: Fs. für Willy Haubrichs, 1976, S. 103. BVerfGE 33, 52/60 ff. Beispiel: InvestitionshilfeG vom 7. 1. 1952 (BGBl. 1952 I, S. 7). - BVerfGE 4, 7; H. P. Ipsen, AöR 78 (1953), S. 284. Forsthoff, in: Gedächtnisschrift für W. Jellinek, 1955, S. 221; K. Zeidler, Maßnahmegesetz und „klassisches" Gesetz, 1961; K. Huber, Maßnahmegesetz und Rechtsgesetz, 1963 (dazu AöR 91 [1966], S. 135); Schmidt-Rimpler, Wirtschaftsrecht, HDSW 12 (1965), S. 686, 706; E. R. Huber, in: ders., Bewahrung und Wandlung, 1975, S. 215, 265ff.; BVerfGE 25, 371; VerfGH RhPfalz DÖV 1969, 560 (564ff.). Beispiele: der gesetzesförmige Volkswirtschaftsplan der sozialistischen ZentralverwaltungsWirtschaft; G über den Ausbauplan für die Bundesfernstraßen vom

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eigenartiger Typ wirtschaftspolitischer Gesetzgebung, dessen Regelungen weder ordnend noch intervenierend sind, ist das „Richtlinien-Gesetz", das ein bestimmtes politisches Programm durch gesetzesförmigen Parlamentsakt normiert, um es für die Exekutive, aber auch f ü r die künftige Gesetzgebung verbindlich zu machen 9 6 . Das in der gesamten Gesetzgebung zu beobachtende Bedürfnis, technische, untergeordnete u n d situationsbezogene Regelungen durch eine Delegation der Verordnungsgewalt der Exekutive zu überlassen, macht sich im Bereich der Wirtschaftspolitik in Gestalt des „Ermächtigungs-Gesetzes" geltend, dessen weitgespannte und generalklauselartige Ermächtigungen ein rasches und flexibles Reagieren ermöglichen sollen. Derartige Ermächtigungen sind mit dem Erfordernis hinreichender inhaltlicher Bestimmtheit (Art. 80 I 2 G G ) d a n n vereinbar, wenn die Eigenart des geregelten Gegenstandes eine genauere Substantiierung im Gesetz selbst ausschließt u n d die mit Hilfe von Zweck und Regelungszusammenhang des Gesetzes auszulegende ErmächtigungsGeneralklausel Programm, Tendenz u n d Reichweite der durch sie zugelassenen exekutivischen Rechtsetzung erkennen läßt 97 . Unter diesen Voraussetzungen ist auch eine Ermächtigung unbedenklich, die wie § 26 Nr. 3 StabG eine antizyklische Manipulierung von Steueransprüchen durch Rechtsverordnung zuläßt 9 8 , weil hier ein Rechtsakt der Wirtschaftslenkung im Mantel einer Steuernorm erscheint. Bei den konjunkturpolitischen Verordnungsermächtigungen des Stabilitätsgesetzes hat man zur Wahrung der mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verfolgten verfassungspolitischen Ziele die relative Unbestimmtheit der materiellen Delegationen durch verfahrensmäßige Vorkehrungen zu kompensieren gesucht (vgl. Art. 109 IV 2 - 4 GG) 9 9 . 4. Grundrechtsschutz wirtschaftlicher Tätigkeit Die wirtschaftspolitische Gesetzgebung und die Rechtsverwirklichung durch die Wirtschaftsverwaltung finden in den durch das verfassungsrechtliche Grundrechtssystem gewährleisteten Institutsgarantien und subjektiv öf-

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27.7. 1957 (BGBl. 1957 I, S. 1189); G über den Ausbau der Bundesfernstraßen in der Fass. der Bek. vom 26. 8. 1980 (BGBl. I, S. 1615). K. Huber, a. a. O., S. 83ff.; P. Badura, in: Fs. f. Hans Huber, 1981, S. 15. Beispiele: G über Leitsätze für die Bewirtschaftung und Preispolitik nach der Geldreform vom 24. 6. 1948 (WiGBl. S. 17); § 1 StabilitätsG. BVerfGE 8, 274/311; 20, 257; 28, 66; 33, 358; 34, 52; BVerfG DVB1. 1977, 817. H. Krause, in: Fs. f. A. Hueck, 1959, S. 413; H.-R. Lange, JZ 1968, 417; Hasskarl, AöR 94 (1969), S. 85; D. Wilke, AöR 98 (1973), S. 196; F. Ossenbühl, in: Fs f. Hans Huber, 1981, S. 283. Stern / Münch / Hansmeyer, StabG, §§ 2 6 - 2 8 , Erl. IX; a. A.: Köttgen, A f K 5 (1966), S. 1/18; Papier a . a . O . (Anm. 82) S. 126ff. - Vgl. BVerfGE 36, 224 betr. KaffeesteuerG. D. Wilke, AöR 93 (1968), S. 270.

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fentlichen Rechten direktive Gebundenheit und normative Begrenzung. Der Grundrechtsschutz der selbständigen Unternehmertätigkeit, der sich unter dem Namen der „Wirtschaftsfreiheit" oder „marktwirtschaftlichen Unternehmensfreiheit" (Ernst Rudolf Huber) scheinbar als eine rechtliche Einheit konstruieren läßt, ist auf eine Anzahl Grundrechtsverbürgungen mit unterschiedlichen Gesetzesvorbehalten verstreut. Neben den Basisfreiheiten des Berufs (Art. 12 I GG), des Eigentums (Art. 14 GG) und des Vertrags, letztere nur implizit in dem auch die wirtschaftliche Betätigung schützenden „Auffanggrundrecht" der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 I GG) gesichert 100 , gehören hierzu auch die wirtschaftliche Assoziationsfreiheit (Art. 9 I GG), die auf das Recht der Gesellschaften, Kartelle und Wirtschaftsverbände einwirkt, und die wirtschaftliche Freizügigkeit (Art. 11 GG). a) Unternehmensfreiheit; Grundsätze der Gleichbehandlung und Verhältnismäßigkeit: Aus Art. 2 I G G ist als besondere Konkretisierung der allgemeinen wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit neben der Vertragsfreiheit die Freiheit selbstverantwortlicher unternehmerischer Disposition entwickelt worden, durch die die unternehmerischen Entscheidungen über die Art und Weise, in der auf den Unternehmenserfolg hingearbeitet werden soll, über den Einsatz der Betriebs- und Investitionsmittel und das Verhalten des Unternehmens im marktwirtschaftlichen Wettbewerb („Wettbewerbsfreiheit") einen eigengearteten grundrechtlichen Schutz gegenüber wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Geboten, Verboten und Verpflichtungen erfahren 101 . Der Schutz dieser durch das schwächere Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit umschlossenen Unternehmensfreiheit kommt nur zum Zuge, soweit nicht die spezielleren Gewährleistungen der Berufsfreiheit oder der Eigentumsgarantie einschlägig sind. Die hier in Betracht kommenden Abgrenzungen sind noch nicht hinreichend geklärt. Sie können nicht nur von einem sozusagen vorweg definierten Schutzbereich der einzelnen Grundrechtsbestimmungen aus vorgenommen werden, sondern müssen sich auch an Ziel und Wirkung der zu beurteilenden gesetzlichen Regelung orientieren. So ist im Rahmen der bestehenden Wirtschaftsordnung das Verhalten der Unternehmer im Wettbewerb Bestandteil ihrer Berufsausübung und demnach von Art. 12 I G G erfaßt, soweit es berufsspezifisch geregelt wird 102 . Die unternehmerische Nutzung von 100

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BVerfGE 6, 32; 8, 2 7 4 / 3 2 8 f . ; L. Raiser, JZ 1958, 1; ders., in: Hundert Jahre Dt. Rechtsleben, 1960, Bd. I, S. 101; H. Huber, Die verfassungsrechtl. Bedeutung der Vertragsfreiheit, 1966; Schmidt-Salzer, NJW 1970, 8; Roscher, Vertragsfreiheit als Verfassungsproblem, 1974. BVerfGE 4, 7 / 1 5 f . ; 12, 341/347f.; 29, 260/266f.; BVerwGE 30, 191; Nipperdey, Soziale Marktwirtschaft und Grundgesetz, 3. Aufl., 1965, S. 29ff.; H. P. Ipsen, in: J. H. Kaiser (Hrsg.), Planung II, 1966, S. 63, 93ff.; H. P. Ipsen, A ö R 90 (1965), S. 393, 430ff.; E. R. Huber, Marktinformationsverfahren und Grundgesetz, in: W. Hefermehl / E. R. Huber / H. St. Seidenfus, Kooperative Marktinformation, 1967, S. 4 9 / 5 0 ; R. Scholz, Entflechtung und Verfassung, 1981. BVerfGE 32, 311/317; 50, 290/361 ff.; BVerfG NJW 1978, 313.

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Eigentum hingegen genießt den Schutz des Art. 14 G G , soweit der zu betrachtende Eingriff eine Schmälerung oder Beeinträchtigung gerade der bestehenden Vermögenswerten Rechte bewirkt 103 . Jedes Gesetz, das Inhalt und Schranken der allgemeinen Handlungsfreiheit oder irgend eines anderen Grundrechts bestimmt, muß mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 I G G ) und mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einklang stehen. Diese beiden Verfassungsgrundsätze sind gerade für die sozialgestaltenden Rechtssätze des ordnenden und lenkenden Wirtschaftsgesetzgebers die ausschlaggebenden Maßstäbe. Eine gesetzliche Regelung verletzt den allgemeinen Gleichheitssatz, wenn sie eine willkürliche Differenzierung oder Nichtdifferenzierung bewirkt, d. h. wenn sie ohne vernünftige, sich aus der Natur der Sache ergebende oder sonst sachlich einleuchtende G r ü n d e gleiche Tatbestände ungleich oder ungleiche Tatbestände gleich behandelt und die Unsachlichkeit der getroffenen Regelung evident ist 104 . Eine gesetzliche Regelung ist d a n n nicht willkürlich, wenn sie durch einen sachlichen G r u n d des öffentlichen Interesses gerechtfertigt ist, wobei es primär dem Gesetzgeber zufällt, das öffentliche Interesse f ü r den betroffenen Sachbereich zu definieren. Dieses Verständnis des allgemeinen Gleichheitssatzes als Willkürverbot (Gebot willkürfreier Sachgerechtigkeit) gibt dem wirtschaftslenkenden Gesetzgeber, dessen Intention gerade die aus wirtschafts-, sozial- u n d gesellschaftspolitischen G r ü n d e n gebotene Gestaltung, d. h. differenzierende Veränderung der Wirtschaftsstruktur oder der Wettbewerbsverhältnisse ist, erheblichen Spielraum 1 0 5 . Einen gewissen Ausgleich zwischen schwächeren und leistungsfähigeren Mitgliedern einer Gruppe zu Lasten der letztgenannten herbeizuführen, ist ein legitimes Mittel staatlicher Wirtschaftspolitik 106 . Empirisch erhebbare Sachgegebenheiten sind Voraussetzung und Grundlage der wertenden Entscheidung des Gesetzgebers, ergeben aber nicht notwendig in Verbindung mit den durch die Verfassung normierten Bindungen der Gesetzgebung eine strikte Festlegung der Legislative für eine bestimmte gesetzliche Regelung, die aus der Verfassung mit juristischen Mitteln allein deduzierbar wäre. Für die gesetzesfrei durch und auf G r u n d von Verwaltungsvorschriften tätige Wirtschaftsverwaltung führt 103

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Auf dieser Linie sieht Scheuner, in: ders. (Hrsg.), Die staatliche Einwirkung auf die Wirtschaft, 1971, S. 50 f., die „unternehmerische Direktions- und Leitungsbefugnis" in Art. 14 G G garantiert. BVerfGE 1, 14/52; 12, 326/333; 19, 101/115; 19, 3 5 4 / 3 6 7 f . ; 26, 172/185; 28, 227; 30, 59; 38, 187; 38, 213; 39, 316. - Scholler, Die Interpretation des Gleichheitssatzes als Willkürverbot oder als Gebot der Chancengleichheit, 1969; Podlech, Gehalt und Funktionen des allgem. verfassungsrechtl. Gleichheitssatzes, 1971; H.H. Rupp, in: Fs. für das BVerfG, 1976, II, S. 364. BVerfGE 4, 7 / 1 8 f . , 24; 1 2 , 3 5 4 / 3 6 7 ; 17, 210/216f.; 18, 315/331 f., 340; 19, 101; 21, 160; 25, 1/12, 17; 30, 250 ( K l o e p f e r , NJW 1971, 1585); 30, 292/317, 319; 33, 171/189f.; 36, 321; 40, 109 (kein Schachtelprivileg für Personengesellschaften). BVerfGE 19, 101/114; 21, 292/299; 23, 5 0 / 5 9 f . ; 37, 1; Zacher, A ö R 93 (1968), S. 341.

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der allgemeine Gleichheitssatz wenigstens zu einer gewissen normativen Bindung durch das Gebot der Gleichbehandlung und die Begründung subjektiv öffentlicher Rechte der Verwaltungsunterworfenen 107 . Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist ein verfassungsrechtliches Kriterium für Art und Ausmaß zulässiger Beschränkungen des Grundrechtsbereichs. Das verfolgte wirtschaftspolitische Ziel muß ein hinreichendes Gewicht haben, und die erfolgte Freiheitsbeeinträchtigung muß geeignet und erforderlich sein, um das wirtschaftspolitische Ziel zu verwirklichen 108 . Der einzelne muß vor unnötigen Eingriffen der öffentlichen Gewalt bewahrt bleiben. Es verstößt beispielsweise gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wenn für eine Erlaubnis Kenntnisse und Fähigkeiten verlangt werden, die in keinem Bezug zu der geplanten Tätigkeit stehen. Ist ein gesetzlicher Eingriff unerläßlich, so müssen die Mittel zur Erreichung des gesetzgeberischen Ziels geeignet sein und dürfen den einzelnen nicht übermäßig belasten 109 . Soweit der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ein hinreichendes Gewicht für das mit einer gesetzlichen Regelung verfolgte Ziel fordert, ist er mit dem Maßstab der willkürfreien Sachgerechtigkeit verknüpft. Auch soweit der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auf der Grundlage erfahrbarer tatsächlicher Gegebenheiten eine vernünftige Relation zwischen Ziel und Mittel sicherstellen will — auf diese Anforderung der Proportionalität wird der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, seiner verwaltungsrechtlichen Herkunft entsprechend, oft beschränkt —, stellt er als Maßstab der Gesetzgebung weniger einen subsumtionsfähigen Rechtssatz dar, aus dem allein mit juristischen Mitteln eine bestimmte Rechtsfolge abgeleitet werden könnte, als eine Richtlinie für die der politischen Entscheidung zugrundezulegende Abwägung. Nichts anderes gilt für die „Geeignetheit" oder „Zwecktauglichkeit" einer wirtschaftspolitischen Maßnahme. Dem Gesetzgeber steht für die Beurteilung der Zwecktauglichkeit eines Gesetzes ein weiter Spielraum zu; nur ein Gesetz, das zur Erreichung seines Zweckes „schlechthin untauglich" ist, verletzt rechtsstaatliche Grundsätze. Eine gesetzliche Maßnahme ist nicht allein deswegen verfassungswidrig, weil sich nachträglich herausstellt, daß sie auf einer Fehlprognose beruht. Es kommt darauf an, ob die Prognose sich an einer sachgerechten und vertretbaren Beurteilung orientiert hatte. Bei „komplexen Sachverhalten" ist dem Gesetzgeber eine angemessene Zeit zum Sammeln von Erfahrungen zu konzedieren. Außerhalb verfassungsrechtlicher Maßstäbe liegt es, ob auch andere Maßnahmen zur Erreichung des vom Gesetzgeber verfolgten Zieles möglich und besser geeignet gewesen wären 110 . 107

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F. Ossenbühl, in: Erichsen / Martens, Allgem. VwR, 5. Aufl., 1981, S. 85ff. BVerwGE 5, 7 9 / 8 1 ; 8, 4 / 1 0 ; 15, 196/202f.; 19, 4 8 / 5 5 ; 27, 275/281; 34, 278; 35, 159. Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht, 1961; Zippelius, DVB1. 1956, 533; Grabitz, A ö R 98 (1972), S. 568. - BVerfGE 21, 150; 27, 3 4 4 / 3 5 2 f . ; 30, 292/315f.; 33, 171/ 186ff.; 37, 1; 40, 198/222ff. BVerfG JZ 1981, 92 (Falkner-Jagdschein). BVerfGE 29, 402; 30, 250; 33, 171/181 f.; 36, 66; 40, 198/222f.; 50, 290/331 ff.; Os-

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b) Berufsfreiheit: Art. 12 I G G schützt das einheitliche Grundrecht der Berufsfreiheit, das Recht, eine frei gewählte und frei ausgeübte Tätigkeit zur Grundlage der Lebensführung und Daseinsgestaltung zu machen. Der „personale Grundzug" der Berufsfreiheit schließt das unternehmerische Handeln u n d die Wirtschaftstätigkeit juristischer Personen zur Verfolgung des Unternehmenszwecks nicht von der Gewährleistung aus; als „Unternehmensfreiheit" ist die freie G r ü n d u n g und Führung von Unternehmen geschützt. Der U m f a n g der Regelungsbefugnis des Gesetzgebers wird allerdings davon beeinflußt, ob personal bestimmte Erscheinungsformen der Berufstätigkeit oder Unternehmenstätigkeiten mit mehr oder minder großem sozialem Bezug betroffen sind 111 . Art. 12 I gewährleistet neben der Berufsfreiheit die konnexen Rechte der freien Wahl des Arbeitsplatzes 112 und der Ausbildungsstätte 1 1 3 . Die selbständige N e n n u n g von Wahl und Ausübung des Berufes betrifft lediglich die unterschiedliche Reichweite der zulässigen gesetzlichen Regelung beruflicher Tätigkeit. Der Regelungsvorbehalt des Art. 12 12 G G erstreckt sich daher nicht nur auf die Ausübung, sondern auch auf die Wahl eines Berufes, kann in bezug auf diese aber nur unter erschwerten Voraussetzungen durch Gesetz ausgenutzt werden. Die denkbaren „Stufen", auf denen der Gesetzgeber die Berufsfreiheit regeln kann, unterscheiden sich nach dem M a ß der durch sie bewirkten Freiheitsbeeinträchtigung u n d sind nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auszuwählen; verhältnismäßig ist nur der geringste zur Erreichung des wirtschaftspolitischen Ziels ausreichende Eingriff. Die Regelungsstufen reichen von der bloßen O r d n u n g der Berufsausübung bis zur Beschränkung der Berufswahl durch subjektive oder gar objektive Zulassungsvoraussetzungen 1 1 4 . Diese „Stufen" sind Anhaltspunkte der Interpretation und dürfen nicht mit mechanischem Konstruktivismus verwandt werden. Es gibt Regelungen der Berufsausübung, die eine derart einschneidende Wirkung haben, daß sie einer Beschränkung der Berufswahl n a h e k o m m e n " 5 . Ebenso können subjektive Zulassungsvoraussetzungen ihrer Wirkung nach objektiven Zulassungsvoraussetzungen gleichkommen 1 1 6 . Eine Regelung der Berufsausübung kommt nur dann in ihrer wirtschaftlichen Wirkung einer Zulassungsbeschränkung nahe — und beeinträchtigt damit die Freiheit der Berufswahl —, wenn die betroffenen Berufsangehörigen in aller Regel und nicht nur in Ausnahmefällen wirtschaftlich nicht mehr in der Lage sind, den gewählten Beruf ganz oder teilweise zur Grundlage ihrer Lebensführung oder

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senbühl, in: Fs. BVerfG, 1976, I, S. 458; P. Badura, in: Fs. f. Ludwig Fröhler, 1980, S. 321. BVerfGE 50, 290/362 ff. BAG NJW 1962, 1981; BAG NJW 1964, 568; BVerwGE 30, 65; 42, 296. BVerfGE 33, 303; 37, 104. BVerfGE 7, 377 („Apotheken-Urteil"). - H.H. Rupp, AöR 92 (1967), S. 212; J. Schwabe, DÖV 1969, 734; H. A. Hesse, A ö R 95 (1970), S. 449. BVerfGE 11, 30 (Kassenarztrecht); 32, 1 (Apothekerassistenten). BVerwGE 40, 17 („männliche Hebamme").

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— bei juristischen Personen — zur Grundlage ihrer unternehmerischen Erwerbstätigkeit zu machen 1 1 7 . Der sachliche Schutzbereich der Berufsfreiheit wird durch den Begriff des Berufes bestimmt. Beruf ist jede erlaubte 118 , f ü r eine bestimmte Dauer und nicht nur vorübergehend ausgeübte Betätigung, die der Schaffung und Erhaltung der Lebensgrundlage dient, sei es als selbständiger Unternehmer oder sonst Berufstätiger („freier B e r u f ) , sei es in abhängiger Arbeit. Da das Grundrecht die freie Disposition darüber gewährleistet, durch welche berufliche Betätigung die materielle Daseinssicherung angestrebt wird, ist „ B e r u f nicht nur die einem soziale geprägten oder überkommenen „Berufsbild" entsprechende Erwerbstätigkeit 119 . Andererseits darf der Gesetzgeber unter Wahrung der freiheitsrechtlichen Anforderungen des Grundrechts in ausgestaltender und auch beschränkender Regelung typisierend Berufsbilder festlegen. Durch das Grundrecht geschützte Berufe sind auch die nur im Staatsdienst möglichen Beschäftigungen und die dem Staat oder einem sonstigen Verwaltungsträger vorbehaltenen Wirtschafts- oder Berufstätigkeiten, wie z. B. die gewerbsmäßige Arbeitsvermittlung. Deshalb unterliegt sowohl die Monopolisierung einer Tätigkeit zugunsten des Staates, d. h. die Errichtung oder Beibehaltung eines Verwaltungsmonopols, als auch die Ausgestaltung der monopolisierten Tätigkeiten durch das Gesetz den Grundsätzen des Art. 12 I G G , wenngleich nach dem Grundgedanken des Art. 33 IV G G die Eigenart der in Anspruch genommenen öffentlichen Aufgaben als besonderer Maßstab der Grundrechtseinschränkung zu berücksichtigen ist 120 . Die Freiheit der Berufswahl darf nur eingeschränkt werden, wenn und soweit der Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter es zwingend gebietet. Besteht die Beschränkung der Berufswahl in der Aufstellung bestimmter Voraussetzungen für die A u f n a h m e des Berufs, ist der tiefere Eingriff in Gestalt objektiver Zulassungsbedingungen, die an außerhalb der Person des Berufsbewerbers liegende Umstände anknüpfen 1 2 1 , nur zulässig, wenn subjektive Bedingungen 1 2 2 ungenügend wären. Die Berufsausübung kann gesetzlich geregelt werden, soweit vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls es zweckmäßig erscheinen lassen; der grundrechtliche Schutz erschöpft sich in der 117

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BVerfGE 13, 181/187; 16, 147/165; 30, 292/314. - Zur generalisierenden Betrachtung bei Berufsausübungsregelungen allgemein: BVerfGE 37, 1. BVerwGE 22, 286. L. Fröhler/G. Mörtel GewArch 1979, 105, 145; P. Badura, in: Fs. f. Wilhelm Herschel, 1981. - Zum „Berufsbild": R. Scholz, DB 1980, Beilage 5. BVerfGE 16, 6; 17, 371; 21, 245; 21, 261; BVerwG DÖV 1966, 195; BVerwG DÖV 1972, 647 (Fährregal); Badura, Das Verwaltungsmonopol, 1963, Tz 83; ders., Jb des Postwesens 1978; H. Hoffmann, DVB1. 1964, 457; Leisner, A ö R 93 (1968), S. 161; Obermayer, NJW 1969, 1457; P. Kirchhof, Verwalten durch „mittelbares" Einwirken, 1977, S. 401 ff. BVerfGE 9, 39; 14, 19; 21, 173; 21, 245; 21, 161; 25, 1; 40, 196; BVerwGE 18, 113. BVerfGE 9, 338; 13, 97; 19, 330; 25, 236; 34, 71; BVerfG JZ 1981, 20.

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Abwehr unverhältnismäßiger und willkürlicher Beschränkungen 123 . Regelungen der Berufsausübung müssen auch die Ungleichheiten berücksichtigen, die typischerweise innerhalb des Berufes bestehen, dessen Ausübung geregelt wird. Werden durch eine Berufsausübungsregelung, die im ganzen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, innerhalb der betroffenen Berufsgruppe nicht nur einzelne, aus dem Rahmen fallende Sonderfälle, sondern bestimmte, wenn auch zahlenmäßig begrenzte, Gruppen typischer Fälle ohne zureichende sachliche Gründe wesentlich stärker belastet, dann kann Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 verletzt sein 124 . Auch Steuervorschriften mit wirtschaftslenkender Nebenwirkung sind, sofern sie nicht prohibitiv die Aufnahme eines Berufs beeinflussen und dadurch die freie Berufswahl beeinträchtigen, als Regelungen der Berufsausübung zu beurteilen 125 ; denn eine an Art. 12 I GG zu messende Regelung der Berufsausübung liegt bei allen gesetzlichen oder administrativen Maßnahmen vor, die bestimmt oder geeignet sind, in die eigenverantwortliche Gestaltung der Berufstätigkeit einzugreifen. Art. 12 I G G ist Prüfungsmaßstab auch für Vorschriften, die nur infolge ihrer tatsächlichen Auswirkungen geeignet sind, die Berufsfreiheit zu beeinträchtigen 126 . Mangels einer gewerbepolizeilichen Spezialermächtigung kommt auch die polizeiliche Generalklausel als Rechtsgrundlage für eine Regelung der Berufsausübung durch Verordnung oder Verfügung in Frage, sofern damit nur eine Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch bestimmte Formen der Berufsausübung verhindert oder unterbunden werden soll und der wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Entscheidung des Gesetzgebers über neue Formen der Berufsausübung nicht vorgegriffen wird 127 . Einschränkungen der freien Wahl oder Ausübung eines Berufes bedürfen in jedem Fall der Grundlage in einem hinreichend bestimmten Gesetz 128 . c) Eigentumsgarantie: Ihrem Wortlaut nach stellt die grundrechtliche Garantie des Eigentums 129 den „Inhalt" des Eigentums seinen „Schranken" ge123

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BVerfGE 9, 73; 21, 72; 22, 380; 23, 50; 30, 292; 33, 125; 33, 171; 34, 293; 37, 1;41, 360; 53, 135; BVerfG NJW 1978, 313. BVerfGE 30, 292/327, 330ff. (strukturbedingte Sonderbelastung der unabhängigen Importeure durch die Erdöl-Bevorratungspflicht); 33, 171/188. BVerfGE 13, 181; 16, 147; 38, 61; 47, 1/21, 37ff. - Friauf, Verfassungsrechtliche Grenzen der Wirtschaftslenkung und Sozialgestaltung durch Steuergesetze, 1966; Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1972, S. 244 ff. BVerfGE 46, 120/137 (§ 3 IV DirRufV). BVerwGE 10, 164 (Ermacora, JuS 1961, 217); BVerwG DVB1. 1970, 504 = JuS 1970, 538; VGH Mannheim DVB1. 72, 503. BVerfGE 54, 224 und 237 mit Anm. H.-J. Papier, JZ 1980, 608. W. Weber, GRe II, S. 331; ders., in: Fs. f. Karl Michaelis, 1972, S. 316; R. Reinhardt/ U. Scheuner, Verfassungsschutz des Eigentums, 1954; Scheuner, in: ders. / Küng, Der Schutz des Eigentums, 1966, S. 5; ders., Die staatliche Einwirkung auf die Wirtschaft, 1971, S. 43ff.; Sendler, DÖV 1971, 16 und 1974, 73; Badura, Eigentum im Verfassungsrecht der Gegenwart, 49. DJT, 1972, I I / T ; Leisner, Sozialbindung des Eigentums, 1972; K. H. Friauf / R. Wendt, Eigentum am Unternehmen,

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genüber (Art. 14 GG) und legt damit die Vorstellung nahe, das Eigentum sei entsprechend der liberalen Formel des „staatsfreien Raumes" von „Freiheit und Eigentum" eine vorstaatliche Größe, die der staatlichen Ordnung, Begrenzung und Gestaltung gewissermaßen vorgegeben sei. Doch ist es das Gesetz, das den Inhalt nicht weniger als die Schranken des Eigentums bestimmt und dabei dessen Sozialgebundenheit zur Geltung zu bringen hat (Art. 14 II GG). Durch die Garantie wird der Gesetzgeber bei der Regelung der Güterverteilung und bei der Bereitstellung der rechtlichen Ordnung für die Vermögenswerten Rechte, ihre Ausgestaltung, ihre Nutzung und die Verfügung über sie, verfassungsrechtlichen Bindungen unterworfen, die sich hauptsächlich in den Grundsätzen der Lastengleichheit der einzelnen und der Privatnützigkeit des Eigentums und seiner Verwendung zusammenfassen lassen. Ihrer verfassungspolitischen Funktion nach reichen das Eigentum und seine Garantie weit über die Zuerkennung eines individualistischen Reservats hinaus. Art und Maß des Schutzes des Eigentums und der privatautonomen und privatwirtschaftlichen Verwendung des Eigentums bilden ein wirtschaftsverfassungsrechtliches Grundkriterium für die Unterscheidung der Wirtschaftsordnungen. Wenn die Verfassung, wie im Falle des Grundgesetzes, das Eigentum — und nicht nur das „persönliche Eigentum" — schützt, geschieht das nicht nur aus Rücksicht für die Eigentümer, sondern weil darin auch ein dem Prinzip nach nützliches Element der Gesellschaftsordnung gesehen wird. Dementsprechend kann und muß der Gesetzgeber die Unterschiedenheit der Eigentumsarten — Unternehmenseigentum, Grundeigentum, Verbrauchseigentum etc. — je nach ihrer sozialen und politischen Bedeutung berücksichtigen. Die Auseinandersetzung um die Eigentumsverfassung 130 ist in den Hauptpunkten zugleich eine Auseinandersetzung um die Wirtschaftsordnung und die Gestalt politischer Herrschaft. Das Eigentum wird einerseits geschützt, weil es die rechtliche Zuteilung der gegenständlichen Grundlagen individueller Daseinsbehauptung und -gestaltung bewirkt. Auf der anderen Seite hat das Eigentum im Rahmen einer Wirtschaftsordnung mit prinzipiell marktwirtschaftlicher Produktion und Verteilung die Aufgabe, die privatautonome Entscheidung über den Gebrauch und den Verkehr der Güter (Produktionsmittel, Waren) zu ermöglichen, auf der die Dezentralisation des wirtschaftlichen Prozesses und die mit der gesellschaftlich erwünschten privaten Initiative verbundene individuelle Verteilung von Erfolg und Risiko beruhen 131 . Kraft des wohlfahrtsstaatlichen Sozialgestaltungsauftrages, der in Art. 14 II G G individualistisch gewendet

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1977; H.-J. Papier, VVDStRL 35 (1977), S. 55, 81 ff.; H. Chr. Binswangen Eigentum und Eigentumspolitik, 1978, bes. S. 115ff.; G.Müller, Schweizer. Juristenverein 115/1, 1981. Zu Mitbestimmung und Vermögensbildung siehe oben Abschn. I 2 b. Scheuner, in: ders. / Küng, 1966, S. 43; Bericht Mitbestimmung im Unternehmen', BTag Drucks. VI/334, S. 78; F. Rittner, in: Marburger Gespräch über Eigentum — Gesellschaftsrecht — Mitbestimmung, 1967, S. 50.

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als Pflichtigkeit des Eigentümers erscheint, ist es dem Staat aufgegeben, den privatautonomen Gebrauch des Eigentums, vornehmlich des produktiven Kapitals, unter Aufrechterhaltung seiner Funktion für den marktwirtschaftlichen Prozeß in dem M a ß e durch rechtliche O r d n u n g u n d Gestaltung zu vergesellschaften, in dem es zur Verwirklichung der sozialen Gerechtigkeit erforderlich ist und in dem das Eigentum sozialschädliche Macht- u n d Ausbeutungschancen vermittelt. Die Gewährleistung des Eigentums hat eine individuelle, die konkreten Rechte einzelner betreffende, und eine institutionelle, das Rechtsinstitut des „Privateigentums" betreffende Schutzwirkung 132 . „Eigentum" im Sinne des Grundrechts ist jedes erworbene u n d bestehende Vermögenswerte Recht, also nicht nur das Sacheigentum des BGB, sondern auch schuldrechtliche, sachenrechtliche und gesellschaftsrechtliche Berechtigungen, auch erworbene öffentlich-rechtliche Ansprüche, sowie alle sonstigen konkretisierten Rechtspositionen, auf denen Lebensführung u n d wirtschaftliche Betätigung beruhen können 1 3 3 . Kein Eigentum sind bloße Erwerbsaussichten oder Chancen, die zwar nach den gegebenen rechtlichen oder faktischen Verhältnissen, z. B. der Marktlage, bestehen, auf deren Fortbestehen aber nicht vertraut werden kann. Als grundrechtliche Gewährleistung individueller Rechte schützt die Eigentumsgarantie vor beliebiger Beeinträchtigung oder Entziehung vermögenswerter Rechte (Art. 14 III GG). Als Einrichtungsgarantie gewährleistet das Grundrecht die Existenz privatrechtlicher Rechtssätze, die Innehaben, Erwerb, Nutzung und verkehrswirtschaftliche Verwendung individueller Vermögensrechte als Grundlage privater Daseinsgestaltung und privatautonomer Wirtschaftsführung ermöglichen u n d ordnen. Die wirtschaftsverwaltungsrechtlich im Vordergrund stehende Konkretisierung der Eigentumsgarantie ist die Sicherung des als vermögenswertes Recht anerkannten eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs im Hinblick auf den sozialgestaltenden und wirtschaftslenkenden Gesetzgeber 134 . Der geschützte Gewerbebetrieb 1 3 5 umfaßt den sachlichen Bestand des Betriebs und alle seine einzelnen Erscheinungsformen („Ausstrahlungen"), die außerdem 132

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BVerfGE 14, 263; 24, 367; 50, 290/339. - M. Wolff, Reichsverfassung und Eigentum, in: Fs. f. Wilhelm Kahl, 1923. K. Hesse, VerfR, 12. Aufl., 1980, S. 181; Scheuner, a. a. O., S. 41. Ehlermann, Wirtschaftslenkung und Entschädigung, 1957; Duden, in: Fs. f. F. Böhm, 1965, S. 3; E. R. Huber, Grundgesetz und vertikale Preisbindung, 1968, S. 55ff.; Wiethölter, KritJ 1970, 121; Fröhler, Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, 1972; Badura, A ö R 98 (1973), S. 153. - In BVerfGE 51, 193/221 f. werden Zweifel daran angedeutet, ob ein selbständiger Schutz des „Gewerbebetriebs" als Eigentum i. S. des Art. 14 G G in Betracht komme. BGHZ 23, 157; 45, 150; 48, 58; 48, 65; BGH NJW 1967, 1867; BGHZ 55, 261; BGH NJW 72, 1574; BGH NJW 75, 1966; BGH DVB1. 1977, 857 (FluglotsenStreik); BVerwGE 36, 248. - W. Weber, AöR 91 (1966), S. 382, 400f.; Buchner, Die Bedeutung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb für den deliktischen Unternehmensschutz, 1971; Zuck, Gewerbebetrieb und Enteig-

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den wirtschaftlichen Wert des konkreten Gewerbebetriebs ausmachen, wie Geschäftsbeziehungen, good will u n d die besondere Lage an der Straße („Kontakt nach außen"), nicht aber bloße Erwerbsmöglichkeiten, Gewinnaussichten, H o f f n u n g e n oder Chancen. Gewährleistet wird die „Sach- und Rechtsgesamtheit" des Betriebs in ihrer „Substanz", d. h. das ungestörte Funktionieren des Betriebsorganismus, dessen Beeinträchtigung den Verfügungsberechtigten daran hindert, von der in dem Gewerbebetrieb verkörperten Organisation sachlicher und persönlicher Mittel den bestimmungsgemäßen Gebrauch zu machen. Zur eigentumsrechtlich geschützten Gewerbeausübung wird auch die Wirtschaftswerbung gerechnet 136 . Der geschützte Umfang des Betriebs wird durch die jeweilige ökonomische und örtliche „Situation" bestimmt, in der das Gewerbe betrieben wird, so daß vorteilhafte Umstände nur garantiert sind, wenn u n d soweit der Betriebsinhaber sich darauf verlassen darf, daß sie auf Dauer erhalten bleiben. Wirtschaftslenkende Maßnahmen, die — wie die Veränderung des Diskontsatzes, die Herabsetzung eines Schutzzolls oder die Umgestaltung einer Marktordnung — lediglich die erkennbar situationsbedingten Erwerbschancen eines Gewerbebetriebs beeinflussen, stellen daher keinen entschädigungspflichtigen Eingriff in das Unternehmereigentum dar, sofern nicht ein besonderer Vertrauenstatbestand gegeben ist oder auf andere Weise ein Sonderopfer abverlangt wird 137 . Über diese Grundsätze der Eigentumsgarantie hinaus hat ein aus dem allgemeinen Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand staatlicher Wirtschaftsplanung abgeleiteter „Plangewährleistungsanspruch" noch keine Anerkennung gefunden 138 . Sofern eine wirtschaftslenkende M a ß n a h m e oder Regelung den grundrechtlich gesicherten Bereich des Gewerbebetriebs oder sonst eines Vermögenswerten Rechtes berührt, kommt es f ü r die Frage, ob darin eine entschädigungslos zu duldende Bestimmung von Inhalt oder Schranken des Eigentums oder aber ein enteignender Eingriff zu sehen ist, darauf an, ob die M a ß n a h m e — ihre Geeignetheit vorausgesetzt — im rechten Verhältnis zu der Schwere

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nungsentschädigung, 1971; G. Krohn, GewArch 1977, 145; ders., GewArch 1979, 249; ders., GewArch 1981, 249. P. Lerche, Werbung und Verfassung, 1967, S. 73ff.; P. Selmer, in: Fs. f. H. P. Ipsen, 1977, S. 515. BGHZ 45, 83; BGH VerwRspr. 16, 902; BGH JZ 1968, 130; BGH BB 1968, 1179; BVerwG DVB1. 1966, 751. Ipsen, VVDStRL 11 (1954), S. 129; ders., in: J. H. Kaiser (Hrsg.), Planung I, 1965, S. 35, 60ff.; ders. in: J. H. Kaiser (Hrsg.), Planung II, 1966, S. 63, 106ff.; ders., in: Fs. f. E. R. Huber, 1973, S. 219; Kriele, D Ö V 1967, 531; Burmeister, Verwaltung 2 (1969), S. 21; Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, 1970; J. Egerer, Der Plangewährleistungsanspruch, 1971; Scheuner, Einwirkung a. a. O. (Anm. 129), S. 45f.; Ossenbühl, DÖV 1972, 25; Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1972, S. 348ff.; Kisker / Püttner, VVDStRL 32 (1974), S. 149ff., 200ff.; W.-R. Schenke, AöR 101 (1976), S. 337; G. Korbmacher, WiVerw. 1979, S. 37; W. Thiele, DÖV 1980, 109.

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der den Eigentümer treffenden Einschränkung seiner Dispositionsfreiheit steht, mit anderen Worten, ob die Regelung notwendig (nicht durch eine andere Maßnahme ersetzbar) und für den Eigentümer zumutbar ist139. Als Kriterium für die Schwere und Zumutbarkeit des Eingriffs ist von der in der Eigentumsgarantie vorausgesetzten Zweckbestimmung des Privateigentums, seiner „Privatnützigkeit", auszugehen, nämlich seiner Funktion, im marktwirtschaftlichen Wirtschaftsprozeß Basis der privaten Initiative und des privaten Interesses zu sein. Ausschlaggebend ist demnach, ob eine wirtschaftslenkende Maßnahme die Privatnützigkeit des Eigentums respektiert oder aber wesentlich beeinträchtigt oder gar beseitigt, etwa durch Zerstörung der Rentabilität 140 . Diese Grundsätze müssen auch für den Fall gelten, daß die Wirtschaftslenkung sich des Mediums der Besteuerung bedient; denn der Steueranspruch verkörpert hier nicht nur eine Geldleistungspflicht, sondern auch eine wirtschaftsverwaltungsrechtliche Beeinträchtigung des Unternehmereigentums. Mit dieser Auffassung stimmt die Rechtsprechung des BVerfG möglicherweise im praktischen Ergebnis überein, weil danach die Eigentumsgarantie zwar gegen die Auferlegung von Geldleistungspflichten nicht schützt, aber andererseits dennoch verletzt sein könnte, wenn die Geldleistungspflichten den Betroffenen übermäßig belasten und seine Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtigen 141 . Noch größer als gegenüber der Steuergewalt ist die Schwäche des verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes gegenüber der Geldentwertung 142 . Ungerechte Auswirkungen der Geldentwertung können einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz zur Folge haben. 139

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BVerfGE 21, 74; 21, 150; 24, 367; 25, 112; 26, 215; 31, 229 und 275; 37, 132. BGHZ 6, 270; 32, 208; 48, 193; 60, 126; BGH DVB1. 1974, 625 und 627. BVerwGE 15, 1; 24, 60 - Bender, NJW 1965, 1297; Badura, Entschädigung nach Enteignungsgrundsätzen, 1971; F. Klein, Eigentumsbindung, Enteignung, Sozialisierung und Gemeinwirtschaft im Sinne des Bonner Grundgesetzes, 1972. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 10. Aufl., 1973, S. 344; Reinhardt, in: ders. / Scheuner a . a . O . (Anm. 129) S. lOff.; Ehlermann a . a . O . (Anm. 134) S. 101 ff.; BGH NJW 1968, 294. BVerfGE 4, 7 / 1 6 ; 19, 119/128f.; 30, 250; BVerfG NJW 76, 101 (substanzverzehrende Vermögenssteuer). — Friauf, Verfassungsrechtl. Grenzen der Wirtschaftslenkung und Sozialgestaltung durch Steuergesetze, 1966 (dazu Neumark, FinArch 25 [1966], S. 476); W. Weber, StbJb 1967/68, S. 95, 116ff.; Rüfner, DVB1. 1970, 881; Spanner, StuW 1970, 377; Papier, Staat 1972, S. 483; Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1972, S. 295ff.; E. Benda/K. Kreuzer, DStR 1973, 49; Badura, WiR 1974, S. 1 / 7 f f . ; R. Wendt, Die Gebühr als Lenkungsmittel, 1975, S. 91 ff.; Papier DVB1. 1980, 787; R. Wendt, NJW 1980, 2111; P. Kirchhof/H. H. von Arnim, VVDStRL 39 (1981), S. 213, 286. BVerfG HFR 1969, 347; BVerfGE 50, 57; BFHE 89, 422; 90, 396; 102, 383; BFH BStBl. II 1974, 572 und 582; BFH JuS 1976, 545. - Friauf, StbJb 1971/72, S. 425; ders., StuW 1975, 260; J. H. Kaiser, in: Fs. für E. R. Huber, 1973, S. 237; Papier, A ö R 98 (1973), S. 528; ders., JuS 1974, 477; Badura, WiR 1974, S. 1, 9ff.; Mann, NJW 1974, 1297; Bettermann, RdA 1975, 2; Scheuner, in: Fs. für Hans Schäfer, 1975, S. 109, 121; Spanner, DStR 1975, 475; Sp. Simitis, in: Kötz/Reichert-Facili-

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Die verfassungsrechtliche Regelung der Sozialisierung in Art. 15 GG 143 hat bisher mangels Vollzugs144 noch keine praktische Bedeutung erlangt, ist aber nichtsdestoweniger jedenfalls deshalb wirtschaftsverfassungsrechtlich bedeutsam, weil sie in besonders eindeutiger Weise zeigt, daß das GG nicht eine Festlegung der liberalen Wirtschaftsidee darstellt oder verlangt. Die Sozialisierung ist durch ihre auf sozialentwährende Umschaffung der Eigentumsordnung gerichtete Zwecksetzung von der Enteignung geschieden. Da Art. 15 GG den Gesetzgeber nicht zur Sozialisierung verpflichtet und deshalb seine wirtschafts- und gesellschaftspolitische Gestaltungsfreiheit nicht berührt 145 , besteht die rechtliche Wirkung dieser Vorschrift lediglich darin, daß sie einen etwaigen Sozialisierungswillen auf die aufgeführten Objekte der Produktionssphäre beschränkt, deren Sozialisierungsfähigkeit allerdings zugleich abstrakt feststellt, und daß sie durch die Verweisung auf die Regelung der Enteignungsentschädigung eine entschädigungslose Sozialisierung ausschließt.

III. Wirtschaftsverwaltung 1. Organisation a) Staatliche Wirtschaftsverwaltung in Bund und Ländern: Während die Gesetzgebung auf dem Gebiet des Wirtschaftsverwaltungsrechts zur ausschließlichen oder konkurrierenden Kompetenz des Bundes gehört, ist die Ausübung öffentlicher Verwaltung im Bereich der Wirtschaft ganz überwiegend eine Angelegenheit der Länder (Art. 30, 83, 84 GG). Die Formulierung der Wirtschaftspolitik hingegen liegt im wesentlichen in der Hand der BReg und des

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des, Inflationsbewältigung im Zivil- und Arbeitsrecht, 1976, S. 49; M. SchmidtPreuß, Verfassungsrechtl. Zentralfragen (Anm. 46), S. 105ff.; H. H. von Arnim, Die Besteuerung von Zinsen bei Geldentwertung, 1978. — „Aufwertung" zivilrechtl. Ansprüche (Ruhegeldzusagen, Zugewinnausgleich): BAG DB 1973, 773; BGH DB 1973, 1497; BGH NJW 1974, 137 und 1186; BGH D B 1975, 2220 (keine „Aufwertung" von Mietzinsansprüchen). Die Anpassung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an die Geldentwertung bestimmt sich seit dem 1.1. 1975 nach der wenig klaren Vorschrift des § 16 G. zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung; vgl. u. a. BAG NJW 1980, 1181. Ipsen / Ridder, W D S t R L 10 (1952), S. 74ff„ 124ff.; H. Krüger, GRe I I / l , S. 267; Kimminich, BK, Zweitbearb. Art. 15, 1965; Abendroth, Das Grundgesetz, 1966, S. 62ff.; Maunz, StaatsR, 23. Aufl., 1980, S. 199f.; J. Jsensee, DÖV 1978, 233; Ortlieb, Der gegenwärtige Stand der Sozialisierungsdebatte in Deutschland, SchrVS N F 2, 1950, S. 189. Zu der auf Grund Art. 41 HessVerf erfolgten Sozialisierung und deren Schicksal: H. Krüger, AöR 77 (1951/52), S. 46; Ipsen, DÖV 1952, 225; ders., in: Fs. f. Jahrreiß, 1964, S. 115. Zur Privatisierung: BVerfGE 12, 354 (VW-Werk).

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Bundeswirtschaftsministers 1 4 6 , ebenso wie die abgeleitete Rechtsetzung durch Rechtsverordnungen; für diese ist meistens die Zustimmung des Bundesrates erforderlich (Art. 80 II, 109 IV 3 GG). Durch Beiräte der BReg wird die Wirtschaftspolitik vorbereitet und beeinflußt 1 4 7 . Aufgaben und Befugnisse der Währungs- und Kreditpolitik werden durch die unabhängige (ministerialfreie) Bundesbank wahrgenommen 1 4 8 . Eine Ausübung von Wirtschaftsverwaltung durch den Bund erfolgt mit Hilfe von Bundesoberbehörden, wie z. B. dem Bundeskartellamt 1 4 9 und dem Bundesamt für Gewerbliche Wirtschaft 150 , und von bundesunmittelbaren Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts, wie z. B. der Bundesanstalt für den Güterfernverkehr 1 5 1 und der Bundesanstalt f ü r landwirtschaftliche Marktordnung (Art. 87 III 1 GG) 1 5 2 . b) Selbstverwaltung der Wirtschaft: Neben den staatlichen Behörden der Wirtschaftsverwaltung bestehen im Bereich der Industrie und des Handels, des Handwerks und der Landwirtschaft Einrichtungen einer „Selbstverwaltung der Wirtschaft" in Gestalt von Körperschaften des öffentlichen Rechts 153 . Die ebenso wie die Kammern der gewerblichen Wirtschaft und der Landwirtschaft auf dem Prinzip der körperschaftlichen Selbstverwaltung beruhenden Kammern der freien Berufe, z. B. der Ärzte, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, die wegen der von ihnen angebotenen gehobenen Dienstleistungen und Geschäftsbesorgungen außerhalb des Gewerberechts stehen, 146 147

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Randel, Das Bundesministerium für Wirtschaft, 1966. G über die Bildung eines Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vom 14.8. 1963 (BGBl. I, S. 685), § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StabG. - Jahresgutachten 1980/81, BT-Drucks. 9 / 1 7 . - Heinze, Staat 6, 1969, S. 433; Brohm, in: Fs. f. E. Forsthoff, 1972, S. 37; R. Molitor (Hrsg.), Zehn Jahre Sachverständigenrat, 1973, R. Scholz, DÖV 1973, 843. Art. 88 GG, G über die Deutsche Bundesbank vom 26. 7. 1957 (BGBl. I, S. 745, mehrf. geänd.). — Siehe oben Anm. 27. §§48 ff. GWB. Bericht des Bundeskartellamtes über seine Tätigkeit in den Jahren 1979/1980 sowie über Lage und Entwicklung auf seinem Aufgabengebiet (§ 50 GWB), BT-Drucks. 9/565. - Günther, ZHR 125 (1963), S. 38; 10 Jahre Bundeskartellamt, 1968; Zuck, NJW 1971, 1633. G vom 9. 10. 1954 (BGBl. I, 281). §§ 53ff. GüKG. G. F. Schuppen, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch verselbständigte Verwaltungseinheiten, 1981. E. R. Huber, Selbstverwaltung der Wirtschaft, 1958; W. Reuss, GRe I I I / l , S. 91; Horak, Selbstverwaltung der Wirtschaft, 1958; Bremer, Das Kammerrecht der Wirtschaft, 1960; Brohm, Strukturen der Wirtschaftsverwaltung, 1969; Fröhler/Oberndorfer, Körperschaften des öffentl. Rechts und Interessenvertretung, 1974; P. Oberndorfer WiVerw 1979, 129. — Selbstverwaltung der Wirtschaft findet auch durch nicht rechtsfähige, bestimmten Behörden zugeordnete Gremien statt, wie z. B. die Frachtenausschüsse der Binnenschiffahrt gem. §§ 22 ff. BSchG (BVerwGE 31,359).

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werden als ein besonderer Bereich der berufsständischen Selbstverwaltung angesehen 154 . Bei den K a m m e r n der Selbstverwaltung der Wirtschaft handelt es sich organisationsrechtlich u n d äußerlich um Verwaltungsträger der mittelbaren Staatsverwaltung mit einem bestimmten Bezirk, die f ü r die Vertretung der Interessen ihrer körperschaftlich zusammengeschlossenen Mitglieder das Recht der Selbstverwaltung besitzen und unter Staatsaufsicht stehen. Die Bildung dieser Verwaltungseinheiten entspringt allerdings nicht dem Organisationsprinzip der Dezentralisation, d. h. dem Gedanken, eine Verwaltungsaufgabe durch Ausgliederung aus der unmittelbaren Staatsverwaltung besser erledigen zu können, sondern der Absicht, die kollektive Interessenwahrung in einzelnen Wirtschaftszweigen durch die öffentlich-rechtliche Organisation der Interessenten zu begünstigen u n d bis zu einem gewissen G r a d e zu disziplinieren; neben den eigenen Angelegenheiten der Mitglieder spielen bei den Trägern der wirtschaftlichen Selbstverwaltung übertragene Angelegenheiten nur eine geringe Rolle. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der hier meist bestehenden Zwangsmitgliedschaft und damit der „Verkammerung" der Wirtschaft überhaupt beurteilt sich nicht nach Art. 9 I G G , dessen Schutzbereich nur die privatautonome Assoziation erfaßt und deshalb die „negative" Vereinigungsfreiheit nur bei privatrechtlichen Organisationsformen schützt 155 . Die Praxis zieht die allgemeine Handlungsfreiheit heran; danach hindert es Art. 2 I G G nicht, daß der Staat sich bei der „legitimen Aufgabe der Förderung der Wirtschaft" der Hilfe von Einrichtungen bedient, die er auf gesetzlicher Grundlage aus der Wirtschaft heraus sich selbst bilden läßt u n d die durch ihre Sachkunde die Grundlage dafür schaffen helfen, daß staatliche Entschließungen auf diesem Gebiet ein möglichst hohes M a ß an Sachnähe u n d Richtigkeit gewinnen 156 . Es erscheint jedoch sachgemäßer, die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Zwangsmitgliedschaften bei Körperschaften der wirtschaftlichen Selbstverwaltung an dem Grundrecht der Berufsfreiheit zu messen, das die spezielle Gewährleistung der freien beruflichen Betätigung darstellt; denn die Einordnung eines Gewerbebetriebs und seines Inhabers in eine Körperschaft der wirtschaftlichen Selbstverwaltung betrifft die in dem Gewerbebetrieb entfaltete berufliche Tätigkeit. Die Industrie- und Handelskammern157 haben die Aufgabe, das Gesamtinteresse der ihnen zugehörigen Gewerbetreibenden wahrzunehmen, für die 154

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Brandstetter, Der Erlaß von Berufsordnungen durch die Kammern der freien Berufe, 1971; D. Hahn, Die öffentlich-rechtliche Alterssicherung der verkammerten freien Berufe, 1974; P. Badura, Dt. Architektenbl. 1979, BY 67. - Zu den Grenzen der Satzungsgewalt der Kammern: BVerfGE 33, 125 (Facharzt-Urteil); BVerwG DÖV 1973,311. Abw. Hesse, VerfR, S. 169. BVerfGE 15, 235; 32, 54; OVG Münster NJW 1960, 214. G zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern vom 18.12.1956 (BGBl. 1956 I, S. 920). - Frentzel/ Jäckel / Junge, Industrie- und

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Förderung der gewerblichen Wirtschaft zu wirken und dabei die wirtschaftlichen Interessen einzelner Gewerbezweige oder Betriebe abwägend und ausgleichend zu berücksichtigen; dabei obliegt es ihnen insbesondere, durch Vorschläge, Gutachten u n d Berichte die Behörden zu unterstützen und zu beraten sowie für Wahrung von Anstand u n d Sitte des ehrbaren K a u f m a n n s zu wirken. Die Kammern wirken an der Berufsausbildung mit. Die Wahrnehmung sozialpolitischer und arbeitsrechtlicher Interessen gehört nicht zu ihren Aufgaben. Kammerzugehörige, die durch Beiträge die Kosten der Errichtung u n d Tätigkeit der K a m m e r n aufzubringen haben, sind natürliche Personen, Handelsgesellschaften, andere nicht rechtsfähige Personenmehrheiten und juristische Personen des privaten u n d des öffentlichen Rechts, welche im Kammerbezirk entweder eine gewerbliche Niederlassung oder eine Betriebsstätte oder eine Verkaufsstelle unterhalten und mit dieser gewerbesteuerpflichtig sind 1 5 8 ; von der Pflichtmitgliedschaft ausgenommen sind die nicht in das Handelsregister eingetragenen freiberuflich tätigen Personen und Inhaber land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe sowie die Inhaber von Handwerksbetrieben und von handwerksähnlichen Betrieben (§ 2 I H K G , Art. 23 SteueränderungsG 1961, §§ 18ff., 90 II HandwO). Der Inhaber eines Handwerksbetriebs, der außerdem eine nicht-handwerkliche Gewerbetätigkeit ausübt, ist insoweit Pflichtmitglied der Industrie- und Handelskammer 1 5 9 . Die Handwerkskammern haben die Aufgabe, die Interessen des Handwerks zu wahren und zu fördern und an der Berufsausbildung mitzuwirken (§§ 90 ff. HandwO) 1 6 0 . Ihre Mitglieder sind die selbständigen Handwerker und die Inhaber handwerksähnlicher Betriebe im Kammerbezirk sowie die Gesellen und Lehrlinge dieser Gewerbetreibenden. Die selbständigen Handwerker u n d die Inhaber handwerksähnlicher Betriebe tragen durch Beiträge zur Dekkung der Kosten bei, die durch die Errichtung u n d Tätigkeit der Handwerkskammer entstehen (§113 HandwO) 1 6 1 . Die Handwerksinnungen stellen einen

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Handelskammergesetz, 3. Aufl., 1971; W.Fischer, Unternehmerschaft, Selbstverwaltung und Staat, 1964; Leibholz, Die Stellung der Industrie- und Handelskammern in Gesellschaft und Staat, 1966; G. Frentzel / E. Jäckel, Die dt. Industrie- und Handelskammern und der Dt. Industrie- und Handelstag, 1967; Ipsen, Berufsausbildungsrecht für Handel, Gewerbe und Industrie, 1967; Wentzel, Autonomes Berufsbildungsrecht und Grundgesetz, 1970; Wülker, Der Wandel der Aufgaben der Industrie- und Handelskammern in der Bundesrepublik, 1972. BVerwGE 16, 295; 22, 58; BVerwG NJW 1978, 904. BVerwG NJW 1978, 389. L. Fröhler, Die Staatsaufsicht über die Handwerkskammern, 1957; ders., Das Organisationsrecht der Handwerksordnung, 1973; V. Chesi, Struktur und Funktionen der Handwerksorganisation in Deutschland seit 1933, 1966; Kolbenschlag/Patzig, Die dt. Handwerksorganisation, 1968; W. Hoff mann-Riem, Interessenzuordnung im Handwerk, 1980. — Eine wirtschaftliche Betätigung steht mit den gesetzlich zugewiesenen Kammeraufgaben nicht im Einklang (OVG Koblenz GewArch 1980, 339). BVerwG NJW 1977, 1893.

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freiwilligen Zusammenschluß der selbständigen Handwerker desselben Handwerks oder verwandter Handwerke auf der Kreisebene dar und sollen die gemeinsamen gewerblichen Interessen ihrer Mitglieder fördern (§§ 52 ff. HandwO). Sie werden von der zuständigen Handwerkskammer beaufsichtigt (§ 75 HandwO) und sind fachlich zu Landesinnungsverbänden (§ 79 HandwO) und örtlich zu Kreishandwerkerschaften (§ 86 HandwO) zusammengeschlossen. Die Landesinnungsverbände und die Kreishandwerkerschaften sind in Rechtsformen des Privatrechts organisiert. Die Tariffähigkeit der Innungen und Innungsverbände (§§ 54 III Nr. 1, 82 S. 2 Nr. 3 HandwO) verletzt Art. 9 III GG nicht 162 . Für das Recht der Landwirtschaftskammern besteht eine bundesrechtliche Regelung, die gemäß Art. 74 Nr. 17 G G möglich wäre, noch nicht. In einer Anzahl von Bundesländern sind jedoch Landwirtschaftskammern auf landesrechtlicher Grundlage errichtet worden 163 . In Anlehnung an die in Art. 165 WeimRVerf vorgesehenen Wirtschaftsräte, in denen Vertreter der Unternehmer und der Arbeitnehmer zusammenwirken sollten, haben Bremen 164 und Rheinland-Pfalz 165 Wirtschaftskammern errichtet. Das Grundgesetz hat lediglich in Übereinstimmung mit Art. 156 WeimRVerf eine gemeinwirtschaftliche Selbstverwaltung für sozialisierte Produktionsmittel in Betracht gezogen (Art. 15). Bis in die jüngste Zeit ist nach dem Vorbild des Reichswirtschaftsrates der Weimarer Republik 166 und der Wirtschaftsräte in einigen westeuropäischen Verfassungen von verschiedenen Seiten eine quasiparlamentarische Repräsentation der organisierten Interessen der Wirtschaft in einem „Bundeswirtschaftsrat"oder „Wirtschaftsund Sozialrat" gefordert worden 167 . Ein derartiges Verfassungsorgan, das be162 163

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BVerfGE20, 312. Vgl. z. B. das niedersächs. G über Landwirtschaftskammern i. d. Fass. vom 1. 6. 1967 (GVB1. S. 223). Der Bayer. Bauernverband ist eine Körperschaft des öffentl. Rechts mit freiwilliger Mitgliedschaft; VO Nr. 106 vom 29. 10. 1946 (BayBS IV, S. 318), Bek. vom 17.2. 1960 (StAnz Nr. 9). - E. Sauer, Landwirtschaftliche Selbstverwaltung, 1957. Art. 46 BremVerf, G vom 23. 6. 1950 (GVB1. S. 71). Art. 71 ff. VerfRhPfalz, G vom 21. 4. 1949 (GVB1. I, S. 141). Art. 165 WRV; VO über den vorläufigen Reichswirtschaftsrat vom 4. 5. 1920 (RGBl. S. 858). Entwurf eines G über die Errichtung eines BundeswirtSchafts- und Sozialrates: BTag Drucks. VI/2514. - G. Bernhardt, Wirtschaftsparlamente, 1923; Glum, Der deutsche und der französische Reichswirtschaftsrat, 1929; Seidenfus, Gedanken zur Errichtung eines Bundeswirtschaftsrates, 1962; Napp / Zinn, Wirtschaftsräte und überbetriebliche Mitbestimmung in Deutschland, SchrVS N F 24/11, 1964, S. 61; Schachtschabel, Die gewerkschaftl. Forderung nach Mitbestimmung der Arbeitnehmer auf überbetrieblicher Ebene und ihre Vereinbarkeit mit anderen Konzeptionen, ebd. S. 155; Sperling, Wirtschaftsräte im europ. Verfassungssystem, 1965; K. von Beyme, Interessengruppen in der Demokratie, 1969, S. 173ff.; H. Stephan, JöR 18 (1969), S. 95; W. Thiele, DVB1. 1970, 529; B.-O. Bryde, Zentrale wirtschaftspolitische Beratungsgremien in der Parlamentär. Verfassungsordnung, 1972; Steinberg,

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ratend oder beschließend (sei es auch nur im Rahmen eines Rechts zur Gesetzesinitiative) an der Wirtschafts- und Sozialgesetzgebung oder an der gesamten Gesetzgebungstätigkeit einschließlich des Haushaltsgesetzes beteiligt wäre, würde zu den Grundsätzen der parlamentarischen Demokratie in einen gewissen Widerspruch treten; es könnte jedenfalls nicht ohne eine Verfassungsänderung errichtet werden. Während ein Wirtschafts- und Sozialrat als Werkzeug überbetrieblicher Mitbestimmung oder als korporativ-professionelle Ergänzung des Parlamentarismus verstanden wird, stehen die auf anderen Vorstellungen beruhenden Arbeitskammern ihrem Prinzip nach in einer Spannungslage zu den Koalitionen und der Koalitionsfreiheit 168 . Die Europäischen Gemeinschaften haben den Einfluß der organisierten Interessen in Organen mit beratender Funktion institutionalisiert, nämlich in dem Wirtschafts- und Sozialausschuß von EWG und EAG und in dem Beratenden Ausschuß der EGKS 169 . c) Wirtschaftsverbände, Koalitionsfreiheit: Als privatrechtlich organisierte Vereinigungen des Wirtschaftslebens bestehen die Koalitionen (Art. 9 III GG) und die Wirtschafts- oder Unternehmensverbände (Art. 9 I GG). Koalitionen sind freiwillige und überbetriebliche Vereinigungen entweder von Arbeitgebern oder von Arbeitnehmern („Gegnerfreiheit") mit dem Ziel der Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen, aber nicht notwendig mit Tarifwilligkeit und Streikbereitschaft 170 . Wirtschaftsverbände sind Vereinigungen von fachlich gleichartigen Unternehmen zur Wahrung und Förderung der gemeinschaftlichen wirtschaftlichen Interessen und deren Zusammenschlüsse in regionalen Spitzenverbänden, wie z. B. der Bundesverband der Deutschen Industrie 171 . Die Wirtschaftsverbände können für

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DÖV 1972, 837; H. H. Rupp, Die .öffentlichen' Funktionen der Verbände und die demokratisch-repräsentative Verfassungsordnung, SchrVS 74/11, 1973, S. 1251; H. Donner, DVB1. 1974, 183; E.-W. Böckenförde, Staat 15 (1976), S. 457; K. Stern, JöR 25 (1976), S. 103; A. Saipa, AöR 102 (1977), S. 497; H.-J. Menzel, Legitimation staatlicher Herrschaft durch Partizipation Privater?, 1980. BVerfGE 38, 281. — Zacher, Arbeitskammern im demokratischen und sozialen Rechtsstaat, 1971; Gass, DÖV 1960, 778; Mronz, Körperschaften und Zwangsmitgliedschaft, 1973. Art. 193 ff. EWGV, Art. 165 ff. EAGV, Art. 5 des Abkommens über gemeinsame Organe für die europ. Gemeinschaften vom 25.3. 1957; Art. 18, 19, 48 EGKSV. Zellentin, Der Wirtschafts- und Sozialausschuß der EWG und Euratom, 1962; F. Fischer, Die institutionalisierte Vertretung der Verbände in der EWG, 1965; Rittstieg, Wirtschaftsverbände und europ. Gemeinschaften, 1967; H.-G. Brüske, Der Wirtschafts- und Sozialausschuß der Europ. Gemeinschaften, 1979. BVerfGE 18, 18; Ramm, JuS 1966, 223; B A G E 21, 98; 23, 320; BAG JZ 1977, 470. - P. Badura, ArbRGgwart 15 (1978), S. 17. O. Stammer, Verbände und Gesetzgebung, 1965; G. Briefs (Hrsg.), Laissez-fairePluralismus,1966; E. Buchholz, Die Wirtschaftsverbände in der Wirtschaftsgesellschaft, 1969; Erdmann, Die verfassungspolitische Funktion der Wirtschaftsverbände in Deutschland 1815 — 1871, 1968; K. von Beyme, Interessen verbände in der De-

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ihren Bereich Wettbewerbsregeln 1 7 2 aufstellen und bei der Kartellbehörde deren Eintragung in das Register für Wettbewerbsregeln beantragen (§§ 28 ff. GWB). Ein v o n ihnen ausgeübter diskriminierender Organisationszwang ist kartellrechtlich verboten (§§ 27, 35 I 2 GWB). Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften sind präsumtive Partner einer „konzertierten Aktion" (§ 3 StabG). D i e Koalitionsfreiheit (Art. 9 III G G ) ist, über ihre individualrechtliche Wirkung hinaus, ein tragender Grundsatz der Wirtschafts- und Arbeitsverfassung 173 . Sie gewährleistet jedermann das Recht, Vereinigungen zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu gründen, ihnen beizutreten oder fernzubleiben, sich in ihnen zu betätigen und aus ihnen auszutreten. Das Grundrecht ist auch ein Bestands- und Betätigungsrecht der Koalitionen selbst. Zu dem geschützten Tätigkeitsbereich der Koalitionen gehören alle Vorkehrungen und Verhaltensweisen, die der Erhaltung und Organisation der Koalition und der Verfolgung ihrer koalitionsmäßigen Ziele dienen, so beispielsweise die Tätigkeit im Rahmen der Betriebsverfassung, die Werbung neuer Mitglieder, der Abschluß von Tarifverträgen (Tarifautonomie) 1 7 4 und der Arbeitskampf (Streik, Aussperrung) 1 7 5 . D i e Koalitionsfreiheit

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mokratie, 1969; Kaelble, Industrielle Interessenpolitik in der Wilhelminischen Gesellschaft, 1969; Nicklisch, Die Koppelung von Wirtschaftsverbänden und Arbeitgeberverbänden, 1972; Völpel, Rechtlicher Einfluß von Wirtschaftsgruppen auf die Staatsgestaltung, 1972; Steinberg. ZRP 1972, 207; ders., PVS 14 (1973), S. 27; H. Leßmann, Die öffentlichen Aufgaben und Funktionen privatrechtlicher Wirtschafts verbände, 1976; H. H. von Arnim, Gemeinwohl und Gruppeninteressen, 1977; W. Berg, Verwaltung 11 (1978), S. 71 ; H. P. Ipsen, ZGR 1980, S. 548. BGHZ 46, 168, H. Oehler, Wettbewerbsregeln als Instrument der Wettbewerbspolitik, 1968 (Rez. A. Schüller, Ordo XXI [1970], S. 407). Dietz, GRe I I I / l , S. 417; W. Weber, Koalitionsfreiheit und Tarifautonomie als Verfassungsproblem, 1955; R. Scholz, Koalitionsfreiheit als Verfassungsproblem, 1971; ders., Das Grundrecht der Koalitionsfreiheit, 1972; Zöllner, AöR 98 (1973); S. 71; Badura, RdA 1974, 129; ders., RdA 1976, 275; Säcker, ArbRGgwart 12 (1975), S. 17; A. Söllner, ArbRGgwart 16, 1979, S. 19; R. Scholz, ZFA 1980, 357. BVerfGE 4, 96; 17, 319; 18, 18; 19, 303; 20, 312; 28, 295; 34, 307; 38, 281; 38, 386; 42, 133; 44, 322; 50, 290/366ff.; BVerfG JZ 1981,23. Tarifvertragsgesetz i. d. Fass. v. 25. 8. 1969 (BGBl. I, S. 1323). Materialien zur Entstehung des TVG vom 9.4. 1949, ZfA 4 (1973), S. 129; Herschel, ebd. S. 183. BVerfGE 4, 96; 34, 307; 44, 322; 50, 290/369. - W. Weber, in: Göttinger Fs. f. das OLG Celle, 1961, S. 239; Biedenkopf, Grenzen der Tarifautonomie, 1964; Säcker, Grundprobleme der kollektiven Koalitionsfreiheit, 1969; Zöllner / Seiter, Paritätische Mitbestimmung und Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz, 1970; Scheuner, Die Rolle der Sozialpartner in Staat und Gesellschaft, 1973; Richardi, Der Arbeitgeber 1975, 739; Schmidt-Preuß (Anm. 48) S. 183ff.; H. Wiedemann/H. Stumpf, TVG, 5. Aufl., 1977. BAG JuS 1970, 202; BAG AP Nr. 43 zu Art. 9 GG Arbeitskampf (dazu Richardi, RdA 1971, 334 und Scheuner ebd. S. 327); BAG NJW 1980, 1642 und 1653. Brox / Rüthers, Arbeitskampfrecht, 1965; Lerche, Verfassungsrechtliche Zentral-

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der Koalitionen und die Koalitionsfreiheit der einzelnen können in Konflikt geraten, entweder im Hinblick auf die Organisation und Willensbildung der Koalitionen 176 — „innerverbandliche Demokratie", Organisationszwang — oder im Verhältnis der Koalitionen zu den Nichtorganisierten und deren „negativer" Koalitionsfreiheit 177 — bes. Differenzierung nach der Gewerkschaftszugehörigkeit in tariflichen Regelungen. Die Koalitionsfreiheit ist drittens die Gewährleistung des Tarifvertragssystems im Sinne des kollektiven Arbeitsrechts mit frei gebildeten Koalitionen als Tarifparteien (Institutsgarantie) 178 . Das Grundrecht statuiert im Bereich der Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen den grundsätzlichen Vorrang der Tarifautonomie vor einer zwingenden gesetzlichen Regelung und garantiert so einen „Kernbereich" verbandsmäßiger Aushandlung und Entscheidung. 2. Verwaltungszwecke und Rechtsformen Die von der Verfassungsidee des sozialen Rechtsstaates bestimmten Aufgaben des Staates für die Wirtschaftspolitik von Parlament und Regierung erscheinen auf der Ebene des administrativen Vollzugs als Verwaltungszwecke der Wirtschaftsverwaltung. Die Eigenart dieser Verwaltungszwecke und das Bedürfnis nach einem dieser Eigenart möglichst angepaßten rechtlichen Instrumentarium des Verwaltungshandelns haben eine schwer zu übersehende Vielfalt von Rechtsformen hervorgebracht, für die eine konsolidierte Theorie und Systematik noch ausstehen 179 .

176 177

178 179

fragen des Arbeitskampfes, 1968; Dien, JuS 1968, 1; B. Rüthers, ArbRGgwart 10, 1973, S. 23; M. Kittner (Hrsg.), Streik und Aussperrung, 1974; K. Hernekamp (Hrsg.), Arbeitskampf, 1975; Th. Raiser, Die Aussperrung nach dem Grundgesetz, 1975; D. Reuter, RdA 1975, 275; H. Seiter, Streikrecht und Aussperrungsrecht, 1975; ders., JZ 1978, 413; ders., SAE 1980, 154; ders., NJW 1980, 905; J. A. Frowein, Zur völkerrechtl. und verfassungsrechtl. Gewährleistung der Aussperrung, 1976; R. Richardi, NJW 1978, 2057; K. Bertelsmann, Aussperrung, 1979; B. Rüthers, Rechtsprobleme der Aussperrung, 1980; R. Scholz/H. Konzen, Die Aussperrung im System von Arbeitsverfassung und kollektivem Arbeitsrecht, 1980. Richardi, AöR 93 (1968), S. 243; BGH NJW 1978, 990. BVerfGE 50, 290/367; BVerfG JZ 1981, 23; BAG JZ 1969, 105. - Biedenkopf, JZ 1961, 346; Gamillscheg, Die Differenzierung nach der Gewerkschaftszugehörigkeit, 1966; Leventis, Tarifliche Differenzierungsklauseln nach dem Grundgesetz und dem Tarifvertragsgesetz, 1974; H. Seiter, JZ 1979, 657; ders., JZ 1980, 749; P. Hanau/J. Kroll, JZ 1980, 181. BVerfGE 4, 96. E R. Huber, WirtschaftsverwaltungsR, 2. Aufl., Bd. I, 1953, S. 47ff.; Gygi, Interventionsrecht und Interventionsverwaltung, 1958; P. Neumann, Wirtschaftslenkende Verwaltung, 1959; Lerche, DÖV 1961, 486; Rüfner, Formen öffentlicher Verwaltung im Bereich der Wirtschaft, 1967; Roth, Die Gefahrenvorsorge im sozialen Rechtsstaat, 1968; D. Chr. Dicke, Verfassungsrechtliche Möglichkeiten und Grenzen der Wirtschaftslenkung, 1969; Stern, Grundfragen der globalen Wirtschaftssteuerung, 1969.

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Die Unterscheidung und Gegenüberstellung von Eingriffsverwaltung und Leistungsverwaltung beruht auf der aus dem konstitutionellen Staatsrecht überkommenen Definition des Gesetzesvorbehalts (,,Eingriffs"vorbehalts) und auf der daraus folgerichtig abgeleiteten Orientierung an den Rechtsformen des Verwaltungshandelns. Sie reicht als Grundmuster des sozialstaatlichen Verwaltungsrechts nicht hin 180 , wofür gerade das Wirtschaftsverwaltungsrecht exemplarisch ist. Zum einen deckt sich die Unterscheidung von öffentlichem und privatem Recht nur noch zum Teil mit der Unterscheidung des vom öffentlichen Interesse bestimmten Verwaltungshandelns und der privatautonomen und privatwirtschaftlichen Tätigkeit 181 . Zum anderen erfaßt die Fixierung auf den normativen oder konkreten „Eingriffsakt" mit „Außenwirkung" vor allem im Bereich der planenden und lenkenden Verwaltung nur einen Ausschnitt des komplexen und mehrstufigen Verwaltungshandelns. Legt man die geläufige, aber angreifbare Abgrenzung von Eingriffs- und Leistungsverwaltung zugrunde, sind wirtschaftslenkende Verwaltungsakte, je nachdem ob sie gebieten oder verbieten oder ob sie Ansprüche gegen die Exekutive begründen oder feststellen, dem einen oder dem anderen Handlungsbereich der Verwaltung zuzurechnen. Eine klarere Begriffsbildung wird erreicht, wenn man von Leistungsverwaltung in Erfüllung von „Daseinsvorsorge" (Forsthoff) nur dort spricht, wo die Hingabe der Leistungen oder Vorteile allein zum Zwecke der Befriedigung eines durch die Hilfsquellen des Begünstigten oder die Arbeitsweise des Marktes nicht gedeckten Bedürfnisses erfolgt, wie bei der Sozialversicherung oder bei den kommunalen Versorgungsbetrieben, die Leistungsgewährung also nicht außerdem oder primär einen Gestaltungs- oder Lenkungszweck erreichen will, wie bei der Vergabe von Subventionen 182 . Bei diesem strengeren Wortgebrauch sind Wirtschaftsverwaltung und Leistungsverwaltung deutlich getrennt. a) Wirtschaftslenkung, Wirtschaftsaufsicht: Unter Wirtschaftslenkung versteht man im weitesten Sinn das Insgesamt der staatlichen Maßnahmen, durch die auf den wirtschaftlichen Prozeß eingewirkt werden soll, um einen wirtschafts-, sozial- oder gesellschaftspolitisch erwünschten Zustand oder Ablauf des Wirtschaftslebens herzustellen oder zu erhalten, ohne Rücksicht auf die Rechtsform der Maßnahmen als zivilrechtliches oder verwaltungsrechtliches Gesetz, als Rechtsverordnung, Verwaltungsakt oder privatrechtli180

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Bachof / Brohm, Die Dogmatik des Verwaltungsrechts vor den Gegenwartsaufgaben der Verwaltung, VVDStRL 30 (1972), S. 193ff., 245ff.; Hans J. Wolff/O. Bachof, VwR I, 9. Aufl., 1974, § 3; I. von Münch, in: Erichsen /Martens, Allg. VwR, §2. Ein bes. im analytischen Teil aufschlußreicher Versuch findet sich bei Bullinger, Öffentliches Recht und Privatrecht, 1968. Forsthoff, Die Verwaltung als Leistungsträger, 1938; Forsthoff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, 1959; P. Pernthaler, JB1. 1965, 57; Badura, DÖV 1966, 624; Rüfner, Formen öffentlicher Verwaltung im Bereich der Wirtschaft, 1967.

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ches Rechtsgeschäft. So betrachtet ist die Wirtschaftslenkung eine staatliche Aufgabe, die sich aus dem Sozialgestaltungsauftrag des Staates ableitet und die unterschieden ist einerseits von der rechtlichen Ordnung des Privatrechtsverkehrs nach dem Maßstab der Privatautonomie und andererseits von der Begründung polizeilicher Aufgaben und Befugnisse zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Verwendet man die beiden Verwaltungszwecke der Gefahrenabwehr und der Wirtschaftslenkung als Systemkriterien, läßt sich das Wirtschaftsverwaltungsrecht in Gewerbepolizeirecht und Wirtschaftslenkungsrecht einteilen und lassen sich die wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Verwaltungsakte danach ordnen, ob sie nur der Gefahrenabwehr dienen, wie z. B. die Schankerlaubnis nach dem GaststättenG, ob sie Gefahrenabwehr und Wirtschaftslenkung verbinden, wie z. B. die Genehmigung eines Linienverkehrs nach § 13 PBefG, oder ob sie wirtschaftslenkenden Charakter haben, wie z. B. die Vergabe einer Subvention. Die Wirtschaftslenkung kann als globale Wirtschaftssteuerung die Beeinflussung der makroökonomischen Größen (Ausgaben der öffentlichen Hand, Investitionen, Konsum) anstreben, wie bei den Verpflichtungen und Maßnahmen auf Grund des Stabilitätsgesetzes, oder auf bestimmte Situationen, Rechtsverhältnisse oder Rechtsgeschäfte bezogen sein. Sie kann sich auf nur mittelbar wirksame Beeinflussungen des wirtschaftlichen Prozesses beschränken, wie bei der antizyklischen Haushaltwirtschaft, einer Aufwertung oder einer Änderung des Diskontsatzes, oder unmittelbar gebietend, verbietend oder gestaltend in die Produktion oder den rechtsgeschäftlichen Wirtschaftsverkehr eingreifen. Ein Beispiel für die wirtschaftslenkende Regulierung des Absatzes einzelner Produkte sind die für die Ernährungswirtschaft charakteristischen Marktordnungenm. Bei einer Marktordnung werden der Wettbewerb und die durch ihn ausgeübten Wirkungen auf den Preis, den Inhalt der Austauschbeziehungen, die Art und Weise des Warenverkehrs und die Produktionsstruktur ganz oder teilweise durch öffentlich-rechtliche Regelungen ersetzt. Der Grund dafür ist, daß wegen struktureller Gegebenheiten in dem betroffenen Bereich unter den Bedingungen marktwirtschaftlicher Konkurrenz wirtschaftspolitisch unerwünschte Nachteile für die Produzenten oder die Konsumenten eintreten würden. Durch die Marktordnung wird mit Hilfe eines vielgestaltigen Bündels gesetzlicher und administrativer Maßnahmen ein Ausgleich der bis zu einem gewissen Grade widerstreitenden Ziele der befriedigenden Versorgung der Verbraucher und der angemessenen Entlohnung der Produzenten über den (gelenkten) Preis angestrebt, wie etwa durch die Festsetzung von Höchst-, Mindest-, Rieht- und Interventionspreisen, z. B. bei der Getreidemarktordnung 184 , oder durch die Festlegung von Lieferungs- und Absatzwegen, z. B. bei der jetzt europarechtlich überlagerten Milchmarktordnung 185 . 183 184

K. P. Hemel, Marktordnung, HDSW 7 (1961), S. 161. GetreideG i. d. Fass. v. 24. 11. 1951 (BGBl. I, S. 901); VO Nr. 2727/75 des Rates vom 29. 10. 1975 über die gemeinsame Marktorganisation für Getreide (ABl. Nr. L

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Ein Instrument der Wirtschaftslenkung sind die Subventionen, staatliche Finanzhilfen, deren Vergabe im Regelfall strukturpolitische Ziele verfolgt 186 . Durch eine Wirtschaftsförderung, wie sie bei der Steuerung der landwirtschaftlichen Produktion und Vermarktung, bei der energie- und sozialpolitischen Förderung des Kohlenbergbaus und bei den regionalen Strukturmaßnahmen zu beobachten ist, werden allerdings wesentliche Wirtschaftszweige oder einzelne Wirtschaftsregionen in Produktions- und Wettbewerbsbedingungen, in Struktur und Wachstum öffentlich-rechtlich gelenkt und von politischen Entscheidungen abhängig. D i e subventionsweise zugewandte Begünstigung knüpft an das konkrete privatwirtschaftlich bestimmte Unternehmensziel an, führt dem Unternehmen aber Mittel zu, die es marktwirtschaftlich nicht erworben hat. Regelmäßig wird der Grund der Subventionierung eine strukturpolitische Eigenschaft sein, durch die das geförderte Unternehmen sich als Angehöriger einer im öffentlichen Interesse förderungswürdigen Gruppe von Wirtschaftssubjekten erweist. D e n n o c h ist es nicht ausgeschlossen, daß die Existenz oder die Entwicklung eines einzelnen Unternehmens für ein bestimmtes Gebiet oder für einen bestimmten Wirtschaftszweig von so herausragender Bedeutung sind, daß die Förderung dieses Unternehmens für sich allein durch das öffentliche Interesse gerechtfertigt erscheint. D i e Wirt-

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281/1). — Ein Verzeichnis der Grundverordnungen für die gemeinsamen landwirtschaftl. Marktorganisationen findet sich in Sariorius. Bd. II, Nr. 177. Im übrigen siehe oben Anm. 79. Milch- und FettG i. d. Fass. v. 10. 12. 1952 (BGBl. I, S. 811); VO (EWG) Nr. 804/68 des Rates über die schrittweise Errichtung einer gemeinsamen Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse vom 27. 6. 1968 (ABl. EG Nr. L 148/13), zuletzt geänd. durch VO Nr. 559/76 vom 15. 3. 1976 (ABl. Nr. L 67/9). - BVerfGE 18, 315; 24, 1; BVerwGE 4, 95; 6, 134; 17, 127; 28, 292; BVerwG DVB1. 1966, 749 und 751; BGHZ 33, 259; 41, 271; K. Dietrich, Gesetz über den Verkehr mit Milch, Milcherzeugnissen und Fetten, 2. Aufl., 1953; Hamann, Kommentar zum Milchund Fettgesetz, 1961; W. Hefter, Rechtsfragen der milchwirtschaftlichen Marktordnung, 1962; E. Kunze, in: Reuss, WirtschaftsverwaltungsR, I, S. 869ff.; Dicke, DÖV 1968, 163. BVerwGE 24, 154; 25, 72; 30, 191; BVerwG JZ 1969, 69 (Renck, JuS 1971, 77); BVerwG NJW 1977, 1838 (Menger, VerwArch 69 [1978], S. 93); BGH NJW 1972, 210; BayVGHE 23, 136. - A. Köttgen, DVB1. 1953, 485; H. P. Ipsen, Öffentliche Subventionierung Privater, 1956; Friauf, DVB1. 1966, 729; V. Götz, Recht der Wirtschaftssubventionen, 1966; ders., Bekämpfung der Subventionserschleichung, 1974; Ipsen/Zacher, Verwaltung durch Subventionen, VVDStRL 25 (1967), S. 257ff., 308ff.; L. Fröhler, Das Wirtschaftsrecht als Instrument der Wirtschaftspolitik, 1969, S. 110 ff.; G. Winter, Die Fondsverwaltung der Europ. Gemeinschaften, 1969; Zacher, WiR 1972, S. 185; G. Kirchhoff, Subventionen als Instrument der Lenkung und Koordinierung, 1973; K. Wenger, Förderungsverwaltung, 1973; K. Tiedemann, Subventionskriminalität in der Bundesrepublik, 1974; P. Kirchhof (Anm. 120), S. 371 ff.; K. Lange, DVB1. 1977, 873; K. Vogel, in: Fs. f. Hans Peter Ipsen, 1977, S. 539; P. Badura, WiVerw 1978, 137; A. Bleckmann, Subventionsrecht, 1978; P. J. Tettinger, GewArch 1981, 105.

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schaftsförderung ist hauptsächlich eine Sache des Staates, doch ist sie auch den Gemeinden aufgrund und in den Grenzen ihrer Selbstverwaltungsaufgabe erlaubt 187 . Der reißend angeschwollene Umfang der Wirtschaftsförderung durch staatliche Finanzhilfen, die nur zu einem Teil auf einem besonderen Gesetz beruhen und häufig nur aufgrund eines Ansatzes im Haushaltsgesetz nach Maßgabe von Richtlinien der Exekutive ausgeschüttet werden, korrespondiert mit einem hier besonders auffälligen Einfluß der organisierten Interessen. Politisch gesprochen hat die vereinfachende Paradoxie eine gewisse Berechtigung, mit Subventionen interveniere „weniger der Staat in die Wirtschaft als die Wirtschaft in den Staat" (Volkmar Götz). Die Verpflichtung der Subventionspolitik auf die sehr allgemeinen Richtlinien des § 1 StabG (§12 1 StabG) verspricht kaum eine Bändigung des Subventionismus, doch bringt der von der Bundesregierung alle zwei Jahre vorzulegende Subventionsbericht (§ 12 II-IV StabG) 188 wenigstens eine größere Durchsichtigkeit und so vielleicht den Anstoß zu einer stärkeren Planmäßigkeit der Wirtschaftsförderung. Die ordnungs- und wettbewerbspolitischen Risiken des Subventionswesens lassen sich nur durch strenge und unbestechliche Festlegung und Überwachung des öffentlichen Interesses bei der Einführung, Abwicklung und Beibehaltung der einzelnen Förderungsmaßnahmen in Grenzen halten 189 . Dem finanzpolitischen Ziel, durch Rückführung von Ausgaben den Handlungsspielraum des Bundes zu sichern, dient das Subventionsabbaugesetz vom 26. Juni 1981 (BGBl. I, S. 537)190. Die Abgrenzung des Kreises der durch eine bestimmte Subventionierungsmaßnahme zu begünstigenden Wirtschaftssubjekte ist eine wirtschaftspolitische Entscheidung, die vor allem dem Gebot willkürfreier Sachgerechtigkeit (Art. 3 I GG) unterliegt 191 . Die durch die Subventionierung bewirkte Veränderung der Chancengleichheit im Wettbewerb bedarf der sachlichen Rechtfertigung durch ein hinreichend gewichtiges öffentliches Interesse, d. h. ein definiertes strukturpolitisches Ziel. Der Nutzen und der Erfolg einer Subventionierungsmaßnahme und die Frage der finanz-

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A. Köttgen, Der heutige Spielraum kommunaler Wirtschaftsförderung, 1963; F.-L. Knemeyer, in: Fs. f. Ludwig Fröhler, 1980, S. 493; ders./ B. Rost-Haigis, DVB1. 1981, 241; R. Altenmüller, DVB1. 1981, 619; K. Lange, Möglichkeiten und Grenzen gemeindlicher Wirtschaftsförderung, 1981. Bericht der BReg über die Entwicklung der Finanzhilfen und Steuervergünstigungen für die Jahre 1977 bis 1980 (Siebter Subventionsbericht), BT-Drucks. 8/3097. Antwort der BReg auf eine Große Anfrage: Subventionspolitik der BReg, BTDrucks. 8/3429. RegEntw, BT-Drucks. 9 / 9 2 ; Finanzplan des Bundes 1980 bis 1984, BT-Drucks. 9 / 5 1 ; Stellungnahme des BRates und Gegenäußerung der BReg, BT-Drucks. 9/217. I. von Münch, AöR 85 (1960), S. 270; Götz, Wirtschaftssubventionen (Anm. 186), S. 267ff.; Kreussler, Der allgemeine Gleichheitssatz als Schranke für den Subventionsgesetzgeber, 1973. - BVerwG DÖV 1973, 317.

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politischen „Beherrschbarkeit" von Subventionen sind Gegenstand wirtschaftswissenschaftlicher Beurteilung 192 . Wirtschaftsverwaltungsrechtlich gesehen sind Subventionen Geldleistungen, die in Verfolgung eines bestimmten wirtschaftsgestaltenden Zweckes an einen privaten Unternehmer als Angehörigen eines zu fördernden Wirtschaftszweiges 193 oder wegen des Standortes seines Betriebes 194 durch einen Verwaltungträger im Rahmen eines besonderen Rechtsverhältnisses in Gestalt von Zuschüssen, Krediten 195 , Zinserleichterungen, Prämien oder Bürgschaften vergeben werden. Subvention im Sinne der strafrechtlichen Vorschriften über den Subventionsbetrug (§ 264 StGB, Gesetz gegen mißbräuchliche Inanspruchnahme von Subventionen vom 29. 7. 1976, BGBl. I, S. 2034, 2037) ist eine Leistung aus öffentlichen Mitteln nach Bundes- oder Landesrecht oder nach dem Recht der Europäischen Gemeinschaften an (private oder öffentliche) Betriebe oder Unternehmen, die wenigstens zum Teil ohne marktmäßige Gegenleistung gewährt wird und der Förderung der Wirtschaft dienen soll (§ 264 VI StGB) 196 . Steuervergünstigungen 197 sind mangels eines besonderen Subventionsverhältnisses nur im wirtschaftlichen, nicht aber im wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Sinn als Subventionen anzusehen („verdeckte" Subventionen). Erfolgt die Vergabe einer Subvention nicht aufgrund eines besonderen Gesetzes, dient als direktiver Maßstab für den Inhalt der Verwaltungsvorschriften (Richtlinien), die als normative Grundlage für die Entscheidung über Subventionierungsanträge durch das zuständige Ministerium erlassen werden, der Zweck der Subvention, wie er durch den Haushaltsansatz der zu vergebenden Mittel festgelegt ist198. Das Haushaltsgesetz kann für sich allein in192

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K.-H. Hansmeyer, Subventionen in der Bundesrep. Deutschland, 1963; ders., FinArch 30 (1971/72), S. 103; Andel, Subventionen als Instrument des finanzwirtschaftlichen Interventionismus, 1970; Schetting, Rechtspraxis der Subventionierung, 1973; G. Kirchhoff (Anm. 186), S. 223 ff. Sektorale Wirtschaftsförderung, z. B. der Landwirtschaft nach dem „Grünen Plan" (§ 6 LandwirtschaftsG vom 5. 9. 1955, BGBl. I, S. 565), durch Anpassungsbeihilfen (G zur Förderung der Eingliederung der dt. Landwirtschaft in den Gemeinsamen Markt vom 9. 9. 1965 (BGBl. I, S. 1201), u. a. - Siehe oben Anm. 32. Regionale Wirtschaftsförderung; siehe oben Anm. 28, 31. Hier ergeben sich besondere Rechtsgestaltungen, wenn sich die Verwaltung zur Kreditvergabe einer Bank bedient: BVerwGE 30, 211; BGH NJW 1964, 2060; BayVerfGH NJW 1961, 163; BayVGH DVB1. 1967, 383. L. Findeisen, JZ 1980, 710. Beispielsw. nach dem G zur Förderung der Berliner Wirtschaft i. d. Fass. v. 22. 12. 1978 (BGBl. 1979 I, S. 1). Zum vorzeitigen Abbau von Umsatzsteuervergünstigungen und -befreiungen für Zigaretten Berliner Produktion: BVerfGE 30, 382. — G. Wacke, in: Dt. Landesreferate zum VII. Internation. Kongreß f. Rechtsvergl. in Uppsala 1966, 1967, S. 491; Steuerliche Subventions- und Förderungsgesetze, dtv 5028, 1972; K. Vogel, DÖV 1977, 837; H. Weber, Steuererlaß und Steuerstundung als Subvention, 1980. BayVGH BayVBl. 1970, 408; OVG Lüneburg GewArch 1970, 283.

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dividuelle Ansprüche Begünstigter nicht begründen (§ 3 HGrG) und kommt deshalb als eine dem Gesetzesvorbehalt entsprechende gesetzliche Grundlage für Subventionsgewährungen nicht in Betracht 199 . Verfassungsrechtlich ist zwischen der dem parlamentarischen Budgetrecht unterliegenden haushaltswirtschaftlichen Bereitstellung der zu vergebenden Mittel und der normativen Grundlage des Subventionsverhältnisses der öffentlichen Hand zu dem Subventionsempfänger (Subventionsstatut) zu unterscheiden. Eine besondere gesetzliche Grundlage ist jedenfalls dann erforderlich, wenn die Förderung des Begünstigten in einem notwendigen Zusammenhang mit der Belastung eines Dritten steht, wie z. B. bei Ausgleichsabgaben und -leistungen 200 , oder wenn der Gewährleistungsbereich eines Grundrechts spezifisch betroffen wird, wie z. B. bei Pressesubventionen 201 . Die Vergabe von Subventionen erfolgt im Einzelfall durch Bewilligungsbescheid und regelmäßig aufgrund einer Ermessensentscheidung. Ein Anspruch des Bewerbers auf Gewährung oder Weitergewährung einer Subvention kann sich durch normative Rechtsbegründung und sonst nur kraft Gleichheitssatzes oder kraft eines besonderen Vertrauenstatbestandes, z. B. einer Zusage, ergeben 202 . Unter engen Voraussetzungen kann nach Grundsätzen der willkürfreien Folgerichtigkeit oder „System"gebundenheit ein Anspruch unmittelbar auf Zahlung eines bestimmten Subventionsbetrages gegeben sein 203 . Eine fehlerhaft geleistete und eine zweckwidrig verwendete Subventionszahlung kann die Verwaltung durch Verwaltungsakt zurückfordern; bei fehlerhafter Vergabe entsteht dieser Erstattungsanspruch jedoch nur, wenn der Bewilligungsbescheid zurückgenommen werden darf und zurückgenommen worden ist204. Neuerdings sind ausdrückliche Vorschriften über den Widerruf von Zuwendungsbescheiden, insbes. wegen zweckwidriger Verwendung, und über die Erstattung der Zuwendung in das Haushaltsrecht aufgenommen worden (§ 44 a BHO und die Landeshaushaltsordnungen) 205 . Subventionen stellen durchweg zumindest in ihren Wirkungen eine Beeinflussung der Wettbewerbsverhältnisse dar; die Strukturpolitik, von der sich typischerweise der jeweilige Subventionszweck ableitet, zielt gerade auf die Beeinflussung der Bedingungen ab, unter denen die begünstigte Wirtschaftsleistung den Markt erreicht. Es können sich deshalb über das Subventionsverhältnis zwischen der Verwaltung und dem Begünstigten hinaus rechtlich faßbare Beziehungen auch zu beeinträchtigten Konkurrenten des Begünstig199 200

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BVerfGE 38, 121. BVerwGE 6, 282; 18, 352; BVerwG DVB1. 1959, 573; BVerwG NJW 1977, 1838; BayVGH BayVBl. 1962, 247 und VerwRspr. 19, 347; HessVGH DÖV 1963, 880. VG Berlin DÖV 1975, 134 mit Anm. R. Scholz; OVG Berlin DVB1. 1975, 905. W.-R. Schenke, GewArch 1977, 313. BGH JZ 1975, 485; OVG Hamburg GewArch 1975, 20; OVG Münster DVB1. 1980, 648. BVerwGE 55, 349 mit Anm. H.-U. Erichsen, VerwArch 1980, 289. BVerwG NJW 1977, 1838; BVerwG GewArch 1977, 264. H. A. Dommach, DÖV 1981, 122.

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ten ergeben. Die Beeinträchtigung des Konkurrenten kann in seinem willkürlichen Ausschluß aus dem Kreis der Subventionsempfänger 206 oder in einer willkürlichen Verminderung seiner Wettbewerbsfähigkeit bestehen. Insoweit als eine Subventionsvergabe die Chancengleichheit im Wettbewerb (Art. 3 I GG) oder die Wettbewerbsfreiheit (Art. 2 I GG) eines Konkurrenten des Begünstigten und damit die rechtlich geschützten Interessen eines Drittbetroffenen berührt, ist sie ein Verwaltungsakt mit Drittwirkung. Da Subventionen eine Begünstigung nationaler Wirtschaftszweige und damit eine Verzerrung des Wettbewerbs auf dem Gemeinsamen Markt der Europäischen Gemeinschaften zur Folge haben können, ist die Subventionspolitik der Mitgliedstaaten europarechtlich beschränkt (Art. 4 lit. c EGKSV; Art. 92 — 94 EWGV) 207 . Die Wirtschaftsaufsicht ist ein Bereich der Wirtschaftsverwaltung, der durch ein in verschiedenen Gesetzen für bestimmte Zweige wirtschaftlicher Betätigung geregeltes Instrumentarium von Kontrollaufgaben und -befugnissen gekennzeichnet ist208. Genehmigungspflichten lassen sich als eine Technik präventiver Wirtschaftsaufsicht begreifen. Sache der Aufsichtsbehörde ist es, die jeweils gesetzlich festgelegten Aufsichtsmaßstäbe — gesetzlich bestimmte oder in einem Verwaltungsakt, z.B. einer Genehmigung, festgelegte Anforderungen an ein wirtschaftliches Verhalten — mit Hilfe der ihr zugewiesenen Eingriffsbefugnisse gegenüber der beaufsichtigten Wirtschaftstätigkeit durchzusetzen. Da die Aufsichtsmaßstäbe sowohl gewerbepolizeilicher wie auch wirtschaftslenkender Art sein können, schließen sich Wirtschaftsaufsicht und Wirtschaftslenkung nicht gegenseitig aus 209 . Wichtige Zweige der Wirtschaftsaufsicht sind die Gewerbeaufsicht über die Prüfung der überwachungsbedürftigen Anlagen (§ 24 d GewO) und über die Einhaltung der gewerberechtlichen Arbeitsschutzbestimmungen (§ 139 b GewO), die Atomaufsicht (§ 19 AtomG), die Aufsicht über die Apotheken (§ 18 ApothekenG), die Aufsicht über Verkehrsunternehmen (§ 54 PersBefG, § 77 GüKG), die Versicherungsaufsicht über Versicherungsunternehmen und private Bausparkassen 210 , die Bankenaufsicht über die Kreditinstitute und Hypothekenban206

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BVerwGE 30, 191. - Zuleeg, Subventionskontrolle durch Konkurrentenklage, 1974. B. Börner/M. Bullinger (Hrsg.), Subventionen im Gemeinsamen Markt, Kölner Schriften zum Europarecht, Bd. 29, 1978. Bullinger, VVDStRL 22 (1965), S. 264; E. Stein, Die Wirtschaftsaufsicht, 1967; R. Scholz, Wirtschaftsaufsicht und subjektiver Konkurrentenschutz, 1971; Steindorff, Wirtschaftsrecht, S. lOOff.; H. Schäffer, ÖZW 1978, 33, 65 und 1979, 1; R. Schmidt, HdWW, 23. Lief, 1980, S. 34; K. Wenger, in: Fs. f. Ludwig Fröhler, 1980, S. 373. Abw. Auff. Bullinger, a. a. O., S. 286 f. G über die Beaufsichtigung der privaten Versicherungsunternehmen und Bausparkassen vom 6. 6. 1931 (RGBl. I, S. 315; mehrf. geänd.); G über die Errichtung eines Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungs- und Bausparwesen vom 31.7. 1951 BGBl. I, S. 480). — Prölss / Schmidt / Sasse, Versicherungsaufsichtsgesetz, 8. Aufl., 1978; Boss, Systeme der Staatsaufsicht über Versicherungsunternehmungen, 1955;

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ken 211 , die Aufsicht über die Energieversorgung (§ 1 I EnergiewirtschaftsG) 212 und die kartellrechtliche Aufsicht. Die Wirtschaftsaufsicht nach dem Gesetz gegen

Wettbewerbsbeschränkun-

gen vom 27. Juli 1957, jetzt in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. September 1980 (BGBl. I S. 1761), dient der Sicherung der Wettbewerbsordnung und des marktwirtschaftlichen Wettbewerbs 213 . Das Instrumentarium dieses

211

212

213

W. Weber, ZVersWiss 50 (1961), S. 333; ders., in: Braess (Hrsg.), 25 Jahre Institut für Versicherungswissenschaft an der Universität zu Köln, 1966, S. 51; ders., ZVersWiss 57 (1968), S. 227; H. Kraus, Versicherungsaufsichtsrecht, 1971; Lagrange/Möller/Sieg/Steindorff, Dienstleistungsfreiheit und Versicherungsaufsicht im Gemeinsamen Markt, 1971; H. Möller, in: Fs. f. Werner Weber, 1974, S. 753; ders., in: Fs. f. H. P. Ipsen, 1977, S. 465; H. P. Ipsen, DÖV 1975, 805; A. Goldberg, Versicherungsaufsichtsgesetz, 1980. - BGH NJW 1972, 577 m. Anm. Scholz, ebd. S. 1217; BVerwG DÖV 1981, 550 (§ 8 VAG). §§6, 52 G über das Kreditwesen vom 10.7. 1961, jetzt in der Fass. d. Bek. vom 3.5. 1976 (BGBl. I, S. 1121); §3 HypothekenbankG in der Fass. vom 5.2. 1963 (BGBl. I, S. 81). - Novelle 1976 zum KWG: Regierungsentwurf, BTag Drucks. 7/3657; Ausschußbericht, BTag Drucks. 7/4631; J. Henke, DB 1976, 517; J. Knapp, NJW 1976, 873. - BVerfGE 14, 197; Reischauer / Kleinhans, KWG, 2. Aufl., 1968 ff.; W. Möschel, Das Wirtschaftsrecht der Banken, 1972; H.Beck, KWG, 1973ff.; L. Bahre / M. Schneider, KWG, 2. Aufl., 1976; Szagunn/Neumann, KWG, 3. Aufl., 1976; J. Consbruchu. a., KWG, 8. Aufl., 1978; M. Hofmann, HypothekenbankG, 1964; R. Fleischmann/D. Bellinger/V. Kerl, HypothekenbankG, 3. Aufl., 1979; W. A. Müller, Bankenaufsicht und Gläubigerschutz, 1981. — Amtshaftung bei ermessensfehlerhafter Handhabung der Bankenaufsicht durch das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen: BGH JZ 1979, 679 und 683, Anm. E. Schwark, JZ 1979, 670. Eiser / Riederer / Obernolte, Energiewirtschaftsrecht, 4. Aufl., 1976 ff.; K.Henkel, Die Staatsaufsicht nach dem Energiewirtschaftsgesetz, 1970; Börner, Reform des Energierechts und Natur der Sache, 1971; H.-U. Evers, Das Recht der Energieversorgung, 1974; Kimminich, Verfassungsrechtl. Probleme einer Neuregelung der vertragl. Grundlagen für die örtl. Energieversorgung, 1974; Obernolte, DB 1975, 2165; Büdenbender, JuS 1978, 150; Steindorff. Wirtschaftsrecht, S. 139ff. - BVerwGE 7, 114; BayVGH BayVBl. 74, 73. - Zur kartellrechtl. Mißbrauchsaufsicht über Elektrizitätsversorgungsunternehmen (§ 104 GWB): BGH NJW 1972, 1369 m. Anm. Emmerich, JuS 1972, 603. Frankfurter Kommentar, 1958ff.; Gemeinschaftskommentar, hrsg. von H. MüllerHenneberg und G. Schwartz, 3. Aufl., 1972ff.; Rinck, Wirtschaftsrecht, S. 227ff.; Emmerich, Wettbewerbsrecht, 1975; E. Langen/E. Niederleithinger/U. Schmidt, Kommentar zum Kartellgesetz, 5. Aufl., 1977; Steindorff, Wirtschaftsrecht, S. 60ff.; O.-Fr. Frhr. von Gamm, Kartellrecht, 1979; F. Rittner, Einführung in das Wettbewerbs- und Kartellrecht, 1981. - Meyer-Cording, WuW 12 (1962), S. 461; Mestmäcker, AcP 68 (1968), S. 235; J. F. Baur, ZHR 134 (1970), S. 97; Steindorff, ZHR (1974), S. 504; K. Schmidt, Kartellverfahrensrecht - Kartellverwaltungsrecht Bürgerliches Recht, 1977; P. Selmer, Verfassungsrechtl. Probleme einer Kriminalisierung des Kartellrechts, 1977; G. Rauschenbach, NJW 1978, 185. - Bericht der BReg über die Ausnahmebereiche des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), BTag Drucks. 7/3206.

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Gesetzes ist durch das Zweite Änderungsgesetz vom 3. August 1973 (BGBl. I S. 917) verschärft und, besonders durch die Einführung einer präventiven und repressiven Konzentrationskontrolle, erweitert worden 214 . Der Grundsatz des Verbots horizontaler Wettbewerbsbeschränkungen durch Kartellabsprachen und aufeinander abgestimmtes Verhalten (§§ 1, 25 GWB) ist durch eine breite Vielfalt von Ausnahmen, z. B. Konditionen, Rationalisierungs-, neuerdings auch Bagatellkartelle, abgeschwächt und kann im Einzelfall durch eine Erlaubnis des Bundesministers für Wirtschaft durchbrochen werden (§ 8 GWB) 215 . Vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, insbesondere Preisbindungen zweiter Hand, sind verboten 216 , Ausschließlichkeitsbindungen werden beaufsichtigt (§§ 15 ff. GWB) 217 . Marktbeherrschende Unternehmen unterliegen einer Mißbrauchsaufsicht (§ 22 GWB); die Novelle von 1973 hat die „überragende Marktstellung" gesetzlich als einen Fall der Marktbeherrschung definiert und für das Vorhandensein bestimmter Marktanteile eine „Vermutung" dafür eingeführt, daß eine marktbeherrschende Stellung vorliegt 218 . Im Rahmen der Mißbrauchsaufsicht darf die Kartellbehörde auch gegen eine Preisgestaltung vorgehen, in der sich eine mißbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung zeigt (§ 22 V GWB). Dabei ist darauf abzustellen, ob die verlangten Preise erheblich über den Preisen liegen, die sich bei funktionsfähigem Wettbewerb bilden würden, und weiterhin, ob eine wirtschaftliche Rechtfertigung für die Preisgestaltung vorhanden ist219. 214

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Entwurf der Novelle: BTagDrucks. 7 / 7 6 . - J. F. Baur, BB 1973, 915; Emmerich, JuS 1973, 726; Gleiss /Bechtold, BB 1973, 1142; Bechtold, D B 1974, 1945; F. Kirschstein, Marktmacht und ihre Kontrolle, 1974. BGH D B 1975, 1884; BGH NJW 1977, 804 m. Anm. Steindorff, BB 1977, 569. H.-H. Barnikel (Hrsg.), Theorie und Praxis der Kartelle, 1972; P. Ulmer, Abgestimmte Verhaltensweisen im Kartellrecht, 1972; G. Huber, in: Fs. f. E. R. Huber, 1973, S. 203; W. Möschel, NJW 1975, 94. Auf Grund der Novelle von 1973 ist jetzt eine Preisbindung nur noch bei Verlagserzeugnissen und bei Saatgut und Zuchtvieh zugelassen (§§ 16, 100 Abs. 3 GWB). Die frühere Zulassung einer Preisbindung bei Markenartikeln ist beseitigt, die Preisempfehlung bleibt erlaubt (§ 38 a GWB). BGH NJW 1977, 1784. - Bericht der BReg über die Erfahrungen mit den Vorschriften über die Unverbindliche Preisempfehlung, BTag Drucks. 8/703. — E. R. Huber, Grundgesetz und vertikale Preisbindung, 1968. Mestmäcker, Das marktbeherrschende Unternehmen im Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, 1959; J. F. Baur, Der Mißbrauch im dt. Kartellrecht, 1972; Monopolkommission, Anwendung und Möglichkeiten der Mißbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Unternehmen seit Inkrafttreten der Kartellgesetznovelle, 1975; D. Hoffmann, D B 1975, 289, 337; P. Lerche, Verfassungsfragen einer Neuordnung der Mißbrauchsaufsicht, 1979. - KG JuS 1977,689; B G H Z 7 1 , 102. BGH NJW 1976, 2259 (E. Merck, Vitamin B 12-Präparate); BGH NJW 1977, 675 (Hoffmann-La Roche, Valium). - W. Möschel, JZ 1975, 393; N. Reich, ZK? 1975, 159; H. P. Ipsen, Kartellrechtl. Preiskontrolle als Verfassungsfrage, 1976; ders., ZGR 1978, S. 287; B. Börner, Die Kartellrechtl. Mißbrauchsaufsicht, 1977; R. Scholz, ZHR 141 (1977), S. 520.

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Die kartellrechtliche Konzentrationskontrolle220 setzt sich zusammen aus einer Anzeigepflicht jeglichen wettbewerbsrelevanten „Zusammenschlusses" (§ 23 GWB), einem Untersagungsvorbehalt des Bundeskartellamtes gegenüber Zusammenschlüssen und Zusammenschlußvorhaben (§ 24 I, II und VIII GWB), einer aus übergeordneten Rücksichten möglichen Zusammenschlußerlaubnis des Bundesministers für Wirtschaft (§ 24 III bis V GWB) und einer fakultativen, bei Beteiligung von Umsatzmilliardären obligatorischen Anmeldung des Vorhabens von Zusammenschlüssen beim Bundeskartellamt (§ 24 a GWB). Der Tatbestand des „Zusammenschlusses", der im Regelungszusammenhang der Anzeigepflicht umschrieben ist, erfaßt — siehe die Auffang-Generalklausel des § 23 II Nr. 5 GWB — nicht nur Fusionen im engeren Sinne und die Bildung von Konzernen, sondern jede Verbindung von Unternehmen, auf Grund deren ein oder mehrere Unternehmen unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluß auf ein anderes Unternehmen ausüben können. Die Monopolkommission hat die Aufgabe, in ihren Gutachten Beurteilungen über die Entwicklung der Unternehmenskonzentration und die Anwendung der §§ 22 bis 24 a GWB abzugeben (§ 24 b GWB) 221 . Sie sieht in Unternehmensentflechtungen ein mögliches Instrument, um die Wirksamkeit des GWB gegen die Vermachtung von Märkten zu verbessern, und hat hierzu Empfehlungen ausgesprochen 222 . Wettbewerbsbeschränkendes und diskriminierendes Verhalten, einschließlich des negativen und des positiven Organisationszwanges ist verboten oder einer Aufsicht unterworfen (§§25ff. GWB) 223 . Verstöße gegen kartellrechtliche Bestimmungen können zu einem Schadensersatzanspruch führen; Unterlassungsansprüche können auch im Wege der Verbandsklage geltend gemacht werden (§35 GWB). Das Bundeskartellamt, eine selbständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft (§§ 44, 48 ff. GWB) 224 , kann Ermittlungen vornehmen, Verwaltungs- und Bußgeld220

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223 224

Eingeführt durch die 2. GWB-Novelle vom 3. 8. 1973 (BGBl. I, S. 917), durch besondere Vorschriften über die Pressefusionskontrolle weitergebildet durch das 3. ÄndG vom 28. 6. 1976 (BGBl. I, S. 1697), insgesamt weiterentwickelt durch das 4. ÄndG vom 26. 4. 1980 (BGBl. I, S. 458). - R. Scholz, Konzentrationskontrolle und Grundgesetz, 1971; E. Hoppmann, Fusionskontrolle, 1972; H. Würdinger, WuW 1973, 731; F. Rittner, D B 1975, 581; W. Kleinmann / R. Bechtold, Kommentar zur Fusionskontrolle, 1977; Chr. Windbichler, Unternehmensverträge und Zusammenschlußkontrolle, 1977. Siehe auch Anm. 214. - BKA, JuS 1974, 667. Erstes Hauptgutachten 1973/75: Mehr Wettbewerb ist möglich, 1976; Zweites Hauptgutachten 1976/77: Fortschreitende Konzentration bei Großunternehmen, 1978; Drittes Hauptgutachten 1978/79, BT-Drucks. 8/4404. Drittes Hauptgutachten (Anm. 221), S. 25 ff., 178 ff. - W. Möschel, Entflechtungen im Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, 1979; R. Scholz, Entflechtung und Verfassung, 1981; P. Selmer, Unternehmensentflechtung und Verfassung, 1981. Ph. Möhring, DB 1974, 223; H. Tetzner, JZ 1977, 321. Bericht des Bundeskartellamtes über seine Tätigkeit in den Jahren 1979 / 1980 sowie über Lage und Entwicklung auf seinem Aufgabengebiet (§ 50 GWB), BTDrucks. 9/565. - Siehe auch Anm. 149.

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verfahren durchführen, von den speziell zugewiesenen Anordnungsrechten und der Befugnis, Bußgelder zu verhängen, Gebrauch machen und neuerdings auch Untersagungsverfügungen im „objektiven Verfahren" (§37a GWB) erlassen. Kartelle, Zusammenschlüsse und sonstiges wettbewerbsbeschränkendes Verhalten der Unternehmen, das sich auf den Gemeinsamen Märkten der EWG oder der Montanunion auswirkt, unterliegt den europarechtlichen Bestimmungen der Art. 85 bis 90 EWGV in Verbindung mit der Verordnung Nr. 17 des Rates (KartellVO) vom 6. Februar 1962 oder der Art. 65, 66 EGKSV. Wettbewerbsbeschränkungen, die einem dieser Tatbestände des europäischen Wettbewerbsrechts unterfallen, sind allein nach den vorrangigen Vorschriften des europäischen Rechts zu beurteilen 225 . Während die Wirtschaftsaufsicht das wirtschaftliche Verhalten Privater daraufhin überwacht, ob es mit den maßgeblichen Normen des Wirtschaftsverwaltungsrechts übereinstimmt, und diese Übereinstimmung notfalls erzwingt, wird bei der Indienstnahme Privater für die Erfüllung von Verwaltungszwecken die privatwirtschaftliche Tätigkeit insgesamt oder in einzelnen Hinsichten im öffentlichen Interesse in Anspruch genommen 226 . Das kann in der Weise geschehen, daß Private zur Erfüllung einer bestimmten öffentlichen Aufgabe dadurch herangezogen werden, daß ihnen einzelne öffentlichrechtliche Verpflichtungen auferlegt werden, wie z. B. bei der Durchführung der Währungsumstellung durch die Banken, beim Abzug und der Abführung der Lohnsteuer durch die Arbeitgeber oder bei der Begründung der Pflicht, einen Mindestvorrat an Erdölerzeugnissen zu halten. Darüber hinaus wird im Fall des „beliehenen Unternehmers" einer natürlichen Person oder einer juristischen Person des Privatrechts die Befugnis übertragen, gegenüber Dritten öffentlich-rechtlich zu handeln, wie z. B. bei den Technischen Überwachungsvereinen (§ 24 c GewO, § 29 StVZO) 227 . Die Übertragung hoheitlicher

225

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227

EuGHE XV, 13; XV, 309; EuGH NJW 1973, 966 (Continental Can); EuGHE 1976, 613 (Centrafarm); BGH NJW 1972, 2180. - E.-J. Mestmäcker, Europäisches Wettbewerbsrecht, 1974; Gleiss / Hirsch, Komm, zum EWG-Kartellrecht, 3. Aufl., 1978; von Gamm (Anm. 202), S. 12 ff.; G. Bernini, Kartellverbot und Fusionskontrolle in der Montanunion, 1972; Steindorff, ZHR 137 (1973), S. 203; ders., BB 1977, 1613; Rieger, DB 1974, 514. Wolff/Bachof, VerwR II, § 104; Ipsen, in: Fg. f. E. Kaufmann, 1950, S. 141; ders., AöR 90 (1965), S. 393; E. R. Huber, DVB1. 1952, 456; W. Reuss, G R e I I I / l , S. 91, 128ff.; Bachof, AöR 83 (1958), S. 208; K. Vogel, Öffentliche Wirtschaftseinheiten in privater Hand, 1959; H.H. Rupp, Privateigentum an Staatsfunktionen? 1963; Ossenbühl / Gailwas, Die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Private, VVDStRL 29 (1971), S. 137ff„ 211 ff.; BVerfGE 22, 380; 30, 292; BGH JZ 1964, 379. BVerwGE 29, 166; BGH NJW 1957, 1597; BGHZ 25, 266; BGH DÖV 1968, 135; Steiner, JuS 1969, 69; ders., Öffentliche Verwaltung durch Private, 1975; P. Kirchhof, Verwalten durch „mittelbares" Einwirken, 1977.

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Befugnisse auf eine juristische Person des Privatrechts darf nur durch oder auf Grund Gesetzes erfolgen 2 2 8 . b) Wirtschaftsverwaltungsrechtliche Verwaltungsakte: D i e wirtschaftslenkenden Gesetze und die zu ihrem Vollzug ergehenden Rechtsverordnungen 2 2 9 u n d Verwaltungsakte der Exekutive greifen mit sehr vielgestaltigen Rechtswirkungen in die unternehmerischen Entscheidungen und den Privatrechtsverkehr ein. Ein Hauptansatzpunkt dieser Rechtssätze und Maßnahmen ist die Vertragsfreiheit, die etwa durch preisrechtliche Regelungen 2 3 0 , öffentlichrechtliche Genehmigungspflichten oder dadurch beschränkt sein kann, daß ein Kontrahierungszwang die freie Wahl des Vertragspartners ausschließt 231 . Durch Gesetz oder auf Grund Gesetzes kann ein bestimmtes Verhalten geboten 2 3 2 oder verboten 2 3 3 sein oder eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung zugunsten der Behörden der Wirtschaftsverwaltung 2 3 4 begründet werden. Genehmigungspflichten für die Aufnahme wirtschaftlicher Berufe, für bestimmte wirtschaftliche Tätigkeiten oder für bestimmte Verträge ermöglichen eine vorbeugende Überwachung im Interesse der Gefahrenabwehr oder der Wirtschaftslenkung (präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt) 235 . Diesen Ver228 229 230

231 232

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234

235

OVG Münster JZ 1980, 93. So die konjunkturpolitischen Verordnungen der BReg nach dem StabG. ÜbergangsG über Preisbildung und Preisüberwachung (PreisG) vom 10. 4. 1948, WiGBl. 1948, S. 27; fortgeltend gemäß G vom 29. 3. 1951, BGBl. 1951 I, S. 223. BVerfGE 8, 274; 53, 1 mit Anm. W. Meng, DVB1. 1980, 613; BayVGH BB 1969, 248; Ebisch, in: W. Reuss, WirtschaftsverwaltungsR, ErgBd., 1966 — 67, Abschn. I - V; Ridder, AöR 87 (1962), S. 311; Hegelheimer, Wirtschaftslenkung und Preisintervention, 1969; Mayer-Maly, in: Fs. f. Heinrich Demelius, 1973, S. 139. - Im Verkehrsgewerbe besteht Tarifzwang; vgl. z. B. die Festsetzung der Entgelte für Frachtgeschäfte der Binnenschiffahrt gemäß §§ 21 ff. G über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr i. d. Fass. d. Bek. vom 8. 1. 1969, BGBl. I, S. 65 (BVerwGE 31, 359). Kollmar, Das Problem der staatlichen Lenkung und Beeinflussung des rechtsgeschäftlichen Verkehrs, 1961. Z. B. ein Beimischungszwang zur Sicherung der Verwertung von Rohstoffen inländischer Erzeugung (u. a. G über die Unterbringung von Rüböl aus inländischem Raps und Rübsen vom 12. 8. 1966, BGBl. 1966 I, S. 497) - BayVGH DVB1. 1970, 977; BVerwG NJW 1974, 2247 und 2250. Z. B. das Verbot des Vertriebs und des Ankaufs bestimmter Waren im Reisegewerbe (§ 56 GewO) oder die Untersagung eines Energieversorgungsunternehmens (§ 8 EnergiewirtschaftsG). Z. B. die allgemeine Auskunftspflicht nach der VO über Auskunftspflicht vom 13. 7. 1923 (RGBl. 1923 I, S. 723) oder die zahlreichen Auskunftspflichten im Rahmen der Wirtschaftsaufsicht (u. a. §§ 14, 16, 24 KreditwesenG; § 3 EnergiewirtschaftsG; §9, 16 IV, 23 GWB). - BVerwGE 8, 78; E. Stein, Die Wirtschaftsaufsicht, 1967, S. 141 ff.; Hanebuth, Das Auskunftsrecht im europ. Wirtschaftsrecht, 1967; G. Roth, VerwArch 57 (1966), S. 225. Die Genehmigungspflicht für ausländische juristische Personen (§ 12 GewO) ist ein Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB (BGH DVB1. 1973, 852).

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waltungszwecken dienen auch belastende Nebenbestimmungen, vor allem Auflagen, die Erlaubnissen 2 3 6 oder Bewilligungen, insbesondere von Subventionen 2 3 7 , beigefügt werden 238 . Wirtschaftslenkende Verwaltungsakte unterscheiden sich von Polizeiverfügungen, obwohl sie ebenso wie diese individuelle Adressaten haben, dadurch, daß sie zwischen einer G r u p p e von Verwaltungsunterworfenen, die durch dieselbe wirtschaftliche Situation verbunden sind, eine bestimmte Ordnung herstellen und in diesem Sinne nicht nur individuelle Verhaltensweisen, sondern kollektive Wirkungen erreichen wollen. Diese Verwaltungsakte sind nicht allein von dem zweiseitigen Verhältnis zwischen der Verwaltung und dem Adressaten rechtlich zu erfassen. Sie haben eine „Dritt-" oder „Doppelwirkung"239 entweder durch ihren Inhalt, so z. B. die jetzt europarechtlich überholte Umweisung eines Milcherzeugers von einer Molkerei zu einer anderen Molkerei, bei der die eine Lieferbeziehung aufgehoben und d a f ü r eine andere begründet wird (§ 8 Milch- und FettG) 240 , oder durch ihre Wirkung, so bei der Veränderung der Wettbewerbslage durch die Subventionierung eines Konkurrenten oder bei der Genehmigung eines Linienverkehrs neben einem Altunternehmen (vgl. § 13 II Nr. 2 PBefG). Die hier wesentliche Frage, unter welchen Voraussetzungen eine begünstigende Erlaubnis oder Bewilligung nicht nur die Erwerbschancen, sondern auch die Rechtsstellung eines Konkurrenten des Begünstigten berührt, ist bisher vornehmlich unter dem prozeßrechtlichen Blickwinkel des Rechtsschutzbedürfnisses bei der Verfassungsbeschwerde 241 und der Klagebefugnis bei der Verwaltungsklage (§ 42 II V w G O ; „Konkurrentenklage") 2 4 2 behandelt worden. Der Dritte („Konkurrent") ist in einer ihn zur Verwaltungsklage berechtigenden Weise beschwert, wenn zwischen ihm und dem Adressaten des Verwaltungsaktes ein konkretes Wettbewerbsverhältnis besteht und wenn er sich kraft der einschlägigen Rechtsvorschriften oder kraft des grundrechtlich geschützten Rechts auf gleiche Wettbewerbsfreiheit (Art. 2 I, 3 I G G ) auf eine durch die Verwaltungs236 237 238

239

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Beispielsw. § 5 Abs. 1 GaststG; § 16 PersBefG. Götz, Recht der Wirtschaftssubventionen, 1966, S. 45ff.; BGH NJW 1972, 210. BVerwGE 6, 282, 291; 24, 129; 29, 261. - H.Krüger, DVB1. 1 9 5 5 , 3 8 0 , 4 5 0 , 5 1 8 ; G. Huber, in: Fs. f. E. R. Huber, 1973, S. 203; K. Lange, AöR 102 (1977), S. 337. Fromme, VerwArch 56 (1965), S. 26; Haueisen, NJW 1964, 2037; ders., NJW 1966, 2340; Laubinger, Der Verwaltungsakt mit Doppelwirkung, 1967; Schenke, DÖV 1969, 332; Badura, Wirtschaftsverfassung und Wirtschaftsverwaltung, 1971, S. 120ff.; Erichsen /Martens, Allg. VwR, S. 171 ff. BVerwG DÖV 1968, 215. BVerfG DÖV 1963, 582; BVerfGE 18, 1; 21, 132; 24, 289. BVerwGE 9, 340; 10, 122; 16, 187; 17, 306; 21, 338; 30, 191. - Die restriktive Rspr. des BVerwG, wonach Konkurrentenklagen grundsätzlich unzulässig seien, ist mit beachtlichen Gründen kritisiert worden: Bachof, VerfR, VerwR, VerfahrR II, 1967, Nr. 241; R. Schmidt, NJW 1967, 1635; Henke, Das subjektive öffentliche Recht, 1968, S. 71 ff.; Mössner, JuS 1971, 131; R. Scholz, WiR 1 (1972), S. 35; Zuleeg, Subventionskontrolle durch Konkurrentenklage, 1974.

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m a ß n a h m e betroffene Rechtsposition berufen kann, die durch eine Rechtsverletzung verkürzt worden sei 243 . Das wirtschaftliche Interesse eines Gewerbetreibenden, daß die Zahl seiner Konkurrenten nicht durch Neuzulassung vermehrt oder durch Ausschluß vermindert werde, genießt keinen rechtlichen Schutz, es sei denn das Gesetz hat aus besonderen Gründen eine derartige Rechtsstellung geschaffen. Auf dieser Grundlage ist eine Klagebefugnis des vorhandenen Taxiunternehmers gegen die Genehmigung eines neuen Kraftdroschkenverkehrs (§ 13 III PBefG) verneint 244 , die Klagebefugnis des Altunternehmers gegen die Genehmigung eines neuen Linienverkehrs (§13 II PBefG) dagegen bejaht worden 2 4 5 . Gegen die Subventionierung eines Konkurrenten ist dem Dritten eine Anfechtungsmöglichkeit zugesprochen worden, wenn er geltend macht, daß seine schutzwürdigen Interessen willkürlich, nämlich in Form der Verzerrung der Wettbewerbslage durch Verletzung der Chancengleichheit, vernachlässigt worden seien 246 . Für den interventionistischen Charakter des Wirtschaftsverwaltungsrechts kennzeichnend ist die Rechtsfigur des privatrechtsgestaltenden Verwaltungsakts241. Rechtsfolge dieses Verwaltungsaktes ist die Begründung, Veränderung oder Aufhebung privatrechtlicher Rechtsverhältnisse oder Rechte. Besonders häufig ist der Fall, daß das Wirksamwerden eines privatrechtlichen Rechtsgeschäfts von einer Genehmigung abhängig ist, so z. B. beim Grundstücksverkehr und im Mietpreisrecht 248 . Wenn die Wirkung des Verwaltungsaktes auf das private Rechtsgeschäft eingetreten ist, ist ein Widerruf ex tunc grundsätzlich ausgeschlossen 249 . Ein rechtsbegründender privatrechtsgestaltender Verwaltungsakt war die Verleihung des Bergwerkseigentums nach dem alten Recht vor dem Inkrafttreten des Bundesberggesetzes vom 13. August 1980 (BGBl. I, S. 1310), eines Inbegriffs einzelner zivilrechtlicher Berechtigungen mit dem Aneignungsrecht f ü r die verliehenen Bodenschätze als seinem Kern. Das neue BBergG ist im Berechtsamswesen zu einem öffentlichrechtlichen Konzessionssystem übergegangen, in dessen Rahmen die Bezeichnung „Bergwerkseigentum" f ü r eine bestimmte, insbes. beleihbare, Bergbauberechtigung hinsichtlich bergfreier Bodenschätze fortbesteht 2 5 0 . 243

244 245 246

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BVerwG NJW 1980, 2764 (Festsetzung von Pflegesätzen für Krankenhäuser); VGH BadWürtt GewArch 1979, 391 (Ausnahmegenehmigung nach § 23 I LadSchlG). BVerwGE 16, 187; OVG Münster NJW 1980, 2323. BVerwGE 9, 340; BVerwG VerwRspr. 20, 487. BVerwGE 30, 191 (Anm. R. Scholz, NJW 1969, 1044; Mössner, JuS 1971, 131). Anders im Europarecht: EuGH EuR 5 (1970), S. 161. E.R. Huber, WirtschaftsverwaltungsR, I, S. 72ff.; Wertenbruch, in: Gedächtnisschrift f. Rudolf Schmidt, 1966, S. 89. BVerwG DÖV 1968, 54; OVG Münster JuS 1968, 340; BGH NJW 1965, 41; Kieckebusch, VerwArch 57 (1966), S. 17, 162. BVerwGE 29, 314; differenzierend BVerwG JZ 1977, 794. §§ 6ff. BBergG. RegEntw: BT-Drucks. 8/1315; Ausschußempfehlung und -bericht: BT-Drucks. 8/3965. — H. Westermann, Freiheit des Unternehmers und des Grundeigentümers und ihre Pflichtbindungen im öffentl. Interesse nach dem Referenten-

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Eine eigenartige Verbindung eines privatrechtsgestaltenden Verwaltungsaktes mit einem zivilrechtlichen Rechtsverhältnis in Gestalt eines „zweistufigen " Rechtsverhältnis entsteht bei der Gewährung von Subventionen in Form von Darlehen oder Bürgschaften, z. B. bei Wohnungsbaudarlehen (§ 102 Zweites Wohnungsbaugesetz i. d. F. vom 1.9. 1965251). Die Entscheidung über die Vergabe und über die Bedingungen der Subventionierung ist ein Verwaltungsakt, der dann durch ein privatrechtliches Rechtsgeschäft „vollzogen" wird 252 . c) Unternehmergenehmigungen mit planungsrechtlichem Einschlag: Eine Gruppe wirtschaftsverwaltungsrechtlicher Genehmigungspflichten hat in verschiedenartiger und komplexer Ausgestaltung raumbezogene und raumbeeinflussende Vorhaben zum Gegenstand, die der Ausübung wirtschaftlicher Tätigkeit durch den Unternehmer des Vorhabens dienen. Exemplarisch dafür sind die Genehmigungspflichten für die Errichtung und den Betrieb von Atomanlagen und von Flugplätzen. Unternehmer ist hier regelmäßig eine Kapitalgesellschaft mit alleiniger oder wesentlicher Beteiligung der öffentlichen Hand, die durch das Vorhaben öffentliche Aufgaben der Energie- oder Verkehrswirtschaft erfüllt. Die Unternehmergenehmigung besteht rechtstechnisch aus einer Genehmigung, mehreren Genehmigungen oder einer Planfeststellung, auch aus einer Kombination dieser Gestattungsakte, sowie aus vorbereitenden landesplanerischen oder fachplanerischen Entscheidungen. Je nach der rechtlichen Ausgestaltung wird das durch den Antrag des Unternehmers bestimmte Vorhaben in einer Entscheidung oder in mehreren aufeinander aufbauenden Entscheidungen einer Überprüfung anhand der gesetzlichen Anforderungen unterworfen. Die Eigenart dieser Genehmigungen besteht darin, daß sie zugleich eine dem Unternehmer auf seinen Antrag hin erteilte Erlaubnis und eine Planungsentscheidung im Hinblick auf das zuzulassende Vorhaben sind. Im Falle der Zulassung des Vorhabens kommen die öffentlich-rechtlichen Anforderungen und die staatliche Schutzpflicht zugunsten der betroffenen privaten Belange in den Nebenbestimmungen der Gestattung zur Geltung. Da regelmäßig eine oft sehr große Zahl von Dritten in ihren rechtlich geschützten Interessen betroffen sind, handelt es sich bei den die Errichtung oder den Betrieb des Vorhabens verbindlich zulassenden und regelnden Gestattungsentscheidungen um Verwaltungsakte mit Drittwirkung.

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entwurf eines Bundesberggesetzes, 1973; Weitnauer, JZ 1973, 75; R. Willecke, Die dt. Berggesetzgebung, 1977; B. Börner, Abwägungsdefizit beim Gesetzgebungsverfahren (RegEntw. BBergG), 1978; U. Karpen, AöR 106 (1981), S. 15; H. Schulte, NJW 1981, 88. BGBl. 1965 I, S. 1618. BVerwGE 1, 308; 13, 47; 13, 307; BayVGH DVB1. 1967, 383; BGH VerwRspr. 16, 807; BGH DÖV 1969, 640; BGH NJW 1972, 210; Ipsen, Öffentliche Subventionierung Privater, 1956, S. 61 ff. — Kritik der „Zweistufenlehre": Zuleeg, Die Rechtsform der Subvention, 1965, S. 48ff.; V. Götz, Recht der Wirtschaftssubventionen, 1966, S. 56ff.; Erichsen, VerwArch 65 (1974), S. 219.

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Die Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens beruht auf einer durch die gesetzlichen Anforderungen und Richtlinien geleiteten Abwägung und Ausgleichung des Anspruchs des Unternehmers, der berührten öffentlichen Interessen und der rechtlich geschützten Interessen der durch das Vorhaben und seine voraussichtlichen Auswirkungen betroffenen Dritten. Sie begründet eine öffentlich-rechtliche Rechtsstellung des Unternehmers. Entsprechend den gesetzlichen Entscheidungsprämissen übt die Behörde bei der Zulassung des Vorhabens planerische Gestaltungsfreiheit aus, z. B. bei der Billigung des Standortes 253 . Dieses „Planungsermessen" hat auf der Grundlage der gesetzlichen Planungsaufgabe und der gesetzlichen Anforderungen die Grundsätze der gebotenen Planrechtfertigung gegenüber den betroffenen privaten Rechten, der umfassenden „Bewältigung" der durch das Vorhaben aufgeworfenen „Probleme" und des rechtsstaatlichen Abwägungsgebots zu beachten 254 . Die Unternehmergenehmigung ist eine fachplanerische Entscheidung, die sich in die Gesamtplanungen der Bodenbeanspruchung einzufügen hat. Die Abstimmungspflicht des § 4 V BROG führt zu einer Beteiligung der Landesplanungsbehörden, die eine einfache landesplanerische Beurteilung abgeben oder ein Raumordnungsverfahren durchführen. Etwa bestehende Ziele der Raumordnung und Landesplanung lösen die Anpassungspflicht nach § 5 IV BROG aus, die sonstigen Erfordernisse der Raumordnung und Landesplanung werden, ggf. aufgrund spezieller Raumordnungsklauseln, wie z. B. in § 6 II 1 LuftVG, im Wege der landesplanerischen Beurteilung ermittelt und vorgegeben 225 . Die örtliche Bauleitplanung hingegen muß grundsätzlich hinter der fachplanerischen Entscheidung zurücktreten (vgl. §§ 7, 38 BBauG). Im Komplex der Unternehmergenehmigung geht der wesentlichen Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens ein förmliches Verwaltungsverfahren voraus 256 . Eine Eigentümlichkeit ist die im Regelfall anzutreffende 253

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Die Behörde hat sich in dem projektbezogenen Fachplanungsverfahren auf die rechtliche Prüfung des von dem Unternehmer gewählten Standortes zu beschränken, sofern sich nicht eine andere Standortwahl anbietet oder „aufdrängt" (BVerwG DÖV 1974, 418; BVerwG NJW 1980, 953). - Zur Standortvorsorgeplanung: Blümel, DVB1. 1977, 301; H. Brocke, Rechtsfragen der landesplanerischen Standortvorsorge für umweltbelastende Großanlagen, 1979. BVerwGE 34, 301; 45, 309 ( M. Schröder, DÖV 1975, 308; Papier, DÖV 1975, 461); 47, 144; 48, 56; 52, 237; 55, 220; 57, 297; 59, 87; 59, 253; BVerwG NJW 1975, 841; BVerwG DVB1. 1980, 999. Badura, in: Fs. zum 25jähr. Bestehen des BayVerfGH, 1972, S. 157; den., BayVBl. 1976, 515; Hoppe, DVB1. 1974, 641; ders., DVB1. 1977, 136; Blümel, DVB1. 1975, 695; F. Weyreuther, DÖV 1977, 419; G. Korbmacher, DÖV 1978, 589. Forsthoff/Blümel, Raumordnungsrecht und Fachplanungsrecht, 1970; Dölker, BayVBl. 1975, 377; H. Schiarmann, DVB1. 1980, 275. Hoppe, Rechtsschutz bei der Planung von Straßen und anderen Verkehrsanlagen, 1971; Badura, in: Erichsen/Martens, Allg. VwR, S. 313f., 365ff.

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Stufung des Verfahrens 257 . Im Luftrecht folgt auf die Genehmigung des Flughafens die Planfeststellung der Anlage (§§ 6, 8 ff. LuftVG), im Atomrecht ist die Anlagengenehmigung in der Regel projektbegleitend in mehrere aufeinanderfolgende Teilgenehmigungen, ggf. je mit akzessorischen Freigabebescheiden, aufgespalten, und außerdem ein Vorbescheid zulässig, insbes. zur Wahl des Standortes (§§ 7 ff. AtG). Durch die Förmlichkeiten des Verfahrens sollen hauptsächlich die Beteiligung und das rechtliche Gehör der Betroffenen gesichert werden. Den Gemeinden, deren Gebiet durch das Vorhaben oder seine Auswirkungen berührt wird, kommt planungsrechtlich eine besondere Stellung zu; denn die kommunale Planungshoheit schließt, unabhängig von einer ausdrücklichen gesetzlichen Festlegung (wie z. B. in § 10 II 2 LuftVG), ein „Recht der Gemeinden auf Mitwirkung an überörtlichen, aber ortsrelevanten Planungen" ein 258 . Nach der Erfahrung der neueren Zeit werden gegen größere Vorhaben zahlreiche, vielfach formularmäßige Einwendungen erhoben, so daß es zu einem „Massenverfahren" kommt 259 . Gemeinden und private Drittbetroffene können die verbindlichen Entscheidungen über die Zulassung des Vorhabens mit der Anfechtungsklage angreifen und Planergänzungsansprüche auf Beifügung von Nebenbestimmungen mit der Verpflichtungsklage verfolgen. Die Klagebefugnis (§ 42 II VwGO) resultiert jedoch nicht schon aus dem erfolglosen Erheben von Einwendungen im Verwaltungsverfahren, sondern setzt stets voraus, daß der Kläger selbst in einem rechtlich geschützten Interesse betroffen ist. Überdies können im Anfechtungsprozeß nur solche Rechtsmängel gerügt werden, für die eine individuelle rechtliche Betroffenheit bestehen kann (§ 113 I 1 VwGO). Auch das Klagerecht der Gemeinden kann nur auf solche Rechtsverletzungen gestützt werden, durch die eine geschützte Rechtsstellung der Gemeinde, nämlich ihre Planungshoheit, ihre sonstigen Selbstverwaltungsbefugnisse oder ihr Grundeigentum, beeinträchtigt werden können 260 . Die Geltendmachung allgemeiner Belange, etwa des Naturschutzes, und die Verbandsklage sind auch hier unzulässig 261 . Rechte einzelner, nicht von juristischen Personen, können sich 257

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R. Wahl, DÖV 1975, 373; E. Schmidt-Aßmann, in: Fg. für das BVerwG 1978, S. 569; Badura, in: Erichsen/Martens, Allg. VwR, S. 349f. BVerwGE 31, 263/266. Blümel, in: Fs. f. Werner Weber, 1974, S. 539; F. O. Kopp, DVB1. 1980, 320; V. Hertle, BayVBl. 1981, 1. — Die Auswahl von Musterverfahren bei einer Vielzahl von verwaltungsgerichtl. Klagen gegen einen Planfeststellungsbeschluß ist verfassungsrechtlich zulässig (BVerfGE 54, 39). BVerfG DVB1. 1981, 536; BVerwGE 31, 263; BVerwG DVB1. 1969, 362; BVerwG DÖV 1970, 387; BVerwG DVB1. 1971, 186; BVerwG DÖV 1973, 342; BVerwG DVB1. 1974, 562; BayVGHE 27, 115; BayVGH DVB1. 1979, 6 7 3 . - Blümel, abl. Anm. zu OVG Lüneburg DVB1. 1972, 795; H. Jarass, DVB1. 1976, 732; P. Lerche, in: Fs. f. d. BayVGH, 1979, S. 223. BVerwG DÖV 1981, 268; BayVGH DVB1. 1979, 6 7 3 . - J. Burmeister, in: Rechtsfragen des Genehmigungsverfahrens von Kernkraftwerken, VEnergR 4 1 / 4 2 , 1978, S. 7.

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jedoch insofern aus der Verfassung ergeben, als wegen der mangelnden oder mangelhaften Regelung der nuklearen Gefahren oder des Fluglärms oder durch einen rechtswidrigen Vollzug der materiell- oder verfahrensrechtlichen Vorschriften in diesem Bereich ein Rechtsnachteil durch die Verletzung der staatlichen Schutzpflicht nach Art. 2 II G G entsteht 262 . Charakteristisch f ü r die verwaltungsgerichtliche Praxis bei Unternehmergenehmigungen mit planungsrechtlichem Einschlag ist schließlich, daß der vorläufige Rechtsschutz wegen der Langwierigkeit der Hauptsacheverfahren ein ungewöhnliches Gewicht erlangt hat 263 . Die Genehmigungspflicht für Atomanlagen gehört zu den Überwachungsvorschriften des Gesetzes über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz) vom 23. Dezember 1959 (BGBl. I, S. 814), jetzt in der Fass. der Bek. vom 31. Oktober 1976 (BGBl. I, S. 3053), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. August 1980 (BGBl. I, S. 1556)264. Der Genehmigung bedarf, wer eine ortsfeste Anlage zur Erzeugung oder zur Bearbeitung oder Verarbeitung oder zur Spaltung von Kernbrennstoffen oder zur Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe errichtet, betreibt oder sonst innehat oder die Anlage oder ihren Betrieb wesentlich verändert (§ 7 I AtG). Der Genehmigung bedürfen auch die Stillegung einer Anlage sowie der sichere Einschluß der endgültig stillgelegten Anlage sowie der sichere Einschluß der endgültig stillgelegten Anlage oder der Abbau der Anlage oder von Anlageteilen (§ 7 III AtG). Die Entscheidung über die Genehmigung hat die Einhaltung der in § 7 II AtG festgelegten nuklearspezifischen und nichtnuklearspezifischen (§ 7 II Nr. 6 AtG) Anforderungen sicherzustellen, die sich aus der in § 1 AtG ausgesprochenen Zielsetzung des Gesetzes ableiten; der Schutzzweck hat dabei den Vorrang vor dem Förderungszweck 2 6 5 . Die Genehmigung darf insbes. nur erteilt werden, wenn die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage getroffen ist (§ 7 II Nr. 3 A t G ; Strah262

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BVerfGE 53, 30; BVerfG Beschl. v. 14. 1. 1981 - 1 BvR 6 1 2 / 7 2 . - F. Ossenbühl, DÖV 1981, 1; ders., DVB1. 1981, 65. BVerfGE 35, 263; BVerwG DVB1.- 1974, 566; VGH BadWürtt DÖV 1979, 521; BayVGHE 27, 115; OVG Lüneburg DVB1. 1978, 67 und DÖV 1979, 797; OVG Münster NJW 1974, 2 8 7 . - Fromm, BauR 1973, 265; Geizer, BauR 1977, 1; Papier, in: Rechtsfragen des Genehmigungsverfahrens von Kraftwerken, VEnergR 4 1 / 4 2 , 1978, S. 86. H. Fischerhof, Dt. Atomgesetz und Strahlenschutzrecht, 2. Aufl., 1978; K.-P. Winters, Atom- und Strahlenschutzrecht, 1978. — Evers, Das Recht der Energieversorgung, 1974, S. 111 ff.; Kimminich, Atomrecht, 1974; R. Breuer, NJW 1977, 1121; H. Lecheler, ZRP 1977, 241; H.-W. Rengeling, JZ 1977, 542; H. Scharnhoop, DVB1. 1977, 322; K. Schmieder, Atomanlagengenehmigung und Bestandsschutz von Atomanlagen bei nachrückender Industrieansiedlung, 1977; K.-P. Winters, DÖV 1978, 265; Rechtsfragen des Genehmigungsverfahrens von Kraftwerken, VEnergR 41/42, 1978; B. Bender, DÖV 1980, 633; Chr. Degenhart, Kernenergierecht, 1981. BVerwG DVB1. 1972, 678.

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lenschutzVO vom 13. 10. 1976, BGBl. I, S. 2905, ber. BGBl. 1977 I, S. 184, 269). Ungewißheiten jenseits einer „Schwelle praktischer Vernunft", die durch die Grenzen menschlichen Erkenntnisvermögens bedingt ist („Restrisiko"), dürfen außer Betracht gelassen werden. Aus dem gesetzlichen Vorsorge- und Schutzprinzip ergeben sich Rechte Dritter, soweit es den einzelnen so durch die Dosisgrenzwerte des § 45 StrSchV - vor den Gefahren und Risiken der Kernenergie bewahren will, nicht jedoch soweit es nur Belange der Allgemeinheit („Bevölkerungsrisiko") betrifft, wie in Gestalt des Strahlenminimierungsgebots nach §§ 28 I Nr. 2, 46 I Nr. 2 StrSchV 266. Soweit es sich um den Schutz vor den Gefahren der Kernenergie oder der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlen handelt, wird das Immissionsschutzrecht durch die atomrechtlichen Vorschriften verdrängt ( § 8 1 AtG, § 2 II BImSchG), hinsichtlich der sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen schließt die atomrechtliche Genehmigung die Genehmigung nach §§ 4ff. BImSchG ein (§ 8 II AtG). Bei der Entscheidung über die Genehmigung besitzt die Behörde - was bei präventiven Verboten mit Erlaubnisvorbehalt die Ausnahme ist - einen Spielraum pflichtgemäßen Ermessens, um auch bisher nicht vorhersehbaren Umständen Rechnung tragen zu können 267 . Daß trotz der Risiken eine Verwendung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken überhaupt erfolgen darf, hat der Gesetzgeber im Atomgesetz und mit verfassungsrechtlicher Billigung (Art. 74 Nr. 11 a, 87 c GG) bestimmt 268 . Über die Genehmigung entscheidet die zuständige oberste Landesbehörde, die dabei das Atomgesetz im Auftrag des Bundes ausführt (Art. 87 c GG, § 24 II AtG). Das Genehmigungsverfahren ist in einigen Hinsichten durch das Atomgesetz selbst, im übrigen durch die Atomrechtliche Verfahrensverordnung (AtVfV) vom 18. Februar 1977 (BGBl. I, S. 280) geregelt 269 . Die Prüfung durch die Genehmigungsbehörde erstreckt sich außer auf die Genehmigungsvoraussetzungen des § 7 II AtG auch auf die Beachtung der übrigen das Vorhaben betreffenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften (§ 14 AtVfV), eine Ersetzung anderer Genehmigungsvorbehalte tritt dadurch jedoch nicht ein 270 . 266

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BVerfGE 49, 8 9 / 1 4 0 f f . ; BVerwG DVB1. 1981, 405 in Abweichung von OVG Lüneburg DÖV 1978, 289 und DVB1. 1979, 686; BayVGH DVB1. 1979, 673. - B. Bender, NJW 1979, 1425; R. Breuer, DVB1. 1981, 300; Chr. Degenhart, ET 1981, 203. RegEntw des AtG, BT 3. WP Drucks. 759, S. 50, 59. BVerfGE 49, 89 - Kalkar (R. Breuer, ZfE 1979, 268; W. Fiedler, JZ 1979, 184); BVerfGE 53, 30 - Mülheim-Kärlich ( A . Weber, JZ 1980, 314). - F. Ossenbühl, DÖV 1981, 1. Vorher galt die Atomanlagen-VO vom 20. 5. 1960 (BGBl. I, S. 310), dann in der Fass. vom 29. 10. 1970 (BGBl. I, S. 1518). - Lukes/Vollmer/Mahlmann, Grundprobleme zum atomrechtlichen Verwaltungsverfahren, 1974; Drittes Dt. Atomrechts-Symposium, 1975; F. Ossenbühl, NJW 1981, 375. K.-P. Winters, Atom- und Strahlenschutzrecht, 1978, S. 37 f. - B e d a r f e s für eine Anlage neben der atomrechtl. Genehmigung auch einer wasserrechtl. Gestattung und ist die atomrechtl. Genehmigung erteilt, ist diese Entscheidung über die atom-

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Im Genehmigungsverfahren kann jedermann Einwendungen erheben. Einwendungen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, werden durch Fristablauf präkludiert ( § 7 1 2 AtVfV). Diese - materielle - Präklusion erstreckt sich auch auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren, erfaßt aber nicht das Geltendmachen von Nichtigkeitsgründen 271 . Auf Antrag können das Verfahren und die Genehmigungsentscheidung in einen Vorbescheid und in Teilgenehmigungen für einzelne Abschnitte der Errichtung und für den Betrieb der Anlage aufgeteilt werden (§ 7a AtG; §§ 18, 19 AtVfV) 272 . Für den Entscheidungsgegenstand von Vorbescheid und Teilgenehmigung treten BindungsWirkung und materielle Präklusion von Einwendungen (§ 7 b AtG) ein. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die Genehmigungsvoraussetzungen nicht vorliegen und ihre Erfüllung nicht durch Nebenbestimmungen sichergestellt werden kann (§ 15 II 1 AtVfV). Zur Erreichung der in § 1 AtG bezeichneten Zwecke kann die Genehmigung inhaltlich beschränkt und mit Auflagen, nicht jedoch mit Bedingungen, verbunden werden (§ 17 I 2 AtG) 273 . Nachträgliche Auflagen sind, unter Umständen nur gegen Entschädigung, zulässig, soweit es zur Sicherung der in § 1 Nr. 2 und 3 AtG genannten Zwecke erforderlich ist (§§ 17 I 3, 18 III AtG). Die luftrechtliche Zulassung von Flugplätzen ist unterschiedlich geregelt für Flughäfen, für Landeplätze mit oder ohne beschränkten Bauschutzbereich und für Segelfluggelände 274 . Flughäfen sind Flugplätze, die nach Art und Umfang des vorgesehenen Flugbetriebs einer Sicherung durch einen Bauschutzbereich nach § 12 LuftVG bedürfen; sie sind Flughäfen des allgemeinen Verkehrs (Verkehrsflughäfen) oder solche für besondere Zwecke (§ 38 LuftVZO).

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rechtl. Anforderungen für das wasserrechtl. Verfahren bindend (BVerwG DÖV 1980, 168). BVerwG DVB1. 1980, 1001 (Wyhl) und 1009 (Mülheim-Kärlich); BayVGH DVB1. 1979, 673; OVG Koblenz DÖV 1979, 525. - R. Breuer, in: R. Lukes(Hrsg.), Sechstes Dt. Atomrechts-Symposium, 1980, S. 243; J. Ipsen, DVB1. 1980, 146; R. Stober, AöR 106, 1981, S. 41. So schon beim Kernkraftwerk Würgassen: BVerwG DVB1. 1972, 678 m. Anm. Schwarze, DÖV 1973, 700; BVerwG ET 1973, 319; OVG Münster ET 1975, 220. BVerwG DVB1. 1981, 405; VGH BadWürtt DÖV 1979, 521; OVG Lüneburg DVB1. 1980, 1010; E. Schmidt-Aßmann, in: Fg. f. d. BVerwG, 1978, S. 569; P. Selmer, Vorbescheid und Teilgenehmigung im Immissionsschutzrecht, 1979; ders. / L. SchulzeOsterloh, JuS 1981, 393; F. Ossenbühl, NJW 1980, 1353; A. Weber, DÖV 1980, 397. Mutschier, Nebenbestimmungen zur Atomanlagengenehmigung und die Zulässigkeit ihrer Verwendung zur Ausräumung von Versagungsgründen, 1974. §§ 6ff. Luftverkehrsgesetz in der Fass. der Bek. vom 14. 1. 1981 (BGBl. I, S. 61); §§ 38 ff. Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung (LuftVZO) in der Fass. vom 28. 11. 1968 (BGBl. I, S. 1263). — M. Hofmann, Luftverkehrsgesetz, Luftverkehrs-Verordnungen, 2 Bde., 1971.

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Flughäfen dürfen nur mit Genehmigung (§ 6 LuftVG) und nach vorheriger Planfeststellung (§§ 8 ff. LuftVG) 275 angelegt und betrieben werden. Die Genehmigung ist eine Entscheidung über den Antrag des Unternehmers, dem sie eine Anlage- und Betriebserlaubnis gibt, und zugleich eine überschlägige und vorläufige Planungsentscheidung, durch die ohne abschließende rechtliche Verbindlichkeit die rechtliche Grundlage für das Planfeststellungsverfahren und den Planfeststellungsbeschluß geschaffen wird 276 . Mit der Genehmigung ist die Festlegung des Ausbauplanes verbunden, der den Bauschutzbereich umschreibt (§ 12 LuftVG) 277 . Über die Genehmigung befindet die nach Landesrecht zuständige Behörde im Auftrag des Bundes, mit Ausnahme der dem Bundesminister für Verkehr vorbehaltenen Prüfung und Entscheidung, inwieweit durch die Anlegung und den Betrieb eines Verkehrsflughafens die öffentlichen Interessen des Bundes berührt werden (Art. 87d GG, § 31 II Nr. 4 und Abs. 3 LuftVG); die dem Bund vorbehaltene Entscheidung hat einen nur verwaltungsinternen Charakter. Die Entscheidung über die Genehmigung ergeht in Ausübung von Planungsermessen nach den materiellen Richtlinien des § 6 LuftVG 278 . Dem Unternehmer können Regelungen des Flugbetriebs auferlegt werden, soweit nicht die Festlegung der An- und Abflugverfahren der Bundesanstalt für Flugsicherung vorbehalten ist279. Da erst das nachfolgende Planfeststellungsverfahren die parzellenscharfe und verbindliche Regelung der Rechtsbeziehungen zu den Drittbetroffenen, insbes. den Flughafennachbarn, zur Folge hat (§§ 9, 11 LuftVG), können Drittbetroffene die Genehmigung mangels Klagebefugnis (§ 42 II VwGO) nicht angreifen 280 . Das gilt auch für die in ihrer Planungshoheit betroffenen Gemeinden. Diese sind jedoch an dem Genehmigungsverfahren - und ggf. an einem vorgängigen Raumordnungsver275

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Die zu der Genehmigung hinzutretende Planfeststellung ist durch die Novelle vom 5. 12. 1958 (BGBl. I, S. 899) eingeführt worden. - Beine, ZLR 7, 1958, S. 363; deri.,ZLW 10, 1961, S. 3. BVerwG DÖV 1969, 283; BVerwG DVB1. 1969, 362; BVerwG DVB1. 1971, 415; BVerwG DÖV 1974, 418 mit Anm. Wahl. DÖV 1975, 373; BVerwGE 56, 110; BVerwG DÖV 1980, 135; OVG Lüneburg DVB1. 1972, 795 mit abl. Anm. Blümel; P. Badura, BayVBl. 1976, 515. Das im Bauschutzbereich eintretende Erfordernis der Zustimmung der Luftfahrtbehörde zu Baugenehmigungen hat für sich allein grds. keine enteignende Wirkung (BGH ZLW 21, 1972, 179; BGH DVB1. 1974, 430), kann aber im Fall der Verweigerung der Zustimmung, die eine nur verwaltungsinterne und nicht selbständig anfechtbare Verwaltungshandlung ist, zu einer entschädigungspflichtigen Enteignung führen (§ 19 LuftVG). BVerwG DVB1. 1971,415. Gesetz über die Bundesanstalt für Flugsicherung vom 23. 3. 1953 (BGBl. I, S. 70), geändert durch Gesetz vom 23. 6. 1970 (BGBl. I, S. 805); § 31 I 2 LuftVG. - BGHZ 69, 128. BVerwG DÖV 1969, 283. - Vgl. auch BVerfG DVB1. 1981, 374 (1.8. 1980) mit Anm. E. Schmidt-Aßmann, DVB1. 1981, 334.

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fahren - zu beteiligen, haben hier ein Recht auf Information und Anhörung und können eine Verletzung dieses „formellen" Beteiligungsrechts im Wege der Anfechtungsklage geltend machen 281 . Planfeststellungsbehörde ist die von der Landesregierung bestimmte Behörde, die in Bundesauftragsverwaltung handelt (Art. 87 d GG, § 10 LuftVG) 282 . Bei der Entscheidung über die Planfeststellung, die in Ausübung planerischer Gestaltungsfreiheit zu treffen ist, sind die entsprechend geltenden Anforderungen nach § 6 II und III LuftVG maßgebend. Die voraussichtlichen Auswirkungen des Vorhabens auf die rechtlich geschützten Interessen Dritter müssen, sofern sie nicht der Planfeststellung überhaupt entgegenstehen, aufgrund der gebotenen planerischen Abwägung durch Auflagen (§ 9 II LuftVG) oder Entschädigung ausgeglichen werden 283 . Von besonderem Gewicht ist der Schutz gegen Fluglärm 284 . In § 29 b LuftVG ist hierfür eine beim Betrieb von Luftfahrzeugen in der Luft und am Boden zu beachtende allgemeine Grundpflicht aufgestellt. Die normativen Vorkehrungen zur Bekämpfung des Fluglärms und ihr Vollzug im Einzelfall müssen der in Art. 2 II G G begründeten Schutzpflicht des Staates genügen. Ihre Erfüllung kann nicht ausschließlich davon abhängen, welche Maßnahmen nach dem „Stand der Technik" möglich sind; maßgebliches Kriterium ist letztlich, was dem Menschen unter Abwägung widerstreitender Interessen an Schädigungen und Gefährdungen zugemutet werden darf 2 8 5 . Gemeinden und private Betroffene können die Planfeststellung angreifen, soweit sie in ihren Rechten berührt sind und die Verletzung von Vorschriften rügen können, die ihren Schutz bezwecken. Entsprechend dem Sach- und Regelungsgehalt der Entscheidung müssen die Verwaltungsgerichte jedenfalls „die umfassende Nachprüfung der luftverkehrsrechtlichen Gesichtspunkte innerhalb der Planung" - ohne Beschränkung durch die materiell nicht angreifbaren Vorentscheidungen durch die Genehmigung - im Rahmen des Verfahrens gegen den Planfeststellungsbeschluß vornehmen 286 .

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285 286

BVerwGE 56, 110; BVerwG DÖV 1979, 517; BVerwG DÖV 1980, 135; Grabherr, ZLW 1977, 247. - Vgl. auch BVerfG DVB1. 1981, 374 (12. 5. 1980). Das Gesetz schreibt den Landesregierungen nicht vor, für die Anhörung der Beteiligten und für die Planfeststellung verschiedene Behörden zu bestimmen (BVerwG NJW 1980, 1706). BVerwGE 56, 110, dazu H.-J. Keller, NJW 1979, 1490. Dazu auch das Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm vom 30.3. 1971 (BGBl. I, S. 282), das u. a. die Festsetzung von Lärmschutzbereichen und die Erstattung von Aufwendungen für bauliche Schallschutzmaßnahmen vorsieht. Der in § 3 des Gesetzes und in der Anlage als Maßstab vorgesehene äquivalente Dauerschallpegel wird auch im Rahmen der Planfeststellung zur Ermittlung der Lärmbelastung herangezogen. - Bericht der BReg über die Erfahrungen bei der Durchführung des Fluglärmgesetzes, BT-Drucks. 8/2254. BVerfG Beschl. v. 14. 1. 1981 - 1 BvR 612/72. BVerfG DVB1. 1981, 374 (1. 8. 1980).

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d) Verwaltungsprivatrechtliche und fiskalische Verwaltungstätigkeit; Auftragswesen und erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand: Bei der Vergabe von Subventionen als Darlehen oder Bürgschaften, aber auch in anderen Bereichen übt die Exekutive öffentliche Verwaltung in privatrechtlicher Rechtsform aus. Die für diese Fälle entwickelte Lehre vom „Verwaltungsprivatrecht" (Hans Julius Wolff) besagt, daß die sich so des Privatrechts zur Erfüllung von Verwaltungszwecken bedienende Verwaltung nicht auf dem Boden der Privatautonomie und wie ein Privater („fiskalisch") handelt, sondern trotz der privatrechtlichen Einkleidung ihrer Tätigkeit als vollziehende Gewalt, und deshalb an die Grundrechte, insbesondere an den Gleichheitssatz, und die verwaltungsrechtlichen Grundsätze des Verwaltungshandelns gebunden bleibt 287 . Als fiskalische, nicht verwaltungsprivatrechtlich gebundene Tätigkeit betrachtet die Praxis die Beteiligung der Exekutive am Privatrechtsverkehr im Rahmen des Auftragwesens der öffentlichen Hand („fiskalische Hilfsgeschäfte") und der „erwerbswirtschaftlichen" Betätigung öffentlicher Unternehmen, weil hier nicht unmittelbar öffentliche Verwaltung ausgeübt werde; in der Literatur wird dieser Standpunkt zunehmend, allerdings mit sehr variierenden Erwägungen und Ergebnissen kritisiert. Beim Auftragswesen288 steht nicht, wie früher, die Beschaffung von Büromaterial o. ä. im Vordergrund, sondern die sehr ausgedehnte Investitionstätigkeit, vor allem zugunsten der Bauwirtschaft, mit der die öffentliche Hand einen so bedeutsamen Teil der Gesamtnachfrage einnimmt, daß sie als Medium antizyklischer Konjunkturpolitik geeignet ist (§§ 6 1, 10, 11 StabG). Die Vergabe von Aufträgen erfolgt ohne verwaltungsprivatrechtliche Grundrechtsbindung 2 8 9 nach Maßgabe des jeweils einschlägigen Haushaltsplans, des Haushaltsrechts und besonderer Verwaltungsvorschriften, insbesondere der Verdingungsordnungen 290 . Neben 287

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BGHZ 29, 76 (Anm. Mertens, JuS 1963, 391); BGH JZ 1965, 281; BGHZ 52, 325 (Emmerich, JuS 1970, 332); BGH BB 1969, 1790; BGH VerwRspr. 20, 902; OLG Düsseldorf, BB 1968, 232; OVG Berlin NJW 1961, 2130; Wolff/Bachof, VwR I, § 2311b; Siebert, in: Fs. f. Niedermeyer, 1953, S. 215; W. Mallmann / K. Zeidler, VVDStRL 19 (1961), S. 165, 208; W. Reuss, in: Staatsbürger und Staatsgewalt, 1963, II, 255; Badura, JuS 1966, 17; Rüfner, a. a. O. (Anm. 129), S. 348ff.; Ossenbühl, DÖV 1971,513. Altmann, Das öffentliche Auftragswesen, 1960; Forsthoff, Der Staat als Auftraggeber, 1963; H.Müller, Staatliche Preislenkung bei öffentlichen Aufträgen, 1970; P. Kirchhof (Anm. 227) S. 326 ff.; F.-J. Kunert, Staatliche Bedarfsdeckungsgeschäfte und Öffentliches Recht, 1977; K. Wenger, Das Recht der öffentlichen Aufträge, 1977; J. Pietzcker, Der Staatsauftrag als Instrument des Verwaltungshandelns, 1978. BGHZ 36, 91 = JZ 1962, 176 m. Anm. Stern = DVB1. 1962, 298 m. Anm. Zeidler: BVerwG GewArch 1970, 285. - Zur Frage des Schadensersatzes, auch nach Kartellrecht (§§26 II, 35 GWB), bei willkürlicher „Auftragssperre": OLG Stuttgart, JuS 1974, 456; OLG Düsseldorf DÖV 1981, 537 mit Anm. J. Pietzcker. H. Ingenstau / H. Korbion, Kommentar zur VOB A . B . / D I N 1960/61, 8. Aufl.,

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einzelnen Bestimmungen mit wirtschaftspolitischen Richtlinien für das Beschaffungswesen, wie z. B. § 31 PostVerwG, § 50 BBahnG, finden sich Regelungen, die aus sozialpolitischen G r ü n d e n die Bevorzugung bestimmter Personengruppen bei der Auftragsvergabe vorschreiben, z. B. § 74 BundesvertriebenenG. Auch in diesen Fällen bleibt das Rechtsverhältnis privatrechtlich, sofern nicht eine verselbständigte Entscheidung über die Verpflichtung der Verwaltung zur Bevorzugung einer Person vorgesehen ist oder stattfindet; jedoch ist stets eine Feststellungklage auf Bestehen einer Verpflichtung zur bevorzugten Berücksichtigung im Verwaltungsrechtsweg zulässig, weil der begünstigende Rechtssatz insoweit eine öffentlich-rechtliche Beziehung begründet 2 9 1 . Die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand ist in ihren Gegenständen und Rechtsformen sehr vielfältig und reicht von der gemeinwohlorientierten Leistungsverwaltung in oft gleitenden Übergängen bis zu unternehmerischem („erwerbswirtschaflichem") Handeln im Marktverkehr, bes. im Falle der Industriebeteiligungen 2 9 2 . Die öffentliche Wirtschaftstätigkeit k a n n zwar durch wirtschafts- oder sozialpolitisch orientierte Modifikation der Preise oder Konditionen bis zu einem gewissen G r a d e wirtschaftslenkend eingesetzt werden, ist aber nicht planmäßig zu einem „gemeinwirtschaftlichen" Sektor der Gesamtwirtschaft ausgestaltet. Von der den Verwaltungszweck der Daseinsvorsorge verwirklichenden Leistungsverwaltung, z. B. durch die großen Verkehrsanstalten des Bundes (Bahn, Post) oder die kommunalen Verkehrs-

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1977; H. Korbion, D B 1974, 77; H. Ebisch/J. Gottschalk, Preise und Preisprüfungen bei öffentl. Aufträgen, 3. Aufl., 1973. — Die in Teil A der VOB aufgestellten Richtlinien und Regeln für die Vergabe von Bauleistungen sind keine Schutzgesetze i. S. d. § 823 II BGB (BGH VersR 65, 764). BVerwGE 7, 89; 14,65; BVerwG BB 1969, 1084; BVerwG DVB1. 1970, 866 ( H o f f mann Becking, VerwArch, 62 [1971], S. 191); BVerwG DÖV 1971, 705; Bettermann, DVB1. 1971, 112. Tautscher, Die öffentliche Wirtschaft, 1953; K. M. Hettlage, in: Fs. f. Walter Schmidt-Rimpler, 1957, S. 279; W, Hamm, Kollektiveigentum, 1961; Berkemann, Die staatl. Kapitalbeteiligung an Aktiengesellschaften, 1966; Bettermann, in: Berliner Fs. f. E. Hirsch, 1968, S. 1; H. H. Klein, Die Teilnahme des Staates am wirtschaftlichen Wettbewerb, 1968; V. Emmerich, Das Wirtschaftsrecht der öffentlichen Unternehmen, 1969; G. Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, 1969; K. Wenger, Die öffentliche Unternehmung, 1969; U. Scheuner, in: ders. (Hrsg.), Die staatliche Einwirkung auf die Wirtschaft, 1971, S. 82ff.; R. Scholz, A ö R 97 (1972), S. 301; ders., in D. Duwendag (Hrsg.), Der Staatssektor in der sozialen Marktwirtschaft, 1976, S. 113; K. Grupp. ZHR 140(1976), S. 367; P. Eichhorn (Hrsg.), Auftrag und Führung öffentlicher Unternehmen, 1977; P. Kirchhof, Verwalten durch „mittelbares" Einwirken, 1977, S. 356ff.; G. Ress, in: Fs. f. Bernhard C. B. Aubin, 1979, S. 129; B. Janson, Rechtsformen öffentlicher Unternehmen in der Europ. Gemeinschaft, 1980; P. Badura, in: Fs. f. Hans-Jürgen Schlochauer, 1981, S. 3. - Der Bundesminister der Finanzen ist Herausgeber des jährlich erscheinenden Berichts: Beteiligungen des Bundes.

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u n d Versorgungsbetriebe, unterscheidet sich die unternehmerische Tätigkeit der öffentlichen Hand durch das Fehlen eines besonderen öffentlichen Interesses, dem die Einheiten der Leistungsverwaltung gewidmet sind. Die öffentliche Hand wird unternehmerisch tätig, wenn sie Waren oder Dienstleistungen im Wirtschaftsverkehr anbietet, ohne Rücksicht darauf, ob diese Tätigkeit in privatrechtlichen oder in öffentlich-rechtlichen Organisations- oder Handlungsformen ausgeübt wird und ob sich die öffentliche Hand dabei eines rechtlich verselbständigten Wirtschaftssubjekts bedient. Die unternehmerische Tätigkeit der öffentlichen H a n d kann im öffentlichen Interesse Zweckbindungen unterliegen oder dienstbar gemacht werden, wie z. B. bei den öffentlich-rechtlichen Wettbewerbsunternehmen der Kredit- und der Versicherungswirtschaft, hat jedoch anders als die Einrichtungen der Leistungsverwaltung nicht eine spezifisch öffentliche Aufgabe als Anstalts- oder Unternehmenszweck zu verfolgen. Das Aktienrecht, das die Mitglieder des Aufsichtsrats und des Vorstandes auf das Unternehmensinteresse verpflichtet, setzt der beliebigen Durchsetzung öffentlicher Interessen in der Aktiengesellschaft Grenzen. Die kommunale Wirtschaftstätigkeit293, für deren Zulässigkeit und Handhabung nach dem Vorbild der §§ 67 ff. D G O in den Gemeindeordnungen besondere Vorschriften bestehen, ist zum größten Teil nicht erwerbswirtschaftliche, sondern leistungsverwaltungsrechtliche Wirtschaftsbetätigung 2 9 4 . Denn das Gemeinderecht erlaubt die Errichtung, Übernahme oder wesentliche Erweiterung wirtschaftlicher Unternehmen und ebenso Beteiligungen an Kapitalgesellschaften u. a. nur, wenn der öffentliche Zweck das Unternehmen rechtfertigt. Die öffentlichen Sparkassen der kommunalen Gebietskörperschaften unterliegen landesrechtlicher Regelung (siehe auch Art. 99 EGBGB) 2 9 5 . 293

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Siehe die Kommentierungen zu den Gemeindeordnungen sowie: Suren, Gemeindewirtschaftsrecht, 1960; A. Köngen, in: Hundert Jahre Dt. Rechtsleben, 1960, II, S. 577; Depenbrock, Die Stellung der Kommunen in der Versorgungswirtschaft, 1961; Siedentopf, Grenzen und Bindungen der Kommunalwirtschaft, 1963; Stern/ Püttner, Die Gemeindewirtschaft, 1965; P. Lerche, JurA 1970, 821; R. Scholz, DÖV 1976, 441; W. Graf Vitzthum, A ö R 104 (1979), S. 580. - BVerwGE 39, 329; BVerwG NJW 1978, 1539. Dies ist der wesentliche Grund, der die Gemeinden daran hindert, mit Hilfe ihrer gesellschaftsrechtlichen Befugnisse neuartige Mitbestimmungsformen einzuführen, sofern sie sich dadurch ihres letztentscheidenden Einflusses begeben; OLG Bremen NJW 1977, 1153 unter Aufhebung von LG Bremen DVB1. 1977, 50 mit Anm. E. Röper; - W. Leisner, Mitbestimmung im öffentl. Dienst, 1970; Biedenkopf/Säcker, ZFA 1971, 211; ÄT. Duden, ZRP 1972, 29; F. Ossenbühl, Erweiterte Mitbestimmung in kommunalen Eigengesellschaften, 1972; H.-P. Schneider, DÖV 1972, 598; VG Düsseldorf DVB1. 1971,225. Nipperdey/Schneider, Die Steuerprivilegien der Sparkassen, 1966; Stern/Burmeister, Die kommunalen Sparkassen, 1972. - BVerwG DÖV 1972, 350; BayVGHE 26, 177.

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Gesetzliche Bestimmungen über die Unternehmenstätigkeit der öffentlichen H a n d finden sich nur im Haushaltsrecht 2 9 6 ; individuelle Abwehransprüche lassen sich daraus nicht ableiten. Versuche, Beschränkungen aus dem Verfassungsrecht zu gewinnen, nämlich aus einem vorgeblich geltenden Grundsatz der „Subsidiarität" der Staatstätigkeit 297 oder aus einem wirtschaftsverfassungsrechtlichen Grundsatz privater Wettbewerbsfreiheit (Art. 2 I GG) 2 9 8 , haben keine allgemeine Anerkennung gefunden. Ein grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Anspruch auf Unterlassung „unverhältnismäßiger" Wirtschaftstätigkeit der öffentlichen Hand wird durch Art. 2 1, 12 1 G G nicht begründet 2 9 9 . Ein grundrechtlich erheblicher „Eingriff durch Konkurrenz" 3 0 0 kommt nur in Betracht, wenn das Gesetz der öffentlichen H a n d Vorrechte einräumt, z. B. ein Verwaltungsmonopol, oder wo die öffentliche Wirtschaftstätigkeit oder ein öffentliches Unternehmen nach Zielsetzung oder Wirkung zu Lasten privatwirtschaftlicher Konkurrenten wirtschaftslenkend eingesetzt werden, so d a ß die Regulative des Privatrechts nicht ausreichen. In diesen Fällen einer interventionistischen Wirtschaftstätigkeit der öffentlichen H a n d , die nur durch oder aufgrund Gesetzes zugelassen sein dürfte, gelten die an den jeweiligen Schutzinhalten der beeinträchtigten Grundrechte auszurichtenden Anforderungen des Grundsatzes der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit sowie das Willkürverbot des allgemeinen Gleichheitssatzes. Die öffentliche H a n d unterliegt als Aktionär den Vorschriften des Aktienrechts, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt (vgl. § 394 AktG). Auch der Staat oder eine Gebietskörperschaft kann deshalb herrschendes Unternehmen in einer Unternehmensverbindung (§ 17 AktG) sein 301 . Die öffentliche Hand ist nicht nur mit ihrer Unternehmenstätigkeit, sondern mit jeder wirtschaftlichen Betätigung, selbst wenn sie in öffentlich-rechtlichen Rechtsformen stattfindet, dem Wettbewerbsrecht (UWG, G W B ; § 98 Abs. 1 GWB) unterworfen, vorausgesetzt, d a ß sie zu einem Dritten in ein Wettbewerbsverhältnis tritt und in ihrem Angebotsverhalten nicht normativ gebunden ist 302 . 296

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§ 65 BHO (§ 60 Wirtschaftsbestimmungen für die Reichsbehörden vom 11. 12. 1929) sowie die entspr. Vorschriften der Landeshaushaltsordnungen. Dürig, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 1 Abs. 1, Rdnr. 54, und Art. 2 Abs. 1, Rdnr. 52; Herzog, Staat 2, 1963, S. 399; ders., Art. Subsidiaritätsprinzip, EvStL, 2. Aufl., 1975, Sp. 2591; J. Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Grundgesetz, 1968. J. Isensee (in: Fs. f. Hans Peter Ipsen, 1977, S. 409/431, und DB 1979, 145) bindet Beginn und Ausführung erwerbswirtschaftl. Staatstätigkeit an die Grundrechte zugunsten privatwirtschaftl. Handelns. Siehe auch H. P. Ipsen, NJW 1963, 2101. BVerwGE 17, 306; F. Ossenbühl, Bestand und Erweiterung des Wirkungskreises der Dt. Bundespost, 1980, S. 113 ff. R. Scholz, AöR 97 (1972), S. 301/305f.; ders., in: Fs. f. Karl Sieg, 1976, S. 507/518 f. BGHZ 69, 334 zu § 320 V 3 AktG. - W. Zöllner, ZGR 1976, S. 1; F. Rittner, in: Fs. f. Werner Flume, 1978, S. 241. BGHZ 66, 229; 67, 81. - E.-J. Mestmäcker, NJW 1969, 1; R. Scholz, ZHR 132,

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Die europarechtlichen Pflichten der Mitgliedstaaten in bezug auf ihre öffentlichen Unternehmen und die Wettbewerbsbestimmungen des Gemeinschaftsrechts für öffentliche Unternehmen sind durch die besondere Vorschrift des Art. 90 Abs. 2 EWGV eingeschränkt, wonach für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind, die Vorschriften des EWGV, insbes. die Wettbewerbsregeln, nur gelten, soweit ihre Anwendung nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert 303 .

IV. Gewerberecht 1. Gewerbefreiheit Die Gewerbeordnung f ü r den norddeutschen Bund vom 21. Juni 1869 sollte eine gegenüber dem allgemeinen Polizeirecht spezialgesetzliche bundesrechtliche Gesamtregelung des Gewerbewesens nach dem Grundsatz der Gewerbefreiheit sein, der Beschränkungen der gewerblichen Tätigkeit nur zuläßt, wenn und soweit die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und O r d n u n g es erfordert. Dieses Gesetz, sehr häufig geändert, galt bis vor kurzem in der Fassung vom 26. Juli 1900. N u n m e h r gilt die Gewerbeordnung in der Fassung vom 1. Januar 1978 (BGBl. I. S. 97) 304 . Der Grundsatz der Gewerbefreiheit (§ 1 I GewO) besagt, daß jedermann jede gewerbliche Tätigkeit ausüben darf, ohne bei Beginn und Fortsetzung des Gewerbebetriebs anderen administrativen Beschränkungen — durch Erlaubnispflichten, die die A u f n a h m e des Gewerbes von bestimmten Voraussetzungen abhängig machen, oder durch Untersagungsmöglichkeiten — unterworfen zu sein, als sie durch Bundesgesetz festgelegt sind. Vorschriften, die die Ausübung eines Gewerbes regeln oder zu derartigen Regelungen ermächtigen, werden durch die Gewerbefreiheit nicht berührt. Die Gewerbefreiheit war das tragende Prinzip der liberalen Wirtschaftsverfassung. Anders als noch die Weimarer Reichsverfassung (siehe dort Art. 151 III) kennt das G G ein selbständiges Grundrecht der Gewerbefreiheit nicht; die Gewerbefreiheit ist in dem umfassenderen Grundrecht der Berufsfreiheit

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1969, S. 97; ders., NJW 1978, 16; H. Müller-Henneberg, NJW 1971, 113; V. Emmerich, A G 1976, 225; P. Badura, Postarch. 1981, 262ff. EuGH XVII, 1971, S. 2 2 3 . - G. Nicolaysen, in: J. H. Kaiser (Hrsg.), Planung III, 1968, S. 311; E.-J. Mestmäcker, Europ. Wettbewerbsrecht, 1974; G. Püttner, ZögU 3 (1980) S. 27. Landmann / Rohmer, GewO, 13. Aufl., 1976ff.; E. Fuhr, GewO, 2. Aufl., 1960ff.; Boldt, Gewerberecht, 3. Aufl., 1961; W. Henke, Gewerberecht, H D S W 4 (1964), S. 523; Heinrich, DVB1. 1966, 425; Adler, Nachträgliche Anforderungen an Gewerbebetriebe, 1970; Joly / Bender /Schenk, Handbuch der Gewerbe, 1972ff.; Sieg / Leifermann, GewO, 3. Aufl., 1978; L. Fröhler/J. Kormann, GewO, 1978; R. Stober, NJW 1980, 2335.

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aufgegangen. Die G e w O sieht, entsprechend ihrem Regelungsprogramm, einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Gewerbefreiheit und der arbeitsrechtlichen Vertragsfreiheit (§§ 41, 105 GewO). Sie enthält deshalb bis heute in ihrem Titel VII wesentliche Bestimmungen über die Arbeitsverhältnisse der gewerblichen Arbeitnehmer. Das außenwirtschaftliche Pendant der Gewerbefreiheit ist die Freiheit des Außenhandels — „Freihandel" — ( § 1 1 AußenwirtschaftsG) 3 0 5 . Der sachliche Anwendungsbereich der Gewerbefreiheit und damit des Gewerbe(polizei)rechts wird durch den von der G e w O nicht genau abgegrenzten 306 , sondern vorausgesetzten Begriff der gewerbsmäßigen Ausübung eines Gewerbes bestimmt. Die zugrundeliegende Kompetenznorm des Art. 74 Nr. 11 G G knüpft an den überkommenen Begriff und Regelungsbereich des Gewerberechts an 307 . Gewerbe sind die industrielle u n d handwerkliche Produktion und Verarbeitung, der Groß-, Einzel- und Kleinhandel und die wirtschaftlichen Dienstleistungen (z. B. Verkehrs- und Vermittlungsgewerbe, Vermietungen 3 0 8 und Verpachtungen, Touristikgewerbe, Fotografen). Keine Gewerbe sind die Urproduktion, die persönlichen Dienstleistungen höherer Art (Ärzte, Rechtsanwälte, Architekten, freie Unterrichtstätigkeit, u. a.), die wissenschaftlichen und künstlerischen Tätigkeiten und die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben (z. B. Notare). Urproduktion ist die auf die Gewinnung roher Naturerzeugnisse gerichtete Wirtschaftstätigkeit, so Land- und Forstwirtschaft 3 0 9 , Wein- u n d Gartenbau 3 1 0 , Jagd und Fischerei, Bergbau. Dieser Begriff des Gewerbes ist nicht systematisch gebildet, sondern erklärt sich aus der der Gewerbefreiheit historisch zugrundeliegenden wirtschaftspolitischen Zielsetzung. Das weitere Merkmal der „Gewerbsmäßigkeit" bedeutet, daß das Gewerbe selbständig 3 ", auf Erwerb gerichtet 312 u n d nachhaltig (auf eine gewisse Dauer berechnet) ausgeübt werden muß. Die Erwerbsabsicht fehlt bei Tätigkeiten, die einen „idealen" (gemeinnützigen) Zweck verfolgen, und bei öffentlichen Unternehmen der Leistungsverwaltung (Post, Bahn, Versor-

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Siehe oben Anm. 25. Die Aufzählung in § 6 GewO ist nicht erschöpfend. BVerfGE 41, 344. 3 0 8 BVerwG DVB1. 1973, 857. Der Verkauf selbstgebackenen Brotes durch einen Landwirt kann gewerbsmäßiger Einzelhandel sein (BayObLG BayVBl. 1970, 324). Ein mit einer Gärtnerei verbundenes Ladengeschäft ist insoweit Gewerbebetrieb (Einzelhandel), als in ihm nicht selbst erzeugte, zugekaufte Waren feilgeboten werden (OVG Lüneburg BB 1966, 678). BVerwG DÖV 1977, 401. - Das Merkmal der Selbständigkeit, d. h. des auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko ausgeübten Gewerbes, gilt für das Reisegewerbe nicht ( E. Mußmann, GewArch 1979, S. 166 gegen OLG Düsseldorf GewArch 1979, S. 125). Der Betrieb eines Dauercampingplatzes mit 1200 Standplätzen ist Ausübung eines stehenden Gewerbes, nicht nur eine außerhalb des Gewerberechts liegende bloße Verwaltung und Nutzung eigenen Vermögens (BVerwG DÖV 1977, 403).

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gungsbetriebe). Durch die Novelle vom 13. 6. 1974 ist ein Gewerbezentralregister eingerichtet worden (§§ 149 ff. GewO). Die Bedeutung des Grundsatzes der Gewerbefreiheit besteht darin, daß er landesrechtlichen Beschränkungen von Beginn und Fortsetzung eines Gewerbebetriebs entgegensteht (Art. 125 Nr. 1, 74 Nr. 11; 72 I GG), soweit nicht ausdrücklich ein Vorbehalt landesrechtlicher Regelung eröffnet ist (wie z. B. in §§ 33b, 71 a GewO), und daß er auf die polizeiliche Generalklausel gestützte Beschränkungen von Beginn und Fortsetzung eines Gewerbebetriebs ausschließt, soweit nicht ausdrücklich eine Regelung auf G r u n d des allgemeinen Polizeirechts zugelassen ist 313 . Der Grundsatz der Gewerbefreiheit besagt also einerseits, daß das Gewerberecht abschließend durch Bundesrecht geregelt ist, und andererseits, daß die gewerberechtlichen Vorschriften über Beginn und Fortsetzung eines Gewerbebetriebs abschließendes Spezialgesetz gegenüber der polizeilichen Generalklausel sind. Ein polizeiliches Einschreiten gegenüber einer von der Gewerbefreiheit geschützten Tätigkeit kommt deshalb nur hinsichtlich der Art und Weise der Gewerbeausübung in Frage, um diese mit den Anforderungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Einklang zu halten. Ein Verbot des Gewerbebetriebs ist auf G r u n d des allgemeinen Polizeirechts nicht zulässig, jedoch bleibt eine polizeiliche Anordnung hinsichtlich der Gewerbeausübung auch dann rechtmäßig, wenn sie praktisch bewirkt, daß die weitere Ausübung des Gewerbebetriebs unmöglich wird 314 . Der § 1 I GewO ist ein Satz des einfachen Bundesrechts, der für bestimmte Berufe — die Gewerbe — landesrechtliche und polizeiliche Regelungen der Zulassung zum Beruf ausschließt, f ü r den Bundesgesetzgeber aber keine Schranke darstellt, während die Berufsfreiheit (Art. 12 I G G ) als Grundrecht alle Berufe gegen bestimmte Beschränkungen durch Bundes- wie durch Landesgesetz schützt. Das Grundrecht der Berufsfreiheit umfaßt auch die Gewerbefreiheit, ist jedoch im Unterschied zu dem überkommenen und durch § 1 I GewO fortbestehenden Inhalt der Gewerbefreiheit „personal" geprägt 315 . Die durch die Gewerbefreiheit nicht geschützten (nichtgewerblichen) Wirtschaftstätigkeiten sind nach Maßgabe der Art. 74 Nr. 11, 72 I G G landesgesetzlicher Regelung zugänglich; der wichtigste der Landeskompetenz verbliebene Bereich des Rechts der Wirtschaft war bis vor kurzem das Bergrecht 316 . Im übrigen hat der Bund „Ausnahmen u n d Beschränkungen" im Sinne des § 1 I GewO außerhalb des kodifikatorischen Zusammenhangs der GewO durch eine große Anzahl von Nebengesetzen (also nicht nur „durch dieses Gesetz") festgelegt. Die wichtigsten dieser Nebengesetze sind: das G zur Ordnung des Handwerks (HandwO) i. d. F. vom 28.12.1965; das GaststättenG vom 313 314

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BVerwG DVB1. 1963, 149; BVerwGE 38, 209. PrOVGE 92, 99/106f.; 100, 127; RG RVerwBl. 1937, 143; BVerwG DVB1. 1965, 768; BVerwGE 38, 209. - E. R. Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht I, S. 696; D. Lorenz, BB Beilage Nr. 19/73. BVerfGE 50, 290/362. Siehe oben Anm. 250.

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5. 5. 1970; das G über die Berufsausübung im Einzelhandel (EHG) vom 5. 8. 19573'7; das PersonenbeförderungsG (PBefG) vom 21.3. 1961318 und das GüterkraftverkehrsG (GüKG) i. d. F. der Bek. vom 6. 8. 1975319. Unter dem rechtlich nicht fest umrissenen Sammelnamen der „freien Berufe" 320 w e r ( j e n verschiedenartige selbständige Berufstätigkeiten zusammengefaßt, die Dienstleistungen höherer Art erbringen und deshalb nicht dem Gewerberecht unterliegen. Die wichtigsten von ihnen sind Gegenstand besonderer Gesetze, in denen eine typisierende Ausformung von „Berufsbildern" erfolgt ist. Charakteristisch für diese gesetzlichen Regelungen sind eine Reglementierung der Berufsausbildung, qualifizierte Sachkundenachweise als Bedingung der Berufszulassung und die Bindung der Berufsausübung durch öffentlich-rechtliche Pflichten. Unter den nichtgewerblichen Heilberufen sind die Ärzte321, die Zahnärzte322, die Tierärzte323 und die Heilpraktiker324 hervorzuheben. Die Apotheker werden ungeachtet ihrer Erwähnung in § 6 GewO zum Gewerbe gerechnet325, was heute wenig einleuchtet, verfügen aber über ein eigenes Berufsrecht326. Zu den rechtsberatenden Berufen zählen die Rechtsanwälte327, Patentanwälte328 und Rechtsbeistände329. Die Besonderheiten des Notarwesens weisen die Notare den freien, jedoch „staatlich gebundenen" Berufen zu330. Freie Berufe sind weiter die Wirtschaftsprüfer331 und 317 318

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BVerfGE 19, 330; 34, 71. - Folz, JuS 1966, 477. BVerfGE 11, 168; BVerwGE 23, 314; 30, 242; 31, 184. - Bidinger, Personenbeförderungsrecht, 2. Aufl., Stand 1980; Fromm, DVB1. 1967, 181; ders., BB 1969, 741. BVerfGE 40, 196; BVerwGE 18, 113. - Balfanz / Tegelen, GüKG, Loseblattslg. Bericht der BReg über die Lage der freien Berufe in der Bundesrep. Deutschland (1979), BT-Drucks. 8/3139. Bundesärzteordnung in der Fass. vom 14. 10. 1977 (BGBl. I, S. 1885). - BVerfGE 11, 30; 33, 125. Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde vom 31. 3. 1952 (BGBl. I, S. 221). BVerfGE 12, 144; 25, 236; BGH GewArch 1972, 303; F. Koch, Das Berufsrecht der Zahnärzte, 1955. Bundestierärzteordnung in der Fass. vom 22. 8. 1977 (BGBl. I, S. 1601), zuletzt geändert durch G vom 27. 2. 1980 (BGBl. I, S. 257). - BVerfGE 38, 312. Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung vom 17. 2. 1939 (RGBl. I, S. 251). BVerfGE 5, 25. Gesetz über das Apothekenwesen in der Fass. d. Bek. vom 15. 10. 1980 (BGBl. I, S. 1993); Bundes-Apothekerordnung vom 5. 6. 1968 (BGBl. I, S. 601). - BVerfGE 7, 377; 17, 232; 38, 373. Bundesrechtsanwaltsordnung vom 1. 8. 1959 (BGBl. I, S. 565). - BVerfGE 22, 114; 28, 21; 34, 293; 39, 238; 52, 256. Patentanwaltsordnung vom 7. 9. 1966 (BGBl. I, S. 557). Rechtsberatungsgesetz vom 13. 12. 1935 (RGBl. I, S. 1478). - BVerfGE 10, 185; 41, 378; BVerwGE 2, 85; 7, 349; 59, 138. Bundesnotarordnung vom 24.2. 1961 (BGBl. I, S. 98). - BVerfGE 16, 6; 17, 371; 47, 285; 54, 237.

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die Steuerberater 332 . Die Berufe der freien Architekten und Ingenieure fallen in die Kompetenz des Landesgesetzgebers 333 . 2. Techniken gewerberechtlicher Regelung Die gewerberechtliche Kontrolle der Gewerbebetriebe erfolgt mit Hilfe eines abgestuften rechtstechnischen Instrumentariums und ist an einigen durch die Eigenart der betroffenen Gewerbe bestimmten materiellen Maßstäben orientiert. a) Formales Instrumentarium: Anzeigepflicht; Untersagungsermächtigung; Verbot mit Erlaubnisvorbehalt: Die wesentlichen formalen Techniken gewerberechtlicher Regelung sind die Anzeigepflicht, die Untersagungsermächtigung und das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Durch eine Anzeigepflicht soll die Verwaltung einen Überblick darüber gewinnen, wie viele und welche Gewerbebetriebe in ihrem Zuständigkeitsbereich vorhanden sind. Neben der für alle stehenden Gewerbebetriebe geltenden und außer für die gewerberechtliche Überwachung auch für die Gewerbestatistik notwendigen allgemeinen Anzeigepflicht (§§ 14, 15 I, 146 II Nr. 1 GewO) hat das Gewerberecht 334 vielfältige besondere Anzeigepflichten begründet, z. B. für Handwerker (§ 16 HandwO), für Gastwirte (§ 4 II GaststG) und für überwachungsbedürftige Anlagen (§ 24 I Nr. 1 GewO) 335 . Eine Untersagungsermächtigung gibt der zuständigen Behörde die Befugnis, die Fortsetzung eines erlaubten oder erlaubnisfreien Gewerbebetriebs aus bestimmten Gründen des öffentlichen Wohls ganz oder zum Teil zu verbieten. Ein allgemeiner Untersagungsvorbehalt besteht nur bei Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden (§35 GewO); diese Ermächtigung ist spezialgesetzlichen Regelungen 336 subsidiär (§ 35 VIII GewO). Daneben gibt es besondere Untersagungsermächtigungen mit anderen Anknüpfungspunkten, z. B. § 59 GewO; § 16 III HandwO. Die Gewerbeuntersagung ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung; denn sie verbietet dem Betroffenen für die Dauer ihrer Wirksamkeit, das Gewerbe auszuüben.

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Gesetz über eine Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer in der Fass. vom 5. 11. 1975 (BGBl. I, S. 2803). Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten in der Fass. vom 4. 11. 1975 (BGBl. I, S. 2735). - BVerfGE 21, 227; 34, 252; 54, 301. Z. B. Bayer. Architektengesetz vom 31. 7. 1970 (GVB1. S. 345); Gesetz zum Schutze der Berufsbezeichnung Ingenieur vom 27. 7. 1970 (GVB1. S. 325). - BVerfGE 26, 246. Steuerrechtl. Anzeigepflicht für gewerbliche Betriebe: §§ 138, 139 AbgO. BVerwG DVB1. 1973, 857 (Aufzug). Beispielsw. § 70a GewO; §§ 15 II, 16 Nr. 1 GaststG; § 25 I PBefG; § 59 in Verb, mit § 57 I Nr. 1 GewO. Das Einzelhandels- und das Handwerksrecht enthalten dagegen entspr. Vorschriften nicht (BayVGH GewArch 1976, 91).

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Im Falle einer Anfechtungsklage sind deshalb Änderungen der Sach- oder Rechtslage zu berücksichtigen 3 3 7 . Wenn das Gesetz die Ausübung eines Gewerbes oder den Betrieb einer Anlage von einer Erlaubnis (Genehmigung, Konzession) abhängig macht und so eine Erlaubnispflicht begründet, ist die Ausübung des Gewerbes und der Betrieb der Anlage so lange verboten, bis die Erlaubnis erteilt ist. Dieses Verbot mit Erlaubnisvorbehalt hat im Gegensatz zu einem repressiven Verbot mit Dispensierungsvorbehalt, mit dem eine an sich unerwünschte Tätigkeit für den Regelfall unterbunden und nur aus besonderen G r ü n d e n zugelassen werden soll 338 , nur eine verwaltungstechnische, formelle Bedeutung; es dient dazu, die Ausübung des betreffenden Gewerbes einer vorbeugenden (präventiven) Kontrolle im Einzelfall zu unterwerfen 3 3 9 . Wo das Gesetz eine derartige präventive Kontrolle für unverhältnismäßig hält, begnügt es sich mit einer besonderen Anzeigepflicht, z. B. bei bestimmten Arten des Reisegewerbes (§ 55 c GewO) und bei den handwerksähnlichen Gewerben (§ 18 HandwO). Aus dem Grundsatz der Gewerbefreiheit ergibt sich, daß die gewerberechtlichen Erlaubnisse „gebundene" Erlaubnisse sind, d. h. daß die Behörde bei Vorliegen der Voraussetzungen, die vom Gesetz für die Erteilung der Erlaubnis aufgestellt sind, verpflichtet ist, die Erlaubnis zu erteilen. Wer ein erlaubnispflichtiges Gewerbe beginnen will, die Erlaubnis ordnungsmäßig beantragt hat und die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, hat einen öffentlichrechtlichen Anspruch, ein subjektiv öffentliches Recht auf Erteilung der Erlaubnis. Je nachdem, ob sich eine Erlaubnis nur auf den Gewerbetreibenden und seine gewerberechtlich relevanten Eigenschaften oder ob sie sich nur auf eine bestimmte Anlage bezieht, unterscheidet man persönliche und dingliche Erlaubnisse (Personal- u n d Sachkonzessionen). Der Regelfall ist die raumoder sachgebundene Personalerlaubnis, bei der die Erlaubnis einem bestimmten Gewerbetreibenden f ü r bestimmte Räume, Anlagen oder Gerätschaften erteilt wird, so daß sowohl ein Wechsel in der Person des Gewerbetreibenden 340 als auch ein Wechsel oder eine wesentliche Änderung der Betriebsräume oder -einrichtungen eine erneute Erlaubnispflichtigkeit auslöst 341 . Die reine Personalerlaubnis, z. B. die Zulassung zum selbständigen Betrieb eines 337 338

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BVerwGE 59, 5. Beispiele: Zulassung von Spielbanken (§ 33h Nr. 1 GewO; Spielbankengesetz vom 14. 7. 1933, RGBl. I, S. 480); BVerfGE 28, 119; OVG Münster GewArch 1968, 89. Vorschriften über die allgem. Sperrzeit und deren Verkürzung für einzelne Betriebe (§18 1 GaststG); BVerwG DÖV 1977, 405. E. R. Huber, WirtschaftsverwaltungsR I, S. 696 ff. Sonderregelungen bestehen für den Betrieb durch Stellvertreter (z. B. §§ 45, 47 GewO; § 9 GaststG) und in Gestalt des „Witwenprivilegs" (z. B. § 46 GewO; § 10 GaststG). Z.B. die Konzession einer Privatkrankenanstalt (§30 12 Nrn. 1, 2 GewO); die gaststättenrechtl. Erlaubnis (§§ 3 I, 4 I Nr. 2 GaststG): der Betrieb von Spielgeräten (33 d II GewO).

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Handwerks, ist grundsätzlich 342 an die Person des Erlaubnisempfängers gebunden. Die Erlaubnis wird im Regelfall in Form eines schriftlichen Bescheids erteilt, der neben dem Ausspruch der Gewerbeerlaubnis die für erforderlich gehaltenen Auflagen enthält; in einigen Fällen ist eine besondere urkundliche Form vorgeschrieben, z. B. die Reisegewerbekarte (§§ 55, 60 GewO), die (konstitutive) Genehmigungsurkunde gem. § 15 GüKG. Eine besondere Gestalt der Erlaubnis ist die Eintragung in ein Register, z. B. die Eintragung in die Handwerksrolle (§§ 1 I, 10, 17 HandwO). Soweit die Voraussetzungen für die Aufhebung einer erteilten Erlaubnis spezialgesetzlich geregelt sind, wie z. B. in §§ 53, 58, 33 d IV, V GewO, § 15 GaststG, sind die Vorschriften der Landes-Verwaltungsverfahrensgesetze über Rücknahme und Widerruf von Verwaltungsakten nicht anwendbar. Wird ein erlaubnispflichtiges Gewerbe ohne Erlaubnis ausgeübt, d. h. ohne Erlaubnis begonnen oder trotz Aufhebung der Erlaubnis fortgesetzt, kann die Fortsetzung des Betriebes durch die zuständige Behörde verhindert werden (§ 15 II GewO) 343 . Da diese Vorschrift einen allgemeinen gewerberechtlichen Grundsatz ausspricht, gilt sie nicht nur — wie der Regelungszusammenhang nahelegt — für stehende Gewerbebetriebe nach der GewO, sondern für alle erlaubnispflichtigen Gewerbe, bei denen eine entsprechende Vorschrift 344 fehlt, z. B. für die Personenbeförderung. Die Stillegung und Beseitigung überwachungsbedürftiger Anlagen beurteilt sich nach § 25 GewO. Die „Verhinderung" der Fortsetzung des Betriebes (früher: „polizeiliche" Verhinderung) bedeutet die Anwendung von Verwaltungszwang entsprechend den dafür geltenden landesrechtlichen Vorschriften und durch die nach Landesrecht zuständige Behörde (§ 155 II GewO). Das Einschreiten nach § 15 II GewO steht im Ermessen der Behörde. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt, daß vor dem Einschreiten gegen einen ohne Erlaubnis ausgeübten Gewerbebetrieb geprüft wird, ob nicht nach den einschlägigen Vorschriften eine nachträgliche Erteilung der Erlaubnis in Betracht kommt, vorausgesetzt, daß der Gewerbetreibende einen Erlaubnisantrag stellt. b) Materielle Maßstäbe: Sachkunde, Zuverlässigkeit: Die materiellen Maßstäbe, in denen sich die vom Gewerberecht hinsichtlich der einzelnen Gewerbe verfolgten Ziele ausdrücken und die als Anknüpfungspunkte für die Erteilung und den Widerruf einer vorgesehenen Erlaubnis und für die etwa vorgesehene Untersagung eines Gewerbebetriebs dienen, beziehen sich einerseits (und vornehmlich) auf die Person des Gewerbetreibenden, andererseits auf das sachliche Substrat des Gewerbebetriebs. Als objektive Bedingungen für die Ausübung eines Gewerbes fordert das Gesetz etwa die Eignung der Be342 343

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Vgl. § 4 HandwO; 6 EHG. Wird das Gewerbe nach einer Untersagung gem. § 35 GewO fortgesetzt, ist gemäß § 35 V GewO zu verfahren. § 1 6 III, IV HandwO i. d. F. der Novelle vom 9 . 9 . 1 9 6 5 . - BVerwGE 59, 5; BVerwG GewArch 1979, 96.

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triebsräume 3 4 5 oder der Betriebseinrichtung 3 4 6 für den beabsichtigten Gewerbebetrieb oder den Nachweis eines bestimmten Betriebskapitals, wenn das fragliche Gewerbe den Kunden in besonderer Weise von der Solvenz des Gewerbetreibenden abhängig macht 347 . Die wichtigsten subjektiven Anknüpfungspunkte sind Zuverlässigkeit u n d Sachkunde; für einzelne Gewerbe ist eine bestimmte gesundheitliche Eignung erforderlich 3 4 8 . Unter dem grundrechtlichen Blickwinkel der freien Berufswahl (Art. 12 I GG) ist das Erfordernis der Sachkunde349 eine intensivere Beschränkung als das Erfordernis der Zuverlässigkeit u n d m u ß daher durch besondere aus der Eigenart des jeweiligen Gewerbes hervorgehende G r ü n d e gerechtfertigt sein, um dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu entsprechen. Der lange umstrittene 3 5 0 große Befähigungsnachweis als Voraussetzung für den selbständigen Betrieb eines Handwerks ( § 7 1 HandwO) genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen 3 5 1 , weil Existenz und Leistungsfähigkeit des Handwerks als eines gemeinschaftsnotwendigen Berufsstandes von diesem besonderen Sachkundenachweis abhängen, während im Fall des Einzelhandels die allgemein aufgestellte Voraussetzung einer besonderen Sachkunde (§ 3 II Nr. 1 a. F. E H G ) eine unverhältnismäßige Einschränkung der freien Berufswahl war 352 . Die geläufigste Anforderung, die das Gewerberecht f ü r die Person des Gewerbetreibenden aufstellt, ist die „Zuverlässigkeit". Mit diesem gerichtlich voll überprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff wird nicht ein moralischer, sondern ein gewerbepolizeilicher Tatbestand bezeichnet. Die Zuverlässigkeit fehlt, wenn der Gewerbetreibende nicht die Gewähr für eine ordnungsmäßige Ausübung seines Gewerbes bietet. Dieses Merkmal ist zwar jeweils auf ein bestimmtes Gewerbe bezogen, so daß die dadurch ausgedrückten Anforderungen nicht für alle Gewerbe gleich, sondern je nach der Art des Gewerbes verschieden sind, beschränkt aber seine Anforderungen nicht auf die eigentliche gewerbliche Tätigkeit. Das Erfordernis der Zuverlässigkeit bezieht sich auf das gesamte Verhalten im gewerblichen Verkehr, so daß beispielsweise ein Bauunternehmer nicht nur bei einem Versagen auf bautechnischem Gebiet unzuverlässig ist, sondern auch dann, wenn seine Betriebsführung einen „Mangel an wirtschaftlichem und sozialem Verantwortungsbewußtsein" offenbart 3 5 3 . Das ist in erster Linie dann der Fall, wenn der Gewerbetreibende hartnäckig und in erheblicher Weise die für seine Betriebsführung einschlägi345

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Z. B. §§ 30 I 2 lit. Nrn. 2 - 4, 33 a II Nr. 2 GewO; § 4 I Nr. 2, 3 GaststG; §§ 2 I Nr. 6, 21 ApothekenG. Z. B. §§ 33 d II in Verb, mit § 33e GewO; § 13 I Nr. 1 PBefG; §§ 10 I Nr. 3, 17 GüKG. Z. B. §§ 34 I 2 Nr. 2, 34a I 3 Nr. 2, 34b IV Nr. 2 GewO; § 33 I Nr. 1, 10 KWG. Z. B. § 57a I Nr. 1, 2 GewO; § 2 I Nr. 7 ApothekenG. Z. B. § 34b IV 2 GewO; § 33 I Nr. 3 K W G ; § 10 I Nr. 2 GüKG. Vgl. OVG Lüneburg GewArch 1955/56, 15. BVerfGE 13 , 97 . 3 5 2 BVerfGE 19, 330; 34, 71. BVerwG DÖV 1958, 548. — Hat ein Güternahverkehrsunternehmer ausschließlich in seiner Freizeit bei der Führung seines Privatwagens Verkehrsdelikte begangen,

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gen gesetzlichen Verpflichtungen verletzt oder der allgemeinen Strafrechtsordnung zuwiderhandelt 354 ; typische Sachverhalte sind, daß der Gewerbetreibende nachhaltig seinen steuerlichen Verpflichtungen nicht nachkommt und daß er fortlaufend die Sozialversicherungsbeiträge der bei ihm Beschäftigten nicht abführt 355 . Unzuverlässig ist ein Gastwirt, der in seinen Räumen die Begehung strafbarer Handlungen duldet 356 . Der Begriff der Zuverlässigkeit ist auf den beabsichtigten oder ausgeübten Gewerbebetrieb und auf dessen Betriebsart ausgerichtet, so daß die Unzuverlässigkeit nicht unbedingt einen charakterlichen Mangel des Gewerbetreibenden voraussetzt 357 . Für die Beurteilung der Zuverlässigkeit kommt es nicht auf ein moralisches oder strafrechtliches Verschulden, sondern auf eine (gewerbe)polizeiliche Zurechnung an, d. h. darauf, ob nach dem bisherigen Verhalten des Gewerbetreibenden damit zu rechnen ist, daß er im Zusammenhang mit seiner gewerblichen Tätigkeit die öffentliche Sicherheit und Ordnung verletzen und dadurch eine Gefährdung von Rechtsgütern der Allgemeinheit oder einzelner herbeiführen wird 358 . Die Unzuverlässigkeit kann daher auch aus weit zurückliegenden Straftaten 359 und selbst aus Tatsachen gefolgert werden, die vor Beginn der Gewerbeausübung liegen 360 , sofern sie für die Einschätzung des künftigen Verhaltens eine Bedeutung haben können. Weiterhin ergibt sich daraus, daß auch die fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bei bestimmten Gewerben Unzuverlässigkeit begründen kann 361 . Schließlich erklärt sich aus diesem Gesichtspunkt, daß seit jeher auch der Umstand die Unzuverlässigkeit anzeigen kann, daß der Gewerbetreibende einem Dritten (insbesondere dem Ehegatten), der die für das Gewerbe erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, Einfluß auf den Gewerbebetrieb einräumt oder nicht willens oder nicht in der Lage ist, einen solchen Einfluß hintanzuhalten 362 . Die Zuverlässigkeit ist eine häufige Erlaubnisvoraussetzung 363 und die Un-

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seinen Betrieb aber ordnungsmäßig geführt, so ist er nicht unzuverlässig für die Ausübung seines Gewerbes (BVerwGE 36, 288). Ist eine Bestrafung erfolgt, darf sich die Behörde nicht mit dem Strafregisterauszug oder dem Strafausspruch als solchem begnügen, sondern muß den dem Strafurteil zugrundeliegenden Sachverhalt selbst gewerberechtlich würdigen (BVerwG VerwRspr. 16, 983; BVerwG DVB1. 1966, 443). BVerwGE 23, 280; 28, 202. BVerwG JZ 1978, 642. BVerwGE 39, 247; BVerwG DÖV 1973, 822. BVerwGE 36, 288; OVG Lüneburg GewArch 1962, 269. OVG Münster OVGE 1, 45. BVerwGE 24, 38. Zu dem durch § 1 II GewO eintretenden Schutz bei Rechtsänderungen: BVerwGE 24, 34. BVerwGE 22, 16; BadWürttVGH GewArch 69, 33; BayVGH GewArch 1979, 37. BVerwGE 9, 222; BayVGH BayVBl. 1964, 375; BayVGH GewArch 1980, 334. Z. B. §§ 30 I 2 Nr. 1, 33 d III, 34a I 3 Nr. 1, 34b IV Nr. 1 GewO; § 4 I Nr. 1 GaststG; § 3 II Nr. 2 EHG; § 2 I Nr. 4 ApothekenG; § 13 I N r . 2 PBefG, § 10 I Nr. 1 GüKG.

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Zuverlässigkeit ein häufiger Widerrufstatbestand f ü r die erteilte Erlaubnis 3 6 4 . Der Mangel der Zuverlässigkeit führt außerdem bei Fehlen einer Spezialregelung für das ausgeübte Gewerbe obligatorisch zur Untersagung der Gewerbeausübung gemäß § 35 GewO 3 6 5 . Die Durchsetzung der Untersagung erfolgt im Wege des Verwaltungszwangs (§ 35 V GewO) 3 6 6 ; die Zuwiderhandlung ist eine Ordnungswidrigkeit (§ 146 I Nr. 1 GewO). 3. Einzelne gewerberechtliche Erlaubnisse a) Stehendes Gewerbe; Reisegewerbe; Marktverkehr: Die GewO unterscheidet nach der Art der Gewerbeausübung stehendes Gewerbe (Titel II), Reisegewerbe (Titel III) und Marktverkehr (Titel IV). Die G r u n d f o r m ist der stehende Gewerbebetrieb; alle Gewerbeausübung, die nicht Reisegewerbe oder Marktverkehr ist, fällt darunter. Die GewO nimmt die Abgrenzung nicht derart vor, daß jede Gewerbeausübung auf G r u n d einer gewerblichen Niederlassung (§ 42 II GewO) stehender Gewerbebetrieb und jede Gewerbeausübung ohne eine solche Reisegewerbe wäre, vielmehr orientiert sich die Abgrenzung an dem besonderen Zweck, der mit der Sonderregelung für das als besonders kontrollbedürftig angesehene Reisegewerbe 367 verfolgt wird. Die sich in einer intensiven Gewerbeüberwachung (§§ 56, 57, 57 a, 60 c GewO) äußernde besondere Kontrollbedürftigkeit wird für das Merkmal angenommen, daß eine Gewerbeausübung außerhalb einer oder ohne eine gewerbliche Niederlassung „ohne vorhergehende Bestellung" erfolgt (§§ 42 I, 55 I GewO), und das ist zugleich das ausschlaggebende Abgrenzungskriterium. Während der stehende Gewerbebetrieb grundsätzlich bloß anzeigepflichtig (§ 14 GewO) 3 6 8 und nur nach besonderer Bestimmung (§§ 30ff. GewO — „Gewerbetreibende, die einer besonderen Genehmigung b e d ü r f e n " — sowie die Nebengesetze) erlaubnispflichtig ist, ist das Reisegewerbe grundsätzlich erlaubnispflichtig (§55 I G e w O : „Reisegewerbekarte") und nur ausnahmsweise erlaubsnisfrei (§§ 55 a, 55 b, 55 c GewO). Der Marktverkehr369 ist durch den Grundsatz der Marktfreiheit privilegiert (§ 70 I GewO). Marktfreiheit bedeutet, daß der Besuch sowie der Kauf und 364

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Z. B. § 88 I Nr. 5 GüKG. - Widerruf einer Gaststättenerlaubnis: BVerwG DÖV 1973, 820 (§ 12 II Nr. 1 GaststG 1930); BVerwG DÖV 1977, 406 und JZ 1978, 642 (§ 15 II in Verb, mit § 4 I Nr. 1 GaststG). Die ältere Rechtsprechung ist durch die mehrfache Änderung der Bestimmung z. T. überholt. BVerwGE 23, 280; 28, 202; 30, 138; BVerwG DVB1. 1971, 277. - W. Kienzle, Gewerbeuntersagung nach § 3 5 GewO, 1965; ders., GewArch 1968, 145; ders., GewArch 1974, 253; R. Metzner, WiVerw 1981, 43. OVG Münster JZ 1977, 265. BayOblG GewArch 1979, 167. Die gesetzl. Statuierung der Anzeigepflicht schließt die Ermächtigung für die Behörde ein, die Anzeige nach Vordruck zu verlangen (BVerwG NJW 1977, 772). Auf die Erteilung der Anmeldebestätigung gem. § 15 I GewO kann der Anzeigepflichtige verzichten (BVerwGE 38, 160). Das Recht des Marktverkehrs ist durch das Gesetz zur Änderung des Titels IV und

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Verkauf der zum Marktverkehr zugelassenen Waren 3 7 0 auf den festgesetzten Messen, Ausstellungen u n d Märkten (§ 69 GewO) von administrativer Beschränkung grundsätzlich frei ist, d. h. den Erlaubnis- und Anzeigepflichten des Gewerberechts, insbes. der Titel II u n d III der GewO und des E H G , nicht unterliegen, so d a ß im Marktverkehr u. a. die Anzeigepflicht des § 14 GewO und das Erfordernis der Reisegewerbekarte entfallen. Die ursprünglich und ohne Rücksicht auf die gewerbliche Nutzung im Gewerberecht geregelten lästigen Anlagen (§§ 16 ff. GewO) sind jetzt sachlich zutreffend der Genehmigungspflicht gemäß §§ 4ff. Bundes-Immissionsschutzgesetz vom 15. März 1974 (BGBl. I, S. 721) unterworfen 3 7 1 . b) Handwerk: Das Handwerk n a h m seit jeher in mehr oder weniger ausgeprägter Weise eine Sonderstellung im Rahmen des Gewerberechts ein. Die Entwicklung zu einem besonderen Handwerksrecht erfolgte zunächst durch verschiedene Novellen zur GewO, hauptsächlich durch die Handwerkernovelle vom 26. Juli 1897, auf welche die früher in Titel VI behandelten Handwerkskammern zurückgehen, und durch die Handwerksnovelle vom 11. 2. 1929, die die Handwerksrolle einrichtete (vormals Titel Via). Mit dem — mehrfach geändert bis heute fortgeltenden — Gesetz zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung) vom 17. September 1953 kam es auch gesetzestechnisch zu einer Verselbständigung des Handwerksrechts. Dieses Gesetz gilt heute in der Fassung vom 28. Dezember 1965 (BGB1.1966 I, S. 1) und ist seither insbes. durch das BerufsbildungsG vom 14. 8. 1969 (BGBl. I, S. 1112) novelliert worden 3 7 2 . Voraussetzung für den selbständigen Betrieb eines Handwerks als stehendes Gewerbe ist die Eintragung in die Handwerksrolle, die von der Handwerkskammer als ein Verzeichnis der selbständigen Handwerker ihres Bezirks geführt wird (§§ 1 I, 6 I HandwO). Die Eintragung in die Handwerksrolle entspricht der Erteilung einer gewerblichen Erlaubnis. Die Entscheidung über die Eintragung ist ein anfechtbarer Verwaltungsakt (§ 12 HandwO), ebenso die Mitteilung, d a ß die Eintragung beabsichtigt sei (§ 11 HandwO) 3 7 3 . Voraussetzung für die Eintragung in die Handwerksrolle — und damit für die Zulassung zum Beruf des selbständigen Handwerkers — ist grundsätzlich

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anderer Vorschriften der GewO vom 5. 6. 1976 (BGBl. I, S. 1773) durchgreifend umgestaltet worden. Regierungsentwurf, BT-Drucks. 7/3859; Ausschußbericht, BT-Drucks. 7/4846. Die Darbietung von Lustbarkeiten und von gewerblichen Leistungen (z. B. Fotografieren) sind nicht Kauf und Verkauf von Waren und genießen daher die Marktfreiheit nicht (§ 55 II GewO). Für das Recht der lästigen Anlagen sei auf die S. 298 ff. der 3. Auflage dieses Lehrbuches und nunmehr auf den Abschn. Umweltschutzrecht, bearb. von R. Breuer, verwiesen. Eyermann / Fröhler / Honig, Handwerksordnung, 3. Aufl., 1973; Kolbenschlag/ Lessmann /Stücklen, Die Dt. Handwerksordnung, 1967ff.; Siegert / Musielak, Das Recht des Handwerks, 1966 ff. B V e r w G D Ö V 1961,511.

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der Befähigungsnachweis in Form der Meisterprüfung in dem zu betreibenden oder einem diesem verwandten Handwerk ( § 7 1 HandwO) 3 7 4 . In besonderen Fällen kann die Eintragung auch ohne Meisterprüfung mit Hilfe einer Ausnahmebewilligung erreicht werden (§§ 7 III, 8, 9 HandwO), eine Regelung, die nicht die Bedingung des Befähigungsnachweises, sondern nur den Grundsatz durchbricht, d a ß dieser Nachweis gerade durch die Meisterprüf u n g zu erbringen ist 375 . Der selbständige Betrieb eines handwerksähnlichen Gewerbes unterliegt nicht der Pflicht zur Eintragung in die Handwerksrolle, sondern nur einer besonderen Anzeigepflicht (§ 18 H a n d w O ; Anlage B zur HandwO). Ein Gewerbebetrieb ist ein Handwerksbetrieb, wenn er eines der in der Positivliste (Anlage A zur HandwO) aufgeführten Gewerbe (Handwerk) zum Gegenstand hat und wenn er handwerksmäßig ausgeübt wird (§ 1 II HandwO). Die Beurteilung, ob eine bestimmte gewerbliche Tätigkeit ein Handwerk zum Gegenstand hat, bringt in der Regel keine Schwierigkeiten mit sich 376 . Da die Qualifizierung eines Gewerbebetriebes als Handwerksbetrieb die besonderen Zulassungsvoraussetzungen und Pflichten des Handwerksrechts zur Folge hat, insbesondere die Notwendigkeit, in die Handwerksrolle eingetragen zu sein, u n d die Zwangsmitgliedschaft in der Handwerkskammer, wird die Frage, ob ein Handwerk handwerksmäßig betrieben wird, d a n n praktisch bedeutsam, wenn ein Gewerbetreibender sich weigert, die Eintragung in die Handwerksrolle zu beantragen, oder wenn er die Löschung in der Handwerksrolle begehrt. Es handelt sich dabei um die Abgrenzung handwerklicher u n d industrieller Betriebsweise. Ausschlaggebend bei dieser Abgrenzung ist die Rolle, die der Gebrauch von Maschinen in dem Betrieb spielt 377 . Die kennzeichnende Eigenart der industriellen Betriebsweise 374

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Dieser handwerksrechtliche Sachkundenachweis ist keine Verletzung der Berufsfreiheit (BVerfGE 13, 97). BVerwGE 8, 287; 13, 317 (Honig, JuS 1964, 437). Diese Rspr. zu § 8 a. F. ist in der Neufassung dieser Vorschrift berücksichtigt worden. — Ritgen, BB Beilage 8 / 6 6 ; J. Stolz, GewArch 1979, 8. Montage von Ölfeuerungen als Bestandteil des Zentralheizungs- und Lüftungsbauerhandwerks, Nr. 33 der Positivliste (BVerwG VerwRspr 20, 623); Fassadenverkleidung als Bestandteil des Dachdeckerhandwerks, Nr. 6 der Positivliste (GewArch 1979, 377). Das praxiseigene Labor des Zahnarztes ist grds. nicht Ausübung des Zahntechniker-Handwerks (BVerwG GewArch 1979, 305; Badura, Zahnärztl. Mitteilungen 1978, S. 597). BVerwGE 17, 230 und 25, 66 (industrielle „Expreß-Schuhbar"); BVerwG GewArch 64, 108 (industrielle Schnellreinigung; vgl. Nr. 34 Anlage B zur HandwO); BVerwG GewArch 64, 248 und 249 (grafisches Gewerbe); BVerwGE 20, 263 (industrielles Baugewerbe), dazu Honig, JuS 1966, 436; BVerwG GewArch 1979, 262 (handwerkl. Herstellung von Backwaren); BVerwG GewArch 1979, 377 (handwerkl. Dachdeckerei); OVG Koblenz GewArch 1972, 15 (Kfz-Gewerbe); Fröhler / Dannbeck, Zur Abgrenzung von Handwerk und Industrie, 1965; Söllner, Abgrenzung von Handwerk und Industrie, 1973.

Wirtschaftsverwaltungsrecht

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besteht darin, daß die erbrachte Arbeitsleistung einem von maschinellen Fertigungs- und Behandlungsvorgängen bestimmten technischen Prozeß ihre Prägung verdankt, so daß die Kenntnisse und Fertigkeiten des Betriebspersonals sich nicht unmittelbar auf den Arbeitsgegenstand, sondern auf die technische Wirkungsweise der maschinellen Hilfsmittel beziehen. Für die Annahme industrieller Betriebsweise spricht es, wenn die Verwendung von Maschinen keinen Raum läßt für die Entfaltung von Handfertigkeit und es im wesentlichen auf die Bedienung der Maschinen ankommt. Für die A n n a h m e handwerklicher Betriebsweise spricht es, wenn man sich der Maschinen nur zur Erleichterung der Arbeit und zur Unterstützung der Handfertigkeit bedient, eine einwandfreie und fachgerechte Arbeitsleistung ohne qualifizierte Handarbeit also nicht erreicht werden kann. Es kommt nicht auf das Ausmaß der Verwendung von technischen Hilfsmitteln überhaupt u n d auf die Betriebsgröße als solche an, sondern auf die Funktion der Maschinen für die Arbeitsweise des Betriebs und den Zusammenhang der Betriebsgröße und Betriebsorganisation mit der Wirkungsweise der maschinellen Arbeitsprozesse. Die Abgrenzung kann letztlich nur nach den Umständen des Einzelfalles und dem Gesamtcharakter des Betriebes erfolgen, wobei auch die Arbeitsteilung zwischen unternehmerischer Leitung und technischer Tätigkeit und das Ausmaß des Kapitaleinsatzes ins Gewicht fallen. c) Gaststättengewerbe: Das Gaststättengesetz vom 5. Mai 197 0 378 , das an die Stelle des Gaststättengesetzes vom 28. April 1930379 getreten ist, begründet eine Erlaubnispflicht f ü r den Betrieb einer Schankwirtschaft, einer Speisewirtschaft und eines Beherbergungsbetriebs im stehenden Gewerbe sowie für den Tatbestand, daß j e m a n d als selbständiger Gewerbetreibender im Reisegewerbe 380 von einer für die Dauer der Veranstaltung ortsfesten Betriebsstätte aus Getränke oder zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht ( § § 1 , 2 GaststG). Ein Gaststättengewerbe liegt sowohl vor, wenn der Betrieb jedermann, als auch wenn er nur bestimmten Personenkreisen zugänglich ist. Verschiedene Formen der Ausübung des Gaststättengewerbes sind von der Erlaubnispflicht ausgenommen, z. B. die Verabreichung unentgeltlicher Kostproben und von alkoholfreien Getränken aus Automaten (§ 2 II — IV); in diesen Regelungen hat auch die gerichtliche Praxis zum sachli378

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BGBl. I, S. 465, S. 1298. - GEntw. mit Begründung: BT-Drucks. V / 2 0 5 und V I / 205; dazu die Berichte des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (BTDrucks. V/1652 und 4380) und später des Ausschusses für Wirtschaft (BT-Drucks. VI/322). - Michel / Kienzle, Das GaststG, 7. Aufl., 1978; E. Hoffmann/O. Seiner, Gaststättenrecht, 2. Aufl., 1979; Rohmer / Eyermann / Mörtel, GaststG, 3. Aufl., 1973; E. Hoffmann, Gaststättenrecht, 1973ff.; G. Gaisbauer, GewArch 1976, 177. RGBl. I, S. 146, mehrf. geänd. - Rohmer/Eyermann, GaststättenG, 1952; Michel, GaststättenG, 1952; Gropp, in: W. Reuss, WirtschaftsverwaltungsR, II, Abschn. XI, S. 1009 ff. Das Gaststättenrecht ist für diese Art des Reisegewerbes eine Sonderregelung gegenüber dem Titel III der GewO (§ 13 GaststG).

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chen Anwendungsbereich des alten GaststättenG einen Niederschlag gefunden 381 . Der Verkauf von Getränken, zubereiteten Speisen, Tabak- und Süßwaren von einer Schank- oder Speisewirtschaft aus „über die Straße" zum alsbaldigen Verzehr oder Verbrauch ist in Fortführung der bisherigen Rechtslage 382 als „Gassenschank" Bestandteil des Gaststättengewerbes und nicht zusätzlich Ausübung von Einzelhandel (§ 7 II GaststG). Die Erlaubnis ist für eine bestimmte Betriebsart und für bestimmte Räume zu erteilen; sie ist eine raumgebundene Personalerlaubnis (§3 1 GaststG). Die gesetzlichen Voraussetzungen der Erlaubniserteilung erstrecken sich auf die Zuverlässigkeit des Antragstellers, die ordnungsgemäße Beschaffenheit der für die Gewerbeausübung vorgesehenen Räume, die im Hinblick auf die örtliche Lage des Betriebs oder auf die Verwendung der Räume sonst berührten öffentlichen ( = polizeilichen; z. B. straßenverkehrsrechtlichen 383 ) Interessen und den Nachweis lebensmittelrechtlicher Kenntnisse (§4 1 GaststG). Das Erfordernis, daß der Antragsteller durch eine Bescheinigung der für den Ort seiner gewerblichen Niederlassung zuständigen Industrie- und Handelskammer nachweisen muß, daß er oder sein Stellvertreter über die Grundzüge der für den in Aussicht genommenen Betrieb notwendigen lebensmittelrechtlichen Kenntnisse unterrichtet worden ist und mit ihnen als vertraut gelten kann (§4 1 Nr. 4 GaststG), ist die sachlich bedeutsamste Änderung gegenüber dem früheren Recht; die Erwägungen über Art und Umfang dieses „Unterrichtungsnachweises" haben in den Ausschußberatungen des Bundestages eine beherrschende Rolle gespielt. Ein allgemeiner Sachkundenachweis, wie er von der Interessenvertretung des Gaststättengewerbes gefordert worden war und wie ihn der Rechtsausschuß bei Speisewirtschaften für notwendig gehalten hatte, wurde vom Wirtschaftsausschuß aus rechtlichen und wirtschaftspolitischen Gründen abgelehnt, ist in die als Gesetz beschlossene Fassung nicht eingegangen und hätte auch angesichts der durch Art. 12 I GG festgelegten Kriterien für die Verhältnismäßigkeit einer subjektiven Zulassungsbeschränkung für einen Beruf, die das BVerfG im Hinblick auf den Sachkundenachweis im Einzelhandel verdeutlicht hatte 384 , kaum gerechtfertigt werden können. Der schließlich in § 2 I Nr. 4 GaststG gefundene Weg eines qualifizierten Unterrichtungsnachweises dürfte schwerlich auf verfassungsrechtliche Bedenken stoßen. Die nach altem Recht ursprünglich erforderliche Bedürfnisprüfung (§§ 1 II, 8 I 2 GaststG 1930) war mit Inkrafttreten des G G als unverhältnismäßige objektive Zulassungsvoraussetzung entfallen385. Zum Schutze der Allgemeinheit, der Gäste, des Personals und der Be381 382

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BVerwGE 20, 325; 20, 330; BadWürttVGH GewArch 1969, 20. BayOblG DÖV 1955, 567; OLG Celle GewArch 1962, 155; OVG Münster GewArch 1964, 46. BVerwGE 10, 91; BVerwG NJW 1957, 1043; BadWürttVGH GewArch 1964, 39; OVG Koblenz GewArch 1964, 174. BVerfGE 19, 330. BVerwGE 1, 48; 20, 321. - F. R. Schmidt, Die Bedürfnisprüfung als Instrument der Wirtschaftslenkung und Gesellschaftsgestaltung, 1968.

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wohner des Betriebsgrundstückes und der der Nachbargrundstücke können der Erlaubnis, auch nachträglich, Auflagen beigefügt werden ( § 5 I GaststG) 386 .

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Zu § 11 GaststG 1930: BVerwG DVB1. 1965, 603; BVerwGE 31, 15; OVG Münster BB 1970, 987; BayOBIG GewArch 1971, 235 (Heinrich, GewArch 1971, 270); Demme, DVB1. 1967, 758. - Zum neuen Recht: OLG Hamm DVB1. 1975, 584 m. Anm. Göiz; HessVGH GewArch 1979, 24.

F Ü N F T E R ABSCHNITT Wilhelm Wertenbruch

Sozialverwaltungsrecht Literatur I. Grundlagenliteratur / Gesamtdarstellungen: H. Achinger, Sozialpolitik als Gesellschaftspolitik, 1971. H. Bley, Sozialrecht, 3. Aufl., 1980. W. Doetsch, Handbuch zum Sozialrecht (HzS), 1975 ff. (Losebl.-Slg.). N. Henke, Grundzüge des Sozialrechts, 1977. Horst Peters, Die Geschichte der sozialen Versicherung, 3. Aufl., 1978. W. Rüfner, Einführung in das Sozialrecht, 1977. M. Stolleis, Quellen zur Geschichte des Sozialrechts, 1976. W. Wertenbruch, Sozialverfassung — Sozialverwaltung, 1974. H. J. Wolff/ O. Bachof, Verwaltungsrecht III, 4. Aufl., 1978. H. F. Zacher (Hrsg.), Sozialrechtsvergleich im Bezugsrahmen internationalen und vergleichenden Sozialrechts, 1978. H. F. Zacher, Internationales und europäisches Sozialrecht. Eine Sammlung weltweiter und europäischer völkerrechtlicher und supranationaler Quellen und Dokumente, 1979. H. F. Zacher, Materialien zum Sozialgesetzbuch, 1974 ff. (Losebl.- Slg.). II. Sozialgesetzbuch: I. Allgemeiner Teil (SGB I): H. Bley / K. Schroeter, Sozialgesetzbuch — Soz.-Vers.-Gesamtkommentar, Erstes Buch (I), Allgemeiner Teil, 1975ff. (Losebl.- Slg.). W. Burdenski / B. von Maydell / W. Schellhorn, Kommentar zum Sozialgesetzbuch, Allgemeiner Teil, 1976. H. Dembowski / G. Schroeder-Printzen (Hrsg.), Sozialgesetzbuch, Bd. 1, Allgemeiner Teil (SGB-AT), 1976. D. Giese, Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (SGB-AT), 1976 ff. (Losebl.-Slg.). H. Grüner, Sozialgesetzbuch (SGB), Kommentar, 1980ff. (Losebl.-Slg.). K. Hauck / H. Haines, Sozialgesetzbuch, SGB I, Allgemeiner Teil (Kommentar), 1976 ff. (Losebl.-Slg.). K. Jahn(Hrsg.), Kommentar zum SGB, 1976ff. (Losebl.-Slg.). H. Peters, Sozialgesetzbuch, Allgemeiner Teil, 1976ff. (Losebl.-Slg.). H. Peters. / H. Hommel, Sozialgesetzbuch, Allgemeiner Teil, 1976. H. J. Säbel, Sozialgesetzbuch, 1975 ff. (Losebl.-Slg.). G. Wannagat (Hrsg.), Sozialgesetzbuch, 1977 ff. (Losebl.-Slg.).

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Wilhelm Wertenbruch

W. Wertenbruch (Hrsg.), Bochumer Kommentar zum Sozialgesetzbuch, Allgemeiner Teil, 1979. H. F. Zacher, Sozialgesetzbuch, 1976ff. (Losebl.-Slg.). 2. Ausbildungsförderung: G. Jaron / H. Knudsen (Hrsg.), Ausbildungsförderung in der Bundesrepublik Deutschland, 1971 ff. (Losebl.-Slg.). F. Rothe / E. A. Blanke, Bundesausbildungsförderungsgesetz, Kommentar, 2. Aufl., 1971 ff. (Losebl.-Slg.). H. Schieckel, Bundesausbildungsförderungsgesetz, 1971 ff. (Losebl.-Slg.). 3. Arbeitsförderung: F. Bemdt / K. Draeger, Arbeitsvermittlung, Berufsberatung und Arbeitslosenversicherung, 1954ff. (Losebl.-Slg.). K. Eckert / K. Maibaum / R. Schmidt / D. Schräder / R. Weber, Gemeinschaftskommentar zum Arbeitsförderungsgesetz (GK-AFG), 1976 ff. (Losebl.-Slg.). W. Fangmeyer / A. Ueberall, Gesetz zur Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung, 5. Aufl., 1962 ff. (Losebl.-Slg.). A. Gebhardt, Arbeitsförderungsgesetz, 1976. M. Geffers/H. Schwarz / H. Wölfel, Arbeitsförderungsgesetz, 1974 ff. (Losebl.-Slg.). W. Hennig/H. Kühl/E. Heuer, Arbeitsförderungsgesetz, 1969ff. (Losebl.-Slg.). H. Krebs, Arbeitsförderungsgesetz, 1969 ff. (Losebl.-Slg.). H. Schieckel, Arbeitsförderungsgesetz, 1970ff. (Losebl.-Slg.). A. Schmitz / H. Specke / E. Picard, Arbeitsförderungsgesetz, 1969ff. (Losebl.-Slg.). E. Schönefelder / G. Kranz / R. Wanka, Arbeitsförderungsgesetz, 1972ff. (Losebl.Slg.). R. Weber / G. Paul, Arbeitsförderungsgesetz, 1970 ff. (Losebl.-Slg.). 4. Sozialversicherung: a) Allgemein / Sozialgesetzbuch-Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung: H. Bogs / Chr. von Ferber, Soziale Selbstverwaltung, Bd. 1, Aufgaben und Funktion der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung, 1977. K. Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 1949 ff. (Losebl.-Slg.). K.-H. Casselmann u. a., Sozialgesetzbuch — Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB-IV 1), 1977. K. Hauck / H. Haines, Sozialgesetzbuch, SGB I V / 1 , Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (Kommentar), 1977 ff. (Losebl.-Slg.). H. Jäger, Sozialversicherungsrecht und sonstige Bereiche des Sozialgesetzbuches, 8. Aufl., 1977. P. Krause / B. von Maydell / D. Merten / J. Meydam, Gemeinschaftskommentar zum Sozialgesetzbuch — Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung, 1978. H. Martin, Sozialgesetzbuch — Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung, IV. Buch, 1977. Horst Peters, Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung, 1977 ff. (Losebl.-Slg.). Th. Siebeck, Das Recht der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung, 1968 ff. (Losebl.-Slg.). Sozialgesetzbuch — Soz.-Vers.-Gesamtkommentar: H. A. Aye / H. Bley / W. Göbels-

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mann / H. J. Gurgel / P. Müller / K. Schroeter / G. Schwerdtfeger, Sozialgesetzbuch H.A.Aye — Soz.-Vers.-Gesamtkommentar, 1976ff. (Losebl.-Slg.). — (Vormals: u. a., „RVO-Gesamtkommentar"). D. Schewe (Hrsg.), Die Praxis des Bundesversicherungsamtes, 1977. B. Schulin, Sozialversicherungsrecht, 1976. G. Wannagat, Lehrbuch des Sozialversicherungsrechts, I. Bd., 1965. b) Krankenversicherung: G. Albrecht / J. Eisel u.a., Das Leistungsrecht in der gesetzlichen Krankenversicherung, 11. Aufl. 1974 ff. (Losebl.-Slg.). J. Eisel u. a., Das Melde- und Beitragsrecht in der gesetzlichen Krankenversicherung, 9. Aufl., 1977 (Losebl.-Slg.). G. Heinemann / R. Liebold, Kassenarztrecht, 4. Aufl., 1975 ff. (Losebl.-Slg.). K. Jantz / P. Prange, Das gesamte Kassenarztrecht, Kommentar, 195 5 ff. (Losebl.-Slg.). D. Krauskopf (Hrsg.), Soziale Krankenversicherung, Kommentar, 2. Aufl., 1976 (Losebl.-Slg.). K. Noell, Die Krankenversicherung der Landwirte, 4. Aufl., 1975. H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, 17. Aufl., 1970ff. (Losebl.-Slg.). H.-J. Schlauß / G. Bölke, Krankenhausfinanzierungsgesetz und Bundespflegesatzverordnung, 1975 ff. (Losebl.-Slg.). F. Tennstedt, Soziale Selbstverwaltung, Bd. 2, Geschichte der Selbstverwaltung in der Krankenversicherung, 1977. H. Töns, Grundausbildung für den Krankenkassendienst, 1980ff. (Losebl.-Slg.). H. F. Zacher, Internationales und europäisches Sozialrecht. Eine Sammlung weltweiter und europäischer völkerrechtlicher und supranationaler Quellen und Dokumente, 1976. c) Unfallversicherung: O. Götzen / W. Doetsch, Kommentar zur Unfallversicherung, 1963. H. Lauterbach / H. Podzun, Die gesetzliche Unfallversicherung, 6. Aufl., 1968. H. Miesbach / W. Baumer, Die gesetzliche Unfallversicherung, 1964 ff. (Losebl.-Slg.). d) Rentenversicherung: K. Bauer / L. Bergner / F.-M. Fehn u. a., Kommentar zur RVO, 4. und 5. Buch, hrsg. vom Verband Deutscher Rentenversicherungsträger, 6. Aufl., 1958 ff. (Losebl.-Slg.). K.-C. Casselmann / H. Friedrichs / O. K. Hartmann / H. Kaltenbach / H. Koch / K. Maier, Das Angestelltenversicherungsgesetz, 2. / 3. Aufl. 1953 ff. (Losebl.-Slg.). H. Eicher / W.Haase / F. Rauschenbach, Die Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten, 5. Aufl., 1973. F. Etmer / W. Schulz, RVO — Viertes Buch, Rentenversicherung der Arbeiter (Arbeiterrentenversicherung — ArV), Kommentar, 1968 ff. (Losebl.-Slg.). F. Etmer / W. Schulz, Angestelltenversicherungsgesetz, Kommentar, 1968 ff. (Losebl.Slg.). F. Etmer, Reichsknappschaftsgesetz, 1968 ff., (Losebl.-Slg.). H. Hanow / R. Lehmann / W. Bogs, RVO, 4. Buch, Rentenversicherung der Arbeiter 5. Aufl., 1964ff. (Losebl.-Slg.). R. Hoernigk / E. Jorks, Das Recht der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten. Beitrags- und Leistungsrecht, 6. Aufl., 1975. H. Miesbach / W. Busl, Reichsknappschaftsgesetz, 3. (völlig neubearbeitete) Aufl., 1969 ff. (Losebl.-Slg.).

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W. Pelikan, Rentenversicherung, 5. Aufl., 1979. F. Ruland / B. Tiemann, Der Versorgungsausgleich und steuerliche Folgen der Ehescheidung, 1977. G. Schaub / E. Schusinski / H. Stroer, Altersvorsorge, 1976. S. Schimanski, Knappschaftsversicherung, 1973 ff. (Losebl.-Slg.). U. Voskuhl / F. Pappai / J. Niemeyer, Der Versorgungsausgleich in der Praxis, 1976. 5. Soziales Entschädigungsrecht: H. Beuster / H. Strässer, Verwaltungsverfahren in der Kriegsopferversorgung, 1972. R. Harmening / W. Schubert, Lastenausgleich, 1956ff. (Losebl.-Slg.). W. Meyer, Soziales Entschädigungsrecht, 1974. E. Püllmann / W. Sawusch, Das Bundesversorgungsgesetz und seine Anwendung, 11. Aufl., 1977. K. Rohr / H. Beuster / H. Strässer, Bundesversorgungsrecht mit Verfahrensrecht, 1956 ff. (Losebl.-Slg.). H. Schieckel / H. J. Gurgel, Das Bundesversorgungsgesetz, 4. Aufl., 1974 (Losebl.-Slg.). W. Schönleiter, Handbuch der Bundesversorgung, 2. (neubearbeitete) Aufl., 1974ff. (Losebl.-Slg.). A. Schoreit / Th. Düsseldorf, Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten, 1977. B. Schulin, Soziale Entschädigung, 1978. G. Schulz-Lüke/M. Wolf, Gewalttaten und Opferentschädigung, 1977. R. Vorberg / H. van Nuis, Das Recht der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen, 1970 ff. (Losebl.-Slg.). G. Wilke/G. Wunderlich, Bundesversorgungsgesetz, 4. Aufl., 1973. 6. Minderung des Familienaufwandes: L. Käss, Bundeskindergeldgesetz, 1975 ff. (Losebl.-Slg.). E. Maschler, Kindergeldrecht, 1974. A. Richter, Das Kindergeld, 1975. F. Ruland, Familiärer Unterhalt und Leistungen der sozialen Sicherung, zugleich ein Beitrag zur Reform der sozialen Sicherung der Ehegatten und zur Reform des Familienausgleichs, 1973. H. Schieckel, Kindergeldgesetze, Sammlung des Kindergeldrechts des Bundes und der Länder sowie Kommentar zum Bundeskindergeldgesetz, 1971 ff. (Losebl.-Slg.). E. Wickenhagen / H. Krebs, Bundeskindergeldgesetz, 1971 ff. (Losebl.-Slg.). 7. Zuschuß für eine angemessene Wohnung — Wohngeld: G. Schwerz, Das neue Wohngeldrecht, 1972 ff. (Losebl.-Slg.). O. Stadtler / D. Gutekunst, 2. Wohngeldgesetz, Kommentar, 1971 ff. (Losebl.-Slg.). 8. Jugendhilfe: Deutsches Jugendinstitut, Zur Reform der Jugendhilfe, Analysen und Alternativen, 1973. E. Friedeberg / W. Polligkeit / D. Giese, Das Gesetz für Jugendwohlfahrt, Kommentar, 3. Aufl., 1972. F. Hill, Jugendwohlfahrtsgesetz. Kommentar mit Landesausführungsbestimmungen, 1975. K.-W. Jans / G. Happe, Jugendwohlfahrtsgesetz, Kommentar, 1973.

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H. Krug, Gesetz für Jugendwohlfahrt, Kommentar, 1974 (Losebl.-Slg.). G. Potrykus, Jugendwohlfahrtsgesetz, Kommentar, 2. Aufl., 1972, Nachtr. 1974. H. Riedel, Jugendgerichtsgesetz, 1965 ff. (Losebl.-Slg.). 9. Sozialhilfe: W. Berg / W. Sawusch, Sozialhilferecht des Bundes und der Länder, 1966 ff. (Losebl.-Slg.). H. Freudenthal, Sozialhilferecht, 2. Aufl., 1976. M. Fuchs, Sozialhilfe. Ein Grundriß, 3. Aufl.,1977. H. Gottschick / D. Giese, Das Bundessozialhilfegesetz, 6. Aufl., 1977. O. Jehle, Sozialhilferecht, 4. Aufl., 1965 ff. (Losebl.-Slg.). O. Jehle/L. Schmitt, Sozialhilferecht, 1977. K. Jirasek / W. Schellhorn (Hrsg.), Lexikon der sozialen Hilfen, 1970ff. (Losebl.-Slg.). H. Keese / K. H. Kursawe / G. Burucker, Sozialhilferecht, 4. Aufl., 1979 R. Knopp / O. Fichtner, Das Bundessozialhilfegesetz, 4. Aufl., 1979. O. Mergler, Bundessozialhilfegesetz, 16. Aufl., 1976. O. Mergler / G. Zink / E. Dahlinger / H. Zeitler, Kommentar zum Bundessozialhilfegesetz, 2. Aufl., 1975. E. Oestreicher, Bundessozialhilfegesetz, 1962ff. (Losebl.-Slg.). E. Peters / A. Senhold, Grundriß der Sozialhilfe, 4. Aufl., 1977. W. Schellhorn, Das Bundessozialhilfegesetz, 1962 ff. (Losebl.-Slg.). W. Schellhorn / H. Jirasek/ P. Seipp, Das Bundessozialhilfegesetz, 9. Aufl., 1977. 10. Eingliederung Behinderter: E. Eisner / W. Pelikan, Kommentar zum Rehabilitationsangleichungsgesetz, 1977. K. Gröninger, Schwerbeschädigtengesetz, 1962 ff. (Losebl.-Slg.). Institut fiir Sozialrecht der Ruhr-Universität Bochum, Die Werkstatt für Behinderte. Ein interdisziplinärer Beitrag zur Rehabilitation der Behinderten, 1972. Institut für Sozialrecht der Ruhr-Universität Bochum, Sozialrechtliche Probleme der Rehabilitation psychisch Kranker und geistig Behinderter unter besonderer Berücksichtigung der „Teilarbeitsfähigkeit", Gutachten, 1974. Institut fiir Sozialrecht der Ruhr-Universität Bochum, Richtlinien zur Errichtung von Wohnstätten für erwachsene geistig Behinderte, 1975. H. Jung / B. Preuß, Rehabilitation, 1974. K. Neubert / K. Becke, Schwerbehindertengesetz, Handkommentar, 1976. H.-B. Rewolle, Schwerbehindertengesetz, 1974 ff (Losebl.-Slg.). B. Schulin, Die soziale Sicherung der Behinderten, 1980. H. Seifert, Schwerbehindertengesetz, 3. Aufl., 1976. R. Weber, Schwerbehindertengesetz, Kommentar, 1974ff. (Losebl.-Slg.). E. Wiedemann / E. Kunz, Das neue Schwerbehinderten-Recht, 1977. H. Wilrodt / O. Götzen / D. Neumann, Schwerbeschädigtengesetz, Kommentar, 4. Aufl., 1976.

III. Verfahren: H. Grüner, Verwaltungsverfahren (SGB X), Kommentar, 1980ff. (Losebl.-Slg.). K. Hauck / H. Haines, Sozialgesetzbuch. Verwaltungsverfahren und Schutz der Sozialdaten - SGB X / 1, 2, 1981 ff. (Losebl.-Slg.).

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IV. Gerichtsschutz: 1. Sozialgerichtliches Verfahren (SGG): H. Bley, Grundzüge der Sozialgerichtsbarkeit. Funktion, Institution, Verfahren, 1976. J. Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 1977. H. Miesbach / K. Ankenbrank, Sozialgerichtsgesetz, o. A. (Losebl.-Slg.). H. Peters / T. Sautter / R. Wolff, K o m m e n t a r zur Sozialgerichtsbarkeit, 4. Aufl., 1962 ff. (Losebl.-Slg.). H. Rohwer-Kahlmann / G. Schroeder-Printzen / L. Frentzel, Aufbau und Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit, 4. Aufl., 1967 ff. (Losebl.-Slg.). M. Schieren / H.Beuster, Sozialgerichtsgesetz, 1976 (Losebl.-Slg.). P. A. Zeihe, Das Sozialgerichtsgesetz u n d seine Anwendung, 4. Aufl., 1976. 2. Verwaltungsgerichtliches Verfahren (VwGO): E. Eyermann / L. Fröhler, Verwaltungsgerichtsordnung, 8. Aufl., 1980. W. Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., 1974. F. O. Kopp, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Aufl., 1979. J. Martens, Die Praxis des Verwaltungsprozesses, 1975. K. Redeker / H. J. von Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, 6. Aufl., 1978. E. Schunck / H. de Clerck, Verwaltungsgerichtsordnung, 3. Aufl., 1977. O. Tschira / W. Schmitt-Glaeser, Verwaltungsprozeßrecht, 4. Aufl., 1980. C. H. Ule, Verwaltungsprozeßrecht, 7. Aufl., 1978. Zeitschriften : Die Angestellten Versicherung; Arbeit u n d Arbeitslosenhilfe; Arbeit und Sozialpolitik; Arbeits- und Sozialrecht; Arbeitsschutz; Arbeits- und Sozialstatistische Mitteilungen; Das behinderte K i n d ; Behindertenrecht; Die Berufsgenossenschaft; Die Beiträge zur Sozial- u n d Arbeitslosenversicherung; Die Betriebskrankenkasse; Betriebliche Altersversorgung; Blätter der Wohlfahrtspflege; Blätter für Steuerrecht, Sozialversicherung u n d Arbeitsrecht; Die Blindenselbsthilfe; Bundesarbeitsblatt; Deutsche Rentenversicherung; Deutsche Versicherungszeitschrift; Die Ersatzkasse; Internationale Revue für soziale Sicherheit; Der K o m p a ß ; Die Krankenversicherung; Lebenshilfe; Nachrichtendienst des deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge; Die Ortskrankenkasse; Recht der Jugend u n d des Bildungswesens; Die Rehabilitation; Die Rentenversicherung; Rundschau für den Lastenausgleich; Schweizerische Zeitschrift für Sozialversicherung; Selbstverwaltung der Ortskrankenkasse; Selbstverwaltung u n d Selbstverantwortung; Soziale Arbeit; Soziale Sicherheit; Soziale Sicherheit in der Landwirtschaft; Sozialer Fortschritt; Die Sozialgerichtsbarkeit; Die Sozialversicherung; Vierteljahresschrift für Sozialrecht; Wege zur Sozialversicherung; Zeitschrift für das Fürsorgewesen; Zeitschrift für Rechtspolitik; Zeitschrift für Sozialhilfe; Zeitschrift für Sozialreform; Zeitschrift für Versicherungswesen; Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft; Zentralblatt für Jugendrecht u n d Jugendwohlfahrt; Zentralblatt für Sozialversicherung, Sozialhilfe u n d Versorgung.

Gesetze In dieser nach Teilgebieten geordneten Gesetzesübersicht wurden nur diejenigen Gesetze (mit den gängigsten Bezeichnungen u n d / oder Abkürzungen) zusammengestellt, deren Kenntnis für das Verständnis sozialverwaltungsrechtlicher Zusammenhänge un-

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erläßlich ist. Sie sind gegliedert nach den Leistungsbereichen, die der Allgemeine Teil des SGB (SGB I) vorsieht. Neben den formell-gesetzlichen Regelungen spielen auch Rechtsverordnungen, Satzungen, Verwaltungsvorschriften und Vereinbarungen zwischen Verwaltungsträgern eine wichtige Rolle. Dem Leser, der sich in das z. T. noch unübersichtliche Sozialverwaltungsrecht einarbeiten will, wird angeraten, eine Gesetzessammlung wie z. B. F. Luber, Deutsche Sozialgesetze, 3. Aufl. (Losebl.-Slg.); F. Aichberger. Sozialgesetzbuch, Reichsversicherungsordnung, 39. Aufl. (Losebl.-Slg.); P. Krause, Sozialgesetze, 1980 heranzuziehen und sein Wissen durch die intensive Lektüre von Gesetzestexten zu erweitern. Sozialgesetzbuch — Allgemeiner Teil: Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (SBG I) v. 11. 12. 1975 (BGBl. I S. 3015). Ausbildungsförderung : Bundesgesetz über die individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz - BAföG) v. 26. 8. 1971 (BGBl. I S. 1409) i. d. F. vom 9.4.1976 (BGBl. 1 S. 989). Fünftes Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (5. BAföG ÄndG) vom 17. 11. 1978 (BGBl. I S. 1794). Verordnung über die Förderungshöchstdauer für den Besuch von Höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen (FörderungshöchstdauerV) v. 9. 11. 1972 (BGBl. I S. 2076), i. d. F. vom 18. 7. 1977 (BGBl. I S. 1309). Verordnung über Zusatzleistungen in Härtefällen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (HärteV) v. 15. 7. 1974 (BGBl. I S. 1449). Verordnung zur Bezeichnung der als Einkommen geltenden sonstigen Einnahmen nach §21 Abs. 3 Nr. 4 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (EinkommensV) v. 21.8. 1974 (BGBl. I S. 2078). Verordnung über die Einziehung der nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz geleisteten Darlehen (DarlehensV) vom 9. 7. 1980 (BGBl. I S. 895). Arbeitsförderung : Arbeitsförderungsgesetz (AFG) v. 25. 6. 1969 (BGBl. I S. 582). Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Ausbildung (A Ausbildung) v. 31. 10. 1969 (ANBA 1970 S. 213) i. d. F. vom 11.12. 1974 (ANBA 1975 S. 103). Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die Förderung von Einrichtungen der beruflichen Bildung (A institutionelle Förderung) v. 31. 10. 1969 (ANBA 1970 S. 81). Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit zur Förderung der Arbeitsaufnahme (FdA-Anordnung) v. 18.12.1969 (ANBA 1970 S. 90) i. d. F. vom 24. 3. 1977 (ANBA S. 559). Gesetz über die Wiederaufnahme der nichtgewerbsmäßigen Arbeitsvermittlung durch die Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege v. 9. 7. 1954 (BGBl. I S. 179). Arbeitslosenhilfe-Verordnung v. 7. 8. 1974 (BGBl. I S. 1929). Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die Arbeits- und Berufsförderung Behinderter (A Reha) v. 31. 7. 1975 (ANBA S. 994). Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung (A Fortbildung und Umschulung) v. 23. 3. 1976 (ANBA S. 559) i. d. F. vom 3. 10. 1979 (ANBA S. 1541).

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Verordnung zur Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung bei ungünstiger Beschäftigungslage v. 13. 12. 1978 (BGBl. I S. 2022). Verordnung über die Leistungssätze des Unterhaltsgeldes, des Kurzarbeitergeldes, des Schlechtwettergeldes, des Arbeitslosengeldes und der Arbeitslosenhilfe für das Jahr 1981 (AFG-Leistungsverordnung 1981) v. 16. 12. 1980 (BGBl. I S. 2263). Sozialversicherung: a) Allgemein / Sozialgesetzbuch — Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung Sozialgesetzbuch (SGB IV 1) — Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung IV 1 - v. 23. 12. 1976 (BGBl. I S. 3845). Bekanntmachung der Bezugsgrößen für die Sozialversicherung und zur Ergänzung der RV-Bezugsgrößenverordnung 1981 vom 21. August 1980 - BAm Nr. 167 v. 9. 9. 1980. b) Krankenversicherung Zweites Buch der Reichsversicherungsordnung (RVO) v. 19.7.1911 (RGBl. S. 509), i. d.F. vom 15. 12. 1924 (RGBl. I S. 779). Reichsknappschaftsgesetz (RKG) v. 23. 6. 1923 (RGBl. I S.431) i. d. F. vom 1. 7. 1926 (RGBl. I S. 369). Gesetz über die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfalle (Lohnfortzahlungsgesetz - LFZG) v. 27. 7. 1969 (BGBl. I S. 946). Gesetz zur Dämpfung der Ausgabenentwicklung und zur Strukturverbesserung in der gesetzlichen Krankenversicherung (Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz — KVKG) v. 27. 6. 1977 (BGBl. I S. 1069). Verordnung über den Mitgliederkreis der Ersatzkassen der Krankenversicherung v. 26. 10. 1938 (RGBl. I S . 1519). Zulassungsordnung für Kassenärzte (ZO-Ärzte) v. 28. 5. 1957 (BGBl. I S. 572, ber. S. 608). Zulassungsordnung für Kassenzahnärzte (ZO-Zahnärzte) v. 28.5. 1957 (BGBl. I S. 582). c) Unfallversicherung Drittes Buch der Reichsversicherungsordnung (RVO) v. 19.7.1911 (RGBl. S. 509) i. d. F. vom 15. 12. 1924 (RGBl. I S. 779). Berufskrankheiten-Verordnung v. 20. 6. 1968 (BGBl. I S. 721). Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit (BetrÄg) v. 12. 12. 1973 (BGBl. I S. 1885). d) Rentenversicherung Viertes Buch der Reichsversicherungsordnung (RVO) v. 19.7.1911 (RGBl. S. 509) i. d. F. vom 15. 12. 1924 (RGBl. I S. 779). Reichsknappschaftsgesetz (RKG) v. 23. 6. 1923 (RGBl. I S. 431) i. d. F. vom 1. 7. 1926 (RGBl. I S. 369). Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) v. 20.12.1911 (RGBl. S. 989) i. d. F. vom 28. 5. 1924 (RGBl. I S. 563). Fremdrentengesetz (FRG) v. 7. 8. 1953 (BGBl. I S. 848) i. d. F. des Art. 1 des Gesetzes v. 25. 2. 1960 (BGBl. I S. 93). Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) v. 27. 7. 1957 (BGBl. I S. 1063) i. d. F. vom 14. 9. 1965 (BGBl. I S. 1448).

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Gesetz über eine Rentenversicherung der Handwerker (Handwerkerversicherungsgesetz - HwVG) v. 8. 9. 1960 (BGBl. I S. 737). Gesetz zur Errichtung der Bundesknappschaft (Bundesknappschaft-Errichtungsgesetz - BKnEG) v. 28. 7. 1969 (BGBl. I S. 974). Gesetz zur Zwanzigsten Rentenanpassung und zur Verbesserung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (Zwanzigstes Rentenanpassungsgesetz — 20. RAG) v. 27. 6. 1977 (BGBl. I S. 1040, ber S. 1744). Einundzwanzigstes Gesetz über die Anpassung der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie über die Anpassung der Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung und der Altersgelder in der Altershilfe für Landwirte (Einundzwanzigstes Rentenanpassungsgesetz - 21. RAG) v. 25. 7. 1978 (BGBl. I S. 1089). Verordnung über maßgebende Rechengrößen der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten sowie der knappschaftlichen Rentenversicherung für 1981 (RV — Bezugsgrößenverordnung 1981) v. 3. 12. 1980 (BGBl. I S. 2202). Soziale Entschädigung: Gesetz über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz — BVG) v. 20. 12. 1950 (BGBl. S. 791) i. d. F. vom 22. 6. 1976 (BGBl. I S. 1633). Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung v. 2. 5. 1955 (BGBl. I S. 202) i. d. F. vom 6. 5. 1976 (BGBl. I S. 1169). Gesetz über die Errichtung der Verwaltungsbehörden der Kriegsopferversorgung v. 12. 3. 1951 (BGBl. I S . 169). Gesetz über Hilfsmaßnahmen für Personen, die aus politischen Gründen außerhalb der Bundesrepublik in Gewahrsam genommen wurden (Häftlingshilfegesetz — HHG) v. 6. 8. 1955 (BGBl. I S. 498) i. d. F. vom 29. 9. 1969 (BGBl. I S. 1793). Gesetz über die Versorgung für die ehemaligen Soldaten der Bundeswehr und ihre Hinterbliebenen (Soldatenversorgungsgesetz - SVG) v. 26. 7. 1957 (BGBl. I S. 785) i. d. F. vom 18. 2. 1977 (BGBl. I S. 337); materiell handelt es sich beim SVG nicht um eine Materie sozialer Entschädigung, sondern um dienstrechtliche Versorgung. Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) v. 11. 5. 1976 (BGBl. I S . 1181). Minderung des Familienaufwandes: Bundeskindergeldgesetz (BKGG) v. 14. 4. 1964 (BGBl. I S. 265) i. d. F. vom 31. 1. 1975 (BGBl. I S. 412). Gesetz zum Schutze der erwerbstätigen Mutter (Mutterschutzgesetz — MuSchG) v. 24. 1. 1952 (BGBl. I S. 69) i. d. F. vom 18. 4. 1968 (BGBl. I S. 315), soweit sozialrechtlicher Natur. Zuschuß für eine angemessene Wohnung: Wohngeldgesetz (WoGG) v. 14. 12. 1970 (BGBl. I S. 1637) i. d. F. vom 29. 8. 1977 (BGBl. I S. 1685) i. d. F. vom 21. 9. 1980 (BGBl. I S. 1685). Wohngeldverordnung (WoGV) v. 21. 12. 1971 (BGBl. I S. 2065 i. d. F. vom 8. 1. 1981 (BGBl. I S. 36). Jugendhilfe: Gesetz für Jugendwohlfahrt (JWG) v. 11. 8. 1961 (BGBl. I S. 1205, ber. S. 1875) i. d. F. vom 25. 4. 1977 (BGBl. I S. 633, ber. S. 795).

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Sozialhilfe: Bundessozialhilfegesetz (BSHG) v. 30. 6. 1961 (BGBl. I S. 815, ber. S. 1875) i. d. F. vom 13. 2. 1976 (BGBl. I S. 289, ber. S. 1150). Verordnung zur Durchführung von § 22 des Bundessozialhilfegesetzes (Regelsatzverordnung) v. 20. 7. 1962 (BGBl. I S. 515). Gesetz über Altenheime, Altenwohnheime und Pflegeheime für Volljährige (Heimgesetz - HeimG) v. 7. 8. 1974 (BGBl. I S. 1873). Verordnung zur Durchführung des §76 des Bundessozialhilfegesetzes v. 28. 11. 1962 (BGBl. I S. 692). Verordnung nach § 47 des Bundessozialhilfegesetzes (Eingliederungshilfe-Verordnung) v. 27. 5. 1964 (BGBl. I S. 339) i. d. F. vom 1. 2. 1975 (BGBl. I S. 433). Eingliederung Behinderter: Gesetz zur Sicherung der Eingliederung Schwerbehinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft (Schwerbehindertengesetz - SchwbG) v. 16. 6. 1953 (BGBl. I S. 389) i. d. F. vom 8. 10. 1979 (BGBl. I S. 1649). Gesetz über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (Rehabilitationsangleichungsgesetz-RehaG) v. 7. 8. 1974 (BGBl. I S. 1881). Gesetz über die Sozialversicherung Behinderter in geschützten Einrichtungen v. 7. 5. 1975 (BGBl. I S. 1061). Verordnung über die Erstattung von Aufwendungen für die gesetzliche Rentenversicherung der in Werkstätten beschäftigten Behinderten (Aufwendungserstattungs-Verordnung) v. 11. 7. 1975 (BGBl. I S. 1896). Gesetz über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation vom 7. 8. 1974 (BGBl. I S. 1881). Verfahren: Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) v. 18. 8. 1980 (BGBl. I S. 1469). Rechtsschutz: Sozialgerichtliches Verfahren: Sozialgerichtsgesetz (SGG) v. 3. 9. 1953 (BGBl. I S. 1239) i. d. F. vom 23. 9. 1975 (BGBl. I S. 2535). Verwaltungsgerichtliches Verfahren: Verwaltungsgerichtsordnung(VwGO) v. 21. 1. 1960 (BGBl. I S. 17). Gesetz über die Prozeßkostenhilfe (PKHG) v. 13. 6. 1980 (BGBl. I S. 677). Gesetz über Rechtsberatung und Vertretung für Bürger mit geringem Einkommen (Beratungshilfegesetz - BerHG) v. 18.6. 1980.

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Gliederung I. Grundlehren des Sozialverwaltungsrechts 1. Zum Gegenstand und seiner Darstellung a) Was ist Sozialrecht? b) Einteilungen c) Zielsetzung d) Funktion der Sozialverwaltung 2. Verfassungsrechtliche Basis a) Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenzen b) Sachliche Grundentscheidungen 3. Das SGB als Kodifikation und seine allgemeinen Teile

380 382 382 384 386 388 389 390 391 395

II. Sozialleistungsbereiche 397 1. Materiale Grundlehren (SGB I) 397 a) Soziale Rechte und Leistungsanspruch 397 b) Weitere der Einweisung in das Sozialrecht dienende Vorschriften 400 c) Geltungsbereich und Vorbehalt des Gesetzes 401 d) Handlungsfähigkeit 402 e) Vorschüsse und vorläufige Leistungen 402 f) Verzinsung und andere Sicherungsnormen 403 g) Mitwirkungspflichten 404 h) Sozialrechtliche Rechtsbeziehungen 405 2. Ausbildungsförderung (SGB II) 406 a) Zielsetzung 406 b) Anspruchsvoraussetzungen 406 c) Leistungen 407 d) Finanzierung 407 e) Organisation 408 f) Weitere Förderungsmöglichkeiten 409 3. Arbeitsförderung (SGB III) 409 a) Zielsetzung 409 b) Leistungen 410 aa) Berufsberatung und Vermittlung in berufliche Ausbildungsstellen . 410 bb) Arbeitsberatung und Arbeitsvermittlung 410 cc) Zuschüsse und Darlehen 410 dd) Kurzarbeitergeld und Schlechtwettergeld 412 ee) Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe 412 ff) Konkursausfallgeld 414 c) Finanzierung 415 d) Organisation 416 4. Sozialversicherung (SGB IV) 416 a) Gemeinsame Vorschriften (SGB IV 1) 417 aa) Grundbegriffe und Grundsätze 418 bb) Träger der Sozialversicherung 426 cc) Versicherungsbehörden 431

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Wilhelm Wertenbruch b) Krankenversicherung aa) Versicherter Personenkreis bb) Leistungen cc) Finanzierung dd) Organisation c) Unfallversicherung aa) Versicherter Personenkreis bb) Leistungen cc) Finanzierung dd) Organisation d) Rentenversicherung aa) Versicherter Personenkreis bb) Leistungen cc) Finanzierung dd) Organisation 5. Soziales Entschädigungsrecht (SGB V) a) Zielsetzung b) Leistungen c) Anspruchsvoraussetzungen d) Finanzierung e) Organisation 6. Minderung des Familienaufwands (SGB VI) a) Zielsetzung b) Anspruchsberechtigter Personenkreis c) Leistungen d) Finanzierung e) Organisation 7. Zuschuß für eine angemessene Wohnung (SGB VII) a) Zielsetzung b) Antragsberechtigter Personenkreis c) Leistungen d) Finanzierung e) Organisation 8. Jugendhilfe (SGB VIII) a) Zielsetzung b) Leistungen c) Finanzierung d) Organisation 9. Sozialhilfe (SGB IX) a) Grundfunktion und Grundsätze b) Hilfe zum Lebensunterhalt c) Hilfe in besonderen Lebenslagen d) Durchsetzbarkeit des Sozialhilfeanspruchs e) Finanzierung f) Organisation 10. Eingliederung Behinderter a) Zielsetzung b) Zu den Leistungen

432 434 436 443 444 445 445 446 451 452 453 455 456 465 466 466 466 469 469 471 472 472 472 473 474 474 474 475 475 475 476 476 476 477 477 478 479 479 479 479 481 482 486 488 489 490 491 491

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III. Verfahrensrecht (SGB X) 1. Zum Verfahren 2. Zum Schutz der Sozialdaten 3. Zur Zusammenarbeit der Leistungsträger

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IV. Zum Gerichtsschutz

502

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I. Grundlehren des Sozialverwaltungsrechts Der nachfolgende Beitrag kann wegen des Umfangs des Sozialverwaltungsrechts nicht mehr als eine erste Einführung in bestimmte Normgruppen und Zusammenhänge sowie in weiterführende Literatur und Rechtsprechung des Sozialrechts sein. Entwicklungsphasen 1 , gesetzgeberische Anstöße und Motivationen 2 sowie moderne Reformbestrebungen ebenso wie sozialpolitische, ökonomische, soziologische, statistische und medizinische Zusammenhänge können nur gestreift, allenfalls in Fußnoten erwähnt werden. Konzentriert wird auf das für Juristen Wesentliche und auf einige Einzelheiten, die für das Verständnis des Normengeflechts von Bedeutung sind, eingegangen. Das deutsche Sozialverwaltungsrecht ist in Bewegung. Die Forderung der Öffentlichkeit nach seiner Vereinfachung und Transparenz hatte sich immer stärker erhoben. Seit Mai 1970 war eine Bundeskommission für ein Sozialgesetzbuch am Werk, um die vorhandenen Gesetze zu sichten und zu harmonisieren. Sie hat Mitte November 1980 ihre Arbeit beendet 3 . Am 1.1. 1976 ist der — auf ihren Vorarbeiten aufbauende — Allgemeine Teil des Sozialgesetzbuchs - SGB I - in Kraft getreten 4 . Er war der erste gesetzliche Schritt auf dem Weg, das Sozialrecht zu „kodifizieren" und auf diese Weise seine Anwendung durch Verwaltung und Rechtsprechung zu erleichtern. Zugleich soll das Rechtsverständnis des Bürgers und sein Vertrauen in den sozialen Rechtsstaat gefördert, ein höheres Maß an Rechtssicherheit gewährleistet und einer Entfremdung zwischen gesellschaftlicher Wirklichkeit und Recht entgegengewirkt werden. Bis zur endgültigen Einordnung der bisher praktizierten Norminhalte in die fertiggestellte Kodifikation gelten die überkommenen Gesetze (wie z. B. BAföG, AFG, RVO usw.) des Sozialrechts als bereits (fiktiv) in das Sozialgesetzbuch aufgenommen (Art. II § 1 SGB I). Neben dieser kodifikatorischen Entwicklung läuft en detail die gesetzgeberische Anpassung an veränderte Umstände weiter.

' Vgl. etwa Dersch, in: GRe I I I / l , 1958, S. 503ff.; Quellenmaterial bei P. Rassow/K. E. Born, Akten zur staatlichen Sozialpolitik in Deutschland 1890-1914; Lütge, Deutsche Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, 3. Aufl. 1966; Horst Peters, Die Geschichte der sozialen Versicherung; Pfeffer-Küppers, ZSR 1974, 7lOff. 2 Vgl. hierzu etwa H. Braun, Motive sozialer Hilfeleistungen, 1955; Wannagat, Lehrbuch, S. 40ff., 149ff., 162ff.,197ff. 3 Zur Arbeit ihrer Ausschüsse und des Plenums, ferner zum Ablauf des nachfolgenden Gesetzgebungsverfahrens vgl. Zacher, Materialien zum SGB, Stand April 1979. 4 BGBl. I 1975, S. 3015.

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Zunehmende Bedeutung gewinnt neben dem nationalen auch das sog. Internationale Sozialrecht 5 . Es ist Teilbereich des Internationalen Verwaltungsrechts 6 und versucht 7 , zusammen mit vielen multilateralen Übereinkommen 8 und bilateralen Verträgen über Soziale Sicherheit 9 , die zwischenstaatliche Zusammenarbeit zu regeln und z. B. die sog. Wanderarbeiter sozialrechtlich abzusichern. Besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang dem europäischen Sozialrecht zu, dessen Grundlage bislang die Art. 51, 117 ff. EWG-Vertrag bilden. Mit Hilfe der EWG VO Nr. 1408/71 vom 14. 6. 7110 und der Durchführungsverordnung Nr. 574/72 vom 21. 3. 72", die die EWGVerordnungen Nr. 3 und 4 mit Wirkung vom 1. 10. 72 abgelöst haben, wurde für die unterschiedlichen Sozialversicherungssysteme der Mitgliedstaaten binnen weniger Jahre ein beachtenswertes Koordinierungssystem geschaffen, das von der Öffentlichkeit bislang kaum beachtet, geschweige angemessen gewürdigt worden ist12. Ergebnis dieser Entwicklung ist z. B. eine beachtenswerte Stärkung der sozialen Sicherheit der Wanderarbeitnehmer, die durch eine Entscheidung des EuGH unterstrichen wird. Danach darf der Rat die ihm in Art. 51 EWG-Vertrag verliehenen Befugnisse nicht dahingehend ausüben, daß Wanderarbeitnehmer, die von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht haben, Vergünstigungen der sozialen Sicherheit verlieren, die ihnen schon nach den Rechtsvorschriften eines einzelnen Mitgliedstaats zustehen 13 .

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13

Zu Entwicklungen im europäischen Raum: Sandmann / Breme / Erdmann u.a., Die EWG als Sozialgemeinschaft, 1964; Heise, Sozialpolitik in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, 1966; Isele, Die Europäische Sozialcharta, 1967; Schambeck, in: Fs. f. Hans Schmitz, 1967, Bd. II, 216ff.; André, BAB1. 1973, 841ff.; ders., BAB1. 1975, 151 ff.; Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, 1973, § 5 1 ; Löfßer, ZSR 1974, 40ff.; Rauscher / Krasney.VSSR 1973, 369ff. Vgl. hierzu den Beitrag von Hoffmann, in diesem Buch. Zu Problemen des internationalen Sozialverwaltungsrechts vgl. von Maydell, Sachund Kollisionsnormen im internationalen Sozialversicherungsrecht, 1969; d m . , in DVB1. 1971, 905ff.; ZSR 1972, 264ff.; VSSR 1973, 347ff. und in Festschrift zum 25jährigen Bestehen des Bundessozialgerichts, S. 943 ff.. Z. B. Europäische Sozialcharta vom 18. 10. 1961, BGBl. II 1964, S. 1261; vgl. dazu Isele, a. a. O. ; Wengler, Die Unanwendbarkeit der Europäischen Sozialcharta im Staat, 1969. H. Plöger / Wortmann, Deutsche Sozialversicherungsabkommen mit ausländischen Staaten, 1953 ff. (Losebl. Slg.). Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 14. 6. 1971 Nr. L 149, S. 2. Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 27. 3. 1972 Nr. L 74 S. 1. Von Maydell, VSSR 1973, 347, 367; Rohwer-Kahlmann / Frentzel, in: Das neue Sozialgesetzbuch, 1972, 75ff.; André, BAB1. 1973, 481 ff.; Rauscher/Krasney, VSSR 1973, 369ff.; Wanders, D R V 1973, 81 ff. Art. 46 III EWG VO Nr. 1408 / 71 ist insoweit mit Art. 51 EWG-Vertrag unvereinbar. Vgl. EugH, NJW 1978, 479.

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1. Zum Gegenstand und seiner Darstellung Sozialverwaltungsrecht ist besonderes VerwaltungsrechtH. Es ist das der Verwaltungsfunktion 1 5 , d. h. das ihren Trägern u n d Organen (Behörden, Dienststellen) zur Durchführung gesetzlich zugewiesene Sozialrecht. Damit ist durch A n k n ü p f u n g an zwei Staatsgewalten — gesetzgeberische Übertragung von und verwaltungsmäßiges Handeln nach sozialrechtlichen Kompetenzen — ein näher darzustellender Teilbereich aus dem Gesamtkomplex des geltenden Sozialrechts herausgelöst. Was allerdings unter Sozialrecht zu verstehen ist, bedarf noch wissenschaftlicher Klarstellung 1 6 und kann hier nur angedeutet werden. a) Was ist Sozialrecht? Zweckmäßigerweise unterscheidet man zwischen einem Sozialrecht im formalen und materialen Sinne. Zum Sozialrecht im formalen Sinne sind nur diejenigen N o r m e n und Normgehalte zu zählen, die der Gesetzgeber entweder bereits in das Sozialgesetzbuch integriert hat oder — nach seinen erkennbaren Intentionen — in das Sozialgesetzbuch einordnen will (vgl. v. a. §§ 2ff. und Art. II § 1 SGB I) 17 . Nicht alles, was die Wissenschaft nach materialen Kriterien als Sozialrecht anzusehen vermag oder bisher dem Sozialrecht zugerechnet wurde (wie etwa der Lastenausgleich), wird in das Sozialgesetzbuch aufgenommen werden. Es scheint mir ebenso müßig, nach einem materialen (gleichsam vorgegebenem) Begriff Sozialrecht wie nach einem von anderen Rechtsgebieten streng abgrenzbaren sozialrechtlichen „System" zu suchen, da keiner positiven Rechtsordnung eine einheitliche Rechtsidee zugrundeliegt 1 8 u n d Sozialrecht auch nicht logisch zwingend in seinen Einzelheiten aus einer „sozialen Rechtsstaatlichkeit" (Art. 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 S. 1 G G ) ableitbar ist. Da es zur Definition des Rechts gehört, gemeinschaftsbezogene Ordnung zu sein 19 , hat jede N o r m soziale Ordnungsfunktion; sie soll im weitesten Sinn soziale Tatbestände stabilisieren oder ausgleichen und stellt soziale Anforderung an den, den es angeht 20 . Demgemäß kann Sozialrecht in einem materialen Sinne allenfalls ein wandelbarer Normen-Typus des positiven Rechts sein, der nach Gegenstand und 14 15

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Vgl. Wannagat, in: Fs. f. Jantz, S. 55; Wertenbruch, DÖV 1969, 593ff. Zum Begriff vgl. Wolff /Bachof, VwR I, 9. Aufl. 1974, §§ 2ff. und v. Münch, in: Erichsen / Martens, Allg. VwR, 4. Aufl., 1979, §§ 1 ff., jeweils mit weiteren Nachweisen. Vgl. hierzu schon Wertenbruch, DÖV 1969, 593ff.; Rode, ZSR 1969, 641 ff., 724ff. m. w. N. Horst Peters, D O K 1971, 824, 825; Wertenbruch, in: BochKomm., zu § 1, Rdnr. 12 sowie Bley, Sozialrecht, S. 22 ff. Zum „Systemdenken" im Recht vgl. Rode, ZSR 1969, 729 f. m. w. N. Kelsen. Reine Rechtslehre, 2. Aufl., 1960, S. 32ff.; Wertenbruch, ZSR 1968, 386. Vgl. Wolff / Bachof, VwR I, § 2 4 II; Fabricius, Z. f. ArbR u. SozR 1968, 65ff. (69ff.); Wertenbruch, DÖV 1969, 594 und in BochKomm, zu § 1, Rdnr. 11 ff. und 15 ff.

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Zielsetzung auf den Ausgleich von Bedürfnislagen gerichtet ist. Ihnen hat das vom Staat (vom einfachen Gesetzgeber) gesetzte Recht zu entsprechen, wenn es — gemessen an Menschenwürde und sozialer Rechtsstaatlichkeit — nicht unvollständig oder verfassungswidrig sein soll. Will man also den Typus Sozialrecht von anderen Normbereichen unterscheiden, m u ß man ihn auf einen spezifischen Kern reduzieren. Dieser muß deutlicher als andere Norm-Typen auf ein Einstehen des Staates bei individuell bestehenden oder zu erwartenden existenzbedrohenden Lebenssituationen abgestellt sein, sofern Selbsthilfe vermutlich versagen oder nicht ausreichen wird. Dieser Typik genügt nicht eine bloße Rechtsvorsorge oder Rechtsfürsorge, wie sie sich in gesetzlichen Schutzvorschriften für Minderjährige, Geisteskranke oder Geistesschwache (§§ 104ff. BGB), in Vormundschaft und Pflegschaft (§§ 1773 ff., 1909 ff. BGB), in M a ß n a h m e n der Gewerbeüberwachung u n d -aufsieht 21 oder in spezifischen arbeitsrechtlichen Normen 2 2 niedergeschlagen hat. Abstrakt-generelle Schutzmaßnahmen sind ebensowenig schon spezifisch sozialrechtlicher Natur wie eine allgemeine Bereitstellung von Gütern des normalen Bedarfs (Wasser, Gas, Elektrizität, Schulen, Theater usw.) 23 . Vielmehr ist Sozialrecht auf Daseinsfürsorge und Daseinsvorsorge sowie Chancengleichheit jener konzentriert, die sich in einer Notlage befinden (Daseinsfürsorge) oder in eine solche hineingeraten können (Daseinsvorsorge). Ihnen wird im sozialen Rechtsstaat, der kein bloßer ordnender und eingreifender Staat mehr ist 24 , durch daseinsfürsorgende und -vorsorgende Gesetze eine die Bedürftigkeit aufhebende oder vermeidende Sicherung (social security) gewährt 25 . Andererseits bezweckt Sozialrecht nicht nur die Sicherung der Existenzgrundlage des einzelnen, sondern darüber hinaus Chancengleichheit und Anregung zur Selbsthilfe. Schutz und Entfaltung des einzelnen stellen eine untrennbare Einheit dar. Ihrer bedarf der Mensch als Person. Sie dienen ferner nicht allein dem einzelnen. Sie sind auch für die staatliche Gesamtheit unentbehrlich. N u r ein Staat, der dem einzelnen Schutz und Entfaltungsmöglichkeiten bietet, wird sich auf die Dauer als leistungsfähiger und stabiler Organismus erweisen 26 . Spezifische Entfaltungshilfen sind: Ausbildungs- und Arbeitsförderung (§ 3 SGB I), Jugendhilfe (§ 8 SGB I) sowie M a ß n a h m e n der Eingliederung Behinderter (§ 10 SGB I). 21 22

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Vgl. den Beitrag von Badura in diesem Buch. A. A.: Rode, der in ZSR 1969, 725, 734f. das Arbeitsrecht zum Sozialrecht zählt, jedoch z. B. den Lastenausgleich und die Kriegsopferversorgung ausgliedert. Vgl. die sog. „Vorsorge für das Alltägliche" nach E. Forsthoff, D R 1935, 398, die Einteilung nach Aufgaben der „Leistungsverwaltung" bei Wolff, VwR III, 4. Aufl., 1978, § 137 und Wertenbruch, DÖV 1969, 595 m. w. N. Kritisch zur Gegenüberstellung von ordnender, eingreifender und leistender Verwaltung Wertenbruch, DÖV 1969, 596. Zur Schutz-, Sicherungs-, Förderungs- und Nothilfefunktion des Sozialrechts vgl. Rode, ZSR 1969, 735f. Jantz / Hauck, BAB1. 1972,489,490.

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Vereinfachend kann man — den Typus charakterisierend - sagen: Sozialrecht im materialen Sinn ist jener Teilbereich des Rechts, dem zum Zwecke eines Ausgleichs sozialer Gegensätze 27 in besonderer Weise die Beseitigung von Defiziten einzelner oder bestimmter Bevölkerungsgruppen an materieller Absicherung, Chancengleichheit und Entfaltungsmöglichkeit obliegt 28 . Für juristische Darstellungen empfiehlt sich der formale Sozialrechtsbegriff, der sich ausschließlich aus dem Normbestand und den Zusammenhängen des SGB ergibt, weil der Gesetzgeber die Regelung des Sozialrechts wieder voll in seine Hand genommen hat und jede Einflußnahme anderer Staatsfunktionen oder gesellschaftlicher Kräfte normativ abwehrt (vgl. §§ 1, 2 Abs. 1,31,32 und 38 SGB I). Die gesetzlichen Aufgaben und Zielsetzungen, welche § 1 Abs. 1 SGB I aufführt, können im einzelnen und dem Einzelmenschen gegenüber nur durch ein „öffentliches Verwalten" 29 erfüllt werden. Dafür stehen Formen unmittelbarer und mittelbarer staatlicher Verwaltung zur Verfügung. Verselbständigte Verwaltungsträger (Kommunen, Sozialversicherungsträger) kann man — graduiert angeleitet — ggfs. in „Selbstverwaltung" handeln, andere (zivilrechtlich organisierte) Verbände mit deren Zustimmung zur Mitwirkung heranziehen oder „gesetzesfrei" und mit anderen Motivationen mitwirken lassen (freie Wohlfahrtsverbände) 30 . Jedenfalls ist die Verwaltungsfunktion derart umfassend mit der Verwirklichung des Sozialrechts befaßt, daß man im Rahmen einer Darstellung des Sozialverwaltungsrechts auch auf sie — ihre Organisation und ihr Verfahren — näher eingehen muß 31 . Der Bürger muß wissen, wer — als jeweiliger „Leistungsträger" (§ 12 SGB I) — um seine existentielle Absicherung und Förderung besorgt ist, ggfs. leistet, und in welchem Verfahren dies geschieht. b) Einteilungen . D a s geltende Sozialrecht kann man grob unterteilen in: (1) Sozialverfassungsrecht und sonstiges positives Recht, das nach der innerstaatlichen Rangordnungsreihe 3 2 unter dem Verfassungsrecht anzusiedeln ist (formelle Gesetze — Satzungen und Rechtsverordnungen) und am höherrangigen Recht gemessen werden kann. Das Sozialverfassungsrecht findet sich hauptsächlich im Grundgesetz, aber auch in den Verfassungen der Länder (z. B. Art. 11 Abs. 1, 13, 144 Abs. 2 27

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BVerfGE 22, 180ff.; Zacher, DÖV 1970, 3. - Das Motiv des „Ausgleichs sozialer Gegensätze" liegt aber u. a. auch dem Steuer-, Kartell- und Arbeitsrecht zugrunde: zu letzterem vgl. Nikisch, ArbeitsR 1, 3. Aufl. 1961, S. 30f. Vgl. auch Wertenbruch, Sozialverf.- Sozialverw., S. 27. Weil die Verwaltung typische „Kontraktfunktion" ist. Vgl. Wertenbruch, DÖV 1969, 596. Freie Träger sind jedoch keine sozialen Dienste oder Einrichtungen i. S. v. § 1 Abs. 2 SGB I und nicht dem SGB unterworfen, vgl. Wertenbruch, in: BochKomm, zu § l,Rdnr. 31-33. Vgl. unten II und III. Vgl. dazu Ossenbühl, in: Erichsen / Martens, Allg. VwR, § 7.

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Satz 1 bad.-württ. Verf.; Art. 106 Abs. 1 und 2, 125, 128, 129 Abs. 2, 164, 168 Abs. 3, 171 bay. Verf.; Art. 5 Abs. 1 Satz 3, 6, 8 Abs. 1 Satz 1 und 2, 9 nrw. Verf.)33. Das formelle Gesetzesrecht findet sich heute — soweit es (überwiegend oder auch) an die Verwaltung adressiert ist und deswegen von mir als Sozialverwaltungsrecht bezeichnet wird — im SGB und geht als Bundesrecht jeglichem Landesrecht im Range vor (Art. 31 GG). (2) Es war früher üblich, sachlich von 3 Hauptprinzipien oder Teilmaterien des Sozialrechts auszugehen: Versicherung — Versorgung — Fürsorge 34 . Diese Dreiteilung mag bei sozialpolitischen Intentionen, organisationsrechtlichen Strukturen oder für gewisse Lehrzwecke noch eine Weile mitspielen. Sie war jedoch schon längere Zeit einem Prozeß des Ineinanderfließens unterworfen und ist im Sozialgesetzbuch aufgegeben. Der Allgemeine Teil des Sozialgesetzbuchs (SGB I) kennt unter dem Stichwort „Soziale Rechte" acht Leistungsbereiche: - Ausbildungsförderung (§ 3 Abs. 1 SGBI - später SGB II) - Arbeitsförderung (§ 3 Abs. 2 SGB I - später SGB III) - Sozialversicherung (§ 4 SGB I - später SGB IV, bereits mit SGB IV 1 vorhanden) - Soziales Entschädigungsrecht (§ 5 SGB I — später SGB V) - Minderung des Familienaufwands (§ 6 SGB I — später SGB VI) - Zuschuß für eine angemessene Wohnung (§ 7 SGB I — später SGB VII) - Jugendhilfe (§ 8 SGB I - später SGB VIII) - Sozialhilfe (§ 9 SGB I - später SGB IX) Ihnen stehen im Allgemeinen Teil (SGB I) Grundnormen voran, die für alle in den Büchern I I - I X geregelten Sozialleistungsbereiche bestimmend und vornehmlich materiellrechtlichen Inhalts sind, also Rechtsbeziehungen, Rechte und Pflichten grundlegend regeln. Ihnen folgen im SGB X Vorschriften über das Verwaltungsverfahren, den Schutz der Sozialdaten und die Zusammenarbeit der Leistungsträger und ihre Beziehungen zu Dritten 35 . Das sich dergestalt inzwischen abzeichnende Gesamtbild des SGB zeigt, daß der gesetzgeberische Akzent zwar auf dem materiellen Sozialrecht (Rechte, Ansprüche und Leistungen) liegt, aber die § § 3 - 1 0 SGB I enthalten nur einen Katalog nebeneinandergestellter „sozialer Rechte", lassen jedoch kein „System" des Sozialrechts erkennen. So manchem Betrachter, der von politischen Intentionen oder von einem Sozialrecht im materialen Sinne ausgeht, mag der Katalog als lückenhaft erscheinen. Das kann aber auch gar nicht anders sein. Andere denkbare oder noch nicht in den Blick gekommene Mate33

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Vgl. die Übersicht über die spezifischen sozialrechtlichen Verfassungsnormen der Länder bei Wertenbruch, Sozialverf.- Sozialverw., Anlage 1, S. 198f. Sie sind inzwischen weitgehend obsolet geworden. Vgl. Rohwer-Kahlmann / Frentzel, a. a. O., 28ff.; Zacher, SZS 1970, 293. Das SGB X v. 18. 8. 1980 (BGBl. I, S. 1469) ist mit zwei Kapiteln am 1. 1. 1981 in Kraft getreten.

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rien müssen fehlen, weil Sozialrecht ein besonders dynamischer, in ständiger Wandlung befindlicher Rechts-Typus ist. Bedürfnisse kommen und gehen. Es erscheint deshalb auch müßig, das Sozialrecht über die in den §§2ff., 18 ff. SGB I gemachten Ansätze hinaus systematisiern zu wollen. Auch der Wert des SGB wird nicht vom Ergebnis mehr oder weniger fehlgehender Systematisierungskünste abhängen, sondern von seiner Zielsetzung und der Effizienz des Sozialrechts. (3) Die Aufgliederung des SGB in 10 Bücher und ihre hauptsächlichen Inhalte zeigen ferner, d a ß auf die altbewährte Einteilung von Teilmaterien u n d ganzer Rechtsordnungen in ein materielles und ein formelles (Sozial-) Recht nicht verzichtet werden konnte. Das ergibt sich schon aus § 1 SGB I mit seiner Gegenüberstellung von Aufgaben und Zielsetzungen (in Abs. 1) u n d „sozialen Diensten und Einrichtungen" (in Abs. 2). Dem entspricht auch schon der Katalog der § § 3 - 1 0 SGB I, der den Leser des SGB in das materielle Sozialrecht, und der Katalog der §§ 18 ff. SGB I mit den jeweiligen Absätzen 2, der ihn in das formelle Sozialrecht, nämlich in die Organisation der Leistungsträger und daraus resultierende Zuständigkeiten einweisen soll. Dem Verfahren sind bereits einige G r u n d n o r m e n des SGB I (z. B. §§ 13-17), ferner das X. Buch mit seinen Kapiteln 1 und 2 gewidmet. (4) Sozialrecht ist nach dem Gesagten derjenige Rechtsbereich, den die Bundesregierung plant und den sie in Teilbereichen durch ihre Gesetzesinitiative (Art 76 Abs. 1 G G ) im SGB zu verankern versucht. Als Gesetzgeber kommt praktisch nur noch der Bundesgesetzgeber in Betracht, weil das SGB als Bundesgesetz und Kodifikation angelegt ist, Sozialrecht in seinem wesentlichen Teil schon längere Zeit als Bundesaufgabe angesehen wird (vgl. jetzt § 1 SGB I) und Bundesrecht Landesrecht mit Verdrängungswirkung überlagert (Art. 31 GG). Weil Sozialrecht als lediglich gesetztes Recht (SGB) wirkungslos wäre, vielmehr durch die Verwaltung erfüllt werden m u ß (vgl. §§ 1 Abs. 2 und 18-29 SGB I), ist der theoretisch umfassender erscheinende Bereich des Sozialrechts praktisch mit dem des Sozialverwaltungsrechts umfangsgleich. Sozialverwaltungsrecht ist wie alle übrigen in diesem Lehrbuch dargestellten Teilbereiche des Verwaltungsrechts dem Öffentlichen Recht zugehörig. Man kann ihm funktional im Gewaltenteilungsstaat ein Sozialprozeßrecht gegenüberstellen, das diejenigen Gerichte angeht, welche im Bereich des Sozialrechts die Tätigkeit der Verwaltung zu kontrollieren haben 3 6 . c) Zielsetzung: Nach dem SGB I steht hinter den Gesetzen u n d Normen des deutschen Sozialrechts eine f ü n f f a c h e Zielsetzung (§ 1 Abs. 1 SGB I): - ein menschenwürdiges Dasein zu sichern, - gleiche Voraussetzungen für die freie Entfaltung der Persönlichkeit, insbesondere auch f ü r junge Menschen, zu schaffen, - die Familie zu schützen und zu fördern, 36

Näheres dazu unten (IV) unter dem Stichwort „Gerichtsschutz".

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- den Erwerb des Lebensunterhalts durch eine frei gewählte Tätigkeit zu ermöglichen und - besondere Belastungen des Lebens, auch durch Hilfe zur Selbsthilfe, abzuwenden oder auszugleichen. Diese fünf Zielsetzungen konkretisieren den an den einfachen Gesetzgeber ergangenen Verfassungsauftrag, die Existenz jedes Menschen um seiner Würde willen im sozialen Rechtsstaat zu sichern u n d ihn zu fördern (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1, 3 Abs. 1, 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 Satz 1 GG) 3 7 . Insoweit entfaltet das Sozialrecht Individualfunktion. Darüber hinaus kommt ihm GemeinwohRunktion zu: Das staatliche Gemeinwohl 3 8 soll nicht nur mit Hilfe von N o r m e n (spezifische Rechtsfürsorge und Rechtsvorsorge), sondern auch durch eine ausgleichende Güterverteilung (spezifische Daseinsfür- und Daseinsvorsorge) stabilisiert werden. Das schließt eine ökonomische Funktion mit ein: Das Sozialrecht soll einen Produktivitätsbeitrag leisten, indem es durch gemeinschaftsbezogene Güterverteilung den allgemeinen Konsum erhält und darüber hinaus durch die Eingliederung Behinderter (Rehabilitation) und Leistungsförderung aller einzelnen zur Produktivitätssteigerung beiträgt. So dient das Sozialrecht nicht nur dem einzelnen, sondern zugleich der Sicherung des Staates, der sich auch mit seiner Hilfe vor sozialen Spannungen und sonstigen gemeinwohlgefährdenden Lagen zu bewahren sucht. Gewiß dient auch das Polizei- u n d Ordnungsrecht 3 9 der existentiellen Sicherung von Individuen u n d Staat, aber sein tragender Gedanke ist der der Aufrechterhaltung einer N o r m o r d n u n g . Die Polizei vermag gegenüber dem einzelnen erst bei akuten Störungen des Ordnungsgefüges tätig zu werden, hält Ordnung durch „Eingriffe" (Verfügungen) aufrecht und hat sich spezifisch daseinsfürsorglicher M a ß n a h m e n zu enthalten 4 0 , während die Sozialverwaltung auf Daseinsfür- und -Vorsorge konzentriert ist und weniger „eingreift" als „leistet", d. h. Beratung, Dienst-, Geld- und Sachleistungen zur Verfügung stellt 41 . Vom Wirtschafts- 4 2 und Arbeitsrecht ist das Sozialrecht, obwohl auch diese Rechtsmaterien u. a, bestimmten sozialpolitischen Motivationen u n d Zielsetzungen unterliegen, durch den Gegenstand, die Art des Ordnens und das der Verwaltung zur Verfügung gestellte Instrumentarium geschieden. Wirtschafts- und Arbeitsrecht sind auf Verhaltensweisen abgestellt, die im „Vorhof" sozialrechtlicher Betätigung liegen. Zwar spielen sozialrechtliche Normen, vornehmlich aus Gründen der Prävention (z. B. Arbeitsschutz), bereits 37

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Vgl. dazu auch Rohwer-Kahlmann / Frentzel, Das Recht der sozialen Sicherheit, 1969, S. 45 ff. Zu diesem Begriff Messner, Das Gemeinwohl, 1962; Welty, in: Fs. f. Messner, 1961, S. 398ff.; Wertenbruch, Grundgesetz und Menschenwürde, 1958, S. 207ff. Zu Gefahrenabwehr und Gefahrenvorsorge vgl. Friauf, in diesem Buch. Auch die Einweisung Obdachloser unterliegt einer anderen Zielsetzung. Deswegen pflegt man sie zur „Leistungsverwaltung" zu zählen; vgl. Wolff, VwR III, § 137 III b 2 und oben, F N 24. Vgl. den Beitrag Wirtschaftsverwaltungsrecht von Badura in diesem Buch.

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in das Wirtschafts- und Arbeitsrecht hinein, auch können arbeitsrechtliche Situationen (Stichwort: Beschäftigungsverhältnis) 4 3 Anknüpfungspunkte für eine sozialrechtliche N o r m a n w e n d u n g (Stichwort: Versicherungspflichtigkeit) 44 sein, aber das Sozialrecht reicht mit der Breite seiner eigenständigen Ansätze u n d Zielsetzungen (vgl. Soziale Entschädigung und Sozialhilferecht) über die gegenständliche Basis des Wirtschafts- oder Arbeitsrechts weit hinaus. Das positivierte Sozialrecht ist ferner, anders als das Wirtschafts- 4 5 oder Arbeitsrecht 46 , das auch im Privatrecht beheimatet ist, ausschließlich Öffentliches Recht 47 . Es gibt zwar auch eine wohlfahrtspflegerische Betätigung Privater oder „freier Verbände". Diese findet jedoch — etwa bei Privaten (Almosen) — nicht aus staatspolitischen Motiven statt, sondern beruht auf anderen Beweggründen (Moral, Caritas, Humanität) und / oder ist nicht rechtlich normierbar u n d deswegen gesetzesfrei. Selbst dort, wo freie Verbände als Träger eigener sozialer Aufgaben (§ 10 Abs. 1 BSHG) mit Trägern öffentlicher Verwaltung zusammenarbeiten oder in deren Auftrag Hilfe leisten, bleibt die öffentlich-rechtliche Verantwortlichkeit des Verwaltungsträgers sowohl für den gesetzmäßigen Vollzug der Hilfeleistung wie gegenüber dem Hilfesuchenden bestehen (vgl. § 18 J W G , § 10 Abs. 5 BSHG). d) Funktion der Sozialverwaltung: Das Schwergewicht sozialrechtlicher Betätigung, insbesondere das Gewähren von Dienst-, Sach- und Geldleistungen liegt bei den Trägern und Organen der hoheitlich tätigen Sozialverwaltung. Das SGB I spricht undifferenziert von „Leistungsträgern" (§ 12 SGB I) und unterscheidet auch in den §§ 18 ff. SGB I nicht klar zwischen Trägern, Behörden und sonstigen „Stellen" (vgl. auch §§ 1 Abs. 4 BVwVfG und 1 Abs. 2 SGB X). Es mag sein, daß eine juristisch saubere Sprache den Leser des Gesetzes, der in aller Regel Rechtslaie ist, aber durch das SGB in das Sozialrecht eingeführt werden soll, irritiert hätte. Er will, wenn er Sozialleistungen erhalten will, v. a. wissen, welche Leistungen für ihn in Betracht kommen (das sagen ihm einweisend die §§ 3 - 1 0 und die stichworthaft daran anschließenden Absätze 1 der §§ 18-29 SGB I) und wer sie zu erbringen hat (das sagen ihm einweisend die Absätze 2 der §§ 18-29 SGB I). Juristen sollten sich jedoch Klarheit über die Grundlehren zur Organisation der Verwaltung verschaffen 4 8 , ehe sie an die Spezialregelungen im SGB herangehen. Sie sollten wissen, daß bestehende Träger (Länder, Gemeinden) oder zur sozialrechtlichen Aufgabenerledigung juristisch verselbständigte Verwaltungsträger (z. B. Versicherungsträger) Rechtssubjekte (Körperschaf43 44 45 46 47

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Vgl. unten II 4 a) aa). Vgl. unten II 4 b) aa) und c) aa). Vgl. Aufgliederung bei E. R. Huber, WirtschaftsVwR, Bd. I, 2. Aufl. 1953, S. 12ff. Vgl. hierzu Bogs, D O K 1970, 517. Wannagat, in: Fs. f. Jantz, 1968, S. 55. Weitere Nachw. bei Wertenbruch, DÖV 1969, 597. — Von der Literatur erwogene, rein technische Ausnahme-Formen (etwa „Zweistufentheorie" bei Gewährung von Darlehen) bleiben hier außer acht. Vgl. dazu Rudolf, in: Erichsen / Martens, Allg. VwR, § 55.

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ten, Anstalten und Stiftungen) und keine bloßen Behörden oder „Stellen" sind 49 . Verwaltungsträger haben — ebenso wie der Bundesstaat (vgl. § 1 SGB I) — Aufgaben und sie haben eigene Organe (Behörden), durch die sie ihre Aufgaben (nach außen hin) erledigen, insbesondere in Kontakt zum Bürger treten und Verwaltungsakte erlassen (vgl. §§ 35 BVwVfG und 31 SGB X). Behörden und sonstige „Stellen" sind keine Rechtssubjekte, sondern unselbständige (organschaftliche) Bestandteile des jeweiligen Verwaltungsträgers. Sie haben auch keine Aufgaben, sondern stehen und fallen mit den ihnen gesetzlich zugewiesenen Zuständigkeiten. Es ist notwendig, die angedeuteten Unterschiede beim Lesen des SGB klar vor Augen zu haben 50 , weil nur auf diesem Wege seine organisationsrechtlichen Regelungen voll verstanden und Tendenzen sichtbar werden können, die m. E. z. T. dem Grundgesetz (Art. 83 ff.) zuwiderlaufen. Aus seiner Sicht nivelliert der Bundesgesetzgeber in § 12 SGB I alle „Leistungsträger" zu bloßen Behörden oder „Stellen" und läßt seinen Willen erkennen, sich eine möglichst umfassende und bis zur Lokalstufe reichende bundeseigene Sozialverwaltung aufzubauen, die seiner Organaufsicht unterliegt 51 . Die Sozialverwaltung (des Bundes und der Länder) vollzieht auf der Grundlage der Art. 83 ff. G G durch ihre Träger und deren Organe die sozialrechtlichen Gesetze. Ihre Behörden treten insbesondere von Amts wegen oder kraft Antrages (vgl. §§ 16 und 17 SGB I sowie § 18 SGB X) in Kontakt zu den gesetzlich Begünstigten, erfüllen deren sozialrechtliche Ansprüche oder sie sorgen für die Bereitstellung und Verwaltung ausreichender Geld- und Sachmittel sowie von Dienstleistungen. Sie machen ferner ihrerseits Ersatz-, Erstattungs- und sonstige Ansprüche geltend, arbeiten mit Dienststellen anderer Verwaltungszweige (z. B. Gesundheitsämtern) oder mit freien Verbänden zusammen, sorgen etwa auch für die Aufstellung von Statistiken (§ 6 AFG) und geben sozial- und wirtschaftspolitische Impulse (§§ 1 ff., 91 ff. AFG). Ich werde das wesentliche Organisationsrecht beim jeweiligen Leistungsbereich (also unter II) mitbehandeln, während dem Verfahrensrecht (wegen SGB X) ein eigener Abschnitt (III) gewidmet ist. 2. Verfassungsrechtliche Basis Eine im Grundgesetz oder in den Verfassungen der Länder verankerte, einigermaßen in sich geschlossene Sozialverfassung gibt es nicht. Das Grundgesetz enthält lediglich einige auch für das Sozialrecht und seine Fortentwicklung bedeutsame Bestimmungen, die man in Kompetenzregelungen und in sachliche Grundentscheidungen einteilen kann. 49 50

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Vgl. Wertenbruch, in: BochKomm, zu § 12 Rdnr. 7ff. Zur Aufschlüsselung der in den Abs. 2 der §§ 18 ff. SGB I aufgeführten „Leistungsträger" vgl. Wertenbruch, Sozialverf.-Sozialverw. S. 45ff. und in: BochKomm, zu § 12, Rdnr. 15 ff. Kritisch dazu: Wertenbruch, in: BochKomm, zu § 12 Rdnr. 18ff. und in: Festschrift für Wannagat, 1981, S. 687 ff.

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a) Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenzen: Sozialrecht ist fast ausnahmslos Bundesrecht 52 . Allerdings steht dem Bund — abgesehen von Vorschriften, welche die Durchführung bestimmter Gesetze regeln (vgl. Art. 119120 a G G ) - i m Bereich dieser noch jungen Rechtsmaterie keine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz (vgl. Art. 71, 73 G G ) zu. Der Katalog der konkurrierenden Gesetzgebung räumt dem Bund unter den in Art. 72 Abs. 2 G G aufgeführten Voraussetzungen (von denen zumindest eine, nämlich die „Wahrung der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse" gerade mit Bezug auf sozialrechtliche N o r m e n wohl immer das „Bedürfnis nach bundesgesetzlicher Regelung" abdecken wird) folgende sozialrechtliche Gesetzgebungskomptenzen ein: - Art. 74 Nr. 6: die Angelegenheiten der Flüchtlinge u n d Vertriebenen; - Art. 74 Nr. 7: die öffentliche Fürsorge 5 3 ; - Art. 74 Nr. 9: die Kriegsschäden 5 4 u n d die Wiedergutmachung 55 ; - A r t . 74 Nr. 10: die Versorgung der Kriegsbeschädigten und der Kriegshinterbliebenen und die Fürsorge f ü r die ehemaligen Kriegsgefangenen; - Art. 74 Nr. 12: (die Regelung)...des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung; - Art. 74 Nr. 13: die Regelung der Ausbildungsbeihilfen...; - Art. 74 Nr. 18: das Wohnungswesen, das Siedlungswesen und Heimstättenwesen ; - A r t . 74 Nr. 19 a: die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze; In diesem Katalog befinden sich bereits genannte Stichworte wie Sozialversicherung (Nr. 12), Versorgung (Nr. 10) und Fürsorge in Form der Sozialhilfe (Nr. 7), aber es wird auch aus deren Einordnung deutlich, d a ß das Sozialrecht auch vom Verfassungsgeber nicht als in sich geschlossener „System"-Bereich anerkannt ist. Ebensowenig wie insgesamt von einer befriedigenden „Sozialverfassung" die Rede sein kann, ist in Art. 74 G G eine abgeschlossene (lückenlose) Aufzählung sozialrechtlicher Materien zu vermuten. So bleibt z. B. außerhalb der bundesrechtlichen („traditionellen") Regelungen, denen auch das Sozialgesetzbuch folgt, durchaus noch Raum f ü r (material) sozialrechtliche Impulse in den Ländern (Art. 70 GG), so etwa hinsichtlich der Alterssicherung der sog. „freien Berufe" 5 6 . 52 53

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Ausnahmen bilden etwa die Landesgesetze zur Blindenhilfe. Zum verfassungsrechtlichen (weiten) Fürsorgebegriff vgl. BVerfGE 22, 180 ff. und von Mangoldt / Klein, Das Bonner Grundgesetz, Kommentar, 2. Aufl. 1964, zu Art. 74 XV. Worunter u. a. das Lastenausgleichsrecht fällt, vgl. von Mangoldt / Klein, GG, zu Art. 74 XVII l . , 2 . LAG und BEG werden keine Aufnahme in das SGB finden; das BEG sicherlich zu recht. Dazu unten, II 5 a. In den meisten Ländern bestehen gesetzliche Einrichtungen, z. B. für Ärzte, Tier-

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Andererseits erscheint z. B. Art. 74 Nr. 10 G G als zu eng für eine umfassende Regelung der „Sozialen Entschädigung", wie sie dem Gesetzgeber nach §§ 5 und 24 SGB I vorschwebt. Was die Verwalturtgskompetenzen angeht, hat es auch im sozialrechtlichen Bereich bei der Grundlage des Art. 30 G G sowie bei dem Regelfall zu verbleiben, daß selbst die Bundesgesetze durch die Länder („als eigene Angelegenheit") verwaltungsmäßig ausgeführt werden (Art. 83, 84 GG). Raum für eine Landesverwaltung „im Auftrag des Bundes" (Art. 85 G G ) findet sich bisher nur auf der Grundlage von Art. 120 a G G (Lastenausgleich) und Art. 104 a Abs. 3 GG 5 7 . Eine bundeseigene Verwaltung ist mit Bezug auf soziale Versicherungsträger 58 , „deren Zuständigkeitsbereich sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt" (Art. 87 Abs. 2 G G ) u n d auf „selbständige Bundesoberbehörden 5 9 und neue bundesunmittelbare Körperschaften und Anstalten" vorgesehen, die im sozialgesetzgeberischen Bereich des Bundes verwaltend tätig werden sollen (Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG). Ferner darf der Bund, sofern ihm innerhalb seines Gesetzgebungsbereichs neue sozialrechtliche Aufgaben erwachsen sollten, bei dringendem Bedarf Sozialbehörden der Mittelu n d Unterinstanz errichten (Art. 87 Abs. 3 S. 2 GG). Von der Befugnis nach Art. 87 Abs. 3 S. 2 G G hat der Bund noch keinen Gebrauch gemacht, während als selbstständige Bundesoberbehörden nach Art. 87 Abs. 3 S. 1 G G das Bundesausgleichsamt (BAusglA) in Bad Homburg und das Bundesversicherungsamt (BVA) in Berlin bestehen und als neue bundesunmittelbare Körperschaft die Bundesknappschaft (BKn) mit Sitz in Bochum errichtet worden ist 60 . b) Sachliche Grundentscheidungen: Die für das Sozialrecht bedeutsamen materialen Grundentscheidungen der Verfassung sind: - Art. 1: Schutz der Menschenwürde, - Art. 2: Recht auf Leben, körperliche Unversehrtheit, Entfaltung der Persönlichkeit - Art. 3: Gleichheit vor dem Gesetz, - Art. 6: Familien-, Jugend- und Mutterschutz, - Art. 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 Satz 1: Soziale Rechtsstaatlichkeit 6 1 .

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ärzte und Apotheker; vgl. die Übersicht bei Wannagat, Lehrbuch, S. 387ff.; Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.), Übersicht, S. 143 ff. Beispiel: § 39 BAföG. Nicht nur Körperschaften, sondern schlechthin „Rechtsträger der mittelbaren Staatsverwaltung", ebenso Maunz, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, 1979, Art. 87 Rdnr. 38. Zum Begriff Maunz, in: Maunz/ Dürig / Herzog / Scholz, GG, Art. 87. Rdnr. 49ff. BknEG vom 28. 7. 1969 (BGBl. 1969 I, S. 974). Vgl. hierzu auch Walter Bogs, in: Soziale Sicherung in der B R D (Sozialenquete), S. 53f.; Wertenbruch, ZSR 1968, 389 m. w. N.; Rohwer-Kahlmann /Frentzel, a. a. 0 . , S. 38 ff. Zur „Sozialen Gleichheit" vgl. etwa Zacher, A ö R 93 (1968), S. 341.

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Daß die Förderung und Sicherung des Menschen um seiner Würde, seiner Freiheit und seiner personalen (wesensgemäßen) Gleichheit willen erste Zielsetzung jeder sozialrechtlichen Ordnung zu sein hat, ist allgemein-anerkannt 62 und hat auch in § 1 SGB I Ausdruck gefunden. Andererseits besteht heute Übereinstimmung darin, daß sich dem Art. 1 GG, dem obersten Konstitutionsprinzip der Verfassung 63 , keine sozialrechtlichen Ansprüche unmittelbar entnehmen lassen 64 . Gleiches gilt für die grundrechtlichen Freiheitsund Gleichheitsrechte ebenso wie für Art. 6 Abs. 4 GG. Sie sind als verfassungsrechtliche Grundentscheidungen noch zu universell und objektiv, als daß sie sich o. w. als Leistungsnormen „subjektivieren" ließen. Auf Abwehr (ein Unterlassen) gerichtete „liberale Grundrechte" können unbestimmter gehalten sein, weil sich erst aus ihnen und dem konkreten „Eingriff der jeweilige Abwehr-Anspruch ergibt. Sozialrechtliche Leistungs- (auf ein Tun gerichtete) Ansprüche müssen hingegen in „Voraussetzungen und Inhalt" derart „im einzelnen bestimmt" (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB I) sein, daß sie o. w. gerichtlich durchsetzbar sind 65 . Deswegen bedürfen sie der näheren Ausgestaltung durch den (einfachen) Gesetzgeber, so wie etwa Art. 6 Abs. 4 G G durch das Mutterschutzgesetz vom 24. 1. 1952 i. d. F. vom 18. 4. 1968 konkretisiert worden ist66. Selbst die sog. „Sozialen Rechte" nach § § 2 - 1 0 SGB I enthalten — wie noch näher zu erklären sein wird — noch keine subjektiven Rechte iSv Ansprüchen (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB I). Dennoch sind sie nicht ohne praktische Bedeutung 67 . Sie lassen die sozialrechtlichen Intentionen des Gesetzgebers erkennen, weisen den Leser des SGB in das Leistungsgefüge ein und führen ihn durch Stichworte zu Ansprüchen hin. Eine ebenso große Bedeutung wie Art. 1 G G hatte für das Sozialrecht und seine Fortentwicklung das Wort des Verfassungsgebers vom „demokratischen und sozialen Rechtsstaat" im Sinne des Grundgesetzes (Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG). Auch in ihm ist eine sachliche Grundentscheidung zu sehen. Zu betonen ist jedoch, daß trotz umfangreicher Literatur zu den Stichworten „Rechtsstaat" oder „Sozialstaat" im ganzen Grundgesetz von Rechtsstaat oder Sozialstaat (allein) nicht die Rede ist. Hier kämpfen Ideologien miteinander, welche das Grundgesetz zu ihrem Werkzeug machen möchten. Der Verfassungsgeber hat sich für keine von ihnen entschieden, sondern in Art. 28 Abs. 1 Satz 1 G G eine Formel gewählt, die als Synthese zu gelten hat. 62

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Badura, DÖV 1968, 448; Bogs, a . a . O . , S. 53 f.; Rohwer-Kahlmann / Frentzel, a. a. O., S. 45 ff. Wertenbruch, Sozialverf.-Sozialverw., S. 15 m. w. N. BVerfGE 1, 104f. Schnapp /Meyer, D R V 1974, 66ff. und Wertenbruch, in: BochKomm, zu § 2 Rdnr. 4 ff. Maunz, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Art. 6, Rdnr. 41. Die Kritik von Seiten von Maydell's, in: DVB1. 1976, l f f . und von Rode, in: SGb 1977, 268 verkennt schon die Norm-Qualität der §§ 2ff. SGB I.

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Über ihren Inhalt und ihre Konsequenzen besteht infolge ideologisch verhärteter Fronten noch Unklarheit, insbesondere über das Gewicht des einen oder anderen Elements 68 . Rechtsstaat und Sozialstaat sind jedoch vom Verfassungsgeber nicht antinomisch gemeint. Nach seinem Konzept soll weder der Rechts- noch der Sozialstaatlichkeit ein Übergewicht zukommen. Einer überkommenen (formellen) Rechtsstaatlichkeit (These) ist durch Beifügung des Stichwortes „sozial" (als Antithese) eine materielle Komponente zugesellt worden (Synthese), welche die Rechtsstaatlichkeit in einem neuen, wesentlich materialer bestimmten Licht erscheinen läßt. Der Verfassungsgeber hat damit gerade zum Ausdruck bringen wollen, daß ihm weder ein sozialistisches noch ein individualistisches Staatsbild vorschwebt. „Sozialer Rechtsstaat" ist derjenige Staat, der gewillt ist, jedem seiner Bürger — ganz gleichgültig, welcher Schicht oder Einkommensstufe, welchem Berufs- oder Lebensstand er zuzuordnen ist — das Seine (das „Gerechte") zu geben. Das tut ein sozialer Rechtsstaat nicht nur mit Normen und einer normwahrenden („ordnenden") Verwaltung, sondern auch mit sozialrechtlichen Gewährungen und durch Eröffnung gleicher Chancen. Die wichtigste Einsicht, welche die Vorstellung vom sozialen Rechtsstaat vermittelt, ist ein erneuertes Verständnis vom Wesen des Staates und seinem Gemeinwohl sowie ein allgemeines Bewußtsein dafür, daß Gemeinwohl und Individualwohl keine unüberbrückbaren Gegensätze sind. Ein auf das Aufeinander-Angewiesensein von Staat und Bürger orientiertes, immer weiter zu förderndes Gemeinwohl, das — neben allgemeinen Ordnungsnormen — eine situationsgerechte Güterverteilung umfaßt, schließt das Individualwohl aller Bürger denknotwendig mit ein. Gerade mit Bezug auf eine Güterverteilung (ggf. sogar Güter-Umschichtung), die vernunftgemäß und unter dem Vorzeichen sozialer Rechtsstaatlichkeit und des Freiheitssatzes nicht zu einem allgemeinen „Versorgungsstaat" führen darf 69 , in welchem die „private" Initiative aufgehoben wäre, sind ein Sozialrecht und eine auf seiner Grundlage arbeitende Sozialverwaltung unentbehrlich. Die in Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG enthaltene Formel ist zwar als „Staatszielbestimmung" und „verfassungsrechtlicher Leitgrundsatz" 70 in der Lage, vorhandene öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlagen mit sozialem Inhalt an68

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70

Zu diesem Problemkreis s. Bachof, VVDStRL 12 (1954), S. 44f.; Fechner, RdA 1955, 161 ff. (164); Forsthoff, VVDStRL 12 (1954), S. 19; v. Mangoldt / Klein, GG, Bd. 1, Art. 20 Anm. VII 4; Gerhard Müller, DB 1956, 524ff.; 549ff.; v. Muthesius / D.Giese, JuS 1962, 456; Hans Peters, Art. „Sozialstaat", in: StaatsL, Bd. VII, Sp. 394ff.; Wertenbruch, in: Fs. f. Jahrreiss, 1964, S. 488; ders., in: Fs. f. Küchenhoff, 1967, S. 348; ders. DÖV 1969, 593f.; Rode, Sonderbeilage der „Versicherungswissenschaft", Heft 18 vom 15. September 1970; vgl. auch Badura in diesem Lehrbuch. Er wäre verfassungswidrig; vgl. Wolff, VwR III, § 139 III b 1; wohl auch Hesse, Grundzüge, S. 85; s. allerdings Badura, DÖV 1968, 446ff. und seinen Beitrag „Wirtschaftsverwaltungsrecht" in diesem Lehrbuch und die Kritik von Barion, DÖV 1970, 15. Ipsen, Über das Grundgesetz, 2. Aufl. 1964, S. 17; Scheuner, VVDStRL 11 (1954),

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zureichern und für eine Rechtsfortbildung in diesem Sinne beizutragen. So ist etwa dem im Unfallzeitpunkt bereits gezeugten, aber noch nicht geborenen Kind (Leibesfrucht) in der gesetzlichen Unfallversicherung Versicherungsschutz zu gewähren, soweit es durch Arbeitsunfall oder Berufskrankheit der Mutter während der Schwangerschaft mitgefährdet war (jetzt: § 555 a RVO) 71 . Die Verweisung auf Ansprüche nach dem BSHG stünden im Widerspruch zur Verfassung 7 2 . Für sich allein gesehen, ist jedoch auch das Wort vom sozialen Rechtsstaat viel zu universell 73 , als daß ihm unmittelbar oder im Wege streng rationaler „Ableitung" sozialrechtliche Ansprüche entnommen werden könnten. Im Ergebnis bleibt festzuhalten, daß die Verfassung (Grundgesetz) eine hinreichend deutliche und zu den einzelnen Leistungsbereichen hinführende Untermauerung des sozialrechtlichen „Leistungssystems" noch vermissen läßt. Neben den sog. Freiheitsrechten fehlen insbesondere „soziale Grundrechte", die den Wandel von einer bürgerlich-liberalen Staatlichkeit zum sozialen Rechtsstaat verdeutlichen. Soweit die Rechtsprechung 7 4 inzwischen z. B. versucht hat, durch Analogie zu Art. 14 G G gewisse sozialrechtliche Forderungsrechte (Sozialversicherung) verfassungsrechtlich abzustützen, ist dem entgegenzutreten. Es gibt keinen überzeugenden juristischen Berührungspunkt zwischen sozialrechtlicher Daseinsicherung und „liberalem" Eigentumsschutz 75 . Über in das Grundgesetz einzubauende soziale Grundrechte hinaus bleibt es Aufgabe des einfachen Gesetzgebers, sozialrechtliche G r u n d rechtspositionen zu „transformieren", d. h. in sozialrechtliche Anspruchsgrundlagen umzusetzen, wie das auch bereits in den §§ 1 - 1 0 SGB I vorgezeichnet ist 76 . Um weiteren Mißverständnissen und Irrungen vorzubeugen, sei am R a n d e noch vermerkt, daß sich soziale Rechtsstaatlichkeit natürlich nicht in der Ausprägung u n d / oder verwaltungsmäßigen Anwendung des Sozialrechts erschöpft, sondern ebenso viel weiter reicht, wie das Wesen des Staates. Diese Wesenhaftigkeit harrt auch im sozialen Rechtsstaat noch der Wiederentdeckung.

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76

S. 21; zustimmend Badura, DÖV 1968, 446; Gerber, A ö R 81 (1956), S. 29; v. Mangoldt / Klein, GG, zu Art. 20 VII 2. Vgl. Art. II, § 4 Nr. 12 SGB X. BVerfGE 45, 376 (385 ff.) unter Hinweis auf den sozialen Rechtsstaat. Vgl. Wertenbruch, ArbVers 1961, 33 ff. Im Schrifttum wird z. Z. allerdings noch weniger seine Universalität gesehen als auf seine mangelnde Bestimmtheit hingewiesen; vgl. die Nachweise bei Hesse, Grundzüge, § 6 II; Badura, DÖV 1968, 446 F N 1 sowie die Lit.-Nachweise in FN 68. BSGE 5, 40 (42); 9, 127 (128); 20, 52 (57); BVerfGE 11, 221 (226); 14, 288 (293); 16, 94 (111); 20, 52(54). Vgl. Wertenbruch, in: Eigentumsordnung und katholische Soziallehre, Köln 1970, S. 58. Vgl. Wertenbruch, in: BochKomm, zu § 1 Rdnr. 2 - 6 und 22ff. sowie zu § 2 Rdnr. 4ff.

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3. Das SGB als Kodifikation und seine allgemeinen Teile Das SGB ist vom Bundesgesetzgeber als Kodifikation gewollt und angelegt. Das zeigen schon seine Gliederung in 10 Bücher und sein Beginn mit einem Allgemeinen Teil (SGB I). Es ist insoweit etwa mit dem BGB vergleichbar. Unter einer Kodifikation versteht man herkömmlicherweise ein Gesetzeswerk, das ein größeres Rechtsgebiet erschöpfend und nach systematischen Gesichtspunkten (etwa materielles Recht mit Rechtsbeziehungen, Rechten und Ansprüchen — Organisationsrecht — Verfahrensrecht) zu regeln versucht. Zwar ist die Herstellung eines vollkommenen Normen-Systems unmöglich 77 , weil das Sozialrecht selbst kein System sein oder werden kann, aber der Gesetzgeber versucht durch „Systematisierung" die zum Rechtsbereich gehörenden Normen überschaubarer und praktikabler zu machen. Sytematisieren setzt abstraktes Denkvermögen voraus. Ob unsere Zeit zur Herstellung von Kodifikationen und ihrer Anwendung berufen ist, mag hier dahinstehen und bleibt abzuwarten. Jedenfalls werden sogar Juristen Schwierigkeiten mit der Handhabung von Kodifikationen haben. Rechtslaien werden nie voll in sie eindringen können, weil sie hierfür nicht geschult sind. Sie suchen bei jedem Gesetz nach konkreten, o. w. praktikablen Hilfsmitteln (Ansprüchen oder Zuständigkeiten) und finden sie oft im Normengeflecht einer Kodifikation nicht. Dann ist das Gesetz für sie schlecht. Für den geschulten Juristen erschließen sich u. U. sehr abstrakte Zusammenhänge und konkrete Regelungen gleichermaßen aus einer Kodifikation. Sie stehen — bei einer guten Kodifikation — genau dort, wo sie sachlich und formal hingehören. Der Gliederungsplan des SGB ist relativ leicht zu überschauen. Ich sagte schon, daß das Schwergewicht der gesetzgeberischen Bemühungen auf dem materiellen Recht (auf Rechten und Ansprüchen) liegt und dieses grundlegend und für alle Leistungsbereiche (Bücher I I - I X ) im Allgemeinen Teil (SGB I) mit Hinweisnormen und allgemeinen Grundsätzen nach §§ 30 ff. geregelt ist. Wer z. B. wissen will, wo Anspruchsgrundlagen stehen und wie sie den gesetzgeberischen Vorstellungen entsprechend aussehen werden, wird zuerst die §§ 2 Abs. 1 und 3 8 - 4 0 SGB I lesen müssen. Danach kann er sie — für den jeweiligen Leistungsbereich — in den Büchern I I - I X aufzufinden versuchen. Der Allgemeine Teil (SGB I) ist jedoch nicht das einzige Buch, das für alle Leistungsbereiche von grundlegender Bedeutung ist. Ihm hat sich seit dem 1. Januar 1981 das X. Buch mit seinen Verfahrensregelungen (einem Teil des formellen Rechts) 78 zugesellt, nach dem alle Leistungsträger zu verfahren haben. Zwar finden sich auch schon im I. Buch und in den Spezialbüchern (bzw. in den bereits in das SGB nach Art. II § 1 SGB I integrierten Sozialgesetzen, wie der RVO oder dem BSHG) Verfahrensregelungen für den jeweili77 78

Vgl. Wertenbruch, BochKomm, zu § 1 Rdnr. 1 und zu § 2, Rdnr. 29 ff. Zur Notwendigkeit der kodifikatorischen Verknüpfung von materiellem und formellem Recht vgl. meine Bemerkungen in BochKomm, zu § 1 Rdnr. 28 ff.

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gen Leistungsbereich und letztere gehen sogar — ebenso wie bei der Anwendung materiellen Rechts im Verhältnis von SGB I und etwa dem SGB IV (für das Sozialversicherungsrecht) — jeder generelleren Norm (weil fallnäher) vor, aber wenn man einen Überblick über das Konzept des Verfahrensrechts gewinnen will, muß man zuerst das X. Buch lesen. Hier werden bereits Norm-Abstufungen (ein vertikales Regelungsdenken) sichtbar. Zwar sind — anders als im Verhältnis von Verfassung (Grundgesetz) und einfachem Gesetzesrecht — alle Normen des SGB (formal) gleichen Ranges, aber sie stehen material vielfältig abgestuft zueinander. Die umfassendere (generelle), der Fallregelung vertikal am weitesten entfernte Norm enthält Grundprinzipien (z. B. §§ 1, 2 und 38 für das materielle, § 12 SGB I für das Organisationsrecht) und zeigt die Grundintentionen des Gesetzgebers auf. Sie ist bei der Rechtsanwendung zwar stets mit zu berücksichtigen (so auch z. B. § 2 Abs. 2 SGB I)79, tritt jedoch zurück, soweit eine konkretere Norm für bestimmte Fallgruppen von ihr abweicht. Der andere Teil des formellen Rechts, nämlich das Organisationsrecht, scheint wegen überkommener Grundstukturen des Sozialrechts im SGB horizontal geordnet zu sein, d. h. nebeneinander zu stehen. Es findet sich nämlich in „Gemeinsamen Vorschriften" des jeweiligen Buches (Sozialleistungsbereichs), zu dem es gehört (vgl. den Titel des Ersten Kapitels von SGB IV und die §§ 29 ff. SGB IV), besitzt jedoch ebenfalls schon in das SGB I (z. B. § 12 und Absätze 2 der §§ 18 ff.) eingeordnete Grundnormen. Die Gemeinsamen Vorschriften aller Bücher (die noch in Entstehung begriffen sind) werden wiederum — für den jeweiligen Leistungsbereich — einen allgemein gehaltenen Teil darstellen, wenn auch weniger abstrakt als die Normen des SGB I, das für alle Leistungsbereiche konzipiert ist. So finden sich also die umfassendsten Grundnormen des Organisationsrechts in den §§ 1 Abs. 2 und 12, die des materiellen Rechts in § 1 Abs. 1 und in § 2, und die des Verfahrensrechts, das von Normen betr. Leistungen und Leistungsträger kaum je wird sauber getrennt werden können, in §§ 13-17 SGB I. Alles, was solchen Grundnormen nachfolgt, ist als konkreter (fallnäher) zu vermuten (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 und 37 SGB I). Das SGB wird mithin kein Lexikon für ungeduldige Leser sein, die sogleich finden wollen, was sie suchen. Was sie an Konkretem interessieren mag, steht in aller Regel nicht am Anfang, sondern zum Ende der Kodifikation hin. Was vorher steht, soll durch Offenlegung des gesetzgeberischen Konzepts Grundlagen (etwa auch Anspruchsgrundlagen) verdeutlichen, schlechthin der Leistungserfüllung dienen. Bildhaft gesagt ruht das positive, im SGB erschöpfend normierte BundesSozialrecht wie eine Brücke auf zwei (genauer: auf drei) Grundpfeilern: auf dem SGB I (betr. v. a. das materielle Recht) und dem SGB X (betr. das Verfahrensrecht als Teil des formellen Rechts). Dazwischen stehen — als Zwischenpfeiler — die Gemeinsamen Vorschriften (Erstes Kapitel) des jeweili79

Vgl. Arndt, in SGB 1979, 406.

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gen Buches (SGB I I - I X ) mit grundlegenden Regelungen zu einem bestimmten Leistungsbereich (z. B. Sozialversicherung), auch das jeweilige Organistionsrecht regelnd. Diesem gesetzgeberischen Konzept wird die nachfolgende Darstellung i. w. zu folgen versuchen.

II. Sozialleistungsbereiche 1. Materiale Grundlehren (SGB I) Im Allgemeinen Teil (SGB I) hat der Gesetzgeber alle Regelungen zusammengefaßt, die er zu einer ersten Vereinheitlichung der Sozialrechtsordnung u n d ihrer besseren Überschaubarkeit für notwendig halten mußte. Der Allgemeine Teil gliedert sich in drei Abschnitte. Im Ersten Abschnitt bindet der Gesetzgeber zunächst (in § 1 SGB I) das SGB an das Grundgesetz an, legt die mit dem Gesetzeswerk verfolgten Zielsetzungen offen und verknüpft das materielle Sozialrecht (Abs. 1) grundlegend mit dem unabdingbar zugehörigen Organistionsrecht (Abs. 2). Die N o r m erscheint sehr abstrakt, ist jedoch auch praktisch von Bedeutung 8 0 . So ist z. B. in Abs. 1 erstmals von „Sozialleistungen" die Rede. Sozialleistung ist — unter Einschluß „sozialer und erzieherischer Hilfen" (nach BSHG) — alles, was zum im SGB vorgesehenen Mittel-Instrumentarium gehört. Über Inhalt und Umfang dieses Instrumentariums verfügt ausschließlich der Gesetzgeber (vgl. §31 SGB I) 8 ', indem er es entweder selbst abschließend regelt oder zu abgeleitet-konkretisierenden bzw. ergänzenden (etwa einen Anspruch komplettierenden) Regelungsakten der Leistungsträger ermächtigt. Größere Bedeutung werden aus dem Kreis der Normen des Ersten Abschnitts sicherlich die §§ 2 - 1 0 SGB I gewinnen und ich benutze sie hier, um schon in das Konzept des materiellen Sozialrechts ein wenig mehr einzuführen: a) Soziale Rechte und Leistungsanspruch: Wenn man die §§ 2ff. SGB I verstehen will, m u ß man sich vorab eine Reihe von Unterscheidungen klarmachen, die diesen Normen zugrundeliegen. Eine positive Rechtsordnung ist als Summe bloßer Anspruchsnormen undenkbar . Zu unterscheiden sind die Rechtsmassen des objektiven und subjektiven Rechts. N u r auf der Grundlage einer objektiven Normbasis kann es überhaupt ein subjektives, Individuen zugeordnetes, sie konkret begünstigendes oder verpflichtendes Recht, also Rechte oder Pflichten geben. Ferner ist zu unterscheiden zwischen subjektiven Rechten und Ansprüchen 8 2 . Durch §§ 2 Abs. 1,31 und 38 SGB I ist klar80 81

82

Vgl. im einzelnen meine Darlegungen in BochKomm, zu § 1 Rdnr. l f f . Zum Zusammenspiel von Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung auf der Grundlage der Leistungsnormen des SGB Wertenbruch, in: BochKomm, zu § 3 8 Rdnr. 29 ff. und zu § 39 Rdnr. 5 ff. Näheres dazu in BochKomm, zu § 2 Rdnr. 2 ff.

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gestellt, daß der Gesetzgeber ebenfalls von diesem Grundwissen ausgeht. Weder in § 2 noch in den unmittelbar nachfolgenden N o r m e n stehen AnspruchsgrundlagerP3. Die § § 2 - 1 0 SGB I weisen lediglich in gesetzgeberische Intentionen und bestimmte, später wiederkehrende Stichworte (wie z. B. Arbeitsförderung — vgl. §§3 und 18 SGB I - oder Sozialversicherung - vgl. §§4 u n d 2 1 - 2 3 SGB I) ein und verdeutlichen, was nach gesetzgeberischer Vorstellung zum Sozialrecht gehört und näher ausgestaltet werden soll. Dennoch sind auch diese bewußt abstrakt gehaltenen Vorschriften bei der N o r m a n w e n d u n g , insbesondere bei der Ausübung von Ermessen zu beachten (§ 2 Abs. 2 SGB I), so daß für den Bürger bei Ermessensnormen grundsätzlich ein formeller Anspruch auf fehlerfreien Ermessensgebrauch besteht (vgl. § 39 Abs. 1 S. 2 SGB I. § 2 Abs. 2 SGB I) kann in diesem Sinne auch als „Maximierungsgebot" verstanden werden. Man überschrieb sie mit „Soziale Rechte", weil sie Denkanstöße für die Entwicklung entsprechender verfassungsrechtlicher N o r m e n geben könnten, die bisher fehlen. Ein subjektives Recht erschöpft sich nicht im Anspruch, sondern u m f a ß t als allgemeiner, für alle Rechtsbereiche geltender Rechtsbegriff (vgl. § 194 BGB) auch Beherrschungs- u n d Gestaltungsrechte. Der Anspruch ist die konkreteste Teil-Ausgestaltung eines subjektiven Rechts. Er bedarf wegen §§ 31 und 38 SGB I in aller Regel der gesetzlichen Anspruchsgrundlage. Wo der Gesetzgeber sie normiert hat und ihre Voraussetzungen in einer Person vorliegen (vgl. § 40 Abs. 1 SGB I), ist diese Person Anspruchsinhaber. Wo nur eine dieser Voraussetzungen fehlt, kann von Anspruchsberechtigung keine Rede sein und darf einer Person auch kein Anspruch oder eine Leistung von der Verwaltung oder Rechtsprechung zugesprochen werden (§ 31 SGB I). Anspruchsgrundlagen müssen in den besonderen Teilen (Büchern I I - I X ) des SGB aufgesucht werden. Sie werden in aller Regel nicht in einer einzigen N o r m enthalten sein, sondern — wie bei Kodifikationen üblich — sich aus mehreren, einander zu diesem Zweck zugeordneten Normen ergeben 84 . Ebenso wie bei jeder anderen rechtlichen Regelung ist auch bei Anspruchsgrundlagen zwischen Voraussetzungen u n d Rechtsfolge zu unterscheiden, was sich schon aus der Abfassung der §§3 ff. SGB I ergibt. Beispiel (§6): „Wer Kindern Unterhalt zu leisten hat oder leistet" (Prämissen), „hat ein Recht auf Minderung der dadurch entstehenden wirtschaftlichen Belastungen" (Rechtsfolge, die in § 25 SGB I weiter konkretisiert wird). Allerdings ist hier — im SGB I — die Rechtsfolge noch nicht anspruchsmäßig (bestimmt genug) konkretisiert, d. h. nach Leistungsart (vgl. § 11 SGB I) u n d U m f a n g bestimmt (§ 2 Abs. 1 Satz 2 SGB I). Auch § 6 SGB I kann daher noch gar keine Anspruchsgrundlage sein. Der Gesetzgeber hat sich grundsätzlich die Ausprägung von Anspruchs83 84

Näheres zur Anspruchsgrundlage in BochKomm, zu § 38 Rdnr. 14ff. Vgl. BochKomm, zu § 38 Rdnr. 20 ff.

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grundlagen bis in die letzte Einzelheit hinein vorbehalten (§§31 und 38 SGB I). Zu einer perfekten Anspruchsgrundlage gehört 85 die Klarstellung des Berechtigten (wer soll die Leistung unter den normierten Voraussetzungen erhalten?), des Verpflichteten (wer, welcher Leistungsträger und welche für ihn handelnde Behörde ist zuständig u n d m u ß leisten?) sowie die des Leistungsgegenstandes. Der § 38 SGB I begründet u. a. eine Rechtsvermutung dahin, daß der Gesetzgeber überall dort, wo Sozialleistungen vorgesehen sind, auch perfekte Anspruchsgrundlagen normiert hat oder normieren will. § 38 SGB I begründet selbst aber keine Ansprüche. Andererseits ergibt sich aus den §§ 38, 33 und 39 SGB I, daß der Gesetzgeber weiß, daß ihm dies nicht immer gelingen kann, und zwar schon deswegen nicht, weil man allein mit Hilfe abstrakter Normen nicht immer individuell passend und situationsgerecht zu handeln vermag. Deswegen bedient er sich auch der Verwaltungsfunktion und ermächtigt sie ggf. zur Ermessensausübung (§§ 38 und 39 SGB I) 86 . D a n n nimmt die Verwaltung, soweit sie ermächtigt ist, nach Maßgebe von § 39 SGB I anstelle des Gesetzgebers die Konkretion der Leistung vor 87 . Natürlich kann in solchen Fällen der Anspruch (im Ganzen) grundsätzlich erst d a n n in der Person des Leistungsberechtigten entstehen, wenn die Verwaltung die Leistung konkretisiert hat und diese Entscheidung dem Berechtigten bekanntgibt (§ 40 Abs. 2 SGB I). Auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens besteht ein (formaler) Anspruch (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I), um dem Leistungsberechtigten auch das zeitgerechte Tätigwerden der zuständigen Behörde und die Beachtung von § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I prozeßrechtlich (durch Anrufung des zuständigen Gerichts, vgl. §§113 Abs. 4 VwGO, 131 Abs. 3 SGG) zu gewährleisten 88 . Klar ist, daß die Rechtsprechungsfunktion zur (ersatzweisen) Ausübung des Ermessens nicht befugt ist u n d lediglich Ermessensfehler 8 9 , d. h. Rechtsfehler bei der verwaltungsmäßigen Rechtsanwendung feststellen und korrigieren darf (§§114 VwGO, 54 Abs. 2 S. 2 SGG). Auf die § § 3 - 1 0 SGB I werde ich bei der Darstellung der Sozialleistungsbereiche (unter II) zurückkommen, merke jedoch schon hier an, daß der Eingliederung Behinderter (§ 10 SGB I) — wie den Absätzen 2 der §§ 20 und 29 SGB I zu entnehmen ist — voraussichtlich kein Spezialbuch des SGB gewidmet sein wird. Diejenigen Träger, die bisher mit „Rehabilitation" (eine im SGB aufgegebene Bezeichnung) befaßt waren, sollen weiterhin die Eingliede-

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87 88 89

Vgl. BochKomm, zu § 38 Rdnr. 19. Grundlegend zum Verwaltungsermessen Erichsen / Martens, in: Erichsen / Martens, Allg. VwR, § 12 II 2. Näheres hierzu in BochKomm, zu § 33 Rdnr. 9 und 22 ff. sowie zu § 39 Rdnr. 11 ff. Vgl. meine Darlegungen in BochKomm, zu § 39 Rdnr. 38 ff. Hierzu Erichsen / Martens, in: Erichsen / Martens, Allg. VwR, § 12 II 2 und Wertenbruch, in: BochKomm, zu § 39 Rdnr. 28ff.

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rung Behinderter nach den normalen Grundsätzen ihres Leistungsbereiches betreiben 90 . b) Weitere der Einweisung in das Sozialrecht dienende Vorschriften: Der Gesetzgeber setzt im Zweiten Abschnitt (§§ 11 ff. SGB I) die Einweisung interessierter Leser in das geltende Sozialrecht fort und befaßt sich zunächst mit Leistungsarten (§11) und Leistungsträgern (§ 12). Beide Normen gehören — wie unter a) gesagt — (auch) zum Konzept der Anspruchsgrundlage, wobei § 11 den Leistungsgegenstand (Möglichkeiten seiner Art) 91 betrifft und § 12 diejenigen Verwaltungsträger, deren Organe (Behörden) und sonstigen Stellen fundamental anspricht und spezifisch benennt, welche Sozialleistungen zu erbringen haben 92 , also den Leistungsberechtigten gegenüber Schuldner der jeweiligen Leistung sein können. Allerdings müssen Schuldner — ebenso wie Leistungsberechtigte, mit denen sie in einer Verwaltungs-Rechtsbeziehung stehen — Rechtssubjekte sein, können also keine bloßen Behörden sein. Behörden handeln nur aufgrund von Zuständigkeiten, deren nähere Bestimmung sich auch noch nicht aus den Absätzen 2 der §§ 18 ff. SGB I, sondern — ebenso wie für Anspruchsgrundlagen insgesamt (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2) — erst aus den Spezialbüchern (SGB I I - I X ) ergeben kann. Die Leistungsträger haben nach §§ 13-15 SGB I auch Aufklärung, Beratung und Auskunft zu erbringen. Außclärung (§ 13) bedeutet die allgemeine und abstrakte Unterrichtung einer Vielzahl von Personen, die möglicherweise sozialrechtlich betroffen sind. Aufklärung durch Ansprechen einzelner Berechtigter oder Verpflichteter ist nur in Ausnahmefällen der geeignete Weg, etwa wenn der Kreis der in Betracht kommenden Personen bekannt und verhältnismäßig klein ist und die Aufklärung nur sachgerecht erfolgen kann, indem sie die individuellen Umstände und Bedürfnisse berücksichtigt 93 . Als Mittel der Aufklärung kommen Informationen durch Fernsehen und Rundfunk, Informationsschriften, Merkblätter, Plakate, Zeitungsartikel, Informationsveranstaltungen (Presseseminare, Vorträge, Tage der „offenen Tür"), Filme, Werbespots und dergleichen in Betracht. Unter „Beratung"(§ 14 SGB I) ist die individuelle Unterrichtung des einzelnen über die von ihm wahrzunehmenden Rechte und zu erfüllenden Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch zu verstehen. Im Gegensatz zur „Aufklärung" hat der einzelnen einen klagbaren Anspruch auf richtige und vollständige Beratung 94 . Die „Auskunfts"pflicht schließlich (§ 15 SGB I) erstreckt sich u. a. auf die 90

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Dazu Näheres bei Wertenbruch, in: Festschrift zum 25jährigen Bestehen des BSG, 1979, S. 325ff. und BochKomm, zu § 10 Rdnr. 1 ff.; sowie Henke, in: BochKomm, zu § 29 Rdnr. 1 ff. Näheres bei Rode, in: BochKomm, zu § 11 Rdnr. 1 ff. Näheres bei Wertenbruch, in: BochKomm, zu § 12 Rdnr. 1 ff. Vgl. Schnapp, in: BochKomm, zu § 13 Rdnr. 1 ff.; zum Inhalt der Aufklärungspflicht vgl. ferner auch K. Hauck/ H. Haines, Komm., § 13 Rdnr. 5; W. Schellhorn, BIStSozArbR 1975, S. 363 Rdnr. 1 ff. Näheres bei Schnapp, in: BochKomm, zu § 14 Rdnr. 1 ff.

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Benennung der für die Sozialleistungen zuständigen Leistungsträger sowie auf alle Sach- und Rechtsfragen, die für die Auskunftssuchenden von Bedeutung sein können und zu deren Beantwortung die Auskunftstelle imstande ist95. Auf die §§ 16 und 17 SGB I gehe ich hier nicht ein, weil sie zum Verfahrensrecht (unten III) gehören. Die Absätze 2 der §§ 18-29 SGB I werden beim jeweiligen Leistungsbereich (unter dem Stichwort: Organisation) mitbehandelt werden. Ihre Absätze 1, welche die § § 3 - 1 0 SGB I hinsichtlich der Leistungen schon etwas weiter ausfächern und stichworthaft an sie anschliessen, gehören in die Darstellung des materiellen Rechts der Leistungsbereiche hinein. Aus dem Kreis der Vorschriften des Dritten Abschnitts (§§ 30ff. SGB I) seien hier der persönliche Geltungsbereich des SGB (§ 30 SGB I), der Vorbehalt des Gesetzes (§ 31 SGB I) und einige weitere Normen von besonderer Bedeutung näher angesprochen: c) Geltungsbereich und Vorbehalt des Gesetzes: Nach § 30 Abs. 1 SGB I gilt das SGB grundsätzlich für alle Personen, die — ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit oder andere Umstände — ihren Wohnsitz oder (hilfsweise) ihren gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben 96 . Als Geltungsbereich des SGB wird das Territorium der Bundesrepublik Deutschland unter Einschluß des Landes Berlin (vgl. Art. II § 22 SGB I) anzunehmen sein 97 . Die Stichworte Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt werden in § 30 Abs. 3 SGB I näher umschrieben. Der in Absatz 1 normierte Grundsatz ist durch Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts sowie durch Sonderregelungen in den Spezialbüchern (SGB I I - I X ) vielfältig durchbrochen. Die Vorschrift des § 31 SGB I trägt den zunehmenden Erkenntnissen Rechnung, daß die Teilhabe an staatlichen Leistungen notwendige Voraussetzung für die Verwirklichung von Grundrechten ist98 und deshalb für Leistungsermächtigungen grundsätzlich keine anderen Maßstäbe gelten sollten als für Eingriffsermächtigungen, daß ferner nur noch der Gesetzgeber das Gesamt des Sozialrechts zu überblicken vermag und über die gewaltige Aufwendungslast für diesen Bereich entscheiden sollte. Bemerkenswert ist auch die in § 31 SGB I erfolgte Klarstellung, daß nach der Vorstellung des Gesetzgebers (sie fehlt in dieser Ausdrücklichkeit z. B. im Grundgesetz) zum Rechtsstatus aller am Rechtsleben Beteiligten nicht nur Rechte (und Ansprüche), sondern auch Pflichten gehören. Die in § 31 SGB I 95

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Einzelheiten im Tagungsbericht des Instituts für Sozialrecht, ZSR 1977, 441 ff.; Funk, SGb 1978, 45ff. und Schnapp, in: BochKomm, zu § 15 Rdnr. 1 ff. Da § 30 (auch) als Kollisionsnorm des Internationalen Verwaltungsrechts in Betracht kommt, vgl. dazu die Einführung von Hoffmann, in diesem Lehrbuch. Hierzu und zu anderen Einzelheiten vgl. Schnapp, in: BochKomm, zu § 3 0 Rdnr. 1 ff. BVerfGE 40, 237 (249).

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ausgenormten Erkenntnisse sollten auch in anderen Rechtsbereichen wieder Schule machen. Jedenfalls ist § 31 SGB I bei jeder Leistungsgewährung durch Verwaltung und / oder Rechtssprechung strikt zu befolgen". d) Handlungsfähigkeit: Im Sinne des Verwaltungsrechts sind gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 1 BVwVfG handlungsfähig, d. h. fähig zur wirksamen Vornahme von Verfahrenshandlungen 1 0 0 , alle natürlichen Personen, die geschäftsfähig sind. Wer nicht oder nicht voll geschäftsfähig ist, sagen f ü r das gesamte Rechtsleben die §§ 104ff. BGB. Für das Sozialrecht ersetzt § 11 SGB X den gleichlautenden § 12 BVwVfG. Zu § 11 SGB X findet sich schon in § 36 SGB I eine speziellere Vorschrift, nach deren Absatz 1 jeder 15jährige grundsätzlich Anträge auf Sozialleistungen stellen und verfolgen sowie Sozialleistungen entgegennehmen kann. Wer schon Pflichten im Sozialrecht haben kann (etwa auf Zahlung von Beiträgen), soll auch selbständig Rechte geltend machen können. Dieser Grundsatz kann jedoch vom gesetzlichen Vertreter des Jugendlichen durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Leistungsträger eingeschränkt werden (§ 36 Abs. 2 S. 1 SGB I). Damit dem gesetzlichen Vertreter ein Eingreifen möglich ist, soll der Leistungsträger ihn über eine Antragstellung des Minderjährigen unterrichten (§ 36 Abs. 1 S. 2 SGB I). Damit Nachteile des Minderjährigen (z. B. durch Fristablauf) vermieden werden, bedarf die Rücknahme von Anträgen, der Verzicht auf Sozialleistungen und die Entgegennahme von Darlehen immer der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters (§ 36 Abs. 2 S. 2 SGB I). Dieses hier — in materiellrechtliche Grundlehren — eingeblendete Beispiel zeigt nicht nur erneut die oftmals kaum auflösbare Verklammerung von materiellem u n d formellem Recht sowie das Abgestuftsein der ganzen positiven Rechtsordnung auf, sondern auch die Notwendigkeit, bei der Rechtsanwendung stets die ganze N o r m o r d n u n g (erst recht das SGB) nach der — in ihren Prämissen und Rechtsfolgen — fallnächsten N o r m zu durchforschen und sie (hier: für Jugendliche ab vollendetem 15. Lebensjahr) allein anzuwenden, weil der Gesetzgeber diese Abweichung vom Grundsatz unter den Voraussetzungen der Spezialnorm will. Mischt sich der gesetzliche Vertreter gemäß § 36 Abs. 2 SGB I ein, so sind wieder andere Normketten in den Blick zu nehmen, die sogar bis zum BGB zurückführen können 1 0 1 . e) Vorschüsse und vorläufige Leistungen: Die §§ 42 und 43 SGB I sind zwar auch dem Verfahrensrecht zuzurechnen, geben jedoch Anlaß, zum Leistungsanspruch nachzutragen, weil in § 42 Abs. 1 S. 1 SGB I von einem „Anspruch . . . dem G r u n d e nach" die Rede ist. Scheinbar entgegen dieser Abfassung ist zu betonen, daß jeder Anspruch materiellrechtlich ein unteilbares Ganzes ist. Entweder hat man ihn nach allen Voraussetzungen und gegenständlich in al99

100 101

Vgl. Wertenbruch, in: Fs. f. Schieckel, 1978, S. 357ff. und Schnapp, in: BochKomm, zu § 3 1 Rdnr. l f f . Etwa zur Stellung von Anträgen (hierzu schon § 16 SGB I). Näheres bei Gitter, in: BochKomm, zu § 36 Rdnr. 1 ff.

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len Einzelheiten (vgl. noch einmal §§ 2 Abs. 1 Satz 2, 38, 39 und 40 SGB I) 102 oder man hat materiell überhaupt nichts in Händen, es sei denn die Möglichkeit, nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I und entsprechenden Prozeßnormen 1 0 3 die Komplettierung des Anspruchs durch die zuständige Behörde gerichtlich zu erzwingen. So gibt es also auch im materiellen Sozialrecht keinen Leistungsanspruch (nur) dem G r u n d e nach. Dem widerspricht auch § 42 Abs. 1 SGB I nicht, sondern er setzt das Dogma der Unteilbarkeit des Anspruchs ebenfalls voraus und trägt — ebenso wie etwa im Prozeßrecht die §§ 304 Z P O und 111 VwGO — lediglich dem Umstand Rechnung, daß „zur Feststellung seiner Höhe (etwa bei einem Rentenanspruch) längere Zeit erforderlich" sein kann. In solchen Fällen kann die zuständige Behörde Vorschüsse zahlen. Sie m u ß es auf Antrag des Berechtigten (Satz 2). Falls kein Anspruch bestände, dürfte sie überhaupt nichts zahlen (§ 31 SGB I). Vorläufige Leistungen sind nach § 43 SGB I unter den dort normierten Voraussetzungen ggf. vom zuerst angegangenen Leistungsträger ohne Rücksicht auf seine Schuldnerrolle zu erbringen, und zwar auf der Grundlage der (im übrigen) für ihn geltenden Rechtsvorschriften. Mit dieser in § 43 Abs. 1 SGB I vorgesehenen Regelung sollen Nachteile ausgeglichen werden, die sich für den einzelnen aus der Vielzahl der in Betracht kommenden Leistungsträger (mit ganz verschiedenen „Zuständigkeiten"; vgl. schon Absätze 2 der §§ 18 ff. SGB I) u n d der gelegentlich rechtlich, auch tatbestandlich bedingten Schwierigkeit ergeben können, den Schuldner der Sozialleistung auf Anhieb eindeutig festzustellen. Ihm nicht zustehende Leistungen m u ß der Empfänger des Vorschusses oder der vorläufigen Leistung ggf. nach Maßgabe von § 42 Absätzen 2 und 3 SGB I erstatten; im Falle des § 43 SGB I natürlich nur dem zur Leistung verpflichteten Träger, der seinerseits der vorleistenden Stelle ihre Aufwendungen zu ersetzen hat. f ) Verzinsung und andere Sicherungsnormen: Weil Sozialleistungen, insbesondere Geldleistungen in aller Regel die Lebensgrundlage der Leistungsberechtigten bilden, hat sich der Gesetzgeber in vielfältiger Weise bemüht, sie faktisch und rechtlich abzusichern. Das beginnt bereits in § 32 SGB I mit dem Verbot nachteiliger (privatrechtlicher) Vereinbarungen 1 0 4 und setzt sich über die Regelungen der Verzinsung, Verjährung (§ 45 SGB I) und der Auszahlung von Geldleistungen (§§ 4 7 - 5 0 SGB I) sowie der Übertragung, Verpfändung und Pfändung von Sozialleistungen (§§ 5 3 - 5 5 SGB I) bis zu denen der Rechtsnachfolge (§§ 5 6 - 5 9 SGB I) fort. Allerdings vermag der anfänglich lebhaft begrüßte Grundsatz der Verzinsung von Geldleistung (§ 44 SGB I) 105 nichts mehr zu sichern oder auszugleichen, wenn eine schleichende Geldentwertung höher liegt als der auch in 102 103 104 105

Sowie meine Darlegungen zu diesen Normen im BochKomm. Vgl. dazu oben zu a) Fn. 88. Vgl. hierzu Gitter, in: BochKomm, zu § 32 Rdnr. 1 ff. Näheres hierzu bei Gitter, in: BochKomm, zu § 34 Rdnr. 1 ff.

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Abs. 1 verankerte („gesetzliche") Zinsfuß von 4%. Bei rechtswidrig und gar schuldhaft verzögerter Erfüllung von Sozialleistungen und nachweisbaren, größeren Schäden sollte daher auf die Regelungen des Staatshaftungsrechts zurückgegriffen werden, wobei dann allerdings — derzeit noch — ordentliche Gerichte mit Zusammenhängen des Sozialrechts befaßt werden müssen (Art. 34 GG). Ansprüche auf Dienst- und Sachleistungen können wegen ihrer Personenbezogenheit weder übertragen noch verpfändet oder gepfändet werden (Absätze 1 der §§ 53 und 54 SGB I)106. Sie erlöschen aus demselben Grunde auch beim Tode des Berechtigten. Laufende Geldleistungen unterliegen hingegen beim Tode des Berechtigten zugunsten von ihm unterhaltener Personen einer Sonderrechtsnachfolge (§§ 56 und 57 SGB I). Gegenüber dieser speziellen sozialrechtlichen Regelung treten die Erbfolgeregelungen des BGB zurück und sind nur subsidiär anwendbar (§ 58 SGB I)107. g) Mitwirkungspflichten: Wie bereits gesagt, spricht das SGB nicht nur von Rechten und Ansprüchen, sondern auch von Pflichten des Bürgers, so z. B. von Erstattungs- (§§ 42 Absätze 2 und 3, 43 Abs. 2 SGB I und § 50 SGB X) und Beitragspflichten (§§ 20 ff. SGB IV). Die in den §§ 60 ff. SGB I normierten Mitwirkungspflichten 108 knüpfen unmittelbar an Sozialleistungen, deren Beantragung oder Erhalt an und gewähren den Leistungsträgern gegenüber den Leistungsberechtigten keine einklagbaren Ansprüche, sondern lediglich Leistungsverweigerungsrechte (§ 66 SGB I). Im einzelnen kann der Antragsteller bzw. der Leistungsberechtigte verpflichtet sein zur Angabe rechtserheblicher Tatsachen (§ 66 Abs. 1 Nr. 1 SGB I), zur Mitteilung von rechtserheblichen Änderungen in den Verhältnissen (§ 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I), zur Vorlage von Beweismitteln (§ 60 Abs. 1 Nr. 3 SGB I), zum persönlichen Erscheinen (§ 61 SGB I), zur Duldung von Untersuchungen (§ 62 SGB I) oder von Heilbehandlungen (§ 63 SGB I) und zur Teilnahme an berufsfördernden Maßnahmen (§ 64 SGB I). Die Grenzen der Mitwirkung ergeben sich einerseits aus der gesetzlichen Fassung der Mitwirkungspflichten selbst. Zum anderen folgen sie aus § 65 Abs. 1 SGB I, der als Grenzen der Mitwirkungspflichten die Prinzipien der Verhältnismäßigkeit und der Zumutbarkeit festlegt. In bezug auf Behandlungen und Untersuchungen sind die Grenzen der Zumutbarkeit in § 65 Abs. 2 SGB I konkretisiert. Der Leistungsträger kann bei fehlender Mitwirkung die Leistung ganz oder teilweise versagen oder entziehen (§ 66 Abs. 1 und 2 SGB I)109, nachdem er den Leistungsberechtigten auf diese Folgen schriftlich hingewiesen hat und dieser seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist (§ 66 Abs. 3 SGB I). Um besonderen Um106 107 108 109

Hierzu Näheres bei Heinze, in: BochKomm, zu §§ 53, 54. Auch hierzu Näheres bei Heinze, in: BochKomm, zu §§ 56-59. Dazu Näheres bei Freitag, in: BochKomm, Erläuterungen zu §§ 6 0 - 6 7 . Nur Versagung oder Entziehung kommt in Betracht; vgl. Jülicher, SGb 1979, 445.

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ständen des Einzelfalles gerecht werden zu können, hat der Leistungsträger bei seiner Entscheidung über die Versagung oder Entziehung Ermessensspielraum (§ 66 Abs. 2 SGB I). Holt der Antragsteller oder Leistungsberechtigte seine Mitwirkungspflichten nach und liegen die Leistungsvoraussetzungen vor, kann der Leistungsträger Sozialleistungen, die er nach § 66 SGB I versagt oder entzogen hatte, nachträglich ganz oder teilweise erbringen (§ 67 SGB I). Natürlich gibt es noch weitere Pflichten von in Sozialrechtsbeziehungen stehenden Bürgern, die sich nicht nur — wie auf der Grundlage der §§ 60 ff. SGB I — aus Ermächtigungen und darauf aufruhenden Verwaltungsakten (ggf. mit Nebenbestimmungen, etwa Auflagen; vgl. §§ 31 und 32 SGB X) ergeben können, sondern auch aus Rechtsverordnungen und Satzungen. Sie müssen nur — ebenso wie Rechte — allesamt in einem „Gesetz" 1 1 0 vorgeschrieben oder zugelassen 111 sein (§31 SGB I). Dabei liegt eine wirksame „Zulassung" i. S. d. § 31 SGB I nur vor, wenn eine inhaltlich hinreichend bestimmte Ermächtigung zur Statuierung von Pflichten erteilt ist. h) Sozialrechtliche Rechtsbeziehungen: Unter Rechtsbeziehungen sind hier nur diejenigen Verwaltungsrechtsverhältnisse zu verstehen, die kraft Vertrages oder Gesetzes oder durch Verwaltungsakt begründet werden u n d in denen sich Leistungsträger (§ 12 SGB I) und Leistungen suchende Bürger, ggfs. auch Juristische Personen und „Dritte", nach den näheren Ausgestaltungen der Bücher I I - X des SGB gegenüberstehen. Das Verwaltungsrecht kennt eine unbestimmbare Vielzahl von „Sonderrechtsbeziehungen" 1 1 2 des öffentlichen Rechts, die sich nach formalen Gesichtspunkten gruppieren lassen" 3 . Auch die sozialrechtlichen Rechtsbeziehungen bilden nur eine — wenn auch jetzt kodifikatorisch und höchst „modern" geregelte - G r u p p e davon 1 1 4 . Es gibt — trotz Kodifizierung des Sozialrechts — kein einheitlich geregeltes (oder regelbares) „Sozialrechtsverhältnis" 1 1 5 . Das verhindern die Dynamik des Sozialrechts 116 und die in Spezialbüchern des SGB geregelten „So110

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116

Zur Frage, was unter „Gesetz" i. S. v. § 31 verstanden werden kann, vgl. Schnapp, in: BochKomm, zu § 31 Rdnr. 22ff. Die konzeptionelle Frage, wie weit „zuläßt" i. S. v. § 31 reicht, dürfte noch viele Jahre Kopfzerbrechen bereiten. Nachdem ein allgemeines (fundamentales) Rechtsverhältnis Staat/Bürger kaum noch gesehen wird und das Institut des (Otto Mayer) „besonderen Gewaltverhältnisses" auf fast einhellige Ablehnung gestoßen ist, besitzt auch der Ausdruck „Sonderrechtsbeziehung" keine Anschaulichkeit (Inhalt) mehr. Etwa nach den Überschriften der Beiträge zu diesem Lehrbuch. Dazu: W. Meyer, in: v. Münch, GG-Komm., Bd. II, 1976, Rdnr. 18ff. zu Art. 34. Vgl. das Thema der ersten Sozialrechtslehrertagung, Bd. XVIII der Schriftenreihe des Deutschen Sozialgerichtsverbandes, 1979, mit Referaten; ferner Krause, in: BIStSozArbR 1979, 145 ff. m. w. N. Dazu Wertenbruch, Sozialverf.-Sozialverw., S. 23ff. und in BochKomm, zu §1 Rdnr. 1 ff.

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zialleistungsbereiche" mit ihren (ganz verschiedenen Teil-) Zielsetzungen (vgl. dazu schon die § § 3 - 1 0 SGB I). Man hat sie zwar im SGB nach materiell-, organisations- und verfahrensrechtlichen Gesichtspunkten zu „harmonisieren" versucht, aber sie widerstrebten in zu Vielem der „Vereinheitlichung". Es gibt nicht einmal ein einigermaßen vereinheitlichtes „Sozialversicherungsverhältnis", wie die sehr lückenhaft gebliebenen „Grundsätze u n d Begriffsbestimmungen nach §§ 1 - 1 8 SGB IV verdeutlichen. Außerdem stehen auch Rechtsbeziehungen — ebenso wie z. B. Recht und Anspruch — nicht nur (horizontal) nebeneinander, sondern auch abgestuft (vertikal geordnet) zueinander. Es sind sehr abstrakte (z. B. die kraft Gesetzes entstehende Mitgliedschaft bei einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung) und ganz konkrete Rechtsbeziehungen (z. B. Erstattungsbeziehungen oder Rechtsbeziehungen zwischen Leistungsträgern und „Dritten", wie etwa Ärzten, Krankenhäusern oder Hebammen) denkbar. 2. Ausbildungsförderung (SGB II) a) Zielsetzung: Basisvorschrift für einen Anspruch auf Ausbildungsförderung (Afö) ist die Bestimmung des § 1 im BAföG, das nach Art. II § 1 Nr. 1 SGB I bereits in das SGB (später Buch II) integriert ist: Wem die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen, hat nach Maßgabe des BAföG Anspruch auf individuelle Förderung für eine seiner Neigung, Eignung und Leistung entsprechende Ausbildung. Entgegen der irreführenden Überschrift von § 3 SGB I sollte auch weiterhin unterschieden werden zwischen Bildung und Ausbildung. Bildung kann nur sehr beschränkt staatlich gefördert werden, weil jede Person sich letztlich nur selbst zu bilden, d. h. zur „Persönlichkeit" zu entwickeln versuchen kann. Dagegen wird man ausgebildet, und zwar u. a. an den in §§ 2 und 3 BAföG aufgeführten Ausbildungsstätten oder im Rahmen einer anderen Berufsausbildung oder Umschulung, die das SGB zur Arbeitsförderung zählt (§§ 3 Abs. 2 und 19 SGB I). Zum Versuch, sich zu bilden, können Leistungen nach dem SGB jedoch „beitragen", indem sie Individuen „zur Selbsthilfe" anregen (vgl. § 1 SGB I). Das BAföG bietet selbst ein gutes Beispiel für die in den §§ 2 Abs. 1 und 18 ff. SGB I angekündigte Ausfächerung von Leistungen und entsprechenden Ansprüchen sowie dafür, d a ß Anspruchsgrundlagen in der Regel nicht nur in einer einzigen N o r m zu stehen pflegen, sondern sich aus ganzen Normkomplexen ergeben können. b) Anspruchsvoraussetzungen: Entstehung und Innehabung eines Anspruchs auf (individuelle) Ausbildungsförderung sind an folgende Voraussetzungen geknüpft: (1) Der Antragsteller muß in Abweichung von § 30 SGB I entweder Deutscher sein oder als A u s l ä n d e r " 7 bestimmte Voraussetzungen erfüllen (§ 8 BAföG). 117

Zur Förderung der Angehörigen von EWG-Staaten vgl. EuGH FamRZ 1974, 477.

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Deutschen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben und dort eine Ausbildungsstätte besuchen, k a n n Afö geleistet werden, wenn die besonderen Umstände des Einzelfalles dies rechtfertigen (§ 6 BAföG) 118 . (2) Der Antragsteller darf bei Beginn des Ausbildungsabschnittes, für den er Afö beantragt, das 30. Lebensjahr nicht vollendet haben, es sei denn, daß die Art der Ausbildung oder die Lage des Einzelfalles die Überschreitung der Altersgrenze rechtfertigt (§ 10 Abs. 3 BAföG). (3) Der vom Antragsteller gewählte Ausbildungsgang m u ß nach §§ 2 und 3 BAföG förderungsfähig sein. (4) Die Leistungen des Antragstellers müssen erwarten lassen, daß er das angestrebte Ausbildungsziel erreicht, d. h. es m u ß „Eignung" des Antragstellers vorliegen. Dies wird im allgemeinen angenommen, solange der Auszubildende die Ausbildungsstätte besucht oder am Praktikum teilnimmt und bei dem Besuch einer Höheren Fachschule, Akademie oder Hochschule die jeweils verlangten Studienfortschritte erkennen läßt. Mit Beginn des 5. Fachsemesters an einer Höheren Fachschule, Akademie oder Hochschule sind Eignungsnachweise beizubringen. Schreiben Ausbildungs- und Prüfungsordungen Zwischenprüfungen vor dem 3. Semester vor, so ist die Förderung auch im 3. und 4. Semester von der Vorlage entsprechender Nachweise abhängig (§§ 9 und 48 BAföG). (5) Dem Auszubildenden dürfen die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel — im Gesetz „ B e d a r f genannt — nicht zur Verfügung stehen (§§ 1 und 11 Abs. 1 BAföG), was bei der (computermäßigen) Errechnung des Förderungsbetrages jeweils mit festgestellt wird. Insoweit gilt noch immer der Grundsatz familienabhängiger Förderung, wonach auf den Bedarf Einkommen und Vermögen des Auszubildenden selbst sowie seines Ehegatten und seiner Eltern anzurechnen sind (§ 11 Abs. 2 BAföG)" 9 . Familienunabhängig gefördert wird z. Zt. nur unter den Voraussetzungen des § 11 Absätze 2 a — 4 BAföG. c) Leistungen: Ausbildungsförderung wird — bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen — durch Zahlung eines monatlichen Förderungsbetrages, also durch laufende Geldleistungen für die Förderungsdauer (§ 15 BAföG) erbracht. Die Bedarfssätze sind nach unterschiedlichen Ausbildungsstätten und sonstigen Umständen (§§ 12ff. BAföG) differenziert und pauschaliert. Ob der Förderungsbetrag als (nicht zurückzuzahlender) Zuschuß und / oder als Darlehen und in welcher Höhe er vom zuständigen Förderungsamt zu zahlen ist, ergibt sich aus § 17 BAföG, dem Bedarf und dem nach §§ 21 ff. BAföG festzustellenden Betrag, den sich der Auszubildende auf den Zuschuß oder auf den als Darlehen zu zahlenden Teil des Bedarfs anrechnen lassen muß (§ 11 Abs. 2 BAföG). d) Finanzierung: Ausbildungsförderung wird auf der Grundlage von Art. 104 a Abs. 3 Satz 2 G G im Auftrage des Bundes (vgl. auch Art. 85 G G ) durchgeführt, weil von den Ausgaben, die bei der Ausführung des BAföG 118 119

Vgl. BVerwGE 59, 1 (2). Dazu BVerwG DÖV 1976, 492 ( = NJW 1976, 2279).

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entstehen, der Bund 65 v. H., die Länder 35 v. H. tragen (§ 56 Abs. 1 BAföG). Die nach §§ 18ff. BAföG 1 2 0 und DarlehensVO vom 9. Juli 1980121 zurückzuzahlenden Darlehen werden vom Bundesverwaltungsamt (Köln) eingezogen. Dieses führt 35 v. H. des in einem Kalenderjahr eingezogenen Darlehensbetrages in dem Verhältnis an die Länder ab, in dem die in den drei vorangegangenen Jahren an das Bundesverwaltungsamt gemeldeten Darlehensleistungen, der einzelnen Länder zueinanderstehen. Das jeweilige Land führt 65 v. H. der aufgrund der §§ 20 (Erstattung), 37, 38 u n d 47 a BAföG eingezogenen Beträge an den Bund ab. Untereinander gleichen die Länder keine Einnahmen oder Ausgaben aus (§ 56 Absätze 2 - 4 BAföG). Es ist klar, d a ß mit den zurückströmenden Beträgen neue u n d ständig wachsende Aufwendungen nicht finanziert werden können. e) Organisation: In den Ländern bestehen Ämter und Landesämter f ü r Ausbildungsförderung (§§ 18 Abs. 2 SGB I - 39 ff. BAföG). Die Ämter (Unter- bzw. Lokalstufe) werden von den Ländern für jeden Landkreis und jeden Stadtkreis errichtet (§ 30 BAföG). Örtlich zuständig ist grundsätzlich das Amt, in dessen Bezirk die Eltern wohnen bzw. der überlebende Elternteil seinen ständigen Wohnsitz hat. Das Amt, in dessen Bezirk der Auszubildende seinen ständigen Wohnsitz hat, ist zuständig (§ 45 Abs. 1 BAföG), wenn — der Auszubildende verheiratet ist oder war, — seine Eltern nicht mehr leben, — dem überlebenden Elternteil die elterliche Sorge nicht zusteht oder bei Erreichen der Volljährigkeit des Auszubildenden nicht zustand, — nicht beide Elternteile ihren ständigen Wohnsitz in dem Bezirk desselben Amtes für Ausbildungsförderung haben, — kein Elternteil einen Wohnsitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat, — der Auszubildende von seinem ständigen Wohnsitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes aus eine außerhalb dieses Geltungsbereichs gelegene Ausbildungsstätte besucht (§ 5 Abs. 1 BAföG), — der Auszubildende Ausbildungsförderung für die Teilnahme an Fernunterrichtslehrgängen erhält (§ 3 BAföG). Für an Hochschulen immatrikulierte Auszubildende errichten die Länder Ämter f ü r Afö bei staatlichen Hochschulen oder bei Studentenwerken (§ 40 Abs. 2 S. 1 BAföG). Die Länder können bestimmen, d a ß das an einer staatlichen Hochschule errichtete Amt für Afö auch für solche Auszubildende zuständig ist, die an einer anderen Hochschule immatrikuliert sind (§ 45 Abs. 3 S. 2 BAföG). Die Anträge auf Ausbildungsförderung werden büromäßig und durch Berufsbedienstete bearbeitet u n d entschieden. Förderungsau-s'-ic/itme gibt es nur noch bei Hochschulen (§ 42 BAföG). Sie wirken bei den in § 43 BAföG auf120

121

Zur Rückzahlungspflicht nach § 20 BAföG bei Fernbleiben von Vorlesungen vgl. BVerwG FamRZ 1975, 113 und BVerwGE 55, 288. BGBl. 1,897.

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geführten Entscheidungen auf Anforderung durch die Abgabe gutachtlicher Stellungnahmen mit. f ) Weitere Förderungsmöglichkeiten: Das BAföG beinhaltet keine abschließende Regelung der Afö. Weitere Möglichkeiten individueller Afö können sich aus dem BVG, den Gesetzen, die das BVG für anwendbar erklären, dem LAG, dem BEG, dem HHG, dem Heimkehrergesetz sowie dem GFG 122 ergeben (§ 65 Abs. 1 BAföG). Die Vorschriften dieser Gesetze haben Vorrang vor dem BAföG (§ 65 Abs. 2 BAföG). Ausbildungshilfe nach dem BSHG wird nicht gewährt, wenn die Ausbildung im Rahmen des BAföG oder des AFG dem Grunde nach förderungsfähig ist (§ 31 Abs. 4 BSHG). Dagegen kommt Hilfe zum Lebensunterhalt in Betracht (§§ 11 ff. BSHG), wenn ein Auszubildender unmittelbar vor dem Examen steht, Afö nicht mehr bezieht und ohne Unterstützung durch das Sozialamt Ausbildung und Studium aufgeben müßte123. 3. Arbeitsförderung (SGB III) a) Zielsetzung: Mit einer nur mäßig funktionierenden Wirtschaft und einer hohen Arbeitslosenquote sind wirtschaftliche Nachteile und Einbußen für die gesamte Entwicklung verbunden. Es gilt daher, durch geeignete wirtschaftspolitische und die notwendigen sozialpolitischen Maßnahmen ihre Ursachen zu beseitigen, die Wiedereingliederung arbeitsloser Arbeitnehmer in den Wirtschaftsprozeß zu ermöglichen und die finanziellen Auswirkungen einer Arbeitslosigkeit auf den einzelnen Arbeitnehmer und seine Familie so gering wie möglich zu halten 124 . Demgemäß heißt es in § 1 AFG, der die Grundsätze dieses ebenfalls bereits in das SGB integrierten 125 Gesetzes (demnächst: SGB III) zusammenfaßt: „Die Maßnahmen nach diesem Gesetz sind im Rahmen der Sozial- und Wirtschaftspolitik der Bundesregierung darauf auszurichten, daß ein hoher Beschäftigungsstand erzielt und aufrechterhalten, die Beschäftigungsstruktur ständig verbessert und damit das Wachstum der Wirtschaft gefördert wird". Durch diese Fassung und die in §§ 2 und 3 AFG enthaltenen Kataloge der Ziele der einzelnen Maßnahmen und der Aufgaben der Bundesanstalt für Arbeit (BA), die — ebenso wie § 19 Abs. 1 SGB I — keine Arbeitslosenversicherung, sondern ein „Arbeitslosengeld" vorsehen, leidet der Gedanke daran, daß die BA noch „sozialer Versicherungsträger" i.S.v. Art. 87 Abs. 2 GG sein 122

123

124 125

Das Gesetz über die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses an den Hochschulen v. 2. 9. 1971 - BGBl. I, S. 1465 - i. d. F. vom 22. 1. 1976 (BGBl. I, S. 207) ist nicht zum Sozialrecht zu zählen. Es gewährt auch keinen Anspruch auf Bewilligung eines Stipendiums; vgl. § 4 Abs. 1 G F G und OVG Münster FamRZ 1976, 124. Zum Verhältnis zu anderen Förderungsmöglichkeiten vgl. auch Henke, Grundzüge, S. 44 f. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.), Übersicht, S. 245. Vgl. Art. II § 1 Nr. 2 SGB I.

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könnte, zumal die sog. „Arbeitslosenversicherung" 126 nicht zum Leistungsbereich der Sozialversicherung gehört (vgl. § 1 Abs. 2 SGB IV). b) Leistungen: Nach dem Recht der Arbeitsförderung können in Anspruch genommen werden (§ 19 Abs. 1 SGB I) 127 : aa) Berufsberatung und Vermittlung in berufliche Ausbildungsstellen: Sowohl Jugendliche wie Erwachsene haben gegen die Bundesanstalt für Arbeit (BA) einen Anspruch auf Beratung und Auskunft (§§ 25 ff. AFG) sowie auf Vermittlung einer Ausbildungsstelle (§ 29 AFG). Sie müssen allerdings dem zuständigen ArbA die zur Beurteilung ihrer beruflichen Eignung, Neigung und ihrer sonstigen persönlichen Verhältnisse erforderlichen Tatsachen angeben (§§ 27, 29 AFG, §§ 60ff. SGB I). Das ArbA hat dabei Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes und der Berufe angemessen zu berücksichtigen (§ 26 Abs. 1 S. 2 AFG). Da die Berufsberatung und die Vermittlung in berufliche Ausbildungsstellen von den faktischen Möglichkeiten der BA und der ArbÄ abhängen, handelt es sich um rechtlich relativ schwach ausgestaltete Ansprüche. Sie sind ihrem Wesen nach auf Erbringung einer Dienstleistung gerichtet (§ 11 SGB I). bb) Arbeitsberatung und Arbeitsvermittlung: Auf Erbringung einer Dienstleistung gerichtet sind auch die Ansprüche auf Arbeitsberatung und Arbeitsvermittlung (§§ 13 ff. AFG). Der Anspruch auf Arbeitsberatung, der von der Arbeitsvermittlung unabhängig ist, steht sowohl Arbeitnehmern wie Arbeitgebern zu. Er erstreckt sich auf die Unterrichtung über die Lage auf dem Arbeitsmarkt, die Entwicklung in den Berufen, die Notwendigkeit und die Möglichkeit der beruflichen Bildung und deren Förderung sowie die Förderung der Arbeitsaufnahme und die Beratung in Fragen der Wahl oder Besetzung von Arbeitsplätzen. Bei Arbeitnehmern ist die Berufsberatung auf ihre Kenntnisse und Fähigkeiten, bei Arbeitgebern auf ihre betrieblichen Belange abzustellen (§ 15 AFG). Der Anspruch auf Arbeitsvermittlung steht Arbeitsuchenden zu. Er ist auf das Zusammenführen des Arbeitsuchenden mit Arbeitgebern zum Zweck der Begründung eines Arbeitsverhältnisses gerichtet (§ 13 Abs. 1 AFG) 128 . Wie die auf Berufsberatung und Vermittlung in berufliche Ausbildungsstellen, räumen auch die Ansprüche auf Arbeitsberatung und Arbeitsvermittlung dem Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer bzw. dem Arbeitsuchenden eine rechtlich verhältnismäßig schwache Position ein. Die Ansprüche reichen nicht weiter als die faktischen Möglichkeiten der Arbeitsverwaltung. cc) Zuschüsse und Darlehen: Stärker sind die auf Geldleistung gerichteten Ansprüche, nämlich auf Zuschüsse und Darlehen (§ 19 Abs. 1 Nr. 3 SGB I): 126

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128

Ob sie überhaupt noch material Versicherung ist, kann ebenfalls bezweifelt werden. Dazu kritisch Wertenbruch, in: Festschrift f. Wannagat, 1981, S. 687ff. Literaturnachweise zum folgenden bei Thieme, Festschrift BSG, S. 361 ff. und Rode, in: BochKomm, zu § 19 Rdnr. 1 ff. Zur Arbeitsvermittlung vgl. BSG, M D R 1974, 522, und OLG Hamburg, BB 1975, S. 1255; letztere Entscheidung auch zum Vermittlungs-Monopol der BA.

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( l ) z u r Förderung der beruflichen Ausbildung, Fortbildung und Umschulung (§§ 33 ff. AFG): Hier geht es um individuelle Förderung der beruflichen Bildung, die den entsprechenden Sozialleistungen anderer Leistungsträger im Range nachgeht (§ 37 AFG), der Sozialhilfe jedoch im Range vorgeht (§ 2 Abs. 1 BSHG). Leistungen zur individuellen Förderung der beruflichen Bildung dürfen nur gewährt werden, wenn (a) der Antragsteller beabsichtigt, eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung im Geltungsbereich des Gesetzes aufzunehmen oder fortzusetzen, (b) der Antragsteller für die angestrebte berufliche Tätigkeit geeignet ist und voraussichtlich mit Erfolg an der Maßnahme teilnehmen wird und (c) die Teilnahme an der Maßnahme im Hinblick auf die Ziele des § 2 AFG und unter Berücksichtigung von Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes zweckmäßig ist. Eine berufliche Umschulung aus einem Beruf, in dem ein Mangel an Arbeitskräften besteht, ist nur zu fördern, wenn schwerwiegende persönliche Gründe eine berufliche Umschulung erfordern (§ 36 AFG). Näheres über Voraussetzungen, Art und Umfang der Förderung der beruflichen Bildung 129 ergibt sich aus entsprechenden Anordnungen der BA (§ 39 AFG). Hiervon zu unterscheiden ist die institutionelle Förderung der beruflichen Bildung (§§ 50 ff. AFG). Danach kann die BA Darlehen und Zuschüsse für den Aufbau, die Erweiterung und Ausstattung von Einrichtungen einschließlich überbetrieblicher Lehrwerkstätten gewähren, die der beruflichen Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung dienen. In besonders begründeten Ausnahmefällen kann sich die Förderung auch auf die Unterhaltung der Einrichtung erstrecken. (2) zur Förderung der Arbeitsaufnahme (§§ 53ff. AFG): Die BA kann zur Förderung der Arbeitsaufnahme gemäß dem Katalog des § 53 AFG an Arbeitsuchende Zuschüsse oder zinslose Darlehen gewähren. Zur beruflichen Eingliederung von Arbeitsuchenden, deren Unterbringung unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes erschwert ist, kann sie Darlehen und Zuschüsse auch an Arbeitgeber gewähren (§ 54 AFG). Auf pflichtgemäße Ermessensausübung besteht ein Anspruch (§ 39 SGB I). (3) zur Förderung der beruflichen Eingliederung Behinderter (§§ 56 ff. AFG) 130 . Körperlich, geistig oder seelisch Behinderte 131 haben einen Anspruch auf bestimmte berufsfördernde und ergänzende Leistungen zur Eingliederung. (4) zur Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft (§§ 74ff. AFG): Anspruchsberechtigt sind Arbeitgeber des Baugewerbes, in deren Betrieben die ganzjährige Beschäftigung zu fördern ist, sowie Arbeitnehmer, die in solchen Betrieben beschäftigt sind (§ 76 AFG). (5) zur Förderung von Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung 129

130

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Die Tätigkeit der Hausfrau stellt einen Beruf in diesem Sinne dar; vgl. BSGE 38, 109(112). In der Überschrift zu diesen Normen spricht der Gesetzgeber (ebenso wie bei anderen Normen in anderen Gesetzen, etwa der RVO) noch von „Rehabilitation", obwohl zu und in §§ 10 und 29 SGB I „Eingliederung Behinderter" genannt. Zur Bezeichnung vgl. Wertenbruch, in: BochKomm, zu § 40 und Henke, a. a. O., zu § 21 m. w. N.

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(§§91 ff. AFG): Die BA kann Arbeiten, die im öffentlichen Interesse liegen und die sonst nicht, nicht in demselben Umfang oder erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt würden, durch Zuschüsse und Darlehen fördern (§ 91 AFG). Die Empfänger der Förderungsmaßnahmen können sowohl juristische Personen des öffentlichen Rechts wie Unternehmen oder Einrichtungen des privaten Rechts sein (§ 92 AFG). Allerdings wird die Förderung nur für solche Arbeitnehmer gewährt, die vom ArbA zugewiesen sind (§ 93 Abs. 1 S. 1 AFG). dd) Kurzarbeitergeld und Schlechtwettergeld: Anspruch auf Kurzarbeitergeld (§§ 63 ff. AFG) hat, wer nach Beginn eines Arbeitsausfalls in einem Betrieb, in dem nach § 64 AFG Kurzarbeitergeld gewährt wird, eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung (§ 168 Abs. 1 AFG) ungekündigt fortsetzt oder aus zwingenden Gründen aufnimmt und infolge des Arbeitsausfalls ein vermindertes Arbeitsentgelt oder kein Arbeitsentgelt bezieht (§ 65 Abs. 1 AFG). Anspruch auf Schlechtwettergeld (§§ 83 ff. AFG) hat, wer bei Beginn eines Arbeitsausfalles auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz als Arbeiter in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung (§ 168 Abs. 1 AFG) steht und infolge des Arbeitsausfalles für die Ausfallstunden kein Arbeitsentgelt bezieht (§ 85 Abs. 1 AFG). ee) Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe: Das AFG gibt deutlich den Willen des Gesetzgebers zu erkennen, daß Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe allen anderen im AFG vorgesehenen Maßnahmen im Rang nachgehen sollen (§§ 1 ff. AFG). Auch der Anspruch auf Arbeitslosengeld ergibt sich wiederum aus einem ganzen Normenkomplex (§§ lOOff. AFG). Ihn hat (vgl. § 40 SGB I), wer arbeitslos ist, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, die Anwartschaft erfüllt, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und Arbeitslosengeld beantragt hat (§ 100 Abs. 1 AFG). „Arbeitslos" ist ein Arbeitnehmer, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht oder nur eine geringfügige Beschäftigung ausübt. Das können auch im Rahmen betrieblicher Berufsausbildung Beschäftigte und Heimarbeiter sein (§101 Abs. 2 AFG), nicht dagegen Selbständige. „Der Arbeitsvermittlung steht zur Verfügung", wer eine Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben kann und darf und bereit ist, jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen, die er ausüben kann und darf, sowie das Arbeitsamt täglich aufsuchen kann und für das Arbeitsamt erreichbar ist (§ 103 Abs. 1 S. 1 AFG) 132 . Die „Anwartschaftszeit" hat erfüllt, wer in der Rahmenfrist von 3 Jahren vor dem Tag der Arbeitslosmeldung 180 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung nach § 168 A F G gestanden hat (§ 104 AFG). Die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld richtet sich nach der Dauer der versicherungspflichtigen Beschäftigung des Arbeitslosen vor der Arbeits132

Zur Verfügbarkeit: BSG NJW 1978, 726.

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losmeldung. Sie beträgt bei Mindesterfüllung der Anwartschaft 78 Tage, im Höchstfall 312 Tage (§ 106 Abs. 1 AFG). Das Arbeitslosengeld beträgt 68% des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts (§§111 ff. AFG) 1 3 3 . Durch die Gewährung von Arbeitslosengeld darf nicht in Arbeitskämpfe eingegriffen werden (§ 116 Abs. 1 AFG) 1 3 4 . Ist der Arbeitnehmer durch Beteiligung an einem Arbeitskampf arbeitslos geworden, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zur Beendigung des Arbeitskampfes (§116 Abs. 2 AFG). Ist der Arbeitnehmer durch einen inländischen Arbeitskampf, an dem er nicht beteiligt ist, arbeitslos geworden, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zur Beendigung des Arbeitskampfes, wenn der Arbeitskampf auf eine Änderung der Arbeitsbedingungen in dem Betrieb abzielt, in dem der Arbeitnehmer zuletzt beschäftigt war, oder wenn die Gewährung des Arbeitslosengeldes den Arbeitskampf beeinflussen würde. Die BA kann Näheres durch Anordnung bestimmen (§116 Abs. 3 AFG) 1 3 5 . Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht ferner unter den Voraussetzungen der §§ 117-119 und kann gemäß § 120 A F G (Meldeversäumnis) auch versagt werden. Während des Bezugs von Arbeitslosengeld ist der Arbeitslose kranken- und unfallversichert (§§ 155 ff., 165 AFG). Letzteres gewinnt bei Wegeunfällen Bedeutung, die sich im Zusammenhang mit der Meldepflicht des Arbeitslosen ereignen (§ 539 Abs. 1 Nr. 4 RVO). Die Beiträge zur Krankenversicherung werden von der BA getragen (§ 157 AFG). Im Falle krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit wird bis zu sechs Wochen das Arbeitslosengeld vom Arbeitsamt fortgezahlt. Träger der Unfallversicherung der Arbeitslosen ist die BA selbst (§ 654 Abs. 1 RVO). Ihre Aufgaben nimmt im Rahmen des § 766 Abs. 1 RVO die Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung wahr. Die BA erstattet dem Bund (Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung) die Aufwendungen f ü r diese Unfallversicherung (§ 771 Abs. 2 RVO). Anspruch auf Arbeitslosenhilfe hat, wer arbeitslos ist, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, sich beim ArbA arbeitslos gemeldet und Arbeitslosenhilfe beantragt hat, keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, weil er die Anwartschaft nicht erfüllt, bedürftig ist und eine Voraussetzung nach Nr. 4 von § 134 Abs. 1 A F G erfüllt. „Bedürftig" ist ein Arbeitsloser, soweit er seinen Lebensunterhalt und den seines Ehegatten und seiner Kinder nicht auf andere Weise als durch Arbeitslosenhilfe bestreitet oder bestreiten kann und das Einkommen, welches nach § 138 A F G zu berücksichtigen ist, die Arbeitslosenhilfe nach § 136 A F G nicht erreicht (§ 137 Abs. 1 AFG). Da Selbständige keinen Anspruch auf Arbeitslo133

134

135

Vgl. zur Höhe des Geldanspruchs auch die aufgrund § 111 Abs. 2 AFG erlassene AFG-LeistungsVO 1981 vom 16. Dez. 1980 - BGBl. I, S. 2263 - . Überstunden sind nicht zu berücksichtigen: BVerfGE 51, 115. BSG NJW 1976, 689 = SGb 1976, 367 mit Anm. H. Bogs, S. 349ff.; Jülicher, Betr. 1973, 720ff. und 770ff. Vgl. hierzu Wertenbruch /Meyer, SGb 1973, 297ff. (304ff.).

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sengeld haben, können auch bedürftige Selbständige keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe haben. Die Arbeitslosenhilfe beträgt 58% des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts (§ 136 Abs. 1 AFG) 136 . f f ) Konkursausfallgeld: Anspruch auf Konkursausfallgeld hat ein Arbeitnehmer, der bei Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen seines Arbeitgebers für die letzten drei Monate vor Eröffnung des Konkursverfahrens noch Anspruch auf Arbeitsentgelt hat (§ 141 b Abs. 1 AFG). Die Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse sowie die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit stehen der Eröffnung des Konkursverfahrens gleich. In letzterem Fall ist allerdings weitere Voraussetzung für eine Gleichstellung, daß ein Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Konkursverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt (§ 141 b Abs. 3 AFG). Dagegen reicht die Eröffnung eines Vergleichsverfahrens für einen Anspruch auf Konkursausfallgeld nicht aus. Hier kommt es allenfalls zu vorübergehenden Zahlungsverzögerungen. Zu den durch die Konkursausfallversicherung gedeckten Ansprüchen auf Arbeitsentgelt gehören alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, die Masseschulden nach § 59 Abs. 1 Nr. 3 a KO sein können (§ 141 b Abs.2 AFG). Einbezogen sind auch die Bezüge aus einem Berufsbildungsverhältnis sowie aus einem Heimarbeitsverhältnis. Dritte können einen Anspruch auf Konkursausfallgeld haben, soweit ihnen vor Stellung des Antrags auf Konkursausfallgeld Ansprüche auf Arbeitsentgelt übertragen oder soweit sie zu ihren Gunsten gepfändet oder verpfändet worden sind. Einen Anspruch auf Vorschuß haben sie allerdings nur dann, wenn die Übertragung, Pfändung oder Verpfändung wegen einer gesetzlichen Unterhaltspflicht erfolgt ist (§ 141 k AFG). Das Konkursausfallgeld wird nur auf Antrag gewährt (§ 141 e Abs. 1 S. 1 AFG). Damit es dem ArbA möglich ist, den Gesamtumfang der Ansprüche zügig festzustellen und die auf die BA nach § 141 m AFG übergegangenen Ansprüche auf Arbeitsentgelt beim Konkursverwalter anzumelden, ist der Antrag innerhalb einer Ausschlußfrist von zwei Monaten nach Eröffnung des Konkursverfahrens bei dem nach Abs. 2 zuständigen ArbA zu stellen (§ 141 e Abs. 1 AFG). Damit die Abwicklung der Ansprüche auf Konkursausfallgeld möglichst zügig durchgeführt wird, sind der Arbeitgeber, die Arbeitnehmer sowie Personen, die Einblick in die Arbeitsentgeltunterlagen hatten, zur Auskunft und Mithilfe bei der Ermittlung der für die Feststellung der Leistungen maßgebenden Tatsachen verpflichtet (§§ 141 g, 141 h AFG). In seiner Höhe entspricht das Konkursausfallgeld dem Nettoarbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer für die letzten drei Monate vor Eröffnung des Konkursverfahrens zu beanspruchen hatte (§ 141 d AFG). 136

Vgl. dazu auch die unter F N 133 zitierte LeistungsVO.

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Auf Antrag des Arbeitnehmers hat das ArbA nach Maßgabe von §§ 141 f. AFG einen angemessenen Vorschuß auf das Konkursausfallgeld zu zahlen. Damit den Arbeitnehmern und den Leistungsträgern, deren Mittel aus Beiträgen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber aufgebracht werden, keine Nachteile entstehen, ordnet § 141 n AFG an, daß die noch nicht zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichteten Beiträge sowie die Beiträge zur BA, die auf Arbeitsentgelte für die letzten drei Monate vor Eröffnung des Konkursverfahrens entfallen, auf Antrag der zuständigen Einzugsstelle vom ArbA zu entrichten sind. Außer Betracht bleiben die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung. Um die Konkursausfallversicherung vor mißbräuchlichen Rechtshandlungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu schützen, ist bestimmt, daß Ansprüche auf Arbeitsentgelt dann keinen Anspruch auf Konkursausfallgeld begründen, wenn der Arbeitnehmer sie durch eine Rechtshandlung erworben hat, die nach den Vorschriften der KO angefochten worden ist. Das gleiche gilt, wenn der Konkursverwalter von seinem Recht Gebrauch macht, die Leistungen zu verweigern (§ 141 c S. 1 AFG). c) Finanzierung: Die Mittel für die Erfüllung der Aufgaben der BA werden, soweit nicht Umlagen erhoben werden, durch Beiträge aufgebracht, die von den beitragspflichtigen Arbeitnehmern und Arbeitgebern getragen werden (§§ 167 ff. AFG). Ausnahmen gelten für solche Versicherten, deren regelmäßiges Entgelt monatlich ein Zehntel der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze nicht übersteigt oder die ein freiwilliges soziales Jahr ableisten; hier trägt der Arbeitgeber die Beiträge allein (§171 AFG). Die Beiträge der Teilnehmer an einer berufsfördernden Maßnahme zur Eingliederung Behinderter trägt der Eingliederungsträger (§171 Abs. 1 a AFG). Die Beiträge der Wehr- und Ersatzdienstleistenden trägt der Bund (§171 Abs. 2 AFG). Die Beiträge der Arbeitnehmer und Arbeitgeber betragen je 1,5 v. H. der Beitragsbemessungsgrundlage (§ 174 Abs. 1 AFG). Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung nach Maßgabe der Finanzlage der BA sowie unter Berücksichtigung der Beschäftigungs- und Wirtschaftslage sowie ihrer voraussichtlichen Entwicklung bestimmen, daß die Beiträge zeitweise nach einem niedrigeren Beitragssatz erhoben werden (§ 174 Abs. 2 AFG). Die Beitragsbemessungsgrundlage für die Arbeitnehmer entspricht der tatsächlichen oder fiktiven Grundlage für die Bemessung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung 137 . Für den Arbeitgeber ist als Bemessungsgrundlage die Gesamtheit der Beitragsbemessungsgrundlagen der von ihm beschäftigten beitragspflichtigen Arbeitnehmer maßgebend (§ 175 AFG). Im Regelfall werden auch diese Beiträge von den Krankenkassen zusammen mit den Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung eingezogen (§§ 176 AFG, 1399 RVO oder auch § 121 AVG).

137

Siehe unten II. 4. d) cc).

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Soweit die genannten Einnahmequellen den Gesamtaufwand der BA nicht zu decken vermögen, hat der Bund Zuschüsse zu leisten (vgl. Art. 120 Abs. 1 S. 4 GG). d) Organisation: Für die Erbringung der im A F G vorgesehenen Leistungen sind die Arbeitsämter und die sonstigen Dienststellen der BA zuständig (§ 19 Abs. 2 SGB I). Die BA selbst wird vom Gesetzgeber als „rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts" bezeichnet (§ 189 Abs. 1 AFG). Gleichwohl ist sie im juristischen Sinne eine Anstalt. Hier stimmt also — entgegen der gesetzlichen Bezeichnung — der N a m e („Bundesanstalt") ausnahmsweise mit dem Rechtsstatus überein. Das A F G spricht auch — mit Bezug auf die „beit r a g s p f l i c h t i g e n Personen (§§ 167ff. A F G ) — nicht von „Mitgliedern", sondern verwendet diese Bezeichnung nur für die den Kollegialorganen der BA angehörenden Personen (§§ 192 ff. AFG). Ohnehin besitzen die meisten der der BA zugefallenen Aufgaben (§§ 1 - 3 A F G ) keinen direkten Bezug mehr zu einer körperschaftlichen Solidar-(Selbst-)Hilfe der sie finanzierenden Personen 138 . Auch deswegen kann man die „Beiträge" der von der BA mittelbar oder unmittelbar begünstigten Personen nicht mehr als Verbandslasten 1 3 9 und die BA nicht als Körperschaft ansehen. Die BA wird vielmehr im Bedarfsfalle „benutzt", wobei Gebühren nicht erhoben werden. Neben den Aufgaben nach dem A F G sind der BA weitere Aufgaben übertragen worden. So ist sie Träger der „Kindergeldkasse" (§ 15 Abs. 2 BKGG). Weiter führt sie das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz durch. Schließlich obliegt ihr z. T. die Durchführung des Schwerbehindertengesetzes (vgl. §§ 20 Abs. 2 und 29 Abs. 2 SGB I). 4. Sozialversicherung (SGB IV) Die Sozialversicherung stellte früher für viele Autoren „die Hauptsäule im System der sozialen Sicherung dar" 1 4 0 und sie ist es nach von ihr erfaßtem Personenkreis und gewaltigem Finanzaufwand auch wohl heute noch. Andererseits ist sie nur ein Leistungsbereich unter insgesamt acht Bereichen (SGB I I - I X ) und im SGB nicht (mehr) der zuerst genannte (vgl. § 4 SGB I u n d SGB IV). Sie ist ferner in Gefahr, durch kodifikatorische „Vereinheitlichungen" ihre Eigenarten zu verlieren. Deshalb ist die Spezialität, des SGB IV gegenüber den beiden allgemeinen Teilen (SGB I und X) besonders zu betonen 141 . 138

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141

Vgl. Wertenbruch, Sozialverf.-Sozialverw. S. 43 f. und in Festschrift f. Wannagat 1981, m. w.N. Zu den Grundbegriffen „Beitrag", „Gebühr", „Verbandslast" vgl. Wolff / Bachof, VwR I, § 42 II a. So noch Gitter, in: BochKomm, zu § 9 Rdnr. 1. Ich habe schon Einwände gegen die Stichworte „System" und „soziale Sicherung". Vgl. meine Darlegungen in BochKomm, zu § 1 Rdnr. l f f . und 18. Dazu oben 1.2.

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a) Gemeinsame Vorschriften (SGB IV 1): Dem Kodifikationsprinzip folgend, jeweils das Allgemeine „vor die Klammer" zu ziehen, um auf diese Weise zu vereinfachen und separat gewachsene Versicherungszweige, wo möglich und sachlich zulässig, zu vereinheitlichen, wurden mit dem Ersten Kapitel des Vierten Buches des SGB (Sozialversicherung — Gemeinsame Vorschriften) 142 alle für die Sozialversicherung wichtigen gemeinsamen, in innerem Zusammenhang stehenden Regelungen zusammengefaßt. Die Angleichung in Sprache und Inhalt und damit die Ausräumung bisher gegebener, nicht sachgerechter Divergenzen und Widersprüche zwischen den einzelnen Versicherungszweigen (§ 1 SGB IV) und das Auffüllen vorhandener Lücken wurden damit vorangetrieben. Allerdings mußte schon darauf hingewiesen werden, daß gerade die §§ 1 - 1 8 SGB IV auch verdeutlichen, daß vieles sich wegen der Verschiedenheit der hinter den in § 1 Abs. 1 SGB IV aufgeführten Versicherungszweigen (Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung) stehenden Teil-Zielsetzungen gar nicht harmonisieren läßt und daher zu recht in Spezialregelungen (dem Ersten Kapitel demnächst nachfolgenden Kapiteln des SGB IV) verankert bleibt. Das SGB IV ist augenscheinlich noch unfertig. Es besteht z. Zt. (formal) nur aus dem Ersten Kapitel (SGB IV 1; Art. I mit seinen §§ 1 - 9 6 und Art. II mit Übergangsvorschriften). Allerdings ist auch hier daran zu erinnern, daß alle einschlägigen Gesetze (RVO, AVG, R K G usw.) bereits durch Art. II § 1 Nr. 4, 5, 6 usw. SGB I in das SGB integriert und daher im Zusammenhang mit dem SGB IV zu behandeln sind. Das Erste Kapitel des SGB IV besteht aus fünf Abschnitten mit Untertiteln und folgenden Überschriften: I. Grundsätze und Begriffsbestimmungen (§§ 1-18); II. Leistungen und Beiträge (§§ 19-28); III. Träger der Sozialversicherung (§§ 29-90); IV. Versicherungsbehörden (§§91-94) und V. Bußgeldvorschriften (§§ 95 und 96). Im Ersten und Zweiten Teil des I. Abschnitts werden neben dem sachlichen (§ 1 SGB I), persönlichen und räumlichen Geltungsbereich (§§ 3 - 6 SGB IV) und dem versicherten Personenkreis (§ 2 SGB I) einige Grundfragen und Grundbegriffe (wie Beschäftigung, Arbeitsentgelt, Bezugsgröße) zum Versicherungsverhältnis einer weiteren Klärung zugeführt. Allerdings ist erneut zu betonen, daß konkretere (fallnähere) Normen für die einzelnen Versicherungszweige (etwa in der RVO oder im AVG) oder Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts jeweils bei der Rechtsanwendung die (allgemeineren) „Gemeinsamen Vorschriften" verdrängen können (vgl. § 6 SGB IV). So gehen z. B. die §§ 3 - 6 SGB IV ggf. dem § 30 SGB I vor und sie haben ihrerseits vor fallnäheren Normen in der RVO zurückzutreten. Dasselbe ist noch anschaulicher mit Bezug auf den versicherten Personenkreis (§ 2 SGB IV): Während der § 4 Abs. 1 SGB I jedem Menschen — wenn auch nur 142

Sozialgesetzbuch (SGB) — Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung — v. 23. 12. 1976 (BGBl. I, S. 3845).

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im Rahmen (genauer: nach Maßgabe) dieses Gesetzes, d. h. weiterer Konkretion im SGB IV — „ein Recht auf Zugang zur Sozialversicherung" und damit auch auf Versicherungsschutz zuzusprechen scheint 143 , schränkt § 2 Abs. 1 SGB IV den Versicherungsschutz eindeutig auf Versicherte kraft Versicherungspflicht oder Versicherungsberechtigung, also auf das Bestehen eines Versicherungsverhältnisses ein und dieses kann nur (konkret) nach den „besonderen Vorschriften f ü r die einzelnen Versicherungszweige" (so auch § 2 Abs. 2 SGB IV) entstehen und bestehen. Im Zweiten Abschnitt (§§ 19ff. SGB IV) weist der Gesetzgeber zunächst durch § 18 SGB IV auf die (auch) „für alle Versicherungszweige gemeinsamen Grundsätze des Leistungsrechts" (§§ 38ff. SGB I) 144 hin und geht dann zu „Beiträgen" — der normalen Gegenleistung in Versicherungsverhältniss e n - ü b e r (§§ 20 ff. SGB IV). Im Dritten Abschnitt sind unter der Überschrift „Träger der Sozialversicherung" die Vorschriften zur Organisation der Versicherungsträger bezüglich „Verfassung" und Zusammensetzung, Wahl und Verfahren der Selbstverwaltungsorgane, Versichertenältesten und Vertrauensmänner (§§ 2 9 - 6 6 SGB IV) zusammengefaßt, konkretisiert und einander angepaßt. Dazu finden sich hier auch die Grundlagen des Haushalts- und Rechnungswesens (§§ 6 7 - 7 9 SGB IV), der Vermögensverwaltung (§§ 8 0 - 8 6 SGB IV) u n d der Aufsicht (§§ 8 7 - 9 0 SGB IV) 145 . Ich werde bei der Behandlung der Versicherungsträger — auch f ü r sie ist erste G r u n d n o r m der § 12 SGB I — Grundlegendes zur Verwaltungsorganisation im Sozialrecht nachtragen u n d Vergleiche zu anderen Trägern anstellen. Hier zunächst das Wesentliche zu materiell-rechtlichen Grundstrukturen: aa) Grundbegriffe und Grundsätze: Auch Sozialversicherungsverhältnisse sind Verwaltungsrechtsverhältnisse und bestehen aus der Gesamtheit engerer Rechtsbeziehungen zwischen einem Versicherungsträger, einem Versicherten sowie möglicherweise dritten Personen, insbesondere den Arbeitgebern abhängig Beschäftigter 146 . Beteiligte an diesem im G r u n d e auf Gegenseitigkeit (Versicherungsschutz gegen Beitrag) angelegten Rechtsverhältnis sind beson143 144 145

146

Einschränkend auch Gitterin: BochKomm, zu § 4 Rdnr. 7ff. Dazu oben II. 1. a). Überblick zum SGB IV: z. B. Casselmann u. a., Sozialgesetzbuch — Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung, 1977; Gleitze, D O K 1977, 281 ff.; Neumann-Duesberg, WzS 1977, 65ff., 101 ff.; Bley, SGb 1977, 85ff. und ZSR 1978, 513 ff. Bley, Sozialrecht, S. 104f. Beachtlich ist, daß zwischen Versicherungs- und Mitgliedschaftsverhältnis unterschieden wird. In der Unfallversicherung fallen danach Versicherungs- und Mitgliedschaftsverhältnis auseinander, da dort die Arbeitnehmer die Versicherten sind (vgl. § 539 RVO), die Unternehmer aber Mitglieder der Berufsgenossenschaften (§ 658 RVO). In der Krankenversicherung gilt das Mitgliedschaftsverhältnis als das umfassendere Rechtsverhältnis (vgl. z. B. Horst Peters, Handbuch, Vorbem. I 2 vor § 306, S. 17/1072). Vgl. dazu auch Schulin, Sozialversicherungsrecht, S. 17 u. 33.

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ders die Versicherten, d. h. die Personen, welche Versicherungsschutz genießen. Einzuteilen ist nach § 2 Abs. 1 SGB IV in Pflichtversicherte („kraft Gesetzes oder Satzung" versichert) u n d versicherungsberechtigte Personen, die „auf G r u n d freiwilligen Beitritt oder freiwilliger Fortsetzung der Versicherung" versichert sind (Recht zur Versicherung). Formalversicherte (z. B. nach §§ 213, 315, 315 a, 1422, 1423 RVO, §§ 144, 145 AVG) - das sind Personen, die aus G r ü n d e n des Vertrauensschutzes bei einem Irrtum wie Versicherte behandelt werden — sind keine Versicherten in diesem Sinne 147 . Charakteristisch f ü r die Sozialversicherung — bei der ich aus rein didaktischen Gründen für bestimmte Zusammenhänge auch noch zur Arbeitslosenversicherung nachtrage 1 4 8 — ist die Pflichtversicherung. Pflichtversichert in allen Zweigen der Sozialversicherung (in der Arbeitslosenversicherung: „beitragspflichtig"; §168 A F G ) ist der in § 2 Abs. 2 SGB IV umrissene Personenkreis. Bei dieser N o r m mußte wegen der zahlreichen Unterschiede bei den Versicherungszweigen auf einen umfangreicheren Katalog verzichtet werden, wie auch ein harmonisierender Katalog zu den Ausnahmefällen der Versicherungspflicht, der Versicherungsfreiheit (§§ 168, 169, 172, 175, 541, 542, 1228, 1229 RVO, §§ 4, 6 AVG, § 169 AFG) u n d der Befreiung von der Versicherungspflicht (§§ 173, 173 a - 1 7 3 d, 174, 1230, 1231 RVO, §§ 7, 8 AVG, § 173 AFG) 1 4 9 wegen zu großer Unterschiede sinnvoll kaum aufzustellen ist. Insoweit läßt § 2 Abs. 4 SGB IV die Einbeziehung weiterer Personengruppen in die Versicherung — kraft Versicherungspflicht oder Versicherungsberechtigung — aufgrund besonderer Vorschriften in den einzelnen Versicherungszweigen ausdrücklich zu. Mit den Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 SGB IV), wird jedoch der weitaus größte und nach der Zielsetzung der Sozialversicherung 150 zentralste Personenkreis, nämlich der der Arbeitnehmer, bezeichnet, der pflichtversichert in allen Zweigen der Sozialversicherung ist. Das Entstehen der Versicherungsverhältnisse bei Arbeitnehmern setzt regelmäßig die A u f n a h m e eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses 151 gegen Entgelt (§ 14 SGB IV) voraus. Definiert ist in § 7 SGB IV „Beschäftigung" als „nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis", wobei auch die Berufsausbildung 1 5 2 im Rahmen der betrieblichen Berufsbildung als Beschäftigung gilt (§ 7 Abs. 2 SGB IV). 147

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149 150 151

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BSHG 36, 71 (73f.); Wannagat, Lehrbuch, S. 289ff.; Bley, Sozialrecht, S. 106, 122 und 141. Sie gehört, wie erneut betont, nicht zur Sozialversicherung und ist daher im AFG (später im SGB III) geregelt (vgl. § 1 Abs. 2 SGB IV). Vgl. z. B. Bley, Sozialrecht, S. 117ff. Vgl. z. B. BVerfGE 18, 257 (270); Rüfner, Einführung, S. 79 f. Ein in der Rechtsprechung entwickelter Begriff; vgl. jeweils m. w. N. BSGE 20, 6; 27, 197; Brackmann, Handbuch, S. 306 iff.; Horst Peters, Handbuch, § 165 Anm. 9; Wannagat, Lehrbuch, S. 308ff.; Bogs, D O K 1970, 517, 576; Bley, SGb 1973, 241; Wallerath, ZSR 1977, 159ff.; Kritisch Seiter, VSSR 1976, 179. Der Begriff „Berufsausbildung" ist enger als der Begriff „Berufsbildung", vgl. § 1 BBiG.

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Auf das Bestehen eines wirksamen Arbeitsvertrages i. S. d. Zivilrechts kommt es nicht an, doch liegt im allgemeinen bei Bestehen eines Arbeitsverhältnisses i. S. d. Arbeitsrechts auch ein Beschäftigungsverhältnis i. S. d. Sozialversicherungsrechts vor 1S3 . Wesentlich für die Unterscheidung, ob eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit, die in der Regel nicht versicherungspflichtig ist (Ausnahmen: z. B. §§ 166, 539 Abs. 1 Nr. 2, 1227 Abs. 1 Nr. 3 RVO, § 2 Abs. 1 Nr. 3 — 6 AVG), gegeben ist, ist die persönliche Abhängigkeit eines Arbeitnehmers von einem Arbeitgeber. Die wirtschaftliche Abhängigkeit ist grundsätzlich nicht von entscheidender Bedeutung 154 . Persönlich abhängig u n d damit Arbeitnehmer ist, wer in die Organisation des Betriebes eines Arbeitgebers eingegliedert und damit dem Direktionsrecht, d. h. den Weisungen des Arbeitgebers hinsichtlich seiner Arbeitskraft unterworfen ist 155 . Dementsprechend ist Arbeitgeber156 i. S. d. Sozialversicherungsrechts, wer die Arbeitskraft zumindest einer Person gegen Entgelt" 7 in Anspruch nimmt und unter Ausübung des Direktionsrechts über sie verfügt. Sind Merkmale einer Beschäftigung wie auch Merkmale einer selbständigen Tätigkeit gegeben, ist das Gesamtbild der Tätigkeit und die berufliche Stellung f ü r die Entscheidung hinsichtlich einer Zurechnung maßgebend. Auf zwischen den Beteiligten getroffene Vereinbarungen oder auf gewählte Berufsbezeichnungen kommt es nicht a n ; allein die rein faktische Gestaltung des Verhältnisses besonders hinsichtlich des Weisungsrechts ist für die Entscheidung, ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, maßgebend 1 5 8 . Dieser generelle Maßstab gilt z. B. für die sozialrechtliche Qualifizierung hinsichtlich des Bestehens eines Beschäftigungsverhältnisses bei mitarbeitenden Gesellschaftern 1 5 9 wie auch bei der Entscheidung über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Beschäftigungsverhältnisses im Falle mitarbeitender Familienangehöriger (familienhafte Mitarbeit) 160 . Bei sog. mittelbaren Beschäftigungsverhältnissen wird der „unselbständige" Mittelsmann, der selbständig Hilfspersonen zur Verrichtung ihm übertragener Arbeiten einstellt, versicherungsrechtlich nicht zum Arbeit153

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157 158 159 160

Brackmann, Handbuch, S. 306, 470 f. und die in FN 151 und 155 aufgeführte weitere Literatur. Anders BSGE 35, 20 (21). Hier spricht das Gericht von persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit. BSGE 11,257 (260); 15,65 (69); 16, 289 (293); 20, 6 (8); 21, 57 (58); 24, 29 (30); 25, 51; 35, 20 (21); 36, 7 (8); 36, 262 (263ff.); 37, 292 (293ff.); 38, 53 (57); Brackmann, Handbuch, S. 306 m; Wannagat, Lehrbuch, S. 308ff.; Wertenbruch, Sozialverf.-Sozialverw., S. 116. Zum Begriff RVA Nr. 4036, A N 1931, 179; BSGE 19, 265 (268). Davon ist zu unterscheiden der „Unternehmer" i. S. d. Unfallversicherung (§ 658 Abs. 2 RVO). Vgl. §§ 7 und 14 SGB IV; anders bei der Unfallversicherung. Näher bei Bley, Sozialrecht, S. 108f. Vgl. dazu Bley, Sozialrecht, S. 109; Ruland, JuS 1974, 124. Vgl. dazu Bley, Sozialrecht, S. 110; Figge, DB 1974, 675. Ausdrückliche Regelungen finden sich in § 2 Abs. 1 Nr. 3 KVLG; §§ 776 Abs. 1 Nr. 1, 777 Nr. 1 i. V. m. § 541 Abs. 1 Nr. 5 RVO.

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geber, da nicht ihm, sondern dem Dritten der Erfolg der Arbeit zugute kommt, diesem das umfassende Direktionsrecht zusteht und er selbst auch an Weisungen gebunden ist 161 . Bei Leiharbeitsverhältnissen162 ist versicherungsrechtlich grundsätzlich der Verleiher als Arbeitgeber bestimmt 163 , ebenso wie für Hausgewerbetreibende (§ 12 Abs. 1 SGB IV) und für Heimarbeiter (§ 12 Abs. 2 SGB IV) der Auftraggeber (§ 12 Abs. 3 SGB IV) und für Behinderte in speziellen Werkstätten der Träger der Einrichtung (§ 3 Abs. 3 SVBG) als Arbeitgeber bestimmt ist, so daß diese Personen zum Verleiher, zum Auftraggeber oder zum Träger der Einrichtung versicherungsrechtlich in einem Beschäftigungsverhältnis stehen. Ehrenamtliche Tätigkeiten, Tätigkeiten von unfreien Personen (z. B. Strafgefangenen) und strafgesetzwidrige Tätigkeiten sind keine abhängigen Beschäftigungen im sozialversicherungsrechtlichen Sinne 164 . Nur ein Beschäftigungsverhältnis gegen Entgelt führt zur Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (§§ 165 Abs. 2, 1227 Abs. 1 Nr. 1 RVO, § 2 Abs. 1 Nr. 1 AVG, § 168 Abs. 1 AFG). Eine Ausnahme bildet die Unfallversicherung, bei der ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis aus Gründen eines erhöhten Unfallschutzes nicht Voraussetzung für den Versicherungsschutz ist165. Der Begriff des Entgelts, der auch bei der Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge von Bedeutung ist, wird in § 14 SGB IV umschrieben. Grundsätzlich sind danach alle die laufenden oder einmaligen Einnahmen dem Entgelt zuzurechnen, die nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine Gegenleistung für eine Arbeitstätigkeit darstellen, d. h. im ursächlichen Zusammenhang mit der Beschäftigung stehen. Die Verordnungsermächtigung des § 17 SGB IV läßt nähere Erläuterungen zu 166 . Das Pflichtversicherungsverhältnis entsteht und endet regelmäßig mit Eintritt bzw. Wegfall der zur Versicherungspflicht führenden gesetzlich oder satzungsmäßig normierten Tatbestände. Es kommt weder auf den Willen der Beteiligten noch auf eine eventuelle Erklärung (z. B. Anmeldung) oder auf Beitragszahlungen an 167 . Das Pflichtversicherungsverhältnis (in der Krankenversicherung: „Mitgliedschaft", § 306 RVO) abhängig Beschäftigter entsteht 161

162 163 164 165 166

167

Brackmann, Handbuch, S. 306 1; Bley, Sozialrecht, S. 108 f. Vgl. auch BSGE 8, 278 (283 f.). Vgl. Arbeitnehmerüberlassungsgesetz v. 7. 8. 1972, BGBl. I, S. 1393. Vgl. dazu Bley. Sozialrecht, S. 111. Vgl. auch BSGE 28, 208. Näheres bei Bley, Sozialrecht, S. 111. Brackmann, Handbuch, S. 470 s f.; Wannagat, Lehrbuch, S. 309. Verordnung über die Bestimmung des Arbeitsentgelts in der Sozialversicherung (Arbeitsentgeltverordnung - ArEV) v. 6. 7. 77 (BGBl. I, S. 1208), zuletzt geändert durch ÄndVO v. 16. 12. 1977 (BGBl. I, S. 2584); Verordnung über den Wert der Sachbezüge in der Sozialversicherung für das Kalenderjahr 1981 (SachBezV 1981) v. 10. 12. 1980 (BGBl. I, S. 2245). Zum Beginn, Ende und auch zu Unterbrechungen des Beschäftigungsverhältnisses vgl. Wannagat, Lehrbuch, S. 312; Bley, Sozialrecht, S. 136 ff.

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grundsätzlich mit dem Beginn des Beschäftigungsverhältnisses. Ist der Arbeitnehmer dienstbereit u n d untersteht er bezüglich seiner Arbeitskraft der Verfügungsmacht des Arbeitgebers (Dienstantritt, Weg zur Arbeitsstätte), kommt das Versicherungsverhältnis (Mitgliedschaft) mit dem Beginn des Tages des Eintritts in die Beschäftigung zustande (so § 306 Abs. 1 RVO, § 170 Abs. 1 AFG). Ein gewisser Widerspruch hierzu ist beim sog. mißglückten Arbeitsversuch gegeben. Hier kommt ein Beschäftigungsverhältnis trotz Dienstbereitschaft, Verfügungsmacht und tatsächlicher A u f n a h m e der Arbeit dann nicht zustande, wenn der Arbeitnehmer aus gesundheitlichen G r ü n d e n keine Arbeit von wirtschaftlichem Wert geleistet hat, er die Arbeit lediglich unter der Gefahr der Verschlimmerung seines Zustandes aufnehmen konnte oder von vornherein feststand, daß er die Beschäftigung in kürzester Frist wegen einer bestehenden Krankheit wieder aufgeben muß 1 6 8 . Von der normalen Entstehung des Sozialversicherungsverhältnisses weist der Beitritt zu einer Ersatzkasse eine Abweichung auf. Hier entsteht das Versicherungsverhältnis nicht kraft des Beschäftigungsverhältnisses u n d damit kraft Gesetzes, sondern auf G r u n d einseitiger empfangsbedürftiger Erklärung des Versicherungsträgers 169 . Der Antrag des um Versicherungsschutz Nachsuchenden ist weder Offerte zu einem privatrechtlichen' 7 0 noch zu einem öffentlich-rechtlichen Vertrag 171 , sondern öffentlichrechtliches Mitwirkungserfordernis. Die Erklärung des Versicherungsträgers ist mithin ein sog. mitwirkungsbedürftiger VA 172 . Sein Erlaß darf nur unter bestimmten Voraussetzungen versagt oder von Sonderabreden abhängig gemacht werden (§§ 504, 505 RVO). Tritt ein Versicherungspflichtiger einer Ersatzkasse bei oder wird ein Mitglied der Ersatzkasse nachträglich versicherungspflichtig, so besteht auf G r u n d der Mitgliedschaft bei der Ersatzkasse Anspruch auf Befreiung von der Versicherung bei einer der in § 225 RVO genannten Pflichtkassen (§517 RVO). Endet das Verhältnis zur Ersatzkasse durch Austritt (§513 RVO) oder Ausschluß, so entsteht bei Versicherungspflichtigen wieder das Pflichtversicherungsverhältnis zur zuständigen gesetzlichen Krankenkasse (§ 225 RVO). Auch die Beendigung von Pflichtversicherungsverhältnissen ist nach Versicherungszweigen verschieden. In der Regel enden sie mit der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses (regelmäßig mit dem Ende des Tages, so 168

169 170

171 172

Vgl. BSGE 15, 89 (91 f.); 26, 124 (125ff.); BSG NJW 1974, 112; Bley, Sozialrecht, S. 136. Ebenso Wannagat, Lehrbuch, S. 300. Die Ersatzkassen sind seit langem Körperschaften ( § 2 1 3 der 12. VO zum Aufbau der SozVersicherg. vom 24. Dezember 1935 — RGBl. I, S. 1537), die keineswegs in privatrechtl. Formen handeln. A. A.: Brackmann, Handbuch, S. 340 b; Wolterek, SGb 1965, 161. Ebenso Schlemmer, Ersk 1967, 411; Klenke, Ersk 1967, 413. Vgl. auch Brackmann, Handbuch, S. 340 d; Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, 2. Aufl. 1976, § 504 Anm. 2.

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§ 306 RVO, § 170 Abs. 2 AFG) 1 7 3 oder mit dem Eintritt eines sonstigen Grundes, der Versicherungsfreiheit zur Folge hat (z. B. §§ 168 ff., 1228ff. RVO, §§ 4 ff. AVG, §§ 169, 173 AFG). Die Mitgliedschaft im Bereich der Krankenversicherung endet auch, sobald der Versicherte Mitglied einer anderen Krankenkasse oder der Bundesknappschaft wird (§312 Abs. 1 RVO). In gewissen Fällen kann das Versicherungsverhältnis auch so lange fortwirken oder weiterbestehen, wie Leistungen zu gewähren sind (§ 183 Abs. 1, auch § 202 RVO), gewisse Umstände (z. B. Arbeitsunterbrechungen) vorliegen (§311 RVO, § 104 A F G ; im Falle des Streiks s. BSGE 37, lOff.) oder die Voraussetzungen für einen sog. nachgehenden Versicherungsschutz (§214 RVO) gegeben sind 174 . Gilt das sog. Territorialitätsprinzip — allerdings unter näherer Anknüpfung an den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort — allgemein für alle Sozialleistungsbereiche (§ 30 SGB I), so wird Versicherungpflicht grundsätzlich nur durch Beschäftigungsverhältnisse im Inland begründet, d. h. durch ein Beschäftigtsein oder eine selbstständige Tätigkeit an einem Ort im Inland (§ 3 SGB IV). Bei Entsendungen von Beschäftigten ins Ausland bzw. ins Inland sind die Bestimmungen der §§ 4 und 5 SGB IV beachtlich, oder es gelten zwischenstaatliche Vereinbarungen (§ 6 SGB IV) 175 . Pflichtversichert sind folgend der in § 4 Abs. 1 SGB I zum Ausdruck gebrachten Intention ggfs. auch selbständig Tätige. Zu ihnen gehören die in § 2 Abs. 2 SGB IV genannten Personengruppen mit den entsprechenden speziellen Ergänzungen zu den einzelnen Versicherungszweigen (z. B. §§ 166, 1227 Abs. 1 Nr. 3, 3 a, 4 RVO, §§ 2 Abs. 1 Nr. 2 a, 3, 4, 5, 6 AVG). Für sie 176 gelten prinzipiell die f ü r abhängig Beschäftigte maßgebenden Regeln. Freiwillige Versicherungsverhältnisse sind nur denkbar, wenn keine Versicherungspflicht besteht. Sie können — anders als beim Beitritt zu einer Ersatzkasse — nicht nur auf G r u n d mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakte, sondern — je nach Form der freiwilligen oder gesetzlichen Regelung — auch mit dem Eingang der Beitrittserklärung oder der Entrichtung eines Beitrags (also konkludent) 1 7 7 entstehen. Auch hier bleibt jedoch der Antrag (Beitrittserklärung), obwohl an ein Subjekt hoheitlicher Gewalt gerichtet, Willenserklärung einer privaten Person 178 , die hinsichtlich ihrer Wirksamkeit, wenn auch stark eingeschränkt, der Beurteilung nach privatrechtlichen Normen unterliegt (z. B. §§ 119ff. BGB) 179 . 173 174 175

176 177 178

179

Ausnahme: RVA Nr. 2265 II, A N 1916, 737. Vgl. BSGE 37, 46 (48 f.). Vgl. dazu von Maydell, Der Geltungsbereich des deutschen Sozialversicherungsrechts, in: Casselmann u. a., SGB IV, S. 29ff. Vgl. Marburger, BB 1974, 92ff.; Stern, SozVers 1975, 197ff. Vgl. BSGE 12, 88; 14, 104 (107). Ebenso wie beim Beitritt zu einer Ersatzkasse; vgl. BSGE 12, 88 (89); 14, 104 (107); 19, 173; 23, 248; Horst Peters, Handbuch, § 310 Anm. 3 a; Brackmann, Handbuch, S. 628 1; Wannagat, Lehrbuch, S. 304. BSGE 19, 173; Wannagat, Lehrbuch, S. 304; Krause, Verwaltungsarchiv 1970,

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Formen der freiwilligen Versicherung auf Grund einer Versicherungsberechtigung (§ 2 Abs. 1 SGB IV) sind die Se/fts/versicherung (auf Grund freiwilligen Beitritts) und die IPeite/versicherung (freiwillige Fortsetzung der Versicherung). Eine Selbstversicherung gab es seit jeher bei der Krankenund Unfallversicherung (§§ 176, 545 RVO); seit 1972 gibt es sie auch in der Rentenversicherung (§ 1233 RVO, § 10 AVG). Die Weiterversicherung setzt beendete Versicherungspflicht voraus. So kann z. B. das bisherige Pflichtmitglied einer Krankenkasse sein Versicherungsverhältnis in der Form, wie es bestanden hat, durch fristgebundene Anzeige oder Zahlung der satzungsgemäßen Beiträge aufrechterhalten (§313 RVO). Die Weiterversicherung in der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten richtet sich nach § 1233 RVO, § 10 AVG. Daß es in der Unfallversicherung keine Weiterversicherung gibt, folgt daraus, daß mit dem Wegfall der Voraussetzungen, an welche die Versicherungspflicht anknüpft (§§ 539 f. RVO), die (betriebliche) Unfallgefahr entfällt. Die Selbstversicherung beginnt in der Kranken- und Unfallversicherung mit dem Tage des Beitritts des Versicherungsberechtigten (§§310 Abs. 1, 545 S. 1 RVO); die freiwillige Weiterversicherung in der Krankenversicherung im Anschluß an das Pflichtversicherungsverhältnis (§313 Abs. 1 und 2 RVO). Die freiwilligen Versicherungsverhältnisse enden durch Austritt oder erlöschen kraft Gesetzes, wenn Beitragsrückstände gegeben sind (§§ 314, 545 S. 2 RVO). In der Rentenversicherung erlöschen die Beziehungen unter den Voraussetzungen der §§ 1303 RVO, 82 AVG. Eine Afac/zversicherung liegt vor, wenn zur sozialen Sicherstellung solcher Personen ein Rentenversicherungsverhältnis begründet wird, die in ihrer bisherigen Tätigkeit versicherungsfrei waren (§§ 1229 Abs. 1 Nr. 2 bis 4, 1231 RVO; §§ 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 5, 8 Abs. 1 AVG), aus dieser Beschäftigung aber ohne lebenslange Versorgung nach beamtenrechtlichen (oder ähnlichen) Grundsätzen oder ohne eine diesen Grundsätzen entsprechende Hinterbliebenenversorgung ausscheiden (§ 1232 RVO, § 9 AVG) 180 . Der Dienstherr (Arbeitgeber) hat in diesen Fällen die gesamten, bis zum Tag des Ausscheidens angefallenen Beiträge aufzubringen (§ 1402 RVO, § 124 AVG). Von //öTierversicherung spricht man bei der Rentenversicherung, wenn ein Pflicht- oder Weiterversicherter freiwillig höhere als die gesetzlich angeordneten oder gesetzlich im Rahmen der Arbeiterversicherung zulässigen Beiträ-

180

297ff.; ders., JuS 1972, 425ff.; Hadre, VSSR 1973, 183ff. Hier handelt es sich (ebenso deutlich z. B. im Beamtenrecht bei der Bewerbung um Ernennung zum Beamten — vgl. in diesem Lehrbuch von Münch,) um ein Grundproblem, das noch der wissenschaftlichen und gesetzgeberischen Bewältigung harrt. Näheres zur Nachversicherung, insbes. auch zu den Sondervorschriften in anderen Gesetzen, Brackmann. Handbuch, S. 626 b II ff.; fV. Brigmann / M. Binz, Nachversicherung in den gesetzlichen Rentenversicherungen 1968; Bley, VSSR 1975, 289, 338.

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ge zum Zweck des Erwerbs höherer Leistungsansprüche entrichtet (§ 1234 RVO, § 11 AVG) 181 . Der Versicherte kann die Beitragsklasse frei wählen. Zum Inhalt der Versicherungsverhältnisse kann — vorab — kaum etwas Gemeinsames ausgesagt werden. Auch die §§ 1 - 1 8 SGB IV schweigen. Die Regelung und Darstellung der Inhalte — etwa der Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung — im einzelnen m u ß Spezialkapiteln vorbehalten bleiben. Hier sei deshalb nur noch auf folgendes hingewiesen: Der Gesetzgeber stellt sein ganzes IV. Buch SGB unter die Überschrift „Sozialversicherung" und setzt sie damit von anderen Leistungsbereichen, die etwa vom Finalgedanken beherrscht sind (bei dem es gleichgültig ist, wodurch die Notlage entstanden ist), deutlich ab. Versicherung ist stets kausal bestimmt, d. h. in ihren Leistungen von bestimmten „Versicherungsfällen" (wie Krankheit, Unfall, Tod usw.) 182 abhängig. Auch m u ß der Gedanke des „Versicherungswagnisses" respektiert bleiben, wenn es sich (noch) um Versicherung 1 8 3 handeln soll 184 . Das Versicherungswagnis läßt für beide Seiten, Versicherungsträger und Versicherten, mit allen Konsequenzen ungewiß bleiben 185 , ob u n d wann der Versicherungsfall eintritt. Leistungen kann es nur geben, wenn er (wie etwa noch Berufs- u n d Erwerbsunfähigkeit sowie Alter) eintritt. Erst d a n n können oder dürfen „Gemeinsame Grundsätze des Leistungsrechts" (vgl. § 19 SGB IV) zum Zuge kommen. Das kann in anderen Leistungsbereichen — gemäß ihrer Zielsetzung — ganz anders sein. Die in §§ 20ff. SGB IV geregelten „Beiträge" können hingegen — ihrem N a m e n nach — nicht mehr als ein spezifisch versicherungsrechtliches Element angesehen werden, nachdem es sie z. B. auch bei der Arbeitsförderung u n d zur Finanzierung ganz anderer Sicherungszwecke gibt 186 . Zu ihnen ist hier lediglich zu bemerken, daß sie nach §§ 20 u n d 21 SGB IV ein Mittel auch zur Finanzierung der Sozialversicherung sind, jedoch bei der Sozialversicherung ihre Rechtsnatur anders bestimmt werden kann 1 8 7 und daß die Entstehung der Beitragsansprüche nach § 22 SGB IV — d. h. die der Ansprüche der Versicherungsträger gegen die Beitragspflichtigen — i. w. ebenso konstruiert ist, wie die Entstehung von Leistungsansprüchen (§ 40 SGB I). Sie verjähren auch in der gleichen Zeit (vgl. §§ 45 SGB I und 25 SGB IV) und sind nach ähnlichen Grundsätzen zu verzinsen, zu erstatten oder zu verrechnen (vgl. §§ 44, 51, 52 SGB I, § 50 SGB X, §§ 26 ff. SGB IV). 181

182 183

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Zu den Einzelheiten vgl. §§ 1234, 1261, 1285, 1388, 1408 RVO, §§ 11, 38, 62, 115, 130 AVG. Zum Versicherungsfall vgl. z. B. Bley, Sozialrecht, S. 92 f. Grundlegend zum Versicherungsbegriff Bruck / Möller, VVG, zu § 1 Anm. 4ff. und 14; Prölss / Martin, VVG, zu § 1 Anm. 1 B und Bley, Sozialrecht, S. 91 ff. Für die Sozialversicherung bezweifle ich dies in Festschrift Wannagat, 1981, S. 687 ff. Zum Begriff des Versicherungswagnisses s. u. a. Günther Schmidt, in: Fg. f. Rohrbeck, 1955, S. 415. S. o. II 3 b) ff). H. J. Wolff, VwR I, § 42 II a 2, sowie BVerfGE 11, 105 (177); 14, 312 (314).

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bb) Träger der Sozialversicherung: Die Sozialversicherungsträger sind — wie § 29 Abs. 1 SGB IV wörtlich sagt — „rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung" (so auch § 189 Abs. 1 AFG 188 , vgl. auch Art. 87 Abs. 2 GG). Der § 29 Abs. 1 SGB IV ist Spezialvorschrift für Leistungsträger, die „Träger der Sozialversicherung" sind, zu § 12 SGB I. Es wird alles darauf ankommen, wie § 29 Abs. 1 SGB IV praktiziert werden wird, d. h., ob sich der durch § 12 SGB I getragene Vereinheitlichungsgedanke durchsetzt oder die Spezialität von Versicherungsträgern erhalten werden kann. Bleiben die eigentlichen Versicherungsträger (Krankenkassen, Bundesversicherungsanstalt für Angestellte usw.) nicht als juristische Personen (Rechtssubjekte) erhalten, so wird auch von „Versicherung" keine Rede mehr sein können. Die Erhaltung wird schwerfallen, weil Rechtslaien nie zwischen Trägern und Organen zu unterscheiden vermochten, die Leistungserfüllung in allen anderen Bereichen staatlichen oder gemeindlichen Behörden überlassen bleiben kann und z. B. für die Träger (Bund, Länder, Gemeinden) der sog. „Eigenunfallversicherung" nie das Versicherungsprinzip der tragende Gedanke war 189 , vielmehr die zugehörigen „Ausführungsbehörden" (vgl. § 766 RVO) immer bloße Behörden gewesen sind (vgl. § 29 Abs. 4 SGB IV). Wegen solcher Ausnahmeerscheinungen wird man aber den Grundsatz der Körperschaftlichkeit der Versicherungskassen nicht verkümmern lassen dürfen. Versicherungsträger müssen vom Staat (Bund oder Land) geschiedene Rechtssubjekte bleiben, weil sonst die Versicherungsfonds der Gefahr staatlicher Verplanung und Zweckentfremdung zum Nachteil der Versicherten unterliegen, jedenfalls nicht als solche erhalten werden können 190 . Wie weitgehend die Versicherungsträger bereits zum Nachteil der Versicherten ihre körperschaftliche Selbständigkeit und Selbstbestimmung verloren haben, läßt sich aus Vielem ersehen, z. B. daraus, daß: (1) Satzungen, die früher für (auf dem Boden der Gesellschaft gebildete) Körperschaften selbstverständlich waren, zwar noch vorgesehen sind (§ 34 SGB IV), aber sie bedürfen entweder der Genehmigung oder sie werden staatlicherseits oktroyiert 191 , was bereits Regelfall ist. (2) Das SGB drängt auf „Pflichtleistungen" (Rechtsansprüche; vgl. §38 SGB I); von „Mehrleistungen" des jeweiligen Versicherungsträgers kraft seiner Satzung kann aus vielen Gründen schon längere Zeit kaum noch die Rede sein (vgl. §§ 179, 187 RVO). (3) Von Bedeutung ist auch, was der Gesetzgeber in §§ 29 ff. SGB IV unter 188 189 190

191

Obwohl die BA eine Anstalt ist (s. o. II 3. d). Vgl. Bley, Sozialrecht, S. 149ff. Zum ganzen Problemkreis Wertenbruch, in: Festschrift für Wannagat, 1981, S. 687 ff. §§ 320 II, 672 II, 1340 RVO; Stößner, Die Staatsaufsicht in der Sozialversicherung, 1969, S. 91 f.; Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit eines Satzungsoktroi bei Martin, Der Prüfungsmaßstab bei Genehmigungen, Zustimmungen und Bestätigungen in der Sozialversicherung, Diss. Hamburg 1967, S. 146 ff.

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„Selbstverwaltung" versteht, eine Bezeichnung, welche die übrigen Leistungsbereiche (außer der Arbeitsförderung; vgl. §§ 189ff. AFG) nicht kennen. Zur Klarstellung muß man sich zunächst in das Bewußtsein zurückrufen, daß juristische Personen (auch Staaten) nur durch Organe handeln können 192 . Organe (insbes. Behörden) können monokratisch (büromäßig) oder kollegial organisiert und mit Berufsbediensteten oder interessierten Bürgern besetzt sein 193 . Das SGB IV spricht in § 31 von „Selbstverwaltungsorganen", in denen Versicherte und Arbeitgeber (§ 29 Abs. 2), also keine Berufsbedienstete, tätig sind. Organe der Selbstverwaltung sind nach § 31 Abs. 1 SGB IV die Vertreterversammlung und der Vorstand. Die Vertreterversammlung ist die gewählte 194 Repräsentation der Versicherten und der sonstwie an der Gefahrengemeinschaft beteiligten Personengruppen 195 . Grundsätzlich sind beide Organe — Vertreterversammlung und Vorstand — paritätisch mit Vertretern der Versicherten und der Arbeitgeber besetzt (§§ 29 Abs. 2, 44 Abs. 1 SGB IV). Abweichendes ist für die Träger der landwirtschaftlichen Unfallversicherung (je ein Drittel aus Vertretern der versicherten Arbeitnehmer, der Selbständigen ohne fremde Arbeitskräfte und der Arbeitgeber, § 44 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV), die Bundesknappschaft (zwei Drittel aus Vertretern der Versicherten und einem Drittel aus Vertretern der Arbeitgeber, § 44 Abs. 1 Nr. 3 SGB IV) und die Ersatzkassen (nur Vertreter der Versicherten, § 44 Abs. 1 Nr. 4 SGB IV) bestimmt. Außerdem ergibt sich für die Betriebskrankenkassen und die Bundesbahn-Versicherungsanstalt die Notwendigkeit einer speziellen Regelung (§ 44 Abs. 2 SGB IV). Die Mitglieder der Vertreterversammlung werden von den Versicherten und den Arbeitgebern in ihren Gruppen gewählt (§ 46 SGB IV), die Mitglieder des Vorstandes in ihren jeweiligen Gruppen durch die Vertreterversammlung (§ 52 Abs. 1 SGB IV). Die Zahl der Mitglieder der Selbstverwaltungsorgane wird durch die Satzung bestimmt und richtet sich prinzipiell nach der Größe des Versicherungsträgers (§ 43 SGB IV). Die Wahl — alle sechs Jahre stattfindend (§ 58 SGB IV) — erfolgt aufgrund von Vorschlagslisten (§ 48 SGB IV), die zusammengelegt werden können (§ 48 Abs. 7 SGB IV), so daß kein Wahlgang zu erfolgen braucht 196 . Wahlrecht und Wähl192

193 194

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196

Siebeck, in: Fs. f. Jantz, S. 129 und WzS 1969, 33; grundlegend zum Organbegriff Wolff / Bachof, VwR II, 4. Aufl. 1976, § 74 und oben, I. 2. a) und II. 1. b). Vgl. Rudolf, in: Erichsen / Martens, Allg. VwR, § 56 III 1. Zu den Sozialversicherungswahlen mit ihren Änderungen und Aufgaben für die Zukunft: Meyer, DRV 1974, 9ff.; Muhr, SozSich 1974, 193ff.; Will, SGb 1973, 494 ff. Vgl. Siebeck, DOK 1968, 303 (309). Zur Funktion und Problematik der Repräsentation : Bogs, Strukturprobleme der Selbstverwaltung einer modernen Sozialversicherung, in: Soziale Selbstverwaltung, Bd. 1, 1976, S. 20ff.; von Ferber, Soziale Selbstverwaltung — Fiktion oder Chance?, in: Soziale Selbstverwaltung, Bd. 1, S. 109ff. „Wahl ohne Wahlhandlung" oder sog. „Friedenswahl", deren Verfassungsmäßigkeit bejaht wird: BSGE 36, 242.

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barkeit bestimmen sich nach den §§ 50, 51 SGB IV. Die Wahl des Vorstands erfolgt nach den Regeln des § 52 SGB IV. Nicht Organ dieser „Selbstverwaltung", aber Organ des Sozialversicherungsträgers ist der Geschäftsführer bzw. die Geschäftsführung (§ 36 Abs. 1 und 4 SGB IV). Der Geschäftsführer gehört dem Vorstand mit beratender Stimme an (§ 31 Abs. 1 SGB IV). Geschäftsführer bzw. Geschäftsführung — einschließlich der Stellvertreter (hier handelt es sich um Berufsbedienstete) — werden von der Vertreterversammlung auf Vorschlag des Vorstandes gewählt (§ 36 Abs,. 2 SGB IV). Bezüglich der Aufgabenverteilung (§ 31 Abs. 2 SGB IV) ist die Vertreterversammlung das willensbildende Organ des Versicherungsträgers. Sie beschließt insbesondere die Satzung und sonstiges autonomes Recht des Versicherungsträgers (§ 33 Abs. 1 SGB IV). Außerdem fallen Beschlüsse über Fragen von grundsätzlicher Bedeutung in ihre Zuständigkeit (z. B. §§ 36 Abs. 2, 70 Abs. 1, 77 Abs. 1 SGB IV, § 345 Abs. 2 RVO). Die Vertreterversammlung vertritt den Versicherungsträger gegenüber dem Vorstand und dessen Mitgliedern (§ 33 Abs. 2 SGB IV). Dem Vorstand obliegt die Verwaltung des Versicherungsträgers; er vertritt ihn insbesondere gerichtlich und außergerichtlich (§ 35 Abs. 1 SGB IV). Er erläßt Richtlinien für die Führung der Verwaltungsgeschäfte, soweit diese dem Geschäftsführer obliegen (§ 35 Abs. 2 SGB IV). Der Geschäftsführer führt hauptamtlich die laufenden Verwaltungsgeschäfte 197 im Rahmen von Gesetz, Satzung und allgemeinen Richtlinien des Vorstandes. Insoweit vertritt er den Versicherungsträger gerichtlich und außergerichtlich (§ 36 Abs. 1 SGB IV). Zur ortsnahen Beratung und Betreuung von Versicherten und Leistungsberechtigten können Versicherungsälteste gewählt werden (§ 39 SGB IV). Die vertretungsberechtigten Organe des Versicherungsträgers haben die Eigenschaft einer Behörde 198 . Sie führen das Dienstsiegel des Versicherungsträgers (§ 31 Abs. 3 SGB IV). Die Funktion der sog. Selbstverwaltung in der Sozialversicherung 199 hat sich vornehmlich in den letzten Jahren derart gewandelt, daß nur noch sehr bedingt von Selbstverwaltung die Rede sein kann 200 . Selbstverwaltung im Bereich des Besorgens öffentlicher Angelegenheiten, einstmals schlechthin das Gegenstück zur Staatsverwaltung, steht in der Bewährungsprobe 201 . Geht man vom historischen Kern der Selbstverwaltung aus, so stellt sie sich als eigenständiges, jede fremde, insbesondere auch jede staatliche Einwirkung grundsätzlich ausschließendes Planungs-, Regelungs- und Durchführungsver197 198

199

200 201

Vgl. hierzu BSGE 26, 129; 40, 130. Vgl. aber auch den weiteren, in §§ 1 Abs. 4 BVwVfG und 1 Abs. 2 SGB X verwendeten Behördenbegriff, dem auch die Vertreterversammlung unterfällt. Vgl. dazu Bogs, Strukturprobleme der Selbstverwaltung einer modernen Sozialversicherung und v. Ferber, Soziale Selbstverwaltung — Fiktion oder Chance?, in: Soziale Selbstverwaltung, Bd. 1, 1976, S. 20ff. BVerfGE 39, 302 (313 f.). Zur Problematik vgl. v. Münch, in: Erichsen / Martens, Allg. VwR, § 3 I 3 sowie Rudolf, ebenda, § 56 II.

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mögen dar. Selbstverwaltung ist körperschaftliches und eigenverantwortliches Handlungsvermögen auch von Leistungsträgern in Freiräumen, deren Ausfüllung ihnen im Rahmen der allgemein verbindlichen Rechtsordnung vom Gesetzgeber überlassen wurde. Diesen Anforderungen genügt die derzeitige „Selbstverwaltung" nicht mehr. Das gilt sowohl für die kommunale Selbstverwaltung wie f ü r jede andere öffentliche Verwaltung durch verselbständigte Träger. Was heute von Selbstverwaltung übriggeblieben ist, läßt sich als politische und rechtliche Selbstverwaltung bezeichnen. Die politische Selbstverwaltung erweckt den Anschein, als ermögliche sie besondere Formen sachlicher Mitbestimmung. In Wirklichkeit ist sie nur Kennzeichnung eines Organtyps und bedeutet Wahrnehmung von Kompetenzen durch ehrenamtlich tätige Personen oder Laien-Organe („Selbstverwaltungsorgane"). Sie verschafft aber weder dem jeweiligen Kollegialorgan noch der hinter ihm stehenden Körperschaft oder Anstalt mehr Gestaltungsfreiheit, als das Gesetz und behördliches Tun es zulassen. In demselben Maße, wie sie aufgebaut wurde, ist echte (materiale und körperschaftliche) Selbstverwaltung abgebaut worden. Auch die sog. rechtliche Selbstverwaltung erweist sich als rein formaler Natur. Sie beinhaltet Führung öffentlicher Verwaltung durch vom Staat ins Leben gerufene und ihm dienstbare juristische Personen des öffentlichen Rechts. Hinter ihr steht der organisationsrechtliche Gedanke der Dezentralisation von Staatsaufgaben, d. h. deren teilweise Übertragung zur Erledigung auf durch den Staat verselbständigte Träger (mittelbare Staatsverwaltung) 202 . Der Bundesstaat hat gegenwärtig ein Interesse daran, das Sozialrecht zu vereinfachen u n d eine möglichst „einheitliche" Sozialverwaltung aufzubauen. Deshalb kommt es ihm weniger auf Leistungs träger als auf („zuständige") Organe an, die sein Sozialrecht als Lokal- und Mittelbehörden ausführen. So erklärt es sich, daß im SGB I die Leistungsträger den Behörden (Organen) entweder gleichgeschaltet (§ 12 SGB I) oder zu bloßen Behörden-Vermittlern degradiert werden (§§ 18 ff. SGB I). Da das SGB ein engmaschiges Netz von N o r m e n (eben eine Kodifikation) darstellt und seine Normen nicht nur im Rahmen, sondern „nach Maßgabe des Gesetzes" — und zwar auch des „sonstigen", f ü r Versicherungsträger „maßgebenden Rechts" — zu erfüllen sind (vgl. Art. 28 Abs. 2 S. 2 G G und §§ 31 SGB I, 29 Abs. 3 und 87 SGB IV), kann sich der Bund mit bloßer Rechtsaufsicht begnügen, die sich im Ergebnis als „Organaufsicht" praktizieren läßt. Die Selbstverwaltung ist aber nicht nur von seiten des Staates gefährdet, sondern auch durch sich selbst. So kann das (formal u n d material) gegliederte Kassensystem, z. B. im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung, nur d a n n akzeptabel sein, wenn es nicht zu verteilungspolitisch ungerechtfertigten Unterschieden in der finanziellen Belastung (durch Beiträge) oder zu Unübersichtlichkeiten im Bereich der Leistungen führt. Weiter darf Selbstverwaltung nicht defensiv sein, wo ein engagierteres Vorgehen angebracht wäre. 202

Rudolf, in: Erichsen /Martens,

Allg. VwR, § 56 IV 3.

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Krankenhausplanung und Krankenhausbedarfspläne wären ureigenste Aufgaben der Krankenhausträger und ihrer Verbände gewesen. Stattdessen hat der Staat auch diesen Bereich an sich ziehen können. In ihrem Sozialbericht 1973203 hat die Bundesregierung zwar betont, das heutige System der sozialen Sicherheit überprüfen u n d die Beziehungen zwischen Staat und Gesellschaft neu überdenken zu wollen. Eine solche Überp r ü f u n g habe insbesondere das Ziel, die Verbindung zwischen den Versicherten und dem Versicherungsträger enger zu gestalten und die Tätigkeit der Selbstverwaltungsorgane wirksamer zu machen, aber das SGB weist mit seinen §§ 12 SGB I und 29ff. SGB IV die entgegengesetzte Tendenz aus: Von materialer Selbstverwaltung i. S. v. körperschaftlicher (gesellschaftlicher) Mit-Verwaltung kann keine Rede mehr sein 204 . Indessen ist diese Selbstverwaltung auf Dauer unverzichtbar. Ihr Fehlen schadet rückbezüglich auch der Körperschaftlichkeit der Versicherungsträger und der Stabilität von Versicherungsfonds. Sie liegt nämlich im Interesse des einzelnen ebenso wie im Interesse des Staates u n d ist praktisch notwendig, weil der Staat allein nicht imstande ist, das Sozialrecht organisatorisch, personell und finanziell zu bewältigen. Es sind alle sozialen und politischen Kräfte aufgerufen, den Wert dieser Selbstverwaltung wieder deutlich zu machen. Der Öffentlichkeit ist glaubhaft zu machen, daß Selbstverwaltung aus sich heraus in der Lage ist, einen Großteil öffentlicher Aufgaben in die Hand zu nehmen und ggf. besser als der Staat zu lösen. Das Haushalts- und Rechnungswesen der Versicherungsträger ist nunmehr vereinheitlicht in den §§ 67 ff. SGB IV geregelt 205 . Die Vorschriften gelten (entsprechend) auch f ü r andere verselbständigte Körperschaften, nämlich z. B. für die kassenärzt- (zahnärzt-) liehen Vereinigungen und deren Bundesvereinigungen (§ 368 k Abs. 3 S. 5 RVO), und f ü r die öffentlich-rechtlichen Bundes- und Landesverbände der Krankenkassen (§414 Abs. 4 S. 4 RVO). Inhaltlich ist das Haushalts- und Rechnungswesen nach den Grundsätzen der allgemeinen öffentlichen Haushalte (Haushaltsgrundsätzegesetz — H G r G - v. 19. 8. 1969) gestaltet. Die Verwaltung des Vermögens der Versicherungsträger ist schließlich in den §§ 80 ff. SGB IV nach modernen Gesichtspunkten besonders hinsichtlich der Anlagen und Rücklagen einheitlich f ü r die Versicherungsträger geregelt. Die Versicherungsträger unterliegen in jeder Hinsicht der staatlichen Aufsicht (§ 87 Abs. 1 S. 1 SGB IV). Die Staatsaufsicht 206 dient der Erhaltung der 203 204

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Teil A, Nr. 85 (S. 16). Vgl. Wertenbruch, in: SGb 1975, 261 ff.; ders., ZfS 1975, 578ff.; ders., Soziale Sicherheit in der Landwirtschaft, 1978, S. 439 ff. Dazu auch Verordnung über das Haushaltswesen in der Sozialversicherung (SVHG) v. 21. 12. 1977 (BGBl. 1, S. 3147). Literatur: Neumann-Duisberg, BKK 1977, S. 277ff.; Steffens, Haushalts- und Rechnungswesen, in: Casselmann u. a., SGB IV, S. 128ff.; ders., BlArbSozStR 1977, S. 102ff. Grundlegend zur Staatsaufsicht Rudolf, in: Erichsen / Martens, Allg. VwR,

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Gleichgewichtslage zwischen Staatsmacht und Selbstverwaltungskörper 2 0 7 sowie der Beachtung des Verfassungsgebotes aus Art. 20 Abs. 3 G G u n d wird sich gegenüber den verselbständigten Versicherungsträgern in der Regel als Rechtsaufsicht 208 gestalten, kann jedoch auf der Grundlage von §§ 12 SGB I u n d 87 Abs. 1 S. 2 SGB IV wie eine Organaufsicht gehandhabt werden, wenn unter „sonstigem Recht, das für die Versicherungsträger maßgebend ist", auch Verwaltungsvorschriften verstanden werden 209 . Neben Mitwirkungsbefugnissen 2 1 0 im Bereich des Haushaltsrechts und der Vermögensverwaltung (z. B. §§ 70 Abs. 5, 71 Abs. 3, 72 Abs. 2, 73 Abs. 2, 85 Abs. 1, 86 SGB IV) ist wesentlicher Gegenstand der Aufsicht die Prüfung der Geschäfts- und Rechnungsführung (§ 88 Abs. 1 SGB IV). Als Aufsichtsmittel kommen gestuft M a ß n a h m e n in Frage (§ 89 SGB IV), die nach den Grundsätzen der Opportunität und Verhältnismäßigkeit zu bestimmen sind 211 . Aufsichtsbehörde f ü r bundesunmittelbare Versicherungsträger — das sind solche Versicherungsträger, deren Zuständigkeit sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt (vgl. Art. 87 Abs. 2 G G ) — ist das Bundesversicherungsamt (§ 90 Abs. 1 SGB IV) 212 . Die Aufsicht über Versicherungsträger, deren Zuständigkeitsbereich sich nicht über die Grenzen eines Landes hinaus erstreckt (landesunmittelbare Versicherungsträger), führt die f ü r die Sozialversicherung zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle (§ 90 Abs. 2 SGB IV). Auf den Gebieten der Unfallverhütung und der Ersten Hilfe bei Arbeitsunfällen führt der Bundesminister für Arbeit u n d Sozialordnung die Aufsicht (§ 90 Abs. 1 SGB IV). cc) Versicherungsbehörden: Als Versicherungsbehörden nennt das SGB IV die Versicherungsämter u n d das Bundesversicherungsamt, wobei nach Landesrecht 213 weitere Versicherungsbehörden errichtet werden können (§ 91 Abs. 1

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§ 56 IV 3 und insbesondere zur Körperschafts-, Rechts- und Organaufsicht Wolff / Bachof, VwR II, §§ 77 II b 3 - 5 , c 2; 78 III b 2, 84 IV b 5 sowie dieselben, VwR III, § 123 I b 5. BSGE 26, 237 (240); Bull, VSSR 1977, 1 U f f . Vgl. u. a. BSGE 26, 237 (239); W. Weber, Die Selbstverwaltung in der Sozialversicherung, Bd. 1 der Schriftenreihe des Dt. Sozialgerichtsverbandes, 1966, S. 32; Wertenbruch, DÖV 1969, 602 und Stößner, Die Staatsaufsicht in der Sozialversicherung, S. 79 ff. Ausnahme z. B. nach § 87 Abs. 2 SGB IV. Vgl. dazu die Nachweise bei Schnapp, BKK 1969, 194, 200 (zu III). Zum Gesetzesbegriff, insbesondere hinsichtlich der Verwaltungsvorschriften als Aufsichtsmaßstab Freitag, BKK 1970, 221 ff. m. w. N. Weitere Einzelheiten bei Boknecht, KrV 1975, 29ff.; vgl. dazu auch Schirmer, Zur Aufsicht in der Sozialversicherung nach dem Sozialgesetzbuch, in: Casselmann u. a., SGB IV, S. 141 ff.; Bull, VSSR 1977, 120 ff. Vgl. Bull, VSSR 1977, 130ff. Vgl. BT-Drucks. 7/4122, S. 39 zu § 90; ferner die Nachweise in F N 209. Vgl. auch BVAG v. 9. 5. 1956 (BGBl. I, S. 415). Z . B . in Baden-Württemberg: Landesaufsichtsamt für Sozialversicherung ( § 9 des Ausführungsgesetzes zum SGG — A G S G G — v. 21. 12. 53); in Schleswig-Holstein: Aufsichtsamt für Sozialversicherung (Gesetz über die Aufsichtsführung in der So-

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SGB IV) oder eine Aufgabendelegation 214 möglich ist (§ 91 Abs. 2 SGB IV). Versicherungsämter sind entweder Landesbehörden der Unterstufe 215 oder Kommunalbehörden. Das Bundesversicherungsamt ist selbständige Bundesoberbehörde 216 (§ 94 SGB IV). Die Aufgaben der Versicherungsämter und des Bundesversicherungsamtes 217 bestimmen sich nach §§ 93, 94 SGB IV (i. V. m. dem BVAG 218 ). b) Krankenversicherung: Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) geht in ihrer heutigen Regelung bezüglich der Sicherstellung des Versicherten und seiner Familie über die ursprünglich vorgesehene Sicherung, die im wesentlichen die Deckung der Kosten und den Ausgleich des Einkommensausfalls im Falle der Krankheit für in abhängiger Beschäftigung stehende Personen 219 und ihre Familien vorsah, weit hinaus 220 . Die Aufgaben der Krankenversicherung sind heute (vgl. § 21 Abs. 1 SGB I): die Vorsorge zur Früherkennung und Verhütung von Krankheiten; die Krankenhilfe zur Heilung von Krankheiten, Eingliederung Behinderter und zur nachgehenden Sicherung der Gesundheit und Einkommenssicherung; die Mutterschaftshilfe bei Schwangerschaft und Entbindung; die Hilfe bei der Empfängnisregelung, bei legaler Sterilisation und legalem Schwangerschaftsabbruch; die Hilfe zur Weiterführung des Haushalts mit pflegebedürftigem Kind und zur Weiterführung des landwirtschaftlichen Betriebs und ein finanzieller Beitrag (Sterbegeld) beim Tod des Versicherten oder mitversicherter Angehöriger 221 . Nicht nur durch den stark ausgebauten Leistungskatalog der Krankenversicherung, sondern vor allen Dingen durch die starke Steigerung der Kosten für zu erbringende Leistungen selbst (z. B. für Krankenhauspflege, ärztliche und zahnärztliche Leistungen) und durch die erhöhte Inanspruchnahme angebotener Leistungen infolge eines gewachsenen Gesundheitsbewußtseins haben die Ausgaben für Leistungen der Krankenversicherung heute ein Volumen von rund 77 Mil-

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zialversicherung v. 16. 6. 1958), in Nordrhein-Westfalen: ein Oberversicherungsamt (vgl. § 6 LOG vom 10. 7. 1962). So z. B. in Niedersachsen nach dem Gesetz über die Neuregelung der Aufsicht über die landesunmittelbaren Träger der gesetzlichen Krankenversicherung und die landesunmittelbaren Verbände v. 20. 12. 1957 und in Nordrhein-Westfalen nach der Verordnung über die Übertragung der Aufsicht über die landesunmittelbaren Krankenkassen und Kassenverbände auf die Versicherungsämter v. 11. 12. 1956. Vgl. Rudolf, in: Erichsen / Martens, Allg. VwR, §§ 55 II, 56 III. Vgl. z. B. Rudolf, in: Erichsen / Martens, Allg. VwR, §§ 55 III, 57 II. Dazu Sc/iewe(Hrsg.), Die Praxis des Bundesversicherungsamtes, 1977. BGBl. I 1956,415. Vgl. hierzu oben II, 4 a aa. Dazu Gitter, in: BochKomm, zu §§ 4 und 21, jeweils Rdnr. 1 ff. m. w. N.; vgl. ferner zu den Präventionsleistungen der Krankenversicherung Bley, Sozialrecht, S. 201 f. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.), Übersicht, S. 182.

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liarden DM erreicht 222 (1975: 63,4 Mrd. DM) 223 . Mit einem zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung weiter überproportionalen Wachstum der Erfüllungskosten, das allerdings durch gesetzliche Maßnahmen 2 2 4 verlangsamt werden soll, muß gerechnet werden 225 . In den nächsten Jahren werden weitere intensive Anstrengungen erforderlich sein, diese Kostenexpansion, die in den vergangenen Jahren z, T. bei 20 v. H. lag, zu bewältigen 226 . Ein wesentlicher Aspekt wird dabei auch die „Belastbarkeit" der Versicherten hinsichtlich ihrer Beitragsverpflichtung sein. Der durchschnittliche Beitragssatz, der am 1. 7. 1973 bei 9,16 v. H. lag, ist inzwischen auf 11,4 v. H. angestiegen 227 . Da die Beiträge — die einzige wesentliche Finanzierungsquelle der Krankenversicherung — so zu bemessen sind, daß sie zusammen mit den anderen Einnahmen insbesondere die gesetzlich vorgeschriebenen und zugelassenen Ausgaben decken (§ 21 SGB IV), kann eine Konsolidierung der Finanzierung der Krankenversicherung nur über den Abbau bisher vorgeschriebener Leistungen 228 oder über eine Minderung der Kostenzuwächse für zu erbringende Leistungen erfolgen. Die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen (§ 405 a RVO) 229 könnte — so umstritten ihre Wirksamkeit auch sein mag — ein Anfang zur allgemeinen und längerfristigen Verlangsamung des Kostenanstiegs in den wesentlichen Ausgabenbereichen der Krankenversicherung sein. Die jetzt gefundene Lösung zur Finanzierung der Krankenversicherung der Rentner bringt, abgesehen von der Festlegung des von den Rentenversicherungsträgern zu zahlenden Beitrags von effektiv etwa 11 v. H. der Rentenzahlbeträge (§§ 385 Abs. 2, 1304 d RVO, § 83 d AVG), eine sicherlich sinnvolle Verteilung der besonderen Belastungen durch diesen Versichertenkreis gleichmäßig auf alle Krankenversicherungsträger. Besonders die ungewöhnlich hohen Belastungen einzelner Versicherungsträger durch einen hohen Rentneranteil un-

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Vgl. Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, in: BAB1. 9 / 1 9 8 0 , S. 147 Tab. 254. Vgl. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, (Hrsg.), Übersicht, S. 26 ff.; Fischwasser, in: D O K 1978, 3ff. Gesetz zur Dämpfung der Ausgabenentwicklung und zur Strukturverbesserung in der gesetzlichen Krankenversicherung (Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz - KVKG) v. 27. 6. 1977 (BGBl. I, S. 1069); dazu auch Kierstein, BKK 1977, 249ff.; Fischwasser, D O K 1978, 3ff.; Zipperer, D O K 1978, 11 ff. Siebeck, Zur Kostenentwicklung in der Krankenversicherung — Ursachen und Hintergründe, 1976. Vgl. zur Problematik Herder-Dorneich, Wachstum und Gleichgewicht im Gesundheitswesen, 1976; Schaper, ZSR 1977, 637ff.; Thiemeyer, ZSR 1977, 181 ff.; Institut fiir Sozialrecht der Ruhr-Universität Bochum, ZSR 1976, 129 ff. Vgl. Bundesministerium fiir Arbeit und Sozialordnung, in: BAB1. 10/1980, S. 150 Tab. 297. Einige Begrenzungen im Leistungsrecht der Krankenversicherung waren schon im Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz (KVKG) vorgesehen. Vgl. Kierstein, BKK 1977, 255ff.; Zipperer, D O K 1978, 15ff.

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ter den Versicherten werden nivelliert 230 . Zusammen mit dem möglichen, in § 4 1 4 b Abs. 2 a RVO vorgesehenen allgemeinen Finanzausgleich 231 , kann hier eine gewisse Tendenz zur Veränderung des bestehenden gegliederten Krankenversicherungsgefüges gesehen werden. aa) Versicherter Personenkreis: Der versicherte Personenkreis wird zunächst in zwei Gruppen geteilt: Personen, die kraft Gesetzes oder Satzung (Versicherungspflicht) versichert sind, und solche Personen, die auf Grund freiwilligen Beitritts oder freiwilliger Fortsetzung der Versicherung (Versicherungsberechtigung) der Versicherung angehören (§ 2 Abs. 1 SGB IV). Versicherungspflichtig sind nach § 165 RVO: Arbeitnehmer(§ 2 Abs. 2 Nr. 1 SGB IV, § 165 Abs. 1 Nr. 1 und 2 RVO), Behinderte, die in geschützten Einrichtungen 232 arbeiten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 SGB IV, §§ 2 und 3 SVBG, § 165 Abs. 1 Nr. 2 a, b RVO) und Behinderte 233 , die wegen berufsfördernder Maßnahmen zur Rehabilitation Übergangsgeld (soweit es nicht nach dem BVG berechnet wird) beziehen (§ 165 Abs. 1 Nr. 4 RVO), Jugendliche in Einrichtungen der Jugendhilfe (§ 165 Abs. 1 Nr. 2 a RVO), Studenten und Praktikanten (§ 165 Abs. 1 Nr. 5 und 6 RVO), land- und forstwirtschaftliche Unternehmer einschließlich ihrer mitarbeitenden Familienangehörigen und der Altersgeldbezieher (§ 2 KVLG), Arbeitslose (§ 155 AFG) und Rentner (§ 165 Abs. 1 Nr. 3 RVO). Als selbständig Tätige sind nach § 166 RVO (vgl. auch § 2 Abs. 2 Nr. 4 bis 7 SGB IV) Hausgewerbetreibende, Lehrer, Erzieher und Musiker und in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- und Kinderpflege selbständig tätige Personen, die in ihren Betrieben keine Angestellten beschäftigen, Artisten und Hebammen mit Niederlassungserlaubnis unter der Bedingung versicherungspflichtig, daß ihr regelmäßiges Jahreseinkommen (vgl. § 15 SGB IV) nicht 75 v. H. der für Jahresbezüge in der Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze (§ 1385 Abs. 2 RVO) 235 übersteigt. Die zahlenmäßig größte Gruppe der Pflichtversicherten sind die Arbeitnehmer einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten (vgl. ausdrücklich § 2 Abs. 2 Nr. 1 SGB IV). Unterschieden wird hier — obwohl nicht mehr von großer Bedeutung — zwischen Arbeitern und Angestellten, wobei als allgemeines Unterscheidungskriterium maßgebend ist, ob der Betreffende eine überwiegend körperliche 229 230 231 232

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Vgl. Schirmer, DOK 1978, 51 ff. Vgl. Kierstein, BKK 1977, 251 ff.; ders., DOK 1978, 30f. Vgl. Kierstein, BKK 1977, 264. Vgl. Gesetz über die Sozialversicherung Behinderter in geschützten Einrichtungen (SVBG) v. 7. 8. 1975 (BGBl. I, S. 1061). Vgl. Gesetz über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (Reha-AnglG) v. 7. 8. 1974 (BGBl. I, S. 1536). Vgl. Gesetz über die Krankenversicherung der Studenten (KVSG) v. 24. 6. 1975 (BGBl. I, S. 1536). Diese Beitragsbemessungsgrenze basiert auf der allgemeinen Rentenbemessungsgrundlage der Rentenversicherung (§ 1255 Abs. 2 RVO, § 32 Abs. 2 AVG) und wird jährlich vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung bekannt gemacht. Sie liegt für die GKV (75%) ab 1. Jan. 1981 bei 3300,- DM monatlichem Einkommen.

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oder geistige Beschäftigung ausübt. Die beispielhaften Aufzählungen in den §§ 165 a und 165 b RVO sowie im sog. „Berufsgruppenkatalog" 236 geben Hinweise für eine Zuordnung; letztlich entscheidend soll jedoch die Verkehrsauffassung der Beteiligten sein 237 . Voraussetzung für das Bestehen der Versicherungspflicht ist die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses 238 und der Bezug von Entgelt, soweit es sich nicht um Auszubildende handelt (§ 165 Abs. 2 RVO). Angestellte sind nur dann versicherungspflichtig, wenn ihr regelmäßiger Jahresarbeitsverdienst (vgl. § 14 SGB IV) 75 v. H. der für Jahresbezüge in der Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze (§ 1385 Abs. 2 RVO) 239 nicht übersteigt 240 . Bei Überschreitung der Jahresarbeitsverdienstgrenze scheiden Angestellte aus der Pflichtversicherung aus (§ 165 Abs. 5 RVO). Die Versicherung (Mitgliedschaft) Versicherungspflichtiger beginnt mit dem Beschäftigungsverhältnis, regelmäßig mit dem Beginn des Tages der tatsächlichen Arbeitsaufnahme (§ 306 Abs. 1 RVO) 241 . Sie endet entsprechend. Die Mitgliedschaft ist grundsätzlich von keiner Meldung (§317 RVO) abhängig, ebensowenig von Beitragszahlungen. Die freiwillige Versicherung (Versicherungsberechtigung) ist als Selbstversicherung und als Weitemrsicherung möglich. Den zur Selbstversicherung berechtigten Personenkreis bezeichnen die §§ 176, 176 a, 176 b, 176 c RVO und § 6 KVLG. Freiwillig beitreten können die berechtigten Personen nur, wenn ihr jährliches Gesamteinkommen (vgl. § 16 SGB IV) 75 v. H. der für Jahresbezüge in der Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze (§ 1385 Abs. 2 RVO) 242 nicht übersteigt. Weitere Beitrittsvoraussetzungen (Altersgrenze) kann die Satzung der Kasse in gewissen Fällen bestimmen (§ 176 Abs. 3 RVO). Die Geltendmachung des Beitrittsrechts erfolgt durch die Anmeldung, die Mitgliedschaft beginnt mit dem Beitritt (§310 Abs. 1 RVO). Zur Weiterversicherung sind Personen berechtigt, die aus der Pflichtversicherung ausscheiden, eine gewisse Vorversicherungszeit erfüllt haben und die Meldung zur Weiterversicherung binnen eines Monats nach dem Ausscheiden aus der Pflichtversicherung vorgenommen haben (§313 Abs. 1 und 2 RVO, § 5 KVLG). Die Mitgliedschaft freiwillig Beigetretener und freiwillig Weiterversicherter endet durch Austritt, möglicherweise kraft Gesetzes durch Beitragsverzug (§314 RVO). 236 237

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RAM v. 8. 3. 24 mit Ergänzungen (RGBl. I, 1927, S. 58 u n d S. 222). Beispielhaft: RVA A N 1940, 254 (255); BSGE 10, 82; 24, 29 (30); 24, 123 (124); 29, 108 (110). Vgl. auch Bley, Sozialrecht, S. 107. Vgl. oben I I 4 a a a ; Wallerath, ZSR 1977, 159ff. Beispielhaft u n d ergänzend: BSGE 3, 30; 27, 197. Vgl. F N 235. Die Jahresarbeitsverdienstgrenze gilt nicht für Angestellte auf Seefahrzeugen (§ 13 SGB IV, § 165 III RVO). Zur Berechnung: § 165 IV RVO; Krauskopf, Komm., § 165 Anm. 4.2. m. w. N. Vgl. oben II 4 a aa; Krauskopf, Komm., § 165 Anm. 5.1. m. w. N. Vgl. FN 235.

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Eine formale Mitgliedschaft ist nach den §§ 315. 315 a RVO möglich, eine formale Versicherung!43 nach § 213 RVO und § 40 KVLG. bb) Leistungen: Versicherungsleistungen können, je nach Grund und näherer Ausgestaltung der in §21 Abs. 1 SGBI aufgeführten Leistungen solche sein, die man in Präventions-, Restitutions- (Rehabilitations-) und Kompensationsleistungen einteilen kann 244 : Maßnahmen zur Früherkennung (und Verhütung) von Krankheiten (§§181, 181a, 187 Nr. 1 u. 2 RVO, §§8, 9, 11 KVLG), Krankenhilfe (§ 182 RVO, § 12 KVLG), Mutterschaftshilfe (§§ 195 ff. RVO, §§ 22 ff. KVLG), sonstige Hilfen (§§ 200 e, 200 f, 200 g RVO, §§ 31 a, 31 b, 31 c KVLG), Sterbegeld(§§ 201, 202 RVO, § 37 KVLG) und Familienhilfe (§§ 205, 205 a, 205 b RVO, §§ 32, 33, 37 KVLG): Anspruch auf Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten besteht für Kinder bis zur Vollendung des 4. Lebensjahres auf Untersuchung zur Früherkennung von Krankheiten, die eine normale körperliche oder geistige Entwicklung des Kindes in besonderem Maße gefährden (§181 Abs. 1 Nr. 1 RVO), für Frauen vom Beginn des 20. Lebensjahres, für Männer vom Beginn des 45. Lebensjahres an einmal jährlich auf eine Untersuchung zur Früherkennung von Krebserkrankungen (§181 Abs. 1 Nr. 2 und 3 RVO). Die Versicherten haben einen Anspruch auf diese Maßnahmen sowohl für sich wie für ihre Familienangehörigen (§§ 181 Abs. 1, 205 RVO). Sie legen dem Arzt einen sog. Berechtigungsschein vor, der ihnen von der Krankenkasse ausgestellt wird (§ 181 b RVO). Von dem Anspruch auf Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten nach § 181 RVO wird bislang nur wenig Gebrauch gemacht. Weitere Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten können durch Rechtsverordnung vorgesehen werden (§ 181 a RVO). Zur Zeit werden Überlegungen angestellt, ob Kreislauf-Überwachungen in den ärztlichen Früherkennungsdienst einbezogen werden sollen. Im Rahmen der Krankenhilfe (Katalog der Leistungen in § 182 RVO) wird Krankenpflege während der Dauer der Mitgliedschaft — auf Grund eines Krankenscheins (§ 188 RVO) - zeitlich unbegrenzt (bis zur Ausheilung) gewährt (§ 183 Abs. 1 RVO) 245 . Sie muß ausreichend und zweckmäßig sein, darf jedoch das Maß des Notwendigen nicht übersteigen (§ 182 Abs. 2 RVO) 246 . Sie umfaßt ärztliche (zahnärztliche) Behandlung durch einen zur Kassenpraxis zugelassenen, frei gewählten Arzt 247 , ferner Versorgung mit ärztlich ver243 244 245

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Zum Unterschied vgl. oben II 4 a aa. Vgl. Bley, Sozialrecht, S. 201 ff. Nach dem sog. Sachleistungsprinzip, das auch Dienstleistungen i. S. v. § 11 SGB I einbezieht; vgl. BSG, in: SGb 1980, 203. Die Angestellten-Ersatzkassen verfahren demgegenüber für ihre Mitglieder ab bestimmtem Bruttoarbeitsverdienst nach dem sog. Kostenerstattungsprinzip. Vgl. hierzu Schreiben des BVA vom 2.8. 1971 in: Selbstverwaltung der Ortskrankenkassen 1971, 244f.; Dembowski, SozSich 1971, 163; (o. V.) ErsK 1971, 397 ff. Vgl. auch § 368 e RVO. Vgl. aber § 368 d Abs. 2 und 3 RVO.

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ordneten Arzneien 248 , Brillen 249 , Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln 250 , Zuschüsse zu den Kosten für Zahnersatz 2 5 1 , Belastungserprobungen und Arbeitstherapie 2 5 2 sowie häusliche Krankenpflege. Der Versicherte hat einen Anspruch auf Krankenpflege sowohl für sich wie für seine Familienangehörigen (§§ 182 Abs. 1 Nr. 1, 205 RVO). Krankengeld, das den infolge Arbeitsunfähigkeit entgehenden Lohn (Gehalt) ersetzen soll, wird bei Arbeitsunfall oder Berufskrankheit i. S. d. gesetzlichen Unfallversicherung von dem Tage der ärztlichen Feststellung 253 der Arbeitsunfähigkeit an gezahlt, in anderen Fällen von dem darauffolgenden Tag an (§ 182 Abs. 3 RVO). Es beträgt 80 v. H. des wegen der Arbeitsunfähigkeit entgangenen Regellohnes und darf das entgangene regelmäßige Nettoarbeitsentgelt nicht übersteigen (§ 182 Abs. 4 RVO) 254 . Krankengeld wird ebenso wie Krankenpflege ohne zeitliche Begrenzung gewährt, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit 2 5 5 jedoch für höchstens 78 Wochen innerhalb von je 3 Jahren, gerechnet vom Tag des Beginns an (§ 183 Abs. 2 RVO). Unter den Voraussetzungen des § 192 RVO kann Krankengeld versagt werden. Der Anspruch auf Krankengeld ruht, wenn und soweit der Versicherte während der Krankheit Arbeitsentgelt erhält (§ 189 RVO). Da seit dem Inkrafttreten des LFG 2 5 6 bei Arbeitsunfähigkeit auch Arbeiter einen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts bis zur Dauer von 6 Wochen haben (§ 1 LFG), sind die Krankenkassen heute für diese Zeit von der Zahlung von Krankengeld freigestellt. Sie haben jedoch ggf. die von den Arbeitgebern durch Umlage aufgebrachten Mittel zur Durchführung des Ausgleichs der für Lohnfortzahlung erbrachten Aufwendungen als zweckgebundenes Sondervermögen zu verwalten (§§ 14, 15 LFG). Ferner haben die in § 10 L F G genannten Träger der Krankenversicherung denjenigen Arbeitgebern, die in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigen, 80 v. H. des an Arbeiter fortgezahlten Arbeitsentgelts sowie ebenfalls in § 10 Abs. 1 L F G näher bestimmte Sozialbeiträge zu erstatten 257 .

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Zur „Arzneikostengebühr" (Beteiligung) vgl. § 182 a RVO. Die Versorgung mit Arznei-, Verband- und Heilmitteln und mit Brillen kann evtl. durch Richtlinien näher bestimmt werden (§ 368 p RVO). Vgl. § 182 b RVO. Vgl. § 182 c RVO. Vgl. § 182 d RVO. Vgl. dazu BSGE 24, 278; 26, 111. Zur Berechnung des Krankengeldes vgl. § 182 Abs. 4, 5, 6, 8 und 9 RVO. Zum Begriff u . a . BSG, SozR Nr. 20, 21, 22, 27 zu § 182 RVO; Brackmann, Handbuch, S. 388 c ff.; Horst Peters, Handbuch, § 182 Anm. 16. Zum gleitenden Krankengeld vgl. BSGE 19, 25. Vgl. Brackmann, Handbuch, S. 396ff.; Horst Peters, Handbuch, § 183 Anm. 3 c. Lohnfortzahlungsgesetz vom 27. 7. 1969 (BGBl. I, S. 946). Vgl. dazu u. a. Brackmann, Handbuch, S. 388 k; Horst Peters, Handbuch, Vorbem. II bis IV zu § 179. Vgl. Henke, Grundzüge, S. 165.

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Neben Krankenpflege und Krankengeld umfaßt Krankenhilfe noch Krankenhauspflege (§ 184 RVO), Hauspflege (§§ 185, 185 a RVO), Haushaltshilfe (§ 185 b RVO) und das sog. „Kinder-Krankengeld"® 185 c RVO). Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Krankenhauspflege steht nicht mehr wie früher im pflichtgemäßen Ermessen der Krankenkassen. Ist ein stationärer Aufenthalt zur Erkennung, Behandlung oder Linderung einer Krankheit notwendig, so besteht schlechthin ein Anspruch auf Krankenhauspflege (§ 184 Abs.l RVO). Dem Versicherten steht die Wahl des Krankenhauses — vorbehaltlich des § 371 RVO — frei. Nimmt er ohne zwingenden Grund ein anderes als eines der nächsterreichbaren geeigneten Krankenhäuser in Anspruch, so hat er allerdings die Mehrkosten zu tragen (§ 184 Abs. 2 RVO). Auch Krankenhauspflege wird zeitlich unbegrenzt gewährt (§ 184 Abs. 1 RVO). Vom Beginn der Krankenhauspflege an ist Krankengeld unabhängig davon zu zahlen, ob der Versicherte arbeitsunfähig ist (§ 186 Abs. 1 RVO). Wenn Krankenhauspflege geboten, aber nicht ausführbar ist oder wenn ein wichtiger Grund vorliegt, den Kranken in seinem Haushalt oder in seiner Familie zu belassen, kann die Krankenhauspflege mit Zustimmung des Versicherten durch Hauspflege (Krankenpfleger, Krankenschwester) ersetzt werden (§ 185 Abs. 1 RVO). Da entsprechende Pflegekräfte z. Z. kaum zur Verfügung stehen, ist diese Art von Krankenhilfe wenig verbreitet. Dasselbe gilt für § 185 b RVO, wonach Versicherte einen Anspruch auf Haushaltshilfe haben, wenn wegen Aufenthalts in einem Krankenhaus oder wegen eines Kuraufenthalts die Weiterführung des Haushalts nicht möglich ist258. Voraussetzung ist ferner, daß im Haushalt ein Kind lebt, welches das 8. Lebensjahr nicht vollendet hat oder behindert und auf Hilfe angewiesen ist. Wenn die Krankenkasse keine Haushaltshilfe stellen kann oder ein Grund besteht, von der Stellung einer Ersatzkraft abzusehen, hat der Versicherte Anspruch darauf, daß ihm in angemessener Höhe die Kosten für eine selbstbeschaffte Ersatzkraft erstattet werden (§ 185 Abs. 2 RVO). In der Öffentlichkeit noch wenig bekannt ist der Anspruch auf das sog. „Kinder-Krankengeld": Wenn es nach ärztlichem Zeugnis erforderlich ist, daß der Versicherte zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege seines erkrankten Kindes (§ 205 Abs. 2 RVO) der Arbeit fernbleibt, eine andere im Haushalt des Versicherten lebende Person die Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege nicht übernehmen kann und das Kind das 8. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, so hat der Versicherte gegen seinen Arbeitgeber einen Anspruch auf unbezahlte Freistellung von der Arbeit, sofern nicht aus dem gleichen Grund ein Anspruch auf bezahlte Freistellung besteht. Gegen seine Krankenkasse hat er einen Anspruch auf Krankengeld, Beide Ansprüche bestehen in jedem Kalenderjahr für jedes Kind längstens für 5 Arbeitstage (§ 185 c RVO). 258

Zur Einstellung einer Ersatzkraft bei Erkrankung der Ehefrau vgl. BSGE 43, 170 u. BSG NJW 1978, 288.

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Die wichtigsten Ansprüche, die sich für eine Versicherte aus der Mutterschaftshilfe (§§ 195ff. RVO) ergeben, sind: (1) Anspruch auf ärztliche Betreuung und Hilfe sowie Hebammenhilfe während der Schwangerschaft bzw. nach der Entbindung. Zur ärztlichen Untersuchung während der Schwangerschaft gehören insbesondere Untersuchungen zur Feststellung der Schwangerschaft und Vorsorgeuntersuchungen einschließlich der laborärztlichen Untersuchungen (§§ 195 Nr. 1, 196 RVO). (2) Anspruch auf Versorgung mit Arznei-, Verband- und Heilmitteln (§§ 195 Nr. 2, 197 RVO). (3) Anspruch auf einen Pauschbetrag von 100,- DM für die im Zusammenhang mit der Entbindung entstehenden sonstigen Aufwendungen, soweit die zur ausreichenden und zweckmäßigen ärztlichen Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung gehörenden Untersuchungen (§ 196 RVO) in Anspruch genommen wurden (§§195 Nr. 3, 198 RVO). (4) Anspruch auf Pflege in einer Entbindungs- oder Krankenanstalt, jedoch für die Zeit nach der Entbindung für längstens 10 Tage (§§ 195 Nr. 4, 199 Abs. 1 RVO). (5) Anspruch auf Mutterschaftsgeld (§§ 195 Nr. 5, 200ff. RVO) 259 . Zu den sonstigen Hilfen (§§ 200 eff. RVO) zählt der Anspruch auf ärztliche Beratung über Fragen der Empfängnisregelung (§ 200 e RVO). Die Beratung kann sowohl die Empfängnisverhütung als auch die Herbeiführung einer Schwangerschaft zum Ziel haben. Zur ärztlichen Beratung gehören auch die erforderliche Untersuchung und die Verordnung von empfängnisregelnden Mitteln, nicht aber die Kosten für empfängnisregelnde Mittel selbst (anders § 37 b BSHG). Die Vorschrift des § 200 f RVO (§ 31 b KVLG) gibt den Versicherten einen Anspruch auf Leistungen der Krankenversicherung bei einer nicht rechtswidrigen Sterilisation und bei einem nicht rechtswidrigen Abbruch der Schwangerschaft, wenn diese Maßnahmen durch einen Arzt vorgenommen werden. Die Frage, ob Rechtswidrigkeit zu verneinen ist, beurteilt sich nach den Vorschriften des Strafrechts. Als Leistungen werden gewährt: ärztliche Beratung über die Erhaltung und den Abbruch der Schwangerschaft, ärztliche Untersuchung und Begutachtung zur Feststellung der Voraussetzungen für eine nicht rechtswidrige Sterilisation oder für einen nicht rechtswidrigen Schwangerschaftsabbruch, ärztliche Behandlung, Versorgung mit Arznei, Verband- und Heilmitteln sowie Krankenhauspflege. Anspruch auf Krankengeld besteht, wenn Versicherte wegen einer nicht rechtswidrigen Sterilisation oder wegen eines nicht rechtswidrigen Abbruchs der Schwangerschaft durch einen Arzt arbeitsunfähig werden, es sei denn, es besteht ein Anspruch nach § 182 Abs. 1 Nr. 2 RVO (§ 200 f. RVO). Bezugsberechtigt für das Sterbegeld ist, wer die Bestattung besorgt hat und, wenn ein Überschuß bleibt, nacheinander der Ehegatte, die Kinder, die Eltern und die Geschwister, sofern sie mit dem Verstorbenen z. Z. seines Todes in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben. Fehlen solche Berechtigten, verbleibt der Überschuß der Krankenkasse (§ 203 RVO). Sofern sich aus der Sat259

Einzelheiten zur Zahlung des Mutterschaftsgeldes bei Brackmann, Handbuch, S. 411 ff.; Tons, Mutterschaftshilfe der Krankenkassen, 1966ff. (Losebl.-Slg.).

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zung kein höherer Betrag ergibt (§ 204 RVO), beträgt das Sterbegeld das Zwanzigfache des Grundlohns (vgl. § 180 RVO), mindestens jedoch 100.- DM (§ 201 RVO). Der Anspruch auf Familienhilfe schließlich, der — bis auf das Fehlen des Anspruchs auf Krankengeld — zwar der Art (vgl. §§ 205 ff. RVO), nicht jedoch dem Umfang nach (Dauer und / oder Höhe) den dem Versicherten selbst geschuldeten Leistungen entspricht, steht nicht den Familienangehörigen, d. h. den unterhaltsberechtigten Ehegatten 260 und den unterhaltsberechtigten Kindern 261 , sondern allein dem Versicherten zu (§ 205 RVO)262. Diese Bezogenheit auf den versicherten Familienvater, wie parallele Rechtsgebilde historisch erklärbar, entspricht nicht mehr zeitgemäßem Denken 263 . Wenn schon die Tätigkeit der Ehefrau im Haushalt als der beruflichen Arbeit des Ehemannes gleichwertig angesehen wird, dann wird ihr zukünftig auch ein eigenständiger Anspruch auf Sachleistungen der Krankenversicherung einzuräumen sein. Reformbedürftig ist das Recht der GKV auch in den Fällen, in denen beide Ehegatten berufstätig sind. Sie zahlen dann zweimal Beiträge für bestimmte Leistungen, die sie nur einmal erhalten können 264 . Voraussetzungen für einen Anspruch auf Leistungen gegen einen Krankenversicherungsträger sind: (1)Das Bestehen einer Mitgliedschaft (Versicherung). Unter gewissen Voraussetzungen können auch nach Beendigung der Mitgliedschaft bzw. nach dem Ausscheiden aus der Versicherung Leistungsansprüche gegeben sein (§214 RVO). Über den Tag des Ausscheidens hinaus können Leistungsansprüche erhalten bleiben (§§ 183 Abs. 1 und 2, 202 RVO). Im Falle des § 213 RVO kann auch ohne Mitgliedschaft ein Leistungsanspruch bestehen. (2) Eintritt eines Versicherungsfalls. Ein bestimmtes Ereignis oder das Zusammentreffen mehrerer Ereignisse im Leben des Versicherten, gegen deren Nachteile die Versicherung Schutz gewähren soll bzw. zu gewähren hat, werden auch in der Sozialversicherung als „Versicherungsfall" bezeichnet 265 . Der Versicherungsfall tritt mit den objektiv feststehenden Ereignissen ein, die ihn ergeben 266 . Die Versicherungsfälle der Krankenversicherung sind Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung, ferner der Tod des Versicherten. Ohne 260

261 262 263

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265 266

Zur Unterhaltsberechtigung: BSGE 10, 28; 11, 20 und 198; 12, 38; 19, 282; BSG, SozR Nr. 6, 9 zu § 205 RVO; Brackmann, Handbuch, S. 408 d ff.; Horst Peters, Handbuch, § 205 Anm. 8, 9. Zur Kindeseigenschaft s. § 205 Abs. 2 RVO und BSGE 14, 261. BSG, in: SozR Nr. 23 zu § 205 RVO und in: FamRZ 1967, 676. Vgl. auch die Reformbestrebungen in der Rentenversicherung unter dem Stichwort „Rentenreform 1984". Vgl. Horst Peters, ZSR 1974, 521 (528); ders., zu weiteren Reformfragen der GKV: ZSR 1974, 324 ff., 385 ff. Wannagat, Lehrbuch, S. 291; Bley, Sozialrecht, S. 152; oben II 4 a aa. BSGE 20, 48 (50); Breithaupt 1966, 310 (311); zu den „Versicherungsfällen" insgesamt Bley, Sozialrecht, S. 152ff.; Henke, Grundzüge, S. 90ff.

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Versicherungsfall in diesem Sinne werden nur die M a ß n a h m e n zur Früherkennung von Krankheiten gewährt (§§181, 181 a, 205 RVO). Für diese Leistungen braucht weder objektiv noch subjektiv eine Krankheit zu bestehen. Zentrale Ausdrucksweisen im Zusammenhang mit den Versicherungsfällen und Leistungen der G K V sind Krankheit und Arbeitsunfähigkeit. Unter Krankheit ist jeder „regelwidrige Körper- oder Geisteszustand" zu verstehen, „dessen Eintritt entweder allein die Notwendigkeit einer Heilbehandlung oder zugleich oder auschließlich Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat" 2 6 7 . Das ist so von der Rechtsprechung unter Berücksichtigung des durch die Krankenversicherung zu deckenden Risikos, der rechtspolitischen Konsequenzen und eines angemessenen Schutzes des Versicherten entwickelt worden. Von einem „ B e g r i f f (mit festen Inhalten) wird dabei kaum die Rede sein können 2 6 8 . Ohnehin stimmen die juristischen Fixierungsversuche mit anderen Vorstellungen von Krankheit, z. B. den medizinischen, nicht voll überein 269 . Alle Vorstellungen über Krankheit und Kranksein sind schwer objektivierbar und einem ständigen Wandel unterworfen 2 7 0 . Nicht für die Gewährung von Krankenpflege, wohl aber für die Zahlung von Krankengeld ist Arbeitsunfähigkeit weitere Voraussetzung. Arbeitsunfähigkeit 2 7 1 ist die auf Krankheit beruhende Unfähigkeit des Berechtigten, „seine" Arbeit zu verrichten. Eine solche Unfähigkeit liegt vor, wenn der Erkrankte nicht oder nur mit der Gefahr, seinen Zustand zu verschlimmern, seiner bisher — d. h. der unmittelbar vor dem Eintritt des Versicherungsfalles — ausgeübten Erwerbstätigkeit nachgehen kann 2 7 2 . Dieser rechtliche „ B e g r i f f der Arbeitsunfähigkeit deckt sich ebenfalls nicht mit dem medizinischen. So kann Arbeitsunfähigkeit im Rechtssinne auch vorliegen, wenn der Versicherte zwar nicht im medizinischen Sinn krank ist, jedoch wegen Gesichtsentstellung keinen Arbeitsplatz findet oder als Bazillenträger andere gefährdet 2 7 3 . 267

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Vgl. u . a . BSGE 13, 134; 25, 37 (39); 26, 240 (242); 28, 114; 30, 151; 35, 10 (12); BSG, SozR Nr. 26 zu § 1531 RVO; Brackmann, Handbuch, S. 384ff.; Horst Peters, Handbuch, § 182 Anm. 3 c; Wannagat, Lehrbuch, S. 253; aber auch Viefliues, in: BochKomm, vor § 4 Rdnr. 6 ff. Vgl. dazu meine Überlegungen in: Festschrift zum 25jährigen Bestehen des BSG, S. 327 ff. Vgl. Horst Peters, in: Fs. f. Bogs, S. 293 und ArbVers 1962, 185; Grömig, ZSR 1963, 82; Klosterkötter, ZSR 1968, 321. Vgl. auch Institut für Sozialrecht der Ruhr-Universität Bochum, ZSR 1976, 411 ff. Zur Wandlung des Begriffs „Krankheit" vgl. z. B. Siebeck, Zur Kostenentwicklung in der Krankenversicherung 1976, S. 39ff.; Krasney, ZSR 1976, 411 ff. Arbeitsunfähigkeit ist nicht „Versicherungsfall" der Krankenversicherung; vgl. BSGE 18, 122 (125); 33, 202 (203); Brackmann, Handbuch, S. 390 b; Horst Peters, Handbuch, § 182 Anm. 12. BSGE 19, 179 (181); 26, 288; Brackmann, Handbuch, S. 390 c ff.; Horst Peters, Handbuch, § 182 Anm. 10. Vgl. Brackmann, Handbuch, S. 390 h; Wannagat, Lehrbuch, S. 281.

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(3) Besondere Voraussetzungen, die sich aus der jeweiligen Anspruchsnorm ergeben. Beispiele dafür sind Vorversicherungszeiten (§§ 200, 200 a RVO), Altersbedingungen (§181 RVO), keine andere Beaufsichtigungs-, Betreuungs- oder Pflegemöglichkeit für ein Kind unter 8 Jahren (§ 185 c RVO). Die Abwicklung sowohl der gesetzlichen Regelleistungen als auch etwaiger Mehrleistungen, die noch von den Krankenkassen erbracht werden dürfen (vgl. § 179 Absätze 2 und 3), läßt sich, vereinfacht, anhand des folgenden Vierecksverhältnisses verdeutlichen: (1) Versicherter / Krankenkasse: Der Versicherte hat keinen Erfüllungsanspruch gegen den Kassenarzt, sondern ausschließlich gegen den Träger der GKV (§ 182 Abs. 1 Nr. 1 a RVO). (2) Krankenkassen / Kassenärztliche Vereinigung: Die Leistungspflicht der Krankenkasse (§ 182 Abs. 1 Nr. 1 a RVO) korrespondiert mit der Verpflichtung des Kassenarztes, die Behandlung der Versicherten und ihrer Angehörigen zu übernehmen (§ 368 a Abs. 4 RVO) und mit der Verpflichtung der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV), die den Krankenkassen obliegende ärztliche Versorgung nach den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen sicherzustellen (§ 368 n Abs. 1 RVO). Zur Erfüllung des ihnen obliegenden sog. Sicherstellungsauftrags schließen die KÄVen mit den Krankenkassen sog. Gesamtverträge über die kassenärztliche Versorgung ab (§ 368 g Abs. 2 RVO). Sie werden auf zwei Ebenen geschlossen: Den allgemeinen Inhalt vereinbaren die Bundesverbände der Krankenkassen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen 274 in Bundesmantelverträgen (§ 368 g Abs. 3 RVO). Die Landesverbände der Krankenkassen und die KÄVen können den allgemeinen Inhalt nach den jeweiligen bezirklichen Bedürfnissen in Landesmantelverträgen spezifizieren (§ 368 g Abs. 2 RVO). Die Mantelverträge haben alles zu enthalten, was für eine gleichmäßige, ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Kranken notwendig ist (§ 368 g Abs. 1 RVO). Dem Bund oder den Ländern zuzurechnende Ausschüsse nach § 368 o RVO, welche Richtlinien erarbeiten (§ 368 p RVO). sowie Schiedsämter, die gemäß §§ 368 h und 368 i RVO zusammengesetzt sind und durch ihre Schiedssprüche (Verwaltungsakte) ggf. die fehlende Einigung über Gesamtverträge herbeiführen 275 , helfen mit, die in §§ 182 Abs. 2 und 368 g Abs. 1 RVO umrissene Zielsetzung, aber auch eine angemessene Vergütung der ärztlichen Leistungen zu erreichen. Dem Gesamtvertrag entspricht die sog. Gesamtvergütung, die von den Krankenkassen an die KÄVen für die gesamte Kassenärztliche Versorgung mit befreiender Wirkung gezahlt wird (§ 368 f Abs. 1 RVO). Wie der einzelne Arzt nicht die Vergütung vereinbart oder im Rahmen der Gebührenordnung selbst festsetzt, so hat er 274 275

Der Ärzte und Zahnärzte (vgl. § 368 k Abs. I RVO). Es handelt sich bei den Schiedssprüchen um Akte einer Zwangsschlichtung, die von den Sozialgerichten nur auf die Einhaltung der Ermessensgrenzen, auf Zuständigkeit und ordnungsgemäßes Verfahren überprüft werden können; vgl. BSG D O K 1964, 308 und BSGE 20, 73 ff.

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auch keinen Zahlungsanspruch gegen die Krankenkasse. Gläubigerin der einzelnen Krankenkasse ist allein die für sie zuständige KÄV. (3) KÄ Ven / Kassenärzte: Zur Durchführung der Versorgung bedienen sich die KÄVen der bei ihnen zugelassenen Kassenärzte (§§ 368 k und 368 n RVO). Nur in Notfällen 276 dürfen vom Versicherten nicht zugelassene Ärzte in Anspruch genommen werden (§ 368 d Abs. 1 Satz 2 RVO)277. (4) Kassenarzt / Versicherter: Für die Inanspruchnahme eines Kassenarztes händigt der Versicherte diesem einen von der Krankenkasse ausgestellten Krankenschein aus (§ 188 RVO). Die Übernahme der Behandlung verpflichtet den Kassenarzt gegenüber dem Versicherten zur Sorgfalt nach den Vorschriften des bürgerlichen Vertragsrechts (§ 368 d Abs. 4 RVO). An welche Vertragsvorschriften der Gesetzgeber gedacht hat, sagt das Gesetz nicht. Gemeint sein kann i. w. nur das Dienst- und Werkvertragsrecht. Deshalb finden auf die Haftung des Kassenarztes gegenüber dem Versicherten die Vorschriften der §§611 ff., 631 ff. BGB Anwendung 278 . Wenn § 368 d Abs. 4 RVO nur auf das Vertragsrecht verweist, ist das jedoch unvollständig. Es kann sich auch eine Haftung aus den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag ergeben (§§ 677 ff. BGB), z. B. bei Bewußtlosigkeit des Versicherten. Neben einer Haftung des Kassenarztes aus Vertrag oder Geschäftsführung ohne Auftrag kommt auch eine Haftung aus unerlaubter Handlung in Betracht279. Die Rechtsbeziehungen zwischen weiteren Hilfseinrichtungen und -personen der Krankenkassen (bzw. ihren Landesverbänden) zur Erfüllung ihrer Leistungspflichten gegenüber dem Versicherten, nämlich Krankenhäusern, Apotheken, Hebammen 280 , Krankenpflegern u.a. regeln die §§ 122, 371 ff., 414 e RVO281. cc) Finanzierung: Den § 20 SGB IV konkretisierend bestimmt § 380 RVO, daß die Mittel für die Krankenversicherung von den Arbeitgebern, den Versicherten, den Trägern der Rentenversicherung sowie dem Bund aufzubringen sind. Die Beiträge für die pflichtversicherten Arbeitnehmer nach § 165 Abs. 1 Nr. 1 und 2 RVO sind jeweils zur Hälfte von den Versicherten selbst und von ihren Arbeitgebern zu tragen (§381 Abs. 1 RVO). Dabei müssen sich die Arbeitnehmer bei den Lohnzahlungen ihren Beitragsanteil, gleichmäßig auf die Lohnzeiten verteilt, von ihrem Barlohn abziehen lassen (§§ 394, 395 RVO). Der Arbeitgeber ist verpflichtet, diesen Anteil zusammen mit seinem 276 277

278 279 280 281

Dazu vgl. BSGE34, 172. Die kassenärztlichen Vereinigungen können den Not- und Bereitschaftsdienst selbständig regeln: BSGE 44, 252. Vgl. BGH NJW 1975, 305 mit Anm. von Barnikel, NJW 1975, 592; Jakobs, NJW 1975, 1437 ff. Horst Peters, Handbuch, § 368 d Anm. 9 e. Deren Ansprüche gegen Krankenkassen aus § 376 a RVO sind vor den Sozialgerichten geltend zu machen: BGHZ 31, 24. Dabei sind Heilpraktiker und Psychotherapeuten nicht vorgesehen.

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eigenen an den Zahltagen bei dem Versicherungsträger einzuzahlen (§ 393 Abs. 1 RVO)282. Für die Rentner (§ 165 Abs. 1 Nr. 3 RVO) trägt der Rentenversicherungsträger die Beiträge (§381 Abs. 2 RVO); für Übergangsgeldbezieher der Träger der Eingliederung (§381 Abs. 3 a RVO). Studenten und Praktikanten (§ 165 Abs. 1 Nr. 3 und 6 RVO) haben ihren Beitrag ebenso allein zu tragen (§381 a Abs. 1 RVO)283 wie die freiwillig Versicherten und die Personen, die aufgrund eines Rentenantrags versichert sind (§§ 315 a, 381 Abs. 3 RVO). Die Höhe der Beiträge hat sich prinzipiell an den gesetzlich vorgesehenen und möglichen Ausgaben zu orientieren (§ 21 SGB IV). Zu anderen als zu den gesetzlich vorgesehenen Zwecken darf die Kasse keine Beiträge erheben (§§ 30 Abs. 1 SGB IV und 385 Abs. 4 RVO). Die Beiträge sind, soweit keine andere Berechnungsgrundlage vorgesehen ist (wie z. B. bei Rentnern nach § 385 Abs. 2 RVO und Übergangsgeldbeziehern nach § 385 Abs. 3 a RVO) in Hundertsteln des Grundlohns (§ 180 RVO) festzusetzen. dd) Organisation: Träger der gesetzlichen Krankenversicherung und zuständig für die Erbringung von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sind nach § 21 Abs. 2 SGB I: (1) die gesetzlichen Krankenkassen (§ 225 RVO). Dazu gehören die Betriebskrankenkassen, die für alle in Betrieben nach § 245 Abs. 1 RVO beschäftigten Versicherungspflichtigen und Versicherungsberechtigten zuständig sind (§ 245 Abs. 3 und 4 RVO). Die Innungskrankenkassen (§ 250 RVO) sind zuständig für alle Versicherungspflichtigen und Versicherungsberechtigten, die in einem Innungsbetrieb, der der Innung angehört, für die eine Krankenkasse errichtet ist, beschäftigt sind. Die Ortskrankenkassen (§ 226 RVO) sind schließlich zuständig für die Versicherungspflichtigen, die weder in die Bundesknappschaft oder die See-Krankenkasse noch in eine Betriebs- oder eine Innungskrankenkasse gehören (§ 234 Abs. 1 RVO). Das bedeutet: Die AOK ist „Auffangkasse". Dazu gehören z. B. unständig Beschäftigte (§ 442 RVO), im Wandergewerbe Beschäftigte (§ 459 RVO) und Hausgewerbetreibende (§§ 12 Abs. 1 SGB IV und 470 RVO). Die Zuständigkeit der Ortskrankenkassen wird durch den Beschäftigungsort (§§ 9 ff. SGB IV) näher bestimmt (§ 234 Abs. 1 S. 2 RVO). Freiwillig Versicherte können der für ihren Wohnort zuständigen Ortskrankenkasse oder der Krankenkasse angehören, der sie angehören würden oder könnten, wenn sie versicherungspflichtig wären (§ 238 RVO). (2) Die See-Krankenkasse ist der Seekasse angegliedert (§ 476 RVO) und nach §§ 477, 478 RVO zuständig für Seeleute, während die (3) Bundesknappschaft den durch §§ 1 und 2 RKG erfaßten Personenkreis in der Kranken- und Rentenversicherung betreut. Schließlich sind zu nennen die (4) den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften angegliederten landwirtschaftlichen Krankenkassen (§ 44 KVLG) mit ihrer Zuständigkeit nach §§ 2 - 6 KVLG und (5) die Ersatzkassen (§§ 504f. 282

283

Näheres zum Beitragsverfahren: §§ 1396ff. RVO. Die Träger der GK.V sind auch für andere Beiträge Einzugsstellen (§ 1399 RVO). Dazu ist weiter beachtlich, daß der Bund Zuschüsse zahlt (§ 381 a Abs. 2 RVO).

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RVO) 284 . Ihre Zuständigkeit richtet sich nach den Berufsgruppen, f ü r die sie errichtet wurden (z. B. Techniker, Kaufleute usw.). Der möglicherweise zu versichernde Personenkreis ist in der jeweiligen Satzung näher bestimmt, wobei eine Ausdehnung des Personenkreises nicht mehr möglich ist. Im Jahre 1980 gab es noch 1296 Träger der Krankenversicherung u n d rund 35,5 Millionen Versicherte 285 . Schon diese Zahlen weisen auf die Bedeutung der Krankenversicherung hin. c) Unfallversicherung: Auch die gesetzliche Unfallversicherung (GUV; § 22 SGB I), deren Grundgedanke ursprünglich die Ablösung der vertraglichen oder deliktischen Haftung des Unternehmers wegen Betriebsunfalls (§§618, 823 ff. BGB) gegenüber seinem Arbeitnehmer war, geht heute personell u n d sachlich über diese Zielsetzung weit hinaus 286 . Neben der Aufgabe, Arbeitsunfälle zu verhüten (§§ 537 Nr. 1, 546 RVO; Stichwort: Prävention) 2 8 7 , haben die Träger der GUV die Aufgabe, nach Eintritt eines Arbeitsunfalles den Verletzten, seine Angehörigen und seine Hinterbliebenen zu entschädigen; d. h., sie haben zu versuchen, den Verletzten wiederherzustellen, sie haben ihm Berufshilfe zu gewähren oder ihn oder seine Hinterbliebenen durch Geldleistungen zu entschädigen (§§ 537 Nr.2, 547 ff. RVO) 288 . aa) Versicherter Personenkreis: Der Personenkreis, der eine versicherungsgeschützte Tätigkeit ausübt, ist in den §§ 539ff. RVO aufgezählt. Dazu gehören zunächst die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehenden Arbeitnehmer (§ 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO), ferner z. B. Heimarbeiter und Hausgewerbetreibende i. S. d. § 12 SGB IV, ihre im Unternehmen tätigen Ehegatten sowie die sonstigen mitarbeitenden Personen (§ 539 Abs. 1 Nr. 2 RVO), weiter vertraglich verpflichtete Künstler und Artisten (§ 539 Abs. 1 Nr. 3 RVO) sowie Personen, die nach den Vorschriften des A F G oder B S H G ihren Meldepflichten nachkommen (§ 539 Abs. 1 Nr. 4 RVO). Hinzu kommen landwirtschaftliche Unternehmer und ihre Ehegatten (§ 539 Abs. 1 Nr. 5 RVO), Personen, die unmittelbar im öffentlichen Interesse tätig sind — z. B. im Gesundheitswesen, Veterinärwesen oder in der Wohlfahrtspflege (§ 539 Abs. 1 Nr. 7 RVO), in der Bergwacht, beim Roten Kreuz, bei der D L R G , beim Katastrophenschutz 2 8 9 , als Lebensretter, Blut- und Transplantatspender 284

Aufbaugesetz vom 5. 7. 1934 (RGBl. I, S. 577). Vgl. Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, in: BAB1. 10/1980, S. 150 Tab. 361. 286 Dazu näher Henke, Grundzüge, S. 106ff. und Gitter, in: BochKomm, zu § 2 2 Rdnr. 1 ff. 287 Vgl. dazu auch §§ 7 0 8 - 7 2 0 RVO (Unfallverhütungsvorschriften und Überwachung) und das Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit v. 12. 12. 1973 - BGBl. I, 1885. Hier handelt es sich weniger um Sozialrecht als um „Gefahrenabwehr" i. S. d. Polizeirechts; zu diesem Stichwort Friauf, in diesem Lehrbuch. 288 per Bundesminister fiir Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.), Übersicht, S. 212. 289 Vgl. Gesetz über Erweiterung des Katastrophenschutzes vom 9. 7. 1968 (BGBl. I, S. 776).

285

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(§ 539 Abs. 1 Nr. 9 und 10 RVO) weiter Kindergartenbesucher, Schüler, Studenten (§ 539 Abs. 1 Nr. 14 RVO) sowie Personen, die in Selbsthilfe öffentlich geförderte oder steuerbegünstigte Wohnungen bauen (§ 539 Abs. 1 Nr. 15 RVO) oder als Entwicklungshelfer im Ausland tätig sind (Nr. 16) oder den Voraussetzungen von § 539 Abs. 1 Nr. 17 RVO entsprechen. Schließlich sind die Personen geschützt, die — wenn auch nur vorübergehend — wie ein nach § 539 Abs. 1 RVO Versicherter tätig werden (§ 539 Abs. 2 RVO) 290 . Dazu gehört etwa ein Autofahrer, der — ohne daß ein Unglücksfall vorliegt (§ 539 Abs. 1 Nr. 9 a RVO) — ein gefährliches, auf der Straße befindliches Verkehrshindernis beseitigt. Der Autofahrer wird hier wie ein Bediensteter der Gemeinde tätig (§§ 539 Abs. 2, 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO), in deren Aufgabenkreis die Hindernisbeseitigung eigentlich fiele. Nach § 543 RVO kann der Träger der GUV die Versicherung auf Unternehmer und ihre im Unternehmen tätigen Ehegatten erstrecken, sofern nicht bereits Versicherungsschutz kraft Gesetzes gegeben ist. bb) Leistungen: Eine erste Übersicht über die Leistungen vermittelt §22 Abs. 1 SGB I. Danach haben die Träger der GUV zunächst Aufwendungen präventiver Art zur Unfallverhütung und Ersten Hilfe (§§ 537 Nr. 1, 546, 708 ff. RVO) zu machen 291 . Nach Eintritt eines Arbeitsunfalls gewähren sie die in §§ 537 Nr. 2, 547 RVO nach Leistungsarten aufgezählten Hilfen, nämlich Heilbehandlung (§§ 557, 558, 559, 590 Abs. 3 RVO), Übergangsgeld (§§ 560ff., 568, 568 a RVO), Besondere Unterstützung (§ 563 RVO), Wiederherstellung oder Erneuerung von Körperersatzstücken (§ 557 Abs. 4 RVO), Berufshilfe (§§ 567ff. RVO), Ergänzende Leistungen (§§ 569 a, 569 b RVO), Verletztenrente (§§ 580ff. RVO), Sterbegeld (§ 589 RVO), Rente an Hinterbliebene (§§ 589 ff. RVO) und Betriebshilfe (§ 779 b RVO). Die Leistungen der Unfallversicherung sind — abweichend von allen übrigen Versicherungszweigen — nicht auf Antrag, sondern von Amts wegen festzustellen und zu gewähren (§ 1545 Abs. 1 Nr. 1 RVO) 292 . Der Anspruch auf Heilbehandlung umfaßt ärtzliche und zahnärztliche Behandlung, Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln, Heilmitteln einschließlich Krankengymnastik, Bewegungstherapie, Sprachtherapie und Beschäftigungstherapie, Ausstattung mit Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, Belastungserprobung und Arbeitstherapie sowie die Gewährung von Pflege (§ 557 Abs. 1 RVO). Solange der Verletzte so hilflos ist, daß er nicht ohne Wartung und Pflege sein kann, hat er Anspruch auf Haus- oder Anstaltspflege (§ 558 Abs. 1 und 2 RVO). Statt der Pflege kann ein monatliches Pflegegeld gewährt werden (§ 558 Abs. 3 RVO). Soweit stationäre Behandlung in einem Krankenhaus erforderlich ist, hat der Versicherte auch darauf Anspruch (§ 559 RVO). 290

291 292

Zur Abgrenzung einer Arbeitnehmertätigkeit von einer bloßen Gefälligkeitsleistung vgl. BSG, in: SchlHA 1979, 73. Zur Ersten Hilfe vgl. auch § 721 RVO und das in F N 287 zitierte Gesetz. Ausnahme bei Witwenrenten an eine frühere Ehefrau (§ 592 RVO).

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Anspruch auf Übergangsgeld hat der Verletzte, solange er infolge eines Arbeitsunfalls i. S. d. Krankenversicherung arbeitsunfähig ist und kein Arbeitsentgelt oder eine Leistung nach § 560 Abs. 1 Satz 2 RVO erhält. Das Übergangsgeld wird von dem Tage an gewährt, an dem die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wurde (§ 560 Abs. 1 Satz 3 RVO). Es wird nach den für das Krankengeld maßgeblichen Grundsätzen berechnet (§561 RVO). Zum Ausgleich einer unbilligen Härte kann der Träger der Unfallversicherung dem Verletzten und seinen Angehörigen für die Dauer der Heilbehandlung eine besondere Unterstützung gewähren (§ 563 RVO). Mit der Berufshilfe strebt der Gesetzgeber die berufliche Eingliederung des Verletzten an. Sie hat so früh wie möglich einzusetzen und endet erst mit der Eingliederung des Verletzten in seinen bisherigen, einen gleichwertigen Beruf oder eine entsprechende Erwerbstätigkeit. Umschulungsmaßnahmen zugunsten geeigneter Versetzter sind ggf. im Zusammenwirken des Unfallversicherungsträgers mit der BA einzuleiten (§ 567 Abs. 3 RVO, §§ 56ff. AFG). Während einer Maßnahme der Berufshilfe hat der Verletzte Anspruch auf Übergangsgeld nach den §§ 560, 561 RVO auch dann, wenn er wegen der Teilnahme an einer solchen Maßnahme gehindert ist, eine ganztägige Erwerbstätigkeit auszuüben (§ 568 Abs. 1 RVO). Daneben kommen dem Verletzten ggf. (bei Minderung der Erwerbsfähigkeit, in der Regel ab 50%, ggf. schon ab 30%) die Vorschriften des Schwerbehindertengesetzes (vgl. auch § 20 SGB I) zugute. Anspruch auf Verletztenrente besteht, wenn infolge eines Arbeitsunfalles die Erwerbsfähigkeit des Verletzten oder des unter einer Berufskrankheit Leidenden über die 13. Woche nach dem Unfall hinaus um mindestens 20% gemindert ist (§§ 580 ff. RVO). Bei der Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit 293 ist in der Regel davon auszugehen, daß der Verletzte vor dem Arbeitsunfall zu 100% dazu fähig war, sich unter Ausnutzung der Arbeitsgelegenheiten, die sich ihm nach seinen Kenntnissen, körperlichen und geistigen Fähigkeiten im Bereich des wirtschaftlichen Lebens bieten, einen nennenswerten Erwerb zu verschaffen. Demgemäß ist Erwerbsunfähigkeit oder Minderung der Erwerbsfähigkeit der durch Arbeitsunfall oder Berufskrankheit verursachte Verlust oder die Beeinträchtigung der umschriebenen normalen Fähigkeit. Im Einzelfall ist bei der Einstufung ggf. eine bereits vor dem Unfall bestehende Behinderung ebenso wie ein Nachteil mitzuberücksichtigen, den der Verletzte dadurch erleidet, daß er bestimmte berufliche Kenntnisse und Erfahrungen nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen kann (§ 581 Abs. 1 und 2 RVO)294. 293

294

Zur MdE i. S. der Unfallversicherung vgl. z. B. BSGE 17, 160; 21, 63; 23, 253; 28, 227 (230); Brackmann, Handbuch, S. 556 b ff.; Lauterbach, Unfallversicherung, 3. Aufl., 1963 ff. (Losebl.-Slg.), 581, Anm. 5 - 1 2 . BSGE 21, 63 (65); 23, 253 (255); 28, 227 (229); 31, 185 (188); 38, 118; 39, 31 (32f.); BSG, SozR Nr. 2, 7 - 9 zu § 581 RVO; Dorin, BAB1. 1966, 257; Gitter, ZSR 1973, 25ff.; ders., Fs. f. Brackmann, S. 103ff.

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Der Verlust der Erwerbsfähigkeit führt zur Vollrente, eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20% zur Teilrente (§ 581 Abs. 1 RVO). Kann die Rente ihrer Höhe nach noch nicht als Dauerrente festgestellt werden, so kann der Versicherungsträger während der ersten zwei Jahre nach dem Unfall eine vorläufige Rente feststellen und zahlen (§ 1585 RVO), unbeschadet des Rechts des Verletzten, jederzeit die Erhöhung oder auch die Wiedergewährung der Rente wegen Änderung der Verhältnisse zu verlangen (§ 1584 RVO). Die Verletzten- und Hinterbliebenenrenten sind auf der Grundlage des Brutto-Jahresarbeitsverdienstes zu berechnen, d. h. des Arbeitseinkommens, das der Verletzte im Jahre vor dem Arbeitsunfall erzielt hat (§§ 570ff. RVO). Die Vollrente beträgt (exkl. etwaiger anderer Leistungen, z. B. Pflegegeld nach § 558 Abs. 3 RVO) zwei Drittel des Jahresarbeitsverdienstes (§§ 581 Abs. 1, 584 RVO). Betrug der JAV 24000 DM, so liegt die Vollrente also bei 16000 DM pro Jahr. Die für die Minderung der Erwerbsfähigkeit festgestellte Prozentzahl bezeichnet den Betrag, der als Teil der Vollrente an den Verletzten zu zahlen ist. Ist die Minderung der Erwerbsfähigkeit mit 50% festgestellt, sind mithin 8000 DM pro Jahr zu zahlen. Seit dem UVNG (1963) sind alle Unfallrenten — ebenso wie die Leistungen der Rentenversicherung — der jeweiligen Lohnentwicklung anzupassen (§ 579 RVO) 295 . Die Berufskrankheit löst immer, der Arbeitsunfall in der Regel zugleich den Versicherungsfall der Krankheit aus. In diesem Fall tritt keine Kumulierung der Leistungen zur Heilbehandlung ein. Der Leistungsanspruch des Verletzten gegen die Berufsgenossenschaft ist jedoch nicht völlig ausgeschlossen. Die Vorschrift des § 565 Abs. 1 RVO statuiert lediglich eine Vorleistungspflicht der Krankenkasse 296 . Der Träger der Unfallversicherung bleibt der Krankenkasse gegenüber in gewissem Rahmen erstattungspflichtig (§ 1504 RVO). Ferner bleibt die Berufsgenossenschaft in allen Fällen leistungspflichtig, die so schwer sind, daß sie eines besonderen berufsgenossenschaftlichen Heilverfahrens bedürfen. Zum einen folgt das aus der Wendung „insoweit" in § 565 Abs. 1 S. 2 RVO. Zum anderen ergibt sich aus dem Wort „kann" in § 565 Abs. 2 RVO, daß die Frage der Heilbehandlung nicht im freien Belieben, sondern im pflichtgemäßen Ermessen des Unfallversicherungsträgers steht. Stellt also ein Unfallversicherungsträger fest, daß die Voraussetzungen für eine Übernahme der Heilbehandlung vorliegen, so muß er den Fall aus der Krankenbehandlung der Krankenkasse in die berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung übernehmen 297 . Bei Tod durch Arbeitsunfall oder Berufskrankheit sind bestimmten Hinterbliebenen Sterbegeld, Erstattung der Kosten der Überführung 2 9 8 , Renten und Überbrückungshilfe zu gewähren (§ 589 RVO). Das Sterbegeld, dessen Be295 296 297 298

Vgl. Wannagat, Lehrbuch, S. 122. Gitter, in: Das neue SGB, S. 106; Brackmann, S. 558 c; Henke, Grundzüge, S. 138f. Lauterbach, Unfallversicherung, § 548 Anm. 5 b. BSGE 26, 202.

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zugsberechtigte dieselben Personen wie beim Sterbegeld der Krankenversicherung sind (§ 203 RVO), beträgt ein Zwölftel des JAV, mindestens 400 DM. Die Überbrückungshilfe steht dagegen nur der Witwe 299 des Versicherten zu, wird für die ersten drei Monate nach dem Tod gezahlt und entspricht dem Unterschiedsbetrag zwischen der Witwenrente und der Vollrente des Versicherten (§ 591 RVO). Witwen 300 , ggf. auch Witwer 301 , sofern die infolge Arbeitsunfalles verstorbene Ehefrau den Familienunterhalt überwiegend bestritten hat (§ 593 RVO), ferner die Kinder und Eltern 302 des infolge Arbeitsunfalles verstorbenen Versicherten erhalten Hinterbliebenenrenten nach Maßgabe der §§ 590, 594 bis 598 RVO. Die Renten des Verletzten und der Hinterbliebenen können unter den Voraussetzungen der §§ 603 ff. RVO kapitalisiert und abgefunden werden 303 . Auf das Verhältnis von Prävention, Rehabilitation und Rente kann hier in Einzelheiten nicht eingegangen werden. Allgemein läßt sich jedoch sagen: Prävention, bedeutsam gerade in der GUV, genießt Vorrang vor allem. Rehabilitation geht, wie sich aus den einschlägigen Normen klar herauslesen läßt, vor Rente (§ 7 RehaG, § 547 RVO, § 22 SGB I). Im letzteren Fall ist allerdings darauf zu achten, daß die Zahlung einer Rente dort, wo sie erforderlich ist, nicht unter Hinweis auf den Vorrang eines Eingliederungsversuchs zeitlich über Gebühr hinausgezögert wird 304 . Voraussetzungen für einen Anspruch auf Leistungen gegen einen Unfallversicherungsträger sind: (1) Die Zugehörigkeit zum Kreis der versicherten Personen (Gesetzlich anerkannte risikogeschützte Lebensbereiche): Dieser Personenkreis läßt sich unterteilen in den kraft Gesetzes (§§ 539, 540 RVO), den kraft Satzung (§§ 543, 544 RVO) und den kraft freiwilligen Beitritts versicherten Personenkreis (§ 545 RVO) 305 . (2) Unfallereignis: Unter Unfall i. S. d. GUV ist ein „von außen her auf den Menschen einwirkendes, körperlich schädigendes, plötzliches, d. h. zeitlich begrenztes Ereignis" zu verstehen 306 . Die dabei angesprochene zeitliche Begrenzung ist von der Rechtsprechung auf die Dauer einer Arbeitsschicht ausgedehnt worden 307 . Demgegenüber ist die Berufskrankheit kein zeitlich auf längstens eine Arbeitsschicht begrenztes Ereignis und daher kein Arbeitsunfall. Sie wird jedoch rechtlich dem Arbeitsunfall gleichgestellt (§551 Abs. 1 RVO). Berufs299 300 301

302 303 304 305 306 307

Vgl. auch § 593 RVO (Witwer). Ggf. auch frühere Ehefrau (§ 592 RVO). Zur verfassungsrechtlichen Problematik im Hinblick auf Art. 3 Abs. 2 G G vgl. das sog. „Witwerrentenurteil" BVerfGE 39, 169. Dazu BSG NJW 1975, 280. Vgl. u. a. BSG, SozR Nr. 1 zu § 605 RVO. Einzelheiten bei Wertenbruch, Sozialverf.-Sozialverw., S. 141 ff. Dazu näher oben II 4 c aa. Lauterbach, Unfallversicherung, § 548 Anm. 3 BSG NJW 1968, 1206; BSG BG 1966, 360.

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krankheiten sind die in der Anlage zur 7. BKVO 308 bezeichneten Dauererkrankungen (Silikose usw.), denen bestimmte Personengruppen nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch ihre Arbeit in erheblich höherem Maße als andere ausgesetzt sind. Die Träger der Unfallversicherung sollen im Einzelfall eine Krankheit, auch wenn sie nicht in der BKVO bezeichnet ist oder die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit entschädigen, sofern nach neuen 3 0 9 Erkenntnissen die übrigen Voraussetzungen des §551 Abs. 1 RVO erfüllt sind (§551 Abs. 2 RVO). Als Zeitpunkt des Eintritts der Berufskrankheit gilt der Beginn der Behandlungsbedürftigkeit des Versicherten wegen der Berufskrankheit oder, wenn dies für ihn günstiger ist, der Beginn der Minderung der Erwerbsfähigkeit (§ 551 Abs. 3 RVO). (3) Haftungsbegründende Kausalität: Im Rahmen der haftungsbegründenden Kausalität kommt der Theorie der wesentlichen Bedingung die Funktion zu, die versicherungsgeschützten Tätigkeiten von den ungeschützten, nämlich den der persönlichen Risikosphäre des Versicherten zugehörigen Tätigkeiten abzugenzen 310 . Zu fragen ist also, ob die versicherungsgeschützte Tätigkeit (der berufliche Risikobereich) die wesentliche Bedingung für das Unfallereignis gesetzt hat 311 . Das gilt ohne weiteres bei Unfällen, die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten (§ 548 Abs. 1 Satz 1 RVO) oder beim Abheben eines Geldbetrages vom Lohnoder Gehaltskonto bei einem Geldinstitut (nach Maßgabe des § 548 Abs. 1 Satz 2 RVO) erleidet, ferner z. B. für eine mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahrung, Beförderung, Instandhaltung und Erneuerung des Arbeitsgeräts (§ 549 RVO), für den Wegeunfall (§ 550 RVO) sowie f ü r die übrigen in den §§ 551 ff. RVO genannten Unfallereignisse. Haftungsbegründende Kausalität bei Wegeunfällen (§ 550 RVO) ist auch anzunehmen, wenn etwa ein Student sich in den Semesterferien am Hochschulort auf eine Diplomprüfung vorbereitet, ohne die Universität zu besuchen, und d a n n auf einer Wochenendfahrt zu seinen Eltern verunglückt. Hier ist aus dem versicherungsgeschützten Risikobereich (§ 539 Abs. 1 Nr. 14 RVO) die wesentliche Bedingung für den Eintritt des Unfallereignisses hervorgegangen 3 1 2 . Anders gelagert ist folgender Fall: A besucht dienstlich eine 308 309 310 3,1

312

Berufskrankheiten-Verordnung vom 20. 6. 1968 - BGBl. I, 271. BSGE 21, 296. Gitter, Schadensausgleich, S. 121. BSGE 15, 41. Zur unfallversicherungsrechtlichen Kausallehre (Theorie der wesentlichen Bedingung) vgl. BSGE 1, 72; 1, 150; 1, 254; 8, 275; 11, 50; 12, 242; 13, 290; 17, 99; 17, 118; 18, 101; 19, 201; 19, 275; 23, 188; 27, 142; 28, 14; 30, 282 und 284; BSG SozR Nr. 71, 73 zu § 542 a. F. RVO; Brackmann, Handbuch, S. 480 b II; Wallerath, NJW 1971, 228ff.; Watermann, Die Ordnungsfunktionen von Kausalität und Finalität im Recht, 1968; zum Verschulden bei Herbeiführung des Unfalls s. §§ 553, 554 RVO; vgl. BSGE 25, 161; BSG SozR Nr. 53 zu § 542 a. F., Nr. 10 zu § 548 RVO. BSG, i n : S G b 1974, 151.

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Ausstellung. Danach fährt er — anstatt in seine angemietete Unterkunft — in entgegengesetzter Richtung nach Y, um dort den Abend zu verbringen. Unterwegs hat er eine Panne, steigt aus, stellt das Warnkreuz auf und wird dabei durch Verschulden eines anderen PKW-Fahrers verletzt. Hier ist der innere Zusammenhang zwischen beruflicher Tätigkeit und der Fahrt nach Y gelöst. Der berufliche Risikobereich hat nicht die wesentliche Bedingung für den Unfall gesetzt 313 . Zu verneinen ist haftungsbegründende Kausalität auch bei echter Spielerei mit Betriebsmitteln, alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit 3 1 4 , absichtlicher Herbeiführung eines Unfalls (§ 553 RVO) sowie einem Unfall in Zusammenhang mit einer Straftat (§ 554 RVO). (4) Unfallschaden: Die Unfallversicherung greift nur ein, wenn ein tatsächlicher Unfallschaden (Gesundheitsschädigung) vorliegt. Ist er festgestellt, gilt für seine Berechnung, wie oben zum Stichwort Verletztenrente dargetan, anders als im Zivilrecht nicht die konkrete, sondern eine abstrakte Schadensberechnung. (5) Haftungsausföllende Kausalität: Auch hier geht es um die Frage der Zuordnung zur betrieblichen oder persönlichen Risikosphäre, diesmal im Hinblick auf den Schaden in seiner Beziehung zum Unfallereignis 3 1 5 . Beispiel: Durch einen Arbeitsunfall tritt der Verlust der Sehkraft eines Auges ein. D a f ü r wird eine Entschädigung gewährt, die sich nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30% bemißt. Danach führt ein unfallunabhängiges Ereignis zum Verlust des zweiten Auges und damit zur völligen Erblindung. Es fragt sich, welchen Einfluß das zweite, mit dem Unfall nicht in Zusammenhang stehende Ereignis auf die Höhe der Entschädigung hat. Während das BSG 316 zu dem Ergebnis gelangt, daß die erste Unfallverletzung für den Gesamtzustand des Verletzten, d. h. für seine Erblindung keine wesentliche Bedingung setze, wird man sagen müssen, daß die niedrigere Festsetzung der M d E nur so lange gerechtfertigt ist, wie das verbleibende Auge wenigstens teilweise die Funktion des durch den Arbeitsunfall eingebüßten Auges übernehmen kann. Geht dieses aber verloren, so ist festzustellen, daß der Arbeitsunfall die Erblindung wesentlich mitbewirkt hat. Das m u ß eine Heraufsetzung der Rente unter Berücksichtigung des unfallunabhängigen Anteils zur Folge haben, wobei dieser Anteil nicht 70%, sondern 50% entspricht. cc) Finanzierung: Konkretisierend zu § 20 SGB IV werden die Mittel für die Ausgaben der Berufsgenossenschaften durch Beiträge der Unternehmer (§ 658 Abs. 2 RVO), die versichert sind oder Versicherte beschäftigen, aufgebracht (§ 723 Abs. 1 RVO). Arbeitnehmer, regelmäßig die anspruchsberech313 314

315 316

Bayer. LSG vom 20. 8. 1974 (unveröffentl.). BSG, Breithaupt 1974, 699. Für alkoholbedingte Verkehrsuntüchtigkeit außerhalb des Straßenverkehrs vgl. BSG, in: SGb 1979, 477.

Gitter, Schadensausgleich, S. 115. BSGE 17,99(103).

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tigten Versicherten, sind also nicht gesetzlich und nicht unmittelbar an der Mittelaufbringung, wie z. B. in der Krankenversicherung, beteiligt. Über die Ausgabenbedarfsdeckung einschließlich der Ansammlung notwendiger Rücklagen und der Beschaffung der Betriebsmittel hinaus, dürfen keine Beiträge erhoben werden (§ 21 SBG IV, § 724 RVO). Die im Umlageverfahren erhobenen Beiträge richten sich in der gewerblichen Unfallversicherung und der See-Unfallversicherung 317 nach dem Entgelt — Lohnsumme unter Berücksichtigung des Höchstjahresarbeitsverdienstes (§§ 726, 575 RVO) — oder nach der Zahl der Versicherten und dem Grad der Unfallgefahr in dem jeweiligen Unternehmen (§ 725 Abs. 1 RVO) 318 . Dazu haben die Berufsgenossenschaften unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Arbeitsunfälle (§ 1552 Abs. 1 RVO) Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen (Risikoelement, dazu Anreiz, Maßnahmen zur Unfallverhütung durchzuführen). Die Höhe der Zuschläge oder Nachlässe bestimmt sich nach der Zahl, der Schwere oder den Kosten der Arbeitsunfälle (ohne Wegeunfälle) oder nach mehreren dieser Merkmale (§ 725 Abs. 2 RVO). Ein Mindestbeitrag (§ 728 Abs. 1 RVO) oder auch die Berechnung der Beiträge nach dem wirklich verdienten Entgelt oder einem Vomhundertsatz der Lohnsumme (§ 727 RVO) ist durch entsprechende Satzungsbestimmung möglich. In der landwirtschaftlichen Unfallversicherung werden die Beiträge, soweit die Unternehmen graduell gleiche und lediglich nach der Zahl der Arbeitskräfte unterschiedliche Unfallgefahren aufweisen, nach dem Arbeitsbedarf (§ 809 RVO) oder dem Einheitswert (§811 RVO) oder einem anderen angemessenen Maßstab berechnet (§ 803 Abs. 1 RVO). Für die sog. „Eigenunfallversicherung" in Bund, Ländern und Gemeinden gelten die Bestimmungen über Aufbringung und Verwendung der Mittel nicht (§ 767 Abs. 2 Nr. 6 RVO); hier stellt die zuständige Gebietskörperschaft die entsprechenden Mittel in ihrem Haushaltsplan bereit (Prinzip der Selbstdeckung) und wickelt sodann die Leistungen wie ein Versicherungsträger ab 319 . dd) Organisation:Träger der Unfallversicherung, ebenfalls Körperschaften des öffentlichen Rechts (§ 29 Abs. 1 SGB IV), sind nach § 22 Abs. 2 SGB I: (1) Berufsgenossenschaften (BGen), nämlich a) die gewerblichen BGen (§§ 646 ff. RVO), b) die landwirtschaftlichen BGen (§§ 790 ff. RVO) und c) die See-Berufsgenossenschaft (§§ 850ff. RVO). Gewerbliche BGen sind zuständig für alle Unternehmen und die in ihnen tätigen Versicherten, soweit sie nicht der landwirtschaftlichen oder der See-Unfallversicherung unterliegen (§§643 ff. RVO). Als Zusammenschlüsse gleichartiger Betriebe oder Gewerbezweige gibt es 35 BGen, die in Anlage I zu § 646 Abs. 1 RVO aufgeführt sind. Landwirtschaftliche BGen sind zuständig für land- und forstwirtschaftliche Unternehmen und die in ihnen tätigen Versicherten (§§ 776 ff. RVO). 19 Träger der landwirtschaftlichen Unfallversicherung sind in Anlage II zu 317 318

319

Etwas abweichend: § 872 RVO. Vgl. dazu Stuzky, SGb 1975, 219 ff. Vgl. BAB1. 1975, 22.

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§ 646 Abs. 1 RVO aufgeführt. Die See-Berufsgenossenschaft ist zuständig für Unternehmen der Seefahrt (§§ 835 ff. RVO). (2) Der Bund als Träger der sog. Eigenunfallversicherung (§§ 653, 790 Abs. 2, 850 Abs. 3 RVO) mit der a) Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung in Wilhelmshaven für nichtbeamtete Bedienstete und die weiteren in § 653 RVO aufgeführten Personen; b) Ausführungsbehörde der Bundespost für nichtbeamtete Bedienstete der Bundespost (§ 653 RVO i. V. m. der VO des BMA vom 20. 6. 1950); c) Ausführungsbehörde der Bundesbahn für nichtbeamtete Bedienstete der Bundesbahn (§§ 653, 1360 RVO, § 26 BBahnG 320 ); (3) Die Bundesanstalt für Arbeit als Trägerin einer Eigenunfallversicherung für von ihr betreute oder bei ihr beschäftigte nichtbeamtete Personen (§ 654 RVO); (4) Die Länder als Träger einer Eigenunfallversicherung mit entspr. Ausführungsbehörde für nichtbeamtete Bedienstete und weitere in § 655 RVO genannte Personen; (5) Die Gemeinden und Gemeindeverbände (mit wenigstens 500000 Einwohnern) als Träger von Eigenunfallversicherungen für nichtbeamtete Bedienstete und weitere in § 657 RVO genannte Personen (§§ 656 Abs. 1, 657 RVO); (6) Die Gemeindeunfallversicherungsverbände (mehrere Gemeinden mit zusammen wenigstens 500000 Einwohnern) als Träger von Eigenunfallversicherungen für nichtbeamtete Bedienstete und weitere in § 657 RVO genannte Personen der angeschlossenen Gemeinden und Verbände; (7) Die Feuerwehrunfallversicherungskassen. Es gibt 6 Feuerwehrunfallversicherungskassen. Mitglieder sind Gemeinden oder Gemeindeverbände als Träger der Feuerwehren; Versicherte sind Feuerwehrleute (§ 656 Abs. 4 Satz 2 RVO). d) Rentenversicherung: Die bessere wirtschaftliche Sicherung vorrangig der Lohnarbeiter im Fall der Invalidität und des Alters war das ursprüngliche Ziel der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) 321 . Trotz zahlreicher Gesetzesänderungen und Gesetzesergänzungen blieb die Grundstruktur dieser Sicherung 322 lange Zeit erhalten. Vom Umfang der Versicherung (Versicherter Personenkreis) und der Aufgabenstellung her wurde dieser Bereich der Sozialversicherung inzwischen völlig verändert. Der Schutz der in der Rentenversicherung Versicherten einschließlich ihrer Familienangehörigen erstreckt sich heute, nachdem er früher vornehmlich Arbeitnehmern vorbehalten war, auf rund 95 v. H. der Bevölkerung, wobei jedoch — u. a. wegen zu kurzer Versicherungszeit — nicht jeder in den Genuß einer vollen Sicherung kommt. Neben der Schaffung einer besonderen Alterssicherung für Landwirte 323 wurden die entscheidenden Schritte zu einer Art „Volksversiche-

320 321 322

323

Abgedruckt u. a. bei Luber, Nr. 1050. Vgl. Gesetz betr. die Invaliditäts- und Alterssicherung vom 22. 6. 1889 RGBl. S. 97. Zum Unterschied zwischen Sicherung und Versicherung vgl. Wertenbruch, in: Fs. für Wannagat, 1981, S. 687 ff. Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte - G A L - v. 27. 6. 1957 (BGBl. I, S. 1063).

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rung" mit der Einbeziehung der Handwerker 324 und der Möglichkeit der Versicherung Selbständiger und eigentlich aller noch nicht versicherter Personen 325 getan (vgl. §§ 4 Abs. 1 SGB I, 1233 RVO, 10 AVG). Die Aufgaben der Rentenversicherung erschöpfen sich auch nicht mehr in der Zahlung bestimmter Renten, etwa im Falle der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit oder des Alters, obwohl der finanzielle Aufwand hierfür rund 75 v. H. der Gesamtausgaben der Rentenversicherungsträger ausmacht 326 . Zu den Aufgaben der Rentenversicherung gehört es jetzt auch, Leistungen zur Erhaltung, Besserung und Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit der Versicherten zu gewähren (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 SGB I)327, schlechthin Maßnahmen zur Hebung der gesundheitlichen Verhältnisse in der versicherten Bevölkerung zu fördern und entsprechende Aufklärung zu betreiben (§ 1226 RVO, § 1 AVG, § 28 RKG). Die Ausgaben der Rentenversicherung haben inzwischen eine Höhe von rund 145 Milliarden DM 328 jährlich erreicht, so daß vor allem wegen der nicht entsprechend mitgestiegenen Beitragseinnahmen 329 gesetzliche Maßnahmen zur Sicherung der Finanzierung der Rentenversicherung notwendig wurden 330 und wohl auch weiterhin notwendig sind 331 . Die Rentenversicherung von Arbeitnehmern, die in knappschaftlichen Betrieben (§2 RKG) beschäftigt sind (§§ 1, 29, 33 RKG), wird nach gleicher Aufgabenstellung wie in der allgemeinen Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten (vgl. § 28 RKG, § 1226 RVO, § 1 AVG) unter Berücksichtigung einiger Besonderheiten 332 durchgeführt. Für selbständige Handwerker ist eine besondere Rentenversicherung nicht mehr gegeben. Sie sind nach Maß324

325 326 327 328

329 330

331

332

Gesetz über eine Rentenversicherung der Handwerker (Handwerkerversicherungsgesetz - HwVG) v. 8. 9. 1960 (BGBl. I, S. 737). Rentenreformgesetz - RRG - v. 16. 10. 1972 (BGBl. I, S. 1965). Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.), Übersicht, S. 63 f. Zu dieser Norm vgl. Gitter, in: BochKomm, zu § 23 Rdnr. 1 ff. Siehe dazu Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung in: BAB1. 9 / 1980, S. 140 Tab. 248 sowie S. 146 Tab. 253 und BfA 12 / 1980, 466. Vgl. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.), Übersicht, S. 55 ff. Gesetz zur zwanzigsten Rentenanpassung und zur Verbesserung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (Zwanzigstes Rentenanpassungsgesetz - 20. RAG) v. 27. 6. 1977 (BGBl. I, S. 1040). Dieses Gesetz brachte bereits Eingriffe in das Leistungsrecht, vor allem in bezug auf die Höhe der zu gewährenden Leistungen, ebenfalls in das Versicherungs- und Beitragsrecht sowie der Rücklage und Finanzierungsvorschriften. Vgl. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.), Übersicht, S. 116 ff. Vgl. schon das 21. RAG vom 25. Juli 1978 - BGBl. I, S. 1089 - durch das (auf Zeit: bis Ende 1981) die Rentenanpassung gelöst von der faktisch-dynamischen Veränderung der allgemeinen Bemessungsgrundlage (§§ 1255 II, 1272 RVO) erfolgt. Vgl. dazu Rüfner, Einführung, S. 141 f. Wie weit sich die Besonderheiten erhalten lassen, ist zweifelhaft. Vgl. z . B . BVerfGE 36, 73 und Zacher/Ruland, in: SGb 1974,441.

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gäbe von § 1 HwVG 333 in der Rentenversicherung der Arbeiter versichert. Die Altershilfe selbständiger Landwirte erfolgt dagegen sowohl von der Aufgabenstellung her, wie auch in der Durchführung bezüglich Leistungen und Organisation stark abweichend zur allgemeinen Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten 334 . Die Altershilfe für Landwirte soll den landwirtschaftlichen Unternehmern, deren Ehegatten, Witwen, Witwern, Waisen, geschiedenen Ehegatten und älteren mitarbeitenden Familienangehörigen eine Grundsicherung für das Alter und die vorzeitige Erwerbsminderung gewährleisten. Darüber hinaus ist es auch ihre Aufgabe, die Erwerbsfähigkeit der Landwirte zu erhalten, zu bessern oder wiederherzustellen. Auf die zahlreichen Besonderheiten kann im weiteren nicht näher eingegangen werden 335 . aa) Versicherter Personenkreis: Nach der grundsätzlichen Einteilung in versicherungspflichtige und versicherungsberechtige Personen (§ 2 Abs. 1 SGB IV) ist auch in der Rentenversicherung zu unterscheiden: Pflichtversichert sind die in § 1227 RVO, § 2 AVG und §§ 1 und 29 R K G genannten Personengruppen (vgl. auch § 2 Abs. 2 SGB IV), wobei in der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten eine weitere Unterscheidung in unselbständig Beschäftigte (Arbeitnehmer) und selbständig Tätige möglich ist. Versicherungspflichtig sind danach — wie in der Kranken- und Unfallversicherung — vor allem alle Personen, die in unselbständiger Beschäftigung stehen, also Arbeitnehmer sind 336 , und zwar von Beginn ihres Beschäftigungsverhältnisses an 337 . Versicherungsplichtig sind aber auch die in den genannten Vorschriften bezeichneten Selbständigen, wie die Hausgewerbetreibenden (§ 1227 Abs. 1 Nr. 3 RVO) und Küstenschiffer und Küstenfischer (§ 1227 Abs. 1 Nr. 4 RVO) sowie selbständige Lehrer, Erzieher und Musiker, selbständige Artisten, Hebammen mit Niederlassungserlaubnis und in der Kranken-, Wochen-, Säuglings* und Kinderpflege selbständig tätige Personen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 bis 6 AVG). Wer von den Versicherungspflichtigen weder zum gesetzlich bestimmten Personenkreis der Angestellten noch zum Bereich der knappschaftlichen Rentenversicherung gehört, ist in der Arbeiter-Rentenversicherung versichert. Eine Pflichtversicherungsgrenze besteht seit dem 1.1. 1968 nicht mehr 338 . Versicherungsfreiheit — sei es kraft Gesetzes, sei es auf Grund eines 333 334

335

336 337 338

BGBl. III, 8250-1. Sie ist daher auch in § 23 Abs. I Nr. 2 SGB deutlich von ihr abgesetzt und als „Altershilfe" (nicht als Versicherung) bezeichnet. Vgl. Der Bundesminister fiir Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.), Übersicht, S. 132ff.; auch Rüfner, Einführung, S. 142. Vgl. oben 4 a aa und Wallerath, ZSR 1977, 159 ff. Vgl. oben 4 a aa. Art. 1 § 2 Nr. 1 FinanzändG 1967 vom 21. 12. 1967 (BGBl. I, S. 1259), in Kraft getreten am 1. 1. 1968 (vgl. jetzt §§ 2 ff. AVG). Die Verfassungsmäßigkeit dieser „allgemeinen" Rentenversicherungspflichtigkeit (auch für sog. „höherverdienende Angestellte") war umstritten. Vgl. etwa Rode, in: Sonderbeilage der ZVersWiss., Heft 18 v. 15.9. 1970. Sie ist vom BVerfG bestätigt worden (E 29, 221 ff., 245ff.; 261 ff. usw.).

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Antrags — besteht unter den Voraussetzungen der §§ 1228 ff. RVO, §§4 ff. AVG, die — mit Ausnahme von § 1228 RVO, § 4 AVG — auf vergleichbare anderweitige Alterssicherung abheben. Auf ihren Antrag hin können Personen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben und sonst nicht versicherungspflichtig sind, pflichtversichert werden (§ 1227 Abs. 1 Nr. 9 RVO, § 2 Abs. 1 Nr. 11 AVG). Versicherungs¿>erec/iíi'gí sind alle Personen, die nicht versicherungspflichtig zur Rentenversicherung sind und ihren gewöhnlichen Wohnsitz oder Aufenthaltsort im Inland haben (§ 1233 RVO, § 10 AVG, § 33 RKG). Hiermit ist entsprechend § 4 Abs. 1 SGB I die Möglichkeit der Versicherung für alle Selbständigen und alle Nichterwerbstätigen, z. B. alle Hausfrauen, gegeben. Eine Nachversicherung ist unter gewissen Voraussetzungen möglich (§ 1232 RVO, § 9 AVG). bb) Leistungen:Ms Regelleistungen werden nach §§ 23 Abs. 1 Nr. 1 SGB I, 1235 RVO, § 12 AVG, §34 R K G gewährt: a) Medizinische, berufsfördernde und ergänzende Leistungen zur Eingliederung Behinderter (§§ 1236 bis 1241 g RVO, §§ 14 bis 14 b, 18 g AVG, §§ 36 bis 36 b, 40 g R K G ; dazu Übergangsgeld, §§ 1240ff. RVO,§§ 17ff. AVG, §§ 39ff. R K G ; ferner Tuberkulosebehandlung, § 1244 a RVO, § 21 a AVG, § 43 a RKG), b) Renten wegen Berufsunfähigkeit, Erwerbsunfähigkeit und Alters sowie Bergmannsrente und Knappschaftsausgleichsleistungen und Renten an Hinterbliebene (§§ 1245, 1263 RVO, §§ 22, 40 AVG, §§ 44, 63, 98 a RKG), c) Witwen- und Witwerabfindungen (§ 1302 RVO, §81 AVG, §83 RKG), d) Beitragserstattungen (§ 1303 RVO, § 82 AVG, § 95 RKG) e) Beiträge für die Krankenversicherung der Rentner (§§ 1304 d, 1304 e RVO, §§ 83 d, 83 e AVG, §§ 381 Abs. 2, 385 Abs. 2, 393 a, 393 b RVO). Als zusätzliche Leistungen präventiver Art sind zu gewähren (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 f. SGB I): a) Allgemeine Maßnahmen oder Einzelmaßnahmen zur Erhaltung oder Erlangung der Erwerbsfähigkeit (§ 1305 RVO, §84 AVG, §97 RKG), b) Maßnahmen zur Hebung der gesundheitlichen Verhältnisse (§ 1305 RVO, § 84 AVG, § 97 RKG), c) Aufwendungen zum wirtschaftlichen Nutzen der Rentenberechtigten, der Versicherten und ihrer Angehörigen (§ 1306 RVO, § 85 AVG, § 97 Abs. 2 RKG). Für diese zusätzlichen Leistungen dürfen nur bis zu fünf vom Hundert der Aufwendungen für die Leistungen zur Eingliederung Behinderter aufgewendet werden (§ 1307 RVO, § 86 AVG). Während mithin der Prävention in der GRV bislang nur eine untergeordnete Bedeutung zukommt (§§ 1305ff. RVO, §§ 84ff. AVG, §§ 97 f. RKG), nimmt die Eingliederung Behinderter schon längere Zeit einen sehr breiten Raum 339 ein. Nach § 1236 Abs. 1 RVO kann der Träger der Rentenversicherung Leistungen zur Eingliederung in dem in den §§ 1237 bis 1237 b RVO be339

Allerdings wird kaum noch klar zwischen Prävention und Rehabilitation unterschieden werden können, nachdem § 10 SGB I auch die „drohende" Behinderung in die Eingliederung einbezogen hat. Dazu Wertenbruch, in: Fs. für das BSG, 1979, S. 328ff. und in BochKomm, zu § 10 Rdnr. 4ff. und 12ff.

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stimmten U m f a n g gewähren, wenn die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte gefährdet oder gemindert ist und voraussichtlich erhalten, wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann. Aus dem Wort „kann" ergibt sich, daß der Versicherungsträger nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden hat (§ 39 Abs. 1 SGB I). Dabei steht ihm zwar ein Handlungsspielraum in bezug auf Art und U m f a n g der Eingliederungsm a ß n a h m e n , also bei der Frage des „Wie" zu. Dagegen ist der Handlungsspielraum bei der Frage, ob der Versicherungsträger überhaupt eingliedernd tätig werden soll, äußerst begrenzt, da Renten nur unter der Voraussetzung bewilligt werden sollen, d a ß zuvor M a ß n a h m e n zur Eingliederung durchgeführt worden sind oder, insbesondere wegen Art oder Schwere der Behinderung ein Erfolg solcher M a ß n a h m e n nicht zu erwarten ist (§ 7 RehaG). Die M a ß n a h m e n zur Eingliederung erstrecken sich auf medizinische (§ 1237 RVO), berufsfördernde (§ 1237 a RVO) u n d ergänzende Leistungen (§ 1237 b RVO). Der Träger der GRV kann die Durchführung von Eingliederungsmaßnahmen anderen Stellen übertragen. Er bleibt in einem solchen Fall dem Betreuten gegenüber jedoch verantwortlich (§ 1238 Abs. 1 RVO, § 15 Abs. 1 AVG, § 37 Abs. 1 RKG). Entstehen den die M a ß n a h m e n durchführenden Stellen Aufwendungen, die über den Umfang ihrer gesetzlichen oder satzungsgemäßen Verpflichtungen gegenüber dem Betreuten hinausgehen, so hat der Träger der Rentenversicherung die Mehrkosten zu erstatten (§ 1238 Abs. 2 RVO, § 15 Abs. 2 AVG, § 37 Abs. 2 RKG). Sind medizinische Leistungen zur Eingliederung notwendig und ist zugleich Krankenhilfe, Mutterschaftshilfe oder Familienhilfe durch einen Träger der G K V zu gewähren, so kann anstelle des Trägers der G K V der Träger der G R V im Benehmen mit dem Träger der G K V Leistungen übernehmen. Die Ansprüche des Betreuten gegen den Träger der G K V ruhen in diesem Fall (§ 1239 RVO, § 16 AVG, § 38 RKG) 3 4 0 . Während einer medizinischen oder berufsfördernden M a ß n a h m e zur Eingliederung hat der Betreute Anspruch auf Übergangsgeld, wenn er arbeitsunfähig ist oder wegen Teilnahme an einer solchen M a ß n a h m e keine ganztägige Erwerbstätigkeit ausüben kann. Übergangsgeld wird auch für eine ärztlich verordnete Schonzeit im Anschluß an eine stationäre medizinische Maßnahme gewährt (§ 1240 RVO, § 17 AVG, § 39 RKG). Das Übergangsgeld wird vom Beginn der Eingliederungsmaßnahme an gewährt (§ 1241 d Abs. 1 Satz 1 RVO, § 18 d Abs. 1 Satz 1 AVG, § 40 d Abs. 1 Satz 1 R K G ) und - mit gewissen Besonderheiten — nach den für das Krankengeld maßgebenden Grundsätzen berechnet (§1241 Abs. 1 Satz 1 RVO, § 18 Abs. 1 Satz 1 AVG, § 4 0 Abs. 1 Satz 1 RKG) 3 4 1 . Ein Anspruch auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit hat zur Voraussetzung, daß der Versicherungsfall (Berufsunfähigkeit, Erwerbsunfä340 341

Näheres dazu bei Henke, Grundzüge, S. 127, 140. Weitere Darlegung zur Eingliederung Behinderter unter II 10.

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higkeit, auch Alter) 342 eintritt, Eingliederungsmaßnahmen keine Aussicht auf Erfolg versprechen und die vorgeschriebene Wartezeit erfüllt ist. Berufsunfähig ist ein Versicherter, dessen Erwerbsfähigkeit infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwächen 343 seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichartigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist (§ 1246 Abs. 2 RVO, § 23 Abs. 2 AVG, § 46 Abs. 2 RKG) 344 . In diesem Zusammenhang kommt der Frage der zumutbaren Verweisung auf vergleichbare Tätigkeiten entscheidende Bedeutung zu345. Erwerbsunfähig ist ein Versicherter, der infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder von Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf nicht absehbare Zeit eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nicht mehr ausüben oder nicht mehr als nur geringfügige 346 Einkünfte durch Erwerbstätigkeit erzielen kann (§ 1247 Abs. 2 RVO, § 24 Abs. 2 AVG, § 47 Abs. 2 RKG) 347 . Da an die Erwerbsunfähigkeit höhere Anforderungen gestellt werden als an die Berufsunfähigkeit, ist der Erwerbsunfähige zwangsläufig auch berufsunfähig. Im Gegensatz zur Berufsunfähigkeit gibt es bei der Erwerbsunfähigkeit keine Beschränkung der Verweisung auf zumutbare Tätigkeiten. Deshalb kann der Versicherte der Ablehnung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Verweisung auf eine andere Tätigkeit, bei der er mehr als im bisherigen Beruf verdienen könne, bedeute einen erheblichen sozialen Abstieg und sei deshalb unzulässig. Allerdings darf die Verweisungstätigkeit nicht auf Kosten des Gesundheitszustandes des Versicherten gehen. Für den Versicherungsfall des Alters nach Einführung der flexiblen Altersgrenze gilt: Wer das 63. Lebensjahr vollendet und die Wartezeit, d. h. 35 anrechnungsfähige Versicherungsjahre, in denen mindestens eine Versicherungszeit von 180 Kalendermonaten enthalten ist, erfüllt hat (§ 1248 Abs. 7

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Zum Versicherungsfall, insbesondere den Versicherungsfällen der GRV vgl. Bley, Sozialrecht, S. 152 ff. und 159 ff. Zu diesen vermeintlichen Begriffen BSGE 10, 33 (34); 12, 255 (258); 14, 83; 14, 207 (211); 19, 244; 21, 189; Brackmann, Handbuch, S. 667ff. Vgl. BSGE 1, 82 (89); 16, 18 (21); 16, 34 (37); 23, 33; BSG SozR Nr. 24, 58 zu § 1246 RVO, Nr. 4 zu § 1254 a. F. RVO, Nr. 4 zu § 1293 a. F. RVO, Nr. 11 zu § 46 R K G ; Brackmann, Handbuch, S. 670 f.; Wannagat, Lehrbuch, S. 261 ff. BSGE 17, 191; 1 8 , 3 6 ( 4 0 ) ; 19,57; 19, 147; 19, 217; 21, 257; 22, 265; 29, 63; 29, 96; 30, 192; BSG, SozR Nr. 4, 22, 32, 33, 52 zu § 1246 RVO; Beschlüsse d. Gr. S. des BSG, Breithaupt 1970, 393; Brackmann, Handbuch, S. 668 d I ff. ; Wannagat, Lehrbuch, S. 270. Zu dieser Ausdrucksweise vgl. jetzt § 8 SGB IV. Näheres bei BSGE 19, 147; 21, 133; 22, 265; Brackmann, Handbuch, S. 682 d ff.; Wannagat, Lehrbuch, S. 274ff.

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Satz 1 RVO, § 25 Abs. 7 Satz 1 AVG, § 49 Abs. 3 Satz 1 RKG) 348 , kann selbst darüber entscheiden, ob er Altersruhegeld (Knappschaftsruhegeld) beantragen oder weiterarbeiten will. Für den Fall, daß er weiterarbeitet, erhöht sich das Altersruhegeld bis zur Vollendung des 67. Lebensjahres für jeden Kalendermonat, für den er das Altersgeld nicht in Anspruch nimmt, um 0,6% (§ 1254 Abs. 1 a RVO, § 31 Abs. 1 a AVG, § 53 Abs. 4 a RKG). Wer anerkannter Schwerbehinderter i. S. d. § 1 SchwbG oder berufs- oder erwerbsunfähig ist, kann nach denselben Vorschriften bereits nach Vollendung des 60. Lebensjahres diese Wahl ausüben und ggf. Altersruhegeld auf Antrag erhalten. Unter erleichterter Wartezeit 349 erhält der Versicherte Altersruhegeld, der das 60. Lebensjahr vollendet hat und nach einer Arbeitslosigkeit von mindesten 52 Wochen innerhalb der letzten eineinhalb Jahre arbeitslos ist (§ 1248 Abs. 2 RVO, § 25 Abs. 2 AVG, § 48 Abs. 2 RKG). Weibliche Versicherte, die eine Versicherungszeit von 180 Kalendermonaten zurückgelegt und in den letzten 20 Jahren überwiegend eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt haben 350 , erhalten bereits bei Vollendung des 60. Lebensjahres Anspruch auf Altersruhegeld. Schließlich hat der Versicherte einen Anspruch auf Altersruhegeld, der das 65. Lebensjahr vollendet hat und die erleichterte Wartezeit nach § 1248 Abs. 7 Satz 2 RVO, § 25 Abs. 7 Satz 2 AVG, § 49 Abs. 3 Satz 2 R K G erfüllt (§ 1248 Abs. 5 RVO, § 25 AVG, § 48 RKG). Bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres besteht Anspruch auf Altersruhegeld neben einer Beschäftigung gegen Entgelt oder neben einer Erwerbstätigkeit nur unter der Voraussetzung, daß die Beschäftigung entweder gelegentlich ausgeübt wird oder zwar laufend, dann aber nur gegen ein Entgelt, das durchschnittlich im Monat 1000 Deutsche Mark nicht überschreitet (§ 1248 Abs. 4 RVO, § 25 Abs. 4 AVG, § 48 Abs. 4 RKG). Die Wartezeiten (grundsätzlich 60 Monate; vgl. näher §§ 1246 Abs. 3, 1247 Abs. 3 RVO) müssen mit bestimmten „anrechnungsfähigen Versicherungszeiten" zurückgelegt sein. Das sind Zeiten, für die nach Bundesrecht oder früherem Reichsrecht Beiträge wirksam entrichtet worden sind oder als entrichtet gelten 351 , oder sog. Ersatzzeiten (§ 1250 RVO, § 27 AVG). Die Ersatzzeiten und die weiteren Voraussetzungen ihrer Anerkennung sind in § 1251 RVO, § 28 AVG, § 51 R K G aufgezählt. Es handelt sich dabei um Zeiten, in denen 348

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Erleichterte Wartezeiten sind in § 1248 VII 2 RVO, § 2 5 VII 2 AVG, § 4 9 III 2 RKG vorgesehen. §1248 VII 2 RVO, § 25 VII 2 AVG, §§ 48 II, 49 III 2 R K G ; abweichend §§ 48 I Nr. 2, 49 II RKG. Zum Merkmal „überwiegend" BSGE 30, 132; BSG, SozR Nr. 30 zu § 1248 RVO. Zur „rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit" BSGE 16, 284; 21, 137. So z. B. nach dem FRG oder nach der E W G - V O Nr. 3 vom 25.9. 1958 (BGBl. 1959 II, S. 473) und Art. 13 der E W G - V O Nr. 4 vom 3. 12. 1958 (BGBl. 1959 I, S. 496).

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der Versicherte wegen nicht in seiner Person liegender außergewöhnlicher Umstände (Militärdienst, Internierung, Verschleppung usw.) an der Beitragsleistung gehindert war 352 . In Sonderfällen (z. B. Berufsunfähigkeit oder Tod des Versicherten infolge Arbeitsunfalls) gilt die Wartezeit (fiktiv) als erfüllt (§ 1252 RVO, § 29 AVG, § 52 RKG). Schwierig (Computerfrage) ist die Berechnung der Renten im Einzelfall schon deswegen, weil das Rentenversicherungsrecht in den letzten 50 Jahren erheblichen Veränderungen ausgesetzt war, z. T. das frühere Recht (insbesondere bei der Berechnung eines Altersruhegeldes) dem Bearbeiter noch präsent sein m u ß und nahezu jeder Antragsteller mit anderen Lebenssituationen und Nachweisen (insbesondere bezüglich Beitrags-, Ausfall- und Ersatzzeiten) aufwartet. Ferner trägt die gesetzlich angeordnete Berechnungsweise (§§ 1253ff. RVO, §§ 3Off. AVG, §§ 54ff. R K G ) zur Komplizierung 3 5 3 der Rentenfestsetzung bei, die heute — bei einer Massen-Sozialverwaltung — nur noch mit EDV-Anlagen bewältigt werden kann, die mit der gesetzlich umschriebenen „Rentenformel", vielen Grundtypen und einer unüberschaubaren Zahl individueller „Sozialdaten" 3 5 4 gespeist sind. Rentenformeln sind viele denkbar. Sie werden — wie etwa bei den Vorbereitungen zur „Rentenreform 84" beobachtbar 3 5 5 — sorgfältig politisch und ökonomisch vorgeplant, d a n n in versicherungsmathematische Formeln eingegossen und modellartig auf ihre Finanzierbarkeit „hochgerechnet", ehe sie überhaupt eine Chance haben, das Gesetzgebungsverfahren zu passieren und sich anschließend in der Praxis zu bewähren. Hier kann es nur um die überkommene und vielfach modifizierte „Rentenformel" gehen, wie sie derzeit nach §§ 1253 ff. RVO geltendes Recht ist. Sie kann auch nur in groben Zügen und beispielhaft vorgestellt werden. Wer sich mit ihr befaßt, muß zunächst wissen, daß gemäß § 1255 RVO zwischen einer allgemeinen und einer persönlichen Bemessungsgrundlage zu unterscheiden ist. Die persönliche Bemessungsgrundlage ist nach Absatz 1 der Vomhundertsatz der allgemeinen Bemessungsgrundlage, der dem Verhältnis entspricht, in dem während der zurückgelegten Beitragszeiten das Bruttoarbeitsentgelt (vgl. § 14 SGB IV) des Versicherten zu dem durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelt aller Versicherten gestanden hat. Die allgemeine Bemessungsgrundla352 353 354 355

Vgl. BSGE 25, 284. Vgl. hierzu auch § 1255 Abs. 3 RVO, § 32 Abs. 3 AVG. Zu ihrem Schutz unten III 2. Vgl. Veröffentlichung der Bundesregierung zu den Vorschlägen der Sachverständigenkommission für die soziale Sicherung der Frau und der Hinterbliebenen, 1979, Gutachten und Anlageband; die Erklärung des Kommissariats der deutschen Bischöfe zur Veröffentlichung einer Stellungnahme seiner Arbeitsgruppe hierzu und Krasney, in: Versicherungsrundschau 1980, 94ff. sowie den Bericht über das 13. Praktikerseminar des Instituts fiir Sozialrecht der Ruhr-Universität Bochum zum Thema „Die Neuordnung der Hinterbliebenenregelung und die soziale Stellung der Frau, in: ZSR 1980, 265ff.

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ge war durch das 20. Rentenanpassungsgesetz (20. RAG) 356 für 1977 auf 20161,- DM festgesetzt worden, um ein der wirtschaftlichen Entwicklung nicht mehr entsprechendes Rentenwachstum abzubremsen, hat sich inzwischen nach Maßgabe des § 1255 Abs. 2 a. F. erhöht und wird auch nach der ab 1. Januar 1982 geltenden Fassung des § 1255 Abs. 2357 — wenn auch erneut gedämpft - weiter steigen. Angenommen nun, die allgemeine Bemessungsgrundlage betrüge 24000,DM 358 und drei Personen (A, B und C) haben die Festsetzung ihrer Rente beantragt, die nach den Verfahrensregelungen des SGB X 1 zu erfolgen hat: Die zuständige Behörde stellt fest, daß A eine EU-Rente bei 24 Versicherungsjahren und einer persönlichen Bemessungsgrundlage von 80% beantragt hat. B will BU-Rente nach 30 Jahren und bei einer persönlichen Bemessungsgrundlage von 100% haben. C strebt nach vollendetem 65. Lebensjahr die Altersrente bei 42 Versicherungsjahren und einer persönlichen Bemessungsgrundlage von 120% an. Somit ist für A gemäß § 1255 Abs. 1 RVO (80% von 24000,-) von 19200- DM, für B (100%) von 24000,- DM und für C (120% von 24000- DM) von 28800,- DM auszugehen. Ferner sind zu berücksichtigen die anrechnungsfähigen Versicherungsjahre, die hier außer den — für die Wartezeiten allein maßgeblichen — Beitragsund Ersatzzeiten auch die Ausfallzeiten und gegebenenfalls die Zurechnungszeiten umfassen (§ 1258 RVO, § 35 AVG), sowie die Steigerungssätze, die der Gesetzgeber in den §§ 1253, 1254 RVO, §§ 30, 31 AVG für die einzelnen Renten angegeben hat. Die Steigerungssätze betragen für jedes anrechnungsfähige Versicherungsjahr bezüglich der Rente wegen Berufsunfähigkeit 1%, bezüglich der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und des Altersruhegeldes 1,5% der persönlichen Bemessungsgrundlage 359 . Die Zahl der (anrechnungsfähigen) Versicherungsjahre (für A 24, für B 30 und für C 42 Versicherungjahre), multipliziert mit dem Steigerungssatz (A und C 1,5; B 1%), ergibt den Prozentsatz der persönlichen Bemessungsgrundlage, der als Jahresbetrag zu zahlen ist. Demgemäß erhält A (24 x 1,5 = 36% von 19200,-) eine Rente in Höhe von 6912.- DM, B (30 x 1 = 30% von 24000,-) in Höhe von 7200.DM und C (42 x 1,5 = 63% von 28800,-) in Höhe von 18144,- DM jährlich. Die Berechnungsweise, die hier lediglich anhand von drei Beispielen skizziert werden konnte, ist nur deswegen so kompliziert 360 , weil der Gesetzgeber auf das allgemeine Lohnniveau abgestellte und beitragsgerechte Renten erzie356 357

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Vom 27. 6. 1977 - BGBl. I, S. 1040, ber. S. 1744. Aufgrund Art. II § 11 Abs. 3 ArbVNG und des 21. RAG vom 25. 7. 1978 - BGBl. I, S. 1089. Sie beträgt nach der RV-BezugsgrößenVO 1981 v. 3. 12. 1980 - BGBl. I, S. 2202 27.685 DM. Zu den höheren Steigerungssätzen in der knappschaftlichen Rentenversicherung s. § 53 RKG. Vgl. auch Der Bundesminister fiir Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.), Übersicht, S. 84ff.; Bley, Sozialrecht, S. 222ff.; Rüfner, Einführung, S. 132ff.

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len will, die den sozialen Verhältnissen des einzelnen möglichst weitgehend entsprechen. Allerdings darf die persönliche Bemessungsgrundlage bei Versicherten, die sehr hohe Arbeitsentgelte erzielt haben, nach § 1255 Abs. 1 RVO, § 32 Abs. 1 AVG das Doppelte (200%) der im Jahre des Versicherungsfalles geltenden allgemeinen Bemessungsgrundlage nicht übersteigen 361 . In solchen Fällen sind jedoch gemäß § 1260 b RVO, § 37 b AVG Ausgleichsbeträge zu gewähren. Die Renten können sich ferner ggf. um Steigerungsbeträge f ü r entrichtete Beiträge der Höherversicherung (§ 1261 RVO, §38 AVG), um Kinderzuschüsse (§ 1262 RVO, § 39 AVG) und Steigerungsbeträge nach § 1260 a RVO, § 37 a AVG erhöhen. Beim Tode des Versicherten erhalten die Hinterbliebenen (Witwen, Witwer, Waisen, evtl. auch frühere Ehegatten) auf Antrag Renten nach Maßgabe der §§ 1263 ff. RVO, §§ 40 ff. AVG, §§ 63 ff. R K G . Allgemeine Voraussetzung ist, d a ß dem Verstorbenen entweder Versichertenrente bereits zustand oder im Zeitpunkt seines Todes von ihm eine Wartezeit von 60 Kalendermonaten erfüllt ist oder nach § 1252 RVO, § 29 AVG, § 52 R K G als erfüllt gilt. Die sog. „große" Witwen- und Witwerrente beträgt 60% der Erwerbsunfähigkeitsrente ohne Kinderzuschlag. Sie wird nur gezahlt, wenn die oder der (Bezugs-)Berechtigte das 45. Lebensjahr vollendet hat oder solange sie (er) berufs- oder erwerbsunfähig ist oder mindestens ein waisenrenteberechtigtes, minderjähriges Kind erzieht. Alle übrigen Witwen u n d Witwer erhalten 60% der Berufsunfähigkeitsrente ohne Kinderzuschuß. Waisenrente wird normalerweise bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres u n d bei noch in der Ausbildung befindlichen Kindern bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres gewährt. Das Gesetz sah über das 18. Lebensjahr hinaus eine Waisenrente nur für unverheiratete Waisen vor. Das BVerfG 362 hat diese Regelung als mit Art. 6 G G unvereinbar angesehen, soweit sie in der Ausbildung stehende Waisen mit der Heirat auch dann vom Bezug der Rente ausschloß, wenn ihr Ehegatte zur Unterhaltsleistung außerstande war. Das Zusammentreffen von Renten aus der Rentenversicherung mit solchen der Unfallversicherung (Verletztenrente, entspr. Hinterbliebenenrenten), von eigenen (Versicherten-) Renten mit Hinterbliebenenrenten der Rentenversicherung oder mit einem Arbeitslosengeld regeln die §§ 1278-1285 RVO, §§ 5 5 - 6 2 AVG, §§ 75ff. R K G . Danach ruht z. B. eine Rente aus der Rentenversicherung insoweit, als sie ohne Kinderzuschuß zusammen mit der Verletztenrente sowohl 80% des Jahresarbeitsverdienstes, welcher der Berechnung der Verletztenrente zugrundeliegt, als auch 80% der persönlichen Bemessungsgrundlage der Rente aus der Rentenversicherung nach § 1255 Abs. 1 RVO übersteigt. Grundgedanke aller bisher zum Zusammentreffen von Renten u n d sonstigen (im Kern gleichartigen sozialrechtlichen) Leistungen zitierten Normen ist, daß der Gesetzgeber zwar ein möglichst dichtes Netz von Sicherungen ge361 362

Vgl. BVerfGE 20, 52; BSGE 13, 247 (250). BVerfGE 28, 324; vgl. auch die jetzige Fassung v. § 1267 RVO.

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gen besondere Schicksalsfälle aufzubauen versucht hat, jedoch der einzelne aus der vorhandenen „Konkurrenz" (Überlappung) sozialrechtlich abgesicherter Situationen (Versicherungsfälle) keine inadäquaten Vorteile ziehen soll. Insbesondere wohnt Renten eine Lohnersatzfunktion inne, jedoch nicht die Absicht des Gesetzgebers, Renteneinkommen — kumuliert — höher als das bisherige Erwerbseinkommen werden zu lassen. Andererseits sollten alle sozialrechtlichen Leistungen, für welche die Anspruchsvoraussetzungen in einer Person vorliegen, auch erfüllt werden müssen, sofern der Gesetzgeber nicht ausdrücklich eine „konkurrierende" Leistung ausgeschlossen oder mehrere Leistungen „harmonisiert" (nach Art und Umfang aufeinander eingespielt) hat. Beim Ausschluß von Leistungen, für die der im Grunde Anspruchsberechtigte „selbst vorgesorgt" hat (mit Beiträgen), sollte besondere Zurückhaltung geübt werden. Jedenfalls könnte sonst der volle Ausschluß einer Leistung dem Betroffenen kaum verständlich gemacht werden. Renten der Rentenversicherung werden — im Gegensatz zu denen der Unfallversicherung — nur auf (formlosen) Antrag festgestellt und gewährt (§ 1545 RVO, § 204 AVG, § 162 RKG). Über den Antrag wird - nach Sachprüfung — durch Verwaltungsakt (Rentenbescheid) entschieden 363 . Normalerweise sind die Renten vom Ablauf des Monats an zu gewähren, in dem der jeweilige Rentenanspruch entstanden ist, d. h. seine Voraussetzungen erfüllt waren (§§ 40 Abs. 1 SGB I, 1290 RVO). Sie sind erst vom Beginn des Antragsmonats an zu gewähren, falls der Antrag später als 3 Monate nach dem Eintritt der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit gestellt wird. Besteht begründete Aussicht, daß die Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit in absehbarer Zeit aufgehoben sein wird, so ist die Rente wegen dieser Versicherungsfälle 364 nur auf Zeit zu gewähren (§ 1276 RVO, § 53 AVG, § 72 RKG). Auf die „Alterhilfe" für Landwirte, die dem Versicherungsprinzip 365 nicht zu entsprechen vermag und daher zu recht einen abweichenden Namen trägt, kann hier nicht näher eingegangen werden. Die zu gewährenden Leistungen ergeben sich aus § 23 Abs. 1 Nr. 2 SGB I. Erwähnt sei dazu noch folgendes: Während der stationären Heilbehandlung eines landwirtschaftlichen Unternehmers oder seines mitarbeitenden Ehegatten gewährt die landwirtschaftliche Alterkasse Betriebs- und Haushaltshilfe bis zur Dauer von drei Monaten, wenn in dem Unternehmen keine Arbeitnehmer und keine mitarbeitenden Familienangehörigen ständig beschäftigt werden (§ 7 Abs. 3 GAL). Als Betriebs- und Haushaltshilfe ist eine Ersatzkraft zu stellen. Kann eine Ersatzkraft nicht gestellt werden oder besteht Grund, von der Gestellung einer Ersatzkraft abzusehen, so sind die Kosten für eine selbstbeschaffte betriebs363 364

365

Siehe unten III. Oder die Hinterbliebenenrente nach § 1268 II 1 Nr. 2 RVO; vgl. dazu auch BSGE 22, 278. S. o. FN 183.

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fremde Ersatzkraft in angemessener Höhe zu erstatten (§ 7 Abs. 4 GAL) 366 . Der Anspruch auf Altersruhegeld, der auch Witwern, Witwen und früheren Ehegatten zustehen kann, richtet sich nach den Vorschriften der §§ 2 ff. GAL, der Anspruch auf Landabgaberente nach den Vorschriften der §§ 41 ff. GAL. In beiden Fällen ist u. a. die Abgabe des Unternehmens vorausgesetzt 367 . Auszuklammern sind hier auch der Versorgungsausgleich368 u n d die betriebliche Altersversorgung. Der Versorgungsausgleich gehört nicht zum Sozialversicherungsrecht, überhaupt nicht zum Öffentlichen, sondern zum Bürgerlichen Recht (vgl. §§ 1569ff. und 1587ff. BGB) und ist lediglich bei seiner Abwicklung u. a. mit N o r m e n des Versicherungsrechts (§§ 1304ff. RVO) verknüpft. Nach diesen Vorschriften haben die Träger der GRV bei der Ermittlung der für den Wertausgleich nach § 1587 a Abs. 2 BGB maßgebenden Daten Amtshilfe zu leisten und ggf. auch den durch das Familiengericht rechtskräftig festgestellte Anspruch des Ausgleichsberechtigten zu erfüllen. In die Ermittlung nach § 1587 a Abs. 2 BGB sind auch einzubeziehen Leistungen, Anwartschaften oder Aussichten auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Solche Leistungen mögen von den Anspruchsberechtigten als „Zusatz-Renten" e m p f u n d e n werden, aber auch die betriebliche Altersversorgung hat mit dem Sozialrecht oder dem Sozialversicherungsrecht rechtlich nichts zu tun und ist daher im SGB nicht erwähnt. Sie ist eine gesellschaftliche und arbeitsrechtliche Einrichtung, welche der Gesetzgeber lediglich zu verbessern versucht hat 369 . Abschließend mit den Leistungen der GRV seien auch hier die wichtigsten Voraussetzungen fiir einen Anspruch zusammengestellt: (1) Das „Versichertsein". In der Rentenversicherung begründet nicht schon das Bestehen von Versicherungspflicht oder einer Versicherungsberechtigung ggf. einen Leistungsanspruch, sondern erst die Beitragsentrichtung macht den Versicherungspflichtigen oder den Versicherungsberechtigten zum Versicherten 370 . Entsprechend den unterschiedlichen Leistungen ist die Voraussetzung des „Versichertseins" ferner von der Erfüllung unterschiedlicher Bedingungen bezüglich des Umfangs entrichteter Beiträge abhängig: Versichertsein bezüglich der Leistungen zur Rehabilitation, vgl. § 1236 Abs. 1 a RVO, § 13 Abs. 1 a AVG und § 35 Abs. 1 a R K G ; bei Renten: Erfüllung von Wartezeiten, vgl. §§ 1246 bis 1252, 1263 RVO, §§ 23 bis 29, 40 AVG und §§ 46 bis 52, 366

I. d. F. des ÄndG, vgl. 2. Agrarsoziales ErgänzungsG v. 9. 7. 1980 - BGBl. I, S. 905. 367 \yertenbruch, Sozialverf.-Sozialverw., S. 157. Vgl. zum Ganzen weiterführend Noell, Altershilfe für Landwirte, 1971. 368 Vgl. die Grundentscheidung des BVerfG, in: NJW 1980, 692 zur Verfassungsmäßigkeit des Versorgungsausgleichs und den Bericht über das 12. Praktikerseminar des Instituts für Sozialrecht der Ruhr-Universität Bochum, in: ZSR 1979, S. 321 ff. 369 Durch das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung v. 19. 12.1974 - BGBl. I, S. 3610. Dazu Gaul, Die betriebliche Altersversorgung, 1979. 370 BSG SozR Nr. 7 zu § 1303 RVO; BSGE 24, 85 (87).

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63 R K G . Eine Anwartschaft ohne „Versichertsein" begründet der öffentlichrechtliche Versorgungsausgleich (§§ 1304 ff. RVO, §§83 ff. AVG, §§96 ff. RKG) 3 7 1 . (2) Eintritt eines Versicherungsfalls. Die Versicherungsfälle 372 in der GRV sind: Die G e f ä h r d u n g oder Minderung der Erwerbsfähigkeit (§ 1236 RVO, § 13 AVG, § 35 R K G ) , Tuberkulose (§ 1244 a RVO, § 21 a AVG, § 43 a R K G ) , Berufsunfähigkeit (§ 1246 RVO, §23 AVG, abweichend §§45, 46 R K G ) , Erwerbsunfähigkeit (§ 1247 RVO, § 24 AVG, § 47 RKG), das Alter (§ 1248 RVO, § 25 AVG, § 48 R K G ) und der Tod oder die Verschollenheit des Versicherten (§§ 1263, 1271 RVO, §§ 40, 48 AVG, §§ 63, 68 RKG). Ist das Lebensalter Voraussetzung für einen Anspruch, so kann ggf. der Versicherte den Zeitpunkt bestimmen, der für die Erfüllung des Leistungsanspruchs maßgebend sein soll (§§ 1248, 1254 RVO). cc) Finanzierung: Wirtschaft und Sozialrecht stehen in wechselseitiger Abhängigkeit von und zueinander 3 7 3 . Das zeigt sich nicht nur bei der Rentenanpassungm, die aufgrund neuer wirtschaftlicher und sonstiger Daten (vgl. § 1255 Abs. 2 RVO), eines Berichts der Bundesregierung u n d nach Begutachtung durch den Sozialbeirat durch Gesetz zu erfolgen hat (§§ 1272 ff. RVO), sondern auch an den Schwierigkeiten, denen die Finanzierung der GRV, aber auch z. B. die der Arbeitsförderung oder von wirtschaftlichen Investitionen z. Zt. begegnen. Die Wirtschafts- und Sozialpolitik des Staates stoßen hier besonders deutlich an ihre Grenzen. Die Mittel für die Ausgaben der Versicherung werden durch Beiträge der Versicherten und der Arbeitgeber sowie durch Zuschüsse des Bundes aufgebracht (§ 1382 RVO, § 109 AVG, § 127 R K G , § 20 SGB IV). Die Beiträge in Höhe von 18,5 v. H. des Arbeitsentgelts (§ 1385 RVO, § 112 AVG) - knappschaftliche Rentenversicherung 24 v. H. (§130 R K G ) — sind jeweils zur Hälfte von den Versicherten und den Arbeitgebern zu tragen (§ 1385 Abs. 4 RVO, § 112 Abs. 4 AVG); in der knappschaftlichen Rentenversicherung zu 9 v. H. von den Versicherten, zu 15 v. H. von den Arbeitgebern (§ 130 Abs. 6 RKG). Die Beiträge sind, soweit es sich um versicherungspflichtige Arbeitnehmer handelt, jeweils von den Arbeitgebern einzuzahlen (§ 1396 RVO). Für Versicherte, die nicht Arbeitnehmer sind, ergibt sich die Beitragspflicht unterschiedlich aus § 1385 Abs. 4 RVO. Neben den von den Versicherten und den Arbeitgebern aufzubringenden Beiträgen erfolgt die Finanzierung der Rentenversicherung durch Zuschüsse des Bundes für Leistungen, die außerhalb der Alterssicherung zu erbringen sind (§ 1389 RVO, § 116 AVG, abweichend § 128 RKG). Reichen die Beiträge und die sonstigen Einnahmen nicht aus, garantiert der Bund die finanzielle Sicherung der Rentenversicherung 371

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Vgl. Ruland / Tiemann, Versorgungsausgleich, 1977. Näheres dazu auch bei Bley, Sozialrecht, S. 123 ff. BSGE 20, 48 (50); Breithaupt 1966, 310 (311) und Bley, Sozialrecht, S. 159ff.; Rüfner, Einführung, S. 127 ff. Zu sozialökonomischen Aspekten vgl. Thiemeyer, in: BochKomm., vor § 1 m. w. N. Dazu Brackmann, Handbuch, S. 706 1 ff.; Bogs, in: Fs. f. Jantz, S.71 ff.

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(§§ 1384 RVO, 111 AVG, 128 RKG). Im übrigen wird die Finanzierung der Rentenversicherung durch ein sorgfältig vorgeplantes und abgesichertes Bilanzierungs- und Deckungsverfahren zu sichern versucht (§§ 1383 ff. RVO, §§ 110ff. AVG). dd) Organisation: Die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung, Körperschaften des öffentlichen Rechts (§ 29 Abs. 1 SGB IV) auf berufsständischer Grundlage 375 , lassen sich gemäß § 23 Abs. 2 SGB I wie folgt einteilen: (1) Die Rentenversicherung nach der RVO, nämlich (a) die Landesversicherungsanstalten (§§ 1326ff. RVO). Es gibt 18 Landesversicherungsanstalten; ihnen gehören Arbeiter und seit dem Handwerkerversicherungsgesetz (HwVG) vom 8. 9. 1960 auch Handwerker an. (b) Die Bundesbahnversicherungsanstalt (BBVA; §§ 1360 Abs. 1 Nr. 1, 1372 RVO); ihr gehören die Arbeiter der Deutschen Bundesbahn an. (c) Die Seekasse (Seek Hamburg; §§ 1360 Abs. 1 Nr. 2, 1372 RVO) ist für Seeleute zuständig. (2) Die Rentenversicherung nach §§ 1f f AVG: Sie wird von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) in Berlin getragen. Die Mitglieder sind Angestellte. Schon längere Zeit ist das AVG der RVO weitgehend angeglichen. Zwischen der BfA und den LVAen findet ein Finanzausgleich statt 376 . (3) Die Rentenversicherung nach weiteren Sondergesetzen:(a) Bundesknappschaft (BKn, Bochum; §§ l f f . RKG): Mitglieder sind Knappschaftsangehörige (Bergleute), (b) Alterskassen für Landwirte, die „Altershilfe" nach §§ 1 ff. GAL gewähren. Es gibt 19 landwirtschaftliche Alterskassen, die bei den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften errichtet sind (§ 16 Abs. 1 GAL). Daneben gibt es — im SGB nicht geregelt und so dem Sozialrecht im formellen Sinne 377 nicht zugehörig — eine Altersversicherung der „freien Berufe". Sie kommt für bestimmte freie Berufe in Betracht, z. B. für Ärzte, Notare usw., und beruht auf landesgesetzlicher Regelung. 5. Soziales Entschädigungsrecht (SGB V) a) Zielsetzung: Zu den rechtspolitisch und juristisch bedeutsamsten Sozialleistungsbereichen des weiter auszubauenden SGB gehört das Rechtsinstitut der Sozialen Entschädigung (später: SGB V). Dazu heißt es in § 5 SGB I: „Wer einen Gesundheitsschaden erleidet, für dessen Folgen die staatliche Gemeinschaft in Abgeltung eines besonderen Opfers oder aus anderen Gründen nach versorgungsrechtlichen Grundsätzen einsteht, hat ein Recht auf: 1.die notwendigen Maßnahmen zur Erhaltung, zur Besserung und zur Wiederherstellung der Gesundheit und der Leistungsfähigkeit und 2. angemessene wirtschaftliche Versorgung. Ein Recht auf angemessene wirtschaftliche Versorgung haben auch die Hinterbliebenen eines Beschädigten." 375 376 377

Einzelheiten bei Wolff/ Bachof, VwR II, § 96 IV. Vgl. dazu Schmähl, VSSR 1974, 346 (364). S. o. Ziff. I 1 a.

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Diese Vorschrift, die selbst nicht Anspruchsgrundlage ist (§ 2 Abs. 1 S. 2 SGB I), umschreibt die grundsätzlichen Gesichtspunkte, unter denen im Bereich des SGB staatliche Entschädigungsleistungen für Gesundheitsschäden erbracht werden sollen 378 . Die Gesetze, welche vorläufig in diesem Bereich anzuwenden sind, werden in Art. II § 1 Nr. 11 SGB I aufgeführt: Das BVG sowie die gesetzlichen Vorschriften, welche die entsprechende Anwendung der Leistungsvorschriften des BVG vorsehen, und zwar § 80 SVG, § 59 Abs. 1 BGSG, § 47 Abs. 1 ZDG, § 51 BSeuchenG, §§ 4, 5 HGG 3 7 9 . Dabei sagt das BVG 380 lediglich etwas aus zu den Rechtsfolgen, nicht zum Grunde des neuen Rechtsinstituts. Es konkretisiert Leistungen und entsprechende Anspruchsgrundlagen, wie sie „nach (nicht aus!) versorgungsrechtlichen Grundsätzen" seit Jahrzehnten für die Ausgleichung von Gesundheitsschäden von Kriegsopfern vorgesehen sind. Zum Rechtsgrund der Leistungen ist damit nichts ausgesagt, vielmehr ist dieser ausschließlich dem § 5 Abs. 1 SGB I zu entnehmen. Sicherlich steht dem diese Norm ausfüllenden Gesetzgeber die Auswahl weiterer Personengruppen, welche durch die Soziale Entschädigung geschützt werden sollen, völlig frei 381 . Damit jedoch „Systembrüche" gegenüber der ursprünglichen Intention erkennbar sind und auch eine den ganzen (neuen) Leistungsbereich abdeckende Gesetzgebungsbefugnis des Bundes umschrieben werden kann, sollte jedem Leser und Kommentator des § 5 Abs. 1 SGB I folgendes klar sein: (1) Gesichert, geschützt und / oder irgenwie „versorgt" werden letztlich alle durch das SGB begünstigten Personen. Die Bezeichnung „Versorgung" ist382 inzwischen derart unscharf geworden, daß man mit ihrer Hilfe kein Spezifikum des Sozialrechts mehr typisieren kann. Die frühere Trias Versicherung — Versorgung — Fürsorge gibt es nach den § § 2 - 1 0 SGB I zu recht nicht mehr 383 . (2) Die Soziale Entschädigung hat nichts mit dem Staatshaftungsrecht zu tun, sondern ist nach dem SGB ein Leistungsbereich des Sozialrechts. Nach § 5 Abs. 1 SGB I schuldet der Staat oder haftet er für nichts, sondern er „steht" aus sozialrechtlichen Gründen für etwas oder für einen anderen „ein", etwa weil ein eindeutig Schuldender oder Haftender nicht gefunden werden kann oder weil er nicht leistungsfähig ist. Mit der Abscheidung der Sozialen Entschädigung von jeder Staatshaftung ist auch der hergebrachte Gedanke der „Aufopferung" (ursprünglich §§ 74, 75 Einleitg. ALR) 384 bereits aus dem Spiel, ganz abgesehen davon, daß der Gesetzgeber die Soziale Entschädigung nicht mehr nur mit einem „besonderen Opfer" verknüpft sieht, sondern auch 378 379 380 381

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Amtliche Begründung, BT-Drucks. 7 / 868, S. 23 (§ 5). Vgl. dazu auch Schnapp, in: BochKomm, zu § 5 Rdnr. 17ff. In der Fassung seiner letzten Änderung vom 19. 1. 1979 - BGBl. I, S. 98. Allerdings wird Art. 74 Nr. 10 GG für weitere Ausfüllungen nicht ausreichen; vgl. Schnapp, a. a. O., Rdnr. 12-14 m. w. N. Ebenso wie etwa „Daseinsvorsorge"; vgl. zu diesen Stichworten Wolff/Bachof, VwR III, § 139 111b. Dazu schon oben, I 1 b (2). Text einschl. AKO v. 4. Dez. 1831 in Werner Weber, Verwaltungsgesetze, 1948, S. 1.

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„andere Gründe" anzuerkennen bereit ist. (3) Erst recht kann und darf die Soziale Entschädigung nicht mit dem Dienstrecht vermischt oder als Surrogat für dienstrechtliche Rechtsfolgen mißbraucht werden. Dem ständen die den Art. 33 mit seinen Abs. 4 und 5 G G tragenden Rechtsgedanken entgegen. Ein Sozialrecht muß grundsätzlich für alle Bürger zur Verfügung stehen, ein Dienstrecht nur für diejenigen, welche in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen oder gestanden haben. Deswegen darf ein dienstrechtlich Berechtigter nicht — etwa aus Haushaltsgründen — auf einen sozialrechtlichen Tatbestand mit dessen (spezifischen) Rechtsfolgen verwiesen werden. Dienstrecht und Soziale Entschädigung stehen sich ebenso unvergleichbar gegenüber wie der sozialrechtliche Lastenausgleicf?85 nach dem 2. Weltkrieg und die Ausgleichung gegenüber Angehörigen des öffentlichen Dienstes nach Art. 131 G G oder nach früheren Gesetzen, welche die Stellung der durch das NS-Regime aus dem öffentlichen Dienst Verdrängten, politisch oder rassisch Verfolgten wiederherzustellen versucht haben 386 . Schlechthin und positiv gesagt bedeutet soziale Entschädigung ein Einstehen aller Bürger, genauer, des körperschaftlich organisierten Staates als größtdenkbarer „Solidargemeinschaft" (v. a. mit seinen Steuermitteln), für Gesundheits- und Lebensrisiken, die entweder in seinem eigenen Territorialbereich bestehen, oder auch z. B. durch andere Staaten verursacht sind und bereits zu Gesundheitsschäden 3 8 7 geführt haben oder führen können. Wer solche Schäden — ob ein Bürger oder der Staat ist gleichgültig — deliktisch (rechtswidrig und schuldhaft) oder quasideliktisch (ohne Rücksicht auf Verschulden) herbeiführt, schuldet und / oder haftet allein ebenso wie derjenige, welcher aus anderen Gründen den Schaden zu restituieren hat, es sei denn, das Gesetz schlösse ihn ausdrücklich von dieser Verpflichtung aus 388 . Demgemäß kommt ein Einstehen der staatlichen Gemeinschaft für die Folgen eines Gesundheitsschadens „in Abgeltung eines besonderen Opfers oder aus anderen G r ü n d e n " in folgenden — bislang nicht ausdiskutierten — Fällen in Betracht: Schädigungen durch Katastrophen, Tumulte, bestimmte Straftaten (Straßenraub), Umweltverschmutzungen, Medikamente und sonstige Gifte (Insektizide, Detergentien, Düngemittel, Farbstoffe), Forschung, Resozialisation. Auch bestimmte Fälle der sog. unechten Unfallversicherung (z. B. Nothelfer und Blutspender, § 539 Abs. 1 Nr. 9 und 10 RVO) sollten ih-

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Nach dem LAG v. 14. Aug. 1952 i. d. F. v. 1. Okt. 1969 - BGBl. III, S. 621 der einem (materialen) Sozialrecht durchaus zugerechnet werden kann und im SGB nur fehlt, weil er im Auslaufen begriffen ist. Vgl. oben bei I 1 a. Das BEG steht wieder auf einem anderen Blatt und ist m. E. dem Deliktsrecht zuzurechnen. Sachschäden sind derzeit noch ausgenommen. Was z. B. in § 636 RVO zugunsten von Unternehmern weitgehend geschehen ist, aber z. B. nicht in § 81 BVG zugunsten des Staates (Dienstherrn) bei Dienstunfällen.

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ren Standort nicht in der GUV behalten, wo sie dogmatisch nicht hingehören, sondern in die soziale Entschädigung überführt werden 389 . Unterstrichen wird die rechtspolitische Bedeutung des Rechts der sozialen Entschädigung durch das im Jahre 1976 in Kraft getretene Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) 390 . b) Leistungen: Als Leistungen können nach dem Recht der sozialen Entschädigung bei Gesundheitsschäden in Anspruch genommen werden (§ 24 Abs. 1 SGB I): — Heil- und Krankenbehandlung sowie andere Leistungen zur Erhaltung, Besserung und Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit einschließlich wirtschaftlicher Hilfen (§§ 10 bis 24 a BVG), — besondere Hilfen im Einzelfall einschließlich Berufsförderung (§§ 25 bis 27 d BVG), — Renten wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit (§§ 30 bis 35 BVG), — Renten an Hinterbliebene, Bestattungsgeld und Sterbegeld (§§ 36 bis 53 BVG), — Kapitalabfindung, insbesondere zur Wohnraumbeschaffung (§§ 72 bis 80 BVG). c) Anspruchsvoraussetzungen: Da bei der Ausprägung der §§ 5 und 24 SGB das BVG (für die Rechtsfolgen) Pate gestanden hat 391 und der tragende Rechtsgrund der sozialen Entschädigung 392 — auch aus Gründen ihrer Finanzierbarkeit - reichlich unklar blieb, ist der berechtigte Personenkreis vorläufig (bis zur Fertigstellung des SGB V) schwer zu überschauen, jedenfalls noch nicht katalogartig zusammengestellt. Praktisch steht hinter der Anspruchsberechtigung — im Anklang an die GUV — z. Zt. noch der Gedanke der Ausübung einer risikogeschützten Tätigkeit: Dazu gehört die „Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes" (§ 1 Abs. 1 BVG) sowie bestimmte ihm gleichgeachtete Tatbestände (§§2 ff. BVG), ferner die „Wehrdiensttätigkeit" (§ 80 SVG), der „Bundesgrenzschutzdienst" (§ 59 BGSG), die „Zivildiensttätigkeit" (§ 47 ZDG), das „Sich-Impfen-Lassen" (§ 51 BSeuchG) und schließlich das aus politischen Gründen „Sich-in-Gewahrsam-Befinden" (§§ 4, 5 HHG). Für die weiteren Anspruchsvoraussetzungen kommt wiederum der Theorie der wesentlichen Bedingung 393 maßgebende Bedeutung zu. Ähnlich wie bei 389

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Weitere Beispiele bei Bley, ZSR 1974, 193ff.; Wertenbruch, Sozialverf.-Sozialverw., S. 165. Vgl. auch Gitter /Schnapp, JZ 1972, 474ff.; Rohwer-Kahlmann, SGb 1974, 1 (3ff.); ders., ZSR 1974, 82ff. ( 139ff.; Schulte, ZSR 1974, 588ff.; W. Meyer, Soziales Entschädigungsrecht, Diss.Boch. 1974, S. 203 ff. 225 ff. v. 11.5. 1976 (BGBl. I, S. 1181). Vgl. dazu schon meinen Aufsatz in SGb 1972, 241 ff.; ferner Schnapp, in: Das neue SGB, S. 144ff. und Wolfgang Meyer, Soziales Entschädigungsrecht, S. 73f. Dazu Rüfner, Gutachten zum 49. DJT, S. E 19ff.; Meyer, Soziales Entschädigungsrecht, S. 74ff. und Schnapp, in: BochKomm, zu § 5 Rdnr. 15ff. und 31 ff. Dazu schon oben Ziff. II 4 c bb; ferner Wallerath, VSSR 1974, 233 (241 f.).

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der GUV besteht ihre Aufgabe zum einen darin, aus den verschiedenen, zu einem Unfallgeschehen führenden Bedingungen die unwesentlichen Bedingungen gegenüber den für die Haftungsbegründung wesentlichen Umständen auszusondern (haftungsbegründende Kausalität), zum anderen darin, den zurechenbaren Schadensumfang durch eine Gegenüberstellung der für diesen Umfang wesentlichen Bedingungen gegenüber anderen hierfür unwesentlichen Umständen zu ermitteln (haftungsaufüllende Kausalität). Ähnlich wie in der GUV ist daher ein Anspruch auf Versorgung anhand folgender Kriterien zu prüfen: Es muß zunächst überhaupt eine Gesundheitsbeschädigung vorliegen. Diese braucht nicht auf ein „plötzliches", d. h. zeitlich begrenztes Ereignis zurückzuführen zu sein, sondern kann auch in dem Verschleiß der Bandscheiben durch jahrelange kriegsbedingte schwere Arbeit liegen, muß jedoch mit der risikogeschützten Tätigkeit verknüpft werden können im Sinne der haftungsbegründenden Kausalität. Das bedeutet: Die risikogeschützte Tätigkeit, die im BVG bzw. in denjenigen Gesetzen umschrieben ist, welche die entsprechende Anwendung der Leistungsvorschriften des BVG vorsehen, muß für die gesundheitliche Schädigung eine wesentliche Bedingung gesetzt haben. Dabei kommt es allerdings nicht darauf an, daß diese Bedingung die alleinige oder auch nur die überwiegende Bedingung ist. Eine Bedingung muß schon dann als wesentlich angesehen werden, wenn sie den Erfolg maßgeblich mitbewirkt hat. Nicht ausreichend ist eine Bedingung, die dem Lebensrisiko jedes einzelnen entspricht (Gelegenheitsursache). Unter Berücksichtigung dieser Abgrenzungskriterien ist haftungsbegründende Kausalität zu bejahen etwa bei einem Bandscheibenvorfall auf Grund jahrelanger schwerer Arbeit und anlagebedingter Spondylarthrosis, ferner bei Folgen einer Operation, die wegen eines Nichtschädigungsleidens im Feldlazarett durchgeführt wurde, wenn besondere kriegseigentümliche Verhältnisse im Lazarett ursächlich gewesen sind. Hat ein tatbestandsmäßig umschriebenes Risiko zu einer gesundheitlichen Schädigung i. S. d. § 1 BVG geführt, so ist der Antragsteller sowohl wegen der gesundheitlichen wie der wirtschaftlichen Folgen der Schädigung leistungsberechtigt, sofern und soweit auch die haftungsausfiillende Kausalität, d. h. die Verknüpfung zwischen gesundheitlicher Schädigung einerseits und den gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen andererseits zu bejahen ist. Dabei hat der Gesetzgeber für die Frage der Kausalität zwischen gesundheitlicher Schädigung und gesundheitlichen Folgen zugunsten des Betroffenen eine Erleichterung geschaffen: Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges. Wenn die zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung erforderliche Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewißheit besteht, kann mit Zustimmung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung Versorgung in gleicher Weise wie für Schädigungsfolgen gewährt werden. Die Zustimmung kann allgemein erteilt werden (§ 1 Abs. 3 BVG).

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Was die Verknüpfung zwischen gesundheitlicher Schädigung und wirtschaftlichen Folgen angeht, so geht der Gesetzgeber auch hier von einem einheitlichen Zurechnungsprinzip aus, das lediglich im Hinblick auf die Schadensbemessung durch ein Abstellen auf die Art des jeweiligen Schadens ergänzt wird. Demgemäß ist die Kausalitätsfrage für jede Entschädigungsleistung prinzipiell gleich gelagert. Zwischen der Gesundheitsschädigung und der Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit (§ 30 Abs. 1 BVG) muß eine kausale Verknüpfung i. S. d. Therorie der wesentlichen Bedingung ebenso bestehen wie zwischen der Gesundheitsschädigung und dem besonderen beruflichen Betroffensein (§ 30 Abs. 2 BVG) oder dem nach § 30 Abs. 3 und 4 BVG auszugleichenden Einkommensverlust. Beispiele haftungsausfüllender Kausalität sind: Aufteten einer Epilepsie 12 Jahre nach einer Kopfverletzung bei gleichzeitigem Bluthochdruck mit sehr hohen Werten; Notwendigkeit der Amputation eines Oberschenkels infolge einer arteriellen Verschlußkrankheit und eines schädigungsbedingten Unterschenkelgeschwürs; Verlust eines Beines eines wehrdienstbeschädigten Armamputierten durch einen Unfall, den der Betroffene ohne die Armamputation nicht erlitten hätte 394 . Abschließend mit den Leistungen ist auf einige Besonderheiten nach dem OEG hinzuweisen : 395 A n k n ü p f u n g s p u n k t für Entschädigungsansprüche nach dem O E G ist in der Regel der vorsätzliche, rechtswidrige Angriff auf eine Person 396 . Gleichgestellt sind Giftbeibringung und gemeingefährliche Verbrechen (§ 1 Abs. 2 OEG). Keine Anwendung findet das O E G auf vorsätzliche tätliche Angriffe duch Gebrauch eines Kraftfahrzeugs (§ 1 Abs. 6 OEG) 3 9 7 . D a nach h. M. die irrtümliche A n n a h m e der Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrundes zum Tatbestandsirrtum und damit zur Fahrlässigkeit führt, können im Einzelfall auch Fahrlässigkeitstaten zur Entstehung eines Anspruchs auf soziale Entschädigung führen (§ 1 Abs. 1 S. 2 OEG). Tat i. S. d. § 1 O E G können schließlich auch sog. unechte Unterlassungsdelikte sein 398 . d) Finanzierung: Die Erfüllungskosten für die Versorgung der Kriegsopfer werden auf der Grundlage des BVG vom Bund, die persönlichen und sachlichen Verwaltungskosten von den Ländern getragen. Zur Gewährung sozialer Entschädigung nach dem O E G ist das Land verpflichtet, in dem die Schädigung eingetreten ist (§ 4 Abs. 1 S. 1 OEG). Der Bund trägt 40 v. H. der Ausgaben, die den Ländern durch Geldleistungen nach den O E G entstehen (§ 4 Abs. 2 S. 1 OEG).

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Wallerath, VSSR 1974, 233 (245 f.). Vgl. hierzu Rüfner, NJW 1976, 1249 und Baumann, SGb 1980, 221. Ob Selbst- bzw. Mitverursachung durch den Geschädigten im Spiel war, bestimmt sich nach der Theorie der wesentlichen Bedingung. Vgl. BSG NJW 1980, 2326. Vgl. § 12 PflVG. § 13 StGB. Vgl. dazu Brockelmann, SozSich 1976, 75 (76).

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e) Organisation: Im Bereich der sozialen Entschädigung gibt es keine sog. „Selbstverwaltungsorgane", sondern nur monokratisch organisierte (Staats-) Behörden und deren Hilfsstellen. Zuständig sind die Versorgungsämter, die Landesversorgungsämter und die orthopädischen Versorgungsstellen, für die besonderen Hilfen im Einzelfall die Kreise und kreisfreien Städte sowie die Hauptfürsorgestellen. Bei der Durchführung der Heil- u n d Krankenbehandlung wirken die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung mit (§ 24 Abs. 2 SGB I) 399 . 6. Minderung des Familienaufwands (SGB VI) a) Zielsetzung: Im Sozialrecht ist nach dem Kriege aufgrund eines vom Zeitgeist völlig mißverstandenen Art. 1 Abs. 1 GG 4 0 0 fast nur noch an den Schutz des (vereinsamten) Individuums gedacht worden 4 0 1 , aber kaum an den Schutz der engsten Lebenszelle, in der Personen zu leben pflegen, nämlich der Familie, welche nach dem Verfassungsbefehl des Art. 6 Abs. 1 G G „unter dem besonderen Schutz der staatlichen O r d n u n g " zu stehen hat 402 . Nach vielen den Staat und die Gesellschaft schädigenden Versäumnissen nimmt § 1 Abs. 1 SGB I den verfassungsrechtlich gebotenen Faden wieder auf, § 6 scheint ihn mit seiner Überschrift fortführen zu wollen. Allerdings ist auch dieser Titel (demnächst der des SGB VI — ebenso wie bei § 5 SGB I — konkret sehr ausfüllungsbedürftig. Es kann wegen Art. 6 Abs. 1 G G und § 1 SGB I nicht dabei bleiben, daß mit der Überschrift nur ein Kindergeld - sei es nach dem B K G G (vgl. § 25 Abs. 1 SGB I) 403 oder als Zuschlag zu Renten — gemeint ist 404 . Gedacht werden sollte z. B. auch an eine größere steuerliche Entlastung der Eltern als heute noch üblich 405 oder an eine Angleichung der Stellung der Mütter an die von berufstätigen (und kinderlosen) Frauen in der GRV. Schon aus rein sozialrechtlicher Perspektive ist es selbstverständlich, d a ß demjenigen, welcher Kindern Unterhalt zu leisten hat oder leistet, ein Recht auf Minderung der dadurch entstehenden wirtschaftlichen Belastungen zusteht. 399

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Vgl. auch § 6 OEG. Hinweise zum Verfahrensrecht bei Gitter, in: BochKomm, zu § 24 Rdnr. 3. Zu den ideologischen Mißverständnissen rund um Art. 1 Abs. 1 GG vgl. Wertenbruch, Grundgesetz und Menschenwürde, passim. Zum Konstrukt des „Sozialsubjekts" Roeßler, in: BochKomm, Einl. S. 2ff. Dazu auch schon oben I 1 a unter Hinweis auf das Stichwort: Person. Allerdings kann Art. 6 I G G auch den Gesetzgeber nicht zu bestimmten Konsequenzen zwingen. Er hat eine Gestaltungsfreiheit, BVerfG NJW 1981, 107. Dazu und zu § 6 Gitter, in: BochKomm., jeweils Rdnr. 1 ff. Vgl. Roeßler und Thiemeyer, in: BochKomm, vor § 6, Rdnr. 1 - 3 , aber auch Gitter, in: BochKomm, zu § 6 Rdnr. 11 ff. und Bley, Gesamtkommentar zu § 6. Anders offenbar Amtl. Begründung, BT-Drucks. 7 / 868, S. 24 zu §§ 6 und 7. Etwa auch auf der Grundlage des neuen Gesetzes zur Steuerentlastung und Familienförderung — Steuerentlastungsgesetz 1981 vom 16. August 1980 —, BGBl. I, S. 1381.

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b) Anspruchsberechtigter Personenkreis: Anspruch auf Kindergeld hat, wer im Bundesgebiet einschließlich Berlin (West) seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Anspruchsberechtigt sind darüber hinaus diejenigen Personen, welche zwar in diesem Gebiet keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, aber von ihrem im Geltungsbereich des Gesetzes ansässigen Arbeitgeber oder Dienstherrn zu vorübergehender Dienstleistung in ein Gebiet außerhalb des Geltungsbereichs entsandt, oder im Dienst der Bundesbahn, Bundespost oder Finanzverwaltung in einem benachbarten Staat beschäftigt sind oder Versorgungsbezüge nach dem Beamten- oder Soldatenrecht, eine Versorgungsrente von einer Zusatzversorgunganstalt für Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes oder als Entwicklungshelfer Unterhaltsleistungen nach dem Entwicklungshelfer-Gesetz 4 0 6 erhalten (§ 1 BKGG) 4 0 7 . Als Kinder i. S. d. B K G G werden berücksichtigt: Leibliche Kinder (§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 B K G G ) und Adoptivkinder (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 B K G G ) ; Stiefkinder und Pflegekinder, die der Berechtigte in seinen Haushalt aufgenommen hat (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 und 6 BKGG), ferner Enkel und Geschwister, die der Berechtigte in seinen Haushalt aufgenommen hat oder überwiegend unterhält (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 BKGG). Kindergeld wird allgemein bis zum 18. Lebensjahr der Kinder gezahlt. Für volljährige Kinder wird bis zum 27. Lebensjahr Kindergeld gezahlt, wenn sie sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden, ein freiwilliges soziales Jahr leisten oder unter besonderen Voraussetzungen den Haushalt des Kindergeldberechtigten führen (§ 2 Abs. 2 S. 1 BKGG). Der Anspruch für volljährige Kinder in Schul- oder Berufsausbildung entfällt, wenn das Kind eine Ausbildungsvergütung von monatlich 750,- D M brutto, ein Unterhaltsgeld nach dem A F G von monatlich 580,- D M netto oder ein entsprechend hohes Übergangsgeld von einem Träger der Eingliederung erhält (§ 2 Abs. 2 S. 2 BKGG). Bei Kindern in Ausbildung verschiebt sich die Altersgrenze von 27 Jahren um 2 und mehr Jahre nach oben, soweit die Ausbildung durch einen auf G r u n d gesetzlicher Pflicht geleisteten Dienst, durch einen statt dessen geleisteten freiwilligen Wehr-, Polizeivollzugs- oder Entwicklungshelferdienst, ferner durch fehlenden Studienplatz oder durch berufsbedingten Wohnortwechsel der Eltern verzögert wurde (§ 2 Abs. 3 BKGG). Körperlich, geistig oder seelisch behinderte Kinder werden über das 27. Lebensjahr hinaus ohne Rücksicht auf eine Altersgrenze berücksichtigt, wenn sie ledig oder verwitwet sind oder wenn der Ehegatte außerstande ist, den Unterhalt zu tragen (§ 2 Abs. 4 BKGG). Das B K G G findet auch auf ausländische Arbeitnehmer Anwendung, soweit in zwischen- oder überstaatlichen Abkommen über die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer bezüglich der Gewährung von Familienbeihilfen nichts 406 407

Vom 18. 6. 1969 (BGBl. I, S. 549). I. d. F. einschl. des 8. ÄndG v. 14. 11. 1978 - BGBl. I, S. 1757 und ihre Änderung durch Art. 4 des Gesetzes zur Steuerentlastung und Familienförderung: vgl. FN 405

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anderes vereinbart ist. Hinsichtlich der Höhe des Kindergeldes gilt, daß ausländische Arbeitnehmer f ü r ihre im Geltungsbereich des B K G G lebenden Kinder das volle Kindergeld nach den in § 10 B K G G festgelegten Sätzen erhalten. Arbeitnehmer aus Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft (EG) erhalten volles Kindergeld für ihre in den EG-Staaten lebenden Kinder. Das gleiche gilt für Arbeitnehmer aus der Schweiz und Österreich. Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des B K G G haben, werden grundsätzlich nicht berücksichtigt (§ 2 Abs. 5 BKGG). Die Bundesregierung ist jedoch ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, daß einem Berechtigten, der im Geltungsbereich des B K G G erwerbstätig ist oder sonst seine hauptsächlichen Einkünfte erzielt, Kindergeld ganz oder teilweise zu leisten ist, soweit dies mit Rücksicht auf die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten für die Kinder in deren Wohnland und mit Rücksicht auf die dort gewährten, dem Kindergeld vergleichbaren Leistungen geboten ist (§ 2 Abs. 6 BKGG). Zur Vorbereitung einer solchen Regelung sind zwischen der Bundesregierung u n d den Regierungen der in Frage kommenden Staaten 4 0 8 Vereinbarungen getroffen worden, die das Kindergeld für die im Heimatland lebenden Kinder eines ausländischen Arbeitnehmers aus den betreffenden Staaten festsetzen. Allerdings sind die vereinbarten Kindergeldsätze wesentlich niedriger als die normalen Kindergeldsätze. Mit diesen Regelungen, die nicht unbestritten sind 409 , soll auf die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten f ü r Kinder in dem betreffenden Wohnland, auf die dort gewährten, dem Kindergeld vergleichbaren Leistungen abgestellt sowie der Anreiz für das vielzitierte Nachholen von Kindern in die Bundesrepublik abgebaut werden 4 1 0 . c) Leistungen: Es handelt sich bisher bei der Minderung des Familienaufwands — wie auch schon die Bezeichnung Kindergeld zu erkennen gibt — um reine Geldleistungen (vgl. § 11 SGB I). Das Kindergeld beträgt für das 1. Kind 50.- DM, für das 2. Kind 120.- D M und für das 3. Kind sowie jedes weitere Kind 240.- D M monatlich (§ 10 BKGG) 4 1 1 . d) Finanzierung: Die Aufwendungen, die der Bundesanstalt f ü r Arbeit aufgrund der Durchführung des B K G G entstehen, trägt der Bund (§ 16 Abs. 1 BKGG). Die Verwaltungskosten werden durch einen Pauschbetrag abgegolten, der zwischen der Bundesregierung und der BA vereinbart wird (§ 16 Abs. 3 BKGG). e) Organisation: Die BA führt mit ihren Lokalbehörden (Arbeitsämtern, vgl. § 25 Abs. 2 SGB I) das B K G G nach den fachlichen Weisungen des Bun-

408 409 410 411

Z. B. Griechenland, Jugoslawien, Portugal, Türkei. Vgl. Kuhn, Sozialer Fortschritt 1975, 59f. Hoppe, ZfSH 1975, 1 (2). Vgl. auch Leder, BAB1. 1975, 33 f. In neuer Fassung nach FN. 407.

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desministers für Arbeit und Sozialordnung durch und führt dabei die Bezeichnung „Kindergeldkasse" (§ 15 BKGG) 412 . 7. Zuschuß für eine angemessene Wohnung (SGB VII) a) Zielsetzung: Die Zielsetzung dieses Leistungsbereichs (demnächst SGB VII), der z. Z. noch im Wohngeldgesetz 413 niedergelegt ist, ergibt sich aus § 7 SGB I: „Wer für eine angemessene Wohnung Aufwendungen erbringen muß, die ihm nicht zugemutet werden können, hat ein Recht auf Zuschuß zur Miete oder zu vergleichbaren Aufwendungen." Sicherlich verspricht die Überschrift über diesen Leistungsbereich nicht mehr, als § 26 SGB I und die Normen des W o G G ausweisen, aber das Ziel der „wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens" (vgl. § 1 WoGG) wird sich nicht nur durch sozialrechtliche Zuschüsse erreichen lassen. Mit ihnen wird lediglich an Symptomen einer Misere herumlaboriert, die sich schon seit längerer Zeit aus einer Verknappung von Baugrundstücken, ständig steigenden Baupreisen und der offenbaren Unlust privater Bauherrn, Mietwohnungen zur Verfügung zu stellen, ergeben hat. Zuschüsse für angemessenes Wohnen erscheinen indessen wegen ihrer Einordnung in das SGB als Dauereinrichtung, obwohl der Versuch gemacht werden sollte, sie durch andere staatliche Maßnahmen langfristig und wenigstens zu einem Teil hinfällig werden zu lassen. Angemessen ist ein Wohnraum, der den jeweiligen Familien- und Einkommensverhältnissen seiner Bewohner gerecht wird, dessen Preis insbesondere tragbar ist. Obwohl das Wohngeld keine Leistung der Sozialhilfe ist, steht es — als sozial sichernder Ausgleich unzumutbarer Aufwendungen für die Befriedigung eines speziellen Bedarfs — der Sozialhilfe in besonderen Lebenslagen nahe. Da größere Familien bei im übrigen gleichen Familieneinkommen Wohngeld eher erhalten als kleinere Familien oder alleinstehende Personen, dient das Wohngeld auch dem Familienlastenausgleich 414 . b) Antragsberechtigter Personenkreis: Wohngeld kann als Zuschuß zur Miete oder als Zuschuß zu den Aufwendungen für eigengenutzten Wohnraum in Anspruch genommen werden (§ 26 Abs. 1 SGB I, § 2 WoGG). Demgemäß ist zwischen Antragsberechtigung für einen Mietzuschuß und Antragsberechtigung für einen Lastenzuschuß zu unterscheiden: Antragsberechtigt für einen Mietzuschuß sind: Der Mieter von Wohnraum, der Nutzungsberechtigte von Wohnraum bei einem dem Mietverhältnis ähnlichen Nutzungsverhältnis einschließlich dem Inhaber eines mietähn412

413 414

Aktiven und früheren Beamten sowie Richtern wird das Kindergeld vom Dienstherrn oder von der Versorgungsstelle ausgezahlt. In der neuen Fassung v. 21. 9. 1980 - BGBl. I, S. 1742. Vgl. §§ 4 und 9 sowie die tabellarische Auflistung der Höchstbeträge (§ 8) und der Zuschüsse (in Anlagen 1-10) WoGG; ferner z.B. Henke, Grundzüge, S. 188 m. w. N.

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liehen Dauerwohnrechts u n d dem Bewohner eines Heims, das überwiegend Wohnzwecken dient, ferner der Wohnbesitzberechtigte und der Eigentümer eines Mehrfamilienhauses, der im eigenen Haus wohnt (§ 3 Abs. 1 WoGG). Antragsberechtigt f ü r einen Lastenzuschuß sind: der Eigentümer eines Eigenheims, einer Kleinsiedlung oder einer landwirtschaftlichen Nebenerwerbsstelle, der Eigentümer einer Eigentumswohnung und der Inhaber eines eigentumsähnlichen Dauerwohnrechts für die eigengenutzte Wohnung (§ 3 Abs. 2 WoGG). Schließlich erhalten f ü r die von ihnen genutzten Wohnungen die Personen einen Lastenzuschuß, die einen Anspruch auf Übereignung eines Gebäudes als Eigentum, Kleinsiedlung, landwirtschaftliche Nebenerwerbsstelle, auf Bestellung oder Übertragung eines Wohnungseigentums oder eines eigentumsähnlichen Dauerwohnrechts haben, wenn sie die Belastungen bereits tragen. Der Erbbauberechtigte steht dem Eigentümer oder dem Anspruchsberechtigten gleich (§ 3 Abs. 3 WoGG). c) Leistungen: Das Wohngeld richtet sich nach der Höhe der Miete oder Belastung. Miete ist das Entgelt für die Gebrauchsüberlassung des Wohnraums ohne die Kosten für Heizung, Warmwasser, Zuschläge für Untermiete und Benutzung zu anderen als Wohnzwecken, Vergütungen f ü r Möblierung (§ 5 WoGG). Belastung ist die Belastung aus Kapitaldienst und Bewirtschaftung (§ 6 Abs. 1 WoGG). Miete und Belastung werden bis zu Höchstbeträgen berücksichtigt, in denen sich der Wohnwert der jeweiligen Wohnung widerspiegelt, die aber um der Verwaltungsvereinfachung willen als Tabellenwerk ausgestaltet sind. In dieses Tabellenwerk sind als Bezugsgrößen zum Wohnwert eingebaut (§ 8 W o G G ) : das Jahr der Bezugsfertigkeit der Wohnung, die Ausstattung mit Heizung, Bad oder Duschraum, die G r ö ß e des Haushalts u n d die Einwohnerzahl der Wohngemeinde. Dem Raumbedarf wird dadurch Rechnung getragen, daß je nach Wohnungsart Höchstbeträge der Miete oder Belastung angegeben werden. Aus 10 Tabellen (Anlagen 1 - 1 0 ) ergibt sich d a n n nach Maßgabe der Wohngeldverordnung 4 1 5 die Höhe des Wohngeldes für Alleinstehende oder für 2 bis 10 und mehr Familienmitglieder, das an den Antragsberechtigten (§§ 3, 28 W o G G ) zu zahlen ist. d) Finanzierung: Die Länder tragen die Erfüllungs- und Verwaltungskosten. Der Bund erstattet jedoch den Ländern jährlich die Hälfte des gezahlten Wohngeldes (§ 34 WoGG). e) Organisation: Auch hier gibt es nur monokratisch organisierte Behörden. Zuständig für die Zahlung des Wohngeldes sind die durch Landesrecht bestimmten Behörden (§ 26 Abs. 2 SGB I; § 23 S. 1 WoGG). Das sind im Regelfall die Lokalbehörden der Kreise und kreisfreien Gemeinden 4 1 6 . 415 416

I. d. F. der VO v. 8. 1. 1981 - BGBl. I, S. 36 - . Vgl. z. B. für NW: § 3 der VO v. 14. 1. 1969 (GV N W S. 1103). Im übrigen siehe Stadtler / Gutekunst, 2. Wohngeldgesetz, Anhang 5.

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8. Jugendhilfe (SGB VIII) a) Zielsetzung: Nirgendwo haben sich im 20. Jahrhundert moderne Liberalismen so zerstörerisch ausgewirkt und der Staat so sehr versagt, wie bei der Familie und der Erziehung Jugendlicher. Daß aus allen Fugen geratene Individuen unfähig sind, Familien zusammenzuhalten oder junge Menschen zu erziehen, d. h. sie zum Zwecke ihrer Persönlichkeitsentfaltung auch in andere Lebensgemeinschaften, v. a. in den Staat in rechter Weise einzuführen, liegt auf der Hand. Ebenso unfähig ist jeder Staat, Eltern zu ersetzen, d. h. insbesondere die Erziehung zu übernehmen. In diesem geistigen und faktischen Dilemma scheint § 8 SGB I den Jugendlichen selbst die Verantwortung für ihre Erziehung zuschieben zu wollen, verlagert sie jedoch — obwohl Art. 6 Abs. 2 S. 1 G G es anders befiehlt und die personell und ethisch intakte Familie immer noch Regelfall sein dürfte — auf staatliche Organe u n d deren Hilfsstellen. Mit § 8 SGB I ist derzeitigen Randerscheinungen gefolgt und der zweite Schritt vor dem ersten gemacht worden. Zuerst hätte längst das fast 60 Jahre alte und inhaltlich überholte JugendwohlfahrtsG 4 1 7 durch ein zeitgemäßes JugendhilfeG 4 1 8 ersetzt werden müssen, ehe für nicht mehr intakte Familien sowie für geistig, körperlich und / oder seelisch wahrhaft hilflose Jugendliche sozialrechtliche Angebote gemacht werden. N u r auf diesem Wege hätte Art. 6 Abs. 1 und 2 G G entsprochen und erneut auch klargestellt werden können, daß Jugend- und Sozialhilfe verklammert bleiben müssen und elementare Bestandteile des Sozialrechts sind. Stattdessen geht § 8 SGB I - scheinbar getrennt von § 9 (Sozialhilfe) und ihm vorangestellt — von einem Recht jedes jungen Menschen auf Erziehung aus, obwohl ein junger Mensch, insbesondere ein solcher, dem noch keine Handlungsfähigkeit nach § 36 SGB I zugesprochen ist, ohne rechte Anleitung noch gar nicht wissen kann, was Person ist und auf welchem Wege man Persönlichkeit werden könnte 4 1 9 . Das Recht auf Erziehung soll durch allgemeine Angebote der Förderung der Familienerziehung sowie durch individuelle erzieherische Hilfen zur Ergänzung der Familienerziehung, bei Entwicklungsgefährdung oder -Störung und zum Schutz von Minderjährigen außerhalb des Elternhauses verwirklicht werden (vgl. § 27 Abs. 1 SGB I). Sozialleistungen, die zur Verwirklichung dieser gesetzgeberischen Intention in Anspruch genommen werden können, sollen entweder den Eltern bei der Erziehung oder den jungen Menschen bei ihrer Selbstentfaltung helfen oder einsetzen, wenn die Eltern ihrer Pflicht zur Erziehung nicht nachkommen 4 2 0 . 417

418

419 420

Im folgenden zitiert i. d. F. der Bekanntmachung vom 25.4. 1977 — BGBl. I, S. 633, berichtigt S. 795 und geändert durch Gesetz v. 18. 7. 1979 - BGBl. I, S. 1061. Zum derzeitigen Stand der Diskussion um ein neues Jugendhilfegesetz (JHG) und zu den Zielvorstellungen der Bundesregierung vgl. BT-Drucks. 8/2571 und Junge, in: Stimmen der Zeit 1980, 723ff. m. w. N. Vgl. auch Roeßler, in: BochKomm, vor § 8 Rdnr. 1 und 2. Amtliche Begründung, BT-Drucks. 7 / 8 6 8 , S. 24 ( § 8 ) ; vgl. ferner Rode, in: BochKomm, zu §§ 8 und 27.

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b) Leistungen: Nach dem Recht der Jugendhilfe (demnächst: SGB VIII), das verfassungsrechtlich nur unter Wahrung des elterlichen Vorrechts (Art. 6 Abs. 2 S. 1 G G ) zum Tragen kommen kann, d. h. wenn das Recht der jungen Menschen nicht von den Eltern verwirklicht wird, können in Anspruch genommen werden (§ 27 Abs. 1 SGB I, §§ 4ff. J W G ) : — Hilfen zur Erziehung innerhalb u n d außerhalb des Elternhauses vor und neben der Erfüllung der Schulpflicht, — Hilfen zur außerschulischen und außerberuflichen Bildung, — Hilfen zur Verhinderung und Beseitigung von Entwicklungsstörungen, — Hilfen zur Förderung von Einrichtungen und Veranstaltungen der Jugendwohlfahrt, — Vormundschafts- u n d Jugendgerichtshilfe. Diese Hilfen sind Dienstleistungen und Sozialleistungen i. S. d. § 11 SGB I. Das trifft auch auf die Mitwirkung des Vormundschaftsgerichts zu, das, soweit es um Leistungen im Rahmen der Jugendhilfe geht, funktionell nicht als Gericht (Organ der Rechtsprechung), sondern als Verwaltungsorgan tätig wird 421 . Die Zuordnung der Leistungen der öffentlichen Jugendhilfe zum Bereich der Sozialleistungen galt nicht immer als selbstverständlich. Noch die Sozialenquete von 1966 glaubte, die Mitbehandlung der öffentlichen Jugendhilfe u n d Sozialhilfe ausdrücklich rechtfertigen zu müssen. Heute wird öffentliche Jugendhilfe, die alle Kriterien des Sozialverwaltungsrechts erfüllt, überwiegend als soziale Leistung begriffen. Für einen unvoreingenommenen Betrachter der sozialrechtlichen Materie wäre es unverständlich, wenn die im allerdings stark veralteten J W G geregelte Jugendhilfe, die ebenfalls bis zu ihrer endgültigen Einordnung in das SGB als dessen „besonderer Teil" gelten soll (Art. II § 1 Nr. 16 SGB I), im SGB fehlen würde. Schon an dieser Entwicklung wird eine allmähliche Verschiebung der Gewichte innerhalb der öffentlichen Jugendhilfe vom Eingriff hin zur Leistung deutlich 422 . Hinzu kommt die unlösbare formale und materiale Verklammerung der Jugendhilfe mit der Sozialhilfe, etwa bei der familiengerechten Hilfe (§§ 7, 23 Abs. 2 BSHG), beim notwendigen Lebensunterhalt (§ 12 BSHG), bei der Ausbildungshilfe (§§31 ff. BSHG), der Eingliederungshilfe für Behinderte (§§39ff. BSHG) oder bei der Hilfe zur Pflege (§ 69 Abs. 3 BSHG). In der Sache ist das J W G überholt. Seine Schwäche liegt u. a. darin, daß es an klar formulierten, einklagbaren Ansprüchen des jungen Menschen auf erzieherische Hilfen fehlt. Dies sollte in einem neuen Jugendhilfegesetz geändert werden, darin allerdings auch das Wahlrecht der Eltern und des Jugendlichen (vgl. § 33 SGB I) sowie der Grundsatz partnerschaftlicher Zusammen-

421

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Wertenbruch, DÖV 1958, 732, und in: Gedenkschrift für R. Schmidt, 1966, S. 89ff. m. w. N.; vgl. auch BVerwG NJW 1964, 463. Friedeberg / Polligkeit / Giese, Einl., S. XVIII f.

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arbeit zwischen den Leistungsträgern nach § 12 SGB I und freien Trägern (§ 5 Abs. 1 S. 1 u. Abs. 2, § 7, § 8 Abs. 3 J W G ) erhalten bleiben 423 . c) Finanzierung: Der Schwerpunkt der Aufwendungen der öffentlichen Jugendhilfe liegt bei der Heimunterbringung, gefolgt von den Betriebskosten der Kindertagesstätten. Die Träger der freien Jugendhilfe erhalten die größten Zuschüsse zum Betrieb ihrer Kindertagesstätten u n d zur Erholungspflege. Finanziert werden die Leistungen der öffentlichen Jugendhilfe überwiegend durch öffentliche Mittel, von denen rund 85% auf die Gemeinden entfallen. Etwas mehr als 10% der Leistungen werden durch Kostenbeiträge der Betreuten und Erziehungsberechtigten, durch sonstige Einnahmen u n d durch — im Sozialbudget abgesetzte — übergeleitete Ansprüche finanziert424. d) Organisation: Für die Leistungen der Jugendhilfe sind i. w. monokratisch organisierte Behörden, nämlich die Jugendämter (JÄ) und Landesjugendämter (LJÄ) zuständig (§ 27 Abs. 2 SGB I, §§ 4ff. JWG), deren sachliche Zuständigkeit nur durch ausdrückliche gesetzliche Zuweisung von Aufgaben an andere Behörden, Dienststellen 425 oder Einrichtungen (z. B. Schulen) ausgeschlossen ist (§ 2 Abs. 1 JWG). Die Aufgaben der JÄ und LJÄ sind enumerativ voneinander abgegrenzt (§§ 4 ff., 20 JWG), wobei den LJÄ vornehmlich Koordinationsaufgaben zugefallen sind. Im Rahmen dieser sachlichen Zuständigkeit ist dasjenige JA örtlich zuständig, in dessen Bezirk der zu betreuende Minderjährige seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (§ 11 JWG). Auch die Einrichtung der JÄ und LJÄ ist im Rahmen der bundesrechtlichen Vorschriften (Art. 84 Abs. 1 G G , §§ 12 ff., 19 ff. J W G ) Sache der Länder. Diese haben, da § 12 Abs. 2 J W G die kreisfreien Städte und Landkreise auch zu Trägern der (örtlichen) Jugendhilfe erklärt, die Dienststellen (JÄ, LJÄ) und deren Einordnung in bestehende Behörden im wesentlichen genauso strukturiert wie die mit Sozialhilfe befaßten Amtsstellen. Den jeweiligen JÄ u n d LJÄ sind sog. Jugendwohlfahrtsausschüsse nach Maßgabe der §§ 14, 15 und 21 J W G als Beschlußorgane zugeordnet, die jedoch nicht nach außen hervortreten und i. w. „anregend und fördernd" (§ 15 J W G ) tätig sind. 9. Sozialhilfe (SGB IX) a) Grundfunktion und Grundsätze: Die Sozialhilfe (demnächst: SGB IX) hat nicht nur die Funktion, hilfsbedürftige Personen 4 2 6 am Leben zu erhalten. Sie soll sich auch präventiv und dergestalt rehabilitierend auswirken, daß sie zur Selbsthilfe anregt (§§ 1 und 9 SGB I, ferner 1 Abs. 2, 6, 7 BSHG) 4 2 7 . Dem423 424 425 426

427

Friedeberg / Polligkeit / Giese, Einl. S. XVII. BAB1. 1975, 27. Z. B. Gesundheitsämter, § 17 JWG. Diese Ausdrucksweise kommt im BSHG nicht mehr vor, scheint mir jedoch präziser als die in §§2, 11 BSHG gebrauchte Umschreibung zu sein, entspricht auch wohl besser § 9 SGB I und wird im folgenden aus Raumgründen verwendet. BSHG i. d. F. der Bekanntmachung vom 13. Febr. 1976 - BGBl. III, S. 2170.

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gemäß sieht ihr Leistungskatalog v. a. Hilfe zum Lebensunterhalt (§§ 1 Abs. 1, 11 ff. BSHG) und Hilfen in besonderen Lebenslagen vor (§ 28 Abs. 1 SGB I und die dort aufgeführten Normen des BSHG) 428 . Die Sozialhilfe wird hergebracht von zwei Grundsätzen bestimmt: dem Grundsatz der Individualisierung und dem des Nachranges der Sozialhilfe. Der Grundsatz der Individualisierung (heute schon in § 33 SGB I enthalten und für alle Bereiche von Bedeutung) bedeutet, daß sich Art, Form und Maß der Sozialhilfe nach der Besonderheit des Einzelfalles, vor allem nach der Person des Hilfeempfängers, der Art seines Bedarfs und den örtlichen Verhältnissen richten (§ 3 Abs. 1 BSHG). Dabei soll den Wünschen des Hilfeempfängers auf eine bestimmte Gestaltung der Hilfe entsprochen werden, soweit sie angemessen sind und keine unvertretbaren Mehrkosten erfordern (§ 3 Abs. 2 BSHG). Der Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe bedeutet, daß Hilfe nur erhält, wer sich selbst nicht helfen kann oder die erforderliche Hilfe nicht von anderen erhält (§ 2 Abs. 1 BSHG). Verpflichtungen anderer, besonders Unterhaltspflichtiger oder anderer Sozialleistungsträger bleiben unberührt (§ 2 Abs. 2 Satz 1 BSHG); die demgemäß „subsidiären" Verpflichtungen der Träger der Sozialhilfe treten dahinter zurück 429 . Für das gesamte Anspruchsdenken im Sozialverwaltungsrecht, das sich nunmehr an den §§ 2, 33, 3 8 ff. SGB I auszurichten hat 430 besaß das BSHG schon einige Zeit in § 4 eine „Schlüsselnorm", die bei der Abfassung der §§ 38 und 39 SGB I Modell gestanden hat und — ebenso wie die unter II. 1 a zitierten Normen des SGB I — selbst keine Anspruchsgrundlage ist. Nach § 4 Abs. 1 S. 1 BSHG „besteht ein Anspruch, soweit dieses Gesetz (in den nachfolgenden Normen) bestimmt, daß die Hilfe zu gewähren ist." Wenn und soweit das BSHG in den nachfolgenden Normen diese gesetzgeberische Vor-Bestimmung nicht trifft, andererseits aber auch ein behördliches Ermessen bei der Konkretion der Leistung nicht ausschließt 431 , hat die zuständige Behörde nach „pflichtgemäßem Ermessen" zu entscheiden (§ 4 Abs. 2 BSHG). Hilfearten der Sozialhilfe im materiellen Sinne sind Hilfe zum Lebensunterhalt (§§ 11 ff. BSHG) und die vom Gesetzgeber nur beispielhaft aufgeführten Hilfen in besonderen Lebenslagen (§§27 ff. BSHG). Unter Formen der Hilfe sind hingegen persönliche Hilfe (z. B. Beratung), Geld- und Sachleistungen (§ 8 Abs. 1 BSHG), also die in § 11 BSHG umschriebenen Leistungsarten zu verstehen 432 . Die Sozialhilfe hat von Amts wegen einzusetzen, sobald dem Träger der Sozialhilfe (§§ 9 und 96 BSHG) oder den von ihm beauftragten Stellen bekannt wird, daß die Voraussetzungen für die Gewährung von Sozialhilfe vor428 429 430 431 432

Näheres zu §§ 9 und 28 SGB I bei Rode, in: BochKomm. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.), Übersicht, S. 348. Vgl. Wertenbruch, Sozialverf.-Sozialverw., S. 30ff., 78ff. Hierin liegt eine (spezielle) Abweichung von § 39 SGB I. Vgl. Wertenbruch, Sozialverf.-Sozialverw., S. 184.

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liegen (§ 5 BSHG). In vielen Fällen wird der Hilfsbedürftige selbst als Ratsuchender (§ 8 Abs. 2 S. 2 BSHG) oder als Hilfesuchender (§§ 7, 16, 18 BSHG) auftreten und das Sozialhilfeorgan auf seine Situation hinweisen. b) Hilfe zum Lebensunterhalt: Voraussetzung für die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt ist, daß der Hilfesuchende sich den notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem seinem Einkommen und Vermögen, beschaffen kann (§ 11 Abs. 1 S. 1 BSHG). Das Einkommen 433 ist für die Selbstbeschaffung des notwendigen Lebensunterhaltes voll einzusetzen. Dagegen darf die Gewährung von Sozialhilfeleistungen nicht vom Einsatz oder von der Verwertung bestimmter Vermögenssubstanzen abhängig gemacht werden. Dazu gehören z. B. Mittel, die aus öffentlichen Kassen zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes gewährt worden sind, ferner angemessener Hausrat oder ein kleines Hausgrundstück, das der Hilfesuchende allein oder zusammen mit Angehörigen bewohnt (§ 88 Abs. 2 BSHG). Besitzt der Hilfesuchende dem § 88 Abs. 1 BSHG unterfallende, jedoch nicht sofort verbrauch- oder verwertbare Vermögensgüter, so soll Sozialhilfe als Darlehen gewährt werden, dessen dingliche oder sonstige Absicherung (durch Grundschulden, Verpfändung usw.) vom Sozialamt verlangt werden kann (§ 89 BSHG). Einkommen und Vermögen dritter Personen (Ehegatten, Eltern), die mit dem Hilfesuchenden zusammenleben, sind bei der Ermittlung des Leistungsstandes des Hilfesuchenden mitzuberücksichtigen (§ 11 Abs. 1 S. 2 BSHG). Lebt ein Hilfesuchender in Haushaltsgemeinschaft 434 mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, daß er von ihnen Leistungen zum Lebensunterhalt erhält, soweit dies nach ihrem Einkommen und Vermögen erwartet werden kann (§16 S. 1 BSHG). Ist im Rahmen gerichtlicher Überprüfung nicht festzustellen, ob Hilfsbedürftigkeit des Hilfesuchenden vorliegt (§ 11 BSHG), so geht dies — entsprechend den Regeln der materiellen Beweislast435 — auch hier zu Lasten dessen, der Ansprüche auf Sozialhilfe geltend macht. Hilfe zum Lebensunterhalt umfaßt insbesondere Ernährung, Unterkunft, Kleidung, Körperpflege 436 , Hausrat, Heizung und persönliche Bedürfnisse

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Zum Gesetzesbegriff vgl. §§ 7 6 - 7 8 BSHG, ferner z. B. BVerwGE 20, 188; BVerwG ZfSH 1965, 263; BVerwG, ZfS 1968, 186; Schellhorn / Jirasek/Seipp, Der Einsatz des Einkommens nach dem BSHG, 1965 und Wertenbruch, SGb 1969, 226. Zur Hilfsbedüftigkeit von und in Familien vgl. BVerwG BayVerwBl. 1978, 281. Zu eheähnlichen Gemeinschaften, die hier nicht gemeint sind, vgl. § 122 BSHG und z. B. BVerwG, in: VerwRspr. 17 sowie in: NJW 1978, 388. Dazu BVerwGE 21, 208 und die einschlägigen Kommentare zu § 108 VwGO (Stichwort: materielle Beweislast). Diese schließt keine Krankenpflege ein (§ 37 BSHG).

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des täglichen Lebens 437 . Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehören in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben (§ 12 Abs. 1 BSHG). Weiter sind als Hilfe zum Lebensunterhalt bestimmte Sonderleistungen zu erbringen, wie z. B. die Übernahme von Beiträgen für eine freiwillige Krankenversicherung (§ 13 Abs. 1 BSHG), für eine angemessene Alterssicherung oder für ein angemessenes Sterbegeld (§ 14 BSHG), die Übernahme von Bestattungsgeld (§ 15 BSHG) oder Hilfe zur Sicherung der Unterkunft (§ 15 a BSHG). Obwohl sich die Höhe der Leistung nach der individuellen Notlage zu richten hat, ist aus Gründen gleichmäßiger Leistungsbemessung eine gewisse Schematisierung vorgesehen. Die laufenden Leistungen zum Lebensunterhalt richten sich nach dem Lebensbedarf, der sich aus der allgemeinen Erfahrung ergibt, und werden in Form von Regelsätzen festgesetzt (§ 22 BSHG) 438 . Die für den Haushalts vorstand und die Haushaltsangehörigen festgelegten Regelsätze stehen in einem bestimmten prozentualen Verhältnis zueinander. Die Regelsätze für den Haushaltsvorstand gelten auch für alleinstehende Personen; sie umfassen neben dem persönlichen Lebensbedarf auch die Leistungen, die zur allgemeinen Haushaltsführung gehören. Haushaltsangehörige erhalten bis zum Alter von 7 Jahren 45%, von 8 bis 11 Jahren 65%, von 12 bis 15 Jahren 75%, von 16 bis 21 Jahren 90%, vom 22. Lebensjahr an 80% des Regelsatzes des Haushaltsvorstands 439 . Der Träger der Sozialhilfe hat darauf hinzuwirken, daß der Hilfesuchende sich um Arbeit bemüht und Gelegenheit zur Arbeit erhält (§18 Abs. 2 BSHG). Wer sich weigert, zumutbare Arbeit zu leisten, hat keinen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt (§ 25 Abs. 1 BSHG) 440 . In bestimmten Fällen, etwa bei fortgesetztem unwirtschaftlichen Verhalten, kann die Hilfe auf das zum Lebensunterhalt Unerläßliche eingeschränkt werden (§ 25 Abs. 2 BSHG). c) Hilfe in besonderen Lebenslagen: Infolge von Leistungsverbesserungen und Schließung von Lücken innerhalb der anderen Leistungszweige hat sich die Tätigkeit der Sozialhilfeträger zunehmend auf die Behebung der in besonderen Lebenslagen begründeten Notstände verlagert. Sie wurde auch material weiter ausgebaut. Heute umfaßt sie nach §§ 28 Abs. 1 Nr. 2 SGB I und 27 BSHG: (1) Hilfe zum Aufbau oder zur Sicherung der Lebensgrundlage: Sie hat präventiven Charakter und kann solchen Personen gewährt werden, denen eine ausreichende wirtschaftliche Lebensgrundlage fehlt oder bei denen sie gefährdet ist, mit der Einschränkung, daß die Hilfe in der Regel nur gewährt 437

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440

Sie ist wegen §§ 11 ff. und 21 ff. BSHG keine rentengleiche oder -ähnliche Dauerleistung; vgl. BVerwGE 57, 237. Vgl. RegelsatzVO des Bundes v. 20. 7. 1962, geändert 10. 5. 1971 - BGBl. I, S. 451. § 2 Abs. 3 S. 1 RegelsatzVO des Bundes. Die Beträge ergeben sich aus den RegelsatzVOen des jeweiligen Landes. BVerwG DÖV 1963, 148. Zur Arbeitsverweigerung vgl. Rode, in: SGb 1980, 323ff.

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werden soll, wenn dem Hilfesuchenden sonst voraussichtlich Hilfe zum Lebensunterhalt gewährt werden müßte (§ 30 BSHG). (2) Ausbildungshilfe: Sie ist zur Ausbildung für einen angemessenen Beruf oder für eine sonstige angemessene Tätigkeit zu gewähren (§ 31 Abs. 1 BSHG) und setzt u. a. voraus, daß der Auszubildende für den entsprechenden Beruf geeignet ist und seine Leistungen die Gewährung der Hilfe rechtfertigen (§ 32 BSHG). Sie wird nicht gewährt, wenn die Ausbildung im Rahmen der Ausbildungs- 441 oder Arbeitsförderung 442 förderungsfähig ist (§31 Abs. 4 BSHG). Die Ausbildungshilfe umfaßt auch die erforderlichen Leistungen für den Lebensunterhalt (§ 33 Abs. 1 BSHG). (3) Vorbeugende Gesundheitshilfe: Sie soll Personen gewährt werden, denen nach ärztlichem Urteil eine Erkrankung oder ein sonstiger Gesundheitsschaden droht. Zu dieser Hilfe gehören auch die nach ärztlichem Gutachten im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen der Erholung, besonders für Kinder, Jugendliche und alte Menschen sowie für Mütter (§ 36 BSHG). Soweit Versicherte nach den Vorschriften der sozialen Krankenversicherung Anspruch auf Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten haben, gewährt auch die vorbeugende Gesundheitshilfe einen solchen Anspruch. (4) Krankenhilfe: Sie umfaßt — ähnlich den entsprechenden Regelungen anderer Sozialleitungsbereiche 443 - ärzliche und zahnärztliche Behandlung, Versorgung mit Arzneimitteln, Verbandmitteln und Zahnersatz, Krankenhausbehandlung sowie sonstige zur Genesung, Besserung oder Linderung der Krankheitsfolgen erforderliche Leistungen (§ 37 Abs. 2 BSHG). Der Kranke hat die freie Wahl unter den Ärzten und Zahnärzten, die sich zur Behandlung nach den Vergütungssätzen der Ortskrankenkassen bereit erklären (§ 37 Abs. 3 S. 2 BSHG). (5) Familienplanung: Maßnahmen der Hilfe zur Familienplanung sind vor allem Übernahme der Kosten (a) der notwendigen ärztlichen Beratung einschließlich der erforderlichen Untersuchung und Verordnung, (b) der ärztlich verordneten empfängnisregelnden Mittel (§ 37 BSHG). (6) Hilfe für werdende Mütter und Wöchnerinnen: Sie umfaßt — ähnlich den Leistungen, auf welche die Familienangehörigen eines Versicherten der GKV Anspruch haben — ärztliche Betreuung und Hilfe sowie Hebammenhilfe, Versorgung mit Arznei-, Verband- und Heilmitteln, einen Pauschbetrag für die im Zusammenhang mit der Entbindung entstehenden Aufwendungen, Pflege in einer Anstalt oder einem Heim, häusliche Wartung und Pflege sowie Mutterschaftsgeld (§ 38 Abs. 2 BSHG). (7) Eingliederungshilfe für Behinderte: Personen, die nicht nur vorübergehend körperlich, geistig oder seelisch wesentlich behindert sind, ist Eingliederungshilfe zu gewähren. Personen mit einer anderen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung kann sie gewährt werden (§ 39 Abs. 1 BSHG). 441 442 443

S. o. II 2f. Dazu s. o. II 3. Insbes. der GKV und GUV.

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Wer als körperlich, geistig oder seelisch wesentlich Behinderter anzusehen ist, ergibt sich aus §§ 1 ff. der Eingliederungshilfe-Verordnung 4 4 4 . Den Behinderten stehen die von einer Behinderung Bedrohten gleich (§§ 10 SGB I und 39 Abs. 2 S. 1 BSHG). M a ß n a h m e n der Eingliederungshilfe sind vornehmlich ambulante oder stationäre ärztliche Behandlung, Versorgung mit orthopädischen Hilfsmitteln, heilpädagogische M a ß n a h m e n f ü r nicht schulpflichtige Kinder, Hilfe zu angemessener Schul- oder Berufsausbildung, Fortbildung, Umschulung, Hilfe zur Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes, Hilfe bei der Beschaffung und Erhaltung einer behindertengerechten Wohnung, nachgehende Hilfe und Hilfe zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft (§§ 29 Abs. 1 SGB I und 40 Abs. 1 BSHG). Zur Durchführung der einzelnen Maßnahmen hat der Träger der Sozialhilfe im Zusammenwirken mit den Behinderten und den sonst Beteiligten wie dem behandelnden Arzt, dem Gesundheitsamt, dem Landesarzt, dem Jugendamt und der Arbeitsverwaltung einen Gesamtplan aufzustellen (§ 46 BSHG). (8) Tuberkulosehilfe: Sie umfaßt Heilbehandlung, Hilfe zur Eingliederung in das Arbeitsleben, Hilfe zum Lebensunterhalt, Sonderleistungen u n d vorbeugende Hilfe (§ 48 Abs. 2 BSHG). Diese Hilfen sind in den §§ 49ff. BSHG näher geregelt 445 . (9) Blindenhilfe: Blinden ist zum Ausgleich von Mehraufwendungen Blindenhilfe zu gewähren, soweit sie keine gleichartigen (also Geld-) Leistungen nach anderen Rechtsvorschriften 4 4 6 erhalten (§ 67 Abs. 1 BSHG) 447 . Ihre Höhe richtet sich nach dem Mindestbetrag der Pflegezulage für Blinde nach dem BVG (§ 67 Abs. 2 BSHG). Ein Blinder, der sich weigert, eine ihm zumutbare Arbeit zu leisten oder sich zu einem angemessenen Beruf oder zu einer sonstigen angemessenen Tätigkeit ausbilden, fortbilden oder umschulen zu lassen, hat keinen Anspruch auf Blindenhilfe. Blindenhilfe kann auch versagt werden, soweit ihre bestimmungsmäßige Verwendung durch oder für den Blinden nicht möglich ist (§ 67 Abs. 4 BSHG). (10) Hilfe zur Pflege: Hilfe zur Pflege, die sowohl häusliche Pflege wie solche in Anstalten umfaßt, wird Personen gewährt, die infolge Krankheit oder Behinderung so hilflos sind, daß sie nicht ohne Wartung und Pflege sein können (§ 68 Abs. 1 BSHG). Der Träger der Sozialhilfe soll darauf hinwirken, daß Wartung und Pflege durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahestehen, oder im Wege der Nachbarschaftshilfe übernommen werden. In diesen 444

445

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447

I. d. F. vom 1. 2. 1975 - BGBl. I, S. 433. Einzelheiten in: Institut für Sozialrecht der Ruhr-Universität Bochum, Richtlinien zur Errichtung von Wohnstätten für erwachsene geistig Behinderte, 1975. Auch andere Träger sind mit Tuberkulosehilfe befaßt; vgl. § 1244 a RVO und §§ 127ff. BSHG. Eingeschlossen auch landesrechtliche Vorschriften, etwa nach dem Landesblindengeldgesetz von Nordrhein-Westfalen vom 16. 6. 1970 - GVB1. / NW, S. 435, geändert durch Gesetz vom 11. 7. 1978 - GVB1. / NW, S. 290. Auch die Blindenhilfe nach dem BSHG ist keine rentengleiche Dauerleistung; so BVerwG, VerwRspr. 1968, 628.

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Fällen sind dem Pflegebedürftigen die angemessenen Aufwendungen für Pflegepersonen zu erstatten. Weiter können angemessene Beihilfen gewährt werden. Ist neben oder anstelle der Wartung und Pflege Heranziehung einer Pflegekraft erforderlich, so sind angemessene Kosten hierfür zu übernehmen (§ 69 Abs. 2 BSHG). (11) Hilfe zur Weiterfährung des Haushaltes: Sie soll Personen mit eigenem Haushalt vorübergehend gewährt werden, wenn keiner der Haushaltsangehörigen den Haushalt führen kann, seine Weiterführung aber geboten ist (§ 70 Abs. 1 BSHG), etwa bei Krankheit der Ehefrau und Mutter. Diese Hilfe umfaßt die persönliche Betreuung von Haushaltsangehörigen sowie die sonstige zur Weiterführung des Haushalts erforderliche Tätigkeit (§ 70 Abs. 2 BSHG). Wenn vorübergehende anderweitige Unterbringung von Haushaltsangehörigen neben oder statt der Weiterführung des Haushalts geboten ist, sind vom Sozialhilfeträger ggf. die angemessenen Kosten dafür zu übernehmen (§71 BSHG). (12) Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten: Sie ist solchen Personen zu gewähren, bei denen besondere soziale Schwierigkeiten der Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft entgegenstehen, die sie nicht aus eigener Kraft überwinden können (§ 72 Abs. 1 S. 1 BSHG). Gedacht ist hauptsächlich an Obdachlose, Alkoholiker, Nichtseßhafte, Drogenabhängige oder Strafentlassene 448 . Soweit im Einzelfall persönliche Hilfe erforderlich ist, wird sie ohne Rücksicht auf Einkommen und Vermögen gewährt (§ 72 Abs. 3 BSHG). Einkommen und Vermögen von Angehörigen sind nicht zu berücksichtigen, und von der Inanspruchnahme nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtiger ist abzusehen, wenn der Erfolg der Hilfe dadurch gefährdet würde (§ 72 Abs. 3 BSHG). (13) Altenhilfe: Sie soll dazu beitragen, Schwierigkeiten, die durch das Alter entstehen, zu verhüten, zu überwinden oder zu mildern und alten Menschen die Möglichkeit zu erhalten, am Leben in der Gemeinschaft teilzunehmen (§ 75 Abs. 1 S. 2 BSHG). Während die Förderungsmöglichkeiten für die Jugend in der Vergangenheit stark intensiviert wurden, ist auf dem Gebiet der Altenhilfe bislang wenig richtungweisende Arbeit geleistet worden. Für die Zukunft sollte Förderung der Jugendhilfe einerseits und Förderung der Altenhilfe andererseits in ein ausgewogeneres Verhältnis gebracht werden. Bislang sind in §75 Abs. 2 BSHG vor allem vorgesehen: Hilfe bei der Beschaffung und Erhaltung einer altersgerechten Wohnung, Hilfe in allen Fragen der Heimaufnahme, der Inanspruchnahme altersgerechter Dienste, Hilfe zum Besuch von Veranstaltungen geselliger und kultureller Art. Hilfe zur Erhaltung der Verbindung mit nahestehenden Menschen und zu einer gewünschten Betätigung. Soweit im Einzelfall persönliche Hilfe erforderlich ist, soll auch Altenhilfe ohne Rücksicht auf vorhandenes Einkommen oder Vermögen gewährt werden (§ 75 Abs. 4 BSHG). 448

Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung

(Hrsg.), Übersicht, S. 356.

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Voraussetzung für alle Hilfen in besonderen Lebenslagen ist, daß dem Hilfesuchenden, seinem nicht getrennt lebenden Ehegatten und, falls er minderjährig u n d unverheiratet ist, seinen Eltern die Aufbringung der Mittel nicht zugemutet werden kann (§ 28 BSHG). Insoweit sind die Hilfen zu gewähren, ohne daß Ersatzansprüche entstehen. In begründeten Fällen kann Hilfe über § 28 BSHG hinaus auch insoweit gewährt werden, als den darin genannten Personen die Aufbringung der Mittel zuzumuten ist. In diesem U m f a n g haben sie dem Träger der Sozialhilfe die Aufwendungen zu ersetzen (§ 29 BSHG). Als Maßstab für die Beurteilung der Zumutbarkeit geben die §§ 79 ff. BSHG allgemeine und besondere Einkommensgrenzen an, die wesentlich höher liegen als das bei der Hilfe zum Lebensunterhalt nach §§11, 76 ff. BSHG zu berücksichtigende Einkommen 4 4 9 . d) Durchsetzbarkeit des Sozialhilfeanspruchs: Materiellrechtlicher „Anspruch" (§ 4 BSHG) 450 und verfahrensrechtliche Durchsetzbarkeit sind - wie heute überall in der Rechtsordnung — als korrespondierende Elemente ein und desselben Grundgedankens anzusehen: Wo ein Anspruch (vgl. §§ 38 SGB I und 194 BGB) ist oder sein soll, muß eine gesetzliche Anspruchsgrundlage 4 5 1 bestehen und der Anspruch sich in einer Leistungsklage ausdrücken u n d gerichtlich durchsetzen lassen. Wo dies aus Gründen mangelnder Bestimmbarkeit des zu stellenden Klageantrags zweifelhaft ist, gerät auch ein vermeintlicher Anspruch ins Zwielicht. Für den Normalfall behält sich bei Leistungsansprüchen der Gesetzgeber die Ausprägung der Anspruchsgrundlage, d. h. die Entscheidung über den „ G r u n d " (Frage des „Ob") sowie über Leistungsart und U m f a n g (Frage des „Wie") des Anspruchs vor. Einen Anspruch nur „dem G r u n d e nach" kann es logisch nicht geben, weil der materiellrechtliche Anspruch ein Ganzes (totum) ist. Von diesem Dogma weicht auch der Gesetzgeber weder in § 4 BSHG noch in den §§ 2, 38ff. (insbesondere in § 42 Abs. 1) SGB I ab 452 . Schweigt der Gesetzgeber völlig, so kann ein Anspruch nicht gegeben sein u n d darf keine andere Staatsfunktion eine Leistung gewähren (vgl. § 31 SGB I). Fixiert der Gesetzgeber einen Anspruch in einer N o r m nach „ob" u n d „wie" in allen Einzelheiten (vgl. § 2 Abs. 1 S. 2 SGB I), so liegt eine (perfekte) „Anspruchsgrundlage" vor 453 . Wer ihre Voraussetzungen in seiner Person erfüllt, ist ohne weiteres Anspruchsinhaber (§ 40 Abs. 1 SGB I). Der Gesetzgeber kann aber auch die Konkretion des „Wie" der zuständigen Behörde überlassen, sei es, d a ß er sie durch unbestimmte Rechtsbegriffe u n d eine eventuell nachfolgende Gerichtskontrolle dazu zwingt, sich mehr oder weniger genau seiner Vorstellung von einer „situationsgerechten" Entscheidung anzupassen (vgl. § 33 SGB I), oder daß er 449 450 451

452 453

Vgl. VO zur Durchführung des § 76 BSHG v. 28. 11. 1962 (Sartorius, Nr. 414). Dazu schon oben II 1 a und 9 a, bei FN 430, 431. Näheres bei Wertenbruch, BochKomm, zu § 38 Rdnr. 19 ff., zu § 39 Rdnr. 41 f. und zu § 40 Rdnr. 3 ff. Vgl. Wertenbruch, in: BochKomm, zu § 38 Rdnr. 19. Vgl. Wertenbruch, in: BochKomm, zu § 38 Rdnr. 20ff.

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ihr die Konkretion der Leistung innerhalb eines mehr oder weniger offenen „Ermessens-Rahmens" überläßt (§§ 4 Abs. 2 BSHG, 39 SGB I)454. Bei den letzteren Fällen kann der Anspruch erst entstehen mit der behördlichen Konkretion der Leistung (vgl. § 40 Abs. 2 SGB I). Wie das im einzelnen anhand von BSHG-Normen aussieht und sich prozeßrechtlich auswirkt, mag durch die nachfolgenden — abgestuften — Beispiele deutlicher werden: Stufe I: Der Hilfesuchende erfüllt nicht nur personell die Voraussetzungen von Rechtsnormen des BSHG, nach denen Hilfe zu gewähren ist; es ist auch jeder Ermessensspielraum hinsichtlich Form und Maß der Hilfe durch gesetzliche Vorfixierung (i. S. e. perfekten Anspruchsgrundlage) ausgeschlossen. Beispiel: Blindenhilfe (§67 BSHG). Sie wird in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen untergebrachten Blinden nach Vollendung des 18. Lebensjahres in Höhe des Mindestbetrages der Pflegezulage für Blinde nach dem BVG, Blinden, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, i. H. v. 50% dieses Betrages gewährt (§ 67 Abs. 2 BSHG, § 35 Abs. 1 BVG). Hier ist ein Anspruch, etwa der eines 20jährigen Blinden, in allen Einzelheiten unbezweifelbar. Er kann mit der allgemeinen Leistungsklage (Zahlungsklage) 455 durchgesetzt werden. Stufe II: Das Gesetz gebietet Hilfe; dabei sollen Form und Maß der Hilfe in der Regel nach einer Schablone festgesetzt werden, die anderen Gesetzen zu entnehmen ist. Beispiel: Hilfe für werdende Mütter und Wöchnerinnen (§ 38 BSHG). Die Leistungen, die zu gewähren sind (§ 38 Abs. 1 BSHG), sollen in der Regel den Leistungen entsprechen, die nach den Vorschriften über die gesetzliche Krankenversicherung den Familienangehörigen des Versicherten zu gewähren sind (§ 38 Abs. 2 S. 2 BSHG). Hier ist infolge der gesetzlichen Verweisung auf die §§ 195 ff., 205 a RVO 456 die Leistung für den Regelfall ebenso objektiv bestimmbar wie etwa eine Geldleistung bei der Hilfe zum Lebensunterhalt durch Regelsätze (§ 22 Abs. 1 BSHG). Soweit die Bestimmbarkeit von Form und Maß infolge gesetzgeberischer Vorfixierung reicht, ist jede Ermessensausübung ausgeschlossen. Demgemäß bestehen auch in diesen Fällen gegen die Existenz von Ansprüchen keine Bedenken. Ggf. sind Leistungsklagen zu erheben. Stufe III: Es ist zwar Hilfe zu gewähren; zu Form und Maß oder auch nur zum Maß der Hilfe hat sich der Gesetzgeber jedoch unbestimmt erklärt. Beispiel: Krankenhilfe (§ 37 BSHG). Der Gesetzgeber hat zwar — ähnlich §§ 182 Abs. 1 Nr. 1, 184, 185 RVO - beispielhaft Grundformen der Krankenhilfe angegeben; hinsichtlich sonstiger Formen und hinsichtlich des Maßes hat er jedoch nur die Gewährung der „zur Genesung, zur Besserung oder zur Linde454

455 456

Wobei die Behörden der Sozialhilfe durch die Fassung von § 4 Abs. 2 („nicht ausschließt") freier gestellt sind, als alle übrigen Leistungsträger nach §§ 38 und 39 Abs. 1 SGB I. Dazu unten IV. Vgl. oben II 4 b bb.

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rung der Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen" angeordnet (§ 37 Abs. 2 BSHG). Hier kommt dem Antragsteller bzw. Kläger die Rechtsfigur des unbestimmten Rechtsbegriffs 457 zu Hilfe. Der Anspruch ist gegeben, wenn und weil die gesetzlich gebotene Leistung rechtlich (notfalls durch das kontrollierende Gericht) bestimmbar ist. Ein Ermessensspielraum besteht nicht. Die Behörde darf nicht frei zwischen verschiedenen Formen oder bezüglich des Maßes wählen, sondern hat das Erforderliche, Ausreichende und Zweckmäßige zu tun. Gegen ablehnende Bescheide empfiehlt sich die (isolierte) Anfechtungs-, im übrigen die Leistungsklage. Die Anfechtungsklage genügt m. E. in aller Regel, weil die Behörde nach gerichtlicher Aufhebung des ablehnenden Bescheids das noch nicht erledigte Verfahren fortsetzen muß (§§ 9 BVwVfG, 8 SGB X)458. Sie setzt auch den Anspruchsberechtigten einem geringeren Prozeßrisiko aus. Stufe IV: „Soll" eine bestimmte Hilfeart, eine Form oder ein bestimmbares Maß gewährt werden, so besteht für das Sozialhilfeorgan ebenfalls eine starke Erkenntnis- und Handlungsbindung. Es muß sich an die gesetzliche Regel (des Sollens) halten, solange es nicht besondere Umstände darlegen kann, die ein Abweichen von der Regel (also die behördliche Individualisierung der Hilfe) rechtfertigen. Beispiel: Vorbeugende Gesundheitshilfe (§36 BSHG). Eine solche „Soll"-Vorschrift schränkt das Ermessen stark ein, weil sie eine Regelung der (materiellen) Beweislast darstellt 459 . Wer sich auf etwas ihm Günstiges oder eine Besonderheit beruft, trägt für deren Vorliegen (Beweisbarkeit) das Prozeßrisiko. Zu empfehlen ist Leistungsklage entsprechend dem Sollen (Grundsatz). Die Behörde mag sich dann rechtfertigen und für die von ihr angenommene Besonderheit das Prozeßrisiko tragen. Stufe V: „Kann" die Hilfe gewährt werden oder sind Form und / oder Maß durch ähnliche Formulierungen in das pflichtgemäße Ermessen der Behörde gestellt (Beispiele: §§ 29, 29 a, 30 BSHG), so kann ein Anspruch erst durch behördliche Konkretion entstehen (§ 40 Abs. 2 SGB I). Wird sie verzögert oder das Ermessen fehlerhaft ausgeübt, so helfen § 39 Abs. 1 S. 2 SGB I und die sog. „Bescheidungsklage" 460 . e) Finanzierung: Nach der Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern bestimmen die Länder, wie die Mittel für die Sozialhilfe aufzubringen sind; im allgemeinen von den Ländern und Gemeinden bzw. Gemeindeverbänden. Der Bund beteiligt sich lediglich an den Aufwendungen für Zuge457

458

459

460

Grundlegend hierzu Jesch, AöR 82 (1957), S. 163ff.; Erichsen / Martens, in: Erichsen / Martens, Allg. VwR, § 12 II 1 b und Wolff/ Bachof, VwR I, § 31 I c. Vgl. aber Kopp, §42 Anm. 4ff.; Redeker / v. Oertzen, §42 Anm. 6ff.; Eyermann / Fröhler, § 42 Anm. 7 und 10. BVerwG DVB1. 1960, 251; abweichend, aber im Ergebnis ebenso OVG Münster OVGE 16, 168, 173ff.; weitergehend Wallerath, Die Selbstbindung der Verwaltung, 1968, S. 100. Dazu schon II 1. a und meine Darlegungen in: BochKomm, zu § 39 Rdnr. 38ff.

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wanderte und Flüchtlinge, für die Tuberkulosehilfe und für die Sozialhilfe an Deutsche im Ausland 461 . Eine Verpflichtung zum Ersatz der Kosten der Sozialhilfe durch Hilfeempfänger 462 oder Erben kommt heute nur noch nach Maßgabe der §§92 ff. BSHG in Betracht. f ) Organisation: Für die Erbringung der Leistungen der Sozialhilfe sind die örtlichen Träger, die überörtlichen Träger und für besondere Aufgaben die Gesundheitsämter zuständig (§§ 9, 36 Abs. 3, 126 und 96 BSHG). Sie arbeiten — ebenso wie bei der Jugendhilfe — mit freien Trägern zusammen (§§ 10 BSHG und 17 Abs. 3 sowie 28 Abs. 2 SGB I). Örtliche Träger sind die kreisfreien Städte und die Landkreise, die ihrerseits — soweit landesgesetzliche Normen dies zulassen — die ihnen angehörenden Gemeinden oder Gemeindeverbände zur Durchführung von Sozialhilfeaufgaben heranziehen 463 und ihnen dabei Weisungen erteilen dürfen. Damit bleibt zwar die Sozialhilfe zumindest erstinstanzlich im Aufgabenbereich komunaler Behörden 464 , aber es handelt sich bei der Durchführung des BSHG um eine staatliche Pflichtaufgabe 465 . Die überörtlichen Träger werden von den Ländern bestimmt (§ 96 Abs. 2 S. 1 BSHG). Diese sind nach Maßgabe landesgesetzlicher Regelung weisungsbefugt und haben dann ggf. den Widerspruchsbescheid nach §§ 68 ff. VwGO zu erlassen (§ 96 Abs. 2 BSHG). In den Ländern sind z. T. kommunale (Zweck-) Verbände, z. T. staatliche Behörden zu überörtlichen Trägern der Sozialhilfe erklärt 466 . Der örtliche Träger der Sozialhilfe ist sachlich zuständig, soweit nicht nach § 100 BSHG oder nach Landesrecht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist (§ 99 BSHG). Örtlich zuständig ist grundsätzlich die Behörde desjenigen örtlichen Trägers der Sozialhilfe, in dessen Bezirk sich der Hilfesuchende tatsächlich aufhält (§§ 97, 98 BSHG). Der einen Hilfesuchenden „abschiebende" örtliche Träger bleibt zuständig (§ 97 Abs. 2 BSHG). Der Hilfesuchende hat im übrigen die Wahl, ob er sich an die Dienststelle des örtlichen Trägers („Sozialamt"), d. h. staatliche Hilfe in Anspruch nehmen, oder an einen sog. „Wohlfahrtsverband" wenden will. Die Tätigkeit solcher freien Träger, d. h. mit eigenen Zielsetzungen im gesellschaftlichen 461 462 463

464 465

466

Der Bundesminister fiir Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.), Übersicht, S. 359. Zu ihrer Heranziehung nach § 92 a BSHG vgl. BVerwG, in: VerwRspr. 1977, 367. Selbstverständlich unter Kostenerstattung; vgl. z. B. § 5 nordrh.-westf. AusfG zum BSHG vom 25. 6. 1962, neugefaßt durch Gesetz vom 13. 12. 1977 - GVB1. / N W S. 490. Vgl. von Unruh, in diesem Lehrbuch. Und nicht, wie es in § 96 Abs. 1 S. 2 BSHG ursprünglich hieß, um eine „Selbstverwaltungsangelegenheit"; s. BVerfGE 22, 180 (209). Vgl. hierzu im einzelnen die AusführungsG der Länder zum BSHG; für das Land N W vgl. Fn. 463

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Raum tätigen und gesetzlich nicht reglementierten Verbände 4 6 7 , wird durch das BSHG nicht berührt (§ 10 Abs. 1 BSHG). Die Träger der Sozialhilfe sollen dennoch mit kirchlichen und sonstigen Verbänden der freien Wohlfahrtspflege zusammenarbeiten (§§ 10 Abs. 2 u n d 93 BSHG) und diese in ihren Bemühungen angemessen unterstützen (§ 10 Abs. 3 BSHG). Auch können sie diese Verbände an der Durchführung ihrer eigenen Aufgaben beteiligen 468 oder ihnen solche Aufgaben mit deren Einverständnis übertragen (§ 10 Abs. 5 S. 1 BSHG), was vielfältig geschieht. Soweit Verbände der freien Wohlfahrtspflege in Einzelfällen die gesetzlich gebotene Hilfe gewähren, sollen die Träger der staatlichen Sozialhilfe — abgesehen von Geldleistungen — von der Durchführung eigener M a ß n a h m e n absehen (§ 10 Abs. 4 BSHG). Sie bleiben jedoch letztlich (subsidiär) dem anspruchsberechtigten Hilfesuchenden verpflichtet (§§ 4, 10 Abs. 5 S. 2 BSHG) u n d haben geringfügige Zuwendungen eines Trägers der freien Wohlfahrtspflege bei der Berechnung des Einkommens des Hilfesuchenden außer acht zu lassen (§ 78 Abs. 1 BSHG). Diese (zunächst sehr umstrittene) Kooperation staatlicher Organe mit kirchlichen und gesellschaftlichen Verbänden sowie die damit verbundene Subsidiarität staatlicher Hilfeleistungen ist vom BVerfG als verfassungsgemäß bestätigt worden 4 6 9 . 10. Eingliederung Behinderter Die Einordnung der Eingliederung Behinderter (§§ 10, 20 und 29 SGB I) 470 unter Ziffer II, 10 dieses Beitrages entspricht nicht dem bisherigen Konzept des SGB. Es gibt zwar ein SGB X, aber dies ist kein Spezialbuch, regelnd einen Leistungsbereich, sondern ein allgemeiner Teil 471 , der v. a. das Verfahrensrecht normiert. Der Gesetzgeber wird voraussichtlich von einem Spezialbuch zur Eingliederung (früher: Rehabilitation) absehen, weil der Schritt von einem Sonderrecht der Behinderten bis hin zu ihrer Diskriminierung nicht weit erscheint, die Eingliederung gerade jedem Dauerzustand von Behinderung entgegenwirken soll u n d auf die Erfahrung aller Träger, die mit der Eingliederung Behinderter seit Jahrzehnten befaßt sind (vgl. § 29 Abs. 2 SGB I), nicht verzichtet werden kann. Den berechtigten Anliegen der Behinderten soll dadurch Rechnung getragen werden, d a ß innerhalb der einzelnen Sozialleistungsbereiche, sofern an467

468 469 470

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Wie z. B. Arbeiterwohlfahrt, Deutscher Caritasverband, Innere Mission, Deutsches Rotes Kreuz; Aufzählung in: ZfSH 1963, 145. Sie sind keine Leistungsträger i.S.v. § 12 SGB I; vgl. Wertenbruch in: BochKomm, zu § 1 Rdnr. 32f. u. zu § 12 Rdnr. 11 f. Vgl. auch § 8 Abs. 2 S. 2 BSHG. BVerfGE 22, 180. Dazu Näheres bei Wertenbruch, in: Fs. BSG, 1979, S. 325ff. und in: BochKomm, zu § 10; ferner Henke, ebenda, zu §§ 20 und 29. Dazu schon oben I 3.

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gezeigt, Spezialvorschriften geschaffen bzw. in der GUV, GRV, dem BVG oder B S H G bestehende erneuert werden. Da insoweit noch alles im Fluß ist, kann hier nur stichworthaft auf die Eingliederung Behinderter eingegangen werden: a) Zielsetzung: Alle Bemühungen und Aufwendungen für Behinderte sind „soziale Investitionen" besonderer Art. Sie sollen körperlich, geistig oder seelisch behinderten Menschen ihre Lebensfreude und Entfaltungschance wahren u n d sie in die Gesellschaft als normale, möglichst keiner Regelwidrigkeit mehr ausgesetzte Menschen eingliedern helfen 472 . Wer Behinderter ist, ergibt sich aus (beispielhaften) Aufzählungen in der Eingliederungshilfe-VO 4 7 3 . Schwerbehindert ist nach § 1 SchwbG 4 7 4 und im Sinne von § 20 SGB I, wer infolge seiner Behinderung in der Erwerbsfähigkeit nicht nur vorübergehend um wenigstens 50% gemindert ist 475 . Die Eingliederung hat nach § 10 SGB I - der materialen G r u n d n o r m für alle einschlägigen (nachfolgenden) Vorschriften — schon individuell einzusetzen, wenn eine „Behinderung droht". Sie ist ein Verfahren, das sich — ebenso wie z. B. die Ausdrucksweisen Krankheit oder Behinderung — jeder terminologischen Fixierung entzieht 476 . b) Zu den Leistungen: Sie ergeben sich nur recht undeutlich, weil nicht — wie bei den voranstehenden Normen (wie z. B. § 28 SGB I) — mit Klammerzusätzen versehen, aus § 29 Abs. 1 SGB I 477 . Sie sind von den in den Absätzen 2 der §§ 1 9 - 2 4 und 28 SGB I genannten Leistungsträgern zu erbringen. Raumgründe verwehren es hier, auf die Leistungen — weitergehend, als bereits in anderen Zusammenhängen geschehen 478 — näher einzugehen. Die Vielzahl der Eingliederungsträger, unterschiedliche Leistungen sowie fehlende Koordination hatten sich in der Vergangenheit zu Lasten der Behinderten ausgewirkt. Mit dem RehaG 4 7 9 ist eine umfassende Zusammenarbeit 472 473 474

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Vgl. Roeßlerund Viefhues, in: BochKomm, vor § 10 Rdnr. 1 ff. Bereits zitiert in FN. 444. I. d. F. der Bekanntmachung v. 8. 10. 1979 - BGBl. I, S. 1649. Zu dessen § 1 und zum Stichwort „Behinderung" vgl. BSG mit Anm. Henke, in: SGb 1979, 522. Wobei hier — ebenso wie nach der Eingl.-VO — eine finale Betrachtungsweise (ohne Rücksicht auf faktische Ursache und Rechtsgrund) vorherrscht. Allerdings heißen die Behinderten, welche nach dem BVG zu versorgen sind, nach wie vor (speziell) „Beschädigte" (vgl. z. B. §§ 1, 4, 16, 25 und 31 BVG) und stellen Versorgungsämter nach Maßgabe von § 30 BVG ggfs. „Schwerkriegsbeschädigtenausweise" aus. Vgl. dazu Wertenbruch, schon in: Das neue Sozialgesetzbuch, S. 131 ff., in: BochKomm, zu § 10 Rdnr. 7ff. und in: Fs. BSG, 1979, S. 325ff. Gesetzliche Fundstellen aufgeschlüsselt bei Henke, in: BochKomm. zu § 29 Rdnr. lff. Z. B. bei der GRV und der Sozialhilfe; vgl. II 4 d bb und II 9 c (7). Gesetz über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation vom 7. Aug. 1974 - BGBl. I, S. 1881, in das SGB integriert durch Art. II § 1 Nr. 17 SGB I.

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aller Eingliederungsträger angestrebt und z. T. schon verwirklicht worden. Nach diesem Gesetz haben die Leistungsträger im Interesse einer raschen und dauerhaften Eingliederung der Behinderten eng zusammenzuarbeiten. Die umfassende Beratung der Behinderten ist durch die Einrichtung von Auskunfts- und Beratungsstellen zu gewährleisten; gemeinschaftliche Auskunfts- und Beratungsstellen sind anzustreben (§ 5 Abs. 1 RehaG) 480 . Weiter hat jeder Leistungsträger im Rahmen seiner Zuständigkeit die nach Lage des Einzelfalles erforderlichen Leistungen so vollständig und umfassend zu erbringen, daß Leistungen eines anderen Trägers nicht erforderlich werden (§ 5 Abs. 2 Satz 1 RehaG). Um optimale Wirkungen zu erzielen, hat der zuständige Leistungsträger schließlich einen Gesamtplan zur Eingliederung aufzustellen. Der Gesamtplan soll alle Maßnahmen umfassen, die im Einzelfall erforderlich sind, um eine vollständige und dauerhafte Eingliederung zu erreichen. Dabei ist sicherzustellen, daß die Maßnahmen nahtlos ineinandergreifen. Der Behinderte — auf sein Verlangen oder soweit erforderlich auch die behandelnden Ärzte — sowie die am Rehabilitationsverfahren beteiligten Stellen wirken bei der Aufstellung des Gesamtplanes beratend mit (§ 5 Abs. 3 RehaG). Die BA ist von den anderen Eingliederungsträgern vor der Einleitung berufsfördernder Maßnahmen zur Rehabilitation, insbesondere bei der ersten Beratung des Behinderten, zu beteiligen, damit rechtzeitig Feststellungen über Notwendigkeit, Art und Umfang der Maßnahmen getroffen werden können. Das gilt auch, wenn sich der Behinderte in einem Krankenhaus, einer Kur- oder Spezialeinrichtung oder einer anderen Einrichtung der medizinischen Eingliederung aufhält (§ 5 Abs. 4 RehaG) 481 . Ob den berechtigten Anliegen der Behinderten nach übersichtlicher Gestaltung und Wirksamkeit von Eingliederungsleistungen mit diesen Vorschriften bereits hinreichend gedient ist, wird sich erst allmählich herausstellen. Jedenfalls hat man inzwischen auch auf andere Weise — und nicht nur im arbeitsrechtlichen Bereich (vgl. § 20 SGB I) — den Behinderten, die z. T. nicht einmal sozialversichert waren, zu helfen versucht. Nach dem SVBG 482 sind jetzt alle Behinderten, die in anerkannten Werkstätten für Behinderte (§§ 52 ff. SchwbG) oder Blindenwerkstätten beschäftigt sind, in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung pflichtversichert (§ 1). Der Beitrag zur GKV bemißt sich nach dem tatsächlichen Arbeitsentgelt des Beschäftigten, mindestens aber nach einem fiktiven Betrag, der 20% des durchschnittlichen Arbeitsentgelts aller Versicherten der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten im vorvergangenen Jahr entspricht (§§ 4 ff. SVBG). Er wird je zur Hälfte von dem Behinderten als Arbeitnehmer und vom Träger der 480 481

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Vgl. hierzu auch die Amtliche Begründung in BT-Drucks. 7 / 1237, S. 55 (§ 5). Alle Maßnahmen der Eingliederung bedürfen der Zustimmung des Behinderten (§ 4 Abs. 1 RehaG). Gesetz über die Sozialversicherung Behinderter in geschützten Einrichtungen vom 7. Mai 1975 - BGBl. I, S. 1061.

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Werkstatt als Arbeitgeber getragen. Liegt das Arbeitsentgelt des Behinderten unter diesem Betrag, so hat der Träger der Werkstatt den ganzen Arbeitgeberbeitrag aufzubringen. In der Rentenversicherung wird demgegenüber von einem fiktiven Arbeitsentgelt i. H. v. 90% der genannten Bezugsgröße ausgegangen. Würde man hier die Beitragshöhe am tatsächlichen Entgelt des Behinderten ausrichten, so könnte in den meisten Fällen eine ausreichende Rente nicht erzielt werden. Der Behinderte und der Träger der Werkstatt haben daher je zur Hälfte nur den Beitrag zu entrichten, der dem tatsächlichen Arbeitsentgelt des Behinderten entspricht. Die Differenz zwischen dem tatsächlichen und dem fiktiven Entgelt wird je zur Hälfte vom Bund und von den Ländern übernommen (§§ 8 ff. SVBG). Während für die in geschützten Einrichtungen tätigen Behinderten der Schutz der GUV schon nach geltendem Recht gegeben ist (§ 539 RVO), wird es für den Fall der Arbeitslosigkeit auch künftig an einem entsprechenden Schutz fehlen. Erst wenn so viele Arbeitsplätze in geschützten Einrichtungen geschaffen sind, daß arbeitslose Behinderte vermittelt werden können, wird eine Einbeziehung des genannten Personenkreises in den Schutz der Arbeitslosenversicherung sinnvoll sein. Vorerst ist noch im Einzelfall zu prüfen, ob die Beitragspflicht nach dem AFG besteht oder nicht. Nach § 2 Abs. 2 SVBG sind auch solche Behinderte sozialversichert, die ohne Entgelt in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten bei gleichartiger Tätigkeit entspricht; es handelt sich um eine Durchbrechung des sonst geltenden Prinzips des entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses. Auf die Art der Leistung kommt es nicht an. So gehören ebenso Fertigungsarbeiten wie Küchendienst und Reinigungsarbeiten zu den versicherungspflichtigen Beschäftigungen 483 . Diese Lösung kann in der Praxis bei der Ermittlung der Leistungen von Behinderten zu faktischen Schwierigkeiten führen. Dennoch ist das Ergebnis zu billigen, denn ohne die im Dienstleistungsbereich beschäftigten Behinderten müßte anderes Personal eingesetzt werden und könnten viele Behinderte sich überhaupt nicht als Arbeit- und Teilnehmer am gesellschaftlichen Leben fühlen. Gemessen am Ziel des'Sozialrechts — im Interesse eines Ausgleichs sozialer Gegensätze in besonderer Weise Defizite einzelner oder bestimmter Bevölkerungsgruppen an materieller Absicherung, Chancengleichheit und Entfaltungsmöglichkeit zu beseitigen 484 — stellt auch das SVBG wohl nicht mehr als eine Teillösung dar 485 . Um zu einer daseinsmäßigen Gleichstellung zu kommen, werden noch mehr Anstrengungen als bisher erforderlich sein. Indessen sollten auch andere Vergünstigungen nicht übersehen werden, welche 483

484 485

Einzelheiten bei Henke, in: Institutfiir Sozialrecht, Richtlinien zur Errichtung von Wohnstätten für erwachsene geistig Behinderte, 1975, S. 539ff.; Meurer, KrV 1975, 89 (91); dies., ZSR 1975, 21 (26). Vgl. auch Kraus, N D V 1975, 35ff. Vgl. oben I 1 a. So auch Bericht über die 152. Sitzung des BT am 27. 2. 1975, S. 10.483 (C).

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Behinderten schon jetzt zugutekommen, wie etwa steuerrechtliche Vorteile, eine kostenlose Beförderung im Nahverkehr und Gebührenerlasse 4 8 6 . Alles dies verursacht ungeheure Einnahmeverluste beim Bund und nährt ohnehin schon immer bestehende Vorurteile gegen Behinderte. Hier stößt die Eingliederung Behinderter — wie das Sozialrecht insgesamt — erneut auf finanzielle, aber auch auf sozialpsychologische Grenzen. N u r Behinderte, welche noch wissen, d a ß auch sie sich zunächst einmal selbst zu helfen versuchen sollten, werden dem Verständnis anderer Menschen für ihre Lage begegnen und sich auch selbst bald eingegliedert fühlen können.

III. Verfahrensrecht ( S G B X) Auch das SGB X 487 bezeugt die grundsätzliche Untrennbarkeit von Rechtsmassen eines materialen u n d eines formalen Rechts sowie den Umstand, daß es auch im Sozialverwaltungsrecht nicht nur Rechtsbeziehungen zwischen dem Staat (bzw. seinen Substituten, nach § 12 SGB I Leistungsträger genannt) und seinen Bürgern gibt. Es besteht nach seiner Überschrift: „Verwaltungsverfahren, Schutz der Sozialdaten, Zusammenarbeit der Leistungsträger u n d ihre Beziehungen zu Dritten" aus drei, vorläufig jedoch nur aus zwei Kapiteln, überschrieben mit (SGB X 1): „Verwaltungsverfahren" (Art. I, §§ 1 - 6 6 ) und „Schutz der Sozialdaten" (SGB X 2, §§ 67-85). Es ist mithin - ebenso wie das SGB IV - noch nicht komplett. D a ß im übrigen z. B. auch der Schutz von Sozialdaten zum Verfahrensrecht (i. w. S.) gehört, liegt auf der Hand. Die Gegenüberstellung war nur denkmöglich, weil § 8 SGB X den „Begriff des Verwaltungsverfahrens" (i. e. S.) — ebenso wie § 9 BVwVfG — nur auf die Tätigkeit der Behörden rund um den Erlaß von Verwaltungsakten oder den Abschluß öffentlichrechtlicher Verträge konzentriert. Eine eigenständige Regelung dieses (verengten) Verfahrensrechts im SGB erschien notwendig, weil das SGB sonst keine (in sich geschlossene) Kodifikation 4 8 8 hätte sein können und das normale Verwaltungsverfahrensrecht nicht allen Anforderungen einer „sozialen Sicherheit" (vgl. § 1 SGB I) zu genügen vermag. 1) Zum Verfahren nach SGB X1: Es ist seit langem unstreitig, d a ß alle Lei-

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Vgl. dazu etwa §§ 3 Nr. 11, 17 KraftStG (i. d. F. vom 1. 2. 1979 - BGBl. I, S. 132); §§ 57 ff. SchwbG und Gesetz über die unentgeltliche Beförderung von Kriegs- und Wehrdienstbeschädigten sowie von anderen Behinderten im Nahverkehr, vom 27. 8. 1965 - BGBl. I, S. 978. Vom 18. 8. 1980 - BGBl. I, S. 1469; in Kraft getreten am 1. 1. 1981, allerdings unter den Vorbehalten der Art. I, § 1 Abs. 1 und Art. II, § 40 SGB X. Einführend hierzu auch: Krause, NJW 1981, 81 ff. Dazu oben I 3.

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stungsbescheide oder Verfügungen 4 8 9 der Leistungsträger (nach § 12 SGB I) - soweit sie den Kriterien nach §§ 35 BVwVfG, 31 SGB X entsprechen Verwaltungsakte sind. Auch könnten die meisten anderen gesetzgeberischen Klarstellungen, die sich im BVwVfG bzw. in den i. w. damit inhaltlich übereinstimmenden Regelungen der Verfahrensgesetze der Länder vorfinden, o. w. auf das Sozialrecht übertragen werden. Das ist noch immer von Bedeutung, denn auch nach dem 1. Januar 1981 werden nicht alle Behörden der Sozialverwaltung die §§ 1 - 6 6 SGB X anwenden. Sie sind zwar für alle dem Bundesstaat zuzurechnenden Behörden verbindlich, nicht jedoch mit Bezug auf die sozialrechtliche „Verwaltungstätigkeit der Behörden der Länder, der Gemeinden u n d Gemeindeverbände (und) der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts zur Ausführung von besonderen Teilen dieses Gesetzbuchs, die nach Inkrafttreten der Vorschriften dieses Kapitels Bestandteil des Sozialgesetzbuchs werden" 4 9 0 . Für sie sollen die Regelungen des SGB X 1 nur anzuwenden sein, „soweit diese besonderen Teile (SGB I I - I X ) mit Zustimmung des Bundesrates die Vorschriften dieses Kapitels f ü r anwendbar erklären." Mit diesem Vorbehalt haben die Länder ihre verfassungsmäßigen Rechte aus Art. 30 und Art. 83 ff. G G zu wahren u n d vornehmlich zu verhindern versucht, daß Bundesbehörden ihre Aufsicht über Leistungsträger i. S. v. § 12 SGB I 491 , welche den Ländern zuzurechnen sind, wie eine Organaufsicht, d. h. wie die Aufsicht über eigene Behörden praktizieren können 4 9 2 . Im übrigen treten die §§ 1 - 6 6 SGB X hinter spezielleren Vorschriften der bereits kodifizierten oder in das SGB integrierten Teile SGB ( I - I X ) zurück (§ 1 Abs. 1 Satz 1 SGB X) und sie gelten auch nicht für die Verfolgung und A h n d u n g von Ordungswidrigkeiten (Satz 3) 493 . Speziellere Verfahrensvorschriften i. S. v. Satz 1 sind z. B. die §§ 13 bis 17, 39, 40 Abs. 2 u n d 47 bis 50 SGB I, ferner - aus den Spezialbüchern - die §§ 45 ff. BAföG, 142 ff. A F G , 1396 ff. RVO, § 64 f. BVG und die Normen des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung 4 9 4 , 17 ff. B K G G , 23 ff. W o G G , 37ff. J W G und 114ff. BSHG. Diese Bestimmungen können aber gemäß Art. II § 40 Abs. 1 S. 2 SGB X nur noch d a n n angewendet werden, wenn sie den Regelungen des SGB X nicht entgegenstehen oder nicht gleichlautend sind. In § 1 Abs. 2 SGB X wiederholt der Gesetzgeber zunächst die bereits aus den Verfahrensgesetzen des Bundes 4 9 5 u n d der Länder 4 9 6 bekannte Legaldefi489 490 491 492 493 494 495 496

Auch sie sind denkbar, da es auch Pflichten der Bürger nach dem SGB gibt; vgl. §31 SGB I und oben II 1 g. Und nicht nur, wie Art. II, § 1 SGB I sagt, als solche „gelten". Dazu oben, I 1 d und II 4 a bb. Näheres dazu in meinem Beitrag, in: Fs. f. Wannagat, 1981, S. 687ff. Weil insoweit allein das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) i. d. F. vom 2. Jan. 1975 - BGBl. I, S. 80, ber. S. 520 - einschlägig ist. I. d. F. der Bekanntmachung vom 6. Mai 1976 - BGBl. I, S. 1169. § 1 Abs. 4 BVwVfG. Vgl. z. B. § 1 Abs. 2 VwVfG NW.

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nition der Behörde, die gedanklich bereits bei der Ausprägung des § 12 SGB I Pate stand und dort die Rechtssubjektivität der Leistungsträger in Zweifel zu setzen geeignet ist497. Gedacht sein kann in § 1 Abs. 2 SGB X nur an Aufgaben der Soz/a/verwaltung, wie sie durch die §§ 1 und 2 ff. SGB I als bundesstaatliche Aufgaben umrissen und durch die Absätze 2 der §§ 18 ff. SGB I als „Zuständigkeiten" auf die Leistungsträger des Bundes und der Länder 498 grundlegend aufgeteilt sind. Die dem § 1 SGB X nachfolgenden Normen stimmen mit den §§ 3 ff. BVwVfG weitgehend überein. Verschiebungen in der Bezifferung zeigen dem Lernenden an, wo die Unterschiede liegen. Ihm wird empfohlen, sich eine Synopse beider Verfahrensgesetze anzufertigen und zuerst die Normen des BVwVfG mit Hilfe eines Lehrbuchs 499 näher kennenzulernen, ehe er sich den Besonderheiten des SGB X 500 widmet. Die genauere Kenntnis der Vorschriften des BVwVfG muß hier aus Raumgründen vorausgesetzt werden. Der durch die empfohlene Synopse geförderte Vergleich ergibt, daß förmliche Verwaltungsverfahren (§§63 ff. BVwVfG) im SGB X nicht vorgesehen sind, aber auch Vorschriften über ehrenamtliche Tätigkeit und Ausschüsse (§§81 ff. BVwVfG) fehlen 501 . Sie werden - ebenso wie z.B. die §§ 17-19 BVwVfG — entweder allenfalls in bestimmten Leistungsbereichen gebraucht oder stehen bereits an anderer Stelle im SGB, wie etwa die Inhalte von § 25 BVwVfG (Beratung und Auskunft) 502 , § 30 BVwVfG (Geheimhaltung) 503 oder § 40 BVwVfG (Ermessen) 504 . Andere Abweichungen sind schon mehr auf Besonderheiten des Sozialrechts abgestellt. So ist z. B. dem Wortlaut des § 26 BVwVfG in § 21 SGB X ein Absatz 4 hinzugefügt, wonach die Finanzbehörden im Wege der Amtshilfe ggf. Auskünfte über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse von Antragstellern geben müssen. Bei § 53 SGB X (Zulässigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrages) ist durch Anhängung eines Absatzes 2, der in § 54 BVwVfG fehlt, ausdrücklich daraufhingewiesen, daß ein Vertrag über Sozialleistungen nur geschlossen werden kann, soweit die Erbringung der Leistungen im Ermessen des Leistungsträgers steht, d. h. keine perfekte Anspruchsgrundlage i. S. v. § 38 SGB I 505 besteht und der Leistungsträger zur Ermessensausübung ermächtigt ist. Ebenso wie privatrechtliche Vereinbarungen Sozialleistungsberechtigte in ihren Ansprüchen nicht verkürzen können (§ 32 SGB I), sollen auch Leistungsträger grundsätzlich keine Möglichkeit haben, „Rechtsansprü497 498

499 500 501 502 503 504 505

Dazu bereits oben I 1 d und II 4 a bb. Zur Aufteilung auf Bund und Länder vgl. Wertenbruch, in: BochKomm, Rdnr. 15 ff. Etwa Erichsen / Martens, Allg. VwR; Wolff /Bachof, VwR I. Einen ersten Überblick vermittelt Krause, NJW 1981, 81 ff. Vgl. aber §§ 31 ff. und 43 ff. SGB IV. In §§ 14 und 15 SGB I; dazu oben I 3. b. In § 35 SGB I (i. d. F. nach Art. II § 28 Nr. 2 SGB X); dazu unten, III 2. In § 39 Abs. 1 SGB I; dazu oben, II 1 a. Dazu oben II 1 a und meine Darlegungen in: BochKomm, zu § 38.

zu § 12

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che" (§ 38 SGB I) durch Vertrag zu reduzieren. Allerdings müssen — auch im Sozialrecht — Ausnahmen von diesem Grundsatz zugelassen sein, um überhaupt Vergleichs- und Austauschverträge nach §§ 54 und 55 SGB X zu ermöglichen (vgl. § 31 SGB I). Der Leistungsberechtigte könnte ja auch auf der einseitigen Entscheidung des Leistungsträgers über seinen Anspruch durch VA bestehen. Der § 22 Abs. 1 SGB X sieht - in Abweichung von § 26 BVwVfG - die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen durch ein Gericht auf Ersuchen der zuständigen Behörde vor, falls etwa ein Zeuge die Aussage verweigert. Sie kann das Gericht gemäß § 22 Abs. 2 SGB X auch um eidliche Vernehmung des Zeugen oder Sachverständigen ersuchen. Im Sozialverfahrensrecht gibt es mithin nicht nur eine Amtshilfe (§§3 ff. SGB X — 4ff. BVwVfG), sondern für bestimmte (Hilfs-) Vorgänge auch eine sog. „Rechtshilfe", ausgeführt durch Gerichte und Richter. Daß § 22 Abs. 1 SGB X auch Sozial- und Verwaltungsgerichte in die Rechtshilfe einbezieht und Amtsgerichte nur für Ausnahmefälle vorsieht, versteht sich aus der Zugehörigkeit des Sozialrechts zum öffentlichen Recht und aus der in § 40 VwGO getroffenen Grundregelung auch für sozialrechtliche Streitigkeiten 506 . Der § 24 SGB X weicht von § 28 BVwVfG ab 507 , weil die Leistungsträger behutsamer praktizieren und Leistungsberechtigte über deren Absichten besser informiert sein sollen, ehe ein Verwaltungsakt in Rechte eines Beteiligten eingreift. Auch durch die Absätze 2 und 5 von § 25 SGB X erscheint der Beteiligte besser geschützt als durch die in § 29 BVwVfG getroffenen Regelungen. Der in das Konzept eingeschobenen Regelung nach § 28 SGB X (wiederholte Antragstellung) entspricht keine Norm des BVwVfG. Hier ist der sozialrechtliche Schutzgedanke (vgl. § 1 Abs. 1 SGB I) bereits recht deutlich. Unverkennbar wird der Schutzgedanke bei einem Vergleich der §§ 48 und 49 BVwVfG mit den §§ 44 ff. SGB X. Zwar sind die hergebrachten Gegenüberstellungen von Rücknahme (Aufhebung eines bei Erlaß rechtswidrigen Verwaltungsakts) und Widerruf (Aufhebung eines anfänglich rechtmäßigen Verwaltungsakts) sowie von durch den Verwaltungsakt erfolgter Begünstigung oder Belastung, mithin das an Verfassungsrecht anknüpfende Grundkonzept und die Sprache i. w. beibehalten, jedoch die Übersicht über den schwierigen Komplex durch Auseinanderziehen der Regelungen erleichtert, der Schutz des von Rücknahme, Widerruf oder deren Konsequenzen Betroffenen gegenüber §§ 48 und 49 BVwVfG verstärkt und das Verfahren gegenüber früheren Zeiten auch für die bearbeitende Behörde beträchtlich erleichtert 508 . Es wird interessant sein zu beobachten, wie sich diese Regelungen zur Aufhebung von Verwaltungsakten in der Praxis bewähren und wie die für eine 506 507 508

Vgl. dazu § 62 SGB X, aber auch schon oben II 9. d und unten, Ziff. IV. Eine andere Nr. 5 ist in Abs. 2 eingeschoben, der Abs. 3 fehlt. Alle irritierenden Spezialnormen, insbes. solche der RVO, sind durch Art. II SGB X (vgl. z. B. § 4) aufgehoben.

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Übergangszeit nach Landesrecht verfahrenden Leistungsträger versuchen werden, ähnliche oder gar gleiche Ergebnisse zu erzielen, soweit sie dazu nicht im Laufe der Zeit ohnehin durch die Rechtsprechung angeregt oder „koordiniert" werden. Um eine erste Übersicht über die §§ 44 ff. SGB X zu gewinnen, muß der Leser vorab wissen, daß für Rücknahme (§ 48 BVwVfG) und Widerruf (§ 49 BVwVfG) statt einer jeweils zwei Normen im SGB X vorliegen und die Parallele zum eingeschoben erscheinenden § 48 SGB X sich in § 51 BVwVfG findet. So gehören § 48 Abs. 1 Satz 1 BVwVfG (rechtswidriger — nicht begünstigender VA) und § 44 SGB X hinsichtlich der Ausgangslage ebenso zusammen wie § 48 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 - 4 BVwVfG (rechtswidriger — begünstigender VA) und § 45 SGB X. Ebenso ist § 49 Abs. 1 BVwVfG (anfänglich rechtmäßiger — nicht begünstigender VA) mit § 46 SGB X und § 49 Abs. 2 und 3 BVwVfG (rechtmäßiger — begünstigender VA) mit § 47 SGB X zu vergleichen. Der Vergleich ergibt, daß im Verfahrensrecht des SGB X v. a. der Vertrauensschutz verstärkt worden ist, ggf. von Amts wegen und ohne Ermessen („ist" statt „kann") Korrekturen zugunsten des Betroffenen vorzunehmen und Aufhebungsfristen zu seinen Gunsten an andere Voraussetzungen (vgl. z. B. §§ 48 Abs. 4 BVwVfG und 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X) geknüpft sind. Auf Einzelheiten kann hier aus Raumgründen nicht näher eingegangen werden. Auch § 48 SGB X vermag — bei beibehaltenem Kern — sozialrechtlichen Umständen besser zu entsprechen als § 51 BVwVfG, wohingegen der Inhalt von § 50 BVwVfG bei sprachlicher Verbesserung in § 49 SGB X unverändert übernommen werden konnte. Der § 50 SGB X (Erstattung) übertrifft den § 48 Abs. 2 BVwVfG an Wirkungsumfang und Prägnanz bei weitem. Hier ist auch endlich die Verweisung auf die „Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Herausgabe einer ungerechtfertigen Bereicherung" (§§ 812ff. BGB) aufgegeben und erscheint der sozial- (öffentlich-) rechtliche Erstattungsanspruch nach Rechtsgrund und „Umfang der Erstattung" auf eigene Beine gestellt. Erwähnenswert sind — gegenüber den Regelungen des BVwVfG — noch einige Normen des Fünften und Sechsten Abschnitts (§§ 62 ff.). Der § 62 SGB X verweist — ähnlich dem § 79 BVwVfG — erneut auf Vorschriften der Prozeßgesetze (VwGO und SGG) über förmliche Rechtsbehelfe gegen Verwaltungsakte. Dagegen ist mit Bezug auf die Klage oder andere, bei Gericht zu stellende Anträge (z. B. auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung) sicherlich nichts einzuwenden, aber für den Widerspruch (§§ 77 ff. SGG und 68 ff. VwGO) erneut zu betonen, daß dieser Rechtsbehelf verwaltungs-funktional gesehen kein „Vorverfahren", sondern in aller Regel ein TVac/iverfahren auslöst. Erneut haben Behörden (und nicht Gerichte) zu prüfen, ob der von ihnen erlassene VA rechtmäßig ist, d. h. insbesondere z. B. den §§31, 33, 38 und 39 SGB I entspricht. Das jeweilige Verwaltungsverfahren kann erst mit der Erledigung der Sache, die entweder kraft Antrags oder auch von Amts

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wegen (§ 18 SGB X) zu bearbeiten ist, beendet sein. Die §§ 9 BVwVfG und 8 SGB X erscheinen beide auch insoweit zu eng. Hebt z. B. ein Sozialgericht einen VA auf, durch den eine Sozialleistung versagt worden ist, dann beginnt kein neues Verfahren, sondern ist das alte, noch nicht beendete Verfahren bis zum behördlichen Erlaß eines neuen und dann hoffentlich rechtmäßigen Verwaltungsaktes fortzusetzen. In § 63 SGB X ist - anders im Grundsatz § 80 Abs. 1 BVwVfG - keine Aufwendungsersatzpflicht bei erfolglosem Widerspruch vorgesehen. Überhaupt besteht für alle Verfahren auf der Grundlage des SGB nach § 64 Abs. 1 SGB X für den Bürger Kostenfreiheit. Insgesamt gesehen wird das SGB X 1 nicht nur dem sozialrechtlichen Verfahren besser gerecht zu werden vermögen als das BVwVfG, sondern auch zur Fortentwicklung des ganzen Verwaltungsverfahrensrechts (i. w. S.) beitragen können, das z. B. auch in der verwaltungsinternen Behandlung und dem 2) Schutz der Sozialdaten seinen Ausdruck findet. Insoweit ist klar, daß sich bei jeder Fallbearbeitung durch Behörden der Sozialverwaltung eine große Zahl von personenbezogenen Daten anhäuft und die Speicherung solcher Daten in behördlichen und zentralen EDV-Anlagen zu einer Offenlegung der Gesamtperson führen kann, die weit über das hinausreicht, was Sozialbehörden wissen und aufbewahren müssen, um über bestimmte Sozialleistungen entscheiden zu können (vgl. §§ 60 ff. SGB I). Auszugehen ist von § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB I 509 , wonach jedermann Anspruch darauf hat, daß Einzelangaben über seine persönlichen und sachlichen Verhältnisse (personenbezogene Daten) 510 von den Leistungsträgern (§ 12 SGB I) 5 " als Sozialgeheimnis gewahrt und nicht unbefugt offenbart werden. Eine Offenbarung ist nach § 35 Abs. 2 SGB I nur unter den Voraussetzungen der §§ 67-77 SGB X zulässig. Der den Grundsatz deutlich markierende § 67 SGB X läßt als Befugnisgründe nur die im Einzelfall und unter Schriftform erteilte Einwilligung des Betroffenen und die in den §§ 68-75 umrissenen Gründe zu, zu denen allerdings z. B. auch die Offenbarung für den Schutz der inneren und äußeren Sicherheit (§ 72) und für die Durchführung eines Strafverfahrens (§ 73) gehören , wobei ggf. nur bestimmte Amtsinhaber die Offenbarung veranlassen dürfen. Unter den Voraussetzungen der § 75 und 76 ist die Offenbarungsbefugnis eingeschränkt. Personen und Stellen, denen personenbezogene Daten offenbart worden sind, haben sie in demselben Umfang geheimzuhalten wie die in § 35 SGB I genannten Stellen (v. a. Leistungsträger), und sie dürfen sie auch nur zu dem Zweck verwenden, zu dem sie ihnen befugt offenbart worden sind (§ 78 SGB X). Bei der Datenverarbeitung (§§ 79ff. SGB X) sind von den in § 35 SGB I genannten und bestimmten anderen Stellen (z. B. Krankenhäuser: vgl. § 79 Abs. 2 SGB X) bestimmte Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes 509 510 511

In neuer Fassung nach Art. II, § 28 Nr. 2 SGB X. Denen nach § 35 Abs. 4 SGB I Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gleichstehen. Und den in Abs. 1 Satz 2 Genannten.

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(BDSG) vom 27. Januar 1977512 zu beachten. Dem Betroffenen ist auf Antrag Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten sowie über die Personen und Stellen zu erteilen, an die seine Daten regelmäßig übermittelt werden (§ 83 SGB X). Personenbezogene Daten, die zur Wahrnehmung ihrer Zuständigkeiten nicht mehr erforderlich sind, hat die speichernde Stelle von Amts wegen zu löschen (§ 84 SGB X). Insgesamt gesehen stellen die §§ 67 ff. SGB X sehr strikt gehaltene und fast etwas zu „ideell" anmutende Spezialvorschriften zur Amtshilfe und zum innerbehördlichen Verfahren mit Modell-Charakter dar, die ihre Ausstrahlung auf andere Verwaltungsbereiche nicht verfehlen werden. 3. Über die zu erwartenden Normen zur Zusammenarbeit der Leistungsträger und ihre Beziehungen zu Dritten (SGB X 3) kann sich jeder Interessierte schon jetzt ein gewisses Bild machen, da bereits ein Regierungsentwurf vorliegt513. Klar ist, daß es im Sozialrecht ebenso wie in anderen Bereichen (Polizei, Wirtschaft, Kultur), in denen Normen verwaltungsmäßig zu vollziehen sind, eine kaum überschaubare Vielfalt von Verwaltungs-Rechtsbeziehungen gibt. Sie können keineswegs nur zwischen dem Staat (Bund und Ländern) und Menschen (Bürgern) entstehen und bestehen, sondern auch zwischen unzähligen sonstigen Verwaltungsträgern (Gemeinden, Gemeindeverbänden oder zu bestimmten, etwa zu sozialrechtlichen Zwecken vom Staat eingerichteten Substituten; z. B. „Versicherungsträgern" nach §§ 29ff. SGB IV), sofern diese Substituten vom Gesetzgeber als Rechtssubjekte anerkannt sind und als solche auch im Rechtsleben respektiert werden. Rechtsbeziehungen sind immer nur zwischen Rechtssubjekten denkbar, nicht dagegen zwischen Behörden oder sonstigen „Stellen" (§§ 12 SGB I, 1 Abs. 2 SGB X). Soweit Organen durch das Gesetz fiktiv eine gewisse „Zurechnungssubjektivität" zuerkannt ist, handelt es sich nur um gesetzgeberische Konstrukte mit begrenzter Zielsetzung und Bedeutung. Auf der Grundlage des SGB, insbesondere seines Zehnten Buches, hat man drei Gruppen von Rechtsbeziehungen zu unterscheiden: (1) Die im SGB nach Leistungsbereichen (Büchern II bis IX) geordneten und sowohl materiell- als auch organisations- und verfahrensrechtlich als Primärbeziehung ausgestalteten Rechtsbeziehungen zwischen einem Leistungsträger und entweder aufgrund Gesetzes durch „Sozialleistungen" begünstigte (vgl. §§ 2 und 38 SGB I) oder auch verpflichtbare (vgl. §§31, 60 ff. SGB I; § 20 SGB IV) natürliche und juristische Personen. Wer als Leistungsträger anzusehen ist, ergibt sich aus § 12 SGB I und in den Büchern II bis IX aufzusuchenden Spezialnormen des Organisationsrechts 514 . In diese Rechtsbeziehungen können weitere „Beteiligte" (§ 12 SGB X) hineingezogen werden. 512 513 514

BGBl. I, S. 201. BT-Drucks. 9 / 95 v. 13. 1. 1981. Vorstehend bei den Sozialleistungsbereichen (unten Ziff. II) behandelt; vgl. z. B. II 2 e, 3 d, 4 a und b, dd usw.

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(2) Die zweite G r u p p e wird gebildet durch Rechtsbeziehungen zwischen Leistungsträgern, dienend ihrer Zusammenabeit bei der Erfüllung u n d weiteren Abwicklung von Sozialleistungen, incl. der Erstattung erbrachter Leistungen. G r u n d n o r m e n hierzu finden sich bereits in den §§15 bis 17 und 29 SGB I. (3) Bei der dritten G r u p p e handelt es sich um Rechtsbeziehungen zwischen Leistungträgern und Dritten. Dritte sind nach hergebrachtem juristischem Sprachgebrauch Personen, die nicht von einer bestimmten Rechtsbeziehung, insbesondere einer Leistungsbeziehung nach G r u p p e 1 „berührt" werden (vgl. § 12 Abs. 2 SGB X), d. h. zumindest bisher nicht in ihr stehen. Dritte können z. B. als Erfüllungsgehilfen (vgl. § 103 RegE SGB X) oder als Auskunftspersonen (§§ 104 ff. RegE SGB X) benötigt werden und treten kraft Bewerbung und Zulassung (vgl. § 368 a RVO) oder Anforderung durch Verwaltungsakt in eine Rechtsbeziehung zu einem Leistungsträger oder ihnen gleichgestellte Personen ein. Auf der Grundlage von § 31 SGB I in Anspruch genommene Dritte können etwa sein: Arbeitgeber eines Versicherten, soweit sie noch nicht in einer Rechtsbeziehung nach G r u p p e 1 stehen (§ 104 RegE SGB X), Kassenärzte (§§ 368 ff. RVO), Krankenhäuser (§ 372 RVO), freie Verbände (§§ 17 Abs. 3 SGB I u n d z. B. § 10 BSHG), aber auch die Bundespost (§ 1256 RVO). Leistungsträger können sich ihrer bedienen, sie aufgrund Gesetzes verpflichten oder auch ihnen gegenüber zur Erstattung berechtigt (§121 RegE SGB X 3) oder verpflichtet sein (vgl. §§ 20 und 26 Abs. 2 SGB IV). Bei Fallösungen empfiehlt sich u. a. vorab stets die Klassifikation der in Betracht k o m m e n d e n Rechtsbeziehungen als der G r u p p e 1, 2 oder 3 zugehörig, damit die einschlägigen N o r m e n sicherer bestimmt werden können, jedoch wird man Lernende kaum mit Rechtbeziehungen der G r u p p e 2 und 3 behelligen. Für sie wird sich auch der Rechtslaie kaum je interessieren. Aus dem für Lernende sehr schwer zu überschauenden Kapitel denkbarer Rechtsbeziehungen von Leistungsträgern untereinander (Gruppe 2) und zu Dritten (Gruppe 3) kann hier - auf dem Boden des noch geltenden Rechts nur auf zwei Problembereiche hingewiesen werden: zum einen auf das Verhältnis von § 640 RVO zu § 1542 RVO, zum anderen auf die §§ 1531 ff. RVO. Treffen der unmittelbare Rückgriffsanspruch gemäß § 640 RVO und der nach § 1542 RVO abgeleitete Anspruch zusammen, so treten sie wegen ihrer unterschiedlichen Struktur und Zweckbestimmung nicht in ein Konkurrenzverhältnis. Sie bestehen vielmehr nebeneinander. Der Sozialversicherungsträger kann nach freiem Ermessen aufgrund des §421 BGB die Leistung von jedem der Schuldner ganz oder zum Teil fordern. Der etwa nach § 640 RVO Haftende kann daher nicht verlangen, daß der Sozialversicherungsträger zunächst ganz oder zum Teil den auf ihn nach § 1542 RVO übergegangenen Anspruch gegen den zweiten Schädiger geltend macht. Da der Sozialversicherungsträger auch nicht doppelte Zahlung verlangen kann, ist § 422 BGB be-

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achtlich; der Sozialversicherungsträger muß sich evtl. unmittelbar oder mittelbar den Einwand der Erfüllung entgegenhalten lassen 515 . Unterstützt ein Träger der Sozialhilfe (SHTr) nach gesetzlicher Pflicht einen Hilfsbedürftigen für eine Zeit, für die dieser einen Anspruch gegen einen Sozialversicherungsträger hatte oder noch hat, so kann der SHTr, jedoch nur bis zur Höhe dieses Anspruchs, nach näherer Bestimmung der §§ 1532 bis 1537 RVO Ersatz beanspruchen. Durch diese Regelung erwirbt der SHTr nicht einen auf Forderungsübergang beruhenden, sondern einen eigenen Anspruch gegen den Sozialversicherungsträger. Voraussetzungen für einen solchen Anspruch sind: — der Anspruch darf nicht wegen verspäteter Geltendmachung verwirkt sein (§ 1539 RVO), — die unterstützte und die anspruchsberechtigte Person muß identisch sein, soweit es sich nicht um Familienhilfeleistungen handelt (Personengleichheit), — der SHTr muß den Hilfsberechtigten aufgrund gesetzlicher Pflicht (d. h. nach den Vorschriften des BSHG) unterstützt haben, — der Leistungsgrund für die Sozialhilfe und für die Versicherungsleistungen nach der RVO muß gleich sein (Einheit des Leistungsgrundes), — es muß Gleichzeitigkeit der Sozialhilfeleistungen und der Versicherungsleistungen gegeben sein (Gleichzeitigkeit der Leistungen), — die Sozialhilfeleistungen und die Versicherungsleistungen müssen gleichartig sein, d. h. die Leistungen des Sozialhilfeträgers und die des Sozialversicherungsträgers müssen „ihrer Art nach gleich" sein (Gleichartigkeit der Leistungen).

IV. Zum Gerichtsschutz In einem Beitrag zum Sozialverwaltungsrecht kann der Gerichtsschutz — als Verfahrensrecht einer anderen Staatsfunktion (Rechtsprechung) — nur anhangsweise Erwähnung finden 516 . Die ordentlichen Gerichte werden mit Sozialrecht nur noch in Ausnahmefällen und inzidenter befaßt werden können 517 . Da es sich v. a. beim Streit um Sozialleistungen um „öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art" handelt, ist der (allgemeine) Verwaltungsrechtsweg gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind (§ 40 Abs. 1 S. 1 VwGO). 515 516 517

Lauterbach, Unfallversicherung, § 640 Anm. 37. Dazu schon oben I 1 b (Stichwort (4): Sozialprozeßrecht) und II 9 d. Etwa auf der Grundlage von Art. 34 G G (Amtshaftung) oder der §§ 1587 ff. BGB i. V. m. §§ 1304ff. RVO (Versorgungsausgleich) oder von § § 9 0 und 91 BSHG (Übergang von bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsansprüchen auf Leistungsträger).

Sözialverwaltungsrecht

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Eine solche ausdrückliche anderweitige Zuweisung ist in § 51 SGG erfolgt 518 . Danach entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit in Angelegenheiten der Sozialversicherung, der Arbeitslosenversicherung und der übrigen Aufgaben der BA sowie der Kriegsopferversorgung (§ 51 Abs. 1 SGG). Zu den Angelegenheiten der Sozialversicherung zählt u. a. das Kassenarztrecht, das nicht nur die Beziehungen zwischen Ärzten und Krankenkassen (§51 Abs. 2 S. 1 SGG), sondern auch die zwischen Ärzten und KÄVen sowie die zwischen KÄVen und Krankenkassen umfaßt 519 . Zu den Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung, die künftig der sozialen Entschädigung zuzurechnen ist, gehören nicht Maßnahmen auf dem Gebiet der sozialen Fürsorge nach §§ 25 bis 27 BVG (§ 51 Abs. 2 S. 2 SGG) 520 . Weiter entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlichrechtliche Streitigkeiten, die auf Grund des LFG entstehen (§ 51 Abs. 3 SGG). Schließlich entscheiden sie über sonstige öffentlich-rechtliche Streitigkeiten, für die durch Gesetz der Rechtsweg vor diesen Gerichten eröffnet wird, z. B. in den Fällen von § 30 GAL, § 10 H H G , § 227 a Abs. 2 BEG, § 88 Abs, 4 SVG. Alle anderen sozialrechtlichen Steitigkeiten gehören vor die allgemeinen Verwaltungsgerichte (§ 40 Abs. 1 VwGO). Das gilt insbesonder für die Alterssicherung freier Berufe, soweit sie nicht in die Sozialversicherung eingegliedert sind und soweit „Versorgungskassen" auf Landesebene für sie bestehen, weiter für Lastenausgleich, Wohn- und Blindengeldrecht, schließlich für die Jugend- und Sozialhilfe 521 . So verläuft mitten durch das dem Sözialverwaltungsrecht zugeordnete Prozeßrecht eine Zäsur, die allerdings dadurch gemildert wird, daß SGG und VwGO weitgehend einander angeglichen sind. Wie in der VwGO gibt es im SGG Anfechtungs-, Verpflichtungs-, allgemeine Leistungsklage und Feststellungsklagen. Bei der Anfechtungsklage ist der Kläger bestrebt, einen Eingriff durch Hoheitsakt abzuwehren. Bei der Verpflichtungsklage greift der Kläger an und verlangt von der Verwaltungsbehörde den Erlaß eines VA. Die reine (allgemeine) Leistungsklage kommt für den Fall in Betracht, daß eine Anspruchsleistung nicht durch VA festgestellt wird (§ 54 Abs. 5 SGG). Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage, auch unechte Leistungsklage genannt, richtet sich gegen einen (ganz oder teilweise) ablehnenden Leistungsbescheid und geht gleichzeitig auf Verurteilung des Verwaltungsträgers zur Gewährung einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht (§ 54 Abs. 4 SGG). Gäbe es diese Sonderregelung nicht, so wäre in diesen Fällen eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zu erheben. Die Sonderregelung besteht darin, daß mit der Äufhe518

5,9 520 521

Näheres zum Sozialrechtsweg bei Bley, Grundzüge der Sozialgerichtsbarkeit, 1976, S. 28 ff. u. Meyer-Ladewig, SGb 1979, 401. Peters /Sautter / Wolff, SGG, § 51 Anm. 12; vgl. dazu oben II 4 b bb. Sie heißen nach § 24 Abs. 1 Nr. 2 SGB I „besondere Hilfen im Einzelfall". Nebenbei bemerkt: Auch z. B. für den Lastenausgleich.

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bung des VA nicht die Verpflichtung zum Erlaß eines positiven Leistungsbescheides verknüpft wird, sondern die Verurteilung zur Leistung selbst. Der bei erfolgreicher Klage ergehende Leistungsbescheid vollzieht dann lediglich das Leistungsurteil 522 . Die Feststellungsklage ist auf Klärung eines konkreten Rechtsverhältnisses gerichtet (§ 55 SGG). Mit der Fortsetzungsfeststellungsklage schließlich kann die Feststellung eines VA begehrt werden, der sich erledigt hat (§131 Abs. 1 S. 3 SGG). Im Fall der Erledigung einer Verpflichtungsklage oder einer allgemeinen Leistungsklage ist § 131 Abs. 1 S. 3 SGG entsprechend anzuwenden 523 . Leider finden sich in den überkommenen Prozeßordnungen noch immer Vorschriften zum Verwaltungsverfahren. So bestimmen z. B. die §§ 78 SGG und 68 VwGO, daß es im Regelfall vor Erhebung der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage eines „Vorverfahrens" 524 bedarf, in dem Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des VA nachgeprüft werden. Abweichend von § 68 Abs. 1 VwGO ist nach § 78 Abs. 1 SGG ein Vorverfahren auch dann nicht erforderlich, wenn der VA vom Präsidenten der BA erlassen worden ist oder wenn ein Land oder ein Versicherungsträger klagen will. In Angelegenheiten der Unfallversicherung, der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten und der Kriegsopferversorgung ist die Anfechtungsklage auch ohne Vorverfahren zulässig, wenn die Aufhebung oder Abänderung eines VA begehrt wird, der eine Leistung betrifft, auf die ein Rechtsanspruch (§ 38 SGB I) besteht (§ 78 Abs. 2 S. 1 Halbs. 1 SGG) 525 . Dem Versicherten steht also - in Anlehnung an § 45 FGO — eine Wahlmöglichkeit darüber zu, ob er in ihm geeignet erscheinenden Fällen das einfachere und schnellere Vorverfahren mit der Abhilfemöglichkeit nach § 85 Abs. 1 SGG ergreifen oder in Fällen bereits feststehender Gegensätzlichkeit bzw. bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung unmittelbar das im allgemeinen länger dauernde gerichtliche Verfahren einleiten will. Ist zweifelhaft, ob es sich bei einem Rechtsbehelf um einen Widerspruch oder eine Klage handelt, so ist dieser als Widerspruch zu behandeln, wenn er bei der Stelle eingeht, die den VA erlassen hat (§ 78 Abs. 2 S. 1 Halbs. 2 SGG). Durch diese Vorschrift wird verhindert, daß ein einfaches Schreiben des Versicherten als „Klageschrift" an das zuständige Sozialgericht weitergeleitet, von diesem jedoch als Widerspruch ausgelegt und an den Sozialleistungsträger zurückgesandt wird. Das führt zu einer Straffung des Vorverfahrens. Hat von mehreren Berechtigten einer Widerspruch eingelegt, ein anderer unmittelbar Klage erhoben, so ist zunächst über den Widerspruch zu entscheiden (§ 78 Abs. 2 S. 2 SGG). Mit dieser Bestimmung, die ebenfalls in der 522 523 524

525

Bley, Grundzüge der Sozialgerichtsbarkeit, S. 75 f. Meyer-Ladewig, SGG, § 131 Rdnr. 9. Welches „Nachverfahren" heißen und in den Verwaltungsverfahrensgesetzen geregelt sein sollte; vgl. oben III 1. Zur Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift Meyer-Ladewig, SGG, § 78 Rdnr. 8.

Sozialverwaltungsrecht

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VwGO fehlt, ist eine Entlastung der Sozialgerichte bezweckt. Das Widerspruchsverfahren erledigt in zahlreichen Fällen den Streitgegenstand zumindest für einen Berechtigten und macht dann auch für den anderen Berechtigten ein Gerichtsverfahren überflüssig526. Eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage ist ferner nur zulässig, wenn der Kläger klagebefugt ist. Diese Voraussetzung, die in beiden Prozeßgesetzen zwar unterschiedlich formuliert (§ 54 Abs. 1 S. 2 SGG, § 42 Abs. 2 VwGO), aber sachlich gleich zu behandeln ist, liegt vor, wenn der Kläger bei einer Anfechtungsklage Tatsachen vortragen kann, aus denen sich die Möglichkeit einer Beschwer (i. S. v. Rechtsverletzung, vgl. § 54 Abs. 2 SGG), und bei einer Leistungsklage Tatsachen vortragen kann, aus denen sich die Möglichkeit einer Anspruchsinnehabung ergibt527. Für die Feststellungsklage bedarf es eines berechtigten Interesses an der baldigen Feststellung des Rechtsverhältnisses (§55 SGG, § 43 VwGO), für die Fortsetzungsfeststellungsklage eines Interesses an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des VA (§ 131 Abs. 1 S. 3 SGG, § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO). Seit einigen Jahren ist auch — in entsprechender Anwendung von § 123 VwGO — die einstweilige Anordnung im Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit zugelassen528. Indessen wäre eine noch größere Übereinstimmung beider Prozeßgesetze wünschenswert529, wenn nicht gar der Wegfall der beklagten Zäsur, die noch keineswegs von einer voll bewußt gewordenen Synthese530 sozialer Rechtsstaatlichkeit zeugt. Dazu scheint mir nicht nur zu gehören, daß jeder Bürger seine sozialrechtlichen Anspruchsmöglichkeiten einigermaßen zu kennen, sondern auch den zugehörigen Gerichtsweg klar zu überschauen vermag.

526 527 528 529

530

Vgl. hierzu H. Schmidt, SozSich 1975, 37ff. und 76ff.; Ule, VSSR 1974, 1 ff. Vgl. dazu die Kommentare zu §§ 54 Abs. 2 SGG, 42 Abs. 2 VwGO. Vgl. BVerfGE 46, 166 (172ff.). Zu Reformbestrebungen im Bereich der besonderen Verwaltungsgerichtsbarkeiten vgl. z. B. Wannagat, ZRP 1980, 119 ff. Dazu oben I 2. b.

SECHSTER ABSCHNITT Karl Heinrich Friauf

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Karl Heinrich Friauf

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Bau-, Boden- und Raumordnungsrecht

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Bayern: Bayerisches LandesplanungsG vom 6. Febr. 1970 (GVB1. S. 9). Bekanntmachung des StM für Wirtschaft und Verkehr zur Durchführung von Raumordnungsverfahren vom 24. Nov. 1971 (WVMB1. 1972 S. 21). Hessen: Hessisches LandesplanungsG vom 4. Juli 1962 (GVB1. S. 311) i. d. F. v. l.Juni 1970 (GVB1. S. 360), zuletzt geändert durch G vom 24. Juni 1978 (GVB1. S. 396). G über die Feststellung des Hessischen Landesraumordnungsprogramms und zur Änderung des Hessischen LandesplanungsG (Hessisches FeststellungsG) vom 18. März 1970 (GVB1. S. 265). 1. Verordnung zur Durchführung des Hess. Landesplanungsgesetzes vom 22. Mai 1963 (GVB1. S. 72). Niedersachsen: Niedersächsisches Gesetz über Raumordnung und Landesplanung vom 24. Januar 1974 (GVB1. S. 49) i. d. F. vom 2. Januar 1978 (GVB1. S. 2). G zur Landesentwicklung vom 19. März 1974 (GVB1. S. 96). Gesetz zur Ordnung des Großraums Hannover vom 14. Dezember 1962 (GVB1. S. 235). Nordrhein- Westfalen: Landesplanungsgesetz vom 1. Aug. 1972 (GVB1. S. 244) i. d. F. der Bekanntmachung vom 28. November 1979 (GVB1. S. 878). 1. DVO zum Landesplanungsgesetz vom 5. Februar 1980 (GVB1. S. 146). 2. DVO zum Landesplanungsgesetz vom 5. Februar 1980 (GVB1. S. 147). 3. DVO zum Landesplanungsgesetz i. d. F. vom 4. Mai 1976 (GVB1. S. 227). G zur Landesentwicklung (Landesentwicklungsprogramm) vom 19. März 1974 (GVB1. S. 96). Rheinland-Pfalz: Landesgesetz für Raumordnung und Landesplanung (Landesplanungsgesetz) vom 14. Juni 1966 (GVB1. S. 177) i. d. F. vom 8. Februar 1977 (GVB1. S. 6), zuletzt geändert durch G vom 21. Dezember 1978 (GVB1. S. 725). Landesgesetz über die Einteilung des Landes in Regionen (Regionengesetz) vom 16. März 1967 (GVB1. S. 68) i. d. F. vom 8. Februar 1977 (GVB1. S. 15). 1. Landesverordnung zur Durchführung des Landesplanungsgesetzes vom 19. April 1967 (GVB1. S. 136). 2. Landesverordnung zur Durchführung des Landesplanungsgesetzes vom 19. April 1967 (GVB1. S. 136, berichtigt GVB1. S. 152). Saarland: Saarländisches Landesplanungsgesetz (Gesetz-Nr. 1076) vom 17. Mai 1978 (ABl. S. 588). Schleswig-Holstein: Gesetz über die Landesplanung vom 13. April 1971 (GVB1. S. 152) i. d. F. der Ge. vom 13. Mai 1974 (GVB1. S. 128) und vom 31. März 1976 (GVB1. S. 112). Gesetz über Grundsätze zur Entwicklung des Landes i. d. F. vom 11. Dez. 1973 (GVB1. S. 425).

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Gliederung I. Allgemeines 1. Begriff, Bedeutung und Aufgabe des Baurechts 2. Grundzüge der Entwicklung des Baurechts a) Ursprünge b) Bauplanung c) Bauordnung 3. Gegenstände des geltenden Baurechts a) Bauleitplanung b) Bodenordnung c) Bauordnung d) Das Zusammenwirken von Bauleitplanung und Bauordnung 4. Das Baurecht in der bundesstaatlichen Kompetenzordnung

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II. Bauleitplanung und Bodenrecht 1. Planungshoheit der Gemeinden 2. Planungsrecht und Planungspflicht der Gemeinden a) Zulässigkeit und Grenzen der Planung b) Die Grundsätze der Bauleitplanung c) Planerisches Ermessen und Abwägungsgebot d) Rechtsansprüche auf Durchführung von Planungen? 3. Die Bauleitpläne im einzelnen a) Allgemeines b) Der Flächennutzungsplan aa) Inhalt bb) Aufstellung cc) Rechtliche Bedeutung dd) Tatsächliche Wirkungen gegenüber dem Bürger ee) Rechtsbehelfe c) Der Bebauungsplan aa) Inhalt bb) Aufstellung cc) Form- und Verfahrensfehler dd) Außerkrafttreten ee) Rechtliche Wirkung ff) Rechtsbehelfe gegen den Bebauungsplan d) Die förmlichen Festlegungen nach dem StädtebauförderungsG 4. Die bauplanerische Zulässigkeit von Bauvorhaben a) Materiellrechtliche Zulässigkeit aa) Im Bereich eines qualifizierten Bebauungsplans bb) In nichtbeplanten, im Zusammenhang bebauten Ortsteilen cc) Im Außenbereich dd) Zulässigkeit aufgrund Bestandsschutzes ee) Zulässigkeit aufgrund einer „eigentumskräftig verfestigten Anspruchsposition" b) Bauleitplanung und Baugenehmigungsverfahren aa) Allgemeines bb) Rechtsanspruch auf Genehmigung cc) Ausnahmen und Befreiungen

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Karl Heinrich Friauf 5. Die Sicherung der Bauleitplanung a) Die Rechtslage nach dem BundesbauG aa) Veränderungssperre und Zurückstellung von Baugesuchen bb) Genehmigungspflicht für den Bodenverkehr cc) Gemeindliches Vorkaufsrecht b) Die Rechtslage nach dem StädtebauförderungsG 6. Bauleitplanung und privates Grundstückseigentum a) Enteignungsrecht aa) Enteignungstatbestände bb) Enteignungsverfahren cc) Entschädigung dd) Gerichtliches Verfahren b) Entschädigung für Beschränkungen der Eigentümerrechte aa) Grundsätzliche Entschädigungslosigkeit bb) Entschädigungspflicht für Planungsschäden 7. Bodenordnung, Erschließung, Ermittlung von Grundstückswerten a) Bodenordnung b) Erschließung c) Ermittlung von Grundstückswerten

III. Bauordnungsrecht 1. Funktionen des Bauordnungsrechts a) Gefahrenabwehr b) Verhütung von Verunstaltungen c) Wohlfahrts- und sozialpflegerische Aufgaben d) Vollzug der Bauleitplanung e) Schutz außer-baurechtlicher Belange 2. Die am Bau Beteiligten 3. Baugenehmigung (Bauerlaubnis) a) Materielle Baufreiheit b) Genehmigungspflicht c) Genehmigungspflichtige, anzeigepflichtige sowie genehmigungs- und anzeigefreie Vorhaben d) Rechtsfolgen des ungenehmigten Bauens aa) Bei nur formeller Baurechtswidrigkeit bb) Bei materieller Baurechtswidrigkeit e) Baugenehmigung und private Rechtsverhältnisse f) Die zeitliche Begrenzung der Baugenehmigung 4. Ausnahmen und Befreiungen (Dispense) a) Allgemeines b) Ausnahmen c) Befreiungen (Dispense) 5. Bau verfahren und Bauüberwachung a) Bauerlaubnis-Verfahren aa) Bauantrag bb) Voranfrage und Vorbescheid cc) Erteilung des Bauscheins dd) Teilbaugenehmigung ee) Typengenehmigung und Ausführungsgenehmigung ff) Zustimmungsverfahren bei öffentlichen Bauten

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b) Bauüberwachung aa) Laufende Überwachung bb) Bauabnahme 6. Bauordnungsbehörden 7. Baurechtliche Verträge a) Zulässigkeit b) Anwendungsfälle 8. Schutz des Nachbarn a) Materiellrechtliche Grundlagen aa) Nachbarschützende Bestimmungen des Bauplanungs- und des Bauordnungsrechts bb) Grundrechte b) Verfahrensrechtliche Fragen aa) Klageverfahren bb) Vorläufiger Rechtsschutz

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IV. Raumordnungsrecht 1. Begriff und Entwicklung der Raumordnung a) Begriffsklärung b) Allgemeine Charakterisierung c) Geschichtliche Entwicklung aa) Entwicklung der Landesplanung bis zum Kriege bb) Ansätze nach dem 2. Weltkrieg bis zum Bundesraumordnungsgesetz 2. Das Raumordnungsgesetz des Bundes a) Rechtqualität b) Verfassungsrechtliche Fragen c) Aufgaben der Raumordnung d) Grundsätze der Raumordnung aa) Allgemeiner Überblick bb) Die Raumordnungsgrundsätze im einzelnen e) Geltung und Verwirklichung der Raumordnungsgrundsätze aa) Geltung der Raumordnungsgrundsätze bb) Verwirklichung der Raumordnungsgrundsätze f) Das Gegenstromverfahren 3. Raumordnung in den Ländern a) Verfahrensgrundsätze b) Der Stufenbau der Landesraumordnung aa) Zentrale Raumordnung und Landesplanung bb) Regionalplanung cc) Örtliche Bauleitplanung c) Die Beachtung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung . . .

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I. Allgemeines 1. Begriff, Bedeutung und Aufgabe des Baurechts Unter dem Begriff des Baurechts im weiteren Sinne faßt man die Gesamtheit der rechtlichen Regelungen zusammen, die sich auf die Zulässigkeit und die Grenzen, die Ordnung und die Förderung der Errichtung von baulichen Anlagen sowie auf die bestimmungsgemäße Nutzung dieser Anlagen beziehen. In einem engeren Sinne wird der Begriff vielfach auch gleichbedeutend mit dem Bauordnungsrecht (unten Abschn. III) verwendet. Schon an dieser Begriffsbestimmung läßt sich die eminente Bedeutung ablesen, die das Baurecht für die Allgemeinheit wie für den einzelnen Bürger besitzt. Baurechtliche Regelungen bestimmen, wo und in welcher Weise Wohngebäude errichtet werden dürfen; sie beeinflussen damit maßgeblich die Lebensverhältnisse jedes einzelnen. Sie regeln im Zusammenwirken mit weiteren Vorschriften (Gewerberecht 1 , Immissionsschutzrecht 1 " usw.) Ort, Art und Umfang der gewerblichen Ansiedlung; damit setzen sie wesentliche Daten für die wirtschaftliche Entwicklung. Sie nehmen Einfluß auf die gesamte Infrastruktur und gestalten den äußeren Rahmen für das Zusammenleben einer wachsenden Bevölkerungszahl auf einem in seinem Umfang nicht vermehrbaren Raum. Angesichts der in der Bundesrepublik gegebenen Bevölkerungsdichte, die sich in bestimmten Ballungszentren noch vervielfacht, und angesichts der Komplexität der heutigen wirtschaftlichen Verhältnisse würde eine ungeordnete Bebauung zwangsläufig zu schwerwiegenden Mißständen führen. Die unserem Gemeinwesen durch das Sozialstaatsprinzip auferlegte Verpflichtung, angemessene Lebensverhältnisse und Entwicklungsmöglichkeiten der Gesamtheit und des einzelnen zu gewährleisten, umfaßt als elementare Notwendigkeit den Auftrag, das Bauwesen in einer Weise zu regeln, die den Erfordernissen eines gedeihlichen Zusammenlebens entspricht. Der Staat ist deshalb unmittelbar kraft Verfassungsrechts verpflichtet, Bauordnungen zu schaffen, in denen die Anforderungen an die Sicherheit und menschenwürdige Bewohnbarkeit von Gebäuden normiert sind. Er muß weiterhin dafür Sorge tragen, daß Pläne aufgestellt und eingehalten werden, die die Bebauung der Grundstücke unter den vielfältigen Gesichtspunkten eines geordneten und reibungslosen Zusammenlebens regeln. Und er muß schließlich im Wege der örtlichen und überörtlichen Planung Räume bereitstellen, die zur Befriedigung der neben dem Wohnbedarf bestehenden sozialen Bedürfnisse wie Ausbildung, Land- und Forstwirtschaft, Handel und Gewerbe, Industrie, Erholung, Kultur und Verkehr dienen. Gesichtspunkte des Umweltschutzes erlangen dabei eine stetig wachsende Bedeutung. 1 la

S. dazu in diesem Band Badura, Wirtschaftsverwaltungsrecht, Abschn. IV, S. dazu in diesem Band Breuer, Umweltschutzrecht, Abschn. V.

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Das Baurecht läßt sich nicht ohne weiteres in das traditionelle Gegensatzpaar von Eingriffs- und Leistungsverwaltung einfügen. Der überwiegende Teil seiner Normierungen gehört zum Bereich der ordnenden Verwaltung. Im herkömmlichen Verständnis ist das Baurecht deshalb eine Materie des Sonderpolizeirechts. Daneben wird es aber in neuerer Zeit zunehmend mit Elementen durchsetzt, die der „Daseinsvorsorge" im Sinne des von Forsthoff eingeführten Begriffs zugerechnet werden müssen. 2. Grundzüge der Entwicklung des Baurechts Die weitgehende Einflußnahme des Staates auf das private Bauen, wie sie uns heute als mehr oder minder selbstverständlich erscheint, ist historisch noch recht jung. Ihre Ursprünge reichen zumeist nicht weiter als bis in das 19. Jahrhundert zurück. Die planerischen und gestaltenden Elemente des Baurechts haben sich, von rudimentären Ansätzen im späten 19. Jahrhundert abgesehen, sogar erst während der letzten Jahrzehnte herausgebildet. a) Ursprünge: Allerdings entstanden bereits im Mittelalter und während der folgenden Jahrhunderte nicht wenige Städte aufgrund von Plänen, die der Landesherr beschlossen hatte. Vor allem im Zeitalter des Absolutismus ordnete der Souverän in verschiedenen Fällen an, wo und wie seine Untertanen zu bauen hatten. Die ebenmäßigen Grundrisse einiger ehemaliger Residenzstädte lassen die ordnende Hand der Fürsten noch heute deutlich erkennen. Bei derartigen landesherrlichen Anordnungen handelte es sich aber regelmäßig um Einzelfälle. Ein allgemeines und detailliertes Baurecht im heutigen Sinne gab es nicht. Soweit überhaupt generelle Regelungen vorhanden waren, beschränkten sie sich auf nachbarrechtliche Fragen und Vorschriften über den Feuerschutz lb . Während der liberalen Epoche wurde der bis dahin schon sehr geringe staatliche Einfluß auf das Bauwesen noch weiter zurückgedrängt. Freiheit und Eigentum, die beiden Säulen des politischen Liberalismus, fanden sich zusammen im Grundsatz der Baufreiheit, wie er in klassischer Form im Preuß. Allgemeinen Landrecht von 1794 niedergelegt worden ist: „In der Regel ist jeder Eigenthümer seinen Grund und Boden mit Gebäuden zu besetzen, oder seine Gebäude zu verändern wohl befugt" (§ 65 I 8 ALR). Das ALR hielt diesen Grundsatz zwar nicht ohne Einschränkung durch. Es begründete eine Anzeigepflicht für Bauvorhaben (§ 67 I 8 ALR) und ermächtigte die zuständigen Behörden, eine Bebauung zu untersagen, wenn sie die Allgemeinheit schädigen oder gefährden oder wenn sie die Straßen und Plätze grob verunstalten würde (§§66, 71 I 8 ALR). Doch wurden diese Einschränkungen der Baufreiheit von der Rechtsprechung sehr eng und im wesentlichen nur im Sinne eines Rechts zur polizeilichen Gefahrenabwehr (§ 10 lb

Dazu s. im einzelnen Bonczek / Halstenberg, Bau-Boden, 1963, S. 101 ff; Ernst, BBauBl. 1953, 206ff.; Schlez, VerwArch. 65 (1974), S. 360ff.

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II 17 ALR) ausgelegt2. Charakteristisch dafür erscheint das berühmte „Kreuzberg-Erkenntnis" des preußischen OVG vom 14. Juni 18823. Die Notwendigkeit, das private Bauen in stärkerem Maße staatlich zu reglementieren, ergab sich erst als Folge der wirtschaftlichen Expansion, der Bevölkerungsvermehrung und der raschen Ausdehnung der Großstädte, die in Deutschland nach 1871 einsetzten. Es kam damals zu einem ausgesprochenen Bauboom („Gründerjahre"), der ohne ein Minimum an vom Staate garantierter Ordnung zu chaotischen Verhältnissen hätte führen müssen. Die auf die Gefahrenabwehr beschränkte polizeiliche Generalklausel reichte nicht aus, um die Entwicklung in geordnete Bahnen zu lenken. Unter diesen Umständen war der Gesetzgeber zum Eingreifen gezwungen4. b) Bauplanung: In Preußen und in verschiedenen anderen deutschen Staaten wurden nach 1871 Gesetze über die Festsetzung von Fluchtlinien5 erlassen6. Ihnen folgten gesetzliche Regelungen gegen Verunstaltungen und über Grundstücksumlegungen 7 . Es blieb aber zunächst meist bei punktuellen Maßnahmen. Erst in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts erkannte man in vollem Umfang, daß es nicht genügte, die Bebauung einzelner Grundstücke unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr zu regeln, sondern daß die öffentliche Hand darüber hinaus die Verantwortung für eine zweckmäßige und den menschlichen Bedürfnissen angepaßte Erschließung und Nutzung des Baulandes zu übernehmen hätte. Städtebau und Städteplanung wurden zu dringenden Problemen. Überall in Deutschland schufen Gesetzgeber und Verwaltung erste Ansätze für ein umfassendes Städtebaurecht 8 . 2

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Sorge für Leben und Gesundheit der Bewohner sowie Schutz gegen Feuersgefahr. Vgl. Lassar, in: von Brauchitsch, Verwaltungsgesetze für Preußen, Bd. I I / l , 1932, S. 44, Nr. 24 a. PrOVG 9, 353. — Zur grundsätzlichen Bedeutung der Entscheidung s. in diesem Band: Friauf, Polizei- und Ordnungsrecht, Abschnitt I; eingehend dazu auch Schrödter, DVB1. 1975, 846 ff. (848 - 849); Weyreuther, Eigentum, öffentliche Ordnung und Baupolizei. Gedanken zum Kreuzberg-Urteil des Preußischen Oberverwaltungsgerichts, 1972. Vgl. die Darstellungen von Ernst, BBauBl. 1953, 206ff.; Schlez, VerwArch. 65 (1974), S. 360ff.; Groschupf, DVB1. 1975, 873ff. Z. B. preuß. G betreffend die Anlegung und Veränderung von Straßen und Plätzen in Städten und ländlichen Ortschaften vom 2. 7. 1875 (GS S. 561). Zum folgenden eingehend Schrödter, DVB1. 1975, 846 ff. (849 - 857). Z. B. preuß. G gegen die Verunstaltung von Ortschaften und landschaftlich hervorragenden Gegenden vom 15. 7. 1907 (GS S. 260). Z. B. G über Enteignungsrecht von Gemeinden bei Aufhebung oder Ermäßigung von Rayonbeschränkungen vom 27. 4. 1920 (RGBl. I S. 697); G über die Aufschließung von Wohnsiedlungsgebieten vom 22. 9. 1933 (RGBl. I S. 659); G über einstweilige Maßnahmen zur Ordnung des deutschen Siedlungswesens vom 3. 7. 1934 (RGBl. I S. 568); BauregelungsVO vom 15. Febr. 1936 (RGBl. I S. 104); G über die Neugestaltung deutscher Städte vom 4. 10. 1937 (RGBl. I S. 1054); Art. IV § 1 des preuß. WohnungsG vom 29. März 1918 (GS S. 23); württ. G über die Erschließung

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Bald nach Beendigung des 2. Weltkrieges ergingen in den meisten Ländern sog. Aufbaugesetz^. Sie waren angesichts der Notlage der Nachkriegszeit vielfach von stark dirigistischen Tendenzen geprägt. Ihr Hauptanliegen bestand darin, die rechtlichen Grundlagen für einen möglichst schnellen Wiederaufbau der zerstörten Städte zu schaffen. Ihre Regelungen erstreckten sich aber meistens darüber hinaus auf das gesamte Bauwesen. Die Aufbaugesetze wurden aufgehoben und abgelöst durch das Bundesbaugesetz vom 23. Juni i96010. Es brachte endlich die Rechtseinheit auf den Gebieten des Bauleitplanungsrechts und des Bodenordnungsrechts. Das Bundesbaugesetz wurde ergänzt durch das Städtebauförderungsgesetz vom 27. Juli 1971", das rechtliche Grundlagen (einschließlich Finanzierungsregelungen) für die Sanierung und Entwicklung von innerstädtischen Problemgebieten geschaffen hat. Eine weittragende Novellierung des Bundesbaugesetzes, die zum 1. Januar 1977 in Kraft getreten ist12, hat auch für die vom Städtebauförderungsgesetz nicht erfaßten Baugebiete verstärkte Eingriffs- und Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet 13 . Die Novelle fügt sich ein in die moderne Tendenz, die klassische bloße Auffangplanung allmählich durch eine (aktiv gestaltende) Stadtentwicklungsplanung za überlagern 14 . c) Bauordnung: Die ursprüngliche alleinige Aufgabe des Bauordnungsrechts, die von der Errichtung und Benutzung der Bauwerke ausgehenden Gefahren abzuwehren 15 , bildete einen Teil der allgemeinen polizeilichen Funktion. Deshalb konnten die notwendigen materiellen Regelungen, die sog. Bauordnungenl6, als Polizeiverordnungen auf der Grundlage der polizeilichen Generalklausel (in Preußen: § 10 II 17 ALR, später § 14 PVG) erge-

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von Bauland... vom 18.2. 1926 (RegBl. S. 43); bayer. G über die Erschließung von Baugelände vom 4.7. 1923 (BS Bd. II, S. 419); hamb. BebauungsplanG vom 31. 10. 1923 (GVB1. S. 1357). Z. B. württ.-bad. G Nr. 329 (AufbauG) vom 18. 8. 1948 (RegBl. S. 127); hamb. G über den Aufbau der Hansestadt Hamburg vom 11. 4. 1949 (GVB1. S. 45); hess. G über den Aufbau der Städte und Dörfer des Landes Hessen vom 25. 10. 1948 (GVB1. S. 139); nieders. G zur Durchführung der Ortsplanung und des Aufbaues in den Gemeinden vom 9.5.1949 i. d. F. vom 20.12.1957 (GVB1. Sb. I S.398); nordrh.-westf. G über Maßnahmen zum Aufbau in den Gemeinden vom 29. 4. 1952 (GS. NW. S. 454); rheinl.-pfälz. G über den Aufbau in den Gemeinden vom 10 11 1.8. 1949 (GVB1.S. 317). BGBl. I S. 341. BGBl. I S. 1125. BBauG i. d. F. der Bekanntmachung vom 18. Aug. 1976 (BGBl. I S. 2257). Überblick bei Battis / Schrödter, DVB1. 1977, 160ff.; Bielenberg, B1GBW 1977, 1 ff.; Schmidt-Aßmann, NJW 1976, 1913ff.; Seewald, JZ 1977, 6ff. Dazu Brohm, Stadtentwicklungsplanung und neues Bodenrecht, Verwaltung 9 (1976), S. 409ff.; Schmidt-Aßmann, BauR 1978, 99ff. (99 - 100). S. oben bei Fußnote 2. Die Bauordnungen regelten die Errichtung von Bauwerken. Daneben gab es sog. Wohnungsordnungen über die Benutzung bereits vorhandener Bauwerke; dazu Hatschek / Kurtzig, Lehrb. des deutschen und preuß. Verwaltungsrechts, 7. Auflage, 1931, S. 271.

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hen 17 . Soweit das Baurecht jedoch später in den Dienst von Zwecken gestellt werden sollte, die über die bloße Gefahrenabwehr hinausgingen, waren besondere gesetzliche Ermächtigungen erforderlich. Sie wurden, da es kein einheitliches Baugesetz gab, erst spät und vereinzelt geschaffen 18 . Während in den süddeutschen Ländern landeseinheitliche Bauordnungen galten 19 , waren in Preußen und einigen anderen Ländern die Regierungspräsidenten, z. T. sogar größere Städte, für den Erlaß der einschlägigen Vorschriften zuständig. Infolgedessen bestand hier eine weitgehende Rechtszersplitterung20. Zwei sog. Einheitsbauordnungen (von 1919 und 1931)21 besaßen keine normative Kraft, sondern dienten lediglich als unverbindliche Muster für den Erlaß der lokalen Bauordnungen. Zu einer reichsrechtlichen Regelung, wie sie während des Krieges in Aussicht genommen war, ist es nicht mehr gekommen. Da das Sachgebiet der Bauordnung nach dem GG in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fällt 22 , drohte auch in der Bundesrepublik eine bedenkliche Aufsplitterung und eine unterschiedliche Entwicklung in diesem für einen modernen Staat so wichtigen Bereich. Um dieser Gefahr zu begegnen, wurde 1955 eine gemeinschaftliche Baurechtskommission aus Vertretern des Bundes und der Länder eingesetzt, die eine sog. Musterbauordnung (MBauO) erarbeitete23. Die seitdem erlassenen Landesbauordnungetf4 — die im Gegensatz zu den 17

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Z. B. Berliner BauO vom 1. Juli 1853 und Breslauer BauO vom 1. Juli 1857; vgl. im einzelnen Jäschke, Die Preußischen Bau-Polizei-Gesetze und Verordnungen, 3. Aufl. 1864. Ferner BaupolizeiVO für den Stadtkreis Berlin vom 15. Januar 1887. Vgl. etwa in Preußen: Art. IV §§ 1 - 4 WohnG vom 28. 3. 1918 (GS S. 23) und § 1 des G vom 15. 7. 1907 (GS S. 260). Z. B. bayer. BauO von 1901; sächsisches Allgemeines BauG von 1900; dazu Groschupf, DVB1. 1975, 873 ff. So galten z. B. in den ehemals preußischen Gebieten des Landes Nordrh.-Westf. bis zum Inkrafttreten der nordrh.-westf. BauO vom 25. 6. 1962 (GV. NW. S. 373) etwa zwanzig verschiedene lokale Bauordnungen; s. die Liste der aufgehobenen Vorschriften in § 108 I Nr. 24ff. nordrh.-Westf. BauO. Abgedruckt und kommentiert bei Baltz / Fischer, Preußisches Baupolizeirecht, S. 273 ff. S. das Gutachten des BVerfG über die Zuständigkeit des Bundes zum Erlaß eines Baugesetzes, BVerfG E 3, 407 (430ff., insb. S. 433 - 434). Dazu unten Abschnitt 1.4. MBauO vom 30. 10. 1959, Bd. 16 der Schriftenreihe des Bundesministeriums für Wohnungsbau, 1960. Bad.-Württ. BauO vom 6. 4. 1964 (GBl. S. 151); bayer. BauO vom 1. 8. 1962 (GVB1. S. 179); berl. BauO vom 29. 7. 1966 (GVB1. S. 1175); hamb. BauO vom 10. 12. 1969 (GVB1. S. 249); hess. BauO vom 31. 8. 1976 (GVB1. I S. 339); nieders. BauO vom 23. 8. 1973 (GVB1. S. 259); nordrh.-westf. BauO vom 25. 6. 1962 (GV. NW. S. 373); rheinl.-pfälz. LBauO vom 15. 11. 1961 (GVB1. S. 229); saarl. LBauO vom 12. 5. 1965 (ABl. S. 529); schlesw.-holst. LBauO vom 9. 2. 1967 (GVB1. S. 51). - Zu den gegenwärtig geltenden Fassungen vgl. das vorangestellte Gesetzesregister.

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früheren Bauordnungen nicht als Polizeiverordnungen, sondern als förmliche Gesetze ergangen sind — haben sich in ihren Regelungen weitgehend, zum großen Teil sogar fast wörtlich an die MBauO gehalten. Die MBauO hat zwar selbst keine Gesetzeskraft. Sie gibt aber weithin den Rechtszustand wieder, der in den Bundesländern übereinstimmend gilt, und läßt sich insofern als Ausdruck eines gemeinen deutschen Bauordnungsrechts bezeichnen. Bei der Darstellung des geltenden Bauordnungsrechts 2 5 kann deshalb grundsätzlich von ihr ausgegangen werden. Der Erlaß der Landesbauordnungen verfolgte neben der Vereinheitlichung des Baurechts eine Reihe weiterer Ziele. Insbesondere ging es darum, der vom G G vorgesehenen Kompetenzabgrenzung zwischen Bund und Ländern Rechnung zu tragen, die quer durch den Bereich des Baurechts verläuft und einzelne Teile den Ländern (Bauordnung), andere dem Bund zuweist 26 . Die älteren Regelungen stimmten naturgemäß mit dieser Abgrenzung nicht immer überein. Weiter war es notwendig geworden, die Entwicklung von neuen Bautechniken, Bauarten und Baustoffen und die dadurch aufgeworfenen Probleme der Bausicherheit und der Bauüberwachung in den Griff zu bekommen. Schließlich mußte man im Hinblick auf Art. 14 G G die Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die jede baurechtliche Regelung zwangsläufig enthält, in verfassungskonformer Weise vornehmen. In den Jahren von 1970 bis 1977 sind fast sämtliche Bauordnungen geändert und ergänzt worden 2 7 . Ein wesentliches Anliegen war dabei u. a. die Anpassung der Vorschriften über die Stellplatzpflicht f ü r Kraftfahrzeuge — die zunächst in der als Landesrecht fortgeltenden Reichsgaragenordnung 2 8 geregelt war — an die gewandelten Gegebenheiten des innerstädtischen Verkehrs 29 . 3. Gegenstände des geltenden Baurechts Das Gesamtgebiet des Baurechts umfaßt eine erhebliche Zahl von Regelungskomplexen. Man faßt sie herkömmlicherweise in drei Gruppen zusammen, nämlich die Bauleitplanung oder städtebauliche Planung, die Bodenordnung und die Bauordnung 3 0 . Diese G r u p p e n bezeichnen die drei Hauptthemen des Baurechts. Sie stehen allerdings nicht völlig isoliert nebeneinander. In manchen Fällen finden sich fließende Übergänge zwischen ihnen. Namentlich gibt es eine Reihe von, keineswegs konfliktfreien, Überschneidungen zwischen den bauplanungsrechtlichen Regelungen über die (offene oder geschlossene) Bauweise und über die überbaubaren Grundstücksflächen ei-

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unten Abschnitt III. Dazu näher unten Abschnitt I. 4. Nachweise im Gesetzesregister. Verordnung über Garagen und Einstellplätze vom 17. Febr. 1939 (RGBl. I S. 219). Vgl. dazu Fromm. BauR 1975, 239ff. (247 - 250). 5. Wolff /Bachof, VwR III, § 136 Rdnr. 3ff.

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nerseits und den bauordnungsrechtlichen Bestimmungen über den einzuhaltenden Grenzabstand (Bauwich) andererseits 31 . a) Bauleitplanung: Zum Recht der Bauleitplanung gehören die Vorschriften, die bestimmte Planungsträger zur Aufstellung von Bauleitplänen ermächtigen, ihren Inhalt und die bei ihrer Aufstellung zu berücksichtigenden Gesichtspunkte bestimmen und das zu beachtende Verfahren regeln. Weiterhin umfaßt es Bestimmungen über die Ermöglichung und Sicherung konkreter Planungsmaßnahmen, insbesondere durch die Verhängung von Veränderungssperren. Schließlich regelt es die rechtlichen Wirkungen der aufgestellten Pläne gegenüber dem Bürger, vor allem ihre Verbindlichkeit für einzelne Bauvorhaben, und im Zusammenhang damit generell die Art und das Ausmaß der baulichen Nutzung von Grundstücken. Das Recht der Bauleitplanung bildet auf diese Weise das Bindeglied zwischen dem Rechtsgebiet der überörtlichen Raumordnung und Landesplanung2 — an deren Zielen es sich nach der ausdrücklichen Bestimmung in § 1 IV BBauG zu orientieren hat — auf der einen und dem Bauordnungsrecht auf der anderen Seite. Die auf seiner Grundlage erstellten einzelnen Bauleitpläne bestimmen nach örtlichen und überörtlichen Gesichtspunkten die städtebaulichen Planungsziele und prägen sie zu rechtsverbindlichen Anordnungen für das private Bauen und für sonstige Grundstücksnutzungen aus. Eine eigentümliche Zwitterstellung nimmt insoweit das Städtebauförderungsgesetz ein, das hinsichtlich der städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen zum Bauplanungsrecht zu zählen ist, hinsichtlich der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen dagegen einen starken Bezug zum Raumordnungs- und Landesplanungsrecht aufweist 33 . Auch hier wird in § 1 III StBFG für die Entwicklungsmaßnahmen ausdrücklich das Gebot der Anpassung an die Ziele der Raumordnung und Landesplanung statuiert; für die Sanierungsmaßnahmen ergibt sich das gleiche aufgrund der subsidiären Geltung von § 1 IV BBauG gemäß § 86 I StBFG. b) Bodenordnung: Dem Recht der Bodenordnung kommt im Rahmen des gesamten Baurechts in erster Linie eine Hilfsfunktion zu. Es zielt darauf ab, die tatsächliche Verwirklichung der in den Bauleitplänen normativ aufgestellten städtebaulichen Ziele zu ermöglichen. Zu diesem Zweck regelt es Genehmigungspflichten für den Bodenverkehr, Umlegungs- und Grenzregelungsverfahren, die Enteignung und die Erschließung von Grundstücken sowie die Ermittlung von Grundstückswerten. Wegen seiner bloßen Hilfsfunktion wird es in der vorliegenden Darstellung nicht selbständig, sondern im Zusammenhang mit der Bauleitplanung behandelt (unten Abschn. II). 31

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Vgl. dazu z. B. BVerwG DVB1. 1970, 830; OVG Koblenz AS 10, 25 und AS 11, 338; Geizer, Bauplanungsrecht, Rdnr. 82ff.; Weyreuther, BauR 1972, 1 ff. S. dazu das RaumordnungsG vom 8. 4. 1965 (BGBl. I, S. 306) und die verschiedenen Landesplanungsgesetze. Vgl. dazu Bielenberg, StBFG, § 1 Rdnr. 7 9 - 8 1 .

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c) Bauordnung: Das Recht der Bauordnung geht auf das alte Baupolizeirecht zurück, dessen Aufgabe darin bestand, für die Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auf dem Gebiet des Bauwesens zu sorgen 34 . Heute erschöpft es sich jedoch nicht mehr in dieser polizeirechtlichen Funktion. Das moderne Bauordnungsrecht dient zwar nach wie vor der Gefahrenabwehr. Es ist aber zugleich auch bestimmt durch Grundsätze der Ästhetik und durch sozialstaatliche Erfordernisse eines gesunden und menschenwürdigen Wohnens 35 . d) Das Zusammenwirken von Bauleitplanung und Bauordnung: Bauliche Maßnahmen sind grundsätzlich sowohl den Anforderungen des Bauplanungsrechts wie denen des Bauordnungsrechts unterworfen. Ein konkretes Bauvorhaben muß deshalb in aller Regel36 gleichzeitig den Vorschriften beider Rechtskreise genügen. Um die Zulässigkeit des Vorhabens zu bestimmen, ist demnach stets eine doppelte Prüfung erforderlich. Zunächst ist festzustellen, ob es in Einklang mit den Anforderungen der Bauleitplanung steht, ob also das in Aussicht genommene Grundstück überhaupt bebaubar ist und ob sich gegebenenfalls das Vorhaben im Rahmen der planerischen Ausweisungen hält. Erst danach 37 kann geprüft werden, ob es auch den Anforderungen des Bauordnungsrechts entspricht. Bei der ersten Prüfung wird das Vorhaben im Zusammenhang mit seiner räumlichen Umgebung betrachtet, bei der zweiten dagegen kommt es im wesentlichen auf seine individuelle Gestaltung an. 4. Das Baurecht in der bundesstaatlichen Kompetenzordnung Das GG hat die Gesetzgebungskompetenzen für das Gesamtgebiet des Baurechts nicht in einer Hand vereinigt, sondern hat sie auf Bund und Länder verteilt. Die genaue Grenzziehung war ursprünglich zweifelhaft. Da die bestehenden Zweifel eine sachgerechte Regelung behinderten, ersuchten Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung gemeinschaftlich das BVerfG um Erstattung eines Rechtsgutachtens. Das Gutachten des BVerfG vom 16. Juni 195438 stellte zunächst fest, daß sich aus den Einzelkompetenzen, die das GG dem Bund im Bereich des Bauwesens zugewiesen hat — insb. in Art. 74 Nr. 18 und Art. 34 35 36

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S. dazu oben Abschnitt I. 2 a und c. Vgl. BVerfGE 3,407 ff. (432). Gewisse Abweichungen, die praktisch nur selten relevant werden, ergeben sich daraus, daß der bundesrechtliche Begriff der „baulichen Anlage" i. S. des § 29 BBauG nicht vollständig mit dem entsprechenden Begriff in den Landesbauordnungen übereinstimmt. Vgl. BVerwGE 39, 154; BVerwG BRS 27, 201 u. DVB1. 1975, 497 f. Zur Priorität der bauplanungsrechtlichen vor der bauordnungsrechtlichen Beurteilung eines Vorhabens vgl. etwa OVG Hamburg, BRS 27, 189ff. (190). BVerfGE 3, 407 ff.

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75 Nr. 4 — keine umfassende Bundeszuständigkeit für das gesamte Baurecht entnehmen lasse. Im Anschluß daran lotete es den Umfang des "Bodenrechts" und des „Siedlungswesens" aus, für die der Bund nach Art. 74 Nr. 18 G G die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit besitzt. Zum Bodenrecht gehören nach Auffassung des BVerfG insbesondere die Bereiche der Bauleitplanung, der Baulandumlegung, der Zusammenlegung von Grundstücken, des Erschließungsrechts und der Bodenbewertung. Das Recht des Bodenverkehrs unter Einschluß der Enteignung wird von dem Begriff des Grundstücksverkehrs in Art. 74 Nr. 18 GG erfaßt und gehört damit ebenfalls zur konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes. Dagegen besitzt der Bund keine Zuständigkeit für das Bauordnungsrecht. Dieses fällt nach Art. 30, 70 GG in die alleinige Gesetzgebungskompetenz der Länder. Von den oben dargestellten drei Komplexen, in die das Baurecht zerfällt: Bauleitplanung, Bodenordnung und Bauordnung, unterstehen demnach die beiden ersten im wesentlichen der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes, der letztere dagegen der Gesetzgebung der einzelnen Länder. Der Bund hat sein Gesetzgebungsrecht durch den Erlaß des Bundesbaugesetzes (BBauG) vom 23. Juni i960 39 , des Städtebauförderungsgesetzes (StBFG) vom 27. Juni 197140 und einiger Nebengesetze weitgehend ausgeschöpft. Die Länder haben die alten baupolizeilichen Bestimmungen durch die bereits erwähnten Landesbauordnungen ersetzt. Die Verwaltungskompetenzen auf dem Gebiet des Bauwesens liegen — von einigen hier nicht interessierenden Sonderfällen abgesehen — bei den Ländern. Die bundesrechtlichen Bestimmungen über Bauleitplanung und Bodenordnung werden von Landesbehörden als eigene Angelegenheit ausgeführt 41 . II. Bauleitplanung und Bodenrecht 1. Planungshoheit der Gemeinden Die im 19. Jahrhundert erlassenen Fluchtlinienpläne, die Vorläufer der modernen Bauleitplanung, wurden auf die polizeiliche Aufgabe der Gefahrenabwehr zurückgeführt. Sie trugen dementsprechend den Charakter von Polizeiverordnungen 42 . Für ihren Erlaß waren regelmäßig nicht die Gemeinden, sondern staatliche Behörden zuständig. Eine gewisse Wandlung brachte hier erst das preußische FluchtlinienG von 187543, das erstmalig einige städtebauliche Teilmaterien — darunter vor allem das Fluchtlinienrecht — in die gemeindliche Zuständigkeit überführte. 39 40 41 42

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BGBl. I, S. 341. BGBl. I, S. 1125. Art. 83 GG. Näheres in der Begründung der Regierungsvorlage zum BBauG, BT-Drucks. I I I / 336, S. 58 ff. GS S. 561.

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Das BBauG und später das StBFG haben an diese Entwicklung angeknüpft. Sie sehen grundsätzlich die Gemeinden als Träger der Planungshoheit an 44 . Gegenstand der Planungshoheit sind die Fragen der städtebaulichen Planung, nicht aber die Einzelheiten der Baugestaltung nach Maßgabe des Bauordnungsrechts 4 5 . Die Gemeinden können deshalb M a ß n a h m e n der Bauaufsichtsbehörden, namentlich erteilte Baugenehmigungen, zwar wegen Beeinträchtigung ihres Planungsrechts anfechten 4 6 , grundsätzlich aber nicht wegen Verstoßes gegen bauordnungsrechtliche Vorschriften 4 7 . Ein Klagerecht steht den Gemeinden im übrigen auch insoweit zu, als ihre Planungshoheit durch grenznahe Planungsmaßnahmen der Nachbargemeinden 4 8 und durch Planfeststellungen oder sonstige raumrelevante M a ß n a h m e n der zuständigen Fachbehörden, die das Gemeindegebiet berühren 4 9 , beeinträchtigt wird. Die Aufstellung der Bauleitpläne nach dem BBauG und die förmliche Festlegung der Sanierungsgebiete nach dem StBFG obliegt den Gemeinden in eigener Verantwortung ( § 2 1 BBauG, §§ 3 I, 5 I StBFG). Eine abweichende Regelung besteht dagegen für die förmliche Festlegung des städtebaulichen Entwicklungsbereichs nach §§ 53 ff. StBFG. Sie wird wegen ihres übergreifenden Charakters von der Landesregierung durch Rechtsverordnung vorgen o m m e n (§ 53 I StBFG). Den Gemeinden obliegt lediglich die Vorbereitung u n d die Durchführung (§ 54 I StBFG). Da die Verwaltungskraft kleinerer Gemeinden vielfach nicht ausreichen wird, um die Planungsaufgaben sachgemäß zu erfüllen, läßt das Gesetz verschiedene Ausnahmen von diesem Grundsatz zu. Nach § 147 I BBauG 5 0 kann die Oberste Landesbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde die Planungszuständigkeit auf eine andere Gebietskörperschaft (z. B. den Landkreis) oder auf einen Verband übertragen. § 4 I BBauG gestattet den Gemeinden, 44

45 46 47 48

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Dazu Stich, B1GBW 1966, 121 ff.; Bartlsperger, DVB1. 1967, 360ff.; Meyer, SKV 1969, 12 ff.; Schrödter, DVB1. 1973, 763 ff. Vgl. OVG Lüneburg, BRS 28, 233ff. (235) und BRS 27, 279ff. (281). Vgl. BVerwGE 22, 342 = DVB1. 1966, 181 mit Anm. Schrödter; OVG Koblenz AS 9, 289 und AS 10, 136. S. aber auch OVG Koblenz, BRS 28, 201 ff. (202), wo ausnahmsweise einer Bestimmung des Bauordnungsrechts „gemeindeschützender" Charakter zuerkannt wird. Grundlegend BVerwGE 40, 323; vgl. Hoppe, in: Fs. f. H. J. Wolff, 1973, S. 307ff.; Pappermann, JuS 1973, 689ff.; Fingerhut, Die planungsrechtliche Gemeindenachbarklage, 1976; s. auch VGH Mannheim, NJW 1977, 1465; Antragsrecht einer Gemeinde im Normenkontrollverfahren gegen den Bebauungsplan einer Nachbargemeinde, Vgl. BVerwGE 31, 263 (266), betr. Planfeststellung nach dem BBahnG; BVerwG DÖV 1970, 387 f., betr. Planfeststellung nach dem BFernStrG; BVerwG DVB1. 1969, 362f., betr. Genehmigung eines Flugplatzes; OVG Lüneburg BRS 27, 310ff., betr. Planfeststellung nach dem Abfallbeseitigungsgesetz u. a. Beachte in diesem Zusammenhang Blümel, DVB1. 1975, 695 ff. (707 - 709) mit Nachweisen. Für Maßnahmen nach dem StBFG entsprechend anwendbar gemäß § 86 12 StBFG.

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sich zur Erfüllung ihrer Planungsaufgaben untereinander und mit anderen Planungsträgern zu Planungsverbänden zusammenzuschließen. Diese können nach § 7 StBFG auch mit der Festlegung der Sanierungsgebiete betraut werden. Die Zusammenschlüsse beruhen auf freiwilliger Grundlage. Die Landesregierungen werden aber zugleich ermächtigt, einen zwangsweisen Zusammenschluß zu einem Planungsverband anzuordnen, „wenn dies zum Wohle der Allgemeinheit, insbesondere aus Gründen der Raumordnung, dringend geboten ist" (§ 4 II BBauG; §§ 7 II, 54 IV StBFG)51. Die alleinige Planungszuständigkeit der Gemeinde kann in diesem Fall also auch gegen ihren Willen ausgeschaltet werden. Damit wird die grundsätzlich bedeutsame Frage berührt, inwieweit die gemeindliche Planungshoheit unter dem Schutz der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 II GG steht52. Es wird heute nicht bezweifelt, daß die städtebauliche Planung zu den ureigensten Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft gehört und kraft Verfassungsrechts eine Selbstverwaltungsaufgabe bildet. Deshalb wäre eine Regelung, die den Gemeinden im Bereich der Bauleitplanung jeden Einfluß vorenthalten oder ihre Planung in vollem Umfang den Planungen anderer Planungsträger unterordnen würde, verfassungsrechtlich nicht zulässig. Andererseits beeinträchtigt aber nicht schon jede staatliche Einwirkung auf den Prozeß der Planung die Selbstverwaltungsgarantie. So begegnet es keinen Bedenken, wenn sich der Staat im Rahmen seiner Rechtsaufsicht die Genehmigung der örtlichen Bauleitpläne53 und der Festlegung des Sanierungsgebiets54 vorbehält. Besondere Probleme wirft jedoch das Verhältnis der gemeindlichen Planungshoheit zu der überörtlichen Raumordnung und Landesplanung auf. § 1 IV BBauG und § 1 III 1 StBFG schreiben vor, daß die Bauleitpläne und die Maßnahmen nach dem StBFG den Zielen der Raumordnung und Landesplanung55 anzupassen sind56. Um die Erfüllung dieser Anpassungspflicht 57 ver51

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Beispiel für eine Zwangsverbandsbildung nach § 4 BBauG: OVG Lüneburg, BRS 28, 74f. (betr. die Gemeinden der Insel Sylt). Dazu s. BVerwG DVB1. 1969, 362; BVerwGE 31, 263 (264ff.); K. Meyer, SKV 1969, 12ff.; P. Badura, in: Fs. f. W. Weber, 1974, S. 911 ff.; G. Reissig, Gemeindliche Bauleitplanung. Möglichkeiten und Beschränkungen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht, 1976, S. 27 ff., 87 ff; K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 1977, S. 310f. §§6, 11 BBauG. Nach § 6 II darf die Genehmigung nur wegen rechtlicher Verstöße, nicht aber aus Zweckmäßigkeitsgründen versagt werden. Es handelt sich also um eine bloße Rechtsaufsicht. - Erteilung und Versagung der Genehmigung sind Verwaltungsakte; BVerwG E 34, 301. § 5 II StBFG, der auf § 6 II - IV BBauG verweist. Zu den Versagungsgründen vgl. Müller, WiR 1974, 449ff. ( 4 5 7 - 4 5 8 ) ; zur Erweiterung des Genehmigungsvorbehalts in § 5 II 4 StBFG s. Bielenberg, StBFG, § 5 Rdnr. 16. S. dazu §§ 2, 5 II RaumordnungsG. Dazu Bielenberg, DÖV 1969, 376ff.; Härchen, DVB1. 1971, 306ff.; Brosche, DVB1.

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fahrensmäßig zu sichern, wird in § 2 V BBauG und in § 4 IV StBFG Behörden und Stellen, die „Träger öffentlicher Belange" sind, ein Beteiligungsrecht eingeräumt 58 . Darüber hinaus hat Nordrhein-Westfalen ein positives Planungsgebot an die Gemeinden zur Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung eingeführt 59 . Das BVerwG hält diese Beschränkung der Planungshoheit zugunsten überörtlicher Belange für zulässig60, und zwar mit der Erwägung, daß nach Art. 28 II GG die Selbstverwaltung durch Gesetz eingeschränkt werden könne, soweit ihr Wesensgehalt dadurch nicht ausgehöhlt werde 61 . Diese äußerste Grenze sei im BBauG nicht überschritten. Der Ansicht des BVerwG ist im Ergebnis zuzustimmen. Der tragende Grund für die Zulässigkeit der fraglichen Vorschriften des BBauG liegt allerdings nicht in dem formalen Hinweis auf die gesetzliche Beschränkbarkeit der Selbstverwaltung. Er ergibt sich vielmehr aus dem generellen Verhältnis der örtlichen Planung zur Raumordnung: Das BVerfG charakterisiert in seiner grundlegenden Definition 62 die Raumordnung als „zusammenfassende, übergeordnete Planung und Ordnung des Raumes. Sie ist übergeordnet, weil sie überörtliche Planung ist und weil sie vielfältige Fachplanungen zusammenfaßt und aufeinander abstimmt". Die städtebauliche Planung beschränkt sich demgegenüber auf den örtlichen Bereich. Hier tritt sie in Konkurrenz zu den überörtlichen Planungen, die naturgemäß nur dadurch realisierbar sind, daß man sie in den einzelnen zum Planungsgebiet gehörenden Gemeinden befolgt. Wegen dieser zwangsläufigen Auswirkung auf die einzelnen Gemeindegebiete wird die Raumordnung aber noch nicht zu einer „Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft" im Sinne der Selbstverwaltungsgarantie. Denn diese umfaßt nur die Gegenstände, die ausschließlich die jeweilige örtliche Gemeinschaft betreffen. Das aber ist bei den Maßnahmen der Raumordnung und der Landesplanung gerade nicht der Fall. Die Vorschriften des BBauG über die Verbindlichkeit von Zielen der Raumordnung und Landesplanung greifen demnach nicht in das Selbstverwaltungsrecht ein. Sie zeigen vielmehr nur seinen Umfang auf, indem sie für diejenigen Bereiche der städtebaulichen Planung, die nicht ausschließlich zu den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zu rechnen sind 63 , den Anteil der staatlichen Einflußnahme festlegen 64 .

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1980, 213 ff.; Brohm, DVB1. 1980, 653 ff.; Schmidt-Aßmann, VerwArch. 71 (1980), 117 ff. (insb. 131 ff.). Zur Permanenz der Anpassungspflicht s. OVG Lüneburg, DVB1. 1977, 212 ff. Vgl. auch §§ 5 V, 9 VI sowie 37 und 38 BBauG. § 19 II nordrh.-westf. LP1G. Dazu Stern / Burmeister, Die Verfassungsmäßigkeit eines landesrechtlichen Planungsgebots für Gemeinden, 1975; ferner Blümel, VVDStRL 36 (1978), S. 171 ff. (259 - 260, Fußn. 452, 453), mit Nachweisen. BVerwGE 6, 342 (344 - 345); BVerwG DÖV 1969, 428ff. (428 - 429). 62 Vgl. dazu BVerfGE 1, 167 (175); BVerwGE 6, 19. BVerfGE 3, 407 (425). Vgl. die Amtl. Begründung zum BBauG, BT-Drucks. III/336, S. 61. Dazu s. eingehender Nouvortne, Raumordnung und Selbstverwaltungsgarantie, in:

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Als Ergebnis ist festzuhalten, daß zwar Regelungen, die staatlichen Behörden einen Einfluß auf Einzelheiten der gemeindlichen Planung in Angelegenheiten von rein örtlicher Bedeutung einräumen würden, mit der verfassungsmäßigen Garantie der gemeindlichen Selbstverwaltung nicht vereinbar wären 65 . Dagegen unterliegt die Bindung der Bauleitplanung an die Ziele der Raumordnung und Landesplanung keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Voraussetzung ist allerdings, daß diese Ziele jeweils im Einzelfall in einem förmlichen Planungsverfahren aufgestellt und hinreichend konkretisiert worden sind 66 . Da der Bereich der Raumordnung und Landesplanung jedoch von vornherein nicht zu den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft gehört, sondern lediglich gewisse Daten setzt, die der Ausübung der gemeindlichen Planungshoheit vorgegeben sind, hängt die Verbindlichkeit der Ziele für die Bauleitplanung — entgegen einer im Schrifttum weit verbreiteten Ansicht67 — nicht davon ab, daß sie in der in Art. 28 II G G vorgesehenen Gesetzesform beschlossen worden sind 68 . Allerdings verpflichtet die institutionelle Garantie der Selbstverwaltung die staatlichen Planungsinstanzen, bei der Ausgestaltung der Ziele im einzelnen hinreichend Rücksicht auf die gemeindlichen Belange zu nehmen 68a . 2. Planungsrecht und Planungspflicht der Gemeinden Nach § 1 III BBauG sind die Bauleitpläne von den Gemeinden in eigener Verantwortung aufzustellen, „sobald und soweit es erforderlich ist". Das Gesetz bestätigt hier nicht nur deklaratorisch die Planungshoheit der Gemeinden 69 , sondern es erlegt ihnen zugleich konstitutiv eine Planungspflicht auf 70 . Keine Pflicht besteht dagegen zur Einleitung von städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen nach dem StBFG. Diese Maßnahmen liegen vielmehr, wie die Kann-Formulierung in § 3 I 1 StBFG zeigt, im Ermessen der Gemeinden 71 . Insoweit aktualisiert sich die allgemeine gemeindliche Bauplanungspflicht erst mit der förmlichen Festlegung eines Sanierungsgebiets, so daß Verfassungs- und Verwaltungsprobleme der Raumordnung und Landesplanung, S. 39 ff., insbes. S. 42 und 47 f. 65 S. BVerwGE 6, 342 (347). 66 Vgl. W. Ernst / W. Zinkahn / W. Bielenberg, BBauG, § 1 Rdnr. 21 f. 67 H. Brügelmann / G. Grauvogel, a. a. O., § 1 Anm. IV 3 b mit weit. Nachw. 68 Wie hier W. Ernst / W. Zinkahn / W. Bielenberg, a. a. O., § 1 Rdnr. 21 f., mit weit. Nachw. 68a Näher dazu Siedentopf, Gemeindliche Selbstverwaltungsgarantie im Verhältnis zur Raumordnung und Landesplanung, 1977. 69 So W. Ernst/ W. Zinkahn / W. Bielenberg, a. a. O., § 1 Rdnr. 20. 70 Das Kriterium der „Erforderlichkeit" der Planaufstellung ist allerdings nach der Rechtsprechung nur beschränkt justiziabel; vgl. BVerwGE 34, 301; VGH Mannheim, BRS 25, 10. 71 Ebenso Bielenberg, StBFG, § 3 Rdn. 7 - 8 ; Gaentzsch, StBFG, § 3 Anm. 1 a. E.; abweichend Gehrmann, StBFG, § 3 Anm. zu Abs. 1, der jedenfalls bei Mißständen „schwerster Art" eine positive Sanierungspflicht bejahen will.

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§ 10 I StBFG folgerichtig die Pflicht der Gemeinde zur Aufstellung von Bebauungsplänen nach Festlegung des Sanierungsgebiets noch einmal wiederholt. a) Zulässigkeit und Grenzen der Planung: § 1 III BBauG regelt das „Ob" und das „Wann" der Bauleitplanung. Er wird ergänzt durch eine Reihe von Bestimmungen über Zweck, Umfang und Inhalt (insb. § 1 I, IV — VII, §§ 5, 8, 9 BBauG), also das „Wie" der Planung 72 . Dabei geht das Gesetz davon aus, daß nur eine positive Planung in Betracht kommt. Die bewußte Herbeiführung eines planungslosen Zustandes — um die Entwicklung des betroffenen Gebiets „sich selbst" zu überlassen — ist dagegen unzulässig 73 . Die Frage der Zulässigkeit („Ob" und „Wann") einer bestimmten Planung läßt sich allerdings nicht stets völlig von derjenigen nach ihren inhaltlichen Grenzen („Wie") trennen. Insbesondere betrifft der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der in seiner spezifischen planungsrechtlichen Ausprägung eine „gerechte" Abwägung zwischen „öffentlichen und privaten Belangen" fordert 74 , nicht nur den Inhalt, sondern bereits die Zulässigkeit einer bestimmten Planung. Es muß deshalb schon vor Einleitung eines Planungsverfahrens geprüft werden, ob die öffentlichen Interessen in einem angemessenen Verhältnis zu dem beabsichtigten planerischen Eingriff in private Rechte stehen 75 . Das Entsprechende gilt bei einer späteren Planänderung. Nicht nur ihr Inhalt, sondern ihre Zulässigkeit selbst hängt von einer gerechten Interessenabwägung ab. Dabei müssen zugunsten der betroffenen Grundstückseigentümer insbesondere die Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit berücksichtigt werden 76 . b) Die Grundsätze der Bauleitplanung11-. Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke vorzubereiten und zu leiten. Die Bauleitpläne sollen eine geordnete städtebauliche Entwicklung und eine dem Wohl der Allgemeinheit entsprechende sozialgerechte Bodennutzung gewährleisten und dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern (§ 1 I, VI 1 BBauG). Die Regelung verbindet das traditionelle planungsrechtliche Ordnungsprinzip mit dem immer stärker vorrückenden Entwicklungsprinzip. Der Planung kommt danach eine Leitfunktion im Sinne von Zielbestimmung, Anregung und Steuerung zu78. Angesichts der Kritik, die die unsystematische Anhäufung von Planungs72 73 74 76

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Quellenmaterial zum folgenden bei Hoppe, Die kommunale Bauleitplanung, 1973. VGH Mannheim, BRS 28, 1 ff. (2). 75 § 1 VII BBauG; § 1 VII StBFG. VGH Stuttgart, DÖV 1953, 641. VGH Mannheim, ESVGH 17, 97; vgl. auch BaWüVBl. 1969, 166 f. - Entschädigungsregelung für Planänderungen in § 44 BBauG. Dazu s. namentlich Schmidt-Aßmann, BauR 1978, 99ff. und Geizer Bauplanungsrecht, Rdnr. 23 - 34. Vgl. auch Schmidt-Aßmann, NJW 1976, 1913.

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leitsätzen in § 1 BBauG a. F. gefunden hatte 79 , hat der Gesetzgeber in § 1 VI BBauG n. F. eine Neuregelung getroffen, die erheblich präziser erscheint, ohne freilich alle Zweifel auszuräumen. Die beiden programmatischen Hauptleitsätze des § 1 VI 1 BBauG: „sozialgerechte Bodenordnung" und „menschenwürdige Umwelt" werden durch § 1 VI 2 BBauG in einen — nicht abschließend gemeinten — Katalog von zu berücksichtigenden Leitsätzen aufgefächert 8 0 : u. a. Wohnbedürfnisse, gesunde u n d sichere Wohn- und Arbeitsverhältnisse, Belange der Wirtschaft, der Energieversorgung und des Verkehrs, Belange des Bildungswesens, Naturschutz und Landschaftspflege, Erhaltung und Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen. Diese Kriterien haben den Planungsprozeß zu leiten (administrative Funktion); sie sind zugleich Maßstab der justitiellen Plankontrolle (Kontrollfunktion). Die Rechtsprechung behandelt die Leitsätze der Planung als sog. unbestimmte Rechtsbegriffe, deren Auslegung und Anwendung der uneingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliege 81 . Man wird jedoch, ganz unabhängig von der grundsätzlichen Auseinandersetzung über die Rechtsfigur der unbestimmten Rechtsbegriffe, einräumen müssen, daß die Justiziabilität der Leitsätze an der großen Spannweite der in § 1 BBauG verwendeten Begriffe ihre zwangsläufigen Grenzen findet, wenn nicht die Verwaltungsgerichte über die ihnen obliegende Rechtsmäßigkeitskontrolle hinaus die originären Entscheidungen der Planungsinstanzen ersetzen sollen. c) Planerisches Ermessen und Abwägungsgebot: Die Planungshoheit ist in eine Gemengelage aus gestalterischer Freiheit und rechtlicher Bindung eingebettet. Ältere Auffassungen des Schrifttums hatten angenommen, bei der Aufstellung eines Bebauungsplans handle es sich nicht um Rechtsanwendung, sondern um eine Angelegenheit der Gemeindepolitik. Die Entscheidung liege deshalb im „planerischen Ermessen" der Gemeinde 8 2 . Demgegenüber nahm der VGH Mannheim aus verfassungsrechtlichen Gründen eine strikte Rechtsbindung der Gemeinden an 83 . Inzwischen hat sich auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung 8 4 eine differenziertere Betrachtungsweise durchgesetzt 85 . Danach steht 79 80 81

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S. insbes. BVerwGE 34, 301 (306 - 308), mit Nachw., Hoppe, BauR 1970, 15 ff.; vgl. auch die 4. Aufl. dieser Darstellung, S. 451 — 452. Systematischer Überblick bei Schmidt-Aßmann, BauR 1978, 99ff. (104). Grundlegend BVerwGE 34, 301 (308); ferner BVerwGE 45, 309 (323); BGHZ 66, 322; 67, 320; 68, 100; aus dem Schrifttum vgl. namentlich Meyer, DVB1. 1968, 492ff.; ders., DWW 1970, 2ff.; Hoppe, in: Fs. f. Scupin, 1973, S. 121 ff. H. Brügelmann / G. Grauvogel, a. a. O., § 2 Anm. II 3a und § 6 Anm. I 2c mit weit. Nachw. ESVGH 14, 197 ( 1 9 9 - 2 0 0 ) ; ferner ESVGH 17, 101 (104). Dazu s. die 1. und 2. Aufl. dieses Beitrages (zu Fußn. 47 — 48). Insbes. Grundsatzurteile BVerwGE 34, 301 ( 3 0 4 - 3 1 0 ) und BVerwGE 45, 309 (314ff.); s. ferner BVerwGE 38, 152 (157); 47, 144 (146 - 148); 48, 56 (58ff.); OVG Münster BRS 25, 21 ff. (23 - 30); OVG Koblenz BRS 27, 308ff. (309 - 310) u. a. Aus dem (z. T. sehr kritischen) Schrifttum s. statt vieler Badura, in: Fs. zum 25jähr.

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den Gemeinden als Ausfluß der in § 1 III BBauG anerkannten Planungshoheit ein Spielraum planerischer Gestaltungsfreiheit zu, der Elemente des Erkennens 86 , Wertens und Wollens umfaßt. Die Bauleitplanung ist also nicht bloßer Rechtsvollzug; sie reicht vielmehr in den Bereich autonomer, gestaltender Entscheidungen hinein. Insofern ist sie der Ermessensbetätigung in gewisser Weise vergleichbar, darf mit ihr allerdings nicht auf dieselbe Stufe gestellt werden 87 . Die Verwaltungsgerichte können in diesem Rahmen, ähnlich wie bei der Ermessenskontrolle (vgl. § 114 VwGO), nur prüfen, ob die gesetzlichen Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit im Einzelfall überschritten worden sind. Diese Grenzen ergeben sich insbesondere aus den in § 1 VI BBauG normierten Leitsätzen der Bauplanung (s. oben unter b), die von der Rechtsprechung als voll justiziable unbestimmte Rechtsbegriffe angesehen werden 88 . Ihre Konkretisierung hängt von der jeweils vorgegebenen Gebietsstruktur ab. Bei der Neubeplanung eines bisher nicht bebauten Gebiets werden andere Kriterien abwägungserheblich als in dem (meist problematischeren) Fall, in dem eine bereits gewachsene Struktur überplant, insbesondere eine unzuträgliche Nutzungsgemengelage entflochten werden soll88 a. Zentrale Bedeutung kommt darüber hinaus dem in § 1 VII BBauG niedergelegten Abwägungsgebot89, einem fundamentalen Prinzip jeglicher Planung im Rechtsstaat, zu: Bei Aufstellung der Bauleitpläne sind „die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen". Das Abwägungsgebot bezieht sich gleichermaßen auf den Planungsvorgang (das Planungsverfahren) wie auf das Planungsergebnis 90 . Ihm ist deshalb nur Bestehen des Bayer. VerfGH, 1972, S. 157ff.; Battis, DVB1. 1978, 577ff. (580ff.); Blümel, DVB1. 1975, 695ff.; Gassner, DVB1. 1981, 4ff.; Hoppe, in: Fs. f. Scupin, 1973, S. 121 ff.; ders., DVB1. 1974, 641 ff.; Papier, DVB1. 1975, 461 ff.; ders., NJW 1977, 1714ff.; Ramsauer, DÖV 1981, 37ff.; Schröder, DÖV 1975, 308ff.; Schlez, BauR 1974, 289ff.; Stelkens/Pagenkopf, DVB1. 1977, 668ff.; Weyreuther, BauR 1977, 293 ff. 86 Zum Prognoseproblem bei der Bauleitplanung vgl. VGH Mannheim, NJW 1977, 1465 = BRS 30 Nr. 24. 87 Dazu Badura, in: Fs. zum 25jähr. Bestehen des Bayer. VerfGH, S. 157ff. (164, 174, 178). 88 Zur Kritik an dieser Qualifizierung s. Hoppe, DVB1. 1974, 641 ff.; Ossenbühl, Gutachten in: Verh. des 50. Deutschen Juristentages, Bd. I, Teil B, S. 1 ff. (183 - 191); u. a. 88a Hierzu insbes. Hoppe, in: Fs. f. Ernst, 1980, S. 215ff. (zur Modifizierung der Planungsgrundsätze in Verflechtungsbereichen insb. S. 222 ff.). 89 Dazu grundlegend BVerwGE 45, 309 („Gelsenkirchener Floatglas-(DELOG-)Fall"); BVerwGE 52, 237 ( 2 4 4 - 2 4 6 ) , betr. das Abwägungsgebot bei der straßenrechtlichen Planfeststellung; ferner BVerwGE 57, 297 (300 - 301); BVerwG DVB1. 1980, 301 ff. Aus dem Schrifttum s. Hoppe, DVB1. 1977, 136ff.; Weyreuther, DÖV 1977, 419ff. ( 4 2 0 - 4 2 1 ) . 90 BVerwGE 45, 309 (312 - 315); 47, 144 (146 - 147); 56, 283 (287).

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dann genügt, wenn die gerechte Abwägung sich tatsächlich im endgültigen Plan niederschlägt. Das Gebot ist verletzt90", wenn (a) eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn (b) sie nicht alle Belange berücksichtigt, die nach Lage des Falles in Betracht kommen 90b , wenn (c) die Bedeutung der betroffenen privaten Belange 91 verkannt oder wenn (d) der Ausgleich der von der Planung berührten öffentlichen Belange untereinander und gegenüber den privaten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit der einzelnen Belange außer Verhältnis steht 92 . Die Rechtskontrolle hat dabei nicht zu fragen, ob das Abwägungsergebnis als solches Beifall verdient oder ob es gar optimal ist, sondern allein, ob die objektive Gewichtigkeit eines der betroffenen Belange „völlig verfehlt" wird92". Zunehmende Bedeutung als Abwägungskriterium kommt dem Gebot (vgl. § 50 BImSchG) zu, schädliche Umwelteinwirkungen — namentlich auf Wohngebiete und sonstige schutzbedürftige Gebiete — zu minimieren 93 . In der Mehrzahl der Fälle wird der planenden Gemeinde innerhalb des durch die Abwägungskriterien gezogenen Rahmens ein erhebliches Maß an Gestaltungsfreiheit verbleiben. Das Abwägungsgebot ist nicht verletzt, wenn sie sich in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen aus sachgerechten, mit den Wertungen des § 1 VI BBauG zu vereinbarenden Gründen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet 94 . Die Gemeinde kann autonom planerische Prioritäten setzen und damit die Entwicklung ihres Gebiets selbst gestalten. 90a

Z u den zeitlichen Bezugspunkten für die rechtliche Würdigung der Beachtung des Abwägungsgebots s. BVerwGE 56, 283 (288 - 289); s. auch § 155b II S. 1 BBauG und hierzu OVG Lüneburg DÖV 1980, 525 f. 90b Eingehend zu den abwägungserheblichen Belangen (Abwägungsmaterial) BVerwG DÖV 1980, 217 ff. ( 2 1 9 - 2 2 0 ) , dort (S. 220) auch der bemerkenswerte Gedanke, daß die Betroffenheit eines Bürgers für den Fall eines „Sich-Verschweigens" nur dann abwägungsbeachtlich ist, wenn die Betroffenheit sich der planenden Stelle aufdrängen mußte; s. hierzu Becker, NJW 1980, 1036f. 91

Zur Bedeutung des Privateigentums als Abwägungskriterium s. Weyreuther, DÖV 1977, 419ff.; auch die Belange der Einwohner von Nachbargemeinden sind zu berücksichtigen, OVG Münster DVB1. 1981, 409ff. (410). 92 BVerwGE 34, 301 (309); 45, 309 (314 - 315); 47, 144 (146); OVG Koblenz BRS 27, 308 ff. (309 — 310); u. a. 92a S o BVerwGE 56, 283 (289 - 290). 93 Vgl. Geizer, Die Industrieansiedlung unter Berücksichtigung des Planungsrechts und des Immissionsschutzes, BauR 1975, 145ff.; Sendler, Industrieansiedlung, Umweltschutz, Planungs- und Nachbarrecht, WiR 1972, 453ff.; Schmidt-Aßmann, DÖV 1979, l f f . (5f.); Hoppe, in: Fs. f. Ernst, S. 215ff. (218ff.) - dort auch zu weiteren Konfliktvermeidungsgeboten. Speziell zu den Abwägungsmaßstäben beim Konflikt zwischen Wohnnutzung und Verkehrslärm s. insbes. BVerwG DVB1. 1980, 301 ff. Zum „Grundsatz der Problembewältigung" BVerwG DVB1. 1980, 287 ff. (287 - 288). 94

BVerwGE 34, 301 (309); 45, 309 (315); 47, 144 (146).

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Ein Verstoß gegen das Abwägungsgebot führt zur Nichtigkeit des betroffenen Bauleitplans 95 , soweit es sich nicht um unerhebliche Mängel des Abwägungs Vorgangs i. S. des seit 1979 geltenden § 155 b II 2 BBauG handelt. Nach dieser Vorschrift sind Fehler im Abwägungsvorgang 953 nur erheblich, begründen also nur dann die Rechtswidrigkeit des Bebauungsplans, wenn sie offensichtlich sind 95b und das Abwägungsergebnis beeinflußt 95 ' haben 95d . d) Rechtsansprüche auf Durchfiihrung von Planungen ? In zahlreichen Fällen werden Grundstückseigentümer ein starkes Interesse daran haben, daß die Gemeinden ihre Planungspflicht erfüllen. Das kann vor allem dann der Fall sein, wenn die Zulässigkeit eines Bauvorhabens vom Bestehen einer Planung abhängt 96 . Diesem Interesse wäre dann genügt, wenn ihnen ein entsprechender Rechtsanspruch gegen die Gemeinde zustünde. Der objektiv-rechtlichen Planungspflicht der Gemeinde steht jedoch grundsätzlich kein subjektiv-öffentliches Recht eines Bürgers auf Erlaß oder Änderung eines Bauleitplans oder auf eine sonstige Planungsmaßnahme der Gemeinde gegenüber 97 . § 2 VII BBauG stellt ausdrücklich fest, daß auf Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung von Bauleitplänen kein Anspruch besteht 98 . Aber auch wenn diese Bestimmung nicht vorhanden wäre, könnte nichts anderes gelten. Denn die Planungspflicht der Gemeinde be95

BVerwGE 45, 309 (314). Nach BVerwGE 54, 211 (217f.) gibt es jedoch kein subjektiv-öffentliches Recht auf Abwägung; damit scheidet ein vorbeugender Rechtsschutz aus. 95a Rechtsmängel im Abwägungsergebnis haben weiterhin einschränkungslos Nichtigkeit bzw. Teilnichtigkeit des Plans zur Folge. 95b Hierzu OVG Lüneburg BauR 1980, 442ff. (443); Boecker, BauR 1979, 361 ff. (369 370); Grave, BauR 1980, 199ff. (202 - 203). 950 Nach OVG Lüneburg BauR 1980, 442ff. (444) und OVG Münster BauR 1980, 531 f. (532) genügt die Möglichkeit, daß die Gemeinde zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Ebenso Weyreuther, DÖV 1980, 389ff. (392); a. A. Geizer, Bauplanungsrecht, Rdn. 448: Kausalitätsnachweis. 95d Die Verfassungsmäßigkeit der Einschränkung der gerichtlichen Nachprüfung von Abwägungsfehlern ist umstritten: kritisch z. B. Gubelt, NJW 1979, 2071 ff. (2075); Geizer, a. a. O. Rdnr. 434. - Grave, BauR 1980, 199ff. (205ff.) hält § 155 b BBauG insgesamt für mißglückt und verfassungswidrig. Demgegenüber sehen Söflcer, ZfBR 1979, 191 ff. (194) unter Hinweis auf BVerwG DVB1. 1974, 767 ff. (769) und Schlichter / Stich / Tittel, Bundesbaugesetz, § 155 b u. c Rdnr. 14 die Kontrolleinschränkung noch für im Rahmen der bisherigen Rechtsprechung liegend (vgl. aber auch § 1 Rdnr. 25). 96 S. §§ 30 ff. BBauG. 97 VGH Kassel BRS 25, 43; Ernst / Zinkahn / Bielenberg, a. a. O., § 1 Rdnr. 42, § 31 Rdnr. 126; eingehend zum Problem Westbomke, Der Anspruch auf Erlaß von Rechtsverordnungen und Satzungen, 1976, S. 91 - 125, der aus grundrechtlichen Erwägungen für gewisse Fälle einen Anspruch auf Erlaß eines Bebauungsplanes bejaht; ähnlich auch Battis, DÖV 1978, 113ff. (116ff.). 98 Dazu BVerwG DVB1. 1977, 529ff. (529 - 530).

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steht ausschließlich im Interesse einer gesunden städtebaulichen Entwicklung, nicht aber im Interesse einzelner". Damit sind subjektiv-öffentliche Rechte Privater ausgeschlossen. Sie können nach h. M. auch nicht im Einzelfall durch Zusagen, Folgekostenverträge o. dgl. begründet werden 1 0 0 . Ein Bürger kann den Erlaß eines Bebauungsplanes, der sein Grundstück als Bauland ausweisen und es dadurch im Wert erhöhen soll, schließlich auch nicht mit der Begründung verlangen, die Unterlassung einer solchen Bauleitplanung verletze ihn in seinem grundrechtlich geschützten Eigentum 1 0 1 . Eine Klage auf Aufstellung eines Bebauungsplans wäre unzulässig 102 . Die ordnungsgemäße Erfüllung der gemeindlichen Planungspflicht kann allein im Wege der Kommunalaufsicht durch die zuständige Aufsichtsbehörde erzwungen werden. D a das BBauG insoweit keine eigenen Regeln enthält, gelten die allgemeinen Vorschriften des jeweiligen (Landes-)Kommunalrechts 103 . Soweit eine Gemeinde durch das Unterlassen von bestimmten Planungsmaßnahmen gegen ihre Rechtspflichten nach dem BBauG verstößt, kann sie durch eine Anordnung der Aufsichtsbehörde zum Tätigwerden angehalten werden. Kommt die Gemeinde der A n o r d n u n g nicht nach, so hat die Aufsichtsbehörde das Recht der Ersatzvornahme. Sie kann d a n n die Bauleitplanung anstelle u n d auf Kosten der Gemeinde selbst vornehmen oder ihre Vornahme einem Dritten übertragen 1 0 4 . Die M a ß n a h m e n der Kommunalaufsicht sind auf Klage der betroffenen Gemeinde hin gerichtlich nachprüfbar. Private haben jedoch grundsätzlich keinen Anspruch gegen die Aufsichtsbehörde auf Erlaß einer Aufsichtsmaßnahme 1 0 5 . 3. Die Bauleitpläne im einzelnen a) Allgemeines: Der Bauleitplanung ist vom Gesetzgeber die Aufgabe gestellt, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke im Interesse einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vorzubereiten und zu leiten (§ 1 I, III BBauG). Um diese Aufgabe zu erfüllen, müssen für die im jeweiligen Planungsgebiet belegenen Grundstücke spezifizierte und eindeutige Festsetzungen über Art u n d Ausmaß der zugelassenen baulichen Nutzung getroffen werden. 99 100

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Brügelmann / Grauvogel, a. a. O., § 2 Anm. II 2a. Vgl. BVerwGE 42, 331 (338); BVerwG DVB1. 1980, 686ff. (688); BGHZ 76, 16; ferner OVG Lüneburg DVB1. 1978, 178f.; vgl. auch BGHZ 71, 386 (389ff.). Aus dem teilweise kontroversen Schrifttum s. Gusy, BauR 1981, 164ff.; Krebs, VerwArch. 72 (1981), S. 49ff. m. weit. Nachw.; Stettner, AöR 102 (1977), S. 544ff. Bay. VerfGH DVB1. 1966, 798 f. Deshalb kann das Unterlassen einer Bauleitplanung keine Ansprüche auf Enteignungsentschädigung auslösen; BGH DVB1. 1969, 102 209f. VGH Kassel BRS 25, 4ff. Dazu s. in diesem Band den Beitrag von von Unruh, Abschnitt IV. 1. W. Ernst / W. Zinkahn / W. Bielenberg, a. a. O., § 1 Rdnr. 40. BVerwG DÖV 1972, 723 (Nr. 282); VGH Mannheim DVB1. 1975, 552ff. (553).

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Als Mittel der Planung erweist sich der Rechtssatz in seiner herkömmlichen Form, die eine Rechtsfolge verbal an einen abstrakt umschriebenen Tatbestand knüpft, als nicht geeignet. Eine rein verbale Feststellung sämtlicher Planeinzelheiten wäre angesichts der Komplexität der Verhältnisse und der Vielzahl der individuell betroffenen Grundstücke entweder ganz unmöglich oder aber zumindest äußerst kompliziert und verwirrend. Deshalb stellt das Gesetz ein flexibles Instrumentarium zur Verfügung: Die Festsetzungen können unter Verwendung von „Zeichnung, Farbe, Schrift oder Text" getroffen werden 106 . Diese Medien lassen sich im Einzelfall beliebig kombinieren. In der Praxis werden meist kartographische Darstellungen verwendet. Dabei trägt man in die Karte des derzeit vorhandenen Zustandes Linien und Farben ein, die den angestrebten Ordnungszustand kennzeichnen sollen. Der Text dient meist nur dazu, die Karten oder Zeichnungen zu erläutern 107 . Das BBauG hat das Verfahren der Bauleitplanung zweistufig ausgestaltet. Im Regelfall ist zunächst der sog. Flächennutzungsplan als „vorbereitender Bauleitplan" (§ 1 II BBauG) aufzustellen. Erst auf seiner Grundlage ergeht der verbindliche Bauleitplan, den das Gesetz als Bebauungsplan bezeichnet 108 . Beide Plantypen erfüllen unterschiedliche Funktionen. Auf einer zweistufigen Planung beruhen auch die Maßnahmen nach dem StBFG. Zur Behebung städtebaulicher Mißstände (§ 1 II StBFG) kann ein Gebiet durch Beschluß der Gemeinde förmlich als Sanierungsgebiet festgelegt werden (§3 1 StBFG). Mit dieser Festlegung gilt der Flächennutzungsplan insoweit als ergänzt (§ 6 VIII StBFG) bzw., sofern er im Einzelfall noch fehlen sollte, als aufgestellt. Danach sind auf der Grundlage des Feststellungsbeschlusses für das förmlich festgelegte Sanierungsgebiet die erforderlichen Bebauungspläne aufzustellen (§10 1 StBFG). Entsprechend verläuft das Verfahren bei der Festlegung eines städtebaulichen Entwicklungsbereichs durch Rechtsverordnung der Landesregierung (§§ 53 I, 54 I 2 StBFG) 109 . b) Flächennutzungsplan: aa) Inhalt: Der Flächennutzungsplan stellt für das gesamte Gebiet 110 der planenden Gemeinde 111 die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung 112 in den Grundzügen dar (§5 1 BBauG). Insoweit ähnelt er inhaltlich den überörtli106 107 108

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S. insb. § 9 I 1 BBauG. Vgl. auch § 5 VII BBauG: „Erläuterungsbericht" zum Flächennutzungsplan. Ausnahmsweise kann unter den Voraussetzungen des § 2 II oder des § 8 IV BBauG ein Bebauungsplan unmittelbar, also ohne vorhergehenden Flächennutzungsplan, aufgestellt werden. Vgl. dazu, insbes. auch zur Rolle der Flächennutzungspläne bei Entwicklungsmaßnahmen, Bielenberg, StBFG, § 54 Rdnr. 6. Zur Unzulässigkeit eines räumlichen Teilplans s. VGH Kassel NJW 1978, 557. Zum Fortgelten der Flächennutzungspläne bei kommunalen Gebietsänderungen s. BVerwGE 45, 25 (28 - 38), mit Anm. Jakob, NJW 1974, 1578. Entweder in sämtlichen Erscheinungsformen oder nach bestimmten sachlichen Teilgesichtspunkten, vgl. Ernst / Zinkahn / Bielenberg, a. a. O., § 5 Rdnr. 5.

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chen Plänen, die im Rahmen der Landesplanung und Raumordnung aufgestellt werden. Er unterscheidet sich aber dadurch von ihnen, daß er sich auf das jeweilige Gemeindegebiet beschränkt und in erster Linie ein Instrument der Gemeinde bildet" 2 3 , ihr eigenes Gebiet zu gestalten, insbesondere ihre Bebauungspläne vorzubereiten" 3 . Der Flächennutzungsplan soll für die weitere Entwicklung der Gemeinde richtungweisend sein. Er muß deshalb sämtliche voraussehbaren Bedürfnisse der nächsten fünf bis zehn Jahre und, soweit sie schon konkret erkennbar sind, auch der weiteren Zukunft berücksichtigen. In dem Flächennutzungsplan sind die Nutzungsarten für die einzelnen Teile des Gemeindegebiets darzustellen: Baugebiete, Gemeinbedarfsflächen, Verkehrsflächen, Grünflächen, land- und forstwirtschaftliche Flächen usw. (§ 5 II BBauG). Die für die Bebauung vorgesehenen Flächen sind darüber hinaus nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Wohnbauflächen, gemischte Bauflächen, gewerbliche Bauflächen, Sonderbauflächen) sowie nach der besonderen Art (reine Wohngebiete, Kleinsiedlungsgebiete, Gewerbegebiete usw.) und nach dem allgemeinen Maß (Geschoßflächenzahl) der Nutzung auszuweisen 114 . Der Plan beschränkt sich aber in jedem Fall auf die Angaben, die auf die Bodennutzung als solche bezogen sind. Er gibt keine Auskunft über die äußere Gestaltung der baulichen Anlagen 115 . bb) Aufstellung: Der Flächennutzungsplan wird von der Gemeindevertretung festgestellt, und zwar nicht als Satzung, sondern durch einfachen Beschluß nach Maßgabe des jeweiligen Kommunalrechts. Er unterliegt der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde (§6 1 BBauG), d. i. im Regelfall die staatliche Mittelbehörde (Regierungspräsident, Bezirksregierung)" 7 . Die höhere Verwaltungsbehörde übt insoweit eine bloße Rechtsaufsicht aus" 8 . Die Genehmigung darf deshalb nur aus bestimmten, in § 6 II BBauG aufgezählten Rechtsgründen versagt werden; sie gilt nach § 6 IV 4 BBauG als erteilt, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten abgelehnt worden ist. Auflagen können ihr beigefügt werden, wenn sich damit ein andernfalls bestehender Versagungsgrund ausräumen läßt (§ 6 III 1 BBauG) 119 . cc) Rechtliche Bedeutung: Der Flächennutzungsplan ist, anders als der Bell2a

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Z u den Funktionen des Flächennutzungsplans s. eingehend Schimanke, DVB1. 1980, 616 ff. BVerfGE 3, 407 ff. (424 - 425). Vgl. im einzelnen § 1 I — II, § 16 I und § 17 der BaunutzungsVO, die insoweit auf Grund der Ermächtigung in § 2 VIII Nr. 1 BBauG erlassen worden ist. Anders u. U. beim Bebauungsplan; s. § 9 IV BBauG. Das Genehmigungserfordernis entfällt in den Stadtstaaten, vgl. § 188 I BBauG. Dazu s. im einzelnen Geizer, Bauplanungsrecht, Rdnr. 336. Schrödter, a . a . O . , § 6 Rdnr. 4; Stich, B1GBW 1966, 121 ff. (125); Geizer, Bauplanungsrecht, Rdnr. 335; a. A.: Schmidt-Aßmann, Grundfragen des Städtebaurechts, S. 1 6 4 - 1 6 5 . Dazu s. Rosenbach, DÖV 1977, 426 ff.

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bauungsplan 120 , keine Rechtsnorm 121 . Er ist aber auch kein Verwaltungsakt 122 . Seine wesentlichen Rechtswirkungen beschränken sich auf den verwaltungsinternen Bereich: Sämtliche öffentlich-rechtlichen Planungsträger, die bei seiner Aufstellung beteiligt waren und den Festsetzungen nicht widersprochen haben, unterliegen einer Anpassungspflicht. Sie müssen den Plan, sofern er rechtswirksam zustande gekommen ist, bei ihren eigenen raumwirksamen Maßnahmen beachten (§ 7 BBauG). Die planende Gemeinde selbst hat ihn ihren Bebauungsplänen zugrunde zu legen (§ 8 II, III BBauG). Dagegen werden die Grundstückseigentümer als solche von dem Flächennutzungsplan nicht unmittelbar rechtlich betroffen. Insbesondere richtet sich die Zulässigkeit eines Bauvorhabens und damit der Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung nicht nach dem Flächennutzungsplan, sondern allein nach den Festsetzungen des Bebauungsplanes (§ 30 BBauG). Auch die gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung (§§ 14, 19, 24, 25 BBauG) und das Enteignungsrecht (§ 85 I Nr. 1 BBauG) werden nur durch den Bebauungsplan, nicht schon durch den Flächennutzungsplan, ausgelöst. Immerhin kann der Flächennutzungsplan in gewissen Fällen eine mittelbare rechtliche Relevanz für den einzelnen Bürger erlangen. So sind seine Festsetzungen heranzuziehen, wenn beurteilt werden muß, ob eine Teilungsgenehmigung wegen Unvereinbarkeit mit einer „geordneten städtebaulichen Entwicklung" zu versagen ist (§ 20 I Nr. 3 BBauG) 123 oder ob ein nicht privilegiertes Bauvorhaben im Außenbereich öffentliche Belange beeinträchtigen würde 124 . Dabei bildet der Flächennutzungsplan allerdings nur ein Beurteilungskriterium unter anderen. Er darf nicht schematisch wie eine Rechtsnorm „angewandt" werden 125 . dd) Tatsächliche Wirkungen gegenüber dem Bürger: Obwohl der Flächennutzungsplan die Eigentümer der im Planungsgebiet belegenen Grundstücke nicht unmittelbar anspricht, kann er für sie erhebliche wirtschaftliche Bedeutung erlangen. Die Ausweisung einer Fläche als Baugebiet kann zu Wertsteigerungen führen (sog. Bauerwartungsland). Umgekehrt können sich Wert120

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Zur unterschiedlichen Regelungsdichte beider Planarten s. BVerwGE 48, 70 (73 — 74). OVG Lüneburg DVB1. 1971, 322ff. (323); VGH München BRS 22, 147ff. (149); VGH Mannheim BRS 27, 30ff. (32). VGH Mannheim BRS 27, 30ff. (32). Schrödter, a. a. O., § 5 Rdnr. 15, mit Nachweisen. So jetzt ausdrücklich § 3 5 III BBauG im Anschluß an die ältere Rspr.; vgl. BVerwGE 18, 247 (253); 26, 287 (293 - 2 9 6 ) ; VGH Kassel, BRS 22, 125f.; OVG Münster BauR 1970, 223; VGH München BayVBl. 1971, 63. - Dagegen bleibt der Flächennutzungsplan nach der Rechtsprechung außer Betracht bei der Beurteilung der Zulässigkeit von Vorhaben im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BBauG), BVerwGE 35, 256 (257 — 258) sowie von privilegierten Vorhaben im Außenbereich (§ 35 I Nr. 1 - 5 BBauG), BVerwGE 28, 148 (149 - 152); BVerwG BRS 22, 128ff. (129).

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minderungen ergeben, etwa wenn der Flächennutzungsplan in der Nähe eines reinen Wohngebietes Nutzungsarten vorsieht, von denen nachteilige Auswirkungen auf die Wohnruhe usw. zu erwarten sind. Der Gesetzgeber hat f ü r derartige wertmindernde Konsequenzen des Flächennutzungsplans eine Entschädigung nicht vorgesehen. Die Rechtsprechung 126 gewährt den betroffenen Grundstückseigentümern auch keine Ansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff. Es handelt sich bei den eintretenden wirtschaftlichen Nachteilen nach Auffassung des B G H im Rechtssinne lediglich um bloß mittelbare Folgen der Planung, wie sie auch außerhalb des Planungsgebietes auftreten können. Werden die Festsetzungen des Flächennutzungsplans allerdings später in einen rechtsverbindlichen Bebauungsplan übernommen, dann greifen die Entschädigungstatbestände nach §§ 39j ff. BBauG ein. Bei der Bemessung der Entschädigungshöhe ist von dem ursprünglichen Wert des Grundstücks vor der Aufstellung des Flächennutzungsplanes auszugehen 127 . Es wird d a n n also auch die Wertminderung ersetzt, die bereits durch den Flächennutzungsplan eingetreten und somit bei Erlaß des Bebauungsplans schon vorhanden war. ee) Rechtsbehelfe: Da der Flächennutzungsplan keine den Bürger treffenden rechtlichen Regelungen enthält, und zwar weder als Rechtsnorm noch als Verwaltungsakt, k o m m e n Rechtsmittel oder Rechtsbehelfe gegen ihn nicht in Betracht 128 . Davon unberührt bleibt jedoch die Möglichkeit, rechtliche Mängel des Flächennutzungsplans insofern mittelbar geltend zu machen, als sie zu einer Fehlerhaftigkeit der auf ihm aufbauenden weiteren Planungen geführt haben 1 2 9 . c) Bebauungsplan: aa) Inhalt: Der Bebauungsplan enthält die rechtsverbindlichen Festsetzungen f ü r die städtebauliche Ordnung (§8 1 BBauG). Er umfaßt entweder das ganze Gemeindegebiet oder — im Regelfall — einzelne, oftmals recht kleine Gemeindeteile. Die Abgrenzung des jeweiligen Plangebiets liegt, innerhalb der durch die Planungsgrundsätze des § 1 BBauG gezogenen Schranken, im planerischen Ermessen der Gemeinde. Dabei kann aus sachgerechten Gründen in Sonderfällen sogar die selbständige Beplanung eines einzigen Grundstücks zulässig sein 130 . Der Bebauungsplan ist regelmäßig aus dem zuvor aufgestellten Flächen-

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BVerwG BauR 1975, 404ff. (406 - 407) - insoweit in BVerwGE 48, 81 (87) nicht abgedruckt; vgl. auch VGH Kassel BRS 24, 51 ff. (53). BGHZ 17, 96 (102); BGH DVB1. 1978, 378f. (379). BGH DVB1. 1963, 625ff. (627); vgl. auch BGH DVB1. 1978, 378f. (379). S. dazu auch Brohm, Rechtsschutz im Bauplanungsrecht, S. 22. Demgegenüber will Schenke, DÖV 1979, 622ff. (632) den Betroffenen unter bestimmten Voraussetzungen Rechtsschutz durch die allgemeine Leistungsklage gewähren. Vgl. VGH Mannheim BRS 27, 30 ff. (32). BVerwG NJW 1969, 1076; BVerwG BRS 27, 15; OVG Berlin Städtetag 1977, 565.

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nutzungsplan zu entwickeln (§ 8 II 1 BBauG) 131 . Ausnahmsweise kann auf den Flächennutzungsplan verzichtet werden, wenn der Bebauungsplan ausreicht, um die städtebauliche Entwicklung zu ordnen (§ 2 II BBauG). Außerdem kann aus dringenden Gründen im Einzelfall ein Bebauungsplan aufgestellt werden, bevor der Flächennutzungsplan in Kraft ist (§ 8 IV BBauG). Liegt ein derartiger Ausnahmefall 132 nicht vor, dann kann ein gültiger Bebauungsplan i. d. R. nur Zustandekommen, wenn gleichzeitig der Flächennutzungsplan aufgestellt (sog. Parallelverfahren, § 8 III 1 BBauG) und die gesetzlich vorgeschriebene Genehmigungszeitfolge (§ 8 III 2 BBauG) eingehalten wird 133 . Die Verletzung des Gebots der Entwicklung aus dem Flächennutzungsplan — sei es, daß ein Flächennutzungsplan überhaupt fehlt bzw. daß er ungültig ist, oder sei es, daß die sachlichen Grenzen des „Entwickeins" nicht eingehalten werden - hat die Nichtigkeit des Bebauungsplans zur Folge 134 , soweit nicht einer der Unbeachtlichkeits- bzw. Heilungstatbestände des § 155 b I Nr. 5 bis 8 BBauG eingreift 1343 . Dabei bindet die Pflicht zur Entwicklung die Gemeinde an die Grundkonzeption des Flächennutzungsplans, beläßt ihr aber die Freiheit zur schöpferischen Ausgestaltung und Fortentwicklung im Detail 135 . Der Bebauungsplan 136 unterliegt dem Gebot konkret individueller planerischer Festsetzungen 137 . Er setzt in hinreichend bestimmter Weise 138 das Bau131

Dazu s. näher BVerwGE 48, 70 (73 - 7 5 ) ; 56, 283 (285f.); BVerwG BauR 1979, 206 ff., hierzu Bespr. von Menger, VerwArch. 71 (1980), S. 87 ff. 132 Beispiele dafür: BVerwG DVB1. 1969, 276; OVG Münster BRS 25, 14ff. (15); VGH Mannheim BRS 25, 17ff. (17 - 18) und 53ff. (55 - 56), sämtlich zur früheren Fassung des § 8 BBauG, nach der die vorzeitige Aufstellung des Bebauungsplans nur bei „zwingenden" Gründen zulässig war. Auch wenn die jetzige Formulierung „dringende Gründe" etwas geringere Anforderungen stellt - vgl. OVG Saarlouis. BauR 1980, 441 f. (442); Schlichter/Stich / Tittel, a. a. O. § 8 Rdnr. 6 - kommt der Änderung sachlich kein allzu großes Gewicht zu, so daß die ältere Rspr. weitgehend übernommen werden kann, s. Bröll, BayVBl. 1979, 550 ff. (551). 133 Für Berlin gilt die Sonderregelung in § 188 II a BBauG. 134 BVerwGE 48, 70 ( 7 2 - 7 3 ) ; BVerwG DVB1. 1977, 194ff. (196); VGH Mannheim BRS 27, lf. (1); nunmehr st. Rspr. Nichtigkeit des Flächennutzungsplans führt unter diesen Umständen zwangsläufig zur Nichtigkeit des daraus abgeleiteten Bebauungsplans, VGH Kassel BRS 27, 290 ff. (293). 134a Hierzu näher Geizer, Bauplanungsrecht, Rdnr. 448eff.; Geirrter, BauR 1980, 208ff.; im übrigen OVG Lüneburg BauR 1980, 439ff. (440 - 441), betr. § 155 b I Nr. 5, 6, 8 BBauG; OVG Saarlouis BauR 1980, 44ff. (45) u. BauR 1980, 441 f. (442), betr. § 155 b l Nr. 5 BBauG. 135 Eingehend dazu BVerwGE 48, 70 (74); vgl. auch VGH Mannheim BRS 27, lf. (1) und 3 f. (3). 136 Jeweils nur ein einziger Plan für das betroffene Gebiet, der eine rechtliche Einheit bildet, allerdings auch in mehreren Planungsschritten zustande kommen kann; BVerwGE 50, 114 (117 - 119); VGH Kassel BRS 28, 4ff. (5 - 8). 137 BVerwGE 50, 114 (119 - 121); BVerwG DVB1. 1977, 194ff.(196). 138 Zum Bestimmtheitsgebot s. BVerwGE 42, 5 (6 - 8); VGH Mannheim BRS 25, lOff. (11 - 12) und NJW 1978, 2166f.

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land nebst Art und M a ß der baulichen Nutzung mit einer Reihe von Einzelgesichtpunkten ( § 9 1 Nr. 1 — 9 BBauG) fest, ferner die von Bebauung freizuhaltenden Grundstücke, die Versorgungs- und Verkehrsflächen 1 3 9 , die Grünflächen, die Flächen für Land- und Forstwirtschaft, die Flächen für Gemeinschaftsanlagen usw. ( § 9 1 Nr. 10 — 26 BBauG). Die Art der baulichen Nutzung ist nach den in § 1 II BaunutzVO vorgesehenen Baugebieten (z. B. Kleinsiedlungsgebiete, reine Wohngebiete, Mischgebiete, Gewerbegebiete, Industriegebiete) zu klassifizieren, wobei sich die in den verschiedenen Baugebieten zulässigen Nutzungsformen im einzelnen aus §§ 2 — 15 BaunutzVO ergeben 140 . Das Maß der Nutzung wird nach Zahl der Vollgeschosse, Grundflächenzahl, Geschoßflächenzahl sowie (in Industriegebieten) Baumassenzahl bestimmt, wobei die in § 17 I BaunutzVO geregelten Obergrenzen einzuhalten sind 141 . Unzulässig sind rein negative Planungen, die nicht selbst gestalten, sondern lediglich die Entwicklung freigeben 1 4 2 , sowie Festsetzungen (etwa f ü r Land- und Forstwirtschaft), mit denen in Wahrheit eine Bausperre bezweckt wird 143 . bb) Aufstellung: Der Bebauungsplan wird von der Gemeinde in der Rechtsform einer Satzung beschlossen 144 . Zuständigkeit und Verfahren richten sich im einzelnen nach dem jeweiligen Landesrecht 145 . Grundsätzlich ist eine Bürgerbeteiligung (Anhörungsverfahren) 1 4 6 erforderlich (§ 2 a BBauG). Nach vorgängiger Bekanntmachung 1 4 6 3 der Auslegung ist der Planentwurf während der Dienststunden 1 4 6 b öffentlich auszulegen (§ 2 a VI BBauG), um den Betroffenen rechtzeitig die Möglichkeit zu Einwendungen zu eröffnen. Dem vom Gemeinderat beschlossenen Plan m u ß eine Begründung beigefügt werden (§ 9 VIII BBauG) 147 , die ihn nach seinem konkreten Inhalt zu rechtfertigen 139

Zur Zulässigkeit einer isolierten Planung von Verkehrsflächen (Fernstraßen) durch Bebauungsplan anstelle einer straßenrechtlichen Planfeststellung s. BVerwGE 38, 152 (155 - 158), mit krit. Anm. von Blümel, DVB1. 1972, 122 ff. 140 Zur Novellierung der BaunutzVO s. Neuhausen, NJW 1978, 191 ff. — Zur Ausweisung von sog. Sondergebieten (§ 11 BaunutzVO) s. BVerwGE 56, 283 (286 - 287). 141 Im einzelnen s. dazu Geizer, Bauplanungsrecht, Rdnr. 514 — 760 und die Kommentare zur BaunutzVO. 142 VGH Mannheim BauR 1975, 42 ff. (42 - 43). 143 BVerwGE 40, 258 (262 - 263); vgl. auch BVerwG BauR 1975, 253ff. (255). 144 § 10 BBauG. 145 BVerwG DVB1. 1971,757. 146 Zur Problematik der Bürgerbeteiligung vgl. etwa Blümel, Masseneinwendungen im Verwaltungsverfahren, in: Fs. f. W. Weber, 1974, S. 539ff.; ders., Demokratisierung der Planung oder rechtsstaatliche Planung?, in: Fs. f. E. Forsthoff, 1972, S. 9ff. 146a Zu den Anforderungen an die Bekanntmachung, bei deren Verletzung Nichtigkeit des Plans eintritt, s. BVerwGE 55, 369 (373 ff.). 146b Hierzu BVerwG BauR 1980, 437ff. ( 4 3 8 - 4 3 9 ) ; OVG Münster BauR 1978, 285f. (286). 147 Zum notwendigen Inhalt s. BVerwG DVB1. 1971, 759 ff. (762); BVerwG DÖV 1974, 200; VGH München BRS 28, 57ff. (58 - 59) = BayVBl. 1974, 530ff.; OVG Saarlouis BRS 25, 50 f. (51); OVG Berlin NJW 1980, 1121 ff. (1122).

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hat. Entgegen der bisherigen Rechtslage148 führt eine Unvollständigkeit der Begründung nach § 155 b I Nr. 3 BBauG jedoch nicht mehr zur Nichtigkeit des Plans1483. Der Bebauungsplan bedarf, ebenso wie der Flächennutzungsplan (s. oben unter 3 b, bb), der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde (§ 11 BBauG). Die zuständige Behörde übt dabei lediglich eine Rechtskontrolle aus. Sie kann die Genehmigung nur aus Rechtsgründen versagen (mit Verpflichtungsklage verfolgbarer Rechtsanspruch der Gemeinde auf ihre Erteilung149) oder sie mit der Auflage verbinden, daß der Plan durch Festsetzungen zur Sicherung der Infrastruktur nach § 9a BBauG ergänzt wird150. Sie kann den Plan aber nicht inhaltlich abändern; dazu bedarf es vielmehr eines erneuten Beschlusses der Gemeinde151. Die Gemeinde hat den genehmigten Bebauungsplan zusammen mit der Genehmigungsverfügung 152 öffentlich auszulegen und Ort und Zeit der Auslegung in der ortsüblichen Weise bekanntzumachen 153 . Die Auslegung wirkt — wenn sie den Bürgern ordnungsgemäß bekanntgemacht worden ist154 — als Ersatzverkündung155. cc) Form- und Verfahrensfehler: Die Rechtsfolgen von Form- und Verfahrensfehlern bei der Aufstellung eines Bebauungsplans1552 werden in §§ 155 a — 155 c BBauG155b geregelt, die den eigentlichen Kernpunkt der sog. Beschleunigungsnovelle zum BBauG von 1979155c bilden. Die Vorschriften zielen darauf ab, die Rechtsbeständigkeit eines Bebauungsplans trotz erfolgter Normverstöße durch Heilungsmöglichkeiten (vgl. § 155 a BBauG155d mit den beiden Heilungstatbeständen: Ablauf der Rügefrist und rückwirkende Fehler-

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Dazu BVerwGE 45, 309 (330 - 31) sowie bereits BVerwG BRS 24, 24ff. (31); VGH München BayVBl. 1971, 230; OVG Saarlouis BRS 25, 50ff. (51); BGHZ 67, 320 (gegen BGHZ 49, 317). 148a Vgl. OVG Lüneburg DVB1. 1981, 411 f.; eingehend Lemmel, DVB1. 1981, 318ff. 149 Vgl. z. B. BVerwG DVB1. 1977, 531. 150 Zu Genehmigungsauflagen s. Rosenbach, DÖV 1977, 426ff. 151 VGH Kassel BRS 25, 64ff. (65) mit Nachweisen. 152 Vgl. VGH München BRS 25, 67 ff. (68) mit Nachweisen. 153 Dazu näher BVerwGE 44, 244 ( 2 4 8 - 2 5 0 ) , gegen VGH Kassel BRS 17, 32, mit Anm. Schroedter, DVB1. 1968, 591 ; vgl. auch Penski, DVB1. 1970, 44ff. 154 Vgl. dazu BVerwGE 17, 192 (197 - 198); 55, 369 (373ff.). 155 BVerwG NJW 1957, 1083 ff. (1083 - 1084). 155a Zu den möglichen Fehlerquellen s. Schäfer, NJW 1978, 1292ff.; Geizer, Bauplanungsrecht, Rdn. 437 ff. 155b Die Vorschriften gelten außer für Bebauungspläne auch für Flächennutzungspläne und für die aufgrund des Städtebauförderungsgesetzes erlassenen Satzungen (vgl. § 86 StBFG). 1550 Vom 6. Juli 1979, BGBl. I, S.949; s. Überblick von Bröll, BayVBl. 1979, 550; Gubelt, NJW 1979, 2071 ff.; Söfker, ZRP 1979, 92ff. 155d Vgl. dazu Boecker, BauR 1979, 361 ff.; Pagenkopf, BauR 1979, lff. (5ff.); ferner (zur früheren Fassung des § 155 a) Schäfer, NJW 1978, 1292 ff.

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korrektur durch die Gemeinde 155e ) und durch Einschränkung des gerichtlichen Kontrollbereichs im Wege einer normativen Unbedenklichkeitserklärung für bestimmt geartete Rechtsmängel (vgl. § 155 b BBauG155f- l55g ) zu sichern 155h . Die bisherige Rspr. kann und muß ggf. zwecks verfassungskonformer Auslegung der kontrollhindernden Vorschriften herangezogen werden. So wird man die gesetzliche Anordnung der Unbeachtlichkeit einer unvollständigen Planbegründung (§ 155 b I Nr. 3 BBauG) unter Zugrundelegung der zum alten Recht ergangenen Rspr.155' dahingehend verfassungskonform interpretieren müssen, daß jedenfalls eine in Kernpunkten15511 unzureichende Begründung wie eine gänzlich fehlende Begründung 1551 betrachtet wird und zur Nichtigkeit des Plans führt 155m . dd) Außerkrafttreten: Die Geltung des Bebauungsplans ist zeitlich nicht befristet. Er tritt außer Kraft durch förmliche Aufhebung, die im gleichen Verfahren wie die Planaufstellung erfolgt (§ 2 VI BBauG). Kommunale Gebietsänderungen berühren seinen Bestand nur unter bestimmten Voraussetzungen 156 . In Ausnahmefällen kann die Geltung des Bebauungsplans enden durch Bildung von entgegenstehendem Gewohnheitsrecht 157 und durch Funktionsverlust infolge einer grundlegenden und dauerhaften Änderung der tatsächlichen Verhältnisse 158 . 155e

Zu den formellen und materiellen Voraussetzungen einer rückwirkenden Inkraftsetzung nach § 155 a V BBauG s. OVG Lüneburg DVB1. 1980, 241 ff. (242). 155f Vgl. Überblick bei Boecker, BauR 1979, 361 ff. (367ff.); Söfker, ZfBR 1979, 191 ff. — Verfassungsrechtliche Zweifel (u. a. hinsichtlich Art. 19 IV GG) äußern insbes. Gubelt, NJW 1979, 2071 ff. (2075); Schlichter / Stich / Tittel, a . a . O . § 155 b u. c Rdn. 2 — 3; Geizer, Bauplanungsrecht, Rdnr. 434; sehr kritisch Grave, BauR 1980, 199 ff. (205 - 208). 155g Anders als nach § 155 a können nach § 155 b BBauG auch materiellrechtlich bedeutsame Normverstöße geheilt werden. 155h Hinsichtlich der Überleitungsprobleme bei Altplänen (vgl. § 183 f. BBauG) s. OVG Saarlouis BauR 1980, 441 f. (442); OVG Lüneburg DVB1. 1981, 413f. 155i S. BVerwGE 45, 309 ( 3 3 0 - 3 3 1 ) ; BVerwG BRS 24, 24ff. (31); VGH München BayVBl. 1971, 230; OVG Berlin NJW 1980, 1121 ff. (1122). l55k S. Geizer, Bauplanungsrecht, Rdn. 448 g, h; Boecker, BauR 1979, 361 ff. (367). 1551 Hierzu etwa OLG Düsseldorf BauR 1980, 143 (145). I55m ln diesem Sinne auch Gubelt, NJW 1979, 2071 ff. (2075); Grave, BauR 1980, 199ff. (203 - 204); Schlichter / Stich / Tittel, a. a. O. § 155 b u. c Rdnr. 7; wohl auch OLG Düsseldorf BauR 1980, 143 (145 unter 0- - Demgegenüber soll nach OVG Lüneburg DVB1. 1981, 411 f. eine Unbeachtlichkeit nach § 155 b I Nr. 3 BBauG nur dann ausgeschlossen sein, wenn die „Begründung" sich in reinen Leerformeln erschöpft; s. a. Lemmel, DVB1. 1981, 318 ff. (321 - 322). 156 Näher dazu BVerwG DVB1. 1977, 41 ff. (42 - 43). 157 BVerwGE 26, 282 (284 - 285). - Die Entstehung eines Bebauungsplans durch Gewohnheitsrecht ist demgegenüber ausgeschlossen; s. BVerwGE 55, 369 (377 — 378), BVerwG DVB1. 1980, 230ff. (232). 158 BVerwGE 54, 5 (8ff.); dazu Gronemeyer, DVB1. 1977, 756ff.; vgl. auch OVG Münster BRS 29, 41 f.; OVG Berlin BauR 1980, 239f.

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ee) Rechtliche Wirkung: Der Bebauungsplan begründet eine rechtliche Ordnung des Raums im Hinblick auf einen vorgestellten städtebaulichen Zustand. Seine Festsetzungen geben der städtebaulichen Ordnung in der Gemeinde einen rechtlichen Rahmen und setzen ihr rechtliche Grenzen. Sie bilden außerdem die Grundlage für weitere, zum Vollzug des BBauG noch erforderliche Maßnahmen der Gemeinde ( § 8 1 2 BBauG)159. Dabei wirken sie nicht nur in positiver Richtung, indem sie bestimmte Nutzungsformen zulassen, sondern in gewissem Umfang auch in negativer Richtung, indem sie Nutzungsformen ausschließen, die entweder die Verwirklichung des Plans verhindern bzw. wesentlich erschweren würden oder in schwerwiegendem Widerspruch zu dem ausgewiesenen Gebietscharakter stehen160. Nach ihrer traditionellen Konzeption sind die Bebauungspläne „weniger auf Durchführung ihrer Festsetzungen als auf den Ausschluß planwidriger Nutzungen angelegt"161. Sie begründen keine Pflicht der Grundstückseigentümer zur Verwirklichung der festgesetzten Nutzung 162 (etwa zur Bebauung eines als Bauland ausgewiesenen Grundstücks) und gewähren erst recht interessierten Dritten keinen Planvollzugsanspruch163. Die Verwirklichung des planerisch festgesetzten Zustands hängt vielmehr davon ab, ob und inwieweit sich die Eigentümer freiwillig zu einer baulichen Nutzung ihrer Grundstücke entschließen oder die zuständige Behörde gewisse aufgrund des Bebauungsplans zulässige Maßnahmen (z. B. Enteignungen) trifft 164 . Der Bebauungsplan nach dem BBauG erweist sich damit im Ausgangspunkt als (bloße) sog. Auffangplanung. Bei der Ausschlußwirkung gegenüber nicht plankonformen Nutzungsarten165 ist eine differenzierende Betrachtung geboten. Grundsätzlich kann die bisherige Nutzung trotz Inkrafttretens des Plans fortgesetzt werden (Ein vorhandenes Gebäude darf weiterhin bewohnt werden, auch wenn das betreffende Grundstück als öffentliche Grünfläche oder als Verkehrsfläche ausgewiesen ist). Auch Nutzungsänderungen bleiben an sich möglich, soweit sie keiner bauaufsichtlichen Genehmigung oder Zustimmung i. S. von § 29 BBauG bedürfen. Jedoch muß dabei eine Störungsgrenze beachtet werden, die sich nach dem Gebietscharakter des jeweiligen Plangebiets bestimmt166. Die zum 1. Januar 1977 in Kraft getretene Novellierung des BBauG hat diese traditionellen Rechtswirkungen des Bebauungsplans bestehen gelassen; sie hat aber darüber hinaus den Gemeinden die Möglichkeit eröffnet, unter 159 160 161

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Vgl. VGH Mannheim BRS 25, 1 ff. (1 - 2). Dazu s. insbes. BVerwGE 42, 30 (33, 35 - 39); BVerwG DVB1. 1979, 149ff. (150). BVerwG DVB1. 1972, 119 ff. (122) - insoweit in BVerwGE 38, 152 nicht abgedruckt. BVerwGE 42, 30 (34). VGH Mannheim BRS 25, 1 ff. (1). Vgl. BVerwG DVB1. 1972, 119 ff. (122). Grundlegend dazu BVerwGE 25, 243. Näher dazu BVerwGE 42, 30 (35 - 39).

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bestimmten Voraussetzungen (§39a BBauG) eine Reihe von Planverwirklichungsgeboten167 auszusprechen, mit deren Hilfe Grundstückseigentümer positiv zur Verwirklichung der im Plan festgesetzten Nutzungsformen angehalten werden können 168 . Die Regelung knüpft an §§ 19 — 21 StBFG an und entwickelt die dort für Sanierungsgebiete eingeführten Gebotsmöglichkeiten zu einem allgemein geltenden Institut weiter 169 . Im einzelnen sind vorgesehen ein Bebauungsgebot (§ 39b I BBauG) 169a , ein Nutzungsgebot (§ 39c BBauG), ein Pflanzgebot (§ 39b VIII BBauG), ein Abbruchgebot (§ 39d BBauG), ein Modernisierungs- und Instandsetzungsgebot (§ 39 e BBauG) sowie die Begründung einer Pflicht zur Erhaltung von baulichen Anlagen (§ 39 h BBauG). Die Anordnung von Geboten nach § 39 b bis § 39 e BBauG setzt jeweils voraus, daß die alsbaldige Durchführung der Maßnahme aus städtebaulichen Gründen erforderlich ist (§ 39 a II BBauG). Eine Reihe von Regelungen sollen, namentlich aus Gründen der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie, Vorsorge dafür treffen, daß dem Eigentümer aus der Durchführung der Gebote keine unzumutbaren Belastungen erwachsen (Anspruch auf Übernahme des Grundstücks durch die Gemeinde: §§ 39b II, 39c III BBauG; Anspruch auf Entschädigung: § 39d III 1 BBauG; Anspruch auf Erstattung von anderweit nicht gedeckten Aufwendungen: § 39e IV BBauG i. V. m. §43 I — III StBFG). Der eigentümliche Regelungsgehalt des Bebauungsplans bereitet bei der Bestimmung seiner Rechtsnatur, d. h. bei seiner Einordnung in das System der verwaltungsrechtlichen Rechtsformen, erhebliche Schwierigkeiten 170 . Es wurden hier ursprünglich mehrere Auffassungen vertreten. Teilweise hat man ihn als Verwaltungsakt*11, teilweise als Rechtsnorm172 qualifiziert; andere haben ihn schlicht als ein unter keine dieser beiden Kategorien fallendes aliudm bezeichnet. Die heute nahezu einhellige Meinung geht von einem Rechtsnormcharakter des Bebauungsplans aus 174 . Dem entspricht die in § 10 BBauG angeordnete Verabschiedung des Bebauungsplans als Satzung im formellen Sinn (die freilich die Frage der materiellen Qualifizierung nicht abschließend entschei167

Dazu Neuhausen, NJW 1977, 784ff.; Schmidt-Aßmann, Stadtbauwelt 1974, 13ff. Zu den Grenzen derartiger Gebotsnormen vgl. Friauf, D W W 1976, 144 ff. 169 Vgl. Bielenberg / Dyong.a. a. O., Rdnr. 164. I69a Näher dazu Lücke, Das Baugebot — ein wirksames Instrument des Bodenrechts?, 1980; Weyreuther, BauR 1974, 7ff. 170 Vgl. dazu näher die Referate von Imboden und Obermayer. Der Plan als verwaltungsrechtliches Institut, VVDStRL 18 (1960), S. 113 ff. 171 Z. B. VGH Stuttgart DÖV 1954, 663 ff. (664) = ESVGH 4, 64 (65 - 66). 172 So schon das preuß. OVG; z. B. OVG 25, 387ff. (390). 173 Forsthoff, DVB1. 1957, 113 ff. (115). 174 BVerwGE 26, 282 (283); Breuer, Die hoheitliche raumgestaltende Planung, 1968, S. 65; Brohm, Rechtsschutz im Bauplanungsrecht, 1960, S. 43ff.; Götz, Bauleitplanung und Eigentum, 1969, S. 19 ff.; Schrödter, a. a. O., § 8 Rdn. 1; weitere Nachweise bei Schmidt-Aßmann, a. a. O. S. 63 — 64 (Fußn. 2, 3). 168

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den kann) und die seit 1977 bundesrechtlich eingeführte verwaltungsgerichtliche Normenkontrolle gegenüber Bebauungsplänen 1 7 5 . Mit der obligatorischen Einführung der Normenkontrolle hat das Qualifizierungsproblem an praktischer Bedeutung verloren, so daß es hier nicht weiter vertieft zu werden braucht 1 7 6 . Auch wenn der h. M. vom Normcharakter des Bebauungsplans gefolgt werden soll, so bleibt doch festzuhalten, daß er sich als ausgesprochen untypische Rechtsnorm erweist. Anders als die typische N o r m trifft er seine Regelung nicht abstrakt-generell, sondern „konkret-individuell und damit sozusagen im Angesicht der konkreten Sachlage" 177 . Er bündelt allenfalls Einzelentscheidungen, die sich jeweils konkret auf einzelne Grundstücke beziehen 178 . Damit steht er sachlich einem Verwaltungsakt i. S. von § 35 VwVfG recht nahe. Der Bebauungsplan enthält, im Gegensatz zum Flächennutzungsplan, nach der ausdrücklichen Anordnung des Gesetzgebers „rechtsverbindliche Festsetzungen"119. Seine Verbindlichkeit wirkt sowohl innerhalb der Behördenhierarchie als auch unmittelbar gegenüber dem einzelnen Bürger. Dabei handelt es sich, entsprechend dem ihm vom BBauG beigelegten „Charakter als allgemeinverbindlicher Rechtssatz", um eine rechtssatzmäßige Bindung1*0. Der Plan ist damit normativer Maßstab für die Rechtmäßigkeit aller hoheitlichen Maßnahmen, die zwar nicht in Anwendung unmittelbar baurechtlicher Vorschriften ergehen, aber auf die durch ihn rechtsverbindlich festgesetzte städtebauliche Ordnung Einfluß nehmen oder auf ihr beruhen 1 8 1 . Der Bebauungsplan ist von allen Behörden im Rahmen ihrer Zuständigkeit zu beachten. Erteilt die Bauaufsichtsbehörde eine Baugenehmigung, bei der die planerischen Festsetzungen nicht beachtet sind, oder holt sie das gesetzlich vorgesehene Einvernehmen der Gemeinde (vgl. §§ 31 I, II 1, 36 I 1 BBauG) nicht ein, d a n n steht der Gemeinde ein Anfechtungsrecht zu 182 . Für den einzelnen Bürger wirkt sich der Bebauungsplan vor allem dadurch aus, daß ein Bauvorhaben in seinem Geltungsbereich (nur) zulässig ist, wenn es seinen Festsetzungen nicht widerspricht und wenn die Erschließung des Baugrundstücks gesichert ist. Diese Vorschrift beinhaltet nicht nur eine verfahrensmäßige Bindung der Behörden, die über die Erteilung der Bauerlaub175 176 177

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§ 47 I Nr. 1 VwGO n. F. (dazu unten Abschnitt ff). Näher dazu die 4. Aufl. dieses Beitrags, S. 462 - 463. BVerwGE 50, 114 (119); 40, 268 (272); vgl. auch Korbmacher, D Ö V 1978, 589ff. (591). Stelkens / Pagenkopf, DVB1. 1977, 668 ff. (669). § 8 I 1 BBauG. Dazu näher Götz, a. a. O., S. 21 - 38. BVerwG DVB1. 1975, 492ff. (493) - insoweit in BVerwGE 47, 144 nicht abgedruckt; vgl. auch BVerwGE 25, 243 (250). BVerwG DVB1. 1975, 492ff. (493); vgl. auch OVG Münster BRS 28, 215ff. (218); OVG Saarlouis DÖV 1977, 336 Nr. 46 = BRS 30 Nr. 14. BVerwGE 22, 342 (347); BVerwG DVB1. 1966, 181 f.; OVG Lüneburg DVB1. 1966, 185 f.

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nis zu entscheiden haben. Sie regelt vielmehr zugleich die materiell-rechtliche Stellung des einzelnen Baulustigen. Der Bebauungsplan wirkt vermittels § 30 BBauG unmittelbar gestaltend auf die rechtliche Bebaubarkeit der betroffenen Grundstücke ein 183 . Deshalb wäre die Errichtung eines von ihm abweichenden Bauwerks materiell baurechtswidrig. § 30 BBauG betrifft allerdings nur die sog. qualifizierten Bebauungspläne, die ein Mindestmaß an bestimmten Festsetzungen enthalten. Daneben ist aber auch der nichtqualifizierte Bebauungsplan, der nicht den Mindestinhalt des § 30 BBauG aufweist, rechtsverbindlich gemäß § 8 I BBauG. Er ist ebenfalls im Baugenehmigungsverfahren zu beachten 184 . Bedeutung erlangt er u. a. bei der Frage, ob ein Bauvorhaben im nicht qualifiziert beplanten Innenbereich unbedenklich ist (§ 34 BBauG) 185 oder ob einem Vorhaben im Außenbereich öffentliche Belange i. S. von § 35 BBauG entgegenstehen 186 . f f ) Rechtsbehelfe gegen den Bebauungsplan: In den Ländern, die die verwaltungsgerichtliche Normenkontrolle nach § 47 VwGO nicht eingeführt hatten, bereitete die Frage eines Rechtsschutzes gegen Ausweisungen des Bebauungsplans früher erhebliche Probleme. Nach h. M. waren die betroffenen Eigentümer auf eine Inzidentkontrolle im Rahmen eines konkreten Verfahrens auf Erteilung einer Bauerlaubnis oder eines Vorbescheids beschränkt 187 . Seit dem 1. Januar 1977 unterliegen dagegen nach § 47 I Nr. 1 VwGO 188 bundeseinheitlich die auf der Grundlage des BBauG und des StBFG erlassenen Satzungen, somit auch die Bebauungspläne, der verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle 189 . Zuständig für das Verfahren ist das OVG, das in bestimmten Fällen dem BVerwG vorlegen 190 kann (§ 47 I, V VwGO). Im Normenkontrollverfahren kann die Vereinbarkeit des Bebauungsplans sowohl mit Landesrecht als auch mit Bundesrecht geprüft werden 191 . Als bundesrechtliche Prüfungsmaßstäbe kommen in erster Linie die Vorschriften des BBauG 192 , daneben aber auch alle anderen bundesrechtlichen Rechtsnormen 183 184 185

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VGH Stuttgart ESVGH 6, 200ff. (206). BVerwGE 25, 2 4 3 ( 2 5 0 - 2 5 1 ) . BVerwGE 19, 164 (166 - 167). - Seit der Novelle von 1976 kommt dies unmittelbar im Wortlaut des § 34 I BBauG zum Ausdruck. OVG Münster BauR 1970, 223 f. Zum damaligen Streitstand s. die 4. Aufl. dieses Beitrags, S. 464 — 466; ferner Brohm, Rechtsschutz im Bauplanungsrecht, 1960; Oldiges, WiR 1974, 277ff., beide mit eingehenden Nachweisen. i. d. F. des G vom 24. 8. 1976, BGBl. I S. 2437. Näher dazu Rasch, BauR 1977, 148ff.; Birk, BayVBl. 1976, 744ff.; ferner MeyerLadewig, BBauBl. 1977, 215ff.; Kopp, NJW 1976, 1961 ff. (1963 - 1964). - Zu den Konsequenzen der Regelung für den Nachbarschutz s. Roth, DVB1. 1979, 179 ff. Näher Zuck, DVB1. 1978, 166ff. Ganz überwiegende Meinung in Rspr. und Schrifttum. Vgl. Ule, VerwaltungsprozeßR, 6. Aufl. 1975, S. 127 mit weit. Nachw. So auch VGH München, BayVBl. 1971, U l f . ; OVG Lüneburg NJW 1969, 2219f. (2220); a. A.: OVG Bremen NJW 1970, 877.

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einschließlich der Grundrechte 193 und sonstiger Verfassungsbestimmungen in Betracht. Antragsberechtigt194 ist jede natürliche oder juristische Person, die durch den Bebauungsplan bzw. seine Anwendung einen Nachteil erlitten oder zu erwarten hat, die also negativ in einem Interesse betroffen wird bzw. werden kann, das bei der Planaufstellung als abwägungserheblich berücksichtigt werden mußte1943. Antragsberechtigt ist außerdem jede Behörde (§ 47 II 1 VwGO), namentlich auch die Baugenehmigungsbehörde194b. In diesem Rahmen kann auch eine Gemeinde den von einer Nachbargemeinde beschlossenen Bebauungsplan angreifen195. Bis zur Entscheidung des OVG kann die Durchführung des Bebauungsplans durch eine einstweilige Anordnung gemäß § 47 VII VwGO blockiert werden196. Ein vorbeugender Rechtsschutz durch Unterlassungsklage gegen den Erlaß eines erst beabsichtigten Bebauungsplans ist an sich prozessual zulässig. Im Regelfall wird es allerdings an einem entsprechenden materiell-rechtlichen Unterlassungsanspruch fehlen197. d) Die förmlichen Festlegungen nach dem Städtebauförderungsgesetz: Die im StBFG vorgesehenen Pläne legen jeweils ein Gebiet fest, in dem besondere städtebauliche Gründe den Einsatz der besonderen Maßnahmen nach dem StBFG erfordern. Das Gesetz unterscheidet zwischen Sanierungs- (§ 1 II StBFG) und Entwicklungsmaßnahmen (§ 1 III StBFG) sowie dementsprechend zwischen Sanierungsgebieten (§§ 3 ff. StBFG) und Entwicklungsbereichen (§§ 53 ff. StBFG). Sanierungsmaßnahmen dienen zur Behebung von städtebaulichen Mißständen, namentlich durch Beseitigung von baulichen Anlagen und Neubebauung oder durch Modernisierung des vorhandenen Baubestandes. Durch Entwicklungsmaßnahmen sollen neue Orte bzw. Ortsteile geschaffen oder vorhandene Orte zu neuen Siedlungseinheiten entwickelt werden. Im Zusammenhang mit Sanierungsgebieten können, soweit das zur Durchführung der 193

§ 471 VwGO n. F. hat den in § 47 S. 1 VwGO a. F. enthaltenen Vorbehalt zugunsten der Verfassungsgerichtsbarkeit nicht übernommen; Rasch, BauR 1977, 148ff. (150). Damit sind die hieran anknüpfenden Rechtsfragen, namentlich der Streit zwischen der sog. konkreten und der sog. abstrakten Betrachtungsweise (vgl. dazu Bachof, NJW 1968, 1065 ff.) obsolet geworden. 194 Zu den Voraussetzungen der Antragsberechtigung grundlegend BVerwGE 59, 87 (94ff.); dazu Bettermann, DVB1. 1980, 237ff.; Skouris, DVB1. 1980, 315ff.; ferner OVG Lüneburg DVB1. 1978, 176ff.; OVG Münster DÖV 1978, 144ff.; OVG Saarlouis, DÖV 1978, 215ff.; OVG Koblenz BauR 1980, 444ff. (445). - Zu dem weiterhin erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis s. OVG Berlin BauR 1980, 536 ff. (537 ff.). 194a BVerwGE 59, 87 (94). 194b OVG Münster DVB1. 1979, 193 f.; s. auch OVG Bremen DVB1. 1980, 369. 195 VGH Mannheim, NJW 1977, 1465 = BRS 30 Nr. 24. 196 Vgl. VGH Mannheim, NJW 1977, 1212f; Schenke, DVB1. 1979, 169ff. 197 Dazu BVerwGE 54, 211 (214ff., 217 - 218); vgl. auch BVerwGE 40, 323 (325ff.).

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Maßnahmen erforderlich ist, Ersatz- und Ergänzungsgebiete festgelegt werden (§ 11 StBFG). Soweit ein städtebaulicher Entwicklungsbereich Gebiete einschließt, die bereits im Zusammenhang bebaut sind, können diese als sog. Anpassungsgebiete festgelegt werden (§ 62 StBFG). Die Zuständigkeit für die förmliche Festlegung eines städtebaulichen Entwicklungsbereichs liegt, da hier überörtliche Gesichtspunkte im Vordergrund stehen und vielfach mehrere Gemeinden beteiligt sein werden, bei der Landesregierung (§ 53 I StBFG). Sanierungsgebiete, Ersatz- und Ergänzungsgebiete sowie Anpassungsgebiete sind dagegen von den Gemeinden festzulegen (§§ 3 I, 11 I, 62 StBFG) 1973 . Sämtliche Gebietsfestlegungen nach dem StBFG ergehen im Verfahren der Normsetzung, bei den in die gemeindliche Zuständigkeit fallenden Maßnahmen durch Satzung (§§ 5 I, 11 I 2, 62 S. 3 StBFG), bei der Festlegung des städtebaulichen Entwicklungsbereichs durch Rechtsverordnung (§ 53 I StBFG) 198 . Die Festlegungen sind auch inhaltlich als Rechtsnormen zu qualifizieren199. Sie überführen die betroffenen Flächen aus dem Regime der (allgemeinen) Regelungen des BBauG in die (besondere) Rechtslage, die das StBFG für die einzelnen Gebietsarten anordnet 200 . An die förmliche Festlegung knüpft sich eine Reihe von unmittelbaren Rechtswirkungen. Insbesondere schafft sie die Grundlage für die Anwendung der §§ 17 ff. StBFG (Vorkaufs- und Grunderwerbsrecht der Gemeinden, besondere Enteignungs- und Entschädigungsregeln). Ferner tritt die Pflicht der Gemeinden zum Erlaß von qualifizierten Bebauungsplänen nach §§ 10 I, 54 I 2 StBFG ein. Für den Rechtsschutz gegenüber Gebiets- und Bereichsfestlegung gelten die Ausführungen zum Rechtsschutz gegenüber Bebauungsplänen 201 entsprechend. 4. Die bauplanerische Zulässigkeit von Bauvorhaben Der zentrale Zweck des gesamten Bauplanungsrechts, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke auf der Grundlage von bestimmten Ordnungsprinzipien zu lenken, wird bei der Zulassung der einzelnen Bauvorhaben aktualisiert. Dabei greifen materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Regelungen ineinander, um die plankonforme Durchführung der Baumaßnahmen sicherzustellen. 197a

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Zu den materiellen Voraussetzungen der Maßnahme s. BGH NJW 1980, 2814ff. (2815). Vgl. dazu OVG Lüneburg, NJW 1976, 2281 ff. Dazu s. im einzelnen die Untersuchung von Oldiges, WiR 1974, 277 ff. (281 - 285) mit Nachweisen. Näher dazu W. Bielenberg, StBFG, Einl. B, Rdnr. 76 ff; zur Sanierungssatzung BVerwG DVB1. 1979, 153ff. (154 - 155). Oben unter II 3 c, ff.

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Die Zulässigkeitsvorschriften des Bauplanungsrechts 202 gelten nach § 29 BBauG für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben und die einer bauaufsichtlichen Genehmigung oder Zustimmung bedürfen oder der Bauaufsichtsbehörde angezeigt werden müssen, ferner im wesentlichen auch für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen. Der demnach maßgebliche Begriff der baulichen Artlage ist als bundesrechtlich geprägter Begriff eigenständig gegenüber dem entsprechenden bauordnungsrechtlichen Begriff des Landesrechts; er stimmt mit ihm inhaltlich allerdings weitgehend, wenn auch nicht vollständig, überein 203 . Nach der Rechtsprechung wird er bestimmt durch das empirische Merkmal des Bauens (Schaffen von Anlagen, die in einer auf Dauer gedachten Weise künstlich mit dem Erdboden verbunden sind) und das wertende Merkmal der planungsrechtlichen Relevanz im Hinblick auf die in § 1 VI BBauG genannten Belange 204 . Entsprechend seiner Zwecksetzung wird der Begriff recht weit gefaßt 205 . a) Materiellrechtliche Zulässigkeit: Die materiellrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens beurteilt sich nach §§ 30 — 35 BBauG. Dabei werden drei Fallgruppen unterschieden: Vorhaben im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans (§ 30 BBauG), Vorhaben innerhalb eines nicht beplanten, aber im Zusammenhang bebauten Ortsteils (§ 34 BBauG) und Vorhaben im Außenbereich (§ 35 BBauG). Daneben erkennt die Rechtsprechung aus verfassungsrechtlichen Gründen noch zwei ungeschriebene Zulassungstatbestände an 206 . aa) Im Bereich eines qualifizierten Bebauungsplans: Vorhaben im Bereich eines sog. qualifizierten Bebauungsplans, der mindestens die in § 30 BBauG genannten Festsetzungen enthält, sind zulässig, wenn sie den Festsetzungen nicht widersprechen und die Erschließung 207 gesichert ist208. 202

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Neben ihnen sind im Einzelfall stets die Regeln über die bauordnungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens zu prüfen. Vgl. oben Abschnitt I 3 d und unten Abschnitt 203 III. BVerwGE 39, 154 (156 - 158). Grundlegend BVerwGE 44, 59 (61 - 64); BVerwG DVB1. 1975, 497 f. (498). Vgl. die Beispiele BVerwGE 44, 59: dauerhaft verankertes Hausboot; BVerwG DVB1. 1975, 497f.: hölzerne Podestplatten für Zelte; BVerwG DÖV 1977, 326f.: Tragluftschwimmhalle; BVerwG DÖV 1978, 406ff. (408): lose geschichtete Roste für Kabelabbrennungen; OVG Münster BRS 25, 256f.: befestigter Kfz-Abstellplatz; OVG Koblenz BRS 25, 257ff.: Lagerplatz für Autowracks; OVG Münster BRS 28, llOff.: periodisch aufgestellter Bienenwagen; OVG Münster BauR 1975, 113f.: Freischwimmbecken. Dazu unter dd), ee). Dazu Creutz, Die Erschließung im baurechtlichen Sinne, BauR 1977, 237 ff. - Zur Bedeutung der (vollen) Erschließung für die Bebaubarkeit vgl. BVerwG BauR 1975, 253ff. (255 — 256); zur Frage der gemeindlichen Erschließungspflicht und eines Erschließungsanspruchs des Baulustigen BVerwG DVB1. 1975, 37ff.; OVG Lüneburg BRS 25, 78 ff. (79 - 80). Die Zulässigkeit von Vorhaben im Bereich eines nicht qualifizierten Bebauungs-

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Hat die Gemeinde beschlossen, für ein bestimmtes Gebiet einen qualifizierten Bebauungsplan aufzustellen (erstmals oder in Abänderung eines älteren Bebauungsplans), d a n n sind Vorhaben nach der „Vorgriffsregelung" des § 33 BBauG 209 zulässig, soweit nach dem Stand der Planungsarbeiten anzunehmen ist, daß sie den künftigen planerischen Festsetzungen nicht zuwiderlaufen 2 1 0 . Voraussetzung dafür ist, daß die endgültige Planung sich bereits mit hinreichender Sicherheit abzeichnet („Planreife"). Da das Planaufstellungsverfahren als solches keine Bausperre bewirkt, kann daneben — je nach Sachlage — auch aufgrund von § 30, § 34 oder § 35 BBauG gebaut werden. Stellt sich aufgrund einer (Nachbar-)Anfechtungsklage gegen eine Baugenehmigung heraus, d a ß der zugrunde liegende Bebauungsplan nichtig ist, d a n n m u ß die Rechtmäßigkeit des Vorhabens ebenfalls — je nach Sachlage — a n h a n d von § 34 oder § 35 BBauG beurteilt werden 2 1 1 . bb) In nicht beplanten, im Zusammenhang bebauten Ortsteilen: In Gebieten, f ü r die die Gemeinde noch nicht beschlossen hat, einen qualifizierten Bebauungsplan aufzustellen, oder f ü r die die Aufstellung eines solchen Plans nicht erforderlich erscheint, ist nach § 34 I BBauG innerhalb der im Zusammenhang bebauten 2 1 2 Ortsteile 213 ein Vorhaben zulässig, wenn es den Festsetzungen eines etwa vorhandenen nicht qualifizierten Bebauungsplans nicht widerspricht, wenn es sich nach Art u n d M a ß der baulichen Nutzung, nach Bauweise und zu überbauender Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung unter Berücksichtigung der für die Landschaft charakteristischen Siedlungsstruktur einfügt, wenn ferner die Erschließung gesichert ist u n d sonstige öffentliche Belange 214 nicht entgegenstehen 215 . Nach § 34 III BBauG müssen außerdem die Baugebietskriterien der BaunutzVO, die jeweils auf die nähere Umgebung zutreffen, beachtet werden 2153 . plans bestimmt sich dagegen nach § 34 bzw. § 35 BBauG; vgl. BVerwG DVB1. 1977, 194 ff. (196). 209 Dazu Grundsatzentscheidungen BVerwGE 20, 127 und BVerwG BRS 22, 75 ff. Vgl. auch K. Meyer, DÖV 1964, 376ff.; Geizer, DVB1. 1964, 129ff.; ders., Bauplanungsrecht, Rdn. 902 ff. 210 Näher zu dieser Voraussetzung VGH Mannheim BRS 27, 68 ff. ( 6 9 - 7 0 ) ; VGH Kassel BRS 28, 90 f. 211 BVerwG DVB1. 1971, 746ff. ( 7 4 7 - 7 4 8 ) ; BVerwGE 45, 309 (329); VGH Kassel BRS 25, 64ff. (65). 212 Zur Bestimmung des maßgeblichen Bebauungszusammenhangs s. BVerwGE 31, 20 ( 2 1 - 2 2 ) ; 35, 256 (257); BVerwG BRS 25, 95ff. ( 9 7 - 9 9 ) ; BVerwG DÖV 1972, 827f. (827); BVerwG BRS 27, 128ff. ( 1 3 2 - 133) - insoweit in BVerwGE 44, 250 nicht abgedruckt; BVerwG DVB1. 1975, 509ff. (510); BVerwG NJW 1976, 1855f. 213 Zum Vorliegen eines Ortsteils i. S. von § 34 BBauG s. BVerwG BauR 1973, 294f.; BVerwG BRS 25, 110 ff. (112). 214 Eingehend Weyreuther, BauR 1981, 1 ff.; s. ferner Dolde, NJW 1979, 889ff. (895); Seewald, NJW 1978, 345 ff. 215 Dazu Dohle, NJW 1977, 1372ff., Schmidt-Eichstaedt.SZ 1978, 12ff. 215a S o die h. M. vom Ergänzungsverhältnis der Abs. I und III des § 34 BBauG. Vgl.

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Das Fehlen eines die Bebauung lenkenden Plans i. S. § 30 BBauG wird hier vom Gesetzgeber für unschädlich gehalten, weil insoweit die bereits vorhandene Bebauung Richtung und Grenzen des Zulässigen aufzeigt 216 . Sie wirkt als „Planersatz" 217 . Daraus folgt zwangsläufig, daß eine Zulässigkeit nach § 34 BBauG nur dort in Betracht kommen kann, wo das Baugrundstück durch seine Umgebung tatsächlich in bestimmter Weise geprägt ist218. Im Vergleich zu der früheren Fassung des § 34 BBauG. die eine bloße „Unbedenklichkeit" des Vorhabens nach der vorhandenen Bebauung verlangte und die zudem von der Rechtsprechung recht großzügig ausgelegt wurde 219 , hat die Neufassung die Anforderungen deutlich verschärft 220 . Während es früher genügte, daß das neue Vorhaben die vorhandene Situation nicht oder nur geringfügig verschlechterte und demnach keinen „bodenrechtlich relevanten Widerspruch" hervorrief — so daß der Gebietscharakter schrittweise verändert werden konnte 221 —, wird nunmehr eine stärker positive Entsprechung 222 , eine bejahende Rücksichtnahme auf die Eigenart der näheren Umgebung 223 , gefordert. Das BVerwG hat in seiner grundlegenden Entscheidung zu § 34 BBauG n. F.223a einen hochdifferenzierten Kriterienkatalog entwickelt, anhand dessen das Vorliegen des Merkmals der Einfügung beurteilt werden soll. Er läßt sich auf folgende vereinfachende Formeln bringen 223b : Ein Vorhaben fügt sich ein, wenn es sich innerhalb des sich aus der jeweils beachtlichen Umgebung ableitbaren Rahmens der vorhandenen Bebauung 2230 hält; dabei zielt das Erfordernis des Einfügens weniger auf „Einheitlichkeit" als auf „Harmonie". Trotz Beachtung des maßgebenden Rahmens fügt ein Vorhaben sich alBVerwG NJW 1980, 605f. (605); BVerwG BauR 1980, 446ff. (448); a. A. Geizer, in: Fs. f. Ernst, S. 149 ff. Vgl. insbes. BVerwGE 41, 227 (235); BVerwG BRS 27, 128ff. (133 - 134). 217 BVerwGE 32, 173 (176). 218 Dazu BVerwG BRS 25, 95 ff. (99 - 100). 219 Grundlegend BVerwGE 32, 31 ( 3 2 - 3 3 ) ; s. ferner BVerwGE 32, 173 ( 1 7 6 - 177); 35, 256 (259 - 260); 44, 302 (304 - 306); BVerwG DVB1. 1975, 509 ff. (510). 220 BVerwGE 55, 369 (381); OVG Saarlouis, DÖV 1977, 833f. (834); Schmidt-Eichstaedt, JZ 1978, 12ff. (12); Finkelnburg, NJW 1977, 840ff. (841). 221 Vgl. Sendler, BauR 1970, 74ff. (77). - Im Extremfall konnten die zuerst vorhandenen Bauwerke am Ende zu Fremdkörpern im eigenen Gebiet werden, so daß ihre bauliche Änderung oder Erweiterung an § 34 BBauG scheitert, vgl. VGH Mannheim BRS 27, 79 ff. 222 Dohle, NJW 1977, 1372ff. (1373); Vogel, BauR 1977, 6ff. (6). 223 OVG Saarlouis DÖV 1977, 833 ff. (834). 223a BVerwGE 55, 369 (insbes. 378ff., 381 ff.); fortgeführt in BVerwG BauR 1980, 446ff. (447) u. BauR 1981, 170ff. (171 - 172). Die Instanzgerichte haben sich dieser Rspr. angeschlossen, vgl. etwa OVG Münster BauR 1980, 546ff. (547 - 548). 223b BVerwGE 55, 369 (384 - 387). 223c Zur Ermittlung des relevanten Rahmens im Einzelfall s. BVerwGE 55, 369 ( 3 8 4 385); eingehend Geizer, Bauplanungsrecht, Rdn. 1026, 1032 ff. 216

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lerdings dann nicht ein, wenn es die gebotene Rücksichtnahme 2230 , insbesondere auf die in seiner unmittelbaren Nachbarschaft vorhandene Bebauung, vermissen läßt. Andererseits kann sich ein Vorhaben trotz Überschreitung des vorgegebenen Rahmens im Einzelfall gleichwohl noch in seine Umgebung einfügen, sofern es keine planungsrechtlich bedeutsamen Spannungen schafft bzw. bereits vorhandene Spannungen erhöht. cc) Im Außenbereich: Das BBauG geht davon aus, daß der Außenbereich 224 im Regelfall von Bebauung freizuhalten ist225 und nur für bestimmte Nutzungsarten zur Verfügung steht226. § 35 BBauG unterscheidet zwei Gruppen: die sog. privilegierten Vorhaben, die unter bestimmten Voraussetzungen kraft Gesetzes im Außenbereich zulässig sind (Abs. I Nr. 1 — 5) und die sonstigen Vorhaben, die im Einzelfall zugelassen werden können (Abs. II)227. Privilegiert sind Vorhaben, die einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dienen 228 und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnehmen (§ 35 I Nr. 1 BBauG), die einem ehemaligen Landwirt nach Hofübergabe zu Wohnzwecken dienen (Nr. 2), die einer Landarbeiterstelle dienen (Nr. 3), die dem Fernmeldewesen, der öffentlichen Energie- und Wasserversorgung229 der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb230 dienen (Nr. 4)231oder die aus bestimmten Gründen nur im Außenbereich ausgeführt werden sollen (Nr. 5)232. Sie sind planungsrechtlich in den 223d

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225 226

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Vgl. z. B. OVG Münster BRS 32, 273ff.; weitere Rechtsprechung bei Geizer, a. a. O. Rdn. 1044. Das Gebot der Rücksichtnahme zählt also — anders als im Rahmen des § 35 BBauG — nicht zu den öffentlichen Belangen, sondern ist Kriterium für das „Einfügen"; so auch VGH Mannheim BauR 1980, 47ff. (47); näher Dolde, NJW 1980, 1657 ff. (1661). Zum Außenbereich i. S. von § 35 BBauG gehören alle Flächen, die weder von § 30 noch von § 34 BBauG erfaßt werden; BVerwG BRS 25, 95ff. (97). Zur Abgrenzung von Innen- und Außenbereich vgl. BVerwGE 28, 268 (272); 35, 256 (257) sowie insbes. BVerwG BRS 20, 66f. (67); BVerwG DVB1, 1972, 684f. (684). § 34 II BBauG läßt für Grenz- und Zweifelsfälle die satzungsmäßige Qualifizierung eines Gebiets als Innenbereich zu; s. dazu Geizer, Bauplanungsrecht, Rdnr. 962ff. Vgl. BVerwGE 27, 137 (139); BVerwG DÖV 1974, 566f. (567). Zusammenfassend s. Stich, in: Stadtplanung, Erschließung, Wohnungsbau, 1974, S. 97ff.; Schlez, JZ 1974, 699ff.; Simon, BayVBl. 1974, 601 ff. Eingehender Überblick bei Weyreuther, Bauen im Außenbereich, 1979. Vgl. zur Abgrenzung etwa BVerwG BRS 24, 87f.; BVerwG BRS 25, 137ff.; BVerwG BauR 1975, 104ff.; VGH Mannheim BRS 25, 144f.; VGH München BRS 27, 94 f. Dazu BVerwG DÖV 1977, 328 ff. (330 - 331). Dazu grundsätzlich BVerwGE 50, 346 (349 - 352). Vgl. etwa BVerwG BRS 28, 126ff. (128 - 129); VGH Mannheim BRS 24, 92ff. und 94f.; VGH München BRS 28, 131 ff; zur Zulässigkeit von Großvorhaben (namentlich Kraftwerken) nach § 35 I Nr. 4 BBauG s. Hoppe, NJW 1978, 1229ff.; Weyreuther, a. a. O., S. 284, 390f. Dazu grundlegend BVerwGE 34, 1 (2 - 4); BVerwGE 48, 109 (110 - 116); BVerwG DVB1. 1977, 198ff. (199 - 200). Hier ist ein strenger Maßstab erforderlich. Zur Zu-

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Außenbereich verwiesen, so daß letztlich der Außenbereichscharakter eine „planähnliche Funktion" erfüllt 233 . Dabei muß die Eigenart des jeweils betroffenen Gebiets berücksichtigt werden; auch privilegierte Vorhaben sind nicht unbedingt an jeder beliebigen Stelle zulässig234. Essentiale der Privilegierung ist jeweils eine bestimmte Nutzungsart, also die bauliche Anlage gerade in ihrer privilegierten Funktion 235 . Daraus ergeben sich erhebliche Probleme in den Fällen eines durch die wirtschaftliche Entwicklung erzwungenen Strukturwandels, vor allem im Agrarbereich 236 . Ihnen trägt der durch die Novelle 1976 eingeführte § 35 IV BBauG in begrenztem Rahmen Rechnung, indem er Nutzungsänderungen, die nicht mit einer wesentlichen Änderung 236a der bisher privilegierten baulichen Anlage verbunden sind, von verschiedenen rechtlichen Beschränkungen freistellt 237 . Durch die Novelle 1976 sind außerdem, noch über den bereits zuvor von der Rspr. entwickelten Bestandsschutz 2373 hinaus, Ersatzbauten im Außenbereich zugelassen, und zwar einmal für ehemals privilegierte Gebäude, die nicht mehr sanierungsfähig sind (§ 35 V Nr. 1 BBauG), und zum anderen für nicht privilegierte, aber ehedem zulässigerweise 237b errichtete Gebäude, die durch höhere Gewalt bzw. durch außergewöhnliche Ereignisse2370 zerstört worden sind (35 V Nr. 2 BBauG) . Dabei wird allerdings eine hinreichende Vergleichbarkeit des Ersatzbaus mit dem alten Gebäude 237d vorausgesetzt 2376 . Die Novelle 1979 hat § 35 BBauG nochmals um einige Zulassungstatbestände erweitert. Hervorzuheben ist nalässigkeit von Großvorhaben, z. B. Kraftwerken, nach § 351 Nr. 5 BBauG s. Hoppe, NJW 1978, 1229ff; OVG Lüneburg DVB1. 1978, 67ff. (71) sieht selbst ein Kernkraftwerk als privilegiertes Vorhaben an (a. A. Hoppe, a. a. O.). Vorhaben, von denen das Unvermeidbare überschreitende nachteilige Umwelteinwirkungen ausgehen, sind nicht privilegiert; BVerwGE 55, 118 (127). 233 Vgl. BVerwGE 28, 148 (150 - 152); BVerwG DÖV 1974, 566f. (567). 234 Dazu OVG Lüneburg BRS 24, 1 U f f . (115). 235 BVerwGE 47, 185 (188); mit Nachweisen. 236 Vgl. OVG Münster BRS 27, 92ff. und BRS 28, 122ff.; enger BVerwGE 47, 185; s. eingehend Geizer, BauR 1970, 207 ff. sowie Schmaltz, AgrarR 1975, 29 ff. 236a Z u m Begriff der „wesentlichen" Änderung s. OVG Münster BauR 1979, 307 f. und 309f.; VGH München BauR 1980, 149ff. (150); Grave, BauR 1979, 286ff. 237 S. im einzelnen Lau / Oebbecke, BauR 1977, 384ff. 237a Dazu unter dd). 237b Hierzu BVerwG NJW 1980, lOlOf. (1010): Formelle Legalität reicht aus; bei Fehlen einer Baugenehmigung hängt die Anwendbarkeit der Vorschrift davon ab, ob das zerstörte Gebäude wegen materieller Legalität Bestandsschutz genoß. S. auch OVG Lüneburg BauR 1980, 151 ff. (152) betr. Anwendbarkeit der Vorschrift auf einen Schwarzbau. 2370 Vgl. dazu OVG Münster NJW 1978, 236f. (236); OVG Lüneburg BauR 1980, 154f.; VG Köln NJW 1977, 1550. 237d Hierzu BVerwG NJW 1980, lOlOf. (1011); BVerwG BauR 1980, 552f. und 553ff. (554 - 555). 237e Eingehend zu den Tatbeständen Weyreuther, a. a. O., S. 194 - 210, 216 - 224; Bleicher, DVB1. 1980, 667 ff.

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mentlich die Erleichterung für bauliche Erweiterungen eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung notwendig ist, um die Fortführung des Betriebs zu sichern (§ 35 V Nr. 5 BBauG) 238 . Bei den privilegierten Vorhaben besteht ein Genehmigungsanspruch, wenn ihnen im Einzelfall keine öffentlichen Belange 239 entgegenstehen 240 und die ausreichende Erschließung gesichert ist. Dagegen können die nichtprivilegierten, „sonstigen" Vorhaben nach § 35 II BBauG lediglich durch eine Ermessensentscheidung im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt. In beiden Fällen ist eine Abwägung zwischen dem Vorhaben und den von ihm etwa berührten öffentlichen Belangen notwendig 2403 . Dabei fällt im Rahmen des § 35 I BBauG die gesetzliche Privilegierung des Vorhabens mit ins Gewicht, während in den unter § 35 II BBauG einzuordnenden Sachverhalten die öffentlichen Belange entsprechend stärker durchschlagen können 241 . dd) Zulässigkeit aufgrund Bestandsschutzes: Die planungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens, das durch die §§ 30 bis 35 BBauG nicht gedeckt ist, kann sich im Einzelfall unter strengen Voraussetzungen aus dem Gesichtspunkt des Bestandsschutzes ergeben, den das BVerwG in einer umfangreichen Rechtsprechung herausgearbeitet und präzisiert hat242. Der Bestandsschutz, der auf Art. 14 I GG beruht, kommt einer vorhandenen baulichen Anlage — u. U. auch einer ursprünglich legalen Grundstücksnutzung ohne bau238

Näher Bröll, BayVBl. 1979, 550ff. (553); Weyreuther, DÖV 1980, 389ff. (394); Schrödter, BBauG, § 35 Rdn. 31 f. 239 § 35 III BBauG enthält einen, allerdings nicht abschließenden Katalog der in Betracht kommenden öffentlichen Belange. 240 Ein Vorhaben, das bestimmten öffentlichen Belangen zuwiderläuft, kann auch nicht im Wege einer „Kompensation" mit anderen öffentlichen Belangen, die für es sprechen mögen, genehmigt werden; BVerwGE 42, 8 (14 — 16). Derartige Abwägungen können sachgerecht nur im Rahmen einer gemeindlichen Bauleitplanung vorgenommen werden; s. BVerwGE 55, 369 (383 — 384) zu der insoweit gleichgelagerten Problematik bei § 34 BBauG. - Vgl. auch BVerwG DVB1. 1974, 781 ff.: in Aufstellung befindlicher Bebauungsplan als entgegenstehender öffentlicher Belang; BVerwG NJW 1977, 1978f. (1979): Beeinträchtigung öffentlicher Belange, weil das Vorhaben wegen seines Umfangs einer verbindlichen Bauleitplanung bedarf; BVerwGE 52, 122 (125 - 126): Gebot der Rücksichtnahme als öffentlicher Belang. Zur Frage, inwieweit die Zustimmung des Nachbarn einen an sich entgegenstehenden öffentlichen Belang ausräumen kann, s. BVerwG DVB1. 1979, 622. 240a Zu unterscheiden vom Kompensationsverbot; vgl. die vorige Fußnote; näher hierzu Weyreuther, a. a. O., S. 18f. 241 Dazu s. näher BVerwGE 28, 148 (151 - 152). 242 S. insbes. BVerwGE 25, 161 (162 - 163); 27, 341 (343 - 344); 36, 296 (300 - 301); BVerwG BauR 1972, 152ff. ( 1 5 2 - 153); BVerwG BRS 28, 126ff. (129); BVerwGE 47, 126 ( 1 2 8 - 129); 47, 185 (188 - 189); BVerwG BauR 1975, 413f. (414); BVerwGE 49, 365 (368 - 370); 50, 49 (55 - 60) - mit weiteren Nachweisen. - Zur Beweislast für die Voraussetzungen eines Bestandsschutzes s. BVerwG NJW 1980, 252.

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liehe Verfestigung 2423 - zu. Er sichert sie zunächst, grundsätzlich beschränkt auf ihre jeweilige Funktion, in ihrem Bestand gegenüber Änderungen des materiellen Baurechts („passiver Bestandsschutz"). Darüber hinaus erkennt die Rechtsprechung einen „aktiven Bestandsschutz" an. Er begründet einen Anspruch auf Genehmigung von Folgeinvestitionen, namentlich von Reparaturmaßnahmen und Wiederherstellungsarbeiten, soweit die Identität des wiederhergestellten mit dem ursprünglichen Bauwerk gewahrt bleibt 243 . Dagegen wird ein Ersatzbau anstelle eines völlig oder doch in seinen tragenden Teilen zerstörten Gebäudes 244 oder ein Erweiterungsbali45 grundsätzlich nicht gedeckt; immerhin können untergeordnete bauliche Erweiterungen insoweit zulässig sein, als ohne sie die sinngerechte Nutzung des vorhandenen Bestandes in Frage gestellt wäre 246 . Für besonders gelagerte Fälle hat die neuere Rechtsprechung die Möglichkeit eines „überwirkenden Bestandsschutzes" anerkannt, der zur Zulässigkeit von Änderungs- und Erweiterungsmaßnahmen sowie von gewissen Nutzungsänderungen bei einem gewerblichen Betrieb führt, die notwendig sind, um die Funktionsfähigkeit der vorhandenen Anlagen zu gewährleisten 247 . Die Tendenz dieser Entscheidungen verdient Beifall 248 . Der verfassungsrechtlich gebotene Bestandsschutz kann bei Anlagen, deren Nutzung dem technischen Wandel unterliegt, überhaupt nur dann effektiv werden, wenn man ihm das Recht des Inhabers zur Durchführung notwendiger Anpassungsmaßnahmen an diesen Wandel entnimmt. ee) Zulässigkeit aufgrund einer „eigentumskräftig verfestigten Anspruchsposition": Neben dem Bestandsschutz kann nach Auffassung des BVerwG auch der Gesichtspunkt einer aus Art. 14 I G G hergeleiteten „eigentumskräftig verfestigten Anspruchsposition" zur Genehmigungsfähigkeit eines Vorhabens führen, das an sich den planungsrechtlichen Vorschriften und Ausweisungen nicht entspricht 249 . Diese Anspruchsposition setzt voraus, daß das betreffende Grundstück einmal legal Baulandqualität erlangt hat und daß der damit gegebene Bebauungsanspruch in der konkreten Situation des Grundstücks eigentumskräftig verfestigt worden ist250. Im allgemeinen bezieht sie sich auf unbebaute 242a 243 244 245 246 247

248

249

250

Z. B. Stellplatz; s. BVerwG NJW 1980, 252. Dazu näher BVerwGE 47, 126 (128 - 129). BVerwGE 36, 296 (301); 42, 8 (13). Insbes. BVerwG BauR 1975, 413 f. (414). Vgl. BVerwGE 25, 161 (162-163); 36, 296 (301); BVerwG BauR 1975, 413f. (414). BVerwGE 49, 365 ( 3 6 8 - 3 7 0 ) ; 50, 49 ( 5 5 - 6 0 ) ; BVerwG NJW 1977, 1932f.; BVerwG GewArch. 1977, 168 ff. (170, 171). Vgl. näher Friauf, in: Festgabe 25 Jahre BVerwG, 1978; S. 217ff.; ferner, Sendler, WiVerw. 1976, 2ff. (13 - 15); ders., WiVerw. 1977, 94ff. ( 1 1 2 - 1 1 3 ) ; Weyreuther, a. a. O., S. 105ff.; krit. Erichsen, DVB1. 1978, 569ff. (575). Grundlegend BVerwGE 26, 111 ( 1 1 6 - 120); s. ferner BVerwGE 27, 341 (342); 47, 126 (130 - 132); 49, 365 (371 - 372). Vgl. näher BVerwGE 47, 126 (131); 49, 365 (372).

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Grundstücke; sie ist damit alternativ zum Bestandsschutz bei bebauten Grundstücken 2503 . Ausnahmsweise, etwa bei Zerstörung eines Bauwerks durch Naturereignisse, kann sie aber auch ergänzend zu dem (insoweit nicht ausreichenden) Bestandsschutz hinzutreten 251 . b) Bauleitplanung und Baugenehmigungsvetfahren: aa) Allgemeines: Die Sorge dafür, daß die Anforderungen des Bebauungsplans im Einzelfall beachtet werden, obliegt den Behörden der Bauaufsicht. Sie haben im Verfahren zur Erteilung der Baugenehmigung 252 nicht nur zu prüfen, ob das jeweilige Vorhaben sachlich mit dem Bauordnungsrecht, sondern auch ob es mit dem Bauplanungsrecht vereinbar ist. Auf diese Weise wird ein einheitlicher Vollzug des gesamten Baurechts erreicht. Gesetzestechnisch wird die Verbindung zwischen Bauordnungs- und Bauplanungsrecht dadurch hergestellt, daß § 29 BBauG die Regelung der §§ 30 — 37 BBauG für alle Vorhaben verbindlich erklärt, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung 253 einer baulichen Anlage zum Inhalt haben und einer Genehmigung oder Zustimmung nach dem Bauordnungsrecht bedürfen bzw. einer Anzeigepflicht gegenüber der Bauaufsicht unterliegen. Wann immer die Bauordnungsbehörde mit einem Bauvorhaben befaßt wird, muß sie zugleich die Belange der Bauplanung wahren. Organisatorische Probleme ergeben sich daraus, daß die Aufgaben der Bauaufsicht — im Gegensatz zur Bauleitplanung — nicht zum Bereich der gemeindlichen Selbstverwaltung gehören. Baugenehmigungsbehörden (untere Bauaufsichtsbehörden) sind regelmäßig die Landkreise bzw. die kreisfreien Städte in ihrer Eigenschaft als Ordnungsbehörden 254 . Ihnen sind staatliche Behörden mit Weisungsbefugnis übergeordnet 255 . Bei den kreisangehörigen Gemeinden ist die Zuständigkeit zur Erteilung der Baugenehmigung (Landkreis) im Regelfall also völlig von der zur Bauleitplanung (Gemeinde) getrennt. Bei den kreisfreien Städten liegen beide zwar formal in einer Hand. Die Stadt untersteht aber in ihrer Eigenschaft als Bauaufsichtsbehörde dem staatlichen Weisungsrecht. Unter diesen Umständen muß der Gesetzgeber Sorge dafür tragen, daß die gemeindliche Planungshoheit in der Praxis nicht durch den staatlichen Einfluß auf das Baugenehmigungsverfahren beliebig ausgehöhlt werden kann. 250a

251 252 253

254

255

Z u den jeweils spezifischen Anwendungsbereichen beider Rechtsinstitute s. Weyreuther, a. a. O., S. 143 - 144, 147. BVerwGE 42, 8 (13 - 14); 47, 126 (131); VGH Mannheim BauR 1980, 555ff. (556). S. unten Abschnitt III. 3. Zur Abgrenzung der genehmigungspflichtigen Nutzungsänderung s. BVerwG Buchholz 406. 11 § 29 Nr. 21; Geizer, Bauplanungsrecht, Rdnr. 456 f. § 77 I Nr. 3 nordrh.-westf. BauO; § 82 II bad.-württ. BauO; Art. 77 I bayer. BauO; § 86 II rheinl.-pfälz. BauO; §§ 81 ff. hess. BauO; §§ 63ff. nieders. BauO. Ausdrücklich geregelt in § 81 II hess. BauO; § 86 IV, V rheinl.-pfälz. BauO in Verb, mit § 94 rheinl.-pfälz. PVG; § 77 I Nr. 1 - 2 nordrh.-westf. BauO und § 9 nordrh.westf. OBG; § 65 IV, V nieders. BauO.

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Er tut das in der Weise, daß er in allen Fällen, in denen die Baugenehmigungsbehörde nicht lediglich die normativen Festsetzungen des Bebauungsplans zu vollziehen, sondern eine eigenständige Entscheidung über planerische Belange zu treffen hat, das Einvernehmen der Gemeinde mit der Entscheidung fordert 256 . Die Baugenehmigungsbehörde kann über die Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der nicht beplanten, aber im Zusammenhang bebauten Ortsteile257 und im Außenbereich 258 sowie über Bauanträge während einer laufenden Planaufstellung 259 nur im Einvernehmen mit der Gemeinde entscheiden 260 . Das Einvernehmen ist ferner erforderlich, wenn von den Festsetzungen des Bebauungsplans Ausnahmen gestattet oder Befreiungen bewilligt werden sollen (§31 I, II BBauG) 261 . Es kann allerdings nach der Novelle 1979 nur innerhalb einer Zweimonats-frist verweigert werden; nach Fristablauf gilt es kraft Gesetzes als erteilt (§ 36 II 1, § 31 III BBauG). Wird das Einvernehmen verweigert, dann darf die Baugenehmigungsbehörde das Vorhaben nicht genehmigen bzw. die beantragte Ausnahme oder Befreiung nicht bewilligen 262 . Andererseits kann die Genehmigung trotz erteilten Einvernehmens aus Rechtsgründen noch versagt werden 263 . Nach heute gefestigter Rechtsprechung 264 hat die Erteilung des Einvernehmens in prozessualer Hinsicht nur verwaltungsinterne Bedeutung 265 . Der Betroffene kann deshalb eine Verpflichtungsklage nicht gegen die Gemeinde richten, sondern kann nur gegen die Genehmigungsbehörde auf Erteilung der Bauerlaubnis klagen. In diesem Verfahren, in dem die Gemeinde beizuladen ist266, wird inzident über ihre Pflicht zur Erteilung des Einvernehmens entschieden. bb) Rechtsanspruch auf Genehmigung: Ist ein bestimmtes Vorhaben nach Maßgabe des Rechts der Bauleitplanung zulässig, weil es unter eine der drei im Gesetz normierten Gruppen 267 fällt, dann steht dem Baulustigen (sofern 256

257 260

261

262

263 264 265 266 267

Zum Zusammenhang zwischen Planungshoheit und Erteilung des Einvernehmens vgl. BVerwGE 28, 145 (147); BGH DÖV 1976, 133f. (134). § 34 BBauG. 258 § 35 BBauG. 259 § 33 BBauG. So § 36 I 1 BBauG. Zur Frage der Entscheidungsfreiheit der Gemeinde im Rahmen des § 36 BBauG s. BVerwG DÖV 1970, 349 f. Zum Anfechtungsrecht der Gemeinde bei zu Unrecht nicht eingeholtem Einvernehmen s. BVerwGE 22, 342; OVG Lüneburg OVGE 22, 325 (326); OVG Koblenz AS 9, 289; zur Amtshaftung bei rechtswidrig versagtem Einvernehmen BGH DÖV 1976, 133f; BGH NJW 1980, 387ff. (388 - 389). BVerwGE 22, 342 (345); teilweise a. A. das Schrifttum, das die Genehmigungsbehörde bei rechtswidrig versagtem Einvernehmen freistellen möchte, s. Schrödter, DVB1. 1966, 182ff.; ders., BBauG, §36 Rdnr. 7 (h); Geher, Bauplanungsrecht, Rdnr. 801; Weyreuther, a. a. O., S. 155 f. Vgl. BVerwG DÖV 1970, 349f. (350). Seit BVerwGE 28, 145 (146 - 148). Zu den Bedenken gegen diese Auffassung s. Friauf, DÖV 1961, 666 ff. BVerwG DVB1. 1966, 792: notwendige Beiladung. S. oben Abschnitt II 4a, aa — cc.

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auch die materiellen Voraussetzungen des Bauordnungsrechts erfüllt sind) ein subjektiv-öffentliches Recht auf Erteilung der Baugenehmigung zu. Problematisch erscheint hier allein der in § 35 II BBauG geregelte Fall der „sonstigen Vorhaben" im Außenbereich. Sie „können im Einzelfall zugelassen werden", wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt. Dem bloßen Wortlaut der Bestimmung nach müßte an sich angenommen werden, daß bei derartigen Vorhaben 268 ein Rechtsanspruch auf Baugenehmigung nicht besteht, der Grundsatz der Baufreiheit also ausgeschlossen sein soll. Die Auslegung des § 35 II BBauG muß aber, wie auch das BVerwG mit eingehender Begründung dargetan hat 269 , die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Eigentums in Rechnung stellen. Dieser Gewährleistung würde es widersprechen, wenn die Exekutive ein Bauvorhaben im Außenbereich nach ihrem Ermessen unterbinden könnte, obwohl ihm keine öffentlichen Belange i. S. des § 35 II BBauG entgegenstehen 270 . Die §§ 29ff. BBauG haben zwar gemäß Art. 14 I S. 2 GG die bauliche Nutzung grundsätzlich auf die Teile des Gemeindegebiets beschränkt, die rechtlich (§§ 30, 33 BBauG) oder tatsächlich (§ 34 BBauG) als Bauland qualifiziert sind 271 . Damit soll der willkürlichen Zersiedelung des offenen Raums vorgebeugt werden. Bei der Ermittlung der öffentlichen Belange272 ist dieser Regelungstendenz des Gesetzes mit Rechnung zu tragen. Ergibt sich im Einzelfall aber, daß selbst bei gebührender Berücksichtigung dieses Gesichtspunktes öffentliche Belange dem Vorhaben nicht entgegenstehen, dann hat der Baulustige einen Anspruch auf Genehmigung seines Vorhabens auch im Außenbereich. Stehen andererseits im Einzelfall öffentliche Belange entgegen, dann muß die Genehmigung zwingend versagt werden; für eine Ermessensentscheidung zugunsten des Baulustigen ist kein Raum 2723 . cc) Ausnahmen und Befreiungen: Die wesensmäßige Abstraktion und Starrheit, die den Bebauungsplan kennzeichnen, können dazu führen, daß seine Anwendung in einzelnen Fällen einen Baulustigen unnötig belastet, unter Umständen sogar den städtebaulichen Interessen der planenden Gemeinde selbst zuwiderläuft. Deshalb ermächtigt das Gesetz die Baugenehmigungsbehörde, Ausnahmen und Befreiungen zu bewilligen 273 . Die Ausnahme ist eine Abweichung vom Plan, deren Möglichkeit nach Art 268

Anders als bei den Fallgruppen des § 35 I BBauG. BVerwGE 18, 247 (249 - 251). 270 BVerwGE 19, 82 (85). 271 BVerwG DVB1. 1964, 184ff.(185). 272 Es handelt sich hier um einen gerichtlich nachprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff; vgl. BVerwGE 18, 247 ( 2 5 0 - 2 5 1 ) sowie Brügelmann / Grauvogel, a . a . O . , § 35 Anm. 5a m. w. N. 272a Vgl. Schrödter, Bundesbaugesetz, § 35 Rdnr. 7. 273 Zu Begriff und ratio der Befreiung im Gegensatz zur Ausnahme s. BVerwG DÖV 1976, 669 ff. (670). 269

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und U m f a n g bereits abstrakt im Plan selbst vorgesehen ist. Die Befreiung (§31 II BBauG) geht dagegen über den Plan hinaus und eröffnet dem Baulustigen die Möglichkeit, sein Vorhaben entgegen den Festsetzungen des Plans durchzuführen. Sie ist in drei Fällen zulässig: (1) wenn sie durch G r ü n d e des Wohls der Allgemeinheit positiv gefordert wird 273a , (2) wenn städtebauliche G r ü n d e die Abweichung rechtfertigen 2 7 3 b und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden 2 7 3 0 sowie (3) wenn die ausnahmslose Durchführung des Bebauungsplans zu einer „offenbar nicht beabsichtigten Härte" führen würde 274 . In allen drei Fällen m u ß die Abweichung vom Bebauungsplan auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen 274 ® mit den öffentlichen Belangen vereinbar sein 274b . Wegen ihrer besonderen Bedeutung setzt die Befreiung außer dem Einvernehmen der Gemeinde auch die Zustimmung 2 7 5 der höheren Verwaltungsbehörde voraus. Nach dem Wortlaut des § 31 BBauG steht die Bewilligung von Ausnahme u n d Befreiung im Ermessen der Behörde (,,Kann"-Vorschrift). Umstritten ist die Frage, ob und inwieweit dem Baulustigen bei Vorliegen der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen aus rechtsstaatlichen G r ü n d e n ein Rechtsanspruch auf ihre Bewilligung zugebilligt werden muß 2 7 6 . Mit der Erteilung der Befreiung ist das Vorhaben legalisiert. Auf der Grundlage der Befreiung besteht alsdann der Rechtsanspruch auf Erteilung der Bauerlaubnis, wobei allerdings in der Praxis die Bauerlaubnis dem Antragsteller regelmäßig gleichzeitig mit der Befreiung erteilt wird. 5. Die Sicherung der Bauleitplanung a) Die Rechtslage nach dem BBauG: Die verschiedenen Rechtswirkungen der Bauleitplanung — Regelung der Zulässigkeit von Bauvorhaben sowie Bedingung für weitere städtebauliche M a ß n a h m e n , wie das Umlegungsverfah273a

Grundlegend dazu BVerwGE 56, 71 (73 ff.). Es muß sich um einen durch Atypik gekennzeichneten Sonderfall handeln; das Merkmal „erfordern" meint „vernünftigerweise geboten sein"; vgl. a. a. O. S. 76 — 77. 273b Z u diesem Kriterium s. OVG Lüneburg NJW 1980, 1408 f. (1409). 273c Eingehend zur Befreiung aus städtebaulichen Gründen Schmaltz, BauR 1980, 1 ff. 274 Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn es sich um Sonderfälle handelt, auf die der generelle Regelungszweck der planungsrechtlichen Norm nicht zutrifft. Andernfalls kommt auch bei vorliegender Härte eine Befreiung nicht in Betracht. Dazu BVerwGE 40, 268 (271 - 273); BVerwG DVB1. 1975, 895ff. (897); BVerwG DÖV 1976, 669 f. (670). 274a Z u dem gflls. resultierenden Nachbarschutz s. unten Abschn. III. 8. 274b Hierzu BVerwGE 56, 71 (77 ff.). 275 Nach h. M. ist die Zustimmung ebenso wie das Einvernehmen der Gemeinde bloßes Verwaltungsinternum; vgl. BVerwGE 16, 116 (118 - 122). 276 Dazu sehr ausführlich VG Münster DVB1. 1967, 298 ff. mit Anm. von Hoppe und Scheerbarth; vgl. weiterhin Fickert, Zulässigkeit von Bauvorhaben, § 3 1 , Tz. 82. Hoppe, DVB1. 1969, 340 ff. - Allgemein zu dieser Problematik s. Friauf, JuS 1962, 422 ff.

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ren (§§ 45 - 79 BBauG), die Grenzregelung (§§ 80 bis 84 BBauG), das Enteignungsverfahren (§§ 85 - 122 BBauG) und die Erschließung von Grundstükken (§§ 123 — 135 BBauG) — hängen sämtlich davon ab, daß ein Bebauungsplan im Einzelfall tatsächlich aufgestellt worden und rechtlich in Kraft getreten ist. Der bloße planerische Wille einer Gemeinde bleibt zunächst rechtlich irrelevant, solange er sich nicht in den gesetzlich vorgesehenen Formen konkretisiert hat. Da zwischen dem Augenblick, in dem sich die Aufstellung eines Bebauungsplans als erforderlich erweist (§ 1 III BBauG), und seinem Inkrafttreten (§ 12 BBauG) notwendig ein längerer Zeitraum (teilweise mehrere Jahre) verstreicht, besteht oftmals die Gefahr, daß während dieser Zeit das Planungsziel durch Schaffung von vollendeten Tatsachen erschwert oder vereitelt werden könnte. Aber auch noch nach dem Inkrafttreten des Plans kann seine Verwirklichung durch andere Maßnahmen als durch die (erlaubnispflichtige) Errichtung von baulichen Anlagen erschwert werden. Um diesen Gefahren zu begegnen, stellt das Gesetz den Gemeinden eine Reihe von rechtlichen Sicherungsmöglichkeiten zur Verfügung. aa) Veränderungssperre

und Zurückstellung

von Baugesuchen:

Die Gemein-

de kann der Gefahr, daß ihre Planungsabsichten durch zwischenzeitliche Veränderungen an den betroffenen Grundstücken durchkreuzt oder erschwert werden, auf zwei Wegen entgegentreten: durch Erlaß einer Veränderungssperre (§ 14 I BBauG)277 und durch einen Antrag an die Baugenehmigungsbehörde, die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben (regelmäßig: die Erteilung von Baugenehmigungen278) für einen Zeitraum von bis zu zwölf Monaten auszusetzen (§ 15 BBauG). Voraussetzung ist in beiden Fällen, daß die Gemeinde bereits förmlich beschlossen hat, für das betreffende Gebiet einen Bebauungsplan aufzustellen bzw. einen bereits bestehenden Bebauungsplan zu ändern, zu ergänzen oder aufzuheben. Insoweit müssen sich die planerischen Absichten also schon konkretisiert haben279. 1. Veränderungssperre: Der Inhalt der Veränderungssperre besteht in einem generellen Verbot, genehmigungsbedürftige bauliche Anlagen zu errichten, zu ändern oder zu beseitigen und andere wertsteigernde Veränderungen der Grundstücke vorzunehmen. Entsprechende Bau- und Teilungsgenehmigungen280 können wäh277 278 279

280

Dazu Clasen, Die Veränderungssperre und die Verfügungs- und Veränderungssperre (Umlegungssperre) nach dem BBauG sowie ihre Entschädigung, 1969. Anwendbarkeit auch auf nur anzeigebedürftige Vorhaben: BVerwGE 39,154 (155 — 156). Zu den Voraussetzungen im einzelnen s. insbes. BVerwGE 51, 121 (126ff.); ferner BVerwG DVB1. 1977, 41 ff.; OVG Koblenz BRS 22, 145ff.; aber auch VGH München BRS 22, 147f.; OVG Münster BRS 24, 117f. (117): Der Inhalt der Planung brauche noch nicht näher festzustehen. Zur Teilungsgenehmigung s. § 19 I Nr. 4 in Verb, mit § 20 I Nr. 4 BBauG n. F.; anders früher BVerwGE 42, 183 (184 - 188).

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rend ihrer Geltungsdauer nicht erteilt werden. Dagegen bleiben Unterhaltungsmaßnahmen zulässig281. Das Verbot ist gemäß § 17 BBauG auf zwei Jahre befristet; es kann aber zweimal um jeweils ein Jahr verlängert (§17 13, II BBauG) 282 und danach erneut beschlossen werden (§ 17 III BBauG) 283 , wenn seine Voraussetzungen fortbestehen. Auf diese Fristen ist der Zeitraum, währenddessen ein Baugesuch nach § 15 BBauG zurückgestellt war, anzurechnen (§ 17 I 2 BBauG) 284 . Der Beschluß über die Veränderungssperre ergeht in der Form einer Satzung. Er bedarf der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde (§161, II BBauG). Ausnahmen von der Veränderungssperre kann die Baugenehmigungsbehörde, ähnlich wie Ausnahmen vom Bebauungsplan selbst, im Einvernehmen mit der Gemeinde zulassen (§ 14 II BBauG). Da die Veränderungssperre allein im öffentlichen Interesse ergeht und keine Rechte Dritter begründet, steht einem Nachbarn gegen die Erteilung einer Ausnahmebewilligung grundsätzlich keine Klagebefugnis zu285. 2. Zurückstellung von Baugesuchen: Die Zurückstellung ist nach § 15 I BBauG zulässig, wenn eine Veränderungssperre nicht beschlossen worden ist, obwohl ihre Voraussetzungen gegeben sind oder wenn eine bereits beschlossene Veränderungssperre noch nicht in Kraft getreten ist. Sie hemmt lediglich das Baugenehmigungsverfahren, beeinflußt aber nicht die materielle Legalität des Vorhabens. Ihre Wirkung entfällt mit Fristablauf automatisch 286 . Die Zurückstellung kann naturgemäß nur der Stelle obliegen, die über das Baugesuch sachlich zu entscheiden hat, also der Baugenehmigungsbehörde. Da die Maßnahme aber ausschließlich dazu dient, die planerischen Belange der Gemeinde zu sichern, besitzt die Genehmigungsbehörde kein eigenes Entscheidungsrecht. Sofern die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind, muß sie dem Antrag der Gemeinde auf Zurückstellung in jedem Fall stattgeben 287 . Sowohl die Veränderungssperre wie auch die Zurückstellung der Entscheidung über ein Baugesuch können den betroffenen Grundstückseigentümern erhebliche Vermögensnachteile zufügen, vor allem durch Ausfall von Nutzungen und durch eine zwischenzeitliche Erhöhung der Kosten des in Aussicht 281 282

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Zur Abgrenzung vgl. OVG Koblenz BRS 25, 172f. Zu den strengen Anforderungen an die zweite Verlängerung s. OVG Münster BRS 28, 151 ff. Allerdings nur bei konkretem Vorliegen von entsprechend gewichtigen „besonderen Umständen" (dazu BVerwGE 51, 121, 133 - 139) und gegen Entschädigung ( § 1 8 1 1 BBauG). Entsprechende Anwendung bei rechtswidriger Verzögerung des Baugesuchs ohne förmliche Zurückstellung; s. BVerwG NJW 1971, 445f. Brügelmann / Grauvogel, a. a. O., § 14, Anm. VI 3. Dazu BVerwG DVB1. 1972, 224 ff. (225 - 226). Dazu Ernst / Zinkahn / Bielenberg, a. a. O., § 15, Rdnr. 8.

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genommenen Bauvorhabens. Nach § 18 I BBauG sind diese Nachteile insoweit zu entschädigen, als die Veränderungssperre länger als vier Jahre (gerechnet von ihrem Beginn oder von der ersten Zurückstellung eines Baugesuchs nach § 15 I BBauG) andauert 2 8 8 . Die 4-Jahres-Frist orientiert sich an der Rechtsprechung, die zu den nach früherem Recht zulässigen Bausperren ergangen war 289 . Bei der Entschädigungsleistung handelt es sich um eine Enteignungsentschädigung nach Art. 14 III G G . Spätestens mit Ablauf des vierten Jahres schlägt nämlich die Veränderungssperre gegenüber einem Grundstück von der Eigentumsbindung in eine Enteignung um 290 . bb) Genehmigungspflicht für den Bodenverkeht290a. Die städtebauliche Planung kann auch dadurch beeinträchtigt werden, daß über Grundstücke in einer Weise verfügt wird, die entweder die plangemäße Bebauung erschwert bzw. vereitelt oder auf eine planwidrige Bebauung hin abzielt. Um das zu vermeiden, unterwirft das Gesetz bestimmte Rechtshandlungen einer Genehmigungspflicht. Im räumlichen Geltungsbereich eines Bebauungsplans (§ 30 BBauG), innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils (§ 34 BBauG) sowie innerhalb des räumlichen Geltungsbereichs einer Veränderungssperre (§ 14 BBauG) bedarf die Teilung eines Grundstücks stets der Genehmigung (§ 19 I Nr. 1, 2 u. 4 BBauG). Im Außenbereich ist die Grundstücksteilung 2 9 1 in einer Reihe von enumerativ aufgezählten Fällen ebenfalls genehmigungspflichtig, z. B. wenn sie zum Zwecke der Bebauung vorgenommen wird (§ 19 I Nr. 3 BBauG). Wird die Bebauungsabsicht nicht in der Urkunde selbst vom Veräußerer bzw. Eigentümer eindeutig u n d mit dem Willen, sie im bodenverkehrsrechtlichen Verfahren prüfen zu lassen, offengelegt, dann ist die Genehmigung nicht erforderlich; es kann d a n n aber auch keine Bindungswirkung (s. u.) eintreten 292 . Es handelt sich bei der Teilungsgenehmigung um eine gebundene, kein Ermessen einschließende Erlaubnis 2 9 3 . Sie muß grundsätzlich erteilt werden, wenn keiner der in § 20 I BBauG statuierten Versagungsgründe vorliegt. Gerechtfertigt ist die Ablehnung z. B. bei einem Grundstück im Außenbereich, wenn die Teilung oder die mit ihr bezweckte Nutzung mit einer geordneten 288

Dazu Clasen, a. a. O., Trauten / Krier, DVB1. 1971, 302 ff. BGHZ 30, 330 (348 - 349); BVerwGE 4, 120 (122). 290 Vgl. BVerwGE 51, 121 (138); BGH DVB1. 1980, 164ff. (166). Es handelt sich um eine äußerste Frist. Eine Sperre kann (z. B. wegen sachwidriger Verzögerung der Planung) im Einzelfall auch schon vorher rechtswidrig werden und deshalb Ansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff auslösen; BGH a. a. O. 290a Eingehend Ziegler / Zinkahn, Das Bodenverkehrsrecht nach dem BBauG, 1979. 291 Zu den Voraussetzungen der Genehmigungsbedürftigkeit s. BVerwG E 50, 311 (316-318). 292 Dazu insbes. BVerwG DVB1. 1977, 526ff. (527); ferner BVerwGE 41, 308 ( 3 1 0 311), mit Anm. Ziegler DVB1. 1975, 521 ff.; vgl. auch BVerwGE 19, 79 (80); BVerwG DVB1. 1971, 756f.; VGH Kassel BRS 28, 155ff. (156 - 157). 293 Vgl. BVerwGE 48, 81 (83 - 84). Das gilt auch nach der Neufassung des § 20 BBauG durch die Novelle 1979; vgl. Schrödter, Bundesbaugesetz, § 20 Rdnr. 2, 10 b. 289

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städtebaulichen Entwicklung (Maßstab ist insbesondere § 35 BBauG) 294 nicht vereinbar wäre (§ 20 I Nr. 3 BBauG). Der durch die Novelle 1979 eingeführte § 20 II BBauG gibt der Genehmigungsbehörde außerdem die Möglichkeit, die Teilungsgenehmigung zu verweigern, wenn der Antragsteller einen unrichtigen Nutzungszweck angegeben oder eine versagungserhebliche Nutzungsabsicht verschwiegen hat und die Abweichung zwischen der erklärten und der in Wahrheit beabsichtigten Nutzung offensichtlich ist (sog. Mißbrauchsaufsicht) 294 *. Die Teilungsgenehmigung ist ein antragsbedürftiger begünstigender Verwaltungsakt 295 . Sie bedarf aus Gründen der Rechtsklarheit der Schriftform 296 . Nach § 19 III 6 BBauG gilt die Genehmigung als erteilt, wenn sie nicht binnen drei Monaten (bei rechtzeitiger Fristverlängerung nach § 19 III 4, 5 BBauG höchstens sechs Monaten) nach Eingang des Antrags 2968 versagt wird. Diese sog. fingierte Genehmigung äußert die gleichen Wirkungen wie eine tatsächlich erteilte Genehmigung 297 . — Bei nicht genehmigungsbedürftigen Vorgängen wird auf Antrag nach § 23 II BBauG eine Bescheinigung über die Genehmigungsfreiheit (sog. Negativattest298) erteilt. Die einmal erteilte Teilungsgenehmigung äußert eine Bindungswirkung ( § 2 1 1 BBauG) dahin, daß ein innerhalb von drei Jahren gestelltes Baugesuch grundsätzlich (Ausnahmen: §21 II BBauG) nicht aus Gründen abgelehnt werden darf, die zur Versagung der Genehmigung berechtigt hätten 299 . Das gilt in gleicher Weise auch für die nur fingierte Genehmigung 300 , nicht aber für ein Negativattest 301 . Wird bei einem an sich genehmigungsbedürftigen Vorgang zu Unrecht ein Negativattest ausgestellt, so können Genehmigungsfiktion und Bindungswirkung nicht eintreten 302 . 294

Die Frage der gesicherten Erschließung des Grundstücks ist in diesem Zusammenhang nicht zu prüfen; BVerwG BRS 28, 154f. 294a Z u m „Versagungsermessen" bei Vorliegen eines Mißbrauchstatbestands s. Schlichter/Stich / Tittel, a. a. 0 . , § 20 Rdnr. 6; krit. Gubelt, NJW 1979, 2071 ff. (2073 2074). 295 BVerwG DÖV 1974, 201f. (202). Zur Antragsbefugnis s. BVerwGE 50, 311 (314 — 316); zur Bestimmtheit eines Teilungsantrags s. BVerwG DVB1. 1977, 529ff. (530 531). 296 BVerwG DVB1. 1971, 756 f. (756). 296a Z u m Fristablaufs. BVerwG NJW 1980, 1120f. 297 Grundlegend dazu BVerwGE 31, 274 (275 - 278); a. A. OVG Münster NJW 1968, 298 299

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170 ff. Dazuinsbes. Weyreuther, NJW 1973, 345 ff. Zum Umfang der Bindungswirkung vgl. BVerwGE 30, 203 ( 2 0 4 - 2 0 7 ) ; BVerwG DVB1. 1971, 756f. (756); zum zeitlichen Aspekt der Bindung BVerwG DVB1. 1973, 38 ff. (39) - insoweit in BVerwGE 40, 173 nicht abgedruckt. Zum Einfluß einer nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage s. Franßen, BauR 1976, 305 ff. BVerwGE 31, 274 (276 - 278). BVerwGE 31, 22 (24) = DVB1. 1970, 72 f. mit Anm. Steiner. Vgl. BVerwG DÖV 1974, 201 f.

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Zu Unrecht erteilte Teilungsgenehmigungen können nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen, nunmehr nach § 48 VwVfG, zurückgenommen werden, wobei die Beteiligten einen (allerdings nicht unbegrenzten) Vertrauensschutz303 genießen. Das gilt in gleicher Weise auch für die lediglich wegen Fristablaufs fingierten Genehmigungen, sofern der Inhalt der Genehmigungsfiktion mit dem materiellen Recht in Widerspruch steht304. — Die Bindungswirkung der erteilten und der fingierten Genehmigung greift auch gegenüber den von dem Vorhaben betroffenen Nachbarn durch. Deshalb können diese bei Verletzung von nachbarschützenden Vorschriften305 die Genehmigung anfechten 306 . cc) Gemeindliches Vorkaufsrecht: Die §§ 24 — 28 a BBauG räumen den Gemeinden unter bestimmten Voraussetzungen ein Vorkaufsrecht ein, um ihnen die Möglichkeit zu verschaffen, auch ohne das äußerste Mittel der Enteignung Grundstücke für die Durchführung der Bauleitplanung zu erwerben und zugleich den Aufkauf durch spekulierende, aber nicht bauwillige Käufer zu steuern. Das Vorkaufsrecht307 beruht auf öffentlichem Recht; es ist durch Verwaltungsakt auszuüben3073. Jedoch sind die bürgerlich-rechtlichen Bestimmungen im wesentlichen anwendbar (§ 24 IV BBauG). Der Umfang des Vorkaufsrechts ist durch die seit 1. Januar 1977 geltende Novelle erheblich ausgedehnt worden. Das Gesetz unterscheidet zwei Arten: Ein allgemeines Vorkaufsrecht besteht nach § 24 I BBauG an allen (bebauten und unbebauten) Grundstücken, die entweder im Geltungsbereich eines Bebauungsplans oder in Gebieten liegen, für die die Aufstellung eines Bebauungsplans beschlossen worden ist oder die in ein Verfahren zur Bodenordnung einbezogen worden sind. Besondere Vorkaufsrechte dienen zur Wahrung von städtebaulichen Erhaltungszielen (§ 24 a i. V. m. § 39 h BBauG), zur Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung (§ 25 BBauG) und zur Beschaffung von Austausch- oder Ersatzland (§ 25 a BBauG). Mit der Ausübung des Vorkaufsrechts erwirbt die Gemeinde das Grundstück zum Verkehrswert nicht zu dem ggf. höheren vereinbarten Kaufpreis (sog. preislimitiertes Vorkaufsrecht, §28a II BBauG)308. Allerdings bleibt dem Veräußerer in der Mehrzahl der Fälle die Möglichkeit eines Rücktritts vom Kaufvertrag (§ 28 a III BBauG). Die Gemeinde hat das durch Vorkauf erworbene Grundstück (soweit es nicht für öffentliche Zwecke benötigt wird) wieder zu veräußern, sobald der mit dem Erwerb verfolgte Zweck verwirk303

Dazu BVerwG NJW 1978, 338f.; vgl. auch Ziegler, DÖV 1977, 274ff. Dazu (und zum Ausmaß des ggf. eingreifenden Vertrauensschutzes der Beteiligten) BVerwGE 48, 87 (90 - 94); von Mutius, VerwArch 67 (1976), S. 317ff. Eine verspätete Versagung kann aber nicht in eine Rücknahme der infolgedessen eingetretenen fingierten Genehmigung umgedeutet werden, BVerwG DVB1. 1975, 516 ff. (517 — 305 306 518). S. unten Abschnitt III. 8a. BVerwG DVB1. 1970, 65f. 307 Zu den Entstehungsvoraussetzungen s. BGH DVB1. 1971, 317f; BayVGH BauR 1980, 249 f. (250). 307a Zum Rechtsschutz s. W. Martens / Horn, DVB1. 1979, 146 ff. 308 Dazu eingehend Schmidt-Eichstaedt, DÖV 1978, 130ff.; Amann, DVB1. 1979, 807ff. 304

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licht werden kann (§ 26 I — III BBauG). Das gleiche gilt, wenn der ursprüngliche Erwerbszweck nachträglich entfallen ist (§ 26 IV BBauG). b) Die Rechtslage nach dem StBFG: Zur verfahrensmäßigen Sicherung der Sanierungsmaßnahmen sieht § 15 StBFG ein Bündel von Genehmigungsvorbehalten 309 vor 310 . Sie werden mit der förmlichen Festlegung eines Sanierungsgebiets bzw. eines städtebaulichen Entwicklungsbereichs (vgl. § 57 I Nr. 3 StBFG) wirksam. Die von der Gemeinde zu erteilende sog. Sanierungsgenehmigung tritt neben die gegebenenfalls erforderliche Baugenehmigung für ein Vorhaben und bedingt diese 3 ". Der Genehmigungsvorbehalt umfaßt insbesondere auch die Wirkungen einer Veränderungssperre (§§ 14ff. BBauG) sowie die Genehmigungstatbestände des Bodenverkehrsrechts (§§ 19ff. BBauG) 312 . Wegen dieser Sonderregelung werden die §§ 14 — 22, 51 BBauG mit der förmlichen Festlegung des Sanierungsgebiets bzw. Entwicklungsbereichs unanwendbar (§§ 6 II, 57 I Nr. 2 StBFG). Mit der Festlegung tritt eine bestehende Veränderungssperre außer Kraft, ein Bescheid über die Zurückstellung eines Baugesuchs (§ 15 BBauG) wird unwirksam (§ 6 IV StBFG). Eine Bodenverkehrsgenehmigung nach § 19 BBauG verliert ihre Bindungswirkung (§ 6 III 1 StBFG i. V. m. § 21 III BBauG), wobei sich allerdings ein Entschädigungsanspruch für den Betroffenen ergibt (§ 6 III 2 StBFG). Mit der förmlichen Festlegung entsteht ein allgemeines Vorkaufsrecht der Gemeinde an allen Grundstücken des Sanierungsgebiets bzw. des Entwicklungsbereichs (§§ 17, 57 I Nr. 4 StBFG) 313 . Es ersetzt die Vorkaufsrechte nach §§ 24ff. BBauG 314 . Dabei ist vorausgesetzt, daß im Einzelfall zuvor eine Sanierungsgenehmigung nach § 15 I Nr. 1 StBFG erteilt wurde, weil andernfalls das Vorkaufsrecht mangels wirksamen Veräußerungsgeschäfts nicht ausgeübt werden könnte. Wird die Sanierungsgenehmigung versagt, so kann die Gemeinde das in § 18 StBFG vorgesehene besondere Grunderwerbsrecht315 ausüben. Es handelt sich dabei der Sache nach um eine vorgezogene, verfahrensmäßig vereinfachte Enteignung. Anknüpfungspunkt ist die Tatsache, daß der Eigentümer durch den Antrag auf Erteilung einer Sanierungsgenehmigung zum Zwecke der Veräußerung bekundet hat, daß er selbst an der beschlossenen Sanierung nicht mitwirken will316. 309 310 311 312

313 314 315 316

Katalog in § 15 I Nr. 1 - 5, II Nr. 1 - 4 StBFG. Zu den verfassungsrechtlichen Fragen s. Bielenberg, StBFG, § 15 Rdnr. 87 ff. Vgl. Bielenberg, StBFG, § 15 Rdnr. 27. Eingehend dazu Dittus, Die bodenrechtlichen Vorschriften des StBFG, WiR 1974, 425 ff. Vgl. Dittus, WiR 1974, 425 ff. (431 - 432). Bielenberg, StBFG, § 17 Rdnr. 3, 4. Dazu Clasen, NJW 1973, 1905 ff. Zu«den verfassungsrechtlichen Problemen der Regelung s. Forsthoff, DWW 1971, 76ff.; Meyer, AöR 97 (1972), S. 12ff. (20 - 21); Bielenberg, StBFG, § 18 Rdnr. 5ff.; Gaentzsch, StBFG, § 18 Anm. 4.

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6. Bauleitplanung und privates Grundstückseigentum Die städtebauliche Ordnung, wie sie durch die Bauleitplanung hergestellt werden soll, bezieht sich auf Grundflächen, die im Augenblick der planerischen Entscheidung regelmäßig ganz überwiegend in privatem Eigentum stehen. Sie läßt sich nur dadurch verwirklichen, daß auf dieses Eigentum eingewirkt wird 317 . In einer Reihe von Fällen ist es notwendig, Grundstücke im Wege der „klassischen" Enteignung auf die Gemeinde oder einen Dritten zu übertragen, um den angestrebten Ordnungszustand herbeizuführen. In der Regel bleiben die Grundstücke dagegen zwar in der Hand der bisherigen Eigentümer; ihre Nutzung wird aber beschränkt oder in bestimmter Weise gelenkt. Bei beiden Fallgestaltungen ergibt sich die Frage, welche Entschädigungsansprüche den betroffenen Grundeigentümern zustehen. a) Enteignungsrecht .Das BundesbauG regelt in seinem 5. Teil318 die Enteignung von Grundeigentum, soweit diese notwendig ist, um die Zwecke der Bauleitplanung zu erreichen. Es lehnt sich dabei eng an die traditionellen, rechtsstaatlich geprägten Grundsätze des Enteignungsrechts an. aa) Enteignungstatbestände: Gegenstand der Enteignung (§ 86 BBauG) sind das Eigentum und sonstige dingliche Rechte an Grundstücken, ferner obligatorische Rechte zum Erwerb, zum Besitz oder zur Nutzung von Grundstükken (z. B. aus Kauf-, Miet- oder Pachtverträgen). Im Wege der Enteignung können außerdem Nutzungsverhältnisse an Grundstücken begründet werden. Die Enteignung darf nur zu einem von fünf im Gesetz abschließend normierten Zwecken erfolgen (§ 85 BBauG). Praktisch am bedeutsamsten ist dabei der Zweck, das Grundstück entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans zu nutzen oder eine solche Nutzung vorzubereiten (§ 85 I Nr. 1 BBauG, z. B. Enteignung von Grundstücken, die für Verkehrszwecke oder zur Errichtung von öffentlichen Gebäuden, für Parkanlagen usw. ausgewiesen sind). Die Zulässigkeit jeder Enteignungsmaßnahme im einzelnen Fall setzt voraus, daß sie durch das Wohl der Allgemeinheit gefordert wird und der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise nicht erreicht werden kann (§ 87 I BBauG, Prinzip der Verhältnismäßigkeit]I319. Sie ist nach Art und Umfang auf das Maß zu beschränken, das zur Verwirklichung des Enteignungszwecks unbedingt erforderlich ist (§ 92 I BBauG, Prinzip des geringstmöglichen Eingriffs). Allerdings müssen die Festsetzungen eines rechtswirksamen Bebauungsplans im Enteignungsverfahren grundsätzlich hingenommen werden. Die Erforderlichkeit einer Enteignungsmaßnahme läßt sich insoweit nicht mit der Begründung anzweifeln, die im Plan vorgesehene Bodennutzung ent317

318 319

Zum folgenden s. V. Götz, Bauleitplanung und Eigentum, 1969, insb. S. 39ff.; Kimminich, BK, Rdnr. 139ff. zu Art. 14 GG; Hoppe, DVB1. 1964, 165ff. §§ 85 - 122 BBauG. Näher dazu BGH NJW 1977, 955ff. (955 - 956).

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spreche nicht dem öffentlichen Interesse 320 . Wohl aber muß im Einzelfall geprüft werden, ob das öffentliche Wohl zur Durchführung des Plans gerade im gegenwärtigen Zeitpunkt die Enteignung des konkret betroffenen Grundstücks fordert 321 . bb) Enteignungsverfahren: Die Zuständigkeit für die Durchführung der Enteignung liegt bei der vom Landesrecht bestimmten höheren Verwaltungsbehörde (§ 104 I BBauG). Sie entscheidet in einem eingehend geregelten förmlichen Verfahren 322 . Die Enteignungsbehörde hat zunächst auf eine Einigung (§ 110 BBauG) zwischen den Beteiligten hinzuwirken. Kommt sie zustande, so wird sie förmlich protokolliert. Sie wirkt rechtlich wie ein nicht mehr anfechtbarer Enteignungsbeschluß. Scheitert die Einigung, dann wird aufgrund obligatorischer mündlicher Verhandlung durch Beschluß entschieden (§§112, 113 BBauG). Der Enteignungsbeschluß setzt zugleich Art und Höhe der Entschädigung fest. Sobald er unanfechtbar geworden und die Geldentschädigung gezahlt oder zulässigerweise hinterlegt worden ist, ordnet die Enteignungsbehörde die Ausführung des Beschlusses an (§ 117 BBauG). Die Ausföhrungsanordnung erzeugt dingliche Wirkung. Mit dem von ihr festgesetzten Tag geht das Eigentum oder das sonstige Recht kraft Gesetzes auf den von der Enteignung Begünstigten über (§ 117 V 1 BBauG). Ist die sofortige Ausführung der beabsichtigten Maßnahme aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit dringend geboten, so kann die Enteignungsbehörde den Begünstigten bereits vor rechtskräftigem Abschluß des Verfahrens durch eine vorzeitige Besitzeinweisung ermächtigen, den Enteignungszweck zu verwirklichen (§116 BBauG). Wird der Enteignungsantrag später abgewiesen, dann ist der frühere Zustand wiederherzustellen und Entschädigung für die dem Eigentümer erwachsenen Nachteile zu leisten (§ 116 VI BBauG). cc) Entschädigung: Die Entschädigung wird nach dem Verkehrswert des Grundstücks oder des sonstigen Gegenstandes der Enteignung bemessen (§ 95 I BBauG). Maßgebender Zeitpunkt für die Wertberechnung ist der Tag, an dem die Enteignungsbehörde über den Enteignungsantrag entscheidet. § 95 II BBauG unterwirft diesen Grundsatz aber einigen Einschränkungen. Insbesondere bleiben Wertsteigerungen, die in der Aussicht auf eine erst langfristig zu erwartende Änderung der baulichen Nutzung („Heraufzonung" des Grundstücks) eingetreten sind, und Wertänderungen infolge der bevorstehenden Enteignung unberücksichtigt (§ 95 II Nr. 1, 2 BBauG) 322a . Die Entschädigung wird in Geld, durch Beschaffung von Ersatzland oder durch Gewährung von anderen Rechten geleistet (§§ 99 - 101 BBauG) 323 . Ergibt sich nachträglich, daß die enteigneten Grundstücke nicht zu dem Enteig320

Dazu BGH NJW 1967, 103 ff. (104 - 105) u. 1967, 2305 f. (2306). BGH NJW 1976, 1266f.; BGH NJW 1977, 955ff. (956). 322 Im einzelnen s. §§ 105 - 122 BBauG. 322a Zur Abgrenzung vgl. z. B. BGH NJW 1980, 2814ff. (2816 - 2817). 323 Vgl. auch die Sonderregelungen in § 22 III StBFG. 321

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nungszweck verwendet werden, so kann der frühere Eigentümer unter gewissen Voraussetzungen verlangen, daß sie im Wege der sog. Rückenteignung wieder auf ihn übertragen werden (§ 102 BBauG) 323a . dd) Gerichtliches Verfahren: Nach den allgemeinen Regeln wären für Streitigkeiten über die Höhe der Entschädigung die ordentlichen Gerichte 324 , für die Anfechtung aller anderen im Enteignungsverfahren ergehenden Maßnahmen dagegen die Verwaltungsgerichte 325 zuständig. Diese Zweigleisigkeit müßte aber zu erheblichen praktischen Schwierigkeiten führen, vor allem, wenn im Einzelfall die Festsetzung der Entschädigung und andere Teile eines Enteignungsbeschlusses gleichzeitig angegriffen werden. Der sachlich am angemessensten erscheinende Weg, eine einheitliche Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte zu begründen, war dem Gesetzgeber verwehrt, weil die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für Entschädigungsfragen auf Verfassungsrecht beruht. Das BBauG hat deshalb die Entscheidung in Enteignungssachen insgesamt den ordentlichen Gerichten zugewiesen, bei denen für diese Aufgabe besondere Kammern (LG) und Senate (OLG) für Baulandsachen326 einzurichten sind 327 . In diesem Bereich entscheiden die ordentlichen Gerichte also über die Anfechtung von Verwaltungsakten. Die Kammern und Senate für Baulandsachen sind jeweils mit drei Richtern der ordentlichen und zwei Richtern der Verwaltungsgerichtsbarkeit besetzt (§§ 160 I, 169 BBauG). Mögliche Zweifel, ob diese Spruchkörper wegen der Hinzuziehung von Verwaltungsrichtern noch als ordentliche Gerichte im Sinne des Art. 14 III S. 4 G G angesehen werden können, hält das BVerfG nicht für begründet 328 . b) Entschädigung für Beschränkungen der Eigentümerrechte: Während die Rechtslage bei den Entscheidungen, die im Rahmen eines förmlichen Enteignungsverfahrens getroffen werden, eindeutig ist, kann durchaus zweifelhaft erscheinen, inwieweit bereits bloße Planungsmaßnahmen enteignenden Charakter besitzen. Soweit das der Fall sein sollte, wäre der Gesetzgeber an Art. 14 III G G gebunden. Er hätte vor allem in dem ermächtigenden Gesetz selbst Art und Ausmaß der Entschädigung zu regeln. aa) Grundsätzliche Entschädigungslosigkeit: Das Eigentum an Grund und Boden unterliegt angesichts seiner besonderen Bedeutung für die Allgemeinheit, seiner konkret-situationsbezogenen Unveränderlichkeit und seiner Un323a

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327 328

Wegen der dabei auftretenden Entschädigungsfragen s. BGH BauR 1980, 456ff. (457 - 458). Art. 14 III 4 GG. §§ 40, 42 I VwGO. Zu deren Stellung s. BGHZ 40, 148 (152ff.); 41, 249 (252 - 253); BGH NJW 1976, 1264 ff. (1265). Zur Zuständigkeit im einzelnen s. §§ 157 I, 169 BBauG, § 86 II StBFG. BVerfG E 4, 387 ( 4 0 0 - 4 0 8 ) ; dazu auch Weyreuther, BauR 1975, 1 ff.; Bielenberg, DVB1. 1971, 441 ff.

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vermehrbarkeit einer verstärkten Sozialpflichtigkeit im Sinne des Art. 14 II GG 329 . Zu den ihm auferlegten immanenten Beschränkungen gehört auch der Grundsatz, daß es nur im Rahmen einer sinnvoll geordneten städtebaulichen Entwicklung genutzt werden darf. Infolgedessen wirkt die Bauleitplanung, die diese Entwicklung lenkt, regelmäßig nicht als Enteignung 330 . Sie dient vielmehr gerade umgekehrt dazu, eine optimale Verwirklichung der Eigentumsrechte aller Beteiligten zu gewährleisten und bewirkt insoweit eine Verstärkung der Eigentumsgarantie 331 . Soweit der Gesetzgeber die Exekutive zu Maßnahmen der Bauleitplanung ermächtigt, bewegt er sich demnach grundsätzlich im Bereich der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die keine Entschädigungspflicht auslöst. Das gilt ganz allgemein von den Regelungen über den Flächennutzungsplan; seine wertmindernden Auswirkungen müssen entschädigungslos hingenommen werden 332 . Es gilt im Regelfall aber auch für den Bebauungsplan. Der Schutzgehalt der Eigentumsgarantie ist in die planerische Abwägung gemäß § 1 VI BBauG einzustellen 333 . Er beeinflußt damit seinerseits das Planungsergebnis. Dieses Ergebnis muß dann aber, wenn bei seinem Zustandekommen die Anforderungen des Art. 14 I GG beachtet worden sind, als Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums entschädigungslos hingenommen werden 334 . Besondere Bedeutung erlangt diese Frage, wenn eine Umzonung von Gebieten sich auf benachbarte, nicht von der Planänderung erfaßte Flächen schädigend auswirkt 335 . bb) Entschädigungspflicht für Planungsschäden: In einer Reihe von Fallgruppen greifen die Wirkungen der Bebauungspläne, der vorbereitenden Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung sowie der Pläne nach dem StBFG aber so tief in die Belange der betroffenen Grundstückseigentümer ein, daß der Gesetzgeber sich zu einer Entschädigungsregelung veranlaßt gesehen hat. Dabei wird er im allgemeinen davon ausgegangen sein, daß es sich hier nach Art und Intensität der betreffenden Maßnahmen um enteignende Eingriffe handle. Ob diese Annahme vollständig zutrifft, kann dahingestellt bleiben, weil das Gesetz nicht gehindert ist, auch über den Bereich der Enteignung hinaus Entschädigungsansprüche zu gewähren 336 . Auf die Qualifizie329

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S. zu den gesetzlichen Beschränkungen des Boden Verkehrs BVerfGE 21, 73 (83 — 84); 21, 99 (101); 21, 306 (310 - 311). Vgl. zum rheinl.-pfälz. Aufbaugesetz vom 1. 8. 1949: BVerfGE 11, 294 (297 - 298); allgemein dazu H. Westermann, Fs. f. H. C. Nipperdey, 1965, Bd. I, S. 765 ff. Vgl. Schaumann, JZ 1970, 48ff. (52); Götz, a. a. O., S. 41, 51. Oben Abschnitt II, 3 b, dd. Vgl. dazu eingehend Weyreuther, DÖV 1977, 419ff. Dazu eingehend BVerwGE 47, 144 (153 - 155). Vgl. BVerwGE 47, 144 (155 - 156), aber auch das problematische „Wannsee-Urteil" BGHZ 48, 46 = JZ 1968, 225 ff. mit krit. Anm. Peter. Eingehend zu dieser Problematik Breuer, Die Bodennutzung, a. a. O., S. 252 — 303. Vgl. allerdings Bielenberg, DVB1. 1974, 113 ff.

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rung einer bestimmten Maßnahme als Enteignung im verfassungsrechtlichen Sinne käme es nur dann an, wenn geltend gemacht würde, sie sei zu Unrecht nicht in die Entschädigungsregelung einbezogen worden bzw. die vom Gesetzgeber zugebilligte Entschädigung bleibe hinter dem verfassungsrechtlich gebotenen Maß zurück. Im Mittelpunkt des Planungsschadensrechts steht die (gegenüber den übrigen Tatbeständen allerdings subsidiäre; vgl. § 44b III 1 BBauG) Regelung des im Gesetzgebungsverfahren heftig umstrittenen § 44 I BBauG n. F. Danach kann der Eigentümer eine angemessene Entschädigung verlangen, wenn die bisher planerisch zulässige Nutzung seines Grundstücks aufgehoben oder geändert wird (sog. Herabzonung) 337 . Im Gegensatz zum früheren Recht wird der durch die bisherige höhere Nutzungsmöglichkeit bedingte Wert aber nicht mehr zeitlich unbegrenzt, sondern nur noch innerhalb einer Siebenjahresfrist ab Beginn ihrer Zulässigkeit geschützt 338 (§ 44 II BBauG). Hat der Eigentümer innerhalb dieser Frist von der Nutzungsmöglichkeit keinen Gebrauch gemacht, so wird er bei späterer Herabzonung nach § 44 III BBauG nur noch für Eingriffe in die tatsächlich ausgeübte Nutzung entschädigt 339 . Die Regelung setzt den Eigentümer einerseits unter einen mittelbaren Druck zur plankonformen Nutzung und wirkt damit der Bodenhortung entgegen. Andererseits erweitert sie faktisch die Möglichkeit der Gemeinden zu späteren Umplanungen, indem sie die Entschädigungslasten in Grenzen hält. Ohne zeitliche Begrenzung wird bei Planänderungen der Vertrauensschaden entschädigt, den Eigentümer oder sonstige Nutzungsberechtigte dadurch erleiden, daß sie im Vertrauen auf den Bestand eines Bebauungsplans Vorbereitungen für die Verwirklichung der in ihm zugelassenen Nutzung getroffen haben, (§ 39j BBauG, z. B. Architektenhonorare). Entschädigungsleistungen sind ferner vorgesehen bei bestimmten Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung (§§ 18 1 1,21 II 2, 28 BBauG), sodann bei der Festsetzung von Nutzungszwecken, die vom Eigentümer nicht selbst realisiert werden können (§40 I Nr. 1—3, 5 — 11, 13 BBauG), beim Ausschluß einzelner im Plangebiet gelegener Flächen von der Bebaubarkeit (§ 40 I Nr. 4, 12 BBauG), bei der Begründung von Geh-, Fahr- und Leitungsrechten (§ 42 BBauG) sowie bei der planerischen Festlegung einer bestimmten Bepflanzungsart (§ 43 I BBauG). Eine Entschädigung ist ausgeschlossen, soweit die betroffenen Bodenwerte darauf beruhen, daß die bisher zulässige Nutzung den allgemeinen Anforderungen an gesunde und sichere Wohn- und Arbeitsverhältnisse nicht ent337

338

339

Nach BGH BauR 1975, 317ff. (320 - 321) gilt das entsprechend, wenn auf Grund von § 34 BBauG eine wertmindernde Nutzungsänderung erzwungen wird. Zur Problematik dieser Regelung s. Breuer, DÖV 1978, 189ff. ( 1 9 4 - 196); Papier, BauR 1976, 297ff.; Wendt, DVB1. 1978, 356ff. (358 - 360). Zur Anwendbarkeit des § 44 BBauG. n. F. auf Rechte, die vor dem 1. Januar 1977 entstanden sind, vgl. die Übergangsregelung in Art. 3 § 10 I des G vom 18. Aug. 1976 (BGBl. I, S. 2221); dazu Gaentzsch, a. a. O. Vorbem. §§ 39j - 44c, Anm. 7.

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spricht340 oder daß die Nutzung des Grundstücks wesentlich zu städtebaulichen Mißständen in dem betroffenen Gebiet beiträgt. Die Entschädigung für Maßnahmen nach dem StBFG richtet sich im Grundsatz nach den Vorschriften des BBauG (vgl. §§ 23 I, 86 I StBFG), sie weist aber eine Reihe von Besonderheiten auf. Modifikationen ergeben sich namentlich aus § 22 StBFG 341 . Darüber hinaus enthält das Gesetz eine Reihe von spezifischen Entschädigungstatbeständen, so für die Ausübung des gemeindlichen Grunderwerbsrechts (§18 IV StBFG) und für den Eingriff in Miet- und Pachtverhältnisse (§ 30 I StBFG). § 85 StBFG sieht einen Ausgleich für schwerwiegende wirtschaftliche Nachteile vor, die durch Maßnahmen in einem Sanierungsgebiet oder einem städtebaulichen Entwicklungsbereich eintreten und für den Betroffenen in seinen persönlichen Lebensumständen, im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich eine besondere Härte bedeuten. Dieser allgemeine Härteausgleich 342 ist gegenüber den einzelnen Entschädigungstatbeständen subsidiär. Beide Gesetze geben dem Betroffenen unter bestimmten Voraussetzungen das Recht, die Übernahme seines Grundstücks durch die öffentliche Hand zu verlangen, wenn es ihm infolge von Planfestsetzungen oder sonstigen Eingriffen nicht möglich oder nicht zumutbar ist, das Grundstück weiterhin zu nutzen bzw. den gesetzlichen Anforderungen nachzukommen (§ 40 II BBauG: bei Umzonung, § 15 VII StBFG: bei Versagung der Sanierungsgenehmigung). In diesen Fällen ist eine Entschädigung nach Enteignungsgrundsätzen zu leisten (§ 44b I i. V. m. §§ 93ff. BBauG; § 15 VII 3 - 4 StBFG i. V. m. §§ 93 ff. BBauG). Der Eigentümer kann damit praktisch eine Enteignung erzwingen, die die Gemeinde von sich aus zunächst — etwa um die Entschädigungspflicht hinauszuschieben — nicht vornehmen möchte. 7. Bodenordnung, Erschließung, Ermittlung von Grundstückswerten

Einige weitere vom BBauG geregelte Sachgebiete können hier nur kurz erwähnt werden. a) Bodenordnung343: Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans kann das Eigentum an bebauten und unbebauten Grundstücken durch Umlegung zum Zwecke der Erschließung in der Weise neugeordnet werden, daß Grundstükke entstehen, die nach Lage, Form und Größe für die bauliche oder sonstige Nutzung zweckmäßig gestaltet sind344. Das Umlegungsverfahren kommt vor 340

341 342 343 344

Vgl. dazu BGHZ 48, 193 („Kölner Hinterhaus-Fall"); BGH BauR 1975, 270ff.; BGH NJW 1980, 2814ff. (2817); s. auch den Überblick bei Hußla, in: Fs. f. Riese, 1964, S. 329 ff. Näher dazu Dittus, WiR 1974, 425 ff. (440 - 443). Vgl. Bielenberg, StBFG, § 85 Rdnr. 1 ff. Dazu auch Rüfner, Bodenordnung und Eigentumsgarantie, JuS 1973, 593ff. §§ 45 - 79 BBauG; vgl. dazu die speziellen Vorschriften des StBFG: §§ 16, 27 VI, 41 V, 57 II sowie für die Überleitung §§ 6 V, 10 IV StBFG.

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allem in Betracht um in Gebieten mit stark zersplitterten Kleinstparzellen eine ordnungsgemäße Bebauung zu ermöglichen. Ähnlichen Zwecken dient die Grenzregelung zwischen benachbarten Grundstücken (§§ 80 — 84 BBauG), die durch Verwaltungsakt erfolgt. Sie ist außer im Geltungsbereich eines Bebauungsplans auch innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile zulässig. b) Erschließung: Die Regelung über die Erschließung von Grundstücken (§§ 123 — 126 BBauG) 345 geht davon aus, daß die bauliche Nutzung unter heutigen Gegebenheiten nicht ohne den Anschluß an das gemeindliche Verkehrs- und Versorgungsnetz möglich ist. Das Gesetz bürdet die Erschließungslast, d. h. die Pflicht zur Herstellung der erforderlichen Anlagen, den Gemeinden auf (§ 123 I BBauG), räumt den interessierten Baulustigen aber keinen Rechtsanspruch auf Erschließung ein (§ 123 IV BBauG). Die Erschließung erfolgt aufgrund der Festsetzungen eines Bebauungsplans (§125 I BBauG). Die Gemeinden können ihre Aufwendungen durch Erhebung von Erschließungsbeiträgen (§§ 127 - 135 BBauG) bis zu 90 v. H. (§ 129 I 3 BBauG) auf die Eigentümer der erschlossenen Grundstücke abwälzen 346 . c) Ermittlung von Grundstückswerten: Bei zahlreichen städtebaulichen Maßnahmen — z. B. bei der Enteignung eines Grundstücks —, aber auch bei privaten Kaufverhandlungen kommt es auf die Kenntnis des Verkehrswerts von Grundstücken an. Um hier eine möglichst objektive Grundlage zu schaffen, setzt das Gesetz unabhängige Gutachterausschüsse ein und stattet sie mit besonderen Befugnissen zur Ermittlung der Wertverhältnisse aus347. Die von den Ausschüssen erstatteten Gutachten haben allerdings im Regelfall keine bindende Wirkung (§ 143 BBauG).

III. D a s Bauordnungsrecht Das Bauordnungsrecht regelt die Errichtung, Änderung, Nutzung und den Abbruch von baulichen Anlagen 348 , insbesondere von Gebäuden 349 . 345 346

347 348

Dazu Weyreuther, DVB1. 1970, 3 ff. mit Nachw. Vgl. dazu Bauemfeind / Clauß u. a., Grundfragen des Erschließungsbeitragsrechts in der kommunalen Praxis, 2. Aufl. 1978; Rechtsprechungsnachweise dazu bei Rieger, DVB1. 1970, 813ff.; s. auch Steiner, Bauleitplanung und Erschließungsbeitragsrecht, BayVBl. 1973, 454ff. §§ 1 3 6 - 144 BBauG. „Bauliche Anlagen" („Bauwerke") sind nach der Legaldefinition des § 2 II S. 1 MBauO mit dem Erdboden verbundene, aus Baustoffen und Bauteilen hergestellte Anlagen. — Zur Selbständigkeit des bauordnungs-(landes-)rechtlichen Begriffs der baulichen Anlage gegenüber dem bauplanungs-(bundes-)rechtlichen Begriff und zu den (verhältnismäßig geringfügigen) Abweichungen beider Begriffe s. BVerwGE 39, 154 ( 1 5 6 - 158); 44, 59 ( 6 0 - 6 1 ) . Im Zweifelsfall muß, da Bauordnungs- und

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Von der Bauleitplanung unterscheidet es sich durch seine Blickrichtung: Bei der Planung steht die räumliche Entwicklung des beplanten, als Einheit gesehenen Gebiets im Vordergrund; das jeweilige konkrete Bauvorhaben wird nur insoweit von der rechtlichen Regelung erfaßt, wie es sich um seine Einfügung in den jeweils festgelegten Gebietscharakter handelt. Das Bauordnungsrecht beschäftigt sich dagegen in erster Linie mit dem einzelnen Bauwerk als solchem, mit seinen Eigenschaften, seiner Benutzbarkeit usw.; es regelt daneben lediglich die Beziehung des Bauwerks zu seiner unmittelbaren Nachbarschaft. Dabei kann es Anforderungen stellen, die über diejenigen des Bauplanungsrechts hinausgehen. So kann bauordnungsrechtlich die Einhaltung von Grenzabständen verlangt werden, auch wenn bauplanungsrechtlich eine Grenzbebauung zulässig sein sollte350. Die Betrachtungsweise der Bauleitplanung ist global, die der Bauordnung dagegen vornehmlich individuell. 1. Funktionen des Bauordnungsrechts Die Funktionen des Bauordnungsrechts lassen sich in drei Gruppen zusammenfassen: Gefahrenabwehr, Verhütung von Verunstaltungen und Verhütung von Mißständen bei der Benutzung der Bauwerke 351 . Außerdem werden von den Behörden der Bauüberwachung die Belange der Bauleitplanung im konkreten Fall wahrgenommen und eine Reihe außerbaurechtlicher Interessen geschützt. a) Gefahrenabwehr: Das Bauordnungsrecht regelt in erster Linie, wie bauliche Anlagen beschaffen sein müssen, damit Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere für Leben und Gesundheit, vermieden werden. Unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr werden sehr detaillierte Regelungen über die Beschaffenheit des Baugrundstücks352, die Notwendigkeit einer befahrbaren Angrenzung an eine öffentliche Verkehrsfläche 353 -, die Baustoffe und die Bauausführung aufgestellt, z. B. über die Fundamente eines Bauwerks, Art und Beschaffenheit der Wände, Decken, Dächer, Treppen, Aufzüge und Rettungswege, der Fenster und Türen, der Anlagen für die Belichtung und Lüftung, der Installationsschächte, Schornsteine, Beleuchtungsanlagen, Anlagen zur Wasserversorgung und Abwässerbeseitigung, sowie

349

350 351 352 353

Bauplanungsrecht nebeneinander anzuwenden sind, unter beide Anlagenbegriffe subsumiert werden; charakteristisch etwa OVG Münster, BRS 28, 1 lOff. (111). „Gebäude" sind selbständig benutzbare, überdachte bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können und geeignet oder bestimmt sind, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen. BVerwG DVB1. 1970, 830 f. (831). Charakteristisch: § 3 I MBauO. Vgl. z. B. VGH Mannheim BRS 24, 156ff. Vgl. z. B. OVG Münster NJW 1977, 725 f.

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über die Anlage von Garagen und Stellplätzen für Kraftfahrzeuge 354 und ähnliche Fragen 355 . Es geht dabei im wesentlichen um die Gewährleistung der Standsicherheit, um den Schutz vor Feuersgefahr, Lärm und Witterungseinflüssen, insgesamt um die Abwehr von Schäden, die sich aus dem Zustand und der bestimmungsgemäßen Nutzung der Bauwerke für Leib, Leben, Gesundheit und Eigentum der Bewohner und Benutzer sowie der Nachbarn und Passanten und für die öffentliche Ordnung 356 ergeben könnten. Dabei ist besonders bemerkenswert, daß der Gesetzgeber aus dem Entstehen städtischer Ballungszentren und den modernen technischen und soziologischen Gegebenheiten die Konsequenzen gezogen hat, indem er den Bereich der als Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu bewertenden unzumutbaren Belästigungen gegenüber früher erheblich erweitert hat (Lärmschutz). Die den Bauüberwachungsbehörden obliegenden Aufgaben der Gefahrenabwehr würden ihre materielle Rechtfertigung an sich bereits in der allgemeinen polizeilichen Generalklausel (vgl. § 14 preuß. PVG) finden. Die Mehrzahl der Landesbauordnungen hat diese Aufgabenstellung jedoch noch einmal ausdrücklich hervorgehoben 357 . Sie hat damit eine spezifisch baurechtliche Generalklausel eingeführt. Die Baufreiheit des Eigentümers wird im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eingeschränkt. Diese Einschränkung hat keinen enteignenden Charakter; sie zieht vielmehr lediglich die Konsequenzen aus der Sozialbindung des Eigentums. Soweit von der Errichtung oder der Benutzung baulicher Anlagen schädliche Umwelteinwirkungen oder sonstige Gefahren, erhebliche Benachteiligungen oder Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft ausgehen können, werden die bauordnungsrechtlichen Vorschriften über die Gefahrenabwehr ergänzt und teilweise überlagert durch die Regelungen des Immissionsschutzrechts, die im Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) 358 , den Landes-Immisionsschutzgesetzen und zahlreichen Ergänzungsvorschriften enthalten sind. Die sog. genehmigungsbedürftigen Anlagen (§ 4 BImSchG), im wesentlichen besonders emissionsträchtige gewerbliche Anlagen, unterliegen einem besonderen Genehmigungsverfahren, das das bauauf354

355

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357

358

Zum bauordnungsrechtlichen Charakter der Stellplatzvorschriften und ihrem Verhältnis zum Bauplanungsrecht s. VGH Mannheim BRS 25, 56ff. (60). Wegen der Einzelheiten s. §§ 4 - 7 2 MBauO; § § 4 - 7 4 bad.-württ. BauO; Art. 4 - 7 1 bayer. BauO; § § 4 - 7 2 berl. BauO; § § 4 - 7 4 hamb. BauO; § § 4 - 5 8 hess. BauO; § § 4 - 5 2 nieders. BauO; § § 4 - 7 0 nordrh.-westf. BauO; § § 3 - 7 9 rheinl.pfälz. BauO; § § 4 - 7 3 saarl. BauO; § § 4 - 7 3 schlesw.-holst. BauO. Zur Unzulässigkeit eines Vorhabens, dessen bestimmungsgemäße Nutzung die öffentliche Ordnung stören würde, s. OVG Koblenz, BRS 28, 107ff. (108 - 109). § 3 I S. 1 MBauO; § 3 I S. 1 bad.-württ. BauO; Art. 3 I S. 1 bayer. BauO; § 3 I S. 1 berl. BauO; § 3 I S. .1 hamb. BauO; § 5 9 II hess. BauO; § 3 I S. 1 nordrh.-westf. BauO; § 69 II rheinl.-pfälz. BauO; § 3 I S. 1 saarl. BauO; § 3 I S. 1 schlesw.-holst. BauO. Vom 15. März 1974 (BGBl. I, S. 721).

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sichtliche Verfahren ersetzt (vgl. § 13 BImSchG) 358a . Alle übrigen baulichen Anlagen sind so zu errichten und zu benutzen, daß die nach dem Stand der Technik vermeidbaren schädlichen Umwelteinwirkungen — namentlich durch Luftverunreinigungen und Geräusche — verhindert und die unvermeidbaren auf ein Mindestmaß beschränkt werden (§ 22 I BImSchG) 358b . b) Verhütung von Verunstaltungen: Da die Anlage und Gestaltung der Bauwerke unter den Bedingungen der modernen Zivilisation die Umwelt und den Lebenskreis des Menschen entscheidend prägt, kann es nicht genügen, im Bauwesen lediglich Gefahren für Leib, Leben und Eigentum abzuwehren. Das öffentliche Interesse an einer gesunden Entwicklung unserer Umwelt gebietet vielmehr, daß bei der Errichtung von baulichen Anlagen auch ästhetische Belange berücksichtigt werden. Dabei ist freilich Vorsicht und Zurückhaltung geboten. Der Staat besitzt keine Legitimation, bestimmte ästhetische oder gar künstlerische Maßstäbe zu entwickeln oder als Schiedsrichter zwischen konkurrierenden Anschauungen aufzutreten. Deshalb darf das Baurecht ästhetische Anforderungen nur insoweit stellen, als sie von einer weitgehenden communis opinio getragen werden. Die Regeln des Bauordnungsrechts, die sich mit der ästhetischen Ausgestaltung baulicher Anlagen befassen, werden unter dem Begriff des Baugestaltungsrechts zusammengefaßt 359 . Sie verlangen im wesentlichen, daß die Bauwerke „werkgerecht durchgebildet" 360 , „einwandfrei gestaltet" 361 und „mit ihrer Umgebung in Einklang gebracht" 362 werden. Sie dürfen nicht verunstaltet wirken 363 . Bau- und Naturdenkmäler sowie „andere erhaltenswerte Eigenarten der Umgebung" dürfen nicht beeinträchtigt werden. Dabei begnügt sich das Bauordnungsrecht im wesentlichen mit der Abwehr von negativen Auswirkungen. Es zielt nicht auf positive ästhetische Gestaltung ab 364 . Diese Maßstäbe erscheinen auf den ersten Blick recht weit. Sie sind aber 3S8a 358b 359

360 361

362

363

364

Dazu s. in diesem Band Breuer, Umweltschutzrecht, Abschn. V. 2. Dazu s. Breuer, a. a. O., Abschn. V. 3. S. insb. § 14 MBauO; §§ 3 I S. 2, 16 bad.-württ. BauO; Art. 3 I S. 2, 11 bayer. BauO; §§ 3 I S. 2, 14 berl. BauO: § 72 hamb. BauO; §§ 1 III, 53 nieders. BauO; §§ 3 I S. 3, 14 nordrh.-westf. BauO; § 5 rheinl.-pfälz. BauO; § 14 saarl. BauO; §§ 3 I S. 2, 14 schlesw.-holst. BauO. — Zum Baugestaltungsrecht näher Friauf / Wendt, Zur Zulässigkeit eines baurechtlichen „Denkmalschutzes" für Arbeiterwohnsiedlungen, 1980, S. 23 ff. Dazu eingehend OVG Berlin BRS 24, 170ff. (171 - 172). Und zwar nach Form, Maßstab, Verhältnis der Baumassen und Bauteile zueinander, Werkstoff und Farben (s. § 14 I MBauO). Derart, daß weder das Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild noch auch nur deren erst beabsichtigte Gestaltung gestört werden (s. § 14 II S. 1 MBauO). Zum baurechtlichen Verunstaltungsbegriff s. VGH München BayVBl. 1970, 259; VGH Mannheim BRS 22, 192ff. (193 - 195); 27, 180ff. ( 1 8 1 - 1 8 2 ) ; 27, 182ff. (183); 28, 199ff. (199 - 200); ferner Michel, Die Rechtsproblematik der Verunstaltungsbegriffe im Baurecht, 1967. Vgl. OVG Berlin BRS 24, 170ff. (174).

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soweit konkretisierbar, daß sie mit den rechtsstaatlichen Anforderungen an die normative Bestimmbarkeit im Einklang stehen365. Es handelt sich um unbestimmte Gesetzesbegriffe, die der richterlichen Nachprüfung unterliegen366. Maßgebend für die Beurteilung ist das Empfinden des sog. gebildeten Durchschnittsmenschen367. Auch bei den ästhetischen Anforderungen an die Baugestaltung handelt es sich um eine legitime Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die mit Art. 14 GG vereinbar ist368. Besondere praktische Bedeutung besitzen die Vorschriften über die Baugestaltung für Werbeanlagen. Diese unterliegen den baurechtlichen Verunstaltungsverboten auch insoweit, wie sie selbst gar keine baulichen Anlagen im Rechtssinne sind369. Bereits das preuß. ALR kannte Regeln über Verunstaltungen (§711 8). Da die liberale Staatsauffassung jedoch die Wahrnehmung bloß ästhetischer Belange nicht als Angelegenheit der Polizei ansah und sie deshalb auch aus dem Zuständigkeitsbereich der Baupolizei ausklammerte370, wurden besondere gesetzliche, formell-polizeiliche Aufgabenzuweisungen notwendig. Bedeutsam war hier zunächst § 1 des preuß. Gesetzes gegen die Verunstaltung landschaftlich hervorragender Gegenden 371 . Den Abschluß der Entwicklung bildete die reichsrechtliche VO über die Baugestaltung372, deren Regelungen von der MBauO und den Landesbauordnungen im wesentlichen übernommen worden sind. c) Wohlfahrts- und sozialpflegerische Aufgaben: Über die bloße Gefahrenabwehr hinaus schützt das Bauordnungsrecht verschiedene Interessen, die zum Bereich der Wohlfahrtspflege oder der Sozialpolitik im weiteren Sinne gerechnet werden müssen. Hierher zählen z. B. Vorschriften über die Schaffung von Grünanlagen und Kinderspielplätzen 373 sowie von Gemeinschafts365 366 367

368 369 370 371 372 373

S. BVerwGE 2, 172 (175 - 177). BVerwG, a. a. O. Dazu eingehend Schweiger, DVB1. 1968, 481 ff. BVerwGE 2, 172 (177); BVerwG DVB1. 1968, 507ff. (508); OVG Münster VerwRspr. 9, 973ff. (975); VGH München BayVBl. 1969, 318f.; OVG Münster BRS 24, 176 f.; dazu Schweiger, DVB1. 1968, 481 ff. und Kretschmer, DVB1. 1970, 55ff. — Strenger ist §14 III MBauO, wonach „das Empfinden des sachkundigen und erfahrenen Betrachters" entscheidet. Die Landesbauordnungen haben diese Musterregelung mit Ausnahme von Hamburg (§ 72 IV hamb. BauO) nicht übernommen. Vgl. z. B. § 14 nordrh.-westf. BauO. BVerwG DVB1. 1962, 178. S. z. B. § 15 II MBauO; § 15 II nordrh.-westf. BauO. Schlüssel-Entscheidung: (Pr.) OVG 9, 353 (Kreuzberg-Denkmal-Fall). Vom 15. Juli 1907 (GS S. 260). BaugestaltungsVO vom 10. Nov. 1936 (RGBl. I, S. 938). S. § 10 MBauO; § 13 bad.-württ. BauO; Art. 8 bayer. BauO; § 10 berl. BauO; § 63 hamb. BauO; § 10 hess. BauO; § 14 nieders. BauO; § 10 nordrh.-westf. BauO; §§22, 23 rheinl.-pfälz. BauO; § 10 schlesw.-holst. BauO. - Beispiel: OVG Berlin BauR 1976, 420 ff.

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anlagen374. Bestimmungen über Mindestanforderungen an Wohnungen und Arbeitsstätten375 sollen gewährleisten, daß sie für ihre Benutzer nicht nur ungefährlich, sondern zugleich auch menschenwürdig sind. Da die sozial- und wohlfahrtspflegerischen Aufgaben ebenso wie die Verhütung von Verunstaltungen nicht mehr zum Bereich der Gefahrenabwehr im materiellen Sinne zählen, werden sie von der baurechtlichen Generalklausel376 nicht umfaßt 377 . Es bedurfte deshalb spezifizierter Einzelregelungen. — Die Landesbauordnungen bestimmen z. T., daß die den Bauaufsichtsbehörden nach der Bauordnung obliegenden Aufgaben „als solche der Gefahrenabwehr gelten"31*. Diese Bestimmung hat formelle und organisatorische Bedeutung; sie ändert aber nichts an der sachlichen Natur der betreffenden Aufgaben. d) Vollzug der Bauleitplanung: Im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens379 haben die Bauaufsichtsbehörden die Entscheidungen zu verwirklichen, die im Wege der Bauleitplanung 380 getroffen worden sind. Eine Baugenehmigung darf im konkreten Fall grundsätzlich nur erteilt werden, wenn das Vorhaben mit den auf es anwendbaren Bestimmungen und Festsetzungen des Planungsrechts vereinbar ist381. Diese Regelung bildet das entscheidende Bindeglied zwischen den beiden Hauptgebieten des Baurechts: dem Recht der Bauordnung und dem der Bauleitplanung. e) Schutz außer-baurechtlicher Belange: Schließlich haben die Bauaufsichtsbehörden dafür Sorge zu tragen, daß eine Vielzahl von außer-baurechtlichen Vorschriften beachtet werden, soweit der Regelungsgehalt dieser Bestimmungen durch die Errichtung, Änderung, Nutzung oder den Abbruch von einzelnen baulichen Anlagen berührt wird. Es kann sich dabei z. B. um Vorschriften aus dem Bereich des Wege-382, Verkehrs-, Wasser-, Gewerbe- oder Naturschutzrechts handeln. Zur Sicherstellung der betreffenden Belange ist in verschiedenen Bestimmungen vorgesehen, daß die Bauerlaubnis nur mit Zustimmung der jeweils zuständigen Fachbehörde erteilt werden darf 383 . 374

375 376 377 378 379 380 381 382

383

§§73, 74 MBauO; §§ 7 5 - 7 6 bad.-württ. BauO; Art. 6 9 - 7 0 bayer. BauO; §73 berl. BauO; §§ 75 - 77 hamb. BauO; § 52 nieders. BauO; § 70 nordrh.-westf. BauO; §§ 74, 75 saarl. BauO; § 73 schlesw.-holst. BauO. Vgl. z. B. §§ 40 X, 55 - 57, 60 IV, 62 - 66 MBauO. § 3 I 1 MBauO. Wie hier Wolff / Bachof, VwR III, § 136 Rdnr. 25. Z. B. § 77 II nordrh.-westf. BauO. S. unten Abschn. III. 3. Oben Abschn. II. 3. S. dazu im einzelnen oben Abschn. II. 4a. Zur Bedeutung des straßenrechtlichen Anbauverbots und zu den Voraussetzungen einer Befreiung s. BVerwG NJW 1977, 120f. Z. B. § 9 II BFStrG.

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2. Die am Bau Beteiligten

Bei der Errichtung, Änderung oder dem Abbruch einer baulichen Anlage sind gemäß § 75 MBauO 384 der Bauherr385 und im Rahmen ihres jeweiligen Wirkungskreises die „anderen am Bau Beteiligten" (§§ 76 ff. MBauO) 386 dafür verantwortlich, daß die baulichen Vorschriften eingehalten werden. „Am Bau beteiligt" sind außer dem Bauherrn der Entwurfsverfasser 387 , der verantwortliche Bauleiter 388 und ein oder mehrere Unternehmer. Das Gesetz verlangt von diesen Personen, daß sie über die erforderliche Sachkunde und Erfahrung verfügen 389 . Es legt ihnen im Interesse der Bausicherheit eine Reihe von Pflichten auf. 3. Baugenehmigung (Bauerlaubnis)

a) Die materielle Baufreiheit: Das Baurecht steht seit Erlaß des § 65 I 8 preuß. ALR 390 unter dem Prinzip der materiellen Baufreiheit. Die ursprüngliche frühliberale Konzeption der Baufreiheit hat allerdings ihre Grundlage weithin verloren 391 . Es kann sich heute nicht mehr darum handeln, eine „natürliche" (vorstaatliche) Baufreiheit zu behaupten. Die Baufreiheit ist in die Rechtsordnung eingebunden, sie ist rechtlich geordnete Freiheit392. Damit hat sie indessen ihre Bedeutung nicht gänzlich eingebüßt 393 . 384

385

386

387 388 389 390 391

392 393

= § 77 bad.-württ. BauO; Art. 72 bayer. BauO; § 75 berl. BauO; § 81 hamb. BauO; § 76 hess. BauO; §71 nordrh.-westf. BauO; §76 saarl. BauO; §74 schlesw.-holst. BauO. Bauherr ist derjenige, der auf eigene Verantwortung eine bauliche Anlage vorbereitet und ausführt oder durch einen Dritten vorbereiten und ausführen läßt, dessen Wille also rechtlich die Verwirklichung des Vorhabens beherrscht; OVG Saarlouis, BRS 28, 317ff. (317). Auf das Eigentum am Baugrundstück kommt es dabei nicht an: OVG Koblenz BRS 17, 252ff. (253); VGH München BRS 16, 146f. (147). = §§ 78ff. bad.-württ. BauO; Art. 73ff. bayer. BauO; §§ 77ff. berl. BauO; §§ 82ff. hamb. BauO; §§78ff. hess. BauO; §§58ff. nieders. BauO; §§73ff. nordrh.-westf. BauO; §§83ff. rheinl.-pfälz. BauO; §§78 saarl. BauO; §§76ff. schlesw.-holst. BauO. Zum landesgesetzlichen „Planvorlagenmonopol" für Architekten s. BVerfGE 28, 364. Zur Haftung des Bauleiters s. Schmalzl, NJW 1970, 2265 ff. Vgl. näher OVG Lüneburg BauR 1975, 202 f. Dazu bereits oben Abschn. I 2 c. Insoweit zutreffend Schmidt-Aßmann, Grundfragen des Städtebaurechts, S. 89 — 94; zur Wandlung vgl. auch Badura, Eigentum im Verfassungsrecht der Gegenwart, Verh. des 49. DJT, 1972, Bd. II, 2 7 - 2 8 ; Sendler, Gedanken zu einer Neukonzeption der Eigentumsverfassung, 1972, S. 19 —20; Schrödter, DVB1. 1973, 763ff. ( 7 7 2 - 7 7 3 ) ; Breuer, DÖV 1978, 189ff. ( 1 9 0 - 192), mit weiteren Nachweisen. Dazu Götz, Bauleitplanung und Eigentum, 1969, S. 39 ff. Vgl. auch Hoppe, Bauleitplanung und Eigentumsgarantie, DVB1.1964, 165 ff. (166 — 168).

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Die Eigentumsgarantie (Art. 14 I GG) umfaßt das Recht des Eigentümers, sein Grundstück im Rahmen der Gesetze zu bebauen 394 . Das Recht zu bauen ist damit Ausfluß des Eigentums am Grundstück 395 . Es wird nicht lediglich als widerrufliche Befugnis vom Staat bzw. von der Gemeinde im Wege von planerischen Ausweisungen verliehen. An dieser Auffassung ist auch gegenüber neueren Stellungnahmen 396 festzuhalten, die die Baubefugnis vollständig vom Eigentum lösen und sie als verliehenes subjektiv-öffentliches Recht lediglich einem weitgehend reduzierten verfassungsrechtlichen Schutz unterstellen wollen397. Der Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung findet infolgedessen seine Grundlage unmittelbar in der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie und ist insofern „grundrechtlich fundiert" 398 . Der Gesetzgeber gestaltet (namentlich im Bauplanungsrecht) diesen Anspruch im Rahmen seiner Kompetenz zur Regelung von Inhalt und Schranken des Eigentums (Art. 14 I 2 GG) aus. Dabei unterliegt er aber seinerseits den allgemeinen verfassungsrechtlichen Grenzen, die seiner Regelungsbefugnis gezogen sind. b) Genehmigungspflicht: Obwohl der Gesetzgeber das Prinzip der Baufreiheit anerkennt, hat er die meisten baulichen Maßnahmen einer Genehmigungspflicht unterworfen 399 . Wegen der besonderen Bedeutung des Bauens, wegen der von der Errichtung von Bauwerken potentiell ausgehenden erheblichen Gefahren 400 und in Anbetracht der vielfach schwierigen Beurteilung der konkret eingreifenden baurechtlichen Anforderungen will er damit der Bauaufsichtsbehörde die Möglichkeit geben, in jedem Einzelfall vor Beginn der Bauausführung zu prüfen, ob das betreffende Vorhaben den materiellen Anforderungen des geltenden Baurechts entspricht. Die Einführung der Genehmigungspflicht soll das Bauen nicht als „an 394 395

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BVerfGE 35, 263 (276). BGH DVB1. 1973, 918 ff. (919); Papier, BauR 1976, 297 ff. ( 3 0 0 - 3 0 2 ) ; Wendt, DVB1. 1978, 356ff. ( 3 5 8 - 3 6 0 ) ; Ernst/Hoppe, Bau- und Bodenrecht, a.a.O., Rdnr. 160 ff. - Mit Recht sieht deshalb BVerwG NJW 1977, 120 f. (121) ein straßenrechtliches Anbauverbot, das einem Grundstück die andernfalls gegebene Bebaubarkeit entzieht, als Eingriff in das Eigentum an. Namentlich Breuer, Die Bodennutzung, a.a.O. S. 162ff.; Schulte, DVB1. 1979, 133ff. (insb. S. 138ff., 141); Schrödter, Bundesbaugesetz, §44 Rdnr. 8, mit weit. Nachw. Zum Streitstand s. Battis, DÖV 1978, 113ff. ( 1 1 8 - 121); Breuer, DÖV 1978, 189ff. ( 1 9 0 - 192). BVerwGE 42, 115 (116); 48, 271 (273); BVerwG DVB1. 1979, 67ff. (69); vgl. auch bereits BVerwGE 2, 172 (174). §§ 86 ff. MBauO; §§ 87 ff. bad.-württ. BauO; Art. 82 ff. bayer. BauO; §§ 80 ff. berl. BauO; §§ 91 ff. hamb. BauO; §§ 87ff. hess. BauO; §§ 68ff. nieders. BauO; §§ 80ff. nordrh.-westf. BauO; §§91 ff. rheinl.-pfälz. BauO; §§87ff. saarl. BauO; §§ 84ff. schlesw.-holst. BauO. Aus diesem Grunde ist dieses Verfahren unbedenklich. Vgl. Drews / Wacke / Vogel, Gefahrenabwehr, Bd. I, 8. Aufl. 1975, S. 214ff.

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sich" verbotene Tätigkeit qualifizieren und damit die Baufreiheit beseitigen. Sie hat vielmehr lediglich präventiven Charakter 401 . Die Baugenehmigung verleiht dem Bauherrn nicht erst das Recht zu bauen, sondern setzt es gerade voraus 402 . Rechtstechnisch handelt es sich um die Figur des sog. Verbots mit Erlaubnisvorbehalt403. Wer ohne die erforderliche Baugenehmigung (auch als „bauaufsichtliche Genehmigung", „Bauerlaubnis" und „Baukonsens" bezeichnet) ein Bauwerk errichtet, handelt formell baurechtswidrig404, und zwar auch dann, wenn sein Vorhaben den Anforderungen des materiellen Baurechts vollständig entspricht. Verstößt er zugleich gegen materielle Anforderungen, dann treffen formelle und materielle Baurechtswidrigkeit zusammen 405 . Die Baugenehmigung bildet nach überlieferter Auffassung lediglich einen feststellenden oder beurkundenden Verwaltungsakt. Nach der auf das preußische OVG 406 zurückgehenden Definition beinhaltet sie die Feststellung (Erklärung) der zuständigen Behörde, daß dem Bauvorhaben Hindernisse aus dem zur Zeit ihrer Erteilung geltenden Recht nicht entgegenstehen 407 . Diese Qualifizierung läßt sich jedoch nicht aufrechterhalten 408 . Sie verwechselt nämlich die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung mit ihrem Regelungsgehalt. Nach richtiger Auffassung hat die Baugenehmigung konstitutiven Charakter. Sie „gibt den Bau frei" 409 , verleiht also dem Baulustigen die ohne sie nicht existente Befugnis, mit der Verwirklichung seines Vorhabens zu beginnen 410 . Außerdem erzeugt sie eine materielle Schutzfunktion (sog. Feststellungswirkung). Sie sichert den Bestand des auf ihrer Grundlage errichteten Bauwerks vor einem Rückgriff auf das materielle Baurecht. Solange sie rechtlichen Bestand hat, d. h. nicht in zulässiger Weise zurückgenommen worden ist, kann die Frage der materiellen Legalität nicht aufgeworfen werden 4103 . Deshalb ist eine Abbruchverfügung unzulässig, selbst wenn die materielle Unvereinbarkeit des Bauwerks mit dem geltenden Recht inzwischen feststehen sollte 411 . 401 402 403

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BVerwGE 16, 116(120); B G H Z 2 6 , 10(11); BGH DVB1. 1973, 918ff. (919). BGH DÖV 1976, 133 f. (134). Hierzu ausführlich oben Friauf, Polizei- und Ordnungsrecht, Abschn. III. 2b, aa (2). 4 0 4 S. § 93 VII MBauO. 4 0 5 Wegen der eintretenden Rechtsfolgen, s. unter d. Bereits OVG 5, 376 (379); s. ferner OVG, 98, 220 (221). BVerwGE 16, 116 (120); 22, 129 (133); BVerwG BRS 16, 211; BRS 18, 84; BRS 18, 185; BRS 18, 186; OVG Berlin BRS 17, 256 ff. (257); OVG Koblenz BRS 17, 252 ff. (253). Aus dem Schrifttum: Fickert, a. a. O., § 31 Tz. 81;Mang / Simon, a. a. O., Rdnr. 3 zu Art. 91; Baltz / Fischer, a. a. O., S. 142. Zum folgenden Friauf, DVB1. 1971, 713ff. ( 7 1 9 - 7 2 2 ) ; vgl. auch Martens, JuS 1975, 69 ff. S. § 93 VII MBauO; § 95 VI bad.-württ. BauO; Art. 91 IX bayer. BauO; § 78 nieders. BauO; § 88 VIII nordrh.-westf. BauO. Zustimmend BGH DVB1. 1973, 918ff. (919); vgl. auch Scheerbarth, a. a. O., § 138. So jetzt auch BVerwG NJW 1980, lOlOf. (1010). Dazu VGH Kassel BRS 16, 205f. (206); BRS 18, 244ff. (245); BRS 18, 250ff. (251);

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„An der Genehmigung vorbei" dürfen allerdings nachträgliche Anforderungen aufgrund der polizeilichen Generalklausel oder aufgrund sondergesetzlicher Eingriffsermächtigungen4112 ergehen, um Gefahren abzuwenden, die bei der Genehmigungserteilung nicht vorhersehbar waren41 lb. — Die Bauerlaubnis hat dinglichen Charakter. Sie wirkt auch zugunsten des Rechtsnachfolgers des ursprünglichen Bauherrn412. Entspricht ein Vorhaben in allen Punkten den materiellen Bestimmungen des Baurechts413, dann muß die Baugenehmigung erteilt werden. Der Bürger hat dann zugleich einen Rechtsanspruch auf ihre Erteilung*14. Das ergab sich seit jeher aus dem bloß vorbeugenden Charakter der Genehmigungspflicht und wird heute in den Bauordnungen ausdrücklich ausgesprochen415. Bei der Baugenehmigung handelt es sich daher um eine gebundene Erlaubnis416. c) Genehmigungspflichtige, anzeigepflichtige sowie genehmigungs- und anzeigefreie Vorhaben: Die Bauordnungen haben die Genehmigungspflicht für bauliche Maßnahmen nicht ausnahmslos durchgeführt. Bei bestimmten Bauvorhaben von geringerer Bedeutung verlangen sie lediglich eine Bauanzeige417: Der Bauherr wird verpflichtet, sein Vorhaben der Bauaufsichtsbehörde binnen einer bestimmten Frist vor Beginn der Ausführung anzuzeigen. Die Behörde hat die Maßnahme zu untersagen, wenn ihr öffentlich-rechtliche BRS 20, 286; OVG Lüneburg BRS 16, 199 f. (200); OVG Berlin BRS 20, 291 ff. (292); VGH Mannheim BRS 20, 219ff. (222); vgl. auch BVerwG DVB1. 1972, 224ff. ( 2 2 4 - 2 2 5 ) sowie BVerwG DÖV 1958, 80. Näher dazu Friauf, DVB1. 1971, 713 ff. (722). 411a Art. 78 bayer. BauO; § 90 IV nieders. BauO; § 97 VI saarl. BauO; § 88 IV nordrh.westf. BauO, hierzu OVG Münster NJW 1980, 854 f. 411b Zur Problematik s. Brodersen, JuS 1980, 686ff.; Drews / Wacke / Vogel, Gefahrenabwehr, Bd. 1, S. 249 f., die hierin eine entschädigungspflichtige Einschränkung der Genehmigung erblicken; wie hier OVG Münster NJW 1980, 854f.; Scheerbarth, a. a. O., S. 359 f. 412 BVerwG NJW 1971, 1624ff. (1624 - 1625); OVG Saarlouis BRS 28, 260ff. (261). 413 Nötigenfalls ist das Vorhaben durch entsprechende Auflagen mit dem Baurecht in Einklang zu bringen, soweit dadurch dem Anliegen des Baulustigen substantiell Rechnung getragen werden kann; vgl. z. B. VGH München BauR 1978, 46ff. (48). 414 BVerwGE 16, 116 (120); 28, 145 ( 1 4 7 - 148), BGH DÖV 1976, 133f. (134); zum Rechtsanspruch auf Erteilung einer Abbruchgenehmigung s. OVG Hamburg DÖV 1977, 257 Nr. 38. Eine rechtswidrige Versagung der Genehmigung kann Entschädigungsansprüche auslösen; hierzu BGH NJW 1980, 387ff. 415 § 93 I S. 1 MBauO; § 95 I S. 1 bad.-württ. BauO; Art. 91 I bayer. BauO; § 88 I S. 1 berl. BauO; § 99 I S. 1 hamb. BauO; § 96 I S. 1 hess. BauO; § 75 I nieders. BauO; § 88 I S. 1 nordrh.-westf. BauO; § 99 I S. 1 rheinl.-pfälz. BauO; § 96 I S. 1 saarl. BauO; § 92 I S. 1 schlesw.-holst. BauO. 416 Dazu oben Friauf, Polizei- und Ordnungsrecht, Abschn. III. 2b, aa (1). 417 § 86 MBauO; § 88 bad.-württ. BauO; Art. 83 bayer. BauO; § 80 berl. BauO; § 92 Nr. 2 hamb. BauO; § 88 hess. BauO; § 80 II nordrh.-westf. BauO; § 92 rheinl.-pfälz. BauO; § 88 saarl. BauO; § 84 II schlesw.-holst. BauO. Die rechtliche Funktion der Bauanzeige entspricht derjenigen eines Bauantrags; so BVerwGE 20, 12 (13 — 16).

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Vorschriften entgegenstehen418. Ergeht innerhalb der Frist419 kein Verbot, dann darf mit der Ausführung begonnen werden. Der Bauherr erlangt mit Fristablauf die gleiche Position, die der Inhaber einer Baugenehmigung bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben innehat420. Eine Reihe besonders geringfügiger Baumaßnahmen ist weder genehmigungs- noch anzeigepflichtig421. Hier verzichtet der Gesetzgeber auf jede präventive Kontrolle. Die Bauaufsichtsbehörde kann aber einschreiten, wenn sie auf irgendeine Weise feststellt, daß bei der Durchführung der Maßnahme gegen das materielle Baurecht verstoßen worden ist422. Gesetzestechnisch bildet die Genehmigungspflicht die Regel423. Für die bloß anzeigepflichtigen und die weder genehmigungs- noch anzeigepflichtigen Vorhaben gilt das Enumerationsprinzip. Erscheint eine bestimmte Maßnahme nicht im Katalog einer dieser beiden Gruppen, dann ist sie in jedem Fall genehmigungspflichtig. d) Rechtsfolgen des ungenehmigten Bauens424: Gegen die Errichtung genehmigungspflichtiger, aber nicht genehmigter Bauwerke kann die Bauaufsichtsbehörde im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens stets einschreiten. Art und Umfang der Maßnahmen, die sie treffen kann, hängen davon ab, ob das betreffende Bauvorhaben lediglich wegen der fehlenden Genehmigung formell baurechtswidrig ist oder ob es zugleich gegen das materielle Baurecht verstößt425. 418

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§ 94 S. 1 MBauO; § 97 III hess. BauO („kann"); § 89 II S. 1 nordrh.-westf. BauO; § 101 II rheinl.-pfälz. BauO; §97 II S. 1 saarl. BauO; §93 II S. 1 schlesw.-holst. BauO. Zur rechtlichen Bedeutung der Untersagungsverfügung s. OVG Münster BRS 20, 287 ff. (288). Zu den Voraussetzungen einer ausnahmsweisen Fristverlängerung s. OVG Münster BRS 27, 209 ff. BVerwG DÖV 1978, 406 ff. (408): „genehmigungsartige Legalisierungswirkung" der entgegengenommenen Bauanzeige; s. ferner OVG Münster BRS 20, 236ff. (237 — 238); BVerwG DVB1. 1972, 224ff. (225 - 226), vgl. auch BVerwGE 20, 12 (15). § 86 MBauO; § 89 bad.-württ. BauO; Art. 83, 84 bayer. BauO; § 81 berl. BauO; § 92 Nr. 1 hamb. BauO; § 89 hess. BauO; § 69 nieders. BauO; § 81 nordrh.-westf. BauO; § 93 rheinl.-pfälz. BauO; § 89 saarl. BauO; § 85 schlesw.-holst. BauO. OVG Münster OVGE 23, 166 und BRS 25, 226ff. (227): Auch genehmigungs- und anzeigefreie Vorhaben unterliegen, soweit es sich um bauliche Anlagen handelt, den Vorschriften der BauO; bei Verstoß kann Abbruchverfügung ergehen. § 86 I S. 1 MBauO; § 87 I S. 1 bad.-württ. BauO; Art. 82 bayer. BauO; § 80 I berl. BauO; § 91 I hamb. BauO; § 87 hess. BauO; § 68 nieders. BauO; § 80 I S. 1 nordrh.westf. BauO; § 91 rheinl.-pfälz. BauO; § 87 I S. 1 saarl. BauO; § 84 I S. 1 schlesw.holst. BauO. Zum folgenden s. auch Därr, DÖV 1976, 111 ff.; Rabe, BauR 1978, 165ff. S. oben Abschnitt III 3 b. — Zu den verfassungsrechtlichen Bezügen dieser Unterscheidung s. BVerwG DVB1. 1979, 67ff. (68 - 69) und eingehend Sendler, in: Fs. f. Ernst, S. 403ff.; Sendler, a. a. O., S. 414ff. auch zu Rechtsgebieten (z. B. WHG, s. BVerwG a. a. O.), in denen die formelle Illegalität eines Projekts schlechthin seine materielle Illegalität zur Folge hat.

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aa) Bei nur formeller Baurechtswidrigkeit: In der Praxis kommt es immer wieder vor, daß eine bauliche Maßnahme zwar ohne die erforderliche Genehmigung durchgeführt wird, aber sachlich in vollem Einklang mit allen materiell-rechtlichen Anforderungen steht. D i e Errichtung eines solchen „Schwarzbaus" ist formell illegal. D e n n o c h kann eine sofortige Beseitigung (Abbruch) des Bauwerks bzw. seiner bereits errichteten Teile nicht verlangt werden, weil dem Betroffenen bei Übereinstimmung der Maßnahme mit dem materiellen Baurecht ein Anspruch auf Erteilung der Genehmigung — und damit auf Beseitigung der formell-rechtlichen Schranke — zusteht 426 . Eine Abbruchsverfügung wäre regelmäßig 4 2 7 so lange unzulässig, bis über die Erteilung oder Versagung der Bauerlaubnis endgültig Klarheit geschaffen worden ist 428 . D i e Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens ist dabei von Amts wegen zu prüfen 429 . U m die Übereinstimmung mit dem materiellen Baurecht beurteilen zu können, sind die Baubehörden befugt, vom Bauherrn die nachträgliche Einreichung der Bauunterlagen zu verlangen und sie nötigenfalls im Weg des Verwaltungszwangs durchzusetzen 430 . Bis zum Abschluß der Prüfung der Zulässigkeit des Vorhabens kann die Einstellung der Bauarbeiten angeordnet werden 4 3 1 , wofür die Feststellung allein der formellen Illegalität (Fehlen der Bauerlaubnis) genügt 432 . Werden sie gleichwohl fortgesetzt, so kann die Baustelle versiegelt werden 4 3 3 ; sämtliche dort vorhandenen Baustoffe, -teile, -maschinen und -hilfsmittel können in 426

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So schon das PrOVG, z. B. in OVG 30, 281 (286); seither st. Rspr. - Hierfür war ohne Zweifel auch von Bedeutung, daß regelmäßig volkswirtschaftlich bedeutsame erhebliche Sachwerte auf dem Spiel stehen (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit). S. dazu auch BVerwGE 3, 351; BVerwG DÖV 1958, 80f.; ferner Meyer, MDR 1971, 978 ff. Anders u. U. bei Werbeanlagen, Automaten u. dgl., die durch eine (evtl. vorübergehende) Entfernung nicht zerstört werden; vgl. VGH Mannheim BRS 28, 348f. mit Nachweisen, sowie Meyer, MDR 1971, 978 ff. (980). BGHZ 8, 97 (104, 106); arg. § 101 MBauO. Vgl. OVG Berlin BRS 24, 198ff. (199). OVG Berlin BRS 24, 198ff. (199). St. Rspr.: PrOVG 48, 360; 60, 393 (394, 398); 85, 431; JW 1935, 2999; OVG Münster DÖV 1971, 645 (LS). - Nach Art. 100 S. 3 bayer. BauO und § 104 I S. 3 saarl. BauO kann überdies die Stellung eines förmlichen Bauantrags verlangt werden; anders dagegen OVG Berlin BRS 24, 198ff. (199); vgl. auch BVerwG DÖV 1972, 425 f. (426). Zum schutzwürdigen Interesse des Bauherrn an einer nachträglichen Erlangung der Bauerlaubnis s. BVerwG NJW 1977, 120f. (121). Vgl. § 100 I Nr. 1 - 3 MBauO; dazu im einzelnen Scheerbarth, a. a. O., § 156. Ermächtigungsgrundlage ist, falls Sondervorschriften in der jeweiligen BauO fehlen, die ordnungsbehördliche Generalklausel. Dazu VGH Kassel BRS 25, 342 f. (342); OVG Münster BRS 20, 289ff.; BRS 22, 290ff. (291). OVG Lüneburg BRS 16, 214f.; OVG Münster BRS 20, 287ff. ( 2 8 8 - 2 8 9 ) ; VGH Kassel BRS 25, 342 f. (342). Dazu OVG Münster BRS 16, 215f. und 216ff.

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amtlichen Gewahrsam genommen werden 434 . Die Anordnung (sog. Stillegungsverfügung) steht grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen der Baubehörde 435 . Im Extremfall kann allerdings eine Ermessensreduzierung auf Null und (bei Verletzung von nachbarschützenden Vorschriften) ein entsprechender Anspruch des Nachbarn in Betracht kommen 436 . Bei bereits fertiggestellten Anlagen rechtfertigt das Fehlen der Bauerlaubnis ohne Rücksicht auf die Frage der etwaigen materiellen Legalität ein Nutzungsverbot437. Die Rechtsprechung ist hier allerdings nicht ganz geradlinig. So wird ein Räumungsgebot für ein nicht genehmigtes Haus, das ohne Rohbau* und Gebrauchsabnahme 438 als Wohnung benutzt wird, aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht mehr als zulässig angesehen. Nur wenn der ständige Aufenthalt in einem solchen Haus als gesundheitsgefährlich erscheint, kann es wegen materiellen Verstoßes gegen die baurechtliche Generalklausel zur Gefahrenabwehr im Einzelfall gerechtfertigt sein439. bb) Bei materieller Baurechtswidrigkeit: Ein inhaltlicher Widerspruch der errichteten Anlage zu den Anforderungen des geltenden Baurechts — sog. materielle Illegalität — bleibt so lange folgenlos, wie das Vorhaben durch eine wirksam (wenn auch unter Gesetzesverstoß) erteilte Baugenehmigung gedeckt ist. Die Baugenehmigung schirmt die Anlage gegen den Rekurs auf das materielle Baurecht ab440. Erst wenn sie im Einzelfall wegen ihrer Rechtswidrigkeit wirksam zurückgenommen worden sein sollte — was nach Herstellung des genehmigten Werks nur unter wesentlich erschwerten Voraussetzungen zulässig ist441 — kann der materielle Baurechtsverstoß geltend gemacht werden. Ist das materiell illegale Bauwerk nicht oder (wegen erfolgter Rücknahme der Baugenehmigung) nicht mehr durch eine formelle Legalität abgesichert, dann kann seine Beseitigung verlangt werden („Abbruchverfiigung"J442. Die meisten Bauordnungen haben dafür in Anlehnung an § 101 MBauO eine be434 435

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S. § 100 II MBauO. Zu den Ermessensschranken in einem derartigen Fall vgl. OVG Münster DÖV 1975, 284f. (285). VGH Kassel DÖV 1975, 757 (Nr. 194); vgl. auch OVG Saarlouis, NJW 1976, 908 (kein Anspruch des Nachbarn bei nur formeller Illegalität). OVG Münster BRS 28, 346 f. (347); VGH Kassel BRS 25, 342 f. Vgl. § 104 MBauO. PrOVG 51, 391 (393ff.); OVG Koblenz BRS 18, 234ff. (236 - 238). Dazu eingehend Friauf, DVB1. 1971, 713 ff. (722); s. auch Bartlsperger, DVB1. 1971, 723 ff. (728). Dazu die Nachweise bei Därr, DÖV 1976, l l l f f . ( 1 1 2 - 115). In Berlin, Bremen und Nordrh.-Westf. kommen dafür jetzt die jeweiligen VwVfGe zur Anwendung; s. näher Stelkens, BauR 1980, 7 ff. Zusammenfassend s. Rasch, Die Abbruchverfügung, BauR 1975, 94ff. und Därr, DÖV 1976, 111 ff. - Zur Tragweite der Abbruchverfügung s. OVG Saarlouis DÖV 1978, 144.

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sondere Ermächtigung vorgesehen443. In den übrigen Ländern wird sie auf die ordnungsbehördliche Generalklausel gestützt444. Die Abbruchverfügung ist allerdings aus Gründen des verfassungsrechtlich gebotenen Eigentumsschutzes trotz Verstoßes gegen das derzeit geltende Baurecht unzulässig, wenn die Anlage früher einmal (im Zeitpunkt der Errichtung oder während eines Zwischenzeitraums) materiell legal gewesen ist445. Sie wird nachträglich (selbst nach Eintritt ihrer Bestandskraft) rechtswidrig, wenn die bau- oder bodenrechtliche Lage sich noch vor tatsächlicher Durchführung des Abbruchs zugunsten des Schwarzbauers ändert446. Im Regelfall muß die Frage der Legalität des Vorhabens im Abbruchverfahren selbständig geprüft werden. Ist allerdings zuvor ein Bauantrag bestandskräftig abgelehnt worden (und liegt kein Fall vor, in dem diese Ablehnung nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen durch Erlaß eines sog. Zweitbescheids wieder aufgehoben werden muß), dann kommt schon um der Ordnungsfunktion des baurechtlichen Verfahrens willen eine nochmalige Prüfung normalerweise nicht in Betracht447. Der Erlaß der Abbruchverfügung steht grundsätzlich im Ermessen448 der Behörde. Dieses Ermessen kann aber im Einzelfall zu einer positiven Einschreitenspflicht reduziert sein, so daß dann (bei Verstoß gegen nachbarschützende Baurechtsnormen) auch ein Anspruch des Nachbarn auf Erlaß einer Abbruchverfügung in Betracht kommt449. Das wird vielfach — allerdings nicht stets — der Fall sein, wenn während Anhängigkeit einer Nachbarklage gegen die Baugenehmigung weiter gebaut worden ist und die Klage 443

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§ 101 bad.-württ. BauO; Art. 100 bayer. BauO; §97 berl. BauO; § 106 I hamb. BauO; § 89 I Nr. 2 nieders. BauO; § 103 rheinl.-pfälz. BauO; § 104 saarl. BauO; § 100 schlesw.-holst. BauO. So z. B. OVG Münster BRS 27, 326 ff. (326): wegen Störung der öffentlichen Sicherheit, ebenso VGH Kassel BRS 22, 285 ff. (LS. 1) und BRS 25, 342 f. (342), der sich allerdings (problematisch) auf eine Störung der öffentlichen Ordnung beruft. BVerwGE 3, 351 (353 - 355); BVerwG NJW 1971, 1624ff. (1625); BVerwG DVB1. 1979, 67ff. (69); OVG Berlin BRS 24, 198ff. (199); VGH Mannheim BRS 27, 338ff. (339). Grundsätzlich dazu Sendler, in: Fs. f. Ernst, S. 403 ff. — Zur Frage der Mindestdauer des „Legalitätszeitraums" vgl. Därr, DÖV 1976, 111 ff. (115 - 116). Vgl. BVerwG NJW 1977, 1893. Streitig. Wie hier BVerwG DÖV 1958, 8; BVerwGE 19, 162 (163) sowie insbes. OVG Münster BRS 27, 326ff. ( 3 2 7 - 3 2 9 ) ; OVG Saarlouis, BRS 24, 313ff. (314); Weyreuther, DVB1. 1965, 281 ff. (282, 283); a. A. OVG Hamburg, DÖV 1960, 429ff.; VGH Kassel, BRS 24, 309ff. (310); Rasch, BauR 1975, 94ff.; Därr, DÖV 1976, 111 ff. ( 1 1 3 - 115). Nach BVerwGE 48, 271 (274 - 278) soll das allerdings nur gelten, wenn die Rechtmäßigkeit des die Baugenehmigung versagenden Bescheids durch ein rechtskräftiges Gerichtsurteil bestätigt worden ist; dazu s. Drexelius, NJW 1976, 817f.; Krebs, VerwArch. 67 (1976), S. 411 ff.; Weiß, DÖV 1976, 60ff. Dazu Schuegraf, BayVBl. 1967, 296 ff. Z. B. OVG Münster BRS 25, 322ff. ( 3 2 4 - 3 2 5 ) ; VGH München BRS 28, 331 ff. (332); s. a. OVG Saarlouis NJW 1976, 908.

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schließlich Erfolg hat 450 . Eine wesentliche Ermessensgrenze ergibt sich aus dem Gleichheitssatz, namentlich in den praktisch wichtigen Fällen, in denen sich baurechtswidrige Zustände in einem Gebiet häufen, so daß eine systematische Sanierung erforderlich wird 451 . Im übrigen hat die Abbruchverfügung das Prinzip der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Sind z. B. nur einzelne Teile des ungenehmigten Bauwerks materiell — baurechtlich illegal, dann kann grundsätzlich nur die Beseitigung bzw. die baurechtskonforme Abänderung dieser Teile verlangt werden 452 — es sei denn, daß sie für den Bestand des ganzen Bauwerks notwendig sind (z. B. Fundamente). Nur im letztgenannten Fall kann die Behörde die Beseitigung des ganzen Bauwerks anordnen 453 . Im Anschluß an eine seit Jahrzehnten gefestigte Rechtsprechung 454 machen die Landesbauordnungen die Zulässigkeit der Beseitigungsanordnung bei materieller Baurechtswidrigkeit davon abhängig, daß „nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können". Es muß deshalb im Einzelfall zunächst geprüft werden, ob nicht durch Aufgeben einer Abänderung, durch Bedingungen oder Auflagen oder durch nachträgliche Erteilung eines Baudispenses 455 die Rechtswidrigkeit des Zustandes beseitigt werden kann 456 . Schließlich darf die Abbruchverfügung nur dann ergehen, wenn ein öffentliches Interesse am Abbruch besteht 457 . Sind diese Voraussetzungen aber gegeben, dann kann die Beseitigung des Bauwerks selbst dann verlangt werden, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist458. Eine gegenüber dem Rechtsvorgänger ergangene Abbruchverfügung wirkt auch gegen den Erben, nicht aber gegen den Einzelrechtsnachfolger 459 . e) Baugenehmigung und private Rechtsverhältnisse: Die Baugenehmigung wird erteilt, wenn das konkrete Vorhaben mit den von der Baubehörde zu wahrenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften vereinbar ist. Alle sonstigen Rechtsverhältnisse, insbesondere die Rechte Dritter*60, bleiben unberührt461. 450 451

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453 454 455 456 457

458 459

460 461

Vgl. auch Rasch, BauR 1975, 94ff. (94 - 95). Dazu s. etwa OVG Münster BRS 28, 339f. (339) und BRS 28, 340ff. (340 - 341); OVG Lüneburg OVGE 20, 411; VGH Mannheim BRS 27, 184ff. (186). Sog. Verkleinerungsverfügung, s. VGH Mannheim BRS 27, 338 ff. (339) und BRS 24, 89ff. (102); beachte aber auch BVerwG DVB1. 1973, 933 (Nr. 312, LS 2). Vgl. bereits Pr. OVG 104, 223. Z. B. Pr.OVG 53, 404 (407); 95, 219 (221). Dazu unten Abschnitt III 4. Näher dazu Scheerbarth, a. a. O. § 157 (2). Vgl. etwa VGH Mannheim BRS 28, 333f.; BRS 28, 337ff. (338); Wolff /Bachof, VwR III, § 136 Rdn. 59. Vgl. BGH NJW 1970, 1180f. Streitig; wie hier VGH Kassel NJW 1976, 1910f.; a. A. VGH Mannheim NJW 1977, 861 f. und NJW 1979, 1565 f. - Vgl. dazu die krit. Urteilsbesprechung von v. Mutius, VerwArch. 71 (1980), S. 93 ff. Z. B. Rechte aus einer Grunddienstbarkeit. Vgl. BVerwGE 50, 282 (285).

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Demgemäß besagen die Bauordnungen ausdrücklich, daß die Genehmigung „unbeschadet privater Rechte Dritter" erteilt werde462. Sie äußert gegen Außenstehende regelmäßig keine Rechtswirkungen463, legt ihnen insbesondere keine Duldungspflichten (z. B. Notweg) auf 464 . Aus diesem Grund darf die Bescheidung des Antrags auf Erteilung einer Baugenehmigung nicht davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller privatrechtlich zur Bebauung des vorgesehenen Grundstücks befugt ist465. Nicht allein Eigentümer, Pächter, Mieter oder Nießbraucher eines Grundstücks können daher eine Baugenehmigung erwirken, sondern auch der bloß tatsächliche Besitzer. Unter diesen Umständen erscheint es problematisch, wenn die neuere Rechtsprechung es teilweise zuläßt, einen Baugenehmigungsantrag wegen der eindeutig (etwa aufgrund eines rechtskräftigen Urteils) feststehenden zivilrechtlichen Unzulässigkeit der Baumaßnahme zurückzuweisen466. Hier wird auf dem Weg über eine Verneinung des Rechtsschutz-(Sachbescheidungs-)interesses die zivilrechtliche Lage in bedenklicher Weise in das Baugenehmigungsverfahren eingeführt 467 . f ) Die zeitliche Begrenzung der Baugenehmigung: Nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen wird die Baugenehmigung mit ihrer Bekanntgabe an den Bauherrn wirksam468. Sie kann unmittelbar ausgenutzt werden, da die Bekanntgabe einer Anordnung der sofortigen Vollziehung gleichsteht469. Die Bauordnungen bestimmen zudem ausdrücklich, daß vor der Zustellung der Genehmigung nicht mit der Ausführung des Baues begonnen werden darf 7 0 . Daraus läßt sich folgern, daß die Ausführung mit dem Augenblick der Zustellung einsetzen darf. 462

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So § 9 3 V MBauO; § 9 5 III bad.-württ. BauO; Art. 91 VII bayer. BauO; § 8 9 VI berl. BauO; § 99 III S. 1 hamb. BauO; § 96 IV S. 1 hess. BauO; § 75 VII 1 nieders. BauO; § 88 VI nordrh.-westf. BauO; § 99 I S. 2 rheinl.-pfälz. BauO; § 96 VI S. 1 saarl. BauO; § 92 V schlesw.-holst. BauO. Wegen der öffentlich-rechtlichen Beziehungen des Nachbarn des Bauherrn zu den Baubehörden s. unten Abschnitt III. 8. S. etwa OVG Saarlouis, BRS 24, 142ff. (143). Dazu BVerwGE 50, 282 (285 - 286); vgl. auch die interessante Entscheidung des OVG Saarlouis, BRS 27, 217f. Namentlich BVerwGE 20, 124 (125 - 127); 42, 115 (117), mit weit. Nachw.; VGH Mannheim, BRS 22, 213 ff. (213 - 214). Zur Kritik s. Menger/Erichsen, VerwArch. 56 (1965), 374ff. (386 - 388); Bartlsperger, DVB1. 1969, 265ff. (266 - 267); Schuegraf, NJW 1965, 928f.; Wolff VwR III, 3. Aufl., § 136 V b 4; anders jetzt aber Wolff /Bachof, VwR III, 4. Aufl., § 136 Rdnr. 34. Auf die Bekanntgabe an sonstige Betroffene (Nachbarn etc.) kommt es insoweit nicht an; s. BVerwG DVB1. 1970, 62ff. (64). 4 6 9 OVG Lüneburg NJW 1970, 963. § 93 VII MBauO; § 95 VI bad.-württ. BauO; Art. 91 IX bayer. BauO; § 89 VII berl. BauO; § 102 II hamb. BauO; § 96 VII hess. BauO; § 78 I 1 nieders. BauO; § 88 VIII nordrh.-westf. BauO; § 108 I Nr. 1 rheinl.-pfälz. BauO; § 96 VIII saarl. BauO; § 92 VII schlesw.-holst. BauO.

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Die Baugenehmigung wird nicht ausdrücklich befristet. Dennoch muß ihre Geltungsdauer beschränkt sein. Denn sie beruht lediglich darauf, daß das Vorhaben im Zeitpunkt der Genehmigung dem geltenden Baurecht entsprach. Würde die einmal erteilte Genehmigung unbeschränkt fortgelten, dann bestünde die Gefahr, daß noch nach Jahr und Tag von ihr Gebrauch gemacht werden könnte, obwohl sich das Baurecht inzwischen möglicherweise geändert hat. Außerdem wäre die Versuchung gegeben, Genehmigungen „auf Vorrat" zu erwirken, um befürchtete Rechtsänderungen zu unterlaufen. Die Bauordnungen 471 haben deshalb in verfassungskonformer Weise472 den Inhaber einer Bauerlaubnis unter Zeitdruck gestellt. Sie ordnen das Erlöschen der Erlaubnis für den Fall an, daß innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach ihrer Erteilung (meist ein, z. T. auch zwei oder drei Jahre) mit der Ausführung des Bauvorhabens nicht ernsthaft begonnen oder daß die Bauausführung für die gleiche Zeit unterbrochen worden ist. Die Frist kann jedoch, auch mehrmals, um denselben Zeitraum verlängert werden. Die Verlängerung steht rechtlich einer Neuerteilung gleich. Sie setzt deshalb voraus, daß das ursprünglich genehmigte Vorhaben auch im Zeitpunkt der Verlängerung (noch) materiell baurechtmäßig ist473. Ist bei einem nur teilweise ausgeführten Vorhaben die Genehmigung durch Unterbrechung der Bauausführung erloschen, so bedarf der Bauherr für die Fertigstellung einer neuen Genehmigung. Deren Erteilung hängt von dem nunmehr geltenden Baurecht ab474. Ein vorzeitiger Widerruf oder eine Einschränkung der Bauerlaubnis ist im wesentlichen aus denselben Gründen zulässig, aus denen polizeiliche und ordnungsbehördliche Erlaubnisse allgemein widerrufen werden können 475 . Mit der Vollendung des Bauwerks ist die Bauerlaubnis verbraucht. Sie behält allerdings insofern eine fortdauernde Bedeutung, als sie während der Dauer ihres Bestandes eine Abbruchverfügung wegen materieller Illegalität der baulichen Anlage verhindert (s. oben III 3 d, bb). Nachträgliche Änderungen des materiellen Baurechts berühren die Rechtmäßigkeit des einmal 471

472 473 474 475

§ 96 MBauO; § 98 bad.-württ. BauO; Art. 95 bayer. BauO; § 91 berl. BauO; § 101 hamb. BauO; § 99 hess. BauO; § 77 nieders. BauO; § 91 nordrh.-westf. BauO; § 104 rheinl.-pfälz. BauO; § 99 saarl. BauO; § 95 schlesw.-holst. BauO. BVerwG NJW 1965, 1195f. VGH München BRS 29, 239 f. (240). OVG Berlin BRS 22, 210f.; vgl. auch BVerwG BauR 1970, 97ff. §99 MBauO; §99 bad.-württ. BauO; Art. 96 bayer. BauO; § 105 hamb. BauO; § 101 hess. BauO; § 9 0 II nieders. BauO; §107 I rheinl.-pfälz. BauO; § 102 saarl. BauO; §98 schlesw.-holst. BauO. Die entspr. Regelung in § 88 V nordrh.-westf. BauO ist durch ÄnderungsG v. 27. 3. 1979 (GVB1. S. 122) aufgehoben worden. An ihrer Stelle sind für Rücknahme und Widerruf die §§ 48 ff. nordrh.-westf. VwVfG anzuwenden. Zur Bedeutung dieser Rechtsänderung s. Stelkens, BauR 1980, 7 ff. In Berlin und Bremen sind ebenfalls die Landes-VwVfGe anzuwenden. Zu den Rücknahmegründen im einzelnen s. oben Friauf, Polizei- und Ordnungsrecht, Abschnitt III, 2 b, cc.

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errichteten Gebäudes nicht 476 . Das Bauwerk genießt Bestandsschutz in dem Sinne, daß es so, wie es ausgeführt ist, genutzt werden kann, auch wenn ihm die neuen Vorschriften entgegenstehen sollten477. Der Bestandsschutz gewährt das Recht zur Vornahme gewisser untergeordneter baulicher Veränderungen, insbesondere zwecks Anpassung an geänderte Lebensverhältnisse 478 . Er deckt aber keine grundlegende Umgestaltung, die mit dem nunmehr geltenden Recht nicht übereinstimmt 479 . Mit der Erlaubnis verbundene Ausnahmen, Dispense 480 und Nebenbestimmungen (z. B. Auflagen) 481 können auch nach Fertigstellung des Bauwerks ihre Bedeutung behalten. So kann — was praktisch besonders bedeutsam ist — die Erfüllung einer Auflage auch noch nachträglich erzwungen werden. Im Falle einer Rechtsnachfolge — z. B. Erbfall, aber auch Verkauf des Baugrundstücks — wirkt die Bauerlaubnis für und gegen den Rechtsnachfolger des Bauherrn 482 . Sie bezieht sich auf das Vorhaben, nicht auf die Person des Bauherrn als solchen 483 . 4. Ausnahmen und Befreiungen (Dispense) a) Allgemeines: Ist ein Bauvorhaben in einzelnen Aspekten mit Bestimmungen des materiellen Baurechts nicht vereinbar, so darf die Baugenehmigung nicht erteilt werden. Möglicherweise kann dieses rechtliche Hindernis aber dadurch ausgeräumt werden, daß die zuständige Behörde dem Baulustigen eine Ausnahme von den betreffenden Bestimmungen bewilligt oder ihm Befreiung gewährt. Ausnahmen und Befreiungen bilden rechtlich selbständige Verwaltungsakte, 476

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Im Einzelfall kann allerdings eine Anpassung bestehender baulicher Anlagen verlangt werden, „wenn dies wegen der Sicherheit oder Gesundheit erforderlich ist"; § 113 I MBauO; § 116 I bad.-württ. BauO; Art. 78 IV bayer. BauO; § 110 II berl. BauO; § 7 9 I hamb. BauO; § 99 II i. V. m. § 1 I nieders. BauO; § 104 I nordrh.westf. BauO; § 118 II rheinl.-pfälz. BauO; § 114 I saarl. BauO; § 112 I schlesw.holst. BauO. Das Verlangen setzt voraus, daß von der Anlage eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit, insb. für Leben oder Gesundheit, ausgeht. BVerwGE 25, 161 (162); 27, 341 (343). BVerwGE 25, 161 (163); BVerwG, BRS 22, 216. Zum Bestandschutz s. im übrigen oben Abschnitt II 4 a, dd. Zu beiden s. unten Abschn. III. 4. Für Nebenbestimmungen zu Baugenehmigungen — wo sie praktisch besonders häufig und bedeutsam sind — gilt im wesentlichen dasselbe wie für die entsprechenden Nebenbestimmungen zu sonstigen Erlaubnissen. S. oben Friauf, Polizei- und Ordnungsrecht, Abschn. III. 2b, bb und ausführlich Scheerbarth, a. a. O., §§ 144 - 147; Weyreuther, Über „Baubedingungen", DVB1. 1969, 232 ff. und 295 ff. § 9 3 II MBauO; § 9 5 II bad.-württ. BauO; Art. 91 IV bayer. BauO; § 8 9 IV berl. BauO; § 99 IV hamb. BauO; § 96 III hess. BauO; § 75 VII 2 nieders. BauO; § 88 II nordrh.-westf. BauO; § 99 V rheinl.-pfälz. BauO; § 9 6 II saarl. BauO; § 9 2 III schlesw.-holst. BauO. BVerwG BRS 24, 303 ff. (304), mit Nachweisen.

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auch wenn sie im Einzelfall (was nur bei der Ausnahme möglich ist) mit der Baugenehmigung in einer Urkunde verbunden und ihr u. U. sogar lediglich stillschweigend beigefügt sein sollten484. Logisch gehen sie stets ihrer Erteilung voraus, weil sie erst die Voraussetzungen schaffen, die es ermöglichen, das Vorhaben zu genehmigen. Ausnahme und Befreiung besitzen konstitutive Bedeutung. Beide heben ein materiell-rechtliches repressives Verbot für den Einzelfall auf und ermöglichen dem Begünstigten damit eine Bauweise, die ihm aufgrund der allgemeinen Baufreiheit nicht offenstünde 485 . Regelmäßig ebnet ihre Erteilung den Weg zu der für das Vorhaben notwendigen Bauerlaubnis. Sie kommen aber auch bei nur anzeigepflichtigen sowie bei genehmigungs- und anzeigefreien Vorhaben in Betracht486. Die begriffliche Unterscheidung von Ausnahmen und Befreiungen487 ist heute in den Landesbauordnungen fixiert488. Deren Terminologie wird hier im Interesse der Klarheit zugrunde gelegt, auch wenn sie dogmatisch keineswegs voll überzeugen kann. b) Ausnahmen: Ausnahmen in der Terminologie der Bauordnungen stellen den Baulustigen von „nicht zwingenden Vorschriften"frei. Als nicht zwingend in diesem Sinne gelten nach der Legaldefinition489 alle diejenigen Vorschriften, die entweder als Sollbestimmungen aufgestellt sind oder aber die Zulässigkeit von Ausnahmen ausdrücklich vorsehen490. Liegen die in der jeweiligen Baurechtsnorm aufgestellten Ausnahmevoraussetzungen 491 vor und stehen öffentliche Belange nicht entgegen, so kann die Baubehörde aufgrund einer Ermessensentscheidung492 die Abweichung von der betreffenden Regelvorschrift erlauben. Erst die tatsächlich erteilte Ausnahmebewilligung gibt im Einzelfall den Weg für die Abweichung von der betreffenden Vorschrift frei. Wird sie nicht erteilt, dann muß die Vorschrift strikt beachtet werden, nicht anders, als 484 485

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Vgl. Scheerbarth, a. a. O., § 132 (für die Ausnahme). S. oben Friauf, Polizei- und Ordnungsrecht, Abschn. III. 2b, aa (2); ferner Drews / Wacke / Vogel, Gefahrenabwehr, Bd. I S. 218, 228. Vgl. OVG Berlin BRS 24, 250ff. (252 - 253). Dazu s. BVerwGE 48, 123 (127). §91 MBauO; §94 bad.-württ. BauO; Art. 88 bayer. BauO; § 87 berl. BauO; §96 hamb. BauO; § 94 hess. BauO; §§ 85, 86 nieders. BauO; § 86 nordrh.-westf. BauO; § 86 rheinl.-pfälz. BauO; §§ 94, 95 saarl. BauO; § 90 schlesw.-holst. BauO. § 91 12 MBauO; im übrigen vgl. die Gesetzesnachweise in der vorhergehenden Anmerkung. Beispiele in §§ 5, 7, 15, 40, 41, 46, 52, 63 MBauO. Bei diesen handelt es sich regelmäßig um gerichtlich voll nachprüfbare unbestimmte Gesetzesbegriffe. Ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Ausnahmebewilligung besteht regelmäßig nicht. Der Bauherr hat jedoch das Recht auf fehlerfreie Ermessensausübung. S. dazu eingehend Hoppe, DVB1. 1969, 340 ff.

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wenn sie gar nicht unter Ausnahmevorbehalt stünde. Insofern ist es zumindest mißverständlich, wenn die Bauordnungen die ausnahmefähigen Vorschriften als „nicht zwingend" bezeichnen. Soweit die Bauordnungen echte „Soll"-Vorschriften enthalten, kann von ihnen in atypischen Fällen abgewichen werden, ohne daß es dazu einer Ausnahmebewilligung bedürfte 493 . Da die Ausnahmebewilligung auf einer Ermessensentscheidung beruht, kann sie mit Auflagen, Bedingungen und Widerrufsvorbehalten verbunden und auch befristet erteilt werden494. c) Befreiungen (Dispense): Im Gegensatz zur Ausnahmebewilligung wird der Dispens nicht im Zusammenhang mit einzelnen materiellen Bestimmungen tatbestandsmäßig normiert. Er stützt sich vielmehr auf eine generalklauselartige Ermächtigung495. Von den zwingenden Vorschriften des Bauordnungsrechts — und zwar grundsätzlich von allen — kann Befreiung erteilt werden, wenn entweder Gründe des allgemeinen Wohls die Abweichung fordern oder die Durchführung der betreffenden Vorschrift im Einzelfall zu einer „offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und die Abweichung mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist". Die Zulassung von Dispensen trägt der Erfahrungstatsache Rechnung, daß die unüberschaubare Vielfalt der auf die Bautätigkeit einwirkenden Verhältnisse immer wieder ganz besonders gelagerte bauliche Vorhaben hervorbringen oder sogar erzwingen wird, auf die die in den Bauordnungen bereitgestellten generellen normativen Regelungen nicht passen496. Außerdem eignet sich der Baudispens nicht selten dazu, um materiell baurechtswidrige Zustände, deren Beseitigung nicht vertretbar erscheint, nachträglich zu legalisieren. Die Befreiung stellt den Bauherrn in privilegierender Weise von einer an sich zwingenden öffentlich-rechtlichen Verpflichtung497 frei. Damit bewirkt sie für das betreffende Vorhaben de facto eine Änderung des materiellen Bauordnungsrechts durch die zuständige Behörde498. Der erste der beiden Befreiungstatbestände kommt praktisch nur verhältnismäßig selten vor. Er setzt voraus, daß ein gesteigertes objektives öffentliches Interesse die Durchführung der baulichen Maßnahme in einer bestimmten Art und Weise gebietet499 und daß es erkennbar höher ist als das Interesse 493

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Zur mangelhaften gesetzlichen Begriffsbildung s. auch Scheerbarth, a. a. O., § 131a (2). So ausdrücklich § 91 V MBauO und die entsprechenden Vorschriften der Landesbauordnungen. § 91 II MBauO und die entsprechenden Vorschriften der Landesbauordnungen (s. oben). Vgl. BVerwGE 48, 123 (127 - 128); OVG Münster OVGE 10, 226 (LS 4, 228f.). Bad. VGH VerwRspr. 5, S. 86 ff. (91). S. OVG Münster OVGE 14, 60 (65); vgl. auch bereits Pr.OVG 29, 354 (369). BVerwG DÖV 1957, 185.

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der Öffentlichkeit oder der Nachbarn an der Einhaltung der betreffenden Baurechtsnorm 500 . Das ist nur ganz ausnahmsweise der Fall. Dagegen besitzt der zweite Tatbestand größere Bedeutung für die Baupraxis. Bei ihm kommt es entscheidend darauf an, ob die aus der durchgängigen Anwendung des Gesetzes für den Betroffenen im konkreten Fall entstehende Härte „offenbar nicht beabsichtigt" ist. Diese Frage kann nur im Hinblick auf das hinter der gesetzlichen Regelung stehende Schutzgut beantwortet werden 501 . Die Härte ist vom Gesetz nicht beabsichtigt, wenn die Durchsetzung des Verbots im Einzelfall aus besonderen Gründen 5 0 2 zur Wahrung des Schutzgutes nicht erforderlich erscheint. In einer bloßen Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Ausnutzung des Baugrundstücks durch den Eigentümer oder sonstiger wirtschaftlicher Interessen kann dagegen die erforderliche „Härte" nicht gefunden werden 503 . Auch wenn die offenbar nicht beabsichtigte Härte im konkreten Fall zu bejahen ist, darf die Befreiung nur dann gewährt werden, wenn ihr keine öffentlichen Belange entgegenstehen. Zu diesen öffentlichen Belangen werden alle Allgemeininteressen gerechnet, die im Hinblick auf das konkrete bauliche Vorhaben relevant sind 504 . Auch insoweit kommt dem Schutzgut der Bestimmung, die gegebenenfalls von der Befreiung betroffen würde, vorrangige Bedeutung zu505. Dagegen dürfen fiskalische Erwägungen in diesem Zusammenhang nicht berücksichtigt werden 506 . Ist keiner der beiden alternativen Befreiungstatbestände gegeben, dann darf die Behörde den Dispens nicht bewilligen 507 , selbst wenn sie das aus sachlichen Gründen für geboten hielte. Ein gesetzloser Dispens würde gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstoßen. Liegt dagegen einer der Tatbestände vor, dann hat die Behörde eine Ermessensentscheidung zu treffen 508 . Abgesehen von dem Sonderfall der „Ermessensreduzierung auf Null" ist sie nicht positiv zur Bewilligung verpflichtet 509 . Die Auffassung des OVG Münster 510 , falls der Dispens durch Gründe des allgemeinen Wohls im Sinne des ersten der beiden Befreiungstatbestände 500 501 502

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Wolff/ Bachof, VwR III, § 136 Rdnr. 38. BVerwGE 48, 123 (129); vgl. ferner OVG Münster OVGE 10, 292 (LS 1, 294). BVerwG BauR 1975, 313ff.: Der konkrete Fall muß „Besonderheiten" aufweisen, die ihn im Verhältnis zum Regelungszweck des Gesetzes „als Sonderfall erscheinen lässcn" Dazu BVerwG BauR 1976, 52 f. (53); vgl. auch VGH München BRS 25,286 ff. (287 288): Keine „Härte", wenn die Schwierigkeiten auf das Verhalten des Baulustigen selbst zurückzuführen sind. Anschauliches Beispiel: BVerwGE 19, 238. S. OVG Lüneburg OVGE 16, 477 (480 - 481). S. OVG Münster OVGE 13, 65 (69). OVG Münster OVGE 15, 193 (195 - 196); OVG Saarbrücken DÖV 1960, 434. Dazu s. Hoppe, DVB1. 1969, 340 ff. Dazu BVerwG NJW 1965, 166 ff. (168). NJW 1966, 1833f.; BRS 29, 41 f. (42).

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gefordert werde, stehe dem Baulustigen ein Rechtsanspruch auf den Dispens zu, läßt sich nicht halten 511 . Wegen der besonderen Bedeutung des Dispenses als Abweichung von zwingenden gesetzlichen Vorschriften hat man das Befreiungsverfahren stark formalisiert. Die Befreiung darf nur auf schriftlich zu begründenden Antrag erteilt werden. Sie erfordert einen besonderen Bescheid; sie kann also — im Gegensatz zur Ausnahmebewilligung — nicht unmittelbar mit der Bauerlaubnis verbunden werden. Schließlich ist in der Mehrzahl der Fälle die Zustimmung der oberen Bauaufsichtsbehörde erforderlich512. 5. Bauverfahren und Bauiiberwachung Die Bauordnungen enthalten neben den materiell-rechtlichen Bestimmungen einen umfangreichen Verfahrens- und organisationsrechtlichen Teil 513 . Er regelt außer Aufbau und Zuständigkeitsverteilung der Baubehörden 514 eingehend das Bauerlaubnis-Verfahren515 und die Bauüberwachung einschließlich der Bauabnahme516. Ferner behandelt er die Baueinstellung und die Beseitigung von baulichen Anlagen 517 , die Privilegierung baulicher Anlagen des Bundes und der Länder 518 , die Freistellung der von anderen staatlichen Ver511 512

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Wie hier Gierth, NJW 1966, 2424 f. Die landesrechtlichen Regelungen divergieren hier. Manche verlangen die Zustimmung generell (z. B. § 87 II nordrh.-westf. BauO; § 95 I saarl. BauO), andere dagegen nur für bestimmte Fallgruppen (z. B. § 87 III berl. BauO; § 86 IV nieders. BauO) oder verzichten ganz auf sie (§96 II hamb. BauO; §86 III rheinl.-pfälz. BauO). § § 8 1 - 1 1 0 MBauO; §§ 82 - 107 bad.-württ. BauO; Art. 77 - 104 bayer. BauO; §§ 80 - 103 berl. BauO; §§ 90 - 113 hamb. BauO; §§ 87 - 110 hess. BauO; §§ 64 - 93 nieders. BauO; §§ 7 6 - 100 nordrh.-westf. BauO; §§ 8 6 - 121 rheinl.-pfälz. BauO; § § 8 2 - 1 1 0 saarl. BauO; §§ 79 - 108 schlesw.-holst. BauO. S. unten Abschn. III. 7. § § 8 6 - 9 9 MBauO; §§ 8 7 - 9 9 bad.-württ. BauO; Art. 8 6 - 9 6 bayer. BauO; §§ 80 - 93 berl. BauO; §§ 91 - 105 hamb. BauO; §§ 87 - 101, 106 - 108 hess. BauO; §§ 68 - 78, 83 - 84 nieders. BauO; §§ 80 - 93 nordrh.-westf. BauO; § § 9 1 - 1 0 8 , 111 rheinl.-pfälz. BauO; §§ 87 - 102 saarl. BauO; §§ 84 - 98 schlesw.-holst. BauO. §§ 1 0 2 - 104 MBauO; §§ 1 0 2 - 104 bad.-württ. BauO; Art. 9 7 - 9 8 , 101 bayer. BauO; §§ 9 4 - 9 5 , berl. BauO; §§ 107, 1 0 9 - 110 hamb. BauO; §§ 1 0 4 - 105 hess. BauO; §§ 79 - 81, 88 nieders. BauO; §§ 94 - 96 nordrh.-westf. BauO; §§ 109 - 110, 114 rheinl.-pfälz. BauO; §§ 1 0 5 - 107 saarl. BauO; §§ 1 0 1 - 1 0 3 schlesw.-holst. BauO. §§ 100 - 101 MBauO; §§ 100 - 101 bad.-württ. BauO; Art. 99 - 100 bayer. BauO; §§ 9 6 - 9 7 berl. BauO; §§ 106, 108 hamb. BauO; § 102 hess. BauO; §89 nieders. BauO; § 113 rheinl.-pfälz. BauO; §§ 103 - 104 saarl. BauO; §§ 99 - 100 schlesw.holst. BauO. — S. hierzu unter materiell-rechtlichen Aspekten bereits oben Abschn. III. 3d. § 105 MBauO; § 107 bad.-württ. BauO; Art. 103 bayer. BauO; §99 berl. BauO; §111 hamb. BauO; §107 hess. BauO; §82 nieders. BauO; §97 nordrh.-westf. BauO; § 115 rheinl.-pfälz. BauO; § 108 saarl. BauO; § 104 schlesw.-holst. BauO.

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waltungen errichteten oder beaufsichtigten Anlagen von dem normalen Bauaufsichtsverfahren519, die sog. Baulasten520 sowie die Vollstreckung von baubehördlichen Verwaltungsakten521 und die Sanktionen bei Verletzung baurechtlicher Vorschriften522. Von diesen Gegenständen können hier im wesentlichen nur die praktisch bedeutsamsten, nämlich das Bauerlaubnisverfahren und die Bauüberwachung, im Überblick dargestellt werden523. a) Bauerlaubnis-Verfahren52*-, aa) Bauantrag: Die Bauerlaubnis wird nur aufgrund eines Bauantrags525 erteilt526. Damit klare Verhältnisse bestehen, ist er schriftlich unter Beifügung aller für die Beurteilung des Vorhabens erforderlichen Unterlagen (Bauvorlagen) einzureichen527. Mit dem Bauantrag gelten regelmäßig auch alle nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften erforderlichen Genehmigungen, Bewilligungen oder Erlaubnisse als beantragt528. Diese werden von der Bauaufsichtsbehörde bei den in Frage kommenden Fachbehörden gegebenenfalls von Amts wegen eingeholt529 (Konzentrationsprinzip im Bauerlaubnis-Verfahren). bb) Voranfrage und Vorbescheid: Schon vor Einreichung des Bauantrags kann auf schriftlichen, meist mit nur wenigen Unterlagen versehenen Antrag des Baulustigen (sog. Voranfrage) ein schriftlicher Bescheid zu einzelnen Punkten des Bauvorhabens (sog. Vorbescheid) erteilt werden530. Besonders bedeutsam ist das Institut des Vorbescheids für die frühzeitige Klärung der Fra519

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§ 106 MBauO; § 89 I Nr. 18ff. bad.-württ. BauO; Art. 104 bayer. BauO; § 100 berl. BauO; §§67, 70 nieders. BauO; §98 nordrh.-westf. BauO; §116 rheinl.-pfälz. BauO; § 109 saarl. BauO; §§ 105 - 106 schlesw.-holst. BauO. §§ 107 - 108 MBauO; §§ 108 - 109 bad.-württ. BauO; §§ 104 - 105 berl. BauO; §§ 1 1 2 - 1 1 3 hamb. BauO; §§ 1 0 9 - 1 1 0 hess. BauO; §§ 92, 93 nieders. BauO; §§ 9 9 - 100 nordrh.-westf. BauO; §§ 1 2 0 - 1 2 1 rheinl.-pfälz. BauO; §§ 109a, 109b saarl. BauO; §§ 107 - 108 schlesw.-holst. BauO. § 109 MBauO. § 110 MBauO; § 112 bad.-württ. BauO; Art. 105 bayer. BauO; § 106 berl. BauO; § 115 hamb. BauO; § 113 hess. BauO; §91 nieders. BauO; § 101 nordrh.-westf. BauO; § 125 rheinl.-pfälz. BauO; § 111 saarl. BauO; § 109 schlesw.-holst. BauO. Zur Anwendung des Verwaltungsverfahrensgesetzes durch die Bauaufsichtsbehörden vgl. Stelkens, BauR 1978, 158 ff. Zum materiellen Recht s. oben Abschn. III. 3. Zu atypischen Fallgestaltungen vgl. Dölker, Baugenehmigung ohne Antrag und stillschweigende Baugenehmigung, BayVBl. 1974, 400 ff. Nach der Rechtsprechung muß ein wiederholter Bauantrag trotz bestandskräftiger Ablehnung eines früheren, inhaltlich gleichen Antrags erneut sachlich beschieden werden; s. BVerwG DVB1. 1972, 119ff. (119) - insoweit in BVerwGE 38, 152 nicht abgedruckt; BVerwG DÖV 1972, 640f. (641); BVerwG BRS 28, 230f. (231). S. § 88 I S. 1, II S. 1 MBauO. S. § 88 I S. 2 MBauO. S. § 90 II S. 1 MBauO. S. § 89 MBauO. — Zu den dogmatischen Problemen s. näher Selmer, Vorbescheid und Teilgenehmigung im Immissionsschutzrecht, 1979.

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ge, ob das in Aussicht genommene Grundstück überhaupt oder in bestimmter Weise bebaut werden darf 531 . Durch die Voranfrage kann der Baulustige die Bebaubarkeit verbindlich532 klären und über sie gegebenenfalls eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung herbeiführen 533 , ohne die unter Umständen sehr erheblichen Kosten für die Ausarbeitung der für den Bauantrag erforderlichen vollständigen Unterlagen aufwenden zu müssen534. Der Vorbescheid bildet rechtlich einen vorweggenommenen Teil der späteren Bauerlaubnis535. Er ist also keine bloße Zusage auf Erteilung der Bauerlaubnis, sondern bereits ein (gegenständlich begrenzter) Ausschnitt aus dieser Erlaubnis selbst536. Allerdings verliert er seine Wirkung, wenn nachfolgend die (vollständige) Bauerlaubnis nicht rechtzeitig537 beantragt wird. Auf Erteilung des Vorbescheids besteht ein Rechtsanspruch 538 , soweit sich aus den eingereichten Unterlagen die baurechtliche Zulässigkeit des Vorhabens zweifelsfrei entnehmen läßt539. Ein durch den Vorbescheid beeinträchtigter Nachbar kann ihn unmittelbar anfechten 540 . Wegen der Bindungswirkung des Vorbescheids für das spätere Bauerlaubnisverfahren würde er anderenfalls mit seinen Einwendungen insoweit präkludiert540®. cc) Erteilung des Bauscheines: Im Verfahren zur Prüfung der Bauunterlagen hat die Genehmigungsbehörde die Behörden und sonstigen Stellen zu hören, die durch das Vorhaben in ihrem Aufgabenbereich berührt werden541. Nach Maßgabe von sondergesetzlichen Bestimmungen ist in verschiedenen Fällen vor Erteilung der Bauerlaubnis das Einvernehmen mit betroffenen Fachbe531

Der zustimmende Entscheid über eine Bauvoranfrage, die die planungsrechtliche Bebaubarkeit des Grundstücks betrifft (vgl. §§ 30 — 36 BBauG), wird als „Bebauungsgenehmigung" bezeichnet; grundlegend PrOVG 104, 206 u. 244; s. ferner BVerwGE 18, 247 (247 - 248); 48, 242 (245); BVerwG NJW 1969, 73; VGH Kassel BRS 24, 203 ff. (204). 532 Zur Bindungswirkung s. OVG Lüneburg BRS 29, 218ff. 533 Zur verfahrensrechtlichen Lage s. Czermak, BayVBl. 1969, 313 f. 534 Bei offensichtlicher bauordnungsrechtlicher Unzulässigkeit des Vorhabens kann ausnahmsweise das Rechtsschutzinteresse für eine Klage auf Erteilung der Bebauungsgenehmigung fehlen; OVG Saarlouis NJW 1978, 1495. 535 BVerwG NJW 1969, 73; OVG Lüneburg NJW 1967, 842f.; VGH Kassel BRS 24, 203 ff. (204). Demgegenüber möchte eine Mindermeinung ihn, namentlich im Hinblick auf die Konsequenzen für den Nachbarschutz, lediglich als Zusage auf Erteilung der Bauerlaubnis werten; s. Dürr. NJW 1980, 2295f. 536 Dazu s. insbes. BVerwGE 48, 242 (245). 537 Zur zeitlichen Begrenzung der Bindungswirkung s. OVG Lüneburg NJW 1967, 842 f. 538 S. z. B. § 84 II i. V. m. § 88 I S. 1 nordrh.-westf. BauO; enger („kann") § 89 I MBauO. 539 OVG Münster OVGE 13, 71 ff. 540 VGH München BayVBl. 1977, 177f.; VGH Mannheim VerwRspr. 12, 449 (LS 2); OVG Berlin BRS 16, 116 ff. (117). S. auch §§ 89 II, 92 MBauO. 540a Krit. dazu Dürr, NJW 1980, 2295 f. 541 § 9 0 1 MBauO.

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hörden herzustellen oder deren Zustimmung einzuholen. Besondere praktische Bedeutung besitzt insoweit die Zustimmung der obersten Landesstraßenbaubehörde bei Baumaßnahmen längs der Bundesfernstraßen (§ 9 II, III BFStG) 542 . Soweit Befreiungen von nachbarschützenden Vorschriften erforderlich werden, sind auch die Eigentümer der benachbarten Grundstücke zu hören 543 . Das Verfahren findet seinen Abschluß 5 4 4 entweder mit der Zurückweisung des Bauantrags oder, wenn alle einschlägigen gesetzlichen Vorschriften erfüllt sind, mit der Erteilung der Bauerlaubnis, auf die der Baulustige in diesem Falle einen Rechtsanspruch hat 545 . Die Bauerlaubnis ist verkörpert im sog. Bauschein5*6. Die Bauerlaubnis wird vielfach mit Nebenbestimmungen versehen, die insbesondere dazu dienen, einzelne rechtliche Bedenken auszuräumen, die gegen ein in den Grundzügen genehmigungsfähiges Vorhaben bestehen. Praktisch bedeutsam ist vor allem die Auflage. Sie legt dem Bauherrn im Zusammenhang mit der ihm erteilten Genehmigung zusätzliche, selbständig erzwingbare Verpflichtungen auf. Sie kann als Verwaltungsakt für sich angefochten werden 5 4 7 . Demgegenüber begründet eine sog. modifizierende Auflage541' keine zusätzlichen Pflichten; sie schränkt vielmehr den Inhalt der Erlaubnis ein oder ordnet Abweichungen von der beantragten Bauausführung an (dem Antrag auf Errichtung eines Gebäudes mit Satteldach wird stattgegeben mit der „Auflage", es mit Flachdach zu versehen 548 ). Hier ist eine selbständige Anfechtung ausgeschlossen; es kommt nur die Verpflichtungsklage auf (uneingeschränkte) Erteilung der ursprünglich beantragten Erlaubnis in Betracht 549 . Echte Bedingungen im Rechtssinne kommen weniger häufig vor. 542

Dazu BVerwGE 16, 116; 19, 238; OVG Koblenz BRS 25, 334ff.; OVG Münster BRS 28, 313 ff. 543 § 92 MBauO. — Zur Rücknehmbarkeit der Nachbarzustimmung vgl. VGH München BRS 25, 288 ff. (290 - 292). 544 Zur Frage der der Behörde zuzubilligenden Bearbeitungsfrist vgl. BVerwG BauR 1971, 34 f. und BRS 25, 278 f. 545 Vgl. BVerwGE 16, 116 (120). — Eine vorläufige Bauerlaubnis vor endgültiger Prüfung wäre dagegen unzulässig. Sie kann auch nicht im Wege einer einstweiligen Anordnung erreicht werden; VGH München BayVBl. 1976, 402f. 546 § 93 I 2 MBauO; § 95 I bad.-württ. BauO; Art. 91 III bayer. BauO; § 89 III 1 berl. BauO; § 95 I S. 2 brem. BauO; §§ 99 I, 93 hamb. BauO; § 96 II S. 1 hess. BauO; § 75 IV 1 nieders. BauO; § 88 I S. 2 nordrh.-westf. BauO; § 99 II S. 1 rheinl.-pfälz. BauO; § 96 I saarl. BauO; § 92 I schlesw.-holst. BauO. 547 BVerwGE 36, 145 (153 - 154); 41, 178 ( 1 8 0 - 181); BVerwG DÖV 1974, 563f. (564); dazu Erichsen, VerwArch 66 (1975), S. 299ff. 547a Grundsätzlich dazu Weyreuther, DVB1. 1969, 295ff.; Ehlers, VerwArch. 67 (1976), S. 369ff.; Lange, AöR 102 (1977), S. 337ff.; Hoffmann, DVB1. 1977, 514ff. 548 Fall des VGH Mannheim BRS 28, 249 ff. 549 BVerwG DÖV 1974, 380f. (381); und DÖV 1974, 563f.; BVerwGE 55, 135 (137); VGH München BRS 27, 229ff. (230 - 231); VGH Mannheim BRS 28, 249ff. (250). Weyreuther, DVB1. 1969, 295ff. (297); vertiefend Erichsen, VerwArch. 66 (1975), S. 299 ff.

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Oftmals erweist sich eine sog. „Baubedingung" sachlich als Auflage550. Mit dem (praktisch selteneren) Widerrufsvorbehalt eröffnet sich die Behörde die Möglichkeit, ein Vorhaben lediglich vorübergehend — als Provisorium — zuzulassen und den Weg für eine spätere Beseitigungsanordnung offenzuhalten551. Nebenbestimmungen sind unzulässig, wenn das beantragte Vorhaben in allen Punkten voll dem geltenden Recht entspricht und der Baulustige deshalb einen uneingeschränkten Genehmigungsanspruch besitzt. dd) Teilbaugenehmigung: Neben der normalen umfassenden Bauerlaubnis kennt das Bauordnungsrecht das wichtige Institut der sog. Teilbaugenehmigung552. Sie kann auf schriftlichen Antrag vor der endgültigen Bauerlaubnis für das Gesamt-Bauvorhaben erteilt werden, wenn der Bauherr ein schutzwürdiges Interesse daran hat, mit den Arbeiten für die Baugrube und für einzelne Bauteile oder Bauabschnitte alsbald beginnen zu können. Durch die Erteilung der Teilbaugenehmigung bindet sich die Baubehörde in der Weise, daß sie die endgültige (Voll-)Bauerlaubnis grundsätzlich553 nicht mehr verweigern darf. Die Teilbaugenehmigung beinhaltet die grundsätzliche Billigung der Gesamtmaßnahme 554 . Ihr eignet Endgültigkeit in gleicher Weise wie der vollen Baugenehmigung555. Die Behörde kann allerdings noch nachträglich für die bereits begonnenen Teile des Bauvorhabens zusätzliche Anforderungen stellen, wenn sich bei der weiteren Prüfung der Bauvorlagen ergibt, daß sie im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich sind556. ee) Typengenehmigung und Ausfuhrungsgenehmigung: Für bauliche Anlagen, die in derselben Ausfuhrung an mehreren Stellen errichtet werden sollen, kann eine Typengenehmigung erteilt werden557. Sie kommt in der Praxis z. B. bei Fertighäusern vor. Trotz Vorliegens der Typengenehmigung muß für die Aufstellung jedes einzelnen Bauwerks eine besondere Baugenehmigung eingeholt werden. Dabei beschränkt sich aber die Prüfung der Baubehörde im wesentlichen auf die Besonderheiten des Einzelfalls (z. B. die Bebaubarkeit 550 551 552

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Näher dazu Weyreuther, DVB1. 1969, 232 ff. Vgl. OVG Saarlouis BRS 28, 260ff. §95 MBauO; §97 bad.-württ. BauO; Art. 93 bayer. BauO; §90 berl. BauO; §98 hamb. BauO; § 98 hess. BauO; § 76 nieders. BauO; § 90 nordrh.-westf. BauO; § 103 rheinl.pfälz. BauO; § 98 saarl. BauO; § 94 schlesw.-holst. BauO. Etwas anderes gilt nur dann, wenn einer der Gründe gegeben ist, die allgemein zur nachträglichen Aufhebung (Zurücknahme, Widerruf) einer Baugenehmigung berechtigen. Vgl. z. B. Art. 96 bayer. BauO; § 90 nieders. BauO. S. VGH Kassel BRS 22, 227. VGH Kassel BRS 27, 239 ff. (240). § 95 III MBauO. - Vgl. auch §§ 99, 113 MBauO. § 97 MBauO; § 105 bad.-württ. BauO; Art. 94 bayer. BauO; § 92 berl. BauO; § 103 hamb. BauO; § 100 hess. BauO; §83 nieders. BauO; §92 nordrh.-westf. BauO; § 105 rheinl.-pfälz. BauO; § 100 saarl. BauO; § 96 schlesw.-holst. BauO.

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des Grundstücks). Die Bauausführung selbst braucht, soweit sie dem genehmigten Typus entspricht, nicht nochmals geprüft zu werden. Erhebliche praktische Bedeutung besitzt schließlich die sog. Ausführungsgenehmigung für „fliegende Bauten"55*. Sie ist erforderlich für bauliche Anlagen, die bestimmt und geeignet sind, wiederholt aufgestellt und zerlegt zu werden 559 . Die Ausführungsgenehmigung muß vorliegen, wenn die Anlage erstmals in Gebrauch genommen wird. Jede erneute Aufstellung ist der Bauaufsichtsbehörde des Aufstellungsortes anzuzeigen und von ihr abzunehmen 560 . f f ) Zustimmungsverfahren bei öffentlichen Bauten: Bauvorhaben des Bundes und der Länder bedürfen keiner Baugenehmigung, Überwachung und Abnahme, wenn der öffentliche Bauherr die Leitung der Entwurfsarbeiten und die Bauüberwachung einem Beamten des höheren bautechnischen Verwaltungsdienstes übertragen hat. Sie unterliegen jedoch der Zustimmung der höheren (Landes-)Baubehörde 561 . Es handelt sich im wesentlichen um eine verfahrensrechtliche Sonderbehandlung. Materiellrechtlich sind die öffentlichen Bauten dagegen den allgemein geltenden Vorschriften des Baurechts unterworfen; auch die Hoheitsbauten des Bundes (einschließlich des Wehrbereichs) unterliegen grundsätzlich dem landesrechtlichen Baurecht 562 . Im Zustimmungsverfahren wird in erster Linie die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens zu beurteilen sein. Die bautechnische Seite ist nicht zu prüfen, weil der öffentliche Bauherr selbst „allein" die Verantwortung dafür trägt, daß Entwurf und Ausführung der baulichen Anlage den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entsprechen (§ 105 VIII MBauO). Die Zustimmung wird durch Verwaltungsakt erteilt563. b) Bauüberwachung: aa) Laufende Überwachung: Die Ausführung eines genehmigungspflichtigen Bauwerks unterliegt während ihrer gesamten Dauer der baubehördlichen Überwachung 564 . Die Kontrolle soll gewährleisten, daß die am Bau Beteiligten565 sich an Inhalt und Grenzen der Bauerlaubnis halten. Sie erstreckt sich vor allem auf die Brauchbarkeit der Baustoffe und Bau558

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§ 98 MBauO; § 106 bad.-württ. BauO; Art. 102 bayer. BauO; § 93 berl. BauO; § 104 hamb. BauO; § 106 hess. BauO; § 8 4 nieders. BauO; §93 nordrh.-westf. BauO; § 106 rheinl.-pfälz. BauO; § 101 saarl. BauO; § 97 schlesw.-holst. BauO. Z. B. Karussells, Schaubuden, Zirkuszelte. Näher dazu Baumgarten, Die bauaufsichtliche Behandlung von fliegenden Bauten, BayBgm. 1976, H. 9, S. 19ff. § 105 MBauO (Ausnahme bei Verteidigungsbauten, § 105 VII MBauO). BVerwG DÖV 1976, 749ff. (750 - 51); zur Geltung von Landesbaurecht für Anlagen der Bundesbahn s. Küchler, DÖV 1977, 187 ff. Zur Zuständigkeit bei verwaltungsgerichtlichen Verfahren über die Zustimmung s. VGH Mannheim DÖV 1975, 757 (Nr. 195); BVerwG DÖV 1976, 749ff. (750). S. §§ 1 0 2 - 104 MBauO. S. oben Abschn. III. 2.

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teile, die Ordnungsmäßigkeit der Bauausführung und auf die Beachtung der für die Sicherheit von Menschen, namentlich der Bauarbeiter, erlassenen Bestimmungen. bb) Bauabnahme: Neben der laufenden Überwachung, die nach Art und Umfang vom pflichtgemäßen Ermessen der Behörde abhängt, kennt das Baurecht die förmlichen Bauabnahmen 566 . Sie müssen grundsätzlich bei jedem genehmigungspflichtigen Bauvorhaben erfolgen. Die Abnahmen dienen insbesondere der Feststellung, ob der Inhalt der Bauerlaubnis beachtet worden ist und ob die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gewahrt sind. Sobald die tragenden Teile des Bauwerks 567 errichtet sind, erfolgt die Rohbauabnahme. Nach Abschluß der Bauarbeiten ist die Schlußabnahme (= Gebrauchsabnahme) durchzuführen. Über sie wird der sog. Schlußabnahmeschein erteilt. Erst wenn er vorliegt, darf das Bauwerk in Betrieb genommen (bezogen) werden 568 . 6. Bauordnungsbehörden Bei den in den Bauordnungen geregelten Aufgaben handelt es sich um staatliche Angelegenheiten569. Sie werden in der unteren Instanz teilweise von kommunalen Stellen als Auftragsangelegenheiten bzw. Pflichtaufgaben nach Weisung 570 , im übrigen unmittelbar von staatlichen Behörden wahrgenommen. Es handelt sich in beiden Fällen um Sonderpolizei- bzw. Sonderordnungsbehörden571. Der Instanzenzug ist regelmäßig dreistufig gegliedert. Dabei obliegen die unmittelbaren Vollzugsaufgaben, von wenigen Ausnahmen abgesehen, der unteren Instanz 572 . Wegen der Einzelheiten wird auf die verschiedenen Landesbauordnungen 573 und auf die Darstellung der allgemeinen Organisation der Polizei- und Ordnungsbehörden 5 7 4 verwiesen. 566 567

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S. § 104 MBauO. Deren Überprüfung beim fertigen Bauwerk erheblich erschwert, z. T. unmöglich wäre. Ein Verstoß gegen die Vorschrift rechtfertigt allerdings regelmäßig kein Benutzungsverbot. Dagegen kann die Räumung eines nicht abgenommenen Gebäudes angeordnet werden, wenn dessen Standsicherheit berechtigten Zweifeln unterliegt; OVG Münster DÖV 1971, 645 Nr. 247. So § 82 I MBauO. S. in diesem Band: von Unruh, Gemeinderecht, Abschn. I. 4c, cc. Vgl. etwa OVG Münster BRS 28, 168ff. (169). VGH Mannheim BRS 28, 325 f. (326): Grundsätzich kein Selbsteintrittsrecht der Aufsichtsbehörde A m Erlaß baurechtlicher Verwaltungsakte. S. § § 8 1 - 8 5 MBauO; §§ 8 2 - 8 6 bad.-württ. BauO; Art. 7 7 - 8 1 bayer. BauO; §§ l f f . berl. ASOG i. V. m. §§ 2, 8 berl. DVO-PolZustG; § § 8 1 - 8 6 hess. BauO; §§ 6 3 - 6 7 nieders. BauO; §§ 7 6 - 7 9 nordrh.-westf. BauO; §§ 8 6 - 9 0 rheinl.-pfälz. BauO; §§ 83 - 86 saarl. BauO; §§ 79 - 83 schlesw.-holst. BauO. S. in diesem Band: Friauf. Polizei- und Ordnungsrecht, Abschn. III. 1 b — e.

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7. Baurechtliche Verträge Schon seit Jahrzehnten haben vertragliche Vereinbarungen zwischen einem Baulustigen auf der einen und der Baugenehmigungsbehörde auf der anderen Seite eine wachsende Bedeutung im Bereich des öffentlichen Baurechts erlangt. Sie werden in der Regel geschlossen, um in besonders gelagerten Fällen die Voraussetzungen für den Erlaß eines baurechtlichen Verwaltungsakts — vor allem einer Baugenehmigung oder eines Dispenses — zu schaffen. Der Baulustige übernimmt bestimmte Verpflichtungen, deren Erfüllung die Behörde in die Lage versetzen soll, den beantragten Verwaltungsakt zu erlassen. a) Zulässigkeit: Da es für die Zuordnung zum öffentlichen oder privaten Recht entscheidend auf den Gegenstand des Vertrages ankommt 575 , müssen die baurechtlichen Verträge als öffentlich-rechtliche Verträge qualifiziert werden. Behörde und Baulustiger stehen sich beim Vertragsschluß nicht auf gleicher Ebene gegenüber, so daß die Vereinbarungen dem Typus des subordinationsrechtlichen öffentlich-rechtlichen Vertrages zuzuordnen sind 576 . Die grundsätzliche Zulässigkeit öffentlich-rechtlicher Verträge ist allgemein im Verwaltungsrecht 577 und insbesondere im Bereich des Baurechts 578 heute weitgehend anerkannt und seit 1977 auch vom Gesetzgeber in § 54 VwVfG sanktioniert. Sie hängt nicht von einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung ab. Baurechtliche Verträge sind deshalb regelmäßig wirksam und für die Parteien verbindlich 579 , sofern die von der Baubehörde übernommene Leistung in Übereinstimmung mit der Gesetzeslage erbracht werden kann 580 und sofern ihr Inhalt im Einzelfall nicht einem sonstigen (ausdrücklichen oder aus dem Sinn der einschlägigen Regelungen zu entnehmenden) gesetzli575

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BVerwGE 22, 138 ( 1 4 0 - 141); 42, 331 (332); OVG Münster OVGE 12, 177 (178 180); BGHZ 32, 214 (216 - 217); 35, 69 (73 - 74); 43, 34 (37); 56, 365 (368); anders z. T. die ältere Rechtsprechung, s. noch BGHZ 26, 84. S. Stern, VerwArch 49 (1958), S. 106ff. (143ff.). Aus dem umfangreichen Schrifttum s. etwa Baring, DVB1. 1965, 180ff. (181 - 184); Knack, DVB1. 1965, 709ff.; Mörtel, BayVBl. 1965, 217ff. Redeker, DÖV 1966, 543ff.; Pieper, DVB1. 1967, 11 ff.; Haueisen, NJW 1969, 122ff., jeweils mit Nachweis der älteren Veröffentlichungen. — Aus der Rechtsprechung s. insbes. BVerwGE 22, 138 (141 ff.); 23, 213 (214 - 216); 30, 65 (68 - 69); 42, 331 (332ff.); 49, 359 (361 - 362); BSG NJW 1967, 1822f. und 1968, 176; BGH DVB1. 1967, 36ff. (37 - 38). Dazu von Campenhausen, DÖV 1967, 662ff.; Scheerbarth, a. a. O., §§ 61 ff., insbes. §§ 66ff.; BVerwGE 22, 138; 23, 213; VGH München VerwRspr. 18, S.468; BGH DVB1. 1967, 36 ff. S. bereits Baltz / Fischer, Preuß. BaupolizeiR, 1954, Anm. 12 zu § 12 FluchtLinG; RGZ 133, 361 ; BGHZ 26, 84 (87). BVerwGE 49, 359 (361 - 63) mit Nachweisen. Demgegenüber hält das OVG Münster (Berufungsentscheidung im selben Verfahren) den Vertrag trotz Gesetzwidrigkeit der von der Behörde übernommenen Leistung für wirksam, um das Vertrauen des Bürgers zu schützen: BRS 27, 251 ff. (252 - 255).

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chen Verbot zuwiderläuft 581 . Ein derartiges Verbot ergibt sich u. a. aus dem rechtsstaatlichen Grundsatz, daß die Verwaltung nicht im Vertragswege eine Gegenleistung für einen Verwaltungsakt verlangen darf, den sie auch ohne eine solche Gegenleistung hätte gewähren müssen, und daß die Ausübung eines begünstigenden Ermessens nur insoweit von Gegenleistungen abhängig gemacht werden darf, wie es sich um die Vorwegnahme einer späteren Leistungspflicht des Bürgers oder um eine Leistung handelt, die ihrerseits erst den begünstigenden Verwaltungsakt rechtfertigt582. Die Nichtigkeitsfolge im Hinblick auf die genannten Rechtsverstöße folgt nunmehr auch aus § 59 VwVfG582a bzw. den entsprechenden Bestimmungen der Landes-Verwaltungsverfahrensgesetze. b) Anwendungsfälle: In der Verwaltungspraxis583 kommt der baurechtliche Vertrag vor allem in Gestalt des sog. Garagenersatzvertrages, des Baudispensvertrages, des Folgekostenvertrages und des Erschließungsvertrages584 vor. Im Garagenersatzvertrag verpflichtet sich der Baulustige, der Gemeinde geldliche oder sonstige Leistungen (etwa Grundabtretung) zu erbringen, sofern er von der gesetzlich begründeten Pflicht zur Schaffung von Einstellplätzen für Kraftfahrzeuge auf dem Baugrundstück befreit wird. Damit soll eine Bebauung ermöglicht werden, die sonst an der Unmöglichkeit, die erforderlichen Einstellplätze zu schaffen, scheitern müßte. Die Gemeinde verwendet die Leistungen des Baulustigen dazu, öffentliche Parkplätze, Parkhäuser o. ä. einzurichten und damit dem Gesetzeszweck auf andere Weise Genüge zu tun. Die Rechtsprechung hält diese Verträge im Grundsatz für zulässig und wirksam585. Auch der Baudispensvertrag586 bezweckt ähnlich wie der Garagenersatzvertrag, die an sich starren Regelungen des Baurechts in einer den Bedürfnissen des Einzelfalls angemessenen Weise aufzulockern. Der Baubewerber verpflichtet sich zu bestimmten Leistungen, um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß die Baugenehmigungsbehörde in pflichtgemäßer Ausübung ihres Ermessens den beantragten Dispens erteilen kann. 581

Zum rechtswidrigen Verwaltungsvertrag s. Schenke, JuS 1977, 282ff.; zu Leistungsstörungen Bullinger, DÖV 1977, 812ff.; H. Meyer, NJW 1977, 1705ff. 582 von Campenhausen, DÖV 1967, 662ff. (666); Willigmann, DVB1. 1963, 229ff. 582a Zu den verfassungsrechtlichen Postulaten, die die Anwendung des § 59 VwVfG determinieren (insbes. Gesetzmäßigkeit der Verwaltung) s. Schenke, JuS 1977, 281 ff. ( 2 8 3 - 2 8 7 ) . 583 Zum folgenden auch Scheerbarth, a. a. O., §§ 66 — 70. 584 Zum Erschließungsvertrag gem. § 123 III BBauG als öffentlich-rechtlichem Vertrag s. BGHZ 54, 287 (290 ff.). 585 BVerwGE 23, 213 (217 - 223); VGH München VerwRspr. 18, S. 468ff. (470 - 473); vgl. auch BGHZ 32, 214; 35, 69 ( 7 4 - 7 5 ) ; BGH NJW 1979, 642f. (643). Zu den Grenzen der Zulässigkeit s. BVerwG NJW 1980, 1294 ff. 586 Dazu s. Schulze, Baudispensverträge, Bedeutung — Rechtlicher Charakter - Zulässigkeit, 1964, mit eingehenden Nachweisen.

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Grundsätzlich können derartige Verträge wirksam geschlossen werden. Sie unterliegen aber den allgemein geltenden Schranken5*1. So ist es insbesondere unzulässig, im Vertragswege über einen Dispens zu verfügen, wenn die gesetzlichen Dispensvoraussetzungen überhaupt nicht vorliegen. Ebensowenig wäre es zulässig, über das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer Gefahr im Sinne des baupolizeilichen Gefahrenbegriffs 588 oder einer Verunstaltung 589 zu paktieren. Ein Dispensvertrag ist ferner nichtig, wenn die Behörde den in Aussicht gestellten Verwaltungsakt nur unter Gesetzesverstoß 590 oder in ermessensfehlerhafter Weise erlassen könnte — etwa unter Verletzung des Gleichheitssatzes 591 oder unter Verletzung von Rechten der Nachbarn 5 9 2 — oder wenn sie ihr Übergewicht über den in einer Zwangslage befindlichen Baulustigen in erpresserischer Weise oder sonst ermessensmißbräuchlich ausgenutzt hat 593 . Ein wirksamer Dispensvertrag schafft die Voraussetzungen für den Dispens und verpflichtet die Behörde, ihn zu erteilen. Er gewährt den Dispens aber nicht unmittelbar selbst. Dafür ist vielmehr in jedem Fall ein besonderer Verwaltungsakt (schriftlicher Bescheid) notwendig. Bei Weigerung der Behörde muß der Betroffene aufgrund des Vertrags Verpflichtungsklage auf Erteilung des Dispenses erheben. Folgekostenverträge werden zumeist im Zusammenhang mit der planerischen Ausweisung von größeren Neubaugebieten geschlossen. Darin verpflichten sich die Bauinteressenten, der Gemeinde einen bestimmten Betrag pro beabsichtigter Wohneinheit zum Ersatz derjenigen Aufwendungen zu zahlen, die ihr als Folge des Einwohnerzuwachses über den beitragsfähigen Erschließungsaufwand im Sinne von § 127 BBauG hinaus für Infrastruktureinrichtungen (z. B. Schulen, Kindergärten, Friedhöfe, Feuerwehr, zusätzliche Verwaltungsgebäude) entstehen werden. Von dieser Zahlungszusage macht die Gemeinde die Aufstellung des Bebauungsplans abhängig. Eine gesetzliche Grundlage für die Einführung derartiger Leistungspflichten ist nicht vorhanden 594 . Das BVerwG hält die Folgekostenverträge für grundsätzlich 587

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S. oben. — Bedenklich „großzügig" im Sinne einer weitgehenden Zulässigkeit ist z. B. BGH DVB1. 1967, 36 ff., mit krit. Anm. von Tittel, a. a. O., S. 38 - 40. OVG Lüneburg OVGE 16, 471 (474). 590 OVG Münster VerwRspr. 4, S. 886 f. Vgl. BVerwGE 49, 359 (361 - 362). S. Menger, VerwArch. 52 (1961), S. 209 Anm. 43; Salzwedel, Die Grenzen der Zulässigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrages, 1958, S. 129 und — stark einschränkend - S. 132. Zum Nachbarschutz s. unten Abschnitt III. 8. VGH Kassel, DÖV 1956, 185 ff. (186). Abgesehen von der in § 9 schlesw.-holst. K A G v. 10. 3. 1970 (GVOB1. S. 44) vorgesehenen Abgabe „wegen Änderung der Gemeindeverhältnisse"; zu ihr s. BVerfGE 49, 343; BVerwGE 44, 202; BVerwG DVB1. 1978, 536 ff. Zur Kritik an der Vorschrift s. Friauf, DVB1. 1978, 517ff.; vgl. ferner Brintzinger, SchlHolstAnz 1970, 67ff.; Lutz, D W W 1970, 332ff.; Thiem, SchlHolstAnz. 1971, 99ff.; Borchert, NJW 1974, 963 f.

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zulässig und wirksam 595 . Es kommt damit zweifellos einem gewichtigen Bedürfnis der Gemeinden, zumal in Ballungsrandzonen, entgegen. Im Ergebnis bedeutet das freilich, daß die Bauherrn (und mittelbar die Mieter) in den betroffenen Gebieten gesondert für die öffentlichen Einrichtungen aufzukommen haben, die allen übrigen Bürgern aus den allgemeinen Steuermitteln zur Verfügung gestellt werden 596 . Verträge, die zunächst rechtswirksam abgeschlossen worden sind, können bei einer wesentlichen Veränderung der maßgeblichen Verhältnisse — insbesondere bei Änderungen des Bauordnungs- und Bauplanungsrechts selbst — unter dem Gesichtspunkt der clausula rebus sie stantibus modifiziert oder sogar völlig gelöst werden (§ 60 VwVfG)597. 8. Schutz des Nachbarn Die wachsende Dichte der Besiedlung hat seit Jahren in ständig zunehmendem Maße dazu geführt, daß von der Baubehörde erteilte Bauerlaubnisse oder sonstige begünstigende Verwaltungsakte von Nachbarn des Baulustigen als belastend empfunden werden. Die Betroffenen versuchen, diese Belastung durch Rechtsmittel abzuwehren. In zahllosen Verwaltungsprozessen spielen demzufolge die Rechtsbeziehungen in dem Dreiecksverhältnis Baubehörde - Bauherr - Nachbar eine theoretisch wie praktisch bedeutungsvolle Rolle. Die dabei entstehenden Schwierigkeiten beruhen teilweise darauf, daß die Beziehungen zwischen dem Bauherrn und seinem Nachbarn grundsätzlich privatrechtlicher Natur sind und daher insoweit vom traditionellen zivilrechtlichen Nachbarrecht 598 geregelt werden. Das Baurecht ist isoliert vom Nachbarrecht entwickelt worden und fügt sich mit diesem nicht ohne weiteres zu einem harmonischen Ganzen zusammen. Vor allem aber entstehen zahlreiche Zweifel deshalb, weil die baurechtlichen Regelungen nur selten etwas darüber besagen, ob, in welchem Maße und mit welchen Rechtsfolgen Dritte am Bauverfahren zu beteiligen oder ihre Interessen zu berücksichtigen sind. Die Frage des baurechtlichen Nachbarschutzes 599 bildet einen der praktisch wichtigsten Teilbereiche aus dem Problemkreis des sog. „Dritten im Verwal595

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BVerwGE 42, 331 (336 - 346); dazu von Mutius, VerwArch 65 (1974), S. 201 ff.; vgl. auch den Parallelfall BGH DÖV 1975, S. 825 ff. Vgl. näher Friauf, DVB1. 1978, 517ff. (520 - 523). Vgl. BVerwG DÖV 1956, 410; OVG Münster OVGE 16, 12 (17). Zu dem noch nicht abschließend geklärten Verhältnis von öffentlich-rechtlicher Nachbarklage und privatrechtlichen Abwehransprüchen s. BVerwGE 28, 131 (134ff.) = DVB1. 1968, 35ff., mit Anm. Schrödter, S.37ff; Schopp, Das Verhältnis von privatem und öffentlichem Nachbarrecht, 1978; vgl. auch Bartlsperger, VerwArch. 60 (1969), S. 35ff.; Hoppe, DVB1. 1969, 246ff. S. dazu allgemein Kübler / Speidel, Handbuch des Baunachbarrechts, 1970; Bender / Dohle, Nachbarschutz in Zivil- und Verwaltungsrecht, 1972.

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tungsrecht" 600 . Im vorliegenden Rahmen können die hier auftauchenden zahlreichen Einzelprobleme lediglich in einem knappen Überblick behandelt werden601, a) Materiell-rechtliche Grundlagen: Der Erfolg eines nachbarlichen Rechtsbehelfs gegen einen baurechtlichen Verwaltungsakt, insbesondere eine Bauerlaubnis, hängt von drei Voraussetzungen ab, die nebeneinander (kumulativ) gegeben sein müssen: (1) der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, (2) einer tatsächlichen Beeinträchtigung des Nachbarn und (3) der Verletzung des Nachbarn in eigenen Rechten602. Daß der Nachbarschutz stets eine Verletzung des objektiven Rechts zugunsten des Bauherrn voraussetzt603, bedeutet im Grunde eine Selbstverständlichkeit. Denn rechtmäßige Verwaltungsakte muß der Nachbar hinnehmen, auch wenn sie ihm nachteilig erscheinen. In solchen Fällen kann allenfalls die Frage auftauchen, ob die Vorschrift, die die Baugenehmigung legalisiert (Gesetz, Bebauungsplan usw.) ihrerseits gültig ist. Die Nichtigkeit der gesetzlichen Grundlage führt zwangsläufig zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts. — Das Erfordernis der Rechtswidrigkeit ist erfüllt, wenn die angegriffene Bauerlaubnis im Augenblick ihrer Erteilung604 von zwingenden Vorschriften des Bauplanungs- oder Bauordnungsrechts abweicht und nicht durch einen Dispens gedeckt ist605 bzw. wenn ein erteilter Dispens sich seinerseits als rechtswidrig erweist. Sofern die gesetzlichen Dispensvoraussetzungen gegeben sind, kann dem Rechtsbehelf des Nachbarn noch durch nachträgliche Dispenserteilung die Grundlage entzogen werden606. 600

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Dazu s. statt vieler Bernhardt, JZ 1963, 302ff.; Schmidt, NJW 1967, 1635ff.; Friauf, DVB1. 1969, S. 368ff.; ders., JurA 1969, 3ff. S. näher Friauf, JurA 1969, 3ff. (insbes. 17ff.); und 1970, 652ff.; ders., DVB1. 1971, 713ff.; Bender, NJW 1966, 1989ff.; Dyong, BBauBl. 1971, 524ff.; Evers, DVB1. 1970, 12ff.; Fickert, Zulässigkeit von Bauvorhaben, a.a.O., §31 Tz. 130; Geher, DÖV 1965, 793ff.; Grundei, NJW 1970, 833ff.; Guthardt, DVB1. 1972, 567ff.; Heise, DÖV 1973, 777ff.; Hoppe, DVB1. 1969, 246ff.; Kemnade, Der Rechtsschutz des Nachbarn im Baurecht, 1965; Knemeyer, DVB1. 1978, 37ff.; Laubinger, Der Verwaltungsakt mit Doppelwirkung, 1967, S. 34ff.; K. Meyer, DWW 1968, 122ff.; Peters, DÖV 1968, 547ff.; Redeker, DVB1. 1968, 7ff.; Schlichter, ZfBR 1978, 12ff.; Schrödter, Bundesbaugesetz, § 31 Rdnr. 4ff.; Sendler, BauR 1970, 4ff. u. 74ff.; Simon, BayVBl. 1967, 227ff.; Timmermann, Der baurechtliche Nachbarschutz, 1969; Weyreuther, BauR 1975, 1 ff. Vgl. zusammenfassend etwa Peters, DÖV 1965, 744ff. (745 — 746) mit Nachweisen; OVG Münster DVB1. 1968, 529 ff. (530) und BRS 32, 273 ff. (274). BVerwG DVB1. 1971, 754ff. (755); DVB1. 1971, 746ff. (748); OVG Münster BRS 25, 31 ff. (32). Auf nachträgliche Rechtsänderungen zum Nachteil des Baulustigen kann der Nachbar sich nicht berufen; s. BVerwG DVB1. 1978, 614ff. (615); OVG Münster DÖV 1978, 147 f. Zur Ausräumung des Nachbarschutzes durch einen Dispens vgl. BGH NJW 1976, 1888 ff. (1889). Vgl. auch OVG Berlin BRS 20, 253 ff. (255); OVG Münster BRS 20, 252 f. (253).

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Die Nachbarklage hat nur Erfolg, wenn der Nachbar durch die Errichtung der zu Unrecht genehmigten baulichen Anlage tatsächlich beeinträchtigt würde601, d. h. wenn seine Situation sich gegenüber derjenigen, die bei Beachtung des geltenden Rechts bestünde, spürbar — mit der Folge einer feststellbaren Wertminderung — verschlechterte 608 . Er hat keinen Anspruch auf Einhaltung der Norm um ihrer selbst willen. Ob eine tatsächliche Beeinträchtigung zu erwarten ist, läßt sich nicht in allen Fällen rein empirisch feststellen, vor allem dann nicht, wenn keine körperlichen Einwirkungen (Immisionen u. dgl.) auf das Grundstück in Betracht kommen, sondern es lediglich um eine allgemeine Verschlechterung der Nachbarschaftssituation geht. In solchen Fällen wird oftmals nicht ohne eine wertende Betrachtung auf dem Hintergrund des als normal und angemessen angenommenen Zustands auszukommen sein. Die Beeinträchtigung des Nachbarn wird sich normalerweise daraus ergeben, daß die beabsichtigte bauliche Nutzung des Nachbargrundstücks sein eigenes Grundstück nachteilig zu beeinflussen droht. Die Nachbarklage, mit der er diese Beeinträchtigung abzuwehren versucht, hat deshalb grundsätzlich defensiven Charakter. Daneben kommt aber für Sonderfälle auch eine „offensive (störungspräventive) Nachbarklage" in Betracht, bei der es dem Nachbarn darum geht, die Bebauung der angrenzenden Grundstücke zu verhindern, um sich selbst die Möglichkeit des Aussendens von Emissionen offenzuhalten und einer künftigen Inanspruchnahme als Störer zuvorzukommen (z. B. ein emissionsträchtiges Industrieunternehmen wendet sich gegen die Errichtung von Wohnhäusern in der Nachbarschaft, um zu verhindern, daß ihm zum Schutz der zukünftigen Bewohner Beschränkungen auferlegt werden können) 609 . Da unser Verwaltungsrechtsschutz nur der Gewährleistung von Individualrechten dient und keine Popularklage kennt, setzt die Nachbarklage schließlich voraus — und zwar sowohl im Hinblick auf die Klagebefugnis, § 42 II VwGO, als auch als Voraussetzung für die Begründetheit, § 113 I I VwGO —, daß der Nachbar in seinen eigenen Rechten betroffen ist. Fehlt es daran, so wird die Klage trotz festgestellter Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts und trotz (ggf. erheblicher) tatsächlicher Beeinträchtigung des Nachbarn abgewiesen610. Eine Betroffenheit in eigenen Rechten ist gegeben, wenn die Vorschrift, von der die Baugenehmigung zu seinem Nachteil abweicht, nicht lediglich öffentlichen Interessen dient, sondern zugleich dem Nachbarn eine

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VGH Mannheim BRS 27, 58ff. (59); VGH Kassel BauR 1971, 109. OVG Münster BRS 25, 294ff. (297); BRS 27, 243ff. (245); BRS 32, 273ff. (274). BVerwG DVB1. 1971, 746ff. (748); OVG Münster BRS 25, 31 ff. (35); VG Hannover DVB1. 1971, 767; Frìauf, DVB1. 1971, 713 ff. (713 - 716); Bartlsperger, DVB1. 1971, 723ff.; Fröhler / Kormann, WiVerw 1977, 114ff.; dies., WiVerw. 1978, 245ff.; Gehrmann, GewArch. 1980, 353 ff. Typisches Beispiel: OVG Saarlouis BauR 1976, 411 ff. (412).

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eigene Rechtsposition einräumt und damit „nachbarschützenden Charakter" hat 6 ". Nach heute gesicherter Lehre612 und Rechtsprechung613 kann der Nachbar614, wenn diese drei Voraussetzungen vorliegen, mit der Nachbarklage gegen eine Bauerlaubnis oder einen sonstigen baurechtlichen Verwaltungsakt durchdringen. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle konzentriert sich die Problematik dabei auf die Frage, ob die jeweils verletzten Vorschriften nachbarschützenden Charakter besitzen. aa) Nachbarschützende Bestimmungen des Bauplanungs- und Bauordnungsrechts: Nach fast einhelliger Rechtsprechung und überwiegender Lehre615 ist die Frage, ob eine bestimmte Baurechtsnorm dem betroffenen Nachbarn eigene Rechte gewährt, durch Auslegung mit Hilfe der allgemeinen Interpretationsmittel: Wortlaut, systematischer Zusammenhang und Normzweck zu beantworten616. Generell kann eine nachbarschützende Wirkung nur angenommen werden, wenn die in Betracht kommende Vorschrift „einen bestimmten und abgrenzbaren, d. h. individualisierbaren und nicht übermäßig weiten Kreis" von durch sie Berechtigten erkennen läßt617. Diese Frage ist unter Umständen für die einzelnen Tatbestandsmerkmale derselben Bestimmungen unterschiedlich zu beurteilen618. 611

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BVerwGE 27, 297 (307); 52, 122 (128). - Ausnahmsweise kann der Nachbar auf Grund einer besonderen, wirksam erteilten Zusage auch einen Anspruch auf Einhaltung des objektiven, nicht nachbarschützenden Baurechts haben; dazu BVerwGE 49, 244 (250 - 252). Der Nachbar kann nach der Rechtsprechung überdies die Nichtigkeit eines baurechtlichen Verwaltungsakts auch dann geltend machen, wenn sie auf dem Verstoß gegen eine nicht nachbarschützende Vorschrift beruht; VGH München BRS 29, 222 ff. (225). Aus der älteren Diskussion vgl. etwa Seilmann, NJW 1964, 1545ff.; ders., DVB1. 1963, 273ff.; Redeker, NJW 1959, 749ff. Grundlegend BVerwGE 22, 129 (130 - 131). Der maßgebliche Nachbar-Begriff ist nicht einheitlich, sondern hängt von Schutzzweck, -richtung und -umfang der jeweils in Betracht kommenden Baurechtsnorm ab. Dazu s. namentlich BVerwG DVB1. 1974, 358ff. (361); OVG Münster BRS 24, 294 f. Auf unmittelbare Grenznachbarschaft kommt es nicht notwendig an. Zu Abgrenzungsproblemen vgl. etwa OVG Saarlouis, BRS 27, 62 ff. (63); VGH München BRS 27, 263 ff. (265 - 266) und BRS 28, 283 ff. (284 - 285). Bei emittierenden Anlagen ergibt sich die Eigenschaft als Nachbar aus dem möglichen Einwirkungsbereich der Anlage; s. OVG Lüneburg DVB1. 1977, 347ff. (348). Zur „Nachbar"Eigenschaft des nur obligatorisch Berechtigten (Mieter, Pächter, Grundstückskäufer) s. OVG Lüneburg DÖV 1980, 524 f. Die Auseinandersetzung mit den abweichenden Auffassungen im Schrifttum kann hier nicht aufgenommen werden. Vgl. dazu Friauf, JurA 1969, 3ff. (10 — 14); ders., DVB1. 1969, 368ff. (370 - 372); ders., DVB1. 1971, 713ff. (714 - 715). Dazu s. statt vieler BVerwGE 27, 29 (31 - 34); 28, 33 (34); BVerwG BRS 20, 241 f. (242); BVerwG DVB1. 1971, 754ff. (755). BVerwGE 52, 122 (129); ferner BVerwGE 27, 29 (33); 32, 173 (175); 41, 58 (63). BVerwGE 52, 122(128).

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Im Bereich des Bauplanungsrechts619 können die Ausweisungen der Bebauungspläne grundsätzlich nachbarschützenden Charakter haben. Im Einzelfall hängt das, da das Bundesrecht insoweit keine verbindliche Regelung getroffen hat, vom Willen des Ortsgesetzgebers und damit letztlich von der Auslegung des einzelnen Bebauungsplans ab620. Auslegungsfrage ist auch, ob der Nachbarschutz an den Grenzen des jeweiligen Plangebiets endet oder ob er angrenzende Zonen einschließt. Bei der gebotenen Auslegung kommt es nicht nur auf den generellen Charakter der Festsetzungen an, sondern auch auf ihre Funktion im Rahmen des jeweiligen Ortsrechts, in dem sie zur Anwendung gelangen 621 . Besondere Bedeutung erlangt vielfach der Gesichtspunkt, daß der einzelne Bebauungsplan die Betroffenen zu einer „Schicksalsgemeinschaft" zusammenschließt, die wechselseitig zu Vor- und Nachteilen führt, und daß er damit zwischen ihnen ein „Austauschverhältnis" schafft 622 ; daraus ergeben sich Duldungspflichten, zugleich aber auch Abwehrrechte. § 34 BBauG, der die Bebaubarkeit im nichtbeplanten Innenbereich regelt, war in seiner früheren Fassung nach der Rechtsprechung 623 nicht nachbarschützend 624 . Hier kam deshalb lediglich in schwerwiegenden Fällen ein Nachbarschutz aus Art. 14 I GG 625 in Betracht626. Für die wesentlich schärfer gefaßte Regelung in § 34 BBauG n. F. erscheint dagegen eine abweichende Beurteilung angebracht 627 . Den privilegierenden Außenbereichs-Zuweisungen 619

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Dazu aus dem Schrittum insbes. Sendler, Der Nachbarschutz im Städtebaurecht, BauR 1970, 4ff.; Weyreuther, Das bebauungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme und seine Bedeutung für den Nachbarschutz, BauR 1975, 1 ff. BVerwG DVB1. 1974, 358ff. (361) - insoweit in BVerwGE 44, 244 nicht abgedruckt; BVerwG NJW 1973, 1710 (1711) - insoweit in BVerwGE 42, 5 nicht abgedruckt; BVerwG DVB1. 1974, 777 ff. (777). OVG Münster BRS 27, 294 ff. (295) mit Nachweisen. BVerwGE 27, 29 (33); BVerwG DVB1. 1974, 358ff. (361); BVerwG DVB1. 1971, 754ff. (755); OVG Münster BRS 32, 273ff. (279); vgl. Sendler, BauR 1970, 4ff. (6, 13); Weyreuther, BauR 1975, 1 ff. (10 - 11); Friauf, DVB1. 1971, 713ff. (715). Insoweit grundlegend BVerwGE 32, 173 (175 - 177); BVerwG DVB1. 1970, 60ff. und 62ff. (62); zuletzt BVerwG DVB1. 1978, 614ff. (615); dazu Evers, DVB1. 1970, 12ff.; Friauf, JurA 1970, 652ff (658). Vgl. zum Nachbarschutz im § 34 BBauG-Gebiet auch Meyer-Tasch, BayVBl. 1974, 515 ff. ; Seilner, NJW 1976, 265 ff. Dazu s. den folgenden Abschnitt. Zu der strittigen Frage, ob das Inkrafttreten des BImSchG am 1. April 1974 die maßgebliche Schädlichkeitsgrenze beeinflußt, vgl. Schrödter DVB1. 1974, 362ff.; Seltner, NJW 1976, 265 ff. Ebenso OVG Saarlouis NJW 1977, 2092ff. (2093); Pagenkopf, BauR 1977, 155ff. (158 - 159); Menger, VerwArch 69 (1978), S. 3!3ff. (318 - 321); Erbguth, in: Fs. f. Ernst, S. 89 ff. (insbes. 1 0 0 - 105); a. A. VGH Kassel DVB1. 1977, 728 ff. (730); OVG Lüneburg NJW 1978, 1822; Schlichter, ZfBR 1978, 12ff. (14); Geizer, a. a. O., Rdnr. 1086. — Für nachbarschützenden Charakter des § 34 I BBauG insoweit, als das Gebot der Rücksichtnahme drittschützende Wirkung entfaltet: VGH Mannheim NJW 1978, 1821 f. und BauR 1980, 47ff. ( 4 7 - 4 8 ) ; OVG Münster BRS 32, 273ff. (277ff.); Geizer, a. a. O., Rdn. 1092ff.

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in § 35 I BBauG kommt teilweise nachbarschützender Charakter zu; insoweit kann sich ein privilegiertes Unternehmen gegen Nachbarbebauungen wehren, die seine eigene Privilegierung in Frage zu stellen drohen 628 . Demgegenüber galt die allgemeine Außenbereichsregelung für nicht privilegierte Vorhaben (§ 35 II BBauG), bei der ein hinreichend abgegrenzter Kreis von Berechtigten im allgemeinen nicht erkennbar ist, früher als nicht nachbarschützend 629 . Nunmehr erkennt aber das BVerwG 630 unter Berufung auf das „Gebot der Rücksichtnahme" für bestimmte Fälle auch nicht Privilegierten einen Nachbarschutz zu. Nach seiner Auffassung begründet das Gebot der Rücksichtnahme 6302 zwar im allgemeinen kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht. Ihm komme aber dann ausnahmsweise drittschützende Wirkung zu, wenn unter den Umständen des Falles in qualifizierter und zugleich individualisierender Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen sei. — Als nachbarschützend wird zunehmend auch die Planungsbedürftigkeit eines (Groß-)Vorhabens angesehen63011. Der Nachbar kann deshalb geltend machen, das Vorhaben habe nicht nach § 35 BBauG, sondern nur auf der Grundlage eines Bebauungsplans genehmigt werden dürfen. Im Bauordnungsrecht ist die Lage weithin recht unübersichtlich. Da es sich hier um Landesrecht handelt, kommt die einheitstiftende Funktion des Revisionsgerichts nicht zum Tragen; nicht selten werden inhaltlich übereinstimmende Vorschriften der verschiedenen Landesbauordnungen im Hinblick auf eine nachbarschützende Wirkung von den jeweils zuständigen Oberverwaltungsgerichten unterschiedlich ausgelegt. Generell scheint sich in neuerer Zeit eine stärker nachbarfreundliche Tendenz durchzusetzen. Auf die fast unübersehbare Kasuistik kann hier nicht näher eingegangen werden 631 . Als nachbarschützend werden im allgemeinen u. a. die Vorschriften über den seitlichen Grenzabstand von Bauwerken (sog. Bauwich) angese628

Insbes. BVerwG DVB1. 1969, 263ff. (264) und DVB1. 1971, 746ff. (748); vgl. Friauf, DVB1. 1971, 713 ff. (715 - 716); Weyreuther, BauR 1975, 1 ff. (9). 629 BVerwGE 28, 268 (274); BVerwG DVB1. 1972, 684 f. (685), mit Nachweisen. 630 BVerwGE 52, 122 (125 - 127, 1 2 8 - 131). Zu dieser jedenfalls in der Begründung sehr problematischen Entscheidung s. zustimmend Schrödter, DVB1. 1977, 726ff.; kritisch dagegen Menger, VerwArch 69 (1978), S. 313 ff. ( 3 1 6 - 3 1 7 ) . Verfassungsdogmatische Bedenken äußern Müller, NJW 1979, 2378ff.; Erbguth, a. a. O., S. 99f. Müller DVB1. 1978, 80f., wertet die Entscheidung als Abkehr von der bisherigen Konzeption des BVerwG zum Nachbarschutz. 630a Zu den Kriterien der objektiv-rechtlichen Seite dieses Gebots und zu seinen dogmatischen Grundlagen s. Hoppe, Jura 1979, 133f. (141 ff.). 630b S. VG Berlin DVB1. 1977, 353ff. (357 - 358); OVG Berlin DVB1. 1977, 901 ff.; OVG Hamburg NJW 1978, 658ff.; Dolde, NJW1980, 1657ff. (1663). 631 Umfangreiche Nachweise vor allem bei Kübler / Speidel, a. a. O.; ferner bei Friauf, JurA 1969, 3ff. (7ff., 17 - 21) und 1970, 652ff. (653 - 665); Laubinger, Der Verwaltungsakt mit Doppel Wirkung, S. 59 ff.; Bender / Dohle, Nachbarschutz im Zivilund Verwaltungsrecht, 1972, passim; Wolff / Bachof VwR III, § 136 Rdnr. 49.

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hen 6 3 2 (im Gegensatz zu den Anforderungen an hintere Baulinien 633 ), ferner teilweise Vorschriften feuer- und gesundheitspolizeilichen Inhalts 634 u n d bauordnungsrechtliche Bestimmungen über die Anordnung von Garagen und Stellplätzen 635 . bb) Grundrechte: Wenn die im Einzelfall zum Nachteil des Nachbarn verletzten Baurechtsnormen keinen nachbarschützenden Charakter haben, kommt - beschränkt auf Extremfälle und in der Schutzintensität erheblich geringer - ein Nachbarschutz unmittelbar auf der Grundlage der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie in Betracht 636 . D a das Grundstückseigentum durch die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls (seine jeweilige „Situation") entscheidend geprägt ist - woraus sich gleichermaßen Beschränkungen wie Erweiterungen ergeben - kann eine mit dem anwendbaren Recht unvereinbare M a ß n a h m e den Eigentümer in seinem Grundrecht verletzen und dabei einen öffentlich-rechtlichen Abwehranspruch „aus Eigentum" auslösen 637 . Art. 14 I G G tritt jeweils an die Stelle der nachbarschützenden Funktion, die der verletzten Baurechtsnorm fehlt. Diese Konzeption wurde zunächst für § 34 BBauG entwickelt 638 . Sie wird aber inzwischen auch im Rahmen von § 35 BBauG 6 3 9 , von nicht nachbarschützenden Bebauungsplänen 6 4 0 u n d von Regeln des Bauordnungsrechts 6 4 1 angewandt. Die Voraussetzungen dieses eigentumsrechtlichen Nachbarschutzes werden eng gefaßt. Er greift ein, wenn die Baugenehmigung oder deren Ausnut632

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Dazu BVerwGE 22, 129 (betr. den bundesrechtlich geregelten Garagen-Bauwich); BGH NJW 1976, 1888ff. (1889), mit eingehenden Nachweisen; ferner OVG Lüneburg OVGE 18, 341 (343 - 346); OVG Münster OVGE 13, 361; 19, 24 (26 - 28); OVG Berlin JR 1965, 355 und OVGE Bln. Bd. 10, 57 (59); differenzierend VGH Kassel BRS 18, 204ff. (207 - 209); OVG Berlin OVGE Bln. Bd. 9, 113 (115). OVG Koblenz BRS 20, 249ff. (250); OVG Bremen BRS 20, 294f, (295). OVG Koblenz AS 1, 396 (398); BRS 28, 303 ff. (304); 28, 309; VGH Mannheim BRS 18, 218 u. BRS 27, 303 ff. (304). OVG Lüneburg DVB1. 1975, 915ff. ( 9 1 6 - 9 1 7 ) ; OVG Bremen BRS 20, 169ff. (172); VGH Mannheim BRS 22, 183 ff. (183 - 185). Grundlegend dazu BVerwGE 32, 173 (178 - 179); s. ferner BVerwG DVB1. 1970, 61 f. (61); DVB1. 1970, 62 ff. (62); DÖV 1972, 825 ff. (827); BVerwGE 44, 244 (246 248); DVB1. 1974, 767ff. (776); DVB1. 1974, 777ff. (777 - 778); DVB1. 1976, 220ff. (220 - 221) - insoweit in BVerwGE 49, 244 (246) nicht abgedruckt; BVerwGE 50, 282 (286 - 288); BVerwG DVB1. 1978, 614ff. (616); u. a. Zur dogmatischen Begründung vgl. BVerwGE 50, 282 (286 - 288). Demgegenüber krit. zur „unmittelbaren" Herleitung eines Nachbarschutzes aus verfassungsdogmatischer Sicht Thiele, DÖV 1979, 236ff.; Erbguth, in: Fs. f. Ernst, S. 89ff. ( 9 8 - 9 9 ) ; vgl. bereits Friauf, JurA 1969, 3 ff. (9). BVerwGE 32, 173 (178 - 179). BVerwG DÖV 1972, 825 ff. (827); DVB1. 1974, 767 ff. (776) - insoweit in BVerwGE 45, 309 (330) nicht abgedruckt. BVerwG DVB1. 1973, 635f. (636). BVerwGE 44, 244 (246).

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zung die vorgegebene Grundstückssituation „nachhaltig verändern" und dadurch den Nachbarn „schwer und unerträglich treffen"642. Bei der konkreten Anwendung dieser Anforderungen sind Differenzierungen nach Art und Wirkungsweise des Eingriffs in das Eigentum geboten643. In jedem Fall müssen sie kumulativ erfüllt sein; namentlich muß die Unerträglichkeit des Eingriffs gesondert neben seiner Schwere festgestellt werden644. Wesentliches Kriterium dafür ist, daß die Grenzen der Sozialbindung des Eigentums überschritten sind. In der bisherigen Rechtsprechung hat eine auf Art. 14 I GG gestützte Nachbarklage denn auch nur selten Erfolg gehabt645. Die Frage, wieweit eine „Nachbar"-Klage auf sonstige Grundrechte gestützt werden kann, ist bisher noch weitgehend ungeklärt. Im Grundsatz muß eine derartige Möglichkeit anerkannt werden646. Allerdings ergeben sich hier u. a. deshalb erhebliche Probleme, weil der Bezug zwischen der Grundrechtsposition des einzelnen und der jeweils angegriffenen Baugenehmigung bei den sonstigen Grundrechten regelmäßig nicht in dem gleichen Maße konkretisierbar sein wird, wie bei dem durch die räumliche Lage zum Baugrundstück geprägten Eigentum. b) Verfahrensrechtliche Fragen: Die Vorschriften der VwGO sind auf den Rechtsschutz des durch einen Verwaltungsakt betroffenen Nichtadressaten nicht unmittelbar zugeschnitten. Deshalb ergeben sich zahlreiche Probleme, die hier nur in Umrissen behandelt werden können. aa) Klageverfahren: Als Rechtsbehelfe des beeinträchtigten Nachbarn kommen nach heute647 gesicherter Auffassung Widerspruch und Anfechtungsklage648 gegen die bereits erteilte Baugenehmigung in Betracht. Eine Verpflichtungsklage des Nachbarn auf Rücknahme der Baugenehmigung oder auf Beifügung von Auflagen 649 ist nur in einigen Sonderfällen zulässig, in de642

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BVerwGE 32, 173 (179); 44, 244 (246); BVerwG DVB1. 1976, 220ff. (220); DVB1. 1978, 614ff. (616); OVG Lüneburg NJW 1980, 253f. Dazu überzeugend BVerwGE 50, 282 (287 - 288). Vgl. BVerwGE 44, 244 (246 - 248) und insbes. BVerwG DVB1. 1974, 777 ff. (778). Vor allem im Gelsenkirchener Floatglas-(DELOG-)Fall, BVerwG DVB1. 1974, 767ff. (776) - insoweit in BVerwGE 45, 309 (330) nicht abgedruckt; s. ferner OVG Lüneburg NJW 1980, 253 f. So auch zutreffend BVerwGE 54, 211 (221 ff.), im Hinblick auf Art. 2 II GG. Vgl. ferner Battis, DVB1. 1978, 577 ff. (582 - 583). Zum früheren Streitstand s. die Nachweise bei Fromm, VerwArch. 56 (1965), S. 26ff. und Laubinger, a. a. O., S. 110 - 113. Insb. das OVG Münster (OVGE 13, 6; 16, 168 [169]; 20, 43 [45 — 46]) nahm an, der Nachbar müsse Verpflichtungsklage erheben (krit. hierzu BGH DVB1. 1981, 28ff. [30]). Der VGH Kassel (DVB1. 1970, 66 ff.) läßt die Verpflichtungsklage auf Widerruf der Baugenehmigung neben der Anfechtungsklage zu. Hiergegen bestehen aber, jedenfalls für den Regelfall, Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzbedürfnisses. BVerwGE 22, 129 (131 f 0 ; BVerwG DVB1. 1968, 27ff. (27 - 28); st. Rspr. Vgl. OVG Saarlouis BRS 24, 290ff.

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nen mit der Anfechtungsklage kein angemessener Rechtsschutz zu erzielen ist 650. Unter strengen Voraussetzungen kann einer noch nicht erteilten Baugenehmigung mit einer vorbeugenden Unterlassungsklage begegnet werden651. Um dem Nachbarn die Verfolgung seiner Rechte zu ermöglichen, ist ihm die Baugenehmigung bekanntzugeben, sofern er den Umständen nach in einer baurechtlich geschützten Position berührt sein kann652. Ist die Bekanntgabe im Einzelfall nicht erfolgt, dann kann der Nachbar auch noch nach Ablauf der in §§ 70 II und 58 II VwGO vorgesehenen Jahresfrist Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung erheben653. Allerdings kann das Anfechtungsrecht verwirkt werden, wenn der Nachbar trotz tatsächlicher Kenntnis von der Baumaßnahme seine Rechte über längere Zeit hinweg nicht wahrnimmt 654 . Bei der Entscheidung über die Nachbarklage sind, abweichend von den für Anfechtungsklagen geltenden Regeln, zwischenzeitige Rechtsänderungen zugunsten des Bauherrn zu berücksichtigen655. Da der Bauherr in einem solchen Fall nunmehr einen Anspruch auf Erteilung der Bauerlaubnis hat, kann sie allein wegen ihrer ursprünglichen Rechtswidrigkeit nicht aufgehoben werden. Da der Nachbar materiell-rechtlich allein die Verletzung seiner eigenen Rechte geltend machen kann 655a , vermittelt die zwar objektiv rechtswidrige, aber Nachbarrechte nicht verletzende Baugenehmigung dem Bauherrn „eine durch die Nachbarn nicht mit Erfolg angreifbare Rechtsposition" 655b . Daraus ergeben sich zahlreiche prozessuale Situationen, in denen Verwaltungsakte trotz feststehender Rechtswidrigkeit vom Verwaltungsgericht „bestätigt" werden, weil es konkret an einem Anfechtungsrecht des Nachbarn fehlt656. Bei begründeter Nachbarklage wird das Vertrauen des Bauherrn in den Be650

Vgl. BVerwGE 49, 244 (251 - 252): bei Verstoß gegen eine dem Nachbarn gegebene behördliche Zusage auf Einhaltung von n/c/imachbarschützenden Bestimmungen; OVG Münster BRS 27, 243ff.: bei bloß anzeigepflichtigen Vorhaben. 651 BVerwG DVB1. 1971, 746ff. (747); vgl. auch OVG Berlin DVB1. 1977, 901 ff. 652 Zur Form der Bekanntgabe s. VGH Mannheim BaWüVBl. 1968, 93. 653 BVerwG DVB1. 1969, 268f. und 362ff. (363); DVB1. 1970, 62ff. (64); s. auch Weigert, BayVBl. 1969, 424 f. 654 BVerwGE 44, 294 (298 - 301). 655 BVerwGE 22, 129 (133); OVG Saarlouis BauR 1976, 411 ff. (412); vgl. Buhren, DVB1. 1976, 68 ff. 655a Diese Rechtslage beeinflußt auch den Prüfungsmaßstab: Im Rahmen der Nachbarklage kann das Vorhaben nicht in jeder Hinsicht, sondern nur insoweit auf seine Rechtmäßigkeit geprüft werden, als es sich um Auswirkungen handelt, die gerade die subjektive Position des Nachbarn berühren; s. z. B. BVerwGE 55, 250 (265, 267). 655b BVerwG Buchholz 406. 19 Nachbarschutz Nr. 34; BVerwG NJW 1981, 67. 656 Wegen charakteristischer Konstellationen vgl. BVerwG DVB1. 1970, 65 f. (66); BVerwGE 47, 19 (21 - 2 3 ) ; BVerwG NJW 1981, 67; VGH Mannheim BRS 28, 265 ff. (267).

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stand der Genehmigung grundsätzlich nicht geschützt 657 . Demgegenüber sind bei der ausnahmsweise zulässigen Verpflichtungsklage auf Rücknahme einer Baugenehmigung (s. o.) die einschränkenden Voraussetzungen über die Zulässigkeit der Rücknahme von rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakten (Vertrauensschutz) zu beachten 658 . Falls das Vorhaben bei Abschluß des Nachbarprozesses bereits ganz oder teilweise ins Werk gesetzt worden ist, kann der mit seiner Klage erfolgreiche Nachbar einen auf Abbruch des Bauwerks gerichteten Folgenbeseitigungsanspruch geltend machen. Die Baugenehmigungsbehörde ist als Mitverursacher des baurechtswidrigen Zusands grundsätzlich zur Folgenbeseitigung verpflichtet. Allerdings steht ihr insoweit ein Ermessen zur Verfügung, das sie unter Abwägung der widerstreitenden Interessen der Beteiligten sowie unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auszuüben hat 658a . Im Einzelfall kann sich das Entscheidungsermessen der Baugenehmigungsbehörde auf Null reduzieren. bb) Vorläufiger Rechtsschutz: Der vorläufige Rechtsschutz besitzt im Rahmen der Nachbarklage eine gesteigerte Bedeutung, weil oftmals die Gefahr besteht, daß während der Dauer des Verfahrens zur Hauptsache bereits vollendete Tatsachen geschaffen werden. Er wirft allerdings wegen der Inadäquanz der VwGO-Vorschriften für die besondere Situation der nachbarrechtlichen Dreiecks-Beziehung erhebliche Probleme auf 659 . Während ein Teil der (im Eilverfahren letztinstanzlich entscheidenden) Oberverwaltungsgerichte dem klagenden Nachbarn ursprünglich einstweiligen Rechtsschutz auf dem Weg über die einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO gewährt hatten 660 , dringt im Anschluß an eine Stellungnahme des BVerwG 661 die Auffassung vor, daß der vorläufige Rechtsschutz sowohl für den Nachbarn als auch für den Bauherrn nach § 80 VwGO zu gewähren

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OVG Lüneburg OVGE 20, 439 u. BRS 24, 234f.; vgl. aber auch Peters, DÖV 1965, 744ff. (752 - 753); Bender, NJW 1966, 1989ff. (1995 - 1996). 658 Vgl. BVerwGE 49, 244 (251); BVerwG NJW 1981, 67. 658a B G H DVB1. 1979, 112ff. (114); Geizer, Bauplanungsrecht, Rdnr. 8 8 5 - 8 8 6 ; Schlichter / Stich / Tittel, a . a . O . , § 3 1 Rdnr. 26; s. namentlich auch Weyreuther, Gutachten B zum 47. DJT, 1968, S. 110ff.; a. A. Schrödter, BBauG, § 31 Rdnr. 17 a; Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Aufl. 1974, Rdnr. 227; u. a., die einen strikten Folgenbeseitigungsanspruch ohne behördliches Ermessen befürworten. 659 Eingehend dazu Papier, VerwArch. 64 (1973), S. 283ff. u. 399ff.; ders., BauR 1981, 151 ff.; Finkelnburg, DVB1. 1977, 677ff.; Luke, NJW 1978, 81 ff.; aus dem älteren Schrifttum s. Geizer, NJW 1970, 1352ff.; Guthardt, DVB1. 1972, 567ff.; Laubinger, a. a. O., S. 123 - 135; Erichsen, VerwArch. 62 (1971), S. 88ff.; ders., VerwArch. 65 (1974), S. 99ff.; Schenke, DÖV 1969, 332ff. J e w e i l s mit Nachweisen. 660 Statt vieler s. VGH Kassel DÖV 1964, 783 ff. (784 - 785); OVG Münster OVGE 20, 43 ( 4 5 - 4 6 ) ; vgl. auch Peters, DÖV 1965, 744ff. ( 7 5 0 - 7 5 2 ) ; Geizer, DÖV 1965, 793 ff. ( 7 9 4 - 7 9 5 ) . 661 BVerwG DVB1. 1969, 269ff.

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sei662. Das erscheint wegen der Zuordnung des Nachbarschutzes zur Anfechtungsklage dogmatisch plausibel, bereitet allerdings in der Praxis eine Reihe von Schwierigkeiten. Grundsätzlich haben die Rechtsbehelfe des Nachbarn aufschiebende Wirkung, sofern die Behörde nicht im Einzelfall die sofortige Vollziehung der Baugenehmigung anordnet. Die Baugenehmigung kann deshalb zunächst nicht ausgenutzt werden663. Wird die aufschiebende Wirkung nicht beachtet, dann kann der Nachbar entsprechend § 80 V VwGO eine Aussetzungsanordnung664 und bei deren Nichtbefolgung eine Verpflichtung der Behörde zur Stillegung des Baus665 erreichen. Umgekehrt hat der Bauherr die Möglichkeit, durch eine gerichtliche Entscheidung aufgrund verfassungskonformer Ergänzung des § 80 V in Verbindung mit § 80 II Nr. 4 VwGO die Behörde zur Anordnung der sofortigen Vollziehung der Baugenehmigung zu verpflichten666. Ihm steht jedenfalls dann ein Anspruch auf sofortige Vollziehung zu, wenn der Rechtsbehelf des Nachbarn offensichtlich unbegründet ist oder wenn der Nachbar nicht schon durch die Errichtung der genehmigten Anlage, sondern allenfalls erst durch ihren späteren Betrieb beeinträchtigt würde und er deshalb kein Aussetzungsinteresse geltend machen kann667. Wird die Nachbarklage nach zunächst erfolgter Aussetzung später gleichwohl abgewiesen, so kann der Bauherr von dem unterlegenen Nachbarn keinen Ersatz des durch die verzögerte Bauausführung entstandenen Schadens verlangen6673. IV. Raumordnungsrecht 1. Begriff und Entwicklung der Raumordnung

Raumordnung ist entstanden als Versuch, die ständig wachsenden individuellen und sozialen Anforderungen an die Nutzung des Raums mit den tatsächlichen Gegebenheiten des vorhandenen — knappen und nicht vermehr662

Vgl. etwa OVG Lüneburg OVGE 21, 450 u. NJW 1970, 963; OVG Koblenz NJW 1977, 595ff. (596). Beachtung verdient der eingehend begründete Beschluß des VGH Mannheim BRS 28, 292 ff., mit zahlreichen Nachweisen. 663 VGH Mannheim BRS 28, 292ff. (293), mit Nachweisen; OVG Koblenz NJW 1977, 595ff. (596): h. M.; a. A. OVG Lüneburg DVB1. 1978, 733ff. (734 - 735). 664 Eingehend zum Problem Papier, VerwArch. 64 (1973), S. 399ff. (399 - 405); ders., BauR 1981, 151 ff.; Hoffmann, DÖV 1976, 371 ff. 665 Vgl. VGH München BayVBl. 1975, 561 f.; OVG Saarlouis DVB1. 1977, 431 Nr. 106; OVG Münster DÖV 1977, 336 Nr. 44. 666 So überzeugend VGH Mannheim BRS 28, 292ff. (295); Papier, a. a. O., S. 414 (mit weiteren Nachweisen in Fußn. 147); Luke, NJW 1978, 81 ff. (84); vgl. auch OVG Saarlouis, BRS 30 Nr. 149. 667 Streitig. Wie hier Heinrich, GewArch. 1975, 67 f. (68); a. A. bisher die überwiegende Praxis, z. B. OVG Koblenz ET 1976, 540 ff. (541). 667a BGH DVB1. 1981, 28 ff.

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baren — Raums in optimaler Weise zu harmonisieren. Sie erfüllt damit eine der wesentlichen Aufgaben des modernen Sozialstaats. Sie beinhaltet zugleich Gestaltung der Gegenwart und Vorsorge für die Zukunft. a) Begriffsklärung: Eine gesetzliche Definition des Begriffs der Raumordnung fehlt bisher. Das Bundesraumordnungsgesetz und die Planungsgesetze der Länder setzen ihn voraus. Sie beschränken sich im wesentlichen darauf, die allgemeinen Aufgaben und Ziele der Raumordnung zu bestimmen 668 . Auch die Rechts- und Verwaltungswissenschaft konnte trotz mancher Bemühungen 669 noch keine einheitliche Terminologie entwickeln 670 . Ursächlich dafür ist der komplexe Charakter der Raumordnung. Der Begriff der Raumordnung enthält eine statische und eine dynamische Komponente 671 . Statisch ist er insofern, als er sich auf einen bestimmten Zustand des Raums bezieht: entweder auf einen faktisch gegebenen, „natürlichen" Zustand oder aber auf einen erst noch zu schaffenden „idealen" Zustand. Die dynamische Komponente der Raumordnung umfaßt die Gesamtheit der Maßnahmen, die darauf abzielen, die Leitbilder eines anzustrebenden „idealen" Zustands des Raums zu entwickeln und die Voraussetzungen für ihre Verwirklichung zu schaffen. Für die rechtswissenschaftliche Betrachtung steht der dynamische Aspekt im Vordergrund. Für ihn hat sich vielfach die Bezeichnung Raumordnungspolitik611'1 eingebürgert. Die Raumordnungspolitik steht im Dienst einer doppelten Aufgabe 672 . Sie wirkt integrierend, insofern als sie die Leitvorstellungen für eine übergreifende Ordnung des Raums entwickelt und ihre Verwirklichung anstrebt. Sie wirkt zugleich koordinierend, insofern als sie die raumbedeutsamen Maßnahmen der verschiedenen Träger — insbesondere von Bund, Ländern, Kommunalverbänden und Gemeinden sowie der von diesen Trägern gebildeten Planungsgemeinschaften — aufeinander abstimmt und Kollisionen ausgleicht. Unter diesen Voraussetzungen läßt sich der Begriff der Raumordnung in Anlehnung an das Gutachten des BVerfG zum Bundesbaugesetz 673 definieren 668

§ § 1 , 2 ROG; § 1 bad.-württ. LPlanG; Art. 1 bay. LPlanG; § 1 hess. LPlanG; § 1 nieders. ROG; § 1 nordrh.-westf. LPlanG; § 1 rheinl.-pfälz. LPlanG; § 1 saarl. LPlanG; § 1 schlesw.-holst. LPlanG. 669 S. etwa die terminologischen Versuche bei Bielenberg / Erbguth / Söflcer, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht, K § 1 Rdnr. 43; Emst / Hoppe, a. a. O., § 1.1, Tz. 1 ff. 670 Vgl. Brügelmann, ROG, Bern. I 2 a vor § 1. 671 Dazu s. Dittrich, Versuch eines Systems der Raumordnung, S. 5; Hoffmann, Die Entwicklung der Raumordnung und Landesplanung bis zum Bundesraumordnungsgesetz und der Raumordnungsbericht 1966 der Bundesregierung, 1968, S. 1; Behrens, Allgemeine Standortbestimmungslehre, S. 109. 671a S. Definition bei Bielenberg / Erbguth / Söfker, a. a. O., K § 1 Rdnr. 44. 672 Zur näheren Auffächerung dieser Aufgabe s. Jacob, DVB1. 1968, 929ff. 673 BVerfGE 3, 407 (425).

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als die zusammenfassende, überörtliche und überfachliche Ordnung des Raums aufgrund von vorgegebenen oder erst zu entwickelnden Leitvorstellungen674. Das zentrale Instrument der Raumordnung bildet die Raumplanung615, ohne daß aber — wie das vielfach geschieht — beide Begriffe synonym gebraucht werden dürfen. Es haben sich dabei in der Rechtsentwicklung vier Planungsstufen616 herausgebildet: 1. die Bundesplanung (Bundesraumordnung im engeren Sinne), 2. die Landesplanung, 3. die Regionalplanung, 4. die Ortsplanung (Bauleitplanung)677. Da die vier Planungsstufen auf denselben Raum, nämlich das Territorium der Bundesrepublik Deutschland, bzw. auf Teile dieses Raums bezogen sind, ergibt sich zwangsläufig die Aufgabe, sie in ein geschlossenes Verfahrensund Rechtssystem einzubeziehen. Diese Aufgabe ist im wesentlichen durch das Raumordnungsgesetz, das Bundesbaugesetz und die Landesplanungsgesetze gelöst worden. Eines der wesentlichen Anliegen dieser Gesetze geht dahin, die Planung der unteren Stufen, insbesondere die örtliche Planung, so mit derjenigen der höheren Stufen zu verzahnen, daß einerseits die übergeordnete Planung nicht von unten her durchkreuzt werden kann, andererseits aber die unteren Stufen nicht über Gebühr in ihrer (bei Ländern und Gemeinden verfassungsrechtlich verbürgten) Eigenentfaltung beeinträchtigt werden. Die Raumordnung ist auf allen Stufen überfachlich, da sie nicht nur die Belange eines einzelnen Sachbereichs — etwa Verkehr, Industrie, Landwirtschaft, Bildungswesen — berührt, sondern sich auf die Gesamtstruktur ausrichtet. Ihre Aufgabe ist es gerade, die verschiedenartigen Interessen und Bedürfnisse in einer einheitlichen Konzeption zu koordinieren und sie auf einen bestimmten Raum zu projizieren678. Schließlich rechtfertigt die Raumordnung auf den oberen Stufen das Begriffsmerkmal „zusammenfassend", weil sie eine Gesamtkonzeption in Form der Raumordnungspläne 679 erarbeiten soll, innerhalb deren sich die Fachplanungen und die Ortsplanungen entfalten können 680 . 674

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Vgl. auch Brügelmann, a . a . O . , Bern. I 2 c (a. E.) vor § 1; Bielenberg / Erbguth / Söflcer, a. a. O., K § 1 Rdnr. 43. Vgl. Wegener, VerwArch. 65 (1974), S. 31 ff. Wagener, DVB1. 1970, S. 93ff. (93); Brügelmann, a. a. O., § 1 Anm. III. 4. Zur Bauleitplanung s. oben Abschn. II. Sie bleibt im folgenden ausgeklammert. Dazu näher Graf Finckenstein, DÖV 1969, 56 ff. §§ 4 III, 5 1 2 ROG; zur Planungs- und Koordinierungsfunktion vgl. Graf Finckenstein, DÖV 1969, 56 ff. (56 - 58). Dazu s. Jarass, Das Verhältnis des Raumordnungsverfahrens zu Fachgenehmigungs- und Planfeststellungsverfahren, BayVBl. 1979, 65ff.; Brenken / Schefer, Hdb. der Raumordnung und Planung, S. 132.

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b) Allgemeine Charakterisierung: Raumordnung und Landesplanung haben sich als sog. Auffangplanung entwickelt681, d. h. sie stellten eine abstrakte rechtliche Ordnung des Raums zur Verfügung, um die künftige Raumnutzung zu kanalisieren. Sie wirkten jedoch nicht aktiv gestaltend darauf hin, daß die abstrakt vorgesehene Nutzungsart auch tatsächlich verwirklicht wurde. Das blieb vielmehr individuellen Entschlüssen, sei es privater Grundeigentümer und Bauherren oder sei es öffentlicher Stellen (z. B. Gemeinden, Straßenbaubehörden) überlassen. Die heute geltenden Regeln der Raumordnung sind noch in erheblichem Maße von diesem vorwiegend passiven Leitbild geprägt682. Demgegenüber wird seit einer Reihe von Jahren zunehmend die Notwendigkeit aktiv gestaltender, „strategischer" Planung der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung erkannt. Auf Landesebene hat man bereits eine Reihe von globalen Strukturprogrammen aufgestellt683, die Zahl von kleineren Entwicklungsplänen und -programmen ist kaum noch zu übersehen. Diese neuere Entwicklungsplanung bedient sich der verschiedensten Instrumente. Im Vordergrund steht dabei die Investitionsplanung und der gezielte Einsatz finanzieller Mittel684. Eine der wesentlichen rechtspolitischen Aufgaben auf dem Gebiet der Raumordnung und Landesplanung wird darin bestehen, ihre Rechtsformen und Instrumente so fortzubilden, daß sie den Gegebenheiten und Bedürfnissen der modernen Entwicklungsplanung gerecht werden685. c) Geschichtliche Entwicklung686 : Die Problematik der Raumordnung erwuchs historisch aus der Beziehung der größeren Städte zu ihrem Umland 687 . 681

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G. Albers, Über das Wesen der räumlichen Planung. Versuch einer Standortbestimmung, Stadtbauwelt 1969, lOff. (12); Th. Sieverts, in: Welttag des Städtebaus, 1969, S. 39 f. Zur entsprechenden Situation bei der Bauleitplanung s. o. Abschn. II unter Ziff. 3 c, cc. U. a. Entwicklungsprogramm Ruhr 1968 — 1973 und Nordrhein-Westfalen-Programm 1975, beide hrsg. von der Landesregierung Nordrhein-Westfalen, 1968 bzw. 1970; Entwicklungsplan des Landes Niedersachsen für die Jahre 1970 bis 1979, hrsg. vom Niedersächsischen Ministerpräsidenten, 1969; Großer Hessenplan, hrsg. vom Hessischen Ministerpräsidenten, seit 1965 (dazu W. Hüfner, in: Planung III, 1968, S. 205 ff.). S. dazu - für den ökonomischen Teilbereich — Friauf, Öffentlicher Haushalt und Wirtschaft, VVDStRL 27 (1969) S. lff. (insb. 11 ff.). Dazu Wagener, DVB1. 1970, 93 ff. Zum folgenden s. eingehender Franz, Art. „Raumplanung in der Geschichte", in: Handwörterbuch der Raumforschung und Raumordnung, Bd. II, 1970, S. 2554ff. ; Niemeier, Zur historischen und gedanklichen Entwicklung der Landesplanung, Verwaltung 1 (1968), S. 129ff. Ernst, in: Planung III, hrsg. von J. H. Kaiser, 1968, S. 129ff. ( 1 3 2 - 138); Behrens, a . a . O . , S. 1 1 6 - 1 2 3 ; G. Brenken / A. Schefer, a. a. O., S. 179 - 180; Brügelmann, a. a. O., Einleitung I; W. Zinkahn / W. Bielenberg, a. a. O., Einleitung S. 1 - 10; Ernst / Hoppe, a. a. O., § 1.2, Tz. 14ff. Allgemein zum Stadt-Umland-Problem s. Rothe, DVB1. 1969, 784 ff.

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Die mit der Industrialisierung zunehmende Verdichtung der Bevölkerung ließ in einigen bevorzugten Gebieten Siedlungsgebilde entstehen, die über die gemeindlichen und Ländergrenzen hinausgingen und großräumige Lösungen, insbesondere für die Fragen der weiteren Besiedlung, des Verkehrs und der Versorgung erforderten. Die jeweilige Großstadt dehnte sich in den Bereich der angrenzenden Gemeinden hinein aus und bewirkte zugleich durch ihre Ausstrahlungskraft, daß das Umland strukturell von ihr abhängig wurde. Da hiervon regelmäßig verschiedene Gemeindegebiete betroffen waren, verlief diese Entwicklung ungeordnet. Die Folge war eine sinnlose Zersplitterung des Landes. Abhilfe konnte nur durch eine überörtliche Zusammenarbeit im Raum geschaffen werden: Straßenplanung, Nahverkehr, Wasser- und Energieversorgung, Abwasserbeseitigung u. ä. durften nicht länger an den Gemarkungsgrenzen haltmachen, nachdem die wirtschaftliche und soziale Entwicklung diese Grenzen längst hinter sich gelassen hatte. aa) Entwicklung der Landesplanung bis zum Kriege: Erste Ansätze zu einer Raumordnung zeigten sich bereits vor dem 1. Weltkrieg. Den Vorläufer bildete im Jahre 1910 die sogenannte Grünflächenkommission im RegBez. Düsseldorf. Zwei Jahre später folgte der Zweckverband Großberlin, in dem aufgrund eines preußischen Sondergesetzes die umliegenden Groß- und Mittelstädte, Landkreise und Gemeinden mit der Reichhauptstadt zusammengeschlossen wurden. 1920 wurde der Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk gegründet. Gegen Ende der Weimarer Zeit bestanden schon etwa zwanzig Planungsverbände, die allerdings regelmäßig nicht großräumige Landesplanungen, sondern vielmehr begrenzte Stadt-Umland-Probleme zu lösen hatten. Der NS-Staat änderte an dieser Entwicklung nichts Grundsätzliches. Das Landbeschaffungsgesetz von 1935688 verfolgte aber mehr militärische als raumordnerische Ziele (Bau des Westwalls und der Autobahn). bb) Ansätze nach dem 2. Weltkrieg bis zum Bundesraumordnungsgesetz: In der Nachkriegszeit setzte sich die Einsicht in die Notwendigkeit einer umfassenden Raumordnung und Landesplanung alsbald durch 689 . Ursächlich dafür waren u. a. die durch den Flüchtlingszustrom verstärkte Bevölkerungsdichte, die Notwendigkeit eines umfassenden Wiederaufbaus, ein immer stärker werdender Trend zur industriellen und siedlungsmäßigen Ballung und schließlich die Bildung neuer Kernräume aufgrund engerer Verflechtungen im Rahmen der EWG 690 . Die in den Jahren 1948/52 in den einzelnen Ländern ergangenen Aufbaugesetze 691 sahen deshalb eine Abstimmung der gemeindlichen mit der überörtlichen Planung vor. Dazu wurden im Laufe der Zeit unterschiedlich strukturierte Landesplanungsbehörden geschaffen. 688

689 690

691

Gesetz über die Regelung des Landbedarfs der öffentlichen Hand vom 29. März 1935 (RGBl. I S. 468, berichtigt S. 514). S. näher Hoffmann, Die Entwicklung der Raumordnung a. a. O. Zu diesen Ursachen s. im einzelnen das Gutachten des Sachverständigenausschusses für Raumordnung, 1961, S. 16 — 21; G. Müller, Raumordnung in Bund, Ländern und Gemeinden, 1965, S. 10ff., Behrens, a. a. O., S. 123ff., 136ff. Nachweise oben Abschn. I, Fußn. 9.

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Diese erste Etappe der Raumordnung war durch ein Ringen um politische Anerkennung gekennzeichnet 692 . Es war zunächst das Mißtrauen zu überwinden, das jegliche Planung als Verstoß gegen den Geist einer freiheitlichen Wirtschafts und Gesellschaftsordnung ansah 693 . So blieben die beiden Landesplanungsgesetze, die in den 50er Jahren in Nordrhein-Westfalen 694 und in Bayern 695 erlassen wurden, Einzelfälle. Das politische Klima änderte sich erst, als die Bundesregierung in einer Erklärung vom November 1961 anerkannt hatte, daß die Raumordnung als ein notwendiger Bestandteil einer verantwortungsbewußten Wirtschaftspolitik angesehen werden müsse 696 . Mit dieser Anerkennung begann die zweite Etappe der Raumordnung in der Bundesrepublik, die ihren sichtbaren Ausdruck in dem Erlaß der verschiedenen Landesplanungsgesetze fand 697 . Den vorläufigen Abschluß der Entwicklung bildet das am 8. April 1965 erlassene RaumordnungsG 6 9 8 , mit dem der Bund die ihm nach Art. 75 Nr. 4 G G zustehende Rahmengesetzgebungskompetenz ausgeübt hat.

2. Das Raumordnungsgesetz des Bundes a) Rechtsqualität: Das Raumordnungsgesetz enthält Vorschriften unterschiedlicher Rechtsqualität 699 . Verschiedene Vorschriften gelten nur für den Bundesbereich 700 , andere beziehen sich ausschließlich auf den Landesbereich 701 . Eine Reihe von Bestimmungen erzeugen in Bund und Ländern unterschiedliche Wirkung: Im Bund sind sie für alle Behörden unmittelbar verbindlich, gegenüber den Ländern wirken sie dagegen als bloße Anweisungsnormen, die lediglich die Landesplanungsbehörden binden und erst durch eine landesrechtliche Umsetzung allgemeine Verbindlichkeit im Landesbereich erlangen 702 . Schließlich ermächtigt das Gesetz die Länder, Durchführungsmaßnahmen zu treffen 703 . Formelle Organisations- und Verfahrensnormen wechseln mit materiell-rechtlichen Raumordnungsgrundsätzen ab. 692 693

694 695 696

697 698 699 700 701 702 703

S. hierzu Jacob, DVB1. 1969, 677 ff. Noch im Jahre 1955 vertrat das Bundeswirtschaftsministerium die Auffassung, Raumordnung sei mit der Marktwirtschaft nicht vereinbar; Jacob, DVB1. 1969, 677 ff. Gesetz vom 11. März 1950 (GS N W S. 449). Gesetz vom 21. Dez. 1957 (GVB1. S. 323). Emst, Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, Nr. 2 6 / 1962, S. 213f. Vgl. die in der Gesetzesübersicht aufgeführten Landesplanungsgesetze. BGBl. I S. 306. Vgl. Brugelmann, a. a. O., Einleitung III 2 — 3. §§ 3 1; 4 1 , II; 9; 11 ROG. §§ 2 III; 3 II; 4 III, IV; 5 I - III; 6; 7 III; 10 III ROG. § § 2 II; 3 III; 5 IV ROG. §§ 2 III; 3 II; 4 III, V letzter Satz; 7 III ROG.

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b) Verfassungsrechtliche Fragen: Der Umfang der Rahmenkompetenz, die dem Bundesgesetzgeber nach Art. 75 Nr. 4 GG zusteht, war zunächst heftig umstritten 704 . Einige Länder wollten dem Bund nur das Recht zum Erlaß von Organisations-und Verfahrensregelungen zugestehen. Eine derart beschränkte Kompetenz hätte nicht ausgereicht, um eine effektive Raumordnung für das gesamte Bundesgebiet einzuleiten und durchzuführen 705 . Erst das BVerfG hat in seinem grundlegenden Gutachten über die Zuständigkeit des Bundes zum Erlaß eines Bundesbaugesetzes 706 die Rechtslage erklärt. Es geht davon aus, daß die Raumordnung nicht an den Grenzen der Länder haltmachen könne: „Erkennt man Raumordnung als eine notwendige Aufgabe des modernen Staates an, dann ist der größte zu ordnende und zu gestaltende Raum das gesamte Staatsgebiet. Im Bundesstaat muß es also auch eine Raumplanung für den Gesamtstaat geben. Die Zuständigkeit zu einer gesetzlichen Regelung kommt nach der Natur der Sache dem Bund als eine ausschließliche und Vollkompetenz zu. So ergibt sich also, daß der Bund regeln könnte: (1) kraft ausschließlicher Kompetenz die Bundesplanung vollständig; (2) kraft konkurrierender Rahmenkompetenz die Raumordnung der Länder in ihren Grundzügen; (3) kraft konkurrierender Vollkompetenz die städtebauliche Planung vollständig 707 . Mit dieser Klarstellung war der Weg für den Erlaß des ROG geebnet. Heute wird die Kompetenz des Bundes, soweit der Erlaß des Gesetzes selbst in Frage steht, nicht mehr ernsthaft bestritten 708 . Problematisch geworden ist dagegen später Inhalt und Umfang der Befugnis des Bundes zur Entwicklung eines eigenen Bundesraumordnungsprogramms709. Ein solches Programm 710 wurde erstmals im Jahre 1975 durch die Ministerkonferenz für Raumordnung (§ 8 ROG) verabschiedet 711 . 704

705

706 707 708

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711

Vgl. hierzu Halstenberg, Bund und Raumordnung, in: Schriftenreihe der Hochschule Speyer, Bd. 27 (1965), S. 25ff. Jacob, DVB1. 1968, 929ff. u. DVB1. 1969, 677 ff. (678); v. d. Heide, DVB1. 1969, 229 ff. Vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs zum Raumordnungsgesetz, BTDrucks. IV/1204, S. 7; Halstenberg, a.a.O., S. 30; W. Zinkahn / W. Bielenberg, a. a. O., Einleitung Rdnr. 11. Vom 16. Juni 1954. BVerfGE 3, 407 (428). S. die Nachweise bei Jacob, DVB1. 1968, 929ff.; W. Zinkahn / W. Bielenberg, a. a. O. S. die Initiative des Bundestags vom 3. Juli 1969, Sten. Berichte V. Wahlperiode, S. 13851 ff.; BTDrucks. V/4372; ferner B. Dietrichs / K.-H. Hübler, DÖV 1969, 657 ff. - Zur Kompetenzfrage Schefer, DVB1. 1970, 98 ff. Raumordnungsprogramme für die großräumige Entwicklung des Bundesgebietes (Bundesraumordnungsprogramm), BT-Drucksache VII/3584 vom 30. April 1975. Dazu eingehend Battis, Rechtsfragen zum Bundesraumordnungsprogramm, JZ 1976, 73f.; Buchsbaum, Das Bundesraumordnungsprogramm und seine Verbindlichkeit, DÖV 1975, 545ff.; zur rechtlichen Einordnung Hendler, JuS 1979, 618ff.

(620-621).

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Auf Einzelheiten kann hier nicht eingegangen werden. Festzuhalten ist, daß das Bundesrecht die planerische Gestaltungsfreiheit der Länder in erheblichem Maße einschränkt. Zwar überläßt es ihnen die Vollzugsregelung und gestattet ihnen, zusätzliche Grundsätze der Raumordnung aufzustellen 712 . Entscheidend fällt aber demgegenüber ins Gewicht, daß die Landesplanung unmittelbar und strikt an die Raumordnungsgrundsätze des § 2 I ROG gebunden ist713. Diese Grundsätze schlagen damit in den Landesbereich durch. Nach § 1 IV BBauG regulieren sie auch die gemeindliche Bauleitplanung 714 . c) Aufgaben der Raumordnung: § 1 ROG normiert unter der Überschrift „Aufgaben und Ziele der Raumordnung" in Form von Generalklauseln eine Reihe von allgemeinen Grundsätzen 715 . Er umschreibt insbesondere die Grundaufgabe der Raumordnung: das Bundesgebiet in seiner allgemeinen räumlichen Struktur einer Entwicklung zuzuführen, die der freien Entfaltung der Persönlichkeit in der Gemeinschaft am besten dient. Dabei sollen die natürlichen Gegebenheiten sowie die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Erfordernisse beachtet werden. Die Raumordnung hat die gesamtdeutschen Belange zu berücksichtigen und die räumlichen Voraussetzungen für die Zusammenarbeit im europäischen Raum zu schaffen 7153 . Damit werden die Zielvorstellungen der Raumordnung betont an den allgemeinen staatspolitischen Grundwerten ausgerichtet. Diese Regelungen dürfen allerdings nicht zu dem Irrtum verleiten, es handele sich bei der planerischen Tätigkeit im wesentlichen um einen bloßen Gesetzesvollzug. Die gesetzlich niedergelegten Grundsätze bilden nur ein recht weitmaschiges Koordinatensystem. Ihre Anwendung auf den Einzelfall führt überdies nicht selten zu Überschneidungen und Zielkonflikten. Deshalb ist auf allen Planungsebenen stets eine wertende Entscheidung notwendig. Sie hat die vorgegebenen Koordinaten zu beachten, ist im übrigen aber autonom. Erst durch sie wird jeweils das allgemeine Leitbild in klar umrissene Ziele für 712 713 714

715

715a

§ 2 III ROG. § 3 II S. 1 ROG. Dazu Lang, Auswirkungen der Ziele der Raumordnung und Landesplanung auf die örtliche Bauleitplanung, in: Schriftenreihe der Hochschule Speyer, Bd. 27 (1965), S. 93ff.; Stich, Rechtsschutzprobleme gegen Maßnahmen der Landes- und Regionalplanung, ebendort, S. 124ff. (132ff.); Mang, BayVBl. 1967, 365ff.; Halstenberg, Die Verzahnung von Bundesraumordnung, Landesplanung und gemeindlicher Bauleitplanung, 1966; Bielenberg, DÖV 1969, 376ff.; Siedentopf, Gemeindliche Selbstverwaltungsgarantie im Verhältnis zu Raumordnung und Landesplanung, 1977; OVG Lüneburg DÖV 1969, 642ff. (im Hinblick auf § 1 III BBauG a. F.). Der hier verwandte Begriff der „Ziele" ist nicht mit den Zielen der Raumordnung und Landesplanung i. S. des § 5 II ROG identisch. Die letzteren ergeben sich nicht aus dem ROG, sondern werden ausschließlich von den Ländern in Plänen und Programmen niedergelegt. S. Brügelmann, a. a. O. § 1 Anm. I 4c, dd. Bielenberg / Erbguth / Söflcer, a. a. O., K § 1 Rdnr. 12ff. und 16ff.

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den jeweils im Einzelfall zu ordnenden Raum ausgeformt 716 . Normen des Planungsrechts werden demgemäß i. d. R. als sog. Finalprogramme ausgestaltet7163. d) Grundsätze der Raumordnung: Die recht abstrakten Leitlinien des § 1 ROG werden in § 2 I R O G durch neun stärker konkretisierte, aber immer noch sehr weite und ausfüllungsbedürftige materiellrechtliche Grundsätze der Raumordnung ergänzt. Diese Grundsätze geben Regeln der Raumordnungspolitik wieder, die aus der praktischen Erfahrung gewonnen sind und die teilweise schon früher verstreut in einzelnen Gesetzen niedergelegt waren 717 . Sie müssen von sämtlichen Behörden der unmittelbaren und der mittelbaren Bundesverwaltung bei allen Planungen und bei sonstigen raumbedeutsamen Maßnahmen beachtet werden 718 und sind außerdem für die Landesplanung verbindlich 719 . Dabei ist jeweils eine sachgerechte Abwägung zwischen den teilweise gegenläufigen Anforderungen geboten 720 . aa) Allgemeiner Überblick: Die im Katalog des § 2 I Nr. 1 — 9 R O G aufgeführten Grundsätze geben heterogene Zielvorstellungen wieder 721 . Einzelne sind gesellschafts- oder raumpolitisch motiviert, andere entsprechen vorwiegend fachplanerischen Belangen. Die meisten können generell im gesamten Bundesgebiet angewandt werden; einige beziehen sich dagegen lediglich auf Teilräume. Sämtliche Grundsätze stehen gleichrangig nebeneinander. Abweichend von dieser Regel hat das Gesetz lediglich dem Grundsatz Nr. 4, der eine Stärkung der Leistungskraft und der Infrastruktur des Zonenrandgebietes verlangt, einen Vorrang zuerkannt 722 . bb) Die Raumordnungsgrundsätze im einzelnen: Nr. 1 enthält einen allgemeinen Grundsatz für die räumliche Entwicklung in allen Gebietsteilen der Bundesrepublik. Danach soll die räumliche Struktur der Gebiete mit gesunden Lebens- und Arbeitsbedingungen sowie ausgewogenen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Verhältnissen gesichert und weiterentwickelt werden. In Gebieten, in denen eine solche Struktur bisher nicht besteht, sollen Maßnahmen zur Strukturverbesserung ergriffen werden 723 . 716 716a

717

718 721

722

723

S. auch W. Zinkahn / W. Bielenberg, a. a. O. § 1 Rdnr. 4. Vgl. Schmitt-Glaeser, in: Fs. z. lOjähr. Bestehen des BayVGH, 1979, S. 291 ff. (295 ff.). Vgl. etwa §§ 37 II FlurbereinigungsG; 16 BFernstraßenG; 1 III SchutzbereichsG; 1 II LandbeschaffungsG; 36 WasserhaushaltsG; 6, 30 LuftverkehrsG. § 3 I ROG. 719 § 3 II ROG. 720 § 2 II ROG. Duppre, Ziele der Raumordnung und Landesplanung. Eine Übersicht über die Planungsaufgaben, in: Schriftenreihe der Hochschule Speyer, Bd. 27 (1965), S. 7ff. (16 — 21); Brügelmann, a. a. O., Anm. II 3a vor §§2, 3; W. Zinkahn / W. Bielenberg, a. a. O. § 2 Rdnr. 2 - 1 0 . Brügelmann, a. a. O. Bern. II 3b vor § 2 und § 2 Anm. IV; W. Zinkahn / W. Bielenberg,a. a. O. § 2 Rdnr. 1. Zu den Anforderungen an eine „gesunde Struktur" s. im einzelnen den Ausschuß-

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Nr. 2 des Katalogs, eine im Gesetzgebungsverfahren besonders umstrittene Bestimmung, fordert eine gesunde Verdichtung von Wohn- und Arbeitsstätten, die dazu beiträgt, räumliche Strukturen mit gesunden Lebens- und Arbeitsbedingungen sowie ausgewogenen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Verhältnissen zu schaffen oder zu erhalten 724 . Nr. 3 regelt Maßnahmen der Strukturpolitik für Gebiete, die hinter der allgemeinen Entwicklung des Bundesgebietes zurückgeblieben sind 725 . Nr. 4 sieht vorrangige Förderungsmaßnahmen für die Zonenrandgebiete vor. Sie sollen eine ökonomische, soziale und kulturelle Struktur erhalten, die derjenigen des übrigen Bundesgebietes mindestens gleichwertig ist. Nr. 5 trifft besondere Bestimmungen für den Schutz der land- und forstwirtschaftlichen Bodennutzung. Die übermäßige Abwanderung aus den ländlichen Gebieten soll verhindert werden. Nr. 6 wirkt auf eine Gesundung der Lebens- und Arbeitsbedingungen in den großen Ballungszentren hin 726 . Nr. 7 behandelt in sehr allgemeiner Form die Erhaltung, den Schutz und die Pflege der Landschaft und des Waldes; die Sicherung und Gestaltung von Erholungsgebieten; die Reinhaltung des Wassers und die Sicherung der Wasserversorgung; die Reinhaltung der Luft und den Schutz der Allgemeinheit vor Lärmbelästigungen 727 . Die Bestimmung bedeutet kaum mehr als eine generelle Aufforderung an die Bundesbehörden, bei ihren Einwirkungen auf den Raum diese Belange mit zu beachten, und einen an die Adresse der Länder gerichteten Appell, weitere Detailregelungen zu treffen 728 . Nr. 8 verpflichtet die Raumordnung, die landsmannschaftliche Verbundenheit sowie die geschichtlichen und kulturellen Zusammenhänge zu berücksichtigen. Diese Vorschrift weist eine deutliche Parallele zu dem Neugliederungsgrundsatz in Art. 29 I G G auf. Sie will insbesondere verhüten, daß historisch gewachsene, landsmannschaftlich strukturierte Siedlungsformen zerstört werden 729 . Nr. 9 schreibt schließlich die Beachtung der Erfordernisse der zivilen und der militärischen Verteidigung vor. e) Geltung und Verwirklichung der Raumordnungsgrundsätze: aa) Geltung der Raumordnungsgrundsätze: D i e in § 2 I R O G normierten Raumordnungsbericht, BTDrucks. IV/3014, zu §2; ferner Sachverständigengutachten für Raumordnung, S. 75 und 76. 724 Vgl. näher Duppre, a. a. O. S. 17 — 18; konkrete Anwendungsfälle bei v. d. Groeben, Beispiele staatlicher Planung im Flächenstaat, in: Planung III, 1968, S. 173ff. 725 Dazu s. den Ersten Raumordnungsbericht der Bundesregierung, BTDrucks. IV/ 1492, S. 16; W. Zinkahn / W. Bielenberg, a. a. O. § 2 Rdnr. 4. 726 Duppre, a. a. O. S. 18; Brügelmann, a. a. O., § 2 I Nr. 6 Anm. I 1; W. Zinkahn / W. Bielenberg, a. a. O. § 2 Rdnr. 7. 727 Brügelmann, a. a. O. § 2 I Nr. 7; W. Zinkahn / W. Bielenberg, a. a. O. § 2 Rdnr. 8. 728 Duppre, a. a. O. S. 19. 729 Vgl. Duppre, a. a. O. S. 18 - 19; ferner Brügelmann, a. a. O. § 2 I Nr. 8 Anm. 2; W. Zinkahn / W. Bielenberg, a. a. O. § 2 Rdnr. 9.

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grundsätze erzeugen gegenüber Bund und Ländern eine unterschiedliche Bindungswirkung. Für den Bundesbereich besteht eine unmittelbare Verbindlichkeit. Nach § 3 I ROG gelten sie unmittelbar für sämtliche Behörden des Bundes, für die bundesunmittelbaren Planungsträger und die bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. Sie greifen durch bei Planungen und bei sonstigen Maßnahmen, durch die Grund und Boden in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung eines Gebiets beeinflußt wird. In den Ländern gelten die Raumordnungsgrundsätze dagegen kraft Bundesrechts unmittelbar nur für die Landesplanung 730 , deren Aufgaben- und Zuständigkeitsbereich sich aus dem jeweiligen Landesrecht ergibt. Eine Bindung der übrigen Landesbehörden und der landesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie der Gemeinden und Gemeindeverbände tritt erst ein, wenn und soweit die Grundsätze in die Programme und Pläne des Landes übernommen und zu Zielen der Raumordnung und Landesplanung 731 verdichtet worden sind732. Es bleibt den Ländern vorbehalten, durch Gesetz eine weiterreichende Geltung der Grundsätze anzuordnen 733 . Der Landesgesetzgeber könnte demnach auch eine unmittelbare Verbindlichkeit für alle Landesbehörden vorsehen734. Die Geltung der Raumordnungsgrundsätze ist auf den staatsinternen Bereich beschränkt. Der einzelne Bürger wird von ihnen nicht betroffen. Das ergibt sich bereits aus dem Wesen der überörtlichen Planung, ist aber überdies zur Klarstellung vom Gesetz ausdrücklich ausgesprochen worden735. Umgekehrt lassen sich aus ihnen auch keine Ansprüche einzelner auf ein bestimmtes raumordnungspolitisches Verhalten des Bundes bzw. der Länder oder auf die Gewährung von öffentlichen Förderungsmitteln und Entschädigungen herleiten736. Ob sie wenigstens gewisse mittelbare Rechtswirkungen erzeugen können 737 , ist umstritten. Bedenken lassen sich vor allem aus der Unbestimmtheit der Raumordnungsgrundsätze herleiten. Wenn man gleichwohl eine derartige mittelbare Wirkung für möglich hält, würde sie sich vor allem 730 731

732 733 734

735 736 737

§ 3 II 1 ROG. Dazu H. D. Schnitze, Die Ziele der Raumordnung und Landesplanung als Rechtsbegriff, 1973; Mayer / Heibig, Ziele der Raumordnung und Landesplanung, BayVBl. 1975, 163ff.; vgl. auch VGH München BayVBl. 1975, 168ff. § 5 IV in Verb, mit § 4 V ROG. § 3 II 4 ROG. Wegen näherer Einzelheiten vgl. Brügelmann, a. a. O. Erläuterungen zu § 3; Bielenberg / Erbguth / Söflcer, a.a.O., K §3 Rdnr. 1 9 - 2 5 ; Müller, Raumordnung, S. 51 - 52; Emst / Hoppe, a. a. O. § 2.4, Tz. 61 ff. § 3 III ROG. Vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs zu § 3 III ROG, BT-Drucks. IV/ 1204; Hendler, JuS 1979, 618. Dazu Brügelmann, a . a . O . § 3 Anm. IX 4b; a. A. Bielenberg / Erbguth / Söflcer, a. a. O., K § 3 Rdnr. 37.

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in einer Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe 738 und einer Lenkung des behördlichen Ermessens auswirken. bb) Verwirklichung der Raumordnungsgrundsätze: An der Verwirklichung der Raumordnungsgrundsätze sind Bund und Länder beteiligt. Dabei liegt das Schwergewicht aus verfassungsrechtlichen Gründen bei den Ländern. Da die Verwirklichung der Grundsätze ihrem Wesen nach zur Exekutive gehört, steht sie nach den Regeln der Art. 83 ff. GG den Ländern zu. Das Gesetz konnte freilich im Interesse der einheitlichen Entwicklung des Bundesgebiets nicht völlig auf eine Zuständigkeit des Bundes verzichten. Es sichert dabei aber durch eine Vorbehaltsklausel den Kompetenzbereich der Länder 739 . Für den Bund hat der zuständige Bundesminister 740 auf die Verwirklichung der Vorschriften des § 2 I ROG hinzuwirken, und zwar insbesondere durch die Abstimmung der raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen und des Einsatzes raumwirksamer Investitionen. Darüber hinaus hat er die langfristigen und großräumigen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zusammenfassend darzustellen. Ferner hat die Bundesregierung darauf hinzuwirken, daß die juristischen Personen des Privatrechts, an denen der Bund beteiligt ist, im Rahmen der ihnen obliegenden Aufgaben die im Gesetz festgelegten Ziele und Grundsätze beachten 741 . Auf Landesebene werden die Grundsätze dadurch verwirklicht, daß sie kraft bundesrechtlicher Bindung in die vom Land aufgestellten Raumpläne und -programme aufgenommen werden müssen 742 . Dabei verbleibt den Ländern angesichts der weitgefaßten Formulierung von Aufgabenstellung, Zielen und Grundsätzen ein erhebliches Maß an Entscheidungsfreiheit. Darüber hinaus können sie im Zusammenhang mit der Konkretisierung der Grundsätze der Raumordnung zugleich eigenständige, auf die spezifischen Probleme des einzelnen Landes abgestellte Ziele verfolgen 743 . Erhebliches Gewicht kommt schließlich der Abstimmungspflicht nach § 4 V ROG zu. Sie ist Ausfluß des übergreifenden Prinzips, nach dem die Ordnung der Einzelräume sich in die Ordnung des Gesamtraumes einfügen, zugleich aber die Ordnung des Gesamtraumes die Gegebenheiten und Erfordernisse seiner Einzelräume berücksichtigen soll744. Demgemäß ist sie umfassend angelegt. Sie greift ein bei sämtlichen raumbedeutsamen Maßnahmen und Pla-

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Vgl. die Parallele beim Flächennutzungsplan, oben Abschn. II. 3b, cc. § 4 I 1 ROG; „ . . . unbeschadet der Aufgaben und Zuständigkeiten der Länder . . . " . Die Zuständigkeit hat mehrfach zwischen dem Innenminister und dem Wohnungsbauminister gewechselt. § 4 II ROG. § 4 III ROG. - S. im einzelnen unten Ziff. 3. Zur Verwirklichung der Raumordnung in den Ländern näher H. Müller, Wirtschaftliche Grundprobleme der Raumordnungspolitik, 1969, S. 131. § 1 IV ROG; näher dazu Lücke, Das Gebot der Rücksichtnahme in der länderübergreifenden Raumordnung, VerwArch. 70 (1979), S. 293 ff.

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nungen der Behörden und Institutionen auf allen Ebenen der Verwaltung von Bund, Ländern und Gemeinden 745 . f ) Das Gegenstromverfahren: Der wechselseitigen Abhängigkeit sämtlicher auf dasselbe Territorium bezogenen Planungsmaßnahmen trägt der bereits erwähnte § 1 IV ROG Rechnung. Danach soll sich die Ordnung der Einzelräume in die Ordnung des Gesamtraumes einfügen. Umgekehrt soll die Ordnung des Gesamtraumes die Gegebenheiten und Erfordernisse seiner Einzelräume berücksichtigen. Diese Abstimmung von unten nach oben und gleichzeitig von oben nach unten, das sog. Gegenstromverfahren, bildet ein Kernstück des geltenden Raumordnungsrechts. Sie ist durch eine Reihe von Einzelregelungen abgesichert 746 . Die Abstimmungspflicht erschöpft sich nicht mit der jeweils erstmaligen Planaufstellung. Sie besteht vielmehr permanent 747 , so daß Änderungen in der Planung einer Ebene Folgeanpassungen auf den übrigen Ebenen erforderlich machen können. So werden auf der untersten Stufe die Bebauungspläne aus dem gemeindlichen Flächennutzungsplan entwickelt 748 . Bebauungspläne und Flächennutzungspläne sind den Zielen der Raumordnung und Landesplanung anzupassen 749 . Diese Ziele werden u. a. in Landesentwicklungsprogrammen, Landesentwicklungsplänen und Gebietsentwicklungsplänen 750 festgelegt, und zwar unter unmittelbarer Bindung an die spezifischen Raumordnungsgrundsätze, die das ROG selbst normiert hat 751 . Dabei sind die (regionalen) Gebietsentwicklungspläne ihrerseits auf der Grundlage der Landesentwicklungsprogramme und -pläne aufzustellen 752 . Die tatsächliche Beachtung dieser Anpassungspflichten wird durch eine Reihe von Genehmigungsvorbehalten erzwungen. Die nachgeordneten Pläne unterliegen einem fachaufsichtlichen Genehmigungsverfahren, in dessen Rahmen ihre Übereinstimmung mit den Zielen und Grundsätzen der übergeordneten Planung geprüft wird. So bedürfen z. B. die Bauleitpläne der Gemeinden der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde 753 , während die Gebietsentwicklungspläne jeweils der Genehmigung der Landesplanungsbe745

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750 751 752 753

Zu der Vielzahl der in Betracht kommenden Fälle vgl. den Überblick bei H.-S. Niemeier / G. Müller, Raumplanung als Verwaltungsaufgabe, 1964. Zum Stufencharakter jeder raumbezogenen Planung s. die eingehenden Nachweise bei Blümel, DVB1. 1975, 695 ff. (702 - 703, insbes. Fußn. 173). Dazu OVG Lüneburg DVB1. 1977, 212ff. (213); ähnlich (periodische Anpassungspflicht) Schmidt-Aßmann, VerwArch. 71 (1980), S. 117 ff. (131 - 136). § 8 II BBauG, s. oben Abschn. II. 3c, aa. § 1 IV BBauG; vgl. dazu Brosche, DVB1. 1980, 213ff.; David, in: Fs. f. Ernst, S. 73ff.; Brohm, DVB1. 1980, 653ff.; Schiarmann, DVB1. 1980, 275ff. VGH Mannheim NJW 1977, 1469 f. (1469). Z. B. § 11 nordrh.-westf. LPlanG; § 2 I hess. LPlanG. §3 II ROG. Z. B. § 16 I nordrh.-westf. LPlanG. §§ 6 I, 11 BBauG.

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hörden unterliegen 754 . Damit ist gewährleistet, daß die auf der obersten Stufe entwickelte planerische Konzeption bis nach unten hin durchschlägt. Umgekehrt müssen in der Konzeption der obersten Stufe die Belange und die spezifischen Gegebenheiten der unteren Ebenen berücksichtigt werden. Um das zu erzwingen, schreibt § 5 II 2 ROG vor, daß „bei der Aufstellung von Zielen der Raumordnung und L a n d e s p l a n u n g . . . die Gemeinden und Gemeindeverbände, für die eine Anpassungspflicht begründet w i r d , . . . zu beteiligen sind" 755, 756. Insoweit sind die Gemeinden und Gemeindeverbände in ihrer Eigenschaft als örtliche und regionale Planungsträger berufen, auf die Bildung der übergeordneten Ziele der Raumordnung und Landesplanung Einfluß zu nehmen 757 . Sie arbeiten an der Entwicklung der Zielvorstellungen mit, denen sich ihre eigene Planung später zu unterwerfen hat. Die Beteiligung, die das ROG den Gemeinden hier zugesteht, ist im Kern durch die Selbstverwaltungsgarantie verfassungsrechtlich gewährleistet. Aus Art. 28 II G G folgt ein Anspruch der Gemeinden als Träger des örtlichen Planungsrechts auf Mitwirkung an überörtlichen, aber ortsrelevanten Planungen 758 . Ungeachtet der Beteiligung der Gemeinden am Planungsverfahren sind die Planungsträger aber grundsätzlich nicht zu einer bis ins Letzte detaillierten, „parzellenscharfen" Planung ermächtigt, da andernfalls die aus der Selbstverwaltungsgarantie folgende Planungshoheit der Gemeinden — die ohnehin durch die Kompetenzen der zahlreichen staatlichen Planungsträger weithin gefährdet ist758a — praktisch ganz obsolet würde 758b . Die gemeindliche Mitwirkung an der landesplanerischen Tätigkeit wird vielfach als Kompensation für den Verlust an eigenverantwortlicher Entscheidungsfähigkeit betrachtet7580. Einen vollwirksamen Ersatz für eine eigene Planungspolitik kann sie aber, schon wegen der mit ihr verbundenen Verwischung der Verantwortlichkeiten, nicht bieten. Eine Bindung des Bundes an die planerischen Belange der ihm eingegliederten Länder wird vor allem dadurch bewirkt, daß § 5 IV R O G auch die 754

Vgl. etwa § 14 III nordrh.-westf. LPlanG. Der Umfang des Beteiligungsrechts ist im einzelnen noch nicht endgültig geklärt. Er hängt jedenfalls ab von Art und Intensität der einzelnen planerischen Maßnahmen. Das Beteiligungsrecht der Gemeinde wird unter den Voraussetzungen des § 4 V ROG durch die dort vorgesehene Pflicht zur gegenseitigen Abstimmung ergänzt. 756 Dazu OVG Lüneburg OVGE 27, 328; näher Bielenberg / Erbguth / Söfker, a. a. O., K § 5 Rdnr. 38 - 50. 757 Zur Rolle der Gemeinden in der Raumordnungspolitik vgl. H. Müller, Wirtschaftliche Grundprobleme der Raumordnungspolitik, 1969, S. 133. 758 So zutreffend BVerwG DVB1. 1969, 362ff. (363); s. allgemein dazu Niemeier, in: Fs. f. Ernst, S. 335ff.; Siedentopf, Gemeindliche Selbstverwaltungsgarantie im Verhältnis zu Raumordnung und Landesplanung, 1977. 758a Z . B. Knemeyer, NJW 1980, 1140ff. (1142) mit weit. Nachw. 758b Steinberg, DÖV 1979, 651 ff. (658). 758c Vgl. z. B. Roters, Kommunale Mitwirkung an höherstufigen Entscheidungsprozessen, 1975, S. 46 ff.

755

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Bundesbehörden verpflichtet, bei sämtlichen Planungen und bei sonstigen raumbedeutsamen Maßnahmen die Ziele der Raumordnung und Landesplanung zu „beachten", die die Landesorgane im Rahmen ihrer Zuständigkeit aufgestellt haben. Außerdem statuiert das Gesetz eine wechselseitige Abstimmungspflicht bei Planungen und Maßnahmen 759 . Wir haben damit ein in sich geschlossenes System von vertikalen Harmonisierungspflichten 760 . Seine Funktionsfähigkeit setzt freilich voraus, daß die jeweils übergeordneten Planungsvorstellungen hinreichend konkretisiert sind und daß den nachgeordneten Planungsebenen ein ausreichender Bewegungsraum für eine fortschreitende Ausfüllung des Planungsrahmens und der materiellen Planungskompetenzen verbleibt. 3. Raumordnung in den Ländern

Die in den Ländern geltenden Landesplanungsgesetze sind im wesentlichen Organisationsgesetze. Sie bestimmen die Träger der Landesplanung und ihre Organisation und regeln die Funktionen, Rechtswirkungen sowie sonstigen organisatorischen Fragen. Dagegen enthalten sie keine materiellen Zielsetzungen, wenn man von Leerformeln 761 wie „Raumordnung soll die Entwicklung des Landes und seiner Teile unter Beachtung der natürlichen Gegebenheiten und unter Berücksichtigung der sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Erfordernisse in einer Weise fördern, die der Gesamtheit und dem einzelnen am besten dient" 762 absieht 763 . a) Verfahrensgrundsätze: § 3 II 3 ROG stellt klar, daß sich die Aufgaben und Zuständigkeiten der Landesplanung nach Landesrecht bestimmen 764 . Die Länder haben für ihr Gesamtgebiet oder für Teilbereiche übergeordnete und zusammenfassende Programme oder Pläne aufzustellen 765 . In den Ländern Berlin, Bremen und Hamburg tritt der Flächennutzungsplan nach § 5 BBauG an ihre Stelle766. Die Länder können, soweit sie das für erforderlich halten, die Rechtsgrundlagen für eine Regionalplanung schaffen und Gemeinden und Gemein759 760

761 762 763 764

765 766

§ 4 V ROG. Vgl. dazu Halstenberg, Die Verzahnung von Bundesraumordnung, Landesplanung und gemeindlicher Bauleitplanung, S. 9ff.; Graf Finckenstein, DÖV 1969, 56ff.; Rothe, Betrachtungen über das Zusammenwirken der raumrelevanten Orts- und Landesplanung, Städte- und Gemeindebund 1975, 270ff. So auch Kühl, Landesplanung in Schleswig-Holstein nach Gesetz und Wirklichkeit, 1967, S. 52; Niemeier / Müller, a. a. 0., S. 15. § 1 nieders. ROG. S. aber Art. 1 und 2 des bayer. LPlanG von 1970. S. im einzelnen Schönhofer, Zuständigkeit der Landesbehörden für Obliegenheiten der Raumordnung und Landesplanung, in: Schriftenreihe der Hochschule Speyer, Bd. 27 (1965), S. 72 ff. § 5 I 1 ROG. § 5 I 5 ROG.

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deverbände (Kreise) zu regionalen Planungsgemeinschaften zusammenfassen 767 . Zur Sicherung eines geordneten Raumordnungs- und Landesplanungsverfahrens kann die für die Raumordnung zuständige Landesbehörde raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen anderer Behörden oder sonstiger öffentlich-rechtlicher Stellen für bestimmte Zeit untersagen 768 . Voraussetzung dafür ist, daß die Aufstellung oder eine Änderung der Ziele der Raumordnung eingeleitet ist und befürchtet werden muß, die geplante Maßnahme werde die Durchführung dieser Ziele unmöglich machen oder wesentlich erschweren. Untersagt werden können nur Planungen oder Maßnahmen, die grundsätzlich von der Rechtswirkung der Ziele der Raumordnung, deren Aufstellung eingeleitet ist, erfaßt werden. Schließlich legt das Gesetz den beteiligten Stellen Beratungs-, Mitteilungsund Auskunftspflichten auf 769 . Bei dem für Fragen der Raumordnung zuständigen Bundesminister besteht ein Beirat für Raumordnung, der sich aus Vertretern verschiedener Wirtschafts- und Gesellschaftsgruppen zusammensetzt770. Er hat den Minister in Grundsatzfragen der Raumordnung zu beraten 771 . b) Der Stufenbau der Landesraumordnung: aa) Zentrale Raumordnung und Landesplanung: Nach § 5 I ROG haben die Länder für ihr Gebiet übergeordnete und zusammenfassende Programme und Pläne aufzustellen. Das geschieht regelmäßig durch Landesentwicklungsprogramme, Landesraumordnungspläne und landesplanerische Gutachten. Die Rechtsform dieser Pläne und Programme ist bundesrechtlich nicht vorgeschrieben. Sie divergiert demgemäß in den einzelnen Ländern. So wird das Landesraumordnungs- bzw. das Landesentwicklungsprogramm in Hessen 772 und Nordrhein-Westfalen 773 dufch förmliches Gesetz festgestellt, in Rheinland Pfalz 774 , Bayern 775 , Baden-Württemberg 776 und dem Saarland 777 von der Landesregierung beschlossen. In Schleswig-Holstein wird es vom Minister767 768

769 770 771

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773 774 775 776

777

§ 5 III ROG. § 7 I ROG (Parallele zu der Veränderungssperre nach § 14 BBauG; s. oben Abschn. III, Ziff. 4a). §§ 8, 10 ROG. S. im einzelnen § 9 II ROG. Vgl. die Empfehlungen des Beirats für Raumordnung beim Bundesministerium des Inneren, 1968. § 2 hess. LPlanG. — S. dazu das G über die Feststellung des Landesraumordnungsprogramms und zur Änderung des LandesplanungsG v. 18. März 1970 (GVB1. S. 265). § 12 nordrh.-westf. LPlanG. § 11 I 2 rheinl.-pfälz. LPlanG. Art. 14 III bayer. LPlanG (als Rechtsverordnung). § 26 V bad.-württ. LPlanG; hier erfolgt jedoch zusätzlich noch eine „Verbindlichkeitserklärung" durch förmliches Gesetz gemäß § 27 I 1. § 3 I saarl. LPlanG; zur rechtlichen Wirkung s. OVG Saarlouis BRS 24, 15f.

Bau-, Boden- und Raumordnungsrecht

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Präsidenten durch Erlaß aufgrund von Entschließungen des Landesplanungsrates festgestellt 778 . Es ist den Ländern freigestellt, zunächst räumliche oder sachliche Teilpläne und Teilprogramme zu entwickeln 779 . Damit wird die Möglichkeit geschaffen, schon vor Fertigstellung der Gesamtpläne einzelnen besonders dringenden Planungsbedürfnissen Rechnung zu tragen u n d die Landesplanung etappenweise voranzutreiben. Die Teilpläne stehen ohne Rücksicht auf die Größe des betroffenen Bezirks rechtlich auf der Ebene der Landesplanung 7 8 0 . Sie unterscheiden sich damit grundsätzlich von den Regionalplänen, auch wenn sie sich auf eine „Region" beschränken 7 8 1 . Die Programme und Pläne müssen als Mindestinhalt diejenigen Ziele der R a u m o r d n u n g und Landesplanung enthalten, die räumlich und sachlich erforderlich sind, um die Grundsätze des § 2 I R O G zu verwirklichen 782 . Durch diese „Transformation" werden die betreffenden Grundsätze auch für die Stellen verbindlich, die ihnen unmittelbar nicht unterworfen sind 783 . bb) Regionalplanung: Die Regionalplanung hat ihre bundesrechtliche Grundlage in § 5 III ROG. Ihre Einführung ist den Ländern jedoch freigestellt. Sie ist als Bindeglied zwischen der Landesplanung und der örtlichen Bauleitplanung zu verstehen und trägt dabei dem Gesichtspunkt Rechnung, daß sich das Leben der Menschen nicht nur in einer Gemeinde, sondern auch in einem größeren Raum entfaltet 784 . Das R O G kennt zwei Arten der Regionalplanung: entweder durch regionale Planungsgemeinschaften, die aus Gemeinden und Gemeindeverbänden bestehen, oder durch staatliche Planungsstellen. Im letzteren Fall sind die betroffenen Gemeinden und Gemeindeverbände in einem förmlichen Verfahren an der staatlichen Planung zu beteiligen 785 . — Die Länder haben die Regionalplanung unterschiedlich geregelt. Hessen überträgt sie den kreisfreien Städten und den Landkreisen zur Erfüllung nach Weisung 786 und stellt es ihnen frei, sich zu Planungsgemeinschaften zusammenzuschließen 7 8 7 . Eine ent778

779

780 781

782 783 784

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S. OVG Lüneburg DVB1. 1971, 320ff. (321): Der Raumordnungsplan besitze keinen normativen Charakter; er sei keine Rechtsverordnung, sondern eine „hoheitliche Maßnahme eigener Art"; ebenso OVG Lüneburg SchlHolstAnz 1973, 51. § 5 I 2 ROG. — Beispiel: Standortvorsorgepläne für Großvorhaben; s. Blümel, DVB1. 1977, 301 ff.; Brocke, DVB1. 1979, 184ff. Demgemäß greift bei ihnen § 3 II 1 ROG ein. Zum Verhältnis beider Planungsbereiche s. näher Brügelmann, a. a. O. § 5 Anm. II. 1 a und c, aa, sowie Anm. III. 2c. § 5 II 1 ROG. S. dazu oben Ziff. 2 f. aa. Vgl. hierzu W. Weber, Die rechtliche Ordnung des größeren Raumes, in: Wissenschaftliche Reihe, Folge 16 (1964), S. 10 ff. § 5 III S. 2 ROG. — Zur Problematik der kommunalen Beteiligung s. insbes. Schmidt-Aßmann, AöR 101 (1976), S. 520ff.; v. d. Heydte / Neumann, Landkreis 1976, 301 ff. § 4 I hess. LPlanG. § 4 II hess. LPlanG.

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sprechende Übertragung ist in Niedersachsen erfolgt 788 . In Rheinland-Pfalz sind die kreisfreien Städte und Landkreise einer Region kraft Gesetzes zu einer Planungsgemeinschaft zusammengeschlossen 789 . In Baden-Württemberg sind Regionalverbände als Träger der Regionalplanung eingerichtet 790 und mit einem begrenzten Selbstverwaltungsrecht ausgestattet 791 worden. Nordrhein-Westfalen schließlich hat nach Auflösung der früheren Landesplanungsgemeinschaften sog. Bezirksplanungsräte bei den Regierungspräsidenten errichtet, deren Mitglieder von den Kreistagen und den Vertretungen der kreisfreien Städte gewählt werden 792 . Soweit die Regionalplanung staatlichen Planungsstellen obliegt, bildet sie wesensmäßig einen Bestandteil der unmittelbaren Landesplanung 793 und unterliegt deren Grundsätzen. Sie ist damit nach § 3 II ROG an die Raumordnungsgrundsätze gebunden. Die nichtstaatlichen Planungsgemeinschaften haben diese Grundsätze dagegen nur nach Maßgabe der jeweiligen landesrechtlichen Regelung zu beachten. cc) Örtliche Bauleitplanung: Die unterste Stufe im System der planerischen Ordnung des Raums bilden die Flächennutzungspläne der Gemeinden und die aus ihnen hervorgegangenen Bebauungspläne. Sie bilden die Nahtstelle zwischen dem Recht der Raumordnung und dem Baurecht 794 . c) Die Beachtung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung: Die raumordnende Funktion der Landesplanung kommt nur dann voll zum Tragen, wenn Gewähr dafür besteht, daß die von ihr nach Maßgabe der Raumordnungsgrundsätze aufgestellten Ziele nicht von anderer Seite durchkreuzt werden. Um die erforderliche Harmonie herzustellen, hat der Gesetzgeber für das Zusammentreffen verschiedener Planungen die bereits behandelten Anpassungspflichten795 begründet. Dabei kommt den räumlich und sachlich umfassenderen Plänen zwangsläufig der Vorrang zu796. Die Anpassungspflichten werden ergänzt durch die Vorschrift 797 , daß die Ziele auch bei allen sonstigen Maßnahmen öffentlicher Stellen zu beachten sind, durch die Grund und Boden in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung eines Gebiets beeinflußt wird798. Der Begriff des „Beachtens" ist dabei unter Berücksichtigung der umfassenden Koordinationsaufgabe der Landesplanung und der tatsächlichen Er788 789

791 792 793 794 796 797 798

§ 11 II nieders. ROG. § 15 I rheinl.-pfälz. LPlanG; ebenso Art. 6 I, 7 bayer. LPlanG; § 7 bad.-württ. 790 LPlanG. §§ 7 ff. bad.-württ. LPlanG. § 8 I bad.-württ. LPlanG; vgl. dazu VGH Mannheim NJW 1977, 1469f. (1469). § 5 nordrh.-westf. PlanG; vgl. dazu Roters, SKV 1976, 226 ff. Dazu Brügelmann, a. a. O. § 5 Anm. II. 1 c, aa. 795 Imeinzelnens.obenAbschn.il. Oben Ziff. 2 f. Vgl. R. Breuer, Die hoheitliche raumgestaltende Planung, 1968, S. 219 - 220. § 5 IV ROG. Eine Einschränkung zugunsten besonders wichtiger Bundesmaßnahmen enthält § 6 ROG.

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fordemisse der Raumordnung, die sich stetig im Fluß befindet, im Sinne einer generellen und von der zeitlichen Reihenfolge der Planaufstellung unabhängigen Anpassungspflicht gegenüber den Raumordnungsplänen auszulegen 799 . Die Pflicht zur „Beachtung" besteht deshalb auch gegenüber einem zeitlich jüngeren Raumordnungsplan. Bei dieser Auslegung werden § 1 III R O G und die übrigen bundesgesetzlichen Raumordnungsklauseln keineswegs überflüssig. Sie behalten ihre Bedeutung als konkrete Ausprägungen des in § 5 IV R O G generell niedergelegten Grundsatzes 8 0 0 . Neben dem R O G treffen auch die einzelnen Landesplanungsgesetze Bestimmungen über eine Anpassungspflicht an die in ihnen geregelten Raumordnungspläne 8 0 1 . Konflikte zwischen globaler u n d örtlicher Planung werden daher i. d. R. nur d a n n eintreten, wenn ohne ausreichende Information verschiedene Planungen parallel zueinander entstanden sind u n d ihre Träger sich auf bestimmte Gestaltungen eingerichtet haben, die nicht mehr oder nur mit viel Mühe und Kosten abänderbar sind. U m auch dieser Gefahr nach Möglichkeit vorzubeugen, sehen einige Landesplanungsgesetze sog. landesplanerische Gutachten oder landesplanerische Stellungnahmen als eine besondere Form der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Planungsträgern vor 802 . Schließlich hat man verschiedene Sicherungsmaßnahmen eingeführt, u. a. den landesplanerischen Widerspruch gegen örtliche Planungen und Maßnahmen 8 0 3 und die Aufstellung von Flächensicherungsplänen. Die Fachplanung in den verschiedenen Sachgebieten (z. B. Verkehrswesen, Naturschutz) wird durch sog. Raumordnungsklauseln mit der allgemeinen R a u m o r d n u n g und Landesplanung koordiniert. Die Fachgesetze statuieren entweder eine materielle Pflicht zur Beachtung der Grundsätze und Ziele der Raumordnung und Landesplanung 8 0 4 oder sie fordern das Einvernehmen der f ü r die Raumordnung zuständigen Stellen mit der Fachplanung bzw. eine sonstige Beteiligung an ihrem Zustandekommen 8 0 5 . 799

801 802

803 804 805

Ebenso Breuer, a. a. O., S. 221; Bielenberg / Erbguth / Söflcer, a. a. O., K § 5 Rdnr. 101 — 104, mit weit. Nachw.; a. A.: Brügelmann, a. a. O., § 5 Anm. V; Stich, Rechtsschutzprobleme bei Maßnahmen der Landes- und Regionalplanung, a. a. O., 800 S. 133 . S. auch Brügelmann, a. a. O., § 5 Anm. V 5. § 27 II bad.-württ. LPlanG; Art. 22 - 24 bayer. LPlanG; § 9 nieders. ROG; §§ 20, 21 I nordrh.-westf. LPlanG; §§ 11 II, 13 I 4 rheinl.-pfälz. LPlanG. Vgl. § 18 rheinl.-pfälz. LPlanG; § 9 saarl. LPlanG; §§ 9, 14 schlesw.-holst. LPlanG; Bekanntmachung des bayer. Staatsministeriums f. Wirtschaft und Verkehr vom 24. Nov. 1971 (MVMB1. 1972 S. 21); Runderlaß des nieders. Ministeriums des Innern vom 19. Juni 1961 (MinBl. S. 707). §32 bad.-württ. LPlanG; §15 nieders. ROG; §22 nordrh.-westf. LPlanG; §14 saarl. LPlanG; § 15 schlesw.-holst. LPlanG; Art. 24 bayer. LPlanG. Z. B. § 5 I BundesnaturschutzG vom 20. Dez. 1976, BGBl. I, S. 3574; § 13 II BundeswasserstraßenG vom 21. Mai 1951, BGBl. I, S. 352. Z. B. § 16 I BundesfernstraßenG i. d. F. vom 1. Okt. 1974, BGBl. I, S. 2413; § 14 I Nr. 4d PersonenbeförderungsG vom 21. März 1961, BGBl. I, S. 241; § 36 II BundesbahnG vom 13. Dez. 1951, BGBl. I, S. 955.

SIEBENTER ABSCHNITT Rüdiger Breuer

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Gesetze Die folgende Übersicht beschränkt sich auf die wichtigsten, in der anschließenden Darstellung behandelten Rechtsquellen des Umweltschutzrechts. Nicht aufgeführt sind die wasserrechtlichen Gesetze; insoweit wird auf die Übersicht bei Salzwedel, unten zu Beginn des 9. Abschn., verwiesen. Hinweise auf weitere Rechtsquellen des Umweltschutzrechts finden sich im Text und in den Fußnoten. Bund: G über Naturschutz und Landschaftspflege (BundesnaturschutzG) vom 20. Dez. 1976 (BGBl. I S. 3574, ber. BGBl. 1977 I S. 650), geändert durch G vom 1. Juni 1980 (BGBl. I S. 649). G zur Erhaltung des Waldes und zur Förderung der Forstwirtschaft (BundeswaldG) vom 2. Mai 1975 (BGBl. I S. 1037). G zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-ImmissionsschutzG) vom 15. März 1974 (BGBl. I S. 721, ber. S. 1193), zuletzt geändert durch G vom 28. März 1980 (BGBl. I S . 373). Vierte VO zur Durchführung des Bundes-ImmissionsschutzG (VO über genehmigungsbedürftige Anlagen) vom 14. Febr. 1975 (BGBl. I S. 499, ber. S. 727). Neunte VO zur Durchführung des Bundes-ImmissionsschutzG (Grundsätze des Genehmigungsverfahrens) vom 18. Febr. 1977 (BGBl. I S. 274). Zwölfte VO zur Durchführung des Bundes-ImmissionsschutzG (Störfall-VO) vom 27. Juni 1980 (BGBl. I S. 772). G zum Schutz gegen Fluglärm vom 30. März 1971 (BGBl. I S. 282), zuletzt geändert durch G vom 14. Dez. 1976 (BGBl. I S. 3341, ber. BGBl. 1977 I S. 667). G zur Verminderung von Luftverunreinigungen durch Bleiverbindungen in Ottokraftstoffen für Kraftfahrzeugmotore (BenzinbleiG) vom 5. August 1971 (BGBl. I S. 1234), zuletzt geändert durch G vom 14. Dez. 1976 (BGBl. I S. 3341, ber. BGBl. 1977 I S. 667). G über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (AtomG) i. d. F. der Bekanntm. vom 31. Okt. 1976 (BGBl. I S. 3053), zuletzt geändert durch G vom 20. August 1980 (BGBl. I S. 1556). VO über den Schutz vor Schäden durch ionisierende Strahlen (StrahlenschutzVO) vom

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637

1970 (GBl. S. 71), zuletzt geändert durch G vom

Bremisches AusführungsG zum AbfallbeseitigungsG vom 28. Jan. 1975 (GBl. S. 55). Hamburg: ReichsnaturschutzG vom 26. Juni 1935 (RGBl. I S. 811) i. d. F. des G vom 9. Dez. 1974 (GVB1. S. 381). LandeswaldG vom 13. März 1978 (GVB1. S. 74). Hamburgisches AusführungsG zum AbfallbeseitigungsG vom 6. Febr. 1974 (GVB1. S. 71,ber. S. 140). Hessen: Hessisches G über Naturschutz und Landschaftspflege (Hessisches NaturschutzG) vom 19. Sept. 1980 (GVB1. S. 309). Hessisches ForstG i. d. F. der Bekanntm. vom 4. Juli 1978 (GVB1.1 S. 423, ber. S. 584). G über die geordnete Beseitigung von Abfällen (Hessisches AbfallG) i. d. F. vom 16. Juni 1978 (GVB1.1 S. 397, ber. S. 500). Niedersachsen: ReichsnaturschutzG vom 26. Juni 1935 (RGBl. I S. 811) i. d. F. des G vom 2. Dez. 1974 (GVB1. S. 535). LandeswaldG i. d. F. der Bekanntm. vom 19. Juli 1978 (GVB1. S. 595). G zum Schutz vor Luftverunreinigungen, Geräuschen und Erschütterungen (ImmissionsschutzG) vom 6. Jan. 1966 (GVBI. S. 1), zuletzt geändert durch G vom 2. Dez. 1974 (GVBI. S. 535). Niedersächsisches AusführungsG zum AbfallbeseitigungsG vom 9. April 1973 (GVBI. S. 109). Nordrhein- Westfalen: G zur Sicherung des Naturhaushalts und zur Entwicklung der Landschaft (LandschaftsG) i. d. F. der Bekanntm. vom 26. Juni 1980 (GVBI. S. 734). LandesforstG i. d. F. der Bekanntm. vom 24. April 1980 (GVBI. S. 546). G zum Schutz vor Luftverunreinigungen, Geräuschen und ähnlichen Umwelteinwirkungen (Landes-ImmissionsschutzG) vom 18. März 1975 (GVBI. S. 232), geändert durch G vom 18. Sept. 1979 (GVBI. S. 552). AbfallG für das Land Nordrhein-Westfalen (LandesabfallG) vom 18. Dez. 1973 (GVBI. S. 562), zuletzt geändert durch G vom 6. März 1979 (GVBI. S. 94). Rheinland-Pfalz: LandesG über Naturschutz und Landschaftspflege (LandespflegeG) i. d. F. der Bekanntm. vom 5. Febr. 1979 (GVBI. S. 36). LandesforstG i. d. F. vom 2. Febr. 1977 (GVBI. S. 21). LandesG zum Schutz vor Luftverunreinigungen, Geräuschen und Erschütterungen (ImmissionsschutzG) vom 28. Juli 1966 (GVBI. S. 211), zuletzt geändert durch G vom 5. Nov. 1974 (GVBI. S. 469). LandesG zur Ausführung des AbfallbeseitigungsG (LandesabfallG) vom 30. August 1974 (GVBI. S. 374).

638

Rüdiger Breuer

Saarland:

G Nr. 1097 über den Schutz der Natur und die Pflege der Landschaft (Saarländisches NaturschutzG) vom 31. Jan. 1979 (ABl. S. 147). WaldG für das Saarland vom 26. Okt. 1977 (ABl. S. 1009). Saarländisches AusführungsG zum G über die Beseitigung von Abfällen i. d. F. der Bekanntm. vom 28. Jan. 1980 (ABl. S. 262). Schleswig-Holstein:

G über Naturschutz und Landschaftspflege (LandschaftspflegeG) vom 16. April 1973 (GVB1. S. 122, ber. S. 326), zuletzt geändert durch G vom 20. Dez. 1977 (GVB1. S. 507). LandeswaldG vom 18. März 1971 (GVB1. S. 94), geändert durch G vom 3. Nov. 1977 (GVB1. S. 464). AusführungsG zum AbfallbeseitigungsG vom 26. Nov. 1973 (GVB1. S. 407).

Umweltschutzrecht

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Gliederung I. Grundlagen des Umweltschutzrechts 1. Die Aufgabenstellung des staatlichen Umweltschutzes a) Das Umweltprogramm der Bundesregierung von 1971 b) Umweltschutz als Schicksalsaufgabe des modernen Staates c) Aufgabenerweiterung und Akzentverschiebung 2. Allgemeine Prinzipien des Umweltschutzes a) Vorsorgeprinzip b) Bestandsschutzprinzip c) Verursacherprinzip d) Gemeinlastprinzip e) Kooperationsprinzip 3. Der Gesetzesvorbehalt und die Bestimmtheit des Gesetzes auf dem Gebiet des Umweltschutzes 4. Positive grundrechtliche Schutzpflichten des Staates a) In materieller Hinsicht b) In formeller Hinsicht c) Frage eines Umweltgrundrechts 5. Negative grundrechtliche Schranken des Umweltschutzes a) Raumbezogene Maßnahmen des Umweltschutzes b) Produktbezogene Kontrollen des Umweltschutzes 6. Umweltschutz als Staatsziel? 7. Gesetzgebungskompetenzen 8. Verwaltungskompetenzen

643 643 643 644 646 648 648 650 651 653 654 654 656 657 658 659 659 659 662 663 663 664

II. Abgrenzung und Einteilung des Umweltschutzrechts 1. Umweltschutzrecht als Rechtsgebiet 2. Der mediale Umweltschutz a) Umweltmedium Boden b) Umweltmedium Wasser c) Umweltmedium Luft 3. Der kausale Umweltschutz a) Atom- und Strahlenschutzrecht b) Chemikaliengesetz c) Lebensmittel-, Futtermittel-und Arzneimittelrecht d) Recht der Abfallbeseitigung 4. Der vitale Umweltschutz 5. Der integrierte Umweltschutz a) Der konkurrierend integrierte Umweltschutz b) Der konvergierend integrierte Umweltschutz 6. Das Vorhaben eines allgemeinen Umweltschutzgesetzes

665 665 668 668 668 669 669 670 671 671 672 672 673 673 673 674

III. Die Instrumente des staatlichen Umweltschutzes 1. Planungs- und Verteilungsinstrumente a) Modelle einer umfassenden Umweltschutzplanung b) Fachplanungen des Umweltschutzes

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Rüdiger Breuer c) Der Umweltschutz in der raumbezogenen Gesamtplanung d) Der Umweltschutz bei Fachplanungen anderer Verwaltungsbereiche . . 2. Administrative Kontrollinstrumente a) Anmeldepflichten b) Gesetzliche Verbote mit Erlaubnis- oder Genehmigungsvorbehalt c) Administrative Verbote und andere repressive Verfügungen d) Administrative Überwachung 3. Abgabenrechtliche Steuerungsinstrumente a) Ausgleichsabgaben bei Eingriffen in Natur und Landschaft b) Abwasserabgaben c) Beiträge zur Altölbeseitigung 4. Instrumente der privatrechtlichen Selbstregulierung a) Umweltnachbarrecht b) Umwelthaftungsrecht 5. Sanktionsinstrumente des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts a) Umweltstrafrecht b) Umwelt-Ordnungswidrigkeitenrecht 6. Kooperationsinstrumente im Verhältnis Staat - Wirtschaft a) Die Technischen Überwachungsvereine b) Privatrechtlich organisierte Ausschüsse mit der Aufgabe der technischen Regelgebung c) Öffentlich-rechtlich organisierte Ausschüsse mit der Aufgabe der technischen Regelgebung d) Beratungsgremien der öffentlichen Verwaltung e) Organisierte Anhörung „beteiligter Kreise" 0 Umweltschutzbeauftragte in Unternehmen der privaten W i r t s c h a f t . . . . 7. Das Instrumentarium der öffentlichen Eigenregie a) Unmittelbare öffentliche Eigenregie b) Mittelbare öffentliche Eigenregie c) Ausnahmen von der öffentlichen Eigenregie

IV. Das Recht des Naturschutzes und der Landschaftspflege 1. Allgemeines 2. Landschaftsplanung 3. Eingriffe in Natur und Landschaft 4. Schutzgebiete 5. Artenschutz V. Immissionsschutzrecht 1. Allgemeines 2. Genehmigungsbedürftige Anlagen a) Kreis der genehmigungsbedürftigen Anlagen b) Betreiberpflichten c) Außer-immissionsschutzrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen.... d) Genehmigungsverfahren e) Inhalt und Wirkung der Anlagengenehmigung f) Vorbescheid und Teilgenehmigung g) Nachträgliche Anordnungen

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Umweltschutzrecht h) Untersagung, Stillegung und Beseitigung von Anlagen, Widerruf der Anlagengenehmigung i) Anlagenbezogene Überwachung 3. Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen 4. Der produktbezogene Immissionsschutz 5. Der verkehrsbezogene Immissionsschutz a) Grundlagen des Immissionsschutzes bei Straßen, Schienenwegen und Flughäfen b) Sonderregelung des Fluglärmschutzgesetzes 6. Der allgemeine handlungsbezogene Immissionsschutz 7. Der gebietsbezogene Immissionsschutz

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VI. Atom- und Strahlenschutzrecht 1. Allgemeines 2. Die atomrechtliche Anlagengenehmigung a) Rechtsbegriffliche Voraussetzungen b) Versagungsermessen c) Verfahren 3. Rechtsfragen der nuklearen Entsorgung 4. Atomrechtliche Haftung

732 732 733 734 735 735 736 737

VII. Recht der Abfallbeseitigung 1. Allgemeines 2. Abfallbegriff 3. Handlungspflichten der Abfallbeseitigung 4. Abfallbeseitigungspläne 5. Abfallbeseitigungsanlagen

738 738 739 739 740 740

Umweltschutzrecht

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I. Grundlagen des Umweltschutzrechts 1. Die Aufgabenstellung des staatlichen Umweltschutzes a) Das Umweltprogramm der Bundesregierung von 1971] beginnt mit der zutreffenden Feststellung, daß der Umweltschutz keine neue Aufgabe ist, die Eingriffe des Menschen in den Naturhaushalt jedoch erst in der hochindustrialisierten Gesellschaft unserer Zeit zu einer ernsten, weltweiten Gefahr geworden sind. Die Ausgangslage des Jahres 1971 spiegelt sich in dem Befund der Bundesregierung wider, daß immer mehr Rohstoffe verbraucht werden, mehr Land überbaut wird und mehr Eingriffe in die Biosphäre notwendig sind. Den Zustand in der Bundesrepublik Deutschland sah die Bundesregierung zum Teil als besorgniserregend an, obwohl nach deutschem Recht z. B. Naturschutz und Landschaftspflege, Luft- und Wasserreinhaltung, Abfallbeseitigung und Lärmbekämpfung sowie die Kontrolle der Strahlenbelastung und der Reinhaltung von Lebensmitteln „teilweise auf langer, guter Tradition" beruhen. Diesem Krisenbefund lag eine umfassende Bestandsaufnahme zugrunde, an der neben Bundes- und Länderverwaltungen Wissenschaftler, Verbände und wirtschaftliche Unternehmen beteiligt waren. Die Ursachen der Umweltkrise sind tiefreichend und komplex. Als auslösende Faktoren haben die modernen Naturwissenschaften, die Technik und die industrielle Produktion gewirkt. Hierdurch bedingt, haben sich in einem atemberaubenden Prozeß ein historisch einmaliges Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum sowie ein fundamentaler Wandel der Lebensverhältnisse vollzogen 2 . Die technische und industrielle Weiterentwicklung und die Aufrechterhaltung eines stabilen volkswirtschaftlichen Sozialprodukts determinieren nicht nur den zivilisatorischen Fortschritt. Sie haben sich vielmehr, ihrer Eigendynamik folgend, zu elementaren Voraussetzungen für die zivilisatorische Bestandserhaltung, die soziale Befriedung und das Überleben der Menschheit entwickelt. Die Abhängigkeit von der Technik und der industriellen Produktion dürfte irreversibel sein3. Erst spät ist erkannt worden, daß das technische, industrielle und ökonomische Wachstum wegen der Knappheit der Umweltressourcen begrenzt ist4. Diese Einsicht hat im Umweltprogramm der Bundesregierung von 1971 ihren politischen Niederschlag gefunden.

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BT-Drucks. VI/2710, S. 7. Ausführlich hierzu Lütge, Deutsche Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, 3. Aufl. 1976, S. 577 ff. Vgl. zum Begriff und zur Rolle der Technik statt vieler: Marburger, Die Regeln der Technik im Recht, 1979, S. 7 ff. Bewußtseinsbildend haben vor allem gewirkt: Carson, The silent Spring, 1962;

644

Rüdiger Breuer

b) Aufgrund der angedeuteten Fakten ist der Umweltschutz zu einer Schicksalsaufgabe des modernen Staates geworden. Einerseits tritt der Staat der Gegenwart als planender und gestaltender Promotor des technischen Fortschritts sowie der industriellen und ökonomischen Expansion auf. Damit sichert und erweitert er die volkswirtschaftliche Basis der sozialstaatlichen Daseinsvorsorge 5 . Andererseits ist es ein Gebot des Sozialstaatsprinzips, daß der moderne Staat die Aufgabe des Umweltschutzes wahrnimmt 6 . Dies kann nur dadurch geschehen, daß der Staat den Zugriff auf die Umweltressourcen sowie die Zulässigkeit von Umweltrisiken und -belastungen reglementiert, um die ökologische Existenzkrise abzuwenden, die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen zu verhindern und ein menschenwürdiges Dasein zu sichern. Es kann nicht erwartet werden, daß das erforderliche Krisen- und Sicherungsmanagement aus einer gesellschaftlichen Selbstregulierung hervorgeht. Mit welchen Instrumenten der Staat die Aufgabe des Umweltschutzes erfüllt, mag prinzipiell der politischen Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers überlassen sein. Daß der zur Daseinsvorsorge verpflichtete Sozialstaat einen Verfassungsauftrag zur Abwendung der Umweltkrise durch geeignete Instrumente eines staatlichen Krisen- und Sicherungsmanagements zu erfüllen hat, läßt sich nicht überzeugend bestreiten 7 . Der Sozialstaat darf die natürlichen Grundlagen für ein menschenwürdiges Dasein nicht ungeschützt oder erkennbar ineffektiv geschützt lassen 8 . Auch das Schicksal des Staates selbst hängt davon ab, ob er die Schicksalsaufgabe des Umweltschutzes bewältigt. Als Rechtsstaat ist er dabei auf die Mittel einer abgewogenen und hinreichend bestimmten Gesetzgebung sowie eines effektiven Gesetzesvollzugs angewiesen. Eine Denaturierung des demokratischen und sozialen Rechtsstaates droht in diesem Zusammenhang aus zwei entgegengesetzten Richtungen. Auf der einen Seite besteht die von Emst Forsthoff beschworene Gefahr, daß der „Staat der Industriegesellschaft" von der „technischen Realisation"

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9

Meadows, Die Grenzen des Wachstums, Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit, 1972; vgl. auch Rehbinder, ZRP 1970, 250ff.; Picht, ZRP 1971, 152ff. Vgl. Herbert Krüger, Allgemeine Staatslehre, 2. Aufl. 1966, S. 582ff., 796ff.; grundlegend zur Daseins Vorsorge: Forsthoff, Die Verwaltung als Leistungsträger, 1938. Vgl. Bullinger, in: Das Verursacherprinzip und seine Instrumente, 1974, S. 78; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 1977, S. 708f.; Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, 2. Aufl. 1977, S. 224ff.; Kölble, DÖV 1977, 3; ferner, allerdings die Effektivität verneinend: Steiger, Mensch und Umwelt, 1975, S. 70. So aber Rauschning, VVDStRL 38 (1980), S. 185 f. Breuer, in: Fg. aus Anlaß des 25jährigen Bestehens des BVerwG, 1978, S. 89ff., 110f. Der Staat der Industriegesellschaft, 1971, S. 30 ff., 42 ff., 75 ff.

Umweltschutzrecht

645

und ihrer eigengesetzlichen Dynamik erdrückt wird und seine Fähigkeit zu politischen Leitentscheidungen verliert. Damit geht aus der Sicht Forsthoffs das Phänomen einher, daß gerade die allgemeinsten, den größten Kreis von Personen betreffenden Belange im „Staat der Industriegesellschaft" vielfach nicht durchsetzbar sind, „weil sie keinen gesellschaftlichen Patron finden können" 1 0 . Durch eine solche Verfallsdiagnose wird dem modernen Staat insbesondere auch die Fähigkeit zu einem konsequenten und effektiven Umweltschutz abgesprochen. Diese Vision erscheint jedoch überzeichnet. Auf der anderen Seite ist nämlich nicht ohne Grund Kritik an einer „Übernormierung und Überinstrumentierung" im Bereich des Umweltschutzes geübt worden". Allerdings kann gerade durch diese Eigenschaft die Effektivität rechtlicher Regelungen eher geschwächt als gestärkt werden. Überdies lassen manche Phänomene des Gesetzesvollzuges wie z. B. das forensische Tauziehen um die friedliche Nutzung der Kernenergie 12 die Grenzen der staatlichen Lenkungsmacht deutlich werden. Dennoch bleibt zu fragen, ob der planende, gestaltende und verteilende Sozialstaat nicht eine überbordende, freiheitsmindernde Ingerenz in gesellschaftliche und wirtschaftliche Entscheidungsprozesse reklamiert. So wird ein Machtzuwachs des Staates in neuen Zuständigkeiten und Befugnissen gesehen, die den Umweltschutz verstärken und die technische, industrielle und ökonomische Expansion beschränken oder steuern sollen. Diese Sicht gipfelt in der These: „Die ökologisch bedingte Investitionslenkung ist partiell längst Wirklichkeit" 13 . Der moderne Staat ist mithin angesichts der Schicksalsaufgabe des Umweltschutzes in zweifacher Hinsicht zu einer schwierigen Gratwanderung gezwungen. Dabei steckt die Problematik in den verwaltungsrechtlichen Details der Gesetzgebung und des Gesetzesvollzuges. Erstens ist es dem Staat verwehrt, in dem grundsätzlichen Zielkonflikt zwischen der auf der Technik und der Industrialisierung aufbauenden Ökonomie und der Ökologie eine einseitige Extremposition zu beziehen. Gewiß ist es seine Aufgabe, durch politische Leitentscheidungen die Prioritäten und Akzente zur einen oder anderen Seite hin zu setzen. Der sozialstaatliche Verfassungsauftrag verträgt jedoch weder auf dem Feld der Ökonomie noch auf dem Feld der Ökologie eine Preisgabe der Lebensgrundlagen. Erkennt man die Technik, die Industrialisierung und ein stabiles volkswirtschaftliches Sozialprodukt aufgrund des entstandenen irreversiblen Abhängigkeitsverhältnisses als existentielle Voraussetzungen eines menschenwürdigen Daseins, so 10

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13

So Forsthoff, Rechtsstaat im Wandel, 1964, S. 203f.; Rehbinder, RabelsZ 40 (1976), S. 364; zum Repräsentationsdefizit im Umweltschutz auch Salzwedel, in: Contra und Pro Verbandsklage, 1976, S. 61; Breuer, NJW 1978, 1559. So Kloepfer, DVB1. 1979, 644; Hoppe, VVDStRL 38 (1980), S. 243 f. Vgl. etwa den Bericht der Enquete-Kommission „Zukünftige Kernenergie-Politik", BT-Drucks. 8/4341, insbes. S. 138ff.; zur forensischen Auseinandersetzung die Nachw. bei Breuer, NJW 1977, 1124ff. und 1979, 1869f. So Kloepfer, DVB1. 1979, 640.

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erweist sich die Vorstellung eines antithetischen Gegensatzes zwischen Ökonomie und Ökologie 14 als unhaltbar. Umweltschutz kostet Geld und kann nur von einer intakten Volkswirtschaft in hinreichendem Maße finanziert werden. Andererseits wirkt der Umweltschutz volkswirtschaftlich nicht nur hemmend, sondern in selektiver Weise auch fördernd auf das Volumen der Investitionen und Arbeitsplätze ein 15 . Schließlich ist die Erhaltung einer intakten Umwelt existentielle Voraussetzung einer intakten Gesellschaft und Volkswirtschaft 16 . Daraus ergibt sich die Forderung, daß die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung durch eine Ergänzungsrechnung über Investitionen für den Umweltschutz zu vervollständigen ist17. Solange diese Investitionen lediglich als Kostenfaktoren berücksichtigt werden und aus ihnen eine Verminderung des Sozialprodukts errechnet wird, verschließt man sich der Erkenntnis, daß Umweltschäden und -belastungen nicht nur die „Lebensqualität", sondern auch konkurrierende oder künftige Möglichkeiten der wirtschaftlichen Produktion vermindern. Investitionen für den Umweltschutz wirken insoweit erhaltend und fördernd. Sie müssen deshalb als Produktivfaktoren in Ansatz gebracht werden, mag deren Quantifizierung auch erhebliche Probleme aufwerfen 18 . Zweitens muß der moderne Staat in besonderem Maße auf die staatspolitischen und gesamtgesellschaftlichen Effekte seiner legislativen und administrativen Aktivitäten im Interesse des Umweltschutzes bedacht sein. Ohnmacht und Allmacht des staatlichen Krisen- und Sicherungsmanagements sind für den demokratischen und sozialen Rechtsstaat gleichermaßen gefährlich. Sowohl die Ohnmachtsvision eines der „technischen Realisation" ausgelieferten Staates 19 als auch die Allmachtsvision einer totalen staatlichen Wirtschaftslenkung ökologischer Provenienz 20 muß ernst genommen werden. Der staatliche Umweltschutz muß beide Extreme vermeiden. c) Mit der Einsicht in die schicksalhafte Bedeutung des staatlichen Umweltschutzes ist eine Aufgabenerweiterung und Akzentverschiebung verbunden, die Eckard Rehbinder 21 treffend gekennzeichnet hat. Den Ausgangspunkt bildet der anthropozentrische Interessenschutz, der in erster Linie dem 14

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Vgl. statt vieler: Rehbinder, RabelsZ 40 (1976), S. 363ff.; Voigt, Umweltschutz zwischen Politik, Ökonomie und Recht, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung „Das Parlament", B 17/80, S. 3 ff. Vgl. hierzu Cansier, Ökonomische Grundprobleme der Umweltpolitik, 1975, S. 38ff., insbes. S. 43ff.; Kunze, Umweltschutz-Investitionen und Wirtschaftswachstum, 1975, S. 16, 20ff. So Jöhr, Bedrohte Umwelt — die Nationalökonomie vor neuen Aufgaben, in: v. Walterskirchen (Hrsg.), Umweltschutz und Wirtschaftswachstum, 1972, S. 72ff.; Kunze, a. a. O., S. 12. So Kunze, a. a. O., S. 13 ff., 34ff. Vgl. Kunze, a. a. 0 . , S. 36ff. Vgl. oben mit Fußn. 9, 10. Vgl. oben mit Fußn. 13. RabelsZ 40 (1976), S. 369 ff.

Umweltschutzrecht

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Leben u n d der Gesundheit des Menschen sowie daneben dem allgemeinen menschlichen Wohlbefinden und wirtschaftlichen, durch Umweltbelastungen betroffenen Interessen zu dienen bestimmt ist. Die modernere Ausprägung des Umweltschutzes präsentiert sich als ressourcenökonomischer und ökologischer Interessenschutz. Er ist auf die Erhaltung u n d Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen, auf den Schutz der Biosphäre, der Ökosysteme und der natürlichen Kreisläufe sowie insgesamt auf den Schutz der Tier- u n d Pflanzenwelt gerichtet. Bereits aus der beschriebenen Aufgabenstellung und ihrem staatsrechtlichen und politischen Anforderungshorizont ergibt sich, daß das Umweltschutzrecht notwendigerweise hochdifferenziertes und kompliziertes Recht ist. Es m u ß als normativer Rahmen für vielfältige u n d schwierige Diagnosen, Prognosen, Risikobewertungen u n d Abwägungen dienen. Deshalb stoßen rechtspolitische Forderungen nach einer Vereinfachung oder „Entfeinerung" des Umweltschutzrechts 2 2 alsbald an unüberwindbare sachliche Grenzen. Das Umweltprogramm der Bundesregierung von 197123 enthält neben einer politischen Analyse und Grundsatzbetrachtung ein Aktionsprogramm f ü r die Sektoren Natur und Landschaft, Abfallbeseitigung, Umweltchemikalien und Biozide, Wasser, Hohe See und Küstengewässer sowie Luft und Lärm. Auf dieser Grundlage hat das Umweltschutzrecht in der Bundesrepublik Deutschland durch eine umfangreiche u n d verzweigte Gesetzgebung seine gegenwärtige Ausprägung und der Gesetzesvollzug eine einheitliche Ausrichtung gefunden. Im Umweltbericht '76 24 hat die Bundesregierung ihr Umweltprogramm von 1971 fortgeschrieben. Der Allgemeine Teil des Umweltberichts '76 stellt die wissenschaftlichen, gesellschaftlichen, rechtlichen und organisatorischen Grundlagen der Umweltpolitik, die internationale u n d zwischenstaatliche Zusammenarbeit in Umweltfragen und den Charakter der Umweltpolitik als Querschnittaufgabe heraus. Im Besonderen Teil des Berichts sind für die Sektoren Wasserwirtschaft, Küstengewässer und Hohe See, Abfallwirtschaft, Luftreinhaltung u n d Lärmbekämpfung, Umweltchemikalien sowie Natur und Landschaft jeweils die spezifische Problemstellung, die durchgeführten M a ß n a h m e n , der Sachstand und das weitere Programm dargelegt. Insgesamt weist der Umweltbericht '76 ebenso wie die Umweltgutachten 1974 u n d 1978 des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen 2 5 beachtliche legislative und administrative Aktivitäten und eine Reihe bemerkenswerter Erfolge aus. Dennoch geht der gemeinsame Tenor des Umweltberichts '76 sowie der erwähnten allgemeinen u n d der speziellen Gutachten des Sachverständigenrates dahin, daß die bedrohliche Umweltkrise keineswegs als gemeistert angesehen werden kann. 22

23 24 25

In diesem Sinne Wagener, W D S t R L 37 (1979), S. 250ff., 254; kritisch hierzu Lange, DVB1. 1979, 536; Hoppe, W D S t R L 38 (1980), S. 248f. BT-Drucks, VI/2710. BT-Drucks. 7/5684. BT-Drucks. 7/2802; 8/1938.

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2. Allgemeine Prinzipien des Umweltschutzes Dem staatlichen Umweltschutz liegt eine Reihe wegweisender Prinzipien zugrunde, die für das Verständnis der einschlägigen Gesetze wesentlich sind. Dabei handelt es sich allerdings um rechtspolitische Prinzipien, die ihrer Natur nach unbestimmt und mehrdeutig sind 26 . Inwieweit und in welcher Ausprägung sie Eingang in das geltende Recht gefunden haben, bedarf konkreter Feststellungen. Überdies liegen die fraglichen Prinzipien auf verschiedenen Ebenen. Sie sind teils maßnahme-, teils subjektbezogen. Maßnahmebezogen sind das Vorsorge- u n d das Bestandsschutzprinzip. Als subjektbezogen können das Verursacher-, das Gemeinlast- und das Kooperationsprinzip bezeichnet werden. Während das Verursacher- u n d das Gemeinlastprinzip den gemeinsamen Bezugspunkt der Lastenverteilung haben, geht es beim Kooperationsprinzip um die Verteilung und Zuordnung der Verantwortlichkeiten für den Umweltschutz. Teilweise stehen die genannten Prinzipien im Gegensatz, zumindest in einem Spannungsverhältnis zueinander. Insoweit kann der Gesetzgeber im Rahmen seiner rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit das eine oder das andere der konkurrierenden Prinzipien bevorzugen. Er kann auch in den verschiedenen Sachbereichen des Umweltschutzes je nach den faktischen Gegebenheiten und der politischen Opportunität unterschiedlichen Prinzipien folgen. Alle diese Umstände lassen im Umgang mit dem geltenden Recht bei der Berufung auf allgemeine Prinzipien des Umweltschutzes Vorsicht angezeigt erscheinen. a) Vorsorgeprinzip: Der Umweltbericht '76 der Bundesregierung 2 7 umschreibt das Vorsorgeprinzip mit den programmatischen Worten, daß Umweltpolitik sich nicht in der Abwehr drohender Gefahren und der Beseitigung eingetretener Schäden erschöpfe. Vorsorgende Umweltpolitik verlange darüber hinaus, daß die Naturgrundlagen geschützt und schonend in Anspruch genommen würden. Daran knüpft der Bericht die Feststellung, daß mit der Befolgung des Vorsorgeprinzips ständig wachsende Ansprüche an „die administrativ-planerischen Bereiche der Umweltpolitik" gestellt würden. Durch vorausschauende und gestaltende planerische M a ß n a h m e n müsse erreicht werden, daß alle gesellschaftlichen und staatlichen Kräfte sich umweltschonend verhielten u n d bei ihren Entscheidungen mögliche Umweltauswirkungen berücksichtigten. Nicht zu Unrecht ist bemerkt worden, das Vorsorgeprinzip sei noch „inhaltlich und instrumenteil unbestimmt" sowie begrifflich klärungs- und präzisierungsbedürftig 2 8 . G r o b unterteilt, umfaßt es zwei Systemvarianten. 26

27 28

Vgl. die Auflistung des Vorsorgeprinzips, des Verursacherprinzips und des Kooperationsprinzips im Umweltbericht '76 der Bundesregierung, BT-Drucks. 7/5684, S. 8f.; zur Unbestimmtheit und zu Kollisionslagen solcher Prinzipien etwa Kloepfer, Systematisierung des Umweltrechts, 1978, S. 103 ff. BT-Drucks. 7/5684, S. 8. So der Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, BT-Drucks. 8/1938, Tz. 1936.

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Zum einen ist die Umweltplanung eine Ausdrucks- und Handlungsform des Vorsorgeprinzips 29 . Der Zusammenhang ergibt sich aus der Aufgabenstellung des ressourcenökonomisch und ökologisch orientierten Umweltschutzes, der sachlich auf Bewirtschaftung, Pflege und gezielte Verteilung der knappen Ressourcen und zeitlich auf die Zukunft gerichtet ist. Damit ist er dem Wesen nach Vorsorge und auf die Grundlage der Planung angewiesen. Den allgemeinen Merkmalen der Planung entsprechend, zeichnet sich die planerische Systemvariante des Vorsorgeprinzips dadurch aus, daß sie kein generell-abstraktes Gleichmaß, sondern in „zweckrationaler dezisionistischer Folgerichtigkeit" 30 eine konkrete Selektion und Differenzierung verwirklicht. Es geht hierbei um eine restriktive, koordinierte und zukunftgerichtete Umweltpolitik nach finalen Maßstäben und Prioritäten. Im Rahmen der gesetzlichen Finalprogramme und der Zweckrationalität kann sich die Selektion und Differenzierung insbesondere auf bestimmte Räume, bestimmte Ressourcen, Qualitäten und Belange der Umwelt, bestimmte Anlagen und Stoffe sowie bestimmte Energieträger beziehen. Zum anderen kann das Prinzip der gefahrenunabhängigen Vorsorge auch nach dem generell-abstrakten Gleichmaß des klassischen Gesetzes 31 betrieben werden. So kann das Gesetz bestimmen, daß zur Vorsorge gegen bestimmte Umweltbelastungen die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen im Rahmen der rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeit allgemein, insbesondere in stark wie in schwach belasteten Gebieten gleichmäßig geboten sind. Der Schutz kritisch belasteter Problemgebiete und bisher unbeeinträchtigter Erholungs-, Reserve- und Schongebiete wird zwar von unterschiedlichen Interessen und Zielen getragen. Um weltpolitisch ist er jedoch gleichermaßen vertretbar. Ein derartiges Postulat des gefahrenunabhängigen, gleichmäßigen und generell-abstrakt gebotenen Umweltschutzes kann im Vorsorgegrundsatz des § 5 Nr. 2 BImSchG erblickt werden. Ob diese Auslegung des für die immissionsschutzrechtliche Anlagengenehmigung höchst bedeutsamen § 5 Nr. 2 BImSchG zutrifft, ist allerdings streitig 32 . Eine Antwort hierauf kann nur aus dem spezialgesetzlichen Zusammenhang heraus gegeben werden. An dieser Stelle ist jedoch festzuhalten, daß es neben der planerischen auch eine klassisch-gesetzliche Systemvariante des Vorsorgeprinzips gibt. In beiden Systemvarianten erstreckt sich das zukunftgerichtete Vorsorgeprinzip auf den Schutz künftiger Generationen oder — noch allgemeiner gesprochen — der Nachwelt. Durch diese zeitliche Dimension erhält der staatliche Umweltschutz einen besonderen Stellenwert 33 . Vorschnelle Schlüsse dür29 30 31

32 33

Vgl. Hoppe, VVDStRL 38 (1980), S. 228 ff. So die Charakterisierung des Raumplans bei Imboden, VVDStRL 18 (1960), S. 124. Grundlegend hierzu Forsthoff, Über Maßnahme-Gesetze, in: Gedächtnisschrift für Walter Jellinek, 1955, S. 221 ff.; ferner etwa Zeidler, Maßnahmegesetz und „klassisches" Gesetz, 1961. Hierzu unten V 2 b, bb. Vgl. Kloepfer, DVB1. 1979, 642; mit kritischer Tendenz auch Hofmann, Langzeitri-

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fen hieraus jedoch weder auf verfassungsrechtlicher noch auf einfachgesetzlicher Ebene gezogen werden. Da die Abhängigkeit von der Technik und der industriellen Produktion irreversibel ist und die technische u n d industrielle Weiterentwicklung sowie die volkswirtschaftliche Produktivität zur elementaren Voraussetzung für die zivilisatorische Bestandserhaltung, die soziale Befriedung und das Überleben der Menschheit geworden sind 34 , kann auch der Verzicht auf umweltrelevante Techniken und Produktionen die Nachwelt gefährden. Die zeitliche Dimension des vorsorgenden Umweltschutzes ist sachlich ambivalent, soweit die staatlichen Entscheidungen einseitige Extrempositionen und Gefährdungen vermeiden. b) Bestandsschutzprinzip: Bisher hat das Bestandsschutzprinzip nicht die gebührende Beachtung gefunden. Es hat jedoch neben dem Vorsorgeprinzip durchaus einen eigenen Gehalt. Dabei geht es nicht etwa um den eigentumsrechtlichen Bestandsschutz, der gesetzlichen oder administrativen Maßnahmen des Umweltschutzes entgegengehalten werden kann 3 5 , sondern um den Schutz des vorgefundenen Umweltbestandes. Das so verstandene Bestandsschutzprinzip entbehrt einerseits des zukunftgerichteten, gestalterischen Elements, das dem Vorsorgeprinzip innewohnt. Anders als dieses bietet es auch keine H a n d h a b e zur Verbesserung der vorgefundenen Situation durch verschärfte Restriktionen. Andererseits ist es strikter als das Vorsorgeprinzip, das im Rahmen der pfleglichen Bewirtschaftung und Ressourcenverteilung immerhin das Hinzutreten zusätzlicher Umweltbelastungen zuläßt — ein Phänomen, das sich insbesondere an der immissionsschutzrechtlichen Anlagengenehmigung und dem Vorsorgegrundsatz des § 5 Nr. 2 BImSchG aufzeigen läßt 36 . Demgegenüber fordert das Bestandsschutzprinzip, daß der vorgef u n d e n e Umweltbestand erhalten bleibt und quantitative oder qualitative Verschlechterungen verhindert werden 3 7 . Einen positiv-rechtlichen Niederschlag hat das Bestandsschutzprinzip in § 8 BNatSchG gefunden. Nach Maßgabe dieser bundesrahmenrechtlichen Regelung sind vermeidbare „Eingriffe in Natur und Landschaft" zu unterlassen, unvermeidbare Eingriffe auszugleichen und unvermeidbare, nicht im erforderlichen Maße ausgleichbare Eingriffe zu untersagen, wenn „die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft im Range vorgehen" 3 8 . In ähnlicher Weise war der in der 8. Legislaturperiode des Bundestages gescheiterte Regie-

34 35 36 37

38

siko und Verfassung, in: Scheidewege 10 (1980), 468ff.; eingehend ferner Degenhart, Kernenergierecht, 1981, S. 161 ff. Vgl. oben I 1 a. Vgl. unten I 5 a. Vgl. unten V 2. Vgl. Rehbinder, RabelsZ 40 (1976), S. 373 f. („Status-quo-Erhaltung"); Kloepfer, a. a. O. (Fußn. 26), S. 106 („Mindest-Status-quo-Erhaltung"). Vgl. unten IV 3.

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rungsentwurf einer Zweiten Novelle zum Bundes-Immissionsschutzgesetz 3 9 am Bestandsschutzprinzip orientiert. Dieser Entwurf sah ein ausdrückliches Verschlechterungsverbot vor. Hiernach sollte außerhalb der förmlich festgelegten Belastungsgebiete (§ 44 Abs. 2 BImSchG) ohne Rücksicht auf die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte der TA Luft eine Anlage genehmigungsunfähig sein, wenn infolge ihrer Immissionen „der vorhandene Bestand von Tieren, Pflanzen oder anderen Sachen wesentlich beeinträchtigt wird". Damit wäre im Hinblick auf die besondere Empfindlichkeit vor allem bestimmter Tiere u n d Pflanzen ein rigider Bestandsschutz gewährleistet worden, der allerdings bereits in dem Entwurf nicht konsequent durchgehalten werden konnte 4 0 . c) Verursacherprinzip: Das Verursacherprinzip wird weithin als bloßes Kostenzurechnungsprinzip verstanden 4 1 . Hierzu hat sich auch die Bundesregierung 42 bekannt, die zugleich auf den umweltpolitischen Effekt des Kostenhebels hingewiesen hat: „Eine volkswirtschaftlich sinnvolle und schonende Nutzung der Naturgüter wird am ehesten erreicht, wenn die Kosten zur Vermeidung, zur Beseitigung oder zum Ausgleich von Umweltbelastungen dem Verursacher zugerechnet werden". Die Kostenbelastung k a n n jedoch unter rechtlichen und rechtspolitischen Gesichtspunkten nicht isoliert, sondern nur im Zusammenhang mit der materiellen Verantwortlichkeit für die Vermeidung, Verminderung und Beseitigung von Umweltbelastungen gewürdigt werden. Nach der zutreffenden Erkenntnis von Eckard Rehbinder 4 3 „handelt es sich bei direkter Verhaltensregulierung oder anreizausübenden Abgaben nur um alternative durch das Verursacherprinzip gedeckte Mittel zur Durchsetzung umweltpolitischer Vermeidungsziele". Durch die verwaltungsrechtliche Regelung der Pflichten zur Vermeidung, Verminderung u n d Beseitigung von Umweltbelastungen sollte bereits die materielle Verantwortlichkeit an einem richtungweisenden Zurechnungskonzept orientiert werden. Auch hierfür bietet sich das Verursacherprinzip an. Es wird nur d a n n in umweltpolitisch konsequenter Weise verwirklicht, wenn es sowohl der verwaltungsrechtlichen Regelung der materiellen Verantwortlichkeit als auch der Regelung der Kostenbelastung zugrunde gelegt wird. Damit wird es als übergreifendes Zurechnungsprinzip für die materielle Verantwortlichkeit und die Kostenbelastung begriffen 4 4 . 39

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BT-Drucks. 8/2751; vgl. zum Scheitern den Bericht des Abg. Konrad, in: Verh. des Dt. Bundestages, Plenarprot. 8/124, S. 17153 ff. Vgl. den durchweg kritischen Tenor der Stellungnahmen in der öffentlichen Sachverständigenanhörung am 21. 1. 1980, in: Dt. Bundestag, 8. Wahlper., Innenausschuß, 724-2450, Prot. Nr. 89; ferner Dreißigacker, Scharpf, Breuer und Salzwedel, in: Informationen zur Raumentwicklung 1980, 475ff. So z. B. v. Lersner, Umwelt 1/1972, 10 (11). BT-Drucks. 7/5684, S. 8. Politische und rechtliche Probleme des Verursacherprinzips, 1973, S. 36. So auch Rupp, JZ 1971, 401; Schäfer, Umwelt 2/1972, 3 (4); Salzwedel, Studien zur

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Auch wenn man das Verursacherprinzip in diesem Sinne als übergreifendes Zurechnungsprinzip versteht, bleibt sein Gehalt mehrdeutig. Bei genauerer Betrachtung lassen sich drei verschiedene Bedeutungen gegenüberstellen 45 . aa) Die erste Systemvariante des Verursacherprinzips baut auf verwaltungsrechtlichen Regelungen auf, wonach der Verursacher von Umweltbelastungen verpflichtet ist, diese auf ein rechtlich vorgeschriebenes Ausmaß zu begrenzen. Die umweltpolitische Zielsetzung solcher Regelungen besteht typischerweise darin, möglichst Vermeidungspflichten, hilfsweise Verminderungspflichten und erst in letzter Linie Beseitigungspflichten zu begründen. Die Kostenbelastung folgt nach dieser Systemvariante dem Grunde wie dem Umfang nach der materiellen Verantwortlichkeit. Jedenfalls hat der Verursacher die effektiv aufgewendeten Vermeidungs-, Verminderungs- und Beseitigungskosten (Ist-Kosten) zu tragen. Konsequenterweise sollten ihm darüber hinaus auch die Kosten auferlegt werden, die er zur pflichtgemäßen Vermeidung, Verminderung und Beseitigung der von ihm verursachten Umweltbelastungen hätte aufwenden müssen (Soll-Kosten). bb) Die zweite Systemvariante des Verursacherprinzips umfaßt sämtliche Maximen der erstgenannten Variante, geht jedoch einen wesentlichen Schritt weiter. Unberührt bleibt hiervon allerdings die verwaltungsrechtliche Regelung der Vermeidungs-, Verminderungs- und Beseitigungspflichten des Verursachers. Die entscheidende Erweiterung liegt im Bereich der Kostenbelastung, die zwar noch dem Grunde nach der materiellen Verantwortlichkeit folgt, dem Umfang nach jedoch darüber hinausgeht. Der Verursacher hat hiernach nicht nur die Vermeidungs-, Verminderungs- und Beseitigungskosten zu tragen, sondern zusätzlich alle verbleibenden, von der verwaltungsrechtlichen Regelung der Verhaltenspflichten akzeptierten Umweltbelastungen finanziell auszugleichen. cc) Die dritte Systemvariante des Verursacherprinzips koppelt die Kostenbelastung letztlich ganz von den Maximen des Aufwands und Ausgleichs ab. Der Verursacher hat hiernach über die Vermeidungs-, Verminderungs- und Beseitigungskosten hinaus für die verbleibenden, von der verwaltungsrechtlichen Regelung der Verhaltenspflichten akzeptierten Umweltbelastungen ein Entgelt zu entrichten. Das Entgelt soll der Knappheit des in Anspruch genommenen Umweltgutes entsprechen und so hoch bemessen sein, daß für die Verursacher ein genügender wirtschaftlicher Anreiz besteht, die Umweltbelastungen auf ein politisch erwünschtes Ausmaß zu beschränken. Die erste Systemvariante des Verursacherprinzips läßt sich grundsätzlich mit traditionellen verwaltungsrechtlichen Pflichten- und Eingriffsregelungen

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Erhebung von Abwassergebühren, 1972, S. 52f.; Rehbinder, a. a. O., S. 34ff.; Poppe, Verursacherprinzip und Umweltschutz, Diss. Marburg 1975. Vgl. Bullinger, a. a. O. (Fußn. 6), S. 69ff.; zu unterschiedlichen Bedeutungsinhalten des Verursacherprinzips auch: Schottelius, in: Fg. f. Hermann Weitnauer, 1980, S. 397 ff.

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verwirklichen. Die modifizierende Auferlegung der Soll-Kosten kann individuell bei pflichtwidrigem Unterlassen über den klassischen Verwaltungszwang, insbesondere im Rahmen der Ersatzvornahme 4 6 , erfolgen, aber auch im Wege einer generellen Pflichtenablösung durch öffentliche Abgaben verallgemeinert werden 47 . Als Weg für die zusätzliche Kostenbelastung entsprechend der zweiten oder dritten Systemvariante des Verursacherprinzips bietet sich ebenfalls die Erhebung öffentlicher Abgaben an, die im Sinne der einen oder der anderen Variante ausgestaltet sein können 4 8 . Aus alledem folgt, daß die undifferenzierte Berufung auf das Verursacherprinzip wenig aussagekräftig ist. Stets bleibt zu prüfen, welche Systemvariante dieses Prinzips in konkreten umweltschutzrechtlichen Regelungen gewollt oder verwirklicht ist. Gerade auch die öffentlichen Abgaben des Umweltschutzrechts können ganz verschiedene Funktionen erfüllen u n d in jeder der drei Systemvarianten verankert sein. d) Gemeinlastprinzip: Soweit das Umweltschutzrecht nicht dem Verursacherprinzip folgt u n d die Kosten für die Vermeidung, Verminderung und Beseitigung von Umweltbelastungen oder -Schäden der öffentlichen Hand zur Last fallen, wird vom Gemeinlastprinzip gesprochen 4 9 . Einigkeit besteht darüber, daß dem Verursacherprinzip — in welcher Systemvariante auch immer — der Vorrang vor dem Gemeinlastprinzip gebührt. Ebenso wird jedoch allgemein anerkannt, daß aus faktischer Notwendigkeit oder politischer Opportunität Ausnahmen zugunsten des Gemeinlastprinzips angezeigt sind 50 . Dies ist auch aus der Sicht der Bundesregierung im Umweltbericht '76 S1 der Fall, wenn der Verursacher nicht festgestellt ist oder akute Notstände beseitigt werden müssen und dies mit Instrumenten gegenüber dem Verursacher nicht rasch genug erreicht werden kann. Als Mittel für solche Ausnahmen nennt der Bericht die zeitliche Streckung der Anwendung des Verursacherprinzips, z. B. durch schrittweise Annäherung an Umweltqualitätsnormen oder durch die Einräumung von Anpassungsfristen, sowie Finanzierungsanreize für umweltfreundliche Investitionen durch Bürgschaften, Darlehen, Finanzhilfen oder Steuerbegünstigungen. Darüber hinaus muß ausnahmsweise auf das Gemeinlastprinzip zurückgegriffen werden, wenn das Verursacherprinzip aufgrund von Zurechnungsproblemen, vor allem bei einer Vielzahl von Verursachern und spezifischen Summierungseffekten, oder aufgrund von

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Allgemein hierzu statt vieler: Erichsen/Martens, in: dies. (Hrsg.), Allg. VerwR, 5. Aufl. 1981, § 2 0 II 1. Vgl. unten III 3 c (Beiträge zur Altölbeseitigung). Vgl. unten III 3 a und b zu Umweltabgaben des geltenden Rechts. So z. B. Kloepfer, a. a. O. (Fußn. 26), S. 108; ders., DVB1. 1979, 643; auch Rehbinder, RabelsZ 40 (1976), S. 3 82 f. Vgl. die Nachw. in Fußn. 49. BT-Drucks. 7/5684, S. 8f.

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Quantifizierungsproblemen nicht praktikabel ist und auch durch Pauschalierungen nicht in sinnvoller Weise durchgehalten werden kann 52 . ej Kooperationsprinzip: Obwohl der Umweltschutz zu einer Schicksalsaufgabe des modernen Staates geworden ist, bildet er keine alleinige Domäne des Staates. Vielmehr bedarf der Umweltschutz in besonderem Maße der Kooperation des Staates mit den gesellschaftlichen Kräften, insbesondere der Wirtschaft. Zum einen findet sich der erforderliche technische Sachverstand primär im gesellschaftlich-wirtschaftlichen Bereich. Zum anderen fehlt zumindest dem nicht-totalitären Staat das Durchsetzungsvermögen für einen umfassenden Oktroi in allen umweltrelevanten Lebensbereichen. Auf diesen Einsichten beruht das Kooperationsprinzip. Es dient dem Ziel, aus der Mitwirkung der Betroffenen am umweltpolitischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozeß „ein ausgewogenes Verhältnis zwischen individuellen Freiheiten und gesellschaftlichen Bedürfnissen" herzustellen, ohne den Grundsatz der staatlichen Verantwortlichkeit in Frage zu stellen 53 . Daß dem so verstandenen Kooperationsprinzip durchaus praktische Relevanz zukommt, ergibt sich aus der Existenz und Wirkungsweise spezifischer Kooperationsinstrumente im Verhältnis zwischen Staat und Wirtschaft 54 . So unterschiedlich die entstehungsgeschichtliche und rechtsdogmatische Verwurzelung dieser Instrumente ist, so instruktiv ist ihr gemeinsamer, im Interesse des Umweltschutzes wie auch der technischen Sicherheit liegender Sinn. 3. Der Gesetzesvorbehalt und die Bestimmtheit des Gesetzes auf dem Gebiet des Umweltschutzes Der Umweltschutz stellt wegen seiner Komplexität, seiner schwierigen Grundsatz- und Einzelprobleme sowie seiner Abhängigkeit vom dynamischen Fortschritt der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse und der technischen und industriellen Entwicklung erhebliche Anforderungen an die staatliche Rechtsetzung. Vor allem der parlamentarische Gesetzgeber droht hierdurch überfordert zu werden S5 . Dennoch ist er verfassungsrechtlich gehalten, den Umweltschutz mindestens im Umfang des allgemeinen Gesetzesvorbehalts zu regeln. Nach der hierzu in neuerer Zeit entwickelten „Wesentlichkeitstheorie" ist der Gesetzgeber verpflichtet, in grundlegenden normativen Bereichen, zumal im Bereich der Grundrechtsausübung, alle wesentlichen, der staatlichen Regelung zugänglichen Entscheidungen selbst zu treffen 56 .

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Vgl. Bullinger, a. a. O. (Fußn. 6), S. 81, 84ff.; Kloepfer, D Ö V 1975, 593f. BT-Drucks. 7/5684, S. 9. Näheres hierzu unten III 6. Vgl. hierzu Breuer, AÖR 101 (1971), S. 49ff. So BVerfGE 33, 1; 33, 125 (159f.); 33, 303 (337, 346); 34, 165 (192); 40, 237 (248f.); 41, 251 (259); ständige Rspr.; vgl. etwa auch Kisker, NJW 1977, 1317ff.

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Auf dieser Grundlage hat das BVerfG im Kalkar-Beschluß57 einerseits klargestellt, daß aus dem Grundsatz der parlamentarischen Demokratie kein allgemeiner Parlamentsvorrang im Sinne eines alle konkreten Kompetenzzuordnungen überspielenden Auslegungsgrundsatzes hergeleitet werden kann. Andererseits hat das BVerfG für den Teilbereich des Atomrechts ausgesprochen, daß die normative Grundsatzentscheidung für oder gegen die rechtliche Zulässigkeit der friedlichen Nutzung der Kernenergie unter der Geltung des Grundgesetzes „wegen ihrer weitreichenden Auswirkungen auf die Bürger, insbesondere auf ihren Freiheits- und Gleichheitsbereich, auf die allgemeinen Lebensverhältnisse und wegen der notwendigerweise damit verbundenen Art und Intensität der Regelung eine grundlegende und wesentliche Entscheidung im Sinne des Vorbehalts des Gesetzes" sei. Sie zu treffen sei allein der Gesetzgeber berufen. Zugleich hat das BVerfG in wegweisenden Ausführungen aus dem Gesetzesvorbehalt hergeleitet, daß der Gesetzgeber verpflichtet sein könne „nachzufassen". Habe er nämlich eine Entscheidung getroffen, deren Grundlage durch neue, im Zeitpunkt des Gesetzeserlasses noch nicht absehbare Entwicklungen entscheidend in Frage gestellt werde, so könne er von Verfassungs wegen gehalten sein zu überprüfen, ob die ursprüngliche Entscheidung auch unter den veränderten Umständen aufrechtzuerhalten sei58. In engem Zusammenhang mit dem Gesetzesvorbehalt steht das verfassungsrechtliche Erfordernis der Bestimmtheit des Gesetzes. Hiermit ist es nach der Auffassung des BVerfG59 vereinbar, wenn der Gesetzgeber die Erteilung der atomrechtlichen Anlagengenehmigung davon abhängig macht, daß „die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage getroffen ist" (§ 7 Abs. 2 Nr. 3 AtomG). Das Gericht hat sich damit zur notwendigen Flexibilität gesetzlicher Normen auf dem Gebiet des Umweltschutzes und der technischen Sicherheit bekannt. Es läßt genügen, daß der Gesetzgeber grundsätzlich jede Art von anlagen- und betriebsspezifischen Schäden, Gefahren und Risiken in Bedacht genommen wissen will und daß die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Schadensereignisses, die bei der Genehmigung hingenommen werden darf, so gering wie möglich sein muß. Insbesondere hat das Gericht als entscheidend angesehen, daß das Gesetz mit der Anknüpfung an den jeweiligen Stand von Wissenschaft und Technik die Exekutive normativ auf den Grundsatz der bestmöglichen Gefahrenabwehr und Risiko Vorsorge festlegt60. Nach der ausdrücklichen Feststellung des BVerfG61 war der Gesetzgeber nicht gehalten, die möglichen Risikoarten, Risikofaktoren, die Verfahren zu ihrer Ermittlung oder feste Toleranzwerte zu bestimmen. Im Hinblick 57 58 59 60 61

BVerfGE 49, BVerfGE 49, BVerfGE 49, BVerfGE 49, BVerfGE 49,

89 (124ff.). 130ff. 133 ff. 138f. 139.

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auf den dynamischen Fortschritt naturwissenschaftlicher Erkenntnisse, technischer Entwicklungen und hierauf gestützter Risikobeurteilungen resümiert das Gericht: Das hierbei unentrinnbar verbleibende Maß an Unbestimmtheit sei in der Natur des menschlichen Erfahrungswissens begründet. Wenn das Gesetz bei dieser Sachlage der Exekutive einen eigenen Beurteilungsbereich belasse, verstoße das nicht gegen das Bestimmtheitserfordernis der Verfassung 62 . Diese Grundsätze sind auf breite Zustimmung gestoßen 63 und im MülheimKärlich-Beschluß des BVerfG 64 bestätigt worden. In ihrem Kerngehalt sind sie für das gesamte Recht des Umweltschutzes und der Technik gültig. Unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit des Gesetzes muß z. B. auch beurteilt werden, ob der Gesetzgeber verpflichtet ist, im Bereich des Immissionsschutzes allgemein oder speziell für den höchstzulässigen Verkehrslärm bezifferte Immissionsgrenzwerte zu normieren. Da das Gesetz sich mit unbestimmten Rechtsbegriffen begnügt, dabei auf den wandelbaren Stand der Technik verweist und im übrigen eine schwierige Beurteilung der Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit erfordert, hat das BVerwG 65 an den Gesetzgeber appelliert, die politische Entscheidung über den höchstzulässigen Verkehrslärm durch die Normierung bestimmter Immissionsgrenzwerte selbst zu treffen. Der Versuch, diesem Appell mit dem Erlaß eines Verkehrslärmschutzgesetzes nachzukommen, ist in der 8. Legislaturperiode des Bundestages gescheitert 66 . Infolgedessen ist gerade der Verkehrslärmschutz mit einer erheblichen Rechtsunsicherheit belastet geblieben. Rechtspolitisch ist dies zu bedauern 67 . Verfassungsrechtlich ist jedoch das Fehlen bezifferter Immissionsgrenzwerte im Einklang mit der Rechtsprechung des BVerfG nicht zu beanstanden. 4. Positive grundrechtliche Schutzpflichten des Staates Es ist heute allgemein anerkannt, daß die Grundrechte nicht nur subjektive Abwehrrechte des einzelnen gegen die öffentliche Gewalt, sondern zugleich objektive verfassungsrechtliche Wertentscheidungen enthalten und Schutzpflichten begründen 68 . Diese können eine bestimmte freiheitssichernde Gestaltung und Anwendung gesetzlicher Normen gebieten. Auf dem Gebiet des Umweltschutzes können solche Schutzpflichten aus dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) und aus der Eigen62 63

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BVerfGE 49, 140. Vgl. etwa Fiedler, JZ 1979, 184ff.; Erichsen, VerwArch. 70 (1979), S. 249ff.; Breuer, NJW 1979, 1865f.; Ossenbühl, DÖV 1981, 1 f. BVerfGE 53, 30 (55ff.). BVerwGE 51, 15 (34 f.). Vgl. BT-Drucks. 8/1671, 3730 und 4360. Vgl. etwa Korbmacher, DÖV 1976, 5; Breuer, NJW 1977, 1033. Vgl. statt vieler: Ossenbühl, NJW 1976, 2100ff. m. w. N.; speziell: Roßnagel, Grundrechte und Kernkraftwerke, 1979.

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tumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG), nicht aber aus der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) erwachsen 69 . a) In materieller Hinsicht geht es darum, inwieweit im Lichte der Grundrechte Umweltgefahren oder -belastungen vom Staat verhindert oder vom Bürger hingenommen werden müssen. Hierzu hat das BVerfG im Kalkar-Beschluß 70 grundlegende und allgemeingültige Aussagen gemacht. Das Gericht geht davon aus, daß die „in die Zukunft hin offene Fassung" des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtomG einem dynamischen Grundrechtsschutz diene; sie helfe, den gesetzlichen Schutzzweck jeweils bestmöglich zu verwirklichen. Andererseits folgt das Gericht der Einsicht, daß das Atomgesetz — wie auch das sonstige Recht des Umweltschutzes und der technischen Sicherheit — zwar keinen Schaden, wohl aber ein Restrisiko in Kauf nimmt. Darin erblickt das BVerfG jedoch keine Grundrechtsverletzung: Vom Gesetzgeber im Hinblick auf seine Schutzpflicht eine Regelung zu fordern, die mit absoluter Sicherheit Grundrechtsgefährdungen ausschließe, die aus der Zulassung technischer Anlagen und ihrem Betrieb möglicherweise entstehen könnten, „hieße die Grenzen menschlichen Erkenntnisvermögens verkennen und würde weithin jede staatliche Zulassung der Nutzung von Technik verbannen" 71 . Für die Gestaltung der Sozialordnung müsse es insoweit bei „Abschätzungen anhand praktischer Vernunft" bewenden. Was die Schäden an Leben, Gesundheit und Sachgütern betreffe, so habe der Gesetzgeber durch die atomrechtlichen Grundsätze der bestmöglichen Gefahrenabwehr und Risikovorsorge einen Maßstab aufgerichtet, der Genehmigungen nur dann zulasse, wenn es nach dem Stand von Wissenschaft und Technik praktisch ausgeschlossen erscheine, daß solche Schadensereignisse einträten. Ungewißheiten jenseits dieser Schwelle praktischer Vernunft hätten ihre Ursache in den Grenzen des menschlichen Erkenntnisvermögens. Sie seien unentrinnbar und insofern als sozialadäquate Lasten von allen Bürgern zu tragen. Diese Grundsätze sind im Mülheim-Kärlich-Beschluß des BVerfG 72 übernommen worden. Sie verdienen in der Sache Zustimmung. Der zugrunde gelegte Standard der praktischen Vernunft bedeutet: Die Schutz- und Vorsorgemaßnahmen müssen zwar um so umfassender, fortschrittlicher und zuverlässiger sein, je größer die drohenden Umweltgefahren oder -belastungen sind. Ein Schadensereignis braucht jedoch nicht mehr in Betracht gezogen zu werden, wenn es aufgrund der Schutz- und Vorsorgemaßnahmen und des Erkenntnisstandes der führenden Naturwissenschaftler und Techniker praktisch nicht vorstellbar ist, daß ein solches Ereignis eintritt 73 . Dieser Standard

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BVerwGE 54, 211 (220 f.). BVerfGE 49, 89 (140 ff.). BVerfGE 49, 143. BVerfGE 53, 30 (55 ff.). Breuer, DVB1. 1978, 836f.

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beschränkt sich — entgegen abweichenden Deutungen 7 4 — nicht auf das Gebot einer über die Gefahrenabwehr hinausgehenden Risikovorsorge. Er bezieht sich vielmehr bereits auf die gebotene Gefahrenabwehr, und zwar auch auf die Abwehr erkannter Gefahren wie z. B. eines Berstunfalls. Eine absolute Sicherheit kann es auch insofern nicht geben. Die vom BVerfG in diesem Zusammenhang erwähnten Grenzen des menschlichen Erkenntnisvermögens spielen nicht etwa nur bei „Risiken mit erkannter Gefahrenqualität" eine Rolle 75 . D a ß auch Schadensereignisse infolge erkannter Gefahren nicht absolut, d. h. natur- oder denkgesetzlich ausgeschlossen werden können, beruht insoweit auf dem beschränkten menschlichen Erkenntnisvermögen, als denkbare Wirkungszusammenhänge, Belastungspfade sowie Abläufe von Störfällen und Unfällen nicht völlig sicher prognostizierbar sind. Absolut unfehlbare Schutz- und Vorsorgemaßnahmen können nicht ersonnen werden, soweit menschliches Handeln mitwirkt. Die existentiell vorgegebenen und niemals überwindbaren Grenzen des menschlichen Erkenntnis- und des Handlungsvermögens wirken somit in unauflöslicher Verstrickung zusammen. Dies m u ß — wie das BVerfG zutreffend erkannt hat — auch bei der materiellen Präzisierung positiver grundrechtlicher Schutzpflichten des Staates berücksichtigt werden. b) In formeller Hinsicht entspricht es ständiger Rechtsprechung, daß Grundrechtsschutz weitgehend auch durch die Gestaltung von Verfahren zu bewirken ist u n d daß die Grundrechte nicht nur das gesamte materielle, sondern auch das Verfahrensrecht beeinflussen, soweit es für einen effektiven Grundrechtsschutz von Bedeutung ist 76 . Das BVerfG hat diese Erkenntnis im Mülheim-Kärlich-Beschluß 7 7 auf die grundrechtliche Schutzpflicht zugunsten des Lebens u n d der körperlichen Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 G G ) sowie auf die Anwendung der Vorschriften über das behördliche und das gerichtliche Verfahren bei der Anlagengenehmigung ausgedehnt — eine Dimension des Grundrechtsschutzes, die alle Zulassungsverfahren umweltrelevanter Großvorhaben erfaßt. Allerdings stellt nicht jeder formell-rechtliche Fehler in einem derartigen Zulassungsverfahren eine Grundrechtsverletzung dar. Eine formell-rechtlich bedingte Grundrechtsverletzung kommt jedoch in Betracht, wenn die Genehmigungsbehörde oder das Gericht solche Verfahrens Vorschriften außer acht läßt, die der Staat in Erfüllung seiner Pflicht zum Schutz der in Art. 2 Abs. 2 oder 14 Abs. 1 G G genannten Rechtsgüter erlassen hat 78 .

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So Bender, NJW 1979, 1427ff.; ders., DÖV 1980, 634ff.; auch Roth-Stielow, DÖV 1979, 167 f. So aber Bender, wie Fußn. 74. BVerfGE 37, 132, (141, 148); 39, 276 (294); 44, 105 (119ff.); 45, 422 (430ff.); 46, 325 (334); 49, 220 (225); 51, 324 (346ff.); 52, 214 (219). BVerfGE 53, 30 (65 f.). BVerfGE 53, 65 f.

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Die verfahrensrechtliche Dimension des Grundrechtsschutzes verdient grundsätzlich Anerkennung 79 . Sie hat gerade für den Umweltschutz bei raumbedeutsamen Großvorhaben eine nicht zu unterschätzende Bedeutung. Dennoch hinterläßt ihre Anerkennung vorerst erhebliche rechtliche Unsicherheiten. Zum einen ist weithin ungeklärt, welche formell-rechtlichen Anforderungen und Fehler grundrechtsrelevant sind — eine Frage, die vor allem im Hinblick auf die Änderungsgenehmigung und die änderungsbedingte Wiederholung der Öffentlichkeitsbeteiligung kontrovers diskutiert wird 80 . Zum anderen stellt sich de lege ferenda die Frage, ob im deutschen Recht — ähnlich wie in ausländischen Rechtsordnungen 81 — eine grundrechtlich fundierte Verschärfung der verfahrensrechtlichen Anforderungen und Kontrollen aus der Sicht des Rechtsschutzes, der grundrechtlichen Schutzpflichten und des Umweltschutzes eine Verringerung der materiell-rechtlichen Kontrolldichte kompensieren könnte. c) Insgesamt betrachtet, gibt es mithin zwar grundrechtliche Schutzpflichten des Staates auf dem Gebiet des Umweltschutzes. Diese Schutzpflichten zielen jedoch nicht auf eine Optimierung, sondern lediglich auf die Wahrung eines unabdingbaren, zur Aufrechterhaltung der individuellen Freiheit erforderlichen Minimalstandards des Umweltschutzes 82 . Ein umfassendes, auf Optimierung gerichtetes „Umweltgrundrecht" oder „Grundrecht auf Umweltschutz" gibt es bundesverfassungsrechtlich nichfi3. Jenseits des bezeichneten Minimalstandards ist der Umweltschutz primär eine rechtspolitische Gestaltungsaufgabe des Gesetzgebers und sekundär eine Gestaltungs- und Vollzugsaufgabe der Exekutive. Überdies erscheint die Positivierung eines „Umweltgrundrechts" im Wege einer Verfassungsänderung nicht ratsam. Ein solches Grundrecht wäre entweder nicht praktikabel oder leerlaufend 84 . 5. Negative grundrechtliche Schranken des Umweltschutzes Der staatliche Umweltschutz erfüllt nicht nur positive grundrechtliche Schutzpflichten. Er begegnet auch negativen grundrechtlichen Schranken. a) Grundlage solcher Schranken ist bei raumbezogenen Maßnahmen des Umweltschutzes vor allem die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG. In79

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Vgl. Redeker, in: Fg. aus Anlaß des 25jährigen Bestehens des BVerwG, 1978, S. 519ff.; ders., NJW 1980, 1593ff.; auch Häberle, W D S t R L 30 (1972), S. 86ff. Vgl. hierzu Ossenbühl, DVB1. 1981, 65 ff. Vgl. insbesondere zum angloamerikanischen Recht die Zusammenstellung der Gesetzgebung bei Bothe, Ausländisches Umweltrecht I (1971), II (1973), III (1974) und IV (1975). Vgl. Breuer, in: Fg. aus Anlaß des 25jährigen Bestehens des BVerwG, 1978, S. 110. BVerwGE 54, 211 (219); ferner statt vieler Kloepfer, Zum Grundrecht auf Umweltschutz, 1978, S. 27 ff. Vgl. Kloepfer, a. a. O. (Fußn. 83), S. 31 ff.; so jetzt auch der Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, BT-Drucks. 8/1938, Tz. 1945.

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wieweit umweltschutzrechtliche Regelungen und Vollzugsakte als entschädigungsfreie Sozialbindung des Eigentums oder als entschädigungspflichtiger Enteignungstatbestand qualifiziert werden müssen, läßt sich vor dem Hintergrund des weiten Enteignungsbegriffs 85 abstrakt schwer beantworten. Die neuere Rechtsprechung operiert — ungeachtet des überlieferten Gegensatzes zwischen Sonderopfer- und Schweretheorie — nahezu einhellig mit der Abgrenzungsformel der „Situationsgebundenheit des Grundeigentums"86. Eine Analyse der Rechtsprechung zeigt jedoch, daß dieser Formel ganz verschiedene Bedeutungen und Tendenzen beigelegt werden. Der BGH hat sie zunächst in dem Sinne gebraucht, daß eine entschädigungsfreie Sozialbindung des Eigentums vorliegt, wenn die bisher zulässige, der faktischen Beschaffenheit und Lage des Grundstücks angemessene Nutzung aufrechterhalten bleibt und lediglich eine anderweitige, auch bisher nicht zulässige, wenn auch bei der faktischen Situation ebenfalls mögliche Nutzung unterbunden wird 87 . Das klassische Beispiel hierfür bildet die mit einem Bauverbot verbundene Grünflächenfestsetzung für ein landwirtschaftlich oder gärtnerisch genutztes Grundstück 88 . Später hat der BGH der Situationsgebundenheit des Grundeigentums die zusätzliche und andersartige Bedeutung unterschoben, daß eine entschädigungsfreie Sozialbindung des Eigentums auch dann vorliegt, wenn eine bisher zulässige Bodennutzung eingeschränkt wird, die nicht mehr den gegenwärtigen Anschauungen und Vorschriften entspricht und deshalb von einem „einsichtigen Eigentümer" nicht fortgeführt oder (wieder) aufgenommen würde 89 . Im gleichen Sinne hat das BVerwG 90 der Festsetzung eines Naturschutzgebietes eine enteignende Wirkung abgesprochen, wenn durch sie die Schaumlavaausbeute eines Berges unterbunden wird, mit der der Berechtigte noch nicht begonnen hatte und deren Vornahme „sich nach der gegebenen Situation nicht aufdrängt". Falls die betroffenen Grundstücke die Voraussetzungen eines rechtlich zulässigen Naturschutzes erfüllen, sieht das Gericht ein Gebot zur Erhaltung des gegebenen Zustandes in aller Regel lediglich als Ausdruck der Situationsgebundenheit und damit zugleich der Sozialgebundenheit an. Eine Ausnahme von dieser Regel hat das BVerwG nicht etwa deswegen anerkannt, weil vor dem Erlaß der fraglichen Naturschutzverordnung eine Befugnis zum Schaumlavaabbau bestanden hatte. Dem Berechtigten könne zwar unter dem Gesichtspunkt des Bestandsschutzes ein sich gegen die Verordnung durchsetzender 85

86

87 88 89 90

Grundlegend: BGHZ 6, 270 (278ff.); vgl. ferner Breuer, Die Bodennutzung im Konflikt zwischen Städtebau und Eigentumsgarantie, 1976, S. 43 ff. m. w. N. Grundlegend: BGHZ 23, 30; 48, 193; BVerwGE 49, 365; vgl. ferner Breuer, a. a. O. (Fußn. 85), S. 134ff.; ders., in: Schrödter, BBauG, 4. Aufl. 1980, § 4 4 Rdnr. 18ff., 36. So etwa BGHZ 23, 30; weitere Nachw. bei Breuer, wie Fußn. 86. BGHZ 23, 30. BGHZ 48, 193 (196 f.). BVerwGE 49, 365.

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Eigentumsschutz dann nicht vorenthalten werden, wenn er in Ausübung seiner Rechte einen bestimmten schutzwürdigen Zustand geschaffen habe. Daran fehle es jedoch, wenn der Abbau über das Stadium der Vorbereitung nicht hinausgelangt und nicht einmal teilweise verwirklicht gewesen sei. Mit gegenteiliger Tendenz hat der BGH 91 die Ansicht vertreten, die §§ 1 a Abs. 3, 2 Abs. 1 und 6 W H G überschritten den Rahmen einer verfassungsrechtlich zulässigen Sozialbindung des Eigentums insoweit, als sie den Inhalt des Grundeigentums im Verhältnis zum Grundwasser regeln und grundsätzlich jede Gewässerbenutzung, auch die sog. Naßauskiesung, an die vorherige Erteilung einer im behördlichen Ermessen stehenden, entschädigungsfrei ablehnbaren Erlaubnis oder Bewilligung binden. Die Situationsgebundenheit des Eigentums rechtfertige nicht die entschädigungsfreie Versagung der Erlaubnis für einen bisher nicht ausgeübten Kiesabbau, wenn dieser angesichts der faktischen Beschaffenheit und Lage des Grundstücks möglich, wenn auch in wasserwirtschaftlicher Hinsicht bedenklich sei. Dabei gebraucht der BGH die Begriffe der Situationsgebundenheit, der „von der Natur der Sache her" gegebenen Möglichkeit der Bodennutzung sowie der „bei vernünftiger und wirtschaftlicher Betrachtungsweise sich objektiv anbietenden Nutzung" als floskelhafte Leerformeln. Bei allgemeiner Betrachtung vermag das verfassungsrechtliche Verdikt des BGH über die wasserwirtschaftsrechtliche Benutzungsordnung auch in der Sache nicht zu überzeugen 92 . Die verschiedenen Arten der Bodennutzung haben eine unterschiedliche faktische Bedeutung für den Eigentümer und für die Umwelt. Sie sind demgemäß einer differenzierten Sozialbindung zugänglich. So lassen sich aufgrund der Eigentums- und Umweltrelevanz aus verwaltungs- und verfassungsrechtlicher Sicht vier abgestufte Typen der Bodennutzung unterscheiden 93 : erstens die einfache Gebrauchs-Nutzung eines einzelnen Grundstücks, z. B. die Errichtung einer schlichten baulichen Anlage; zweitens die Gebrauchs-Nutzung mit gesteigerter Immissionsverursachung, z. B. die Errichtung einer genehmigungsbedürftigen Anlage gemäß den §§4ff. BImSchG; drittens die substanzvernichtende Gebrauchs-Nutzung, z. B. die Rodung und Umwandlung von Wald in eine andere Nutzungsart; und viertens die gesamtwirtschaftlich, gesamträumlich oder umweltgestaltend angelegte Verbrauchs-Nutzung, unter die z. B. der Bergbau sowie eine (sonstige) Abgrabung der Erdoberfläche fallen. Die Gewässer- und insbesondere auch die Grundwasserbenutzungen weisen aufgrund der lebenswichtigen Funktion, der besonderen Empfindlichkeit und der Kohärenz des Wasserhaushalts eine gesamträumliche und umweltgestaltende Dimension auf. Sie sind somit aufgrund ihrer Umweltrelevanz intensiver Lenkung und Kontrolle zugänglich. Wie das BVerwG 94 zutreffend festgestellt hat, muß die wasser91 92 93 94

NJW 1978, 2290 = DVB1. 1979, 58. Vgl. Sendler, ZfW 1979, 65ff.; Breuer, ZfW 1979, 78ff.; jeweils m. w. N. Breuer, ZfW 1979, 90 ff. NJW 1978, 2311 (2312) = DVB1. 1979, 67 (69).

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wirtschaftsrechtliche Benutzungsordnung daher auch im Hinblick auf das Grundwasser als entschädigungsfreie Sozialbindung des Eigentums qualifiziert werden. Sie trifft jeden Eigentümer, dessen Grundstück ein schutzfähiges Grundwasservorkommen umschließt. Die Versagung der Erlaubnis für die Naßauskiesung ist kein „zufälliges" Sonderopfer, sondern verwehrt das Privileg des Zugriffs auf ein überindividuelles Gut. Schließlich führt die Ausgliederung der Grundwasserbenutzung aus dem Eigentum nicht zu einer „totalen" Sozialbindung. Das verbleibende Bündel von Verfügungsrechten sowie von Rechten zu Bodennutzungen, die ohne Grundwasserbenutzung möglich sind, läßt dem Eigentümer hinreichenden Spielraum für eigenständige und privatnützige Dispositionen. b) Geringere Beachtung haben bisher die grundrechtlichen Schranken produktbezogener Kontrollen des Umweltschutzes gefunden. Problematisch erscheint insoweit die ungewollte wettbewerbsverzerrende und vermögensschädigende Wirkung behördlicher Zulassungs- oder Anmeldeverfahren, die sich für den ersten Hersteller wesentlich schwieriger, langwieriger und kostspieliger gestalten können als für spätere, die Ergebnisse des früheren Verfahrens vorfindende Hersteller 95 . Jenseits einer gewissen Opferschwelle verstößt eine derartige Wettbewerbsverzerrung gegen Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 GG. Eine hiermit zusammenhängende Vermögensschädigung kann gegen Art. 14 Abs. 1 G G verstoßen oder Entschädigungsansprüche nach Maßgabe des Art. 14 Abs. 3 G G auslösen, sofern die eigentums- oder enteignungsrechtliche Opferschwelle überschritten ist. Der Gesetzgeber muß das Zulassungs- oder Anmeldeverfahren so ausgestalten, daß solche Nachteile des ersten Herstellers vermieden werden. Hierfür bietet sich vor allem das Instrument eines Verwertungsverbots zu Lasten späterer Hersteller an 96 . Auf grundrechtliche Schranken stößt der produktbezogene Umweltschutz ferner, wenn der Hersteller den zuständigen Behörden geheimhaltungsbedürftige Daten geschäftlicher oder betrieblicher Art mitteilen muß. Einigkeit dürfte darüber bestehen, daß der Hersteller einen grundrechtlichen Geheimhaltungsschutz genießt. Inwieweit dieser Schutz aus der Wettbewerbsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG, aus der Berufs- und Gewerbefreiheit des Art. 12 Abs. 1 G G oder aus der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG herzuleiten ist und konkrete Gebote oder Verbote beinhaltet, bedarf noch weiterer Klärung 97 . Hierzu dürfte vor allem der Vollzug des Chemikaliengesetzes 98 Gelegenheit geben.

95 96 97

98

Vgl. hierzu Bullinger, NJW 1978, 2121 ff., 2173 ff. So Bullinger, NJW 1978, 2124 ff., 2173 ff. Vgl. hierzu Schröder, Geheimhaltungsschutz im Recht der Umweltchemikalien, 1980. Vom 16. 9. 1980 (BGBl. I S. 1718).

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6. Umweltschutz als Staatsziel? Die Frage, ob der Umweltschutz nach geltendem Verfassungsrecht ein Staatsziel ist, führt zu der Kontroverse, ob das Sozialstaatsprinzip einen Wahrnehmungsauftrag zugunsten des Umweltschutzes enthält. Dies ist, wie oben a u s g e f ü h r t " , dem G r u n d e nach zu bejahen, wobei die Regelung bestimmter Maßstäbe und Instrumente prinzipiell eine politische Gestaltungsaufgabe des Gesetzgebers bleibt. Ergänzend ist auf die positiven grundrechtlichen Schutzpflichten des Staates 100 hinzuweisen. Die Bundesregierung strebt neuerdings an, daß in das Grundgesetz ein neuer Art. 20 a mit folgender ausdrücklicher Staatszielbestimmung eingefügt wird: „Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen gehört zu den Aufgaben der staatlichen Ordnung" 1 0 1 . Es muß bezweifelt werden, ob der Umweltschutz hierdurch rechtlich aufgewertet würde. Mehr als der sozialstaatliche Wahrnehmungsauftrag zugunsten des Umweltschutzes und die Grundrechte, die in systemimmanenter Ambivalenz einerseits positive Schutzpflichten und andererseits negative Schranken des staatlichen Umweltschutzes begründen, würde auch eine ausdrückliche Staatszielbestimmung des vorgesehenen Inhalts nicht hergeben 102 . Die H o f f n u n g , daß sie eine allgemeine Impulswirkung auf Gesetzesauslegungen und Abwägungen ausüben könnte, mutet spekulativ und theoretisch an. 7. Gesetzgebungskompetenzen Der Bund hat keine umfassende Gesetzgebungskompetenz für den Umweltschutz. Das Grundgesetz normiert jedoch eine beachtliche Reihe von Bundesgesetzgebungskompetenzen auf wichtigen Teilgebieten des Umweltschutzes. Diese Kompetenzen bilden die Grundlage dafür, daß das geltende Umweltschutzrecht heute überwiegend Bundesrecht ist. Erwähnung verdient in erster Linie die im Jahre 1972 eingefügte 103 konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Abfallbeseitigung, die Luftreinhaltung und die L ä r m b e k ä m p f u n g (Art. 74 Nr. 24 GG). Auf dem Gebiet des Atomrechts hat der Bund seit 1959104 die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für „die Erzeugung und Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken, die Errichtung u n d den Betrieb von Anlagen, die diesen Zwecken dienen, den Schutz gegen Gefahren, die bei Freiwerden von Kernenergie oder durch ionisierende Strahlen entstehen, u n d die Beseitigung ra99 100 101

102 103 104

Oben I 1 b. Oben I 4. Vgl. Hartkopf, in: Dokumentation zur 4. wissenschaftlichen Fachtagung der Gesellschaft für Umweltrecht, 1980, S. 37f.; zuvor empfohlen durch den Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, BT-Drucks. 8/1938, Tz. 1946 f. In diesem Sinne auch Kloepfer, a. a. O. (Fußn. 83), S. 38. G vom 12. 4. 1972 (BGBl. I S. 593). G vom 12. 5. 1959 (BGBl. I S. 813).

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dioaktiver Abfälle" (Art. 74 Nr. 11 a GG). Einschlägig ist auch die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für „den Schutz beim Verkehr mit Lebens- und Genußmitteln, Bedarfsgegenständen, Futtermitteln und land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz" (Art. 74 Nr. 20 GG). Demgegenüber steht dem Bund für den Naturschutz und die Landschaftspflege sowie den Wasserhaushalt lediglich eine Rahmengesetzgebungskompetenz zu (Art. 75 Nr. 3 u n d 4 GG). Versuche, dem Bund auch auf diesen Teilgebieten des Umweltschutzes im Wege der Verfassungsänderung eine Vollkompetenz zu verschaffen, sind am Widerstand des Bundesrates gescheitert 105 . Schließlich darf nicht übersehen werden, daß einige weitgespannte Bundesgesetzgebungskompetenzen die Mitregelung konkurrierender oder konvergierender Belange des Umweltschutzes umschließen. Dies gilt etwa für die Kompetenzen auf den Gebieten des Rechts der Wirtschaft (Art. 74 Nr. 11 GG), der Bauleitplanung (Art. 74 Nr. 18 GG), der R a u m o r d n u n g (Art. 75 Nr. 4 G G ) sowie des Straßen- und Schienenwegebaues (Art. 74 Nr. 22 und 23 GG). Im allgemeinen dürfte auf den genannten Gebieten auch ein Bedürfnis für die Ausübung der Bundesgesetzgebungskompetenz gemäß Art. 72 Abs. 3 G G bestehen. Andererseits beruht die bisherige Ablehnung einer Vollkompetenz des Bundes für den Naturschutz und die Landschaftspflege sowie den Wasserhaushalt nicht zuletzt auf der Einsicht, daß insoweit die Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes ausreichend oder zumindest das Bedürfnis für eine Vollregelung des Bundes nicht hinreichend dargetan erschien 106 . 8. Verwaltungskompetenzen Für die Verwaltung auf dem Gebiet des Umweltschutzes ist im allgemeinen die Exekutive der Länder zuständig. Dies ergibt sich zwingend aus Art. 30 G G , soweit Landes-Umweltschutzrecht zu vollziehen ist; ein Bundesvollzug von Landesrecht ist dem Grundgesetz fremd 1 0 7 . Dem obligatorischen Landesvollzug unterliegen hiernach auch diejenigen Normenwerke, die sich aus einem Rahmengesetz des Bundes und einem Ausfüllungsgesetz des jeweiligen Landes zusammensetzen 1 0 8 — eine Konstellation, die auf den Sektoren des Naturschutzes und der Landschaftspflege (Art. 75 Nr. 3 G G ) sowie des Wasserhaushalts (Art. 75 Nr. 4 G G ) anzutreffen ist. Soweit das Umweltschutzrecht eine bundesgesetzliche Regelung gefunden hat, ist sein Vollzug nach dem Grundsatz des Art. 83 G G unter den Modalitäten des Art. 84 G G eine eigene Angelegenheit der Länder. Dieser Vollzugsart unterliegen insbesonde105 106

107 108

BT-Drucks. V/3515; VI/1298; 7/885 und 887. Insoweit zutreffend die Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks. 7/885, S. 9 und BT-Drucks. 7/887, S. 8. BVerfGE 12,205(229). Vgl. Breuer, Die hoheitliche raumgestaltende Planung, 1968, S. 97f.

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re die bundesgesetzlichen Regelungen der Abfallbeseitigung, der Luftreinhaltung und der Lärmbekämpfung (Art. 74 Nr. 24 GG) sowie des Pflanzen- und Tierschutzes (Art. 74 Nr. 20 GG). Ausnahmen vom Grundsatz des (eigenverantwortlichen) Landesvollzugs von Bundesrecht bestehen auf folgenden Sektoren des Umweltschutzes: Im Bereich des Atomrechts ist das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft für die Genehmigung der Einfuhr und Ausfuhr von Kernbrennstoffen (§ 22 Abs. 1 AtomG) und die Physikalisch-Technische Bundesanstalt für die staatliche Verwahrung von Kernbrennstoffen, für die Errichtung und den Betrieb von Anlagen des Bundes zur Sicherstellung und zur Endlagerung radioaktiver Abfälle und für bestimmte Genehmigungen der Beförderung von Kernbrennstoffen und Großquellen sowie der Aufbewahrung von Kernbrennstoffen zuständig (§ 23 AtomG). Die verfassungsrechtliche Grundlage dieser Organisations- und Zuständigkeitsregelungen ist Art. 87 Abs. 3 GG 109 . Im übrigen obliegt der Vollzug des Atomrechts den Ländern in Bundesauftragsverwaltung nach Maßgabe des Art. 85 GG (§ 24 AtomG). Die verfassungsrechtliche Grundlage hierfür bildet Art. 87 c GG. Durch die bundeseigene Verwaltung der Bundeseisenbahnen und der Bundeswasserstraßen (Art. 87 Abs. 1, 89 Abs. 2 Satz 1 GG) sowie die Bundesauftragsverwaltung für die Bundesfernstraßen (Art. 90 Abs. 2 GG) und für die Genehmigung von Flugplätzen (Art. 87 d Abs. 2 GG, § 31 Abs. 2 Nr. 4 LuftVG) verfügt die Bundesexekutive über weitere Kompetenzen für bestimmte umweltgestaltende Vorhaben; allerdings ist der Umweltschutz nicht das fachspezifische Ziel dieser Aufgaben. Insbesondere erfaßt die Verwaltungskompetenz des Bundes nach Art. 89 Abs. 2 Satz 1 GG die Bundeswasserstraßen nur als Verkehrswege, nicht als Wasserspender und Vorfluter 110 . Die genannten verkehrsbezogenen Aufgaben umfassen jedoch kraft Sachzusammenhangs die gleichrangige Berücksichtigung des Umweltschutzes im Rahmen eines allseitigen Interessenausgleichs111.

II. Abgrenzung und Einteilung des Umweltschutzrechts 1. Umweltschutzrecht als Rechtsgebiet Ob das Umweltschutzrecht ein eigenes, geschlossenes Rechtsgebiet bildet, ist bis in die jüngste Zeit bestritten oder zumindest bezweifelt worden. Otto Kimminich 112 meinte noch im Jahre 1973, das Umweltschutzrecht sei kein 109

110 111 112

So auch Fischerhof, Dt. AtomG und StrahlenschutzR, Bd. I, 2. Aufl. 1978, Vorbem. vor § 22 Rdnr. 3; Borst, DVB1. 1960, 163; Bedenken äußert Maunz, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 87 c Rdnr. 6. BVerfGE 21,312; Breuer, Öffentl. und priv. WasserR, 1976, Rdnr. 3. Breuer, a. a. O. (Fußn. 108), S. 115 ff. Das Recht des Umweltschutzes, 2. Aufl. 1973, S. 11 ff.

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Rechtsgebiet, weil es keine bestimmte, klar abgrenzbare Fläche von menschlichen Betätigungen erfasse, sondern sich kreuz und quer über das weite Feld dieser Betätigungen verteile. Er kennzeichnete das Umweltschutzrecht bildhaft als Raster aus vielen diagonalen, senkrechten und waagerechten Strichen, der die gesamte Fläche der Rechtsordnung überlagere, sie aber nicht verdecke, sondern neben vielen Punkten, an denen der Umweltschutz rechtserheblich sei, auch viele andere Punkte übriglasse, an denen er nicht die geringste Rolle spiele. Möglicherweise traf Kimminichs Diagnose zu ihrer Zeit zu. Auch aus heutiger Sicht muß zugestanden werden, daß das Umweltschutzrecht eine problembezogene Querschnittaufgabe ist, die nicht auf einen bestimmten Lebensbereich beschränkt ist und überdies neben öffentlich-rechtlichen auch privatund strafrechtliche Normen umfaßt" 3 . Dennoch kann Kimminichs Diagnose auf der Grundlage der neueren Gesetzgebung in der Bundesrepublik Deutschland — ebenso wie in anderen Staaten" 4 — nicht aufrechterhalten werden. Bereits im Jahre 1976 hat Eckard Rehbinder" 5 vorsichtig die Konsequenzen aus dieser Entwicklung gezogen. Er hat das „Umweltrecht" als eigenes Rechtsgebiet qualifiziert, weil es wissenschaftlich fruchtbar sei und das Verständnis der normativen und sozialen Dimension der mit ihm erfaßten Problemlagen verbessere. In methodischer Hinsicht dürfte es allerdings richtiger sein, zumindest primär nicht auf die wissenschaftliche Fruchtbarkeit, sondern auf die objektivierten Systemgedanken der einschlägigen Gesetze abzustellen. Erreichen die spezifisch umweltschützenden Gesetze einen solchen Grad der Regelungsdichte und der systematischen Konsistenz, daß sie sich tendenziell oder definitiv zu einem ganzheitlichen, von anderen Gesetzen unterscheidbaren Normenwerk zusammenfügen, so bilden sie ein eigenständiges, vom Gesetzgeber konstituiertes Rechtsgebiet. Diese Voraussetzungen sind heute erfüllt" 6 . Das Umweltschutzrecht ist durch eine Vielzahl sich ergänzender und aufeinander bezogener Gesetze verdichtet, systematisch konturiert und damit konstituiert worden. Allerdings wird vielfach die „innere und äußere Übernormierung und Überinstrumentierung des Umweltschutzes" kritisiert" 7 . Zugleich wird dem Umweltschutzrecht ein Defizit an Übersichtlichkeit, Eindeutigkeit und Rechtssicherheit attestiert. Diese Kritik steht — unabhängig von ihrer Berechtigung — nicht im Widerspruch zu dem Befund, daß das Umweltschutzrecht ein eigenständiges Rechtsgebiet bildet. Die Regelungsdichte und systematische Konsistenz der spezifisch umweltschützenden Gesetze wird durch 113 114

115 116

117

Vgl. Rehbinder, RabelsZ 40 (1976), S. 366; Kloepfer, a. a. O. (Fußn. 26), S. 68f. Nachw. bei Bothe, a . a . O . (Fußn. 81); vgl. ferner Rehbinder, RabelsZ 40 (1976), S. 363ff.; Bothe/Gündling,Tendenzen des UmweltR im internat. Vergleich, 1978. RabelsZ 40 (1976), S. 365ff.; im Ergebnis bereits ebenso: ders., ZRP 1970, 251. In vorsichtiger Weise hierzu neigend auch Kloepfer, a . a . O . (Fußn. 26), S. 68ff., 90 f. Kloepfer, DVB1. 1979, 644; Hoppe, VVDStRL 38 (1980), S. 243 f.

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deren Mangel an Übersichtlichkeit und Prägnanz allenfalls verdunkelt, nicht aber aufgelöst. Das auf den ersten Blick verwirrende Bild der vielfältigen, durchaus verschiedenartigen Gesetze, Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften des Umweltschutzrechts" 8 gewinnt systematische Konturen, wenn man neben den allgemeinen Regelungen der Organisation 119 und der Umweltstatistik 120 die besonderen Regelungen des medialen, des kausalen, des vitalen und des integrierten Umweltschutzes unterscheidet. Gegenstand des medialen Umweltschutzes sind die „klassischen" Umweltmedien Boden, Wasser und Luft. Der kausale Umweltschutz setzt demgegenüber bei bestimmten gefährlichen Stoffen an. Der vitale Umweltschutz zeichnet sich dadurch aus, daß er unmittelbar auf den Schutz von Tieren oder Pflanzen als Elementen der menschlichen Umwelt gerichtet ist. Gemeinsames Merkmal des medialen, kausalen und vitalen Umweltschutzes ist die ausschließliche oder primäre Verfolgung eines umweltspezifischen Schutzzwecks. Dagegen ist der integrierte Umweltschutz in eine übergreifende Aufgabenstellung eingebunden. In diesem Rahmen kann er mit gegenläufigen Belangen konkurrieren oder mit gleichgerichteten Belangen konvergieren. Insgesamt fügen sich die Gesetze und die untergesetzlichen Regelungen des medialen, des kausalen, des vitalen und des integrierten Umweltschutzes auf der politischen und geistigen Grundlage des Umweltprogramms der Bundesregierung vom 29. 9. 1971121 in einem geschlossenen, alle relevanten Anlagen, Stoffe und Handlungen erfassenden Normenwerk zusammen. Darin erweist sich das Umweltschutzrecht in der Bundesrepublik Deutschland als eigenständiges, durchnormiertes und konsistentes Rechtsgebiet. Seine innere Systematik mag mancher Verbesserung fähig und bedürftig sein. Hierdurch werden jedoch sein ganzheitlicher, „flächendeckender" Charakter, das planvolle Zusammenspiel seiner Normen und der gemeinsame öffentlich-rechtliche Grundansatz seiner Kontroll-, Planungs- und Verteilungsinstrumente nicht in Frage gestellt. Kraft dieser Merkmale weist das Umweltschutzrecht nicht nur eine beachtliche, bisweilen überbordende Regelungsdichte, sondern auch eine systematische Konsistenz auf, die in den positiven Gesetzen angelegt, rechtswissenschaftlich indessen bisher kaum durchleuchtet ist122. 118 119

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121 122

Vgl. die Zusammenstellung bei Kloepfer, a. a. O. (Fußn. 26), S. 12ff. So: G über die Errichtung eines Umweltbundesamtes vom 22.7. 1974 (BGBl. I S. 1505); Erlaß über die Errichtung eines Rates von Sachverständigen für Umweltfragen bei dem Bundesminister des Innern vom 28. 12. 1971 (BAnz. 1972 Nr. 8). So: G über Umweltstatistiken i. d. F. der Bekanntm. vom 14.3.1980 (BGBl. I S. 311). BT-Drucks. VI/2710. Ansätze zur Abgrenzung und Systematisierung des Umweltschutzrechts bietet Kloepfer, a. a. O. (Fußn. 26), S. 70ff.; früher bereits ders., Zum UmweltschutzR in der Bundesrepublik Deutschland, 1972, S. 37ff.; im Rahmen eines Rechtsvergleichs auch Steiger/Kimminich, Umweltschutzrecht und -Verwaltung in der Bundesrepublik Deutschland, 1976.

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2. Der mediale Umweltschutz a) Der spezifische Schutz des Umweltmediums Boden ist im Bundesnaturschutzgesetz 123 als Rahmengesetz und in den Naturschutz- und Landschaftspflegegesetzen der Länder 124 geregelt. Allerdings gehen der Schutzzweck und der Regelungsgehalt dieser Gesetze in zweifacher Hinsicht über den Schutz des Bodens hinaus. Erstens richten sich die Ziele und Grundsätze des modernen Naturschutz- und Landschaftspflegerechts — abweichend vom Reichsnaturschutzgesetz vom 26.6. 1935125 — in umfassender Weise auf die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts und die Nutzungsfähigkeit der Naturgüter sowie auf die Vielfalt, Eigenart und Schönheit von Natur und Landschaft 126 . Dazu gehört auch ein medialer Schutz der Gewässer und der Luft durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege. Der mediale Schutz des Bodens bildet jedoch nach wie vor den Kern dieser Gesetze. Besonders deutlich wird dies in der Regelung über Eingriffe in Natur und Landschaft 127 ; hierbei handelt es sich nach der Legaldefinition des § 8 Abs. 1 BNatSchG um „Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen, die die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich oder nachhaltig beeinträchtigen können". Auch die Festsetzungen von Naturschutzgebieten, Nationalparken, Landschaftsschutzgebieten und Naturparken 1 2 8 enthalten primär Regelungen der zulässigen Bodennutzung. Zweitens umfaßt das moderne Naturschutz- und Landschaftspflegerecht — insoweit die Tradition des Reichsnaturschutzgesetzes fortführend — den unmittelbaren Schutz wildwachsender Pflanzen und wildlebender Tiere, also einen wichtigen Teilbereich des vitalen Umweltschutzes 129 . b) Der spezifische Schutz des Umweltmediums Wasser unterliegt dem Recht der „Wasserwirtschaft" oder des „Wasserhaushalts". Diese beiden Begriffe sind identisch. Sie umfassen die rechtlichen Regeln „für die haushälterische Bewirtschaftung des in der Natur vorhandenen Wassers nach Menge und Güte" 130 . Die allgemeinen Rechtsgrundlagen für den medialen Schutz der oberirdischen Gewässer, der Küstengewässer und des Grundwassers finden sich im Wasserhaushaltsgesetz 131 als Rahmengesetz des Bundes und in 123

124

125 126

127 128 129 130 131

Vom 20. 12. 1976 (BGBl. I S. 3574, ber. BGBl. 1977 I S. 650), geändert durch G vom 1.6. 1980 (BGBl. I S. 649). Vgl. die Zusammenstellung der einschlägigen LandesG oben zu Beginn des 7. Abschn. Vom 26. 6. 1935 (RGBl. I S. 821); zur Fortgeltung als Landesrecht BVerfGE 8, 186. Vgl. §§ 1, 2 BNatSchG; hierzu statt vieler: Müller, NJW 1977, 925ff.; Schmidt-Aßmann, NuR 1979, lff. Vgl. § 8 BNatSchG; hierzu unten IV 3. Vgl. §§ 12-19 BNatSchG. Vgl. §§ 20-26 BNatSchG. BVerfGE 15, 1 (15). I. d. F. der Bekanntm. vom 16. 10. 1976 (BGBl. I S. 3017), zuletzt geändert durch G vom 28. 3. 1980 (BGBl. I S. 373).

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den Landeswassergesetzen 132 . Eine wichtige Ergänzungsfunktion erfüllt im Rahmen des nationalen Gewässerschutzes das Abwasserabgabengesetz 133 , das ab 1. 1. 1981 das Einleiten von Abwasser in ein Gewässer mit einer Abgabepflicht belastet. Im internationalen Bereich ist ein medialer, dem Bewirtschaftungssystem des deutschen Wasserrechts vergleichbarer Schutz der Hohen See durch die Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch das Einbringen von Abfällen durch Schiffe und Luftfahrzeuge vom 15. 2. 1972 (Oslo-Übereinkommen) und vom 29. 12. 1972 (London-Übereinkommen) geregelt worden. Beide Übereinkommen sind in der Bundesrepublik Deutschland durch Gesetz vom 11.2. 1977134 ratifiziert worden. c) Das Umweltmedium Luft wird nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz135 in umfassender Weise gegen schädliche Umwelteinwirkungen geschützt. Immissionen sind nach der Legaldefinition jdes § 3 Abs. 2 BImSchG „auf Menschen sowie Tiere, Pflanzen oder andere Sachen einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen". Damit ist positiv-rechtlich geklärt, daß der Lärmschutz zum medialen Schutz der Luft gehört. Die frühere Kontroverse über die systematische Zuordnung des Lärmschutzes 136 ist hierdurch erledigt. Den Immissionsschutzgesetzen der Länder 137 bleibt nur noch ein enger Spielraum für ergänzende Regelungen. Wichtige Spezialgesetze des Bundes auf dem Sektor des medialen Schutzes der Luft sind das Fluglärmschutzgesetz 138 , das die Festsetzung von Lärmschutzbereichen für bestimmte Verkehrsflughäfen und militärische Flugplätze vorschreibt, und das Benzinbleigesetz 139 , das im Interesse der Luftreinhaltung den Gehalt an Blei und anderen Metallverbindungen in Ottokraftstoffen beschränkt hat. 3. Der kausale Umweltschutz Die Medienunabhängigkeit des kausalen Umweltschutzes ist nicht in dem Sinne zu verstehen, daß die gefährlichen Stoffe ihre Wirkungen nicht über eines der zuvor erwähnten Umweltmedien entfalten könnten. Wesentlich ist, daß der kausale Umweltschutz nicht einem medienbezogenen, sondern einem 132

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Vgl. die Zusammenstellung der LandeswasserG bei Sahwedel, unten zu Beginn des 9. Abschn. Vom 13. 9. 1976 (BGBl. I S. 2721, ber. S. 3007). BGBl. II S. 165; dazu Ehlers / Kunig, Abfallbeseitigung auf Hoher See, 1978. Vom 15.3. 1974 (BGBl. I S. 721, ber. S. 1193), zuletzt geändert durch G vom 28. 3. 1980 (BGBl. IS. 373). Vgl. hierzu statt vieler: Kimminich, a. a. O. (Fußn. 112), S. 25. Vgl. hierzu die Zusammenstellung der einschlägigen LandesG oben zu Beginn des 7. Abschn. Vom 30. 3. 1971 (BGBl. I S. 282), zuletzt geändert durch G vom 14. 12. 1976 (BGBl. I S. 3341, ber. BGBl. 1977 I S. 667). Vom 5. 8. 1971 (BGBl. I S. 1234), zuletzt geändert durch G vom 14. 12. 1976 (BGBl. I S. 3341, ber. BGBl. 1977,1 S. 667).

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stoffbezogenen Ansatz folgt. Er sucht bestimmte Gefahrenquellen zu erfassen, indem er das Inverkehrbringen bestimmter Stoffe oder den Umgang mit ihnen reglementiert. Die systematische Unterscheidung zwischen medialem und kausalem Umweltschutz darf allerdings nicht im Sinne einer trennscharfen Abgrenzung mißverstanden werden. Es gibt vielmehr zahlreiche Berührungen und Überschneidungen zwischen diesen beiden Arten des Umweltschutzes. So enthalten z. B. die §§ 32ff. BImSchG im Interesse des medialen Schutzes der Luft stoffbezogene Regelungen über die Beschaffenheit von Anlagen, Stoffen, Erzeugnissen, Brennstoffen und Treibstoffen 1 4 0 . Einer eindeutigen Z u o r d n u n g entzieht sich z. B. das Waschmittelgesetz 141 , das einerseits dem medialen Schutz der Gewässer dient und andererseits vom Inhalt her als Regelung des kausalen, stoffbezogenen Umweltschutzes verstanden werden kann. Im einzelnen erfaßt der kausale Umweltschutz ein breites Spektrum von Stbffen, deren Qualität und spezifische Umweltgefährlichkeit sehr verschieden ist. Insgesamt ist der kausale Umweltschutz durch die neuere Gesetzgebung erheblich erweitert und verfeinert worden. a) Das Atom- und StrahlenschutzrechtH2 nimmt aufgrund seiner Besonderheiten u n d seiner herausragenden Bedeutung eine Sonderstellung innerhalb des kausalen Umweltschutzes ein. Es regelt Tätigkeiten, die sich auf Kernbrennstoffe u n d sonstige radioaktive Stoffe beziehen. Dabei geht nach einhelliger Rechtsprechung 1 4 3 der Schutzzweck des § 1 Nr. 2 AtomG dem Förderungszweck des § 1 Nr. 1 A t o m G vor, der auf die Erforschung, Entwicklung und Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken gerichtet ist. Der stoffbezogene Ansatz des Atom- und Strahlenschutzrechts zeigt sich in der Vielzahl der genehmigungspflichtigen Tatbestände. Hierunter fallen die Einfuhr und Ausfuhr, die Beförderung und der nicht-staatliche Besitz von Kernbrennstoffen, die Errichtung, der Betrieb, die sonstige Innehabung und die wesentliche Änderung einer ortsfesten Anlage zur Bearbeitung oder Verarbeitung von Kernbrennstoffen oder zur Aufarbeitung bestrahlter Brennelemente sowie die Bearbeitung, Verarbeitung und sonstige Verwendung von Kernbrennstoffen außerhalb genehmigungspflichtiger Anlagen (§§ 3 - 9 AtomG), ferner grundsätzlich auch der Umgang mit sonstigen radioaktiven Stoffen, deren Beförderung, Einfuhr und Ausfuhr sowie die Errichtung und der Betrieb von Anlagen zur Erzeugung ionisierender Strahlen (§§ 3 - 2 0 StrlSchV). Der stoffbezogene Ansatz liegt auch der Regelung über die Verwertung ra140 141 142

143

Hierzu unten V 4. Vom 20. 8. 1975 (BGBl. I S. 2255). AtomG i. d. F. der Bekanntm. vom 31. 10. 1976 (BGBl. I S. 3053), zuletzt geändert durch G vom 20. 8. 1980 (BGBl. I S. 1556); vgl. im übrigen die Zusammenstellung der Rechtsnormen oben zu Beginn des 7. Abschn. Grundlegend: BVerwG DVB1. 1972, 678 (680); ferner z. B. OVG Lüneburg DVB1. 1975, 190 (195); 1977, 340 (342); 1978, 67 (68); OVG Münster ET 1975, 220; NJW 1978, 439 (441); VG Freiburg NJW 1977, 1645 (1646); VG Würzburg NJW 1977, 1649.

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dioaktiver Reststoffe und die Beseitigung radioaktiver Abfälle ( § § 9 a - 9 c AtomG) zugrunde. Die Strahlung, die von den genehmigungspflichtigen Anlagen und Handlungen ausgehen kann, beschränkt sich nicht auf ein bestimmtes Umweltmedium, etwa die Luft. Sie kann vielmehr auf sämtliche Umweltmedien sowie auf die Güter des vitalen Umweltschutzes einwirken. Der Vielfalt und Komplexität der Pfade radioaktiver Belastung entspricht der insoweit umfassende, kausal angesetzte Schutz des Atom- und Strahlenschutzrechts. b) Das weiteste Feld des kausalen Umweltschutzes ist neuerdings durch das Chemikaliengesetz144 erschlossen worden. Dieses Gesetz dient dem Zweck, durch Verpflichtung zur Prüfung und Anmeldung von Stoffen und zur Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung gefährlicher Stoffe und Zubereitungen, durch Verbote und Beschränkungen sowie durch besondere giftrechtliche und arbeitsschutzrechtliche Regelungen den Menschen und die Umwelt vor schädlichen Einwirkungen gefährlicher Stoffe zu schützen (§ 1 ChemG). Nach der Legaldefinition ist ein Stoff „ein chemisches Element oder eine chemische Verbindung, nicht weiter be- oder verarbeitet, einschließlich der Verunreinigungen und der für die Vermarktung erforderlichen Hilfsstoffe" (§ 3 Nr. 1 ChemG); die Zubereitung wird definiert als „ein Gemisch, ein Gemenge, eine Lösung von Stoffen, nicht weiter be- oder verarbeitet, einschließlich der Verunreinigungen und der für die Vermarktung erforderlichen Hilfsstoffe" (§ 3 Nr. 2 ChemG). Eine Reihe von spezialgesetzlich reglementierten Stoffen ist allerdings in mehr oder minder weitreichendem Umfang aus dem Anwendungsbereich des Chemikaliengesetzes ausgeklammert (§ 2 ChemG). Als Spezialgesetze des kausalen Umweltschutzes fungieren auf dem Gebiet des Schutzes vor gefährlichen chemischen Stoffen vor allem das (Verbots-)Gesetz über den Verkehr mit DDT 145 , das Düngemittelgesetz146 und das Gesetz über die Beförderung gefährlicher Güter 147 . c) Zum kausalen Umweltschutz muß ferner das Lebensmittel-, Futtermittelund Arzneimittelrechtm gerechnet werden. Die Besonderheit dieser Rechtsmaterien besteht darin, daß die erfaßten Stoffe bestimmungsgemäß auf den Körper und die Gesundheit des Menschen einwirken, und zwar Lebens- und Arzneimittel direkt und Futtermittel indirekt über den Belastungspfad tieri144

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Vom 16.9. 1980 (BGBl. I S. 1718); vgl. zur Problematik dieses G, dessen Bewährung noch aussteht: Rehbinder, Das Recht der Umweltchemikalien, 1978; Schäfer, Recht der umweltgefährlichen Stoffe, 1980; Kloepfer, NJW 1981, 17 ff. Vom 7. 8. 1972 (BGBl. I S. 1385), geändert durch G vom 2. 3. 1974 (BGBl. I S. 469). Vom 15. 11. 1977 (BGBl. I S. 2134). Vom 6. 8. 1975 (BGBl. I S. 2121). G über den Verkehr mit Lebensmitteln, Tabakerzeugnissen, kosmetischen Mitteln und sonstigen Bedarfsgegenständen vom 15. 8. 1974 (BGBl. I S. 1945, ber. BGBl. 1975 I S. 2652), zuletzt geändert durch G vom 24. 8. 1976 (BGBl. I S. 2445); G über den Verkehr mit Arzneimitteln vom 24. 8. 1976 (BGBl. I S. 2445); FuttermittelG vom 2. 7. 1975 (BGBl. I S. 1745).

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scher Lebensmittel. Für alle drei Stoffgruppen spielen heute technische, in der Regel chemische Herstellungs- u n d Bearbeitungsverfahren eine ausschlaggebende Rolle. Daraus erwachsen nicht nur die erstrebten Fortschritte f ü r die physische Versorgung des Menschen, sondern auch spezifische Umweltrisiken, die sich immer wieder in spektakulären Schadens- und Gefahrenfällen niederschlagen 149 . Das Lebensmittel-, Futtermittel- und Arzneimittelrecht dient vorwiegend der Kontrolle dieser Umweltrisiken. d) Stoffbezogene Regelungen des kausalen Umweltschutzes enthält schließlich das Recht der Abfallbeseitigung. Es hat seine allgemeine Grundlage im Abfallbeseitigungsgesetz des Bundes 1 5 0 und in den ergänzenden Landesgesetzen 151 gefunden. Die gesetzliche Regelung beruht auf einem alternativ kombinierten Abfallbegriff, der entweder durch den subjektiven Entledigungswillen des Stoffbesitzers oder durch objektive Beseitigungserfordernisse des Allgemeinwohls bestimmt wird (§ 1 Abs. 1 AbfG) 1 5 2 . Da die wirtschaftliche Verwertung von Stoffen deren Beseitigung als Abfall vorgeht, erfüllt das Recht der Abfallbeseitigung im Rahmen des kausalen Umweltschutzes eine subsidiäre Funktion. Als Spezialgesetz der Abfallbeseitigung ist vor allem das Altölgesetz 153 zu nennen. 4. Der vitale Umweltschutz Rechtsgrundlage des vitalen, unmittelbar auf den Schutz von Tieren oder Pflanzen gerichteten Umweltschutzes sind — wie bereits erwähnt 1 5 4 — das Bundesnaturschutzgesetz sowie die Naturschutz- und Landschaftspflegegesetze der Länder für die wildwachsenden Pflanzen und wildlebenden Tiere, ferner das Pflanzenschutzrecht 1 5 5 , das Tierschutzgesetz 156 sowie die Jagd- und Fischereigesetze 157 . Der Klarstellung halber ist hinzuzufügen, d a ß der vitale Umweltschutz nicht den unmittelbaren Schutz der menschlichen Gesundheit 149

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Vgl. etwa den in BVerfGE 42, 263 ff. wiedergegebenen Sachverhalt des ConterganFalles; ferner den Duogynon-Fall, hierzu den Bericht in: Der Spiegel Nr. 43/1977, S. 271 sowie den Oestrogen-Fall, hierzu den Bericht in: Der Spiegel Nr. 46/1980, S. 130. I. d. F. der Bekanntm. vom 5. 1. 1977 (BGBl. I S. 41, ber. S. 288), zuletzt geändert durch G vom 28. 3. 1980 (BGBl. I S. 373). Vgl. die Zusammenstellung der einschlägigen Landesgesetze oben zu Beginn des 7. Abschn. Hierzu unten VII 2. I. d. F. der Bekanntm. vom 11.12. 1979 (BGBl. I S. 2113). Oben II 2a. PflanzenschutzG i. d. F. der Bekanntm. vom 2 . 1 0 . 1 9 7 5 (BGBl. I S. 2591, ber. BGBl. 1976 S. 1059); BundeswaldG vom 2. 5. 1975 (BGBl. I S. 1037). TierschutzG vom 24. 7. 1972 (BGBl. I S. 1277), geändert durch G vom 18. 3. 1975 (BGBl. I S. 705). Vgl. die Zusammenstellung der einschlägigen Bundes- und Landesgesetze bei Burhenne, Umweltrecht - Raum und Natur - , Bd. IV, S. 1700-1885.

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umfaßt. Spezifischer Umweltschutz bezieht sich begriffsnotwendig auf die Pflege und Kontrolle der menschlichen Umwelt, nicht unmittelbar auf die Erhaltung und Pflege der menschlichen Physis. Allerdings können Belange des Umweltschutzes in das Gesundheits- wie in das Arbeitsschutzrecht integriert sein. 5. Der integrierte Umweltschutz Merkmal des integrierten Umweltschutzes ist seine Verzahnung mit benachbarten Aufgabengebieten. a) Der konkurrierend integrierte Umweltschutz zeichnet sich dadurch aus, daß er in eine übergreifende Aufgabenstellung und einen Zielkonflikt mit gegenläufigen Belangen eingebunden ist. Seine Reichweite muß somit im Wege eines gesetzlich vorgezeichneten Kompromisses ausgelotet werden. Vor dem Hintergrund des Konflikts zwischen Ökonomie und Ökologie gebührt dem konkurrierend integrierten Umweltschutz besondere Aufmerksamkeit. Sein wichtigstes Anwendungsfeld liegt im Recht der Raumplanung. Hierunter fällt sowohl die raumbezogene Gesamtplanung in Gestalt der Bauleitplanung 158 sowie der Raumordnung und Landesplanung 159 als auch die raumbezogene, nicht umweltspezifische Fachplanung, die insbesondere durch Planfeststellungen für bestimmte Großvorhaben wie überörtliche Straßen, Schienenwege oder Flughäfen erfolgt 160 . Der Umweltschutz bildet für die gesamte Raumplanung entweder ein Planungsziel oder einen gewichtigen abwägungserheblichen Belang 161 . b) Der konvergierend integrierte Umweltschutz ist ebenfalls in eine übergreifende Aufgabenstellung eingebunden. Seine Ziele und die Schutzziele der übergreifenden Aufgabenstellung stehen jedoch nicht in einem Konkurrenzverhältnis, sondern in einem Verhältnis gleichgerichteter Ergänzung. Diese Merkmale erfüllt z. B. das Gesundheitsrecht162, das unmittelbar die Erhaltung und Pflege der menschlichen Physis bezweckt und daher nicht dem vitalen Umweltschutz zugerechnet werden kann. Die menschliche Gesundheit hängt zudem nicht nur von der Beherrschung technisch bedingter Umweltrisiken 158 159

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Vgl. §§ 1 ff. BBauG; hierzu Friauf, oben 6. Abschn., II. RaumordnungsG vom 8. 4. 1965 (BGBl. I S. 306), zuletzt geändert durch G vom 1. 6. 1980 (BGBl. I S. 649); vgl. ferner die Zusammenstellung der LandesplanungsG bei Friauf, oben zu Beginn des 6. Abschn. §§ 17ff. FStrG, § 36 BundesbahnG, §§ 28ff. PBefG, §§ 8ff. LuftVG. Vgl. zu dieser Unterscheidung BVerwGE 48, 56 (62f.); Hoppe, DVB1. 1977, 137; Breuer, N u R 1980, 93. Vgl. insbesondere das Bundes-SeuchenG vom 18.12.1979 (BGBl. I S. 2262); FleischbeschauG i. d. F. der Bekanntm. vom 29. 10. 1940 (RGBl. I S. 1463), zuletzt geändert durch G vom 10. 5. 1980 (BGBl. I S. 545); im übrigen die Zusammenstellung der einschlägigen Rechtsnormen bei Etmer, Deutsches Gesundheitsrecht, Bd. I - I V .

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ab. Dennoch hat die staatliche Gesundheitsfürsorge es heute weithin mit sog. Zivilisationskrankheiten zu tun, die nachweislich oder vermutlich Folgen des Lebens in der technisierten Umwelt sind 163 . Die staatliche Gesundheitsfürsorge umschließt daher die Vorsorge gegen solche umweltbedingten Krankheiten. In einem ähnlichen Verhältnis gleichgerichteter Ergänzung stehen der Schutz des Menschen gegen die Gefahren im Umgang mit technischen Geräten und der Umweltschutz. Demgemäß bildet auch das Recht der technischen Sicherheit und des Arbeitsschutzes ein Anwendungsfeld des konvergierend integrierten Umweltschutzes. Die wichtigste Grundlage dieses Rechtsgebiets ist das Gesetz über technische Arbeitsmittel (Gerätesicherheitsgesetz) 164 . Seine Regelungen gelten nicht nur für technische Arbeitsmittel, sondern auch für anderweitige Schutzausrüstungen, Beleuchtungs-, Beheizungs-, Kühl-, Belüftungs- u n d Entlüftungseinrichtungen, Haushaltsgeräte, Sport- u n d Bastelgeräte sowie Spielzeug (§ 2 Abs. 2 GerSichG). Die Zielsetzung und die Aufgabenstellung der Gerätesicherheit heben sich zwar vom Umweltschutz ab. Jedoch dient die Gerätesicherheit z. B. unter den Aspekten des Schallschutzes und der Abgasverminderung zugleich in untrennbarer Weise den Belangen des Umweltschutzes. 6. Das Vorhaben eines allgemeinen Umweltschutzgesetzes Trotz der Regelungsdichte und der systematischen Konsistenz des geltenden deutschen Umweltschutzrechts provoziert die Vielzahl und inhaltliche Vielfalt der einschlägigen Rechtsnormen die Frage, ob die Systematik und Übersichtlichkeit dieses Rechtsgebiets — nicht zuletzt im Interesse eines effektiven Vollzuges — durch den Erlaß eines allgemeinen Umweltschutzgesetzes verbessert werden kann. Nach dem Vorschlag von Michael Kloepfer 1 6 5 soll eine solche Kodifikation in einen Allgemeinen u n d einen Besonderen Teil gegliedert werden. Im Allgemeinen Teil sollen hiernach geregelt werden: der Geltungsbereich des Gesetzes, Zielbestimmungen, individuelle Umweltrechte u n d Umweltpflichten, Begriffsbestimmungen, die Organisation und Zuständigkeit von Umweltschutzbehörden, Ermächtigungen und Verfahrensregelungen für den Erlaß von Rechtsverordnungen u n d Verwaltungsvorschriften, die Beteiligung Privater, Überwachungs- u n d Prüfungsverfahren, spezifische allgemeine Umweltschutzinstrumente wie die Umwelt- und Standortplanung, die Umweltverträglichkeitsprüfung, Verbote mit Erlaubnisvorbehalt, Untersagungsermächtigungen und Umweltabgaben, ferner das Um163

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Vgl. hierzu Baier, Die Wirklichkeit der Industriegesellschaft als Krankheitsfaktor, in: Der Kranke in der modernen Gesellschaft, Neue wissenschaftliche Bibliothek 22, S. 37ff.; ferner z. B. den Asbest-Fall, hierzu den Bericht in: Der Spiegel Nr. 4 9 / 1980, S. 83. Vom 24.6. 1968 (BGBl. I S. 717), zuletzt geändert durch Gesetz vom 13.8. 1979 (BGBl. I S. 1432); weitere Vorschriften des technischen Sicherheitsrechts enthalten z. B. die §§ 24ff. GewO. A. a. O. (Fußn. 26), S. 86ff.; ders., Z f U 1979, 145ff.

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welthaftungsrecht sowie das Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht des Umweltschutzes. Der Besondere Teil soll Abschnitte über Naturschutz und Landschaftspflege, Abfallbeseitigung, Gewässerschutz, Immissionsschutz, Strahlenschutz und die Kontrolle der Umweltchemikalien umfassen. Ein solches Kodifikationskonzept mag auf den ersten Blick bestechend erscheinen. Dieser Eindruck wird — vordergründig gesehen — dadurch verstärkt, daß einige ausländische Staaten sich in jüngerer Zeit Umweltschutzgesetze gegeben haben 166 , die der deutschen Gesetzgebung als Vorbilder empfohlen werden. Bei näherer Betrachtung löst das Vorhaben eines allgemeinen deutschen Umweltschutzgesetzes jedoch eher Skepsis aus. Die inhaltliche Richtung einer tiefgreifenden Harmonisierung und Arrondierung des Umweltschutzrechts ist gegenwärtig nicht hinreichend erkennbar. Überdies würde eine solche Systematisierung des gesamten Umweltschutzrechts in ambivalenter Weise die traditionellen Gebiete und Zusammenhänge der geltenden Rechtsordnung zerreißen 167 . Jedenfalls würde weder die isolierte Normierung abstrakter Ziel- und Grundsatzbestimmungen noch die formale Zusammenfassung und Verklammerung der geltenden Einzelgesetze des Umweltschutzes einen rechtssystematischen Fortschritt darstellen. Derartige „Reformen" würden an der Oberfläche der rechtlichen Strukturprobleme verharren, die Kontinuität der Rechtsentwicklung eher beeinträchtigen als fördern und aus praktischer Sicht schwerlich imstande sein, das vielbeschworene Vollzugsdefizit des Umweltschutzrechts 168 abzubauen. Der internationale Vergleich zeigt, daß die Umweltschutzgesetze anderer Staaten kaum über solche abstrakten und formalen Regelungen hinausgelangt sind und bisweilen nach Inhalt und Bedeutung lediglich die Stelle fehlender Einzelgesetze einnehmen 169 .

III. Die Instrumente des staatlichen Umweltschutzes Der staatliche Umweltschutz verfügt über ein Bündel von Instrumenten unterschiedlicher Provenienz und Wirkungsweise. Die Akzentverschiebung vom anthropozentrischen zum ressourcenökonomisch und ökologisch orientierten Umweltschutz 170 hat das rechtliche Instrumentarium nachhaltig beeinflußt. Der anthropozentrische Umweltschutz konnte prinzipiell durch punktuelle und reagierende Eingriffe des Staates auf der Grundlage oder nach

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Vgl. hierzu die Nachw. in Fußn. 114. Im gleichen Sinne Ule, in: Fs. f. Ludwig Fröhler, 1980, S. 370f.; vgl. auch Kloepfer, a. a. O. (Fußn. 26), S. 88. Vgl. hierzu statt vieler: Ule / Laubinger, Gutachten B zum 52. DJT, 1978, S. 13 ff.; Hoppe, VVDStRL 38 (1980), S. 216ff.; jeweils m. w. N. Vgl. hierzu Bothe / Gündling, a. a. O. (Fußn. 114), S. 123 ff. Vgl. Rehbinder, RabelsZ 40 (1976), S. 369ff.; Kloepfer, a. a. O. (Fußn. 26), S. 73.

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dem Muster der polizeirechtlichen Gefahrenabwehr gewährleistet werden 171 . Demgegenüber verlangt der ressourcenökonomisch und ökologisch orientierte Umweltschutz nach einer Gesamtbetrachtung sowie nach aktiver staatlicher Vorsorge, Planung und Verteilung. Die Notwendigkeit der Umweltschutzplanung ist evident angesichts der Knappheit der natürlichen Ressourcen und der manifesten ökologischen Existenzkrise 172 . Die Planungs- und Verteilungsinstrumente des staatlichen Umweltschutzes verdienen daher besondere Beachtung. Indessen ist der anthropozentrische durch den ressourcenökonomisch und ökologisch orientierten Umweltschutz nicht verdrängt, sondern lediglich überlagert worden. Der Schutz des Menschen vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen durch bestimmte Anlagen, Stoffe und Handlungen bildet nach wie vor ein ehernes Kernstück des staatlichen Umweltschutzes 173 . Im übrigen ist dieser auf den Einsatz planvollziehender oder planunabhängiger, auf den Einzelfall zugeschnittener Kontrollinstrumente ebenso angewiesen wie auf die planerische Gesamtsteuerung. Derartige Kontrollinstrumente stehen im klassischen, polizeirechtlich geprägten Arsenal der Eingriffsverwaltung bereit. Das Umweltschutzrecht greift hierauf zurück, indem es Anmeldepflichten des Bürgers sowie gesetzliche, präventiv oder repressiv motivierte Verbote mit Erlaubnisvorbehalt, administrative Verbote und andere repressive Verfügungen normiert 174 . Das öffentlich-rechtliche Kontroll-, Planungs- und Verteilungsinstrumentarium des staatlichen Umweltschutzes ist in einigen Teilbereichen durch abgabenrechtliche Steuerungsinstrumente ergänzt worden 175 . Daneben fungieren die umweltspezifischen interprivaten Ansprüche als Instrumente der privatrechtlichen Selbstregulierung 176 und die umweltspezifischen Tatbestände des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts als klassische Sanktionsinstrumente 177 . Die notwendige Kooperation im Verhältnis zwischen Staat und Wirtschaft vollzieht sich im Wege besonderer Instrumente organisations- und verfahrensrechtlicher Art 178 . Schließlich kann der Staat bestimmte umweltre-

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Vgl. etwa Mieck, Luftverunreinigung und Immissionsschutz in Preußen bis zur Gewerbeordnung 1869, in: Technikgeschichte Bd. 34 (1967), S. 36ff. So auch Hoppe, VVDStRL 38 (1980) S. 228ff.; ferner Rehbinder, RabelsZ 40 (1976), S. 400 ff. Vgl. hierzu Umweltbericht '76 der Bundesregierung, BT-Drucks. 7/5684, Tz. 11, 13, 21; Umweltgutachten 1978, BT-Drucks. 8/1938, Tz. 17ff. Direkte administrative Verhaltenssteuerung im Sinne von Rehbinder, RabelsZ 40 (1976), S. 387ff. Vgl. unten III 3. Vgl. unten III 4. Vgl. unten III 5. Vgl. unten III 6.

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levante Aktivitäten in unmittelbare oder mittelbare Eigenregie übernehmen und sich dabei typischer Instrumente bedienen 179 . Der staatliche Umweltschutz operiert mit dem Zusammenspiel aller dieser Handlungsformen. In den verschiedenen Teilbereichen des medialen, kausalen, vitalen und integrierten Umweltschutzes differiert die Verwendung und nähere Ausgestaltung der einzelnen Instrumente. Dennoch verschließt man sich den Zugang zur Systematik des geltenden Umweltschutzrechts, solange man dessen Teilbereiche und die einschlägigen Einzelgesetze lediglich in isolierter Weise betrachtet. Der innere Zusammenhang und die abgestuften Strukturen dieses Rechtsgebiets erschließen sich erst, wenn man die gemeinsame Systematik seiner Instrumente „vor die Klammer zieht" und einer übergreifenden Betrachtung unterzieht. 1. Planungs- und Verteilungsinstrumente a) Modelle einer umfassenden Umweltschutzplanung: Angesichts der Knappheit der natürlichen Ressourcen, der manifesten ökologischen Existenzkrise und der Notwendigkeit der Umweltschutzplanung mag auf den ersten Blick der Gedanke einer staatlichen Globalsteuerung aller wirtschaftlichen und sozialen, öffentlichen und privaten Aktivitäten durch eine umfassende Umweltschutzplanung bestechend erscheinen. So ist von offizieller Seite 180 bemerkt worden, trotz beachtlicher Teilerfolge der staatlichen Umweltschutzmaßnahmen fehle in der Bundesrepublik Deutschland eine übergreifende Gesamtplanung. Erforderlich sei eine langfristige vorsorgende Umweltpolitik, die auf alle Teilbereiche übergreife, um eine dauerhafte Sicherung der Lebensgrundlagen zu erreichen. Was die verwaltungspraktische Realisierbarkeit betrifft, so lehren indessen die Erfahrungen mit den Modellen und Versuchen einer integrierten staatlichen Gesamt-, Aufgaben- oder Entwicklungsplanung, daß mit der Globalität die Operationalität und Durchsetzbarkeit der Planung schwindet 181 . Einer staatlichen Globalsteuerung durch Umweltschutzplanung kann keine günstigere Prognose zugebilligt werden 182 . Was die rechtliche Realisierbarkeit betrifft, so ist zutreffend daraufhingewiesen worden, daß die staatliche Globalsteuerung aller wirtschaftlichen und sozialen Aktivitäten in ein geschlossenes System der Investitionslenkung hineinführt. Ein derartiges Modell würde nicht nur den verfassungspolitischen, sondern auch den verfassungsrechtlichen Rahmen der marktwirtschaftlichen, auf unternehmerischer Freiheit beruhenden Ordnung sprengen 183 — es sei denn, die staatliche Globalsteuerung 179 180

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Vgl. unten III 7. So Bundesinnenminister Baum, in: Umwelt Nr. 70 v. 29. 6. 1979, S. 1; ähnlich Hartkopf, in: Umwelt Nr. 69 vom 1. 6. 1979, S. 1 (4). Vgl. etwa Wagener. DÖV 1977, 587 ff., insbes. 589, 591 f. So auch Hoppe, VVDStRL 38 (1980), S. 254ff. Vgl. Hoppe, VVDStRL 38 (1980), S. 255f. (Fußn. 99) in der Auseinandersetzung mit Rehbinder (Grundlagen des Umweltrechts, in: Umweltschutz — aber wie? Schrif-

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würde sich auf indikative Daten und persuasive Anregungen beschränken und dadurch an Durchsetzbarkeit noch mehr einbüßen. Unter dem Arbeitstitel „integrierende Umweltschutzpläne" werden Modelle einer eigenständigen und isolierten Gesamtplanung des Umweltschutzes diskutiert 184 . Auch die Praktikabilität dieser Modelle begegnet grundsätzlichen Einwänden. So ist auf den hohen, schwer zu befriedigenden Koordinationsbedarf einer solchen Gesamtplanung in sachlicher und kompetentieller Hinsicht sowie auf ihren anspruchsvollen, derzeit ebenfalls nicht zu befriedigenden Bedarf an ökologischem Grundwissen verwiesen worden 185 . Darüber hinaus müßte eine hochgezüchtete, aber isolierte Gesamtplanung des Umweltschutzes an einer strukturbedingten und chronischen Realitätsferne leiden. Die vorläufige planerische Abkoppelung des Umweltschutzes von allen konkurrierenden Belangen würde bedeuten, daß die notwendige Gesamtabwägung zwischen den Zielen des Umweltschutzes und konkurrierenden Belangen in einem späteren Integrationsverfahren, insbesondere in der Raumplanung, nachgeholt werden müßte. Die unumgänglichen Zielkompromisse würden dadurch hinausgeschoben und erschwert. Die Vorgabe der isolierten Koordination und Maximierung der Umweltschutzziele würde voraussichtlich Fronten aufbauen und verhärten, die keinen Rationalitätsgewinn versprechen und dem notwendigen Gesamtkompromiß hinderlich wären. b) Fachplanungen des Umweltschutzes: Es beruht offenbar auf der Notwendigkeit der Umweltschutzplanung und der mangelnden Praktikabilität einer staatlichen, gesamtplanerisch aufgezogenen Globalsteuerung aller umweltrelevanten Aktivitäten wie auch einer isolierten Gesamtplanung des Umweltschutzes, wenn einschlägige Fachplanungen im jüngeren deutschen Recht eine zunehmende Verbreitung gefunden haben 186 . So wird der mediale Schutz des Bodens durch die moderne Landschaftsplanung (§§ 5 ff. BNatSchG) sowie die planerische Festsetzung von Naturschutzgebieten, Nationalparken, Landschaftsschutzgebieten und Naturparken (§§ 12ff. BNatSchG) gelenkt 187 . Der mediale Schutz des Wassers wird durch verschiedene, sich ergänzende Fachpläne gesteuert. Solche Pläne sind die Planfeststellungen für Gewässerausbauten (§31 WHG), die planerische Festsetzung von Wasser- oder Heilquellenschutzgebieten (§ 19 WHG), Reinhalteordnungen (§ 27 WHG), wasserwirtschaftliche Rahmenpläne (§ 36

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ten der Evangelischen Akademie in Hessen und Nassau, Heft 95, 1972, S. 26 ff.), der ein Umweltpolitikgesetz im Sinne eines Plangesetzes vorgeschlagen hat. So Boese / Eckstein / Schier, Voraussetzungen und Nutzen integrierender Umweltschutzpläne (maschinenschriftlich), Umweltforschungsplan des Bundesministers des Innern, Querschnittsfragen, FE-Vorhaben 101 Ol 013, 1972. So Hoppe, VVDStRL 38 (1980), S. 259 ff. Vgl. hierzu die Überblicke bei Schmidt-Aßmann, DÖV 1979, 1 ff.; Kölble, DÖV 1979, 478ff.; mit besonderer Blickrichtung auf die Wasserwirtschaft: Breuer, RdWWi 20, 81 ff. Vgl. unten IV 2 und 4.

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WHG), sachlich beschränkte wasserwirtschaftliche Sonderpläne wie z. B. Generalpläne für die Wasserversorgung eines Wirtschaftsraumes oder Wärmelastpläne für bestimmte Flußgebiete und Bewirtschaftungspläne für bestimmte oberirdische Gewässer oder Gewässerteile (§ 36 W H G ) sowie Abwasserbeseitigungspläne (§ 18a WHG). Auf dem Sektor des Immissionsschutzes fungieren die Festsetzung von Belastungsgebieten (§ 44 BImSchG) und Luftreinhaltepläne (§ 47 BImSchG) als Akte der Fachplanung 1 8 8 . Im Rahmen des kausalen Umweltschutzes wird die Entsorgung durch Abfallbeseitigungspläne (§ 6 AbfG) und Planfeststellungen für Abfallbeseitigungsanlagen (§§ 7 ff., 20 ff. AbfG) gesteuert 189 . Die Rechtsnatur der genannten Fachpläne differiert in auffälliger Weise. Die wasserwirtschafts- u n d abfallrechtlichen Planfeststellungen sind — ebenso wie die Planfeststellungen für Vorhaben anderer Sachbereiche — Verwaltungsakte, da sie mit bürgerverbindlicher Außenwirkung einen Einzelfall in Gestalt des konkreten Bauvorhabens regeln 190 . Als Rechtsnormen sind die Schutzgebietsfestsetzungen auf den Sektoren des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie der Wasserwirtschaft zu qualifizieren 191 . Daran dürfte auch die Legaldefinition der Allgemeinverfügung in § 35 Satz 2 VwVfG nichts geändert haben. Zum einen bestimmen die einschlägigen Landesgesetze ausdrücklich, daß die genannten Schutzgebiete durch Rechtsverordnung oder Satzung festgesetzt werden 1 9 2 . Diese Spezialvorschriften gehen gegenüber § 35 Satz 2 VwVfG vor. Zum anderen können Schutzgebietsfestsetzungen auch materiell nicht als sachbezogene oder „dingliche" Verwaltungsakte i. S. des § 35 Satz 2 VwVfG qualifiziert werden, da sie primär eine generell-abstrakte, aus Geboten, Verboten und Duldungspflichten bestehende Handlungsregelung enthalten und der Gebietsbezug als inhaltlicher Anknüpfungspunkt dahinter zurücktritt 193 . 188 189 190

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192

193

Vgl. unten V 7. Vgl. unten VII 4 und 5. Vgl. BVerwG DÖV 1974, 568; ferner statt vieler: Wolff/Bachof, VerwR III, 4. Aufl. 1978, § 158 Rdnr. 17; Badura, in: Erichsen / Martens (Hrsg.), Allg. VerwR, 5. Aufl. 1981, § 42 III; Breuer, a. a. O. (Fußn. 108), S. 61 ff. BVerwGE 18, 1 (3f.); 29, 207; BVerwG NJW 1958, 1600; Salzwedel, oben 9. Abschn., IV 2; Sieder / Zeitler, WHG, Ergänzung zu § 1 9 Rdnr. 59; Breuer, a . a . O . (Fußn. 108), S. 54, 56ff., 159ff.; ders., Öffentl. und priv. WasserR, 1976, Rdnr. 204. §§ 21, 22 NatSchG B-W; Art. 7 Abs. 2, 100 Abs. 3 BayNatSchG; §§ 19 Abs. 2, 20 Abs. 2 NatSchG Bin; §§ 18, 19 Abs. 1, 20 Abs. 1 BremNatSchG; §§ 12, 13 i. V. m. § 16 Abs. 1 HessNatSchG; § 16 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 Nr. 3 LG N - W ; §§ 18 Abs. 1, 19 Abs. 1 LPflG Rh-Pf; §§ 18 Abs. 1, 19 Abs. 1, 20 Abs. 1 SaarlNatSchG; §§ 14 Abs. 1 , 1 6 Abs. 1 LG S-H. - § 110 WG B-W; Art. 35 BayWG; § 22 WG Bin; § 4 0 Abs. 1 BremWG; § 105 Abs. 2 HessWG; § 3 9 Abs. 2 N d s W G ; § 14 Abs. 1 Satz 1 WG N-W; § 22 Abs. 4 WG Rh-Pf; § 20 Abs. 4 SaarlWG; § 15 Abs. 1 WG S-H. Breuer, RdWWi 20, 84f.; zur gegenteiligen Ansicht neigend: Erichsen / Martens, in: dies. (Hrsg.), Allg. VerwR, 5. Aufl. 1981, § 11 II 6 a. E.; Götz, NJW 1976, 1427.

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V o m Inhalt her fällt d e r h o h e G r a d a n Spezialisierung u n d Zersplitterung sowie eine teilweise Ü b e r l a g e r u n g d e r U m w e l t f a c h p l a n u n g auf. H i e r a u s erw a c h s e n ein gesteigerter K o o r d i n a t i o n s b e d a r f u n d die G e f a h r einer Atomisierung des Umweltschutzes. Entgegen d e m ersten A n s c h e i n ist die Vielfalt d e r U m w e l t f a c h p l a n u n g kein Zeichen d e r Stärke, s o n d e r n eher ein Zeichen d e r Anfälligkeit f ü r R e i b u n g s v e r l u s t e u n d der potentiellen Schwäche, die sich g e g e n ü b e r der F a c h p l a n u n g f ü r u m w e l t b e l a s t e n d e G r o ß v o r h a b e n sowie im R a h m e n der r a u m b e z o g e n e n G e s a m t p l a n u n g a u s w i r k e n kann 1 9 4 . Allerdings nötigt g e r a d e die m a n g e l n d e Praktikabilität einer g e s a m t p l a n e risch a u f g e z o g e n e n G l o b a l s t e u e r u n g sowie auch einer isolierten G e s a m t p l a n u n g des Umweltschutzes zu d i f f e r e n z i e r t e n F a c h p l ä n e n . Die E n t w i c k l u n g d a r f hierbei j e d o c h nicht stehenbleiben. N o t w e n d i g bleibt die Z u s a m m e n f ü h r u n g dieser Pläne u n d a n d e r e r F a c h p l a n u n g e n mit k o n k u r r i e r e n d e r o d e r k o n v e r g i e r e n d e r Zielsetzung in einer f u n k t i o n s f ä h i g e n , d e m Interessenausgleich d i e n e n d e n G e s a m t p l a n u n g 1 9 5 . I m übrigen weisen die P l a n u n g s - e b e n s o wie die K o n t r o l l i n s t r u m e n t e der V e r w a l t u n g auf d e n v e r s c h i e d e n e n Sektoren des Umweltschutzes ein d u r c h a u s unterschiedliches E r s c h e i n u n g s b i l d auf. c) Der Umweltschutz in der raumbezogenen Gesamtplanung: Der Umweltschutz gehört zu den Planungszielen der r a u m b e z o g e n e n G e s a m t p l a n u n g . A u f der überörtlichen E b e n e der R a u m o r d n u n g u n d L a n d e s p l a n u n g gelten die n o r m a t i v e n G r u n d s ä t z e des § 2 Abs. 1 N r . 7 B R O G : Für d e n Schutz, die Pflege u n d E n t w i c k l u n g v o n N a t u r u n d L a n d s c h a f t einschließlich des Waldes sowie f ü r die Sicherung u n d G e s t a l t u n g von E r h o l u n g s g e b i e t e n ist zu sorg e n ; f ü r die R e i n h a l t u n g des Wassers, die Sicherung der W a s s e r v e r s o r g u n g u n d f ü r die R e i n h a l t u n g der Luft sowie f ü r d e n Schutz d e r Allgemeinheit vor L ä r m b e l ä s t i g u n g e n ist a u s r e i c h e n d Sorge zu tragen. Diese G r u n d s ä t z e sind g e m ä ß § 2 Abs. 3 B R O G d u r c h Landesgesetze ergänzt u n d verfeinert w o r d e n . A u f der örtlichen E b e n e der B a u l e i t p l a n u n g bildet die Sicherung einer m e n s c h e n w ü r d i g e n U m w e l t eines der allgemeinen Planungsziele (§ 1 Abs. 6 Satz 1 BBauG). Als detailliertere Planungsleitlinien sind u. a. die Belange des U m weltschutzes, die E r h a l t u n g u n d S i c h e r u n g der n a t ü r l i c h e n L e b e n s g r u n d l a g e n , i n s b e s o n d e r e des B o d e n s einschließlich mineralischer R o h s t o f f v o r k o m m e n , des Wassers, des K l i m a s u n d der L u f t , sowie die Belange des N a t u r schutzes u n d der L a n d s c h a f t s p f l e g e zu berücksichtigen (§ 1 Abs. 6 Satz 2 B B a u G , 12.-14. Spiegelstrich). Beschränkt auf d e n Immissionsschutz, j e d o c h sämtliche E b e n e n der G e s a m t p l a n u n g wie auch alle F a c h p l a n u n g e n übergreif e n d , stellt § 50 B I m S c h G ein p l a n u n g s r e c h t l i c h e s G e b o t der R ü c k s i c h t n a h m e u n d K o n f l i k t v e r m e i d u n g a u f : Bei r a u m b e d e u t s a m e n P l a n u n g e n u n d M a ß n a h m e n sind die f ü r eine b e s t i m m t e N u t z u n g v o r g e s e h e n e n F l ä c h e n eina n d e r so z u z u o r d n e n , d a ß s c h ä d l i c h e U m w e l t e i n w i r k u n g e n auf die ausschließlich o d e r ü b e r w i e g e n d d e m W o h n e n d i e n e n d e n G e b i e t e wie a u c h son194 195

Vgl. Hoppe. VVDStRL 38 (1980), S. 246. So auch Hoppe, VVDStRL 38 (1980), S. 289 ff.

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stige schutzbedürftige Gebiete soweit wie möglich vermieden werden. Durch diese Anforderungen wirkt der Umweltschutz „konkurrierend integriert" 196 . Die raumbezogene Gesamtplanung wird dadurch zu einem Instrument des Umweltschutzes mit der spezifischen Aufgabe einer übergreifenden Koordination und Konfliktbewältigung. Allerdings gewährt § 50 BImSchG den Planbetroffenen keine subjektiv-rechtlichen Positionen 197 . Bereits vor dem Inkrafttreten des § 50 BImSchG hat das BVerwG 198 aus den allgemeinen Planungszielen, Planungsleitlinien und Abwägungserfordernissen des Bauplanungsrechts den Grundsatz entwickelt, daß Industriegebiete und zum Wohnen bestimmte Gebiete nach Möglichkeit räumlich angemessen voneinander getrennt werden sollen. Ebenso ist z. B. die Ausweisung eines Mischgebietes (§ 6 BauNVO) in unmittelbarer Nachbarschaft eines landwirtschaftlichen, eine Schweinehaltung umfassenden Betriebes ohne Schutzvorkehrungen jedenfalls dann unzulässig, wenn ein Wohngebiet an anderer Stelle des Gemeindegebietes — wenn auch mit höheren Erschließungskosten — ausgewiesen werden könnte 199 . Allerdings ist das grundsätzliche Gebot der Trennung von schutzbedürftigen und umweltbelastenden Nutzungen in zwei Richtungen ausnahmefähig. Zum einen kann die gebotene Rücksichtnahme und Konfliktvermeidung unter ungünstigen Voraussetzungen, insbesondere bei der „Überplanung gewachsener Strukturen", durch andere planerische Festsetzungen erfolgen, z. B. durch die interne Gliederung oder Einschränkung der zusammentreffenden Nutzungen, stoffbezogene Verwendungsverbote (§ 9 Abs. 1 Nr. 23 BBauG) oder die Festsetzung von Schutzflächen sowie Flächen für besondere Anlagen oder Vorkehrungen zum Immissionsschutz (§ 9 Abs. 1 Nr. 24 BBauG) 200 . Zum anderen kann der Anforderungshorizont der gebotenen Rücksichtnahme und Konfliktvermeidung unter besonderen Umständen herabgesetzt sein. Ein solcher Fall kann eintreten, wenn die Bauleitplanung eine die Situation prägende, die Schutzwürdigkeit schonungsbedürftiger Nutzungen vermindernde Vorbelastung antrifft 201 oder wenn eine umweltbelastende Nutzung von besonderer Bedeutung ist und an anderer Stelle oder auf andere Weise nicht festgesetzt werden kann 202 . 196

197

198 199 200

201

202

Vgl. oben II 5a; zur Kritik an der Effizienz des Umweltschutzes in der Raumplanung Kühl, Umweltschutz im materiellen RaumordnungsR, 1977, S. 35ff.; Henneke, Raumplanerische Verfahren und Umweltschutz, 1977, S. 238ff.; Hoppe, VVDStRL 38 (1980), S. 241 ff. BVerwG DVB1. 1974, 777 (778f.); VGH Kassel DÖV 1976, 393; Feldhaus, BImSchR, § 50 Anm. II 5 m. w. N. BVerwGE 45, 309 (327). OVG Koblenz ZfBR 1979, 174. Allgemein hierzu v. Holleben, GewArch. 1978, 41 ff.; Söfker, ZfBR 1979, lOff.; Hoppe, in: Fs. f. Werner Ernst, 1980, S. 215ff.; Dolde, NJW 1980, 1659. Vgl. hierzu BVerwGE 51,15 (30ff.); 56, 110 (131); OVG Lüneburg GewArch. 1979, 345. BVerwG DÖV 1977, 752 (753); Dolde, NJW 1980, 1659.

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d) Der Umweltschutz bei Fachplanungen anderer Verwaltungsbereiche: Als Schranke fungiert der konkurrierend integrierte Umweltschutz bei Fachplanungen in Verwaltungsbereichen, welche die Zuständigkeit für umweltbelastende Vorhaben umschließen. Solche Vorhaben sind vor allem Gegenstand der Planfeststellungen für Bundesfernstraßen und Landesstraßen, für Schienenwege der Bundesbahn und anderer Eisenbahnen, für Betriebsanlagen der Straßenbahnen einschließlich der U-Bahnen, für Flughäfen und Landeplätze mit beschränktem Bauschutzbereich, für Telegrafenlinien der Bundespost, für Abfallbeseitigungsanlagen, für Ausbauten von Gewässern und ihren Ufern zu Zwecken der Wasserwirtschaft oder der Schiffahrt und für öffentliche Wege und Straßen sowie wasserwirtschaftliche, bodenverbessernde und landschaftsgestaltende Anlagen im Rahmen der Flurbereinigung 203 . Positivrechtliche Anforderungen des Umweltschutzes an die Planfeststellungen ergeben sich aus der am Bestandsschutzprinzip ausgerichteten Regelung über Eingriffe in Natur und Landschaft (§ 8 BNatSchG) 204 sowie aus dem Gebot der Rücksichtnahme und Konfliktvermeidung im Hinblick auf die Immissionslage (§ 50 BImSchG). Da ein Verkehrslärmschutzgesetz in der 8. Legislaturperiode des Bundestages nicht zustande gekommen ist205, fehlt indessen auf dem ebenso wichtigen wie problematischen Sektor des Lärmschutzes bei Straßen und Schienenwegen eine positiv-rechtliche Konkretisierung als Richtschnur der einschlägigen Planfeststellungen. Daher ist es insoweit wie auch im Hinblick auf sonstige Belange des Umweltschutzes bei den lückenhaften Regelungen der Planfeststellungsgesetze über Schutzauflagen und Entschädigungspflichten 206 sowie bei den hierzu von der Rechtsprechung praktizierten Grundsätzen geblieben. Das BVerwG 207 unterscheidet zwischen gemeinnützigen Planfeststellungen aus Gründen des Allgemeinwohls und privatnützigen Planfeststellungen für Vorhaben, die allein im privaten Interesse ausgeführt werden sollen. Die rechtlichen Schranken gemeinnütziger Planfeststellungen sind vor allem im Hinblick auf den verkehrsbezogenen Immissionsschutz 208 entwickelt worden. Eine privatnützige Planfeststellung, die insbesondere für private Gewässerausbauten erforderlich ist, unterliegt strengeren Anforderungen. Sie vermag Eingriffe in Rechte Dritter nicht zu rechtfertigen und muß außerdem versagt werden, wenn sie unter irgendeinem rechtlichen Gesichtspunkt zur Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit führen würde 209 . 203

204 205 206

207 208 209

Vgl. §§ 17 ff. FStrG; § 3 6 BundesbahnG; §§ 28 ff. PBefG; §§8 ff. LuftVG; §§7 ff. TelwegG; §§ 7 ff., 20 ff. A b f G ; § 31 W H G ; §§ 14 ff. WaStrG; § 41 FlurbG. Vgl. unten IV 3. Vgl. oben I 3 mit Fußn. 66. So § 17 Abs. 4 FStrG; § 29 Abs. 2 PBefG; § 9 Abs. 2 LuftVG; § 8 Abs. 1 AbfG; § 19 Abs. 3 und 5 WaStrG. BVerwGE 55, 220 (226ff.); 56, 110 (118ff.); 59, 253 (257); N u R 1981, 25. Vgl. unten V 5 a. BVerwGE 55, 220 (227, 229).

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2. Administrative Kontrollinstrumente Trotz der zunehmenden Verbreitung und Bedeutung der Planungs- und Verteilungsinstrumente ist der Umweltschutz gleichermaßen auf administrative Kontrollinstrumente angewiesen, die dem Gesetzes- oder Planvollzug im Einzelfall dienen. Sie entstammen dem klassischen, polizeirechtlich geprägten Arsenal der Eingriffsverwaltung. Das Umweltschutzrecht hat diese Kontrollinstrumente übernommen und in differenzierter Weise fortentwickelt. a) Anmeldepflichten: Anmelde- oder Anzeigepflichten des Bürgers sind in formeller und grundsätzlich auch in materieller Hinsicht das mildeste Instrument zur Kontrolle umweltrelevanter Tätigkeiten. Sie können zwei unterschiedliche Funktionen erfüllen. Zum einen kann eine Anmeldepflicht einer einmaligen, der Vornahme einer umweltrelevanten Handlung vorgeschalteten Eröffnungskontrolle dienen. Damit erfüllt sie die gleiche Funktion wie ein präventives gesetzliches Verbot unter dem Vorbehalt einer administrativen Erlaubnis oder Genehmigung. Diesen Merkmalen entspricht die Anmeldepflicht nach den §§ 4 ff. ChemG. Der Gesetzgeber hat ihr den Vorzug vor einer Zulassungspflicht in Gestalt eines Genehmigungsvorbehalts gegeben, weil das Anmeldeverfahren einfacher und praktikabler als ein Zulassungsverfahren erschien 210 und die grundrechtsrelevanten Wettbewerbsverzerrungen 211 dadurch abgeschwächt werden. Allerdings kann eine Anmeldepflicht durch die konkrete Ausgestaltung des Verfahrens, der interimistischen, während des Verfahrens geltenden Rechtslage und der Ermächtigungen zu administrativen Verboten und Beschränkungen in materieller Hinsicht ebenso kontrollintensiv und belastend wie eine Zulassungspflicht wirken. Zum anderen kann eine Anmeldepflicht einer fortlaufenden, umweltrelevante Tätigkeiten begleitenden Befolgungskontrolle dienen. Diese Funktion erfüllen z. B. die Anzeige- und Nachweispflichten im Rahmen der Überwachung der Abfallbeseitigung (§ 11 AbfG) sowie die Pflicht des Anlagenbetreibers zur Abgabe einer Emissionserklärung (§ 27 BImSchG). Derartige Anmelde- oder Anzeigepflichten treten nicht an die Stelle einer Zulassungspflicht, sondern ergänzen und perpetuieren die in einem Zulassungsverfahren durchgeführte Eröffnungskontrolle. b) Gesetzliche Verbote mit Erlaubnis- oder Genehmigungsvorbehalt: Unter den administrativen Kontrollinstrumenten des Umweltschutzes nehmen gesetzliche Verbote mit Erlaubnis- oder Genehmigungsvorbehalt eine Schlüsselstellung ein. Auch im Umweltschutzrecht muß insoweit unterschieden werden, ob es sich um ein präventives Verbot unter dem Vorbehalt einer admini210 BT-Drucks. 8/3319, S. 17; Vgl. auch zur Festlegung auf ein Anmeldeverfahren durch die EG-Richtlinie vom 18. 9. 1979 (79/831 /EWG) Rehbinder, in: Dokumentation zur 4. wissenschaftlichen Fachtagung der Gesellschaft für Umweltrecht, 1980, S. 119f. 211

Vgl. oben I 5b.

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strativen Unbedenklichkeitserklärung oder um ein repressives Verbot unter dem Vorbehalt einer administrativen Befreiung 212 handelt. aa) Ein präventives Verbot der ersteren Art liegt z. B. dem Vorbehalt der rechtlich gebundenen personen- und betriebsbezogenen Einsammlungs- und Beförderungsgenehmigung nach § 12 AbfG zugrunde. Diese Genehmigung ist zu erteilen, wenn gewährleistet ist, daß eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit nicht zu besorgen ist, insbesondere keine Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Antragstellers oder der für die Leitung und Beaufsichtigung des Betriebes verantwortlichen Personen ergeben, und die geordnete Beseitigung im übrigen sichergestellt ist (§ 12 Abs. 1 Satz 2 AbfG). Auch die sachbezogene Anlagengenehmigung nach den §§ 4ff. BImSchG beruht auf einem präventiven Verbot unter dem Vorbehalt einer administrativen, rechtlich vollauf gebundenen Unbedenklichkeitserklärung 213 . Allerdings sind die rechtsbegrifflichen Voraussetzungen dieser Genehmigung, verglichen mit den ehemaligen §§ 16 ff. GewO, vor allem durch den Vorsorgegrundsatz (§ 5 Nr. 2 BImSchG) und die gesetzliche Verweisung auf den fortschrittlichen Stand der Technik (§ 3 Abs. 6 BImSchG) verschärft worden 214 . Der grundsätzliche Rechtscharakter des zugrunde liegenden gesetzlichen Verbots und der Anlagengenehmigung ist dadurch jedoch nicht geändert worden. bb) Auf der Grenze zwischen einem präventiven und einem repressiven Verbot ist der Vorbehalt der atomrechtlichen Anlagengenehmigung angesiedelt. Einerseits steht der Genehmigungsbehörde ein Versagungsermessen zu, wenn die rechtsbegrifflichen Genehmigungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 2 AtomG erfüllt sind 215 . Der Grund für die Einräumung dieses Ermessens besteht darin, daß die friedliche Nutzung der Kernenergie mit neuartigen, noch nicht vollständig geklärten Risiken verbunden ist216. Andererseits steht der Förderungszweck des § 1 Nr. 1 AtomG der Annahme entgegen, dem Vorbehalt der atomrechtlichen Anlagengenehmigung liege ein repressives Verbot zugrunde. Ein solches Verbot wäre auch mit dem Grundrechtsschutz des Unternehmers aus den Art. 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 G G nicht vereinbar 217 . Auf eine knappe Formel gebracht, beruht die Genehmigungspflicht nach § 7 AtomG auf einem präventiven, aber potentiell restriktiven Verbot. cc) Demgegenüber geht die wasserwirtschaftsrechtliche Benutzungsordnung der §§ l a f f . W H G von einem repressiven Verbot unter dem Vorbehalt 212

213 214 215 216

217

Allgemein zu dieser Unterscheidung statt vieler: Wolff / Bachof, VerwR I, 9. Aufl. 1974, § 48 IIc; Maurer, Allg. VerwR, 1980, S. 151 ff.; in verfassungsrechtlicher Hinsicht BVerfGE 20, 150. BVerwGE 55, 250 (253ff.) = DVB1. 1978, 591 mit Anm. von Breuer. Vgl. unten V 2. BVerfGE 49, 89 (144ff.) m. w. N. So bereits die Gesetzesmaterialien: BR-Drucks. 244/58, S. 6f.; BT-Drucks. III/759, S. 59; in der Rspr. insbes. BVerfGE 49, 89 (146). Vgl. BVerfGE 49, 89 (144ff.).

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einer administrativen Befreiung aus 218 . Benutzungen der Gewässer sind grundsätzlich nur als öffentlich-rechtliche Sondernutzungen auf der Grundlage einer befugnisverleihenden und widerruflichen Erlaubnis oder einer rechtsverleihenden und unwiderruflichen, aber befristeten Bewilligung zulässig (§ 2 Abs. 1 WHG). Wenn die rechtsbegrifflichen Voraussetzungen der §§6, 7 a Abs. 1 W H G und bei einem Bewilligungsantrag die weiteren Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 bis 4 W H G erfüllt sind, steht die Erteilung der Erlaubnis oder Bewilligung im Ermessen der Wasserbehörde. Das Wasserdargebot unterliegt hierdurch einer strengen öffentlichen Bewirtschaftung 219 . Die Benutzungen der Gewässer sind aus dem Eigentum i. S. des Art. 14 Abs. 1 G G ausgegliedert 220 . Befugnisse und Rechte zur Gewässerbenutzung ergeben sich nicht aus dem Grundeigentum (§ 1 a Abs. WHG), anderen privaten Rechten oder der allgemeinen Handlungsfreiheit, sondern aus einer öffentlich-rechtlichen Zuteilung. Verglichen mit anderen Sektoren des Umweltschutzes, zeichnet sich die wasserwirtschaftsrechtliche Benutzungsordnung dadurch aus, daß die Zulassungskontrolle durch die Umweltfachplanung dirigiert und an restriktiven Zielen orientiert wird. Die erste Schaltstelle dieses Bewirtschaftungssystems besteht in dem rechtsbegrifflichen Merkmal des Wohls der Allgemeinheit, dessen Beeinträchtigung nach § 6 W H G zur Versagung der beantragten Erlaubnis oder Bewilligung zwingt. Was das Wohl der Allgemeinheit erfordert, kann vielfach nur anhand der einschlägigen wasserwirtschaftlichen Fachpläne und der hierin vorgezeichneten räumlichen und funktionalen Differenzierung beurteilt werden 221 . Auch andere Pläne können das Wohl der Allgemeinheit i. S. des § 6 W H G konkretisieren und konstituieren. Insofern ist zu beachten, daß das Wohl der Allgemeinheit auch Belange nicht-wasserwirtschaftlicher Art umfaßt. Dies gilt insbesondere für Belange der Raumordnung, des Städtebaues, des Natur- und Landschaftsschutzes sowie des Gesundheitsschutzes 222 . Etwas anderes gilt indessen, wenn für die Wahrung bestimmter nicht-wasserwirtschaftlicher Belange in einschlägigen Rechtsnormen ein spezieller Genehmigungsvorbehalt geregelt ist. Die Wasserbehörde 218

219

220

221

222

Vgl. Gieseke / Wiedemann / Czychowski, WHG, 3. Aufl. 1979, § 2 Rdnr. 34; Sieder / Zeitler / Dahme, WHG, § 2 Rdnr. 2 b ; Kimminich, BK, Art. 14 (Drittbearb.) Rdnr. 176. Vgl. auch Salzwedel, unten 9. Abschn., I 2 b; Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, Vorbem. vor § 1 Rdnr. 10; Breuer, Öffentl. und priv. WasserR, 1976, Rdnr. 31; Czychowski, in: Festgabe aus Anlaß des 25jährigen Bestehens des BVerwG, 1978, S. 129 ff. Insoweit zutreffend BGH NJW 1978, 2290 = DVB1. 1979, 58; vgl. hierzu Breuer, ZfW 1979, 86 f. Vgl. Gieseke/Wiedermann/Czychowski, WHG, 3. Aufl. 1979, § 6 Rdnr. 27; Sieder/ Zeitler/Dahme, WHG, § 6 Rdnr. 16. Vgl. hierzu BVerwGE 55, 220 (229ff.); VGH Bad.-Württ. ESVGH 21, 48; ZfW 1980, 233 (235); ferner statt vieler: Gieseke/Wiedemann/Czychowski, WHG, 3. Aufl. 1979, § 6 Rdnr. 8; Salzwedel, RdWWi 15, 49; Breuer, Öffentl. und priv. WasserR, 1976, Rdnr. 92.

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darf ihre Entscheidung dann nicht auf die hierunter fallenden Gesichtspunkte stützen und ist an diesbezügliche Entscheidungen der zuständigen anderen Fachbehörde gebunden 223 . Die zweite Schaltstelle des wasserwirtschaftsrechtlichen Bewirtschaftungssystems ist das Versagungsermessen nach § 6 WHG. Wenn die Voraussetzungen einer Gefährdung der öffentlichen Wasserversorgung oder einer anderweitigen Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit nicht dargetan sind, kann die Wasserbehörde hiernach die beantragte Erlaubnis oder Bewilligung mit der Begründung ablehnen, daß die fragliche Benutzung in dem betreffenden Gebiet eine unübersehbare wasserwirtschaftliche Entwicklung auslösen könne 224 . Dabei muß der Gesamtzustand der zugelassenen, beantragten, angemeldeten oder sonst zu erwartenden Benutzungen dargelegt und dem ermittelten Wasserdargebot gegenübergestellt werden. Die Behörde darf im Rahmen ihres Ermessens angesichts unsicherer Prognosen Vorsicht walten lassen und, über eine Gefahrenabwehr und Risikovorsorge hinausgehend, eine Pflege quantitativer und qualitativer Reserven betreiben 225 . Allerdings überschreitet die Behörde ihren Ermessensspielraum, wenn sie die Sorge vor einer unübersehbaren wasserwirtschaftlichen Entwicklung abstrakt und absolut anführt. Sie muß vielmehr ein „planulistisches" 226 , d. h. planvertretendes oder planergänzendes Bewirtschaftungskonzept sowie konkrete Ermittlungen und Prognosen dartun. Ein repressives Verbot liegt auch dem Genehmigungsvorbehalt für die Rodung und Umwandlung von Wald in eine andere Nutzungsart nach der Rahmenvorschrift des § 9 BWaldG und den landesgesetzlichen Ausfüllungsvorschriften zugrunde. Eine rechtsbegriffliche Bindung besteht nur in negativer Hinsicht: Die Genehmigung „soll" versagt werden, wenn die Erhaltung des Waldes überwiegend im öffentlichen Interesse liegt, insbesondere wenn der Wald für die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts, die forstwirtschaftliche Erzeugung oder die Erholung der Bevölkerung von wesentlicher Bedeutung ist (§ 9 Abs. 1 Satz 3 BWaldG). Im übrigen hat die Forstbehörde ein Planungs- und Bewirtschaftungsermessen nach Maßgabe eines umfassenden Abwägungsgebotes (§ 9 Abs. 1 Satz 2 BWaldG). Die landesgesetzliche Vorschrift des § 41 Abs. 2 ForstG N W füllt insoweit den bundesgesetzlichen Rahmen dahin aus, daß die Forstbehörde unter Berücksichtigung der Ziele der Landesplanung abzuwägen hat, welche Nutzungsart auf die Dauer für das Gemeinwohl von größerer Bedeutung ist. Die Repressivität dieses Genehmigungsvorbehalts und der öffentlichen, planerisch ausgerichteten Bewirtschaf-

223

224

225 226

BVerwG DÖV 1980, 178 mit Anm. von Krause, S. 522f.; auch OVG Lüneburg, ZfW 1979, 58. BVerwG ZfW 1965, 98 (106), insoweit in BVerwGE 20, 219 nicht abgedruckt; OVG Münster ZfW 1979, 58. Breuer, Öffentl. und priv. WasserR, 1976, Rdnr. 89. Der Begriff des „Planulismus" geht zurück auf Ipsen, in: Kaiser (Hrsg.), Planung I, 1965, S. 55; ders., in: Kaiser (Hrsg.), Planung II 1966, S. 75.

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tung entspricht der spezifischen „Sozialfunktion des Waldes" 227 sowie dem faktischen Charakter der Rodung als „substanzvernichtender GebrauchsNutzung" 228 . c) Administrative Verbote und andere repressive Verfügungen: Das repressive Einschreiten der Verwaltung gegen Schädigungen, Gefährdungen oder Belastungen der Umwelt richtet sich teils nach allgemeinen Regeln, teils nach spezifischen und differenzierten Vorschriften des Umweltschutzrechts. Wesentliche Bedeutung kommt dabei der Unterscheidung zu, ob die Handlung oder Anlage, die Gegenstand der repressiven Verfügung ist, formell legal oder illegal ist. Formelle Legalität liegt — ebenso wie im Baurecht — vor, wenn die fragliche Handlung oder Anlage erlaubt, genehmigt oder durch einen sonstigen Akt zugelassen ist229. aa) Gegen eine formell legale Handlung oder Anlage kann nur auf der Grundlage und in den Grenzen der Regeln über die Rücknahme, den Widerruf und die nachträgliche Einschränkung oder Durchbrechung des Zulassungsaktes eingeschritten werden 230 . Ist der Zulassungsakt von Anfang an rechtswidrig, die formell legale Handlung oder Anlage also materiell illegal, so kann der Zulassungsakt unter den Voraussetzungen des § 48 VwVfG zurückgenommen werden. Abgesehen von § 17 Abs. 2 AtomG, enthält das Umweltschutzrecht keine Spezialregelungen der Rücknahme. Selbst § 17 Abs. 2 AtomG bestimmt lediglich, daß Genehmigungen und allgemeine Zulassungen zurückgenommen werden können, wenn eine ihrer Voraussetzungen bei der Erteilung nicht vorgelegen hat. Ist der Zulassungsakt im Zeitpunkt seines Erlasses rechtmäßig, die fragliche Handlung oder Anlage in diesem Zeitpunkt also formell und materiell legal, so greifen weithin umweltschutzrechtliche Spezialregelungen über den Widerruf sowie nachträgliche Einschränkungen und Durchbrechungen des Zulassungsaktes ein. Solche Regelungen finden sich für das Immissionsschutzrecht der genehmigungsbedürftigen Anlagen in den Vorschriften über nachträgliche Anordnungen, Untersagungs-, Stillegungs- und Beseitigungsverfügungen sowie den Widerruf der Anlagengenehmigung (§§ 17, 20, 21 BImSchG) 231 , für das Atomrecht in den Vorschriften über „nachträgliche Auflagen" und den Widerruf der Anlagengenehmigung sowie sonstiger Genehmigungen und „allgemeiner Zulassungen" (§ 17 AtomG) 232 und für das Wasserwirtschaftsrecht in den Vorschriften über 227

228 229

230

231 232

Vgl. hierzu Ebersbach, Agrarrecht 1972, 129ff.; auch Kimminich. BK, Art. 14 (Drittbearb.) Rdnr. 169. Breuer, ZfW 1979, 93 f. In diesem Sinne auch Schwabe, NJW 1978, 2313; zum Baurecht Friauf, oben 6. Abschn., III 3 b und d. Grundlegend für die Baugenehmigung Friauf, DVB1. 1971, 722; ders. auch oben 6. Abschn., III 3 b; jeweils m. w. N. Vgl. unten V 2 g und h. Vgl. hierzu die Kommentierung bei Fischerhof, Dt. AtomG mit StrahlenschutzR, Bd. I, 2. Aufl. 1978.

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den gesetzlichen Vorbehalt nachträglicher Anordnungen, den generell zulässigen Widerruf der Erlaubnis und die ausnahmsweise zulässige Beschränkung oder „Rücknahme" — richtigerweise: den Widerruf — der Bewilligung (§§ 5, 7, 12 WHG) 233 . bb) Gegen eine formell illegale Handlung oder Anlage kann die zuständige Fachbehörde aufgrund der polizei- oder ordnungsrechtlichen Generalklausel einschreiten. Der Verstoß gegen das Umweltschutzrecht stellt eine Verletzung der „öffentlichen Sicherheit" i. S. des Polizei- und Ordnungsrechts dar 234 . Die Frage, ob neben der zuständigen Fachbehörde auch die allgemeine Polizeioder Ordnungsbehörde für derartige repressive Eingriffe zuständig ist, muß aufgrund des jeweiligen Landesrechts unterschiedlich beantwortet werden 235 . Anders als im Baurecht, wo eine Beseitigungsverfügung oder ein anderer definitiver Eingriff nicht auf die bloße formelle Illegalität einer baulichen Anlage gestützt werden kann 236 , erwachsen im Umweltschutzrecht aus der formellen und der materiellen Illegalität keine prinzipiell unterschiedlichen Rechtsfolgen. Eine formell illegale, umweltschutzrechtlich gestattungsbedürftige Handlung oder Anlage ist regelmäßig als schlechthin illegal zu behandeln. Eine Berufung auf die materielle Legalität ist ohne formelle Legalität grundsätzlich ausgeschlossen. Dies gilt insbesondere für das Wasserwirtschaftsrecht und illegale Benutzungen oder Ausbauten von Gewässern 237 sowie für das Abfallbeseitigungsrecht und die illegale Abfallbeseitigung 238 . Der Grund für die Abweichung vom Baurecht liegt in der spezifischen Sozialrelevanz des Umweltschutzes sowie der typischen Irreversibilität von Schädigungen und Belastungen der Umwelt. Zu weit geht allerdings die Formulierung des BVerwG 239 , daß eine rechtliche Trennung zwischen formeller und materieller Illegalität für bestimmte Sektoren des Umweltschutzrechts wie das Wasserrecht nicht möglich sei und eine materiell legale Gewässerbenutzung ohne formelle Legalität ausgeschlossen sei. Wie das BVerwG 240 selbst eingeräumt hat, kann sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall ergeben, daß eine auf die Illegalität einer Gewässerbenutzung gestützte Untersagungsverfügung rechtmäßig nur dann ist, wenn eine Beeinträchtigung des Wassers konkret zu erwarten ist. 233

234 235

236 237

238 239 240

Vgl. hierzu Salzwedel, unten 9. Abschn., III 5; Breuer, Öffentl. und priv. WasserR, 1976, Rdnr. 126 ff. Vgl. Friauf, oben 3. Abschn., II 1 c, aa m. w. N.; ferner Gassner, NuR 1981, 6ff. Vgl. für den Bereich des Wasserrechts Breuer, Öffentl. und priv. WasserR, 1976, Rdnr. 196 m. w. N. Friauf, oben 6. Abschn., III 3 d, aa mit Nachw. insbes. zur Rspr. BVerwG NJW 1978, 2311; OVG Münster ZfW 1974, 379; OVG Hamburg DVB1. 1979, 235; Breuer, Öffentl. und priv. WasserR, 1976, Rdnr. 197. VGH Mannheim DÖV 1977, 332. NJW 1978, 2312 mit krit. Anm. von Schwabe. NJW 1978,2312.

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cc) Überhaupt erfüllt das rechtsstaatliche Übermaßverbot, das die Postulate der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit umschließt 241 , für das repressive Einschreiten gegen Schädigungen, Gefährdungen und Belastungen der Umwelt eine dirigierende und limitierende Funktion. Dies gilt bei formell legalen wie bei formell illegalen Handlungen und Anlagen. So kann bei formeller Legalität eine Untersagungsverfügung oder der Widerruf einer Genehmigung trotz Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen rechtswidrig sein, wenn der Eingriffszweck auch durch eine nachträgliche Anordnung in Gestalt einer bloßen Genehmigungsbeschränkung oder Nebenbestimmung erreicht werden kann 242 . Ebenso kann das gänzliche Verbot einer formell illegalen Handlung oder Anlage rechtswidrig sein, wenn zur Erreichung des Eingriffszwecks eine bloße Nutzungs- oder Betriebsbeschränkung ausreicht 243 . Das repressive Einschreiten gegen formell legale Handlungen oder Anlagen begegnet außerdem den verfassungsrechtlichen Schranken der Eigentumsgarantie. Der Widerruf einer Anlagengenehmigung oder deren Einschränkung durch eine ruinös wirkende nachträgliche Anordnung kann den Tatbestand einer entschädigungspflichtigen Enteignung erfüllen, sofern der Widerrufs- oder Anordnungsgrund nicht in der Sphäre des Genehmigungsadressaten liegt244. Der Widerruf kann unter Gesichtspunkten des Investitions- und Vertrauensschutzes selbst dann enteignend wirken, wenn die Genehmigung unter Widerrufsvorbehalt erteilt worden war 245 . Ob insoweit die öffentlichrechtliche Genehmigungsposition oder das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als Schutzobjekt der Eigentumsgarantie anzusehen ist246, mag hier offen bleiben. Jedenfalls sind die umweltschutzrechtlichen Vorschriften über den Widerruf einer Genehmigung oder deren Einschränkung durch nachträgliche Anordnungen mit Entschädigungsregelungen gekoppelt, die den Anforderungen der Junktimklausel (Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG) genügen. d) Administrative Überwachung: Damit die zuständigen Fachbehörden ihre Zulassungskontrolle sowie Verbote und andere repressive Verfügungen auf eine hinreichend breite und fundierte Informationsbasis stützen können, sehen die Umweltschutzgesetze eine administrative Überwachung vor. Diese 241

242 243

244

245

246

Grundlegend Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht, 1961, S. 21; ferner Wendt, AöR 104 (1979), S. 414ff.; zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch Grabitz, AöR 98 (1973), S. 568 ff. Seilner, ImmissionsschutzR und Industrieanlagen, 1978, Rdnr. 477, 518. OVG Münster ZfW 1974, 379; Breuer, Öffentl. und priv. WasserR, 1976, Rdnr. 197; auch Seltner, wie Fußn. 242, Rdnr. 488. Vgl. Johlen, NJW 1976, 2156; Schenke, DVB1. 1976, 741 ff.; Stelkens / Bonk/ Leonhardt, VwVfG, 1978, § 49 Rdnr. 21. BGHZ 25, 266 (270); vgl. auch für die kraft Gesetzes widerrufliche wasserrechtliche Erlaubnis OVG Münster ZfW 1968, 195 (200); Salzwedel, RdWW 19, 46ff., 56ff.; Breuer, Öffentl. und priv. WasserR, 1976, Rdnr. 144. Vgl. hierzu Breuer, a. a. O. (Fußn. 85), S. 184f.

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zeichnet sich durch Permanenz u n d einen sektoral umfassenden Ansatz aus. Im Verhältnis zu den punktuell angesetzten Instrumenten der Zulassungskontrolle und des repressiven Einschreitens erfüllt sie eine Vorbereitungsund Hilfsfunktion. Ihre Anwendungsfelder sind vor allem die wasserwirtschaftsrechtliche Überwachung (§ 21 W H G ) , die anlagenbezogene Ermittlung von Emissionen und Immissionen (§§ 2 6 - 3 1 BImSchG), die gebietsbezogene Überwachung der Luftverunreinigung (§§ 4 4 - 4 7 BImSchG) u n d die allgemeine Überwachung auf dem Sektor des Immissionsschutzes (§ 52 BImSchG) 2 4 7 , die staatliche Aufsicht über die friedliche Nutzung der Kernenergie (§ 19 AtomG) 2 4 8 , die chemikalienrechtliche Überwachung (§ 21 ChemG) 2 4 9 sowie die Überwachung auf dem Sektor der Entsorgung (§ 11 AbfG, § 6 AltölG) 250 . Als rechtliche Instrumente der Überwachung stehen den zuständigen Fachbehörden Befugnisse zu administrativen Messungen, Untersuchungen und Einsichtnahmen zur Verfügung, ferner korrespondierende Duldungspflichten sowie Meß-, Buchführungs-, Nachweis-, Auskunftsund Anzeigepflichten auf Seiten der Eigentümer, Besitzer, Anlagenbetreiber und sonstigen Unternehmer. Die Nichterfüllung dieser Pflichten stellt nach Maßgabe näherer gesetzlicher Regelungen eine Ordnungswidrigkeit dar und ist dadurch sanktionsbewehrt 2 5 1 . 3. Abgabenrechtliche Steuerungsinstrumente Diskussionen über die Erhebung öffentlicher Abgaben im Interesse des Umweltschutzes pflegen mit einem Bekenntnis zum Verursacherprinzip eingeleitet zu werden 252 . Ebenso wie das Verursacherprinzip unterschiedliche Systemvarianten umschließt 253 , folgen jedoch auch die umweltbezogenen öffentlichen Abgaben des geltenden Rechts unterschiedlichen Zielsetzungen u n d Systemprinzipien. a) Ausgleichsabgaben bei Eingriffen in Natur und Landschaft: Für den medialen Schutz des Bodens hat die Regelung über Eingriffe in Natur und Landschaft (§ 8 BNatSchG) zentrale Bedeutung. Das Gesetz schreibt in mehrfacher Abstufung die Vermeidung solcher Eingriffe, konkret-kompensatorische M a ß n a h m e n zum Ausgleich unvermeidbarer Beeinträchtigungen 247 248

249 250

251 252

253

Vgl. unten V 2 i. Vgl. hierzu die Kommentierung bei Fischerhof, Dt. AtomG und StrahlenschutzR, Bd. I, 2. Aufl. 1978. Vgl. hierzu Kloepfer, NJW 1981, 21 f. Vgl. hierzu die Kommentierung bei Hösel / v. Lersner, Recht der Abfallbeseitigung, Kennz. 1210. Zum Umwelt-Ordnungswidrigkeitenrecht unten III 5b. Vgl. statt vieler: Salzwedel, Studien zur Erhebung von Abwassergebühren, 1972, S. 52f.; Kloepfer, DÖV 1975, 593ff.; Dahme, AbwAG, 1976, S. 75; Berendes / Winters, Das neue AbwAG, 1981, S. 4f., 103. Vgl. oben 1 2 c.

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und eventuell ökologisch-kompensatorische Ersatzmaßnahmen vor 254 . Schließlich gestattet die bundesrahmengesetzliche Regelung die landesgesetzliche Einführung von Ausgleichsabgaben für unvermeidbare, weder durch Ausgleichs- noch durch Ersatzmaßnahmen kompensierbare Eingriffe 255 . Derartige Ausgleichsabgaben sind in mehreren Bundesländern eingeführt worden. Sie runden das öffentlich-rechtliche Kontroll- und Kompensationssystem für Eingriffe in Natur und Landschaft in systemimmanenter Weise ab. aa) § 5 Abs. 3 LPflG Rh-Pf sieht vor, daß die zuständige Behörde den Verursacher verpflichten kann, anstelle von Ersatzmaßnahmen den erforderlichen Geldbetrag einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zur Durchführung von Ersatzmaßnahmen zur Verfügung zu stellen. Hierbei handelt es sich nicht um eine echte Ausgleichsabgabe, sondern um Kosten der Ersatzvornahme im Hinblick auf die dem Verursacher obliegenden Ersatzmaßnahmen. Diese Kostenpflicht verwirklicht die erste Systemvariante des Verursacherprinzips unter Beschränkung auf die Ist-Koster?56. Die Zulässigkeit einer solchen Kostenpflicht ergibt sich aus der in § 8 Abs. 9 BNatSchG ausdrücklich vorgesehenen landesgesetzlichen Einführung einer Verpflichtung des Verursachers, Ersatzmaßnahmen durchzuführen. Die Ersatzvornahme und die hierzu gehörende Kostenpflicht bilden lediglich Modalitäten der Verpflichtung zur Durchführung von Ersatzmaßnahmen. Sie sind schon aus diesem Grunde mit der Systematik der in § 8 BNatSchG geregelten Verursacherhaftung vereinbar. Nachteilig ist jedoch, daß der Verursacher hiernach nicht zur Zahlung verpflichtet werden kann, wenn die Durchführung von Ersatzmaßnahmen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist. bb) Soweit Gesetze anderer Länder Ausgleichsabgaben vorsehen, geschieht dies gerade für den Fall, daß unvermeidbare und nicht ausgleichbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft auch durch Ersatzmaßnahmen nicht kompensiert werden können. Damit wird für schwerwiegende Eingriffe, bei denen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ausscheiden, die Verursacherhaftung aufrechterhalten. Derartige Abgabepflichten wahren ebenfalls den Rahmen der ersten Systemvariante des Verursacherprinzips, schließen indessen die Soll-Kosten ein 257 . So soll nach einigen Landesgesetzen 258 eine Ausgleichsabgabe aufgrund einer Rechtsverordnung erhoben werden können, wenn der Verursacher eine Ersatzmaßnahme nicht selbst durchführen kann oder sinnvolle Ersatzmaßnahmen nicht möglich sind. Die Ausgleichsabgabe soll hiernach zweckgebunden sein für die Finanzierung von Maßnahmen, durch die Werte oder Funk254 255

256 257 258

Vgl. Breuer, NuR 1980, 93 ff. m. w. N. So Heiderich, N u R 1979, 19ff.; Eckardt, N u R 1979, 133ff.; Breuer, N u R 1980, 96ff.; a. A.: Schroeter, DVB1. 1979, 18f.; Fickert, BayVBl. 1978, 691 f. Vgl. oben I 2c, aa; Bullinger, a. a. O. (Fußn. 6), S. 70. Vgl. oben I 2c, aa; Bullinger, a. a. O. (Fußn. 6), S. 70. So § 11 Abs. 5 Nr. 2 und Abs. 7 BremNatSchG; ebenso § 10 Abs. 5 Nr. 2 und Abs. 7 RegE NdsNatSchG, LT-Drucks. 9/150.

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tionen des Naturhaushalts oder des Landschaftsbildes hergestellt oder in ihrem Bestand gesichert werden, die dem zerstörten Gut entsprechen. Diese Zweckbindung deckt sich mit der funktionalen Zielsetzung der Ersatzmaßnahmen, verzichtet allerdings auf deren räumliche Begrenzung. Die Abgabe bleibt dadurch an einen konkreten Kompensationszweck gebunden. Sie hält sich somit im systematischen Rahmen des § 8 BNatSchG, zumal sie der Aufrechterhaltung der Verursacherhaftung dient und nur subsidiär vorgesehen ist, falls Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen mit ihrem engeren Kompensationszweck nicht durchführbar sind. Sie versagt allerdings, wenn Maßnahmen zur Herstellung eines funktional gleichartigen oder ähnlichen Zustandes zur Kompensierung einer Beeinträchtigung von Natur und Landschaft, z. B. der Vernichtung eines Feucht- oder Ufergebietes, auf dem gesamten Territorium des betreffenden Landes nicht möglich sind. Deshalb ist nach der weitergehenden Vorschrift des § 11 Abs. 4 SaarlNatSchG eine ebenfalls subsidiäre Ausgleichsabgabe zu entrichten, soweit Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht durchführbar sind. Die Abgabe ist in einem allgemeineren Sinne zweckgebunden, nämlich für alle Maßnahmen, die der Verwirklichung der Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege dienen; Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen haben dabei jedoch Vorrang. Andere Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege dürfen aus dem Abgabenaufkommen nur subsidiär finanziert werden. Damit wird der Kompensationszweck der Ausgleichsabgabe aufgelockert, aber nicht aufgegeben. Da die Auflockerung nur insoweit erfolgt, als sie zur Aufrechterhaltung der Verursacherhaftung unumgänglich ist, wahrt jedenfalls auch die saarländische Lösung den systematischen Rahmen des § 8 BNatSchG. Noch weiter ist die Zweckbindung der Ausgleichsabgabe in den §§ 11 Abs. 5 Satz 3 und 50 Abs. 4 NatSchG B-W gelockert worden. Hiernach ist die Abgabe an einen Naturschutzfonds zu leisten, der die allgemeine Aufgabe hat, die Bestrebungen für die Erhaltung der natürlichen Umwelt und der natürlichen Lebensgrundlagen zu fördern und zur Aufbringung der benötigten Mittel beizutragen. In einem Katalog beispielhaft genannter Einzelaufgaben ist die Förderung von Maßnahmen zum Schutz der Natur und zur Pflege der Landschaft lediglich gleichrangig neben anderen Einzelaufgaben wie der Anregung und Förderung der Forschung und modellhaften Untersuchung auf dem Gebiet der natürlichen Umwelt aufgeführt (§ 50 Abs. 4 NatSchG B-W). Auch nach § 11 Abs. 3 Satz 4 und 5 NatSchG B-W sind Ausgleichsabgaben jedoch nur zu entrichten, soweit ein Eingriff nicht durch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen kompensiert werden kann. Das baden-württembergische Recht hält mithin ebenfalls, dem System des § 8 BNatSchG entsprechend, an der Subsidiarität der Ausgleichsabgaben und insoweit am Grundsatz möglichst gleichartiger oder zumindest ähnlicher Kompensation durch Ausgleichs* oder Ersatzmaßnahmen fest 259 . Darüber hinaus wird man der bun259

Breuer, NuR 1980, 98; so auch Benkert / Zimmermann,

NuR 1979, 101.

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desgesetzlichen Regelung nicht entnehmen können, daß auch die Verwendung des Abgabenaufkommens möglichst streng am Kompensationsgedanken ausgerichtet werden müßte. Nach § 14 Abs. 6 NatSchG Bin ist das Aufkommen aus der dort geregelten Ausgleichsabgabe ebenfalls nur in dem allgemeinen Sinne zweckgebunden, daß es für Maßnahmen einzusetzen ist, die dem Naturschutz und der Landschaftspflege dienen. Auch hiernach sind jedoch Ausgleichsabgaben nur zu entrichten, wenn Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht möglich oder untunlich sind. Die Berliner Ausgleichsabgabe hält sich mithin ebenso wie diejenige des baden-württembergischen Rechts innerhalb des bundesgesetzlichen Rahmens. cc) Unter den wiedergegebenen Voraussetzungen sind die landesgesetzlich geregelten Ausgleichsabgaben für Eingriffe in Natur und Landschaft bei öffentlichen ebenso wie bei privaten Vorhaben zu erheben. Dies gilt auch für Vorhaben in der Kompetenz der Bundesverwaltung oder einer Bundesauftragsverwaltung. Die hiergegen erhobenen verfassungsrechtlichen Einwände 260 greifen nicht durch. Kompetenzrechtlich sind die landesgesetzlichen Abgabenregelungen dadurch gedeckt, daß sie im Überschneidungsbereich von Bundes- und Landeskompetenzen angesiedelt sind und § 8 BNatSchG einen ausdrücklichen Vorbehalt zugunsten der Landesgesetzgebung enthält 261 . Finanzverfassungsrechtlich steht es mit der Ausgabenverteilungsregel des Art. 104 a Abs. 1 GG in Einklang, wenn der Bund entsprechend dem Verursacherprinzip mit den aus seinen Maßnahmen erwachsenden Kosten belastet wird 262 . dd) Die Bemessung der Ausgleichsabgaben muß sich nach deren Funktion im systematischen Rahmen des § 8 BNatSchG richten. Da die Regelung über Eingriffe in Natur und Landschaft die erste Systemvariante des Verursacherprinzips verwirklicht, indem sie nicht nur die gebotenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, sondern auch die Ausgleichsabgaben am Kompensationsgedanken ausrichtet 263 , ist es ein Gebot der Systemgerechtigkeit, daß die Ausgleichsabgaben entweder nach Dauer und Schwere des Eingriffs oder nach den Kosten, die der Verursacher für Ersatzmaßnahmen aufwenden müßte, bemessen werden müssen 264 . Die Landesgesetze schreiben demgemäß teils den Eingriffs-, teils den Soll-Kosten-Maßstab vor 265 . 260 261 262 263 264

265

So Schroeter, DVB1. 1979, 18f.; ähnlich Fickert, BayVBl. 1978, 691 f. Breuer, N u R 1980, 98 f. Eckardt, N u R 1979, 136; Breuer, NuR 1980, 99. Vgl. die obigen Ausführungen unter a a - c c . Kolodziejcok / Recken, Naturschutz, Landschaftspflege und einschlägige Regelungen des Jagd- und ForstR, Tz. 1125, § 8 BNatSchG Rdnr. 49; Breuer, NuR 1980, 99. Eingriffsmaßstab: § 14 Abs. 7 Satz 3 NatSchG Bin; grundsätzlich auch § 11 Abs. 6 Satz 2 NatSchG B-W; Soll-Kosten-Maßstab: § 11 Abs. 8 Nr. 2 BremNatSchG; § 11 Abs. 5 Satz 2 SaarlNatSchG; auch § 1 0 Abs. 8 Satz 2 RegE NdsNatSchG, LTDrucks. 9/150.

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b) Abwasserabgaben: Nach dem Abwasserabgabengesetz 2 6 6 werden ab 1. 1. 1981 öffentliche Abgaben für das Einleiten von Abwässern in ein Gewässer erhoben. Die Abgabe richtet sich nach der Schädlichkeit des Abwassers und wird auf der Basis des Bescheides, der die Einleitung zuläßt, ermittelt (§§ 3, 4 AbwAG). Für den sog. Restschmutz, der bei Anwendung der allgemein anerkannten Regeln der Technik nicht vermeidbar ist, wird der grundsätzlich vorgeschriebene Abgabesatz halbiert (§ 9 Abs. 5 AbwAG). Das Abgabenaufkommen ist zweckgebunden f ü r M a ß n a h m e n zur Erhaltung oder Verbesserung der Gewässergüte (§ 13 AbwAG). Die Abwasserabgabe stellt ein marktwirtschaftlich wirkendes Instrument des staatlichen Umweltschutzes dar, welches das planwirtschaftliche System des Wasserwirtschaftsrechts ergänzt. Sie soll Anreize setzen, in stärkerem Maße Kläranlagen zu bauen, den Stand der Abwasserreinigungstechnik zu verbessern, abwasserarme oder abwasserlose Produktionsverfahren zu entwickeln und Güter aus abwasserintensiven Produktionen sparsamer zu verwenden. Der Wettbewerbsvorteil des Gewässerverschmutzers soll durch die Internalisierung der verschmutzungsbedingten Kosten abgebaut werden 267 . Hierdurch wird der Zurechnungshorizont der wasserwirtschaftlichen Zulassungskontrolle insofern überschritten, als die Abwasserabgabe gerade die wasserwirtschaftsrechtlich zugelassene Gewässerverschmutzung ausgleichen soll. Sie erweist sich damit als Ausprägung der zweiten der oben 2 6 8 beschriebenen Systemvarianten des Verursacherprinzips. c) Beiträge zur Altölbeseitigung: Die Beiträge, die nach dem Altölgesetz 269 von Unternehmern der mit Schmier- oder Altölen umgehenden Wirtschaft an einen öffentlichen Rückstellungsfonds geleistet werden müssen, sind hingegen ein öffentlich-rechtliches Instrument zur Stützung der privatwirtschaftlichen Altölbeseitigung. Aus dem Beitragsaufkommen wird ein Netz von Betrieben unterstützt, die beitragsbelastete Altöle kostenlos abnehmen müssen 270 . Da die Beiträge zur Altölbeseitigung die Beseitigungspflicht der betroffenen Unternehmer abgelten sollen, verwirklichen sie die erste der oben 2 7 1 beschriebenen Systemvarianten des Verursacherprinzips. Dabei erfolgt die Auferlegung der Soll-Kosten im Wege einer generellen Ablösung der Beseitigungs- durch die Abgabepflicht.

266 267

268 269 270 271

Vom 13. 9. 1976 (BGBl. I S. 2721, ber. S. 3007). Vgl. BT-Drucks. 7/2272, S. 1 f., 21 ff.; 7/5183, S. 1 ff.; ferner Salzwedel, Studien zur Erhebung von Abwassergebühren, 1972; ders., RdWW 18, 7ff.; Kloepfer, DÖV 1975, 593ff.; Boehm, DÖV 1975, 597f.; Berendes / Winters, Das neue AbwAG, 1981,S.21. Vgl. oben I 2 c, bb. I. d. F. der Bekanntm. vom 11. 12. 1979 (BGBl. I S. 2113). BT-Drucks. V/5075, S. 4. Vgl. oben I 2c aa.

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4. Instrumente der privatrechtlichen Selbstregulierung Umwelteinwirkungen unterliegen nicht nur dem öffentlichen Recht. Inwieweit ein Eigentümer, ein sonstiger Nutzungsberechtigter oder ein Unternehmer im Verhältnis zum Nachbarn oder anderen faktisch Betroffenen zu Umwelteinwirkungen berechtigt und dabei durch Duldungspflichten der Betroffenen gesichert ist oder auf Abwehr-, Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche Betroffener stößt, richtet sich primär nach privatem Recht 272 . Allerdings hat das öffentliche Umweltschutzrecht nicht nur einen Ausgleich zwischen den mit Umwelteinwirkungen verfolgten Interessen und den betroffenen Belangen der Allgemeinheit, sondern auch einen Interessenausgleich zwischen den konkurrierenden Interessen der beteiligten Privaten zu regeln. Hierauf beruht die Wirkungsweise nachbar- und sonstiger drittschützender Rechtsnormen, die auch im öffentlichen Umweltschutzrecht subjektive, im Klagewege durchsetzbare Rechtspositionen begründen 273 . Insoweit gilt für raumgebundene Umweltbeziehungen öffentliches Nachbarrecht 274 . Das Privatrecht, insbesondere das private Nachbar- und Haftungsrecht, wird hierdurch jedoch nicht verdrängt, sondern lediglich ergänzt und überlagert. Jedenfalls bleiben die Rechtsbeziehungen zwischen den privaten Verursachern und den Betroffenen der Umwelteinwirkungen dem Grunde nach privatrechtlich, obwohl das öffentliche Umweltschutzrecht die zuständigen Behörden im Verhältnis zu den Verursachern vermöge eines stringenten Kontrollinstrumentariums 275 , eventuell sogar vermöge eines ökologisch und ressourcenökonomisch orientierten Planungs- und Verteilungsinstrumentariums 276 zu umfassender Regulierung ermächtigt. Da die Geltendmachung privatrechtlicher Abwehr-, Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche der Initiative der Betroffenen überlassen ist, bildet sie das Vehikel einer interprivaten Selbstregulierung der Umweltbeziehungen. Der öffentlich-rechtliche Umweltschutz wird hierdurch unterstützt 277 . Freilich sind einer solchen Selbstregulierung regelmäßig infolge der faktischen Unterlegenheit und der Beweisführungsprobleme der Betroffenen enge Grenzen gesetzt 278 . 272

273 274

275 276 277

278

Vgl. zum Wasserrecht Salzwedel, unten 9. Abschn., I 4.; ders., RdWWi 12, 50ff.; 18, 93ff.; 21, 65ff.; Breuer, Öffentl. und priv. WasserR, 1976, Rdnr. 227ff.; zum Immissionsschutzrecht Igt, Die rechtliche Behandlung der industriellen Luftverunreinigung in Frankreich und der Bundesrepublik Deutschland, 1976, S. 148ff.; allgemein Bender / Dohle, Nachbarschutz im Zivil- und VerwaltungsR, 1972, Rdnr. 314, 332ff., 445; Breuer, a. a. O. (Fußn. 85), S. 252ff.; Schapp, Das Verhältnis von priv. und öffentl. NachbarR, 1978. Vgl. Breuer, NJW 1978, 1558 f. mit Nachw. zur Rspr. Vgl. etwa Bender/Dohle, a. a. O., Rdnr. 133ff., 302ff.; Breuer, Öffentl. und priv. WasserR, 1976, Rdnr. 146; jeweils m. w. N. Vgl. oben III 2. Vgl. oben III 1. In diesem Sinne auch Rehbinder, RabelsZ 40 (1976), S. 383ff., 394ff.; Kloepfer, a. a. O. (Fußn. 26), S. 128ff.; ferner Salzwedel. RdWW 20, 72ff. Vgl. hierzu Rehbinder, RabelsZ 40 (1976), S. 394ff.; Igl, a.a.O. (Fußn. 272),

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a) Umweltnachbarrecht: Das private Umweltnachbarrecht hat seine Grundlage vor allem in den §§ 906ff., 1004 BGB, den Nachbarrechtsgesetzen der Länder 2 7 9 und einigen Vorschriften der Landeswassergesetze 280 . Das Verhältnis zwischen den Ansprüchen des privaten Umweltnachbarrechts und den administrativen Kontrollinstrumenten des öffentlichen Umweltschutzrechts, insbesondere den Erlaubnissen, Genehmigungen und ähnlichen Zulassungsakten, ist unterschiedlich ausgestaltet. Dabei folgt das geltende Recht vier verschiedenen Modellen. aa) Das erste Modell basiert auf der strikten Trennung zwischen Ansprüchen des privaten Umweltnachbarrechts und der öffentlich-rechtlichen Kontrolle. Diesem Modell entspricht die Rechtswirkung der wasserwirtschaftsrechtlichen Erlaubnis nach § 7 W H G . Sie verleiht ausschließlich eine öffentlich-rechtliche Befugnis zur Gewässerbenutzung und läßt die Rechte der Betroffenen unberührt. Diese sind grundsätzlich darauf verwiesen, ihre privatrechtlichen Ansprüche gegen den Erlaubnisinhaber im Zivilrechtsweg geltend zu machen 281 . bb) Dem zweiten Modell entspricht die Baugenehmigung in Ansehung umweltschutzrechtlicher Vorschriften, z. B. des § 22 BImSchG. Auch sie wird „unbeschadet privater Rechte Dritter" erteilt 282 , entbehrt also einer materiellrechtlichen Gestaltungswirkung gegenüber privatrechtlichen Ansprüchen und erhält die Trennung zwischen dem privaten Nachbarrecht und der öffentlich-rechtlichen Kontrolle prinzipiell aufrecht. Jedoch übt die Baugenehmigung eine formell-rechtliche Gestaltungswirkung aus, indem sie — auch im Falle ihrer Rechtswidrigkeit — die genehmigte Anlage gegen privatrechtliche Abwehransprüche absichert 283 . Die privatrechtlichen Ansprüche können insoweit nur geltend gemacht werden, wenn zuvor die Baugenehmigung durch die Bauaufsichtsbehörde oder das Verwaltungsgericht aufgehoben und damit der baulichen Anlage der formell-rechtliche Schutz der Genehmigung entzogen wird. cc) Das dritte Modell wird durch eine materiell-rechtliche, anspruchsändernde Gestaltungswirkung der öffentlich-rechtlichen Genehmigung gegenüber dem privaten Nachbarrecht gekennzeichnet. Nach diesem Modell sind die immissionsschutzrechtliche und die atomrechtliche Anlagengenehmigung ausgestaltet (§ 14 BImSchG, § 7 Abs. 6 AtomG). Hiernach kann aufgrund privatrechtlicher, nicht auf besonderen Titeln beruhender Ansprüche zur AbS. 152 ff.; Lummert / Thiem, Rechte des Bürgers zur Verhütung und zum Ersatz von Umweltschäden, 1980. 279 Z . B . NachbRG N-W vom 15.4.1969 (GVB1. S. 190), geändert durch G vom 18.2. 1975 (GVB1. S. 190). 280 V g l B r e u e r öffentl. und priv. WasserR, 1976 Rdnr. 242 f. m. w. N. 281 BGHZ 55, 180 (186); ferner Breuer, Öffentl. und priv. WasserR, 1976, Rdnr. 191, 236 m. w. N. 282 So z. B. § 88 Abs. 6 Satz 1 BauO N-W; § 99 Abs. 1 Satz 2 BauO Rh-Pf. 283 Friauf, DVB1. 1971, 718; Hans Schrödter, in: Schrödter, BBauG, 4. Aufl. 1980, § 31 Rdnr. 23.

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wehr benachteiligender Einwirkungen von einem Grundstück auf ein benachbartes Grundstück nicht die Einstellung des Betriebes einer Anlage verlangt werden, deren Genehmigung unanfechtbar ist. Statt dessen können nur noch Vorkehrungen verlangt werden, die die benachteiligenden Wirkungen ausschließen. Soweit solche Vorkehrungen nach dem Stand der Technik nicht durchführbar oder wirtschaftlich nicht vertretbar sind, kann lediglich Schadensersatz verlangt werden. Ein weitergehendes, auf Verhinderung der Errichtung oder Einstellung des Betriebes einer Anlage gerichtetes Begehren muß der Nachbar im Verwaltungsverfahren und, falls ein Streitfall eintritt, im Verwaltungsrechtsweg erheben. Wenn er dies versäumt oder erfolglos versucht hat, werden seine privatrechtlichen Ansprüche indessen nicht abgeschnitten, sondern lediglich in der beschriebenen Weise beschränkt 284 . Eine derartige Genehmigung, die kraft materiell-rechtlicher Gestaltungswirkung kollidierende privatrechtliche Ansprüche beschränkt, stellt einen unmittelbaren hoheitlichen Eingriff in die Eigentümerrechte der Nachbarn dar. Sie kann somit prinzipiell einen Enteignungstatbestand erfüllen, falls eine gewisse Opferschwelle überschritten ist285. Ungeachtet der Schwere und Tragweite der rechtsgestaltenden Anspruchsbeschränkung liegt jedoch eine entschädigungsfrei zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Nachbareigentums gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 G G vor, wenn das zugrunde liegende Gesetz dem Betroffenen in hinreichendem Maße modifizierte privatrechtliche Schutz- und Ausgleichsansprüche gegen den Genehmigungsbegünstigten einräumt 286 . Eben dies ist bei der immissionsschutzrechtlichen und der atomrechtlichen Anlagengenehmigung durch die Regelung der privatrechtlichen Ansprüche auf Schutzvorkehrungen, hilfsweise auf Schadensersatz (§ 14 BImSchG, § 7 Abs. 6 AtomG) geschehen. dd) Das vierte Modell geht insofern über das dritte hinaus, als die materiell-rechtliche Gestaltungswirkung des öffentlich-rechtlichen Zulassungsaktes nicht nur anspruchsändernder, sondern grundsätzlich anspruchsausschließender Art ist. Diese Wirkung eines „Zerreißwolfs" der privatrechtlichen Ansprüche übt z. B. die wasserwirtschaftsrechtliche Bewilligung aus 287 . Betroffene sind gehalten, nachteilige Wirkungen der fraglichen Gewässerbenutzung auf ihre Rechte oder ihre rechtlich geschützten Interessen nach Maßgabe des § 8 Abs. 3 und 4 W H G i. V. m. den ergänzenden Vorschriften der Landeswassergesetze im Verwaltungsverfahren und eventuell im Verwaltungsrechtsweg geltend zu machen. Ist die Bewilligung erteilt, kann ein Betroffener gegen 284

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Vgl. zum Ganzen Feldhaus, BImSchR, Bd. 1, § 14 A n m . 9 ; Ule, BImSchG, § 14 Rdnr. 2ff.; Seltner, ImmissionsschutzR und Industrieanlagen, 1978, Rdnr. 213ff. Vgl. RGZ 7, 265 (267); 31, 285 (287); 50, 225 (228); 59, 70 (74); BVerwGE 28, 131 (134f.); Scheuner, DÖV 1955, 547; Schwabe, DVB1. 1973, 108ff.; Breuer, a . a . O . (Fußn. 85), S. 274. Vgl. hierzu Breuer, a. a. O. (Fußn. 85), S. 272 ff. m. w. N. Vgl. Salzwedel, unten 9. Abschn., III 2 b; Breuer, Öffentl. und priv. WasserR, 1976, Rdnr. 235.

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den Bewilligungsinhaber keine Ansprüche geltend machen, die auf die Beseitigung einer Störung, auf die Unterlassung der Benutzung, auf die Herstellung von Schutzeinrichtungen oder auf Schadensersatz gerichtet sind (§ 11 W H G ) — eine Rechtswirkung, die durch Landesgesetz in Bayern 288 und Berlin 289 auf die wasserwirtschaftsrechtliche Erlaubnis übertragen worden ist. Ausnahmen von der Ausschlußwirkung gelten nur insoweit, als im Bewilligungsbescheid bei unklarer Sachlage nachträgliche Entscheidungen über Auflagen u n d Entschädigungen vorbehalten sind oder später unvorhersehbare nachteilige Wirkungen eintreten (§ 10 WHG). In ähnlicher Weise üben die Planfeststellungen f ü r umweltrelevante Großvorhaben eine materiell-rechtliche, anspruchsausschließende Gestaltungswirkung aus. Ist der Planfeststellungsbeschluß unanfechtbar geworden, so sind Ansprüche auf Unterlassung des Vorhabens, auf Beseitigung oder Änderung der Anlagen oder auf Unterlassung ihrer Benutzung ausgeschlossen. Treten nicht voraussehbare Wirkungen des Vorhabens oder der dem festgestellten Plan entsprechenden Anlagen auf das Recht eines anderen erst nach Unanfechtbarkeit des Planes auf, so kann der Betroffene ausnahmsweise die Festsetzung nachträglicher, auf Schutzvorkehrungen oder -anlagen gerichteter Auflagen und im Falle der Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit solcher M a ß n a h m e n Entschädigung verlangen 290 . Zulassungsakte, die so kraft materiell-rechtlicher Gestaltungswirkung kollidierende privatrechtliche Ansprüche ausschließen, erfüllen nicht nur den Tatbestand eines unmittelbaren hoheitlichen Eingriffs in die Eigentümerrechte der Nachbarn, sondern jenseits einer gewissen Opferschwelle auch einen Enteignungstatbestand. Das zugrunde liegende Gesetz überschreitet den Rahmen einer entschädigungsfrei zulässigen Inhalts- u n d Schrankenbestimmung des Eigentums insoweit, als effektive Schutzauflagen nicht möglich, die privatrechtlichen Ansprüche der Nachbarn schlechthin abgeschnitten u n d modifizierte privatrechtliche Schutz- und Ausgleichsansprüche nicht vorgesehen sind 291 . Soweit dadurch enteignende Wirkungen eintreten, ist nach Maßgabe des Art. 14 Abs. 3 Satz 2 und 3 G G ein öffentlich-rechtlicher Entschädigungsausgleich geboten. Diesen Erfordernissen genügen die gesetzlichen Vorschriften, die die fraglichen Zulassungsakte hilfsweise an eine Entschädigungspflicht binden, falls das zugelassene Vorhaben nachteilige, nicht abwendbare oder ausgleichbare Wirkungen auf Rechte oder rechtlich geschützte Interessen Betroffener zeitigt 292 .

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Art. 16 Abs. 3 BayWG: allerdings nur insoweit, als der Betroffene von dem Inhaber der Erlaubnis Schadensersatz, nicht aber die Unterlassung der Benutzung verlangen kann. § 16 Abs. 1 WG Bln. So § 75 Abs. 2 VwVfG; § 17 Abs. 6 FStrG. Vgl. Breuer, a. a. O. (Fußn. 85), S. 278 f. m. w. N. So § 8 Abs. 3 Satz 2 W H G ; § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG; § 17 Abs. 4 Satz 2 FStrG.

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b) Umwelthaftungsrecht: Das Umwelthaftungsrecht wird hier als Teil des privaten Deliktsrechts verstanden. Dadurch unterscheidet es sich zum einen von Ausgleichsansprüchen des privaten Umweltnachbarrechts, die insbesondere auf § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB gestützt werden können, und zum anderen von öffentlich-rechtlichen Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüchen, die entweder im Rahmen des öffentlichen Nachbarrechts wegen rechtmäßiger, nicht notwendigerweise enteignender Wirkungen hoheitlich errichteter oder betriebener Anlagen 2 9 3 oder aus Amtshaftung, enteignungsgleichem Eingriff oder Aufopferung wegen rechtswidriger Wirkungen umweltrelevanter hoheitlicher Maßnahmen 2 9 4 entstehen können. Das (private) Umwelthaftungsrecht entbehrt einer eigenständigen und geschlossenen Regelung. Seine Grundlagen bestehen vielmehr in den allgemeinen Vorschriften des privaten Deliktsrechts (§§ 823 ff. BGB) und einzelnen Regelungen einer Gefährdungshaftung. aa) Eine allgemein-deliktische Haftung auf Schadensersatz kann wegen einer schuldhaften umweltbedingten Schädigung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, des Eigentums, des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb oder eines sonstigen, nach § 823 Abs. 1 BGB geschützten Rechts oder wegen der schuldhaften Verletzung eines Schutzgesetzes des öffentlichen oder privaten Umweltschutzrechts nach § 823 Abs. 2 BGB begründet sein 295 . Erfüllt ein Verrichtungsgehilfe widerrechtlich einen dieser Tatbestände, so tritt die Haftung des Geschäftsherrn nach § 831 BGB hinzu 296 . Die Geltendmachung einer deliktischen Haftung f ü r Umweltschäden stößt jedoch auf besondere Schwierigkeiten. Als Crux erweisen sich dabei vor allem Feststellungen über die haftungsbegründende Kausalität bei der Summierung verschiedener, oft vielfältiger Umwelteinwirkungen, über die haftungsausfüllende Kausalität bei Körper- und Gesundheitsverletzungen, über die verantwortlichen Personen in Industriebetrieben sowie über das Verschulden bei technisch und ökologisch hochkomplexen Vorgängen 297 . Die Rechtsprechung kann solchen Schwierigkeiten mit der punktuellen Anerkennung einer Beweislastumkehr 298 oder eines prima-facie-Beweises zugunsten 293

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Vgl. unten V 5a zum verkehrsbezogenen Immissionsschutz; zum öffentlich-rechtlichen Charakter des Nachbarrechtsverhältnisses bei öffentlichen Kommunikationsanlagen Breuer, a. a. O. (Fußn. 85), S. 331 ff. m. w. N. Vgl. z. B. BGHZ 37, 44; DVB1. 1965, 157; NJW 1972, 101 = DVB1. 1972, 117; treten derartige Fälle ab 1. I. 1982 ein, ist Schadensausgleich in Geld nach Maßgabe des StaatshaftungsG vom 26. 6. 1981 (BGBl. I S. 553) zu leisten. Vgl. für den Immissionsschutz etwa Igl, a. a. O. (Fußn. 272), S. 148ff.; für den Gewässerschutz Breuer, Öffentl. und priv. WasserR, 1976, Rdnr. 237ff.; jeweils m. w. N. Vgl. hierzu Igl, a. a. O. (Fußn. 272), S. 154. Vgl. hierzu Rehbinder, RabelsZ 40 (1976), S. 394 ff.; Igl, a . a . O . (Fußn. 272), S. 152 ff. Zu denken ist etwa an eine Beweislastumkehr wegen schuldhafter Vereitelung der

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des Geschädigten 2 9 9 allenfalls partiell begegnen. Ob der Kausalitätsbeweis bei der Summierung verschiedener Umwelteinwirkungen durch die Anwendung des § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB verkürzt werden kann, erscheint zweifelhaft 3 0 0 . Die traditionelle deliktische Verschuldenshaftung tendiert mithin zur faktischen Begünstigung des Umweltverschmutzers 3 0 1 . So sprechen gute Gründe f ü r die rechtspolitische Forderung nach einer verschuldensunabhängigen Gefährdungs- oder Aufopferungshaftung f ü r Umweltschäden 3 0 2 . bb) Auf dem Sektor des Wasserwirtschaftsrechts regelt § 22 WHG eine weitreichende, von den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 823 Abs. 1 u n d 2 BGB losgelöste u n d verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung für „Änderungen der Beschaffenheit des Wassers" 303 . Nach dem Tatbestand der Verhaltenshaftung ist zum Schadensersatz verpflichtet, wer in ein Gewässer Stoffe einbringt oder einleitet oder wer auf ein Gewässer derart einwirkt, daß die physikalische, chemische oder biologische Beschaffenheit des Wassers verändert wird (§ 22 Abs. 1 WHG). Nach dem Tatbestand der Anlagenhaftung ist der Inhaber einer Anlage, die bestimmt ist, Stoffe herzustellen, zu verarbeiten, zu lagern, abzulagern, zu befördern oder wegzuleiten, zum Schadensersatz verpflichtet, wenn derartige Stoffe aus der Anlage in ein Gewässer hineingelangen, ohne in dieses eingebracht oder eingeleitet zu sein (§ 22 Abs. 2 WHG). Auch zu diesem Tatbestand gehört das (ungeschriebene) Merkmal, daß die physikalische, chemische oder biologische Beschaffenheit des Wassers verändert wird 304 . Sowohl die Verhaltens- als auch die Anlagenhaftung ist ausgeschlossen, wenn der Schaden durch höhere Gewalt verursacht ist 305 . Im übrigen setzt die Gefährdungshaftung nach § 22 W H G stets voraus, daß die Änderung der Wasserbeschaffenheit rechtswidrig ist 306 . Dadurch ist die Gefährdungshaftung an die öffentlich-rechtliche Benutzungsordnung für die Gewässer und an das private Wasser-Nachbarrecht angebunden. Haben mehrere die Einwirkungen vorgenommen oder sind aus den Anlagen mehrerer Inhaber unter den erwähnten Voraussetzungen Stoffe in ein Gewässer gelangt, so haften die betreffenden Verursacher oder Anlageninha-

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Beweisführung durch den Prozeßgegner; vgl. in anderem Zusammenhang OLG Köln VersR 1954, 295. Vgl. etwa BGH LM § 286 ZPO (C) Nr. 12. Nach dem Kriterium, daß eine Teilnahme an einem einheitlichen Vorgang gegeben sein muß (so BGHZ 55, 86, 93), dürfte diese Frage zu verneinen sein. Rehbinder, RabelsZ 40 (1976), S. 384; Kloepfer, a. a. O. (Fußn. 26), S. 128f. So Rehbinder, RabelsZ 40 (1976), S. 385; Kloepfer, a. a. O. (Fußn. 26), S. 128ff. Vgl. im einzelnen Breuer, Öffentl. und priv. WasserR, 1976, Rdnr. 272ff.; zum Ersatz von „Rettungskosten" neuerdings BGH DVB1. 1981, 630. OLG Celle VersR 1969, 355; Gieseke / Wiedemann / Czychowski, WHG, 3. Aufl. 1979, § 22 Rdnr. 44; Breuer, Öffentl. und priv. WasserR, 1976, Rdnr. 287. Vgl. hierzu BGHZ 47, 1 (14); 62, 351 (354). So auch Salzwedel, unten 9. Abschn., I 4 b m. w. N.; ferner Breuer, Öffentl. und priv. WasserR, 1976, Rdnr. 228, 273.

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ber als Gesamtschuldner (§22 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz WHG). Abweichend vom allgemeinen Deliktsrecht, wird dem Geschädigten somit bei der Summierung verschiedener Einwirkungen oder mehrerer aus Anlagen stammender Stoffe der Beweis d a f ü r erspart, daß der tatbestandsmäßige, von dem in Anspruch genommenen Verursacher oder Anlageninhaber zu verantwortende Wirkfaktor tatsächlich den eingetretenen Schaden verursacht hat. Der Geschädigte braucht nur zu beweisen, daß die fragliche Einwirkung oder der fragliche Stoff geeignet war, den entstandenen Schaden, wenn auch unter Hinzutreten weiterer schädigender Wirkfaktoren, herbeizuführen 3 0 7 . Zugunsten des Geschädigten gilt mithin die Vermutung, d a ß ein potentiell schädlicher Gefährdungsbeitrag den entstandenen Schaden tatsächlich verursacht hat. Diese Vermutung kann durch den Gegenbeweis widerlegt werden, daß die fragliche Einwirkung oder der fragliche Stoff auch bei der Summierung mit anderen Wirkfaktoren für den konkreten Schaden nicht ursächlich gewesen ist 308 . cc) Auf dem Sektor der friedlichen Nutzung der Kernenergie greift f ü r Schäden aus „einem von einer Kernanlage ausgehenden nuklearen Ereignis" die Gefährdungshaftung nach den § 25ff. AtomG i. V. m. den Pariser und Brüsseler Atomhaftungs-Übereinkommen ein. Diese Gefährdungshaftung weist sowohl gegenüber dem allgemeinen Deliktsrecht als auch gegenüber den Prinzipien anderer Gefährdungshaftungen des deutschen Rechts eine Reihe charakteristischer Besonderheiten a u f 0 9 . 5. Sanktionsinstrumente des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts Das Umweltverwaltungsrecht wird durch straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Vorschriften, die dem Umweltschutz zu dienen bestimmt sind, ergänzt u n d unterstützt. Den gesetzlichen Geboten und Verboten sowie den administrativen Kontroll- und Lenkungsmaßnahmen des Umweltverwaltungsrechts soll durch die Androhung u n d Anwendung der straf- u n d ordnungswidrigkeitenrechtlichen Sanktionsinstrumente Nachdruck verliehen werden. a) Umweltstrafrecht: Durch das 18. Strafrechtsänderungsgesetz vom 28. 3. 1980310, das am 1. 7. 1980 in Kraft getreten ist, sind die Vorschriften des Umweltstrafrechts aus den Spezialgesetzen des Umweltverwaltungsrechts herausgelöst und in den allgemeinen Normen der §§ 324ff. StGB zusammengefaßt, harmonisiert und teilweise verschärft w o r d e n 3 " . Sie umfassen die folgenden, prinzipiell an die verwaltungsrechtliche Gliederung angelehnten Tatbestände: 307 308 309 310 311

BGH NJW 1972, 205 (207 f.). BGH NJW 1972, 208. Vgl. unten VI 4. BGBl. I S. 373. Vgl. zum Ganzen Tiedemann, Die Neuordnung des UmweltstrafR, 1980;

Triffterer,

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aa) Verunreinigung eines Gewässers: Strafbar ist, wer unbefugt ein Gewässer verunreinigt oder sonst dessen Eigenschaften nachteilig verändert (§ 324 StGB). Dieser Tatbestand ist von der verwaltungsrechtlichen Benutzungsordnung des Wasserwirtschaftsrechts abgekoppelt. Er erfaßt auch Handlungen und Unterlassungen, die den Erfolg der Verunreinigung oder der sonstigen nachteiligen Eigenschaftsveränderung eines Gewässers herbeiführen, ohne einen erlaubnis- oder bewilligungspflichtigen Benutzungstatbestand (§ 3 WHG) in unbefugter Weise zu erfüllen 312 . Überdies ist nicht erforderlich, daß konkrete Schadensfolgen wie ein Fischsterben oder die Beeinträchtigung einer Wassergewinnungsanlage eintreten 313 . Mit Rücksicht auf den bloßen Erfolg der Verschmutzung oder der sonstigen Eigenschaftsveränderung eines Gewässers wird von einem abstrakt-konkreten Gefährdungsdelikt gesprochen 314 . „Befugt", also nicht rechtswidrig handelt, wer von einer Bewilligung oder Erlaubnis, einem sonstigen verwaltungsrechtlichen Zulassungsakt oder einem Rechtfertigungsgrund des allgemeinen Strafrechts (§§ 32 ff. StGB) gedeckt ist315. Damit erfolgt über die Voraussetzung der Rechtswidrigkeit vor allem eine Rückkoppelung an die verwaltungsrechtliche Benutzungsordnung des Wasserwirtschaftsrechts. bb) Luftverunreinigung und Lärm: Ebenso wird bestraft, wer beim Betrieb einer Anlage, insbesondere einer Betriebsstätte oder Maschine, unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Vorschriften eine Luftverunreinigung oder Lärm in abstrakt gefährlicher Weise konkret verursacht (§ 325 StGB) 316 . Luftverunreinigungen erfüllen diesen Tatbestand, wenn Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Freisetzen von Staub, Gasen, Dämpfen oder Geruchsstoffen, verursacht werden, die geeignet sind, außerhalb des zur Anlage gehörenden Bereichs die Gesundheit eines anderen, Tiere, Pflanzen oder andere Sachen von bedeutendem Wert zu schädigen. Tatbestandsmerkmal des verursachten Lärms ist dessen Eignung, außerhalb des zur Anlage gehörenden Bereichs die Gesundheit eines anderen zu schädigen. Verwaltungsrechtliche Pflichten verletzt nach der Legaldefinition des § 325 Abs. 4 StGB, wer grob pflichtwidrig gegen eine vollziehbare Anordnung oder Auflage verstößt, die dem Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen dient, oder wer eine Anlage ohne die zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen erforderliche Genehmigung oder entgegen einer zu diesem Zweck erlassenen vollziehbaren Untersagung betreibt.

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UmweltstrafR, 1980; Sack, Umweltschutz-StrafR; ders., NJW 1980, 1423ff.; Laufhütte/Möhrenschläger, ZStW 1980, 912 ff.; zur früheren Rechtslage Buckenberger, StrafR und Umweltschutz, Möglichkeiten und Grenzen, 1975. BT-Drucks. 8/2382, S. 13; Czychowski, ZfW 1980, 206. BT-Drucks. 8/2382, S. 14; Czychowski, Z f W 1980, 207ff. So Möhrenschläger, in: Umwelt 6/1979, S. 477. BT-Drucks. 8/2382, S. 14; Czychowski, ZfW 1980, 208. Vgl. zum „abstrakt-konkreten Tatbestand" des § 325 StGB Möhrenschläger, a. a. O., S. 477, 478.

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cc) Umweltgefährdende Abfallbeseitigung: § 326 StGB regelt das abstrakte Gefährdungsdelikt 317 der umweltgefährdenden Abfallbeseitigung auf den Sektoren der allgemeinen und der nuklearen Entsorgung. Dabei werden qualifizierte Merkmale der Umweltgefährdung und bestimmte Verletzungen verwaltungsrechtlicher Pflichten vorausgesetzt. dd) Unerlaubtes Betreiben von Anlagen: § 327 StGB faßt mehrere Tatbestände des unerlaubten Betreibens von Anlagen in Gestalt abstrakter Gefährdungsdelikte 318 zusammen. Zum einen ist strafbar, wer ohne die erforderliche Genehmigung oder entgegen einer vollziehbaren Untersagung eine kerntechnische Anlage betreibt, eine betriebsbereite oder stillgelegte kerntechnische Anlage innehat oder ganz oder teilweise abbaut oder eine solche Anlage oder ihren Betrieb wesentlich ändert (Abs. 1). Zum anderen wird bestraft, wer eine genehmigungsbedürftige Anlage i. S. der §§ 4ff. BImSchG oder eine Abfallbeseitigungsanlage ohne die erforderliche Genehmigung oder Planfeststellung oder entgegen einer vollziehbaren Untersagung betreibt (Abs. 2). ee) Unerlaubter Umgang mit Kernbrennstoffen: § 328 StGB regelt — ebenfalls in Gestalt eines abstrakten Gefährdungsdelikts 319 — die Strafbarkeit bestimmter Handlungen des unerlaubten Umgangs mit Kernbrennstoffen. Dabei knüpft das Gesetz an die einschlägigen Genehmigungspflichten des Atom- und Strahlenschutzrechts an. ff) Gefährdung schutzbedürftiger Gebiete: § 329 StGB stellt die Gefährdung schutzbedürftiger Gebiete, die auf verschiedenen Sektoren des Umweltschutzes zu unterschiedlichen Schutzzwecken festgesetzt werden können, unter Strafe. Erstens ist hiernach in Gebieten, die wegen ihrer spezifischen Empfindlichkeit oder wegen der gesteigerten Gefahr schädlicher Luftverunreinigungen während austauscharmer Wetterlagen (Smog) durch Rechtsverordnung der Landesregierung einem besonderen Immissionsschutz unterstellt sind (§ 49 Abs. 1 und 2 BImSchG), der Betrieb einer Anlage entgegen der betreffenden Rechtsverordnung oder einer hierauf gestützten vollziehbaren Anordnung strafbar (Abs. 1). Zweitens ist strafbar, wer innerhalb eines Wasseroder Heilquellenschutzgebietes entgegen einer zu deren Schutz erlassenen Rechtsvorschrift bestimmte Anlagen oder Rohrleitungen betreibt oder im Rahmen eines Gewerbebetriebes Kies, Sand, Ton oder andere feste Stoffe abbaut (Abs. 2). Drittens wird bestraft, wer innerhalb eines Naturschutzgebietes oder eines Nationalparks oder innerhalb einer als Naturschutzgebiet einstweilig sichergestellten Fläche entgegen einer zu deren Schutz erlassenen Rechtsvorschrift oder vollziehbaren Untersagung bestimmte Eingriffe in Natur und Landschaft vornimmt und dadurch wesentliche Bestandteile eines solchen Gebietes beeinträchtigt (Abs. 3). Im Falle der Abs. 1 und 2 handelt es

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Vgl. etwa Möhrenschläger, a. a. O., S. 476 f., 479; Sack, NJW 1980, 1426. Vgl. etwa Möhrenschläger, a. a. O., S. 476 f. Vgl. etwa Möhrenschläger, a. a. O., S. 476 f.

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sich um abstrakte Gefährdungsdelikte, im Falle des Abs. 3 um einen Mischtatbestand eines abstrakten Gefährdungs- und partiellen Erfolgsdelikts 320 . gg) Schwere Umweltgefährdung: § 330 StGB enthält teils Qualifizierungen der in den §§ 324 bis 329 StGB geregelten Delikte, teils neue Grunddelikte 321 . Sämtliche Tatbestände der schweren Umweltgefährdung umfassen eine Erfolgsqualifizierung: die Gefährdung von Leib oder Leben eines anderen, fremder Sachen von bedeutendem Wert, der öffentlichen Wasserversorgung oder einer staatlich anerkannten Heilquelle (Abs. 1), die Beeinträchtigung eines Gewässers oder eines landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzten Bodens dergestalt, daß das Gewässer oder der Boden auf längere Zeit nicht mehr wie bisher genutzt werden kann (Abs. 2 Nr. 1) oder die Beeinträchtigung von Bestandteilen des Naturhaushalts von erheblicher ökologischer Bedeutung dergestalt, daß die Beeinträchtigung nicht, nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten oder erst nach längerer Zeit wieder beseitigt werden kann (Abs. 2 Nr. 2). hh) Schwere Gefährdung durch Freisetzen von Giften: Nach § 330 a StGB ist strafbar, wer Gifte in der Luft, in einem Gewässer, im Boden oder sonst verbreitet oder freisetzt und dadurch einen anderen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Körperverletzung (§ 224 StGB) bringt. Hierbei handelt es sich um ein selbständiges, besonders schweres Umweltdelikt in der Gestalt eines konkreten Gefährdungsdelikts 322 . b) Umwelt-Ordnungswidrigkeitenrecht: Die Tatbestände des Umwelt-Ordnungswidrigkeitenrechts sowie die Höhe der hierauf stehenden Geldbußen sind in den Spezialgesetzen des Umweltverwaltungsrechts geregelt. Hieran hat das 18. Strafrechtsänderungsgesetz 323 , das die Vorschriften des Umweltstrafrechts in der dargelegten Weise in den § 324ff. StGB zusammengefaßt hat, im Prinzip nichts geändert. Diese formelle Systematik entspricht der materiellen Eigenart des hier in Frage stehenden Verwaltungsunrechts. Allerdings hat das 18. Strafrechtsänderungsgesetz die Tatbestände des UmweltOrdnungswidrigkeitenrechts an die neuen Straftatbestände angepaßt. Als bundesgesetzliche Grundlagen des Umwelt-Ordnungswidrigkeitenrechts sind insbesondere zu nennen: §30 BNatSchG, §41 WHG, §15 AbwAG, §62 BImSchG, § 46 AtomG, § 26 ChemG, § 10 GefGBefG, § 18 AbfG und § 10 AltölG.

320 321

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BT-Drucks. 8/2382, S. 20; vgl. auch Sack, NJW 1980, 1427. Vgl. etwa Sack, NJW 1980, 1428 f., der von einem „monströsen Tatbestand" spricht. BT-Drucks. 8/2382, S. 25; Sack, NJW 1980, 1429. BGBl. I S . 373.

Umweltschutzrecht

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6. Kooperationsinstrumente im Verhältnis Staat — Wirtschaft Das Kooperationsprinzip im Verhältnis zwischen dem Staat und der privaten Wirtschaft hat, wie bereits angedeutet 3 2 4 , seinen Niederschlag in verschiedenen Institutionen u n d Instrumenten gefunden. In dieser Rolle fungieren die Technischen Überwachungsvereine mit ihren Sachverständigenorganisationen, privat- oder öffentlichrechtlich organisierte Ausschüsse mit der Aufgabe der technischen Regelgebung, Beratungsgremien der öffentlichen Verwaltung, die organisierte Anhörung „beteiligter Kreise" durch staatliche Stellen sowie Umweltschutzbeauftragte in Unternehmen der privaten Wirtschaft. Der Staat bedient sich solcher Kooperationsformen, um den im gesellschaftlich-privaten Bereich vorhandenen Sachverstand f ü r die Wahrnehmung der staatlichen Kontroll- und Lenkungsaufgabe auf dem Gebiet des Umweltschutzes nutzbar zu machen. a) Die Technischen Überwachungsvereine werden in der Rechtsform eingetragener Vereine des privaten Rechts von der Wirtschaft getragen. Sie üben eine staatsentlastende Kontrolltätigkeit auf den Gebieten der technischen Sicherheit u n d des Umweltschutzes aus 325 . Vielfach werden sie allgemein als „beliehene Unternehmer" qualifiziert 326 . Demgegenüber erscheint eine Präzisierung u n d Differenzierung geboten. Die Technischen Überwachungsvereine nehmen auf unterschiedlicher Rechtsgrundlage und mit unterschiedlicher Rechtsqualität drei verschiedene Aufgabenbereiche wahr. Erstens erfolgen die Prüfungen überwachungsbedürftiger Anlagen i. S. der §§ 24ff. G e w O in den meisten Bundesländern aufgrund von Rechtsverordnungen gemäß § 24 c Abs. 4 GewO 3 2 7 u n d der aufsichtsbehördlichen Anerkennung der Technischen Überwachungsvereine als „technischer Sachverständigenorganisationen" durch die hierin zusammengefaßten Sachverständigen, die als solche ebenfalls einer amtlichen Anerkennung bedürfen (§ 24 c Abs. 1 GewO). Zweitens obliegen den amtlich anerkannten Sachverständigen der Technischen Überwachungsvereine bestimmte Kontrollen auf dem Gebiet des Kraftfahrwesens (§§ 11, 29 StVZO). Die Rechtsgrundlage hierfür bilden das Kraftfahrsachverständigengesetz 3 2 8 u n d die Beauftragung der Technischen Überwachungsvereine mit der Errichtung einer Technischen Prüfstelle. Die institutionelle Ausgestaltung der „technischen Sachverständigenorganisationen" u n d der Technischen Prüfstelle nach den genannten Vorschriften 324 325

326

327 328

Vgl. oben I 2 e. Vgl. Herschel, Rechtsfragen der Technischen Überwachung, 1972; Götz / Lukes, Zur Rechtsstruktur der Technischen Überwachungs-Vereine, 1975; Götz / Söllner, Einheitlichkeit und Unabhängigkeit der Technischen Überwachung, 1978; Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, 1975, S. 119 ff.; Hanning, Umweltschutz und überbetriebliche technische Normung, 1976, S. 123 ff. So Rupp, Privateigentum an Staatsfunktionen?, 1963; vgl. auch Badura, oben 4. Abschn., III 2 a, a. E. Vgl. die Zusammenstellung bei Götz, in: Götz / Lukes, a. a. O., S. 26. Vom 22. 12. 1971 (BGBl. I S. 124).

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soll, flankiert durch die staatliche Aufsicht, die Objektivität, Unabhängigkeit und Einheitlichkeit der technischen Überwachung gewährleisten 329 . Drittens üben die Sachverständigen der Technischen Überwachungsvereine in ihrer institutionell gesicherten und eingebundenen Stellung eine umfangreiche „freiwirtschaftliche" Gutachter- und Prüfertätigkeit aus 330 . Hierzu gehört z. B. auch die Erstattung von Gutachten in immissionsschutzrechtlichen und atomrechtlichen Genehmigungsverfahren 331 . Mit der Kontrolltätigkeit beliehen sind somit in keinem Fall die Technischen Überwachungsvereine als solche, sondern allenfalls ihre amtlich anerkannten, organisatorisch zusammengefaßten Sachverständigen. Auch dies ist indessen nur für deren Tätigkeit im Kraftfahrwesen und eventuell für die ähnlich gestaltete Tätigkeit bei der Anlagenüberwachung nach § 24 c GewO, nicht aber für die „freiwirtschaftliche" Tätigkeit anzunehmen 332 . b) Privatrechtlich organisierte Ausschüsse mit der Aufgabe der technischen Regelgebung werden z. B. vom DIN (Deutsches Institut für Normung e. V.), vom VDI (Verein Deutscher Ingenieure e. V.) vom VDE (Verband Deutscher Elektrotechniker e. V.) und vom DVGW (Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e. V.) unterhalten 333 . Die Ausschüsse sind nach den Kriterien der Sachkunde, der fachlichen Repräsentanz und der Unabhängigkeit zusammengesetzt. Die technischen Regeln, die von diesen Ausschüssen in einem förmlichen Verfahren aufgestellt werden, sind keine Rechtsnormen. Sie stellen antizipierte Sachverständigengutachten dar, die nicht nur von Verwaltungsbehörden, sondern auch von Gerichten den Entscheidungen über umweltrelevante Vorhaben zugrunde gelegt werden können 334 . Für die Übereinstimmung solcher technischer Regeln mit den maßgebenden gesetzlichen Standards der allgemein anerkannten Regeln der Technik oder des Standes der Technik spricht ein qualifizierter, allerdings widerlegbarer Erfahrungssatz 335 . Technische Regeln von besonderer Bedeutung für den Umweltschutz sind z. B. die Vornorm D I N 18005 (Schallschutz im Städtebau), die VDIRichtlinie 2058 (Beurteilung von Arbeitslärm in der Nachbarschaft) 336 und 329 330 331

332

333

334 335 336

So vor allem Götz / Söllner, a. a. O. Vgl. Lukes, in: Götz / Lukes, a. a. O., S. 74f.; Götz, in: Götz / Söllner, a. a. O., S. 19. Vgl. den Bericht der BReg. über Grundlagen und Praxis der Sachverständigentätigkeit im Rahmen atomrechtlicher Genehmigungs- und Aufsichtsverfahren, 1979, S. 27 ff., 45 ff.; Lukes / Bischof / Pelzer, Sachverständigentätigkeit in atomrechtlichen Genehmigungs- und Aufsichtsverfahren, 1980, S. 43 ff. BGHZ 49, 108; DÖV 1973, 243; OVG Lüneburg NJW 1968, 468; BayVGH NJW 1975, 1796; ferner vor allem Steiner, a. a. O.; jegliche Beleihung ablehnend: Götz, in: Götz / Lukes, a. a. O., S. 18 ff.; ders., in: Götz / Söllner, a. a. O., S. 11 ff. Eingehend hierzu Marburger, Die Regeln der Technik im Recht, 1979, S. 183ff.; ferner Hanning, a. a. O., S. 59ff., 77ff.; Backherms, Das D I N Deutsches Institut für Normung e. V. als Beliehener, 1978. Breuer, A ö R 101 (1976), S. 79ff. Breuer, A ö R 101 (1976), S. 80 ff. Vgl. hierzu etwa BGHZ 69, 105 (116f.); DVB1. 1978, 110(111).

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spezielle VDI-Richtlinien über die Emissions- und Immissionsbegrenzung für bestimmte Anlagen und bestimmte luftverunreinigende Stoffe 337 . c) Als öffentlich-rechtlich organisierte Ausschüsse mit der Aufgabe der technischen Regelgebung fungieren insbesondere die technischen Ausschüsse nach § 24 Abs. 4 GewO im Zuständigkeitsbereich der überwachungsbedürftigen Anlagen 338 sowie der Kerntechnische Ausschuß. Dieser ist auf der Grundlage eines ministeriellen Organisationserlasses beim Bundesinnenminister eingerichtet; er setzt sich aus sachverständigen, ehrenamtlich tätigen Mitgliedern aus den Kreisen der Wirtschaft, der Behörden, der Gutachter- und Beratungsorganisationen, der Kernforschung, der gesetzlichen Unfallversicherung, der Gewerkschaften, der Sach- und Haftpflichtversicherer und des D I N zusammen 339 . Die technischen Regeln, die von solchen öffentlich-rechtlich organisierten Ausschüssen aufgestellt werden, haben die gleiche Rechtsqualität und Bedeutung wie die entsprechenden Regeln der zuvor erwähnten, in privatrechtlicher Form organisierten Ausschüsse. d) Beispiele für Beratungsgremien der öffentlichen Verwaltung auf dem Gebiet des Umweltschutzes bilden die Reaktorsicherheitskommission und die Strahlenschutzkommission. Beide sind auf der Grundlage ministerieller Organisationserlasse beim Bundesinnenminister eingerichtet und setzen sich aus ehrenamtlich tätigen und unabhängigen Vertretern bestimmter Fachgebiete der Naturwissenschaft und Technik zusammen 340 . Sie beraten ausschließlich den Bundesinnenminister aufgrund von Einzelaufträgen oder aus eigener Initiative. Eine weiter gespannte Begutachtungs- und Beratungsaufgabe „zur Erleichterung der Urteilsbildung bei allen umweltpolitisch verantwortlichen Instanzen sowie in der Öffentlichkeit" obliegt dem Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, der damit von der öffentlichen Verwaltung stärker abgehoben ist341. Die Mitglieder des Rates sollen die Hauptgebiete des Umweltschutzes repräsentieren. Sie müssen besondere Voraussetzungen der persönlichen Unabhängigkeit erfüllen. e) Eine organisierte Anhörung „beteiligter Kreise" ist im Immissionsschutzrecht vor dem Erlaß bestimmter Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften vorgeschrieben (z. B. in den §§ 7 und 48 BImSchG). In diesen Fällen 337

338 339

340

341

Beispiele bei Breuer, AöR 101 (1976), S. 85ff.; verkannt vom OVG Hamburg DVB1. 1975, 207. Eingehend hierzu Bachof, A ö R 83 (1958), S. 208ff.; Marburger, a. a. O., S. 62ff. Bekanntm. über die Bildung eines Kerntechnischen Ausschusses i. d. F. vom 27. 9. 1974 (BAnz Nr. 193); vgl. hierzu Marburger, a. a. O., S. 105ff. Bekanntm. über die Bildung einer Reaktor-Sicherheitskommission i. d. F. vom 25. 5. 1973 (BAnz. Nr. 118); Bekanntm. über die Bildung einer Strahlenschutzkommission vom 19. 4. 1974 (BAnz. Nr. 92). Erlaß über die Einrichtung eines Rates von Sachverständigen für Umweltfragen bei dem Bundesminister des Innern vom 28. 12. 1971 (BAnz. 1972 Nr. 8).

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ist „ein jeweils auszuwählender Kreis von Vertretern der Wissenschaft, der Betroffenen, der beteiligten Wirtschaft, des beteiligten Verkehrswesens und der für den Immissionsschutz zuständigen obersten Landesbehörden zu hören" (§51 BImSchG). Diese Anhörung im Rechtsetzungsverfahren stellt einerseits eine qualifizierte Form der Kooperation zwischen dem Staat und Beteiligten aus dem gesellschaftlich-privaten, insbesondere dem wirtschaftlichen Bereich dar. Andererseits vermag es nicht zu befriedigen, daß das Gesetz die nähere Auswahl der anzuhörenden Kreise und Vertreter sowie die Ausgestaltung des Anhörungsverfahrens offenläßt und insoweit auch keine Präzisierung im Wege einer Rechtsverordnung vorsieht. Daraus können Zweifel an der Repräsentanz der angehörten Kreise und Vertreter erwachsen. Durch das Risiko eines Anhörungsfehlers wird das weitere Risiko der Nichtigkeit einer daraufhin erlassenen Rechtsverordnung oder Verwaltungsvorschrift heraufbeschworen 342 . f) Mehrere Gesetze des medialen und des kausalen Umweltschutzes schreiben vor, daß Umweltschutzbeauftragte in Unternehmen der privaten Wirtschaft bestellt werden. Im einzelnen handelt es sich um Betriebsbeauftragte für Gewässerschutz (§§21 ä f f . WHG), Betriebsbeauftragte für Immissionsschutz (§§ 53 ff. BImSchG), Strahlenschutzbeauftragte (§§ 29ff. StrlSchV) und Betriebsbeauftragte für Abfall (§§ 11 a ff. AbfG) 343 . Ihnen obliegt durchweg eine betriebsinterne Selbstüberwachung, welche die behördliche Fremdüberwachung ergänzen und entlasten soll. Sämtliche Umweltschutzbeauftragte werden vom Unternehmer durch privatrechtlichen Vertrag bestellt. Dementsprechend sind sie dem Unternehmer, nicht etwa der zuständigen Verwaltungsbehörde verantwortlich. Sie sind mithin keine „Beliehenen" und üben keine Hoheitsgewalt aus. In einer öffentlich-rechtlichen Beziehung zu der Behörde steht nur der Unternehmer, nicht der Umweltschutzbeauftragte. So kann dieser im Falle einer Pflichtverletzung nicht von der Behörde seiner Stellung enthoben werden. Das Rechtsverhältnis zwischen dem Unternehmer und den Umweltschutzbeauftragten ist durch bestimmte Rechte und Pflichten, insbesondere durch Kontroll-, Mitwirkungs- und Unterstützungsrechte des jeweiligen Umweltschutzbeauftragten und ein zu dessen Schutz geltendes Benachteiligungsverbot, gesetzlich ausgestaltet. Insgesamt betrachtet, wird durch diese Regelungen die Mitverantwortung der Wirtschaft für den Umweltschutz institutionalisiert und die Kooperation zwischen Staat und Wirtschaft intensiviert.

342 343

Vgl. zum Ganzen Ule, BImSchG, § 51 Rdnr. 2. Vgl. zum Ganzen Stich, GewArch. 1976, 145ff.; Tettinger, DVB1. 1976, 752ff.; Köhler, ZfW 1976, 323ff.; Kahl, Die neuen Aufgaben und Befugnisse des Betriebsbeauftragten nach Wasser-, Immissionsschutz- und AbfallR, 1978; Roth, Der Betriebsbeauftragte für Immissionsschutz, 1979; Szelinski, WiVerw. 1980, 266 ff.

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7. Das Instrumentarium der öffentlichen Eigenregie a) Unmittelbare öffentliche Eigenregie: Während das Recht des medialen, kausalen, vitalen und integrierten Umweltschutzes grundsätzlich — ungeachtet aller materiellen und formellen Unterschiede — eine staatliche Kontrolle und Lenkung gegenüber privaten Umwelteinwirkungen regelt, wird innerhalb des kausalen Umweltschutzes auf dem Sektor der Entsorgung das Instrumentarium der staatlichen oder kommunalen Eigenregie und Planwirtschaft eingesetzt. So haben nach § 3 Abs. 2 AbfG grundsätzlich Körperschaften des öffentlichen Rechts die in ihrem Gebiet anfallenden Abfälle zu beseitigen ; landesrechtlich besteht hierfür die Zuständigkeit der Kreise und kreisfreien Städte 344 . Auch für die Abwasserbeseitigung geht die bundesrechtliche Regelung des § 18 a Abs. 2 W H G von der grundsätzlichen Zuständigkeit öffentlicher Körperschaften aus; landesrechtlich sind hierfür in der Regel die Gemeinden zuständig 345 . Die Abfall- und Abwasserbeseitigungspläne fungieren als verwaltungsinterne Planungsinstrumente der öffentlichen Eigenregie346. Schließlich unterliegt auch die nukleare Entsorgung grundsätzlich unmittelbarer staatlicher Eigenregie. Die Länder haben Landessammelstellen für die Zwischenlagerung, der Bund hat Anlagen zur Sicherstellung und Endlagerung radioaktiver Abfälle einzurichten (§ 9 a Abs. 3 AtomG). In diesem Rahmen bewegen sich das Konzept des zunächst vorgesehenen, vorerst politisch gescheiterten integrierten Entsorgungszentrums, das weiterverfolgte integrierte Entsorgungskonzept der Bundesregierung und der vorerst mitverfolgte „parallele Ansatz" alternativer Entsorgungskonzepte 347 . Die Hinwendung zur unmittelbaren öffentlichen Eigenregie und Planwirtschaft auf dem Sektor der Entsorgung ist nicht verallgemeinerungsfähig. Sie beruht auf dem spezifischen Gefährdungspotential, dem die Umwelt durch Reststoffe, Abfälle und Abwässer ausgesetzt ist, und auf der regelmäßigen Unmöglichkeit oder Ungewißheit einer privatnützigen Beseitigungswirtschaft. b) Mittelbare öffentliche Eigenregie: An die Stelle der unmittelbaren staatlichen oder kommunalen Eigenregie kann eine mittelbare öffentliche Eigenregie treten, wenn die zuständige öffentliche Körperschaft sich zur Erfüllung ihrer Aufgabe eines privaten Unternehmens bedient. Dies ist auf dem Sektor 344

345 346 347

So z. B. § 1 Abs. 1 LAbfG N-W; § 1 Abs. 1 LAbfG Rh-Pf; vgl. zur Vereinbarkeit mit Art. 28 Abs. 2 Satz 1 G G die Nachw. zur Rspr. bei Hösel / v. Lersner, Recht der Abfallbeseitigung, Kennz. 1130, § 3 Rdnr. 12; zur Frage der Enteignungswirkung gegenüber einem privaten Beseitigungsunternehmen BGHZ 40, 355; BVerwG DÖV 1969, 431; OVG Lüneburg DÖV 1978, 44 mit abl. Anm. von Scholler / Broß. So z. B. § 53 Abs: 1 WG N-W. Vgl. hierzu unten VII 3. Vgl. hierzu die Äußerungen der BReg. in BT-Drucks. 7/3871, S. 17ff.; 8/1281; Umwelt Nr. 68 vom 24. 4. 1979, S. 25f.; ferner den Beschluß der Regierungschefs von Bund und Ländern vom 28. 9. 1979, Umwelt Nr. 73 vom 7. 12. 1979, S. 37f.; Wagner/Ziegler. DVB1. 1980, 140 ff.

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der Entsorgung insoweit möglich, als der Staat oder die zuständige kommunale Körperschaft sich nach ausdrücklichen gesetzlichen Vorschriften 3 4 8 zur Erfüllung der Beseitigungspflicht eines Dritten bedienen kann. Als „Erfüllungsgehilfe" hat der Dritte — und zwar auch ein privates Unternehmen — eine unselbständige, weisungsgebundene Stellung. Die Zuständigkeit, Verantwortlichkeit und Regiebefugnis des Staates oder der kommunalen Körperschaft bleibt bestehen 349 . Daraus rechtfertigt sich die Bezeichnung dieser Aufgabenerfüllung als mittelbare öffentliche Eigenregie. c) Ausnahmen von der öffentlichen Eigenregie: Nach § 3 Abs. 3 A b f G können die beseitigungspflichtigen Körperschaften mit Zustimmung der zuständigen Behörde ausnahmsweise Abfälle von der Beseitigung ausschließen, soweit sie diese nach ihrer Art oder Menge nicht mit den in Haushaltungen anfallenden Abfällen beseitigen können 3 5 0 . Alsdann ist der Besitzer zur Beseitigung der Abfälle verpflichtet (§ 3 Abs. 4 AbfG). Aus der Gesetzesfassung ergibt sich, daß ein solcher Ausschluß nur für Gewerbemüll („Sondermüll"), nicht für Hausmüll zulässig ist. Darüber hinaus kann ausnahmsweise auch einem privaten Inhaber einer Abfallbeseitigungsanlage anstelle der grundsätzlich verantwortlichen öffentlichen Körperschaft die Beseitigungspflicht übertragen werden (§ 3 Abs. 6 AbfG). In den Landeswassergesetzen 351 sind entsprechende Ausnahmen von der Abwasserbeseitigungspflicht der Gemeinden und anderer öffentlicher Körperschaften vorgesehen. In beiden Fällen handelt es sich um individuelle Ausnahmen von der öffentlichen Eigenregie auf dem Sektor der Entsorgung. Eine generelle Ausnahme von der prinzipiellen öffentlichen Eigenregie dieses Sektors gilt im Teilbereich der Altölbeseitigung. Das Altölgesetz 352 geht von der Existenz eines funktionsfähigen Netzes von Betrieben gewerblicher u n d sonstiger wirtschaftlicher Unternehmen sowie von juristischen Personen des öffentlichen Rechts aus, die Altöle kostenlos abnehmen u n d beseitigen müssen und laufende Zuschüsse aus dem öffentlichen, im Abgabenwege gebildeten Rückstellungsfonds erhalten 353 . An die Stelle der öffentlichen Eigenregie tritt hier allerdings ein planwirtschaftliches u n d abgabenrechtliches Lenkungsinstrumentarium eigener Art.

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So § 3 Abs. 2 Satz 2 AbfG; § 9 a Abs. 3 Satz 1 AtomG. Vgl. Hösel / v. Lersner, Recht der Abfallbeseitigung, Kennz. 1130, § 3 Rdnr. 13. Vgl. hierzu Kloepfer, VerwArch. 70 (1979), S. 195 ff. So z. B. § 53 Abs. 3 - 5 WG N-W. I. d. F. der Bekanntm. vom 11. 12. 1979 (BGBl. I S. 2113). BT-Drucks. V/3075, S. 4; Rehbinder, Das Recht der Umweltchemikalien, 1978, S. 164 ff.

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IV. Das Recht des Naturschutzes und der Landschaftspflege 1. Allgemeines Im Recht des Naturschutzes und der Landschaftspflege sind Regelungen über den medialen Schutz des Bodens und den vitalen Umweltschutz zusammengefaßt 354 . Den Kern dieses Rechtsgebiets bilden das rahmenrechtliche Bundesnaturschutzgesetz151 und die Naturschutz- und Landschaftspflegegesetze der Ländet356; daneben verdient vor allem das Bundeswaldgesetz57 Beachtung. Die umfassende, aktive und gestalterische Aufgabenstellung des modernen Naturschutz- und Landschaftspflegerechts 358 kommt bereits in den Zielen und Grundsätzen der § § 1 , 2 BNatSchG sowie in dem flächendeckenden, nicht auf bestimmte Schutzgebiete beschränkten Geltungsbereich der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften zum Ausdruck. Als Basis der administrativen Aktivitäten fungiert die Landschaftsplanung (§§ 5 ff. BNatSchG). Ebenso wie diese dienen die allgemeinen Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen (§§ 8 ff. BNatSchG) der sachlich und räumlich umfassenden Aufgabenstellung des Naturschutzes und der Landschaftspflege. In den Vorschriften über Schutz, Pflege und Entwicklung bestimmter Teile von Natur und Landschaft (§§ 12 ff. BNatSchG) sind in herkömmlicher, aber modernisierter Weise unterschiedliche Schutzgebietsfestsetzungen sowie die Festsetzung von einzelnen Naturdenkmalen und geschützten Landschaftsbestandteilen vorgesehen. Gegenstand der Vorschriften über Schutz unf Pflege wildwachsender Pflanzen und wildlebender Tiere (§§ 20 ff. BNatSchG) ist der Artenschutz. Die Regelungen über die Erholung in Natur und Landschaft (§§ 27 ff. BNatSchG) gestalten die Sozialpflichtigkeit des Grundeigentums im Hinblick auf das Betreten der Flur und die Bereitstellung von Ufergrundstükken und anderen Grundstücken, die sich nach ihrer Beschaffenheit für die Erholung der Bevölkerung eignen. Ein besondere Rolle spielt auf dem Gebiet des Naturschutzes und der Landschaftspflege die Mitwirkung von Verbänden. In § 29 BNatSchG ist die

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357 358

Vgl. oben II 2a und 4. Vom 20. 12. 1976 (BGBl. I S. 3574, ber. BGBl. 1977 I S. 650), geändert durch G vom 1.6. 1980 (BGBl. I S. 649). Vgl. die Zusammenstellung der einschlägigen LandesG oben zu Beginn des 7. Abschn. Vom 2. 5. 1975 (BGBl. I S. 1037). Vgl. Kolodziejcok / Recken, Naturschutz, Landschaftspflege und einschlägige Regelungen des Jagd- und ForstR, Tz. 1100, Vorbem. Rdnr. 21 f.; Bernatzky /Böhm, BundesnaturschutzR, Einl. Anm. 6, Vorbem. vor § 1; Müller, NJW 1977, 925ff.; Schmidt-Aßmann, N u R 1979, 1 ff.

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Verbandsbeteiligung im Verwaltungsverfahren 3 5 9 geregelt. Darüber hinaus eröffnen die Naturschutz- und Landschaftspflegegesetze einiger Länder 3 6 0 die Verbandsklage. Dieses Experiment m u ß vor dem Hindergrund der kritischen Grundtendenz gesehen werden, die in der allgemeinen rechtlichen und rechtspolitischen Diskussion über die Verbandsklage vorherrscht 361 . 2. Landschaftsplanung Die ressourcenökonomisch und ökologisch orientierte Landschaftsplanung 3 6 2 gliedert sich in die überörtliche und die örtliche Ebene. Auf der überörtlichen Ebene sind f ü r den Bereich eines Landes Landschaftsprogramme einschließlich Artenschutzprogrammen oder für Teile des Landes Landschaftsrahmenpläne vorgeschrieben (§ 5 Abs. 1 BNatSchG). Auf der örtlichen Ebene sind Landschaftspläne, bestehend aus Text, Karte und zusätzlicher Begründung, aufzustellen (§ 6 BNatSchG). In den Ländern Berlin, Bremen und Hamburg ersetzen aufgestellte Landschaftspläne die Landschaftsprogramme u n d Landschaftsrahmenpläne (§ 5 Abs. 3 BNatSchG). Landesrechtlich ist bestimmt, d a ß die Landschaftsprogramme u n d Landschaftsrahmenpläne in die allgemeine Landes- und Regionalplanung aufzunehmen sind 363 . Die Landschaftspläne werden entweder als eigenständige Rechtsverordnung 3 6 4 oder Satzung 365 beschlossen oder in die Bauleitplanung übernommen 3 6 6 ; im letzteren Fall gewinnen sie mit der Übernahme in einen Bebauungsplan ebenfalls normativen Charakter.

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Allgemein hierzu Bender, DVB1. 1978, 708ff.; kritisch Breuer, NJW 1978, 1563f. So § 44 BremNatSchG; § 36 HessNatSchG. Befürwortend insbes. Rehbinder / Burgbacher / Knieper, Bürgerklage im Umweltrecht, 1972, S. 117f., 133, 151 f.; Faber, Die Verbandsklage im Verwaltungsprozeß, 1972, S. 10, 47ff., 67ff., 91 ; ablehnend: Ule / Laubinger, Gutachten B zum 52. DJT, 1978, S. 63 f., 99 ff.; Breuer, NJW 1978, 1561 ff.; jeweils m. w. N . ; z u r Unzulässigkeit der Verbandsklage im AtomR: BVerwG DÖV 1981, 268. Vgl. hierzu Umweltgutachten 1978, BT-Drucks. 8/1938, Tz. 1202ff., 1312ff.; Soell, NuR 1980, 1 (6f.); Hoppe, VVDStRL 38 (1980), S. 289ff.; speziell zur Landschaftsplanung in N-W: Hoppe / Schiarmann, N u R 1981, 17ff.; zum Verhältnis zur Bauleitplanung: Gerschlauer, DVB1. 1979, 601 ff.; zum Verhältnis zur Raumordnung: Hendler, NuR 1981, 41 ff. So § 8 NatSchG B-W; Art. 3 Abs. 1 BayNatSchG; § 5 Abs. 1 BremNatSchG; § 3 Abs. 1 HessNatSchG; § 15 LG N - W ; § 1 6 Abs. 2 LPflG Rh-Pf; § 8 Abs. 8 SaarlNatSchG; § 5 Abs. 2 LG S-H. So § 11 NatSchG Bln. So § 8 Abs. 3 BremNatSchG; § 16 Abs. 2 Satz 1 LG N-W. So § 9 NatSchG B-W; Art. 3 Abs. 2 BayNatSchG; § 4 Abs. 2 HessNatSchG; § 17 LPflG Rh-Pf; § 9 Abs. 7 SaarlNatSchG; § 6 LG S-H.

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3. Eingriffe in Natur und Landschaft Im Rahmen der Vorschriften über allgemeine Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen hat die am Verursacherprinzip ausgerichtete Regelung über Eingriffe in Natur u n d Landschaft (§ 8 BNatSchG) zentrale Bedeutung 367 . Derartige, in § 8 Abs. 1 BNatSchG definierte Eingriffe sind typischerweise mit Großvorhaben verbunden, die durch Planfeststellungen 3 6 8 oder andere außer-naturschutzrechtliche Genehmigungsakte 3 6 9 zugelassen werden. Die naturschutzrechtliche Regelung modifiziert somit das gesamte Fachplanungs-, Bau-, Boden- und Wirtschaftsrecht sowie das sonstige Umweltschutzrecht. Erstens gilt hiernach ein materielles Verbot vermeidbarer Beeinträchtigungen; der Verursacher eines Eingriffs ist durch Verwaltungsakt zu verpflichten, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen (§ 8 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG). Zweitens gilt das Gebot von Ausgleichsm a ß n a h m e n ; der Verursacher eines Eingriffs ist durch Verwaltungsakt zu verpflichten, unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Schutz- oder Pflegem a ß n a h m e n auszugleichen, soweit es zur Verwirklichung der Ziele des Naturschutzes u n d der Landschaftspflege erforderlich ist (§ 8 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG). Ausgleichsmaßnahmen müssen nicht unbedingt am unmittelbaren Ort des Eingriffs erfolgen, jedoch mit diesem im funktionalen Zusammenhang stehen 370 . Drittens ist ein unvermeidbarer und nicht ausgleichbarer Eingriff zu untersagen, wenn die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der gebotenen Abwägung vorgehen (§ 8 Abs. 3 BNatSchG). Viertens können die Länder Vorschriften über Ersatzmaßnahmen der Verursacher bei nicht ausgleichbaren, aber vorrangigen Eingriffen erlassen (§ 8 Abs. 9 BNatSchG). Dies ist in einigen Landesgesetzen 371 geschehen. Ersatzm a ß n a h m e n sind nur als anderweitige, subsidiäre Kompensation der eingriffsbedingten Beeinträchtigungen zulässig 372 . Über die Zulässigkeit von Eingriffen in Natur und Landschaft wird nicht in einem eigenen naturschutzrechtlichen Verfahren, sondern zugleich mit der in anderen Rechtsvorschriften vorgeschriebenen Bewilligung, Erlaubnis, Ge367

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369 370 371

372

Vgl. hierzu die Kommentierung bei Kolodziejcok/ Recken, Naturschutz, Landschaftspflege und einschlägige Regelungen des Jagd- und ForstR, Tz. 1125; ferner Breuer, NuR 1980, 89 ff. Insbes. nach den §§ 17 ff. FStrG; §36 BundesbahnG; §§28 ff. PBefG; §§8 ff. LuftVG; §§ 7ff. TelwegG; §§7ff., 20ff. AbfG; §31 WHG; §§ 14ff. WaStrG; §41 FlurbG. Z. B. nach den §§ 4ff. BImSchG; § 7 AtomG; § 6 LuftVG. So Fickert. BayVBl. 1978, 687; Pielow, NuR 1979, 17; Breuer, NuR 1980, 94; a. A.: Schroeter, DVB1. 1979, 17. So in § 11 Abs. 4 NatSchG B-W; § 11 Abs. 5 Nr. 1 und Abs. 6 BremNatSchG; § 14 Abs. 5 NatSchG Bin; § 5 Abs. 3 LPflG Rh-Pf; § 11 Abs. 3 SaarlNatSchG. Vgl. Kolodziejcok / Recken, a.a.O., Tz. 1125, §8 BNatSchG Rdnr.41ff.; Breuer, NuR 1980, 95 f.

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nehmigung, Zustimmung, Planfeststellung oder sonstigen Entscheidung oder mit einer repressiven, auf eine vorgeschriebene Anzeige hin erfolgenden Verfügung der jeweils zuständigen Behörde entschieden 373 . 4. Schutzgebiete Durch normativen Akt in Gestalt einer Rechtsverordnung 3 7 4 oder Satzung 375 können Naturschutzgebiete, Nationalparke, Landschaftsschutzgebiete und Naturparke festgesetzt werden (§§ 12ff. BNatSchG). Die Ziele dieser Gebietsfestsetzungen, die schutzfähigen Gebietstypen u n d die festsetzungsbedingten Rechtswirkungen, insbesondere die in den einzelnen Schutzgebieten geltenden Gebote und Verbote, sind gesetzlich in differenzierter Weise geregelt. Damit wird im Falle von Natur- und Landschaftsschutzgebieten ein gesteigerter Schutz kleinerer R ä u m e und im Falle von National- und Naturparken eine vergleichbarer, allerdings elastischerer Schutz großer R ä u m e erreicht. Die Länder haben auch Vorschriften über die einstweilige Sicherung von Schutzgebieten zu erlassen (§ 12 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG). 5. Artenschutz Im Rahmen des allgemeinen Artenschutzes ist es verboten, ohne vernünftigen G r u n d wildwachsende Pflanzen zu entnehmen oder zu nutzen oder ihre Bestände niederzuschlagen oder auf sonstige Weise zu verwüsten, wildlebende Tiere mutwillig zu beunruhigen oder ohne vernünftigen G r u n d zu fangen, zu verletzen oder zu töten sowie gebietsfremde Tiere auszusetzen oder in der freien Natur anzusiedeln (§ 21 BNatSchG). Ein besonderer Artenschutz ist für wildwachsende Pflanzen und wildlebende Tiere geboten, wenn dies wegen ihrer Seltenheit oder der Bedrohung ihres Bestandes, aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen G r ü n d e n , wegen ihres Nutzens oder ihrer Bedeutung f ü r den Naturhaushalt oder zur Erhaltung von Vielfalt, Eigenart oder Schönheit von Natur und Landschaft erforderlich ist (§ 22 Abs. 1 BNatSchG). Die unter besonderen Schutz gestellten Pflanzen- und Tierarten werden durch Rechtsverordnung bestimmt (§ 22 Abs. 4 BNatSchG); dadurch werden die Verbote des § 22 Abs. 2 BNatSchG ausgelöst 376 .

373

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375 376

Dies ergibt sich aus § 8 Abs. 2 Satz 2 und 3 BNatSchG; vgl. hierzu Breuer, N u R 1980, 100. So §§ 21, 22 NatSchG B-W; Art. 7 Abs. 2, 100 Abs. 3 BayNatSchG; §§ 19 Abs. 2, 20 Abs. 2 NatSchG Bin; §§ 18, 19 Abs. 1, 20 Abs. 1 BremNatSchG; §§ 12, 13 i. V. m. § 16 Abs. 1 HessNatSchG; §§ 18 Abs. 1, 19 Abs. 1, 21 Abs. 1 LPflG Rh-Pf; §§ 18 Abs. 1, 19 Abs. 1, 20 Abs. 1 SaarlNatSchG; §§ 14 Abs. 1, 16 Abs. 1 LG S-H. So § 16 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 Nr. 3 LG N-W. Vgl. die BundesartenschutzVO vom 25. 8. 1980 (BGBl. I S. 1565); zu den internationalen Übereinkommen des besonderen Artenschutzes Emonds, NuR 1979, 52 ff.

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V. Immissionsschutzrecht 1. Allgemeines Unter den Rechtsgrundlagen des Immissionsschutzrechts nimmt das Bundes-Immissionsschutzgesetz77 die zentrale Stelle ein. Es wird durch ergänzende Rechtsverordnungen 3 7 8 , durch das Fluglärmschutzgesetz 379 und das Benzinbleigesetz 380 als Spezialgesetze des Bundes u n d durch die Immissionsschutzgesetze und -Verordnungen der Länder 381 abgerundet. Gemeinsames Ziel dieser Rechtsnormen ist der mediale Schutz der Luft vor Verunreinigungen und Lärm. Wie § 1 BImSchG ausdrücklich bestimmt, ist es der Zweck des Gesetzes, Menschen sowie Tiere, Pflanzen u n d andere Sachen vor schädlichen Umwelteinwirkungen und, soweit es sich um genehmigungsbedürftige Anlagen handelt, auch vor Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen, die auf andere Weise herbeigeführt werden, zu schützen u n d dem Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen vorzubeugen. Damit ist neben der anthropozentrisch u n d polizeirechtlich orientierten Abwehr von Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen die ressourcenökonomisch und ökologisch orientierte Vorsorge zum Gesetzeszweck erhoben worden 3 8 2 . Diese Zweckbestimmung beherrscht sinngemäß das gesamte Immissionsschutzrecht. Schädliche Umwelteinwirkungen sind nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 BImSchG „Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen". Immissionen werden gesetzlich definiert als „auf Menschen sowie Tiere, Pflanzen oder andere Sachen einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen" (§ 3 Abs. 2 BImSchG). Das Immissionsschutzrecht gilt jedoch nicht für Anlagen, Geräte, Vorrichtungen sowie Kernbrennstoffe und sonstige radioaktive Stoffe, die den Vor-

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Vom 15.3. 1974 (BGBl. I S. 721, ber. S. 1193), zuletzt geändert durch G vom 28.3. 1980 (BGBl. I S. 373). Zusammengestellt bei Ule, BImSchG, Teil 2; teilweise auch oben zu Beginn des 7. Abschn. Vom 30. 3. 1971 (BGBl. I S. 282), zuletzt geändert durch G vom 14. 12. 1976 (BGBl. I S. 3341, ber. BGBl. 1977 I S. 667). Vom 5. 8. 1971 (BGBl. I S. 1234), zuletzt geändert durch G vom 14. 12. 1976 (BGBl. I S. 3341, ber. BGBl. 1977 I S. 667). Vgl. die Zusammenstellung oben zu Beginn des 7. Abschn. Vgl. an dieser Stelle statt vieler nur Kutscheidt, in: Landmann / Rohmer, GewO, Bd. III, § 1 BImSchG Rdnr. 6f.; allgemein zum Vorsorgeprinzip bereits oben I 2a; zum Vorsorgegrundsatz des § 5 Nr. 2 BImSchG unten V 2b, bb.

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Schriften des Atom- und Strahlenschutzrechts unterliegen (§ 2 Abs. 2 BlmSchG). Es ist umstritten, ob als Schutzgüter des Bundes-Immissionsschutzgesetzes nur das Leben und die Gesundheit des Menschen oder auch Tiere, Pflanzen und andere Sachen anzusehen sind. Die Formulierung des Gesetzeszwecks und der wiedergegebenen Legaldefinitionen spricht eher für die letztere Auffassung. Danach müßte bei der generellen oder konkreten Bestimmung der höchstzulässigen Immissionswerte der Schutz des jeweils empfindlichsten Partners — Mensch, Tier oder Pflanze — den Ausschlag geben 383 . In der Rechtswissenschaft wird dagegen die Auffassung vertreten, daß Tiere, Pflanzen und andere Sachen nicht selbständige Schutzgüter des Bundes-Immissionsschutzgesetzes seien; vielmehr seien sie nur als Teil der Allgemeinheit und der Nachbarschaft, also mit Rücksicht auf den Menschen und die Lebensqualität seiner Umgebung, geschützt 384 . Diese These muß vor dem Hintergrund der Erkenntnis gesehen werden, daß bestimmte Tiere und Pflanzen möglicherweise eine besondere Empfindlichkeit aufweisen und vor Schäden nur bewahrt werden können, wenn gewisse Immissionen unter den allgemein zugrunde gelegten Werten liegen, die nach sachkundiger Beurteilung für den Menschen — und zwar auch für Risikogruppen wie Kranke, Schwangere und Kinder — „auf der sicheren Seite " liegen 385 . Sieht man die Sachgüter nicht als selbständig, sondern nur als mittelbar um des Menschen willen geschützt an, gelangt man jedenfalls tendenziell zu einem verminderten Sachgüterschutz. Daraus erwächst eine besondere Rechtsunsicherheit bei der Bestimmung der höchstzulässigen Immissionswerte. Ungeachtet der gemeinsamen Zielsetzung umfassen die genannten Gesetze und Verordnungen des Immissionsschutzrechts verschiedene Lebensbereiche und Immissionsquellen. Demgemäß differieren auch die rechtlichen Instrumente der Immissions- und Emissionsverminderung. Bei systematischer Betrachtung sind der anlagenbezogene, der produktbezogene, der verkehrsbezogene, der allgemeine handlungsbezogene und der gebietsbezogene Immissionsschutz zu unterscheiden. Diese Teilbereiche stehen nicht isoliert nebeneinander, sondern ergänzen und überschneiden sich. Vor allem verbindet das Bundes-Immissionsschutzgesetz die prinzipielle Unterscheidung mit der pragmatischen, auf faktischen Zusammenhängen beruhenden Verschränkung des anlagen-, produkt-, Verkehrs- und gebietsbezogenen Schutzes.

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So die vom Bundesinnenministerium dem OVG Münster im Voerde-Fall gegebene Auskunft, vgl. BVerwGE 55, 250 (259f.); anscheinend auch die amtl. Begründung der BReg. in BT-Drucks. 8/2751, S. 6 (unter A II). So Kutscheidt, in: Landmann / Rohmer, GewO, Bd. III, § 1 BlmSchG Rdnr. 4. Vgl. insoweit die Ergebnisse der vom 2 0 . - 2 4 . 2. 1978 durchgeführten Sachverständigenanhörung über die medizinischen, biologischen und ökologischen Grundlagen zur Bestimmung schädlicher Luftverunreinigungen; hierzu BT-Drucks. 8/2751, S. 6, 7.

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2. Genehmigungsbedürftige Anlagen Die Regelung der §§ 4 ff. BImSchG über genehmigungsbedürftige Anlagen hat die früher in den §§ 16 ff. GewO enthaltene Regelung der Anlagengenehmigung abgelöst. Zugleich sind die letztgenannten Vorschriften, abgesehen von der fortgeltenden Regelung der überwachungsbedürftigen Anlagen (§§ 24 ff. GewO), aufgehoben worden (§ 68 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG). Grundsätzlich ist in den §§ 4ff. BImSchG das formell- und materiell-rechtliche System der gewerberechtlichen Anlagengenehmigung beibehalten worden. Dennoch stellt die Einbeziehung der Genehmigung besonders umweltbelastender Anlagen in das Immissionsschutzrecht nicht nur eine formale Neuorientierung dar. In sachlicher Hinsicht unterscheidet sich die immissionsschutzrechtliche von der früheren gewerberechtlichen Anlagengenehmigung durch eine Reihe von Verschärfunger?*6. Deren rechtlicher Hebel liegt in den fortlaufend zu erfüllenden Betreiberpflichten des § 5 BImSchG, dem hiervon umfaßten Gebot der Vorsorge nach Maßgabe des dynamischen, fortschrittlichen Standes der Technik (§ 3 Abs. 6 BImSchG), der erweiterten Möglichkeit nachträglicher Anordnungen (§ 17 BImSchG) sowie den ebenfalls erweiterten Ermächtigungen zum Erlaß von Untersagungs-, Stillegungs- und Beseitigungsverfügungen (§ 20 BImSchG) und zum Widerruf der Anlagengenehmigung (§21 BImSchG). Insgesamt betrachtet, ist die Anlagengenehmigung dadurch, den Erfordernissen des Umweltschutzes und dem Wandel der Technik entsprechend, dynamisiert worden. Zwar enthält sie nach wie vor einen sachbezogenen, hinreichenden Bestands- und Vertrauensschutz gewährleistenden Zulassungsakt. Sie entbehrt jedoch insofern des Charakters der früheren gewerberechtlichen Sachkonzession, als sie nicht mehr wie diese ein subjektiv-öffentliches Recht verleiht, die einmal genehmigte Anlage ungeachtet eines Wandels der tatsächlichen oder rechtlichen Rahmenbedingungen weiterzubetreiben 387 . a) Kreis der genehmigungsbedürften Anlagen: Der Genehmigung bedürfen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die aufgrund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen. Der Anlagenbegriff ist in § 3 Abs. 5 BImSchG definiert. Wie sich aus § 4 Abs. 1 Satz 2 BImSchG ergibt, gilt die Genehmigungspflicht zwar nicht ausschließlich, aber doch in erster Linie für gewerbli386

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Vgl. hierzu Ule, in: Fs. f. Ludwig Fröhler, 1980, S. 349ff.; auch Schwerdtfeger, NJW 1974, 778 f. Allerdings bestand bereits nach dem durch Gesetz vom 22. 12. 1959 eingefügten § 25 Abs. 3 GewO eine Möglichkeit nachträglicher Anordnungen und im übrigen nach § 51 GewO die Möglichkeit der entschädigungspflichtigen Untersagung der Anlagenbenutzung; vgl. zur früheren Rechtslage Fuhr, GewO, Vorbem. II 1 und III vor § 16.

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che Anlagen. Welche Anlagenarten hierunter fallen, ist aufgrund der Ermächtigung des § 4 Abs. 1 Satz 3 BImSchG in der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BImSchV) vom 14.2. 1975388 in enumerativer, der Rechtssicherheit dienender Weise geregelt. b) Betreiberpflichten: Die Erteilung der Errichtungs- oder Betriebsgenehmigung setzt nach § 6 Nr. 1 BImSchG voraus, daß die Erfüllung der Betreiberpflichten nach § 5 BImSchG sichergestellt ist. Diese Pflichten sind in die Trias des Schutz-, Vorsoge- und Entsorgungsgrundsatzes gekleidet. Dabei verwendet das Gesetz unbestimmte Rechtsbegriffe, die die Behörden und Gerichte vor erhebliche Auslegungsschwierigkeiten stellen. Dennoch ist davon auszugehen, daß der Genehmigungsbehörde kein Beurteilungsspielraum zusteht 389 . Ob ein Anspruch des Antragstellers auf Genehmigung der Errichtung oder des Betriebs einer Anlage nach den §§ 5, 6 Nr. 1 BImSchG besteht, unterliegt mithin uneingeschränkter verwaltungsgerichtlicher Überprüfung. Auch die Festsetzung von Nebenbestimmungen zur Genehmigung nach § 12 Abs. 1 BImSchG ist eine rechtlich gebundene Entscheidung; insbesondere steht der Genehmigungsbehörde kein Ermessensspielraum bei der Festsetzung von Auflagen zu, wenn diese erforderlich sind, um die Rechtsgüter der §§ 5 , 6 Nr. 1 BImSchG zu schützen 390 . aa) Schutzgrundsatz: Nach § 5 Nr. 1 BImSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, daß schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit nicht hervorgerufen werden können. Insoweit sind die präventivpolizeilichen Genehmigungsvoraussetzungen der füheren §§ 16 ff. GewO einschließlich des Postulats vorbeugenden Immissionsschutzes beibehalten worden 391 . Der Gefahrenbegriff, der sowohl in der Legaldefinition schädlicher Umwelteinwirkungen (§ 3 Abs. 1 BImSchG) als auch bei der Feststellung „sonstiger Gefahren" eine maßgebende Rolle spielt, muß im Anschluß an das Polizeirecht präzisiert werden. Eine Gefahr liegt hiernach vor, wenn ein Schaden für Leib oder Leben eines Menschen oder ein erheblicher Sachschaden nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit bevorsteht 392 . Je größer der drohende Schaden ist, desto eher muß eine nur geringe Eintrittswahrscheinlichkeit als gefahrbegründend und eine Vermeidungsmaßnahme 388 389

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BGBl. I S. 499, ber. S. 727. BVerwGE 55, 250 (253 f.) = DVB1. 1978, 591 mit Anm. von Breuer; ferner z. B. OVG Hamburg DVB1. 1975, 207; OVG Münster DVB1. 1976, 790 (793f.); Breuer, DVB1. 1978, 32 ff. m. w. N.; zum Meinungsstand jüngst wieder Martens, DVB1. 1981, 601 ff. VG München GewArch. 1979, 29. Vgl. hierzu Kutscheidt, in: Landmann /Rohmer, GewO, Bd. III, §1 BImSchG Rdnr. 6; Seltner, NJW 1980, 1255f. Friauf, oben 3. Abschn., II 1 d, aa; ferner statt vieler: Drews / Wacke / Vogel/ Martens, Gefahrenabwehr, Bd. 1, 8. Aufl. 1977, S. 108 ff.

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als erforderlich angesehen werden 393 . Andererseits geht das Gesetz trotz seiner mißverständlichen Formulierung davon aus, daß es keine perfekte technische Sicherheit geben kann. Vielmehr muß ein „Restrisiko" hingenommen werden, das praktisch unvermeidbar und gesetzlich akzeptiert ist394. Ein rechtserheblicher Nachteil wird als Vermögensschaden oder Einschränkung des persönlichen Lebensraums aufgrund von physischen Einwirkungen, eine Belästigung wird als Einwirkung auf das physische oder psychische Wohlbefinden des Menschen bis zur Grenze des Gesundheitsschadens definiert 395 . Die Erheblichkeit eines Nachteils oder einer Belästigung kann je nach der Situation unterschiedlich zu beurteilen sein. Dabei spielt die tatsächliche oder rechtliche „ Vorbelastung" des betreffenden Gebiets eine wesentliche Rolle 396 . In Bereichen, in denen Baugebiete von unterschiedlicher Schutzwürdigkeit zusammentreffen, ist die Grundstücksnutzung mit einer gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet; danach muß der Betroffene Nachteile und Belästigungen hinnehmen, die er außerhalb eines derartigen Grenzbereiches nicht hinzunehmen brauchte 397 . Ferner müssen die Allgemeinheit und die Nachbarschaft sich Nachteile und Belästigungen zumuten lassen, soweit der bauliche und der „überwirkende", bauliche Erweiterungen deckende Bestandsschutz einer gewerblichen Anlage gemäß Art. 14 Abs. 1 G G reicht 398 . Das BVerwG 399 hat anerkannt, daß die nach § 48 BImSchG durch die TA Luft festgelegten Immissionswerte für die gerichtliche Beurteilung der Frage, ob Immissionen im einzelnen Fall geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG hervorzurufen, im allgemeinen als antizipiertes Sachverständigengutachten bedeutsam sind. Hierfür ist ausschlaggebend, daß die Immissionswerte der TA Luft „auf den zentral . . . ermittelten Erkenntnissen und Erfahrungen von Fachleuten verschiedener Fachgebiete beruhen" 400 . Damit hat das BVerwG gegenläufige Tendenzen korrigiert, welche die TA Luft bei der Rechtsfindung lediglich „heranziehen" und letztlich 393

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Vgl. z.B. BVerwG NJW 1970, 1890 (1892); DVB1. 1973, 857 (858f.); 1974, 297 (300); 1974, 842 (845); BVerwGE 47, 31 (40); OVG Saarlouis DÖV 1973, 863 (864); OVG Lüneburg GewArch. 1975, 303 (305). Vgl. Kutscheidt, in: Landmann / Rohmer, GewO, Bd. III, § 3 BImSchG Rdnr. 11; Seltner, ImmissionsschutzR und Industrieanlagen, 1978, Rdnr. 26; Rauschning, W D S t R L 38 (1980), S. 191 ff.; Martens, DVB1. 1981, 599; vgl. zur normativen Begrenzung des Restrisikos neuerdings die 12. BImSchV (Störfall-VO) vom 27. 6. 1980 (BGBl. I S. 772). Seilner, a. a. O., Rdnr. 42. Vgl. OVG Münster DVB1. 1976, 790 (796); OVG Lüneburg GewArch. 1979, 345; auch Seltner, a. a. O., Rdnr. 51, 210ff. BVerwGE 50, 49 (54f.). BVerwGE 50, 49 (58 f.). BVerwGE 55, 250 = DVB1. 1978, 591 mit zustimmender Anm. von Breuer. BVerwGE 55, 256.

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durch eine einzelfallbezogene Gesamtbetrachtung verdrängen wollten 401 . Die Rechtsprechung des BVerwG wird der fachlichen und prozedualen Qualität der TA Luft wie auch anderer Verwaltungsvorschriften nach § 48 BlmSchG gerecht, erhält die gesetzlich intendierte Konkretisierungsfunktion solcher Verwaltungsvorschriften aufrecht und fördert damit die Rechtssicherheit 402 . Falls zwei als antizipierte Sachverständigengutachten zu beachtende Verwaltungsvorschriften oder Regelwerke unterschiedliche Immissionswerte festsetzen, ist der rechtlichen Beurteilung in der Regel die neuere Vorschrift zugrunde zu legen 403 . Die Beachtung von Verwaltungsvorschriften oder technischen Regelwerken als antizipierten Sachverständigengutachten stößt allerdings auf Grenzen 404 . Zum einen wird hierdurch dem Gericht die Erhebung eines individuellen Sachverständigenbeweises nach den prozeßrechtlichen Vorschriften nicht abgeschnitten. Zum anderen sind jedenfalls im gerichtlichen Verfahren der Hauptsache zwei Einwände beachtlich: erstens der Einwand, bestimmte Immissionswerte seien nach dem neuesten Stand der naturwissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse unzureichend und überholt, und zweitens der Einwand, es liege ein atypischer, bei der Festsetzung eines bestimmten Immissionswertes nicht berücksichtigter Fall — z. B. ein Zusammentreffen mit anderen Schadstoffen - vor, so daß der festgesetzte Wert nicht oder nur in modifizierter Weise angewendet werden könne. Der Schutzgrundsatz des § 5 Nr. 1 BlmSchG hat unstreitig nachbarschützenden Charakte^05. Daher kann ein Nachbar vor allem mit der Anfechtungsklage gegen eine immissionsschutzrechtliche Anlagengenehmigung oder mit der auf die Festsetzung einer (nicht-modifizierenden) Schutzauflage gemäß § 12 Abs. 1 BlmSchG gerichteten Verpflichtungsklage geltend machen, die erteilte Genehmigung erfülle nicht die Voraussetzungen des Schutzgrundsatzes.

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So in der Vorinstanz OVG Münster DVB1. 1976, 790 (794); ferner OVG Hamburg DVB1. 1975, 207; OVG Lüneburg GewArch. 1975, 303; DVB1. 1977, 347. So zuvor bereits Breuer, DVB1. 1978, 34ff.; vgl. auch Niere, DVB1. 1975, 172ff.; Feuchte, Die Verw. 1977, 296; zustimmend Ossenbühl, in: Fg. aus Anlaß des 25jährigen Bestehens des BVerwG, 1978, S. 447; zu praktischen Konsequenzen Feldhaus, DVB1. 1981, 165ff.; weitergehend Marburger, Die Regeln der Technik im Recht, 1979, S. 417 ff., der insoweit einen administrativen Beurteilungsspielraum annimmt und die Verwaltungsvorschriften nach § 48 BlmSchG als „Beurteilungsrichtlinien" mit „Außenwirkung kraft Selbstbindung" ansieht. So OVG Münster NJW 1979, 772 = DVB1. 1979, 316 für das Verhältnis der VDIRichtlinie 2058 von 1973 zur TA Lärm von 1968. Vgl. hierzu Breuer, AöR 101 (1976), S. 79ff.; ders., DVB1. 1978, 35f.; ders., DVB1. 1978, 599. So z. B. VGH Bad.-Württ. D Ö V 1974, 706; OVG Hamburg DVB1. 1975, 207; OVG Koblenz GewArch. 1975, 165; OVG Münster DVB1. 1976, 790; Seltner, ImmissionsschutzR und Industrieanlagen, 1978, Rdnr. 58.

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bb) Vorsorgegrundsatz: § 5 Nr. 2 BImSchG verlangt, daß Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden M a ß n a h m e n zur Emissionsbegrenzung. Dadurch soll der gebotene Immissionsschutz vorverlagert, nämlich über den traditionellen Schutzgrundsatz hinaus ausgedehnt werden 406 . Der Vorsorgegrundsatz des § 5 Nr. 2 BImSchG m u ß als Gebot einer gefahrenunabhängigen Risikovorsorge im Sinne eines verschärften sicherheitstechnischen Postulats verstanden werden. Dabei ist ebenso wie im Atomrecht eine Risikovorsorge in zwei Richtungen geboten, nämlich „unterhalb der Schädlichkeitsschwelle" und „unterhalb der Schwelle praktischer Vorstellbarkeit eines theoretisch möglichen Schadenseintritts" 4 0 7 . Eine Risikovorsorge der ersteren Art dient primär dem Ziel schonender Ressourcenökonomie. Sie kommt auch in Betracht, wenn eine bestimmte Immission oder Emission nach Auswertung aller naturwissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse als unschädlich angesehen werden muß, jedoch mit Rücksicht auf eine naturwissenschaftlich-technische Mindermeinung mit einer „Restunsicherheit" behaftet bleibt 408 . Eine Risikovorsorge der letzteren Art muß im Hinblick auf Immissionen infolge von Störfällen in Betracht gezogen werden, deren Eintrittswahrscheinlichkeit nach den Anforderungen des Schutzgrundsatzes gemäß § 5 Nr. 1 BImSchG vernachlässigbar gering ist. In jedem Fall stehen die Anforderungen des Vorsorgegrundsatzes unter dem Vorbehalt, daß sie nicht gegen das rechtsstaatliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit verstoßen dürfen 409 . Verwaltungsvorschriften nach § 48 BImSchG sind auch im Vorsorgebereich als antizipierte Sachverständigengutachten heranzuziehen, soweit sie hierfür über den Bereich des Schutzgrundsatzes hinaus Regelungen treffen 4 1 0 . Abweichend von dem dargelegten Verständnis, ist die These aufgestellt worden, der Vorsorgegrundsatz erfülle eine Planungs- und Verteilungsfunktion 411 . Sein Sinn und Zweck bestehe darin, „einen Abstand von der Relevanzschwelle durch Vorsorgemaßnahmen, insbesondere der Emissionsbegrenzung, anzuordnen, um im Emissions- und Immissionspotential eines Einwirkungsbereichs Reserven für Neuzuwachs durch sich verdichtende 406

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Vgl. statt vieler: Feldhaus, BImSchR, Bd. 1, § 1 Anm. 4, § 5 Anm. 7; Ule, BImSchG, §5 Rdnr. 4; Kutscheidt, in: Landmann / Rohmer, GewO, Bd. III, § 1 BImSchG Rdnr. 6f.; Seltner, ImmissionsschutzR und Industrieanlagen, 1978, Rdnr. 59ff.; in der Rspr. OVG Berlin DVB1. 1979, 159 mit abl. Anm. von PapierGH Bad.-Württ. GewArch. 1980, 197 (200ff.); OVG Lüneburg GewArch. 1980, 203. Vgl. hierzu Breuer, DVB1. 1978, 836 f. Ein solcher Sachverhalt lag dem Urteil des OVG Lüneburg GewArch. 1980, 203, zugrunde. Insoweit übereinstimmend: einers. Breuer, DVB1. 1978, 837; anderere. Seltner, a. a. O., Rdnr. 63; ders., NJW 1980, 1259f.; Feldhaus, DVB1. 1980, 138. A. A.: VGH Bad.-Württ. GewArch. 1980, 197 (201). So Feldhaus, DVB1. 1980, 133ff.; Seilner, NJW 1980, 1257; auch Kutscheidt, a. a. O., § 1 BImSchG Rdnr. 7; Soell, ZRP 1980, 105; Martens, DVB1. 1981, 602 f.

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Siedlungsräume, ferner für weitere Industrieanlagen, zu schaffen" 412 . Es gehe dabei um eine „gerechte Verteilung des vorhandenen Potentials an zulässiger Umweltbelastung" 413 . Diese Deutung wird aus einschlägigen Aussagen der Gesetzesmaterialien abgeleitet. Danach ist die Forderung nach ausreichender Vorsorge „angesichts der zunehmenden Verdichtung unserer Lebensräume unabdingbar" und „ebenso im Interesse der Industrie selbst notwendig, um rechtzeitig zu verhindern, daß später die Errichtung neuer Industrieunternehmen wegen vorhanderer bedenklicher Immissionsbelastung untersagt werden muß" 414 . Diese Äußerungen können jedoch ebenso gut dahin verstanden werden, daß in stark ebenso wie in schwach belasteten Gebieten eine gefahrenunabhängige, generelle und somit gleichmäßige Risikovorsorge mit dem Ziel einer allgemeinen Erhaltung von Reserven und Freiräumen geboten sein soll. Hierdurch wird die klassisch-gesetzliche und nicht etwa die planerische, selektiv und differenzierend wirkende Systemvariante des Vorsorgeprinzips verwirklicht 415 . Für dieses Verständnis und gegen die These von der Planungs- und Verteilungsfunktion des immissionsschutzrechtichen Vorsorgegrundsatzes sprechen durchgreifende Gesichtspunkte: Planung und plangemäße Verteilung ohne Ermessens- oder Gestaltungsspielraum wäre ein Widerspruch in sich 416 . Wer dem Vorsorgegrundsatz eine Planungs- und Verteilungsfunktion zuschreibt, kommt daher nicht umhin, der Genehmigungsbehörde einen derartigen Spielraum zuzuerkennen. Insbesondere können die Planung und die plangemäße Verteilung von Luftressourcen und Belastungsbefugnissen nicht durch das rechtsstaatliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit in eine strikte Rechtsbindung zurückgeführt werden 417 ; hierdurch werden im Hinblick auf die ZweckMittel-Relation lediglich unangemessene Maßnahmen untersagt, nicht aber im positiven Sinne „angemessene" Maßnahmen geboten 418 . Die Annahme eines planerischen Ermessens- oder Gestaltungsspielraums der Genehmigungsbehörde ist jedoch unvereinbar mit dem Charakter der immissionsschutzrechtlichen Anlagengenehmigung als strikt gebundenen Verwaltungsakts. Außerdem müßte eine inzidente Planung und Verteilung von Luftressourcen und Belastungsbefugnissen im Rahmen der Genehmigungsentscheidungen zu einem kasuistischen, kaum kalkulierbaren und rechtsstaatlich bedenklichen „Planulismus" 419 entarten. Vor allem bilden schließlich die dem 412 413 414

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So Seltner, NJW 1980, 1257. So Kutscheidt, a. a. O. BT-Drucks. 7/179, S. 32; weitere Nachw. zu Äußerungen in der parlamentarischen Beratung bei Feldhaus, DVB1. 1980, 138 und Seilner, NJW 1980, 1256. Vgl. oben I 2 a. Vgl. BVerwGE 34, 301 (304); ständige Rspr. So aber der Versuch von Feldhaus, DVB1. 1980, 138 und Seltner, NJW 1980, 1259f. Allgemein hierzu Grabitz. AöR 98 (1973), S. 576ff. m. w. N. Vgl. zu diesem Begriff Ipsen, wie Fußn. 226.

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Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen zur Emissionsbegrenzung einen allgemeinen und gleichmäßigen, nicht etwa einen selektiven und differenzierten Vorsorgestandard 420 . Auch auf der Grundlage des hier dargelegten Verständnisses hat der Vorsorgegrundsatz — anders als der Schutzgrundsatz — keinen nachbarschützenden Charakter*21. cc) Entsorgungsgrundsatz: Nach § 5 Nr. 3 BImSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, daß die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Reststoffe ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder, soweit dies technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht vertretbar ist, als Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden. Danach ist vorrangig die ordnungsgemäße Verwertung von Reststoffen (recycling) geboten. Was als ordnungsgemäße Abfallbeseitigung anzusehen ist, beurteilt sich nach den Vorschriften des Abfallbeseitigungsrechts. c) Außer-immissionsschutzrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen: Die Erteilung der immissionschutzrechtlichen Anlagengenehmigung setzt ferner voraus, daß andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen (§ 6 Nr. 2 BImSchG). Hiernach ist bei der Anlagengenehmigung insbesondere das Bauplanungs- und Bauordnungsrecht anzuwenden. Dies gilt vor allem für die §§ 29 ff. BBauG. So ist z. B. eine genehmigungsbedürftige Anlage in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Mischgebiet (§ 6 BauNVO) ebenso wie im nichtbeplanten Innenbereich (§ 34 BBauG), der keine Elemente eines Industrie- oder Gewerbegebietes enthält, wegen ihrer potentiellen Störungen unzulässig, ohne daß es dabei auf den Grad der aktuell verursachten Störung ankommt 422 . Im Außenbereich können genehmigungsbedürftige Anlagen nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 oder 5 BBauG privilegiert sein 423 . d) Genehmigungsverfahren: Die Rechtsgrundlage des Anlagengenehmigungsverfahrens besteht in § 10 BImSchG und in der 9. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (9. BImSchV) vom 18. 2. 1977424. Das Verfahren zeichnet sich durch Förmlichkeit, Publizität und Popularbeteiligung aus. Der Genehmigungsantrag muß schriftlich bei der landesrechtlich bestimmten Genehmigungsbehörde gestellt werden und bestimmte Angaben enthalten. Außerdem sind ihm bestimmte Unterlagen beizufügen. Sind die Unterlagen vollständig, so hat die Genehmigungsbehörde 420

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424

Vgl. Marburger, Die Regeln der Technik im Recht, 1979, S. 159ff.; Breuer, AöR 101 (1976), S. 56 ff. Insoweit zutreffend Seltner, NJW 1980, 1261; ferner Rauschning, VVDStRL 38 (1980), S. 204f.; jeweils m. w. N. BVerwG NJW 1975, 460. Die näheren Voraussetzungen sind streitig; vgl. hierzu Seltner, ImmissionsschutzR und Industrieanlagen, 1978, Rdnr. 101 ff.; Hoppe, NJW 1978, 1229ff.; Römermann, NJW 1978, 2286. BGBl. I S. 274, geändert durch die 12. BImSchV vom 27. 6. 1980, BGBl. I S. 772.

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das Vorhaben öffentlich bekanntzumachen. Der Antrag sowie eine Reihe von Unterlagen mit bestimmten Angaben sind zwei Monate zur Einsicht auszulegen. Zur Erhebung von Einwendungen ist jedermann befugt. Mit Ablauf der zweimonatigen Auslegungs- und Einwendungsfrist werden alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf „besonderen Titeln" beruhen (§ 10 Abs. 3 Satz 3 BImSchG). Hierbei handelt es sich um eine materielle Präklusion, die später auch im Widerspruchs- sowie im Gerichtsverfahren zu beachten ist 425 . Verfassungsrechtliche Einwände, die der materiellen Präklusion entgegengehalten worden sind 426 , vermögen nicht zu überzeugen. Der Zwang, Einwendungen innerhalb der Zweimonatsfrist zu erheben, stellt eine zumutbare, insbesondere mit Art. 19 Abs. 4 G G vereinbare Formalisierung des Verfahrens sowie die konsequente und verfassungskonforme Kehrseite der breit angelegten, grundrechtlich fundierten Verfahrensteilhabe dar 427 . § 19 BImSchG sieht vor, daß für genehmigungsbedürftige Anlagen bestimmter Art und bestimmten Umfangs ein vereinfachtes Verfahren eingeführt werden kann. Dies ist durch § 4 der 4. BImSchV geschehen. Im vereinfachten Verfahren sind insbesondere Teilgenehmigungen, Vorbescheide, die Präklusion von Einwendungen sowie die Konzentrationswirkung und die nachbarrechtsgestaltende Wirkung der Genehmigung (§§ 13, 14 BImSchG) ausgeschlossen (§ 19 Abs. 2 BImSchG). e) Inhalt und Wirkung der Anlagengenehmigung: Falls der Antrag nicht abgelehnt werden muß, ist das Verfahren durch die Erteilung der Genehmigung zu beenden. Zum obligatorischen Inhalt des Genehmigungsbescheides (§ 21 der 9. BImSchV) gehören u. a. die Nebenbestimmungen und die Begründung, aus der die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben, und die Behandlung der Einwendungen hervorgehen sollen. Nebenbestimmungen können nach Maßgabe des § 12 BImSchG in Bedingungen, Auflagen, einer Befristung u n d einem Widerrufs- oder Auflagenvorbehalt bestehen. Sie müssen hinreichend bestimmt sein. Z. B. muß eine Schutzauflage entweder eine bestimmte M a ß n a h m e oder einen bestimmten Immissions- oder Emissionswert bezeichnen 428 . Die Auflage ist im Gegensatz zur Bedingung und zur Befristung selbständig anfechtbar und erstreitbar — es sei denn, es handelt sich um eine sog. modifizierende, vom Genehmigungsinhalt nicht trennbare Auflage 429 . 425

426 427 428

429

Feldhaus, BImSchR, Bd. 1, § 6 Anm. 15; Ule, BImSchG, § 10 Rdnr. 9, 16; Seltner, a. a. O., Rdnr. 365 ff.; früher zu § 10 Abs. 2 GewO bereits BVerwG DVB1. 1973, 645. So Ule, BB 1979, 1009ff.; Wolfrum, DÖV 1979, 497ff.; Papier, NJW 1980, 313ff. So zutreffend Redeker, NJW 1980, 1597 f. Vgl. etwa BVerwGE 38, 209; OVG Münster DVB1. 1976, 800; Seltner, a . a . O . , Rdnr. 238. Vgl. hierzu BVerwG DÖV 1974, 380; auch BVerwGE 36, 145 (154); 55, 135 (136 ff.); Seltner, a. a. O., Rdnr. 228 f.; kritisch: Erichsen / Martens, in: dies. (Hrsg.), Allg. VerwR, 5. Aufl. 1981, § 15 II 3 m. w. N.

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Die Gestattungswirkung der Genehmigung ist mit einer begrenzten Konzentrationswirkung verbunden (§ 13 BImSchG). Eingeschlossen sind insbesondere die Baugenehmigung sowie Genehmigungen des Natur- und Landschaftsschutzrechts, nicht aber Planfeststellungen, Zulassungen bergrechtlicher Betriebspläne, wasserrechtliche Erlaubnisse und Bewilligungen sowie atomrechtliche Genehmigungen. Gegenüber dem privaten Nachbarrecht übt die immissionsschutzrechtliche Anlagengenehmigung eine materiell-rechtliche, anspruchsändernde Gestaltungswirkung aus (§ 14 BImSchG) 430 . Sie stellt somit einen typischen Fall des Verwaltungsakts mit Doppelwirkung dar 431 . Die genehmigte Anlage genießt Bestandsschutz nicht nur nach Maßgabe des einfachgesetzlichen Immissionsschutzrechts, sondern auch nach Art. 14 Abs. 1 GG. Hiervon kann im Rahmen des „überwirkenden", auf den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb bezogenen Bestandsschutzes aufgrund der Umstände des Einzelfalles auch eine Erweiterung oder Nutzungsänderung der Anlage umfaßt sein 432 . Insoweit besteht ein Anspruch auf die Erteilung der Erweiterungs- oder Änderungsgenehmigung. f) Vorbescheid und Teilgenehmigung: Der Vorbescheid nach § 9 BImSchG und die Teilgenehmigung nach § 8 BImSchG sind als Zwischenakte Instrumente des gestuften Verwaltungsverfahrens 433 . Sie dienen der Rationalität, Transparenz und Beschleunigung des Verfahrens, wo die Genehmigungsbehörde über die Zulässigkeit einer komplexen Anlage zu entscheiden hat. Der Vorbescheid enthält eine abschließende Entscheidung über einzelne Fragen, von denen die Erteilung der gesamten Genehmigung abhängt, z. B. über den Standort oder das Konzept der Anlage. Die Teilgenehmigung gestattet dagegen in abschließender Weise die Errichtung oder den Betrieb von realen Anlagenteilen. Beide Zwischenakte enthalten somit eine abschließende Teilentscheidung, daneben aber auch ein vorläufiges positives Gesamturteil über die betreffende Anlage. Während die abschließende Teilentscheidung die volle, inhaltlich begrenzte Bindungswirkung der Anlagengenehmigung ausübt, entfaltet das vorläufige positive Gesamturteil eine verminderte, unter dem Vorbehalt der gleichbleibenden Sach- und Rechtslage stehende Bindungswirkung 434 . 430 431 432

433

434

Vgl. oben III 4a, cc. Statt vieler: Seltner, a. a. O., Rdnr. 190. BVerwGE 50, 49 (58f.); NJW 1977, 1932 (1933); 1978, 64 (65); Seltner, a . a . O . , Rdnr. 202 ff. Vgl. zum Ganzen Schmidt-Aßmann, in: Fg. aus Anlaß des 25jährigen Bestehens des BVerwG, 1978, S. 569ff.; Selmer, Vorbescheid und Teilgenehmigung im ImmissionsschutzR, 1979; Büdenbender / Mutschier, Bindungs- und Präklusionswirkung von Teilentscheidungen nach BImSchG und AtG, 1979; Breuer, Hansmann, Mutschier und de Witt, in: 6. Dt. AtomR-Symposium, 1980, S. 241 ff.; Ossenbühl, NJW 1980, 1353ff. BVerwGE 24, 23 (27); entsprechend im AtomR: BVerwG DVB1. 1972, 678 (679); ferner trotz unterschiedlicher Nuancen: OVG Lüneburg DVB1. 1978, 67 (68); OVG

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g) Nachträgliche Anordnungen: Durch die Möglichkeit nachträglicher Anordnungen nach § 17 BImSchG wird der Bestandsschutz der unanfechtbar genehmigten Anlage beschränkt. Der zulässige Inhalt einer nachträglichen Anordnung deckt sich mit demjenigen einer Auflage 435 . Die nachträgliche Anordnung setzt einen Verstoß gegen die fortlaufend zu erfüllenden Betreiberpflichten des § 5 BImSchG oder gegen eine Rechtsverordnung nach § 7 BImSchG voraus. Dabei kommt es aufgrund des dynamischen Charakters der Betreiberpflichten auf die Sachlage und den Erkenntnisstand sowie im Rahmen des Vorsorgegrundsatzes (§ 5 Nr. 2 BImSchG) auf den Stand der Technik im Zeitpunkt der nachträglichen Anordnung an 436 . Deren Erlaß steht grundsätzlich im Ermessen der Behörde. Falls jedoch nach Erteilung der Genehmigung festgestellt wird, daß die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft nicht ausreichend vor schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen geschützt ist, daß also — vereinfacht gesprochen — der Schutzgrundsatz (§ 5 Nr. 1 BImSchG) verletzt wird, soll die zuständige Behörde nachträgliche Anordnungen treffen (§ 17 Abs. 1 Satz 2 BImSchG). Diese Sollvorschrift hat nachbarschützenden Charakter437. Unter ihren Voraussetzungen besteht daher grundsätzlich ein verwaltungsprozessual durchsetzbarer Anspruch auf Erlaß einer nachträglichen Anordnung. Ausgeschlossen ist eine nachträgliche Anordnung zum einen, wenn sie nach dem Stand der Technik nicht erfüllbar ist (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BImSchG). Zum anderen ist sie auch dann ausgeschlossen, wenn sie für den Betreiber und für Anlagen der von ihm betriebenen Art wirtschaftlich nicht vertretbar ist (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BImSchG). Die Ausschlußvoraussetzung der wirtschaftlichen Unvertretbarkeit muß hiernach kumulativ sowohl nach dem objektivierten Vergleichsmaßstab eines gesunden Durchschnittsunternehmens als auch nach den subjektiven, eventuell günstigeren Verhältnissen des betreffenden Betreibers erfüllt sein. Das Merkmal der wirtschaftlichen Vertretbarkeit bereitet erhebliche Konkretisierungsprobleme; jedenfalls umfaßt es die nachhaltige Erzielbarkeit eines angemessenen Gewinns 438 .

435 436

437 438

Münster DVB1. 1978, 853 (854f.); VG Koblenz NJW 1980, 1410; unklar OVG Rheinl.-Pfalz GewArch. 1977, 133 (139); a. A. für die Teilgenehmigung VGH Bad.Württ. DÖV 1979, 521 (523f.); gegen den „Situationsvorbehalt" Ossenbühl, NJW 1980, 13 57 f. Seltner, a. a. O., Rdnr. 436ff. m. w. N. Hoppe, Wirtschaftliche Vertretbarkeit im Rahmen des BImSchG, 1977, S. 33; anders ist dagegen der maßgebende Zeitpunkt für die gerichtliche Kontrolle der Genehmigung zu bestimmen, vgl. Breuer, DVB1. 1981, 300 ff. m. w. N. Seltner, a. a. O., Rdnr. 465 ff. m. w. N. Vgl. zum Ganzen Hoppe, a . a . O . , insbes. S. 57 ff.; Seilner, a . a . O . , Rdnr. 443 ff.; Soell, Der Grundsatz der wirtschaftlichen Vertretbarkeit im BImSchG, 1980; Thomas, WiVerw. 1980, 244ff.; jeweils m. w. N.

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h) Untersagung, Stillegung und Beseitigung von Anlagen, Widerruf der Anlagengenehmigung: Nach § 20 Abs. 1 BImSchG kann die zuständige Behörde den Betrieb einer genehmigungsbedürftigen und genehmigten Anlage ganz oder teilweise untersagen, wenn der Betreiber einer Auflage oder einer vollziehbaren nachträglichen Anordnung nicht nachkommt. Nach § 20 Abs. 2 BImSchG soll die zuständige Behörde die Stillegung oder Beseitigung einer Anlage anordnen, die ohne die erforderliche Genehmigung errichtet, betrieben oder wesentlich geändert wird. § 20 Abs. 3 BImSchG sieht die Untersagung des weiteren Betriebes einer genehmigungsbedürftigen Anlage wegen persönlicher Unzuverlässigkeit vor. Die Vorschriften über den Widerruf der Genehmigung (§21 BImSchG) stellen eine Spezialregelung gegenüber den allgemeinen Vorschriften über den Widerruf von Verwaltungsakten (§ 49 VwVfG) dar. Die spezialgesetzlichen Widerrufsgründe entsprechen den allgemeinen. Der Widerruf wegen einer Änderung der Sach- oder Rechtslage oder wegen schwerer Nachteile für das Gemeinwohl ist entschädigungspflichtig, soweit er in ein schutzwürdiges Vertrauen des Betroffenen eingreift (§ 21 Abs. 4 BImSchG). Hierbei handelt es sich um Enteignungstatbestände, gleich ob man die öffentlich-rechtliche Genehmigungsposition oder den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als betroffenes Eigentumsobjekt ansieht 439 . Eine Sonderregelung enthält § 21 Abs. 7 BImSchG: Die restriktiven Widerrufsgründe und die Entschädigungspflicht gelten nicht, wenn die Genehmigung von einem Dritten angefochten und von der Behörde während des Vorverfahrens oder des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufgehoben wird, soweit dadurch dem Widerspruch oder der Klage abgeholfen wird. Insoweit liegt weder ein schutzwürdiges Vertrauen des Genehmigungsbegünstigten noch ein Enteignungstatbestand vor 440 . i) Anlagenbezogene Überwachung: Unter den Voraussetzungen der §§ 26 und 28 BImSchG kann die zuständige, landesrechtlich bestimmte Behörde entweder aus besonderem Anlaß oder zur erstmaligen und periodisch wiederkehrenden Präventivkontrolle genehmigungsbedürftiger Anlagen anordnen, daß Messungen von Emissionen sowie von Immissionen im Einwirkungsbereich der Anlage durch eine behördlich bekanntgegebene Meßstelle durchgeführt werden. Statt solcher Einzelmessungen können bei genehmigungsbedürftigen Anlagen kontinuierliche Messungen durch aufzeichnende Meßgeräte erfolgen (§ 29 BImSchG). Der Betreiber einer in einem festgesetzten Belastungsgebiet (§ 44 BImSchG) gelegenen genehmigungsbedürftigen Anlage ist nach Maßgabe des § 27 BImSchG zur Abgabe einer Emissionserklärung verpflichtet. Ergänzend treten die Auskunftspflicht nach § 31 BImSchG sowie das behördliche Zutrittsrecht im Rahmen der allgemeinen Überwachung nach § 52 BImSchG hinzu. 439 440

Vgl. hierzu Breuer, a. a. O. (Fußn. 85), S. 184f. Vgl. zum Sinn des § 2 1 Abs. 7 BImSchG Ule, BImSchG, §21 Rdnr. 1; DVB1. 1981,307.

Breuer,

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3. Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen i. S. der §§ 22ff. BImSchG sind solche, die keiner Genehmigung nach den §§ 4ff. BImSchG bedürfen. Sie können jedoch einer Genehmigung nach anderen gesetzlichen Vorschriften, z. B. einer Baugenehmigung, bedürfen 441 . Der Anlagenbegriff ist auch insoweit § 3 Abs. 5 BImSchG zu entnehmen, wirft hier jedoch vielfältige, nur kasuistisch lösbare Abgrenzungsprobleme auf 4 4 2 . Die Betreiberpflichten nach § 22 Abs. 1 BImSchG unterscheiden sich von den Pflichten des Betreibers einer genehmigungsbedürftigen Anlage nach § 5 BImSchG 443 . Das Gebot, schädliche Umwelteinwirkungen zu verhindern, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind (§ 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG), bezieht sich auf die Emissionsbegrenzung, ohne prinzipiell zwischen dem Schutz- und dem Vorsorgegrundsatz zu trennen. Insbesondere ist der hierdurch gewährte Schutz insgesamt nicht absolut geboten, sondern durch den Stand der Technik (§ 3 Abs. 6 BImSchG) begrenzt. Das weitere Gebot, daß die nach dem Stand der Technik unvermeidbaren schädlichen Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG), bezieht sich auf die Begrenzung erlaubter, wenn auch schädlicher Immissionen. Hinzu tritt die Pflicht des Betreibers zur ordnungsgemäßen Abfallbeseitigung (§ 22 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG). Streitig ist, ob § 22 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BImSchG nachbarschützenden Charakter hat. Dies wird gelegentlich verneint unter Hinweis darauf, daß Anordnungen nach § 24 BImSchG und Untersagungsverfügungen nach § 25 Abs. 1 BImSchG zur Durchsetzung der erwähnten Betreiberpflichten im behördlichen Ermessen stehen 444 . Hiernach soll nur der Sollvorschrift des § 25 Abs. 2 BImSchG, die für Sonderfälle konkreter Gefahren Untersagungsverfügungen vorsieht, eine nachbarschützende Funktion zukommen. Diese Ansicht vermag nicht zu überzeugen. Sie verkennt, daß die Betreiberpflichten des § 22 Abs. 1 BImSchG bei der Erteilung einer gebundenen außer-immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, z. B. einer Baugenehmigung, als zusätzliche rechtsbegriffliche Voraussetzungen fungieren, ohne daß ein Ermessen in Betracht kommt. Insoweit geht es um eine reine, rechtlich strikt gebundene Präventivkontrolle. Daß der zuständigen Behörde bei repressiven Verfügungen aufgrund der §§ 24, 25 BImSchG ein Ermessen zukommt, steht auf einem anderen Blatt. Ein Anspruch des Nachbarn auf repressives Einschreiten mag im allgemeinen nur im Falle des § 25 Abs. 2 BImSchG gegeben sein. Dagegen kann der Nachbar bei der Anfechtung einer gegen § 22 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 441 442

443 444

Seilner / Löwer, WiVerw. 1980, 221. Vgl. z . B . BVerwG DVB1. 1974, I I I (Kinderspielplatz); BVerwG GewArch. 1977, 385 (Schrottplatz); OVG Münster BRS 32 Nr. 158 (Parkplätze); OVG Münster DVB1. 1979, 315 (Betriebsfahrzeuge als Bestandteil einer Anlage); weitere Beisp. bei Seltner / Löwer, WiVerw. 1980, 231 ff. Eingehend hierzu Seltner / Löwer. WiVerw. 1980, 233 ff. So Seltner, NJW 1976, 265ff.; Seltner / Löwer, WiVerw. 1980, 240ff.

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BImSchG verstoßenden außer-immissionsschutzrechtlichen Genehmigung einen Genehmigungsabwehranspruch geltend machen. Insoweit ist ausschlaggebend, daß der gesetzlich gebotene Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen nicht nur der Allgemeinheit, sondern auch der Nachbarschaft zugute kommen soll445. Gelegentlich ist zweifelhaft, inwieweit neben den §§ 22ff. BImSchG noch die landesrechtlichen Vorschriften des allgemeinen handlungsbezogenen Immissionsschutzes anwendbar sind 446 . Jedenfalls sind landesrechtliche Vorschriften, wonach ruhestörende Betätigungen zur Nachtzeit verboten sind, auf nicht genehmigungsbedürftige Anlagen i. S. der §§22 ff. BImSchG anwendbar 447 . 4. Der produktbezogene Immissionsschutz Die §§32 ff. BImSchG sehen einen produktbezogenen Immissionsschutz vor. Dessen Anwendungsbereiche sind die Beschaffenheit von bestimmten technischen Anlagen sowie von serienmäßig hergestellten Teilen gewisser Anlagen, die Einführung einer Bauartzulassung für diese Anlagen oder Anlagenteile, die Beschaffenheit von Brennstoffen oder Treibstoffen sowie von sonstigen Stoffen und Erzeugnissen, die geeignet sind, bei ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung oder bei der Verbrennung zum Zwecke der Beseitigung oder der Rückgewinnung einzelner Bestandteile schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen hervorzurufen. Das Gesetz ist insoweit auf die Aktualisierung im Verordnungswege angewiesen. Es begnügt sich mit Ermächtigungen, wonach die Bundesregierung nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51 BImSchG) durch Rechtsverordnung einschlägige Regelungen des produktbezogenen Immissionsschutzes treffen kann 448 . 5. Der verkehrsbezogene Immissionsschutz a) Grundlagen des Immissionsschutzes bei Straßen, Schienenwegen und Flughäfen: Die §§41-43, 50 BImSchG enthalten zwar eine Spezialregelung des Verkehrslärmschutzes bei Straßen und Schienenwegen. Diese Regelung ist jedoch eine lex imperfecta geblieben, da die vorgesehene Schallschutzverordnung der Bundesregierung nach § 43 BImSchG ausgeblieben ist449. Da zudem in diesem Teilbereich des verkehrsbezogenen Immissionsschutzes während der 8. Legislaturperiode des Bundestages die geplante Neuregelung 445

446 447 448

449

Zutreffend Feldhaus, BImSchG, Bd. 1, § 22 Anm. 10; Schrödter, DVB1. 1974, 363; nicht einschlägig sind insoweit Entscheidungen zum Ermessen bei repressiven Verfügungen nach den §§ 24, 25 BImSchG; so HessVGH BauR 1978, 44; OVG Lüneburg GewArch. 1979, 345. Eingehend hierzu Seltner / Löwer, WiVerw. 1980, 221 ff.; vgl. auch unten V 6. OVG Münster DVB1. 1979, 317. Vgl. z. B. die 3. BImSchV (VO über Schwefelgehalt von leichtem Heizöl und Dieselkraftstoff) vom 15. 1. 1975 (BGBl. I S. 264). Vgl. hierzu etwa Korbmacher, DÖV 1976, 1 ff.; Breuer, NJW 1977, 1032ff.

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durch ein Verkehrslärmschutzgesetz gescheitert ist450, wird der gesamte Sektor des verkehrsbezogenen Immissionsschutzes bei Straßen, Schienenwegen und Flughäfen weiterhin von allgemeinen Regeln beherrscht, die von der Rechtsprechung aus dem Planfeststellungsrecht sowie aus eigentums- und entschädigungsrechtlichen Grundsätzen entwickelt worden sind. Hiernach stellt der Immissionsschutz bei der planerischen Entscheidung über Verkehrsvorhaben einen gewichtigen abwägungserheblichen Belang dar, der im Rahmen des planungsrechtlichen Abwägungsgebots berücksichtigt werden muß 451 . Notwendige Schutzauflagen dürfen im Planfeststellungsbeschluß nicht einer späteren Entscheidung vorbehalten werden 452 . Sie werden von der Rechtsprechung aufgrund des Planfeststellungsrechts als erforderlich angesehen, wenn die Immissionen für die jeweilige Umgebung mit Rücksicht auf deren durch die Gebietsart und die tatsächlichen Verhältnisse bestimmte Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit nicht zumutbar sind. Dabei bestimmt sich die „Unzumutbarkeit" nicht nach dem enteignungsrechtlichen Maßstab der schweren und unerträglichen Betroffenheit, sondern im Vorfeld dieses Maßstabs nach dem Kriterium eines gerechten planerischen Interessenausgleichs 453 . Sind dementsprechende Schutzauflagen mit dem Vorhaben nicht vereinbar oder unverhältnismäßig kostspielig, greift nach den Planfeststellungsgesetzen 454 ein positiv-rechtlicher Entschädigungsoder Schadensersatzanspruch des Betroffenen ein. Im übrigen kommt bei Immissionen öffentlicher Verkehrsanlagen nur ein Entschädigungsanspruch aus enteignendem oder enteignungsgleichem Eingriff in Betracht 455 . b) Sonderregelung des Fluglärmschutzgesetzes: Das Fluglärmschutzgesetz 456 enthält die bindende Ermächtigung, daß zum Schutz der Allgemeinheit vor Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen durch Fluglärm in der Umgebung von Flugplätzen für Verkehrsflughäfen, die dem Linienverkehr angeschlossen sind, und für militärische Flugplätze, die dem Betrieb von Flugzeugen mit Strahltriebwerken zu dienen bestimmt sind, Lärmschutzbereiche festgesetzt werden. Die Festsetzung erfolgt im Wege der 450

451

452 453 454

455 456

Vgl. BT-Drucks. 8/1671, 3730 und 4360; auch Fickert, DVB1. 1979, 645ff.; SchmidtAßmann, Verfassungsrechtliche Grundlagen und Systemgedanken einer Regelung des Lärmschutzes an vorhandenen Straßen, 1979. BVerwGE 48, 56; 51, 15; 52, 237; 56, 110; 59, 253; vgl. auch Bartlsperger, Die Straße im Recht des Umweltschutzes, 1980, insbes. S. 35 ff. BVerwGE 48, 56 (68ff.); 56, 110 (123f.); 59, 253 (259f.). BVerwGE 51, 15 (29f.); 59, 253 (261). Entschädigung: § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG; § 17 Abs. 4 Satz 2 FStrG; Schadensersatz: § 11 LuftVG i. V. m. § 14 BImSchG. Vgl. hierzu B G H Z 6 4 , 220; DVB1. 1977, 523; 1978, 110; NJW 1980, 582. Vom 30. 3. 1971 (BGBl. I S. 282), zuletzt geändert durch G vom 14. 12. 1976 (BGBl. I S. 3341, ber. BGBl. 1977 I S. 667); kritisch zur Konzeption dieses Gesetzes Soell, in: Schutz gegen Verkehrslärm, Arbeiten zur Rechtsvergl., Bd. 89, 1978, S. 45ff.; vgl. auch BVerfG NJW 1981, 1655.

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Rechtsverordnung. Derartige Lärmschutzverordnungen für einzelne Flughäfen oder Flugplätze 457 sind in zwei abgestufte Schutzzonen gegliedert und lösen bestimmte Bauverbote, Schallschutzanforderungen und Förderungen für bauliche M a ß n a h m e n des passiven Schallschutzes aus. Nachbaransprüche aus den §§ 1004, 906 BGB i. V. mit den §§ 11 LuftVG, 14 BImSchG werden durch die planungsrechtlichen Regelungen des Fluglärmschutzgesetzes nicht berührt 4 5 8 . 6. Der allgemeine handlungsbezogene Immissionsschutz Den Immissionsschutzgesetzen und -Verordnungen der Länder 4 5 9 verbleibt die Regelung des allgemeinen handlungsbezogenen Immissionsschutzes. Hierunter fallen z. B. Vorschriften über das Verbrennen im Freien, den Schutz der Nachtruhe, die Benutzung von Tongeräten, das Abbrennen von Feuerwerken oder Feuerwerkskörpern und die Tierhaltung. 7. Der gebietsbezogene Immissionsschutz Das Immissionsschutzrecht kennt nur punktuelle Ansätze für einen differenzierten, eventuell gesteigerten Schutz bestimmter Gebiete. Zum einen enthalten die Festsetzung von Belastungsgebieten (§ 44 BImSchG) sowie die Aufstellung eines Emissionskatasters (§ 46 BImSchG) u n d eines Luftreinhalteplans (§ 47 BImSchG) f ü r ein festgesetztes Belastungsgebiet lediglich indikative Datensammlungen u n d Exekutivprogramme 4 6 0 . Die Voraussetzungen für die Erteilung von Anlagengenehmigungen und die administrativen Eingriffsbefugnisse werden hierdurch nicht erweitert. Dies gilt auch insoweit, als der Luftreinhalteplan M a ß n a h m e n zur Verminderung der Luftverunreinigungen und zur Vorsorge enthält (§ 47 Satz 3 Nr. 3 BImSchG). An dieser Rechtslage ändert sich auch d a n n nichts, wenn Luftreinhaltepläne nach Landesrecht 4 6 1 durch Rechtsverordnung für verbindlich erklärt werden und „bei allen behördlichen M a ß n a h m e n im Rahmen der daf ü r geltenden Vorschriften" beachtet werden müssen. Zum anderen werden die Landesregierungen durch § 49 Abs. 1 BImSchG ermächtigt, durch Rechtsverordnung vorzuschreiben, daß in näher zu bestimmenden schutzbedürftigen Gebieten u. a. bestimmte ortsfeste Anlagen nicht errichtet oder nur in näher zu regelnder Weise betrieben werden dürfen. Ferner werden die Landesregierungen durch § 49 Abs. 2 BImSchG ermächtigt, durch Rechtsverordnung Gebiete festzusetzen, in denen während austauscharmer Wetterlagen ein starkes Anwachsen schädlicher Umwelteinwirkungen 457 458 459 460

461

Vgl. die Zusammenstellung bei Feldhaus, BImSchR, Bd. 3, Nr. 1. 2. 3 ff. B G H Z 6 9 , 105 (108 ff.). Vgl. die Zusammenstellung oben zu Beginn des 7. Abschn. Vgl. hierzu Ule, BImSchG, § 44 Rdnr. 1, § 46 Rdnr. 1, 4, § 47 Rdnr. 1 , 4 ; ImmissionsschutzR und Industrieanlagen, 1978, Rdnr. 48 ff. So § 8 Abs. 1 LImSchG N - W ; hierzu Feldhaus, BauR 1978, 260ff.

Sellner,

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zu befürchten ist, und vorzuschreiben, daß in diesen Gebieten Anlagen nur in beschränkter Weise betrieben werden dürfen, sobald die austauscharme Wetterlage von der zuständigen Behörde bekanntgegeben wird. In diesen beiden Fällen handelt es sich jedoch um räumlich eng begrenzte Sonderregelungen462.

VI. Atom- und Strahlenschutzrecht 1. Allgemeines Im Zentrum des Atom- und Strahlenschutzrechts steht das Atomgesetz 463 . Dessen amtlicher Titel „Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren" verdeutlicht, daß sein wesentlicher Inhalt auf das Kernenergierecht beschränkt ist. Demgemäß regelt das Atomgesetz lediglich die Verwendung von Kernbrennstoffen. Hinsichtlich der Verwendung von sonstigen radioaktiven Stoffen begnügt es sich mit Verordnungsermächtigungen. Es umfaßt verwaltungsrechtliche Überwachungsvorschriften (§§3-21 AtomG), Vorschriften über die verwaltungsbehördlichen Zuständigkeiten (§§ 22-24 AtomG) und privatrechtliche Haftungsvorschriften (§§ 25-40 AtomG). Gewiß liegt auf dem Feld des Kernenergierechts unter den Aspekten des Umweltschutzes und der technischen Sicherheit sowie unter allgemeinen staats-, wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Aspekten eine besondere Brisanz464. Die geltenden Rechtsverordnungen des Atom- und Strahlenschutzrechts greifen jedoch über dieses Feld hinaus. So enthält die Strahlenschutzverordnung 465 , auf die Ermächtigungen des Atomgesetzes gestützt, in den Überwachungsvorschriften (§§ 3 ff.) teils ergänzende und modifizierende Regelungen über die Verwendung von Kernbrennstoffen, teils originäre Regelungen über die Verwendung sonstiger radioaktiver Stoffe. Unter diesen sind Stoffe zu verstehen, die, ohne Kernbrennstoffe zu sein, ionisierende Strahlen spontan aussenden (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 AtomG). Die Schutzvorschriften der Strahlenschutzverordnung (§§28 ff.) gelten für den gesamten Bereich der Verwendung radioaktiver Stoffe, ausgenommen die Errichtung und den Betrieb von Röntgeneinrichtungen und Störstrahlern. Für die letzteren Einrichtungen gilt die gleichfalls auf das Atomgesetz gestützte Röntgenverordnung 466 . Als bloße Durchführungsverordnungen zum Atomgesetz fungieren demgegenüber die Atomrechtliche Verfahrensverord462 463

464

465 466

Vgl. BT-Drucks. 7/179, zu § 41. I. d. F. der Bekanntm. vom 31. 10. 1976 (BGBl. I S. 3053), zuletzt geändert durch G vom 20. 8. 1980 (BGBl. I S. 1556). Vgl. die Nachw. oben in Fußn. 12; umfassend neuerdings Degenhart, KernenergieR, 1981. Vom 13. 10. 1976 (BGBl. I S. 2905, ber. BGBl. I S. 184 und 269). Vom 1.3. 1973 (BGBl. I S. 173), geändert durch VO vom 13. 10. 1976 (BGBl. I S. 2905).

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nung 467 , die das Verfahren der Anlagengenehmigung nach § 7 AtomG regelt, die Atomrechtliche Deckungsvorsorge-Verordnung 468 und die Atomrechtliche Kostenverordnung 469 . Insgesamt betrachtet, regelt das Atom- und Strahlenschutzrecht somit die friedliche Nutzung radioaktiver Stoffe und ionisierender Strahlen. Die unübersichtliche Systematik des einschlägigen Gesetzes- und Verordnungsrechts hat zu Recht Kritik erfahren 470 . Die Überwachungsvorschriften des Atomgesetzes und der Strahlenschutzverordnung sind der Sitz der oben 471 erwähnten genehmigungspflichtigen Tatbestände (§§ 3 - 9 AtomG, §§ 3 - 2 0 StrlSchV). Die Genehmigungsvoraussetzungen bestehen — ungeachtet unterschiedlicher Details — in den durchweg wiederkehrenden Erfordernissen der Zuverlässigkeit, der Fachkunde und hinreichender Kenntnisse, der Schadensvorsorge, der Deckungsvorsorge, des Schutzes gegen Einwirkungen Dritter sowie der Umweltverträglichkeit 472 . Abgesehen vom Vorbehalt der Genehmigungen nach den §§ 7 und 9 AtomG, handelt es sich hierbei um präventive gesetzliche Verbote unter dem Vorbehalt einer administrativen, rechtlich gebundenen Unbedenklichkeitserklärung 473 . 2. Die atomrechtliche Anlagengenehmigung Die Anlagengenehmigung nach § 7 AtomG ist oben bereits im Rahmen des Wirtschaftsverwaltungsrechts dargestellt 474 und im Rahmen des allgemeinen Umweltverwaltungsrechts als administratives Kontrollinstrument gekennzeichnet worden, dessen Rechtsgrundlage auf der Grenze zwischen einem präventiven und einem repressiven Verbot steht 475 . Aufgrund der rechtsbegrifflichen Genehmigungsvoraussetzungen und des hinzutretenden Versagungsermessens liegt der Genehmigungspflicht nach § 7 AtomG ein präventives, aber potentiell restriktives Verbot zugrunde. Hierauf wird an dieser Stelle Bezug genommen. Die atomrechtliche Anlagengenehmigung hat überdies dem BVerfG 476 Gelegenheit gegeben, den Gesetzesvorbehalt und die erforderliche Bestimmtheit des Gesetzes sowie positive grundrechtliche Schutzpflichten des Staates auf dem Gebiet des Umweltschutzes in grundlegender und exemplarischer Weise zu präzisieren. Auch hierauf wird verwiesen. 467 468 469 470 471 472 473

474 475 476

Vom 18. 2. 1977 (BGBl. I S. 280). Vom 25. 11. 1977 (BGBl. I S. 220). Vom 24. 3. 1971 (BGBl. I S. 266). Vgl. Winters, Atom- und StrahlenschutzR, 1978, S. 13 ff. m. w. N. II 3 a. Vgl. Winters, a. a. O., S. 18. Vgl. Fischerhof, Dt. AtomG und StrahlenschutzR, Bd. I, 2. Aufl. 1978, Einf. Rdnr. 13, Vorbem. vor § 3 Rdnr. 1; zur Terminologie oben III 2b. Badura, oben 4. Abschn., III 2 c. Vgl. oben III 2b, bb. BVerfGE 49, 89; 53, 30; vgl. oben I 3 und 4 a, b.

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a) Unter den rechtsbegrifflichen Voraussetzungen der atomrechtlichen Anlagengenehmigung interessieren aus der Perspektive des Umweltschutzes vor allem die Postulate, daß die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die Errichtung und den Betrieb der Anlagen getroffen sein muß (§ 7 Abs. 2 Nr. 3 AtomG) und überwiegende öffentliche Interessen, insbesondere im Hinblick auf die Reinhaltung des Wassers, der Luft und des Bodens, der Wahl des Standorts der Anlage nicht entgegenstehen dürfen (§ 7 Abs. 2 Nr. 6 AtomG). Die erste dieser Voraussetzungen umschließt die Gebote der Gefahrenabwehr und der Risikovorsorge. Jenseits aller Diskussionen über die Konkretisierung dieser Gebote 477 steht fest, daß die erforderliche „Schadensvorsorge" sich trotz der gesteigerten Strenge ihrer Maßstäbe strukturell nicht von den sicherheitsrechtlichen Voraussetzungen unterscheidet, die in klassischen Fällen präventiver polizeigesetzlicher Verbote bei der Erteilung der vorbehaltenen, als Unbedenklichkeitserklärung ausgestalteten Erlaubnis erfüllt sein müssen. Die Genehmigungsbehörde hat nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtomG — unbeschadet aller Probleme der naturwissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse 478 — lediglich das konkrete Vorliegen generell-abstrakter Voraussetzungen zu prüfen und nicht etwa Umweltressourcen oder Befugnisse zu Umweltbelastungen nach planwirtschaftlichen Zwecken zuzuteilen. Das gleiche gilt für das ergänzende strahlenschutzrechtliche Minimierungsgebot (§§ 28 Abs. 1, 48 Abs. 1 Nr. 2 StrlSchV), in dem das Gebot der Risikovorsorge einen besonders markanten und für die Rechtssicherheit problematischen Niederschlag gefunden hat 479 . Allerdings entbehrt das Minimierungsgebot im Gegensatz zu den Dosisgrenzwerten der Strahlenschutzverordnung und der Grundnorm des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtomG der nachbarschützenden Wirkung 480 . Die Genehmigungsvoraussetzung des § 7 Abs. 2 Nr. 6 AtomG steht mit derjenigen des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtomG in einem wechselbezüglichen Zusammenhang. Sie verlangt eine standortbezogene Umweltverträglichkeitsprüfung 481 . Die Genehmigungsbehörde erhält hierdurch jedoch keine Befugnis zur 477

478

479

480

481

Vgl. hierzu Hönning / Schmieder, D B 1977, Beil. Nr. 14/77; Albers, DVB1. 1978, 22ff.; Lieb, Z f U 1978, 279ff.; Breuer, DVB1. 1978, 829ff.; Bender, NJW 1979, 1425ff.; ders., DÖV 1980, 633ff.; Wagner, NJW 1980, 665ff.; ders., DÖV 1980, 269ff.; auf breiter Grundlage: Lukes (Hrsg.), Gefahren und Gefahrenbeurteilungen im Recht, Teile I—III, 1980; ferner Degenhart, KernenergieR, 1981, S. 7ff., 117ff., 168 ff., 177 ff. Hierzu etwa Smidt, in: 6. Dt. AtomR-Symposium, 1980, S. 39ff.; Heuser und Birkhofer, in: Lukes (Hrsg.), a. a. O., Teil I, S. 43ff., 65ff.; Mathiak / Schütz, ebenda, Teil III, S. 1 ff. Vgl. hierzu OVG Lüneburg DVB1. 1977, 340 (342); 1978, 67 (69f.); Breuer, DVB1. 1978, 600f.; Rauschning, VVDStRL 38 (1980), S. 197f.; einschränkend Schattke, DVB1. 1979, 652 ff. BVerwG DVB1. 1981, 405; a. A. OVG Münster ET 1975, 220; OVG Lüneburg DVB1. 1978, 67 (69). Fischerhof, Dt. AtomG und StrahlenschutzR, Bd. I, 2. Aufl. 1978, § 7 AtG Rdnr. 5,

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Raum- oder Umweltplanung. § 7 Abs. 2 Nr. 6 A t o m G bezieht sich nämlich nur auf die umweltspezifischen Auswirkungen der Atomanlage und zwingt nicht zur Wahl eines optimalen Standorts sowie zur Prüfung von Standortalternativen. Hiernach ist lediglich im Sinne einer Negativauslese die Anlagengenehmigung zu versagen, wenn der vorgesehene Standort ungeeignet ist, weil seiner Wahl unter umweltspezifischen Gesichtspunkten überwiegende öffentliche Interessen des Umweltschutzes entgegenstehen 482 . Eine Optimierung der Standortwahl sowie eine Prüfung von Standortalternativen sind nur mit den Instrumenten der systematisch vorgelagerten Raumplanung möglich 483 . b) Die Genehmigung einer Anlage, die sämtliche rechtsbegrifflichen Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 A t o m G erfüllt, darf aufgrund des Versagungsermessens nur zur Wahrung eines in § 1 Nr. 2 - 4 A t o m G geregelten Schutzzwecks abgelehnt werden 484 . Zudem wäre es ein Verstoß gegen den Förderungszweck des § 1 Nr. 1 AtomG, wenn die Genehmigungsbehörde sich ungeachtet der Erfüllung aller Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 AtomG generell und absolut weigern würde, noch eine atomrechtliche Anlagengenehmigung zu erteilen. Der Gesetzgeber hat, den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Gesetzesvorbehalts, der Bestimmtheit des Gesetzes und der grundrechtlichen Schutzpflichten entsprechend, eine positive Grundsatzentscheidung zugunsten der friedlichen Nutzung der Kernenergie getroffen 4 8 5 . Die Exekutive m u ß daher im Einzelfall in eine konkrete Abwägung zwischen den konfligierenden Zwecken des § 1 AtomG eintreten 486 . c) Das Verfahren der atomrechtlichen Anlagengenehmigung 4 8 7 entspricht im wesentlichen dem Verfahren der Anlagengenehmigung nach den §§ 4 ff. BImSchG. Dies gilt insbesondere für die Stufung des Verfahrens durch Vorbescheid und Teilgenehmigungen (§§ 7 a, 7 b AtomG), für die Förmlichkeit, Publizität und Popularbeteiligung sowie für die materielle Präklusion nicht fristgerecht erhobener Einwendungen. Insoweit wird auf die Ausführungen zur immissionsschutzrechtlichen Anlagengenehmigung 4 8 8 verwiesen.

482

483

484 485 486 487 488

20; Winters, Atom- und StrahlenschutzR, 1978, S. 21; Degenhart, KernenergieR, 1981, S. 46 ff. m. w. N. In der Rspr. z. B.: OVG Koblenz ET 1976, 539 (546); VG Würzburg NJW 1977, 1649 (1650, 1651); vgl. auch Degenhart, a. a. O., S. 57ff. Vgl. Breuer, NJW 1979, 1868; zur Standortvorsorgeplanung mit kritischer Tendenz Blümel, DVB1. 1977, 301 ff.; Hoppe, VVDStRL 38 (1980), S. 295ff.; ferner Degenhart, a. a. O., S. 123 ff. m. w. N. Fischerhof, a. a. 0 . , § 7 AtG Rdnr. 25. BVerfGE 49, 89 (128ff.); 53, 30 (57ff.). Näher hierzu Breuer, Der Staat 20 (1981), S. 393 ff. Vgl. hierzu Badura, oben 4. Abschn., III 2 c. Vgl. oben V 2d und f; auch Breuer, NJW 1977, 1124f.; eingehend Degenhart, a. a. O., S. 61 ff.; speziell zur materiellen Präklusion im Verfahren der atomrechtlichen Anlagengenehmigung, BVerwG DVB1. 1980, 1001.

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3. Rechtsfragen der nuklearen Entsorgung § 9 a AtomG begründet lückenlose Pflichten zur Entsorgung von radioaktiven Reststoffen sowie ausgebauten oder abgebauten radioaktiven Anlagenteilen. Diese Pflichten obliegen zunächst jedem, der Anlagen, in denen mit Kernbrennstoffen umgegangen wird, errichtet, betreibt, sonst innehat, wesentlich verändert, stillegt oder beseitigt, außerhalb solcher Anlagen mit radioaktiven Stoffen umgeht oder Anlagen zur Erzeugung ionisierender Strahlen betreibt. Soweit die primär gebotene schadlose Verwertung nach dem Stand von Wissenschaft u n d Technik nicht möglich, wirtschaftlich nicht vertretbar oder mit den Zwecken des § 1 Nr. 2 - 4 A t o m G unvereinbar ist, haben die genannten Personen d a f ü r zu sorgen, daß die fraglichen Reststoffe und Anlagenteile als radioaktive Abfälle geordnet beseitigt werden (§ 9 a Abs. 1 AtomG). Das Sammeln sowie die Zwischen- und Endlagerung radioaktiver Abfälle erfolgen, wie dargelegt 489 , in staatlicher Eigenregie (§ 9 Abs. 3 AtomG). Wer radioaktive Abfälle besitzt, hat sie kostenpflichtig an eine solche Anlage abzuliefern (§§ 9 a Abs. 2 Satz 1, 21 Abs. 3 AtomG). Anlagen des Bundes zur Sicherstellung und zur Endlagerung radioaktiver Abfälle bedürfen einer Planfeststellung, die in einem förmlichen Verfahren ergeht und eine Konzentrationswirkung ausübt (§ 9 b AtomG) 4 9 0 . Die Konzentrationswirkung ist lediglich insofern durchbrochen, als die Planfeststellung sich nicht auf die Zulässigkeit des Vorhabens nach den Vorschriften des Berg- u n d Tiefspeicherrechts erstreckt (§ 9 b Abs. 5 Nr. 3 AtomG). Streitig ist, ob die Sicherstellung der nuklearen Entsorgung zu den rechtsbegrifflichen Voraussetzungen der Anlagengenehmigung nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 A t o m G gehört 491 oder lediglich ein Gesichtspunkt f ü r die pflichtgemäße Ausübung des Versagungsermessens bei der Entscheidung über die Anlagengenehmigung ist 492 . Keiner dieser beiden Extremstandpunkte vermag voll zu überzeugen. Die gebotene Schadensvorsorge nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtomG bezieht sich auf das anlagenimmanente Risikopotential. Hierzu gehören der Anfall und der eventuelle Verbleib radioaktiver Reststoffe oder Abfälle in der betreffenden Anlage, z. B. in einem Kernkraftwerk. Dieses Gebot ist jedoch erfüllt, wenn irgendeine geeignete M a ß n a h m e der anlagenexternen Verbringung radioaktiver Reststoffe oder Abfälle oder eine den Anforderungen der Gefahrenabwehr und Risikovorsorge genügende anlageninterne Zwi489 490

491

492

Vgl. oben III 7a und b. Vgl. Fischerhof, a. a. O., § 9 b Rdnr. 1; allgemein zur Planfeststellung oben III l b und d m. w. N. So OVG Lüneburg DVB1. 1978, 67 (71 ff.); VG Schleswig NJW 1977, 644f.; wohl auch: VG Freiburg NJW 1977, 1645 (1649); ferner Winters, Atom- und StrahlenschutzR, 1978, S. 28. So VGH Bad.-Württ. NJW 1979, 2528; VG Karlsruhe DVB1. 1978, 856 (859); VG Schleswig NJW 1980, 1296 (1300f.); Fischerhof, a. a. 0 . , § 7 Rdnr. 17; Haeusler, ET 1977, 309 f.; Pfaffelhuber, ET 1978, 157; Lukes / Dauk, ET 1979, 667ff.; Wagner/ Ziegler, DVB1. 1980, 142 ff.

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schenlagerung (Kompaktlagerung) gewährleistet ist. Das verbleibende anlagentranszendente Risikopotential stellt lediglich eine Gesichtspunkt für die pflichtgemäße Ausübung des Versagungsermessens nach § 7 Abs. 2 AtomG dar 493 . 4. Atomrechtliche Haftung Die Vorschriften über die atomrechtliche Gefährdungshaftung (§§ 25 ff. AtomG) sind durch das Änderungsgesetz vom 15. 7. 1975 an die Pariser und Brüsseler Atomhaftungsübereinkommen 4 9 4 angepaßt worden. Nach § 25 Abs. 1 A t o m G ist die Gefährdungshaftung für Schäden, die auf einem von einer ortsfesten Kernanlage ausgehenden nuklearen Ereignis beruhen, aus dem Pariser Übereinkommen in Verbindung mit den ergänzenden Vorschriften des Atomgesetzes zu entnehmen. § 25 a AtomG fügt eine modifizierende Haftungsregelung f ü r Reaktorschiffe hinzu; als Rechtsgrundlage der Haftung tritt hier das Brüsseler Reaktorschiff-Übereinkommen an die Stelle des Pariser Übereinkommens. Aufgrund des internationalen Rechts ist das zuvor im deutschen Atomrecht geltende Haftungsprinzip der „wirtschaftlichen Kanalisierung" durch das Prinzip der „rechtlichen Kanalisierung" abgelöst worden 495 . Dies bedeutet, daß für Schäden aus einem von der Anlage ausgehenden nuklearen Ereignis ausschließlich der Anlageninhaber — nicht etwa ein Dritter wie z. B. ein Zulieferer — nach Maßgabe des Pariser Übereinkommens haftet. Eine Verschlechterung des Opferschutzes wird dadurch vermieden, daß § 29 Abs. 2 A t o m G den Ersatz eines Nichtvermögensschadens (Schmerzensgeld) vorsieht. Die Haftungshöchstgrenze beträgt zur Zeit eine Milliarde D M (§ 31 Abs. 1 Satz 1 AtomG) 4 9 6 . Damit geht das deutsche Recht erheblich über die Haftungshöchstbeträge des Pariser Übereinkommens (Art. 7: 15 Mio. Rechnungseinheiten) und des nationalen Rechts der übrigen Vertragsstaaten hinaus. Zugleich hat der deutsche Gesetzgeber die Deckungshöchstsumme auf 500 Mio. D M erhöht (§ 13 Abs. 2 Nr. 1 AtomG). In dem Bereich zwischen der Deckungshöchstsumme und der Haftungshöchstgrenze greift die Freistel493 494

495

496

Breuer, VerwArch. 72 (1971), H. 4. Pariser Übereinkommen vom 29.7. 1960 über die Haftung gegenüber Dritten auf dem Gebiet der Kernenergie i. d. F. der Bekanntm. vom 5. 2. 1976 (BGBl. II S. 310, 311); Brüsseler Zusatzübereinkommen vom 31. 1. 1963 zum Pariser Übereinkommen i. d. F. der Bekanntm. vom 5. 2. 1976 (BGBl. II S. 310, 318); Brüsseler Reaktorschiff-Übereinkommen vom 25. 5. 1962 über die Haftung der Inhaber von Reaktorschiffen (BGBl. II S. 957, 977); Brüsseler Kernmaterial-Seetransport-Übereinkommen vom 17. 12. 1971 über die zivilrechtliche Haftung bei der Beförderung von Kernmaterial auf See (BGBl. 1975 II S. 957, 1026). BT-Drucks. 7/2183, S. 13f.; Fischerhof. a. a. O., Vorbem. vor § 25 AtG Rdnr. 3, 4, Art. 6 PÜ Rdnr. 1 ff. Vgl. zum beabsichtigten Ausbau der atomrechtlichen Haftung Pfaffelhuber, Schmidt, Breitling und Pelzer, in: 6. Dt. AtomR-Symposium, 1980, S. 383ff.; Kukkuck, DVB1. 1981, 564 ff.

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lungsverpflichtung des Staates ein (§ 34 AtomG). Diese wird zu 75% vom Bund und im übrigen von dem Land getragen, in dem die Kernanlage, von der das nukleare Ereignis ausgegangen ist, sich befindet (§ 36 AtomG). Die §§ 38-40 AtomG enthalten besondere Regelungen des Opferschutzes für grenzüberschreitende Schäden nuklearer Ereignisse497. VII. Recht der Abfallbeseitigung 1. Allgemeines Das lange unterschätzte, dem kausalen Umweltschutz zuzurechnende Recht der Abfallbeseitigung hat aufgrund der konkurrierenden Bundesgesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Nr. 24 GG im Abfallbeseitigungsgesetz des Bundes 498 eine vollzugsfähige Vollregelung gefunden. Diese läßt jedoch Raum für ergänzende Detailregelungen durch die Abfallbeseitigungsgesetze der Länder 499 . Damit sind die erforderlichen Rechtsgrundlagen geschaffen worden, damit die in den letzten Jahrzehnten besorgniserregend angewachsene „Müll-Lawine" auf umweltschonende Weise bewältigt werden kann 500 . Der gesetzlich geregelte Tätigkeitsbereich der Abfallbeseitigung ist weit gespannt; er umfaßt das Einsammeln, Befördern, Behandeln, Lagern und Ablagern der Abfälle (§ 1 Abs. 2 AbfG). Aus dem Anwendungsbereich des allgemeinen Abfallbeseitigungsrechts ist eine Reihe von Stoffen ausgeklammert, die nach spezialgesetzlichen Vorschriften zu behandeln oder zu beseitigen sind. Hierzu gehören u. a. die nach dem Tierkörperbeseitigungsgesetz 501 zu beseitigenden Stoffe, Kernbrennstoffe und sonstige radioaktive Stoffe, im Bergbau anfallende Abfälle, nichtgefaßte gasförmige Stoffe sowie grundsätzlich auch Abwasser und Altöle (§ 1 Abs. 3 AbfG). Die Abwasserbeseitigung unterliegt den Spezialvorschriften der §§ 18 a, 18 b WHG und der Landeswassergesetze502.

497

498

499 500

501 502

Vgl. wegen der Einzelheiten die Kommentierung bei Fischerhof, a. a. O.; auch Breuer, NJW 1977, 1122. I. d. F. der Bekanntm. vom 5. 1. 1977 (BGBl. I S. 41, ber. S. 288), zuletzt geändert durch G vom 28. 3. 1980 (BGBl. I S. 373). Vgl. die Zusammenstellung oben zu Beginn des 7. Abschn. Vgl. zum Hintergrund und zur gesetzlichen Entstehungsgeschichte Hösel / v. Lersner. Recht der Abfallbeseitigung, Kennz. 1020; Hoschützky / Kreft, 3. Aufl. 1980, S. 1 ff. Vom 2. 9. 1975 (BGBl. I S. 2313, 2610). Hierzu Salzwedel, unten 9. Abschn., I 2 b.

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2. Abfallbegriff Der alternativ kombinierte Abfallbegriff des § 1 Abs. 1 AbfG 503 umfaßt zum einen bewegliche Sachen, deren sich der Besitzer entledigen will. Dieser subjektive Abfallbegriff beruht auf liberalen Vorstellungen. Insoweit gilt die Priorität der Verwertung. Wenn der Besitzer Reststoffe als Wirtschaftsgut zur Rückgewinnung von Bestandteilen (recycling) entweder selbst verwerten oder im Wege der entgeltlichen Veräußerung durch eine Dritten verwerten lassen will, handelt es sich grundsätzlich nicht um Abfall 504 . Zum anderen fallen jedoch unter den gesetzlichen Abfallbegriff auch solche beweglichen Sachen, deren geordnete Beseitigung zur Wahrung des Wohls der Allgemeinheit geboten ist. Diesem objektiven Abfallbegriff liegt die sozialstaatliche Vorstellung zugrunde, daß im Konfliktfall die objektiven öffentlichen Belange einer geordneten, umweltschonenden Abfallbeseitigung gegenüber dem subjektiven Willen des Besitzers vorgehen müssen. Wenn die beabsichtigte, technisch mögliche und wirtschaftlich gewinnbringende Verwertung von Reststoffen erhebliche, nicht hinreichend abwendbare Umweltbelastungen verursacht, erleidet die grundsätzliche Priorität der Verwertung eine Ausnahme. Die betreffenden Reststoffe dürfen alsdann nicht als Wirtschaftsgut verwertet werden, sondern sind nach dem objektiven Begriff Abfall und als solcher nach den gesetzlichen Vorschriften zu beseitigen 505 . 3. Handlungspflichten der Abfallbeseitigung Die öffentliche Eigenregie auf dem Sektor der Entsorgung 506 determiniert die Handlungspflichten der Abfallbeseitigung. Dies gilt für die grundsätzliche Beseitigungspflicht der öffentlichen, landesrechtlich zu bestimmenden Körperschaften des öffentlichen Rechts (§ 3 Abs. 2 AbfG) und die hiervon eröffneten Ausnahmen mit der Folge einer Beseitigungspflicht Privater sowie für die Überlassungspflicht des Besitzers (§ 3 Abs. 1 AbfG), die nur beim Ausschluß von „Sondermüll" aus der öffentlichen Abfallbeseitigung durch eine Beseitigungspflicht des Besitzers abgelöst wird (§ 3 Abs. 3 und 4 AbfG). In allen Fällen sind Abfälle so zu beseitigen, daß das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird; dabei sind insbesondere die im Gesetz enumerativ aufgeführten umweltspezifischen Belange zu beachten (§ 2 Abs. 1 AbfG). Ferner gilt der Grundsatz, daß Abfälle nur in den dafür zugelassenen Abfallbeseitigungsanlagen behandelt, gelagert und abgelagert werden dürfen (§ 4 Abs. 1 AbfG).

503

504

505 506

Vgl. hierzu Hösel / v. Lersner. a. a. O., Kennz. 1110, § 1 AbfG Rdnr. 3 ff.; v. Lersner. NuR 1981, 1 ff.; Sack, JZ 1978, 17ff.; Altenmüller, DÖV 1978, 27ff. So in der Rspr.: BayObLG NJW 1974, 156; 1975, 396; OLG Koblenz GewArch. 1975, 347; OVG Münster DÖV 1978, 48. So in der Rspr.: OVG Berlin GewArch. 1980, 279. Vgl. oben III 7.

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Die Überlassungspflicht des Besitzers weist auch den Weg für die rechtliche Behandlung von „wildem Müll", der auf einem Grundstück von Dritten widerrechtlich und gegen den Willen des Grundstücksbesitzers gelagert oder abgelagert wird. Der Grundstücksbesitzer muß zwar als „Besitzer" solcher Abfälle und somit als überlassungspflichtig angesehen werden 507 . Er ist jedoch grundsätzlich nicht verpflichtet, den „wilden Müll" einzusammeln und der beseitigungspflichtigen Körperschaft bereitzustellen; denn diese Tätigkeiten gehören zur Abfallbeseitigung (§ 1 Abs. 2 AbfG) und sind mithin — aus guten Gründen der geordneten Entsorgung — eine Angelegenheit der beseitigungspflichtigen Körperschaft. Der Grundstücksbesitzer kann auch nicht als „Zustandsstörer" im polizeirechtlichen Sinne 508 zur Einsammlung und Bereitstellung des „wilden Mülls" verpflichtet werden. Insoweit wird das allgemeine Polizeirecht durch die spezielle Pflichtenregelung des Abfallbeseitigungsrechts verdrängt 509 . 4. Abfallbeseitigungspläne Die Länder sind verpflichtet, für ihren Bereich Pläne zur Abfallbeseitigung nach überörtlichen Gesichtspunkten aufzustellen (§ 6 AbfG). Diese Pläne müssen geeignete Standorte für die Abfallbeseitigungsanlagen festlegen und können darüber hinaus Bestimmungen über die Träger und die Modalitäten der Abfallbeseitigung enthalten. Grundsätzlich handelt es sich hierbei um verwaltungsinterne Fachpläne. Sie gewinnen jedoch normativen Charakter, wenn ihre Festlegungen gemäß § 6 Abs. 1 Satz 5 AbfG für alle öffentlichen und privaten Beseitigungspflichtigen für verbindlich erklärt werden 510 . 5. Abfallbeseitigungsanlagen Die Errichtung und der Betrieb von ortsfesten Abfallbeseitigungsanlagen sowie die wesentliche Änderung einer solchen Anlage oder ihres Betriebes bedürfen grundsätzlich einer Planfeststellung (§ 7 Abs. 1 AbfG). Ihr ist die für dieses Rechtsinstitut 5 " typische Genehmigungs-, Konzentrations-, Gestaltungs-, Ausschluß- und Duldungswirkung sowie in verfahrensrechtlicher Hinsicht die charakteristische Förmlichkeit, Publizität und Interessentenbeteiligung eigen (§§ 20-29 AbfG). Sie unterliegt den allgemeinen planungsrechtlichen Bindungen 512 . Anstelle der Planfeststellung genügt eine (schlich507

508 509

510

511 512

Hösel/v. Lersner, a. a. O., Kennz. 1130, § 3 AbfG Rdnr. 4; Brosche, DVB1. 1977, 237. Allgemein hierzu Friauf, oben 3. Abschn., II 2 b. So zutreffend Hösel/ v. Lersner, a. a. O.; Brosche, DVB1. 1977, 235ff.; a. A. OLG Frankfurt NJW 1974, 1666. Hösel / v. Lersner, a.a.O., Kennz. 1160, § 6 AbfG Rdnr. 18; Breuer, RdWWi 20, 86 f., 90. Allgemein hierzu oben III l b und d m. w. N. BVerwG DÖV 1980, 133.

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te) Genehmigung, wenn das Vorhaben geringere Bedeutung hat oder mit Einwendungen nicht zu rechnen ist (§ 7 Abs. 2 AbfG). Von erheblicher praktischer Bedeutung ist die Regelung, daß die Vorschriften über Abfallbeseitigungsanlagen auch auf Anlagen, die der Lagerung oder Behandlung von Autowracks oder Autoreifen dienen, Anwendung finden (§ 5 Abs. 1 AbfG). Die rechtsbegrifflichen Voraussetzungen dieser Regelung haben zu einer umfangreichen Kasuistik 513 geführt.

513

Vgl. etwa OLG Koblenz GewArch. 1976, 68; OVG Lüneburg DÖV 1976, 386; VGH Mannheim RdL 1976, 38; BWVPr. 1975, 156; BayVGH GewArch. 1976, 69; BayVBl. 1980, 82; Doms, Rechtsgrundlagen der Beseitigung von Autowracks, 1978, S. 55 ff.

ACHTER ABSCHNITT Jürgen Salzwedel

Wege- und Verkehrsrecht Literatur B. Drews / G. Wacke / K. Vogel, Gefahrenabwehr (Allgemeines Polizeirecht), 8. Aufl., Bd. I, 1975. H. C. Fickert, Straßenrecht in Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl. 1968. E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Bd. I, Allgemeiner Teil, 10. Aufl. 1973. H. Jagusch, Straßenverkehrsrecht, 25. Aufl. 1980. A. Germershausen / G. Seydel, Wegerecht und Wegeverwaltung in Preußen, Bd. I, 4. Aufl. 1932, Unveränderter Neudruck 1966. A. Germershausen / G. Seydel / E. A. Marschall, Wegerecht und Wegeverwaltung in der Bundesrepublik Deutschland und deren Ländern, Bd. II, 5. Aufl. 1961. W. Kentner, Straßenrecht für Baden-Württemberg, 2. Aufl. 1964. K. Kodal, Straßenrecht, 3. Aufl. 1978. E. A. Marschall, Bundesfernstraßengesetz, 4. Aufl. 1977. F. Müller. Straßenverkehrsrecht, Bd. I, 22. Aufl. 1969. G. Nedden / H. Mecke de Swebussin, Handbuch des Niedersächsischen Straßenrechts, 1964. H.-J. Papier, Recht der öffentlichen Sachen, 1977. F. Sieder / H. Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegerecht, 2. Aufl. 1972 mit Ergänzungsheft 1975 zur 2. Aufl. W. Weber / K. Stern, Die öffentliche Sache, VVDStRL 21 (1964), S. 145 ff. H. J. Wolff / O. Bachof, Verwaltungsrecht I, 9. Aufl., 1974.

Gesetze Bund: BundesfernstraßenG i. d. Fassung vom 1. Oktober 1974 (BGBl. I, S. 2413). G über die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs vom 2. März 1951 (BGBl. I, S. 157) i. d. F. vom 30. August 1971 (BGBl. I, S. 1426). G über Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen vom 14. August 1963 (BGBl. I, S. 681) i. d. F. vom 21. März 1971 (BGBl. I, S. 337). StraßenverkehrsG vom 19. Dezember 1952 (BGBl. I, S. 837) zuletzt geändert am 6. April 1980 (BGBl. I, S.413).

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StraßenverkehrsO vom 16. November 1970 (BGBl. I, S. 1565). StraßenverkehrszulassungsO i. d. F. vom 15. November 1974 (BGBl. I, S. 3193). ReichspolizeikostenG vom 29. April 1940 (RGBl. I, S. 688). Länder: Baden-Württemberg: StraßenG für Baden-Württemberg vom 20. März 1964 (GBl. S. 127). Bayern: Bayerisches Straßen- und WegeG vom 11. Juli 1958 (GVB1. S. 147) i. d. F. vom 2. Juli 1974 (GVB1. S. 333). Berlin: Berliner StraßenG vom 11. Juli 1957 (GVB1. S. 743) zuletzt geändert durch Gesetz v. 17. Juni 1969 (GVB1. S. 1030). Bremen:Bremisches Landesstraßengesetz v. 20. Dezember 1976 (GBl. S. 341). Hamburg: Hamburgisches WegeG vom 4. April 1961 (GVB1. S. 117) zuletzt geändert durch Gesetz vom 31. Dezember 1975 (GVB1. S. 17). Hessen: Hessisches StraßenG vom 9. Oktober 1962 (GVB1. S. 437), geändert durch Gesetz v. 5. Oktober 1970 (GVB1. S. 598). Nordrhein-Westfalen: StraßenG des Landes Nordrhein-Westfalen vom 28. November 1961 (GVB1. S. 305), i. d. F. vom 18. Februar 1975 (GVB1. S. 706). Rheinland-Pfalz: LandstraßenG für Rheinland-Pfalz vom 15. Februar 1963 (GVB1. S. 57), i. d. F. vom 1. August 1977 (GVB1. S. 274). Niedersachsen: Niedersächsisches StraßenG vom 14. Dezember 1962 (GVB1. S. 251) i. d. F. vom 28. Juni 1977 (GVB1. S. 233, 245). Saarland: Saarländisches StraßenG vom 17. Dezember 1964 (ABl. 1965 S. 117) i. d. F. vom 15. Oktober 1977 (ABl. S. 969). Schleswig-Holstein: Straßen- u. WegeG des Landes Schleswig-Holstein vom 22. Juni 1962 (GVB1. S. 237), i. d. F. vom 30. Januar 1979 (GVB1. S. 163). Zeitschriften: Deutsches Autorecht; Internationales Archiv für Verkehrswesen; Verkehrsblatt; Verkehrsrechtliche Mitteilungen; Verkehrsrundschau; Verkehr und Technik; Zeitschrift für Verkehrs- und Ordnungswidrigkeitenrecht.

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Gliederung I.Grundlagen 1. Begriff und Gegenstand des Wegerechts und des Verkehrsrechts a) Wegerecht b) Verkehrsrecht 2. Straßen und Wege als öffentliche Sache 3. Bundesstraßenrecht und Landesstraßenrecht-Bundesverkehrsrecht a) Zuständigkeit des Bundes b) Zuständigkeit der Länder

746 746 746 746 747 748 748 749

II.Straßenbehörden und Straßenverkehrsämter 1. Straßenaufsichts- und Straßenbaubehörden a) Straßenaufsichtsbehörden b) Straßenbaubehörden 2. Straßenverkehrsämter

750 750 750 751 751

III.Widmung und Einziehung; Umstufung 1. Widmung 2. Einziehung 3. Umstufung

752 752 756 759

IV.Gemeingebrauch und Sondernutzung 1. Gemeingebrauch a) Gemeingebrauch für jedermann b) Anlieger 2. Sondernutzungen a) Erlaubnis b) Gestattung des Wegeigentümers c) Erlaubnis- und gestattungspflichtige Sondernutzungen

761 761 761 764 765 765 767 768

V.Straßenbaulast und andere Pflichten 1. Straßenbaulast 2. Verkehrssicherungspflicht 3. Polizeimäßige Reinigung Vl.Planfeststellung und Enteignung 1. Planfeststellung 2. Enteignung VII.Straßenverkehrsrecht 1. Zulassungswesen 2. Verkehrspolizeiliche Verfügungen 3.Haftun g

769 769 771 773 774 774 775 777 777 778 780

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I. Grundlagen 1. Begriff und Gegenstand des Wegerechts und Verkehrsrechts a) Wegerecht: Unter der herkömmlichen Bezeichnung Wegerecht, die neuerdings vielfach der engeren des Straßenrechts hat weichen müssen, wird die Gesamtheit der öffentlich-rechtlichen Rechtsnormen zusammengefaßt, die die Rechtsverhältnisse an solchen Straßen, Wegen und Plätzen zum Gegenstand haben, welche dem allgemeinen Verkehr gewidmet sind. Es handelt sich um die rechtliche Ordnung der wichtigsten öffentlichen Sachen, die im Gemeingebrauch stehen. Gemeingebrauch im wegerechtlichen Sinne ist das jedermann zustehende subjektiv-öffentliche Recht, die öffentlichen Straßen, Wege und Plätze im Rahmen der Widmung und der Verkehrsvorschriften zum fließenden oder ruhenden Verkehr in Anspruch zu nehmen. Dazu gehört die Benutzung durch Kraftfahrzeuge, Fahrräder, zu Pferde oder zu Fuß 1 . Die wegerechtliche Ordnung erstreckt sich auf den Straßenkörper, den Luftraum über der Straße und alles Zubehör, welches den Verkehr sichern oder erleichtern oder dem Schutz der Anlieger dienen soll, hier vor allem auch Verkehrsanlagen, Verkehrszeichen und Bepflanzungen 2 . Auch auf Wegen, die nicht dem allgemeinen Verkehr gewidmet und deshalb nicht dem Gemeingebrauch unterworfen sind, kann ein Verkehr stattfinden. Dafür gilt aber kein Wegerecht. Die Verfügung über diese Privatstraßen oder -wege steht dem Eigentümer zu. Nach § 903 BGB kann er damit nach Belieben verfahren und andere von der Benutzung ausschließen. Soweit er den Verkehr duldet, entstehen für diese „tatsächlich öffentlichen Wege" im Rahmen der Sozialbindung des Eigentums besondere Pflichten 3 . Aber die Straßenaufsichtsbehörde hat nichts damit zu tun, und einen Straßenbaulastträger gibt es nicht. Tatsächlich öffentliche Wege sind die Wirtschafts- und Feldwege, die den Zugang zu ländlichen Grundstücken eröffnen. Ebenso sind die forstfiskalischen Wege hierher zu rechnen. Das gleiche gilt für Wege, die die Zufahrt zu Bahnhöfen erschließen, weithin auch für Bahnhofsvorplätze. Schließlich sind in dieser Gruppe die Uferwege, Wanderwege und Leinpfade zu erwähnen 4 . b) Verkehrsrecht: Das Verkehrsrecht umfaßt die Gesamtheit der öffentlichrechtlichen Rechtsnormen, die solche Fragen des Verkehrs betreffen, welche erst dadurch aufgeworfen werden, daß der Gemeingebrauch auf Straßen u. 1 2 3 4

Vgl. Forsthoff, VwR, S. 380ff.; Wolff/ Bachof, VwR I, § 58 IIc 3 ß; § 7 I BFStrG. Etwa § 1 IV BFStrG; § 2 II nordrh.-westf. LStrG; Art. 2 bayer. StrWG. OVG Münster DVB1. 1972, 508; für Skipisten OLG München DVB1. 1974, 189. Naunin, Straßen- und Wegerecht, in W. Loschelder / J. Salzwedel, Verfassungsund VerwaltungsR des Landes Nordrhein-Westfalen, S. 414.

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Wegen von zu vielen Verkehrsteilnehmern zur gleichen Zeit ausgeübt wird. Anders als im Wegerecht geht es also nicht um die individuelle Benutzung an sich, sondern um die Gemeinverträglichkeit der vielen gleichzeitigen Benutzungen. Dem § 7 II 15 PrALR, wonach „der freie Gebrauch der Land- und Heerstraßen einem jeden zum Reisen und Fortbringen seiner Sachen gestattet" war, stand dementsprechend schon der § 25 II 15 PrALR gegenüber: „Den nach § 7 einem jeden freistehenden Gebrauch der Landstraßen muß ein jeder so ausüben, daß der andere in dem gleichmäßigen Gebrauch des Weges nicht gehindert, noch zu Zänkereien oder gar Tätlichkeiten über das Ausweichen Anlaß gegeben werde". Heute steht die Gemeinverträglichkeitsklausel in § 1 StVO, ohne daß ihre Friedensfunktion noch so bildhaft betont würde 5 . Das Verkehrsrecht gilt überall dort, wo aus dem Zusammentreffen zu vieler Verkehrsteilnehmer Gefahren für die Sicherheit oder die Leichtigkeit des Verkehrs entstehen oder entstehen können. Deshalb wird es auch für Privatstraßen und Privatwege verbindlich, sobald der Eigentümer die Benutzung zu Zwecken des Verkehrs duldet 6 . Der Geltungsbereich erstreckt sich also über das Wegerecht hinaus auch auf die reine Eigentümerherrschaft an tatsächlich öffentlichen Wegen. 2. Straßen und Wege als öffentliche Sachen An öffentlichen Straßen und Wegen besteht Eigentum wie an anderen auch. Das Eigentum ist jedoch mit einer öffentlich-rechtlichen Dienstbarkeit belastet, kraft derer der Eigentümer die Benutzung zum Zweck des Verkehrs im Rahmen des Gemeingebrauchs zu dulden hat. Die Dienstbarkeit wird durch Widmung begründet und geht durch Entwidmung (sog. Einziehung) unter; einer Eintragung ins Grundbuch ist sie weder bedürftig noch fähig. Ein Wechsel des Eigentümers läßt die Dienstbarkeit unberührt. Sie geht ipso iure auf den Erwerber über. Ein gutgläubiger Erwerb gemäß § 936 BGB ist — wie bei allen öffentlichen Lasten — ausgeschlossen 7 . Der Duldungspflicht des Eigentümers steht die Wegehoheit gegenüber. Sie umfaßt die Gesamtheit der öffentlich-rechtlichen Befugnisse, die zum Zweck der Verwirklichung des Widmungszwecks in dem dem Eigentümer entzogenen Herrschaftsbereich ausgeübt werden können. 5

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Vgl. Salzwedel, Gemeingebrauch im Wegerecht und Wasserrecht, ZfW 1962/63, S. 88f.; Evers NJW 1962, 1033ff.; irreführend die Behauptung eines spezifisch wegerechtlichen Prinzips der Gemeinverträglichkeit bei E. R. Huber, DÖV 1955, 133; Wolff /Bachof. VwR I, § 58 IIc 3 ß; Scheuner, Die Gemeinverträglichkeit im Rahmen des Gemeingebrauchs und der Nutzung öffentlicher Sachen, Fs. f. Gieseke, 1958, S. 73 ff. Vgl. J. Floegel / F. Härtung, StraßenverkehrsR, 16. Aufl., § 1 StVO, Anm. 5 mit Nachweisen. A. Germershausen /G. Seydel, Wegerecht und Wegeverwaltung in Preußen, I 4. Aufl. S. 90ff.; Wolff /Bachof, VwR I, § 57 IIb.

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Sie wird durchweg von der Straßenaufsichtsbehörde ausgeübt, wenn die Straße einem Privatmann gehört. Steht das Eigentum dem Bund, einem Land oder einer Gebietskörperschaft innerhalb des Landes zu, so liegt die Wegehoheit weitgehend beim Straßenbaulastträger. Grundsätzlich reicht die Duldungspflicht des Eigentümers nur so weit wie der Gemeingebrauch. Alle Eingriffe darüber hinaus sind von seiner Zustimmung abhängig; vor allem kann er die Zustimmung von einem privatrechtlichen Entgelt abhängig machen, dessen Höhe an sich nur durch das Wucherverbot des § 138 BGB begrenzt ist. Dies gilt aber nur mit zwei Einschränkungen. Zunächst spielt die Reduzierung des Gemeingebrauchs durch die „verkehrsbehördlichen Vorschriften" hier keine Rolle. Ob der Gemeingebrauch mit der Straßenverkehrsordnung vereinbar ist oder nicht, geht den Eigentümer nichts an 8 . Ferner erstreckt sich die Duldungspflicht auch auf gewerbliche Betätigungen, deren Ausübung bei Gelegenheit und in Anpassung an den fließenden Verkehr sozialadäquat erscheint. Dazu gehört der Verkauf von Zeitungen, auch von beweglichen Verkaufsständen aus 9 . Die Wegehoheit äußert sich vor allem in der Widmung oder Entwidmung, dem Erlaß einer Inanspruchnahmeverfügung, wenn der Eigentümer oder ein sonst nach bürgerlichem Recht Berechtigter die öffentlich-rechtliche Dienstbarkeit nicht respektiert 10 , der Erteilung von Erlaubnissen zur Benutzung über den Gemeingebrauch hinaus, der Konkretisierung gesetzlicher Anpflanzungs- oder Duldungspflichten der Straßenanlieger sowie der Heranziehung des Unterhaltungspflichtigen, wenn er Straße oder Weg nicht von sich aus in den gesetzlich vorgeschriebenen Zustand versetzt. Dagegen sind Ausfluß des Wegeeigentums die Veräußerung oder Belastung der Grundflächen, die Entscheidung über die bürgerlich-rechtliche Gestattung einer Benutzung über den Gemeingebrauch hinaus, welche die Duldungspflicht überschreitet, sowie über die Höhe des dafür zu entrichtenden Entgelts, schließlich die Verfügung über den Erdraum unter dem Straßenkörper, soweit er vom Gemeingebrauch überhaupt nicht berührt wird. In letzter Hinsicht spielt vor allem das Verlegen von Versorgungsleitungen u n d Pipelines eine wichtige Rolle. 3. Bundesstraßenrecht und Landesstraßenrecht — Bundesverkehrsrecht a) Zuständigkeit des Bundes: Der Bund hat nach Art. 74 Ziff. 22 G G konkurrierende Gesetzgebungskompetenzen für das Wegerecht an den „Landstraßen des Fernverkehrs" sowie f ü r das gesamte Verkehrsrecht einschließlich des Kraftfahrwesens. Das BundesfernstraßenG regelt nur das Wegerecht an den „Bundesfernstraßen", die ein zusammenhängendes Verkehrsnetz bilden und einem weit8 9 10

Vgl. Salzwedel, Gemeingebrauch, a. a. O., S. 90. Vgl. Forsthoff, VwR, S. 395; Kodal, a. a. O., Kap. 24 IX A 1, S. 437 f. A. Germershausen / G. Seydel, a. a. O., S. 426, 506ff.

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räumigen Verkehr dienen oder zu dienen bestimmt sind; dazu gehören die Bundesautobahnen, die Bundesstraßen und deren Ortsdurchfahrten. Insoweit sind die Länder von der Gesetzgebung ausgeschlossen, wenn nicht ausdrücklich vorgesehen ist, daß sie von bestimmten Regelungen abweichen dürfen". Die Straßengesetze der Länder behandeln das Wegerecht an den sonstigen „Landstraßen des Fernverkehrs" und an denjenigen, die nur einem regionalen oder örtlichen Verkehr dienen. Das Verkehrsrecht ist vor allem in dem StraßenverkehrsG, der StraßenverkehrsO und der StraßenverkehrszulassungsO zusammengefaßt. Insoweit gilt das Kodifikationsprinzip; Landesverkehrsrecht ist unzulässig 12 . Das gilt auch dann, wenn die Länder eine ihrem Wesen nach verkehrsrechtliche Regelung in ein wegerechtliches Gewand kleiden, z. B. das Dauerparken als Sondernutzung qualifizieren. b) Zuständigkeit der Länder: Da die Länder sich im wesentlichen an einen vereinbarten Musterentwurf gehalten haben, sind die vorstehend behandelten Grundlagen des deutschen Wegerechts kaum angetastet worden. Auch die Einführung des öffentlichen Eigentums im Hamburgischen WegeG bildet keine Ausnahme. Zwar bedeutet dies eine späte Verwirklichung der Lehre von Otto Mayern, der das domaine public des art. 537 code civil im Wegerecht allgemein etablieren wollte, wenigstens für den Hamburger Raum. Aber auch Otto Mayer hatte es ferngelegen, Straßen und Wege als nicht eigentumsfähig zu betrachten. Nur für den Fall, daß Wegeeigentum und Wegehoheit in einer Hand, also in der Hand einer Gebietskörperschaft vereinigt sind, wollte er das Nebeneinander von bürgerlich-rechtlichen und öffentlich-rechtlichen Beziehungen ausschalten. Öffentliches Eigentum gibt es daher auch in Hamburg nur an „Grundflächen, die als öffentliche Wege gewidmet sind und der Freien und Hansestadt Hamburg gehören" 14 . Die Wirkung beschränkt sich darauf, daß sie dem Rechtsverkehr entzogen und Vorschriften des bürgerlichen Rechts, insbesondere über den Besitz und das Eigentum, unanwendbar sind 15 .

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14 15

So z. B. § 5 IV BFStrG. So noch § 45 I StVO a. F. vom 13. November 1937 (RGBl. I, S. 1179) i. d. F. der Bekanntmachung vom 29. März 1956 (BGBl. I, S. 271, 327): „Diese Verordnung ist auf den gesamten Straßenverkehr anzuwenden. Sie enthält . . . die ausschließliche Regelung des Straßenverkehrs." Vgl. Otto Mayer, Dtsches VerwaltungsR II, 2. Aufl. 1919, §§35ff.; Otto Mayer, AöR 16 (1900), S. 38ff.; weitere Hinweise zu Entwicklung und Meinungsstand bei Forsthoff, a. a. O., S. 379. § 4 I hamb. WG. Salzwedel, Gemeingebrauch, a. a. O., S. 78; Werner Weber, Die öffentliche Sache, VVDStRL 21 (1964), S. 156ff.; vgl. auch BVerfG DÖV 1969, 102; BVerfG NJW 1976, 1835.

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II. Straßenbehörden und Straßenverkehrsämter 1. Straßenaufsichts- und Straßenbaubehörden a) Straßenaufsichtsbehörden: Die Straßenaufsichtsbehörden üben heute nur noch die früheren wegebaupolizeilichen Befugnisse16 gegenüber dem Straßenbaulastträger aus. Sie überwachen die Erfüllung der Verpflichtung, die Straßen in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis entsprechenden Zustand zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern 17 . Die Wegeherrschaft im übrigen wird, sofern die Straßenbaulast Staat, Kreis oder Gemeinden obliegt, von deren Straßenbaubehörden ausgeübt. Nur wenn Eigentum und Unterhaltungspflicht in privater Hand liegen, umfaßt die Straßenaufsicht noch die Wegehoheit in vollem Umfang 18 . Die Straßenaufsicht ist grundsätzlich Sache des Staates 19 . Für Bundesstraßen ist in Art. 90 II GG vorgesehen, daß die Länder bzw. die nach Landesrecht zuständigen Selbstverwaltungskörperschaften die Verwaltung im Auftrag des Bundes führen (Art. 85 GG). Damit ist auch die hoheitliche Straßenaufsicht gemeint. Eigentlich müßten also im allgemeinen die zuständigen Landesminister und in Nordhrein-Westfalen die Direktoren der Landschaftsverbände Straßenaufsichtsbehörde für Bundesstraßen sein. Da aber § 5 I Buchst, b) Ziff. 3 nordrh.-westf. LVerbO den Landschaftsverbänden die Verwaltung der Bundesstraßen wiederum nur „im Auftrag des Landes" überlassen hat, was vielleicht dem Wortlaut, aber jedenfalls nicht dem politischen Sinn der Verfassungsbestimmung widerspricht 20 , sind die Landesminister allenthalben Straßenaufsichtsbehörden für den Vollzug des Bundesfernstraßengesetzes 21 . Sie sind ferner Straßenaufsichtsbehörde für den Vollzug des Landesstraßengesetzes an den Landstraßen, die dem Durchgangsverkehr gewidmet sind 22 . Soweit in den Ländern Mittelbehörden und Landkreise bestehen, ist der Regierungspräsident Aufsichtsbehörde für die Kreisstraßen, die Kreisinstanz Aufsichtsbehörde für die Gemeindestraßen und sonstigen öffentlichen Straßen 23 .

16

17 18 19 20 21

22 23

Dazu A. Germershausen / G. Seydel, a. a. O., S. 396: „Die Wegebaupolizei hat den Bau und die Unterhaltung der Wege und die Wahrung ihres baulichen Bestandes zum Gegenstand. Eine wegebaupolizeiliche Verfügung als solche kann nur gegen den Wegebaupflichtigen erlassen werden." Vgl. Kodal, a. a. O., Kap. 17, 3, S. 291. Vgl. dazu Salzwedel, DÖV 1963, 241 ff. (247). Kodal, a. a. O., Kap. 17, 2, S. 290. So im Ergebnis zutreffend Naunin, a. a. O., S. 426. Vgl. für Nordrhein-Westfalen: §§ 53, 54 LStrG, § 4 VO zur Durchführung des BFStrG vom 20. September 1955 (GVB1. S. 849); dazu Fickert, Straßenrecht in Nordrhein-Westf., § 54 LStrG Anm. 1. § 54 Ziff. 1 nordrh.-westf. LStrG. § 54 Ziff. 2 und 3 nordrh.-westf. LStrG.

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b) Straßenbaubehörden: Die Straßenbaubehörden sind die zuständigen Verwaltungsorgane der Straßenbaulastträger. Sie sind nur dort staatlich, wo das Land die Straßenbaulast selbst übernommen hat, vor allem also im Regelfall hinsichtlich der Bundesstraßen und der Landstraßen 1. Ordnung. Sonst ist die Straßenbaulast Selbstverwaltungspflichtaufgabe der Gebietskörperschaft. In Nordrhein-Westfalen sind die Direktoren der Landschaftsverb ä n d e Straßenbaubehörde f ü r Bundesstraßen und Landstraßen. Im übrigen liegt die Zuständigkeit für die kreisfreien Städte bei den Bürgermeistern oder Oberstadtdirektoren, f ü r die Landkreise bei den Landräten oder Oberkreisdirektoren, für die Gemeinden bei den Bürgermeistern oder Stadt- bzw. Gemeindedirektoren 2 4 . Die Aufgaben der Straßenbaubehörden sind zweifach. In erster Linie haben sie alle Rechtsgeschäfte und faktischen Arbeiten vorzunehmen, die erforderlich sind, um der gesetzlichen Verpflichtung zum Bau und zur Unterhaltung der Straßen zu genügen. Ferner nehmen sie alle wegehoheitlichen Befugnisse wahr, die nicht der staatlichen Straßenaufsicht vorbehalten sind, sie widmen oder ziehen ein, erlassen Inanspruchnahmeverfügungen, realisieren Anpflanzungs- und Duldungspflichten der Anlieger, erteilen oder widerrufen Sondernutzungen, überwachen die Einhaltung der Auflagen gegenüber Sondernutzungsberechtigten und schreiten gegen solche Benutzungen ein, die illegitimerweise über den Gemeingebrauch hinausgehen. N u r in den Fällen, in denen die Unterhaltungspflicht Privaten obliegt, kommen f ü r diese wegehoheitliche Befugnisse nicht in Betracht 25 . Vielmehr ist dann stets einer Gebietskörperschaft die Kompetenz zum Erlaß der betreffenden Verwaltungsakte vorbehalten, in der Regel der Straßenaufsichtsbehörde 2 6 . 2. Straßenverkehrsämter Sachlich zuständig zur Ausführung der Straßenverkehrsordnung und der Straßenverkehrszulassungsordnung sind die Straßenverkehrsämter. Nach § 44 I StVO, § 68 I StVZO obliegt es den Behörden der Kreisstufe, für Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zu sorgen und die Einhaltung der Zulassungsvorschriften zu überwachen. Da die Straßenverkehrsämter über keinen ausreichenden Vollzugsapparat verfügen, kommen den Polizeibehörden praktisch konkurrierende Eingriffsbefugnisse zu, um illegale Verhaltensweisen im Verkehr oder Zulassungsverstöße zu bekämpfen 2 7 . Es handelt sich um einen Teil der allgemeinen Gefahrenabwehr. Soweit die Kreisbehörde nicht als untere staatliche Verwaltungsbehörde fungiert,' sondern als Selbstverwal24

25 26 27

Wolff/ Bachof, VwR I, § 57 IVc 2 y; Kodal, StraßenR, 2. Aufl. 1964, „Straßenverwaltung" S. 714f.; Naunin, a. a. O., S. 426. Fickert, StraßenR in Nordrhein-Westf., § 6 Anm. 2. Vgl. dazu Kodal, StraßenR, 2. Aufl. 1964, „Straßenverwaltung", S. 714f. Vgl. B.Drews/G. Wacke / K. Vogel, a.a.O., S. 86 f.; H. Jagusch, a.a.O., §44 StVO, Rz. 6.

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tungsbehörde, sind die Aufgaben dem übertragenen Wirkungskreis zuzurechnen 2 8 .

III. Widmung und Einziehung; Umstufung Verwaltungsakte, die den Status des öffentlichen Weges begründen, aufheben oder ändern, sind die Widmung, die Einziehung und die Umstufung.

1. Widmung Die Widmung ist Verwaltungsakt, soweit die Straßenbaubehörde die Rechtswirkungen für oder gegen die Betroffenen willentlich festsetzt, dagegen ein gesetzlicher Tatbestand, soweit Rechtswirkungen nach geltendem Straßenrecht unabhängig vom Inhalt der Verfügung eintreten. Daher ist die Widmung Verwaltungsakt gegenüber dem Eigentümer oder sonst dinglich Berechtigten und gegenüber dem künftigen Träger der Straßenbaulast 29 . Dagegen bildet sie insofern einen gesetzlichen Tatbestand, als subjektiv-öffentliche Rechte der Anlieger und der Benutzer im Rahmen des Gemeingebrauchs ausgelöst oder Anbauverbote für die Nachbarn begründet werden oder Schadensersatzansprüche aus der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht entstehen 30 . D i e Widmungsverfügung hat vor allem gegenüber dem Eigentümer den Inhalt, seine Sache mit der öffentlich-rechtlichen Dienstbarkeit zu belasten, wonach der Gemeingebrauch künftig geduldet werden muß. Es handelt sich um einen zweiseitigen Verwaltungsakt. Fehlt die Zustimmung oder ist sie unwirk28

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Auch in Nordrhein-Westfalen, das in Art. 78 Abs. 2 LVerf. die Pflichtaufgaben nach Weisung eingeführt hat, die, solange keine Weisung ergeht, wie eigene Aufgaben der Gemeinde oder des Kreises zu erfüllen sind (Salzwedel, Kommunalrecht, in Loschelder / Salzwedel, a. a. O., S. 229), handeln die Straßenverkehrsämter wie in allen anderen Ordnungsangelegenheiten nicht völlig autonom. Wie hier F. Sieder / H. Zeitler, Bayerisches Straßen- und WegeR, 1972, Art. 6 Anm. 2; wohl auch Marschall, Komm. BFStrG, § 2 Anm. 1.2; Wolff / Bachof, VwR I, § 56 II e 2; Heiss / Hablitzel, DVB1. 1976, 93. Nach der Rspr. des RG und des BGH zur Verkehrssicherungspflicht gem. § 823 I BGB bildet die Schaffung einer „objektiven Gefahrenlage", die mit der Benutzung eines öffentlichen Weges verbunden ist, auch beim Staat und anderen öffentlichrechtlichen Körperschaften den Haftungsgrund. Dann kommt es also nicht auf die Widmung, nicht einmal notwendig auf die faktische Indienststellung, sondern darauf an, wer der Unterhaltungslast faktisch genügen muß und genügt. Diejenigen, die Staat und öffentlich-rechtliche Körperschaften im Straßenbau dagegen der Amtshaftung nach § 839 BGB, Art. 34 GG unterwerfen, müssen die Amtspflicht gegenüber Dritten an die Straßenbaulast knüpfen, die mit der Widmung entsteht. Das gleiche gilt, wenn eine Körperschaft nach BGHZ 9, 373 durch ausdrücklichen Organisationsakt gegenüber der Allgemeinheit kundgemacht hat, daß sie für den ordnungsmäßigen Straßenbau auch gegenüber Dritten hoheitlich einstehen wolle.

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sam, kommt schon der äußere Tatbestand der Widmung nicht zustande 31 . Ist der Straßenbaulastträger schon Eigentümer, bildet die Widmung ein In-SichGeschäft der Straßenbaubehörde. Der Zustimmung des Eigentümers ist nach § 2 II BFStrG die vertragliche Besitzüberlassung gleichgestellt, vornehmlich in Zusammenhang mit Erwerbsverhandlungen vor Baubeginn 32 . Wie die Zustimmung muß die Besitzüberlassung unbedingt und unwiderruflich erklärt sein. Konkludentes Verhalten genügt, Formen sind nicht vorgeschrieben. Bleibt der Eigentümer ganz ablehnend, muß der Straßenbaulastträger an sich die Enteignung betreiben und den zwangsweisen Eigentumserwerb abwarten. Die Straßengesetze lassen als Grundlage der Widmung aber auch die vorläufige Besitzeinweisung genügen, die die Enteignungsbehörde auf Antrag des Straßenbaulastträgers verfügt 33 . Wenn die Straßenbaubehörde zum Erlaß der Widmungsverfügung zuständig ist, beruhen das Einverständnis des Straßenbaulastträgers mit der Übernahme der Unterhaltungslast und die Entstehung dieser Unterhaltungslast wieder auf einem bloßen In-Sich-Geschäft. Erläßt die Straßenaufsichtsbehörde die Widmung gegenüber einem privaten Unterhaltungspflichtigen, so ist jedoch ein zweiseitiger Verwaltungsakt erforderlich; ohne wirksame Zustimmung bleibt die Unterhaltungsfrage ungeregelt, und dieser Umstand steht der Entstehung einer öffentlichen Sache absolut entgegen 34 . Das gleiche gilt, wenn die Straßenbaubehörde eine andere Körperschaft des öffentlichen Rechts mit der Unterhaltungslast für eine Straße oder einen Teil der Straße bedenken will. Die Verfügung setzt dann voraus, daß die übernehmende Körperschaft der Belastung — etwa auf Grund eines öffentlich-rechtlichen Vertrages — zustimmt und daß diese Zustimmung wirksam ist. Daran fehlt es an sich, wenn von der gesetzlichen Regelung der Straßenbaulast abgewichen wird. Allerdings enthalten die Straßengesetze eine Reihe von besonderen Ermächtigungen, solche öffentlich-rechtlichen Verträge zu schließen 35 . Während in Preußen die Wegepolizeibehörde an dem Zustandekommen der Widmung beteiligt war 36 und nach § 6 I S. 1 schlesw.-holst. LStrG auch 31

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Nicht einmal die Nichtigkeitslehre kommt danach zur Anwendung. Wie hier Heiß / Hablitzel, DVB1. 1976, 93, 95. Für Nichtigkeit Forsthoff, VwR, S. 386; Zippelius, DOV 58, 845. Nach vordringender Auffassung soll dagegen die Zustimmung des Wegeeigentümers lediglich Rechtmäßigkeitsvoraussetzung sein. Die Widmung müßte dann vom Eigentümer erst angefochten werden; so BayObLG DÖV 1961, 832; Wolff / Bachof VwR I, § 56 IV a; Marschall, Komm. § 2 Anm. 2.3; Kodal, a. a. O., Kap. 7 11 3, S. 157. Ebenso § 5 I bad.-württ. StrG; Art. 6 III bayer. StrWG; § 6 II nordrh.-westf. StrG; § 4 II hess. StrG; dazu näher etwa Zimniok, Komm, zum bayer. Straßen- und WegeG, Anm. 12 u. 13 zu Art. 6. § 18f I BFStrG; PrOVG 32, 210; 38, 242. A. Germershausen / G. Seydel, a. a. O., S. 5; Kodal, a. a. O., Kap. 7 II 1, S. 152. § 12 Abs. 2 hamb. WegeG; § 45 I nordrh.-westf. StrG; Art. 44 I bayer. StrWG. A. Germershausen / G. Seydel, a. a. O., S. 4, 393f.; „Wenn auch die dem Bedürfnis entsprechende Bereitstellung und Erhaltung des Weges für den öffentlichen Ver-

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heute noch die Zustimmung der Straßenaufsichtsbehörde erforderlich ist, sind die Straßenbaulastträger sonst von Staat und Straßenaufsicht unabhängig, wenn sie öffentliche Straßen schaffen. Die Straßenaufsichtsbehörde kann indes schon während des Widmungsverfahrens intervenieren, wenn sie den weiteren Ausbau des Straßennetzes in der geplanten Weise für rechtswidrig hält. Ob auch ein repressives Einschreiten aus Zweckmäßigkeitserwägungen zulässig ist, hängt davon ab, ob der Straßenbaulastträger Selbstverwaltungskörperschaft ist und ob der Straßenbau zum eigenen Wirkungskreis gehört. Landschaftsverbände, Landkreise, Städte und Gemeinden handeln hier in eigener Sache und weisungsfrei. D a die Länder die Bundesstraßen nach Art. 90 G G nur im Auftrag des Bundes verwalten, konnte § 2 VI BFStrG Widmungsverfügungen der obersten Landesstraßenbaubehörde v o m Einverständnis des Bundesministers für Verkehr abhängig machen. Das hat indes nicht unmittelbar etwas mit der Straßenaufsicht zu tun 37 , weil diese auch von den Ländern wahrgenommen wird. Die übliche Kennzeichnung der Widmung als adressatloser Verwaltungsakt 38 ist unzutreffend. Sie ist zumindest belastender Verwaltungsakt gegenüber Eigentümer und Unterhaltungspflichtigem und deshalb ohne Adresse nicht denkbar. Stillschweigende Widmungen werden nicht mehr anerkannt. N a c h den neueren Straßengesetzen ist jede Widmung öffentlich bekanntzumachen, ortsüblich oder durch Veröffentlichung in einem Amtsblatt 39 . D i e Bekanntmachung ersetzt notfalls die Verfügung an Eigentümer und Unterkehr in erster Linie Sache des Wegebaupflichtigen ist, und demgemäß die Wegepolizeibehörde ein Hand-in-Hand-Gehen mit ihm sich angelegen sein lassen muß, so steht doch die entscheidende Bestimmung überall der Wegepolizeibehörde vorbehaltlich der Rechtskontrolle nach ihrem Ermessen zu. Ohne deren mindestens stillschweigende Mitwirkung kann — abgesehen von den in den Gesetzen vorgesehenen Ausnahmefällen — rechtswirksam ein öffentlicher Weg weder angelegt noch in seiner Lage, seinem Bestände und seinen wesentlichen Einrichtungen verändert werden und kann rechtswirksam nichts an dem Wege geschehen, was geeignet wäre, seinen Bestand oder die Bedürfnisse des Verkehrs, dessen Ordnung, Sicherheit und Leichtigkeit nachteilig zu beeinflussen. Ihre Bestimmung ist entscheidend für die Art der Anlegung und Einrichtung des Weges, insbesondere auch für Einteilung in Fahrdamm, Fußweg (Bürgersteig), Grünanlagen usw. Der Wegebaupflichtige bedarf zwar nicht zu jeder von ihm für notwendig oder zweckmäßig erachteten Unterhaltungsmaßnahme, auch wenn diese mit einer Änderung der Wegekonstruktion oder Einrichtung verbunden ist, einer Genehmigung der Wegepolizeibehörde; er setzt sich aber deren Eingriff aus, wenn seine Maßnahmen nicht genügen oder den Verkehr erschweren." — Vgl. Kodal, a. a. O., Kap. 7 II 1, S. 149. 37 Ebenso Naunin, a. a. O., S. 427. 38 Forsthoff, VwR, S. 384; Woiff / Bachof, VwR I, § 56 II e 2; differenzierend: Kodal, a. a. O., Kap. 7 II 3, S. 155; Maunz, Hauptprobleme des öffentlichen Sachenrechts, 1933, S. 219, versteht die Widmung als „Mantelrechtsgeschäft"; Stern, VVDStRL 21 (1964), S. 198, als Organisationsakt. 39 Z. B. § 2 VI BFStrG; § 5 IV bad.-württ. StrG; Art. 6 IV bayer. StrWG; § 4 II hess. StrG; § 6 III nordrh.-westf. StrG.

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haftungspflichtigen. Sind andererseits diese Hauptbetroffenen förmlich angesprochen, ohne daß die Bekanntmachung ordnungsgemäß erfolgt wäre, dürfte die Widmung von der Verkehrsübergabe ab wirksam sein. Die Publikation soll lediglich für diejenigen, die von den unmittelbar gesetzlichen Wirkungen betroffen sind, die Möglichkeit der Kenntnisnahme gewährleisten. Inhalt der Widmungsverfügung ist, welche Straße der öffentlichen Zweckbestimmung unterstellt und in welche Straßenklasse sie eingestuft wird sowie welche Benutzungsarten (Kraftfahrzeug) welchem Benutzerkreis (z. B. nur Besucher von Friedhöfen, Schulen) eröffnet werden. Beschränkt-öffentliche Wege dürfen nicht die Allgemeinheit der Benutzung in Frage stellen — grundsätzlich muß jedermann den Weg gebrauchen können, der sich mittels zugelassener Benutzungsart einem zugelassenen Benutzungszweck zuwenden will. Illegitime Einschränkungen gelten als nicht geschrieben 40 . Von wegerechtlichen Einschränkungen in der Widmung, die die Benutzung der Straße schlechthin betreffen, sind solche zu unterscheiden, die das Verkehrsrecht vorschreibt oder zuläßt, um der Benutzung der Straße durch zu viele und zu gleicher Zeit zu begegnen. Solche verkehrsrechtlichen Regelungen gehören nicht in die Widmungsverfügung. Andererseits brauchen die wegerechtlichen Schranken der Widmung nicht durch Beschilderung kenntlich gemacht zu werden. Es genügt, wenn sie sich aus der Anlage des Weges, der Beschaffenheit des Wegekörpers oder der allgemeinen Benutzungsusance erschließen lassen 41 . Zu dem Rechtsgeschäft der Widmung muß die faktische Indienststellung der Straße treten, um die behördlich festgesetzten und die gesetzlichen Rechtswirkungen zur Entfaltung kommen zu lassen 42 . Hinsichtlich einer Straße, die dem Verkehr nicht wirklich übergeben worden ist, lassen sich keine wegerechtlichen Rechtsfolgen geltend machen: der Eigentümer braucht nichts zu dulden, der Unterhaltungspflichtige nichts zu bauen, niemand ist „Anlieger" und Gemeingebrauch gibt es auch noch nicht. Die umstrittene Frage 43 , ob eine fehlerhafte Widmung nichtig oder nur anfechtbar sei, insbesondere bei fehlender Zustimmung des Eigentümers oder des Unterhaltungspflichtigen, führt am Problem vorbei. Einerseits folgt aus der Lehre vom zweiseitigen Verwaltungsakt, daß er, einseitig erklärt, keine Rechtswirkungen erzeugt. Andererseits wird man eine Lehre vom „faktischen Straßenrechtsverhältnis" anerkennen müssen, wonach eine voll ausgebaute und dem Verkehr übergebene Straße wie eine rechtmäßig und wirksam gewidmete behandelt werden muß. Die Mängel des Entstehungsaktes der öffentlichen Sache können hier nicht mehr geltend gemacht werden 44 , um alle 40 41 42

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Kodal, a. a. O., Kap. 7 I 2, S. 147. OLG Nürnberg Verk.Mitt. 1962, S. 21; BGH BB 1958, 97. Forsthoff, VwR, S. 387; Wolff/Bachof VwR I, § 5 6 III; bad.-württ. VGH Verw.Rspr. 13, 104. Vgl. die Nachweise in Fußn. 31. Vgl. die Parallele in § 7 Erste WasserverbandsVO: „Das Bestehen des Wasser- und

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öffentlichen Investitionen wieder rückgängig zu machen, sondern nur, um Entschädigungsansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff zu begründen. Andere Möglichkeiten, öffentliche Straßen zu schaffen, gibt es grundsätzlich nicht. Sollen im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Vertrages benachbarter Gebietskörperschaften Widmungen ausgesprochen werden, sind Verfahren und Voraussetzungen nach dem jeweiligen Straßenrecht verbindlich. Die Eintragung in das Straßenverzeichnis hat heute keine rechtsbegründende Wirkung mehr 45 . Die sog. Widmung kraft unvordenklicher Verjährung 4 6 ist nicht mehr als eine praesumtio iuris et de iure, wonach ein Weg, der von den Beteiligten über einen langen Zeitraum hinweg als öffentlicher Weg behandelt worden ist, als irgendwann ordnungsmäßig gewidmet gilt. Nach Aufstellung der Straßenverzeichnisse ist d a f ü r künftig ohnehin kein Raum mehr, weil die darin aufgenommenen Straßen als öffentliche anzusehen sind, alle anderen als nicht-öffentliche. Planfeststellungsverfahren können die Verlegung öffentlicher Wege einschließen, d. h. die Einziehung des vorhandenen mit der Widmung eines neuen verbinden. Aber darin liegt keine Besonderheit, weil der Planfeststellungsbeschluß — z. B. der nach den Straßen- oder Eisenbahngesetzen — ohnehin alle nach anderen Rechtsvorschriften erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen, Verleihungen, Erlaubnisse und Zustimmungen ersetzt, also auch Widmungen. In materieller Hinsicht müssen in diesem Verfahren zudem die gleichen Voraussetzungen erfüllt sein wie sonst auch. Vor allem sind die Zustimmungserklärungen des Eigentümers u n d Wegeunterhaltungspflichtigen unerläßlich. Nach § 6 V schlesw.-holst. LStrG gelten die bei einer Verbreiterung, Begradigung oder Ergänzung einer Straße hinzukommenden Straßenteile mit der „Überlassung für den öffentlichen Verkehr", also mit der faktischen Indienststellung als gewidmet, sofern die materiellen Voraussetzungen der Widmung vorliegen. Praktisch werden damit nur konkludente Widmungserklärungen als wirksam anerkannt, die f ü r das Publikum erkennbar und eindeutig sind, u n d Publikationserfordernisse fallengelassen 47 . 2. Einziehung Die Einziehung ist insofern actus contrarius der Widmung, als sie die öffentliche Zweckbestimmung der Straße wieder ganz oder teilweise beseitigt. Die Volleinziehung läßt die öffentlich-rechtliche Dienstbarkeit untergehen, die auf dem privaten Eigentum an der Straße lastet; es entsteht eine Privatstraße. Die Teileinziehung schränkt den Inhalt der Dienstbarkeit ein, z. B. die zugelassenen Benutzungsarten oder den Benutzerkreis, so daß sich die Dul-

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Bodenverbandes kann nicht mit der Begründung angefochten werden, daß eine Voraussetzung des Erlasses der Satzung nicht vorgelegen habe." Früher § 2 DVO zum StraßenregelungsG vom 7. Dezember 1934 (RGBl. I, S. 1237); vgl. Kodal, a. a. O., Kap. 7 III 6, S. 161; Kap. 11 I 1, S. 204. Vgl. A. Germershausen / G. Seydel, a. a. O., S. 14 zu diesen sog. „alten Wegen". Dazu Kodal, a. a. O., Kap. 7 III 4, S. 159f.

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dungspflicht des Eigentümers vermindert. Die Einziehung ist also begünstigender Verwaltungsakt gegenüber dem Eigentümer. Gleichzeitig wird die Unterhaltungslast aufgehoben oder dadurch verringert, daß die Straße künftig nur in einen dem reduzierten Verkehrsbedürfnis entsprechenden Zustand versetzt zu werden braucht. Die Einziehung ist also begünstigender Verwaltungsakt gegenüber dem Straßenbaulastträger. Es handelt sich aber nicht um einen zweiseitigen Verwaltungsakt, weil weder Eigentümer noch Unterhaltungspflichtiger in ihren Rechten betroffen sein können; für eine Zustimmung ist also kein Raum, erst recht nicht als Wirksamkeitsvoraussetzung. Die Schwierigkeit liegt darin, daß die Einziehung vor allem die unmittelbar gesetzlichen Rechtswirkungen berührt, die mit der Widmung zugunsten oder zu Lasten Dritter eingetreten waren. Ihre rechtliche Ausgestaltung muß deshalb in erster Linie den Eingriffen Rechnung tragen, die die kraft Gesetzes entstandenen Rechte Dritter zum Gegenstand haben. Der Einwand, wenn Rechte kraft Gesetzes mit der Widmung entstanden seien, könnten sie auch kraft Gesetzes mit der Entwidmung entfallen, ohne daß dieser Eingriff zum Inhalt des Verwaltungsaktes gemacht zu werden brauchte, verschlägt nicht. Denn gerade weil die Einziehung in erster Linie wohlerworbene Rechte Dritter zum Untergang verurteilt, muß der Wille der Einziehungsbehörde auf jeden einzelnen Eingriff dieser Art gerichtet sein und die gesetzliche Ermächtigung den Rechtsverlust gegenüber jedem einzelnen Betroffenen rechtfertigen 48 . Dabei liegt ein bewußter oder gezielter Eingriff zumindest gegenüber den Anliegern vor, die den Zugang zur öffentlichen Straße verlieren 49 . Das gleiche gilt für die Inhaber von Sondernutzungsrechten, weil diese, ohne daß ein besonderer Widerruf der Erlaubnis erforderlich wäre, mit der Einziehung als solche erlöschen 50 . Die Gemeingebrauchsberechtigten zählen an sich nicht. Ein Recht auf Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs an bestimmten öffentlichen Straßen besteht nicht". Immerhin hat das Gesetz auch die Interessen dieser Betroffenen im Einziehungsverfahren berücksichtigt. Die Einziehung muß mindestens drei Monate vorher in öffentlicher Bekanntmachung angekündigt sein. Jedermann ist zur Erhebung von Einwendungen zugelassen. Die Einziehung selbst ist wieder öffentlich bekanntzugeben 52 . 48 49

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Vgl. Kodal, a. a. O., Kap. 10, 3, S. 200 ff. Das kommt zumindest darin zum Ausdruck, daß sie wegen des enteignungsgleichen Eingriffs und des Sonderopfers entschädigt werden müssen; vgl. unten Fußn. 73, 74. Vgl. Kodal, a. a. O., Kap. 10 I 2, S. 197 f., der jedoch die Ansicht vertritt, daß unwiderrufliche Sondernutzungen nach ihrem Erlöschen als Nutzungen in irgendeiner Rechtsgestalt erhalten bleiben müssen. Vgl. § 16 I nordrh.-westf. StrG: „Den Anliegern oder Besitzern von Grundstücken, die an einer öffentlichen Straße gelegen sind, steht kein Anspruch darauf zu, daß die Straße nicht verändert oder nicht eingezogen wird." Das gilt naturgemäß erst recht für alle anderen. Vgl. für das Preuß. Recht A. Germershausen / G. Seydel, a. a. O., S. 517ff.; für das heutige Kodal, a. a. O., Kap. 10 II 2, S. 200.

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Die Einziehung ist also Verwaltungsakt mit Doppelwirkung, begünstigend gegenüber Eigentümer und Straßenbaulastträger, belastend zumindest gegenüber Anliegern und Sondernutzungsberechtigten, vielleicht auch gegenüber denjenigen, die sonst mit ihren Einwendungen im öffentlichen Verfahren unberücksichtigt gelassen worden sind, oder sogar denjenigen, denen wegen irgendwelcher Verfahrensfehler die Gelegenheit, Einwendungen zu erheben, abgeschnitten worden ist. Soweit die Einziehung belastet und die Adressaten in ihren Rechten verletzt sein können, muß auf Widerspruch und Anfechtungsklage hin vom Verwaltungsgericht nachgeprüft werden, ob die formellen und materiellen Eingriffsvoraussetzungen vorgelegen haben 53 . Die noch aus früherem Recht fortwirkende Vorstellung, diese formellen und materiellen Tatbestandsmerkmale seien von absolutem Gehalt und nachprüfbar ohne Rücksicht darauf, wer jeweils klagt, dürfte indes nicht mehr zutreffen. Jedermann hat ein Recht darauf, daß die Einziehung in dem vorgeschriebenen förmlichen Verfahren erfolgt — die Einziehung ist also stets dann aufzuheben, wenn die Ankündigung nicht oder nicht rechtzeitig vorgenommen worden ist. Wer etwa als bisher Gemeingebrauchsberechtigter Einwendungen erhoben hat und damit ohne Erfolg blieb, hat nur ein Recht darauf, daß materiell irgendein vernünftiges öffentliches Interesse hinter der Zurückweisung seiner Einwendungen steht — eine lediglich auf Privatinteressen gegründete Einziehung könnte auf diesem Wege beseitigt werden 54 . Klagt ein bisher Sondernutzungsberechtigter, dessen Erlaubnis auf Widerruf erteilt war, ist seine Rechtsposition kaum stärker. War die Erlaubnis auf Zeit erteilt, muß das hinter der Einziehung stehende öffentliche Interesse schon ein größeres Gewicht haben, um sein subjektiv-öffentliches Recht zu verdrängen — ganz abgesehen davon, daß er Entschädigung verlangen kann. Das Zugangsrecht der Anlieger, die nicht durch anderweitige Verbindung zum Straßennetz zufriedengestellt werden können, ist am schwersten zu überwinden, zumal der Straßenbaubehörde hier in der Regel eine geschlossene Gruppe gegenübersteht, die ein kollektives Interesse an der Beibehaltung des status quo zusammenfaßt. Auf Anfechtungsklage hin muß der Straßenbaulastträger dartun, daß das konkrete öffentliche Interesse an der Durchführung neuer Bebauungspläne oder der Erleichterung der Straßenbaulast oder der Strukturverbesserung oder der Förderung volkswirtschaftlich wichtiger Privatunternehmen höheren Rang beanspruchen kann als das kollektive Interesse der Anlieger an der Aufrechterhaltung des Zugangs. Alles dies zeigt, daß das Verwaltungsgericht durchaus differenziert entscheiden muß je nachdem, wer Anfechtungsklage erhoben hat.

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So schon nach Preuß. Recht; vgl. A. Germershausen / G. Seydel, S. 528ff., wonach „die Klage in vollem Umfang den Charakter einer Popularklage" hatte. Nur insoweit, als Verfahrensmängel oder das Fehlen eines öffentlichen Einziehungsinteresses gerügt werden, kann auch heute noch von einer Popularklage gesprochen werden.

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Die Einziehung ist gegenüber den genannten Inhabern von Rechten oder sonst geschützten Positionen voll rechtsgebunden, wenn auch die Schranken unterschiedliche Höhe aufweisen. Demnach hängt die Zulässigkeit der Einziehung insgesamt letztlich davon ab, ob auch der Widerstand der Inhaber der stärksten Rechtsposition überwunden werden kann, welche jeweils auf Zementierung des status quo gerichtet ist. Liegen die Eingriffsvoraussetzungen vor, hat die Straßenbaubehörde Ermessen, ob sie einzieht oder nicht. In manchen Fällen ist sie objektiv-rechtlich — also gewissermaßen gegenüber der Straßenaufsichtsbehörde — verpflichtet, die Straße zu „privatisieren", z. B. weil diese jede Verkehrsbedeutung verloren hat oder überwiegende G r ü n d e des öffentlichen Wohls d a f ü r sprechen (§ 2 IV BFStrG). Niemals dürfte sich indes daraus eine Verpflichtung gegenüber Dritten ergeben 55 . Aus der Ermächtigung zur Einziehung folgt die Zulässigkeit einer Teileinziehung. Dabei handelt es sich um die teilweise vorgenommene Entwidmung mit dem Ziel, den Gemeingebrauch hinsichtlich der Benutzungsarten oder des Benutzerkreises einzuschränken. Die größte Bedeutung kommt der Teileinziehung heute bei der Schaffung von Fußgängerzonen in den Stadtzentren zu. Die Städte gehen dabei bald den Weg der sog. verkehrsrechtlichen Lösung — durch Verkehrsbeschränkungen nach § 45 I StVO —, bald den der straßenrechtlichen Lösung — Teileinziehung —, bald den einer Koordination der einen mit der anderen. Daneben kommt der Ausweisung von Verkehrsflächen im Bebauungsplan nach § 9 Ziff. 3 BBauG nur vorbereitende Funktion zu. Eine Festlegung auf eine Lösung ist kaum möglich; entscheidend ist zumeist die Regelung der Zufahrtsverhältnisse gegenüber vorhandenen Anliegern. Bei der Teileinziehung muß ihr Sonderstatus durch Sondernutzungen abgesichert werden 5 6 . 3. Umstufung Die Umstufung ändert nichts an dem Charakter der öffentlichen Straße, weist diese vielmehr in eine höhere (Aufstufung) oder niedrigere Straßenklasse (Abstufung) ein. Wenn sich auch die Straßenklasse nach der Widmung richtet, so verpflichten die Straßengesetze doch dazu, die Einordnung der jeweiligen wirklichen Verkehrsbedeutung anzupassen. Die Straßenaufsichtsbehörde setzt die gesetzliche Verpflichtung zur Umstufung durch, indem sie der Straßenbaubehörde die Vornahme aufgibt; teilweise ist sie selbst d a f ü r zuständig, gegenüber den beteiligten Straßenbaulastträgern die Neuregelung zu 55

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Marschall, Komm. § 2 Anm. 6.5: „Es besteht auch kein Rechtsanspruch Privater auf Einziehung eines Weges (Popularklage)." Vgl. zur Einrichtung von Fußgängerzonen Sendler, DÖV 1974, 217, 221; Kolb, Bay. VB1. 1973, S. 230; K. D. Becker, NJW 1972, 804; Wendrich, DVB1. 1973, 475; VG Köln NJW 1971, 1478; Bay. VGH DVB1. 1973, 508; Hess. VGH DVB1. 1973, 510; OVG Münster DÖV 1971, 103; Löwer, Staats- u. Kommunalverwaltung 1976, 327, 328; Kodal, a.a.O., Kap. 10 I 1, S. 194.

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treffen 57 . Straßenklassen sind: Bundesautobahnen, Bundesstraßen, Landstraßen 1. Ordnung, Landstraßen 2. Ordnung oder Kreisstraßen, Gemeindestraßen, sonstige öffentliche Straßen. Umstufungen innerhalb einer Straßenklasse, etwa innerhalb der Gemeindestraße zwischen Gemeindeverbindungsstraßen und Ortsstraßen, kommen in Betracht, wenn damit andere Rechtswirkungen eintreten, z. B. wenn der Umfang der Anbauverbote differiert oder die zugelassene Benutzungsart oder der Benutzerkreis 58 . Inhalt der Umstufungsverfügung ist an sich nicht die Entlastung des bisherigen und die Verpflichtung des neuen Straßenbaulastträgers, zumal ein Wechsel nicht stattzufinden braucht, noch ist Inhalt die Herbeiführung der Rechtsfolgen, die sonst kraft Gesetzes eintreten: neue Zuständigkeiten für die Straßenaufsicht, gesetzlicher Eigentumsübergang mit dem Wechsel der Straßenbaulast (§6 1 BFStrG), Eingreifen anderer Anbau- oder Anpflanzungsvorschriften für Anlieger, Änderung von Benutzungsart oder Benutzungskreis, Wechsel der Passivlegitimation für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Vielmehr setzt die Umstufung nur konstitutiv die neue gesetzesgemäße Klassifizierung oder Unter-Klassifizierung fest; alles andere ist normative Folge. Es handelt sich jedoch dennoch um einen belastenden Verwaltungsakt gegenüber dem alten und gegenüber dem neuen Straßenbaulastträger, wenn ein solcher Wechsel eintritt. Diese Primärrechtsfolge ist zugleich gewollt. Dagegen dürften alle anderen Rechtswirkungen sekundär sein; sie werden nicht gegenüber den Betroffenen festgesetzt 59 . Eine Ausnahme könnte eingreifen, wenn die Umstufung die Benutzungsarten oder den Benutzerkreis verengt. Aber in diesen Fällen wird sie ohnehin mit einem Einziehungsverfahren gekoppelt werden müssen. Auf das nur dort vorgeschriebene öffentliche Verfahren kann nicht verzichtet werden 60 . Deshalb kann die Umstufung selbst nur von den beteiligten Straßenbaulastträgern angefochten werden, wenn ein Wechsel eingetreten ist, sonst nicht. Daß sie öffentlich bekanntzumachen ist, ändert daran nichts.

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Kodal, a. a. O., Kap. 9 III, S. 187. Kodal, a. a. O., Kap. 9 I 2, S. 178. Die h. L. entzieht sich mit der Kennzeichnung auch der Umstufung als adressatlosen Verwaltungsakt allen Schwierigkeiten; differenzierend Kodal, a . a . O . , Kap. 9 III 3, S. 188f.; anders offenbar — wie bei der Widmung — Marschall, Komm. § 2 Anm. 4.3, 5.1. So zutreffend Kodal, a. a. O., Kap. 9 I 2, S. 178.

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IV. Gemeingebrauch und Sondernutzung 6 0 * 1. Gemeingebrauch a) Gemeingebrauch für jedermann: Wegerechtlicher Gemeingebrauch ist das jedermann gewährte subjektiv-öffentliche Recht, die öffentlichen Wege ohne besondere Zulassung im Rahmen der Widmung zu Zwecken des Verkehrs unentgeltlich zu benutzen. Die neueren Straßengesetze haben diesen wegerechtlichen Gemeingebrauch noch zum individuellen durchgefiltert, indem sie ihn auch nur „im Rahmen der verkehrsbehördlichen Vorschriften" anerkannt haben 6 1 . Das ist nützlich, weil nun j e d e r m a n n wirklich weiß, was er auf den Straßen tun und lassen darf, aber zugleich irreführend, weil es scheinbar das ganze Verkehrsrecht in das Wegerecht inkorporiert. Demgegenüber muß betont werden, daß die Überschreitung der verkehrsbehördlichen Vorschriften auch nur verkehrsrechtliche Sanktionen auslöst, keine wegerechtlichen. Insbesondere ist eine Benutzung der Straße, die verkehrswidrig ist, weil man so tut, als gäbe es nur einen Verkehrsteilnehmer zur gleichen Zeit an gleicher Stelle, kein wegerechtlicher „Gebrauch der Straße über den Gemeingebrauch hinaus", also keine Sondernutzung 6 2 . Dadurch, daß das Benutzungsrecht ohne besondere Zulassung gewährt ist, unterscheidet sich der Gemeingebrauch an öffentlichen Sachen von der Anstaltsnutzung. Während hier eine unmittelbar dingliche Inanspruchnahme möglich ist, hat der Einwohner einer Gemeinde nur einen obligatorischen Anspruch darauf, durch ausdrücklichen oder konkludenten begünstigenden Verwaltungsakt zur Benutzung der öffentlichen Einrichtungen zugelassen zu werden 6 3 . Deshalb ist das Straßenwesen kein Zweig der Anstaltsnutzung und Leistungsverwaltung 64 . Vielmehr ist es Eingriffs Verwaltung, wenn jemandem der Zugang zu öffentlichen Straßen verwehrt wird, und der Eingriff ist unzulässig, wenn er nicht von der Widmung her zu rechtfertigen ist.

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Zur Abgrenzung allgemein: vgl. Meissner, JA 1980, 583, und Thiele, DVB1. 1980, 977; bzgl. polit. Werbung: BVerwG NJW 1979, 440. Vgl. dazu Salzwedel, Gemeingebrauch, a.a.O., S. 73ff.; Salzwedel, DÖV 1963, 244f.; Wolff/ Bachof, VwR I, § 58 II c 3 ß; BVerwGE 4, 342. So auch Kodal, a. a. O., Kap. 24 III 2, S. 409f. Vgl. Salzwedel, KommunalR, a. a. O., S. 241 f.; Salzwedel, DÖV 1963, 241 ff. Salzwedel, DÖV 1963, 242f„ gegen Werner Weber, VVDStRL 21 (1964), S. 174ff., der den Gemeingebrauch jedenfalls an Bundesautobahnen, Kanälen usw. eher als eine „archaische Form der Benutzung öffentlicher Sachen" versteht, die sich z. T. schon in Anstaltsnutzung umgewandelt habe, z. T. auf dem Wege dahin sei. Dazu ist anzumerken, daß die anstaltliche Deutung im alten preußischen Recht dominierte: so A. Germershausen / G. Seydel, a. a. O., S. 3: „ . . . sind die öffentlichen Wege polizeiliche Anstalten und als solche im weitesten Maße der Verfügungsgewalt der Polizeibehörde unterworfen." Gerade die moderne Entwicklung drängte zum Gemeingebrauch als subjektiv-öffentliches Recht.

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Die Unentgeltlichkeit des Gemeingebrauchs ist kein naturrechtliches Prinzip. Aber es bedürfte eines förmlichen Gesetzes, um Straßenbenutzungsgebühren zu erheben. Deshalb konnten Parkuhren, die nur durch Münzen in Betrieb gesetzt werden können, erst auf G r u n d der Ermächtigung in § 16 III StVO alter Fassung (1956, BGBl. I S. 271, 327) - heute § 13 I StVO - aufgestellt werden 65 . Da die Straßen für den fließenden wie f ü r den ruhenden Verkehr gewidmet sind, fällt auch längeres Parken unter den Gemeingebrauch u n d damit an sich unter die Gebührenfreiheit 6 6 . Auch für den Bau oder die Inanspruchnahme von Haltestellenbuchten konnten den Omnibus- oder Obusunternehmungen keine Gebühren abverlangt werden. Denn auch der ruhende Verkehr von Linienfahrzeugen ist gemeingebräuchlich. Die verkehrsrechtliche Regelung des § 12 III Ziff. 4 StVO, wonach das Parken 15 m vor und hinter den Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel verboten ist, ändert nichts daran, d a ß wegerechtlich auch dort der ruhende Verkehr für jedermann zugelassen ist, für Kraftfahrzeuge des Linienverkehrs ebenso wie für andere 6 7 . Von dem subjektiv-öffentlichen Recht, gewidmete Straßen ohne besondere Zulassung unentgeltlich zu benutzen 6 8 , ist nicht das Recht darauf umfaßt, daß die vorhandenen Straßen als öffentliche aufrechtzuerhalten sind. Die Gemeingebrauchsberechtigten haben lediglich einen Anspruch darauf, daß bei der Einziehung das förmliche Verfahren beachtet wird und daß ein öffentliches Interesse hinter der Zurückweisung ihrer Einwendungen erkennbar sein muß. Erst recht gibt es keinen Anspruch darauf, bestimmte öffentliche Straßen zu bauen, zu widmen, dem Verkehr zu übergeben. Es fragt sich, wieweit Grundrechte das Wegerecht in dieser Hinsicht absichern oder sogar zusätzliche Garantien begründen 6 9 . Die allgemeine Hand65

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Vgl. H. Jagusch, a. a. O., § 13 StVO Rz. 10 mit Nachweisen; Hans Peters, Parkometergebühr durch Verwaltungsanordnung? Fs. f. Jellinek, 1955, S. 583. Vgl. dagegen Urteil des VGH Bad.-Württ., DÖV 1978, 178, das die Erhebung einer Gebühr für das Bereitstellen einer Parkuhr als rechtswidrig ansieht, und im Gegensatz dazu wiederum BayObLG NJW 1978, 1274. Zu Parkuhrgebühren allg. Kodal, NJW 1962, 480 und Roth, NJW 1961, 2192. Vgl. Evers, NJW 1962, 1033ff.; Salzwedel, DÖV 1963, 251 gegen OVG Hamburg DÖV 1955, 151; BVerwGE 4, 342. Das ist allerdings nicht unbestritten; a. A. z. B. OVG Hamburg DÖV 1955, 151; vgl. auch Forsthoff, VwR, S. 394 m. w. Hinweisen. H. Peters / J. Salzwedel, Die Kostenverteilung zwischen Straßenbaulastträgern und öffentlichen Verkehrsunternehmern, 1960, S. 71 ff. mit Nachweisen. Vgl. Salzwedel, Gemeingebrauch, a. a. O., S. 90 f. Wie hier z. B. Forsthoff, VwR, S. 391 f.; E. R. Huber, DÖV 55, 129f.; Jesch, JuS 1963, 213ff.; OVG Münster DÖV 62, S. 906; abweichend z . B . Wolff/Bachof VwR I, §58 IIb. Die Frage ist offengelassen in BVerwGE 4, 342 (343). Vgl. Haselau, Die Freiheit der Straßen als Rechtsproblem, Schriftenreihe der Arbeitsgemeinschaft Güterfernverkehr, H. 11, 1960; Herbert Krüger, Gegen eine Entstaatlichung der öffentlichen Wege, ebenda Heft 1; Salzwedel, DÖV 1963, 246; W. Krebs, VerwA 67 (1976) S. 329ff.; weitgehend ablehnend Forsthoff, VwR, S. 390.

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lungsfreiheit des Art. 2 I G G umfaßt die Möglichkeit, mit anderen beliebig in Verbindung zu treten und sich dazu auf vorhandenen öffentlichen Straßen von einem Ort zu jedem gewünschten anderen zu begeben. Auch die Freiheit der körperlichen Fortbewegung — Freiheit der Person in Art. 2 II S. 2 G G — steht dem entgegen, durch Verweigerung des Zugangs zu den öffentlichen Straßen die Wirkung einer polizeilichen Ausgangssperre, ja eines Hausarrestes herbeizuführen. Die Freizügigkeit, die Berufsfreiheit, die Versammlungsfreiheit, die Meinungsfreiheit, nahezu alle Freiheitsrechte sind nur über einen funktionierenden Gemeingebrauch denkbar. Deshalb dürfte das subjektiv-öffentliche Recht auf Benutzung der öffentlichen Straßen ohne besondere Zulassung verfassungsrechtlich geboten sein. Auch eine Veranstaltlichung des Straßenwesens in der Weise, daß an die Stelle des dinglichen Rechtes auf Benutzung ein obligatorischer Anspruch auf Zulassung zur Benutzung treten würde, müßte bereits als bedenklich gelten. Damit allein kann es indes nicht seine Bewandtnis haben. Denn es kommt darauf an, d a ß stets ein ausreichender Bestand an öffentlichen Straßen verbürgt ist, an denen das subjektive Gemeingebrauchsrecht sich entfaltet. Hier greift die Lehre von den institutionellen Garantien ein. Die genannten Grundrechte verpflichten den Staat, ein umfassendes Netz öffentlicher Straßen bereitzustellen. Die Aufrechterhaltung bestimmter Straßen ist zwar danach nicht gesichert. Indes würde eine systematisch durchgeführte Kampagne zur Privatisierung öffentlicher Straßen bald an eine absolute Bestandsgrenze stoßen. Der Verfassungsverstoß könnte dann auch im einzelnen Einziehungsverfahren geltend gemacht werden. Der Gemeingebrauch kann wegerechtlich beschränkt werden, soweit sich die Schranken aus der Widmung rechtfertigen lassen. Dauerregelungen können notwendig sein, um auf einen nicht verkehrssicheren Zustand der Straße (gefährlich gewölbte Kurve, Kreuzung, Steinschlag, Wildwechsel) hinzuweisen oder die Belastungsgrenzen f ü r den Straßenkörper anzuzeigen. Vorübergehende Einschränkungen kommen in Betracht, wenn Straßenbauarbeiten vorzunehmen sind oder wenn nach Frostschäden nur noch eine verminderte und vorsichtige Benutzung zugelassen werden kann. Dementsprechend kann auch die Straßenbaubehörde Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen anbringen, die grundsätzlich nicht mit den amtlichen Verkehrszeichen u n d -einrichtungen der StVO übereinzustimmen brauchen. Das Straßenverkehrsamt ist zu unterrichten. Es kann abweichende Regelungen treffen, bleibt aber an die zugrunde liegende Sachentscheidung, der Verkehrssicherungspflicht zu genügen oder die Straßensubstanz zu schützen, inhaltlich gebunden 7 0 . Die Widmung öffentlicher Straßen für den öffentlichen Verkehr schließt Unterschiede im Benutzungszweck nicht aus. Straßen mit Erschließungsfunktion und freie Strecken dürfen nicht gleichbehandelt werden. Im innerstädtischen Bereich tritt die Benutzung der Straßen zu Handel und Wandel in den Vordergrund. Die kommunikative Funktion der Straßen ist dort auch verfassungsrechtlich abgesichert. So ist das Verteilen von Flugblättern wegen des 70

Kodal, a. a. O., Kap. 42 II 3, S. 1087.

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Art. 5 I G G in der Regel Gemeingebrauch, nicht Sondernutzung 71 . Nur in besonders engen und überlasteten Straßen kann eine andere Beurteilung angemessen sein. Die Behinderung von Passanten durch aufdringliche politische Werbung ist nicht Sondernutzung, sondern unzulässiger Gemeingebrauch, also nicht erlaubnisfähig 72 . b) Anlieger: Obwohl der Gemeingebrauch jedermann zusteht, hat das Recht nach herrschender Auffassung für die Anlieger einen anderen Inhalt als für sonstige Benutzer. Anlieger sind die Eigentümer oder Besitzer von Grundstücken, die an einer öffentlichen Straße gelegen sind. Das Anliegerrecht und der Anliegergebrauch sind grundsätzlich auf Straßen beschränkt, die Erschließungsfunktion besitzen, nämlich von der Gemeinde für den inneren Verkehr und den Anbau bestimmt sind. Praktisch handelt es sich um Gemeindestraßen und Ortsdurchfahrten. Das Anliegerecht hat zum Inhalt, daß ein freier Zugang von und zur Straße zu Fuß und zu Wagen sowie der freie Zutritt von Licht und Luft zu den an der Straße errichteten Gebäuden aufrechtzuerhalten ist73. Der BGH 7 4 hat das Anliegerrecht dessen, der einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb mit Laufkundschaft an der Straße besitzt, noch dahin erweitert, daß in diese betriebsbezogene Verkehrslage nicht entschädigungslos eingegriffen werden dürfe, wenn dem Betroffenen damit ein Sonderopfer auferlegt würde. Besondere Bedeutung gewinnt diese Rechtsprechung für Tankstellen, Sparkassen mit Autoschaitern o. ä. In Wahrheit hat das Anliegerrecht nichts mehr mit einem subjektiv-öffentlichen Recht auf Gemeingebrauch an öffentlichen Straßen, so wie sie nun einmal jeweils sind, zu tun. Vielmehr findet hier partiell ein Recht auf Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs an einer bestimmten Straße Anerkennung. Das Recht richtet sich gerade gegen Einziehungen, Niveauveränderungen, Straßensperren oder Bauarbeiten an der Straße. Der Anliegergebrauch, der auch als gesteigerter Gemeingebrauch bezeichnet wird, betrifft dagegen eine vom Anliegergrundstück auf die Straße selbst und den Luftraum über der Straße übergreifende Tätigkeit, um die besonderen 71

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Vgl. OLG Celle DVB1. 1976, 111; OLG Stuttgart DVB1. 1972, 509; DVB1. 1976, 113; OLG Bremen NJW 1976, 1359; OVG Berlin NJW 1973, 2044; BVerwG NJW 1979, 440; anders noch OVG Münster DVB1. 1972, 509. - Zum Problemkreis Meinungsfreiheit und Straßennutzung allg. vgl. Steinberg, NJW 1978, 1898ff.; Stock, Straßenkommunikation als Gemeingebrauch, 1979. OLG Düsseldorf NJW 1975, 1288 und OLG Celle NJW 1975, 1894 gehen von Sondernutzung aus, die im Einzelfall aber nicht erlaubnispflichtig sein soll. Dazu RGZ 145, 107 ff. (113); A. Germershausen / G. Seydel, a. a. O., S. 112ff.; Kodal, StraßenR, 2. Aufl. 1964, „Anlieger", S. 32ff.; Marschall, Komm., § 8 a Anm. 7.1.f.; Forsthoff, VwR, S. 406; Wolff / Bachof, VwR I, § 5 8 I l l b 2; F. Sieder / H. Zeitler, Komm., Art. 17 Anm. 11. Vgl. auch OVG Lüneburg NJW 1979, 1422 und BVerwG NJW 1980, 354. BGHZ 8, 274; 23, 157ff.; 23, 235; DVB1. 1972, 115; 1974, 125.

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Vorteile des Verkehrs zu nutzen75. Dabei wird der Gemeingebrauch in doppelter Hinsicht erweitert. Während die Straße sonst nur zu Zwecken des Verkehrs benutzt werden darf, wird hier gerade die geschäftliche Betätigung der Anlieger akzeptiert, die dort je nach den wirtschaftlichen Bedürfnissen und örtlichen Gewohnheiten Waren auslegen, Tische u n d Stühle für Gaststättenbesucher aufstellen, Reklame- und Firmenschilder, Schaukästen, Lichtreklamen anbringen. Ferner werden unabhängig vom Benutzungszweck Benutzungsarten toleriert, die dem Passanten nie offenstehen, so z. B. das Aufstellen von Baugerüsten und Baugeräten. Die Darstellung zeigt, daß das Dogma der Rechtsprechung 7 6 , Anlieger hätten Gemeingebrauch wie Passanten sonst auch, ganz unhaltbar ist. Das Anliegerrecht betrifft in Wirklichkeit den Status der Straße, der Anliegergebrauch eine Betätigung, die außerhalb der für alle geltenden Widmung liegt. Daher handelt es sich um unmittelbar durch Gesetz eingeräumte Sondernutzungen77. Die neuen Straßengesetze tragen dem z . T . Rechnung: § 1 6 II nordrh.-westf. LStrG behandelt das Anliegerrecht als Ausnahme zu dem Grundsatz des Absatz I, wonach Anlieger keinen Anspruch darauf haben, d a ß die Straße nicht verändert oder eingezogen wird. Der Anliegergebrauch des § 17 hamb. WegeG wird als eine Betätigung über den Gemeingebrauch hinaus angesehen. Auch sonst ist der Anliegergebrauch als Bestandteil des gesetzlichen Gemeingebrauchs nahezu verschwunden 7 8 . Die Straßengesetze ermächtigen statt dessen die Gemeinden, den Gebrauch der Ortsdurchfahrten und der Gemeindestraßen „über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung)" durch Satzung zu regeln (vgl. § 19 III nordrh.-westf. LStrG, § 51 I nieders. StrG, § 23 I schlesw.-holst. StrWG). 2. Sondernutzungen Sondernutzungen sind Benutzungen der öffentlichen Straße über den Gemeingebrauch hinaus. Sofern sie nicht schon nach Gesetz oder Satzung zugelassen sind, bedürfen sie bald einer Erlaubnis der Straßenbaubehörde (a), bald einer bürgerlich-rechtlichen Gestattung des Wegeeigentümers (b), bald des einen wie des anderen (c). a) Erlaubnis: Nach den neuen Straßengesetzen ist eine Erlaubnis regelmäßig nur dann erforderlich, wenn die Benutzung den Gemeingebrauch nicht nur überschreitet, sondern auch beeinträchtigt. Dabei sollen Beeinträchtigun75

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A. Germershausen / G. Seydel, a . a . O . , S. 112 ff.; Kodal, a . a . O . , Kap. 25 I 2, S. 448ff.; Marschall. Komm., § 7 Anm. 5. 22; F. Sieder/ H. Zeitler. Komm., Art. 14 Anm. 12, wonach der gesteigerte Gemeingebrauch dem bayerischen Recht begrifflich fremd war. PrOVG 32, 213; 39, 230; BGH DÖV 1957, 155; BVerwGE 32, 222; BVerwG DVB1. 1973, 496; Marschall, Komm., § 7 Anm. 5. 22, 5. 23. Salzwedel, Gemeingebrauch, a. a. O., S. 85. Kodal, a. a. O., Kap. 25 II 2, S. 454f.

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gen von kurzer Dauer unberücksichtigt bleiben, wenn es sich um öffentliche Versorgungsleitungen handelt (§ 8 X BFStrG, § 23 I nordrh.-westf. LStrG, § 45 I rheinl.-pfälz. LStrG). Eine Überschreitung des Gemeingebrauchs liegt vor, wenn die Straße zu anderen Zwecken als denen des Verkehrs, zu anderen als in der Widmung zugelassenen Benutzungsarten oder von anderen als in der Widmung bezeichneten Benutzern in Anspruch genommen werden soll. Der Straßenhandel ist nicht nur Sondernutzung, wenn er von einem festen Verkaufsstand aus betrieben wird, sondern richtiger Ansicht nach auch, wenn fahrende Händler vom Kraftfahrzeug oder vom Bauchladen aus verkaufen 7 9 . Bedeutsam sind auch Benutzungen, die — wie beim Großraumoder Schwerverkehr — aus straßenbautechnischen Gründen an sich von der Straße ferngehalten werden müssen. Auch die Bundeswehr ist beim Einsatz von Panzerfahrzeugen grundsätzlich an die Schranken der Widmung gebunden 80 . Die Erlaubnis wird auf Widerruf oder auf Zeit erteilt. Ein Rechtsanspruch besteht nicht, wohl aber ein Anspruch gegen die Straßenbaubehörde auf fehlerfreie Ermessensausübung. Die Ablehnungsgründe sind nicht nur dahin begrenzt, daß sie an vernünftigen öffentlichen Interessen orientiert sein müssen. Vielmehr kommen nur Gesichtspunkte in Betracht, die gerade mit den wegehoheitlichen Aufgaben des Straßenbaulastträgers zusammenhängen: mit dem Schutz der Straßensubstanz und der Aufrechterhaltung eines störungsfreien Gemeingebrauchs für alle 81 . Wenn in den Straßengesetzen von Beeinträchtigungen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs die Rede ist, dürfte die Formulierung nicht nur eng, sondern auch noch mit dem Auftrag der Verkehrsbehörde vermengt sein. Richtig ist, daß Anträge schon abgelehnt werden können, um die spezifisch verkehrsrechtlichen Ballungsprobleme überhaupt nicht erst auftreten zu lassen. Die Gründe, die einer Sondernutzung auf Zeit oder auf Widerruf entgegengehalten werden können, bestimmen auch die Festsetzung von Bedingungen u n d Auflagen. Benutzungsgebühren können dagegen aus fiskalischen Erwägungen auferlegt werden. Sie sollen den wirtschaftlichen Vorteil der Sondernutzung, die ja ein gegenüber anderen 79

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Weiter geht Kodal, a. a. O., Kap. 24 IX 3, S. 439f.; Forsthoff, VwR, S. 395. Die verkehrspolizeiliche Ausnahmegenehmigung gem. § 46 II StVO für Anlagen, die als Hindernisse für die Leichtigkeit des Verkehrs an sich unter das Verbot des § 41 StVO fallen, ersetzt nicht eine nach Wegerecht erforderliche Sondernutzung. Dazu Kodal, a. a. O., Kap. 24 VIII A, S. 430f.; hier ersetzt die Erlaubnis gem. § 5 StVO eine etwa wegerechtlich erforderliche Erlaubnis der Sondernutzung; vgl. § 8 VI BFStrG; § 21 nordrh.-westf. StrG. Das Gleiche gilt auch für die Kunstausübung oder die Aufstellung von Kunstgegenständen. Art. 5 III GG steht der Anwendung von Vorschriften, die die Sondernutzung der Straße deshalb einer Erlaubnispflicht unterwerfen, nicht entgegen; vgl. BVerwG. So bad.-württ. VGH DÖV 1953, 640 und ganz h. L.: Marschall, Komm., Anm. 4.2; Kodal, a. a. O., Kap. 26 II 2, S. 497f.; Forsthoff, VwR, S. 395; Wolff / Bachof VwR I, § 5 9 IIb 2; für Rechtsanspruch Stern, VVDStRL 21 (1964), S. 220f.; vgl. auch Ziegler, DVB1. 1976, 89.

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Staatsbürgern schwer zu rechtfertigendes Privileg darstellt, ganz oder teilweise abschöpfen 8 2 . Außerdem hat der Erlaubnisinhaber Ersatz zu leisten, wenn dem Straßenbaulastträger durch die Sondernutzung Mehrkosten für den Bau u n d die Unterhaltung oder sonstige Kosten entstehen 83 . Auch die Erlaubnis kann im Planfeststellungsverfahren ersetzt werden. Nach § 8 VI BFStrG erübrigt die verkehrsbehördliche Erlaubnis nach § 29 II StVO f ü r besondere Veranstaltungen sowie Großraum- oder Schwertransporte die Erteilung einer Sondernutzung: das Straßenverkehrsamt m u ß sich jedoch die intern von der Straßenbaubehörde geforderten Bedingungen und Auflagen zu eigen machen. Häufig werden Verkehrs- oder wegerechtliche Erlaubnisse im Rahmen öffentlich-rechtlicher Verträge erteilt. Dazu gehören auch Vereinbarungen zwischen Straßenverkehrsamt und Bundeswehr nach § 35 III StVO, wonach die Bundeswehr für Veranstaltungen nach § 29 II StVO generell von der Erlaubnis freigestellt wird. Wiederum werden die Vereinbarungen im Benehmen mit der Straßenbehörde und mit Wirkung auch gegen diese abgeschlossen. b) Gestattung des Wegeeigentümers: Beeinträchtigt eine Benutzung öffentlicher Straßen den Gemeingebrauch weder dauernd noch vorübergehend 8 4 , ist für die Sondernutzung nach neuem Straßenrecht eine Erlaubnis nicht mehr erforderlich (anders § 10 I berl. StrG). Statt dessen m u ß die Gestattung des Wegeeigentümers nachgesucht werden, die im Rahmen eines bürgerlichrechtlichen Nutzungsvertrages erteilt zu werden pflegt. In Betracht kommen vor allem Miete, Pacht und Leihe. Die wichtigsten Verträge dieser Art sind die Konzessionsverträge mit Versorgungsunternehmen über die Verlegung von Versorgungsleitungen in den Straßengrund. Die Dispositionsfreiheit des Wegeeigentümers reicht an sich bis an die Wuchergrenze. Jedoch gelten zwei wichtige Einschränkungen. Zunächst kann ein Kontrahierungszwang aus § 826 BGB folgen, nämlich dann, wenn der Wegeeigentümer an Kreuzungen oder im Stadtgebiet praktisch ein Monopol f ü r die Vergabe von Leitungsrechten besitzt. Eine freie Ablehnung wäre u. U. sittenwidrig; die Gestattung erfolgt zu angemessenen Bedingungen 8 5 . Im übrigen sind bei der monopolfreien Entscheidung über die Gestattung die Schranken zu beachten, die sich für staatliche und kommunale Wegeeigentümer aus der Grundrechtsbindung des Fiskus ergeben. Insbesondere ist der Gleichheitsgrundsatz zu respektie82 83 84

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Salzwedel, Gemeingebrauch, a. a. O., S. 87; anders Stern, a. a. O., S. 216f. § 44 rheinl.-pfälz. StrG; §§ 21 V, 22 I bad.-württ. StrG; Art. 18 III bayer. StrG; § 22 I nordrh.-westf. StrG; § 22 I nieders. StrG u. a. Nach § 8 X BFStrG lösen vorübergehende Beeinträchtigungen des Gemeingebrauchs keine Erlaubnispflicht aus, wenn die Maßnahmen Zwecken der öffentlichen Versorgung dienen; ebenso z.B. §23 bad.-württ. StrG; Art. 18, 20 bayer. StrWG; § 20 hess. StrG; § 23 nieders. StrG; § 23 I nordrh.-westf. StrG. Vgl. RGZ 115, 253 (258); 143, 24ff.; 79, 224ff.; dazu Flume, Das Rechtsgeschäft, § 33 6d.

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ren 86 . Für Klagen in diesem Bereich sind durchweg nicht die Verwaltungsgerichte, sondern die ordentlichen Gerichte zuständig. Die Klage ist auf Abgabe einer Willenserklärung oder Schadensersatz gerichtet. c) Erlaubnis- und gestattungspflichtige Sondernutzungen: Die neuen Straßengesetze — mit Ausnahme des Berliner Straßengesetzes — haben sich bemüht, die Doppelbödigkeit der Sondernutzung nach öffentlichem und bürgerlichem Recht zu beseitigen. Aber auch ihnen blieb der Erfolg teilweise versagt. Fallen nämlich Straßenbaulast und Wegeeigentum auseinander oder tangiert eine Benutzung sowohl den Gemeingebrauch als auch die private Restherrschaft, muß nach wie vor außer der Erlaubnis auch die bürgerlichrechtliche Gestattung eingeholt werden. Gelegentliche Versuche, diese Möglichkeiten doppelter Beeinträchtigung zu leugnen, laufen auf eine kalte Sozialisierung des Wegeeigentums hinaus 87 . Der Eigentümer braucht nur den Gemeingebrauch zu dulden. Alles, was über die Widmung hinausgeht, betrifft die Privatnützigkeit, die ihm allein verblieben ist. Der Benutzer ist, gleichviel ob der Eigentümer in eigener Nutzung gestört ist oder nicht, von der Gestattung abhängig und muß damit alle Gegenleistungen aufbringen, die der Eigentümer verlangt. Fallen Straßenbaulast und Eigentum auseinander, ist die Zweigleisigkeit von Erlaubnis und Gestattung unvermeidbar. Das gleiche muß aber gelten, wenn eine Benutzung im Falle der Vereinigung beider in einer Hand sowohl in die Wegehoheit des Straßenbaulastträgers als auch in dessen Wegeeigentum eingreift. Denn es besteht keine Veranlassung, das Wegeeigentum straßenbaupflichtiger Körperschaften gegenüber dem Privater zu diskriminieren. Deutlich wird das an den Straßenbahn- und Obusunternehmen, die mit den Schienen und Masten den Gemeingebrauch beeinträchtigen, zugleich aber in die Straßensubstanz eingreifen, die ganz von der Restherrschaft des Eigentümers umfaßt ist88. Nun hat § 32 I PBefG für Straßenbahnen bzw. § 41 II PBefG für Obusse vorgesehen, daß an die Stelle einer Erlaubnis der Straßenbaubehörde deren Zustimmung gegenüber der Genehmigungsbehörde beizubringen ist. Aber die materiellen Voraussetzungen der Erteilung sollten dadurch nicht berührt werden. Lediglich ist in § 33 PBefG vorgesehen, daß von der Landesregierung bestimmte Behörden — auch mit Wirkung gegen den Straßenbaulastträger — entscheiden, wenn eine Einigung zwischen den Beteiligten über die Bedingungen für die Zustimmung nicht zustande kommt. Vom Wegeeigentum ist bei alledem nicht die Rede. Aber da das PersonenbeförderungsG sich über die Restherrschaft der Wegeeigentümer nicht einfach hinwegsetzen kann, ist neben der öffentlich-rechtlichen Benutzungsvereinbarung mit dem Straßenbaulastträger ein bürgerlich-rechtlicher Gestattungsver86 87

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BGHZ 29, 76ff.; vgl. auch Hesse, Grundzüge, § 1 1 1 . Vgl. Salzwedel, Gemeingebrauch, a. a. O., S. 79; wie hier Zippelius, DÖV 1958, 838, 846 f.; a. A.: Ziegler, DVB1. 1976, 89 ff. mit weiteren Nachw. H. Peters / J. Salzwedel, a. a. O., S. 40 f.

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trag mit dem Wegeeigentümer abzuschließen, wenn beide auseinanderfallen89.

V. Straßenbaulast und andere Pflichten 1. Straßenbaulast Für den Straßenbau bieten sich zwei gegensätzliche Konstruktionen an: Hoheitsaufgabe der öffentlichen Verwaltung oder Erfüllung einer nicht typisch staatlichen Wegeunterhaltungspflicht, worüber der Staat nur als Wegebaupolizei wacht 90 . Die neuen Straßengesetze lassen eine deutliche Hinwendung zur ersteren Konzeption erkennen. Das macht schon der sprachliche Übergang von der früheren Wegebau- und Unterhaltungspflicht zur Straßenbaulast sichtbar. Vor allem die Übertragung der wesentlichsten wegehoheitlichen Funktionen auf die Straßenbaulastträger selbst ist ein Markstein in der Entwicklung. Bei den Bundesstraßen und Landstraßen 1. Ordnung sind sogar Straßenaufsicht und Straßenbaulast in einer Hand vereinigt. Die Rechtsnatur der Widmung ist indes am alten Leitbild orientiert; andernfalls müßte sie zum reinen Organisationsakt umgestaltet sein91. Außerdem paßt die Hoheitstheorie kaum für die Straßenbaulast der Gemeinden und erst recht nicht für diejenige Privater, die nämlich als beliehene Unternehmer begriffen werden müßten. Das geltende Recht ist also von beiden Leitbildern geprägt, und in fast allen Streitfragen drängt sich diese grundlegende gesetzgebungspolitische Alternative wieder in die Argumentation hinein. Die Straßenbaulast ist die objektiv-rechtliche, also nicht unmittelbar gegenüber dem Publikum bestehende Verpflichtung des Straßenbaulastträgers, die Straße in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern, sofern dies nicht seine finanzielle oder administrative Leistungsfähigkeit überschreitet. Dazu gehören auch die sog. verkehrsmäßige Reinigung, die verkehrsmäßige Beleuchtung, die Anbringung straßenbaubedingter Verkehrszeichen, seit dem ReichspolizeikostenG auch — systemwidrig — die Anbringung verkehrspolizeilich erforderlicher Verkehrszeichen, nicht dagegen der sog. Winterdienst gemäß § 3 III BFStrG 92 . Trägt der Staat oder eine Körperschaft die Straßenbaulast, so ist die Verpflichtung zunächst auf die Etatisierung ausreichender Straßenbaumittel gerichtet. Soweit die Länder oder Landschaftsverbände die Bundesstraßen im Auftrag des Bundes verwalten, beschränkt sich dessen Verpflichtung als Träger der Straßenbaulast auf die Bereitstellung des Budgets und die Deckung der laufenden Ausgaben. Das gleiche gilt, wenn das Land die Verwaltung 89 90 91 92

Vgl. Kodal, a. a. O., Kap. 27 II 5, S. 569; H. Peters/ J. Salzwedel, a. a. O., S. 40. Dazu Salzwedel, DÖV 1963, 247f.; Kodal, a. a. O., Kap. 12 I 3, S. 218f. So Stern, VVDStRL 21 (1964), S. 198. Kodal, a. a. O., Kap. 12 II A, S. 220f.

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von Kreisstraßen übernommen hat. Straßenbaulast ist dann also Finanzierungslast, die Straßenverwaltung ist Sache der beauftragten oder Übernehmerkörperschaft. Die Straßenverwaltung für einen anderen Straßenbaulastträger stellt sich verschieden dar, je nachdem, ob es sich um die Wahrnehmung der spezifisch wegehoheitlichen Funktionen („Hoheitsverwaltung") oder um die rechtsgeschäftlichen und faktischen Maßnahmen zu Straßenbau und -Unterhaltung sonst („Vermögensverwaltung") handelt 93 . Straßenaufsichtliche Anordnungen, Widmung, Einziehung oder Umstufung, Erteilung oder Widerruf von Sondernutzungen, Inanspruchnahmeverfügungen, Verwaltungsakte gegenüber wegerechtlich Pflichtigen Anliegern sowie straßenbaubedingte Verkehrsregelungen fließen für die beauftragte oder Übernehmerkörperschaft aus eigenem Recht. Die Verwaltungsakte werden von der Straßenbaubehörde in eigenem Namen erlassen. Anfechtungs- oder Verpflichtungsklagen sind je nach Landesrecht gegen das Land oder die Landesbehörde zu erheben, die den belastenden Verwaltungsakt erlassen hat oder den begünstigenden — z. B. den Dispens von einem Anbauverbot — erlassen soll. Alle öffentlich-rechtlichen oder bürgerlich-rechtlichen Willenserklärungen, die mit dem Straßenbau oder der Unterhaltung selbst zusammenhängen, sind dagegen im Namen, im Interesse und für Rechnung des Straßenbaulastträgers und Eigentümers abzugeben. Die Länder oder Landschaftsverbände schließen deshalb mit Wirkung für und gegen den Bund als Straßenbaulastträger öffentlich-rechtliche Baulastverträge ab oder mit Wirkung für und gegen den Bund als Eigentümer bürgerlich-rechtliche Nutzungsverträge. Für Klagen aus diesen Rechtsverhältnissen ist also der Bund aktiv und passiv legitimiert. Zur Verwaltung der Bundesstraßen durch die Länder oder Landschaftsverbände gehört aber die Prozeßführungsbefugnis kraft Gesetzes, auf die der Bundesverkehrsminister nur durch Weisung an die Landesregierung nach Art. 85 III G G Einfluß nehmen kann. Die Zurechnung der faktischen Straßenbaumaßnahmen zum Straßenbaulastträger wirkt sich praktisch zumeist nur darin aus, daß er letztlich die Kosten zu tragen hat. Nach außen tritt auf Grund der meisten Haftungstatbestände die beauftragte oder Übernehmerkörperschaft dafür ein, so nach § 823 I BGB bei Verletzung der Verkehrssicherungspflicht, weil sie selbst mit der Indienststellung die objektive Gefahrenlage geschaffen hat, nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 G G bei der Amtshaftung als Anstellungskörperschaft, nach § 7 StVG als Halter des fremden, z. B. bundeseigenen Kraftfahrzeugparks. Lediglich für Ansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff dürfte der Straßenbaulastträger und Eigentümer der richtige Beklagte sein, weil er die durch Maßnahmen der Vermögensverwaltung unmittelbar begünstigte Körperschaft ist. Wer Träger der Straßenbaulast ist, bestimmt sich nach der Straßenklasse. Für Ortsdurchfahrten 94 , die durch wegehoheitlichen Verwaltungsakt der Straßenbaubehörde für die Durchgangsstraße in der Längsrichtung gegenüber 93 94

Kodal. StraßenR, 2. Aufl. 1964, „Auftragsverwaltung", S. 62ff. Kodal, a. a. O., Kap. 13 II C 2, S. 237 f.

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der freien Strecke und seitlich gegenüber Straßenverbreiterungen und Plätzen begrenzt wird, hängt die Straßenbaulast von der Einwohnerzahl der Gemeinde (50000 für Bundesstraßen, nach Landesrecht jeweils zwischen 20000 und 30000 für Landstraßen) ab. In den größeren Städten sind die Ortsdurchfahrten gemeindlich zu unterhalten. In den kleineren Gemeinden ist die Straßenbaulast geteilt; während hinsichtlich der Fahrbahn der Baulastträger für die Straße zuständig ist, liegt sie für Gehwege und Parkplätze stets, für Radwege weithin bei den Gemeinden. Eine große Rolle spielen die Sonderbaulasten Dritter95, die entweder auf besonderen Vorschriften der Straßengesetze oder anderer Gesetze oder auf besonderem Rechtstitel beruhen. Gesetzliche Sonderregelungen finden sich z. B. in § 13 II BFStrG, § 14 Eisenbahn-KreuzungsG. Als besondere Rechtstitel kommen Auflagen in Betracht, die mit wege- oder kreuzungsrechtlichen Planfeststellungen, mit wasserrechtlichen Erlaubnissen oder Bewilligungen und anderen Verwaltungsakten verbunden sein können, vor allem aber auch öffentlich-rechtliche Verträge zwischen Träger und Übernehmer der Straßenbaulast. Eine Reihe von straßenrechtlichen Bestimmungen wie § 12 II hamb. WegeG, § 45 I nordrh.-westf. LStrG, Art. 44 I bayer. StrWG, ferner § 123 III BBau G sehen Vereinbarungen über die Straßenbaulast ausdrücklich vor. Die Wirkung der Übertragung oder Übernahme der besonderen Straßenbaulast ist privativ; der ordentliche Wegeunterhaltspflichtige wird frei. Dadurch unterscheiden sich öffentlich-rechtliche von bürgerlich-rechtlichen Vereinbarungen, die zwar unbeschränkt zulässig sind, die gesetzliche Straßenbaulast indes unberührt lassen und mithin nur inter partes zur Vornahme von Arbeiten oder zur Kostentragung verpflichten. 2. Verkehrssicherungspflicht Während die Straßenbaulast im Verhältnis zum Staat und dessen hoheitlicher Straßenaufsicht getragen wird, bestimmt die Verkehrssicherungspflicht, ob und wieweit eine Verpflichtung gegenüber Dritten besteht, die Straße in einem ungefährlichen Zustand zu erhalten. Beide Pflichten haben nur insofern etwas miteinander zu tun, als die straßenbaurechtliche Erhaltung der Straße in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis entsprechenden Zustand mindestens die Beseitigung ernsthafter Gefahrenquellen einschließt. In diesem Umfang kann auch gegenüber dem Staat der Einwand mangelnder finanzieller Leistungsfähigkeit nicht geltend gemacht werden. Die Straßenbaulast geht indes weit über das hinaus, was zum Schutz des Publikums unerläßlich erscheint. Umstritten ist, auf welchem Rechtsgrund die Verpflichtung beruht: während die überkommene Rechtsprechung sie aus § 823 I BGB entwickelt96, überwiegen im Schrifttum die Stimmen, die sie als hoheitliche Amtspflicht gegenüber 95 96

Kodal, a. a. O., Kap. 14, S. 244ff. So zunächst RGZ 54, 53; 154, 25; jetzt grundsätzlich auch der BGH, vgl. BGHZ 9, 373; 24, 124.

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Dritten im Sinne des § 839 BGB, Art. 34 G G qualifizieren 97 . Neuerdings bietet der Bundesgerichtshof 98 öffentlich-rechtlichen Körperschaften beide Verpflichtungen zur Wahl an: an sich nach § 823 I BGB bürgerlich-rechtlich verantwortlich, können sie durch ausdrücklichen Organisationsakt, der der Allgemeinheit kundgemacht werden muß, nach außen verbindlich und wirksam erklären, daß sie dem Publikum künftig hoheitlich gegenübertreten wollen. In einer Reihe von Landesstraßengesetzen ist dies für alle Land- und Gemeindestraßen inzwischen sogar gesetzesförmlich zum Ausdruck gebracht worden, so in § 5 hamb. WegeG, § 67 StraßenG Bad.-Württ., Art. 72 bayer. StrWG §48 II LStrG Rheinl.-Pfalz, § 9a LStrG N W und § 10 IV LStrG Schlesw.-Holst. Wer verkehrssicherungspflichtig ist, könnte in erster Linie davon abhängen, ob von der Option für die Amtshaftung Gebrauch gemacht worden ist oder nicht. Nach § 823 I BGB kommt es darauf an, wer rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, die für die Verkehrssicherheit erforderlichen Maßnahmen zu treffen 99 . Das ist der Straßenbaulastträger, wenn er dieser Verpflichtung selbst genügt, dagegen im Fall der Auftragsverwaltung oder der Wahrnehmung des Straßenbaues seitens des Landes für die Landkreise oder kreisfreien Städte diejenige Körperschaft, die die haushaltlichen Bereitstellungen des Straßenbaulastträgers verwirklicht. Deshalb sind die Länder, in Nordrhein-Westfalen die Landschaftsverbände, für Bundesstraßen verkehrssicherungspflichtig, obwohl die finanzielle Straßenbaulast beim Bund liegt. Ebenso muß der Geschädigte sich an das Land halten, wenn er einen Unfall auf einer Kreisstraße erlitt, für die das Land die Unterhaltung administrativ übernommen hat 100 . Nach § 839 BGB, Art. 34 GG ist die Anstellungskörperschaft des Beamten oder Angestellten oder Arbeiters verantwortlich, der die Gefahrenquelle jeweils nicht oder nicht in genügendem Maß beseitigt oder sogar selbst solche geschaffen hat 101 . Da es sich dabei wohl stets um Bedienstete der Körperschaft handeln dürfte, der die Unterhaltung tatsächlich obliegt, wirkt sich der verschiedene Rechtsgrund kaum auf die Passivlegitimation aus. Der Inhalt der Verkehrssicherungspflicht nach § 823 BGB und der Inhalt der Amtspflicht gegenüber Dritten nach § 839 BGB dürften sich ebenfalls decken. Soweit die Amtspflicht in der Erfüllung der besonderen öffentlich-rechtlichen Bau- und Unterhaltungspflicht gesehen wird, besteht sie nicht in vollem Umfang gegenüber Dritten. Kann die Straßenaufsichtsbehörde auf Erweiterung der Straße entsprechend dem gestiegenen Verkehrsbedürfnis dringen, kommt weder jedem Dritten ein solcher Anspruch zu noch kann er Schadensersatz verlangen, wenn ein Unfall sich bei rechtzeitigem 97

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So z. B. Wolff / Bachof, VwR I, § 57 V b; Forsthoff, VwR, S. 373; Clasen, DÖV 1959, 284; Thierfelder, DÖV i960, 898. BGHZ 9, 373 (388). BGHZ 9, 373 (383/84); 24, 124 (130). BGHZ 6, 195; 14, 83. BGHZ 2, 350, ständige Rspr.; Forsthoff, VwR, S. 299; Wolff / Bachof, VwR I, § 64 "g-

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Ausbau nicht ereignet hätte. Die praktischen Konsequenzen der Umstellung auf Amtshaftung liegen in der Subsidiarität der Schadensersatzpflicht im Fall des § 839 I S. 2 BGB und dem Wegfall des Anspruchs im Fall mitwirkenden Verschuldens nach § 839 III BGB 102 . Wie Werner Weberm gegenüber Forsthoff mit Recht hervorgehoben hat, ist es auch rechtspolitisch wenig sinnvoll, den Boden bürgerlich-rechtlicher H a f t u n g nach § 823 I BGB zu verlassen. Wenig glücklich, aber wohl fest eingefahren ist die Rechtsprechung des BHG 1 0 4 , wonach die Straßenbaubehörde für Schäden, die ihre Bediensteten Dritten in Zusammenhang mit Straßenbauarbeiten zufügen, stets nach § 839 BGB, Art. 34 G G einzustehen hat 105 . 3. Polizeimäßige Reinigung Während die verkehrsmäßige Reinigung einen Teil der wegerechtlichen Straßenbaulast ausmacht, gehört die polizeimäßige Reinigung an sich in das Gemeinderecht. Die neuen Straßengesetze haben die polizeimäßige Reinigung allerdings ausdrücklich in Bezug genommen (§ 3 III S. 2 BFStrG). Die Landesstraßengesetze verweisen auf das bisher geltende Recht, z. B. § 49 II nordrh.-westf. LStrG und § 7 IV berl. StrG auf das Preußische G über die Reinigung öffentlicher Wege vom 1. Juli 1912106. Die wichtigste Verknüpfung beider Rechtsbereiche ergibt sich aus dem Grundsatz, daß die Verpflichtung zur verkehrsmäßigen Reinigung nicht eintritt, soweit eine Verpflichtung zur polizeimäßigen Reinigung besteht (§ 1 IV PrWegeRG). Nach Landesrecht ist die polizeimäßige Reinigung den Gemeinden als öffentlich-rechtliche Selbstverwaltungspflichtaufgabe aufgegeben. Die Rechtsprechung müht sich mit der Frage ab, ob diese Aufgabe gegenüber dem Publikum hoheitlich erfüllt wird oder in bürgergleicher Weise. Der BGH 1 0 7 läßt die Gemeinden nach § 839 BGB, Art. 34 G G haften. Die Begründung, die Wegereinigungspflicht sei „eine von der Ortspolizeibehörde erzwingbare, öffentliche Last", trifft nicht den Kern der Sache, weil damit nichts über das Verhältnis zu Dritten ausgesagt ist. Ferner soll die Gemeinde ausnahmsweise doch wieder nach § 823 BGB haften, wenn die verfassungsmäßig berufenen Organe überhaupt keine organisatorischen M a ß n a h m e n zur Erfüllung der Wegereinigungspflicht getroffen haben 1 0 8 . Sicherlich spricht die N ä h e zur verkehrsmäßigen Reinigung, ja die Ersetzung der polizeimäßigen durch die verkehrsmäßige Reinigung eher dafür, daß die Wegereinigungspflicht „nach 102 103 104 105

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107 108

Vgl. Forsthoff, VerwR, S. 402; Wolff /Bachof VwR I, § 64 Ib. Werner Weber, a. a. O., S. 160f. BGHZ 21, 48 (51). Zur Verkehrssicherungspflicht vgl. Nedden, DVB1. 1974, 253; BGH DVB1. 1973, 488; DVB1. 1973, 491; DVB1. 1974, 285. Für N R W gilt seit dem 31. 12. 1975 das „Gesetz über die Reinigung öffentlicher Straßen" (StReinGNW). BGH NJW 1958, 1234f. (1235); vgl. auch Wiethaupt, BB 1958, 66. BGH NJW 1958, 1235; BGH NJW 1960, 1810.

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unten" stets nichthoheitlich erfüllt wird 109 . Es kommt hinzu, daß die Wegereinigungspflicht vielfach durch Satzung auf die Anlieger abgewälzt wird. Deren Verantwortlichkeit bestimmt sich nach § 823 II BGB, weil die Wegereinigungsnormen als Schutzgesetz gelten 110 . Das trifft auch für die Gemeinde selbst zu, soweit sie als Anlieger der satzungsgemäßen Wegereinigungspflicht nicht genügt 111 . Die partielle Amtshaftung, die danach übrig bleibt, ist dogmatisch wenig einleuchtend und höchst unpraktisch.

VI. Planfeststellung und Enteignung 1. Planfeststellung Die Planfeststellung ist für den Bau von neuen Bundes- und Landstraßen vorgeschrieben, für den Bau ,von Kreisstraßen zugelassen. In den Gemeinden beruht der Bau von Ortsdurchfahrten und Gemeindestraßen regelmäßig auf dem Bebauungsplan, der nach § 9 I Ziff. 3 BBauG auch die erforderlichen Verkehrsflächen festsetzt. Während die Gemeinde den Bebauungsplan im Wege der Rechtsetzung als Satzung beschließt (§ 10 BBauG), ist das Planfeststellungsverfahren ein förmliches Verwaltungsverfahren, der Planfeststellungsbeschluß ein Verwaltungsakt. Die Planfeststellungsbehörde übt weder Straßenaufsicht noch sonst Befugnisse der Wegehoheit aus. Sie steht deshalb eigentlich außerhalb des Straßenwesens: für Bundesstraßen ist die Zuständigkeit der obersten Landesstraßenbaubehörde (§ 17 II BFStrG), für Land- und Kreisstraßen in Nordrhein-Westfalen die des Direktors des Landschaftsverbandes (§ 40 IV nordrh.-westf. StrG), in anderen Ländern z. T. die des Regierungspräsidenten vorgesehen 112 . Die Planfeststellung ist zunächst Verwaltungsakt mit Doppelwirkung gegenüber dem Straßenbaulastträger. Sie begünstigt ihn, indem sie ihm das Hoheitsrecht verleiht, die Straße in dem im voraus festgelegten Verlauf und Umfang herzustellen; weder die Straßenbaupflicht noch die ihm partiell überlassene Wegehoheit schließen dieses Recht ein113. Ferner ersetzt die Planfeststellung alle nach anderen Rechtsvorschriften erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen, Verleihungen, Erlaubnisse, Zustimmungen und sonstigen Hoheitsakte. Sie gewährt dem Unternehmer ein Recht, von der Enteignungsbehörde die Enteignung von Grundstücken zu verlangen, die für den Straßenbau benötigt werden. Mit der Rechtskraft der Planfeststellung gehen 109 110

'11 112 113

Vgl. W. Ott, DÖV 1978, 160, 161. BGH NJW 1958, 1234f. (1235); vgl. weiter Palandt / Thomas, BGB, § 8 2 3 Anm. 9f., 14; OLG Köln NJW i960, 2289. Darüber hinaus haftet sie auch nach Abwälzung der Reinigungspflicht durch Satzung bei mangelnder Aufsicht, vgl. BGH NJW 1966, 2311. So z. B. § 41 I bad.-württ. StrG; § 8 rheinl.-pfälz. LStrG; Art. 39 I bayer. StrWG. Vgl. die Darstellung bei Kodal, a . a . O . , Kap. 34 II C 1, S. 746f.; Marschall, Komm., § 17 Anm. 3; F. Sieder / H. Zeitler, zu Art. 36, Anm. 5 ff.

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Ansprüche der Nachbarn auf Unterlassung, Beseitigung und Änderung unter; insoweit handelt es sich um einen privatrechtsgestaltenden Verwaltungsakt. Die Planfeststellung ist belastend, soweit der Straßenbaulastträger verpflichtet wird, im Fall der Ausnutzung seines Hoheitsrechtes die darin bestimmten Anlagen zu errichten und zu unterhalten, die für das öffentliche Wohl oder zur Sicherung der Benutzung der benachbarten Grundstücke gegen Gefahren oder Nachteile notwendig erscheinen (§ 17 IV BFStrG). Jedoch wird dem Unternehmer keine Ausbaupflicht auferlegt — das ist Sache der Straßenaufsicht und geht erforderlichenfalls der Planfeststellung voraus" 4 . Die Planfeststellung begründet auch Rechte Dritter und greift in deren Rechtssphäre ein. Die Anlieger erhalten ein subjektiv-öffentliches Recht, die Errichtung der Anlagen zum Schutz ihrer Grundstücke zu fordern. Andererseits verwandeln sich ihre Abwehransprüche gegen das Hoheitsunternehmen Straße in Entschädigungsansprüche, wenn der Beschluß unanfechtbar wird. Ob die Eigentümer und sonstigen dinglich Berechtigten der Grundstücke, die für die Straße in Anspruch genommen werden sollen, durch die Planfeststellung bereits betroffen sind, könnte zweifelhaft sein; denn in diesem Verfahren wird nur eine behördeninterne Bindung erzeugt. Die Zulässigkeit der Enteignung gegenüber dem Betroffenen wird auf entsprechende Einwendungen hin im Enteignungsverfahren unabhängig davon nochmals überprüft 115 . Allerdings ist das Planfeststellungsverfahren öffentlich. Jedermann kann Einwendungen gegen den Straßenbau erheben. Die Entscheidung über den Plan ist den am Verfahren Beteiligten mit Begründung und Rechtsmittelbelehrung zuzustellen. Damit ist jedoch nicht gesagt, daß auch jedermann die Planfeststellung anfechten könne. Nur wenn ein schwerer Verfahrensfehler behauptet wird, etwa daß der Plan nicht ordnungsgemäß ausgelegt worden sei, ist wohl eine nahezu allgemeine Anfechtung möglich. Wer mit Einwendungen zurückgewiesen worden ist, wird rügen können, daß überhaupt kein Gesichtspunkt des öffentlichen Wohls hinter dem Vorhaben stünde, wenn es ihn irgendwie in wirtschaftlichen Interessen berührt. Nur unter diesem Aspekt wird auch der künftige Adressat eines Enteignungsverfahrens die Planfeststellung selbst schon erfolgreich anfechten können. 2. Die Enteignung Das Enteignungsverfahren, das der Durchsetzung des Planfeststellungsbeschlusses gegenüber veräußerungsunwilligen Eigentümern oder dinglich Berechtigten dient, richtet sich nach Landesrecht. In mehrfacher Hinsicht greift das Straßenrecht indes in den normalen Ablauf eines Enteigungsverfahrens ein. Zunächst bedarf es in der Regel keines Kabinettsbeschlusses über die Zulässigkeit der Enteignung, d. h. der ausdrücklichen Anerkennung, daß das 114 115

Vgl. Marschall, Komm., § 20 Anm. 1.1. BVerwG VkBl. 1963, 220; Kodal, a . a . O . , Kap. 34 II B 5, S. 744 f.; Wey reuther, DÖV 1977, 419, 423 f.

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Unternehmen, um dessentwillen in fremdes Eigentum eingegriffen werden soll, dem „Wohl der Allgemeinheit" im Sinne des Art. 14 III G G dient. Die Planfeststellung ersetzt die sog. Verleihung des Enteignungsrechtes, weil die Straßengesetze dem Straßenbaulastträger bereits das Enteigungsrecht zur Erfüllung ihrer Aufgaben eingeräumt haben (§ 19 I BFStrG) 116 . Ferner ist die Planfeststellung für die Enteignungsbehörde bindend und Grundlage des Enteigungsverfahrens (§ 19 II BFStrG). Allerdings dürfte dies voraussetzen, daß der Beschluß bereits unanfechtbar geworden oder nach § 80 II Ziff. 4 VwGO zumindest für sofort vollziehbar erklärt worden ist" 7 . Ob die Straße, gedeckt vom Wohl der Allgemeinheit, überhaupt und in der festgestellten Weise gebaut werden kann, hat die Enteignungsbehörde zunächst nicht zu überprüfen. Es ist Sache des Betroffenen, sich etwa darauf zu berufen, daß eigennützige Motive von Beamten oder Einflüsse Privater dominiert hätten oder die Entziehung seines Grundstücks von unverhältnismäßiger Härte sei. Dann wird der Regierungspräsident allerdings aufgerufen sein, diese Einwendungen zum Gegenstand des Verfahrens zu machen. Im allgemeinen ist, von der Legitimität der Planfeststellung ausgehend, nur zu prüfen, ob der Eingriff von dort her notwendig ist, ob der Enteignungszweck nicht auf andere zumutbare Weise erreicht werden kann, ob der Träger der Straßenbaulast sich ernsthaft um den freihändigen Erwerb des Grundstücks zu angemessenen Bedingungen bemüht hat und ob das Grundstück auch innerhalb angemessener Frist zu dem vorgesehenen Zweck verwendet werden soll118 (vgl. § 42 I nordrh.-westf. StrG). Von besonderer Bedeutung ist die vorläufige Besitzeinweisung. Da das Enteignungsverfahren nach Landesrecht mit seinen aufeinanderfolgenden Abschnitten Feststellung des Enteignungsplans, Feststellung der Entschädigung und Enteignungsbeschluß trotz aller Möglichkeiten der Zusammenfassung und Vereinfachung noch sehr zeitraubend ist, haben alle Straßengesetze dazu ermächtigt, den Widerstand des Eigentümers oder dinglich Berechtigten schon frühzeitig auszuräumen, wenn sich sonst die Straßenbauarbeiten zu sehr verzögern würden. Die vorläufige Besitzeinweisung rechtfertigt nicht nur den Beginn der Bauarbeiten, sondern sogar bereits die Widmung. Voraussetzungen sind, daß der sofortige Baubeginn geboten, die Inanspruchnahme des Grundstücks dazu schon unerläßlich erscheint, ferner wieder nach richtiger Ansicht, daß der Planfeststellungsbeschluß unanfechtbar geworden oder zumindest die sofortige Vollziehung nach § 80 II Ziff. 4 VwGO angeordnet ist119. Außerdem ist zu fordern, daß das Enteignungsverfahren mit hoher

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118 119

Marschall, Komm., § 19 Anm. 2.1. So auch Kodal, a. a. O., Kap. 37 I C 2, S. 907f.; wohl auch Marschall, Komm., § 19 Anm. 1. Vgl. BVerwG VkBl. 1962, 210; BVerwG VkBl. 1963, 220. So auch HessVGH VkBl. 1959, 395 u. Kodal, a. a. O., Kap. 37 II C 1, S. 915f. gegen OVG Münster VkBl. 1958, 244.

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III

Wahrscheinlichkeit zu der beantragten Enteignung durch Beschluß führen werde. Zuständig für die vorläufige Besitzeinweisung ist die Enteignungsbehörde, die auf Antrag des Straßenbaulastträgers entscheidet. VII. Straßenverkehrsrecht" 9 » 1. Zulassungswesen Das Verkehrsrecht beruht auf dem Prinzip der Verkehrsfreiheit. Nach § 1 StVZO ist jedermann zum Verkehr auf öffentlichen Straßen zugelassen, soweit nicht für die Zulassung zu einzelnen Verkehrsarten eine Erlaubnis vorgeschrieben ist. Eine Zulassungspflicht besteht vor allem für die Teilnahme am Kraftverkehr. Einer dinglichen Zulassung bedürfen nach § 1 StVG Kraftfahrzeuge, die auf öffentlichen Wegen oder Plätzen in Betrieb gesetzt werden sollen. Einer persönlichen Erlaubnis bedarf nach § 2 StVG, wer auf öffentlichen Wegen oder Plätzen ein Kraftfahrzeug führen will. Das Zulassungsverfahren für Kraftfahrzeuge ist in den §§ 18 — 29 StVZO näher geregelt. Die Zulassung zerfällt in die Erteilung der Betriebserlaubnis nach § 19 StVZO und die Zuteilung des amtlichen Kennzeichens nach § 23 StVZO. Auf die Vornahme beider Verwaltungsakte besteht ein Rechtsanspruch, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Im Rahmen des § 70 StVZO können bestimmte Ausnahmen von den materiellen Anforderungen genehmigt werden. Hier kommt nur ein Recht auf fehlerfreie Ermessensausübung in Betracht. Die Erteilung der Fahrerlaubnis behandeln die §§ 7 ff. StVZO. Die Prüfung erstreckt sich auf drei Fragenkreise. An Hand der Antragsunterlagen, des Ergebnisses einer u. U. angeordneten Untersuchung oder eines Berichts des sachverständigen Prüfers ist zu entscheiden, ob Bedenken gegen die Eignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen vorliegen, einerseits gegen seine körperliche und geistige Eignung, andererseits gegen seine persönliche Zuverlässigkeit (§ 9 StVZO). In einer theoretischen Prüfung hat der Antragsteller nachzuweisen, daß er die zur sicheren Führung eines Kraftfahrzeugs erforderlichen verkehrsrechtlichen und technischen Kenntnisse besitzt. Die eigentliche praktische Fahrprüfung hat schließlich die Fähigkeit zur gefahrlosen Teilnahme am Verkehr selbst zum Gegenstand. Die Entscheidung über die Eignung trifft das Straßenverkehrsamt. Über das Bestehen der Prüfung entscheidet der Sachverständige. Beide Verwaltungsakte sind selbständig; das Straßen Verkehrsamt ist an das Ergebnis der Fahrprüfung gebunden' 20 . Auf die Erteilung des Führerscheins besteht 1l9a

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Zur neuesten Entwicklung vgl. Hentschel, NJW 1979, 957, und Steiner, NJW 1980, 2339. So bezüglich der Bindung auch H. Jagusch, a . a . O . , § 11 StVZO Rdnr. 10; VG Frankfurt VRS 25, 157; F. Müller, a. a. O., § 11 StVZO Anm. 6; anders hinsichtlich

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ein Rechtsanspruch. Die Beweislast dafür, ob die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, dürfte indes den Antragsteller treffen; Zweifel an Eignung sowie theoretischer und praktischer Fahrtüchtigkeit gehen zu seinen Lasten. Die Fahrerlaubnis kann zunächst nach § 69 StGB im Rahmen eines Strafverfahrens entzogen werden. Dabei wird zugleich eine Sperre f ü r die Neuerteilung angeordnet (§ 69 a StGB). Zur vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis ermächtigt § 111 a StPO, wenn der Verdacht einer strafbaren Handlung besteht und im Verlauf des Verfahrens mit einer endgültigen Entziehung der Fahrerlaubnis gerechnet werden muß. Ob die Polizeibehörde darüber hinaus ermächtigt ist, den Führerschein nach Polizeirecht einzubehalten, um die Begehung von Verkehrsstraftaten zu verhindern, ist umstritten 121 . Unabhängig von einem Strafverfahren m u ß das Straßenverkehrsamt die Fahrerlaubnis nach § 4 StVG entziehen, wenn sich jemand als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, insbesondere, wenn die körperliche oder geistige Eignung bei Erteilung zu Unrecht angenommen worden war oder später weggefallen ist. Sollten die Umstände, die den Erlaubnisinhaber als unzuverlässig, körperlich oder geistig ungeeignet, fahruntüchtig erweisen, aus Sachverhalten abgeleitet werden, die Gegenstand eines Strafverfahrens sind, tritt eine Feststellungswirkung ein. Nach § 4 III StVG ist das Straßenverkehrsamt an den gerichtlich festgestellten Sachverhalt, an die gerichtliche Beurteilung der Schuldfrage sowie an die gerichtliche Beurteilung der Eignung des Beschuldigten zur Führung von Kraftfahrzeugen gebunden 1 2 2 . Aus diesem G r u n d e m u ß auch der Abschluß des Strafverfahrens zunächst abgewartet werden. Das Straßenverkehrsamt kann die Fahrerlaubnis aber stets entziehen, wenn die G r ü n d e auch außerhalb des Sachverhalts nachgewiesen werden können, die den Gegenstand des Strafverfahrens bilden, oder wenn der Richter es — zu Recht oder zu Unrecht — unterlassen hat, sie innerhalb des Strafverfahrens zu behandeln und in der schriftlichen Entscheidung zu berücksichtigen 123 . 2. Verkehrspolizeiliche Verfügungen Es entspricht dem Grundsatz der Verkehrsfreiheit, daß die Verkehrsbehörde repressive Gefahrenabwehr betreibt. Eine Reihe von verkehrspolizeilichen Verfügungen bildet das Instrumentarium. Dazu gehören Verkehrsregelungen durch Polizeibeamte oder durch Farbzeichen (§§ 36, 37 StVO), die Weisungen und Zeichen der Polizeibeamten zum Anhalten (§ 36 V StVO), das Einschreiten gegen das zulassungsfreie Führen von Fahrzeugen oder Tieren,

121 122

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der Selbständigkeit: OVG Koblenz NJW 1965, 1622 gegen OVG Münster NJW 1954, 1963. Vgl. Dahsen., NJW 1968, 632 m. w. Hinw. H. Jagusch, a. a. O., § 4 StVG Rz. 25ff.; F. Müller, a. a. 0 . , § 4 StVG Anm. 31; vgl. hierzu auch BVerwGE 14, 39 und 17, 347. H. Jagusch. a. a. O., § 4 StVG Rz. 28, 29.

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wenn der Betroffene sich als ungeeignet dazu erweist oder Auflagen nicht beachtet (§§ 2, 3 StVZO). Besondere rechtliche Schwierigkeiten hat die dogmatische Einordnung der Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen nach den §§ 39, 43 StVO bereitet. Während die früher herrschende Lehre darin Rechtsnormen sah 124 , hat sich die Rechtsprechung heute wohl endgültig dafür entschieden, sie als Verwaltungsakte zu behandeln 125 . Die Kontroverse ist weithin von dem durchaus sekundären Gesichtspunkt der Zulässigkeit einer Anfechtungsklage beherrscht worden. In Wirklichkeit müssen die materiellen Rechtsfolgen den Ausschlag geben. In jedem Falle bleiben die Verkehrszeichen Verwaltungsakte besonderer Art. Zunächst handelt es sich um belastende Verwaltungsakte, die aber nicht vollstreckt werden können; die Nichtbefolgung führt zu Sanktionen nach dem OrdnungswidrigkeitenG, zu Strafverfahren oder einer gebührenpflichtigen Verwarnung. Ferner dürften die Verwaltungsakte kaum unanfechtbar werden, weil nicht die der Aufstellung des Verkehrszeichens zugrunde liegenden Verwaltungsentscheidungen und nicht die Aufstellung das verbindliche Ge- oder Verbot enthalten, sondern das Verkehrszeichen selbst, das jeweils in das Blickfeld des Adressaten kommt. Auch rechtswidrig angebrachte Verkehrszeichen sind nach der Lehre vom Verwaltungsakt verbindlich. Nur kann man nicht sagen, daß nichtige Verkehrszeichen schlechthin unverbindlich seien, weil sich die Verkehrsteilnehmer zunächst im Rahmen des § 1 StVO auf die Möglichkeit einstellen müssen, daß das Halteschild oder Vorfahrtsschild de facto vielfach beachtet wird 126 . Wird ein Verkehrszeichen auf Anfechtungsklage hin vom Verwaltungsgericht kassiert, kommt dem theoretisch ex tunc-Wirkung zu. Für Sanktionen nach Straf- oder Ordnungswidrigkeitenrecht spielt dies jedoch keine Rolle, weil die Fiktion insoweit irrelevant ist. Ob Recht oder Unrecht begangen worden ist, kann nicht rückwirkend manipuliert werden 127 .

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Liedel, DAR 1965, 117; Hoffmann, JZ 1964, 702; Czermak, NJW 1965, 93; so auch VG Frankfurt DÖV 61,313; OVG Münster DVB1. 1961, 456. So z.B. BVerfG NJW 1965, 2395; BGHSt. 20, 125; BVerwGE 27, 181 = NJW 1967, 1627 = DVB1. 1967, 773; OLG Stuttgart DVB1. 1966, 908; OLG Frankfurt NJW 1968, 2073; OVG Münster DÖV 1971, 103; VGH Mannheim Bd.-Württ. VB1. 1974, 58; a. A. in neuerer Zeit VGH München NJW 1978, 1988 und bestätigend NJW 1979, 670; das BVerwG hielt demgegenüber in seiner Revisionsentscheidung zu VGH München NJW 1978, 1988 an seiner bisherigen Rechtsprechung fest (NJW 1980, 1640 = JuS 1980, 615); vgl. dazu Steiner, DVB1. 1980, 417; Prutsch, JuS 1980, 566; Czermak, JuS 1981,25. Vgl. AG Bonn NJW 1967, 1480; BayObLG NJW 1965, 1973; anders OLG Frankfurt NJW 1968, 2073. In diesem Sinne auch der Vorlegungsbeschluß des BayObLG in NJW 1968, 1848.

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3. Haftung Die verkehrspolizeiliche Tätigkeit unterliegt wie jede hoheitliche Gefahrenabwehr der Amtshaftung. Die Frage, ob eine Amtspflicht gegenüber Dritten verletzt worden ist, muß verschieden beurteilt werden, je nachdem, ob das Straßenverkehrsamt oder die Polizeibehörde den Schaden durch positives Tun verursacht oder es nur unterlassen hat, ihn durch rechtzeitiges verkehrspolizeiliches Einschreiten zu verhindern. Die jeweilige Anstellungskörperschaft ist danach ohne weiteres schadensersatzpflichtig, wenn die Polizeibeamten z. B. mit Polizeifahrzeugen selbst schuldhaft Unfälle heraufbeschworen haben. Das gleiche gilt, wenn ein Verkehrsteilnehmer leichtfertig einem Strafverfahren ausgesetzt worden ist, indem man sachlich unzutreffende Berichte fertigstellte oder weitergab. Eine Amtspflichtverletzung durch Unterlassen kommt dagegen grundsätzlich nur in Betracht, wenn das Straßenverkehrsamt oder die Polizeibehörde sich damit in so hohem Maße fehlsam verhalten hat, daß die Entscheidung mit den an eine ordnungsmäßige Verwaltung zu stellenden Anforderungen schlechterdings unvereinbar ist. Da grundsätzlich nur eine Befugnis zum Einschreiten besteht, die Beamten also Opportunitätsermessen zu üben haben, reduziert sich die Amtspflicht darauf, sich nicht gerade für ein Nichteinschreiten zu entscheiden, wenn dies unter allen denkbaren Gesichtspunkten völlig unsinnig oder willkürlich erscheint.

NEUNTER ABSCHNITT Jürgen Salzwedel

Wasserrecht Literatur K. Berendes / K.-P. [Vinters, Das neue Abwasserabgabengesetz, 1981. C. Bergdolt, Preußisches Wasserrecht, 1957. R. Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 1976 (Nachtrag 1977). M. Bulling / O. Finkenbeiner, Wassergesetz für Baden-Württemberg, Kommentar, 1968. F.-J. Burghartz, Wasserhaushaltsgesetz und Wassergesetz für das Land NordrheinWestfalen, Kommentar, 2. Aufl. 1974. C. Dornheim, Wasserrecht, in: Verfassungs- und Verwaltungsrecht des Landes Nordrhein-Westfalen, 1964, S. 435 - 459. C. Dornheim, Das Recht der Wasser- und Bodenverbände, 2. Aufl. 1980. L. G. Feldt, Hessisches Wassergesetz, Kommentar, 1964. A. Friesecke, Bundeswasserstraßengesetz, Kommentar, 1971. A. Friesecke, Recht der Bundeswasserstraßen, 1962. F. Fritzsche, Das Wasserrecht in Bayern, Kommentar, Loseblatt, Stand: 1980. P. Gieseke / W. Wiedemann / M. Czychowski; Wasserhaushaltsgesetz, Kommentar, 3. Aufl. 1979. L. Holtz / F. Kreutz / P. Schlegelberger, Das Preußische Wassergesetz, 2 Bände, Unveränderter Nachdruck der 3. u. 4. Auflage von 1927/31, 1955. P. Kaiser / K. Linckelmann / E. Schleberger, Wasserverbandsordnung, 3. Auflage, 1967. F. Kolb, Das Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts, 1958. K. Mintzel, Bundeswasserstraßengesetz, in: A. Wüsthoff / W. Kumpf, Handbuch des deutschen Wasserrechts. Rat von Sachverständigen für Umweltfragen - Umweltgutachten 1978, S. 80 ff.; - Umweltprobleme des Rheins, 1976; - Umweltprobleme der Nordsee, 1980, insbes. Rdnr. 1047 ff. J. Rehder, Niedersächsisches Wassergesetz, Kommentar, 4. Auflage, 1971. J. Salzwedel, Die Entschädigungspflicht bei der Festsetzung von Wasserschutzgebieten, 1970. F. Sieder / H. Zeitler / H. Dahme, Wasserhaushaltsgesetz, Kommentar, Loseblatt, Stand: Okt. 1980.

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F. Sieder / H. Zeitler / H. Dahme, Bayerisches Wassergesetz, Kommentar, Loseblatt, 1. - 6. Grundlieferung, Stand: 1. 5. 1980. G. Witzel, Wasserhaushaltsgesetz, Kommentar, 5. erw. Auflage, 1964. A. Wüsthoff, Einführung in das deutsche Wasserrecht, 3. Auflage, 1962. A. Wüsthoff / W. Kumpf, Handbuch des deutschen Wasserrechts, hrsg. v. H. v. Lersner u. H. Roth, 6 Bde., Stand: Okt. 1980. U. Ziegler, Kommentar zum Wassergesetz für Baden-Württemberg, 1. Erg.-Lieferung, 1971. K. Zimniok, Bayerisches Wasserrecht, Handkommentar, 2. Auflage 1971. Zeitschriften: Zeitschrift für Wasserrecht; Recht der Wasserwirtschaft.

Gesetze Bund: WasserhaushaltsG v. 27. Juni 1957 i. d. F. der Bekanntmachung v. 16. Oktober 1976 (BGBl. I, S. 1110). BundeswasserstraßenG v. 2. April 1968 (BGBl. II, S. 173). Abwasserabgabengesetz v. 13. September 1976 (BGBl. I, S. 2721, ber. S. 3007). Länder: Baden- Württemberg: WasserG für Baden-Württemberg v. 25. Februar 1960 i. d. F. der Bekanntmachung v. 26. April 1976 (GBl. S. 369). Bayern .-Bayerisches WasserG v. 26. Juli 1962 i. d. F. der Bekanntmachung vom 7. März 1975 (GVB1. S. 39). Berlin: Berliner WasserG v. 23. Februar 1960 (GVB1. S. 133). Bremen: Bremisches WasserG v. 13. März 1962 (GBl. S. 59); Bremisches Abwasserabgabengesetz v. 20. Oktober 1980 (GBl. S. 271). Hamburg: Hamburgisches WasserG v. 20. Juni 1960 (GVB1. S. 335); Hamburgisches Gesetz zur Ausführung des Abwasserabgabengesetzes v. 9. Juli 1980 (GVB1. S. 121). Hessen:Hessisches WasserG i. d. F. v. 12. Mai 1981 (GVB1. S. 154); Hessisches Ausführungsgesetz zum Abwasserabgabengesetz v. 17. Dezember 1980 (GVB1. S. 540). Niedersachsen: Niedersächsisches WasserG v. 7. Juli 1960 i. d. F. der Bekanntmachung v. 1. Dezember 1970 (GVB1. S. 457). Nordrhein-Westfalen: WasserG für das Land Nordrhein-Westfalen v. 4. Juli 1979 (GVNW S. 488). Rheinland-Pfalz: LandeswasserG Rheinland-Pfalz v. 1. August 1960 (GVB1. S. 153); LandesabwasserabgabenG v. 22. Dezember 1980 (GVB1. S. 258). Saarland: Saarländisches WasserG v. 28. Juni 1960 (ABl. S. 511) i. d. F. der Bekanntmachung v. 23. Juli 1970 (ABl. S. 674). Schleswig-Holstein: WasserG des Landes Schleswig-Holstein v. 25. Februar 1960 (GVB1. S. 39) i. d. F. der Bekanntmachung v. 7. Juni 1971 (GVB1. S. 327).

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Gliederung I. Grundlagen 1. Recht der Wasserwirtschaft und Wasserwegerecht a) Gegenstand b) Gesetzgebungskompetenz 2. Wasserrecht als öffentliches Recht a) Hoheitlicher Bezug b) Bewirtschaftung 3. Gewässereigentum a) Gegenstand und Eigentümer b) Duldungspflicht 4. Wasserrechtliches Nachbarrecht a) Rechtsnatur b) Abwehransprüche II. Wasserbehörden 1. Vollzug des Rechts der Wasserwirtschaft 2. Vollzug des Wasserwegerechts und Schiffahrtsrechts

784 784 784 784 785 785 785 788 788 788 789 789 789 792 792 793

III. Erlaubnis und Bewilligung 1. Benutzungen 2. Erlaubnis und Bewilligung a) Abgrenzung b) Begriff der Drittwirkung 3. Voraussetzungen der Erteilung a) Grundsätze der Wasserbehörde b) Einwendungen Dritter 4. „Bedingungen" und Auflagen a) Begriff b) Zulässigkeit c) Rechtsbehelfe d) Reinhalteordnungen 5. Rücknahme und Widerruf a) Zulässigkeit b) Nachträgliche Benutzungsbedingungen und Auflage c) Ausgleichsverfahren 6. Alte Rechte und Befugnisse 7. Pipeline-Genehmigung 8. Erlaubnisfreie Benutzungen

793 793 794 794 795 795 795 796 797 797 797 798 798 799 799 800 800 800 801 802

IV. Repressive Maßnahmen der Wasserbehörden 1. Allgemeine Eingriffsmöglichkeiten 2. Wasserschutzgebiete

802 802 803

V. Unterhaltung und Ausbau 1. Funktion 2. Durchführung und Zulässigkeit VI. Wasser- und Bodenverbände 1. Grundlagen 2. Satzung 3. Aufgaben und Organisationen

805 805 806 807 808 808 809

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I. Grundlagen 1. Recht der Wasserwirtschaft und Wasserwegerecht a) Gegenstand: Im Wasserrecht ist zwischen dem Recht der Wasserwirtschaft und dem Wasserwegerecht zu unterscheiden. Das Erstere regelt eine Inanspruchnahme des Wassers selbst, durch welche die verfügbare Wassermenge vermindert oder die vorhandene Wassergüte beeinträchtigt werden kann. Geschütztes Gut ist also der Wasserhaushalt als Ganzes. Alle Gewässer, auch das Grundwasser, sind einbezogen. Das Wasserwegerecht behandelt die Verkehrs- und Transportfunktion der Oberflächengewässer, die dafür in Betracht kommen 1 . b) Gesetzgebungskompetenz: Bisher steht dem Bund nach Art. 75 Ziff. 4 GG nur eine Rahmenkompetenz zur Gesetzgebung auf dem Gebiet der Wasserwirtschaft zu2. Davon hat er im WasserhaushaltsG Gebrauch gemacht. Es ist nicht an die Landesgesetzgeber, sondern unmittelbar bürgeradressiert. Allerdings wird es erst zusammen mit dem jeweils rahmenausfüllenden LandeswasserG vollziehbar 3 . In der Bundesrepublik gibt es daher 11 Wasserrechte, nämlich in jedem Land eine zusammengesetzte Rechtsordnung, in der das WHG und das LWG ineinandergreifen. Das gilt auch für Bundeswasserstraßen. Der Versuch des Bundes, sich mit dem G zur Reinhaltung der Bundeswasserstraßen 4 auch die Wasserwirtschaftshoheit zu sichern, ist am Bundesverfassungsgericht 5 gescheitert. Die Vierte Novelle zum Wasserhaushaltsgesetz vom 16. Oktober 1976 (BGBl. I, S. 3017) hat das Wasserrecht in mehrfacher Hinsicht auf neue Grundlagen gestellt. Ferner hat das Bundes-Abwasserabgabengesetz, das zusammen mit der Vierten Novelle verabschiedet worden ist, neue Akzente gesetzt. Bisher hat lediglich Nordrhein-Westfalen ein neues Landeswassergesetz erlassen, in dem auch die Abwasserabgabe geregelt ist. Hamburg, Hessen und Bremen haben dagegen Landesabwasserabgabengesetze verabschiedet und die bestehenden Landeswassergesetze geändert. In den letzten Jahren hat die Europäische Gemeinschaft, gestützt auf die Art. 100, 235 der Römischen Verträge, eine führende Rolle im Kampf gegen die Verschmutzung der Gewässer übernommen. Bisher geht es dabei nicht um eine eigentliche Harmonisierung der Wasserrechte der Mitgliedstaaten, 1

2

3 4 5

Zum Wasserrecht als Teil des Umweltschutzrechts, siehe Breuer, in diesem Lehrb., 7. Abschn. Der Versuch, für den Bund eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz zu schaffen, ist im Jahre 1970 erneut am Widerstand des Bundesrates gescheitert (BTDrucks. VI/1298). BVerfG E 15, 17. Gesetz vom 17. August 1960 (BGBl. II, S. 2125). BVerfG E 15, 1.

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sondern um die Beschränkung ihrer Bewirtschaftungshoheit durch Einleitungsstandards oder durch Gewässerstandards. Die folgenden Richtlinien gelten einheitlich in allen neun Mitgliedstaaten: — Richtlinie des Rates betr. die Verschmutzung infolge der Ableitung bestimmter gefährlicher Stoffe in die Gewässer der Gemeinschaft v. 4. Mai 1976. — Richtlinie des Rates über Qualitätsanforderungen an Oberflächengewässer für die Trinkwassergewinnung in den Mitgliedstaaten vom 16. Juni 1975. — Richtlinien des Rates über die Qualität der Badegewässer vom 8. Dezember 1975. — Richtlinie des Rates über die Qualität von Süßwasser, das schütz- oder verbesserungsbedürftig ist, um das Leben von Fischen zu erhalten, v. 18. Juli 1978. — Richtlinie des Rates über den Schutz des Grundwassers gegen Verschmutzung durch bestimmte gefährliche Stoffe, v. 17. Dezember 1979. Diese Richtlinien sind nicht unmittelbar geltendes Recht. Ihre Umsetzung in nationales Wasserrecht wird durch das Wasserhaushaltsgesetz (z. B. § 7 a, § 18 a, § 36 b WHG) oder durch die Landeswassergesetze sichergestellt. Das Wasserwegerecht ist seit Erlaß des BundeswasserstraßenG geteilt. Die Bundeswasserstraßen sind im wesentlichen mit den Binnenwasserstraßen identisch, für die dem Bund nach Art. 74 Ziff. 21 G G konkurrierende Gesetzgebung zukommt, soweit es um ihre Funktion als Verkehrswege oder die Regelung der Schiffahrt darauf geht 6 . Das BundeswasserstraßenG dürfte die Materie abschließend normiert haben. Für alle anderen Oberflächengewässer, an denen Schiffahrt und Flößerei möglich sind, gilt Landesrecht. Die wasserwegerechtlichen Bestimmungen sind aber durchweg in die jeweiligen Landeswassergesetze aufgenommen, in denen also neben der Rahmenausfüllungskompetenz für die Wasserwirtschaft auch zugleich die Vollkompetenz für die Landeswasserwege ausgeschöpft ist7. 2. Wasserrecht als öffentliches Recht a) Hoheitlicher Bezug: Das Wasserrecht ist öffentliches Recht. Wer Gewässer wasserwirtschaftlich oder zu Verkehrszwecken in Anspruch nehmen will, ist hoheitsunterworfen, auch wenn er selbst Eigentümer sein sollte. Soweit der Staat Eigentümer des Gewässers ist, verfügt er darüber primär nicht als Fiskus, sondern kraft hoheitlicher Gewässerherrschaft. b) Bewirtschaftung: Das Recht der Wasserwirtschaft wird dadurch noch besonders gekennzeichnet, daß die Benutzung der Gewässer nicht allein hoheitlich kontrolliert wird — der Wasserschatz ist bewirtschaftet.8 6 7

8

BVerfG E 15, 8. In seinem Beschluß vom 11. April 1967 (DÖV 1967, 563) hat das BVerfG die wasserwegerechtlichen Bestandteile der früheren wie der heutigen Wassergesetze übersehen; vgl. Salzwedel, DÖV 1968, 103. Das Abfallrecht umfaßt das Wasserrecht auch insoweit nicht, als es um die Beseiti-

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Nach § 2 I W H G bedarf jede Benutzung einer Erlaubnis oder einer Bewilligung der Wasserbehörde. Der Katalog der Benutzungen in § 3 I und II W H G ist so weit gespannt, daß fast jeder Zugriff und fast jede Einwirkung auf das Gewässer damit zunächst verboten ist, wie auch immer die Eigentumsverhältnisse sein mögen. Die Erteilung einer Erlaubnis oder einer Bewilligung ist ausgeschlossen, soweit von der beabsichtigten Benutzung eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere eine Gefährdung der öffentlichen Wasserversorgung zu erwarten ist (§ 6 WHG). Entscheidend ist nun, daß auch dann, wenn diese Sperrwirkung zugunsten des unmittelbaren Gemeinschaftsbedarfs an Wasser nicht eingreift, kein Rechtsanspruch auf Erteilung besteht. Die Wasserbehörde hat Zuteilungsermessen. Wird eine Erlaubnis versagt oder nur unter Bedingungen oder Auflagen erteilt, kann das Verwaltungsgericht die Entscheidung nach § 114 VwGO nicht voll nachprüfen. Die Entscheidung wird nur aufgehoben, wenn die Wasserbehörde die Grenzen ihres Ermessens verkannt oder von dem Ermessen nach fehlerhaften Gesichtspunkten Gebrauch gemacht hat. Daß das Verwaltungsgericht die Wasserbehörde zur Erteilung einer Erlaubnis verurteilt, ist — abgesehen vom selteneren Fall der Ermessensschrumpfung — ausgeschlossen 9 . Die Kernfrage geht dahin, nach welchen Gesichtspunkten die Wasserbehörde über den Antrag auf Erteilung befinden soll. Das WasserhaushaltsG schweigt; die Landeswassergesetze beschränken sich auf Regelungen für das Zusammentreffen konkurrierender Anträge, wie die des § 28 nordrh.-westf. LWG, wonach vorrangig die Bedeutung der beabsichtigten Benutzung für das Wohl der Allgemeinheit, berücksichtigt werden soll. Immerhin ist daraus zu entnehmen, daß die Sozialwertigkeit der beabsichtigten Benutzung den Maßstab bildet. Dem steht gegenüber, welche Kapazitäten zur Deckung des gegenwärtigen und des konkret voraussehbaren Wasserbedarfs noch zur Verfügung stehen 10 . Eine wasserwirtschaftliche Rahmenplanung, die den nutzbaren Wasserschatz, Erfordernisse des Hochwasserschutzes und die Reinhaltung der Gewässer berücksichtigt, soll den Wasserbehörden die erforderlichen Daten liefern (§ 36 WHG). Auch das Zusammenwirken dieser beiden Kompetenzen läßt indes die Entscheidung der Wasserbehörde nicht auf eine im Einzelfall allein richtige zusammenschrumpfen. Es ist letztlich Sache der Wasserwirtschaftspolitik der Regierungen der Länder, die auch das W H G nach Art. 83 G G als eigene Angelegenheit ausführen, welchen Stellenwert sie dem Antragsteller auf der Rangliste der wasserwirtschaftlichen Benutzungen zubilligen und wie haushälterisch sie mit dem — jenseits des § 6 W H G verfügbaren — Wasserschatz u m g e h e n " .

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gung von Abwasser geht. Vgl. zum Abfallbeseitigungsgesetz v. 7. Juni 1972 (BGBl. I, S. 873) in diesem Punkt Sautter, ZfW 1974, 213. P. Gieseke / IV. Wiedemann / M. Czychowski, WHG, § 6 Anm. 2. Vgl. Salzwedel. Gas- und Wasser-Fach 1963, 621. Salzwedel, R. d. Wasserwirtsch. H. 15, S. 35.

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Eine entscheidende Schwäche des Bundesrechts bestand bisher darin, daß die Grenze des Bewirtschaftungsermessens der Länder in § 6 WHG kaum konkretisiert werden konnte. So sehr die Gewässerverschmutzung auch zunahm, ob die Erteilung einer Bewilligung oder Erlaubnis im Einzelfall rechtswidrig war oder nicht, blieb offen. Daher hat die Vierte Novelle zum WHG an diesem Punkt angesetzt: die Erteilung wird davon abhängig gemacht, daß die Einleitungsstandards nach §7a WHG festgesetzt und daß die von den Ländern nach §36b WHG aufzustellenden Gewässerstandards nicht überschritten werden. In der gleichen Richtung wirken sich die wasserrechtlichen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts aus: so müssen allen Abwassereinleitern Reinigungsmaßnahmen im Sinne der „best available means" auferlegt werden, soweit es sich um Stoffe oder Stoffgruppen der sogenannten Schwarzen Liste handelt, im übrigen müssen Sanierungsprogramme für Gewässer schrittweise durchgesetzt werden, die mit Stoffen der sogenannten Grauen Liste überlastet sind. Das neue Instrumentarium des Bundesrechts umfaßt vor allem folgende Maßnahmen, die die Länder treffen müssen: — Alle Bescheide über Abwassereinleitungen müssen mit Reinigungsauflagen „nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik", wenn nicht sogar nach den gemeinschaftsrechtlichen best available means gekoppelt werden (§7a WHG). — Die Länder stellen Abwasserbeseitigungspläne mit dem Ziel auf, die Zahl der Direkteinleiter zu vermindern, also möglichst viele Abwassereinleiter an die kommunalen Entwässerungssysteme und Kläranlagen anzuschließen (§ 18a WHG). — Die Länder stellen Bewirtschaftungspläne für oberirdische Gewässer zur Sicherung der öffentlichen Wasserversorgung auf, die durch Maßnahmen nach § 36 b Abs. 5 WHG zu vollziehen sind. — Die Länder erheben von den Abwassereinleitern vom 1. 1. 1981 Abwasserabgaben, die bundeseinheitlich bemessen sind und ungerechtfertigte Vorteile abschöpfen, die den Gewässerverschmutzern bisher zukommen. Das Bewirtschaftungssystem ist ohne Lücken. Es erfaßt auch alle hoheitlichen Benutzer. Darunter fallen vor allem die Einleitungen der kommunalen Kanalisation, die allenthalben als hoheitliche Veranstaltung gilt12, in Hessen offenbar auch die Entnahmen der kommunalen Wasserversorgung, die sonst fiskalisch etikettiert wird13. Bundesbehörden wie die Bundespost und die Bundeswehr sind dem Wasserrecht unterworfen, auch insoweit als die Landesgesetze das WHG ausfüllen. Die Erlaubnispflicht ist nur dort eingeschränkt, wo unausweisliche Bedürfnisse militärischer Geheimhaltung ein Erteilungsverfahren ausschließen14. Nach § 13 WHG bedürfen sogar diejenigen Körperschaften des öffentlichen Rechts, die eigentlich nur um des Was12 13 14

BGH LM Nr. 81 zu § 13 GVG; BGH DÖV 1965, 203. Gönnenwein, GemeindeR, S. 480, insbes. Fußn. 3. BVerwG DVB1. 1968, 749.

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sers willen da sind, einer Erlaubnis oder Bewilligung, nämlich die Wasserund Bodenverbände sowie die einschlägigen kommunalen Zweckverbände. N u r die auf SonderG beruhenden großen Wasserverbände Nordrhein-Westfalens sind befreit 15 . Hat eine Behörde sich nun einer hoheitlichen Benutzung ohne Erlaubnis schuldig gemacht, ist dies zwar rechts- und polizeiwidrig. Aber durch Verwaltungsakt kann man dagegen nicht vorgehen. Die Frage m u ß verwaltungsintern geregelt werden 1 6 . 3. Gewässereigentum a) Gegenstand und Eigentümer: Wasser ist eigentumsfähig. Privates Eigentum an der „fließenden Welle" ist so zu begreifen, daß sich die rechtliche Herrschaft jeweils auf die Wassersäule erstreckt, die sich über oder unter dem Grundstück befindet 1 7 . Während das WasserhaushaltsG zu den Fragen schweigt, wer Eigentümer der Gewässer ist und wie weit die Sachherrschaft reicht, haben die Landeswassergesetze darüber Bestimmungen getroffen. Für Bundeswasserstraßen ist allerdings das Eigentum des Bundes durch Art. 89 I G G vorgegeben. Gewässer erster Ordnung sind Eigentum des Landes. Die übrigen oberirdischen Gewässer gehören in der Regel den Eigentümern der Ufergrundstücke 1 8 . Grundwasser ist Bestandteil des Grundstückeigentums. b) Duldungspflicht: Mit der Sachherrschaft ist es freilich nicht weit her. Alle Länder haben die öffentlich-rechtliche mit der privatrechtlichen Seite der Gewässer in der Weise verbunden, daß der Eigentümer verpflichtet ist, die durch Erlaubnis oder Bewilligung gedeckte Gewässerbenutzung zu dulden. Nach Art. 4 II bayer. L W G ist wenigstens die Privatnützigkeit gewahrt, indem der Eigentümer für die fremde Benutzung ein Entgelt verlangen kann. In den anderen Ländern wird die Duldungspflicht zumindest dort ihre Grenzen haben, wo die Benutzung auch eine Inanspruchnahme des Gewässerbettes erfordert. Denn wenn auch die Benutzung „unentgeltlich" zu dulden ist, so doch nur die der Gewässer „als solche". Die herrschende Lehre will aber den Gewässereigentümer auch hier verdrängen und glaubt, dies mit der besonderen Sozialbindung des Gewässereigentums noch rechtfertigen zu kön15

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§ 133 II S. 1 nordrh.-westf. LWG; dazu Dornheim, WasserR, in: Verfassungs- und Verwaltungsgesetze des Landes Nordrh.-Westf., S. 444. Vgl. B. Drews / G. Wacke / K. Vogel, Gefahrenabwehr Bd. I, § 9 Anm. 2f. L. Holtz / F. Kreutz / P. Schlegelberger, PrWG, § 7, Vorbem. A. Das gilt auch für das „öffentliche" Eigentum an den Gewässern in Bad.-Württ. Es bedeutet nichts anderes, als daß über Gewässereigentum der öffentlichen Hand nur öffentlichrechtlich, nicht also durch bürgerlich-rechtliche Rechtsgeschäfte, verfügt werden darf. Vgl. z. B. § 5 nordrh.-westf. LWG; § 4 hamb. WG; § 53 nieders. WG; § 3 rheinl.pfälz. WG; Art. 6 bayer. WG.

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nen 19 . Nur für Grundwasser wird der Standpunkt kaum aufrechterhalten: das Betreten fremder Grundstücke zum Zwecke der unterirdischen Wassergewinnung kann nicht zulässig sein 20 . Aber für das unterirdische Anzapfen fremden Grundwassers von außen her wird die Frage wieder akut. 4. Wasserrechtliches Nachbarrecht a) Rechtsnatur: Dem hoheitlich ausgerichteten Recht der Wasserwirtschaft steht das wasserrechtliche Nachbarrecht 2 1 gegenüber. Denn nur die Beziehungen zwischen der Wasserbehörde und dem Benutzer oder Drittbetroffenen gehört dem öffentlichen Recht an. Zwischen Gewässerbenutzern gilt Bürgerliches Recht. Vor allem entstehen Abwehransprüche aus § 1004 BGB, ferner aus § 823 I und § 823 II BGB. b) Abwehransprüche: Auf wasserrechtliches Nachbarrecht wäre hier nicht einzugehen, wenn die Abwehransprüche unabhängig von einer Erlaubnis oder Bewilligung entstünden. In diese Richtung könnte § 2 II S. 1 W H G weisen, wonach weder die Erlaubnis noch die Bewilligung ein Recht auf Zufluß von Wasser bestimmter Menge und Beschaffenheit geben. Denn daß die Wasserbehörde damit keine Lieferzusage verbindet, versteht sich von selbst. Also könnte der § 2 II S. 1 W H G betonen wollen, daß es nur auf die in Satz 2 genannten „privatrechtlichen Ansprüche auf Zufluß bestimmter Menge und Beschaffenheit" ankäme — weder Erlaubnis noch Bewilligung verstärkten die Rechtsstellung gegenüber dem Nachbarn oder schränkten sie ein. Mit einer solchen radikalen Trennung der öffentlich-rechtlichen von der privatrechtlichen Nutzungsordnung wird man indes dem wasserrechtlichen Bewirtschaftungssystem nicht gerecht. Wer selbst nicht durch Erlaubnis oder Bewilligung öffentlich-rechtlich legitimiert ist, Gewässer zu benutzen, kann sich gegen Störungen durch andere Benutzer nicht zur Wehr setzen; ein privatrechtlicher Anspruch, sei es aus Eigentum, Recht am eingerichteten oder ausgeübten Gewerbebetrieb oder aus der Verletzung von Schutzgesetzen, steht ihm nicht zu. Ebenso schwach ist seine Rechtsstellung, wenn er selbst auf Unterlassung in Anspruch genommen wird. Mag ihm bürgerlich-rechtlich an sich das bessere Recht zustehen können, etwa weil er seine Anlagen früher errichtet hatte als der Kläger, ohne Erlaubnis oder Bewilligung bleibt ihm die Berufung darauf verschlossen. Freilich wird man dem Inhaber einer Erlaub19

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Vgl. P. Gieseke / W. Wiedemartn / M. Czychowski, Einleitung VIII; dagegen Salzwedel, R. d. Wasserwirtsch. H. 12, S. 53 ff. P. Gieseke / W. Wiedemann / M. Czychowski. § 8 Anm. 5; Gieseke, ZfW 1967/68, 28.

OLG München NJW 1967, 570; vgl. weiter Gieseke, ZfW 1967/68, 175. Hinsichtlich des Abflusses von Niederschlagswasser kommen auch die Nachbarrechtsgesetze von Baden-Württemberg vom 15. Dezember 1959 (GBl. S. 171), Hessen vom 24. September 1962 (GVB1. I, S. 477) und Niedersachsen vom 31. März 1967 (GVB1.1, S. 91) zur Anwendung.

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nis oder Bewilligung denjenigen gleichzustellen haben, der — ausnahmsweise — einen Rechtsanspruch darauf besitzt, weil die Wasserbehörde ihm die Benutzung schlechterdings unter keinem Gesichtspunkt verweigern dürfte. Denn nicht die formelle, sondern die materielle Rechtswidrigkeit ist entscheidend, der verbotene Griff nach der geschützten Wassermenge oder Wassergüte 22 . Es ist vertreten worden, offenbar im Wege berichtigender Auslegung des § 2 II WHG, daß ein Bewilligungsinhaber ein privates Recht auf Zufluß gegen Dritte habe, und zwar mit dem gleichen Umfang, wie der Bewilligungsbescheid das subjektiv-öffentliche Recht umschreibt 23 . Solche Aussagen kann man aber allenfalls den Landeswassergesetzen entnehmen, und zwar, entgegen Gieseke / Wiedemann / Czychowski 24 auch nur denjenigen, die — wie § 26 I nordrh.-westf. LWG 25 — auf Ansprüche aus dem bewilligten Recht die Vorschriften des BGB über Ansprüche aus dem Eigentum anwendbar sein lassen. Im übrigen wird der Unterlassungsanspruch aus § 823 I BGB auf Verletzung des Gewässereigentums gestützt werden können 26 . Das trifft stets zu, wenn es sich um stationäre Wasservorkommen handelt, etwa bei Seen, Teichen, auch meist bei Grundwasser 27 . Besteht nur Eigentum an der fließenden Welle wie bei Wasserläufen oder Grundwasserströmen, kann also nur das Recht auf Zufluß, auf Regeneration der jeweiligen Wassersäule über oder unter dem Grundstück entscheidend sein, so ist ein Abwehranspruch gegeben, wenn für die Ausnutzung bereits rechtmäßige Anlagen oder Einrichtungen vorhanden sind und die Beeinträchtigung des Zuflusses die Wirtschaftlichkeit beeinträchtigen würde 28 . In der Regel ist dann auch ein Anspruch wegen Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gegeben 29 . Zur öffentlich-rechtlichen Legitimation genügt eine Erlaubnis; der Anspruch ergibt sich hier nämlich allein aus den bürgerlich-rechtlichen Positionen, nicht aus dem subjektiv-öffentlichen Recht. Soweit Abwehransprüche aus § 823 II BGB hergeleitet werden, fragt es sich, ob die wasserrechtlichen Bestimmungen Schutzgesetzcharakter haben. Die Rechtsprechung 30 neigte früher dazu, dies für § 2 I W H G anzunehmen, 22 23

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BayObLG NJW 1965, 973; zur baurechtlichen Parallele vgl. BVerwG E 3, 351. Früher: F. Sieder/ H. Zeitler, WHG, § 2 Anm. 10; heute differenzierter: F. Sieder/ H. Zeitler / H. Dahme, WHG, § 2 Anm. 1 0 - 1 0 b. P. Gieseke / W. Wiedemann / M. Czychowski, § 8 Anm. 2. Weiter z. B. § 15 I berl. W G ; § 12 brem. WG; § 12 nieders. W G ; § 19 hess. WG. A. A.: P. Gieseke / W. Wiedemann / M. Czychowski, § 8 Anm. 2. So im Ergebnis wohl auch P. Gieseke / W. Wiedemann / M. Czychowski, a. a. O. Salzwedel, Bürgerlich-rechtliche Unterlassungsansprüche gegen Gewässerbenutzer, Kongreßbericht 1968, in: Vorträge Wasser Berlin 1968, Hrsg. Kongreß und Ausstellung Wasser Berlin e. V. Dazu Gieseke, ZfW 1964, 37ff.; vgl. auch Salzwedel, a. a. O. OLG München NJW 1967, 570; bespr. von Gieseke in ZfW 1967/68, S. 175 ff.; dort auch Hinweis auf das nicht veröffentlichte Urteil des BVerwG vom 7. Juni 1967 (IV C 208/65).

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so daß jeder, dessen Nutzungsinteressen irgendwie davon berührt werden, gegen unerlaubte Benutzungen Klage erheben könnte. Dem wird man kaum folgen können. Die heute herrschende Lehre sieht die entscheidenden Schutzgesetze in den materiell-rechtlichen Bestimmungen der Landeswassergesetze, die § 8 IV W H G ausfüllen 31 . Darin wird zwar an sich geregelt, wer ohne Inhaber eines „Rechts" (§ 8 III WHG) zu sein, gegen die Erteilung einer Bewilligung Einwendungen erheben kann. Aber zugleich wird damit der Kreis derjenigen umschrieben, die berechtigt sein sollen, Ansprüche auf Beseitigung oder Unterlassung gegen den neuen Eingriff in das Gewässer geltend zu machen 32 . In der Regel gehören dazu alle Benutzer, Anlieger oder Hinterlieger, Gewässereigentümer, die dadurch erhebliche Nachteile zu erwarten haben, daß durch die beabsichtigte Benutzung der Wasserabfluß verändert oder das Wasser verunreinigt wird 33 . Auch dieser Anspruch muß indes sehr restriktiv interpretiert werden, weil sonst die Zementierung der bestehenden wasserrechtlichen Nutzungsverhältnisse, der man mittels des öffentlich-rechtlichen Bewirtschaftungssystems gerade hat begegnen wollen, durch die Hintertür des wasserrechtlichen Nachbarrechts wieder akzeptiert würde. Deshalb wird auch hier nur eine Beeinträchtigung ohnehin geschützter Rechte aus Gewässereigentum oder Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ausreichen. Soweit es freilich um ein Recht auf Zufluß geht, reicht das Schutzgesetz weiter: es gibt einen Unterlassungsanspruch nicht nur gegen Benutzungen, die die Wirtschaftlichkeit vorhandener Anlagen schlechthin in Frage stellen, sondern gegen alle Beeinträchtigungen der Wassermenge und Wassergüte, die erheblich erscheinen 34 . § 22 W H G hat eine Gefährdungshaftung eingeführt, die in Absatz I an bestimmte verunreinigende Gewässerbenutzungen, in Absatz II an die Unterhaltung bestimmter verunreinigungsgeeigneter Anlagen geknüpft ist. Richtiger Ansicht nach setzen beide Anspruchstatbestände voraus, daß die Verunreinigung rechtswidrig ist, sei es nach öffentlichem oder privatem Recht 35 . Sie stellen also mithin nur eine Fortbildung der Abwehr- und Schadensersatzansprüche des wasserrechtlichen Nachbarrechts in der Weise dar, daß es — anders als nach § 823 I oder II BGB — auf Verschulden des Benutzers oder Anlageninhabers nicht ankommt. Fraglich ist, ob nicht von da her auch der uferlose Kreis der Anspruchsberechtigten — jeder, dem daraus ein Schaden ent31

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So zuerst Salzwedel, R. d. Wasserwirtsch., H. 12, S. 62; weiter Gieseke, ZfW 1967/68, 177; Dellian, Anm. zu OLG München NJW 1967, 570; jetzt BVerwG E 36, 248; 41, 58. Salzwedel, a. a. O. Vgl. z. B. § 27 I nordrh.-westf. LWG; Art. 18 bayer. WG; § 15 bad.-württ. WG; § 20 hess. WG; § 13 schlesw.-holst. WG. Salzwedel, a . a . O . F. Sieder / H. Zeitler / H. Dahme, § 22 Anm. 23; P. Gieseke / W. Wiedemann / M. Czychowski, § 22 Anm. 7; Aschenberg, ZfW 1967/68, 254; a. A.: Burghartz, Komm., § 22 Anm. 1; Lorenz, Schuldrecht II, 10. Aufl., S. 559.

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standen ist? — entsprechend eingedämmt werden muß 36 . Das Fehlen jeglicher Höchstsummen der Haftung wiegt schwer genug. II. Wasserbehörden 1. Vollzug des Rechts der Wasserwirtschaft Die Kompetenzen beim Vollzug des Wasserhaushaltsgesetzes und der jeweils rahmenausfüllenden Landeswassergesetze liegen durchweg bei den Ländern, und zwar bei der allgemeinen Landesverwaltung. Danach ergeben sich für die Wasserbehörden die gleichen Verschiedenheiten, die der Behördenaufbau der Länder untereinander sonst aufweist. Wo Mittelbehörden bestehen, sind die Regierungspräsidenten obere, die Kreise untere Wasserbehörde und teilen sich in die wichtigsten Zuständigkeiten. In Nordrhein-Westfalen ist nach dem neuen Landeswassergesetz die Erteilung von Bewilligungen und Erlaubnissen unterschiedlich geregelt; mehrheitlich ist jedoch der Regierungspräsident hierfür zuständig 37 . Wenngleich fast überall nicht mehr von Wasserpolizei, sondern von Wasseraufsicht die Rede ist38, liegt der Kern der wasserbehördlichen Befugnisse doch nach wie vor in der Gefahrenabwehr 39 . Daß die Bewirtschaftung des Wassers weit in den Bereich der Wohlfahrtspflege hineinragt, steht dem auch nicht entgegen. Allenthalben handelt es sich deshalb um staatliche oder zumindest an sich staatliche Aufgaben, nicht um kommunale. Die staatliche Wasserwirtschaftspolitik kann deshalb überall durch Weisungen von oben nach unten gelenkt und uniform durchgesetzt werden. Auch in NordrheinWestfalen, wo die Wasserpolizei zu den Pflichtaufgaben nach Weisung zählt, können die Landkreise oder kreisfreien Städte gebunden werden. Die gesetzlichen Schranken des Weisungsrechts sind weitläufig formuliert und nicht justitiabel40.

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Eine solche enge Auslegung des § 22 WHG würde in der Konsequenz der Ausführungen von Salzwedel, a. a. O., liegen. §§ 30, 136 nordrh.-westf. LWG. Auch hier zeigt sich gegenüber dem früheren Landeswassergesetz die rechtliche Annäherung zwischen Erlaubnis und Bewilligung; vgl. §§ 22, 97 nordrh.-westf. LWG (a. F.). So z. B. die §§ 116ff. nordrh.-westf. LWG; § 82 bad.-württ. WG; § 69 schlesw.-holst. WG; Art. 68 bayer. WG. Vgl. § 138 nordrh.-westf. LWG: „Die Wasserbehörden sind Sonderordnungsbehörden. Die ihnen nach dem Wasserhaushaltsgesetz und diesem Gesetz obliegenden Aufgaben gelten als solche der Gefahrenabwehr. Ihre Befugnisse zur Gefahrenabwehr auf Grund allgemeinen Ordnungsrechts bleiben unberührt." Vgl. Salzwedel, KommunalR in Nordrh.-Westf., in: Verfassungs- und Verwaltungsgesetze des Landes Nordrh.-Westf, S. 230; Salzwedel, VVdStRL, Heft 22 (1965), S. 218.

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2. Vollzug des Wasserwegerechts und Schiffahrtsrechts Für die wasserwegerechtlichen und verkehrsrechtlichen Kompetenzen an Bundeswasserstraßen hat Art. 89 II GG dem Bund eigene Mittel- und Unterbehörden, die Wasser- und Schiffahrtsdirektionen sowie Wasser- und Schifffahrtsämter, gesichert. Die Strompolizei umfaßt die Sorge für die Erfüllung der Unterhaltungspflicht, die Erteilung von Anlagegenehmigungen, die Abwehr von Eingriffen oder Einwirkungen Dritter 4 '. Die Schiffahrtspolizei hat es dagegen mit den Verkehrsteilnehmern, den Schiffern, zu tun 42 . Allerdings fehlt eine mobile Vollzugspolizei des Bundes auf dem Wasser. In die Lücke tritt die Wasserschutzpolizei des jeweiligen Landes, die indes zugleich allgemeinpolizeiliche Aufgaben wahrnimmt wie die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, die Verbrechensbekämpfung und die Untersuchung von Unfällen 43 . Auf allen anderen Oberflächengewässern kommen den allgemeinen Wasserbehörden auch die wegerechtlichen und schiffahrtsrechtlichen Befugnisse zu, weil sie die Landeswassergesetze in diesem Bereich ebenfalls vollziehen.

III. Erlaubnis und Bewilligung 1. Benutzungen Der Begriff der Benutzungen grenzt den — vorbehaltlich der §§ 23, 24 WHG — erlaubnispflichtigen Gebrauch der Gewässer von denjenigen Tätigkeiten ab, die vom präventiven Gewässerschutz überhaupt nicht erfaßt sind. Dabei stellt § 3 WHG die echten Benutzungen des Abs. I, bei denen der Wille des Unternehmers final auf den wasserwirtschaftlichen Erfolg gerichtet ist, den unechten des Abs. II gegenüber, die nur als Benutzungen gelten, weil möglicherweise überhaupt keine Einwirkung auf Wassermenge oder Wassergüte beabsichtigt ist. Zu den Ersteren gehören vor allem das Entnehmen und Ableiten von Wasser sowie das Einbringen fester oder Einleiten flüssiger Stoffe in oberirdische Gewässer oder das Einleiten in das Grundwasser. Nur die unmittelbare Entnahme oder Einleitung zählt. Deshalb ist die mittelbare Einleitung von verunreinigenden Stoffen in die Kanalisation nicht erfaßt 44 . Unter den unechten Benutzungen ist die Generalklausel des § 3 II Ziff. 2 41 42

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Dazu vgl. L. Holtz / F. Kreutz / P. Schlegelberger, PrWG, IV vor § 342; B. Drews/ G. Wacke / K. Vogel, a. a. O., § 2 Anm. 2 b. § 1 I Ziff. 2 des G über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Binnenschifffahrt vom 15. Februar 1956 (BGBl. II, S. 317). Vgl. §§ 3, 6, 12 ff. nordrh.-westf. PolG; siehe auch B. Drews / G. Wacke / K. Vogel, a. a. O., § 3, 1 b y. Burghartz, Komm., §3 Anm. 1; Abt, R. d. Wasserwirtsch. H. 12, S. 105; a. A.: P. Gieseke / W. Wiedemanti / M. Czychowski, WHG, § 3 Anm. 7 c; F. Sieder / H. Zeitler / H. Dahme, WHG, § 3 Anm. 3.

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W H G am wichtigsten; erlaubnispflichtig sind alle M a ß n a h m e n , die objektiv geeignet sind, schädliche Veränderungen der physikalischen, chemischen oder biologischen Beschaffenheit des Wassers herbeizuführen. Bei unechten Benutzungen gewinnt die Erteilung der Erlaubnis oder Bewilligung einen ganz anderen Inhalt, weil der Unternehmer überhaupt keinen Anteil am Wasserschatz beanspruchen will u n d die Wasserbehörde also auch keinen Part zuteilt. Die Abwägung kann sich nur darauf beziehen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit einer wirklichen Einwirkung auf das Gewässer ist und welche Folgen solchenfalls auftreten würden, ferner ob diese in Kauf genommen werden könnten oder nicht. M a ß n a h m e n , die dem Ausbau (§ 31 W H G ) oder der Unterhaltung (§ 28 W H G ) der Gewässer dienen, gelten nicht als Benutzung. Der Einsatz chemischer Mittel bei der Gewässerunterhaltung ist neuerdings aber erlaubnispflichtig. 2. Erlaubnis und Bewilligung a) Abgrenzung: Das alte W H G hatte Erlaubnis und Bewilligung in drei Hinsichten voneinander unterschieden. Die Erlaubnis war bloß widerruflich, bloß persönlich und ohne Drittwirkung. Die Bewilligung war unwiderruflich, dinglich und schloß Abwehr- und Schadensersatzansprüche Dritter aus. Unangetastet ist nur noch das erste Merkmal; die beiden anderen haben inzwischen die Vierte Novelle oder das Landesrecht teilweise relativiert 45 . So geht jetzt nach § 7 Abs. 2 W H G auch die Erlaubnis mit der Wasserbenutzungsanlage oder, wenn sie für ein Grundstück erteilt ist, mit diesem auf den Rechtsnachfolger über, soweit nicht bei der Erteilung ein anderes bestimmt ist. In Berlin gelten alle Vorschriften, die die Drittwirkung der Bewilligung ausmachen, nämlich § 8 III, § 10 und § 11 W H G , auch für die Erlaubnis (§ 16 I berl. LWG). In Bayern trifft dies weithin für die qualifizierte Erlaubnis zu — nur ist § 11 W H G nicht voll in Bezug genommen, weil allein Abwehrnicht auch Schadensersatzansprüche Dritter ausgeschlossen werden sollen (Art. 16 III bayer. LWG). Soweit schließlich in vielen Landeswassergesetzen nur § 8 III W H G für a n w e n d b a r erklärt wird, kann man vielleicht den Standpunkt vertreten, daß die §§ 10, 11 W H G sich dem Sinn nach auch auswirken sollen. Allerdings setzt dies ein förmliches Verfahren voraus, das nicht überall ausdrücklich vorgeschrieben ist 46 . Überwiegend wird für diese Fälle jedoch eine Ausschlußwirkung abgelehnt 47 . Manche gehen so weit, die genannten Vorschriften über eine Drittwirkung überhaupt für unzulässig zu halten, weil die Annäherung der Erlaubnis an die Bewilligung am stärkeren Bundes45

46 47

Vgl. zum Unterschied zwischen Bewilligung und Erlaubnis BVerwG E 41, 58; zur Bewilligung OVG Münster OVG E 28, 149; rechtspolitische Vorschläge: Salzwedel ZfW 1971, 34 und R. d. Wasserwirtsch. H. 19 (1975) S. 40 ff. Vgl. dazu Salzwedel, R. d. Wasserwirtsch. H. 12, S. 71 ff. So Wiedemann, DVB1. 1966, 475/76.

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recht scheitere 48 . Dem wird man nicht folgen können, weil das W H G nur in der Frage „widerruflich oder nicht ganz dezidiert", im übrigen ausfüllungsfähig ist. b) Begriff der Drittwirkung: Was heißt nun Drittwirkung? Das Bewilligungsverfahren und teilweise also auch das Erlaubnisverfahren ist ein Zerreißwolf 49 für bürgerlich-rechtliche Abwehr- oder Schadensersatzansprüche, mit denen die wasserrechtlichen Nachbarn dem schlichten Erlaubnisinhaber das Leben sauer machen könnten (§ 11 WHG). Es handelt sich um privatrechtsgestaltende Verwaltungsakte, die in ihrer anspruchsvernichtenden Wirkung nur vor Verträgen halt machen (§ 11 II WHG). Während der Erlaubnisinhaber also darauf angewiesen ist, das Risiko nachträglicher Abwehrklagen hinzunehmen und sich von Fall zu Fall freizukaufen, hat der Bewilligungsinhaber nach Rechtskraft des Bescheides eine sichere Kalkulationsbasis. Lediglich wegen zunächst unvoraussehbarer Auswirkungen seiner Benutzung sind noch Nachforderungen möglich (§ 10 WHG). Der verdrängte Nachbar ist nach § 8 III WHG zu entschädigen. Diesen „bürgerlich-rechtlichen Aufopferungsanspruch" 5 0 dürfte stets der begünstigte Unternehmer zu erfüllen hab e n " . Während der Anspruch aber z. B. in § 14 BImSchG auf vollen Schadensersatz (§ 249 BGB) gerichtet ist52, löst der Bewilligungsinhaber die entgegenstehenden Ansprüche mit einer bloßen „angemessenen Entschädigung" (§ 20 WHG) ab. Viele Landeswassergesetze haben der Bewilligung, diesmal über das W H G hinaus, den Charakter eines absoluten privaten Rechts zugesprochen, auf das die Vorschriften über das Eigentum anwendbar seien. Wie bereits hervorgehoben, wird man in diesen Ländern davon ausgehen können, daß sich der Inhalt des privaten Rechts nicht nach dem Schutzbereich des Eigentums oder des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs bestimmt, worauf sich sonst jeder Benutzer gegenüber Dritten stützt, sondern nach dem Bewilligungsbescheid. 3. Voraussetzungen der Erteilung a) Grundsätze der Wasserbehörde: Im Regelfall ist nur eine Erlaubnis zu erteilen, die die Dispositionsfreiheit der Wasserbehörde für die Zukunft an sich unberührt lassen soll. Nach § 8 II W H G darf eine Bewilligung — wohl gerade wegen der Bindung der Wasserbehörde, kaum wegen der Drittwir48 49 50

51

52

P. Gieseke/ W. Wiedemann / M. Czychowski, WHG, § 7 Anm. 10. Näheres bei Salzwedel, a. a. O. Dazu näher Soergel / Siebert / Baur, BGB, Anm. 77 vor § 903; vgl. auch BGHZ 16, 366. So die Landesrechte, vgl. z. B. § 94 V bad.-württ. WG; Art. 74 V bayer. WG; § 84 berl. WG; §89 IV hess. WG; §46 nieders. WG; etwas abweichend §79 IV schlesw.holst.WG. RGZ 1 3 9 , 2 9 ( 3 4 - 3 6 ) .

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kung — nur erteilt werden, wenn dem Unternehmer die Durchführung seines Vorhabens ohne gesicherte Rechtsstellung nicht zugemutet werden kann und die Benutzung nach einem bestimmten Plan verfolgt wird. Der Erlaubnisinhaber baut öffentlich-rechtlich und bürgerlich-rechtlich auf Sand, weshalb die Darlegung eines bestimmten Benutzungszwecks und einer hinreichenden Sozialwertigkeit ausreicht. Der Bewilligungsinhaber verlangt Sicherheit gegenüber Staat und Dritten. Daher sind strenge Anforderungen zu stellen: der Benutzungszweck muß nach einem bestimmten Plan verfolgt werden, der zugleich den Inhalt des Rechtes fixiert, die Sozialwertigkeit muß besonders hoch, das Schutzbedürfnis wegen der Investitionen eindrucksvoll sein. Auch wenn die Voraussetzungen des § 8 II WHG, die sämtlich unbestimmte Rechtsbegriffe darstellen, nachgewiesen sind, besteht noch kein Rechtsanspruch auf Erteilung. Vielmehr setzt dann erst das Zuteilungsermessen der Wasserbehörde ein, und die Entscheidung gegen den Unternehmer ist, wenn ohne Ermessensfehler getroffen, immer noch rechtmäßig und unangreifbar 5 3 . Seit Inkrafttreten der Vierten Novelle dürfen Bewilligungen für Abwassereinleitungen nicht mehr erteilt werden. Bereits erteilte Bewilligungen bleiben aber aufrechterhalten. Die Widerruflichkeit soll vor allem deshalb gewährleistet werden, weil neue Einleitungsstandards oder Gewässerstandards jederzeit durchgesetzt werden sollen, nicht erst nach Ablauf der Frist, für die eine Bewilligung erteilt worden war. b) Einwendungen Dritter: Der Antragsteller muß aber nicht nur das gesetzlich legitimierte Unbehagen der Wasserbehörde überwinden, sich für die Zukunft zu binden, sondern auch den Widerstand Dritter. Nach § 8 III W H G hat die Einwendung des Inhabers eines „Rechtes", der von der Benutzung nachteilig betroffen werden würde, Sperrwirkung, sofern Schutzvorkehrungen oder Ausgleichsmaßnahmen nicht möglich sind. Nur aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit kann sich die Wasserbehörde darüber hinwegsetzen, wobei sowohl streng-hoheitliche als auch protektionistische Erwägungen in Betracht kommen. Das ist aber ein Enteignungsfall — der Bundesgesetzgeber sieht eine Entschädigung vor, die Landesgesetzgeber gewähren sie in der Form eines sogenannten bürgerlich-rechtlichen Aufopferungsanspruchs gegen den begünstigten Unternehmer 54 . Inhaber eines Rechts sind alle diejenigen, die einen bürgerlich-rechtlichen Abwehranspruch gegen den Unternehmer geltend machen könnten, gestützt vor allem auf Gewässereigentum oder Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, u. U. auf frühere Bewilligungen. Nach § 8 IV WHG können die Länder weitere Einwendungen zulassen, wovon sie in weitem Umfang Gebrauch gemacht haben 55 . Diese 53

54 55

So das BVerwG NJW 1965, 1680 (Gildebrauerei-Fall), abgedruckt auch in ZfW 1965/66, S. 98 mit Anm. von Wiedemann; vgl. auch Külz, R. d. Wasserwirtsch. H. 15, S. 14/15, jetzt OVG Münster OVG E 28, 149. Vgl. Fußn. 51. So z. B. Art. 18 bayer. WG; § 17 berl. WG; § 11 IV brem. WG; § 20 hess. WG; § 11 IV nieders. WG; § 27 I nordrh.-westf. LWG; insbesondere § 15 bad.-württ. WG.

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Vorschriften sind d a n n Schutzgesetze, die wieder weitergehende Abwehransprüche nach § 823 II BGB erzeugen. Wie die der Rechtsinhaber, können sie in dem Zerreißwolf des Bewilligungsverfahrens untergehen. Allerdings ist dies keine Enteignung; es genügt deshalb, daß der von der neuen Benutzung zu erwartende Nutzen den für den Betroffenen zu erwartenden Nachteil erheblich übersteigt, und Entschädigung braucht der Unternehmer nur zu zahlen, wenn die Länder dies ausdrücklich oder stillschweigend vorsehen. Denn da die Länder die Ansprüche erst hervorbringen, so können sie diese auch mit allen endogenen Schwächen behaften, die sachlich einleuchten. 4. Bedingungen und Auflagen a) Begriff: Die „Benutzungsbedingungen" des § 4 I W H G sind in Wahrheit Bestimmungen über den Inhalt des subjektiv-öffentlichen Rechts, z. B. über die höchstzulässige Wassermenge, die entnommen oder eingeleitet werden darf, letzterenfalls die tolerablen oder nichttolerablen verunreinigenden Stoffe. Echte aufschiebende oder auflösende Bedingungen sind aber nicht ausgeschlossen: sie machen die Entstehung oder Aufrechterhaltung des Benutzungsrechtes dann von einem zukünftigen ungewissen Ereignis abhängig. Auflagen haben nichts mit Entstehung oder Aufrechterhaltung des subjektivöffentlichen Rechts zu tun, sondern knüpfen an die Innehabung des Rechts unselbständige Verpflichtungen, die durch Verwaltungsakt festgesetzt und vollzogen werden können 5 6 . b) Zulässigkeit: Alle Inhalts- und Nebenbestimmungen können im Interesse der Allgemeinheit getroffen werden, wenn sie in einem inneren Zusammenhang mit dem verbrieften Benutzungsrecht stehen. Ob sie nach § 4 I S. 2 W H G auch generell zulässig sind, „um nachteilige Wirkungen für andere zu verhüten oder auszugleichen", ist zweifelhaft. Darin ist nur der mögliche Gehalt solcher Regelungen umschrieben, nicht aber schlechterdings eine Ermächtigung erteilt, die Interessen Privater wasserbehördlich durchzusetzen. Vielmehr sind, was die Ermächtigung angeht, zwei Fälle zu unterscheiden. Entweder handelt es sich um vorgegebene Abwehransprüche bzw. solche, die auf G r u n d der landesrechtlichen Ausfüllung des § 8 IV W H G entstanden sind. Sie bleiben von der Erlaubnis an sich unberührt; nur im Bewilligungsverfahren sind wegen der Ausschlußwirkung des § 11 W H G Einwendungen erforderlich. Diese Abwehransprüche dürfen nun von der Wasserbehörde auch im Erlaubnisverfahren berücksichtigt werden, wenn landesrechtlich § 8 III W H G in Bezug genommen ist, um Klagen vor den ordentlichen Gerichten zu erübrigen. Sie dürfen aber auch nur mittels bestimmter Benutzungsbedingungen oder Auflagen berücksichtigt werden, wenn der Dritte wirklich selbst entsprechende Einwendungen erhebt. Oder es handelt sich um Nachbarinteressen, die sich nicht zu einem Abwehranspruch verdichten, aber im Rahmen einer Gesamtbeurteilung der was56

Vgl. Forsthoff. VwR I, 10. Aufl., S. 215.

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serwirtschaftlichen Nutzungsordnung förderungswürdig erscheinen. Die Wasserbehörde kann die Betroffenen dann u. U. reflexhaft begünstigen. So sind nach § 24 Abs. 2 nordrh.-westf. L W G Nebenbestimmungen u. a. zulässig, „um sicherzustellen, daß die der Gewässerbenutzung dienenden Anlagen technisch einwandfrei gestaltet und betrieben werden". Müssen diese objektiven Interessen auch stets an konkreten Schutzobjekten exemplifiziert werden, sind es doch nicht die Unternehmer selbst, um derentwillen die Regelung getroffen wird. Stets müssen die höheren Sozial Wertigkeiten den Ausschlag geben. c) Rechtsbehelfe: Wird einem Antrag auf Erteilung nur unter einschränkenden Bedingungen oder unter Auflagen stattgegeben, so liegt darin eine partielle Versagung, gegen die Widerspruch und Klage erhoben werden können. Zulässig ist aber nicht eine Anfechtungsklage, weil dies darauf hinausliefe, aus dem Bündel von Vorteilen und Nachteilen, die in der einheitlichen Ermessensausübung der Wasserbehörde miteinander untrennbar verkoppelt waren, einzelne Elemente herauszuschießen. Vielmehr ist die Klage darauf zu richten, die Wasserbehörde unter Aufhebung der Erlaubnis oder Bewilligung zu verpflichten, über den Antrag unter Vermeidung der beanstandeten Bedienung oder Auflage erneut zu entscheiden 5 7 . Selbstredend schließt dies das Risiko ein, daß die Wasserbehörde, erweist sich die Teilregelung wirklich als unzulässig, nunmehr ohne Ermessensfehler zu einer negativen Entscheidung im ganzen kommt. Ist eine Bedingung oder Auflage nichtig, fragt es sich, ob der so außerordentlich schwere Fehler den begünstigenden Verwaltungsakt insgesamt nichtig erscheinen läßt. Das ist der Fall, wenn die nichtige Teilregelung — f ü r den Unternehmer erkennbar — innerhalb der Ermessensentscheidung der Wasserbehörde conditio sine qua non gewesen ist. Anderenfalls wird die betreffende Bestimmung einfach gestrichen. Insoweit ist eine Klage auf Feststellung der Teilnichtigkeit zulässig, auch wenn die Regelung nicht — wie etwa die Auflage — in sich schon die Merkmale eines Verwaltungsaktes erfüllt. d) Reinhalteordnungen: Seit der Vierten Novelle haben die Reinhalteordnungen des § 27 W H G eine neue Funktion und einen anderen Inhalt. Sie dienen jetzt dem Vollzug von Bewirtschaftungsplänen nach § 36b W H G , sie werden stets als Rechtsverordnung erlassen und sie setzen dabei das gewässerbezogene Sanierungsprogramm in normative, an die Gewässerbenutzer gerichtete Gebote oder Verbote um. Allerdings sind die Länder, wenn sie der Verpflichtung des § 36 b W H G nachkommen u n d Bewirtschaftungspläne aufstellen, nicht gehalten, diese unbedingt in Reinhalteordnungen umzusetzen. Sie können die Bewirtschaftungspläne, die nach Landesrecht schon mindestens für alle behördlichen Entscheidungen verbindlich sein müssen, auch von Fall zu Fall bei der Erteilung von Wasserrechten oder nachträglichen Anordnungen nach § 5 W H G berücksichtigen. 57

VG Bremen in ZfW 1965/66, S. 110/111.

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5. Rücknahme und Widerruf a) Zulässigkeit: Die Erlaubnis ist nicht so leicht widerruflich, wie es den Anschein hat. Denn die Wasserbehörde muß einen sachlich einleuchtenden Grund haben, warum sie die Benutzung künftig nicht mehr dulden will, und dieser G r u n d darf nicht außer Verhältnis zur Schwere des Schadens stehen, welcher f ü r den Unternehmer damit verbunden ist. Die Erlaubnis ist sogar u. U. stabiler als die Bewilligung, weil sie unbefristet erteilt werden kann, d a n n also nicht irgendwann ipso iure erlischt. Mancher Grund, der die Ablehnung einer Neubewilligung rechtfertigt, reicht zur Begründung des Widerrufs einer Erlaubnis nicht aus. Deshalb wird heute von der nach § 7 I 2. Halbsatz W H G gewährten Möglichkeit, auch eine Erlaubnis zu befristen, immer häufiger Gebrauch gemacht. Soweit die Landeswassergesetze die Rücknahme — also wegen fehlerhafter Erteilung 58 — erwogen haben, wird regelmäßig der Fall hervorgehoben, daß die Erlaubnis auf G r u n d unrichtiger oder unvollständiger Nachweise erzielt worden war. Wird der Widerruf ausdrücklich unter der Voraussetzung zugelassen, d a ß von der weiteren Benutzung eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu erwarten ist 59 , liegt darin nicht mehr als die beispielhafte Aufzählung eines besonders starken Grundes. Keineswegs ist damit gesagt, daß der Widerruf nur noch im Fall des § 6 W H G zulässig sein soll, genauer: wenn die Erteilung im jetzigen Zeitpunkt verboten sein würde. Wichtig ist der Widerruf wegen Fehlverhaltens des Unternehmers, z. B. wegen einer Überschreitung des Benutzungsrechtes oder der Änderung des Benutzungszweckes oder der Nichterfüllung von Auflagen. Die Bewilligung wird auf bestimmte Zeit erteilt. Der Zeitraum bemißt sich vor allem danach, bis wann der Unternehmer seine Investitionen amortisiert haben kann. Eine Verlängerung der Bewilligung ist deshalb rechtlich eine Neuerteilung, und grundsätzlich hat die Wasserbehörde wieder den gleichen Ermessensspielraum, wie wenn noch keine Anlagen vorhanden wären. Immerhin kann der Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit in Ausnahmefällen zu einer gewissen Schrumpfung des Ermessens führen, vor allem dann, wenn Ausweichlösungen denkbar sind. Nach Ablauf der Amortisationszeit wird häufig nur noch eine Erlaubnis zu erteilen sein, es sei denn, der Unternehmer brauchte gegenüber den Nachbarn weiterhin eine gesicherte Rechtsstellung, weil sie ihn mit Unterlassungsklagen überziehen könnten. Die Rücknahme oder der Widerruf einer Bewilligung ist nach § 12 W H G grundsätzlich ausgeschlossen. Eine Rücknahme ist nur für den Fall der Erschleichung vorgesehen, d a n n mit ex-tunc-Wirkung und natürlich ohne Entschädigung. Im übrigen sind rechtswidrige Erteilungen irreparabel. Nur ein Widerruf ist allgemein zugelassen, nämlich dann, wenn eine erhebliche Beein58 59

Forsthoff, a. a. O., S. 251. So einige LandesG, z. B. § 25 II nordrh.-westf. LWG; Art. 16 u. 17 bayer. WG; § 15 II rheinl.-pfälz. W G ; § 11 II schlesw.-holst. WG.

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trächtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere der öffentlichen Wasserversorgung in Erscheinung getreten oder zu erwarten ist, und auch nur gegen angemessene Entschädigung. Widerruf ohne Entschädigung ist weder zugelassen, wenn der Unternehmer das Privileg durch sein Fehlverhalten verwirkt hat, noch ferner für den Fall der Nichtausübung des Rechts. b) Nachträgliche Benutzungsbedingung und Auflage: Ein partieller Widerruf von Erlaubnis und Bewilligung liegt in der nachträglichen Festsetzung einer Benutzungsbedingung oder Auflage nach § 5 W H G . Hinsichtlich der Bewilligung zeigt sich darin, daß die Kalkulationsbasis des Bewilligungsinhabers doch nicht ganz so stabil ist, wie es dem ersten Anschein entspricht. Zusätzliche Anforderungen an die Beschaffenheit einzubringender oder einzuleitender Stoffe oder Restriktionen hinsichtlich der zu entnehmenden Wassermenge dürfen jedoch nicht so weit gehen, daß sie den wesentlichen Inhalt der Bewilligung tangieren oder die Wirtschaftlichkeit der Anlage schlechthin in Frage stellen. Solche Eingriffe sind nur im Rahmen des § 12 W H G möglich. c) Ausgleichsverfahren: Auch das Ausgleichsverfahren 6 0 des § 18 W H G , das in der Praxis bisher allerdings kaum eine Rolle spielt, läuft auf partiellen Widerruf von Erlaubnis und Bewilligung hinaus. Dabei können in einem Verfahren gegenüber einer Vielzahl von Benutzern Einschränkungen getroffen werden, wenn das Wasser nach Mengfe und Beschaffenheit nicht für alle Benutzungen ausreicht oder sich diese beeinträchtigen und wenn das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die öffentliche Wasserversorgung es erfordert. Obwohl dieses Revirement der Nutzungsordnung Erlaubnisse und Bewilligungen erfaßt, dürfen wiederum die letzteren nur beschränkt werden, solange ihr Kern unberührt bleibt und die Wirtschaftlichkeit der Anlage nicht schlechthin erschüttert wird; andernfalls ist § 12 W H G maßgebend. Die Ausgleichszahlungen, die die Wasserbehörde anordnen kann, um etwa bei der Entnahme oder Einleitung Vorteile der Oberlieger gegen Nachteile der Unterlieger zu kompensieren, schaffen etwas Ähnliches wie einen rudimentären Lasten verband. Die Festsetzung Hegt im Ermessen der Wasserbehörde; nur soweit bei Bewilligungsinhabern oder Gewässereigentümern oder Betriebsinhabern Einschränkungen mit Enteignungscharakter verhängt werden, ist sie obligatorisch. 6. Alte Rechte und Befugnisse Das W H G hat das neue Zuteilungssystem mit Erlaubnissen und Bewilligungen nicht einfach in Kraft treten lassen können, wie wenn es noch keine Benutzungen gäbe. Die Überleitungsbestimmungen der §§ 15 — 17 W H G sind zunächst Ausführungsbestimmungen zu Art. 14 III G G . Soweit die Entziehung eines alten Benutzungsrechts früher nicht möglich war und jetzt einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb oder rechtmäßig vorhandene 60

Dazu insbesondere Abt, ZfW 1962/63, 237 ff.

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Anlagen lahmlegen würde, bleibt das Recht nach § 15 W H G aufrechterhalten oder verwandelt sich nach § 17 II WHG in einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Bewilligung, um die sonst unvermeidliche Entschädigungsfolge auszuschalten. Diese Rechtspositionen sind der Bewilligung gleichzuachten und können deshalb nur im Fall erheblicher Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit und nur gegen Entschädigung beschränkt oder aufgehoben werden. Aber auch dann, wenn Gewässer vor Inkrafttreten des Gesetzes auf Grund eines nicht durch Art. 14 G G geschützten Rechtes oder „in sonst zulässiger Weise" benutzt worden sind, wird dieser Rechtszustand zunächst weithin aufrechterhalten (§ 17 I WHG) 61 . 7. Pipeline-Genehmigung Der Bewilligung nachgebildet ist die Genehmigung für Rohrleitungsanlagen zum Befördern wassergefährdender Stoffe nach § 19 a WHG. Häufig ist sie neben einer gewerberechtlichen Erlaubnis erforderlich, die die Verordnung über brennbare Flüssigkeiten schon vorher auf Grund des § 24 I GewO eingeführt hatte. Dort geht es um die Gefahr der Gewässerverunreinigung, hier um den Schutz der Beschäftigten und Nachbarn vor Brand und Explosion. Ob die enge Anlehnung an die Regelung von Benutzungen gelungen ist, muß bezweifelt werden. Schon bei unechten Benutzungen nach § 3 II WHG paßt ein Zuteilungsermessen der Wasserbehörde nicht recht, weil das Gewässer u. U. überhaupt nicht in Anspruch genommen werden soll. Erst recht stehen bei Pipelines nur die Betriebssicherheit, um den Rohrbruch zu verhindern, die Ölwehr, um bei Rohrbrüchen den Eintritt der Stoffe in ein Gewässer noch zu verhüten, und Rettungsmaßnahmen in Frage, um verunreinigte Gewässer alsbald zu regenerieren oder eine Ersatzversorgung zu organisieren. Nach § 19b II W H G ist die Genehmigung zu versagen, wenn durch Errichtung oder Betrieb der Pipeline eine Verunreinigung der Gewässer oder eine sonstige nachteilige Veränderung ihrer Eigenschaften zu besorgen ist, die auch durch Auflagen nicht verhütet oder ausgeglichen werden kann. Läßt sich eine solche Besorgnis nicht recht begründen, kann die Genehmigung kaum versagt werden, weil man überhaupt kein Risiko eingehen wolle. Denn offenbar wäre es falsche Ermessensausübung, die Genehmigung überhaupt nicht in Erwägung zu ziehen. Die Überlegung, ob man auch das 'if the worst comes to the worst' denkbare Ausmaß an Gewässerschädigung verkraften könne, scheidet hier aber auch aus. Denn das könnte man natürlich nicht. Praktisch fällt die Entscheidung also immer bei § 19b II WHG, und die Tatsache, daß nach langem Tauziehen selbst die ENI-Pipeline am Bodensee, dem größten Trinkwasserspeicher Europas, genehmigt worden ist, hat erwie-

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Nähere Darstellungen bei Wiedemann, ZfW 1967/68, 67ff.; Gieseke, Z f W 1967/68, 33ff.; auch Abt, ZfW 1965/66, 92ff.; vgl. insbesondere BVerwG E 37, 103; OVG Münster OVG E 27, 44.

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sen, daß reine Gefahrenabwehr, nicht Wasserbewirtschaftung betrieben wird 62 . 8. Erlaubnisfreie Benutzungen Durch § 2 I W H G und den weitgespannten Katalog von Benutzungen ist fast jede gewollte oder virtuelle Inanspruchnahme der Gewässer zur wasserwirtschaftlichen Sondernutzung geworden 63 . Gemeingebrauch (§ 23 WHG) für jedermann gibt es nur an oberirdischen Gewässern und — nach Landesrecht — nur zum Baden, Waschen, Viehtränken, Schöpfen mit Handgefäßen. Dabei dürfen weder Rechte noch Befugnisse anderer beeinträchtigt werden. Der Eigentümer eines oberirdischen Gewässers kann es darüber hinaus ohne Erlaubnis oder Bewilligung „fiir den eigenen Bedarf benutzen (§ 24 WHG), auch hier nur vorbehaltlich der stärkeren Rechtspositionen von Erlaubnis* oder Bewilligungsinhabern. Dabei handelt es sich nicht um einen Ausfluß des Eigentums selbst, also ein ultimum refugium positiver Sachherrschaft. Vielmehr ist dies eine unmittelbar durch Gesetz begründete Sondernutzung. Durch Landesrecht ist teilweise auch den Anliegern oder Hinterliegern oberirdischer Gewässer eine Sondernutzung im Umfang jenes Eigentümergebrauchs eingeräumt.

IV. Repressive Maßnahmen der Wasserbehörden 1. Allgemeine Eingriffsmöglichkeiten Über den Erlaubnis- und Bewilligungsvorbehalt werden Gewässerschutz und Gewässerbewirtschaftung präventiv ausgeübt. Für eine wasserbehördliche Eingriffsverwaltung ist Raum, soweit es sich um unerlaubte Benutzungen handelt oder um gewässerbezogene Verhaltensweisen, die nicht unter § 3 W H G fallen, oder um erlaubnisfreie Benutzungen, schließlich um die Durchsetzung von Auflagen. Den wichtigsten Maßstab bildet die polizeiliche Generalklausel. Die öffentliche Sicherheit umfaßt auch ein Mindestmaß geordneter Wasserwirtschaft. Dieser Schwellenwert für wasserbehördliches Eingreifen ist stets erreicht, wenn Gewässer unerlaubt oder über den Gemeingebrauch hinaus oder auflagenwidrig benutzt werden. Im übrigen ist § 6 W H G heranzuziehen. Daraus, daß eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere der öffentlichen Wasserversorgung durch Erlaubnis oder Bewilligung nicht sanktioniert werden darf, läßt sich entnehmen, daß dieser Zustand auch bekämpft 62

63

Vgl. VG Augsburg DVB1. 1966, 508; dazu Horster, Die Zulassung von MineralölPipelines, Bonner Diss. 1969. Salzwedel, ZfW 1962/63, 85; vgl. auch Hundertmark, Die Rechtsstellung des Sondernutzungsberechtigten im Wasserrecht, S. 16 ff.

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werden kann, wenn er auf andere Weise als durch eine Benutzung einzutreten droht 6 4 . Vielfach haben die Wassergesetze den Schwellenwert für wasserbehördliches Eingreifen präzisiert oder heruntergeschraubt. Am wichtigsten sind § 26 II, § 34 II W H G . Danach dürfen Stoffe an einem oberirdischen Gewässer nur so gelagert oder abgelagert werden, daß eine Verunreinigung des Wassers nicht zu besorgen ist. U n d praktisch überall muß die Lagerung unter Umständen erfolgen, daß eine nachteilige Veränderung der Eigenschaften des Grundwassers nicht zu besorgen ist. Freilich ist in beiden Fällen das Verhältnis zu § 3 II Ziff. 2 W H G schwer zu bestimmen, weil darin oft schon Maßnahmen gesehen werden müssen, die geeignet sind, das Wasser zu verunreinigen. Praktisch läuft die Regelung darauf hinaus, daß Lagerungen, die die bloße Besorgnis rechtfertigen, sie könnten zur Verunreinigung geeignet sein, erst einmal verboten werden. Der Adressat der Verfügung kann demgegenüber entweder schon die Eignung an sich bzw. unter den im Einzelfall herrschenden Verhältnissen bestreiten. Oder er muß sich um eine Erlaubnis bemühen, die erteilt werden kann, wenn die Verunreinigung auch im Fall einer Bestätigung der Eignung u n d einer Realisierung des Risikos noch hingenommen werden kann. Die Besorgnis allein drängt den Lagernden vollends in die Defensive 65 . Auch die unbestimmten Rechtsbegriffe der § 26 II, § 34 II W H G haben sich als nicht vollzugsgeeignet erwiesen. Die Länder haben durch Lagerverordnungen f ü r wassergefährdende Stoffe eine konkretere Schutzwirkung für die Gewässer, insbesondere für das Grundwasser herbeizuführen versucht. Aber die Regelungen sind teilweise unzureichend, teilweise in ihrer Verschiedenheit von Land zu Land schwerlich tragbar; man denke nur an die unterschiedlichen Anforderungen an die Lagerung von Heizöl, von der insbesondere die Hersteller entsprechender Anlagen nachteilig betroffen sind. Der Bund hat in den §§ 19g bis 191 W H G eine seiner beschränkten Gesetzgebungskompetenz entsprechende Rahmenregelung getroffen, die zugleich ein Mindestmaß an Effizienz wie an Bundeseinheitlichkeit der Anforderungen an das Lagern und Abfüllen wassergefährdender Stoffe sicherstellen soll. Die vom Regierungsentwurf abweichende, im Bundestag hastig zusammengeschriebene Rahmenregelung wird aber eher Verwirrung stiften als abbauen. 2. Wasserschutzgebiete Das wichtigste Mittel, um das Instrumentarium der Wasserbehörden zum repressiven Gewässerschutz anzureichern, ist die Festsetzung von Wasserschutzgebieten nach § 19 W H G . Darin können den Grundstückseigentümern und allen anderen bestimmte Handlungen verboten, den ersteren zudem Dul64

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Vgl. Salzwedel, R. d. Wasserwirtsch., H. 13, S. 42; siehe auch Salzwedel, ZfW 1962/63, 297. Vgl. Abt, ZfW 1963, 303; Hofmann, G W F 1962, 568; Salzwedel, R. d. Wasserwirtsch. H. 13, S. 39; Horster, a. a. O.

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dungspflichten auferlegt werden. Wegen der starken Beschränkung von Freiheit und Eigentum ist die Festsetzung nur zulässig, wenn es das Wohl der Allgemeinheit erfordert, um Gewässer für die öffentliche Wasserversorgung vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen, Grundwasser anzureichern oder das schädliche Abfließen von Niederschlagswasser zu verhüten. Wird die Grenzlinie zwischen Eigentumsbeinhaltung in Anspannung der Sozialpflichtigkeit und Enteignung überschritten wie z. B. dann, wenn ein Landwirt überhaupt nicht mehr düngen oder Viehzucht treiben oder ein Kiesabbauunternehmer nicht mehr auskiesen darf, ist Entschädigung zu gewähren. In der Regel hat das Land die Entschädigungslast zu tragen 66 . Die Festsetzung des Wasserschutzgebietes erfolgt durch Erlaß einer Rechtsverordnung 67 . Die Schutzanordnungen sind echte Rechtsnormen, die von der Wasserbehörde — teilweise auch von der örtlichen Ordnungs- oder Polizeibehörde — durchzusetzen sind. In den letzten Jahren hat die recht entschädigungsfreundliche Rechtsprechung des BGH 68 bei der Festsetzung von Wasserschutzgebieten in Kiesabbaugebieten Unruhe hervorgerufen. Das ohnehin bestehende Vollzugsdefizit bei der Festsetzung von Wasserschutzgebieten zum Schutz der öffentlichen Wasserversorgung wurde dadurch noch verstärkt. In der Hauptsache geht es darum, ob Schutzanordnungen für Grundstücke, auf denen noch kein Kiesabbau betrieben wird, sich aber für den Eigentümer wirtschaftlich „anbietet", eine Entschädigungspflicht auslösen. Ferner ist offen, ob das Wasserversorgungsunternehmen immer für entschädigungspflichtig erklärt werden kann, selbst wenn es die Festsetzung des Wasserschutzgebietes nicht oder nicht in dem letztlich angeordneten Ausmaß beantragt hat. § 1 a Abs. 3 W H G versucht, die Rechtsprechung des BGH zu korrigieren: das Grundeigentum als solches berechtigt noch nicht dazu, Kiesabbau unter Umständen zu betreiben, die eine Erlaubnispflicht begründen. Das BVerfG 69 hat sogar ein obiter dictum gefunden, um diese bundesrechtliche Regelung als verfassungsmäßig zu bestätigen. Dennoch ist es zu zwei Vorlagebeschlüssen des III. Zivilsenates des BGH gekommen, die die Vereinbarkeit des § 1 a Abs. 3 W H G mit Art. 14 Abs. 1 G G leugnen 70 . Die Entscheidung des BVerfG wird noch für 1981 erwartet. In der Frage, ob der Staat oder die Gemeinde oder das Wasserversorgungsunternehmen entschädigungspflichtig sind, finden sich in den Landeswassergesetzen unterschiedliche Lösungen. In Nordrhein-Westfalen soll regelmäßig der „begünstigte Unternehmer der Wassergewinnung" entschädigungspflichtig sein; zusätzlich sind noch pauschale Ausgleichszahlungen in Härtefällen zu leisten (§ 15 Abs. 2 und 3 nordrh.-westf. LWG). Der Abwälzung von staatlich veranlaßten Entschädigungslasten auf private und auch

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Hammer, ZfW 1964, 203 f. 6 7 BVerwG E 18, 1. z. B. BGHZ 60, 123. 6 9 BVerfG E 45, 63, 80, 81. Beschluß vom 17. Juli 1978, NJW 1978, 2290 = ZfW 1979, 33; Beschluß vom 13. März 1978, III ZR 28/76.

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auf kommunale Wasserversorgungsunternehmen dürften aber verfassungsrechtliche Grenzen in Fällen gezogen sein, in denen von einer objektiven Begünstigung schlechterdings nicht mehr die Rede sein kann™ 3 .

V. Unterhaltung und Ausbau 1. Funktion Die wasser wirtschaftliche Unterhaltung oberirdischer Gewässer dient nach § 28 W H G der Erhaltung eines ordnungsmäßigen Zustands für den Wasserabfluß, nach Landesrecht auch der Erhaltung des Gewässers und seiner Ufer in anderer die Wassermenge oder Wassergüte betreffender Hinsicht. Dazu gehören Reinigung, Räumung, Festlegung, Schutz und Wiederinstandsetzung des Gewässerbettes und der Ufer. Die Reinhaltung des Wassers selbst ist jedoch nicht Gegenstand der Unterhaltung. Der Pflichtige hat nur die äußeren Voraussetzungen f ü r einen geordneten Wasserabfluß zu schaffen, vor allem für Strömung und damit mittelbar Verhütung von Fäulnis und rasche Regeneration des Wassers. Die wasser wegerechtliche Unterhaltung dient dagegen der Erhaltung der Schiffahrt und Flößerei. Indem § 28 W H G sich damit befaßt, hat der Bund einen unzulässigen, aber in der Sache leerlaufenden Griff in die Landeskompetenzen getan. Für Bundeswasserstraßen ergibt sich die Unterhaltungspflicht aus dem BundeswasserstraßenG, für die schiffbaren oder flößbaren Gewässer der Länder aus den nicht ausfüllenden wasserwegerechtlichen Partien der Landeswassergesetze 71 . Während Unterhaltungsarbeiten den bestehenden Ausbauzustand aufrechterhalten sollen, dient der Ausbau dazu, ein neues Bett zu schaffen oder an dem vorhandenen wesentliche Umgestaltungen und Verbesserungen vorzunehmen. Auch die Beseitigung eines Gewässers ist Ausbau. Nach jetzt gefestigter Rechtsprechung stellt ein Kiesabbau oder eine sonstige Entnahme von Bodenbestandteilen, wenn ein Baggersee auf Dauer bestehen bleibt, keine erlaubnispflichtige Benutzung, sondern einen planfeststellungspflichtigen Ausbau dar. Gerade in diesem Zusammenhang wird neuerdings einem Ausbau, der im öffentlichen Interesse liegt, und einem lediglich „privatnützigen" Ausbau scharf unterschieden. Nach neuerer Rechtsprechung bietet ein Planfeststellungsverfahren für einen lediglich privatnützigen Ausbau keine Handhabe, um entgegenstehende Rechte Dritter auszuschließen 7 ' 3 .

70a

Vgl. Salzwedel, Die Entschädigungspflicht bei der Festsetzung von Wasserschutzgebieten, S. 19 ff. 71 Vgl. zur Abgrenzung Salzwedel, ZfW 1971, 1 ff.; ferner BVerwG E 44, 235. 7la BVerwGE 55, 220; vgl. auch BVerfG NJW 1981, 1257.

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2. Durchführung und Zulässigkeit Die Unterhaltung beruht unmittelbar auf dem Gesetz und geschieht allein durch faktische Handlungen. Der Ausbau bedarf dagegen zunächst der Durchführung eines förmlichen Planfeststellungsverfahrens, in dem alle f ü r das neue Gewässer erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen zusammenfassend erteilt und alle öffentlich-rechtlichen Einwendungen oder Abwehransprüche von Unterhaltungspflichtigen, Bewilligungsinhabern, Anliegern, Hinterliegern oder Dritten ausgeschlossen werden. Alle faktischen Maßnahmen, die dann der Verwirklichung des geplanten Zustands dienen, sind erlaubnisfrei; nach § 3 III W H G sind sie allein wegen dieser Zweckbestimmung keine „Benutzungen". Auch wenn ein privater Anlieger unterhaltspflichtig ist oder der Ausbau von einem privaten Unternehmer getragen wird, sind damit andere Eingriffe wie das Aufstauen oder Ableiten mit erfaßt. Der Ausbau durch private Unternehmer und zwecks Gewinnerzielung ist an sich unbeschränkt zulässig. Gesichtspunkte des allgemeinen Wohls, also z. B. bestimmte volkswirtschaftliche Präferenzen müssen indes wegen des Art. 14 III G G dargetan sein, wenn dabei Vermögenswerte Rechte Dritter entzogen, also gegen Entschädigung enteignet werden. Wer unterhaltungspflichtig ist, ergibt sich aus dem Gesetz. Wer ausbauberechtigt ist, ergibt sich aus dem begünstigenden Verwaltungsakt, den die Planfeststellung für den antragstellenden Unternehmer darstellt. Er gewährt ein Recht auf Änderung des Gewässers, nicht aber auf Beibehaltung des neuen Zustands. Soweit nach Landesrecht Unterhaltungspflichtige zum Ausbau herangezogen werden können, ist die Planfeststellung belastender Verwaltungsakt. Am wichtigsten sind indes die Rechtswirkungen des Ausbaues gegen Dritte, deren Rechte oder Befugnisse im Planfeststellungsverfahren ausgeschlossen werden 7 2 . Begünstigend ist der Verwaltungsakt für Dritte nicht. Da ferner zwischen dem Ausbau und der Benutzung eines Gewässers unterschieden werden muß, müssen unter Umständen parallell zur oder im Anschluß an die Planfeststellung wasserrechtliche Bewilligungen oder Erlaubnisse erteilt werden 7 3 . Für Bundeswasserstraßen wird man aus Art. 89 II G G , wonach der Bund die Bundeswasserstraßen „verwaltet", kaum entnehmen können, daß auch in wasserwirtschaftlicher Hinsicht die Entscheidung über Unterhaltung und Ausbau sowie die Unterhaltung selbst Sache des Bundes seien. Die wasserwirtschaftliche Hoheitsverwaltung liegt ungeteilt bei den Ländern. In Einklang mit der Entscheidung des BVerfG 7 4 zur Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen dürfte es sein, daß die Landeswassergesetze die wasserwirtschaftliche Unterhaltungslast dem Bund auferlegen. Das ist weithin geschehen, ob überall — z. B. auch in Nordrhein-Westfalen — kann zweifelhaft 72 73 74

Friesecke, ZfW 1965/66, 58. Wiedemann, ZfW 1967/68, 83 ff. (85). BVerfG E 15, 1.

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sein. Selbst eine Ausbaupflicht kann statuiert werden. Fest steht danach, daß die Wasserbehörden der Länder bestimmen, was im Rahmen der Unterhaltungspflicht an Bundeswasserstraßen zu geschehen habe, um deren Reinhaltung zu gewährleisten, sowie ob und wie ein ausschließlich wasserwirtschaftlich indizierter Ausbau vorzunehmen sei75. Die Unterhaltungspflicht liegt für Gewässer erster Ordnung bei den Ländern, für Gewässer zweiter Ordnung bald bei den Ländern (Berlin 76 und Saarland 77 ), bald bei den Regierungsbezirken (Bayern) 78 , bald bei den Stadtund Landkreisen (Rheinland-Pfalz) 79 , den Anliegergemeinden (NordrheinWestfalen) 80 oder den Gemeinden schlechthin (Baden-Württemberg 81 , Hessen 82 , Bremen 83 ), bald bei Wasser- und Bodenverbänden (z. T. Hessen 84 , Niedersachsen 85 u. a.), bald bei den Eigentümern (Hamburg 86 und SchleswigHolstein 87 , wo aber Wasser- und Bodenverbänden die Erfüllung zugewiesen ist). Alle anderen Gewässer sind von den Gewässereigentümern, den Anliegern oder „denjenigen Eigentümern von Grundstücken oder Anlagen" zu unterhalten, „die aus der Unterhaltung Vorteile haben oder die Unterhaltung erschweren" (§ 29 WHG). Die Unterhaltungspflicht begründet lediglich Verwaltungsrechtsverhältnisse zwischen der Gewässeraufsichtsbehörde und dem Unterhaltungspflichtigen, nicht Amtspflichten gegenüber Dritten im Sinne des § 839 BGB, Art. 34 GG. Die Haftung nach außen ergibt sich aus § 823 I BGB. Sie trifft denjenigen, der das Gewässer der Schiffahrt oder Flößerei eröffnet hat; ist eine öffentlich-rechtliche Körperschaft unterhaltungspflichtig, indiziert dies allerdings ihre Verantwortlichkeit 88 . Da die Vorschriften über Unterhaltungspflicht keine „Schutzgesetze" sind, entfallen Ansprüche aus § 823 II BGB 89 . Nach der Rechtsprechung soll allerdings eine unterhaltungspflichtige Körperschaft durch ausdrücklichen und der Allgemeinheit bekanntgemachten „Organisationsakt" bestimmen können, daß sie den Benutzern hoheitlich gegenübertreten wolle; dann haftet sie aus § 839 BGB 90 . Das ist mißverstandenes kommunales Anstaltsrecht und ganz unpraktikabel 91 . Dagegen wird man der Rechtsprechung folgen können, daß die zur Erfüllung der Unterhaltungspflicht gegenüber dem Staat oder der Verkehrssicherungspflicht gegenüber dem Publikum vorgenommenen Arbeiten hoheitlich zu qualifizieren sind. Werden Dritte also nicht durch die Unterlas75 76 78 80 81 83 85 87 88 90 91

BVerfG E 21, 312 und in DÖV 1967, 563. § 41 I Ziff. 2 berl. WG. 7 7 § 47 Ziff. 1 saarl. WG. Art. 43 I Ziff. 2 bayer. WG. 7 9 § 56 I Ziff. 2 rheinl.-pfälz. WG. § 91 I Ziff. 2 nordrh.-westf. LWG. § 49 II bad.-württ. WG. 8 2 § 47 I Ziff. 2 hess. WG. § 88 I brem. WG. 8 4 Siehe Fußn. 76. § 83 I nieders. WG. 8 6 §§ 37, 38 hamb. WG. § 40 schlesw.-holst. WG. RGZ 155, 1. 8 9 RGZ a . a . O . BGHZ 9, 373 (grundlegend); BGHZ 14, 83. Dazu Salzwedel, DÖV 1963, 241 (243).

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sung, sondern durch schuldhaft fehlsame Ausführung von Unterhaltungsarbeiten geschädigt, so löst dies Ansprüche aus § 839 BGB aus92. VI. Wasser- und Bodenverbände 1. Grundlagen Das WasserverbandsG vom 10. Februar 1937 sowie die Erste Wasserverbands-Verordnung vom 3. September 1937 (WVVO) haben das innere Verbandsrecht der früheren landesrechtlichen Wassergenossenschaften sowie Wasserverbände öffentlich-rechtlichen oder auch privatrechtlichen Gepräges einheitlich geregelt. Dabei handelt es sich heute nach richtiger Ansicht um Bundesrecht. Freilich sind alle Vorschriften entfallen, die das Führerprinzip gegenüber und in der Verbandsverwaltung verwirklichten. Die Eingriffsbefugnisse der Aufsichtsbehörde sind so zu interpretieren, daß die Selbstverwaltung der Körperschaft gewahrt bleibt. Die Stellung der Mitgliederversammlung muß so aufgewertet werden, daß innerhalb des Verbandes eine echte Willensbildung von unten nach oben gesichert ist, der Verbandsvorsteher also demokratisches Vollzugsorgan wird. Die Rechtsprechung hat hier allerdings keine wesentlichen Korrekturen für nötig gehalten 93 . 2. Satzung Der Erlaß der Satzung und andere Rechtsetzungen müssen ferner heute rechtsstaatlichen Anforderungen genügen. Die Regelung des § 169 Abs. 1 WVVO ist aber mit der Maßgabe bestätigt worden, daß die Satzung über die Gründung zwar jetzt nicht schon mit dem Erlaß wirksam wird, sondern erst mit der Bekanntmachung, daß diese aber auf den Zeitpunkt des Erlasses zurückwirke 94 . § 7 WVVO, wonach das Bestehen des Wasserverbandes nicht mit der Begründung angefochten werden kann, daß die Voraussetzungen für den Erlaß einer Gründungssatzung nicht vorgelegen hätten, ist dagegen unanwendbar 95 . Allerdings sind manche Rechtsnormen über die Gründung nur Sollvorschriften. Auch gibt es so etwas wie eine faktische Körperschaft, deren Existenz nicht einfach hinweggedacht werden kann, also nur im Wege der Rückabwicklung wieder zu beseitigen ist. Unsicherheit herrscht vor allem, ob Rechtsakte in Zusammenhang mit der Gründung oder Auflösung Rechtsnormen oder Verwaltungsakte sind; das gleiche gilt für die Zuweisung neuer 92 93

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BGHZ 21, 48; kritisch dazu auch Salzwedel, DÖV 1963, 243 Fußn. 37a. So Maue, ZfW 1967/68, 242; vgl. auch Külz, R. d. Wasserwirtsch. H. 15, S. 21 ff.; BVerwG E 25, 151; BVerwG ZfW 1974, 229. So BVerwG vom 19. Oktober 1966 (IV C 222.65); Maue, ZfW 1967/68, 243; P. Kaiser/K. Linckelmann / E. Schleberger, WVVO, § 169 Anm. 3. BVerwG E 7, 30; vgl. weiter Maue, ZfW 1967/68, 243.

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Mitglieder durch die Aufsichtsbehörde oder die Entlassung 9 6 . Sehr schwierig ist auch die rechtliche Durchdringung der Beitragsberechnung. Die Beitragslast verteilt sich nach § 81 I WVVO auf die Mitglieder im Verhältnis der Vorteile, die sie von der Aufgabe des Verbandes haben, u n d der Lasten, die der Verband auf sich nimmt, um ihren schädigenden Einwirkungen zu begegnen. Regelmäßig sehen (Jie Satzungen einen Vorteilsmaßstab vor, ohne nach objektiven Kriterien die Vorteilsklassen abzugrenzen. Es bleibt d a n n Sachverständigen überlassen, für die Aufstellung des „Beitragsbuches" (§ 78 WVVO) Vorteilsklassen zu bilden und die einzelnen Mitglieder entsprechend einzuordnen. Das Bestimmtheitserfordernis, dem jede Sat-zungsnorm genügen muß, dürfte hier gelegentlich unterschritten sein. Wenn auch an eine perfekte Determinierung des Einzelbeitrags durch die N o r m aus sachlichen G r ü n d e n kaum gedacht werden kann, ist doch ein größeres M a ß an Vorausbestimmung anzustreben. Insgesamt erweist sich das überkommene Recht aber als praktikabel, und wegen des untergründig fortschwelenden Kompetenzstreites zwischen Bund und Ländern ist auch an keine N e u o r d n u n g zu denken. 3. Aufgaben und Organisation Die wichtigsten Aufgaben von Wasser- und Bodenverbänden sind Meliorationen der Gewässer u n d ihrer Ufer, die Herstellung und Unterhaltung von Benutzungsanlagen, die Be- oder Entwässerung von Grundstücken, die Beseitigung von Abwasser, die Beschaffung von Trink- und Brauchwasser sowie die Landgewinnung. Zusammengeschlossen sind einmal die sogenannten dinglichen Mitglieder — Eigentümer von Grundstücken, Bergwerken und Anlagen, ferner die Gewässer- und Uferunterhalter, schließlich alle beteiligten Gebietskörperschaften. Im Vordergrund steht die unternehmerische Tätigkeit des Verbandes; nur um diese zu ermöglichen, wird Befehl u n d Zwang ausgeübt. So übt der Verband selbst das Enteignungsrecht aus (§§ 30 ff. WVVO). Ferner steht dem Verbandsvorsteher Ordnungsgewalt gegenüber den Mitgliedern zu, soweit der Schutz des Verbandsunternehmens es erfordert (§§96 ff. WVVO). Die Aufsichtsbehörde übt Polizeigewalt zum Schutze der Anlagen gegenüber Dritten aus; der Verbandsvorsteher kann mit der Wahrnehmung beauftragt werden (§§ 102 ff. WVVO). Selbstredend ist auch die Beitragserhebung gegenüber den Mitgliedern autonom, um die staatsfreie Aufbringung der Mittel zu sichern (§§ 71 ff. WVVO). Nach § 4 II Ziff. 3 W H G kann die Wasserbehörde übrigens Erlaubnisse und Bewilligungen zugunsten Dritter mit der Auflage verbinden, bestimmte Zuschüsse zu den Kosten zu erbringen, die eine Körperschaft des öffentlichen Rechts trifft, um eine mit der beabsichtigten Benutzung verbundene Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu verhüten oder auszugleichen. In dieser Hinsicht wird es sich stets um vorhandene oder neugebildete Wasser- u n d Bodenverbände handeln. 96

Dazu ausführlich Maue, ZfW 1967/68, 244 ff. mit Rechtsprechungshinweisen.

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Die Verbandsversammlung ist die eigentliche Vertretungskörperschaft (§§ 62, 63 WVVO). Schon in der Satzung wird indes zumeist ein Ausschuß gebildet, der die Verbandsmitglieder gegenüber dem Vorstand vertritt. Die Verbandsmitglieder wählen die Mitglieder des Ausschusses. Der Vorstand besteht entweder nur aus einem Verbandsvorsteher oder aus diesem und einer satzungsmäßig bestimmten Zahl von Verbandsmitgliedern. Die Verfassung ist straff dualistisch, der Vorstand keineswegs voll weisungsgebunden. Die großen wasserwirtschaftlichen Verbände Nordrhein-Westfalens, die Emschergenossenschaft, der Lippeverband, der Ruhrverband, der Ruhrtalsperrenverein, die linksniederrheinische Entwässerungsgenossenschaft (LIN E G ) und der Große Erftverband 9 7 sind jeweils durch SonderG begründet worden. Im Ruhrgebiet ist die jahrzehntelang bewährte „Klassifizierung" der Emscher als Abwasserfluß, der Ruhr als Wasserversorgungsreservoir ein Beispiel zukunftweisender Planung gewesen. Wer das Wasserrecht eines Landes erfassen will, darf nicht bei der wasserbehördlichen Reglementierung der Gewässerbenutzung stehen bleiben. Organisation und Leistungsfähigkeit der Verbände mit ihrer unternehmerischen Aufgabenstruktur bestimmen mindestens in dem gleichen Maß, welchen Stand die Wasserwirtschaft erreicht hat und erreichen kann.

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G des Landes Nordrhein-Westfalen über die Gründung des Großen Erftverbandes vom 3. Juni 1958 (GVB1. S. 253); dazu BVerfG E 10, 89ff.

Z E H N T E R ABSCHNITT Thomas Oppermann

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Bildung

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SchulG vom 20. 2. 1978 (GBl. S. 69). SchulverwaltungsG vom 24. 7. 1978 (GBl. S. 167). Hamburg: BildungsurlaubsG vom 21. 1. 1974 (GVB1. S. 6). SchulverfassungsG i. d. F. vom 17. 10. 1977 (GVB1. S. 297). PrivatschulG vom 12. 12. 1977 (GVB1. S. 389). SchulG der Freien und Hansestadt Hamburg vom 5. 6. 1979 (GVB1. S. 129). Hessen: G über den Anspruch auf Bildungsurlaub vom 24. 6. 1974 (GVB1. S. 300). G zur Förderung der außerschulischen Jugendbildung i. d. F. vom 15. 12. 1975 (GVB1. S. 302). G über die Mitbestimmung der Erziehungsberechtigten und den Landesschulbeirat i. d. F. vom 14. 7. 1977 (GVB1. S. 319). SchulpflichtG i. d. F. vom 17. 3. 1978 (GVB1. S. 153). SchulverwaltungsG Neufassung vom 4. 4. 1978 (GVB1. S. 231). G zur Förderung von Einrichtungen der Erwachsenenbildung Neufassung vom 9. 8. 1978 (GVB1. S. 501). Niedersachsen: G zur Förderung der außerschulischen Jugendbildung vom 27. 5. 1974 (GVB1. S. 258). G über den Bildungsurlaub für Arbeitnehmer, Neufassung vom 17. 12. 1974 (GVB1. S. 569). G zur Förderung der Erwachsenenbildung i. d. F. vom 22. 6. 1977 (GVB1. S. 190). SchulG i. d. F. vom 6. 11. 1980 (GVB1. S. 425). Nordrhein- Westfalen: Erstes G zur Ordnung und Förderung der Weiterbildung im Lande Nordrhein-Westfalen i. d. F. vom 5. 7. 1977 (GVB1. S. 448). G über die Mitwirkung im Schulwesen vom 13. 12. 1977 (GVB1. S. 448). Erstes G zur Ordnung des Schulwesens im Lande Nordrhein-Westfalen i. d. F. vom 21.2. 1978 (GVB1. S. 80). SchulverwaltungsG Neufassung vom 16. 8. 1978 (GVB1. S. 516). SchulfinanzG i. d. F. vom 14. 7. 1979 (GVB1. S. 479). SchulpflichtG i. d. F. vom 2. 2. 1980 (GVB1. S. 164). Rheinland-Pfalz: PrivatschulG i. d. F. vom 6. 11. 1974 (GVB1. S. 512). WeiterbildungsG vom 14. 2. 1975 (GVB1. S. 77). SchulG i. d. F. vom 23. 12. 1977 (GVB1. S. 460). Saarland: G Nr. 994 über die Mitbestimmung und Mitwirkung im Schulwesen vom 27. 3.1974 (ABl. S. 381). G Nr. 812 zur Ordnung des Schulwesens im Saarland, i. d. F. vom 21. 6. 1978 (ABl. S. 674). G Nr. 969 zur Förderung der vorschulischen Erziehung i. d. F. vom 18. 2. 1975 (ABl. S. 368). G Nr. 751, PrivatschulG i. d. F. vom 5. 11. 1975 (ABl. S. 1214). G Nr. 910 zur Förderung der Erwachsenenbildung i. d. F. vom 17. 12. 1975 (ABl. 1976 S. 1). G Nr. 826 über die Schulpflicht im Saarland i. d. F. vom 30. 1. 1980 (ABl. S. 277).

Bildung

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Württemberg:

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Thomas Oppermann

Gliederung I. Umriß des Bildungsbereiches 1. Bildungsverwaltungsrecht als Teil des Kulturverwaltungsrechts 2. Bestandteile und Dimension der Bildungsordnung

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II. Schulwesen 1. Rechtsgrundlagen a) Bundesschulrecht b) Länderschulrecht 2. Grundlegende Merkmale der Schule a) Rechtsnatur b) Schulauftrag c) Schulverhältnis und Schulgewalt d) Innere Schulverfassung 3. Schulorganisation (Schularten und Schulstufen) a) Öffentliches Schulwesen und privates Schulwesen b) Pflichtschulen und Wahlschulen c) Allgemeinbildende und berufsbildende Schulen d) Grundschule und Hauptschule e) Realschule f) Gymnasium g) Berufsbildende Schulen h) Schulen mit Auslandsbezug i) Schulstufen 4. Außerstaatliche Beteiligung am Schulwesen (Gemeinden, Kirchen, Freies Schulwesen) a) Gemeinden b) Kirchen aa) Öffentliche Bekenntnisschulen bb) Religionsunterricht c) Privatschulen 5. Schulverwaltung 6. Schulaufsicht 7. Lehrer, Eltern, Schüler a) Lehrer b) Eltern aa) Konfessionelle Komponente des Elternrechts bb) Weltlich-demokratische (pädagogische) Komponente des Elternrechts c) Schüler 8. Berechtigungen

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III. Ergänzende Bildungsformen 1. Erwachsenenbildung a) Volkshochschulen b) Volksbüchereien c) Volksbühnen

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Bildung 2. Staatsbürgerliche (Politische) Bildung 3. Jugendbildung a) Jugendpflege b) Jugendschutz IV. Zentrale Kulturverwaltung im Bildungsbereich 1. Bildungsverwaltung der Länder 2. Überregionale Bildungsverwaltung a) Zusammenarbeit der Länder ^Bundesverwaltung und Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern V. Internationale Zusammenarbeit im Bildungswesen

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I. Umriß des Bildungsbereiches 1. Bildungsverwaltungsrecht als Teil des Kulturverwaltungsrechts Das Bildungsverwaltungsrecht ist neben Wissenschafts- und Kunstverwaltungsrecht einer der drei großen Bestandteile des Kulturverwaltungsrechts'. Mit diesen beiden Sachbereichen teilt es gewisse allgemeine Merkmale des Kulturverwaltungsrechts, die es in bestimmtem Maße von anderen Zweigen des besonderen Verwaltungsrechts abheben. Im kulturellen Bereich tritt der Staat mit der Welt des Geistes in Verbindung. Das ist unter den Bedingungen der modernen Industriegesellschaft unvermeidlicher denn je. Staatliche Vorsorge für Bildung und Ausbildung der Bürger, sowie für gute Voraussetzungen wissenschaftlicher und künstlerischer Tätigkeit gehören zu den Selbstverständlichkeiten heutiger Leistungs- und Ordnungsverwaltung. Andererseits ist zu bedenken, daß geistiges und künstlerisches Schaffen sich nach eigenen sachimmanenten Gesetzlichkeiten vollzieht. Staatliche Eingriffe und Förderung können hierbei nur bis zu einem gewissen Grade von Nutzen sein, nämlich solange, als sie nicht den sachgegebenen Eigengesetzlichkeiten der Kultursphäre zuwider laufen. Kennzeichnend für das Kulturverwaltungsrecht und damit für das Bildungsverwaltungsrecht ist daher ein im Vergleich zu anderen Verwaltungszweigen stärkeres Maß an Autonomie, Freiheit, Distanz zur Zwangsgewalt des Staates. Dem entspricht es, wenn die beherrschende Zentralnorm für Wissenschaft und Kunst, Art. 5 III GG, eine Freiheitsnorm ist. Im Bildungsbereich liegen die Dinge zwar etwas anders. Über Art. 7 I G G wird dem Gemeinwesen eine beträchtliche Gestaltungsmacht in Bildungsangelegenheiten eingeräumt. Zu ihr steht insbesondere das ebenfalls grundrechtlich verankerte Erziehungsrecht der Eltern in einem notwendigen Spannungsverhältnis. Bei beiden Normen steht das eigentliche Subjekt des Bildungsprozesses, der Jugendliche, etwas im Hintergrund. Das erklärt sich daraus, daß Bildung es in ganz anderem Maße als Wissenschaft und Kunst mit dem noch nicht fertigen jungen Menschen zu tun hat, der zu seiner Entwicklung eines gewissen Maßes an Fremdbestimmung bedarf. Trotz der sich hieraus ergebenden stärkeren Rolle u. a. auch des Staates im Bildungswesen gilt die Grundtatsache der kulturellen Autonomie in vielem auch hier. Das wird an Problemkreisen wie z. B. der pädagogischen Freiheit des Lehrers, bei Elternrecht und Elternmitverwaltung, bei der Grundrechtsmündigkeit des Schülers, der Schülermitverantwortung oder auch im Privatschulwesen immer wieder sichtbar. Die „verwaltete Schule" ist ebensowenig ein sinnvolles Vorstellungsbild des Kulturverwal1

Vgl. Oppermann, KulturverwR, 1969, S. 6ff.; Wimmer, RdJB 1971, 33ff. Zum Sachbereich Wissenschaft vgl. in diesem Bande Kimminich, 11. Abschn. Der Kunstbereich wird in diesem Bande nur teilweise im Abschnitt Presse und Rundfunk berührt, vgl. Rudolf, 12. Abschn.

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tungsrechts wie eine ganz vom Staat beherrschte Hochschule oder eine ausschließlich als Dienerin des Staates gesehene Kunst. 2. Bestandteile und Dimension der Bildungsordnung Die verwaltungsrechtliche Ordnung des Bildungswesens gliedert sich ihrerseits in einzelne Sachbereiche. Kernstück ist das Schulwesen, dem auf der anderen Seite einige ergänzende Bildungsformen gegenüberstehen. Oberhalb der Einzeleinrichtungen ist die Bildungsverwaltung Bestandteil der allgemeinen, zentralen Kulturverwaltung in den Ländern (Kultusministerien) und auf überregionaler und Bundesebene (z. B. Bundesminister für Bildung und Wissenschaft). Im näheren umfaßt das Schulwesen die verschiedenen Schularten von der Volksschule (Grund- und Hauptschule), berufsbildendem Schulwesen, Real(Mittel-)Schule bis zu den Gymnasien (Höhere Schule). Die Schularten werden neuerdings zunehmend in übergreifenden Schulstufen vom Elementarbereich bis zum Sekundarbereich II zusammengefaßt. Die Abgrenzung zum Hochschulwesen ist in jüngerer Zeit an manchen Stellen schwierig geworden. Insbesondere im sog. „Akademiebereich" besteht eine spürbare Tendenz zur Überweisung von nunmehrigen Fachhochschulen als eigenständige Einrichtungen des Bildungswesens in einen weiter als früher gefaßten (Gesamt)Hochschulbereich. Überhaupt werden in der Bildungsreform die Gemeinsamkeiten zwischen Schule und Hochschule heute stärker als früher betont. Innerhalb der ergänzenden Bildungseinrichtungen sind im wesentlichen zu unterscheiden die Weiterbildung, die Erwachsenenbildung (Volkshochschulwesen, Volksbüchereien, Volksbühne), die z. T. mit dem Schulwesen verflochtene Staatsbürgerliche (politische) Bildung, aus dem Jugendrecht die Jugendbildung (Jugendpflege und Jugendschutz) und neuerdings auch die vorschulische Erziehung. Seinen quantitativen Dimensionen nach gehört das Bildungswesen zu den bedeutsamsten Erscheinungsformen öffentlicher Vorsorge für die Bevölkerung. In den siebziger Jahren werden z. B. in der Bundesrepublik Deutschland im allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulwesen (ohne Fachhochschulen) knapp 12 Millionen Schüler von etwa 530000 hauptamtlichen Lehrern unterrichtet. 1977 beliefen sich die öffentlichen Bildungsausgaben von Bund und Ländern (ohne Gemeinden) allein für das Schulwesen auf etwa 27,5 Milliarden DM und machten damit etwa die Hälfte der kulturellen Gesamtausgaben für Bildung, Wissenschaft und Kunst von ungefähr 52 Milliarden DM aus. Dennoch wird von amtlicher und sachverständiger Seite durchweg die Auffassung vertreten, daß dieses Ausgabenvolumen im Zeichen der Bildungsexpansion weiterer kräftiger Steigerung bedürfe 2 . Die zunehmenden Finanzprobleme Anfang der achtziger Jahre lassen aber inzwischen allenfalls noch ein geringes Wachstum erwarten. 2

Grundlegende statistische Daten zum Bildungswesen z. B. in: Kulturpolitik der

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II. Schulwesen 1. Rechtsgrundlagen Die Struktur des öffentlichen Schulrechts wird maßgebend durch die föderale Gliederung der Bundesrepublik Deutschland bestimmt. Der Schwerpunkt der Regelungsbefugnis im Bildungswesen liegt eindeutig bei den Ländern. Dennoch ist es unrichtig, die sog. Kulturhoheit der Länder absolut zu sehen. Insbesondere im GG selbst, aber nicht nur dort, gibt es eine Reihe von Normen, die unmittelbar oder mittelbar als Bestandteil eines Bundesbildungsrechts zu begreifen sind. Die Einbeziehung der einschlägigen verfassungsrechtlichen Aussagen in das Bildungsverwaltungsrecht ist infolge ihrer unmittelbaren Geltungswirkung (Art. 1 III, 20 III GG) notwendig. Wie überall ist auch im Bildungsbereich das Verwaltungsrecht heute als „konkretisiertes Verfassungsrecht" (Fritz Werner) zu verstehen. a) Bundesschulrecht: Aus dem G G ergeben sich einerseits schulrechtliche Auswirkungen der allgemeinen Staatsform- und Staatszielbestimmungen (Art. 20, 28 GG), die man als Leitprinzipien der deutschen Schulverfassung bezeichnen könnte. Andererseits finden sich speziell schulrechtliche Aussagen vor allem im Grundrechtsteil. Die Rechtsstaatsentscheidung (Art. 19 IV; 20 II, III; 28 GG) bewirkte allmählich eine gewisse individualfreundliche, freiheitliche Auflockerung des Schulwesens. Dieser Prozeß ist noch nicht abgeschlossen 3 . Immerhin lebt die heutige deutsche Schule nicht mehr unter weitgehend exekutiver Regelungsgewalt in der Immunität eines undurchdringlichen besonderen Gewaltverhältnisses. Die moderne Schulrechtsetzung besinnt sich seit der Anerkennung der „Wesentlichkeitstheorie" (Grundlegende Entscheidungen hat das Parlament zu treffen) vielmehr zunehmend auf den Primat des parlamentarischdemokratischen Gesetzgebers 4 . Unter der Herrschaft der Generalklausel (Art. 19 IV GG, §§ 40 ff. VwGO) haben die Gerichte das Schulbenutzungsverhält-

Länder 1 9 7 7 - 1 9 7 8 (Hrsg. KMK), S. 289ff. und Zahlen im Bildungsgesamtplan der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung vom 20. 12. 1973 = BT-Drucks. VII/1474; Ferner Statist. Bundesamt: Bildung im Zahlenspiegel, 1977 und Statistisches Jahrbuch 1980. 3

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Vgl. die Erörterungen der Abteilung „Schule im Rechtsstaat" des 51. DJT (1976), insbes. Oppermann, Grundsätze, 1976, 44ff.; ferner Ossenbühl, DÖV 1977, 801 ff. Außer den in Fn. 3 Genannten, Hans Hecket, Eine Grundordnung der deutschen Schule, 1958; H.-U. Evers / E.-W. Fuss, W D S t R L 23 (1966), S. 147ff; Wimmer, DVB1. 1966, 846ff. = RdJ 1967, 258ff.; Richter, RdJB 1970, S. l f f . (zieht sogar Art. 5 III G G heran); Bestandsaufnahme bei Laaser, RdJB 1975, 57ff. Zur seit BVerfGE 33, 303ff. („NC") von der Rspr. entwickelten Wesentlichkeitstheorie unten Fn. 11.

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nis — zum Mißfallen mancher Lehrer — einer umfänglichen Rechtskontrolle unterworfen 5 . Aus der Sozialstaatsentscheidung (Art. 20 I, 28 GG) als einer allgemeinen Staatszielbestimmung lassen sich genau konkretisierte, bildungsspezifische Ansprüche an den Gesetzgeber nicht herleiten 6 . Dennoch ist die Sozialstaatlichkeit ernst zu nehmen 7 . Verfassungspolitisch und nach einigen Länderverfassungen sogar verfassungsrechtlich ist Bildung Bürgerrecht (Dahrendorf) 8 , d. h. Gesetzgebung und vollziehende Gewalt sind ständig aufgerufen, um des geistigen Wohles aller willen die Bildungseinrichtungen auf der Höhe der Zeit zu halten. So sind z. B. Regelungen über den Schulzugang, über die Chancen erfolgreicher Schulbeendigung oder über Ausbildungs- und Erziehungsbeihilfen stets im Lichte der Sozialstaatlichkeit zu sehen. Sie garantiert die Existenz eines grundsätzlich chancengleichen, ausgebauten Bildungswesens „dem Grunde nach" und untersagt dessen radikale Beseitigung. Weiterhin ist das Bekenntnis zur freiheitlichen Demokratie (Art. 20, 28 GG) auch im Schulwesen zu beachten. In z. T. enger Wechselbeziehung mit dem Rechtsstaatsgedanken äußert es sich zum einen in der verfassungsrechtlichen Anerkennung individueller Rechtspositionen gegenüber der staatlichen Schulgestaltungsmacht (z. B. Recht des Kindes auf Persönlichkeitsentfaltung, elterliches Erziehungsrecht, Recht auf freie Wahl der Ausbildungsstätte, Privatschulfreiheit, Regelung des Religionsunterrichts) 9 . Eine zweite Komponente des Demokratiegedankens im Schulwesen besteht in der Forderung nach einer Auflockerung überkommener hierarchisch-anstaltlicher Schulstrukturen zugunsten mehr kooperativer Formen. Ihr dient etwa eine Bevorzugung kollegialer vor direktorialen Entscheidungsorganen, eine gewisse pädagogische Freiheit des Lehrers gegenüber der Schulaufsicht, sowie die Einrichtung von Organen der Eltern- und Schülermitverantwortung im 5

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Bahnbrechend BVerwG E 1, 260; 5, 153. Vgl. Fritz Werner, DÖV 1958, 433ff.; Hans Heckel, DÖV 1963, 442ff.; Mampe, Rechtsprobleme im Schulwesen, 1965; Bachof, JZ 1963, 57; 1966, 787; zusammenfassend Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, 1976, Rdnr. 88ff. und Laaser, Die Verrechtlichung des Schulwesens, in: Bildung in der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 2, 1980, S. 1343ff.; H. Heckel, Einführung, 1977, S. 15 f. Oppermann, Grundsätze, 1976, S. 19ff.; a. A.: Heymann / Stein, A ö R 97 (1972), S. 185 ff., jedoch ohne dem Konflikt insbes. mit dem pari. Budgetrecht voll gerecht zu werden. Gerber, AöR 81 (1956), 1 ff.; E. R. Huber, Rechtsstaat und Sozialstaat in der modernen Industriegesellschaft, 1962; aber auch Werner Weber, Staat 4 (1965), 409ff. Art. 11 I bad.-württ. Verf.; Art. 128 I bayer. Verf.; Art. 27 brem. Verf.; Art. 8 S. 1 nordrh.-westf. Verf.; Abelein, DÖV 1967, 375ff.; F. Klein / F. Fabricius, Das Recht auf Bildung, 1969; Reuter, DVB1. 1974, 7ff.; verfassungspolitisch Dahrendorf, Bildung ist Bürgerrecht, 1965. BVerfGE 24, 119ff.; Ekkehart Stein, Das Recht des Kindes auf Selbstentfaltung in der Schule, 1967 (sehr weitgehend); Dahle, RdJ 1968, 307ff.; Oppermann, KulturverwR, 1969, S. 155ff.; ders., Grundsätze, 1976, C 82ff.

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Schulwesen („Demokratisierung i. e. S.")10. Dabei sind jedoch Sachgrenzen zu beachten. Sie ergeben sich erstens aus der Rechtsgestalt der Schule als einer Veranstaltung des Staates für spezielle Zielsetzungen (Bildungs- und Ausbildungsaufgabe), die eine schlichte Übertragung sämtlicher für das umfassende Gemeinwesen gültigen Demokratiegebote nicht sinnvoll erscheinen lassen. Zweitens ist auch hier in Rechnung zu stellen, daß es sich bei den Schülern um in der Entwicklung stehende Menschen handelt, denen gegenüber die Rechtsordnung aus diesen Gründen ganz allgemein sich in der Gewährung wesentlicher Positionen (z. B. Geschäftsfähigkeit, Wahlrecht) zurückhält. Schließlich verpflichtet das Demokratieprinzip in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip den Gesetzgeber, die wesentlichen Entscheidungen im Schulwesen selbst zu treffen und nicht der Schulverwaltung zu überlassen. Gerade dieser, als „Wesentlichkeitstheorie" bezeichnete Aspekt des Demokratieprinzips hat in letzter Zeit zu einer erheblichen Ausweitung des Gesetzesvorbehaltes im Bildungswesen geführt". Von geradezu konstituierender Bedeutung für die Struktur des heutigen deutschen Bildungswesens ist schließlich die Bundesstaatsentscheidung des GG (Art. 20, 28, 30, 70, 83) mit ihrer sehr weitgehenden Zuweisung der Bildungsangelegenheiten in die Gesetzgebungs- und Verwaltungshoheit der Länder. Die Verfassungsrechtsprechung hat Versuchen eine Absage erteilt, die Schärfe dieser Verteilungsnormen abzumildern 12 . Dennoch konnte der faktische Gesamtverbund im „unitarischen Bundesstaat" des GG (Konrad Hesse) vor dem Bildungswesen nicht haltmachen. Neben legitimen Einflußzonen des Bundes im Rahmen der Auswärtigen Beziehungen nach Art. 32 Abs. 1 GG (insbesondere auswärtige Kulturpolitik und Auslandsschulwesen) und der Beteiligung des Bundes an der Gemeinschaftsaufgabe Bildungsplanung nach Art. 91b GG äußert sich diese Zusammengehörigkeit in überregionaler Zusammenarbeit der Länder, so vor allem in der Ständigen Konferenz der Kultusminister (KMK) 13 . 10

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Zu ihr Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 130f., 425f.; Perschel, RdJB 1969, 33ff.; Evers/ Dietze, Zur Mitbestimmung in der Schule, 1970; H. Heckel, RdJB 1971, 129ff.; F. Meyer, Demokratie in der Schule, 1973 (Aktuelle Dokumente). Die Wesentlichkeitstheorie ist st. Rspr. seit BVerfGE 33, 303 ff. („NC"). Vgl. BVerfGE 34, 165ff. („Förderstufe"), 41, 251 ff. („2. Bildungsweg"), 45, 400ff. („Gymnasiale Oberstufe"), 47, 46 ff. („Sexualerziehung"). Ferner BVerwGE 47, 194ff. („Sexualerziehung"), 47, 201 ff. („5-Tage-Woche"). Aus der Lit. zur Wesentlichkeitstheorie Erichsen, VerwArch 67 (1976), S. 93ff.; Hennecke, RdJB 1976, 254ff.; Oppermann, Grundsätze 1976, C 48ff.; ders., JZ 1978, 289ff., Ossenbühl, in: Fs. f. Bosch, 1976, S. 751 ff.; ders., DÖV 1977, 801ff.; Kisker, NJW 1977, 1313ff.; Starck, NJW 1976, 1375ff.; Kisker / Scholz / Bismark, Avenarius, Gutachten für die Kommission Schulrecht des DJT, Bd. II, 1980, S. 9, 73, 153 ff. BVerfGE 6, 309ff. (Konkordatsurteil); BVerfGE 12, 205ff. (Fernsehurteil); etwas verbindlicher BVerfGE 22, 180ff. (Jugendwohlfahrtsgesetz); ferner unten IV., 1 - 2 . Derzeit sinnfälligster Ausdruck die Bund-Länder-Kommission für Bildungspia-

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Neben diesen Fundamentalentscheidungen enthält das GG einige weitere Einzelaussagen zur gemeindeutschen Bildungsverfassung. Sie sind nur bedingt in systematischen Zusammenhang zu bringen. Im Vordergrund steht die Polarität zwischen der staatlichen Schulgestaltungsmacht (Schulaufsicht i. S. d. Art. 7 I GG) und den Grundrechten der Eltern (Elterliches Erziehungsrecht nach Art. 6 II GG) sowie des Kindes selbst (Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit nach Art. 2 I GG). Es handelt sich hierbei um prinzipiell gleichrangige Verfassungsaussagen, deren Gegensätzlichkeit in der Praxis zum Ausgleich gebracht werden muß 14 . Dabei bleibt allerdings zu beachten, daß Art. 7 I GG als der einzigen schulspezifischen unter den drei Normen wphl eine gewisse Vorrangwirkung zukommt. Weiterhin verbürgt der Grundrechtsteil des GG mit der Privatschulfreiheit (Art. 7 IV GG), der Regelung des schulischen Religionsunterrichts (Art. 7 II, III i. V. m. Art. 4 I, II GG) sowie dem Recht auf freie Wahl des Berufes und der Ausbildungsstätte (Art. 12 I GG) weitere für das Bildungswesen grundlegend wichtige Einzelfreiheiten bzw. institutionelle Garantien. Außerdem können selbstverständlich alle möglichen weiteren Normen des GG je nach den Umständen auch im Bildungsbereich bedeutsam werden (z. B. Problematik der Meinungs- und Pressefreiheit bei Schülerzeitungen oder Bedeutung der Regelungen über den öffentlichen Dienst für die Lehrerschaft). Bildungspolitisch stehen neuerdings so im Vordergrund das Recht auf gleiche Chance beim Bildungserwerb und bei der freien Ausbildungswahl (Art. 2 I, 3 I, 12 I, 20 I GG) sowie das Recht auf eine ideologisch tolerante Schule (Art. 2 I, 4 I — II, 5 I - II, 6 II, 7 II - VI GG)15. Insbesondere muß das Länderrecht nach dem allgemeinen Vorrang des Bundesrechts (Art. 31 i. V. m. Art. 142 GG) dem im GG angelegten Kern der gemeindeutschen Bildungsverfassung entsprechen. Infolge der grundsätzlichen Zuweisung der Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenz an die Länder gibt es kaum einfaches Bundesschulrecht.

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nung und Forschungsförderung und der von ihr erarbeitete bundesweite Bildungsgesamtplan vom 20. 12. 1973 = BT Drucks. VII/1474. - Mit der Auflösung des Deutschen Bildungsrates 1975 ist andererseits diese weitere Form der Bundesbeteiligung an der Bildungsplanung entfallen. Näher dazu Dittmann, Bildungsplanung als Gemeinschaftsaufgabe, 1975; Raschert, Bildungspolitik im kooperativen Föderalismus, in: Bildung in der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 1980, S. 103ff. sowie unten IV, 2. Zum Verhältnis von Art. 7 I zu Art. 6 II grundlegend (im Sinne der Gleichrangigkeit) BVerfGE 34, 165 ff. (Hessische Förderstufe). Vgl. ferner etwa Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, zu Art. 7, RdNr. 14ff.; Oppermann, KulturverwR, S. 159ff.; ders., Grundsätze, C 98 ff. und Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Rdnr. 37 ff.. Zur schulrechtlichen Bedeutung des Art. 12 G G Holland, RdJB 1969, 259ff.; Oppermann, RuG 1972, 15f.; Clevinghaus, RdJB 1974, 321 ff. (zu weitgehend). Dazu Oppermann, Grundsätze, 1976, C 9 2 ; kritisch Preuß, RdJB 1976, 267ff. mit Entgegnung Oppermann, RdJB 1977, 44ff. und Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Rdnr. 276ff. In allgemeinerem Zusammenhang Püttner, Toleranz als Verfassungsprinzip, 1977.

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Während altes Reichsschulrecht über Art. 123 ff. G G nunmehr zu Länderrecht wurde, entstanden aus Gesichtspunkten des Sachzusammenhanges mit Bundeszuständigkeiten nur sehr selten einige Normen bildungsrechtlichen Inhaltes wie z. B. das Berufsbildungsgesetz vom 14. 8. 1969, der staatsbürgerliche und völkerrechtliche Unterricht in der Bundeswehr nach § 33 SoldatenG i. d. F. vom 22.4.1969, die Regelung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes i. d. F. vom 9.4. 1976 mit grundlegenden Rechtsansprüchen Bedürftiger auf finanzielle Förderung beim Schulbesuch oder das vornehmlich am Verbraucherschutz orientierte Fernunterrichtsschutzgesetz vom 24. 8. 1976. Ebenso gibt es in diesem Bereich kaum Bundesgewohnheitsrecht oder Erlaß von Verwaltungsvorschriften in nennenswertem Umfang. Andererseits sind auch in der einfachen Gesetzgebung eine Reihe allgemeiner Regelungen mit bildungsrechtlichem Sekundäreffekt zu beachten wie z. B. das BeamtenrechtsrahmenG im Hinblick auf die dienstrechtliche Stellung der Lehrerschaft oder das Arbeitsförderungsgesetz vom 25. 6. 1969 hinsichtlich beruflicher Ausbildung, Fortbildung und Umschulung. Weiterhin entfalten schulrechtliche Bestimmungen in auf Bundesebene transformierten völkerrechtlichen Verträgen der Bundesrepublik Deutschland (Kulturabkommen!) gewisse gesamtstaatliche Rechtswirkungen — nach richtiger Auffassung mindestens im Sinne einer verfassungsrechtlichen Pflicht der Länder gegenüber dem Bund zur weiteren Transformation in Länderrecht 16 . Schließlich erlangen im Zeichen eines kooperativen Föderalismus Bund-Länderverträge auch im Bildungswesen zunehmende Bedeutung (z. B. Abkommen über die gemeinsame Bildungsplanungskommission von Bund und Ländern, 1970). b) Länderschulrecht: Hier liegt der Schwerpunkt des heutigen deutschen Schulrechts. Bis auf Berlin, Hamburg und Niedersachsen formulieren bereits die Länderverfassungen die wesentlichsten Grundsätze zur Gestaltung des Schulwesens breiter aus als das GG 17 . Allgemein ins Auge fällt die durchgängige Betonung der Staatsaufsicht über das Unterrichtswesen, z. T. auch der allgemeinen Schulfplicht. Eine zweite Komponente besteht jedoch auch hier in der Anerkennung individueller und gesellschaftlicher Erziehungspositionen (Elternrecht, z. T. Recht auf Bildung, Privatschulfreiheit, sowie in heute stark reduziertem Umfang öffentliches Bekenntnisschulwesen), so daß insgesamt von einem durch Freiheitsrechte aufgelockerten System eines gewissen staatlichen Vorranges im Schulwesen gesprochen werden kann. Auf der Ebene der einfachen Ländergesetzgebung läßt sich in großen Zügen eine Art Typik des Schulrechts erkennen 18 . Manche Länder sind bestrebt, das 16 17

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Vgl. unten V. Oppermann, KulturverwaltungsR, S. 167ff.; H. Heckel, Einführung, 1977, S. 13ff. Zu einzelnen landesverfassungsrechtlichen Festlegungen Gallwas, BayVBl. 1976, 385ff. (Bayern); Schultze, in: Fs. f. 30 Jahre Hess. Verf., 1976, 230ff. (Hessen); Frowein, in: Fs. f. Ipsen, 1977, 31 ff. (Nordrh.-Westf.); Leist, in: Fs. f. Armbruster, 1976, 149ff. (Rh.-Pfalz). Gesamtübersichten bei Seipp (Hrsg.), SchulR, 1954ff. (Losebl.-Slg.); von Campen-

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Schulwesen in einem möglichst umfassenden allgemeinen Schulgesetz zu regeln (z. B. rheinl.-pfälz. SchulG i. d. F. vom 23. 12. 1977)19. Daneben finden sich Typen von Spezialgesetzen wie das Schulpflichtgesetz (z. B. Saarl. Schulpflichtig i. d. F. vom 30. 1. 1980)20, Regelungen über Unentgeltlichkeit des Schulbesuchs (z. B. saarl. G Nr. 998 über die Einführung und Durchführung der Lernmittelfreiheit i. d. F. vom 16. 2. 1977)21, über einzelne Schulzweige (z. B. bayer. VolksschulG i. d. F. vom 24. 7. 1978)22, das freie Schulwesen (z. B. bad.-württ. PrivatschulG i. d. F. vom 19. 7. 1979)23, sowie allgemeine Schulfinanzierungsgesetze (z. B. nordrh.-westf. SchulfinanzG i. d. F. vom 4. 7. 1979)25. Ein anderer Sonderbereich ist das öffentliche Dienstrecht der Lehrer. Infolge der immer weitergehenden Normierung des Schulrechts durch Ländergesetze ist Ländergewohnheitsrecht hier nur noch selten von Bedeutung. Wenn auch nicht Rechtsquelle im strengen Sinne des Wortes, sind die Verwaltungsvorschriften im Schulwesen immer noch ein wichtiges Instrument staatlicher Schulgestaltung (vgl. z. B. Rahmenrichtlinien). Inwieweit das unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten (insbes. Vorbehalt des Gesetzes) legitim ist, wird unterschiedlich beurteilt 26 . Neuerdings betont die Rechtsprechung zu Recht stärker, daß jedenfalls alle „wesentlichen" Entscheidungen im Schulwesen durch oder mindestens auf Grund Gesetzes zu erfolgen haben und nicht durch Verwaltungsvorschriften 27 . Hier bleibt noch manche rechtsstaatlich-demokratische „Aufräumungsarbeit" von den Landesgesetzgebern zu leisten. Uber das einzelne Bundesland hinaus spielen staats- und verwaltungsrechtliche Vereinbarungen zwischen mehreren oder allen Ländern eine sehr wesentliche Rolle im deutschen Schulwesen. Erst die sich hieraus ergebenden Bindungen machen den Bildungsföderalismus erträglich und bewahren ihn vor dem Abgleiten ins „Schulchaos". Die weiteste Bindung erfolgt bei den schulrechtlichen Staatsverträgen zwischen den Ländern. Hier ist das Hamburger Abkommen zur Vereinheitlichung auf dem Gebiete des Schulwesens i. d. F. vom 14. 10. 1971 das zentrale Instrument zur Harmonisierung der gemein-

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hausen / Lerche (Hrsg.), Dt. SchulR 1969ff. (Losebl.-Slg.); Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 411 ff.; Wolff/ Bachof, VwR II, § 101. GVB1. S. 460. 2 0 Abi. S. 277. 22 ABl. S. 197. GVB1. S. 167. 24 25 GBl. S. 314. GVB1. S. 769. GVB1. S. 479. Großes Mißtrauen gegen eigenständige Regelungsbefugnisse der Kultusverwaltung z . B . bei Dietrich Küchenhoff, RWS 1964, 203ff.; Fuss, VVDStRL 23 (1966), S. 147 ff. und Löhning, Der Vorbehalt des Gesetzes im Schulverhältnis, 1974. Vermittelnder Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 284ff.; Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, G G , Art. 7, Rdnr. 26; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und GG, 1968, S. 566ff.; Hennecke, Staat und Unterricht, 1972 und Wagner, RdJB 1976, 257ff.; großzügig dagegen Hans Peters bei Evers / Fuss, a. a. O., S. 249 ff. und — in allgemeinem Zusammenhang - Klaus Vogel, VVDStRL 24 (1966), S. 125 ff. Vgl. oben Fn. 11, ferner Hufen, JA 1977, 73 ff., 128 ff.

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deutschen Schulordnung 28 . Umstritten ist dagegen die Bindungswirkung der im Rahmen der Kultusministerkonferenz (KMK) laufend in großer Zahl zwischen den Verwaltungen gefaßten Beschlüsse29. Genau betrachtet ist eine allgemeine Antwort hierzu nicht möglich. Es ist vielmehr induktiv der einzelne Beschluß zu prüfen. Auf diesem Wege lassen sich sowohl nicht-bindende Empfehlungen u. ä. als auch bindende Verwaltungsvereinbarungen erkennen 30 . Während die Länder von ihrem internationalen Vertragsschließungsrecht im Schulwesen über Art. 32 III GG nur sehr selten Gebrauch gemacht haben, enthalten die Konkordate mit der katholischen Kirche (für das Schulwesen wesentlich bes. bayer. Konkordat vom 29. 3. 192431, Reichskonkordat von 20. 7. 193332, nieders. Konkordat vom 26. 2. 196533 und rheinl.-fälz. Konkordat vom 15. 5. 197334 sowie die Verträge der Länder mit den Evangelischen Landeskirchen (z. B. Loccumer Vertrag vom 19. 3. 195 535) wesentliche schulrechtliche Vereinbarungen, wie z. B. über Bekenntnisschulfragen oder Erteilung des Religionsunterrichts 36 . Schließlich ist auf die Ausübung des kommunalen Satzungsrechtes im Schulwesen als einer weiteren Schulrechtsquelle hinzuweisen 37 . 2. Grundlegende Merkmale der Schule a) Rechtsnatur: In aller Regel ist die einzelne Schule als nicht-rechtsfähige Anstalt ihres „Trägers" (Gemeinde, Land, evtl. auch ein Zweckverband) ausgestaltet 38 . Bei aller durch die Demokratisierung der heutigen Schule erfolgten Auflockerung ihrer Anstaltlichkeit ist die institutionelle Grundstruktur unverändert geblieben. Insbesondere besitzt die Einzelschule weder rechtliche Selbständigkeit noch mitgliedschaftlich geprägten Körperschaftscharakter. Es gibt bisher nur geringe Ansätze einer institutionellen „Freiheit der Einzelschule". Damit unterscheiden sich Schule und Hochschule in wesentlichen Punkten. Aus der Rechtsnatur als unselbständige Anstalt ergeben sich 28

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Text z. B. bad.-württ. GBl. 1972, S. 126 ff. Zur urspr. Fassung Hans Heckel, RdJ 1965, 51 ff. Laufende Zusammenstellung bei P. Seipp / A. Fütterer, Beschlüsse der K M K , 1960ff. (Losebl.-S.) - im folgenden zit.: B S / K M K - Abdruck der KMK-Beschlüsse z. T. auch im GMB1. Vgl. unten IV, 2. 31 GVB1. S. 53, zuletzt geändert durch Vertrag vom 29. 9. 1978 (GVB1. S. 673). RGBl. II, S. 679. 33 GVB1. S. 191 ff. 3 4 GVB1. S. 157. Nieders. GVB1. S. 159, z. T. geändert. Texte bei Hermann Weier, Staatskirchenverträge, 1967. Zu ihr Schuegraf, BayBgm 1958, 100 ff. Nachweise aus den Länderschulgesetzen bei Wolff / Bachof, VwR II, § 101, III, a) 1. — Ferner etwa Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 60ff.; H. Heckel, Einführung, 1977, S. 48ff.; Lang, Das Schulverhältnis als Anstaltsverhältnis, 1969; kritisch im Sinne der Stärkung des Selbstverwaltungsgedankens Stock, AöR 96 (1971), S. 392 ff.

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insbesondere in der Erledigung der äußeren Schulangelegenheiten mannigfache Konsequenzen, wie z. B. die Schulunterhaltung und in vielem auch -Verwaltung (gerichtliche und außergerichtliche Vertretung!) durch den Schulträger, sowie keine Vermögensfähigkeit und nur sehr eingeschränkte behördliche Befugnisse der Einzelschule. Auch die Zuordnung der Pflichtschulen zu bestimmten Schulbezirken („Einzugsgebiete") weist sie als unselbständige Teile eines übergreifenden staatlichen Schulgestaltungswillens aus. In der Reformdiskussion (Strukturplan des Bildungsrates 1970) wird neuerdings eine Stärkung „materieller" Selbstverwaltung der öffentlichen Schule empfohlen 39 . b) Schulauftrag: Die Anstalt Schule ist um eines bestimmten Auftrages willen geschaffen worden. In ihr sollen je nach Schulart verschieden junge Menschen (neben den elterlichen Bemühungen) von öffentlicher Seite in ihrer geistig/sozialen Entwicklung gefördert werden40. Die Schule will also im Grunde zugunsten der Schüler bestimmte Leistungen erbringen. Dabei lassen sich im wesentlichen die beiden Komponenten einer nicht im unmittelbaren Sinne utilitaristischen Bildung und die stärker zweckgerichtete Ausbildung im Hinblick auf bestimmte Berufe unterscheiden. Beide Ziele schließen im Hinblick auf das Alter der Schüler einen Erziehungsauftrag der Schule ein. Er kann die Entwicklung der Kritikfähigkeit des Schülers einschließen, verfehlt jedoch die anderen erwähnten Bildungsziele, wenn Verengungen im Sinne einer reinen „Erziehung zum Widerstand" o. ä. auftreten 41 . Die Schwerpunkte dieser verschiedenen Aspekte des Schulauftrages werden in den einzelnen Schulzweigen verschieden gesetzt, z. B. im allgemeinbildenden Schulwesen einerseits, im berufsbildenden Schulwesen andererseits. c) Schulverhältnis und Schulgewalt: Dieser Schulauftrag ist es, der innerhalb des Schulverhältnisses die öffentliche Bestimmungsmacht der Schule über die Schüler legitimiert und ihr zugleich die Grenzen setzt. Innerhalb der Schulanstalt stehen ihre „Benutzer" in einem besonderen Pflichtenverhältnis (bisher: „Gewaltverhältnis") zu den Schulorganen, insbesondere zu den Lehrern. Damit ist nicht eine Autoritätsausübung um ihrer selbst willen gemeint. Die Forderung nach der „humanen Schule" (Flitner, von Hentigu. a.) ist grundsätzlich eine Selbstverständlichkeit. Die Schulgewalt besteht vielmehr, damit die der Schule zufallenden Leistungsaufgaben an den ihr anvertrauten jungen Menschen verwirklicht werden können. Aus der Zusammenführung von Gruppen noch entwicklungs- und erziehungsbedürftiger Personen ergibt sich die Notwendigkeit, von ihnen Mitarbeit, aber nötigenfalls auch Einordnung sowie Anerkennung und Duldung schulischer Maßnahmen verlangen und 39 40 41

Dazu Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Rdnr. 21 ff. Vgl. z. B. § 2 nds. SchulG. So mit Recht Frowein, in: Fs. f. Geiger, 1974, S. 579ff.; Maunz, RdJB 1976, 264ff.; Roellecke, DÖV 1976, 515 ff. Zu einseitig Büchner, RdJB 1974, 353ff.

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durchsetzen zu können, um den Entwicklungsauftrag der Schule zu erfüllen. Nur so kann im übrigen das „Recht auf Bildung" verwirklicht werden. Die intensivsten Ausformungen der öffentlichen Schulgewalt sind die allgemeine Schulpflicht und die Schuldisziplinargewalt. Die Volks- und Berufsschulpflicht ist z. Z. in den Länderverfassungen, z. T. in einfachen Gesetzen im Regelfall vom 6. bis zum 18. Lebensjahr, nach Voll- und Teilzeitschulpflicht gestaffelt, festgelegt. In der bildungspolitischen Erörterung befinden sich die Vorverlegung des Schuleintrittalters und die Einrichtung vorschulischer Erziehung 42 . Das Hamburger Schulabkommen der Bundesländer i. d. F. vom 14. 10. 1971 sieht eine Vollschulpflicht von mindestens 9 Jahren vor 43 . Im Zeichen der Bildungsexpansion bestehen Bestrebungen, solche Fristen um ein 10. Vollschuljahr (u. U. als Berufsgrundbildungsjahr) zu verlängern. Die Schulpflicht, die sich vor allem in der Schulbesuchspflicht und in Verhaltenspflichten näher ausprägt, stellt den umfassendsten Eingriff des Staates in die persönliche Freiheitssphäre der Gesamtheit seiner Bürger dar. Er rechtfertigt sich aus dem oben umrissenen Schulauftrag des Staates, der sich letztlich auf den Gedanken demokratisch-staatsbürgerlicher Bildungs- und sozialstaatlicher Daseinsvorsorge zurückführen läßt. Nötigenfalls kann die Schulpflicht durch Ordnungsmaßnahmen bis zum Schulzwang durchgesetzt werden 44 . Die in der Schulpflicht liegenden Verhaltenspflichten, die sich im übrigen nicht streng räumlich auf das Schulgelände zu beschränken brauchen, schließen u. a. die Vorstellung eines Schulstreiks aus 45 . Die Schuldisziplinargewalt (Schulordnungsgewalt) ist im Grundsatz ebenfalls als ein letztes Hilfsmittel zur effektiven Durchführung des allgemeinen Schulauftrages gerechtfertigt. In der individualfreundlich-rechtsstaatlichen Atmosphäre des GG, von dessen Grundrechtsgewährung richtiger Auffassung nach auch der minderjährige Schüler jedenfalls nicht a limine ausgeschlossen ist (Problem der „Grundrechtsmündigkeit"), sind jedoch die Konturen der Schuldisziplinargewalt enger gezogen worden als früher. Das gilt insbesondere für Schulstrafen wie das Züchtigungsrecht des Lehrers, Nachsitzen, Schularrest oder Schulausschluß. Solche Maßnahmen bedürfen heute i. d. R. formell-gesetzlicher Ermächtigung, jedoch hat die Schulverwaltung in den meisten Bundesländern insbesondere auf das Züchtigungsrecht verzichtet. Aber auch dort, wo diese Maßnahmen weiter angewendet werden, sind 42

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Vgl. etwa § 47 Abs. 2 nds. SchulG und das saarl. G Nr. 969 zu Förderung der vorschulischen Erziehung vom 9. 5. 1973 (ABl. S. 373). Zu den teilweise ernüchternden Erfahrungen mit entsprechenden Modellversuchen vgl. den Abschlußbericht für N R W , LT-Drucksache 8/743. Wesentlich auch KMK-Beschluß über vorzeitige Einschulung von noch nicht schulpflichtigen Kindern vom 28. 3. 1968. — Einzelheiten zur Schulpflicht Seipp, RWS 1964, 250ff., 281 ff., 309ff.; Einführung 1977, S. 88ff. Zu ihm Potrykus, RWS 1960/61, 237ff.; Heckel/Seipp, Schulrechtskunde, S. 281 f. VGH Bad.-Württ., bad.-württ. VB1. 1969, S. 138; zum „Schülerstreik" zusammenfassend Grupp, DÖV 1974, 661 ff.; Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, 1976, Rdnr. 241.

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die sich aus einer altersmäßig steigernden Grundrechtsmündigkeit der Schüler (Art. 2 II S. 1, Art. 12 I S. 1, Art. 104 I, II G G ) und allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen (Übermaßverbot) ergebenden Grenzen genauer als früher zu beachten 4 6 . Wie bei diesen Spezialfragen läßt sich ganz allgemein sagen, daß die staatliche Schulbestimmungsmacht in der heutigen deutschen Verfassungsordnung prinzipiell begrenzt ist. Einmal aus der Sache heraus durch den der Schule zugewiesenen Bildungs- Ausbildungs- und Erziehungsauftrag. So umfassend dieser sein mag, beinhaltet er doch nicht eine Totalbildung des Schülers an die Schule. Zum anderen setzen die individuellen Rechtspositionen der Schulbenutzer der öffentlichen Schulgewalt Grenzen. Hier sind sowohl Fundamentalnormen wie Art. 1, Art. 2 I, II und Art. 19 II G G zu beachten als auch stärker schulspezifische Verbürgungen wie z. B. das elterliche Erziehungsrecht des Art. 6 II G G oder die Privatschulfreiheit des Art. 7 IV GG 4 6 3 . Die hier im Einzelfall, wie etwa bei Schulversuchen, oft schwierigen Güterabwägungen zwischen solchen Rechten und der über Art. 7 I G G ebenfalls verfassungskräftigen staatlichen Schulgestaltungsmacht sind als ein Ausschnitt aus der Gesamtproblematik der Geltung der Grundrechte im bis vor kurzem sogenannten besonderen Gewaltverhältnis zu begreifen 47 . Trotz mancher fortbestehender dogmatischer Schwierigkeiten kann die frühere „Lücke im Rechtsstaat" (Forsthoff) f ü r die Praxis des Schulwesens inzwischen als weithin geschlossen gelten. Vom Rechtsschutz her gesehen hat die Verwaltungsrechtsprechung einen ziemlich festen Bestand an Grundakten innerhalb des Schulbenutzungsverhältnisses herausgearbeitet (vor allem A u f n a h m e in die Schule, Versetzung, Verweisung von der Schule, Schulabschluß), die als Rechts- und Verwaltungsakte mit Außenwirkungen von sonstigen innerdienstlichen „Betriebsregelungen" abgegrenzt und von den Schulbenutzern der Rechtskontrolle i. S. der §§ 40ff. VwGO zugeführt werden können 4 8 . 46

Insgesamt hierzu Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 321 ff.; Heckel, Einführung 1977, S. 105ff; Niehues, DVB1. 1980, 465ff. Zum Züchtigungsrecht Hesselberger, RdJB 1974, 17ff.; Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Art. 2, RdNr. 42ff.; Wolff / Bachof, VwR II, § 101, VII, d; Hennecke, Ordnungsrecht und Schülerstreik, in: K. Nevermann /1. Richter (Hrsg.), Rechte der Lehrer — Rechte der Schüler - Rechte der Eltern, 1977, S. 123 ff. Zum Schularrest Kohlhaas, RWS 1962, 335ff. = DRiZ 1962, 122ff. Zu Ausgangssperren Perschel, RdJ 1965, 79ff. Viele Gesichtspunkte auch in der strafrechtlichen Diskussion um das Züchtigungsrecht: zusammenfassende Nachw. bei Eser, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, Komm., 20. Aufl. 1980, § 223 Rdnr. 16ff. 463 Dazu Starck, DÖV 1979, 269 ff. 47 Dazu etwa Bachof, in: Fs. f. Laforet, 1952, S. 285ff.; H. Krüger / C. H. Ule, VVDStRL 15 (1957), S. 109ff.; Redeker / von Oertzen, VwGO, 5. Aufl. 1975, § 42 Anm. 68 ff. 48 Aus dieser im allgemeinen wohlabgewogenen Rechtsprechung etwa BVerwGE 1, 260; 5, 153; 15, 251; 17, 41; 19, 128; 23, 347; 27, 360; 35, 111. Zu ihr Fritz Werner, DÖV 1958, 433ff.; Bachof, JZ 1963, 57; JZ 1966, 787; Hans Heckel, DÖV 1963,

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Durch die neuerliche Problematisierung des besonderen Gewaltverhältnisses ist in dieser Frage jedoch die Tendenz zur totalen „Verrechtlichung" der besonderen Pflichtverhältnisse sehr verstärkt worden 49 . d) Innere Schulverfassung: Die Frage nach der Rechtsgestalt der Schule läßt sich schließlich auch organisatorisch stellen. Die innere Schulverfassung ist natürlich in bestimmtem Maße von der Rechtsform als unselbständige Anstalt vorbestimmt. So wird vor allem die Organisationsgewalt hier im wesentlichen von der übergeordneten Schulverwaltung und nicht durch die Einzelschule selbst wahrgenommen. Die Einzelschule gliedert sich regelmäßig in die für sie typischen Strukturen der Schulleitung, der Lehrerkonferenz, Prüfungsausschüsse, der Tätigkeit des Einzellehrers sowie daneben in Organe der Eltern- und Schülermitverwaltung. Eine grundsätzliche Unterscheidung besteht zwischen direktorialer (monokratischer) Schulverfassung, die dem Schulleiter starke Weisungsrechte gegenüber den übrigen Schulorganen einräumt und der kollegialen Schulverfassung mit insbesondere stärkerer Betonung des Beschlußrechtes der Lehrerkonferenz. Die größere Nähe des Kollegialprinzips zum Vorstellungsbild demokratischer Schulstruktur und seine Vorzüge unter pädagogischen Gesichtspunkten (Gesamtbewertung der Schülerleistung i. d. R. durch eine Mehrzahl fachlich spezialisierter Lehrer) sind offensichtlich. Andererseits erfordert eine effiziente Erledigung vor allem der äußeren Schulangelegenheiten die Konzentration eines bestimmten Maßes an Entscheidungsbefugnissen beim Schulleiter. Aus diesen z. T. widerstreitenden Sacherfordernissen hat sich inzwischen in der Schulgesetzgebung eine von Land zu Land etwas abgewandelte Mischform zwischen Direktorialund Kollegialprinzip als Regeltyp der inneren Verfassung der deutschen Schule herausgebildet50. Die bildungspolitische Diskussion über eine weitere „Demokratisierung der Schule" unter noch stärkerer organisatorischer Einbeziehung von Lehrern, Eltern und Schülern in die innere Schulverwaltung (sog. emanzipatorische Schulverfassung) befindet sich jedoch weiterhin im Fluß51.

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442ff.; Mampe, Rechtsprobleme im Schulwesen 1965; Evers / Fuss, VVDStRL 23 (1966), S. 147ff.; Bochalli, VerwR, § 31; Wolff, VwR II, § 101, V.; Niehues, Schulund Prüfungsrecht, 1976, Rdnr. 88ff.; 463ff. Grundlegend BVerfGE 33, 1 ff.; dazu etwa Fuss, DÖV 1972, 765ff. Differenzierender BVerwG DÖV 1975, 347ff., 349ff. mit Anm. Bosse. Näheres bei Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 69 ff.; Hans Heckel, Einführung, 1977, S. 48 ff.; Wolff/ Bachof VwR II, § 101; Oppermann, KulturverwR, S. 197f.; Rollfinke, Aula 3 (1976), 264ff.; Lawenstein-Wunder, RdGB 1977, 344ff.; Alfred J. Müller, RdJB 1977, 13 ff. Vgl. Stock, Pädagogische Freiheit und politischer Auftrag der Schule, 1971; Kell, Schulverfassung: Thesen, Konzeptionen, Entwürfe, 1973; Reuter, Partizipation als Prinzip demokratischer Schulverfassung, APUZ 2/75 (Beilage zu „Das Parlament"); Dietze, Von der Schulanstalt zur Lehrerschule, 1976; Nevermann, Grundzüge des Schulverfassungsrechts, in: Rechte der Lehrer — Rechte der Schüler — Rechte der Eltern, 1977, 173ff.; zusammenfassend Baumert, Aspekte der Schulor-

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3. Schulorganisation (Schularten und Schulstufen) Für das Schulwesen insgesamt kennzeichnend ist seine nach rationalen Gesichtspunkten durch die oberste Schulverwaltung unter verschiedenen Gesichtspunkten vorgenommene Gliederung. Von dem Grundsatz ausgehend, daß das Gemeinwesen an der Bildung, Ausbildung und Erziehung der gesamten Bevölkerung mitzuwirken hat, ergibt sich seit jeher für die Kulturverwaltung die Aufgabe übergreifender Bildungsplanung und Organisation, in welcher der Einzelschule der Stellenwert eines Mosaiksteines in dem Gesamtgefüge des Schulwesens zukommt. Auch so gesehen wird die Notwendigkeit der Synthese zwischen einzelschulischer Freiheit und zentralem staatlichen Schulgestaltungswillen deutlich. Reformen der Schulorganisation werden öfters (z. B. Gesamtschulmodell!) durch Schulversuche über eine Reihe von Jahren erprobt. Der objektiven Konzeption, Durchführung und Bewertung solcher Versuche kommt bildungspolitisch erstrangige Bedeutung zu 52 . a) Öffentliches Schulwesen und privates Schulwesen: Die erste große Unterscheidung ergibt sich zwischen dem mindestens tatsächlichen Regelfall des öffentlichen Schulwesens in der Bundesrepublik Deutschland und der Existenz eines über Art. 7 IV G G institutionell gesicherten privaten („freien") Schulwesens. Wesentlich für diese Unterscheidung ist die „Trägerschaft", d. h. die Einrichtung und Unterhaltung der Schule 53 . Öffentliche Schulen werden von Gebietskörperschaften (Land, Gemeinde) oder Zweckverbänden, evtl. auch von sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts getragen, private Schulen i. d. R. von nichtöffentlichen Trägern (Einzelpersonen, Vereinen u. ä.), aber auch von den Kirchen. In der Bildungsarbeit behält sich dagegen der Staat (d. h. die Länder) im Grundsatz eine Einflußnahme auf das „gesamte Schulwesen" (arg. Art. 7 I GG) vor, unabhängig von seinem öffentlichen oder privaten Charakter. Natürlich ergeben sich dabei Abstufungen dieses Einflusses. b) Pflichtschulen und Wahlschulen: Eine weitere wesentliche Unterscheidung, die sich mit derjenigen zwischen öffentlichem und privatem Schulwesen z. T. überschneidet, ist diejenige zwischen Pflichtschulen und Wahlschu-

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ganisation und Schulverwaltung, in: Bildung in der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 1980, S. 589 ff. — Zur verfassungs- und beamtenrechtlichen Problematik einer Schulleiterwahl auf Zeit Leisner, Vorgesetzten wähl?, 1974; Böhmer / Pfeifer, ZBR 1975, 37ff. Hierzu Satzke, Schulentwicklung durch Schulversuche, Erziehung und Unterricht 1976, 601 ff.; Stober, RdJB 1976, 54ff.; Weishaupt, Modellversuche im Bildungswesen und ihre wissenschaftliche Begleitung in: Bildung in der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, 1980, S. 1287 ff. Zur Unterscheidung öffentliches/privates Schulwesen Wolff / Bachof, VwR II, § 101; Hans Heckel, Einführung 1977, S. 18 ff., 32 ff. - Zur Trägerschaft Dittmann, Schulträgerschaft zwischen Kreisen und Gemeinden, 1978; Staupe, Strukturen der Schulträgerschaft und Schulfinanzierung, in: Bildung in der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 2, 1980, S. 867 ff.

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len. Weitgehend deckungsgleich mit der Wahlschule ist ferner die weiterführende Schule54. In den Pflichtschulen (vor allem Volksschule = Grund- und Hauptschule, Berufsschule) wird über die Schulpflicht der gesamten heranwachsenden Bevölkerung ein bestimmter Bildungsstandard vermittelt. Teilweise übernehmen aber auch untere Klassen weiterführender Schulen (Realschule, Gymnasium) diese Pflichten. Bei den Wahlschulen (vor allem Realschule, Gymnasium, verschiedene berufsbildende Fachschulen) steht der Gedanke freiwilliger Weiterbildung über das allgemeine „Volksbildungsminimum" hinaus nach dem Willen der Schüler bzw. ihrer Eltern im Vordergrund. Die „Freiwilligkeit" des Eintrittes in Wahlschulen ist freilich recht fragwürdig, wenn man an die große Bedeutung der Berechtigungen denkt, die mit dem erfolgreichen Abschluß weiterführender (Wahl)Schulen erworben werden (insbesondere Mittlere Reife, Fachschulreife, Hochschulreife). Nicht zu Unrecht ist von einem faktischen „Schulmonopol der höheren Schulen im öffentlichen Leben" gesprochen worden. Deshalb ist die Aufnahme in das Gymnasium („Höhere Schule") bzw. in vergleichbare Einrichtungen des Sekundarbereiches I zu einer der zentralen bildungspolitischen Fragen des Schulaufbaus geworden. Sie befindet sich unter wechselnden Stichworten (Positive oder negative Auslese, Ausschöpfung der Begabungsreserven, Förder- oder Orientierungsstufe, Elternrecht, freie Wahl der Ausbildungsstätte, Recht auf Bildung u. a.) seit den fünfziger Jahren in fortwährender Entwicklung 55 . Neuerdings steht mit der Gesamtschule ein Modell zur Diskussion, dessen Verwirklichung eine wesentliche Verschiebung des Verhältnisses zwischen Pflicht- und weiterführender Schule mit sich bringen würde 56 . c) Allgemeinbildende und berufsbildende Schulen: Nach dem Bildungsziel wird schulorganisatorisch zwischen allgemeinbildendem und berufsbildendem Schulwesen unterschieden 57 . Während sich Volksschule, Realschule und Gymnasium — in sich unterschiedlich — einer jedenfalls nicht im engsten Sinne nur praktisch-nützlichen, sondern eben „allgemeinen" Bildung widmen, verfolgen Berufsschule, Berufsfachschule und der sog. „Akademiebe54 55

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Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 29 ff. Dazu § 4 Hamburger Länderschulabkommen vom 28. 10. 1964; KMK-Beschluß vom 8./9. 12. 1960, B S / K M K Nr. 120; BVerwGE 5, 153ff.; BVerfGE 34, 165ff.; Werner Thieme.iZ 1959, 265ff.; Mampe, RWS 1962, 168ff., 202ff„ 235ff.; Werner Weber, RWS 1964, 33ff.; Dahrendorf, Bildung ist Bürgerrecht, 1965; Braunburger, RdJB 1968, 261 ff. Zusammenfassend Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 27ff.; Oppermann, KulturverwR, S. 194ff. Carl Heinz Evers, D U Z 1964, H. 9, 15ff.; Hamm-Brücher, Aufbruch ins Jahr 2000, 1967; Harnischfeger / Heimann / Siewert, Rechtsfragen der Gesamtschule, 1970; v. Dohnanyi, D U Z 1973, 354. Praktische Ansätze des Gesamtschulgedankens etwa in § 10 brem. SchulG vom i. d. F. 20.2. 1978 (GBl. S. 69), §§7, 11 hess. SchVG, Neufassung v. 4. 4. 1978 (GVB1. S. 231) und § 13 nds. SchulG i. d. F. v. 28. 6. 1977 (GVB1. S. 233). Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 31 ff.

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reich" (Fachhochschulen) stärkere Ziele der Ausbildung auf konkrete Berufsbilder hin (z. B. Techniker, Ingenieur). Jedoch sollte diese Unterscheidung nicht absolut verstanden werden. Die erste große Gliederung nach den Bildungszielen (allgemeinbildendes — berufsbildendes Schulwesen) setzt sich im einzelnen in den Schulzweigen fort. Hier bewegt sich die deutsche Bildungspolitik allmählich auf die grundlegende Entscheidung zu, ob sie in verbesserter Form an der bisherigen Gliederung vor allem im allgemeinbildenden Schulwesen (Hauptschule, Realschule, Gymnasium) festhalten soll oder ob über die Gesamtschule ein grundsätzlich anderes, eher zweigliedriges System gewählt werden soll, das vor allem durch „Integration" der Mittelstufe des gesamten Schulwesens die Berufs-Vorentscheidung bis zum Ende des 10. Schuljahres verschieben möchte 58 . Der Deutsche Bildungsrat hat schon 1969 eine Empfehlung zugunsten von Versuchen mit der Gesamtschule ausgesprochen. Vorerst wird die Gesamtschule in Versuchen verschiedener Bundesländer erprobt. Das z. Z. maßgebliche Hamburger Länderschulabkommen von 1964 (i. d. F. von 1971) geht im wesentlichen vom gegliederten Schulaufbau aus 59 . d) Grundschule und Hauptschule: Die Basis der Schulorganisation — sieht man von der bislang mehr theoretisch erörterten öffentlichen Vorschulerziehung ab — bildet die Grundschule. Sie umfaßt die ersten vier (z. T. sechs) Jahrgänge der öffentlichen Volksschule, deren obere Jahrgänge als Hauptschule zusammengefaßt werden 60 . Die Tendenz geht dahin, die Trennung Grundschule/Hauptschule stärker zu betonen und die Hauptschule neben Realschule und Gymnasium als die drei „auf der Grundschule aufbauenden Schulen" anzusehen (§ 4 Hamburger Länderschulabkommen von 1964/71). Daneben besteht die Möglichkeit einer gewissen Verlängerung der Grundschule dadurch, daß die Länder ein für alle Schüler gemeinsames 5. und 6. Schuljahr 58

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Vgl. die Lit. oben Anm. 56, ferner als Vorläufer geschichtlich Sienknecht, Der Einheitsschulgedanke, 1968, sowie als Modell den Rahmenplan zur Umgestaltung und Vereinheitlichung des allgemeinbildenden öffentlichen Schulwesens von 1959 (Hrsg.: Deutscher Ausschuß für das Erziehungs- und Bildungswesen). Zu der innerhalb des gegliederten Schulwesens möglichen Unterscheidung zwischen den (Flächen-)Ländern mit herkömmlichem Schulaufbau und den drei Stadtstaaten mit stärker einheitlich organisiertem Schulaufbau Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 27ff. Zu der 1978 in Nordrhein-Westfalen gescheiterten „Kooperativen Schule" als einer Zusammenfassung des gegliederten Schulwesens in Richtung Gesamtschule Ossenbühl, Verfassungsrechtliche Probleme der Kooperativen Schule, 1977. KMK-Beschluß vom 17./18.5. 1956 über Grundsätze für die Volksschule B S / K M K Nr. 130; KMK-Empfehlungen vom 3.7. 1969 zur Hauptschule, GMB1. 1969, S. 402f.; KMK-Empfehlungen vom 2. 7. 1970 zur Arbeit in der Grundschule, GMB1. 1970, S. 410. - Gesamtüberblick bei Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 31 ff.; Wolff / Bachof, VwR II, §101, b; Oppermann, KulturverwR, 1969, S. 201 ff. — Ferner Arendt, Verfassungsrechtliche Problematik der öffentlichen Vorschulerziehung, 1976.

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mit der Bezeichnung „Förder- oder Orientierungsstufe" schaffen können. Davon wird z. T. Gebrauch gemacht 6 1 . Eine solche Förderstufe steht zwar zwischen Grund- und weiterführender Schule, teilt aber mit der Grundschule deren entscheidendes Merkmal, daß sie alle Schüler des betreffenden Jahrganges umfaßt. Dieser über die Schulpflicht gegebenen Allgemeinheit der Grundschule kommt besondere Bedeutung zu, verwaltungsrechtlich im Sinne subjektiv-öffentlicher Berechtigung, über die Schulpflicht sogar Verpflichtung zum Volksschulbesuch 62 . Die Vermittlung des gleichen Bildungsgutes an die gesamte Bevölkerung in einem besonders aufnahmefähigen Alter entspricht aber auch wesensmäßig den Strukturen einer vom Gleichheitssatz geprägten Demokratie. Hierin liegt auch die Ratio gewisser Erschwerungen für die G r ü n d u n g privater Volksschulen und für die Beibehaltung des Vorschulverbotes (Art. 7 V, VI GG). Auch in einer militanter Nationalerziehung abholden Zeit kann die Bedeutung eines mehrjährigen gemeinsamen Erziehungsabschnittes für die gesamte Jugend kaum überschätzt werden. Das gilt nicht nur für die Entwicklung der grundlegenden geistigen Voraussetzungen für die Teilnahme am Sozialleben (Lesen, Schreiben, Rechnen u. ä.) 63 , sondern ebenso für die ersten Konturen einer staatsbürgerlichen Vorstellungswelt, die manchem damit für sein ganzes weiteres Leben mitgegeben wird 64 . Die Hauptschule ist je nach Grundschuldauer und Gesamtausbau (9. oder 10. Volksschulahr) die zwei- bis fünfjährige Oberstufe der Volksschule. Sie vermittelt denjenigen Kindern weitere Allgemeinbildung, die nicht auf (sonstige) weiterführende Schulen überwechseln. Im Sinne der allgemeinen Steigerung der Bildungsanforderungen wird angestrebt, den Unterrichtsinhalt der Hauptschule zu verbessern und von ihr zusätzliche Übergänge in weiterführende Schulzweige zu schaffen. Dennoch steht sie infolge der verstärkten

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Vgl. etwa § 5 brem. SchulG vom 18. 2. 1975 (GBl. S. 89), §§ 6, 16 nds. SchG i. d. F. v. 2 8 . 6 . 1 9 7 7 (GVB1. S. 233); § 6 Abs. 6 rheinl.-pfälz. SchulG vom 6 . 1 1 . 1 9 7 4 (GVB1. S. 487). Zur grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der „Förder"- oder „Orientierungsstufe" vgl. BVerfGE 34, 165 ff. mit Anm. Dietze, RdJB 1973, 175. Bestandsaufnahme bei Ziegenspeck, Zum Planungs- und Entwicklungsstand der Orientierungsstufe in der Bundesrepublik Deutschland, 1976. Geregelt in den Schulpflichtbestimmungen der Länderverfassungen bzw. -gesetze, die an die Stelle des ReichsschulpflichtG vom 6. 7. 1938 (RGBl. I, S. 799) traten. Zu Schulbesuchsrecht und -pflicht OVG Lüneburg, VerwRspr 11, 209ff.; BVerwG DVB1. 1958, 512; VG Hannover, RWS 1962, 341, und zusammenfassend Ihlenfeld, Pflicht und Recht zum Besuch öffentlicher Schulen nach dt. Bundes- und Landesrecht, 1971. So schon § 4 6 II 12 ALR: Vermittlung desjenigen Wissens und Könnens, dessen jeder vernünftige Mensch bedarf. — Heute im einzelnen in Länderverwaltungsvorschriften (Unterrichtsordnung, Stoffplan, Bildungsplan u. s. f.) niedergelegt, die bundesweit über KM K-Beschlüsse und z. T. sogar Länderabkommen harmonisiert sind. Näher dazu Oppermann, KulturverwR, S. 201 ff.

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Überleitung der Begabten in weiterführende Schulen bereits am Ende der Grundschule in steter Gefahr, „Restschule" zu bleiben65. Ein Sonderproblem des Volksschulwesens war das Vorhandensein wenig gegliederter Volksschulen (ein- oder zweiklassige sog. „Zwergschulen") in den Flächenstaaten. Nachdem über die pädagogische Rückständigkeit solcher Schulen zunehmende fachliche Übereinstimmung herrschte66, wurden sie im Zuge der Landschulreform in verschiedenen Bundesländern seit Mitte der sechziger Jahre weitgehend in größeren Einheiten zusammengefaßt 67 . Dieser Prozeß hing eng mit dem gleichzeitigen Abbau des öffentlichen Bekenntnisschulwesens zusammen. — Andere Sonderformen der Volksschule sind die Hilfsschulen für schwächer begabte und die Sonderschulen für durch körperliche Mängel u. ä. in der Entwicklung gehemmte Kinder 68 . e) Realschule: Die Real-(„Mittel"-)Schule vermittelt als weiterführende Schule eine über die Hauptschule hinausgehende allgemeine Bildung (§§ 6, 10 Hamburger Länderschulabkommen von 1964/71)69. Vor allem in der vieroder sechsklassigen Normalform vermittelt sie einen Bildungsinhalt, der einerseits weiter als der Standard der Hauptschule reicht, andererseits nicht so weit wie die Gymnasialbildung führen soll. Obwohl grundsätzlich allgemeinbildend, ist das Programm der Realschule doch etwas mehr berufspraktisch orientiert als dasjenige des Gymnasiums 70 . Abschluß der Realschule ist die Mittlere Reife, die den Zugang zu einer Reihe „gehobener" Berufsausbildungen eröffnet, u. a. im öffentlichen Dienst, aber auch über das berufsbildende Fachschulwesen bis zur fachbezogenen Hochschulreife 71 . Bildungspolitisch wird die Berechtigung einer eigenständigen Realschule sowohl durch die Erleichterungen beim Zugang zum Gymnasium und im Standard des Abiturs als auch durch das Gesamtschulmodell in Frage gestellt. f ) Gymnasium: Von besonderer Bedeutung unter den weiterführenden Schulen ist das Gymnasium („Höhere Schule")72. Vor allem in seiner sieben65 66

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Möller, Die Hauptschule, 1972. Picht, Die deutsche Bildungskatastrophe, 1965, S. 27ff.; Rückriem, Die Situation der Volksschule auf dem Lande, 1966. Frühere Schutzklauseln zugunsten der sog. „Zwergschule" in einigen Länderverfassungen wurden bis 1968 beseitigt. Vgl. ferner z. B. VG Minden DVB1. 1966, 48; BVerwG RdJB 1969, 89 ff. Vgl. etwa bayer. SonderschulG i. d. F. vom 17. 8. 1979 (GVB1. 319). KMK-Beschluß über die Stellung der Mittelschulen im Schulaufbau v. 17. 12. 1953 BS/KMK Nr. 150; ferner Oppermann, KulturverwR, S. 209 ff. § 7 Abs. 3 rheinl.-pfälz. SchulG vom 6. 11. 1974 (GVB1. S. 487). Bundesweite gegenseitige Anerkennung der Mittleren Reife über Abschnitt VIII des oben Anm. 69 genannten KMK-Beschlusses. Zur Bedeutung der Mittleren Reife für den gehobenen öffentlichen Dienst § 13 Nr. 2 BRRG i. d. F. der Bekanntm. vom 3. 1. 1977 (BGBl. I, S. 21) und Ganser, DöD 1957, 47ff. Wesentliche Rechtsgrundlagen: Hamburger Länderschulabkommen von 1964/71; KMK-Beschluß vom 7. 7. 1972 zur Neugestaltung der gymnasialen Oberstufe in

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oder neunklassigen Normalform (i. d. R. an die Grundschule bzw. Förderstufe anschließend) vermittelt es denjenigen Bestand an allgemeiner Bildung, der für die Zuerkennung der — über das Abitur ausgesprochenen — allgemeinen Hochschulreife für notwendig erachtet wird 73 . Daneben wird höhere Schulbildung in zunehmendem Maße für viele andere Berufe verlangt, die kein Hochschulstudium voraussetzen. Die durch das Gymnasium vermittelten Bildungsziele sind vielgestaltig, doch lassen sich seit längerem die drei großen Typen des altsprachlichen („humanistischen"), neusprachlichen und mathematisch-naturwissenschaftlichen Gymnasiums unterscheiden, daneben neuerdings das Wirtschaftsgymnasium 74 . Alle Gymnasien führen zu einer Abschlußprüfung (Abitur), auf Grund deren das Reifezeugnis i. S. der Qualifikation der allgemeinen Hochschulreife verliehen wird. Die Reifezeugnisse der verschiedenen Gymnasialtypen und gleichzeitig der einzelnen Bundesländer werden grundsätzlich untereinander als gleichwertig anerkannt 75 . Der begünstigende Verwaltungsakt der Zuerkennung der allgemeinen Hochschulreife stellt kulturverwaltungsrechtlich gesehen den wesentlichsten Grenzpunkt zwischen Bildungs- und Wissenschaftsbereich dar 76 . Spezielle Möglichkeiten, zur Reifeprüfung zu gelangen, werden mit dem sog. zweiten Bildungsweg angeboten (Abendgymnasium, internatsmäßige „Kollegs", Fernstudien, auch schon erste Ansätze zu Funk-(Fernseh-)Kollegs)77. Bildungspolitisch kommt dem Gymnasium im Verhältnis zur Grundschule einerseits, zur Hochschule andererseits in dem der Chancengleichheit verpflichteten Sozialstaat des GG zunehmend die Aufgabe eines ersten großen Verteilers in die verschiedenen, von Staat und Gesellschaft her vorgege-

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der Sekundarstufe II, B S / K M K Nr. 175/3 mit den entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen, z. B. hess. G zur Neuordnung der gymnasialen Oberstufe vom 21.6. 1977 (GVB1. S. 284). Gesamtüberblick: Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 33 f.; Wolff/ Bachof, VwR, II, § 101; Oppermann, KulturverwR, S. 211 ff. Ulshoefer, Die Geschichte des Gymnasiums seit 1945, 1967. § 17 Hamburger Länderabkommen vom 28. 10. 1964 i. V. m. KMK-Beschluß vom 20. 3. 1969 i. d. F. vom 20. 6. 1972 einer Vereinbarung über die gegenseitige Anerkennung der an Gymnasien erworbenen Zeugnisse der allgemeinen Hochschulreife, GMB1. 1969, S. 161 i. V. m. GMB1. 1972, S. 410 und KMK-Beschluß vom 7. 5. 1971 i. d. F. vom 8. 11. 1972 einer Vereinbarung über die gegenseitige Anerkennung von Zeugnissen der allgemeinen Hochschulreife, die an Gymnasien mit neugestalteter Oberstufe erworben wurden, GMB1. 1973, S. 102, sowie KMK-Beschluß vom 25. 11. 1976, GMB1. 1977, S. 79. - Ferner international: Europaratskonvention über die Gleichwertigkeit der Reifezeugnisse vom 11. 12. 1953 (BGBl. 1955 II, S. 599). Aus der Rspr. zum Abitur: VG Ffm. JZ 1962, 504; OVG Saarlouis RWS 1963, 150; bad.-württ. VGH VerwRspr. 12, 524; BVerfGE 33, 303ff.; 43, 291 ff.; („Numerus Clausus"); OVG Münster DÖV 1975, 358ff. Belser, Zweiter Bildungsweg, 1960; Wolff/ Bachof VwR II, § 101, II, d (dort auch zum „3. Bildungsweg" der Einzelbegabtenprüfung); Blinkert, Die Situation von Abendgymnasium und Kollegs in der Bundesrepublik Deutschland, 1974.

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benen Sozialfunktionen zu. In diesem Sinne ist von der Verfassung her die gleiche Bildungschance für jeden zu fordern, wobei sich die notwendige Auslese am Leistungsprinzip zu orientieren hat 78 . g) Berufsbildende Schulen: Am berufsbildenden Schulwesen fällt im Vergleich zum allgemeinbildenden eine nicht immer glückliche Typenvielfalt auf 79 . Sehr zu Unrecht ist das berufsbildende Schulwesen in der allgemeinen Schulreform Jahrzehnte hindurch vernachlässigt worden. Da der Bund seine hier z. T. gegebene Gesetzgebungszuständigkeit (Art. 74 Ziff. 11, 12, 13 GG) nur partiell ausnutzte und auch die KMK nicht grundlegend harmonisierte, orientiert sich die Typik des berufsbildenden Schulwesens noch maßgeblich an älteren Leitbildern 80 . Basis ist die Berufsschule, regelmäßig als berufsbegleitende Teilzeitschule geführt. Auf ihr erfüllen vor allem Hauptschulabgänger den Rest ihrer allgemeinen Schulpflicht (durchschnittlich drei Jahre) 81 . Die Berufsschulen sind entsprechend Berufsbildern der Ausbildungsberufe vielfältig gegliedert (kaufmännisch, gewerblich, landwirtschaftlich u. s. f.). Neben oder nach dem Besuch der Berufsschule vermittelt die Berufsaufbauschule als mindestens einjährige Vollzeitschule eine über das Ziel der Berufsschule hinausgehende allgemeine und fachtheoretische Bildung. Von der Berufsschule ist als zweiter Grundtyp des berufsbildenden Schulwesens die Berufsfachschule zu unterscheiden. Ihr Erscheinungsbild ist nach den Voraussetzungen (Hauptschulabschluß, Mittlere Reife), der Ausbildungsdauer (1—3 Jahre), ihrem Abschluß (Fachschulreife, z. T. auch fachbezogene Hochschulreife) und der fachlichen Ausrichtung (gewerblich, kaufmännisch, hauswirtschaftlich, pflegerisch, künstlerisch u. a.) äußerst differenziert. Gemeinsames Unterscheidungsmerkmal gegenüber der Berufsschule ist eigentlich nur der 78

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Dahrendorf, Bildung ist Bürgerrecht, 1965; Peisert, Soziale Lage und Bildungschancen in Deutschland, 1967; Maunz, Fs. f. Geiger, 1974, 545ff; Trommer-Krug, Soziale Herkunft und Schulbesuch, in: Bildung in der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 1980, S. 217 ff. Gesamtüberblick: Ipsen, Berufsausbildungsrecht für Handel, Gewerbe und Industrie, 1967; Oppermann, KulturverwR, 205ff.; Richter, Die Rechtsprechung zur Berufsausbildung, 1969; Schannewitzky, Organisation des beruflichen Schulwesens, 1972; Georg, Einführung in die Grundlagen des Berufsbildungsrechts, 3. Aufl. 1977; Speiberg, GewArch 1977, 105 ff. Wichtig besonders der Erlaß des RMWEV vom 29. 10. 1937 und KMK-Beschluß v. 8. 12. 1975 über die Bezeichnungen zur Gliederung des beruflichen Schulwesens = Kulturpolitik der Länder 1 9 7 5 - 7 6 , 1977, 327f. Ferner einige, spezielle KMK-Beschlüsse, besonders bedeutsam Rahmenvereinbarungen über das Berufsgrundbildungsjahr vom 6.7. 1973, BS/K.MK Nr. 321. Näher zu den sehr differenzierten Rechtsgrundlagen auf Landesebene die oben Anm. 79 genannte Lit. Im Bund das ArbeitsförderungsG v. 25. 6. 1969 (BGBl. I, S. 528) und das BundesausbildungsförderungsG v. 26. 8. 1971 (BGBl. I, S. 1409); zum letzteren Bachmann, Bundesausbildungsförderungsgesetz, 5. Aufl. 1976. Zum korrespondierenden Recht des Jugendlichen auf Berufsausbildung Walter Becker, N D V 1957, 161 ff.

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Charakter als Vollzeitschule und der i. d. R. zu einer Berechtigung führende Abschluß. Dagegen ist die Abgrenzung zum dritten Grundtyp, der Fachschule, im einzelnen oft unscharf. Auch dieser anspruchsvollste Bereich des berufsbildenden Schulwesens ist in sich vielfältig und nicht immer systematisch-logisch gegliedert. Gemeinsam ist die Voraussetzung der Fachschulreife (i. d. R. Mittlere Reife und abgeschlossene Berufsausbildung) und bei gutem Abschluß die Verleihung der Berechtigung zur Fachhochschulreife. Ländereinheitlich wird seit 1968 als ein Sondertyp der Fachschule insbesondere die Fachoberschule organisiert. Jenseits der Fachschulen befinden sich seit dem Ministerpräsidentenabkommen vom 31. 10. 1968 die Fachhochschulen (insbesondere frühere Ingenieur- Bau- und Chemieschulen bzw. -akademien) als eigenständige Einrichtungen des Bildungswesens im Hochschulbereich im Übergang in einen weiter als früher gefaßten (Gesamt)Hochschulbereich 82 . h) Schulen mit Auslandsbezug: In lockerem Bezug zur deutschen Schulorganisation stehen schließlich auch die deutschen Auslandsschulen, internationale Schulen mit deutscher Beteiligung und ausländische Schulen in der Bundesrepublik Deutschland 83 . Die deutsche Auslandsschule ist i. d. R. eine Schule privaten Rechts, wird aber vom deutschen Staat (Kulturabteilung des AA, Zentralstelle für das Auslandsschulwesen beim Bundesverwaltungsamt, Ausschuß für Auslandsschulwesen des KMK) sachlich und personell unterstützt, und ihre Berechtigungen werden oftmals in der Bundesrepublik anerkannt 84 . Es bestehen wieder ca. 250 Auslandsschulen mit 1500 Lehrkräften und ca. 100000 Schülern. Ähnlich beteiligt sich die Bundesrepublik an verschiedenen internationalen, insbesondere den Europäischen Schulen. Das Ausmaß der deutschen Mitwirkung, die Bildungsinhalte und die Anerkennung der Berechtigungen sind hier i. d. R. völkervertragsrechtlich festgelegt 85 . Umgekehrt 82

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So die Ergänzungen vom 31. 10. 1968 des Hamburger Länderschulabkommens vom 28. 10. 1964 (Fachoberschule) und das Länder-Fachhochschulabkommen vom 31.10.1968. Beispiel eines Gesetzes: bad.-württ. FHG vom 2 2 . 1 1 . 1 9 7 7 (GBl. S. 522); ferner Fleck, DÖV 1971, 590ff. Zur Sonderentwicklung bes. der Ingenieurschulen KMK-Beschluß i. d. F. vom 28./29. 4. 1965 zur Vereinheitlichung des Ingenieurschulwesens und zur Graduierung B S / K M K Nr. 440. Im einzelnen K.-J. Nagel / E. Oesterreich / S. Uhlig, Ingenieurschulrecht (Losebl.-Ausg.). Vgl. ferner Kimminich, Wissenschaft, unten 11. Abschn. II 1 a. Überblick: Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 153 ff.; Oppermann, KulturverwR, S. 216 ff. und Jutzi, Die Deutschen Schulen im Ausland, 1977. Jaenichen, Bulletin 1961, 211 f.; Kulturpolitik der Länder 1 9 7 7 - 1 9 7 8 (Hrsg. KMK), 1979, S. 335ff. KMK-Beschluß über die Zuständigkeit des AA und der K M K für die deutschen Schulen im Ausland, GMB1. 1970, S. 299; KMK-Beschluß über die Ordnung der deutschen Reifeprüfung im Ausland, GMB1. 1974, S. 244ff. Z. B. Satzung der Europäischen Schule vom 12. 4. 1957 nebst Prüfungsordnung der Europäischen Reifeprüfung vom 15. 7. 1957 (BGBl. 1965 II, S. 1041). Ferner Protokoll über die Gründung Europäischer Schulen vom 13. 4. 1962 (BGBl. 1969 II, S. 1301). Vgl. auch Heusch, Die Europäische Schule in Luxemburg, ArchVR 8 (1959/60), 71 ff.

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gibt es ausländische Schulen in der Bundesrepbulik Deutschland (u. a. dänische Schulen in Südschleswig)86. Sie können sich grundsätzlich auf die Privatschulfreiheit des Art. 7 IV GG berufen 87 . i) Schulstufen: Neben die in den vorstehenden Absätzen dargestellte Gliederung des Schulwesens nach Schularten tritt in neuerer Zeit eine Differenzierung nach sog. Schulstufen, die das Schulwesen nach Altersstufen gliedern und die jeweils eine oder mehrere Schularten umfassen. Der Elementarbereich umfaßt alle Einrichtungen familienergänzender Bildung und Erziehung nach Vollendung des dritten Lebensjahres bis zum Beginn der Schule, wobei den Einrichtungen für Fünfjährige eine Sonderstellung zukommt (Vorschulgedanke). Im Primarbereich sollen die Schüler allmählich von den Formen des mehr spielerischen Lernens im Elementarbereich zu den systematischeren Formen des schulischen Arbeitens geführt werden. Er umfaßt die ersten vier bzw. sechs Jahrgangsstufen. Der Sekundarbereich I umfaßt alle Bildungsgänge, die auf dem Primarbereich aufbauen und bis zum 9. bzw. 10. Schuljahr reichen. Hieran schließt sich unmittelbar der Sekundarbereich II an. Zu ihm gehören Bildungsgänge, die auf einen Beruf vorbereiten, studienbezogene Bildungsgänge, Bildungsgänge, die mit einer beruflichen Qualifikation oder Ausrichtung auch weiterführende Bildungsgänge im Tertiären Bereich (Hochschulbereich) eröffnen und Bildungsgänge für Jugendliche, die gegenwärtig ohne Schulabschluß in das Erwerbsleben treten. Ausgehend von den Empfehlungen des Bildungsrates im Strukturplan (1970) über die jetzigen Festlegungen im Bildungsgesamtplan der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung (1973) hat der Gedanke eines nach Stufen gegliederten Schulwesens bereits Eingang in die neueren Schulgesetze einiger Länder gefunden 88 . 4. Außerstaatliche Beteiligung am Schulwesen (Gemeinden, Kirchen, Freies Schulwesen) Auf die grundlegende Gliederung des Schulwesens in einen öffentlichen und einen privaten Teil wurde bereits oben Ziff. 3 hingewiesen. Eine andere wesentliche Scheidungslinie ergibt sich zwischen der Schulbestimmungsmacht des Staates i. e. S., wie sie vor allem Art. 7 I GG ausspricht, und der Einflußnahme „außerstaatlicher" Erziehungsträger im weitesten Sinne. Mit letzteren sind sowohl öffentliche Institutionen wie die Gemeinden und die 86

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KMK-Beschluß vom 25. 6. 1957 einer Vereinbarung über die Voraussetzungen zur Zulassung ausländischer Schulen im Gebiet der Bundesrepublik und Berlin, B S / K M K Nr. 312; KMK-Beschluß i. d. F. vom 28-/29. 9. 1961 über Errichtung von Schulen für fremde Volksgruppen B S / K M K Nr. 311; Biehl, Minderheitenschulrecht in Nord- und Südschleswig, 1960. OVG Lüneburg DVB1. 1954, 255 ff. Vgl. etwa § 3 brem. SchulG i. d. F. vom 20. 2. 1978 (GVB1. S. 69), §§ 6ff. rhein.pfälz. SchulG vom 6. 11. 1974 (GVB1. S. 487). Allgemein H. Heckel, Einführung, 1977, S. 19 ff.

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Kirchen angesprochen, als auch die privaten („freien") Schulträger im eigentlichen Sinne. a) Gemeinden: Die Gemeinden (einschl. Gemeinde- und Zweckverbände) gehören als die unterste Ebene der Gebietskörperschaften seit langem zu den Trägern wesentlicher Schulfunktionen 8 9 . Ihre Mitsprache in (meist äußeren) Schulangelegenheiten gehört zum Kernbereich der Gemeindeautonomie. Gleichzeitig ergibt sich jedoch bei der Beteiligung der Gemeinden im Schulwesen das Grundproblem, daß die K o m m u n e n als Einzelbestandteile des umfassenden Gemeinwesens keine übergreifenden Maßstäbe zu setzen vermögen. Das gilt vor allem für die inneren Schulangelegenheiten, wie die Auswahl u n d das Niveau des Bildungsstoffes. Wenn es eine Aufgabe des modernen Sozialstaates ist, chancengleich Bildung zu vermitteln, hat er damit gleichzeitig über eine im Wege der Schulaufsicht durchzusetzende überregionale Bildungsplanung für ein gleichartiges und gleichwertiges Bildungsangebot zu sorgen. Das schließt einseitige Bestimmungsrechte der Gemeinden insoweit aus und verweist ihre Mitwirkung im Schulwesen vor allem in das Gebiet der äußeren Schulangelegenheiten im Sinne sozialstaatlich motivierter Schulentwicklungspflichten. Als eine erste Faustregel gilt so immer noch der Satz von Anschütz, daß die Gemeinde der Schule das Haus baut, Herr im Hause aber der Staat ist 90 . Auch insoweit sind jedoch weitere Einschränkungen zu beachten. So hängt z. B. die Schulgründung (Standortwahl) und entsprechend die Auflösung von Schulen eng mit Fragen übergeordneter Bildungsplanung zusammen. Ferner sind die Gemeinden vielerorts längst nicht mehr in der Lage, die ständig steigenden Anforderungen der Schulfinanzierung, insbesondere die Personalkosten, allein zu tragen. Hieraus ergab sich eine weitere Stärkung des Staatseinflusses. U. a. stehen die Lehrer heute weithin im öffentlichen Dienst des Staates (Landes). Trotz dieser wesentlichen Einschränkungen spielen die Gemeinden weiterhin eine bedeutsame Rolle im deutschen Schulwesen, wie es einem dem Gedanken der Selbstverwaltung verpflichteten demokratischen Gemeinwesen (Art. 28 G G ) entspricht 91 . Im Hinblick auf die Trägerschaft ist die „staatskommunale" Schule die Regelform in den meisten Ländern 9 2 . Hier trägt die Gemeinde grundsätzlich die 89

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Spaniol, Das Verhältnis zwischen Staat und Kommunen auf dem Gebiete des Schulwesens, 1960; Stephany, Staatliche Schulhoheit und kommunale Selbstverwaltung, 1964; Oppermann, Grundsätze, 1976, C 6 9 f f . ; H. Heckel, Einführung; 1977, S. 32 ff. Anschütz, WRV, 14. Aufl. 1933, Art. 143, Anm. 2, Art. 144, Anm. 1. Nicht unähnlich etwa wieder BVerwG E 18, 3 8 ff. oder von Campenhausen, Erziehungsauftrag und staatliche Schulträgerschaft, 1967, S. 101. Vgl. aber auch Wimmer, DVB1. 1971, 533ff.; Kloepfer, DÖV 1971, 837ff. In diesem Sinne auch KMK-Beschluß i. d. F. vom 28-/29. 9. 1961 über Selbstverwaltung und Schule, B S / K M K Nr. 920; vgl. auch Erbel, Die Verwaltung 1972, 173ff.; RichterRdJB 1972, 8ff. Hierzu und im folgenden eingehend Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 96 ff. und Dittmann, Schulträgerschaft zwischen Kreisen und Gemeinden, 1978.

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sachliche Schullast und verwaltet die äußeren Schulangelegenheiten, während die Lehrer dienstrechtlich und finanziell dem Land zugeordnet sind. Kommunale Schulen, bei denen auch die Lehrer in Dienst und Besoldung der Gemeinde stehen, sind selten. Auf der anderen Seite stehen die staatlichen Schulen, wo das Land Schulträger und Dienstherr ist. — Ein wesentlicher Bedeutungswandel der kommunalen Schulbeteiligung liegt darin, daß nach dem neueren Gemeinderecht die kommunale Mitwirkung häufig nicht mehr wie früher als Auftragsangelegenheit anzusehen ist, sondern als eine zur Selbstverwaltung zugewiesene Pflichtaufgabe, bei der dem Staat nur die Rechtsaufsicht zusteht. Aber auch an manchen inneren Angelegenheiten (die von den äußeren ohnehin oft schwierig zu trennen sind), werden die Gemeinden mancherorts kraft staatlicher Zuweisung beteiligt 93 . b) Kirchen: Die Mitsprache der Kirchen im öffentlichen Schulwesen wirft andere Probleme auf. Die Kirchen stellen neben Elternhaus und Staat eine dritte große Institution mit eigenem Erziehungsanspruch dar. Zwar wie die Gemeinden Körperschaften des öffentlichen Rechts (Art. 140 G G i. V. m. Art. 137 V WRV), treten die Kirchen eben wegen dieses inhaltlichen Erziehungsanspruches in ganz anderer Weise in Wettstreit, evtl. sogar in Widerspruch zur staatlichen Schulbestimmungsmacht. Allgemein bleibt dabei aber zu beachten, daß der Staat des GG ausweislich des Grundrechtes der Glaubens* und Bekenntnisfreiheit des Art. 4 GG und des Verbotes der Staatskirche (Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 I WRV) sich mit den religiösen Anschauungen und Meinungen seiner Bürger „nicht identifiziert" (Herbert Krüger). Hieraus ergeben sich Rückwirkungen auf die Regelung konfessioneller Fragen bei der Gestaltung des Schulwesens. Dabei sind mit dem Bekenntnisschulwesen und der Gestaltung des Religionsunterrichts in öffentlichen Schulen zwei größere Sachkomplexe zu unterscheiden 94 . aa) Öffentliche Bekenntnisschulen: Das öffentliche Bekenntnisschulwesen war in Reaktion auf den Kirchenkampf des NS-Regimes nach 1945 zunächst wieder in die alten Positionen aus der Weimarer Zeit eingesetzt worden. Im wesentlichen bestanden öffentliche Konfessionsschulen im Volksschulbereich. In einer seit Mitte der sechziger Jahre in verschiedenen Bundesländern durchgeführten Reform wurden die öffentlichen Bekenntnisschulen jedoch in weitem Umfang meist in (christliche) Gemeinschaftsschulen umgewandelt 95 . 93

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Im einzelnen viele Differenzierungen je nach der Struktur der Gemeindeordnungen („Weinheimer Typ" oder mehr traditionelle Struktur), vgl. auch Wolff / Bachof, VwR II, § 101. Dazu und zum folgenden Oppermann, Grundsätze, 1976, C 7 4 f f . ; H. Heckel, Einführung, 1977, S. 28 ff. Gesamtüberblick: Oppermann, KulturverwR, S. 223ff.; Friedrich Müller, DÖV 1969, 441 ff.; Geiger, Kirchen und staatliches Schulsystem, in: Friesenhahn/Scheuner (Hrsg.), Hdb. d. Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 2, 1975, S. 483 ff.

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In einer Reihe von Ländern (Größter Teil Baden-Württembergs, Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, früheres Lippe, Schleswig-Holstein) war die Gemeinschaftsschule seit längerem einzige oder Regel-Schulform der öffentlichen Volksschule. Die Bekenntnisschule ist hier weitgehend in den Privatschulbereich verwiesen (z. T. mit weitgehender Subventionierung durch den Staat). Nicht zufällig entsprach der Kreis der bisherigen „Bekenntnisschulländer" (Südwürttemberg/Hohenzollern, Bayern, Oldenburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland) den Gebieten mit starkem katholischen Bevölkerungsanteil. Für die katholische Kirche stellte sich infolge ihres kirchlichen Rechtes und ihrer Soziallehre 96 die Frage nach institutionalisiertem Einfluß im öffentlichen Bildungswesen in anderer Schärfe als für die evangelischen Landeskirchen, die im Grundsatz kaum Schwierigkeiten sahen, das Schulwesen dem Staat zu überlassen 97 . Nach den Reformen ergibt sich in den Bekenntnisschulländern folgendes Bild: Baden- Württemberg (Art. 15, 16 Verf. i. d. F. vom 8. 2. 1967): Christliche Gemeinschaftsschule „badischen Typus"; Bayern (Art. 135 Verf. i. d. F. vom 22. Juli 1968): christlich geprägte Gemeinschaftsschule; Nordrhein- Westfalen (ohne Lippe) (Art. 12 Verf. i. d. F. vom 5. März 1968): Grundschule nach Elternwahl Gemeinschaftsoder Bekenntnisschule, Hauptschule als Regelform christliche Gemeinschaftsschule, Rheinland-Pfalz (Art. 29 Verf. i. d. F. vom 8. Juli 1970): Grundund Hauptschule, christliche Gemeinschaftsschule; Saarland (Art. 27 Verf. i. d. F. vom 23. Februar 1965): Elternwahl zwischen Bekenntnisschule und christlicher Gemeinschaftsschule. Zusammenfassend gesehen verbleibt so der öffentlichen Bekenntnisschule lediglich im Grundschulwesen einiger Bundesländer noch ein nennenswerter Bereich. Die Bekenntnisschule läßt sich zunächst äußerlich als Zusammenfassung von Schülern einer bestimmten Konfession zum Unterricht durch Lehrer derselben Religionszugehörigkeit verstehen (formeller Bekenntnisschulbegriff)98. In der Praxis ergeben sich dabei infolge der konfessionellen Bevölkerungsmischung regelmäßig Minderheitenprobleme. Ihre eigentliche ratio essendi kann die Bekenntnisschule auch nach ihrem Selbstverständnis aber nur in inhaltlichen Kriterien finden. Danach gehört zu ihren konstituierenden Merkmalen die Gestaltung des gesamten Unterrichts im Geiste einer bestimmten 96

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Subsidiarität der staatlichen gegenüber der elterlichen Erziehung, verbunden mit kirchenrechtlicher Bindung des Elternwillens: c. j. c. can. 1374 und folgerichtig auch die nachkonziliare Soziallehre, so Erklärung „Gravissimum educationis" des 2. Vatikanischen Konzils vom 28. 10. 1965. — Die staatliche Anerkennung dieser Grundsätze wird über Konkordatsbindungen (vor allem bayer. Konkordat 1924; Reichskonkordat 1933; nieders. Konkordat 1965) wenigstens teilweise zu erreichen versucht. Schulprogramme der E K D „Gegen konfessionelle Enge", 1958; E. Stein / W. Joest / M. Dombois, Elternrecht, 1958; von Campenhausen, Erziehungsauftrag und staatliche Schulträgerschaft, 1967, S. 129ff. Klassischer Ausdruck in § 33 Preuß. VolksschulunterhaltungsG vom 28. 7. 1909 (GS S. 335).

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Konfession (materieller Bekenntnisschulbegriff)99. Eben dieser Anspruch macht aber gleichzeitig die Legitimierung der Bekenntnisschule jedenfalls als öffentlicher, allgemeiner (Grundschule!) Unterrichtsanstalt im gesinnungsneutralen Verfassungsstaat des G G schwierig 100 . Auf jeden Fall muß sie, von Art. 4, 140 G G her gesehen, als eine Ausnahmeerscheinung im Rahmen der öffentlichen Bildungseinrichtungen verstanden werden. Weltlich-demokratisch läßt die öffentliche Bekenntnisschule sich nur in dem Maße rechtfertigen, als der Nachweis eines hinreichenden, auf ihren Fortbestand gerichteten Sonderwillens geführt wird. Zurecht stellen daher die oben genannten Länderverfassungen und die sie ausführende Rechtsetzung neuerdings entscheidend auf den Elternwillen im Sinne des Art. 6 II G G ab, dessen freie Äußerung im Sinne allgemeiner demokratischer Wahlrechtsgrundsätze sichergestellt sein muß. Bildet sich auf diese Weise ein hinreichender Elternwille zugunsten öffentlicher Bekenntnisschulen (nach bisheriger Erfahrung faktisch recht selten!), lassen sich aus dem vom Staatskirchensystem des G G ableitbaren Grundsatz kooperativer Partnerschaft zwischen Staat und Kirche (vgl. z. B. die Eigenschaft der Kirchen als Körperschaften des öffentlichen Rechts oder die ebenfalls in Art. 4 G G , bes. Abs. II enthaltene „positive" Religionsfreiheit) genügend Anhaltspunkte entnehmen, diese Schulform als verfassungsrechtlich zulässig anzusehen. Auch Art. 7 V G G schließt eine „öffentliche Volksschule dieser Art" ausdrücklich nicht aus. Eine andere, mehr bildungspolitische Frage ist es, ob der optimale Standort der Bekenntnisschule in der heutigen Gesellschaft nicht derjenige der großzügig vom Staat subventionierten Privatschule ist (so z. B. in Hamburg), während im übrigen die christliche Gemeinschaftsschule dem partnerschaftlichen Verhältnis zwischen Staat u n d Kirche in der Bundesrepublik Deutschland besonders gut entspricht 101 . 99

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BVerwG E 17, 267; 19, 252. Hans Heckel, DÖV 1953, 593ff.; Fackler, RWS 1964, 359. Anerkennung der Verfassungsmäßigkeit der öffentlichen Bekenntnisschule in BVerfGE 6, 309ff. (355f.), BVerwGE 6, 101 ff.; 19, 252ff. Aus der umfänglichen jüngeren Lit.: Rambow, Das GG und die bekenntnismäßige Gestaltung der öffentlichen Schulen, 1966; Keim, Schule und Religion, 1967; Obermayer, Gemeinschaftsschule als Auftrag des GG 1967; Schulreform und Recht (Hrsg.: Kulturbeirat beim ZK der dt. Katholiken), 1967. Martin Heckel/A. Hollerbach, W D S t R L 26 (1968), S. 5ff.; von Campenhausen, BayVBl. 1970, 153ff.; Scheuner, in: Fs. f. Maunz, 1971, S. 307ff.; Cube, APuZ 25/1974 (Beilage zu „Das Parlament"); Geiger, Die Einschulung von Kindern verschiedenen Bekenntnisses in eine öffentliche Bekenntnisschule, 1980, S. 36ff. Erlinghausen, Die Schule in der pluralistischen Gesellschaft, 1964; Maunz, Kirchen als Schulträger, in: Friesenhahn/Scheuner (Hrsg.), Hdb. d. Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 2, 1975, S. 547ff. Brauburger, RdJB 1976, 42ff. Die Verfassungskonformität der christlichen Gemeinschaftsschule haben BVerfGE 41, 29 ff. (Bad.-Württ.), 65 ff. (Bayern) 88 ff. (Nordrh.-Westf.) klargestellt. Vgl. auch Oppermann, Grundsätze, 1976, C 77 f, m. w. N.

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Im einzelnen ergeben sich bei der äußeren und inneren Organisation der öffentlichen Bekenntnisschule eine Reihe weiterer Fragen. Als öffentliche Anstalt unterliegt sie vollen Umfanges der staatlichen Schulaufsicht und in ihrer Bildungsarbeit staatlichen Allgemeinprinzipien wie der Meinungs- und Gewissensfreiheit, sowie dem Gebot der Toleranz gegenüber den Ansichten Andersdenkender. Daß sich damit schwierige Verschränkungen im Verhältnis zu den hier ebenfalls legitimen konfessionellen Bildungszielen ergeben können, liegt auf der Hand 102 . Probleme bestehen weiterhin z. B. bei besonderen kirchlichen Anforderungen für die Ausbildung zu konfessionsgebundenen Lehrämtern, für ihre Besetzung (katholisch-kirchliches Eherecht!), sowie bei der Stellung der sog. Minderheitenschüler und -lehrer 103 . bb) Religionsunterricht: Der Einbau des Religionsunterrichts in das öffentliche Schulwesen ist von Art. 7 II, III G G her gesamtstaatlich bestimmt. Die tragenden Grundsätze dieser Regelung sind einerseits eine Einrichtungsgarantie des Religionsunterrichts als ordentliches Lehr-(Pflicht-)fach der meisten öffentlichen Schulen, mit geistlicher Einflußnahme auf den Unterricht 104 , andererseits das individuelle Entscheidungsrecht sowohl der Eltern (Kinder), als auch der Lehrer, am Religionsunterricht teilzunehmen bzw. ihn zu erteilen 105 . Diese Grundsätze liegen auf der allgemeinen staatskirchenrechtlichen Linie des GG, welche durch eine gewisse Synthese zwischen der Gesinnungsneutralität des Staates und seiner Bereitschaft zur Kooperation mit den „öffentlichen" Kirchen gekennzeichnet ist106. Da der Religionsunterricht somit im Kern geistliche Unterweisung und nicht „Weltanschauungskunde" o. ä. ist, zugleich aber auch ordentliches Lehrfach, ergibt sich hieraus die Zulässigkeit eines obligatorischen ethischen „Ersatzunterrichts" für vom Religionsunterricht abgemeldete Kinder 107 . Die Bundesländer haben diesen 102 103

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Näher Oppermann, KulturverwR, S. 232 ff. Dazu u. a. BVerwG E 19, 252ff.; Bayer. VerfGH JZ 1966, 793ff.; VGH Mannheim DVB1. 1968, 255ff.; Hans Heckel, ZBR 1958, 155ff.; Werner Weber, Die Konfessionalität der Lehrerbildung in rechtlicher Betrachtung, 1965. Zu Einzelheiten (einerseits geistliches Visitationsrecht, Mitsprache beim Lehrplan, kirchliche Bevollmächtigung der Religionslehrer, andererseits staatliche Aufsicht) Wolff/ Bachof, VwR II, § 101. Zu Art. 7 II, III GG speziell etwa Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Art. 7, RdNr. 28 ff. Zur sog. Religionsmündigkeit nach § 5 des G über die religiöse Kindererziehung vom 15. 7. 1921 (RGBl. I, S. 939) - i. d. R. 14 Jahre, in einigen Ländern geändert - Feuchte, DÖV 1965, 661. Zum Religionsunterricht u. a. zu beachten Art. 21 Reichskonkordat vom 20. 7. 1933 (RGBl. 1933 II, 679). - Insgesamt zum Religionsunterricht BVerwGE 42, 346ff. (Versetzungserheblichkeit); von Zezschwitz, JZ 1971, 11 ff.; Müller-Pieroth, Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach, 1974; Link, Religionsunterricht, in: Friesenhahn/Scheuner (Hrsg.), Hdb. d. Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 2, 1975, S. 503ff., Exeler (Hrsg.), Umstrittenes Lehrfach: Religion, 1976. BVerwG NJW 1973, 1815; vgl. auch Reuter, RdJB 1976, 121 ff. - Zum Sonderpro-

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gesamtstaatlichen Rahmen unterschiedlich ausgefüllt. Eine Mehrzahl übernimmt entweder einfach die Regelung des G G oder wiederholt sie in enger Anlehnung an dessen Grundsätze (Bay., Hamb., Hess., Nordrh.-Westf., Nieders., Schlesw.-Holst.). In einer 2. Gruppe (Bad.-Württ., Rheinl.-Pf., Saarl.) wird der geistliche Charakter des dort „im Auftrage der Kirchen" erteilten Religionsunterrichts etwas stärker betont 108 . Berlin und Bremen kennen keinen Religionsunterricht i. e. S. als ordentliches Lehrfach. Berlin gibt die Möglichkeit freiwilligen Religionsunterrichts mit de facto ähnlicher Behandlung wie ein ordentliches Lehrfach 109 . Bremen kennt die Sonderform eines „bekenntnismäßig nicht gebundenen Unterrichts in biblischer Geschichte und allgemeinchristlicher Grundlage" 110 . Beide Abweichungen von Art. 7 II, III G G sind mindestens über Art. 141 G G („Bremer Klausel") gedeckt. c) Privatschulen: Die Bildungsverfassung des G G räumt dem Privatschulwesen („freies Schulwesen") eine bedeutsame Rechtsstellung ein" 1 . Ungeachtet des allgemeinen staatlichen Aufsichtsrechtes im Sinne von Art. 7 I GG und damit eines gewissen öffentlichen Vorranges gewährleistet Art. 7 IV die Privatschulgründungsfreiheit. Neuerdings ist darin sogar eine institutionelle Bestandsgarantie zugunsten einer grundsätzlichen Existenz des Privatschulwesens gesehen worden, mit Konsequenzen bis zu Subventionierungspflichten des Staates in bestimmten Situationen" 2 . Die Länderverfassungen wiederholen oder verstärken z. T. sogar die Entscheidung des GG. Nähere Regelungen finden sich in den Privatschulgesetzen der Länder" 3 . Quantitativ gesehen ist der Anteil der Privatschulen am gesamten Schulwesen der Bun-

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blem des Schulgebetes nunmehr BVerfGE 52, 223 ff. und dazu Böckenförde, DÖV 1980, 323 ff. Zu Baden-Württemberg Rumpf, DÖV 1968, 14 ff. Giese, Die Kirche in der Berliner Schule, 1955. BremStGH DÖV 1965, 815: Kein Gesinnungsunterricht auf evangelischer Grundlage; BVerfGE 30, 112. Zur Problematik Dürig, Die Rechtsstellung der katholischen Privatschulen in Bremen, 1964; Scheuner, DÖV 1966, 145ff. Hans Heckel, Deutsches PrivatschulR, 1955; Gallwas, Die Privatschulfreiheit im Bonner GG, 1963; Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 133ff.; Oppermann, KulturverwR, S. 237ff.; Richter, BildungsverfR, S. 77ff; A. G. Freie Schulen (Hrsg.), Soziale Funktion der Freien Schulen in der BRD, 2. Aufl. 1976; Schuppe, Neue Sammlung 1977, 273ff.; F. Müller, Das Recht der Freien Schule nach dem Grundgesetz, 1980; Frowein, Zur verfassungsrechtlichen Lage der Privatschulen unter besonderer Berücksichtigung der kirchlichen Schulen, 1979. BVerwGE 23, 347ff.; 27, 360ff.; OVG Münster, NJW 1980, 469. Grundsätzlich dazu Link, JZ 1973, 1 ff. Zusammenfassung der Rechtsgrundlagen bei P. Seipp / D. Tenhof, Die Privatschule 1964 ff. (Losebl.-Slg.). Überregional bedeutsam neben der Regelung des GG besonders KMK-Beschluß einer Vereinbarung über das Privatschulwesen vom 10./11.8. 1961 B S / K M K Nr. 480. Beispiel eines G: bad.-württ. PrivatschulG i. d. F. vom 3. 5. 1977 (GBl. S. 133). Zur neueren Gesetzgebung Vogel, RdJB 1974, 34 ff.

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desrepublik Deutschland jedoch gering" 4 . Die relativen Schwerpunkte liegen bei den höheren Schulen, den Sonderschulen und im berufsbildenden Schulwesen. Dabei handelt es sich vielfach um konfessionelle Anstalten. Der Grund für die Förderung des Privatschulgedankens liegt einmal darin, daß der Toleranz des pluralistischen Staates ein vollständiges staatliches Schulmonopol nicht entspricht. Damit zusammen hängt die durch Erfahrung bestätigte pädagogische Vorstellung, daß Privatschulen infolge der ihnen grundsätzlich zustehenden inneren Unterrichtsfreiheit oftmals Schrittmacher erzieherischen Fortschritts sein können. Institutionell sind die Privatschulen i. d. R. nicht-öffentliche und nichtrechtsfähige Anstalten ihres Trägers. Dem Privatrecht unterliegt grundsätzlich auch das Rechtsverhältnis zwischen den Schülern (Eltern) und dem Privatschulträger, sowie dessen Beziehungen zu den Lehrern 115 . Wesentlich ist vor allem die weitere Unterscheidung zwischen Ersatz- und Ergänzungsschulen 116 . Die genehmigungspflichtigen (Art. 7 IV S. 2 GG) Ersatzschulen stehen trotz eigen geprägter Bildungsarbeit in Analogie zum öffentlichen Schulwesen. Häufig werden sie durch Anerkennung den öffentlichen Schulen einschließlich der Berechtigungen gleichgestellt 117 . Das setzt andererseits Gleichwertigkeit (nicht Gleichartigkeit!) ihrer Bildungsarbeit mit den entsprechenden öffentlichen Anstalten voraus, sowie staatliche Kontrolle dieser Gleichwertigkeit, ferner, sozialstaatlich gesehen, Vermeidung einer Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern, aber auch Sicherung der Stellung des Lehrers (Art. 7 IV S. 3, 4 GG). Soweit die Beleihung von Ersatzschulen mit öffentlichen Funktionen reicht, können sie als Behörden i. S. der VwGO mit allen prozessualen Konsequenzen angesehen werden 118 . Ergänzungsschulen leisten demgegenüber Bildungsarbeit in Bereichen, um die sich der Staat weniger kümmert (z. B. Schauspielschulen). Einem lockeren Aufsichtsrecht des Staates entspricht hier i. d. R. nur eine Anzeigepflicht der Schulen. Noch weiter außerhalb des öffentlichen Bildungswesens befindet sich schließlich der individuelle Privatunterricht"9, sowie die freien Unterrichtseinrichtungen ohne schulischen Charakter (z. B. Fahr- oder Tanz„schu114 115

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Ein Überblick bei H. Heckel, Einführung, 1977, S. 126 ff. OVG Münster, JZ 1979, 677ff.; vgl. auch VGH B.W., b.w. VerwPr. 1980, 87f.; näher Wolff / Bachof, VwR II, § 1 0 1 ; Pluemer, Verfassungsrechtliche Grundlagen und Rechtsnatur des Privatschul Verhältnisses, 1968. Zu dieser noch weiter zu differenzierenden Gliederung BVerwGE 12, 349ff.; 17, 41; BVerwG GewArch 1973, 241; Tenhof, RWS 1962, 133ff.; Hans Heckel, DÖV 1964, 595ff.; Säcker / Pluemer. DVB1. 1971, 537ff. Zur Zulässigkeit der Heraushebung einer Gruppe der Ersatzschulen als anerkannte Privatschulen BVerfGE 27, 195 ff. So mit Recht etwa BVerwGE 17, 41; BVerwGE 45, 117 ff.; Kulimann DÖV 1959, 569 ff. und Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, 1976, Rdnr. 466; a. A. BGH VRspr 14, 156 (zu dieser Entsch. Hans Heckel, RWS 1961, 16; Menger, VerwArch 53 [1962] 280). Abwägend auch Evers, JuS 1967, 257 ff. OVG Münster VRspr 4, 494ff.; Potrykus, RdJ 1966, 41 ff.

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len") 120 . Sie unterstehen dem Gewerberecht und genießen eine Art. 12 I GG entnehmbare, Art. 7 IV analoge Gründungsfreiheit. Dagegen ist der in der Bundesrepublik bislang noch zu sehr vernachlässigte Fernunterricht eine Sonderform der Unterrichtsvermittlung, deren sich sowohl das private wie das öffentliche Schulwesen bedienen können 121 . In den Fernunterricht werden allmählich die Massenmedien eingeschaltet („Tele-Kollegs" u. ä.) und seine öffentliche Kontrolle wird infolge kommerzieller Mißbräuche verstärkt (Zentralstelle für Fernunterricht als gemeinsame Ländereinrichtung) 122 . Die sehr komplexe Frage einer öffentlichen Subventionierungspflicht zugunsten des institutionell garantierten Privatschulwesens stellt sich vor allem bei den Ersatzschulen. Hier ergeben sich aus der grundsätzlichen Kostenersparnis des Staates, dem Verbot der Besitzordnung und der Schlechterstellung der Lehrkräfte sowie aus der Berücksichtigung der faktisch immer stärker steigenden Schulkosten beachtliche Argumente mindestens für einen rechtspolitischen Auftrag der Länder, die Existenz der freien Schulen auch finanziell zu sichern 123 . 5. Schulverwaltung

Neben der Blickrichtung auf die Formen der Einzelschule in den vorangehenden Abschnitten sind andere Teile der öffentlichen Schulordnung zu beachten, die z. T. über sie hinausführen. Dazu gehört die Schulverwaltung124. 120 121

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Dazu VGH München VRspr 9, 629ff.; Tenhof, RWS 1962, 133ff.; Hecke!/Seipp, Schulrechtskunde, S. 150 f. Hans Heckel, RdJ 1965, 85ff.; Haagmann, Die deutschen Fernschulen, 1968; Storch, RdJB 1970, 85 ff.; Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 151. Neufassung des Staatsvertrages über die Errichtung und Finanzierung der staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht vom 9.7. 1974 (Text u.a. bad.-württ. GBl. S. 270); Rahmenvereinbarung der KMK über das Verfahren bei staatlichen Abschlußprüfungen für Fernlehrgangsteilnehmer vom 15. 6. 1973 (GMB1. S. 298) und jetzt FernunterrichtsschutzG vom 24. 8. 1976 (BGBl. I, S. 2525); zum letzteren etwa Bartl, NJW 1976, 1993ff.; Dörner, BB 1977, 1739ff. Noch etwas weitergehend (Unterstützungsanspruch „dem Grunde nach" in bedrängter Lage) BVerwG E 23, 347 ff.; 27, 360 ff. Ähnlich wie hier z. B. § 10 KM IiBeschluß vom 10./11.8. 1951 B S / K M K Nr. 480; Hellmut Becker, DÖV 1956, 601 ff.; Chr.-Fr. Menger / H.-U. Erichsen, VerwArch 57 (1966), 377f.; J. P. Vogel, DÖV 1967, 17ff.; Leist, RdJ 1968, 37ff.; Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Art. 7, RdNr. 86. Noch zurückhaltender Hermann Weber, NJW 1966, 1798ff.; JZ 1968, 779ff.; Barion, DÖV 1967, 516ff.; Rasenack, DÖV 1974, 37ff. Zum besonders subventionsfreundlichen Nordrh.-Westf. Berkenhoff, DVB1. 1962, 247 ff. Auch andere Länder erkennen über ihre Verfassungen und die einfache Gesetzgebung Zuschußpflichten an; vgl. etwa hess. ErsatzschulfinanzierungsG i. d. F. vom 14. 7. 1977 (GVB1. S.319). Heckel/Seipp, Schulrechtskunde, S. 109ff.; Wolff / Bachof, VwR II, § 101; Oppermann, KulturverwR, S. 249ff.; Hans Heckel, Einführung, 1977, S. 40ff. - Zur Reform Hellmut Becker, Neue Sammlung 1970, 545ff.; Sellschopp, RdJB 1970, 303ff.; Görg, Zur Entwicklung des Schulverwaltungsrechts, in: Demokratie und Verwal-

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Im großen und ganzen umfaßt dieser Bereich alle verwaltende Tätigkeit im Schulwesen, die nicht Bildungsarbeit im Sinne des pädagogischen Bemühens von Lehrern an Schülern darstellt. Allerdings müssen Einschränkungen für einen gewissen Komplex übergreifender Entscheidungen der obersten Schulbehörden gemacht werden, welche der Schulaufsicht (unten Ziff. 6) zuzuordnen sind. Davon abgesehen sind Gegenstand der Schulverwaltung also in erster Linie die äußeren Schulangelegenheiten (Verwaltungssachen), in Unterscheidung von den inneren Schulangelegenheiten (Bildungsarbeit). Diese Differenzierung läßt sich nicht überall konsequent durchhalten, ermöglicht aber immerhin eine Grobscheidung. So enthalten etwa die Schulverwaltungsgesetze verschiedener Länder vor allem Regelungen der äußeren Schulangelegenheiten 125 . Im näheren lassen sich eine Reihe grundlegender Funktionen der Schulverwaltung unterscheiden. Hierher gehören zunächst die organisatorischen Grundakte der Gründung, organisatorischen Änderung und Schließung von Schulen, einschließlich der Festlegung der Schulbezirke („Einzugsgebiete") für die einzelnen Schulen 126 . Es geht dabei in der Sache um Fragen von bedeutsamer bildungspolitischer Auswirkung (Schuldichte!), und die Verzahnung mit der Schulaufsicht ist daher eng 127 . Ferner gehört zur Schulverwaltung die Schulunterhaltung im weitesten Sinne 128 . Sie umfaßt die laufende Schulfinanzierung über die öffentlichen Haushalte, die Bereitstellung der erforderlichen Sachmittel (Gebäude u. s. f.), aber etwa auch Regelungen über Schulgeld-, Lern- und Lehrmittelfreiheit 129 bzw. umgekehrt das schulische Gebührenwesen. Schließlich ist an die Betreuung des Schulpersonals zu denken, d.h. an die Anstellung und allgemeine dienstrechtliche Betreuung der Lehrer und sonstigen Schulbediensteten. — Diese Grundfunktionen der Schulverwaltung sind im Recht der Bundesländer bis zu einem gewissen Grade unterschiedlich geregelt und werden von verschiedenen Organen wahrgenommen. Im großen und ganzen ergibt sich aber das Bild einer einigermaßen

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tung, 1972, S. 589ff.; Hans Heckel, RdJB 1974, 29ff.; Kuper, Demokratisierung von Schule und Schulverwaltung, 1977. Z. B. brem. SchulverwaltungsG vom 24. 7. 1978 (GBl. S. 167). Dazu aus der Rspr: BVerfGE 43, 198ff.; 45, 400ff.; OVG Koblenz AS 7, 373ff.; OVG Lüneburg DÖV 1961, 793ff.; Bayer. VGH RWS 1963, 22ff.; OVG Münster NJW 1978, 286ff. Vgl. auch Erbet, DV 1972, 173 ff. und Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Rdnr. 96 f. Geipel, Sozialräumliche Strukturen des Bildungswesens, 1966; Bildungsgefälle zwischen den Bundesländern = BT-Drucks. V/4603. Zur überregionalen Abstimmung: KMK-Beschlüsse über den Schulhausbau vom 17./18. 5. 1966, BS/KMK Nr. 940 und über die Errichtung eines Schulbauinstituts in Berlin vom 5. 7. 1962, BS/KMK Nr. 941; Empfehlung des Deutschen Bildungsrates zur Sicherung der öffentlichen Ausgaben für Schulen, 1967. — Überblick etwa bei Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 96ff.; zur Berechnung der Schulkosten im besonderen Hans Heckel, Die Sammlung, 1953, 197 ff. Dazu Kahlert, RdJB 1974, 38ff.

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homogenen gemeindeutschen Verwaltungsstruktur. Institutionell hat die Frage nach der Gliederung der Schulverwaltung einen zweifachen Sinn. Bezüglich der Schulunterhaltung geht es um die Ermittlung des Schulträgers, d. h. des Rechtsträgers, der vor allem die Sachkosten u n d die Verwaltung der äußeren Schulangelegenheiten übernimmt, soweit sie außerhalb der Einzelschule zu erledigen sind. Als derartige Schulträger k o m m e n vor allem in Betracht Gemeinden, Kreise, Schul-(zweck-)verbände u n d andererseits der Staat (d. h. die Länder) 130 . Ferner findet sich auch die Mischform der „staatskommunalen" Trägerschaft. — Bezüglich der Schulverwaltung (und Schulaufsicht) stellt sich institutionell die Frage nach dem Behördenzug131. Hier gehen die meisten Flächenstaaten unter den Bundesländern (Baden-Württ., Bay., Nieders., Nordrh.-Westf.) vom dreistufigen A u f b a u aus: Untere Instanz (Schulamt, Schulrat, i. d. R. für Volks- u n d Realschulen zuständig) — Mittlere Instanz (Oberschulämter, Regierung, Schulkollegien, i. d. R. für die übrigen Schularten zuständig) Oberste Instanz (Kultusministerium = Zentralinstanz f ü r alle Schulen, unmittelbare Zuständigkeit z. T. für Gymnasien u n d Fachhochschulbereich). Berlin, Hessen und Rheinland-Pfalz kennen einen zweistufigen A u f b a u unter Verzicht auf die Unterinstanz, während in SchleswigHolstein u n d im Saarland die Mittelinstanz entfällt. In Bremen u n d Hamburg vereinigt je eine einzige Behörde die drei Ebenen. Wie derzeit das gesamte Schulwesen, so wird auch die Organisation der Schulverwaltung teilweise neu durchdacht. Reformbestrebungen zielen insbesondere auf eine stärkere Dezentralisierung der Schulverwaltung zugunsten einer stärker als bisher selbstverwalteten Schule 132 . Der Autonomiegedanke berührt sich dabei in manchem mit den Vorstellungen einer Demokratisierung (auch) der Schule 133 . 6. Schulaufsicht Art. 7 I G G („Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates") kann als eine Fundamentalnorm der deutschen Bildungsverfassung angesehen werden. Sie wird, teilweise noch schärfer akzentuiert, in den Länderverfassungen durchweg wiederholt (z. B. Art. 56 I hess. Verf.: „Das Schulwesen ist Sache des Staates") 134 . Durch diese Verfassungsentscheidung wird klargestellt, daß ungeachtet aller sonstigen Anerkennung und Förderung anderer Erziehungsmächte (Gemeinden, Kirchen, Eltern, Privatschulträger) 130

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Einzelheiten bei Dittmann, Schulträgerschaft zwischen Kreisen und Gemeinden, 1978, und Staupe, a. a. O. (Fn. 53). Wolff/Bachof, VwR II, § 101. Zusammenfassend etwa Görg, a . a . O . (Fn. 124), Hans Heckel, RdJB 1974, 29ff.; Richter, BildungsverfR, 1973, S. 232 ff. und Bericht der Bildungskommission des Dt. BildR zur Reform von Organisation und Verwaltung, 1974. Dazu bereits oben II 2 d). Ferner KMK-Beschluß über Selbstverwaltung und Schule i. d. F. vom 28./29. 9. 1961, B S / K M K Nr. 920.

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dem Staat (d. h. im wesentlichen den Bundesländern) eine zentrale Stellung im Schulwesen zukommt. Was diese Stellung im näheren beinhaltet, ergibt sich aus der Auslegung des „Aufsichts"begriffes im Sinne von Art. 7 I G G bzw. der entsprechenden Bestimmungen in den Länderverfassungen 135 . Die Vorstellung von der Schul„aufsicht" unterscheidet sich in Deutschland seit langem vom allgemeinen Aufsichtsbegriff. Während man unter Aufsicht im allgemeinen die Rechtmäßigkeitskontrolle über eigenberechtigte fremde Tätigkeit versteht („Rechtsaufsicht"), verknüpft sich mit der Schulaufsicht der Gedanke an prinzipiell kaum begrenzte, inhaltlich bestimmende Leitungsfunktionen des Staates (Parlament und Kultusexekutive) sowohl in den äußeren wie in den inneren Schulangelegenheiten 136 . Die Schulaufsicht stand so der „Fachaufsicht" nahe, ging aber z. T. noch über diese hinaus. Klassische rechtswissenschaftliche Ausprägung fand dieser — vor allem in Auseinandersetzung mit der geistlichen Schulaufsicht entstandene — Schulaufsichtsbegriff durch Anschütz 137 . Unter der Verfassungslage des G G bedurfte diese weitgespannte Vorstellung der Revision. Das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden (Art. 28 II GG), die „positive" Religionsfreiheit (Art. 4, 140 G G i. V. m. Art. 137 WRV), das Elternrecht (Art. 6 II GG), das Kindesrecht auf Persönlichkeitsentfaltung (Art. 2 I GG) und die Privatschulfreiheit (Art. 7 IV GG) — alle in den Länderverfassungen in Variationen wiederholt — stellen ihrerseits verfassungsrechtliche Positionen dar, die einen allzu einseitigen Akzent zugunsten der Gestaltungsrechte des Staates bei Art. 7 I G G nicht mehr möglich erscheinen lassen 138 . Eine wiederum andere Frage ist es, ob ein „usus modernus" der Schulaufsicht unter dem G G bis zu ihrer Überführung in die Rechtsaufsicht gehen muß. Das ist zu verneinen. Einerseits hat die staatliche Schulaufsicht heute im Gegensatz zu früher jene eben genannten verfassungsrechtlichen Begrenzungen ihrer Gestaltungsmacht zu respektieren. Die Annahme einer gänzlich unbeschränkten inhaltlichen Bestimmungsbefugnis des Staates ist daher ausgeschlossen. Die Schul135

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Zusammenfassend neben den Kommentaren zu Art. 7 GG (z. B. Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG Art. 7, RdNr. 14ff.) Willich, Der Begriff der Schulaufsicht, 1955; Hans Peters, in: Bettermann / Nipperdey / Scheuner, GrundRe IV/1, S. 410ff.; Evers / iwss.VVDStRL 23 (1966), S. 199ff.; 92ff.; Wolff/Bachof, VwR II, §101; Oppermann, KulturverwR, S. 252ff.; ders., Grundsätze, 1976, C47f.; Hans Heckel, Einführung, 1977, S. 40ff.; F. Müller, a. a. O. (Fn. 111). Zur herrsch. Lehre heute: BVerfGE 34, 165ff. (182) und erneut BVerfG, JZ 1978, 301 ff. (Sexualkunde); Bay VerfGH, DÖV 1974, 672ff.; DVB1. 1975, 425ff.; BVerwGE 5, 153; 6, 101; 18, 38; 21, 289; 35, 111; 47, 194ff., 201 ff.; vgl. auch Müller, a. a. O. (Fn. 111), S. 76 f. Komm, zur WRV, 14. Aufl. 1933, zu Art. 143, Anm. 2; zu Art. 144, Anm. 1. So auch RGZ 80, 345ff.; Preuß. OVG 72, 239ff. So besonders BVerfGE 34, 165 ff. (183) und erneut BVerfG JZ 1978, 301 ff. (Sexualkunde); aus der Lit. Hans Peters, a. a. O. (Anm. 135); Evers / Fuss, a. a. O.; Ehlers, DVB1. 1976, 615ff. Ähnlich auch Badura, Das Verwaltungsmonopol, 1963, S. 169; Kloepfer, DÖV 1971, 837 ff.

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aufsieht ist vielmehr in ihrer Intensität nach den jeweiligen Aufgaben und Sachgebieten zu differenzieren. Dabei ist das staatliche Gesamtinteresse mit jenen anderen individuellen, institutionellen oder gruppenmäßigen Verfassungsrechten abzuwägen. So unterliegt der Schulaufsicht zwar das „gesamte" Schulwesen, sie ist aber in dessen Teilen (staatliche, kommunale, kirchliche, private Schulen) gradueller Abstufung fähig. Sie kann sich je nachdem als Fachaufsicht (Recht-und Zweckmäßigkeitskontrolle über äußere und innere Schulangelegenheiten), als Dienstauf sieht über die Lehrer oder nur als Rechtsaufsicht (z. B. bei Privatschulen) äußern. Neben diesen Formen der Fremdkontrolle liegt in der Schulaufsicht aber gleichzeitig die Befugnis des Staates zur eigenen maßgeblichen Festlegung inhaltlicher Normen in äußeren wie inneren Schulangelegenheiten (z. B. Festlegung des Unterrichtsstoffes in Rahmenrichtlinien, Lehrplänen und Stundentafeln, Prüfungsordnungen, Genehmigung von Schulbüchern, Ferienordnungen, Schuljahrbeginn, Bestimmung von Schultypen, Ausbildungsgängen, geographische Verteilung der Schulen, bauliche Anforderungen usw).139. Art. 7 I GG enthält in diesem Sinne einen staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag Pflichtigen Charakters 140 . Diese Kompetenz rechtfertigt sich letztlich aus der Aufgabe des sozialstaatlich-daseinsvorsorgenden Gemeinwesens, ferner aus der staatlichen Integrationsfunktion. Inwieweit diese Kompetenz dabei, innerstaatlich gesehen, der Legislative oder Exekutive zusteht, wird vom Schulaufsichtsbegriff des Art. 7 I GG nicht entschieden. Maßgeblich ist insoweit das Kriterium, daß „wesentliche" Schulregelungen dem Parlaments- bzw. Gesetzesvorbehalt unterliegen141. Es gründet sich unmittelbar sowohl im Rechtsstaats- wie im Demokratieprinzip. Das Recht auf chancengleichen Bildungserwerb kann nur verwirklicht und gesichert werden, wenn das Schulwesen sowohl pädagogisch-inhaltlich als auch äußerlich-organisatorisch bundesweit ein Mindestmaß einheitlicher Ordnung aufweist. Bildungsplanung ist somit, rechtlich gesprochen, ein Teil der Schulaufsicht. Die gleichen Forderungen stellen sich vom Berufsleben her, das eines allgemein garantierten Mindeststandards im Schulunterricht bedarf, ferner etwa aus der Mobilität der modernen Industriegesellschaft, zu der die in Art. 11 GG bundesweit garantierte Freizügigkeit des Ortswechsels 139

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Vgl. etwa KMK-Richtlinien für die Genehmigung von Schulbüchern GMB1. 1972, S. 568; Dietze, DVB1. 1975, 389ff. Zu den verfassungsrechtlichen Grenzen (z. B. Toleranz* und Pluralismusgebot) inhaltlicher Schulgestaltungsmacht Püttner, DÖV 1974, 656 ff. So ausdrücklich BVerfG, JZ 1978, 301 ff. (Sexualkunde), dazu Oppermann, JZ 1978, 289 ff. Entwicklung der „Wesentlichkeitstheorie" durch BVerfGE 33, 303 ff., seither ständ. Rspr. (vgl. oben Fn. 11). Zusammenfassend zur Entfaltung der parlamentarischen Schulaufsicht neben der kultusadministrativen: Hennecke, Staat und Unterricht, 1972, S. 105ff.; Löhning, Der Vorbehalt des Gesetzes im Schulverhältnis, 1974, S. 141 ff.; Oppermann, Grundsätze, 1976, C 48ff.; Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, 1976, Rdnr. 62ff.; ders., DVB1. 1980, 465ff.; Hufen, JA 1977, 73ff., 128ff.

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gehört. Über solchen Utilitarismus hinaus kann aber auch und gerade der freiheitlich-demokratische Staat nicht darauf verzichten, alle seine künftigen Bürger mit den grundlegenden staatsbürgerlichen Werten vertraut zu machen, deren Kenntnis und Respektierung im Sozialleben vorausgesetzt werden muß. Auch aus dieser Sicht kann die „inhaltliche Seite" der Schulaufsicht heute ebensowenig entbehrt werden wie früher. Die Staatspraxis faßt daher den „usus modernus" der Schulaufsicht zu Recht in ungefähr diesem Sinne auf 142 . Organisatorisch vollzieht sich die Schulaufsicht, soweit sie durch die Exekutive ausgeübt wird, über denselben Instanzenzug wie die allgemeine Schulverwaltung (oben Ziff. 5). Ihr eigentlicher Ort ist dabei die oberste Schulbehörde (Kultusministerium). In zunehmendem Maße beteiligen sich aber im Zeichen der „Wesentlichkeitstheorie" die Parlamente (Landtage u. u.) an den wichtigsten Fragen der Schulaufsicht. 7. Lehrer, Eltern, Schüler Eine Betrachtung des Schulwesens kann sich nicht mit den Institutionen begnügen. Als Teil der Kulturordnung und damit der Welt des Geistes ist das Schulwesen stark personal geprägt. Seine ratio essendi sind nicht verwaltende Elemente, sondern die Bildungsarbeit der Lehrer an den Schülern (unterrichtende Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten sowie erzieherische Einwirkungen). Dabei ergeben sich zur äußeren Organisiertheit der Schule als „Staatsveranstaltung" mancherlei Gegensätze. Die moderne Tendenz einer „Demokratisierung" der Schule versteht sich in diesem Dualismus als Herausbildung einer Reihe von Rechtspositionen zugunsten der drei großen personellen G r u p p e n der Lehrer, Eltern und Schüler 143 . Übergreifender Gedanke und Rechtfertigung f ü r eine solche Demokratisierung kann neben Analogien zur allgemein-politischen Struktur entscheidend nur der Wille sein, dem Bildungserfolg als dem eigentlichen materiellen Schulzweck durch Einbau von Gegengewichten gegen eine zu einseitige öffentliche Schulhoheit zu dienen.

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Vgl. etwa § 32 b.-w. SchulG i. d. F. vom 3. 5. 1977 (GBl. S. 133); § 55 hess. SchVG Neufassung vom 4 . 4 . 1 9 7 8 (GVB1. S. 231); § 1 0 0 nds. SchulG i. d. F. vom 2 8 . 6 . 1 9 7 7 (GVB1. S. 233); § 8 4 rh.-pf. SchulG i. d. F. vom 2 3 . 1 2 . 1 9 7 7 (GVB1. S. 460). — Zur Organisation der Schulaufsicht Vogelsang / Kurz, Schulmanagement 6 (1976), 23 ff. Grundsätzlich Heckel/Seipp, Schulrechtskunde, S. 23f.; Oppermann, KulturverwR, 258ff.; ders., Grundsätze, 1976, C 38ff.; Nevermann / Richter, Rechte der Lehrer - Rechte der Schüler - Rechte der Eltern, 1977, insbes. S. 11 ff., 173ff.; Oppermann, Elterliches Erziehungsrecht und staatliche Schulerziehung, in: Aurin u. a., Die Schule und ihr Auftrag, 1979, 7 I f f , ; Eiselt, Die Begrenzung schulorganisatorischer Entscheidungen von Legislative und Exekutive durch Kindes- und Elternrechte, DÖV 1979, 845 ff.

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a) Lehrer: Ganz besonders sind die Lehrer in die Dialektik zwischen „Unterrichtsbeamtentum" und personale, pädagogische Anforderung hineingestellt. Auf der einen Seite ist der Lehrer als öffentlicher Bediensteter (meist Landesbeamter) in die allgemeinen Laufbahnen eingeordnet und unterliegt damit den Regelungen des Beamten- bzw. Angestelltenrechts. Neben den grundsätzlichen Treue- und Gehorsamspflichten sowie Verhaltenspflichten inner- und außerhalb des Dienstes ist schulrechtlich besonders wesentlich die Bedingung an die jeweils geltenden Vorschriften der Schulaufsicht über den zu erteilenden Unterricht 144 . Andere, hier nicht näher zu verfolgende Sonderprobleme ergeben sich insbesondere aus der Einstufung der verschiedenen Lehrerlaufbahnen untereinander. Sie entzünden sich u. a. immer wieder an den dienstrechtlichen Vergleichen zwischen dem Volksschullehrer und der Lehrerschaft an den Gymnasien („Philologen") 145 . Neuerdings soll sie über die Konzeption des „Stufenlehrers" allmählich überwunden werden. Dabei spielt die Ausgestaltung der Lehrerbildung (Verhältnis der Pädagogischen Hochschulen zu den Universitäten) eine besondere Rolle 146 . Ungeachtet der grundsätzlichen Bindung des Lehrers im Unterricht an die Normen der Schulaufsicht wird von der „pädagogischen Freiheit" des Lehrers gesprochen 147 . Soweit damit die Tatsache angesprochen wird, daß Unterricht als geistiger Austausch nie vollständig zu reglementieren sein wird, ist das Wort am Platze. In ungefähr diesem Sinne bedient sich auch moderne Schulgesetzgebung z. T. dieser Begrifflichkeiten und deutet damit eine Sondersituation des Lehrer-Beamtenstatus kraft Natur der Sache an 148 . Nicht möglich 144

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Zum Lehrer-Beamtenrecht näher Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 189 ff. ; Hall, Der Lehrer und sein Recht, 1975; Hans Heckel, Rechte und Pflichten des Lehrers in: Rechte der Lehrer — Rechte der Schüler — Rechte der Eltern, 1977, S. 29ff. Ferner die Darstellung des öffentlichen Dienstrechts oben von Münch, Abschn. I u. für die Notwendigkeit des Lehrer-Beamtenstatus Leisner, ZBR 1980, 361 ff. — Zum hier nicht näher verfolgbaren Sonderkomplex der vom Lehrer verfassungsrechtlich zu fordernden „Verfassungstreue" siehe BVerfGE 39, 334ff.; BVerwGE 47, 330ff.; OVG Münster, NJW 1976, 1859; VGH Kassel, NJW 1977, 1843f.; Stern, Zur Verfassungstreue der Beamten, 1974; E. Brandt, Die politische Treuepflicht der Lehrer nach dem „Radikalenbeschluß" des BVerfG in: Rechte der Lehrer — Rechte der Schüler - Rechte der Eltern, 1977, S. 62 ff. Zu dieser Problematik etwa Ziegenbein, RWS 1964, 166 ff. Sie gehört in den Wissenschaftsbereich, vgl. Kimminich, unten 11. Abschn. II 1 a. Zum folgenden von Münch, DVB1. 1964, 789ff.; Hans Heckel, Schulrecht und Schulpolitik, 1967, S. 193ff.; Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, G G Art. 7, RdNr. 59ff.; Knemeyer, Lehrfreiheit, 1969, S. 41 f.; Kollatz, DÖV 1970, 594ff.; Hantke, Meinungsfreiheit des Lehrers, 1973; E. Müller, RdJB 1977, 30ff. — Extensive Auslegungen bei Perschel, DÖV 1970, 34ff.; Stock, Pädagogische Freiheit und politischer Auftrag der Schule, 1971 ; Clevinghaus, RdJB 1975, 25; Beck, Die Geltung der Lehrfreiheit des Art. 5 III G G für die Lehrer und Schüler, 1976. Zusammenstellung bei Hans Heckel, Schulrecht und Schulpolitik, 1967, S. 194 ff. Vgl. auch BVerwGE 12, 359. Aus der neueren Gesetzgebung etwa § 10 beri. SchulVerfG i. d. F. vom 5. 2. 1979 (GVB1. S. 308); § 40 brem. SchulG i. d. F. vom

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ist es dagegen, die pädagogische Freiheit des Lehrers im Sinne einer allgemeinen Analogie insbesondere zur Lehrfreiheit des Hochschullehrers i. S. von Art. 5 III GG oder zu der Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 I G G verfassungsrechtlich auszudeuten. Die Statuierung der Schulaufsicht in Art. 7 I GG in dem oben Ziff. 6 näher dargelegten Sinne steht der Analogie zu Art. 5 III GG deutlich entgegen. Ebenso die Tatsache, daß die besondere Wissenschaftsfreiheit an den Hochschulen im Sinne von Art. 5 Abs. 3 G G die dort gegebene regelmäßige Forschungstätigkeit mit voraussetzt. Ferner gibt die beamtenrechtlich legitime (Art. 5 II GG) Gehorsamspflicht keinen Raum, pädagogische Eigenmächtigkeiten als Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 I GG rechtfertigen zu wollen. Sachlich ist die stärkere Bindung des Lehrers wiederum aus dem allgemeinen Staatsauftrag zu rechtfertigen, im Sinne des gleichen Rechtes auf Bildung für von örtlichen und personellen Zufälligkeiten möglichst unabhängige, qualitativ gleichwertige Schulbildung zu sorgen. Insofern hat der Staat in den Grenzen einer personal-pädagogischen Freiheit im obigen Sinne den allgemeinen Unterrichtsstandard zur Geltung zu bringen, und der Lehrer hat diese Forderungen zu akzeptieren. b) Eltern: Stärker als bei den Lehrern ergeben sich in der demokratischen Bildungsverfassung des G G Grenzen der staatlichen Schulgestaltungsmacht gegenüber den Eltern als den gesetzlichen Vertretern der eigentlichen Nutzer des Schulwesens. Art. 6 II S. 1 GG erklärt die Kindererziehung zum natürlichen Elternrecht und einer zuvörderst den Eltern obliegenden Pflicht. Art. 6 II S. 2 und Art. 7 I GG stehen allerdings einer Vorrangwirkung des Elternrechts gegenüber der staatlichen Schulaufgaben entgegen. Staatlicher und elterlicher Bereich sind ohne ausdrückliche Rangentscheidung voneinander abgegrenzt. — Zumindest im Schulbereich ist der staatliche Erziehungsauftrag dem elterlichen Erziehungsrecht nicht nach-, sondern gleichgeordnet. Die daraus resultierende gemeinsame Erziehungsaufgabe von Eltern und Schule ist in einem sinnvoll aufeinander bezogenen Zusammenwirken zu erfüllen 149 . Damit ist insbesondere der Gedanke einer Subsidiarität der staatlichen gegenüber der elterlichen Erziehung vom G G nicht aufgegriffen worden. Ungeachtet solcher Abgrenzungen erkennen das GG und die Länderverfassungen

149

20.2. 1978 (GBl. S. 69); § 5 2 hess. SchVG Neufassung vom 4.4. 1978 (GVB1. S. 231); § 20, rh.-pf. SchulG i. d. F. vom 23. 12. 1977 (GVB1. S. 460); § 28 saarl. SchOG i. d. F. vom 21. 6. 1978 (ABl. S. 674). So ausdrücklich BVerfGE 34, 165 ff. (183) und - zur Sexualerziehung in der Schule - erneut BVerwGE 47, 46ff.; BVerwGE 57, 360ff.; dazu etwa Maunz, Fs. f. Scheuner, 1973, 419ff. und Oppermann, JZ 1978, 289ff. — Zur sonstigen Rechtsprechung Ossenbühl, AöR 98 (1973), S. 361 ff. Vgl. auch Dietze, Pädagogisches Elternrecht oder staatliches Erziehungsrecht, in: Rechte der Lehrer — Rechte der Schüler — Rechte der Eltern, 1977, S. 137 ff.

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insgesamt den Eltern eine beachtliche Mitbestimmungsrolle („Sekundanzanspruch") im Schulwesen zu150. Sie äußert sich in mehrfacher Hinsicht. aa) Konfessionelle Komponente des Elternrechts: Im Vordergrund stand lange die konfessionelle Komponente, obwohl das Elternrecht auf sie keineswegs beschränkt ist. Obwohl Art. 6 II GG ein gesamtstaatliches subjektiv-öffentliches (Gruppen-)Recht der Eltern auf Entscheidung über die Form der öffentlichen Volksschule (Gemeinschafts- oder Bekenntnisschule) nicht gewährt, wird diese Entscheidung in der Länderschulreform seit 1965 stärker als früher von einem solchen elterlichen Wahlrecht abhängig gemacht 151 . Insofern kann Art. 6 II G G neben Art. 4 I G G („positive Religionsfreiheit") als Legitimationsgrund angesehen werden, der es dem grundsätzlich gesinnungsneutralen Staat gestattet, in bestimmten Situationen und in bestimmtem Umfang Eltern-Sonderwünschen nachzukommen. In diesen Zusammenhang gehören ferner die Elternrechte beim Religionsunterricht ihrer Kinder nach Art. 7 II GG. bb) Weltlich-demokratische (pädagogische) Komponente des Elternrechts: Die mehr weltlich-demokratische Seite des Elternrechts baut zunächst grundsätzlich auf der Vorstellung auf, daß der pluralistische Staat kraft seines Selbstverständnisses nicht alleiniger Erziehungsträger sein kann. Hieraus rechtfertigt sich die Privatschulfreiheit des Art. 7 IV, V GG, in welcher der staatliche Respekt vor dem Elternwillen mitschwingt 152 . — Ähnliches gilt für die durch die Rechtsprechung zu einem subjektiv-öffentlichen Recht erstarkte elterliche Bestimmungsmöglichkeit bei der Entscheidung über den Besuch weiterführender Schulen 153 . Im Zuge der modernen Bildungswerbung („Recht auf Bildung") ergeben sich hier schwierige Abwägungsprobleme zwischen dem Bestimmungsrecht der Eltern und einer vom Staat in Anspruch genommenen Befugnis, am besten zu wissen, was der Zukunft der Kinder dient 154 . Auf jeden Fall untersagt Art. 6 II GG, den Willen der Eltern hier einfach beiseite zu schieben, etwa in der Weise, daß der Staat im weiterführenden Schulwesen nur noch eine „Einheitsschule" als alleinigen Typus zur 150

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Einzelheiten bei Liske, Elternrecht und staatliches Schulerziehungsrecht, 1966; Richter, BildungsverfR, S. 44ff.; Oppermann, Grundsätze 1976, C 98ff.; speziell zu den landesgesetzlichen Regelungen Mickel, RdJB 1974, 363 ff. Dazu BVerwGE 5, 158; BVerwG DVB1. 1975, 428ff.; Geiger, Das Elternrecht, sein Inhalt und seine Anwendung heute im Bereich der Schule, 1967, S. 33ff.; Erwin Stein, Elterliches Erziehungsrecht und Religionsfreiheit, in: Friesenhahn/Scheuner (Hrsg.), Hdb. d. Staatskirchenrechts der BRD, Bd. 2, 1975, S. 455 ff. Hans Heckel, Deutsches PrivatschulR, 1955, S. 210; Stein / Joest / Dombois, Elternrecht, 1958; Walz, Protestantische Kulturpolitik, 1965. Oben Ziff. 3. - Allgemein zum weltlich-demokratischen oder pädagogischen Elternrecht: Erwin Stein, JZ 1957, 11 ff.; Geiger (Anm. 151); Wimmer, DVB1. 1967, 809ff.; Walter Becker, RdJB 1973, 210ff. Dazu OLG Schleswig, Schleswig.-Holst. Anz. 1957, 280; BVerfG E 24, 119ff. (den Vorrang des Elternrechts sehr betonend); von Campenhausen, Erziehungsauftrag und staatliche Schulträgerschaft, 1967, 38 f.

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Verfügung stellt und so das Wahlrecht der Eltern aushöhlt 155 . Im übrigen können Normen wie § 1666 BGB oder § 1 JWG bei der schulrechtlichen Abgrenzung des Elternrechts einige Anhaltspunkte geben. - Ferner werden die Eltern über die Länderschulgesetzgebung, z. T. auch über Verwaltungsvorschriften, in Gestalt von Elternräten, Schulpflegschaften u. ä. mit der Einzelschule verbunden, bisweilen auch durch schulübergreifende Einrichtungen bis zu Landeselternräten zu Fragen der Schulaufsicht und Gesetzgebung hinzugezogen 156 . Die Funktionen der Eltern sind dabei meist beratender Natur, werden neuerdings aber z. T. ausgedehnt. c) Schüler: Unter der Bildungsordnung des GG und der Länderverfassungen hat sich auch der Schüler zunehmend vom Objekt elterlicher oder öffentlicher Erziehungsansprüche („Schulbenutzer") zum Inhaber gewisser Eigenrechte gegenüber der staatlichen Schulgewalt entwickelt. Allerdings setzt der altersbedingte Reifegrad große Teile der Schülerschaft den Versuchen eines Ausbaues subjektiv-öffentlicher Schülerrechte offenkundige sachbedingte Grenzen. Außerdem ist die Schule ihrerseits dazu gedacht, eine geistige Mündigkeit überhaupt erst mit zu vermitteln, welche anschließend die vollberechtigte Teilnahme am Sozialleben ermöglicht. — Andererseits ist zu berücksichtigen, daß ernstgenommene Grundrechte wohl nicht mittels des gesetzgeberischen Aktes der Volljährigkeitserklärung (§ 2 BGB) ab einer bestimmten Altersgrenze automatisch verliehen werden, sondern dem einzelnen elementarpersonal zustehen. Das Kind hat so z. B. das Grundrecht, seine Persönlichkeit zu „entfalten", aber auch erzogen zu werden 157 . Auf diese Weise hat sich die Vorstellung einer dem natürlichen Reifeprozeß entsprechenden besonderen „Grundrechtsmündigkeit" des Schülers ergeben 158 . Für sie gibt etwa auch die besondere „Religionsmündigkeit" nach § 5 des G über die religiöse Kindererziehung (i. d. R. 14 Jahre) ein Beispiel ab. Die Grundrechtsmündigkeit ist vor allem für die Schüler der oberen Klassen von Bedeutung. Praktisch 155

Betont „elternfreundlich" BVerfGE 34, 165 ff. (184). BVerfGE 45, 400 ff. (416) stellt die Verpflichtung des Staates klar, mehrere alternative Schultypen den Schülern und Eltern zur Wahl zu stellen. Vgl. ferner Ossenbühl, Verfassungsrechtliche Probleme der Kooperativen Schule, 1977.

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Z. B. hess. G über die Mitbestimmung der Erziehungsberechtigten und den Landesschulbeirat i. d. F. v o m 14. 7. 1977 (GVB1. S. 319). Weitere N a c h w e i s e bei Wolff / Bachof, VwR II, § 101. Überblicke bei Evers / Dietze, Zur Mitbestimmung in der Schule, 1970; Mickel, RdJB 1974, 363 ff. BVerfGE 24, 119ff.; 45, 417; JZ 1978, 301 ff.; Ekkehart Stein, Das Recht des Kindes auf Selbstentfaltung in der Schule, 1967; Hill, RdJB 1971, 231 ff.; Oppermann, Grundsätze, 1976, C 82 ff. Hildegard Krüger, F a m R Z 1956, 329ff.; Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, G G , zu Art. 19 III, R d N r . 20; Kuhn, Grundrechte und Minderjährigkeit, 1965; Reuter, Kindesgrundrechte und elterliche Gewalt, 1968; Steffen, RdJB 1971, 143ff.; Flügge / Quaritsch, Schulmündigkeit und Schulvertrag, 1971; Franke, Grundrechte des Schülers und Schul Verhältnis, 1974.

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äußert sie sich dort etwa in Gestalt einer gewissen Anerkennung politischer Grundrechte (z. B. Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit) innerhalb des besonderen Gewaltverhältnisses der Lehranstalt 159 . Eine besondere Rolle spielt auch die inzwischen einschließlich des (Vor)Zensurverbotes von der Kultusverwaltung mehr und mehr anerkannte Pressefreiheit für Schülerzeitungen 160 . Ähnlich wie für die Eltern haben sich auch Formen der Schülermitgestaltung oder -mitverwaltung innerhalb der Schule vielerorts herausgebildet 161 . Auch hier setzt freilich der alters- und ausbildungsmäßige Reifegrad der Schüler Grenzen. Eigentlicher Sinn der Einbeziehung der Schüler in organisatorische Schulfunktionen ist selbst ein pädagogischer. Die Mitverantwortung über die Berufung in Schulämter (Vertrauensschüler, Klassensprecher, Schülerausschüsse, Schülerparlamente) stellt sich im Sinne einer Erziehung zur Selbstverantwortung als Maßnahme im Rahmen staatsbürgerlicher Bildung im weitesten Sinne dar. Neuere Tendenzen einer Schülermitbestimmung (oder „Schülervertretung") in der Schule gehen in der Forderung z. B. auf Beteiligung bei Disziplinarfällen, bei der Lehrstoffauswahl und bei Noten- und Versetzungskonferenzen allerdings noch wesentlich weiter 162 . Die optimale Grenze zwischen förderlicher Demokratisierung und Beeinträchtigung des fachlichen Bildungsauftrages der Schule muß allerdings jeweils im einzelnen überdacht und gesucht werden. Ein „politisches Mandat" können öffentlichrechtlich und schulbezogen organisierte Schülervertretungen nicht wahrnehmen, da dies einen Mißbrauch ihres Auftrages bedeutete, alle Schüler zu vertreten. 8. Berechtigungen Zwar widerspricht es dem Ideal menschlicher Bildung, auf welche das Schulwesen nach seinem sachlichen Auftrag angelegt ist, sich in formalen ab159

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VGH Bad.-Württ., DVB1. 1976, 638f.; Perschel, Die Meinungsfreiheit des Schülers, 1962; ders., RdJ 1968, 289ff. (zum sog. Demonstrationsrecht); Berkemann, RdJB 1974, 8ff. (politische Rechte); ders., Die „politischen Rechte" des Schülers, in: Rechte der Lehrer - Rechte der Schüler - Rechte der Eltern, 1977, S. 102ff.; Kästner, DÖV 1977, 500 ff. Gesetzliche Regelung in § 67 nds. SchulG i. d. F. vom 28. 6. 1977 (GVB1. S. 233). Von Münch, RdJ 1957, 371 ff.; Perschel. RWS 1963, 225ff.; Brenner, Das Recht der Schülerzeitungen, 1966; Leuschner, Das Recht der Schülerzeitungen, 1966; Schock, Schülerpresserecht, 1971. Die Nachweise aus der Schulgesetzgebung bei Wolff / Bachof, VwR II, § 101. Im einzelnen W. Scheibe / Fr. Bohnsack / K. Seidelmann, Schülermitverantwortung, 1966; Hethgy, RdJB 1970, 72ff.; Nevermann, a. a. O. (Fn. 51), S. 191 ff. Insoweit aufgeschlossen KMK-Beschluß vom 3. 10. 1968 zur Schülermitverantwortung und KMK-Beschluß vom 25. 5. 1973 zur Stellung des Schülers in der Schule (Text u.a. RdJB 1973, 235ff.). Vgl. auch Perschel, RdJ 1966, 57ff.; 94ff; Czymek, RdJ 1968, 42ff.; Dietze, Mitbestimmung als Strukturprinzip der demokratischen Schulreform, 1974.

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schließenden Beurteilungen zusammenfassen zu lassen 163 . Jedoch vermag die Schule sich unter den Bedingungen einer modernen Industriegesellschaft, die sich zum Recht auf chancengleiche Bildung bekennt, weniger denn je der Aufgabe zu entschlagen, eine Art erste Verteilungsstelle im Hinblick auf spätere berufliche Laufbahnen zu sein. Aus diesem Grunde behalten die schulischen Berechtigungen ihre schulrechtliche und berufliche Bedeutung weiter 164 . Dabei gewähren die durch eine Prüfung oder die Beendigung eines Ausbildungsganges erworbenen Qualifikationen („Berechtigung") nicht etwa subjektiv-öffentliche Rechte, sondern schaffen lediglich die Voraussetzung, überhaupt erst eine weiterführende Ausbildung oder einen Beruf nach deren jeweiliger Regelung einschlagen zu können. Wesentliche schulrechtliche Berechtigungen sind die Mittlere Reife (z. B. Voraussetzung zum Besuch von Berufsfachschulen), Fachhochschulreife (zum Besuch von Fachhochschulen) und vor allem das Reifezeugnis des Gymnasiums (gewährt die volle Hochschulreife)165. Berufsrechtlich ist z. B. die Verbindung zwischen schulischer Berechtigung und Laufbahngestaltung des Beamtenrechts von wesentlicher Bedeutung (§ 13 BRRG: Einfacher und mittlerer Dienst: erfolgreicher Besuch einer Volksschule; gehobener Dienst: erfolgreicher Besuch einer Mittelschule, faktisch meist Reifezeugnis des Gymnasiums; höherer Dienst: abgeschlossenes Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule). Berufsrechtlich sind die schulischen Berechtigungen als zumindest indirekte subjektive Zulassungsvoraussetzungen grundsätzlich an Art. 12 II GG zu messen.

III. Ergänzende Bildungsformen 1. Erwachsenenbildung Neben dem nach seiner allgemeinen Bedeutung im Vordergrund stehenden Schulwesen umfaßt die deutsche Bildungsordnung seit jeher verschiedene ergänzende Bildungseinrichtungen. Unter ihnen ist zunächst die Erwachsenenoder Weiterbildung zu nennen 166 . Allgemein kulturverwaltungsrechtlich gese163

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Zum Grundsätzlichen Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 44ff.; Hans Heckel, Schulrecht und Schulpolitik, 1967, S. 170ff.; Oppermann, KulturverwR, S. 267f.; Dietze, JZ 1976, 114 ff. KMK-Beschluß über Grundsätze zum Berechtigungswesen vom 30. 6 . / 1 . 7 . 1954, B S / K M K Nr. 1830; Reuter, RWS 1963, 73ff. Scheuerl, Probleme der Hochschulreife, 1962. — Aus dem Berechtigungscharakter des Abiturs ergibt sich bei Mangel an Studienplätzen die Forderung nach bundesweit vergleichbarer „Normierung" des Abiturs. Die von der K M K vorbereiteten „Normenbücher" werfen aber ihrerseits rechtsstaatliche und föderalistische Verfassungsprobleme auf, vgl. Perschel, Verfassungsrechtliche Probleme der Normenbücher, in: Flitner / Lenzen (Hrsg.), Abiturnormen gefährden die Schule, 1977, S. 41 ff. Oppermann, KulturverwR, S. 269ff.; Knoll, Erwachsenenbildung, 1972; Beckel, in: Fg. f. Hefermehl, 1972, S. 485ff.; Keimbungenstab (Hrsg.), Grundlagen der Weiter-

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hen steht sie zwischen Bildungs- und Wissenschaftsbereich. Vor allem die weitgehende Priorität des Lehrens unter Zurücktreten der Forschung legt es nahe, die Einrichtungen der Erwachsenenbildung grundsätzlich dem Bildungswesen und nicht der Wissenschaft zuzurechnen. Typisch für die schon seit Ende des 19. Jahrhunderts entstandenen, nach 1945 wieder erneuerten Einrichtungen der Erwachsenenbildung ist die gleichzeitige Initiative aus dem staatlichen und dem gesellschaftlichen Raum. Das GG nimmt zur Erwachsenenbildung nicht unmittelbar Stellung. Über die Anerkennung der Meinungs-, Informations-, Lehr-, Versammlungs-, Vereinigungs- und Berufsfreiheit (Art. 5, 8, 9, 12 GG) schafft es aber die Voraussetzungen für die grundsätzlich freie Aufnahme und Ausübung außerschulischer Bildungstätigkeit. Die Mehrzahl der Länderverfassungen bekennt sich darüber hinaus in Anlehnung an den früheren Art. 148 IV WRV ausdrücklich zur Förderung der Erwachsenenbildung 167 . In einigen Ländern konkretisieren besondere Gesetze die staatliche Förderung der Erwachsenen- oder Weiterbildung168. Faktisch gesehen sind Träger der Erwachsenenbildung auch selten rein gesellschaftliche Kräfte. Im Vordergrund stehen vielmehr die Gemeinden als Träger und Förderer und nach ihnen die Kirchen, die oftmals mit den Kommunen eng zusammenarbeiten 169 . Schließlich unterstützt der Staat die Erwachsenenbildung vor allem finanziell. Das gilt nicht nur für die Länder, sondern auch für den Bund, der u. a. Mittel des Bundesjugendplanes für diese Zwecke einsetzt. Auf diese Weise sind die Einrichtungen der Erwachsenenbildung in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt gesehen zwar nicht als unmittelbare Veranstaltung des Staates anzusprechen, wohl aber als weithin öffentliche oder öffentlich geförderte Institutionen, deren Bedeutung

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bildung, 1973 (Loseblatt); Sehling, Rechtliche Grundlagen der Ausbildung und Fortbildung im außerschulischen Bereich, 1974; Feidel / Merz, Erwachsenenbildung in der BRD seit 1945, 1976; Sauer, Erwachsenenbildung, 1976; Bockemühl, RdJB 1977, 188 ff. Überblick bei Beckel, Fg. f. Hefermehl, 1972, S. 485ff.; ders., RdJB 1976, 297ff.; Bockemühl, RdJB 1976, 300ff. Ferner KMK-Empfehlung vom 16./17. 1. 1964 zugunsten einer „Grundsatzordnung für die Förderung der Erwachsenenbildung" ( = im wesentlichen Übernahme des Gutachtens des Deutschen Ausschusses für das Erziehungs- und Bildungswesen über die Erwachsenenbildung von 1960). Bayer.G zur Förderung der Erwachsenenbildung vom 24.7. 1974 (GVB1. S. 368), brem. WeiterbildungsG i. d. F. vom 18. 2. 1975 (GBl. S. 95); hess. G zur Förderung von Einrichtungen der Erwachsenenbildung, Neufassung vom 9. 8. 1978 (GVB1. S. 501); nds. G zur Förderung der Erwachsenenbildung i. d. F. vom 22.6. 1977 (GVB1. S. 190); nordrh.-westf. G zur Ordnung und Förderung der Weiterbildung i. d. F. vom 5. 7. 1977 (GVB1. S. 448); rh.-pfälz. WeiterbildungsG vom 14. 2. 1975 (GVB1. S. 77); saarl. G zur Förderung der Erwachsenenbildung i. d. F. vom 17. 12. 1975 (ABl. 1976, S. 1). Berger, Kirche und Erwachsenenbildung, 1957; G. Scherer / A. Beckel / F. Pöggeler, Gemeinde und Erwachsenenbildung, 1958; Sauberzweig, StT 1975, 183ff.

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im Zeichen des Bildungsurlaubs zukünftig wesentlich zunehmen dürfte. Über Arbeitszeitverkürzung, Bildungsurlaub und ähnliche Sozialmaßnahmen dürfte der Gedanke der Erwachsenenbildung in seiner modernen Variante der Weiterbildung („Life-long-learning") künftig weiter kräftige Förderung erfahren 170 . a) Volkshochschulen: Kernstück der Erwachsenenbildung ist seit Anfang dieses Jahrhunderts die Volkshochschule 171 . Sie dient über allgemein zugängliche Vorträge, Kurse, Arbeitsgemeinschaften und Seminare in grundsätzlich unbeschränkter Thematik dem Fortbildungsbedürfnis einer breiten und in sich wenig homogenen Hörerschaft. Neben dem in erster Linie angesprochenen Erwachsenen mit abgeschlossener Schulbildung können auch Jugendliche die Volkshochschule besuchen. Im Gegensatz etwa zum zweiten Bildungsweg ist für die Volkshochschule die Vermittlung von Allgemeinbildung in einem geradezu klassischen nichtutilitaristischen Sinne typisch. Gedanken einer Straffung des Bildungsauftrages der Volkshochschule als „3. Bildungsweg" stehen noch in den Anfängen, ebenso die Einschaltung der Massenmedien. Insbesondere verleiht die Volkshochschule keine Berechtigungen. Institutionell finden sich die Haupttypen der Heim- und vor allem der Abendvolkshochschule, die i. d. R. einer Gemeinde entweder unmittelbar als Anstalt eingegliedert ist oder von ihr in Gestalt eines privatrechtlichen Vereins personell und materiell getragen wird. Ferner findet häufig Zusammenarbeit mit großen Sozialverbänden (z. B. Gewerkschaften, Bauernorganisationen) statt. Der Lehrkörper der Volkshochschulen ist noch ziemlich heterogen. Neben wenigen hauptamtlichen Stellen überwiegt der freie, nebenberuflich an der Volkshochschule tätige Dozent, der über einen Dienstvertrag verpflichtet wird. Die neue Gesetzgebung sieht auch insofern statusrechtliche Verbesserungen, insbesondere eine stärkere personelle Durchlässigkeit zwischen allgemeinem (öffentlichen) und ergänzendem Bildungswesen vor 172 . An der Universität Bochum wurde 1965 der erste Lehrstuhl für Erwachsenenbildung geschaffen, an dem sich Volkshochschuldozenten fortbilden können 173 . In Fortführung einer längeren Tradition ist das deutsche Volkshoch170

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Vgl. brem. BildungsurlaubsG vom 18. 12. 1974 (GBl. S. 348); hamb. BildungsurlaubsG vom 21. 1. 1974 (GVB1. S. 6); hess. G über d. Anspruch auf Bildungsurlaub vom 24. 6. 1974 (GVB1. S. 300); nds. G über d. Bildungsurlaub für Arbeitnehmer, Neufassung vom 17. 1. 1974 (GVB1. S. 569). Zu verfassungsrechtlichen Fragen des Bildungsurlaubs Arndt, BB 1974, 1399; ferner Beinke, RdJB 1977, 203ff.; Gola, Bildungsurlaub im Arbeitsverhältnis, 1977. Volkshochschule, Hdb. f. Erwachsenenbildung, 1961; A. Kotigen / H. Dolff / W. Küchenhoff, Die Volkshochschule in Recht und Verwaltung, 1962; Gedanken zur Volkshochschule neuen Typs, 1965; Scheel, Bulletin 1976, 1193 ff. Vgl. etwa § 9 nds. ErwachsenenbildungsG i. d. F. vom 22.6. 1977 (GVB1. S. 190); Art. 13 bayer. G zur Förderung der Erwachsenenbildung vom 24.7. 1974 (GVB1. S. 368). KMK-Beschluß vom 28./29. 10. 1965 zur Beteiligung der wissenschaftlichen Hochschulen an der Erwachsenenbildung, B S / K M K Nr. 1987; ferner KMK-Beschluß v.

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schulwesen über den Deutschen Volkshochschulverband e. V. verhältnismäßig stark überregional verflochten. Die länderverfassungsrechtlich und gesetzlich niedergelegten Förderungspflichten werden von den Ländern und Gemeinden neben der Übernahme der Trägerschaft meist durch Zuschüsse zu den laufenden Kosten der Volkshochschulen effektuiert. Soweit in den einzelnen Ländern einfach-gesetzliche Regelungen vorliegen, besteht ein Anspruch auf diese Förderung. Im übrigen werden die Mittel nach dem Ermessen der Vergabebehörden zugeteilt, da die erwähnten Verfassungsbestimmungen nicht im Sinne von Rechtsansprüchen der Einrichtungen der Erwachsenenbildung gegen die öffentliche Hand ausgelegt werden können. b) Volksbüchereien: Ähnlich werden auch die Volksbüchereien („öffentliche Büchereien") als zweite wesentliche Institution der Erwachsenenbildung von der öffentlichen Hand gefördert 174 . Auch hier stehen die Gemeinden im Vordergrund (Bereitstellung von Gebäuden, Personalanstellung, Etat). Aber auch die Länder, z. T. sogar überregional in der KMK, wirken mit, z. B. über die Einrichtung staatlicher Büchereistellen zur fachkundigen Beratung der einzelnen Bibliotheken, Förderung der Ausbildung und Besoldung des Volksbibliothekarpersonals und Zuschüsse zu den kommunalen Etats 175 . Die rechtliche Zusammenfassung dieser Förderungsmaßnahmen in dem oftmals geforderten „Büchereigesetz" ist bisher noch nirgends erfolgt. c) Volksbühnen: Das Volksbühnenwesen als ein dritter Bereich wird wesentlich auf vereinsmäßiger Grundlage getragen. Die privatrechtliche Konstruktion ermöglicht dabei den überregionalen Verbund im Verband der Deutschen Volksbühnenvereine bzw. im Bund der Theatergemeinden. Auch das Volksbühnenwesen wird von den Ländern und Gemeinden in verschiedener Form subventioniert (z. B. bei der Veranstaltung der Ruhrfestspiele).

2. Staatsbürgerliche (Politische) Bildung In einem ganz allgemeinen Sinne bedarf der demokratische Staat der aktiven Mitwirkung seiner Bürger in den öffentlichen Angelegenheiten, weil er aus ihrem Gemeinwillen seine Legitimation ableitet. Aus diesem Grund muß er Anstrengungen unternehmen, um die Kenntnis, das Verständnis und die Wahrnehmung der staatsbürgerlichen Rechte zu fördern 176 . Hieraus ergibt sich ein besonderer ergänzender Bildungsauftrag zur staatsbürgerlichen Erziehung, der schon in Art. 148 III WRV verfassungsrechtlichen Ausdruck ge-

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2 4 . 2 . 1 9 7 1 zum Lehrpersonal an Volkshochschulen (Besoldung), GMB1. 1971, S. 138; J.-H. Knoll / G. Wodraschke, Erwachsenenbildung am Wendepunkt, 1967. Hugelmann, Die Volksbücherei, 1952. KMK-Beschluß vom 16./17. 11. 1951 über die bibliothekarische Ausbildung an Büchereischulen, BS/KMK. Nr. 2120. Dazu Herbert Krüger, Staatsl., S. 214ff.

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f u n d e n hatte 177 . Während das G G leider hierzu schweigt, bekennt sich die Mehrzahl der Länderverfassungen zu dieser Aufgabe (z. B. Art. 21 bad.-württ. Verf.) 178 . Im näheren vollzieht sich die staatsbürgerliche oder politische Bildung in verschiedener Form. Der Schwerpunkt liegt in ihrer Einfügung in den öffentlichen Schulunterricht, vor allem über das Fach Gemeinschafts(oder Sozial-)kunde 179 . Aber auch Einrichtungen wie die Schülermitverwaltung können als eine Art praktische Einübung in staatsbürgerliches Verhalten begriffen werden. Auch innerhalb der Bundeswehrausbildung wird staatsbürgerlichem Unterricht im Sinne der Erziehung zum „Bürger in U n i f o r m " Platz eingeräumt 180 . Bis zu einem gewissen G r a d e wird auch die Förderung der politischen Wissenschaft (als „Demokratiewissenschaft") an den Hochschulen unter ähnlichen Aspekten betrieben 1 8 1 . D a ß ein Gelingen staatsbürgerlicher Bildung nicht nur Kenntnisse von den Formalien der Demokratie voraussetzt, sondern die Anverwandlung ihrer tragenden Grundsätze, kann hier nur angemerkt werden 182 . Außerhalb des Schulwesens im weitesten Sinne wirken Bund u n d Länder über besondere nichtrechtsfähige Anstalten (z. B. Bundeszentrale für politische Bildung und entspr. Landeszentralen) auf die staatsbürgerlichen Vorstellungen der Gesamtbevölkerung mit publizistischen Mitteln und indirekter finanzieller Bezuschussung über weitere Gesellschaften und Vereine ein, die sich der politischen Bildungsarbeit widmen 1 8 3 . 3. Jugendbildung Neben Erwachsenen- u n d staatsbürgerlicher Bildung steht als drittes ergänzendes Bildungsbemühen des Gemeinwesens die außerschulische Betreuung der Jugend. Es handelt sich hier u m einen außerordentlich breiten Katalog von M a ß n a h m e n , die öfter in einer nicht sehr festgelegten Terminologie unter der Vorstellung der Jugendwohlfahrt oder auch der Jugendförderung zusammengefaßt werden. Die aus bildungsrechtlichem Blickwinkel interes177

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Litt, Wesen und Aufgabe der politischen Erziehung, 1964; C. Kniffler / H. Schlette, Politische Bildung in der BRD, 1967; Oppermann, KulturverwR, 1969, 275ff.; Strelewicz, Aktuelle Probleme der politischen Bildung, 1973 ( = Aus Politik und Zeitgeschichte, B 3 / 7 3 ) ; Behr, Strukturprobleme der politischen Bildung, 1973 ( = Aus Politik und Zeitgeschichte B 5/73). Weitere Nachweise bei Oppermann, a. a. O. (Anm. 177). Wasser, Politische Bildung am Gymnasium, 1967; Schörken, Streitpunkte des Politikunterrichts, 1976 ( = PuZ 8/1976). § 33 SoldatenG i. d. F. vom 19. 8. 1975 (BGBl. I, S. 2273); Grosse, Soldat und politische Bildung, 1968 ( = Aus Politik und Zeitgeschichte, B 8/68). Hennis, in: Fg. f. Carlo Schmid, 1962, S. 96ff.; Busshoff, Politikwissenschaft und politische Bildung, 1967 ( = Aus Politik und Zeitgeschichte, B 17/67). Dazu Thielicke, An die Deutschen, 4. Aufl. 1962, S. 15 f.; Raasch, RdJ 1965, 66 ff. Zur Bundeszentrale für politische Bildung die Erlasse des BMI vom 25. 11. 1952 (GBM1. S. 318) und vom 18. 5. 1963 (GMB1. S. 214); Franken, in: StaatsL., Bd. II, Sp. 303 f.

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sierenden Aspekte der Jugendbildung stellen dabei nur einen Ausschnitt aus dem Gesamtspektrum jugendfördernder Maßnahmen dar184. Der Gedanke der Jugendbildung läßt sich am besten unter den beiden Stichworten Jugendpflege und Jugendschutz zusammenfassen. Bei ihnen geht es in besonderem Maße um erzieherisch-kulturelle Einwirkungen des Staates in die Welt der Jugend außerhalb der Schule, während bei der hier nicht zu behandelnden allgemeinen Jugendwohlfahrt (u. a. Jugendfürsorge, Jugendarbeitsschutz, letztlich auch Jugendstrafrecht) soziale Aspekte stärker im Vordergrund stehen185. Allerdings gehen die Begrifflichkeiten vielfältig ineinander über. So wird insbesondere die legislative Bundeszuständigkeit für Maßnahmen der Jugendpflege und des Jugendschutzes einer extensiven Auslegung des Begriffes der „öffentlichen Fürsorge" i. S. des Art. 74 Ziff. 7 GG entnommen 186 . a) Jugendpflege: Nicht unähnlich der Erwachsenenbildung findet in der Jugendpflege eine weitgehende Kooperation zwischen öffentlichen Einrichtungen und gesellschaftlicher Aktivität statt187. Auch die in einigen Ländern ergangenen Gesetze zur Förderung der außerschulischen Jugendbildung weisen dem Staat im wesentlichen eine nur fördernde und vor allem finanziell unterstützende Rolle zu, wiewohl auch hier, ähnlich der Entwicklung in der Erwachsenenbildung, eine Tendenz zu stärkerer staatlicher Mitwirkung deutlich erkennbar wird188. Als öffentliche Institutionen stehen über das JWG i. d. F. vom 25. 4. 1977189 und seine landesrechtlichen Ausführungsgesetze vor allem die Jugendämter für jugendpflegerische Aufgaben zur Verfügung190. Sie sind Bestandteile der Gemeindeverwaltung. Das Jugendamt besteht aus einer Verwaltungsbehörde und einem Jugendwohlfahrtsausschuß, der insbesondere die Verzahnung mit den freien Jugendverbänden ermöglicht191. Auf Landesebene wird die Jugendarbeit über Landesjugendämter harmonisiert, die durch einen Landesjugendwohlfahrtsausschuß unterstützt werden (§21 JWG). Im Sinne einer auch bundesweit möglichst gleichmäßigen Erfüllung 184

Hans Heckel, RdJ 1958, 145ff.; Harrer, Jugendwohlfahrtskunde, 7. Aufl. 1977; Hecke! / Seipp, Schulrechtskunde, S. 377ff.; Oppermann, KulturverwR, S. 277ff.; G. Kaiser, Gesellschaft, Jugend und Recht: System, Träger und Handlungsstile der Jugendkontrolle, 1977; vgl. auch oben Wertenbruch, 5. Abschn. II 8.

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Zu den Abgrenzungen etwa die Kommentare zum JWG; Jans-Happe, 1973; Krug, 1974ff.; Die Rechtsgrundlagen bei P. Seipp / M. Schnitzerling/ W. Perschel, Hdb. d. ges. Jugendrechts, 1950ff. (Losebl.-Ausg.). BVerfG E 22, 180ff.; BVerwG E 19, 94. Kritisch Bettermann, A ö R 83 (1957), 91 ff.; Ule, DVB1. 1965, 580ff. Riedel, RWS 1964, 272ff.; Stettner, RdJ 1965, 179ff.; 207ff.; 232ff.; Jans, RdJB 1972, 343 ff. Vgl. die Gesetze der Länder Baden-Württemberg vom 6 . 5 . 1975 (GesBl. S. 254); Bremen vom 1. 10. 1974 (GesBl. S. 309); Hessen i. d. F. vom 15. 12. 1975 (GVB1. S. 302); Niedersachsen vom 27. 5. 1974 (GVB1. S. 258). BGBl. I, S. 633. Buchhierl, RdJ 1962, 166ff.; Harrer, Jugendwohlfahrtskunde, 7. Aufl. 1977, S. 13ff. Potrykus, Der Jugendwohlfahrtsausschuß, 1953.

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der Aufgaben der Jugendämter besteht ferner beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit ein Bundesjugendkuratorium (§ 26 JWG) 192 . — Gesellschaftlicher Partner der Jugendämter sind die in privatrechtlicher Form (i. d. R. als e. V.) gegründeten vielfältigen Jugendorganisationen, die fiir die Zwecke der Jugendpflege z. T. öffentlich anerkannt werdenm. Sie sind entweder spezifischen Jugendzielen zugewendet (z. B. Pfadfinder) oder stehen auf politischer oder bekenntnismäßiger Grundlage (z. B. Jungsozialisten oder katholische Jugend). Zum guten Teil sind die einzelnen Jugendorganisationen in den Kreis- und Landesjugendringen in lockerer Form vereinigt, um Anliegen gegenüber dem Staat gemeinsam zu vertreten. Als Spitzenorganisation der freien Jugendverbände besteht der Bundesjugendring. Die Aufgabenkataloge der verschiedenen jugendpflegerischen Einrichtungen, vor allem der Jugendämter, sind i. d. R. recht allgemein gefaßt (z. B. §§ 4 ff. J W G und etwa § 1 brem. JugendbildungsG). Grundgedanke ist die sozialstaatliche Förderung und Anregung der Aktivität der freien Jugendorganisationen durch die öffentliche Hand („Öffentliche Hilfe zur Selbsthilfe") 194 . Auf der kommunalen Ebene spielt das Angebot materieller Hilfsmittel eine große Rolle (z. B. Schaffung von Heimen, Übergabe von Gerätschaften u. s. f.), ferner personelle Hilfe (Einsatz von Jugendpflegern, die Jugendveranstaltungen mitorganisieren u. ä.). Die Fassung des JWG und — in abgeschwächter Form — auch die Jugendhilfegesetze der Länder gehen dabei von einem betonten Subsidiaritätsdenken aus, wonach das Jugendamt von eigenen Einrichtungen und Veranstaltungen absehen soll, soweit geeignete Einrichtungen und Veranstaltungen der Träger der freien Jugendhilfe (z. B. Kirchen) vorhanden sind 195 . Auf Landes- und Bundesebene steht die Bereitstellung von öffentlichen Haushaltsmitteln für die Jugendarbeit im Vordergrund. Sie erfolgt u. a. über die Landesjugendpläne und den Bundesjugendplanm. Die in Ausführungen dieser Pläne ergehenden Verwaltungsvorschriften beeinflussen nachhaltig die Jugendarbeit. Daneben gibt der Staat über andere überregionale Maßnahmen 192

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A. Köngen / T. Gerner, N D V 1959, 310ff. Vgl. auch 2. Jugendbericht der Bundesregierung, BT-Drucks. V/2453, dazu Flor, Bulletin 1968, 65ff. Dazu § 5 Abs. 4, § 9 JWG; Rauschen, RdJ 1963, 241 ff., 261 ff.; Stettner, RdJ 1966, 211 ff. Klinger, RdJ 1963, 311 ff. Neuerdings wird dies unter dem Stichwort der „offenen" (d. h. möglichst eigenständigen) Jugendarbeit sehr betont. Nach BVerfG E 22, 180 ff. ist dies eine im Rahmen der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers liegende Lösung. Zur Problematik etwa Lerche, Verfassungsfrageji um Sozialhilfe und Jugendwohlfahrt, 1963; Bender, DVB1. 1963, 87ff.; Günther Küchenhoff, NJW 1968, 433ff.; Ewald, RdJB 1970, 97ff. Vgl. z. B. Durchführungserlaß vom 15. 12. 1977 zum Bundesjugendplan 1978, GMB1. 1977, S. 722f. - Ferner OVG Münster VerwRspr. 15, 76; Hör, RWS 1963, 289ff.; Stettner, RdJ 1965, 207ff.; Kölble, in: Planung I, hrsg. von Kaiser, 1965, S. 91 ff.

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der Jugendpflege wie z. B. die Veranstaltung der Bundesjugendspiele Verleihung von Bundesjugendpreisen Impulse für die Jugendpflege.

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b) Jugendschutz: Während die Jugendpflege weithin der Leitungsverwaltung angehört, bemüht sich das Gemeinwesen über den Jugendschutz gleichzeitig mit Mitteln der Ordnungsverwaltung, bestimmten Gefahren während des körperlichen und geistigen Reifeprozesses der Jugend zu steuern 197 . Wesentliche Instrumente sind hierbei die beiden BundesG zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit (JSchÖG) i. d. F. vom 27. Juli 1957198 und über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften (GjS) i. d. F. vom 29. April 1961'". Da das GG insbesondere mit der Gewährleistung der freien Persönlichkeitsentfaltung, mit Gewissens- Meinungs- und Kunstfreiheit umfängliche, auch für die Jugendbildung relevante Freiheitspositionen festgelegt hat, ergeben sich im Sinne einer verfassungskonformen Handhabung der beiden Gesetze im einzelnen manche schwierige Abgrenzungsfragen 200 . Immerhin enthalten der Familienschutz des Art. 6 GG und der Gesetzesvorbehalt zugunsten des Jugendschutzes in Art. 5 II G G Hinweise, daß die Vorstellung staatlicher Maßnahmen zugunsten des Jugendschutzes der gesamtstaatlichen Verfassung nicht fremd ist. Außerdem ist der Jugendschutzgedanke in einer Reihe von Länderverfassungen verankert (z. B. Art. 6 II nordrh.-westf. Verf.). In der neueren Diskussion wird der Jugendschutzgedanke allerdings nicht selten relativiert und bisweilen ganz in Frage gestellt. Das Bundesverwaltungsgericht ist diesen Tendenzen jedoch deutlich entgegengetreten und hat einen prinzipiellen Vorrang der Kunstfreiheitsgarantie („Kunstschutz geht vor Jugendschutz") nicht anerkannt 201 . Im Vordergrund des Jugendschutzes über das GjS stehen Beschränkungen des Vertriebs jugendgefährdender Schriften („Schmutz und Schund"). Sie erfolgen über eine beim Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit ressortierende Bundesprüfstelle. Die Stelle ist mit weisungsgebundenen amtlichen und gesellschaftlichen Mitgliedern besetzt und wird auf Anträge des BMJFG oder oberster Landesjugendbehörden tätig. Die Vertriebsbeschränkungen infolge des Verwaltungsaktes der Aufnahme in die Liste jugendgefährdender Schriften (Verbot offenen Verkaufes u. ä.) sind wirtschaft197

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Heinz Schneider, Die öff. Jugendhilfe zwischen Eingriff und Leistung, 1964; Dickfeldt, RdJB 1976, 101 ff. BGBl. 1957 I, S. 1058. BGBl. 1961 1,498; Kommentar zum JSchÖG: W. Tillmann / K. Göke / W. Becker, 2. Aufl. 1962; Zum GjS: Walter Becker, 1961; vgl. ferner Mayer-Tasch, JZ 1969, 284ff.; Eckhardt, DVB1. 1969, 857ff.; Raue, Literarischer Jugendschutz, 1970. Insbesondere zur Kunstfreiheit. Dazu etwa BVerfG E 30, 336ff.; BVerwG E 1, 303; 23, 104 ; 25, 318; Schilling, RdJ 1958, 247ff., 263ff.; Perschel, RdJ 1962, 259ff.; Bauer, JZ 1965, 41 ff.; Erbel, Inhalt und Auswirkungen der verfassungsrechtlichen Kunstfreiheitsgarantie, 1966; Geiger, in: Fs. f. Leibholz, 1966, II, 187ff.; Leonardy, NJW 1967, 714ff. BVerwGE 39, 197ff.;dazu Ott, NJW 1972, 1219ff.

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lieh gesehen für Verlag und Handel sehr fühlbar. — Über das JSchÖG ist insbesondere der Filmjugendschutz geregelt 202 . Er verwirklicht sich durch Entscheidungen der zuständigen obersten Landesbehörden über die Jugendfreigabe von Filmen, wobei die Maßnahmen nach dem Kindesalter abgestuft sind. Für die Entscheidung nach § 6 JSchÖG steht ein Votum des Jugendausschusses der Freiwilligen Selbstkontrolle der deutschen Filmwirtschaft (FSK) zur Verfügung. An dieses Votum sind die Landesbehörden allerdings nicht rechtlich gebunden. — Noch in den Anfängen steht der Jugendschutz beim Fernsehen203. Wegen der besonderen technischen Strukturen (Empfang i. d. R. in der häuslichen Privatsphäre) kann hier das System des JSchÖG nicht übernommen werden. Erste Versuche eines strafrechtlichen Jugendschutzes auch insoweit (Gewaltdarstellungsverbot nach § 131 StGB i. d. F. vom 2. 1. 1975) sind nicht ohne Kritik geblieben 204 . Als Ansatzpunkt für Jugendschutzmaßnahmen können vor allem die Regelungen in den Satzungen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten über die Programmgestaltung dienen (vgl. z. B. die sog. „21-Uhr-Grenze" für jugendungeeignete Sendungen in § 10 des Staatsvertrages der Bundesländer über das Z D F vom 6. Juni 1961). Ein generelles Verbot jugendungeeigneter Sendungen im Fernsehen ist dagegen als übermäßige Beschränkung vor allem der durch Art. 5 G G geschützten Freiheit nicht zulässig.

IV. Zentrale Kulturverwaltung im Bildungsbereich Ein Umriß der deutschen Bildungsordnung muß nach den einzelnen Sachbereichen wenigstens im Überblick ihre übergreifenden Normen und Einrichtungen mitberücksichtigen. So gesehen ist die Bildungsverwaltung als einer der drei wesentlichen Bestandteile der allgemeinen Kulturverwaltung zu begreifen, welche daneben für die Sachkomplexe Wissenschaft und Kunst zuständig ist205. Konstituierend für die heutige Struktur der Kultur- und damit der Bildungsverwaltung in der BRD ist die Bundesstaatsentscheidung des GG mit ihren grundlegenden Vermutungen zugunsten der Länderhoheit (Art. 20, 30, 70 ff., 83 ff. GG). In diesem Rahmen ist der Bildungsbereich, insbesondere das Schulwesen im weitesten Umfang den Ländern zugewiesen worden 206 . 202

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Stümmer, DVB1. 1960, 77ff.; Kalb, Der Jugendschutz bei Film und Fernsehen, 1962; Weides, in: Fs. f. Armbruster, 1976, S. 301 ff.; Gorges, RdJB 1977, 289ff. Walter Becker, RdJ 1960, 183ff.; RWS 1963, 361 ff.; M D R 1964, 463ff.; Potrykus, M D R 1965, 185ff.; Gorges(Anm. 202). Gehrhardt, Gewaltdarstellungsverbot und Grundgesetz, 1974; Walter Becker, RdJB 1974, 319f. Vgl. oben I, 1. Ferner Oppermann, KulturverwR, S. 29 ff. Näheres etwa bei Maunz, StaatsR, § 18; Ekkehart Stein, StaatsR, § 29; Oppermann, KulturverwR, S. 549ff.; Maunz, in: Fs. f. Gebhard Müller 1970, S. 257ff.; Oppermann, Grundsätze 1976, C 64ff.; Hans Heckel, Einführung, 1977, S. lOff.

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Die Verfassungsrechtsprechung hat bisher das ihre dazu getan, diese oft etwas pauschal so genannte „Kulturhoheit" der Länder gegen Mitbestimmungsversuche des Bundes über eine etwas flexible Auslegung der bundesstaatlichen Verteilungsnormen deutlich abzuschirmen 207 . Ob diese Legalstruktur der Wirklichkeit des vor allem in wirtschaftlich-sozialer Hinsicht weithin „unitarischen Bundesstaates" des GG (Konrad Hesse) hinreichend entspricht, unterliegt Zweifeln. Die Forderung wenigstens nach einer Rahmengesetzgebungszuständigkeit des Bundes im Bildungswesen wird politisch immer wieder erhoben 208 . Die Verfassungsänderungen 1969 haben mit der Bundesgesetzgebungskompetenz für die Regelung der Ausbildungsbeihilfen (Art. 74, Ziff. 13 GG) und der Anerkennung der Bildungsplanung als Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern (Art. 91b GG) erste Schritte in dieser Richtung gebracht. Das Bundesausbildungsförderungsgesetz und der von der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung erarbeitete Bildungsgesamtplan von 1973 sind weiter Ergebnisse dieser neuen Entwicklung. Ferner haben sich den realen Bedürfnissen entsprechend in rechtlich oftmals etwas verquält und gekünstelt wirkenden Formen viele Einrichtungen überregionaler Bildungsverwaltung faktisch längst entwickelt. Eine gewisse verfassungsrechtliche Bereinigung solcher Tatsächlichkeiten im Interesse der Erhaltung eines bundesweit harmonisierten Rahmens wäre grundsätzlich wünschenswert. Weder zu erwarten noch zu wünschen ist dagegen eine starke Zentralisierung der Schulkompetenzen beim Bund. Sie würde der Bürgernähe des Schulwesens und auch dem begrüßenswerten bildungspolitischen Wettbewerb der Bundesländer abträglich sein. 1. Bildungsverwaltung der Länder Entsprechend der Bundesstaatsentscheidung liegt der Schwerpunkt der zentralen Bildungsverwaltung in den Ländern 209 . Die übergreifenden Bildungsangelegenheiten gehören zum größten Teil in die Zuständigkeit der Kultusministerien. In einer Reihe von Ländern (Bayern, Hessen, RheinlandPfalz, Saarland, Schleswig-Holstein) befaßt sich ein Ministerium mit nahezu der Gesamtheit der Kulturverwaltung. Dagegen bestehen vor allem in den Stadtstaaten, und neuerdings in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, Sonderressorts für Bildungsfragen (Senator für Schulwesen und Senator für Jugend und Sport in Berlin; Schulbehörde und Jugendbehörde in Hamburg und Senatoren für Bildungswesen und Jugendwesen in 207

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Vor allem BVerfG E 6, 309ff. (Konkordatsurteil); BVerfG E 12, 205ff. (Fernsehurteil); aber auch BVerfG E 22, 180 ff. (Jugendwohlfahrtsgesetz). Zusammenfassender „Bericht der Bundesregierung über die strukturellen Probleme des föderativen Bildungssystems" = BT-Drucks. 8/1551 vom 23. 2. 1978 („Mängelbericht") und die kritische Stellungnahme der K M K hierzu, 1978. Bestandsaufnahme bei Dittmann, RdJB 1978, 168 ff. Amtliche Übersichten der Länderbildungspolitik in: Kulturpolitik der Länder, zuletzt 1 9 7 7 - 1 9 7 8 , 1979.

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Bremen, ferner in B.-W., N R W und Nds. besondere Wissenschaftsministerien neben dem im wesentl. auf ein „Schulressort" geschrumpften Kultusministerium). Auch anderswo ressortieren vor allem die Jugendfragen z. t. außerhalb der Kultusministerien. Die staatsbürgerliche Bildung (Landeszentralen für politische Bildung u. ä.) unterstehen bisweilen den Staats-(Senat-) kanzleien der Länderregierungschefs. Faktisch gesehen kommt außerdem den Finanzministerien infolge der erheblichen finanziellen Auswirkungen der Bildungspolitik ein nicht zu unterschätzendes Mitwirkungsrecht zu. Nachdem im Schulrecht den rechtsstaatlichen Erfordernissen (Vorbehalt des Gesetzes u. a.) mehr als früher Rechnung getragen wird, hat sich auch der Einfluß der Landtage auf die Gestaltung des Bildungswesens verstärkt. 2. Überregionale Bildungsverwaltung Infolge der wirtschaftlich-sozialen Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland, die auch vom G G anerkannt und gefördert wird (vgl. z. B. Art. 11 oder Art. 72 II GG), ergibt sich ungeachtet der grundsätzlichen Bildungshoheit der Länder ein Sachzwang zur bildungspolitischen Zusammenarbeit in bundesweitem Maßstab 210 . Sie erfolgt teilweise in Zusammenarbeit der sog. Ländergemeinschaft, daneben aber auch über ein Zusammenwirken zwischen Bund und Ländern. Beide Rechtsformen sind verfassungstheoretisch in vielem umstritten 211 . Die Staatspraxis zeigt aber, daß ohne ein gewisses Maß an „kooperativem Föderalismus" auch im Bildungswesen wahrscheinlich die Bundesstaatsentscheidung als solche in Frage gestellt würde. Die ausdrückliche Anerkennung der Bildungsplanung als Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern nach Art. 91 b GG seit 1969 hat die vertragliche Zusammenarbeit im Bundesstaat nunmehr weitgehend legalisiert212. a) Zusammenarbeit der Länder: In dem Bestreben, ihre Kulturhoheit so weit als möglich zu wahren, haben die Bundesländer seit längerem eine intensive freiwillige Zusammenarbeit unter sich eingeleitet. In Bildungsfragen hat sie sich vor allem in der schon 1948 gegründeten Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der BRD (KMK) institutionell verfestigt 213 . Das Schwergewicht ihrer Arbeit liegt im Schulwesen. Obwohl im Grunde nichts anderes als eine lockere Fachkonferenz, ähnlich wie diejenige der Länderinnen- oder -finanzminister, ist der Geschäftsanfall der K M K infolge des weit210 211

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Richter, DÖV 1969, 383ff.; Sauberzweig, StT 1968, 449ff. Aus der Fülle der Stellungnahmen z. B. von Stralenheim, DÖV 1965, 73ff., 166ff.; Scheuner, DÖV 1965, 541 ff., und zusammenfassend Kisker, DÖV 1977, 689ff. Staff, DÖV 1973, 725ff.; zusammenfassend Dittmann, Bildungsplanung als Gemeinschaftsaufgabe, 1975, S. 40f. Hans Schneider, VVDStRL 19 (1961), 11 ff.; Evers / Fuss, VVDStRL 23 (1966), 147ff.; Knoke, Kultusministerkonferenz und Ministerpräsidentenkonferenz, 1966; Oppermann, KulturverwR, S. 565 ff.

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gehenden Fehlens für Bildungsfragen zuständiger Bundesressorts ungleich stärker. Aus diesen Gründen unterhält die KMK ein ständiges Sekretariat und tritt sehr häufig in Konferenzen auf Verwaltungs- oder Regierungsebene zusammen, so daß man insgesamt von einer Art „verhindertem Bundeskultusministerium" sprechen kann. Nach ihrer Geschäftsordnung vom 2./3. Dezember 1949 / 19. November 1955 und einem Abkommen vom 20. Juni 1959 zwischen den Bundesländern 214 steht an der Spitze der KMK ein zwischen den Kultusministern turnusmäßig wechselndes Präsidium, welches die Konferenzen auf Ministerebene einberuft und durchführt. Die Sachverständigen der Länderkultusverwaltungen treten regelmäßig in Ausschüssen zusammen, wobei als große ständige Ausschüsse in Bildungsfragen der Schulausschuß und der Ausschuß für das Auslandsschulwesen der KMK tätig sind. Für das Bildungswesen von Bedeutung sind innerhalb der KMK ferner der Pädagogische Austauschdienst (Lehrer- Assistenten- und Schüleraustausch) sowie die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (gutachtliche Vergleichung inund ausländischer Bildungsgänge zur Vorbereitung von Anerkennungsentscheidungen der Kultusverwaltungen). Laufende Verwaltungsgeschäfte werden vom Sekretariat erledigt, an dessen Spitze der Generalsekretär der KMK steht, der an die Weisungen des Präsidenten gebunden ist. Als Aufgabe sieht die KMK nach dem Vorspruch ihrer Geschäftsordnung „Angelegenheiten der Kulturpolitik von überregionaler Bedeutung mit dem Ziel einer gemeinsamen Meinungs- und Willensbildung und der Vertretung gemeinsamer Anliegen" an. Im Mittelpunkt der KMK-Tätigkeit in Bildungsfragen steht eine gewisse Harmonisierung des deutschen Bildungswesens über die Ausübung des Beschlußrechtes215. Die KMK-Beschlüsse werden in einer gleichsam quasi-völkerrechtlichen Atmosphäre „bildungssouveräner" Länder vom Ministerplenum grundsätzlich einstimmig verabschiedet, wobei jedes Bundesland über eine Stimme verfügt. Daneben gibt es erleichterte Verabschiedungsmöglichkeiten in den Ausschüssen. Die Qualifikation der KMK-Beschlüsse bereitet sowohl aus tatsächlichen als auch aus rechtlichen Gründen Schwierigkeiten 216 . Mit Sicherheit hat eine große Anzahl von ihnen lediglich nicht rechtsverbindlichen Empfehlungscharakter. Es ist aber nicht ausgeschlossen, daß die Länder oder auch nur ihre Exekutiven mit bestimmten anderen Beschlüssen wirksame Bindungen eingegangen sind. Die Frage kann jeweils nur an Hand des einzelnen Beschlusses konkret entschieden werden (Inhalt des Beschlusses, Möglichkeit der Kultusminister, nach ihrem Länderrecht über den Inhalt des betr. Beschlusses Bindungen eingehen zu können, Vollmacht hierfür u. a. m.). Die zunehmende Durchsetzung des Gesetzesvorbehaltes auch im Bildungswesen wird die Möglichkeiten der KMK zu verbindlicher Harmonisierung allerdings einschränken. 214 215 216

Texte u. a. in: Kulturpolitik der Länder 1963 - 1964 (Hrsg.: KMK), 1965, S. 303ff. Seipp / Fütterer, Beschlüsse der Kultusministerkonferenz, 1960 ff. (Losebl.-Slg.). Vgl. etwa die oben Anm. 213 genannte Lit.

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Faktisch betrachtet, hat die K M K vor allem im Schulwesen seit 1949 eine beträchtliche Harmonisierungsarbeit geleistet. Die Länder kommen den Empfehlungen i. d. R. auch nach. Wesentliche Ergebnisse liegen z. B. im Berechtigungswesen vor (u. a. gegenseitige Anerkennung der Reifezeugnisse zwischen den Ländern!). Andererseits wird die sich aus der Konstruktion der Ländergemeinschaft ergebende Langsamkeit des Entscheidungsprozesses in der K M K oft kritisiert 217 . Besonders wichtige bildungspolitische Absprachen, wie z. B. der Abschluß förmlicher Staatsverträge, werden bisweilen nicht von der K M K , sondern von der Ministerpräsidentenkonferenz der Länder getroffen 218 . Beispiele bieten vor allem der Abschluß des Düsseldorfer Länderabkommens zur Vereinheitlichung auf dem Gebiete des Schulwesens vom 17. Februar 1955 und seiner Hamburger Neufassung vom 28. Oktober 1964 (inzwischen weitere Ergänzungen). Das Abkommen stellt die bisher wesentlichste Rechtsverpflichtung zur fortlaufenden Harmonisierung der Schulstruktur in gemeindeutschem Maßstabe dar 219 . — Ferner befaßt sich der Kulturausschuß des Deutschen Städtetages mit überregionalen schulpolitischen Fragen, da die Gemeinden vor allem in den äußeren Schulangelegenheiten ein wesentliches Maß an Mitverantwortung tragen (vgl. oben Ziffer II, 4a). b) Bundesbildungsverwaltung und Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern: Das Wort von der Bildungshoheit der Länder unter dem G G gilt nur in einem quantitativ-schwerpunktmäßigen Sinne. In bestimmtem Umfang erkennt das G G Befugnisse des Gesamtstaates im Bildungswesen an. Insoweit haben sich Ansätze einer Bundeskulturverwaltung gebildet 220 . Ferner findet seit jeher eine begrenzte Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern statt 221 . Insbesondere ist der Bund in die Bildungsplanung (Art. 91 b GG) sowie im Sinne des Art. 32 G G in Bildungsfragen mit Auslandsbezug eingeschaltet (vgl. unten V.). Ferner verwaltet er Bildungseinrichtungen im Verteidigungsbereich und befaßt sich mit Fragen der allgemeinen staatsbürgerlichen Bildung. Auch in Fragen der Jugendbildung kommt dem Gesamtstaat ein beachtliches Mitspracherecht zu. Weiter ergeben sich aus den Zuständigkeiten des Bundes im wirtschaftlich-sozialen Bereich eine Reihe von Verbindungslinien zur Bildungsordnung, die u. a. auch der Funktion des Zubringers an qualifiziertem Personal für die Wirtschaft im weitesten Sinne gerecht zu werden hat (z. B. Ausbildungsförderung über das G vom 26. 8. 1971, Verhält217 218 219

220

221

Hans Hecket, RdJ 1967, 253 ff. Knoke, a. a. O. (Anm. 213), S. 109ff. Hans Heckel, RdJ 1965, 51 ff.; Hans Heckel, Schulrecht und Schulpolitik, 1967, S. 24 ff. Böning, Bildungspolitik aus der Sicht des Bundes, in: Bildungsreform-Bilanz u. Prognose, 1973, 71 ff. Köttgen, Die Kulturpflege und der Bund, Staats- u. verw.-wiss. Beiträge der Hochschule Speyer, 1957, S. 183ff.; Frey, RdJB 1976, 226ff.; Bohrer, NJW 1969, 2077ff.; Frey, RdJB 1976, 226ff.

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nis zwischen Schulrecht u n d gewerblich/handwerklichen Ausbildungsanforderungen). Schließlich ergeben sich im Bundesstaat des G G ganz allgemein aus der Interdependenz der großen staatlichen Sachbereiche eine Vielzahl von gesamtstaatlichen Berührungspunkten mit der Bildungsordnung. Sie laufen etwa unter den Stichworten des Sachzusammenhanges, des Annexes, der Natur der Sache, gesetzesfreier Verwaltung, Finanz-, Fonds- oder Planungskompetenzen 2 2 2 . Ihr U m f a n g ist im einzelnen oft schwierig abzugrenzen. Institutionell liegen Schwerpunkte der Bundesbildungsverwaltung beim Auswärtigen Amt (Kulturabteilung), beim Bundesminister des Innern (Kulturabteilung, Zentralstelle für das Auslandsschulwesen beim Bundesverwaltungsamt), neuerdings aber immer stärker beim Bundesminister f ü r Bildung und Wissenschaft u n d beim Bundesminister für Jugend, Familie u n d Gesundheit (Jugendpflege, Jugendschutz, u. a. Bundesprüfstelle). Aber etwa auch die Bundesministerien für Verteidigung, Wirtschaft, Arbeit und Sozialordnung wirken aus den genannten G r ü n d e n bei Fragen bildungspolitischer Auswirkung mit. Der Bundestag erörtert gelegentlich Bildungsfragen, während der Kulturausschuß des Bundesrates hinter der Arbeit der K M K ganz in den Hintergrund getreten ist. Der Bundesrat erweist sich im Gegenteil im Gesetzgebungsverfahren als ein aufmerksamer Wächter und Verteidiger der Länderbildungshoheit 2 2 3 . Institutionalisierte Zusammenarbeit in Bildungsfragen zwischen Bund u n d Ländern erfolgte 1965 — 75 über den Deutschen Bildungsrat22*. In gewisser Anlehnung an das Vorbild des Wissenschaftsrates durch ein Bund-Länderabkommen vom 15. Juli 1965 225 gegründet, hatte er den 1954 errichteten Deutschen Ausschuß für das Erziehungs- u n d Bildungswesen ersetzt, dessen rein gutachtlich/beratende Betätigungsmöglichkeiten 1965 als nicht mehr ausreichend e m p f u n d e n wurden. Neben vielen sonstigen Empfehlungen hatte der Bildungsrat 1970 einen umfassenden „Strukturplan f ü r das Bildungswesen" vorgelegt. 1975 ergab sich die Auflösung des Bildungsrates, da nicht mehr alle Länder eine 2. Verlängerung des Abkommens von 1965 wünschten. Die Fortsetzung fachlicher Beratung der amtlichen Bildungspolitik soll über nicht so stark wie der Bildungsrat institutionalisierte Kommissionen o. ä. erfolgen. Seit 1970 wurde die fachliche Arbeit des Bildungsrates bereits von der durch 222

223 224

225

BVerfG E 22, 180ff.; Achterberg, AöR 86 (1961), S. 63ff.; Kölble, DÖV 1963, 660ff.; Röttgen, Fondsverwaltung in der BRD, 1965; Kölble, Pläne im Bundesmaßstab oder auf bundesrechtlicher Grundlage, in: Planung I, S. 91 ff.; Edding, Aufgaben der Bildungsplanung in der BRD, D U Z 1967, H. 12, 27ff.; Oppermann, DÖV 1972, 591 ff. Auch die Bildungsforschung versteht sich überregional, dazu Hellmut Becker, Bildungsforschung und Bildungsplanung, 1971. Dazu Katzenstein, DÖV 1958, 593ff.; Frey, Konstruktiver Föderalismus, 1976. Hans Heckel, Schulrecht und Schulpolitik, 1967, S. 34ff.; Oppermann, KulturverwR, S. 562ff.; Rückblick nunmehr bei Hellmut Becker, Reform der Demokratie 1976, S. 127ff.; Schoene, Interaktion von Wissenschaft und Politik, 1977, S. 120ff. Bulletin 1965, 982 i. V. m. Verläng. Abk. v. 12. 2. 1970 (u. a. nordrh.-Westf. GVB1. S. 523 ff.).

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ein Bund-Länder-Abkommen auf der Grundlage von Art. 91b GG gegründeten gemeinsamen Bildungsplanungskommission von Bund und Ländern amtlich-politisch weitergeführt 226 . Der auf Ministerebene konzipierten Kommission gehören sieben Vertreter der Bundes- und je ein Vertreter der Landesregierungen an. Der Bund führt 11 Stimmen, jedes Land 1 Stimme. Die zurückhaltende kompetentielle Ausstattung der Kommission (die Beschlüsse der Kommision haben nur vorbereitenden oder empfehlenden Charakter) und der über das Erfordernis der 3/4-Mehrheit der Regierungschefs sowie die Nichtbindung der bestimmten Länder faktisch institutionalisierte Zwang zur Einstimmigkeit haben bisher verhindert, daß die Kommission zu einer das gesamte Bildungswesen bundesweit nachhaltig harmonisierenden Instanz werden konnte. Die Kommission hat mit der Verabschiedung des Bildungsgesamtplanes 1973 den vorläufig wesentlichsten Akzent bundesweiter Bildungspolitik gesetzt und entwickelt sich so neben der KMK zu einem zweiten Schwerpunkt der überregionalen Bildungsverwaltung. Der Bildungsgesamtplan soll auf der Grundlage einer 1976 von der Kommission vorgelegten Bestandsaufnahme der Bildungspolitik fortgeschrieben werden.

V. Internationale Zusammenarbeit im Bildungswesen Wie nahezu jeder staatliche Tätigkeitsbereich weist auch das Bildungswesen Auslandsbezüge auf, die ihrerseits rechtlicher Regelung bedürfen. Deutsche Auslandsschulen und internationale Schulen, ausländische Schulen in der Bundesrepublik, zwischenstaatliche Anerkennung von schulischen Berechtigungen oder z. B. internationaler Jugendaustausch können hierfür als einige Beispiele genannt werden. Internationale Zusammenarbeit im Bildungswesen stellt so einen wesentlichen Bestandteil der auswärtigen Kulturpolitik der Bundesrepublik Deutschland dar 227 . In der Sache geht es dabei weithin um Probleme fachlicher Kooperation und nicht so sehr um den für auswärtige Kulturpolitik sonst oft kennzeichnenden Gedanken der Nationalrepräsentation, zumal die moderne Sicht der Auswärtigen Kulturpolitik („Dritte Säule der Außenpolitik") diese fachliche Seite immer stärker herausstellt. Die internationale Bildungszusammenarbeit der Bundesrepublik Deutschland vollzieht sich vor allem über völkerrechtliche Verträge, auf Grund deren z. T. auch Organisationen der zwischenstaatlichen Bildungskooperation er226 227

Text des Abkommens im Bulletin Nr. 90 vom 3. 7. 1970, S. 891 f. Emge, Auswärtige Kulturpolitik, 1967; Abelein, Die Kulturpolitik des Deutschen Reiches und der Bundesrepublik Deutschland, 1968, S. 137ff.; Hirsch, Kulturhoheit und Auswärtige Gewalt, 1968; Oppermann, KulturverwR, S. 604ff.; Peisert, Gutachten Ausw. Kulturpolitik, 1971; Holzheimer, RdJB 1973, 311 ff.; Arnold, Außenpolitik 1973, 165 ff.; Bericht Enquetekommission Ausw. Kulturpolitik = BT-Drucks. 7/4121 (1975).

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richtet werden 228 . Dabei ergibt sich verfassungsrechtlich die Notwendigkeit, die beiden Entscheidungen des GG in Einklang zu bringen, daß einerseits die Bildungshoheit weitgehend bei den Ländern liegt, während andererseits die Pflege der Beziehungen zu auswärtigen Staaten grundsätzlich Sache des Bundes ist (Art. 32 GG). Diese Problematik tritt vor allem beim Abschluß der Kulturabkommen auf, die vielfach Regelungen aus dem Bildungsbereich enthalten (Lehrer- und Schüleraustausch, Sprachunterrichtsfragen, Schulbuchverbesserung, Gleichwertigkeit und gegenseitige Anerkennung von Berechtigungen, Einrichtungen und Schulen u. a.). Trotz fortbestehenden dogmatischen Dissenses zwischen Bund und Ländern und auch in der Lehre haben sich vor allem im Anschluß an die sog. „Lindauer Verständigung" vom 14. November 1957 praktische Verfahrensweisen entwickelt, die den Abschluß kultureller Verträge der Bundesrepublik innerstaatlich erleichtern 229 . Leider erfordert dieses Procedere nicht selten einen erheblichen Zeitaufwand. Hervorzuheben ist eine weitgehende Beteiligung der Länder schon in der Verhandlungs-(Vorbereitungs-)phase solcher Abkommen sowie die Herstellung völkerrechtlicher Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland nur mit Einverständnis der Länder. Umstritten ist sodann vor allem die bundesstaatliche Einordnung der völkerrechtlichen Abschluß- und der innerstaatlichen Transformationskompetenz. Am meisten überzeugt dazu die sog. „norddeutsche Länderauffassung", wonach der Bund für den völkerrechtlichen Abschluß nach außen verantwortlich ist, die Länder für die Transformation in innerstaatliches (Länder-)Recht. Im Sinne der Erhaltung internationaler Verkehrsfähigkeit der Bundesrepublik ist eine solche Trennung allerdings nur erträglich, wenn sie gleichzeitig durch eine aus der Bundestreue herzuleitende Pflicht der Länder ergänzt wird, im Sinne des zum Abschluß bereits gegebenen Einverständnisses die Transformation in zumutbarer Frist vorzunehmen. Wesentliche Erscheinungsformen der zwischenstaatlichen Bildungskooperation der Bundesrepublik Deutschland liegen neben dem Netz der bilateralen Kulturabkommen und dem bereits (oben II, 3) behandelten Auslandsschulwesen in der Beteiligung an internationalen Bildungsorganisationen. So beteiligt sich die Bundesrepublik Deutschland (Vertretung über AA und KMK) am Internationalen Erziehungsbüro in Genf, über dessen Konferenzen ein Erfahrungsaustausch in Fragen des Erziehungswesens stattfindet. — Ein wichtiges Zentrum der Bildungszusammenarbeit ist der Europarat, insbesondere dessen Rat für kulturelle Zusammenarbeit (mit Fachausschüssen) und die in 228

229

Kraus, ArchVR 3 (1952), 414ff.; von Stralenheim, BayVBl. 1955, 6ff.; Mosler, ZaöRVR 16(1955/56), l f f . Text der Lindauer Verständigung, in: ZaöRVR 20 (1959), 116ff. und bei Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, zu Art. 32, Rdnr. 45. Vgl. ferner Böning, DÖV 1957, 817ff., DÖV 1958, 447; Heckt DÖV 1958, 445ff.; Kölble, DÖV 1965, 145ff., DÖV 1966, 25ff.; Beck, DÖV 1966, 20ff.; von Meibom, NJW 1968, 1607ff.; Bohrer, NJW 1969, 2077 ff.

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engem Zusammenhang mit dem Europarat turnusmäßig tagende Konferenz der Europäischen Erziehungsminister23°. Als Schulwettbewerb gestaltet der Europarat den „Europäischen Schultag" maßgeblich mit. Wichtig sind aber vor allem verschiedene im Rahmen des Europarates abgeschlossene Konventionen bildungsrechtlichen Inhalts. So bekennt sich die Europäische Menschenrechtskonvention (Art. 2 des Zusatzprotokolls vom 20. März 1952) zum Recht auf Bildung und zum Elternrecht 231 , und für die zwischenstaatliche Freizügigkeit im Hochschulstudium schafft die Europäische Konvention über die Gleichwertigkeit der Reifezeugnisse vom 11. Dezember 195 3 232 die grundlegende Voraussetzung. In den Bildungsgremien des Europarates wird die Bundesrepublik Deutschland sowohl durch Bundesressorts als auch über die K M K vertreten. — In weltweitem Rahmen, und seit 1973 auch unter Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland, befaßt sich die Organisation der Vereinten Nationen mit Bildungsfragen. So gewährleisten etwa auch die universalen Menschenrechtskonventionen der UNO vom 16. Dezember 1966 bildungsrechtliche Positionen: Konvention über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte — Art. 10: Recht der Familie auf Kindererziehung; Art. 13, 14: Allgemeines Recht auf Erziehung, sehr ausführlich 233 . Vor allem widmet sich aber Bildungsfragen die Sonderorganisation der Vereinten Nationen fiir Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO)234. Die Arbeit dieser Organisation vollzieht sich auf ihren Generalkonferenzen („Weltkonferenz der Erziehungsminister"), im Exekutivrat und im internationalen Sekretariat. Schwerpunkte der UNESCO-Bemühungen, die rechtlich in Empfehlungen, Beschlüsse oder Abkommen ausmünden, liegen immer stärker in der Förderung des Bildungsniveaus der Entwicklungsländer, aber etwa auch in der Bekämpfung erzieherischer Diskriminierung (z. B. Abkommen gegen Diskriminierung im Unterrichtswesen vom 14. Dezember 1964)235. Die Bundesrepublik Deutschland wird in der UNESCO wiederum vom Bund und den Ländern kooperativ vertreten. Nationale Verbindungsstellen zur UNESCO sind die Deutsche UNESCO-Kommission e. V., verschiedene UNESCO-Institute (rechtsfähige Stiftungen privaten Rechts) sowie das Internationale Schulbuchinstitut in Braunschweig (vergleichende Begutachtung von Schulbüchern). Wesentliche Impulse für Innovationen im Bildungswesen sind auch von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)

230

231

232 233 234 235

Jochimsen, Bulletin 1977, 849ff.; Vorbeck, D U Z / H D 1977, 756. Zur kulturellen Zusammenarbeit in Europa allgemein Hindrichs, Kulturgemeinschaft Europa, 1968. Dazu Bannwart-Maurer, Das Recht auf Bildung und das Elternrecht. Art. 2 des ersten Zus.protokolls zur EMRK, 1975. BGBl. 1952 II, S. 1880, bzw. BGBl. 1955 II, S. 599. BGBl. 1973 II, S. 1569. Dazu Zuleeg, RdA 1974, 321 ff. Menzel, Unesco, 1951; Kipp, Unesco, 1957; Krill, VjHfZG 1968, 247 ff. Text u. a. in hess. GVB1. 1964, 184.

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ausgegangen 2 3 6 . — Eine intensive bilaterale Bildungszusammenarbeit sieht auch der deutsch-französische Zusammenarbeitsvertrag vom 22. Januar 1963237 vor. Hier wird u. a. die Erweiterung des gegenseitigen Sprachunterrichts ins Auge gefaßt. Von deutscher Seite ist jeweils ein Länder-Ministerpräsident zum „Bundesbevollmächtigten der Bundesrepublik Deutschland für kulturelle Angelegenheiten im Rahmen des deutsch-französischen Vertrages" ernannt. In Ausführung dieses sog. „Elyseevertrages" ist ferner als bilaterale Bildungsorganisation durch Abkommen vom 5. Juli 196 3 238 das Deutsch-Französische Jugendwerk gegründet worden, das organisatorisch u n d finanziell der Begegnung, dem Austausch und der Kenntnisvertiefung der Jugend beider Länder dienen soll 239 *).

236

Etwa Konferenz über Wirtschaftswachstum und Ausbau des 1961 in Washington (Ergebnisse in .Dokumentation der KMK' die Studie: Indicators of Performance of educational systems, dungsarbeit der OECD auch Schuster, WissR 1973, 148 ff. 237 BGBl. 1963 II, S. 707. 238 BGBl. 1963 II, S. 1613. 239 Moesta / Krause, RdJB 1969, 68 ff. *) Für wertvolle Mitarbeit danke ich Herrn Wiss. Assistenten Dr. und Herrn Assistenten Hans-Joachim Doderer, Tübingen.

Erziehungswesens Nr. 2, 1961) oder 1973. — Zur Bil-

Armin Dittmann,

ELFTER ABSCHNITT Otto Kimminich

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Gesetze Bund: G über die Gemeinschaftsaufgabe „Ausbau und Neubau von Hochschulen" (HochschulbauförderungsG) vom 1. September 1969 (BGBl. I, S. 1556), zuletzt geänd. durch G vom 26. Januar 1976 (BGBl. I, S. 185).

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G über die Krankenversicherung der Studenten (KVSG) vom 24. Juni 1975 (BGBl. I, S. 1536). G über individuelle Förderung der Ausbildung (BundesausbildungsförderungsG — BAföG) vom 26. August 1971 (BGBl. I, S. 1409), zuletzt geänd. durch G vom 16. Juli 1979 (BGBl. I, S. 1037). G über die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses an den Hochschulen (GraduiertenförderungsG - G F G ) i. d. F. vom 28. März. 1978 (BGBl. I, S. 445). G über eine Bundesstatistik für das Hochschulwesen (HochschulstatistikG — HStagG) vom 31. August 1971 (BGBl. I, S. 1473). G zu dem Europäischen Übereinkommen vom 14. Dezember 1959 über die Anerkennung von akademischen Graden u n d Hochschulzeugnissen vom 23. Oktober 1969 (BGBl. II, S. 2057). Hochschulrahmengesetz ( H R G ) vom 26. J a n u a r 1976 (BGBl. I, S. 185), zuletzt geänd. durch Ä n d G vom 6. 3. 1980 (BGBl. I, S. 269). Länder: Baden- Württemberg: G über die Pädagogischen Hochschulen ( P H G ) vom 22. November 1977 (GBl. S. 557), zuletzt geänd. durch G vom 3. April 1979 (GBl. S. 134). G über die Kunsthochschulen im Lande Baden-Württemberg (Kunsthochschulgesetz - K H S c h G ) vom 22. November 1977 (GBl. S. 592), zuletzt geänd. durch G vom 3. April 1979 (GBl. S. 134). G über die Universitäten im Lande Baden-Württemberg (Universitätsgesetz — UG) vom 22. November 1977 (GBl. S. 473), zuletzt geänd. durch G vom 3. April 1979 (GBl. S. 134). G über die Fachhochschulen im Lande Baden-Württemberg (Fachhochschulgesetz — F H G ) vom 22. November 1977 (GBl. S. 522), zuletzt geänd. durch G vom 3. April 1979 (GBl. S. 134). Bayern: Bayerisches HochschulG (BayHSchG) i. d. F. vom 7. November 1978 (GVB1. S. 791), zuletzt geänd. durch G vom 14. April 1980 (GVB1. S. 179). G über die Rechtsverhältnisse der Hochschullehrer sowie des weiteren wissenschaftlichen u n d künstlerischen Personals an den Hochschulen (BayHSchLG) vom 24. August 1978 (GVB1. S. 571/790). Berlin: G über die Hochschulen im Land Berlin (BerlHG) vom 22. Dezember 1978 (GVB1. S. 2449). G über die Pädagogische Hochschule Berlin vom 13. November 1958 (GVB1. S. 1073), zuletzt geänd. durch G vom 22. Dezember 1978 (GVB1. S. 2449). Bremen: Bremisches HochschulG (BremHG) vom 14. November 1977 (GBl. S. 317/1978, S. 74), zuletzt geänd. durch G vom 14. April 1980 (GBl. S. 83). Hamburg: Hamburgisches HochschulG ( H m b H G ) vom 11. Mai 1978 (GVB1. S. 109), zuletzt geänd. durch G vom 3. Dezember 1979 (GVB1. S. 345).

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Hessen: Hessisches HochschulG (HHG) vom 6. Juni 1978 (GVB1. I, S. 319), geänd. durch G vom 11. Juli 1978 (GVB1. 1978, S. 470). G über die Universitäten (HUG) vom 6. Juni 1978 (GVB1.1, S. 348). G über die Fachhochschulen (FHG) vom 6. Juni 1978 (GVB1.1, S. 380). Niedersachsen: Niedersächsisches HochschulG (NHG) vom 1. Juni 1978 (GVB1. S. 473), geänd. durch G vom 1. Dezember 1978 (GVB1. S. 801). Nordrhein- Westfalen: G über die wissenschaftlichen Hochschulen (WissHG) vom 20. November 1979 (GVB1. S. 926). G über die Fachhochschulen (FHG) vom 20. November 1979 (GV. NW. S. 964). Rheinland-Pfalz: G über die wissenschaftlichen Hochschulen (HochSchG) vom 21. Juli 1978 (GVB1. S. 507). G über die Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer (VHochSchG) vom 21. Juli 1978 (GVB1. S. 568). G über die Fachhochschulen (FachHSchG) vom 21. Juli 1978 (GVB1. S. 543). Saarland: G Nr. 1093 Saarländisches UniversitätsG vom 14. Dezember 1978 (ABl. S. 1085; Berichtigung ABl. 1979 S. 379), geänd. durch G vom 14. November 1979 (ABl. S. 1041). G über die Fachhochschule des Saarlandes vom 31. Januar 1979 (ABl. S. 269). G Nr. 1099 über die Musikhochschule vom 21. März 1979 (ABl. S. 393). Schleswig-Holstein: HochschulG i. d. F. vom 1. März 1979 (GVB1. S. 123).

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Gliederung I. Grundzüge der Verwaltung und Finanzierung der Wissenschaft II. Die wissenschaftlichen Hochschulen 1. Die wissenschaftlichen Hochschulen des Staates a) Begriffsbestimmungen b) Verfassungsrechtliche Grundlagen c) Verwaltung und Organisation d) Lehrkörper und wissenschaftliche Hilfskräfte e) Rechtsstellung der Studenten f) Prüfungen und akademische Grade 2. Nichtstaatliche Hochschulen a) Allgemeine Rechtsgrundlagen b) Kirchliche Hochschulen c) Hochschulen anderer Träger

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III. Wissenschaftsfördernde Institutionen

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IV. Institutionen der Zusammenarbeit

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I. Grundzüge der Verwaltung und Finanzierung der Wissenschaft Wissen und Wissensvermittlung sind Kennzeichen des Menschseins. Tiere können trotz ähnlicher Hirnbildungen keine Wissenschaft erwerben und tradieren, sondern nur instinktmäßig reagieren und bestimmte Verhaltensformen genetisch weitergeben. Wissenschaft aber bedeutet mehr als nur Wissen und Wissensvermittlung: sie beinhaltet zugleich eine spezifische Methode und Betrachtungsweise, die frei von jedem Vorurteil alle Objekte, Beziehungen und Prozesse der gegenständlichen wie der nichtgegenständlichen Welt einschließlich des Menschen selbst - analysiert. Diese wissenschaftliche Denkweise beruht zwar hinsichtlich eines großen Teils ihrer Systematik auf der spätmittelalterlichen Scholastik, bildete sich aber erst im Laufe der Neuzeit aus. Bis ins 19. Jahrhundert war die Wissenschaft überwiegend eine Neben* oder Freizeitbeschäftigung, dann aber wurde sie für eine wachsende Zahl von Menschen zum Beruf. Das qualitative Wachstum, das sich in einer Vielzahl von Erfindungen, Erkenntnissen und Entdeckungen ausdrückt, ist nicht exakt zu erfassen. Erst in der Gegenwart setzte sich die Erkenntnis durch, daß die Wissenschaft keine Privatangelegenheit einer kleinen Gruppe von Bevorzugten ist, sondern daß sie als eine soziale Institution gesehen werden muß 1 . Die Verbindung von Wissenschaft und Technik, die für die Industriekultur charakteristisch ist, hat dazu geführt, daß sich seit der industriellen Revolution nicht nur die Staaten, sondern auch die Wirtschaftsunternehmen für die Wissenschaft interessieren, sie finanzieren und sich dienstbar machen. Das nicht vom industriellen Interesse beeinflußte Mäzenatentum ist dagegen angesichts des riesigen Finanzbedarfs der modernen Wissenschaft in den Hintergrund getreten. In einigen Förderergesellschaften und Stiftungen lebt es noch fort. Die besondere Lage der Wissenschaft besteht darin, daß sie sich finanziell nicht selbst tragen kann. Die Ergebnisse ihrer Forschung sind zwar die Grundlage für die Industrieproduktion, müssen aber durch die letztere erst in verkäufliche Werte umgesetzt werden. Die Industriestaaten des 19. Jahrhunderts, insbesondere die kontinentaleuropäischen, erkannten daher in der Finanzierung der Wissenschaft ihre große Aufgabe. Sie vertrauten die Pflege der Wissenschaft einer alten Institution an, deren Finanzierung sie seit dem Zeitalter des Absolutismus in zunehmendem Maße übernommen hatten: der Universität. So brachte das 19. Jahrhundert der deutschen Universität die besondere materielle Fürsorge des modernen Staates, zugleich aber auch — dem modernen Wissenschaftsbegriff entsprechend — die geistige Freiheit von Staat, Kirche und anderen äußeren Einflüssen. Die Wissenschaftspflege 1

Vgl. Bemal, Die Wissenschaft in der Geschichte, 1961, S. 20ff.; Popper, in: Sozialer Wandel (hrsg. von Dreitzel), 1967, S. 305 ff.

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außerhalb der Universität wurde dadurch nicht abgeschnitten. In den Forschungslaboratorien der Wirtschaftsunternehmen und Stiftungen entwickelte sie sich weiter und ist gegenwärtig dabei, auf vielen Gebieten die an der Universität betriebene Forschung zu überflügeln. So liegt heute ein großer Teil der Wissenschaftspflege von vornherein außerhalb der staatlichen Verwaltung. Aber auch die an staatlichen Einrichtungen betriebene Wissenschaft wird zum Teil von der Privatwirtschaft finanziert. Die staatliche Verwaltung dieses Bereichs steht daher vor besonders schwierigen Aufgaben, die nicht nur mit der inhärenten Freiheit der Wissenschaft zusammenhängen — die öffentliche Verwaltung muß auch in anderen Bereichen Freiheitsrechte von natürlichen und juristischen Personen achten —, sondern auch mit der Eigenart der wissenschaftlichen Betätigung und mit dem Zusammenspiel von öffentlicher und privater Finanzierung.

II. Die wissenschaftlichen Hochschulen 1. Die wissenschaftlichen Hochschulen des Staates a) Begriffsbestimmungen: Der Begriff „wissenschaftliche Hochschulen" deutet einen Gegensatz zu „nichtwissenschaftlichen Hochschulen" an. Der Begriff der nichtwissenschaftlichen Hochschule ist jedoch dem deutschen Verwaltungsrecht unbekannt. Nach Aufgabe und Rechtsstellung waren die wissenschaftlichen Hochschulen abgegrenzt gegenüber den Fachhochschulen und Kunsthochschulen, die insofern als „nichtwissenschaftliche Hochschulen" bezeichnet werden konnten. Die Fachhochschulgesetze haben jedoch diese Unterscheidung verwischt. So bestimmt § 3 des Baden-Württembergischen FachhochschulG vom 22. 11. 19772: „Die Fachhochschulen bereiten durch anwendungsbezogene Lehre auf berufliche Tätigkeiten vor, die die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse und wissenschaftlicher Methoden oder die Fähigkeit zu künstlerischer Gestaltung erfordern. Im Rahmen ihres Bildungsauftrags nehmen die Fachhochschulen Forschungs- und Entwicklungsaufgaben wahr". Ähnlich definieren die Fachhochschulgesetze der anderen Länder. Das H R G unterscheidet nicht zwischen wissenschaftlichen und nichtwissenschaftlichen Hochschulen. Die Aufgaben der einzelnen Hochschularten werden gem. § 2 Abs. 8 S. 1 H R G durch die Länder bestimmt. In der Literatur wird überwiegend zwischen wissenschaftlichen Hochschulen und Fachhochschulen unterschieden. 3 . 2 3

GBl. 1977, S. 522. Vgl. P. Dallinger, in: Dallinger/Bode/Dellian, Hochschulrahmengesetz, Tübingen 1978, Rdn. 3 zu § 1 H R G ; K. Hailbronner, Der „Einheitsprofessor" in verfassungsrechtlicher Sicht, MittHV 1980, S. 245ff. (246f.); H. Krüger, Die Begriffe „Hochschullehrer" und „Hochschule" im Hochschulrahmengesetz und ihre Auswirkungen auf das Prozeßrecht, WissR 1977, S. 219ff. (S. 225ff); W. Thieme, Das Hoch-

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Die scharfe Unterscheidung zwischen Universitäten und anderen Hochschulen, die über hundert Jahre lang im deutschen Hochschulrecht galt, war schon lange, nämlich seit der Errichtung von Technischen Hochschulen im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts, fragwürdig geworden. Die Universität, deren Bezeichnung sich von dem lateinischen Ausdruck „universitas litterarum" ableitet, war dadurch gekennzeichnet, daß sie die gesamte Breite der Natur- und Geisteswissenschaften in Forschung und Lehre erfaßte, während die Hochschule nur einem Spezialgegenstand oder einer Gruppe verwandter Fächer gewidmet war. Aber gerade durch die Ausklammerung der technischen Fächer beschränkte auch die traditionelle Universität seit dem 19. Jahrhundert ihren Universalitätsanspruch auf die geisteswissenschaftlichen Fächer. Aus der Tatsache, daß heute keine Institution mehr die gesamte Breite aller wissenschaftlichen Disziplinen pflegen kann, hat das Hochschulrecht die Konsequenz gezogen, daß die Pflege eines größeren oder kleineren Kreises von Disziplinen kein rechtliches Unterscheidungsmerkmal mehr sein kann. Die Verleihung der Bezeichnung „Universität" an bestimmte Lehr- und Forschungseinrichtungen ist nur eine Formalität. Die rechtliche Gleichstellung aller Hochschulen war daher eines der wichtigsten Ziele der Hochschulreform. Um den Problemen einer allgemeinen Definition des Begriffs „wissenschaftliche Hochschule" aus dem Wege zu gehen, ist die Hochschulgesetzgebung dazu übergegangen, die Einrichtungen, auf die ein Gesetz anzuwenden ist, enumerativ zu bestimmen. Einige Länder (Bayern, Schleswig-Holstein) haben ein einheitliches Gesetz für alle Hochschulen und unterscheiden bei der Aufzählung zwischen wissenschaftlichen Hochschulen, Fachhochschulen, Kunsthochschulen usw., andere (z. B. Baden-Württemberg) beschränken den Geltungsbereich auf Einrichtungen mit der Bezeichnung „Universität". Hessen hat neben dem HochschulG ein UniversitätsG für vier namentlich genannte Institutionen, Nordrhein-Westfalen zählt zu den „wissenschaftlichen Hochschulen" ausdrücklich die Universitäten, die TH Aachen, die Pädagogischen Hochschulen und die Sporthochschule Köln, Rheinland-Pfalz verfährt ähnlich und nennt neben zwei Universitäten die Erziehungswissenschaftliche Hochschule und die Hochschule für Verwaltungswissenschaften. Das H R G verzichtet auf die Definition der wissenschaftlichen Hochschule und verweist in seinem § 1 auf das jeweils anzuwendende Landesrecht. In dem historisch gewachsenen deutschen Bildungssystem stellte die Universität die dritte und oberste Schicht von Ausbildungsstätten dar. Rechtlich war jedoch die deutsche Universität keine über den höheren Schulen stehende „höchste" Schule, sondern ein aliud. Ihre Sonderstellung war gekennzeichnet durch das Grundrecht der Lehr- und Lernfreiheit, das den Lehrern und Schülern des Primär- und Sekundärbereichs nicht zustand und auch nach geltendem Recht nicht zusteht. Die Tatsache, daß sich in jüngster Zeit schulrahmengesetz, WissR 1976, S. 193ff (S. 2100- Ebenso BVerwG, Urt. vom 18. 10. 1978, BayVBl. 1979, 155ff.

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für das Hochschulwesen der Ausdruck „tertiärer Bereich" eingebürgert hat, läßt erkennen, daß jene Sonderstellung der Universität im Zuge der Hochschulreform in den Hintergrund treten soll. Von einem Abschluß dieser Entwicklung kann jedoch nicht die Rede sein. Vielmehr läßt sich die Rechtslage — trotz der unbestreitbaren allgemeinen Unsicherheit auf dem Gebiet des Hochschulrechts — dahingehend kennzeichnen, daß diejenige Stellung, die früher die Universität innehatte, heute allen wissenschaftlichen Hochschulen zukommt. Traditionell ist die deutsche Universität durch folgende Merkmale gekennzeichnet: 1. Einheit von Forschung und Lehre, 2. Berücksichtigung der gesamten Breite der Natur- und Geisteswissenschaften an jeder Universität, 3. körperschaftliche Rechtsstruktur mit der darauf beruhenden Autonomie. Im Zuge der Ausdehnung des Universitätsbegriffs ist unstreitig das zweite Wesensmerkmal beseitigt worden. Durch die Schaffung von Gesamthochschulen kann hierüber nicht hinweggetäuscht werden. Da aber der Universalitätsanspruch im Grunde genommen niemals ganz erfüllt wurde, erscheint auch der ausdrückliche oder versteckte Verzicht auf ihn nicht als grundlegender Wandel des deutschen Hochschulrechts. Schwerwiegender ist die im Verlauf der Debatte über die Hochschulreform wiederholt aufgetauchte Vermutung, daß die Ausweitung des Universitätsbegriffs auch das erste Wesensmerkmal der deutschen Universität, die Einheit von Forschung und Lehre, beseitigt. Diese Einheit, die sich hauptsächlich in der Person des Hochschullehrers verkörpert und eng mit der Lehr- und Lernfreiheit zusammenhängt 4 , stellt besondere Anforderungen an die materielle Ausstattung und die Lehrkörperstruktur der wissenschaftlichen Hochschule. Es ist zu befürchten, daß der Ausbau der bisherigen nichtwissenschaftlichen Hochschulen zu wissenschaftlichen Hochschulen den Einsatz von Finanzmitteln in einer Größenordnung erfordern würde, der für die Bundesrepublik Deutschland unabhängig von der Konjunkturlage nicht in Frage kommt. So entsteht die Gefahr, daß Ausbildungsstätten des tertiären Bildungsbereichs, die kaum noch etwas mit der traditionellen deutschen Universität gemein haben, der fast völlig inhaltsleere Titel „Universität" verliehen wird. Aber auch an den alten Universitäten sind Tendenzen zur Zerstörung der Einheit von Forschung und Lehre erkennbar, die teils auf die Überlastung der Hochschullehrer mit Verwaltungsarbeit zurückgehen („Einheit von Verwaltung und Lehre"), teils auf die wachsenden Studentenzahlen und die relative Verknappung der Forschungsmittel. b) Verfassungsrechtliche Grundlagen: Das Hochschulwesen gehört zur Gesetzgebungskompetenz der Länder; der Bund kann gemäß Art. 75 Abs. 1 Nr. 1 a G G die allgemeinen Grundsätze des Hochschulwesens regeln. In Ausübung dieser Rahmenkompetenz, die durch die 22. Änderung des G G vom 4

Vgl. D. Küchenhoff, Das GG und die Hochschulreform, DÖV 1964, 601 ff; U. Küssow, Garantiert das Grundgesetz die Einheit von Forschung und Lehre?, WissR 1980 S. lff.

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12. Mai 1969 (BGBl. I, S. 363) geschaffen worden ist, verabschiedete der Bundestag das H R G am 12. Dezember 19745. Der Bundesrat rief jedoch gemäß Art. 77 Abs. 2 G G den Vermittlungsausschuß an 6 , so d a ß das Gesetz erst am 27. Januar 1976 in K r a f t treten konnte. Die Zuständigkeit des Bundes zur Rahmengesetzgebung gemäß Art. 75 Nr. 1 a G G bezieht sich nicht nur auf die wissenschaftlichen Hochschulen, sondern auf Hochschulen aller Art. Der Hochschulgesetzgebung des Bundes sind „in vierfacher Hinsicht normative Grenzen gesetzt: sie k a n n nur einen Rahmen im Sinne der Rahmengesetzgebung des Grundgesetzes darstellen; dieser Rahmen darf nur so weit reichen, als ein ,Bedürfnis' im Sinne des Art. 72 G G besteht; durch ein Rahmengesetz dürfen nur .Grundsätze' für das Hochschulwesen erlassen werden; diese Grundsätze wiederum dürfen nur ,allgemeiner' Natur sein" 7 . Die verfassungsmäßige Sicherung der Eigenart der wissenschaftlichen Hochschulen wird in Art. 5 Abs. 3 G G und den entsprechenden Bestimmungen der Landesverfassungen (Art. 138 Abs. 2 S. 1 der Bayer. Verf., Art. 20 Abs. 2 der Bad.-Württ. Verf., Art. 16 Abs. 1 S. 2 der HessVerf, Art. 16 Abs. 1 der Nordrh.-Westf. Verf., Art. 39 Abs. 1 S. 1 der Rheinl.Pfälz. Verf.) gesehen. Das dort normierte Grundrecht der Lehrfreiheit weist einen historischen Zusammenhang mit der liberalen Universitätsidee auf, von der die deutsche Universität geprägt worden ist8. Aus dem Grundrecht des Art. 5 Abs. 3 G G ist nach h. M. eine institutionelle Garantie der Wissenschaftsfreiheit abzuleiten. Sie bedeutet „die Gewährleistung einer von staatlicher Einwirkung freien Sphäre der Wissenschaft" 9 , die „Garantie für den Bestandszusammenhang von Wissenschaftspflege und der f ü r sie üblichen Institution der Universität" 10 . Jedoch schreibt Art. 5 Abs. 3 G G keine bestimmte Rechtsgestalt der Universität v o r " . In seinem Grundsatzurteil vom 29. Mai 1973 (betreffend das Niedersächsische Vorschaltgesetz) hat das BVerfG ferner betont, daß die Garantie der Wissenschaftsfreiheit auch „das überlieferte Strukturmodell der deutschen Universität" nicht verfassungsrechtlich zementieren will, sondern dem Gesetzgeber die Möglichkeit gibt, innerhalb der durch das Grundrecht des Art. 5 Abs. 3 gezogenen Grenzen „die Organisation der Hochschulen nach seinem Ermessen zu ordnen und sie den heutigen gesellschaftlichen und wissenschaftssoziologischen Gegebenheiten anzupassen" 1 2 .

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BT-Drucks. 7/1328, 7/2844, 7/2932. BT-Drucks. 7 / 3 2 7 9 vom 26. 2. 1975. Maunz, in: Maurtz / Dürig / Herzog / Scholz, Grundgesetz, Rdnr. 28 a zu Art. 75. Vgl. Köngen, GRe II S. 322ff.; R. Thoma, Die Lehrfreiheit der Hochschullehrer, RuSt 166, 1952. Thieme, Dt. HochschulR, S. 108. Franz Mayer, Von der Rechtsnatur der Universität, S. 27 f. So schon H. J. Wolff, Die Rechtsgestalt der Universität, S. 32. Ebenso BVerfGE 35, 79. BVerfGE 35, 116.

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c) Verwaltung und Organisation: Welche Rechtsnatur der wissenschaftlichen Hochschule nach dem „überlieferten Strukturmodell der deutschen Universität" zukommt, ist in der Rechtslehre umstritten. Nach einer vorwiegend in der älteren Literatur vertretenen Ansicht ist die Universität eine Anstalt des öffentlichen Rechts 13 , nach der heute herrschenden Meinung ist sie eine Körperschaft des öffentlichen Rechts 14 . Auch das HRG und die Hochschulgesetze der Länder bezeichnen die wissenschaftlichen Hochschulen als Körperschaften des öffentlichen Rechts'5. Wenn die Gesetze hinzufügen, daß die Hochschulen zugleich Einrichtungen des Landes seien 16 , so ändert das nichts an deren körperschaftlichen Rechtsform. Aus der Tatsache, daß die wissenschaftliche Hochschule eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, ergeben sich Konsequenzen für die Rechtsstellung der Studenten, Assistenten und Professoren. Aber auch für die Verwaltung und Organisation der wissenschaftlichen Hochschule ist diese Rechtsform insofern von Bedeutung, als mit ihr das Recht der Selbstverwaltung verknüpft ist. Das aus Rechtsform und Wesen der wissenschaftlichen Hochschule abgeleitete und durch Art. 5 Abs. 3 GG gesicherte Recht auf Selbstverwaltung besteht auch ohne ausdrückliche Normierung in den betreffenden Landesverfassungen. Das BVerfG hat bisher nicht zu der Frage Stellung genommen, „ob in der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Wissenschaftsfreiheit ein (oder: das) .Grundrecht der deutschen Universität' zu erblicken sei"17. Im Urteil vom 16. Januar 1963 erklärte es lediglich, Art. 5 Abs. 3 GG besage nicht, daß das Gesetz „das Maximum dessen hätte garantieren wollen, was vom Idealbild einer Universität her gesehen erwünscht wäre. Vielmehr ist davon auszugehen, daß durch Art. 5 Abs. 3 GG auf einem den Ländern nach dem Grundgesetz überlassenen Gebiete nicht mehr als dasjenige geschützt werden sollte, was sich im Laufe der geschichtlichen Entwicklung in den einzelnen Ländern als unerläßlich für eine freie Betätigung der Universitäten in Wissenschaft, Forschung und Lehre herausgebildet hatte" 18 . Im Urteil vom 29. Mai 1973 erklärte es jedoch: „Der wesentliche Inhalt eines solchen .Grundrechts', nämlich die Selbstverwaltung im .akademischen', d. h. dem auf Forschung und Lehre unmittelbar bezogenen Bereich, besteht faktisch unangefochten, ist in den Hochschulgesetzen anerkannt und in den meisten 13

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Otto Mayer, VwR II, 3. Aufl. 1924, S. 338; W. Jellinek, VwR, S. 521; Laforet, Dt. VerwaltungsR, 1937, S. 197; Peters, VwR, S. 413; v. Turegg, VwR, 2. Aufl. 1954, S. 409; Forsthoff, VwR I, 10. Aufl., S. 489. Gerber, Das Recht der wissenschaftlichen Hochschulen I, S. 21; Köngen, GRe II, S. 291; von Lübtow, Autonomie oder Heteronomie der Universitäten, S. 33; Thieme. Dt. HochschulR, S. 108; H. J. Wolff, Die Rechtsgestalt der Universität, S. 13. § 5 Abs. 1 des Baden-Württ. UniversitätsG vom 22. 11. 1977, § 58 HRG. Im übrigen vgl. Anm. 3. So § 58 H R G und bereits früher die Gesetze der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Saarland. BVerfGE 35, 116. BVerfGE 15,264.

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Länderverfassungen ausdrücklich garantiert" 19 . In dieser Argumentation liegt insofern die Gefahr eines Zirkelschlusses, als nach herrschender Meinung das Recht auf Selbstverwaltung auch ohne ausdrückliche Normierung in den betreffenden Landesverfassungen besteht. Das BVerfG wollte auch im Urteil vom 29. Mai 1973 nicht die Auffassung widerlegen, daß Art. 5 Abs. 3 GG das Recht der wissenschaftlichen Hochschulen auf Selbstverwaltung verfassungsrechtlich absichert, sondern es wollte lediglich darauf hinweisen, daß auch nach dieser Auffassung der Gesetzgeber frei ist, andere Modelle der Hochschulorganisation zu entwerfen, solange Art. 5 Abs. 3 GG nicht verletzt wird. Der Umfang des Selbstverwaltungsrechts ergibt sich aus den Funktionen der wissenschaftlichen Hochschule. Soweit Landesverfassungen das Selbstverwaltungsrecht der Universität ausdrücklich normieren, wie die nordrh.westf. Verf. in Art. 16 Abs. 1 und die bayer. Verf. in Art. 138 Abs. 2, wird auf die Grenzen ebenso ausdrücklich verwiesen. Die Funktionen der wissenschaftlichen Hochschule werden mit dem Schlagwort „Forschung und Lehre" umrissen. Der Bundesbericht Forschung III 20 definiert die Forschung als „die geistige Tätigkeit mit dem Ziele, in methodischer, systematischer und nachprüfbarer Weise neue Erkenntnisse zu gewinnen". Das Bundesverfassungsgericht hat diese Definition übernommen und darüber hinaus den Begriff „Lehre" definiert als „die wissenschaftlich fundierte Übermittlung der durch die Forschung gewonnenen Erkenntnisse" 21 . Traditionell ist aber die deutsche Universität ferner dadurch gekennzeichnet gewesen, daß sie Forschung und Lehre als Einheit betrachtet hat. Den untrennbaren Zusammenhang zwischen Forschung und Lehre hat das BVerfG im Urteil vom 29. Mai 1973 auch für die wissenschaftliche Hochschule im Sinne der geltenden Hochschulgesetze ausdrücklich bejaht. Somit ist davon auszugehen, daß die vom Grundgesetz geschützte Rechtsposition der wissenschaftlichen Hochschulen gerade auch die Einheit von Forschung und Lehre umfaßt. Das Bundesverfassungsgericht verwendet den Ausdruck „Wissenschaft" als Oberbegriff für Forschung und Lehre22. Die wissenschaftliche Hochschule der Gegenwart ist demnach in gleicher Weise durch die Einheit von Forschung und Lehre gekennzeichnet wie die traditionelle deutsche Universität. Eine Einrichtung, an der die Einheit von Forschung und Lehre nicht garantiert und organisatorisch abgesichert wäre, würde das Grundrecht des Art. 5 Abs. 3 GG nicht genießen. Jenseits des Bereichs von Forschung und Lehre besitzt die wissenschaftliche Hochschule kein Selbstverwaltungsrecht. Die Formulierung des BVerfG im Urteil vom 16. Januar 1963, daß „in neuerer Zeit alles nur auf ein Zusammenwirken mit den staatlichen Hochschulverwaltungen angelegt ist"23, ist zwar wegen der Verwendung des Wortes „alles" irreführend, wenn daraus ge19 20 21 22 23

BVerfGE35, 116. BT-Drucks. V/4335, S. 4. BVerfGE35, 113. Vgl. Kimminich, WissR 1973, S. 194. BVerfGE 15,264.

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schlössen wird, daß das Recht der Selbstverwaltung der wissenschaftlichen Hochschulen auf null reduziert werden kann. Sie enthält aber eine im Kern richtige Aussage, wenn sie darauf hinweist, daß auch den traditionellen deutschen Universitäten eine wesentliche Grundlage der Selbstverwaltung, nämlich die Finanzhoheit, stets fehlte. Die deutschen Universitäten hatten zwar bereits im 19. Jahrhundert die geistige Freiheit vom Staat erlangt, nicht jedoch die finanzielle Freiheit. Zwar sind die wissenschaftlichen Hochschulen der Gegenwart ebenso wie die traditionellen deutschen Universitäten als juristische Personen des öffentlichen Rechts durchaus vermögensfähig. Sie können also eigenes Vermögen erwerben und es nach Belieben im Rahmen der allgemeinen Gesetze verwenden. Da aber die wissenschaftlichen Hochschulen keine Handelsgüter produzieren und Schenkungen oder Stiftungen an wissenschaftliche Hochschulen in Deutschland nicht in dem Umfang getätigt werden wie in anderen Industriestaaten, kann keine einzige deutsche wissenschaftliche Hochschule auch nur einen Bruchteil ihres Finanzbedarfs aus eigenen Mitteln decken. Der ganz überwiegende Teil der Finanzmittel der wissenschaftlichen Hochschulen wird in öffentlichen Haushalten zur Verfügung gestellt, in der Regel von dem betreffenden Land, auf dessen Staatsgebiet die Universität besteht. Mehrere Länder können sich durch Staatsvertrag, auch unter Beteiligung des Bundes (wie im Falle der Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer) zur gemeinsamen Finanzierung einer wissenschaftlichen Hochschule verpflichten. Die finanzielle Abhängigkeit einer mit dem verfassungsmäßig abgesicherten Recht der Selbstverwaltung ausgestatteten Körperschaft von den Zuwendungen der öffentlichen Hand bewirkt ein kompliziertes Nebeneinander von Selbstverwaltung und Staatsverwaltung an den wissenschaftlichen Hochschulen. Diejenigen, die in der wissenschaftlichen Hochschule immer noch anstaltsrechtliche Züge sehen, deuten dieses Nebeneinander so, daß der Körperschaft eine Anstalt des öffentlichen Rechts zur „BedarfsVerwaltung" zugeordnet ist24. Diese Rechtskonstruktion ist in der Tat dann erforderlich, wenn sich an der Finanzierung einer Universität andere Rechtspersönlichkeiten neben dem betreffenden Bundesland beteiligen (z. B. eine Stadt oder eine Stiftung). Soweit aber ein Land der Bundesrepublik eine wissenschaftliche Hochschule allein unterhält — was der Regelfall ist —, ist die Gründung einer eigenen Anstalt zum alleinigen Zweck der Bedarfsdeckung der wissenschaftlichen Hochschule nicht nötig 25 . Die Abgrenzung der Kompetenzen zwischen jener innerhalb der wissenschaftlichen Hochschule tätigen unmittelbaren Staatsverwaltung und der Selbstverwaltung der wissenschaftlichen Hochschule hat der Rechtslehre

24 25

So H. J. Wolff, VwR II, 4. Aufl. S. 300. Ebenso Daliinger, in: Dallinger/Bode/Dellian, 1978, Rdn. 3 — 5 zu § 58.

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Schwierigkeiten bereitet 26 . Weithin gebräuchlich ist die Formel, daß die „akademischen" Angelegenheiten zur Selbstverwaltung gehören, die übrigen zur Staatsverwaltung an der Universität. Dadurch wird jedoch nur das Problem auf die Definition der „akademischen Angelegenheiten" verlagert. Daher empfiehlt es sich, von dem in den Gesetzen und in der Rechtsprechung des BVerfG verwendeten Begriff „Forschung und Lehre" auszugehen. Soweit es sich um den Inhalt von Forschung und Lehre handelt, ist damit von vornherein keine Verwaltungstätigkeit verbunden. Somit können Forschung und Lehre nicht das Wesen der Selbstverwaltung der wissenschaftlichen Hochschule ausmachen, weil sie nicht Verwaltung sind. Forschung und Lehre bedürfen jedoch auch einer Organisation. Diese ist der Gegenstand der Selbstverwaltung der wissenschaftlichen Hochschule. Zu ihr gehört die Zusammensetzung des Lehrkörpers, die Anstellung von wissenschaftlichen und nichtwissenschaftlichen Dienstkräften, die Aufstellung des Semesterstundenplans, die Abhaltung von Prüfungen. Aber auch in allen diesen Bereichen kann die wissenschaftliche Hochschule nicht selbständig tätig werden, soweit die von ihr gesetzten Rechtsakte Bestandteil einer staatlich geregelten Berufsausbildung sind. Vielmehr muß sie bei der Setzung dieser Rechtsakte die von den zuständigen Behörden erlassenen Ausbildungs- und Prüfungsvorschriften beachten. So muß zum Beispiel jeder Semesterstundenplan einer juristischen Fakultät so aufgestellt werden, daß das Referendarexamen nach der Absolvierung der von der Justizausbildungs- und Prüfungsordnung vorgeschriebenen Mindestzahl von Semestern abgelegt werden kann. Das H R G enthält zwar einen Abschnitt mit der Überschrift „Selbstverwaltung und Staatsverwaltung" (§§ 58 - 60 HRG), regelt dort aber nur die Rechtsstellung der Hochschule (§ 58), die Aufsicht (§ 59) und das Zusammenwirken von Land und Hochschule (§ 60). Nur mittelbar ergibt sich aus § 59 H R G eine Aussage über die Unterscheidung zwischen Selbstverwaltung und Staatsverwaltung an den wissenschaftlichen Hochschulen. Die Vorschrift unterscheidet zwischen der Rechtsaufsicht und der „weitergehenden Aufsicht" über die wissenschaftlichen Hochschulen. Diese Formulierungen erinnern an die im Kommunalrecht übliche Unterscheidung zwischen dem eigenen Wirkungskreis (in dem der Staat nur die Rechtsaufsicht ausübt) und dem übertragenen Wirkungskreis (in dem der Staat auch die Fachaufsicht ausübt). Das H R G zählt jedoch nicht alle Bereiche der Hochschul Verwaltung auf, die der „weitergehenden Aufsicht" unterliegen, sondern nennt nur einige von ihnen: Personalverwaltung, Wirtschaftsverwaltung, Haushalts- und Finanzverwaltung, Krankenversorgung, Ermittlung der Ausbildungskapazität und Festsetzung von Zulassungszahlen. Daß die Aufzählung nicht abschließend ist, ergibt sich aus der Verwendung des Wortes „insbesondere" in § 58 Abs. 2 HRG. 26

Aus der reichhaltigen älteren Literatur vgl. hierzu zusammenfassend WissR 1968, S. 12 ff; Rupp, WissR 1974, S. 89 ff.

Reinhardt,

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Das Baden-Württembergische UniversitätsG vom 22. November 1977 bestimmt in seinem § 118 Abs. 1 lediglich: „Für die Haushalts- und Wirtschaftsführung sowie für die Personalangelegenheiten und die sonstigen Weisungsangelegenheiten gelten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, die staatlichen Vorschriften." In § 124 desselben Gesetzes wird ausdrücklich zwischen der Rechtsaufsicht und der Fachaufsicht über die Universitäten unterschieden. Die Gegenstände der Fachaufsicht werden dabei in Übereinstimmung mit § 59 Abs. 2 H R G aufgezählt. Das Bayerische HochschulG erklärt in Art. 4 Abs. 1 unmißverständlich: „Die Hochschulen nehmen eigene Angelegenheiten als Körperschaften (Körperschaftsangelegenheiten), staatliche Angelegenheiten als staatliche Einrichtungen wahr." In Körperschaftsangelegenheiten stehen die Hochschulen gemäß Art. 100 desselben Gesetzes unter der Aufsicht des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus. Die Aufsicht über die Wahrnehmung der staatlichen Angelegenheiten richtet sich nach den allgemeinen verwaltungsrechtlichen Vorschriften. In der Literatur ist dagegen eingewendet worden, daß die Einfügung der Universität in das System von Rechts- und Staatsaufsicht dem Wesen der Universität nicht gerecht werde; denn die Universität übe eine „von der allgemeinen Staatsgewalt zu unterscheidende Hoheitsgewalt aus" 27 . So wird eine „differenzierende Regelung" gefordert, „die dem Wissenschaftsbezug der im einzelnen jeweils betroffenen konkreten Sachbereiche Rechnung trägt. Die gegenwärtigen Hochschulgesetze tragen dem nicht hinreichend Rechnung. Sie zwängen die Beziehungen zwischen Staat und Hochschule in das grobe Raster der Alternative von Rechts- oder Fachaufsicht, die durch die vielfältigen und in ihrer Systematik nicht leicht zu durchschauenden speziellen Bestimmungskompetenzen nur unzulänglich aufgelockert wird." 28 So verdienstvoll die Bemühungen sind, Beschränkungen der staatlichen Aufsichtsbefugnisse gegenüber den wissenschaftlichen Hochschulen aus dem Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit abzuleiten, muß doch beachtet werden, daß solche Beschränkungen wenig nützen, weil die Universität insgesamt keine Finanzhoheit besitzt und fast ausschließlich auf staatliche Zuteilungen angewiesen ist. Mit Recht betont daher Bachof: „Die Beschränkung staatlicher Aufsichtsbefugnisse in akademischen Angelegenheiten wird weitgehend unterlaufen durch die Abhängigkeit der Hochschulen von staatlicher Finanzierung, mittels derer sich nahezu alle Hochschulbereiche umfassend steuern lassen." 29 Ältere Hochschulgesetze beschränkten sich auf den lakonischen Satz: „In Wirtschafts- und Personalangelegenheiten wird die Verwaltung nach den staatlichen Vorschriften geführt." 30 Das Hessische UniversitätsG 27 28

29 30

Oppermann, KulturverwaltungsR, 1969, S. 324. D. Lorenz, Die Rechtsstellung der Universität gegenüber staatlicher Bestimmung, WissR 1978, S. 6. Ebenso Hailbronner, in: Großkreutz/Hailbronner/Ipsen/Walter, Kommentar zum Hochschulrahmengesetz, Rdn. 8 zu § 58. Wolff/ Bachof, VwR II, 4. Aufl., § 93 IV e 1. § 7 8 des Baden-Württembergischen HochschulG vom 27. Juli 1973, GBl. S. 246;

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bestimmte: „Die Universitäten verwalten ihre Angelegenheiten nach Maßgabe der Gesetze in eigener Verantwortung unter der Rechtsaufsicht des Landes" 31 . Während sich die Fachaufsicht auf die Nachprüfung sowohl der Rechtmäßigkeit als auch der Zweckmäßigkeit der getroffenen Entscheidungen erstreckt, ist die Rechtsaufsicht auf die Nachprüfung der Rechtmäßigkeit der Akte der Selbstverwaltung beschränkt. Die Aufsicht wird vom Kultusminister ausgeübt. Ferner unterliegen alle Akte mit Außenwirkung, die der Definition des Verwaltungsakts entsprechen, der verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung. Dies gilt insbesondere für Prüfungsentscheidungen. Verfügungen über Vermögenswerte, die im Eigentum der wissenschaftlichen Hochschule stehen, oder über Einkünfte, die der wissenschaftlichen Hochschule nicht aus einem öffentlichen Haushalt zufließen, gehören ebenfalls zu den Selbstverwaltungsangelegenheiten. Alle anderen Vermögensverfügungen und Entscheidungen in finanziellen Angelegenheiten können nur dann zum Bereich der Selbstverwaltung gehören, wenn der Staat als Geldgeber dies ausdrücklich gestattet. Gelegentlich ist deshalb für die Abgrenzung der Kompetenzen der Selbstverwaltung und der Staatsverwaltung an der wissenschaftlichen Hochschule die Formel empfohlen worden, daß alles, was Geld kostet, zum Bereich der Staatsverwaltung gehört, alles andere dagegen zur Selbstverwaltung. Mit der Einschränkung, daß der staatliche Geldgeber den Selbstverwaltungsorganen der wissenschaftlichen Hochschule selbstverständlich auch das Recht der Einzelverteilung global zugewiesener Mittel zugestehen kann, ist diese Formel richtig. Der Vollzug des Haushalts ist stets Sache der Staatsverwaltung. An der Aufstellung des Haushalts wirken die Organe der wissenschaftlichen Hochschule nur beratend mit. Nach herkömmlichem Universitätsrecht wurden die für den Betrieb der einzelnen Lehrstühle und Institute erforderlichen Mittel vom Staat zweckgebunden zugewiesen, und zwar auf Grund von Vereinbarungen zwischen dem Kultusminister und dem jeweiligen Lehrstuhlinhaber, die von der herrschenden Meinung als öffentlich-rechtliche Verträge gewertet wurden 32 . Im Zuge der Hochschulreform ist dieses System aufgegeben und durch die sogenannte Globalzuweisung ersetzt worden 33 . Danach werden die für den laufenden Betrieb nötigen Finanzmittel der wissenschaftlichen Hochschule vom Staat nicht mehr zweckgebunden, sondern in einer Globalsumme zugewiesen, über deren Verteilung die nach der Hochschulsatzung zuständigen Gremien entscheiden. Die einzelnen Hochschullehrer sind

31 32

33

§ 40 des Nordhrein-Westfälischen HochschulG vom 7. April 1970 i. d. F. des G vom 30. Mai 1972 (GVB1. S. 134). § 3 des Hessischen UniversitätsG i. d. F. vom 6. Dezember 1974, GVB1.1, S. 603. Vgl. Bullinger, Beamtenrechtliche Zusagen und Reformgesetzgebung, 1972; Grellen, WissR, Beih. 3 (1969), S. 126ff.; W. Thieme, Berufungszusagen und Hochschulreform, 1970. Vgl. Oppermann, WissR 1969, S. 1 ff.

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damit aus ihrer Verantwortung für die Gewährleistung von Forschung u n d Lehre des jeweils von ihnen vertretenen Faches entlassen worden. Die in Ernennungsurkunden noch gelegentlich anzutreffende Bemerkung, der Hochschullehrer trage eine derartige Verantwortung, ist ohne die Berufungszusagen, die früher jene Verantwortung begründet haben, gegenstandslos. Ob die Hochschulgremien, die über die Verteilung von Globalzuweisungen entscheiden, damit zugleich die Verantwortung f ü r den Betrieb von Forschung und Lehre auf den jeweiligen Fächern übernehmen, erscheint zweifelhaft, da es sich bei ihnen in der Regel um Nichtfachleute handelt. Auf diesem Gebiet zeigt sich daher die gegenwärtige Unsicherheit und Unklarheit des Hochschulrechts am deutlichsten. Am besten läßt sich das gegenwärtig praktizierte System als organisierte Verantwortungslosigkeit kennzeichnen. Für die Organisation der Selbstverwaltung der wissenschaftlichen Hochschulen bieten sich zwei Systeme an: die Rektoratsverfassung u n d die Präsidialverfassung. Im Rektoratssystem steht an der Spitze der Selbstverwaltung der Universität ein aus dem Kreis der Lehrstuhlinhaber für ein bis zwei Jahre gewählter Rektor. Als sein Stellvertreter fungiert der Prorektor, in der Regel sein Amtsvorgänger. Da der Prorektor dem Rektor nicht nur bei der Einarbeitung behilflich ist, sondern ihn auch während seiner ganzen Amtszeit im Verhinderungsfall vertritt und bei den laufenden Geschäften entlastet, wird durch die Einrichtung des Prorektors eine gewisse Kontinuität in der Spitze der Selbstverwaltung gewährleistet. Zur weiteren Entlastung von Rektor und Prorektor können die Hochschulsatzungen die Wahl eines zweiten Prorektors („TroikaSystem") vorsehen. Im Zuge der Hochschulreform trat die Präsidialverfassung in den Vordergrund, konnte aber die Rektoratsverfassung noch nicht vollständig verdrängen. § 11 des Baden-Württembergischen UniversitätsG vom 22. November 1977 überläßt den wissenschaftlichen Hochschulen noch immer die Wahl zwischen Präsidialverfassung und Rektoratsverfassung. Dagegen schreibt das Bayerische Hochschulgesetz vom 21. Dezember 197334 bereits zwingend die Präsidial Verfassung vor (Ausnahme: Hochschulen mit weniger als 3000 Studenten, Art. 17 BayHSchG) und läßt den Hochschulen lediglich die Wahl zwischen einem Präsidenten u n d einem Präsidialkollegium (Art. 12 BayHSchG). Die Amtszeiten der Präsidenten sind in den einzelnen Hochschulgesetzen unterschiedlich geregelt; sie sind aber durchweg länger als die Amtszeiten der Rektoren in den Universitäten alten Stils. So beträgt die Amtszeit des Universitätpräsidenten in Hamburg 9 Jahre, in Baden-Württemberg 8 Jahre, in Bayern 6 Jahre. Im Gegensatz zu den Rektoren bedürfen die Universitätspräsidenten einer Ernennung. Wiederernennung nach Ablauf der Amtszeit ist nach sämtlichen Hochschulgesetzen zulässig. Der Ernennung durch staatliche Stellen geht ein Meinungsbildungsprozeß an der wissenschaftlichen Hochschule voraus. So sieht das Baden-Württembergische 34

In der Fassung vom 7. 11. 1978, GVB1. S. 791, ber. S. 958.

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HochschulG in § 18 Abs. 2 vor, daß der Universitätspräsident auf Grund eines gemeinsamen Vorschlags des Kultusministers und des Großen Senats vom Ministerpräsidenten ernannt wird. Nach Art. 13 Abs. 1 des Bayerischen HochschulG wird der Universitätspräsident vom Kultusminister auf Vorschlag der „Versammlung" (in der die Dozenten, Studenten und Bediensteten der Universität vertreten sind) ernannt. Dem Vorschlag der Versammlung geht eine öffentliche Ausschreibung und die Erstellung einer in der Regel drei Personen umfassenden Vorschlagsliste des Senats (eines kleineren Gremiums, in dem aber der gleiche Personenkreis vertreten ist wie in der Versammlung) sowie ein Wahlvorgang in der Versammlung voraus. Das H R G schreibt in § 62 lediglich vor, daß die Hochschule einen „gewählten hauptberuflichen Leiter mit mindestens vierjähriger Amtszeit" haben muß, an dessen Stelle allerdings auch „ein gewähltes Leitungsgremium mit mindestens einem hauptberuflichen Mitglied" treten kann. In Hochschulen mit Präsidialverfassung steht der Hochschulpräsident an der Spitze der Selbstverwaltung. In der Person des Präsidenten wird jedoch zugleich eine Verbindung zwischen Selbstverwaltung und Staatsverwaltung hergestellt. Der Präsident erledigt in eigener Zuständigkeit die Geschäfte der laufenden Verwaltung. Der „leitende Verwaltungsbeamte", der in einer Hochschule mit Rektoratsverfassung die Spitze der an der Hochschule tätigen Staatsverwaltung darstellt, ist in einer Hochschule mit Präsidialverfassung dem Präsidenten nachgeordnet 35 . Der leitende Verwaltungsbeamte trägt in der Regel die Amtsbezeichnung „Kanzler". Die Hochschulen mit Rektoratsverfassung bringen die Verbindung zwischen Selbstverwaltung und Staatsverwaltung dadurch zum Ausdruck, daß sie den Rektor zum Dienstvorgesetzten des Kanzlers machen, andererseits aber den Kanzler auch als Mitglied in die Körperschaft aufnehmen. Damit fällt dem Kanzler in der Rektoratsverfassung die Mittlerrolle zwischen Hochschule und Kultusministerium zu, die in der Präsidialverfassung der Präsident spielt. In beiden Verfassungstypen ist der Kanzler der leitende Beamte der Hochschulverwaltung und Beauftragter für den Haushalt. Die neueren Hochschulgesetze bekennen sich zum Grundsatz der Einheitsverwaltung36. Das bedeutet, daß Selbstverwaltungsangelegenheiten und Angelegenheiten der staatlichen Verwaltung an der Hochschule in der Verwaltungsorganisation nicht getrennt werden. Ein und derselbe Beamte oder Angestellte nimmt zugleich Selbstverwaltungsangelegenheiten und Angelegenheiten der staatlichen Verwaltung wahr. Wenn aber sein Dienstvorgesetzter in jedem Fall der Kanzler ist37, so erscheint es fraglich, ob in der Praxis noch von einer Selbstverwaltung die Rede sein kann. Die Tatsache, daß der Kanzler und die anderen an der Hochschule hauptberuflich tätigen Beamten, An35

36 37

§ 58 Abs. 3 HRG. Dementsprechend die Landesgesetze, z. B. Bayern Art. 14 Abs. 6; Hessen § 13; Nordrhein-Westfalen § 39. Beispiel: Art. 31 Abs. 1 BayHSchG 1973. So Art. 32 Abs. 1 Satz 2 BayHSchG 1973.

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gestellten und Arbeiter zugleich Mitglieder der Körperschaft sind, ändert ihre dienstrechtliche Stellung nicht. Als Beauftragter für den Haushalt sowie als Dienstvorgesetzter ist der Kanzler, wie Art. 32 Abs. 1 BayHSchG betont, nicht an Weisungen der Leitung der Hochschule gebunden. Wenn das System der Verzahnung von Selbstverwaltung und Staatsverwaltung den Anforderungen des Art. 5 Abs. 3 G G gerecht werden soll, muß die Trennung zwischen Selbstverwaltungsaufgaben und Staatsverwaltungsaufgaben streng durchgeführt werden, auch wenn die Universität als Körperschaft keinen eigenen Verwaltungsapparat besitzt. Bei der Erledigung von Selbstverwaltungsaufgaben durch staatliche Dienstkräfte handelt es sich nicht um eine „Ausleihe" von Dienstkräften auf Grund besonderer Vereinbarungen, sondern um eine automatische Doppelfunktion der Staatsverwaltung an der wissenschaftlichen Hochschule. Im Bereich der Staatsverwaltung erstrecken sich die Weisungsbefugnisse der übergeordneten Behörde (Kultusministerium) auf alle Aspekte der Verwaltungstätigkeit (Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit), im Bereich der Selbstverwaltung ist nur die Nachprüfung der Rechtmäßigkeit im Rahmen der Rechtsaufsicht des Kultusministeriums über die Körperschaft zulässig; Weisungen erteilen hier der Rektor bzw. Hochschulpräsident und die übrigen Selbstverwaltungsorgane der Universität. Die übrigen Selbstverwaltungsorgane der Universität (neben Rektor bzw. Hochschulpräsident) haben in den modernen Hochschulgesetzen der Länder unterschiedliche Bezeichnungen erhalten. In der „klassischen" deutschen Universität waren es die Senate und Fakultäten. Zum Teil sind diese Bezeichnungen aufrechterhalten worden, obwohl sich die Zusammensetzung der Gremien grundlegend gewandelt hat. Die klassische deutsche Universität gliederte sich in fünf Fakultäten: Theologie, Jurisprudenz, Philosophie, Medizin, Naturwissenschaften. Das Auftreten neuer Disziplinen (z. B. Nationalökonomie, Soziologie, Politikwissenschaft, Sozialpsychologie), die nur schwer in die herkömmliche Einteilung eingefügt werden konnten, erforderte eine Neugliederung. Diese wurde unumgänglich, als durch die Vermehrung der Lehrstühle die alten Fakultäten, die in der Form eines Zusammenschlusses aller Lehrstuhlinhaber als Kollegialorgane der Selbstverwaltung fungiert hatten, zu umfangreich wurden. Gegenwärtig sind in allen Bundesländern die wissenschaftlichen Hochschulen in Fachbereiche oder Abteilungen aufgegliedert, die bezüglich ihrer fachlichen Zuständigkeit nur in wenigen Fällen (z. B. bei der Theologie und der Jurisprudenz) den alten Fakultäten entsprechen. Die Zusammensetzung der Kollegialorgane hat sich überall durch die Aufnahme von Vertretern der übrigen Mitglieder der Körperschaft grundlegend geändert. Über die Frage, in welchem Verhältnis Lehrstuhlinhaber, Nichtordinarien, Assistenten, Studenten und Dienstkräfte der wissenschaftlichen Hochschulen in den Selbstverwaltungsorganen vertreten sein sollten, wurde in allen Landesparlamenten, die sich mit der Schaffung neuer Hochschulgesetze befaßten, ausführlich gesprochen. Die Öffentlichkeit sah hierin (irrtümlicherweise) einen Hauptpunkt der Hochschulreform. Auch in der Fachlitera-

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tur findet sich eine ausgiebige Erörterung dieses Problems 38 . Das Hochschulrahmengesetz enthält hierzu lediglich eine allgemeine Aussage: „Art und Umfang der Mitwirkung sowie die zahlenmäßige Zusammensetzung der Kollegialorgane, Ausschüsse und sonstigen Gremien bestimmen sich nach deren Aufgaben sowie nach der Qualifikation, Funktionen, Verantwortung und Betroffenheit der Mitglieder der Hochschule. Das Verhältnis der Stimmen, über die die Gruppen (Abs. 2) in den zentralen Kollegialorganen und im Fachbereichsrat verfügen, ist durch Gesetz zu regeln." 39 Im zweiten Absatz dieser Vorschrift werden die folgenden G r u p p e n aufgezählt: 1. Professoren, 2. die Studenten, 3. die wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeiter sowie die Hochschulassistenten, 4. sonstige Mitarbeiter. Im Schrifttum hat sich deshalb die Bezeichnung „ Gruppenuniversität"eingebürgert. Das BVerfG hat im Urteil vom 29. Mai 197340 erklärt, daß das organisatorische System der Gruppenuniversität „als solches mit Art. 5 Abs. 3 G G vereinb a r " sei, daß aber die Organisation der Wissenschaftsverwaltung von den Landesgesetzgebern so gestaltet werden müsse, d a ß den Hochschullehrern ein „möglichst breiter Raum für freie wissenschaftliche Betätigung" gesichert ist. Dies bedeute unter anderem, daß bei Entscheidungen, die unmittelbar die Lehre betreffen, der G r u p p e der Hochschullehrer „der ihrer besonderen Stellung entsprechende maßgebende Einfluß verbleiben" müsse. Diesem Erfordernis werde genügt, wenn diese Gruppe über die Hälfte der Stimmen verfügt. Bei Entscheidungen, die unmittelbar Fragen der Forschung oder die Berufung der Hochschullehrer betreffen, müsse der G r u p p e der Hochschullehrer „ein weitergehender, ausschlaggebender Einfluß vorbehalten bleiben". Hinter solchen Leitsätzen steht offenbar die Vorstellung, daß die „Gruppen" einheitlich abstimmen. Wo dies der Fall ist, gibt es keine Zusammenarbeit mehr, sondern nur noch Kampfabstimmungen. Wenn in einer solchen Situation einer bestimmten G r u p p e durch Gesetz die Mehrheit eingeräumt wird, so fragt man sich, welchen Sinn dann die Mitwirkung der anderen Gruppen haben soll. Die Funktionsfähigkeit der wissenschaftlichen Hochschulen hängt davon ab, daß sich bei Sachfragen sachliche Argumente ohne Rücksicht auf die Zugehörigkeit der einzelnen Mitglieder der Hochschulorgane zu einer bestimmten G r u p p e durchsetzen 41 .

38

39 40 41

Vgl. Dallinger, JZ 1971, 665ff.; E. Kaufmann, JZ 1972, 45ff.; Kittneru. a., Mitwirkung in der Hochschule, 1974; H.-H. Klein, „Demokratisierung" der Universität?, 1968; E. Nolte, Sinn und Widersinn der Demokratisierung in der Universität, 1968; A. Reich, BayVBl. 1972, 604f.; R. Reinhardt, WissR 1970, Beih. 4, S. 164ff.; H. Schiedermair. WissR 1971, S. 1 ff.; H. Schneider, DÖV 1969, 275f.; H.-J. Strauch, JZ 1972, 43 ff. § 38 Abs. 1 HRG. BVerfGE 35, 79. Bestätigt in BVerfGE 43, 242; 47, 327. Vgl. Kimminich, WissR 1973,218; Rupp, WissR 1974, 89ff.; Schefold / Leske, NJW 1973, 1297 ff.

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d) Lehrkörper und wissenschaftliche Hilfskräfte: Zum Lehrkörper einer wissenschaftlichen Hochschule gehören die Hochschullehrer im engeren Sinn, die Lehrbeauftragten und Lektoren sowie die mit der Abhaltung von Lehrveranstaltungen beauftragten wissenschaftlichen Hilfskräfte. Die Hochschullehrer gliedern sich in Lehrstuhlinhaber, außerplanmäßige Professoren, Universitätsdozenten, Privatdozenten und Honorarprofessoren. Die Lehrstuhlinhaber gliedern sich in ordentliche Professoren (Ordinarien) und außerordentliche Professoren (Extraordinarien). Alle Hochschullehrer, die nicht Lehrstuhlinhaber sind, werden unter der Bezeichnung „Nichtordinarien" zusammengefaßt. Die Lehrstuhlinhaber sind Beamte auf Lebenszeit. Sie werden vom Kultusminister auf Vorschlag der wissenschaftlichen Hochschule ernannt. Der Ernennung geht das sogenannte Berufungsverfahren voraus, das in den einzelnen Hochschulgesetzen geregelt ist. Im allgemeinen schlagen die Fakultäten bzw. Abteilungen oder Fachbereiche dem Kultusminister drei Persönlichkeiten für die Besetzung eines Lehrstuhls vor, von denen der Kultusminister in der Regel den Erstgenannten beruft und im Fall der Ablehnung des Rufes weitere Rufe in der Reihenfolge der Vorschlagsliste erteilt. Bei Annahme des Rufes erfolgt die Ernennung, die wie jede Beamtenernennung ein mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt ist. Nach herkömmlichem Hochschulrecht wurde vor der Ernennung zwischen dem betreffenden Bundesland als Dienstherrn und dem zu ernennenden Lehrstuhlinhaber eine Berufungsvereinbarung geschlossen, in der die Ausstattung des Lehrstuhls oder Instituts mit Personal- und Sachmitteln festgelegt wurde 42 . Im System der Globalzuweisungen entfallen die Berufungsvereinbarungen. Die bereits geschlossenen Berufungsvereinbarungen bleiben jedoch wirksam 43 . Wenn allerdings der Gesetzgeber im Zuge einer Reform der Hochschulorganisation in eine auf Berufungsvereinbarungen beruhende Rechtsposition eingreift, so ist dies — wie das BVerfG in seinem Urt. vom 8. Februar 1977 ausführt — dann verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn sich die Ziele des Gesetzgebers im Rahmen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit halten und nur auf diese Weise verwirklicht werden können 44 . Im Zuge der Hochschulreform ist auch die Unterscheidung zwischen ordentlichen und außerordentlichen Professoren beseitigt worden. Da der Unterschied zwischen Ordinarien und Extraordinarien stets nur in der Ausstattung des Lehrstuhls zu suchen war, ist im System der Globalzuweisung für eine solche Unterscheidung kein Raum mehr. Die auf landesgesetzlicher Grundlage bestehenden besoldungsrechtlichen und dienstrechtlichen Unterschiede zwischen verschiedenen Gruppen von Professoren bleiben hiervon unberührt. 42 43 44

Vgl. die oben in Anm. 32 genannte Literatur sowie Roellecke, WissR 1976, 1 ff. Vgl. Schmitt Glaeser, WissR 1973, 219ff. BVerfGE 43, 242. — Zur sog. Grundausstattung des Hochschullehrers vgl. auch BVerwG JZ 1977,716.

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Außerplanmäßige Professoren, Universitätsdozenten und Privatdozenten sind Hochschullehrer, die keinen Lehrstuhl innehaben. Gemeinsam ist ihnen, daß sie durch eine Habilitation die Lehrbefugnis (venia legendi) f ü r ein bestimmtes Fach erworben haben 4 5 . Die Habilitation erfolgt auf G r u n d einer Habilitationsordnung, in der die Habilitationsschrift, einem Habilitationsvortrag u n d einem wissenschaftlichen Kolloquium sowie dem Nachweis pädagogischer Fähigkeiten. Promotion, abgeschlossenes Hochschulstudium, Staatsexamen, praktische Tätigkeit u n d andere Mindestanforderungen sind Zulassungsvoraussetzungen. Über die Zulassung zur Habilitation entscheidet die Fakultät bzw. die Abteilung oder der Fachbereich. Die Habilitation gehört zu den Selbstverwaltungsaufgaben der wissenschaftlichen Hochschulen. Ein Anspruch auf Zulassung zur Habilitation wird von der Rechtsprechung nicht anerkannt 4 6 . Die Rechtsprechung hat sich dabei in erster Linie auf das Recht der Hochschulen auf freie, unabhängige Selbstergänzung des Lehrkörpers berufen. Dagegen ist einzuwenden, d a ß die Habilitation nicht nur die A u f n a h m e in den Lehrkörper einer wissenschaftlichen Hochschule bedeutet, sondern für den Habilitanden in erster Linie Teil seiner Berufsausbildung ist. Dies hat der B G H im Rahmen der Wiedergutmachungsrechtsprechung ausdrücklich festgestellt 47 . Dagegen meint Thieme 4 8 , das Grundrecht des Art. 12 Abs. 1 G G gelte nicht für die Zulassung zur Habilitation, weil sich die Freiheit des Berufs erst nach der Zulassung als Privatdozent entfalte. Jedoch betrachtet auch er die Habilitation selbst als einen Verwaltungsakt. Auf jeden Fall sind daher bei der Habilitation rechtsstaatliche Grundsätze zu beachten. Der Privatdozent ist berechtigt und verpflichtet, Vorlesungen in denjenigen Fächern zu halten, für die er die venia legendi besitzt. Wird ein Privatdozent vom Kultusministerium in eine Planstelle eingewiesen, so führt er die Bezeichnung „Universitätsdozent" und wird als solcher besoldet. In einigen Ländern erhalten Universitätsdozenten auch den Professorentitel. Honorarprofessoren sind Persönlichkeiten, denen — in der Regel nach einer längeren Tätigkeit als Lehrbeauftragte — der Professorentitel vom Kultusminister auf Antrag der wissenschaftlichen Hochschule verliehen worden ist. Eine Beamtenernennung ist mit dieser Verleihung nicht verbunden. Die Honorarprofessoren sind auch ohne Habilitation berechtigt, Vorlesungen über die in der Ernennungsurkunde jeweils genau bezeichneten Fächer zu halten. Im Gegensatz zu den Privatdozenten und apl. Professoren verlieren sie ihren Titel nicht, wenn sie ihre Vorlesungstätigkeit längere Zeit unterbrechen oder ganz einstellen.

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46 47

Mit Urt. v. 25. November 1977 (JZ 1978, 232) entschied das BVerwG, es verstoße nicht gegen Art. 5 Abs. 3 GG, wenn kraft gesetzlicher Regelung mit der Habilitation nur noch die Lehrbefähigung festgestellt, nicht aber zugleich die Lehrbefugnis erteilt wird. BVerwGE 8, 170; OVG Rheinland-Pfalz AS 5, 9. BGH RzW 1960, 402. 4 8 Dt. HochschulR, S. 278.

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Lehrbeauftragte u n d Lektoren gehören zum Lehrkörper der wissenschaftlichen Hochschule, nicht aber zu den Hochschullehrern im engeren Sinn 49 . Das H R G regelt die Rechtsstellung der Lehrbeauftragten nicht, sondern erklärt in seinem § 55 lediglich, daß Lehraufträge zur Ergänzung des Lehrangebots erteilt werden können, und daß die Lehrbeauftragten die ihnen übertragenen Lehraufgaben selbständig wahrnehmen, und zwar grundsätzlich gegen Vergütung. § 82 des Baden-Württembergischen UniversitätsG enthält die folgende Regelung: „Zur Ergänzung des Lehrangebots können Lehraufträge an Personen erteilt werden, die nach Vorbildung, Fähigkeit und fachlicher Leistung dem für sie vorgesehenen Aufgabengebiet entsprechen. Die Lehrbeauftragten nehmen die ihnen übertragenen Lehraufgaben selbständig wahr. § 6 Abs. 1 Nr. 2, § 64 Abs. 2 u n d § 66 des Landesbeamtengesetzes gelten entsprechend. Die Vergütung eines Lehrauftrags ist unzulässig, wenn der Lehrbeauftragte hauptberuflich im öffentlichen Dienst tätig ist u n d die durch den Lehrauftrag entstehende Belastung bei der Bemessung seiner Dienstaufgaben entsprechend berücksichtigt wird. Der Lehrauftrag wird auf Vorschlag der zuständigen Fakultät vom Präsidenten durch den Abschluß eines Vertrags über die Erbringung einer Lehrleistung in einer bestimmten Zahl von Wochenstunden im Semester u n d gegebenenfalls über die Abnahme von Prüfungen erteilt. Der Vertrag wird f ü r eine bestimmte Zeit, in der Regel f ü r ein Semester, abgeschlossen." Die Bestellung der Lehrbeauftragten erfolgt nach den meisten Hochschulgesetzen durch die wissenschaftliche Hochschule, die dem Kultusministerium darüber Mitteilung zu machen hat 50 . Mit Recht ist daher in der Literatur geschlossen worden, d a ß zwischen dem Lehrbeauftragten und der wissenschaftlichen Hochschule bzw. dem Staat ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis besteht 51 . Auch die Rechtsprechung hat sich zu dieser Auffassung bekannt 5 2 . Dagegen ist eingewendet worden, daß das der Erteilung des Lehrauftrags vorangehende Verfahren nicht gegen die Begründung des Lehrauftragsverhältnisses durch privatrechtliche Vereinbarung spreche, und daß die privatrechtliche Vereinbarung die übliche u n d angemessene Form der Begründung des Lehrauftragsverhältnisses sei 53 . Die Frage muß daher gegenwärtig noch als umstritten gelten. Fest steht allerdings, daß der Lehrbeauftragte als solcher nicht in einem Beamtenverhältnis steht. Die Frage der Zugehörigkeit der Lehrbeauftragten zur Hochschulkörperschaft, die früher ebenfalls umstritten war, ist von den neueren Hochschulgesetzen dahingehend beantwortet worden, daß die Lehrbeauftragten Mitglieder der Körperschaft sind 54 .

49 50 51 52 53 54

KG JZ 1956, 288; a. A.: Peters in der Anm. zu dieser Entscheidung, a. a. O. S. 289 f. So z. B. Art. 44 Abs. 1 Satz 3 BayHochschullehrerG. Vgl. Leinemann /Seibert, JZ 1971, 638ff. VG Kassel DVB1. 1972, 345, hierzu Seibert, DVB1. 1972, 304 ff. Laeverenz, JZ 1972, 621 ff. § 6 Abs. 1 Nr. 12 des Baden-Württ. UniversitätsG. Vgl. im übrigen Fußn. 3.

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Im Gegensatz zu den Lehrbeauftragten stehen die akademischen Räte ebenso wie die Studienräte im Hochschuldienst im Beamtenverhältnis. Zusammen mit den Konservatoren und Kustoden bilden sie den sogenannten Mittelbau. Diejenige Phase der Hochschulreformdiskussion, in der die Reform insbesondere durch eine Ausweitung des Mittelbaus erreicht werden sollte, scheint abgeschlossen zu sein. § 53 H R G faßt alle den wissenschaftlichen Einrichtungen oder den Betriebseinheiten zugeordneten Beamten und Angestellten, denen wissenschaftliche Dienstleistungen obliegen, unter dem Sammelbegriff „wissenschaftliche und künstlerische Mitarbeiter" zusammen. Die Assistenten unterscheiden sich vom Mittelbau dadurch, daß ihre Tätigkeit nicht als Lebensstellung betrachtet wird, sondern als eine vorübergehende Beschäftigung, die im Regelfall der Vorbereitung auf die wissenschaftliche Laufbahn dient. In denjenigen Ländern, die eigene Hochschullehrergesetze erlassen haben, ist die Rechtsstellung der Assistenten im HochschullehrerG geregelt, in den übrigen Ländern im Hochschulgesetz. Hochschullehrer im engeren Sinn sind die Assistenten jedoch nicht. Daraus hat der BVerwG die Konsequenz gezogen, daß wissenschaftliche Assistenten auch keine „Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule" i. S. von § 67 Abs. 1 VwGO sein können, und zwar auch dann nicht, wenn ihnen ein Lehrauftrag verliehen wurde 55 . Art. 46 Abs. 1 des bayerischen HochschullehrerG umschreibt ihre Funktion wie folgt: „Die wissenschaftlichen Assistenten sind Mitarbeiter der ordentlichen und außerordentlichen Professoren in der Lehr- und Forschungstätigkeit, in der klinischen Praxis und in der Verwaltungstätigkeit." § 47 Abs. 1 Satz 1 des baden-württembergischen Hochschulgesetzes definiert: „Die wissenschaftlichen Assistenten sind Mitarbeiter in den ständigen Einheiten für Forschung und Lehre." In jedem Fall sind die wissenschaftlichen Assistenten Beamte, sofern sie promoviert haben, d. h. den Doktortitel besitzen. Ohne Promotion kann der Inhaber eines Hochschuldiploms oder der Absolvent einer Staatsprüfung mit der Verwaltung der Dienstgeschäfte eines wissenschaftlichen Assistenten betraut werden. Seine Beschäftigung erfolgt dann im Angestelltenverhältnis. Vorgesetzter des wissenschaftlichen Assistenten ist der jeweilige Lehrstuhlinhaber, dem der Assistent nach der Planstellenverteilung zugeordnet ist. Dies gilt auch dann, wenn der Assistent einer „Betriebseinheit" zugeordnet ist. Bei der Zuordnung zu einem Institut bzw. unmittelbar einer Fakultät ist Vorgesetzter des Assistenten der Institutsdirektor bzw. der Dekan. Dienstvorgesetzter ist dagegen der Rektor bzw. Hochschulpräsident. Die Bestimmungen des H R G über Assistenten sind unklar und spiegeln die wechselvolle Entstehungsgeschichte der betreffenden Vorschriften wider. § 47 Abs. 1 H R G bezeichnet es als Aufgabe des Assistenten, „in Forschung und Lehre die für eine Habilitation erforderlichen oder gleichwertige wissenschaftliche Leistungen zu erbringen" und fügt hinzu: „Ihm obliegen auch wissenschaftliche Dienstleistungen." Abs. 3 umschreibt die Dienstpflichten 55

BVerwG JZ 1971, 130 mit Anm. von Kimminich.

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des Assistenten kaum präziser: „Er hat Lehrveranstaltungen durchzuführen und Dienstleistungen zu erbringen." Über die Einordnung des Assistenten in die Universitätsorganisation sagt § 47 Abs. 2 H R G : „Der Hochschulassistent ist einem Fachbereich zugeordnet; dieser beauftragt im Einvernehmen der Beteiligten einen Professor mit der wissenschaftlichen Betreuung." Als Regelung der dienstrechtlichen Stellung des Assistenten kann diese Vorschrift nicht bezeichnet werden. Die übrigen Bestimmungen dieses Abschnitts des H R G betreffen lediglich die Einstellungsvoraussetzungen, die Beendigung des Assistentenverhältnisses, die Besoldung u n d weitere technische Details. § 48 H R G steht zwar ausdrücklich unter der Überschrift „Dienstrechtliche Stellung der Hochschulassistenten", enthält aber außer der Bestimmung, daß der Assistent Beamter auf Zeit ist u n d daß ein Eintritt in den Ruhestand mit Ablauf der Dienstzeit ausgeschlossen ist, keine nähere Regelung der dienstrechtlichen Stellung des Assistenten. Die in § 48 H R G enthaltenen restriktiven Bestimmungen über die Möglichkeiten einer Verlängerung der Dienstzeit bedeuten im übrigen eine Verschlechterung gegenüber den entsprechenden Regelungen in den meisten der bisher geltenden Landesgesetze. Studentische Hilfskräfte werden von den Regelungen des H R G und der Hochschulgesetze bzw. Hochschullehrergesetze nicht erfaßt. Mit ihnen schließt die Hochschule privatrechtliche Dienstverträge ab. Auch die Bezeichnung „Assistenzprofessor" ist in einer bestimmten Phase der Diskussion über die Hochschulreform aktuell gewesen. Sie gilt heute als überwunden, und auch das H R G , das die Assistenzprofessoren zunächst in seinem § 45 erwähnte (allerdings ohne ihre Rechtsstellung zu regeln) 56 , hat bereits in der Fassung, die der Regierungsentwurf durch den Bundestagsausschuß für Bildung und Wissenschaft erhielt, die Assistenzprofessoren wieder eliminiert. § 46 des am 12. Dezember 1974 verabschiedeten Gesetzes erwähnte lediglich die folgenden Kategorien des hauptberuflichen wissenschaftlichen und künstlerischen Personals: „1. Professoren, 2. Hochschuldozenten, 3. wissenschaftliche und künstlerische Mitarbeiter, 4. Lehrkräfte für besondere Aufgaben." 5 7 In der endgültigen Fassung, die das H R G auf G r u n d der Beratungen des Vermittlungsausschusses erhielt, wurde der Ausdruck „Hochschuldozenten" durch den Ausdruck „Hochschulassistenten" ersetzt. Wie kaum ein anderer Vorgang in der Entstehungsgeschichte des H R G zeigt diese wiederholte Änderung der Terminologie die Hilflosigkeit des Gesetzgebers im gesamten Hochschulbereich. Da immer wieder Begriffe, die im herkömmlichem Hochschulrecht eine fest umrissene Bedeutung gehabt hatten, in einem völlig anderen Kontext verwendet und oft sogar mit konträrem Rechtsinhalt erfüllt wurden, entstand eine Begriffsverwirrung, die in der deutschen Rechtsgeschichte kein Parallele findet. So verwendete das rheinland-pfälzische Hochschulgesetz vom 22. Dezember 1970 den Begriff „Assistenzprofessor" auch noch in der Fassung dieses Gesetzes vom 27. Februar 56 57

Gesetzentw. der Bundesregierung, BT-Drucks. 7/1328 vom 30. November 1973, 17. BT-Drucks. 7/2844 vom 22. November 1974, S. 15 f.

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197358. Bei der Entscheidung über die Zusammensetzung der Hochschulgremien im Rahmen der „Gruppenuniversität" tauchte auch die Frage auf, ob die Assistenzprofessoren zur Gruppe der Hochschullehrer zu zählen sind oder nicht. Das Urteil des BVerfG vom 29. Mai 197359 wird überwiegend dahingehend ausgelegt, daß die Frage zu verneinen ist60. Die Hochschullehrer im engeren Sinn genießen eine besondere Rechtsstellung auf Grund von Art. 5 Abs. 3 GG. Die bisher herrschende Lehre geht davon aus, daß das dort normierte Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit nur den Hochschullehrern als individuelles Recht zusteht 61 . Die vom BVerfG im Urteil vom 29. Mai 1973 verwendete Formulierung, Art. 5 Abs. 3 G G gewähre ein individuelles Freiheitsrecht „für jeden, der in diesen Bereichen tätig ist oder werden will ", hat zu Meinungsverschiedenheiten geführt. Bei wörtlicher Auslegung der vom BVerfG gefundenen Formel würde das Grundrecht des Art. 5 Abs. 3 GG jedem zustehen, der in Wissenschaft, Forschung und Lehre tätig ist, ohne Rücksicht darauf, ob er an einer wissenschaftlichen Hochschule beschäftigt ist oder nicht. Soweit dieser Grundsatz die Forschungsfreiheit62 betrifft, ist er unbestritten. Hingegen ist die Ausweitung der Lehrfreiheit auf alle Lehrpersonen — gleichgültig, ob sie an einer wissenschaftlichen Hochschule, einer höheren Schule, einer Grundschule, Fachschule oder Privatschule lehren — von der herrschenden Meinung abgelehnt worden, da jene vom Grundgesetz gewährte und gewährleistete Freiheit nur für die wissenschaftliche Lehre gilt und daher nur denjenigen zustehen kann, die an einer Institution lehren, die durch die Einheit von Forschung und Lehre gekennzeichnet ist, d. h. an einer wissenschaftlichen Hochschule 63 . In diesem Sinn ist auch das Urteil vom 29. Mai 1973 zu verstehen. Die abweichende Meinung zu dem Urteil, die im Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit ein „Jedermannsrecht" sehen will64, hat sich weder im BVerfG noch in der Rechtslehre durchgesetzt. Die den Hochschullehrern in Art. 5 Abs. 3 G G verbriefte Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung. Der Inhalt dieser in Art. 5 Abs. 3 Satz 2 GG niedergelegten „ Treueklausel" war zunächst umstritten. Im Parlamentarischen Rat wurde betont, die Treueklausel solle verhindern, daß „unter dem Vorwand einer wissenschaftlichen Kritik" eine „hinterhältige Po58 59 60 61 62

63 64

GVB1. 1973,44. BVerfGE 35, 79. Vgl. Knies, JuS 1973, 672ff. Vgl. von Mangoldt-Klein, G G I, S. 258. Zur Forschung gehört auch die Veröffentlichung der Forschungsergebnisse. Nimmt ein Hochschulhörer zur Vorbereitung der Veröffentlichung Einrichtungen der Universität in Anspruch, so kann die Universität dafür kein Nutzungsentgelt verlangen, denn es handelt sich nicht um eine beamtenrechtl. Nebentätigkeit (VG Berlin JZ 1977, 555). Vgl. Kimminich, WissR 1973, 197ff. BVerfGE 35, 155.

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litik" betrieben werde 65 . Dagegen ist eingewendet worden, daß insbesondere alle Lehr-Wissenschaft, die sich mit den Problemen des Staates auseinanderzusetzen hat, nicht frei sein kann, wenn wissenschaftliche Kritik an der Verfassung unzulässig ist66. Politische Agitation ist jedoch nach absolut herrschender Meinung auf keinen Fall vom Grundrecht der Lehrfreiheit gedeckt 67 . e) Rechtsstellung der Studenten: Die Rechtsstellung der Studenten richtet sich nach der Rechtsgestalt der wissenschaftlichen Hochschule. Ist die wissenschaftliche Hochschule eine Körperschaft, so sind die Studenten deren Mitglieder; ist sie eine Anstalt, so sind die Studenten deren Benutzer. Da sich im geltenden Recht die Auffassung von der körperschaftlichen Struktur der wissenschaftlichen Hochschule durchgesetzt hat 68 , sind folgerichtig die Studenten als Mitglieder einer Körperschaft aufzufassen. Über die einzelnen Konsequenzen, die daraus für die Rechtsstellung der Studenten zu ziehen sind, besteht in der Rechtslehre keine volle Einmütigkeit 69 . Fest steht, daß der moderne Körperschaftsbegriff angewendet werden muß, der auch im Verwaltungsrecht gilt70. Ferner ist unbestritten, daß die Wissenschaftsfreiheit, die nach herrschender Meinung nur den Hochschullehrern im engeren Sinn zusteht, auch Ausstrahlungen auf die übrigen Mitglieder der wissenschaftlichen Hochschule hat 71 . Dies folgt daraus, daß Art. 5 Abs. 3 G G nicht nur die Freiheit der Hochschullehrer in Lehre und Forschung sichert, sondern auch die Tätigkeit selbst unter einen institutionellen Schutz des Grundgesetzes stellt. Das Lehren setzt die Lernenden als Gegenüber voraus. Die Forschung an der wissenschaftlichen Hochschule hängt, wie oben dargestellt, untrennbar mit der Lehre zusammen. Das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit ist die Basis für die institutionelle Garantie dieser Freiheit, beide zusammen bilden die Grundlage für eine Freiheit des Studenten, die als „akademische Freiheit"bezeichnet wird. Der BGH hat sie mit dem Schlagwort „geistige Unabhängigkeit" umschrieben und ausdrücklich betont, daß sie auch den Studenten zusteht 72 . 65 66 67

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70 71 72

PR, 9. Sitzung am 6. 5. 1949, StenBer. 176. von Mangoldt-Klein, G G I, S. 263. Vgl. Friesenhahn, Staatsrechtslehrer und Verfassung, 1950, S. 21 ff.; Gerber, DVB1. 1954, 313ff.; Köngen, in: G R e II, S. 314ff.; W. Weber, Die Rechtsstellung des deutschen Hochschullehrers, 1965, S. 27ff.; Wehrhahn, Lehrfreiheit und Verfassungstreue, RuSt 183/184, 1955; R. Thoma, Die Lehrfreiheit der Hochschullehrer, RuSt 166 (1952), S. 22 ff. Vgl. auch BVerwG NJW 1977, 1837. Vgl. oben II 1 c. Vgl. die Referate von Rupp und Geck, „Die Stellung der Studenten in der Universität" und die darüber geführte Diskussion auf der Staatsrechtslehrertagung 1968, VVDStRL 27 (1969), S. 113ff.; 143ff., 188ff. Forsthoff, VwR, 452. Vgl. Kimminich, DVB1. 1969,683. BGH DVB1. 1960, 741. - Zur Rechtswidrigkeit des gewaltsamen Vorlesungsboykotts (sog. „aktiver Streik"): OVG Hamburg NJW 1977, 1254f.; NJW 1978, 1395f.

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Kernstück der akademischen Freiheit ist die sogenannte „Lernfreiheit". Sie bedeutet, daß der Student an der wissenschaftlichen Hochschule nicht wie ein Schüler kontrolliert wird und daß er im Rahmen der von der wissenschaftlichen Hochschule (mit Genehmigung des Kultusministeriums) selbst gesetzten Rechtsnormen sein Studium frei gestalten kann. Sie bedeutet nach herrschender Meinung, daß der Student freien Zugang zu den Quellen des Wissens besitzt. Dieses Recht kann aber nicht auf die bereits immatrikulierten Studenten beschränkt werden. Ebenso wie die Wissenschaftsfreiheit der Hochschullehrer nicht nur für diejenigen gilt, die bereits Hochschullehrer sind, sondern auch für jeden einzelnen, „der in Wissenschaft, Forschung und Lehre tätig werden will" 73 , muß auch das Recht auf freien Zugang zu den Quellen des Wissens denen zustehen, die die vom geltenden Recht geforderten Voraussetzungen für die Zulassung zur wissenschaftlichen Hochschule (Abitur oder eine gleichwertige Reifeprüfung) erfüllen. Dies ergibt sich aus dem Grundrecht der freien Berufswahl gemäß Art. 12 Abs. 1 G G . Trotzdem verfügten bereits Ende der sechziger Jahre einzelne Länder bzw. Hochschulen Zulassungsbeschränkungen. Zwei von ihnen, § 17 des hamburgischen UniversitätsG u n d das bayerische ZulassungsG vom 8. 7. 1970, wurden Gegenstand eines Verfassungsstreits, über den das BVerfG im Urteil vom 18.7.1972 entschied. Darin bekräftigte es zunächst die herrschende Meinung, daß aus dem in Art. 12 Abs. 1 G G gewährleisteten Recht auf freie Wahl des Berufes und der Ausbildungsstätte in Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz und dem Sozialstaatsprinzip ein Recht auf Zulassung zum Hochschulstudium folgt. Obwohl Art. 12 Abs. 1 Satz 1 G G seinem Wortlaut nach dem Gesetzgeber keine Befugnis einräumt, dieses Grundrecht einzuschränken, wendete das BVerfG im Urteil vom 18. 7. 1972 die von ihm bereits früher entwickelte „Stufentheorie" 7 4 an und gelangte zu dem Ergebnis, d a ß selbst ein absoluter numerus clausus für Studienanfänger d a n n verfassungsmäßig sei, „wenn er 1. in den Grenzen des unbedingt Erforderlichen unter erschöpfender Nutzung der vorhandenen, mit öffentlichen Mitteln geschaffenen Ausbildungskapazitäten angeordnet wird u n d wenn 2. Auswahl und Verteilung nach sachgerechten Kriterien mit einer Chance für jeden an sich hochschulreifen Bewerber und unter möglichster Berücksichtigung der individuellen Wahl des Ausbildungsortes erfolgen" 7 5 . Die Argumentationskette des Bundesverfassungsgerichts zum Problem des numerus clausus lautet daher: Unzulässigkeit „an sich", Zulässigkeit in der gegebenen faktischen Situation, Unzulässigkeit auch in dieser Situation bei Überschreitung gewisser Grenzen. Der schwache Punkt dieser Argumentation ist deren Mittelstück: wenn feststeht, daß der numerus clausus an sich verfassungswidrig ist und zu der „krassen Ungleichheit" führt, „daß ein Teil der Bewerber alles u n d der andere Teil — zumindest für eine mehr oder weniger lange und für die weitere Lebensentscheidung möglicherweise aus73 75

BVerfGE 15, 263 f. BVerfGE 33, 338.

74

Vgl. BVerfGE 7, 401 ff.; 30, 315 ff.

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schlaggebende Dauer — nichts erhält" 7 6 , so ist nicht einzusehen, wie die Zulassungsbeschränkungen in irgendeiner Form vor dem Grundgesetz bestehen können. Die Argumentation, der Zulassungsanspruch sei ein „Teilhaberecht" und die Beschränkbarkeit aller Teilhaberechte folge daraus, d a ß sie „unter dem Vorbehalt des Möglichen stehen" 7 7 , vermag nicht zu überzeugen. Abgesehen davon, daß die Umdeutung von Freiheitsrechten in „Teilhaberechte" den Weg in ein Grundrechtsverständnis öffnet, das der bisherigen Interpretation des G G nicht entspricht, bleibt das Gleichheitsproblem bei der Auswahlregelung völlig ungelöst. Es bleibt unerfindlich, nach welchen Kriterien ein „an sich Gleichberechtigter" ohne Verstoß gegen das Gleichheitsprinzip ausgeschlossen werden könnte 7 8 . Es wäre ehrlicher gewesen, zuzugeben, daß das Grundrecht des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 G G unter den gegenwärtigen Bedingungen nicht mehr gewährleistet werden kann. Die verfassungsrechtliche Diskussion über den numerus clausus hält daher trotz des Urteils des BVerfG vom 18. Juli 1972 noch an 79 . In Ausführung dieses Urteils, das dem Bund und den Ländern die Verpflichtung auferlegte, neue Studienplätze zu schaffen, die vorhandenen Kapazitäten voll auszunutzen u n d die Zulassungsbeschränkungen einheitlich zu regeln, schlössen die Länder der Bundesrepublik Deutschland den Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen vom 20. Oktober 197280. Einheitlich für die gesamte Bundesrepublik Deutschland regelt er das Verfahren für die Vergabe der Studienplätze in denjenigen Fächern, f ü r die Zulassungsbeschränkungen bestehen. G e m ä ß Art. 1 des Staatsvertrags haben die Länder eine Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen in Dortmund errichtet. Sie ist eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts. Art. 8 Abs. 4 des Staatsvertrags legte fest, d a ß für Verwaltungsstreitverfahren über Entscheidungen der Zentralstelle im Vergabeverfahren ausschließlich das Verwal76 78

79

80

BVerfGE 33, 333. 7 7 BVerfGE 33, 326. Vgl. Kimminich, Anm. zum Urt. des BVerfG vom 18. 7. 1972, JZ 1972, 696ff. Zu diesem Urteil ferner Bähr, Mitt. d. Hochschulverbandes 1973, S. 88ff.; R. Gerhardt, Recht und Gesellschaft 1972, S. 290ff.; Häberle, DÖV 1972, 729ff.; Maunz, BayVBl. 1972, 470; von Mutius, VerwA 64 (1973), S. 183ff.; Schimanke, JR 1973, 45 ff. Zur Gesamtdiskussion vgl. Baer, BayVBl. 1972, 654ff.; BarbeyJZ 1971, 473ff.; W. Berg, Juristische Analysen, 8. Öffentl. Recht 1970, 635ff.; F. Czermak, NJW 1973, 1783ff.; Gallwas, JZ 1969, 320ff.; K. Haas, DVB1. 1974, 22ff.; Kaiisch, DVB1. 1967, 134ff.; Karpen, WissR 1974, 192ff.; Maunz, BayVBl. 1972, 324f.; R. Naujoks, Numerus clausus — geschlossene Universität in einer offenen Gesellschaft? Diss. Mainz 1972; R. Naujoks, WissR 1974, 221 ff.; 5. Ott, Vorgänge 1971, 226ff.; Renck, BayVBl. 1972, 322ff.; Rotter, Numerus clausus nach neuem Recht. Staatsvertrag, Landesgesetze und einheitliche Rechtsverordnung der Länder, Bad Honnef 1973; J. Schmitt, DVB1. 1971, 10f.; J. Schmitt, JuS 1970, 60ff.; J. Schmitt, NJW 1974, 773 ff.; St ä f f , NJW 1967, 2234 ff.; Wunsch. WissR 1972, 16 ff.; Wimmer, DVB1. 1967, 139 ff. Abgedr. in WissR 1973, 151 ff. und in GBl. Baden-Württemberg 1973, S. 87ff.

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tungsgericht örtlich zuständig ist, in dessen Bezirk die Zentralstelle ihren Sitz hat (VG Gelsenkirchen). Um den Staatsvertrag in Kraft zu setzen, erließen die Länderparlamente jeweils Gesetze zum Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen 8 1 . Wegen der Gerichtsstandregelung in Art. 8 Abs. 4 des Staatsvertrages kam es zu einem Verfassungsstreit. Das BVerfG entschied mit Beschluß vom 7. Mai 197482, daß die Regelung als Abweichung von einem Bundesgesetz (§ 52 VwGO), zu dessen Änderung durch Staatsvertrag die Länder nicht befugt sind, gegen Art. 74 Nr. 1 und Art. 72 Abs. 1 G G verstößt und deshalb nichtig ist. Um die örtliche Zuständigkeit des VG Gelsenkirchen aufrechtzuerhalten, war daher eine ausdrückliche Ergänzung der VwGO erforderlich 8 3 . Mit Beschluß vom 9. 4. 1975 hat das BVerfG allerdings entschieden, daß abgewiesene Studienbewerber ihre Zulassung an einer bestimmten wissenschaftlichen Hochschule im Klagewege erzwingen können, wenn sie nachweisen, daß die betreffende Hochschule über ungenutzte Kapazitäten verfügt. Für diese Klage richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach den allgemeinen Regeln der VwGO 8 4 . Das Recht, einen Anspruch auf Zulassung zum Studium außerhalb der festgesetzten Kapazität klageweise geltend zu machen, ist jedoch spätestens mit Ablauf des auf das Bewerbungssemester folgenden Semesters verwirkt 85 . Mit Urteil vom 1.8. 1975 entschied der Bayerische Verfassungsgerichtshof, daß der in dem Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen geregelte Notenausgleich zwischen den Ländern (Bonus-Malus-Regelung) der Verfassung des Freistaates Bayern widerspricht 8 6 . Die Konsequenzen dieser Entscheidung für die Geltung des Staatsvertrages im gesamten Bundesgebiet waren unklar 8 7 . Das BVerwG entschied mit Urteil vom 9. Juli 197588, daß die Bonus-Malus-Regelung nicht gegen Art. 3 Abs. 1 G G verstößt und trotz des 81

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Baden-Württemberg: G vom 10.4. 1973, GBl. S. 85; Bayern: G vom 24.5. 1973, GVB1. S. 261; Bremen: G vom 24. 4. 1973, GBl. S. 71; Hamburg: G vom 9. 4. 1973, GVB1. S. 67; Hessen: G vom 4. 4. 1973, GVB1.1, S. 135, ber. 156; Niedersachsen: G vom 3 . 4 . 1 9 7 3 , GVB1. S . 9 5 ; Nordrhein-Westfalen: G vom 18.4.1973, GVB1. S. 220; Rheinland-Pfalz: G vom 27. 2. 1973, GVB1. S. 44, ber. S. 106; Saarland: G vom 28. 2. 1973, ABl. S. 192; Schleswig-Holstein: G vom 21. 12. 1972, GVB1. S. 243, ber. 1973, S. 9. BVerfGE 37, 191. G zur Änderung der VwGO vom 26. Februar 1975 (BGBl. I, S. 617), Art. 1: Änderung von § 52 Nr. 3 VwGO; hierzu auch Barbey, DVB1. 1973, 233ff.; Barbey, D U Z 1973, 231; Lüthje. ZRP 1973, 141 ff.; Treml, D U Z 1973, 285f., 317f,; K. Haas, DVB1. 1974, 929ff.; Meyer-Ladewig, DVB1. 1974, 26ff. BVerfGE 39, S. 276; hierzu Roellecke, Verfassungsrechtliche Verwirrung der Numerus-clausus-Praxis, DÖV 1975, 561 ff. OVG Münster, Urt. vom 14. 9. 1979 - XIII A 310/79 - rechtskräftig. BayVerfGE, NJW 1975, 1733. Vgl. Pestalozza, JuS 1976, 93 ff. Vgl. Hannfried Walter, Die Bonus-Malus-Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs und die Folgen, NJW 1975, 1857 ff. NJW 1977, 66 ff.

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vom Bayer. VerfGH festgestellten Verstoßes gegen Art. 118 Abs. 1 der Verf. des Freistaates Bayern weitergilt. Das BVerfG mußte nach seiner Numerus-clausus-Entscheidung vom 18. Juli 1972 noch mehrfach zu Fragen der Hochschulzulassung Stellung nehmen. Im Beschluß vom 9. April 197589 erklärte es, daß Klagen auf Zuteilung von Studienplätzen, die in einem Studienfach mit Zulassungsbeschränkung infolge unzureichender Kapazitätsausnutzung freigeblieben sind, nicht schon wegen der ungünstigen Rangziffer des klagenden Bewerbers abgewiesen werden dürfen. Im Urteil vom 13. Oktober 197690 behandelte es den sogenannten „Quereinstieg" und eröffnete denjenigen Studienbewerbern, die für das angestrebte Studium anrechenbare Leistungen nachweisen und die Zuteilung eines freien Studienplatzes in den entsprechenden höheren Semestern begehren, die Möglichkeit des ordnungsgemäßen Weiterstudiums. Durch ein Urteil vom gleichen Tage milderte es die Härten, die das HRG durch die Nichtanrechnung von Wartezeiten geschaffen hatte. Im Urteil vom 8. Februar 197791 erklärte es schließlich, daß Auswahlregelungen für zulassungsbeschränkte Studiengänge jedem Zulassungsberechtigten eine Chance lassen müssen, und befahl unmißverständlich: „Die gegenwärtige Vergabe freier Studienplätze nach Durchschnittsnoten und Wartezeit ist in Numerus-clausus-Fächern mit hohem Bewerberüberhang beschleunigt durch ein anderes Auswahlverfahren zu ersetzen." Das HRG hat in seinen §§32ff. die Richtlinien für das Auswahlverfahren festgelegt. Von zentraler Bedeutung ist die Vorschrift, daß die nach der Vorwegvergabe bestimmter Studienplätze verbleibende Hauptmasse der Studienplätze (mindestens 7/io) überwiegend nach dem Grad der gemäß § 27 HRG nachgewiesenen Qualifikation für das gewählte Studium zu vergeben ist. Solange die Vergleichbarkeit der Qualifikationen im Verhältnis der Länder untereinander nicht gewährleistet ist, werden für die Auswahl der Studienbewerber Landesquoten gebildet. Die Quote eines jeden Landes bemißt sich zu einem Drittel nach seinem Anteil an der Gesamtzahl der Bewerber für den betreffenden Studiengang und zu zwei Dritteln nach seinem Anteil an der Gesamtzahl der 18- bis 21jährigen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg erhalten Sonderquoten. Als Mitglied der Körperschaft ist der Student berechtigt, an der Selbstverwaltung der Universität teilzunehmen (vgl. oben II. 1. c). Auch das Disziplinarrecht ergibt sich aus dieser Rechtsstellung des Studenten. Das herkömmliche Disziplinarrecht der deutschen Universität beruhte auf der Ganzheitsvorstellung des Körperschaftsbegriffs des 19. Jahrhunderts. Der „akademische Bürger" sollte jederzeit und überall als solcher auftreten und sich seiner Bürgerrechte würdig erweisen. Unter der Herrschaft des modernen verwaltungsrechtlichen Körperschaftsbegriffs und der strengen Begrenzung der Hochschulautonomie auf Forschung und Lehre kann von einer „ethischen Total89 90 91

BVerfGE 39, 258. BVerfGE 43, 34. BVerfGE 43, 291.

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bindung des Studenten" 92 nicht die Rede sein. Deshalb ist mit Recht gefordert worden: „Das studentische Disziplinarrecht sollte von allen strafrechtsähnlichen Elementen befreit, andererseits vor einem Abgleiten in betriebspolizeiliche Präventivfunktionen bewahrt werden und eine Umgestaltung im Sinne arbeitsrechtsähnlicher Konzeption erfahren." 93 Das HRG normiert weder ein Disziplinarrecht noch ein Ordnungsrecht und enthält keine Vorschriften über das „Verhalten der Mitglieder der Hochschule" (wie sie die Fraktion der C D U / C S U in § 44a ihres Antrags - BT-Drucksache 7/2932 - gefordert hatte), sondern bestimmt in § 28 lediglich, daß die Einschreibung zum Studium widerrufen werden kann, wenn ein Student durch Anwendung von Gewalt, durch Aufforderung zur Gewalt oder durch Bedrohung mit Gewalt den bestimmungsgemäßen Betrieb einer Hochschuleinrichtung, die Tätigkeit eines Hochschulorgans oder die Durchführung einer Hochschulveranstaltung behindert oder ein Hochschulmitglied von der Ausübung seiner Rechte und Pflichten abhält oder abzuhalten versucht. Die gleiche Rechtsfolge tritt ein, wenn ein Student an den vorgenannten Handlungen teilnimmt oder wiederholt Anordnungen zuwiderhandelt, die gegen ihn von der Hochschule wegen Verletzung seiner Mitgliedschaftspflichten gemäß § 36 Abs. 4 HRG getroffen worden sind. Die Aufzählung der Pflichten in § 36 Abs. 4 H R G ist allgemein: „Alle Mitglieder und die ihnen gleichgestellten Personen haben sich, unbeschadet weitergehender Verpflichtungen aus einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis, so zu verhalten, daß die Hochschulen und ihre Organe ihre Aufgaben erfüllen können und niemand gehindert wird, seine Rechte und Pflichten an den Hochschulen wahrzunehmen. Verletzen Mitglieder der Hochschule oder ihnen gleichgestellte Personen die ihnen nach Satz 1 obliegende Pflicht, so richten sich die zu treffenden Maßnahmen nach Landesrecht." Trotz seiner Rechtsstellung als Mitglied der Körperschaft ist jeder Student zugleich Benutzer einer staatlichen Einrichtung. Denn da die Universität fast völlig auf die Finanzzuweisungen des Staates angewiesen ist und der Staat ihr in der Regel keine Vermögensobjekte zu Eigentum überläßt, sind alle Gebäude, Geräte, Bücher, Einrichtungsgegenstände usw. Staatseigentum, das die Studenten wie die anderen Mitglieder der Körperschaft benutzen. Dabei haben sie die Benutzungsordnungen zu beachten, die entweder in staatlichen Vorschriften niedergelegt sind oder in Ordnungen, die sich auf das Hausrecht des Rektors oder der Institutsdirektoren gründen. Dieses Hausrecht ist kein ursprüngliches Hausrecht der Körperschaft, sondern ein vom Staat abgeleitetes Recht. Während der Vorlesung steht es auch den Dozenten zu, denen es vom Rektor bzw. Hochschulpräsidenten übertragen worden ist94. 92 93

94

Rotter, Ethische Totalbindung des Studenten?, 1965. Rupp, W D S t R L 27 (1969), S. 141. Zur weiteren Diskussion vgl. Evers, in: Fs. f. Felgentraeger, 1969, S. 17; Baumann, DÖV 1970, 257ff. Vgl. Karpen, WissR 1972, 195ff.; Quaritsch, JuS 1968, 471; Sonderkötter, WissR 1969, 22 ff.

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Der Eintritt des Studenten in die Körperschaft erfolgt durch die Immatrikulation. Sie ist ein Verwaltungsakt, zugleich ein Akt der Selbstverwaltung der Universität. Jedoch pflegen die Immatrikulationsbestimmungen in staatlichen Gesetzen und Verordnungen niedergelegt zu sein. Soweit die Hochschulen selbst Immatrikulationsordnungen erlassen haben, werden diese als Ausfluß des Selbstbestimmungsrechts der Hochschulen angesehen 9 5 . In der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg schlössen sich die Studenten an den deutschen wissenschaftlichen Hochschulen zu „Studentenschaften" zusammen. Ihre rechtliche Organisation wurde zum ersten Mal in der VO über die Bildung von Studentenschaften an den preußischen Hochschulen vom 18. 9. 1920 geregelt. Die Studentenschaften sind Gliedkörperschaften der Gesamtkörperschaft „Wissenschaftliche Hochschule". Da aber jeder Student mit der Immatrikulation bereits Mitglied der Körperschaft „Wissenschaftliche Hochschule" wird, k a n n er über die Mitgliedschaft in der Studentenschaft nicht nochmals Mitglied derselben Körperschaft werden. Daher muß angenommen werden, daß der Student mit der Immatrikulation Mitglied der Körperschaft „Wissenschaftliche Hochschule" und zugleich Mitglied der Studentenschaft wird. Diese Zwangsmitgliedschaft des Studenten in der Studentenschaft ist in jüngster Zeit häufig kritisiert worden 9 6 . Das Bayerische HochschulG vom 21. Dezember 1973 regelt in seinen Art. 58 und 59 die „Organisation der Studenten in den Hochschulen" ohne die Rechtsfigur der Studentenschaft. Art. 58 Abs. 1 BayHSchG bestimmt lediglich: „Die Studenten wirken in der Hochschule durch ihre gewählten Vertreter in Kollegialorganen mit." Nach Art. 58 Abs. 2 BayHSchG bildet die Gesamtheit der gewählten Studentenvertreter in den Fachbereichsräten und im Senat den „studentischen Konvent", der aus seiner Mitte den sogenannten „Sprecherrat" wählt. Im Rahmen des staatlichen Haushalts werden Mittel für Zwecke des studentischen Konvents und des Sprecherrats zur Verfügung gestellt (Art. 59). Das H R G stellt die Bildung von Studentenschaften „zur Wahrnehmung hochschulpolitischer, sozialer und kultureller Belange der Studenten sowie zur Pflege der überregionalen und internationalen Studentenbeziehungen" in das Ermessen der Landesgesetzgeber. Wird eine solche Studentenschaft gebildet, so steht ihr nach traditionellem deutschem Hochschulrecht das Recht der Selbstverwaltung zu. Der ursprünglich in § 45 Abs. 2 H R G enthaltene Satz „Die Studentenschaft ist eine Teilkörperschaft der Hochschule" ist in der endgültigen Fassung des H R G nicht mehr enthalten. Früher hatten fast alle Hochschulgesetze der Länder die Studentenschaften — soweit sie nach diesen Gesetzen zulässig sind — als Teilkörperschaften der Hochschule normiert 9 7 . Die 95

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OVG Hamburg VRspr. 15, 288; VG Berlin DVB1. 1964, 494f. Vgl. hierzu Gerber, in: Fs. f. Jahrreiß, 1964, S. 45ff. Vgl. Besch, WissR 1968, 226ff.; Reinhardt, WissR 1968, 233ff.; Rupp, VVDStRL 27 (1969), S. 135f. §§59 ff. des Baden-Württembergischen HochschulG vom 27.7. 1973, GBl. S. 246; §§ 55 ff. des Hamburgischen UniversitätsG vom 24. 4. 1973 i. d. F. vom 10. 7. 1973,

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Rechtslehre hat Bedenken gegen die Organisation der Studentenschaft als rechtsfähige oder teilrechtsfähige Gliedkörperschaft angemeldet 98 . § 41 Abs. 1 H R G gibt den Landesgesetzgebern die Befugnis, die Bildung von Studentenschaften „zur Wahrnehmung hochschulpolitischer, sozialer und kultureller Belange der Studenten sowie zur Pflege der überregionalen und internationalen Studentenbeziehungen" vorzusehen. Da aber nach traditionellem deutschem Hochschulrecht Studentenschaften bereits vorhanden waren, bedeutet die Kann-Bestimmung des § 41 Abs. 1 H R G in Wirklichkeit die Ermächtigung zur Aufhebung der bestehenden Studentenschaften. Hiervon hat der baden-württemberg. Gesetzgeber Gebrauch gemacht. § 139 des Baden-Württemberg. UniversitätsG vom 22. November 1977 verfügte die Aufhebung der Studentenschaften. Jedoch bestimmt § 18 Abs. 3 desselben Gesetzes, daß über Aufgaben, die in den Bereich der sozialen Förderung der Studenten sowie der geistigen, musischen und sportlichen Interessen fallen, ein besonderer Ausschuß des Großen Senats entscheidet, der die Bezeichnung „Allgemeiner Studentenausschuß (AStA)" führt und dem als stimmberechtigte Mitglieder die Vertreter der Studenten im Großen Senat und die gleiche Zahl von Stellvertretern angehört. In der Studentenschaft entfaltet sich die studentische Selbstverwaltung. Sie ist nicht identisch mit der Mitwirkung der Studenten an der Selbstverwaltung der wissenschaftlichen Hochschule, bildet aber deren Basis". Das H R G garantiert der Studentenschaft in § 41 das Selbstverwaltungsrecht „im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen". Die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Studentenschaft wird vom Landesrechnungshof geprüft. Die Studentenschaft untersteht der Rechtsaufsicht der Leitung der Hochschule und der zuständigen Landesbehörde 100 . f ) Prüfungen und akademische Grade: Für die meisten Berufe, für welche die wissenschaftlichen Hochschulen als Ausbildungsstätten dienen, bestehen staatliche Prüfungsordnungen, deren Erlaß und Inhalt durch Art. 12 Abs.l G G gedeckt sind. Daraus folgt jedoch nicht, daß das Prüfungswesen außerhalb der wissenschaftlichen Hochschulen steht. Nach wie vor ist anerkannt, daß die wissenschaftlichen Hochschulen auf allen Wissenschaftsgebieten kraft eigenen Rechts befugt sind, Abschlußprüfungen vorzunehmen und darüber Urkunden auszustellen 101 . Soweit aber Staatsprüfungen stattfinden, verzichten die wissenschaftlichen Hochschulen auf ein besonderes akademisches

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GVB1. S. 284; § 26 des Hessischen HochschulG vom 12. 5. 1970, GVB1. I, S. 315, zuletzt geänd. durch G vom 12. 5. 1973, GVB1. I, S. 202; § 73 des Rheinland-Pfälzischen HochschulG vom 22. 12. 1970 i. d. F. vom 27. 2. 1973, GVB1. S. 44; § 28 des Schleswig-Holsteinischen HochschulG vom 2. 5. 1973, GVB1. S. 153. Schmitt Glaeser, Die Rechtsstellung der Studentenschaft, 1968, S. 23. Zu diesem Problem auch Wagner / Dahrmann, WissR 1969, Beih. 3, S. 162ff. Hierzu Bartsch, Die Studentenschaften in der Bundesrepublik Deutschland, 2. Aufl. 1971. § 41 Abs. 2 HRG. 101 Vgl. BVerwGE 2, 22 ff.

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Abschlußexamen. Eine reine akademische Prüfung ist in allen Fächern die D o k t o r p r ü f u n g sowie die in einigen Fächern wieder eingeführte Magisterprüfung. Die Prüfungsordnungen werden von den Fakultäten (Abteilungen, Fachbereichen) als autonome Satzungen erlassen u n d bedürfen der Genehmigung des Kultusministers. Alle Prüfungsentscheidungen im Rahmen von akademischen Prüfungen unterliegen ebenso wie die Entscheidungen im Rahmen von Staatsprüfungen der N a c h p r ü f u n g im Verwaltungsrechtsweg. Allerdings kann das Verwaltungsgericht nur die Rechtmäßigkeit der Entscheidung nachprüfen u n d darf nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle des Ermessens der Prüfungskommission setzen. Ermessensfehlgebrauch und Ermessensüberschreitung führen zur Aufhebung des Prüfungsaktes 1 0 2 . Die Prüfungsentscheidung wird dem Prüfling gegenüber erst mit der Bekanntgabe an ihn wirksam. Der Zeitpunkt des Wirksamwerdens kann auch vor der Aushändigung des Zeugnisses liegen; das Zeugnis bestätigt d a n n lediglich die bereits vorher ergangene Prüfungsentscheidung 1 0 3 . Die Promotion erfolgt auf G r u n d der von der Fakultät (bzw. der Abteilung oder dem Fachbereich) erlassenen u n d vom Kultusminister genehmigten Promotionsordnung. Promotionsleistungen sind die Doktorarbeit (Dissertation) u n d die Doktorprüfung (Rigorosum). Die Promotionsordnung regelt ferner die Voraussetzungen für die Zulassung zur Promotion. Die Zulassung selbst erfolgt durch einen Beschluß des Kollegialorgans der Fakultät oder des Fachbereichs (in der Regel Fachbereichsrat). Von der Zulassung zur Promotion ist die Zuteilung eines Dissertationsthemas zu unterscheiden. Letztere ist früher gelegentlich ebenfalls als Verwaltungsakt angesehen worden 1 0 4 . Sie begründet jedoch lediglich das sogenannte Doktorandenverhältnis. Der B G H bejaht zwar die öffentlich-rechtliche Natur des Doktorandenverhältnisses, meint aber, daß es einer besonderen rechtlichen Qualifikation nicht unterworfen sei 105 . In der Rechtslehre wird das Doktorandenverhältnis entweder als ein „vertragsähnliches Verhältnis" 106 oder als ein öffentlich-rechtliches Vertragsverhältnis zwischen dem Doktoranden und dem betreffenden Hochschullehrer angesehen, wobei allerdings der Hochschullehrer nur verpflichtet wird, eine von dem Doktoranden vorgelegte Dissertation über ein vereinbartes Thema zu beurteilen 107 . Mit Recht wird jedoch aus Art. 12 Abs. 1 G G gefolgert, d a ß die Zulassung zur Doktorprüfung nicht von der vorherigen Annah102

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Vgl. Krause, WissR 1970, 118ff.; Neufelder, BayVBl. 1973, 113ff., 151 ff.; Pietzcker, Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Ausgestaltung staatlicher Prüfungen, 1975; Stüer, DÖV 1974, 257ff.; Stüer, JR 1974, 445ff. Hess. VGH ESVGH 11, 170. KG Urt. vom 29. 4. 1958, mitgeteilt in Waibel, Die Rechtsprechung auf dem Gebiet des Hochschulrechts seit 1945, S. 58, Anm. 261; Fertig, DVB1. 1960, 883. BGH JZ 1960, 366 f. Menger, VerwA 51 (1960), S. 378f. Wolff, VwR II, 3. Aufl. S. 282.

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me als Doktorand seitens eines Hochschullehrers abhängig ist108. Die Zulassung zur Promotion ist ein Verwaltungsakt. Für die Habilitation gelten die gleichen verwaltungsrechtlichen Grundsätze wie für die Promotion. Zu beachten ist allerdings, daß durch die Habilitation nicht nur der Eignungsnachweis für die wissenschaftliche Lehrtätigkeit erbracht, sondern auch die Eingliederung in den Lehrkörper der Hochschule vollzogen wird109. Für die Führung des Doktortitels gilt das G über die Führung akademischer Grade vom 7. Juni 1939"°. Nach anfänglicher Unsicherheit ist die Weitergeltung dieses Gesetzes von Rechtsprechung und Lehre bejaht worden 1 ". Das Gesetz gilt als Landesrecht fort. Von besonderer Bedeutung ist es für die Entziehung des Doktorgrades gemäß seinem § 4. Neben Entziehungsgründen, die einer rechtsstaatlichen Prüfung ohne weiteres standhalten (wie z. B. Erschleichung des Doktortitels), normiert es in § 4 Abs. 1 c die Entziehung des Doktorgrades wegen „Unwürdigkeit". Auf Grund dieser Bestimmung wurde während der nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland zahlreichen Emigranten (darunter auch Thomas Mann) der Doktorgrad entzogen. Trotz dieses Mißbrauchs und der Schwierigkeit der Definition der „Unwürdigkeit" i. S. von § 4 I c des Gesetzes über die Führung akademischer Grade hält die herrschende Meinung an der Weitergeltung auch dieser Vorschrift fest112. Allerdings steht das Gesetz zur Disposition der Landesgesetzgeber. Bisher ist das G über die Führung akademischer Grade vom 7. 6. 1939 nur in einem Land (Schleswig-Holstein) vollständig aufgehoben und durch Bestimmungen im Hochschulgesetz ersetzt worden. Einige Länder (Baden-Württemberg, § 94 Abs. 2 Ziff. 3 HSchG 1973; Bayern, Art. 112 Abs. 2 Nr. 1 HSchG 1973) haben § 4 Abs. 2 des G über die Führung akademischer Grade, der eine Beschwerde gegen die Entscheidung über den Entzug des Doktorgrades vorsah, ausdrücklich aufgehoben. In allen Ländern richtet sich der Rechtsweg gegen diese Entscheidung nach der VwGO. Die Strafvorschrift des § 5 des G über die Führung akademischer Grade hat durch Art. 85 EGStGB (BGBl. 1974 I, S. 469) folgende Fassung erhalten: „Wer sich erbietet, gegen Vergütung den Erwerb eines ausländischen akademischen Grades zu vermitteln, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft."

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Vgl. Geck, Promotionsordnungen und Grundgesetz, 2. Aufl. 1969, S. 34ff. BVerwGE 16, 51; E. Menzel, JZ 1960, 80 f. RGBl. 1939 I, S. 985. Vgl. BVerwGE 10, 195; BVerwG DVB1. 1957, 688; BGHSt. 9, 42; OVG Münster DVB1. 1957, 465f. = JZ 1955, 209f.; OVG Münster MDR 1965, 515; VGH Stuttgart VerwRspr. 4, 688ff.; VGH Stuttgart VerwRspr 10, 528ff.; OVG Berlin NJW 1967, 1053; BayObLGSt 1967, 134; VGH München, BayVBl. 1970, 184; KG NJW 1971, 1530; BVerwGE 39, 77 (82); Kuchinke, DVB1. 1957, 773. Hierzu R. von Hippel, Zur Entziehung akademischer Grade, GoldtA 1970, S. 18ff.; Menzel, JZ 1960, 457 ff.

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2. Nichtstaatliche Hochschulen a) Allgemeine Rechtsgrundlagen: Im Gegensatz zu anderen Ländern, in denen private wissenschaftliche Hochschulen eine große Rolle spielen (wie z. B. in den USA, wo mehr als die Hälfte der Universitäten nichtstaatlich sind), zeichnete sich das deutsche Universitätswesen stets dadurch aus, daß sämtliche Universitäten staatlich waren. Es wurde als selbstverständlich angesehen, d a ß nur der Staat berechtigt war, wissenschaftliche Hochschulen zu gründen und zu erhalten. Geht man allerdings in der deutschen Universitätsgeschichte weiter zurück, so findet man, daß die ältesten Einrichtungen, die zumindest als Vorläufer der deutschen Universität gelten können, kirchliche G r ü n d u n gen waren. Das Recht der Kirchen, Hochschulen zu gründen und zu erhalten, wurde vom Staat auch in der Neuzeit respektiert, allerdings mit der Maßgabe, daß die kirchlichen Hochschulen erst nach staatlicher Anerkennung akademische Titel verleihen durften. So war im G r u n d e genommen das staatliche „Hochschulmonopol" zu keiner Zeit perfekt. Immerhin aber fand dieser Gedanke so sehr Eingang in die Praxis u n d Rechtslehre, daß die Problematik nichtstaatlicher wissenschaftlicher Hochschulen lange Zeit überhaupt nicht erörtert wurde. Auch die meisten der geltenden Hochschulgesetze stellen ohne weiteres fest, daß die wissenschaftlichen Hochschulen zugleich Einrichtungen des Staates seien" 3 . U n d selbst die Feststellung erfolgt nur, um klarzustellen, daß die wissenschaftlichen Hochschulen trotz ihrer körperschaftlichen Rechtsstellung staatliche Einrichtungen sind. Es ist keineswegs die Gegenüberstellung von staatlichen und nichtstaatlichen Hochschulen, die den Gesetzgeber zu jener Klarstellung veranlaßt, sondern lediglich die Frage, ob eine als Körperschaft des öffentlichen Rechts organisierte Einrichtung wegen dieser Organisationsform ihren staatlichen Charakter verliert. Diese Frage wäre auch ohne ausdrückliche gesetzliche Bestimmung zu verneinen. Auf dieser Grundlage kommt O p p e r m a n n bezüglich des deutschen Hochschulwesens zu dem Ergebnis, „daß von einer unwiderruflichen Entscheidung für seine Staatlichkeit ausgegangen werden k a n n " " 4 . Die Selbstverständlichkeit, mit der vom staatlichen Hochschulmonopol ausgegangen wird, ist jedoch gegenwärtig im Schwinden begriffen. Das BVerfG hat zwar in den beiden bedeutsamsten hochschulrechtlichen Entscheidungen der neueren Zeit, dem Numerus-clausus-Urteil vom 18. Juli 1972 und dem Gruppenuniversitäts-Urteil vom 29. Mai 1973, das staatliche Hochschulmonopol bekräftigt, aber es hat sich dabei nicht auf verfassungsrechtliche Grundlagen berufen. Im Urteil vom 18. Juli 1972 stellt es fest, der Staat habe im Bereich des Hochschulwesens „ein faktisches, nicht beliebig aufgebbares M o n o p o l " " 5 . Die Formulierung im Urteil vom 29. Mai 1973 ist noch vorsichtiger. Dort weist das BVerfG zunächst darauf hin, daß „ohne eine geeignete Organisation und ohne entsprechende finanzielle Mittel, über 113 115

Vgl. oben. 1 1 4 Oppermann, BVerfGE 33, 331 ff.

KulturverwaltungsR, 1969, S. 320.

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die im wesentlichen nur noch der Staat verfügt, heute in weiten Bereichen der Wissenschaften, insbesondere der Naturwissenschaften, keine unabhängige Forschung und wissenschaftliche Lehre mehr betrieben werden kann" und fügt dann hinzu: „Der Staat besitzt hinsichtlich dieses Wissenschaftsbetriebs heute weithin ein faktisches Monopol" 1 1 6 . Über die Faktizität dieses Monopols besteht kein Streit. Ob die finanziellen Voraussetzungen für die Brechung dieses faktischen Monopols in der Bundesrepublik Deutschland vorhanden sind, ist eine metajuristische Sachfrage. Vom juristischen Standpunkt ist allein die Frage von Interesse, ob der Versuch, das faktische staatliche Hochschulmonopol zu brechen, verfassungswidrig wäre oder nicht. Das Grundgesetz hat zur Frage der Zulässigkeit nichtstaatlicher wissenschaftlicher Hochschulen nicht Stellung genommen. Die Garantie der Privatschulfreiheit in Art. 7 Abs. 4 GG bezieht sich nicht auf die wissenschaftlichen Hochschulen, da diese keine Schulen im Sinne des G G sind" 7 . Andererseits findet sich im GG keine Bestimmung, welche die Errichtung privater wissenschaftlicher Hochschulen verbietet. Art. 5 Abs. 3 GG, aus dem sich nach absolut herrschender Meinung auch die Leitlinien für die Organisation der wissenschaftlichen Hochschulen ergeben, will die Freiheit der Wissenschaft vom Staat garantieren. Dabei mag argumentiert werden, daß die Sicherung einer staatsfreien Sphäre für eine staatliche Einrichtung besonders problematisch ist, und daß deshalb Art. 5 Abs. 3 G G eine besondere Bedeutung für die wissenschaftlichen Hochschulen hat, die „zugleich" staatliche Einrichtungen sind. Jedoch kann daraus nicht geschlossen werden, daß Art. 5 Abs. 3 nichtstaatliche Hochschulen verbietet. Man wird daher dem Ergebnis von Flämig zustimmen müssen: „Aus dem Grundgesetz läßt sich allerdings ein staatliches Hochschulmonopol nicht ableiten." 118 Das H R G gestattet den Ländern, nichtstaatliche Hochschulen zuzulassen, wenn bestimmte Mindestvoraussetzungen erfüllt werden 119 . Die geltenden Hochschulgesetze der Länder bedienen sich unterschiedlicher Systeme. Da sie, wie oben (S. 688) ausgeführt, in der Regel das Enumerationsprinzip verwenden, um den Geltungsbereich des jeweiligen Hochschulgesetzes eindeutig zu bestimmen, müssen sie bereits aus diesem Anlaß zur Frage der nichtstaatlichen wissenschaftlichen Hochschulen Stellung nehmen. Die Aufführung einer nichtstaatlichen wissenschaftlichen Hochschule in der Liste derjenigen Einrichtungen, für die das betreffende Gesetz gilt, würde bereits die Anerkennung bedeuten. Ein solcher Fall läßt sich im geltenden Hochschulrecht nicht nachweisen. Das Baden-Württemb. UniversitätsG vom 22. November 1977 zählt nur staatliche wissenschaftliche Hochschulen auf und fügt dann hinzu: „Die Bezeichnung Universität darf von anderen als den in § 1 aufgeführten Bildungseinrichtungen nur auf Grund eines Gesetzes geführt werden. Im übrigen darf eine auf eine Universität hinweisende Bezeichnung nur mit Zustimmung des 1,6 118

BVerfGE 35, 115. 117 Vgl. oben. Flämig, WissR 1975, 5. 119 § 70 HRG.

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Kultusministeriums geführt werden." Das Hamburgische HochschulG, geändert durch Gesetz vom 10. Juli 1973 (GVB1. S. 284), hat in seinem § 71 a die Hochschule der Bundeswehr Hamburg, die von der Bundesrepublik Deutschland als wissenschaftliche Hochschule für die Ausbildung von Soldaten errichtet worden ist, ausdrücklich für bestimmte Zwecke und unter bestimmten Voraussetzungen in die Geltung des Universitätsgesetzes einbezogen. Alle Länder, mit Ausnahme von Bremen, berücksichtigen die nichtstaatlichen Hochschulen in ihren Hochschulgesetzen bzw. Fachhochschulgesetzen 120 . Die Bundeswehrhochschulen werden — mit geringfügigen sachbedingten Einschränkungen - in dieses System einbezogen 121 . Auf jeden Fall aber kann nach geltendem Hochschulrecht nicht mehr davon ausgegangen werden, daß nur staatliche Einrichtungen wissenschaftliche Hochschulen sind. b) Kirchliche Hochschulen: Unter den nichtstaatlichen wissenschaftlichen Hochschulen nehmen die kirchlichen Hochschulen eine besondere Stellung ein. Allerdings erwähnt sie das H R G nicht eigens, und von den Ländergesetzen widmet ihnen nur das bayerische HochschulG vom 21. Dezember 1973 einen eigenen Artikel, dessen erster Absatz lautet: „Das Recht der Kirchen, ihre Geistlichen auf eigenen kirchlichen Hochschulen (einschließlich Ordenshochschulen) aus- u n d fortzubilden, bleibt unberührt" (Art. 97 Abs. 1 Satz 1 BayHSchG). Studiengänge, die nicht oder nicht nur die Aus- und Fortbildung von Geistlichen zum Gegenstand haben, können an kirchlichen Hochschulen nur auf G r u n d staatlicher Anerkennung eingerichtet werden; die Anerkennung beschränkt sich auf diese Studiengänge (Art. 97 Abs. 2 Satz 1 BayHSchG). Das katholische Kirchenrecht fordert, daß jede Diözese eine eigene Ausbildungsstätte f ü r den Priesternachwuchs besitzt. Diese Ausbildungsstätte kann als theologische Fakultät an einer staatlichen wissenschaftlichen Hochschule bestehen, sie kann aber auch eine eigene Hochschule bilden. Die theologischen Fakultäten an den Hochschulen des Staates unterliegen den allgemeinen Hochschulgesetzen, doch sichern Konkordate der katholischen Kirche ein Mitwirkungsrecht bei der Besetzung der Lehrstühle. Die Zulässigkeit solcher „staatsvertragsgebundener Ämter" („Konkordatslehrstühle") hängt davon ab, ob der Staat von Verfassungs wegen eine derartige völkerrechtliche Verpflichtung eingehen durfte und dabei die ihm durch die Verfassung gesetzten Grenzen beachtet hat. Diese Frage ist für das Verhältnis zwischen dem Bayer. Konkordat vom 4. 9. 1974 und der Bayer. Verfassung ausdrück120

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Baden-Württemberg: §§ 8 9 - 9 2 FachhochschulG; § 128 UniversitätsG; Bayern: Art. 9 1 - 9 9 , 102 HochschulG; Berlin: §§ 163-167 HochschulG; Hamburg: §§ 143, 144 HochschulG; Hessen: §§ 34—41 FachhochschulG; Niedersachsen: §§ 126-133 HochschulG; Nordrhein-Westfalen: §§ 114-118 WissHochschulG; Rheinland-Pfalz: §§ 115-117 HochschulG; §§ 8 4 - 8 8 FachhochschulG; Saarland: § § 8 1 - 8 5 FachhochschulG; Schleswig-Holstein: §§ 1 0 6 - 112 HochschulG. Art. 96 BaySchG u. HmbHG § 143.

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lieh bejaht worden 122 . Ferner bestimmt Art. 19 des Reichskonkordats vom 12. September 1933123, daß sich das Verhältnis der katholisch-theologischen Fakultäten zu den kirchlichen Behörden „nach den in den einschlägigen Konkordaten und dazugehörigen Schlußprotokollen festgelegten Bestimmungen unter Beachtung der einschlägigen kirchlichen Vorschriften" regelt. Zur Erläuterung verweist das Schlußprotokoll des Konkordats auf die Apostolische Konstitution „Deus scientiarum Dominus" vom 24. Mai 1931 und die Instruktion vom 7. Juli 1932. Art. 19 des Reichskonkordats findet nach h. L. auch in den Fällen Anwendung, in denen kein Länderkonkordat abgeschlossen worden ist. Entziehen die zuständigen kirchlichen Behörden dem Inhaber eines theologischen Lehrstuhls an einer staatlichen Hochschule die kirchliche Lehrbefugnis (Missio canonica), so verliert der Betreffende zwar weder den Lehrstuhl noch seine beamtenrechtliche Position, aber seine Lehrveranstaltungen werden im Rahmen der Vorbereitung auf das kirchliche Lehramt nicht mehr anerkannt, Um die Vollständigkeit des Lehrangebots zu gewährleisten, muß daher der Staat für einen Ausgleich i. d. R. durch Schaffung eines neuen Lehrstuhls sorgen1232. Art. 20 des Reichskonkordats von 1933 bestätigt das Recht der Kirche, „philosophische und theologische Lehranstalten" zu errichten. Dieses Recht ist in verschiedenen Länderverfassungen bekräftigt worden124. Die bayerische Verfassung betont an anderer Stelle (Art. 138 Abs. 1) noch ausdrücklich, daß es sich hierbei um eine Ausnahme vom staatlichen Hochschulmonopol handelt. Das Monopol selbst ist in Art. 138 Abs. 1 Satz 1 niedergelegt: „Die Errichtung und Verwaltung der Hochschulen ist Sache des Staates." Art. 60 Abs. 3 der hessischen Verfassung, der nur die „kirchlichen theologischen Bildungsanstalten" anerkennt, ist ebenfalls bereits früher als Durchbrechung des staatlichen Hochschulmonopols angesehen worden 125 . Hinsichtlich der übrigen Länder war die Begründung des Rechts der Kirche auf Errichtung und Unterhaltung wissenschaftlicher Hochschulen schwieriger, solange am staatlichen Hochschulmonopol festgehalten wurde. Aber schon die Tatsache, daß sich solche Hochschulen auch in solchen Ländern befinden, die in ihrer Verfassung das staatliche Hochschulmonopol nicht ausdrücklich zugunsten der kirchlichen Hochschulfähigkeit durchbrechen, zeigt, daß in Wirklichkeit ein solches Monopol niemals von Rechts wegen bestand. Aus diesem Grund sind die Länder zu keiner Zeit der Entwicklung eines eigenständigen kirchlichen Hochschulwesens unter Berufung auf das staatliche Hochschulmonopol 122

BayVerfGH, Entscheidung vom 11.4. 1980, Vf. 17 - VIII - 77, BayVBl. 1980, S. 462 ff. 123 RGBl. 1933 II, S. 679. I23aygj Scheuner, Rechtsfolgen der konkordatsrechtlichen Beanstandung eines katholischen Theologen, Berlin 1980. Zu dem diesen Ausführungen zugrundeliegenden Fall vgl. Günther Schultz, Rechtliches zum Fall Küng, M D R 1980, 275 ff. 124 Art. 150 Abs. 1 der Bayerischen Verf., Art. 42 der Rheinland-Pfälzischen Verf., Art. 36 der Verf. des Saarlandes, Art. 16 Abs. 2 der Nordrhein-Westfälischen Verf. 125 Mikat, GRe IV/1, 213, Anm. 432.

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entgegengetreten 126 . Die von der katholischen Kirche unterhaltenen Hochschulen führen in der Regel die Bezeichnung „Philosophisch-theologische Hochschule" und sind wissenschaftliche Hochschulen i. S. des deutschen Hochschulrechts. Ihre Verwaltung obliegt jedoch naturgemäß nicht staatlichen, sondern kirchlichen Behörden. Sie unterstehen der Aufsicht des zuständigen Bischofs. Eine besondere Rechtsform hat die Kirchliche Gesamthochschule Eichstätt erhalten: sie ist eine Stiftung des öffentlichen Rechts. Für den Bereich der Evangelischen Kirche Deutschlands ist die Rechtslage anders. In den evangelischen Kirchenverträgen der Weimarer Zeit wurde unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß die Ausbildung der Theologen staatlichen Hochschulen vorbehalten ist. Doch wurde der G e d a n k e kirchlicher Hochschulen bereits vor der Jahrhundertwende von Friedrich von Bodelschwingh vertreten. Seiner Verwirklichung dient der 1905 gegründete „Verein zur G r ü n d u n g und Unterhaltung einer praktischen theologischen Schule in Bethel". Die Schule wurde noch im gleichen Jahr eröffnet, galt aber nach preußischem Recht als Privatschule. In ihrem Wirken entfaltete sie bald die Merkmale einer Hochschule und wurde nach 1945 als solche eröffnet. Ihr folgte am 31. Oktober 1945 die „Kirchliche Hochschule" in Wuppertal. Weitere kirchliche Hochschulen bestehen gegenwärtig in Berlin u n d Neuendettelsau. Neben den evangelisch-theologischen Fakultäten an den Hochschulen des Staates betreiben diese evangelischen kirchlichen Hochschulen die Ausbildung der evangelischen Geistlichen und die Pflege der Wissenschaft. Sie sind wissenschaftliche Hochschulen i. S. des deutschen Hochschulrechts 1 2 7 . c) Hochschulen anderer Träger: Obwohl sich in jüngster Zeit die Vorschläge zur Errichtung privater wissenschaftlicher Hochschulen mehren 1 2 8 , gibt es gegenwärtig noch immer nur sehr wenige wissenschaftliche Hochschulen, die weder von den Ländern noch von Kirchen getragen werden. Ihre Einrichtung bedarf, wie im vorstehenden (vgl. oben II. 2.a) ausgeführt, der Genehmigung des zuständigen Kultusministers. Dies gilt auch dann, wenn das betreffende Hochschulgesetz nur von der „Anerkennung" der nichtstaatlichen wissenschaftlichen Hochschule spricht. Bedeutende wissenschaftliche Einrichtungen, die über die reine Forschung hinausgehen, sind insbesondere die folgenden: 1. Die Hochschule für Internationale Pädagogische Forschung in Frankfurt. Sie wurde gemeinsam vom Lande Hessen und von der Gesellschaft für pädagogische Tatsachenforschung u n d weiterführende pädagogische Studien 126

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Vgl. Baldus, Die philosophisch-theologischen Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland, 1965, S. 112. Vgl. Gisela Schmidt, Der Rechtsstatus der evangelischen kirchlichen Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland, Diss. Köln 1957, S. 123 ff. Vgl. Maitre, Die Privatuniversität — Alternative zum staatlichen Hochschulmonopol, 1973; Reusch / Pierenkaemper, Projektstudie Freie medizinische Hochschule (Schriftenreihe des Hartmannbundes), 1973.

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e. V. in der Rechtsform einer selbständigen Stiftung des öffentlichen Rechts gegründet. 2. Die Hochschulen für Politik. Die erste Einrichtung dieser Art war die 1920 als eingetragener Verein in Berlin gegründete Deutsche Hochschule für Politik, die 1958 als „Otto-Suhr-Institut" in die Freie Universität Berlin eingegliedert wurde. In München wurde 1950 die Hochschule für Politische Wissenschaften als eingetragener Verein gegründet. G e m ä ß Art. 1 des Gesetzes vom 27. Oktober 1970129 trägt sie nunmehr die Bezeichnung „Hochschule für Politik München" und ist „eine institutionell selbständige Einrichtung an der Universität München". 3. Die Sozialakademien in Frankfurt, Dortmund u n d Hamburg. Die Sozialakademie Frankfurt setzt die Tradition der 1921 gegründeten Akademie der Arbeit fort. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie vom D G B zusammen mit dem Hessischen Minister für Arbeit, Landwirtschaft u n d Wirtschaft als Stiftung neu errichtet. Die Sozialakademie Dortmund wurde 1947 durch eine Vereinbarung zwischen dem Lande Nordrhein-Westfalen, der Stadt Dortmund und dem D G B gegründet. 1953 wurde sie als staatliche Anstalt der Aufsicht des Kultusministers unterstellt; in ihrem Kuratorium sind aber die Stadt Dortmund und der D G B noch vertreten. Die Hochschulen der Bundeswehr in Hamburg und München werden nach den Landesgesetzen als nichtstaatliche wissenschaftliche Hochschulen behandelt, obwohl sie einen staatlichen Träger haben, nämlich den Bund. Die Einordnung dieser Hochschulen in das System der wissenschaftlichen Hochschulen der Bundesrepublik Deutschland war deshalb schwierig, weil die Errichtung und der Betrieb von wissenschaftlichen Hochschulen Sache der Länder ist. Deshalb mußte der Bund mit dem Freistaat Bayern und der Freien und Hansestadt Hamburg jeweils ein Abkommen über die Errichtung einer wissenschaftlichen Hochschule für Soldaten der Bundeswehr abschließen. Beide Länder haben die Bundeswehrhochschule in den Geltungsbereich ihrer Hochschulgesetze einbezogen (Art. 96 BayHSchG 1973, § 7 1 a U n i G Hamburg) 130 .

III. Wissenschaftsfördernde Institutionen Die wichtigste der wissenschaftsfördernden Institutionen ist die MaxPlanck-Gesellschaß, die Nachfolgerin der im Jahre 1911 gegründeten KaiserWilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft. Der von Kaiser Wilhelm II. unterzeichnete Gründungsaufruf umreißt die Stellung dieser Gesellschaft zwischen Universität und industrieller Forschung 1 3 1 . Die Institute der 129 130 131

GVB1. Bayern 1970, S. 495. Vgl. Wangemann, WissR 1975, 37ff. Vgl. Butenandt, in: 50 Jahre Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft und Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, 1961, S. 5.

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Max-Planck-Gesellschaft, die überwiegend der naturwissenschaftlichen Forschung dienen, sind zwar in der Regel personell mit wissenschaftlichen Hochschulen verbunden, widmen sich als solche jedoch nicht der Lehre. Wissenschaftsförderung in der Form der Finanzierung einzelner Forschungsprojekte betreibt die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG). Sie setzt die Tradition der am 30. Oktober 1920 gegründeten Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft fort und fördert neben Einzelprojekten auch Schwerpunktprogramme, mit denen sie zur Koordinierung der wissenschaftlichen Forschung in der Bundesrepublik beiträgt und die Beteiligung deutscher Forscher an internationalen wissenschaftlichen Gemeinschaftsprojekten ermöglicht132. Die Arbeit der DFG wird ergänzt durch die des Stifterverbandes für die deutsche Wissenschaft. Er ist eine Gemeinschaftsaktion der gewerblichen Wirtschaft und der freien Berufe zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung. Die von ihm gesammelten Spenden werden zu 70% an die DFG und andere wissenschaftliche Institutionen abgeführt. Zahlreiche Förderergesellschaften und Stiftungen mit begrenzteren Zwecken ergänzen diese zentralen wissenschaftsfördernden Institutionen 133 . IV. Institutionen der Zusammenarbeit Die wissenschaftlichen Hochschulen der Bundesrepublik sind seit dem 21. April 1949 in der Westdeutschen Rektorenkonferenz (WRK) zusammengeschlossen. Diese ist ein nichtrechtsfähiger Verein des bürgerlichen Rechts. Der Aufbringung der für sie notwendigen Mittel dient die „Stiftung zur Förderung der Westdeutschen Rektorenkonferenz" 134 . Die WRK betreibt im Namen aller westdeutschen wissenschaftlichen Hochschulen eine intensive Öffentlichkeitsarbeit und hält ständigen Kontakt zu Parlament, Wirtschaft und Presse. Für die Mitgliedshochschulen ist sie Informationszentrum und Ort der Begegnung. Ferner ist sie Gesprächspartner der Bundesregierung und der Ständigen Konferenz der Kultusminister in allen Fragen der Wissenschaft. Mit entsprechenden Einrichtungen in anderen Staaten pflegt sie einen engen Kontakt, insbesondere vertritt sie die Bundesrepublik Deutschland in der Europäischen Rektorenkonferenz. Eine weitere wichtige Institution der Zusammenarbeit auf Bundesebene ist der durch ein Verwaltungsabkommen zwischen der BReg. und den Regierungen der Länder am 5. September 1957 gegründete Wissenschaftsrat. Seine er132

133

134

Hierzu Zieroldt, Forschungsförderung in drei Epochen. Deutsche Forschungsgemeinschaft — Geschichte, Arbeitsweise, Kommentar, 1968; Deutsche Forschungsgemeinschaft (Hrsg.), Aufbau und Aufgaben der Deutschen Forschungsgemeinschaft, 1975. Hierzu Massow, Organisation der Wissenschaft und der Wissenschaftsförderung in der Bundesrepublik Deutschland, 1968. Hierzu Flämig, WissR 1975, 235 ff.

Wissenschaft

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ste Aufgabe bestand darin, einen Gesamtplan für die Förderung der Wissenschaften zu erarbeiten und in der Folgezeit jährlich ein Dringlichkeitsprogramm aufzustellen. Ferner arbeitet er Empfehlungen für die Verwendung derjenigen Mittel aus, die in den Haushaltsplänen des Bundes und der Länder für die Förderung der Wissenschaft verfügbar sind. Der Wissenschaftsrat besteht aus 39 Mitgliedern; 22 von ihnen beruft der BPräs., und zwar 16 auf gemeinsamen Vorschlag der DFG, der Max-Planck-Gesellschaft und der WRK und 6 auf gemeinsamen Vorschlag der BReg. und der Landesregierungen. 17 Mitglieder werden von den Regierungen des Bundes und der Länder entsandt, und zwar entsenden die BReg. 6 Mitglieder, die Landesregierungen je 1 Mitglied.

ZWÖLFTER ABSCHNITT Walter Rudolf

Presse und Rundfunk Literatur Presserecht: H. Armbruster u. a. (Hrsg.), Pressefreiheit, Entwurf eines Gesetzes zum Schutze freier Meinungsbildung und Dokumentation des Arbeitskreises Pressefreiheit, 1970. H. Arndt, Die Konzentration in der Presse und die Problematik des Verleger-Fernsehens, 1967. P. Cramer, Das Zeugnisverweigerungsrecht von Presse und Rundfunk, 1968. L. Delp, Das gesamte Recht der Publizistik (Loseblattausgabe), 2. Aufl. 1979 f. R. Gross, Grundzüge des deutschen Presserechts, 1969. L. Hennemann, Pressefreiheit und Zeugnisverweigerungsrecht, 1978. G. H. Kemper, Pressefreiheit und Polizei, 1964. F. Kubier, Empfiehlt es sich, zum Schutze der Pressefreiheit gesetzliche Vorschriften über die innere Ordnung von Presseunternehmen zu erlassen?, Gutachten für den 49. Deutschen Juristentag, 1972. M. Löffler, Presserecht I, 2. Aufl., 1969; Presserecht II, 2. Aufl. 1968. M. Löffler, Selbstkontrolle von Presse, Funk und Film, 1960. M. Löffler / R. Ricker, Handbuch des Presserechts, 1978. C. H. Lüders, Presse- und Rundfunkrecht, 1952. K. Mathy, Das Recht der Presse, 1977. E.-J. Mestmäcker, Medienkonzentration und Meinungsvielfalt, 1978. W. Möschel, Pressekonzentration und Wettbewerbsgesetz, 1978. H.-J. Papier, Pressefreiheit zwischen Konzentration und technischer Entwicklung, Der Staat 18 (1979), 422 ff. B. Rebe, Die Träger der Pressefreiheit nach dem Grundgesetz, 1969. K. Rebmann / M. Ott / W. Storz, Das baden-württembergische Gesetz über die Presse, 1964. M. Rehbinder, Presserecht, 1967. M. Rehbinder, Die öffentliche Aufgabe und rechtliche Verantwortlichkeit der Presse, 1962. M. Rehbinder, Informationsfreiheit und innere Organisation der Presseunternehmen, DÖV 1972, 450 ff. H. J. Reh / R. Gross, Hessisches Pressegesetz, 1963. H. Ridder, Meinungsfreiheit, in: GRe II, 1954, S. 243ff. O. B. Roegele, Presse-Reform und Fernseh-Streit, 1965. B. Scheer, Deutsches Presserecht, 1966.

926

Walter Rudolf

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Presse u n d R u n d f u n k

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Gesetze (Vgl. W.-D. Ring, Deutsches Presse- und Rundfunkrecht, Textsammlung [Loseblattausgabe, Stand: 1. 1. 1981]) Presse: Baden-Württemberg: G über die Presse vom 14. 1. 1964 (GBl. S. 11) - zuletzt G vom 3.3.1976 (GBl. S.216) Bayern: G über die Presse vom 3. 10. 1949 (GVB1. S. 243) - zuletzt G vom 27. 10. 1970 (GVB1. S. 469) Berlin: PresseG vom 15. 6. 1965 (GVB1. S. 744) - zuletzt G vom 26. 11. 1974 (GVB1. S. 2746) Bremen: G über die Presse vom 16. 3.1965 (GBl. S. 63) - zuletzt G vom 18. 12. 1974 (GVB1. S. 351) Hamburg: PresseG vom 29. 1. 1965 (GVB1. S. 15) - zuletzt G vom 9. 12. 1974 (GVB1. S. 381) Hessen: G über Freiheit und Recht der Presse in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. 11. 1958 (GVB1. S. 183) - zuletzt G vom 4. 9. 1974 (GVB1. S. 361) Niedersachsen: PresseG vom 22.3. 1965 (GVB1. S. 9) - zuletzt G vom 10. 12. 1980 (GVB1. S. 481) Nordrhein-Westfalen: PresseG vom 24.5.1966 (GVB1. S. 340) - zuletzt G vom 11.7. 1978 (GVB1. S. 290) Rheinland-Pfalz: LandesG über die Presse vom 14. 6. 1965 (GVB1. S. 107) - zuletzt G vom 5. 11. 1974 (GVB1. S. 469) Saarland: PresseG vom 12. 5. 1965 (ABl. S. 409) - zuletzt G vom 13. 11. 1974 (ABl. S. 1011) Schleswig-Holstein: G über die Presse vom 19. 6. 1964 (GVB1. S. 71) - zuletzt G vom 9. 12. 1974 (GVB1. S. 453) Rundfunk: (Vgl. die Zusammenstellung der Rundfunkgesetze bei G. Herrmann, Rundfunkgesetze, 2. Aufl. 1977) Bayern:G über die Errichtung und die Aufgaben einer Anstalt des öffentlichen Rechts „Der Bayerische Rundfunk" in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. 9. 1973 (Bay. GVB1. S. 563)-zuletzt G vom 23. 12. 1977 (Bay. GVB1. S. 751) Berlin: G über die Errichtung der Rundfunkanstalt „Sender Freies Berlin" in der Fassung vom 23. 5. 1967 (Beri. GVB1. S. 782) - zuletzt Bekanntm. vom 5. 12. 1974 (Beri. GVB1. 1975, S. 145) Bremen:G über die Errichtung und die Aufgaben einer Anstalt des öffentlichen Rechts „Radio Bremen" vom 18. 6. 1979 (Brem. GBl. S. 245) Hessen: G über den Hessischen Rundfunk vom 2. 10. 1948 (Hess. GVB1. S. 123) - zuletzt G vom 6. 3. 1980 (GVB1. S. 93) Norddeutscher Rundfunk: Staatsvertrag über den Norddeutschen Rundfunk vom 20. 8. 1980 (Niedersachsen, GVB1. S. 481 ; Schleswig-Holstein, GVB1. S. 302; Hamburg, GVB1. S. 349) Saarland: G Nr. 806 über die Veranstaltung von Rundfunksendungen im Saarland in der Fassung vom 1. 8. 1968 (ABl. Saar 1968, 558) - zuletzt G vom 28. 3. 1977 (ABl. Saar 1977, 378) Süddeutscher Rundfunk: G Nr. 1096 - Rundfunkgesetz - vom 21. 11. 1950 (Württ.Bad. RegBl. 1951, 1) - zuletzt G vom 18. 12. 1969 (GBL. Bad.-Württ. S. 294)

Presse und Rundfunk

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Südwestfunk: Staatsvertrag über den Südwestfunk vom 27.8. 1951 (Baden: G vom 18.3. 1952, GVB1. S.40; Rheinland-Pfalz: G vom 22.4. 1952, GVB1. S. 71; Württemberg-Hohenzollern: G vom 8. 4. 1952, RegBl. S. 27), geändert durch Staatsvertrag vom 27. 2./16. 3. 1959 (Baden-Württemberg: G vom 10.6. 1959, GVB1. S. 56; RheinlandPfalz: G vom 10. 4. 1979, GVB1. S. 109) Westdeutscher Rundfunk: G über den „Westdeutschen Rundfunk Köln" vom 25. 5. 1954 (GV. NW. S. 151) - zuletzt G vom 9. 7. 1974 (GV. NW. S. 251) Zweites Deutsches Fernsehen: Staatsvertrag über die Errichtung der Anstalt des öffentlichen Rechts „Zweites Deutsches Fernsehen" vom 6.6. 1961 (Baden-Württemberg: G vom 18.7.1961 [GBl. S. 215]; Bayern: Zustimmungsbeschluß des Landtags vom 26.6.1962, Bekanntmachung vom 16.7.1962 [GVB1. S. 111]; Berlin: G vom 24. 11. 1961 [GVB1. S. 1641]; Bremen: G vom 22.2. 1962 [GVB1. S. 49]; Hamburg: G vom 23. 1. 1962 [GVB1. S. 5]; Hessen: G vom 20. 12. 1961 [GVB1. S. 199]; Niedersachsen: G vom 24. 1. 1962 [GVB1. S. 9]; Nordrhein-Westfalen: Zustimmungsbeschluß des Landtages vom 17. 7. 1961, Bekanntmachung vom 9. 8. 1961 [GV. NW. S. 269]; Rheinland-Pfalz: G vom 24. 7. 1961 [GVB1. S. 179]; Saarland: G Nr. 750 vom 30. 1. 1962 [Amtsbl. S. 67]; Schleswig-Holstein: G vom 18. 11. 1961 [GVB1. S. 169]). Deutsche Welle und Deutschlandfunk: G über die Errichtung von Rundfunkanstalten des Bundesrechts vom 29. 11. 1960 (BGBl. I, S. 862) - zuletzt G vom 14. 12. 1976 (BGBl. I, S. 3341,3367) Bildschirmtexterprobung: Berlin: G über die Erprobung von Bildschirmtext in Berlin vom 29. 5. 1980 (GVB1. S. 1002). Nordrhein-Westfalen:G über die Durchführung eines Feldversuchs mit Bildschirmtext vom 18. 3. 1980 (GVB1. S. 153). Breitbandkabelversuch: Rheinland-Pfalz: LandesG über einen Versuch mit Breitbandkabel vom 27. 11. 1980 (GVB1. S. 229).

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Gliederung I. Die Massenmedien

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II. Presserecht 1. Historische und soziale Grundlagen a) Geschichtliche Entwicklung b) Gegenwartssituation 2. Rechtsgrundlagen 3. Anwendungsbereich der Landespressegesetze a) Druckwerke b) Periodische Druckwerke 4. Pressefreiheit und Informationsanspruch a) Äußere Pressefreiheit b) Innere Pressefreiheit c) Informationsanspruch 5. Schranken der Pressefreiheit und Pflichten der Presse a) Schranken der Pressefreiheit b) Pflichten der Presse

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III. Rundfunkrecht 1. Historische und soziale Grundlagen a) Geschichtliche Entwicklung b) Gegenwartssituation 2. Rechtsgrundlagen a) Bundesrecht b) Landesrecht 3. Organisation des Rundfunks a) Aufgaben der Rundfunkanstalten b) Innere Organisation und Kompetenzen der Organe aa) Rundfunkrat bb) Verwaltungsrat cc) Intendant dd) Programmbeirat c) Werbefernsehen d) ARD e) Privater Rundfunk 4. Rundfunkgebühr

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Presse und Rundfunk

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I. Die Massenmedien In der modernen Industriegesellschaft besteht neben den rein materiellen Bedürfnissen, die mit der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung verbunden sind, ein Massenbedarf an Information, Erbauung und Unterhaltung, der durch Presse, Film und Rundfunk befriedigt wird. Da man mit Hilfe dieser modernen Mittel öffentlicher Meinungsbildung die Bevölkerung leicht erreichen und ihre Ansichten und Lebensgewohnheiten beeinflussen kann, ist es notwendig, den Gebrauch dieser Massenmedien so zu regeln, daß ihr Mißbrauch entsprechend den Zielen von Staat und Gesellschaft verhindert wird. Diese Regelung ist orientiert an dem Zweck, den man mit den Medien der Meinungsbildung verfolgt. Der Zweck kann je nach der Verfassung von Staat zu Staat verschieden sein1. In einem System, in dem die Aufgabe der Massenmedien darin gesehen wird, die breiten Massen der Arbeiter zu erziehen und sie unter der alleinigen Führung einer Partei zu organisieren, um klar bestimmte Ziele der Partei zu erreichen2, wird man zu einer anderen Regelung kommen als in einem Staat, der die Vielfalt der Meinungen der einzelnen Informationsträger respektiert und es ihnen überläßt, ihre Zielsetzungen selber zu bestimmen. Ausgehend von der Vorstellung, daß das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung als unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit in der Gesellschaft eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt und für eine freiheitliche demokratische Staatsordnung schlechthin konstituierend ist3, wird den Massenmedien in der Bundesrepublik gemäß Art. 5 I GG die Freiheit des Empfangs und der Verbreitung von Nachrichten und Meinungen gewährleistet und ihnen ein vor Eingriffen des Staates geschützter Raum überlassen. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film finden gemäß Art. 5 II GG ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre. Wer eine dieser Freiheiten zum Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung mißbraucht, verwirkt diese Grundrechte gemäß Art. 18 GG 4 . Dadurch, daß der Staat den Massenmedien in der Bundesrepublik verfassungsrechtlich eine staatsfreie Sphäre gewährt, bleibt für eine rechtliche Regelung vornehmlich die Aufgabe, die Grenzen der Presse-, Film- und Rundfunkfreiheit näher festzulegen und diese Grundrechte zu konkretisieren. Letz1

2 3 4

Vgl. die rechtsvergleichende Untersuchung über die Massenmedien von TerrouSolal, Legislation for Press, Film, Radio, Paris 1951. So Kuzmichevfür die sowjetische Auffassung, Terrou-Solal, a.a.O., S.51. BVerfG E 7, 198, 208. Zur Verwirkung vgl. W. Schmitt Glaeser, Mißbrauch und Verwirkung von Grundrechten im politischen Meinungskampf, 1968.

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teres gilt vor allem für die Rundfunkfreiheit, die nach dem Urteil des BVerfG vom 16. 6. 1981 vom Landesgesetzgeber auszugestalten ist, ohne zu einer Beschränkung des Grundrechts zu führen 43 . Das Recht der Massenmedien ist deshalb wie kaum ein Rechtsgebiet sonst verfassungsrechtlich vorgezeichnet, ist konkretisiertes Verfassungsrecht. Die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung hat sich demgemäß wiederholt mit der Konkretisierung und den Schranken des Art. 5 G G befassen müssen 5 . Da Presse und Film privatrechtlich betrieben werden, ohne daß eine Zensur stattfinden darf, ist die Zahl verwaltungsrechtlicher Vorschriften für diese beiden Medien verhältnismäßig gering. Presserecht und Filmrecht stellen vielmehr ein Konglomerat von Normen des Urheber-, Schadensersatz-, Strafrechts und anderer Rechtsgebiete dar, das sich insgesamt nur minimal als Teil des besonderen Verwaltungsrechts qualifizieren läßt. Dagegen ist der öffentlich-rechtlich organisierte Rundfunk stärker Gegenstand verwaltungsrechtlicher Vorschriften. Unter den Massenmedien spielen Presse und Rundfunk die wichtigste Rolle, nachdem der Film durch das Fernsehen an Boden verloren hat, wie überhaupt der Film als Mittel öffentlicher Meinungsbildung nicht die Bedeutung besitzt wie Presse und Rundfunk. Ein Überblick über das Verwaltungsrecht der Massenmedien kann deshalb auf das Filmrecht verzichten 6 .

II. Presserecht 1. Historische und soziale Grundlagen a) Geschichtliche Entwicklung: Nachdem Gutenberg um 1450 den Buchdruck mit beweglichen Lettern in Europa erfunden hatte, dauerte es nicht lange, bis kirchliche und weltliche Obrigkeit die Druckerzeugnisse unter ihre Kontrolle zu bringen versuchten. 1475 findet man bereits einen Zensurvermerk auf einer Druckschrift. 1501 erließ Papst Alexander VI. eine Bulle gegen den Druck nicht zensierter Schriften. Durch den Reichsabschied von Speyer 1529 wurde für ganz Deutschland auch von weltlicher Seite die präventive Zensur eingeführt. In den ersten eineinhalb Jahrhunderten nach der Erfindung des Buchdrucks erschienen vor allem Bücher und Flugschriften. Eine periodische 4 5

6

"BVerfG, NJW 1981, 1776. BVerfGE 7, 198; 10, 118; 12, 113; 19, 73; 20, 162; 21, 271; 27, 71, 88, 104; 28, 191; 30, 336; 33, 52; 34, 269; 35, 202; 54, 129, 148, 208 (hierzu: W. Schmidt, NJW 1980, 2066f.); NJW 1981, 1777. Zum Filmrecht vgl. von Hartlieb, UFITA 20 (1955), S. 129; und UFITA 28 (1959), S.32; Berthold/von Hartlieb, FilmR, 1957; Noltenius, Die freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft und das Zensurverbot des Grundgesetzes, 1958; Wohland, Informationsfreiheit und politische Filmkontrolle, 1968; Weides, Bundeskompetenz und Filmförderung, 1971; vgl. ferner BVerwGE 1, 303; 21, 184; 23, 104 und 194; 45, 1 und 8.

Presse und Rundfunk

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Presse entstand erst zu Beginn des 17. Jahrhunderts. 1695 fällt in England die Pressezensur, nachdem John Milton schon 1644 Pressefreiheit gefordert hatte. Eine Positivierung des Rechts auf Pressefreiheit findet erstmals in der Bill of Rights von Virginia 1776 statt, in der die Pressefreiheit als eines der stärksten Bollwerke der Freiheit bezeichnet wird. 1791 wird die Pressefreiheit im 1. Zusatzartikel der Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika verankert. Auf dem europäischen Festland proklamiert Art. 11 der französischen Menschenrechtsdeklaration von 1789 die freie Mitteilung seiner Gedanken und Meinungen als eines der kostbarsten Rechte des Menschen — eine Auffassung von der Meinungsfreiheit, auf die jetzt das BVerfG zurückgegriffen hat 7 . In Deutschland hatte zwar die Bundesakte von 1815 die Verwirklichung der Pressefreiheit zur Aufgabe erklärt, gleichwohl schrieb aber das BundespreßG von 1819 die präventive Zensur der Presse von Bundes wegen vor. Erst die Revolution von 1848 beseitigte die Zensur 8 . Auch nach dem Scheitern der Revolution blieb die Pressefreiheit bestehen. In Preußen wurde sie durch die Verfassung von 1850 und im Reich durch das PreßG von 1874 ausdrücklich anerkannt. Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts brachte für die periodische Presse einen gewaltigen wirtschaftlichen Aufschwung und erheblichen Einfluß auf die politische Gestaltung. Nach der Erfindung der Rotationsmaschine durch Bullock 1865 und weiteren bahnbrechenden Erfindungen auf dem Gebiet der Drucktechnik war es möglich, die Zeitungsherstellung außerordentlich zu steigern und zu beschleunigen. Die durch die Technik ermöglichten hohen Auflagen sicherten den großen Zeitungen politischen Einfluß und machten die Presse zum entscheidenden Mittel der öffentlichen Meinungsbildung. Einen Rückschlag erfuhr die Pressefreiheit durch die Wiedereinführung der Zensur während der Dauer des 1. Weltkriegs und nach der nationalsozialistischen Machtergreifung 1933. Durch die Zwangsmitgliedschaft aller im Pressewesen tätigen Personen in der Reichspressekammer 9 und durch das SchriftleiterG 10 wurde die Pressefreiheit beseitigt. Die politische Säuberung der Presse führte zu einer Pressekonzentration in den Händen der NSDAP. Am Ende des 2. Weltkrieges waren 82,5% der Gesamtauflage der deutschen Zeitungen in zwei Holdings zusammengefaßt, die beide im Eigentum eines der Partei gehörenden Verlags standen. Mit dem Zusammenbruch der nationalsozialistischen Herrschaft endete auch deren Presse. Der Neuaufbau des Pressewesens nach 1945 begann zunächst im Rahmen eines von den Besatzungsmächten kontrollierten eng begrenzten Lizenzierungssystems (sog. Lizenzpresse), das erst 1949 aufgehoben wurde. Art. 5 I 7 8 9 10

BVerfG E 7, 198,208. § 143 Abs. 2 der Verf. des Deutschen Reiches vom 28. 3. 1849. Vgl. das ReichskulturkammerG vom 22. September 1933 (RGBl. I S. 661). Vom 4. Oktober 1933 (RGBl. I S. 713).

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G G stellte die Pressefreiheit wieder in vollem U m f a n g her. Noch bestehende Vorbehalte der alliierten Besatzungsmächte wurden 1955 aufgegeben". b) Gegenwartssituation: Die deutsche Presse bietet ein vielgestaltiges u n d bewegtes Bild. Im Bereich der Buchpresse besteht eine Fülle von Verlagen, ohne daß trotz einer Tendenz zur Konzentration marktbeherrschende Positionen einzelner Verlage erkennbar wären. Die periodische Presse ist demgegenüber gekennzeichnet durch den Zug zur Konzentration'2. Da die privatwirtschaftlich betriebenen Zeitungsverlage selbst in weitem Umfange zu einer großbetrieblich organisierten Industrie geworden u n d die Kapitalinvestitionen, die ein Presseunternehmen laufend benötigt, erheblich sind, werden Verlage der Kleinpresse bis zu einer Auflage von 20000 häufig zur Kooperation mit anderen Pressebetrieben gezwungen. Mit Hilfe von Materndiensten kann die Kleinpresse Teile des redaktionellen Inhalts der Zeitung fertig von dritter Seite beziehen, ohne ihre rechtliche u n d wirtschaftliche Unabhängigkeit aufgeben zu müssen. Damit kann allerdings die G e f a h r eines Meinungsmonopols der Materndienstzentralen entstehen, die den Lesestoff der von ihnen belieferten Zeitungen gestalten. Besonders erhöht hat sich der Anteil der Großpresse (Auflagen über 150000) an der Gesamtauflage auf Kosten des Anteils der Mittelpresse (Auflage 20000 bis 150000). Am 31. 12. 1977 existierten in der Bundesrepublik Deutschland 1202 Zeitungen, und zwar 372 Haupt- und 830 mit diesen verbundene Neben-, Bezirks*, Lokal- und Stadtteilausgaben. Es bestanden aber nur noch 121 Zeitungen mit Vollredaktionen (sog. „publizistische Einheiten"). Die Verkaufsauflage betrug 1980 durchschnittlich 25,3 Millionen Exemplare, was einer Leserdichte von 419 Exemplaren auf 1000 Einwohner entspricht. 96% aller Zeitungen sind Abonnementszeitungen. Die wenigen Straßenverkaufszeitungen — unter ihnen auch 5 Zeitungen für ausländische Arbeitnehmer — erreichten aber eine Auflage, die fast 40% aller verkauften Exemplare ausmachte. „Bild" erschien im 4. Quartal 1979 in einer werktäglich verkauften Auflage von 4,89 Millionen, während die kleinste Zeitung aus einem wirtschaftlich selbständigen Verlag, die „Zeitung f ü r St. Andreasberg", eine verkaufte Auflage von 558 und die kleinste Zeitung mit einer Vollredaktion, die „Honnefer Volkszeitung", eine verkaufte Auflage von 3000 hatten 13 . Sonntags erscheinen nur vier Zeitungen. Der Umsatz aller Zeitungen erreichte 1977 die Summe von 6,7 Milliarden DM. Das Zeitschriftenwesen ist durch eine reiche Vielfalt gekennzeichnet. Wöchentlich erscheinenden Programmzeitschriften, Magazinen und Illustrierten 11

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Zur Geschichte der Presse und des Presserechts vgl. Möhrke, Pressegeschichte zum Nachschlagen, 1951; Löffler, PresseR, Kommentar, Bd. I, 2. Aufl. 1969, S. 13 ff. Zu den verfassungsrechtlichen Aspekten der Pressekonzentration vgl. etwa Kunert, Pressekonzentration und Verfassungsrecht, 1971; Lerche, Verfassungsrechtliche Fragen zur Pressekonzentration, 1971. Deutscher Presserat, Jahrbuch 1980, S. 125 ff., 167.

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mit Millionenauflagen stehen Fach-, Berufs-, Verbands-, Werks-, Bildungs-, Unterhaltungs- und andere Zeitschriften mit verschiedenen Erscheinungszeiträumen und unterschiedlichen Auflagenhöhen gegenüber. Auflagenstärkste Zeitschrift ist die monatlich erscheinende „ADAC motorweit" mit einer Auflage von 6,21 Millionen im 4. Quartal 1979. Sie ist ebenso wie die an 3. Stelle stehende Zeitschrift „Das Haus" mit einer Auflage von 2,74 Millionen auf Mitgliedschaften in Verbänden gestützt. An 2. Stelle liegt „Hör zu", von der durch Abonnement und Einzelverkauf wöchentlich 3,97 Millionen Exemplare verkauft wurden. Am 31. 12. 1977 wurden insgesamt 5087 Zeitschriften erfaßt, deren Verkaufsauflage sich auf 123 Millionen Exemplare belief, während weitere 84,6 Millionen unentgeltlich verteilt (Kundenzeitschriften, Anzeigenblätter) oder an Mitglieder von Vereinen und Verbänden im Rahmen der Mitgliedschaft abgegeben wurden. Die Fachzeitschriften bildeten nach der Anzahl die größte Gruppe. Der Umsatz aller Zeitschriften betrug 1977 6,3 Milliarden DM. Da die periodische Presse überwiegend vom Anzeigengeschäft und weniger durch den Verkauf der Zeitungen finanziert wird, besteht nicht nur eine Konkurrenzsituation zwischen lokaler Klein- und Mittelpresse und überregionaler Großpresse, sondern auch ein Wettbewerb mit den anderen Massenmedien, da Hörfunk und Fernsehen ebenfalls Werbung betreiben. Ein Gesetzentwurf, der 1965 im Bundestag eingebracht wurde und vorsah, den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten überhaupt zu untersagen, sich gewerblich als Werbeträger oder Anzeigenvermittler zu betätigen und Werbesendungen auszustrahlen 14 , wurde freilich nicht weiter verfolgt. Der Marktanteil des Rundfunks an der Werbung, der seither etwas zurückgegangen ist, ist in den letzten Jahren wieder leicht gestiegen. An den Netto-Werbeumsätzen ausgewählter Werbeträger von 12,35 Milliarden DM im Jahre 1979 waren die Anzeige- und Beilagenwerbung mit 8,80 Milliarden DM, die Fernseh-, Hörfunk- und Filmwerbung nur mit 1,48 Milliarden DM beteiligt. Die Anteile der Bruttowerbeaufwendungen für Produkte und Dienstleistungen mit regionaler und überregionaler Bedeutung betrugen 1980 für die Zeitungen 29,5%, die Zeitschriften 47%, den Hörfunk 6,5% und das Fernsehen 17%15. 2. Rechtsgrundlagen Von der ihm in Art. 75 Nr. 2 G G eingeräumten Rahmengesetzgebungskompetenz hat der Bund noch keinen Gebrauch gemacht. Ein im Bundesministerium des Inneren erarbeiteter Referentenentwurf, der sich vornehmlich mit der inneren Pressefreiheit befaßte, fand keinen Anklang und stieß auch in einer revidierten Fassung von Ende Juli 1974 überwiegend auf Ablehnung. 14 15

BT-Drucksache IV/3156. Media Perspektiven 1980, S. 654; 1981, S. 166. Zu den Gesamtwerbekosten 1978 vgl. Klein-Blenkers/Robl, Media Perspektiven 1980, 789ff.

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Abgesehen von Zweifeln an seiner Praktikabilität bestanden gegen ihn erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken 16 . Der Bund hat aber auf G r u n d anderer Gesetzgebungskompetenzen Regelungen getroffen, die das Pressewesen angehen, wie etwa auf den Gebieten des Strafrechts, des Kartellrechts oder der Statistik. Auf G r u n d des Gesetzes über eine Pressestatistik vom 1. April 197517 ist es möglich, umfassende amtliche statistische Erhebungen bei allen Unternehmen durchzuführen, die Zeitungen oder Zeitschriften verlegen. Die Länder einigten sich 1963 auf einen Modellentwurf eines LandespresseG, der von ihnen kooperativ ausgearbeitet wurde 1 8 . Diesem Modell entsprechend erließen zwischen 1964 und 1966 neun Länder inhaltlich weitgehend übereinstimmende Landespressegesetze, u n d das Land Hessen paßte sein PresseG dem Modellentwurf an. Unverändert blieb allein das bayerische LandespresseG von 194919. 3. Anwendungsbereich der Landespressegesetze a) Druckwerke; Die Landespressegesetze enthalten keine Legaldefinition des Pressebegriffs. Durch die jüngste technische Entwicklung ist die Abgrenzung zwischen Presse u n d R u n d f u n k problematisch geworden. Der Videotext, von den Zeitungsverlegern „Bildschirmzeitung" genannt, erscheint auf dem Fernsehempfangsgerät als geschriebener Text, und die Faksimilezeitung wird vom Empfängergerät sogar ausgedruckt. Die Pressegesetze der Länder definieren nur das Druckwerk. Der rechtliche Begriff der Presse m u ß sich demnach vornehmlich am Begriff des Druckwerks orientieren. Anknüpfungspunkt f ü r die Anwendung der Pressegesetze ist somit in erster Linie das Presseerzeugnis, nicht das Presseunternehmen oder die Pressetätigkeit. Unter den Begriff des Druckwerks fallen alle mittels der Buchdruckerpresse oder eines sonstigen zur Massenherstellung geeigneten Vervielfältigungsverfahrens hergestellten und zur Verbreitung bestimmten Schriften, besprochenen Tonträger, bildlichen Darstellungen mit und ohne Schrift und Musikalien mit Text oder Erläuterungen 2 0 . Zu den Druckwerken gehört auch das gesamte Korrespondenzmaterial der presseredaktionellen Hilfsunternehmen, so daß Nachrichtenagenturen, Pressekorrespondenzen, Materndienste und ähnliche Unternehmen den Bestimmungen der Landespressegesetze unterliegen. 16

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ZV + ZV 39-40/1974, S.1208. Vgl. auch z.B. Augstein, Der Spiegel vom 29.7. 1974; Fromme, FAZ vom 31.7. und 19.9. 1974; Ahlers, Wirtschaftswoche vom 23. 8. 1974. BGBl. 1975 I, S. III. Text: Löffler, PresseR, Bd. II, 2. Aufl. 1968, S. 605ff. G über die Presse vom 3. 10. 1949 (BayBS I, S. 310). Zur Neuordnung vgl. Gensior, Juristen-Jahrbuch 5 (1964/65), S. 19 ff. § 7 der PresseG von Baden-Württemberg, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein; §6 der PresseG von Bayern und Berlin; § 4 Hessisches PresseG.

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Keine Druckwerke i. S. der Pressegesetze sind amtliche Druckwerke 21 , soweit sie ausschließlich amtliche Mitteilungen enthalten, und die sog. „harmlosen" Druckwerke, die nur Zwecken des Gewerbes und Verkehrs, des häuslichen geselligen Lebens dienen, wie Formulare, Preislisten, Werbedrucksachen, Familienanzeigen, Geschäfts-, Jahres- und Verwaltungsberichte, Visitenkarten, Konzertprogramme, Speisekarten, Taschenkalender oder Hochzeitszeitungen sowie Stimmzettel für Wahlen. Ebenso wird der Charakter eines Druckwerks verneint, wenn der geistige Inhalt der Vervielfältigung gegenüber dem vorherrschenden Stoffmaterial so in den Hintergrund tritt, daß er dessen stofflich wirtschaftlicher Bestimmung völlig untergeordnet wird oder eine unwesentliche Rolle spielt wie z. B. Biergläser mit Aufschriften, Warenetiketten, Banknoten oder Spielkarten. Trotz dieser Ausnahmen ist der Begriff des Druckwerkes außerordentlich weit, da er nicht nur gedruckte oder anderweitig vervielfältigte Erzeugnisse, sondern auch Schallplatten und besprochene oder bespielte Tonbänder umfaßt. Da der vom Gesetz nicht definierte juristische Pressebegriff am Druckwerkbegriff orientiert ist, folgt daraus, daß den Landespressegesetzen grundsätzlich auch ein sehr weiter Pressebegriff zugrunde zu legen ist. Die Pressegesetze gelten nicht nur für die Zeitungspresse, sondern darüber hinaus für alle Unternehmen, soweit sie Druckwerke im Sinne der Pressegesetze herstellen, sofern nicht ausdrücklich normierte oder aus dem Sinn und Zweck einer Bestimmung gebotene Einschränkungen vorliegen. b) Periodische Druckwerke: Besondere Vorschriften gelten für periodische Druckwerke, worunter Zeitungen, Zeitschriften und andere in ständiger, wenn auch unregelmäßiger Folge und im Abstand von nicht mehr als 6 Monaten erscheinende Druckwerke verstanden werden. Der Begriff des periodischen Druckwerkes deckt sich ungefähr mit dem, was man nach dem Sprachgebrauch unter Presseerzeugnis bzw. überhaupt unter Presse versteht 22 . Keine periodischen Druckwerke sind reine Anzeigenblätter 23 sowie wiederkehrend erscheinende Druckwerke, denen die Abgeschlossenheit und Selbständigkeit fehlt, wie z. B. Ergänzungslieferungen von Loseblattsammlungen. 4. Pressefreiheit und Informationsanspruch a) Äußere Pressefreiheit: Eine freie, nicht staatlich gelenkte und keiner Zensur unterworfenen Presse ist ein Wesenselement des freiheitlichen Staates. Die der Presse zufallende öffentliche Aufgabe, die sie insbesondere dadurch erfüllt, daß sie Nachrichten beschafft und verbreitet, Stellung nimmt, Kritik 21

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Zu Verfassungsfragen des kommunalen Amtsblattes vgl. Ricker, in: Fs. f. Löffler, 1980, S. 287 ff. Vgl. Wolff/Bachof, VwR III, 4. Aufl., 1978, § 132 Ia 2. Auch das BVerfG hat im 1. Fernsehurteil als Presse nur die Zeitungs- und Zeitschriftenpresse gemeint, BVerfG E 12, 205, 261. BGHZ 19, 392.

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übt oder auf andere Weise an der Meinungsbildung mitwirkt 24 , nimmt sie im gesellschaftlichen Raum wahr. Sie stellt also keine vierte Gewalt im Sinne der staatlichen Gewaltentrennung dar, sondern steht außerhalb der staatlichen Organisation. Die Presseunternehmen arbeiten nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen und privatrechtlichen Organisationsformen und stehen untereinander in geistiger und wirtschaftlicher Konkurrenz, in die die öffentliche Gewalt grundsätzlich nicht eingreifen darf 25 . Art. 5 I S. 2 GG gewährt der Presse nicht nur einen individuellen Abwehranspruch gegen störende Eingriffe des Staates, sondern gewährleistet darüber hinaus die institutionelle Eigenständigkeit der Presse von der Beschaffung der Informationen bis zur Verbreitung der Nachricht und Meinung 26 . Geschützt ist nicht nur die formelle oder passive, sondern auch die materielle oder aktive Pressefreiheit, d. h. das Recht, aktiv am öffentlichen Geschehen durch Nachrichtenübermittlung, Meinungsäußerung, Kontrolle und Kritik mitzuwirken. Die institutionelle Sicherung der Presse als einer der Träger und Verbreiter der öffentlichen Meinung im Interesse einer freien Demokratie schließt das subjektive öffentliche Recht der im Pressewesen tätigen Personen ein, ihre Meinung in der ihnen geeignet erscheinenden Form ebenso frei und ungehindert zu äußern wie jeder andere Bürger. Der verfassungsmäßigen Garantie der Pressefreiheit widerspräche es, die Presse oder einen Teil von ihr unmittelbar oder auch nur mittelbar von Staats wegen zu reglementieren oder zu steuern. Ein Gesetz, das der Regierung erlauben würde, einem Redakteur die Berufsausübung zu untersagen, wäre verfassungswidrig 27 . Die institutionelle Garantie kommt freilich nur jenem Bereich der Presse zu, der den in § 3 der LandespresseG umschriebenen öffentlichen Aufgaben dient 28 . Sie gilt sicherlich nicht für sämtliche Personen, die Druckwerke in 24 25

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Vgl. § 3 der LandespresseG. BVerfG E 20, 162, 175. Abweichend von der herrschenden Meinung behauptet Löffler, NJW 1969, 2227, daß auch nichtstaatliche Institutionen Adressaten des Zensurverbots sein können. — Zur Zulässigkeit von Pressesubventionen vgl. VG Berlin, DVB1. 1975, 268 m. Anm. Henke = DÖV 1975, 134 m. Anm. Scholz; OVG Berlin, DVB1. 1975, 905. BVerfG E 10, 118, 121; 12, 205, 260; 20, 162, 175f. So die h. M., vgl. H. Ridder, GRe II, S. 259ff.; H. J. Reh / R . Gross, Hessisches PresseG, 1963, S. 27; Scheuner, VVDStRL 22 (1965), S. 62ff.; Scheer, Deutsches PresseR, 1966, S. 175f.; Löffler, PresseR II, S. 23ff. Kritisch: Bettermann, DVB1. 1963, 42; Forsthoff, DÖV 1963, 633; Kemper, Pressefreiheit und Polizei, 1964, S. 53ff.; Schnur, VVDStRL 22 (1965), S. 116 ff.; M. Rehbinder, PresseR, 1967, S. 20 f. BVerfG E 10, 118, 121 ff. Zum zulässigen Ausspruch eines Berufsverbots gemäß §§ 61 Nr. 7 und 70 StGB n. F. vgl. BVerfG E 25, 88 ff. (zu § 421 StGB a. F.). In diesem Sinne Scheuner, VVDStRL 22 (1965), S. 75. Das BVerfG beschränkt die „öffentliche Aufgabe" der Presse nicht auf die regelmäßig erscheinende politische Presse; vgl. BVerfGE 20, 162, 174ff. Nach BVerfG E 21, 271, 278, umfaßt die Pressefreiheit auch den Anzeigenteil. — Zum geschützten Personenkreis vgl. Rebe, Die Träger der Pressefreiheit nach dem Grundgesetz, 1969, S. 52ff.

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der weiten Bedeutung dieses Begriffs herstellen. Geschützt sind aber auch die im deutschen Pressewesen beschäftigten Ausländer sowie Deutsche und Ausländer, die in der Bundesrepublik Deutschland für ausländische Presseunternehmen tätig sind, soweit diese am Prozeß der Meinungsbildung im Inland mitwirken. Wichtigster Ausfluß der Pressefreiheit ist das in Art. 5 I S. 3 G G normierte Zensurverbot. Es bedeutet, daß präventive Einwirkungen, welche die Möglichkeit eines Eingreifens gegen bestimmte Auffassungen eröffnen, verboten sind. Wie weit dieses Verbot auch für die Schülerpresse oder für Anstaltszeitungen gilt, hängt jeweils von den besonderen Rechtsverhältnissen ab 29 . Eine Selbstkontrolle der Presse fällt nicht unter das Zensurverbot. Sie könnte jedoch dann unzulässig sein, wenn durch sie eine Selbstgleichschaltung der Presse bewirkt würde, welche die durch Art. 5 I S. 2 G G gewährte institutionelle Garantie in Frage stellt. Ob auch eine Nachzensur verfassungsrechtlich ausgeschlossen ist, der Zensurbegriff also auch repressive Maßnahmen umschließt, ist streitig 30 . Auf Grund der Landespressegesetze gehört zur Freiheit der Presse auch das Verbot von Berufsorganisationen der Presse mit Zwangsmitgliedschaft und eine mit hoheitlicher Gewalt ausgestattete Standesgerichtsbarkeit 31 . Berufsorganisationen auf freiwilliger Basis und eine freiwillige Ehrengerichtsbarkeit sind dagegen zulässig. Freilich darf ein Ehren- oder Schiedsgericht nicht auf Ausschluß aus dem Presseberuf erkennen; denn die Verwirkung der Pressefreiheit darf allein durch das BVerfG ausgesprochen werden. Da die Pressefreiheit ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze findet, wäre auch eine Sonderbesteuerung der Presse unzulässig 32 . b) Innere Pressefreiheit: Angesichts der zunehmenden Konzentration der Zeitungspresse erhebt sich die Frage, ob die Pressefreiheit auch vor nichtstaatlichen Einwirkungen gesichert ist. Geht man davon aus, daß die Presse als Institution zur Artikulierung der öffentlichen Meinung im demokratischen Staat geschützt ist, kann sich zur Erhaltung und Sicherung der Offenheit und Vielfalt der Diskussion im Extremfall das Gebot eines staatlichen 29

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Vgl. hierzu von Münch, Freie Meinungsäußerung und besonderes Gewaltverhältnis, 1957; Brenner, Pressefreiheit und Schülerzeitung, 1966; Leuschner, Das Recht der Schülerzeitung, 1966; Schock, Schülerpresserecht, 1971; Löffler, AfP 1980, 184ff.; A. Tiemann, in: Birk / Dittmann / Erhard (Hrsg.), Kulturverwaltungsrecht im Wandel, 1981, S. 143 ff. Vgl. im einzelnen Löffler, PresseR I, S. 136ff., und BVerfGE 33, 52, 72f. Gegen einen „materiellen" Zensurbegriff, wie ihn Noltenius ( F N 7), S. 106ff., gebraucht, wendet sich Scheuner, VVDStRL 22 (1965), S. 79. § 1 IV der PresseG von Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein; § 1 III PresseG von Bayern und Niedersachsen; § 2 III Hessisches PresseG. Ein ausdrückliches Verbot einer Sonderbesteuerung der Presse enthält § 1 IV des Hessischen PresseG.

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Eingriffs ergeben, um Gefahren abzuwehren, die einem freien Presserecht aus der Bildung von Meinungsmonopolen erwachsen könnten 33 . Nach dem umstrittenen Bericht vom 14. Juni 1968, den die von der BReg eingesetzte Kommission vorgelegt hat, welche die Ursachen für die Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz von Presseunternehmen und die Folgen der Konzentration im Pressewesen für die Meinungsfreiheit zu untersuchen hatte 34 , beginnt die Gefährdung der Pressefreiheit bei einem Marktanteil von 20% an der Gesamtauflage der Presseorgane. Die unmittelbare Beeinträchtigung der Pressefreiheit ist nach Auffassung der Pressekommission bei einem Marktanteil von 40% an Tages- und Sonntagszeitungen erreicht. Der Bericht empfiehlt ein Anti-Konzentrations-Gesetz, das eine Marktanteilsbegrenzung für Presseunternehmen bestimmen soll. Im juristischen Schrifttum fand der Vorschlag Befürworter, doch stieß er auch auf Ablehnung 35 . Insbesondere wird darauf hingewiesen, daß es sich bei einem solchen Gesetz nicht um ein allgemeines im Sinne von Art. 5 II GG, sondern um ein Einzelfallgesetz handeln würde. Um Meinungsmonopole zu verhindern oder zu erschweren, kommt auch die Genehmigungspflicht für Fusionen oder die Offenlegung der Besitz- und Beteiligungsverhältnisse in Betracht. Letzteres ist in Bayern und Hessen bereits in den Pressegesetzen geregelt. Eine pressespezifische Fusionskontrolle ist mit Wirkung vom 28. 1. 1976 in Kraft getreten 36 . Gemäß § 23 I S. 7 GWB sind Fusionen von Presseunternehmen mit Gesamtumsätzen von mehr als 25 Mill. DM dem Bundeskartellamt anzuzeigen 37 . Zur Sicherung der Meinungsvielfalt wird schließlich eine interne „Demokratisierung" der Presse empfohlen, indem der Verleger auf die Auswahl der Redakteure und auf die Festlegung „der allgemeinen publizistischen Haltung" der Zeitung beschränkt würde, während dem Chefredakteur eine „Richtlinienkompetenz" bei der Gestaltung der Zeitung zukommen würde und die Redakteure oder sogar alle Journalisten in diesem Rahmen bei der inhaltlichen Gestaltung ihrer Beiträge im einzelnen frei sein würden 38 . Die 33

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BVerfG E 20, 162, 176; Scheuner, VVDStRL 22 (1965), S. 76f.; Löffler, PresseR II, S. 45 ff. BT-Drucksache V/3122. Dafür: Löffler.ZKP 1968, 12ff. Ablehnend: Kuli, DÖV 1968, 861 ff.; Heizier, ZRP 1969, 7. - Vgl. ferner Kirn, ZRP 1970, 102ff. ; Kunert, Pressekonzentration und Verfassungsrecht, 1971, S. 102 ff. — Der Politische Ausschuß der Beratenden Versammlung des Europarates will den 17 Mitgliedsländern des Rates Maßnahmen zur Lösung der Presseprobleme auf europäischer Ebene vorschlagen. 3. Gesetz zur Änderung des GWB vom 28.6. 1976 (BGBl. I, S. 1697); vgl. dazu BGH NJW 1980, 1381. Zur verfassungsrechtlichen Problematik der Fusionskontrolle vgl. Gehrhardt, AfP 1971, 2ff.; Kuli, AfP 1974, 634ff.; Ricker, AfP 1975, 733ff.; Groß, DVB1. 1976, 925ff.; Löffler / Ricker, Handbuch des Presserechts, 1978, S. 383ff. So z. B. die Regelung des inzwischen nicht weiter verfolgten Referentenentwurfs vom Juli 1974.

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Interessen der Redakteure könnte eine Redakteursvertretung wahrnehmen, die auch an personellen Entscheidungen mitwirkt. Eine gesetzliche Regelung der Mitbestimmung von Redakteuren, Journalisten ohne Redakteurstatus und Redakteursvertretung wird freilich nicht nur unter verfassungsrechtlichen Aspekten kritisiert. Auch wird eingewendet, d a ß es unmöglich sei, die „allgemeine publizistische Haltung" eines Blattes festzulegen 39 . Da das wirtschaftliche Risiko dem Verleger nicht abgenommen werden kann, ohne d a ß die privatwirtschaftliche Struktur der Presse aufgegeben würde, sind der Mitbestimmung von Redakteuren und anderen im Pressewesen tätigen Personen letztlich Grenzen gesetzt, mögen diese auch recht weit sein 40 . Eine gesetzlich eingeführte Journalistenmitbestimmung ist im übrigen nur d a n n zulässig, wenn nur dadurch die Meinungsvielfalt einer freien Presse gewährleistet werden kann. c) Informationsanspruch: Art. 5 I S. 1 G G gewährt das Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Dieses Informationsrecht steht auch der Presse zu und wird in § 4 der LandespresseG näher präzisiert. Danach sind die Behörden verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen. Allgemeine Anordnungen, die einer Behörde Auskünfte an die Presse verbieten, sind unzulässig. Der Verleger einer Zeitung oder Zeitschrift kann von den Behörden verlangen, daß ihm deren amtliche Bekanntmachungen nicht später als seinen Mitbewerbern zur Verwendung zugeleitet werden. Die Tätigkeit von amtlichen Pressestellen u n d Informationsdiensten gründet sich nicht auf das Auskunftsrecht der Presse, sondern dient der Öffentlichkeitsarbeit der betreffenden Körperschaften u n d Behörden 4 1 . 39

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Wie „jeder Fach- und jeder Nicht-Idiot weiß" (Augstein, Der Spiegel vom 29. 7. 1974). Zur „inneren Pressefreiheit" vgl. z. B. Pressefreiheit, Entwurf eines Gesetzes zum Schutze freier Meinungsbildung und Dokumentation des Arbeitskreises Pressefreiheit, hrsg. von Armbruster u.a., 1970; Schwerdtner, ZRP 1970, 220ff., BB 1971, 833ff. und JR 1972, 357ff.; Kuli, AfP 1970, 906ff. und 1972, 249ff.; Hensche, ZRP 1972, 177ff.; Marx, NJW 1972, 1547ff.; Kaiser, Presseplanung, 1972, S.41ff.; Kubier, Gutachten für den 49. Deutschen Juristentag, 1972; W. Weber, Innere Pressefreiheit als Verfassungsproblem, 1973; Lerche, Verfassungsrechtliche Aspekte der „inneren Pressefreiheit", 1974; Branahl / Hoffmann-Riem, Redaktionsstatute in der Bewährung, 1975; Liesegang, JuS 1975, 215ff.; Arndt / von Olshausen, JuS 1975, 485ff.; Fischer / Molenveld / Petzke / Wolter, Innere Pressefreiheit in Europa. Komparative Studie zur Situation in England, Frankreich, Schweden, 1975; Löffler / Ricker, Handbuch des Presserechts, S. 198 ff. Leisner, Öffentlichkeitsarbeit der Regierung im Rechtsstaat, 1966, S. 121 ff.; zur Öffentlichkeitsarbeit von Regierung und Verwaltung vgl. ferner Sänger, Die Funktion amtlicher Pressestellen in der demokratischen Staatsordnung, 1966; Jerschke, Öffentlichkeitspflicht der Exekutive und Informationsrecht der Presse, 1971, S. 117 ff. Zur Öffentlichkeitsarbeit der Regierung im Wahlkampf vgl. BVerfGE 44, 125 ff. — Über die Grenzen der Pressefreiheit bei der Beschaffung von Informationen durch

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Das Recht auf Information steht in engem Zusammenhang mit der Pressefreiheit, da diese mangels Information zu einem nudum ius degenerieren würde. Das Recht auf Meinungsverbreitung ist wertlos, wenn nicht gleichzeitig das Recht auf Unterrichtung über die Meinung anderer gesichert wird, wie auch andererseits das Recht, Informationen zu sammeln, ohne das Recht der freien Meinungsäußerung ohne jeden effektiven Wert ist. Begrifflich wird die Meinungsäußerungsfreiheit mitunter sogar als Teil der Informationsfreiheit verstanden. So spricht Art. 19 der allgemeinen Menschenrechtsdeklaration der Vereinten Nationen von 1948 von der Freiheit, Informationen zu sammeln, zu empfangen und zu verbreiten 42 . Im Zusammenhang mit der Informationsfreiheit sind einige Privilegien der Presse zu sehen, darunter das verfassungsrechtlich zum Bereich des gerichtlichen Verfahrens gehörende und in § 53 I Nr. 5 StPO geregelte Zeugnisverweigerungsrecht der Redakteure, Verleger, Herausgeber, Drucker und anderer, die bei der Herstellung oder Veröffentlichung einer periodischen Druckschrift mitgewirkt haben 43 . Auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarungen genießt die Presse eine bevorzugte Behandlung im internationalen Fernmeldeverkehr, z. B. hinsichtlich der Pressetelegramme. Die Schranken des Informationsrechts ergeben sich einmal daraus, daß eine Auskunftspflicht nur im Rahmen der öffentlichen Aufgaben der Presse besteht. Zum anderen können Auskünfte verweigert werden, soweit hierdurch die sachgemäße Durchführung eines schwebenden Verfahrens vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könnte oder Vorschriften über die Geheimhaltung entgegenstehen oder ein überwiegendes Interesse oder ein schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde oder ihr Umfang das zumutbare Maß überschreitet. 5. Schranken der Pressefreiheit und Pflichten der Presse Überwachungsbehördliche Eingriffe in die Pressefreiheit sind nach ihren Schranken und nach den Pflichten zu beurteilen, denen die Presse unterliegt. a) Schranken der Pressefreiheit: Wichtigste Schranke sind die allgemeinen Gesetze. Darunter sind alle Gesetze zu verstehen, „die nicht eine Meinung als solche verbieten, die sich nicht gegen die Äußerung der Meinung als solche richten, die vielmehr dem Schutz eines schlechthin ohne Rücksicht auf eine

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strafbare Handlungen vgl. BVerfGE 25, 296 ff. Vgl. auch Löffler / Ricker, Handbuch des Presserechts, S. 99 ff. Zu den Bemühungen der Vereinten Nationen um die Informationsfreiheit vgl. Eek, Freedom of Information as a Project of International Legislation, 1953; W. Rudolf, JIR 5 (1955), S. 259 ff. BVerfGE 36, 193 ff. Vgl. auch BVerfGE 20, 162, 189 und 25, 296, 305; Löffler, PresseR II, S. 434f.; Kaiser, NJW 1968, 1260ff.; Gross, NJW 1968, 2368ff.; Cramer, Das Zeugnisverweigerungsrecht von Presse und Rundfunk, 1968; Löffler /Ricker, Handbuch des Presserechts, S. 131 ff.; Kohlhaas, in: Fs. f. Löffler, 1980, S. 143ff.

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bestimmte Meinung zu schützenden Rechtsguts dienen, dem Schutz eines Gemeinschaftswerts, der gegenüber der Betätigung der Meinungsfreiheit den Vorrang hat" 44 . Das Recht zur Meinungsäußerung m u ß zurücktreten, wenn schutzwürdige Interessen eines anderen von höherem Rang durch Betätigung der Meinungsfreiheit verletzt würden. Zu diesen Gesetzen gehören Straf-, Zivil- u n d Beamtengesetze sowie die Landespressegesetze selbst. Umstritten ist, ob auch die allgemeinen Polizei- und Ordnungsgesetze zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in die Pressefreiheit eingreifen dürfen. Nach einer weitverbreiteten Meinung soll die Pressefreiheit nicht mehr wie zur Zeit des ReichspreßG „polizeifest" sein 45 . Demgegenüber ist auf den Inhalt der Pressegesetze zu verweisen, wonach polizeiliche Eingriffe in Form der präventiv-polizeilichen Beschlagnahme im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit nicht zulässig sind. N a c h den Landespressegesetzen ist die Beschlagnahme von Druckwerken grundsätzlich ausschließlich dem Richter vorbehalten 4 6 . Dieser Grundsatz gilt uneingeschränkt allerdings nur in Berlin, Hamburg, Hessen u n d Reinland-Pfalz. In den Ländern BadenWürttemberg, Bayern, Bremen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland und Schleswig-Holstein ist eine vorläufige Sicherstellung von Presseerzeugnissen durch die Staatsanwaltschaft u n d ihre Hilfsbeamten zulässig, wobei in Bayern, Bremen und Niedersachsen für Zeitungen und Zeitschriften und in Nordrhein-Westfalen für Zeitungen das richterliche Beschlagnahmemonopol nicht durchbrochen ist. Keinen Rechtsschutz genießt die Presse gegenüber wertneutralen Eingriffen der Polizei, da es sich insoweit nicht um gezielte Eingriffe in die Pressefreiheit handelt. So ist die Schließung einer Druckerei aus baupolizeilichen G r ü n d e n ebenso zulässig wie die Entfernung von Plakaten an der Autobahn aus verkehrspolizeilichen oder Landschaftsschutzrücksichten. Auch die Zollerhebung für Druckwerke berührt die Pressefreiheit nicht. Ebenso ist die gesetzliche Beschränkung der freien Einfuhr von Presseerzeugnissen aus dem Ausland insoweit zulässig, als das betreffende Gesetz ein allgemeines im Sinne von Art. 5 II G G ist. Ob das bei dem Gesetz zur Überwachung strafrechtlicher und anderer Verbringungsverbote vom 24. Mai 1961 der Fall ist, ist bestritten 47 . 44 45

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BVerfGE 7, 198, 209f. BGHZ 12, 197, 203; Kemper, Pressefreiheit und Polizei, S. 70ff.; Bettermann, JZ 1964, 605; Maunz, StaatsR, 23. Aufl., 1980, S. 135. Gegen diese Auffassung vor allem W. Schmidt, JZ 1967, 151 ff.; vgl. auch Schwark, Der Begriff der „Allgemeinen Gesetze" in Artikel 5 Absatz 2 des Grundgesetzes, 1970, S. 54 ff. § 13 der LandespresseG, außer Bayern (§ 16), Hamburg (§ 12), Hessen (§§ 13, 16, BGBl 1961 I, S. 607. — Als Sondergesetz wird das Überwachungsgesetz von Löffler, PresseR II, S. 44f., charakterisiert; a. M.: Handschuh, Die Überwachung der Einfuhr und Verbreitung verfassungsfeindlicher Schriften, Diss. Tübingen, 1967, S. 140ff. Hinsichtlich des § 5 I und II G Ü V vgl. BVerfG E 33, 52ff. und die abweichende Meinung der Richter Rupp-von Brünneckund Simon, BVerfG E 33, 78ff.

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Neben den allgemeinen Gesetzen stellen die gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und das Recht der persönlichen Ehre weitere Schranken der Pressefreiheit dar. Das G über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften beschränkt die Verbreitung von Druckwerken. Schriften, Schallaufnahmen, Abbildungen und Darstellungen, die geeignet sind, Kinder oder Jugendliche sittlich zu gefährden, sind in eine bei einer Bundesprüfstelle geführte Liste aufzunehmen. Indiziert werden vor allem unsittliche, verrohend wirkende, zu Gewalttätigkeit, Verbrechen oder Rassenhaß anreizende sowie den Krieg verherrlichende Schriften. Nicht in die Liste aufgenommen werden dürfen Schriften allein ihres politischen, sozialen, religiösen oder weltanschaulichen Inhalts wegen oder solche, die der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre dienen 48 . Eine periodische Druckschrift kann auf die Dauer von 3 bis 12 Monaten in die Liste aufgenommen werden, wenn innerhalb von zwölf Monaten mehr als zwei ihrer Nummern in die Liste aufgenommen worden sind; doch gilt dies nicht für Tageszeitungen und politische Zeitschriften, wohl aber für Wochenzeitungen. bj Pflichten der Presse: Unter den Pflichten, welche die Pressegesetze der Presse auferlegen, ist zuerst ihre Sorgfaltspflicht zu nennen. Danach hat die Presse alle Nachrichten vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Wahrheit, Inhalt und Herkunft zu prüfen, um Druckwerke von strafbarem Inhalt freizuhalten oder Druckwerke strafbaren Inhalts nicht zu verbreiten 49 . Die unverfälschte Nachrichtenübermittlung ist deshalb von so großer Wichtigkeit, weil jede bewußte oder unbewußte Falschmeldung in das Denken von Millionen übergehen kann. Ein späteres Dementi versagt oft da, wo die falsche Nachricht auf die Gesinnung oder Meinung der Leserschaft richtig berechnet ist und ihre Wirkung bereits entfaltet hat, wenn das Dementi ergeht. Ferner dürfen Anklageschriften und andere amtliche Schriftstücke eines Straf- oder Bußgeldverfahrens vor ihrer Erörterung in öffentlicher Verhandlung oder vor Abschluß des Verfahrens nicht oder nur mit Genehmigung der zuständigen Behörde veröffentlicht werden. Schließlich ist von jedem Druckwerk bestimmten Stellen (z. B. einer Universitätsbibliothek) ein Pflichtexemplar anzubieten und auf Verlangen gegen angemessene Entschädigung abzuliefern. Besonderen Pflichten unterliegen periodische Druckwerke. Nur für sie besteht die Pflicht, einen verantwortlichen Redakteur zu haben und ihn mit Namen und Anschrift im Impressum anzugeben. An den Redakteur stellt das Gesetz persönliche Anforderungen: Er muß im Bundesgebiet seinen ständigen Aufenthalt haben, die bürgerlichen Ehrenrechte besitzen, unbeschränkt 48

49

Zum Kunstbegriff vgl. BVerwG DVB1. 1968, 879 ff. Vgl. ferner Knies, Schranken der Kunstfreiheit als verfassungsrechtliches Problem, 1967, S. 113 ff. § 6 der LandespresseG von Baden-Württ., Bremen, Hamburg, Nieders., Nordrh.Westf., Rheinl.-Pf., Saarl. und Schlesw.-Holst.; § 3 der PresseG von Bayern und Berlin. Das Hess. LandespresseG enthält keine Bestimmung über die Sorgfaltspflicht der Presse. Zur Wahrheitspflicht der Presse vgl. Thieme, DÖV 1980, 149 ff.

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strafrechtlich verfolgt werden können und — soweit es sich nicht um Druckwerke von Jugendlichen für Jugendliche handelt — das 21. Lebensjahr vollendet haben und unbeschränkt geschäftsfähig sein. Ferner müssen gegen Entgelt gedruckte Anzeigen als solche deutlich bezeichnet sein. Der verantwortliche Redakteur und der Verleger eines periodischen Druckwerks sind verpflichtet, eine Gegendarstellung der Person oder Stelle zum Abdruck zu bringen, die durch eine in dem Druckwerk aufgestellte Tatsachenbehauptung betroffen ist. Von der Anbietungs- und Ablieferungspflicht ist die periodische Presse befreit 50 .

III. Rundfunkrecht 1. Historische und soziale Grundlagen a) Geschichtliche Entwicklung: Im Jahre 1888 entdeckte der Physiker Hertz die elektromagnetischen Wellen u n d zeigte auf, wie man diese selber erzeugen und sich dienstbar machen kann. 10 Jahre später betrieb Marconi als erster einen drahtlosen Telegraphenverkehr, und 1902 wird das erste drahtlose Telegramm über den Atlantik gesendet. Die „Funkentelegraphie" wird zunächst für die Schiffahrt nutzbar gemacht. Um gegenseitige Störungen zu vermeiden, wird 1906 in Berlin der erste Internationale Funkentelegraphenvertrag geschlossen, dem nach dem Titanic-Untergang 1912 der zweite Weltfunkvertrag folgt. Die erste Rundfunkübertragung f a n d 1913 in New York statt. In Deutschland wird ein Unterhaltungsrundfunkdienst seit 1923 betrieben. Über Draht wurden aber schon seit 1881 Opernaufführungen für einige hochgestellte Persönlichkeiten in Berlin, Frankfurt, Danzig und in Bayern übertragen. Die Kompetenz über das Funkwesen nahm das Deutsche Reich auf G r u n d seiner Kompetenz über Telegraphenangelegenheiten in Anspruch. Der Rundfunk selbst wurde privatwirtschaftlich durch neun verschiedene regionale Gesellschaften und die Deutsche Welle betrieben. 1925 wurde die Reichs-Rundfunk-Gesellschaft m b H als Dachorganisation für alle Rundfunkgesellschaften gegründet. 51% des Gesellschaftskapitals aller Rundfunkgesellschaften erhielt die Reichspost. Eine Kontrolle über die Gesellschaften übte der Rundfunkkommissar aus, zu dem Staatssekretär Bredow ernannt wurde, der sich um die Entwicklung des R u n d f u n k s besonders verdient gemacht hatte. Als Überwachungsorgane über die Programmgestaltung fungierten Überwachungsausschüsse, deren Mitglieder von den jeweils betroffenen Landesregierungen und der Reichsregierung ernannt wurden, u n d Kulturbeiräte 5 1 . 50

51

Zum Ordnungsrecht der Presse und zum Recht der Gegendarstellung vgl. Löffler / Ricker, Handbuch des Presserechts, S. 59ff., 108ff.; Seitz/Schmidt/Schoener, Der Gegendarstellungsanspruch in Presse, Film, Funk und Fernsehen, 1980; Damm, in: Fs. f. Löffler, 1980, S. 25ff.; Groß, DVB1. 1981, 247ff. Zur Geschichte des Rundfunks bis zur Bildung der Reichsfunkgesellschaft vgl.

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Mit der nationalsozialistischen Machtergreifung begann die Gleichschaltung des Rundfunks, der aus dem Ressort der Reichspost in das des Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda überführt wurde. Nur die Technik blieb Angelegenheit der Post. Nach dem Zusammenbruch der nationalsozialistischen Herrschaft betrieben die alliierten Militärbehörden die Sender zunächst selbst und schalteten auch die Post aus der Technik aus. Schließlich wurde der Rundfunk in deutsche Hände zurückübertragen, wobei entsprechend dem Vorbild der britischen BBC als Rechtsform die Anstalt öffentlichen Rechts gewählt wurde 52 . In der amerikanischen Besatzungszone entstanden in den Jahren 1948/49 der Bayerische Rundfunk, der Hessische Rundfunk, Radio Bremen und der Süddeutsche Rundfunk, jeweils für den Bereich des betreffenden Landes. Für die britische Zone wurde eine einheitliche Anstalt, der N W D R , gebildet, der 1954/55 in den Westdeutschen Rundfunk und den Norddeutschen Rundfunk geteilt wurde. Ebenso entstand in der französischen Besatzungszone nur eine Anstalt, der Südwestfunk. Im Saarland betrieb man den Rundfunk zunächst durch eine GmbH, deren Rechte und Pflichten 1957 der ebenfalls anstaltlich organisierte Saarländische Rundfunk übernahm. 1953 wurde der Sender Freies Berlin errichtet, doch blieb der von der amerikanischen Besatzungsmacht errichtete Sender RIAS daneben weiterhin bestehen. Außerdem existieren auf dem Bundesgebiet ausländische Militärsender zur Rundfunkversorgung der alliierten Streitkräfte sowie ein Sender der BBC in Berlin und 3 von ausländischen Privatpersonen organisierte und finanzierte Rundfunkunternehmen. Im Jahre 1960 gründete auch der Bund zwei Rundfunkanstalten. Das Fernsehen ist Teil des Rundfunks. Es hat sich in Deutschland in organisatorischer Verbindung mit dem Hörrundfunk entwickelt. Zwischen 1935 und 1944 gab es bereits einen Fernsehversuchsbetrieb. Nach dem zweiten Weltkrieg übernahm der N W D R die Rechte der früheren Reichspost-Fernseh-GmbH und strahlte seit 1950 ein Versuchsprogramm aus. Seit Ende 1952 gibt es ein regelmäßiges Fernsehprogramm, das zunächst vom N W D R allein betrieben, dann von sämtlichen in der Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten Deutschlands (ARD) zusammengeschlossenen Rundfunkanstalten bestritten wurde. Zur Sendung eines Kontrastprogramms gründeten sämtliche deutschen Länder durch Staatsvertrag vom 6. Juni 1961 das Zweite Deutsche Fernsehen 53 . Außerdem bieten die Rundfunkanstalten der Länder fünf regio-

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Lerg, Die Entstehung des Rundfunks in Deutschland, 1965; Haensel, Rundfunkfreiheit und Fernsehmonopol, 1969, S. 17 ff. Zur Entstehung der gegenwärtigen Rundfunkorganisation vgl. Reichert, Der Kampf um die Autonomie des deutschen Rundfunks, 1955; Brack, RuF 1962, 30ff.; ders., Organisation und wirtschaftliche Grundlagen des Hörfunks und des Fernsehens in Deutschland, 1968, S. 9ff.; Herrmann, RuF 1962, 368ff.; Rudolf, Über die Zulässigkeit privaten Rundfunks, 1971, S. 11 ff. GV. NW. 1961 S. 269; Hillig, RuF 1962, 391 ff.

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nale dritte Fernsehprogramme an, teilweise als Gemeinschaftsprogramm (z. B. S 3 gemeinsam vom Saarländischen R u n d f u n k , Süddeutschen Rundf u n k und Südwestfunk). In Anbetracht der technischen Schwierigkeiten ist die Fernsehversorgung in der Bundesrepublik Deutschland nicht zu 100% gesichert. Das 1. und 2. Programm kann im gesamten Bundesgebiet nur von 97%, das 3. Programm nur von 95% der Bevölkerung empfangen werden. Es bestehen jedoch regionale Unterschiede. Mit allen 3 Programmen zu 100% versorgt ist nur Berlin (West), mit dem 1. Programm auch Bremen. Die Fernsehversorgung ist abhängig von der Struktur der Landschaft. Sie ist besonders günstig in den ebenen Stadtstaaten und besonders ungünstig im geographisch stark gegliederten Sendegebiet des Saarländischen R u n d f u n k s und des Südwestfunks 5 4 . Hier sind besonders viele Füllsender erforderlich. Als erste Rundfunkorganisation der Welt hat der Südwestfunk Ende Oktober 1977 eine neuartige FüllsenderVersuchsstation in Betrieb genommen, die der Erprobung mit solarelektrischer Energieversorgung dient. b) Gegenwartssituation: Angesichts der großen Bedeutung, die der Rundf u n k als Träger der öffentlichen Meinungsbildung besitzt, haben die Staaten sehr bald entsprechend ihren Vorstellungen über die Stellung des R u n d f u n k s in der Gesellschaft Einfluß auf die Organisation dieses Massenmediums genommen. Dabei mußte berücksichtigt werden, d a ß aus technischen Gründen nur eine beschränkte Anzahl von Wellenlängen überhaupt zur Verfügung steht. Der Gesamtbereich sämtlicher Radiofrequenzen ist zudem zwischen Hör-, Fernseh-, Amateur-, Schiffs-, Flug-, Militär-, Polizeifunk und sonstigen Funkdiensten bis zu Hertzsche Wellen erzeugenden medizinischen Geräten aufzuteilen. Sind in einer Region genügend Wellenlängen vorhanden, daß jeder Interessierte, der die nötigen finanziellen Mittel besitzt, eine Frequenz erhalten kann, läßt sich der R u n d f u n k privatwirtschaftlich organisieren, wie das zumeist in der westlichen Hemisphäre geschehen ist. N u r die G r ü n d u n g u n d der Geschäftsbetrieb der Privatgesellschaften wird staatlich überwacht. Finanziert wird dieser Privatrundfunk durch Werbefunk. Das extreme Gegenteil dieses Systems ist ein staatliches R u n d f u n k m o n o p o l der Art, daß die Regierung die Programmgestaltung in eigener Regie betreibt, wie z. B. in den Staaten des Ostblocks 55 . In der Bundesrepublik Deutschland hat man sich im Hinblick auf die verhältnismäßig geringe Zahl der zur Verfügung stehenden Frequenzen entschlossen, den R u n d f u n k als Anstalt des öffentlichen Rechts zu organisieren, 54

55

In Rheinland-Pfalz können 97,1% der Bürger das 1. und das 2. Fernsehprogramm empfangen, aber nur 94,9% die Regionalsendungen des SWF und 92,3% das 3. Programm (S 3). Vgl. die rechtsvergleichende Untersuchung von H. von Mangoldt / P. Sympher / W. Zeidler, Die rechtliche Ordnung des Rundfunks im Ausland, 1953; Krause-Ablass, in: Internationales Handbuch für Rundfunk und Fernsehen 1967/68, S. 63ff.

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da diese Rechtsform unter den gegebenen technischen Voraussetzungen die verfassungsrechtlich garantierte Freiheit der Berichterstattung durch den Rundfunk besonders gut gewährleistet 56 , aber ohne daß Art. 5 I S. 2 GG die Rechtsform der öffentlich-rechtlichen Anstalt fordert. Bei der Rechtsform der Anstalt des öffentlichen Rechts sind die Rundfunkanstalten durch die ihnen ständig zukommenden Gebühren auf der einen Seite von der Regierung wirtschaftlich unabhängig, während auf der anderen Seite die pluralistischen Kräfte des öffentlichen Lebens in den Organen der Anstalten die Aufstellung von Grundsätzen der Programmgestaltung entscheidend beeinflussen können. Durch die Einrichtung des Werbefunks sind neben die Einnahmen aus Rundfunkgebühren sehr beträchtliche Einkünfte der Rundfunkanstalten aus der Rundfunkwerbung getreten. Bestrebungen, die Zahl der Rundfunkanstalten durch Zusammenschlüsse zu verringern, blieben bisher erfolglos 57 . Während man bisher unter Rundfunk Hörfunk und Fernsehen 58 als Übertragung akustischer und visueller Darbietungen durch Funk — allerdings auch durch Drahtfunk 59 — verstand, ist angesichts der neuesten technischen Entwicklung der Rundfunkbegrijf umstritten. An neuen technischen Möglichkeiten sind neben dem Satellitenfunk59* Kabelhörfunk und Kabelfernsehen za nennen. Über Koaxialkabel können gleichzeitig 12 bis 60 Fernsehprogramme und zusätzlich etwa die gleiche Anzahl von Hörfunkprogrammen übertragen werden. Mit der in der Entwicklung befindlichen Glasfaserübertragung wird die Zahl der zur Verfügung stehenden Kanäle für Fernsehen und Hörfunk in nicht allzu ferner Zukunft unvorstellbare Dimensionen annehmen. Zum anderen kann schon jetzt Videotext übertragen werden. Darunter versteht man die drahtlose oder drahtgebundene Übermittlung von Textnachrichten oder graphischen Darstellungen, die auf dem Bildschirm eines Fernsehempfängers mittels eines Decoders wiedergegeben werden können. Die Übertragung er56

57

58 59

59

Werner Weber, Zur Rechtslage des Rundfunks, in: Denkschrift des Nordwestdeutschen Rundfunks, Hamburg, 1953, S. 63ff.; vgl. ferner den Landesbericht Bundesrepublik Deutschland von Lerche, in: Bullinger / Kubier (Hrsg.), Rundfunkorganisation und Kommunikationsfreiheit, 1979, S. 15 ff. — Einen Alimentierungsanspruch der Anstalten gegen den Staat vertreten Bachof, Verbot des Werbefernsehens durch Bundesgesetz?, 1966, S.34; K. Stern/ H. Bethge, Funktionsgerechte Finanzierung der Rundfunkanstalten durch den Staat, 1968, S. 38ff.; Ossenbühl, Rundfunkfreiheit und die Finanzautonomie des Deutschlandfunks, 1969, S. 16. — Zum Werbefernsehen vgl. vor allem Leisner, Werbefernsehen und Öffentliches Recht, 1967, S. 22 ff., 129 ff. und passim. Schmücker, Neue Rundfunkstruktur in Südwestdeutschland?, A R D Jahrbuch 70, S. 18 ff. Vgl. auch Schneider, Konzentrationsbestrebungen der deutschen Landesrundfunkanstalten in verfassungsrechtlicher Sicht, 1970. BVerfG E 12, 205, 226. Gegen die Einbeziehung des Drahtfunks ex definitione: Demme, Das Kabelfernsehen in rechtlicher Sicht, 1969. Vgl. auch G. Küchenhoff, BB 1969, 1360; W. Weber, in: Fs. f. Forsthoff, 1972, S. 477. "Vgl. Bueckling, NJW 1981, 1113 ff.

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folgt in einer bisher nicht genützten Lücke der allgemeinen Fernsehübermittlung. Beim Bildschirmtext wird das bestehende Telefon-, Fernschreib- oder Datennetz als Übermittlungsträger benutzt. Femmelderechtlich sind Funkanlagen „elektrische Sendeeinrichtungen, bei denen die Übermittlung oder der Empfang von Nachrichten, Zeichen, Bildern oder Tönen ohne Verbindungsleitungen oder unter Verwendung elektrischer, an einem Leiter entlang geführter Schwingungen stattfinden kann" (§ 1 I S. 2 FAG). Daraus folgt, daß nicht nur der drahtlose, sondern auch der drahtgebundene Rundfunk, also auch der Kabelrundfunk und der VideoText unter den fernmelderechtlichen Funkanlagenbegriff fallen. Die fernmelderechtliche Genehmigung zum Betreiben von Funkanlagen, die den Rundfunkanstalten von der Bundespost erteilt wurde, erstreckt sich grundsätzlich auch auf die Benutzung der Austastlücke für Video-Text, so daß die Rundfunkanstalten für Video-Text-Übertragungen keiner zusätzlichen fernmelderechtlichen Genehmigung bedürfen 60 . Nicht unter den fernmelderechtlichen Funkbegriff fällt der Bildschirmtext, da er über das bestehende Telefon- oder Telegrafennetz übermittelt wird. Nach dem Rundfunkrecht der Länder ist der Rundfunkbegriff weit gefaßt. In dem Staatsvertrag über die Regelung des Rundfunkgebührenwesens von 1968 haben sich die Länder auf eine einheitliche Begriffsbestimmung geeinigt, an der sie in dem neugefaßten Staatsvertrag von 1974 festgehalten haben. Danach ist Rundfunk die für die Allgemeinheit bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Darbietungen aller Art in Wort, in Ton und in Bild unter Benutzung elektrischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung oder längs oder mittels eines Leiters61. Nach dieser Definition unterfallen auch das Kabelfernsehen und der Video-Text dem Rundfunkbegriff, nicht dagegen der Bildschirmtext. Auch der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff des Art. 5 I S. 2 GG ist weit gefaßt. Ihm unterfallen alle Massenmedien, die sich der Übermittlung durch elektrische Schwingungen bedienen. Nicht das Endprodukt (z. B. Faksimilezeitung) ist entscheidend, sondern die Art der Übermittlung, wobei freilich nicht zum Rundfunk gehört, was nicht der Massenkommunikation dient (z. B. ein Telefongespräch) 62 . 60

61 62

Rudolf / Meng, Rechtliche Konsequenzen der Entwicklung auf dem Gebiet der Breitbandkommunikation für die Kirchen, 1978, S. 29. Zum Video-Text vgl. KtK-Bericht, 1976, Anlagenband 2, S . 4 8 f f . , Anlagenband 4, S. 122ff.; Messerschmid, Media Perspektiven 1977, S. 421 ff.; Ratzke(Hrsg.), Die Bildschirmzeitung, 1977. Art. 1 des Staatsvertrages vom 5. 12. 1974, GV. NW. 1975, S. 278. Einen weiten Rundfunkbegriff vertreten auch Herzog, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Art. 5 Rdnr. 195; Lerche, Rundfunkmonopol, 1970, S. 14ff.; Schwandt, DÖV 1972, 693ff.; Ossenbühl, DÖV 1972, 695ff.; Lieb, Kabelfernsehen und Rundfunkgesetz, 1974; Stammler, Verfassungs- und organisationsrechtliche Probleme des Kabelrundfunks, 1974, S. 8ff.; ders., AfP 1975, 743ff.; Rudolf / Meng, a. a. O., S. 40 ff.

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Gegen eine derartig weite Fassung des Rundfunkbegriffs werden vor allem vor dem Hintergrund des faktischen Monopols der Rundfunkanstalten Bedenken erhoben 6 3 . Legt man den weiten Rundfunkbegriff zugrunde, ist es unerläßlich, die neuen technischen Kommunikationsmittel, vor allem den Kabelrundfunk in rechtlich unterschiedlich organisierten Pilotprojekten zu testen. Auf G r u n d eines Beschlusses der Ministerpräsidentenkonferenz vom 11. Mai 1978 sollen 4 befristete Versuche mit Breitbandkabel durchgeführt u n d ausgewertet werden. An der Durchführung der Pilotprojekte sind Rundfunkanstalten, eine öffentlich-rechtliche Körperschaft und eine öffentlichrechtliche Anstalt zu beteiligen. Auf G r u n d des rheinland-pfälzischen Landesgesetzes über einen Versuch mit Breitbandkabel vom 27. 11. 1980 werden im Kabelpilotprojekt Ludwigshafen auch private Veranstalter bei der Erprobung der neuen Medien zugelassen werden 6 4 . 2. Rechtsgrundlagen a) Bundesrecht: Der Streit um den Rundfunkbegriff hat auch kompetenzrechtliche Aspekte. Auf dem Gebiet des Rundfunkwesens ist die Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach dem Fernsehurteil des Bundesverfassungsgerichts vor allem auf den sendetechnischen Bereich beschränkt 6 5 . Insoweit besitzt der Bund gemäß Art. 73 Nr. 7 G G die ausschließliche Gesetzgebungsbefugnis. Unter den bundesrechtlichen N o r m e n , die Regelungen für den R u n d f u n k enthalten, spielen zunächst innerstaatlich anwendbare völkerrechtliche Verträge eine Rolle, vor allem der Internationale Fernmeldevertrag 6 6 und dessen Vollzugsordnung für den Funkdienst 6 7 . Bedeutsam ist auch das Europäische Übereinkommen vom 22. Januar 1965 zur Verhinderung von Rundfunksendungen von Strahlern außerhalb nationaler Gebiete 68 , durch welches sich die Vertragsstaaten verpflichtet haben, Rechtsnormen zu schaffen, um gegen Piratensender außerhalb des Küstenmeeres vorgehen zu können. Die wichtigsten bundesrechtlichen Regelungen für den R u n d f u n k sind im G über Fernmeldeanlagen in der Fassung vom 17. März 1977 enthalten 6 9 . 63 64

65 66 67 68

69

M. Forsthoff, AfP 1975, 739 ff. GVB1 1980, S. 229. Dazu: Ricker, AfP 1980, 140ff.; ders., NJW 1981, 849ff. - Zur Arbeit der Expertenkommission Neue Medien Baden-Württemberg vgl. ihren Abschlußbericht, Bd. I — III, 1981, sowie zusammenfassend H. Schneider, DÖV 1981, 334ff. Der 9. Deutsche Bundestag hat am 9 . 4 . 1 9 8 1 eine Enquête-Kommission „Neue Informations- und Kommunikationstechniken" eingesetzt, die sich am 25. 5. 1981 konstituiert hat und deren Ergebnisse bis September 1982 vorliegen sollen. BVerfG E 12, 205. Vertrag von Malaga - Torremolinos vom 25. Oktober 1973, BGBl. 1976 II S. 1090. In der Fassung von Genf 1963. BGBl. 1969 II S. 1940. Vgl. Haucke, Piratensender auf See, 1969; Oehler, Das deutsche Strafrecht und die Piratensender, 1970. BGBl. 1977 I, S. 460; BGBl. III Nr. 9020/1 ; Sartorius I, Nr. 925.

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Danach steht das Recht, Fernmeldeanlagen, worunter auch Rundfunk- und Fernsehsendeanlagen fallen, zu errichten und zu betreiben, ausschließlich dem Bund zu, der diese Befugnis verleihen kann. Die Durchführung dieses Gesetzes obliegt der Bundespost, die für die Vergabe der Sendelizenzen und die Zuteilung der Frequenzen an die Rundfunksender zuständig ist. Durch ein BundesrundfunkG von i96070 wurde die Bundesanstalt „Deutschlandfunk" errichtet und die bisher als gemeinsame Einrichtung der Landesrundfunkanstalten betriebene „Deutsche Welle" vom Bund als Anstalt öffentlichen Rechts übernommen. b) Landesrecht: Bei den landesrechtlichen Bestimmungen handelt es sich vor allem um die Rundfunkgesetze Baden-Württembergs, Bayerns, Berlins, Bremens, Hessens, Nordrhein-Westfalens und des Saarlands und um den Staatsvertrag über den Norddeutschen Rundfunk, der von den Ländern Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein abgeschlossen wurde71, den zwischen Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz abgeschlossenen Staatsvertrag über den Südwestfunk und den von sämtlichen Bundesländern abgeschlossenen Staatsvertrag über das Zweite Deutsche Fernsehen. Den drei genannten Staatsverträgen haben die Parlamente der beteiligten Länder zugestimmt. Diese Gesetze bzw. Staatsverträge sowie die auf Grund der Gesetze bzw. Staatsverträge ergangenen Satzungen regeln die Organisation der Rundfunk* bzw. Fernsehanstalten. Bedeutsam sind ferner das Länderabkommen über die Koordinierung des ersten Fernsehprogramms von 195972, der Staatsvertrag über die Höhe der Rundfunkgebühr von 197873, das Länderabkommen über einen Finanzausgleich von 197374 und der Staatsvertrag über die Regelung des Rundfunkgebührenwesens von 197475. Auf die verfassungsrechtliche Frage, ob die auf Staatsvertrag beruhenden Rundfunkanstalten überhaupt solche des Landesrechts sind oder aber auf dem Vertrag als einer eigenständigen interföderalistischen Rechtsordnung beruhen, braucht hier nicht eingegangen zu werden76. 70

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BGBl. 1960 I S. 862; Mallmann, JZ 1963, 350ff., erhebt verfassungsrechtliche Bedenken gegen dieses Gesetz; vgl. dazu auch Lerche, Zum Kompetenzbereich des Deutschlandfunks, 1963; Ossenbühl, Rundfunkfreiheit und die Finanzautonomie des Deutschlandfunks, 1969, S. 3 ff. Der Staatsvertrag über den Norddeutschen Rundfunk vom 16. 2. 1955 (Niedersachsen, GVB1. S. 167; Schleswig-Holstein, GVB1. S. 92; Hamburg, GVB1. S. 197) wurde von Schleswig-Holstein zum 31. 12. 1980 gekündigt. Nach der Entscheidung des BVerwG 60, 162 galt die Kündigung nur hinsichtlich des Landes Schleswig-Holstein. Daraufhin schlössen die 3 Länder am 20. 8. 1980 einen neuen Staatsvertrag (Schleswig-Holstein: G vom 29. 10. 1980 [GVB1. S. 302], Niedersachsen: G vom 10. 12. 1980 [GVB1. S. 481], Hamburg: G vom 1. 12. 1980 [GVB1. S. 349]). GV. NW. 1959, S. 115. GV. NW. 1978, 548. GV. NW. 1973, S. 558. GV. NW. 1975, S. 278. Vgl. etwa Kölble, NJW 1962, 1084; Bachof/ Kisker, Rechtsgutachten zur Verfas-

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Walter Rudolf 3. Organisation des Rundfunks

a) Aufgaben der Rundfunkanstalten: Aufgabe der Rundfunkanstalten der Länder ist die für die Allgemeinheit bestimmte Verbreitung von Nachrichten und Darbietungen in Wort, Ton und Bild. Jeder dieser Anstalten ist ein Sendegebiet zugewiesen, für dessen Programmversorgung die Anstalt verantwortlich ist und aus dem ihr das Gebührenaufkommen überwiegend zufließt. Ein vom Gesetz geregeltes ausschließliches Recht einer Rundfunkanstalt, sendetechnische Anlagen zu errichten und zu betreiben, ist freilich mit Art. 73 Nr. 7 G G nicht vereinbar 77 . Gleichwohl besitzen die Landesrundfunkanstalten tatsächlich ein Monopol der Rundfunkversorgung in ihrem Gebiet, abgesehen von der auf Staatsvertrag beruhenden Anstalt „Zweites Deutsches Fernsehen" und den Sendern, die von den alliierten Streitkräften oder von ausländischen Gesellschaften betrieben werden. Von den Bundesrundfunkanstalten hat die „Deutsche Welle" die Aufgabe, den Rundfunkteilnehmern im Ausland ein umfassendes Bild des politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Lebens in Deutschland zu vermitteln und ihnen die deutsche Auffassung zu wichtigen Fragen darzustellen und zu erläutern 78 . Der Deutschlandfunk hat Sendungen für Deutschland und das europäische Ausland zu veranstalten. Bei der Erfüllung ihrer Aufgaben sind die Rundfunkanstalten nur der Rechtsaufsicht des Staates unterworfen 7 9 . Beim Westdeutschen Rundfunk und den Bundesrundfunkanstalten beschränkt sich diese Aufsicht auf die Beachtung der Bestimmungen der einschlägigen Gesetze, während sie beim

77

78 79

sungsmäßigkeit des Staatsvertrages über die Errichtung der Anstalt „Zweites Deutsches Fernsehen", 1965, S. 51 f.; Kisker, Kooperation im Bundesstaat, 1971, S. 237ff.; BVerwGE 22, 299ff. BVerfG E 12, 205, 240; BGBl. 1961 I S. 269. Zum Ausschließlichkeitsanspruch vgl. Herb. Krüger, Der Rundfunk im Verfassungsgefüge und in der Verwaltungsordnung von Bund und Ländern, 1960, S. 113 ff. Rechtsvergleichend zum Auslandsfunk vgl. Rudolf, RuF 1954, 47ff. Zur Rechtsaufsicht vgl. Wilkens, Die Aufsicht über den Rundfunk, Diss. Frankfurt 1965; Leibholz, in: Fs. f. Scheuner, 1973, S. 363ff.; Berendes, Die Staatsaufsicht über den Rundfunk, 1973; Bethge, DV 1974, 439ff.; Mallmann, Zur Rechtsaufsicht über das Zweite Deutsche Fernsehen, 1975; Rudolf, ZRP 1977, 213ff.; VG Mainz, JZ 1979, 303, mit Anm. von Starck. - Zu verfassungsrechtlichen Anforderungen an das Rundfunkprogramm vgl. K. Lange, in: Fs. f. Löffler, 1980, S. 195ff., sowie die Gutachten von Ossenbühl und Ek. Stein, in: Rundfunkrecht (Schriften der Gesellschaft für Rechtspolitik, Bd. 1), 1981, S. 1 ff.; 71 ff. - Der Rundfunkteilnehmer, dem als Anstaltsbenutzer kein Anspruch auf die Ausstrahlung eines bestimmten Programms zusteht (vgl. BVerwG DÖV 1979, 102), besitzt auch keine gerichtlich durchsetzbare Möglichkeit, die Verletzung von Programmgrundsätzen zu rügen (vgl. von Münch, ZRP 1981, 126ff.). Davon zu unterscheiden ist der Fall, daß Private eine Verletzung ihrer Rechte durch Rundfunksendungen geltend machen; hier ist die Frage, welcher Rechtsweg gegeben ist, heftig umstritten (vgl. etwa BGHZ 66, 182; Bettermann, NJW 1977, 513ff., und zuletzt Lerche, in: Fs. f. Löffler, 1980, S. 217 ff.).

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Norddeutschen R u n d f u n k , beim Südwestfunk und beim „Zweiten Deutschen Fernsehen" auch die Beachtung der allgemeinen Rechtsvorschriften u m f a ß t und beim Saarländischen R u n d f u n k in allen Fällen, in denen Gesetze verletzt sind, eingreift. Die Rechtsaufsicht u m f a ß t neben der durch Art. 5 I S. 2 G G garantierten freien Programmgestaltung vor allem die Haushalts- und Wirtschaftsführung. Eine staatliche Zensur im Hinblick auf den Inhalt der gesendeten Meinungen darf freilich nicht ausgeübt werden. Wohl aber besteht ein weiter Spielraum bei der Einflußnahme der staatlichen Schulverwaltung auf Bildungssendungen im engeren Sinne (Schulfernsehen), die von den Rundfunkanstalten ausgestrahlt werden 8 0 . b) Innere Organisation und Kompetenzen der Organe: Die Rundfunkanstalten der Länder und des Bundes sind verhältnismäßig einheitlich organisiert. Bedenklich ist der zunehmende parteipolitische Einfluß in ihnen 8 1 . Die Rundfunkorganisation erlaubt den Kontrollgremien unmittelbaren Einfluß auf das Programm und über Personal- u n d Finanzentscheidungen. Noch in den 60er Jahren waren die Kontrollgremien mit Persönlichkeiten besetzt, die sich auch dem Druck aus ihren eigenen Parteien widersetzen u n d dem Rundf u n k den verfassungsrechtlich gebotenen Freiraum erhalten konnten. Das hat sich im Gefolge einer von den politischen Parteien systematisch betriebenen Medien- und Personalpolitik leider geändert. Parlamentarisch oder durch weisungsgebundene Beamte beherrschte oder weitgehend beeinflußte Rundfunkgremien können die Freiheit der Rundfunkberichterstattung beeinträchtigen. Sind die verantwortlichen Personen zu stark dem Druck politischer Parteien, denen sie angehören, ausgesetzt, so könnte die Meinungsvielfalt verkümmern. Werden die Funkhäuser zur Spielwiese der Parteien, ist eine Reorganisation der Rundfunkanstalten geboten 82 . Organe der Anstalten sind der R u n d f u n k r a t , der Verwaltungsrat 8 3 und der Intendant, an dessen Stelle bei Radio Bremen ein Direktorium besteht. Dazu kommt beim Westdeutschen R u n d f u n k der Programmbeirat. Hinsichtlich der Verteilung der Kompetenzen dieser Organe besteht ebenfalls weitgehende Übereinstimmung 8 4 . 80 81

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Jarass, in: Popper / Wolny, Beiträge zum Medienrecht, 1978, S. 37ff., 55ff. Zum folgenden vgl. vor allem Starck, Rundfunkfreiheit als Organisationsproblem, 1973. Zum Gebot der Staatsfreiheit des Rundfunks bei der Zusammensetzung der Aufsichtsgremien vgl. OVG Lüneburg, JZ 1979, 24, mit Anm. von H. H. Rupp, = DÖV 1979, 170, mit Anm. von Kewenig. Zu Teilhabeansprüchen auf Rundfunkkontrolle und ihrer gerichtlichen Durchsetzung vgl. Starck, in: Fs. f. Löffler, 1980, S. 375ff. Zur politischen Betätigung der Rundfunkmitarbeiter und ihrer Meinungsäußerungsfreiheit im Verhältnis zur Neutralitätspflicht der Rundfunkanstalten vgl. Fuhr, AfP 1975, 736ff. Gemäß § 9 der Satzung des Senders Freies Berlin bildet der Verwaltungsrat einen ständigen Ausschuß des Rundfunkrates. Zum folgenden vgl. Jank, Die Rundfunkanstalten der Länder und des Bundes, 1967, S. 24ff. (zu den Organen), 81 ff. (zu den Kompetenzen).

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aa) Der Rundfunkrat ist die Vertretung der Allgemeinheit im Rundfunk. In ihm sind zwischen 11 und 66 Mitglieder, die entweder von gesellschaftlichen Kräften aus dem wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und kulturellen Leben und aus den Lebensbereichen der Frauen, der Jugend, der Heimatvertriebenen und des Sports oder aber von staatlichen Organen — dann meist von den Landtagen — bestimmt werden. Sie gehören entweder zu den gesellschaftlichen Gruppen oder sind Parlamentarier. Die Regierungen entsenden grundsätzlich nur ein Mitglied. Weniger die Wahl der Rundfunkratsmitglieder durch die Verbände als vielmehr die Auswahl von Personen, die bestimmten gesellschaftlichen Gruppen angehören müssen, durch die Parlamente ist auf Kritik gestoßen. Wegen der teilweise praktizierten Mediatisierung der Verbandsmitglieder durch die Verbandsmanager, aber auch wegen der fehlenden Repräsentation ganzer gesellschaftlicher Gruppen ist die Legitimation des Rundfunkrats angezweifelt worden 85 . Da der Rundfunk „staatsfrei" zu sein hat, ist die Wahl der Rundfunkratsmitglieder ausschließlich durch Landesparlamente verfassungsrechtlich nicht unbedenklich. Beim Rundfunkrat sind sämtliche Kreationsfunktionen und die wichtigsten Aufsichtsbefugnisse konzentriert. Er wählt die zu wählenden Mitglieder des Verwaltungsrates, wählt und entläßt den Intendanten oder stimmt dessen Wahl durch den Verwaltungsrat zu. In der Programmgestaltung und teilweise auch in anderen Fragen darf er den Intendanten beraten. Geschieht dieses, so übt er damit keine Zensur aus. Der Rundfunkrat kann Ausschüsse (Hörfunk-, Fernseh-, Finanz-, Rechtsausschuß) bilden und diesen in bestimmtem Umfang Aufgaben und Kompetenzen delegieren. ftftJDer Verwaltungsrat, dem 6 bis 9 Mitglieder angehören, wird vom Rundfunkrat bestellt. Beim Bayerischen Rundfunk bestehen außerdem Mitgliedschaften kraft Amtes 86 . Zum Verwaltungsrat des Süddeutschen Rundfunks entsendet der Landtag, zu dem des Saarländischen Rundfunks, des Südwestfunks und des Zweiten Deutschen Fernsehens die Regierung einen oder mehrere Vertreter. Bei der Auswahl der Mitglieder des Verwaltungsrats ist der Rundfunkrat grundsätzlich frei. Es besteht allerdings eine Inkompatibilität zwischen der Mitgliedschaft in Rundfunkrat und Verwaltungsrat. Die Mitgliedschaft von Beschäftigten der Anstalt im Verwaltungsrat, wie sie beim Hessischen Rundfunk und bei Radio Bremen vorgeschrieben ist, begegnet verfassungsrechtlichen Bedenken. Zu den Aufgaben des Verwaltungsrats gehört, die laufende wirtschaftliche und technische Geschäftsführung des Intendanten zu überwachen und be85

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Vgl. etwa Dagtoglou, Der Private in der Verwaltung als Fachmann und als Interessenvertreter, 1964, S. 76; Stock, AöR 104 (1979), S. l f f . Nach dem Urteil des BVerfG vom 16. 6. 1981, NJW 1981, 1778, sind der Zusammensetzung des Rundfunkrats des Saarländischen Rundfunks (§ 16 IV) sowie die unzureichende gesetzliche Regelung des Programmbeirats des Westdeutschen Rundfunks (§§ 17 III und VI, 18) zu beanstanden. Die Präsidenten des Landtags, des Senats und des Verwaltungsgerichtshofs.

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stimmten Rechtshandlungen des Intendanten zuzustimmen. Eine besonders starke rechtliche Stellung besitzt der Verwaltungsrat des Norddeutschen und des Westdeutschen R u n d f u n k s , des Südwestfunks und des Zweiten Deutschen Fernsehens. cc) Der Intendant ist der Leiter der Rundfunkanstalt 8 7 . Er wird in der Regel vom R u n d f u n k r a t mit qualifizierter Mehrheit gewählt. Bei einigen Rundfunkanstalten erfolgt die Wahl in anderer Weise, entweder durch Rundfunkrat und Verwaltungsrat gemeinsam 8 8 oder durch den Verwaltungsrat unter Bestätigung durch den Rundfunkrat 8 9 . Nach der Wahl schließt der Intendant mit der Anstalt einen privatrechtlichen Vertrag ab. Allein bei den Bundesrundfunkanstalten wird er nach der Wahl und dem Abschluß eines Dienstvertrages auf Vorschlag des Rundfunkrates vom BPräs. ernannt. Die Amtszeit der Intendanten beträgt zwischen drei und neun Jahren. Dem Intendanten obliegt die Leitung der Anstalt u n d ihre Vertretung nach außen. Er ist vor allem f ü r die Programmgestaltung zuständig u n d insoweit nahezu unabhängig 9 0 . Er kann Aufgaben an die leitenden Direktoren (Verwaltungs-, Hörfunk-, Fernseh-, Technischer Direktor, Justitiar) delegieren. Eine Mitbestimmung durch Belegschaftsmitglieder gegenüber dem Intendanten und in den Aufsichtsgremien der Rundfunkanstalten entbehrt der gesetzlichen Grundlage und k a n n nicht auf Art. 5 I G G gestützt werden 9 1 . Engeren Bindungen ist der Intendant dagegen bei der technischen und wirtschaftlichen Geschäftsführung unterworfen. Das Gesetz über Radio Bremen von 1979 hat das Amt des Intendanten in der bisherigen Form abgeschafft und durch ein aus 2 bis 4 Mitgliedern bestehendes Direktorium ersetzt. dd) Einen Programmbeirat neben den genannten drei Organen besitzt der Westdeutsche R u n d f u n k ; er besteht aus 20 Mitgliedern, von denen die Landesregierung eines ernennt, während die übrigen vom R u n d f u n k r a t auf Vorschlag der gesellschaftlichen Einrichtungen, Organisationen u n d Interessengemeinschaften aus deren Reihen gewählt werden. Der Programmbeirat hat die Aufgabe, den Intendanten bei der Programmgestaltung durch Aussprache u n d Empfehlungen zu beraten. Der Programmbeirat des Saarländischen R u n d f u n k s ist nur ein beratender Ausschuß des Rundfunkrats. Er besteht aus 87

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Stern / Bethge, Die Rechtsstellung des Intendanten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, 1972. So beim Südwestfunk. So beim Westdeutschen Rundfunk. Stern / Bethge, a. a. O., S. 55 ff. Zur Rundfunkmitbestimmung vgl. vor allem Bethge, UFITA 58 (1970), 117ff. und JR 1972, 493ff.; Ipsen, Mitbestimmung im Rundfunk, 1972; Hoffmann-Riem, Redaktionsstatute im Rundfunk, 1972; Herrmann, Fernsehen und Hörfunk in der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland, 1975, S. 252ff.; Tietze, Rechtmäßigkeit einer Mitbestimmung der Redakteure in den Rundfunkanstalten, Diss. Mainz 1975; Müller/Pieroth, Politische Freiheitsrechte der Rundfunkarbeiter, 1976, S. 22ff.; Rummel, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 26. Mai 1978.

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Mitgliedern des Rundfunkrats und einer begrenzten Zahl von Persönlichkeiten des kulturellen Lebens. c) Werbefunk: Mit Ausnahme der Bundesrundfunkanstalten strahlen die Anstalten Werbesendungen aus, und zwar sämtliche Anstalten im Fernsehen u n d die Mehrzahl der Anstalten auch im H ö r r u n d f u n k . Normalerweise wird den Anstalten das Werbeprogramm durch Gesellschaften des privaten Rechts geliefert. Diese Werbegesellschaften wurden jeweils von den R u n d f u n k a n stalten gegründet. Der von den Gesellschaften erzielte Gewinn kommt den Rundfunkanstalten zugute. Die Werbegesellschaften stellen das zu sendende Programm zusammen. Sie nehmen Aufträge für Werbesendungen von privaten Wirtschaftsunternehmen entgegen. Für das Verhältnis zu den Auftraggebern sind allgemeine Geschäftsbedingungen maßgeblich. Die von der Werbegesellschaft angenommenen Werbesendungen werden über die Sendeanlagen der Rundfunkanstalten ausgestrahlt. Hinsichtlich der Dauer der täglichen Werbeprogrammzeit sind die Rundfunkanstalten insofern Beschränkungen unterworfen, als im Fernsehen nur 20 Minuten täglich Werbung gesendet werden darf. d) ARD: Die Rundfunkanstalten der Länder haben sich 1950 zur Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) zusammengeschlossen zur Wahrnehmung gemeinsamer Interessen auf dem Gebiet des Rundfunks, Bearbeitung gemeinsamer Fragen des Programms und gemeinsamer Fragen rechtlicher, technischer und betriebswirtschaftlicher Art und zur Erstattung von Gutachten. Später sind der Arbeitsgemeinschaft die inzwischen hinzugekommenen Landesrundfunkanstalten und die beiden Bundesrundfunkanstalten beigetreten. Die allgemeine Geschäftsführung und die Vertretung der Arbeitsgemeinschaft wird in der Weise bestimmt, daß ein Mitglied als geschäftsführende Anstalt für die Dauer eines Jahres gewählt wird. Beschlüsse der Arbeitsgemeinschaft werden je nach der Wichtigkeit der Angelegenheit mit einfacher oder mit 3 /4-Mehrheit oder einstimmig gefaßt. Jede Rundfunkanstalt besitzt eine Stimme. Wichtigste Aufgabe der Arbeitsgemeinschaft ist der Betrieb des ersten Fernsehprogramms. e) Privater Rundfunk: Nach dem Urteil des BVerfG vom 16. 6. 198192 fordert Artikel 5 1 2 G G f ü r die Veranstaltung privater Rundfunksendungen eine gesetzliche Regelung, durch welche die zur Gewährleistung der Rundfunkfreiheit erforderlichen Vorkehrungen zu treffen sind. In Bayern, Bremen, Hamburg, Niedersachsen u n d Schleswig-Holstein ist derzeitig ein privatrechtlich organisierter R u n d f u n k ausgeschlossen, da nach Art. l i l a II BayVerf R u n d f u n k in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft zu betreiben ist und 92

NJW 1981, 1774ff.; vgl. auch den Vorlagebeschluß des OVG Saarland DÖV 1974, 497, und dazu: BVerfGE 42, 42ff.; Badura, Verfassungsrechtliche Bindungen der Rundfunkgesetzgebung, 1980; Bethge, Die verfassungsrechtliche Problematik der Zulassung von Rundfunkveranstaltern des Privatrechts, 1981.

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sowohl § 1 III des Gesetzes über Radio Bremen als auch § 38 I des Staatsvertrages über den Norddeutschen Rundfunk diesen Anstalten das ausschließliche Recht vorbehält, Rundfunksendungen in ihrem Sendegebiet zu veranstalten. Das Rundfunkmonopol des Norddeutschen Rundfunks ist bis zum 1.1. 1983 begrenzt. Nach diesem Zeitpunkt ist die Veranstaltung von Videotext und Bildschirmtext und die Inanspruchnahme neuer UKW-Frequenzen in einem bestimmten Bereich nicht mehr zulässig; es sei denn, durch Landesgesetz bzw. Staatsvertrag würde etwas anderes bestimmt. Die Privatrundfunknormen des Gesetzes über die Veranstaltung von Rundfunksendungen im Saarland sind durch das Urteil des BVerfG vom 16. 6. 1981 für nichtig erklärt worden 93 . Rechtliche Ausgestaltungen für die Veranstaltung privater Rundfunksendungen unterliegen nach dem Urteil des BVerfG vom 16.6. 1981 dem Vorbehalt des Gesetzes. Das Parlament darf die Entscheidung darüber nicht der Exekutive überlassen oder einer Regelung durch Satzung der Veranstalter 94 oder vertraglichen Regelungen anheimgeben. Der Landesgesetzgeber hat sicherzustellen, daß das Gesamtangebot der inländischen Programme der bestehenden Meinungsvielfalt im wesentlichen entspricht. Darüber hinaus hat er für den Inhalt des Gesamtprogramms Leitgrundsätze verbindlich zu machen, die ein Mindestmaß von inhaltlicher Ausgewogenheit, Sachlichkeit und gegenseitiger Achtung gewährleisten 95 . Die Voraussetzungen der Erteilung oder Versagung der Erlaubnis zur Veranstaltung privater Rundfunksendungen sind gesetzlich zu regeln. Bisher nicht entschieden ist die Fragen, „ob der Ausschluß privaten Rundfunks zugunsten der öffentlich-rechtlichen Anstalten auch unter den heutigen und künftigen technischen Bedingungen noch mit dem Grundgesetz vereinbar ist und ob in Zusammenhang damit eine verfassungsrechtliche Pflicht besteht, privaten Rundfunk einzuführen" 96 . Da die aus Art. 5 I G G folgende 93

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NJW 1981, 1774; vgl. dazu Ricker, NJW 1981, 1925ff.; v. Pestalozzi NJW 1981, 2158ff.; Kohl/ Weilbächer, ZRP 1981, 243ff.; Kuli, AfP 1981, 378ff.; W. Schmidt, DVB1. 1981, 920ff.; Schmidt-Bleibtreu, Betr. 1981, 1448ff.; Scholz, JZ 1981, 561 ff.; vgl. aber auch schon Haensel; UFITA 50 (1967), 537; Fuhr /Konrad, UFITA 50 (1967), 562ff.; Schmitz, DÖV 1968, 683ff.; Stern /Bethge, Öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Rundfunk, S. 37ff., S. 67ff.; Theisen, Verfassungs-Forderungen an Privatrundfunk-Normen, Diss. Mainz 1980, m. weit. Literaturangaben. Diesen Anforderungen genügen die gesetzlichen Regelungen über den Sender Freies Berlin und über den Süddeutschen Rundfunk nicht. BVerfGE 12, 205, 262 f. BVerfG, NJW 1981, 1774, 1775. - Gegen ein kommerzielles Fernsehen zum gegenwärtigen Zeitpunkt: OVG Hamburg, DÖV 1968, 178ff.; OVG Berlin, DÖV 1969, 713ff.; BVerwGE 39, 159; BayVerfGH, AfP 1977, 334ff.; Schmitz, DÖV 1969, 698ff.; Grund, DVB1. 1969, 481 ff. Vgl. aber Krause-Ablass, RuF 1968, 398ff.; Herzog, in : Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Art. 5 Rdnr. 223 ; Haensel, Rundfunkfreiheit und Fernsehmonopol, S. 101 ff.; Lerche, Rundfunkmonopol, 1970, S. 104ff.; Rudolf, Über die Zulässigkeit privaten Rundfunks, 1971, S . 7 3 f .

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Aufgabe, Rundfunkfreiheit rechtlich auszugestalten, nicht zu einer Beschränkung des Individualgrundrechts der Rundfunkfreiheit berechtigt, ist privater R u n d f u n k im Rahmen der vom BVerfG gezogenen Grenzen d a n n zuzulassen, wenn genügend Übertragungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. 4. Rundfunkgebühr Der Rundfunkteilnehmer hat eine Gebühr zu entrichten, da aus Art. 5 I G G niemand das Recht zur unentgeltlichen Unterrichtung herleiten kann. Nach Auffassung des BVerfG ist die Veranstaltung von Rundfunksendungen öffentliche Leistungsverwaltung 97 . D a sie durch Anstalten des öffentlichen Rechts erbracht wird, liegt es nahe, daß der Rundfunkteilnehmer, der die Leistungen der Anstalt beim E m p f a n g entgegennimmt, dafür eine Anstaltsnutzungsgebühr zu entrichten hat. Die Rechtsnatur der Hörergebühr ist gleichwohl umstritten. Sie wird entweder als Anstaltsnutzungsgebühr 9 8 oder als Beitrag 99 oder als Anstaltsnutzungsgebühr mit Beitragscharakter 1 0 0 qualifiziert. Das BVerwG hat sie nunmehr als Benutzungsgebühr bestimmt 101 . Ferner ist entschieden, daß die Rundfunkgebühr nicht zum Recht des Postu n d Fernmeldewesens gehört, sich also nicht nach den Bestimmungen des Fernmeldeanlagengesetzes richtet; ihre Regelung obliegt vielmehr den Ländern 102 . Ab 1. Januar 1976 ziehen die Rundfunkanstalten die Gebühr selbst ein. Die Höhe der Gebühr wird von den Ländern gesetzlich festgelegt. Durch Beschluß der Ministerpräsidenten wurde 1975 eine Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der in der A R D zusammengeschlossenen R u n d f u n k anstalten des Landesrechts und des Z D F eingerichtet, die im Juni 1977 einen ersten Bericht vorlegte, der bei den Rundfunkanstalten auf lebhaften Widerspruch stieß. Am 17. März 1978 unterzeichneten die Ministerpräsidenten der Länder einen neuen Staatsvertrag über die Höhe der Rundfunkgebühr, der am 1. Januar 1979 in Kraft trat und erstmals zum 31. Dezember 1982 gekündigt werden kann. Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten legte am 1. 12. 1979 ihren 2. Bericht vor. Ein 3. Bericht ist

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und NJW 1972, 1292; W. Weber, Der Staat 11 (1972), S. 82ff.; Hoffmann-Riem, ZRP 1976, 291 ff.; Scheuner, AfP 1977, 367ff.; v. Pestalozza, ZRP 1979, 25ff.; Gönsch, ZRP 1979, 88ff.; Kröger, NJW 1979, 2537ff.; Schmitt Glaeser, Kabelkommunikation und Verfassung, 1979; Groß, DVB1. 1980, 933ff.; Starck, NJW 1980, 1359ff.; H. Klein, in: Fs. f. Löffler, 1980, S. 111 ff.; ders., Der Staat 20 (1981), S. 177 ff. BVerfGE 12, 205, 244 ff. Ebenso H. P. Ipsen, Die Rundfunkgebühr, 2. Aufl. 1958, S. 39ff.; Zeidler, Probleme der Rundfunkgebühr, 1961, S. 38. BayVGH, DVB1. 1967,332; Herrmann, AÖR90 (1965), S. 325 f. Krause-Ablass, DÖV 1962, 238; Wolff /BachofVv/R I, 9. Aufl., 1974, S. 308. Ipsen, Die Rundfunkgebühr, S. 62ff.; Knemeyer, DVB1. 1968, 923. BVerwG E 29, 214. Vgl. dazu Knemeyer, DVB1. 1968, 922f.; Kölble, DÖV 1969, 279. BVerwG E 29, 214, 217.

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im Oktober 1981 erschienen. Auf Grund dieses Berichtes und der Stellungnahmen von ARD und ZDF vom Dezember 1981 werden die Ministerpräsidenten der Länder im Januar 1982 über die Höhe der Rundfunkgebühren ab 1983 beraten103. Hinsichtlich eines Finanzausgleichs zwischen den Rundfunkanstalten gilt auf Grund des Staatsvertrages über einen Finanzausgleich der Rundfunkanstalten von 1973104 eine Verwaltungsvereinbarung der Rundfunkanstalten von 1973105, die ergänzt wurde übergangsweise für das Jahr 1981 durch eine Vereinbarung der Rundfunkanstalten vom 13. 5. 1980. Die Kabelfernseh-Pilotprojekte sollen nach einem Beschluß der Ministerpräsidentenkonferenz vom 14. November 1980 aus Gebühren finanziert werden. Die Kosten für den Breitbandkabelversuch Ludwigshafen werden durch Teilnehmergebühren, Benutzungsgebühren, Abgaben und sonstige Einnahmen aufgebracht. Das Land Rheinland-Pfalz wird sich an den Kosten beteili-

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GV. NW. 1973 S. 558. Text: Herrmann, Rundfunkgesetze, S. 308ff. § 25 LandesG über einen Versuch mit Breitbandkabel, GVB1. 1980 S. 229. Zur Finanzierung der Pilotprojekte vgl. Hymmen, Das Kabel, Fakten und Illusionen, 1975, S. 112ff., 130ff.; KtK-Bericht, S. 118 und Anlageband 8, S. 53ff.; Lange, Media Perspektiven 1978, 133ff.; Rudolf / Meng, a.a.O., S. 74. Vgl. auch Thieme, Rundfunkfinanzierung im Bundesstaat, 1977.

D R E I Z E H N T E R ABSCHNITT Dietrich Rauschning

Wehrrecht und Wehrverwaltung Literatur J. Hecket, Wehrverfassung und Wehrrecht des Großdeutschen Reiches, 1939. L. von Stein, Die Lehre vom Heerwesen, Neudr. der Ausg. von 1872, 1967. E. Barth, Der Soldat im Rechtsstaat. Das heutige Wehrrecht: Entstehungsgeschichte Grundzüge - Reformgedanken, 1967. E. Busch, Der Oberbefehl. Seine rechtliche Struktur in Preußen und Deutschland seit 1848, 1967. F. Brandstetter / H.-G. Schwenk / R. Weidinger (Hrsg.), Handbuch des Wehrrechts (Textsammlung mit Erläuterungen), Losebl.-Ausg., 1956 ff. M. Erhardt, Die Befehls- und Kommandogewalt, 1969. G. Hahnenfeld, Wehrverfassungsrecht, 1965. K. Ipsen, Rechtsgrundlagen und Institutionalisierung der atlantisch-europäischen Verteidigung, 1967. M. Lepper, Die verfassungsrechtliche Stellung der militärischen Streitkräfte im gewaltenteilenden Rechtsstaat, 1962. S. Mann, Das Bundesministerium der Verteidigung, 1971. W. Martens, Grundgesetz und Wehrverfassung, 1961. H. Reinfried, Die Bundeswehrverwaltung, 3. Aufl. 1976. P. Pernthaler, Der Rechtsstaat und sein Heer, Wien 1964. J. Salzmann, Der Gedanke des Rechtsstaates in der Wehrverfassung der Bundesrepublik, 1962. H. Schulte, Die verfassungsrechtliche Stellung der Bundeswehrverwaltung, 1970. H.-G. Schwenck, Rechtsordnung und Bundeswehr ( = Die Bundeswehr - Eine Gesamtdarstellung Bd. 4), 1978. G. Chr. von Unruh / H. Quaritsch, Führung und Organisation der Streitkräfte im demokratisch-parlamentarischen Staat, VVDStRL 26 (1967/68), S. 157ff. Weißbücher, Zur Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und zur Lage der Bundeswehr; 1971/1972 erschienen 1971, 1973/1974 erschienen 1974, 1975/1976 erschienen 1976. Zeitschriften: Bundeswehrverwaltung; Neue Zeitschrift für Wehrrecht; Wehrkunde.

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Gesetze WehrpflichtG vom 21. Juli 1956, i. d. F. der Bekanntmachung vom 7. November 1977 (BGBl. I, S. 2021). MusterungsVO vom 25. Oktober 1956, neu bekannt gemacht am 5. März 1975 (BGBl. I, S. 671, ber. S. 748). G über Rechtsstellung des Soldaten (SoldatenG) vom 19. März 1956, neu bekannt gemacht am 19. August 1975 (BGBl. I, S. 2273), zuletzt geändert am 30. Juli 1979 (BGBl. I, S. 1301). VO über das militärische Vorgesetztenverhältnis (Vorgesetzten VO) vom 4. Juni 1956 (BGBl. I, S. 459), zuletzt geändert am 6. August 1960 (BGBl. I, S. 684). Wehrbeschwerdeordnung vom 23. Dezember 1956, neu bekannt gemacht am 11. September 1972 (BGBl. I, S. 1737, 1906). Wehrdisziplinarordnung vom 15. März 1957, neu bekannt gemacht am 4. September 1972 (BGBl. I, S. 1665), zuletzt geändert am 13. Juli 1977 (BGBl. I, S. 1229). G über die Geld- und Sachbezüge und die Heilfürsorge der Soldaten, die auf Grund der Wehrpflicht Wehrdienst leisten (Wehrsoldgesetz-WSG) vom 30. März 1957, neu bekannt gemacht am 20. Februar 1978 (BGBl. I, S. 265). G über die Versorgung für die ehemaligen Soldaten der Bundeswehr und ihre Hinterbliebenen (Soldatenversorgungsgesetz-SVG) vom 26. Juli 1957, neu bekannt gemacht am 1. September 1971 (BGBl. I, S. 1481), zuletzt geändert am 6. August 1975 (BGBl. I, S. 2113). BundesleistungsG vom 19. Oktober 1956, neu bekannt gemacht am 27. September 1961 (BGBl. I, S. 1769, 1920), zuletzt geändert am 20. Dezember 1976 (BGBl. I, S. 3574). G über die Beschränkung von Grundeigentum für die militärische Verteidigung (SchutzbereichsG) vom 7. Dezember 1956 (BGBl. I, S. 899), zuletzt geändert am 20. Dezember 1976 (BGBl. I, S. 3574). G über die Anwendung unmittelbaren Zwangs und die Ausübung besonderer Befugnisse durch Soldaten der Bundeswehr und zivile Wachpersonen vom 12. August 1965 (BGBl. I, S. 796), geändert am 2. März 1974 (BGBl. I, S. 469).

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Gliederung I. Verfassungsrechtliche Grundlagen II. Gliederung und Organisationsrecht der Bundeswehr 1. Organisation der Streitkräfte 2. Organisation der Bundeswehrverwaltung 3. Das Bundesverteidigungsministerium als Spitze der Bundeswehr 4. Auswirkungen der NATO-Integration auf die Organisation der Bundeswehr?

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III. Wehr-Dienstrecht 1. Begründung und Beendigung des Wehrdienstverhältnisses 2. Der Status der Soldaten 3. Beschwerde- und Disziplinarrecht

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IV. Materielle Rechtsgrundlagen des Handelns der Bundeswehr gegenüber Dritten 1. Rechtsgrundlagen des Handelns der Bundeswehrverwaltung 2. Rechtsgrundlagen des Handelns der Streitkräfte

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I. Verfassungsrechtliche Grundlagen Nach Art. 87 a I S. 1 G G i. d. F. von 1968 stellt der Bund Streitkräfte zur Verteidigung auf. Damit wird nicht nur dem Bund eine Kompetenz erteilt, sondern auch die Aufgabe umschrieben: Es geht um das Errichten und Erhalten eines auf die Verteidigung ausgerichteten militärischen Instrumentes. Die Aufgabe der Bundeswehr als Teil der Staatsorganisation des Bundes ist zunächst das Bereithalten von Verteidigungskräften, das schon im Verein mit anderen Verteidigungsvorkehrungen und vor allem mit politischen Maßnahmen einen militärischen Angriff auf die Bundesrepublik Deutschland verhindern soll 1 . Sollten die Streitkräfte dennoch ihren Verteidigungsauftrag in Form eines militärischen Abwehrkampfes ausführen müssen, so würde auch d a n n die Aufgabe, die Streitkräfte und Teile davon zu erhalten, zusätzlich oder ersatzweise zu errichten und bereitzuhalten, bedeutend bleiben. Die Aufgabe, Streitkräfte bereitzuhalten, fällt in den Bereich der Exekutive. Ihre Erfüllung ist vollziehende Gewalt i. S. von Art. 1 III, 20 II S. 2 G G . Im Wortlaut von Art. 1 III G G ist 1956 „Verwaltung" gerade deshalb in „vollziehende Gewalt" geändert worden, um auch die Bundeswehr zweifellos in diesen Begriff einzuschließen 2 . Die Rechtsgrundlagen, nach denen die Exekutive die Streitkräfte aufstellt und bereithält — u n d damit auch funktionsfähig macht und erhält — werden hier als Wehrrecht bezeichnet 3 . Dazu gehört also nicht das kriegerische Schädigungsrecht gegenüber den angreifenden feindlichen Streitkräften, das im Völkerrecht geregelt ist4. Aus der Betrachtung im Rahmen dieses Lehrbuches des besonderen Verwaltungsrechts ist das Wehrstrafrecht, das im WehrstrafG von 1957 niedergelegt ist, auszuschließen. Die verfassungsrechtlichen Vorschriften des Wehrrechts sind, soweit sie vor allem Grundlagen von Wehrgesetzen bilden, als Wehrverfassungsrecht nur zu erwähnen 5 . 1

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Siehe dazu z. B. H. P. Ipsen, Scheuner und von der Heydte, Aussprache in VVDStRL 26 (1967/68), S. 275 ff. Dazu Menzel, BK, Art. 1 Abs. 3, S. 37ff.; zur Einordnung auch Erhardt, S. 29ff. und ausführlich G. Lehnguth, Die Verwaltungsakte der Streitkräfe gegenüber dem Bürger, Diss. Göttingen 1973, S. 13 ff. Auch in dieser Umschreibung umfaßt der Bereich des Wehrrechts eine Reihe von Materien mit erheblichen Problemen und Kontroversen. Es ist nicht möglich und erforderlich, daß sich ein Jurist während des Studiums in dieses Gebiet gründlich einarbeitet. Mehr als bei den anderen Beiträgen geht es im folgenden darum, einen Überblick und einen Eindruck zu vermitteln und dem Interessierten weiterführende Hinweise zu geben. Siehe dazu F. Berber, Lehrbuch des Völkerrechts, Bd. II, Kriegsrecht, 1962, insbesondere S. 61 ff.; vgl. auch Schwenck, S. 154ff. Siehe dazu die Berichte von von Unruh und Quaritsch in VVDStRL 26 (1967/68), S. 157ff.; die im Literaturverzeichnis genannten Monographien von Hahnenfeld,

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Das G G enthält eine Reihe von Vorschriften, in denen die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für die Erfüllung der genannten Aufgabe geschaffen und einige besondere Bestimmungen über die Organisation, Führung und Kontrolle der Bundeswehr getroffen sind: Art. 73 Ziff. 1 gibt dem Bund die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz über die Verteidigung; nach Art. 115 c I G G verfügt er darüber hinaus schlechthin über die konkurrierende Gesetzgebung für den Verteidigungsfall. Zur Verteidigung gehören außer dem Recht über das Bereithalten der Streitkräfte die Verteidigungsvorsorge im Bereich der Wirtschaft und die Zivilverteidigung; das Gebiet des Verteidigungsrechts umfaßt also mehr als das Wehrrecht. Art. 12 a I G G ist die Grundlage der allgemeinen Wehrpflicht, Art. 4 III GG ermöglicht dagegen die Kriegsdienstverweigerung. Nach Art. 17 a I G G können für Angehörige der Streitkräfte die Meinungsäußerungsfreiheit, die Versammlungsfreiheit und das Recht auf Sammelpetitionen gesetzlich eingeschränkt werden 6 . Im Bereich von Organisation und Führung regeln Art. 65a und 115b G G die Zuständigkeit für die Befehls- und Kommandogewalt. Nach Art. 36 II G G müssen die Wehrgesetze die Bundesstaatlichkeit berücksichtigen, die Organisation der Streitkräfte muß sich gem. Art. 87 a I S. 2 GG aus dem Haushaltsplan ergeben. Die Einrichtung einer zivilen Bundeswehrverwaltung regelt Art. 87 b GG. Über den Verteidigungseinsatz der Streitkräfte, d. h. über den Eintritt des Verteidigungsfalles, wird nach Art. 115 a G G entschieden, der Einsatz in Katastrophenfällen und zum Objektschutz wie zur Bekämpfung von Aufständischen ist in Art. 35 II und III bzw. in Art. 87 a III und IV G G geregelt. Der besonderen Überwachung der Streitkräfte durch das Parlament dienen der Bundestagsausschuß für Verteidigung und der Wehrbeauftragte des Bundestages nach Art. 45 a und b GG.

II. Gliederung und Organisationsrecht der Bundeswehr In den Schlußvorschriften des SoldatenG von 1956, in § 66, ist vorgesehen, daß die Organisation der Verteidigung gesetzlich geregelt wird. Ein solches OrganisationsG ist bisher nicht erlassen, und es ist auch anzunehmen, daß eine gesetzliche Fixierung der Wehrorganisation die erforderlichen Anpassungen an neue Lagen und Erkenntnisse zu sehr erschweren würde; zudem steht nach den bisherigen Erfahrungen die Bundeswehr hinreichend unter der Kontrolle des Parlaments, so daß es eines gesetzlichen Eingriffs in die Organisationsgewalt der Regierung nicht bedarf 7 . Im Rahmen der verfas-

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Lepper, Martens, Salzmann und Schulte; Gutachten und Schriftsätze im Streit vor dem BVerfG in „Der Kampf um den Wehrbeitrag", 3 Bde., 1 9 5 2 - 1958; s. auch Schwenck, S. 10 ff. Siehe dazu vor allem Lerche, Grundrechte der Soldaten, GRe IV, 1, S. 447 - 535; K. Ipsen/J. Ipsen, BK, Art. 17 a, Rdnr. 26 - 78. Siehe dazu Quaritsch, VVDStRL 26 (1967/68), S. 246 ff.

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sungsrechtlichen Bestimmungen und der Bewilligungen im Haushalt sowie unter Berücksichtigung einzelner Organisationsvorschriften in Wehrgesetzen ist es also der Regierung überlassen, mit welcher Organisation sie den Verfassungsauftrag zum Bereithalten von Streitkräften erfüllt 8 . 1. Organisation der Streitkräfte Die Streitkräfte sind vor allem entsprechend ihrer Aufgabe als potentielles Instrument militärischen Kampfes organisiert. Sie umfassen die Teilstreitkräfte Heer, einschließlich der Territorialverteidigung, Luftwaffe und Marine, sowie Zentrale Militärische Dienststellen und Zentrale Sanitätsdienststellen der Bundeswehr. Das Feldheer gliedert sich stufenweise in Korps, Divisionen und Brigaden als Großverbände, in Bataillone, die nur in Sonderfällen zu Regimentern zusammengefaßt sind (Verbände), und in Kompanien (bzw. Batterien und Staffeln) als den Einheiten. Den Korps untersteht eine Anzahl von Spezialtruppen als Korpsverfügungs- und Korpsversorgungstruppen. Zum Feldheer gehören entsprechend Heeresverfügungs- und Heeresversorgungstruppen. Die bodenständige Organisation des Heeres umfaßt die Schulen des Heeres, die Depotorganisation und das Heeresamt. Dazu kommt die Ausbildungsorganisation. Dem Heer eingeordnet und neben dem Feldheer steht das Territorialheer als Zusammenfassung der Territorialverteidigung. Den Korps entsprechen die Territorialkommandos. Für die Wehrbereiche bestehen Wehrbereichskommandos, denen für jeweils kleinere Räume Verteidigungsbezirkskommandos und Verteidigungskreiskommandos unterstellt sind. Dazu gehören noch Fernmelde- und Sanitätseinrichtungen. Im Rahmen des Territorialheeres besteht zudem die Basisorganisation mit den Kommandeuren der Logistik-(Versorgungs)-Truppen, den Stäben Hauptdepotgruppen und den Hauptdepots. Es war geplant, inbesondere das Heer neu zu gliedern. Die von der Bundesregierung eingesetzte unabhängige Wehrstrukturkommission hatte dazu in ihrem Strukturbericht Vorschläge vorgelegt 9 . Die Planungen des Bundesverteidigungsministeriums gingen u. a. dahin, Feldheer und Territorialheer organisatorisch zusammenzufassen und das Heer durch drei Generalkommandos und das Kommando Hamburg/Schleswig-Holstein zu führen. Die neue Kommandostruktur sollte die Korps und die Wehrbereichskommandos ersetzen 10 . Die Neugliederung wird aber nicht weiter betrieben. 8

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Siehe E.-W. Böckenförde, Die Organisationsgewalt im Bereich der Regierung, 1964, §§ 15, 26. Siehe Wehrstruktur-Kommission der Bundesregierung, Die Wehrstruktur in der Bundesrepublik Deutschland — Analyse und Optionen, Bericht an die Bundesregierung vom 28. 11. 1972. BMVg: Die neue Struktur der Bundeswehr, 1974, insbesondere S. 19 — 30. Vgl. auch Weißbuch 1973/74, S.76f.

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Die Einsatzverbände der Luftwaffe sind die Geschwader (Jagdbomber-, Aufklärungs-, Jagd- und Transportgeschwader), die u. a. mit Flugkörperverbänden zu vier Luftwaffendivisionen zusammengefaßt und dem Luftflottenkommando unterstellt sind. Dem Luftwaffenunterstützungskommando sind die Luftwaffenunterstützungskommandos Nord und Süd sowie das Materialamt der Luftwaffe nachgeordnet. Schließlich sind das Luftwaffenausbildungskommando, das Lufttransportkommando, das Luftwaffendienstkommando und das Amt für Wehrgeophysik unter dem Luftwaffenamt zusammengefaßt. Die Einsatzverbände der Marine unterstehen dem Flottenkommando. Dem Flottenbefehlshaber unterstehen die Seestreitkräfte der Ostsee unmittelbar. Für die Seestreitkräfte der Nordsee besteht ein besonderer Einsatzführungsstab. Die Einsatzgeschwader sind zu Typkommandos (wie Zerstörer, Schnellboote, U-Boote) zusammengefaßt. Dem Flottenkommando unterstehen auch das Kommando der Marineflieger mit den Marinefliegergeschwadern, die Marinedivisionen der Ostsee und der Nordsee mit den Unterstützungsverbänden und der Küstenorganisation sowie die Lehrgruppen. Dem Marineamt ist u. a. die Ausbildungsorganisation nachgeordnet. Schließlich gehören zum militärischen Bereich eine Reihe von Zentralen Militärischen Dienststellen der Bundeswehr wie das Amt für Sicherheit der Bundeswehr mit dem bei den Wehrbereichskommandos eingerichteten militärischen Abschirmdienst, das Personalstammamt und das Materialamt. Zum Bereich Zentrale Sanitätsdienststellen gehören das Sanitätsamt und die Sanitätsakademie. An zentralen Schulen sind die Führungsakademie, die Sportschule, die Schule für Innere Führung, die Schule für Nachrichtenwesen, die Logistikschule, die Stabsakademie und die Schule für Psychologische Verteidigung zu nennen. Im Herbst 1973 haben die Hochschulen der Bundeswehr in Hamburg und München, an denen die Berufsoffiziere während ihrer Ausbildung in auch außerhalb der Streitkräfte anerkannten Studiengängen studieren, ihren Lehrbetrieb aufgenommen. Die Streitkräfte sind ein Teil der Exekutive. Nach der konstitutionellen Auffassung von Laband und Otto Mayer 11 sollten sie als öffentlich-rechtliche Anstalten anzusehen sein. Das entspricht jedoch nicht einem neueren engen Verständnis der Anstalt: Anstalten sind durch die Nutzbarkeit, insbesondere auch der Sachmittel, von seiten der Destinatäre gekennzeichnet. Die Streitkräfte werden aber nicht in diesem Sinne „genutzt", und trotz des erheblichen Materialbedarfs überwiegt bei ihrer Organisation das personale Moment. Sind sie keine Anstalten, so müssen sie noch nicht als Zweig der Verwaltung angesehen werden, von deren allgemeinem Bild sie vor allem in Aufgabe und Struktur abweichen. Die Verwaltungszweige erbringen in der Regel eine Leistung oder verwalten „etwas" außer ihnen selbst Liegendes, während die unmittelbare Aufgabe der Streitkräfte im Frieden in ihrer Bereitschaft 11

Laband, Deutsches StaatsR, 5. Aufl. 1914, Bd. 4, S. 38; Otto Mayer, VwR, 3. Aufl. 1924, Bd. 2, S. 269.

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und im Krieg dann in der Abwehr des Feindes besteht. Der Struktur nach heben sich die Streitkräfte von der Verwaltung dadurch ab, daß sie in militärischen Angelegenheiten einheitlich, durchgehend und strikt durch Befehle geführt werden. Wegen dieser Besonderheiten werden die Streitkräfte als der Verwaltung nebengeordnete Form der Exekutive angesehen 12 . Sie werden als „gliedschaftlich organisierter Leitungsverband" bezeichnet13. Besonderes Führungsmittel der Streitkräfte ist der Befehl14, und ihre einzelnen Verbände werden insbesondere als die Zusammenfassung der einem Vorgesetzten folgepflichtigen Soldaten abgegrenzt. Die besonders strenge Bindung des militärischen Befehls zeigt sich schon im Verhältnis zwischen überund untergeordneten Ämtern: Nach den systematisch zu Unrecht im Dienstrecht enthaltenen Vorschriften der §§ 37, 38 BRRG gehört es zu den Aufgaben eines Amtes der Verwaltung, das vorgesetzte Amt zu beraten, die Anordnungen auszuführen und Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnungen gegenüber dem unmittelbar und dem weiter vorgesetzten Amt zu erheben. Ein militärischer dienstlicher Befehl (Begriff in § 2 Ziff. 2 WehrstrafG) ist demgegenüber nach § 11 SoldatenG vollständig und unverzüglich, also ohne Remonstration, auszuführen, wenn er nicht die Menschenwürde verletzt oder eine Straftat auslöst. Der militärische Befehl ergreift aber nicht nur das institutionell vorhandene Amt (etwa das des Bataillonskommandeurs), sondern auch den Amtswalter, die Person des Soldaten: Er hat nach § 11 SoldatenG die Befehle nach besten Kräften und gewissenhaft auszuführen, das Nichtbefolgen ist nicht nur wie bei Beamten ein Dienstvergehen, sondern wird nach den §§ 19 — 21 WehrstrafG strafrechtlich verfolgt 15 . Dementsprechend ist ein Soldat für ein rechtswidriges Handeln auf Befehl hin nur verantwortlich, wenn er die Strafbarkeit der Befehlsbefolgung erkannt hat oder sie offensichtlich war (§11 II SoldatenG, § 5 I WehrstrafG). Ob man wegen dieser Unterschiede den militärischen Befehl als gesteigerte Weisungsbefugnis 16 oder gegenüber den Weisungen in der Verwaltungsorganisation als ein aliud ansieht 17 , kann dahingestellt bleiben. Ist das spezifische Führungsmittel innerhalb der Streitkräfte der Befehl, so ist entscheidend wichtig, wer befehlsbefugter Vorgesetzter ist. Das Vorgesetztenverhältnis ist gem. § 1 IV SoldatenG besonders durch die Vorgesetz12 13 14 15

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Siehe etwa Lepper, S. 98ff.; Quaritsch, VVDStRL 26 (1967/68), S. 211 ff. Pernthaler, S. 69 ff. Zu Befehl und Gehorsam im Dienst der Streitkräfte eingehend Schwenck, S. 61 ff. Siehe allgemein (und vor allem zum schweizerischen Recht) Flutsch, Die rechtliche Natur des militärischen Befehls, 1969. Zu den diffizilen Problemen „Befehlsdurchsetzung und Waffengebrauch" siehe die gleichnamige Schrift von K. Doehring, 1968. So Dürig, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Art. 65a, Randnr. 18; ebenso BVerwGE 43, 55 ff. (58) und dazu E. Klein, Ministerielle Weisungsbefugnis und Stellvertretung in der Befehls- und Kommandogewalt, JuS 1974, S. 362 ff. So Quaritsch, VVDStRL 26 (1967/68), S. 220f.

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tenVO 1 8 rechtlich normiert. Als Regel bestimmt § 1, d a ß ein Soldat als Führer eines militärischen Verbandes oder einer militärischen Einheit oder Dienststelle den dazugehörenden Soldaten im und außer Dienst Befehle erteilen kann. Im Gegensatz zu früheren Regelungen folgt die Befehlsbefugnis aus dem höheren Dienstgrad gem. § 4 der VO nur für Befehle im Dienst innerhalb der Kompanien oder entsprechender Einheiten oder auf Schiffen bzw. innerhalb von Stäben; lediglich innerhalb umschlossener militärischer Anlagen können Soldaten einer höheren Dienstgradgruppe den einer niedrigeren angehörenden Soldaten außer Dienst Befehle erteilen. Wenn besondere Notlagen es erforderlich machen, können Offiziere und Unteroffiziere sich ausnahmsweise nach § 6 der VO zu Vorgesetzten erklären und im und außer Dienst Befehle erteilen. Damit herrscht heute das funktionale Vorgesetztenverhältnis vor. Befehle außer Dienst gibt, von Ausnahmesituationen abgesehen, nur der unmittelbare Vorgesetzte. 2. Organisation der Bundeswehrverwaltung Um dem Auftrag aus Art. 87 a G G zum Bereithalten von Streitkräften nachzukommen, muß der Bund die damit verbundenen Aufgaben des Personalwesens und der Deckung des Sachbedarfs erfüllen. Dazu dient die nach Art. 87 b I G G als bundeseigener Verwaltungszweig mit eigenem Verwaltungsunterbau zu führende Bundeswehrverwaltung 1 9 . Sie ist eine zivile Verwaltung neben den Streitkräften, obwohl sie deren Existenz dient. Organisatorisch sind die territoriale Bundeswehrverwaltung, der technische Verwaltungsbereich und die Truppenverwaltung zu unterscheiden. Territorial bestehen als Mittelbehörden die Wehrbereichsverwaltungen, deren räumlicher Amtsbereich sich mit den 6 Wehrbereichen deckt. Sie nehmen alle Verwaltungsaufgaben in der Mittelinstanz, namentlich im Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen, im Besoldungs-, Betreuungs- u n d Versorgungswesen, in Angelegenheiten des zivilen Personals, in Unterbringungsund Beschaffungsangelegenheiten, im Wehrersatzwesen, der materiellen Bedarfsdeckung nach dem Bundesleistungsgesetz u n d in der Wehrtechnik mit dem Güteprüfdienst wahr. Als untere Verwaltungsbehörden sind ihnen die Wehrbereichsbekleidungsämter (für die persönliche Ausrüstung des Bundeswehrpersonals), die Wehrbereichsverpflegungsämter (für die dezentrale Beschaffung von Verpflegungsmitteln, deren Prüfung und Lagerung und deren Bereitstellung für die Truppe) und die Wehrbereichsgebührnisämter (für die Dienstbezüge der Bundeswehrangehörigen) nachgeordnet. Für die Verwaltungsbetreuung aller Truppenteile u n d Dienststellen im Standortbereich unterstehen den Wehrbereichsverwaltungen die Standortverwaltungen. 18

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Erläutert von W. Scherer / O. Meyer, Soldatengesetz und Vorgesetztenverordnung, 5. Aufl. 1976. Dazu im einzelnen die im Literaturverzeichnis angegebenen Schriften von Reinfried und Schulte sowie F.- W. Witte, Die rechtliche Stellung der Bundeswehrverwaltung, 1963.

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Auch die Aufgaben des Wehrersatzwesens werden gemäß der Ermächtigung in Art. 87b II G G nach §§ 14ff. WPflG 2 0 durch die territoriale Bundeswehrverwaltung wahrgenommen. Lediglich die Wehrerfassung ist als Auftragsverwaltung in § 15 III WPflG den Ländern übertragen; sie wird von den Meldebehörden durchgeführt. Als Bundesunterbehörden führen die Kreiswehrersatzämter, die den Wehrbereichsverwaltungen nachgeordnet sind, die Musterungen durch die Musterungsausschüsse durch; diese bestehen nach § 18 WPflG aus dem Leiter des Kreiswehrersatzamtes, einem von der Landesregierung ernannten sowie einem regional gewählten ehrenamtlichen Beisitzer. Über die Berechtigung der Kriegsdienstverweigerung entscheiden nach § 26 WPflG Prüfungsausschüsse bei den Kreiswehrersatzämtern, deren Vorsitzende zwar Juristen und über 32 Jahre alt sein müssen, aber nur beratende Stimme haben; den Ausschüssen gehören ein vom Land bestimmter und zwei regional gewählte Beisitzer an. Über Widersprüche in Musterungs- oder Kriegsdienstverweigerungssachen entscheiden nach § 33 WPflG Musterungsbzw. Prüfungskammern bei den Wehrbereichsverwaltungen, über Widersprüche gegen Einberufungs- oder Bereitstellungsbescheide entscheiden die Wehrbereichsverwaltungen. Obere Bundesbehörde im Wehrersatzwesen ist das Bundeswehrverwaltungsamt. Die Organisation und das Verfahren für den Wehrersatz sind in dieser Weise gesetzlich festgelegt. Damit ist entsprechend der Verfassungsentscheidung in Art. 87b II G G sichergestellt, daß das Wehrersatzwesen ausschließlich im Bereich der zivilen Verwaltung bleibt. Durch Übertragung von Entscheidungen an die Ausschüsse und Kammern für Musterungen und zur Prüfung von Kriegsdienstverweigerern soll die Berücksichtigung der Belange der Betroffenen organisatorisch gewährleistet werden. Gegen Entscheidungen in Wehrpflichtsachen ist dann die Klage vor den Verwaltungsgerichten und unter Ausschluß der Berufung die Revision an das BVerwG gegeben, wenn Verfahrensmängel gerügt werden oder die Revision zugelassen worden ist (§ 34 WPflG). Die Verwaltung des wehrtechnischen Bereichs ist unter dem Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung zusammengefaßt 21 . Ihm obliegen vor allem die technischen Entwicklungsaufgaben für alle Waffensysteme und des sonstigen Materials, die wehrtechnische Normung und die zentrale Beschaffung nach Weisung des Ministeriums. Ihm sind nachgeordnet u. a. die Marinearsenale, die Beschaffungsstellen, die Erprobungsstellen und verschiedene Prüfstellen. 20

21

Siehe dazu K. Zwingenberger, WehrpflichtR, 2. Aufl. 1963; W. Scherer / F . Krekeler, WehrpflichtG (Kommentar), 3. Aufl. 1966; G. Hahnenfeld, Wehrpflichtgesetz, 1962ff. (Loseblattausgabe); eine Einführung und Anleitung aus der Praxis gibt H.-O. Eickel, Wehrersatzwesen, 3. Aufl. 1973. Aufgaben und Organisation sind näher beschrieben von E. Caspar, Das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung und sein Geschäftsbereich, 1969, und von J.Latka/M. Werle, Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung, 1970. Siehe auch die Schrift Neuordnung des Rüstungsbereiches — Rahmenerlaß und Bericht des Organisationskomitees des BMVg zur Neuordnung des Rüstungsbereichs, 1971.

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Die territoriale Bundeswehrverwaltung und die techniche Sonderverwaltung sind jedoch organisatorisch nicht in der Lage, die Verwaltungsaufgaben für das Bereithalten der Streitkräfte voll zu erfüllen. In den militärischen Einheiten u n d in den höheren Stäben fallen täglich eine große Anzahl von Geschäftsvorfällen mit Verwaltungscharakter an, die sich nicht auf die territoriale Verwaltung verlagern lassen. Der BMVg hat deshalb in einer Reihe von sog. Abgrenzungserlassen bestimmte Verwaltungs- u n d Versorgungsaufgaben Truppenteilen, Stäben, militärischen Dienststellen u n d K o m m a n d o b e h ö r d e n (kurz dem Kommandobereich) zur Erledigung überwiesen. Es handelt sich um solche Aufgaben, die auch im Einsatz vom Kommandobereich erfüllt werden müssen oder die wegen der Ausbildungsziele oder der Einsatzbereitschaft im Kommandobereich zu erledigen sind. Zur Erledigung der Truppenverwaltungsaufgaben sind in den K o m m a n d o bereich zivile Verwaltungsbeamte eingegliedert. Bei den Korps- und Divisionsstäben des Heeres sowie den vergleichbaren Stäben der Luftwaffe und der Marine wie auch beim Territorialheer in den Wehrbereichskommandos sind „Abteilungen Verwaltung", bei den Wirtschaftstruppenteilen (Truppenteile mit eigener Verwaltungsausstattung, insbesondere eigener Bewirtschaftung von Haushaltstiteln, i. d. R. Bataillon, Geschwader) sind Truppenverwaltungsbeamte tätig. Die Abteilungen Verwaltung wie auch die Positionen der Truppenverwaltungsbeamten sind mit zivilen Beamten und z. T. Angestellten als Hilfskräften besetzt. Für den Verteidigungsfall ist vorgesehen, die Zivilbediensteten zu Soldaten zu machen. Sie sind jedoch institutionell nicht selbständig, sondern in die jeweiligen Stäbe eingegliedert. Sie erfüllen ihre Verwaltungsaufgaben unter der Verantwortung des jeweiligen Kommandeurs oder Chefs des Stabes, der ihr Vorgesetzter ist. Als Verwaltungsstellen erhalten sie Anordnungen von ihren Vorgesetzten, stehen aber in Friedenszeiten nicht unter militärischem Befehl 22 . Der Truppenverwaltungsbeamte bei den Wirtschaftstruppenteilen erledigt entsprechend den Abgrenzungserlassen die Aufgaben im Haushalts-, Kassenund Rechnungswesen. N u r er ist im Auftrag des Kommandeurs für Ausgaben anordnungsbefugt, er ist Beauftragter f ü r den Haushalt. Ihm unterstehen eine von einem Soldaten verwaltete Zahlstelle und die von den Rechnungsführern (Feldwebeln) in den Kompanien geführten Nebenzahlstellen; er leitet die Rechnungsführer an. Im Gebührniswesen unterstützt er das Wehrbereichsgebührnisamt und bereitet eine Reihe von Zahlungen vor oder leistet sie. Er ist f ü r das Verpflegungsgeld und für eine Reihe von Unterstützungen zuständig. Bei den K o m m a n d o b e h ö r d e n berät der Leiter der Abteilung Verwaltung den K o m m a n d e u r und den Chef des Stabes in allen Verwaltungsangelegenheiten. Er bearbeitet federführend alle Verwaltungs-, Fürsorge- und Wirtschaftsangelegenheiten und ist Sachbearbeiter des Haushalts. Dienstvorgesetzter der in der Truppenverwaltung tätigen Beamten nach § 3 II BBG ist der Präsident der jeweiligen Wehrbereichsverwaltung. Soweit die 22

Zur Gegenüberstellung von Befehl und Anordnung siehe Schulte a. a. O., S. 53 ff.

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Truppenverwaltung im Rahmen der Verwaltungszuständigkeit der territorialen Verwaltung tätig wird, also etwa im Gebührnis- oder Kassenwesen, unterliegt sie auch der Fachaufsicht der Wehrbereichsverwaltung. Die Tätigkeit ziviler Beamter in der Truppenverwaltung entlastet die militärischen Führer von den Verwaltungsaufgaben und ist den Erfordernissen einer rechtmäßigen Fachverwaltung angemessen. In der Praxis überwindbare Schwierigkeiten ergeben sich aus der Eingliederung nicht befehls-, sondern nur weisungsgebundener Stellen in den Kommandobereich und aus der engen Berührung zwischen Truppenverwaltung und -Versorgung. Die Deckung des Sachbedarfs der Truppe ist nämlich nicht nur ein Problem der haushaltsrechtlichen und beschaffungstechnischen Verwaltung, sondern zugleich unter dem Gesichtspunkt militärischer Effektivität ein Problem des Nachschubs u n d damit unter der Bezeichnung „Versorgung" (oder bei höheren Stäben „Logistik") eine militärische Aufgabe. 3. Das Bundesverteidigungsministerium als Spitze der Bundeswehr Die Leitung der Streitkräfte und der Bundeswehrverwaltung ist im Amt des Bundesministers der Verteidigung, der durch das Verteidigungsministerium unterstützt wird, zusammengefaßt. Daß die Wehrverwaitung einem parlamentarisch verantwortlichen Minister untersteht, entspricht den Regelungen in den Ländern des Reiches vor dem I. Weltkrieg und in der Weimarer Republik und ist heute selbstverständlich. Der Oberbefehl über die Streitkräfte stand dagegen dem Kaiser und dann nach Art. 47 WRV dem Reichspräsidenten zu. Für die Gegenwart folgt nach der einen Auffassung die Unterstellung der Streitkräfte unter den BMVg schon aus Art. 65 S. 2 GG 2 3 , nach anderer Auffassung ist Art. 65 a G G , dem gemäß der BMVg die Befehls- und Kommandogewalt über die Streitkräfte hat, konstitutiv 24 . Ob ohne Art. 65 a G G die Auslegung von Art. 65 S. 2 G G ebenfalls zur Unterstellung der Streitkräfte geführt hätte, kann nicht sicher beurteilt werden. Die Sondervorschrift hat so jedenfalls Klarheit geschaffen. Mit dem Doppelausdruck „Befehls- und Kommandogewalt", der wohl einen Pleonasmus darstellt 25 , wird zugleich sichergestellt, daß alle Leitungsgewalt für die Streitkräfte dem Minister zusteht und daneben nicht noch ein besonderer Teil einer Militär-Leitungsgewalt kraft Natur der Sache originär bei militärischen Führern oder bei anderen Staatsämtern liegt. Mit dieser verfassungsrechtlichen Unterstellung unter den BMVg werden entsprechend der Staatsauffassung des G G die Streitkräfte voll in die politisch überwachte u n d geleitete Exekutive eingegliedert. 23 24 25

So Dürig, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, Art. 65 a, Rdnr. 12, 13. So etwa Busch, S. 121; Erhardt, S. 67 f., 69 f. Siehe etwa Böckenförde, Die Organisationsgewalt im Bereich der Regierung, 1964, S. 153, 159; Dürig, in: Maunz / Dürig / Herzog /Scholz, GG, Art. 65a, Rdnr. 20; a. A.: Erhardt, S. 74ff.; dazu auch von Unruh, Befehls- und Kommandogewalt, in Fs. f. H. J. Wolff, 1973, S. 109ff. (138ff.).

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Das Verteidigungsministerium ist wie Ministerien allgemein in Abteilungen untergliedert. Die Führungsstäbe Heer, Luftwaffe und Marine unter den jeweiligen Inspekteuren und der Inspekteur des Sanitätswesens sind als militärische Abteilungen dem Generalinspekteur als Hauptabteilungsleiter nachgeordnet, dem der Führungsstab der Streitkräfte für die Gesamtaufgaben untersteht. Entsprechend dem Rahmenerlaß des BMVg zur Neuordnung des Rüstungsbereichs vom 28. Januar 1971 untersteht dem Hauptabteilungsleiter für Rüstungsangelegenheiten der gesamte ministerielle Rüstungsbereich. Die früheren Abteilungen Verteidigungswirtschaft und Wehrtechnik sind in der Abteilung Rüstung, allerdings unter je einem stellvertretenden Hauptabteilungsleiter, vereinigt. Dem Hauptabteilungsleiter für Administrative Angelegenheiten sind die Abteilungen Verwaltung und Recht, Unterbringung und Liegenschaften und die Sozialabteilung nachgeordnet. Die Abteilungen Personal und Haushalt unterstehen ohne Dazwischentreten eines Hauptabteilungsleiters den beamteten Staatssekretären und endlich dem Minister 26 . Die Zusammenfassung der Militär- und der Verwaltungsabteilungen im Ministerium ermöglicht spätestens in dieser Instanz die Koordinierung zwischen den Zweigen der Bundeswehr. Trotz Einordnung in das Ministerium sind die Inspekteure der Teilstreitkräfte und deren Führungsstäbe und der Inspekteur des Sanitäts- und Gesundheitswesens gleichzeitig Kommandobehörden. Truppendienstlicher Vorgesetzter der Zentralen Militärischen Dienststellen ist der Stellvertreter des Generalinspekteurs. Der Generalinspekteur selbst hat diese Zuständigkeit nicht. Vertreter des BMVg ist nach § 14 GOBReg z. Z. der Bundesminister des Auswärtigen, und zwar „einschließlich der Vertretung in der Befehls- und Kommandogewalt". Aus dem Bezug auf § 14 GOBReg geht aber hervor, daß auch bei der Vertretung in der Befehlsgewalt durch den Bundesaußenminister nur die Vertretung in dem „regierungsrelevanten Teil dieser Befugnisse" umfaßt wird; die Vertretung in Ressortangelegenheiten, und darunter wird die Ausübung der Befehls- und Kommandogewalt in den meisten Fällen gehören, obliegt einem Staatssekretär 27 . Den Hauptabteilungsleitern, in militärischen Angelegenheiten also dem Generalinspekteur, ist die ständige Wahrung einer Reihe von Einzelaufgaben in Vertretung der Staatssekretäre übertragen. Mit Verkündung des Verteidigungsfalles geht die Befehls- und Kommandogewalt nach Art. 115b G G auf den Bundeskanzler über; der Verteidigungsminister ist in jenem Bereich dann nicht mehr selbständiger Ressortchef. Um gerade in diesem Fall die Leitung der Streitkräfte und die der Bundeswehrverwaltung nicht zu trennen, wäre es zweckmäßig, dann ohne weitere organisatorische Änderung den BMVg als im Kommandobereich dem Kanzler unterstellt und als dessen Vertreter in seinen Funktionen zu belassen 28 . 26 27 28

Siehe dazu vor allem Mann und Weißbuch 1971/72, S. 114ff. ; 138ff. So BVerwGE 46, 55 (59ff.), und dazu E. Klein, JuS 1974, 362ff. Siehe dazu Busch, S. 149ff.; Dürig, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, Art. 115b, Rdnr. 12; K. Ipsen, BK, Art. 115b, Rdnr. 105ff.

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4. Auswirkung der NATO-Integration auf die Organisation der Bundeswehr? Zur Vorbereitung der in Art. 5 I des Nordatlantikvertrages mit vorgesehenen kollektiven Verteidigung sind auf Grund der Beschlüsse des NATO-Rates vom 26. September 1950 und vom 22. Oktober 195429 Kommandobehörden der NATO gebildet worden. Sie haben die Aufgabe, im Bündnisfall die ihnen unterstellten Großverbände der Vertragsstaaten operativ zu führen. Die übrigen Führungsbereiche Personalwesen, Feindlage und Sicherheit sowie Logistik bleiben auch dann in nationaler Zuständigkeit. Das operative Kommando geht nach den NATO-Planungen im Verlauf der Spannungszeit, spätestens bei Ausbruch der Feindseligkeiten, auf die alliierten Befehlshaber über. Die Auslösung der entsprechenden Alarmstufe unterliegt der Entscheidungsgewalt des betreffenden Mitgliedstaates — die Regelung entspricht Art. 5 I des Vertrages, wonach jeder Bündnispartner über die erforderlichen Abwehrmaßnahmen selbst entscheidet. Schon im Frieden haben die NATO-Kommandobehörden entsprechend dem Konzept der gemeinsamen Verteidigung hinsichtlich der ihnen für den Bündnisfall zur Verfügung gestellten (assignierten) Verbände nach den Beschlüssen des NATO-Rates und des Militärausschusses wichtige Befugnisse. Ihnen obliegt die operative Planung, sie können die Kommandostruktur der alliierten Kommandobehörde bestimmen, sie nehmen Einfluß auf die Dislozierung der Verbände, erteilen den Regierungen Empfehlungen hinsichtlich Organisation, Ausbildung und Logistik, fordern Berichte an und inspizieren die Verbände. Die Bundesrepublik ist der Empfehlung des NATO-Rates von 1954, daß alle Einsatzverbände in Mitteleuropa der NATO assigniert werden, gefolgt. Bestimmte Verbände zur Luftabwehr unterstehen auch schon im Frieden operativ den NATO-Kommandobehörden. Die mit Soldaten der Mitgliedstaaten besetzten Ämter und Stäbe der zuständigen NATO-Befehlshaber sind für Schleswig-Holstein der dem Befehlshaber Nordeuropa nachgeordnete Commander Allied Forces Baltic Approaches (COMBALTAP) mit Befehlshabern für die Teilstreitkräfte COMLANDJUT, COMNAVBALTAP und COMAIRBALTAP. Die Verbände in den übrigen Gebieten unterstehen in den NATO-Heeresgruppen Nord bzw. Mitte ( N O R T H A G und CENTAG) oder in der 2. und 4. Taktischen Luftflotte der NATO (ATAF) dem übergeordneten Oberbefehlshaber Mitte C I N C E N T . In rein nationaler Zuständigkeit bleiben die Territoriale Verteidigung, die Basisorganisation der Logistik und die Ersatzbundeswehr, d. i. die für den Verteidigungsfall vorgesehene militärische Ersatz- und Ausbildungsorganisation. Die Organisationsprinzipien der Bündnisstreitkräfte ermöglichen so eine integrierte operative Führung im Bündnisfall. Ein erheblicher Teil der Befehls- und Kommandogewalt auch hinsichtlich der assignierten Verbände so29

Übersicht folgt vor allem K. Ipsen, Rechtsgrundlagen, S. 135 ff.; dort auch die Texte der Beschlüsse. Text des NATO-Vertrages: BGBl. 1955 II, S. 289.

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wie der über die nicht unterstellten Teile der Streitkräfte bleibt selbst im Bündnisfall in der Hand des Ministers oder der des Bundeskanzlers nach Art. 115b GG. Auch steht die Unterstellung der Einsatzverbände selbst in nationaler Entscheidungszuständigkeit.

III. Wehr-Dienstrecht 1. Begründung und Beendigung des Wehrdienstverhältnisses Nach § 1 SoldatenG 30 ist Soldat, wer in einem Wehrdienstverhältnis 31 steht, in dem Staat und Soldat in gegenseitiger Treue verbunden sind. Es handelt sich um ein öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis, das manches mit dem gleichfalls so gekennzeichneten Beamtenverhältnis gemeinsam hat. Es wird begründet entweder auf Grund der Wehrpflicht oder auf Grund freiwilliger Verpflichtung bei Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit; das Dienstrecht dieser letzten Gruppe entspricht dem Beamtenrecht in höherem Maße als das Dienstrecht der Wehrpflichtigen. Das Dienstverhältnis der Soldaten auf Zeit und der Berufssoldaten darf nur begründet werden mit Deutschen, die die Gewähr für das Eintreten für die demokratische Grundordnung bieten und zum Soldaten geeignet sind; es ist zudem eine Planstelle erforderlich. Zum Soldaten darf nicht berufen werden, wer strafgerichtlich qualifiziert bestraft worden ist (§§ 37, 38 SoldatenG). Berufssoldaten können nur Offiziere und Unteroffiziere vom Feldwebel an aufwärts sein. Auf Zeit kann das Dienstverhältnis für längstens 15 Jahre, bei Mannschaften und Unteroffizieren jedoch nicht über das 40. Lebensjahr hinaus begründet werden (§§ 39, 40 SoldatenG). Wie bei Beamten ist zur Begründung des Dienstverhältnisses die Aushändigung einer Urkunde erforderlich; das gleiche gilt bei Beförderungen zum Unteroffizier und zu höheren Dienstgraden (§§ 41,42 SoldatenG). Die Berufssoldaten und die Soldaten auf Zeit erhalten Dienstbezüge nach dem BundesbesoldungsG. Nach § 47 BBesG können sie nach Maßgabe von Erschwernisverordnungen Erschwerniszulagen erhalten; Flieger-, Fallschirmspringer- oder Bordzulagen werden als Aufwandsentschädigung gewährt. Das Dienstverhältnis des Berufssoldaten endet regelmäßig mit dem Eintritt in den Ruhestand je nach Dienstgrad mit Vollendung des 53., 55. . . . 60. Lebensjahres (§§ 44, 45 SoldatenG). Er bezieht dann Ruhegehalt nach den §§ 15 ff. SoldVersG. Das Dienstverhältnis endet durch Entlassung nach näheren Bestimmungen, wenn die Voraussetzungen für die Begründung nicht vorlagen oder wegfallen, der Soldat die Eidesleistung verweigert oder wenn er bei Erreichen der Altersgrenze nicht die Mindesdienstzeit zurückgelegt hat. 30

31

Zum SoldatenG siehe vor allem M. Rittau, SoldatenG (Kommentar), 1957; W. Scherer / O. Meyer, SoldatenG und VorgesetztenVO, 5. Aufl. 1976. Dazu allgemein auch Schwenck, S. 28 ff.

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Auf Antrag ist der Berufssoldat zu entlassen, jedoch innerhalb der ersten sechs Offiziersdienstjahre nur unter erschwerten Voraussetzungen (§ 46 SoldatenG). Bei strafgerichtlicher Verurteilung zu einer qualifizierten Freiheitsstrafe verliert er nach § 48 SoldatenG die Rechtsstellung als Berufssoldat. Das Dienstverhältnis der Soldaten auf Zeit endet regelmäßig durch Zeitablauf. Unteroffiziere und Mannschaften erhalten gem. § § 4 — 1 0 SoldVersG während und nach ihrer Dienstzeit eine Berufsausbildung und werden im Rahmen der Berufsförderung in Stellen der Wirtschaft oder nach Erhalt eines Zulassungsscheines in solche des öffentlichen Dienstes vermittelt. Bei Dienstzeiten ab 4 Jahren werden 75 v. H. der letzten monatlichen Dienstbezüge für 6 Monate, bei einer Dienstzeit von 12 Jahren für 3 Jahre als Übergangsgebührnisse gezahlt. Als Übergangsbeihilfe wird je nach Dienstzeit das Mehroder Vielfache der monatlichen Dienstbezüge gezahlt (§§ 11, 12 SoldVersG). Im Haushaltsjahr 1980 gehörten der Bundeswehr rund 265000 Berufs- und Zeitsoldaten und rund 222000 Wehrpflichtige sowie 6000 Wehrübende an. Für die Wehrpflichtigen und Wehrübenden wird das Wehrdienstverhältnis nach dem WehrpflichtG 3 2 durch Einberufungsbescheid der Kreiswehrersatzämter begründet (§§21, 23 WPflG). Die Folgepflicht gegenüber der Einberufung ergibt sich aus der Wehrpflicht, die nach § 3 I W P f l G außer dem Wehrdienst die Pflicht umschließt, sich zu melden, vorzustellen, mustern zu lassen sowie bei der Entlassung oder später Bekleidungs- u n d Ausrüstungsstücke für den Gebrauch im Wehrdienst in Empfang zu nehmen und aufzubewahren. Wehrpflichtig sind deutsche Männer, die im Geltungsbereich des WPflG, also in den westdeutschen Bundesländern, ihren ständigen Aufenthalt haben oder zuletzt gehabt haben. Die Wehrpflicht erlischt oder ruht gemäß § 1 III W P f l G jedoch nicht, wenn ein schon Wehrpflichtiger seinen ständigen Aufenthalt aus dem Geltungsbereich des Gesetzes ohne eine in § 3 II W P f l G geregelte Genehmigung herausverlegt. Die Wehrpflicht beginnt mit dem vollendeten 18. Lebensjahr u n d endet mit Ablauf des 45., bei Unteroffizieren und Offizieren sowie im Verteidigungsfall mit Ablauf des 60. Lebensjahres (§§ 1,3 WPflG). Zum Wehrdienst wird nicht herangezogen, wer dienstuntauglich oder entmündigt ist, wer wegen qualifizierter strafgerichtlicher Verurteilung vom Wehrdienst ausgeschlossen ist, wer durch einen gesetzlich genannten G r u n d davon befreit ist, wer vom Wehrdienst zurückgestellt oder unabkömmlich gestellt ist oder wer vom zivilen Bevölkerungsschutz oder dem Bundesgrenzschutz in Anspruch genommen wird (§§9 — 13 a, 42a WPflG). Ob ein ungedienter Wehrpflichtiger f ü r den Wehrdienst zur Verfügung steht 33 , wird im Musterungsverfahren von den Musterungsbehörden durch Bescheid entschieden (§§ 16 - 20 a WPflG). 32

33

Siehe dazu K. Zwingenberger, WehrpflichtR, 2. Aufl. 1963; W. Scherer/F. Krekeler, WehrpflichtG (Kommentar), 4. Aufl. 1974; G. Hahnenfeld, Wehrpflichtgesetz, 1962ff. (Loseblattausgabe); Eichler, Wehrersatzwesen, 3. Aufl. 1973. Zu den Problemfällen des „faktischen" bzw. des fehlerhaft eingestellten Soldaten siehe Schwenck, S. 32 ff.

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Zum Wehrdienst nicht herangezogen wird ein Wehrpflichtiger, der „sich aus Gewissensgründen der Beteiligung an jeder W a f f e n a n w e n d u n g zwischen Staaten widersetzt u n d deshalb den Kriegsdienst mit der Waffe verweigert" (§ 25 WPflG). Mit der gesetzlichen Regelung wird sinnvollerweise Kriegsdienst als Wehrdienst verstanden. Der Hinweis auf die Ablehnung „jeder W a f f e n a n w e n d u n g " schließt die „situationsbedingte" Kriegsdienstverweigerung aus und erkennt nur die „absolute" als rechtlich erheblich a n ; das BVerfG hat die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung bestätigt 34 . Über die Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer entscheiden Prüfungsausschüsse und -kammern in einem festgelegten Verfahren 3 5 . Der als Wehrpflichtiger einberufene Soldat darf den militärischen Dienst erst verweigern, wenn er im förmlichen Verfahren als Kriegsdienstverweigerer rechtskräftig anerkannt worden ist. Gegenüber dem Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung aus Art. 4 III G G ist die auch im Grundgesetz verfassungsrechtlich verankerte Verteidigungsaufgabe der Bundeswehr abzuwägen; dieser Abwägung entsprechend ist dem Antragsteller eine vorläufige Fortsetzung des militärischen Dienstes zuzumuten 3 6 . Kriegsdienstverweigerer haben statt des Wehrdienstes Zivildienst — früher: Ersatzdienst — nach dem Zivildienstgesetz 37 zu leisten 38 . Durch die Novelle zum Wehrpflichtgesetz vom 13. Juli 1977 (BGBl. I, S. 1229) sollte sich die Rechtslage dahingehend ändern, daß ungediente Wehrpflichtige bereits aufgrund einer auf Art. 4 III G G bezugnehmenden Erklärung als Kriegsdienstverweigerer anerkannt wurden (§ 25 a I WPflG). Für den Fall, d a ß die Zahl der Wehrpflichtigen zur Erfüllung des Verteidigungsbeitrages nicht ausreichen sollte, war die Wiedereinführung des Anerkennungsverfahrens (§ 26 WPflG) durch Rechtsverordnung vorgesehen (§ 25 a II WPflG). Das BVerfG hat mit Urteil vom 13. April 1978 (BVerfGE 48, 127) festgestellt, daß das Änderungsgesetz als mit Art. 3 I in Verbindung mit Art. 4 III, 12a I, II und 78, 87b II 1 G G unvereinbar nichtig ist. Einberufen werden die ungedienten Wehrpflichtigen entsprechend dem Musterungsbescheid auf G r u n d der Einberufungsanordnung des Verteidigungsministers (§21 WPflG). Gegenwärtig ist die Zahl der wehrtauglichen Angehörigen des jeweils zur Einberufung anstehenden Jahrgangs größer als der Bedarf der Streitkräfte an Wehrpflichtigen. Nach Abschaffung des Lossy34 35

36 37

38

BVerfGE 12, 45; 23, 191 (204). §§ 26, 32 Abs. 4, 5 WPflG und oben S. 764. Siehe dazu näher G. Hahnenfeld, Kriegsdienstverweigerung, 1966; R. Zippelius, BK, Art. 4 III, Zweitbearbeitung, 1966, und das dort angegebene Schrifttum; das Verfahren ist mit Art. 4 III GG vereinbar, BVerfGE 28, 243; 32, 40; DÖV 1975, 66 (LS). So BVerfGE 28, 242 (256ff., 274ff.) Das Gesetz über den zivilen Ersatzdienst vom 13. Januar 1960 ist am 9. August 1973 unter dem Titel Gesetz über den Zivildienst der Kriegsdienstverweigerer neu bekannt gemacht worden - BGBl. 1973 I, S. 1015. Jetzt gültig i. d. F. der Bekanntm. vom 7. November 1977 (BGBl. I, S. 2039). vgl. im einzelnen Riecker, NJW 1977, 2056 ff.

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stems und entsprechend der Novelle zum Wehrpflichtgesetz von 1965 liegen den Einberufungen die detaillierten Personalanforderungen der Truppen zugrunde, die im Bundeswehrverwaltungsamt zu einem Bedarfsdeckungsplan zusammengefaßt und regional aufgeschlüsselt werden. Die Wehrpflichtigen werden von den Kreiswehrersatzämtern entsprechend den ihnen zugegangenen Anforderungen nach ihrer gemäß § 20a WPflG festgestellten Eignung einberufen 39 . Sie werden zum Grundwehrdienst, seit der Novelle zum Wehrpflichtgesetz von 1972 statt für 18 nunmehr i. d. R. für 15 Monate einberufen. Zum Ausgleich für die durch die Verkürzung der Grundwehrdienstzeit entstandene Verringerung der Präsenz ausgebildeter Soldaten in den Einheiten kann nach § 5 a WPflG eine bis zu zwölf Monate dauernde Verfügungsbereitschaft angeordnet werden. Dann unterliegt ihr der Wehrpflichtige unmittelbar im Anschluß an die 15 Monate Grundwehrdienst; er kann während der Verfügungsbereitschaft im vereinfachten Verfahren nach § 23 I, III wieder in seine Einheit zurückberufen werden 40 . Gediente Wehrpflichtige werden nach Maßgabe des § 6 WPflG zu Wehrübungen durch Bescheid nach § 23 herangezogen. Im Verteidigungsfall wird zu unbefristetem Wehrdienst einberufen. Der als Wehrpflichtiger dienende Soldat erhält während seines Wehrdienstes neben kostenloser Unterkunft, Dienstbekleidung und Heilfürsorge Wehrsold, nach Dienstgrad gestaffelt zwischen 6,50 und 20 DM täglich. Bei Wehrübungen wird ein einem Gehalt ähnliches Übungsgeld gewährt (§§1—8 WehrsoldG). Der Unterhalt von Angehörigen des Soldaten und in Ausnahmefällen auch nicht gedeckte Teile seines Unterhalts werden während des Dienstes als Wehrpflichtiger nach dem UnterhaltssicherungsG durch Geldleistungen gesichert. Das Wehrdienstverhältnis eines Soldaten kraft Wehrpflicht endet durch Entlassung regelmäßig mit Ablauf der im Einberufungsbescheid festgesetzten Zeit, wenn nicht Wehrdienst während der Verfügungsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst angeordnet oder der Verteidigungsfall eingetreten ist. Der Soldat wird weiterhin nach dem langen Katalog von Gründen in § 29 WPflG entlassen, wenn er auch als Berufs- oder Zeitsoldat aus dem Wehrdienst ausscheiden würde oder wenn die Voraussetzungen der Einberufung wegfallen. Bei qualifizierter gerichtlicher Bestrafung wird er aus der Bundeswehr ausgeschlossen (§ 30 WPflG). Nach seiner Entlassung untersteht er der Wehrüberwachung wie auch ein ungedienter Wehrpflichtiger nach der Musterung (§ 24 WPflG).

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Siehe dazu Hahnenfeld, WehrpflichtG, § 21, Randnr. 2 - 7 ; Eichler, Wehrersatzwesen, 3. Aufl. 1973, S. 78. Siehe dazu Hahnenfeld, WehrpflichtG, Erläuterungen zu § 6a alte Fassung. Bedenken gegen die unterschiedliche Inanspruchnahme von Wehrpflichtigen und Zivildienstleistenden erheben K. Ipsen/J. Ipsen, BK, Art. 12a, Rdnr. 125ff. im Hinblick auf Art. 12a IIS. 2 GG.

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2. Der Status der Soldaten Die Rechtsstellung des Soldaten ist im SoldatenG 4 1 zusammenfassend sowohl für die Wehrpflichtigen wie für die Berufssoldaten und die Soldaten auf Zeit geregelt. Der Soldat hat nach § 7 SoldatenG die nach § 9 durch Eid oder Gelöbnis zu bekräftigende Grundpflicht, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen. Er muß gem. § 8 die freiheitlich-demokratische G r u n d o r d n u n g anerkennen und für sie eintreten. Inner- und außerhalb des Dienstes m u ß er in seinem Verhalten dem Ansehen der Bundeswehr sowie der Achtung u n d dem Vertrauen gerecht werden, die sein Dienst als Soldat erfordern (§§ 17 I - III, 10 VI SoldatenG). Auf die Besonderheiten der Führung im militärischen Bereich zugeschnitten erlegt § 10 SoldatenG den Vorgesetzten die Pflichten auf, Beispiel zu geben, Dienstaufsicht zu führen, für die Untergebenen zu sorgen sowie nur zu dienstlichen Zwecken u n d rechtmäßig Befehle zu erteilen. § 11 verpflichtet den Untergebenen zum Gehorsam. Die Wahrheitspflicht wird in § 13 I bet o n t ; sie steht wie die Gehorsamspflicht und eine Reihe von Vorgesetztenpflichten nach § 42 WehrStrafG unter strafrechtlicher Sanktion. Der Charakter der Streitkräfte und ihrer Gliederungen als Personalverbände mit einem potentiellen K a m p f a u f t r a g bringt eine besondere Vorsorge für das Verhältnis der Soldaten zueinander mit sich, insbesondere, wenn das gemeinsame Wohnen und Verpflegen nach § 18 SoldatenG angeordnet ist. So erlegt § 12 SoldatenG unter dem Gesichtspunkt der Kameradschaft die Pflicht auf, den anderen Soldaten zu achten und ihm beizustehen. Zur Vermeidung persönlicher Spannungen darf sich der Soldat innerhalb der dienstlichen Unterkünfte und Anlagen politisch nur zurückhaltend betätigen; bei einer politischen Veranstaltung darf er keine Uniform tragen (§ 15 II, III SoldatenG). Sonst stehen ihm die staatsbürgerlichen Rechte jedoch, wie § 6 SoldatenG betont, voll zu 42 . Im Gegensatz zu den Soldaten der Weimarer Republik hat er das aktive Wahlrecht; in der Wählbarkeit steht er den Beamten bis auf die Meldepflicht über seine Kandidatur gem. § 25 SoldatenG gleich. Es entspricht dem Verständnis des Soldaten als eines Staatsbürgers in Uniform und auch der Pflicht zum Eintreten f ü r die Staatsordnung nach § 8 SoldatenG, daß er unter Beachtung der gebotenen Beschränkungen am politischen Leben teilnimmt. Dem Staat ist es dagegen verwehrt, mit seinen Einrichtungen parteipolitisch tätig zu werden. Folgerichtig ist eine Betätigung für oder gegen eine politische Richtung im Dienst untersagt; ein Soldat darf von seinem Vorgesetzten oder im staatsbürgerlichen Unterricht nicht zugunsten oder zuungunsten einer politischen Richtung beeinflußt werden (§§ 15 I, IV; 33 SoldatenG). 41 42

Schrifttum siehe Anm. 30; siehe dazu auch Schwenck, S. 39ff. Siehe dazu Lerche, Grundrechte der Soldaten, GRe IV/1, S. 4 4 7 - 5 3 5 ; K. Ipsen/J. Ipsen, BK, Art. 17 a, bes. Rdnr. 79 ff.

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Im übrigen ist die allgemeine Rechtsstellung der Soldaten ähnlich oder entsprechend geregelt wie die der Beamten. Hinzuweisen ist so auf die Vorschriften über die Verschwiegenheit (§ 19), die Nebentätigkeit (§ 20), das Verbot der Dienstausübung (§ 22), die Laufbahnvorschriften (§ 27) und auch das jetzt analog dem Beamtenrecht geregelte Recht auf Einsicht in die Personalakten (§ 29 SoldatenG). In militärischen Schulen u n d Einheiten wählen Soldaten Vertrauensmänner, die sich um die verantwortungsvolle Zusammenarbeit zwischen Vorgesetzten und Untergebenen und um die Erhaltung des kameradschaftlichen Vertrauens b e m ü h e n ; in Dienststellen, die nicht Schulen, Einheiten oder Verbände sind, wählen auch Soldaten Vertretungen nach dem Personal Vertretungsgesetz (§35 SoldatenG). 3. Beschwerde- und Disziplinarrecht Die Eigenart des militärischen Dienstes, insbesondere unter den Maximen der Effektivität, der Flexibilität und der Bereitschaft, bringt es mit sich, daß die rein innerdienstliche Anordnung von militärischem Amt zu militärischem Amt, sozusagen das militärische Betriebsverhältnis, sich von der Einwirkung auf die Person des Soldaten häufig nicht trennen läßt. Die persönliche Rechtsstellung des Soldaten wird deshalb sinnvollerweise nicht dadurch rechtsstaatlich gesichert, daß die auch diesen Bereich berührenden Anordnungen als Verwaltungsakte angesehen u n d so in das allgemeine Rechtsschutzsystem eingeordnet werden, sondern dadurch, daß dem Soldaten gem. § 34 SoldatenG nach Maßgabe der WehrbeschwerdeO 4 3 ein weites Beschwerderecht zuertei\\ ist: Nach § 1 WBO kann ein Soldat sich beschweren, wenn er glaubt, von Vorgesetzten oder von Dienststellen der Bundeswehr unrichtig behandelt oder durch pflichtwidriges Verhalten von Kameraden verletzt zu sein. Mit der Beschwerde wird also nicht nur gegen rechtswidrige, sondern auch gegen unrichtige, nach dem Wortlaut von § 13 WBO „unsachgemäße" Befehle und M a ß n a h m e n vorgegangen. Es entspricht den Vorstellungen vom Verhältnis zwischen den Soldaten und von dem in der Bundeswehr angestrebten Führungsstil, wenn § 4 WBO ausdrücklich die Möglichkeit vorsieht, daß vor der Beschwerde ein Soldat, der sich persönlich gekränkt fühlt, einen von ihm zu wählenden Vermittler mit dem Bemühen um einen gütlichen Ausgleich beauftragen kann. Dem Beschwerdeführer ist auch nach § 4 V WBO Gelegenheit zu geben, im Rahmen einer Aussprache seinen Standpunkt darzulegen. Die Beschwerde wird beim nächsten Disziplinarvorgesetzten des Beschwerdeführers — das kann ein Kompaniechef oder ein übergeordneter Offizier als dienstlicher Vorgesetzter sein — schriftlich oder zur Niederschrift eingelegt; über sie entscheidet der Disziplinarvorgesetzte des Betroffenen, über den Be43

Dazu D. W. Oetting / J. Schreiber, Wehrbeschwerdeordnung, 4. Aufl. 1973; H. V. Böttcher / K. Dau, Wehrbeschwerdeordnung (Kommentar), 2. Aufl. 1971; siehe auch Schwenck, S. 127 ff.

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schwerde geführt wird. Ist der nächste Disziplinarvorgesetzte des Beschwerdeführers danach nicht zur Entscheidung über die Beschwerde zuständig, dann kann die Beschwerde auch bei der dann zuständigen Stelle eingelegt werden. Ausuferungen werden dadurch vermieden, daß die Beschwerde frühestens nach einer Nacht seit Kenntnis des Beschwerdegrundes und nur binnen 2 Wochen erhoben werden kann; sie kann zurückgenommen werden. Gegen dienstliche Beurteilungen ist die Beschwerde unzulässig (§§ 5, 9, 6, 8, 1 III WBO). Die Beschwerde hat gem. § 3 WBO keine aufschiebende Wirkung, ausgenommen die Beschwerde gegen Disziplinarmaßnahmen gem. § 38 WDO. Der Beschwerdebescheid ergeht schriftlich und begründet. Unzulässige oder unsachgemäße Befehle oder Maßnahmen sind aufzuheben oder zu ändern, von ausgeführten ist festzustellen, daß sie nicht hätten ergehen dürfen; unterbliebene Maßnahmen und Entscheidungen sind, wenn möglich, nachzuholen. Gegen den Beschwerdebescheid kann der Beschwerdeführer fristgebunden weitere Beschwerde zum nächsthöheren Disziplinarvorgesetzten bzw. zur nächsthöheren Behörde der Bundeswehrverwaltung einlegen (§§ 12, 13, 16 WBO). Gegen einen ablehnenden Bescheid auf die weitere Beschwerde hin kann der Beschwerdeführer, wenn er sich gegen die Verletzung von Rechten oder von Vorgesetztenpflichten ihm gegenüber beschwert, die in den §§6 — 36 SoldatenG genannt sind, die Entscheidung des Truppendienstgerichts gem. §§ 17, 19 WBO beantragen. Das Gericht entscheidet dann über die Beschwerde und schließt insoweit nach § 17 II WBO die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte aus. Nicht die Truppendienstgerichte, sondern die Verwaltungsgerichte entscheiden über Beschwerden, die die Haftung der Soldaten gegenüber dem Bund (§ 24 SoldatenG), deren Wahlrecht (§ 25 SoldatenG) oder deren Bezüge und die Fürsorge (§§ 30, 31 SoldatenG) betreffen. Mit der WehrbeschwerdeO wird der allgemeine Rechtsbehelf der Beschwerde formalisiert und besonders dem Schutz der persönlichen Stellung des Soldaten dienstbar gemacht. Die Beschwerde hat, da sie auch gegen unsachgemäße Befehle und Maßnahmen zulässig ist, einen weiten Schutzbereich; ihr Einmünden in ein gerichtliches Verfahren hinsichtlich des Rechtsschutzes enthebt die Praxis und die Wissenschaft weitgehend schwieriger Abgrenzungsprobleme zwischen innerdienstlichen und eingreifenden Akten. Neben dem Rechtsbehelf der Beschwerde kann sich der Soldat zum Schutze seiner Grundrechte unmittelbar ohne Einhaltung des Dienstweges an den Wehrbeauftragten des Bundestages wenden. Die Befugnisse des Wehrbeauftragten, der als parlamentarisches Hilfsorgan die Aufgaben aus Artikel 45 b G G wahrzunehmen hat, sind im Gesetz über den Wehrbeauftragten des Bundestages vom 26. 6. 1957 (BGBl. I, S. 652) geregelt. Zur Sicherung von Gehorsam und Disziplin dient das Wehrdisziplinarrecht. Die Wehrdisziplinarordnung von 1957 wurde durch Gesetz zur Neuordnung des Wehrdisziplinarrechts vom 21. 8. 1972 (BGBl. I, S. 1481) wesentlich geän-

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dert und dann neu bekannt gemacht (BGBl. I, S. 1669). Die Neufassung läßt den Erziehungsgedanken gegenüber dem Prinzip der Ahndung mehr hervortreten 44 . Die WDO regelt nicht nur die Ahndung von Dienstvergehen durch Disziplinarmaßnahmen, sondern sieht auch die Würdigung besonderer Leistungen durch förmliche Anerkennungen vor. Die förmliche Anerkennung kann im Kompanie- oder Tagesbefehl ausgesprochen oder im Ministerialblatt des BMVg veröffentlicht werden; mit der förmlichen Anerkennung kann ein Sonderurlaub gewährt werden. Ein Dienstvergehen, das ist gem. § 23 SoldatenG eine schuldhafte Verletzung soldatischer Pflichten, kann durch den Disziplinarvorgesetzten mit einfachen Disziplinarmaßnahmen oder durch die Wehrdienstgerichte im disziplinargerichtlichen Verfahren geahndet werden (§§ 18, 54 WDO). Die Bedingungen des militärischen Dienstes mit soldatischer Ordnung und dem Erfordernis der Einsatzbereitschaft sowie das enge Zusammenleben von Soldaten, die nicht nur freiwillig dienen, auch außerhalb des Dienstes, läßt eine Disziplinargewalt der militärischen Vorgesetzten in den Streitkräften aller Länder erforderlich erscheinen, die über die entsprechende Dienststrafgewalt von vorgesetzten Beamten hinausgeht. Außer den auch beamtenrechtlich vorgesehenen Disziplinarmaßnahmen Verweis und Geldbuße kann gegen Soldaten Ausgangsbeschränkung und sogar Disziplinararrest verhängt werden (§ 18 — 22 WDO). Wenn es zur Aufrechterhaltung der Disziplin notwendig ist, kann der Disziplinarvorgesetzte Soldaten wegen eines Dienstvergehens vorläufig festnehmen (§ 17 WDO). Über eine einfache Disziplinarmaßnahme entscheidet der nächstzuständige Disziplinarvorgesetzte, d. h. der Einheits- und Verbandsführer vom Kompaniechef aufwärts. Nach der neuen WDO kann der Kompaniechef, der früher nicht mit Disziplinararrest bestrafen durfte, gegen Unteroffiziere und Mannschaften Disziplinararrest bis zu 7 Tagen, der Bataillonskommandeur bis zu 21 Tagen verhängen; gegen Offiziere kann Disziplinararrest nur vom Regiments* oder Brigadekommandeur an aufwärts verhängt werden (§ 24 WDO). Entsprechend Art. 104 II G G kann Disziplinararrest jedoch erst verhängt werden, wenn der Richter beim Truppendienstgericht die Maßnahme für rechtmäßig erklärt hat (§ 36 WDO). Der zuständige Disziplinarvorgesetzte entscheidet darüber, ob und wie disziplinar geahndet werden soll, ohne daß ihm darüber Befehle erteilt werden können (§ 31 WDO). Er kann eine Disziplinarmaßnahme erst nach Ablauf einer Nacht seit Kenntnis des Dienstvergehens verhängen. Die Disziplinarmaßnahme wird durch dienstliche Bekanntgabe an den Beschuldigten verhängt (§ 33 WDO). Gegen Disziplinarmaßnahmen ist die Beschwerde nach der WBO an den Disziplinarvorgesetzten des Verhängenden gegeben. Über die weitere Beschwerde entscheidet das 44

Zu den Änderungen siehe E. Lindgen, RiA 1973, S. 25 ff. Allgemein zur W D O siehe F. Hodes, Wehrdisziplinarordnung in der Neufassung vom 4. September 1972 (Kommentar), 4. Aufl. 1973; F. Faust, Einführung in das Wehrdisziplinarrecht, 1966.

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Truppendienstgericht, das Rechtsfragen dem Wehrdienstsenat vorlegen kann (§ 38 Ziff. 6 WDO). Die gerichtlichen Disziplinarmaßnahmen werden von den Truppendienstgerichten als Wehrdienstgerichten verhängt. Aus den sonst auch im Beamtenrecht bekannten Maßnahmen hebt sich die Dienstgradherabsetzung heraus (§ 54 I Ziff. 3 WDO). Da die Wehrdienstgerichte auch einfache Disziplinarmaßnahmen verhängen können, steht ihnen auch der Disziplinararrest zur Verfügung. Laufbahnstrafen, die dem Soldaten das Aufsteigen im Gehalt versagen oder ihn in eine niedrigere Dienstaltersstufe einstufen, sind in der neuen WDO nicht mehr vorgesehen. Die Kammern der Truppendienstgerichte entscheiden in der Hauptverhandlung mit einem richterlichen Vorsitzenden und zwei Soldaten als ehrenamtlichen Richtern; einer gehört der Dienstgradgruppe des Beschuldigten und möglichst seiner Laufbahn an, der zweite muß einen höheren Dienstgrad haben und mindestens Stabsoffizier sein (§§69 ff. WDO). Im Wehrdisziplinarverfahren ist die Mündlichkeit der Verhandlung betont, im übrigen ist es entsprechend dem beamtenrechtlichen Dienststrafverfahren geregelt. Berufungsinstanz sind die Wehrdienstsenate mit dem Sitz in München, die zum Bundesverwaltungsgericht gehören. Sie entscheiden in der Hauptverhandlung mit drei Richtern und zwei ehrenamtlichen Richtern.

IV. Materielle Rechtsgrundlagen des Handelns der Bundeswehr gegenüber Dritten 1. Rechtsgrundlagen des Handelns der Bundeswehrverwaltung Die bei der Übersicht über die Organisation der Bundeswehrverwaltung gegebenen Hinweise auf deren Aufgaben lassen erkennen, daß ein erheblicher Teil ihres Verwaltungshandelns keine rechtlichen Auswirkungen gegenüber anderen Rechtsträgern hat. Beispiele sind die Personal- und Bedarfsplanungen oder die Lagerung, Pflege und auch Ausgabe von Material ; auch die interne Haushaltsverwaltung hat keine rechtliche Außenwirkung. Die Beschaffungsaufgaben werden vorwiegend auf zivilrechtlicher Grundlage auf dem Wege über Kauf- oder Werkverträge und Miet- und Pachtverträge erfüllt 45 , so daß es auch hierfür keiner besonderen materiell-rechtlichen Grundlage nach dem Grundsatz von der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung bedarf. Eigene Rechtsträger sind im Verhältnis zum Bund die Beamten und Soldaten der Bundeswehr. Ihnen gegenüber ergehen Personalverwaltungsakte auf Grund des Beamten- oder des Wehrdienstrechts. Sie sind gemäß § 59 SoldatenG, nach einer als Vorverfahren geltenden zweistufigen Beschwerde (§ 22 Abs. 2 WBO), vor den Verwaltungsgerichten anfechtbar, soweit der Rechtsschutz nicht gemäß § 17 Abs. 1 WBO den Truppendienstgerichten übertragen ist. 45

So auch BVerwG DVB1. 1971, 111.

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Besondere Eingriffsrechte sind der Bundeswehrverwaltung für die Sachund Leistungsbeschaffung für Verteidigungszwecke sowie bei der Erklärung von Schutzbereichen übertragen. Nach dem BundesleistungsG46 können insbesondere zu Zwecken der Verteidigung als Leistungen die Überlassung von beweglichen Sachen zum Gebrauch oder Eigentum, die Überlassung von Grundstücken und von Nachrichtenmitteln und das Erbringen von Werkleistungen angefordert werden, wenn der Bedarf anders nicht adäquat gedeckt werden kann ( § § 1 — 3 BLG). Anforderungsbehörden sind nach § 5 I BLG und § 1 I der VO über die Anforderungsbehörden zunächst die Behörden der Landkreise und der kreisfreien Städte. Die Bundeswehrverwaltung ersucht diese Behörden um die Beschaffung. Erst im Verteidigungsfall oder nach einer Feststellung der BReg, daß dies zur beschleunigten Herstellung der Verteidigungsbereitschaft notwendig ist, können bestimmte in § 5 II BLG aufgezählte Leistungen von den Behörden der territorialen Bundeswehrverwaltung angefordert werden. Die Behörden der Bundeswehrverwaltung können solche Leistungen auch vorher für den Verteidigungsfall oder einen noch festzusetzenden Zeitpunkt nach seiner Verkündung oder nach der Erklärung der BReg durch Bereitstellungsbescheid anfordern (§ 36 III BLG). Leistungsbescheide und Bereitstellungsbescheide sind Verwaltungsakte, die nach den Vorschriften der VwGO angefochten werden können. Die Berufung gegen Urteile der Verwaltungsgerichte ist gem. § 46 BLG beschränkt. Für die angeforderten Leistungen ist eine Entschädigung oder Ersatz zu leisten. Kommt eine Einigung nicht zustande, wird die Entschädigung oder die Ersatzleistung von der Anforderungsbehörde durch Bescheid festgesetzt (§ 51 III BLG). Gegen den Festsetzungsbescheid kann Beschwerde eingelegt werden, über die die Aufsichtsbehörde entscheidet; gegen die Beschwerdeentscheidung kann Klage zum Landgericht erhoben werden (§ 58 BLG). Mit der Erklärung zum Schutzbereich wird die Nutzung von Grundstücken nach dem SchutzbereichsG 4 7 beschränkt, um so Verteidigungsanlagen zu schützen oder deren Wirksamkeit zu erhalten. Für die Erklärung zum Schutzbereich ist der BMVg zuständig, die übrigen notwendigen und nach dem Gesetz zulässigen M a ß n a h m e n werden von den Wehrbereichsverwaltungen vorgenommen (§ 9 SchutzberG). Für Vermögensnachteile ist eine Entschädigung zu leisten, die von landesrechtlich bestimmten Festsetzungsbehörden festzusetzen ist. Gegen den Festsetzungsbescheid ist nach Beschwerde Klage zum Landgericht zulässig (§§ 1 2 - 2 5 SchutzberG). Gegen Verwaltungsakte der Schutzbereichsbehörden ist gem. § 26 der Rechtsschutz nach der VwGO gegeben. Nicht in dem Gesetz geregelt u n d umstritten ist, ob auch die Anordnung des Schutzbereichs durch den BMVg als Verwaltungsakt anfechtbar sein soll. Es besteht Einigkeit darüber, daß die Anordnung keine Verordnung ist, weil 46

47

Dazu B. Bauch / B. Danckelmann / H. Kerst / A. Dimpker, BundesleistungsG, 2. Aufl. 1965; E. Oestreicher, BundesleistungsG, 1957. Dazu B. Bauch / R . Schmidt, Landbeschaffungs- und SchutzbereichsG, 1957; R. von Schalburg, Landbeschaffungs- und SchutzbereichsG, 1957.

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sie als solche den Anforderungen des Art. 80 G G nicht entspricht. Nach Meinung mancher ist sie als „rechtsetzender Regierungsakt" unanfechtbar 4 8 ; nach anderer Meinung ist sie als Allgemeinverfügung ein anfechtbarer Verwaltungsakt 4 9 . Sie ist wohl als ein in der Rechtsnatur einer Widmung ähnlicher Verwaltungsakt anzusehen. Zu den Wehr-Leistungsgesetzen gehört auch das G über die Landbeschaffung für Aufgaben der Verteidigung. Es ist wie ein klassisches Enteignungsgesetz ausgestaltet. Enteignungsbehörde ist nach § 28 des Gesetzes jedoch eine Landesbehörde; der Bund ist im Enteignungsverfahren nach § 29 I Ziff. 1 nur Beteiligter. Ein Eingriffsrecht ist danach der Bundeswehrverwaltung im Landbeschaffungsgesetz nicht übertragen. 2. Rechtsgrundlagen des Handelns der Streitkräfte Die Streitkräfte oder ihre Untergliederungen handeln in der Regel nicht mit rechtlicher Verbindlichkeit für Rechtsträger außerhalb der staatlichen Organisation des Bundes. Von der Betrachtung ausgeschlossen bleiben hier zudem die Handlungen gegenüber dem Feind, den Angehörigen seiner Streitkräfte oder seiner Bevölkerung auf G r u n d des Völkerrechts. Dienststellen oder Funktionsträger der Bundeswehr treten jedoch in Ausnahmefällen mit dem Anspruch auf, Dritten gegenüber rechtsverbindliche Akte zu setzen 50 . Für den Erlaß derartiger belastender Hoheitsakte bedürfen auch die Streitkräfte einer gesetzlichen Grundlage. Eine Grundlage solcher Akte bietet zunächst das G über die Anwendung unmittelbaren Zwanges durch die Bundeswehr 5 1 (UZwGBw), das die Befugnisse der Bundeswehr zu ihrer eigenen Sicherung normiert. Es umfaßt nicht nur Bestimmungen darüber, in welchen Fällen und wie Zwangsmittel eingesetzt werden dürfen, sondern enthält auch die Rechtsgrundlagen für die Akte, die mit Zwang durchgesetzt werden. § 2 II UZwGBw ermächtigt Dienststellen der Bundeswehr, das Betreten militärischer Bereiche zu verbieten und sonstige Örtlichkeiten vorübergehend zu sperren, wenn das zur Erfüllung von Bundeswehraufgaben unerläßlich ist; die gesperrten Bereiche u n d Örtlichkeiten sind militärische Sicherheitsbereiche. Wer einen militärischen Sicherheitsbereich betreten will oder hat, kann angehalten und überprüft werden. Kann seine Person oder Aufenthaltsberechtigung nicht sofort festgestellt werden oder besteht Verdacht auf eine strafbare Handlung gegen die Bundeswehr, kann er zum Wachvorgesetzten gebracht werden. Bei Straf48

49 50

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So B. Bauch / R. Schmidt, S. I38f; auch noch Reinfried, a . a . O . , in der 2. Aufl. 1964, S. 169f, während in der 3. Aufl. dazu keine Aussagen mehr gemacht werden. So z. B. R. von Schalburg, S. 94f. Für eine Übersicht über die einzelnen Arten von Verwaltungsakten und ihre Rechtsprobleme siehe G. Lehnguth, Die Verwaltungsakte der Streitkräfte gegenüber dem Bürger, Diss. Göttingen 1973, S. 73 ff. Dazu E. Jess / S. Mann, G über die Anwendung unmittelbaren Zwanges durch die Bundeswehr, 1966; siehe auch Schwenck, S. 144 ff.

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tatverdacht kann der Verdächtige, wenn die Haftbefehlsvoraussetzungen vorliegen, vorläufig festgenommen werden, er kann durchsucht, besondere Gegenstände können beschlagnahmt werden (§§4 — 7 UZwGBw). Um eine dieser Maßnahmen oder eine Festnahme nach § 127 I StPO durchzusetzen, eine akute Straftat gegen die Bundeswehr zu verhindern oder eine rechtswidrige Störung des Dienstes, die die Bereitschaft oder Sicherheit der Truppe gefährdet, zu beseitigen, kann gem. § 9 unmittelbarer Zwang nach Maßgabe der § § 1 0 - 1 8 angewandt werden. Handelnde sind Soldaten mit Wach- und Sicherheitsaufgaben oder auch zivile Wachpersonen. Sowohl das Sperren von militärischen Bereichen und von anderen Örtlichkeiten wie auch die Maßnahmen zur Personenüberprüfung und die Festnahme müssen als Verwaltungsakte angesehen werden 52 , die nach der Verwaltungsgerichtsordnung angefochten werden können. Wenn auch im UZwGBw eine in den Polizei- und Ordnungsgesetzen übliche Bestimmung, daß die unmittelbare Ausführung dem Erlaß einer Verfügung gleichsteht, fehlt, so wird man dennoch in dem Ausführungsakt gleichzeitig einen Verwaltungsakt sehen müssen. Zweifelhaft erscheint nur, ob auch die sofortige Anwendung unmittelbaren Zwanges zur Verhinderung von Straftaten oder Störungen nach § 9 Ziff. 1, 2 UZwGBw, also eine Abwehrhandlung, so konstruiert werden muß, daß sie von einem konkludent geäußerten Verwaltungsakt begleitet ist53. Entsprechend den Parallelregelungen in den Polizeigesetzen und zur Gleichstellung im Rechtsschutz im Vergleich zum Rechtsschutz gegen die anderen Maßnahmen nach dem UZwGBw wird man auch bei dieser Form des sofortigen Zwanges einen Verwaltungsakt annehmen müssen, der konkludent mit der Handlung des sofortigen Vollzuges erlassen wird 54 . Ermächtigungen an Dienststellen und Funktionsträger der Streitkräfte zum Erlaß von Verwaltungsakten finden sich auch in anderen Gesetzen. So dürfen etwa nach § 68 I BLG „Truppen . . . Grundstücke überqueren, . . . oder zeitweilig sperren". Sperren bedeutet hier den Erlaß eines rechtlichen Verbotes, das Grundstück zu betreten, mithin den Erlaß eines Verwaltungsaktes. Aus den Vorrechten der Streitkräfte nach § 35 Abs. 1 StVO ist eine Zuständigkeit zur Verkehrsregelung zur Sicherung der Bewegungsfreiheit der marschierenden Truppe nicht herzuleiten 55 . Der Vorrang der Streitkräfte folgt unmittelbar aus § 35 StVO, und es genügt in der Praxis, wenn die Streitkräfte bei Inanspruchnahme des Verkehrsvorrechts durch Angehörige der besonders ausgebildeten Feldjäger-Truppe auf das Vorrecht durch Zeichen jeweils hinweisen. Für den Verteidigungsfall und den Spannungsfall ermächtigt Artikel 87 a III G G die Streitkräfte jedoch ausdrücklich zu einer Verkehrsrege52 54 55

So auch E. Jess / S. Mann, S. 51 f. 5 3 So E. Jess / S. Mann, S. 52. Siehe Lehnguth, a. a. 0 . , S. 102 ff. So richtig Lehnguth a. a. O., S. 114 und P. Karpinski, Öffentlich-rechtliche Grundsätze für den Einsatz im Staatsnotstand, 1974, S. 57; a. A.: K. Ipsen, BK, Art. 87a, Rdnr. 86.

Wehrrecht und Wehrverwaltung

987

lung, soweit dies zur Erfüllung ihres Verteidigungsauftrags erforderlich ist. Diese Verkehrsregelung ist mit Verwaltungsakten verbunden 56 . Gleichfalls nach Art. 87a III und IV GG kann den Streitkräften im Verteidigungs- und Spannungsfall oder im inneren Notstand der Schutz ziviler Objekte übertragen werden. Gleichgültig, ob die Objekte zur Erfüllung des Verteidigungsauftrages oder zur Unterstützung polizeilicher Maßnahmen geschützt werden sollen, würde der Zugang zu ihnen abgesperrt oder beschränkt werden; die Verbote würden letztlich mit unmittelbarem Zwang durchgesetzt. Fraglich ist, nach welcher gesetzlichen Grundlage die erforderlichen Verwaltungsakte erlassen würden. Landespolizeirecht kommt schon deshalb nicht in Frage, weil der Vollzug von Landesgesetzen durch die Bundesexekutive nach der Rechtsprechung des BVerfG schlechthin ausgeschlossen ist57. Die Akte müßten unmittelbar auf Grund der Verfassungsbestimmungen ergehen, und zwar in den im UZwGBw vorgesehenen Formen. Es wäre allerdings notwendig, den Anwendungsbereich des Gesetzes über das Militärische hinaus auf die Aufgaben der Streitkräfte nach Art. 87 a GG zu erweitern58.

56

57 58

Dazu K. lpsen, BK Art. 87a, Rdnr. 8 6 - 9 1 ; Düng, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Art. 87a, Rdnr. 55; 88; Lehnguth a. a. O., S. 145ff.; Karpinski a. a. O., S. 65 ff. BVerfGE 2 1 , 3 1 2 (325). Siehe dazu K. lpsen, BK, Art. 87 a, Rdnr. 1 1 5 - 1 3 3 ; auch E. Jess/S. Mann, S. 68f.; Lehnguth, a. a. O., S. 142ff.

VIERZEHNTER ABSCHNITT Gerhard Hoffmann

Internationales Verwaltungsrecht Literatur W. K. Geck, Anerkennung fremder Hoheitsakte, WVR, Bd. I, 1960, S. 55 ff. A. Heldrich, Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht, 1969. E. Isay, Internationales Verwaltungsrecht, in: HWBd. Rechtswiss. Bd. III, 1928, S. 344 ff. K. Neumeyer, Internationales Verwaltungsrecht, Bd. IV, Allg. Teil, 1936. O. Sandrock, Neue Entwicklungen im Internationalen Verwaltungs-, insbes. im internationalen Kartellrecht, ZvglRechtswiss. 69 (1967), S. 1 ff. H.-J. Schlochauer, Die extraterritoriale Wirkung von Hoheitsakten nach dem öffentlichen Recht der Bundesrepublik Deutschland und nach internationalem Recht, 1962. H.-J. Schlochauer, Internationales Verwaltungsrecht, in: Die Verwaltung (Hrsg. F. Giese) Bd. 2 Va 3 H. 49. J. Schulze, Das öffentliche Recht im internationalen Privatrecht, 1972. E. Steindorff. Internationales Verwaltungsrecht, in: WVR, Bd. III, 1962, S. 581 ff. F. Stier-Somlo, Grundprobleme des internationalen Verwaltungsrechts, Revue Internationale de la Théorie du Droit 5 (1930/31), S. 222 ff. K. Vogel, Der räumliche Anwendungsbereich der Verwaltungsnormen, 1965.

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Gerhard Hoffmann

Gliederung I.Einführung 1. Völkerrecht, supranationales Recht und nationales Recht in ihrem Verhältnis zu den Staaten und den Staatsangehörigen 2. Geltung und Anwendung von fremdem Recht im innerstaatlichen Bereich . II. Gegenstand des Internationalen Verwaltungsrechts 1. Begriff des Internationalen Verwaltungsrechts 2. Inhalt des Internationalen Verwaltungsrechts 3. Rechtsnatur des Internationalen Verwaltungsrechts 4. Abgrenzung des Internationalen Verwaltungsrechts 5. Besonderheit des Internationalen Verwaltungsrechts

991 991 993 997 997 997 999 1000 1001

III. Völkerrecht und Internationales Verwaltungsrecht 1. Geltungsbereich des Völkerrechts 2. Völkerrechtliche Berechtigung und Verpflichtungen 3. Einzelpersonen als Träger völkerrechtlicher Rechte und Pflichten

1001 1001 1001 1004

IV. Deutsches Recht und ausländisches öffentliches Recht 1. Ausgangspunkt 2. Einzelne Rechtsanwendungsregeln 3. „Ordre public" und Grundrechte

1005 1005 1005 1008

991

Internationales Verwaltungsrecht

I. Einführung 1. Völkerrecht, supranationales Recht und nationales Recht in ihrem Verhältnis zu den Staaten und den Staatsangehörigen Die

Rechtsbeziehungen

der Staaten

zueinander

werden im

allgemeinen

durch das Völkerrecht geregelt. Soweit Staaten einer gemeinsamen supranationalen Gemeinschaft angehören, kann auch deren Rechtsordnung 1 einen Teil zwischenstaatlicher Beziehungen normieren, wie das z. B. durch das interne Recht der EWG geschieht. Diese Rechtsordnung enthält auch Regelungen für die Beziehungen der Mitgliedstaaten zu ihren eigenen Rechtsunterworfenen und zu den Angehörigen der anderen Mitgliedstaaten. Da es gegenwärtig nur wenige supranationale Gemeinschaften gibt, die Zahl ihrer Mitgliedstaaten gering und ihr Aufgabenbereich verhältnismäßig eng begrenzt ist, fallen die im Recht dieser Gemeinschaften getroffenen Regelungen im Vergleich zu den einer Regelung überhaupt zugänglichen Fragen zahlenmäßig nicht besonders ins Gewicht. Das Völkerrecht begründet gegenwärtig nur in geringem Umfang Berechtigungen und Verpflichtungen eines Staates gegenüber seinen Angehörigen und gegenüber den Angehörigen fremder Staaten. Sie b e r u h e n i n s o w e i t v o r n e h m -

lich auf völkerrechtlichen Verträgen. Zu diesen gehört beispielsweise die Europäische Menschenrechtskonvention vom 4. November 1950 mit ihren Z u s a t z p r o t o k o l l e n . D i e Beziehungen

von Angehörigen

verschiedener

Staaten

untereinander werden gegenwärtig — sofern überhaupt — praktisch nur durch das Vertragsvölkerrecht geregelt. Rechtssätze dieser Art, begrenzt auf die Angehörigen der Mitgliedstaaten, finden sich auch im internen Recht supranationaler Gemeinschaften. Es zeigt sich also, daß die Staaten es für sinnvoll gehalten haben, ihre Beziehungen und die ihrer Angehörigen zu Ausländern ganz überwiegend im innerstaatlichen (nationalen) Recht zu regeln. Dieses ist trotz aller internationaler Verflechtungen auch heute noch für solche „internationalen" (teilweise auch als „transnational" bezeichneten) Beziehungen zuständig. Ein Staat, der seine eigenen Beziehungen oder die seiner Angehörigen zu Ausländern regeln will, kann das in der Weise tun, daß er den Geltungsanspruch seiner Gesetze auf Ausländer erstreckt. Werden seine Ansprüche oder die seiner Angehörigen von den Ausländern nicht erfüllt, so kann er sie mit Hilfe seiner rechtsanwendenden Organe durchsetzen. ' Zur Eigenständigkeit der Rechtsordnung supranationaler Gemeinschaften gegenüber dem Völkerrecht und dem staatlichen Recht vgl. G. Hoffmann, Strafrechtliche Verantwortung im Völkerrecht, 1962, S. 10f.; G. Hoffmann, DÖV 1967, 433 (434f.) und die dort unter Anm. 18 und 19 angegebene Literatur und Rechtsprechung; Zuleeg, Das Recht der Europäischen Gemeinschaften im innerstaatlichen Bereich, 1969, S. 15 ff. (20ff.).

992

Gerhard Hoffmann

Allerdings erlaubt das allgemeine Völkerrecht einem Staat nicht, schrankenlos den Geltungsnaspruch seiner Gesetze über das eigene Staatsgebiet hinaus zu erstrecken und Ausländer in irgendeinem Teil der Welt mit beliebigen Pflichten in Anspruch zu nehmen 2 . Selbst soweit derartiges erlaubt ist, wird es einem Staat nicht immer möglich sein, seinen Gesetzen mit Auslandsgeltungsanspruch jenseits der eigenen Staatsgrenzen effektiv Geltung zu verschaffen. Das schließt nicht aus, daß der Staat diese Normen anwendet, wenn Ausländer sich in seinen Herrschaftsbereich begeben. Auch wenn das Völkerrecht es mißbilligt, daß ein Staat seine Gesetze, wie z. B. das Eherecht, zu Lasten von Ausländern im Ausland mit Geltungsanspruch ausstattet, können deutsche Gerichte von auf deutschem Gebiet ansässigen Ausländern in Anspruch genommen werden, um deren im Ausland geschlossene Ehe wegen im Ausland eingetretener Ereignisse zu scheiden. In diesem Fall stellt sich die Frage, ob es völkerrechtlich zulässig und darüber hinaus sinnvoll ist, einer solchen Entscheidung deutsches oder ausländisches bzw. sonstiges fremdes Recht zugrunde zu legen. Welches Recht bei der Entscheidung von Fällen mit internationalen Bezügen zur Anwendung kommt, wird von den Staaten in ihrem innerstaatlichen Recht — u. a. im Internationalen Privatrecht (IPR) 3 , Internationalen Strafrecht4 und Internationalen Verwaltungsrecht (IVR)5 — geregelt6. 2

3

4

5 6

Zur Frage, ob der staatliche Geltungsanspruch seiner Gesetze nur durch das völkerrechtliche Mißbrauchsverbot begrenzt wird, vgl. Sandrock, ZfvglRechtswiss. 69 (1967), S. 1 ff. (7) und die dort rezensierte Literatur; insbesondere K. Vogel, a. a. O., S. 89 ff. (104). Kegel, Internationales Privatrecht, 3. Aufl. 1971 ; Niederer, Einführung in die allgemeinen Lehren des internationalen Privatrechts, 3. Aufl. 1961; Raape, Internationales Privatrecht, 5. Aufl., 1961; M. Wolff, Das internationale Privatrecht Deutschlands, 3. Aufl., 1954. Aus dem Bereich der sozialistischen Länder z. B. Lunz, Internationales Privatrecht, 1961 (Sowjetunion); Barasch, Le droit international public — fondement du droit international privé et facteur qui en détermine le contenu, Revue Roumaine d'Etudes Internationales, 5. Jg., Bukarest 1971, S. 47ff. Jescheck, in: WVR Bd. III, 1962, S. 396ff.; Rahn, Internationales Strafrecht, in: Die Verwaltung, Bd. 2 Va 2, Heft 48 (herausgegeben von F. Giese); Schnorr von Carolsfeld, Straftaten in Flugzeugen, 1965. Vgl. die im Literaturverzeichnis angegebenen Titel. Zum sonstigen „Internationalen Recht" vgl. u. a. Gamillscheg, Internationales Arbeitsrecht (Arbeitsverweisungsrecht), 1959; Isay, Internationales Finanzrecht, 1934; Lippert, Handbuch des Internationalen Finanzrechts, 2. Aufl., 1928; von Maydell, Sach- und Kollisionsnormen im internationalen Sozialversicherungsrecht, 1965; ders., Probleme des internationalen Sozialversicherungsrechts, DVB1. 1971, 905ff.; Meessen, Völkerrechtliche Grundsätze des internationalen Kartellrechts, 1975; Schnorr von Carolsfeld, in: Fs. f. Liermann, Erlangen 1964, S. 221 ff.; Schnorr von Carolsfeld, RdA 1958, S. 201 ff.; Heldrich / Schröder, Die Frage der internationalen Zuständigkeit im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit, Berichte auf der Tagung der deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1969, Berichte dieser Gesellschaft, Heft 10 (1971), S. 97 ff., 133 ff. In der D D R wird diese Frage weitgehend im

Internationales Verwaltungsrecht

993

2. Geltung und Anwendung von fremdem Recht im innerstaatlichen Bereich Das rechtsanwendende Organ (Gericht oder Verwaltungsbehörde) eines Staates hat bei seinen Entscheidungen dasjenige Recht — nationales oder fremdes Recht — anzuwenden, das ihm in seiner Rechtsordnung zur Anwendung befohlen ist. Dieser Rechtsanwendungsbefehl kann im geschriebenen Recht des betr. Staates (vgl. z. B. §§ 7ff. EGBGB), aber auch in dessen ungeschriebenem Recht enthalten sein. In der Regel ist es das nationale Recht seines Staates, dessen Anwendung befohlen wird. Da die Gerichte und Behörden eines Staates auch verpflichtet sein können, ihren Entscheidungen fremdes Recht zugrunde zu legen, erheben sich in diesem Zusammenhang zwei Fragen: 1. Welches Recht ist f ü r das rechtsanwendende Organ „fremdes" Recht? und 2. welches ist die rechtliche Position dieses fremden Rechts im Gesamtrahmen des im innerstaatlichen Bereich dem Rechtsanwender von seiner Rechtsordnung zur Anwendung befohlenen Rechts? Eine Rechtsnorm stellt für das rechtsanwendende Organ fremdes Recht dar, wenn diese N o r m von Rechtsetzungssubjekten erzeugt worden ist, die nicht rechtserzeugende Organe seines Staates (d. h. des Staates, dessen rechtsanwendendes Organ es ist) sind. Dieses für das rechtsanwendende Organ fremde Rechtsetzungssubjekt kann der Völkerrechtsordnung, einem ausländischen Staat oder einer supranationalen Gemeinschaft (welche bekanntlich keine Staatseigenschaft besitzt) zugehören. Auch Besatzungsrecht — stamme es von einer einzelnen Besatzungsmacht oder einer G r u p p e von Besatzungsmächten — ist in diesem Sinne fremdes Recht. Handelt es sich bei dem „Heimatstaat" des rechtsanwendenden Organs um einen Bundesstaat (wie z. B. die Bundesrepbulik Deutschland), so ist auch das in den Gliedstaaten erlassene Recht für den Rechtsanwender kein fremdes Recht. Das ergibt sich daraus, daß die Gliedstaaten z. B. der Bundesrepublik Deutschland zwar originäre Rechtsordnungen besitzen, daß sie aber dennoch der Verfassung und der sonstigen Rechtsordnung des Bundes, also ihres gemeinsamen „Dachstaates", unterstehen. Gemeinsame Zugehörigkeit zum Bund als Dachstaat schließt es aus, daß das Recht eines Gliedstaates (Landes) für die rechtsanwendenden Organe eines anderen Gliedstaates fremdes Recht ist, wie auch das Bundesrecht für sie kein fremdes Recht darstellt. So sind Bund u n d Länder sowie die Länder im Verhältnis zueinander auch kein Ausland. Das G G — die Verfassung des ihnen gemeinsamen Staates, den sie bilden — stellt die Klammer dar, welche sowohl die Eigenschaft des internen Rechts (Bundes- und Landesrechts) als fremden Rechts wie auch die Auslandseigenschaft im Verhältnis untereinander ausschließt. Gesetz über die Anwendung des Rechts auf internationale zivil-, familien- und arbeitsrechtliche Beziehungen sowie auf internationale Wirtschaftsverträge — Rechtsanwendungsgesetz — vom 5. Dezember 1975 (GBl. S. 748 ff.) geregelt. — Allgemeines zu diesem Gesetz bei Wehser, JZ 1977, 449ff.

994

Gerhard Hoffmann

In seiner Entscheidung vom 31. Juli 1973 hat das BVerfG übrigens festgestellt, daß die D D R zu Deutschland gehöre und im Verhältnis zur Bundesrepublik Deutschland nicht als Ausland angesehen werden könne 7 . Diese angesichts früherer Entscheidungen zwar konsequente, aber vom Standpunkt des Völkerrechts aus keineswegs überzeugende Rechtsauffassung basiert auf der Prämisse, daß das deutsche Reich als Dachstaat über beiden deutschen Staaten auch heute noch bestehe. Diese Rechtsauffassung ist, auch wenn man sie f ü r völkerrechtlich unzutreffend hält, von den rechtsanwendenden Organen der Bundesrepublik in einschlägigen Fällen bei ihren Entscheidungen — als eine Fiktion mit der rechtlichen Bedeutung eines verfassungsrechtlichen Befehls, so zu handeln, als ob das Reich als Dachstaat über beiden deutschen Staaten fortbestehe u n d die D D R eines der Glieder dieses Reichs sei — zu beachten. Indem bei der Abgrenzung zwischen „fremdem" u n d „eigenem" Recht auf die Zugehörigkeit zu einem gemeinsamen Staatsverband abgestellt wird, ist zugleich klargestellt, daß die gemeinsame Zugehörigkeit zu einer supranationalen Gemeinschaft (wie z. B. der Bundesrepublik Deutschland und Frankreichs zur Europäischen Gemeinschaft) die „Fremdheit" der EWG-Verordnungen und des französischen Rechts im Verhältnis zum Recht der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Länder ebensowenig ausschließt wie die Auslandseigenschaft der EG-Mitgliedstaaten untereinander. Im Ursprung fremdes Recht ist f ü r die rechtsanwendenden Organe eines Staates kein solches, wenn es von den rechtsetzenden Organen in diesem Staat rezipiert, d. h. in eigenes innerstaatliches Recht umgewandelt worden ist. Aus Völkerrecht, aus ausländischem Recht oder aus dem internen Recht einer supranationalen Gemeinschaft ist durch die Rezeption u n d in deren U m f a n g eigenes nationales Recht geworden, ohne daß dadurch die rezipierte N o r m des ursprünglich fremden Rechts aufhört, in dieser Rechtsordnung Geltung zu besitzen (und insofern unverändert fremdes Recht für die Organe des rezipierenden Staates ist). Den Entscheidungen der Organe des rezipierenden Staates liegt sie jedoch als (im Wege der Rezeption gewonnenes) eigenes Recht zugrunde. Auf G r u n d dieser Darlegungen läßt sich umgekehrt formulieren: Eigenes Recht stellt für das rechtsanwendende Organ eines Staates diejenige N o r m dar, welche von den zuständigen Organen seines Staates (bzw. — wenn dieser ein Bundesstaat ist — von den zuständigen Organen des Bundes oder eines Gliedstaates) erzeugt worden ist. Erzeugt worden ist in diesem Sinne auch 7

BVerfGE 36, l f f . (17). — Vgl. zum Problem der Inland-Ausland-Beziehungen zwischen beiden deutschen Staaten Gascard, Zur Frage der besonderen innerdeutschen Beziehungen zwischen der B R D und der D D R , in: Ostverträge Berlin-Status Münchener Abkommen, Beziehungen zwischen der B R D und der D D R (Symposium in Kiel vom März 1971, Hamburg 1971); ders., Inland/Ausland-Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik, JIR 15 (1971), S. 339ff.

Internationales Verwaltungsrecht

995

das im Wege der Rezeption aus einer anderen Rechtsordnung gewonnene Recht. Eine nähere Betrachtung des dem rechtsanwendenden Organ in der Bundesrepublik zur Anwendung befohlenen Rechts zeigt, daß es sich dabei einerseits um Normen handelt, die hier Geltung besitzen und anzuwenden sind, sowie andererseits um solche, die hier zwar keine Geltung haben, aber dennoch zur Anwendung befohlen werden. Bei dieser Unterscheidung zwischen „Geltung haben" und „ohne Geltung anwendbar sein" ist klarzustellen, daß eine Norm für denjenigen Geltung besitzt, der unmittelbar aus ihr zu einem bestimmten Verhalten berechtigt oder verpflichtet wird. Ist die betreffende Norm im Bereich eines Staates und damit für dessen Angehörige zwar ohne Geltung, aber dennoch in bestimmten Fällen anwendbar (wie z. B. das Eherecht eines fremden Staates), so zeigt sich das darin, daß der einzelne sich in seinem Verhalten zwar nicht nach ihr zu richten braucht, um rechtmäßig zu handeln, wohl aber später in eine rechtliche Situation geraten kann, daß aus dieser Norm Rechtsfolgen an sein von ihr damals nicht geregeltes Verhalten geknüpft werden. Geltung besitzt in der Bundesrepublik — allem Recht des Bundes und der Länder übergeordnet — das Besatzungsrecht, und zwar unabhängig davon, ob es sich um vom Alliierten Kontrollrat (KR) gesetztes Recht oder um solches der drei westlichen Besatzungsmächte oder einer einzelnen von ihnen handelt, soweit es nicht aufgehoben oder außer Wirksamkeit gesetzt worden ist. Zwar ist der Alliierte Kontrollrat seit 1948 nicht mehr tätig. Die von ihm erlassenen Gesetze haben mit dem Ende seiner Tätigkeit jedoch nicht ihre Geltung verloren. Vielmehr wird sie im Vertrag zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen (Überleitungsvertrag) vom 26. Mai 1952 i. d. F. v. 23. Oktober 19548 vorausgesetzt. Dort heißt es: „ . . . Vom Kontrollrat erlassene Rechtsvorschriften dürfen weder aufgehoben noch geändert werden." (Art. I Abs. 1). Jedoch haben die am Vertrag beteiligten drei Mächte auf die Bundesrepubulik das Recht übertragen, „nach jeweiliger Konsultation der drei Mächte die Rechtsvorschriften des Kontrollrats außer Wirksamkeit zu setzen . . . " (Abs. 2). Das ist bis jetzt jedoch nur teilweise geschehen. So hat das BVerfG in einem Beschluß vom 14. November 19739 z. B. festgestellt, § 4 Abs. II EheG mit seinem Ehehindernis der Geschlechtsgemeinschaft gelte als KR-Recht nach dem Überleitungsvertrag in der Bundesrepublik ohne Rücksicht auf seine Vereinbarkeit mit dem GG zunächst fort. Doch seien die zuständigen Verfassungsorgane gehalten, diese Vorschrift nach Konsultation der drei Mächte außer Wirksamkeit zu setzen. Zum Bestand des in der Bundesrepublik geltenden Rechts gehört auch das von den zuständigen Organen des Bundes und der Länder gesetzte Recht (vor allem Gesetze, Verordnungen usw.), natürlich ebenfalls unter der Voraussetzung, daß es nicht von zuständigen Organen außer Kraft gesetzt oder 8

BGBl. 1955 II, S. 405 - 468.

9

BVerfGE 36, 146ff.

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(von den Besatzungsmächten) suspendiert worden ist. Es handelt sich bei diesen Normen um nationales (eigenes) Recht. Völkerrecht kann — sofern es überhaupt der Fall ist — in der Bundesrepublik als im Wege der Rezeption oder Transformation gewonnenes nationales, d. h. eigenes Recht Geltung besitzen. Es kann aber auch in seiner Eigenschaft als Völkerrecht Geltung haben, soweit sich die Bundesrepublik dieser Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Maßgabe unterstellt hat, daß die Sätze und Grundsätze des Völkerrechts die Organe und Bürger der Bundesrepublik unmittelbar berechtigen und verpflichten sollen 10 . Gleiches gilt für das interne Recht der Europäischen Gemeinschaft, das Europarecht. Theoretisch ist es möglich, daß diese Rechtssätze und Rechtsgrundsätze in der Bundesrepublik als durch Rezeption gewonnenes deutsches Recht gelten. Doch ist mit dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) 11 und dem BVerfG zutreffend davon auszugehen, daß das Europarecht (europäisches Recht) in den Mitgliedstaaten in dieser seiner Eigenschaft unmittelbar Geltung besitzt 12 . Auch der Rechtspraxis in der Bundesrepublik liegt diese Auffassung zugrunde 13 . Da es Kriterium für „Geltung" oder „Anwendbarkeit ohne Geltung" ist, ob die betreffende fremde Norm die Bürger in der Bundesrepublik unmittelbar zu einer bestimmten Verhaltensweise, wie sie in der betreffende Norm umschrieben ist, verpflichtet oder berechtigt, zeigt sich, daß ausländisches Recht in der Bundesrepublik zwar den rechtsanwendenden Organen in auslandsbezogenen Fällen zur Anwendung befohlen sein kann, aber dennoch hier keine Geltung besitzt. Wäre es anders, so würde das — vom Ergebnis her gesehen — bedeuten, daß jeder Deutsche nicht nur Besatzungsrecht, dem deutschen Recht und dem europäischen Recht (und eventuell dem Völkerrecht) unterstünde, sondern darüber hinaus den Rechtsordnungen aller Staaten der Welt, wie sich aus der im Einzelfall einmal möglichen Anwendbarkeit ausländischen Rechts in einer eigenen Angelegenheit zeigen würde. Auch der die zwischenstaatlichen Beziehungen weitgehend beherrschende Gesichtspunkt der Souveränität der Staaten spricht dagegen, daß ein Staat seine Angehörigen unkontrolliert der Rechtsordnung aller anderen Staaten unterstellt, ohne daß ein rechtlich relevanter Kontakt zu diesen bestünde. Ob eine fremde Norm in einem Land nur anwendbar ist oder darüber hinaus auch Geltung im Sinne eines unmittelbaren Berechtigens und Verpflich10

11 12 13

Vgl. dazu G. Hoffmann, Strafrechtliche Verantwortung im Völkerrecht, S. 14 ff.; Partsch, Die Anwendung des Völkerrechts im innerstaatlichen Recht, in: Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht, H. 6, 1964, S. 56ff., 86ff.; Rudolf, Völkerrecht und deutsches Recht — Theoretische und dogmatische Untersuchung über die Anwendung völkerrechtlicher Normen in der Bundesrepublik Deutschland, 1967, passim. Vgl. EuGH Bd. VIII, 110; IX, 1 ff., 25f.; X, 1256ff., 1269ff. Vgl. BVerfGE 37, 271 ff. (277 ff.). Vgl. BVerfGE 22, 293ff. (296); 31, 145ff. (173f.); vgl. auch Zuleeg, a. a. O., S. 20ff.

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tens besitzt, ist eine rechtliche Regelung, deren inhaltliche Ausgestaltung grundsätzlich im Ermessen eines Staates liegt. Völkerrechtliche Vereinbarungen können ihn verpflichten, bestimmten fremden Normen (etwa europäischem Recht in den EG-Mitgliedstaaten) in seinem Herrschaftsbereich Geltung zu verschaffen. Auch gehört es — sofern nicht völkerrechtliche Verpflichtungen insbesondere aus Verträgen vorliegen — zur Zuständigkeit eines Staates, darüber zu bestimmen, welches Recht in international-bezogenen Fällen bei ihm angewendet werden soll 14 .

II. Gegenstand des Internationalen Verwaltungsrechts 1. Begriff des Internationalen Verwaltungsrechts Internationales Verwaltungsrecht ist der Inbegriff derjenigen Rechtsnormen eines Staates, die eine Bestimmung darüber enthalten, welches Recht — eigenes oder fremdes — von seinen Verwaltungsbehörden und Gerichten in auslandsbezogenen („internationalen") Fällen anzuwenden ist 15 . Die Auslandsbezogenheit kann darin bestehen, d a ß Ausländer, die sich im Inland aufhalten oder hier Vermögen besitzen, Vergünstigungen erhalten oder zu Leistungen herangezogen werden sollen. Ebenso liegt ein internationaler Sachverhalt vor, wenn ein Inländer im Ausland weilt. In diesen Fällen wird der Staat eine Regelung zu treffen haben, welche von mehreren gleichzeitig nebeneinander bestehenden Rechtsordnungen zur Anwendung kommt. Eine Vermutung spricht dafür, daß ein Staat sein eigenes Recht zur Anwendung befiehlt. Das ist für den Ausländer im Inland der Fall, weil aufgrund der dem Aufenthaltsstaat zustehenden Territorialhoheit grundsätzlich auch Ausländer unter der Herrschaft seiner Rechtsordnung stehen. Die einem Staat zustehende Personalhoheit ermöglicht es ihm, auch die im Ausland befindlichen eigenen Staatsangehörigen seiner Rechtsordnung zu unterwerfen. Aber auch bei der Entscheidung von Vorfragen muß das anzuwendende Recht bestimmt werden, da es der Klarstellung bedarf, ob z. B. sich die Staatsangehörigkeit und der sonstige Status eines Fremden (Geschäftsfähigkeit, Familienstand usw.) nach deutschem oder fremdem Recht richten sollen. 2. Inhalt des Internationalen Verwaltungsrechts Seinem Inhalt nach ist das Internationale Verwaltungsrecht Rechtsanwendungsrecht 1 6 . Jeder auf einen „internationalen" Tatbestand bezogene Rechts14 15

16

s.o. I I . Ebenso u . a . Isay, a . a . O . , S. 344; Neumeyer, a . a . O . , S. 94f.; Schlochauer, Int. VerwR, S. 1. Isay, a. a. O., S. 344; Kopp, DVB1. 1967, 469ff.; Neumeyer, a. a. O., S. 44ff.; Schlochauer, a. a. O., S. 1; a. A.: Vogel, a. a. O., S. 298 ff. (310 f.).

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anwendungsbefehl, gleich ob er die Verwaltungsbehörden und Gerichte auf deutsches oder fremdes Recht verweist, gehört damit dem Internationalen Verwaltungsrecht an. Häufig werden als dem Internationalen Verwaltungsrecht angehörend nur diejenigen Rechtsanwendungsbefehle bezeichnet, welche auf inländisches oder ausländisches Recht verweisen 17 . Es besteht jedoch kein Anlaß, Rechtsanwendungsbefehle, die auf andere Rechtsordnungen wie z. B. das Völkerrecht oder das Recht einer supranationalen Gemeinschaft verweisen, von dem Begriff des Internationalen Verwaltungsrechts auszunehmen. Für das Völkerrecht folgt das aus der Möglichkeit einer Inkorporation von self-executing International Law. Soweit der gesetzesähnliche Teil eines rechtsetzenden völkerrechtlichen Vertrages (sog. self-executing International Law) durch völkerrechtsparallele Landesgesetzgebung in innerstaatliches Recht umgewandelt wird (eine Erscheinungsform der Rezeption), bezieht sich der Befehl zur Anwendung dieses Teiles des völkerrechtlichen Vertrages auf innerstaatliches Recht. Ist dieses gesetzesähnliche Völkerrecht hingegen nach dem Recht des beteiligten Staates als Völkerrecht anzuwenden (Inkorporation 18 ), so wird nicht das Recht eines fremden Staates (ausländisches Recht) zur Anwendung befohlen, sondern Völkerrecht. Die völkerrechtlich zulässige Möglichkeit, gesetzesähnliches Völkerrecht in innerstaatliches Recht umzuwandeln oder aber seine Anwendung als Völkerrecht zu befehlen, hätte sonst das merkwürdige Ergebnis, daß im Fall der Rezeption der auf eigenes Recht verweisende Rechtsanwendungsbefehl dem Internationalen Verwaltungsrecht angehörte, wohingegen im Fall der Inkorporation der Rechtsanwendungsbefehl nicht dem Internationalen Verwaltungsrecht zuzurechnen wäre, obwohl es sich materiell um die Regelung ein und derselben Materie in ein und demselben Vertrag handelt. Die lediglich unterschiedliche Art des Vertragsvollzugs rechtfertigt es nicht, die Verweisung auf das Völkerrecht vom Begriff des Internationalen Verwaltungsrechts auszunehmen. Nicht zum Internationalen Verwaltungsrecht gehören solche Kollisionsnormen in der Rechtsordnung der Gliedstaaten oder des Zentralstaates, die auf die eigene oder eine andere der im Bundesstaat bestehenden Rechtsordnungen verweisen. Wie das Internationale Privatrecht, so regelt auch das Internationale Verwaltungsrecht nur die Abgrenzung der Anwendbarkeit der eigenen Rechtsordnung gegenüber fremdem Recht. Die Rechtsordnungen innerhalb eines Bundesstaates (Zentralstaatsrecht und Gliedstaatsrecht bzw. Bundesrecht und Landesrecht) sind im Verhältnis zueinander nicht „fremdes" Recht, weil sie durch die Bundesverfassung (in der Bundesrepublik Deutschland durch das GG), welche Zentralstaat und Gliedstaaten auch in 17

18

Beispielsweise Schlochauer, a. a. O., S. 1; Isay, a. a. O., S. 344; M. Wolff, a. a. O., S. 1. Zu den Begriffen Rezeption und Inkorporation vgl. G. Hoffmann, Strafrechtliche Verantwortung, S. 14 ff. (17 f.).

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bezug auf die einander ergänzenden Gesetzgebungen berechtigt und verpflichtet, miteinander verbunden sind 19 . Doch sind diejenigen Rechtsanwendungsbefehle, die im Recht eines Mitgliedstaates einer supranationalen Gemeinschaft (EWG, Montanunion) enthalten sind und den rechtsanwendenden Organen die Anwendung supranationalen Rechts befehlen, Teil des Internationalen Verwaltungsrechts. Das einander ergänzende supranationale Recht und das Recht des Mitgliedstaates sind zwar durch die Verfassung der supranationalen Gemeinschaft, vornehmlich den Gründungsvertrag, die die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten erfaßt, miteinander verbunden. Gemeinschaftsrecht und Mitgliedstaatsrecht sind dennoch zueinander „fremd" 20 . Da auch supranationales Recht und nationales Recht eines Mitgliedstaates miteinander kollidieren können, bedarf dieser Normenkonflikt einer Lösung 21 . Auch hier handelt es sich um einen Fall des Internationalen Verwaltungsrechts. Das Recht der D D R ist, da es nach der in diesem Beitrag vertretenen Rechtsauffassung keine gemeinsame Verfassung eines über beiden deutschen Staaten stehenden Dachstaates gibt, gegenüber dem Recht der Bundesrepublik Deutschland fremdes Recht im Sinne dieses oben entwickelten Begriffes 22 . Zwar hat das BVerfG in seiner Entscheidung vom 31. Juli 197323 ausdrücklich den Standpunkt eingenommen, daß die D D R im Verhältnis zur Bundesrepublik kein Ausland sei. Doch muß man trotzdem - ohne den Boden dieser Entscheidung zu verlassen — die Auffassung vertreten, daß das Recht der D D R für die rechtsanwendenden Organe in der Bundesrepublik fremdes Recht ist, weil die rechtsetzenden Organe der D D R nicht an das Grundgesetz gebunden sind, außerdem auch, weil sie ihr Recht aus dem Gedankengut des Marxismus-Leninismus heraus setzen und durchsetzen, so daß die dem zugrundeliegende Rechtskonzeption eine völlig andere ist als die der Bundesrepublik. Das Gesetz über die innerdeutsche Rechts- und Amtshilfe in Strafsachen vom 2. Mai 195324 trägt diesem Umstand im Bereich des Strafrechts Rechnung, ohne vom BVerfG beanstandet worden zu sein. Auch in einigen anderen Gesetzen der Bundesrepublik werden die D D R und ihre Bürger wie Ausland bzw. Ausländer behandelt 25 . 3. Rechtsnatur des Internationalen Verwaltungsrechts Die Bestimmungen des Internationalen Verwaltungsrechts sind trotz des Attributes „international" nationales Recht. Sie gehören dem innerstaatli19 20

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S. o. I 2. S. o. Fußn. 19 — indem ich auf die Zugehörigkeit zu einem gemeinsamen staatlichen Verband abstelle und deshalb im Europarecht fremdes Recht sehen muß, weiche ich von der in früheren Auflagen vertretenen Auffassung ab. Vgl. hierzu u. a. G. Hoffmann, DÖV 1967, S. 433ff.; Zuleeg, a. a. O., S. 61 ff. (mit umfassendem Literaturnachweis). S. o. I 2. 23 BVerfGE 36, 1 ff. (17). BGBl. 1953 I, S. 161. 2 5 Vgl. die Literaturhinweise in Fußn. 7.

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chen Recht an und sind nicht Bestandteil des Völkerrechts. Ihre Bezeichnung rührt daher, daß sie sich auf internationale Sachverhalte beziehen. Deshalb gehört das Verwaltungsrecht der internationalen Organisationen und der supranationalen Gemeinschaften nicht zum Internationalen Verwaltungsrecht. 4. Abgrenzung des Internationalen Verwaltungsrechts Es bedarf der Klarstellung, daß die Zugehörigkeit von Kollisionsnormen zum bundesdeutschen Internationalen Verwaltungsrecht noch keine Rückschlüsse auf die Regelung zuläßt, ob im konkreten Fall von den bundesdeutschen Organen deutsches oder fremdes Recht der Entscheidung zugrunde zu legen ist. Es ist damit auch noch nicht gesagt, ob das gegebenenfalls zur Anwendung befohlene fremde Recht unverändert oder durch die Berücksichtigung des bundesdeutschen „ordre public" modifiziert anzuwenden ist. Der Begriff des Internationalen Verwaltungsrechts entspricht dem des Internationalen Privatrechts, wie es heute überwiegend verstanden wird 26 , insoweit als beide Begriffe nur solche Normen des geschriebenen und ungeschriebenen Rechts umfassen, die die Anwendung materiellen Rechts, nicht aber einen internationalen Sachverhalt regeln. In diesem Sinne ist auch das Internationale Verwaltungsrecht Rechtsanwendungsrecht. Der Begriff des Internationalen Verwaltungsrechts ist weiter als der des IPR, da auch die die Anwendung von Völkerrecht u n d Europarecht befehlenden Bestimmungen von ihm erfaßt werden. Abweichend von der hier vertretenen Auffassung wird der Begriff teilweise auch in Anlehnung an den des Internationalen Sozialversicherungsrechts 27 u n d andere Zweige des deutschen Internationalen Rechts 28 mit einem die Sachnorm mit auslandsbezogenem (internationalem) Tatbestand einschließenden Inhalt verstanden 2 9 . Faßte man den Begriff des „internationalen Rechts" so weit, dann gehörten auch die jedermann gewährten Grundrechte des G G zu einem deutschen „internationalen Verfassungsrecht", da sie auch Ausländer berechtigen. Gegen eine Ausdehnung des Internationalen Verwaltungsrechts auf verwaltungsrechtliche Sachnormen spricht auch, daß zum Internationalen Privatrecht nur die Rechtsanwendungsnormen gehören und deshalb die Herausbildung eines einheitlichen Begriffes des deutschen „internationalen Rechtes" erschwert würde. Das schließt nicht aus, daß man die materiellen Verwaltungsnormen, die einen internationalen Sachverhalt ordnen, von den übrigen Sachnormen un26

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Neuhaus, Die Grundbegriffe des Internationalen Privatrechts, 1962, S. 1 f.; M. Wolff, a. a. O., S. 1 f.; Kegel, a. a. 0 . , S. 3; Raape, a. a. O., S. 2. von Maydell, a. a. O., S. 16; Wickenhagen, Zwischenstaatliches Sozialversicherungsrecht, 1957, S. 15. Weitergehend insbesondere: G. Erler, Grundprobleme des Internationalen Wirtschaftsrechts, 1956, S. 16; von Würzen, Internationales Kraftfahrzeugrecht, 1960, S. 2f.; Steindorff, a. a. O., S. 10ff. K. Vogel, a. a. O., S. 153 ff., 287 ff.

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terscheidet und als Fremdenrecht zusammenfaßt. Eine solche begriffliche Unterscheidung empfiehlt sich schon deshalb, um deutlich zu machen, daß es sich nicht um Rechtsanwendungsnormen, sondern um materielle Verwaltungsrechtsnormen handelt, die allerdings gemeinsam haben, daß sie sich auf einen internationalen Sachverhalt beziehen. Wenn auch diesem Beitrag der enge Begriff des Internationalen Verwaltungsrechts zugrunde gelegt wird, sollen dennoch Betrachtungen über völkerrechtliche Gegebenheiten angestellt werden, die zwar dem engen Begriff des Internationalen Verwaltungsrechts nicht entsprechen, aber seine rechtliche Umgebung beschreiben. 5. Besonderheit des Internationalen Verwaltungsrechts Die technische Besonderheit eines vom Internationalen Verwaltungsrecht angeordneten Vollzugs von fremdem Recht besteht darin, daß inländische Verwaltungsbehörden und Gerichte an speziell oder generell bezeichnete Tatbestände, die vom inländischen Gesetzgeber in dessen Internationalem Verwaltungsrecht bezeichnet sind, unter Zugrundlegung fremden Rechts die dort gebotenen oder erlaubten Rechtsfolgen knüpfen. Die Verbindlichkeit einer so zustande gekommenen Entscheidung resultiert aus inländischem Verfahrensrecht, nicht aus dem angewandten fremden Recht. Dieses wird auch nicht durch den Rechtsanwendungsbefehl oder durch seine Anwendung rezipiert bzw. inkorporiert.

III. Völkerrecht und Internationales Verwaltungsrecht 1. Geltungsbereich des Völkerrechts Jeder Staat untersteht dem allgemeinen Völkerrecht, dem für ihn zuständigen partikulären Gewohnheitsvölkerrecht und Vertragsvölkerrecht. Das Völkerrecht regelt nicht nur die unmittelbaren zwischenstaatlichen Kontakte, sondern in beschränktem Umfang auch das Verhalten der Staaten in ihrem internen Bereich. Innerstaatliche Normen materiellen und formellen Inhalts können deshalb am Maßstab des Völkerrechts gemessen werden, und ein Staat ist im Fall der Völkerrechtswidrigkeit seiner Gesetze völkerrechtlich verpflichtet, diese Gesetze wenigstens nicht zu vollziehen 30 . Geschieht das dennoch, so müssen die dadurch begründeten Rechte von anderen Staaten nicht beachtet werden. 2. Völkerrechtliche Berechtigungen und Verpflichtungen Die Bestimmung, welches Recht von den Verwaltungsbehörden und Gerichten eines Staates anzuwenden ist, könnte theoretisch im Völkerrecht getroffen werden. Das hätte den Vorteil einer in den beteiligten Staaten einheit30

Zu den Konfliktsregeln vgl. Dahm, Völkerrecht I, 1958, S. 57 ff.

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liehen Regelung. Doch haben die Staaten als Völkerrechtssetzungssubjekte von einer solchen Möglichkeit nur wenig Gebrauch gemacht 31 . Ein Fall, in welchem aus allgemeinem Völkerrecht ein Staat verpflichtet ist, seine Organe in deren Entscheidungen ausländisches öffentliches Recht zugrundelegen zu lassen, betrifft Fragen der Staatsangehörigkeit: Die von einem Staat durch dessen innerstaatliches Recht völkerrechtskonform verliehene Staatsangehörigkeit ist von jedem anderen Staat zu respektieren 32 33. Die aufgrund der Genfer Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 195l 33a durch einen Vertragsstaat ausgesprochene Flüchtlingsanerkennung braucht ein anderer Vertragsstaat hingegen nicht in jeder Lage ohne eigene Nachprüfung der Verfolgteneigenschaft hinzunehmen 33b . Soweit von den Verwaltungsbehörden und Gerichten eines Staates ausländisches Recht anzuwenden ist, sind diese Instanzen nach Völkerrecht berechtigt, die Völkerrechtskonformität dieser Rechtssätze zu prüfen 34 . Im Fall ihrer Völkerrechtswidrigkeit darf ein Staat diese Rechtssätze nicht anwenden. Mit dem Vollzug des völkerrechtswidrigen ausländischen Gesetzes würde der betreffende Staat das völkerrechtswidrige Verhalten des anderen Staates fortsetzen und sich damit ebenfalls einer Völkerrechtsverletzung schuldig machen. Die rechtsanwendenden Organe dürfen ausländische Rechtssätze auch auf ihre Vereinbarkeit mit höherrangigen Normen derselben Rechtsordnung prüfen und im Falle ihrer Unvereinbarkeit dann unangewendet lassen, wenn die Rechtsanwendungsorgane des Staates, dessen Rechtsordnung angewendet wird, diese Normen bei Unvereinbarkeit mit höherrangigem Recht unbeachtet lassen dürfen. Die rechtsanwendenden Organe eines Staates sind nach Völkerrecht auch berechtigt, die Verwaltungsakte und Gerichtsurteile eines anderen Staates zu überprüfen 3 5 , wenn an einen solchen fremden Rechtsakt im eigenen Recht 31

In bezug auf Amtspflichtsverletzungen z. B. im deutsch-österreichischen Abkommen zur Regelung der Amtshaftung aus Handlungen von Organen des einen in grenznahen Gebieten des anderen Staates v. 14. Sept. 1955 (BGBl. 1957 II, 596) und im Natotruppenstatut v. 3. August 1959 (BGBl. 1963 II, 745). - Näheres zum internationalen Amtshaftungsrecht und zu diesen Verträgen bei Grasmann, Kollisions- und fremdenrechtliche Fragen bei Amtspflichtverletzungen, JZ 1969, S. 454 ff. 32 Vgl. z. B. Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, 1976, S. 575 ff. 33 „Der Nachweis der Staatsangehörigkeit richtet sich nach den einschlägigen Bestimmungen der Gesetzgebung des Heimatstaates"; so z. B. Europ. Fürsorgeabkommen vom 11. Dezember 1953 (BGBl. 1956 II, S. 564) 33a BGBl. 1953, II S. 559. 33b S o BVerfGE 52, 391 ff. - Zum Problem extraterritorialer Auswirkungen der Anerkennung des Flüchtlingsstatus vgl. auch Uibopuu, in: Fs. f. Schlochauer, 1981, S. 717ff. 34 Heiz, Das fremde öffentliche Recht im internationalen Kollisionsrecht, Diss. Zürich 1959, S. 173ff.; Seidl-Hohenveldern in: Recht im Wandel, Fs. 150 Jahre Carl Heymanns Verlag, 1965, S. 591 ff. 35 J. P. Bauer, Das Internationale Privatrecht im Rechtssystem, Diss. Erlangen 1967,

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Rechtsfolgen geknüpft werden sollen. Das gilt sowohl für die (im Verwaltungsbereich seltene) Vollstreckung eines fremden Verwaltungsaktes 3511 wie auch für die Fälle, in denen einem Rechtsakt nach dem Recht des fremden Staates eine unmittelbar feststellende oder gestaltende Wirkung zukommt, wie das z. B. bei der Begründung eines familienrechtlichen Status, einer Einbürgerung oder einer Enteignung der Fall ist. Das folgt — wie Dahm 3 6 im Ergebnis zutreffend ausführt — daraus, daß die Staaten nach allgemeinem Völkerrecht nicht verpflichtet sind, Hoheitsakte eines fremden Staates als in ihrem Bereich verbindlich zu behandeln. Bestünde eine solche Verpflichtung, so wäre ein Staat imstande, in den Hoheitsbereich fremder Staaten hineinzuregieren, was mit der Ausschließlichkeit der Herrschaftsgewalt des Territorialstaates auf seinem Gebiet nicht zu vereinbaren wäre. Aus diesem Grunde ist auch von der grundsätzlich auf das Inland begrenzten Wirkung staatlicher Hoheitsakte auszugehen (grundsätzlicher Ausschluß extraterritorialer Wirkung). Wenn es einem Staat nach Völkerrecht aber freisteht, einem fremden Hoheitsakt im eigenen Bereich Rechtswirksamkeit beizumessen oder nicht, so ist der Staat auch darin frei, diesen Hoheitsakt rechtlich zu überprüfen und im Fall der Unvereinbarkeit mit den als Prüfungsmaßstab dienenden Normen nicht anzuwenden. Diese Normen können sowohl völkerrechtliche als auch ausländische sein. Ist der ausländische Hoheitsakt mit dem Völkerrecht nicht zu vereinbaren, so muß er aus denselben Gründen wie das völkerrechtswidrige ausländische Gesetz unberücksichtigt bleiben. Maßstab für die Prüfung fremder Rechtssätze und Rechtsakte kann nach Völkerrecht auch der eigene „ordre public" sein. Gegen den deutschen „ordre public" verstößt ein ausländischer Hoheitsakt dann, wenn er mit den guten Sitten oder dem Zweck eines deutschen Gesetzes unvereinbar ist (Art. 30 EGBGB). In diesem Fall ist der ausländische Rechtssatz oder Rechtsakt nicht anzuwenden. Die im angelsächsischen Rechtskreis vertretene „Act of State-Doktrin" 37 , die eine Überprüfung ausländischer Hoheitsakte durch inländische Organe verbietet, ist nicht Bestandteil des Völkerrechts und hat in das deutsche Recht keinen Eingang gefunden. Schließlich verpflichtet das allgemeine Völkerrecht einen jeden Staat, Ausländer nach dem völkerrechtlich vorgeschriebenen Mindeststandard 3 8 zu behandeln, entsprechendes materielles und prozessuales Recht zu schaffen und S. 463 f.; a. A.: Heiz, a . a . O . , S. 170f.; zur Frage der Normenkontrolle fremden Rechts: Neumayer, Fremdes Recht und Normenkontrolle, Rabeis Z 23 (1958), S. 573 ff. 35a Vgl. hierzu Papier/Olschewski, Vollziehung ausländischer Verwaltungsakte, DVB1. 1976, 475ff. 36 Völkerrecht I, S. 262 ff. 37 Sehr ausführlich hierzu Folz, Die Geltungskraft fremder Hoheitsäußerungen, 1975. 38 Dahm, Völkerrecht I, S. 503f.; Verdross / Simma, Universelles Völkerrecht, 1976, S. 586 ff.

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den rechtsanwendenden Organen zur Anwendung zu befehlen. Diese Verpflichtung besteht nach allgemeinem Völkerrecht auch dann, wenn die Angehörigen dieses Staates ausnahmsweise rechtlich unter dem Mindeststandard stehen. In völkerrechtlichen Verträgen verpflichten sich die Staaten häufig zu einer Besserstellung von Ausländern, wobei über dem Mindestmaß nach allgemeinem Völkerrecht eine differenzierende Behandlung zulässig ist. Vor allem im Rahmen des Europa-Rates sind unter Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland eine Anzahl von Verträgen dieser Art auf den Gebieten des Sozial- 39 und Kulturwesens als rechtsgeschäftliche und — wie z. B. die Europäische Menschenrechtskonvention mit ihren Zusatzprotokollen — als rechtsetzende Verträge geschlossen und in Kraft gesetzt worden. Auch die Rechtsstellung von Minderheiten innerhalb eines Staates ist — vor allem nach dem 1. Weltkrieg — zum Gegenstand zwischenstaatlicher Vereinbarungen gemacht worden 40 . Darin hat sich der für eine Minderheit zuständige Territorialstaat regelmäßig verpflichtet, Minderheitenschutzgesetze des vereinbarten Inhalts zu erlassen und seinen Organen zur Anwendung zu befehlen. 3. Einzelpersonen als Träger völkerrechtlicher Rechte und Pflichten Nicht nur auf den Gebieten des Fremden- und Minderheitenrechts, sondern auch auf anderen Gebieten des allgemeinen und besonderen Verwaltungsrechts, zu welchem auch das Steuerrecht gezählt werden kann, finden sich im Vertragsvölkerrecht eine Vielzahl von Bestimmungen, welche die Staaten primär zum Erlaß von Gesetzen verwaltungsrechtlichen Inhalts und — damit diese Gesetze auch von den Organen angewandt werden — entsprechender Rechtsanwendungsbefehle verpflichten. Neben rechtsgeschäftlichen Bindungen der Staaten können im allgemeinen oder partikulären Völkerrecht gesetzesähnliche Bestimmungen entstehen, die unmittelbar einem einzelnen gegenüber dem Staat Ansprüche einräumen oder Verpflichtungen auferlegen. So ist beispielsweise ein Staat, der dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen vom 18. April 196141 nicht beigetreten ist, aus allgemeinem Völkerrecht verpflichtet, die Unverletzlichkeit des Missionschefs zu gewährleisten, insbesondere ihn keiner Festnahme oder Haft zu unterwerfen (Art. 29). Der Diplomat hat gegenüber dem Empfangsstaat einen eigenen Anspruch auf Beachtung seiner Immunität. Schon heute läßt sich feststellen, daß das Vertragsvölkerrecht in zunehmendem Maße Einzelpersonen zu Trägern völkerrechtlicher Rechte und Pflichten macht. Angesichts dieser Entwicklung ist eine Tendenz zur Herausbildung eines völkerrechtlichen Verwaltungsrechts, das in seinem gesetzes39

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Vgl. hierzu die Sammlung von: Plöger / Wortmann, Deutsche Sozialversicherungsabkommen mit ausländischen Staaten, Stand 1966. Näheres bei Erler, in: WVR Bd. II, 1961, S. 531 ff. BGBl. 1964 II, S. 958.

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ähnlichen Teil einzelne unmittelbar zu Adressaten hat, erkennbar. Gegenwärtig kann man bereits auf steuerrechtlichem Gebiet im Wege der Abstraktion von den mehr als 500 Verträgen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (Stand von i96042) Grundsätze erkennen, die dem einzelnen gegenüber dem Staat einen Anspruch auf Befreiung von der Doppelbesteuerung gewähren. Der Schritt von einer Vielzahl einheitlicher vertragsvölkerrechtlicher Regelungen zu einer Norm des Völkergewohnheitsrechts ist nicht weit. Die Staaten trifft dann die Verpflichtung, derartige gesetzesähnliche Bestimmungen des ungeschriebenen Völkerrechts zum Inhalt eines Rechtsanwendungsbefehls zu machen.

IV. Deutsches Recht und ausländisches öffentliches Recht 1. Ausgangspunkt Da ein jedes zur Rechtsanwendung berufene Organ innerhalb eines Staates wissen muß, welches Recht es seiner Entscheidung (Verwaltungsakt oder Urteil) zugrunde zu legen hat, enthält eine jede innerstaatliche Rechtsordnung notwendigerweise — wenn auch überwiegend im ungeschriebenen Recht — Rechtsanwendungsnormen. Die oberste Rechtsanwendungsnorm, die dem ungeschriebenen Verfassungsrecht zuzuzählen ist, hat die Verpflichtung der Organe zum Inhalt, nur dasjenige Recht anzuwenden, das ihnen zur Anwendung befohlen oder erlaubt wird. Das ist, wie die Rechtserfahrung innerhalb aller Staaten zeigt, das innerstaatliche Recht des betreffenden Staates, sofern nicht im geschriebenen oder ungeschriebenen Recht ausnahmsweise auf fremdes Recht (Völkerrecht, ausländisches Recht oder das interne Recht einer supranationalen Gemeinschaft) verwiesen wird. 2. Einzelne Rechtsanwendungsregeln Auch im ungeschriebenen Verfassungsrecht der Bundesrepublik ist ein solcher oberster Rechtsanwendungsbefehl mit dem genannten Vorbehalt eines Verweises auf fremdes Recht vorhanden, da es sonst für die deutschen rechtsanwendenden Organe an einer Verpflichtung zur Anwendung deutschen Rechts fehlen würde. Die auf fremdes Recht verweisenden (z. T. im Vollzug völkerrechtlicher Verträge erlassenen) Rechtsanwendungsbefehle sind demgegenüber in einfachen Gesetzen 43 und sonstigen Normenkomplexen enthalten. Sie sind wie jede deutsche Rechtsnorm im Rang unterhalb der Verfassung in vollem Ura42 43

Vgl. Bühler, in: WVR Bd. III, 1962, S. 377ff. Für das deutsche Internationale Privatrecht (Recht der Eheschließung und Ehescheidung) z. B. vgl. Art. 13 und 17 EGBGB.

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fang an den Grundrechten zu messen, wie es das BVerfG 44 für die Vorschriften des deutschen Internationalen Privatrechts ausdrücklich festgestellt hat. Gehört dieser Rechtsanwendungsbefehl einem nachkonstitutionellen förmlichen Gesetz an, ist er auch der konkreten Normenkontrolle des BVerfG gem. Art. 100 I GG zugängig. Oft ist es schwierig festzustellen, ob das rechtsanwendende Organ das zur Anwendung befohlene ausländische Gesetz einer Überprüfung unterziehen und bei Nichtübereinstimmung mit höherrangigem Recht unangewendet lassen darf. Bei Unvereinbarkeit einer zur Anwendung befohlenen ausländischen Rechtsnorm mit dem allgemeinen Völkerrecht ist die Bundesrepublik als Staat und Völkerrechtssubjekt zur Nichtanwendung völkerrechtlich verpflichtet. Für die Staatsorgane enthält das deutsche Recht keine ausdrückliche Regelung dieser Frage. Da gem. Art. 25 G G die allgemeinen Regeln des Völkerrechts auch von den Organen der Bundesrepublik zu beachten sind und da diese Regeln überdies den (einfachen) Gesetzen vorgehen, haben sie auch im Verhältnis zu den im konkreten Fall anwendbaren ausländischen Gesetzesbestimmungen Vorrang. Sie sind also für diese Prüfungsmaßstab. Die Unvereinbarkeit mit ihnen führt deshalb zur Unzulässigkeit ihrer Anwendung. Weiterhin bestimmt das deutsche Recht, daß die deutschen rechtsanwendenden Organe die zur Anwendung befohlene ausländische Norm daraufhin zu prüfen haben, ob sie nach dem Recht des Staates, dem sie angehört, Rechtsbestand hat. Denn nur auf geltendes Recht verweist der Rechtsanwendungsbefehl, wie Bauer 45 zutreffend festgestellt hat. Ist eine fremde Norm aber trotz Unvereinbarkeit mit höherrangigem Recht des betreffenden Staates von dessen Organen anzuwenden (etwa weil die dafür zuständige Instanz diese Norm noch nicht vernichtet hat) 46 , so ist im Zweifel auch das deutsche rechtsanwendende Organ zur Anwendung dieser Norm verpflichtet, da das deutsche Recht nicht Hüter der Verfassung eines fremden Staates ist. Schwieriger ist die Frage nach dem anzuwendenden Recht in einem auslandsbezogenen Fall zu beantworten, wenn das geschriebene Recht keine ausdrückliche Bestimmung enthält. Zwar enthält die oberste Rechtsanwendungsnorm eine Vermutung zugunsten des deutschen Rechts. Da aber der Gesetzgeber die Rechtsanwendungsbefehle zumindest im Verwaltungsrecht kaum jemals ausdrücklich erteilt und die Verweisung auf ausländisches Recht dennoch seinem Willen entsprechen kann, dürfen die Verwaltungsbehörden und Gerichte nicht ohne weiteres unter Hinweis auf das Fehlen einer geschriebenen, die Anwendung fremden Rechts befehlenden Bestimmung deutsches Recht ihrer Entscheidung zugrunde legen. Sie haben vielmehr das Schweigen des Gesetzgebers daraufhin zu überprüfen, ob es zur Abweichung 44 45 46

BVerfGE 31, 58 ff., 73. a. a. O., 463f.; Neumayer, Rabeis Z 23 (1958), S. 585f.; M. Wolff, a. a. O., S. 85. Vgl. hierzu G. Hoffmann, JZ 1961, 193.

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von der in der obersten Rechtsanwendungsnorm enthaltenen Vermutung berechtigt. Die hierbei anzustellenden Erwägungen zielen praktisch darauf ab, ob in einem speziellen Fall die Anwendung des deutschen oder die des ausländischen Rechts sachgerechter ist. Die Antwort auf diese Frage kann sich aus einem Vergleich der Rechtsfolgen ergeben, je nachdem, ob ausländisches oder deutsches Recht der Entscheidung zugrunde gelegt wird. Führt die Anwendung ausländischen Rechts zu einer sachgerechteren Entscheidung als die deutschen Rechts, so ist davon auszugehen, daß der Rechtsanwendungsbefehl auf das fremde Recht verweist. Anderenfalls ist — der Vermutung entsprechend — deutsches Recht anzuwenden. Die Möglichkeit einer Wahl zwischen der Anwendung deutschen Rechts oder Völkerrechts kann nicht eintreten, wenn nach deutschem Recht allgemeines Völkerrecht und Vertragsvölkerrecht in deutsches Recht umgewandelt worden ist. In diesem Fall steht dem rechtsanwendenden Organ kein Völkerrecht zur Verfügung. Ist im deutschen Recht hingegen von der Möglichkeit einer Inkorporation Gebrauch gemacht worden, so besteht ebenfalls keine Wahlmöglichkeit, da entweder im Zustimmungsgesetz nach Art. 59 II GG oder im ungeschriebenen Bundesverfassungsrecht ein für die Inkorporation unerläßlicher Rechtsanwendungsbefehl mit Verweisung auf das inkorporierte Völkerrecht enthalten ist. Diese Regeln gelten nicht nur bei Prüfung der Frage, ob ein geltend gemachter Anspruch begründet ist. Auch wenn auf einen auslandsbezogenen Sachverhalt deutsches Recht anzuwenden ist, müssen der Entscheidung über eine dabei auftretende Vorfrage (Erwerb bzw. Verlust von Eigentum unmittelbar kraft Gesetzes) nicht zwingend deutsche Sachnormen zugrunde gelegt werden. Die oben erörterten Regeln gelten auch für diesen Fall. Nicht anwendbar sind sie hingegen, wenn es darauf ankommt, ob ein ausländischer Hoheitsakt (z. B. Einbürgerung oder Enteignung durch Verwaltungsakt) einer nach deutschem Recht zu treffenden Entscheidung zugrunde zu legen und damit „anzuerkennen" ist47. Zwar dürfen die rechtsanwendenden Organe der Bundesrepublik Deutschland prüfen, ob eine von einem fremden Staat nach dessen Recht vorgenommene Einbürgerung oder Enteignung mit dem dortigen Recht und dem Völkerrecht vereinbar ist (s. o., auch III 2). Eine deutsche Instanz ist aber nicht berechtigt, die Einbürgerung bzw. Enteignung — statt nach dem zuständigen fremden Recht — nach deutschem materiellen Recht eintreten bzw. nicht eintreten zu lassen. So weit geht ihr „Wahlrecht" in bezug auf das anzuwendende Recht nicht. Das Völkerrecht verpflichtet grundsätzlich die Staaten nicht, die Hoheitsakte fremder Staaten anzuerkennen. Dieser Grundsatz wird nur ausnahmsweise durchbrochen, so beispielsweise bei einer völkerrechtskonform gewährten Staatsangehörigkeit. Der deutsche Gesetzgeber ist somit grundsätzlich 47

Zur Vollziehung ausländischer Verwaltungsakte — unter besonderer Berücksichtigung der Abgabenbescheide — s. Papier / Olschewski, DVB1. 1976, 475 ff.

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frei, die Frage der Anerkennung ausländischer Hoheitsakte in seinem Recht nach eigenem Belieben zu entscheiden. Eine ausdrückliche Regelung enthält das Recht der Bundesrepublik Deutschland nicht. Wenn sich auch in der deutschen Verwaltungspraxis die Gepflogenheit entwickelt hat, ausländische Verwaltungsakte u n d Gerichtsurteile weitgehend zu berücksichtigen, so läßt sich hieraus dennoch nicht eine diesbezügliche Verpflichtung dem ungeschriebenen Recht entnehmen. Es liegt vielmehr im Ermessen der Verwaltungsbehörden, ob sie ihren Entscheidungen ausländische Hoheitsakte zugrunde legen. Eine Ermessensbindung besteht nur insoweit, als ausländische Hoheitsakte bei ihrer Unvereinbarkeit mit dem deutschen „ordre public" nicht anerkannt werden dürfen. Sie sind dann anzuerkennen, wenn ein Hoheitsakt desselben Inhalts unter gleichen Umständen von deutschen Stellen erlassen werden kann. Kein Ermessen ist den Verwaltungsbehörden eingeräumt, soweit für die Bundesrepublik Deutschland eine völkerrechtliche Verpflichtung zur Anerkennung ausländischer Hoheitsakte besteht, da andernfalls die Verwaltungsbehörden zu einem völkerrechtswidrigen Verhalten nach deutschem Recht befugt wären. Das kann nicht Inhalt der deutschen Rechtsordnung sein. 3. „Ordre public" und Grundrechte Trotz Verweisung des deutschen rechtsanwendenden Organs auf fremdes Recht können dessen Anwendung rechtliche Hindernisse entgegenstehen. Das gesamte deutsche Rechtsanwendungsrecht wird von dem Grundsatz beherrscht, daß ein ausländischer Rechtssatz einer Entscheidung deutscher Organe nur dann zugrunde gelegt werden darf, wenn er mit dem deutschen „ordrepublic"harmoniert. Dieser Grundsatz, der auch für andere Gebiete des deutschen „internationalen Rechts" gilt, ist in Art. 30 E G B G B formuliert: „Die Anwendung eines ausländischen Gesetzes ist ausgeschlossen, wenn die Anwendung gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde." Ob deutsche Verwaltungsbehörden und Gerichte ausländische Rechtsnormen, die mit dem deutschen „ordre public" nicht zu vereinbaren sind, inhaltlich abändern dürfen, hängt allein vom Willen des deutschen Gesetzgebers ab. K o m m t es dem Gesetzgeber auf eine unveränderte Anwendung des ausländischen Gesetzes an, d a n n muß das fremde Gesetz unangewendet bleiben, wenn es gegen den deutschen „ordre public" verstößt. Lassen sich die Intentionen des deutschen Gesetzgebers auch bei inhaltlicher Abwandlung des fremden Gesetzes erfüllen, so darf das Gesetz mit einem dem deutschen „ordre public" angepaßten Inhalt von den deutschen Organen angewendet werden 4 8 . 48

Eine andere Regelung enthält das Rechtsanwendungsgesetz der DDR (s. o. Fußn. 6). § 4 dieses Gesetzes lautet: „Gesetze und andere Rechtsvorschriften eines anderen Staates werden nicht angewandt, soweit ihre Anwendung mit den Grundprinzipien der Staats- und Rechtsordnung der Deutschen Demokratischen Republik un-

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Dieser von einem Teil der Lehre im Internationalen Privatrecht entwickelte Grundsatz gilt auch im Internationalen Verwaltungsrecht. Ausländische Privatrechtsnormen werden von Verwaltungsbehörden und -Gerichten nur zur Entscheidung von Vorfragen herangezogen, beispielsweise zur Entscheidung darüber, ob jemand nach ausländischem Recht einen bestimmten Rechtsstatus erworben hat. Zeigt es sich, daß die den Status begründende ausländische Rechtsnorm mit dem deutschen „ordre public" nicht zu vereinbaren ist, so können die deutschen Organe diesen Status ihrer Entscheidung nicht zugrunde legen. Entsprechendes gilt für die Anerkennung ausländischer Verwaltungsakte und Gerichtsentscheidungen, die nach ihrem Inhalt, ihren Motiven oder den ihr zugrundeliegenden Gesetzen mit dem bundesdeutschen „ordre public" nicht zu vereinbaren sind. „Anerkennung" bedeutet in diesem Zusammenhang, daß aus dem fremden Akt im Inland die rechtlichen Folgen abgeleitet werden, die ihm in der ausländischen Rechtsordnung zugedacht sind49. Für von Gerichten der DDR in Strafsachen erlassene Entscheidungen und sonstige Akte ergibt sich das unzweideutig aus § 2 des Bundesgesetzes über innerdeutsche Rechts- und Amtshilfe in Strafsachen vom 2. Mai 195350, für Verwaltungsakte nunmehr aus Art. 6 des zwischen den beiden deutschen Staaten geschlossenen Grundlagenvertrages vom 21. Dezember 197251'52. Dort heißt es, die beiden deutschen Staaten „gehen von dem Grundsatz aus, daß die Hoheitsgewalt jedes der beiden Staaten sich auf sein Staatsgebiet beschränkt". Wolff-Bachof 53 knüpfen hieran überzeugend die Rechtsauffassung, daß die Organe in der Bundesrepublik Deutschland verpflichtet (und nicht nur berechtigt) sind, von Staatsorganen der DDR erlassene Verwaltungsakte anzuerkennen, soweit sie nicht gegen den bundesdeutschen „ordre public" verstoßen. Die vom BVerfG für die bundesdeutschen Staatsorgane verbindlich getroffene Feststellung, die DDR sei im Verhältnis zur Bundesrepublik kein Ausland, lasse den bundesdeutschen Staatsorganen keine Ermessensfreiheit. Ferner bestehen für eine Anwendung fremden Rechts dann Hindernisse, wenn die ausländische Norm nicht mit den Grundrechten des GG zu vereinbaren ist. Ist eine Angleichung der Norm an die Erfordernisse des deutschen Rechts nicht zulässig, so muß sie unangewendet bleiben, da die Staatsorgane

49

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vereinbar ist. In diesem Falle sind die entsprechenden Rechtsvorschriften der Deutschen Demokratischen Republik anzuwenden." So auch Polier, Auslandsenteignungen und Investitionsschutz, 1975, S. 76. Dort (S. 75 ff.) Näheres zur Anerkennung fremder Hoheitsakte und zur Act of State-Doctrin. Zu dieser Doktrin sehr umfassend auch Folz, Die Geltungskraft fremder Hoheitsäußerungen, 1975. S. o. Fußn. 24. 51 BGBl. 1973 II, S. 421 ff. Hieraufweisen Wolff/ Bachof, VwR I, 9. Aufl., 1974, § 50 IV b hin. Dort auch weitere Nachweise. Vgl. Fußn. 52.

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in der Bundesrepublik an die Grundrechte auch dann gebunden sind, wenn sie fremdes Recht anwenden 54 . Der auf dieses Recht bezogene Anwendungsbefehl enthält keine Freistellung der deutschen Rechtsanwendungsorgane von ihrer Bindung an die Grundrechte 55 . So hat das BVerfG in einer Entscheidung vom 4. Mai 197156 nunmehr klargestellt, daß die Vorschriften des deutschen IPR und des durch sie berufenen ausländischen Rechts an den Grundrechten zu messen sind 57 . In bezug auf das europäische Recht hat das BVerfG in einem Beschluß vom 29. Mai 197458 den Rechtsstandpunkt eingenommen, es könne niemals über die Gültigkeit oder Ungültigkeit einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts entscheiden. Jedoch könne es zu dem Ergebnis kommen, daß eine solche Vorschrift von den Behörden oder Gerichten der Bundesrepublik Deutschland nicht angewandt werden dürfe, soweit sie mit einer Grundrechtsvorschrift des G G kollidiert 59 . Auch bei der Anwendung von Völkerrecht durch deutsche Organe ist davon auszugehen, daß diese an die im G G verankerten Grundrechte gebunden sind, wenn sie inkorporiertes Völkerrecht anzuwenden haben. Der Konflikt zwischen grundrechtswidrigem Völkerrecht und völkerrechtswidrigem Grundrechtsvollzug ist im deutschen Verfassungsrecht trotz seiner Völkerrechtsfreundlichkeit zugunsten der Grundrechte entschieden. Das G G enthält keine Freistellung der Staatsorgane von ihrer Bindung an die Grundrechte (Art. 1 III) für den Fall abweichender Regelungen im Völkerrecht. Auch Art. 25 G G begründet eine solche Freistellung nicht, da die von dieser Bestimmung erfaßten Regeln des Völkerrechts im Range unter der Verfassung stehen. Soweit ein rechtsanwendendes Organ der Bundesrepublik hingegen eine besatzungsrechtliche Norm anzuwenden hat, darf es dieser nicht deshalb die Anwendung versagen, weil sie mit dem G G oder einer Grundrechtsbestim54 55

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So z. B. auch BVerfGE 37, 271 ff., 283. Das hat das BVerfG (E 31, 58 ff.) nunmehr für das deutsche Internationale Privatrecht ausdrücklich klargestellt, wobei es sich mit einer im IPR bisher weit verbreiteten, abweichenden Meinung ausführlich auseinanderzusetzen hatte. Zustimmend u. a. Sturm, FamRZ 1972, 16ff. BVerfGE 31, 58ff., 73 ff. 5 7 Vgl. hierzu auch Sturm, a. a. O. BVerfGE 37, 271 ff., 280 ff. Beschränkung auf Zeit, solange es keinen Grundrechts-Katalog gibt. — Kritik an dieser Entscheidung u. a. bei Feige, JZ 1975, 476 ff. mit weiteren Nachweisen der Kritik pro und contra; s. auch (unter Einbeziehung völkerrechtlicher Argumente) Stöcker, JZ 1976, 45 ff. — Mit Feige und anderen Autoren fragt man sich, warum das BVerfG in seiner Entscheidung (BVerfGE 37, 271 ff., 280) der von ihm angeschnittenen Frage einer aus Art. 24 GG resultierenden Relativierbarkeit der Grundrechte des G G nicht weiter nachgegangen ist. Als Schranken einer solchen Relativierung wäre nicht erst Art. 79 III G G in Betracht zu ziehen, sondern bereits Art. 19 II GG. - Vgl. neuerdings BVerfG DÖV 1980, 337ff.

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Internationales Verwaltungsrecht

mung nicht zu vereinbaren ist60. Da Besatzungsrecht fremdes Recht 61 ist, kann es vom BVerfG nicht vernichtet werden, weil eine jede Rechtsordnung selbst über das Rechtsschicksal der ihr zugehörigen Norm entscheidet. Da es im Rang über dem G G steht, kann es auch bei Unvereinbarkeit mit dem G G nicht unangewendet bleiben, solange es nicht außer Kraft oder außer Wirksamkeit gesetzt 61 worden ist. Für die Anwendung der in der Wissenschaft vom deutschen Internationalen Privatrecht entwickelten Lehre von der Angleichung ausländischen Rechts an die Erfordernisse des deutschen „ordre public" bietet sich im Internationalen Verwaltungsrecht nur selten Gelegenheit. Sie ist vornehmlich auf länger dauernde Rechtsverhältnisse zugeschnitten, die der deutsche Gesetzgeber im Internationalen Verwaltungsrecht seiner eigenen Rechtsordnung unterwirft. Wo ausnahmsweise im deutschen Internationalen Verwaltungsrecht für Dauerrechtsverhältnisse auf ausländisches Recht verwiesen wird, können diese Regeln des Internationalen Privatrechts auch im Verwaltungsrecht angewendet werden. Soweit das Internationale Privatrecht Regeln über die Änderung eines Rechtsstatus entwickelt hat, ist deren Anwendung im Verwaltungsrecht möglich und zulässig. Unter dem Gesichtspunkt des im Grundgesetz konkretisierten Demokratieprinzips könnten verfassungsrechtliche Bedenken dagegen erhoben werden, daß im deutschen Recht ausländische Gesetze deutschen Organen - wie übrigens im deutschen IPR auch - zur Anwendung befohlen werden. Es fehlt hier an einer Legitimationskette zwischen fremdem Gesetz und deutschem Vollzugsakt 62 . Bedenkt man jedoch, daß ausländische Gesetze bei uns nicht in Geltung gesetzt, sondern nur für in (verhältnismäßig seltenen) auslandsbezogenen Fällen anwendbar erklärt werden (s. o., I. 2.), so können diese Bedenken zurückgestellt werden. Das ist auch deshalb vertretbar, weil ja deutsche rechtsanwendende Organe das fremde Gesetz nur unter Berücksichtigung des deutschen „ordre public" und der deutschen Grundrechte anwenden dürfen. Soweit ausländische Verwaltungsakte ohne hiesige Überprüfung am Maßstab des betr. fremden Rechts sowie des deutschen „ordre public" und der deutschen Grundrechte von deutschen Organen aufgrund völkerrechtlicher Verpflichtung der Bundesrepublik zu vollstrecken sind, ist eine solche Regelung als mit dem Vorbehaltsgrundsatz des deutschen Rechts und mit Art. 19 IV GG unvereinbar 63 zu erachten. Das BVerfG hat hier im Rahmen einschlägiger Verfahren eine Korrektur vorzunehmen.

60 61 62 63

Vgl. BVerfGE 36, 146 ff., 169. S.o. 12. Papier/Olschewski, a. a. O. So zutreffend, insbes. für Abgabenbescheide, Papier/Olschewski,

a. a. O.

Sachverzeichnis (Die Zahlen verweisen auf die Seiten, fettgedruckte Zahlen auf die Hauptfundstellen.)

A Abbruchgebot 544 Abbruchverfügung 584ff. Abendgymnasium 836 Abendvolkshochschule 860 Abfallbeseitigung 643, 647, 665, 672, 675, 679, 683, 688, 703, 709f.,723, 728, 738 ff. Abfallbeseitigungsanlage 679, 740 ff. Abfallbeseitigungspläne 679, 709, 740 Abfallrecht 738 ff., 785 Abgeordneter 11 Abitur 836, 907 Abordnung d. Beamten 73, 76, 81 Abschlußexamen, akademisches 913 Abstimmungspflicht (ROG) 624, 627 Abwägungsgebot 340, 530 ff. Abwasser 127, 130, 152, 161, 617, 809 Abwasserabgaben 694, 787 Abwasserbeseitigung 573, 694, 709f., 738 Abwasserbeseitigungspläne 709, 787 Abwassereinleitungen 787, 796 Abwehranspruch - individueller. 695 ff., 938 - wasserrechtl. 789ff., 796f., 806 Act of State-Doktrin 1003 Adäquanztheorie 226 Ämter 166, 204 Ämterpatronage 16 Äquivalenztheorie 226 Ärzte 318, 352,354, 466 Agitation, polit. 906 Agrarstruktur 288 Akademie 407,819, 832 Aktenvermerk 127

Aktiver Streik 906 Alimentationstheorie 55 ff., 87 Alkoholiker 485 Allgemeiner Studentenausschuß 913 Allgemeinverfügung 985 Alliierter Kontrollrat 995 Allzuständigkeit d. Gemeinden 123 ff., 134, 141, 179 Almende 111, 113 Alte Rechte 800 f. Altenheim 166 Altenhilfe 485 f. Altersgrenze - flexible 458 - f. Beamte 27, 73, 77 - f. Soldaten 795 Altershilfe f. Landwirte 455, 463 Alterskasse, landwirtschaftl. 466 Altersrente 456 Altersruhegeld 459, 464 Alterssicherung - d. freien Berufe 390, 466, 503 - f. Landwirte 453, 463 Altersversorgung - betriebl. 465 - d. Beamten 15 Altölbeseitigung 694, 710, 738 Altölbeseitigungsabgaben 694 Amt, funktionelles - im konkreten Sinne 76 Amtsausschuß 166 Amtsbezeichnung 28, 39, 73, 135 f. Amtsdirektor 148 Amtsführung, unparteiische 16,44 f. Amtshaftung 15 ff., 38, 53, 69ff., 222, 270, 699, 770, 772 f., 780 Amtshandlungen, Bestandskraft 37 f. Amtshilfe 205 f., 497

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Amtspflicht 222, 771, 780, 807 Amtspflichtverletzung 53, 69ff., 73, 82 Amtsträger 18, 20, 84, 146 Amtsverband 120 Amtsverhältnis, öffentl.-rechtl. 11 Amtsverleihung 28 Amtsverschwiegenheit 13, 37, 46f., 62, 86 Amtsvorsteher 251 Amtswalter 968 Amtszulage 54 Anerkennung, förmliche 982 Anerkennungsverfahren f. Kriegsdienstverweigerer 977 Anfechtung d. Beamtenernennung 36 Anfechtungsklage 31, 72, 503 ff., 550, 596, 610ff., 758, 770, 779, 798 Anforderungsbehörden 984 Angelegenheiten (kommunale) — eigene 127 — übertragene 127 Angestellte — im öffentl. Dienst 11, 13 f., 38, 63, 85 ff., 853 — Versicherungspflichtigkeit 434, 455 Anhörungsverfahren 540 Anlage — bauliche 549, 572, 575, 578 — Beseitigung 572, 578, 727 — genehmigungsbedürftige 574, 717 ff. — lästige 361 — nicht genehmigungsbedürftige 728 f. — überwachungsbedürftige 331, 355 — unerlaubter Betrieb v. Stillegung 727 — — Untersagung 727 f. Anlagengenehmigung — atomrechtliche 655, 658, 684, 687, 696, 706, 733 ff. — Einwendungen 724, 735, 741 — immissionsschutzrechtliche 649 f., 684, 687, 696, 706, 717 ff. Anlagenhaftung 700 Anlieger 751, 755, 757, 760, 764f., 770, 774, 791, 806 f.

Anliegergebrauch 764 f. Anliegerrecht 764 Anmeldepflicht 683 Annexkompetenz 204, 871 Anordnung — allgemeine 941 — einstweilige 547 — nachträgliche 726 Anpassungsgebiete 548 Anpassungspflicht 526, 537, 625, 630 f. Anpflanzungspflicht 751 Anscheinsgefahr 217 Anschlußzwang 116, 150 Anstalt — bundesunmittelbare 318, 391, 623 — nicht-öffentliche 846 — nicht-rechtsfähige 826, 830, 846 — öffentl.-rechtl. 10, 21, 212, 416, 623, 890,906, 946f., 950,956, 967 Anstellung 28, 136, 890, 892, 908 Anschluß- und Benutzungszwang 116, 150 Anti-Konzentrations-Gesetz 940 Anwartschaft 412, 464 Anwendung fremden Rechts 993 ff., lOlOf. Anzeigenblätter 937 Anzeigepflicht 179, 355, 361 f., 556, 683, 690, 846 Apotheken, Aufsicht über 331 Apothekenurteil 310 Apotheker 354 Arbeit 279 — schadensgeneigte 71 Arbeitgeber 410, 420,424 Arbeitnehmer 410, 420, 434, 445, 454 — ausländischer 473 — im öffentl. Dienst 11, 13 f., 63, 85ff., 853 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz 416 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz(es), Durchführung d. 416 Arbeitsamt 410, 413 Arbeitsberatung 410 Arbeitsbeschaffung, Förderung v. Maßnahmen z. 411 Arbeitsförderung 383, 385,409ff. Arbeitsförderungsfinanzierung 415 f.

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Arbeitsförderungsgesetz 824 Arbeitsförderungsleistungen 409 f. Arbeitsförderungsorganisation 416 Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten Deutschlands 946, 956 Arbeitskammern 322 Arbeitskampf s. Aussperrung, Streik Arbeitslose 412 ff., 434 Arbeitslosengeld 412 f. — Dauer d. Anspruchs auf 412 f. Arbeitslosenhilfe 412ff. Arbeitslosenversicherung 390, 419, 421,493,503 Arbeitslosigkeit 409 Arbeitsplatz 310 Arbeitspolitik 287 Arbeitsrecht 278, 387 f. Arbeitsschutz 91, 387, 390, 673 f.,728 Arbeitsunfähigkeit 413, 437, 441, 447 Arbeitsunfall 394, 437, 445 Arbeitsverhältnis 419 Arbeitsvermittlung 390, 410, 412 Arbeitsversuch, mißglückter 422 Arbeitsverwaltung 484 Architekt 352, 355 Artenschutz 711,714 Arzneimittelrecht 671 Assessor 22 Assistenzprofessor 904 Atomanlagen, Genehmigungspflicht 339, 342 ff. Atomaufsicht 331 Atomhaftungsübereinkommen — Brüsseler 701, 737 — Pariser 701, 737 Atomrecht 678 f., 732 ff. Atomwaffen, Volksbefragung 124 Aufbaugesetze 519 Auffangplanung 543, 616 Aufenthalt, gewöhnlicher 401, 423 Aufgaben — hoheitsrechtl. 26 — kommunale 127 ff., 144 — öffentliche, der Presse 938,942 — örtliche (gemeindliche) 127 — sozialrechtl. 389 — überörtliche (gemeindliche) 127 Aufgabendualismus 128

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Aufgabenstruktur, monistische 128 Aufklärung (SGB I) 400 Auflage 262, 337, 365, 536, 541, 586, 596, 610, 766f., 771, 786, 797 f., 800, 809 - modifizierte 596, 724 Aufopferung 270, 467, 699, 795 f. Aufsicht, weitergehende H R G 893 Aufsichtsbehörde 34, 128, 132, 147, 150, 179, 182, 264, 337,431, 534, 808 f. Aufständische(n), Bekämpfung von 965 Aufstiegsbeamte 23 Auftragsverwaltung 132, 145, 391, 665, 693, 772 Aufträge, öffentl. 347 ff. Aufwandsentschädigung 58, 135, 137, 975 Aufwendungen z. wirtschaftl. Nutzen 456 Ausbildung 406, 827 Ausbildungsaufgabe 822 Ausbildungsauftrag 829 Ausbildungsbeihilfe 390, 821, 887 Ausbildungsförderung 383, 385, 406ff., 824, 870 - Amt f. 190, 408 Ausbildungshilfe 390, 483 Ausbildungskapazität, Ermittlung d. 893 Ausbildungskosten, Rückzahlung d. 57 Ausbildungsordnung 407 Ausbildungsstätte 310, 407 - freie Wahl d. 821, 823, 832, 907 Ausbildungsstelle, Vermittlung in berufl. 410 Ausbildungsvorschriften 893 Ausfallzeiten 460 f. Ausführung, unmittelbare 258 f. Ausführungsanordnung 567 Ausführungsgenehmigung (baurechtl.) 597 f. Ausgangsbeschränkung 982 Ausgleichsabgaben 305, 330, 690ff. Ausgleichsamt 190 Ausgleichsaufgaben d. Gemeinden 127

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Ausgleichsverfahren, wasserrechtl. 800 Auskunft (SGB I) 400, 496 Auskunftspflicht 288, 628, 690,727, 942 Auskünfte 242,414, 941 f. Ausländer 26, 34,406, 939, 992, 999, 1003 Auslandsschule, deutsche 838 Auslandsschulwesen 822 — Ausschuß für das 869 Auslese (Schule) — negative 832 — positive 832 Ausnahme (Baurecht) 557, 589 ff. Ausnahmebewilligung 261 Ausschreibung, öffentl. 897 Ausschüsse (Universität) 899 Außenbereich 552f., 557, 562, 723 — sonstige Vorhaben im 558 Außenwirtschaftspolitik 285 Aussetzungsanordnung 613 Aussperrung 323 Ausübung eines öffentl. Amtes 20, 70 f. Auswärtiges Amt (Kulturabteilung) 838, 871 Auswahlverfahren, Richtlinien für das (HRG) 910 Autonomie 818 — zur Rechtsetzung 112, 135 B Badegewässer, Qualität d. 785 BAFöG s. Bundesausbildungsförderungsgesetz Bagatellsteuern 175 Bankenaufsicht 331 Bannrechte 291 Bauabnahme 593, 599 Bauamt 261 Bauantrag 594 f. Bauanzeige 581 f. Bauaufsicht 160,189f., 556 Bauaufsichtsbehörde 525, 545, 556, 577, 579, 593 f., 598, 696 Baubedingung 597 Baudispens s. Dispens

Baudispensvertrag 601 f. Bauen(s), Rechtsfolgen ungenehmigten 582 ff. Bauerlaubnis s. Baugenehmigung Bauerlaubnisverfahren 594 ff. Bauermeister 111 Bauerwartungsland 537 Baufreiheit 517, 558, 574, 578ff. Baugenehmigung 261, 525, 537, 545, 550ff., 565, 578ff., 586ff., 610ff., 696 f., 725, 728 — FeststellungsWirkung 580 — Rechtsanspruch auf Erteilung 557f., 581,611 — und private Rechtsverhältnisse 586 f., 696 — zeitliche Begrenzungen 587ff. Baugenehmigungsbehörde 556 f., 601 Baugenehmigungspflicht 581 f. Baugenehmigungsverfahren 546, 556 ff., 561, 577, 587 Baugestaltungsrecht 575 Baugesuch, Zurückstellung 560 ff. Bauherr 578, 580ff., 587, 597f., 603 f., 611 ff. Baulandsachen, Kammern u. Senate f. 568 Baulandumlegung 524 Baulasten 594 Baulastverträge, öffentl.-rechtl. 770 Bauleiter 578 Bauleitplan(ung) 131, 141, 340, 522 ff., 524 ff., 573 f., 615, 620, 629f., 673,712 — Änderung 533 — Aufhebung 533 — Aufstellung 533 — Ergänzung 533 — Genehmigung d. örtl. 526 — Grenzen 529 — Grundsätze 529 — Sicherung 559 ff. — u. privates Grundstückeigentum 566 ff. — Verfahren, zweistufiges 535 — Vollzug 577 — Zulässigkeit 529 Bauordnung 516, 523ff., 573, 577, 587 f., 590f.

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Bauordnungsbehörden 599 Bauordnungsrecht 516, 521, 523 ff., 556,572 ff. - Funktionen 573 ff. Bauplanung 518 f., 673 Bauplanungsrecht 522, 548 f., 579, 606 f. Baupolizeirecht 523 Baurecht 260f., 516ff., 588, 630 Baurechtliche Verträge 600 ff. Baurechtskommission 520 Baurechtswidrigkeit 596, 579 ff. Bauschein 595 f. Bausperre 540 Baustillegung 613 Bauten, öffentl. Zustimmungsverfahren 598 Bauüberwachung 521, 573,593ff. Bauunterlagen, nachträgl. Einreichung 583 Bau verfahren 593 ff. Bauvorhaben, bauplanerische Zulässigkeit 548 ff. Bauvorlagen 594, 597 Bauwesen 178, 189, 517, 523, 575 Bauwich 522, 608 Beamte - Abordnung 76, 91 - Änderungen d. Aufgabenbereichs 76 - Altersgrenze 27, 73, 77 - Altersversorgung 15 - Arbeitspflicht 42 - Arten 21 ff. - Aufstiegs- 23 - Befähigung 16, 27, 30 - Beförderung 28, 73 ff., 91, 136 - Begriff 8 ff. haftungsrechtl. 17 f. - — staatsrechtl. 17 - Beihilfe 51, 55, 87 - Beschwerde 60, 81 f., 93 - Betriebsverhältnis 83 - Bundesrecht 13 - Ehren-21, 25, 29, 137, 143 - Eignung 16, 30 f. - Entlassung 12, 36, 78 ff., 84 - Ernennung 17, 27ff., 36, 83, 900f. - — Anfechtung 36

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— — Anspruch auf 30 ff. fehlerhafte 33, 36 ff. Form 28 f., 33 Mängel 33 ff. — — Nichtigkeitsgründe 27, 33 f. Rücknahme 27, 35, 84 Zeitpunkt 29 — — Zuständigkeit 28 — Ernennungsklage 31 — freie Meinungsäußerung 62 — freier Bewerber 23, 27 - Gehorsamspflicht 45 f., 84, 853 — Konkurrentenklage 31 - Landes- 13, 21, 28, 853 - Laufbahn- 23 - Lebenszeit 22, 29, 33, 77, 81, 900 — Mitbewerber 31 - Pflichten 37 ff., 135, 137 — planmäßige 22 — politische 23 - politische Betätigung von 16, 39, 44, 62 - Probe- 22, 28, 33, 73, 79 — — Entlassung 79 - Rechte 12, 50ff., 79, 119, 135, 137 — — Bereinigung 97 f. Verlust 80 f. — Rechtsbehelfe außergerichtl. 82 ff. gerichtl. 81 f. - Rechtsschutz 41, 81 ff. — Residenzpflicht 69 - Ruhestands- 49 - Streikrecht 8, 39, 46, 68 f. - Teilzeit- 40 f. — Verfassungstreue 63 ff. - Wahl- 22, 33, 136, 148 - auf Widerruf 22, 28, 33, 58, 79 f. — — Entlassung 79 - auf Zeit 22, 28, 81, 159, 904 Beamtenverhältnis 8, 22, 32f., 38ff., 62, 67 - Beendigung 39,76 ff. — Begründung 17,26 ff. - Dauer des 22 — faktisches 37 - fehlerhaftes 36 ff. - Grundrechte 47, 61 ff., 80 — objektive Voraussetzungen 26

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— subjektive Voraussetzungen 26 f. — Umwandlung 28 — Verrechtlichung 16 — Weisung im 44 f. Beamtenversorgung, Gesetzgebungskompetenz zur 78 Bebauungsgebot 544 Bebauungsplan 135, 516, 535ff., 569, 625, 630,712, 723, 759 — Aufstellung 536, 550 — Außerkrafttreten 542 — Form- und Verfahrensfehler 541 f. — Inhalt 535 ff. — Nichtigkeit 539, 550 — nichtqualifizierter 546 — Planreife 550 — qualifizierter 546, 548 — Rechtsbehelfe gegen 546 f. — Rechtsnatur 544 — Wirkung, rechtliche 543 ff. Bedarfsdeckung 280, 892 Bedarfs Verwaltung 892 Bede 112 Bedingung 262, 586, 596, 766 f., 786, 797 f. Bedingungslehre s. Äquivalenztheorie Bedürftigkeit 413 Befähigungsbericht 60 Befehl, militär. 968 f., 971,981 Befehls- u. Kommandogewalt 965, 972 ff. Befolgungskontrolle 683 Befreiung 261 f. — im Baurecht s. Dispens Befristung 262 Beherbergungsbetrieb 363 Behinderte 421, 434 — Eingliederung 383, 399, 411, 456, 483 f., 490 ff. Leistungen 491 ff. — — Leistungsträger 492 — — Zielsetzung 491 — Eingliederungshilfe f. 483 f. — Förderung d. beruflichen Eingliederung 411 — Maßnahmen d. Eingliederung 383 — Werkstätten 492 Behörden 202, 388, 428, 495

- der allgemeinen Verwaltung 206 - nachgeordnete 108 - Ober-108 - Organisation 202 - staatliche 212 Beigeordneter 137, 146, 264 Beihilfe 51, 55, 87, 185 Beitrag 166, 415ff., 419, 425, 432, 452, 459, 958 Beitragsbemessungsgrenze 415, 435 Beitragsbemessungsgrundlage 415 Beitragsberechnung ( W W O ) 809 Beitragserstattung 456 Beitragssatzung 134 Bekenntnisfreiheit 62, 841 Bekenntnisschule 824, 835, 841 ff., 855 - Begriff, formeller 842 - Begriff, materieller 843 Belästigung 215 - unzumutbare 574 Belastungsgebiet 651, 727, 731 Beleuchtung, verkehrsmäßige 769 Benutzung (WHG) 793 f. - echte 793 - erlaubnisfreie 808 - unechte 793 Benutzungsbedingungen, wasserrechtl. 797, 800 Benutzungsgebühr 766, 958 Benutzungsordnung, wasserwirtschaftsrechtl. 661 f., 684 f. Benutzungszwang 116, 150 Benutzungszweck 796 Benzinbleigesetz 669, 715 Beratung - SGB I 400, 496 Beratungspflicht 45 f., 628, 968 Berechtigung, schulische 832, 858 - Anerkennung 872 Bereitschaftsdienst 42, 978 Bereitschaftspolizei 63, 66, 250 Bereitstellungsbescheid 970,984 Bergämter 250 Bergrecht 292, 338,353 Bergmannsrente 456 Bergwacht 445 Bergwerkseigentum 338

Sachverzeichnis Berichterstattung, Freiheit d. 931 Beruf 311 — freier 354 — staatl. gebundener 354 Berufsaufbauschule 837 Berufsausbildung 320, 411 f., 419, 473,484, 838, 893,901,976 — gehobene 835 Berufsausübung 288, 31 Off., 938 Berufsbeamtentum, hergebrachte Grundsätze 13, 38ff., 68 Berufsbeamter 22 ff. Berufsberatung 410 Berufsbezeichnung 420 Berufsbildungsgesetz 361, 824 Berufsfachschule 832, 837, 858 Berufsförderung 469,976 Berufsfreiheit 280, 295, 307, 310ff., 319, 351,353,763,901 Berufsgenossenschaft 448, 451 ff., 466 Berufsgrundbildungsjahr 823 Berufsgruppenkatalog 435 Berufshilfe 446 Berufskonsul 25 Berufskrankheit 394, 447 ff. Berufsorganisationen, freiwillige 939 Berufsschule 160, 166, 832, 837 Berufsschulpflicht 828 Berufssoldat 11,975 ff. Berufsunfähigkeit 457 f., 465 — Rente wegen 457 f. Berufsverband 67 Berufswahl 311 f., 358, 907 Berufsvereinbarung 900 Berufsverfahren 900 Berufszusage 896 Besatzungsrecht 993, 995f., lOlOf. Beschäftigungsverhältnis 388, 419 ff., 435,445 — mittelbares 420 Bescheid (Musterung) 976 f. Beschlagnahme 245 — präventiv-polizeil. 943 Beschwerde 980 ff. — weitere 981 f. Beseitigungspflicht 739 f. Besitzeinweisung — vorläufige 753, 777

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— vorzeitige 567 Besoldung 15, 20, 25, 53ff., 69, 135 — Grundsatz d. funktionsgerechten 53 Besoldungsgruppen 54 f. Besoldungsordnungen 54f., 135 Besoldungsstrukturgesetz 53 Bestandsschutz 554f., 589, 719, 726 Bestandsschutzprinzip (umweltschutzrechtliches) 648, 650 f. Bestimmtheitsgebot, verfassungsrechtliches 263, 655, 735 Betreiberpflicht 718 Betriebsbeauftragter — f. Abfall 708 — f. Gewässerschutz 708 — f. Immissionsschutz 708 Betriebsgenehmigung 718 Betriebshilfe 446 Betriebskrankenkasse 427,444 Betriebsunfall 445 Betriebsverfassungsgesetz 89 Betriebsverhältnis im Beamtenrecht 83 Betriebsweise, industrielle 362 Beurteilung, dienstliche 59, 84 Beurteilungsmaßstab im Polizei- u. Ordnungsrecht 214 Beurteilungsspielraum 211,718 Bevölkerungsschutz, ziviler 976 Bewährung, mangelnde 79 Bewährungsaufstieg 15 Bewährungsbeförderung 73 Bewilligung, wasserrechtl. 685 f., 687f., 786ff., 793ff. — Anspruch auf 796, 801 — Verfahren 795 ff. Bewirtschaftung (WHG) 685 ff. Bewirtschaftungsermessen (WHG) 787 Bewirtschaftungspläne 679 Bezirksausschuß 143 Bezirksbeiräte 143 Bezirksplanungsgeräte 630 Bezirkspolizeibehörde 251 Bezirksregierung 536 Bezirksverband 120, 164 f.

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Bezirks Vertretung 144 f. Bezirksverwaltungsstelle 143 Bezüge, Rückforderung ohne Rechtsgrund gezahlter 56 ff. Bildschirmtext 949 Bildschirmzeitung 936 Bildung 406, 818ff. - Recht auf 824, 828, 832, 855 - staatsbürgerl. 819, 861 f., 870 Bildungsanstalten, kirchlich theologische 919 Bildungsaufgaben, öffentliche 822 Bildungsauftrag 829, 851 Bildungsausgaben 819 Bildungseinrichtungen, ergänzende 819, 858 Bildungsfragen, Sonderressorts für 867 Bildungsgesamtplan 839, 867, 872 Bildungshoheit d. Länder 870, 873 Bildungsorganisationen, internat. 873 Bildungsplanung 822, 831, 840, 851, 870 Bildungsplanungskommission v. Bund u. Ländern 824, 839, 867, 872 Bildung, politische 819, 861 f. Bildungsrat 827, 871 Bildungsurlaub 860 Bildungsverfassung, gemeindeutsche 823 Bildungsverwaltung 819,866ff. Bildungsverwaltungsrecht 818 f. Bildungsvorsorge 828 Bildungswesen 818 ff., 859, 867, 869 ff. Bildungswesen, internat. Zusammenarbeit 872 ff. Bildungswesen, Zentralstelle f. ausländisches 869 Bindung — behördeninterne 775 — rechtssatzmäßige 545 Binnenkonstitutionalisierung 94 Binnenwasserstraße 785 Blindengeldrecht 503 Blindenhilfe 484 Blindenwerkstätten 492

Blutspender 445, 468 Bodenbewertung 524 Bodennutzung 660 ff. Bodenordnung 522, 571 Bodenordnungsrecht 519 Bodenschutz 668 Bodenverkehrsgenehmigung 522 Bodenverkehrsrecht 565 Bonus-Malus-Regelung 909 Borkum-Lied-Fall 227 Bremer Klausel 845 Buchführungspflicht 690 Büchereigesetz 861 Bündnisfall 974 f. Bürger 111, 149, 151 Bürgerliche Ehrenrechte 151, 944 Bürger in Uniform 862, 979 Bürgermeister 136 f., 142 ff., 146 ff., 251,751 Bürgermeisterverfassung 146 Bürgermeisterversammlung 159 Bummelstreik d. Fluglotsen 69 Bundesamt — f. gewerbliche Wirtschaft 318, 665 — f. Verfassungsschutz 205 — f. Wehrtechnik und Beschaffung 970 Bundesangestelltentarifvertrag 13, 86 Bundesanstalt — Deutschlandfunk 951 — f. Arbeit 409ff., 415, 453, 474, 492, 504 — f. d. Güterfernverkehr 318 — f. landwirtschaftl. Marktordnung 318 — Physikalisch-Technische 665 Bundesauftragsverwaltung s. Auftragsverwaltung Bundesausbildungsförderungsgesetz 406 ff., 824, 867 Bundesausführungsbehörde f. Unfallversicherung 413,453 Bundesausgleichsamt 391 Bundesautobahn 749, 760 Bundesbahn 21, 348, 352, 473 Bundesbahnversicherungsanstalt 427, 466 Bundesbank 318 Bundesbaugesetz 519 ff.

Sachverzeichnis Bundesbeamter 13, 21, 28, 136 Bundesbericht Forschung III 891 Bundesbildungsrecht 820 Bundesbildungsverwaltung 871 Bundesfernstraße 596, 748, 750 Bundesflnanzgarantie 132 Bundesgrenzschutz 205, 229, 976 Bundesimmissionsschutzgesetz 532, 574, 715 ff., 795 Bundesjugendkuratorium 864 Bundesjugendplan 859, 864 Bundesjugendpreise 865 Bundesjugendspiele 865 Bundeskanzler 11, 63,973 Bundeskartellamt 318, 334, 940 Bundesknappschaft 391, 423, 427, 444, 466 Bundeskriminalamt 205 Bundeskulturverwaltung 870 Bundesleistungsgesetz 984 Bundesminister s. Minister Bundesminister(ium) 11 — des Auswärtigen 973 — des Innern 96,935 — des Innern (Kulturabteilung) 871 — f. Arbeit u. Sozialordnung 431, 470 — f. Bildung u. Wissenschaft 819, 871 — f. Jugend, Familie u. Gesundheit 864f., 871 — f. Verkehr 345, 754, 770 — f. Verteidigung 871, 966, 970, 972 ff., 982, 984 — f. Wirtschaft 318, 333 f., 871 Bundesoberbehörde 318, 391 Bundespersonalausschuß 93 f. Bundespersonalvertretungsgesetz 89 Bundesplanung 615, 619 Bundespost 21, 348, 352, 473, 787, 949 Bundespräsident 28, 923, 955 Bundesprüfstelle f. jugendgefährdende Schriften 865,871,944 Bundesrat 63, 318, 871,889 Bundesregierung 11, 63, 129, 285 f., 297, 318, 409, 430, 474, 923, 940, 966, 984

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Bundesrundfunkanstalten 952, 955 f. Bundesrundfunkgesetz 951 Bundesschulrecht 820 ff. Bundesstaat, unitarischer 867 Bundesstaatsentscheidung 822, 866 f. Bundesstaatlichkeit 965 Bundesstraße 749 ff., 754, 760, 769 ff. Bundesstraßenrecht 748 f. Bundestag 21, 96, 108, 364, 803, 871, 889, 965 Bundestagsabgeordnete, Entlassung aus d. öffentl. Dienst 80 Bundestagsausschuß — f. Bildung und Wissenschaft 904 — für Verteidigung 965 Bundestagsbeamter 28 Bundestagsmitglied 28 Bundestreue 873 Bundesverband f. d. Selbstschutz 21 Bundesverkehrsrecht 748 ff. Bundesversicherungsamt 391,431 Bundesversicherungsanstalt f. Angestellte 466 Bundesverwaltung 389, 391, 429 Bundesverwaltungsamt 408, 871 Bundeswasserstraße 784f., 788, 805 ff. Bundeswehr 767, 787, 964ff. — Führung 965 — Gliederung 965 ff. — Hochschule 918, 921, 967 — Kontrolle 965 — Organisationsrecht 965 ff. Bundeswehrverwaltung 964ff., 983 ff. — Eingriffsrechte, besondere 984 — Organisation 969 ff. — Rechtsgrundlagen d. Handelns 986 ff. — zivile 965 Bundeswirtschaftsrat 321 Bundeszentrale f. polit. Bildung 862 Bundkörperschaft 120, 127, 141, 164 C Caritas 388 Chancengleichheit 383 f., 393,493, 821,823, 836, 840, 851,858 Chemikalienschutz 647, 671, 675 clausula rebus sie stantibus 603

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D Dachstaat 994, 999 Damenringkampf 227 Daseinsfürsorge 383, 387 Daseinssicherung 311 Daseinsvorsorge 19, 152ff., 295, 325, 348,383,387,517, 828 Datenschutz 499 f. Dauerdienstverhältnis 96 Deckungshöchstsumme (AtG) 737 Dekan 903 Dekonzentration 108, 145 DELOG-Fall 531 Dementi 944 Demokratie(gebot) 94, 139, 149, 185, 290, 294, 303 f., 322, 821 f., 834, 851,931, 1011 Demokratie, gegliederte 107 Demokratische Grundordnung s. Grundordnung Demokratisierung 822, 826, 849, 852 — interne 940 Demokratiewissenschaft 862 Dereliktion 230 Deutsche(r) — Auslandsschule 838 — Ausschuß f. d. Erziehungs- und Bildungswesen 871 — Bildungsrat 833, 871 — Forschungsgemeinschaft 922 — UNESCO-Kommission e. V. 874 — Volkshochschulverband e. V. 861 — Welle 945, 951 f. Deutsch-Französisches Jugendwerk 875 Deutschlandfunk 951 Dezentralisationsprinzip 108, 116, 126, 145,319, 429 Dienst — nach Vorschrift 68 — öffentl. s. Öffentl. Dienst Dienstalter 73, 84 Dienstaltersstufen 54 Dienstaufsicht 252, 851 Dienstaufsichtsbeschwerde 82 Dienstbarkeit, öffentl.-rechtl. 747 f., 752, 756 Dienstbefreiungsgründe s. Ehrenamtl. Tätigkeit

Dienstbezeichnung 135 Dienstbezüge 42,53ff., 79ff., 87, 137, 975 Diensteid 16, 18, 78, 86, 975, 979 Dienstgradherabsetzung 983 Dienstherr 11, 30,44, 50f., 58f., 63, 69 ff., 82, 136, 424, 841,900 Dienstleistungspflicht d. Beamten 42 ff. Dienstordnungsrecht, einheitl. 96 Dienstpflicht d. Beamten 42 ff. Dienstpflichtverletzung 47 ff., 69 ff. Dienstpostenbewertung 53 Dienstrecht, einheitliches 15, 96 Dienstrechtsreform, Aktionsprogramm zur 97 Dienstsiegel 152, 428 Dienststellenleiter 89 Dienststrafgewalt s. Disziplinarrecht Dienstunfähigkeit 58, 77 Dienstvergehen 47 ff., 80 f., 968,982 Dienstverhältnis — z. Ausbildung 96 — z. Erprobung 96 — öffentl.- rechtl. 468,902 Dienstvertrag 37, 85 f. Dienstvorgesetzter 36, 45 f., 59, 81, 897, 903, 971 Dienstweg 81,981 Dienstwohnung 91 Dienstzeugnis 58ff., 87 Dingliche Mitglieder 809 Diplomat. Beziehungen, Wiener Übereink. 1004 Direktorium (Rundfunk) 955 Dispens 262,557 ff., 589 ff. Dissertation 914 Disziplinararrest 982 f. Disziplinargericht 49, 83 Disziplinargewalt 982 Disziplinarmaßnahmen 48 ff., 981 ff. Disziplinarrecht 20, 46, 47 ff., 80, 83, 88, 136, 910f., 980ff. — Beschleunigungsgebot 49 Disziplinarverfahren 36, 80, 88, 92, 137 — Vorermittlungen 49 Disziplinarvorgesetzter 980 f. Doktorandenverhältnis 914

Sachverzeichnis Doktorprüfung 914 Doktortitel, Führung 915 Doppelbesteuerung 1005 Doppelstörer 232 Doppelwirkung s. Verwaltungakt mit Doppelwirkung Dotation s. Finanzzuweisung Dozent 911 Dritter Bildungsweg 860 Drittwirkung (Wasserrecht) 795 Drogenabhängige 485 Druckwerk 936 f. — Begriff 936 f. — Beschlagnahme 943 — harmloses 937 — periodisches 937, 944 f. Düngemittelgesetz 671 Duldungspflicht 224, 690, 695, 747f., 803 Duldungsverfügung 230 Durchgriffsrecht 129 Durchsuchung — präventive polizeil. 244 f. — von Personen 244 — von Wohnungen 245 E Ehe und Familie, Schutz von 66 Ehre, Recht d. persönlichen 944 Ehrenamtl. Tätigkeit 11, 137, 151, 421,496 Ehrenbeamte 25, 29, 137, 143 — Berufskonsularbeamte 25 — Honorarkonsularbeamte 25 — Wahlkonsul 25 Ehrengerichtsbarkeit, freiwillige 939 Eigenbetrieb 11, 152 Eigengesellschaft 10 Eigenregie, staatl. u. kommunale 709 f., 736, 739 Eigentum — öffentliches 749 — Privatnützigkeit 316 — Sozialpflichtigkeit 231, 569, 788, 804 — an Straßen 747 f. Eigentumsgarantie 295, 312 ff., 544, 569, 579, 609, 656, 659, 689

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Eigentumskräftig verfestigte Anspruchsposition 555 f. Eigenunfallversicherung 452 f. - Träger 426, 453 Einberufung 977 - Anordnung 977 - Bescheid 970, 976 Einbürgerung 1003, 1007 Eindringen in Wohnungen 209 Einfacher Dienst s. Öffentl. Dienst Eingriff 125 - enteignender 315, 569 - Ermächtigung z. 211 f., 241, 246 f., 401 - geringstmöglicher 220 f., 267, 310, 566 - wertneutraler 943 Eingriffe in Natur und Landschaft 650, 682, 690 f., 713 f. - Ausgleichsmaßnahmen b. 690 ff., 713 Eingriffsverwaltung 17, 26, 207, 303, 325,517, 676, 761,802 Einheit der Verwaltung, Grundsatz d. 133 Einheit v. Forschung u. Lehre 888, 891,905 Einheitsbauordnungen 520 Einheitslaufbahn 23 Einheitsschule 855 Einheitssystem 207, 248 Einheitsverwaltung, Grundsatz d. 897 Einigungsstelle 91 f. Einleitungsstandards 785, 787, 796 Einrichtungen - des Landes 890 - des Staates 211 ff. - heimatkundliche 137 - kulturelle 137 Einsammlungs- und Beförderungsgenehmigung 684 Einsatzverbände 975 Einsicht in Personalakten 58 ff. Einstweiliger Ruhestand 24, 76 Einzelfallgesetz 940 Einzelhandel 354, 364 Einzelweisungen 132 Einziehung 747, 756ff., 770

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Einzugsgebiete 827, 848 Elementarbereich 819, 839 Eltern 477 f., 852 ff. Elternrat 856 Elternrecht 477, 818, 821, 824, 829 f., 832, 850, 855 f. Elternmitverwaltung 818 Elternwille 843 Elyseevertrag 875 Emissionsbegrenzung 723, 728 Emissionserklärung 683,727 Emissionskataster 731 Empfängnisregelung 439 Energiepolitik 287 Energierecht 332 Energieversorgung 15, 116, 161, 189, 332, 552, 617 Energieversorgung, solarelektr. 947 Enteignung 522, 543, 562, 565, 660, 689, 697f., 727, 753, 774ff., 796, 804, 806, 1003, 1007 Enteignungsbehörde 567, 753, 774, 776 f., 985 Enteignungsbeschluß 567, 776 Enteignungsgesetz 985 Enteignungsgleicher Eingriff 270, 538, 562, 699, 730, 756, 770 Enteignungsmaßnahme, Zulässigkeit 566 Enteignungsrecht 537, 566ff., 776, 809 — Verleihung d. 776 Enteignungsverfahren 567f., 775 f., 985 Entfernung aus dem Dienst s. Öffentl. Dienst, Entfernung aus dem Entmündigung 34 Entpolizeilichung 203, 206, 210, 251 Entschädigung 225f., 238f., 538, 561 f., 567ff., 581, 623, 661 f., 689, 695, 698, 727, 730, 795 f., 799ff., 804, 806, 944, 984 - soziale, s. Soziale Entschädigung Entschädigungsanspruch 268 ff., 565, 581,756, 775 Entschädigungslosigkeit, grundsätzl. 568

Entschädigungspflicht, wasserrechtl. 568, 804 Entsorgung 690, 709 f., 736 f. Entsorgungsgrundsatz 718, 723 Entwicklungsbereiche 547 Entwicklungshelfer 446 Entwicklungsplanung 616 Entwicklungspolitik 287 Entwicklungsprinzip 529 Entwidmung s. Einziehung Entwurfsverfasser (Baurecht) 578 Enumerationsprinzip 248, 256, 917 Ergänzungsgebiet 548 Ergänzungsschule 846 Erhaltung v. baul. Anlagen, Pflicht z. 544 Erholung 711 Erholungsanlage 141 Erlaß, schriftl. 258 Erlaubnis - auf Widerruf 766 - auf Zeit 766 - freie 260 f. - gebundene 261, 562, 581 - nachträgliche Einschränkung 262 - Nebenbestimmungen 262 - ordnungsbehördliche 256, 260ff. - polizeiliche 255f., 260ff., 269 Rücknahme 209, 262, 269 - der Straßenbaubehörde 765 ff. - wasserrechtliche 685 f., 696, 786 ff., 793 ff. Erlaubnispflicht 261 Erlaubniszwang 260 Ermächtigung - Einzel-207f. - fehlende baurechtl. 213 - generalklauselartige 591 - gesetzl. 202, 206, 405, 757 - sondergesetzl. 246 f. - Spezial- 202, 207, 263 Ermächtigungsgesetz 306, 405 Ermessen - Atomrecht 735 ff. - Baurecht 528, 530, 538, 554, 558f., 582, 584ff., 590, 592, 601, 624 - Beamtenrecht 16, 30, 40, 56, 74, 80 - Bildung 912, 914

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— Gemeinderecht 126, 130, 139 — Internat. Verwaltungsrecht 1008 f. — Polizei- u. Ordnungsrecht 201, 211, 219ff., 228, 232, 253,260, 262, 267 — Sozialverwaltungsrecht 398 f., 411, 457, 480, 487 f., 496, 498, 501 — Wasserrecht 686, 796, 798 ff. — Wege- u. Verkehrsrecht 759, 766, 777 — Wirtschaftsverwaltungsrecht 330, 340 Ermessensbindung 1008 Ermessensfehlgebrauch 914 Ermessenskontrolle 531 Ermessensreduzierung auf Null 221, 223, 584, 592 Ermessensüberschreitung 914 Ermittlungsverfahren, strafrechtl. 245 Ernennungsurkunde 17, 25, 896, 901 — Aushändigung 17, 28 f. — Wortlaut 33 Eröffnungskontrolle 683 Ersatzanspruch 268 ff. Ersatzbauten 553, 555 Ersatzdienst 415, 977 Ersatzdienstleistender 415 Ersatzgebiet 548 Ersatzhaft 238 Ersatzkasse 422, 427, 444 — Beitritt zur 422 f. Ersatzland 567 Ersatzmaßnahmen 691 ff., 713 Ersatzschule 846 Ersatzverkündung 541 Ersatzvornahme 180, 259, 267, 270, 534, 653,691 — Fremdvornahme 267 — Selbstvornahme 267 Ersatzzeiten 459,461 Erscheinungsbild(es), Theorie des typischen 125 Erschließungsbeiträge 572 Erschließungslast 572 Erschließungsrecht 524 Erschwerniszulage 54, 975 Erstattungsanspruch 330, 498, 500 Erstattungsverfahren 72

Erste Hilfe 446 Erwachsenenbildung 190, 819, 858 ff. — Lehrstuhl für 860 Erwachsenenbildungswesen 130, 860 f. Erweiterungsbau 555 Erwerbsfähigkeit 458 — Maßnahmen zur — — Besserung der 454, 469 Erhaltung der 454, 456,469 — — Erlangung der 454, 456, 461 — Minderung der 447 f., 469 — Verlust der 448 Erwerbsunfähigkeit 457, 463 Erwerbsunfähigkeitsrente 456 f. Erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der öffentl. Hand 19, 348 Erziehung 477 Erziehungsauftrag 829 Erziehungsrecht d. Eltern 818, 821, 829 Europäische Gemeinschaften 298ff., 331, 474, 617, 784f., 991, 994, 996 Europäische Gemeinschaft f. Kohle u. Stahl s. Montanunion Europäische Konvention üb. d. Gleichwertigkeit der Reifezeugnisse 874 Europäische Menschenrechtskonvention 874, 991, 1004 Europäische Wirtschaftsgemeinschaft s. EWG Europäischer Gerichtshof 300f., 382, 996 Europäischer Schultag 874 Europarat 873 f., 940, 1004 Europarecht 996, 1000, 1010 Evidenztheorie 34 EWG-Verordnungen 994 EWG-Vertrag 300ff., 381 Extraordinarien 900 Extremisten im öffentl. Dienst 63 ff. F Fachaufsicht 108, 178 f., 252, 851, 893 f., 972 Fachaufsichtsbehörde 180

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Fachbehörde 204, 525, 577, 594f. Fachbereich 898, 914 Fachbereichsrat 899, 912 Fachhochschule 819, 833, 838, 858, 886 Fachhochschulgesetze 886 Fachhochschulreife 858 Fachoberschule 838 Fachplanung 339 f., 615, 631, 678 ff., 685 Fachschule 160, 832, 835, 838 Fachschulreife 832, 837 Fachverwaltung 972 Fahrerlaubnis 777 ff. Fakultäten 898 ff., 914 — theologische 918 ff. Fallprüfung im Polizei- u. Ordnungsrecht 221 Familie 477 ff. Familienhilfe 436,440,457 Familienplanung 483 Familienschutz 391, 865 Familienaufwand, Minderung des 385, 472 ff. — anspruchsberechtigter Personenkreis 473 f. — Finanzierung 474 — Leistungen 474 — Organisation 474 f. — Zielsetzung 472 Farbzeichen 778 Feindseligkeiten, Ausbruch 974 Feldheer 966 Fernmeldeanlagengesetz 949 ff. Fernsehen — Jugendschutz 865 — Kollegs 836, 847 Fernsehurteil 822, 937, 950, 956 f. Fernstudien 836 Fernunterricht 847 — Zentralstelle f. 847 Fernunterrichtslehrgang 408 Fernunterrichtsschutzgesetz 824 Festsetzungen, rechtsverbindliche 545 Festsetzungsbescheid 984 Feststellungsbeschluß 535 Feststellungsklage 31, 83, 503 ff., 798 Feuerwehrunfallversicherungskasse 453

Film 931 Filmfreiheit, Grenzen 931 Filmjugendschutz 866 Filmrecht 932 Filmwirtschaft, Freiw. Selbstkontrolle d. dtschen 866 Finanzausgleich 134, 171, 175 f., 959 Finanzhilfe 327 Finanzhoheit 170 f., 892 Finanzministerien 868 Finanzplanung 298 Finanzpolitik 286, 296 ff. Finanzpolitik der öffentl. Haushalte 285 Finanzverfassung, kommunale 170 ff. Finanzverwaltung 893 Finanzzuweisung 132, 175f., 911 Fischereiwesen 672 Fiskalgeltung s. Grundrechte Flächennutzungsplan 535 ff., 569, 625, 627, 630 — Aufstellung 536 — Inhalt 535 — rechtl. Bedeutung 536 f. — Rechtsbehelfe 538 — Wirkungen 537 f. Flächensicherungspläne 631 Flößerei 805, 807 Fluchtlinie 518, 524 Flüchtling 390, 489 Fluglärm 346 Fluglärmschutzgesetz 669, 715, 730 f. Fluglotsen 69 Flugplätze 344 ff., 669, 682, 731 Flurbereinigung 682 Flurwesen 111 Föderalismus, kooperativer 868 Förderstufe 822, 832, 834, 836 Förderung — der Arbeitsaufnahme 411 — der berufl. Ausbildung 411 — der Beschäftigung in der Bau Wirtschaft 411 — der Eingliederung Behinderter 411 — der Fortbildung 411 — von Maßnahmen der Arbeitsbeschaffung 411

Sachverzeichnis

- der Umschulung 411 Förderungsausschüsse 408 Folgekostenverträge 602 f. Folgenbeseitigung 238 f. Folgenbeseitigungsanspruch 238 Folgerecht (öffentl. Dienst) 96 Fondskompetenzen 871 Formalprinzip 28, 33 Formalversicherter 419 Forschung 885 ff. Forschungsfreiheit 905 Forstamt 250 Forstwirtschaft 352 Fortbildung - berufl. 411 - dienstl. 52, 824 Fortsetzungsfeststellungsklage 505 Freie Entfaltung d. Persönlichkeit 294, 307, 823 Freiheit - akademische 906 f. - d. Einzelschule 826, 831 Freiheitl. demokrat. Grundordnung s. Grundordnung Freiheitsbeschränkung 240 f., 244 Freiheitsentziehung 241, 243 f. Freiheitsrechte 392 Freizügigkeit, Recht auf 69, 381,763, 821 Fremdenrecht 1001 Fremdverwaltung 129, 131 Füllsender-Versuchsstation 947 Fünf-Tage-Woche (Schule) 822 Fürsorge - öffentl. 390, 863 - soziale 503 Fürsorgeabkommen, europäisches 1002 Fürsorgepflicht 33, 39, 50ff., 60, 69, 71, 73 ff., 79, 87 Fürsorgewesen 137 Funk-Kollegs 836 Funktion, planähnliche 553 Fusionskontrolle 284, 334, 940 Fußgängerzonen 759 Futtermittelschutz 671 G Garägenersatzvertrag 601

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Garantien, institutionelle 763, 823, 844, 889,906, 938f. Gartenbau 352 Gaststättengesetz 363 Gebietsentwicklungspläne 625 Gebietskörperschaft 108 ff., 118, 120, 126f., 134, 140 ff., 148, 151, 154ff., 159, 162, 183, 297, 349, 525, 748f., 751,756, 809, 831,840 — Gemeinde als 140 ff. — Kreis als 154 ff., 159, 162 Gebietsreform, kommunale 77, 143, 156, 182 Gebühren 416 Gebührenordnung 134 Geeignetheit einer Maßnahme 309, 315 Gefährdung schutzbedürftiger Gebiete 703 f. Gefährdungshaftung — atomrechtliche 701, 737 f. — wasserrechtliche 596, 700 f. Gefahr — abstrakte 257, 263 — Begriff 215 ff. — dringende 245 — erhöhte 23 5 f. — gegenwärtige 235 — gemeine 245 — im Verzug 245, 255, 258 — konkrete 256f. — latente 218 f. — polizeil. 215 ff. — unmittelbar bevorstehende 235, 259 Gefahrenabwehr 116, 133, 147, 188, 190, 198 ff., 206 ff., 224, 236 f., 239f., 259ff., 279, 326, 517ff., 573 ff., 657f., 676, 734, 751, 778, 792, 802 Gefahrenquellen 216 Gefahrenvorsorge 199 Gegendarstellung, Pflicht z. 945 Gegenstromverfahren (ROG) 625 ff. Gehalts- u. Versorgungsbezüge 39, 53ff., 78, 80 f. Geheimhaltung 496 Geheimhaltungsschutz 662 Gehobener Dienst s. Öffentl. Dienst

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Gehorsamspflicht — beamtenrechtl. 45 f., 84, 853 — d. Soldaten 979, 981 Geistige Unabhängigkeit 906 Geldbuße 50, 265, 982 Geldentwertung 316 Geldleistungspflicht 316 Gelöbnis 86, 979 Gelsenkirchener-Floatglas(DELOG-)Fall 531 Geltung fremden Rechts 993 ff. Geltungsbereich des SGB 401 f., 417 Gemarkung 111 Gemeinde(n) 107 ff., 204, 212, 384, 388,488, 525, 545, 547, 614ff., 623, 625 ff., 750, 804, 826, 831, 839 ff 859 — Allzuständigkeit 123 ff., 134, 141, 179 — amtsangehörige 148 — Dualismus d. Aufgaben d. 131 — Einvernehmen d. 557, 559 — Kreisangehörige 141 f., 144, 157, 160, 190 — Kreisfreie 141 f. — Personalhoheit d. 135 Gemeindeaufgaben 127 ff. Gemeindeaufsicht 178 ff. — Ersatzvornahme in d. 180 Gemeindeautonomie 840 Gemeindebeamte 21, 136, 147 Gemeindebedienstete 134 Gemeindebezirke 143 f. Gemeindedirektor 136 f., 147 ff., 251, 751 Gemeindeeinwohner 149 ff. Gemeindefahne 152 Gemeindefinanzreform 174 Gemeindefreiheit 116, 121 Gemeindegebiet 140, 149, 525, 558 Gemeindehaushaltsverordnung 176 f. Gemeindeinspektor 136 Gemeindeordnung, revidierte deutsche 147 Gemeinderat 143f., 147f., 264, 540 Gemeinderecht 107 ff., 149, 151, 349, 773 Gemeindesteuer 173, 177 Gemeindesteuergesetz 150

Gemeindestraße 750, 760, 764 Gemeindeunfallversicherungsverbände 453, 764 Gemeindeverbände 107, 110, 120, 127, 129, 135, 138, 145, 153, 156, 163 ff., 181, 185, 417, 623, 626, 840 Gemeindeverbindungsstraße 760 Gemeindeverfassung 134,145 ff., 149, 154, 179, 182 Gemeindeverfassungsbeschwerde 137, 181 Gemeindeverfassungsklage 181 f. Gemeindeversammlung 148 Gemeindeversorgungsunternehmen 10, 152 ff. Gemeindevertreter 143 Gemeindeverwaltung 144f., 863 Gemeindewahlprüfungssachen 182 Gemeingebrauch 746ff., 757ff., 761 ff., 802 — Schranken 763 - Unentgeltlichkeit 762 Gemeinlastprinzip (umweltschutzrechtl.) 648, 653 f. Gemeinsamer Markt 299, 331, 335 Gemeinschaften, supranationale 300, 991,993, 998f., 1005 Gemeinschaftsaufgabe 867 Gemeinschaftskunde 862 Gemeinschaftsrecht 300 ff., 787 Gemeinschaftsschule, christl. 31, 841,855 Gemeinverträglichkeitsklausel 747 Gemeinwesen 199,280, 831 Gemeinwirtschaft 282 Gemeinwohl 393 — Erforderlichkeit 139 Gemeinwohlmethode 125 Genehmigung — fingierte 563 f. - Nebentätigkeit 42 ff., 86 - öffentl.-rechtl. 756 Genehmigungsanspruch 554 Genehmigungspflicht 336, 339, 579ff. — f. Fusionen 940 Generalbundesanwalt 24 Generalinspekteur 973 Generalklausel - baurechtl. 574, 577, 584

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— beamtenrechtl. 48 Gewässeraufsichtsbehörde 807 Gewässerausbau 678, 805 ff. — ordnungsbehördl. 585 — polizeil. 202, 207 ff., 211 ff., 219 ff., Gewässerbenutzung 661 f., 688, 696 f. Gewässerbewirtschaftung 802 239ff., 246f., 260, 263, 312, 353, Gewässereigentum 788 ff., 796, 800 518, 574, 802 Gewässerherrschaft, hoheitl. 785 — Schutzobjekte d. polizeil. 210ff. Gewässerreinhaltung 784, 798 — wasserrechtl. 793 Gewässerschädigung 801 Generalstaatsanwalt 24 Gewässerschutz 643, 647, 668f., 675, Genossenschaft(lich) 111, 123, 149, 154 678 f., 694, 708, 802 ff. Gewässerstandards 785, 787, 796 Gesamthochschule 838, 888 Gewässerunterhaltung 609 ff., 794 Gesamtkörperschaft 912 Gewässerverschmutzung 702, 784f., Gesamtschule 831 ff. 787, 801, 803 Gesamtversorgung, dynamische 88 Gewahrsam, polizeil. 217 Geschäftsführung ohne Auftrag 37, Gewalt, körperl. 268 271,443 Gewaltdarstellungsverbot 866 Geschäftsherr 228 Gewaltenteilung 95, 108, 120, 146 Gesellschaftspolitik 279, 282 ff., 289, Gewaltverhältnis, besonderes s. 301,308 Pflichtenverhältnis, besonderes Gesellschaftsrecht 276, 283 Gewerbe Gesetze — handwerksähnliches 360 — allgemeine 931, 942 ff. - stehendes 360 f., 363 — einfache 1005 f. Gewerbeaufsicht 160, 331, 383 Gesetzesvorbehalt s. Vorbehalt des Gewerbeaufsichtsamt 250 Gesetzes Gewerbeausübung, Untersagung d. 360 Gesetzgebungskompetenz s. Gewerbeberechtigung 291 Zuständigkeit Gewerbebetrieb 351, 359 Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, Gewerbebetrieb, eingerichteter u. Grundsatz 303, 306, 592, 983 Gesetz-/Tarif-Modell 96 ausgeübter 314, 699, 725, 727, Gestaltungsfreiheit 764, 790f., 795 f., 800 — d. Gesetzgebers 294f. Gewerbefreiheit 276, 280, 282, 291 f., — d. Länder 620 294,951 ff. — Spielraum planerischer 531 Gewerbegebiete 540, 723 Gesundheitliche Folgen (BVG) 468 Gewerbeordnung 292, 351 Gesundheitliche Schädigung 468 ff. Gewerbepolitik 282 Gesundheitliche Verhältnisse, Gewerbepolizeirecht 292 Maßnahmen z. Hebung der 456 Gewerberecht 260, 279, 351 ff., 516, Gesundheitsamt 250, 389, 484, 489 577, 847 Gesundheitsgefahr 216 Gewerbeschein 292 Gesundheitshilfe, vorbeugende 483, Gewerbesteuer 174f., 178, 292 488 Gewerbeüberwachung 247, 383 Gesundheitsrecht 205, 673 Gewerbeuntersagung 355 ff. Gesundheitsschutz 672, 685 Gewerbewesen 133 Gesundheitswesen 160,189,445 Gewerkschaft s. Koalitionen Getreidemarktordnung 326 Gewissensfreiheit 62, 79, 844, 865 Gewässer Gewohnheitsrecht 72 — Bewirtschaftungspläne f. 787 — örtliches 135 — d. Europ. Gemeinschaft 784f. - völkerrechtl. 1001, 1005

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Giebelwand-Abbruch-Fall 227 Giftfreisetzung 704 Gilden 112,291 Glaubensfreiheit 62, 79, 841 Gleichbehandlung, Grundsatz 307 ff. Gleichgewicht, gesamtwirtschaftl. 284, 296 ff. Gleichheitssatz 295, 308f., 316, 347, 391,586, 602, 767,834, 907 Gliedkörperschaft 912 Globalsteuerung durch Umweltschutzplanung 677 ff. Globalzuweisung 895, 900 Grade, akademische 913 ff. — Gesetz über d. Führung 915 Graduiertenförderung 409 Graue Liste 787 Gremien (Universität) 899 Grenzregelungsverfahren 522, 560, 572 Grünflächenfestsetzung 660 Grunderwerbsrecht 548, 565, 571 Grundgehälter 54 Grundlagenvertrag 801 Grundordnung, freiheitl. demokrat. 8, 27, 63, 65f., 81,86,214, 975, 979 Grundpflicht 979 Grundrechte — Baurecht 547, 609 f. — Beamtenrecht 47, 61 ff. — Gemeinderecht 138 — Gemeinschaftsrecht 300 f. — liberale 392 — Ordre publik 1008 ff. — Polizei- u. Ordnungsrecht 199, 214 — Presserecht 931 f., 937ff., 955 ff. — soziale 394 — Umweltschutz 656ff., 684, 735 — Verwirkung 80, 931 — Wege- u. Verkehrsrecht 762 f. Grundrechtsbindung d. Fiskus 767 Grundrechtsmündigkeit d. Schüler 818, 828 f., 856 Grundrechtsschutz, wirtschaftl. Tätigkeit 306 ff. Grundschule 131, 141, 819, 832 ff. — Allgemeinheit d. 834

Grundstückserschließung 522, 560, 571 f. Grundstücksteilung 562 Grundstücksumlegung 518 Grundstücksverkehr 524 Grundstücksverkehrswert 572 Grundstückswert 522, 572 Grundstückszusammenlegung 524 Grundverhältnis im Beamtenrecht 83 Grundwasser 784,788ff., 793, 803 Grundwasserbenutzung 661 Grundwasserschutz 804 Grundwehrdienst 978 Gruppenuniversität 899, 905 Gruppenuniversitätsurteil 916 Gruppenwahl 89 Güterkraftverkehr 354 Gutachterausschüsse 572 Gymnasiale Oberstufe 822 Gymnasium 160, 819, 832ff., 858 — altsprachliches 836 — humanistisches 836 — mathematisch-naturwissenschaftl. 836 — neusprachliches 836 H Habilitation 901,915 Haftung — atomrechtliche 737 f. — Beamter 17f., 38, 69ff. Haftungshöchstgrenze (AfG) 737 Haftungsminderung 71 Haftungsprivileg 70 Hamburger Abkommen z. Vereinheitlichung auf d. Gebiet des Schulwesens 825, 828, 833, 835 Handelspolitik 302 Handelsrecht 276 Handlungsfähigkeit (SGB I) 402 Handlungsfreiheit, allg. 307, 657, 762 f. Handlungshaftung s. Verhaltenshaftung Handlungspflicht 224 Hand-und Spanndienste 113, 134 Handwerk 361 ff., 454

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Handwerksbetrieb 362 Handwerksinnung 320 Handwerkskammer 117, 320, 361 f. Handwerksrecht 361 Handwerksrolle 361 f. Harmonisierungspflichten, vertikale 627 Hauptfürsorgestellen 472 Hauptschulabschluß 819, 832 ff. Hauptverwaltungsbeamter 136, 148, 157, 159, 179, 182 Hausgewerbetreibende 421, 444 f., 455 Haushalt, Hilfe z. Weiterführung des 432, 485 Haushaltsaufstellung d. Hochschule 895 Haushaltsbeauftragter d. Hochschule 897 Haushaltsgemeinschaft 481 Haushaltsgesetz 303, 328 f. Haushaltshilfe 438 Haushaltsplan 24, 32, 135, 143, 157, 176 f., 347, 452 Haushaltspolitik 296 ff. Haushaltsverwaltung 893 ff. Haushaltswahrheit u. -klarheit 177 Haushaltswesen 430, 971 Hausmüll 710 Hauspflege 438 Hausrecht d. Rektors 911 Hebamme, männliche 310 Heer 966, 971,973 Heilbehandlung 446, 469 Heilfürsorge 978 Heilpraktiker 354 Heilquellenschutzgebiet 678, 703 Heim, Herabzonung (baurechtl.) 570 Heimarbeiter 412,421, 445 Heimatpflege 188 Heimbürge 111 Heimstättenwesen 390 Heimvolkshochschule 860 Hergebrachte Grundsätze d. Berufsbeamtentums 13,38ff., 50 f., 68 Hilfsschule 835 Hinterbliebenenrente 446, 448,456, 462, 469

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Hinterbliebenenversorgung 58, 424 Hinterlieger 791,, 806 Hochschule 407,819 - der Bundeswehr 918, 921 - evangel. kirchl. 920 - Fachhochschule 819, 833, 838, 858, 886 f. - Freiheit der 826 - für Internationale Pädagogische Forschung 920 - für Politik 921 - für Verwaltungswissenschaften 887, 892 - Kanzler 897 - kirchliche 916ff. - Kunsthochschule 887 - nichtstaatliche 916 ff. - nichtwissenschaftl. 886 - Pädagogische 688, 853, 887 - Philosophische-theolog. 920 - Sporthochschule 887 - staatl. 408, 886 ff. - Technische 887 - wissenschaftl. 886ff. - Zusammenwirken mit Land 893 Hochschulassistenten 890, 898 f., 903 f. Hochschulbereich 839 Hochschulgesetze 886 ff. Hochschullehrer 27, 54, 900ff. - Lehrfreiheit 854, 889 Hochschulmonopol, staatl. 916f., 919 Hochschulpräsident 896 f. Hochschulrahmengesetz 13, 890, 893 f. Hochschulrecht 887f., 900, 918, 920 Hochschulreform 887 f., 895, 900 Hochschulreife 832 - allgemeine 836 - fachbezogene 835, 837 Hochschulsatzung 895 Hochschulstudium, Recht auf Zulassung zum 907 Hochschulwesen 819, 888f., 919 Hochschulwissenschaftl. Selbstverwaltungsaufgabe 901 Höherer Dienst s. Öffentlicher Dienst

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Höhere Schule s. Gymnasium Höherversicherung 424 f., 462 Hörergebühr, Rechtsnatur d. (Rundfunk) 958 Hoheitliche Funktionen 66 Hoheitsakt 985, 1003 — ausländ. — — Anerkennung 1007 f. Überprüfung 1002 f. Hoheitsbauten 598 Hoheitsgewalt 1009 Hoheitsverwaltung 17, 770 — wasserwirtschaftl. 806 Hohe See, Schutz d. 647, 669 Honorarkonsularbeamter 25, 27 Honorarprofessor 900 f. Hundegebell, nächtl. 216 I/J Immatrikulation 912 Immissionsgrenzwerte 656, 707, 716 Immissionsschutz 210, 516, 574f., 6 5 0 f , 661, 669f., 679, 681 f., 703, 707 f., 715 ff. — anlagenbezogener 716 — gebietsbezogener 716, 731 — handlungsbezogener 716, 731 — produktbezogener 716, 729 — verkehrsbezogener 716, 729 f. Immunität, diplomatische 1004 Inanspruchnahme, rechtswidrige 270 Inanspruchnahmeverfügung 748, 751, 770 Indienstnahme Privater 335 Indienststellung, faktische (Wegerecht) 756 Individualgüter, Unversehrtheit der 211

Individualisierung, Grundsatz der 480, 488 Industriegebiete 540, 723 Industriegesellschaft 15,85, 131, 141,279,818, 851,858, 931 Industrierecht 278 Industrie-u. Handelskammer 117, 319f., 364 Informationsanspruch 859, 937, 941 f.

Informationsfreiheit 942 Informationsrecht 941 f. - d. Aufsichtsbehörde 179, 253 - Schranken 942 Ingenieur 355 Ingenieurakademien 835 Inkompatibilität 28,79,954 Inkorporation 998, 1007 Innenbereich, nichtbeplanter 607, 723 Innenminister 148, 151, 250 Innungskrankenkasse 444 Instandsetzungsgebot 544 Institutionelle Garantien 763, 823, 844, 889, 906, 938 f. Institutionsleihe 129 Institutsdirektor 903 - Hausrecht 911 Intendant 953 ff. Interesse, öffentl. 212, 222 Internationale^,s) - Beziehungen 991 - Bildungsorganisationen 873 f. - Erziehungsbüro 873 - Fernmeldevertrag 950 - Privatrecht 992 f., 1000, 1005 f., 1008, 1011 - Recht 1000, 1008 - Sachverhalt 997, 1000 - Schulbuchinstitut 874 - Sozialversicherungsrecht 381, 1000 - Strafrecht 992 - Verwaltungsrecht 381,992ff. Investitionshilfegesetz 294 Investitionskontrolle 302 Investitionslenkung 677 Investitionszulagengesetz 287 Jagdwesen 672 Jahreswirtschaftsbericht 297 Journalistenmitbestimmung 941 Jugendamt 479, 484, 863 Jugendarbeitsschutz 863 Jugendaustausch, internat. 872 Jugendbildung 819,862 ff. Jugendförderung 862 Jugendfürsorge 863 Jugendgefährdende Schriften 865 Jugendhilfe 141, 190, 383, 385, 434, 477 ff., 503

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— Finanzierung 479 — Leistungen 478 f. — Organisation 479 — Zielsetzung All Jugendorganisationen S64 Jugendpflege 131, 137, 819, 863 ff. Jugendpfleger 864 Jugendschutz 210, 391, 819, 863, 865 f., 944 Jugendstrafrecht 863 Jugendverband, freier 863 Jugendvertretung 89 Jugendwohlfahrt 863 Jugendwohlfahrtsausschuß 479, 863 Jugendwohlfahrtsgesetz 822 Jugendwohlfahrtspflege 131, 160 Justizausbildungsordnung 893 K Kabelfernsehen 948 f., 959 Kalkar-Beschluß 655, 657 Kameradschaft 979 f. Kammern 318 Kanalisation 152, 793 Kanzler (Universität) 897 Kapitalismus 290 Kartellrecht 283, 332 f. Kassenärztl. Vereinigung 430, 442 f., 503 Kassenärztl. Versorgung, Gesamtvertrag 442 Kassenarzt 442 f., 501 Kassenarztrecht 503 Katastrophenfälle 965 Katastrophenschutz 21, 190, 445 Kausalhaftung 225 Kausalität 35, 225 f. - haftungsausfüllende 451, 470 f. - haftungsbegründende 450 f., 470 Kernbrennstoffe 342, 655, 670, 732 — unerlaubter Umgang mit 703 Kernenergie 342 f., 670 — friedliche Nutzung d. 655 Kernenergierecht 732 Kernkraftwerk 342, 344, 553, 736 Kerntechnischer Ausschuß 707 Kiesabbau 804f. Kindergeld 472 ff.

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Kindergeldkasse 416 Kinderkrankengeld 438 Kinderspielplätze 576 Kirche 11, 831, 841 ff., 859 - Konkordate 826, 918 f. Kirchenrecht, kathol. 918 Kirchliche evangel. Hochschule 920 Kirchliche Gesamthochschule 920 Kirchliche Hochschulen 718 ff., 916, 918 ff. Kirchturmpolitik 112 Klassensprecher 857 Kleinsiedlungsgebiete 540 Knappschaftsausgleichsleistungen 456 Knappschaftsruhegeld 459 Knappschaftsversicherung 455 Koalitionen 67,90, 297, 322 ff. Koalitionsfreiheit 39, 67 f., 295, 322 ff. Körperersatzstücke - Ausstattung mit 446 - Erneuerung der 446 - Wiederherstellung der 446 Körperschaft 109, 808 - bundesunmittelbare 21, 318, 391, 623 - des öffentl. Rechts 10, 21, 416, 426, 466, 772, 807, 809, 890, 893, 906, 950 - faktische 808 - kommunale 107ff., 117, 120ff., 129, 181 Kohlebergbau 287 Kollegialorgane 898 f. Kollegs 836, 847 Kollisionsnormen 998, 1000 Kombinat 281 Kommando, operatives 974 Kommandobehörde 971, 973 Kommandobereich 971 ff. Kommunalaufsicht 126, 180, 534 Kommunalverband Ruhrgebiet 164 Kompetenz s. Zuständigkeit Kompetenz-Kompetenz 126 Konferenz d. Europäischen Erziehungsminister 874 Konfessionsschulen s. Bekenntnisschulen

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Sachverzeichnis

Konjunkturausgleichsrücklage 298 Konjunkturpolitik 282ff., 296f., 304, 347 Konjunkturrat f. d. öffentl. Hand 298 Konkordate 826, 918 f. Konkordatsurteil 822 Konkordatslehrstühle 918 Konkurrentenklage — im Beamtenrecht 31 f. — im Wirtschaftsverwaltungsrecht 337 Konkursausfallgeld 414f. Konservatoren 903 Konsultation der Drei Mächte 995 Kontrahierungszwang 336, 767 Kontrollrat, alliierter 995 Kontrollstellen 240 Konvent, studentischer 912 Konzentrationsbewegung 284 Konzentrationskontrolle 333 f. Konzentrationsprinzip 594 Konzernrecht 283 Konzertierte Aktion 297, 323 — im Gesundheitswesen 433 Kooperationsprinzip (umweltschutzrechtliches) 648, 654, 705 ff. Kooperativer Föderalismus 868 Kostenbelastung im Umweltschutz 651 ff. Kraftverkehr, Teilnahme am 777 Kraftwerk 553 Krankengeld 437 ff. Krankenhaus 9, 127, 160, 189 f., 390, 430, 438 Krankenhauspflege 438 f. Krankenhauspflegesatz 390 Krankenhilfe 436, 457, 483, 487 Krankenkasse 426, 442 f. — Betriebs- 427, 444 — gesetzliche 422, 444 — Innungs- 444 — landwirtschaftl. 444 — Orts- 444, 483 — Pflichtkassen 422 — See- 444 Krankenpflege 436 ff. Krankenversicherung 417, 421, 423 ff., 432 ff., 445

— bei Bezug von Arbeitslosengeld 413 — Finanzierung 443 f. — formale 436 — freiwillige 435, 444, 482 — gesetzliche 415, 429, 432 ff., 444, 492 — Leistungen 436 ff. — Leistungskatalog 432 — Organisation 444 f. — Personenkreis, versicherter 434ff. — Pflicht zur 434 — der Rentner 433 f., 444 — sonstige Hilfen 436, 439 — soziale 483 Krankenversicherungsberechtigung 435 Krankenversicherungsträger 444 Krankenversorgung 893 Krankheiten 440 — Maßnahmen z. Früherkennung 432, 436,441,483 — Maßnahmen zur Verhütung 432, 436 Krebserkrankung, Früherkennung 436 Kreditpolitik 285 f., 318 Kreis 107, 120f., 127, 130f., 141 f., 153, 154ff., 179, 204, 251 f., 408, 472, 479, 489, 556, 628f., 750f., 754, 792, 807, 984 — Aufgaben 157, 160f., 190 — Ausgleichsfunktion 161 — Gebietshoheit 157 Kreisamtmann 136 Kreisausschuß 155, 158, 264 Kreisordnung 145, 150, 154ff., 162f. Kreisordnungsbehörde 252 Kreisorgane 157 ff. Kreispolizeibehörde 250 f. Kreissatzung 157 Kreisstädte 142, 157, 179 Kreisstraße 160, 176, 190, 750, 760, 770, 772, 774 Kreistag 155, 157 f., 162, 630 Kreisumlage 142 Kreisuntere staatl. Verwaltungsbehörde 161 ff. Kreisverfassung 154 ff.

Sachverzeichnis

Kreiswehrersatzämter 970, 976, 978 Kreuzberg-Urteil 201, 518, 576 Kriegsbeschädigter 390 Kriegsdienstverweigerer 970,977 Kriegsdienstverweigerung 965, 970, 977 Kriegsgefangener, ehem. 390 Kriegshinterbliebener 390 Kriegsopferversorgung 471, 503 Kriegsschäden 390 Kriminalpolizei 250 Kündigung im öffentl. Dienst 87 f. Kulturabkommen 873 Kulturabteilung des AA 838, 871 Kulturausschuß — des Bundesrates 873 - des Deutschen Städtetages 870 Kulturhoheit der Länder 820, 867 f. Kulturpolitik, auswärtige 822, 872 Kulturverwaltung 819, 866f. Kulturverwaltungsrecht 818 Kulturwesen 1004 Kulturbesitz, preuß. 21 Kultusminister(ium) 108, 819, 849, 852, 867, 869, 895, 897, 900f., 907, 914,918, 920 Kultusministerkonferenz s. Ständige Konferenz der Kultusminister Kurtaxenordnung 134 Kurzarbeitergeld 412 Kustoden 903 Kunst 818 f., 866 Kunstfreiheit 214, 865 Kunsthochschule 887 L Ländergemeinschaft 868 Länderschulrecht 824 ff. Lärm 702 Lärmschutz 643, 647, 656, 665, 669, 680, 682, 702, 706, 715, 729 ff. Lärmschutzbereich 730 Lagerung (WHG) 803 Landesarzt 484 Landesbauordnung 520f., 524, 574, 577, 586, 591 Landesbeamte 13, 21, 28, 853 Landeselternrat 856

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Landesentwicklungspläne 625 Landesentwicklungsprogramme 625, 628 Landeshochschulgesetze 890 Landesjugendpläne 864 Landeskriminalamt 251 Landesminister 142, 750 Landesordnungsbehörde 252 Landesplanung 126, 185, 522, 526 ff., 536, 615,628 ff., 686,712 Landesplanungsbehörde 617, 625 Landesplanungsgesetze 615, 627 Landespolizeibehörde 251 Landespressegesetze 936 f. Landesquote 910 Landesraumordnung, Stufenbau 628 ff. Landesraumordnungsplan 628 Landesraumordnungsprogramm 628 Landesrechnungshof 913 Landesregierung 11, 151, 525, 535, 628, 768, 770, 923 Landessammelstellen f. d. Zwischenlagerung 709 Landesstraße 749, 751, 760, 769, 774 Landesstraßengesetze 750 Landesstraßenrecht 748 f. Landesversicherungsanstalt 466 Landesversorgungsamt 472 Landesverteidigung 131 f. Landeswassergesetze 784 ff., 805 Landeswasserwege 785 Landeszentrale f. polit. Bildung 862 Landkreis s. Kreis Landrat 133, 142, 148, 155, 157ff., 161 ff., 179, 251,751 Landschaftsausschuß 165 Landschaftspflege 643, 650, 664, 668, 672, 680, 692, 711 ff. Landschaftsplanung 678, 711 ff. Landschaftsschutzgebiet 668, 678, 714 Landschaftsverband 120, 164 f., 750 f., 754, 769, 774 Landschaftsversammlung 165 Landstraße 750 Landtag 852, 954 Landwirte 453, 463, 466 Landwirtschaft 287, 318, 352

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Landwirtschaftlicher Betrieb 681 Landwirtschaftskammern 321 Landwirtschaftsschule 160 Lastenausgleich 382, 391, 468, 503 Lastenausgleichsbehörde 160 Lastenverteilung 224 Laufbahn 23 f., 96f., 853, 980 — Einheits- 23 Laufbahnbeamter 23 Laufbahnbewerber 27 Laufbahnfachrichtung 23 Laufbahngruppen 23 Laufbahnstrafen 983 Lebensmittelschutz 643, 671 f. Lebensunterhalt, Hilfe zum 481 f. Lebenszeitbeamte 22, 29, 33, 77, 81, 900 Lebensgrundlage — Hilfe z. Aufbau 482 — Hilfe z. Sicherung 482 Legalitätsprinzip 219 Lehrbeauftragte 900,902 Lehrer 830, 841,852ff. — Verfassungstreue 87 Lehrerbildung 853 Lehrerkonferenz 830 Lehrfach, ordentliches 844 Lehrfreiheit 66, 859, 887 ff., 905 — Grundrecht auf 889 Lehrkörper 900 Lehrpläne 851 Lehrstuhlinhaber 898 ff. Leiharbeitsverhältnis 421 Leistungen, vorläufige (SGB I) 402 f. Leistungsarten (SGB) 400 Leistungsbescheid 57, 72, 504, 984 Leistungsgrundsätze (SGB) 397 ff., 418 ff. Leistungsklage 486 ff., 503 Leistungsprinzip — im Beamtenrecht 30, 73 — im Schulrecht 837 Leistungsträger 388,400, 415, 500ff. — Beziehungen zu Dritten 443, 500 ff. — Zusammenarbeit 500 ff. Leistungsverwaltung 26, 303, 325, 348, 352, 517, 761, 818, 865,958 Leistungsverweigerungsrecht 404

Leistungsverband, gliedschaftl. organisierter 968 Lektor 900, 902 Lenkungsmaßnahmen, wirtschaftspolitische 295, 325 ff. Lernfreiheit 887 f., 907 Lernmittelfreiheit 825 Liberalismus 276 ff., 290 f. Life-long-Learning 860 Lindauer Verständigung 873 Lizenzpresse 933 Logistik 966f., 972, 974 Lohnfortzahlung 437 Luft, Schutz d. 643, 647, 665, 669, 702, 707,715, 731,734 Luftrecht 344ff. Luftreinhaltepläne 679, 731 Luftreinhaltung 647,665 Luftverunreinigung 702, 707, 731 Luftwaffe 967,973 M Mäßigungspflicht d. Beamten 63 Magisterprüfung 914 Magistratsverfassung 146 Manteltarifvertrag 14 Mantelvertrag (SGB) 442 Marine 967, 973 Markt 281 Marktfreiheit 360 Marktordnungen 302, 305, 326 Marktpreis 281 Marktverkehr 360 f. Marktwirtschaft 279 ff. — soziale 282, 294, 296 Massenmedien 931 f., 947, 949 Maßnahmen — erkennungsdienstl. 210 ff. — notwendige im Polizei- u. Ordnungsrecht 220 Maßnahmegesetz 305 Materndienste 934,936 Max-Planck-Gesellschaft 921 f. Meeresverschmutzung, Übereinkommen zur Verhütung d. — Londoner 669 — Osloer 669

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Mehrwertsteuer 174 Meinungsäußerung, freie s. Meinungsfreiheit Meinungsbildung, öffentl. 933,939, 947 Meinungsfreiheit 62f., 763, 823, 844, 854, 859, 865,931,933, 938,942f. Meinungsmonopol 934, 940 Meisterprüfung 362 Meldewesen 203 Menschenrechtskonvention der UNO 874 Menschenwürde 46,61, 383, 386f., 391,968 Merkantilismus 290 Meßpflicht 690 Milchmarktordnung 326 Militärausschuß 974 Militär. Dienststelle, zentrale 966 f., 973 Minderheitenlehrer 844 Minderheitenschüler 844 Minderheitenschutzgesetze 1004 Minderung des Familienaufwandes s. Familienaufwand Mindestanforderungen (§ 7 a WHG) 785, 787 Mindeststandard, völkerrechtl. 1003 Minister 264 f., 624, 628, 921 Ministerkonferenz für Raumordnung 619 Ministerpräsidentenkonferenz d. Länder 870 Ministerrat 281 Mischgebiete 540,681, 723 Mißbrauchsaufsicht 333 Mitarbeiter - künstlerische 899, 903 f. - wissenschaftl. 899, 903f.. Mitbestimmung 289 - eingeschränkte 91 - paritätische 289 - volle 91 Mitgliedschaft - in einer verfassungsfeindl., nicht verbotenen Partei 63 ff. - in der Krankenversicherung 435 Mitnahme z. Wache 240 f. Mittelbau 903

Mittelbehörde 142, 536, 750 Mittelpunktschule 117, 141 Mittelschule 819, 835 Mitgliedschaft, formale (RVO) 436 Mittlere Reife 832, 835, 837, 858 Mittlerer Dienst s. Öffentl. Dienst Mitwirkung im Personalvertretungsrecht 91 ff. Mitwirkungspflichten (SGB I) 404f. Modernisierungsgebot 544 Monopolkommission 334 Monopolprivilegien 291 Montanunion 335, 999 Mühlenwirtschaft 288 Mühlheim-Klärlich-Beschluß 344, 656 ff. Müllbeseitigung 150, 161, 190 Mütter, Hilfe f. werdende 483, 487 Munizipalität 107 Municipalsozialismus 153 Musterbauordnung 520, 576, 578, 584 Musterungsbehörde 976 Musterungsbescheid 977 Musterungskammer 970 Musterungsverfahren 976 Mutterschaftsgeld 483 Mutterschaftshilfe 432,439,457,483, 487 Mutterschaftsurlaub 51 Mutterschutz 51, 391 N Nachbarhilfe, polizeil. 254 f. Nachbarrecht - baurechtl. 603 ff. - Nachbarklage 585, 605f., 610 - — offensive 605 Verfahren 610ff. vorläufiger Rechtsschutz 612 f. - umweltschutzrechtl. 695 ff., 719 f., 723, 725 f., 728, 734 - wasserrechtl. 789 ff. - — Abwehransprüche 789 ff. Rechtsnatur 789 Nachbarschaftshilfe 484 Nachbarschutz, baurechtl. 603 ff. Nacheile 254 f.

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Nachversicherung 424, 456 Nachweispflicht 690 Nachzensur 939 Namensrecht - d. Gemeinde 151 - d. Kreises 157 Nationalpark 668, 678, 703, 714 Nationalrepräsentation 872 NATO - Befehlshaber 974 - Kommandobehörde 974 - Planungen 974 - Rat 974 - Vertrag 974 Naturdenkmale 711 Naturpark 668, 678,714 Naturschutz 577, 643, 647,650, 664, 668, 672,680, 690,711 ff. Naturschutzgebiet 660, 668, 678, 703, 714 Nebenbestimmungen - baurechtl. 589 ff., 596 - immissionsschutzrechtl. 724 - polizeirechtl. 262 Nebentätigkeit - Angestellte u. Arbeiter im öffentl. Dienst 86 - Beamte 42 ff., 98 - Soldaten 980 Negativattest 563 Neubeplanung 531 Neutralitätspflicht d. Beamten 16, 44 Nichtintervention, Prinzip der 282 Nichtordinarien 900 Nichtseßhafte 485 Nichtstörer 225, 235 ff., 241, 259, 268 ff. Nordatlantikvertrag s. NATO Norddeutsche Länderauffassung 873 Normenkontrolle - konkrete 1006 - verwaltungsgerichtl. 545 ff. Notar 11, 18,352,354, 466 Notdienstleistungspflicht 87 Notzuständigkeit 210 Numerus clausus 822, 907 ff., 916 Nutzung, rechtl. Grenzen 218 Nutzungsänderung 553, 556 Nutzungsgebot 544

Nutzungsverbot 584 Nutzungsvertrag 767, 770 O Obdachlose 485 Oberflächengewässer 784 f. Oberkreisdirektor 147 f., 157 f., 162 f., 179, 251,751 Oberschulämter 849 Objektschutz 965, 987 Observanzen 135 O E C D 874 Öffentliche Ämter - Fähigkeit z. Bekleidung 27, 34, 80 - Zugang 30 Öffentliche^, r) Dienst 8ff., 136, 468, 835,976 — Abgrenzungsmerkmale 8 ff. — Arbeiter u. Angestellte im 85 ff. - einfacher 23, 858 — Entfernung aus dem 76, 81 — Extremisten im 63 ff. - gehobener 23, 858 - höherer 23, 858 - mittlerer 23, 858 - Nebentätigkeit im 42 ff., 86,98 — Zulassungsschein 976 Öffentliche Hand 347 ff. Öffentliche Sicherheit u. Ordnung s. Sicherheit, öffentliche Öffentlichkeitsarbeit 941 Öffentlich-rechtl. Vertrag 37, 753, 756, 767,771 O E G 471 Ölschäden, Haftung 231 Offenbarungspflicht 35 Opportunitätsprinzip 219, 481, 780 Ordenshochschulen 918 Ordinarien 900 Ordnung, öffentl. 213 ff. Ordnungsbehörden 203, 206f., 212, 239, 255ff., 264, 266, 556, 804 - Aufsicht über 252 f. — höhere 252 — untere (örtl.) 251 — Organisation 251 f. Ordnungsmaßnahmen 828 Ordnungsprinzip 529

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Ordnungsverwaltung 818 Ordnungswidrigkeiten 135, 160, 203, 212 Ordo-Liberalismus 283, 294 Ordre public 1000, 1003, 1008 - und Grundrechte 1008 ff. Organaufsicht 429 Organbeschluß 179 Organleihe 129, 259 Organträger 16 Organwalter 160, 179, 182 Organisationsakt 769, 772, 807 Organisationsgewalt 30 Organisationshoheit, gemeindl. 125 f., 145 Organisationszwang 323, 334 Orientierungsstufe 832, 834 Ort 121 Ortsbeirat 143 f. Ortsbeiratsverfassung 144 Ortsbezirke 143 f. Ortsbürgermeister 144 Ortsdurchfahrt 764 f., 774 Ortskrankenkasse 444, 483 Ortsplanung 615 Ortsstraße 760 Ortsstufe 133 Orts Vorsteher 111, 143 f. Ortszuschlag 54 Ortschaft 143 f. Ortschaftsrat 143 Ortschaftsverfassung 143 P Pädagogische - Freiheit d. Lehrers 818, 821, 853 - Hochschule 853, 887 Paketpostamt 233 Panzerfahrzeuge, Einsatz 766 Parallelverfahren (BBauG) 539 Parkuhr 762 Parlamentsvorbehalt 852 Passivraucher 51 Paß- u. Meldewesen 247 Patentanwalt 354 Personalakte 29, 58 ff., 87, 980 Personalausschuß 34, 82,93 f. Personalgewinnung 97

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Personalhoheit 30, 73, 125, 135, 997 Personalien, Feststellung v. 240 ff. Personalkonzession 356 Personalrat 67, 82, 89 ff. Personalversammlung 89, 93 Personalvertretung 68, 88 ff. Personalverwaltung 893 Personalverwaltungsakte 983 Personalvertretungsgesetz 980 Persönlichkeit, freie Entfaltung der 294, 307, 391,823 Personenbeförderung 354, 357 Petitionsrecht 82, 139 Pfändung von Sozialleistungen 404 Pflanzenschutz 665, 672, 711, 714f. Pflanzgebot 544 Pflege, Hilfe z. 484 f. Pflichtaufgaben nach Weisung 599, 792 Pflichtenverhältnis, besonderes 827, 830, 857 — Verrechtlichung 830 Pflichtschulen 831 f. Pflichtverletzung s. Disziplinarrecht Pflichtversicherter 419 Pflichtversicherungsverhältnis 422 s. auch Versicherungspflicht — Beendigung 422 Pipeline 748 — Genehmigung 801 f. Piratensender 950 Planänderung, spätere 529 Planaufstellung, Bauantrag während laufender 557 Planentwurf 540 Planerisches Ermessen 530 ff. Planersatz 551 Planfeststellung 339, 346, 525, 673, 678, 682, 698, 713, 725, 736, 740, 774 f., 806 Planfeststellungsbeschluß 345 f., 774 Planfeststellungsverfahren 345, 756, 767, 774, 805 f. Plangesetz 305 Plangewährleistungsanspruch 315 Planification 304 Plankommission, Staatliche 281 Plankontrolle, Maßstab d. justitiellen 530

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Planstelle 22 f., 26, 75 f., 901, 975 Planung — politische 304 — Rechtsanspruch auf Durchführung 533 f. Planungsermessen 340, 530 ff. Planungsgemeinschaft 614, 628 ff. Planungshoheit, kommunale 341, 524ff., 556 Planungskompetenzen 871 Planungsleitsätze 529 Planungsmaßnahmen 522 — enteignender Charakter 568 Planungspflicht d. Gemeinde 528 ff. Planungsrecht d. Gemeinde 528 ff. Planungsschäden, Entschädigungsanspruch 569 ff. Planungsstufen 615 Planungsverbände 526 Planungsverfahren 528 f. Planverwirklichungsgebote 544 Planwirtschaft 279 ff., 304 — staatl. u. kommunale 709 Politische Betätigung v. Beamten 16, 44,62 Politische Ökonomie 280 Politisches Mandat — Schülervertretung 857 — Studentenschaft 880 Polizei 135,198 ff. — Notzuständigkeit 248 f. — u. Ordnungsbehörden, Aufsicht über 252 f. — u. Ordnungsgesetze als allg. Gesetze 943 — u. Ordnungsrecht 132, 191 ff., 387 formelles 247 ff. — - im Bundestag 205 materielles 207 ff. — — Organisation 247 ff. Zuständigkeitsordnung 247 ff. — — Zuständigkeitsverteilung 248 — u. Ordnungsverwaltung 205 ff. — — Zweigliederung 205 ff. — Organisation 247 ff. — staatl. 250f. — Vollzugshilfe durch 203 Polizeiamt 251 Polizeibeamter 778, 780

Polizeibegriff 199 ff. — formeller 202 ff. — materieller 202 ff. — Verhältnis von formellem u. materiellem 203 f. Polizeibehörde(n) 202f., 212, 248ff., 264, 266, 751,778, 780, 804 — Arten der 249 f. — Aufsicht über 252 f. — örtliche 251 f. — Zuständigkeit 202, 248 f. Polizeibeirat 264 Polizeibezirk 253 Polizeidirektion 251 Polizeidirektor 200 Polizeifunktion, materielle 206 Polizeigesetz e(s) — Musterentwurf eines einheitlichen 204, 239, 246 — Vereinheitlichung 204 Polizeihilfszuständigkeit 248 Polizeikommissionen 200 Polizeilicher Notstand 217, 224f., 232, 234 ff., 241, 260, 269, 271 Polizeiorgan 203 Polizeipflicht 225, 229 — von Hoheitsträgern 232 ff. — z. Einschreiten 221 ff. Polizeipflichtige Personen 224 ff., 259 Polizeipräsidium 251 Polizeirecht 198 ff. Polizeiverordnung 260, 262 ff., 524 Polizeiverwaltung, einheitl. 207 Polizeivollzugsbeamte 21, 248, 254, 268 Popularklage 182 Posthalter 22 Präsident d. Deutschen Bundestages 205 Präsidialverfassung 896 f. Prävention 445, 449, 456 Praktikant 434, 444 Preisbindung zweiter Hand 333 Presse 931 ff. — institutionelle Eigenständigkeit d. 938 — Offenlegung d. Besitzverhältnisse d. 940

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- periodische 932 ff. - Pflichten d. 944 f. - Selbstkontrolle d. 939 - Sorgfaltspflicht d. 944 - Standesgerichtsbarkeit d. 939 Presseerzeugnis 936 Presseerzeugnisse(n), vorläufige Sicherstellung v. 943 Pressefreiheit 823, 931 ff. - aktive 938 - äußere 937 ff. - formelle 938 - Grenzen d. 931, 942 ff. - innere 939 ff. - materielle 938 - passive 938 - Schranken d. 931, 942 ff. - verfassungsmäßige Garantie d. 938 Pressekommission 940 Pressekonzentration 934, 939 Presserecht 932 ff. - geschichtl. Entwicklung 932 ff. Pressestatistik, Gesetz 936 Preußischer Kulturbesitz 21 Preußisches allgemeines Landrecht 12, 200, 517 f., 578, 747 Primarbereich 839, 887 Priorität, Grundsatz d. 219 Privatautonomie 276ff., 283, 307, 314, 326 Privatdozenten 900 f. Privatnützigkeit des Eigentums 316 Privatrecht, internationales 992 f., 1000, 1005 f., 1008, 1011 Privatschulen 845 ff. Privatschulfreiheit 821, 824, 839, 850,917 Privatschulgründungsfreiheit 845 Privatschulwesen 818, 845 Privatstraßen 746 Privatunterricht 846 Privatwege 746 Professoren 890, 899 - außerordentliche 900, 903 - außerplanmäßige 900 f. - ordentliche 900, 903 Prognose 309 Programmbeirat 953, 955 f.

Promotion 901,903,914f. Promotionsordnung 914 Propaganda, religiöse 62 Prorektor 896 Prüfungen 913 ff. — v. Beamten 12, 27, 93 Prüfungsakte 59,914 Prüfungsausschuß 830, 977 Prüfungsentscheidung 61, 895,914 Prüfungskammern 970, 977 Prüfungsordnungen 407, 851, 893, 913 f. Prüfungsvorschriften 893 Publizistische Einheiten 934 Putativgefahr 217 Q Quereinstieg 909 R Radioaktive Abfälle 671, 736, 738 — Endlagerung 709, 736 — Zwischenlagerung 736 Radioaktive Reststoffe 670 Radioaktive Stoffe 670 Räumungsgebot 584 Rahmengesetzgebungszuständigkeit d. Bundes — im Bildungswesen 867, 888 — im Pressewesen 935 Rahmenpläne, wasserwirtschaftl. 678 Rat — akademischer 903 — d. Sachverständigen f. Umweltfragen 647, 707 — f. kulturelle Zusammenarbeit 873 Ratsmitglied 137, 182 Ratsverfassung 147 f. Ratsversammlung 147 Ratsvorsitzender 146, 149 Raumordnung 185, 522, 526 ff., 536, 613 ff., 685 — Aufgaben 620 f. — Begriff 613 ff. — Beirat für 628 — Grundsätze 621 ff. — Gegenstromverfahren 625 ff.

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Sachverzeichnis

- in d. Ländern 627 ff. - Selbstverwaltungsgarantie, gemeindl., im Verhältnis zur 620 - zentrale 628 f. Raumordnungsgesetz d. Bundes 613, 621 ff. Raumordnungsklauseln 631 Raumordnungspläne 615 Raumordnungspolitik 287, 614, 621 Raumordnungsprogramm d. Bundes 619 Raumordnungsprogramme d. Länder 628 Raumordnungsrecht 613 ff. Raumplanung 615, 673 Razzia 241 Reaktorschiffe 737 Reaktorsicherheitskommission 707 Realschule 160, 819, 832f., 835 Realsteuern 172, 174, 187 Recht - ausländisches 996, 998, 1002,1005 - d. DDR, Verhältnis bundesdeutschen Rechts zum 999 - d. ersten Zugriffs 248 - d. Wirtschaft 305 - europ. 996, 1010 - fremdes 993, 997ff., 1001, 1005, 1011 - subjektiv-öffentl. 397 ff., 533, 558, 579, 746, 761 f., 775, 790, 797 - supranationales 991 ff. Rechte - soziale 392, 397 ff. - staatsbürgerl. 979 Rechtsakt 829, 893, 1002 Rechtsanspruch auf polizeil. Einschreiten 221 ff. Rechtsansprüche, Sicherung privater 241 f. Rechtsanwalt 318, 352, 354 Rechtsanwaltskammer 117, 318 Rechtsanwendungsbefehl 997 ff., 1004 ff., 1010 Rechtsanwendungsnorm 1000 f., 1005 ff. Rechtsanwendungsrecht 1008 Rechtsanwendungsregeln, einzelne 1005 ff.

Rechtsaufsicht 108, 128, 130 f., 140, 429, 526, 536, 841, 850, 893 f., 898, 913,952 Rechtsbegriffe, unbestimmte 210, 486, 530, 624, 656, 718, 796, 803 Rechtsbeistand 354 Rechtsbeugung 20 Rechtsbeziehungen, sozialrechtl. 405, 500ff. Rechtshilfe 497 Rechtsmittelbelehrung 258, 775 Rechtsnachfolge 403 Rechtsschutz im Beamtenrecht 41, 81 ff. Rechtsstaat 65, 116, 133, 141, 154, 163, 185, 198 f., 211, 237, 257,267, 294, 300, 303 ff., 340, 380, 382, 391 ff., 531, 576, 644, 808, 820, 822, 825, 851 Rechtsverordnungen 135, 303, 525, 535, 798, 804 Redakteur, verantwortl. 944 f. Redistribution s. Umverteilung Referendar 22, 32, 80 Regalität 292 Regelbeförderung 73 Regierung 212, 297, 304, 849, 954, 965 Regierungsakt, rechtsetzender 985 Regierungspräsident 24, 108, 142, 162, 165, 179, 252, 264, 536, 630, 750, 774, 776, 792 Regionalplanung 615, 627, 629f., 712 Regionalverband 120, 630 Rehabilitation s. auch Behinderte, Eingliederung — berufsfördernde Leistungen 456 — berufsfördernde Maßnahmen 457 — ergänzende Leistungen 456 — Gesamtplan 492 — medizinische Leistungen 456 — medizinische Maßnahmen 457 Rehabilitationsträger 491 RehaG 491 f. Reichsfinanzreform 172 Reichsgemeindeordnung 113 Reichskonkordat 826, 719 Reichspressekammer 933 Reichsstädte 112

Sachverzeichnis

Reichsverfassung 116 Reifezeugnis 836, 858 Reinhalteordnungen 678, 798 Reinhaltung der Bundeswasserstraßen, Gesetz z. 784 Reinigung — polizeimäßige 773 f. — verkehrsmäßige 769, 773 Reinigungsauflage 787 Reisegewerbe 360, 363 Rektor 896 f. — Hausrecht 911 Rektorenkonferenz, westdeutsche 922 f. Rektoratssystem 896 Religionsfreiheit, positive 843, 850, 855 Religionsgesellschaft 11 Religionsmündigkeit 856 Religionsunterricht 821, 826, 841, 844f., 855 Remonstration 46, 86, 968 Renten 446 f., 457 ff. — Bemessungsgrundlage 460 f. — Zusammentreffen von 462 f. Rentenanpassung 465 Rentenantrag 463 Rentenberechnung 460 Rentenbescheid 463 Rentenformel 460 Rentengewährung 463 Rentenreform 84 460 Rentenversicherung 415, 417, 453ff. — Anspruchsvoraussetzungen 464 f. — Bundeszuschuß 465 — Finanzierung 465 f. — knappschaftl. 455, 465 — Leistungen 456 ff. — Organisation 466 — versicherter Personenkreis 455 f. — Versicherungsfall 465 Rentner 433 f., 444 Repräsentativorgan 109 Residenzpflicht 67, 69 Restrisiko 343, 657, 719 Restschule 835 Rettungsschuß 246 Rezeption 994ff., 998

1043

R i c h t e r l l , 18, 54, 943 Richtlinien-Gesetz 306 Rigorosum 914 Rrsikogeschützte Tätigkeit 469 Risikovorsorge 658, 734 RöntgenVO 732 Rohbauabnahme 599 Rückenteignung 568 Rückforderung ohne Rechtsgrund gezahlter Bezüge 56 Rückgriff (RVO) 501 Rufbereitschaft 42 Ruhegehalt 49, 55, 58, 975 Ruhestand 76 ff. — einstweiliger 25,76 Rundfunk 931 ff. — privater 945 f., 956 ff. Rundfunkanstalt, öffentl.-rechtl. 866, 935, 947, 956 Rundfunkanstalten, Aufgaben der 952 ff. Rundfunkbegriff 948 ff. — verfassungsrechtl. 949 Rundfunkfreiheit, Grenzen d. 931 Rundfunkgebühr 948 f., 951, 958 f. Rundfunkmonopol — faktisches 950, 952 — staatliches 947 Rundfunkorganisation 952 ff. Rundfunkprogrammgestaltung 947 Rundfunkrat 954 Rundfunkrecht 945 ff. — geschichtl. Entwicklung 945 ff.

Sachkonzession 356 Sachkunde 357 ff. Sachleistungen 404 Sachzusammenhang 871 Sammelpetitionen 965 Samtgemeinde 120, 127, 142, 166ff. Sanierungsgebiet 526, 528 f., 535, 544, 547, 565,571 Sanierungsgenehmigung 565, 571 Sanierungsmaßnahmen 547 Sanierungsprogramm, wasserrechtl. 787, 798 Sanitätsdienststellen, Zentrale 966 f.

1044

Sachverzeichnis

Satellitenfunk 948 Satzungen 134 ff., 150, 426, 540, 546, 561,774, 951 - autonome 134 - Erlaß 146, 180, 808 f. - gemeindliche 134 f. - Haushalts-134 Satzungsrecht, kommunales 826 Seeberufsgenossenschaft 452 f. Seekasse 444, 466 Seeunfallversicherung 452 Sekundanzanspruch 855 Sekundarbereich I 832, 839, 887 Sekundarbereich II 819, 839, 887 Selbständig Tätiger 423, 434,455 Selbstbindung d. Verwaltung 32, 51 Selbsteintritt 253 Selbstgefährdung 212, 243 Selbsthilfe 479 Selbstversicherung 424 Selbstverwaltung 107 f., 116ff., 123 f., 152, 426, 827 - berufsständische 117 - gesetzesabhängige freie 130 - Kollegialorgane 427 ff., 898 f. - kommunale 25, 109,116ff., 429, 556 - Pflichtaufgaben 130 f., 751, 773 - Schutz der kommunalen 178 ff. - studentische 913 - d. Universität 885 ff. Selbstverwaltungsangelegenheiten 127, 145 Selbstverwaltungsaufgaben 127, 131, 138, 526 Selbstverwaltungsgarantie 125, 140, 526 ff., 626 Selbstverwaltungskörperschaft 107, 116 ff., 127 f., 130 ff., 135 ff., 156, 180 f., 185, 204, 212, 251, 750, 754, 808 - Autonomie d. 116 ff. Selbstverwaltungsorgan 427 ff. Selbstverwaltungsrecht 117, 136 f., 156, 181,630, 850, 890 f. self-executing International Law 998 Semesterstundenplan 893 Sexualerziehung 822 Sicherheit, öffentl. 211 ff.

- und Ordnung 128, 132, 160, 188, 198ff., 205,207,210, 276,312, 326, 351, 353, 359, 523, 573, 597, 599, 793,943 Sicherheitsbereiche, militär. 985 Sicherheitsempfindlicher Bereich 66 Sicherheit u. Leichtigkeit d. Verkehrs 747, 751,766 Sicherheits- u. Ordnungswesen 135 Siedlungswesen 390, 524 Sistierung 240 ff. Soldat 53, 918,968, 971,975 - auf Zeit 11, 975 ff. — Dienstzeit 976 - Entlassung 975,978 — freiwilliger 11 - Pflichten 979,982 - Rechtsstellung 979 f. — Verfügungsbereitschaft 978 Soldatengesetz 965,968, 975, 979f. Sonderbaulasten Dritter 771 Sonderbehörde, staatl. 128, 162 f. Sonderbesteuerung der Presse 939 Sondergesetze 263,788, 810 Sondermüll 710, 739 Sondernutzung 685, 749, 751, 757 ff., 764 ff., 802 Sonderopfer 315, 764 Sonderordnungsbehörde 250, 260 f., 599 Sonderpolizeibehörde 205, 250, 260, 599 Sonderpolizeirecht 517 Sonderressorts f. Bildungsfragen 867 Sonderschule 190, 835, 846 Sorgepflichtiger 228 Sorgepflichtverletzung 52 Sorgfaltspflicht der Presse 944 Souveränität d. Staaten 996 Sozialakademien 921 Sozialamt 409, 481,489 Sozialbehörde 391 Sozialbericht 430 Sozialbindung 150f., 224, 294, 574, 610, 660,711,746, 788 Sozialdaten, Schutz d. 499 f. Soziale Entschädigung 385,466ff. — Anspruchsvoraussetzungen 469 ff. — Finanzierung 471

Sachverzeichnis — f. Opfer von Gewalttaten 469,471 — Leistungen 469 — Organisation 472 — Zielsetzung 466 ff. Sozialgerichtsbarkeit 503 Sozialgesetzbuch 380ff. — Allg. Teil 395 ff. Ubersicht 385 Sozialhilfe 127, 131, 141, 155, 160, 190,210,388, 390,411,475, 479 ff., 502 f. — Anspruch, Durchsetzbarkeit 486 ff. — Finanzierung 488 f. — Funktion 479 f. — Grundsätze 479 f. — Grundsatz d. Nachrangs 480 — Hilfe zum Lebensunterhalt 481 f. — in besonderen Lebenslagen 482 ff. — Leistungen 481 ff. — Organisation 489 f. — Regelsätze 482 — Träger 489 f. Sozialisierung 279, 282, 317 Sozialkunde 862 Sozialleistungen 397 ff., 478 Sozialleistungsbereiche 396 Sozialleistungsträger 384, 396f., 479 f. Sozialpflege 131 Sozialpflichtigkeit d. Eigentums 231, 569, 804 Sozialpolitik 279, 287, 308,409 Sozialprozeßrecht 386 Sozialrecht — Anspruchsgrundlagen 398f., 480, 486 ff. — Begriff 382ff. — Einteilung 384ff. — formales 322 — Gemeinwohlfunktion 387 — Gerichtsschutz 502 ff. — Individualfunktion 387 — materiales 382 — Ökonom. Funktion 387 — Organisationsrecht 397 — Zielsetzung 386 ff. Sozialstaat 15, 52,94, 108, 123,129, 141,198, 290,294ff., 359, 392f.,

1045

516, 523, 614, 644, 663, 821, 836, 840,907 Sozialstaatsklausel 391 Sozialstaatssatz 295 f. Sozialverband 860 Sozialverfassung 390 Sozialverfassungsrecht 384 Sozialversicherung 325, 385, 390, 394,416ff., 453, 503 - Aufsicht 430f. - Beiträge 417, 425 - Beitritt 422 ff. - gemeinsame Vorschriften 417 f. - Grundbegriffe 418 ff. - Grundsätze 418 ff. - Haushalts- u. Rechnungswesen 430 - Inhalt d. Versicherungsverhältnisses 425 - Selbstverwaltung, Funktion 428 ff. - Träger 384, 418, 426 Geschäftsführer 428 Geschäftsführung 428 Sozialversorgungsrecht 385 Sozialverwaltung 188, 380ff. - Funktion 388f. - Organe 388f. - Träger 388f. Sozialwertigkeit 796 Sozialwesen 1004 Spannungszeit 974 Sparkassen 349, 764 Speisewirtschaft 364 Spezialermächtigung 207, 263 Spezialgesetz 202, 260 Spielanlage 141 Sport 189 Sportanlage 141 Sportförderung 189 f. Sporthochschule 887 Sprecherrat, studentischer 912 Subsidiarität - innerpolizeiliche 209 - der Notstandseingriffe 237 f. - Polizeirecht 223 - staatlicher Erziehung 854 - d. Staatstätigkeit 350 Subtraktionsmethode 125 Subvention 178, 287, 325 ff., 337

1046

Sachverzeichnis

Subventionierung v.Schulen 842, 845, 847 Subventionsbericht 328 Supranationales Recht s. Europäische Gemeinschaft; Gemeinschaften, supranationale Sch Schadensbegriff, polizeirechtl. 215 Schadensersatz 17ff., 31, 33, 52f., 57, 69ff., 695, 697, 730, 752, 768, 794 f. Schadensgeneigte Arbeit 71 Schadensvorsorge 734, 736 Schallplatte 937 Schankwirtschaft 364 Schiedsgerichtsbarkeit, freiwillige 939 Schiedsmänner 18 Schießplatz, militär. 233 Schiffahrt 805, 807 Schiffahrtsamt 793 Schiffahrtsdirektion 793 Schiffahrtspolizei 793 Schiffahrtsrecht, Vollzug 793 Schlechtwettergeld 412 Schlußabnahme 599 Schmerzensgeld 52 Schöffe 25 Schriftleitergesetz 933 Schüler 852 ff. Schülermitbestimmung 857 Schülermitverantwortung 818, 821 Schülermitverwaltung 830, 857, 862 Schülerparlamente 857 Schülerrechte, subjektiv-öffentl. 856 f. Schülervertretung, polit. Mandat 857 Schülerzeitungen 823, 857 — Pressefreiheit 939 Schule 9 — allgemeinbildende 832 f. — Aufnahme in d. 829 — mit Auslandsbezug 838 f. — ausländische in d. BR Deutschland 839 — berufsbildende 832 f., 837 f. — europäische 838

- ideologisch tolerante, Recht auf 823 - internationale 838 - kommunale 841 - Rechtsnatur 826 f. - Schließung d. 848 - staatl. 841 - staatskommunale 840 - Verweisung von d. 829 - weiterführende 832, 834f., 855 Schulabschluß 829 Schuländerung, organisator. 848 Schulamt 849 Schulangelegenheit 840 f. - äußere 448, 851 - innere 448, 851 Schularrest 828 Schularten 819, 827, 831 ff., 839 Schulaufbau, gegliederter 833 Schulauflösung 840 Schulaufsicht 821, 823, 840, 844f., 849 ff. Schulauftrag 827 Schulausbildung 484 Schulausschluß 828 Schulausschuß 869 Schulbehörde 848, 852, 867 Schulbenutzungsverhältnis 820, 829 Schulbestimmungsmacht 829, 839, 841 Schulbezirke 827, 848 Schulbücher, Genehmigung 851 Schulchaos 825 Schuldisziplinargewalt 828 Schulentwicklungspflichten 840 Schulfinanzierungsgesetze 825 Schulgeldfreiheit 848 Schulgesetz 825 Schulgestaltungsmacht 823, 829, 854 Schulgewalt 827 ff. Schulgründung 839, 848 Schulhoheit 852 Schulleitung 830 Schulmonopol 846 Schulordnung gemeindeutsche 826 Schulordnungsgewalt 828 Schulorganisation 831 ff. Schulpersonal, Betreuung 848 Schulpflegschaft 856

Sachverzeichnis Schulpflicht 824, 828, 832, 834 Schulpflichtgesetz 825 Schulrecht 820, 824 Schulstrafen 828 Schulstreik 828 Schulstufen 819, 831 ff., 839 Schulträger 190, 827, 831, 840 f., 849 Schulunterhaltung 827, 831, 848 Schulverfassung 820 — direktoriale 830 — emanzipatorische 830 - kollegiale 830 — innere 830 — monokratische 830 Schulverhältnis 827 ff. Schulversuch 829, 831 Schulverwaltung 822, 827 f., 830, 847 ff. Schulwesen(s) 819 ff., 849, 854 f., 868 - allgemeinbildende 832 f. - außerstaatl. Beteiligung am 839 ff. - berufsbildendes 819, 832 f., 846 — Bügernähe des 867 - freies 839ff., 845 — öffentliches 831 - privates 831 Schulzwang 828 Schußwaffengebrauch 245 f. Schutzauflage (BImschG) 720, 724, 730 Schutzbereichsgesetz 984 Schutz d. Jugend in d. Öffentlichkeit 865 Schutzflächen 681 Schutzgebiete 668, 678, 703, 714, 731 Schutzgebietsfestsetzungen 678, 711, 714 Schutzgüter, polizeil. 198, 21 Off. Schutzgrundsatz (§ 5 Nr. 1 BImschG) 718ff. Schutzpolizei 250 Schwangerschaft 439 f. Schwarzbau 583 Schwarze Liste 787 Schweinemästerei-Fall 218 Schwerbehindertengesetz 416, 447, 459,491 Schwierigkeiten, Hilfe z. Überwindung bes. sozialer 485

1047 St

Staat und Wirtschaft 290 ff. Staatsangehörigkeit 27, 34, 406, 1007 Staatsbehörde, unmittelbare 116 Staatsbürger 112 Staatsdiener 12 Staatshaftung 17 f. Staatskirchensystem 843 Staatskommissar 180 Staatsprüfung 913 Staatsrechtlicher Beamtenbegriff 16f. Staatssekretär 23, 973 Staatstätigkeit, Gesetz der zunehmenden 15 Staatsverfassung 146 Staatsvertrag - schulrechtl. 827 - d. Bundesländer über das Z D F 866, 946 - über d. Vergabe von Studienplätzen 908 f. Staatsverwaltung 113, 119f., 429 - (HRG) 893 Stabilitätsgesetz 296 f., 306, 326 Stadt 111 Stadtbezirke 143 f. Stadtdirektor 147f., 751 Stadtentwicklungsplanung 519 Stadtgebiete 144 Stadtkämmerer 136 Stadtkreise 142, 161, 163, 251, 408, 807 Stadtrat 148 Stadtverband 120, 145, 156 Stadtverbandsordnung 145 Städte - kreisangehörige 142, 179 - kreisfreie 142, 147, 155, 179, 190, 472, 479, 489, 556, 629 f., 630, 759, 792, 984 - selbständige 142, 179, 190 Städtebau 518 Städtebauförderungsgesetz 519, 522, 524, 565 - Entwicklungsbereich 547 - förml. Festlegungen nach dem 548

1048

Sachverzeichnis

— Sanierungsgebiet 547 — Sanierungssatzung 548 Städtebauliche(r) — Entwicklung 135, 141 — Entwicklungsbereich 548, 565 — Ordnung 538, 566 — Planung s. Bauleitplanung Städtebaurecht 518 Städteplanung 518 Ständige Konferenz der Kultusminister 822, 826, 837, 861, 868 ff., 873,922 — Beschlußrecht 869 Standardmaßnahmen, polizeil. 239 ff. Standesamtwesen 132 Statist. Erhebungen 288, 936 Statusrecht 96 Stellenausschreibung 30 Stellenhebung 73 Stellenplan 32, 135 Stellenzulage 15, 54 Stellplatzpflicht für Kfz 521 Sterbegeld 58, 432,436, 439, 446, 448, 469, 482 Steuerberater 355 Steuerhoheit 172 Steuerordnung 134 Steuerpolitik 297 Steuerrecht 300 Steuerverbund 173 f. Steuervergünstigungen 329 Steuerwirtschaft, verbundene 171 Stifterverband f. d. deutsche Wissenschaft 922 Stiftung des öffentl. Rechts 10, 21, 623, 920f. Stillegungsverfügung 584 Störer 224ff., 240ff., 260, 268, 270f. — Ausgleichspflicht 232 — Haftung 221, 225 ff. — Notwehr gegen 213 Störung 198, 224 Störungsgrenze 543 Störungsneutralität, Grundsatz d. 219 Strafentlassene 485 Strafrecht, internat. 992 Strafrechtl. Beamtenbegriff 18 ff.

Straftaten - Verfolgung 202, 212, 240, 254 - Verhütung 212,254 Strahlenminimierungsgebot 343, 734 Strahlenschutz 342f., 643, 670f., 703, 708,732 ff. Strahlenschutzkommission 707 Strahlflugzeuge 54, 233 Straßen, Eigentum an 551 f. Straßenaufsicht 750f., 754, 760, 769, 771, 774f. Straßenaufsichtsbehörde 746, 748, 751 f., 753 f., 759 Straßenausbau 769 Straßenbau 176, 751, 769, 774 Straßenbaubehörde 616, 751, 753, 758 f., 765 Straßenbaulast 750ff., 769ff. Straßenbaulastträger 746, 748, 750ff., 753, 757ff., 7 6 7 f f , 774ff. Straßenbehörden 750 ff. Straßenbenutzungsgebühr 762 Straßenerrichtung 127 Straßenhandel 766 Straßenklasse 755, 759f., 770 Straßenplanung 617 Straßenrecht 746, 756 Straßenrechtsverhältnis, faktisches 755 Straßenreinigung 150, 769, 773 f. Straßenunterhaltung 127, 751, 769 Straßenverkehrsämter 7 5 0 f f , 767f., 777 f. Straßenverkehrsaufsicht 160, 188 Straßenverkehrsgesetz 749 Straßenverkehrsordnung 209,749, 751,986 Straßenverkehrsrecht 777 ff. Straßenverkehrswesen 132 Straßenverkehrszulassungsordnung 749, 751, 777 ff. Straßenverzeichnis 756 Straßenwesen 761, 763, 774 Streik 8, 39, 48, 68f., 87, 323, 413,906 Streitigkeit, sozialrechtl. 497, 502 Streitkräfte 964 ff, 972 ff. — Organisation 966 ff. — Rechtsgrundlagen des Handelns 983 ff.

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Sachverzeichnis

Strompolizei 793 Strukturplan für das Bildungswesen 871 Strukturpolitik 282 ff., 286ff., 330, 622 Student(en) 434, 444, 446, 890, 896f., 899 — aktiver Streik 906 — in der Sozialversicherung 434, 446 — Rechtsstellung 906ff. — Zwangsmitgliedschaft 912 Studentenschaften 912 f. Studentische Hilfskräfte 904 Studienplätze, Klagen auf Zuteilung 910 Studienrat im Hochschuldienst 903 Stufenlehrer 853 Stufentheorie 907 Stufenvertretung 93 Stundentafeln 851 T TA Luft 719 Tarifautonomie 323 Tarifvertrag 9, 13, 86, 323 — Bundesangestellten- 13, 86 — Bundesmantel- 14, 86 — Mantel- 14, 86 — Sonder- 86 Technische Prüfstelle 705 Technische Regelgebung 706 f. Technische Sicherheit, Recht d. 674 Technischer Überwachungsverein 335, 705 f. Teilbaugenehmigung 597 Teilgenehmigung 724f., 735 Teileinziehung 759 Teilhaberechte 295, 908 Teilpläne 629 Teilrente 448 Teilungsgenehmigung 562 Teilzeitbeamte 40f., 98 — Besoldung 54 Teilzeitbeschäftigung von Beamten 40 Teilzeitschule, berufsbegleitende 837 Territorialheer 966, 971 Territorialhoheit 997, 1003

Territorialprinzip 423 Territorialverteidigung 966 Tertiärer Bereich 839, 888 Theologische Fakultäten 918 Tierärzte 354 Tierkörperbeseitigung 738 Tierschutz 665, 672, 711, 714f. Todesschuß, gezielter 246 Toleranz 844, 846 Tonbänder, bespielte 937 Transformation 996 Transplantatspender 445 Trennungssystem 207, 248 Treueklausel 905 Treuepflicht 8, 13, 16, 20, 39, 46f., 50, 63, 64f., 74,78, 853 Trinkwassergewinnung 785, 809 Trinkwasserversorgung 152 Troika-System 896 Truppenverwaltung 971 f. Truppen Verwaltungsaufgaben 971 Truppen Verwaltungsbeamter 971 Truppenverwaltungsdienstgericht 981 ff. Tuberkulose - Behandlung 456,465 - Hilfe 484,489 Typengenehmigung 597 f. U Überbrückungshilfe 8 Übergangsbeihilfe 976 Übergangsgeld 58, 444, 447, 456 Überleitungsbestimmungen (WHG) .. 8 0 0 Überleitungsvertrag 995 Übermaßverbot, allg. 126, 689, 829 Übertragener Wirkungskreis 752, 893 Überwachung - administrative 689 f. - atomrechtl. 690, 732 — b. Entsorgung 690 — chemikalienrechtl. 690 — d. Luftverunreinigung 690 — immissionsrechtl. 690, 714, 727 — strafrechtl. u. anderer Verbringungsverbote 943 - wasserwirtschaftsrechtl. 690

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Umbildung - d. Dienstherrn 73 - v. Körperschaften 75 Umlegungsverfahren 522, 571 Umsatzsteuer 172, 174 Umschulung 411,484, 628 Umsetzung 75 f., 84 Umstufung 7 59 f. Umverteilung 289 Umweltabgaben 674, 690 ff. Umweltbericht'76 647 Umwelteinwirkungen, schädliche 574, 715 f. Umweltgefährdung (StGB) 704 Umwelthaftung 699 ff. Umwelt-Ordnungswidrigkeitenrecht 704 Umweltplanung 649 Umweltprogramm d. BReg von 1971 643, 647, 667 Umweltschutz 287, 643 ff. - Fachplan 678 ff., 685 - Gesamtplan 678 ff. - integrierter 673 f., 677, 709 - kausaler 669ff., 677,709 - medialer 668 f., 677 f., 690, 709, 711,715 - Minimalstandard 659 - vitaler 672f., 677, 709,711 Umweltschutzbeauftragter 705, 708 Umweltschutzgesetz, allgemeines 634 f. Umweltschutzplanung 677 ff. Umweltstatistik 667 Umweltstrafrecht 701 ff. Umweltverträglichkeitsprüfung 674, 734 Umzonung 571 UNESCO 874 - Institute 874 Unfallereignis 449 Unfallfürsorge, beamtenrechtl. 58 Unfallschaden 451 Unfallverhütung 446 Unfallversicherung 413, 421, 424, 504 - Anspruchsvoraussetzungen 449 ff. - bei Bezug von Arbeitslosengeld 413

— besondere Unterstützung 446 — ergänzende Leistungen 446 — Finanzierung der gesetzlichen 451 f. — gesetzliche 415, 437, 445 — landwirtschaftl. 427 — Leistungen 446 ff. — Künstler u. Artisten 445 — Organisation 452 f. — Träger 452 f. — versicherter Personenkreis 445 f., 449 Universalität s. Allzuständigkeit Universität(s) 212, 853, 885ff. — Hoheitsgewalt 894 — Idee, liberale 889 — Selbstverwaltung 890ff., 910 — Verwaltung 890 ff. Universitätsdozenten 900f. Universitätsgesetz 887 Universitätsorganisation 890ff. UNO s. Organisation der Vereinten Nationen Unparteiische Amtsführung 13, 16, 39, 44, 86 Unterhaltsbeitrag (Beamtenrecht) 58 Unterhaltssicherungsgesetz 978 Unterhaltszuschuß (Beamtenrecht) 58 Unterlassungsklage 547, 611, 799 Unternehmen — Öffentliche 8, 352 — marktbeherrschende 333 — wirtschaftliche 189 Unternehmensfreiheit 307 ff. Unternehmensverbände 297 Unternehmer — beliehene 9, 11, 335, 705, 769 — forstwirtschaftl. 434 — Genehmigungen 339 ff. — landwirtschaftl. 434, 445, 452, 463 Unternehmertätigkeit 307 Unterrichtseinrichtungen, freie 846 Untersagungsermächtigung 355 ff., 674 Unterstützungspflicht, beamtenrechtl. 45 f. Unvereinbarkeit s. Inkompatibilität Unversehrtheit, körperl. 656, 658, 699

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Unzuverlässigkeit 355, 358 f. Urkundsprinzip 28, 33 Urproduktion 352 V venia legendi 901 Veränderungssperre 135, 522, 560f., 565 Verantwortlichkeit - des Eigentümers 229 - des Inhabers der tatsächl. Gewalt 229 - für das Verhalten Dritter 228 - kumulative 232 Verbände 141 - Nachbarschafts- 169 f. - Planungs- 141 - wasserwirtschaftl. 788,808ff. Verband, kommunaler 109 Verbandsausschuß 165 Verbandsgebiet 145 Verbandsgemeinde 142 Verbandsklage 334, 341, 712 Verbandsumlagen 166 Verbandsversammlung 165, 809 Verbandsvertretung 165 Verbandsvorsteher 165 Verbot mit Erlaubnisvorbehalt 261, 343, 355ff., 580, 674, 676, 683 ff. Verbrauch- und Aufwandsteuern, örtliche 175 Verbreitung jugendgefährdender Schriften 865 Verbringungsverbote 943 Verbundverwaltung 114, 141, 168, 188 Vereinigungsfreiheit s. Koalitionsfreiheit Verfahrensrecht (SGB) 396,494 ff. Verfassungsbeschwerde im Kommunalbereich 137, 181 f. Verfassungsfeinde im öffentl. Dienst 63 ff. Verfügungen - Form der 258 - ordnungsbehördl. 255ff., 260, 266 - polizeil. 255ff., 260, 266

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— selbständige 256 f. — umweltschutzrechtl. 687 ff., 717 ff. — unselbständige 257 — verkehrspolizeil. 778 f. Vergesellschaftung 282 Vergütungen (Beamtenrecht) 55 Verhältnismäßigkeit, Grundsatz der 180, 217, 220 f., 236, 257, 260, 267, 307 ff., 431, 529, 566, 584, 586, 688, 721 Verhältniswahl 90 Verhaltenshaftung 255 ff., 700 Verkehr, innerstädtischer 521 Verkehrsanlagen 746 Verkehrsbetriebe 10 Verkehrseinrichtungen 763, 779 Verkehrsfläche 540, 573, 759, 774 Verkehrsfreiheit 777 Verkehrsnetz, überörtliches 141 Verkehrspolitik 287 Verkehrsrecht 205, 577, 746ff. Verkehrsrechtliche Lösung 759 Verkehrssicherungspflicht 752, 760, 763, 771 ff., 807 Verkehrsunternehmen, Aufsicht über 331 Verkehrswesen 247, 631 Verkehrswirtschaft 280 Verkehrszeichen 746, 763, 769, 779 Verletztenrente 446, 451 Vermittlung — von Arbeit 410 — von Ausbildungsstellen 410 Vermögensbildung 289 Vermögensverwaltung 430, 770 Vernehmung 242 f., 497 Verordnungen — Aufhebung 265 — Erlaß 146 — Form 264 — Geltungsbereich 264 f. — Nichtigkeit 264 — ordnungsbehördl. 262 ff. — polizeiliche 262 ff. Verpfändung von Sozialleistungen 403 Verpflichtungsklage 503 ff., 541, 557, 596, 602,610,612, 770, 798 Verrichtungsgehilfe 228

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Versammlungsfreiheit 67 ff., 763, 857, 859,965 Versammlungsgesetz 209 Versammlungswesen 247 Verschlechterungsverbot 651 Verschwiegenheitspflicht 13, 37, 46 f., 62, 78, 86 Versetzung 75 f. Versicherungsälteste 428 Versicherungsamt 190, 431 Versicherungsaufsicht 331, 430 f. Versicherungsbehörden 417,431 f. Versicherungsberechtigte Personen 419ff. Versicherungsfall 440 f., 457 Versicherungsfreiheit 423 Versicherungspflichtigkeit 418 f., 423 f., 434 f., 455 f. Versicherungsschutz 418 f., 423 Versicherungsträger 388 — Haushalts- und Rechnungswesen 430 — Staatsaufsicht 430 — Vermögen d. 430 — Zweige 417 ff. Versicherungsverhältnis 417ff., 423 f. Versicherungswagnis 425 Versicherungswesen 160, 188 Versicherungszeiten, anrechnungsfähige 459 ff. Versorgung 390, 466 f. Versorgungsamt 472 Versorgungsausgleich 464 Versorgungsbetrieb 10, 325, 352 Versorgungsbezüge 36, 39, 53 ff., 58, 78, 81, 137,473 Versorgungsfläche 540 Versorgungskasse 503 Versorgungsleitungen 748, 766 Versorgungsunternehmen 10, 152 ff., 767 Verstaatlichung 282 Verteidigung 964 ff. — Organisation d. 965 ff. — Zivile 190 Verteidigungsauftrag 964 Verteidigungsbeitrag 977 Verteidigungsfall 965, 973 f., 976, 984,986

Verteidigungskollektive 974 Verteidigungsminister 966,970, 972 f., 982, 984 Verteidigungsrecht 965 Verteidigungsvorsorge 965 Vertrag - öffentl.-rechtl. 37,496, 600, 895 - völkerrechtl. 824, 872, 942, 950, 991,998 Vertragsfreiheit s. Privatautonomie Vertragsschließungsrecht, internationales im Schulwesen 826

Vertreter, gesetzl. 402 Vertreterversammlung (SGB) 427 f. Vertretungskörperschaft 22, 108, 136, 146, 148 f., 155,264,810 — Fraktion einer 182 Vertriebener 390 Verunstaltungen 602 — Verhütung von 575 f. Verursachung 225 ff. — Theorie der unmittelbaren 226 Verursacherprinzip (umweltschutzrechtl.) 648, 651 ff., 690ff., 713 Verwahrung - Gründe 243 - von Personen 209, 243 f. Verwaltung - Geschäfte d. laufenden 148, 160 Verwaltungsakt — adressatloser 754 — anfechtbarer 985 — antragsbedürftiger begünstigender 563 — Aufhebung eines 497 — ausländischer, Anerkennung 1009 - Baurecht 537 f., 544, 564, 568, 572, 580, 589, 594, 596, 598, 602, 604 - Beamtenrecht 29, 33, 47, 57, 72f., 75 f., 83,92 - begünstigender 497, 582, 612, 757, 761, 806, 836 - belastender 207,754, 760,779, 806 — besonderer Art 779 - Bildung 912, 914 — dinglicher 679

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-

Doppelwirkung 725, 758, 774 Drittwirkung 331, 337, 339 Erlaß 503 fehlerhafter 57,497 Gemeinderecht 178 Jugendschutz 865 mehrstufiger 178 mitwirkungsbedürftiger 29,73, 423,900 - nichtiger 33 ff., 798 - Polizei- und Ordnungsrecht 207, 234, 255, 259, 266, 271 - privatrechtsgestaltender 338, 775, 795 - Rücknahme 35 f., 357, 687f. - Schulrecht 829, 836 - im Sozialrecht 494f. - unanfechtbarer 985 - Wasserrecht 788, 797, 808 - Wege- und Verkehrsrecht 751 ff., 771 f., 777, 779 - Wehrrecht 980, 985 f. - Widerruf 357, 687 f., 727 - Wirtschaftsverwaltungsrecht 303, 325 f., 330, 336 ff. - zweiseitiger 752, 755 Verwaltungsausschuß 147 f. Verwaltungsbeamter, leitender 897 Verwaltungsbehörde, höhere 536, 541,559, 561,567, 625 Verwaltungsbehörden 142, 206, 251, 752 Verwaltungsgemeinde 141, 166 Verwaltungsgrundeinheiten 183 Verwaltungskompetenz 390, 664f. Verwaltungsmonopol 311 Verwaltungsprivatrecht 347 Verwaltungsrat (Rundfunkanstalt) 953 f. Verwaltungsrecht, Dritter im 603 Verwaltungsrecht, internationales 991 ff. - Abgrenzung 1000f. - Begriff 997 - Besonderheit 1001 - Inhalt 997 ff. - Rechtsnatur 999 f. Verwaltungsrechtsweg 53, 83 f., 271, 348, 502

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Verwaltungsreform 95 ff., 182 Verwaltungsträger, eigenständige 384 Verwaltungsvereinbarung, bindende 826 Verwaltungsvorschriften — im Schulwesen 629 — im Wirtschaftsverwaltungsrecht 303, 329 Verweis 982 Verwendungsverbot ( § 9 1 Nr. 23 BBauG) 681 Verzinsung (SGB I) 403 f. Veterinärwesen 160, 445 Videotext 936,948 f. Völkerrecht 991 ff., 996, lOOOff. — Geltungsbereich 1001 Völkerrechtskonformität 1002, 1006 Völkerrechtssetzungssubjekte 1002 Volksbildung 141 Volksbüchereien 819, 861 Volksbühne 819, 861 Volkseigener Betrieb 8, 281 Volkseigentum, DDR 281 Volkshochschule 188, 860 f. — Träger 860 — wesen 819 Volksschule 130, 819, 832ff., 842 Volksschulpflicht 828, 834 Volksvertretungen 212 Vollredaktion 934 Vollrente 448 Vollstreckungsbeamte, Widerstand gegen 20 Vollzug — einheitl. (Baurecht) 556 Vollzugsbeamte 248, 254 Vollzugshilfe 203, 249 Vollzugsorgan 203, 249, 808 Vollzugspolizei 249, 254 Vorabentscheidung 301 Voranfrage 594 f. Vorbehalt des Gesetzes 266, 294, 303, 325, 330, 654ff., 735, 825, 851 — im Bildungswesen 822 — im SGB I 401 f. Vorbelastung 719 Vorbereitungsdienst 22, 27, 32, 58, 80

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Vorbescheid 594f., 724f., 735 Vorführung zu polizeil. Dienststelle 242 f. Vorgesetztenpflichten, militär. 979 Vorgesetztenverhältnis, funktionales 969 Vorhaben — nicht privilegierte 608 — privilegierte 552ff. Vorkaufsrecht 548 — gemeindl. 564 f. Vorladung 242 f. Vorlesungsboykott 906 Vormundschaft 478 Vorschlagsliste des Senats 897 Vorschüsse (SGB)402f. Vorschulische Erziehung 819, 828, 833 Vorschulverbot 834 Vorsorgegrundsatz (§ 5 Nr. 2 BlmSchG) 718, 721 ff. Vorsorgeprinzip (umweltschutzrechtliches) 648 ff. Vorteilsausgleichung (Beamtenrecht) 58 Vorverfahren 83 vgl. auch Widerspruchsverfahren W Wachstumspolitik 282 ff., 288, 297 Währungspolitik 285, 318 Wärmelastpläne 679 Wahlbeamter 22, 33, 65, 136, 148 Wahlen, Durchführung 137 Wahlkonsul 25 Wahlrecht — d. Bürgers 151 — d. Soldaten 979,981 Wahlschulen 831 f. Wahrheitspflicht 979 Wald — Rodung und Umwandlung d. 686 — Sozialfunktion d. 687 Wanderarbeiter 381 Wannsee-Urteil 569 Wappenrecht 151 f., 157 Wartezeit 458 f., 464 — Nichtanrechnung (Universität) 910

WaschmittelG 670 Wasserabfluß 791 Wasseraufsicht 190, 792 Wasserbehörde 786,792 ff., 796, 798, 807, 809 — repressive Maßnahmen 802 ff. Wasserbewirtschaftung 785 ff., 802 Wasserbewirtschaftungspläne 798 Wasserbewirtschaftungssystem, öffentlich-rechtl. 791 Wassergenossenschaft 808 Wasserhaushalt 668, 784 Wasserhaushaltsgesetz 784 ff. Wasserleitungen 150 Wasserpolizei 792 Wasserrecht 577, 784 ff. Wasserschutzgebiete 678, 703, 803 ff. Wasserschutzpolizei 250, 793 Wasserverbände 788,807ff. Wasserverbandsgesetz 808 Wasserversorgung 116, 127, 130, 151, 161, 189, 552, 573,617,622, 786, 800, 804 Wasserversorgungsunternehmen 804 f. Wasserverunreinigung 803 Wasserwegerecht 784ff. Wasserwirtschaft 688, 784ff., 802 Wasserwirtschaftshoheit 784 Wasserwirtschaftspolitik 786, 792 Wasser- und Bodenverbände 808 ff. — Aufgaben und Organisation 809 f. — Grundlagen 808 — Satzung 808 f. Wechselkurspolitik 286 Wege — beschränkt-öffentl. 755 — tatsächlich öffentl. 746 f. Wegebaupolizei 769 Wegeeigentümer 767 ff. Wegeeigentum 748 f., 768 Wegehoheit 768, 774 Wegerecht 577, 746ff. Wegereinigungspflicht 774 Wegeunfall 413, 450 Wegeunterhaltungspflicht 750, 769, 771 Wehrbeauftragter 965, 981 Wehrbereiche 966 ff.

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Wehrbereichsverwaltung 969 ff. Wehrbeschwerdeordnung 980 ff. Wehrdienst 415,469,776 ff. Wehrdienstgericht 982 f. Wehrdienstleistender 415 Wehrdienstrecht 97 5 ff. Wehrdienstvergehen 982 Wehrdienstverhältnis 975 ff. Wehrdisziplinarordnung 981 ff. Wehrdisziplinarrecht 980 ff. Wehrersatzwesen 970 Wehrgesetz 964 f. Wehrpflicht(iger) 11,975 ff. Wehrpflichtgesetz 970, 976 ff. Wehrrecht 964ff. Wehrsold 978 Wehrstrafgesetz 964, 968, 979 Wehrstrafrecht 964 Wehrstrukturkommission 966 Wehrübender 976 Wehrüberwachung 978 Wehrübungen 978 Wehrverfassungsrecht 964 Wehrverwaltung 964 ff., 983 ff. Wehrverwaltungsamt 970, 978 Weihnachtsgratifikation 15 Weimarer Reichsverfassung 278, 292f., 321,351,850, 859 Weinbau 352 Weisungsbefugnis, gesteigerte 968 Weisungsrecht 86, 129, 133, 163, 253, 420, 489, 556, 770, 792, 898 Weisungsverwaltung 131 f. Weiterbildung 819, 832, 858 Weiterversicherung 424 Werbeanlagen 576 Werbefernsehen 935 Werbefunk 947, 956 Werbung 315, 935 Wertpapierrecht 276 Wesentlichkeitstheorie 820, 822, 852 Westdeutsche Rektorenkonferenz 922 f. Wettbewerbsbeschränkungen, Gesetz gegen 283, 293, 332ff. Wettbewerbsfreiheit 299, 307, 331 Wettbewerbsfunktion 279 ff. Wettbewerbspolitik 282 ff. Wettbewerbsrecht 283, 350

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Wettbewerbsrecht, europ. 302, 335 Wettbewerbsregeln 323 Wettbewerbsverzerrung 662 Widerrufsvorbehalt 591, 597 Widerspruchsverfahren 498 f., 504 Widerstandsrecht 46 Widmung 746 ff., 752 ff., 761 - fehlerhafte 755 - kraft unvordenklicher Verjährung 756 Wiedergutmachung 390 - nationalsozialist. Unrechts 33 Wiedergutmachungsrechtsprechung 901 Wiener Übereinkommen üb. diplomat. Beziehungen 1004 Wiener Übereinkommen üb. konsularische Beziehungen 25 Wilder Müll 740 Willkürverbot 308 Winterdienst 769 Wirkungsbereich d. Gemeinden 113, 123 ff., 128 ff., 147, 190 Wirtschaft - Selbstverwaltung der 283 ff. Wirtschaftl. Betätigung d. öffentl. Hand 10f., 152ff. Wirtschaftl. Folgen (BVG) 409 Wirtschaftsaufsicht 325 ff. Wirtschaftsautonomie 276 f. Wirtschaftsbetrieb 10 Wirtschaftsförderung 189, 279, 283, 327 f. Wirtschaftsfreiheit 277, 278, 294, 302, 307 Wirtschaftsgymnasium 836 Wirtschaftsidee, liberale 276 ff., 291, 317 Wirtschaftskammern 321 Wirtschaftslenkung 210, 278 f., 280, 283,304, 306, 315, 325ff. Wirtschaftsplan 280 Wirtschaftsplanung 304, 315 Wirtschaftspolitik 279 ff., 290 ff., 294, 298, 302, 304, 306, 308, 317, 324, 409,618 Wirtschaftspolitische Neutralität d. G G 294ff. Wirtschaftsprüfer 318, 354

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Wirtschaftsrecht 205,276ff., 300, 388 — europ. 298 ff. Wirtschaftsstatistik 282 f., 288 Wirtschaftsstruktur, regionale 287 Wirtschaftstätigkeit, kommunale 349 f. Wirtschaftsüberwachung 210 Wirtschaftsunion 299 Wirtschaftsverbände 322 ff. Wirtschaftsverfassung 292 ff. — der Europ. Gemeinschaften 301 Wirtschaftsverwaltung 290, 298, 303 f., 306, 317 ff., 893 Wirtschaftsverwaltungsakt 300, 303, 325, 330f., 336ff. Wirtschaftsverwaltungsrecht 273 ff. Wirtschaftswerbung 315 Wirtschafts- und Sozialausschuß 322 Wirtschafts- und Sozialrat 321 Wissenschaft 818, 866 — Finanzierung d. 886 f. — fördernde Institutionen 921 f. — politische 862 Wissenschaftl. Hilfskräfte 900 Wissenschaftl. Nebentätigkeit d. Beamten 44 Wissenschaftsfreiheit 58 — institutionelle Garantie der 854, 889, 889 f., 894, 905 ff. Wissenschaftsministerien 868 Wissenschaftsrat 871, 922 Wissenschaftsverwaltung 899 Wissenschaftsverwaltungsrecht 818 Witwen- u. Witwerabfindung 456 Wöchnerinnen, Hilfe f. 483,487 Wohlerworbene Rechte 12, 39, 757 Wohlfahrtspflege 15, 200 f., 216, 282, 445, 490, 576, 792 Wohlfahrtsstaat(lich) 277, 283 f., 290, 305 Wohlfahrtsverbände, freie 384, 388, 489 f. Wohngebiete, reine 540, 681 Wohngeldrecht 475 ff., 503 Wohnraumbeschaffung 469 Wohnsitz 401,423 Wohnung 475 ff. — Eindringen in 209

— Zuschuß f. angemessene s. Zuschuß f. angemessene Wohnung Z Zahnärzte 354 ZDF s. Zweites Deutsches Fernsehen Zeitschriftenwesen 934 f. Zensur 932,954 Zensurverbot 857,939 Zentralstelle — f. ausländ. Bildungswesen 899 — f. d. Auslandsschulwesen 871 — f. d. Vergabe von Studienplätzen 908 f. — f. Fernunterricht 847 Zentralverwaltungswirtschaft s. Planwirtschaft Zersiedlung 558 Zeugnisverweigerungsrecht 942 Zivildienst 469, 977 Zölibatsklausel 67 Zollunion 299 Zonenrandgebiet 287, 621 Züchtigungsrecht d. Lehrers 828 Zünfte 112, 291 Zulagen 54 f. Zulassungsbeschränkungen 907 ff. Zulassungswesen 777 f. Zuschuß für angemessene Wohnung 385,475 ff. — antragsberechtigter Personenkreis 475 f. — Finanzierung 476 — Höhe 476 — Leistungen 476 — Organisation 476 — Zielsetzung 475 Zusicherung 32 Zuständigkeit — außerordentliche 254 f. — d. Bundes z. Gesetzgebung 204, 304, 390f., 523 f., 618 f., 663, 748 f., 784f., 803, 806, 837, 888 f., 950, 964f. — d. Bundes z. Verwaltung 665 — d. Landes z. Gesetzgebung 133, 204, 520, 524, 749, 785, 806, 888

Sachverzeichnis

— instantielle 255 — kommunale 118 — örtliche 253f. — polizei- und ordnungsrechtl. 204 Zuständigkeitsordnung, polizeil. 253 ff. Zuständigkeitsverteilung, polizeil. 248 Zustandshaftung 225, 228 ff. Zustandsstörer 254, 740 Zustimmungsgesetz 1007 Zuteilungsermessen d. Wasserbehörde 786, 796 Zuverlässigkeit (Gewerberecht) 357 ff. Zuweisung 841 Zwang — unmittelbarer 246, 259, 267, 271, 986 f. Zwangsbefugnisse, polizeirechtl. 201 Zwangsbeurlaubung 84

1057

Zwangsetatisierung 180 Zwangsgeld 267 Zwangsmitgliedschaft 319 Zwangsmittel - d. Bundeswehr 985ff. — im Gemeinderecht 135 — ordnungsbehördl. 266 ff. - polizeil. 246, 258, 266 ff. Zwangsrecht 291 Zwangsvollstreckung 203, 277 Zwecktauglichkeit einer Maßnahme 309 Zweckveranlassung 227 Zweckverband 110, 127, 489, 788, 826, 831,840 Zweiter Bildungsweg 822, 836 Zweites Deutsches Fernsehen 946, 953 f. Zwergschule 835 Zwischenprüfung 407

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Walter de Gruyter Berlin New York de Gruyter Lehrbuch Erichsen/Martens (Hrsg.)

Allgemeines Verwaltungsrecht 5., neubearbeitete Auflage Groß-Oktav. XXXII, 596 Seiten und 3 Tafeln. 1981. Plastik flexibel. DM 4 6 Inhalt: Verwaltung und Verwaltungsrecht im demokratischen und sozialen Rechtsstaat von Prof. Dr. Ingo von Münch, Hamburg Die Quellen des Verwaltungsrechts von Prof. Dr. Fritz Ossenbühl, Bonn Das Verwaltungshandeln von Prof. Dr. Hans-Uwe Erichsen, Münster und Prof. Dr. Wolfgang Martens, Hamburg Das Verwaltungsverfahren von Prof. Dr. Peter Badura, München Anstaltsnutzung und Nutzung öffentlicher Sachen von Prof. Dr. Jürgen Salzwedel, Bonn Das Recht der öffentlich-rechtlichen Schadenersatz- und Entschädigungsleistungen von Prof. Dr. Wolfgang Rüfner, Saarbrücken Verwaltungsorganisation von Prof. Dr. Walter Rudolf, Mainz Aus einer Besprechung: Die typischen Probleme des Allgemeinen Verwaltungsrechts sind ausnahmslos erfaßt und zuverlässig dargestellt. Hier macht sich der Spezialisierungseffekt vorteilhaft bemerkbar, den die Aufteilung des Stoffes auf sieben Autoren mit sich b r i n g t . . . Ein solches Sammelwerk muß allerdings auf die Enstehung aus einem Guß verzichten . . . Gleichwohl wirkt dieses Lehrbuch bis in den Stil hinein einheitlich . . . Die Probleme werden . . . abgehandelt mit Blick für das Mögliche und Nötige, die Bedürfnisse der Verwaltung so wenig mißachtend wie die Rechte des Bürgers... Mit einem Wort: nüchterne Präzision, wie sie einem Lehrbuch und dem Gegenstand allein angemessen ist. Der Text ist deshalb nicht langweilig, im Gegenteil, Sachfragen und Lehrsätze werden ständig durch praktische Beispiele veranschaulicht, regelmäßig aus der neueren Rechtsprechung, eine Technik, die zugleich das notwendige Präjudizienwissen vermittelt. Das ist eine Stärke dieses Buches, das nach seinem Vorwort .zuerst auf die Bedürfnisse der Studenten zugeschnitten' i s t . . . Wird der Student dieses Lehrbuch auch nicht von der ersten bis zur letzten Seite durchlesen, um Allgemeines Verwaltungsrecht zu lernen, so wird derselbe Student und auch der Referendar gut daran tun, es bei der Hausarbeit oder beim Nacharbeiten einzelner Abschnitte des Verwaltungsrechts zur Hand zu nehmen. Die klar formulierten und gründlichen Informationen sind hervorragend geeignet, über noch nicht voll verstandene Rechtsinstitute oder über den Stand der Meinungen aufzuklären. Von vielen Abschnitten wird auch der Praktiker in Verwaltung und Gerichtsbarkeit profitieren, zumal die wichtige neuere Rechtsprechung ziemlich vollständig nachgewiesen wird. Die Nachweise gehen weit über die Bedürfnisse des bloß lernenden Studenten hinaus, sie erfüllen die Bedürfnisse dessen, der einen praktischen Fall zu entscheiden hat." Prof. Dr. H. Quaritsch In: Die öffentliche Verwaltung Preisänderung vorbehalten.

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Walter de Gruyter Berlin-New York de Gruyter Lehrbuch Norbert Henke

Grundzüge des Sozial rechts Erläutert durch praktische Fälle Herausgegeben vom Institut für Sozialrecht der Ruhr-Universität Bochum Oktav. XVIII, 285 Seiten. 1977. Plastik flexibel DM 36,Das Buch wendet sich an Studenten, Fachhochschüler sowie an Praktiker. Sie erhalten einen methodischen und systematischen Zugang zu allen Teilbereichen des Sozialgesetzbuches, wobei die Darstellung praktischer Fälle die Anschaulichkeit entscheidend fördert. Aus den verschiedenen Sozialrechtsbereichen sind Grundfälle gewählt und in schulmäßiger Gedankenführung einer dem gegenwärtigen Recht entsprechenden Lösung zugeführt, so daß der Leser zugleich einen Überblick über den derzeitigen Stand des Sozialrechts gewinnt. Aus dem Inhalt: I. Allgemeiner Teil des Sozialgesetzbuches; II. Ausbildungsförderung; III. Arbeitsförderung; IV. Sozialversicherung; V. Soziale Entschädigung; VI. Zuschuß für eine angemessene Wohnung; VII. Minderung des Familienaufwands; VIII. Jugendhilfe; IX. Sozialhilfe; X. Verfahren und Beziehungen der Leistungsträger zueinander und zu Dritten; XI. Überblick über den Rechtsschutz im Sozialrecht.

Preisänderung vorbehalten.

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Walter de Gruyter Berlin-New York de Gruyter Lehrbuch - programmiert Ingo von Münch

Völkerrecht

(Ohne Internationale Organisationen und Kriegsvölkerrecht) in programmierter Form mit Vertiefungshinweisen unter Mitarbeit von Philip Kunig

2., neubearbeitete Auflage Groß-Oktav. XVI, 480 Seiten. Mit zahlreichen Abbildungen und einer Faltkarte. 1982. Plastik flexibel. DM 5 8 , Das Völkerrecht war früher ein Recht, das sich nur langsam veränderte. Seit einigen Jahren können solche Aussagen über die Langlebigkeit völkerrechtlicher Regeln nicht mehr aufrechterhalten werden. Einige Gebiete des Völkerrechts, so z. B. das internationale Seerecht, befinden sich in einem Umbruch, der fast revolutionäre Züge trägt. Neue Entwicklungen prägen auch das internationale Wirtschaftsrecht, hier insbesondere im Zusammenhang mit den Problemen der Entwicklungsländer und deren Forderung nach einer neuen Weltwirtschaftsordnung. Aber auch die Grundlagen des Völkerrechts, wie die Frage der Völkerrechtsfähigkeit und die der Völkerrechtsquellen, stehen zur Diskussion, wie die Stichworte der sog. Befreiungsbewegungen und der Resolutionen der Generalversammlung der UNO zeigen. Alle diese neuen Entwicklungen sind in der Neuauflage des vorliegenden Lehrbuches berücksichtigt. Auch sind Angaben über Verträge - z. B. über die nach Erscheinen der 1. Auflage in Kraft getretene Wiener Konvention über das Recht der Verträge - und Zahlenangaben aktualisiert worden. Im übrigen ist die Grundkonzeption des Lehrbuches, also die Kombination von programmierter Methode mit unprogrammierten vertiefenden Hinweisen, beibehalten worden; jedoch sind die Vertiefungshinweise im Verhältnis zum programmierten Teil umfangmäßig stärker ausgebaut worden, da die Kompliziertheit gerade der neuesten Entwicklungen des Völkerrechts der Möglichkeit einer Programmierung noch stärkere Grenzen setzt als dies schon beim traditionellen Völkerrecht der Fall war. Wie schon in der 1. Auflage will auch die 2. Auflage dieses Lehrbuches kein Nachschlagewerk für alle Details des Völkerrechts sein, sondern ein Lehrbuch, das dem Studenten ermöglicht, sich ein Grundwissen über die Grundlagen und über die wichtigsten Gebiete des Völkerrechts anzueignen.

Preisänderung vorbehalten.